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German Pages 666 [668] Year 2007
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JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 117
Mohr-Siebeck, Fr. Mix, »Jacoby: Das private Amt«
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II 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
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III
Florian Jacoby
Das private Amt
Mohr Siebeck
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IV 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 28 27 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
Florian Jacoby, geboren 1971, Studium der Rechtswissenschaft in Hamburg, 1999 Promotion, 2006 Habilitation, Universitätsprofessor an der Universität Bielefeld
e-ISBN PDF 978-3-16-151194-3 ISBN 978-3-16-149075-0 ISSN 0940-9610 (Jus Privatum) Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © 2007 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Satzpunkt Ewert in Bayreuth aus der Garamond gesetzt, von GuldeDruck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.
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Für Emma und Johann
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VII
Vorwort Diese Schrift wurde im Sommersemester 2006 von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg als schriftliche Habilitationsleistung angenommen. Sie wurde im November 2005 eingereicht und für die Veröffentlichung im Juli 2006 aktualisiert. Eine Reihe von Personen hatte daran Anteil, dass diese Schrift entstanden ist, das Habilitationsverfahren durchlaufen hat und nun veröffentlicht werden kann. An dieser Stelle möchte ich folgenden Personen besonders herzlich danken: Als akademischer Lehrer im allerbesten Sinne hat mir Herr Prof. Dr. Reinhard Bork in allen Phasen meiner Arbeit mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Ergiebige Diskussionen habe ich ferner mit Herrn Prof. Dr. Frank Peters geführt. Mein Freund Dr. Oliver Elzer hat das gesamte Manuskript durchgesehen und wertvolle Anregungen beigesteuert. Die Schlusskorrekturen hat meine Mutter in bewährter Weise besorgt. Herr Prof. Dr. Heribert Hirte hat als Zweitgutachter durch seine Schnelligkeit den zügigen Abschluss des Habilitationsverfahrens ermöglicht. Herr Dr. Franz-Peter Gillig hat für den Verlag Mohr Siebeck diese Schrift in die Schriftenreihe Jus Privatum aufgenommen. Die Studienstiftung ius vivum in Gestalt ihres Stifters und Vorstands Prof. Dr. Haimo Schack hat die Veröffentlichung durch einen äußerst großzügigen Druckkostenzuschuss unterstützt. Die erforderliche Kraft, diese Schrift abzufassen, verdanke ich zu einem großen Teil dem Rückhalt meiner geliebten Ehefrau Kirsten. Sie hat mir auch unsere Kinder Emma und Johann geschenkt, die mich auf ganz besondere Weise motiviert haben, diese Schrift immer weiter voranzutreiben. Hamburg/Bielefeld, im Juli 2006
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Florian Jacoby
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VIII 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
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IX
Inhaltsübersicht Allgemeiner Teil:
Das private Amt als Bestandteil des privaten Organisationsrechts § 1: Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 § 2: Umfassende Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 § 3: Organisationen für Sondervermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 § 4: Organisationen für Teilbereiche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 § 5: Das private Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne. . . . . . . . . . . . . 155 Erster besonderer Teil:
Das durch das Amt vermittelte Außenhandeln § 6: Die Rechtstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 7: Vertreter kraft Amtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 8: Organwalter kraft Amtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 9: Parteiwalter kraft Amtes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
201 225 263 281 336
Zweiter besonderer Teil:
Das Amt im Organisationsbereich einer Handlungsorganisation § 11: Verfassung der Organisationssubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 § 12: Intellektbetätigung innerhalb des Organisationsbereichs (Willensbildung) . 414 § 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 Dritter besonderer Teil:
Die Rechtsstellung des Amtswalters § 14: Amtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 § 15: Verträge des Amtswalters über die Amtsstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534 § 16: Haftung des Amtswalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563 Schlussteil
Zusammenfassung § 17: Ergebnisse der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629
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Inhaltsverzeichnis
XI
Inhaltsverzeichnis Allgemeiner Teil:
Das private Amt als Bestandteil des privaten Organisationsrechts § 1: Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
A. Handlungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
I.
Aufgabe von Handlungsorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
II. Funktionsweise im Außen- und Organisationsbereich . . . . . . . . . . 1. Außenbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Organisationsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3 3 4
III. Arten von Handlungsorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
B. Amt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
I
Allgemeiner Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
II. Besondere Teile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
§ 2: Umfassende Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
A. Organisationen von Menschen (natürlichen Personen) . . . . . . . .
9
I.
Der geschäftsfähige und nicht unter Betreuung stehende Mensch
9
II. Der minderjährige Mensch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
III. Der unter Betreuung stehende Mensch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
IV. Leibesfrucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
B. Rechtsfähige Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
I.
Körperschaftlich strukturierte juristische Personen . . . . . . . . . . . . .
12
II. Stiftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
III. Rechtsfähige Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
IV. Körperschaftlich strukturierte Gesamthandsgesellschaften . . . . . . . 1. Nicht rechtsfähiger Verein. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 3: Organisationen für Sondervermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 A. Begriff des Sondervermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.
17
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vermögensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Subjektive Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Abgrenzungsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17 17 18 19
II. Zweckbindungslehren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Zweckbindungslehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beispiel: Vorerbschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beispiel: Besonderes Kindesvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beispiel: Vorbehaltsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sondervermögen im haftungsrechtlichen Sinne . . . . . . . . . . . . . .
20 20 21 22 23 23
III. Lehre von der besonderen Rechtszuordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1. Rechtsausübung durch besonderen Funktionsträger. . . . . . . . . . 25 2. Rechtsausübung durch besonderen Funktionsträger. . . . . . . . . . 27 IV. Veranschaulichung an Beispielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sondervermögen eines Rechtsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beispiel: sog. Parteien kraft Amtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Insolvenz eines Verbandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Eigenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Eröffnungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Testamentsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beispiel: Einmann-Vorgesellschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abgrenzung: Gütergemeinschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Abgrenzung: Rechtsgeschäftlicher Treuhänder . . . . . . . . . . . . aa) Ermächtigungs- und Vollmachtstreuhand . . . . . . . . . . . . . bb) Fiduziarische Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Wirkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Beispiel: Kapitalanlagegesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beispiel: Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren. . . . . 2. Sondervermögen mehrerer Rechtsträger (Gesamthandsvermögen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Spielarten der traditionellen Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einordnung des Gesamthandsvermögens. . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V.
29 29 29 30 30 32 33 33 33 34 34 35 35 36 38 40 41 42 44 46
Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 1. Sondervermögen und sonstige Vermögensmassen . . . . . . . . . . . . . 47 2. Sondervermögen und Rechtszuordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
B. Passivvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
C. Dynamik von (Sonder-)Vermögen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
I.
Die Zuordnung als Problem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
II. Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 1. Rechtsfähigkeit des Funktionsträgers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
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2. Funktionsträger als spezifisches Handlungssubjekt . . . . . . . . . . a) Legitimation dieser Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirkungen bei handlungsabhängigen Tatbeständen . . . . . . . . aa) Verpflichtungsgeschäfte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verfügungsgeschäf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Unerlaubte Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wirkungen bei vom Rechtsträger abhängigen Tatbeständen . d) Prozessuale Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundlagen zur Parteifähigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Parteifähigkeit von verselbstständigten Sondervermögen cc) Weitere Fälle der Verfahrensfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zuordnung ohne Verselbstständigung des Sondervermögens. . . a) Dynamik des Aktivvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zuordnungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erwerb des Sondervermögensträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Terminologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dynamik des Passivvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Haftung des Sondervermögens für Verwaltungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Nachlass vor Nachlasssonderung . . . . . . . . . . . . . (b) Kontroverse um die Nachlasserbenschuld . . . . . . bb) Haftungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Haftungsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Besonderheiten bei der Vertretung . . . . . . . . . . . . III. Die Einordnung einzelner Sondervermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sog. Parteien kraft Amtes zugewiesene Sondervermögen . . . . . . a) Organtheorie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertretertheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Theorie von der sog. Partei kraft Amtes . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Theorie vom neutralen Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesamthandsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einordnung der Geschäftsführung als Handlungssubjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Folgen im materiellen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Folgen im Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kein Rechtsfähigkeitsbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der nicht rechtsfähige Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erbengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XIII 54 54 55 55 56 57 57 57 58 58 60 61 62 63 63 65 67 68 69 69 69 70 71 73 73 74 75 76 77 77 78 78 79 80 80 81 82 83 84 85 86 87 87 88 89
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
XIV 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
Inhaltsverzeichnis
4. Gütergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 5. Sondervermögen nach KAGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 6. Urhebergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
D. Handlungsorganisationen von einzelnen Sondervermögen . . . . I.
Sondervermögen wegen Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Regelinsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eröffnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vereinfachtes Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Restschuldbefreiungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Eigenverwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95 95 95 96 97 98 98
II. Nachlass unter Testamentsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 III. Nachlass unter Nachlassverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 IV. Haftungsverband der Hypothek unter Zwangsverwaltung . . . . . . . 99
§ 4: Organisationen für Teilbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 A. Teilausfall der eigentlichen Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 I.
Pflegschaften auf materiell-rechtlichem Gebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Pfleger für unbekannte Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nachlasspfleger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stellung als Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Ausnahme bei Prätendentenstreit . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Modifizierung angesichts der potentiellen amtlichen Nachlassliquidation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergänzungspfleger und Ergänzungsbetreuer. . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Pfleger der Versicherten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
100 100 101 101 102 103 104 104
II. Institute des Verfahrensrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozesspfleger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfahrenspfleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gemeinsamer Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
105 105 106 107 109
B. Organisation von Mitberechtigten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 I.
Bruchteilsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zum Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
109 111 111 112 112 114
II. Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Subjektstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) These von der rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft . . . . . . aa) Konzept von dieser Rechtsperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Identitätsausstattung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
118 119 121 121 121
Mohr-Siebeck, Fr. Mix, »Jacoby: Das private Amt«
Inhaltsverzeichnis
(2) Handlungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Haftungsverband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Begründung dieses Konzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verwaltungsvermögen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Verwaltungsschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritik an der Rechtsfähigkeitsthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zum Rechtsfähigkeitsbegriff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Organisationsrechtliche Regelungen des WEG . . . . . . . . (1) Grundlage der Organisation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Organisationsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kein Rechtsfähigkeitsbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Risiko der gesamtschuldnerischen Außenhaftung . . . (2) Zuordnung der Verwaltungsschulden . . . . . . . . . . . . . (3) Vergleich der Rechtsfähigkeitsbegründungen . . . . . . . c) Das alternative Konzept zum Verwaltungsvermögen. . . . . . . aa) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gesamthänderische Vermögensbindung . . . . . . . . . . . (2) Verknüpfung von Gesamthandsanteil und Wohnungseigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Reichweite des Verwaltungsvermögens . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Organisationsrechtliche Betrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eigentümerversammlung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wohnungseigentumsverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gemeinschaftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung . . . . . .
XV 121 121 122 122 122 122 123 123 123 124 125 125 126 126 128 129 129 130 130 131 131 132 133 134 134 135 136 136 137
III. Mitberechtigung an Gesellschaftsanteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 IV. Kartellvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 V.
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
C. Ergänzende Organisationen im Unternehmensrecht . . . . . . . . . . 141 I.
Abschlussprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 1. Überblick über die Rechtsstellung des Abschlussprüfers . . . . . . 142 2. Qualifizierung der Rechtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
II. Betriebsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Art der Subjektstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Organisationsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kein Außenhandlungssubjekt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Eigengeschäfte der Betriebsratsmitglieder . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
144 145 146 147 148 148 149
III. Treuhänder im Bereich der Finanzdienstleistung . . . . . . . . . . . . . . . 150
Mohr-Siebeck, Fr. Mix, »Jacoby: Das private Amt«
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
XVI 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
Inhaltsverzeichnis
1. Treuhänder für Deckungsstock (§ 70 VAG) . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick über die Stellung des Treuhänders . . . . . . . . . . . . . . b) Qualifizierung der Stellung des Treuhänders . . . . . . . . . . . . . . 2. Treuhänder bei Pfandbriefbanken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
151 151 153 154
§ 5: Das private Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne . . . 155 A. Der allgemeine Amtsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 I.
Das Amt im öffentlichen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der organisationsrechtliche Amtsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Glieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
156 156 157 157 159 159
II. Das Amt im Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
B. Der handlungsorganisationsrechtliche Amtsbegriff. . . . . . . . . . . 161 I.
Art der Wahrnehmungszuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
II. Institution (Trennung Amt und Amtswalter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kompetenzen kraft Rechtsgeschäfts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kompetenzen kraft Rechtsinhaberschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kompetenzen kraft Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kompetenzen kraft sonstiger Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
163 165 166 166 168
III. Für eine Person eingerichtet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 IV. Privat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
C. Numerus clausus der Ämter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 I.
Funktionen von Ämtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
II. Ausschluss privatautonomer Schaffung von Ämtern. . . . . . . . . . . . . 1. Sog. verdrängende Vollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Selbstorganschaft im Personengesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . a) Gegenstand der Selbstorganschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Handlungsfähigkeit der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ermächtigung einzelner Gesellschafter. . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausschluss von der Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unzulässigkeit der Fremdorganschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
177 177 179 179 182 182 183 184 185 186 186 187
III. Private Gestaltungsbefugnisse bei konkreter Amtseinrichtung . . . . 1. Testamentsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wohnungseigentümergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Organe juristischer Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
187 187 188 189
Mohr-Siebeck, Fr. Mix, »Jacoby: Das private Amt«
Inhaltsverzeichnis
XVII
D. Fallgruppen des privaten Amtes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 I.
Verhältnis zum Organisationsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 1. Art des Verhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 2. Umfang des Verhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
II. Funktionen in der Handlungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 III. Die gebräuchliche Einteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Organwalter kraft Amtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertreter kraft Amtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Parteiwalter kraft Amtes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
194 195 198 199
Erster besonderer Teil:
Das durch das Amt vermittelte Außenhandeln § 6: Die Rechtstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 A. Zurechnung von Amtswalterhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 I.
Allgemeine Grundlagen der Zurechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beteiligte Zurechnungssubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zurechnungsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen und Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Art der Zuordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtstechnik der Zurechnung im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abgrenzung zu drittwirkendem Eigenhandeln des Dritten. . b) Abgrenzung zur »zurechnungsäquivalenten Auslegung« . . . c) Abgrenzung zur Fiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
202 203 204 204 205 205 205 206 206 207
II. Grundlagen der Amtswalterzurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzungen und Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Art der Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Spezialfälle des Zurechnungsendsubjekts . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Insbesondere: Mehrämter-Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zwillingsämter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
208 210 211 212 213 214 215 215 216
B. Amtswaltereigenhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 I.
Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragsschluss in mittelbarer Stellvertretung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verwahrungen durch den Amtswalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Prozessführung in (gewillkürter) Prozessstandschaft . . . . . . . . . 4. Selbsteintritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
217 217 217 218 219
II. Problemstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 1. Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
Mohr-Siebeck, Fr. Mix, »Jacoby: Das private Amt«
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
XVIII 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
Inhaltsverzeichnis
2. Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 3. Abwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 III. Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Handlungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Handlungsberechtigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Interessen der Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Interessen der Geschäftspartner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Interessen des Amtswalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
222 222 222 222 223 223
IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224
§ 7: Vertreter kraft Amtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 A. Zurechnung von rechtsgeschäftlichem Verhalten. . . . . . . . . . . . . 226 I.
Zurechnung von rechtsgeschäftlichem Verhalten des Vertreters . . . 1. Prinzip der Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Heutige Kontroverse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausgestaltung des Repräsentationsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . aa) Reichweite von § 164 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Reichweite von § 166 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Willensmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kenntnis und Kennenmüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterschiede zwischen Bevollmächtigten und Vertretern kraft Amtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis zur Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auswirkungen der Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 166 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) §§ 172, 174 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Würdigung der Amtswalterzurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
226 226 227 228 229 230 230 231 233 233 234 234 235 236
II. Ausnahme: Genehmigung von Handlungen beschränkt Geschäftsfähige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 1. Prinzip dieser Erklärungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 2. Folgefragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
B. Zurechnung von schuldhaften Pflichtverletzungen . . . . . . . . . . . 241 I.
Prinzip der Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
II. Unterschiede der Gehilfenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 1. Haftungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 2. Mögliche Auswirkungen der Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 III. Würdigung der Amtswalterzurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
C. Zurechnung im Besitzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 I.
Besitzarten als Zurechnungsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
II. Besitzzurechnung bei Vertretern kraft Amtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Art der Besitzmittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prinzip der Zurechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Feststellung des Zurechnungscharakters. . . . . . . . . . . . . . . . . .
Mohr-Siebeck, Fr. Mix, »Jacoby: Das private Amt«
250 252 253 253
Inhaltsverzeichnis
XIX
b) Umfang der Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 III. Würdigung der Amtswalterzurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
D. Ungeregelte Fälle der Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 I.
Keine Zurechnung im Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256
II. Sonstige Zurechnung (insbesondere Kenntniszurechnung) . . . . . . . 1. Deliktische Tatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verschuldenszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wissenszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Relevantes Vertreterwissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Relevantes Vertretenenwissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abgrenzung der Verantwortungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . .
257 259 259 259 259 260 260
III. Zurechnungsäquivalente Auslegung (insbesondere Realakte) . . . . . 261
E. Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
§ 8: Organwalter kraft Amtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 A. Überblick über den Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 I.
Historische Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264
II. Entwicklung unter dem BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Besitzzurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schuldhafte Pflichtverletzung innerhalb von Sonderverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wissenszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
265 266 267 267
B. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 I.
Allgemeine Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wirkungsweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abgrenzung vom Eigenhandeln natürlicher Personen . . . . . . b) Abgrenzung vom Vertreterhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Charakterisierung als zugerechnetes Eigenhandeln . . . . . . . . 4. Gedanken zur Handlungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
269 269 270 271 272 272 273 274 275
II. Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtmäßiges Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtswidriges Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wissen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonderprobleme bei Mehrämterorganen . . . . . . . . . . . . . . . . .
275 276 276 277 277 278 279
C. Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
Mohr-Siebeck, Fr. Mix, »Jacoby: Das private Amt«
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
XX 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
Inhaltsverzeichnis
§ 9: Parteiwalter kraft Amtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 A. Kritischer Überblick über den Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . 282 I.
Vertretertheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
II. Organtheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 III. Repräsentationsmodell (moderne Organ- und Vertretertheorie) . . . 286 IV. Theorie vom neutralen Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 V.
Theorie von der Partei kraft Amtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Charakter vermögensbezogenen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vermögensbezogenes Handeln im Prozessrecht . . . . . . . . . . . b) Amtsbezogenes Handeln im materiellen Recht . . . . . . . . . . . . 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Betonung des Amtswalters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Offenkundigkeit der Vermögensbezogenheit . . . . . . . . aa) Offenlegungsgrundsatz des § 164 BGB . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bedeutung der Vermögensbezogenheit. . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sog. dingliche Surrogation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vertretungsrecht versus Personenidentität . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
288 290 290 291 292 292 294 294 295 295 296 297 298
B. Plädoyer für die Lehre von der Parteistellung des Amtes (moderne Amtstheorie). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 I.
Präzisierung der Lehre von der Parteistellung des Amtes. . . . . . . . . 298 1. Abgrenzung und Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 2. Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
II. Betrachtung von Einzelproblemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtmäßiges Verhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtswidriges Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorteil des vermögensbezogenen Besitzschutzes . . . . . . . . . . . aa) Besitzschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Publizitätsfunktion des Besitzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ende der Amtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dogmatische Vereinbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Prozessuale Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Parteifähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anknüpfung an Amt, Amtswalter und Sondervermögensträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Amtswalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sondervermögensträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Entscheidungswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Eintritt und Ende des Sondervermögensbeschlags . . . . . . . . . aa) Laufende Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Mohr-Siebeck, Fr. Mix, »Jacoby: Das private Amt«
301 301 302 303 303 304 304 305 305 306 307 307 308 309 309 310 311 312 312
Inhaltsverzeichnis
(1) Eintritt des Sondervermögensbeschlags . . . . . . . . . . . (2) Ende des Sondervermögensbeschlags . . . . . . . . . . . . . bb) Erstreckung von Urteilswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Durch Eintritt des Sondervermögensbeschlags . . . . . (2) Während des Sondervermögensbeschlags . . . . . . . . . . (3) Durch Ende des Sondervermögensbeschlags . . . . . . . f) Sonderfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Arbeitgeberstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kaufmannseigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bestehen eines kaufmännischen Betriebs. . . . . . . . . . . . . . bb) Handlungsbezogene Tatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Steuerpflichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Trennung der (gewillkürten) Handlungsorganisationen . . . . . . . a) Hoheitlich geschaffene Ämter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Testamentsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXI 312 314 315 315 316 317 318 318 319 320 322 323 324 325 326 328 329
III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331
C. Parteiwalter zur Überwachung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 I.
Spezifisches Amtshandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
II. Sonstiges Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 III. Spezialfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336 A. Trennung von Amtsbefugnis und Amtsmacht . . . . . . . . . . . . . . . 337 I.
Grundsatz: Abstraktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338
II. Ausnahme: Beachtlichkeit des Pflichtverstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Meinungsstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begründung der Reduktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umfang der Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Tatbestand des Missbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Objektive Pflichtwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anforderungen an innere Umstände beim Amtswalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Keine weiteren Einschränkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bösgläubigkeit des Geschäftspartners . . . . . . . . . . . . . . . .
340 341 343 343 345 345 346 347 348 348
B. Organisationsbedingte Beschränkungen der Amtsmacht . . . . . . 350 I.
Organisationszweck (ultra vires) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Meinungsstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Organe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Parteiwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Konzept. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Mohr-Siebeck, Fr. Mix, »Jacoby: Das private Amt«
350 351 351 352 353 353
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
XXII 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
Inhaltsverzeichnis
b) Einzelregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 II. Amtszweck. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Alternative Außenhandlungssubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kumulative Außenhandlungssubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Organisationsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
357 357 358 358
III. Gesetzliche Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 1. Bedeutsame Rechtsgeschäfte (Zustimmungsvorbehalt) . . . . . . . . 359 2. Unentgeltliche Geschäfte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 IV. Privatautonome Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361
C. Verbot des Insichgeschäfts, § 181 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 I.
Anwendbarkeit von § 181 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362
II. Verbotstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Untervollmacht und Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Untervollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einseitige Rechtsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Adressatenalternativität (insbesondere § 182 BGB). . . . . . . . . aa) Amtswalter als Geschäftspartner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Amtswalter als zustimmungsbedürftiger Vertragsteil . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Spezifischer Adressat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
363 364 364 366 368 368 368 370 371 372 373
III. Erlaubnistatbestand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arten der Gestattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Generalgestattung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gerichtlich eingerichtete Ämter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Testamentsvollstrecker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Wohnungseigentumsverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einzelgestattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gerichtlich eingerichtete Ämter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Testamentsvollstrecker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Wohnungseigentumsverwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gestattungen durch den Amtswalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
373 374 375 375 376 379 380 380 380 382 383 383 383
D. Publizität der Amtsmacht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 I.
Gerichtliche Anordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386
II. Privatautonome Bestellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 III. Vergleich mit der Vollmachtsurkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388
E. Rechtsfolgen fehlender Amtsmacht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389
Mohr-Siebeck, Fr. Mix, »Jacoby: Das private Amt«
Inhaltsverzeichnis
XXIII
Zweiter besonderer Teil:
Das Amt im Organisationsbereich einer Handlungsorganisation § 11: Verfassung der Organisationssubjekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 A. Arten von Organisationssubjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394 I.
Ämter und Ämtergremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 1. Gründe für die Anerkennung apersonaler Subjekte . . . . . . . . . . 395 2. Apersonale Subjekte als Bestandteile des Organisationsrechts. . 396 a) Rechtsfähigkeit im Außenrechtsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 b) Organisationssubjekt als organisationsrechtliche Problematik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 aa) Keine Geltung des allgemeinen Schuldrechts . . . . . . . . . . 398 bb) Keine Schlüsse für den Außenrechtsverkehr . . . . . . . . . . . 399 cc) Verfahrensfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 3. Einbettung in den herkömmlichen Meinungsstand . . . . . . . . . . . 400 a) Gremien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 b) Amtswalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 aa) Ämter in Gremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 bb) Vertreter kraft Amtes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 cc) Sog. Parteien kraft Amtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404
II. Rechtsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 III. Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406
B. Aufgabenverteilung unter den Organisationssubjekten. . . . . . . . 407 I.
Ordnung unter den primären Funktionseinheiten . . . . . . . . . . . . . . 1. Kompetenzzusammenfassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leitungseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Willensbetätigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Willensbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundlageneinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Aufsichtseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hierarchieverteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
408 408 408 408 409 410 411 412
II. Ordnung innerhalb der Funktionsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413
§ 12: Intellektbetätigung innerhalb des Organisationsbereichs (Willensbildung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 A. Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 I.
Willensbildung innerhalb eines Organisationssubjekts . . . . . . . . . . 415
II. Interaktion der Organisationssubjekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 1. Bindende Willensbekundungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 a) Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415
Mohr-Siebeck, Fr. Mix, »Jacoby: Das private Amt«
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
XXIV 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
Inhaltsverzeichnis
b) Zustimmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Aufsichtsgerichtliche Gebote und Verbote. . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonstige Willensbekundungen (Meinungsaustausch) . . . . . . . . . . 3. Informationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
416 417 418 419
B. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 I.
Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420
II. Ämter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 III. Gremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Willensbildung durch Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Willensbetätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Selbstständige (individuelle) Ausführungsakte. . . . . . . . . . . . . b) Beschlusswirkungen (Kollektivakt). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beschlusswirkungen außerhalb des beschließenden Gremiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Voraussetzungen solcher Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Nicht mitteilungsbedürftige Beschlüsse . . . . . . . . . . . . (2) Mitteilungsbedürftige Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsnatur der Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
420 421 421 422 423 423 424 424 425 425 426 427
IV. Einmanngremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427
C. Fehler und Fehlerfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428 I.
Gerichtliche Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 428
II. Willenserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 III. Beschlüsse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arten von Beschlussmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen von Beschlussmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzlich geregelte Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nicht ausdrücklich geregelte Fälle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rügebefugnis der Amtswalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Charakter der Rügebefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umfang der Rügebefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Prozessuale Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rügepflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Analogiefähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
430 430 431 431 432 433 434 436 437 438 438
§ 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich. . . . . . . . . . 439 A. Streitbereinigung kraft Aufsichtsanordnung (hierarchisches Organisationsgefüge) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 I.
Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Mohr-Siebeck, Fr. Mix, »Jacoby: Das private Amt«
440 441 441 442
Inhaltsverzeichnis
XXV
4. Beteiligung weiterer Organisationssubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 II. Aufsicht führende Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Durchsetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beteiligung weiterer Organisationssubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
443 443 444 445 447 447 448 449
III. Anordnungen der BaFin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 1. Anordnungen der BaFin gegenüber Treuhändern . . . . . . . . . . . . 451 2. Anordnungen der BaFin gegenüber Finanzdienstleistern . . . . . . 452 IV. Übergeordnete Funktionseinheiten privatrechtlicher Natur . . . . . . 1. Weisungsbefugte Grundlageneinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anregung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mehrheitsmacht innerhalb von Gremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einigungsstelle im verbindlichen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Privatautonome Schaffung einer übergeordneten Schlichtungsstelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
452 453 453 453 454 454 455 456 456 456 457 457
B. Durchsetzung von Organisationsrechten (gewaltenteiliges Organisationsgefüge) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 I.
Subjekte von Streitigkeiten im Organisationsverhältnis . . . . . . . . . . 1. Paradebeispiel: Binnenstreit in der Aktiengesellschaft . . . . . . . . a) Herkömmliche Ansicht: Außenrechtssubjekte . . . . . . . . . . . . aa) Bestimmung der Prozesssubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bestimmung des Rechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anerkennung spezifischer (apersonaler) Organisationssubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Organe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ämter (Organmitglieder) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prozessuale Auswirkungen des Konzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Parteistellung der apersonalen Organisationssubjekte . . . . . . b) Kostentragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
459 459 460 460 461 462 462 464 465 465 465 466
II. Anspruchsinhalte im Organisationsverhältnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kompetenzschutzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Hilfsansprüche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ansprüche gegen pflichtwidriges Handeln. . . . . . . . . . . . . . . . . .
467 468 469 470
C. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473
Mohr-Siebeck, Fr. Mix, »Jacoby: Das private Amt«
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
XXVI 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
Inhaltsverzeichnis
Dritter besonderer Teil:
Die Rechtsstellung des Amtswalters § 14: Amtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 A. Die Amtsstellung als spezifische Rechtsstellung . . . . . . . . . . . . . 475 I.
Wirkungen der Amtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Amtsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Amtswalterrechtsverhältnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beteiligte des Rechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nachfolgefragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
475 476 476 476 477 478 478
II. Grundlage der Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzlicher Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Privatautonom gestalteter Inhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zulässigkeitseinwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Begründung der Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
479 479 479 480 480 481
III. Rechtsnatur der Amtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kein Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vergleich mit der elterlichen Sorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vergleich mit der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
481 482 483 483 484
B. Begründung der Amtsstellung (Bestellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 I.
Bestellung durch Gremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tatbestand der Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorzüge der herkömmlichen Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine Notwendigkeit eines selbstständigen Ausführungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kein Vertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entscheidungsrahmen (zwingende Vorgaben der Organisationsverfassung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Ob der Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Auswahl der Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausfüllung des eröffneten Spielraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ermessen der Amtswalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bindungen der Rechtsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wohnungseigentumsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verbandsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gläubigerversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
485 485 485 486 487 487 488 488 488 489 489 490 490 491 491 493 493
II. Gerichtliche Bestellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494
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Inhaltsverzeichnis
XXVII
1. Der gerichtliche Bestellungsvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bestellung neben Auswahl und Einrichtung . . . . . . . . . . . . . . b) Kompetenzen des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsnatur der Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bekanntmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzlicher Rahmen der Auswahlentscheidung . . . . . . . . . . . . . a) Eignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Interessenkonflikte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ermessen bei Auswahlentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätze der Ermessensentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Insbesondere: Auswahl auf Grundlage von Bewerberlisten . c) Verfassungsrechtliche Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Spezialproblem: Vorauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidung und Verfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Anfechtbarkeit der Auswahlentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verfassungsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einfachgesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Selbstständige Auswahlentscheidung. . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine eigenständige Auswahlentscheidung . . . . . . . . . . . . cc) Insbesondere: Insolvenzverwalterbestellung. . . . . . . . . . . (1) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verhältnis der betroffenen Normen. . . . . . . . . . . . (b) § 6 Abs. 1 InsO im Lichte von Art. 19 Abs. 4 GG (aa) Vollzug der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Einschränkungen des Art. 19 Abs. 4 GG . . . (c) Rechtsschutz durch §§ 23 ff. EGGVG . . . . . . . . . (d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
494 494 495 496 496 496 498 498 498 500 501 501 501 503 505 506 507 508 509 510 511 511 511 512 513 513 514 515 515 516 517 517
C. Beendigung der Amtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 I.
Durch Ereignisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517
II. Entlassung und Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidungsmaßstab. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entscheidungsmaßstab. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine Beschränkung durch Bestellungstatbestand . . . . . . bb) Keine Einschränkung durch Anstellungsvertrag . . . . . . . cc) Beschränkung durch Organisationsverfassung . . . . . . . . . (1) Besonderes Verfahren nach § 84 Abs. 3 AktG . . . . . .
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518 519 519 519 519 520 520 520 521 522 522 523
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
XXVIII 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
Inhaltsverzeichnis
(2) Allgemeines Beschlussanfechtungsverfahren . . . . . . . . c) Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beschlussnichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anfechtbarkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mischfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Notämter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Neuwahl eines Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
524 525 525 525 527 527 527
III. Beendigung auf Veranlassung des Amtswalters . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Amtsniederlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wohnungseigentumsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verbandsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Antrag auf Entlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen der Entlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
528 529 529 529 529 530 532 532 534
§ 15: Verträge des Amtswalters über die Amtsstellung . . . . . . . . . . . . . . 534 A. Verhältnis zur Amtsstellung (Zweck) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 I.
Regelungsbedürfnis für Abreden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Konkretisierung und Modifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhalt des Amtswalterrechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbleibende Bedürfnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verselbstständigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Parteien des Amtswalterrechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . b) Verträge mit Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
535 536 536 538 538 538 539
II. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kontroverse zum Anstellungsvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Herrschende Trennungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einheitslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Reuters Zwecklehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme zum Anstellungsvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einheitslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwecklehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Trennungstheorie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Qualifizierung der verschiedenen Abreden . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Parteien des Amtswalterrechtsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . b) Verträge mit Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
539 540 540 541 541 542 542 542 544 546 546 546 547
B. Gestaltung durch Willenserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 I.
Spezialfall: Vertretung durch den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einzelaktszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spezifische Willenserklärung des Aufsichtsrats. . . . . . . . . . . . . . . 3. Lehre vom Vertreter in der Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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548 549 549 550 550
Inhaltsverzeichnis
XXIX
a) Keine Willenserklärung durch Beschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . 550 b) Vertretung in der Erklärung als Fall der Vertretung nach § 164 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552 c) Einzelaktszurechnung und § 108 Abs. 1 AktG . . . . . . . . . . . . 553 II. Verallgemeinerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertretung durch die Gremiumsmitglieder. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Insbesondere: Die Problematik des § 174 BGB . . . . . . . . . . . . . . a) Tatbestand des § 174 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausschluss durch § 174 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine Abweichung wegen Beschlusserfordernis. . . . . . . . . . .
554 554 555 555 556 556
C. Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 I.
Parteien des Amtswalterrechtsverhältnisses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abreden über die Amtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Recht auf das Amt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bindung durch Anstellungsvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abreden über das Organisationsverhältnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schuldrechtliches Amtswalterrechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . .
557 558 558 559 560 560
II. Verträge mit Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561
§ 16: Haftung des Amtswalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563 A. Binnenhaftung wegen Amtspflichtverletzung. . . . . . . . . . . . . . . . 563 I.
Konzept der Binnenhaftung wegen Amtspflichtverletzung. . . . . . . 1. Rechtsnatur der Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sekundärebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Primärebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Amtswalterrechtsverhältnisse ohne Schutzwirkung für Dritte. . 3. Amtswalterrechtsverhältnisse mit Schutzwirkung für Dritte . . .
563 564 564 566 567 568 569
II. Haftungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570 1. Amtspflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 a) Amtswalterermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 aa) Anwendungsbereich des Ermessens. . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 bb) Ermessensfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 b) Konkurrenz von Organisationssubjekten . . . . . . . . . . . . . . . . 573 2. Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574 III. Gehilfenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 IV. Geltendmachung und Verjährung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576
B. Sonstige Verantwortlichkeit wegen des Amtswalterverhaltens . . 578 I.
Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 1. Keine Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 2. Erweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579
II. Eigenhaftung bei Verletzung von Verkehrspflichten . . . . . . . . . . . . 580 1. Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581
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1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
XXX 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
Inhaltsverzeichnis
2. Organwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verkehrspflichten wegen Amtsübernahme. . . . . . . . . . . . . bb) Verkehrspflichten wegen § 31 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Keine Verkehrspflichten wegen § 31 BGB . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Keine Verkehrspflichten wegen § 31 BGB . . . . . . . . . . . . . bb) Keine Verkehrspflichten aus Amtsübernahme wegen § 31 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Parteiwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
582 582 583 583 584 585 585 585 586 586 587
C. Haftungsbeschränkung und Regress im Amtswalterrechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 I.
Grundsätze der Risikozurechnung bei Tätigkeit im Drittinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Kontroverse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
588 589 590 590
II. Haftung wegen schuldhafter Amtspflichtverletzung. . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz umfassender Amtswalterhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gerichtlich bestellte Amtswalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Privat bestellte Amtswalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahme der Entlastungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausnahmen in subjektiver Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausnahmen in objektiver Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
591 592 592 593 593 593 594
III. Haftung ohne schuldhafte Amtspflichtverletzung. . . . . . . . . . . . . . . 595
Schlussteil:
Zusammenfassung § 17: Ergebnisse der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595 A. Das private Amt als Bestandteil des privaten Organisationsrechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595 I.
Das Amt im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 595
II. Amt und Sondervermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 596 III. Das Amt als Handlungssubjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 598
B. Das durch das Amt vermittelte Außenhandeln . . . . . . . . . . . . . . 598 C. Das Amt im Organisationsbereich einer Handlungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 599 I.
Das Amt im Organisationsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 600
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Inhaltsverzeichnis
XXXI
II. Die Stellung von Gremien im Organisationsbereich . . . . . . . . . . . . 600 III. Streitbereinigung im Organisationsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601
D. Die Rechtsstellung des Amtswalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601 I.
Amtswalterrechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601
II. Vertragliche Ergänzungen zum Amtswalterrechtsverhältnis . . . . . . 602 III. Haftungsrisiko des Amtswalters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629
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Allgemeiner Teil:
Das private Amt als Bestandteil des privaten Organisationsrechts § 1: Einführung Funktionsträger wie Aufsichtsrat, Betreuer, Geschäftsführer, Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter, Pfleger, Testamentsvollstrecker, Vormund, Vorstand oder Zwangsverwalter sind für den Rechtsverkehr unverzichtbar. Sie werfen eine Vielzahl an Rechtsproblemen auf und sind Gegenstand einer nur schwer zu übersehenden Flut an Beiträgen in Wissenschaft und Praxis. Diese Beiträge beziehen sich regelmäßig jeweils nur auf einen der vorgenannten Funktionsträger. Diese Abhandlung geht einen anderen Weg: Sie setzt bei den Gemeinsamkeiten der Funktionsträger an und will allgemeine Lehren entwickeln. Die genannten Funktionsträger verfügen über eine gemeinsame Funktionsstruktur. Es handelt sich um Ämter, denen die Aufgabe zukommt, aufgrund gesetzlich ausgestalteter Kompetenzen mit Wirkung für Rechtsträger oder Sondervermögen am Rechtsverkehr teilzunehmen. Das Recht dieser Ämter kennzeichnet einen bedeutenden Teil des privaten Organisationsrechts, nämlich den Teil der gesetzlich vorgeschriebenen Fremdverwaltung im Gegensatz insbesondere zur Selbstverwaltung der geschäftsfähigen natürlichen Personen und der Personengesellschaften. Diese Einführung in den Gegenstand der Abhandlung soll in einen Überblick über das Untersuchungsprogramm münden (unter C.). Zuvor sind allerdings einleitende Überlegungen zu den für diese Abhandlung so bedeutenden Begriffen der Handlungsorganisation (unter A.) und des Amtes (unter B.) anzustellen.
A. Handlungsorganisation Das Handlungsorganisationsrecht ist Bestandteil der allgemeinen Lehre vom Rechtssubjekt. Jedes Rechtssubjekt muss am Rechtsverkehr teilnehmen können. Es muss dafür Tatbestände von Rechtsnormen erfüllen können, um die von diesen Rechtsnormen vorausgesetzten Rechtsfolgen herbeizuführen. Das Handlungsorganisationsrecht erklärt, wie eine solche Teilnahme am Rechtsverkehr möglich ist.
I. Aufgabe von Handlungsorganisationen Die Aufgabe einer Handlungsorganisation wird deutlich, wenn man die Rechtstatsachen, also die Merkmale, an die rechtliche Tatbestände Rechtsfolgen knüpfen,1 1
Bork, AT, Rn. 273.
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§ 1: Einführung
systematisiert. Im Folgenden wird der Blick auf die Normen gerichtet, deren Rechtsfolgen vom Verhalten oder von inneren Umständen einer Person abhängen.2 Diese beiden Gruppen von Rechtstatsachen kann man von einer dritten Gruppe, die durch Ereignisse gebildet wird3, dadurch abgrenzen, dass sie beide stets die Betätigung des Intellekts verlangen. Während sich die Gruppe der inneren Umstände in den Rechtstatsachen Wissen oder Wollen erschöpft,4 lässt sich die Gruppe des Verhaltens weiter aufgliedern. So kann man zwischen rechtmäßigem und rechtswidrigem Verhalten unterscheiden. Das rechtsmäßige Verhalten ist zu unterteilen einerseits in Willenserklärungen, die Bestandteil eines Rechtsgeschäfts sein können,5 und andererseits in Realakte und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen, die vielfach als Rechtshandlungen (im engeren Sinne) den Willenserklärungen gegenübergestellt werden.6 Dies hat seinen Grund darin, dass die an diese Rechtshandlungen geknüpften Rechtsfolgen anders als bei Rechtsgeschäften nicht auf dem Willen des oder der Handelnden beruhen.7 Nur Menschen sind im natürlichen Sinne in der Lage, ihren Intellekt zu betätigen. Rechtsfolgen von Normen, die eine Intellektbetätigung voraussetzen, können freilich nicht nur Menschen, sondern jeden Rechtsträger treffen. Eine Intellektbetätigung kann für einen Rechtsträger nämlich nicht nur dann relevant werden, wenn er selbst seinen Intellekt betätigt, sondern auch dann, wenn eine für ihn geschaffene Organisation dieses tut. Damit wird die Aufgabe von Handlungsorganisationen deutlich. Sie sollen Rechtssubjekte in die Lage versetzen, durch Intellektbetätigungen am Rechtsverkehr teilzunehmen. Diese Einrichtung als Handlungsorganisation zu bezeichnen geht auf Uwe John zurück.8 John hat 2 Vgl. allgemein zu den Rechtstatsachen und ihrer Aufgliederung Bork, AT, Rn. 272 ff.; v. Tuhr, AT II/1, §§ 43 ff. 3 Auch Merkmale dieser Gruppe können sich auf Menschen beziehen, etwa der Tod eines Menschen (§ 1922 BGB) oder der Wohnsitz eines Menschen (§ 13 BGB). 4 Haftungsrechtliche Zurechnungsfähigkeit ist Verhaltensmerkmal, weil es die Fähigkeit ist, rechtswidriges Verhalten vorzunehmen. Ebenso sollen hier auch andere Fähigkeiten, die man durchaus als subjektive Merkmale bezeichnen könnte, dem Verhalten als dessen Grundvoraussetzung zugeordnet werden. Verschulden hat objektive und subjektive Merkmale; die subjektiven lassen sich auf Kenntnis oder Wollen zurückführen: So verlangt Vorsatz regelmäßig Wissen und Wollen, Fahrlässigkeit verlangt objektiven Sorgfaltsverstoß, der durch Kenntnisse oder besondere Fähigkeiten (dazu gerade) modifiziert wird. 5 Das Rechtsgeschäft eignet sich nicht als Unterfall rechtmäßigen Verhaltens. Denn das Rechtsgeschäft stellt regelmäßig selbst einen zusammengesetzten Tatbestand dar, der aus mindestens einer Willenserklärung, aber auch aus Rechtshandlungen bestehen kann. Freilich kann eine Willenserklärung nur dann Rechtsfolgen äußern kann, wenn ein Rechtsgeschäft vorliegt. Die hier vorzunehmende Gegenüberstellung will aber Rechtstatsachen aufgliedern, die Teil eines Tatbestands sein können, an die in ihrer Addition Rechtsfolgen geknüpft werden. Die aufgezählten Rechtstatsachen müssen nicht allein eine Rechtsfolge herbeiführen können. Eingehender zur Unterscheidung von Rechtsgeschäft und Willenserklärung unten § 7 A I 1 b (S. 228 ff.). 6 Mot. I, 127; dem folgend Flume, Rechtsgeschäft, § 9 1. 7 Im Anschluss an Flume, Rechtsgeschäft, § 10 1, lässt sich dieser Unterschied plastisch zusammenfassen: Das Rechtsgeschäft regelt, Rechtshandlungen werden geregelt. Unterschiedlich ist also nicht die Art der Rechtsfolge, sondern der Geltungsgrund der Rechtsfolge. Freilich lässt sich in gleicher Weise das rechtswidrige Verhalten vom rechtsgeschäftlichen Handeln scheiden, so dass sich unter diesem Gesichtspunkt auch anbietet, das rechtswidrige Verhalten der Gruppe der Rechtshandlungen zuzuweisen, so Medicus, AT, Rn. 196. 8 John, Rechtsperson, 74 ff., 230 ff., passim.
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A. Handlungsorganisation
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die Handlungsorganisation neben dem Haftungsverband und der Identitätsausstattung als Element einer »organisierten Personifikation« herausgearbeitet.9 John bezweckte, diese drei Elemente im Rahmen seiner Theorie von der »abgestuften Rechtsfähigkeit«10 als Gradmesser zu verwenden.11 Unabhängig davon, ob man dieser Theorie folgen möchte, ist die Existenz einer Handlungsorganisation nicht zu bestreiten.12 Wie gerade gezeigt, greift der Begriff Handlungsorganisation indes zu kurz, weil nicht nur Handlungen (Verhalten) zu organisieren sind, sondern auch innere Umstände. Folglich wäre der Begriff Intellektbetätigungsorganisation oder Rechtstatsachenverwirklichungsorganisation präziser. Zur Vermeidung von Missverständnissen wird im Rahmen dieser Abhandlung aber an dem eingeführten Begriff der Handlungsorganisation festgehalten.
II. Funktionsweise im Außen- und Organisationsbereich Um die Funktionsweise von Handlungsorganisationen zu beschreiben, ist zwischen Außen- und Organisationsbereich zu unterscheiden.13 1. Außenbereich Im Außenbereich muss die Organisation die Aufgabe erfüllen, Tatbestände zu verwirklichen, um deren Rechtsfolgen für den organisierten Rechtsträger herbeizuführen. Im natürlichen Sinne können nur Menschen von Intellektbetätigungen abhängige Tatbestände verwirklichen. Rechtsfolgen dieser Tatbestände können daher einen organisierten Rechtsträger nur treffen, wenn Menschen innerhalb seiner Organisation die maßgeblichen Rechtstatsachen verwirklichen. Allein die Verwirklichung von Rechtstatsachen reicht allerdings nicht aus. Die Rechtstatsachen müssen vielmehr so verwirklicht werden, dass der organisierte Rechtsträger selbst Handelnder ist.14 Üblicherweise enthalten nämlich Normen, die eine Intellektbetätigung eines Subjekts voraussetzen, Rechtsfolgen nur für das handelnde Subjekt. Nur ausnahmsweise knüpfen Normen ihre Rechtsfolgen an 9 John, Rechtsperson, 72 ff; ihm folgend Bergmann, Handelsgesellschaft, 74 f.; Bork, ZIP 2005, 1205, 1206; Pawlowski, AT, Rn. 129 ff.; Ulmer, AcP 198 (1998), 113, 126; vgl. auch Breuninger, BGB-Gesellschaft, 34 ff., 146 ff. 10 Pawlowski, AT, Rn. 109 ff., verwendet im Anschluss an Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit (1963), den Begriff der »relativen Rechtsfähigkeit«, dazu § 11 A I 2 a (S. 397). 11 John, Rechtsperson, 221 ff.: Wenn alle drei Elemente voll ausgebildet sind, sei umfassende Rechtsfähigkeit anzunehmen. Falls manche Elemente weniger stark ausgeprägt sind, sei aber nicht Rechtsunfähigkeit anzunehmen. Vielmehr sei nach einer unterschiedlichen »Art von Rechten« zu differenzieren. Jede einzelne Art von Recht erfordere einen unterschiedlichen Grad der Personifizierung, damit eine Personifikation Inhaber dieser Art von Rechten werden könne. 12 Vgl. auch Lipp, Freiheit, 40 ff. zur Betreuung; K. Schmidt, GesR, § 10 I 1 zum Gesellschaftsrecht; Ulmer, AcP 198 (1998), 113, 126, sowie ders., ZIP 2001, 585, 593, zur GbR; ferner MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 306. 13 Vgl. die Unterscheidung Johns, Rechtsperson, 76 f., zwischen externer und interner Handlungsorganisation. 14 Zu der Erweiterung des Kreises der Handlungssubjekte über die Rechtssubjekte hinaus, die die handlungsorganisatorische Verselbstständigung von Sondervermögen mit sich bringt, siehe § 3 C II 2 (S. 54).
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§ 1: Einführung
fremdes Handeln. Diese Differenzierung lässt sich an den Regelungen über Verfügungen verdeutlichen. Auf der Seite desjenigen, auf dessen Recht durch die Verfügung eingewirkt wird, ist nicht erforderlich, dass dieser selbst den Verfügungstatbestand verwirklicht. Der Verfügende kann zwar der Rechtsinhaber sein (§§ 929 S. 1, 873 Abs. 1, 398 BGB). Verfügender kann aber auch ein mit besonderer Rechtsmacht ausgestatteter Dritter sein (§ 185 BGB) oder ein Dritter, der aufgrund eines vom Rechtsinhaber zurechenbar veranlassten Rechtsscheins als Rechtsinhaber erscheint (§§ § 932 ff., 891 f. BGB). Der Rechtserwerber muss hingegen selbst am Verfügungsgeschäft beteiligt sein.15 Letzteres gilt auch beim Verpflichtungsvertrag: Um Vertragspartner zu werden, muss jemand die zum Vertragsschluss erforderlichen Willenserklärungen abgeben. Dritte können aus dem fremden Vertrag nur gem. §§ 328 ff. BGB berechtigt, aber nicht verpflichtet werden. Die Rechtstechnik, die es ermöglicht, menschliches Verhalten als Handeln eines organisierten Rechtsträgers anzusehen, ist die Zurechnung. Diese Zurechnung vom handelnden Menschen zur organisierten Person baut darauf auf, dass die Bedeutung, die Rechtstatsachen wie Handeln, Wissen oder Wollen zukommt, von ihrer Bedeutung im natürlichen Sinne abweicht. Ob jemand handelt, weiß oder will, ist für die Subsumtion unter rechtliche Tatbestände allein nach juristischen Wertungen zu entscheiden. Das Recht ordnet so über das Rechtsinstitut der Zurechnung einem Rechtssubjekt die Verwirklichung von Rechtstatsachen zu, auch wenn nicht das Rechtssubjekt selbst16, sondern ein anderes Subjekt diese Tatbestandsmerkmale erfüllt.17 2. Organisationsbereich Eine Organisation verfügt regelmäßig über mehrere Einheiten. Ein Organisationsrecht kann sich daher nicht darauf beschränken zu erklären, wie eine Organisation nach außen handelt. Daneben ist immer auch das Verhältnis der jeweils eingerichteten Einheiten untereinander, der Organisationsbereich, zu betrachten. Dieser Bereich wird maßgeblich dadurch geprägt, dass den einzelnen Einheiten verschiedene Kompetenzen zugewiesen sind. Bei Handlungsorganisationen lassen sich hauptsächlich drei Kompetenzen unterscheiden:18 Willensbildung, Willensbetätigung (also Außenhandeln) und Aufsicht. Diese drei Kompetenzen bestehen allerdings nicht unverbunden nebeneinander. Die Kompetenzen sind nicht getrennt jeweils einer Organisationseinheit zuzuordnen. So setzt die Wil15 Parallel zur Verfügungsermächtigung eine Erwerbsermächtigung zu konstruieren hat sich wegen der Spezialität des Vertretungsrechts zu Recht nicht durchgesetzt, dazu etwa Bork, AT, Rn. 1736; Staudinger-Schilken (2004), Vorbem zu §§ 164 ff Rn. 69. 16 Auch die Fragestellung, ob ein tatsächliches Verhalten einer Rechtsperson einen Tatbestand verwirklicht, wird vielfach als Frage der Zurechnung bezeichnet. Mit diesem Begriff können sowohl Kausalitätsprobleme, vgl. Bork, AT, Rn. 1322, als auch Probleme, ob die Rechtsperson handlungsfähig, insbesondere geschäftsfähig ist, siehe nur Lipp, Freiheit, 60 ff., bezeichnet werden. 17 Bork, AT, Rn. 1323 ff.; Flume, juristische Person, § 11 I; Medicus, AT, Rn. 881 ff.; K. Schmidt, GesR, § 10 I; dazu ausführlich § 6 A I (S. 202 ff.). 18 Vgl. zunächst nur K. Schmidt, GesR, § 10 I 1 b, § 14 II 1; Wolff/Bachof, § 74 I f 4, § 75 I e; eingehender dazu unten § 11 B I 1 (S. 408 ff.).
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A. Handlungsorganisation
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lensbetätigung voraus, den unmittelbaren Betätigungswillen selbst zu bilden. Daher beschränkt sich regelmäßig der Kompetenzbereich des Willensbildungsorgans auf Grundlagenentscheidungen und sonstige Entscheidungen von besonderem Gewicht. Zusammenfallen können ferner Aufsichts- und Willensbildungskompetenz. Neben der Kompetenzzuweisung muss aber auch geregelt sein, wie die einzelnen Organisationselemente ihre Kompetenzen wahrnehmen können.19 Die Menschen, die im Organisationsbereich für die Kompetenzwahrnehmung zuständig sind, müssen über Handlungsformen verfügen, durch die sie im Organisationsverhältnis Wirkungen erzeugen können. So mögen etwa Weisung oder Zustimmung der zur Willensbildung Berufenen die Befugnisse der zur Willensbetätigung Kompetenten beeinflussen.
III. Arten von Handlungsorganisationen Jedes Rechtssubjekt kann sich in vielfältiger Weise individuell zur Erledigung seiner Aufgaben Hilfspersonen bedienen und sich so eine Handlungsorganisation schaffen. Im Innenverhältnis zwischen Rechtssubjekt und Hilfsperson bestimmt regelmäßig ein schuldrechtlicher Vertrag die Aufgaben und Befugnisse (insbesondere ein Arbeits-, sonstiger Dienst-, Werk- oder Geschäftsbesorgungsvertrag). Im Außenverhältnis ergeben sich die Voraussetzungen der Zurechnung beispielsweise für Willenserklärungen aus § 164 BGB, für innere Umstände aus § 166 BGB, für Verschulden aus § 278 BGB oder für tatsächliche Sachherrschaft aus § 855 BGB. In diesen Fällen bedient sich das Rechtssubjekt der Hilfsperson, obwohl es theoretisch die Rechtstatsachen selbst verwirklichen könnte. Beweggründe, sich der Hilfsperson zu bedienen, sind häufig die praktische Notwendigkeit, dass ein Rechtssubjekt – insbesondere wenn es Unternehmensträger ist – nicht alle Aufgaben selbst und mit gleicher Kompetenz erledigen kann, oder der Unwille einer Person, alles selbst machen zu müssen. Die auf eine solche Weise geschaffene Handlungsorganisation bezeichnet John als eine »mögliche«.20 Man kann sie auch als »abgeleitete« bezeichnen, weil der geschaffenen Organisationseinheit keine originären Befugnisse zukommen. Ihre Befugnisse leiten sich vom Rechtssubjekt ab. Von dieser Organisationsform sind generell angeordnete Organisationsformen zu unterscheiden. Bei diesen Formen beruhen die einzelnen Organisationselemente regelmäßig nicht auf dem Willen des Rechtssubjekts, sondern werden vom Gesetz selbst angeordnet. Es verbleibt den Beteiligten allenfalls innerhalb der gesetzlichen Anordnung ein Spielraum, die generell vorgeschriebene Organisationsform individuell auszugestalten. John bezeichnet diese Organisationsform als »notwendige« Handlungsorganisation.21 Mit dieser Bezeichnung will er betonen, dass das Rechtssubjekt allgemein oder in besonderen Situationen Rechtstatsachen ohne die Organisation gar nicht verwirklichen könnte. Mit dieser Beschrei19 20 21
Dazu § 12 A (S. 415 ff.). John, Rechtsperson, 78. John, Rechtsperson, 78 ff., passim.
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§ 1: Einführung
bung legt John den Hauptgrund dafür offen, warum das Gesetz in bestimmten Konstellationen Handlungsorganisationen zwingend vorschreibt. Zu beachten ist, dass mittlerweile etwa mit der Betreuung geschäftsfähiger Menschen eine im Sinne Johns nicht notwendige Handlungsorganisation vorgesehen ist.22 Denn der Betreute kann in diesem Fall auch unabhängig von seinem Betreuer Rechtstatsachen verwirklichen.23 Aber auch bei dieser Handlungsorganisation handelt es sich um eine durch das Gesetz generell angeordnete Handlungsform, die sich dadurch auszeichnet, dass dem Funktionsträger (Betreuer) originäre Handlungsmacht für das organisierte Rechtssubjekt (Betreuter) eingeräumt ist. Alle durch solche vom Gesetz vorgeformten organisatorischen Rechtssätze geschaffenen Organisationen werden hier als institutionalisierte bezeichnet.24
B. Amt Innerhalb von institutionalisierten Organisationen kommt dem Amt die Funktion zu, unbeteiligte Personen (Dritte) in die Organisation einzubinden. Zum Verständnis der Funktionsweise dieser Einbindung ist die Unterscheidung von Amt und Amtswalter von überragender Bedeutung.25 Der Amtswalter ist ein handlungsfähiger Mensch (oder ein sonstiges durch einen Menschen handlungsfähiges Subjekt). Ihm vermittelt das Amt zunächst Aufgaben und Befugnisse, in der Handlungsorganisation eines Rechtsträgers mitzuwirken. Der Amtswalter kann daher zum einen berechtigt sein, für den organisierten Rechtsträger im Außenbereich den Intellekt zu betätigen, zum anderen kann er Kompetenzen erlangen, im Organisationsbereich an der Organisation des Rechtsträgers mitzuwirken. Die Funktionen der Ämter sind aber nicht darauf beschränkt, Aufgaben und Befugnisse zu vermitteln. Kernthese dieser Arbeit ist es, das Amt selbst als besonderes apersonales, freilich nicht rechtsfähiges Handlungssubjekt anzuerkennen. Dem Amt als Handlungssubjekt kann das Handeln des Amtswalters in einer Weise zuzurechnen sein, dass sich die Wirkungen dieses Handelns sowohl vom Handeln des Amtswalters für sich persönlich als auch vom Handeln des organisierten Rechtsträgers unterscheiden. Diese Feststellung gilt nicht nur für den Organisationsbereich, wo sich die einzelnen Funktionsträger in spezifischer Weise gegenüberstehen.26 Sie gilt auch im Außenbereich, insbesondere wenn es darum geht, das spezifische Handeln der sog. Parteien kraft Amtes für das von ihnen verwaltete Sondervermögen zu erklären.27 22 Einen weiteren Fall bilden Organisationssubjekte, die, wie insbesondere der Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage (§§ 26 ff. WEG), für eine Vielzahl selbstständiger und grundsätzlich handlungsfähiger Menschen handeln sollen. 23 Vgl. grundlegend zu dieser Konstruktion Lipp, Freiheit, 25. 24 Vgl. Wolff/Bachof, § 73 I c 2. 25 Dazu Diemert, Innenrechtsstreit, 197; Wolff/Bachof, § 73 I c; ausführlich unten § 5 B II (S. 163 ff.). 26 Siehe zweiter besonderer Teil, insbesondere § 11 A I (S. 395 ff.). 27 Siehe § 9 B (S. 298 ff.).
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C. Gang der Untersuchung
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Schließlich betrifft das Amt den Amtswalter in seiner persönlichen Rechtsstellung. Es begründet ein Rechtsverhältnis des Amtswalters zum organisierten Rechtsträger. Aus diesem Rechtsverhältnis können dem Amtswalter Rechte auf Wahrnehmung des Amtes wie auf Vergütung erwachsen. Er ist aber auch verpflichtet, das Amt ordnungsgemäß auszuführen, und haftet ggf. für Pflichtverletzungen.
C. Gang der Untersuchung Die Abhandlung gliedert sich in vier Teile: einen allgemeinen Teil und drei besondere Teile. Eine Zusammenfassung beschließt die Untersuchung mit einem Überblick über ihre wesentlichen Ergebnisse (§ 17).
I. Allgemeiner Teil Der mit dieser Einleitung (§ 1) bereits begonnene allgemeine Teil zielt darauf ab, einen klar konturierten Amtsbegriff (§ 5) im Organisationsrecht zu verankern.28 Um den unterschiedlichen Erscheinungsformen des Amtes gerecht zu werden, sind allerdings zuvor in einer allgemeinen organisationsrechtlichen Betrachtung die verschiedenen Aufgaben von Handlungsorganisationen zu behandeln. Die Betrachtung gliedert sich danach, in welchem Umfang einer Handlungsorganisation die Aufgabe zugewiesen ist, für ein Subjekt Rechtstatsachen zu verwirklichen. Auf ein klar konturiertes Handlungskonzept in Gestalt von gesetzlichen Vertretern und Organen lässt sich zurückgreifen, wenn die Organisation errichtet ist, um umfassend für ein Rechtssubjekt zu handeln (§ 2). Einen ersten Schwerpunkt der Untersuchung bildet dann die Analyse von Handlungsorganisationen, die für Sondervermögen eingerichtet sind (§ 3). Dafür gilt es, zunächst überhaupt einen für das Handlungsorganisationsrecht tauglichen Begriff des Sondervermögens zu prägen (§ 3 A.). Darauf aufbauend ist zu zeigen, dass eine Handlungsorganisation lediglich zu dem Zweck eingerichtet sein kann, spezifische Vermögenswirkungen allein für ein bestimmtes Sondervermögen eintreten zu lassen (§ 3 C.). Der üblicherweise vorausgesetzte Gleichschritt von Rechtssubjekt und Handlungssubjekt findet hier seine Ausnahme in Parallele dazu, dass dem organisierten Rechtssubjekt auch mehrere Vermögensmassen zugeordnet sind. Den Überblick beschließt eine Analyse weiterer Handlungsorganisationen, die nur für bestimmte Teilbereiche einer Rechtsperson eingerichtet sind (§ 4). Solche Teilorganisationen ergänzen die allgemeine Handlungsorganisation, soweit diese ausfällt (§ 4 A.). Es kann auch eine Teilorganisation eingerichtet sein, um die Interessen Mitberechtigter zu koordinieren (§ 4 B.). Besondere Bedeutung kommt in diesem Abschnitt der Aufgabe zu, das Verhältnis der Wohnungseigentümer zum Wohnungseigentumsverwalter einzuordnen. Schließlich wird die allgemeine
28
Dazu gerade schon B (S. 6).
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§ 1: Einführung
Handlungsorganisation von Unternehmensträgern auf verschiedene Weise ergänzt, um spezifische Interessen berücksichtigen zu können (§ 4 C.). Der besondere Reiz dieser Konstellationen ergibt sich daraus, dass die Erfassung dieser besonderen Funktionsträger bislang große Schwierigkeiten bereitet, eine Lösung aber wieder mittels der Subjektstellung des Amtes erreicht werden kann (später § 9 C.).
II. Besondere Teile Die drei besonderen Teile widmen sich den drei spezifischen Aspekten des Amtsrechts. Der erste besondere Teil behandelt das Amt in seiner Funktion, im Außenbereich Wirkungen für den organisierten Rechtsträger herbeizuführen.29 Dieser Teil wird von der Rechtstechnik der Zurechnung geprägt, durch die sich grundsätzlich die Wirkungen jedes Amtswalterhandelns erklären lassen (§ 6). Die Zurechnung kann sich zwar nach Anwendungsbereich, Voraussetzungen und der von ihr bewirkten Handlungszuordnung unterscheiden. Das führt dazu, dass eine getrennte Betrachtung von Vertretern (§ 7), Organen (§ 8) und sog. Parteien kraft Amtes (§ 9) nötig wird. Es überwiegen aber die Übereinstimmungen, was insbesondere eine Analyse zur Zurechnungsvoraussetzung »Amtsmacht« zum Ausdruck bringt (§ 10). Einen nicht zu unterschätzenden Gewinn dieser Betrachtung bedeutet die Erkenntnis, das Amt selbst als Handlungssubjekt einzuordnen, dem das Amtswalterverhalten zuzurechnen ist.30 So lässt sich nicht nur das Handeln der sog. Parteien kraft Amtes (§ § 9), sondern etwa auch das Eigenhandeln von Vertretern (§ 7 A. II.) problemlos in das Zurechnungsmodell einfügen. Der zweite besondere Teil nimmt die Funktionen des Amtes im Organisationsbereich in den Blick.31 Der diesen Teil prägende Gedanke besteht darin, das Amt wie auch aus mehreren Ämtern bestehende Gremien als apersonale Subjekte des Organisationsverhältnisses anzusehen (§ 11).32 Diese apersonalen Organisationssubjekte sind wiederum deutlich von den Amtswaltern zu scheiden, die ihnen lediglich Handlungsfähigkeit verleihen. Das Amt als Organisationssubjekt ist daher wie die anderen Organisationssubjekte Bezugspunkt der das Organisationsverhältnis gestaltenden Intellektbetätigungen (§ 12). Aus diesem Grund ist das Amt zudem auch natürlicher Beteiligter im Fall von organisationsinternen Konflikten, so dass organisationsintern mit ihm über die Einhaltung der Pflichten zu streiten ist (§ 13). Der abschließende dritte besondere Teil trägt der Trennung des Amtsrechts von Amt und Amtswalter dadurch Rechnung, dass er die Rechtswirkungen analysiert, die den Amtswalter wegen seiner besonderen Stellung innerhalb der Organisation treffen können. Dieser Teil will insbesondere die immense Bedeutung herausstellen, die dem mit der Amtsstellung einhergehenden (gesetzlichen) 29 30 31 32
Dazu gerade schon A I 1 (S. 3). Siehe gerade B (S. 6). Siehe gerade A II 2 (S. 4 f.). Dazu gerade B (S. 6).
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A. Organisationen von Menschen (natürlichen Personen)
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Schuldverhältnis zum Organisationsträger, dem so zu bezeichnenden Amtswalterrechtsverhältnis, zukommt. Dieser Rechtsgrund reicht aus, um das Rechtsverhältnis von Amtswalter und Organisationsträger abschließend zu erfassen. Zu Beginn dieses Teiles werden daher die Wirkungen der Amtsstellung sowie ihre Begründung und Beendigung eingehend erörtert (§ 14). Die Leistungen des gesetzlichen Amtswalterrechtsverhältnisses werden dann im Weiteren besonders anschaulich, wenn die Bedeutung vertraglicher Abreden mit dem Amtswalter in den Blick genommen wird (§ 15). Dieser Teil endet mit einer Analyse des Haftungsrisikos für Amtswalter, das ebenfalls zu einem überwiegenden Teil vom Amtswalterrechtsverhältnis geprägt wird (§ 16).
§ 2: Umfassende Organisationen Handlungsorganisationen kann die Aufgabe zukommen, umfassend für ein Rechtssubjekt Rechtstatsachen zu verwirklichen.33 Zu unterscheiden sind die durch gesetzliche Vertreter handelnden Menschen (unter A.) und rechtsfähige Organisationen, die über Organe verfügen (unter B.).
A. Organisationen von Menschen (natürlichen Personen) Die Handlungsorganisation einer natürlichen Person hängt von der Fähigkeit dieses Menschen ab, selbst Rechtstatsachen zu verwirklichen.
I. Der geschäftsfähige und nicht unter Betreuung stehende Mensch Der volljährige Mensch bedarf, wenn keine besonderen Umstände seine Handlungsfähigkeit einschränken, keiner Organisation, um handeln zu können. Er ist geschäftsfähig, was sich aus einem Umkehrschluss aus § 104 BGB ergibt, und deliktsfähig, was sich aus einem Umkehrschluss aus § 828 BGB ergibt. Dem entsprechend kann er selbst rechtsrelevant wissen und wollen, seinen rechtserheblichen Willen nach außen ausüben sowie die Verantwortung für Schäden tragen. Eine umfassende institutionalisierte Handlungsorganisation ist für ihn weder notwendig noch vorgesehen. Das Gesetz trägt für ihn nur in einem Ausnahmefall Sorge. § 1911 BGB regelt die Bestellung des Abwesenheitspflegers für volljährige Menschen. Die dafür erforderliche Abwesenheit liegt vor, wenn der Aufenthalt des Volljährigen entweder unbekannt ist oder zwar bekannt, der Volljährige aber an einer Rückkehr gehindert und nicht in der Lage ist, seine Vermögensangelegenheiten zu besorgen.
33 Meist stellen diese Handlungsorganisationen für das betroffene Rechtssubjekt überhaupt erst die Möglichkeit her, Rechtstatsachen zu verwirklichen. John, Rechtsperson, 78 ff., passim, verwendet für diese Handlungsorganisation daher den Begriff der notwendigen Handlungsorganisation; siehe schon § 1 A III (S. 5 f.).
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§ 2: Umfassende Organisationen
II. Der minderjährige Mensch Minderjährige bedürfen der Personen- und Vermögenssorge. Diesem Bedürfnis trägt das Gesetz durch eine institutionalisierte Handlungsorganisation Rechnung. Die Organisation ist für den Zweck dieser Arbeit allein hinsichtlich ihrer Aufgabe zu betrachten, für den Minderjährigen Rechtstatsachen zu verwirklichen. Zentrale Organisationseinheit, der die Aufgabe der Willensbildung und -betätigung zukommt, ist in erster Linie der Inhaber der elterlichen Sorge gem. §§ 1626–1698b BGB, ersatzweise der Vormund (§§ 1773–1895 BGB).34 Diese Organisationseinheiten werden regelmäßig von einer oder zwei Personen besetzt.35 Neben elterliche Sorge oder Vormundschaft kann die Bestellung eines Ergänzungspflegers treten (§ 1909 BGB).36 Schließlich ist die Anordnung einer Beistandschaft (§§ 1712–1717 BGB) möglich. Der Vormund steht unter der Aufsicht des Vormundschaftsgerichts (§ 1837 BGB) und bedarf für verschiedene Verrichtungen der gerichtlichen Genehmigung (§§ 1810 ff., 1821 ff. BGB). Auch die Bestellung eines Gegenvormunds (§§ 1792, 1799 BGB) dient der Aufsicht über den Vormund. Der Inhaber der elterlichen Sorge bedarf zu bestimmten Verrichtungen der Zustimmung des Familiengerichts (§ 1643 BGB). Darüber hinaus beaufsichtigt das Familiengericht den Inhaber der elterlichen Sorge zwar nicht, kann aber zur Abwehr von Gefahren für das Kind einschreiten (§ 1666 BGB). Die Kompetenzen des Minderjährigen hängen von seinem Alter und seiner geistigen Reife ab. Der noch nicht siebenjährige Mensch ist nicht geschäftsfähig (§ 104 Nr. 1 BGB) und nicht deliktsfähig (§ 828 Abs. 1 BGB). Er kann weder rechtsrelevant wissen oder wollen noch nach außen einen rechtserheblichen Willen ausüben. Er trägt nicht die Verantwortung für Schäden. Der siebenjährige Minderjährige besitzt hingegen teilweise eigene Handlungsmacht. So ist er nach Maßgabe der §§ 106 ff. BGB beschränkt geschäftsfähig; ferner kann er gem. § 828 Abs. 3 BGB deliktsfähig sein. Diese Willensbetätigungsmacht des Minderjährigen besteht neben der des Inhabers der elterlichen Sorge oder der des Vormunds. Abhängig von seiner geistigen Reife kommen dem Minderjährigen außerdem Kompetenzen bei der Willensbildung zu (§ 1626 Abs. 2 BGB).
III. Der unter Betreuung stehende Mensch Die Anordnung einer rechtlichen Betreuung will der Personen- oder Vermögenssorge für den Betreuten dienen. Diese Aufgabe versieht ein Betreuer (§§ 1901 ff. BGB).37 Der Betreuer steht unter der Aufsicht des Vormundschaftsgerichts und bedarf wie der Vormund in bestimmten Fällen einer gerichtlichen Genehmigung (§§ 1837, 1810 ff, 1821 ff., 1908i BGB). Zusätzlich können Aufsichtsbefugnisse 34
Eine Notkompetenz begründet § 1846 BGB für das Gericht. Die elterliche Sorge kann gem. §§ 1626, 1626a BGB oder aufgrund einer Anordnung nach § 1672 Abs. 2 BGB den Eltern eines Kindes gemeinsam zustehen. Die Vormundschaft kann gem. § 1775 BGB insbesondere verheirateten Mitvormündern übertragen werden. 36 Siehe näher § 4 A I 3 (S. 104). 37 Es können auch mehrere Personen zum Betreuer bestellt werden (§ 1899 BGB). 35
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einem nach §§ 1792, 1899, 1908i BGB zu bestellenden Gegenbetreuer zugewiesen werden. Die Kompetenzen des Betreuers bei der Verwirklichung von Rechtstatsachen hängen zum einen von den Fähigkeiten des Betreuten und zum anderen davon ab, inwieweit der Betreute vor seiner Erkrankung durch Verfügungen einen relevanten (§ 1903 Abs. 3 BGB) Willen gebildet hat. Befindet sich der Betreute in einem Zustand krankhafter Geistestätigkeit, der nicht nur vorübergehend die freie Willensbestimmung ausschließt, ist der Betreute geschäftsunfähig (§ 104 Nr. 2 BGB) und deliktsunfähig (§ 827 S. 1 Fall 2 BGB). Soweit er nicht vor Eintritt der Geschäftsunfähigkeit im Wege einer Vorsorgevollmacht38 einen rechtsgeschäftlichen Vertreter bestellt und so eine privatautonome Handlungsorganisation geschaffen hat (§ 1896 Abs. 2 S. 2 BGB), kann allein der Betreuer für den Betreuten Rechtstatsachen verwirklichen. Liegt in der Person des Betreuten kein die freie Willensbestimmung ausschließender Zustand vor, hängen die Handlungsbefugnisse des Betreuten davon ab, ob das Gericht gem. § 1903 BGB zusätzlich zur Betreuung einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet hat. Wird ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, besteht eine doppelte Handlungsmacht, die der beim beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen entspricht: Der Betreute ist im Umkehrschluss zu §§ 827 f. BGB deliktsfähig und beschränkt geschäftsfähig (§§ 1903, 108 ff. BGB). Zusätzlich besteht die vornehmlich durch den Betreuer vermittelte Handlungsorganisation. Wird kein Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 BGB angeordnet, ist der Betreute selbst voll handlungsfähig. Die Aufgabe des Betreuers kann in einem solchen Fall nicht darin bestehen, die Handlungsfähigkeit des Betreuten herzustellen.39 Seine Aufgabe ist vielmehr darin zu erblikken, die bei Anordnung der Betreuung beim Betreuten notwendigerweise vorhandenen Defizite (§ 1896 BGB) auszugleichen.40 Dieser Zweck muss auch für das Tätigwerden des Betreuers im Rahmen der Handlungsorganisation gelten.
IV. Leibesfrucht Soweit im Ausnahmefall eine Leibesfrucht der Fürsorge bedarf, obliegt diese in erster Linie den Eltern. Es gilt insoweit das oben zur elterlichen Sorge eines Minderjährigen Ausgeführte entsprechend. Ersatzweise kann ein Pfleger für die Leibesfrucht bestellt werden (§ 1912 BGB), der der Aufsicht des Vormundschaftsgerichts unterliegt und in bestimmten Fällen dessen Unterstützung bedarf (§§ 1837, 1810 ff., 1821 ff., 1915 BGB).
B. Rechtsfähige Organisationen Juristische Personen und rechtsfähige Gesamthandsgesellschaften werden errichtet zur Verfolgung eines bestimmten, gemeinsamen Zweckes ihrer Grün38 39 40
Zur Einrichtung des zentralen Vorsorgeregisters §§ 78a ff. BNotO. Vgl. Lipp, Freiheit, 25. Insbesondere Lipp, Freiheit, 50 ff.
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der.41 Sie sind also selbst Organisationen, Zweckgebilde. Sie heben sich von anderen Organisationen dadurch ab, dass sie rechtsfähig sind. Wegen ihrer Rechtsfähigkeit können sie ihren Organisationszweck verfolgen, indem sie selbst Rechte und Pflichten bei der Teilnahme am Rechtsverkehr erwerben. Für die Teilnahme am Rechtsverkehr ist aber nicht nur die Rechtsfähigkeit, sondern auch die Handlungsfähigkeit Voraussetzung. Anders als die natürliche Person ist eine rechtsfähige Organisation nicht in der Lage, im natürlichen Sinne zu handeln. Bestandteil ihrer Organisation muss folglich eine Handlungsorganisation sein, durch die sie Rechtstatsachen verwirklichen kann. Die einzelnen rechtsfähigen Organisationen verfügen über unterschiedlich ausgestaltete Handlungsorganisationen. Es lassen sich vier Gruppen bilden:42
I. Körperschaftlich strukturierte juristische Personen Die Rechtsfähigkeit der körperschaftlich strukturierten juristischen Personen43 beruht auf einem Publizitätsakt. Dieser Publizitätsakt kann entweder in der Eintragung in ein öffentliches Register (System der Normativbestimmungen, niedergelegt in §§ 21 BGB, 41 Abs. 1 S. 1 AktG, 11 Abs. 1 GmbHG, 13 GenG) oder in der Erteilung einer Konzession bestehen (Konzessionssystem, niedergelegt in §§ 22, 23 BGB, 15 VAG). Die Handlungsorganisation von Körperschaften gliedert sich in mehrere Organe. Das Willensbildungsorgan setzt sich aus den Mitgliedern der Körperschaft zusammen.44 Das entspricht dem Umstand, dass die Körperschaften Verbände, also auf Mitgliedschaft beruhende Organisationen sind.45 Um den Willen nach außen zu betätigen, ist bei jeder Körperschaft ein weiteres Organ eingerichtet, dessen Mitglieder nach besonderen Regeln bestellt werden müssen (Grundsatz der Fremdorganschaft).46 Diese Aufgabentrennung zeigt im Bereich der Handlungsorganisation die für Körperschaften – insbesondere im Vergleich zu Personengesellschaften – typische Verselbstständigung gegenüber ihren Mitgliedern.47 41 Ausnahmen bilden die Einmannorganisationen (Stiftung mit einem Stifter, EinmannGmbH, Einmann-AG). 42 Diese Einteilung wird von dem schwelenden Streit um die Theorie von juristischer Person und Gesamthand und der Abgrenzung dieser Institute zueinander nicht berührt. Hadding, ZGR 2001, 712, 718 f.; Raiser, AcP 199 (1999), 104 ff.; ders., 194 (1994), 495 ff.; ders., Festschrift Zöllner, 469 ff.; nunmehr auch Staudinger-Habermeier (2004), Vorbem zu §§ 705 ff Rn. 29, ferner K. Schmidt, GesR, § 8 I 3, plädieren für eine Auflösung des Gesamthandsbegriffs und wollen jedenfalls die Personengesellschaften als eigenständige Kategorie ebenfalls wie die Körperschaften zu den juristischen Personen zählen; dagegen Bork, AT, Rn. 195, Ulmer, AcP 198 (1998), 113, 119 ff.; MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 308 f. 43 Das sind der Verein, die Aktiengesellschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Genossenschaft und der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. 44 Mitgliederversammlung (§ 32 BGB), Hauptversammlung (§§ 118, 285 AktG), Gesellschafterversammlung (§ 48 GmbHG), Generalversammlung (§ 43 GenG), oberste Vertretung (§ 29 VAG). 45 Vgl. zum Verbandsbegriff nur K. Schmidt, GesR, § 7 I 1 b. 46 Vorstand (§§ 26 BGB, 76 AktG, 24 GenG, 34 VAG) oder Geschäftsführer (§ 35 GmbHG). 47 K. Schmidt, GesR, § 3 I 2 a.
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Aus dieser Aufteilung folgt die Möglichkeit, als drittes Organ ein Aufsichtsorgan zu schaffen, das die Arbeit des Willensbetätigungs-/Geschäftsführungsorgans überwacht. Dieses Organ ist bei einigen Körperschaften zwingend vorgeschrieben (Aufsichtsrat, §§ 95 AktG, 9 GenG, 6 Abs. 1 MitbestG). Bei den anderen obliegt es der etwa in § 52 GmbHG zum Ausdruck kommenden Satzungsautonomie der Mitglieder, ob sie ein Aufsichtsorgan schaffen.48
II. Stiftungen Die Stiftung ist ebenfalls juristische Person. Sie erlangt ihre Rechtsfähigkeit durch Anerkennung (§ 80 BGB). Im Gegensatz zu den Körperschaften verfügt die Stiftung nicht über Mitglieder, sondern ist eine rechtlich verselbstständigte Vermögensmasse. Ein aus Mitgliedern bestehendes Willensbildungsorgan ist daher nicht vorhanden. Als Organ zwingend vorgesehen ist lediglich in Parallele zu den Bestimmungen über den Verein ein Vorstand (§§ 26 ff., 86 BGB). Aus dieser Beschränkung der Stiftung auf ein notwendiges Organ ergibt sich eine Organisationsstruktur, die erheblich von der der Körperschaften abweicht.49
III. Rechtsfähige Personengesellschaften Der Terminus der rechtsfähigen Personengesellschaft hat mit dem Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27.6.2000 (BGBl. I 897, ber. 1139) in § 14 Abs. 1 Eingang in das BGB gefunden. Die rechtsfähige Personengesellschaft wird dort neben die natürlichen und juristischen Personen als dritte Gruppe rechtsfähiger Subjekte gestellt. Zu ihr zählen die Personenhandelsgesellschaften und die Partnerschaft, die §§ 124 HGB, 7 PartGG für rechtsfähig erklären. Auch die Partenreederei (§§ 489 ff. HGB) und die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung50 werden regelmäßig zu den rechtsfähigen Personengesellschaften gezählt. Sie werden bei der folgenden Betrachtung ausgespart, weil sie auf Besonderheiten beruhen,51 die keine einheitliche Betrachtung erlauben. Der BGH hat mit seiner Entscheidung vom 29.1.2001 dann erstmals die Rechtsfähigkeit der GbR anerkannt und so dieser Gruppe rechtsfähiger Personengesellschaften ganz bedeutenden Zuwachs verschafft.52 Diese Rechtsfortbil48
Zu den Grenzen der Satzungsautonomie § § 5 C III 3 (S. 187 ff.). Zur staatlichen Stiftungsaufsicht § 11 B I 1 c (S. 412). 50 Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 des Rates über die Schaffung einer Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) vom 25. Juli 1985 (ABl. EG 1985, Nr. L 199 v. 31.7.1985, S. 1); EWIV-Ausführungsgesetz vom 14. April 1988 (BGBl I 514). 51 Die Partenreederei beruht auf dem gemeinsamen Bruchteilseigentum an einem Schiff (Schiffspart) und hat dadurch einen beschränkten Geschäftsgegenstand, dem auch die organisationsrechtlichen Regelungen in §§ 492 ff. HGB, die insbesondere die Bestellung eines Korrespondentreeders vorsehen, Rechnung tragen. Die EWIV basiert zunächst auf europäischem Recht. Inhaltliche Besonderheiten ergeben sich daraus, dass diese Gesellschaft ausschließlich kooperativen Zwecken dient, die auch organisationsrechtliche Besonderheiten rechtfertigen, dazu K. Schmidt, GesR, § 66 II 2. 52 BGHZ 146, 341 ff. 49
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dung bedeutet eine erhebliche Zäsur hinsichtlich der Frage, welche Publizitätsanforderungen die Rechtsfähigkeit stellt. Zwar ließ bereits zuvor § 123 Abs. 2 HGB eine OHG vor Eintragung mit Geschäftsaufnahme entstehen. Der Rechtsverkehr wurde allerdings durch § 15 HGB geschützt. Erkennt man die Rechtsfähigkeit der GbR an, verliert die Rechtsfähigkeit dieser Organisationen aber jede Anknüpfung an einen Publizitätsakt. Die Eintragung der Gesellschaften in das Handels- oder Partnerschaftsregister wäre hinsichtlich des Erwerbs der Rechtsfähigkeit lediglich deklaratorisch. Die Eintragung könnte allein noch für die Gesellschaftsform konstitutiv sein, so dass ihr rechtsformändernde Wirkung zukäme. Denn aus einer GbR wird durch Eintragung in das Partnerschaftsregister eine Partnergesellschaft.53 Entsprechende Wirkung äußert vorbehaltlich § 123 Abs. 2 HGB die Eintragung einer OHG oder KG (§§ 123 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB). Auf die Rechtsnatur der GbR wird zurückzukommen sein, wenn die Handlungsorganisationen für Sondervermögen untersucht werden.54 Zunächst soll sich der Blick auf die einheitliche Handlungsorganisation aller Personengesellschaften beschränken. Die Personengesellschaften unterscheiden sich von den Körperschaften nicht nur in der Haftungsorganisation,55 sondern gerade in diesem Punkt. Die Handlungsorganisation ist zwar wie die der Körperschaften von der mitgliedschaftlichen Struktur der Organisation geprägt. Im Gegensatz zur Körperschaft ist die Organisation aber nicht von ihren Mitgliedern verselbstständigt. Vielmehr bildet die Gesamtheit der Mitglieder in Ausprägung des sog. Grundsatzes der Selbstorganschaft56 die Handlungsorganisation, sei diese nun selbst rechtsfähig oder nicht. Dem entsprechend besteht die Handlungsorganisation einer Personengesellschaft nicht aus mehreren Einheiten, sondern nur aus einer, die die Gesellschafter gemeinsam bilden. Dieser Einheit fallen alle Handlungskompetenzen in der Gesellschaft zu: Intern stehen den Gesellschaftern die Willensbildung sowohl in Bezug auf Grundlagenentscheidungen (§§ 705 ff., 712 BGB, 116 Abs. 2 HGB) als auch in Bezug auf Geschäftsführungsmaßnahmen (§§ 709 ff. BGB) zu, ferner die Willensbetätigung, aber auch Kontrollrechte (§ 716 BGB). Im Gesellschaftsvertrag können die Gesellschafter regeln, wie sie als Gesellschaftergruppe den jeweiligen Willen bilden und betätigen. So können sie hinsichtlich der Grundlagengeschäfte die Entscheidung durch eine Mehrheit, jedenfalls eine qualifizierte Mehrheit, genügen lassen. Auch für die Geschäftsführung bieten sich verschiedene Regelungen an. Diese Regelungen können abweichend vom Einstimmigkeitsprinzip (§ 709 Abs. 1 BGB) das Mehrheitsprinzip (§ 709 Abs. 2 BGB) genügen lassen. Sie können einzelne Gesellschafter von der Geschäftsführung ausschließen (§§ 710 BGB, 114 Abs. 2, 164 HGB) und einen mit der alleinigen Geschäftsführung 53
MünchKommBGB-Ulmer, § 7 PartG Rn. 4. Unten § 3 C III 2 a (S. 81 ff.). 55 Eine Haftungsbeschränkung ist anders als insbesondere bei den körperschaftlich verfassten Kapitalgesellschaften nicht angeordnet. Deswegen dominiert der Grundsatz der unbeschränkten unternehmerischen Haftung, der in § 128 HGB seine Ausprägung gefunden hat, dazu BGHZ 134, 333, 335 f.; K. Schmidt, GesR, § 18 IV 1 b bb; ferner dazu unten § 3 C III 2 (S. 81). 56 Dazu § 5 C II 2 (S. 179). 54
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(§§ 711 BGB, 115 HGB) betrauen. Dann steht den von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschaftern ein Widerspruchsrecht (§ 712 BGB) zu, sofern es nicht ebenfalls abbedungen wird. Entsprechende Verteilungsmöglichkeiten ergeben sich auch für die Willensbetätigung (§§ 714 BGB, 125, 170 HGB).
IV. Körperschaftlich strukturierte Gesamthandsgesellschaften Eine vierte Gruppe rechtsfähiger Organisationen sollen schließlich körperschaftlich strukturierte Gesamthandsgesellschaften bilden. Hierunter fallen der nicht rechtsfähige Verein und die Vorgesellschaften57. Es handelt sich ihrer Verfassung nach um Körperschaften. Zur Körperschaft fehlt den Organisationen aber die Eintragung. Dessen ungeachtet werden sowohl der nicht rechtsfähige Verein58 als auch die Vorgesellschaften59 für rechtsfähig gehalten. Auch auf die Rechtsnatur dieser Organisationen wird zurückzukommen sein, wenn die Handlungsorganisationen von Sondervermögen untersucht werden.60 Der folgende Kurzüberblick über die Handlungsorganisation kann dieses Problem aber noch aussparen. 1. Nicht rechtsfähiger Verein Der nicht rechtsfähige Verein unterscheidet sich von der GbR durch seine körperschaftliche Struktur.61 Bei der Wahl dieser Rechtsform sind die Mitglieder beschränkt: Ein Unternehmen kann in dieser Rechtsform nicht betrieben werden.62 Die Handlungsorganisation des nicht rechtsfähigen Vereins entspricht der des eingetragenen Vereins.63 Sie besteht also ebenfalls aus dem Willensbildungsorgan Hauptversammlung und dem Willensbetätigungsorgan Vorstand. 2. Vorgesellschaften Die Vorgesellschaften sind ab Errichtung handlungsfähig. Lange Zeit wurde dem entgegengehalten, das aufgebrachte Vermögen müsse zum Zeitpunkt der Eintragung unversehrt sein. Der BGH hat dieses sog. Vorbelastungsverbot aber bereits im Jahre 1981 aufgegeben.64
57 In der Praxis ist vornehmlich die Vor-GmbH von Bedeutung, die Überlegungen treffen aber auch auf Vor-AG und Vor-Genossenschaft zu. 58 KG MDR 2003, 1197; AG Witzenhausen NJW-RR 2003, 614, 615; Soergel-Hadding, § 54 Rn. 16; MünchKommBGB-Reuter, § 54 Rn. 14; K. Schmidt, GesR, § 25 II 1. – A. M. noch BGHZ 109, 15, 17; vgl. ferner Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 358 ff. 59 BGHZ 117, 323, 326, BGH NJW-RR 2004, 258; NJW 1998, 1079, 1080; Lutter/Hommelhoff-Lutter/Bayer, § 11 Rn. 4; Baumbach/Hueck-Hueck/Fastrich, § 11 Rn. 7, 43; Scholz-K. Schmidt, § 11 Rn. 147; K. Schmidt, GesR, § 34 III 3 a; einschränkend Roth/Altmeppen-Roth, § 11 Rn. 39; Hachenburg-Ulmer, § 11 Rn. 8 ff. 60 Unten § 3 C III 2 (S. 87). 61 K. Schmidt, GesR, § 25 I 2 b. 62 Flume, Personengesellschaft, § 7 I; Soergel-Hadding, § 54 Rn. 3; K. Schmidt, GesR, § 25 I 2 b; kritisch Reuter, Festschrift Semler, 931, 937 ff. 63 Soergel-Hadding, § 54 Rn. 16; K. Schmidt, GesR, § 25 II 2. 64 BGHZ 80, 129 ff.
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§ 3: Organisationen für Sondervermögen
Vorgesellschaften verfügen über die gleichen Organe wie die jeweiligen Körperschaften. Die Organkompetenz des Willensbetätigungsorgans ist allerdings darauf beschränkt, die Geschäfte vorzunehmen, die der Eintragung der Gesellschaft dienen. Für die weitergehende Befugnis, bereits die Geschäfte der Gesellschaft aufzunehmen, bedarf es einer Ermächtigung durch die Gesellschafter. Eine solche Ermächtigung kann freilich auch konkludent erfolgen, insbesondere wenn ein Unternehmen im Wege der Sachgründung in die Gesellschaft eingebracht wird.65 Karsten Schmidt wendet gegen das Ermächtigungserfordernis ein, es würden Gesichtspunkte des Innenverhältnisses zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführungsorgan in das Außenverhältnis übertragen und so die Sicherheit des Rechtsverkehrs belastet.66 Die Vorgesellschaft lebe bereits nach den Grundsätzen der errichteten Gesellschaft, soweit dem nicht das Erfordernis der Eintragung entgegenstände. Daher verfüge das Willensbetätigungsorgan in der Vorgesellschaft über die gleichen organschaftlichen Vertretungsbefugnisse wie in der Körperschaft. Für die Beschränkung der Handlungsmacht des Geschäftsführers spricht indessen das Bedürfnis, die Gesellschafter der Vor-GmbH vor einer unbeschränkten Haftung für Verbindlichkeiten der Vor-GmbH zu schützen. Der Grundsatz der unbeschränkten unternehmerischen Haftung verlangt, dass den Gläubigern einer werbenden Vorgesellschaft die Gesellschafter für die Gesellschaftsschulden haften (Rechtsgedanke von § 128 HGB). Diese Gefahr der unbeschränkten Haftung ist entsprechend dem Rechtsgedanken von § 176 Abs. 1 S. 1 HGB nur den Gesellschaftern zumutbar, die der Geschäftsaufnahme vor Eintragung individuell zugestimmt haben.67
§ 3: Organisationen für Sondervermögen Die Untersuchung der Handlungsorganisationen für Sondervermögen (unter D.) kann nicht auf einer allgemein anerkannten Theorie des Sondervermögens aufbauen68. Daher ist zunächst der Begriff des Sondervermögens zu klären. Diese Klärung umfasst eine Betrachtung von Aktivvermögen (unter A.), Passivvermögen (unter B.) und der Dynamik von Sondervermögen (unter C.).
65 BGHZ 152, 290, 292; 134, 333, 335, 337; 80, 129, 139; Hachenburg-Ulmer, § 11 Rn. 57, 85; Zöllner, Festschrift Wiedemann, 1383, 1415 f. 66 Scholz-K. Schmidt, § 11 Rn. 62 ff.; K. Schmidt, GesR, § 34 III 3 b bb; vgl. ferner Beuthien, NJW 1997, 565 ff. 67 Hachenburg-Ulmer, § 11 Rn. 57, 85; Zöllner, Festschrift Wiedemann, 1383, 1416; vgl. Marotzke, AcP 199 (1999), 615, 617 zur Erbengemeinschaft. 68 Dauner-Lieb, Sondervermögen, 38 ff., Schröder, JZ 1978, 379, 382 f., sowie Ulmer/Ihrig, GmbHR 1988, 373, 376 f., 384, beklagen etwa, dass die wissenschaftliche Auseinandersetzung über den Begriff des Sondervermögens unzureichend und daher eine allgemein anerkannte Theorie nicht gefunden sei.
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A. Begriff des Sondervermögens
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A. Begriff des Sondervermögens Die Aufgabe, einen Begriff des Sondervermögens zu bilden, hat systematisierenden Charakter. Es gilt, verschiedene Vermögensmassen zu ordnen.
I. Grundlagen Bevor auf einzelne Abgrenzungskriterien eingegangen werden kann, sind zunächst begriffliche Grundlagen zu schaffen und die Abgrenzungsaufgabe zu präzisieren. 1. Vermögensbegriff Vermögen ist ein Sammelbegriff. Ein Vermögen fasst geldwerte69 Rechte70 zusammen, die unter einheitlicher Trägerschaft stehen.71 Grundsätzlich ist der Träger eines Vermögens frei darin, wie er mit den in seinem Vermögen zusammengefassten Rechten verfährt, mithin den Bestand verändert. Er selbst kann die so beschriebenen Rechte durch seine Handlungsorganisation ausüben; er unterliegt grundsätzlich keiner besonderen Zweckbindung,72 sondern das Vermögen dient ihm zu seiner freien (wirtschaftlichen) Entfaltung. Diese Beschreibung des Vermögensbegriffs entspricht dem Wortsinn »Vermögen«:73 Das Vermögen einer Person beschreibt, was eine Person vermag. Im Vermögensrecht beschreibt Vermögen die Macht, wirtschaftlichen Verkehr mit anderen Personen zu unterhalten. Allein der Umfang des freien Vermögens setzt damit der Freiheit des Vermögensinhabers Grenzen. Für Verfügungen werden diese Grenzen besonders offenbar, da der Vermögensinhaber über Rechte nur so weit verfügen kann, wie sie ihm zustehen und die Verfügung nicht durch den Inhalt des Rechts oder eine Belastung ausgeschlossen wird. Der Aktivmasse als Inbegriff von Rechten steht eine Passivmasse als Inbegriff von Verbindlichkeiten gegenüber. Diese Verbindlichkeiten sind ebenfalls dem Träger der Aktivmasse zugeordnet. Aus dem Prinzip der unbeschränkten Vermögenshaftung folgt, dass für die im Passivvermögen zusammengefassten Verbindlichkeiten die im Aktivvermögen zusammengefassten Rechte haften.74 Man kann
69 Nicht zum Vermögen zählen daher insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht und persönliche Familienrechte, siehe nur Larenz/Wolf, § 21 Rn. 8 ff. 70 Recht steht auch insoweit im Gegensatz zur Sache. Zum Vermögen zählt niemals eine Sache, sondern nur das Recht an ihr, also etwa Eigentum, Pfandrecht, Nießbrauch oder Anwartschaftsrecht an dieser Sache, dazu Larenz/Wolf, § 21 Rn. 6; v. Tuhr, AT I, § 18 II. Also unterscheidet sich die Summe aller möglichen Vermögensgegenstände (Rechte) von der der Rechtsobjekte (Sachen und Rechte). 71 Bork, AT, Rn. 231; Larenz/Wolf, § 21 Rn. 3; v. Tuhr, AT I, § 18 III; Windel, Nachfolge, 17 f. 72 Windel, Nachfolge, 18 ff. m. w. Nachw. 73 Vgl. v. Tuhr, AT I, § 18 I; Windel, Nachfolge, 17. 74 Vgl. Dauner-Lieb, Sondervermögen, 44 ff.; Larenz/Wolf, § 21 Rn. 27 ff.; v. Tuhr, AT I, § 18 IV.
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§ 3: Organisationen für Sondervermögen
daher vom Bruttovermögen als bloßem Aktivvermögen das Nettovermögen unterscheiden, das die Differenz von Aktivvermögen und Passivvermögen darstellt. 2. Subjektive Rechte Einer näheren Betrachtung bedürfen die subjektiven Rechte, die in einem Vermögen zusammengefasst sind. Es ist das Verdienst einer im Vordringen befindlichen Ansicht, das subjektive Recht unter Rückgriff auf seine formale, normlogische Struktur zu erklären.75 Danach enthält jedes subjektive Recht die Zuweisung von Verhaltensberechtigungen mit Ausschließlichkeitsgewähr. Es werden also durch das Recht erstens einem Subjekt, dem Rechtsinhaber, bestimmte Befugnisse verliehen (Zuweisung von Verhaltensberechtigungen). Zweitens werden alle anderen Subjekte von diesen Befugnissen ausgeschlossen (Ausschließlichkeitsgewähr). Ein solcher Ausschluss kommt besonders deutlich in einer Verbotsnorm zum Ausdruck. Eine solche Verbotsnorm besteht etwa für diejenigen, die nicht Eigentümer einer Sache sind. Diesen Nichteigentümern ist durch §§ 985, 1004 BGB verboten, die Sache so zu nutzen wie der Eigentümer. Der maßgebliche Erkenntnisfortschritt der neuen Ansicht zum subjektiven Recht besteht darin, dass ein Befugnisausschluss aller anderen Subjekte auch durch sog. Inkompetenznormen begründet wird. Von einem schuldrechtlichen Anspruch sind mit Ausnahme des Inhabers alle anderen ausgeschlossen, weil sie vom Schuldner nicht Erfüllung verlangen können. Diese Sichtweise hebt die Unterscheidung zwischen absoluten und relativen Rechten auf.76 Denn nur die Verhaltensberechtigung kann sich in einem relativen Verhältnis beschränken, die Ausschließlichkeitsgewähr wirkt indes bei jedem subjektiven Recht gegenüber jedermann. Es lässt sich freilich unterscheiden zwischen sachbezogenen Rechten, also insbesondere dinglichen Rechten, und personenbezogenen Rechten, also insbesondere Forderungen gegen Dritte, und auf den Rechtsinhaber selbst bezogenen Rechten, den Persönlichkeitsrechten.77 Das subjektive Recht bedarf stets eines Zuordnungssubjekts. Durch die Rechtszuordnung wird nämlich angegeben, welchem Subjekt die das Recht darstellenden Verhaltensberechtigungen zustehen, und damit gleichzeitig, welches Subjekt als einziges nicht von der Ausschlussfunktion getroffen wird. Geht man vom unbeschränkten Vollrecht aus, so stehen alle Verhaltensberechtigungen aus diesem Recht dem Rechtsinhaber zu. Er ist nicht von der Ausschlussfunktion des Rechts betroffen. Dieses Recht fällt in sein Vermögen. Die Zuordnung der Verhaltensberechtigung zu seinem Inhaber und damit zu dessen Vermögen kann grundsätzlich nur auf zwei unterschiedlichen Wegen aufgelöst werden: entweder durch den Wegfall der Verhaltensberechtigung (Inhaltsänderung oder Erlöschen des Rechts) oder durch den Wechsel der Zuordnung (Übergang oder Belastung
75 Grundlegend Dörner, Relativität, 25 ff., 374 ff.; ihm folgend Bork, AT, Rn. 281 ff.; ders., Vergleich, 193 ff.; vgl. bereits J. Schmidt, Aktionsberechtigung, 13 ff. 76 Bork, AT, Rn. 288; ders., Vergleich, 195; Dörner, 46 ff., 53, 377; vgl. auch Staudinger/J. Schmidt (1995), Einl zu §§ 241 ff. Rn. 442 ff. 77 Bork, AT, Rn. 288.
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A. Begriff des Sondervermögens
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des Rechts). Beide Veränderungen können sich auf einen Teil der Verhaltensberechtigungen eines Rechts beschränken (Inhaltsänderung oder Belastung) oder das ganze Recht erfassen (Untergang oder Übertragung). Die vermögensrechtlichen Auswirkungen sind in beiden Fällen eindeutig. Erlöschen Verhaltensberechtigungen, so können diese Berechtigungen keinem Vermögen mehr zugeordnet werden, weil sie nicht mehr existieren. Gehen Verhaltensberechtigungen über, so fallen sie nunmehr in das Vermögen des neuen Rechtsinhabers, scheiden aber aus dem Vermögen des verlierenden Teiles aus, als wenn sie untergegangen wären. Die Vermögenszuordnung hängt also davon ab, ob einem Rechtsträger eine Verhaltensberechtigung zusteht (dann fällt sie in sein Vermögen) oder ob der Vermögensträger von der Ausschlussfunktion betroffen ist (dann gehört diese Verhaltensberechtigung nicht zu seinem Vermögen). 3. Die Abgrenzungsaufgabe Üblicherweise werden mit dem Vermögensbegriff alle Rechte und ggf. Verbindlichkeiten einer Person zusammengefasst. In dieser Weise benutzt auch das Bürgerliche Gesetzbuch den Begriff Vermögen.78 So beschreibt § 311b Abs. 2 u. 3 BGB die Verpflichtung einer Person, die auf die Übertragung aller ihrer Rechte (Aktivvermögen) gerichtet ist, als Verpflichtung, ihr Vermögen zu übertragen. Gleichfalls bezeichnet § 1922 BGB den Übergang aller Rechte (Aktivvermögen) und Verbindlichkeiten (Passivvermögen) des Erblassers auf den Erben als Übergang des Erblasservermögens. Das (Gesamt-)Vermögen einer Person kann man in Vermögensteile zerlegen. Es lassen sich Rechte aufgrund ihrer gleichen Art zusammenfassen. So kann man beispielsweise dem Begriff des Grundvermögens alle Grundstücksrechte einer Person zuordnen. Eine Zusammenfassung kann auch davon abhängen, ob Rechte in gleicher Weise belastet sind. So lassen sich die vom Vermieterpfandrecht gem. §§ 562 ff. BGB belasteten Rechte eines Mieters oder die Rechte zusammenfassen, an denen ein Nießbrauch (an einem Vermögen, §§ 1085 ff. BGB) bestellt worden ist. Aber auch durch schuldrechtliche Abreden können bestimmte Rechte hervorgehoben werden. So beteiligt sich ein stiller Gesellschafter nur am Unternehmensvermögen eines Einzelkaufmanns (§ 230 HGB), aber nicht an seinem Privatvermögen. Angesichts dieser beliebigen Möglichkeit, Vermögen eines Rechtsträgers in Teilvermögen aufzuspalten, stellt sich die Frage, welche Merkmale eine Vermögensmasse auszeichnen, so dass sie als Sondervermögen zu bezeichnen ist. Ein Sondervermögen muss in Übereinstimmung mit dem Wortsinn des Begriffs dem Vermögensträger als eine weitere Vermögensmasse neben dem eigentlichen Vermögen zugeordnet sein.79 Es ist daher von einem der gerade bezeichneten Teile eines freien Vermögens abzugrenzen. Für diese Abgrenzung sind Kriterien aufzuzeigen, um den Begriff Sondervermögen bilden zu können.
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Eine Aufzählung von an das Vermögen anknüpfenden Normen geben Larenz/Wolf, § 21
Rn. 2. 79 Dauner-Lieb, Sondervermögen, 46; Larenz/Wolf, § 21 Rn. 31; v. Tuhr, AT I, § 19 VIII (bezeichnet als VII); Ulmer/Ihrig, GmbHR, 1988, 373, 377; vgl. ferner zur Treuhand Coing, Treuhand, 86.
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II. Zweckbindungslehren Die Zweckbindungslehren charakterisieren Sondervermögen dadurch, dass der Vermögensträger ausnahmsweise einer bestimmten Zweckbindung unterliegt. 1. Allgemeine Zweckbindungslehren Weitere Merkmale zur Beschreibung der Sondervermögen werden regelmäßig nicht benannt. Ein Sondervermögen sei allein dadurch gekennzeichnet, dass der Rechtsinhaber hinsichtlich der in einem Sondervermögen zusammengefassten Rechte einer besonderen Zweckbindung unterliege.80 Für diese Rechte gelte eine zwar einheitliche, vom sonstigen Vermögen aber abweichende rechtliche Regelung.81 Als Beispiel für solche Sonderregelungen werden vornehmlich Verwaltungs-82 oder Haftungsregelungen83 genannt, die von der für das freie Vermögen abwichen. Diese besondere rechtliche Regelung müsse die Rechte unmittelbar betreffen. Es reichten jedenfalls bloß schuldrechtliche Bindungen des Rechtsträgers, die sich auf eine bestimmte Vermögensmasse beziehen, nicht aus.84 Diese Sonderregelungen werden vielfach durch die Bildung von Fallgruppen veranschaulicht.85 Grundlegend ist insoweit zunächst die Unterscheidung zwischen Sondervermögen einer Person und Sondervermögen mehrerer Personen. Die zweite Gruppe bilden die Fälle der Gesamthand; die erste Gruppe wird keineswegs einheitlich gegliedert. Exemplarisch soll hier die Einteilung von Manfred Wolf vorgestellt werden, der vier Fallgruppen unterscheidet:86 Erstens könne ein gesondertes Haftungsvermögen gebildet werden, wie es die Insolvenzmasse und der Nachlass bei der amtlichen Nachlassliquidation durch Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz darstellten; zweitens könne eine Fremdverwaltung einer Sondervermögenseinheit angestrebt sein, wie es bei der Testamentsvollstreckung, der Verwaltung eines besonderen Kindesvermögens durch einen Pfleger nach §§ 1638, 1909 BGB oder bei einem Treuhandvermögen gegeben sei; drittens diene die Vorerbschaft der Sicherung des Nachlasses für einen Nachfolger und viertens bildeten Vorbehalts- und Sondergut bei der Gütergemeinschaft gem. §§ 1417 f. BGB selbstständige Vermögenseinheiten der Ehegatten.87 80 Coing, Treuhand, 86; Dauner-Lieb, Sondervermögen, 41 f.; Enneccerus/Nipperdey, AT I, § 132 I; Harder, Surrogation, Rn. 60 ff.; v. Tuhr, AT I, § 19 II; Ulmer/Ihrig, GmbHR, 1988, 373, 376 f.; Wolf, JuS 1975, 710; vgl. schließlich die Nachweise bei Strauch, Rechtsersatz, 81 Fn. 8. 81 Dauner-Lieb, Sondervermögen, 41 f.; Enneccerus/Nipperdey, AT I, § 132 I; Hellwig, Lehrbuch I, 295; Soergel-Marly, vor § 90 Rn. 12; v. Tuhr, AT I, § 19 I, IV; Ulmer/Ihrig, GmbHR, 1988, 373, 377. 82 Larenz/Wolf, § 21 Rn. 31; Schröder, JZ 1978, 379, 383; v. Tuhr, AT I, § 19 III; Ulmer/Ihrig, GmbHR, 1988, 373, 378. 83 Dauner-Lieb, Sondervermögen, 43 ff.; Enneccerus/Nipperdey, AT I, § 132 I; Larenz/Wolf, § 21 Rn. 31; v. Tuhr, AT I, § 19 VI; Ulmer/Ihrig, GmbHR 1988, 373, 377, 381 f. 84 Vgl. Staudinger-Marotzke (2000), § 1922 Rn. 91. 85 Vgl. Enneccerus/Nipperdey, AT I, § 132 I; Larenz/Wolf, § 21 Rn. 32 ff.; Larenz, AT, § 17 III b; v. Tuhr, AT I, § 19 I; Wolf, JuS 1975, 710 ff. 86 Larenz/Wolf, § 21 Rn. 33 ff.; Larenz, AT, § 17 III b, ging hingegen noch von einer Dreiteilung aus. 87 Von Wolf nicht erwähnt, vielfach aber zu den Sondervermögen gezählt wird ferner die Vor-GmbH einer Einmanngesellschaft, vgl. Ulmer/Ihrig, GmbHR 1988, 373, 376 ff.; Hachen-
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A. Begriff des Sondervermögens
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Die aufgezählten Beispiele zeigen, dass die allgemeine Zweckbindungslehre nicht auf ein inhaltliches, sondern auf ein formales Abgrenzungskriterium abstellt. Der Begriff des Sondervermögens wird zur bloßen Bezeichnung für eine besondere Rechtstechnik. Ein Sondervermögen wird angenommen, wenn Rechtswirkungen – unabhängig von ihrem Inhalt – nicht speziell einzelne Rechtsgegenstände treffen, sondern eine nach abstrakten Merkmalen beschriebene Vermögensmasse, wobei sich diese abstrakte Beschreibung darin äußert, dass die von der Rechtswirkung betroffene Vermögensmasse dynamisch ist, ihre Zusammensetzung also einem Wechsel unterliegt.88 Diese rechtstechnische Besonderheit erklärt zwar, warum sich die von der Rechtswirkung betroffenen Gegenstände zu einer besonderen Vermögensmasse zusammenfassen lassen. Da es an einem inhaltlichen Abgrenzungskriterium fehlt, bleibt aber offen, warum die betroffene Vermögensmasse ein Sondervermögen und nicht lediglich wie etwa das Grundvermögen einen Teil eines einheitlichen Vermögens darstellt. Das Kriterium der Zweckbindung kann diese inhaltliche Abgrenzung nicht leisten, weil jedes Rechtsinstitut, das auf Rechte einwirkt, eine Zweckbindung zur Folge hat. Im Folgenden wird für drei der gerade als Beispiele für Sondervermögen aufgeführten Vermögensmassen gezeigt, dass es jedenfalls die eintretenden Rechtswirkungen von ihrem Inhalt her nicht rechtfertigen, ein Sondervermögen und nicht lediglich ein Teilvermögen des allgemeinen Vermögens ihres Rechtsträgers anzunehmen. Für diese inhaltliche Abgrenzung müssen die zum Vermögensbegriff und zum subjektiven Recht gewonnenen Erkenntnisse maßgeblich sein. a) Beispiel: Vorerbschaft Das Institut der Vorerbschaft führt dazu, dass der Vorerbe nach Maßgabe der §§ 2112 ff. BGB in der Ausübung der von der Vorerbschaft erfassten Rechte beschränkt ist. Ebenso ist der Haftungszugriff der persönlichen Gläubiger des Vorerben gem. §§ 773 S. 1 ZPO, 2115 BGB eingeschränkt. Die Zweckbindung äußert sich also darin, dass der Vorerbe nicht Inhaber des unbeschränkten Inhaberrechts ist, wie es der Erblasser war und der Nacherbe sein wird. Damit bezieht sich die Einwirkung lediglich auf den Inhalt des dem Vorerben zugewiesenen Rechts. Im Vergleich zum Vollrecht fehlt es dem Vorerben an den durch §§ 2112 ff. BGB ausgeschlossenen Befugnissen. Eine solche inhaltliche Beschränkung von Rechten ist in Gestalt von Belastung oder Inhaltsänderung Wirkung vieler verschiedener Rechtsinstitute. So steht dem Eigentümer einer Sache nicht die Berechtigung zu, das Grundstück zu nutzen, wenn das Recht mit einem Nießbrauch belastet ist. Einem Rechtsinhaber fehlt es an der Berechtigung, über das Recht zu verfügen, wenn der Inhalt des Rechts durch ein Verfügungsverbot verändert wird.89 Die Wirkung solcher inhaltlichen burg-Ulmer, § 11 Rn. 17. – A. M. auf Grundlage der Rechtsfähigkeit der Vorgesellschaft Baumbach/Hueck-Hueck/Fastrich, § 11 Rn. 43; Scholz-K. Schmidt, § 11 Rn. 147; dazu bereits § 2 B IV (S. 15). 88 Dauner-Lieb, Sondervermögen, 51 ff.; Soergel-Marly, vor § 90 Rn. 13; v. Tuhr, AT I, § 19 I; Ulmer/Ihrig, GmbHR 1988, 373, 377. 89 Vgl. zum Verfügungsverbot als Inhaltsänderung Bork, AT, Rn. 1130.
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§ 3: Organisationen für Sondervermögen
Beschränkungen auf die Vermögenszugehörigkeit ist leicht zu beschreiben, wenn man nicht auf das Vollrecht, sondern zutreffend auf das beschränkte Recht als Zusammenfassung der verbleibenden Verhaltensberechtigungen abstellt. Das beschränkte Recht fällt in das Vermögen des Rechtsinhabers. Für die Bildung eines Sondervermögens besteht kein Bedürfnis, weil diese Rechte dem Inhaber ohne Einschränkung zugewiesen sind. Gerade so liegt es auch bei der Vorerbschaft. Daher fallen die gem. §§ 2112 ff. BGB beschränkten Rechte in das Vermögen des Vorerben. Auch für den Nacherben gilt eine eindeutige Vermögenszuordnung. Zu seinem Vermögen zählt die Anwartschaft auf den Erwerb der zum Nachlass gehörenden Verhaltensberechtigungen. Zu diesen Verhaltensberechtigungen zählt freilich entsprechend § 2120 BGB auch, den Verfügungen des Vorerben durch Zustimmung dauerhafte Wirkung über den Nacherbfall hinaus zu verleihen.90 Man kann also im Ergebnis die einer Vorerbschaft unterliegenden Rechte zu einer einheitlichen Vermögensmasse zusammenfassen, weil sie von der gleichen inhaltlichen Beschränkung betroffen sind. Es lässt sich aber kein Grund benennen, das einzelne von dieser Beschränkung durch die Vorerbschaft erfasste Recht von einem in anderer Weise beschränkten Recht des Vorerben so zu sondern, dass nicht beide Rechte zum einheitlichen Vermögen des Vorerben zusammengefasst werden sollten. b) Beispiel: Besonderes Kindesvermögen Das Institut des besonderen Kindesvermögens gem. § 1638 BGB wirkt auf die dem Minderjährigen zugeordneten Rechte nicht ein. Die Rechtswirkung (Zweckbindung) von § 1638 BGB bezieht sich allein auf die Handlungsorganisation des Kindes, namentlich die Vertretungsmacht seiner gesetzlichen Vertreter. Es wird geregelt, wie die Verhaltensberechtigungen des Kindes, die die von § 1638 BGB erfassten Rechte gewähren, ausgeübt werden können. Diese Verhaltensberechtigungen stehen aber allein dem Kind ohne inhaltliche Einschränkung zu. Die Rechte sind daher seinem freien Vermögen zuzuordnen. Die Wirkungen der vom Inhaber der elterlichen Sorge oder vom Ergänzungspfleger (§§ 1909 Abs. 1 S. 2, 1638 BGB) eingegangenen Verpflichtungen zeigen die vermögensrechtliche Neutralität des § 1638 BGB: Das Kind haftet für diese Verpflichtungen mit seinem gesamten Vermögen.91 § 1638 BGB stellt also lediglich eine für Vertreter typische gegenständliche Eingrenzung der Vertretungsmacht vom Inhaber der elterlichen Sorge einerseits und vom Ergänzungspfleger andererseits dar. Sie lässt sich vergleichen mit den für andere Pfleger gesetzlich geregelten Einschränkungen (§§ 1913, 1960 f. BGB), aber auch mit der Beschränkung der Prokura (§ 49 HGB). Die Vertretungsmacht 90 Die gleiche Berechtigung steht auch demjenigen zu, der eine durch § 161 BGB gesicherte Rechtsposition erworben hat, weil ihm ein Recht aufschiebend bedingt übertragen worden ist, vgl. BGHZ 92, 280, 288. 91 Zur umfassenden Haftung für die durch den Pfleger gem. §§ 1638, 1909 Abs. 1 S. 2 BGB eingegangenen Verpflichtungen MünchKommBGB-Huber, § 1638 Rn. 14; Laur, ZBlFGG 21 (1921), 420, 423.
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A. Begriff des Sondervermögens
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eines Prokuristen in einem einzelkaufmännischen Unternehmen bezieht sich nur auf das Handelsgewerbe des Kaufmanns, aber nicht auf dessen Privatvermögen. c) Beispiel: Vorbehaltsgut Auch die Einordnung des Vorbehaltsguts als Sondervermögen begegnet Bedenken. Freilich bedeutet diese Zusammenfassung von Rechten im Vermögen der beiden Ehegatten eine besondere Vermögensmasse, für die besondere Regeln gelten. Die Regelungen der Vermögenszuordnung und der Verwaltung dieser Vermögensmasse lassen sich aber dahin zusammenfassen, dass es sich bei dieser Vermögensmasse gerade um das freie Vermögen der beiden Ehegatten handelt. Hinsichtlich dieser Vermögensmasse unterliegen die Ehegatten nicht der gesamthänderischen Bindung aufgrund des Ehevertrages, sondern können vielmehr frei die darin zusammengefassten Rechte ausüben. 2. Sondervermögen im haftungsrechtlichen Sinne Barbara Dauner-Lieb hat, aufbauend auf der allgemeinen Zweckbindungslehre, mit dem Kriterium der Haftungssonderung ein inhaltliches Kriterium benannt, um bestimmte Vermögensmassen als Sondervermögen im haftungsrechtlichen Sinne zu qualifizieren. Eine Haftungssonderung liegt nach ihr vor, »wenn eine bestimmte Vermögensmasse vor zweckfremden Eingriffen der einzelnen Vermögensträger und/oder ihrer Privatgläubiger abgeschottet« werde.92 Dauner-Lieb geht damit von den Verbindlichkeiten eines Rechtsträgers aus. Ein Sondervermögen liege immer dann vor, wenn für unterschiedlich zu qualifizierende Verbindlichkeiten eines Rechtsträgers unterschiedliche Haftungsmassen existierten, auf die seine Gläubiger zur Realisierung ihrer Ansprüche zurückgreifen könnten. Zu unterscheiden seien einseitige und doppelseitige Haftungssonderungen. Zu einem Fall der einseitigen Haftungssonderung führe etwa die Testamentsvollstreckung, weil für eine Art von Verbindlichkeiten (Nachlassverbindlichkeiten) zwei Vermögensmassen (Erbeneigenvermögen und Nachlass unter Testamentsvollstreckung) hafteten, für eine andere Art (Erbeneigenverbindlichkeiten) indes nur eine der beiden Vermögensmassen (Erbeneigenvermögen). Ein Fall der doppelseitigen Haftungssonderung liege im Fall der Nachlassverwaltung vor, weil für die eine Art von Verbindlichkeiten (Nachlassverbindlichkeiten) nur eine der beiden Vermögensmassen (Nachlass unter Nachlassverwaltung) und für die andere Art von Verbindlichkeiten (Erbeneigenverbindlichkeiten) die andere Vermögensmasse (Erbeneigenvermögen) hafte. Aber auch die Vorerbschaft zählt Dauner-Lieb zu den Sondervermögen. Es liege eine besondere Art der einseitigen Haftungssonderung vor, weil für eine Art von Verbindlichkeiten (Nachlassverbindlichkeiten) zwei Vermögensmassen (Erbeneigenvermögen und Nachlass unter Vorerbschaft) hafteten, für eine andere Art (Erbeneigenverbindlichkeiten)
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Dauner-Lieb, Sondervermögen, 50 f.
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§ 3: Organisationen für Sondervermögen
zwar auch das Erbeneigenvermögen, das Nachlassvermögen aber lediglich zeitlich beschränkt.93 Dauner-Lieb baut ihre Definition darauf auf, dass für das freie Vermögen grundsätzlich die freie Verfügungsbefugnis und die unbegrenzte Vermögenshaftung des Vermögensträgers gelten. Beide Merkmale stellt sie in einen engen Kausalzusammenhang.94 Die Haftungsregelung sei dadurch zu erklären, dass auch die Begründung einer Verbindlichkeit des Vermögensinhabers seine Befugnis, den Bestand seines Vermögens nach freiem Belieben zu verändern, nicht ausschließen solle. Daher müsse dem Gläubiger die Befugnis zustehen, zur Befriedigung seiner Verbindlichkeit auf das ganze dem Schuldner zustehende Vermögen zugreifen zu können. Wenn diese beiden Prinzipien in Fällen der Haftungssonderung durchbrochen seien, liege ein Sondervermögen vor. Es ist das Verdienst Dauner-Liebs, mit der Haftungssonderung ein bedeutendes inhaltliches Kriterium zur Abgrenzung von Vermögensmassen aufgezeigt zu haben. Dieses Kriterium macht sie nutzbar für ihre Untersuchung der unternehmerischen Betätigung in Organisationsformen der beschränkten Haftung.95 Es führt auch zu einer Einschränkung der Definition von Sondervermögen gegenüber der der allgemeinen Zweckbindungslehre. Alle Vermögensmassen, denen keine Passivmasse zuzuordnen ist, scheiden als Sondervermögen aus. Auf dieser Grundlage lässt sich daher insbesondere96 erklären, warum das besondere Kindesvermögen gem. § 1638 BGB kein Sondervermögen ist. Aber auch Dauner-Lieb ist zu entgegnen, dass das von ihr verwendete Kriterium der Haftungssonderung keine ausreichende Begründung gibt, eine Vermögensmasse in Gestalt eines Sondervermögens vom freien Vermögen abzusondern. Eine Beschränkung von Vermögenshaftung und Verfügungsmacht kann sich auch auf Gegenstände des freien Vermögens beziehen. Denn diese Rechtswirkungen können bloße inhaltliche Beschränkungen der dem Rechtsinhaber zugeordneten Rechte darstellen.97 So werden die unbegrenzte Vermögenshaftung wie auch die unbegrenzte Verfügungsmacht durch Regelungen wie die Bestellung eines Pfandrechts gem. §§ 1204 ff. BGB, 805 ZPO, die Anordnung eines behördlichen Verfügungsverbots gem. §§ 135 f., 772 ZPO oder die bedingte Rechtsübertragung gem. § 161 BGB ausgeschlossen. Es liegen also Fälle der Haftungssonderung innerhalb des freien Vermögens vor, ohne dass ein Sondervermögen gebildet ist. Bei der Vorerbschaft lässt sich die Haftungssonderung ebenfalls allein aus der inhaltlich beschränkten Rechtsposition des Vorerben erklären. Die inhaltliche Beschränkung besteht darin, dass die Verfügungsmacht des Vorerben gem. 93
Dauner-Lieb, Sondervermögen, 60 f. Dauner-Lieb, Sondervermögen, 45 f. 95 Allerdings untersucht Dauner-Lieb neben der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nur zwei Organisationsformen, nämlich die Testamentsvollstreckung und die Erbengemeinschaft. 96 Gleiches muss etwa für das zum Unternehmen gehörende Aktivvermögen eines Einzelkaufmanns gelten, vgl. dazu bereits Enneccerus/Nipperdey, AT I, § 133 II. 97 Auch ein Befreiungsanspruch, der gem. §§ 399 Fall 1 BGB, 857 ZPO nur beschränkt übertragbar und pfändbar ist, stellte nach dieser Definition einen Gegenstand eines Sondervermögens dar. 94
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A. Begriff des Sondervermögens
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§§ 2112 ff. BGB und der Haftungszugriff der persönlichen Gläubiger des Vorerben gem. §§ 773 S. 1 ZPO, 2115 BGB beschränkt sind. Diese Rechte des Vorerben sind ihm so ausschließlich zugeordnet, dass keine Besonderheiten bestehen, die es rechtfertigen, diese Rechte nicht seinem allgemeinen Vermögen zuzuweisen.
III. Lehre von der besonderen Rechtszuordnung Den Zweckbindungslehren mangelt es mithin daran, die Charakteristika von Vermögen und von darin zusammengefassten subjektiven Rechten nicht für die Abgrenzung von freiem Vermögen und Sondervermögen zu nutzen. Die Zweckbindung eines Rechts allein erklärt nicht, warum das Recht nicht zum freien Vermögen seines Rechtsträgers zählen soll. Es ist daher der Ansatzpunkt vorzuziehen, Sondervermögen als eine Vermögensmasse (Inbegriff von Rechten und Pflichten) zu beschreiben, die so behandelt wird, als sei sie ihrem Träger als einem besonderen Rechtssubjekt zugeordnet.98 Denn auch einzelne (freie) Vermögen werden danach unterschieden, welchem Rechtsträger die in ihnen zusammengefassten Rechte zugeordnet sind. Für eine Sonderung zwischen Vermögensmassen desselben Rechtsträgers empfiehlt es sich daher, ebenfalls bei der Zuordnung der Rechte anzusetzen. Allerdings ist so lediglich die Fragestellung nach der Feststellung von Sondervermögen präzisiert. Es sind Kriterien zu finden, anhand derer sich abgrenzen lässt, ob Rechte ihrem Inhaber entweder als Träger seines freien Vermögens oder als Träger eines besonderen Vermögens zugeordnet sind. 1. Beobachtung der doppelten Subjektsrolle in Schuldverhältnissen Jan Schröder belegt die These, dass Rechte ihrem Träger wie einem besonderen Subjekt zugeordnet sein können, mit einem Befund.99 Er weist auf die Möglichkeit hin, dass ein Rechtsträger, wenn ihm ein Sondervermögen zugeordnet ist, hinsichtlich eines Schuldverhältnisses eine doppelte Subjektsrolle einnehmen kann: Er kann auf beiden Seiten des Schuldverhältnisses stehen. Damit hebt Schröder ein bedeutendes und viel beachtetes Kennzeichen von Sondervermögen hervor.100 Schröder nennt als Beispiel für diesen Befund, dass die Konfusion im Erbrecht beispielsweise gem. § 1976 BGB ausgeschlossen sei. Ein solcher Ausschluss der Konfusion weist die doppelte Subjektsrolle eines Rechtssubjekts nach, wenn man mit der vom Gesetzgeber vertretenen und auch heute noch weit verbreiteten Ansicht zur Begründung der Konfusion der Theorie der logischen
98 So insbesondere Schröder, JZ 1978, 379, 383; der Formulierung, aber nicht den inhaltlichen Abgrenzungskriterien nach auch Coing, Treuhand, 86; Larenz/Wolf, § 21 Rn. 31; v. Tuhr, AT I, § 19 VIII. (falsch bezeichnet als VII.); Ulmer/Ihrig, GmbHR 1988, 373, 377. 99 Schröder, JZ 1978, 379, 383. 100 Vgl. dazu auch Dauner-Lieb, Sondervermögen, 41; Enneccerus/Nipperdey, AT I, § 132 II 5; v. Tuhr, AT I, § 19 VII; Ulmer/Ihrig, GmbHR 1988, 373, 377, 379, 380.
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§ 3: Organisationen für Sondervermögen
Unmöglichkeit folgt.101 Danach verlangt der Begriff des Schuldverhältnisses zwei verschiedene Rechtssubjekte. Als Abgrenzungskriterium zur Feststellung von Sondervermögen eignet sich allerdings dieses Kennzeichen von Sondervermögen aus mehreren Gründen nicht.102 Erstens ist die Entscheidung über das Erlöschen eines Rechtsverhältnisses, wenn auf beiden Seiten die gleiche Person steht, nicht allein danach auszurichten, ob dieser Person aufgrund einer besonderen Rechtsstellung Rechte wie einem weiteren Rechtsträger zugeordnet sind. Der Ausschluss der Konfusion kann auf ganz verschiedenen Gründen beruhen und auch unterschiedlich ausgestaltet sein.103 Diese These verdeutlicht ein Blick in das Erbrecht, das außer in § 1976 BGB auch in §§ 1991 Abs. 2, 2143, 2175, 2377 BGB vom Ausschluss der Konfusion handelt.104 Diese Ausnahmetatbestände erfordern nicht alle das Bestehen eines Sondervermögens.105 Die Bandbreite an Ausnahmen von der Konfusion weckt Zweifel an der hergebrachten Begründung für die Konfusion durch die Theorie der logischen Unmöglichkeit. Treffender erscheint es, als Grund der Konfusion darauf abzustellen, dass das Schuldverhältnis grundsätzlich seinen Sinn verliert, wenn Gläubiger und Schuldner identisch sind.106 Auf dieser Grundlage ist die doppelte Subjektsrolle einer Person in einem Schuldverhältnis aber keine Eigentümlichkeit von Sondervermögen. Zweitens braucht nicht für alle Sondervermögen der Ausschluss der Konfusion zu greifen. Das Bestehen eines Sondervermögens ermöglicht lediglich die doppelte Subjektsrolle einer Person in einem Schuldverhältnis, verlangt sie aber nicht. Auf dieser Grundlage lässt sich der Streit darüber verstehen, ob mit Anordnung der Testamentsvollstreckung Konfusion von solchen Ansprüchen eintritt, die ursprünglich zwischen Erbe und Erblasser bestanden. Zwar bejaht die überwiegende Ansicht in Analogie zu § 1976 BGB einen Ausschluss der Konfu-
101 Mot. II, 116; Prot. I, 376; BGHZ 115, 116, 122; 48, 214, 218; BGH NJW 1982, 2381, 2382; MünchKommBGB-Wenzel, Vor § 362 Rn. 4; zum Meinungsstand siehe die Überblicke bei Gernhuber, Erfüllung, § 19 3; Muscheler, Haftungsordnung, 278 f., und zur Gegenansicht, die auf den Sinnverlust abstellt, sogleich im Text. 102 Vgl. die massive Kritik von Dauner-Lieb, Sondervermögen, 41, an Schröder; indes ist Dauner-Lieb selbst vorzuhalten, dass sie die doppelte Subjektsqualität einer Person als Voraussetzung für ein Sondervermögen zu wenig würdigt. Dieser Befund zeigt sich nicht nur in der Auseinandersetzung mit Schröder (ebd.), sondern auch mit Coing (ebd., 42) und mit der Frage nach der Rechtssubjektivität von Sondervermögen (ebd., 55). 103 Gernhuber, Erfüllung, § 19 4–6; Wacke, JZ 2001, 380 ff. m. w. Nachw. 104 Weitere Probleme werfen das Verhältnis zwischen Nachlasspfleger und Erbprätendent (näher dazu § 4 A I 2 b, S. 102) sowie die Stellung des berufenen Erben vor Annahme der Erbschaft (dazu § 778 Abs. 2 ZPO) und vor Anfechtung einer letztwilligen Verfügung auf. 105 Gernhuber, Erfüllung, § 19 4–6, unterscheidet sog. scheinbare Ausnahmen, Ausnahmen wegen Sondervermögen und Ausnahmen wegen Drittbezug; zum Ausschluss der Konfusion im Rechtsverhältnis zwischen Gesamthänder und Gesamthand RGZ 76, 57 ff.; Gernhuber, Erfüllung, § 19, 2; a. A. OLG Stuttgart VersR 1952, 318. 106 Gernhuber, Erfüllung, § 19, 3; Heck, SchR, § 64, 1; Kohler, JZ 1983, 13, 17 f.; Larenz, SchR I, § 19 I b; Wacke, NJW 1981, 1577, 1579 (unglücklich allerdings 1581 : »Zweckerreichung«).
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sion.107 Gewichtige Stimmen machen aber historische und teleologische Gründe geltend, die für eine Konfusion sprechen.108 Gegen die Eignung des Ausschlusses der Konfusion als Abgrenzungskriterium spricht schließlich drittens ganz entscheidend, dass sich dieses Kriterium lediglich auf einen ganz speziellen Vermögensgegenstand bezieht. Nicht gelöst wird die Aufgabe einer Sondervermögenslehre anzugeben, auf welche Weise Rechte einer Person wie einem besonderen Rechtsträger zugeordnet werden. 2. Rechtsausübung durch besonderen Funktionsträger Es bleibt damit die Frage zu beantworten, wann Rechte ihrem Inhaber wie einem besonderen Rechtsträger zugeordnet sind. Anders gewendet ist darzulegen, warum ein Recht, das einem Sondervermögen zugeordnet wird, aus dem (freien) Vermögen des Rechtsträgers ausscheidet, obwohl der Rechtsträger Rechtsinhaber bleibt. Eine Antwort lässt sich nur auf Grundlage der bereits gewonnenen Erkenntnisse zur Struktur des Rechts und zur Funktion der Rechts- und Vermögenszuordnung geben. Die Rechtszuordnung hat danach die Funktion, den Rechtsträger zu benennen, dem allein die Verhaltensberechtigungen aus dem Recht zustehen, während alle anderen Rechtsträger von diesen Berechtigungen ausgeschlossen sind. Ein Recht gehört also so lange zum Vermögen eines Rechtsträgers, wie diesem die das Recht darstellenden Verhaltensberechtigungen zustehen. Das Recht scheidet aus dem Vermögen aus, sobald auch der Vermögensinhaber von der Ausschlusswirkung betroffen ist. Der Träger eines Sondervermögens muss also, obwohl er Rechtsinhaber ist, von der Ausschlusswirkung eines Rechts betroffen sein, damit dieses Recht nicht zu seinem (freien) Vermögen, sondern zu einem Sondervermögen zu zählen ist. Bislang wurden lediglich zwei Einwirkungen auf die Rechtszuordnung erörtert, die dazu führen, dass der Rechtsträger von der Ausschlusswirkung eines Rechts betroffen wird und das Recht mithin aus seinem Vermögen ausscheidet.109 Entweder entfällt die Zuordnung, weil das Recht ganz (Untergang) oder teilweise (Inhaltsänderung) erlischt, oder die Zuordnung wechselt, weil das betroffene Recht ganz (Rechtsübergang) oder teilweise (Belastung) auf eine andere Person übergeht. In beiden Fällen geht das Ausscheiden des Rechts aus dem freien Vermögen mit dem Verlust des Rechts durch den Rechtsträger, also insoweit mit dem Verlust der Stellung als Rechtsträger, einher. Der Sondervermögensbeschlag wirkt indessen auf einer anderen Ebene. Er lässt die Rechtsinhaberschaft unberührt. Dennoch verliert der Rechtsinhaber, soweit er als Subjekt seines freien Vermögens (mit seiner Handlungsorganisation) betroffen ist, die im Recht gebündelten Verhaltensberechtigungen. Insoweit ist er fortan von der Ausschlusswirkung der fortbestehenden Rechte betroffen. Daher gehören diese Rechte nicht zum freien Vermögen des Rechtsträgers. Die die Rechte darstellenden Ver107 BGHZ 48, 214, 218 ff.; 25, 275, 283; Soergel-Damrau, § 2214 Rn. 1; Staudinger-Marotzke (2000), § 1922 Rn. 80; Staudinger-Marotzke (2002), § 1976 Rn. 2. 108 Muscheler, Haftungsordnung, 279 ff.; Staudinger-Reimann (2003), § 2214 Rn. 1. 109 Siehe A I 2 (S. 18).
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haltensberechtigungen sind lediglich von einem besonderen Funktionsträger, einer speziellen Handlungsorganisation, auszuüben. Ein Sondervermögen liegt also vor, wenn der Rechtsträger selbst, verstanden als das durch seine gewöhnliche Organisation handelnde Subjekt, die ein Recht darstellenden Verhaltensberechtigungen nicht ausüben kann, das Recht insoweit aber nicht erloschen und auch keinem anderen rechtsfähigen Subjekt zugeordnet ist, sondern dem Rechtsträger in der Form zugeordnet bleibt, dass ein (meist) eigens für das Sondervermögen geschaffener Funktionsträger die betroffenen Verhaltensberechtigungen ausüben darf. Das so festgestellte Sondervermögen besteht aus allen Rechten, deren Verhaltensberechtigungen diesem besonderen Funktionsträger zur Ausübung zugewiesen sind. Die Entstehung eines Sondervermögens lässt sich am Beispiel der Insolvenzeröffnung veranschaulichen: Ursprünglich ist der Vermögensinhaber (Insolvenzschuldner) nicht nur Inhaber aller seiner Rechte, sondern kann auch die aus diesen Rechten folgenden Verhaltensberechtigungen durch seine Handlungsorganisation ausüben. Zu dem Zeitpunkt, zu dem das Sondervermögen entsteht (Insolvenzeröffnung), erfasst der Sondervermögensbeschlag (§ 80 Abs. 1 InsO) alle betroffenen Rechte (§§ 35 f. InsO). Damit bleibt der Rechtsträger zwar Inhaber der betroffenen Rechte. Die Rechtszuordnung verändert sich aber, wie es § 80 Abs. 1 InsO als Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter beschreibt. Die vom Sondervermögensbeschlag erfassten Rechte werden aber – anders als bei der Belastung eines Rechts – nicht in der Weise gespalten, dass ein Teil des Rechts auf einen anderen Rechtsträger übergeht. Sonst würde ein Sondervermögen ausscheiden, weil die übergehenden Rechte zum Vermögen des gewinnenden Rechtsträgers zählten. Mit Insolvenzeröffnung erwirbt der Insolvenzverwalter kein Recht an den vom Insolvenzbeschlag erfassten Rechten.110 Er wird lediglich Inhaber der Rechtsmacht, fremde Verhaltensberechtigungen auszuüben.111 Er erwirbt Rechte lediglich im Innenverhältnis gegenüber den am Insolvenzverfahren Beteiligten. Diese Rechte bestimmen, inwieweit der Insolvenzverwalter von seiner Rechtsmacht hinsichtlich der zum Sondervermögen zählenden Rechte Gebrauch machen darf.112 Die Rechtsmacht hinsichtlich der Gegenstände des Sondervermögens ist dem Funktionsträger Insolvenzverwalter auch lediglich – was bei einem subjektiven Recht ausgeschlossen wäre – abstrakt als Walter seines Amtes zugeordnet. Bei Tod des Insolvenzverwalters geht die Rechtsmacht nicht auf seine Erben über 110 Häsemeyer, InsR, Rn. 15.06; siehe ferner Wrobel, Prozeßführungsbefugnis, 69, zum Zwangsverwalter. – Abweichend v. Spreckelsen, Begriff, 12 f., der den Testamentsvollstrecker als Inhaber eines absoluten Rechts versteht; Tanz, Verwaltungsrecht, 43 ff., der den Testamentsvollstrecker als Inhaber eines dinglichen Rechts versteht; ebenso Roth, Treuhandmodell, 141; vgl. ferner RGZ 61, 139, 145; Offergeld, Rechtsstellung, 57. 111 Die Unterscheidung zwischen »eigenem Recht« und »eigener Rechtsmacht« missachten RGZ 61, 139, 145; Offergeld, Rechtsstellung, 57; v. Spreckelsen, Begriff, 12 f. So begründet v. Spreckelsen die These, dass dem Testamentsvollstrecker ein absolutes Recht zustände, mit der Befugnis des Testamentsvollstreckers aus § 2212 BGB, die von der Testamentsvollstreckung erfassten Rechte gegen jedermann geltend zu machen. Diese Rechte stehen aber dem Erben zu, der Testamentsvollstrecker hat nur die Befugnis, sie geltend zu machen. 112 Vgl. Bork, AT, Rn. 286 zur Vertretungsmacht.
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(§ 1922 BGB),113 sondern auf den Amtsnachfolger, sobald einer bestellt ist. Solange kein Amtswalter bestellt ist, ist freilich kein Recht des Amtswalters an den vom Insolvenzbeschlag erfassten Rechtsgegenständen ohne Träger, weil ein solches Recht eben nicht besteht. Es ist lediglich der weiterhin abstrakt bestehende Funktionsträger Amt selbst konkret handlungsunfähig, da kein Mensch für diesen Funktionsträger handeln kann.
IV. Veranschaulichung an Beispielen Auf Grundlage dieses Begriffes von Sondervermögen lassen sich nun verschiedene Vermögensmassen qualifizieren. Dafür ist in Übereinstimmung mit der hergebrachten Lehre zwischen Vermögen einzelner Personen (unter 1.) und solchen von Personenmehrheiten (unter 2.) zu unterscheiden.114 1. Sondervermögen eines Rechtsträgers Ein Sondervermögen eines Rechtsträgers setzt voraus, dass die zu einer Vermögensmasse gehörenden Rechte nur diesem einen Rechtsträger formal als Inhaber zugewiesen sind. a) Beispiel: sog. Parteien kraft Amtes Zunächst ist der Blick auf die Vermögensmassen zu richten, die nach vorherrschender Terminologie von einer sog. Partei kraft Amtes verwaltet werden. Solche Vermögensmassen sind bei Anordnung der Testamentsvollstreckung der vom Testamentsvollstrecker gem. § 2205 BGB verwaltete Nachlass, im Insolvenzeröffnungsverfahren das dem vorläufigen Insolvenzverwalter gem. § 22 Abs. 1 bzw. 2 InsO zur Verwaltung zugewiesene Vermögen des Insolvenzschuldners, im Regelinsolvenzverfahren die dem Insolvenzverwalter gem. §§ 35 f., 80 InsO zur Verwaltung zugewiesene Insolvenzmasse, im Verbraucherinsolvenzverfahren die dem Treuhänder gem. §§ 313, 80, 35 f. InsO zugewiesene Insolvenzmasse, bei Nachlassverwaltung der dem Nachlassverwalter gem. § 1985 BGB zugewiesene Nachlass und bei Zwangsverwaltung die dem Zwangsverwalter gem. §§ 152, 148 ZVG zugewiesenen Vermögensgegenstände115. In allen diesen Fällen bleibt der Träger des verwalteten Vermögens Inhaber der vom Verwaltungsbeschlag belegten Vermögensgegenstände. Er selbst (seine Handlungsorganisation) kann aber, soweit der Verwaltungsbeschlag reicht, nicht die die Rechte darstellenden Verhaltensberechtigungen ausüben. Daher scheiden 113 Vgl. Staudinger-Marotzke (2000), § 1922 Rn. 156; Soergel-Stein, § 1922 Rn. 34; für die Testamentsvollstrekkung ist allerdings die Fiktion von §§ 673 S. 2, 2218 Abs. 1. 2225 BGB zu bedenken, dazu ausführlich Tanz, Verwaltungsrecht, 105 ff. 114 In diese Untersuchung werden auch solche Sondervermögen einbezogen, deren Rechtsfähigkeit mittlerweile anerkannt ist oder jedenfalls befürwortet wird. Der Schritt eines Sondervermögens zur Rechtsfähigkeit wird später gesondert nachvollzogen, siehe C II 1 (S. 53). 115 Henckel, ZZP 82 (1969), 333, 345, wendet sich gegen die Einordnung der einem Zwangsverwalter zugewiesenen Gegenstände als Sondervermögen.
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die vom Sondervermögensbeschlag erfassten Rechte in diesem Umfang aus seinem (freien) Vermögen aus. Die Rechte gehen aber nicht unter, was sich daran zeigt, dass die Verhaltensberechtigungen von Verwaltern ausgeübt werden dürfen. Sie werden aber auch nicht dem Vermögen der Verwalter zugeordnet. Den Verwaltern ist lediglich angesichts ihrer besonderen Amtsstellung die Rechtsmacht zugewiesen, die Verhaltensberechtigungen fremdnützig auszuüben. Die der besonderen Verwaltung zugewiesenen Rechte stellen damit ein Sondervermögen dar. Verschiedene Einzelfälle bedürfen allerdings noch näherer Erörterung. aa) Insolvenz eines Verbandes Ein Sondervermögen in diesem Sinne entsteht auch in der Insolvenz eines Verbandes selbst dann, wenn man – entgegen der Auffassung des BGH –116 dem Insolvenzverfahren eines Verbandes die Aufgabe zuweist, die Vollabwicklung der Gesellschaft zu besorgen, so dass eine Anschlussliquidation entbehrlich ist.117 Zwar fehlt es dann an einem nicht zur Insolvenzmasse gehörigen freien Verbandsvermögen. Aber ungeachtet dieses Fehlens ist die vom Insolvenzverwalter zu verwaltende Insolvenzmasse als Sondervermögen anzusehen, da die in der Masse enthaltenen Verhaltensberechtigungen gerade dem Funktionsträger Insolvenzverwalter zur Ausübung zugewiesen sind, während der Verband gem. § 81 InsO davon ausgeschlossen ist. Zudem fehlt es in diesem Fall nicht an der theoretischen Möglichkeit eines freien Verbandsvermögens. Der Verband verfügt lediglich über keine Vermögensgegenstände. Gerade diese Vermögenslosigkeit bezweckt das Insolvenzverfahren, sofern man die Vollabwicklung der Verbände – in Übereinstimmung mit § 1 S. 3 RegE zur InsO – zum Verfahrensziel des Insolvenzverfahrens erklärt. bb) Eigenverwaltung Wenn im Insolvenzverfahren Eigenverwaltung angeordnet wird, kann der Insolvenzschuldner gem. §§ 270, 35 f. InsO die Insolvenzmasse verwalten und über ihre Gegenstände verfügen.118 Die Insolvenzmasse stellt auch in dieser Konstellation ein Sondervermögen dar. Denn die Rechtsmacht, die Verhaltensberechtigungen aus den zur Insolvenzmasse gehörigen Rechten auszuüben, steht dem Insolvenzschuldner nicht wegen seiner Rechtsposition als Inhaber der Rechte zu. Vielmehr steht ihm diese Rechtsmacht deswegen zu, weil er den besonderen Funktionsträger darstellt, der die Rechte der Insolvenzmasse auszuüben hat. Die Anordnung der Eigenverwaltung ist demnach so zu verstehen, als ob der Insolvenzschuldner selbst zum Insolvenzverwalter bestellt wird.119 Dieses Verständnis 116
BGHZ 148, 252, 258 f.; BGH NJW 2005, 2015, 2016. OLG Karlsruhe ZIP 2003, 1510; Bork, InsR, Rn. 135; Jaeger-Müller, InsO, § 35 Rn. 148; Müller, Verband, 13 ff., 23 m. w. Nachw. in Fn. 38; K. Schmidt, Wege, 1990, 99 ff.; ders., Kölner Schrift, Rn. 14 ff. 118 Entsprechendes gilt für die Eigenverwaltung nach § 150b ZVG. 119 Bork, InsR, Rn. 405 Fn. 9; Gulde, Eigenverwaltung, 31; Häsemeyer, InsR, Rn. 8.13; Henckel, Festschrift Schumann, 211, 224; Lakies, BB 1999, 1759, 1760; Kübler/Prütting-Pape, § 270 Rn. 1; MünchKommInsO-Wittig, § 270 Rn. 69; vorsichtiger (»amtsgleiche Stellung«) HeidKomm-Landfermann, § 270 Rn. 19; a. A. Huhn, Eigenverwaltung, Rn. 583 ff., 603; keinen Hinweis auf dieses Verständnis enthalten ferner Koch, Eigenverwaltung, 174 f., 182; Schlegel, Eigenverwaltung, 124. 117
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ergibt sich – anders als bei der Eigenverwaltung in der Zwangsversteigerung – nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes. Während § 150b ZVG ausdrücklich von einer Bestellung des Schuldners als Verwalter spricht, enthält § 270 InsO nur eine Anordnung über die Rechtsfolge, dass der Insolvenzschuldner die Insolvenzmasse verwalten und über sie verfügen darf. Gegen einen Wechsel der Verfügungsbefugnis vom Insolvenzschuldner persönlich auf den Insolvenzschuldner als Verwalter spricht insbesondere die Regelung von § 270 Abs. 3 S. 3 InsO, nach der Insolvenzeröffnung und Eigenverwaltung nicht in die Register gem. §§ 32 f. InsO einzutragen sind. Die Begründung dieser Regelung in den Materialien spricht ebenfalls gegen diese besondere Herleitung der Rechtsmacht des eigenverwaltenden Insolvenzschuldners. Der Gesetzgeber hielt nämlich eine Eintragung gem. §§ 32 f. InsO für entbehrlich, »solange der Insolvenzschuldner verfügungsbefugt bleibt«.120 Für die insolvenzverwaltergleichen Befugnisse des eigenverwaltenden Schuldners sprechen aber maßgeblich systematische und teleologische Gründe. Sobald mit der Insolvenzeröffnung ein Insolvenzgrund festgestellt ist, dient das Vermögen des Insolvenzschuldners nicht mehr der freien wirtschaftlichen Entwicklung des Schuldners, sondern der gleichmäßigen Befriedigung seiner Gläubiger. Daher steht dem Insolvenzschuldner zwar die Rechtsmacht, die in der Insolvenzmasse zusammengefassten Verhaltensberechtigungen auszuüben, bei Anordnung der Eigenverwaltung weiterhin umfassend zu. Die Befugnis, von dieser Rechtsmacht Gebrauch zu machen, richtet sich aber wie beim Insolvenzverwalter nach der Stellung des Insolvenzschuldners gegenüber den anderen am Insolvenzverfahren Beteiligten. Der eigenverwaltende Insolvenzschuldner ist wie der Insolvenzverwalter an den Zweck des Insolvenzverfahrens gebunden, der gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger zu dienen. Die Zweckbindung des Insolvenzverwalters wird dadurch deutlich, dass Verfügungen des Insolvenzverwalters, die für den Vertragspartner erkennbar zweckwidrig sind, unwirksam sind.121 Gleiches muss man auch für Verfügungen des eigenverwaltenden Insolvenzschuldners annehmen, weil er ebenfalls an den Insolvenzzweck gebunden ist.122 Dieses Ergebnis setzt aber voraus, dass der eigenverwaltende Schuldner in seiner Stellung als Rechtsinhaber aufgrund der Insolvenzeröffnung von der Ausschlusswirkung gem. § 81 InsO betroffen ist. Einer Begründung bedarf ferner, warum der Insolvenzschuldner nach Insolvenzeröffnung mit Eigenverwaltung an bestimmte vor Insolvenzeröffnung vorgenommene Vermögensdispositionen nicht mehr gebunden ist. Die Regelungen über Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO) und über die insolvenzrechtlichen Einwirkungen auf Rechtsgeschäfte des Schuldners (§§ 103 ff. InsO) sind nach §§ 279 f. InsO auch bei Eigenverwaltung anwendbar. Mag man diese Einwirkungen noch unabhängig von einem Wechsel der Verfügungsbefugnis erklären können, so gilt Gleiches nicht für § 91 InsO. § 91 InsO hindert einen Erwerb an 120
Begründung zu § 331 RegE, BT-Drucks. 12/2443 = BR-Drucks. 1/92, S. 223. BGHZ 150, 353, 360; ausführlich dazu § 10 B I 1 b (S. 352 f.). 122 Ebenso Häsemeyer, InsR, Rn. 8. 13; Kübler/Prütting-Pape, § 270 Rn. 1; Vallender, WM 1998, 2129, 2138; a. A. Huhn, Eigenverwaltung, Rn. 609 ff., 622. 121
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Massegegenständen insbesondere bei gestreckten Erwerbstatbeständen (Beispiel: Abtretung zukünftiger Forderungen), bei denen die Verfügung des Schuldners (Abtretung) vor Insolvenzeröffnung und die sonstigen Voraussetzungen (Forderungsentstehung) nach Insolvenzeröffnung eintreten. Diese Regelung muss über die allgemeine Verweisung von § 270 Abs. 1 S. 2 InsO bei der Eigenverwaltung angewendet werden, um einen insolvenzzweckwidrigen Masseabfluss zu verhindern.123 Dieses Ergebnis lässt sich aber nur damit begründen, dass die Verfügungsbefugnis des Insolvenzschuldners nach Insolvenzeröffnung von anderer Qualität ist als vorher. Diese Überlegung offenbart gleichzeitig ein Versehen des Gesetzgebers. Die Anwendung von § 91 InsO im Verfahren der Eigenverwaltung belegt, dass die Eintragung der Eigenverwaltung in die Register gem. §§ 32 ff. InsO nicht entbehrlich ist. Nur durch entsprechende Eintragung wird der Gefahr eines gutgläubigen Erwerbs gem. § 91 Abs. 2 InsO vorgebeugt. Diese Sichtweise erleichtert schließlich die Einordnung des Sachwalters, soweit diesem durch § 280 InsO eigene (initiative)124 Befugnisse eingeräumt sind. Der Sachwalter stellt insoweit nämlich einen weiteren Funktionsträger dar, der ebenfalls Rechte des Sondervermögens Insolvenzmasse auszuüben hat. Die Rechtsstellung des Sachwalters unterscheidet sich daher nicht in der Konstruktion von der eines Insolvenzverwalters, was sich insbesondere auf Einordnung und Wirkung von Rechtsgeschäften und Prozessen auswirkt, die der Sachwalter gestützt auf § 280 InsO abschließt bzw. führt.125 Es liegt ein einheitliches Sondervermögen vor, nur die Ausübungsbefugnisse sind auf zwei Funktionsträger verteilt.126 cc) Eröffnungsverfahren Im Eröffnungsverfahren beruhen demgegenüber die dem Insolvenzschuldner mangels entgegenstehender Anordnung des Insolvenzgerichts (§ 21 InsO) verbleibenden Befugnisse auf seiner Stellung als Rechtsinhaber. Ein Sondervermögen können nur die Rechte bilden, die dem vorläufigen Insolvenzverwalter zur Ausübung zugewiesen sind. Falls dem Insolvenzschuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 InsO), geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über (§ 22 Abs. 1 InsO). Die Position dieses »starken« vorläufigen Verwalters entspricht der des Insolvenzverwalters im eröffneten Verfahren. Das seiner Verwaltung unterliegende Vermögen ist ein Sondervermögen. Belässt das Insolvenzgericht dem Insolvenzschuldner die Verfügungsbefugnis oder ordnet lediglich einen Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO) an, verbleiben die Rechte im freien Vermögen des Schuldners. Im Fall des Zustimmungsvorbehalts sind die Rechte des Schuldners allerdings beschränkt, da die Ausübungsbefugnis für die Zeit des Eröffnungsverfahrens erheblich be123 124 125 126
Vgl. Schlegel, Eigenverwaltung, 139. In Abgrenzung zu den Zustimmungsbefugnissen nach §§ 279 S. 3, 277 InsO. Ebenso Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 280 Rn. 5. Zu vergleichbaren Fällen im Amtswalterrecht § 10 B II 1 (S. 357).
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schränkt ist. Der »schwache« Insolvenzverwalter muss jeder Rechtsausübung (Verfügung) zustimmen. Die Rechte sind aber noch zum freien Vermögen zu zählen, weil der Tatbestand zur Rechtsausübung vom Insolvenzschuldner zu verwirklichen ist. Die Zustimmung des vorläufigen Verwalters tritt lediglich als weiteres Tatbestandsmerkmal hinzu. Der schwache vorläufige Insolvenzverwalter kann allerdings durch Einzelermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 2 InsO entsprechend) und zur Verfügung über bestimmte zum schuldnerischen Vermögen zählende Rechte berechtigt werden.127 Über die betroffenen Rechte darf dann der Schuldner gar nicht verfügen. Die von der Einzelermächtigung erfassten Rechte bilden ein Sondervermögen. dd) Testamentsvollstreckung Bei Anordnung der Testamentsvollstreckung ist ähnlich wie beim vorläufigen Insolvenzverwalter zu unterscheiden. Die Befugnisse des Testamentsvollstreckers müssen sich nicht auf den gesamten Nachlass beziehen. Die Anordnungen des Erblassers können inhaltliche, gegenständliche und zeitliche Beschränkungen enthalten (§ 2208 BGB). Soweit Rechte des Nachlasses nicht von der Testamentsvollstreckung erfasst werden, zählen sie zum freien Vermögen des Erben. b) Beispiel: Einmann-Vorgesellschaften Unabhängig von der Kontroverse um die Rechtsfähigkeit der Vorgesellschaft128 ist das Gesellschaftsvermögen als Sondervermögen des Einmanngesellschafters aufzufassen.129 Von der Frage, ob man die Vorgesellschaft als rechtsfähig ansieht, hängt nur der Grad der Verselbstständigung dieses Sondervermögens ab.130 Der Einmanngründer darf die das Gesellschaftsvermögen darstellenden Rechte durch seine Handlungsorganisation nicht ausüben.131 Sie sind für den Funktionsträger Vorgesellschaft durch die Geschäftsführung der Vorgesellschaft wahrzunehmen. c) Abgrenzung: Gütergemeinschaft In Bezug auf die Klassifizierung der Vermögensmassen der einzelnen Ehegatten bei der Gütergemeinschaft ist zu unterscheiden. Das Vorbehaltsgut steht dem Ehegatten zur freien Verfügung. Es hebt sich vom sonstigen Vermögen gerade dadurch ab, dass es nicht der gesamthänderischen Bindung der zum Gesamtgut gehörigen Gegenstände gem. §§ 1416, 1419 BGB unterliegt. Es wird von den Re-
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BGHZ 151, 353, 365 f. Siehe § 2 B IV (S. 15). 129 Ulmer/Ihrig, GmbHR 1988, 373, 376 ff.; Hachenburg-Ulmer, § 11 Rn. 17. 130 Siehe C II (S. 52 ff.). 131 BGH NJW 2004, 365, lässt allerdings die Verfügung des Alleingesellschafters über Gegenstände des Gesellschaftsvermögens im eigenen Namen für die GmbH zu; vgl. ferner BGH NJW-RR 2004, 1035. 128
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gelungen des Ehevertrags nicht erfasst.132 Das Vorbehaltsgut ist somit Bestandteil des freien Vermögens des jeweils berechtigten Ehegatten. Das Sondergut ist ebenfalls vom Gesamtgut getrennt. Die Vermögensgegenstände verfügen gem. § 1417 BGB über zwei Besonderheiten gegenüber dem Vorbehaltsgut. Zum einen muss es sich gem. § 1417 Abs. 2 BGB um Gegenstände handeln, die durch Rechtsgeschäft nicht übertragen werden können. Diese Aussage über den Inhalt der in dieser Vermögensmasse zusammengefassten Rechte rechtfertigt die Qualifizierung als Sondervermögen nicht. Zum anderen erfolgt die Verwaltung des Sonderguts gem. § 1417 Abs. 3 S. 2 BGB durch den jeweiligen Ehegatten auf Rechnung des Gesamtguts. Dadurch erfolgt aber ebenfalls keine besondere Zuweisung der im Vorbehaltsgut zusammengefassten Rechte. Der Rechtsinhaber kann gem. § 1417 Abs. 3 S. 1 BGB sein Vorbehaltsgut nach freiem Belieben verwalten und muss dem anderen Ehegatten nicht Rechenschaft ablegen.133 Freilich fallen Rechte, die durch die Verwaltung entstehen, in das Gesamtgut (§ 1416 Abs. 1 S. 2 BGB). Diese Besonderheit bezieht sich aber lediglich auf neu entstehende Rechte, nicht auf die des Vorbehaltsguts. Damit übt der Ehegatte die Verhaltensberechtigungen, die die in seinem Sondergut und Vorbehaltsgut zusammengefassten Rechte darstellen, allein aufgrund seiner Stellung als Rechtsinhaber aus. Für die Annahme eines besonderen Funktionsträgers, dem diese Befugnisse zugeordnet sind, ist kein Raum. Also stellen diese besonderen Vermögensmassen kein Sondervermögen, sondern lediglich Teilvermögensmassen des freien Vermögens dar. d) Abgrenzung: Rechtsgeschäftlicher Treuhänder Weiterhin stellt sich die Frage, ob die einem Treuhänder als Treugut zugeordneten Rechte als Sondervermögen zu qualifizieren sind. Soweit man die sog. Parteien kraft Amtes als Treuhänder einordnen möchte, ergibt sich die Qualifizierung aus den obigen Ausführungen. Nunmehr ist zu untersuchen, was für die gesetzlich nicht geregelten Fälle der rechtsgeschäftlichen Treuhand gilt. Die rechtsgeschäftliche Treuhand ist dadurch geprägt, dass dem Treuhänder vom Treugeber eine bestimmte Rechtsstellung eingeräumt wird, der Treuhänder aber schuldrechtlich durch die Treuhandabrede verpflichtet wird, diese Rechtsstellung nur zu einem bestimmten Zweck auszuüben. aa) Ermächtigungs- und Vollmachtstreuhand Bei der sog. Ermächtigungstreuhand ermächtigt der Treugeber den Treuhänder nach Maßgabe des § 185 BGB, über Rechte des Treugebers zu verfügen;134 bei der sog. Vollmachtstreuhand135 bevollmächtigt der Treugeber den Treuhänder (§ 167 BGB), so dass der Treuhänder den Treugeber rechtsgeschäftlich vertreten
132
Vgl. Staudinger-Thiele (2000), § 1418 Rn. 51. Staudinger-Thiele (2000), § 1417 Rn. 15. 134 BGHZ 19, 69, 71; BGH JZ 1954, 438; Coing, Treuhand, 96; Siebert, Treuhandverhältnis, 298 ff., 313. 135 BGH WM 1964, 318; Coing, Treuhand, 97. 133
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A. Begriff des Sondervermögens
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kann (§ 164 BGB).136 In beiden Fällen räumt der Treugeber dem Treuhänder kein subjektives Recht ein, sondern verschafft dem Treuhänder eine Rechtsmacht, im Außenverhältnis für den Treugeber Rechtswirkungen herbeizuführen. Diese Rechtsmacht kann der Treuhänder benutzen, um seine (subjektiven) Rechte aus dem Innenverhältnis, das ihn mit dem Treugeber verbindet, auszuüben.137 Da der Treuhänder kein Recht erwirbt, der Treugeber von keinem ausgeschlossen wird, liegt in beiden Fällen kein Sondervermögen vor. bb) Fiduziarische Treuhand Die fiduziarische Treuhand beruht demgegenüber darauf, dass der Treugeber dem Treuhänder entweder zur Sicherung des Treuhänders (fremdnützige Sicherungstreuhand) oder zur Verwaltung durch den Treuhänder (eigennützige Verwaltungstreuhand) subjektive Rechte überträgt.138 Ob ein Sondervermögen vorliegt, muss auch in diesen Fällen davon abhängen, ob der Treuhänder die das Treugut darstellenden Rechte nicht als Träger seines eigenen Vermögens, sondern als besonderer Funktionsträger ausübt. (1) Wirkungen. Für den Treuhänder gilt eine Reihe von Besonderheiten hinsichtlich des Treuguts. So ist insbesondere eine haftungsrechtliche Trennung zwischen Treugut und sonstigem Vermögen des Treuhänders anerkannt.139 Der Treugeber kann bei einer Verwaltungstreuhand gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger des Treuhänders in das Treugut Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO erheben und in der Insolvenz des Treuhänders das Treugut gem. § 47 InsO aussondern.140 Entsprechendes gilt unter Berücksichtigung der Sicherungsinteressen des Treuhänders auch bei der Sicherungstreuhand.141 Umgekehrt ist der Sicherungstreuhänder nur zur abgesonderten Befriedigung in der Insolvenz des Treugebers berechtigt (§ 51 Nr. 1 InsO). Weitere Besonderheiten können hinsichtlich der Aufrechenbarkeit treuhänderisch gebundener Forderungen bestehen. So ist anerkannt, dass ein Schuldner von Forderungen aus einem offenen Treuhandkonto nicht mit seinen Forderungen gegen den Treuhänder aus einem anderen Rechtsverhältnis aufrechnen darf.142 Umgekehrt kann der Schuldner gegen die Treuhandforderung mit Forderungen gegen den Treugeber aufrechnen, sofern der Treuhänder kein materielles Eigeninteresse an der Treuhandforderung geltend machen kann.143 Der Rückerwerb einer sicherungshalber abgetretenen Forderung durch den Sicherungsgeber vom Treuhänder wird nicht als Erwerb i. S. v. § 406 BGB verstanden.144 136
Gernhuber, JuS 1988, 355; Henssler, AcP 196 (1996), 37, 42. Vgl. Bork, AT, Rn. 286 zur Vertretungsmacht. 138 Als dritte Gruppe lässt sich die fremdnützige Erfüllungstreuhand nennen, die der in § 364 Abs. 2 BGB erwähnten Leistung erfüllungshalber zugrunde liegt. 139 Soergel-Stadler, Einl. SachR Rn. 54. 140 BGHZ 155, 227; BGH ZIP 2005, 1465; NJW-RR 2003, 1375; NJW 1996, 1543 f.; NJW 1993, 2622; NJW-RR 1993, 301; NJW 1959, 1223, 1224; BAG ZIP 2004, 124, 128. 141 MünchKommInsO-Ganter, § 47 Rn. 375. 142 Vgl. dazu BGHZ 61, 72, 77; BGH NJW 1993, 2622; Hadding/Häuser in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, § 37 Rn. 48. 143 BGH NJW WM 1975, 79, 80; 1968, 594, 595; WM 1962, 1174, 1175. 144 BGH NJW 2003, 1182. 137
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Gestritten wird über die Frage, inwieweit eine »dingliche Surrogation« greift.145 Rechte, die der Treuhänder kraft Gesetzes oder kraft Rechtsgeschäfts im Hinblick auf das Treugut erwirbt, müssen haftungsrechtlich entweder wie Treugut oder wie das sonstige Eigenvermögen des Treuhänders behandelt werden. Vielfach wird eine »Surrogation« abgelehnt.146 Diese Ablehnung stimmt mit dem in der Rechtsprechung vertretenen Unmittelbarkeitsprinzip überein, nach dem zum Treugut nur zu zählen ist, was unmittelbar aus dem Vermögen des Treugebers in das Vermögen des Treuhänders gelangt ist.147 Teilweise wird eine »Surrogation« aber auch entweder beschränkt148 auf gesetzliche Erwerbstatbestände oder umfassend149 befürwortet. Umstritten ist ferner, unter welchen Voraussetzungen eine Verfügung des Treuhänders über das Treugut unwirksam ist, wenn sie gegen die Bindungen des Treuhänders gegenüber dem Treugeber verstößt. Nach Ansicht der Rechtsprechung und eines Teiles der Literatur greifen insoweit lediglich die Grundsätze über die Kollusion gem. §§ 138, 823 Abs. 2, 826 BGB ein.150 Die Unwirksamkeit der Verfügung gem. § 138 BGB hängt so wie ein Schadensersatzanspruch des Treugebers gem. §§ 823 Abs. 2 BGB, 266 StGB bzw. 826 BGB vom bewussten Zusammenwirken von Treuhänder und Drittem zur Schädigung des Treugebers ab. Ein anderer Teil der Literatur will hingegen die Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht151 entsprechend anwenden.152 Danach ist die Verfügung des Treuhänders schon dann unwirksam, wenn sie (evident) gegen seine Bindungen verstößt und der Dritte diesen Verstoß wenigstens aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht erkennt. (2) Einordnung. Die anerkannten und auch die umstrittenen Besonderheiten hinsichtlich des Treuguts ließen sich damit begründen, dass man das Treuhandvermögen als ein dem Treuhänder als besonderem Funktionsträger zur Ausübung zugewiesenes Sondervermögen begreift. Indessen ist es rechtsgeschäftlich nicht möglich, einen besonderen Funktionsträger zu schaffen. Dem Treuhänder stehen die treuhänderisch übertragenen Rechte als Bestandteil seines eigenen Vermögens zu. Verstirbt der Treuhänder, so geht das Treugut mit seinem sonstigen Vermögen
145 Zur sog. dinglichen Surrogation und einer Kritik an dieser Terminologie ausführlich C II 3 a cc (S. 67). 146 RGZ 153, 366, 370; 138, 84, 89; 94, 305, 308; Huber, Sicherungsgrundschuld, 70; Menken, Surrogation, 153 ff., 159; Siebert, Treuhandverhältnis, 184; Soergel-Stadler, Einl. SachR Rn. 55; Wolf, JuS 1975, 710, 716. 147 BGHZ 155, 227, 231; BGH NZI 2005, 625, 626; NJW 1993, 2622; ZIP 1993, 213, 214; NJW 1959, 1223, 1225; RGZ 91, 12, 14; 84, 214, 216; kritisch Henssler, AcP 196 (1996), 37, 54 ff. m. w. Nachw. 148 Serick, Band 2, § 19 II 3. 149 Coing, Treuhand, 117 ff.; Kötz, Trust, 136 ff.; Strauch, Rechtsersatz, 223; Welle, pretium, 118 ff. 150 BGH WM 1992, 1987 ff.; 1977, 525; NJW 1968, 1471; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 274; Hennsler, AcP 196 (1996), 37, 66 ff.; Huber, JZ 1968, 791 ff. 151 Dazu § 10 A II (S. 340 ff.). 152 Coing, Treuhand, 166 ff.; Kötz, Trust, 141; ders., NJW 1968, 1471 f.; K. Schmidt, GesR, § 61 III 3 a.
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A. Begriff des Sondervermögens
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auf den Erben über.153 Der Konflikt um die Parteimacht bei der Treuhand betrifft nicht die Frage, ob ein zusätzlicher Funktionsträger geschaffen werden kann. In Rede steht die Grenze, unter welchen Voraussetzungen ungeachtet der Vollrechtsübertragung auf den Treuhänder eine schuldrechtlich begründete, gesicherte Rechtsposition beim Treugeber verbleiben kann. Der Streit bezieht sich also lediglich auf die Abgrenzung der Rechtsbereiche von Treuhänder und Treugeber.154 Das Treugut stellt folglich eine besondere Teilmasse im freien Vermögen des Treuhänders, kein Sondervermögen, dar. Diese Erkenntnis ist mit den oben angesprochenen Besonderheiten des Treuguts in Einklang zu bringen. Die anerkannten Besonderheiten sind haftungsrechtlicher Natur. Sie lassen sich folglich unabhängig von der in Rede stehenden Handlungsorganisation begründen.155 Die Diskussion über die »Surrogation« wird von der hier getroffenen Feststellung ebenfalls nicht beeinflusst. Denn wie etwa § 2111 BGB zeigt, besteht das Bedürfnis nach einer dynamischen Abgrenzung bei Teilvermögensmassen ebenso wie bei Sondervermögensmassen.156 Maßgeblich ist die Bewertung, ob es der Schutz der Verkehrssicherheit erlaubt, die besonderen (haftungsrechtlichen) Regelungen auf ein dynamisches Teilvermögen anzuwenden. Dass das Treugut kein Sondervermögen bildet, lässt sich fruchtbar machen für die Entscheidung des Streites, ob die Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht auf Verfügungen des Treuhänders anzuwenden sind. Für eine Anwendung dieser Grundsätze wird insbesondere die Parallele zum Testamentsvollstrecker geltend gemacht.157 Für den Testamentsvollstrecker sind diese Grundsätze aber nur deswegen anzuwenden, weil er besonderer Funktionsträger eines Sondervermögens ist.158 Der Testamentsvollstrecker leitet nicht wie der fiduziarische Treuhänder seine Befugnisse aus der Stellung als Rechtsinhaber ab, sondern ihm sind als Drittem besondere Befugnisse verliehen. Die Gegenmeinung weist mithin zu Recht darauf hin, dass die Parteien des Treuhandverhältnisses nicht zur Vollrechtsübertragung greifen, die Konsequenzen dieser Rechtsgestaltung aber unter Hinweis auf die zur Vollmacht vergleichbare Interessenlage leugnen könnten.159 Die Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht müssen allein das Verhältnis von Vertretenem und Dritten berücksichtigen. Die Interessen des Vertreters sind von untergeordneter Bedeutung, da er nicht in eigenen Rechten betroffen ist, 153 Staudinger-Marotzke (2000), § 1922 Rn. 160. Dass für (offene) Anderkonten eine Ausnahme gilt, beruht auf den vertraglichen Abreden zwischen Kontoinhaber und Bank, die nach den AGB der Banken einen Vertrag zugunsten eines Dritten schließen, dazu Soergel-Stein, § 1922 Rn. 48. 154 Soergel-Stadler, Einl. SachR Rn. 52. 155 Zur Kritik an der Sondervermögenstheorie von Dauner-Lieb siehe bereits A II 2 (S. 24); ferner zur Begründung dieser haftungsrechtlichen Besonderheiten insbesondere Hennsler, AcP 196 (1996), 37, 50 ff., 62 f. 156 Siehe C II 3 a (S. 63 ff.). 157 Coing, Treuhand, 167; Kötz, NJW 1968, 1471. 158 Siehe A IV 1 a (S. 33) sowie C III 1 (S. 78). 159 Besonders deutlich Huber, JZ 1968, 791 f.; vgl. aber auch, wie BGH NJW 1968, 1471, und Hennsler, AcP 196 (1996), 37, 66 ff., auf die formale Rechtsposition des Treuhänders abstellen.
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sondern nur im Rechtsbereich des Vertretenen tätig wird.160 Der Treuhänder nimmt als Vollrechtsinhaber eine andere Position wahr, weil er selbst maßgeblicher Rechtsinhaber ist. Schuldrechtliche Abreden wie die Treuhandabrede können diese Betroffenheit des Treuhänders nicht ausschließen. Dieses Ergebnis belegen zum einen der numerus clausus der Sachenrechte, zum anderen § 137 BGB. e) Beispiel: Kapitalanlagegesellschaften Eine besondere gesetzliche Ausgestaltung hat das Vermögen von Kapitalanlagegesellschaften (KAG) durch das KAGG gefunden. KAGen sind nach der Legaldefinition in § 1 KAGG Kreditinstitute, die bei ihnen angelegtes Geld im eigenen Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Anteilinhaber vom eigenen Vermögen gesondert in Sondervermögen anlegen und den Anteilinhabern über deren Rechte Anteilscheine ausstellen. Die zum Sondervermögen zählenden Rechte können entweder der KAG treuhänderisch als Rechtsinhaber zugeordnet sein (Treuhandlösung) oder im Miteigentum der Anteilinhaber (Miteigentumslösung) stehen (§ 6 Abs. 1 S. 2 KAGG).161 Eine Übertragung der Rechte der Anteilinhaber kommt in beiden Fällen nur durch Übertragung der in den Anteilscheinen verbrieften Rechte162 – nach den allgemeinen für die Übertragung von in Inhaberpapieren bzw. in Namenspapieren verbrieften Rechten geltenden Grundsätzen – in Betracht (§ 18 Abs. 1 KAGG).163 Im Wege einer solchen Übertragung gehen auch die Mitberechtigungen an den einzelnen Rechten, die zum Sondervermögen gehören, auf den Erwerber über (§ 18 Abs. 3 S. 1 KAGG für die Miteigentümerstellung). Eine anderweitige Übertragung dieser Mitberechtigung schließt § 18 Abs. 3 S. 3 KAGG ausdrücklich aus. Über die zum Sondervermögen zählenden Rechte kann nur die KAG im eigenen Namen nach Maßgabe von § 9 KAGG verfügen. Dieser Ausschluss jeglicher Verfügungsmöglichkeit der (bei der Miteigentumslösung) juristischen Mitberechtigten und (bei der Treuhandlösung) wirtschaftlichen Mitberechtigten und die gleichzeitige Einräumung der Verfügungsberechtigung an die KAGG als Ermächtigungstreuhänder (bei der Miteigentumslösung) oder als Vollrechtstreuhänder (bei der Treuhandlösung) rechtfertigen die Qualifizierung des Treuhandvermögens als Sondervermögen durch § 6 KAGG auch nach der entwickelten Sondervermögenstheorie.164 Hinsichtlich der Miteigen160
Siehe § 10 A II 2 b aa 3 (S. 348). Die Regel in der Rechtspraxis ist die Miteigentumslösung, bei Immobilienfonds ist indessen lediglich die Treuhandlösung zulässig (§ 30 KAGG). 162 Umstritten ist, ob nur die schuldrechtlichen Ansprüche gegen die KAG oder (bei der Miteigentumslösung) auch die dinglichen Miteigentumsrechte an den zum Sondervermögen gehörenden Rechten verbrieft sind, dazu Brinkhaus/Scherer-Schrödermeier/Baltzer § 18 KAAG Rn. 8; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2372. 163 Neben der Übertragung durch Übereignung des Inhaberpapiers nach §§ 929 ff. BGB oder des Namenspapiers durch Indossament nach § 68 AktG i. V. m. Art. 12, 13, 16 WG kommt auch die Übertragung durch Abtretung in Betracht, siehe Brinkhaus/Scherer-Schrödermeier/ Baltzer § 18 KAAG Rn. 18, 22; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2385. 164 Eine Einordnung des in § 6 KAGG verwendeten Begriffs Sondervermögen mit den Theorien zum Sondervermögen unternimmt Graulich, Rechtsverhältnisse, 4 ff. 161
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tumslösung ergibt sich diese Qualifizierung daraus, dass die Rechte nicht ihren Inhabern, den Anteilinhabern, zur Ausübung zugewiesen sind und daher nicht zu deren freiem Vermögen gehören. Die Ausübung der Rechte ist vielmehr der KAG als besonderem Funktionsträger zugewiesen. Nichts anderes gilt aber auch bei der Treuhandlösung. Hier stimmen zwar Rechtsinhaber und Ausübungsberechtigter überein. Beides ist die KAG. Der KAG steht ihre Ausübungsbefugnis aber nicht aufgrund ihrer Stellung als Rechtsträger zu, sondern aufgrund der durch das KAGG zugewiesenen Befugnisse. Diese Befugnisse unterscheiden sich nicht danach, ob Miteigentums- oder Treuhandlösung gewählt ist.165 Bei der Treuhandlösung ist die KAG Fremdverwalter der ihr selbst zugeordneten Rechte, wie dies bei der Eigenverwaltung in der Insolvenz – allerdings aus ganz anderen Gründen – ebenfalls der Fall ist166. Mit der Treuhandlösung bei der KAG hat der Gesetzgeber so ein besonderes Rechtsinstitut geschaffen, das anders als die rechtsgeschäftliche fiduziarische Treuhand eine Ausprägung des angelsächsischen Trustes darstellt.167 Die Treuhänderstellung der KAG gleicht der der Amtspersonen, ist von denen aber vor allem dadurch unterschieden, dass sie auf (gesetzlich ausdrücklich zugelassener) rechtsgeschäftlicher Übertragung beruht. Ungeachtet dessen, dass das Treuhandvermögen ein Sondervermögen darstellt und an ihm auch eine gemeinschaftliche Berechtigung besteht, ist die gemeinschaftliche Berechtigung der Anteilinhaber nicht als Gesamthandsgemeinschaft und das Sondervermögen nicht als Sondervermögen mehrerer,168 sondern als Bruchteilsgemeinschaft zu qualifizieren.169 Die sondervermögensspezifische Wirkung, dass nicht die gemeinschaftlichen Rechtsinhaber, sondern ein besonderer Funktionsträger die Rechte geltend machen kann, beruht nämlich nicht auf einer gesamthänderischen Bindung der Anteilinhaber untereinander, sondern auf der Rechtsstellung jedes einzelnen Anteilinhabers zu der KAG als Treuhänder. Es besteht nur deswegen eine gemeinschaftliche Berechtigung, weil die KAG ihre Aufgaben gegenüber mehreren Anlegern in einem Sondervermögen bündeln darf. Zur Verdeutlichung dieser Argumentation lässt sich als Gegensatz die Testamentsvollstreckung bei einer Miterbengemeinschaft heranziehen. Die Erbengemeinschaft unter Testamentsvollstreckung ist nicht deswegen Gesamthand, weil die Miterben aufgrund der Beschränkungen durch die Testamentsvollstreckung wie ein Alleinerbe an Verfügungen über Nachlassgegenstände gehindert sind, sondern weil die Erbengemeinschaft ohnehin als Gesamthand ausgestaltet ist. Diese Einordnung dient freilich vorrangig der Systembildung, da die Regelungen der Bruchteilsgemeinschaft umfassend durch die speziellen Regelungen des KAGG verdrängt werden.170
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Vgl. insbesondere Roth, Treuhandmodell, 132 f., 140. Siehe IV 1 a bb (S. 30 f.). 167 Eingehend Roth, Treuhandmodell, 149; vgl. aber auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2395, der sich mit Recht gegen die Bewertung Roths wendet, dass dieses Rechtsinstitut mit dem Eigentumsbegriff des BGB unvereinbar sei. 168 Siehe IV 2 (S. 41 ff.). 169 Beckmann/Scholtz/Vollmer-Beckmann, § 6 KAGG Rn. 4; Roth, Treuhandmodell, 117; MünchKommBGB-K. Schmidt, § 741 Rn. 45; a.A. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2397; Schulze-Osterloh, Prinzip, 145. 170 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2397; Staudinger-Langhein (2002), § 741 Rn. 200. 166
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f) Beispiel: Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren Die Insolvenzordnung hat in § 292 den Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren geregelt. Der Gesetzgeber wollte eine rechtsgeschäftliche Treuhand vorsehen. Die Vermögensgegenstände sollen dem Treuhänder vom Schuldner rechtsgeschäftlich durch Abtretung zufließen (§§ 287 Abs. 2, 291 Abs. 2 InsO).171 Folgt man dieser Konzeption,172 so unterscheidet sich die Rechtsstellung des Treuhänders – anders als die des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren –173 erheblich von der des Insolvenzverwalters. Auf den Treuhänder ginge nicht nur die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über, sondern das Vollrecht. Die Befugnisse des Treuhänders beruhten nicht auf Hoheitsakt, sondern auf Rechtsgeschäft. Der Befugnisverlust des Schuldners beruhte auf rechtsgeschäftlicher Rechtsübertragung, nicht auf hoheitlicher Beschlagnahme. Der Treuhänder wäre einfacher rechtsgeschäftlicher Treuhänder, das Treugut besondere Vermögensmasse, aber kein Sondervermögen. Der Treuhänder würde als Rechtsinhaber über das Treugut verfügen. Bei Beendigung des Amtes bliebe der Treuhänder (oder sein Erbe) Inhaber des Treugutes, wäre aber freilich verpflichtet, das Treugut auf den neu zu bestellenden Treuhänder zu übertragen. Dem Gesetzgeber ist zuzustimmen, dass Rechtfertigung für die Rechtszuweisung zum Treuhänder der Wille des Insolvenzschuldners sein muss. Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens erlangt der Insolvenzschuldner die Verfügungsmacht über sein (künftiges) Vermögen zurück, das freilich nicht nur seinen Neugläubigern, sondern auch den Insolvenzgläubigern als Haftungsmasse dient (§ 201 InsO). Auf den Treuhänder kann das künftige Arbeitseinkommen daher nur übergehen, wenn sich der Insolvenzschuldner damit einverstanden erklärt. Dieses Einverständnis ist aber gleichzeitig Voraussetzung dafür, dass der Schuldner Restschuldbefreiung erlangen kann. Daher ist es richtig, dass dem Insolvenzschuldner mit dem Abtretungserfordernis vor Augen geführt wird, welche Einbußen ihn treffen, wenn er Restschuldbefreiung beantragt. Der Rechtsverlust des Schuldners und der gleichzeitige Rechtsgewinn des Treuhänders sind aber Grund und Umfang nach nicht Folge einer privatautonomen Gestaltung der Beteiligten. Adressat, Befristung und Umfang der Abtretungserklärung ergeben sich nur aus den gesetzlichen Regeln. Einen entsprechenden Willen bildet der Insolvenzschuldner nicht. Sein Wille ist nur darauf gerichtet, alle Voraussetzungen zu erfüllen, um die Restschuldbefreiung zu erreichen. Daher wird mittlerweile auch vielfach das Verständnis der Erklärung des Schuldners als Abtretungserklärung nach § 398 BGB abgelehnt, die Erklärung vielmehr als eine Prozesserklärung gedeutet und der Rechtserwerb des Treuhänders auf eine hoheitliche Zuweisung
171 Nach der Begründung zu § 236 RegE (= § 287 InsO), BT-Durcks. 12/2443 = BRDrucks. 1/92, S. 189, soll in der Annahme des Amtes durch den Verwalter die konkludente Annahme der Abtretung liegen. 172 So etwa OLG Zweibrücken, ZVI 2002, 128, 129; Bork, InsR, Rn. 394; Häsemeyer, InsR, Rn. 26.15; Uhlenbruck-Vallender, § 287 Rn. 38. 173 Auf diesen Treuhänder sind gem. § 313 Abs. 1 InsO §§ 80 ff. InsO entsprechend anzuwenden, vgl. nur MünchKommInsO-Ott, § 313 Rn. 9, zur Einordnung dieses Treuhänders als sog. Partei kraft Amtes BGH ZIP 2005, 817, 818.
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gestützt.174 An der Einordnung des Treuhänders als fiduziarischer (Doppel)Treuhänder ändert diese Konstruktion freilich nichts.175 Sinn und Zweck des Instituts des Treuhänders im Restschuldbefreiungsverfahren verlangen aber sogar, die Rechtsstellung des Treuhänders so zu verstehen wie die der anderen Ämter im Insolvenzverfahren. Es gibt keinen Grund, den Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren anders auszugestalten als im vereinfachten Insolvenzverfahren. Die Rechtsstellung des Treuhänders beruht nicht auf rechtsgeschäftlichem Kontakt mit dem Insolvenzschuldner, sondern auf seiner Bestellung zum Amtswalter durch das Insolvenzgericht.176 Den Treuhänder als Vollrechtsinhaber zu verstehen bereitet Probleme, ist zur Erfüllung seiner Aufgaben aber nicht notwendig.177 Daher bietet sich folgendes Verständnis an: Mit Bestellung des Treuhänders geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die pfändbaren Einkommen auf den Treuhänder über (§ 291 Abs. 2 InsO). Der Insolvenzschuldner kann ab Antragstellung über dieses Einkommen nicht mehr verfügen, weil er insoweit wie jemand steht, der diesen Vermögensgegenstand abgetreten hat (§ 287 Abs. 2 InsO). Er bleibt aber zunächst Inhaber dieser Rechte. Probleme, die Forderungsinhaberschaft zuzuordnen, wenn der Amtswalter wechselt, bestehen so nicht. Rechtsinhaber bleibt der Schuldner, allein die Ausübungsbefugnis geht auf den neu zu bestellenden Treuhänder über. Auf dieser Grundlage lassen sich auch die von § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO erfassten Konstellationen angemessen lösen, dass der Insolvenzschuldner Vermögen von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt: Es besteht entsprechend § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO ein Anspruch des Treuhänders gegen den Schuldner auf Auskehr des hälftigen Wertes. Dieser Anspruch besteht, solange der Schuldner seinen Verfahrensantrag nicht zurücknimmt oder die Restschuldbefreiung vom Gericht versagt wird. Der Anspruch hat haftungsrechtlich Aussonderungskraft, so dass der Treuhänder einem Zugriff von Neugläubigern auf diesen Erwerb mit der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) begegnen kann.178 Die dem Treuhänder zugewiesenen Gegenstände sind somit Sondervermögen, der Treuhänder ist sog. Partei kraft Amtes. 2. Sondervermögen mehrerer Rechtsträger (Gesamthandsvermögen) Mit den Sondervermögen einer Personenmehrheit ist die Gesamthand angesprochen. Zu ihr werden traditionell gezählt der nicht rechtsfähige Verein (§ 54 S. 1 BGB), die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 705 BGB), die eheliche Gütergemeinschaft (§ 1416 BGB), die Erbengemeinschaft (§ 2032 BGB), die offene Handelsgesellschaft (§ 105 Abs. 1 HGB), die Kommanditgesellschaft (§ 161 Abs. 1 HGB), die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung, die Partnerschaft 174 FrankKomm-Ahrens, § 287 Rn. 27; Jauernig, ZwangsvollstreckungsR, § 66 III 3 a; ders., Festschrift Uhlenbruck, 3, 15 ff.; MünchKommInsO-Stephan, § 287 Rn. 34, 54. 175 Vgl. MünchKommInsO-Ehricke, § 292 Rn. 3 f. 176 Vgl. Häsemeyer, InsR, Rn. 26.48 f., 26.32. 177 Häsemeyer, InsR, Rn. 26.48. 178 Für dieses Problem ist auf Grundlage der herrschenden Auslegung noch kein befriedigendes Ergebnis gefunden, vgl. MünchKommInsO-Ehricke, § 295 Rn. 62.
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(§ 1 Abs. 1 PartGG) und die Partenreederei (§ 489 Abs. 1 HGB), aber auch die Vorgesellschaften (§§ 41 AktG, 11 GmbHG, 13 GenG). Die Theorie der Gesamthand ist umstritten.179 Vielfach wird der Gesamthand abgesprochen, eine einheitliche Rechtsfigur darzustellen.180 Die Gruppenlehre erkennt die Rechtsfähigkeit der Gesamthand als Gruppe der Gesamthänder an.181 Dem einzelnen Gesamthänder sind danach die zum Gesamthandsvermögen gehörenden Rechte weder formell noch materiell zugeordnet.182 Das Gesamthandsvermögen wird als Vermögen der rechtsfähigen Gesamthand angesehen. Die Theorie der Gesamthand wäre, weil das Gesamthandsvermögen kein Sondervermögen darstellte, nicht dem Vermögensrecht zuzuordnen, sondern der allgemeinen Lehre vom Rechtsträger, weil die Gesamthand einen solchen darstellte.183 Von diesem Ansatz der Gruppenlehre wird zunächst abgesehen. Die Notwendigkeit, die Gesamthand zu erklären, ohne ihre Rechtsfähigkeit anzuerkennen, ergibt sich schon daraus, dass sich nicht alle Gesamthandsgemeinschaften, jedenfalls Gütergemeinschaft184 und Erbengemeinschaft185, als rechtsfähige Gebilde erklären lassen. Die Gesamthand ist daher jedenfalls im Ausgangspunkt zunächst auf Grundlage der traditionellen Lehre als eine gemeinsame Berechtigung der Gesamthänder (Gesellschafter, Ehegatten oder Erben) an den zum Gesamthandsvermögen zusammengefassten Rechten zu erklären.186 a) Spielarten der traditionellen Theorie Die Gesamthänder sind danach Inhaber der zum Gesamthandsvermögen zählenden Rechte. Diese Rechte bedürfen eines Rechtsträgers, den die Gesamthand 179 Vgl. die Überblicke über die Theorie der Gesamthand bei Flume, ZHR 136 (1972), 177, 184 ff.; K. Schmidt, GesR, § 8 III; MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 289 ff.; Weber-Grellet, AcP 182 (1982), 316 ff.; Wertenbruch, Haftung, 5 ff.; zur Dogmengeschichte Buchda, Geschichte, 15 ff. 180 Hueck, OHG, § 3 IV, § 19; K. Schmidt, GesR, § 8 III 3; MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 292; Ulmer, AcP 198 (1998), 113, 124 ff.; Wiedemann, GesR I, 247, 250 f.; a. A. Beuthien/Ernst, ZHR 156 (1992), 227, 235; Bork, 100 Jahre, 181, 185 f., 194 f.; Schulze-Osterloh, Prinzip, 163 ff. 181 Flume, ZHR 136 (1972), 177, 192; Soergel-Hadding, Vor § 705 Rn. 20 f.; Hennecke, Sondervermögen, 61 ff.; K. Schmidt, GesR, § 8 III, § 58 IV; MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 298 f.; Ulmer, AcP 198 (1998), 113, 114; Wertenbruch, Haftung, 349 ff. 182 Flume, ZHR 136 (1972), 177, 196; MünchKommBGB-Ulmer, § 719 Rn. 6. 183 Siehe bereits § 2 B III, IV (S. 13, 15) zu den rechtsfähigen Personengesellschaften und den rechtsfähigen körperschaftlich strukturierten Gesamthandsgesellschaften. 184 BayObLG NJW-RR 2003, 899, 900; Bork, 100 Jahre, 181, 186; Gernhuber/Coester-Waltjen, § 38 Rn. 9 f.; Hess, ZZP 117 (2004), 267, 295; K. Schmidt, GesR, § 8 III 3 a; MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 292; Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 354. – Vgl. aber Fabricius, Relativität, 152; Schünemann, FamRZ 1976, 137, 138. 185 BGH NJW 2002, 3389, 3390; Bork, 100 Jahre, 181 ff. m. umfangr. Nachw. über den Meinungsstand in Fn. 6–11; Hess, ZZP 117 (2004), 267, 293 ff.; Ulmer, AcP 198 (1998), 113, 124 ff.; MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 292. – A. M. Ann, Erbengemeinschaft, 397 ff.; Eberl-Borges, Erbauseinandersetzung, 30 ff.; Grunewald, AcP 197 (1997), 305 ff.; Soergel-Wolf, § 2032 Rn. 1; vgl. auch Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 354 f. 186 Bork, AT, Rn. 194; Cordes, JZ 1998, 545 ff.; Düringer/Hachenburg-Geiler, Allg. Einl. GbR Rn. 21 ff.; Huber, Vermögensanteil, 61 ff., 89 ff., 117 ff.; Hueck, Festschrift Zöllner, 275, 279 ff.; Schulze-Osterloh, Prinzip, 14 ff.; v. Tuhr, AT I, § 3 II, III; Weber-Grellet, AcP 182 (1982), 316, 328 f.; Zöllner, Festschrift Gernhuber, 563 ff.; ders., Festschrift Kraft, 701 ff.
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selbst mangels Rechtsfähigkeit nicht darstellen kann.187 Hinsichtlich dieser Rechte besteht allerdings die gesamthänderische Bindung, so dass die Gesamthänder gem. §§ 719 Abs. 1 Hs. 1 Fall 2 BGB, 1419 Abs. 1 Hs. 1 Fall 2, 2033 Abs. 2, 2040 BGB davon ausgeschlossen sind, die ihnen formal zugeordneten Rechte auszuüben.188 Umstritten ist, welcher Art die einzelnen den Gesamthändern – wenngleich ohne Ausübungsbefugnis – zugeordneten Rechte sind.189 Die gesamthänderisch gebundenen Rechte der Gesamthänder werden teilweise als Bruchteil verstanden (Theorie von der geteilten Mitberechtigung).190 Gesamthandsgemeinschaften sind danach eine besondere Spielart der Bruchteilsgemeinschaft. Bei der Bruchteilsgemeinschaft bezieht sich die ideelle Teilung nach der herrschenden Einheitstheorie nicht auf das den Bruchteilsberechtigten gemeinschaftlich zustehende Recht, sondern auf die Rechtszuständigkeit.191 Jedem Teilhaber steht ein eigenes Bruchteilsrecht am gemeinschaftlichen ungeteilten Gegenstand zu.192 Dieses Bruchteilsrecht ist wesensgleich mit dem Vollrecht, aber durch die Rechtsstellung der anderen Mitberechtigten beschränkt. Daher lässt sich der Umfang des Bruchteils als Quote am Gesamtrecht bestimmen. Es stehen dem Mitberechtigten als Ausfluss der Wesensgleichheit mit dem Vollrecht individuelle Befugnisse zu. So kann der Bruchteilsberechtigte über die ihm zustehende Mitberechtigung am einzelnen Recht nach § 747 S. 1 BGB verfügen193 und ihm gebührt gem. § 743 BGB ein Anteil an den Früchten, wie er auch die Sache gebrauchen kann, soweit er die anderen Gesamthänder nicht beeinträchtigt. Diese individuellen Befugnisse sind dem Gesamthänder versperrt. Auf Grundlage dieser Auffassung unterscheidet sich daher der Gesamthänder vom normalen Bruchteilsberechtigten gerade durch den Ausschluss dieser Befugnisse. Richtiger Auffassung nach sind demgegenüber Bruchteil und gesamthänderisch gebundenes Recht ihrer Art nach wesensverschieden.194 Allen Gesamthän187 Gegen die Möglichkeit, nur das Gesamthandsvermögen als Rechtsobjekt anzusehen, mit Recht Schulze-Osterloh, Prinzip, 14 ff. m. w. Nachw. 188 Huber, Vermögensanteil, 119; Weber-Grellet, AcP 182 (1982), 316, 324 ff. 189 Bereits die Protokolle, Prot. II, 429 f., schildern diese Kontroverse. Nicht erwogen wird dort indessen, die Gesellschaft auch als rechtsfähig anzusehen, ebenso interpretiert diese Stelle aus den Protokollen K. Schmidt, NJW 2001, 993, 996; a. A. Huber, Festschrift Lutter, 107, 121. 190 Heck, SchR, § 123 6; Schulze-Osterloh, Prinzip, 14 ff., 278; eine Spielart dieser Theorie stellt auch die von Sohm, Gegenstand, 60 ff., 70, vertretene Theorie der Anteile kraft Personenrechts dar. 191 Staudinger-Langhein (2002), Vorbem zu §§ 741 ff Rn. 12; MünchKommBGB-K. Schmidt, § 741 Rn. 2 m. w. Nachw. 192 Vgl. zum Bruchteil Staudinger-Langhein (2002), Vorbem zu §§ 741 ff Rn. 12; MünchKommBGB-K. Schmidt, § 741 Rn. 2; Schnorr, Gemeinschaft, 74 ff.; v. Tuhr, AT I, § 3 IV; a. A. Hilbrandt, AcP 202 (2002), 631, 639 ff., der auch bei der Bruchteilsgemeinschaft nur ein Recht, den Bruchteil, annimmt, der allen Bruchteilsinhabern gemeinsam zugewiesen sei. 193 Auch die Verfügung über das Recht, an dem die Mitberechtigung besteht, durch alle Mitberechtigten nach § 747 S. 2 BGB wird – ungeachtet des gleichen Wortlauts wie bei der Erbengemeinschaft gem. § 2040 Abs. 1 BGB – teilweise als gleichzeitige Verfügung aller Mitberechtigten über ihren Anteil verstanden, so MünchKommBGB-K. Schmidt, § 747 Rn. 25; Schnorr, Gemeinschaft, 298; v. Tuhr, AT I, § 3 IV; a. A. BGH NJW 1994, 1470, 1471; Staudinger-Langhein (2002), § 747 Rn. 72 ff.; Larenz, JherJb 83 (1933) 108, 120 ff.; offen lassend Schulze-Osterloh, Prinzip, 21 Fn. 51. 194 Flume, ZHR 136 (1972), 177, 199 ff.; Hennecke, Sondervermögen, 64; Huber, Vermögensanteil, 123 f.
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dern zusammen steht lediglich ein Recht (pro Gegenstand des Gesamthandsvermögens) zu (Theorie der ungeteilten Mitberechtigung).195 Dieses eine Recht ist ungeteilt allen Gesamthändern aufgrund ihrer Stellung als Mitglied der Gesamthand zugeordnet. Es ist ein Recht, aber eine mehrfache Zuordnung gegeben. Die Zuständigkeit ist also nicht geteilt, sondern vervielfacht. Die Überlegenheit dieser Sichtweise zeigt sich darin, dass sich so die vom Gesetz vorgegebenen und anerkannten Rechtsfolgen der Gesamthand erklären lassen: Der erste Vorteil dieser Sichtweise besteht schon darin, dass lediglich ein Recht (hinsichtlich jedes Gegenstands des Gesamthandsvermögens) besteht und auch nur ein Recht (durch die Gesamthand) ausgeübt werden kann. Beständen mehrere ideelle Bruchteile, würden diese einzelnen Rechte nicht ausgeübt werden können, die Bestimmung der Quoten dieser Bruchteile wäre ohne Bedeutung.196 Die Erkenntnis, dass Gesamthandsberechtigung und Bruchteil von der Art der Mitberechtigung wesensverschieden sind, erklärt zweitens, warum ein Wechsel der Art der Mitberechtigung allein durch Rechtsübertragungen nach den allgemeinen Vorschriften möglich ist.197 Verfügten die Gesamthänder über gesamthänderisch gebundene Bruchteile, müssten die Gesamthänder indessen im Wege der Freigabe die gesamthänderische Bindung aufheben und so (freie) Bruchteile aller Gesamthänder erzeugen können.198 Drittens lassen sich auch die für die Gesamthand typischen Fälle der Anwachsung (§ 738 BGB) und Abwachsung durch die befürwortete Theorie von einem Recht mit mehrfacher Rechtszuständigkeit überzeugend erklären. An- und Abwachsung verändern nicht die Rechtsstellung des einzelnen Gesamthänders hinsichtlich der einzelnen Rechte des Gesamthandsvermögens. Es ändert sich lediglich die Zahl der Mitberechtigungen, wenn eine Person die Stellung als Gesamthänder neu erwirbt oder ihre bestehende Stellung verliert. Bleibt durch Wegfall aller anderen Gesamthänder nur ein (ehemaliger) Gesamthänder zurück, so geht die Gesamthand unter und der zurückbleibende (ehemalige) Gesamthänder wird Alleininhaber aller Rechte des Gesamthandsvermögens. Seine Rechtsinhaberschaft bleibt also unverändert; sie verändert lediglich ihre Bedeutung, weil keine anderen Mitberechtigten mehr bestehen und so die gesamthänderische Bindung wegfällt. b) Einordnung des Gesamthandsvermögens Auf Grundlage der Theorie der ungeteilten Mitberechtigung stellt das Gesamthandsvermögen ein Sondervermögen im Sinne der entwickelten Sondervermö195 Düringer/Hachenburg-Geiler, Allg. Einl. GbR Rn. 21 ff.; Huber, Vermögensanteil, 120 f.; v. Tuhr, AT I, § 3 II, III. 196 Düringer/Hachenburg-Geiler, Allg. Einl. GbR Rn. 22. 197 BGHZ 21, 229, 231; RGZ 57, 432, 434 ff.; Düringer/Hachenburg-Geiler, Allg. Einl. GbR Rn. 22. 198 Die Natur der Mitberechtigung verkennt auch Weber-Grellet, AcP 182 (1982), 316, 329 ff.: Ein Mitglied der Gesamthand, der Alleininhaber eines Gegenstands ist, könne dieses Recht (Eigentum) in das Gesamthandsvermögen allein durch Übertragung an die anderen Mitgesamthänder überführen. Er verkennt, dass durch einen solchen Übertragungsakt der Alleineigentümer sein Recht an dem Gegenstand verlöre. Er muss daher den Gegenstand allen Gesamthändern, also auch sich, übertragen.
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genstheorie dar. Die Gesamthänder sind durch die gesamthänderische Bindung davon ausgeschlossen, die ihnen zustehenden Rechte geltend zu machen. Die den Gesamthändern zustehenden Rechte können also nicht zu ihrem freien Vermögen gehören. Die Ausübung gerade dieser Rechte, die allen Gesamthändern gemeinschaftlich zugewiesen sind, richtet sich nach der Verfassung der einzelnen Gesamthand. Diese Verfassung gibt den besonderen Funktionsträger vor, dem die Rechtsmacht zufällt, die gesamthänderisch gebundenen Rechte auszuüben. Die Ausgestaltung dieses Funktionsträgers ist unterschiedlich: Ein besonderes Handlungssubjekt als Drittorgan wird mit dem Vorstand des nicht rechtsfähigen Vereins oder dem Geschäftsführungsorgan der Vorgesellschaften geschaffen. Im Folgenden wird zu zeigen sein, dass auch bei den personalistisch organisierten Gesamthandsgesellschaften mit den für die Geschäftsführung zuständigen Gesamthändern ein eigenes Handlungssubjekt geschaffen ist.199 Vielfach wird die bestehende Handlungsorganisation eines, vieler oder aller Gesamthänder gemeinschaftlich genutzt. In diesen Fällen braucht die Eigenschaft, als besonderer Funktionsträger der Gesamthand zu handeln, beim Abschluss des Rechtsgeschäfts nicht zum Ausdruck zu kommen. So verfügen die Mitglieder der Erbengemeinschaft über Nachlassgegenstände (§ 2040 Abs. 1 BGB) in gleicher Weise durch Gesamtakt wie die Teilhaber über einen gemeinschaftlichen Gegenstand bei der Bruchteilsgemeinschaft (§ 747 S. 2 BGB). Der allein verwaltende Ehegatte einer Gütergemeinschaft verfügt über Gegenstände des Gesamtguts (§ 1422 BGB)200 wie jeder beliebige Rechtsträger über Gegenstände seines freien Vermögens. Die Grundlage dieser Verfügungen unterscheidet sich aber erheblich. Die Verfügungsmacht der Teilhaber und der beliebigen Rechtsträger folgt aus ihrer Stellung als Rechtsinhaber. Die ihnen zugewiesenen Verhaltensberechtigungen geben ihnen auch die Verfügungsbefugnis. Die Verfügungsbefugnis der Mitglieder der Erbengemeinschaft oder des Ehegatten folgt indessen nicht aus ihrer Stellung als Rechtsinhaber, sondern aus einer besonderen materiellen Verfügungsund Einziehungsberechtigung201, die ihnen als Nichtrechtsinhabern wegen ihrer Stellung innerhalb der jeweiligen Gesamthand zukommt. Die Befugnisse der Gesamthänder beruhen also maßgeblich auf ihrem Anteil (Mitgliedschaft) an dem Gesamthandsvermögen (Gesamthand). Dieser Anteil gehört zu ihrem (freien) Vermögen. Gegen die Einordnung des Gesamthandsvermögens als Sondervermögen wendet sich Andreas von Tuhr.202 Die Gesamthand unterscheide sich von den Sondervermögen einer Person dadurch, dass eine ganz unterschiedliche Rechtszuordnung vorliege. Während bei den Sondervermögen einer Person einem Rechtsträger neben den Gegenständen seines freien Vermögens in gleicher Weise weitere Gegenstände als Rechtsträger zugeordnet seien, die zu einem Sondervermögen zu zählen seien, wiesen Gegenstände, die zum Gesamthandsvermögen zählten, schon eine abweichende Rechtszuordnung auf, weil sie mehreren Perso199 200 201 202
Unter C III 2 a (S. 82 f.). Ausnahmen können freilich gem. §§ 1423 ff. BGB greifen. Vgl. Stein/Jonas-Bork, vor § 50 Rn. 43 f. V. Tuhr, AT I, § 20 I; ihm folgend Ulmer/Ihrig, GmbHR 1988, 373, 377 Fn. 34.
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nen zugeordnet seien. Diese Beschreibung v. Tuhrs ist zutreffend, dem daraus gezogenen Schluss ist indessen nicht zu folgen. Es ist nicht erforderlich, dass die Gegenstände eines Sondervermögens allein einer Person zustehen, die auch Inhaber eines freien Vermögens ist. Charakterisierend für die Sondervermögen ist, von wem die in dem Sondervermögen zusammengefassten Rechte auszuüben sind. Bestimmt sich diese Befugnis gerade unabhängig von der Rechtsinhaberschaft, liegt ein Sondervermögen vor. c) Fazit Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der weithin – meist ohne besondere Begründung – vertretenen Ansicht, dass das Gesamthandsvermögen ein Sondervermögen darstellt,203 zuzustimmen ist, sofern die Gesamthand nicht als rechtsfähiges Subjekt verselbstständigt ist. Dann ist das Gesamthandsvermögen das (freie) Vermögen dieses rechtsfähigen Subjekts.204 Aber auch die Rechtsfähigkeit einzelner Gesamthandsgesellschaften lässt sich auf Grundlage des vertretenen Gesamthandkonzepts erklären, ohne von einem einheitlichen Modell der Gesamthand abzusehen. Verbindendes Element aller Gesamthandsgemeinschaften ist die Ausübung der gesamthänderisch gebundenen Rechte durch einen besonderen Funktionsträger, also die von den einzelnen Gesamthändern zu scheidende Gesamthand. Unterschiede zwischen den verschiedenen Gesamthandsgemeinschaften ergeben sich aber in der Ausgestaltung dieses Funktionsträgers, der Gesamthand. Es sind verschiedene Grade der Verselbstständigung zu unterscheiden.205 Bei den rechtsfähigen Gesamthandsgesellschaften ist die Gesamthand so weit verselbstständigt, dass sie selbst rechtsfähig ist und ihr die Rechte des Gesamthandsvermögens zugeordnet sind. Die Gesamthänder sind dann nicht nur der Befugnisse, die zum Gesamthandsvermögen gehörenden Rechte auszuüben, sondern auch der Inhaberschaft dieser Rechte beraubt. Der Gruppenlehre ist also zuzustimmen, wenn sie die Subjektseigenschaft der Gesamthand, der Gruppe, betont.206 Es ist aber nicht zutreffend, dass das Gesetz jede Gesamthand als Handlungs- und Rechtssubjekt ausgestaltet.207 Der Gesamthand können auch die geschilderten geringeren Subjektsqualitäten zukommen.
V. Resümee Der herausgearbeitete Begriff des Sondervermögens weicht von der weithin verwendeten Begriffsbildung ab. Er lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Ein 203 Bork, AT, Rn. 194; Dauner-Lieb, Sondervermögen, 48 ff.; Enneccerus/Nipperdey, § 132 I 2; Larenz/Wolf, § 21 Rn. 53; Soergel-Marly, Vor § 90 Rn. 12; MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 290. 204 Zur rechtsfähigen Gesamthand siehe bereits § 2 B III, IV (S. 13, 15); ferner unter C II 1 (S. 53). 205 Siehe b (S. 45); ferner C (S. 50 ff.). 206 Vgl. Flume, ZHR 136 (1972), 177, 193. 207 Vgl. aber Flume, ZHR 136 (1972), 177, 189.
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Sondervermögen umfasst subjektive Rechte, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der oder die Inhaber dieser Rechte mit ihrer Handlungsorganisation davon ausgeschlossen sind, das Recht auszuüben. Diese Rechtsmacht ist einem besonderen Funktionsträger zugewiesen. Ein Sondervermögen liegt also immer dann vor, wenn eine von der Handlungsorganisation des Rechtsinhabers unabhängige208 Handlungsorganisation gebildet wird, der allein die zum Sondervermögen gehörenden Rechte zur Ausübung zugewiesen sind. Auf dieser Grundlage sollen noch zwei Abgrenzungen verdeutlicht werden: zum einen die der Sondervermögensmasse von anderen Vermögensmassen und zum anderen die der besonderen Rechtszuordnung bei Sondervermögen von anderen Rechtszuordnungen. 1. Sondervermögen und sonstige Vermögensmassen Alle Vermögensmassen eint, dass sie einen Sammelbegriff darstellen. Jedes Vermögen fasst einen Inbegriff von Rechten zusammen. Üblicherweise wird der Begriff Vermögen für das (freie) Vermögen eines Rechtssubjekts verwendet. Zum freien Vermögen zählen grundsätzlich alle Rechte, deren Inhaber der Vermögensträger ist. Aus der Inhaberschaft des Rechts folgt, dass dem Rechtsinhaber die das Recht darstellenden Verhaltensberechtigungen zustehen. Er ist als einziger nicht von der Ausschlussfunktion des Rechts betroffen. Die Rechte des freien Vermögens lassen sich beliebig in Teile aufteilen. Solche Teilvermögen können etwa nach der Art des Rechts abgegrenzt werden. So können Grundstücksrechte zum Grundvermögen, Rechte, die aus einem Handelsgewerbe stammen, zum Unternehmensvermögen, aber auch alle Bargeldbestände zum Barvermögen zusammengefasst werden. Von diesen Teilvermögen lassen sich besondere Teilvermögen unterscheiden. Diese Vermögensmassen sind auch Teile des freien Vermögens. Für die in dieser Vermögensmasse zusammengefassten Rechte gilt aber aufgrund einer abstrakten gesetzlichen oder vertraglichen Regelung eine besondere, von den sonstigen Rechten abweichende Regelung. So gilt für die Gegenstände des besonderen Kindesvermögens (§ 1638 BGB) eine besondere Vertretungsregelung. Die Rechte des Vorerben an den Nachlassgegenständen werden durch §§ 2112 ff. BGB beschränkt. Während die herrschende Meinung ein Sondervermögen schon annimmt, wenn eine solche besondere Teilvermögensmasse vorliegt, ist hier ein abweichender Sondervermögensbegriff entwickelt worden. Ein Sondervermögen kann nur durch Rechte gebildet werden, die nicht zum freien Vermögen des Rechtsträgers zu zählen sind.209 Ein Sondervermögen ist also keine bloße Teilvermögensmasse des freien Vermögens, sondern eine isoliert neben diesem stehende Vermögensmasse. Die Rechte des Sondervermögens sind zwar ebenfalls dem Träger eines freien Vermögens zugeordnet. Sie gehören aber nicht zu seinem freien Vermögen,
208 Die Unabhängigkeit ist von der Ergänzung – etwa durch den zusätzlichen gesetzlichen Vertreter im Fall von §§ 1638, 1909 BGB – zu unterscheiden. 209 So im Ausgangspunkt auch Dauner-Lieb, Sondervermögen, 46; Larenz/Wolf, § 21 Rn. 31; v. Tuhr, AT I, § 19 VIII (bezeichnet als VII); Ulmer/Ihrig, GmbHR, 1988, 373, 377; vgl. ferner zur Treuhand Coing, Treuhand, 86; siehe bereits A I 3 (S. 19).
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weil er mit seiner Handlungsorganisation davon ausgeschlossen ist, die Rechte auszuüben. 2. Sondervermögen und Rechtszuordnung Die Funktion der Zuordnung eines Rechts ergibt sich aus dem oben dargelegten Begriff des Rechts.210 Ein Recht gewährt seinem Inhaber Verhaltensberechtigungen, während im Grundsatz alle Nichtinhaber von dieser Berechtigung ausgeschlossen sind. Die Zuordnung gibt also an, wem die das Recht darstellende Verhaltensberechtigung zusteht.211 Die Besonderheit der für Sondervermögen festgestellten Rechtszuordnung wird deutlich, wenn man sie von sonstigen Rechtszuordnungen abgrenzt. Die einfachste Form der Zuordnung ist gegeben, wenn allein eine Person Inhaber eines Vollrechts ist. Das Recht ist dieser Person zugeordnet, es fällt in ihr freies Vermögen. Die Zuordnung eines Vollrechts an mehrere Personen geschieht demgegenüber dadurch, dass das Vollrecht aufgespalten wird. Die Abgrenzung zwischen Gesamthand und Bruchteilsgemeinschaft legte diesen Befund gerade für die »quantitative Spaltung«212 durch Bruchteilsgemeinschaft dar: Jedem Bruchteilseigentümer steht ein eigenes Teilrecht zu. Eine »qualitative Aufspaltung«213 ist zu beobachten, wenn ein beschränktes Recht wie Pfandrecht oder Nießbrauch an einem Recht oder Gegenstand begründet wird. Die Verhaltensberechtigungen, die dieses beschränkte Recht gewährt, werden dann aus dem Vollrecht herausgelöst. Der Inhaber des Vollrechts ist daher von diesen Verhaltensberechtigungen ausgeschlossen; diese Verhaltensberechtigungen sind dem Inhaber des beschränkten Rechts zugeordnet. Die qualitative Aufspaltung kann dazu führen, dass dem Inhaber des Vollrechts nur die Hülle des Rechts ohne aktuelle (!) Befugnisse verbleibt. Zu denken ist etwa an ein mit Nießbrauch und Pfandrechten belastetes Recht. Eine »zeitliche Aufspaltung«214 kann man annehmen, wenn der künftige Übergang eines Rechts bereits bestimmt ist wie bei bedingter Übertragung und Nacherbschaft. Dem gegenwärtigen Rechtsinhaber steht das Recht dann zeitlich beschränkt zu, der Erwerber verfügt über ein Anwartschaftsrecht. Schließlich lässt sich von einer »duplizitären Spaltung« sprechen,215 wenn – etwa nach einer relativ unwirksamen Verfügung (§ 135 BGB) – die Verhaltensberechtigungen unterschiedlichen Personen gegenüber unterschiedlich verteilt sind. Die gespaltenen Rechte sind dann jeweils dem (freien) Vermögen des Inhabers des ab-
210
Vgl. Huber, Vermögensanteil, 117 f.; Larenz, SchR I, § 33 III; v. Tuhr, AT I, § 2. Die Zuordnungsfunktion ist dem auf Zuordnung angelegten »subjektiven« Recht immanent. Es besteht also neben dem subjektiven Recht keine weitere Rechtsbeziehung zwischen Rechtsinhaber und Recht (Der Eigentümer ist Inhaber des Eigentums, nicht der Sache und umgekehrt steht dem Inhaber einer Forderung kein Eigentum an der Forderung zu); dazu Huber, Vermögensanteil, 117 f.; Larenz, SchR I, § 33 III. 212 Begriff nach Wiedemann, GesR I, 245. 213 Begriff nach Wiedemann, GesR I, 245. 214 Begriff nach Wiedemann, GesR I, 245; vgl. auch v. Tuhr, AT I, § 2 VI (falsch bezeichnet als XI). 215 Vgl. dazu v. Tuhr, AT I, § 2 V. 211
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A. Begriff des Sondervermögens
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gespaltenen Rechts zugeordnet. Das Vollrecht verteilt sich so auf verschiedene (freie) Vermögen. Ein Sondervermögensbeschlag spaltet die betroffenen Rechte grundsätzlich nicht, lässt sie vielmehr unberührt. Vom Sondervermögensbeschlag können sowohl Vollrechte (Eigentum) als auch gespaltene Rechte (Miteigentum, Pfandrecht oder Anwartschaftsrecht) erfasst werden. Denn die Art des Rechts hängt allein davon ab, Inhaber welcher Rechte der (bei Sondervermögen einer Person) oder die (bei der Gesamthand) vom Sondervermögensbeschlag betroffene(n) Rechtsinhaber sind. Der Sondervermögensbeschlag selbst führt allein dann zu einer qualitativen Spaltung der vom Beschlag erfassten Rechte, wenn dieser Beschlag nur einen Teil der den Rechtsinhabern in Gestalt eines Rechts zugewiesenen Verhaltensberechtigungen erfasst.216 Der Sondervermögensbeschlag spaltet den Rechtsträger hinsichtlich der Möglichkeit, ihm Rechte zuzuordnen. Der Rechtsträger ist zum einen Inhaber der zu seinem freien Vermögen zählenden Rechte. Diese Rechte kann er durch seine Handlungsorganisation ausüben. Er ist zum anderen Inhaber der zum Sondervermögen zählenden Rechte. Diese Rechte können allerdings allein durch einen besonderen, für das Sondervermögen eingerichteten Funktionsträger ausgeübt werden. Funktionsträger können die unterschiedlichen Formen der Gesamthand, die Ämter der sog. Parteien kraft Amtes oder die Einmannvorgesellschaft sein. Kritik gegen diese Sichtweise wird dahin gehend vorgetragen, dass man denjenigen, der aller das Recht darstellenden Befugnisse beraubt ist, nicht als Rechtsinhaber ansehen könne.217 Dieser Kritik ist zunächst entgegenzuhalten, dass die gesetzliche Regelung gerade diese verworfene Wirkung vorsieht. Zudem hat die für das Sondervermögen errichtete besondere Handlungsorganisation auch die spezifischen Interessen des Rechtsträgers zu berücksichtigen. Sie hat für den Rechtsträger Schulden zu tilgen (Insolvenz), das ererbte Vermögen zu verwalten (Testamentsvollstreckung) oder den Ausgleich zwischen den Mitberechtigten zu ermöglichen (Gesamthand). Der besondere Funktionsträger übt die Rechte für den Rechtsträger aus. Also ist der Rechtsträger, wenn man seine doppelte Subjektsrolle anerkennt, gar nicht der Verfügungsbefugnis beraubt. Für die Belastung, dass dem Rechtsträger in dieser zweiten Subjektsrolle zwangsweise eine weitere Handlungsorganisation übergestülpt wird, gibt es jeweils eine besondere Rechtfertigung: Durch seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit hat der Insolvenzschuldner den Grund dafür gelegt, dass sein Vermögen zugunsten seiner Gläubiger verwertet wird.218 Der Erbe hat den von ihm ererbten Nachlass vom Testamentsvollstrecker verwalten zu lassen, weil der Erblasser dem Erben den 216 Bei vorläufiger Insolvenzverwaltung oder Testamentsvollstreckung können dem Rechtsinhaber Befugnisse verbleiben, dazu IV 1 a cc, dd (S. 32 f.). 217 Zur Behauptung, (Verfügungs-)Befugnis und Rechtsinhaberschaft seien notwendig verknüpft, Bötticher, ZZP 77 (1964), 55, 68; Schulze-Osterloh, Prinzip, 17 m. w. Nachw.; vgl. ferner Nachw. bei Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 16. Gleichzeitig besteht die Versuchung, denjenigen, der als Funktionsträger die Macht hat, das Recht auszuüben, als Inhaber eines dinglichen Rechts an diesem Recht anzusehen; vgl. v. Spreckelsen, Begriff, 12 f., Tanz, Verwaltungsrecht, 43 ff.; siehe A III 2 (S. 28). 218 Vgl. Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 16.
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§ 3: Organisationen für Sondervermögen
Nachlass (zunächst) lediglich mit dieser Verwaltungsbeschränkung zugewendet hat.
B. Passivvermögen Der Begriff des Sondervermögens lässt sich wie der Begriff des freien Vermögens allein aus einer Betrachtung der Aktivmasse gewinnen. Zu einem Sondervermögen gehören – nach der verwendeten Terminologie – alle vom Sondervermögensbeschlag belegten Rechte. Wie beim freien Vermögen lässt sich auch bei Sondervermögen der Aktivmasse eine Passivmasse gegenüber stellen. Zu dieser Passivmasse gehören diejenigen Verbindlichkeiten, für die das Sondervermögen haftet. Das Bestehen dieser Passivmasse ist für viele Sondervermögen konstitutiv, weil es den Zweck der Vermögenssonderung bildet. Das gilt insbesondere für die zur Gläubigerbefriedigung gebildeten Sondervermögen im Insolvenzverfahren sowie bei Nachlass- und Zwangsverwaltung. Die Haftung von Aktivvermögen für Verbindlichkeiten, die sich ebenfalls in einer Vermögensmasse zusammenfassen lassen, hat Barbara Dauner-Lieb im Rahmen ihres Begriffs der Sondervermögen im haftungsrechtlichen Sinne eingehend untersucht.219 Hier soll es sein Bewenden mit dem Hinweis haben, dass sich auch hinsichtlich der in einer Sondervermögenspassivmasse zusammengefassten Verbindlichkeiten besondere Passivmassen bilden lassen. So werden insbesondere in den auf Gläubigerbefriedigung angelegten Sondervermögen Gruppen von Verbindlichkeiten gebildet, für die das Sondervermögen privilegiert haftet.220 Auch können für Verbindlichkeiten neben dem Sondervermögen noch weitere (freie) Vermögensmassen haften. Vielfach trifft diese zusätzliche Haftung sämtliche Verbindlichkeiten der Sondervermögenspassivmasse,221 gelegentlich ist insoweit aber auch zu differenzieren.222
C. Dynamik von (Sonder-)Vermögen Vermögen sind dynamischer Natur. Die Zusammensetzung des (freien) Aktivund Passivvermögens einer Person kann jederzeit wechseln, insbesondere wenn der Vermögensinhaber selbst oder durch seine Handlungsorganisation Tatbestände von Rechtsnormen verwirklicht. Die Rechtsfolgen dieser Normen können dazu führen, dass der Vermögensinhaber Rechte erwirbt (Zuwachs des Aktivvermögens), sie verliert (Minderung des Aktivvermögens) oder Verbindlichkeiten 219
Dauner-Lieb, Sondervermögen, 43 ff; dazu A II 2 (S. 23). Vgl. §§ 38 f., 209, 324 ff. InsO, 10 f. ZVG. 221 Grundsätzlich haften alle Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten (§ 128 HGB direkt und analog). 222 Nur für die Insolvenzforderungen haftet der Schuldner des Insolvenzverfahrens nach Aufhebung des Verfahrens mit seinem freien Vermögen (§ 201 Abs. 2 InsO); nach Anordnung der Nachlassverwaltung haftet der Erbe persönlich für die von ihm begründeten Nachlassverbindlichkeiten (sog. Erbeneigenverbindlichkeit), dazu sogleich C. 220
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C. Dynamik von (Sonder-)Vermögen
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neu begründet (Zuwachs des Passivvermögens) bzw. deren Untergang herbeiführt (Minderung des Passivvermögens). Für Sondervermögen stellt sich parallel die Frage, inwieweit diesen ebenfalls eine Dynamik innewohnt.223 Es wurde bereits als charakterisierendes Merkmal von Sondervermögen festgestellt, dass die zu einem Sondervermögen zusammengefassten Rechte durch einen besonderen Funktionsträger auszuüben sind. Diese Feststellung kann eine Verringerung des Sondervermögens dadurch erklären, dass einzelne Rechte aufgrund von Verfügungen dieses Funktionsträgers über diese Rechte aus dem Sondervermögen ausscheiden. Gleichzeitig können so Verbindlichkeiten, für die das Sondervermögen haftet, getilgt werden. Die noch offene Frage nach der Dynamik von Sondervermögen zielt daher vor allem dahin, ob neue Rechte für das Sondervermögen begründet werden können und ob der Bestand der Passivmasse eines Sondervermögens durch Begründung neuer Verbindlichkeiten erweitert werden kann.
I. Die Zuordnung als Problem Damit ist das für Sondervermögen typische Zuordnungsproblem angesprochen. Bislang wurde lediglich der Sondervermögensbegriff als Phänomen herausgearbeitet. Es wurde bestimmt, welche besondere Regelung hinsichtlich einer Vermögensmasse gelten muss, damit sie als Sondervermögen einzuordnen ist. Offen geblieben ist dagegen, wie zu bestimmen ist, welche Rechte dem Aktivsondervermögen und welche Verbindlichkeiten dem Passivsondervermögen zuzuordnen sind. Dieses Zuordnungsproblem wird für den Zeitpunkt, zu dem das Sondervermögen entsteht, vom Gesetz regelmäßig eindeutig gelöst.224 Das Gesetz enthält in den Bestimmungen über Sondervermögen Regelungen, auf welche Rechte sich der Sondervermögensbeschlag bezieht und für welche Verbindlichkeiten dieses Sondervermögen haftet (etwa §§ 35 f., 38 f., 49 ff., 53 ff. InsO). Nunmehr ist aber das Problem zu erörtern, inwieweit Rechte oder Verbindlichkeiten, die in der Person des Trägers von freiem Vermögen und Sondervermögen neu entstehen, zuzuordnen sind. Dieses Problem stellt sich nicht nur für Sondervermögen einer Person, sondern auch bei Gesamthandsgemeinschaften. Bei diesen fragt sich nämlich, ob neu entstehende Rechte den Gesamthändern als Bruchteilsinhaber 223 Vgl. Dauner-Lieb, Sondervermögen, 51 ff.; Larenz/Wolf, § 21 Rn. 47 ff.; v. Tuhr, AT I, § 19 IV; Ulmer/Ihrig, GmbHR 1988, 373, 377. 224 Eine Ausnahme bildet der Nachlass des Alleinerben bei Nachlassinsolvenz oder Nachlassverwaltung. Problematisch ist, ob der Nachlass dynamisch veranlagt ist, so dass zu ihm auch Gegenstände gehören können, die der Erbe erst nach dem Erbfall (aus Nachlassmitteln) erwirbt. Staudinger-Marotzke (2002), § 1978 Rn. 17, plädiert für die analoge Anwendung von § 2041 BGB, um Neuerwerb dem potentiellen Sondervermögen Nachlass zuzuordnen; ähnlich der Sache nach Schmidt-Kessel, WM 2003, 2086, 2088 f. Das Gesetz ordnet aber lediglich – womit man wie Häsemeyer, InsR, Rn. 33.16 Fn. 38, rechtspolitisch unzufrieden sein mag – schuldrechtliche Ansprüche gegen den Erben zum Nachlass (§ 1978 Abs. 2 BGB), so BGH NJW-RR, 1989, 1226, 1227; Dauner-Lieb, Sondervermögen, 112 ff.; Soergel-Stein, § 1978 Rn. 4; Windel, Nachfolge, 81 f.; zur haftungsrechtlichen Aussonderungskraft dieses Anspruchs Bork/Jacoby, ZGR 2005, 611, 644 f.
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oder in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit zustehen. Das Problem stellt sich aber auch bei besonderen Teilvermögensmassen wie dem besonderen Kindesvermögen (§ 1638 BGB) oder dem Nachlass bei der Vorerbschaft. Denn es fragt sich, auf welche Rechte, die in der Person des Kindes bzw. des Vorerben entstehen, die besonderen Regelungen über die Teilvermögensmasse anzuwenden sind.
II. Lösungsansätze Allgemeine Lösungsansätze für dieses Problem wurden bislang nicht erörtert.225 Seine Behandlung beschränkt sich regelmäßig auf einzelne Sondervermögen. Es lassen sich allerdings zwei vielfach untersuchte Fragestellungen hervorheben. Auf der Aktivseite wird erörtert, in welchen Fällen der Sondervermögensmasse im Wege einer »dinglichen Surrogation« weitere Rechte zufließen können. Diese Erörterungen zielen allerdings nicht darauf ab, allgemeine Lehren zu Sondervermögen, sondern zur dinglichen Surrogation zu entwickeln.226 Auf der Passivseite steht ein Handeln mit beschränkter Haftung in Rede. Es wird erörtert, ob ein Handelnder mit dem Zusatz, »für die Insolvenzmasse«, »für die Gesellschaft« oder »für den Nachlass« zu handeln, seine Haftung auf die bezeichnete Vermögensmasse beschränken kann.227 Dieses Defizit einer allgemeinen Auseinandersetzung mit dieser Problematik stimmt damit überein, dass allgemeine Bestimmungen für Sondervermögen nicht bestehen. Das Zuordnungsproblem ist vom Recht des einzelnen Sondervermögens her zu lösen.228 Sinn und Zweck der Bildung dieser Vermögensmassen geben allerdings regelmäßig vor, dass eine Dynamik solcher Vermögensmassen, also die Möglichkeit, Aktiv- und Passivmasse der Vermögensmasse zu erweitern, gegeben ist.229 Im Folgenden sollen die unterschiedlichen Rechtstechniken, anhand derer das Recht einzelner Sondervermögen (und bestimmter besonderer Teilvermögen) diese Zuordnungsaufgabe löst, nach Fallgruppen geordnet werden. Diese Rechtstechniken müssen davon ausgehen, wie die allgemeinen Regeln – unabhängig von der Problematik von Sondervermögen – Rechte und Pflichten jeweils den verschiedenen Rechtsträgern zuordnen. Zwei verschiedene Eigenschaften der Rechtsträger ermöglichen diese Zuordnung. Zum einen treffen – wie bereits eingangs dargelegt – 230 Rechtsfolgen vieler Normen die Handelnden. Das Paradebeispiel ist der Abschluss von Verpflichtungsverträgen, die Rechte oder/ 225 Dauner-Lieb, Sondervermögen, 54, benennt die angesprochene Problematik, wenn sie die gemeinsame Problemstruktur von Sondervermögen herausarbeitet, sieht aber ausdrücklich von der Herausarbeitung allgemeiner Grundsätze ab. 226 Harder, Surrogation, Rn. 54 ff.; Wolf, JuS 1975, 710 ff. 227 BGHZ 142, 315, 320 f. m. w. Nachw.; RGZ 90, 91, 93, 96 f.; Dauner-Lieb, Sondervermögen, 139 ff., 399 ff.; 535 ff.; Marotzke, AcP 199 (1999), 615, 618; Muscheler, Haftungsordnung, 203. 228 Vgl. Dauner-Lieb, Sondervermögen, 52 f., nach der die aufgeworfene Frage einen Teil der gemeinsamen Problemstruktur von »Sondervermögen« ausmacht. 229 BGHZ 109, 214, 217 ff.; Dauner-Lieb, Sondervermögen, 51 ff.; Wolf, JuS 1975, 710, 711 ff. 230 Oben § 1 A II 1 (S. 3).
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C. Dynamik von (Sonder-)Vermögen
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und Pflichten für die Vertragsschließenden begründen. Bei diesen Regelungen setzt der Tatbestand die Eigenschaft eines Rechtssubjekts als Handlungssubjekt voraus. Zum anderen wird an die Inhaberschaft einer bestimmten Rechtsposition angeknüpft. Rechte entstehen etwa bei Delikten nach §§ 823 ff., 989 f. BGB, bei Nutzungen (§ 100 BGB) gem. § 953 BGB oder Nutzungsersatz gem. §§ 987 f. BGB, aber auch bei Bereicherungsansprüchen aufgrund einer Nichtleistungskondiktion (§ 812 BGB) für den Inhaber einer bestimmten Rechtsposition. Umgekehrt entstehen Pflichten etwa bei der Zustandsverantwortlichkeit (§ 1004 BGB) aufgrund der Inhaberschaft einer bestimmten Sache. Diese Regelungen stellen also auf die Fähigkeit eines Rechtsträgers ab, Inhaber von Rechten und Pflichten sein zu können. 1. Rechtsfähigkeit des Funktionsträgers Die von dem entwickelten Sondervermögensbegriff verlangte Spaltung eines Rechtsträgers macht es einfach, ein Sondervermögen so weit zu verselbstständigen, dass ein neues Rechtssubjekt geschaffen wird. Dafür ist lediglich dem besonderen Funktionsträger, dem die Ausübung der Rechte des Sondervermögens zukommt, Rechtsfähigkeit zuzubilligen. Die für das Sondervermögen gebildete Handlungsorganisation ist dann gleichzeitig selbst rechtsfähige Organisation. Vorteil dieser Verselbstständigung ist der vereinfachte Umgang mit dieser Organisation. Die für Sondervermögen erörterten spezifischen Probleme stellen sich nicht. Es existiert kein Sondervermögen. Das Zuordnungsproblem stellt sich in Form des allgemeinen Problems, zwischen den Vermögen verschiedener Rechtsträger abzugrenzen. Der verselbstständigte Funktionsträger ist Rechtssubjekt und Handlungssubjekt.231 Rechte und Verbindlichkeiten können nach den allgemeinen Regeln für diesen besonderen Funktionsträger entstehen, indem diese Regeln an seine Eigenschaften als Rechts- und Handlungssubjekt anknüpfen. Durch diese Verselbstständigung verdrängte Sondervermögensträger, also etwa die Gesellschafter, können nur mittelbar betroffen werden. Auf der Aktivseite hängt die Bedeutung ihres Mitgliedschaftsrechts von der Geschäftsentwicklung der Gesellschaft ab. Auf der Passivseite ordnet § 128 HGB eine gesetzliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft an. Die Einfachheit im Umgang mit solchermaßen verselbstständigten Sondervermögen führt dazu, dass sich die rechtsfortbildende Verselbstständigung von Sondervermögen zur Vereinfachung der Rechtsanwendung großer Beliebtheit erfreut.232 Das Gesetz ordnet die Fähigkeit eines Sondervermögens, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen, ausdrücklich lediglich für die Personenhandelsgesellschaften (§ 124 Abs. 1 HGB) und die Partnerschaft (§§ 124 Abs. 1 HGB, 9 PartGG) an. Der Bundesgerichtshof hat diese Fähigkeit aber auch der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zugesprochen.233 Die Vorgesellschaften und
231
Siehe § 2 B III, IV (S. 13, 15). Vgl. nur BGHZ 146, 341, 344 f.; Dauner-Lieb, Sondervermögen, 57; Hennecke, Sondervermögen, 61 ff.; MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 292; kritisch Bork, 100 Jahre, 181, 184, 186 f. 233 Siehe § 2 B III (S. 13). 232
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der nicht rechtsfähige Verein werden ebenfalls weithin für rechtsfähig gehalten.234 Die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft wird von einer Minderheit vertreten.235 Von der sog. Organtheorie wird schließlich die Rechtsfähigkeit der Insolvenzmasse behauptet.236 2. Funktionsträger als spezifisches Handlungssubjekt Eine Verselbstständigung des Funktionsträgers geringerer Intensität liegt vor, wenn der Funktionsträger zwar nicht als rechtsfähig, aber als eigens für das Sondervermögen eingerichtetes Handlungssubjekt ausgestaltet ist. Die Gegenstände des Sondervermögens bleiben den Vermögensinhabern zugeordnet. Gesamthänder und Insolvenzschuldner beispielsweise sind Inhaber der zum Sondervermögen zählenden Rechte. Das Sondervermögen verfügt aber über ein spezifisches Handlungssubjekt, das unmittelbar Rechtsfolgen nur für das Sondervermögen herbeiführt. Das Handeln der Gesamthand und das des Insolvenzverwalters – ordnet man diese Sondervermögen der darzustellenden Gruppe von Sondervermögen zu – äußert Wirkungen unmittelbar nur für das Gesamthandvermögen oder die Insolvenzmasse. Es unterscheidet sich also in seinen Wirkungen vom Handeln der Gesamthänder oder des Insolvenzverwalters für sich persönlich. Der grundsätzlich bestehende Gleichschritt von Rechtssubjekt und Handlungssubjekt erfährt eine Ausnahme in Parallele dazu, dass dem organisierten Rechtssubjekt mehrere Vermögensmassen zugeordnet sind. Im Folgenden ist zunächst die Existenz der geschilderten Ausgestaltung eines Sondervermögens zu erläutern (unter a.). Dann sind die Rechtsfolgen zu betrachten. Es sind zum einen die materiell-rechtlichen Rechtsfolgen getrennt nach handlungsabhängigen Tatbeständen (unter b.) und gesetzlichen Tatbeständen (unter c.) zu betrachten. Abschließend ist die Möglichkeit der Prozessführung für das Sondervermögen in den Blick zu nehmen (unter d.). a) Legitimation dieser Gestaltung Die Möglichkeit, Sondervermögen wie geschildert zu konstruieren, besteht. Zwar können allein Menschen – wie bereits ausgeführt –237 in natürlicher Weise selbst handeln, also den Intellekt betätigen. Es existieren aber mehr Handlungssubjekte als Menschen. Jede rechtsfähige Organisation verfügt über zumindest ein Geschäftsführungs-, also Willensbetätigungsorgan. Dieses Handlungssubjekt kann handeln, weil ihm menschliches Verhalten zugerechnet wird. In gleicher Weise kann die Rechtsordnung für Sondervermögen spezifische Handlungssubjekte vorsehen, ohne die Sondervermögen gleichzeitig für rechtsfähig zu erklären.
234
Siehe § 2 B IV (S. 15). Ann, Erbengemeinschaft, 397 ff.; Eberl-Borges, Erbauseinandersetzung, 30 ff.; Grunewald, AcP 197 (1997), 305 ff.; Soergel-Wolf, § 2032 Rn. 1.; siehe A IV 2 (S. 42). 236 Bötticher, ZZP 77 (1964), 55 ff.; dazu § 9 A II (S. 285 f.). 237 Oben § 1 A I (S. 2). 235
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Von dieser Gestaltungsmöglichkeit hat der Gesetzgeber auch Gebrauch gemacht. Zwar hat er nicht auf Grundlage und in Kenntnis dieser Gestaltungsform rechtliche Regelungen geschaffen. Dem Gesetzgeber liegt ohnehin nicht daran, dogmatische Systeme auszugestalten. Er hat Rechtsfolgen anzuordnen. Die vorgestellte Gestaltungsform lässt sich immer dann annehmen, wenn der gesetzlichen Regelung des Sondervermögens zu entnehmen ist, dass zum einen die Rechtszuordnung nicht wechseln soll und zum anderen aber in einer Weise für das Sondervermögen gehandelt werden kann, dass die Rechtsfolgen dieses Handelns unmittelbar nur das Sondervermögen, nicht aber den Handelnden treffen. Zur Verdeutlichung soll schon hier als Beispiel auf die den sog. Parteien kraft Amtes zugewiesenen Sondervermögen hingewiesen werden.238 Der Sondervermögensbeschlag verändert die Zuordnung der Rechte nicht. Insolvenzschuldner, Erbe oder Grundstückseigentümer bleiben Rechtsinhaber. Die sog. Partei kraft Amtes erhält die Rechtsmacht eingeräumt, allein für das von ihr verwaltete Vermögen Wirkungen zu erzeugen. Die Wirkungen ihres Handelns unterscheiden sich zum einen von ihrem Eigenhandeln. Denn anders als beim Eigenhandeln erzeugt sie keine Wirkungen für ihr eigenes Vermögen. Die Wirkungen ihres Handelns unterscheiden sich zum anderen vom Eigenhandeln des betroffenen Vermögensinhabers. Denn anders als beim Handeln des Vermögensinhabers erzeugt die sog. Partei kraft Amtes grundsätzlich keine Wirkungen für das freie Vermögen des Vermögensinhabers. b) Wirkungen bei handlungsabhängigen Tatbeständen Die Wirkungen, die ein spezifisches Handlungssubjekt für den Sondervermögensträger hinsichtlich seines Sondervermögens ausüben kann, entsprechen weithin den Wirkungen, die für ein rechtsfähiges Sondervermögen durch Handlungen seines spezifischen Handlungssubjekts herbeigeführt werden können. aa) Verpflichtungsgeschäfte Diese Wirkungen zeigen sich zunächst bei Verpflichtungsgeschäften. Solche Geschäfte geht das spezifische Handlungssubjekt mit Wirkung für das Sondervermögen ein. Für die rechtsgeschäftlich begründeten Verbindlichkeiten haftet allein das Sondervermögen. Der oder die Träger des Sondervermögens, aber auch der Handelnde haften also nicht aufgrund des Rechtsgeschäfts mit ihrem freien Vermögen. Eine Haftung kann sich freilich aus dem Gesetz ergeben. So ist dem Grundsatz der unbeschränkten unternehmerischen Haftung eine Haftung der Gesellschafter einer unternehmerisch tätigen Gesamthandsgesellschaft zu entnehmen.239 Der Erbe haftet nach § 1967 Abs. 2 BGB für vom Testamentsvollstrecker begründete Nachlassverbindlichkeiten mit der Möglichkeit, nach Maßgabe der §§ 1975 ff. BGB die Haftung zu beschränken.240 Diese Beschränkungsmög-
238
Dazu eingehend C III 1 (S. 77 ff.); § 9 (S. 281 ff.). Vgl. dazu BGHZ 142, 315, 318 f.; 134, 333, 335 f.; Dauner-Lieb, Sondervermögen, 3 ff., 555 ff.; Reiff, Haftungsverfassungen, 12 ff., 345; K. Schmidt, GesR, § 18 IV 1 b; ders., OHG, 102 ff.; Wiedemann, GesR I, § 5 IV 1 c; ders. GesR II, § 7 III 4. 240 Staudinger-Marotzke (2002), § 1967 Rn. 38. 239
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lichkeit zeigt den besonderen Charakter der Erbenhaftung, die diese Haftung von einer Haftung wegen eigener rechtsgeschäftlicher Verpflichtung des Erben unterscheidet. Aus § 61 InsO folgt eine Schadensersatzhaftung des Insolvenzverwalters für nicht erfüllte Masseverbindlichkeiten.241 Eine gesetzliche Haftung ist schließlich die Handelndenhaftung (§§ 54 S. 2 BGB, 41 Abs. 1 S. 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG). Durch einen Verpflichtungsvertrag begründete Ansprüche fallen unmittelbar in das Sondervermögen. Diese Rechte sind daher allein von der Handlungsorganisation des Sondervermögens geltend zu machen. bb) Verfügungsgeschäfte Auch bei Verfügungsgeschäften ergibt sich eine besondere Wirkung, wenn ein spezifisches Handlungssubjekt für ein Sondervermögen besteht. Zwar mag man zunächst meinen, es komme nicht darauf an, ob der Funktionsträger im eigenen Namen oder als spezifisches Handlungssubjekt für das Sondervermögen verfügt. Die Wirksamkeit der Verfügung hängt nämlich allein davon ab, ob der Funktionsträger zur Verfügung berechtigt ist. Indessen ergeben sich auch aus einer Verfügung eine Reihe von Rechtsfolgen, für die es von Bedeutung ist, wer in Bezug auf welches Vermögen Verfügender ist. Die Unterschiede zeigen sich selbst dann, wenn das Recht, über das verfügt wird, zum Sondervermögen gehört, so dass die handelnde Person verfügungsbefugt ist. Da verschiedene Subjekte Partei des Rechtsgeschäfts sind, bestimmt sich etwa das Handlungssubjekt, durch das bzw. gegenüber dem eine Anfechtung des Verfügungsgeschäfts zu erklären ist, unterschiedlich.242 Dieser Unterschied wirkt sich aus, wenn derjenige oder die Zusammensetzung desjenigen, der für das Sondervermögen verfügen kann, wechselt (Bestellung eines neuen Amtswalters oder Gesellschafterwechsel). Hat die Person persönlich gehandelt, wäre unabhängig von diesem Wechsel ihr gegenüber die Anfechtung zu erklären; liegt ein besonderes Handlungssubjekt vor, ist die nunmehr für dieses Handlungssubjekt zuständige Person maßgeblich. Gewichtige Unterschiede ergeben sich schließlich, wenn das Recht, über das verfügt wurde, nicht zum Sondervermögen zählte. Dann müsste man, um die Rechtsfolgen der Verfügung eines Nichtberechtigten zu bestimmen, auf die Person des Handelnden und sein Vermögen abstellen, wenn nicht ein besonderes Handlungssubjekt vorliegt. Auswirkungen hätte diese Festlegung etwa für die Fragen, hinsichtlich welcher Vermögensmasse über die Bösgläubigkeit des Erwerbers (§ 932 Abs. 2 BGB) zu entscheiden wäre, der Erwerb in welches Vermögen eine Konvaleszenz (§ 185 Abs. 2 S. 1 Fall 2 BGB) herbeiführen kann und wer Anspruchsgegner eines Bereicherungsanspruchs aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ist. 241 Eine Haftung des Schuldners des Insolvenzverfahrens mit seinem freien Vermögen für Masseverbindlichkeiten wird überwiegend abgelehnt; so MünchKomInsO-Hefermehl, § 207 Rn. 76; Kröpelin, Insolvenz, Rn. 71 ff.; Kübler/Prütting-Pape, § 207 Rn. 38. – Eine Haftung lässt sich jedenfalls nicht aus der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung des Insolvenzverwalters herleiten. Sie hängt davon ab, ob die gesetzliche Haftung des Vollstrekkungsschuldners für die Kosten des Vollstreckungsverfahrens (§ 788 ZPO) auch im Gesamtvollstreckungsverfahren nach der Insolvenzordnung Anwendung findet, dazu Häsemeyer, InsolvenzR, Rn. 25.30. 242 Vgl. Jahr, Festschrift Weber, 275, 278 f.
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cc) Unerlaubte Handlungen Das Vorhandensein eines speziellen Handlungssubjekts legt auch eine Lösung des Problems der deliktischen Haftung des Sondervermögens nahe. So ist ein Sondervermögen durch ein spezifisches Handlungssubjekt organisatorisch so weit verselbstständigt, dass sich eine Haftung über eine analoge Anwendung von § 31 BGB begründen lässt.243 dd) Fazit Zusammenfassend lässt sich zu den in der Literatur angesprochenen Problemkreisen244 für die Fälle der skizzierten Verselbstständigung der Handlungsorganisation von Sondervermögen folgendermaßen Stellung beziehen. Der Handelnde kann die rechtsgeschäftliche245 Haftung auf das Sondervermögen durch den Zusatz, für das Sondervermögen zu handeln, beschränken. Die Offenlegung dieses Zusatzes ermöglicht, das Verhalten des Handelnden dem Handlungssubjekt des Sondervermögens zuzurechnen.246 Gleichzeitig besteht, soweit Tatbestände betroffen sind, die an Handlungen anknüpfen, nicht das Bedürfnis, über die Zuordnung neu entstehender Rechte anhand der Grundsätze der sog. dinglichen Surrogation zu entscheiden. Die Tatbestandsverwirklichung trifft stets den Rechtsträger allein in seiner Eigenschaft als Sondervermögensträger, weil die Handlung dem spezifischen Handlungssubjekt des Sondervermögens zuzurechnen ist. Die neu entstehenden Rechte sind also bereits nach den allgemeinen Grundsätzen vom Sondervermögensbeschlag erfasst. c) Wirkungen bei vom Rechtsträger abhängigen Tatbeständen Für Rechte und Pflichten, die entstehen, ohne an eine Handlung anzuknüpfen, die also vielmehr von der Stellung einer Person als Rechtssubjekt abhängen, lässt sich die Zuordnungsfrage nicht unmittelbar aus der Verselbstständigung des Sondervermögens gewinnen. Denn diese Verselbstständigung ist auf Handlungstatbestände beschränkt. Der oder die Träger des Sondervermögens sind Rechtsinhaber sowohl der Gegenstände des Sondervermögens als auch der Gegenstände ihres freien Vermögens. Dennoch gibt auch insoweit der mit der Verselbstständigung des Sondervermögens verfolgte Zweck vor, wie diese Frage grundsätzlich zu entscheiden ist. Ein Rechtserwerb lässt sich in diesen Fällen stets einem Mutterrecht zuordnen. Das neu entstehende Recht ist Nutzung(-sersatz) oder Ersatz für dieses Mutterrecht. Für das Mutterrecht steht die Zuordnung entweder zum freien Vermögen oder zum Sondervermögen fest. Die Abhängigkeit des neu entstehenden Rechts vom Mutterrecht legt nahe, dass dieses Recht die Zuordnung des Mutterrechts teilt. Weithin wird diese Zuordnung des neu entstehenden Rechts den Fällen der
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MünchKommBGB-Reuter, § 31 Rn. 17. Siehe C II (S. 52). 245 Zur Abdingbarkeit einer zur rechtsgeschäftlichen Haftung tretenden gesetzlichen Haftung C II 3 b bb 2 (S. 74 ff.). 246 Entsprechend § 164 Abs. 1 BGB, siehe § 6 A (S. 201 ff.). 244
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dinglichen Surrogation zugeordnet.247 Der damit verbundenen Durchbrechung der allgemeinen Rechtszuordnungsgrundsätze bedarf es allerdings nicht. Das Recht wird entsprechend den allgemeinen Grundsätzen dem oder den Sondervermögensträger(n) zugeordnet. Das verbleibende Zuordnungsproblem beruht auf der Abgrenzung von freiem Vermögen und Sondervermögen. Die Lösung dieses Zuordnungsproblems gibt der Zweck der Vermögenssonderung vor. Deswegen sind Rechte, die abhängig von dem Sondervermögen zugeordneten Rechten entstehen, wiederum dem Sondervermögen zuzuordnen. Wenn ein Sondervermögen, weil es über ein spezifisches Handlungssubjekt verfügt, bei handlungsabhängigen Tatbeständen einer dynamischen Entwicklung fähig ist, muss eine solche Entwicklung erst recht bei den rechtsträgerabhängigen Tatbeständen gelten. Für neu entstehende Verbindlichkeiten greifen entsprechende Erwägungen. Wenn ohnehin durch die Handlungsorganisation des Sondervermögens neue Verbindlichkeiten, für die das Sondervermögen haftet, geschaffen werden können, so steht fest, dass der Sinn und Zweck der Vermögenssonderung der Entstehung neuer Verbindlichkeiten nicht entgegensteht. Konsequent haftet das Sondervermögen folglich für Verbindlichkeiten, die auf den dem Sondervermögen zugeordneten Rechten beruhen. Prominentes Beispiel ist die Haftung der Insolvenzmasse für zur Insolvenzmasse gehörige altlastenverseuchte Grundstücke.248 d) Prozessuale Stellung Im Prozess stellt sich vorrangig die Frage, ob das spezifische Handlungssubjekt auch Partei sein kann, um einen Prozess mit Wirkung allein für das verselbstständigte Sondervermögen zu führen. Die ausdrückliche Einordnung dieser Sondervermögen als nicht rechtsfähige Gebilde legt angesichts der Regelung der Parteifähigkeit in § 50 Abs. 1 ZPO nahe, diese Handlungssubjekte durchweg nicht als geeignetes Prozessrechtssubjekt anzusehen. Auf Grundlage des heutigen Verständnisses dieser parteibezogenen Zulässigkeitsvoraussetzung ist dieses Ergebnis allerdings zu hinterfragen. aa) Grundlagen zur Parteifähigkeit In der heutigen Diskussion um das Verständnis der Parteifähigkeit sind zwei Strömungen zu unterscheiden. Till Schemmann tritt für ein restriktives Verständnis der Parteifähigkeit ein. Er weist der Parteifähigkeit die Funktion zu, eine konsistente Subjektdefinition mit Publizität sicherzustellen.249 Unabhängig von der Diskussion zum materiellen Recht, inwieweit insbesondere Personenvereinigungen Rechtsfähigkeit oder sog. Teilrechtsfähigkeit zugesprochen werden kann, stellt er so spezifische Anforderungen an die Parteifähigkeit. Die nötige Publizität werde insbesondere durch eine Registrierung hergestellt.250 Nur diese Publi-
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Zu dieser Rechtsfigur und der Kritik an der Terminologie siehe C II 3 a cc (S. 67). Siehe § 9 B II 6 c (S. 324). 249 Schemmann, Parteifähigkeit, 34 ff.; kritisch Foerste, ZZP 117 (2004), 391, 392; Hess, ZZP 117 (2004), 267, 279 ff.; Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 335 f. 250 Vgl. auch K. Schmidt, NJW 1984, 2249, 2251 f., zum nicht rechtsfähigen Verein. 248
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zität gewährleiste die – als Begriff von Schemmann geprägte – »subjektive Anschlussfähigkeit« von Verfahren, also die subjektive Kontinuität von mehreren Erkenntnisverfahren, Erkenntnis- und Registerverfahren, aber auch Erkenntnisund Vollstreckungsverfahren. Im Ergebnis beschränkt Schemmann so die Parteifähigkeit auf die klassischen Rechtssubjekte natürliche und juristische Personen, lehnt eine Parteifähigkeit der nicht registrierten Personenvereinigungen ab, folgt freilich § 124 HGB in der Parteifähigkeit jedenfalls der eingetragenen Personenhandelsgesellschaften. Überwiegend wird hingegen die Parteifähigkeit weiter gefasst. Formal wird dieses Vorgehen auch mit dem Hinweis darauf abgesichert, dass § 50 Abs. 1 ZPO keine ausdrückliche Beschränkung auf rechtsfähige Subjekte durch eine Formulierung »nur« zu entnehmen sei.251 In der Herleitung wird an das materielle Recht angeknüpft. Teilweise wird mehr begrifflich auf die im materiellen Recht entwickelte Lehre von der sog. Teilrechtsfähigkeit bzw. relativen Rechtsfähigkeit verwiesen.252 Diese Subjekte, denen insoweit nach materiellem Recht eine Art von Rechtsfähigkeit zukomme, könnten insoweit auch als parteifähig angesehen werden. Teilweise wird auf die im materiellen Recht entwickelte Kriterientrias Handlungsorganisation, Haftungsverband und Identitätsausstattung zurückgegriffen.253 Auf dieser Grundlage wurde insbesondere den Gesamthandsgesellschaften wie den Vorgesellschaften254, der Gesellschaft bürgerlichen Rechts,255 gar dem nicht rechtsfähigen Verein256 Parteifähigkeit zugewiesen257. Von diesen beiden Ansätzen weiß – wie insbesondere Gerhard Wagner jüngst ausgeführt hat –258 nur der am materiellen Recht orientierte Ansatz zu überzeugen. Dieses Ergebnis lässt sich schon auf die Hilfsfunktion des Prozessrechts stützen, dass das Prozessrecht dem materiellen Recht zu dienen habe.259 Ferner lässt es sich aus § 50 Abs. 1 ZPO gewinnen, der ja die prozessuale Kompetenz aus der materiellen schließt. Das maßgebliche Wertungsargument besteht schließlich in der Verknüpfung, die Prozessrecht und materielles Recht in Bezug auf die Prozessführungsbefugnis verbindet260. Auf der Aktivseite ist grundsätzlich immer der prozessführungsbefugt, der als Inhaber eines Rechts über dieses verfügen kann. Auf der Passivseite soll regelmäßig eine Vermögenshaftung durchgesetzt werden. Dort ist derjenige prozessführungsbefugt, der als Inhaber des betroffe251 Stein/Jonas-Bork, § 50 Rn. 3; Bork, ZGR 1989, 1, 22 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 43 Rn. 2. 252 Stein/Jonas-Bork, § 50 Rn. 2; Bork, ZGR 1989, 1, 23; siehe § 11 A I 2 a (S. 397). 253 Hess, ZZP 117 (2004), 267, 277 ff.; MünchKommZPO-Lindacher, § 50 Rn. 5; vgl. auch Oberhammer, OHG, 39; siehe § 1 A I (S. 2) mit dem Verweis auf John, Rechtsperson, 72 ff. 254 BGHZ 91, 148, 151; BGH NJW 1998, 1079, 1080. 255 BGHZ 146, 341. 256 KG MDR 2003, 1197; AG Witzenhausen NJW-RR 2003, 614, 615; Hess, ZZP 117 (2004), 267, 292 f.; MünchKommZPO-Lindacher, § 50 Rn. 37; K. Schmidt, NJW 2001, 993, 1003. – A. M. Stein/Jonas-Bork, § 50 Rn. 30; Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 358 ff. 257 Zur Parteifähigkeit von Organen im Binnenstreit siehe § 11 A I 2 b cc (S. 399), § 13 B I 2 a (S. 465). 258 Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 334. 259 Bork, ZGR 1989, 1, 23. 260 Zu dieser Verknüpfung Henckel, Parteilehre, 52 ff., 107, 166; ferner Bork/Jacoby, ZHR 167 (2003), 440, 442; Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 331.
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nen Vermögens über die Gegenstände dieses Vermögens verfügen kann. Dann muss der jeweilige Rechts- bzw. Vermögensinhaber auch taugliches Prozesssubjekt sein.261 Die Probleme, die sich bei der Identifizierung dieser Subjekte im Prozess ergeben können, belasten fraglos den Prozess, sind aber mit dem prozessualen Instrumentarium zu lösen.262 bb) Parteifähigkeit von verselbstständigten Sondervermögen Folgt man also dieser Anlehnung des Prozessrechts an das materielle Recht, ergibt sich, um nunmehr über die Parteifähigkeit eines für ein Sondervermögen eingerichteten spezifischen Handlungssubjekts zu entscheiden, folgende Alternative: Entweder verharrt man bei der Feststellung der fehlenden Rechtsfähigkeit und schließt aus dieser auf die fehlende Parteifähigkeit. Oder man knüpft an die Feststellungen zum materiellen Recht an, dass Sondervermögen mit spezifischer Handlungsorganisation rechtsfähigen Organisationen hinsichtlich aller Handlungstatbestände gleichen, und folgert aus dieser Stellung als vollwertiges Handlungssubjekt auch die Eigenschaft als taugliches Prozesssubjekt. Nur der zweite Weg überzeugt. Denn die Prozessführung selbst ist ein Handlungstatbestand.263 Die dargelegte Verknüpfung von Verfügungsbefugnis und Prozessführungsbefugnis legt zwar nahe, entscheidend darauf abzustellen, wer Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Das gilt aber nur so lange, wie der Normalfall gegeben ist, dass der Vermögensinhaber über seine Rechte verfügen und sein Vermögen durch Verpflichtungsverträge verhaften kann.264 Im Fall des Sondervermögens fehlt dem Rechtsinhaber gerade diese Befugnis.265 Der Rechtsinhaber ist dann nicht richtige Partei, so dass seine Parteifähigkeit der Durchsetzung von Rechten für oder gegen das Sondervermögen nicht hilft. In diesen Fällen ist daher richtige Partei das Subjekt, dem materiell diese Rechtsmacht zusteht, solche spezifischen Wirkungen für das Sondervermögen herbeizuführen. Kommt ausnahmsweise wegen der besonderen Struktur des Sondervermögens einem nicht rechtsfähigen Subjekt diese Befugnis originär zu, ist ihm daher die Parteifähigkeit zuzugestehen. Die Anerkennung eines solchen Prozesssubjekts bettet sich auch problemlos in die sonstigen Bestimmungen der ZPO ein. Durch das spezifische Handlungssubjekt ist zum einen für eine intakte Handlungsorganisation und damit Vertre-
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Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 331, 372. BGHZ 146, 341, 356 f.; ausführlich Hess, ZZP 117 (2004); 267, 277 ff. – Anders sollte man freilich für das der Publizität verpflichtete Registerrecht entscheiden, da – wie K. Schmidt, NJW 1984, 2249, 2250, hervorhebt – die »Publizität des Objekts« auch die »Publizität des Subjekts« erfordert, dazu auch Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 348; sowie d cc (S. 62). 263 Zitiert sei die erhellende Feststellung Webers, KTS 1955, 102, 105, »daß aber nicht die Stellung als Träger eines bestimmten Vermögens eigentlich die Grundlage der Parteistellung ist, sondern die (allerdings regelmäßig in ihr liegende) Befugnis des Prozeßführers, mit unmittelbarer Wirkung für und gegen dieses Vermögen zu prozessieren«. 264 Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 309, blickt nur auf diesen Normalfall, wenn er formuliert, dass ein nicht rechtsfähiges Subjekt vor Gericht nichts gewinnen oder verlieren könne. 265 Siehe A III 2 (S. 27 f.); zu dieser Möglichkeit bei Personenmehrheiten auch Oberhammer, OHG, 39. 262
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tung des Subjekts im Prozess gesorgt.266 Zum anderen steht ein Subjekt fest, auf das sich als Zurechnungssubjekt die Wirkungen des Verfahrens (insbesondere Rechtskraft) beziehen.267 Die Kosten- und Vollstreckungshaftung ist durch das Sondervermögen selbst gewährleistet.268 Die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung sind freilich an die besondere Art des Prozessrechtssubjekts anzupassen. Die Vollstreckungsvoraussetzungen haben nicht in einer bestimmten »Person« (§ 750 ZPO) vorzuliegen, sondern hinsichtlich des betroffenen spezifischen Handlungssubjekts des Sondervermögens. Dass sich ein solches nicht rechtsfähiges Subjekt in einen Zivilprozess einpassen lässt, legt freilich auch § 50 Abs. 2 ZPO nahe. Diese Bestimmung zeigt, dass die sonstigen Bestimmungen der ZPO auch Verfahren mit nicht rechtsfähigen Subjekten zulassen. Entsprechend ist im Vollstrekkungsverfahren auf eine Analogie zu § 735 ZPO zurückzugreifen: Zur Zwangsvollstreckung in das mit einem spezifischen Handlungssubjekt ausgestattete Sondervermögen genügt ein Titel gegen dieses Handlungssubjekt. Die Parteifähigkeit des für ein Sondervermögen eingerichteten spezifischen Handlungssubjekts lässt sich freilich nicht durch Verweise auf frühere Stellungnahmen belegen, weil die hier in den Blick genommene Erscheinung des Sondervermögens mit verselbstständigtem Handlungssubjekt in dieser Form noch nicht analysiert wurde. Es lässt sich aber auf die allgemeinen Stellungnahmen zur Kriterientrias Handlungsorganisation, Haftungsverband und Identitätsausstattung verweisen. Über Handlungsorganisation und Haftungsverband verfügen diese Sondervermögen. Inwieweit eine Identitätsausstattung gegeben ist, ist Frage des jeweils betroffenen einzelnen Sondervermögens; nicht abschließend geklärt ist aber auch, welche Anforderungen an dieses Kriterium zu stellen sind.269 Zu verweisen ist zudem noch auf zwei Beispiele. So ist die Prozessführung der sog. Parteien kraft Amtes allein für das von ihnen verwaltete Sondervermögen anerkannt.270 Überdies hat Gerhard Wagner angemahnt, die Prozessrechtswissenschaft hätte – solange die Rechts- und Parteifähigkeit der GbR verneint wurde – eine Möglichkeit anbieten sollen, wie die Geschäftsführung einer GbR einen Prozess mit Wirkung für das Gesellschaftsvermögen führen kann.271 cc) Weitere Fälle der Verfahrensfähigkeit Diese Überlegungen zur Parteifähigkeit müssen mit dem Hinweis schließen, dass sich nicht alle Formen der Verfahrensfähigkeit über einen Kamm scheren lassen. So ist insbesondere die Insolvenzfähigkeit in § 11 InsO speziell und abweichend von § 50 ZPO geregelt. § 11 InsO ist gegenüber § 50 ZPO jedenfalls insoweit 266 Vgl. zur Funktion der Parteifähigkeit, das Prozessieren mit handlungsfähigen Subjekten sicherzustellen, Stein/Jonas-Bork, vor § 50 Rn. 5; Schemmann, Parteifähigkeit, 27. 267 Vgl. zur Funktion der Parteifähigkeit, die subjektive Bindung der Prozessergebnisse sicherzustellen, Stein/Jonas-Bork, vor § 50 Rn. 5; Schemmann, Parteifähigkeit, 28. 268 Vgl. zur Funktion der Parteifähigkeit, die Zwangsvollstreckung zu ermöglichen, Schemmann, Parteifähigkeit, 29. 269 Vgl. Hess, ZZP 117 (2004), 267, 277 ff. 270 Siehe § 9 A V 1 a (S. 290) zu den entsprechenden Modifizierungen, die der Parteibegriff insbesondere durch die Untersuchungen von Henckel, Parteilehre, 106 f., erfahren hat, um die Parteistellung der sog. Partei kraft Amtes zu erklären. 271 Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 328, 331; siehe C III 2 a aa 2 (S. 85).
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weiter, als es ein Insolvenzverfahren über einen Nachlass oder über das Gesamtgut einer (fortgesetzten) Gütergemeinschaft (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 InsO) zulässt. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist durchaus zu begrüßen. Das Insolvenzverfahren dient der Befriedigung von Gläubigern, die sich aus der gleichen Haftungsmasse befriedigen dürfen. Es muss daher lediglich eine besondere Haftungsmasse, also ein Sondervermögen im haftungsrechtlichen Sinne nach Barbara Dauner-Lieb272, vorliegen. Für die hier untersuchten Sondervermögen mit verselbstständigtem Handlungssubjekt ist allerdings ein Gleichlauf festzustellen. Insolvenz- und Parteifähigkeit sind grundsätzlich zu bejahen. Die Registerfähigkeit stellt indessen höhere Anforderungen. Um die von den Registern angestrebte Publizitätswirkung zu erreichen, muss das einzutragende Subjekt selbst in besonderer Weise Publizitätsanforderungen genügen.273 Daher ist es angemessen, die Registerfähigkeit auf natürliche Personen, juristische Personen und die eingetragenen Personengesellschaften zu beschränken.274 Also ist bei den in Rede stehenden Sondervermögen mit spezifischem Handlungssubjekt nicht dieses (parteifähige) Handlungssubjekt, sondern es sind die Sondervermögensinhaber einzutragen. Der Sondervermögensbeschlag ist freilich durch einen Zusatz zu offenbaren.275 3. Zuordnung ohne Verselbstständigung des Sondervermögens Schließlich fehlt es manchen Sondervermögen an jeglicher Verselbstständigung. Es existiert keine spezifische Handlungsorganisation für das Sondervermögen. Die Dynamik des Sondervermögens kann sich nur daraus ergeben, dass Eigenhandeln von Personen (mit ihrer normalen Handlungsorganisation) – etwa dem Sondervermögensinhaber oder anderen mit besonderen materiell-rechtlichen Befugnissen ausgestatteten Personen – Wirkungen für das Sondervermögen äußert. Bei diesen Sondervermögen lässt sich daher für die Zuordnung von Rechtsfolgen zu den Vermögensmassen auch für handlungsabhängige Tatbestände nicht auf allgemeine (Zurechnungs-) Grundsätze zurückgreifen. Es besteht eine eigenständige Problematik, die nach spezifischen Grundsätzen zu lösen ist. Dieses Problem und seine mögliche Lösung lassen sich anhand der Regelung der Gütergemeinschaft veranschaulichen. Das Problem besteht bei dieser darin, welchen Vermögensmassen Rechte und Verbindlichkeiten zuzuordnen sind, die dadurch entstehen, dass die Ehegatten (allein oder gemeinschaftlich) als Handlungssubjekt oder als Rechtsträger Tatbestände verwirklichen. Die entstehenden Rechte können dem Gesamtgut, Vorbehaltsgut oder Sondergut zuzuordnen sein. Für die entstehenden Verbindlichkeiten können die genannten Vermögensmassen kumulativ oder alternativ haften. Das Gesetz löst dieses Zuordnungsproblem durch ausdrückliche Anordnungen. Hinsichtlich der Rechte enthält zunächst 272
Dauner-Lieb, Sondervermögen, 50 f., dazu A II 2 (S. 23). Vgl. BayObLG NJW 2003, 70, 71; K. Schmidt, NJW 1984, 2249, 2250. 274 Umstritten ist freilich, welche Folgerungen zu ziehen sind, wenn man ein Subjekt (GbR) als rechtsfähig anerkennt, dazu einerseits BayObLG NJW 2003, 70, 71, andererseits Wagner, ZIP 2005, 637 ff., jeweils m. umfangr. Nachw. 275 Beispiele aus dem Grundbuchrecht bieten §§ 47, 52 GBO, 32 InsO. 273
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§ 1416 Abs. 1 S. 2 BGB in Abweichung von dem Grundsatz, dass jeder Rechtsträger für sein Eigenvermögen erwirbt, die Bestimmung, dass der Erwerb der Ehegatten grundsätzlich in das Gesamtgut fällt.276 Ausnahmsweise erwirbt der einzelne Ehegatte für sein Vorbehaltsgut, wenn die besonderen Voraussetzungen von § 1418 Abs. 2 Nr. 3 BGB erfüllt sind. Nach Beendigung der Gütergemeinschaft ist es umgekehrt. Grundsätzlich erwirbt nach den allgemeinen Regeln jeder Ehegatte für sein Vermögen; der Erwerb fällt nur dann in das Gesamtgut, wenn die Voraussetzungen von § 1473 BGB gegeben sind. Hinsichtlich der Verbindlichkeiten enthält das Gesetz Regelungen über die Haftung der einzelnen Vermögensmassen, die davon abhängig sind, ob die Gütergemeinschaft von einem Ehegatten (§§ 1437 ff. BGB) oder von beiden Ehegatten verwaltet wird (§§ 1459 ff. BGB), beendet ist (§ 1480 BGB) oder fortgesetzt wird (§§ 1488 f. BGB). Diese Problematik ist nicht nur bei Sondervermögen im Sinne der entwickelten Sondervermögenstheorie, sondern auch bei besonderen Teilvermögensmassen wie Vorerbschaft und dem besonderen Kindesvermögen anzutreffen.277 Denn bei diesen besonderen Teilvermögen stellt sich ebenfalls die Frage, inwieweit sich die besondere Regelung, die bei den zu dieser besonderen Vermögensmasse zählenden Rechten gilt, auf Neuerwerb des Rechtsträgers erstreckt. Um allgemeine Grundsätze zu erarbeiten, ist zwischen der Zuordnung neu entstehender Rechte einerseits und Verbindlichkeiten andererseits zu unterscheiden. a) Dynamik des Aktivvermögens Grundsätzlich ist – entsprechend den Regelungen der Gütergemeinschaft – davon auszugehen, dass ein Rechtsträger ein Recht für sein freies Vermögen erwirbt. Eine andere Zuordnung kann sich aber aufgrund von Sinn und Zweck eines Sondervermögens aus den für dieses Sondervermögen geltenden Regelungen ausdrücklich oder konkludent ergeben. Als typische Klauseln, die eine solche Zuordnung von Rechten zu einem Sondervermögen gewährleisten, lassen sich die Rechts-, Ersatz-, Beziehungs- und Mittelklausel unterscheiden. Diese Klauseln kommen in unterschiedlichen Normen vor. Zwar ist eine unterschiedliche Auslegung dieser Klauseln möglich; es lässt sich aber von folgenden Grundsätzen ausgehen.278 aa) Zuordnungsklauseln Nach der Rechtsklausel gehört zu der besonderen Vermögensmasse das, was »auf Grund eines zu der [besonderen Vermögensmasse] gehörenden Rechts« erwor276
Entsprechendes gilt für die fortgesetzte Gütergemeinschaft gem. § 1485 Abs. 1 BGB. Umstritten ist, ob nach den gleichen – im Folgenden zu erörternden – Grundsätzen auch der (gesetzliche) Rechtserwerb bei Bruchteilsgemeinschaften zuzuordnen ist, dafür BGH NJW 1984, 739; OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 101; Erman-Aderhold, § 741 Rn. 3; Mönig, Bruchteilsgemeinschaft, 112 ff.; MünchKommBGB-K. Schmidt, § 741 Rn. 38; a. A. Rütten, Mehrheit, 94 ff. 278 Coester-Waltjen, Jura 1996, 24, 25; Wolf, JuS 1975, 710, 713 f.; vgl. Prot. VI, 324 ff.; ferner § 6 Abs. 2 KAGG als Nachbildung der Zuordnungsregelung anderer Sondervermögen, dazu Siara/Tormann, 33. 277
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ben wird.279 Diese Klausel erfasst die Rechte, deren Erwerb dem bestimmungsgemäßen Inhalt des zur besonderen Vermögensmasse gehörigen Rechts entspricht. Dazu zählt zunächst der gesetzliche Erwerb von Nutzungen eines Rechts, aber bei Forderungen auch das zur Erfüllung dieser Forderung Geleistete. Nach ganz überwiegender, den Materialien280 entsprechender Ansicht ist insoweit auch der rechtsgeschäftliche Erwerb eingeschlossen.281 Wer den rechtsgeschäftlichen Erwerb aus dieser Klausel ausschließt,282 muss diesen Erwerb Beziehungs- oder Mittelklausel zuschlagen, ohne dass er so zu anderen Ergebnissen kommt.283 Die Ersatzklausel ordnet der besonderen Vermögensmasse zu, was »als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu der [besonderen Vermögensmasse] gehörenden Gegenstandes« erworben wird.284 Diese Klausel betrifft vor allem gesetzliche Ansprüche aus Delikt und ungerechtfertigter Bereicherung. Teilweise werden auch vertragliche Ersatzansprüche wie Versicherungsforderungen unter diese Klausel gefasst.285 Solche Ansprüche werden schon deswegen der besonderen Vermögensmasse zuzuordnen sein, weil alle Ansprüche aus dem Vertrag – aufgrund der Beziehungs- oder Mittelsurrogation – in diese Vermögensmasse fallen. Beziehungs- und Mittelklausel beziehen sich ausschließlich auf rechtsgeschäftliche Erwerbstatbestände. Nach der Mittelklausel gehört zur besonderen Vermögensmasse alles, was »durch Rechtsgeschäft286 mit Mitteln [der besonderen Vermögensmasse] erworben wird«.287 Diese Klausel verlangt nicht, dass dem vorausgesetzten Austauschvorgang ein schuldrechtlicher Austauschvertrag zugrunde liegt. Auch ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen verschiedenen Geschäften kann ein Austauschverhältnis begründen.288 Die Beziehungsklausel greift ein, wenn etwas »durch Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf [die besondere Vermögensmasse] bezieht«.289 Über den Anwendungsbereich dieser Klausel besteht insbesondere im Rahmen von § 2041 BGB Streit.290 Die Beziehung kann eine objektive und eine subjektive Kompo279 §§ 718 Abs. 2, 1418 Abs. 2, 1473 Abs. 1, 1638 Abs. 2, 2041, 2111 Abs. 1 BGB; nur im Fall der Vorerbschaft gilt eine Ausnahme hinsichtlich der Nutzungen, die dem Vorerben gebühren (§ 2111 Abs. 1 S. 1 a. E.). 280 Zu § 1290 E I Mot. IV, 177. 281 Ann, Erbengemeinschaft, 103 f.; Coester-Waltjen, Jura 1996, 24, 26; Dauner-Lieb, Sondervermögen, 362; Harder, Surrogation, Rn. 68 ff.; Strauch, Rechtsersatz, 127 f.; StaudingerThiele (2000), § 1418 Rn. 38; Wolf, JuS 1975, 710, 713. 282 Beyer, Surrogation, 214; Soergel-Harder, § 2111 Rn. 2; Menken, Surrogation, 93 f. 283 Vgl. MünchKommBGB-Grunsky, § 2111 Rn. 5, 14. § 718 Abs. 2 BGB bietet kein Gegenbeispiel (so aber Harder, Surrogation, Rn. 86), da insoweit § 718 Abs. 1 Fall 2 BGB für die rechtsgeschäftliche Surrogation greift, siehe C III 2 a aa (S. 82). 284 §§ 718 Abs. 2, 1418 Abs. 2, 1473 Abs. 1, 1638 Abs. 2, 2041, 2111 Abs. 1 BGB. 285 Wolf, JuS 1975, 710, 713. 286 Das Erfordernis des Rechtsgeschäfts ist materiell zu verstehen, so dass etwa auch der gesetzliche Erwerb durch Zuschlag in der Zwangsvollstreckung darunter zu subsumieren ist, Staudinger-Gursky (2002), § 2019 Rn. 18 m. w. Nachw. gegen RGZ 136, 353, 357. 287 Eine besondere Vermögensmasse ist in § 2111 Abs. 1 BGB betroffen; vgl. ferner als Beispiele für diese Klausel §§ 1646 Abs. 1, 2019 Abs. 1 BGB. 288 Staudinger-Gursky (2002), § 2019 Rn. 15; vgl. auch BGHZ 109, 214. 289 §§ 1418, 1473, 1638, 2041 BGB. 290 Vgl. die Überblicke bei Dauner-Lieb, Sondervermögen, 366 f.; MünchKommBGBHeldrich, § 2041 Rn. 13 ff.; dazu auch BGH, NJW 1968, 1824.
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nente aufweisen.291 Über die objektive Komponente lässt nach den insbesondere zu § 677 BGB entwickelten Grundsätzen entscheiden.292 Die subjektive Komponente bildet der innere Wille des Handelnden, für die besondere Vermögensmasse zu erwerben. Ist das Geschäft objektiv ein Geschäft der besonderen Vermögensmasse, liegt der notwendige Bezug unabhängig vom Willen des Handelnden vor.293 Beispiele sind insbesondere der Verkauf oder die Vermietung von Gegenständen der besonderen Vermögensmasse. Zweifelhaft ist, ob die Beziehungsklausel die Mittelklausel stets umfasst, also etwa auch allein die Erfüllung einer Zahlungsverpflichtung aus den Mitteln der besonderen Vermögensmasse die Beziehung zu derselben begründet.294 Die subjektive Komponente muss jedenfalls ausschlaggebend sein, wenn das Geschäft neutral ist. bb) Erwerb des Sondervermögensträgers Weitere Voraussetzung aller Klauseln ist, dass der Rechtserwerb bei den Trägern der besonderen Vermögensmasse eintritt.295 Dieses Erfordernis ist ausdrücklich in §§ 1418 Abs. 2 Nr. 3, 1638 Abs. 2, 2111 BGB angeordnet. Diese Regelungen greifen ihrem Wortlaut nach nämlich nur für Rechte, die ein Ehegatte (§ 1418 Abs. 2 Nr. 3 BGB), das Kind (§ 1638 Abs. 2 BGB) oder der Vorerbe (§ 2111 BGB) erwerben. Für die (auf Abwicklung angelegten) Gesamthandsgemeinschaften Erbengemeinschaft (§ 2041 BGB) und aufgelöste Gütergemeinschaft (§ 1473 BGB) wird indessen durch eine passivische Formulierung offen gelassen, wer nach den allgemeinen Regelungen Erwerber der dem Gesamthandsvermögen zuzuordnenden Rechte wäre.296 Es fragt sich, ob alle Gesamthänder gemeinsam oder jedenfalls ein Gesamthänder Erwerber sein müssen oder ob auch ein sonstiger Dritter Erwerber sein kann. Diese Frage stellt sich freilich für die gesetzlichen Erwerbstatbestände nicht. Soweit ein gesetzlicher Erwerb insbesondere durch Ersatz-, aber auch durch die Rechtsklausel eingreift, sind nach den allgemeinen Regeln ohnehin alle Gesamthänder gemeinsam Rechtsinhaber.297 §§ 1473, 2041 291 Staudinger-Thiele (2002), § 1473 Rn. 5, § 1418 Rn. 43 ff.; vgl. RGZ 87, 100, 104; 92, 139, 141 f.; Mot. IV, 177 f.; Prot. VI, 282. 292 Vgl. Staudinger-Werner (2002), § 2041 Rn. 6. 293 Eine Ausnahme wird nur gemacht, wenn der Vermögensgegenstand (zulässigerweise) aus der besonderen Vermögensmasse frei gegeben werden soll. So liegt es beispielsweise, wenn im Wege einer Teilauseinandersetzung alle Erben dem Handelnden den Anspruch aus einem Rechtsgeschäft zuweisen wollen, vgl. Brox, ErbR, Rn. 608; Dauner-Lieb, Sondervermögen, 368. Dogmatisch sauberer scheint es hier zu sein, eine Vorausübertragung der Erbengemeinschaft an den Begünstigten anzunehmen. 294 Die überwiegende Ansicht bejaht dies: Ann, Erbengemeinschaft, 112 f.; Dauner-Lieb, Sondervermögen, 367 f.; MünchKommBGB-Heldrich, § 2041 Rn. 22; Staudinger-Werner (2002), § 2041 Rn. 6; a. A. Lange/Kuchinke, § 41 IV; Staudinger-Thiele (2002), § 1418 Rn. 43, 48; offen gelassen von BGH NJW 1968, 1824. 295 Eine Ausnahme gilt nach § 6 Abs. 2 KAGG, wenn die Fonds nach der Miteigentumslösung ausgestaltet sind. Dann wirkt das Eigenhandeln der KAG für die Anteilsinhaber. 296 Vgl. Ann, Erbengemeinschaft, 114. 297 Diese Rechtszuordnung folgt der gesetzlichen Festlegung des Rechtsinhabers etwa aus §§ 823 ff., 953 ff. BGB. Es widerspräche dem Sinn und Zweck der erwähnten Klausel, eine darüber hinausgehende Wirkung anzunehmen. So werden insbesondere nicht die besonderen Regelungen der §§ 954 ff. BGB über die Zuordnung der Früchte außer Kraft gesetzt. Die Inhaber eines dinglichen oder persönlichen Rechts müssen nach diesen Bestimmungen Eigentümer von Früchten wer-
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BGB haben insoweit lediglich die Funktion klarzustellen, dass dieser gemeinsame Erwerb der Gesamthänder ebenfalls der gesamthänderischen Bindung unterliegt. Aber auch für rechtsgeschäftlichen Erwerb insbesondere im Wege der Beziehungsklausel ist nicht anders zu entscheiden. Für dieses Ergebnis spricht nicht nur der systematische Vergleich mit §§ 1418 Abs. 2 Nr. 3, 1638 Abs. 2, 2111 BGB, sondern auch der Sinn und Zweck dieser Klauseln. Der Zweck dieser Bestimmungen besteht nicht darin, die besondere Vermögensmasse vor der Aushöhlung durch Dritte zu schützen, sondern den Klauseln kommt lediglich die Funktion zu, die sondervermögensspezifische Zuordnungsfrage zu lösen. Es ist kein Grund ersichtlich, die betroffenen Gesamthandsgesellschaften stärker vor Beeinträchtigungen Dritter zu schützen als sonstige Rechtsträger. Diese Überlegungen treffen auch auf die Erbengemeinschaft zu. Die Klauseln in § 2041 BGB sind notwendig, um einen rechtsgeschäftlichen Erwerb der Erbengemeinschaft zu ermöglichen, sofern man die Erbengemeinschaft nicht als rechtsfähiges Subjekt oder als Sondervermögen mit spezifischem Handlungssubjekt anerkennt. Einen Schutz der dinglichen Substanz des Nachlasses vor dem Zugriff Dritter soll § 2041 BGB hingegen nicht gewährleisten.298 Es besteht schon kein Grund und Bedürfnis, die Erbengemeinschaft insoweit stärker zu schützen als den Alleinerben. Der Schutz gegen Zugriffe eines Dritten ist einheitlich auf den Schutz durch §§ 857, 2019 BGB gegen Zugriffe eines Erbschaftsbesitzers299 beschränkt.300 Gerade diese Beschränkung ist entgegen einem weit verbreiteten Verständnis auch Wille des Gesetzgebers gewesen.301 Daher scheidet § 2041 BGB bei rechtsgeschäftlichem Erwerb Dritter aus.302 Dennoch müssen nicht stets alle Träger der Gesamthand gemeinsam rechtsgeschäftlich handeln, um einen Erwerb zum Gesamthandsvermögen nach §§ 1473, 2041 BGB zu erzielen. Denn grundsätzlich können auch die einzelnen Gesamthänder aufgrund eines Beschlusses der Gesamthänder oder einer Nothandlungsmacht (§ 2038 BGB) eine Verwaltungsmaßnahme für die Gesamthand treffen. Ausreichend ist also, dass der Erwerb in der Person eines Gesamthänders eintritt.
den können, ohne dass es darauf ankommt, ob das »belastete« Eigentum in ein Gesamthandsvermögen fällt, für das durch die Rechtsklausel eine besondere Anordnung getroffen wird. 298 Anders indessen Ann, Erbengemeinschaft, 105 f., 114; Staudinger-Werner (2002), § 2041 Rn. 10. 299 Vgl. Mot V, 583, zu § 2081 E I. 300 Bedenklich daher die Lösung von Beispiel Nr. 6 bei Wolf, JuS 1975, 643, 644, der im Recht der Erbengemeinschaft § 2041 BGB statt § 2019 BGB heranzieht. 301 Staudinger-Werner (2002), § 2041 Rn. 10, ihm folgend Ann, Erbengemeinschaft, 114, vertreten die Ansicht, die Materialien würden ausdrücklich auch einen Erwerb durch Personen einschließen, die nicht zur Gemeinschaft gehören. Die in Bezug genommene Stelle in den Protokollen lautet indessen (Prot. V, 867): »Ein Erwerb, den der Erbschaftsbesitzer durch ein Rechtsgeschäft aus Mitteln des Nachlasses mache, gehöre nach § 2080 Abs. 2 [heute § 2019 Abs. 1 BGB] zum Nachlasse. Der Unterantrag [Beschlussfassung zum heutigen § 2041 BGB] schließe die Anwendbarkeit des § 2080 Abs. 2 nicht aus.« Nicht zu folgen ist daher auch MünchKommBGB-Heldrich, § 2041 Rn. 31 Fn. 65. 302 MünchKommBGB-Heldrich, § 2041 Rn. 31; Muscheler, Haftungsordnung, 271 f.
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cc) Terminologie Die untersuchten Klauseln werden regelmäßig den Fällen der »dinglichen Surrogation« zugeordnet.303 Allerdings ist bereits der Ausdruck »Surrogation« insbesondere hinsichtlich der Nutzungen und des rechtsgeschäftlichen Neuerwerbs nicht immer passend.304 Denn Nutzungen stellen einen Zuwachs der besonderen Vermögensmasse dar, ohne dass dafür ein anderer Gegenstand aus der Vermögensmasse ausscheidet.305 Der gleiche Einwand kann bei einem rechtsgeschäftlichen Erwerb aufgrund der Beziehungsklausel greifen. Wird mit fremden Mitteln ein Recht für die besondere Vermögensmasse erworben, so fehlt es ebenfalls an einer Surrogation. Auch lässt sich das Attribut »dinglich« hinterfragen.306 Im Zusammenhang mit besonderen Vermögensmassen von dinglicher Surrogation zu sprechen setzt voraus, dass die besondere Rechtsregel, von der die Gegenstände der besonderen Vermögensmasse betroffen sind, eine dingliche Rechtseinwirkung darstellt. Eine solche Einwirkung trifft zwar die Nachlassgegenstände bei der Vorerbschaft. Der Vorerbe ist in seiner Rechtsstellung gem. §§ 2112 ff. BGB dinglich beschränkt. Für die Sondervermögen trifft diese Beschreibung indessen nicht zu.307 Seine Hauptbedeutung gewinnt der Begriff der dinglichen Surrogation freilich ohnehin in der Gegenüberstellung zur schuldrechtlichen Surrogation. Das Attribut »dinglich« soll die unmittelbare Einwirkung der Surrogation auf die dingliche Rechtszuordnung ohne Übertragungsakt ausdrücken.308 Die »dingliche« Surrogation führt zu Rechtsfolgen, die von der Rechtszuordnung abweichen, die nach den allgemeinen Regelungen gelten würde.309 Beispiele dafür bieten die Regelungen der §§ 2019, 1646 BGB, bei denen auch eine Mittelsurrogation angeordnet ist, aber auch § 1370 BGB und die Erlössurrogationen310 in §§ 1247, 1287 BGB. Eine solche Surrogation mit Subjektswechsel greift in den behandelten Fällen von Sondervermögen hingegen grundsätzlich nicht.311 Zweck der behandelten Klauseln ist primär nicht der Schutz der besonderen Vermögensmassen, sondern die Aufgabe, für die Rechtsträger neu entstehende Rechte angemessen zuzuordnen. Es ist daher vorzuziehen, diese Bestimmungen als Vermögenszuordnungsklauseln zu bezeichnen.312 303 RGZ 138, 132, 134; BayObLG, DNotZ 1993, 399, 401; Larenz/Wolf, § 21 Rn. 47; Muscheler, Haftungsordnung, 259; Wolf, JuS 1975, 710 f.; kritisch Strauch, Rechtsersatz, 149 ff. 304 Dauner-Lieb, Sondervermögen, 52 f., differenziert zutreffender, um den Neuerwerb von Sondervermögen zu erfassen, zwischen Nutzungen, Surrogation und rechtsgeschäftlichem Neuerwerb. 305 Vgl. auch Strauch, Rechtsersatz, 131 f.; Welle, pretium, 15 f., 104; Wolf, JuS 1975, 710, 714. 306 Vgl. auch Mönig, Bruchteilsgemeinschaft, 81 ff. 307 Siehe A V 2 (S. 49). 308 Coester-Waltjen, Jura 1996, 24; Wolf, JuS 1975, 643, 645; vgl. auch Staudinger-Werner, § 2041 Rn. 1. 309 Vgl. Coester-Waltjen, Jura 1996, 24; Larenz/Wolf, § 21 Rn. 47; Wolf, JuS 1975, 643, 645. 310 Zur Erlössurrogation in der Zwangsvollstreckung ausführlich Harder, Surrogation, Rn. 153 ff. m. w. Nachw. 311 Vgl. Muscheler, Haftungsordnung, 259; Wolf, JuS 1975, 710, 713. 312 Muscheler, Haftungsordnung, 257, will die unterschiedlichen Aufgaben der Bestimmungen dadurch abgrenzen, dass er die Termini »Kompetenzsurrogation« und »materielle Surrogation« entwickelt.
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Diese Funktion der Vermögenszuordnungsklauseln wird weithin verkannt und ihre Funktion – wie die aller erbrechtlichen sog. Surrogationsnormen – auf den Schutz des Interessenträgers vor Eingriffen reduziert.313 Diese Funktion hat aber lediglich § 2019 BGB. Die anderen Normen haben vorrangig die Zuordnungsfunktion wahrzunehmen. Die aus diesen Bestimmungen folgende Zuordnung führt freilich auch zu einem Schutz der begünstigten Vermögensmasse gegenüber dem freien Vermögen des oder der Sondervermögensträger. Während aber § 2019 BGB die Zuordnung durch die allgemeinen Rechtsregeln abändert, wird durch die Vermögenszuordnungsklauseln lediglich die von den allgemeinen Rechtsregeln offen gelassene, für Sondervermögen spezifische Zuordnungsfrage beantwortet. Die Zuordnungsklauseln schützen einen Interessenträger also nicht vor den allgemeinen Zuordnungsregeln, so dass der Interessenträger nicht gegenüber anderen bei der Rechtszuordnung bevorzugt wird. Sie lösen allein von den allgemeinen Regeln offen gelassene Zuordnungsprobleme. b) Dynamik des Passivvermögens Eine Schuldbegründung spezifisch für ein Sondervermögen scheidet in den hier zu behandelnden Fällen unselbstständiger Sondervermögen aus. Es fehlt dafür am berufenen Handlungssubjekt. Die Begründung neuer Passiva für ein solches Sondervermögen kann lediglich dergestalt sein, dass das Sondervermögen zusätzlich für die Schulden haftet, die der Träger dieses Vermögens (oder ein sonstiger) begründet. Um eine solche Haftungsbegründung zu legitimieren, ist zu klären, warum neben dem freien Vermögen des sich verpflichtenden Schuldners noch eine weitere, nämlich die betroffene Sondervermögensmasse haften soll. Gegen eine Haftung spricht, dass die Sondervermögensmasse nicht mit einem spezifischen Handlungssubjekt ausgestattet worden ist. Dieser Organisationsmangel deutet darauf hin, dass diese Sondervermögensmasse jedenfalls hinsichtlich der Verbindlichkeiten, für die sie haftet, statisch veranlagt ist. Um dennoch eine Sondervermögenshaftung anzunehmen, sind zwei Erklärungsansätze zu untersuchen. Eine Haftung ist einmal dann zu erwägen, wenn sich das Verhalten des Schuldners als Verwaltungsmaßnahme hinsichtlich des betroffenen Sondervermögens darstellt (dazu aa.). Eine Haftung kommt außerdem dann in Betracht, wenn der Schuldner eine Haftung des Sondervermögens mit einem Geschäftspartner vereinbart (dazu bb.).
313 Vgl. BGHZ 109, 214 ff.; BGH NJW 1987, 434; OLG München NJW 1956, 1880; Ann, Erbengemeinschaft, 105 f., 114; Staudinger-Werner (2002), § 2041 Rn. 10; Wolf, JuS 1986, 710, 711 f.; charakteristisch der allgemeine Hinweis von Brox, ErbR, Rn. 600, auf Mot. V, 583, die sich aber lediglich zu § 2018 BGB (§ 2081 E I) verhalten. Auch Schmidt-Kessel, WM 2003, 2086, 2088, verkennt diese Funktion des § 2041 BGB, wenn er sich gegen die analoge Anwendung des § 2041 BGB auf den Nachlass des Alleinerben (siehe in Fn. 224, S. 51) mit dem Argument wendet, dass der Erbe auch ohne § 2041 BGB Inhaber seines Neuerwerbs werde. Die Zuordnungsfrage löst Schmidt-Kessel dann ohne gesetzliche Grundlage allein nach Wertungen, die wiederum freilich denen des § 2041 BGB entsprechen.
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aa) Haftung des Sondervermögens für Verwaltungshandlungen Allgemeine Grundsätze lassen sich für die Frage, ob ein unselbstständiges Sondervermögen für Verbindlichkeiten haftet, die bei Verwaltung des Sondervermögens begründet werden, nur schwer entwickeln (dazu 1.). In jedem Einzelfall muss der Sinn und Zweck der Bildung des Sondervermögens maßgeblich sein (dazu 2.). (1) Grundsätze. Die Verwaltung legitimiert nicht zwangsläufig eine Haftung des Sondervermögens. Für dieses Ergebnis spricht die Parallele zur Verwaltung fremder Vermögen im eigenen Namen. In diesem Fall haftet allein der Verwalter im Außenverhältnis, während der Vermögensinhaber nur Ansprüchen des Verwalters im Innenverhältnis (§ 670 BGB) ausgesetzt ist. Diese Parallele zeigt, dass die Schutzbedürftigkeit des Geschäftspartners grundsätzlich nicht verlangt, dass das verwaltete Sondervermögen für seine Ansprüche haftet. Der Geschäftspartner hat sich ggf. mit dem Zugriff auf das Vermögen des Verwalters (inkl. etwaiger Ansprüche gegen den Vermögensinhaber) zu begnügen. Es führt nicht einmal jede Verwaltungsmaßnahme zu einem Anspruch zwischen Verwalter und Vermögensinhaber. § 670 BGB verlangt, dass die Maßnahme erforderlich sein muss. Die Verwaltungshandlung muss sich also im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung bewegen, um überhaupt (im Innenverhältnis) eine Haftung des verwalteten Vermögens auslösen zu können. Es besteht schließlich kein notwendiger Zusammenhang zwischen der Möglichkeit, Rechte für das Sondervermögen aufgrund der gerade behandelten Zuordnungsklauseln (sog. dingliche Surrogation) erwerben zu können, und einer Haftung des Sondervermögens für im Zusammenhang mit dem Erwerb eingegangene Verbindlichkeiten. Gegen diesen Zusammenhang lässt sich zunächst anführen, dass eine Haftung für solche Verbindlichkeiten die Zwecke des Sondervermögens vereiteln könnte. Die Summe der Neuverbindlichkeiten kann bei nachteiligen Geschäften, insbesondere missglückten unternehmerischen Investitionen, die Summe der neuerworbenen Rechte deutlich übersteigen.314 Des Weiteren könnte eine zusätzliche Haftung des Sondervermögens die Auseinandersetzung zwischen dem freien Vermögen des Verwalters und dem Sondervermögen nicht abschließend bereinigen. Der Verwalter ist stets auf einen Regress gegen das Sondervermögen angewiesen, falls der Gläubiger ihn mit seinem freien Vermögen in Anspruch nimmt. Eine zusätzliche Haftung des Sondervermögens bedeutete also lediglich einen Schutz des Gläubigers, für den ein grundsätzliches Schutzbedürfnis angesichts der Haftung des Verwalters mit seinem freien Vermögen bereits verneint wurde. (2) Einzelfälle. Die abstrakt angesprochenen Probleme stellen sich namentlich hinsichtlich des Nachlasses.315 Abhängig von der jeweils greifenden Erbfolge
314 Dauner-Lieb, Sondervermögen, 454 ff. zur Haftung des Nachlasses bei der Erbengemeinschaft gegen Wolf, AcP 181 (1981), 480, 507, 510. 315 Für die Gütergemeinschaft bestehen die eingangs dargelegten ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen; bei dem besonderen Kindesvermögen besteht gar keine gesonderte Passivmasse, siehe A II 1 b (S. 23).
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kann der Nachlass ganz unterschiedliche Qualitäten eines Sondervermögens aufweisen. Zunächst ist der Nachlass stets – sowohl in der Hand des Alleinerben, aber auch bei Erbengemeinschaft wie im Fall einer Vorerbschaft – ein potentielles316 Sondervermögen im Hinblick auf die Möglichkeit, dass der Nachlass im Wege der amtlichen Nachlassliquidation durch Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz abgesondert wird. Im Fall der Erbengemeinschaft besteht zudem unabhängig von dieser Nachlasssonderung wegen der gesamthänderischen Berechtigung der Miterben ein Sondervermögen. Schließlich begründet die Vorerbschaft eine besondere Teilvermögensmasse im Vermögen des Vorerben.317 Die Haftung des Nachlasses für von dem jeweiligen Verwalter des Nachlasses (Alleinerbe, Miterben oder Vorerbe) begründete Verbindlichkeiten hängt davon ab, ob die begründeten Verbindlichkeiten als Nachlassverbindlichkeiten (§§ 1967 f. BGB) zu qualifizieren sind. Fast ausnahmslos wird die Begründung einer solchen Nachlassverbindlichkeit bejaht, wenn die Verbindlichkeit in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses begründet wurde.318 Barbara Dauner-Lieb ist dieser Lehre von der Nachlasserbenschuld entgegengetreten.319 Für eine Stellungnahme sind verschiedene Fragestellungen zu unterscheiden, die mit den gerade bezeichneten unterschiedlichen Funktionen des Nachlasses verbunden sind. Vorrangig ist die Differenzierung, ob es zur Sonderung des Nachlasses im Wege der amtlichen Nachlassliquidation durch Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz kommt, also ob der Nachlass vom potentiellen Sondervermögen zu einem Sondervermögen mit spezifischem Handlungssubjekt (Insolvenzverwalter oder Nachlassverwalter) wird. (a) Nachlass vor Nachlasssonderung. Solange es nicht zu dieser Nachlasssonderung kommt, stellen sich für die Gläubiger von Alleinerbe, Miterben und Vorerben ganz unterschiedliche Fragen. Alle Gläubiger des Erben – gleich, ob ihr Anspruch auf einer Handlung mit Nachlassbezug beruht oder nicht – können sich aus dem (ungeteilten) Vermögen des Erben, also einschließlich des Nachlasses befriedigen. Es besteht aktuell keine besondere Bindung einer Vermögensmasse im Erbenvermögen. Besteht eine Erbengemeinschaft, so liegt ein Sondervermögen schon deswegen vor, weil der Nachlass Gesamthandsvermögen der Miterben ist. Dieser Grund der Vermögenssonderung schließt lediglich den Zugriff der Gläubiger einzelner Miterben auf das gesamthänderisch gebundene Vermögen aus. Daher steht dieser Zweck der Vermögenssonderung einem Gläubigerzugriff nicht entgegen, wenn dem Gläubiger alle Miterben gemeinschaftlich für eine Forderung haften. Daher reicht eine gemeinschaftliche Verwirklichung des Verpflichtungstatbestandes aus, damit der Gläubiger in den Nachlass vollstrecken kann (§ 747 ZPO).320 Verwirk316 Zu dieser Terminologie Dauner-Lieb, Sondervermögen, 58 ff.; Ernst, Haftung, 7; Staudinger-Marotzke (2000), § 1922 Rn. 95. 317 Siehe A II 1 a (S. 21 f.). 318 BGHZ 110, 176, 179 ff.; 32, 60, 64 f.; BGH NJW 1993, 1582; 1978, 1385, 1386; RGZ 90, 91, 95; Staudinger-Behrends/Avenarius (2003), § 2115 Rn. 8; Vorbem zu §§ 2144 ff Rn. 9; Ernst, Haftung, 13 ff.; Staudinger-Marotzke (2002), § 1967 Rn. 42; § 2058 Rn. 42. 319 Dauner-Lieb, Sondervermögen, 120 ff., 147 f. 320 BGHZ 53, 110, 113 f.; Wertenbruch, Haftung, 154 ff.
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licht nur ein Erbe den Verpflichtungstatbestand, muss diese Tatbestandsverwirklichung den anderen Erben zuzurechnen sein. Insbesondere kommt eine rechtsgeschäftliche Vertretung (§ 164 BGB) in Betracht. Bei Delikten ist die analoge Anwendung von § 31 BGB zwar in Betracht zu ziehen.321 Die Anwendung dieser Bestimmung auf Sondervermögen verlangt aber eine besondere Verselbstständigung des Sondervermögens hinsichtlich seiner Handlungsorganisation. Es muss ein spezifisches Handlungssubjekt für dieses Sondervermögen bestehen. In den anderen Fällen ließe sich nämlich nicht erklären, warum nur das Sondervermögen, aber nicht das freie Vermögen der anderen Erben für dieses Delikt haften sollte. Fehlt es an einem besonderen Handlungssubjekt, ist die Zurechnung über das Vermögen nicht möglich, sondern muss über die Vermögensträger erfolgen. Gerade an der von § 31 BGB vorausgesetzten Verselbstständigung der Handlungsorganisation fehlt es aber. Die Anwendung von § 31 BGB hängt demnach davon ab, inwieweit man der Erbengemeinschaft im Wege einer Rechtsfortbildung, etwa weil eine solche zur Unternehmensfortführung notwendig und angemessen ist, das Handeln durch ein spezifisches Handlungssubjekt »Erbengemeinschaft« ermöglichen möchte.322 Für Gläubiger eines Vorerben stellt sich die Frage, ob ihnen auch substanzangreifende Vollstreckungsmaßnahmen in Gegenstände erlaubt sind, die zum Nachlass gehören und daher dem Vorerben nicht als Vollrechtsinhaber zustehen. Diese Frage verneint § 2115 BGB im Grundsatz, um den Nacherben zu schützen. Eine Ausnahme gilt für Nachlassgläubiger. Um zu bestimmen, wann Neugläubiger des Vorerben Nachlassgläubiger im Sinne von § 2115 BGB sind, erscheint es angemessen, lediglich auf die Frage abzustellen, ob der Vorerbe wegen dieser Verbindlichkeit auf den Nachlass zugreifen darf. Daher ist eine in ordnungsgemäßer Verwaltung begründete Verbindlichkeit grundsätzlich Nachlassverbindlichkeit (§ 2124 Abs. 2 BGB).323 Eine Ausnahme ist allerdings für die gewöhnlichen Erhaltungskosten zu machen, die zwischen Vor- und Nacherbe dem Vorerben zur Last fallen (§ 2124 Abs. 1 BGB). Dieses Ergebnis trägt dem durch die Vermögensteilung bezweckten Schutz des Nacherben Rechnung. (b) Kontroverse um die Nachlasserbenschuld. Die angesprochene, von DaunerLieb erneut angestoßene Kontroverse324 um die Nachlasserbenschuld bezieht sich auf die Qualifizierung der von Alleinerbe, Vorerbe oder Erbengemeinschaft in Verwaltung des Nachlasses begründeten Verbindlichkeiten für den Fall, dass es zur Sonderung des Nachlasses im Wege der amtlichen Nachlassliquidation kommt. Zu entscheiden ist, ob die Neugläubiger, deren Forderungen auf Verwal-
321 Vgl. Bork, 100 Jahre, 191; MünchKommBGB-Reuter, § 31 Rn. 17; Wolf, AcP 181 (1981), 480, 505. 322 Siehe C III 3 (S. 91). 323 BGHZ 110, 176, 179 ff.; 32, 60, 64; BGH NJW 1993, 1582; RGZ 90, 91; Staudinger-Behrends/Avenarius (2003), § 2115 Rn. 8, ohne allerdings die im Text folgende Ausnahme zu erwägen. 324 Vgl. zur historischen Entwicklung der Auseinandersetzung am Anfang des 20. Jahrhunderts Dauner-Lieb, Sondervermögen, 120 ff.; Ernst, Haftung, 13 f.
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tungshandlungen des Erben beruhen, mit den anderen Nachlassgläubigern (§ 1967 BGB) anteilig aus dem Nachlass zu befriedigen sind. Die Lehre von der Nachlasserbenschuld bejaht diese Frage im Fall ordnungsgemäßer Verwaltung. Unter dieser Voraussetzung hat der Erbe einen Aufwendungsersatzanspruch im Fall der Nachlassliquidation (§ 1978 Abs. 3 BGB), den er im Insolvenzverfahren als Masseverbindlichkeit geltend machen kann (§ 324 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Daraus soll folgen, dass auch Gläubiger, von deren Forderung der Erbe freizuhalten ist, jedenfalls im Range einer einfachen Nachlassforderung am Insolvenzverfahren teilnehmen können. Auf diesem Wege soll den Neugläubigern erspart werden, sich aus einer Verwertung des Befreiungsanspruchs des Erben befriedigen zu müssen.325 Dauner-Lieb hält diese Lehre für nicht vereinbar mit dem Zweck der Nachlassliquidation, die (ursprünglichen) Nachlassgläubiger zu schützen.326 Sie fordert die Aufgabe dieser Lehre; jedenfalls sei eine ausweitende Anwendung327 dieser Lehre zum Nachteil der Nachlassgläubiger zu vermeiden. Für die Erbengemeinschaft weist sie darauf hin, dass die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung jedenfalls am Interesse der Nachlassgläubiger im Rahmen von § 1978 Abs. 3 BGB, nicht aber am Interesse der Miterben im Rahmen von § 2038 BGB zu messen sei.328 Dieser Kritik ist beizutreten.329 Es fehlt für die Lehre von der Nachlasserbenschuld an einer Rechtfertigung, warum der Neugläubiger unmittelbar auf den Nachlass zugreifen darf. Dem Gesetz ist eine entsprechende Regel nicht zu entnehmen. Bei Bewertung der zur Begründung herangezogenen Rechtsprechung ist zu berücksichtigen, dass sich diese Rechtsprechung überwiegend auf die Auslegung von § 2115 BGB bezieht.330 Die gerade dargelegten Wertungen erfordern aber eine unterschiedliche Interpretation des Begriffs des Nachlassgläubigers in § 2115 BGB einerseits und in der Nachlassliquidation andererseits. Der von der Theorie der Nachlasserbenschuld bezweckte Schutz des Gläubigers ist ohnehin lückenhaft und für den Gläubiger nicht absehbar. Der Gläubiger kann nicht erkennen, ob die einzelne Maßnahme sich als ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses darstellt. Der Nachlass ist demgegenüber ungeachtet des Anspruchs aus § 1978 Abs. 3 BGB, auch wenn man das Bestehen einer Nachlassverbindlichkeit von der Ordnungsmäßigkeit der Verwaltungsmaßnahme abhängig macht, schutzwürdig. Diesem Anspruch des Erben aus § 1978 BGB können erhebliche – wegen Vermögensverfalls des Erben selbstständig nicht mehr durchsetzbare –331 Gegenansprüche entgegenstehen. Ein systematisches Argument lässt sich schließlich aus § 324 InsO gewinnen. Nach dieser Bestimmung werden alle Nachlassverbindlichkeiten, die aus der Ver325
Ernst, Haftung, 20; Staudinger-Marotzke (2002), § 1967 Rn. 42. Dauner-Lieb, Sondervermögen, 68. 327 Dauner-Lieb, Sondervermögen, 126 f. 328 Dauner-Lieb, Sondervermögen, 458 f., 460. 329 Zur Begründung sei vorrangig erneut auf die Erwägungen Dauner-Liebs, Sondervermögen, 129 ff., verwiesen; kritisch ebenso Muscheler, Haftungsordnung, 204. 330 Vgl. BGHZ 110, 176 ff.; 32, 60 ff.; RGZ 90, 91 ff. 331 Gerade in diesen Fällen des Vermögensverfalls des Erben wird der Gläubiger ein Interesse daran haben, sich an den zu liquidierenden Nachlass zu halten. 326
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waltung des Nachlasses nach dem Erbfall entstehen, als Masseverbindlichkeiten qualifiziert. Es wäre systemwidrig, allein die vom Erben begründeten Verbindlichkeiten als einfache Nachlassverbindlichkeiten anzusehen. Von besonderem Interesse ist der Vergleich mit den von Testamentsvollstrecker und Nachlasspfleger begründeten Masseverbindlichkeiten (§ 324 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Die Qualifizierung dieser Ansprüche beruht darauf, dass für die durch diese Amtswalter begründeten Verbindlichkeiten in der Nachlassinsolvenz kein freies Vermögen haftet.332 In den zu betrachtenden Fällen der Verpflichtung durch den Erben steht dem Gläubiger indessen die Möglichkeit zu, auf das Eigenvermögen des Erben zuzugreifen.333 Aus diesem Vermögen kann der Gläubiger insbesondere den Freihaltungsanspruch des Erben gegen den Nachlass – so dieser besteht – pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen (§§ 829 ff. ZPO), wobei sich der Freihaltungs- in einen Zahlungsanspruch umwandelt.334 Anderen Gläubigern ist der Zugriff auf diesen Anspruch wegen seines Inhalts (§§ 851 Abs. 1 ZPO, 399 Fall 1 BGB) versagt.335 bb) Haftungsvereinbarung Der Sondervermögensverwalter kann – meist anlässlich eines Rechtsgeschäfts – eine Haftungsvereinbarung abschließen, dass er für eine begründete Verbindlichkeit nicht mit seinem freien Vermögen haften möchte, sondern dass allein das Sondervermögen haften soll. Eine solche Abrede kann entweder in der einseitigen Demonstration eines beschränkten Haftungswillens erblickt werden. Dazu gehört der Fall, dass Erben erklären, nur »für den Nachlass« handeln zu wollen. Oder es kann eine ausgehandelte Abrede der Beteiligten über die Haftung vorliegen. Eine Untersuchung solcher Haftungsvereinbarungen muss zwei Seiten unterscheiden. Zum einen soll diese Abrede für das Sondervermögen haftungsbegründend wirken und zum anderen für das freie Vermögen des Handelnden haftungsbeschränkend. (1) Haftungsbegründung. Wenn es für das Sondervermögen an einem Handlungssubjekt fehlt, hängt die Entscheidung, ob das Sondervermögen für eine Verbindlichkeit haftet, allein von objektiven Kriterien ab. Ein Auftreten für das Sondervermögen ist mangels Verselbstständigung des Sondervermögens nicht möglich. Eine Vereinbarung über die Haftung ist ebenfalls ausgeschlossen, da sie sich als Vertrag zulasten Dritter darstellt. Geschützter Dritter sind die vom Zweck des betroffenen Sondervermögens geschützten Interessenträger. Eine gewillkürte
332
Siehe § 4 A I 2 c (S. 103) zum Nachlasspfleger. Es überzeugt daher nicht, wenn Ernst, Haftung, 20 f., die Theorie der Nachlasseigenschuld unter Verweis auf die Befugnis von Nachlasspfleger und Testamentsvollstrecker, Nachlassverbindlichkeiten erzeugen zu können, begründet. 334 Vgl. BGHZ 7, 244, 246; KG NJW 1980, 1341, 1342; Stein/Jonas-Brehm, § 851 Rn. 38; MünchKommZPO-Smid, § 851 Rn. 8. 335 In der Eigeninsolvenz des Erben als Gläubiger des Freihaltungsanspruchs soll sich dieser Anspruch allerdings in einen Zahlungsanspruch umwandeln, so dass dieser Vermögenswert allen Gläubigern des Freihaltungsgläubigers gleichmäßig zugute kommt, vgl. BGH NJW 1993, 49 m. w. Nachw. 333
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Haftungsbegründung ist daher ausgeschlossen. Eine Haftungsvereinbarung kann lediglich deklaratorischen Charakter haben, wenn sie eine Haftung des Nachlasses ausspricht, die sich aus objektiven Gründen ohnehin ergibt. Diese Unzulässigkeit von haftungserweiternden Vereinbarungen ist im Erbrecht von erheblicher Bedeutung. Dieses Ergebnis gilt nicht nur, wenn man – mit der hier vertretenen Ansicht – der Lehre von der Nachlasserbenschuld die Gefolgschaft verweigert.336 Auch wenn man dieser Lehre folgt, wirkt sich die Unzulässigkeit bei allen Haftungsvereinbarungen aus, die eine Haftung des Nachlasses begründen wollen, obwohl eine die Nachlasshaftung begründende ordnungsgemäße Verwaltungshandlung nicht vorliegt.337 Wer einem anderen unzulässigerweise die Haftung eines Sondervermögens für bestimmte Forderungen verspricht, haftet dem Versprechensempfänger in entsprechender Anwendung von § 179 BGB mit seinem eigenen Vermögen für die Forderung.338 Die entsprechende Anwendung von § 179 BGB ist nicht ausgeschlossen, wenn ein bestimmtes Sondervermögen mangels spezifischen Handlungssubjekts nicht selbstständig verpflichtungsfähig ist.339 Denn zu Recht wird die Haftung aus § 179 BGB selbst dann angenommen, wenn sich jemand im Namen eines nicht existenten Subjekts verpflichtet.340 In vielen Fällen, wenn gleichzeitig mit der (unzulässigen) Haftungsweiterung ein Ausschluss der eigenen Haftung des Versprechenden vereinbart worden ist, wird es allerdings des § 179 BGB mit seinen Beschränkungen, die ebenfalls anzuwenden wären,341 nicht bedürfen, um die Eigenhaftung des Versprechenden zu begründen. Mit der Undurchführbarkeit der Haftungserweiterung muss entsprechend § 139 BGB auch die Haftungsbeschränkung ihre Wirksamkeit verlieren. (2) Haftungsbeschränkung. Haftungsbeschränkende Vereinbarungen sind indessen grundsätzlich zulässig.342 Durch eine solche Vereinbarung werden Interessen Dritter nicht berührt, sondern der Gläubiger beschränkt lediglich seine Befugnisse, so dass die Vereinbarung im Rahmen der Privatautonomie bleibt. Schwierig zu bestimmen sind die Voraussetzungen für eine solche Haftungsbeschränkung. Damit ist ein allgemeines, für alle Arten von Sondervermögen typisches Problem aufgeworfen. Es stellt sich nicht nur, wenn es für das Sondervermögen an einem spezifischen Handlungssubjekt fehlt und der Verwalter durch sein Eigenhandeln sowohl freies Eigenvermögen wie Sondervermögen verpflichten kann.343 Es stellt sich vor allem, wenn ein Sondervermögen durch ein spezifi336
Dauner-Lieb, Sondervermögen, 139. Ernst, Haftung, 34; Marotzke, AcP 199 (1999), 615, 619; Staudinger-Marotzke (2000), § 1922 Rn. 43. 338 Dauner-Lieb, Sondervermögen, 128; Marotzke, AcP 199 (1999), 615, 619 f.; StaudingerMarotzke (2002), § 1967 Rn. 43. 339 A. A. Ernst, Haftung, 34. 340 BGHZ 91, 148, 152; RGZ 106, 68, 73; Palandt-Heinrichs, § 178 Rn. 3 m. w. Nachw. 341 Zögerlich Marotzke, AcP 199 (1999), 615, 620. 342 Vgl. RGZ 146, 343, 346; 90, 91 96 f.; Ernst, Haftung, 31; Staudinger-Marotzke (2002), § 1967 Rn. 44. 343 Eine solche Konstellation besteht insbesondere bei der Erbengemeinschaft, wenn die Miterben nur den Nachlass, aber nicht ihr Eigenvermögen haften lassen wollen. Die Haftungs337
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sches Handlungssubjekt verpflichtet wird und zu dieser rechtsgeschäftlichen Verpflichtung eine gesetzliche Haftung (der Gesellschafter aus § 128 HGB oder des Handelnden344) tritt. (a) Anforderungen. Lange Zeit wurde davon ausgegangen, für eine Haftungsbeschränkung auf das Sondervermögen reiche die einseitige Erklärung aus, nur für das Sondervermögen handeln zu wollen. So wurde für ausreichend erachtet, dass der Erbe den Nachlassbezug seines Handelns offen legt345 oder dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als »mbH« firmiert346.347 Mittlerweile ist eine Tendenz erkennbar, diese Anforderungen erheblich zu verschärfen.348 Diese Entwicklung ist zu begrüßen: Eine Haftungsbeschränkung verlangt eine individualvertragliche Vereinbarung, die den rechtsgeschäftlichen Willen des Gläubigers beinhaltet, auf einen Teil der ihm zustehenden Haftungsmasse zu verzichten. Dafür reicht es nicht, dass der Handelnde vorgibt, in einer unzulässigen Handlungsform (für den Nachlass) oder für eine nicht zulässige Gesellschaftsform (GbRmbH) zu handeln. Diese Zusätze reichen aus zwei unterschiedlichen Gründen nicht aus, eine Haftungsbeschränkung zu begründen. Zum einen ist es Frage des Einzelfalls, ob ein solcher von einer Vertragspartei gebrauchter Zusatz überhaupt Gegenstand der Einigung der Vertragsschließenden wird. Vielfach wird sich der Handlungsformzusatz lediglich dem Briefpapier oder den Vertragsbedingungen der einen Vertragspartei entnehmen lassen. Die Annahme einer Haftungsfreistellung scheitert dann schon an den Voraussetzungen der AGB-Kontrolle (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).349 Aber selbst wenn sich die Einigung der Vertragsparteien auf den Handlungsformzusatz erstreckt, liegt darin noch keine Haftungsfreistellungsvereinbarung.350 Das Einverständnis des Vertragspartners mit dem Handlungsformzusatz ist darauf beschränkt, dass er sich mit den mutmaßlichen gesetzlichen haftungsbeschränkenden Folgen des Handelns in der vom Vertragspartner gewählten Handlungsform begnügt. Da das Gesetz die gewählte Handlungsform aber nicht kennt und eine Haftungsbeschränkung nicht anordnet, muss sich der den Handlungsformzusatz Verwendende an den Haftungsfolgen einer Verpflichtung ohne Haftungsbegrenzung festhalten lassen. Die Haftungsformvereinbarung kann
regelung ist freilich nach der hier vertretenen Ablehnung der Nachlasserbenschuld (siehe aa 2 b, S. 72) für den Fall der Nachlassliquidation ohnehin unbeachtlich, weil die Miterben keine Nachlassverbindlichkeiten begründen können. 344 Das betrifft nicht nur die Handelndenhaftung nach §§ 54 S. 2 BGB, 41 Abs. 1 S. 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG, sondern auch die Schadensersatzhaftung nach § 61 InsO, vgl. dazu Laws, MDR 2004, 1149, 1153 f.; Wallner/Neuenhahn, NZI 2004, 63, 66 f. 345 BGH WM 1968, 798; RGZ 146, 343, 346; 90, 91, 93, 96 f.; Mot. V, 603; Ernst, Haftung, 31; MünchKommBGB-Heldrich, § 738 Rn. 27; Staudinger-Marotzke (2002), § 1967 Rn. 40. 346 BGHZ 113, 216, 219; 69, 95, 100 f.; 61, 59, 65 ff. 347 Die dogmatischen Begründungen unterschieden sich in beiden Fällen freilich erheblich. 348 BGHZ 142, 315, 318; Dauner-Lieb, Sondervermögen, 140 ff., 535 ff.; Marotzke, AcP 199 (1999), 615, 618; K. Schmidt, GesR § 60 III 2 c; vgl. aber auch Canaris, ZGR 2004, 69, 99. 349 Dauner-Lieb, Sondervermögen, 539; Marotzke, AcP 199 (1999), 615, 618. 350 Dauner-Lieb, Sondervermögen, 537 f.
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man nicht in eine Haftungsfreistellungsvereinbarung umdeuten, weil es an dem Einverständnis des Vertragspartners fehlt, auf eine ihm nach dem gesetzlichen Regelfall zustehende Haftungsmasse zu verzichten. (b) Besonderheiten bei der Vertretung. Heute ist das Vertretungsrecht als Ansatzpunkt, eine Haftungsbeschränkung zu begründen, im Gespräch.351 Steht nicht die Haftung des Handelnden selbst mit seinem gesamten Eigenvermögen, sondern die eines Dritten und somit die eines zu Vertretenden in Rede, so ist die Ausgangslage in der Tat eine andere. Die Haftung des Vertretenen zu beschränken, ist die nachrangige Frage, während vorrangig zu begründen ist, warum der Vertretene, der selbst den Verpflichtungstatbestand nicht erfüllt, überhaupt haftet. Beschränkt sich die Vertretungsmacht des Handelnden gegenständlich darauf, den zu Vertretenden nur unter Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung zu vertreten, bindet eine Vereinbarung, die diese Beschränkung nicht beachtet, den Vertretenen – jedenfalls mit seinem freien Vermögen – nicht (§§ 164, 177 BGB). Diese Überlegung kann aber nicht dazu führen, auf der zweiten Stufe bei den Anforderungen an die Haftungsbeschränkungsvereinbarung geringere Anforderungen zu stellen. Auch die Freizeichnung eines Vertretenen muss durch ausdrückliche Haftungsvereinbarung von Vertreter und Vertragspartner herbeigeführt werden.352 Sie ist ebenso unüblich, wie die Haftungsfreizeichnung durch den rechtsgeschäftlich selbst Handelnden. Unterbleibt die ausdrückliche Haftungsvereinbarung, so gehen Vertragspartner davon aus, auch die Vertretenen hafteten mit ihrem gesamten freien Vermögen. Besonderes Augenmerk verdient daher der Umfang der Vertretungsmacht, der aus der Grundlage der Vertretungsmacht zu gewinnen ist. Der zu Vertretende kann den Umfang der Vertretungsmacht bei der Vollmacht bestimmen. In diesen Fällen ist also eine Haftungsfreistellung auf Grundlage von Abreden zwischen Vertreter und Vertretenem möglich. Es bleibt allerdings eine Frage des Einzelfalls, ob sich der Vertretene das Verhalten des Vertreters auch bei beschränkter Vollmacht nach den Grundsätzen über Duldungs- und Anscheinsvollmacht zurechnen lassen muss.353 Das kommt insbesondere in Betracht, wenn der Vertretene das Auftreten des Vertreters ohne Abschluss ausdrücklicher Haftungsvereinbarungen – also ggf. auch unter Verwendung von Handlungsformzusätzen – duldet. Der Umfang der Vertretungsmacht wirft in den zu erwägenden Fällen eines Handelns für ein Sondervermögen Probleme allein im Recht der Gesamthand auf. Dort sind zumeist die Gesamthänder gemeinschaftlich zum Handeln befugt. Darf aber einer alleine handeln, kann diese Vertretungsmacht dadurch beschränkt sein, im Außenverhältnis eine Haftungsbeschränkung vereinbaren zu müssen. Dieses Problem stellt sich zunächst auf gesetzlicher Grundlage, um die Befugnisse einzelner Erben nach § 2038 BGB zu bemessen.354 Wegen der Verweisung auf 351 Mit Nachdruck insbesondere Canaris, HandelsR, § 9 Rn. 18; ders., ZGR 2004, 69, 87 ff.; ferner Armbrüster, ZGR 2005, 35, 38 ff. 352 Anders Beuthien, JZ 2003, 969, 975. 353 Vgl. allgemein Bork, AT, Rn. 1550 ff. 354 Umstritten ist hier schon, ob § 2038 BGB überhaupt Befugnisse im Außenverhältnis begründet, dafür mit Recht Staudinger-Werner (2002), § 2038 Rn. 40 m. w. Nachw.
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§ 745 BGB ist dieses Problem aus den noch für die Bruchteilsgemeinschaft zu gewinnenden Erkenntnissen zu lösen.355 In der GbR ist umstritten, ob die Gesellschafter, wenn sie einem Gesellschafter für die Gesamthand Einzelvertretungsmacht verschaffen, diese Vertretungsmacht so beschränken können, dass der Vertreter nur unter der Voraussetzung einer Haftungsfreistellung der Gesellschafter für die Gesellschaft handeln kann. Einerseits wird im Umkehrschluss zu § 126 HGB die Beschränkbarkeit der Vertretungsmacht geltend gemacht.356 Andererseits wird ein entsprechender Vorbehalt angesichts des Haftungsgrundes der Gesellschafterhaftung, dass alle Gesellschafter für die Verbindlichkeiten aus der gemeinsamen Unternehmung einstehen müssen, für unbeachtlich gehalten.357 Jedoch greift dieser Haftungsgrund nur, wenn auch wirklich allen geschäftsführungsbefugten Gesellschaftern das Vertreterhandeln im Einzelfall zurechenbar ist.358 Diese Voraussetzung wird angesichts der Beschränkung der Einzelvertretungsmacht aber grundsätzlich gerade nicht erfüllt, wenn der Einzelvertreter keine Freistellungsvereinbarung schließt. Also ist das Vertreterhandeln nur bindend, wenn er eine Freistellungsvereinbarung abschließt. Ausnahmen können sich aus den Rechtsscheinsgrundsätzen ergeben, wenn der handelnde Gesellschafter ungeachtet seiner beschränkten Vertretungsmacht im Rechtsverkehr regelmäßig keine Freistellungsvereinbarungen schließt.
III. Die Einordnung einzelner Sondervermögen Die drei alternativen Konzepte, die Dynamik von Sondervermögen zu erklären, müssen sich dadurch bewähren, dass sich die einzelnen Sondervermögen jeweils einem Konzept zuordnen lassen. Auf dieser Grundlage müssen sich die typischen Probleme eines Sondervermögens, namentlich die rechtsgeschäftliche wie deliktische Haftungsbegründung, die Verfügung über Gegenstände eines Sondervermögens, der Erwerb neuer Gegenstände sowie die Prozessführung für das Sondervermögen, erklären lassen. 1. Sog. Parteien kraft Amtes zugewiesene Sondervermögen Die den sog. Parteien kraft Amtes zugewiesenen Sondervermögen sind auf eine dynamische Entwicklung angelegt. Um diese Dynamik zu erklären, kommen zunächst alle drei Erklärungskonzepte in Betracht. Eine Verselbstständigung kann entweder in der Form angeordnet sein, dass das jeweilige Sondervermögen rechtsfähig ist oder jedenfalls durch die sog. Partei kraft Amtes mit einem spezifischen Handlungssubjekt ausgestattet ist, das unmittelbar nur für das ihm zuge355
Unten § 4 B I 1 b (S. 114). Armbrüster, ZGR 2005, 34, 38 ff.; Canaris, ZGR 2004, 69, 87 ff.; MünchKommBGB-Ulmer, § 714 Rn. 68 f. – A. M. Schäfer, ZIP 2003, 1225, 1233, der für eine entsprechende Anwendung von § 126 HGB eintritt. 357 BGHZ 142, 315 320 f.; Altmeppen, NJW 2004, 1563, 1564; Wiedemann, GesR II, § 7 III 3 b. 358 Zur Bedeutung der Geschäftsführung aller Gesellschafter als Ausprägung des Grundsatzes der Selbstorganschaft § 5 C II 2 a (S. 180). 356
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wiesene Sondervermögen Wirkungen erzielt. Es ist aber auch zu erwägen, ob dem Sondervermögen jegliche Verselbstständigung und damit ein spezifisches Handlungssubjekt fehlt. Da die sog. Partei kraft Amtes einen Fremdverwalter darstellt, ließe sich das (unverselbstständigte) Handeln des Amtswalters auf zweierlei Weise erklären: entweder als Eigenhandeln des Amtswalters mit Wirkung für ein (fremdes) Sondervermögen oder als Eigenhandeln des Sondervermögensträgers, dem das Verhalten des Amtswalters in einem ersten Schritt zugerechnet wird. Wie bereits angedeutet wurde,359 sind die betroffenen Sondervermögen als verselbstständigte Vermögensmassen anzusehen, die mit dem für sie eingerichteten Amt über ein spezifisches Handlungssubjekt verfügen. Diese Konstruktion ist später in Auseinandersetzung mit den zur Erklärung dieses Amtes entwickelten Theorien näher zu erläutern.360 Vorerst sind diese Theorien lediglich im Hinblick darauf zu betrachten, welche Einordnung sie jeweils für diese Sondervermögen vornehmen. a) Organtheorie Die Organtheorie fußt gerade auf der These, dass der Amtswalter Organperson des Sondervermögens ist und spezifisch für diese Vermögensmasse Rechtsfolgen herbeiführen kann. Insoweit stimmt sie mit der These eines spezifischen Handlungssubjekts überein.361 Die herkömmliche Organtheorie behauptet darüber hinaus allerdings die Rechtsfähigkeit der Insolvenzmasse.362 b) Vertretertheorie Die Vertretertheorie meint, Handeln der Amtswalter werde dem Sondervermögensträger wie sonst Handeln von Organen oder Vertretern zugerechnet. Es liegt daher nahe anzunehmen, die Theorie verneine, dass ein spezifisches Handlungssubjekt vorliege, erkläre vielmehr die Wirkungen für das Sondervermögen allein aus dem (zugerechneten) Eigenhandeln des Sondervermögensträgers. Dem ist indessen nicht so. Die Vertretertheorie konstruiert nämlich eine spezifische Vertretungsmacht der Amtsperson, den Sondervermögensträger gerade in dem Umfang zu vertreten, in dem der Sondervermögensträger selbst durch seine Handlungsorganisation nicht handeln kann. Gleichzeitig kann die Amtsperson in dem Umfang nicht für den Sondervermögensträger handeln, in dem der Sondervermögensträger – weil sein freies Vermögen betroffen ist – selbst handeln kann.363 359
Siehe C II 2 a (S. 55). Unten § 9 B (S. 298 ff.). 361 Bötticher, ZZP 77 (1961), 55, 62 ff.; Erdmann, KTS 1967, 87 ff.; Hanisch, Rechtszuständigkeit, 275 ff.; Hellwig, Lehrbuch I, 294 ff.; ders., System I, 154 ff.; vgl. ferner K. Schmidt, KTS 1984, 345, 353 ff., 362 ff.; Stürner, ZZP 94 (1981), 263, 288 ff. 362 Bötticher, ZZP 77 (1961), 55, 62 ff.; Erdmann, KTS 1967, 87 ff.; Hanisch, Rechtszuständigkeit, 275 ff.; Hellwig, System, 154 ff. 363 Lent, ZZP 62 (1941), 129, 181; vgl. K. Schmidt, KTS 1984, 345, 351 ff, 370 f.; Weber, KTS 1955, 102, 107. 360
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c) Theorie von der sog. Partei kraft Amtes Die Einordnung der Theorie von der sog. Partei kraft Amtes fällt schwer. Sie fasst das Handeln der Amtsperson als Eigenhandeln auf. Daher liegt es nahe und einige Stellungnahmen der Vertreter dieser Theorie deuten darauf hin364, kein verselbstständigtes Handlungssubjekt anzunehmen. Gegen diese Einordnung des Amtswalterhandelns als einfaches Eigenhandeln sprechen aber die auch mit dieser Theorie erzielten Ergebnisse. Für die in der Praxis übliche Konstellation, dass die Amtsperson beim Handeln ihre Funktion offen legt, ist nämlich anerkannt, dass das Amtswalterverhalten spezifische Wirkungen allein für das Sondervermögen herbeiführt. So führt die rechtsgeschäftliche Schuldbegründung zu einer Haftung lediglich des Sondervermögens.365 Über Gegenstände des Sondervermögens kann die Amtsperson wirksam verfügen. Rechtsgeschäftlicher Erwerb fällt wieder in das Sondervermögen.366 Handelt die Amtsperson in Ausübung ihrer Funktion, so haftet das Sondervermögen auch für begangene Delikte.367 Führt sie einen Prozess unter Aufdeckung ihrer Funktion, so beziehen sich die parteibezogenen Voraussetzungen und Wirkungen im Prozess auf das Sondervermögen. So ist insbesondere die Kostenentscheidung nur in die verwaltete Vermögensmasse zu vollstrecken.368 Weitere gesetzlich ausdrücklich angeordnete Beispiele bieten §§ 19a, 116 Nr. 1 ZPO. Diese Ergebnisse lassen sich auf der Grundlage, das Amtshandeln als reines Eigenhandeln einzuordnen, insoweit in kein System einpassen, als das Eigenhandeln der Amtsperson das eigene freie Vermögen nicht betrifft.369 Es gibt keine anderen Fälle, in denen Eigenhandeln eine bestimmte Vermögensmasse, aber nicht das eigene Vermögen betrifft. An einer Erklärung fehlt es nicht nur bei Verpflichtungsgeschäften dafür, warum das Amtswaltervermögen nicht für begründete Verbindlichkeiten haftet. Der bloße Hinweis, nur mit Wirkung für eine bestimmte Vermögensmasse handeln zu wollen, führt grundsätzlich nicht zu einer Haftungsfreistellung des Eigenvermögens.370 An einer Erklärung fehlt es ferner auch bei Verfügungsgeschäften371 dafür, warum das Amtswaltervermögen etwa bei der Frage gutgläubigen Erwerbs oder als Haftungsmasse für Ansprüche aus § 816 364 Vgl. Harder, Surrogation, Rn. 47 ff., 53, 116; Kübler/Prütting-Lüke, § 80 Rn. 55 zum Insolvenzverwalter; Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 37; Jahr, Festschrift Weber, 275, 297 zum Konkursverwalter; Staudinger-Marotzke (2002), § 1985 Rn. 8 zum Nachlassverwalter. 365 Häsemeyer, InsR, Rn. 14.08 zum Insolvenzverwalter; Staudinger-Marotzke (2002), § 1985 Rn. 5 zum Nachlassverwalter; RGZ 80, 416, 418 zum Testamentsvollstrecker; SteinerHagemann, § 152 Rn. 17 zum Zwangsverwalter. 366 Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 37 zum Konkursverwalter; Staudinger-Marotzke (2002), § 1985 Rn. 41 zum Nachlassverwalter; Muscheler, Haftungsordnung, 257 ff. zum Testamentsvollstrecker; Steiner-Hagemann, § 152 Rn. 17 zum Zwangsverwalter. 367 Häsemeyer, InsR, Rn. 14.10 zum Insolvenzverwalter; Staudinger-Reimann (2003), § 2219 Rn. 28 zum Testamentsvollstrecker. 368 BGHZ 88, 331, 334 f.; ferner allgemein Stein/Jonas-Bork, vor § 91 Rn. 25; Henckel, Parteilehre, 137 f.; zum Insolvenzverwalter Häsemeyer, InsR, Rn. 14.11; zum Zwangsverwalter Steiner-Hagemann, § 152 Rn. 172. 369 Vgl. auch die Kritik von Baur/Stürner II, § 10.9; Bötticher, ZZP 77 (1961), 55, 61; K. Schmidt, KTS 1984, 345, 359 f.; Stürner, ZZP 94 (1981), 263, 297. 370 Siehe C II 3 b bb 2 a (S. 75). 371 Siehe C II 2 b bb (S. 56).
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§ 3: Organisationen für Sondervermögen
Abs. 1 BGB nicht betroffen ist. Schließlich fehlt eine Erklärung auch im Prozess dafür, warum sich die Entscheidungswirkungen nicht auch auf das Amtswaltervermögen erstrecken. Denn die Prozessstandschaft als typische Form der Prozessführung über fremde Rechte im eigenen Namen führt ebenfalls zu Wirkungen des Prozesses mit Wirkung für das eigene Vermögen, etwa zur Kostenhaftung. Allein bei dem Erwerb von Rechten erklärt sich von selbst, dass das freie Vermögen nicht betroffen ist. Der Erwerb in das Sondervermögen schließt einen Erwerb in ein anderes Vermögen aus. Diese Unstimmigkeit vermeidet man, wenn man mit Wolfram Henckel die Wirkungen des Amtswalterhandelns durch ihren spezifischen Vermögensbezug erklärt.372 Die Wirkungen des Eigenhandelns der Amtsperson sind dann danach zu bestimmen, für welche Vermögensmasse die Amtsperson handelt. Auf dieser Grundlage lässt sich jedenfalls die strikte Beschränkung der Wirkungen des Amtswalterhandelns auf das Sondervermögen in den Fällen erklären, in denen das Handeln zwar im eigenen Namen, aber für das Sondervermögen aufgedeckt wird. Es liegt dann nämlich im Ergebnis nahe, dieses Eigenhandeln ebenfalls als Handeln jedenfalls mit Wirkungen wie denen eines spezifischen Handlungssubjekts anzusehen. Folgt man dem, müsste man freilich daraus auch Folgerungen ziehen für die in der Praxis ungebräuchliche Konstellation, dass der Amtswalter bei seinem Handeln seine Funktion nicht offen legt.373 d) Theorie vom neutralen Handeln Diese Theorie erklärt das Amtswalterhandeln als »neutrales« Handeln des Amtswalters.374 Sie bedient sich so einer eigenen Kategorie des Handelns, die weder Eigenhandeln noch Fremdhandeln sein soll. So will sie die Schwäche der Amtstheorie vermeiden, dass sich die Wirkungen des Amtswalterhandelns als echtes Eigenhandeln des Amtswalters nur mit Modifikationen der allgemeinen Regeln erklären lassen. Damit ist jedenfalls die Möglichkeit spezifischen Amtswalterverhaltens vorausgesetzt. Von einem spezifischen Handlungssubjekt mag man freilich nicht sprechen, weil diese Lehre – das gerade ist ihr vorzuwerfen375 – sich darum bemüht, Handeln als einen Akt ohne eine subjektive Zuordnung zu beschreiben. 2. Gesamthandsgesellschaften Auch die Gesamthandsgesellschaften sind auf eine dynamische Entwicklung angelegt. Diese Dynamik macht es für die werbenden (Außen-)Gesellschaften erst möglich, den Gesellschaftszweck zu verfolgen. Gleiches kann für Vorgesellschaften gelten, seitdem zu Recht das Vorbelastungsverbot aufgegeben worden ist.
372 Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 32, 58 ff.; Henckel, Parteilehre, 106 f., 123 ff.; vgl. bereits Weber, KTS 1955, 102, 105, 108 ff.; eingehend unten § 9 A V 1 (S. 290 ff.). 373 Dazu § 9 A V 2 b (S. 294). 374 Dölle, Festschrift Schulz II, 268, 272 f. 375 Siehe § 9 A IV 4 (S. 288).
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C. Dynamik von (Sonder-)Vermögen
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Maßgeblich ist, ob die Vorgesellschaft nach dem Willen der Gesellschafter bereits ihre Geschäftstätigkeit aufnehmen soll.376 Um den mit der Gesellschaft verfolgten Zweck erreichen zu können, muss die Vermögensdynamik lediglich das Gesamthandsvermögen treffen. Eine unmittelbare Beeinflussung der (freien) Vermögen der Gesellschafter ist von Gesellschaftern einer Außengesellschaft nicht beabsichtigt. Wird das Vermögen eines einzelnen Gesellschafters betroffen, hat er regelmäßig Ausgleichsansprüche gegen die Gesamthand (§ 110 HGB). Eine Beeinflussung der freien (Passiv-)Vermögen der Gesellschafter ist lediglich bei den (unternehmerischen) Gesellschaften zu dem Zweck notwendig, den Gläubigerschutz zu gewährleisten. Weil die Gesellschafter sich unternehmerisch betätigen, ohne die Voraussetzungen für eine Haftungsfreistellung zu erfüllen, haften sie mit ihrem freien Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft.377 Diese Haftung bedarf allerdings keiner (handlungsabhängigen) rechtsgeschäftlichen Grundlage, sondern lässt sich – wie es nunmehr ganz herrschende Ansicht für GbR378 und Vorgesellschaft379 ist – auf eine gesetzliche Grundlage – namentlich § 128 HGB analog – stützen. Um die angestrebten Wirkungen zu erzielen, ist bei den Gesellschaften mit der Geschäftsführung eine besondere Einheit gebildet. Da diese Einheit im Grundsatz spezifische, nur die Gesamthand treffende Wirkungen herbeiführen soll, liegt es nahe anzunehmen, dass auch diese Einheit – wie die sog. Parteien kraft Amtes – eine verselbstständigte Handlungseinheit darstellt. Alternativ wäre freilich möglich, das Handeln dieser Einheit mit der traditionellen Lehre den Gesellschaftern selbst als bloßes Eigenhandeln zuzurechnen.380 Eine ausdrückliche Entscheidung dieser Frage trifft das Gesetz lediglich für die Personenhandelsgesellschaften und die Partnerschaft. Diese Gesellschaften werden für rechtsfähig erklärt (§§ 124 HGB, 7 Abs. 2 PartG). Für die anderen Gesellschaften zeigt sich folgendes Bild: a) Gesellschaft bürgerlichen Rechts Die GbR wird mittlerweile weithin in gleicher Weise wie die Personenhandelsgesellschaften als rechtsfähig anerkannt.381 Gegen dieses Ergebnis sprechen gute Gründe. Es lässt sich rechtspolitisch einwenden, dass es der GbR an der für die 376
Siehe § 2 B IV (S. 15). Siehe C II 2 b aa (S. 55). 378 BGHZ 142, 315, 318 ff.; BGH NJW 2003, 1803; 2003, 1445; Armbrüster, ZGR 2005, 34, 35; Bälz, Festschrift Zöllner, 35, 53; Dauner-Lieb, Sondervermögen, 533, 541 ff., 553 f.; Reiff, Haftungsverfassung, 191 ff., 321 ff., 345; K. Schmidt, GesR, § 60 III 2; Ulmer, ZIP 1999, 554 ff.; MünchKommBGB-Ulmer, § 714 Rn. 3; Wiedemann, GesR II, § 7 III 4; kritisch Canaris, ZGR 2004, 69, 81 ff.; Huber, Festschrift Lutter, 107, 116; ablehnend Zöllner, Festschrift Kraft, 701, 711. 379 BGHZ 134, 333, 335 f.; K. Schmidt, GesR, § 34 III 3 c; Zöllner, Festschrift Wiedemann, 1383, 1406. 380 Cordes, JZ 1998, 545 ff.; Hueck, Festschrift Zöllner, 275, 286 ff.; Zöllner, Festschrift Gernhuber, 563, 573; ders., Festschrift Kraft, 701, 704; ferner Huber, Vermögensanteil, 30 ff.; Rittner, Person, 257. 381 Grundlegend BGHZ 145, 341; siehe § 2 B III (S. 13). 377
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§ 3: Organisationen für Sondervermögen
Rechtsfähigkeit notwendigen Publizität durch Eintragung fehlt. Vor allem aber verstößt dieses Verständnis gegen den Willen des Gesetzgebers382 und das geschriebene Recht383. Nicht nur von den Gegnern der Rechtsfähigkeit ist darauf hingewiesen worden, dass §§ 718 f., 738 S. 1, 54 BGB, 50 Abs. 2, 736 ZPO mit der Rechtsfähigkeit der GbR unvereinbar sind, sondern auch Befürworter haben diese Unvereinbarkeit zugestanden,384 andere freilich auch geleugnet385. aa) Einordnung der Geschäftsführung als Handlungssubjekt Diese Kontroverse soll nicht erneut umfassend geführt werden. Der bisherige Gang der Untersuchung legt aber insbesondere eine Betrachtung von § 718 BGB nahe. Diese Bestimmung wird zu Recht deswegen als Beleg dafür angeführt, dass das geschriebene Recht die Rechtsfähigkeit der GbR nicht vorsieht, weil sie das Gesellschaftsvermögen als gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter definiert.386 Diese Bestimmung verwendet aber ferner, um zu bestimmen, was Gesellschaftsvermögen ist, drei Vermögenszuordnungsklauseln. So enthält § 718 Abs. 2 BGB die Rechts- und die Ersatzklausel. § 718 Abs. 1 Fall 2 BGB enthält eine besondere Klausel für den rechtsgeschäftlichen Erwerb, indem die »durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände« dem Gesellschaftsvermögen zugeordnet werden. Wenn man die GbR als rechtsfähig behandelt, verlieren diese Klauseln ihre Bedeutung. Die von der Rechts- oder Ersatzklausel betroffenen allgemeinen gesetzlichen Erwerbstatbestände würden an die bestehenden Rechte der GbR anknüpfen und der GbR die aus ihnen folgenden Rechte zuordnen, ohne dass es der besonderen Zuordnungsklausel bedürfte. Der rechtsgeschäftliche Erwerb würde darauf beruhen, dass die GbR selbst die entsprechenden Tatbestände verwirklicht, weil ihr die Intellektbetätigungen ihres Geschäftsführungsorgans zugerechnet werden. Würde man bei Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR § 718 BGB noch einen Anwendungsbereich belassen wollen, bedeutete diese Regelung eine nicht zu erklärende Bevorzugung der GbR gegenüber anderen rechtsfähigen Organisationen. Die Rechtsfähigkeit der GbR lässt sich daher lediglich als Rechtsfortbildung erklären. Für eine solche Rechtsfortbildung bedarf es eines Bedürfnisses.387 Ein Bedürfnis nach Verselbstständigung wird weithin für die Außengesellschaften, jedenfalls die »unternehmerisch« tätigen, gesehen. Dem so erkannten Bedürfnis kann man allerdings, ohne eine Rechtsfähigkeit der Gesellschaft anzunehmen, gesetzesnäher dadurch Rechnung tragen, dass man die GbR als verselbstständigtes, weil mit einem spezifischen Handlungssubjekt ausgestattetes, aber nicht 382 Prot. II, 429 f.; Denkschrift, Mugdan II, 1259 f., ist eine Festlegung auf das traditionelle Gesamthandsverständnis zu entnehmen, ebenso K. Schmidt, NJW 2001, 993, 996; a. A. Huber, Festschrift Lutter, 107, 121. 383 Zöllner, Festschrift Kraft, 701, 702 f. 384 K. Schmidt, NJW 2001, 993, 996 f.; Ulmer, AcP 198 (1998), 113, 115 f., 137; Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 317 ff. 385 BGHZ 146, 341, 346 f., 347, 353 ff.; Wertenbruch, Haftung, 122 ff. 386 K. Schmidt, NJW 2001, 993, 996; Zöllner, Festschrift Kraft, 701, 702. 387 Allgemein Larenz/Canaris, Methodenlehre, 232 ff.; Prütting, Festschrift Universität zu Köln, 305, 322 f.; zur GbR Canaris, ZGR 2004, 69, 78 ff.; Prütting, Festschrift Wiedemann, 1184, 1192 ff.; zur Erbengemeinschaft Bork, 100 Jahre, 181, 184.
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C. Dynamik von (Sonder-)Vermögen
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rechtsfähiges Sondervermögen anerkennt. Auch diese Sichtweise trägt dem Bedürfnis Rechnung, dass die Geschäftsführung der GbR spezifische Wirkungen für das Gesellschaftsvermögen herbeiführen kann. Vorteil dieser Sichtweise gegenüber der Anerkennung der Rechtsfähigkeit ist allerdings, dass Endpunkt aller Rechtsbeziehungen die Gesellschafter sind. Probleme aus der fehlenden Publizität der GbR sind gemindert. Die Fragen, wer bei einem Erwerb eines Grundstücks durch »eine GbR«388 einzutragen oder wer bei der Beteiligung einer »GbR« an einer Handelsgesellschaft (§ 162 Abs. 1 S. 2 HGB)389 beim Handelsregister anzumelden ist, entpuppen sich als Scheinprobleme. Es sind die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit einzutragen, weil sie Rechtsträger sind. Gerade hier zeigt sich auch der Unterschied zur OHG, die nach der ausdrücklichen Bestimmung in § 124 Abs. 1 HGB Eigentum und dingliche Rechte an Grundstücken erwerben kann. Vorteil dieser Sichtweise ist schließlich, dass weitere Fragen wie die nach der Fähigkeit der GbR, Erbe390, Inhaber einer Marke391 oder Verwalter nach dem WEG392 zu sein, nicht schematisch aufgrund der behaupteten Rechtsfähigkeit der GbR,393 sondern anhand der maßgeblichen Wertungen des einzelnen Sachproblems gelöst werden können.394 Die so befürwortete Beschreibung der Geschäftsführung der GbR als ein spezifisches Handlungssubjekt ist auch nicht neu, sondern wurde von den Vertretern der traditionellen Gesamthandslehre vielfach verwendet.395 Die Rechtsfolgen aus dieser Erkenntnis wurden indessen noch nicht in aller Deutlichkeit gezogen. Sämtliche Einzelprobleme im Recht der GbR lassen sich auf dieser Grundlage im Anschluss an die bereits gemachten allgemeinen Ausführungen klar formulieren:396 (1) Folgen im materiellen Recht. Die Geschäftsführung der GbR verpflichtet, sei es durch rechtsgeschäftliche oder durch deliktische397 Schuldbegründung, die 388 BGH NJW 2004, 3632, 3634; BayObLG NJW 2003, 70; NJW-RR 2002, 1363; OVG Münster NVwZ-RR 2003, 149; Wagner, ZIP 2005, 637; Wiedemann, GesR II, § 7 III 2 b. 389 BGHZ 148, 291. – Der Gesetzgeber wollte mit dem durch das ERJuKoG v. 10.12.2001 (BGBl. I, 3422) in § 162 Abs. 1 HGB eingefügten Satz 2 die materielle Frage, wann eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Kommanditistin werden kann, nicht entscheiden, für den Fall der materiell wirksamen Beteiligung aber die Offenlegungserfordernisse klarstellen, siehe Begr. zu § 162 HGB, Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT Drucks. 14/7348, S. 29. 390 Ablehnend noch BayObLGZ 1998, 100, 102. – Für Erbfähigkeit der GbR wegen ihrer Rechtsfähigkeit Hadding, ZGR 2001, 712, 725; MünchKommBGB-Leipold, § 1923 Rn. 31; Ulmer, ZIP 2001, 585, 596. 391 Ablehnend noch BGH NJW-RR 2001, 114, 116. – Für Markenrechtsfähigkeit der GbR wegen ihrer Rechtsfähigkeit Hadding, ZGR 2001, 712, 727; K. Schmidt, NJW 2001, 993, 997 f. 392 Ablehnend BGH NJW 2006, 2189, in Fortführung von BGHZ 107, 268, 272. – Für die Zulässigkeit der GbR als Verwalter wegen ihrer Rechtsfähigkeit OLG Frankfurt NZM 2005, 866; Schäfer, NJW 2006, 2160 ff.; Hadding, ZGR 2001, 712, 727; Ulmer, ZIP 2001, 585, 587 f. 393 So aber etwa Hadding, ZGR 2001, 712, 726 f.; vgl. auch Wagner, ZIP 2005, 637, 641 ff., zur Grundbuchfähigkeit. 394 Entsprechend argumentiert Canaris, ZGR 2004, 69, 86 ff., für die Gesellschafterhaftung. 395 Vgl. die die Gesamthand beschreibenden Formulierungen von Hueck, Festschrift Zöllner, 275, 278, 288: »Organisation«; Zöllner, Festschrift Gernhuber, 563, 568: »handlungsfähige Gruppe«; ders., Festschrift Kraft, 701, 705: »verselbständigte Wirkungseinheit«. 396 Siehe oben C II 2 (S. 54 ff.). 397 Zur Anwendbarkeit von § 31 BGB BGHZ 154, 88, 93 ff.; zust. Armbrüster, ZGR 2005, 34, 56; K. Schmidt, NJW 2003, 1897, 1898 ff.
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§ 3: Organisationen für Sondervermögen
Gesellschafter als Sondervermögensträger. Für diese Schulden haftet unmittelbar aber lediglich das Gesellschaftsvermögen. Diesem Verständnis steht § 714 BGB nicht entgegen. Danach vertreten die geschäftsführenden Gesellschafter zwar die übrigen Gesellschafter. Der Auslegung steht aber offen, worauf sich die Vertretung erstreckt. Richtigerweise beschränkt sich die Vertretung der anderen Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen. Für diese Vertretung der Gesellschafter bedarf es einer besonderen Anordnung, weil bei den Personengesellschaften die Gesellschafter geborene Organmitglieder sind.398 Sollen nicht alle dieser geborenen Organmitglieder als Gesamtvertreter handeln, müssen die Handelnden ihre Handlungsmacht auch von den anderen Organmitgliedern ableiten. Diese Ableitung der Handlungsmacht (Vertretungsmacht) gewährleistet § 714 BGB. Neben die auf das Gesellschaftsvermögen beschränkte rechtsgeschäftliche Haftung tritt eine gesetzliche Haftung der Gesellschafter, deren Grenzen und Umfang mangels ausdrücklicher Regelung noch näher zu präzisieren sind.399 Für unternehmerische, verstanden als wirtschaftlich tätige, Gesellschaften bietet sich die vom BGH befürwortete Analogie zu § 128 HGB an, für freiberuflich tätige Gesellschaften mag eine Privilegierung nach dem Modell von § 8 PartGG angemessen sein400. Für nicht wirtschaftliche Gesellschaften sind Einwände unter Verweis auf die anerkannte Rechtslage bei den nicht wirtschaftlichen nicht rechtsfähigen Vereinen erhoben worden.401 Kritische Stimmen richten sich ferner gegen eine Gesellschafterhaftung für deliktische Verbindlichkeiten.402 Zu Verfügungen über Gesellschaftsgegenstände ist als Ausprägung des Sondervermögenscharakters entsprechend § 719 Abs. 1 BGB nicht der einzelne Gesellschafter, sondern nur die Geschäftsführung der GbR berechtigt. Ob als Geschäftsführer alle Gesellschafter wie Gesamtvertreter oder aber einzelvertretungsberechtigte Gesellschafter handlungsbefugt sind, richtet sich wiederum nach § 714 BGB. Rechtsgeschäftlicher Erwerb von Gegenständen für die GbR kann in Übereinstimmung mit § 718 Abs. 1 Fall 2 BGB ebenfalls allein auf Handeln der Geschäftsführung beruhen. § 718 Abs. 2 BGB behält gleichzeitig einen Anwendungsbereich, soweit der gesetzliche Rechtserwerb betroffen ist. (2) Folgen im Prozess. Im Prozess wird die Geschäftsführung der GbR, sprich die GbR, Partei. Die geschäftsführenden Gesellschafter sind Vertreter. Die Rechtskraft bindet nur dieses Prozesssubjekt. Die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ist aufgrund eines Titels gegen die GbR möglich (§ 735 ZPO analog). 398
Ausführlich § 5 C II 2 (S. 180). Für eine umfassende Gesellschafterhaftung analog §§ 128 ff HGB insbesondere MünchKommBGB-Ulmer, § 714 Rn. 37 ff.; für eine restriktive, an den bislang anerkannten Grundsätzen orientierte Handhabung indessen Canaris, ZGR 2004, 69, 86 ff.; restriktiv ferner Armbrüster, ZGR 2005, 34, 49 ff. 400 BGHZ 154, 370, 372 ff.; krit. K. Schmidt, NJW 2003, 1897, 1902. 401 Beuthien, JZ 2003, 969, 970 ff.; im Ergebnis auch Canaris, ZGR 2004, 69, 74, 101. – Zu bedenken sind freilich die Unterschiede zwischen der Selbstorganschaft und Fremdorganschaft. Die selbstorganschaftliche Geschäftsführung der GbR macht alle Gesellschafter zu »Mithandelnden« nach § 54 S. 2 BGB, siehe § 5 C II 2 a (S. 180). 402 So Armbrüster, ZGR 2005, 34, 56 ff.; Canaris, ZGR 2004, 69, 109 ff.; Flume, DB 2003, 1775 ff.; dagegen MünchKommBGB-Ulmer, § 714 Rn. 38. 399
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Die Gesellschafter sind also zunächst nur wegen ihrer Rechtsträgerschaft hinsichtlich des Gesellschaftsvermögens betroffen. Der Gesellschaftsprozess ist vom Gesellschafterprozess zu trennen. In den prozessualen Ergebnissen unterscheidet sich dieses Konzept nicht von der heute herrschenden Ansicht, die die Parteifähigkeit auf die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft stützt. Diese Anerkennung der GbR als Prozesssubjekt beruht auf einer Rechtsfortbildung. Es wird zwar nicht das materielle Recht fortgebildet. Es liegt aber eine Fortbildung im Prozessrecht vor, die in der Zwangsvollstreckung mit dem Normtext von § 736 ZPO kollidiert.403 Für die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ist nicht mehr ein Titel gegen alle Gesellschafter »erforderlich«, sondern analog § 735 ZPO reicht auch ein Titel gegen die Geschäftsführung der Gesellschaft. Der Grund für diese Rechtsfortbildung liegt darin, prozessual Wirkungen des Geschäftsführerhandelns zu erzeugen, die der materiellen Handlungsmacht der Geschäftsführung entsprechen. Dieses Anliegen machen die Verfechter einer Rechtsfähigkeit der GbR für die prozessuale Folge der Parteifähigkeit geltend.404 Auch wird der traditionellen Lehre vorgeworfen, dass auf ihrer Basis gerade prozessrechtlich keine Möglichkeit aufgezeigt wurde, diese Diskrepanz von materieller Verfügungsbefugnis durch die Geschäftsführung und Prozessführungsbefugnis zu entwickeln.405 Dieses Versäumnis wird so nachgeholt. Schließlich lässt sich der Gedanke der besonderen Prozessmacht der Geschäftsführung bereits in den Gesetzesmaterialien finden, die freilich nicht widerspruchsfrei sind.406 Die Rechtsfortbildung wird also deswegen erleichtert, weil sie nicht gegen ein klares Anliegen des Gesetzgebers verstößt. Sondern sie zieht Konsequenzen aus Erkenntnissen, die durch die Entwicklung der Gesamthandslehre im vergangenen Jahrhundert gewonnen wurden. Die Rechtsfortbildung geht auch keineswegs so weit, § 736 ZPO durch § 124 Abs. 2 HGB zu ersetzen.407 Sie beschränkt sich vielmehr darauf, in § 736 ZPO »erforderlich« durch »auch genügend« zu ersetzen. Die Vollstreckung aus Titeln gegen alle Gesellschafter bleibt dann, wie es gar auf Grundlage einer Rechtsfähigkeit der GbR durchaus vertreten wird,408 möglich. Denn das Gesellschaftsvermögen soll zwar eine spezifische Verwaltung durch die Geschäftsführung ermöglichen. Das Gesellschaftsvermögen haftet aber – weil Drittinteressen nicht betroffen sind – für Schulden aller Gesellschafter, nicht nur für durch die Geschäftsführung begründete. bb) Kein Rechtsfähigkeitsbedürfnis Der BGH hat die Rechtsfähigkeit der GbR damit begründet, dass sich nur so die Auswirkungen eines Mitgliederwechsels in der GbR, die Möglichkeit der Um403 404 405 406 407
Anders indessen das Verständnis des § 736 ZPO von Hadding, ZGR 2001, 712, 731. Wertenbruch, Haftung, 311. Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 328, 331. Prot. II, 436; dazu Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 328, 331. So aber MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 321; ähnlich Hadding, ZGR 2001, 712,
734. 408 BGHZ 145, 341, 356; BGH ZIP 2004, 1775, 1777; K. Schmidt, NJW 2001, 993, 1000; Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 340 f.; Wertenbruch, Haftung, 135 ff.
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wandlung der GbR in eine rechtsfähige Organisationsform bzw. umgekehrt einer rechtsfähigen Organisation in die GbR und die Insolvenzfähigkeit der GbR (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO) erklären ließen.409 Sieht man die GbR als verselbstständigtes Sondervermögen mit spezifischem Handlungssubjekt an, lassen sich diese Institute ebenfalls ohne weitere Probleme erklären: Der Mitgliederwechsel führt zu einer Veränderung der Zuordnungsendpunkte von den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechten und Pflichten. Diesen Wechsel müssen die übrigen am Rechtsverkehr Beteiligten (insbesondere Vertragspartner) hinnehmen, weil ihr Rechtsverhältnis mit den Gesellschaftern hinsichtlich des Gesellschaftsvermögens als Sondervermögen besteht und regelmäßig durch rechtsgeschäftlichen Kontakt mit dem Geschäftsführungsorgan eingegangen wurde. Schutz kann dem Rechtsverkehr durch eine (gesetzliche) Haftung der Neugesellschafter für die Altverbindlichkeiten410 und eine Nachhaftung der Altgesellschafter gewährt werden. Die Umwandlungen411 zwischen OHG und GbR fußen auf dem in dieser Untersuchung als Ausprägung der Sondervermögenstheorie entwickelten einheitlichen Gesamthandsprinzip. Es unterscheidet sich lediglich die Qualität der Verselbstständigung. Da das Gesellschaftsvermögen aber in beiden Fällen über ein besonderes – von der Umwandlung nicht betroffenes – Handlungssubjekt verfügt und die Haftung der Gesellschafter mit ihrem freien Vermögen für Gesellschaftsverbindlichkeiten auf einer einheitlichen gesetzlichen Grundlage basiert, ist der Wechsel zwischen diesen Formen der Gesamthandsgesellschaft konstruktiv unproblematisch. Auch die Insolvenzfähigkeit offenbart keine Widersprüche. Denn Insolvenzfähigkeit ist – wie bereits erläutert –412 nicht unbesehen mit der der GbR fehlenden Rechts- oder der der GbR zustehenden Parteifähigkeit gleichzusetzen. cc) Fazit Das vorgestellte Konzept, die GbR als nicht rechtsfähige Gesamthandsgesellschaft mit spezifischem Handlungssubjekt zu begreifen, ähnelt stark der lange Zeit herrschenden Interpretation der OHG.413 Die OHG wurde ungeachtet der Formulierungen in § 124 HGB aufgrund ihres Charakters als Gesamthand nicht als rechtsfähiges Subjekt, sondern als Sondervermögen der Gesellschafter interpretiert.414 Auch ergeben sich im Ergebnis keine bedeutenden Unterschiede zu den Ergebnissen, die man erzielt, wenn man von der Rechtsfähigkeit der GbR ausgeht. Die wünschenswerte Verselbstständigung der GbR ist aber auf eine gesetzesnähere Grundlage gestellt. Begrüßenswerterweise bleibt schließlich die Re409
BGHZ 146, 341, 345 f. Weitgehend BGHZ 154, 370, 372 ff.; zust. K. Schmidt, NJW 2003, 1897, 1901; krit. Armbrüster, ZGR 2005, 34, 49 ff.; Canaris, ZGR 2004, 69, 114 ff. 411 Einwände von BGHZ 146, 341, 346. 412 Siehe C II 2 d cc (S. 61 f.). 413 Vgl. zur Entwicklung des Meinungsstandes zur OHG aus prozessualer Sicht Oberhammer, OHG, 4 ff. 414 Dazu Huber, Vermögensanteil, 105; Kämmerer, NJW 1966, 801 ff.; Weber-Grellet, AcP 182 (1982), 316, 328; vgl. zum Prozess ferner Henckel, Parteilehre, 177 ff. 410
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gisterpublizität als Hürde zur Rechtsfähigkeit erhalten. Diese Hürde besteht nämlich im Recht der OHG durchaus noch. Zwar entsteht die OHG unabhängig von der Eintragung und wird so auch rechtsfähig. Die Gesellschafter sind aber verpflichtet, die Gesellschaft zur Eintragung anzumelden. Dazu sind sie ggf. durch Zwangsgeld anzuhalten (§§ 108, 14 HGB 132 ff. FGG). Ohne Eintragung kann sich der Rechtsverkehr auf die fehlende Rechtsfähigkeit berufen (§§ 15, 106 f. HGB). b) Der nicht rechtsfähige Verein Der nicht rechtsfähige Verein ist entsprechend der Verweisung in § 54 S. 1 BGB ebenfalls als ein mit einem spezifischen Handlungssubjekt ausgestattetes nicht rechtsfähiges Sondervermögen der Gesellschafter anzusehen. Rechte und Verbindlichkeiten sind also den Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Gebundenheit zugeordnet. Handlungssubjekt ist der Vorstand des Vereins. Im Unterschied zu der GbR haften aber nicht alle Mitglieder kraft Gesetzes für Verbindlichkeiten des Vereins. Denn dieser betreibt kein Unternehmen. Ein Schutz des Rechtsverkehrs wird durch die Handelndenhaftung in § 54 S. 2 BGB gewährleistet. Für den nicht rechtsfähigen Verein stellt sich freilich im Hinblick auf § 50 Abs. 2 ZPO die spezifische Frage, inwieweit auch ihm die aktive Parteifähigkeit zuerkannt werden kann. Mittlerweile wird aus der Anerkennung der Parteifähigkeit der GbR auch auf die aktive Parteifähigkeit des nicht eingetragenen Vereins geschlossen (§ 54 S. 1 BGB).415 Gerhard Wagner ist diesem Schluss entgegengetreten.416 Die Entscheidung muss man davon abhängig machen, welchen Wert man dem rechtspolitischen Zweck des § 50 Abs. 2 ZPO heute noch zuweist, vom Verein eine Registrierung zu verlangen. Die Begründungslast liegt angesichts der erforderlichen Rechtsfortbildung freilich bei denen, die die aktive Parteifähigkeit des nicht rechtsfähigen Vereins fordern. § 54 S. 1 BGB reicht als Begründung nicht. Zu belegen wäre nämlich, dass dieser Verweis nicht bloß als statischer, sondern als dynamischer gemeint war, der eine Rechtsfortbildung einschließt. c) Vorgesellschaften Schließlich sind in Konsequenz der vorgestellten Konzeption auch die Vorgesellschaften als ein mit einem spezifischen Handlungssubjekt ausgestattetes, aber mangels Eintragung nicht rechtsfähiges Sondervermögen anzusehen. Der oder die Vorgesellschafter ist oder sind Zuordnungsendpunkt der Rechte und Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft. Spezifisches Handlungssubjekt ist das für die Gesellschaft bereits eingerichtete Geschäftsführungsorgan. Dieses Organ kann bereits durch Handeln »im Namen der Gesellschaft« spezifische Rechtsfolgen 415 KG MDR 2003, 1197; AG Witzenhausen NJW-RR 2003, 614, 615; Hess, ZZP 117 (2004), 267, 292 f.; MünchKommZPO-Lindacher, § 50 Rn. 37; K. Schmidt, NJW 2001, 993, 1003; Musielak-Weth, § 50 Rn. 29. 416 Wagner, ZZP 117 (2004), 305, 358 ff.; ferner Stein/Jonas-Bork, § 50 Rn. 30.
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für das Gesellschaftsvermögen herbeiführen, jedenfalls wenn die Gesellschafter der Geschäftsaufnahme zugestimmt haben. Die Gesellschafter haften dann für die begründeten Verbindlichkeiten kraft Gesetzes. Nach Ansicht des BGH ist die Haftung allerdings, solange die Eintragung noch angestrebt und nicht gescheitert ist, im Vorgriff auf das Haftungsprivileg der eingetragenen Gesellschaft als Binnenhaftung ausgestaltet.417 Neben der Gesellschafterhaftung besteht die gesetzliche Handelndenhaftung (§§ 11 Abs. 2 GmbHG, 41 Abs. 1 S. 2 AktG). Erfolgt die Eintragung, bleibt die Zusammensetzung von Aktiv- und Passivmasse des Gesellschaftsvermögens identisch.418 Es wechselt aber das Zuordnungssubjekt kraft Gesetzes. Rechte und Pflichten gehen von den Gesellschaftern auf die nunmehr rechtsfähige (eingetragene) Gesellschaft über. d) Zusammenfassung Der vorstehende Überblick macht deutlich, dass die Gesamthandsgesellschaften, die anders als die Personenhandelsgesellschaften vom Gesetz nicht als rechtsfähig anerkannt sind, einheitlich als Sondervermögen mit einem verselbstständigten Handlungssubjekt einzuordnen sind. Auf diese Weise wird die Dynamik des Gesellschaftsvermögens gewährleistet, die notwendig ist, damit die Gesellschaft ihren Gesellschaftszweck verfolgen kann. Verselbstständigtes Handlungssubjekt ist das Geschäftsführungsorgan, dem es vom Gesetz (ausdrücklich oder konkludent) ermöglicht ist, durch Handeln in seiner Funktion, also im Namen der Gesellschaft, spezifische das Gesellschaftsvermögen betreffende Wirkungen herbeizuführen. Zuordnungssubjekt der vom Gesellschaftsvermögen umfassten Rechte und Pflichten sind aber die Gesellschafter, da es diesen Gesellschaften nach der gesetzlichen Regelung an Rechtsfähigkeit fehlt. Daher kommt den Rechtszuordnungsklauseln (sog. Klauseln der dinglichen Surrogation) auch für solche Tatbestände eine Bedeutung zu, die nicht an Handlungen eines Subjekts, sondern an die Rechtsträgerschaft anknüpfen (Rechts- und Ersatzklausel). Das Handeln für diese Gesellschaften bedeutet aber kein Handeln mit beschränkter Haftung. Kraft Gesetzes haften für die Gesellschaftsschulden stets die für die Gesellschaft handelnden Organe. Für die Gesellschaften, deren Verfassung auch eine Fremdorganschaft ermöglicht, haften die Handelnden kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung. Für die Personengesellschaften ergibt sich die Handelndenhaftung als Bestandteil der – abgesehen von § 128 HGB – nicht gesetzlich gefassten, aber mittlerweile anerkannten Gesellschafterhaftung. Diese Gesellschafterhaftung muss jedenfalls die (Haftung auslösend) handelnden Gesellschafter treffen, bei den unternehmenstragenden Gesellschaften alle Gesellschafter.
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BGHZ 152, 290; 134, 333. Zur Diskussion über die Identität von Vorgesellschaft und eingetragener Gesellschaft siehe nur K. Schmidt, GesR, § 11 IV 2 c, 4. 418
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3. Erbengemeinschaft In der Erbengemeinschaft besteht eine ganz andere Interessenlage. Um einen Interessenausgleich zwischen den Miterben hinsichtlich des Nachlasses zu ermöglichen und um die Nachlassgläubiger zu befriedigen419, bedarf es nicht der uneingeschränkten Dynamik des Nachlasses vermittelt durch ein verselbstständigtes Handlungssubjekt. Dem entsprechend unterscheiden sich die gesetzlichen Regelungen der Erbengemeinschaft erheblich von denen der GbR. Während im Recht der GbR von der Geschäftsführung als selbstständiger Organisationseinheit in §§ 714, 718 Abs. 1 BGB gehandelt wird, fehlt es für die Gesamthand Erbengemeinschaft an einem verselbstständigten Funktionsträger. Verwaltung und Nutzung des Nachlasses werden durch Verweis auf die Bruchteilsgemeinschaft geregelt, für die es an jeglicher Verselbstständigung (selbst einem Sondervermögen) fehlt.420 Handelnde sind also die Erben selbst. Sie verpflichten und berechtigen sich selbst. Inwieweit neu entstehende Rechte dem Gesamthandsvermögen zuzuordnen sind, hängt von der Zuordnungsklausel (sog. dingliche Surrogation) in § 2041 BGB ab. Diese Bestimmung enthält indessen (neben Rechts- und Ersatzklausel) lediglich die übliche Beziehungsklausel, nimmt also auch nicht auf das Handeln eines besonderen Handlungssubjekts »für die Erbengemeinschaft« Bezug. Da kein besonderes Handlungssubjekt für die Erbengemeinschaft geschaffen ist, bedarf es – anders als im Recht der GbR – noch einer ausdrücklichen Bestimmung, wie die dem Sondervermögen zugeordneten Rechte ausgeübt werden können (§§ 2039 f. BGB). Auch insoweit wird kein besonderes Handlungssubjekt geschaffen, sondern auf die Handlungen der Teilhaber – abermals wie bei der Bruchteilsgemeinschaft in § 747 S. 2 BGB – verwiesen.421 Die Erbengemeinschaft gehört somit zu denjenigen Sondervermögen, denen es an jeder Verselbstständigung fehlt. Dieses Verständnis der Erbengemeinschaft versagt selbst dann nicht, wenn ein einzelkaufmännisches Unternehmen zum Nachlass gehört. Freilich wirft diese Konstellation besondere Probleme auf, weil die erbrechtlichen und handelsrechtlichen Regelungen und Grundsätze in Übereinstimmung gebracht werden müssen. Die Unterschiede zwischen Erbrecht und Handelsrecht zeigen sich schon bei der Analyse des Erbgangs selbst. Bezugspunkt des Erbrechts sind die Rechte und Pflichten des Erblassers. Zu diesen zählen auch die im Unternehmen zusammengefassten Rechte (Anlage- und Umlaufvermögen) und Pflichten. Inhaber dieser Rechte werden mit dem Erbfall die Erben in gesamthänderischer Verbundenheit (§ 1922 BGB). Das Handelsrecht blickt indessen auf das Unternehmen und seinen Träger.422 Die Beziehung des Unternehmensträgers zum Unternehmen lässt sich indessen nicht als Zuordnung eines nach § 1922 BGB übergehenden Rechts beschreiben. Die Unternehmensträgerschaft ist vielmehr – wie Karsten Schmidt formuliert – »ein Organisationsund Tätigkeitsrahmen, der die Rechtszuordnung im Außenverhältnis legiti419 420 421 422
Vgl. zu den Zwecken der Erbengemeinschaft Dauner-Lieb, Sondervermögen, 338. Siehe § 4 B I (S. 110). Siehe A IV 2 b (S. 45). Grundlegend K. Schmidt, HandelsR, § 4, passim, insbesondere § 4 IV 2.
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miert«.423 Diesen Organisationsrahmen kann eine Erbengemeinschaft im Augenblick des Erbfalles nur schwerlich bieten. Ihr fehlt es an Verselbstständigung und handlungsfähigen Organen.424 Die Erben müssen erst gemeinsam gem. §§ 745 Abs. 1, 2038 Abs. 2 BGB ihren Willen bilden, wie sie mit dem Unternehmen verfahren wollen. Dennoch sind mehrere Erben in Erbengemeinschaft schon ab dem Zeitpunkt des Erbfalls als Unternehmensträger anzusehen.425 Denn wie Rechte nicht ohne Rechtsinhaber sein können, so bedarf jedes Unternehmen eines Trägers. Die Zuordnung des Unternehmens an die Erbengemeinschaft ist aber mit der Unsicherheit belastet, wie die Erben mit dem Unternehmen verfahren. Dieser Unsicherheit trägt auch die Dreimonatsfrist in § 27 Abs. 2 HGB Rechnung. Den Erben steht ein bunter Strauß an Möglichkeiten offen, wie sie mit dem Unternehmen verfahren. Sie können das Unternehmen einstellen oder veräußern. Sie können es auch in einer vom Handelsrecht vorgegebenen Form fortführen. So können alle oder einige Erben eine Personenhandelsgesellschaft gründen. Das setzt keine (kostenintensive) Übertragung des Anlagevermögens aus dem gesamthänderisch gebundenen Nachlass voraus.426 Es kann als Einlage in die Gesellschaft vereinbart werden, dass die Erben/Gesellschafter daran mitwirken, das Umlaufvermögen einzubringen und der Gesellschaft Nutzungsrechte am Anlagevermögen zu gewähren.427 Manche Erben können sich, um eine Außenhaftung zu vermeiden, auch als stille Gesellschafter beteiligen. In Betracht kommt schließlich, das Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft einzubringen. Das eigentliche Problem der Erbengemeinschaft nach einem Einzelkaufmann besteht darin, ob die Erben das Unternehmen auch in Erbengemeinschaft fortführen können. Diese Frage wird heute mit Recht bejaht,428 so dass dem (übereinstimmenden) Beschluss der Erben, das Unternehmen fortzuführen, nicht die Gründung einer OHG zu entnehmen ist429. Die daraus folgende gemeinschaftliche Stellung der Erben als Unternehmensträger ist dem Handelsrecht fremd: Es kennt nur entweder den Einzelkaufmann oder die Handelsgesellschaft als Unter423
K. Schmidt, HandelsR, § 4 IV 2 b. Vgl. K. Schmidt; HandelsR, § 5 I 3 b. 425 Vgl. K. Schmidt, HandelsR, § 5 I 1 d bb, § 8 IV 2 c. 426 So aber Wolf, AcP 181 (1981), 480, 486 ff. Wolf äußert das Bedenken, die Gesellschaftsgläubiger könnten aus einem Titel gegen die Gesellschaft (§ 124 Abs. 2 HGB) nicht in zum Handelsgeschäft gehörende Vermögensgegenstände vollstrecken, soweit diese noch zum Nachlass gehörten (§ 747 ZPO). Das ist richtig, nötigt aber jedenfalls nicht zu einer Übertragung der Gegenstände des Anlagevermögens. Auch in den Fällen von Unternehmenspacht oder -nießbrauch gehört das Anlagevermögen nicht zum Unternehmensvermögen (K. Schmidt, HandelsR, § 6 III 2, 3). Den Gläubigern bleibt überdies, sich die Haftung der Erben aus § 128 HGB titulieren zu lassen und auf dieser Grundlage in den Nachlass zu vollstrecken. 427 MünchKommHGB-Lieb, § 27 Rn. 76; im Ansatz bereits Sobich, Erbengemeinschaft, 119; Stahl, Minderjährigenschutz, 109; kritisch K. Schmidt, NJW 1985, 2785, 2788 428 BGHZ 92, 259; Canaris, HandelsR, § 9 Rn. 1 ff.; Eberl-Borges, Erbauseinandersetzung, 42 f.; Hüffer, ZGR 1986, 603, 609 ff.; MünchKommHGB-Lieb, § 27 Rn. 69 ff.; K. Schmidt, NJW 1985, 2785, 2787 f.; Wolf, AcP 181 (1981), 480, 482 ff.; vgl. ferner die ausführliche Übersicht über den Streitstand bei Hohensee, Erbengemeinschaft, 27 ff. 429 Anders insbesondere Fischer, ZHR 144 (1980), 1, 13 ff.; ferner Sobich, Erbengemeinschaft, 78 ff.; Stahl, Minderjährigenschutz, 98 ff.; vgl. schließlich zur Abgrenzung von tatsächlicher Fortführung und dem Tatbestand einer Willenserklärung Lieb, Ehegattenmitarbeit, 20 ff., 40 f. 424
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nehmensträger. Man braucht, um diese Lücke zu schließen, aber keineswegs die Erbengemeinschaft im Wege einer Rechtsfortbildung so weit zu verselbstständigen, dass sie ein sehr stark der OHG angenähertes Subjekt darstellt, das tauglicher Unternehmensträger ist.430 Man muss sich vielmehr für diesen Fall von dem Grundsatz lösen, dass jedes Unternehmen einem einheitlichen Subjekt zugeordnet sein muss, das rechtsfähig, parteifähig, insolvenzfähig und handlungsfähig ist. Es treten besondere Institute des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts an die Stelle, die das Fehlen eines einheitlichen Unternehmensträgers kompensieren:431 Die einheitliche Zuordnung des Unternehmensvermögens wird durch die gesamthänderische Bindung der Erben sichergestellt. § 2041 BGB gewährleistet, dass jedenfalls die wesentlichen Bestandteile des Unternehmens den Erben wiederum gesamthänderisch zugeordnet werden. Die Handlungseinheit der Gemeinschaft sowohl auf materieller als auch auf prozessualer Ebene wird durch ihre Firma hergestellt.432 Für jedes Unternehmen kann unter einer Firma gehandelt werden, die grundsätzlich den Handelsnamen des Unternehmensträgers darstellt.433 Auch die Erben als gemeinschaftliche Unternehmensträger in Erbengemeinschaft müssen unter einer einheitlichen Firma mit aussagekräftigem Rechtsformzusatz entsprechend § 18 HGB auftreten.434 Diese Firma vermittelt der Erbengemeinschaft zwar keine Verselbstständigung zu einem Handlungssubjekt. Handlungssubjekt bleiben gemäß der bürgerlich-rechtlichen Verfassung der Erbengemeinschaft die Erben selbst. Der Umgang des Rechtsverkehrs mit der möglichen Vielzahl an Unternehmensträgern wird aber vereinfacht. Das Handeln für und gegen die Firma wirkt für alle Unternehmensträger (Erben) hinsichtlich des Nachlasses und ihres freien Vermögens. Es wird so kein unternehmerisches Handeln mit beschränkter Haftung ermöglicht.435 Zwar gilt keine Einzelvertretungsmacht wie nach § 125 BGB mit gesetzlicher Haftung aller Erben (§ 128 HGB). Es gilt aber die allgemeine Verwaltungsverfassung der Erbengemeinschaft mit ihrem Verweis auf das Recht der Bruchteilsgemeinschaft (§§ 2038, 745 BGB). Die daraus folgende Mehrheitsmacht beinhaltet die Befugnis der Mehrheit, die Minderheit persönlich mit ihrem gesamten Vermögen zu verpflichten.436 Zwar besteht eine solche Macht der Mehrheit aus § 745 BGB grundsätzlich nicht.437 Dadurch, dass sich alle Erben 430
So aber MünchKommHGB-Lieb, § 27 Rn. 78 ff.; K. Schmidt, NJW 1985, 2785, 2789 ff. Ausführlich Bork, 100 Jahre, 181, 186 ff.; Hüffer, ZGR 1986, 603, 620 ff.; Wolf, AcP 181 (1981), 480, 489 ff. 432 Zu diesem Ansatz bereits Bork, 100 Jahre, 181, 193; Hess, ZZP 117 (2004), 267, 294; Wolf, AcP 181 (1981), 480, 493 ff.; vgl. auch Hüffer, ZGR 1986, 603, 621 ff. 433 Allgemein K. Schmidt, HandelsR, § 4 IV 3 a. 434 Röhricht/v. Westphalen-Ammon, § 27 Rn. 40; Canaris, HandelsR, § 9 Rn. 10, 13; Baumbach/Hopt-Hopt, § 22 Rn. 2, 14, § 19 Rn. 2; K. Schmidt, NJW 1998, 2161, 2168; Ebenroth/Boujong/Joost-Zimmer, § 22 Rn. 20. 435 Bork, 100 Jahre, 181, 190 f.; Hüffer, ZGR 1986, 603, 634 ff.; Wolf, AcP 181 (1981), 480, 503 ff.; zu diesem Einwand umfassend Dauner-Lieb, Sondervermögen, 498 ff. 436 Gegen Canaris, HandelsR, § 9 Rn. 15, 18. 437 Ausführlich dazu im Rahmen der Erörterung der Organisationsverfassung der Bruchteilsgemeinschaft § 4 B I 1 b (S. 112 ff.). 431
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aber damit einverstanden erklärt haben, das Unternehmen gemeinschaftlich in Erbengemeinschaft fortzuführen, haben sie sich gleichfalls der umfassenden Verpflichtung durch die Mehrheit der Miterben unterworfen. Denn sie fungieren nunmehr als Unternehmensträger, von dem der Rechtsverkehr die umfassende Haftung erwarten kann. Ersatz für die Insolvenzfähigkeit des Unternehmensträgers ist schließlich (neben der Möglichkeit von Einzelinsolvenzen über das Vermögen der Erben) die Möglichkeit der Nachlassinsolvenz. 4. Gütergemeinschaft Die Gütergemeinschaft wurde bereits zur Veranschaulichung der Problematik eines Sondervermögens ohne Verselbstständigung eingeführt.438 Es handeln allein die Ehegatten, ohne dass sie ihre güterrechtliche Verbundenheit offen zu legen brauchen. Die Wirkungen für die einzelnen Vermögensmassen ergeben sich, sowohl soweit die Zuordnung von Rechten als auch soweit die Haftung für Verbindlichkeiten betroffen ist, aus dem Gesetz. 5. Sondervermögen nach KAGG Dem Sondervermögen von Investmentfonds nach § 6 KAGG fehlt es ebenfalls an jeglicher Verselbstständigung. Es handelt stets die KAG im eigenen Namen.439 Die Verfügungsmacht folgt aus § 9 KAGG. Der Erwerb von Rechten in das Sondervermögen wird ausschließlich440 über die Zuordnungsklauseln (Rechts-, Beziehungs- und Ersatzklausel) in § 6 Abs. 2 KAGG bewirkt.441 Auch Verpflichtungsgeschäfte kann die KAG nur im eigenen Namen abschließen. Nur sie haftet – ganz anders als die sog. Parteien kraft Amtes – mit ihrem eigenen Vermögen. Eine Haftung des Sondervermögens ist wie eine persönliche Verpflichtung der Anteilinhaber verboten (§ 10 Abs. 2 KAGG). Die Haftung der KAG mit ihrem freien Vermögen gilt auch dann, wenn sie ausschließlich im Interesse und für Rechnung des Sondervermögens tätig wird, also etwa für dieses einen Kredit aufnimmt (§ 9 Abs. 3 KAGG).442 Das Sondervermögen haftet lediglich für die Ansprüche der KAG im Innenverhältnis gegen die Anteilinhaber auf Vergütung und Aufwendungsersatz (§§ 10 Abs. 3, 12c Abs. 1 KAGG).
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Siehe C II 3 (S. 62 f.). Roth, Treuhandmodell, 130 f. 440 Roth, Treuhandmodell, 131. 441 Bei der Miteigentumslösung führt diese Zuordnungsklausel ausnahmsweise – wie bei einer dinglichen Surrogation – zu einem Wechsel des Rechtsträgers, da die Rechte von der KAG auf die Anteilinhaber übergehen. Bei der Treuhandlösung liegt indessen eine Zuordnung zwischen den der KAG als Rechtsträger zugeordneten Vermögensmassen vor. 442 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2411, bezeichnet diese Regelung als haftungsrechtliche Irregularität, die dem umfassenden Schutz der Kapitalanleger Rechnung tragen soll. 439
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6. Urhebergemeinschaft Der Gesetzgeber hat die Miturhebergemeinschaft in § 8 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 UrhG als Gesamthandsgesellschaft ausgestalten wollen.443 Dieser Einordnung wird weithin gefolgt.444 Es wird aber auch kritisiert, der Gesetzgeber habe die Natur der Gesamthand mit dieser Bezeichnung verkannt.445 Diese Kritik gründet darauf, dass das Urheberrecht mit der monistischen Theorie lediglich als ein Recht verstanden wird, das alle Befugnisse aus dem Urheberrecht zusammenfasst.446 Die Bindung der Miturheber in § 8 Abs. 2 UrhG bezieht sich aber nicht auf alle aus dem Urheberrecht folgenden Befugnisse, sondern nur auf diejenigen, die Veröffentlichung und Verwertung betreffen. Einzelne urheberpersönlichkeitsbezogene Befugnisse wie das Anerkennungsrecht (§ 13 UrhG) oder das Zugangsrecht (§ 25 UrhG) stehen jedem Miturheber ohne gesamthänderische Bindung zu.447 Es wird daher eingewandt, es könne nicht das gesamte Urheberrecht den Miturhebern in gesamthänderischer Verbundenheit zustehen. Vielmehr bestehe eine Bruchteilsgemeinschaft am Urheberrecht, die in § 8 UrhG allerdings erheblich modifiziert worden sei.448 Eine Entscheidung dieser Kontroverse machte es erforderlich, näher auf die Natur des Urheberrechts einzugehen. Jedenfalls lässt sich die gesetzliche Regelung handhaben und fügt sich auch mit ihrer Qualifizierung bestimmter Befugnisse der Miturheber als gesamthänderisch gebundene Rechte in die hier vertretene Gesamthands- und Sondervermögenslehre ein. Die von der gesamthänderischen Bindung erfassten Rechte zur Veröffentlichung und Verwertung stellen insoweit einen verkehrsfähigen spezifischen Rechtsgegenstand dar, als Nutzungsrechte (§ 31 UrhG) einem anderen eingeräumt werden können. Hinsichtlich des auf ihr Miturheberrecht entfallenden Anteils an diesen und weiteren gemeinschaftlichen Befugnissen besteht die gesamthänderische Bindung der Gesamthänder. Sie können ihr Teilrecht nicht selbstständig ausüben. Die Ausübung (etwa Übertragung) des (gesamten) Urheberrechts richtet sich vielmehr nach den in § 8 UrhG niedergelegten Regeln der Miturhebergesamthand. Das Gesetz hat auch diese Gesamthand als unselbstständiges Sondervermögen ausgestaltet. Die gesamthänderisch gebundenen Rechte können nur von den Gesamthändern (Miturhebern) gemeinschaftlich ausgeübt werden. Im Unterschied zur Erbengemeinschaft statuiert § 8 Abs. 2 UrhG allerdings nicht das Mehrheitsprinzip (§§ 745 Abs. 1, 2038 Abs. 2 BGB), sondern verlangt eine einstimmige Entscheidung über Verwaltungsfragen. Lediglich das Recht, Ansprüche wegen Verletzung des Urheberrechts für alle Urheber geltend zu machen, räumt § 8 Abs. 2 S. 3 UrhG jedem einzelnen Miturheber wie § 2039 BGB jedem einzelnen Miterben ein.
443
BT-Drucks. IV, 270, S. 41. Schricker-Loewenheim, § 8 Rn. 10; Fromm/Nordemann-Nordemann, § 8 Rn. 14; vgl. auch Staudinger-Langhein (2002), § 741 Rn. 135. 445 MünchKommBGB-K. Schmidt, § 741 Rn. 64 f.; Schulze-Osterloh, Prinzip, 33, 133 ff. 446 So etwa Schricker-Schricker, Einl. Rn. 21, § 11 Rn. 2; Fromm/Nordemann-Nordemann, § 11 Rn. 2. 447 Schricker-Loewenheim, § 8 Rn. 10; Fromm/Nordemann-Nordemann, § 8 Rn. 21. 448 MünchKommBGB-K. Schmidt, § 741 Rn. 65; Schulze-Osterloh, Prinzip, 33, 133 ff. 444
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IV. Zusammenfassung Bislang werden Sondervermögen der Sache nach in unselbstständige Sondervermögen und rechtsfähige Sondervermögen unterteilt. Auf den Bestand der unselbstständigen Sondervermögen soll lediglich durch Eigenhandeln von Rechtssubjekten bei Hinzutreten besonderer objektiver Umstände eingewirkt werden können. Für die rechtsfähigen Sondervermögen können indessen ihre Organe spezifische Wirkungen herbeiführen. Diese Zweiteilung führt dazu, dass immer dann, wenn ein Bedürfnis gesehen wird, Sondervermögen zu verselbstständigen und spezifische Wirkungen für das Sondervermögen anzuerkennen, die Rechtsfähigkeit eines Sondervermögens vertreten wird. Diese Sichtweise fußt darauf, dass nur Rechtssubjekte Zurechnungsendpunkt von Handlungen sein können.449 Es wird von der Einheit von Rechtssubjekt, Verpflichtungssubjekt (= Handlungssubjekt) und Träger der Haftungsmasse im materiellen Recht ausgegangen wie im Prozessrecht von der Einheit von Rechtssubjekt, Prozesssubjekt und Träger der vom Verfahren betroffenen Vermögensmasse. Diese Einheit stellt allerdings – wie zu zeigen war – nur den Grundsatz dar. Die Ausgestaltung verschiedener Sondervermögen zwingt zu Ausnahmen Das gilt nicht nur für das Prozessrecht, sondern auch für das materielle Recht. Es sind Handlungssubjekte anzuerkennen, die als Zurechnungsendsubjekt spezifische Rechtsfolgen für Sondervermögen herbeiführen. Diese Konstruktion bereitet keine Schwierigkeiten. Ein Mensch, kann mit der Aufgabe betraut werden, für diesen Funktionsträger zu handeln. Es besteht in der Konstruktion kein Unterschied zu den Menschen, die etwa als Vormund oder Vorstand handeln. Zwar wird deren Handeln zuletzt einem rechtsfähigen Subjekt (Mensch oder juristische Person) zugerechnet.450 Aber auch diese Zurechnung läuft über den Funktionsträger Vorstand bzw. Vormund, der unabhängig von seiner Besetzung mit einem bestimmten Menschen besteht. Es wird so keinesfalls ein Sondervermögen als Vermögensmasse für handlungsfähig erklärt. Eine Vermögensmasse ist die Zusammenfassung von Rechten und ist daher unmöglich Subjekt von Handlungen. Es wird vielmehr den gesetzlichen Vorgaben gefolgt, wenn sie im Zusammenhang mit der Regelung eines Sondervermögens einen besonderen Funktionsträger vorsehen, der durch seine Handlungen spezifische Wirkungen für Sondervermögen erzeugen kann. So liegt es zum einen bei den sog. Parteien kraft Amtes und zum anderen ist es eine mögliche Deutung, die Regelungen über die Geschäftsführung der Gesamthandsgesellschaften zu verstehen.
449
Vgl. dazu insbesondere Hennecke, Sondervermögen, 24, 61 ff. Wie zu zeigen sein wird, findet diese Zurechnung zum Rechtssubjekt nicht immer statt, unten § 6 B II 3 a (S. 213 f.). 450
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D. Handlungsorganisationen von einzelnen Sondervermögen Schließlich sind die Handlungsorganisationen einzelner Sondervermögen zu betrachten. Der Untersuchungsumfang ist allerdings durch die bisherigen Ergebnisse erheblich eingeschränkt. Die rechtsfähigen Sondervermögen wurden bereits betrachtet, als die Vollorganisationen von Rechtsträgern untersucht wurden.451 Diese Untersuchung hat auch die Gesamthandsgesellschaften einbezogen, die nach der hier vertretenen Ansicht lediglich Gesamthandsgesellschaften mit verselbstständigtem Handlungssubjekt sind, da sich zum einen diese Gesellschaften hinsichtlich der Handlungsorganisationen nicht danach unterscheiden, ob sie rechtsfähig sind, und zum anderen diese Gesellschaften mittlerweile (freilich zu Unrecht) weithin für rechtsfähig gehalten werden. Die Sondervermögen, denen es wie Erbengemeinschaft oder Gütergemeinschaft an jeglicher Verselbstständigung fehlt, entziehen sich einer spezifischen Betrachtung der Handlungsorganisation. Denn sie verfügen über keine (eigene) Handlungsorganisation, sondern führen ihre Dynamik allein auf die Handlungsorganisation betroffener Rechtsträger zurück. Freilich unterliegen diese Rechtsträger hinsichtlich ihres Handelns mit Bezug auf die Sondervermögen bestimmten Bindungen oder bestimmter Kontrolle. So richtet sich die gemeinschaftliche Verwaltung des Nachlasses durch Miterben überwiegend nach den Verwaltungsregelungen in der Bruchteilsgemeinschaft (§ 2038 BGB). Die Kompetenzen der Ehegatten bei der Gütergemeinschaft richten sich danach, ob entweder Verwaltung durch Mann bzw. Frau (§§ 1422 ff. BGB) oder gemeinschaftliche Verwaltung (§§ 1450 ff. BGB) vereinbart worden ist. Die KAG unterliegt bei Verwaltung der Fondssondervermögen den Vorgaben des KAGG und hat mit der Depotbank in vorgeschriebener Weise zu kooperieren. Somit verbleiben für eine eingehende Betrachtung lediglich die Sondervermögen, die über ein verselbstständigtes Handlungssubjekt verfügen, aber nicht Gesamthandsgesellschaft sind. Bei diesen Sondervermögen wird die Handlungsorganisation maßgeblich durch die sog. Parteien kraft Amtes bestehen. Es bleibt allerdings zu betrachten, wie weit die Kompetenzen der sog. Partei kraft Amtes reichen, wie sie beaufsichtigt wird und inwieweit andere Funktionseinheiten auf die Willensbildung und Willensbetätigung Einfluss nehmen können.
I. Sondervermögen wegen Insolvenzverfahren 1. Regelinsolvenz Der Insolvenzverwalter ist hinsichtlich der Insolvenzmasse für die Willensbildung und Willensbetätigung zuständig. Insolvenzverwalter kann in Abweichung von § 79 KO stets nur eine Person sein.452 Nur wenn der bestellte Amtswalter aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen gehindert ist, eine Angelegenheit 451 452
Oben § 2 B III, IV (S. 13 ff.). MünchKommInsO-Graeber, § 56 Rn. 119.
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wahrzunehmen, kann ein Sonderinsolvenzverwalter zur Erledigung dieser Angelegenheit bestellt werden.453 Der Sonderinsolvenzverwalter ist allerdings nicht Vertreter des Insolvenzverwalters, sondern erwirbt eigene Befugnisse. Insolvenzverwalter und ggf. Sonderinsolvenzverwalter stehen unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts (§ 58 InsO). Der Insolvenzverwalter hat seine Willensbildung an den Zielen des Insolvenzverfahrens (§ 1 InsO) auszurichten. Er ist ferner abhängig von dem Willen der Gläubiger, die in der Gläubigerversammlung (§ 74 InsO) über maßgebliche Weichenstellungen des Verfahrens befinden. So beschließen sie im Berichtstermin (§§ 29 Abs. 1 Nr. 1, 156 InsO), ob das Unternehmen des Schuldners fortgeführt oder stillgelegt (§ 157 S. 1 InsO) und ob ein Insolvenzplan erstellt werden soll. Im Prüfungstermin (§§ 29 Abs. 1 Nr. 2, 176 InsO) werden die angemeldeten Forderungen erörtert, im Schlusstermin (§ 197 InsO) die Schlussrechnung des Insolvenzverwalters und das Schlussverzeichnis. Im Erörterungs- und Abstimmungstermin wird ggf. über die Annahme eines Insolvenzplans befunden (§ 235 InsO). Eigene Kompetenzen, den Insolvenzverwalter darüber hinaus zu beaufsichtigen, stehen der Gläubigerversammlung nicht zu. Sie kann aber über die Person des Insolvenzverwalters (§ 57 InsO) und über die Einsetzung und Besetzung des Gläubigerausschusses (§ 68 InsO) befinden. Der vom Gericht (§ 67 InsO) oder von der ersten Gläubigerversammlung (§ 68 InsO) einzusetzende Gläubigerausschuss soll die weiteren Gläubigerinteressen wahrnehmen. Er hat den Insolvenzverwalter zu überwachen, aber auch zu unterstützen (§ 69 InsO). Ohne Zustimmung des Gläubigerausschusses ist der Insolvenzverwalter im Innenverhältnis (§ 164 InsO) nicht berechtigt, besonders bedeutsame Rechtshandlungen vorzunehmen (§ 160 InsO). Nur wenn kein Gläubigerausschuss eingesetzt ist, hat über solche Zustimmungen die Gläubigerversammlung zu befinden. 2. Eröffnungsverfahren Im Eröffnungsverfahren kommt dem Insolvenzgericht die Befugnis zu, die Grundlagen der Organisationsordnung für das Vermögen des Schuldners zu bestimmen. Es kann dem Schuldner alle Befugnisse über sein Vermögen belassen und lediglich einen vorläufigen Insolvenzverwalter als Berater (vorläufigen Sachwalter) zur Seite stellen.454 Es entsteht dann kein Sondervermögen.455 Es kann aber auch ein allgemeines Verfügungsverbot erlassen. Die Kompetenzen und die Stellung des vorläufigen Insolvenzverwalters entsprechen dann weitgehend denen eines Insolvenzverwalters. Allerdings ist der Verfahrenszweck ein anderer, weil noch nicht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens entschieden ist. Für die Unternehmensstilllegung bedarf der Verwalter der Zustimmung des Insol453 BGH ZIP 1992, 224, 226; AG Halle-Saalkreis ZIP 1993, 1912, 1915; MünchKommInsOGraeber, § 56 Rn. 114 ff.; ferner § 77 RegE InsO, der nur zur Straffung des Gesetzes gestrichen wurde, so Empfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/7302, S. 162. 454 In Betracht kommt dieses Vorgehen insbesondere dann, wenn ein Insolvenzverfahren unter Eigenverwaltung beabsichtigt ist. 455 Siehe A IV 1 a cc (S. 32).
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venzgerichts (§ 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO). Das Insolvenzgericht kann aber auch durch Verfügungsbeschränkungen mit Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO) und durch die Anordnung von Einzelermächtigungen eine Kompetenzmischung aus Insolvenzschuldner und vorläufigem Insolvenzverwalter schaffen.456 Es ist aber nicht vorgesehen, dass sich das Insolvenzgericht selbst mit Aufgaben der Willensbetätigung betraut, indem es mit Wirkung für das Außenverhältnis die Vornahme von Rechtshandlungen von einer gerichtlichen Zustimmung abhängig macht. Insoweit stellt § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO eine abschließende Sonderregelung dar. Die Position der Gläubiger ist im Insolvenzeröffnungsverfahren schwächer. Diese schwächere Stellung beruht auf dem Zweck des Eröffnungsverfahrens, überhaupt erst festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Insolvenzeröffnung und damit für die Verteilung des Schuldnervermögens zur Gläubigerbefriedigung vorliegen.457 Eine Gläubigerversammlung kann noch nicht zusammentreten, ein Gläubigerausschuss nicht von den Gläubigern gewählt werden. Ein vorläufiger Gläubigerausschuss kann also allein vom Insolvenzgericht eingesetzt werden. Angesichts des lediglich vorläufigen Zwecks des Eröffnungsverfahrens ist aber umstritten, ob ein solcher Ausschuss – angeordnet auf Grundlage von § 67 InsO – die gleichen Kompetenzen wie im eröffneten Verfahren (§§ 69, 160 f. InsO)458 oder – angeordnet als besondere Sicherungsmaßnahme (§ 21 Abs. 1 InsO) – nur beratende Funktion459 haben kann. 3. Vereinfachtes Insolvenzverfahren Im vereinfachten Insolvenzverfahren tritt der Treuhänder an die Stelle des Insolvenzverwalters. Auf ihn sind grundsätzlich die Regelungen über den Insolvenzverwalter anzuwenden (§ 313 Abs. 1 InsO). Seine Aufgaben und Befugnisse sind allerdings stark eingeschränkt. Das beruht zum einen auf dem erheblich vereinfachten Verfahrensgegenstand. Darüber hinaus hat er weder die Insolvenzanfechtung geltend zu machen (§ 313 Abs. 2 InsO) noch kann er Gegenstände verwerten, an denen Absonderungsrechte bestehen (§ 313 Abs. 3 InsO). Seine Aufgaben beschränken sich regelmäßig auf die Verwertung noch vorhandener und neu erworbener pfändbarer Gegenstände (Arbeitseinkommen) und die Erlösverteilung. Die Gläubigerrechte sind gestärkt, weil die absonderungsberechtigten Gläubiger ihre Sicherungsrechte selbst geltend machen können und auch zur Insolvenzanfechtung berechtigt sind (§ 313 InsO). Der vereinfachte Verfahrensgegenstand macht ansonsten verfahrensleitende Beschlüsse der Gläubiger entbehrlich. Folglich entfällt der Berichtstermin (§ 312 Abs. 1 S. 2 InsO). Die Gläubigerversammlung tritt lediglich zu Prüfungs- und Schlusstermin zusammen. Ein Gläubigerausschuss wird nicht bestellt. 456
Zu den Grenzen der Befugnisse des Insolvenzgerichts BGHZ 151, 353, 366 ff. Vgl. Pohlmann, Befugnisse, Rn. 308; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 67 Rn. 6. 458 AG Köln ZInsO 2000, 406 f.; HeidKomm-Eickmann, § 67 Rn. 1; MünchKommInsOGößmann, § 67 Rn. 2; Kübler/Prütting-Kübler, § 67 Rn. 11; ablehnend Jaeger-Gerhardt, InsO, § 22 Rn. 174; Pohlmann, Befugnisse, Rn. 298 ff.; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 67 Rn. 6. 459 Pohlmann, Befugnisse, Rn. 311. 457
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4. Restschuldbefreiungsverfahren Im Restschuldbefreiungsverfahren fällt dem Treuhänder die Aufgabe zu, die ihm übertragenen Vermögensgegenstände zu verwerten und den Erlös (jährlich) an die Gläubiger auszukehren (§ 292 Abs. 1 InsO). Nach der hier vertretenen, den Gesetzeswortlaut berichtigend auslegenden Ansicht wird der Treuhänder bei der Verwertung als sog. Partei kraft Amtes tätig.460 Die Gläubigerversammlung kann dem Treuhänder zusätzlich aufgeben, den Schuldner zu überwachen. Weitere Kompetenzen stehen den Gläubigern nicht zu. Wie der Insolvenzverwalter steht der Treuhänder unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts (§ 292 Abs. 3 InsO). 5. Eigenverwaltung Bei Anordnung der Eigenverwaltung obliegt dem Schuldner die Willensbetätigung für die Insolvenzmasse. Er kann auch, soweit Geschäfte betroffen sind, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, den maßgeblichen Willen frei bilden, sofern der Sachwalter nicht widerspricht (§ 275 S. 2 InsO). Außerhalb dieses Bereichs bedarf er der Zustimmung des Sachwalters (§ 275 S. 1 InsO). Im Anwendungsbereich des § 160 InsO bedarf er der Zustimmung der Gläubigerversammlung (§ 276 InsO). Bestimmte Rechtsgeschäfte kann das Insolvenzgericht von der Zustimmung des Sachwalters abhängig machen (§ 277 Abs. 1 InsO). Initiativrechte stehen dem Sachwalter lediglich hinsichtlich der Anfechtungsansprüche und der nach §§ 92 f. InsO geltend zu machenden Ansprüche zu (§ 280 InsO). Diese Ansprüche hat er wie ein Insolvenzverwalter (§ 270 Abs. 3 S. 1 InsO) ebenfalls als sog. Partei kraft Amtes für die Masse geltend zu machen.461 Hinsichtlich seiner gesamten Amtsführung untersteht er dem Insolvenzgericht wie ein Insolvenzverwalter (§ 274 Abs. 1 InsO). Die Stellung der Gläubiger entspricht der im Regelverfahren. Die Gläubiger können zudem durch Antrag in der Gläubigerversammlung die Aufhebung der Eigenverwaltung erreichen (§ 272 Abs. 1 Nr. 1 InsO).
II. Nachlass unter Testamentsvollstreckung Die Befugnisse des Testamentsvollstreckers am Nachlass hängen von der testamentarischen Verfügung des Erblassers ab (§ 2208 BGB). Der Erblasser kann aber nicht nur den Umfang der Handlungsmacht des Testamentsvollstreckers bestimmen, sondern gibt dem Testamentsvollstrecker auch vor, wie er in diesem Rahmen seinen Willen zu bilden und zu betätigen hat (§§ 2203, 2216 BGB). Die Gestaltungsmacht des Erblassers zeigt sich auch bei der Besetzung des Amtes. Der Erblasser kann einen oder mehrere Testamentsvollstrecker vorsehen. Die Ernennung kann er entweder selbst im Testament vornehmen (§ 2197 BGB), aber auch Dritten (§§ 2198 f. BGB) oder dem Nachlassgericht (§ 2200 BGB) übertragen. 460 461
Siehe A IV 1 f (S. 41). Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 280 Rn. 5.
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Eine organisationsrechtliche Beaufsichtigung des amtierenden Testamentsvollstreckers kann der Erblasser nur dadurch ermöglichen, dass er das Amt eines weiteren Testamentsvollstreckers einrichtet. Dem Nachlassgericht stehen keine Aufsichtsbefugnisse zu.462 Es kann allerdings den Testamentsvollstrecker aus wichtigem Grund abberufen (§ 2227 BGB). Besondere Bedeutung wird dem Außenrechtsverhältnis zwischen Erben und Testamentsvollstrecker zugemessen. Die Erben können nicht nur wie vom Beauftragten Rechnungslegung (§§ 666, 2218 BGB) und Schadensersatz bei Pflichtverletzung (§ 2219 BGB)463 verlangen. Nach überwiegender Ansicht können die Erben vom Testamentsvollstrecker auch Unterlassung pflichtwidrigen Verhaltens verlangen.464
III. Nachlass unter Nachlassverwaltung Die Kompetenz des Nachlassverwalters zur Willensbildung und Willensbetätigung hinsichtlich der Nachlassgegenstände ergibt sich aus einer Anwendung der Regelungen über den Insolvenzverwalter (§ 1984 Abs. 1 BGB). Aufgabe des Nachlassverwalters ist es, die Nachlassverbindlichkeiten zu berichtigen (§ 1985 Abs. 1 BGB). Der Nachlassverwalter wird vom Nachlassgericht auf Antrag des Erben oder, wenn die Gefahr besteht, dass der Erbe die Nachlassverbindlichkeiten nicht befriedigt, auf Antrag eines Gläubigers bestellt (§ 1981 BGB). Da die Nachlassverwaltung ein besonderer Fall der Nachlasspflegschaft darstellt (§ 1975 BGB), unterliegt der Nachlassverwalter der Aufsicht des Nachlassgerichts (§ 1962 BGB) und bedarf dessen Genehmigung wie ein Vormund (§§ 1837, 1810 ff., 1821 ff., 1915 BGB).
IV. Haftungsverband der Hypothek unter Zwangsverwaltung Der Zwangsverwalter hat das beschlagnahmte Grundstück zu erhalten und zu benutzen,465 aus beschlagnahmten Forderungen wie Nutzungen des Grundstücks einen Erlös zu erzielen und diesen an die Gläubiger auszukehren (§§ 152, 155 ZVG). Um diese Aufgaben zu erfüllen, stehen ihm Willensbildungs- und Willensbetätigungskompetenz zu. Er unterliegt allerdings nicht nur der Aufsicht des Vollstreckungsgerichts, sondern auch dessen Anweisungen hinsichtlich der Willensbildung (§ 153 ZVG).
462
OLG Zweibrücken NJW-RR 2004, 941. Den zum Nachlass gehörenden Anspruch können die Erben ungeachtet § 2212 BGB selbst gerichtlich geltend machen, so BGH NJW-RR 2003, 217 f.. 464 BGHZ 48, 214, 219, 220; 25, 275, 283; BGH FamRZ 1988, 279, 280; RGZ 73, 26, 28; Belling, Haftung, 256 ff. 465 Zur Reichweite der Zwangsverwaltung, einen grundstücksbezogenen Gewerbebetrieb fortzuführen, BGH NJW-RR 2005, 1175, 1176 ff. 463
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§ 4: Organisationen für Teilbereiche
§ 4: Organisationen für Teilbereiche Handlungsorganisationen kann die Aufgabe zukommen, lediglich in einem Teilbereich an der Intellektbetätigung eines Subjekts mitzuwirken (Teilorganisationen). Dieser Teilbereich kann Bestandteil sowohl des Organisationsbereichs (Willensbildung) als auch des Außenbereichs (Willensbetätigung) sein. Teilorganisationen treten neben die eigentliche umfassende Handlungsorganisation des betroffenen Subjekts. Die Gründe, warum diese Organisation verdrängt oder jedenfalls ergänzt wird, sind verschieden; sie liegen nicht allein im Interesse des organisierten Rechtssubjekts. Teilorganisationen bestehen in großer Zahl. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen im Folgenden verschiedene betrachtet werden. Die Betrachtung beginnt mit Funktionseinheiten, die an den Teilausfall der eigentlichen Organisation des betroffenen Subjekts anknüpfen (unter A.). Anschließend sind besondere Teilorganisationen zu untersuchen, die die Interessen mehrerer betroffener Interessenträger berücksichtigen. Das sind zum einen Teilorganisationen von Mitberechtigten (unter B.) und zum anderen Teilorganisationen, die aus spezifischen Gründen eingerichtet werden, wenn ein Subjekt ein bestimmtes Unternehmen in einem bestimmten Umfang betreibt (unter C.). Die Betrachtung dieser Institute zielt stets darauf ab, die Aufgabe der einzelnen Funktionseinheiten und ihre rechtstechnische Ausgestaltung zu erklären.
A. Teilausfall der eigentlichen Organisation In einer ersten Fallgruppe lassen sich Institute zusammenfassen, die daran anknüpfen, dass die Handlungsorganisation eines Subjekts eine bestimmte Angelegenheit ihrer Aufgaben (aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen) nicht wahrnehmen kann.
I. Pflegschaften auf materiell-rechtlichem Gebiet Das Institut der gesetzlichen Vertretung ist nicht auf die Herstellung der Handlungsfähigkeit für nicht handlungsfähige Menschen beschränkt. Gesetzliche Vertreter können für alle Rechtsträger, aber auch für die Handlungssubjekte von Sondervermögen bestellt werden. Ihre Aufgabe ist es, in einem Teilbereich Defizite der allgemeinen Handlungsorganisation auszugleichen. 1. Pfleger für unbekannte Beteiligte Paradebeispiel für die einleitend beschriebene Fallgruppe ist die einzige Pflegschaft, die für alle Rechtsträger eingerichtet werden kann: die Pflegschaft für einen unbekannten Beteiligten (§ 1913 BGB). Mit ihr wird nicht bezweckt, eine Handlungsorganisation für einen bestimmten Rechtsträger einzurichten. Es ist vielmehr unbekannt, für wen die Handlungsorganisation eingerichtet wird. Es
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A. Teilausfall der eigentlichen Organisation
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handelt sich zwar um eine Personal- und keine Sachpflegschaft.466 Der Pfleger wird als gesetzlicher Vertreter des unbekannten Rechtsträgers tätig.467 Maßgebliches Ziel dieser Pflegschaft ist aber, die der Fürsorge bedürftige rechtliche Angelegenheit im Interesse des Betroffenen zu betreuen. Der Betroffene bedarf der Fürsorge, weil seine Organisation aus tatsächlichen Gründen gehindert ist, diese Angelegenheit wahrzunehmen. Die Handlungsmacht des Pflegers ist daher gegenständlich beschränkt. Als Pfleger kommt gem. §§ 1775, 1915 Abs. 1 BGB nur eine Person in Betracht.468 Der Pfleger wird vom Vormundschaftsgericht (§§ 1837, 1915 BGB) überwacht und bedarf für bestimmte Rechtsgeschäfte dessen Genehmigung (§§ 1810 ff., 1821 ff., 1915 BGB). 2. Nachlasspfleger Der Nachlasspfleger für einen oder mehrere unbekannte Erben (§ 1960 Abs. 2 BGB) ist Spezialfall eines Pflegers für unbekannte Beteiligte. Für ihn gelten grundsätzlich die genannten Regelungen. Allerdings tritt an die Stelle des Vormundschaftsgerichts das Nachlassgericht (§ 1962 BGB). Eine nähere Untersuchung verdient die Rechtsstellung des Nachlasspflegers. a) Stellung als Vertreter Der Nachlasspfleger ist grundsätzlich Vertreter des Erben.469 Die Gegenmeinung, die den Nachlasspfleger den sog. Parteien kraft Amtes zuordnet, fußt auf der Annahme, mit Anordnung der Nachlasspflegschaft verlöre der Erbe seine Befugnis, den Nachlass zu verwalten und über Nachlassgegenstände zu verfügen.470 Auf Grundlage dieser Annahme wäre der vom Nachlasspfleger verwaltete Nachlass nach dem hier geprägten Verständnis ein Sondervermögen, so dass die abweichende Einordnung der Stellung des Nachlasspflegers konsequent wäre.471 Auch behandeln verschiedene Regelungen (§§ 780 Abs. 2 ZPO, 40 GBO, 324 Abs. 1 Nr. 6 InsO) den Nachlasspfleger wie den Testamentsvollstrecker, der sog. Partei kraft Amtes ist. Es wird aber dem Sinn und Zweck des Instituts der Nachlasspflegschaft nicht gerecht, ihre Anordnung als Eingriff in die Befugnisse des Erben anzusehen. Der Nachlasspfleger soll im Interesse des Erben tätig werden. Er soll für ihn nicht deswegen handeln, weil dem Erben seine Handlungsmacht entzogen wird, sondern weil der Erbe seine Handlungsmacht nicht ausüben kann. 466 Staudinger-Bienwald (1999), § 1913 Rn. 2; MünchKommBGB-Schwab, § 1913 Rn. 18; Soergel-Zimmermann, § 1913 Rn. 2. 467 BGH MDR 1968, 484; OLG Hamm NJW 1974, 505; Staudinger-Bienwald (1999), § 1913 Rn. 3; MünchKommBGB-Schwab, § 1913 Rn. 18; Soergel-Zimmermann, § 1913 Rn. 7. 468 Allein ein Interessenkonflikt in der Person des bestellten Pflegers kann die Bestellung eines Sonderpflegers rechtfertigen, so BayObLG FamRZ 1959, 32, 33. 469 BGHZ 94, 312, 314; 49, 1, 5; Stein/Jonas-Bork, vor § 50 Rn. 66; MünchKommBGB-Leipold, § 1960 Rn. 29; Staudinger-Marotzke (2000), § 1960 Rn. 23; Bamberger/Roth-Seidl, § 1960 Rn. 10; Soergel-Stein, § 1960 Rn. 25. 470 Ziegltrum, Sicherungspflegschaft, 186 ff. m. w. Nachw. 471 Vgl. § 3 A IV 1 a (S. 29), C III 1 (S. 77).
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Der Nachlasspfleger führt Wirkungen für den Erben dadurch herbei, dass sein Verhalten dem Erben zugerechnet wird. Zurechnungsendsubjekt ist also der Erbe. Das gilt auch im Prozess.472 §§ 780 Abs. 2 ZPO, 40 GBO sind dahin zu verstehen, dass sie sich auf Tatbestände beziehen, die der Nachlasspfleger als Vertreter des Erben verwirklicht.473 Eine Besonderheit besteht darin, dass der Vertretene (Erbe) jedenfalls im Augenblick der Vertretung nicht individualisiert werden kann und ggf. eine Personenmehrheit darstellt. Eine wirksame Stellvertretung verlangt im materiellen Recht aber lediglich, dass der Vertreter überhaupt offen legt, im fremden Namen zu handeln. Selbst die (willkürliche) Bestimmung des Vertretenen kann einem späteren Zeitpunkt überlassen werden.474 Auch die Prozessführung für eine bestimmbare, aber unbekannte Person ist zulässig.475 b) Keine Ausnahme bei Prätendentenstreit Verschiedentlich wird von der Einordnung des Nachlasspflegers als gesetzlicher Vertreter eine Ausnahme für Sachlagen gemacht, in denen der Nachlasspfleger mit Erbprätendenten prozessiert. Um Insichprozesse zu verhindern, sei der Nachlasspfleger insoweit als sog. Partei kraft Amtes anzusehen.476 Einer solchen Ausnahme bedarf es indessen nicht. Es sind zwei Typen der Prozessführung durch den Nachlasspfleger danach zu unterscheiden, in welcher Funktion der Nachlasspfleger an einem Prozess teilnimmt. Zum einen kann er in seiner Funktion als Mitglied der Organisation des (unbekannten) Erben (gesetzlicher Vertreter) betroffen sein. So kann er etwa zum Nachlass gehörende Ansprüche gegen Dritte geltend machen. Verteidigt sich der Dritte mit der Behauptung, er selbst sei Erbe, kann der Nachlasspfleger dadurch nicht zur Partei werden. Es liegt vielmehr so, dass der Dritte eine Tatsache vorträgt, die sowohl der Zulässigkeit (Insichprozess) als auch der Begründetheit (Konfusion) der Klage entgegensteht. Das Gericht hat zu ermitteln, ob die Behauptung des Dritten zutrifft. Nach den allgemeinen Grundsätzen über doppelrelevante Tatsachen ist die Zulässigkeit der Klage zu unterstellen und die Erbenstellung des Dritten als Problem der Begründetheit zu behandeln.477 Zum anderen können dem Nachlasspfleger persönlich aufgrund seiner Stellung als Amtswalter Rechte aus dem Amtswalterrechtsverhältnis gegenüber dem Erben478 oder im Außenverhältnis gegenüber Dritten zustehen. Diese Ansprüche 472 Der Nachlasspfleger ist nicht prozessführungsbefugt, so aber OLG Köln NJW-RR 1997, 1091, sondern gesetzlicher Vertreter mit Vertretungsmacht. Die Prozessführungsbefugnis ist eine Parteifunktion, die grundsätzlich dem Erben als Rechtsinhaber und Partei zusteht, vgl. nur Stein/Jonas-Bork, vor § 50 Rn. 19, 66. 473 Indessen interpretieren BGH NJW 1983, 226; NJW 1981, 2299, 2300, diese Bestimmungen als Beleg für die Parteistellung des Nachlasspflegers. 474 BGH NJW 1998, 62, 63; Bork, AT, Rn. 1379; diese Fallgruppe der Stellvertretung wird häufig (missverständlich, dazu Bork, AT, Rn. 1397) als offenes Geschäft für den, den es angeht, bezeichnet, so zum Pfleger Soergel-Zimmermann, § 1913 Rn. 7. 475 BGH LM § 325 ZPO Nr. 10. 476 BGH NJW 1983, 226; Staudinger-Marotzke (2000), § 1960 Rn. 23. 477 Vgl. BGHZ 124, 237, 240 f.; Stein/Jonas-Roth, § 1 Rn. 22 m. w. Nachw. 478 Dazu allgemein § 14 A (S. 475 ff.).
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A. Teilausfall der eigentlichen Organisation
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muss der Nachlasspfleger selbst geltend machen, weil sie in seiner Person bestehen. So kann der Nachlasspfleger Ansprüche auf Einräumung von Besitz an Nachlassgegenständen sowohl gegen Erben, Erbprätendenten oder Dritte geltend machen.479 Besitzer ist der gesetzliche Vertreter nämlich nicht als Vertreter, sondern selbst in eigener Person quasi als mittelbarer Stellvertreter.480 In dieser Funktion kann der Nachlasspfleger auch Partei eines Rechtsstreits über das Erbrecht sein.481 Vorrangig ist ohnehin die Klärung des Erbrechts unter den Erbprätendenten, die in dieser Funktion vom Nachlasspfleger nicht vertreten werden. c) Modifizierung angesichts der potentiellen amtlichen Nachlassliquidation Die Haftung des Erben für die vom Nachlasspfleger als Vertreter eingegangenen Verbindlichkeiten entspricht grundsätzlich der Haftung für vom Erben selbst begründete Verbindlichkeiten: Er haftet mit seinem gesamten Vermögen, also Nachlass und sonstigem Eigenvermögen. Eine spezifische Haftung ist allerdings für diese Verbindlichkeiten angeordnet, wenn es zur amtlichen Nachlassliquidation im Wege von Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz kommt. Die Haftung des Erben für die Verbindlichkeiten ist nach Maßgabe von §§ 1975 ff. BGB auf den Nachlass beschränkt.482 Indiz für diese Beschränkung sind §§ 2012 BGB, 780 Abs. 2 ZPO. Gleichzeitig wird der Gläubiger als Nachlassgläubiger bevorrechtigt (§ 324 Abs. 1 Nr. 5 Fall 1 InsO) aus dem Nachlass befriedigt. Diese Regelung schützt also Erben und Gläubiger gleichermaßen. Und ihr Schutz ist auch im Vergleich zu dem der anderen Gläubiger – einerseits zu dem der persönlichen Gläubiger des Erben und andererseits zu dem der einfachen Nachlassgläubiger – als angemessen zu bewerten. Diese Haftungsfolgen lassen sich mit der Stellung des Nachlasspflegers als Vertreter des Erben nicht vereinbaren. Da die Stellvertretung im Wege der Zurechnung auf Tatbestandsseite wirkt, entsprechen sich die Wirkungen von Vertreterhandeln und Vertretenenhandeln.483 Eine Beschränkung des Vertreters kann sich nur auf die Vertretungsmacht und damit auf die Voraussetzungen der Zurechnung auswirken. Eine spezifische Haftungswirkung hinsichtlich eines bestimmten Sondervermögens lässt sich – abgesehen von der Möglichkeit von Haftungsbeschränkungsvereinbarungen –484 nur begründen, wenn wie bei den verselbstständigten Sondervermögen spezifische Handlungssubjekte gebildet sind.485 Diese Überlegung deckt den wahren Charakter des Nachlasspflegers auf. Er ist grundsätzlich als spezielle Ausformung des § 1913 BGB Vertreter des Erben. 479 BGH NJW 1983, 226; 1981, 2299, 2300; Hartung, Rpfleger 1991, 279, 282; Soergel-Stein, § 1960 Rn. 29. 480 Siehe § 7 C II (S. 250), § 6 B I 2 (S. 217). 481 Stein/Jonas-Bork, vor § 50 Rn. 66 Fn. 199. 482 MünchKommBGB-Leipold, § 1960 Rn. 52; Bamberger/Roth-Seidl, § 1960 Rn. 12; Soergel-Stein, § 1960 Rn. 35. 483 Eingehend § 6 A I (S. 203). 484 Dazu § 3 C II 3 b bb 2 (S. 74). 485 Siehe § 3 C II 2 (S. 54).
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Eine andere Bewertung machen aber Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenzverfahren erforderlich. Die Aufgaben des Nachlasspflegers beziehen sich von Anfang an spezifisch auf den Nachlass, der angesichts der möglichen Sonderung durch Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz potentielles Sondervermögen ist.486 Kommt es zur Nachlasssonderung, wird das Handeln des Nachlassverwalters haftungsrechtlich rückwirkend so behandelt, als sei er von Anfang an als spezifisches Handlungssubjekt dieses Sondervermögens – also als Vertreter nicht des Erben, sondern als Vertreter des Insolvenz- oder Nachlassverwalters – aufgetreten. Die Zuordnung der Verbindlichkeiten bleibt freilich unverändert. Schuldner ist der Erbe als Träger aller Nachlassverbindlichkeiten. 3. Ergänzungspfleger und Ergänzungsbetreuer Die Institute Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB) und Ergänzungsbetreuer (§ 1899 Abs. 4 BGB) knüpfen nicht nur an eine tatsächliche Hinderung der für einen Rechtsträger geschaffenen Organisation an, sondern zusätzlich an eine rechtliche Verhinderung. Ihr Anwendungsbereich beschränkt sich auf für nicht geschäftsfähige Menschen eingerichtete Organisationen. Ergänzungspfleger oder Ergänzungsbetreuer können bestellt werden, wenn Vormund, Inhaber der elterlichen Sorge oder Betreuer, die die Organisation dieser Menschen maßgeblich bilden können, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen gehindert sind für den Vertretenen zu handeln.487 Die rechtliche Stellung des Ergänzungspflegers entspricht hinsichtlich des ihm zugewiesenen Bereichs der der anderen Pfleger, namentlich der des gerade behandelten Abwesenheitspflegers. 4. Pfleger der Versicherten Auf den Pfleger der Versicherten in der Insolvenz des Versicherers (§ 78 VAG) sind ebenfalls grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften des BGB über den Pfleger anwendbar.488 An die Stelle des Vormundschaftsgerichts tritt allerdings das Insolvenzgericht. Aufgabe des Pflegers ist es, den Umfang des Deckungsstocks zu klären, die Ansprüche der Versicherten zu bestimmen und diese zur Insolvenztabelle anzumelden.489 Die Handlungsmacht der Versicherten selbst ist rechtlich nicht ausgeschlossen und wird auch durch die Bestellung des Pflegers nicht beeinträchtigt (§ 78 Abs. 3 S. 2 VAG). Die Versicherten sind aber in besonderer Weise tatsächlich gehindert, ihre Rechte selbst auszuüben. Zum einen wird ihnen regelmäßig die Sachkunde fehlen. Zum anderen steht lediglich dem Pfleger als Vertreter aller Gläubiger der Anspruch zu, Einsicht in die Unterlagen zu verlangen (§ 78 Abs. 4 VAG). Dieses Institut vereint so Elemente einer Pflegschaft wegen tatsächlicher Verhinderung des zu Vertretenen und eines Instituts zur Regelung der gemeinschaftlichen Rechtsausübung mehrerer490. 486 487 488 489 490
Siehe § 3 C II 3 b aa 2 (S. 70). Zum Sonderfall von §§ 1909 Abs. 1 S. 2, 1638 BGB siehe § 3 A II 1 b (S. 22). Prölss-Lipowsky, § 78 Rn. 4. Vgl. Prölss-Lipowsky, § 78 Rn. 6 ff. Zu Letzterem sogleich unter B (S. 109).
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A. Teilausfall der eigentlichen Organisation
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II. Institute des Verfahrensrechts Der Defekt der Handlungsorganisation eines Subjekts kann auch einer Beteiligung an gerichtlichen Verfahren entgegenstehen. Gerichte können nur dann Maßnahmen mit Wirkung gegenüber einem Verfahrenssubjekt verfügen, wenn es ihm die Möglichkeit gegeben hat, am Verfahren teilzunehmen (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Verfahrensrecht sieht zur Sicherung dieser Interessen verschiedene Institute vor. 1. Prozesspfleger Das Prozessgericht hat nach § 57 Abs. 1 ZPO auf Klägerantrag für den Beklagten einen besonderen Vertreter zu bestellen, wenn der Beklagte prozessunfähig ist, keinen gesetzlichen Vertreter hat und eine Verzögerung für den Kläger eine Gefahr bedeutet.491 Hierfür ist unerheblich, ob der Beklagte natürliche oder juristische Person ist. Zweck von § 57 ZPO ist also, dem Kläger die Durchsetzung seiner Rechte – unabhängig vom Zustand der Organisation des Beklagten – zu ermöglichen. Auf diesen besonderen Vertreter, den lediglich die – seit In-KraftTreten des Zivilprozessreformgesetzes v. 27.7.2001 (BGBl. I 1887) amtliche – Überschrift als Pfleger bezeichnet, sind die allgemeinen Regeln des BGB über Pfleger nicht anwendbar. Das Prozessgericht hat den besonderen Vertreter zu bestellen oder zu entlassen. Seine Beschlüsse kann es jederzeit ändern,492 wie auch sonst prozessleitende Beschlüsse grundsätzlich frei abänderbar sind493. Eine Aufsicht oder Anleitung des Vertreters ist nicht möglich. § 57 ZPO begründet für das jeweilige Verfahren eine weitere Handlungsorganisation neben der eigentlichen Handlungsorganisation, deren Totalausfall vorausgesetzt wird. So besteht ein Konkurrenzproblem sowohl auf Tatbestands- als auch auf Rechtsfolgenebene. Das tatbestandliche Konkurrenzproblem, wann im Wege des § 57 BGB eine zusätzliche Organisation zu schaffen ist, löst § 57 ZPO ausdrücklich.494 § 57 ZPO greift nur, wenn die eigentliche Organisation nicht handlungsfähig ist und angesichts der drohenden Verzögerung, bis diese Organisation wiederhergestellt ist, dem Antragsteller eine Gefahr droht.495 Auf Rechtsfolgenseite besteht das Problem, inwieweit die eigentliche Handlungsorganisation mit dem Argument, sie sei nicht ausgefallen, neben dem besonderen Vertreter auftreten und selbst Prozesshandlungen vornehmen kann. Das entsprechende Konkurrenzproblem beantwortet § 53 ZPO für Betreuer und 491 Im Zwangsvollstreckungsverfahren kann das Gericht unter den viel engeren Voraussetzungen von § 779 Abs. 2 ZPO für den Vollstreckungsschuldner einen besonderen Vertreter bestellen. Dieses Institut bezweckt allein, Erschwerungen für Vollstreckungsgläubiger abzuwenden, die der Tod des Vollstreckungsschuldners nach Beginn der Zwangsvollstreckung verursachen kann. 492 Stein/Jonas-Bork, § 57 Rn. 8. 493 Stein/Jonas-Roth, 21. Aufl. (1998), § 329 Rn. 13. 494 Entsprechend ist für § 779 Abs. 2 ZPO das Konkurrenzproblem zur Nachlasspflegschaft zu lösen, dazu LG Oldenburg Rpfleger 1982, 105; Stein/Jonas-Münzberg, § 779 Rn. 8. 495 Vgl. zum Insolvenzantrag gegen eine Gesellschaft ohne Organmitglied OLG Zweibrücken ZIP 2001, 973.
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Pfleger dahin, dass die Prozessunfähigkeit des Vertretenen bei Vertretung durch diese Vertreter fingiert wird. Eine doppelte Prozessführung durch Vertreter und Vertretenen wird so ausgeschlossen. Jedoch ist § 53 ZPO auf den Vertreter nach § 57 ZPO nicht anwendbar.496 § 53 ZPO ist prozessuale Ergänzung der Bestimmungen des BGB über Betreuer und Pfleger, so dass diese Bestimmung weder nach Wortlaut noch nach Systematik greift. Diese unterschiedliche Behandlung der materiellen Pflegschaft einerseits und der Vertretung nach § 57 ZPO andererseits ist deswegen gerechtfertigt, weil im Fall des § 57 ZPO das betroffene Defizit ohnehin Gegenstand des Verfahrens ist. Die Bestellung des Vertreters soll dieses Defizit ausgleichen, über dessen Vorliegen das Prozessgericht selbst zu befinden hat. Bei Betreuung und Pflegschaft sind die Defizite des Vertretenen Gegenstand spezieller Verfahren vor dem Vormundschaftsgericht.497 Maßnahmen des Beklagten kann das Prozessgericht daher nur wegen materiell fehlender Verfahrensfähigkeit, nicht gestützt auf die Fiktion des § 53 ZPO, zurückweisen. 2. Verfahrenspfleger Das FGG regelt in §§ 50, 67498 mit der Verfahrenspflegschaft ein spezifisches Rechtsinstitut, das in Familien-, Vormundschafts- und Betreuungsverfahren anwendbar ist. Daneben bleibt für eine analoge Anwendung der Regelungen über den besonderen Vertreter in §§ 57, 779 ZPO jedenfalls in Streitverfahren noch Raum. Die Verfahrenspflegschaft dient dem Fürsorgebedürfnis eines Minderjährigen, wenn sein (materiell-rechtlicher) gesetzlicher Vertreter insbesondere wegen eines Interessenkonflikts als dafür nicht hinreichend erscheint. Der Verfahrenspfleger wird vom Gericht, bei dem die Sache anhängig ist, im Rahmen der Verfahrensleitung bestellt.499 Das Gericht kann seine Bestellung ändern, insbesondere aufheben (§ 18 FGG). Das Gericht übt aber keine Aufsicht über den Verfahrenspfleger aus und kann daher nicht beeinflussen, wie der Verfahrenspfleger seine Aufgaben wahrnimmt. Was die Verfahrensstellung des Pflegers betrifft, gibt es keinen Grund, von der üblichen Einordnung eines Pflegers als gesetzlicher Vertreter abzurücken. Der Verfahrenspfleger ist selbst nicht formell beteiligt.500 Daher können ihm insbesondere nicht die Kosten des Verfahrens auferlegt werden (§ 13a FGG).501 Formell beteiligt ist der vertretene Minderjährige oder der im Betreuungsverfahren Betroffene.502 Die Befugnisse im Verfahren bestimmen sich daher nach der Rechtsstellung des Vertretenen. Befugnisse aus eigenem Recht sind nur möglich, 496
BGH NJW 1995, 404; NJW 1966, 2210; Stein/Jonas-Bork, § 57 Rn. 9. Vgl. BGH NJW 1966, 2210. 498 Zum Erfordernis, einen Verfahrenspfleger zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs in weiteren Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuzulassen, Bork, FamRZ 2002, 65 ff., im Anschluss an BVerfGE 101, 397, 406. 499 Vgl. Keidel/Kuntze/Winkler-Engelhardt, § 50 Rn. 47. 500 OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 1768; Bassenge/Herbst/Roth, § 13 Rn. 4; Bork, ZZP 117 (2004), 399, 410 Fn. 48; Keidel/Kuntze/Winkler-Kayser, § 67 Rn. 15. – A. M. Keidel/Kuntze/ Winkler-Engelhardt, § 50 Rn. 43. 501 OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 1768. 502 A. M. BVerfG NJW 2003, 3544, 3545; OLG Hamm FamRZ 2002, 1127. 497
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wenn wie bei der Entscheidung über die Vergütung nach §§ 67a, 50 Abs. 5 FGG die Rechte des Verfahrenspflegers selbst ausnahmsweise betroffen sind.503 Für den Vertretenen kann im Verfahren in verschiedener Weise gehandelt werden. Neben dem Verfahrenspfleger kann der Vertretene nach §§ 59, 66 FGG selbst verfahrensfähig sein. Zudem ist der (materiell-rechtliche) gesetzliche Vertreter anders als bei der Bestellung eines Ergänzungspflegers (§§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1796 Abs. 1, 1909; 1908i, 1899 BGB) nicht von der Vertretung ausgeschlossen. Das Gericht muss alle Verfahrenshandlungen berücksichtigen. Eine Verfügung des einen Handlungsberechtigten kann den anderen nicht binden. So kann der Verfahrenspfleger auch nach einem Rechtsmittelverzicht des Beteiligten noch ein zulässiges Rechtsmittel führen. Diese Konkurrenz ist angesichts von §§ 59, 66 FGG eine auch ohne Bestellung eines Verfahrenspflegers auftretende Problemlage,504 die ferner im streitigen ZPO-Verfahren bei notwendiger Streitgenossenschaft (§ 62 ZPO) wie streitgenössischer Nebenintervention eine Parallele hat (§ 69 ZPO). 3. Gemeinsamer Vertreter Der gemeinsame Vertreter nimmt nach § 6 SpruchG in Spruchverfahren (§ 1 SpruchG) die Interessen derjenigen Anteilsinhaber wahr, die zwar zu einem Antrag berechtigt waren (§ 3 SpruchG), aber innerhalb der Antragsfrist keinen Antrag (§ 4 SpruchG) gestellt haben. Zu diesem Zweck wirkt er prozessual am Verfahren mit (§ 6 SpruchG), kann aber auch im Wege eines Vergleichs materielle Regelungen treffen (§ 11 Abs. 2 und 4 SpruchG). Das Gericht hat ihn zu bestellen (§ 6 Abs. 1 S. 1 SpruchG) und ggf. zu entlassen. Er unterliegt bei seiner Verfahrensführung weder der Aufsicht des Gerichts noch den Weisungen der Interessenträger.505 Die Rechtsstellung des besonderen Vertreters beschreibt das Gesetz zum einen durch die gewählte Bezeichnung »Vertreter« und zum anderen ausdrücklich in § 6 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 SpruchG als Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Ungeachtet des missverständlichen Wortlauts von § 6 Abs. 3 SpruchG, dass der gemeinsame Vertreter die Stellung eines Antragstellers erlange, ist entsprechend der gesetzlichen Bezeichnung die Stellung als solche eines Verfahrensvertreters einzuordnen.506 Mit der Bestellung des gemeinsamen Vertreters werden also diejenigen formell beteiligt, die zwar antragsberechtigt waren, aber keinen Antrag gestellt haben. Der Vertreter macht nicht eigene Verfahrensrechte, sondern die der
503 Diese Möglichkeit besteht überhaupt nur, weil mit der Bestellungszuständigkeit des Verfahrensgerichts in das eigentliche Verfahren Begründung und Abwicklung des Amtswalterrechtsverhältnisses (dazu § 14, S. 475 ff.) eingebunden sind, auch wenn sie einen ganz anderen Gegenstand als das Verfahren haben. 504 Bärmann, FG, § 9 II 4 c; Kollhosser/Bork/Jacoby, Nr. 38. 505 MünchKommAktG-Bilda, § 306 Rn. 91; Hüffer, § 6 SpruchG Rn. 6; Lutter-Krieger, § 6 SpruchG Rn. 10 f.; MünchKommAktG-Volhard, § 306 Rn. 15. 506 Fritzsche/Dreier/Verfürth, § 6 Rn. 19; Hüffer, § 6 SpruchG Rn. 6; Lutter-Krieger, § 6 SpruchG Rn. 10; MünchKommBGB-Volhard, § 6 SpruchG Rn. 14. – A. M. (Verfahrensstandschaft) MünchKommAktG-Bilda, § 306 Rn. 91; KölnKomm-Koppensteiner, § 306 Rn. 14.
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Vertretenen geltend. Einen etwaigen Vergleich (§ 11 SpruchG) kann er als Vertreter abschließen, ohne freilich die Vertretenen mangels Vertretungsmacht verpflichten zu können.507 Eine Kostenhaftung der Vertreters muss ungeachtet des Wortlauts von §§ 15 Abs. 2 S. 2, 6 Abs. 3 SpruchG ausscheiden. Auch im Fall von § 6 Abs. 3 SpruchG erlangt nicht der Vertreter, sondern erlangen die Vertretenen die Stellung eines Antragstellers. Gegen eine Kostenhaftung des Vertreters in diesen Fällen spricht auch, dass die Kostenregelung hinsichtlich des Vertreters selbst in § 6 Abs. 2 SpruchG keinen Kostenvorbehalt enthält. Dem Vertreter droht bei schlechter Prozessführung allein eine Schadensersatzhaftung gegenüber den Vertretenen aus dem Amtswalterrechtsverhältnis.508 Das Institut des gemeinsamen Vertreters steht in einem Spannungsverhältnis zu der Möglichkeit der vertretenen Anteilsinhaber, selbst im Wege der Nebenintervention ihre Rechte wahrzunehmen. Die These von der Unzulässigkeit der Nebenintervention wird gerade auf die Existenz des gemeinsamen Vertreters gestützt.509 Die Anteilsinhaber seien so bereits beteiligt, so dass eine (weitere) Beteiligung in Form der Nebenintervention ausscheiden müsse. Diese Begründung verkehrt jedoch den Zweck dieses Instituts in sein Gegenteil. Der gemeinsame Vertreter bezweckt, den Anspruch der Anteilsinhaber auf Gewährung rechtlichen Gehörs zur Durchsetzung zu verhelfen.510 Auch der untätige Anteilsinhaber soll am Verfahren beteiligt werden. Diese Reservefunktion des gemeinsamen Vertreters schließt ein eigenes Tätigwerden des Anteilsinhabers nicht aus. Vielmehr verliert der gemeinsame Vertreter im Augenblick des Beitritts die Aufgabe, auch den beitretenden Anteilsinhaber zu vertreten. Die Zulässigkeit des Beitritts lässt sich auf eine analoge Anwendung von §§ 66 ff. ZPO stützen. Zwar verweist § 17 SpruchG nicht direkt auf die ZPO, sondern auf das FGG. Die Anwendbarkeit von §§ 66 ff. ZPO in den Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist aber anerkannt.511 Die Regelung der gemeinsamen Vertretung schließt angesichts ihrer Reservefunktion die Analogie nicht aus. Auch der Umstand, dass die betroffenen Anteilsinhaber nicht selbst einen zulässigen Antrag gestellt haben, steht der Anwendung dieser Bestimmungen nicht entgegen,512 wie die Zulässigkeit der Nebenintervention in Beschlussanfechtungsverfahren (§§ 243 ff. AktG) belegt513.
507 Vgl. Fraktionsentwurf zum Umwandlungsbereinigungsgesetz, Einzelbegründung zu § 308 UmwG, BT-Drucks. 12/6699, S. 170; Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltsvereins e.V. zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens zu § 12 SpruchG-RefE, NZG 2002, 119, 123.; MünchKommAktG-Volhard, § 6 SpruchG Rn. 14. 508 Vgl. § 16 A I 2 (S. 568). 509 OLG Frankfurt ZIP 2006, 300; Fritzsche/Dreier/Verfürth, § 6 Rn. 21. – Auch KölnKomm-Koppensteiner, § 306 Rn. 14, widerspricht der Einordnung des gemeinsamen Vertreters als Vertreter mit dem Argument, eine Nebenintervention sei dann ausgeschlossen. 510 Für die Zulässigkeit der Nebenintervention auch Behnke, NZG 2000, 48 f.; ferner KölnKomm-Koppensteiner, § 306 Rn. 14; schließlich hält auch BVerfGE 14, 263, 287 f., dieses Ergebnis wegen des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) für verfassungsrechtlich geboten. 511 BGHZ 38, 110, 111; Kollhosser/Bork/Jacoby, Nr. 42. 512 A. A. OLG Frankfurt ZIP 2006, 300; vgl. ferner BayObLG ZIP 2002, 127, 128. 513 Vgl. nur BGH ZIP 1999, 190; 1999, 192.
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B. Organisation von Mitberechtigten
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4. Zusammenfassung Die betrachteten Institute des Verfahrensrechts dienen dem Zweck, einem oder mehreren Betroffenen rechtliches Gehör zu verschaffen. Diesen Zweck erreichen sie dadurch, dass sie die Vertretung des Betroffenen im jeweiligen Verfahren sicherstellen. So besteht eine Parallele zum materiellen Recht, in dem derjenige, der im Interesse eines Betroffenen tätig wird, ebenfalls stets die Rechtsstellung eines Vertreters innehat. Diese Institute greifen tatbestandlich nur, wenn der Vertretene durch seine eigentliche Handlungsorganisation im Verfahren nicht hinreichend repräsentiert wird. Angesichts dieses Zweckes ist der Vertretene aber gleichzeitig nicht gehindert, bei bzw. unter Behebung dieses Mangels seine Rechte im Verfahren auch auf andere Weise wahrzunehmen.
B. Organisation von Mitberechtigten Besondere organisationsrechtliche Fragen stellen sich, wenn mehrere Subjekte an einem Rechtsgegenstand gemeinschaftlich berechtigt sind. In solchen Sachlagen reicht es nicht immer aus, dass nur für jedes einzelne Subjekt (Mitberechtigte) eine intakte Organisation gebildet ist. Es lassen sich mindestens zwei Gründe dafür benennen, für alle Mitberechtigten eine gemeinsame Organisation zu schaffen. Zum einen kann ein Bedürfnis der Mitberechtigten bestehen, für sie eine einheitliche Organisation herzustellen. Soweit allein die Mitberechtigung des Einzelnen betroffen ist, kann er allein handeln. Soweit aber der gemeinschaftliche Gegenstand betroffen ist, kann eine Koordinierung erforderlich werden. Zum anderen besteht in manchen Konstellationen ein Bedürfnis des Rechtsverkehrs, sich wegen einer Angelegenheit, die den gemeinschaftlichen Gegenstand betrifft, nicht mit allen Mitberechtigten auseinander setzen zu müssen, sondern über einen einheitlichen Ansprechpartner (Vertreter aller Mitberechtigten) zu verfügen. Aufgaben und Befugnisse solcher Organisationen beziehen sich allein auf den gemeinschaftlichen Gegenstand, vor allem auf seine Verwaltung und Nutzung. Die Organisation verfügt aber – anders als bei verselbstständigten Sondervermögen – über kein selbstständiges Subjekt, das im Rechtsverkehr – wie etwa die sog. Parteien kraft Amtes – als Zurechnungsendpunkt von Handlungen auftritt. Der Organisation fehlt es selbst an Subjektsqualität. Sie soll lediglich den Mitberechtigten ermöglichen, ihren Willen und ihre Willensäußerung zu koordinieren. Sie wirkt als Teilorganisation für die einzelnen Mitberechtigten. Es gilt, die Mitberechtigten zu vertreten oder für die Mitberechtigten einen Willen zu bilden. Die Besonderheit dieser Teilorganisation besteht darin, dass sie gleichzeitig in mehrere Organisationen, nämlich in die aller Mitberechtigten, eingebunden ist.
I. Bruchteilsgemeinschaft Die Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB ist für Konstellationen, in denen ein Gegenstand mehreren Inhabern gemeinschaftlich zusteht, die Grundform und damit zugleich, falls eine spezielle gesetzliche Regelung fehlt, Auffangtatbe-
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stand.514 Die Regelung der Bruchteilsgemeinschaft knüpft auf Tatbestandsseite an einen Sachverhalt aus dem Recht der Gegenstände, meist des Sachenrechts, an. Sie setzt eine geteilte Berechtigung an einem Gegenstand voraus. Das Recht der Bruchteilsgemeinschaft ist dennoch im zweiten Buch des BGB, das das Schuldrecht regelt, richtig verortet, weil es vornehmlich das Verhältnis der Teilhaber untereinander regelt, das ein gesetzliches Schuldverhältnis darstellt.515 Auf Grundlage des entwickelten Verständnisses von Sondervermögen und Gesamthandsgemeinschaften unterscheidet sich die Bruchteilsgemeinschaft von Gesamthandsgemeinschaften folgendermaßen:516 Bei der Gesamthand sind die Gesamthänder nach traditionellem und hier überwiegend geteiltem Verständnis zwar auch Mitinhaber der zum Gesamthandsvermögen zählenden Gegenstände. Die Gesamthänder sind aber wegen der gesamthänderischen Bindung nicht berechtigt, die dieses Recht darstellenden Befugnisse als Rechtsinhaber auszuüben. Diese Befugnisse sind einheitlich einem besonderen Funktionsträger (der Gesamthand) zugeordnet. Nach moderner Auffassung wird die Gesamthand als Rechtsträger angesehen. Jedenfalls stehen dem Gesamthänder – abgesehen von seiner Mitgliedschaft an der Gesamthand – keine Rechte zu, die er selbst ausüben kann, die daher also zu seinem freien Vermögen zu zählen sind. Bei der Bruchteilsgemeinschaft steht dem Teilhaber hingegen ein Recht an dem gemeinschaftlichen Gegenstand zu, das er wie ein Alleinrechtsinhaber ausüben kann. Freilich hat das dem Mitberechtigten zugewiesene Recht einen – im Vergleich zum Alleinberechtigten – beschränkten Umfang. Es wird durch die Rechte der anderen Mitberechtigten begrenzt. Nur soweit er die anderen Mitberechtigten nicht beeinträchtigt (§§ 743, 747 S. 1 BGB), kann er Rechte an dem gemeinschaftlichen Gegenstand wie ein Alleinrechtsinhaber ausüben. Ansonsten bedarf er der Mitwirkung der anderen Teilhaber (§ 747 S. 2 BGB). Die Teilhaber wirken dann im Wege eines Gesamtaktes zusammen wie es auch in bestimmten Konstellationen Gesamthänder tun517. Konstruktiv unterscheiden sich aber beide Fälle erheblich:518 Die Teilhaber üben gemeinschaftlich die ihnen jeweils zugeordneten (Teilrechte) aus.519 Die Gesamthänder sind – eher wie zur Gesamtvertretung berechtigte Geschäftsführer – dazu berechtigt, für den besonderen Funktionsträger (die Gesamthand) zu handeln, dem die Ausübung der Rechte obliegt. Die organisationsrechtlichen Probleme der Bruchteilsgemeinschaft beziehen sich darauf, wie die Mitberechtigten Nutzung und Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands (und damit ihrer jeweiligen Bruchteilsrechte) koordinieren. Eine solche Ordnung der Gemeinschaft kann nicht dadurch erfolgen, dass die Gemeinschaft selbst eine Handlungsorganisation erhält. Dafür fehlt es der Gemeinschaft an der Subjektsqualität. Die Ordnung der Gemeinschaft kann sich 514
Staudinger-Langhein (2002), Vorbem zu §§ 741 ff Rn. 5. BGHZ 62, 243, 246; MünchKommBGB-K. Schmidt, § 741 Rn. 3. – A. M. Schnorr, Gemeinschaft, 37 ff., der ein notwendig schuldrechtliches Element der Gemeinschaft leugnet. 516 Siehe bereits § 3 A IV 2 a (S. 43). 517 § 2040 BGB, siehe § 3 A IV 2 a (S. 43). 518 Vgl. MünchKommBGB-K. Schmidt, § 741 Rn. 4: Einheitszuständigkeit der Gesamthand statt mehrheitliche Zuständigkeit der Teilhaber bei der Bruchteilsgemeinschaft. 519 Siehe § 3 A IV 2 a (S. 43) zur Einordnung des Bruchteils. 515
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aber auf die Handlungsorganisationen der einzelnen Teilhaber auswirken. Im Folgenden ist zunächst die gesetzliche Regelung zu analysieren (unter 1.). Danach ist zu überlegen, inwieweit die Mitberechtigten die Grundlagen dieses Rechtsverhältnisses vertraglich ändern können (unter 2.). 1. Gesetzliche Ordnung Die gesetzliche Ordnung der Gemeinschaft basiert auf dem Mehrheitsprinzip (§ 745 Abs. 1 BGB). Die gemeinschaftliche Verwaltung (§ 744 Abs. 1 BGB) und die gemeinschaftliche Nutzung können durch die Mehrheit der Teilhaber festgelegt werden. Der Mehrheitsmacht sind dadurch Grenzen gesetzt, dass einem einzelnen Teilhaber sein Nutzungsanteil nicht genommen werden darf (§ 745 Abs. 3 S. 2 BGB), eine wesentliche Veränderung des Gegenstands ausgeschlossen ist (§ 745 Abs. 3 S. 1 BGB) und die Grenzen ordnungsgemäßer Verwaltung eingehalten sein müssen (§ 745 Abs. 1 BGB). Die Wirkungen eines Mehrheitsbeschlusses sind umstritten. Zum Verständnis der Problematik sind zwei Fragen zu unterscheiden. Zum einen – und diese Frage ist sicherlich Gegenstand der Mehrheitsentscheidung – muss zwischen den Teilhabern der Inhalt der Nutzungs- oder Verwaltungsmaßnahme festgelegt werden. Es muss also beispielsweise bestimmt werden, ob bestimmte Verwendungen auf eine Sache zu machen sind (etwa Instandsetzungsmaßnahmen) oder wie die Sache zu nutzen (etwa zu vermieten)520 ist. Zum anderen ist bei rechtsgeschäftlichem Kontakt zu Dritten zu bestimmen, wer im Außenverhältnis die Verträge schließt. Die Beteiligung eines Teilhabers an diesem Vertrag aufseiten der Teilhaber bringt Vor- und Nachteile mit sich. Nachteilig ist, dass der Teilhaber als Vertragspartner regelmäßig gesamtschuldnerisch (§ 427 BGB) für die gesamte Verbindlichkeit haftet521, obwohl er im Innenverhältnis der Teilhaber lediglich anteilig verpflichtet ist (§ 748 BGB). Vorteil ist, dass sich bei gemeinschaftlichem Abschluss des Vertrags die gemeinschaftliche Berechtigung an den aus dem Vertrag entstehenden Forderungen (etwa auf die Miete) fortsetzt. So ist jeder Teilhaber an der Einziehung der Forderung beteiligt und nicht dem Risiko der Insolvenz eines allein handelnden Teilhabers/Verwalters ausgesetzt.522 a) Zum Meinungsstand Der Streit um die Wirkungen der Mehrheitsentscheidung bezieht sich auf die Frage, inwieweit eine Beteiligung der Minderheits-Teilhaber an Verträgen mit Dritten zu erzwingen ist. Ganz überwiegend wird vertreten, die durch den Mehrheitsbeschluss bewirkte Bindung im Innenverhältnis der Teilhaber ver-
520 Zur Vermietung als Form der gemeinsamen Nutzung (nicht Verwaltung) im Wohnungseigentumsrecht BGH ZMR 2000, 845; BayObLG NJW-RR 2002, 949, 950. 521 Zur Auslegungsregel in § 427 BGB insbesondere K. Schmidt, JuS 1988, 444, gegen LG Konstanz NJW 1987, 2521. 522 Zum Insolvenzrisiko beim Einzug von Miete durch einen Verwalter nur BGH NJW 2004, 954.
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pflichte alle Teilhaber, auch am Vertragsschluss mit Dritten mitzuwirken.523 Uneinigkeit besteht über die Folgen, wenn ein Teilhaber sich der Mitwirkung verweigert. Einerseits wird eine Vertretungsmacht der Mehrheit für die Minderheit angenommen.524 Diese Ansicht hat sich insbesondere zur Erbengemeinschaft, für die § 745 BGB über die Verweisung in § 2038 Abs. 2 BGB gilt, weithin durchgesetzt.525 Andererseits wird jede Handlungsmacht im Außenverhältnis verneint.526 Die Mehrheit müsse die sich weigernden Teilhaber auf Erteilung einer Vollmacht verklagen. Nach beiden Ansichten hat die Ordnung der Gemeinschaft Einfluss auf die Handlungsorganisationen der Teilhaber. Entweder bestimmt die Gemeinschaft aller Teilhaber die Willensbildung jedes Teilhabers, weil sie ihm vorgibt, an welchen Verträgen zur Verwaltung oder zur Nutzung des gemeinschaftlichen Gegenstands er sich im Außenverhältnis zu beteiligen hat. Oder die Kompetenz der Gemeinschaft aller Teilhaber erstreckt sich sogar auf die Willensbetätigung, wenn ihr die Kompetenz zusteht, einen Teilhaber zu vertreten. Das alternative Konzept besteht darin, die Wirkungen der Mehrheitsentscheidung auf das Schuldverhältnis zwischen den Teilhabern zu beschränken. Dritten gegenüber darf die Mehrheit dann eine Verwaltungsmaßnahme, etwa die Vermietung der gemeinschaftlichen Sache, nur im eigenen Namen vornehmen.527 Die Minderheit muss die aus dieser Verwaltungsmaßnahme folgende Beeinträchtigung ihres Rechts aber aufgrund ihrer Pflichten gegenüber der Mehrheit dulden. Sie hat die Lasten dieser Maßnahme im Verhältnis zu den anderen Teilhabern anteilig zu tragen (§ 748 BGB), kann gleichzeitig aber auch anteilig die Nutzungen beanspruchen (§ 745 Abs. 3 BGB). b) Stellungnahme Das Problem der organisationsrechtlichen Lösungen besteht darin, dass sich zumindest bei Schuldverträgen das Innenverhältnis der Teilhaber untereinander nicht im Außenverhältnis zu Dritten abbilden lässt. Auch wenn sich der Vertragsschluss als Verwaltungsmaßnahme einer Bruchteilsgemeinschaft darstellt, bestimmen sich die vertraglichen Rechte immer nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen beider Vertragsseiten.528 So werden sich Vertragspartner häufig nicht darauf einlassen, eine Teilschuld der Teilhaber (§ 420 BGB) zu vereinbaren, sondern auf der vom Gesetz für den Zweifelsfall vorgesehenen Ge523
MünchKommBGB-K. Schmidt, §§ 744, 745 Rn. 30. Erman-Aderhold, § 745 Rn. 5; MünchKommBGB-K. Schmidt, §§ 744, 745 Rn. 31 allerdings mit Ausnahme für die Begründung von Geldschulden auf der Primärebene. 525 BGHZ 56, 47, 50; Brox, ErbR, Rn. 504; MünchKommBGB-Heldrich, § 2038 Rn. 51; Muscheler, ZEV 1997, 222, 229; Staudinger-Werner (2002), § 2038 Rn. 40; Soergel-Wolf, § 2038 Rn. 11; kritisch, aber im Rahmen der Notgeschäftsführung (§ 2038 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BGB) zustimmend BGHZ 49, 183, 192. – A. M. Jülicher, AcP 175 (1975), 143, 147 ff.; Erman-Schlüter, § 2038 Rn. 12. 526 Staudinger-Langhein (2002), § 745 Rn. 40; im Grundsatz auch BGHZ 49, 183, 192. 527 Flume, Personengesellschaft, 116 f.; Schnorr, Gemeinschaft, 241 ff.; zu dieser Befugnis der Mehrheit auch Staudinger-Langhein (2002), § 745 Rn. Rn. 28 ff. 528 Rütten, Mehrheit, 86 ff., 94 ff.; MünchKommBGB-K. Schmidt, § 741 Rn. 46; Schnorr, Gemeinschaft, 156. 524
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samtschuld (§ 427 BGB) beharren. Das Problem ist nicht auf die Begründung von Geldschulden auf Primärebene beschränkt.529 So kann es etwa auch bei der Überlassung von Gegenständen (Vermietung) auf der Primärebene zu Zahlungsverpflichtungen auf der Sekundärebene kommen. Die Zahlungsverpflichtung kann insbesondere darauf beruhen, dass sich ein Teilhaber im Außenverhältnis das Verschulden eines anderen Teilhabers zurechnen lassen muss (§ 278 BGB)530, auch wenn im Innenverhältnis der schuldhaft handelnde Teilhaber den Schaden allein zu tragen hätte (§ 426 Abs. 1 BGB). Diese Problematik betrifft die Lösung im Außenverhältnis (Vertretungsmacht der Mehrheit) wie die Lösung im Innenverhältnis (Anspruch der Mehrheit auf Mitwirkung) gleichermaßen. Es überzeugt nicht, die Vertretungsmacht der Mehrheit unter Hinweis auf die übermäßigen Haftungsgefahren für den Minderheits-Teilhaber zu verneinen, gleichzeitig aber den Minderheits-Teilhaber zu verpflichten, sich selbst durch vertragliche Erklärungen diesen Haftungsgefahren auszusetzen.531 Kommt aber eine Abbildung des Innenverhältnisses im Außenverhältnis nicht in Betracht und verweigern sich Minderheitsteilhaber einem Vertragsschluss mit gesamtschuldnerischer Haftung, muss die Mehrheit oder Teile von ihr den Vertrag im eigenen Namen schließen. Die Vertragschließenden können dann die Rechte des Vertragspartners dadurch stärken, dass sie dem Vertragspartner ihre Ansprüche aus dem Innenverhältnis gegen die nicht am Vertragsschluss beteiligten Teilhaber abtreten.532 Gleichzeitig ist aber auch die Minderheit haftungsrechtlich zu schützen. Die Vertragschließenden haben eine Vertragsgestaltung zu wählen, nach der sie ihre Ansprüche, aber auch Zahlungen auf diese als Treuhänder für die Gesamtheit der Mitberechtigten erwerben, so dass sich die Mitberechtigten gegenüber einem Zugriff der Gläubiger des Treuhänders gem. §§ 771 ZPO, 47 InsO erwehren können533. Die vorstehenden Überlegungen zum Schutz der Minderheit stehen einer organisationsrechtlichen Lösung nicht durchweg entgegen. Werden durch ein Tätigwerden der Mehrheit im Außenverhältnis mit Wirkung auch für Minderheitsteilhaber nur die Pflichten auferlegt, die sie nach dem Innenverhältnis ohnehin haben, bestehen keine Gründe dafür, der Mehrheitsentscheidung eine organisationsrechtliche Wirkung zu verwehren.534 Das muss auch für die Verleihung von Vertretungsmacht im Außenverhältnis gelten. Eine übereinstimmende Bevollmächtigung (§ 167 BGB) zu verlangen wäre bloße Förmelei. Das Individualitäts529 Vgl. indessen die Differenzierung von MünchKommBGB-K. Schmidt, §§ 744, 745 Rn. 26; wie hier Staudinger-Langhein (2002), § 745 Rn. 40. 530 Vgl. zu den Ausnahmen vom in § 425 BGB niedergelegten Grundsatz der Einzelwirkung des Verschuldens Jacoby, ZMR 2001, 409, 417. 531 Nicht überzeugend daher Staudinger-Langhein (2002), § 745 Rn. 40, 27. 532 Staudinger-Langhein (2002), § 745 Rn. 41. 533 Staudinger-Langhein (2002), § 743 Rn. 28; Rütten, Mehrheit, 87 Fn. 50. 534 Dieser Hintergrund erklärt auch die unterschiedlichen Stellungnahmen zum Recht der Erbengemeinschaft und zur Bruchteilsgemeinschaft. Für die Erbengemeinschaft wird nämlich angenommen, dass die Mehrheit die Minderheit nicht entsprechend § 427 BGB mit dem Eigenvermögen, sondern nur hinsichtlich des Nachlasses verpflichte, siehe Brox, ErbR, Rn. 504; MünchKommBGB-Heldrich, § 2038 Rn. 27, 52; Staudinger-Werner (2002), § 2038 Rn. 9; Soergel-Wolf, § 2038 Rn. 11.
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prinzip des § 167 BGB wird durch das Mehrheitsprinzip des § 745 Abs. 1 BGB verdrängt. Wie die Zulässigkeit einer Innenvollmacht zeigt, bedarf auch der Rechtsverkehr keines Schutzes.535 Daher ist dann Vertretungsmacht für den Abschluss von Schuldverträgen anzunehmen, wenn sich der Vertragspartner auf die Vereinbarung von Teilschulden einlässt. In der Erbengemeinschaft muss die Haftung der vertretenen Miterben durch eine ausdrückliche Haftungsfreistellungsvereinbarung536 auf die Haftung mit dem Nachlass537 beschränkt werden. Vertragsänderungen oder -aufhebungen, Mahnungen oder Kündigungen können mit Wirkung für alle Teilhaber auf Grundlage eines Mehrheitsbeschlusses erklärt werden. Die Geltendmachung von Rechten oder die Vornahme von Verfügungen538 mit Wirkung für alle Teilhaber ist auf dieser Grundlage ebenfalls zulässig. Die vorstehenden Grundsätze sind auch zu beachten, wenn es nicht zu einem Mehrheitsbeschluss kommt. Nach § 744 Abs. 2 BGB kann ein Teilhaber zur Erhaltung der Sache notwendige Maßnahmen ohne Zustimmung der anderen Teilhaber treffen. Auch diese Bestimmung wird sich meist als schuldrechtliche Regelung auswirken. Der handelnde Teilhaber kann daher im Außenverhältnis nur im eigenen Namen kontrahieren.539 Schließlich können diese Grundsätze auch Geltung beanspruchen, wenn ein Teilhaber von den anderen nach § 745 Abs. 2 BGB Zustimmung zu einer Maßnahme verlangt. Der Teilhaber kann nicht verlangen, dass alle Teilhaber gemeinsam das Verwaltungsgeschäft abschließen und sich so einer gesamtschuldnerischen Haftung aussetzen. Er kann lediglich Zustimmung zu der Verwaltungsmaßnahme als solcher verlangen. Will dann keiner der anderen Teilhaber an der Umsetzung der Maßnahme im Außenverhältnis mitwirken, muss der nach § 745 Abs. 2 BGB vorgehende Teilhaber dieses Geschäft alleine (treuhänderisch) vornehmen. Ggf. kann er in analoger Anwendung von § 669 BGB Kostenvorschuss verlangen. 2. Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten Die Teilhaber können die Ordnung der Gemeinschaft durch Vereinbarung abweichend regeln. Sie können die Entscheidungsfindung in der Gemeinschaft erschweren, indem sie für bestimmte Entscheidungen Einstimmigkeit verlangen 535 Es besteht allein eine Verpflichtung der Minderheit, für bestimmte Maßnahmen eine Vollmachtsurkunde auszustellen, damit der Vertreter im Außenverhältnis seine Vertretungsmacht nachweisen kann. Das ist für die Vornahme einseitiger Willenserklärungen stets (§ 174 S. 1 BGB) und zum Abschluss von Verträgen auf Verlangen des Vertragspartners erforderlich. 536 Dazu § 3 C II 3 b bb 2 (S. 74). 537 Nach der hier vertretenen Ansicht (§ 3 C II 3 b aa 2 b, S. 72) entsteht freilich keine Nachlasserbenschuld. Ein Zugriff auf das gemeinschaftliche Vermögen ist für die Gläubiger aber möglich, solange es nicht zur amtlichen Nachlassliquidation durch Nachlassinsolvenz oder Nachlassverwaltung kommt. 538 Stellt sich ausnahmsweise eine Verfügung als Verwaltungsmaßnahme dar, so dass § 745 BGB die Regelung in § 747 S. 2 BGB verdrängt, bestehen keine Bedenken, der Mehrheit die Verfügungsmacht zuzusprechen, diese Verfügung im eigenen Namen (ggf. auch in Vollmacht der anderen Teilhaber) vorzunehmen, ebenso MünchKommBGB-K. Schmidt, §§ 744, 745 Rn. 31; a. A. (im Grundsatz) Staudinger-Langhein (2002), § 745 Rn. 44. 539 Flume, Personengesellschaft, 116; Staudinger-Langhein (2002), § 744 Rn. 37; MünchKommBGB-K. Schmidt, §§ 744, 745 Rn. 46; Schnorr, Gemeinschaft, 241.
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oder an die Zulässigkeit einer Mehrheitsentscheidung engere, die Minderheit schützende Bedingungen stellen. Sie können aber auch die Ordnung der Gemeinschaft elastischer machen, indem sie die Willensbildungsmacht und Willensbetätigungsmacht auf bestimmte Personen, gleich ob sie zu den Teilhabern gehören oder nicht, übertragen.540 Eine Übertragung von Handlungsmacht kann entweder konkret oder abstrakt erfolgen. Im Fall der konkreten Übertragung beauftragen die Teilhaber den oder die neuen Entscheidungsträger und erteilen Vollmacht, sofern der Entscheidungsträger nicht im eigenen Namen tätig werden soll. Eine abstrakte Übertragung liegt in der Errichtung einer institutionalisierten Ordnung. Es werden Funktionseinheiten geschaffen, die bei der Willensbildung und Willensbetätigung für die Teilhaber mitwirken sollen. So kann die Struktur von Körperschaften oder Personengesellschaften nachempfunden werden.541 Beispielsweise kann eine Einheit geschaffen werden, die die Geschäftsführung übernimmt, in bedeutenden Angelegenheiten aber der Zustimmung der Gesamtheit der Teilhaber bedarf. Die institutionell geschaffenen Einheiten bedürfen dann noch der Besetzung mit handlungsfähigen Personen durch die Gemeinschaft der Mitberechtigten. Vielfach wird formuliert, die Gemeinschaft könne durch solche Vereinbarungen542 einen korporativen Charakter erlangen.543 Da es der Gemeinschaft aber an jeglicher Subjektsqualität mangelt, ist diese Ausdrucksweise unscharf.544 Ein gewichtiger Unterschied ist auch, dass die Körperschaften ohne ihre Organisation handlungsunfähig sind, während die Teilhaber ohne diese Organisation selbst handlungsfähig sind. Um die Wirkungen solcher Vereinbarungen dogmatisch zu erfassen, ist auf die Stellung der Teilhaber abzustellen. Die Teilhaber sind, wenn sie solche Verwaltungs- und Nutzungsvereinbarungen schließen, untereinander aus zwei Rechtsgründen betroffen. Zum einen sind sie aufgrund ihrer gegenständlichen (sachenrechtlichen) Stellung als Mitberechtigte von dem daraus folgenden gesetzlichen Schuldverhältnis gebunden. Zum anderen sind sie als Vertragspartner an den Inhalt ihrer Abrede gebunden. Soweit wirksame vertragliche Regelungen reichen, verdrängen sie freilich kraft Spezialität die gesetzlichen Regelungen (wie auch ein Mietvertrag das sachenrechtliche Verhältnis zwischen Eigentümer und Besitzer modifiziert oder ein Sicherungsvertrag das Verhältnis zwischen Sicherungstreuhänder und Sicherungsgeber). Ein Vertrag beeinflusst die Ordnung der Gemeinschaft also deswegen, weil seine Regelungen das dispositive Gesetzesrecht über die Gemeinschaft verdrängen. Es wird keine Verfassung der Gemeinschaft geschaffen. Die Gemeinschaft gibt es nicht als verselbststän-
540 Staudinger-Langhein (2002), § 744 Rn. 12 ff.; MünchKommBGB-K. Schmidt, §§ 744, 745 Rn. 18. 541 BGHZ 25, 311, 313; Staudinger-Langhein (2002), § 744 Rn. 14; MünchKommBGB-K. Schmidt, §§ 744, 745 Rn. 18. 542 MünchKommBGB-K. Schmidt, § 741 Rn. 3, legt Wert darauf, dass es sich um kooperative, nicht korporative Vereinbarungen handele. 543 BGHZ 25, 311; MünchKommBGB-K. Schmidt, § 745 Rn. 18; Staudinger-Langhein (2002), § 744 Rn. 14. 544 Vgl. auch die Skepsis gegenüber einem Außenrecht der Gemeinschaft bei MünchKommBGB-K. Schmidt, § 741 Rn. 3.
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digtes Subjekt und kann daher nicht Subjekt einer Verfassung sein. Es wird eine Regelung der Teilhaber hinsichtlich ihrer gemeinschaftlichen Bindung geschaffen. Der Vertrag der Teilhaber, der die Nutzungs- und Verwaltungsregelung enthält, ist grundsätzlich ein im besonderen Schuldrecht nicht typisierter, aber von §§ 744 ff. BGB vorgesehener Vertrag. Er beeinflusst das Gemeinschaftsverhältnis in besonderer (dinglicher545) Weise546, weil er auch gegenüber Rechtsnachfolgern in die Anteile am gemeinschaftlichen Gegenstand nach Maßgabe von §§ 746, 1010 BGB wirken kann. Die Nutzungs- und Verwaltungsregelungen können freilich auch Bestandteil eines typisierten Vertrags wie Schenkung oder Auftrag547, vor allem aber Gesellschaft (§ 705 BGB) sein.548 Damit ein Gesellschaftsvertrag vorliegt, müssen sich die Teilhaber untereinander zu Zuwendungen verpflichten, die einem gemeinsamen Zweck, also gleichermaßen den anderen Teilhabern wie auch dem Zuwendenden selbst, zugute kommen.549 Die Abrede muss über die bloße Regelung der Verwaltung und Nutzung im Interesse der Teilhaber hinausgehen. Der gemeinsame Zweck muss Geschäftszweck für die übernommenen Zuwendungen sein. Der Geschäftszweck gehört zu den notwendigen Bestandteilen eines jeden schuldrechtlichen Vertrags (essentialia negotii)550 und bestimmt den Typus des jeweiligen Vertrags551. So ist er insbesondere von den Motiven der Parteien abzugrenzen, aufgrund derer diese den Vertrag schließen.552 Diese Motive liegen im Grundsatz außerhalb des Vertrags. Ein gemeinsamer Gesellschaftszweck liegt daher bereits vor, wenn Vertragspartner ein gemeinsames Mittel verfolgen (Vorzweck), um unterschiedliche Endziele (Endzweck) zu erreichen.553 Einen gemeinsamen Zweck verfolgen die Vertragspartner insbesondere dann, wenn sie sich verpflichten, ein selbstständiges gemeinschaftliches (Gesellschafts-)Vermögen zu schaffen. Denn dann kommen die einzelnen Zuwendungen der Vertragspartner zugunsten des gemeinschaftlichen Vermögens auch dem Zuwendenden unmittelbar zugute. Auch wenn die Teilhaber vereinbaren, den Gegenstand etwa im Wege der Vermietung gemeinschaftlich nutzen zu wollen, kann darin ein über die bloße Nutzungsregelung hinausgehender Zweck lie545
So Prot. II, 755 Zur dogmatischen Erfassung dieser Wirkung Staudinger-Langhein (2002), § 746 Rn. 8. – Schnorr, Gemeinschaft, 57 f., 155, nimmt einen Verzicht auf dingliche Teilhaberechte an. 547 Vgl. BGHZ 34, 367, 370 f.; BGH NJW 1983, 449. 548 Schnorr, Gemeinschaft, 158 f., unterscheidet nach dem unterschiedlichen Maß an Freiheit, das die einzelne Gestaltung den Bruchteilsberechtigten belässt. 549 Vgl. Ballerstedt, JuS 1963, 253, 255: »Gemeinsam ist der verfolgte Zweck dann, wenn jeder Partner ihn ebensowohl als den eigenen wie als den Zweck des anderen zu fördern verspricht«; zustimmend Soergel-Hadding, 11. Aufl. (1985), § 705 Rn. 36; K. Schmidt, GesR, § 4 I 2 a; in der Sache ebenso MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 148; kritisch Schulze-Osterloh, Zweck, 10 f. 550 Bork, Vergleich, 31 f.; Flume, Rechtsgeschäft, § 34 6. 551 Bork, Vergleich, 30; Schnauder, AcP 187 (1987), 142, 147; anders Ballerstedt, JuS 1963, 253. 552 Bork, Vergleich, 30; Flume, Rechtsgeschäft, § 12 I 5; MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 147. 553 BGH NJW 1951, 308; Ballerstedt, JuS 1963, 253, 254 f.; Fikentscher, Festschrift Westermann, 87, 94 f.; MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 145; Wiedemann, GesR I, § 1 I 1 b. 546
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gen.554 Als Beitrag bringen die Teilhaber auch dann freilich nicht ihre Mitberechtigung ein.555 Anderenfalls würde die Bruchteilsgemeinschaft erlöschen, der Gegenstand den Gesellschaftern gesamthänderisch zugeordnet sein oder nach moderner Ausdrucksweise die Gesellschaft Alleininhaberin werden. Die Teilhaber bringen aber ihre Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse in die Gesellschaft ein. Regelmäßig wird lediglich eine Innengesellschaft vorliegen, so dass die Gesellschaft nach außen weder als Handelnde im eigenen Namen noch als Vertreterin der Teilhaber/Gesellschafter auftritt. Gegenstand der Beitragspflichten der Teilhaber/Gesellschafter kann dann auch sein, Vollmacht derjenigen Person zu erteilen, durch die nach außen gehandelt werden soll. Die Gesellschaft kann aber auch als Außengesellschaft ausgestaltet werden. Dann kann sie etwa selbst als (Fremd-) Verwalterin und Vermieterin des Gegenstands nach außen auftreten. Aber auch dann ist die Feststellung unzutreffend, dass die Gemeinschaft nach außen handeln kann556. Vielmehr steht die Außengesellschaft neben der Gemeinschaft ohne Subjektsqualität.557 Diese Zweiteilung zu erkennen ist deswegen von so großer Bedeutung, weil die beiden Institute Gemeinschaft einerseits und Gesellschaft oder sonstiger Vertrag andererseits unterschiedlichen Regelungen folgen.558 Voraussetzung dafür, dass der Gesellschaftsvertrag die Ordnung der Gemeinschaft bestimmt, ist, dass alle Teilhaber von den Wirkungen des Gesellschaftsvertrags erfasst werden. Das ist problematisch, wenn die Beteiligung einer Person an der Gesellschaft unwirksam ist oder ein Teilhaberwechsel stattgefunden hat, ohne dass der Erwerber den Gesellschaftsanteil des ausscheidenden Teilhabers übernommen hat. Ein Eintritt in die Gesellschaft lässt sich über § 746 BGB nicht begründen, weil der Gesellschaftsvertrag regelmäßig Pflichten begründet, die in die persönliche Rechtsstellung des Gesellschafters eingreifen und damit über eine bloße Nutzungs- und Verwaltungsregelung hinausgehen.559 Es bietet sich dann folgende Lösung an. Die in der Gesellschaft gebundenen Teilhaber haben sich untereinander so zu behandeln, als seien alle Teilhaber gebunden. Der neu eintretende Teilhaber ist über § 746 BGB an die Nutzungs- und Verwaltungsregelungen des Gesellschaftsvertrags gebunden. Diese Lösung kann freilich für eine Grundeigentumsgemeinschaft scheitern, wenn die Nutzungs- und Verwaltungsregelungen mangels Eintragung nach §§ 746, 1010 BGB nicht gegenüber dem Rechtsnachfolger wirken. Lassen sich in diesem Falle die im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Nutzungsund Verwaltungsregelungen nicht mehr durchsetzen, ist die Gesellschaft – wie
554 Vgl. Bork, ZIP 2001, 545, 547; Staudinger-Langhein (2002), § 741 Rn. 219.; K. Schmidt, GesR, § 59 I 3 a; Schnorr, Gemeinschaft, 157 f.; MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 145. 555 So aber BGH NJW 1997, 3497, 3439; NJW 1982, 170, 171. 556 Vgl. aber BGHZ 25, 31, 313; OLG Hamm DNotZ 1973, 549, 550; Staudinger-Langhein (2002), § 744 Rn. 14, die der Gemeinschaft passive Parteifähigkeit wie einem nicht rechtsfähigen Verein zubilligen, oder auch AG Göttingen ZIP 2001, 580, das die Bruchteilsgemeinschaft als insolvenzfähig ansieht. 557 Vgl. Bork, ZIP 2001, 545, 547; Flume, Personengesellschaft, 117 f.; MünchKommBGBK. Schmidt, § 741 Rn. 3; K. Schmidt, GesR, § 59 I 3 a. 558 Vgl. Flume, Personengesellschaft, 117 f. 559 Vgl. zu den Grenzen von § 746 BGB Staudinger-Langhein (2002), § 746 Rn. 10.
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§ 4: Organisationen für Teilbereiche
auch bei Aufhebung der Gemeinschaft – aufgelöst, weil der Gesellschaftszweck unmöglich geworden ist (§ 726 BGB). 3. Bewertung Die Bewertung der Handlungsorganisation bei Vorliegen einer Bruchteilsgemeinschaft muss also differenzieren. Der Gemeinschaft selbst fehlt es an jeglicher Subjektsqualität, so dass sie über keine Organisationselemente verfügt. Eine Organisation kommt lediglich hinsichtlich der Teilhaber in Betracht. Eine solche ist von der gesetzlichen Ordnung her aber ebenfalls nicht angelegt. Vertraglich können die Teilhaber eine Organisation schaffen. Diese Organisation unterliegt dann aber nicht spezifischen Regeln der Gemeinschaft, sondern beruht auf den allgemeinen Instituten der gewillkürten Organisation (Auftrag und Vollmacht) oder der Beteiligung an einer Gesellschaft.
II. Wohnungseigentümergemeinschaft Das Wohnungseigentumsrecht enthält in §§ 20 ff. WEG organisationsrechtliche Regelungen, die die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betreffen. Es schafft die besonderen Funktionsträger Eigentümerversammlung (§ 25 WEG), Wohnungseigentumsverwalter (§§ 26 ff. WEG) und – fakultativ – den Verwaltungsbeirat (§ 29 WEG). Es steht in Streit, für welches Rechtssubjekt diese Handlungsorganisation eingerichtet ist. Herkömmlich wird diese Organisation als Teilorganisation der allein rechtsfähigen Wohnungseigentümer560 verstanden.561 Die Eigentümer verwalteten in Übereinstimmung mit dem Wortlaut von § 20 WEG das gemeinschaftliche Eigentum selbst. Ihre Willensbildung und -betätigung zu diesem Zweck regelten §§ 20 ff. WEG.562 Es handele sich also um eine gegenständlich beschränkte und individuelle Organisation, die aber gleichzeitig für mehrere Individuen, alle Eigentümer, eingerichtet sei. Der BGH hat in seinem Beschluss vom 2.6.2005 einem alternativen Verständnis563 zum Durchbruch verholfen.564 Neben die Wohnungseigentümer als dingliche Rechtsinhaber trete ein kraft Gesetzes entstehender Verband, deren Mitglieder die jeweiligen Wohnungseigentümer seien. Dieser Verband verwalte das gemeinschaftliche Eigentum als Fremd560 Entsprechend der gesetzlichen Systematik bezieht sich die Abhandlung auf das Wohnungseigentum, während für das Teileigentum, das an nicht Wohnzwecken dienenden Räumen begründet werden kann (§ 1 Abs. 3 WEG), Entsprechendes gilt (§ 1 Abs. 6 WEG). 561 BGHZ 142, 290, 294; 78, 166, 172; BGH NJW-RR 2004, 874; NJW 1998, 3279; 1993, 2943, 2944; 1983, 1901, 1902; BayObLG NJW 2002, 1506; NJW-RR 2002, 445; Elzer, ZMR 2004, 873, 879 f.; Ott, ZMR 2002, 97 ff. 562 Weitnauer-Briesemeister, Vor § 1 Rn. 30 i. V. m. 32. 563 Bärmann, NJW 1989, 1057 ff.; Bub, PiG 63, 1 ff.; Derleder, PiG 63, 29 ff.; Häublein, Festschrift Wenzel, 175, 191 ff.; Maroldt, ZWE 2002, 387 ff.; Raiser, ZWE 2001, 173 ff.; Renner, Wohnungseigentümergemeinschaft, 83 ff. 564 BGH NJW 2004, 2061 ff.; ferner BGH ZMR 2005, 880; ZMR 2005, 884; zustimmend Abramenko, ZMR 2005, 585 ff.; Bub/Petersen, NJW 2005, 2590 ff.; Häublein, ZIP 2005, 1720 ff.; Maroldt, ZWE 2005, 361 ff.; Raiser, ZWE 2005, 357 ff.
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B. Organisation von Mitberechtigten
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verwalter (in mittelbarer Stellvertretung). Seine Organisation sei in §§ 20 ff. WEG niedergelegt.565 Die aktuelle Diskussion im Wohnungseigentumsrecht berührt drei Punkte. Man wendet sich erstens der Aufgabe zu, die praktischen Konsequenzen der Rechtsprechungsänderung des BGH zu ermessen.566 Die Kritik an der Entscheidung richtet sich zweitens im Schwerpunkt gegen das eine Außenhaftung der Eigentümer ablehnende Haftungskonzept des BGH.567 Schließlich wird drittens über die Berechtigung gestritten, dem WEG die Schaffung eines rechtsfähigen Verbands zu entnehmen.568 Diese Diskussion würde freilich auf eine ganz neue Grundlage gestellt werden, sollte im WEG die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft vorgesehen werden.569 Im Folgenden wird in der Auseinandersetzung zum geltenden Recht gegen die Existenz dieses Verbands Stellung bezogen (unter 1.). Auf Grundlage dieser Auffassung werden dann die wohnungseigentumsrechtlichen Organisationsregeln untersucht (unter 2.). 1. Subjektstellung Die Subjektstellung der einzelnen Wohnungseigentümer als Inhaber des Wohnungseigentums folgt aus dem Gesetz. Das Wohnungseigentum ist vom Gesetzgeber ausdrücklich (§§ 1 Abs. 2, 6, 10 Abs. 1 WEG) als eine besondere Art des Miteigentums ausgestaltet worden.570 Seinen besonderen Charakter und auch sei565 Zu der Frage, inwieweit außerhalb der Zuständigkeit des Verbands Gemeinschaft diese Organisationsregelungen dennoch für die Eigentümer unmittelbar wirken, Elzer, ZMR 2005, 684 f.; Hügel, DNotZ 2005, 753, 764. 566 OLG München NJW 2006, 1293; NJW-RR 2006, 592; ZMR 2005, 729; Abramenko, ZMR 2005, 585 ff.; ders. ZMR 2005, 749 ff.; ders., ZMR 2006, 409 ff.; Bork, ZInsO 2005, 1067 ff.; Bub/Petersen, NJW 2005, 2590 ff.; Demharter, NZM 2005 601 ff.; Fischer, NZI 2005, 586 ff.; Hügel, DNotZ 2005, 753 ff.; Rapp, MittBayNot 2005, 449, 456 ff.; Wenzel, NZM 2006, 321 ff. 567 Armbrüster, ZWE 2005, 369, 375 ff.; Bork, ZIP 2005, 1205, 1207 f.; Häublein, ZIP 2005, 1720, 1721 ff.; Maroldt, ZWE 2005, 361, 363 f. 568 Ablehnend Bork, ZIP 2005, 1205 ff.; Lüke, ZfIR 2005, 516 ff.; Pohlmann, EWiR 2005, 715 f.; Rapp, MittBayNot 2005, 449 ff.; kritisch ferner Armbrüster, ZWE 2005, 369, 371 ff.; Demharter, ZWE 2005, 357 ff. – Der Vorsitzende des IX. Zivilsenats Fischer, NZI 2005, 586 Fn. 2, weist darauf hin, dass der unter seinem Vorsitz stehende Senat seine Auffassung, die Rechtsfähigkeit abzulehnen, noch nicht aufgegeben hat. 569 Dafür die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze, siehe BT-Drucks. 14/6855, S. 56 ff. 570 BGHZ 108, 156, 160; BGH NJW 2002, 1647, 1648; Merle, Wohnungseigentum, 179 ff.; Renner, Wohnungseigentum, 38 ff.; MünchKommBGB-K. Schmidt, § 1008 Rn. 37; MünchKommBGB-Ulmer, Vor § 705 Rn. 131; Weitnauer-Briesemeister, Vor § 1 Rn. 25 ff. – Allein Junker, Gesellschaft, 75, hat ein Konzept vorgelegt, das alle Fragen der Wohnungseigentümergemeinschaft ausschließlich gesellschaftsrechtlich deutet. Der Gesetzgeber habe mit dem WEG unbewusst eine neue Gesellschaftsform, die Gesellschaft nach dem Wohnungseigentümergesetz (GWEG), geschaffen. Das jedem Wohnungseigentümer zugeordnete Wohnungseigentum stelle einen dinglichen Gesellschaftsanteil dar. Alle den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zugeordneten Gegenstände bildeten das Gesellschaftsvermögen. Diese Sichtweise stützt Junker, ebd., 6 ff., 280, darauf, dass die Ausgestaltung des Sondereigentums mit den herkömmlichen sachenrechtlichen Prinzipien nicht vereinbar sei. Indessen liegt es im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, Ausnahmen von diesen Prinzipien zu schaffen. Zur Kritik an Junker etwa Staudinger-Langhein (2002), § 741 Rn. 185 ff.; Weitnauer-Briesemeister, Vor § 1 Rn. 47 ff.
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§ 4: Organisationen für Teilbereiche
nen besonderen wirtschaftlichen Wert gewinnt dieser Miteigentumsanteil durch die Verknüpfung mit dem Sondereigentum. Eine organisationsrechtliche Betrachtung der Verwaltungsregelungen muss aber darüber hinaus das der Verwaltung dienende Vermögen der Eigentümer einbeziehen. Es ist zu klären, in welcher Form den Wohnungseigentümern die Instandhaltungsrückstellung, das Grundstückszubehör, Forderungen untereinander oder gegen Dritte wie gegen den Verwalter sowie sonstige gemeinschaftliche Rechte zugeordnet sind. Herkömmlich wurde angenommen, hinsichtlich jedes einzelnen Gegenstands des Verwaltungsvermögens bestünden weitere Bruchteilsgemeinschaften.571 Dieser Schluss ist aber keineswegs zwingend oder durch das WEG angelegt. Die Analyse zur Gemeinschaft hat gezeigt, dass in jedem Einzelfall auf Grundlage insbesondere des Parteiwillens zu prüfen ist, in welcher Form den Bruchteilsberechtigten weitere Gegenstände zugeordnet sind.572 Insbesondere ist die Bildung einer Verwaltungsgesellschaft nicht ausgeschlossen.573 Die einzelnen Gegenstände des Verwaltungsvermögens den Eigentümern jeweils als Bruchteilsberechtigten zuzuordnen wird der Interessenlage nicht gerecht.574 Diese Gestaltung widerspräche dem das Verwaltungsvermögen charakterisierenden Zweck,575 der gemeinschaftlichen Verwaltung des Wohnungseigentums zu dienen. Schon die organisationsrechtliche Ausgangslage passt nicht. Es bedürfte einer Begründung, warum diese Rechte nicht jeder Eigentümer selbstständig entsprechend §§ 432, 1011 BGB geltend machen kann.576 Vor allem lässt sich aber nur schwer ein Grund finden, zweckfremde Eingriffe auf diese Rechte zu begründen. Ein Auseinanderfallen der Berechtigungen drohte insbesondere bei der Veräußerung des Wohnungseigentums. Zu denken ist nicht nur an die rechtsgeschäftliche Übertragung, bei der die gleichzeitige Übertragung der Gegenstände des Verwaltungsvermögens vereinbart werden könnte, sondern auch an den Übergang kraft Gesetzes durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren. Ferner blieben Einzelverfügungen der Eigentümer möglich und es drohten Zwangsvollstreckungszugriffe der Gläubiger einzelner Eigentümer auf deren Anteil an einzelnen Gegenständen.
571 BayObLG FGPrax 2001, 93; BayObLGZ 1984, 198, 206; Palandt-Bassenge, 64. Aufl. (2005), § 1 WEG Rn. 14; Weitnauer-Briesemeister, § 1 Rn. 13. 572 Siehe B I 1 b (S. 112 ff.). 573 Siehe B I 2 (S. 116). Zutreffend entnimmt der BGH NJW 2005, 2061, 2063, der Verfassung der Wohnungseigentümer als Gemeinschaft keine Aussage über die Existenz eines der Verwaltung dienenden rechtsfähigen Verbands Gemeinschaft. 574 BGH NJW 2005, 2061, 2064 f.; Armbrüster, ZWE 2005, 369, 273 f.; Röll, NJW 1987, 1049 ff.; Roth, ZWE 2001, 238 ff. 575 Eingehend Roth, ZWE 2001, 238, 239; ferner Bub, PiG 63, 1, 13 ff. – Die unten (c aa 2, S. 131) für den Anteil des jeweiligen Eigentümers am gesamthänderisch gebundenen Verwaltungsvermögen befürwortete Lösung, ihn entsprechend § 96 BGB an das Wohnungseigentum zu binden, wäre für den Bruchteil ausgeschlossen, so aber etwa Palandt-Bassenge, 64. Aufl. (2005), § 1 WEG Rn. 15. Sonst könnten die Eigentümer nämlich auch nicht gemeinschaftlich über den ihnen gemeinschaftlich zustehenden Vermögensgegenstand verfügen. 576 Dafür Weitnauer-Briesemeister, Vor § 1 Rn. 68 ff.
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B. Organisation von Mitberechtigten
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Aus diesen Gründen besteht heute zunehmend Einigkeit über die Notwendigkeit, ein einheitliches Verwaltungsvermögen anzuerkennen.577 Im Folgenden ist aber dem Konzept entgegenzutreten, dieses Vermögen sei einem Verband Gemeinschaft als Verbandsvermögen zugeordnet. Das Verwaltungsvermögen ist ein unselbstständiges Sondervermögen ohne spezifisches Handlungssubjekt, wofür schon die Ausgestaltung des Verwalters Beleg ist. Diese Stellungnahme ist dadurch zu untermauern, dass die These von der Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft analysiert (unter a.) und ihre Schwächen herausgestellt werden (unter b.). Anschließend ist das Konzept vom Verwaltungsvermögen als den jeweiligen Eigentümern zugewiesenes unselbstständiges Sondervermögen zu konkretisieren und abzusichern (unter c.). a) These von der rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft Die These von der rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft legt ein Konzept von dieser Rechtsperson vor (dazu aa.) und erklärt, worauf sich die Existenz des so konzipierten Verbands gründen lässt (dazu bb.). aa) Konzept von dieser Rechtsperson Das Konzept von der rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft lässt sich an der von Uwe John geprägten Trias Identitätsausstattung, Handlungsorganisation und Haftungsverband darstellen578. (1) Identitätsausstattung. Seine Identität gewinne der Verband aus seiner Stellung als Annex zur Eigentümergemeinschaft. Mit der Begründung der Eigentümergemeinschaft entstehe der Verband kraft Gesetzes.579 Daher seien Ausdruck seiner Identität die Wohnungsgrundbücher. Seine Mitglieder seien die jeweiligen Eigentümer. (2) Handlungsorganisation. Als Beleg für die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft wird auf ihre organisatorische Struktur verwiesen.580 Sie verfüge mit der Gemeinschaftsordnung über eine Satzung, entscheide durch Mehrheitsbeschluss, handele durch Organe und sei unauflöslich. Die Handlungsorganisation sei also §§ 20 ff. WEG zu entnehmen. Der Verband verfüge mit der Eigentümerversammlung über ein Willensbildungsorgan, der Verwalter stelle ein fremdorganschaftlich verfasstes Außenhandlungssubjekt dar. (3) Haftungsverband. Der BGH begründet das dem Verband Gemeinschaft als Haftungsmasse zustehende Verbandsvermögen unter Hinweis auf das Finanz577 Neben den Befürwortern einer Rechtsfähigkeit etwa Bamberger/Roth-Hügel, § 5 WEG Rn. 17; Merle, Wohnungseigentum, 123 ff., 140; Rapp, MittBayNot 2005, 449, 454 f.; Roth, ZWE 2001, 238, 241 ff.; MünchKommBGB-Ulmer, Vor § 705 Rn. 132. 578 Dazu § 1 A I (S. 3). 579 Näher Hügel, DNotZ 2005, 753, 755 ff. 580 BGH NJW 2005, 2061, 2064; Bub, PiG 63, 1, 9; Häublein, Festschrift Wenzel, 175, 192; Junker, Gesellschaft, 107 ff.
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und Rechnungswesen der Eigentümergemeinschaft.581 Das Vermögen speise sich daraus, dass die Wohnungseigentümer als Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung den Verband mit den notwendigen finanziellen Mitteln auszustatten hätten.582 Zahlungsansprüche des Verbands gegen die Eigentümer folgten aus der Beschlussfassung über Wirtschaftsplan, Deckungsumlage oder Jahresabrechnung. bb) Begründung dieses Konzepts Die Existenz dieses Verbands wird auf unabweisbare Bedürfnisse des Rechtsverkehrs mit der Wohnungseigentümergemeinschaft gestützt. Allerdings zeigen sich inhaltliche Unterschiede. (1) Literatur. In der modernen Literatur wurde an die Begründung der Rechtsfähigkeit der GbR angeknüpft.583 Insbesondere wird auf die Vergleichbarkeit der Probleme beim Mitgliederwechsel verwiesen.584 Die rechtliche Verselbstständigung der Gemeinschaft sei notwendig, um die Kontinuität des Zuordnungssubjekts von Verwaltungsvermögen und Verwaltungsschulden bei Eigentümerwechseln sicherzustellen. (a) Verwaltungsvermögen. Hinsichtlich des Verwaltungsvermögens verweist diese Lehre auf die eingangs geschilderten Probleme, zu denen eine Zuordnung der betroffenen Vermögensgegenstände in Bruchteilsgemeinschaft führt. Die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft erbringe einfache Lösungen.585 Die einzelnen Gegenstände des Verwaltungsvermögens ständen dem Verband zu. Der Eigentümerwechsel verändere diese Zuordnung nicht, sondern nur den Bestand der Mitglieder dieses Verbands. Der Verband könne seine Forderungen in seinem Namen auf Grundlage seiner Organisationsverfassung durchsetzen. Er selbst sei als Gläubiger einer Zwangshypothek im Grundbuch einzutragen.586 (b) Verwaltungsschulden. Entscheidendes Gewicht wird aber der Zuordnung der (aus Dauerschuldverhältnissen resultierenden) Verwaltungsschulden beigemessen.587 Schlössen die Wohnungseigentümer entsprechende Verträge etwa mit Versorgern und Verwalter ab, so blieben sie auch nach ihrem Ausscheiden aus der Eigentümergemeinschaft Vertragspartner, während der neue Eigentümer von den Leistungen profitiere. Für eine Auswechslung des Vertragspartners sei insbesondere nicht ausreichend, dass der Vertragspartner mit dieser Auswechslung einverstanden sei. 581
BGH NJW 2005, 2061, 2064; ferner Abramenko, NZM 2005, 585, 587 f. BGH NJW 2005, 2061, 2067. 583 Bub, PiG 63, 1, 5 ff., 12 ff.; Derleder, PiG 63, 29, 36 ff.; Häublein, Festschrift Wenzel, 175, 194 f.; Renner, Wohnungseigentümergemeinschaft, 83 ff.; Maroldt, ZWE 2002, 387 ff. 584 Derleder, PiG 63, 29, 37 ff.; Häublein, ZIP 2005, 1720. 585 BGH NJW 2005, 2061, 2064 f.; Häublein, ZIP 2005, 1720. 586 BGH NJW 2005, 2061, 2065. 587 Bub, PiG, 63, 1, 24 ff.; Derleder, PiG 63, 29, 49 ff.; Häublein, Festschrift Wenzel, 175, 181 ff.; ders., ZIP 2005, 1720, 1721. 582
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B. Organisation von Mitberechtigten
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Wieder helfe die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft. Vertragspartner sei ungeachtet aller Eigentümerwechsel der Verband. Die Haftung der Eigentümer lasse sich auf dieser Grundlage – so die Stimmen der Literatur – als gesetzliche Haftung entsprechend §§ 128 ff. HGB beschreiben. Der Gläubiger stehe nicht schlechter als nach der bislang einhellig befürworteten gesamtschuldnerischen Verpflichtung aller Eigentümer (§ 427 BGB). (2) BGH. Der BGH geht – freilich nur im letzten Punkt – einen anderen Weg. Seine Hauptaussage lautet, die gesamtschuldnerische Verpflichtung aller Eigentümer sei unzumutbar.588 Er instrumentalisiert die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft, um die einzelnen Eigentümer von einer Außenhaftung abzuschotten. Die Haftung der Eigentümer beruhe im Innenverhältnis darauf, dem im Außenverhältnis schuldenden Verband so viel Kapital zur Verfügung stellen zu müssen, wie er zur Deckung seiner Verbindlichkeiten benötige. b) Kritik an der Rechtsfähigkeitsthese Dieses Konzept ist abzulehnen, weil es die Gemeinschaft in eine Zwangsorganisation mit einem Handlungssubjekt presst, das Verbindlichkeiten erzeugt, für die die Eigentümer im Ergebnis – gleich ob im Innen- oder im Außenverhältnis – einzustehen haben. Eine solche handlungsorganisatorische Verselbstständigung lässt sich zum einen der gesetzlichen Struktur der Eigentümergemeinschaft nicht entnehmen (dazu bb.). Zum anderen bestehen in Abwägung der beteiligten Interessen auch keine dringenden Bedürfnisse dafür (dazu cc.). Zuvor ist aber noch ein kritischer Blick auf den verwendeten Rechtsfähigkeitsbegriff zu werfen (dazu aa.). aa) Zum Rechtsfähigkeitsbegriff Ein bedeutendes Argument gegen die Rechtsfähigkeitslösung sind die Regelungen des WEG selbst. Der Wortlaut des WEG spricht dagegen, dass dieses Gesetz ein Rechtssubjekt Gemeinschaft schafft.589 Insbesondere beziehen sich die Verwaltungsregelungen in §§ 20 ff. WEG auf die Eigentümer. § 20 WEG weist die Verwaltung den Wohnungseigentümern zu. Entsprechend soll der Verwalter nach § 27 Abs. 2 WEG für die Eigentümer handeln. Schließlich kennen die Verfahrensregeln, die in § 43 Abs. 4 WEG die Beteiligten im Wohnungseigentumsverfahren abschließend aufführen, einen Verband Gemeinschaft nicht. Die Befürworter einer Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft machen dann auch diese Rechtsfolge in Übereinstimmung mit dem dargelegten Befund nicht am Wortlaut des WEG fest.590 Sie gestehen zu, dass der Gesetzgeber des WEG nicht erkannte, ein Rechtssubjekt zu schaffen. Der BGH jedenfalls stützt sich auch nicht auf eine Rechtsfortbildung.591 Die Anerkennung der Rechtsfähigkeit wird 588
BGH NJW 2005, 2061, 2063, 2066 f. Armbrüster, ZWE 2005, 369, 371 f.; Ott, ZMR 2002, 97, 98. 590 BGH NJW 2005, 2061, 2063, führt aus, »dass das Gesetz zur Verselbstständigung der Wohnungseigentümergemeinschaft als Trägerin von Rechten und Pflichten keine Vorgaben enthält«. 591 Anders Häublein, ZIP 2005, 1720, 1721; Raiser, ZWE 2005, 365, 366 f.; ders., ZWE 2001, 173. 177. 589
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§ 4: Organisationen für Teilbereiche
davon bestimmt, dass die Rechtsfähigkeit eine rechtstechnische Kategorie sei.592 Sie brauche daher nicht ausdrücklich angeordnet zu werden, sondern könne dem Gesetz durch Auslegung entnommen werden, wenn der gesetzgeberische Wille, sprich die gesetzlich gewollten Einzelregelungen, sich in dieser dogmatischen Kategorie am besten ausdrücken ließen. Dieser Ansatz der Systembildung ist nicht grundsätzlich abzulehnen. Er entspricht dem hier gewählten Vorgehen, um die Existenz von Sondervermögen mit spezifischem Handlungssubjekt herauszuarbeiten.593 Diese dogmatische Kategorie wurde entwickelt ungeachtet des Zugeständnisses, dass der Gesetzgeber diese Kategorie nicht bewusst geschaffen hat. Allerdings besteht ein bedeutender Unterschied. Die dogmatische Struktur rechtsfähiger Subjekte ist dem Gesetzgeber wohl bekannt. Verwendet er diese Konstruktion nicht, so liegt der Einwand nahe, dass er entsprechende Rechtsfolgen nicht anordnen wollte. Ein Weiteres kommt hinzu. Die Rechtsfähigkeit ist eine absolute Kategorie, mit der eine Reihe von Folgen verbunden ist. Diese Problematik beleuchtet der sofort entbrannte Streit um die Insolvenzfähigkeit der Wohnungseigentumsgemeinschaft. Auf Grundlage von § 11 InsO ist die Insolvenzfähigkeit zumindest aller rechtsfähigen Subjekte und damit wäre dann auch die der rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft zu bejahen.594 Dass abweichend vielfach die Insolvenzfähigkeit verneint wird, scheint auf der besonderen Begründung der Rechtsfähigkeit zu beruhen. Es werden nicht die Folgen aus der bejahten Rechtsfähigkeit gezogen, sondern es wird von neuem gefragt, ob der gesetzgeberische Wille die Insolvenzfähigkeit trägt.595 Die Kategorie der absoluten Rechtsfähigkeit ist damit zumindest infrage gestellt. Der unschlüssige Ausdruck der Teil-Rechtsfähigkeit mag diesen Befund deutlich machen.596 Die Theorie der relativen Rechtsfähigkeit scheint wiederbelebt.597 bb) Organisationsrechtliche Regelungen des WEG Auf Grundlage der Regelungen des WEG lässt sich die Schaffung eines selbstständigen Handlungssubjekts Verband nicht begründen. Es fehlt zum einen die Legitimation für ein solches Subjekt, weil die Wohnungseigentümer – anders insbesondere als Gesellschafter – sich nicht aus diesem Grunde vertraglich verbinden (dazu 1.). Zum anderen enthält das Gesetz zwar Organisationsregelungen. Diese Regelungen lassen sich aber lediglich als besondere Ausgestaltung von auf die einzelnen Eigentümer bezogenen Teilorganisationen, nicht als Organisation eines besonderen Verbands mit spezifischem Handlungsorgan qualifizieren (dazu 2.).598 592
BGH NJW 2005, 2061, 2065; Häublein, Festschrift Wenzel, 175, 196 f. Siehe § 3 C II 2a (S. 55). 594 AG Mönchengladbach, ZMR 2006, 403; Bork, ZInsO 2005, 1067, 1070 ff.; Fischer, NZI 2005, 586 f. – A. M. LG Dresden, ZMR 2006, 561; Abramenko, ZMR 2005, 585, 589 f.; Häublein, ZWE 2006, 205 ff.; ders., ZIP 2005, 1720, 1726 ff.; Lüke, ZfIR 2005, 516, 520. 595 Häublein, ZWE 2006, 205 ff.; ders., ZIP 2005, 1720, 1727. 596 Vgl. Raiser, ZWE 2005, 365, 367. 597 Unter Bezugnahme auf diese Lehre begründete Bärmann, NJW 1989, 1057, 1061, ferner Bärmann/Pick/Merle-Pick, Einleitung Rn. 27 ff., bereits die Rechtssubjektivität der Wohnungseigentümergemeinschaft. 598 Rapp, MittBayNot 2005, 449, 451 f. 593
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(1) Grundlage der Organisation. Zur Begründung von Wohnungseigentum räumen sich Miteigentümer entweder gegenseitig Sondereigentum ein (§ 3 WEG) oder ein Eigentümer teilt sein Alleineigentum in mit Sondereigentum verbundene Miteigentumsanteile auf (§ 8 WEG). Von diesen sachenrechtlichen Rechtsgeschäften (Teilungsvertrag oder Teilungserklärung) zu unterscheiden sind Vereinbarungen der Wohnungseigentümer über ihr Verhältnis untereinander (§ 10 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 WEG), die gebräuchlich, aber fakultativ sind. Die notwendigen Bestandteile der Teilungserklärung weisen keine Merkmale eines Gesellschaftsvertrags auf. Die rechtsgeschäftlichen Erklärungen nach §§ 3, 8 WEG beinhalten nicht die Vereinbarung eines gemeinsamen Zweckes, sondern enthalten als abstrakte Rechtsgeschäfte gar keinen Geschäftszweck.599 Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beruht mithin auf dem Gesetz. Es verbindet die Eigentümer nur die Notwendigkeit, die gemeinschaftliche Immobilie mit gemeinschaftlichen Mitteln zu verwalten.600 Die Handlungsform für diese Verwaltung ist ihnen frei gestellt und sie haben sich insbesondere nicht durch Schaffung eines Verbands auf eine besondere Handlungsform durch diesen Verband verständigt. Aber auch die fakultativ möglichen Nutzungs- oder Verwaltungsregelungen erfüllen – wie es für die Bruchteilsgemeinschaft in §§ 744 f. BGB anerkannt ist –601 nicht die Voraussetzungen eines Gesellschaftsvertrags. Unabhängig von der fehlenden gesetzlichen Vorgabe können die Wohnungseigentümer allerdings wie bei der Bruchteilsgemeinschaft neben ihrer Verbundenheit als Wohnungseigentümer noch auf Grundlage eines zusätzlichen Gesellschaftsvertrags eine Außengesellschaft gründen. Eine solche Gesellschaft könnte auch als Verwalter der Anlage fungieren.602 Ein Erwerber von Wohnungseigentum würde aber ohne besondere Vereinbarung nicht in die Gesellschafterstellung des (nur) sein Eigentum, nicht die Gesellschafterstellung603 verlierenden Wohnungseigentümers eintreten. (2) Organisationsstruktur. Die im WEG niedergelegte Organisationsstruktur eignet sich schließlich auch nicht als Handlungsorganisation eines rechtsfähigen Verbands Gemeinschaft. Diese Organisation ähnelt fraglos in manchen Punkten derjenigen von außenrechtsfähigen Verbänden, insbesondere Körperschaften. Daher kann zur Lösung bestimmter Rechtsprobleme auf die Erkenntnisse aus dem Körperschaftsrecht 599 Junker, Gesellschaft, 84 ff., spricht von der Wohnungseigentümergemeinschaft als zweckorientiertem Zusammenschluss auf rechtsgeschäftlicher Grundlage. Das genügt aber nicht den Voraussetzungen eines Gesellschaftsvertrags, siehe B I 2 (S. 116). Auch ist tatsächlich nicht »Motor des Zusammenschlusses die gemeinsame Zweckverfolgung«, so aber Junker, ebd., 86, sondern der Wille des einzelnen Wohnungseigentümers, eigene »Vier Wände« zu erwerben. Der zu erwerbende Miteigentumsanteil ist nur die notwendige Voraussetzung, um das erstrebte Sondereigentum zu erlangen. 600 Zur Qualifizierung der »Beitragspflichten« c aa 1 (S. 130). 601 Siehe B I 2 (S. 116). 602 Elzer, ZMR 2004, 873, 881. – Umstritten ist, ob auch eine GbR Verwalter sein kann, dazu § 3 C III 2 a aa (S. 83). 603 Es sei denn, man hat den Mut, auch diese Mitgliedschaft in Form des § 96 BGB (dazu c aa 2, S. 131) an das Wohnungseigentum zu binden.
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zurückgegriffen werden. So hat der BGH in seiner Entscheidung vom 23.8.2001 die konstitutive Wirkung der Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter anerkannt.604 Für das Verständnis der Wohnungseigentumsverwaltung soll diese Untersuchung ebenfalls Parallelen aufzeigen.605 Was beide Strukturen eint, beschränkt sich aber darauf, dass sie überhaupt organisatorischer Art sind. Solche Strukturen sind keinesfalls nur rechtsfähigen Organisationen eigen. Eine selbstständige Organisationsstruktur kann neben Körperschaften insbesondere auch Bruchteilsgemeinschaften606 und Innengesellschaften607, somit also sogar Einzelkaufleuten, zukommen. Die Organisationsstruktur des WEG passt nicht zu einem Verband, weil sie über kein geeignetes Außenhandlungssubjekt verfügt.608 Der Verwalter bedarf in jedem Einzelfall einer Ermächtigung der Eigentümer. Das ist nach dem gerade zur fehlenden rechtsgeschäftlichen Grundlage Gesagten auch allein konsequent. Der Verwalter soll nicht einem Subjekt zur Handlungsfähigkeit verhelfen. Der Verwalter soll allein den Eigentümern als Vertreter dienen, wenn sie es (mehrheitlich) wünschen oder das Gesetz den Rechtsverkehr mit den Eigentümern entsprechend erleichtert609. cc) Kein Rechtsfähigkeitsbedürfnis Schließlich ist ein Bedürfnis dafür abzulehnen, die Eigentümergemeinschaft zwangsweise mit einem Verband auszustatten, der für sie Verwaltungsschulden im Außenverhältnis begründet. (1) Risiko der gesamtschuldnerischen Außenhaftung. Eine gesamtschuldnerische Außenhaftung für Verwaltungsschulden kann den einzelnen Wohnungseigentümer schwer belasten. Diese Feststellung des BGH ist nicht von der Hand zu weisen.610 Man denke nur an den Eigentümer einer großen Anlage, der gesamtschuldnerisch verpflichtet sein soll, die Rechnung für das Eindecken des gesamten Daches zu begleichen. Bei der Untersuchung der Bruchteilsgemeinschaft wurde dieses Bedenken gegen eine die Innenhaftung bei weitem übersteigende Außenhaftung maßgeblich angeführt, um die Herleitung einer Außenhandlungsmacht aus § 745 BGB abzulehnen.611 Die Lösung dieses Problems durch den BGH ist aber abzulehnen, weil diese Lösung den Eigentümer kaum entlastet, gleichzeitig aber den Rechtsverkehr in 604 BGHZ 148, 335, 341 ff., insbesondere 344 f., zum Vergleich mit der Rechtslage bei Personenvereinigungen. 605 Insbesondere ist darauf zu verwiesen, dass sich mittlerweile auch im Wohnungseigentumsrecht die Erkenntnis durchsetzt, dass die Stellung des Verwalters aufgrund seiner Bestellung und aufgrund seiner Anstellung durch Verwaltervertrag zu trennen ist, dazu einerseits BayObLG NJW-RR 2004, 443, 444 (Trennungstheorie); andererseits OLG Hamburg ZMR 2001, 132 (Vertragstheorie); dazu § 15 A I (S. 535). 606 Siehe B I 2 (S. 115 f.). 607 Vgl. nur K. Schmidt, GesR, § 7 I 2 b bb m. w. Nachw. 608 Bork, ZIP 2005, 1205, 1206; Rapp, MittBayNot 2005, 449, 452. 609 Nach § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG ist der Verwalter kraft Gesetzes Zustellungsbevollmächtigter für alle Eigentümer. 610 Vgl. auch Häublein, ZIP 2005, 1720, 1723 f. 611 Siehe B I 1 b (S. 112 f.).
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einer Weise belastet, die sich im Gesetz nicht verankern lässt. Unabhängig von der Diskussion um die Rechtsfähigkeit ist zu rügen, dass ein spezifisches Subjekt Gemeinschaft geschaffen wird, das ohne Hinweis auf eine Haftungsbeschränkung, geschweige denn auf die Vereinbarung einer solchen, lediglich das Verwaltungsvermögen verpflichten soll. Die möglichen Folgen für die Gläubiger lassen sich zuspitzen.612 Die Kritik an der Entscheidung des BGH hebt zu Recht diesen Punkt hervor.613 Der BGH beschränkt sich auf den Hinweis, der Gläubiger könne sich durch individuelle Verpflichtungen der einzelnen Eigentümer sichern.614 Aber selbst wenn der Gläubiger ein solches Ansinnen unterlässt, sind die Eigentümer nicht nachhaltig geschützt. Der BGH entlastet die einzelnen Eigentümer nicht so weitgehend, wie es eine bloße Teilschuld im Außenverhältnis täte. Über Sonderumlagen kann die Belastung eines Eigentümers seinen rechnerischen Anteil übersteigen, wenn andere Eigentümer mangels Leistungsfähigkeit ihre Einlage im Innenverhältnis nicht erbringen können. Das Haftungskonzept des BGH verändert also lediglich die Richtung, die der Regresskreisel nimmt. Die Eigentümer tragen aber weiterhin intern das jeweilige Insolvenzrisiko des anderen. Eine Lösung, um die einzelnen Eigentümer zu schützen, ist nicht im Außenverhältnis zu finden. So bürdete die Annahme von Teilschulden den Gläubigern das Insolvenzrisiko aller Eigentümer auf, was mit § 427 BGB nicht zu vereinbaren wäre.615 Zudem legitimiert § 10 Abs. 4 WEG – im Gegensatz zu der hier befürworteten Auslegung des § 745 BGB – die Begründung von Schulden der einzelnen Eigentümer im Außenverhältnis.616 Lösungen bietet aber das Innenverhältnis der Eigentümer. Es entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn beschlossen wird, die Eigentümer sollten aufwendige Verpflichtungen im Außenverhältnis eingehen, deren Tilgung aus dem Verwaltungsvermögen nicht gesichert ist. Es sind andere Gestaltungen zu wählen, die die Wohnungseigentümer nicht ungesichert in eine unangemessene Außenhaftung treiben. Entweder kann der Verwalter selbst oder können einzelne Eigentümer in mittelbarer Stellvertretung bestimmte Güter oder Leistungen für das gemeinschaftliche Eigentum beschaffen.617 Der Tätige kann dann seinen Aufwendungsersatzanspruch (§ 670 BGB) aus dem Verwaltungsvermögen tilgen, ggf. nach § 669 BGB Vorschuss verlangen.618 Oder die Eigentümer gehen zwar gesamtschuldnerisch Verbindlichkei-
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Bork, ZIP 2005, 1205, 1207 f. Armbrüster, ZWE 2005, 369, 375 ff.; Häublein, ZIP 2005, 1720, 1721 ff.; Hügel, DNotZ 2005, 753, 765 ff.; Maroldt, ZWE 2005, 361, 363 f. 614 Dieses hilft freilich nicht in Altfällen, für die der BGH den Gläubigern allgemein anerkannte Ansprüche gegen die Eigentümer aus der Hand schlägt. 615 Häublein, ZIP 2005, 1720, 1724, diskutiert allerdings die Haftungsbeschränkung durch Freizeichnungsklauseln, allgemein dazu § 3 C II 3 b bb 2 (S. 74 ff.). 616 Rapp, MittBayNot 2005, 449, 453 f.; siehe 2 a (S. 134). 617 Elzer, ZMR 2004, 873, 880 f. 618 Dieser Gestaltung entsprechen die vom BGH NJW 2005, 2061, 2063, unverständlicherweise für seine Lösung in Anspruch genommenen Materialien zu einem nicht Gesetz gewordenen Entwurf zum WEG aus BT-Drucks 1/252, 31 f.: »...Eine solche [gesamtschuldnerische] Haftung ist aber nicht zumutbar. Sie ist auch entbehrlich, da der Verwalter nötigenfalls die Zahlung von Vorschüssen verlangen kann, wenn er seine (!) Auslagen nicht aus den vorhandenen Beständen zu decken vermag.« (Hervorhebung vom Verfasser). 613
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ten ein, aber nur solche, deren Tilgung im Interesse aller Eigentümer etwa aus dem Verwaltungsvermögen sichergestellt ist.619 (2) Zuordnung der Verwaltungsschulden. Auch der in der Literatur in den Vordergrund gestellte Ansatz einer kontinuierlichen Zuordnung von Verwaltungsschulden rechtfertigt das Modell von der Rechtsfähigkeit nicht. Der Abschluss eines Dauerschuldverhältnisses durch eine Personengruppe wirft vielfach Probleme auf. Alltäglich ist der Fall, dass mehrere Personen eine Wohnung mieten, sich also gesamtschuldnerisch zur Zahlung der Miete verpflichten. Gelegentlich verliert nur eine der Personen das Interesse an der Wohnung. Dann ermöglichte die Behandlung der Mitmieter als einer Mieter-GbR komfortable Lösungen. Durch Gesellschafterwechsel könnten die »Mieter« ohne Zustimmung des Vermieters ausgetauscht werden. Einem allein verbleibenden Gesellschafter würden als Rechtsnachfolger der Mieter-GbR Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis allein anwachsen (§ 738 BGB). Diese Gestaltung haben die Beteiligten aber nicht gewählt, wenn die Mitglieder der Personenmehrheit selbst Mieter geworden sind. Versagt der Vermieter eine Änderung des Mietvertrags, bleibt den Mietern entweder zu kündigen oder der ausziehende Mieter muss die Haftung im Außenverhältnis hinnehmen, von der bloß der verbleibende Mieter profitiert. Diese Problematik ist auch im Wohnungseigentumsrecht in jedem Einzelfall einer angemessenen Lösung zuzuführen.620 Es lässt sich keine allgemeine Lösung finden, weil das WEG – anders als die die Rechtsfähigkeit behauptende Lehre – den Eigentümern nicht vorgibt, wie sie handeln müssen. Die Lösungen können je nach der Größe der Eigentumsanlage und der Bedeutung des jeweiligen Geschäfts variieren. Freilich erscheint grundsätzlich die Auslegung angemessen, dass der Vertragspartner, dem alle Eigentümer gesamtschuldnerisch haften, pauschal einverstanden ist, dass bei Eigentümerwechsel der Vertragspartner wechselt.621 Insbesondere bei Versorgern und professionellen Verwaltern größerer Anlagen kann kein Zweifel an dieser typischen Interessenlage bestehen. Aus dem WEG lässt sich auch eine Verpflichtung entnehmen, dass der neue Eigentümer in abgeschlossene Verträge, die ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, eintreten muss.622 Lag dem Vertrag ein Beschluss zugrunde, ist an § 10 Abs. 3 WEG zu denken. Subsidiär kann auch § 21 Abs. 4 WEG greifen. Das Votum gegen eine starre Lösung ist nicht Verlegenheit, sondern entspricht dem Charakter der die Eigentümergemeinschaft bildenden Bruchteilseigentümer. Die Wohnungseigentümer haben sich nicht zur gemeinschaftlichen rechtsgeschäftlichen Betätigung zusammengeschlossen. Dann handelten sie als GbR und hafteten für die von ihnen begründeten Verbindlichkeiten analog § 128 HGB. Die Eigentümer sind kraft Gesetzes verbunden, allein weil ein jeder Inhaber von
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Dazu insbesondere Rapp, MittBayNot 2005, 449, 454 f. BGH NJW-RR 2004, 874; vgl. auch Armbrüster, ZWE 2005, 369, 374. 621 Rapp, MittBayNot 2005, 449, 455. 622 Sähe man das anders, ließe sich jedenfalls auch eine Haftung des eintretenden Eigentümers aus »Mitgliederhaftung« nicht mit dem WEG vereinbaren. 620
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Wohnungseigentum geworden ist. Sie müssen daher ihre gemeinsamen Interessen in jedem Einzelfall koordinieren. Dabei bindet sie allein die Verpflichtung zur ordnungsmäßigen Verwaltung. Die Orientierung am Einzelfall verlangt von den Beteiligten einen sorgsamen Umgang bei der Vertragsgestaltung gerade bedeutender Verträge. Die vom BGH in seiner Entscheidung vom 2.6.2005 behandelte Konstellation des Olympiadorfs München wirft die Frage auf, ob die dort benannten Schwierigkeiten durch problemorientiertere Gestaltung der Rechtsverhältnisse hätten vermieden werden können.623 Der V. Zivilsenat hilft den am Vertragsschluss Beteiligten, indem er die Vertragspartei »WEG XY« knapp 30 Jahre nach Vertragsschluss anerkennt. Das ist unnötig: Der abweichende Ansatz des II. Zivilsenats, nämlich nach den konkreten Vertragsbeziehungen der beteiligten Subjekte zu fragen, ist den Beteiligten zumutbar.624 Es oblag den Eigentümern, die Rechtsbeziehungen über die Jahre kontinuierlich angemessen auszugestalten. Hätte es sich nicht um Grundstücke im Wohnungseigentum mehrerer gehandelt, sondern um solche in Alleineigentum, wären die Pflichten der Eigentümer etwa im Grundbuch dinglich abgesichert worden. (3) Vergleich der Rechtsfähigkeitsbegründungen. Der beste Beleg für das Fehlen eines unbedingten Bedürfnisses, die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft anzuerkennen, sind die Widersprüche der von Rechtsprechung einerseits und Lehre andererseits vertretenen Begründungen. Der Ansatz der Lehre, die Gemeinschaft zu verselbstständigen und die Eigentümer kraft Mitgliederhaftung gesamtschuldnerisch zu verpflichten, macht die vom BGH als unzumutbar verworfene Außenhaftung der Eigentümer zur Regel. Die Eigentümer können sich nicht mehr gegen die Gestaltung im Wege eines sie voll verhaftenden Vertragsschlusses wehren, weil diese Gestaltung angeblich das gesetzliche Leitbild darstellt, durch den Verband zu handeln. Der Ansatz des BGH, eine Außenhaftung der Eigentümer abzulehnen, ermutigt indessen Vertragspartner, eine eigenständige vertragliche Verpflichtung der Eigentümer zu verlangen.625 Damit ist der Weg bereitet, wiederum vertragliche Beziehungen zwischen den Eigentümern und den Vertragspartnern zu begründen. Veräußert der persönlich verpflichtete Eigentümer seine Wohnung, stellt sich mit der Frage nach der Zuordnung seiner Verwaltungsschulden das Problem, das die Lehre mit der Rechtsfähigkeitslösung gerade ausmerzen wollte. c) Das alternative Konzept zum Verwaltungsvermögen Das zutreffende Verständnis des Verwaltungsvermögens wurde bereits angedeutet. Es ist der besonderen, von den Eigentümern mit der Begründung des Verwaltungsvermögens verfolgten Zweckbindung626 Rechnung zu tragen und daher das 623 Neben der Entscheidung des V. Senats siehe noch die des II. Senats in BGH NJW-RR 2004, 874. 624 BGH NJW-RR 2004, 874. 625 Hügel, DNotZ 2005, 753, 766. 626 Eingehend Roth, ZWE 2001, 238, 239; ferner Armbrüster, ZWE 2005, 369, 372; Bub, PiG 63, 1, 13 ff.
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Verwaltungsvermögen vor zweckfremden Eingriffen abzuschotten. Das Verwaltungsvermögen ist ein einheitliches, den jeweiligen Eigentümern gesamthänderisch zugeordnetes Vermögen.627 Isolierte Verfügungen der Wohnungseigentümer über ihre (gesamthänderisch gebundenen) Anteile an den einzelnen Gegenständen des Verwaltungsvermögens oder über ihren Anteil am Gesamthandsvermögen ohne gleichzeitige Verfügung über den Wohnungseigentumsanteil sind ausgeschlossen. Auch ein isolierter Zugriff von Gläubigern eines Wohnungseigentümers auf seinen Anteil am Verwaltungsvermögen oder an Gegenständen des Verwaltungsvermögens im Wege der Zwangsvollstreckung ist verhindert. Im Folgenden ist dieses Verständnis hinsichtlich seiner Rechtfertigung (dazu aa.), seinen Auswirkungen (dazu bb.) und der Reichweite seines Verwaltungsvermögensbegriffs (dazu cc.) vorzustellen. aa) Rechtfertigung Dieses Verständnis ist in zweierlei Hinsicht zu begründen. Zum einen ist die gesamthänderische Vermögensbindung (dazu 1.) und zum anderen die Verknüpfung des Gesamthandsanteils mit dem Wohnungseigentum (dazu 2.) zu erklären. (1) Gesamthänderische Vermögensbindung. Eine Grundlage für die gesamthänderische Vermögensbindung bietet die Regelung über das Gesamthandsvermögen der GbR in § 719 BGB.628 Verpflichten die Eigentümer sich – wie üblich und in §§ 16 Abs. 2, 21 Abs. 5 Nr. 4, 28 Abs. 2 WEG angelegt – Zahlungen zur Deckung der gemeinschaftlichen Kosten zu erbringen, dient das so geschaffene Verwaltungsvermögen dem gemeinsamen Zweck aller Wohnungseigentümer, das gemeinschaftliche Eigentum dauerhaft erhalten zu können und sich wegen etwaiger Aufwendungen untereinander zu sichern.629 So stehen die Wohnungseigentümer Gesellschaftern gleich, weil sie durch Beiträge ein gemeinschaftliches Vermögen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes schaffen. Diese gleiche Willensrichtung von Gesellschaftern und Wohnungseigentümern legt nahe, aufgrund einer entsprechenden Anwendung von § 719 BGB ebenfalls ein Gesamthandsvermögen anzunehmen. Diese Parallele zum Gesellschaftsrecht erfordert nicht, eine Verselbstständigung des Verwaltungsvermögens anzunehmen. Schon für das Recht der Gesellschaft gilt es, nicht verselbstständigte (nicht rechtsfähige) Gesellschaften anzuerkennen, die über ein Gesamthandsvermögen verfügen.630 Das Verwaltungsvermögen ist anders als das Vermögen einer unternehmenstragenden Gesellschaft
627 Armbrüster, ZWE 2005, 369, 372; Bamberger/Roth-Hügel, § 5 WEG Rn. 17; Merle, Wohnungseigentum, 123 ff., 140; Roth, ZWE 2001, 238, 241 ff.; MünchKommBGB-Ulmer, Vor § 705 Rn. 132. 628 So insbesondere Roth, ZWE 2001, 238, 241 f.; MünchKommBGB-Ulmer, Vor § 705 Rn. 132. 629 Rapp, MittBayNot 2005, 449, 454 f. 630 Ulmer, ZIP 2001, 585, 592 f., gegen K. Schmidt, GesR, § 58 II 2 b, für die Anerkennung von Innengesellschaften mit Gesamthandsvermögen. Zusätzlich stellt sich aber auch die Frage, ob alle Außengesellschaften als rechtsfähig, nach hiesiger Auffassung (§ 3 C III 2 a, S. 81 ff.) also als verselbstständigt, anzuerkennen sind, dazu K. Schmidt, GesR, § 58 IV, V.
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nicht zwecks einer spezifischen Dynamik geschaffen. Das Vermögen soll nicht »arbeiten«, sondern den Eigentümern zur Deckung ihrer nicht durch ein spezifisches Subjekt begründeten Verwaltungsschulden bereit stehen. (2) Verknüpfung von Gesamthandsanteil und Wohnungseigentum. Durch die gesamthänderische Bindung ist aber lediglich die Verfügung der Wohnungseigentümer über ihre Anteile an den einzelnen Gegenständen des Gesamthandsvermögens ausgeschlossen. Für den Ausschluss der Eigentümer, über ihren Anteil am Gesamthandsvermögen nicht separat verfügen zu dürfen, bedarf es einer weiteren Begründung. Diese Begründung ist nicht § 96 BGB zu entnehmen. § 96 BGB enthält nur die Definition, dass Rechte, die nach anderen Vorschriften mit dem Eigentum an einem Grundstück verbunden sind, auch Bestandteile im Rechtssinn sein können. Daraus folgt für subjektiv-dingliche Rechte631 (§ 9 GBO), deren Verbindung mit dem Eigentum untrennbar ist, dass sie als wesentliche Bestandteile nicht sonderrechtsfähig sind.632 Aus dem Wohnungseigentumsrecht selbst muss folgen, dass der Anteil jedes Wohnungseigentümers am Verwaltungsvermögen mit seinem Wohnungseigentum in solcher Weise untrennbar verbunden ist. Eine ausdrückliche Regelung fehlt freilich, da das WEG das Verwaltungsvermögen nicht abschließend regelt. Die Zweckbindung des Verwaltungsvermögens spricht aber dafür, den Vermögensanteil an den jeweiligen Miteigentumsanteil in Form eines subjektiv-dinglichen Rechts zu binden.633 Wie bei den anderen subjektiv-dinglichen Rechten spricht der Zweck des Rechts nämlich gegen eine Trennung von Berechtigung an Recht und an Grundstücksrecht. Diese Verknüpfung steht mit den Grundgedanken des WEG in Einklang, das in § 6634 die Verknüpfung von Sondereigentum und Miteigentumsanteil festschreibt und auch in § 10 Abs. 2 eine Rechtsnachfolge in die schuldrechtlichen Abreden ermöglicht. Schutzinteressen des Rechtsnachfolgers stehen schließlich auch nicht entgegen, soweit er lediglich die Rechte des veräußernden Eigentümers übernimmt. bb) Auswirkungen Die Leistungen dieses Konzepts sind an seinem Anspruch zu messen, das Verwaltungsvermögen zweckentsprechend zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums verwenden zu können. 631 Es lassen sich Rechte unterscheiden, die zum einen wie Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB), Überbau- oder Notwegrente (§§ 914 Abs. 3, 917 Abs. 2 BGB) sowie Erbbauzins (§ 9 Abs. 2 ErbbauVO) ihrer Art nach ausschließlich subjektiv-dinglicher Natur sein können und zum anderen wie Vorkaufsrecht (§§ 1094 Abs. 2, 1103 BGB) und Reallast (§§ 1105 Abs. 2, 1110 BGB) diese Natur kraft Vereinbarung erhalten können. 632 RGZ 93, 71, 71; BayObLG NJW-RR 1990, 1043, 1044; OLG Köln NJW-RR 1993, 982, 983; Soergel-Marly § 96 Rn. 4 (falsch bezeichnet als 3). 633 Vgl. Palandt-Bassenge, 64. Aufl. (2005), § 1 WEG Rn. 15; Merle, Wohnungseigentum, 140; Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 21 Rn. 157 f.; Roth, ZWE 2001, 238, 243. – Rapp, MittBayNot 2005, 449, 454 f., stellt maßgeblich auf den Sicherungszweck des Verwaltungsvermögens ab. 634 Auf diese Bestimmung stützen die Verknüpfung von Verwaltungsvermögen und Wohnungseigentum OLG Köln, NZM 1998, 874, 875; Bärmann, NJW 1989, 1057, 1058 f.; Bärmann/ Pick/Merle-Pick, § 1 Rn. 39 ff.; Röll, NJW 1987, 1047, 1051.
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Es bedarf angesichts dessen keines spezifischen Subjekts, das in besonderer Weise dieses Verwaltungsvermögen verhaftet. Das Gesamthandsvermögen haftet wie im Fall des § 747 ZPO nur, wenn ein Titel gegen alle Wohnungseigentümer vorliegt. Die Verwaltungsschulden treffen denjenigen, der die entsprechenden Verträge im Außenverhältnis abschließt, meist die Eigentümer. Der Gläubiger hat kein Bedürfnis, dass das Verwaltungsvermögen ihm unmittelbar haftet. Das Verwaltungsvermögen dient nur im Innenverhältnis der Eigentümer denjenigen, die im Außenverhältnis auf Erfüllung der Verwaltungsschulden haften. Sie haben einen Anspruch darauf, dass das Vermögen zweckentsprechend zur Tilgung der Verwaltungsschulden eingesetzt wird. Zu diesem Zweck können die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich, ggf. vertreten durch den Verwalter, über die Gegenstände des Verwaltungsvermögens verfügen. Auch zur prozessualen Durchsetzung von zum Verwaltungsvermögen zählenden Ansprüchen hat das WEG mit den Funktionseinheiten Eigentümerversammlung und Verwalter ausreichend Vorsorge getragen. Der Verwalter kann mit Ermächtigung der Wohnungseigentümer die Ansprüche nicht nur als Vertreter der Eigentümer,635 sondern auch im eigenen Namen in gewillkürter Prozessstandschaft geltend machen636 und im Zwangsvollstreckungsverfahren – einschließlich der Eintragung einer Zwangshypothek auf seinen Namen –637 durchsetzen. Besonderheiten gelten beim Eigentümerwechsel. Der Anteil am Verwaltungsvermögen geht auf den Erwerber über. Nunmehr wirkt der Erwerber, ggf. vertreten durch den Verwalter, an der Durchsetzung zum Verwaltungsvermögen gehörender Ansprüche mit. Er kann nicht widersprechen, dass das (auch ihm zugeordnete) Verwaltungsvermögen zur Tilgung von Verwaltungsschulden verwendet wird, für die er im Außenverhältnis nicht haftet. Das Verwaltungsvermögen dient nämlich wegen seiner für alle Eigentümer verbindlichen Zweckbindung in diesem Fall wie auch sonst nicht allein der Tilgung von Schulden, die alle Eigentümer gemeinschaftlich treffen, sondern der Tilgung von Schulden, die in Übereinstimmung mit der Organisationsverfassung der Gemeinschaft zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums eingegangen wurden. cc) Reichweite des Verwaltungsvermögens Zu klären bleibt, welche Gegenstände (unter welchen Voraussetzungen) zum Gesamthandsvermögen zu zählen sind. Die Antwort auf diese Frage hat sich entsprechend der Rechtfertigung des Gesamthandsvermögens an § 718 BGB zu orientieren. Damit gibt zunächst der Wille der Wohnungseigentümer den Ausschlag. Diese müssen untereinander Beitragspflichten begründen, die zur Schaffung eines Gesamthandsvermögens führen sollen. Nur so lässt sich das Schweigen des WEG zur Ausgestaltung des Verwaltungsvermögens mit den Regelungen des BGB über das Gesamthandsvermögen der Gesellschaft in Einklang 635 Auch dann lassen sich die Rechtsprobleme, die Eigentümer zu bezeichnen, regelmäßig lösen, so auch Armbrüster, ZWE 2005, 369, 373. 636 § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG gilt auch für die Durchsetzung im eigenen Namen, vgl. BGH NJW 2004, 937, 938; BayObLGZ 1986, 128, 129; OLG Koblenz NZM 2000, 518; WeitnauerLüke, § 27 Rn. 21. 637 BGHZ 148, 392, 394 ff.
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bringen. Die Wohnungseigentümer sind nicht verpflichtet, ein Verwaltungsvermögen als Gesamthandsvermögen zu errichten. Vereinbaren sie aber in Ausgestaltung der Vorgaben in §§ 16 Abs. 2, 21 Abs. 5 Nr. 4, 28 Abs. 2 WEG Leistungspflichten untereinander zu dem gemeinsamen Zweck, das Gemeinschaftseigentum zu unterhalten, so bilden sie ein Gesamthandsvermögen. Zu diesem Vermögen zählen entsprechend § 718 Abs. 1 Fall 1 BGB zunächst die Beitragsforderungen gegen die einzelnen Wohnungseigentümer. Darüber hinaus kann nicht – auch in Rechtsgeschäften mit Dritten – die Zugehörigkeit von neu begründeten Ansprüchen zum Gesamthandsvermögen vereinbart werden. Es fehlt für das Gesamthandsvermögen an einem spezifischen Handlungssubjekt. Es greifen aber die typischen Zuordnungsklauseln,638 wie sie auch – freilich in etwas modifizierter Form – § 718 Abs. 1 Fall 2, Abs. 2 BGB enthält. Zum Verwaltungsvermögen gehören daher insbesondere die Forderungen, die den Wohnungseigentümern aus der Anlage der aus den Beiträgen der Eigentümer gespeisten Instandhaltungsrückstellung zustehen (Beziehungs- oder Mittelklausel). Freilich zählt nicht eine Kontoforderung zum Verwaltungsvermögen, wenn der Verwalter als Treuhänder der Eigentümer im eigenen Namen die Instandhaltungsrückstellung anlegt. Zu diesem Vermögen zählen dann aber der Anspruch, der den Eigentümern gemeinschaftlich gegen den Verwalter (§ 667 BGB) zusteht, wie auch Ersatzansprüche gegen den Verwalter aus dem Missbrauch der Instandhaltungsrückstellung (Ersatzklausel). Zu dem Vermögen kann man ferner noch Ansprüche gegen Dritte zählen, die für alle Eigentümer begründet werden, dem gemeinschaftlichen Eigentum dienen und aus der Instandhaltungsrückstellung gespeist werden sollen (Beziehungs- oder Mittelklausel). Vom Gesamthandsvermögen getrennt sind selbstverständlich die einzelnen Miteigentumsanteile der Wohnungseigentümer am Gemeinschaftseigentum. Daher gehören auch deliktische Ansprüche der Wohnungseigentümer gegen Dritte wegen Beschädigung der Wohnungseigentumsanlage nicht zum Gesamthandsvermögen, solange die Wohnungseigentümer ihre Ansprüche nicht in dieses einbringen. Schließlich sollte man aus entsprechenden Erwägungen grundsätzlich das Zubehör vom Gesamthandsvermögen ausnehmen. Eine ausreichende Verknüpfung des Zubehörs mit dem Wohnungseigentum wird bei Veräußerung durch §§ 311c, 926 BGB und im Vollstreckungsrecht durch §§ 865 Abs. 2 S. 1 ZPO, 20, 55, 90 Abs. 2 ZVG, 1120 BGB gewährleistet. Es ist hinsichtlich des Zubehörs kein Grund ersichtlich, Wohnungseigentümer anders zu behandeln als einfache Bruchteilseigentümer von Grundstücken. d) Ergebnis Die Betrachtung der Rechtsnatur der Wohnungseigentümergemeinschaft hat als Ausgangspunkt für eine organisationsrechtliche Betrachtung Folgendes ergeben: Für die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst kann keine Handlungsorganisation bestehen, da es ihr an Subjektsqualität fehlt. Dem Verwaltungsvermögen
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dazu § 3 C II 3 a (S. 63 ff.), sog. Klauseln dinglicher Surrogation.
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fehlt es ebenfalls an Verselbstständigung. Die durch das Wohnungseigentumsrecht geschaffene Organisation ist Handlungsorganisation für jeden Wohnungseigentümer. Dabei ist sie grundsätzlich gegenständlich auf die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums beschränkt. Da sie gleichzeitig die Organisation mehrerer Individuen, nämlich aller Eigentümer, bildet, lässt sie sich als gemeinschaftliche bezeichnen. 2. Organisationsrechtliche Betrachtung Die organisationsrechtliche Betrachtung soll sich auf die beiden obligatorischen Einheiten konzentrieren: die Eigentümerversammlung (unter a.) und den Wohnungseigentumsverwalter (unter b.). a) Eigentümerversammlung Die Kompetenz der Eigentümerversammlung stellt eine besondere Ausprägung des für die Bruchteilsgemeinschaft in § 745 Abs. 1 BGB niedergelegten Mehrheitsprinzips dar. Diese Kompetenz erstreckt sich auf Fragen der Nutzung des Sonder- und Gemeinschaftseigentums (§ 15 Abs. 1 und 2 WEG) und der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums (§ 21 Abs. 3 WEG) einschließlich der Instandsetzung (§ 22 WEG). Die Grenzen der Mehrheitsmacht zum Schutz der Minderheit werden auf diesen Gebieten durch das Erfordernis beschrieben, dass die beschlossenen Maßnahmen »ordnungsmäßig« sein müssen. In anderen Fragen der Gemeinschaft fehlt der Eigentümerversammlung – wie sich in einem Umkehrschluss aus § 23 Abs. 1 WEG ergibt – eine Beschlusskompetenz.639 Eine Erweiterung der Mehrheitsmacht durch Vereinbarung ist allerdings zulässig. Die der Eigentümerversammlung verliehene Kompetenz hat – im Gegensatz zu der in der Bruchteilsgemeinschaft –640 uneingeschränkt organisationsrechtlichen Charakter. Durch die Mehrheit wird also der Wille des einzelnen Wohnungseigentümers hinsichtlich Gebrauch und Verwaltung des Gemeinschaftseigentums gebildet und dieser Wille kann auch für ihn ausgeübt werden. Der Mehrheitsbeschluss kann also Vertretungsmacht verleihen, die Wohnungseigentümer Dritten (oder dem Verwalter) gegenüber auch gesamtschuldnerisch zu verpflichten. Dieser Organisationscharakter lässt sich § 10 Abs. 4 WEG entnehmen.641 Diese Bestimmung ist nicht auf die selbstverständliche Aussage beschränkt, dass mit Mehrheit gefasste Beschlüsse auch die überstimmte Minderheit im Innenverhältnis binden. Sie handelt vielmehr von Rechtshandlungen, die aufgrund von Mehrheitsentscheidungen vorgenommen werden, und eröffnet für diese eine Wirkung gegenüber allen Wohnungseigentümern.642 Neben § 10 Abs. 639 BGHZ 145, 158, 168: Ungeachtet der fehlenden Beschlusskompetenz gefasste Beschlüsse sind nichtig, bedürfen also für ihre Ungültigkeit nicht der gerichtlichen Ungültigerklärung nach § 23 Abs. 4 WEG. 640 Dazu I 1 b (S. 112 ff.). 641 Zu berücksichtigen sind die Anforderungen der Ordnungsmäßigkeit, siehe 1 b cc 1 (S. 127). 642 Vgl. Bärmann/Pick/Merle-Pick § 10 Rn. 68; Rapp, MittBayNot 2005, 449, 454 f.
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4 WEG lässt sich das organisationsrechtliche Verständnis der Beschlüsse der Eigentümerversammlung auch auf die organisationsrechtliche Struktur der §§ 20 ff. WEG stützen. Der Verwalter verfügt ohnehin über Vertretungsmacht für die Eigentümer, wirkt also auf deren Handlungsorganisation ein. b) Wohnungseigentumsverwalter Der Wohnungseigentumsverwalter stellt ein besonderes Organisationselement der Wohnungseigentümer dar, für das es keine Entsprechungen gibt. Dem Verwalter kommen zum einen Kompetenzen bei der Willensbildung der Wohnungseigentümer zu (§§ 24, 27 Abs. 1, 28 WEG). Er hat auf Grundlage der Beschlüsse der Wohnungseigentümer die Geschäftsführung für die Wohnungseigentümer zu besorgen. Dem Verwalter steht zum anderen auch eine Willensbetätigungskompetenz zu. Er ist also Inhaber einer vom Gesetz angeordneten Vertretungsmacht, auch wenn deren Umfang umstritten ist.643 Die Besonderheit der Einrichtung dieser Organisationseinheit besteht darin, dass mit ihr eine Organisationseinheit mit Vertretungskompetenz für Personen geschaffen wurde, die weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen gehindert sind, selbst zu handeln. Ein alternatives Regelungskonzept hätte darauf beruhen können, dass alle Wohnungseigentümer, ggf. auf Grundlage eines Mehrheitsbeschlusses (§ 10 Abs. 4 WEG), einen Verwalter beauftragen und bevollmächtigen. Das Gesetz hätte sich darauf beschränken können zu bestimmen, für welche Rechtsakte – insbesondere etwa für die Entgegennahme von Willenserklärungen und Zustellungen (§ 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG) – der Verwalter von den Wohnungseigentümern Befugnisse eingeräumt erhalten muss.644 Das Gesetz ist aber den Weg gegangen, die Rechtsstellung eines Verwalters, seine Pflichten und Befugnisse als abstraktes Rechtsinstitut auszugestalten. Im Einzelfall erhält der Verwalter die gesetzlich vorgesehenen Pflichten und Befugnisse – wie der Vormund, aber auch der Vorstand eines Vereins – mit seiner Bestellung zum Verwalter durch Eigentümerversammlung oder hilfsweise Gericht (§ 26 WEG).645 Die dem Verwalter so verliehene Rechtsmacht ist also eine originäre und gesetzliche, keine von den Eigentümern abgeleitete. Was den Verwalter etwa von Vormund oder Vorstand, die ebenfalls originäre Befugnisse innehaben, unterscheidet, ist aber, dass die zu vertretenden Wohnungseigentümer aufgrund ihrer eigenen Handlungsfähigkeit die Möglichkeit haben, die gesetzlichen (originären) Befugnisse des Verwalters zu erweitern. Daher ist es zutreffend, zwischen der gesetzlichen und der gewillkürten Vertretungsmacht des Wohnungseigentumsverwalters zu differenzieren. Mit dieser Zweiteilung wird die mögliche Vielgestaltigkeit der Vertretungsmacht des Verwalters aber noch nicht hinreichend erfasst. Es ist unscharf, die Vertretungsmacht 643 Zu diesem Streit BGHZ 67, 232, 234; Armbrüster, ZWE 2002, 548, 550 f.; Gruber, NZM 2000, 263, 264 ff.; Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 27 Rn. 12. 644 Dieses Regelungsmodell liegt etwa der notwendigen Bevollmächtigung eines gemeinschaftlichen Vertreters durch Teilhaber an einem Gesellschaftsanteil zugrunde, siehe III (S. 138 f.). 645 Dazu § 15 A I (S. 535).
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aufgrund von Vereinbarungen der Eigentümer im Sinne von § 10 Abs. 2 WEG, aufgrund von Mehrheitsbeschlüssen der Eigentümerversammlung und aufgrund von Vollmachtserteilungen der Wohnungseigentümer (insbesondere im Verwaltervertrag) in einer Fallgruppe der gewillkürten Vertretungsmacht zusammenzufassen, sofern man die gewillkürte Vertretungsmacht als dem Individualitätsprinzip verpflichtete Bevollmächtigung (§ 167 BGB) versteht.646 aa) Vollmacht Die gewillkürte Vertretungsmacht beruht auf der Erteilung einer Vollmacht nach Maßgabe von § 167 BGB. Die Vollmacht wird einer bestimmten Person, dem zu Bevollmächtigenden, individuell vom zu Vertretenden erteilt. Also kann sie derjenigen Person erteilt werden, die bereits zum Verwalter bestellt ist oder bald zum Verwalter bestellt werden soll. Sie kann aber nicht abstrakt allen von einer Wohnungseigentümergemeinschaft in Zukunft zu bestellenden Verwaltern erteilt werden. Zu einer solchen Vollmachtserteilung an einen Wohnungseigentumsverwalter wird es vornehmlich bei Abschluss des Verwaltervertrags kommen. Möglich ist auch die Erteilung spezieller Einzelvollmachten während der Verwaltung durch rechtsgeschäftliche Erklärung (nicht durch Mehrheitsbeschluss647). Die Wirksamkeit solcher Vollmachten hängt grundsätzlich nur davon ab, ob die Bevollmächtigung als Rechtsgeschäft selbst wirksam ist. Wird die Vollmacht von bevollmächtigten Wohnungseigentümern, etwa den Mitgliedern des Eigentümerbeirats, erteilt, muss freilich auch diese Vollmacht wirksam sein, um gegenüber den bei der Vollmachtserteilung vertretenen Eigentümern zu wirken. Da die Vollmacht allein an die Person des Bevollmächtigten gebunden ist, kann die Vollmacht nicht auf einen Nachfolger in das Amt als Verwalter übergehen. Gleichzeitig ist die Vollmacht des Bevollmächtigten nicht notwendig mit seiner Stellung als Verwalter verbunden. Zum einen ist grundsätzlich ein Widerruf möglich (§ 168 S. 2 BGB). Zum anderen erlischt die Vollmacht zwar mit dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsgeschäft. Als dieses Rechtsgeschäft kann man aber nicht die Amtsstellung (Rechtsgeschäft ist nur die Bestellung), sondern nur den Anstellungsvertrag ansehen. Letzterer ist aber wiederum regelmäßig unabhängig von der Amtsstellung.648 bb) Gemeinschaftsordnung Einen ganz anderen Geltungsgrund als eine Bevollmächtigung (§ 167 BGB) hat die Vertretungsmacht des Verwalters, wenn man sie unmittelbar aus der Gemeinschaftsordnung herleitet. Für die gesetzlichen Regelungen der Gemeinschaftsordnung ist mit der Trennungstheorie649 nunmehr anerkannt, dass diese Regelungen unabhängig von der Anstellung des Verwalters mit seiner Bestellung ihm gegenüber unmittelbar wirken. Eine Vertretungsmacht auf dieser Grundlage wirkt also für jeden wirksam bestellten Verwalter. Sie besteht daher auch für gerichtlich 646 647 648 649
So aber Armbrüster, ZWE 2002, 548, 551; Gruber, NZM 2000, 263, 266. Siehe cc (S. 137 f.). Siehe § 15 A I (S. 535). Siehe § 15 A I (S. 535).
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bestellte Verwalter ohne Anstellungsvertrag. Sie geht aber unter, wenn die Stellung als Verwalter endet, unabhängig davon, ob ein etwaiger Anstellungsvertrag fortdauert. Das Gesetz ist aber nur eine Quelle der Gemeinschaftsordnung. Eine weitere sind die Regelungen der Wohnungseigentümer untereinander durch Vereinbarung (§ 10 Abs. 1 u. 2 WEG). Solchen Vereinbarungen, die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich seiner Vertretungsmacht festlegen, ist die gleiche Wirkung beizumessen wie den gesetzlichen Bestimmungen.650 Auf Grundlage der Vertragstheorie konnte man freilich dieses Ergebnis nicht befürworten, weil sich die rechtliche Stellung des Verwalters ausnahmslos aus seinem Vertrag ableitete. Es bedurfte einer Einbeziehung der Klausel der Gemeinschaftsordnung in den Verwaltervertrag.651 Auf Grundlage der Trennungstheorie ist dieses Ergebnis allein konsequent. § 10 Abs. 1 S. 2 WEG stellt die Vereinbarungen der Wohnungseigentümer dem Gesetz gleich. Dass nicht nur das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander – wie es § 10 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 WEG voraussetzt – betroffen ist, sondern auch das Verhältnis der Eigentümer zum Verwalter, schadet nicht. Denn der Verwalter zählt wegen seiner organisationsrechtlichen Stellung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft zum Organisationsbereich. Diese Einschätzung belegt § 27 Abs. 3 WEG, der nur solche Vereinbarungen verbietet, die die Befugnisse und Aufgaben des Verwalters beschränkt. Ein Umkehrschluss aus dieser Bestimmung spricht daher für die Zulässigkeit von Vereinbarungen, die die Befugnisse und Aufgaben des Verwalters erweitern.652 Auch die Interessen der Beteiligten sprechen nicht dagegen, den vertraglichen Bestimmungen eine solche unmittelbare Wirkung gegenüber dem Verwalter beizumessen. So entsprechen diese Wirkungen zum einen gerade dem Willen der Wohnungseigentümer, wenn sie entsprechende Vereinbarungen schließen. Es wäre bloße Förmelei, noch eine Bevollmächtigung des Verwalters durch alle Eigentümer zu verlangen. Auch der gerichtlich bestellte Verwalter (§ 26 Abs. 3 WEG) erhält so unmittelbar die Stellung, die einem Verwalter nach dem Willen der Eigentümer zukommen soll. Dem Verwalter steht es zum anderen frei, ob er die Bestellung annimmt. Tut er das, kann er nicht einwenden, die Regelungen der Gemeinschaftsordnung würden seinen Interessen widersprechen. Schließlich bleibt dem Verwalter unbenommen, mit der Gemeinschaft im Verwaltervertrag speziellere Regelungen zu treffen. cc) Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung Es besteht schließlich noch ein dritter Entstehungsgrund für eine Vertretungsmacht des Verwalters. Der Verwalter kann durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung die Rechtsmacht erhalten, eine bestimmte Maßnahme durchzuführen. Eine solche Ermächtigung ist in § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG ausdrücklich für die Prozessführung durch den Verwalter vorgesehen. Angesichts der organi-
650 Merle, ZWE 2001, 145 ff; Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 26 Rn. 100; zustimmend Deckert, ZWE 2003, 247, 249; vgl. auch KG NJW-RR 1989, 975; dazu allgemein § 14 A II 2 (S. 479 ff.). 651 Vgl. Palandt-Bassenge, § 27 WEG Rn. 25. 652 Merle, ZWE 2001, 145, 147.
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sationsrechtlichen Wirkungen des Mehrheitsbeschlusses (§ 10 Abs. 4 WEG) ist eine solche Ermächtigung aber auch in allen anderen Fragen, die Verwaltung oder Gebrauch des Gemeinschaftseigentums betreffen, zulässig. Die damit dem Verwalter vermittelte Vertretungsmacht ist ebenfalls organisationsrechtlicher Art. Der Beschluss ist keine Vollmachtserteilung (§ 167 Abs. 1 BGB), bei der die Mehrheit die Minderheit vertritt.653 Es liegt regelmäßig auch keine Vollmachtserteilung durch Mehrheitsentscheidung an die bestimmte Person, die zur Zeit Verwalter ist, wie an jede sonstige Person vor. Vielmehr versetzt dieser Beschluss des für die Willensbildung zuständigen Organisationselements Eigentümerversammlung das für die Willensäußerung zuständige Organisationselement Verwalter in die Lage, den Willen der Eigentümer nach außen umzusetzen. Es liegt eine organisationsinterne Weisung vor, die notwendigerweise mit der Erteilung von Handlungsmacht verbunden ist.654 Das Bestehen der Vertretungsmacht hängt daher allein von der Gültigkeit des Ermächtigungsbeschlusses ab. Die Rechtmäßigkeit des Beschlusses richtet sich danach, ob sich sein Inhalt im Rahmen ordnungsmäßigen Gebrauchs oder ordnungsmäßiger Verwaltung hält. Die Gültigkeit hängt freilich davon ab, ob der nicht ordnungsmäßige Beschluss gerichtlich für ungültig erklärt wird (§ 23 Abs. 4 WEG). Die mit der Weisung verbundene Vertretungsmacht ist mit dem Verwalteramt verknüpft. Der ausscheidende Verwalter kann von der Handlungsmacht keinen Gebrauch mehr machen, sondern nur noch sein Nachfolger im Amt.
III. Mitberechtigung an Gesellschaftsanteilen Besonderer Gegenstand einer gemeinschaftlichen Berechtigung kann auch ein Gesellschaftsanteil sein. Daraus ergibt sich die aus dem Gesellschaftsrecht zu beantwortende Frage, welche Befugnisse des Inhabers eines Gesellschaftsanteils durch die Teilhaber separat (§ 747 S. 1 BGB) oder nur gemeinschaftlich (§§ 744, 747 S. 2 BGB) ausgeübt werden können. §§ 69 AktG, 18 GmbHG verlangen eine gemeinschaftliche Ausübung aller Rechte aus dem Gesellschaftsanteil. Ein entsprechendes Erfordernis, Rechte nur gemeinschaftlich auszuüben, kann ferner durch Gruppenbindungsabrede im Gesellschaftsvertrag sogar für verschiedene Geschäftsanteile geschaffen werden.655 Die Kompetenzen der Gesellschaft beschränken sich aber darauf zu bestimmen, wie die Rechte ihr gegenüber ausgeübt werden müssen.656 Am weitesten geht das Aktienrecht, das die Ausübung durch einen gemeinschaftlichen Vertreter verlangt (§ 69 AktG).
653 Freilich wäre es nach dem Gesagten (siehe aa, S. 136.) auch zulässig, wenn ein Wohnungseigentümer aufgrund der durch einen Mehrheitsbeschluss vermittelten Vertretungsmacht, den Verwalter bevollmächtigt. Das ist aber eine andere Sachlage als die hier behandelte, bei der der Mehrheitsbeschluss unmittelbar dem Verwalter Vertretungsmacht verschaffen soll. 654 Siehe § 12 A II 1 a (S. 416); atypisch für das Recht der Amtswalter ist, dass der Angewiesene nicht ohnehin die Handlungsmacht im Außenverhältnis besitzt, um die Anweisung umzusetzen. 655 Ausführlich K. Schmidt, ZHR 146 (1982), 525 ff. 656 Auf das Innenverhältnis der Gemeinschaftsmitglieder hat das Gesellschaftsrecht insbesondere keinen Einfluss, vgl. BGHZ 119, 346, 353 m. w. Nachw.
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Durch solche Regelungen übt die Verfassung der Gesellschaft einen faktischen Einigungsdruck auf die Gemeinschaft aus, ihre Rechte einheitlich auszuüben oder gar einen Vertreter zu bestellen.657 Eine organisationsrechtliche Regelung enthält das Gesellschaftsrecht damit aber nicht. Es bleibt dem Recht der einzelnen Rechtsgemeinschaften vorbehalten zu regeln, wie die Gemeinschaft dieses Erfordernis erfüllt. Ist die Gemeinschaft ein Sondervermögen, so regelt die Verfassung des jeweiligen Sondervermögens ohnehin, wie die gemeinschaftlichen Rechte einheitlich auszuüben sind. Sofern insoweit Gesamtvertretung vorgesehen ist, genügt das den Anforderungen von § 69 AktG, da die einheitliche Ausübung der Rechte sichergestellt ist.658 Liegt eine Erbengemeinschaft659 oder eine Bruchteilsgemeinschaft vor, sind §§ 744 f. BGB anzuwenden.660 Diese Bestimmungen sollten auch auf eine durch die Satzung vorgesehene Mitgliedergruppe angewendet werden, sofern keine Sonderregelung vereinbart ist.661 Es besteht dann die Möglichkeit, eine notwendige Vollmacht durch Mehrheitsentscheidung zu beschließen. Der Erteilung von Einzelvollmachten durch alle Teilhaber bedarf es nicht.
IV. Kartellvertreter Das Kartellrecht schreibt in § 13 GWB den Mitgliedern von Kartellen, die nicht rechtsfähig sind, vor, einen Vertreter für Kartellverwaltungsverfahren (§§ 54 ff. GWB) und gerichtliches Beschwerdeverfahren (§§ 63 ff. GWB) sowie Rechtsbeschwerdeverfahren (§§ 74 ff. GWB) zu benennen. Diese Regelung hat Gemeinsamkeiten mit den gesellschaftsrechtlichen Regelungen für die Bruchteilsgemeinschaft an einem Geschäftsanteil (§ 69 AktG). Sie geht aber darüber hinaus, weil sie nicht nur die gemeinschaftliche Rechtsausübung betrifft. Vielmehr soll für die Kartellbehörde ein Vertreter bekannt sein, damit die Behörde auch Maßnahmen gegenüber dem Kartell treffen kann. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die Sanktion, die § 13 Abs. 2 GWB daran knüpft, dass ein nicht rechtsfähiges Kartell seiner Pflicht zur Bestellung eines Vertreters nicht nachkommt:662 Das Amtsgericht am Sitz des Kartells bestellt auf Antrag der Kartellbehörde oder eines berechtigten Dritten einen Vertreter für die Kartellmitglieder. Dadurch erlangt der Kartellvertreter im Außenverhältnis die Willensbetätigungskompetenz, in den kartellrechtlichen Verfahren die Mitglieder des Kartells umfassend zu vertreten. Zudem muss man dem bestellten Vertreter aber auch im Innenverhältnis Befugnisse gegenüber den Kartellmitgliedern zusprechen, damit er seine Aufgaben erfüllen kann. Denn auch den bestell657
KölnKomm-Lutter, § 69 Rn. 24; K. Schmidt, ZHR 146 (1982), 525, 529. Hüffer, § 69 Rn. 4; KölnKomm-Lutter, § 69 Rn. 18. 659 BGHZ 119, 346, 354; 49, 183, 191 f., zur Anwendung von § 745 Abs. 1 BGB; BGHZ 108, 21, 30 f. zur Anwendung von § 2038 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BGB. 660 MünchKommBGB-K.Schmidt, §§ 744, 745 Rn. 10. 661 K. Schmidt, GesR, § 21 II 5 c; ders. ZHR 146 (1982), 525, 542 f.; vgl. ferner BGHZ 121, 137, 150; 119, 346, 353. – A. M. Schnorr, Gemeinschaft, 163 f., der das Einstimmigkeitserfordernis des Individualitätsprinzips (§ 167 BGB) dem Mehrheitsprinzip des § 745 BGB vorzieht. 662 Vgl. Immenga/Mestmäcker-Sauter, § 13 Rn. 8. 658
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ten Kartellvertreter treffen etwa die Auskunfts- und Herausgabepflichten aus § 59 Abs. 2 GWB, die er nur erfüllen kann, wenn die Kartellmitglieder ihn mit den notwendigen Mitteln ausstatten. Abgesehen davon hat sich der Kartellvertreter an der Verfassung des Kartells zu orientieren. Er ist weisungsabhängig, soweit nach der Verfassung des Kartells eine wirksame Weisung vorliegt. Es kommt auch in Betracht, dass Kartellmitglieder und bestellter Vertreter im Innenverhältnis die Kompetenzen vertraglich festlegen. Jedenfalls kommt der Bestimmung des § 13 Abs. 2 GWB im Unterschied zu § 13 Abs. 1 GWB eine organisationsrechtliche Qualität zu. In der Praxis bewährt sich die präventive Funktion des § 13 Abs. 2 GWB: Die Kartelle teilen der Kartellbehörde entsprechend § 13 Abs. 1 S. 2 GWB die Person eines Kartellvertreters mit. Problematisch ist der Anwendungsbereich dieser Bestimmung. Überwiegend wird § 13 GWB auf Kartelle angewendet, die in der Rechtsform einer GbR oder eines nicht rechtsfähigen Vereins verfasst sind.663 Das ist richtig und ergibt sich nach der hier vertretenen Ansicht schon daraus, dass diese Gesamthandsgesellschaften zwar Sondervermögen mit verselbstständigtem Handlungssubjekt sind, aber nicht rechtsfähig. Wer indessen die Außen-GbR664 und den nicht rechtsfähigen Verein für rechtsfähig hält, muss die Anwendung des § 13 GWB auf diese Gesellschaften nach Sinn und Zweck dieser Bestimmung mit der fehlenden Publizität der Vertretungsverhältnisse dieser Gesellschaften begründen. § 13 Abs. 1 S. 2 GWB ist dann dahin zu verstehen, dass der Kartellbehörde Name und Anschrift der zur Vertretung berechtigten Person mitzuteilen sind.
V. Zusammenfassung Ein zusammenfassender Blick auf die Organisation von Mitberechtigten muss auch die unverselbstständigten Sondervermögen einschließen, die unter Mitverwaltung der Mitberechtigten stehen. Denn wie der Verweis für die Erbengemeinschaft in § 2038 BGB auf die Bruchteilsgemeinschaft zeigt, äußern sich hier ganz vergleichbare Probleme.665 Bei diesen Organisationsformen lassen sich drei Strukturfragen unterscheiden. Erstens stellt sich die Frage, nach welchen Grundsätzen die Willensbildung erfolgt. Es bieten sich das Mehrheits- oder das Einstimmigkeitsprinzip an. Das Mehrheitsprinzip ist hinsichtlich der einfachen Verwaltungsentscheidungen die Regel. Das Einstimmigkeitsprinzip gilt durchweg allerdings für die Urhebergemeinschaft. Zweitens ist zu regeln, ob die Willensäußerung die Mitberechtigten im Außenverhältnis binden darf. Eine über die Verpflichtung im Innenverhältnis hinausgehende gesamtschuldnerische Bindung der Mitberechtigten bedarf einer besonde-
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Langen/Bunte-Kiecker, § 13 Rn. 1; Immenga/Mestmäcker-Sauter, § 13 Rn. 3. Zur Möglichkeit, Kartelle auch in Form von Innengesellschaften zu organisieren, K. Schmidt, GesR, § 7 I 2 b bb. 665 Die Gesamthandsgesellschaften unterscheiden sich indessen in ihrer Problemstruktur von diesen Gemeinschaften, weil sie wegen ihrer vertraglichen Grundlage bereits über eine willkürliche Grundlage verfügen. 664
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ren Rechtfertigung. Eine solche besondere Rechtfertigung ist der gemeinschaftliche Betrieb eines Handelsgewerbes bei der Erbengemeinschaft. Drittens kann im Interesse des Rechtsverkehrs für den Außenauftritt der Mehrheit eine besondere Organisationseinheit erforderlich sein, die den Rechtsverkehr mit der Mehrheit erleichtert. Beispiele bieten der Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft, aber auch der Kartellvertreter und die Vertretung von Bruchteilsberechtigten an Geschäftsanteilen im Gesellschaftsrecht. Diese Institute weisen allerdings eine unterschiedliche Struktur auf. §§ 13 Abs. 1 GWB, 69 AktG verlangen lediglich, dass die Betroffenen eine Person benennen, die aus welchem Grund auch immer berechtigt ist, für die Gemeinschaft zu handeln. Der Wohnungseigentumsverwalter und der bestellte Kartellvertreter verfügen über durch organisatorische Rechtssätze festgelegte Organisationskompetenzen, etwa gesetzliche Vertretungsmacht. Von diesen Organisationen von Mitberechtigten sind Sachlagen zu unterscheiden, in denen die Mitberechtigung Folge der parallelen Einschaltung eines Dritten durch die (späteren) Mitberechtigten ist. Beispiel ist die Beteiligung an einem Sondervermögen nach dem KAGG.666 In diesen Fällen leitet der Dritte seine Berechtigung aus dem jeweiligen Rechtsverhältnis zu den Mitberechtigten her. Die Mitberechtigten stehen unverbunden nebeneinander.
C. Ergänzende Organisationen im Unternehmensrecht Im Unternehmensrecht sind vielfach besondere Organisationen gebildet, deren Zweck es ist, unterschiedliche (private und öffentliche) Interessen zu koordinieren. Diese Organisationen knüpfen an bestimmte und in bestimmtem Umfang betriebene Unternehmen an. Der Betrieb dieser Unternehmen erfordert – nach der gesetzlichen Wertung – die Beteiligung solcher Interessen, die von denen des Unternehmensträgers abweichen. Die eingerichteten Organisationen sollen dementsprechend nicht die Handlungsfähigkeit des Unternehmensträgers herstellen, sondern dienen regelmäßig der Einflussnahme und Kontrolle zum Nutzen der als schutzbedürftig erkannten externen Interessen.
I. Abschlussprüfer Gesellschaften, jedenfalls die körperschaftlich strukturierten, verfügen über Organe, die der Aufsicht und Kontrolle anderer Gesellschaftsorgane, vornehmlich der Geschäftsführungsorgane, dienen. Diese Aufsichtskompetenz besteht regelmäßig umfassend und orientiert sich am Interesse der Gesellschaft. Handels- und Gesellschaftsrecht sehen aber auch in verschiedenen Instituten die Prüfung bestimmter Vorgänge durch spezielle Funktionsträger vor. Dem Abschlussprüfer kommt im Rahmen der Rechnungslegung von Unternehmen eine ständige, jährlich wiederkehrende und gesetzlich umschriebene 666 Entsprechendes gilt für die Sammellagerung oder -verwahrung vertretbarer Sachen oder Wertpapiere nach § 469 HGB und § 5 DepotG.
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Prüfungspflicht zu. Die Notwendigkeit einer Jahresabschlussprüfung hängt vom Typ des Unternehmensträgers, dem Unternehmensgegenstand und dem Unternehmensumfang ab. Kapitalgesellschaften bedürfen stets der Prüfung durch einen Abschlussprüfer, sofern die Gesellschaft nicht eine kleine im Sinne von § 267 HGB ist (§ 316 Abs. 1 HGB).667 Für publizitätspflichtige Unternehmen, die auch in der Form einer Personenhandelsgesellschaft oder eines Einzelhandelskaufmanns organisiert sein können, ordnet § 6 PublG die Abschlussprüfung an. Die Prüfung hat sich jeweils auf Lagebericht und Jahresabschluss (§ 316 Abs. 1 HGB) zu beziehen. Für die Genossenschaft ergeben sich aus §§ 53 ff. GenG noch umfangreichere Prüfungspflichten. Besondere Prüfungspflichten treffen beispielsweise auch Kreditinstitute (§§ 340k HGB, 28 f. KWG) und Versicherungen (§§ 341k HGB, 55 ff. VAG). 1. Überblick über die Rechtsstellung des Abschlussprüfers Die Rechtsstellung des Abschlussprüfers ist im Gesetz ausführlich geregelt. Sie ist damit ebenso institutionalisiert, also gesetzlich vorgegeben, wie bei den meisten bislang untersuchten Funktionsträgern. Die Regelungen befassen sich zunächst mit Gegenstand und Umfang der Prüfungspflicht (§§ 316 f. HGB). Darauf baut die Ausgestaltung des Prüfungsberichts (§ 321 HGB) auf. Den besonderen Charakter der Prüfungstätigkeit des Abschlussprüfers bringt § 322 HGB zum Ausdruck: Der Bestätigungsvermerk richtet sich nicht nur an die Gesellschaft und ihre Organe, sondern auch an Gläubiger, an Kapitalmarktteilnehmer und an die gesamte interessierte Öffentlichkeit.668 Auf diesen Bestätigungsvermerk gründet sich das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Rechnungslegung der Unternehmen.669 § 319 HGB bestimmt die Wählbarkeit einer Person zum Abschlussprüfer, wobei § 319 Abs. 1 HGB Anforderungen an die Qualifikation (Eignung) des Abschlussprüfers stellt und § 319 Abs. 2, 3 HGB an seine Unabhängigkeit. An diesen Vorgaben hat sich die Bestellung gem. § 318 HGB zu orientieren. Die Auswahl des Abschlussprüfers obliegt der zu prüfenden Gesellschaft, meist der Mitgliederversammlung (§ 318 Abs. 1 HGB).670 Bestellt die Gesellschaft keinen Abschlussprüfer, hat das Gericht die Bestellung vorzunehmen (§ 318 Abs. 4 und 5 HGB). Eine gerichtliche Ersetzung des gewählten Abschlussprüfers kommt auf Antrag in Betracht, wenn berechtigte Gründe gegen die Auswahl des gewählten Prüfers bestehen (§ 318 Abs. 3 HGB). Abgesehen von dieser gerichtlichen Ersetzung endet das Amt eines bestellten Abschlussprüfers – solange kein Ausschlussgrund nach § 319 HGB vorliegt – vor Ausführung seines Auftrags nur dann,
667 Die Prüfung durch einen Abschlussprüfer ist bei diesen Gesellschaften ferner gem. §§ 209 AktG, 57f GmbHG notwendig, wenn eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln vorgenommen werden soll. 668 Vgl. nur BayObLGZ 1987, 298, 308. 669 OLG Düsseldorf WM 1996, 1777, 1779. 670 Vgl. die Übersicht zu den einzelnen Gesellschaften etwa bei MünchKommHGB-Ebke, § 318 Rn. 2 ff.
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wenn der Abschlussprüfer wegen eines wichtigen Grundes den Prüfungsauftrag kündigt (§ 318 Abs. 6 HGB).671 § 320 HGB räumt dem gewählten Abschlussprüfer das Recht ein, von dem zu prüfenden Unternehmen Informationen und Unterlagen zu verlangen, die für ihn notwendig sind, um seinen Auftrag durchzuführen. Diese Qualifizierung der Mitwirkungshandlungen der prüfungspflichtigen Gesellschaft unterscheidet sich von der Einordnung im Recht des Werk- oder Geschäftsbesorgungsvertrags. Namentlich § 642 BGB normiert lediglich Mitwirkungsobliegenheiten, aber keine Pflichten des Bestellers, also gleichzeitig keine Rechte des Unternehmers.672 Diese Pflichten des Unternehmens sind Bestandteil der ihn im öffentlichen Interesse treffenden Pflicht, eine Jahresabschlussprüfung durchzuführen. Auseinandersetzungen zwischen Abschlussprüfer und Unternehmen sind in einem gerichtlichen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auszutragen, für das § 324 HGB besondere Regelungen enthält. Eine spezielle Haftungsnorm, die freilich andere vertragliche oder gesetzliche Haftungsgründe nicht verdrängt, enthält § 323 HGB. Danach haften der Abschlussprüfer, seine Gehilfen und bei der Prüfung mitwirkende gesetzliche Vertreter einer Prüfungsgesellschaft für Pflichtverletzungen dem geprüften Unternehmen. Es wird aber keine Haftung gegenüber Dritten angeordnet, die im Vertrauen auf den Bestätigungsvermerk einen Schaden erleiden.673 2. Qualifizierung der Rechtsstellung Die Qualifizierung der Rechtsstellung des Abschlussprüfers ist davon abhängig, ob man ihn organisatorisch dem Innenbereich der zu prüfenden Gesellschaft oder dem externen Bereich zuordnet. Diese Unterscheidung ist mit der begrifflichen Einordnung des Abschlussprüfers entweder als (Hilfs)-Organ der Gesellschaft oder als externe Kontrollinstanz bzw. Sachverständiger verbunden.674 Lange Zeit wurde – gestützt auf eine Stellungnahme des BGH – davon ausgegangen, der Abschlussprüfer sei als Organ der zu prüfenden Gesellschaft einzuordnen. Der BGH begründete diese Einordnung für die Aktiengesellschaft damit, dass der Abschlussprüfer Aufgaben wahrnehme, die eigentlich dem Aufsichtsrat zukämen.675 Der Abschlussprüfer sei unabhängig, aber in die Organisationsstruktur der Gesellschaften eingegliedert. Mittlerweile wird mehrheitlich der entgegengesetzte Standpunkt vertreten.676
671 Zum Streit, ob eine einvernehmliche Aufhebung des Prüfungsauftrags möglich ist, ablehnend MünchKommHGB-Ebke, § 318 Rn. 28 m. w. Nachw. 672 Vgl. nur Staudinger-Peters (2003), § 642 Rn. 17. 673 Dazu § 16 A I 2 (S. 568). 674 Vgl. zu den Nachweisen MünchKommHGB-Ebke, § 316 Rn. 26. 675 BGHZ 16, 17, 25; vgl. ferner BGHZ 76, 338, 342. 676 BayObLGZ 1987, 297, 308; KölnKomm-Clausen/Korth, § 318 HGB Rn. 30; MünchKommHGB-Ebke, § 316 Rn. 27 f.; Hopt, ZHR 141 (1977), 389, 401 ff.; Baumbach/Hopt-Hopt/ Merkt, § 318 Rn. 2; Mai, Abschlussprüfer, 194 ff., 217; Schulze-Osterloh, ZGR 1976, 411, 419; Simitis, Festschrift Reinhardt, 329, 332 f.; anders aber noch BGHZ 76, 338, 342: »wie ein Organ«.
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Dieser Auffassung ist zu folgen. Die Einordnung der Abschlussprüfer als externe Funktionsträger legt schon eine formale Überlegung nahe: Die Verfassung der einzelnen Unternehmensträger sieht Abschlussprüfer nicht vor. Die Unternehmensträger sind auch ohne Abschlussprüfer voll ausgebildet und handlungsfähig. So umfassen etwa die Regelungen über die Verfassung einer Aktiengesellschaft (§§ 76–147 AktG) den Abschlussprüfer nicht.677 Noch deutlicher ist es beim Einzelkaufmann, bei dem die Einordnung des Abschlussprüfers als Organ ausgeschlossen ist. Diese formale Betrachtung lässt sich durch inhaltliche Gesichtspunkte anfüttern. Die Ergebnisse der Abschlussprüfung werden zwar regelmäßig faktisch die Feststellung des Jahresabschlusses beeinflussen. Eine rechtliche Verknüpfung besteht aber nur insoweit, als nach § 316 Abs. 1 S. 2 HGB eine Prüfung stattgefunden haben muss.678 Eine inhaltliche Verknüpfung von Prüfergebnis des Abschlussprüfers und Entscheidung über den Jahresabschluss durch den Unternehmensträger besteht nicht. So helfen die Abschlussprüfer fraglos dem Unternehmensträger bzw. seinen Organen bei der Bewertung der eigenen Lage.679 Zweck der Abschlussprüfung ist aber nicht allein das Interesse des Unternehmensträgers. Der Abschlussprüfer dient zumindest auch öffentlichen Funktionen.680 Es liegt daher zwar eine Abhängigkeit der Tätigkeit der Gesellschaftsorgane von der Tätigkeit des Abschlussprüfers vor. Diese formale Abhängigkeit lässt sich aber allenfalls als äußere Eingliederung, keinesfalls als funktionale innere Eingliederung der Abschlussprüfer in die Organisation erfassen.681 Diese Einordnung des Abschlussprüfers als externer Funktionsträger hilft schließlich, rechtliche Eigenarten zu erklären. So ist die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers nicht atypisches Merkmal eines Gesellschaftsorgans, sondern typisches Charakteristikum einer externen Stelle. Ferner erklärt sich so die Unanwendbarkeit von §§ 30 f. BGB allein schon aus der fehlenden Organstellung.682
II. Betriebsrat Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer fußt auf zwei organisationsrechtlich völlig unterschiedlich ausgestalteten Säulen. Grundlage der Unternehmensmitbestimmung sind das nach § 1 Abs. 2 MitbestG vorrangige MontanmitbestG, das MitbestG und die nach § 1 Abs. 3 MitbestG subsidiär fortgeltenden Bestimmungen des BetrVG 1952. In den Anwendungsbereich der Unternehmensmitbestimmung fallen nur Kapitalgesellschaften. Die Unternehmensmitbestimmung fügt sich in die Binnenstruktur dieser Unternehmensträger ein. Sie regelt die Besetzung des Aufsichtsrats, der im Anwendungsbereich der Unternehmensmitbestimmung auch für eine GmbH notwendiger Organisationsbestandteil ist. Die 677 678 679 680 681 682
Ebenso argumentiert KölnKomm-Claussen/Korth, § 318 HGB Rn. 30. Mai, Abschlussprüfer, 211 ff. Simitis, Festschrift Reinhardt, 329, 333. Hopt, ZHR 141 (1977), 389, 402; Schulze-Osterloh, ZGR 1976, 411, 412 ff. Mai, Abschlussprüfer, 211 ff. KölnKomm-Clausen/Korth, § 318 HGB Rn. 30; MünchKommHGB-Ebke, § 316 Rn.
27 f.
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Mitbestimmung der Arbeitnehmer wird dadurch gewährleistet, dass die Arbeitnehmer nach § 4 MontanmitbestG und § 7 MitbestG die Hälfte und nach §§ 76 f. BetrVG 1952 ein Drittel der Mitglieder des Aufsichtsrats bestimmen können. Die betriebliche Mitbestimmung wird durch den von den Arbeitnehmern zu wählenden Betriebsrat als besonderem Gremium innerhalb der Organisation eines Betriebs gewährleistet. Die Kompetenzen des Betriebsrats im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung regelt insbesondere der Vierte Teil des BetrVG 1972 (§§ 74–113). Danach lassen sich die Befugnisse auf Mitbestimmung und Mitwirkung gliedern in solche über soziale (§§ 87–91 BetrVG), personelle (§§ 92–103 BetrVG) und wirtschaftliche (§§ 106–113 BetrVG) Angelegenheiten. Die einzelnen Regelungen des BetrVG sprechen teilweise den Betriebsrat als Gremium, teilweise aber auch einzelne Betriebsratsmitglieder an (§§ 23 Abs. 1, 78, 79, 82 Abs. 2 S. 3, 83 Abs. 1 S. 1, 99 Abs. 1 S. 3, 107 Abs. 3 S. 4 BetrVG). Sie enthalten Kompetenzzuweisungen (§§ 77 Abs. 1, 80 Abs. 1, 87 Abs. 1, 94 f., 98, 99 BetrVG), normieren aber auch ausdrücklich Befugnisse (§§ 23 Abs. 3, 40, 92 Abs. 2, 92a Abs. 1, 93, 104, 111 Abs. 1 S. 2 BetrVG) und Pflichten (§§ 74 Abs. 2, 75, 85 Abs. 1, 96, 102 Abs. 2 S. 1 BetrVG) des Gremiums Betriebsrat, ferner Pflichten des Arbeitgebers gegenüber dem Gremium Betriebsrat (§§ 92 Abs. 1, 92a Abs. 2, 97, 100 f. BetrVG). Auch kann das Gremium Betriebsrat Partner von Betriebsvereinbarungen sein (§§ 77, 112 BetrVG). Schließlich ist das Gremium Betriebsrat im Beschlussverfahren vor den Arbeitsgerichten (§§ 80 ff. ArbGG) beteiligtenfähig (§ 10 Halbs. 2 ArbGG). Auf Grundlage dieser gesetzlichen Regelungen ist die Subjektsqualität des Gremiums Betriebsrat heute einhellig anerkannt.683 Umstritten ist aber zum einen der Bezugspunkt dieser Subjektstellung (unter 1.) und zum anderen die davon abhängige Rechtsnatur des Betriebsrats (unter 2.). 1. Art der Subjektstellung Das Gremium Betriebsrat wird regelmäßig nur unter Einschränkungen als Rechtsträger bezeichnet.684 Vielfach wird von einer Teilrechtsfähigkeit des Betriebsrats gesprochen.685 Teilweise wird diesem Terminus widersprochen. Jeder Rechtsträger könne nur insoweit Rechte und Pflichten haben, wie es das Gesetz ihm erlaube. So liege es auch für den Betriebsrat, der daher als Rechtsträger zu verstehen sei.686 Der Betriebsrat wird überwiegend allerdings nicht für vermögensfähig gehalten687, manche gestehen ihm aber auch eine beschränkte Vermögensfähigkeit zu688.
683
Belling, Haftung, 222; v. Hoyningen-Huene, EzA § 79 BetrVG Nr. 1. Fitting, § 1 Rn. 186; Richardi-Richardi, Einleitung Rn. 106; MünchHdbArbR-v. Hoyningen-Huene, § 299 Rn. 19. 685 Belling, Haftung, 222; Konzen, ZfA 1985, 469, 486; GK-Kraft, § 1 Rn. 75. 686 Weber, DB 1992, 2135 f. 687 BAGE 52, 1; MünchHdbArbR-v. Hoyningen-Huene, § 299 Rn. 19; v. HoyningenHuene, EzA § 79 BetrVG Nr. 1; ders., NZA 1989, 121, 123; Jahnke, RdA 1975, 343; Konzen, ZfA 1985, 469, 485. 688 GK-Kraft, § 1 Rn. 75; Richardi-Richardi, Einleitung Rn. 110; Rosset, Rechtssubjektivität, 72 ff. 684
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Anknüpfungspunkt dafür, eine (wenn auch beschränkte) Vermögensfähigkeit des Betriebsrats zu bejahen, ist § 40 BetrVG.689 Diese Norm wird teilweise dahin gedeutet, dass der Betriebsrat Ersatz seiner Aufwendungen und ggf. Vorschuss (§ 669 BGB) für anstehende Aufwendungen im Außenverhältnis vom Arbeitgeber verlangen kann. Konsequent ist es dann, den Betriebsrat als berechtigt anzusehen, Hilfsgeschäfte im Rahmen seiner Tätigkeit (etwa Hinzuziehung von Sachverständigen, § 80 Abs. 3 S. 1 BetrVG, oder Beauftragung eines Rechtsanwalts) im eigenen Namen abschließen zu können.690 Die Rechts- und Handlungsfähigkeit des Betriebsrats sei aber auf seinen Wirkungskreis begrenzt.691 Dieser Auffassung ist entgegenzutreten. Der Streit um die Vermögensfähigkeit des Betriebsrats lässt sich entscheiden, wenn man den Betrieb als besondere (nicht verselbstständigte) Organisation betrachtet und zwischen den Beziehungen innerhalb dieser Organisation (Organisationsverhältnis) und den Rechtsbeziehungen außerhalb dieser Organisation (Außenverhältnis) unterscheidet: Das Verhältnis innerhalb der Organisation Betrieb und damit die organisationsrechtliche Beziehung zwischen Arbeitgeber, Betriebsrat und Arbeitnehmern (Belegschaft) ist Gegenstand des BetrVG. Rechtssubjekte, die außerhalb der Organisation Betrieb in Rechtsbeziehungen zueinander und gegenüber Dritten stehen können, werden durch das BetrVG nicht geschaffen. Solche Rechtssubjekte sind daher in Übereinstimmung mit den allgemeinen Regelungen lediglich Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Betriebsratsmitglieder persönlich, nicht das Gremium Betriebsrat. Es ist nicht Rechtssubjekt, sondern bloßes »Organisationssubjekt«692. a) Organisationsverhältnis Der Betriebsrat ist also im betriebsverfassungsrechtlichen Organisationsverhältnis Rechtsträger. Insoweit sind ihm (Organisations-)Rechte zugewiesen. So hat das BAG dem Betriebsrat zu Recht etwa gerichtlich durchsetzbare Rechte auf Durchführung einer Betriebsvereinbarung693 oder Unterrichtung694 zuerkannt.695 Die dem Betriebsrat eingeräumte Rechts- und Pflichtenstellung ist aber von einer ganz eigenen Natur. Zweck dieser Rechte und Pflichten ist es, das Kompetenzgefüge innerhalb des Betriebs zu sichern.696 Die Rechte können Organisationsfremden nicht zustehen. Es fehlt ihnen an jedem Vermögenswert. Die allgemeinen Regelungen des BGB sind auf sie nicht ohne weiteres anzuwenden.697
689 GK-Kraft, § 1 Rn. 75; Richardi-Richardi, Einleitung Rn. 109 f.; Rosset, Rechtssubjektivität, 41 ff. 690 Richardi-Richardi, Einleitung Rn. 111; Rosset, Rechtssubjektivität, 73 f. 691 Richardi-Richardi, Einleitung Rn. 112; Rosset, Rechtssubjektivität, 78 ff. 692 Dazu § 11 A I 2 b (S. 398). 693 BAG EzA § 77 BetrVG Nr. 19. 694 BAGE 42, 366, 372. 695 Vgl. ferner BAGE 95, 228. 696 Raab, ZfA 1997, 183, 203. 697 Vgl. Konzen, ZfA 1985, 469, 486; Raab, ZfA 1997, 183, 203 ff.
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Die Besonderheit dieser Organisationsrechte zeigt sich auch im Streit um diese Rechte. Das Kollektivarbeitsrecht enthält besondere Mechanismen zur Konfliktbereinigung. So ordnet das BetrVG vielfach die Zwangsschlichtung durch die Einigungsstelle (§ 76 BetrVG) an. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs der Zwangsschlichtung ist die Anrufung der Einigungsstelle möglich (§ 76 Abs. 6 BetrVG). Den Beteiligten steht freilich offen, die Entscheidung der Einigungsstelle durch Anfechtung zum Arbeitsgericht überprüfen zu lassen (§ 76 Abs. 7 BetrVG). In diesem Verfahren wie in den sonstigen Verfahren unter Beteiligung des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht allerdings im Beschlussverfahren (§§ 2a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 80 ff. ArbGG) zu entscheiden, das dem besonderen Verfahrensgegenstand Rechnung trägt. Der fehlenden Eigenschaft des Betriebsrats als vermögensfähiges Außenrechtssubjekt wird in diesen Verfahren etwa dadurch entsprochen,698 dass Gerichtskosten nicht anfallen (§ 12 Abs. 5 ArbGG) und eine Kostenentscheidung auch zwecks Verteilung der außergerichtlichen Kosten nicht getroffen wird.699 Ferner schließt § 85 Abs. 2 S. 2 ArbGG Schadensersatzansprüche nach § 945 ZPO aus. b) Außenverhältnis Der Betriebsrat bedarf, um seine Aufgaben und Befugnisse innerhalb der Organisation Betrieb wahrnehmen zu können, der Hilfe von außen. Es sind z. B. Sachmittel zu erwerben oder es ist sachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es lassen sich mindestens vier Möglichkeiten aufzählen, wie der Gesetzgeber ein Außenhandeln im Interesse des Betriebsrats bei solchen Hilfsgeschäften hätte ausgestalten können. Erstens könnte der Betriebsrat ein Außenrechtssubjekt darstellen, das selbst den Vertrag abschließt.700 Zweitens könnte der Betriebsrat Handlungssubjekt eines verselbstständigten (dem Arbeitgeber als Rechtsträger zugeordneten) Betriebsratssondervermögens sein.701 Drittens könnte der Betriebsrat (gesetzlicher) Vertreter des Arbeitgebers sein.702 Viertens kommt in Betracht, dass im Außenverhältnis die Betriebsratsmitglieder in mittelbarer Stellvertretung handeln und das Haftungsrisiko selbst tragen müssen.703 Das BetrVG beantwortet jedenfalls nicht ausdrücklich die Frage, welche dieser Gestaltungen dem geltenden Recht entsprechen. Auch § 40 BetrVG ist insoweit keine Aussage zu entnehmen. Diese Bestimmung ordnet nur eine Kostentragungspflicht des Arbeitgebers. Der Anspruchsinhaber wird nicht genannt.704 Geht man davon aus, dass der Betriebsrat nicht außenrechtsfähig ist, kann er
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Jahnke, RdA 1975, 343, 344. Vgl. nur Germelmann/Matthes/Prütting- Matthes, § 84 Rn. 30. 700 Dütz/Säcker, DB 1972 Beil. 17, 7, 15 f.; Richardi-Richardi, Einleitung Rn. 110 f.; Rosset, Rechtssubjektivität, 73. 701 Vgl. Dütz/Säcker, DB 1972 Beil. 17, 16. 702 Jahnke, RdA 1975, 343, 345 ff. 703 MünchHdbArbR-v. Hoyningen-Huene, § 299 Rn. 19; GK-Kraft, § 1 Rn. 76; vgl. auch BAG AP Nr. 7 zu § 80 ArbGG 1953. 704 So entwickelt auch Rosset, Rechtssubjektivität, 42, einen vermögensrechtlichen Anspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber im Wege der Rechtsfortbildung. 699
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ebenso wenig eigene Aufwendungen machen, wie er Gläubiger eines eigenen Zahlungsanspruchs sein kann. § 40 BetrVG wäre dennoch zu entnehmen, dass der Betriebsrat vom Arbeitgeber nach den Regeln des Organisationsbereichs verlangen kann, Gläubiger aus einer Tätigkeit im Interesse des Betriebsrats zu befriedigen. aa) Kein Außenhandlungssubjekt Dieser Befund, dass es also an einer besonderen Regelung des Betriebsverfassungsrechts fehlt, spricht gegen die ersten beiden aufgezeigten Lösungen. Es fehlt eine Grundlage für eine Außenrechtsfähigkeit des Betriebsrats. Eine dahingehende Rechtsfortbildung würde für den Rechtsverkehr eine unzumutbare Belastung bedeuten. Zum einen wären Gläubiger gezwungen, sich gerichtlich gegen den Betriebsrat einen Titel zu verschaffen, dem es aber an jeder Haftungsorganisation fehlt. Zum anderen wäre nach außen nicht erkennbar, bei welchen Geschäften die Betriebsratsmitglieder das Gremium wirksam verpflichteten und bei welchen es dem Betriebsrat an der Verpflichtungsfähigkeit fehlte, weil das Geschäft sich außerhalb seines Aufgabenbereichs bewegt.705 Ein entsprechender Einwand ist gegen die Konstruktion eines Sondervermögens zu erheben. Es fehlt einer daraus folgenden Haftungsorganisation des Betriebsratsvermögens an gesetzlichen Vorgaben und damit an klaren Konturen, die einen Haftungszugriff auf dieses Vermögen ermöglichen. Die Möglichkeit, dass der Betriebsrat (handelnd durch seine Mitglieder) den Arbeitgeber vertritt, ist keinen ebenso grundsätzlichen Einwänden ausgesetzt. Eine solche Vertretung würde zu einer Haftung des Arbeitgebers führen, die der Kostentragungsregelung in § 40 BetrVG entspricht. Allerdings würden auch die Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis dem Arbeitgeber jedenfalls formal zugeordnet sein. Zudem würde sich ein Streit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Erforderlichkeit einer Aufwendung und damit über das Eingreifen der Kostentragungspflicht nach § 40 BetrVG stets als ein Streit über den Umfang der Vertretungsmacht auswirken. Angesichts dieser Bedenken ist aus dem Fehlen einer Regelung der Vertretung durch den Betriebsrat auf die Unzulässigkeit zu schließen. bb) Eigengeschäfte der Betriebsratsmitglieder Den Betriebsratsmitgliedern ist es vielmehr zumutbar, selbst die Hilfsgeschäfte vorzunehmen, ohne dass ihnen eine besondere Außenorganisation durch den Gesetzgeber zur Verfügung gestellt werden muss. Zunächst ist der Umfang der vorzunehmenden Geschäfte nicht so groß. Ferner steht den Betriebsratsmitglie705 Richardi-Richardi, Einleitung Rn. 112, und Rosset, Rechtssubjektivität, 78 ff., stellen zur Begrenzung des Wirkungskreises des Betriebsrats auf die ultra vires-Doktrin ab. Dem deutschen Gesellschaftsrecht ist eine solche Begrenzung der Außenrechtsfähigkeit aber fremd. Sie wäre mit dem notwendigen Verkehrsschutz nicht vereinbar, vgl. K. Schmidt, GesR § 8 V 2; ausführlich dazu § 10 B I (S. 351). Der Verweis Rossets, ebd., 71, dass an die Stelle der Verpflichtung des Betriebsrats bei Handeln ultra vires eine Handelndenhaftung trete, vermag dieses Argument nicht zu entkräften, da nicht nur Haftungsfragen, sondern die verlässliche Zuordnung von Rechtspositionen in Rede stehen.
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dern die Möglichkeit offen, vom Arbeitgeber Kostenvorschuss für eine Aufwendung zu verlangen. Sie können sich entweder vom Arbeitgeber bevollmächtigen lassen, Verbindlichkeiten zu seinen Lasten zu begründen, oder sich von ihm Barmittel zur Verfügung stellen lassen. Schließen die Betriebsratsmitglieder ein Geschäft ab, ohne vorher einen Kostenvorschuss erhalten zu haben, können sie ferner ihrem Geschäftspartner ihre Ansprüche auf Befreiung der von ihnen begründeten Verbindlichkeiten mit der Maßgabe abtreten, dass sich der Geschäftspartner vorrangig beim Arbeitgeber befriedigen muss. Der Geschäftspartner steht dann hinsichtlich seiner Ansprüche so, als hätten die Betriebsratsmitglieder den Arbeitgeber vertreten. Zunächst muss er den Arbeitgeber in Anspruch nehmen. War die Aufwendung nicht notwendig, so dass ein Anspruch gegen den Arbeitgeber ausscheidet, kann der Geschäftspartner die Betriebsratsmitglieder persönlich in Anspruch nehmen. Im Ergebnis überwiegt also das Bedürfnis, den Rechtsverkehr durch eine verlässliche Zuordnung der Rechtspositionen zu schützen, die Interessen der Betriebsratsmitglieder, vor einer persönlichen Haftung bewahrt zu werden. Schwierigkeiten ergeben sich, wenn die Betriebsratsmitglieder nach außen als Betriebsrat und damit als nicht existierendes Rechtssubjekt kontrahieren. Auf einen solchen Vertragsschluss sind nicht die Grundsätze des Handelns für ein nicht existierendes Rechtssubjekt anzuwenden.706 Diese Grundsätze hätten zur Folge, dass die Handelnden entsprechend § 179 BGB hafteten, aber auch der Vertragspartner sich nicht am Vertrag festhalten lassen müsste, sondern statt Erfüllung Schadensersatz verlangen könnte.707 Diese Grundsätze sind nicht anzuwenden, weil die Auslegung des Vertrags Abweichendes ergibt. Beide Parteien wollen ein Hilfsgeschäft zugunsten der Arbeit des Betriebsrats abschließen. Mit der Bezeichnung des Betriebsrats als Vertragspartner bezeichnen sie lediglich eine Vertragspartei falsch. Entsprechend dem übereinstimmenden Parteiwillen sind daher die Betriebsratsmitglieder Vertragspartei,708 weil das Recht nur diese als Vertragspartner zu dem vereinbarten Zweck zulässt. 2. Rechtsnatur Die Stellung des Betriebsrats wird in ganz unterschiedlicher Weise charakterisiert. Der Betriebsrat wird als gemeinschaftlicher Vertreter der Arbeitnehmer709, als Organ der Betriebsverfassung710 oder schlicht als Partei kraft Amtes711 bezeichnet. Um den Besonderheiten des Betriebsrats Rechnung zu tragen, die eine Einordnung dieses Funktionsträgers in die vorhandenen Kategorien nicht erlaube, werden aber auch die Bezeichnungen Vertreter sui generis712 oder Repräsen706 707 708
Ebenso Jahnke, RdA 1975, 343, 349. BGHZ 91, 148, 152; RGZ 106, 68, 73; Palandt-Heinrichs § 178 Rn. 3 m. w. Nachw. In Ergebnis ebenso MünchHdbArbR-v. Hoyningen-Huene, § 299 Rn. 25; GK-Kraft, § 1
Rn. 76. 709 710 711 712
Fitting, § 1 Rn. 191. BAG NZA 1989, 353, 354; Fitting, § 1 Rn. 194. Belling, Haftung, 170; Hueck/Nipperdey II, S. 1093. Hess/Schlochauer/Glaubitz, vor § 1 Rn. 24.
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tant der Belegschaft713 verwendet. Es besteht dabei die Tendenz, unterschiedliche Begriffe zu verwenden, um die einzelnen Charakteristika dieses Funktionsträgers zu beschreiben.714 Die Verwendung von begriffsprägenden Ausdrücken ist erst dann wertvoll, wenn sie auf ein klares Begriffssystem aufbauen kann. Daher soll zunächst, bis eine auch den Betriebsrat umfassende systematische Begriffsklärung angegangen wird,715 eine Beschreibung der organisationsrechtlichen Funktionen des Betriebsrats genügen. Insoweit unterscheidet sich der Betriebsrat erheblich von den meisten bislang betrachteten Funktionsträgern. Insbesondere erfüllt er keine Funktion im Außenverhältnis, sondern allein im Organisationsbereich des Betriebs. Dem organisierten Betrieb fehlt es zudem selbst an Subjektsqualität, so dass der Betriebsrat nicht Wirkeinheit dieser Organisation sein kann, um wie Organe von Körperschaften das Wirken der Organisation im Außenverhältnis zu ermöglichen.716 Da der Betriebsrat also nicht organisationsrechtlicher Bestandteil einer rechtsfähigen Organisation ist, ist er als externer Funktionsträger anzusehen. Freilich sind von der Tätigkeit des Betriebsrats Rechtssubjekte betroffen. Das sind die Arbeitnehmer und der Arbeitgeber. An deren Handlungsorganisation ist er zwar nicht im Außenverhältnis (Willensäußerung), aber im Innenverhältnis (Willensbildung und Kontrolle) insoweit beteiligt, als der Betrieb betroffen ist. Der Betriebsrat ist also externes Funktionselement für die am Betrieb beteiligten Rechtssubjekte. Dabei ist der Betriebsrat grundsätzlich dazu berufen, die Interessen der Arbeitnehmer wahrzunehmen. Es ist aber nicht zutreffend, davon zu sprechen, der Betriebsrat nehme Rechte der Arbeitnehmer wahr.717 Mit dieser Sichtweise ist schon nicht vereinbar, den Betriebsrat selbst als Inhaber der von ihm auszuübenden Organisationsrechte anzusehen.718 Da es sich ohnehin lediglich um Organisationsrechte handelt, ist auch das Konzept überkonstruiert, diese Rechte den Arbeitnehmern zuzuweisen, um sie dann unwiderruflich vom Betriebsrat ausüben zu lassen. Richtig ist, dass der Erwerb der Organisationsrechte durch den Betriebsrat von den Arbeitnehmern abhängig ist. Allein die Wahl der Arbeitnehmer legitimiert den Betriebsrat. Auf dieser Grundlage verfügt der Betriebsrat aber über ein freies Mandat.719
III. Treuhänder im Bereich der Finanzdienstleistung Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen stehen unter der staatlichen Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Für bestimmte Kreditinstitute und für Versicherungen, soweit sie bestimmte Arten von 713
Fitting, § 1 Rn. 188; GK-Kraft, § 1 Rn. 53. Vgl. etwa Fitting, § 1 Rn. 188, 191, 194. 715 Dazu unten § 5 D (S. 191). 716 Ebenso Hess/Schlochauer/Glaubitz, vor § 1 Rn. 23; MünchHdbArbR-v. HoyningenHuene, § 299 Rn.17; Rosset, Rechtssubjektivität. 51 717 So aber Belling, Haftung, 109 ff. 718 Vgl. Fitting, § 1 Rn. 189; Richardi-Richardi, Einl. Rn. 101. 719 Fitting, § 1 Rn. 190; MünchHdbArbR-v. Hoyningen-Huene, § 299 Rn. 16, 18. 714
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Versicherungen anbieten, besteht zusätzlich eine (privatrechtliche) Institution, die die ordnungsgemäße Verwendung von Kundengeldern sicherstellen soll. 1. Treuhänder für Deckungsstock (§ 70 VAG) Versicherungsgesellschaften haben für Verpflichtungen aus dem Lebensversicherungsgeschäft und dem nach Art der Lebensversicherung geführten Versicherungsgeschäft Deckungsrückstellungen zu bilanzieren (§§ 341f HGB, 65, 79 VAG). Um diese Deckungsrückstellungen abzudecken, hat die Versicherungsgesellschaft einen Teil ihrer aktiven Vermögenswerte einem sog. Deckungsstock zuzuschreiben (§ 66 VAG). Der Deckungsstock ist also eine besondere Vermögensmasse der Versicherungsgesellschaft, die dem Zweck dient, Forderungen der Versicherten befriedigen zu können. Der Deckungsstock ist gesondert zu verwalten (§ 66 Abs. 5 VAG) und seine Bestände sind einzeln in ein Verzeichnis einzutragen (§ 66 Abs. 6 VAG). Organisationsrechtlich von besonderer Bedeutung ist, dass jeder Deckungsstock von einem Treuhänder zu überwachen ist (§ 70 VAG). a) Überblick über die Stellung des Treuhänders Die Bestellung des Treuhänders erfolgt durch die Versicherungsgesellschaft nach Benennung gegenüber der Aufsichtsbehörde, hilfsweise durch die Aufsichtsbehörde selbst (§ 71 VAG). Im Innenverhältnis gegenüber dem Versicherungsunternehmen steht dem Treuhänder nach dem Wortlaut von § 74 VAG jedenfalls ein umfassendes Recht auf Einsichtnahme zu. Darüber hinaus muss man nach Sinn und Zweck dieser Bestimmung dem Treuhänder (wie dem Abschlussprüfer, § 320 Abs. 2 HGB) gegenüber dem Vorstand das Recht zubilligen, Aufklärung und Vorlage von Nachweisen verlangen zu können, soweit er deren im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit bedarf. Bei Streitigkeiten im Innenverhältnis zwischen Treuhänder und Versicherungsunternehmen ist als besonderes Streitschlichtungsorgan die Aufsichtsbehörde (BaFin) zur Entscheidung berufen (§ 75 VAG). Eine besondere Stellung hat der Treuhänder im Außenverhältnis. Er hat nicht nur wie der Abschlussprüfer ex post in einem Bestätigungsvermerk unter der Bilanz zu bescheinigen, dass die eingestellte Deckungsrückstellung vorschriftsmäßig angelegt und aufbewahrt ist (§ 73 VAG). Der Treuhänder hat nach § 72 VAG vielmehr besondere Kompetenzen zur Sicherstellung des Deckungsstocks, damit vorschriftswidrige Verfügungen über Gegenstände des Deckungsstocks unterbleiben. § 72 Abs. 1 Halbs. 1 VAG wird herrschend720 und insbesondere auch von der Aufsichtsbehörde721 als gesetzliches (relatives) Veräußerungsverbot 720
KG JW 1934, 1126; Prölss-Lipowsky, § 72 Rn. 5; a. A. Fahr/Kaulbach-Kaulbach, § 72
Rn. 1. 721 BaFin, Rundschreiben 32/2002 (VA), 2.6.1: »Gem. § 72 Abs. 1 VAG ist der Deckungsstock so sicherzustellen, dass nur mit Zustimmung des Treuhänders darüber verfügt werden kann. Schon durch diese Bestimmung ist jede Verfügung ohne Treuhänder-Zustimmung den Versicherten gegenüber, in deren Interesse der Dekkungsstock gebildet worden ist, gem. § 72 Abs. 1 VAG i.V.m. § 135 Abs. 1 BGB unwirksam.«
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(§ 135 Abs. 1 BGB) verstanden. Dagegen hat Arved Blomeyer eingewendet,722 dass schon der Wortlaut von § 72 Abs. 1 Halbs. 1 VAG diese Wirkung nicht ausspreche. Vor allem aber teile § 72 VAG mit § 135 BGB zwar den Zweck, die Verfügungsmöglichkeit eines Rechtsinhabers zu beschränken, § 72 VAG erreiche diesen Zweck aber auf eine ganz andere Weise: Der Treuhänder habe die Vermögensgegenstände sicherzustellen, so dass dem Versicherungsunternehmen schon faktisch die Verfügungsmöglichkeit genommen werde. Entsprechend regele § 77 Abs. 2 VAG den Schutz der Deckungsstockwerte in der Zwangsvollstreckung abweichend von §§ 135 BGB, 772 ZPO. Soweit damit behauptet wird, § 72 VAG enthalte kein gesetzliches Verfügungsverbot, ist dem zu widersprechen. § 72 VAG will eine umfassende Sicherstellung der Gegenstände des Dekkungsstocks durch den Treuhänder ermöglichen. § 72 Abs. 2 VAG schreibt daher insbesondere den Doppelverschluss von Gegenständen des Deckungsstocks vor. Diese Sicherung kommt aber nur bei Geld und Wertpapieren in Betracht. Für Buchrechte oder sonstige nicht verbriefte Rechte bedarf es einer anderen Sicherung. Die Aufsichtsbehörde verlangt einen Sperrvermerk.723 Ein solcher Sperrvermerk setzt das Bestehen einer gesetzlichen Verfügungsbeschränkung voraus. Dieses Erfordernis wird durch das Grundbuchrecht veranschaulicht. Im Grundbuch sind nur gesetzliche Verfügungsbeschränkungen eintragungsfähig, weil diese Beschränkungen unmittelbar den Inhalt des betroffenen Rechts verändern. Eine zwischen Treuhänder und Versicherungsgesellschaft vereinbarte Verfügungsbeschränkung entfaltete indessen nach § 137 S. 1 BGB keine dingliche, sondern nur schuldrechtliche Wirkung, so dass sie nicht eintragungsfähig wäre. Sinn und Zweck von § 72 VAG verlangen also, dieser Bestimmung eine Verfügungsbeschränkung zu entnehmen, da die in § 72 Abs. 1 VAG dem Treuhänder ausdrücklich auferlegte Pflicht zur Sicherstellung der Gegenstände des Deckungsstocks andernfalls nicht durchführbar wäre. Dieser Auslegung entspricht auch § 72 Abs. 3 VAG, der besondere Voraussetzungen an die vom Treuhänder abzugebende Zustimmungserklärung stellt. Diese Norm gewinnt ihre Rechtfertigung, wenn der Zustimmungserklärung nicht nur im Innenverhältnis zwischen Versicherungsunternehmen und Treuhänder, sondern auch im Außenverhältnis gegenüber Erwerbern von Gegenständen des Deckungsstocks Bedeutung zukommt. Streiten kann man daher nur über die Art der Verfügungsbeschränkung. Dieser Streit ist freilich entbehrlich, soweit das VAG besondere Regelungen für diese Verfügungsbeschränkung bereithält. Soweit solche speziellen Regelungen nicht gegeben sind, ist aber kein Grund ersichtlich, § 135 BGB nicht anzuwenden. Die Verfügungsbeschränkung dient allein den Versicherten und damit bestimmten Personen i. S. § 135 BGB.724 Daher ist insbesondere ein gutgläubiger
722
Blomeyer, Festschrift Hirsch, 25, 44 f. BaFin, Rundschreiben 32/2002 (VA), 2.6.4.2; vgl. ferner Prölss-Lipowsky, § 72 Rn. 8 ff. 724 Kritisch auch insoweit Blomeyer, Festschrift Hirsch, 25, 45, weil die Zustimmung vom Treuhänder auszuüben sei, der die Versicherten nicht vertrete. Das setzt § 135 BGB aber auch nicht voraus. So war auch für das Konkurseröffnungsverfahren anerkannt, dass ein Veräußerungsverbot gegenüber dem späteren Gemeinschuldner ein Verbot i.S. §§ 135, 136 BGB darstell723
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Erwerb von Gegenständen des Deckungsstocks über § 135 Abs. 2 BGB möglich, sofern der Treuhänder seinen Sicherungspflichten nicht nachkommt. b) Qualifizierung der Stellung des Treuhänders Der Treuhänder lässt sich auf dieser Grundlage nur als externe Kontrollinstanz einordnen. Er ist weder Organ noch Vertreter eines der beteiligten Subjekte.725 So scheidet eine Zugehörigkeit zur Organisationsstruktur des Versicherungsunternehmens aus den gleichen Gründen aus, die schon dieses Ergebnis hinsichtlich der Stellung des Abschlussprüfers rechtfertigten: Der Treuhänder gehört nicht zur Organisationsstruktur der Unternehmensträger von Versicherungsgesellschaften. Vor allem aber dient er nicht Zwecken der Versicherung, sondern soll deren Geschäftsgebaren im fremden Interesse kontrollieren. Allein wegen dieser Interessenwahrnehmung ist er allerdings auch nicht Vertreter der Interessenträger, also der Versicherten. Denn der Treuhänder leitet seine Befugnisse nicht von den Versicherten ab, sondern sie sind ihm kraft Gesetzes zum Schutz der Interessen der Versicherten eingeräumt. Schließlich ist er nicht in die staatliche Versicherungsaufsicht eingegliedert.726 Denn er soll nicht hoheitlich die Aufsichtsaufgaben wahrnehmen, sondern hat vom Gesetzgeber einen eigenen Kompetenzbereich erhalten. Als externer Funktionsträger ist der Treuhänder wie der Abschlussprüfer eine Kontrollinstanz. Seine Aufgaben und Befugnisse beziehen sich in Gestalt des Deckungsvermögens auf eine besondere Vermögensmasse727. Der Treuhänder gehört somit als selbstständiger Funktionsträger zur Organisation, die der Verwaltung des Deckungsstocks dient. Dabei ist er nicht auf Kompetenzen im Innenverhältnis beschränkt. Anders als einem Abschlussprüfer steht ihm im Außenverhältnis auch nicht nur eine bloße Beglaubigungsfunktion zu. Er ist vielmehr selbst Inhaber eines Teils der Verfügungsmacht über die zum Deckungsstock gehörenden Rechte. Der Treuhänder hat aber keine Initiativ-, sondern lediglich Verhinderungsbefugnisse. Die Befugnisse des Treuhänders hinsichtlich der Gegenstände des Deckungsstocks entsprechen den Befugnissen eines vorläufigen Insolvenzverwalters hinsichtlich des schuldnerischen Vermögens, wenn das Insolvenzgericht als besondere Sicherungsmaßnahme nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO anordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind728.
te. Für das Insolvenzeröffnungsverfahren enthält freilich § 24 Abs. 1 InsO mit dem Verweis auf §§ 81 f. InsO eine abweichende Regelung; vgl. zum Insolvenzrecht umfassend m. w. Nachw. Pohlmann, Befugnisse, Rn. 261 ff. 725 Prölss-Lipowsky, § 71 Rn. 7; Lobscheid, Treuhänder, 41 ff., 50 ff., 100 ff.; Praxl, Treuhänder, 136. 726 So aber Fahr/Kaulbach-Kaulbach, § 70 Rn. 1. 727 Der Deckungsstock bildet kein Sondervermögen im hier entwickelten Sinne. Durch die Zuordnung von Vermögensgegenständen der Versicherungsgesellschaft zum Deckungsstock werden lediglich ihre (freien) Rechte beschränkt. Die (beschränkte) Rechtsausübungsbefugnis bleibt der Versicherungsgesellschaft aufgrund ihrer Stellung als Rechtsinhaber erhalten. 728 Siehe § 3 A IV 1 a cc (S. 32).
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Dem Vergleich mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter entspricht es, wenn der Treuhänder gelegentlich den sog. Parteien kraft Amtes zugeordnet wird. Zu dieser Gruppe werden dann einerseits die Verwaltungstreuhänder, nämlich die Personen, die nach der hier entwickelten Terminologie das verselbstständigte Handlungssubjekt eines Sondervermögens darstellen, und andererseits die Überwachungstreuhänder, zu denen der Treuhänder nach §§ 70 ff. VAG gerechnet wird, gezählt.729 Die Bezeichnung als Überwachungstreuhänder ist durchaus treffend. Sie nimmt die gesetzliche Bezeichnung Treuhänder auf und trägt dessen Kontrollaufgaben Rechnung. Zu der Gruppe der sog. Parteien kraft Amtes kann man den Treuhänder ebenfalls zählen, weil dem Treuhänder selbst die (prozessuale) Parteistellung, jedenfalls die Handelndenstellung in seinem Kompetenzbereich, zukommt. So gibt er die Zustimmung nach § 72 Abs. 3 VAG nicht für einen anderen, sondern als selbstständiges Handlungssubjekt ab.730 Entsprechend steht der Mitbesitz an den unter Doppelverschluss stehenden Sachen dem Treuhänder zu. Am Streitverfahren vor der Aufsichtsbehörde nach § 75 VAG ist der Treuhänder selbst beteiligt.731 Schließlich kann sich der Treuhänder auch in eigener Beteiligtenstellung gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Deckungsstock wehren.732 2. Treuhänder bei Pfandbriefbanken Das Pfandbriefgeschäft ist im Aktivgeschäft darauf ausgerichtet, gegen Bestellung von Hypotheken, aber auch Grundschulden (§ 18 PfandBG) und Schiffshypotheken Darlehen zu gewähren (§ 1 Nr. 1 PfandBG). Die Refinanzierung im Passivgeschäft erfolgt durch die Ausgabe von Pfandbriefen, die durch die erworbenen Grund- oder Schiffspfandrechte besonders gedeckt sind. In welcher Weise diese Deckung gewährleistet sein muss, regelt das Gesetz (§ 4 PfandBG). Aufgabe des für jede Pfandbriefbank zu bestellenden Treuhänders ist es insbesondere, darauf zu achten, dass die vorschriftsmäßige Deckung jederzeit vorhanden ist (§ 8 PfandBG). Die Stellung dieses Treuhänders entspricht im Groben der des Treuhänders für den Deckungsstock.733 So stehen dem Treuhänder ebenfalls umfassende Informationsrechte zu (§ 10 PfandBG). Auch ist die Aufsichtsbehörde zur Entscheidung über Streitigkeiten zwischen Bank und Treuhänder berufen (§ 11 Abs. 2 PfandBG). Ein Unterschied besteht allerdings insoweit, als die Bestellung ausschließlich der Aufsichtsbehörde obliegt (§ 7 Abs. 3 PfandBG). Das Sicherungskonzept ist lediglich faktischer Natur, indem der Treuhänder die Werte unter Mitverschluss verwahrt (§ 9 PfandBG). §§ 29 f. PfandBG stellen die haftungsrechtliche Sicherung der Pfandbriefgläubiger in Zwangsvollstreckung und Insolvenz klar.
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Belling, Haftung, 105; Praxl, Treuhänder, 137. Zur Zurechnung vom Amtswalter zum Amt siehe § 9 C (S. 332). Siehe § 13 A III (S. 450). Prölss-Lipowsky, § 77 Rn. 10. Vgl. Frank/Glatzl, WM 2005, 1681, 1688 f.
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A. Der allgemeine Amtsbegriff
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Die Übereinstimmungen in der Ausgestaltung des Pfandbriefbankentreuhänders mit dem Treuhänder für den Deckungsstock sprechen dafür, beide Typen des Treuhänders gemeinsam mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter bei Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts in einer Fallgruppe von Funktionsträgern zusammenzufassen. Denn die Übereinstimmungen dieser Funktionsträger bestehen gerade in der funktional-organisatorischen Beziehung, auf die diese Untersuchung von Handlungsorganisationen ihr Augenmerk legt. Alle diese Funktionsträger haben bestimmte Kontrollbefugnisse hinsichtlich der Verwendung einer bestimmten Vermögensmasse. Nicht maßgeblich ist indessen, dass die Bestellung dieser Amtswalter auf unterschiedliche Weise (Bestellung durch Versicherungsgesellschaft, Bestellung durch Aufsichtsbehörde oder Bestellung durch Insolvenzgericht) geschieht. Diese Unterschiede beschränken sich nämlich auf das Verhältnis des Amtswalters zu dem von ihm auszuübenden Amt. Sie beeinflussen nicht die Kompetenzen des Amtes Treuhänder bzw. vorläufiger Insolvenzverwalter in seinem Organisationszusammenhang.
§ 5: Das private Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne Bislang wurden in einem Überblick über Handlungsorganisationen einzelne Funktionsträger betrachtet. Im Folgenden sollen diese Funktionsträger systematisiert werden, indem diejenigen hervorgehoben werden, die ein privates Amt bekleiden. Zu diesem Zweck ist der Begriff des privaten Amtes in seiner handlungsorganisationsrechtlichen Dimension zu entwickeln. Wer sich um Begriffsbildung bemüht, ist häufig dem Vorwurf ausgesetzt, dass die Begriffsbildung für die konkrete Rechtsanwendung keinen Ertrag bringe, vielmehr die Gefahr in sich berge, aus Begriffen Ergebnisse abzuleiten und dabei die Wertungen und Besonderheiten des Einzelfalls aus dem Blick zu verlieren. Ist man sich aber dieser Gefahren bewusst, ist eine richtig verstandene Systembildung unerlässlich.734 Den Nutzen solcher Systembildung wird auch diese Untersuchung erweisen. Auf der Grundlage eines klar konturierten Begriffs vom privaten Amt lässt sich in den folgenden besonderen Teilen zeigen, dass diesen Funktionsträgern allgemeine Regeln zugrunde liegen.
A. Der allgemeine Amtsbegriff Im öffentlichen Recht kommt dem Begriff Amt eine herausgehobene Bedeutung zu. So wird dieser – auch im Grundgesetz in Art. 33 Abs. 2 GG verwendete – Begriff als »beamtenrechtlicher Schlüsselbegriff« bezeichnet.735 Daher soll einer Be-
734 Konkret zur Auseinandersetzung in Bezug auf die Theorienbildung zur sog. Partei kraft Amtes § 9 (S. 282). 735 Achterberg/Püttner/Würtenberger-Battis, § 31 Rn. 55.
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§ 5: Das private Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne
trachtung des Amtsbegriffs im Privatrecht ein Überblick über den Amtsbegriff im öffentlichen Recht vorausgehen.
I. Das Amt im öffentlichen Recht Frucht der für das öffentliche Recht geführten Debatte zum Amtsbegriff ist, dass dieser Begriff einheitlich verstanden wird. Es werden allerdings verschiedene Bedeutungen (Amtsbegriffe) unterschieden.736 1. Überblick Es sind zwei Bedeutungen (Amtsbegriffe) hervorzuheben: zum einen der statusrechtliche Amtsbegriff, auch als dienstrechtlicher oder beamtenrechtlicher bezeichnet, zum anderen der organisationsrechtliche Amtsbegriff, auch als funktionaler bezeichnet.737 Amt im statusrechtlichen Sinne sind die durch Gesetz nach Anforderung, Besoldung, Verwendung und Amtsbezeichnung definierten verschiedenen Positionen, die ein Mensch (Beamter) während seiner Laufbahn im öffentlichen Dienst einnehmen kann, wie beispielsweise ordentlicher Professor, Regierungsdirektor oder Studienrat.738 Amt im organisationsrechtlichen Sinne ist ein konkreter Aufgaben- und Pflichtenkreis (innerhalb eines Hoheitsträgers), der institutionell bestimmt ist und der von einem Menschen fremdnützig ausgefüllt wird.739 Dies ist etwa die Stellung des Geschäftsführenden Direktors für Römisches Recht an einer bestimmten Universität oder die des Schulleiters einer bestimmten Schule oder die des Abteilungsleiters für Zivilrecht im Bundesjustizministerium.740 Die Institution Amt ist damit vom Amtswalter zu trennen.741 Die einzelnen Ämter sind durch Rechtssätze geschaffene, im Gegensatz zum Menschen künstliche Institutionen. Die Amtswalter sind die Menschen, die die Wahrnehmungszuständigkeiten der Ämter ausfüllen. Diese Trennung zwischen Amt und Amtswalter macht die institutionelle Organisation von den Menschen, die sie ausfüllen, unabhängig. Die Amtsstellung der Amtswalter kann also enden, ohne dass die Organisation wegfällt.742 736
Statt aller BVerwGE 65, 270, 272 ff. Gelegentlich als Amt bezeichnet werden auch Abteilungen einer Behörde (Wohnungsamt) oder fachlich spezialisierte Behörden (Auswärtiges Amt), vgl. nur Wolff/Bachof, § 73 I b. Alle diese Begriffe sind für die zum Privatrecht anzustellende Betrachtung ohne Ertrag. 738 Achterberg/Püttner/Würtenberger-Battis, § 31 Rn. 56; Bull/Mehde, Rn. 380; SteinerKöpp, III Rn. 9; Erichsen-Rudolf, § 52 Rn. 29; Wolff/Bachof, § 73 I b 4; § 109 I b 1. 739 Achterberg/Püttner/Würtenberger-Battis, § 31 Rn. 58; Bull/Mehde, Rn. 379; SteinerKöpp, III Rn. 9; Erichsen-Rudolf, § 52 Rn. 28; Schnapp, Jura 1980, 68, 75; Wolff/Bachof, § 73 I c. 740 Von dem konkreten Amt im organisationsrechtlichen Sinn wird wiederum das abstrakte Amt im organisationsrechtlichen Sinn unterschieden. Abstrakt meint etwa die Position irgendeines Abteilungsleiters im Bundesjustizministerium; vgl. Achterberg/Püttner/Würtenberger-Battis, § 31 Rn. 57. 741 Schnapp, Jura 1980, 68, 75; Wolff/Bachof, § 73 I c 2. 742 Vgl. schon die Metapher von Konrad II. auf dem Hoftage zu Konstanz im Jahre 1025 (zitiert nach Schnapp, ÄöR 105 (1980), 243, 257 Fn. 81): »Si rex periit, regnum remansit, sicut navis remanet, cuius gubernator cadit.« 737
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A. Der allgemeine Amtsbegriff
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2. Der organisationsrechtliche Amtsbegriff Das Hauptaugenmerk ist auf den organisationsrechtlichen Amtsbegriff zu richten. Zum einen fußt dieser Begriff auf dem allgemeinen Wortsinn des Begriffs Amt.743 Zum anderen legt der organisationsrechtliche Ansatz dieser Arbeit diese Vertiefung nahe. Hans Julius Wolff hat – aufbauend auf seiner Schrift »Organschaft und juristische Person« –744 das Organisationsrecht im öffentlichen Recht mit seinem Verwaltungsrechtslehrbuch745 maßgeblich geprägt.746 Sein Organisationsmodell747 geht vom Staat als juristischer Person des öffentlichen Rechts aus, der dem Bürger als Einheit gegenübertritt. Wolff legt das Hauptaugenmerk auf die Frage, wie der Staat als juristische Person handeln kann. Die Lösung dieses Problems wurzelt darin, den Staat nicht als unzergliederte Person wie einen einzelnen Menschen zu verstehen748, sondern als ein organisiertes Gebilde. Die Organisation bindet Menschen so ein, dass sie selbst handeln kann. Die einzelnen Funktionsstellen der Organisation, die Menschen einbinden, sind die einzelnen Ämter. Diesen Ämtern sind Verpflichtungen und Berechtigungen (Zuständigkeiten) des Staates zugewiesen. Wolff definiert diese Verpflichtungen und Berechtigungen als Inbegriff von Wahrnehmungszuständigkeiten, weil es gilt, fremde Angelegenheiten wahrzunehmen.749 Diese in Ämtern zusammengefassten institutionellen Wahrnehmungszuständigkeiten sind also vornehmlich von Eigenzuständigkeiten einer Person, eigene Rechte um ihrer selbst willen wahrzunehmen, abzugrenzen. Innerhalb des Wolffschen Organisationsmodells fristet das Amt allerdings ein Schattendasein neben den Begriffen Organ und Glied. Klare Konturen gewinnt der organisationsrechtliche Amtsbegriff, wenn man das Verhältnis des Amtes zu diesen Begriffen klärt. a) Organe Zentraler Organisationsbegriff Wolffs ist der des Organs.750 Der Organbegriff erlangt seine prägende Kraft im Außenverhältnis der Organisation Staat. In dieser 743 Wolff/Bachof, § 73 I a: Danach ist Amt der verantwortlich wahrzunehmende Aufgabenbereich eines Menschen, der ihm für andere obliegt, und zwar sowohl gegenüber dem eigentlichen Träger der anvertrauten Geschäfte als auch gegenüber den von der Pflichtausübung Betroffenen und gegenüber der Allgemeinheit. 744 Die Schrift gliedert sich in die beiden Bände »Juristische Person und Staatsperson« (1933) sowie »Theorie der Vertretung« (1934). 745 Wolff/Bachof, §§ 71–74. 746 Vgl. zu dieser Einschätzung Böckenförde, Festschrift Wolff, 269, 272–287; Schnapp, AöR 105 (1980), 243, 256 ff. 747 Schnapp, AöR 105 (1980), 243, 256, bezeichnet dies als ein schematisch-statisches Modell; kritisch zu diesem Ansatz Wolffs Böckenförde, Festschrift Wolff, 269, 275. 748 Der Entwicklung des öffentlichen Organisationsrechts stand lange Zeit entgegen, dass der Staat als eine impermeable Rechtspersönlichkeit aufgefasst wurde, vgl. nur Schnapp, Jura 1980, 68 m. w. Nachw. 749 Wolff/Bachof, § 72 I c. 750 Insbesondere Wolff, Vertretung, 224 ff.
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§ 5: Das private Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne
Beziehung beantwortet der Organbegriff die Frage, wie die juristische Person Staat handelt. Das Verhalten des Organs wird dem Staat zugerechnet. Dabei geht Wolff von einer doppelten Zurechnung aus. Das Verhalten der Menschen als Organwalter werde erstens dem Organ und zweitens durch dieses unmittelbar der Organisation, also hier dem Staat, zugerechnet.751 Der Organbegriff stellt sich damit als Zurechnungsbegriff dar.752 Wolff definiert daher Organ als »ein durch organisierende Rechtssätze gebildetes selbstständiges institutionelles Subjekt von transitorischen Zuständigkeiten zur funktionsteiligen Wahrnehmung von Aufgaben einer (teil-)rechtsfähigen Organisation«.753 In diesen Organbegriff bezieht Wolff auch die selbstständigen Funktionseinheiten ein, denen nicht Vertretungsfunktionen, sondern nur interne Funktionen wie etwa Kontrollaufgaben754 oder Geschäftsführungsaufgaben755 zukommen.756 Als Grund für diese Einbeziehung muss man ansehen, dass auch diese Funktionseinheiten daran mitwirken, den Organisationszweck durch organisationsgemäßes Handeln im Außenverhältnis umzusetzen.757 Die Besonderheit des Organs gegenüber dem Amt besteht nach Wolff also zum einen in seiner Selbstständigkeit und zum anderen in der besonderen Art der ihm zugewiesenen transitorischen Wahrnehmungszuständigkeiten. Umgekehrt besteht die Besonderheit des Amtsbegriffs gegenüber dem Organbegriff darin, dass die in ihm zusammengefasste (beliebige) Wahrnehmungszuständigkeit von einem Menschen allein, also einem Amtswalter, wahrzunehmen ist:758 Während ein Organ über mehrere Organwalter verfügen kann, ist ein Amt stets nur für einen Amtswalter eingerichtet. Daher bestehen die meisten Organe aus mindestens einem Amt. Individualorgane sind Organ und Amt zugleich. Dann ist kraft organisierender Rechtssätze einem selbstständigen Subjekt eine transitorische Wahrnehmungszuständigkeit zugewiesen (Organdefinition) und zugleich diese nur auf einen Menschen bezogen (Amtsdefinition). Beispiel ist etwa der Bundespräsident. Kollegialorgane wie der Bundestag bestehen hingegen aus mehreren Ämtern (Bundestagsabgeordnete). Nur Selbstverwaltungsorgane setzen sich nicht aus Ämtern, sondern aus Mitgliedern zusammen. Die Leistung des Wolffschen Organbegriffs endet aber dort, wo nicht mehr das Außenhandeln der juristischen Person in Rede steht. Das betrifft den Innenbereich der Organisation.759 Hier wird das Organhandeln nicht an die Organisation 751 Grundlegend Wolff, Vertretung, 242 ff., 250; Wolff/Bachoff, § 74 I f 1; vgl. auch Schnapp, Jura 1980, 68, 73. 752 Die Zurechnung stellt den maßgeblichen Aspekt Wolffs in seiner Schrift »Organschaft und Juristische Person« dar; so löst Wolff auch den Begriff der juristischen Person in Zurechnungen auf, indem er diese lediglich als notwendigen Zurechnungsendpunkt für einen Komplex von Rechtsbeziehungen ansieht, Wolff, Person, 187 ff. 753 Wolff/Bachof, § 74 I f; ihm folgend Bork, Ethik-Kommissionen, 53; Schnapp, Jura 1980, 68, 73. 754 Schnapp, Jura 1980, 68, 74. 755 Wolff/Bachof, § 74 I f 4. 756 Wolff, Vertretung, 238 f.; Wolff/Bachof, § 75 I e. 757 Vgl. Bergmann, Handelsgesellschaft, 64 f.; MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 256. 758 Schnapp, Jura 1980, 68, 74; Wolff/Bachof, § 73 I c 3. 759 Böckenförde, Festschrift Wolff, 269, 277 ff.; Bork, ZGR 1989, 1, 14 f.; Schnapp, AöR 105 (1980), 243, 255, 256; ders., Jura 1980, 68, 74; Wolff, Vertretung, 247 ff.; Wolff/Bachof, § 74 I f 4, 8.
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A. Der allgemeine Amtsbegriff
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vermittelt, sondern die Organe stehen in Rechtsbeziehungen zueinander.760 Die Organe selbst sind insoweit Zurechnungsendsubjekte; ihnen sind Rechte und Pflichten zugewiesen (etwa Art. 93 Abs. 1 S. 1 GG). Ob diese Zuweisung es rechtfertigt, die Organe selbst als rechtsfähig oder gar als Person anzusehen, ist eine weitere terminologische Frage. Jedenfalls ist die Fähigkeit, zum Zuordnungspunkt von Rechten und Pflichten zu werden, auf das Organisationsverhältnis beschränkt. Daher spricht Wolff von einer Teilrechtsfähigkeit der Organe761, verneint aber ihre Qualifizierung als Person762. b) Glieder Aufgaben und Pflichten des Staates werden auch von im Außenrechtsverkehr rechtsfähigen Subjekten wahrgenommen, die Wolff als Glieder bezeichnet.763 Diese Glieder unterscheiden sich von den Organen dadurch, dass sie die fremden Angelegenheiten nicht »transitorisch«, sondern als Zurechnungsendsubjekt wahrnehmen.764 Den Gliedern wird ihr Verhalten ausschließlich selbst zugeordnet, obgleich sie fremde Angelegenheiten besorgen. Beispiele sind etwa die Länder, wenn sie Aufgaben des Bundes wahrnehmen, andere Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, aber auch Beliehene. Signifikant ist also, dass hier im Außenverhältnis zum Bürger keine Handlung des Staates als juristischer Person gegeben ist, obwohl eine Aufgabe des Staates durch die Handlung des Gliedes erfüllt wird. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Staat die Kompetenz hat, auf das Verhalten des Gliedes durch Weisungen Einfluss zu nehmen. Es liegt ein Fall mittelbarer Stellvertretung vor.765 Das Glied steht in keinem so engen Verhältnis zum Amt wie das Organ. Regelmäßig wird es sich bei dem Glied selbst um eine juristische Person (des öffentlichen Rechts) handeln. Diese kann dann wiederum nur durch grundsätzlich aus Ämtern bestehende Organe handeln. Ein Glied besteht aber dann aus gar keinem Amt, wenn es sich um eine (beliehene) natürliche Person handelt. So stellt ein Notar als Beliehener kein institutionelles Subjekt dar,766 sondern handelt im eigenen Namen kraft seiner natürlichen Handlungsfähigkeit und macht dabei lediglich von den besonderen ihm verliehenen hoheitlichen Kompetenzen Gebrauch. c) Folgerungen Zusammenfassend lässt sich die Aufgabe der Ämter innerhalb der staatlichen Organisation nach dem Organisationsmodell von Wolff präzisieren: Das Amt hat an 760 Eine umfängliche Analyse der in einer Organisation auftretenden Rechtsverhältnisse hat Achterberg, Rechtsverhältnisordnung, 37 ff., vorgelegt. 761 Wolff/Bachof, § 74 I f 8. 762 Wolff, Vertretung, 247 ff. 763 Wolff/Bachof, § 74 II a. 764 Böckenförde, Festschrift Wolff, 279 ff; Wolff/Bachof, § 74 II a. 765 Wolff/Bachof, § 74 II b 1. 766 Vgl. Wolff/Bachof, § 104 I c.
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§ 5: Das private Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne
der transitorischen Aufgabenwahrnehmung des Organs, dem es angehört, mitzuwirken. Dabei stellt es das Organ entweder selbst dar (Individualorgan) oder ist Teil dieses Organs (Kollektivorgan). Außerhalb von Organen gibt es innerhalb der staatlichen Organisation keine Ämter.
II. Das Amt im Privatrecht Der Begriff Amt wird im Bereich des Privatrechts weithin verwendet. Im Gesetz stößt man vielfach auf diesen Begriff. So wird die Stellung des Testamentsvollstreckers in §§ 2197, 2201, 2202, 2215, 2221, 2224, 2225, 2226 BGB als Amt bezeichnet wie auch die Stellung des Nachlassverwalters in § 1987 BGB und die des Vormunds in §§ 1799 Abs. 1, 1854 Abs. 1, 1886, 1890, 1893 Abs. 2 BGB, auf die zum Teil gem. § 1908i BGB für den Betreuer bzw. gem. § 1915 BGB für den Pfleger verwiesen wird. Außerhalb des BGB werden die Stellung des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses in §§ 56 Abs. 2, 59, 259 Abs. 1 S. 1, 261 Abs. 1 S. 2 InsO und die Stellung von Vorstand bzw. Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft in §§ 84 Abs. 1, 85 Abs. 2 bzw. §§ 102, 104 Abs. 5, 105 Abs. 2 AktG ebenfalls als Amt bezeichnet. Gebräuchlich ist der Begriff Amt darüber hinaus für alle Personen, die einem Organ einer juristischen Person angehören,767 etwa für den Vorstand768 eines Vereins oder für den Geschäftsführer einer GmbH. Ein fester Terminus ist ferner die Stellung als sog. Partei kraft Amtes, die in § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO Eingang in das Gesetz gefunden hat. Damit erstreckt sich die Einordnung als Amt jedenfalls auf Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter und Nachlassverwalter. Auch die Eltern, die die elterliche Sorge über ihr minderjähriges Kind ausüben, werden teilweise als Amtswalter bezeichnet.769 Im Gegensatz zu diesem regen Gebrauch des Begriffs Amt steht der Befund, dass sich die Privatrechtswissenschaft um eine allgemeine Begriffsbildung oder Systematisierung des Begriffs »privates Amt« bislang kaum bemüht. Das mag überwiegend daran liegen, dass kein Bedürfnis für eine solche Beschäftigung gesehen wird. Ein Erkenntniswert wird dem Begriff wohl nicht zugetraut.770 Wenn der Begriff dennoch benutzt wird, lässt er sich angelehnt an seinen Wortsinn als institutionell eingeräumter Pflichtenkreis verstehen.771 Soweit eine Begriffsbildung versucht wird, wird regelmäßig an den Amtsbegriff Wolffs angeknüpft.772 Wolff selbst hatte bereits seinen Amtsbegriff auch für das Privatrecht geöffnet773 und private Ämter dahin definiert, dass sie die Eigenzuständigkeit einer Privat-
767
Wolff, Vertretung, 263 ff. Vgl. nur Palandt-Heinrichs, § 27 Rn. 2. 769 Vgl. Habscheid, FamRZ 1957, 109, 111; Müller-Freienfels, Vertretung, 179 f.; Pawlowski, AT, Rn. 134. 770 Vgl. Holzer/Kleine-Cosack/Prütting, 15: »ein privates Amt – was immer man darunter verstehen mag.« 771 Vgl. etwa Staudinger-Marotzke (2000), § 1922 Rn. 156; Soergel-Stein, § 1922 Rn. 34, die sich mit den Rechtsfolgen des Todes eines Amtswalters auseinandersetzen. 772 Belling, Haftung, 146; Diemert, Innenrechtsstreit, 196 f.; Mai, Rechtsverhältnis, 221 f. 773 Wolff/Bachof, § 72 I c 3; § 73 I c 2; § 73 I. c 6; § 74 I f 3; Wolff, Vertretung, 299. 768
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B. Der handlungsorganisationsrechtliche Amtsbegriff
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person wahrnehmen und in der Regel durch Sätze des Privatrechts gebildet werden.774 Dieser Übertragung des Begriffs aus dem öffentlichen Recht in das Privatrecht steht nur vereinzelt ein Unbehagen gegenüber, diesen im Schwerpunkt mit öffentlich-rechtlichen Assoziationen verknüpften Begriff im Privatrecht zu gebrauchen. So hat sich aus der Sicht des öffentlichen Rechts etwa Arnold Köttgen gegen den Gebrauch des Amtsbegriffs im Privatrecht mit der Begründung gewendet, dass die dem Amt eigenen »rechtserheblichen Dignitäten« durch Rechtsgeschäft nicht vermittelt werden könnten.775 Ferner verspüren Theodor Kipp und Helmut Coing ein Unbehagen, die Stellung des Testamentsvollstreckers als Amt zu qualifizieren, weil für die Stellung als Amtswalter zumindest obrigkeitliche Ernennung zu verlangen sei.776 Geht man aber vom Wortsinn des Begriffs aus, ist dieses Unbehagen nicht begründet.777 Dem steht ja auch der rege Gebrauch des Amtsbegriffs im Privatrecht entgegen. Ganz entschieden muss aber eine Begriffsbildung zurückgewiesen werden, die das Amt im Privatrecht mit den sog. Parteien kraft Amtes gleichsetzt.778 Eine solche Tendenz mag darauf zurückzuführen sein, dass gerade diese Gruppe von Amtswaltern die Privatrechtswissenschaft vor besondere Einordnungsprobleme stellt. Eine solche Begriffsbildung ist aber zum einen nicht mit dem geschilderten Gebrauch des Amtsbegriffs im Privatrecht in Einklang zu bringen. So wird der Amtsbegriff neben dem Amt einer sog. Partei kraft Amtes jedenfalls auch für Ämter von gesetzlichen Vertretern und Organen verwendet.779 Zum anderen spricht der Wortsinn des Begriffs »Partei kraft Amtes« gegen eine Gleichsetzung von privatem Amt und Partei kraft Amtes. Denn nach dem Wortsinn ist zwar die Person, die die Stellung einer Partei kraft Amtes innehat, fraglos ein Amtswalter. Diese Amtsstellung hebt sich aber von den anderen gerade durch die Besonderheit ab, dass dem Amtswalter die (prozessuale) Parteistellung zukommt.780
B. Der handlungsorganisationsrechtliche Amtsbegriff Im Folgenden soll nun der handlungsorganisationsrechtliche Amtsbegriff entwickelt werden, der den Gegenstand der besonderen Teile dieser Arbeit beschreibt. 774
Wolff/Bachof, § 73 I c 6. So etwa vom öffentlichen Amt ausgehend Köttgen, Festgabe Smend, 119, 145 ff. 776 Kipp/Coing, § 66 III: »Allein der Ausdruck Amt ist m. E. zu eng mit dem öffentlichen Recht verbunden, um bei einer rein privatrechtlichen Einrichtung Verwendung zu finden, bei der obrigkeitliche Ernennung keine Rolle spielt.« 777 Dem entsprechend gehen namentlich BVerfGE 10, 302, 311 f.; BGHZ 17, 108, 115 f., von einer privatrechtlichen Einordnung des Vormunds aus; allgemein und eingehend unten B. IV. 778 So aber beispielsweise Offergeld, Rechtsstellung, 66 ff.; vgl. auch MünchKommBGB-Leipold, § 1960 Rn. 29 zur Einordnung eines Nachlasspflegers; ferner Belling, Haftung, 143 Fn. 68. 779 So räumt auch v. Spreckelsen, Begriff, 96, die Schwäche seiner Begriffsbildung für das private Amt, die sich nur auf sog. Parteien kraft Amtes bezieht, ein, wenn er feststellt, dass im Gesetz noch weitere Institute als Amt bezeichnetet werden, die aber nicht unter seine Amtsdefinition zu fassen sind. 780 Unverständlich daher auch die Kritik von Baumbach/Lauterbach-Hartmann, Grdz. § 50 Rn. 9, am Begriff Partei kraft Amtes mit der Begründung, auch gesetzliche Vertreter seien Amtswalter. 775
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§ 5: Das private Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne
Ausgangspunkt dafür ist der insbesondere im öffentlichen Recht beheimatete organisationsrechtliche Amtsbegriff. Danach ist Amt ein konkreter Aufgaben- und Pflichtenkreis (Inbegriff von Wahrnehmungszuständigkeiten), der institutionell bestimmt und von einem Menschen fremdnützig ausgefüllt wird. Das Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne wird besonders dadurch geprägt, dass es eine besondere Art von Funktionsträgern innerhalb von Handlungsorganisationen beschreibt. Dadurch erfährt der einem Amt zugeschriebene Aufgaben- und Pflichtenkreis, also die Wahrnehmungszuständigkeiten, eine Spezialisierung (unter I.). Das Amt ist von anderen Funktionsträgern durch seine Institutionalisierung abzugrenzen (unter II.). Ferner gilt es die Einrichtung des Amtes für lediglich eine Person (unter III.) zu berücksichtigen. Schließlich ist die Einschränkung auf das Privatrecht zu konkretisieren (unter IV.).
I. Art der Wahrnehmungszuständigkeiten Der handlungsorganisationsrechtliche Amtsbegriff ist spezieller als der allgemeine Amtsbegriff. Ein Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne muss solche Wahrnehmungszuständigkeiten, also Aufgaben und Befugnisse, vermitteln, die sich auf eine fremde Handlungsorganisation beziehen. Diese Aufgaben und Befugnisse lassen sich entsprechend den bislang angestellten Überlegungen zu Handlungsorganisationen aufgliedern. Erfasst sind zum einen Aufgaben und Befugnisse, um im Außenverhältnis für ein organisiertes Handlungssubjekt (diesem zurechenbar) Intellektbetätigungen vorzunehmen (Willensbetätigung). Zum anderen können einem Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne Wahrnehmungszuständigkeiten zugewiesen sein, um im Organisationsbereich eines organisierten Handlungssubjekts an der Willensbildung oder Überwachung derselben mitzuwirken. Alle bislang untersuchten Organisationsbestandteile erfüllen diese Voraussetzungen. Soweit Organe oder gesetzliche Vertreter untersucht wurden, liegt diese Zuordnung auf der Hand. Gleiches gilt für die Bestandteile von Handlungsorganisationen verselbstständigter Sondervermögen, da hier eigens für die Sondervermögen besondere Handlungsorganisationen errichtet worden sind. Nicht ganz so leicht fällt die Zuordnung der zuletzt behandelten für bestimmte Unternehmen eingerichteten Funktionseinheiten. Denn Abschlussprüfer, Betriebsrat und Treuhänder für Deckungsstock oder Pfandbriefbanken wurden als externe Funktionsträger gedeutet. Daraus folgt aber nicht, dass sie auf die Handlungsorganisation der betroffenen Unternehmensträger keinen Einfluss nehmen können. Es liegt hier ein Auseinanderfallen der den organisierten Rechtsträger bildenden Organisationsbestandteile (Organe) und der konkreten Handlungsorganisation vor. Aufgrund der gesetzlichen Anordnung gehören in den vorgestellten Fällen externe Funktionsträger zur Handlungsorganisation der betroffenen Unternehmensträger. Dass Bestandteile der für eine rechtsfähige Organisation eingerichteten Handlungsorganisation nicht zu den Bestandteilen der rechtsfähigen Organisation gehören, ist auch nicht auf diese Fälle beschränkt. So stellen im Gegensatz zu Organen gesetzliche Vertreter stets externe Funktionseinheiten dar. Für die hier vorzunehmende Einordnung kommt es also nicht darauf an, ob es sich um exter-
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B. Der handlungsorganisationsrechtliche Amtsbegriff
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ne oder interne Funktionseinheiten handelt, sondern allein darauf, ob den Funktionseinheiten Aufgaben innerhalb einer Handlungsorganisation zugewiesen sind.781 Ein Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne scheidet aus, wenn in dem Amt andere Aufgaben zusammengefasst sind als solche, innerhalb einer Handlungsorganisation tätig zu werden. So verhält es sich bei allen Aufgaben, die ein Amtswalter durch seine eigene Handlungsorganisation, mithin im eigenen Namen und mit Wirkung für (jedenfalls zunächst) sein eigenes Vermögen, vorzunehmen hat. Solche Aufgaben sind einem Notar oder anderen Beliehenen übertragen. Nicht anders liegt es, wenn reine Sachverständigentätigkeiten im Raum stehen, wie sie etwa Gründungs- oder Sonderprüfern (§§ 142 ff., 258 ff., 315 AktG) zugewiesen sind. Auch eine Kapitalanlagegesellschaft782 hat die ihr überlassenen Vermögenswerte im eigenen Namen durch ihre Handlungsorganisation zu verwalten, so dass ein Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne ebenfalls ausscheidet. Gleiches gilt regelmäßig für solche Aufgaben, die sich lediglich auf einen Gegenstand beziehen. Zu denken ist beispielsweise daran, dass Gegenstände zu verwalten sind, ohne dass ein Sondervermögen entsteht.783 Anders liegt es indessen nach der hier vertretenen Konzeption hinsichtlich des Insolvenzschuldners bei angeordneter Eigenverwaltung.784 Ihm sind innerhalb der Handlungsorganisation für das Sondervermögen Insolvenzmasse Kompetenzen als Eigenverwalter zugewiesen. Vielfach sind auch Aufgaben in einer Handlungsorganisation mit weiteren Befugnissen und Pflichten verbunden. So kommt den gesetzlichen Vertretern von natürlichen Personen neben ihrer Zuständigkeit, in der Handlungsorganisation des vertretenen Menschen tätig zu werden, auch die bedeutende Funktion zu, die Personensorge für die vertretene Person wahrzunehmen. Die in dieser Arbeit anzustellenden Überlegungen beziehen sich stets lediglich auf die handlungsorganisationsrechtlichen Bezüge der Amtsstellung, während die anderen Funktionen ausgeblendet werden.
II. Institution (Trennung Amt und Amtswalter) Es bekleidet aber nicht jeder Funktionsträger innerhalb einer Handlungsorganisation ein Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne. Aufgaben und Befugnisse innerhalb einer fremden Handlungsorganisation können auf ganz unterschiedlichen Gründen beruhen. So wird etwa hinsichtlich der Handlungsmacht im Außenverhältnis herkömmlich zwischen rechtsgeschäftlichem, gesetzlichem oder organschaftlichem Vertreter sowie der sog. Partei kraft Amtes unterschie781 Der Existenz externer Funktionsträger wird terminologisch dadurch Rechnung getragen, dass in dieser Abhandlung dem Außenverhältnis nicht – wie sonst vielfach – der Innenbereich, sondern der Organisationsbereich gegenübergestellt wird, siehe § 1 A II 2 (S. 4), §§ 11 – 13 (S. 393 ff.). 782 Dazu § 3 A IV 1 e (S. 38), C III 5 (S. 92). 783 So wird überwiegend etwa der Sequester nach § 938 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht als sog. Partei kraft Amtes eingeordnet, siehe BGH NJW 2001, 434; Stein/Jonas-Grunsky § 938 Rn. 22. 784 Dazu § 3 A IV 1 a bb (S. 30).
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§ 5: Das private Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne
den. Quer durch diese Unterscheidungen ist das Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne von anderen Funktionsträgern innerhalb von Handlungsorganisationen abzugrenzen. Das Amt zeichnet sich dadurch aus, dass es eine Institution ist. Die Befugnisse sind also nicht unmittelbar einem Menschen zugeordnet. Vielmehr ist das Amt vom Amtswalter, der handlungsfähigen Person, die zu den Intellektbetätigungen der Handlungsorganisation beitragen soll, zu trennen.785 Das Amt als Institution ist von der Person, dem Amtswalter, unabhängig. Zwar ist jedes Amt auf die Besetzung durch einen Amtswalter ausgerichtet. Erst der Amtswalter kann die im Amt zusammengefassten Aufgaben und Befugnisse innerhalb einer Handlungsorganisation wahrnehmen. Das Amt besteht aber unabhängig davon, ob es mit einem Amtswalter besetzt ist. Ein Wechsel des Amtswalters ist ohne besondere Voraussetzungen (etwa Rechtsübergang) möglich. Terminologisch wird die das Amt bekleidende Person im Anschluss an Wolff als Amtswalter (speziell Organwalter) bezeichnet.786 Dieser Ausdruck ist dem ebenfalls gebräuchlichen Ausdruck des Amtsträgers vorzuziehen, um Verwechslungen mit dem Träger der Organisation787, also der organisierten Person, für die das Amt eingerichtet ist, auszuschließen. Ämter werden durch das Gesetz in Form von Bestimmungen, die man als organisatorische Rechtssätze bezeichnen kann, geschaffen. Diese Rechtssätze legen abstrakt die Kompetenzbereiche der einzelnen Ämter fest. Den Ämtern werden (regelmäßig) unabgeleitete originäre Befugnisse zugewiesen, die nicht in gleicher Weise vorhanden sind. Auf Grundlage dieser organisatorischen Rechtssätze erfolgt die konkrete Einrichtung des Amtes im Einzelfall entweder wie bei Vormundschaft oder Insolvenzverwaltung durch das Gericht (Behörde) oder durch rechtsgeschäftliche Organisationsakte von beteiligten Privaten (Gesellschaftsvertrag, Satzung, Gemeinschaftsordnung, Testament). Auf welche Weise Ämter es dem Amtswalter ermöglichen, innerhalb der Handlungsorganisation die dem Amt zugewiesenen Funktionen auszuüben, ist Gegenstand der folgenden besonderen Teile der Arbeit. Dabei ist zu zeigen, dass Ämter nicht auf die Vermittlung von Aufgaben und Befugnissen an den Amtswalter beschränkt sind. Vielmehr sind Ämter selbst als Handlungssubjekte und auch als mögliche Träger von Organisationsrechten anzusehen.788 Zunächst ist jedoch die Institutionalisierung als Begriffsmerkmal des Amtes dadurch klarer herauszustellen, dass das Amt von den zwei anderen maßgeblichen Funktionsträgern innerhalb von Handlungsorganisationen abgegrenzt wird. Das sind zum einen Funktionsträger, denen Rechtsgeschäfte Kompetenzen vermitteln (unter 1.), 785 Bull/Mehde, Rn. 381; Diemert, Innenrechtsstreit, 197; Wolff/Bachof, § 73 I c; vgl. auch zur Trennung von Organ und Organwalter Beuthien, Festschrift Zöllner, 87, 97 f.; Beuthien/ Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 469 Fn. 49; Westermann, Vertragsfreiheit, 150; K. Schmidt, GesR, § 14 III 1 b. 786 Wolff/Bachof, § 73 I c 2. 787 Dieser Organisationsträger wird gelegentlich als Organträger bezeichnet, etwa bei Bork, ZGR 1989, 1, 3. 788 Siehe § 1 B (S. 6), § 4 C II 1 (S. 146), § 6 A II 3 a (S. 213), § 9 B I (S. 298), § 11 A I (S. 395), passim.
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B. Der handlungsorganisationsrechtliche Amtsbegriff
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und zum anderen solche, deren Kompetenzen aus einem ihnen zustehenden Recht folgen (unter 2.). 1. Kompetenzen kraft Rechtsgeschäfts Als rechtsgeschäftliche Grundlage für Kompetenzen innerhalb einer Handlungsorganisation kommen Weisungen im Rahmen von Dienst-, Arbeits- oder Geschäftsbesorgungsvertrag, aber auch hinsichtlich des Außenverhältnisses eine Bevollmächtigung in Betracht. Diese Funktionsträger unterscheiden sich aus mehreren Gründen von Amtswaltern. Zum einen werden die Befugnisse hier unmittelbar einer Person übertragen. So erfolgt etwa die Bevollmächtigung nach § 167 BGB oder auch eine Weisung innerhalb eines Vertragsverhältnisses (vgl. § 665 BGB) immer an eine Person, nicht an eine Institution. Zum anderen findet eine Delegation von einem (handlungsfähigen) Kompetenzträger auf einen weiteren statt. Diese Delegation dient nicht dazu, eine bestimmte Kompetenz überhaupt erst entstehen zu lassen, sondern lediglich dazu, ihre Ausübung durch Aufgabenverteilung zu erleichtern. Mit dem Rechtsgeschäft geht also regelmäßig eine Verdopplung der Handlungskompetenzen einher. So haben im Fall der Bevollmächtigung sowohl der Bevollmächtigende als auch der Bevollmächtigte die Rechtsmacht, die Rechtshandlungen vorzunehmen, auf die sich die Bevollmächtigung erstreckt.789 Es werden also durch Rechtsgeschäft nur abgeleitete, aber keine originären Handlungsbefugnisse verliehen. Diese Unterscheidung von Amt und kraft Rechtsgeschäfts geschaffenem Funktionsträger ist auch dann zu machen, wenn die einem Menschen kraft Rechtsgeschäfts zu übertragenden Befugnisse durch einen Organisationsplan vorgegeben sind. Ein Unternehmen kann beispielsweise die Aufgaben innerhalb des Unternehmens in einem (gewillkürten) Organisationsplan festlegen. Unterhalb der Geschäftsführung (Vorstand einer AG, Geschäftsführer einer GmbH, aber auch Einzelkaufmann) können verschiedene Fachabteilungen gebildet sein, die jeweils aus Unterabteilungen und/oder Unterunterabteilungen usw. bis hin zu den einzelnen Sachbearbeitern bestehen. Jedem Beschäftigten – sei er Sachbearbeiter, Unterabteilungsleiter oder Abteilungsleiter – sollen dann die Aufgaben und Befugnisse zukommen, die der unternehmensintern geschaffene Organisationsplan vorsieht. Man kann durchaus sagen, jeder Beschäftigte werde dann Walter eines durch den Organisationsplan geschaffenen Amtes.790 Indessen bekleiden die Beschäftigten kein Amt im handlungsorganisatorischen Sinne. Die Befugnisse der Beschäftigten beruhen nämlich nicht auf ihrer Einweisung in das jeweilige Amt. Im Unterschied zum Walter eines Amtes im organisatorischen Sinne bestimmt sich die Rechtsposition des hier beschriebenen Funktionsträgers ausschließlich nach Vertragsrecht. Seine Befugnisse sind ihm durch Rechtsgeschäft von der Geschäftsführung eingeräumt. Dabei stellt der Organisationsplan eine 789 Die Rechtsmacht des Bevollmächtigten entsteht freilich konstruktiv originär in der Person des Bevollmächtigten, vgl. Bork, AT, Rn. 1454. 790 Vgl. Wolff/Bachof, § 73 I c 6, die für die Existenz rechtsgeschäftlicher Ämter eintreten.
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schematisierte Aufgabenzuweisung dar. Gleiches gilt im Außenverhältnis etwa für Prokuristen. Sie leiten ihre Vollmacht allein von der Bevollmächtigung durch die Geschäftsführung ab (§ 48 HGB). Die Unterscheidung zwischen Amtswalter und Bevollmächtigtem macht auch eine besondere Konstellation im Betreuungsrecht deutlich. Ein geschäftsfähiger Mensch kann regeln, wer seine Angelegenheiten dann besorgen soll, wenn er selbst dazu nicht mehr in der Lage ist, indem er einem anderen einen entsprechenden Auftrag und eine Vorsorgevollmacht erteilt. Soweit Auftrag und Vollmacht reichen, bedarf es, wenn der Vollmachtgeber betreuungsbedürftig wird, keines Betreuers (§ 1896 Abs. 2 S. 2 BGB). Dennoch nimmt der Vorsorgebevollmächtigte eine ganz andere Stellung ein als der Träger des Amtes Betreuer. Die Rechtsstellung des Vorsorgebevollmächtigten zum Betreuungsbedürftigen bemisst sich allein nach seinem Auftrag bzw. Geschäftsbesorgungsvertrag einschließlich der erteilten Vollmacht. Um die Rechte des Betreuungsbedürftigen in diesem Vertragsverhältnis zu schützen, kann es erforderlich sein, einen Betreuer zur Vollmachtsüberwachung zu bestellen (§ 1896 Abs. 3 BGB). 2. Kompetenzen kraft Rechtsinhaberschaft Das Amt ist ferner abzugrenzen von solchen Personen, denen Organisationsbefugnisse zukommen, weil sie Inhaber eines bestimmten Rechts sind. Zwar beruhen diese Organisationsbefugnisse ebenfalls auf (gesetzlichen) organisatorischen Rechtssätzen. Nur das Gesetz knüpft nämlich an ein Recht Befugnisse, in einer fremden Handlungsorganisation tätig zu werden. Anders als im Fall des Amtes ist in diesen Fällen aber die (gesetzliche) Organisationsmacht untrennbar mit dem Recht verbunden. Die Organisationsmacht ist also einem bestimmten Rechtsträger, nicht einer Institution zugeordnet. Das Amt indessen ist weder dem Amtswalter zugeordnetes (verfügbares) Rechtsobjekt noch Zusammenfassung mehrerer solcher Objekte. Die durch das Amt dem Amtswalter vermittelten Aufgaben und Befugnisse sind auch nicht Ausdruck von eigenen Rechten des Amtswalters. Alles scheitert daran, dass das Amt und die in ihm zusammengefassten Befugnisse ohne die Existenz des Amtswalters bestehen. Diese Abgrenzung lässt sich an folgenden Beispielen verdeutlichen: a) Kompetenzen kraft Mitgliedschaft Bei Verbänden stellt die Unterscheidung von Amt (Amtswalterfremdverwaltung) und Mitgliedschaft (Mitgliederselbstverwaltung) eine ganz bedeutende Abgrenzung von Funktionseinheiten innerhalb der Handlungsorganisationen dar. Typische Beispiele für die Intellektbetätigungskompetenz von Mitgliedern stellen die Willensbildungskompetenz der Mitglieder einer Körperschaft in der Mitgliederversammlung, aber auch die (Außenhandlungs)-Kompetenzen der Gesellschafter in der Personengesellschaft dar. Zwar herrscht um die genaue Erfassung der Rechtsnatur der Mitgliedschaft Streit.791 Insbesondere ist umstritten, ob 791
Vgl. K. Schmidt, GesR, § 19 I 3 m. w. Nachw; ferner § 14 A III 1 b (S. 483).
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sich die Mitgliedschaft in Körperschaft und Personengesellschaft in gleicher Weise erfassen lässt.792 Jedenfalls gewährt die Mitgliedschaft den Mitgliedern Teilhaberechte, in der Handlungsorganisation des Verbandes mitzuwirken. Die Mitglieder nehmen also mit ihren Kompetenzen in der Handlungsorganisation eigene Rechte wahr. Diese Kompetenzen sind somit unlösbar mit dem Mitglied als Inhaber dieser Teilhaberechte verbunden. Denn eine Mitgliedschaft ohne Mitglied ist nicht denkbar, da ein Recht nicht ohne Träger sein kann.793 Der Wechsel der Mitgliedschaft geht mit der Übertragung der Mitgliedschaftsrechte einher. Die Einheitlichkeit der Mitgliedschaft ergibt ferner noch, dass die Teilhaberechte nicht isoliert unabhängig von der Mitgliedschaft übertragen werden können (sog. Abspaltungsverbot).794 Durch die Unterscheidung von Amt und Mitgliedschaft lassen sich zwei unterschiedliche Typen von Organen innerhalb von Verbänden abgrenzen.795 Zum einen gibt es Organe, die durch Mitglieder kraft ihrer Mitgliedschaft besetzt werden, zum anderen Organe, die durch zu bestellende Amtswalter zu besetzen sind.796 Die Organstellung kraft Mitgliedschaft wird als geborene Organstellung bezeichnet. Die geborenen Organwalter zeichnen originäre (ursprüngliche), unmittelbar auf eigenen Rechten beruhende Befugnisse aus. Die Grenzen ihrer Befugnisse ergeben sich aus ihrer Mitgliedschaft. Die Organstellung kraft Amtes wird als gekorene Organstellung bezeichnet. Den gekorenen Organwaltern kommen (vom Amt) abgeleitete Befugnisse zu. Das Amt verpflichtet die Organwalter auf den Organisationszweck. Man kann einen einheitlichen Organbegriff bilden, da die Organe in beiden Fällen die Stelle sind, um Intellektbetätigungskompetenzen für die Organisation wahrzunehmen. Die Zuordnung der Kompetenzen ist aber unterschiedlich. Das Amtswalter-Organ vermittelt den Organwaltern797 (Amtswaltern) Kompetenzen. Das Mitglieder-Organ fasst die den Organmitgliedern qua Verbandsmitgliedschaft zugeordneten Kompetenzen zusammen.798 792 Dafür treten ein K. Schmidt, GesR, § 19 I 3 b; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 97 f.; GroßKommHGB-Ulmer, § 105 Rn. 210. 793 Es wird allerdings auch die Existenz einer Körperschaft ohne Mitglieder für möglich erachtet, vgl. K. Schmidt, GesR, § 19 I 3 b m. w. Nachw. in Fn. 22 f. 794 Statt aller K. Schmidt, GesR § 19 III 4. 795 Bergmann, Handelsgesellschaft, 62, leugnet einen einheitlichen Organbegriff. Er unterscheidet vom zweigliedrigen Organbegriff, nach dem das Organ als abstrakte Institution »Zuordnungsobjekt von organschaftlichen Rechten und Pflichten« sei, den eingliedrigen Organbegriff, bei dem »die organschaftlichen Kompetenzen unmittelbar bestimmten Gesellschaftern zugeordnet werden«. Im Unterschied zu der hier zu entwickelnden Unterscheidung zählt Bergmann allerdings zum eingliedrigen Organbegriff nicht alle Arten von Organen, die von Mitgliedern kraft ihrer Mitgliedschaft besetzt sind, sondern nur die Kompetenzen der persönlich haftenden Gesellschafter von Personengesellschaften (ebd., 68 ff.), während er die Mitgliederversammlung dem zweigliedrigen Organbegriff zuschlägt (ebd., 74). 796 Beuthien, in: Mestmäcker/Behrens, 138, 143; Beuthien, Festschrift Zöllner, 87, 97 f.; Beuthien/Ernst, ZHR 156 (1992), 227, 231; Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 468 f.; Beuthien/Gätsch, ZHR 157 (1993), 483, 484 f.; Beuthien, ZIP 1993, 1589, 1595; v. Gierke, Privatrecht I, 498; K. Schmidt, GesR § 14 III 1. 797 Der Ausdruck Organmitglied ist im Recht der Ämter missverständlich, weil Mitglied nicht nur die einzelnen Organwalter (Personen), sondern auch eines von mehreren Ämtern innerhalb des Organs (Institutionen) bezeichnen kann. 798 § 118 Abs. 1 AktG: »Die Aktionäre üben ihre Rechte in den Angelegenheiten der Gesellschaft in der Hauptversammlung aus...«; Beuthien, Festschrift Zöllner, 87, 98: »in der Mitgliederversammlung decken sich mitgliedschaftliche und organmitgliedschaftliche Rechte«.
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§ 5: Das private Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne
Diese Abgrenzung der unterschiedlichen Arten von Organen spiegelt sich auch in der Diskussion über die prozessuale Auseinandersetzung zwischen Organen in Körperschaften, dem Organstreit, wieder. Zu Recht wird mehrheitlich aus der Problematik des Organstreits der Streit um Kompetenzen der von Mitgliedern besetzten Organe ausgegrenzt.799 Die Binnenbeziehung dieser Organe wird nämlich von der Außenrechtsbeziehung des Mitglieds zur Körperschaft überlagert. Mitgliedschaft und Amtsstellung schließen sich freilich nicht aus, soweit unterschiedliche Funktionen in einem Verband betroffen sind. So kann ein Mitglied zusätzlich zu seiner Mitgliedschaft auch noch zum Amtswalter bestellt werden. Insbesondere Gesellschafter (Mitglieder) einer GmbH werden vielfach zusätzlich Geschäftsführer (Amtswalter). Beide Funktionen sind dann zu trennen. In der Genossenschaft müssen Vorstand und Aufsichtsrat gar von Mitgliedern besetzt werden (§ 9 Abs. 2 S. 1 GenG). Dennoch handelt es sich bei diesen Organen um Amtswalter-Organe. Die Kompetenzen von Vorstand und Aufsichtsrat sind allein dem jeweiligen Amt zugewiesen. Die Mitgliedschaft ist lediglich Voraussetzung dafür, Amtswalter zu werden.800 Dem Mitglied kann als Sonderrecht ein Anspruch eingeräumt werden, als Amtswalter bestellt zu werden. Aber selbst dann liegt keine Organstellung kraft Mitgliedschaft vor. Da § 9 GenG das Prinzip der Amtswalterverwaltung nicht außer Kraft setzt, sollte man daher auch für die Genossenschaft nicht den für die Personengesellschaften reservierten Terminus der Selbstorganschaft verwenden.801 b) Kompetenzen kraft sonstiger Rechte Die Mitgliedschaft ist allerdings nicht der einzige Fall, in dem sich Befugnisse innerhalb einer (fremden) Handlungsorganisation als Ausfluss eigener (Teilhabe-) Rechte darstellen. Ebenso verhält es sich für die Gläubiger des Insolvenzschuldners innerhalb der für die Insolvenzmasse errichteten Handlungsorganisation. Ihre Mitbestimmungsbefugnisse innerhalb der Gläubigerversammlung beruhen auf ihrer Stellung als Gläubiger. Das jeweilige Gläubigerrecht verleiht also Teilhaberechte bei der Gläubigerverwaltung. Ganz anders liegt es allerdings mit der Stellung im Gläubigerausschuss. Die Mitgliedschaft in diesem Gremium beruht nicht auf der Gläubigerstellung, sondern auf der Wahl zum (fremdnützigen) Amtswalter. Die Mitgliedschaft im Gläubigerausschuss setzt nicht einmal voraus, Gläubiger zu sein (§ 67 Abs. 3 InsO). Auch Mitberechtigte (einschließlich der Miterbengemeinschaft) können Kompetenzen besitzen, an der Intellektbetätigung anderer Mitberechtigter mitzuwirken, soweit der Gegenstand oder die Gegenstände der Mitberechtigung betroffen
799 Insbesondere Bork, ZGR 1989, 1, 3 f.; Schulz-Gardyan, Aktionärsklage, 91 f.; ferner Bitter, Leistungsklagen, 5; Hauswirth, Befugnisse, 5; K. Schmidt, GesR, § 14 IV 2 d; Schwab, Prozeßrecht, 5 ff., 562 ff.; eine abweichende Konzeption verfolgen Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265 ff., und Pflugradt, Leistungsklagen, 4. 800 Vgl. Beuthien, Festschrift Zöllner, 87, 98; ders., in: Mestmäcker/Behrens, 133, 143. 801 Ebenso Bergmann, Handelsgesellschaft, 70 f: anders indessen Beuthien, in: Mestmäcker/ Behrens, 133, 144; Nitschke, Personengesellschaft, 223; eingehend C II 2 a (S. 180).
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B. Der handlungsorganisationsrechtliche Amtsbegriff
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sind.802 Diese Teilhaberechte fließen ebenfalls aus der jeweiligen Mitberechtigung. So beruhen die Mitverwaltungsrechte in der Bruchteilsgemeinschaft gem. §§ 744 f. BGB auf dem Teilrecht des einzelnen Bruchteilsberechtigten wie in der Erbengemeinschaft die Mitverwaltungsrechte gem. §§ 744 f., 2038 BGB auf der Miterbenstellung. Auch beruhen die Befugnisse eines Wohnungseigentümers in der Eigentümerversammlung auf dem Wohnungseigentum. Am schwierigsten ist die Abgrenzung zum Amt im Fall der elterlichen Sorge. Die elterliche Sorge ähnelt dem Amt, weil sie im Verhältnis zwischen Eltern und Kind fremdnützig ausgestaltet ist. Die Eltern sind verpflichtet, die ihnen aufgrund der elterlichen Sorge zustehenden Befugnisse zum Wohle des Kindes auszuüben. Insoweit entspricht die elterliche Sorge der Vormundschaft (§ 1780 BGB). Auch kann die elterliche Sorge wie bei einer Bestellung zum Amtswalter auf gerichtlicher Anordnung beruhen (§§ 1671 f., 1680 Abs. 2, 1696 BGB). Schließlich kann die elterliche Sorge – etwa vor einer Anordnung nach § 1680 Abs. 2 BGB – vorübergehend keinem Elternteil zustehen. Die elterliche Sorge ist aber dennoch keine Institution wie ein Amt803, sondern ein Recht.804 Den Eltern steht ein eigenes Recht zu, auf die Person ihres Kindes einzuwirken. Es handelt sich um ein nicht vermögensrechtliches absolutes Recht eigener Art,805 das deliktischen Schutz als sonstiges Recht i. S. v. § 823 Abs. 1 BGB genießt.806 Die Qualifizierung der elterlichen Sorge als Recht beruht auf einer vorpositiven (natürlichen) Zuordnung der von der elterlichen Sorge umfassten Kompetenzen an die Eltern.807 Wie auch das Grundgesetz jedenfalls Elemente der elterlichen Sorge als Grundrecht der Eltern ausweist,808 so ist auch eine Rechtszuweisung Gegenstand des BGB. Die gerichtliche Zuweisung der elterlichen Sorge an ein Elternteil (§§ 1671 f., 1680 Abs. 2 BGB) ist nicht Einsetzung in ein Amt. Sie ist allein Ausdruck der besonderen Ausgestaltung des Rechts der elterlichen Sorge im BGB als ein Recht, das unveräußerlich ist und der Ausübungskontrolle des Gerichts (§ 1666 BGB) unterliegt.
802
Siehe § 3 C III 3 (S. 89), § 4 B (S. 109 ff.). Anders Müller-Freienfels, Vertretung, 179 f.; zustimmend Habscheid, FamRZ 1957, 109, 111; soweit Staudinger-Peschel-Gutzeit (2002), § 1626 Rn. 59, § 1629 Rn. 17 ff., im Anschluss an Siebert, NJW 1955, 1, 2, von amtsähnlichen Befugnissen spricht, wird damit nicht die elterliche Sorge als Amt charakterisiert, sondern es soll auf die Kategorie des Amtshandelns als Handeln unter Offenlegung einer Funktion, aber ohne Handeln im fremden Namen Bezug genommen werden. 804 Gernhuber/Coester-Waltjen, § 57 Rn. 1; MünchKommBGB-Huber, § 1626 Rn. 12. 805 Gernhuber/Coester-Waltjen, § 57 Rn. 26; MünchKommBGB-Huber, § 1626 Rn. 11. 806 BGHZ 111, 168, 172 f.; Staudinger-Hager (1999), § 823 Rn. B 183; MünchKommBGBHuber, § 1626 Rn. 8; Staudinger-Peschel-Gutzeit (2002), § 1626 Rn. 20; MünchKommBGBWagner, § 823 Rn. 163. Da auch dem Vormund die Befugnisse aus § 1632 BGB über § 1800 BGB zugeordnet sind, aber nur für die Eltern ein absolutes Recht anerkannt ist, ist freilich die Begründung des absoluten Rechts unter Hinweis auf § 1632 BGB nicht überzeugend; zur Rechtsstellung des Amtswalters Vormund gegenüber Dritten siehe § 14 A III 1 a (S. 483). 807 BVerfGE 60, 79, 88; 24, 119, 150; 10, 302, 328; Staudinger-Peschel-Gutzeit (2002), § 1626 Rn. 6. 808 Zur Kontroverse, wie sich grundgesetzlich garantiertes Elternrecht und elterliche Sorge des BGB in ihrem jeweiligen Umfang zueinander verhalten, vgl. Staudinger-Peschel-Gutzeit (2002), § 1626 Rn. 4 m. w. Nachw. 803
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§ 5: Das private Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne
Der Unterschied zwischen Eltern und Vormund besteht darin, dass den Eltern die Befugnisse aus der elterlichen Sorge originär gegenüber jedermann zugeordnet sind,809 während der Vormund einer Einsetzung in sein Amt bedarf. Entsprechend unterscheiden sich Begründung und Umfang der einerseits den Eltern und andererseits dem Vormund im BGB zugewiesenen Befugnisse. Die Befugnisse des Inhabers der elterlichen Sorge sind Ausprägung des ihm zustehenden Rechts der elterlichen Sorge. Der Vormund kann indessen nur die einzelnen Befugnisse aus dem Amt geltend machen (§ 1800 BGB), ohne dass ihm ein Hauptrecht zugewiesen ist, auf den Mündel einzuwirken. Die Fremdnützigkeit (Pflichtenbindung) der elterlichen Sorge steht auch nicht ihrer Einordnung als Recht entgegen.810 Die Eigennützigkeit ist nicht notwendiges Wesensmerkmal eines Rechts.811 Eine Pflichtenbindung besteht auch bei den gerade behandelten Teilhaberechten von Mitgliedern und Mitberechtigten. So besteht beispielsweise zwischen Bruchteilsberechtigten ein gesetzliches Schuldverhältnis, in dem jedenfalls Verstöße gegen die in §§ 743 ff. BGB normierten Pflichten sanktioniert werden.812
III. Für eine Person eingerichtet Nach jedem Amtsbegriff wird ein Amt dadurch geprägt, dass es eine für nur eine Person eingerichtete Institution darstellt. Die einem Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne zugewiesenen Kompetenzen sind also so strukturiert, dass sie nur von einer Person wahrzunehmen sind. In Handlungsorganisationen gibt es aber nicht nur Kompetenzzuweisungen an für eine Person vorgesehene Institutionen wie etwa Insolvenzverwalter, sondern auch Zuweisungen an für mehrere Personen vorgesehene Institutionen. Zu solchen Gremien zählen die Amtswalter-Organe von juristischen Personen, aber auch der Gläubigerausschuss und der Betriebsrat. In solchen Gremien können die Intellektbetätigungskompetenzen freilich ebenfalls nur von einzelnen handlungsfähigen Personen wahrgenommen werden. Daher besteht jedes Gremium aus Gremiumsmitgliedern als Teilinstitutionen. Diese Teilinstitutionen stellen Ämter dar, die jeweils mit einer Person, den einzelnen Gremiumswaltern, zu besetzen sind. Diese Ämter verfügen allerdings über die Besonderheit, dass die Kompetenzen nicht unmittelbar den einzelnen Ämtern, sondern zunächst der Ämterverbindung in Form des Gremiums zugeordnet sind. Von der Verfassung des Gremiums hängt es dann ab, ob den einzelnen Ämtern die Kompetenz zugewiesen ist, die Gremiumskompetenzen allein oder nur gemeinschaftlich wahrzunehmen.813 So lässt sich beispielsweise unterscheiden, ob in einem Leitungsorgan einer juristischen Person Einzel- oder Gesamtgeschäftsführung bzw. Einzel809 Diese Zuordnung gegenüber jedermann unterscheidet die Rechtsstellung auch von einem bloßen Anspruch auf die Zuweisung der elterlichen Sorge. 810 BGHZ 111, 168, 173; MünchKommBGB-Huber, § 1626 Rn. 7; Staudinger-Peschel-Gutzeit (2002), § 1626 Rn. 20. 811 Ausführlich Bork, ZGR 1989, 1, 7 f. 812 MünchKommBGB-K. Schmidt, § 741 Rn. 34 f. 813 Vgl. Dose, Rechtsstellung, 32 ff.; Link, Amtsniederlegung, 14 f.
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B. Der handlungsorganisationsrechtliche Amtsbegriff
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oder Gesamtvertretung angeordnet ist. Freilich kann die Organisationsverfassung auch einem Gremiumsmitglied unmittelbar bestimmte (gremiumsunabhängige) Kompetenzen zuweisen. Von den Gremien abzugrenzen sind Einrichtungen, die man als Zwillingsämter bezeichnen kann. Es können verschiedenen Ämtern kongruente (Mitwirkungs-)Kompetenzen eingeräumt sein. Es fehlt dann an einem Gremium, in dem die Gesamtkompetenz gebündelt ist. Die Kompetenzen sind vielmehr mehrfach unmittelbar Ämtern zugewiesen. So können zwei Vormundschaftsämter (§ 1775 BGB) für einen Mündel eingerichtet oder auch mehrere Testamentsvollstrecker (§ 2224 BGB) vorgesehen werden. Hier kann wie beim Handeln der Gremiumsmitglieder ein Außenhandeln durch Gesamtakt oder eine gemeinschaftliche Willensbildung insbesondere durch Beschluss notwendig sein. Keine Zwillingsämter liegen freilich vor, wenn den Ämtern ganz unterschiedliche Aufgaben zugewiesen sind wie bei Vormund und Gegenvormund oder Insolvenzverwalter und Sonderinsolvenzverwalter.
IV. Privat Der Inhalt, der dem Amtsbegriff im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne bislang gegeben wurde, verdeutlicht, dass es keinen Grund gibt, den Amtsbegriff auf das öffentliche Recht zu beschränken.814 Es ist aber das private Amt vom öffentlichen Amt abzugrenzen. Die allgemeine Abgrenzungsfrage zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht wird meist dahin formuliert, welcher Rechtsmaterie ein Rechtssatz zuzuordnen ist. Mittlerweile wird diese Abgrenzung mehrheitlich so vorgenommen, dass öffentliches Recht nur dann vorliegt, wenn ausschließliches Zuordnungssubjekt einer Norm ein Träger hoheitlicher Gewalt ist.815 Dabei kommt es darauf an, dass der Träger hoheitlicher Gewalt auch in dieser Funktion betroffen ist.816 Die Norm muss den Träger öffentlicher Gewalt also auch zum Gebrauch dieser Gewalt berechtigten oder verpflichten. Die Bedeutung dieses Erfordernisses erhellt sich an Gegenbeispielen aus dem Privatrecht.817 §§ 46, 1936 BGB bestimmen etwa den Fiskus unter bestimmten Voraussetzungen zum Erben oder zum Anfallberechtigten des Vereinsvermögens. Hoheitliche Kompetenzen des Staates sind damit nicht angesprochen. Daher sind diese Bestimmungen dem Privatrecht zuzuordnen. Die Verknüpfung der Ausübung öffentlicher Gewalt mit dem öffentlichen Recht wird auch zur Auslegung von Art. 34 GG herangezogen. So wird ganz herrschend ein Handeln »in Ausübung eines anvertrauten öffentlichen Amtes« nur angenommen, wenn der Handelnde sich der Rechtsformen des Ver-
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Ebenso Belling, Haftung, 146, gegen Köttgen, Festgabe Smend, 119, 145 ff. MünchKommBGB-Papier, § 839 Rn. 146; Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 22 Rn. 25 ff.; grundlegend Wolff, AöR 76 (1950/51), 205, 208 ff. 816 Bettermann, NJW 1977, 513, 515 f.; Wolff/Bachof/Stober, VerwR I, § 22 Rn. 27; siehe insbesondere die Unterscheidung von BVerwG NJW 1994, 956, zwischen sakralem und weltlichem Glockenläuten. 817 Dazu Bettermann, NJW 1977, 513, 515. 815
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§ 5: Das private Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne
waltungshandelns, also des öffentlich-rechtlichen Handlungsinstrumentariums, bedient.818 Entsprechend diesen Kriterien lassen sich auch Handlungsorganisationen allgemein und speziell Ämter innerhalb von Handlungsorganisationen dem öffentlichen Recht oder dem Privatrecht zuweisen.819 Danach sind die bislang betrachteten Handlungsorganisationen von Privatrechtssubjekten einschließlich der Sondervermögen allesamt privatrechtlich zu qualifizieren. Denn diese Handlungsorganisationen sind nicht geschaffen oder befähigt, in irgendeiner Form öffentliche Gewalt auszuüben. Die Äußerungsform, auf die die Handlungsorganisationen hauptsächlich angelegt sind, ist die der privatrechtlichen Willenserklärung. Die Defizite in diesen privaten Handlungsorganisationen werden also privatrechtkonform behoben.820 Es ist nicht richtig, aufgrund des privatrechtlichen Charakters dieser Handlungsorganisationen alle in diesen Handlungsorganisationen geschaffenen Ämter dem Privatrecht zuzuordnen. Auch in privatrechtlichen Handlungsorganisationen gibt es Funktionseinheiten, denen öffentlich-rechtliche Befugnisse zugewiesen sind.821 So verhält es sich insbesondere – worauf sogleich zurückzukommen sein wird – bei den Befugnissen, die Gerichten innerhalb von privatrechtlichen Handlungsorganisationen zustehen. Es ist daher das einzelne Amt zu qualifizieren. Dafür kommt es darauf an, wie die aus dem Amt folgenden Rechte und Pflichten einzuordnen sind und in welcher Form für das Amt gehandelt werden kann. Ein Amt ist so lange dem Privatrecht zuzuordnen, wie dem Inhaber nicht besondere hoheitliche Befugnisse zugeordnet werden. Diese Voraussetzungen wiederum treffen auf alle bislang betrachteten Ämter innerhalb privatrechtlicher Handlungsorganisationen zu. Auch die Vormundschaft ist privatrechtlich zu charakterisieren.822 Das gilt nicht nur bei Wahrnehmung durch Privatrechtssubjekte, also Menschen und Verein,823 sondern – was freilich umstritten ist – auch bei Wahrnehmung durch das Jugendamt (öffentliche Hand).824 Für das Jugendamt als Amtsvormund gelten nämlich nach § 56 Abs. 1 SGB VIII ebenfalls die privatrechtlichen Regelungen des BGB. Nach dem zur Qualifizierung von Normen Gesagten sind §§ 1791b f. BGB, die dem Jugendamt die Aufgabe als Vormund zuweisen, als privatrechtlich zu qualifizieren. Denn diese Bestimmungen knüpfen nicht an das Jugendamt als Träger öffentlicher Gewalt an. Folglich richtet sich auch die Haftung der öffent818 BGHZ 60, 54, 56, 59; 30, 49, 50; BGH NJW 2000, 2810, 2811; 1973, 1650, 1651; MünchKommBGB-Papier, § 839 Rn. 144 f.; Palandt-Sprau, § 839 Rn. 17; Staudinger-Wurm (2002), § 839 Rn. 87; kritisch allerdings Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 2. Teil III 1 d. 819 Vgl. auch zur Abgrenzung der Tätigkeit eines Gerichtsvollziehers als einerseits hoheitliches Vollstreckungsorgan und andererseits privatrechtlicher Sequester nach § 938 Abs. 2 ZPO in BGH NJW 2001, 434. 820 Vgl. dazu Belling, Haftung, 148 ff. 821 Umgekehrt kann ja auch die privatrechtliche Handlungsorganisation eines Privatrechtssubjekts als Beliehener ein öffentliches Amt wahrnehmen. 822 Anders Vorgängerinstitute, dazu MünchKommBGB-Wagenitz, Vor § 1773 Rn. 7 ff. 823 BVerfGE 10, 302, 311; BGHZ 17, 108, 115. 824 Palandt-Diederichsen, Einl. v. § 1773 Rn. 3; Staudinger-Engler (2004), Vorbem zu §§ 1773 ff Rn. 16; Krüger, JZ 1955, 634 f.; MünchKommBGB-Wagenitz, Vor § 1773 Rn. 19. – A. M. BGHZ 100, 313, 314 f.; 45, 362, 370; 9, 255, 257; Schreiber, AcP 178 (1978), 533, 544 ff.
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B. Der handlungsorganisationsrechtliche Amtsbegriff
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lich-rechtlichen Körperschaft, die Trägerin des jeweiligen zum Amtsvormund bestellten Jugendamts ist, entgegen der ganz überwiegenden Ansicht allein nach Privatrecht.825 Eine Amtshaftung gem. Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB scheidet aus, weil der handelnde Beamte des Jugendamts gerade nicht in Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne von Art. 34 GG handelt. Nur wenn das Jugendamt durch einen Beamten im statusrechtlichen Sinne die Aufgaben des Vormunds wahrnehmen lässt (§ 55 Abs. 2 SGB VIII), kommt eine Haftung des handelnden Beamten nach § 839 BGB in Betracht, weil § 839 BGB im Gegensatz zu Art. 34 GG nicht verlangt, dass der Beamte in Ausübung eines öffentlichen Amtes handelt.826 Die Haftung richtet sich also gegenüber dem Mündel nach §§ 1833, 31, 89 BGB, im Außenverhältnis nach Deliktsrecht (§§ 823 ff., 31, 89 BGB)827. Diese privatrechtliche Ausgestaltung des Amtes selbst bleibt davon unberührt, dass die meisten Ämter in verschiedener Hinsicht durchaus vom öffentlichen Recht betroffen werden. Diese Betroffenheit der öffentlichen Hand zeigt sich immer dann, wenn den Gerichten innerhalb von Handlungsorganisationen Aufgaben zugewiesen sind. Diese Aufgaben bestehen zunächst darin, die Funktionsfähigkeit des Amtes zu erhalten. So ist den Gerichten vielfach die Aufgabe zugewiesen, Ämter einzurichten und Amtswalter zu bestellen. Gegenbeispiele privater Einrichtung und Ernennung sind die Gründung juristischer Personen oder die Anordnung der Testamentsvollstreckung. Aber selbst in diesen Fällen kann es zu einer gerichtlichen Ernennung der Amtswalter kommen (§§ 29 BGB, 85, 104 AktG, 2200 BGB). Grund für die öffentlich-rechtliche Tätigkeit in diesem Bereich ist, dass es vielfach Aufgabe des Staates ist, die Funktionsfähigkeit auch der privaten Handlungsorganisationen zu gewährleisten. So bezeichnet etwa das Bundesverfassungsgericht die Errichtung und Verwaltung der Vormundschaft als »oberste Aufgabe der staatlichen Wohlfahrtspflege«.828 Insoweit gelten die Grundrechte unmittelbar als Abwehrrechte gegen die hoheitlichen Anordnungen. Dieser öffentlich-rechtliche Bezug macht die eingerichteten Ämter aber
825 Krüger, JZ 1955, 634, 635. – A. M. nicht nur BGHZ 100, 313, 314 f.; 9, 255, 257; Schreiber, AcP 178 (1978), 533, 544 ff.; sondern auch Staudinger-Engler (2004), § 1833 Rn. 10; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1833 Rn. 2, ohne offen zu legen, wie sich dieses Ergebnis mit der privatrechtlichen Qualifikation des Amtes verträgt. 826 MünchKommBGB-Papier, § 839 Rn. 143; Palandt-Sprau, § 839 Rn. 16; StaudingerWurm (2002), § 839 Rn. 84. Einer Haftung des Beamten im Außenverhältnis gegenüber dem Mündel steht allerdings, falls ihm nur Fahrlässigkeit zur Last fällt, die für den Geschädigten nach § 839 Abs. 1 S. 2 BGB vorrangige Staatshaftung aus § 1833 BGB entgegen, vgl. BGH NJW 2001, 2626, 2629. 827 Einschlägig für eine handlungsorganisatorische Betrachtung der Vormundschaft ist die Konstellation von BGHZ 100, 313 ff.: Der Mitarbeiter des Jugendamts hatte den Arbeitgeber bei der Einstellung nicht über die »Lust des Mündels zum Feuerlegen« aufgeklärt. Den vom Mündel verursachten Brandschaden hat die öffentliche Hand nicht wegen der Verletzung von Amtspflichten, sondern aus §§ 823 Abs. 1, 31, 89 BGB wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht zu tragen. Unterschiede zwischen der Amtsvormundschaft und der normalen Vormundschaft sind nicht gerechtfertigt, so im Ergebnis auch BGHZ 100, 313, 320 f. In Betracht kam freilich auch eine Verantwortlichkeit aus §§ 280, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB, vgl. § 16 B I 1 (S. 579). 828 BVerfGE 10, 302, 311.
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nicht zu einem öffentlich-rechtlichen Institut. Es ist zwischen dem öffentlichrechtlichen Ob der Einrichtung des Amtes und dem privatrechtlichen Wie des Amtes selbst zu unterscheiden.829 Das Wie folgt allein dem Privatrecht. Nur das Ob, also vor allem die Einrichtung, kann dem öffentlichen Recht zuzuordnen sein. Gerichtliche Zuständigkeiten sind ferner gegeben, wenn die Grenzen der dem Amt zugewiesenen Kompetenzen erreicht sind. So verhält es sich zum einen hinsichtlich der Aufsicht des Gerichts über den einzelnen Amtswalter (§§ 1837, 1908i, 1915 BGB, 58 InsO). Es gibt zum anderen aber auch Fälle, in denen bestimmte Amtshandlungen einer Mitwirkung des Gerichts bedürfen.830 Dazu zählen insbesondere die Zustimmungspflichten des Gerichts bei Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft (§§ 1821 ff., 1908i, 1915 BGB) oder im Insolvenzeröffnungsverfahren (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO).
C. Numerus clausus der Ämter An die Feststellung, was ein Amt im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne ist, schließen sich die Fragen an, durch wen und warum solche Ämter geschaffen werden. Um diese Fragen zu beantworten, ist auf die einheitlich zu beschreibenden Legitimationsprobleme von Funktionsträgern innerhalb von Handlungsorganisationen zurückzukommen. Diese Funktionsträger müssen zum einen im Verhältnis gegenüber dem Träger der Organisation legitimiert sein, bestimmte Handlungskompetenzen wahrzunehmen (Befugnis im Grundverhältnis). Zum anderen müssen die Funktionsträger im Außenverhältnis die Handlungsmacht haben, für den Träger der betroffenen Handlungsorganisation Wirkungen zu erzeugen (Macht im Außenverhältnis). Das Vorliegen dieser Macht betrifft nicht nur den Träger der Handlungsorganisation, sondern vor allem den Rechtsverkehr. Der Rechtsverkehr muss nämlich Gewissheit darüber erlangen können, ob es wirklich in der Macht des handelnden Funktionsträgers steht, für den Träger der betroffenen Handlungsorganisation Wirkungen zu erzeugen. Es lassen sich vornehmlich drei unterschiedliche Arten von Funktionsträgern unterscheiden, die bereits voneinander abgegrenzt wurden.831 Auf der einen Seite stehen die rechtsgeschäftlich (Vertrag und Vollmacht) geschaffenen Funktionsträger. Die Befugnis im Grundverhältnis beruht auf Vertrag, die Macht im Außenverhältnis auf der Vollmacht. Über das Bestehen einer Vollmacht kann ein Geschäftspartner Sicherheit erlangen, indem er die Vorlage einer Vollmacht verlangt; § 174 S. 1 BGB ermöglicht entsprechend die Zurückweisung ohne Vorlage einer Vollmachtsurkunde vorgenommener einseitiger Rechtsgeschäfte. Auf der ande829
Vgl. Staudinger-Engler (2004), Vorbem zu §§ 1773 ff Rn. 14. Vgl. zu diesen Grenzen außerhalb des Handlungsorganisationsrechts ausführlich BVerfGE 10, 302, 324 f.; BGHZ 145, 297, 307 ff.; BayObLG NJW-RR 2001, 1513; OLG Hamm NJW-RR 2003, 290, 291. 831 Oben B II (S. 163 ff.). 830
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C. Numerus clausus der Ämter
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ren Seite stehen die beiden durch Gesetz (organisatorische Rechtssätze) geschaffenen Arten von Funktionsträgern. Das sind neben den Ämtern die Inhaber von mit gesetzlichen Kompetenzzuweisungen ausgestatteten Rechten. Bei diesen beiden Arten von Funktionsträgern beruhen nicht nur die Befugnisse im Organisationsbereich auf dem Amt oder dem betroffenen Recht, sondern auch die Handlungsmacht im Außenverhältnis. Diese Handlungsmacht entsteht also kraft Gesetzes, ist originärer Natur und kann daher mangels rechtsgeschäftlichen Begründungsaktes auch nicht durch Vollmachtsurkunde nachgewiesen werden.832 Das Publizitätsbedürfnis wird anders – etwa durch öffentliche Register – befriedigt.833 Auf Grundlage dieser Zweiteilung in rechtsgeschäftlich und gesetzlich geschaffene Funktionsträger lässt sich ein numerus clausus an Amtsformen feststellen. Ein Amt kann konkret in einer Handlungsorganisation nur dann Funktionsträger werden, wenn es der Gesetzgeber abstrakt geschaffen hat, um einem abstrakten von einem Amt wahrzunehmenden Intellektbetätigungsbedürfnis Rechnung zu tragen. Dieser numerus clausus ist verwandt mit dem im Gesellschaftsrecht anerkannten numerus clausus der Gesellschaftsformen.834 Beide numeri clausi beruhen auf dem Gedanken des Verkehrsschutzes.835 Die Handlungsstruktur eines am Rechtsverkehr teilnehmenden Gebildes muss für den Rechtsverkehr zugänglich sein. Es muss aufgrund der abstrakten Vorgaben des Gesetzes erkennbar sein, unter welchen Voraussetzungen und wie ein Subjekt am Rechtsverkehr teilnehmen kann. Diese Anforderungen erfüllt das Gesetz für die gesetzlich geschaffenen Ämter. Der numerus clausus der Ämter schränkt die Gestaltungsfreiheit der beteiligten Privaten nicht unangemessen ein. Zwar ist den Betroffenen die Schaffung von neuen Ämtern versagt. Sie können lediglich, wenn ihnen die Einrichtungskompetenz zufällt, die abstrakt vom Gesetz geschaffenen Ämter ausgestalten. Das Gesetz weist den Betroffenen aber andere Gestaltungsformen zu. Sie können ihre vorhandenen Kompetenzen rechtsgeschäftlich übertragen.836 Die Rechtsfolgen dieser Organisationsakte sind im BGB für den Rechtsverkehr eindeutig geregelt. Die Bedeutung des aufgezeigten numerus clausus lässt sich veranschaulichen, indem im Folgenden auf die Funktionen bestehender Ämter (unter I.), auf den Ausschluss privatautonomer Schaffung von Ämtern (unter II.) und schließlich auf die gerade angesprochene Gestaltungsbefugnis bei der Einrichtung von Ämtern näher eingegangen wird (unter III.).
832 So ist seit RGZ 74, 263, 265 ff., anerkannt, dass einseitige Rechtsgeschäfte von gesetzlichen Vertretern mangels Nachweises der Vertretungsmacht analog § 174 S. 1 BGB nicht zurückgewiesen werden können, weil die Vertretungsmacht gar nicht nachgewiesen werden kann, so etwa OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 470; Soergel-Leptien, § 174 Rn. 8; Staudinger-Schilken (2004), § 174 Rn. 6; MünchKommBGB-Schramm, § 174 Rn. 10. 833 Siehe § 10 D (S. 385 ff.). 834 Vgl. Nitschke, Personengesellschaft, 5 ff.; K. Schmidt, GesR, § 5 II 2; Westermann, Vertragsfreiheit, 118; Wiedemann, GesR I, § 12 I 3 b cc. 835 Vgl. zum Gesellschaftsrecht K. Schmidt, GesR, § 5 II 2; Westermann, Vertragsfreiheit, 118. 836 Siehe B II 1 (S. 165).
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I. Funktionen von Ämtern Ämter werden geschaffen, um besonderen (rechtspolitischen) Bedürfnissen zu genügen. Vielfach entspringen die Ämter der Notwendigkeit, in einem bestimmten Bereich eine Intellektbetätigungsfähigkeit herzustellen.837 Paradebeispiel für dieses Ziel sind Ämter, die Ausdruck staatlicher Fürsorge sind.838 Bei Ausfall der primären Handlungsorganisation ermöglichen diese Ämter erst die Intellektbetätigung eines Rechtsträgers, regelmäßig die des nicht handlungsfähigen Menschen. Zu diesen Ämtern zählen insbesondere Vormundschaft und Betreuung, aber auch verschiedene Arten der Pflegschaft.839 Der Staat erfüllt also durch die Errichtung und Einrichtung dieser Ämter auf den Grundrechten (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) beruhende Leistungspflichten gegenüber den Betroffenen. Durch eine andere Gruppe von Ämtern trägt der Staat dazu bei, seine aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Pflicht zu erfüllen, Privaten die Durchsetzung ihrer Rechte zu ermöglichen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, muss der Staat freilich zunächst eine funktionierende Gerichtsorganisation errichten, die nicht mit privaten Ämtern in Zusammenhang steht. Eine Unterstützung erlangen nach dem deutschen Modell die Gerichte aber durch verschiedene Amtswalter. So sichern Institute wie Prozesspfleger oder besonderer Vertreter überhaupt erst eine Prozessführung bzw. Vollstreckung gegen Prozessunfähige. Vor allem aber sorgen Insolvenz-, Nachlass- und Zwangsverwalter für die Abwicklung bestimmter Sondervermögen im Interesse von Gläubigern.840 Der Staat bietet ferner aus Ämtern bestehende Handlungsorganisationen Privaten an, um diesen privatrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten zu gewähren, die teilweise sogar grundrechtlich garantiert sind. Zu nennen sind zunächst die zum Teil aus Amtswalterorganen bestehenden Verbände. Im Gesellschaftsrecht wird so das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit durch die Vorgabe des numerus clausus an Verbänden ausgestaltet.841 Ein weiteres Beispiel ist die Möglichkeit, eine ebenfalls mit Organen ausgestattete Stiftung zu gründen. Diese Befugnis des Stifters lässt sich in Art. 14 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG verorten.842 Außerdem hat der Erblasser die Möglichkeit, seinen Nachlass durch einen Testamentsvollstrecker verwalten zu lassen. Das Recht, von diesem schon lange vor In-Kraft-Treten des BGB anerkannten Instituts843 Gebrauch machen zu können, sollte man ebenfalls als von Art. 14 GG geschützt ansehen. Über die grundrechtlich garantierten Rechte hinaus ist ferner den Wohnungseigentümern die Möglichkeit gegeben, durch organisationsrechtliche Regelungen zur Handlungsorganisation jedes 837
John, Rechtsperson, 78, spricht von einer notwendigen Handlungsorganisation. BVerfGE 54, 251, 268 f.; 10, 302, 311; Belling, Haftung, 150 f.; speziell zur Vormundschaft Staudinger-Engler (2004), Vorbem zu §§ 1773 ff Rn. 13; MünchKommBGB-Wagenitz, Vor § 1773 Rn. 18. 839 Dazu § 2 A (S. 9 ff.), § 4 A (S. 100 ff.). 840 Vgl. Belling, Haftung, 152 f.; eingehend Preuss, Zivilrechtspflege, 301 ff. 841 Wiedemann, GesR I, § 12 I 3 b cc. 842 Staudinger-Rawert (1995), Vorbem zu §§ 80 ff Rn. 43 ff. 843 So empfand es der BGB-Gesetzgeber ausweislich Mot. V, 236, als seine Aufgabe, »Klarheit in ein dunkles Institut zu bringen«. 838
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C. Numerus clausus der Ämter
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Wohnungseigentümers zählende Ämter mit Verwalter und Verwaltungsbeirat zu schaffen. Schließlich sind Ämter vom Gesetzgeber geschaffen worden, um ganz unterschiedlichen Zielen zu dienen: So wird durch den für die Wohnungseigentümer zustellungsbevollmächtigten Verwalter der Rechtsverkehr mit einer Personenmehrheit genau so erleichtert wie im Fall des Kartellvertreters nach § 13 GWB für die Kartellbehörde. In anderen Fällen werden schützenswerte Fremdinteressen durch einen externen Amtswalter in eine Handlungsorganisation integriert.844
II. Ausschluss privatautonomer Schaffung von Ämtern Das mit dem numerus clausus der Amtsformen einhergehende Verbot, private Ämter ohne gesetzliche Grundlage zu errichten, lässt sich an zwei prominenten Beispielen verdeutlichen, in denen die privatautonome Schaffung von Ämtern diskutiert, aber zu Recht von der überwiegenden Auffassung abgelehnt wird. 1. Sog. verdrängende Vollmacht Ein privat geschaffenes Amt könnte man zunächst darin sehen, dass ein handlungsfähiger Mensch für sich selbst eine Handlungsorganisation dergestalt schafft, dass nur eine von ihm »bevollmächtigte« Person, aber nicht er selbst, für sich handeln kann. Diese Problematik wird regelmäßig unter dem Begriff der »verdrängenden Vollmacht« erörtert.845 Eine solche wird ganz überwiegend für unzulässig gehalten.846 Vielfach wird zur Begründung dieses Ergebnisses auf § 137 BGB oder einen in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommenden allgemeinen Grundsatz zurückgegriffen.847 Dieser Bewertung ist Joachim Gernhuber entgegengetreten.848 Er kommt, gestützt auf den Befund, dass in vielen Fällen privative Befugnisverlagerungen zulässig sind, zu dem Ergebnis, dass unter dem Vorbehalt allgemeiner und spezieller Schranken verdrängende Vollmachten zulässig sind. Um zu dieser Problematik Stellung zu nehmen, ist ihr Standort zu bestimmen. Das Recht der Vollmacht ist nicht dieser Standort. § 167 BGB räumt lediglich dem Vollmachtgeber die Möglichkeit ein, einem anderen die Rechtsmacht zu verleihen, mit Wirkung für ihn selbst Rechtsgeschäfte vorzunehmen. Dazu, ob sich der Bevollmächtigende gleichzeitig aller oder bestimmter Handlungsbefugnisse entledigen kann, wird keine Aussage getroffen. Auch § 137 BGB hilft wenig wei844
Siehe § 4 C (S. 141 ff.). Zuletzt eingehend Gernhuber, JZ 1995, 381 ff. 846 BGH WM 1971, 956, 957; Bork, AT, Rn. 1454; Flume, Rechtsgeschäft, § 53 6; SoergelLeptien, § 168 Rn. 28; Medicus, AT, Rn. 936; Staudinger-Schilken (2004), § 167 Rn. 9; MünchKommBGB-Schramm, § 167 Rn. 114. 847 Berger, Verfügungsbeschränkungen, 92 f.; Liebs, AcP 175 (1975), 1, 41; Medicus, AT, Rn. 936; zur Vollmacht für eine Verfügung Soergel-Leptien, § 168 Rn. 28; MünchKommBGBSchramm, § 167 Rn. 114. 848 Gernhuber, JZ 1995, 381 ff.; zuvor bereits Müller-Freienfels, Vertretung, 124 ff. 845
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ter. Zwar kann der Träger eines veräußerlichen Rechts nach § 137 S. 1 BGB nicht seine Verfügungsbefugnis über das ihm zustehende Recht durch Rechtsgeschäft ausschließen. Er kann sich andererseits aber nach § 137 S. 2 BGB durch Schuldvertrag binden, eine solche Verfügung nicht vorzunehmen. Gegenstand des durch eine »verdrängende Vollmacht« angestrebten Verbots ist aber nicht ein Ausschluss der Verfügungsbefugnis, sondern der Handlungsbefugnis.849 Den Unterschied verdeutlicht ein Blick auf die Wirkungen der Insolvenzeröffnung. Der Insolvenzschuldner verliert zwar durch die Beschlagnahme seines Vermögens die Verfügungsbefugnis über die Gegenstände seines Vermögens (§ 80 InsO). Er behält aber seine Handlungsfähigkeit. Er kann Neuverbindlichkeiten begründen, die nach §§ 38 f. InsO nicht am Insolvenzverfahren teilnehmen, und einen Neuerwerb erlangen, der nach Maßgabe des § 35 InsO zur Insolvenzmasse zählt. Die Verortung des Problems der verdrängenden Vollmacht beim Ausschluss der Handlungsfähigkeit des Bevollmächtigenden diktiert das Ergebnis: Diese Gestaltung ist unzulässig, weil sie von der zwingenden Handlungsorganisation von Rechtsträgern abwiche. Nach dem Organisationsrecht kann eine juristische Person durch ihre Organe, der Mensch aber auf natürliche Weise selbst handeln. Diese Vorgaben können durch Rechtsgeschäft nicht geändert werden. Grund für den zwingenden Charakter dieser Organisationsregeln ist vor allem der Schutz des Rechtsverkehrs. Der Rechtsverkehr muss darauf vertrauen dürfen, dass jemand, der handelt, dadurch auch Wirkungen erzielen kann. Die von Gernhuber angeführten Beispiele dafür, dass eine verdrängende Vollmacht anerkannt sei, stehen diesem Ergebnis nicht entgegen. Die Beispiele betreffen nie die Handlungsfähigkeit. Die Zulässigkeit der von ihm angeführten Institute ergibt sich jeweils aus besonderen Gründen. Zum einen handelt es sich um Fälle, in denen der Gesetzgeber ausdrücklich besondere organisatorische Regelungen zugelassen hat. So führt Gernhuber den Fall an, dass die Gesellschafter einer GbR sich im Gesellschaftsvertrag von der Führung der Geschäfte ausschließen lassen können (§§ 710, 714 BGB).850 Unabhängig von der Frage, inwieweit überhaupt das Handeln für eine GbR als Eigenhandeln jedes Gesellschafters zu verstehen ist, beruht diese Organisationsmacht schlicht auf der ausdrücklichen Erlaubnis durch das Gesetz. Zum anderen handelt es sich um Fälle von sog. Vertreterklauseln.851 Vertreterklauseln geben einem Rechtsinhaber auf, sein Recht nur durch bestimmte Vertreter auszuüben.852 Eine eigene Entrechtung durch Vertreterklausel liegt vor, wenn ein Gläubiger sich seinem Schuldner gegenüber verpflichtet, sein Recht nur durch einen bestimmten Vertreter auszuüben. Die Verdrängungswirkung beruht dann auf der den Rechtsinhaber treffenden Verpflichtung, durch einen Vertreter zu handeln. Die eigenen Handlungen des Rechtsinhabers bleiben zwar wirksam, gehen aber ins Leere. Eine organisationsrechtlich angelegte Entledigung von eigenen Handlungsbefugnissen scheitert also daran, dass die eigene Handlungsbefugnis nicht dispositiv 849 850 851 852
Vgl. auch Medicus, AT, Rn. 936: »wie ein Unmündiger«. Gernhuber, JZ 1995, 381, 386. Gernhuber, JZ 1995, 381, 386. Etwa zu § 69 AktG siehe § 4 B III (S. 138).
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C. Numerus clausus der Ämter
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ist. Es gibt aber verschiedene Einzelfälle, in denen einem Rechtssubjekt auferlegt sein kann, durch Vertreter zu handeln. 2. Selbstorganschaft im Personengesellschaftsrecht Ein weiteres, noch viel mehr diskutiertes Problem ist der Grundsatz der Selbstorganschaft im Recht der Personengesellschaft.853 Nach ganz überwiegender Meinung ist die Selbstorganschaft ein zwingendes Prinzip des Rechts der Personengesellschaften, jedenfalls der typischen Personengesellschaften GbR, OHG und KG.854 Die Selbstorganschaft wird für eines der Charakteristika gehalten, die die Personengesellschaft von der juristischen Person unterscheiden.855 Es gibt aber auch Gegner dieses Prinzips.856 Die Einwände lassen sich grob in zwei Strömungen einteilen. Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre wurden intensiv der Typenzwang und die Grenzen der Privatautonomie im Gesellschaftsrecht diskutiert. In dieser Diskussion diente und dient heute noch die Selbstorganschaft als beliebtes Beispiel, um die Grenzen der Privatautonomie infrage zu stellen.857 Heute wird die Selbstorganschaft zudem gemeinsam mit dem Dualismus von juristischer Person und Personengesellschaft bekämpft.858 a) Gegenstand der Selbstorganschaft Bevor untersucht werden kann, ob die Selbstorganschaft im Gesellschaftsvertrag abdingbar ist, muss zunächst bestimmt werden, was Gegenstand des Prinzips der Selbstorganschaft ist. Der Inhalt dieses Prinzips ist keineswegs geklärt.859 Jedenfalls in dem hier angesprochenen handlungsorganisationsrechtlichen Zusammenhang ist als Selbstorganschaft das zu charakterisieren, was BGB und HGB als Organisationsform für die Handlungsorganisation der dort geregelten (typischen) Personengesellschaften vorsehen. Die Handlungsorganisation dieser Personengesellschaften führt spezifische Rechtsfolgen herbei. Das Handeln für die Personengesellschaft ist daher entge853
Ausführlich zum Meinungsstand bis 1991 Werra, Selbstorganschaft, 76 ff. BGHZ 146, 341, 360; 51, 198, 200; 41, 367, 369; 36, 292, 295; 33, 105, 108; 26, 330, 332; Huber, ZHR 152 (1988), 1, 13 f.; Hueck, OHG, § 20 I; Reuter, Schranken, 178 ff.; ders., Festschrift Steindorff, 229, 232 ff.; K. Schmidt, GesR, § 14 II 2; ders., Gedächtnisschrift KnobbeKeuk, 307 ff.; MünchKommBGB-Ulmer, § 709 Rn. 5; Wertenbruch, Haftung, 176; Wiedemann, GesR I, § 6 IV 1 a; ders., GesR II, § 4 II 2 a bb; ders., Festschrift Schilling, 105, 110. 855 Vgl. nur Ulmer, AcP 198 (1998), 113, 122. 856 Bergmann, Handelsgesellschaft, 485 ff.; Beuthien, ZIP 1993, 1589, 1595, 1597; Raiser, AcP 194 (1994), 495, 508 f.; ders., Festschrift Zöllner I, 469, 485; Weber, Privatautonomie, 277 ff. 857 Nitschke, Personengesellschaft, 245; Teichmann, Gestaltungsfreiheit, 116 ff.; Westermann, Vertragsfreiheit, 153 ff., 445 ff.; heute insbesondere Beuthien, ZIP 1993, 1589, 1595, 1597; Weber, Privatautonomie, 277 ff. 858 Bergmann, Handelsgesellschaft, 485 ff.; Raiser, AcP 194 (1994), 495, 508 f.; ders., Festschrift Zöllner I, 469, 485; in diese Richtung auch Staudinger-Habermeier (2003), Vorbem zu §§ 705–740 Rn. 29, § 709 Rn. 12. 859 Vgl. zu den unterschiedlichen Verwendungsmöglichkeiten dieses Begriffs Beuthien, ZIP 1993, 1589, 1587; Nitschke, Personengesellschaft, 214 ff.; K. Schmidt, Gedächtnisschrift Knobbe-Keuk, 307, 310; für unklar hält den Begriff ferner Grunewald, GesR, Rn. 1 A 41 ff. 854
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gen einer früher vertretenen Lehre860 vom gemeinschaftlichen Handeln der Personengesellschafter zu trennen. Gleich ob sie rechtsfähig ist, verfügt sie jedenfalls über ein spezifisches Handlungssubjekt.861 Wie eine juristische Person bedarf sie eines Organs, das für sie in zurechenbarer Weise Intellektbetätigungen vornimmt.862 Eine Personengesellschaft verfügt also über Organe. Diese Eigenschaft wird mit dem zweiten Teil des hier zu klärenden Begriffs Selbstorganschaft ausgedrückt. Die Besonderheit der Handlungsorganisation der Personengesellschaften, die den Gebrauch des Begriffs Selbst-organschaft gegenüber dem der Fremd-organschaft rechtfertigt, beruht darauf, wie das Organ besetzt ist. Hier ist auf den bereits festgestellten Unterschied zwischen Amtswalter-Organen und MitgliederOrganen zurückzukommen.863 Selbstorganschaft liegt vor, wenn das Leitungsorgan eines Verbandes wie bei den Personengesellschaften ein Mitglieder-Organ ist, die Zugehörigkeit zu diesem Organ also unmittelbar auf der Mitgliedschaft beruht. Die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse folgen dann aus der Mitgliedschaft,864 nicht wie bei den Amtswaltern aus der Organwalterstellung. Den Mitgliedern kommt die Organstellung zu, weil sie aufgrund der Mitgliedschaft die Gesellschaft vertreten können. Wollte man den Grund der Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht der Mitglieder bezeichnen, böte sich daher an, von einer mitgliedschaftlichen, nicht wie gebräuchlich865 von einer organschaftlichen Rechtsmacht zu sprechen. Der Terminus der organschaftlichen Vertretungsmacht soll aber zu Recht vor allem ausdrücken, dass die verselbstständigte Organisation Personengesellschaft durch ihren institutionalisierten Bestandteil Organ, der freilich nur durch die Mitglieder handeln kann, handlungsfähig ist.866 Diese Organisation der Personengesellschaften unterscheidet sich erheblich von der in der Genossenschaft, in der nach § 9 GenG die Organe der Gesellschaft durch Genossen zu besetzen sind. Zwar gleichen sich beide Organisationsformen darin, dass eine Geschäftsführung und Stellvertretung durch Nichtgesellschafter nicht vorgesehen, im Genossenschaftsrecht sogar ausdrücklich verboten ist. Der Unterschied besteht aber darin, dass im Recht der Personengesellschaft zur gesetzlich geschaffenen Organisationsverfassung keine Organe in Form von (aus Ämtern bestehenden) institutionellen Kompetenzkomplexen zählen. Kern der selbstorganschaftlichen Verfassung ist damit, dass die Intellektbetätigungskompetenzen für die Personengesellschaft originär den Mitgliedern gemeinschaftlich (als Teilhaberechte) zugewiesen sind. Eine strenge Ausgestaltung der Kompetenzen als Teilhaberechte wäre allerdings schwerfällig. Die Willensbil-
860 Huber, Vermögensanteil, 30 f.; Staudinger-Keßler, 12. Aufl. (1991), § 714 Rn. 2 f.; Rittner, Person, 257 f.; Palandt-Sprau, 60. Aufl. (2001), § 714 Rn. 1. 861 Siehe § 2 B III (S. 13), § 3 C III 2 (S. 54 ff.). 862 Bergmann, Handelsgesellschaft, 66 f; Beuthien, Festschrift Zöllner, 87, 104 f.; Flume, Personengesellschaft, § 10 I; K. Schmidt, GesR, § 10 I 3; MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 255. 863 Siehe B II 2 a (S. 166 f.). 864 MünchKommBGB-Ulmer, § 709 Rn. 5, § 714 Rn. 12. 865 Staudinger-Habermeier (2003), § 714 Rn. 2; MünchKommBGB-Ulmer, § 714 Rn. 17. 866 Vgl. Beuthien, Festschrift Zöllner, 87, 104 f.
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dung müsste stets durch Beschluss aller Gesellschafter und die Vertretung durch Gesamtakt aller Gesellschafter vollzogen werden. Das Gesetz verlangt das nicht. Es erlaubt, Gesellschaftern Geschäftsführungsbefugnisse zu übertragen (§§ 710 BGB, 114 Abs. 2 HGB), Gesellschafter zur Vertretung zu ermächtigen (§§ 714 BGB, 125 HGB) oder Gesellschafter von Geschäftsführung und Vertretung auszuschließen (§§ 710, 714 BGB867, 114 Abs. 2, 125 HGB).868 Diese Kompetenzverlagerungen können im Gesellschaftsvertrag zum Gegenstand der Mitgliedschaft gemacht werden. Der besondere mitgliedschaftliche Charakter dieser Kompetenzen kommt vor allem dadurch zum Ausdruck, dass die eingeräumten Kompetenzen nur unter besonderen Voraussetzungen (§§ 712, 715 BGB, 117, 127 HGB) wieder entzogen werden können. Diese mitgliedschaftlichen Kompetenzverlagerungen sind als Ausdruck der gemeinschaftlichen mitgliedschaftlichen Kompetenzen aller Gesellschafter zu verstehen. Gegenstand des Gesellschaftsvertrags ist es nicht zu bestimmen, wem die Kompetenz zur Geschäftsführung und die Vertretungsmacht originär zufällt. Die Gesellschafter regeln im Gesellschaftsvertrag vielmehr lediglich, wie ihre originären gemeinschaftlichen Kompetenzen ausgeübt werden sollen. Daher beseitigt eine gesellschaftsvertragliche Regelung die originäre Geschäftsführungsbefugnis aller Gesellschafter nicht; diese originären Kompetenzen werden aber von besonderen im Gesellschaftsvertrag eingeräumten Kompetenzen überlagert. Die Maßgeblichkeit der vertraglichen Regelung entspricht der gesetzlichen Umschreibung als »Übertragung« der Geschäftsführungsbefugnisse. Die Weiterleitung der Vertretungsmacht durch »Ermächtigung«869 im Gesellschaftsvertrag führt zu einer Vervielfachung der Vertretungskompetenzen. Neben den ermächtigten Gesellschaftern bleibt weiterhin die Gesamtheit der Gesellschafter zur Vertretung berechtigt. Von der Konstruktion her unterscheidet sich diese gesellschaftsvertragliche »Ermächtigung« nicht von der auch in § 125 Abs. 2 S. 2 HGB vorgesehenen Möglichkeit von Gesamtvertretern, durch Ermächtigung einem der Gesamtvertreter eine Einzelvertretungsmacht einzuräumen.870 Gegen diesen Fortbestand der gemeinschaftlichen Vertretungsmacht sprechen nicht die Interessen der im Gesellschaftsvertrag mit besonderen Kompetenzen ausgestatteten Gesellschafter. Ihre Interessen sind nicht beeinträchtigt, weil auch sie beim gemeinschaftlichen Handeln aller Gesellschafter mitwirken müssten. Für den Fortbestand der originären gemeinschaftlichen Handlungsbefugnis spricht aber der Gedanke, dass hinter der Personengesellschaft die Gesellschafter als Einzelperso867 Der Gesetzgeber ging noch von der Vorstellung aus, Zurechnungsendsubjekt sei nicht die Gesellschaft, sondern alle Gesellschafter. § 714 BGB liegt noch die Konzeption des ersten Entwurfs zum BGB zugrunde, die Gesellschaft sei Schuldvertrag, siehe Mot. II., 591. 868 Für die Personenhandelsgesellschaften ist die Ermächtigung der Gesellschafter zur Einzelvertretung sogar gesetzlicher Regelfall (§ 125 Abs. 1 HGB). 869 Der Ausdruck »Bevollmächtigung« des § 640 E I wurde über »Befugnis« (Kommissionsbeschluss oder § 654 E II) in »Ermächtigung« geändert. Diese Umformulierung sollte eine redaktionelle, keine inhaltliche Änderung bedeuten, siehe Prot. II., 424. 870 Freilich bestehen für eine solche gesellschaftsvertragliche Ermächtigung nicht die Grenzen, die sonst für eine Ermächtigung unter Gesamtvertretern gelten. Denn diese Grenzen sollen verhindern, dass abweichend von Sinn und Zweck der Gesamtvertretung die Gesamtvertreter sich eine Einzelvertretungsmacht qua Ermächtigung schaffen, dazu Bork, AT, Rn. 1442.
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nen stehen, deren Handlungsmacht nicht beschränkt werden kann. Außerdem lassen sich auf dieser Grundlage zum Charakter der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft (dazu aa.), zur Ermächtigung einzelner Gesellschafter zur Einzel- oder Gesamtvertretung (dazu bb.) und zum Ausschluss von der Vertretung (dazu cc.) interessengerechte Ergebnisse begründen: aa) Handlungsfähigkeit der Gesellschaft Die die Personengesellschaft darstellenden Gesellschafter gewährleisten die Handlungsfähigkeit der Personengesellschaft.871 Man kann von einer abgeleitet natürlichen Handlungsfähigkeit der Gesellschaft sprechen. Die Begründung der Handlungsfähigkeit unterscheidet sich zwar von der natürlichen Handlungsfähigkeit des Menschen, weil sie der Vermittlung durch Zurechnung von den Gesellschaftern zur Gesellschaft bedarf. Sie ähnelt ihr aber, weil sie nur von der natürlichen Handlungsfähigkeit ihrer Gesellschafter abhängig ist. In diesem Punkt unterscheidet sie sich von der Handlungsfähigkeit bei den fremdorganschaftlich verfassten Organisationen. Bei diesen ist durch die Organisationsverfassung nur die abstrakte Handlungsfähigkeit gesichert. Zur konkreten Handlungsfähigkeit bedürfen die Organe der Besetzung durch handlungsfähige Personen. Dieser Unterschied drückt sich darin aus, dass eine Bestellung von Notorganwaltern entsprechend §§ 29 BGB, 85, 104 AktG nur in Betracht kommt, wenn eine Gesellschaft fremdorganschaftlich organisiert ist. Bei einer selbstorganschaftlichen Organisation passen die Vorschriften über Notorgane weder nach Tatbestand noch nach Rechtsfolge.872 Der Tatbestand kann nicht erfüllt sein, weil die Gesellschafter jedenfalls gemeinsam immer für die Gesellschaft handeln können. Die Rechtsfolge passt ebenfalls nicht, weil ein Organ als von Personen zu besetzender institutionalisierter Kompetenzkomplex nicht vorhanden ist. bb) Ermächtigung einzelner Gesellschafter Die gesellschaftsvertragliche Ermächtigung bestimmter Gesellschafter zur Einzel- oder Gesamtvertretung ist nicht als originäre, sondern als abgeleitete Handlungsmacht zu verstehen. Sie beruht damit auf der Willensentscheidung der die Gesellschaft darstellenden Gruppe aller Gesellschafter. Vertragspartnern der GbR ist es daher möglich, den Nachweis der Vertretungsmacht von durch den Gesellschaftsvertrag mit besonderen Vertretungsbefugnissen ausgestatteten Gesellschaftern zu verlangen.873 Die ermächtigten Gesellschafter können eine von allen Gesellschaftern ausgestellte Vollmacht beschaffen und vorlegen. Vertragspartner erhalten so die Gewissheit über die Wirksamkeit der vom ermächtigten Vertreter abgegebenen Willenserklärung (§ 172 BGB).
871 Vgl. Flume, Personengesellschaft, § 14 VIII; K. Schmidt, GesR, § 14 II 2 a zur rechtsfähigen Gruppe; ferner GroßKommHGB-Ulmer, § 117 Rn. 75a zur Stellung der Gesellschafter als »Herren der Gesellschaft«. 872 Vgl. Bergmann, Handelsgesellschaft, 84 ff.; K. Schmidt, GesR, § 10 I 1 c bb. 873 Im Recht der Handelsgesellschaften übernimmt das Handelsregister diese Publizitätsfunktion. Die Anmeldung zum Handelsregister müssen aber nach § 108 HGB ebenfalls alle Gesellschafter gemeinschaftlich bewirken.
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Nur so lässt sich die vom BGH zu Recht befürwortete Anwendung des § 174 S. 1 BGB auf ein einseitiges Rechtsgeschäft begründen, das durch einen im Gesellschaftsvertrag ermächtigten Gesellschafter einer GbR vorgenommen wird.874 § 174 S. 1 BGB ist direkt nur auf die Vollmacht anzuwenden. Eine entsprechende Anwendung auf gesetzliche und organschaftliche – also auch auf die auf Mitgliedschaft beruhende – Vertretungsmacht scheidet grundsätzlich aus.875 In diesen Fällen beruht die Vertretungsmacht nicht auf einer Willensentscheidung des Vertretenen. Der Vertretene ist sogar regelmäßig ohne Organ oder gesetzlichen Vertreter nicht handlungsfähig, so dass er die Vollmachtsurkunde nicht erstellen kann. Anders liegt es aber, wenn mehrere Gesamtvertreter einen von ihnen zur Einzelvertretung ermächtigen. Dann können alle Gesamtvertreter gemeinschaftlich die Vollmachtsurkunde über die Ermächtigung ausstellen.876 Auf diese Ermächtigung ist daher § 174 BGB ebenfalls anzuwenden.877 Entsprechendes muss für die Einzelvertretungsmacht in der GbR gelten. cc) Ausschluss von der Vertretung Schließlich bedeutet der Ausschluss eines Gesellschafters von der Vertretung niemals einen Ausschluss von seinem ihm originär zugeordneten mitgliedschaftlichen Teilhaberecht.878 Dem Ausschluss können nur zwei Bedeutungen zukommen: Entweder bezieht sich der Ausschluss auf besondere im Gesellschaftsvertrag dem Gesellschafter eingeräumte Befugnisse. Den Ausschluss solcher Befugnisse regeln §§ 715 BGB, 127 HGB. Oder der Ausschluss ist lediglich Kehrseite einer Befugniserweiterung der anderen Gesellschafter. Die anderen Gesellschafter können dann aufgrund einer besonderen Regelung im Gesellschaftsvertrag nach §§ 710, 714 BGB, 125 HGB ohne den »ausgeschlossenen« Gesellschafter handeln879. 874 BGH NJW 2002, 1194, 1195; Staudinger-Schilken (2004), § 174 Rn. 6; MünchKommBGB-Ulmer, § 714 Rn. 26; Wertenbruch, DB 2003, 1099, 1100 f. 875 Vgl. RGZ 74, 263, 265 ff.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 470; Soergel-Leptien, § 174 Rn. 8; Staudinger-Schilken (2004), § 174 Rn. 6; MünchKommBGB-Schramm, § 174 Rn. 10. Eine analoge Anwendung hinsichtlich organschaftlicher oder mitgliedschaftlicher Vertretungsmacht, die im Handelsregister nachgewiesen ist, erübrigt sich freilich schon deswegen, weil es am Bedürfnis des Rechtsverkehrs für einen (weiteren) Nachweis fehlt. 876 Entgegen den Andeutungen des BGH, NJW 2002, 1194, 1195, erfüllt ein die Vertretung regelnder Gesellschaftsvertrag nicht die Anforderungen von §§ 172, 174 BGB, ebenso Heil, NJW 2002, 2158; a. A. Wertenbruch, DB 2003, 1099, 1101; zweifelnd Staudinger-Schilken (2004), § 174 Rn. 6, § 172 Rn. 1. 877 BGH NJW 2002, 1194, 1195; BAG NJW 1981, 2374; Soergel-Leptien, § 174 Rn. 7; MünchKommBGB-Schramm, § 174 Rn. 2. 878 In diesem Punkt steht das hier vorgestellte Konzept in Widerspruch zu der vielfach anzutreffenden Lesart, dass ein Gesellschafter, aber nicht alle Gesellschafter, von der Vertretung ausgeschlossen werden könnte, so etwa Huber, ZHR 152 (1988), 1, 14. Die hier gewählte Formulierung verschließt aber – ohne zu sachlichen Unterschieden zur überwiegenden Lesart zu kommen – das Einfallstor für diejenigen, die aus einem Ausschluss einzelner Gesellschafter von der Vertretung begründen wollen, dass alle Gesellschafter von der Vertretung ausgeschlossen werden können. Die gesetzliche Regelung von »Ermächtigung« einzelner und »Ausschluss« anderer soll nur die Möglichkeit aufzeigen, Gesellschafter ungleich zu behandeln. 879 Ob eine solche Befugniserweiterung der anderen Gesellschafter auch Rechtsfolge des Ausschlusses nach §§ 712, 715 BGB, 117, 127 HGB sein kann, ist insbesondere im Hinblick auf
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Es ist aber eben nicht zulässig, durch den Ausschluss eines Gesellschafters die gemeinschaftliche Handlungsmacht der Gesellschafter zu beschneiden. Das gilt namentlich hinsichtlich der gemischten Gesamtvertretung nach § 126 Abs. 3 HGB. Auch in diesem Fall muss die Gruppe der Gesellschafter ohne die Mitwirkung des Prokuristen handlungsfähig bleiben. Diese Feststellung ergibt sich schon daraus, dass sonst dem Prokuristen seine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht gar nicht erteilt werden könnte. In konsequenter Anwendung dieses Grundsatzes kann auch der einzige Komplementär einer Kommanditgesellschaft nicht an die Mitwirkung des Prokuristen gebunden werden.880 Für die passive Vertretungsmacht ist der Ausschluss von der Vertretungsmacht freilich von Bedeutung. Nach § 125 Abs. 2 S. 3 HGB sind nur die Gesellschafter zur passiven Vertretung berufen, die nicht von der Vertretung ausgeschlossen sind. Zweifelhaft ist, ob diese Regelung auch im Recht der GbR aus Verkehrsschutzgründen gegenüber denjenigen Bestand haben kann, die von der Zusammensetzung der Gesellschaft, aber nicht vom Ausschluss der Vertretungsmacht Kenntnis haben. b) Unzulässigkeit der Fremdorganschaft Versteht man den Begriff der Selbstorganschaft in dem dargestellten Sinn, so muss man zwei im Zusammenhang mit der Selbstorganschaft diskutierte Fragen trennen. Der Grundsatz der Selbstorganschaft ist nicht berührt, wenn die Geschäftsführungs- und Vertretungskompetenzen der Kommanditisten in der KG diskutiert werden.881 Da die Kommanditisten ebenfalls Mitglieder der KG sind, können auch ihnen im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Befugnisse als mitgliedschaftliche verstanden werden. § 163 HGB lässt eine solche Kompetenzeinräumung hinsichtlich der Geschäftsführungsbefugnisse zu. Hinsichtlich der Vertretungsbefugnisse ist zu entscheiden, ob auch die Kommanditisten zur Gruppe der vertretungsberechtigten Gesellschafter gehören oder jedenfalls kraft Gesellschaftsvertrags einbezogen werden können. § 170 HGB legt gerade im Umkehrschluss zu § 163 HGB nahe, das nicht zuzulassen. Der Grundsatz der Selbstorganschaft ist aber berührt, wenn die Handlungsfähigkeit einer Personengesellschaft nicht durch die Gruppe der Gesellschafter, sondern durch ein mit Amtswaltern zu besetzendes Organ hergestellt werden soll. Eine solche Gestaltung ist aus folgenden Gründen mit dem geltenden Recht nicht zu vereinbaren:
den Wortlaut von § 712 BGB umstritten: dafür Staudinger-Habermeier (2003), § 712 Rn. 5; MünchKommBGB-Ulmer, § 712 Rn. 5 f.; dagegen GroßKommHGB-Fischer, 3. Aufl. (1973), § 117 Anm. 2; Staudinger-Keßler, 12. Aufl. (1991), § 712 Rn. 2; differenzierend Link, Amtsniederlegung, 99 ff.: in der GbR unzulässig wegen § 712 BGB, in der OHG/KG zulässig. 880 BGHZ 26, 330, 333; Röhricht/v. Westphalen-v. Gerkan, § 125 Rn. 1; K. Schmidt, GesR, § 48 II 3 c. 881 So etwa in BGHZ 51, 198.
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aa) Gesetzliche Regelungen Zunächst spricht das Gesetz gegen diese Konstruktion.882 BGB und HGB sehen eine Vertretung der dort geregelten Personengesellschaften durch Amtswalter nicht vor. Es fehlen im Recht der Personengesellschaften Regelungen, die das Rechtsverhältnis von Amtswaltern zur Gesellschaft, aber auch öffentlich-rechtliche Pflichten wie die Insolvenzantragspflicht883 bestimmen.884 Organschaftliche Vertretungsbefugnisse von Amtswaltern sind ferner zur Eintragung im Handelsregister nicht vorgesehen. Nach § 106 Nr. 4 HGB hat im Handelsregister nur eine Eintragung der Vertretungsmacht der Gesellschafter zu erfolgen.885 Es kommt im Zusammenhang mit der Selbstorganschaft nicht darauf an, inwieweit gesellschaftsrechtliche Normen dispositiv oder zwingend sind. Es fehlt für eine mit Amtswaltern ausgestattete Organisationsverfassung eine gesetzliche Ermächtigung.886 In der Diskussion um Rechtsformzwang, Typenzwang oder Typenfreiheit ist davon auszugehen, dass die Erzeugung organisatorischer Handlungskompetenzen der Regelung durch den Gesetzgeber vorbehalten ist. Das Organisationsrecht der einzelnen Rechtsträger bestimmt nämlich, aufgrund welcher Regelungen die Handlungsfähigkeit des Rechtsträgers hergestellt wird.887 Die Personengesellschaft kann die Leitungskompetenzen nur durch ihre Mitglieder vermittelt erhalten. Jede andere Gestaltung ist vom Gesetz de lege lata nicht gedeckt. Insoweit ist der Typ Personengesellschaft in der Ausformung durch BGB und HGB geschlossen888, die Parteibefugnis zurückgedrängt. Man kann diese Ermächtigungslücke auch nicht dadurch schließen, dass man auf das Amtswalterrecht anderer Rechtsformen zurückgreift.889 Diese Normen setzen die zulässige Wahl der anderen Rechtsform voraus.890
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Huber, ZHR 152 (1988), 1, 13 f. K. Schmidt, GesR, § 14 II 2 e. 884 Wiedemann, Festschrift Schilling, 107, 110. 885 Der Gesetzgeber hat mit ERJuKoG v. 10.12.2001 (BGBl. I, 3422) insoweit den Grundsatz der Selbstorganschaft bestätigt. Durch dieses Gesetz wurde die Anmeldepflicht hinsichtlich der Vertretungsmacht der Gesellschafter von § 125 Abs. 4 HGB a. F. in § 106 Nr. 4 HGB n. F. verschoben. Inhaltlich ging es darum, die Transparenz des Handelsregisters dadurch zu stärken, dass nunmehr auch anzumelden ist, wenn der Gesellschaftsvertrag nicht vom gesetzlichen Regelfall abweicht, siehe BT-Drucks. 14/6855, S. 19. 886 Huber, ZHR 152 (1988), 1, 14 887 Vgl. Huber, ZHR 152 (1988), 1, 13; Reuter, Festschrift Steindorff, 229, 232 ff.; ders., Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, 631, 634. Auch K. Schmidt, GesR, § 5 II 1 a, führt aus, dass als Bestandteil einer Rechtsform vom objektiven Recht die Organisation (und die Haftungsverfassung) eines Rechtssubjekts festgelegt wird; dennoch erörtert er später (§ 14 II 2 e, S. 413 f.) die Selbstorganschaft als zu rechtfertigende Einschränkung des Prinzips der gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsfreiheit. 888 Vgl. zur Terminologie Nitschke, Personengesellschaft, 5. 889 So aber Bergmann, Handelsgesellschaft, 570 ff. 890 Einen ganz anderen Ausgangspunkt hatte die mittlerweile durch den Gesetzgeber entschiedene (§§ 130a f., 177a HGB) Diskussion über die Zulässigkeit einer Personengesellschaft, bei der keine natürliche Person vollhaftender Gesellschafter ist, also insbesondere die der GmbH & Co. KG. Mit dieser Mischform machen die Gesellschafter nämlich lediglich von verschiedenen durch die Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Rechtsformen zugleich Gebrauch. 883
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bb) Wertungen Das Ergebnis lässt sich aber ferner auch auf Wertungsgesichtspunkte stützen. So bedarf eine Personengesellschaft keiner fremdorganschaftlichen Verfassung, damit Dritte für die Gesellschaft maßgebliche Entscheidungen treffen und im Außenverhältnis handeln können. Dritter und Gesellschaft können einen entsprechenden Vertrag schließen und die Gesellschaft kann den Dritten entsprechend bevollmächtigen.891 Allein eine »Selbstentmündigung« der Gesellschafter, dass sie gemeinschaftlich nicht für die Gesellschaft handeln können ist wie die privative Bevollmächtigung ausgeschlossen.892 Auch eine Handelsgesellschaft darf sich nicht durch die Entmachtung der Gesellschafter handlungsunfähig machen. Mit dieser Einschränkung werden keine schützenswerten Rechte der Gesellschafter oder der Gesellschaft beeinträchtigt. Vielmehr dient es der Klarheit im Rechtsverkehr, dass jedes rechtsgeschäftliche Handeln für die Personengesellschaft auf der originären Handlungsmacht der Gesellschafter beruht. Jeder Dritte, der für die Gesellschaft handeln will, kann sich daher eine Vollmachtsurkunde der Gesellschafter beschaffen. Diese Vollmachtsurkunde verschafft Geschäftspartnern Klarheit (§ 172 BGB) über die Befugnis des Dritten, für die Gesellschaft zu handeln. cc) Abgrenzungen Abschließend bleibt klarzustellen, dass sich die vorstehenden Erwägungen nur auf die Verfassung von GbR, OHG und KG nach geltendem Recht beziehen. Der Gesetzgeber kann Personengesellschaften auch anders ausgestalten, indem er für diese ein Amtswalterrecht schafft.893 Freilich besteht für eine solche Umgestaltung kein Bedürfnis. Die begrüßenswerte Koppelung von Unternehmensleitung und persönlicher Haftung ist ein Aspekt,894 der rechtspolitisch für die Beibehaltung der bestehenden Handlungsverfassung spricht. Der vielfach herausgestrichene Verkehrsschutz stellt einen weiteren Gesichtspunkt dar. Gesellschaften, die wie die Personengesellschaften zur Entstehung nicht der Eintragung in ein Register bedürfen, sollten nicht durch freilich mit Personen zu besetzende, aber doch unkörperliche Institutionen handeln können. Vorzuziehen ist das geltende Recht, das auf die körperlich präsente Gemeinschaft der Gesellschafter abstellt. Vom erörterten Thema ist schließlich die Diskussion zu scheiden, inwieweit sich eine Personengesellschaft durch Einräumung unwiderruflicher Vollmachten oder durch den Abschluss von Unternehmensverträgen der Herrschaft Dritter unterwerfen kann.895 Hier sollte allein der Aspekt der Handlungsorganisation
891 BGHZ 146, 341, 360; 36, 292, 295; BGH NJW 1982, 877, 2495 f.; Röhricht/v. Westphalen-v. Gerkan, § 114 Rn. 7; Huber, ZHR 152 (1988), 1, 15; K. Schmidt, Gedächtnisschrift Knobbe-Keuk, 307 f.; MünchKommBGB-Ulmer, § 709 Rn. 6. 892 Flume, Personengesellschaft, § 14 VIII; Reuter, Festschrift Steindorff, 229, 232 ff. 893 K. Schmidt, Gedächtnisschrift Knobbe-Keuk, 307, 313 f. Eine Besonderheit bietet nach geltendem Recht die Möglichkeit des Fremdliquidators nach § 146 Abs. 2 HGB. 894 Vgl. dazu plastisch Wiedemann, JZ 1969, 470, 471; ferner Werra, Selbstorganschaft, 94 ff. m. w. Nachw. 895 Dazu Huber, ZHR 152 (1988), 1, 14 ff.; K. Schmidt, Gedächtnisschrift Knobbe-Keuk, 307, 318 f.
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beleuchtet werden. Aus diesem folgt, dass bei solchen Gestaltungen handlungsorganisatorisch stets von der originären Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht der Gesellschafter auszugehen ist. 3. Fazit Die beiden Beispiele weisen zunächst beachtliche Unterschiede auf. Dem handlungsfähigen Menschen stellt die Rechtsordnung gar keine Organisationsmacht zur Verfügung, während die Personengesellschaft auf dem Gesellschaftsvertrag ihrer Gesellschafter und damit auf einem Organisationsvertrag beruht. Von diesem Ausgangspunkt aus ließe sich also die Fremdorganschaft im Personengesellschaftsrecht durchaus herleiten, ohne dass man gleichzeitig die Unzulässigkeit der verdrängenden Vollmacht infrage stellen müsste.896 Die Gemeinsamkeit beider Beispiele, die die gleiche Behandlung rechtfertigt, besteht aber darin, dass das Gesetz in beiden Fällen die Verfassung der Handlungsorganisation des Subjekts abschließend festlegt. In beiden Fällen kommt das Gesetz dabei ohne die Schaffung von institutionellen Subjekten (Ämtern) aus, da es einmal an die natürliche Handlungsfähigkeit des Menschen, im anderen Fall an die natürliche Handlungsfähigkeit der Personengesellschafter anknüpft. Für eine Schaffung von Ämtern bleibt kein Raum. Dem Gedanken der Freiheit der beteiligten Privaten (Privatautonomie, Art. 2 Abs. 1 GG) trägt die Rechtsordnung nicht im organisationsrechtlichen Bereich, sondern durch die allgemeine Vertragsfreiheit und die Freiheit zur Bevollmächtigung Rechnung. Die Voraussetzung, diese Freiheit zu nutzen, ist durch die Kreation des handlungsfähigen Rechtssubjekts geschaffen.
III. Private Gestaltungsbefugnisse bei konkreter Amtseinrichtung Die gesetzlich abstrakt vorgesehenen Ämter bedürfen noch der konkreten Einrichtung in einer bestimmten Handlungsorganisation. Diese Aufgabe kann neben den Gerichten (Behörden) auch Privaten zukommen. Den Privaten sind dann häufig besondere Befugnisse eingeräumt, das jeweilige Amt konkret auszugestalten. In diesen Konstellationen stellt sich die Frage nach der Reichweite der Ermächtigung an die beteiligten Privaten, Ämter einzurichten. Die einheitliche Problemstruktur erhellt ein Blick auf Testamentsvollstreckung (unter 1.), Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft (unter 2.) und fremdorganschaftlich organisierte juristische Personen (unter 3.). 1. Testamentsvollstreckung Mit der Möglichkeit, Testamentsvollstreckung anzuordnen, ist dem Erblasser eine weitreichende organisatorische Freiheit an die Hand gegeben. Er hat nicht 896 Vgl. indessen die Argumentationen von Flume, Personengesellschaft, § 14 VIII, und insbesondere Reuter, Festschrift Steindorff, 229, 232 ff., ders., Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, 631, 634, die die zwingende Natur der Selbstorganschaft aus dem Verbot der verdrängenden Vollmacht herleiten.
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nur die Möglichkeit anzuordnen, auf welche Teile des Nachlasses sich die Testamentsvollstreckung beziehen soll (§ 2208 Abs. 1 S. 2 BGB) und welche Befugnisse dem Testamentsvollstrecker insoweit zustehen sollen (§ 2208 Abs. 1 S. 1 BGB), sondern auch, wie viele Testamentsvollstrecker es geben soll und wie die Aufgaben zwischen diesen zu verteilen sind (§ 2224 Abs. 1 S. 3 BGB). Insbesondere ist es zulässig, die Kompetenzen mehrerer Testamentsvollstrecker auf verschiedene Gegenstände des Nachlasses zu beziehen (sog. Nebenvollstreckung).897 Es entstehen dadurch freilich nicht mehrere Sondervermögen im Sinne der in dieser Arbeit verwendeten Terminologie, da der Rechtsinhaber (Erbe) in gleicher Weise von den Ausübungsbefugnissen der ihm zugeordneten Rechte ausgeschlossen ist, sondern nur mehrere Teilvermögen des einheitlich unter Testamentsvollstreckung stehenden Sondervermögens Nachlass.898 Die Beeinträchtigung des Rechtsverkehrs durch die Möglichkeit zu einer solchen willkürlichen Gestaltung der Handlungsorganisation über den Nachlass muss ausgeglichen werden. Diesen Ausgleich schafft das mit öffentlichem Glauben ausgestattete Testamentsvollstreckerzeugnis (§ 2368 BGB). Alle Regelungen, die die Rechtsmacht des Testamentsvollstreckers gegenüber den gesetzlichen Regelungen einschränken und für den Rechtsverkehr mit Dritten von Bedeutung sind, sind ebenso wie eine Erweiterung der Verpflichtungsbefugnis nach § 2207 BGB auf dem Testamentsvollstreckerzeugnis zu vermerken (§ 2368 Abs. 1 S. 2 BGB). Es ist also nicht nur anzugeben, ob eine besondere Anordnung vorliegt, sondern auch welchen Inhalt sie hat.899 2. Wohnungseigentümergemeinschaft Auch den Wohnungseigentümern stehen umfangreiche Organisationsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Möglichkeit, den Umfang der Verwaltungs- und Vertretungskompetenzen des Verwalters zu erweitern, wurde bereits untersucht.900 Eine weite Gestaltungsmacht wird den Wohnungseigentümern aber auch zugestanden, soweit die Kompetenzen des nach § 29 WEG fakultativ einzurichtenden Verwaltungsbeirats betroffen sind. Dieser Beirat stellt ein aus Ämtern bestehendes Gremium innerhalb der Wohnungseigentümerverwaltung dar. Die Kompetenzen sind dem Beirat als Institution zugewiesen und werden von den Beiratsmitgliedern gemeinschaftlich wahrgenommen. Zu den Kompetenzen gehören insbesondere die in § 29 Abs. 2 u. 3 WEG aufgeführten Organisationskompetenzen. Dem Beirat können aber darüber hinausgehend weitere Kompetenzen zugewiesen werden, soweit zwingende Kompetenzzuweisungen des WEG nicht verletzt sind.901 897
Staudinger-Reimann (2003), § 2224 Rn. 3. So stehen auch die Notverwaltungsrechte aus § 2224 Abs. 2 BGB jedem Mitvollstrecker hinsichtlich des ganzen Nachlasses zu, vgl. MünchKommBGB-Zimmermann, § 2224 Rn. 3, 16 ff. 899 Staudinger-Schilken (2004), § 2368 Rn. 21; MünchKommBGB-Mayer, § 2368 Rn. 35. 900 Oben § 4 B II 2 b (S. 135 ff.). 901 Vgl. dazu OLG Frankfurt OLGZ 1988, 188, 189; OLG Hamm FGPrax 1997, 157; Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 29 Rn. 3. 898
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Eine besondere Belastung des Rechtsverkehrs durch diese organisationsrechtliche Gestaltungsfreiheit besteht nicht. Durch das WEG wird keine Handlungsorganisation für ein gleichzeitig errichtetes (neues) Zurechnungssubjekt geschaffen. Eine Besonderheit der Handlungsorganisation des WEG ist zwar, dass sie für alle Wohnungseigentümer gleichzeitig gilt, aber eben für kein neu geschaffenes Subjekt, sondern für die einzelnen Wohnungseigentümer. Der Handlungsorganisation kommt so keine verdrängende Wirkung zu.902 Vielmehr behalten die Wohnungseigentümer allein wie auch gemeinschaftlich ihre Handlungsfähigkeit. So können sie den Verwalter als nach außen handlungsfähiges Organisationssubjekt mit einer (rechtsgeschäftlichen) Vollmachtsurkunde ausstatten. Der Wohnungseigentumsverwalter kann zur Ausführung seiner Aufgaben von den Wohnungseigentümern eine solche Urkunde verlangen (§ 27 Abs. 5 WEG). Entsprechend können Vertragspartner auf der Vorlage einer solchen Urkunde bestehen.903 3. Organe juristischer Personen Die Gründung einer juristischen Person lässt ein neues Zurechnungsendsubjekt entstehen, dessen Handlungsfähigkeit durch Amtswalter-Organe hergestellt wird. Der die juristische Person konstituierende Publizitätsakt lässt nicht nur die Existenz der juristischen Person, sondern auch ihre Vertretungsverhältnisse für den Rechtsverkehr wahrnehmbar werden. Daher verlangt der Verkehrsschutz keine Beschränkung der Organisationsverfassung auf bestimmte Handlungsorgane. Dennoch sollte man nicht unmittelbar aus der auf der Privatautonomie beruhenden Satzungsfreiheit die uneingeschränkte Zulässigkeit organisationsrechtlicher Gestaltungen herleiten.904 Auf die Privatautonomie lässt sich nur die Zulässigkeit der oben behandelten rechtsgeschäftlichen Organisationsakte durch Rechtsgeschäft und Vollmacht herleiten. Die Einrichtung von Ämtern bedarf einer eigenständigen gesetzlichen Rechtfertigung. Es gilt allerdings ungeachtet dessen im Grundsatz eine weite Gestaltungsfreiheit, in der Satzung besondere Amtswalter-Organe einzurichten. Dieser Grundsatz beruht für das Recht der Körperschaften905 auf dem insoweit grundlegenden Vereinsrecht. Nach § 30 BGB darf mit dem Institut des besonderen Vertreters ein besonderes Organ geschaffen werden. Über seine Bezeichnung hinaus dürfen diesem Organ nicht nur Vertretungskompetenzen neben dem Vorstand906, sondern auch interne Kompetenzen zugeordnet werden907. Es ist also jedenfalls im Vereinsrecht eine differenzierte Organisation insbesondere mit abgestufter Leitungsstruktur zulässig. 902 Im Ausgangspunkt ebenfalls ohne Bedenken gegen nicht verdrängende Organisationen Reuter, Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, 631, 634. 903 Zur Anwendbarkeit von § 174 BGB unten § 7 A I 2 b bb (S. 235). 904 So aber Müller/Wolff, NZG 2003, 751, 752. 905 Da § 86 BGB auf § 30 BGB verweist, gilt für das Stiftungsrecht Gleiches. 906 Solche Kompetenzen sind entsprechend §§ 64, 67, 70 BGB in das Vereinsregister einzutragen, vgl. Palandt-Heinrichs, § 66 Rn. 3. Dem Vereinsregister kommt auch insoweit Publizitätswirkung entsprechend § 68 BGB zu. 907 K. Schmidt, GesR, § 24 III 2 e.
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Das Recht der einzelnen Körperschaften statuiert im Interesse der Funktionsfähigkeit dieser Körperschaften allerdings auch Ausnahmen vom Grundsatz der organisationsrechtlichen Gestaltungsfreiheit.908 Es ist die gesetzliche Organisationsstruktur der jeweiligen Körperschaft daraufhin zu analysieren, inwieweit sie zwingendes Recht enthält. Es kommt auf der einen Seite darauf an, inwieweit organisationsrechtliche Kompetenzen einem gesetzlich vorgesehenen Organ abschließend und unverdrängbar zugewiesen sind. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, ob Kompetenzen einem neu einzurichtenden Organ ausschließlich oder ergänzend neben dem gesetzlich zuständigen oder nur in Form eines das kompetente Organ unterstützenden Ausschusses zugeordnet werden sollen.909 So ist zu berücksichtigen, dass im Vereinsrecht die Zulässigkeit des besonderen Vertreters noch von der gesetzlich ausdrücklich eröffneten Möglichkeit flankiert wird, die Vertretungsbefugnisse des Vorstands zu beschränken (§ 26 Abs. 2 S. 2 BGB). Diese Grundsätze lassen im Aktienrecht nur einen engen Spielraum, Intellektbetätigungskompetenzen einem neu zu schaffenden vierten Organ zuzuweisen.910 Die Kompetenzverteilung unter den Organen ist in differenzierter Weise ausbalanciert.911 Schließlich ist die aktienrechtliche Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 AktG) zu beachten. Zwar steht die Satzungsstrenge der Kreierung weiterer Organe nicht umfassend entgegen,912 weil sie nur die abweichende, aber nicht die ergänzende Satzungsregelung untersagt.913 Soweit Kompetenzen im Gesetz aber ausdrücklich einem bestimmten Organ zugewiesen sind, besteht kein Gestaltungsspielraum. So ist insbesondere die Vertretungs- und Geschäftsführungskompetenz in §§ 76–78 AktG abschließend dem Vorstand zugewiesen. In gleicher Weise beschränkt die Satzungsstrenge im Genossenschaftsrecht die Gestaltungsfreiheit (§ 18 S. 2 GenG). Allerdings finden sich hier schon im Gesetz selbst verschiedene Gestaltungsspielräume. Gem. § 27 Abs. 2 S. 2 GenG kann die Vertretung der Genossenschaft durch den Vorstand auch von der (internen) Zustimmung etwaiger anderer Organe als Aufsichtsrat und Generalversammlung abhängig gemacht werden. Nach § 38 Abs. 3 AktG kann das Statut Aufgaben des Aufsichtsrats bestimmen.914 Da im Recht der GmbH im Grundsatz Satzungsfreiheit besteht, erlangt die in § 30 BGB zum Ausdruck kommende organisationsrechtliche Gestaltungsfreiheit mehr Gewicht. Dieter Reuter sieht allerdings in § 52 GmbHG eine Schranke.915 908 Wenn die Anwendung von § 30 BGB auf andere Verbände als den Verein bejaht wird, bezieht sich dieses Ergebnis vielfach nicht auf die organisatorischen Befugnisse der Gesellschafter, sondern soll die Reichweite der Organhaftung aus § 31 BGB ausdehnen, vgl. RG, JW 1913, 23 ff.; Beuthien, GenG, § 34 Rn. 26; MünchKommBGB-Reuter, § 30 Rn. 16. 909 Freilich stellt sich die Frage, ob lediglich unterstützende Gremien noch unter den Organbegriff zu fassen sind, ablehnend Reuter, Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, 631, 635. 910 Soergel-Hadding, § 30 Rn. 2; KölnKomm-Mertens, vor §§ 76 ff. Rn. 20; Natzel, QuasiKonzern, 119 ff.; MünchKommBGB-Reuter, § 30 Rn. 16; a. A. Staudinger-Weick (1995), § 30 Rn. 9. 911 KölnKomm-Mertens, vor §§ 76 ff. Rn. 20. 912 A. A. Müller/Wolff, NZG 2003, 751. 913 KölnKomm-Kraft, § 23 Rn. 85; Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 469 Fn. 52. 914 Dazu Beuthien, GenG, § 38 Rn. 8. 915 Reuter, Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, 631 ff.
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D. Fallgruppen des privaten Amtes
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§ 52 GmbH lasse nur ein weiteres Organ in der GmbH zu, das den dort geregelten Voraussetzungen, insbesondere den auf der Publizitätsrichtlinie der EG vom 9.3.1968 beruhenden Anforderungen des § 52 Abs. 2 GmbHG, genügen müsse. Es könnten diesem Organ allerdings nicht nur Aufsichts-, sondern auch Leitungskompetenzen übertragen werden. Wie Reuter selbst einräumt, ist eine solche verdrängende Wirkung dem § 52 GmbHG jedoch nicht zu entnehmen.916 Etwaige Publizitätsanforderungen mögen eine analoge Anwendung von § 52 Abs. 2 GmbHG auf alle freiwilligen Organe der GmbH erfordern. Die maßgebliche Aufgabe, um die organisationsrechtliche Gestaltungsfreiheit einzugrenzen, besteht darin, dem GmbH-Gesetz durch Auslegung zu entnehmen, welche Bestimmungen zwingende Kompetenzzuweisungen enthalten und welchen Gestaltungen der Grundsatz der Verbandssouveränität entgegensteht.917
D. Fallgruppen des privaten Amtes Von den in §§ 2–4 dieser Arbeit behandelten Funktionsträgern sind demnach folgende als Amt im handlungsorganisatorischen Sinne einzuordnen: Vormund und Gegenvormund (§ 2 A. II.), Betreuer und Gegenbetreuer (§ 2 A. III.), Pfleger für die Leibesfrucht (§ 2 A. IV.), Organmitglieder von Körperschaften wie Vorstand, Geschäftsführer, Aufsichtsrat (§ 2 B. I.), Organmitglieder von Stiftungen (§ 2 B. II.), Organmitglieder von körperschaftlich strukturierten Gesamthandsgesellschaften wie Vorstand und Geschäftsführer (§ 2 B. IV.), für die Insolvenzmasse eingerichtete Amtswalter wie (vorläufiger) Insolvenzverwalter, Mitglieder des Gläubigerausschusses, Treuhänder, Eigenverwalter und Sachwalter (§ 3 D. I.), Testamentsvollstrecker (§ D. II.), Nachlassverwalter (§ 3 D. III.), Zwangsverwalter (§ 3 D. IV.), Pfleger für unbekannte Beteiligte (§ 4 A. I. 1.), insbesondere Nachlasspfleger (§ 4 A. I. 2.), Ergänzungspfleger und Ergänzungsbetreuer (§ 4 A. I. 3.), Pfleger der Versicherten in der Insolvenz des Versicherers (§ 4 A. I. 4.), Prozesspfleger und besonderer Vertreter nach § 779 Abs. 2 ZPO (§ 4 A. II. 1.), Verfahrenspfleger nach FGG (§ 4 A. II. 2.), gemeinsamer Vertreter nach § 6 SpruchG (§ 4 A. II. 3.), für die Organisation der Wohnungseigentümer eingerichtete Amtswalter wie Verwalter und Mitglieder des Verwaltungsbeirats (§ 4 B. II. 2.), jedenfalls der gerichtlich bestellte Kartellvertreter (§ 4 B. IV.), Abschlussprüfer (§ 4 C. I.), Mitglieder des Betriebsrats (§ 4 C. II.) sowie Treuhänder für Deckungsstock und Pfandbriefbanken (§ 4 C. III.). Diese Vielzahl von Ämtern gilt es nun durch Fallgruppenbildung zu systematisieren. Während bereits auf die Rechtfertigung für die Schaffung von Ämtern eingegangen wurde,918 wird jetzt auf die Ausgestaltung der Ämter abgestellt. Abgrenzungsmerkmale sind zum einen die Stellung des Amtes zum Träger der Handlungsorganisation (unter I.) und zum anderen die Funktion innerhalb der 916
Müller/Wolff, NZG 2003, 751 f. Dazu eingehend Müller/Wolff, GmbHR 2003, 810 ff. m. w. Nachw; vgl. auch Reuter, Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, 631, 636 ff. 918 Oben C I (S. 176). 917
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Handlungsorganisation (unter II.). Schließlich sollen die Überlegungen darin einmünden, die Ämter im Zusammenhang mit den gebräuchlichen Kategorien Organ, Vertreter und sog. Partei kraft Amtes zu ordnen (unter III.).
I. Verhältnis zum Organisationsträger Träger einer Handlungsorganisation ist derjenige Rechtsträger, den die Rechtswirkungen treffen sollen, die die von der Organisation vorgenommenen Intellektbetätigungen erzeugen. Das Verhältnis des einzelnen Amtes zu diesem Träger der Handlungsorganisation kann folgendermaßen ausgestaltet sein: 1. Art des Verhältnisses Zunächst ist die Art des Verhältnisses in den Blick zu nehmen. Dieses Verhältnis lässt sich in eine institutionelle und eine funktionale Komponente aufspalten. In institutioneller Hinsicht nehmen die Organe von verselbstständigten Organisationen eine Sonderstellung ein, weil sie Bestandteil des Trägers der Handlungsorganisation sind.919 Trägerin der Handlungsorganisation ist gerade die rechtlich verselbstständigte Organisation, zu der auch die Institution Organ gehört. Das Verhältnis eines Organs zur juristischen Person wird daher auch treffend als intrapersonales Verhältnis bezeichnet.920 Alle anderen Ämter stehen hingegen außerhalb des Trägers der Handlungsorganisation. Diese institutionelle Trennung von externen und internen Ämtern entspricht aber nicht unbedingt der funktionalen Ausrichtung der Ämter. Nicht nur die Organe juristischer Personen sind eingerichtet, um allein den Interessen des Trägers der Handlungsorganisation zu dienen, sondern die Mehrheit der Ämter. So stellen die unter § 2 A., § 4 A. behandelten Vertreter wie Organe die Intellektbetätigungsfähigkeit der Träger von Handlungsorganisationen erst her, weil diese Handlungssubjekte aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen selbst nicht handlungsfähig sind. Dabei haben sich diese Vertreter allein an den Interessen des betroffenen Handlungssubjekts zu orientieren. Anders liegt es bei den zur Verwaltung von Sondervermögen (§ 3 D.) und zur Berücksichtigung von Drittinteressen (§ 4 C.) eingerichteten Ämtern. Diese Ämter treten neben eine voll ausgebildete Handlungsorganisation des Organisationsträgers. Sie sollen garantieren, dass besondere Interessen (Dritter) berücksichtigt werden. Das bedeutet freilich nicht, dass die von diesen Ämtern zu berücksichtigenden Interessen denen des Trägers der Handlungsorganisation zuwiderlaufen. Es stimmt grundsätzlich mit den Interessen des Insolvenzschuldners überein, dass seine Gläubiger befriedigt werden, wie es im Interesse des Unternehmensträgers sein sollte, die wohl verstandenen Belange seiner Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Dem Träger der Handlungsorganisation wird aber die Möglichkeit genommen, durch seine ordentliche Handlungsorganisation seinen Willen frei zu bilden.
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Siehe bereits § 2 B (S. 12). Link, Amtsniederlegung, 12.
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Einordnungsprobleme bereiten die für Mitberechtigte eingerichteten Ämter, insbesondere der Wohnungseigentumsverwalter (§ 3 B. II.). Einerseits spricht für die Einordnung zu den zur Wahrnehmung von Drittinteressen eingeschalteten Ämtern, dass der Verwalter den Interessen mehrerer, nämlich aller Eigentümer, Rechnung zu tragen hat und neben die intakte Handlungsorganisation der einzelnen Eigentümer tritt. Andererseits ist im Grundsatz von einem einheitlichen Interesse der Eigentümer auszugehen. Diesem einheitlichen Interesse soll der Verwalter zum Nutzen aller Eigentümer dienen. Auch besteht keine besondere Handlungsfähigkeit aller Eigentümer, die der Verwalter verdrängt. Also ist der Verwalter noch der Fallgruppe zuzuordnen, die Ämter zusammenfasst, die zwar institutionell außerhalb des Trägers der Handlungsorganisation stehen, funktional aber seinen Interessen zu dienen haben. 2. Umfang des Verhältnisses Die einzelnen Ämter unterscheiden sich insoweit voneinander, dass sie in unterschiedlichem Umfang zur Handlungsorganisation des Trägers derselben gehören. Auf diesem Befund basierte bereits die Gliederung der §§ 2–4. Dort wurde unterschieden, ob die Ämter Bestandteil einer auf den gesamten Rechtsträger bezogenen umfassenden (§ 2) oder einer auf Sondervermögen beschränkten (§ 3) oder einer allein bestimmten Einzelaspekten vorbehaltenen (§ 4) Handlungsorganisation sind. Die Betrachtung der allein für Sondervermögen eingerichteten Ämter legt dabei eine weitere Ebene offen, auf der man die Reichweite der Ämter betrachten kann. Es lässt sich fragen, welche Haftungsfolgen der Amtswalter für den betroffenen Träger der Handlungsorganisation erzeugen kann. Die für ein Sondervermögen bestellten Amtswalter begründen (rechtsgeschäftlich) Verbindlichkeiten des Sondervermögensträgers, für die er lediglich mit dem Sondervermögen oder jedenfalls auf das Sondervermögen beschränkbar haftet. Alle anderen Amtswalter verpflichten den Organisationsträger, ohne dass eine Haftungsbeschränkung gilt.921
II. Funktionen in der Handlungsorganisation Die Funktionen einzelner Ämter lassen sich danach strukturieren, ob den Ämtern Leitungs-, Aufsichts- oder Grundlagenkompetenzen zugewiesen sind.922 Diese Einteilung bezieht sich zunächst auf das Organisationsverhältnis. Den meisten Ämtern kommen Leitungskompetenzen zu, da ihnen innerhalb der Handlungsorganisation die Aufgabe zugewiesen ist, den konkreten Willen für die Betätigung nach außen zu bilden. Grundlagenentscheidungen sind indessen meist durch Gesetz oder durch andere Funktionsträger vorgegeben. Allerdings kann einmal einem Ämtergremium wie dem Gläubigerausschuss die Aufgabe zugewiesen sein, wie nach § 158 Abs. 1 InsO bei der Entscheidung von Grundla921 922
Zur Zwitterstellung des Nachlasspflegers § 4 A I 2 c (S. 103 f.). Dazu noch unten § 11 B I 1 (S. 408 ff.).
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genfragen mitzuwirken.923 Vielen Ämtern und insbesondere Ämtergremien sind ferner Aufsichtskompetenzen zugewiesen. Das gilt namentlich für Gegenvormund, Aufsichtsrat, Gläubigerausschuss, Sachwalter (§ 274 InsO), den sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter, Abschlussprüfer, Betriebsrat, Treuhänder für den Deckungsstock sowie bei Pfandbriefbanken und, jedenfalls soweit man auf die gesetzlich vorgesehenen Aufgaben (§ 29 Abs. 3 WEG) abstellt, den Verwaltungsbeirat der Wohnungseigentümergemeinschaft. Im Außenbereich geht mit der Geschäftsführungskompetenz die Handlungsmacht einher, durch rechtsgeschäftliches Handeln Wirkungen für den Träger der jeweiligen Handlungsorganisation zu erzeugen. Außenhandlungsbefugnisse können aber auch Ämtern bzw. Ämtergremien mit Aufsichtskompetenzen eingeräumt sein. Diese Aufsichtskompetenzen äußern sich dann nicht in Initiativbefugnissen im Außenverhältnis, sondern in Verhinderungskompetenzen, regelmäßig in Form eines Zustimmungserfordernisses. Ein Beispiel stellt der schwache vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO) dar. Er kann selbst keine Rechtsgeschäfte mit Wirkung für den Schuldner vornehmen, aber durch Verweigerung der Zustimmung die Verfügungswirkung von Rechtsgeschäften des Schuldners vereiteln. Eine ähnliche Rechtsmacht steht dem Treuhänder für den Deckungsstock (§ 72 VAG) zu, hinsichtlich personeller Einzelentscheidungen auch dem Betriebsrat (§§ 99 ff. BetrVG). Bei Einrichtung einer Testamentsvollstreckung kommen entsprechende Anordnungen des Erblassers in Betracht, die die Kompetenzen des Testamentsvollstreckers auf einen solchen Zustimmungsvorbehalt beschränken. Anders liegt es bei den Vertretern beschränkt geschäftsfähiger Menschen. Zwar können sie mit einer Zustimmungserklärung der Handlung des beschränkt Geschäftsfähigen zur Wirksamkeit verhelfen (§§ 108, 1903 BGB), gleichzeitig verfügen sie aber über volle Vertretungsmacht.
III. Die gebräuchliche Einteilung Funktionsträger innerhalb von Handlungsorganisationen werden – abgesehen von rechtsgeschäftlich bestellten Funktionsträgern (Bevollmächtigten) – gebräuchlicherweise in Organe, gesetzliche Vertreter und sog. Parteien kraft Amtes unterteilt. Betrachtet man diese Begriffe genauer, so tritt eine Inhomogenität zutage. Organe sind wie Ämter Institutionen, die vom Organwalter zu scheiden sind. Sie können für mehrere Organwalter eingerichtet sein. Ihnen können Kompetenzen im Organisationsbereich einer Handlungsorganisation (Willensbildung und Aufsicht) und im Außenbereich (Willensbetätigung) zukommen. Gesetzlicher Vertreter indessen kann wie ein Bevollmächtigter nur eine Person (»jemand« i. S. v. § 164 Abs. 1 BGB) sein.924 Es ist eine Person, die aufgrund ihrer Rechtsstellung, 923 In der Regel kommen aber auch im Insolvenzverfahren die Grundlagenentscheidungen nicht diesem Ämtergremium, sondern der Gläubigergesamtheit in der Gläubigerversammlung (§ 157 InsO) zu. 924 Vgl. Beuthien, Festschrift Zöllner, 87, 89.
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nicht aufgrund einer Bevollmächtigung, die Macht besitzt, für eine andere Person rechtsgeschäftlich zu handeln. Damit besteht ein zweiter Unterschied zum Organ darin, dass mit der Bezeichnung Vertreter lediglich eine Außenhandlungskompetenz angesprochen wird. So berücksichtigt die Bezeichnung organschaftlicher Vertreter eben nur einen Ausschnitt aus dem Kompetenzbereich eines Organs. Schließlich wird mit dem Ausdruck Partei kraft Amtes der Kompetenzbereich einer Person aufgrund ihrer Eigenschaft als Amtswalter beschrieben. Regelmäßig ist damit angesprochen, dass dieser Person jedenfalls die Willensbetätigungskompetenz und meist auch die Willensbildungskompetenz für ein verselbstständigtes Sondervermögen zufällt. Dennoch soll im Folgenden versucht werden, auf Grundlage dieser Dreiteilung von Organen, Vertretern und sog. Parteien kraft Amtes eine Systematisierung der Ämter vorzunehmen. In der Terminologie wird dabei an die der sog. Parteien kraft Amtes angeknüpft. Es wird herausgearbeitet, welche Funktionsträger aufgrund ihrer Amtsstellung Organwalter, welche Funktionsträger aufgrund ihrer Amtsstellung Vertreter und welche Funktionsträger aufgrund ihrer Amtsstellung Parteien, besser Parteiwalter,925 sind. 1. Organwalter kraft Amtes Zunächst sollen die Ämter betrachtet werden, die dem jeweiligen Amtswalter die Stellung eines Organwalters vermitteln. Das macht es zunächst notwendig, sich über den Organbegriff Klarheit zu verschaffen. Der Begriff Organ wird – wie bislang auch in dieser Arbeit –926 ganz selbstverständlich benutzt, ohne dass allerdings eine einheitliche Begriffsbildung anerkannt wäre.927 Betrachtet man den Gebrauch des Begriffs Organ, so lässt sich ein weiter Bogen von der Verwendung durch Otto von Gierke bis zu der des modernen Gesetzgebers spannen. Von Gierke lehnte sich eng an den metaphorischen Wortsinn an.928 Er beschränkte den Organbegriff auf Funktionselemente der von ihm als reale Verbandsperson gedeuteten juristischen Person und widersprach der Verwendung des Organbegriffs, um Funktionselemente auch von anderen Organisationen, insbesondere von Gesamthandsgemeinschaften, zu bezeichnen.929 Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung indessen bezeichnet in der Überschrift vom Dritten Abschnitt des Zweiten Teils der Insolvenzordnung den Gläubigerausschuss als Organ der Gläubiger, was ihm freilich den Vorwurf Othmar Jauernigs eingetragen hat, einer »anatomischen Fehlvorstellung« zu unterlie-
925 926
Zu dieser Terminologie § 9 B I (S. 299). Zum bereits mitgeteilten Organverständnis Wolffs siehe A I 2 a (S. 158) und sogleich im
Text. 927 Übersichten über die verwendeten Begriffsbildungen geben Müller/Wolff, NZG 2003, 751, 752 Fn. 10; Ulmer, Festschrift Wiedemann, 1297, 1305; Weber, Privatautonomie, 159 ff. 928 V. Gierke, Genossenschaftstheorie, 614 ff. 929 V. Gierke, Genossenschaftstheorie, 384 Fn. 1, 591 Fn. 2, 616 Fn. 1. Der Organbegriff erfreute sich auch vor v. Gierke bereits vielfachen Gebrauchs, siehe den Überblick über die Erwähnung in Gesetzen bei v. Gierke, ebd., 614 Fn. 1; ferner etwa RGZ 4, 296, 302; 7, 230, 234; 8, 149, 151.
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gen930. Die Bezeichnung Organ erfreute sich außerhalb des Rechts rechtsfähiger Verbände insbesondere für den Wohnungseigentumsverwalter bereits vor Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft großer Beliebtheit.931 Es geht bei der Begriffsbestimmung freilich nicht um die Auslegung eines bestimmten Tatbestandsmerkmals. Zwar knüpft § 31 BGB eine Haftung des Vereins an das Handeln seiner Organe. Der Anwendungsbereich dieser Bestimmung wurde aber zu einer Repräsentantenhaftung ausgedehnt, die vom Organbegriff und der Art des haftenden Rechtsträgers unabhängig ist. Die umfassendsten Arbeiten zum Organbegriff verdanken wir Hans J. Wolff,932 von dessen Begriffsbestimmung (»ein durch organisierende Rechtssätze gebildetes selbständiges institutionelles Subjekt von transitorischen Zuständigkeiten zur funktionsteiligen Wahrnehmung von Aufgaben einer (teil-)rechtsfähigen Organisation«)933 auszugehen ist. Dieser Definition liegt der zutreffende Ansatz zugrunde, den Begriff des Organs institutionell-funktional zu bestimmen.934 Ein Organ ist also erstens eine Institution. Alle Begriffsbeschreibungen, die das Organ als Menschen, Person oder Gruppe von Personen umschreiben, sind als ungenau abzulehnen,935 weil sie den anerkannten Unterschied zwischen der Institution Organ und der Person als Organwalter missachten936. Jedem Organ kommt zweitens die Funktion zu, als (selbstständiges, also mit eigenen Kompetenzen ausgestattetes) Element einer Handlungsorganisation an der Intellektbetätigung für ein Subjekt mitzuwirken.937 Niemand will ernstlich den Organbegriff auf nach außen tätige Funktionselemente beschränken. Auf dieser im Großen und Ganzen doch anerkannten institutionell-funktionalen Grundlage lassen sich ein enger und ein weiter Organbegriff bilden. Ein weiter Organbegriff stellt keine weiteren Anforderungen.938 Ein solcher Organbegriff lässt es zu, den Gläubigerausschuss ebenso als Organ zu bezeichnen wie den Wohnungseigentumsverwalter. Auch externe Funktionsträger wie der Abschlussprüfer wären danach Organ. Freilich fielen auch gesetzliche Vertreter wie Vormund oder Pfleger unter diesen Organbegriff, ohne dass diese Bezeichnung 930 Jauernig, Festschrift Uhlenbruck, 3, 4. – Frege, NZG 1999, 478, 479, verwendet den Ausdruck vom Organ der Insolvenzverwaltung. 931 Etwa BGH NJW 2003, 589, 590; Wenzel, ZWE 2004, 5, 7. 932 Wolff, Vertretung, 224 ff. 933 Wolff/Bachof, § 74 I f, dazu A I 2 a (S. 158). 934 Vgl. ebenso den Rückgriff von Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 468, auf Wolff. 935 Vgl. Flume, juristische Person, § 11 I: »Person oder Mehrzahl von Personen, welche nach der Verfassung der juristischen Person Handlungsfähigkeit begründet«; v. Tuhr; AT I, § 32 II: »die durch die Verfassung mit diesen Aufgaben (der Willenbildung für eine juristische Person) betrauten Menschen«; MünchKommBGB-Ulmer, § 705 Rn. 256: »Personen, die als einzelne oder gemeinsam nach der Verbandsverfassung befugt sind, den Willen einer als (teil-)rechtsfähig anerkannten Einheit oder Gruppe zu bilden und in die Tat umzusetzen«; Wiedemann, GesR I, § 4 II 3 a: »Personen oder Gruppen, deren Willensbildung für den Verband maßgebend ist und am Verbandsinteresse orientiert sein muss«. 936 Vgl. Beuthien, Festschrift Zöllner, 87, 97 f.; Beuthien/Gätsch, ZHR 156 (1992), 459, 469 Fn. 49; Westermann, Vertragsfreiheit, 150; K. Schmidt, GesR, § 14 III 1 b. 937 So auch neben den bereits zitierten Baltzer, Beschluß, 29 ff.; Herfs, Einwirkungen, 63 ff.; Mai, Abschlussprüfer, 199 ff.; K. Schmidt, GesR, § 14 II 1; Weber, Privatautonomie, 162. 938 Begrifflich ausgebildet hat einen solchen Organbegriff Weber, Privatautonomie, 162: »Übernahme von Funktion in fremdem Organisationsbereich«.
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für diese Funktionsträger bislang ernstlich erwogen wurde. Diese Beispiele zeigen, dass eine konturierte Begriffsbildung nur durch einen engen Organbegriff erreicht werden kann. Der Begriff sollte also nicht durch eine Entfremdung vom ursprünglichen Wortsinn zum allgemeinen Begriff für eine Funktionseinheit innerhalb von Handlungsorganisationen gemacht werden, sondern entsprechend seinem Ursprung im Recht der juristischen Person auf verselbstständigte Organisationen beschränkt bleiben. Das Organ muss institutionell sowie funktional Bestandteil des Handlungsträgers sein.939 Das Organ muss also zum einen nach der Organisationsverfassung Bestandteil des Handlungsträgers sein.940 Als Handlungsträger kommt mithin lediglich eine Organisation in Betracht, die nach ihrer Verfassung über Institutionen verfügt, durch die sie handeln kann. Zum anderen darf das Organ allein dem Interesse der Organisation, also der Verwirklichung des Organisationszwecks, verpflichtet sein.941 Ämter wie Abschlussprüfer scheitern mithin aus doppeltem Grund aus dem Organbegriff aus. Sie sind institutionell extern und sind funktional nicht nur am Organisationszweck ausgerichtet. Der Organbegriff ist damit ein Begriff des Rechts verselbstständigter Organisationen, also von Verbänden und Stiftungen. Als handlungsbezogener Begriff hat er seine Berechtigung allerdings nicht nur innerhalb von rechtsfähigen Organisationen. Es reicht vielmehr eine Verselbstständigung im handlungsorganisationsrechtlichen Sinne. Daher sind auch die selbstständigen Funktionseinheiten innerhalb von Personengesellschaften und körperschaftlich strukturierten Gesamthandsvermögen durchweg als Organe einzuordnen. Das ergibt sich für die überwiegende Ansicht, die die Rechtsfähigkeit dieser Organisationen anerkennt, ohne weitere Begründung aus der Natur dieser Gesellschaften als rechtsfähige Organisationen. Von dem in dieser Arbeit vertretenen Standpunkt, dass es sich um Sondervermögen mit einem spezifischen Handlungssubjekt handelt, gilt im Ergebnis Gleiches. Da diese Verbände mit einem spezifischen Handlungssubjekt ausgestattet sind, ist die Organisation selbst handlungsfähig. Mit der Verselbstständigung zum Handlungssubjekt geht der Verband weit über die Handlungsindividualität der einzelnen Mitglieder hinaus. Es liegt eine überindividuelle Wirkeinheit vor. Die Institution Geschäftsführer einer GmbH ist daher Organ, unabhängig davon, ob der Verband bereits eingetragen ist oder nicht. Ganz anders liegt es indessen bei den von einer sog. Partei kraft Amtes verwalteten Sondervermögen. Hier liegt keine einheitliche Organisation vor, deren Bestandteil die Handlungsorganisation ist, sondern dort bilden Vermögen, Vermögensträger und zum Handeln berufener Amtswalter eine inhomogene Mischung. Zusammenfassend lässt sich daher unter Verwendung der bislang in dieser Arbeit gebrauchten Terminologie ein Organ beschreiben entweder als institutionalisierter Bestandteil einer verselbstständigten Organisation, der, dem Organisationszweck verbunden, an der Intellektbetätigung der Organisation selbstständig
939
Siehe I 1 (S. 192). Herfs, Einwirkungen, 66 f. 941 Hammen, WM 1994, 765, 767; Herfs, Einwirkungen, 63 ff.; Reuter, Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, 631, 652 f.; Ulmer, Festschrift Wiedemann, 1297, 1305; Wiedemann, GesR I, § 4 II 3 a. 940
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mitwirken soll, oder in Abgrenzung zu anderen institutionalisierten Funktionsträgern als selbstständige Institution innerhalb einer Handlungsorganisation, die Bestandteil eines Verbandes oder einer Stiftung ist und deren Interessen zu dienen hat, oder kürzer als zur Intellektbetätigung berufener verselbstständigter institutionalisierter Verbandsbestandteil. Organ sind nach alledem die in Verbänden und Stiftungen von der Organisationsverfassung vorgesehenen handlungsorganisationsrechtlichen Funktionselemente. Es bestehen aber nicht alle Organe aus Ämtern, sondern es gibt alternativ auch die aus Mitgliedern bestehenden Organe.942 Organwalter kraft Amtes sind aber alle diejenigen, die eben nicht als Mitglied, sondern durch Bestellung zum Amtswalter Funktionsträger innerhalb von Verbänden oder Stiftungen werden, also Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Aufsichtsratsmitglieder etc. 2. Vertreter kraft Amtes Mit der gängigen Unterscheidung in rechtsgeschäftliche, gesetzliche und organschaftliche Vertreter werden Begriffe nebeneinander gestellt, die begrifflich auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sind. Von der organschaftlichen Vertretung ist nämlich die in §§ 164 ff. BGB geregelte bürgerlich-rechtliche Stellvertretung abzugrenzen. Während die bürgerlich-rechtliche Stellvertretung die Vertretung durch eine fremde handlungsfähige Person gem. § 164 Abs. 1 BGB bedeutet, stellt die organschaftliche Vertretung das Handeln der Organisation durch die ihr zugehörige Institution dar (Organtheorie)943. Erst innerhalb der bürgerlichrechtlichen Vertretung ist zwischen rechtsgeschäftlicher und gesetzlicher Vertretungsmacht zu unterschieden. Die gesetzliche Vertretungsmacht kann wiederum unterschiedliche Anknüpfungspunkte haben. Entweder beruht die Vertretungsmacht auf einem Recht, dessen Inhaber der Vertreter ist. So liegt es bei den Inhabern der elterlichen Sorge (§§ 1626, 1629 BGB), aber auch bei Bruchteilseigentümern (§§ 745 f. BGB). Oder die Vertretungsmacht beruht auf der Stellung einer Person als Amtswalter. So liegt es insbesondere beim Vormund, beim Betreuer und bei den unterschiedlichen Arten von Pflegern, aber auch beim Wohnungseigentumsverwalter. Der Umfang der Vertretungsmacht lässt sich in diesen Fällen nicht immer allein aus dem Gesetz entnehmen, sondern beruht auch auf Anordnungen des Gerichts oder wie im Fall des Wohnungseigentumsverwalters auch auf denen von Privaten. Die Bezeichnung als gesetzlicher Vertreter rechtfertigt sich aber daraus, dass das jeweilige Amt gesetzlich vorgesehen ist. Anhand der Charakteristika dieser zur Vertretung berechtigenden Ämter soll eine weitere Fallgruppe von Ämtern unter dem Begriff »Vertreter kraft Amtes« zusammengefasst werden. Diese Ämter sind in Übereinstimmung mit der Amtsdefinition genauso wie die Ämter in Organen – aber anders als die sonstigen gesetzlichen Vertreter – Institutionen. Sie unterscheiden sich in institutioneller Hinsicht von den Ämtern innerhalb von Organen dadurch, dass sie nicht Be942
Zur Abgrenzung von Amt und Mitgliedschaft siehe B II 2 a (S. 167). Beuthien, Festschrift Zöllner, 87, 99 ff.; referierend auch Bork, AT, Rn. 1433; eingehend § 8 (S. 263 ff.). 943
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standteil des Subjekts sind, das sie vertreten. Sie gleichen aber funktional den Organen, weil sie ebenfalls den Zweck haben, allein die Interessen des Subjekts zu verfolgen. Sie stellen regelmäßig die Handlungsfähigkeit des vertretenen Subjekts erst her, verdrängen nicht eine ordentliche Handlungsorganisation. Bei den zur Gruppe der Vertreter kraft Amtes gehörenden Ämtern handelt es sich also institutionell um externe Funktionselemente, die aber funktional zur Einheit des Handlungssubjekts zu zählen sind. Die Funktionen der betroffenen Amtswalter sind nicht (allein) damit treffend beschrieben, für den Träger der Handlungsorganisation gem. § 164 BGB Willenserklärungen abzugeben. Amtswaltern wie Vormund, Pfleger oder auch Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft kommt nicht nur die Aufgabe zu, den Willen für die zu Vertretenden nach außen zu betätigen.944 Eine besondere Funktion fällt dem Gegenvormund zu. Er hat keine Funktionen im Außenbereich, sondern hat im Organisationsbereich den Vormund zu überwachen. Dennoch soll für alle Amtswalter dieser Fallgruppe die Bezeichnung Vertreter kraft Amtes gewählt werden.945 Denn diese Bezeichnung bringt am besten zum Ausdruck, dass die Ämter dieser Gruppe zwar institutionell nicht im Handlungssubjekt verankert sind, also von außen kommen, in Wahrnehmung ihrer Funktion aber an die Stelle des Trägers der Handlungsorganisation treten.946 Diese Funktion können die Amtswalter nicht nur im Außenbereich, sondern auch im Organisationsbereich der Handlungsorganisation übernehmen. Dass juristisch in Anlehnung an die Regelung des § 164 BGB mit Vertretung vornehmlich ein Außenhandeln assoziiert wird, ist auch nicht schädlich. Denn mit Ausnahme des Gegenvormunds sind alle Amtswalter auch dazu berufen, den Träger der Handlungsorganisation nach außen zu vertreten. 3. Parteiwalter kraft Amtes Neben den Organen und den Vertretern lassen sich die Parteiwalter kraft Amtes als dritte Gruppe zusammenfassen. Diese Fallgruppe umfasst Ämter, die nicht nur institutionell als extern zu qualifizieren sind, sondern zudem innerhalb einer Handlungsorganisation eigenständige Interessen repräsentieren sollen. Im Gegensatz zu den Organen und Vertretern sollen die Parteien also keinesfalls allein im Interesse des Organisationsträgers dessen Handlungsfähigkeit herstellen. Vielmehr sollen die Parteien die Intellektbetätigung dieses Subjekts durch seine ordentliche Organisation im Interesse spezifischer Drittinteressen beeinflussen (oder gar ausschließen). Nur bei dieser Fallgruppe lässt sich daher zwischen dem Träger der Handlungsorganisation (Organisationsträger), in dessen Handlungsorganisation dem Amt Kompetenzen zugewiesen sind, und dem Interessenträ-
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Darauf ist zurückzukommen, unten § 7 vor A (S. 225). Vgl. Beuthien, Festschrift Medicus, 1, 6; Flume, Rechtsgeschäft, § 43 3; Schilken, Wissenszurechnung, 159. 946 Vgl. auch Staudinger-Keßler, 12. Aufl. (1991), § 714 Rn. 2: Vertreter ist, »wer an die Stelle eines anderen tritt (Schritte macht)«. 945
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ger947, in dessen Interesse die Kompetenzen aus dem Amt durch den Amtswalter als Interessenwalter auszuüben sind, unterscheiden. Es kommt allerdings nicht auf den Kompetenzumfang innerhalb einer Handlungsorganisation an, von der die Zuordnung zu dieser Fallgruppe abhängt. Wie Organen können diesen Ämtern Leitungsbefugnisse (hinsichtlich eines Sondervermögens), aber auch Überwachungsbefugnisse zukommen. So ist etwa im Insolvenzverfahren hinsichtlich der Einordnung der Amtsperson kein Unterschied danach zu machen, ob diesem Amt die volle Verfügungsbefugnis (Insolvenzverwalter), nur Verhinderungsbefugnisse qua Zustimmungsvorbehalt948 (schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter, § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO) oder gar nur interne Kontroll- und Beratungsbefugnisse (Sachwalter, § 274 InsO) zukommen.949 Es ist allein maßgeblich, dass die von dem Amt wahrzunehmenden Interessen nicht (allein) dem Träger der Handlungsorganisation zuzuordnen sind. Die sog. Parteien kraft Amtes sollen selbstständig besonderen Interessen Rechnung tragen. Da es kein Subjekt gibt, für das sie selbst handeln, sind sie selbst Zurechnungsendpunkt und daher als Partei zu bezeichnen, freilich ohne dass dem Amt damit Rechtsfähigkeit zukommt. Zu dieser Fallgruppe gehören neben den Handlungssubjekten von Sondervermögen wie Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter und Zwangsverwalter auch die Treuhänder für Deckungsstock sowie die für Pfandbriefbanken, aber auch der Gläubigerausschuss950, der Abschlussprüfer und der Betriebsrat. Träger der Handlungsorganisation ist stets der Rechtsträger, für den Wirkungen erzeugt werden. Das sind der Inhaber der Sondervermögen wie Insolvenzschuldner, Erbe oder Grundstückseigentümer, die Versicherung oder Bank sowie der Insolvenzschuldner und der publizitätspflichtige oder mitbestimmte Unternehmensträger. Interesseträger sind indessen etwa die Gläubiger des Insolvenzschuldners (bei Insolvenzverwalter und Gläubigerausschuss) oder die Arbeitnehmer (beim Betriebsrat).
947 Zur Terminologie Interessenträger und Amtswalter als Interessenwalter siehe BGH NJW 1987, 3133, 3135; Belling, Haftung, 142 f. 948 Eine solche Kompetenz kommt freilich nur bei solchen Ämtern in Betracht, die wie hier als für die »Parteien« typisch beschrieben, neben die ordentliche Handlungsorganisation eines Handlungssubjekts treten. Sonst wäre nämlich kein Verhalten möglich, dem der Amtswalter zustimmen könnte. 949 Pohlmann, Befugnisse, Rn. 558 ff., 565; a. A. Binz/Hess, Insolvenzverwalter, Rn. 1283. 950 Etwa ebenso Kübler/Prütting-Kübler, § 69 Rn. 11.
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A. Zurechnung von Amtswalterhandeln
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Erster besonderer Teil:
Das durch das Amt vermittelte Außenhandeln Der erste besondere Teil handelt davon, wie Amtswalter, die ein bestimmtes Amt innerhalb einer Handlungsorganisation bekleiden, in Ausübung ihrer Befugnisse aus dem Amt Wirkungen im Außenverhältnis für den Träger dieser Handlungsorganisation erzeugen können. Maßgebliche Rechtstechnik, um diese Wirkungen zu erzeugen, ist die Zurechnung. Auf diese Rechtstechnik soll sich zu Beginn das Augenmerk richten (§ 6). Die weitere Untersuchung wird dann zunächst zwischen Vertretern kraft Amtes (§ 7), Organwaltern kraft Amtes (§ 8) und Partei(waltern) kraft Amtes (§ 9) unterscheiden. Dabei werden sich viele Gemeinsamkeiten unter diesen verschiedenen Ämterarten ergeben. Diese Gemeinsamkeiten werden besonders deutlich, wenn schließlich ämterübergreifend die zentrale Zurechnungsvoraussetzung der Amtsmacht untersucht wird (§ 10).
§ 6: Die Rechtstechnik Die einschlägige Rechtstechnik ist die Zurechnung. Sie ermöglicht dem Amtswalter so zu handeln, dass der Träger der Handlungsorganisation (Mensch, juristische Person) oder ein sonstiges Handlungssubjekt (Amt) im Außenrechtsverkehr selbst als Handelnder angesehen wird und die jeweiligen Rechtsfolgen dieses Handelns den Träger der Handlungsorganisation unmittelbar treffen. Grundlagen und Problemstruktur dieser Rechtstechnik gilt es im Folgenden vorrangig zu erfassen (unter A.). In Ausnahmefällen agiert der Amtswalter allerdings zunächst für sich im eigenen Namen, so dass den Träger der Handlungsorganisation Wirkungen nur mittelbar über das Verhältnis zum Amtswalter treffen, das den Gegenstand des dritten besonderen Teils bildet. Diese Alternative soll zur Abgrenzung bereits jetzt vorgestellt werden (unter B.)
A. Zurechnung von Amtswalterhandeln Der Begriff der Zurechnung wird häufig benutzt. Er dient der Beschreibung einer Zuordnung. Uneinheitlich ist allerdings der Gebrauch dieses Begriffs in Bezug auf die Frage, was zugeordnet wird. Vielfach wird nämlich auch die Zuordnung von Rechten und Pflichten zu einem Rechtssubjekt als Zurechnung und dieses Subjekt daher als Zurechnungsträger von Rechten und Pflichten bezeichnet.1 Davon wird hier Abstand genommen. Rechte und Pflichten werden durch 1 Vgl. grundlegend Wolff, Person, 142 ff., 179 ff., der den Begriff der Zurechnung nutzt, um die juristische Person als ein notwendiges Zurechnungssubjekt für einen Komplex von Rechts-
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§ 6: Die Rechtstechnik
die Rechtsfolgenseite einer Norm eindeutig einem Rechtssubjekt zugeordnet, regelmäßig dem, das den Tatbestand verwirklicht hat. Die Zurechnung hat ihren Platz auf der Tatbestandsseite einer Norm. Hier gilt es zu bestimmen, wer die Tatbestandsmerkmale verwirklicht. Dem entsprechend wird der Begriff Zurechung benutzt, um die Rechtstechnik zu beschreiben, die im Rahmen einer Gesamtschau tatbestandsrelevante Verhältnisse einem Zurechnungssubjekt (Rechtstatsachenverwirklichungssubjekt) zuordnet.2 Nach diesem Verständnis erfolgt die Zurechnung im Hinblick auf Rechtsfolgen. Es wäre aber verkürzt, von einer Zurechnung von Rechtsfolgen zu sprechen. Denn der Eintritt der Rechtsfolge kann noch von weiteren als den zugerechneten Tatbestandsmerkmalen abhängen. Die Zurechnung dient also der Zuordnung von verwirklichten Rechtstatsachen zu Zurechnungssubjekten. Die Zurechnung kann die Frage, wer als Rechtssubjekt anzuerkennen ist, nicht beantworten. Alle Rechtssubjekte müssen umgekehrt aber gleichzeitig Zurechnungssubjekte sein. Nur so können sie die Tatbestände von Rechtsnormen erfüllen und damit von deren Rechtsfolgen getroffen werden, also am Rechtsverkehr teilnehmen, insbesondere ihre Rechte ausüben und ihren Pflichten nachkommen. Der Kreis der Zurechnungssubjekte ist aber – wie bereits belegt worden ist und noch weiter zu belegen sein wird –3 weiter als der der Rechtssubjekte.
I. Allgemeine Grundlagen der Zurechnung Zurechnung ist Ausdruck des Umstands, dass über die Verwirklichung rechtlicher Tatbestände nicht allein aufgrund einer natürlichen Betrachtungsweise, sondern nach rechtlichen Maßstäben zu entscheiden ist.4 Verschiedene Arten der Zurechnung sind zu unterscheiden.5 Unter dem Begriff der Eigenzurechnung lässt sich die Frage fassen, ob das Verhalten eines Zurechnungssubjekts im natürlichen Sinne ihm selbst auch als Tatbestandsverwirklichung zuzuordnen ist.6 Diese Frage beinhaltet ein objektives und ein subjektives Element.7 Objektiv zurechenbar ist ein tatbestandlicher Erfolg, wenn der Handelnde tatsächlich irgendeine Bedingung zum Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs gesetzt hat (condicio sine qua-
beziehungen anzusehen; ferner Dauner-Lieb, Sondervermögen, 55 f.; Kuchinke, Festschrift Paulick, 45, 47; Schröder, JZ 1978, 379, 383; Wiedemann, WM 1994 Sonderbeil. Nr. 4, 3, 10. 2 Ausführlich Bork, AT, Rn. 1324; Ausdruck dieses Verständnisses sind auch BGHZ 109, 327, 331 f.; Buck, Wissen, 104 ff.; Medicus, AT. Rn. 882 ff.; Schilken, Wissenszurechnung, 4; K. Schmidt, GesR, § 10 I; ders., Einhundert Jahre Verbandstheorie, 15 ff.; Siedler, Zurechnung, 3 ff.; Westerhoff, Organ, 164 ff.; Zeuner, JZ 1955, 195, 197; Zöllner, Festschrift Gernhuber, 563, 573; vgl. ferner wiederum Wiedemann, WM 1994 Sonderbeil. Nr. 4, 3, 10; Wolff, Person, 148. 3 Oben unter § 3 C II 2 (S. 54 ff.), sogleich unter A II 3 a (S. 213). 4 Schon in der Theorie v. Gierkes, Genossenschaftstheorie, 612 ff., zur realen Verbandspersönlichkeit, deren Willens- und Handlungsfähigkeit begrifflich zwar als reale Tatsache beschrieben wird, kommt aber inhaltlich bereits diese Verrechtlichung zum Ausdruck, siehe zur Interpretation v. Gierkes K. Schmidt, Verbandstheorie, 17 f. 5 Ebenso Westerhoff, Organ, 168, gegen Larenz, Zurechnungslehre, 102 f., der die Fremdzurechnung als Problem der objektiven (Eigen-)Zurechnung begreift. 6 Vgl. zu diesem Problemkreis insbesondere Canaris, Vertrauenshaftung, 468 ff. 7 Grundlegend Larenz, Zurechnungslehre, 53.
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non) und wenn nach dem Zweck der den Tatbestand setzenden Norm dieser Beitrag ausreichend ist, eine Tatbestandsverwirklichung anzunehmen. Subjektiv erfordert eine Zurechnung die Zurechnungsfähigkeit des handelnden Subjekts. Als Risikozurechnung lässt sich bezeichnen, wenn einem Zurechnungssubjekt wie etwa nach §§ 287 S. 2, 300 Abs. 2 BGB eine Tatbestandsverwirklichung zugeordnet wird, die auf Zufall beruht.8 Im Folgenden wird das Augenmerk auf die Fremdzurechnung gelegt. Sie knüpft daran an, dass ein Zurechnungssubjekt bestimmte Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt (weder durch eigene Handlungen im natürlichen Sinne noch im Wege der Risikozurechnung). Dennoch kann dieses Zurechnungssubjekt den betroffenen Tatbestand im Rechtssinne verwirklichen, wenn ihm die Tatbestandsverwirklichung durch ein (fremdes) Zurechnungssubjekt zugerechnet wird. Diese Rechtstechnik der Fremdzurechnung kann bei allen Rechtstatsachen greifen, hat ihre besondere Bedeutung aber bei den im Mittelpunkt der vorliegenden Abhandlung stehenden Intellektbetätigungen. Ihr Zweck besteht darin, die Anwendung des qua Zurechnung verwirklichten Tatbestands zu ermöglichen.9 1. Beteiligte Zurechnungssubjekte Bei einer Fremdzurechnung sind mindestens zwei Zurechnungssubjekte beteiligt. Dem einen Zurechnungssubjekt wird eine Rechtstatsache zugeordnet, die ein anderes Zurechnungssubjekt durch Handeln im natürlichen Sinne verwirklicht. Es ist aber auch möglich, dass die Zurechnung die Tatbestandsverwirklichung durch mehrere Zurechnungssubjekte zusammenfasst oder dass die Zurechnung über eine Zurechnungskette durch mehrere Zurechnungssubjekte hindurch erfolgt. Stets lässt sich das Zurechnungssubjekt, dem die fremde Tatbestandsverwirklichung schließlich zugeordnet wird, im Anschluss an Hans Julius Wolff als Zurechnungsendsubjekt bezeichnen.10 Die Zurechnung zum Zurechnungsendsubjekt lässt freilich die Eigenschaft desjenigen als Zurechungssubjekt unberührt, der das Tatbestandsmerkmal selbst voll verwirklicht hat. Die Zurechnung bedeutet (im Gegensatz zur Rechtszuordnung) nicht notwendig eine alternative Zuordnung. Eine zugerechnete Rechtstatsache wird also keinesfalls dem Zurechnungsendsubjekt anstelle eines anderen Zurechnungssubjekts zugeordnet.11 Dem entsprechend bezeichnet Wolff ein Zurechnungssubjekt, dessen Verwirklichung einer Rechtstatsache einem Zurechnungsendsubjekt zugerechnet wird, als Zurechnungsdurchgangssubjekt.12 Um seine Funktion beim Zurech8
Vgl. zu diesem Problemkreis ebenfalls Canaris, Vertrauenshaftung, 479 ff. Bork, AT, Rn. 1325. 10 Wolff, Person, 148 ff., 198 ff.; ders., Vertretung, 248 ff.; ihm folgend BGHZ 109, 327, 331 f.; Schröder, JZ 1978, 378, 383. – Abzulehnen ist indessen die Terminologie Bucks, Wissen, 108, die dieses Subjekt als Zurechnungsobjekt bezeichnet. Denn es steht gerade die Beziehung eines Subjekts zu einem Tatbestand in Rede, die durch die Zurechnung hergestellt werden soll, dazu wiederum Wolff, Person, 148. Unverständlich bleibt, dass Buck behauptet, ihre Terminologie entspreche der regelmäßigen Bezeichnung, ihre Terminologie aber nur durch eine Verweisung auf den Terminus Zurechnungs(end)subjekt Wollfs belegt, siehe Buck, ebd., Fn. 31. 11 Anders Baltzer, Beschluß, 21 f., 30, 91; Siedler, Zurechnung, 5. 12 Wolff, Vertretung, 250, 261. 9
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nungsvorgang zum Zurechnungsendsubjekt zu kennzeichnen, wird dieses Subjekt im Folgenden als Zurechnungshelfer bezeichnet. Welche Bedeutung die Tatbestandsverwirklichung für den Zurechnungshelfer hat, ist, auch wenn diese Tatbestandsverwirklichung dem Zurechnungsendsubjekt zugerechnet wird, von der Art der verwirklichten Tatsache abhängig. Es können aufgrund der (tatsächlich) nur einmal verwirklichten Rechtstatsache die Rechtsfolgen derselben Norm sowohl den Zurechnungshelfer als auch das Zurechnungsendsubjekt treffen: Begeht ein Vorstandsmitglied eines Vereins eine unerlaubte Handlung, so haften sowohl das Vorstandsmitglied als auch der Verein aus §§ 823 ff. BGB. Außerhalb des Deliktsrechts wirkt sich die durch die Zurechnung vervielfachte Verwirklichung einer Rechtstatsache regelmäßig auf verschiedene Normen und in verschiedenen Rechtsverhältnissen aus: Gibt ein Vertreter eine Willenserklärung gem. § 164 BGB ab, so äußert ein vom Vertreter als Zurechnungshelfer geschlossener Vertrag Wirkungen nur für das Zurechnungsendsubjekt. Die Abgabe der Willenserklärung löst für den Zurechnungshelfer Rechtsfolgen lediglich im Verhältnis zum Zurechnungsendsubjekt etwa nach § 670 BGB oder § 280 Abs. 1 BGB aus. 2. Zurechnungsnormen Bei einer Zurechnung sind zwei Normen stets zu unterscheiden: die bezogene Norm, in Bezug auf deren Tatbestandsvoraussetzungen die Zurechnung stattfindet, und die Zurechnungsnorm, die die Zurechnung anordnet. Die bezogene Norm ist wie etwa die Regelungen über den Vertragsschluss eine Norm, die grundsätzlich auch ohne Fremdzurechnung erfüllt werden kann. Zurechnungsspezifisch ist lediglich die Zurechnungsnorm. Der Zurechnungsgrund, der es rechtfertigt, dass die Zurechnung eintritt, liegt ihr als Normzweck zugrunde.13 a) Anwendungsbereich Auf dieser Grundlage legt die Zurechnungsnorm erstens ihren Anwendungsbereich fest. Sie bestimmt also, für welche Tatbestände (bezogene Normen) sie eine Zurechnung anordnet. So bezieht sich etwa § 164 BGB auf alle Tatbestände, die eine Willenserklärung erfordern, § 278 BGB auf alle Tatbestände, die schuldhaftes Verhalten im Rahmen eines Schuldverhältnisses voraussetzen, oder § 31 BGB auf alle Tatbestände, die (vertraglich oder außervertraglich) eine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung verlangen. Damit haben Zurechnung und Zurechnungsnorm Bedeutung jeweils lediglich für die Subsumtion unter bestimmte bezogene Normen. Die Antwort auf die Frage, ob das der Bezeichnung nach identische Tatbestandsmerkmal wie Wissen oder Verschulden zuzurechnen ist, kann daher unterschiedlich ausfallen, wenn die Zurechnung in Bezug auf verschiedene bezogene Normen durch unterschiedliche Zurechnungsnormen geregelt wird.14 13
Bork, AT, Rn. 1325. Dieser Aussage entspricht der Befund, dass neuere Untersuchungen zur Wissenszurechnung zwischen verschiedenen Arten von bezogenen Normen unterscheiden, siehe Baum, Wissenszurechnung, 32 ff.; Goldschmidt, Wissenszurechnung, 84 ff.; Koller, JZ 1998, 75, 81 ff. 14
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b) Voraussetzungen und Gegenstand Die Zurechnungsnorm bestimmt zweitens die Voraussetzungen und damit gleichzeitig den Gegenstand der Zurechnung. Sie kann verlangen, dass eine Rechtstatsache vom Zurechnungshelfer voll verwirklicht sein muss. Diese Verwirklichung wird dann wie im Fall von § 164 BGB dem Zurechnungsendsubjekt vollständig zugeordnet. Die Zurechnung kann aber auch dazu führen, tatbestandsrelevante Momente verschiedener Zurechnungssubjekte, die allein jeweils nicht zur Tatbestandsverwirklichung ausreichen, zusammenzufassen, so dass eine Tatbestandsverwirklichung anzunehmen ist. Beispielsweise verlangt § 36 Abs. 2 S. 1 GWB die Umsatzerlöse verbundener Unternehmen im Rahmen der Zusammenschlusskontrolle zusammenzurechnen. Neben diesem additiven Charakter der Zurechnung, dem Zurechnungssubjekt weitere von Dritten verwirklichte Rechtstatsachen zuzuordnen, kommt bei der Fremdzurechnung auch ein subtraktiver Charakter in Betracht. Dieser Charakter kann darin bestehen, dass für das Zurechnungsendsubjekt gerade das eigene Verhalten für irrelevant erklärt wird. Beispielsweise ist nach § 166 Abs. 1 BGB nur auf den Zurechnungshelfer abzustellen. Umgekehrt wird für Zurechnungshelfer, die Tatbestandsmerkmale selbst verwirklichen, eine Tatbestandsverwirklichung etwa in § 855 BGB für unbeachtlich erklärt. c) Art der Zuordnung Die Zurechnungsnorm regelt drittens, in welcher Weise die Rechtshandlung dem Zurechnungssubjekt zugeordnet wird. Findet eine Zurechnung statt, ist damit nicht festgestellt, dass die im natürlichen Sinne fremde Handlung rechtlich als eigene Handlung des Zurechnungssubjekts angesehen wird. Dies ist nur eine Möglichkeit der Zurechnung. So wird regelmäßig § 31 BGB verstanden.15 Diese Bestimmung spricht die eigene Verantwortlichkeit des Vereins für zum Schadensersatz verpflichtendes Organhandeln aus. Die Zuordnung kann sich aber auch darauf beschränken, dass eine fremde Handlung für das Subjekt hinsichtlich bestimmter Tatbestände so wirkt, als ob das Subjekt eine eigene Handlung vorgenommen hätte. Beispiel ist § 278 BGB. Das Verschulden einer anderen Person wirkt nach dieser Bestimmung für das Zurechnungssubjekt wie eigenes. 3. Rechtstechnik der Zurechnung im Vergleich Die für ein Zurechnungsendsubjekt kraft Zurechnung herbeigeführten Rechtsfolgen beruhen stets darauf, dass das Zurechnungsendsubjekt infolge der Zurechnung den Tatbestand der die Rechtsfolge anordnenden Norm selbst erfüllt. Eine Fremdwirkung äußert das Verhalten des Zurechnungshelfers auf Tatbestandsseite. Die Rechtsfolgen der bezogenen Normen treffen das Zurechnungsendsubjekt
15 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 10 I 2 b; kritisch Flume, juristische Person, § 11 I; dazu § 8 (S. 263 ff.).
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unmittelbar. Von dieser Wirkungsweise lassen sich vor allem folgende Rechtstechniken abgrenzen: a) Abgrenzung zu drittwirkendem Eigenhandeln des Dritten Die Wirkungsweise der Zurechnung ist zunächst von drittwirkendem Eigenhandeln einer Hilfsperson abzugrenzen. Grundsätzlich äußert Eigenhandeln einer Hilfsperson, das dem Geschäftsherrn nicht zugerechnet wird, unmittelbare Wirkungen lediglich für die Hilfsperson. So liegt es etwa bei der sog. mittelbaren Stellvertretung.16 Der Geschäftsherr wird nur mittelbar über das Grundverhältnis, das ihn mit der Hilfsperson verbindet, von den Rechtsfolgen des Eigenhandelns der Hilfsperson betroffen (§§ 667, 670 BGB). Ausnahmsweise kann das Eigenhandeln der Hilfsperson allerdings unmittelbare Wirkungen für den Geschäftsherrn äußern. Dies ist der Fall, wenn drittwirkende Normen eingreifen, die an die Tatbestandsverwirklichung des einen Zurechnungssubjekts Rechtsfolgen für ein anderes knüpfen. Solche Tatbestände gibt es vereinzelt.17 Als allgemeines Institut ermöglicht der Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB) eine Drittwirkung, während eine Verpflichtungsermächtigung mit Recht abgelehnt wird.18 Als spezielle Regelung lässt die in § 1646 BGB angeordnete dingliche Surrogation Rechtsfolgen – abweichend von den allgemeinen Normen – für Kinder anstatt für ihre sorgeberechtigten Eltern eintreten. Diese Drittwirkung qua Surrogation stellt aber eine Ausnahme dar und tritt überdies nur ergänzend zu dem Prinzip, dass Eltern gem. §§ 1629, 1626 BGB als gesetzliche Vertreter ihrer Kinder für deren Vermögensangelegenheiten sorgen sollen. b) Abgrenzung zur »zurechnungsäquivalenten Auslegung« Von der Zurechnung sind auch die Fälle abzugrenzen, in denen ein Rechtssubjekt den Tatbestand einer Rechtsfolgen auslösenden Norm selbst verwirklicht. Es liegt dann keine defizitäre Tatbestandsverwirklichung vor, die eine Zurechnung von Verhalten Dritter erforderlich macht. Diese Feststellung ist im Grundsatz banal. Schwierigkeiten kann die Abgrenzung aber bereiten, wenn Hilfspersonen an der Verwirklichung des Tatbestandes durch den Geschäftsherrn mitwirken. Es fragt sich dann, wie das Verhalten der Hilfspersonen einzuordnen ist:19 Entweder lässt sich der Tatbestand einer Norm so verstehen, dass die Beteiligung der Hilfsperson nichts daran ändert, dass der Geschäftsherr den Tatbestand selbst verwirklicht. Oder man muss die Beteiligungsakte der Hilfsperson dem Geschäfts-
16
Dazu B (S. 216 ff.). Siehe § 1 A II 1 (S. 4). 18 Vgl. BGHZ 34, 122, 125; 114, 96, 100; Bork, AT, Rn. 1737; Staudinger-Schilken (2004), Vorbem zu §§ 164 ff Rn. 70 f. 19 Vgl. Bork, AT, Rn. 1330. – Anders das Begriffsverständnis von Siedler, Zurechnung, 58 ff., der in beiden Fällen von Zurechnung spricht. 17
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herrn zurechnen, damit eine Tatbestandsverwirklichung durch den Geschäftsherrn angenommen werden kann. Ein Fall der eigenen Tatbestandsverwirklichung liegt immer dann vor, wenn das Subjekt den Tatbestand selbst verwirklicht und die Beteiligung des Dritten sich nur auf tatbestandsirrelevante Hilfstätigkeiten beschränkt. Beispiel hierfür ist die Übermittlung einer Willenserklärung durch einen Boten. Der Erklärende formuliert die Willenserklärung und gibt sie ab. Beides tut er selbst (gegenüber dem Boten). Der Bote sorgt lediglich – gleich ob er Überbringer einer verkörperten oder unverkörperten Willenserklärung ist – auf Veranlassung des Erklärenden für den Zugang der vom Erklärenden abgegebenen Willenserklärung. Damit gibt der Erklärende eine eigene Willenserklärung ab, weil es für den Tatbestand einer Willenserklärung darauf ankommt, wer die Erklärung abgibt und den Zugang veranlasst, nicht aber wer den Zugang schließlich herbeiführt. Die Abgrenzung wird schwieriger, wenn das Subjekt lediglich mittelbar an der Tatbestandsverwirklichung beteiligt ist. Ein Beispiel ist § 950 BGB. Diese Bestimmung ordnet an, dass der Hersteller Eigentümer der verarbeiteten Sache wird. Anerkannt und für einen modernen Wirtschaftsverkehr unerlässlich ist, dass nicht der einzelne verarbeitende Handwerker nach dieser Bestimmung Eigentümer wird, sondern das Rechtssubjekt, in dessen Organisation der Arbeiter tätig wird.20 Dieses Ergebnis lässt sich einerseits durch Auslegung erreichen. Hersteller i. S. von § 950 BGB ist dann nicht im wörtlichen Sinne zu verstehen, sondern es ist auf die Organisation abzustellen, in der verarbeitet wird.21 Eine Zurechnung liegt dann nicht vor.22 Andererseits kommt eine Zurechnung aufgrund der gegebenen Organisation in Betracht, analog dem Gedanken von § 855 BGB.23 Die Ergebnisse beider Herleitungen unterscheiden sich nicht. Stellt sich zudem diese Erklärungsfrage lediglich hinsichtlich einer (bezogenen) Norm, aus der Rechtsfolgen herzuleiten sind, so haben die beiden Erklärungen dogmatisch kaum einen verschiedenen Wert. Die Zurechnung gewinnt erst dann an Bedeutung, wenn eine Zurechnungsnorm einheitlich für eine Vielzahl von bezogenen Vorschriften greift. c) Abgrenzung zur Fiktion Die Abgrenzung der Zurechnung von der Fiktion ist schwierig, weil die Fiktion als Rechtstechnik keinen fest umrissenen Rechtsbegriff darstellt. Eine Fiktion, keine Zurechnung, ist immer dann anzunehmen, wenn die Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals nicht vorliegt, aus besonderen Gründen aber ein Beteiligter so behandelt wird, als sei der Tatbestand verwirklicht (§§ 108 Abs. 2 S. 2, 415 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2, 416 Abs. 1 S. 2 Halbs. 1 BGB, 138 Abs. 3 ZPO). Kurt Kuchinke will eine Zurechnung ablehnen, wenn derjenige, dem die Tatbestandsverwirklichung zugeordnet werden soll, den Tatbestand nicht selbst ver20 21 22 23
Soergel-Henssler, § 950 Rn. 15 m. w. N. So Soergel-Henssler, § 950 Rn. 15. Abweichend Siedler, Zurechnung, 58 ff. Zeuner, JZ 1955, 197 ff.
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wirklicht hat und ihn selbst auch gar nicht verwirklichen kann. Es liege dann lediglich eine Fiktion vor, die allenfalls als Zurechnung von Rechtsfolgen einzuordnen sei.24 Diese Terminologie widerspricht dem hier vertretenen Konzept. Von Zurechnung (auf Tatbestandsseite) lässt sich so lange sprechen, wie überhaupt eine Verwirklichung des betroffenen Tatbestandsmerkmals gegeben ist. Ob man in diesen Fällen neben Zurechnung auch von Fiktion spricht, ist eine rein begriffliche Frage. Sie ist zu bejahen, wenn man bestimmte Fälle der Fremdzurechnung auch als Fiktion bezeichnen will.25
II. Grundlagen der Amtswalterzurechnung Ämter erfüllen eine Zurechnungsfunktion. Die Zurechnung bezieht sich auf solche Rechtstatsachen, die Intellektbetätigungen26 darstellen. Intellektbetätigungen der Amtswalter werden einem von der Organisationsstruktur der einzelnen Handlungsorganisation festgelegten Zurechnungsendsubjekt zugerechnet. Dieses Zurechnungsendsubjekt ist meist ein Rechtssubjekt, für das die Handlungsorganisation samt den Ämtern errichtet worden ist. So verhält es sich beispielsweise mit juristischen Personen, denen Organhandeln zugerechnet wird,27 aber auch mit Menschen, denen Handeln eines Vertreters kraft Amtes zugerechnet wird28. Hingegen sind die Intellektbetätigungen von Parteiwaltern kraft Amtes einem eigens eingerichteten besonderen (nicht rechtsfähigen) Funktionsträger zuzurechnen.29 Das trifft insbesondere auf die für verselbstständigte Sondervermögen eingerichteten spezifischen Funktionsträger zu.30 Stets kommt dieser Zurechnung von Amtswalterverhalten eine besondere Bedeutung zu, die sie von der Zurechnung von Verhalten rechtsgeschäftlicher Vertreter oder sonstiger Gehilfen unterscheidet. Das zeigt sich ganz deutlich bei Organen und sog. Parteien kraft Amtes, die überhaupt erst die Intellektbetätigungsfähigkeit eines Zurechnungsendsubjekts herstellen.31 Aber auch Vertretern kraft Amtes kommt stets eine spezifische Befugnis zu. So kann insbesondere der nicht geschäftsfähige Mensch ohne gesetzlichen Vertreter keine Rechtsgeschäfte vornehmen. Die besondere Bedeutung des Amtes für die Organisation kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass die Besetzung des Amtes mit einem Amtswalter regelmäßig zumindest subsidiär durch eine gerichtliche Bestellungsbefugnis sichergestellt wird.32 Diesen Besonderheiten der Amtswalterzurechnung hat der Gesetzgeber nicht oder jedenfalls nur in ganz geringem Maße dadurch Rechnung getragen, dass er spezifische Zurechnungsnormen geschaffen hat. Für die Zurechnung von rechts24 25 26 27 28 29 30 31 32
Kuchinke, Festschrift Paulick, 45, 47; zust., MünchKommBGB-Joost, § 854 Rn. 17. Vgl. Schneider, Stellvertretung, 32; Siedler, Zurechnung, 5 Fn. 16. Dazu § 1 A I (S. 3). Dazu § 8 (S. 263 ff.). Dazu § 7 (S. 225 ff.). Dazu § 9 B (S. 298 ff.). Zu diesem Begriff § 3 C II 2 (S. 54), III 1 (S. 77). K. Schmidt, GesR, § 10 I 1 b für die Organe juristischer Personen. Siehe § 14 B II 1 b (S. 495).
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widrigem Organverhalten lässt sich § 31 BGB hervorheben. Die Anwendung selbst dieser Bestimmung ist aber nicht auf die Zurechnung von Verhalten von Organen im hier definierten Sinne33 beschränkt. Diese Bestimmung ist vielmehr zur Grundlage einer weiten Repräsentantenhaftung geworden.34 Allgemeine Zurechnungsregeln sind für das rechtsgeschäftliche Verhalten von Organen anzuwenden, da in Regelungen wie §§ 26 Abs. 2 BGB, 78 AktG, 35, 36 GmbHG, 26 GenG das Stellvertretungsrecht des BGB in Bezug genommen wird. Auch für Vertreter kraft Amtes gelten lediglich die allgemeinen, für alle Vertreter in §§ 164, 166 Abs. 1 BGB oder speziell für gesetzliche Vertreter in § 278 S. 1 Fall 1 BGB angeordneten Zurechnungsnormen. Für die Zurechnung von Verhalten einer sog. Partei kraft Amtes gibt es überhaupt keine Bestimmungen. Aus diesem Befund lassen sich für die Rechtsanwendung unterschiedliche Schlüsse ziehen. Man kann entweder versuchen, es im Grundsatz bei der Anwendung der angeführten Zurechnungsnormen zu belassen. Auftretende Lücken sind dann durch eine analoge Anwendung dieser Normen zu schließen. Beispiel für dieses Bemühen ist die vielfach anzutreffende weite Auslegung von § 278 S. 1 Fall 1 BGB. Diese Zurechnungsnorm, die fraglos für die Vertreter kraft Amtes einschlägig ist, wird überwiegend auch auf sog. Parteien kraft Amtes35 und vielfach auch auf Organe kraft Amtes36 angewendet. Alternativ kann man von einem grundlegenden Normdefizit ausgehen. Aufgabe ist es dann, aufbauend auf den vorhandenen Zurechnungsnormen, allgemeine Regelungen für die Zurechnung von Amtswalterverhalten zu schaffen. So verfährt für die Organe kraft Amtes im Anschluss an Otto von Gierke die Organtheorie, wenn sie, anknüpfend an die Regelung in § 31 BGB, Grundsätze für die Zurechnung von Organwalterverhalten zur juristischen Person entwickelt.37 Dieser zweite Ansatz wird im Folgenden für alle Arten von Ämtern verfolgt. Es gilt entsprechend der beschriebenen Funktion von Zurechnungsnormen,38 erstens den Anwendungsbereich der Amtswalterzurechnung, also die bezogenen Normen, für die die Amtswalterzurechnung eingreifen kann, zweitens Voraussetzungen und Gegenstand der Zurechnung und drittens die Art der Zurechnung zu bestimmen. Dabei sind angesichts der unterschiedlichen Funktionen der verschiedenen Ämter Unterscheidungen notwendig, für die die getrennte Untersuchung der einzelnen Ämtergruppen in §§ 7–9 Raum lässt. Es besteht aber eine einheitliche Problemstruktur, die in vielen Fällen auch ermöglicht, einheitliche
33
Oben § 5 D III 1 (S. 196). Vgl. die Aufzählung über den Anwendungsbereich dieser Bestimmung bei Palandt-Heinrichs, § 31 Rn. 3; ferner MünchKommBGB-Reuter, § 28 Rn. 3; K. Schmidt, GesR, § 10 IV 4 a; ausführlich Martinek, Repräsentantenhaftung, 196 ff. 35 BGH NJW 1958, 670 zum Treuhänder nach MRG 52; BGH LM § 823 (ad) Nr. 1 zum Testamentsvollstrecker; ebenfalls RGZ 144, 399, 402; ferner Bamberger/Roth-Grüneberg, § 278 Rn. 9; Staudinger-Löwisch (2004), § 278 Rn. 113; Wendlandt, VersR 2004, 433. 36 RGZ 122, 351, 355, 359; Flume, juristische Person, § 11 III 5; Staudinger-Löwisch (2004), § 278 Rn. 111; Medicus, SchR I Rn. 323; anderer Ansicht sind freilich die Vertreter der Organtheorie, siehe Bork, AT, Rn. 213; K. Schmidt, GesR, § 10 IV 3; eingehend § 8 A II 2 (S. 267). 37 Besonders deutlich wird dies bei K. Schmidt, GesR, § 10. 38 Siehe A I 2 (S. 204 f.). 34
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Grundsätze nachzuweisen. Vor der Einzelanalyse ist daher die Problemstruktur folgendermaßen zu beschreiben. 1. Anwendungsbereich Den Anwendungsbereich der Amtswalterzurechnung festzulegen bedeutet, für einzelne Amtswalter zu bestimmen, welche Normen diese Amtswalter in einer Weise verwirklichen können, dass die Tatbestandsverwirklichung dem jeweiligen Zurechnungsendsubjekt zugerechnet werden kann. Gerade diese Aufgabe muss der noch folgenden Einzeluntersuchung vorbehalten bleiben. Eine erste Annäherung soll sich daher auf im Gesetz ausdrücklich vorgesehene Zurechnungsnormen beschränken, die zumindest auch Amtswalterverhalten umfassen. Das sind § 164 BGB in Bezug auf Willenserklärungen, § 166 Abs. 1 BGB in Bezug auf Wissen bei Rechtsgeschäften, § 278 S. 1 Fall 1 BGB in Bezug auf Verschulden und schließlich § 31 BGB in Bezug auf die Verwirklichung von Haftungsnormen. Diese Zurechnungsnormen beziehen sich allerdings nicht durchweg auf alle Normen, die die jeweilige Intellektbetätigung voraussetzen. So ist die für Vertreter in § 278 S. 1 Fall 1 BGB angeordnete Verschuldenszurechnung auf solche Normen beschränkt, die an Verschulden innerhalb von Sonderbeziehungen anknüpfen39, nicht auf Verschulden bei allgemeinen Deliktsnormen.40 Ein Vergleich des Anwendungsbereichs von § 278 S. 1 Fall 1 BGB und § 31 BGB zeigt weiterhin, dass der Anwendungsbereich der Amtswalterzurechnung sich für jedes Amt unterscheiden kann. Denn die in § 31 BGB angeordnete Zurechnung von schuldhaftem rechtswidrigem Organverhalten greift unabhängig von Sonderbeziehungen. Ursache für diese unterschiedlichen Anwendungsbereiche ist die verschiedene Funktion der einzelnen Ämter. Organe kraft Amtes sollen umfassend die Intellektbetätigungsfähigkeit für eine juristische Person herstellen. Schon aus diesem Grund ist es insoweit jedenfalls tendenziell angezeigt, dass sich die Amtswalterzurechnung auf alle Arten der Intellektbetätigung bezieht und auf alle unterschiedlichen Arten von Normen, die an diese Intellektbetätigungen anknüpfen. Anders liegt es insbesondere bei den Vertretern kraft Amtes. Deren Aufgabe bezieht sich bei vielen Ämtern nur auf einen Teilbereich.41 So braucht ein Vertreter, der die Handlungsfähigkeit eines Rechtsträgers nur im Prozess sicherstellen soll, keine über § 81 ZPO hinausgehenden materiellen Befugnisse. Aber auch wenn den Vertretern kraft Amtes umfassende Handlungsmacht zugewiesen ist,42 sollen sie den Menschen als Zurechnungsendsubjekt nicht vollständig ersetzen. Die Abhängigkeit des Anwendungsbereichs der jeweiligen Amtswalterzurechnung vom jeweiligen Amtszweck ergibt sich daraus, dass der Zweck des Amtes
39 BGHZ 1, 248, 249; MünchKommBGB-Grundmann, § 278 Rn. 2; Staudinger-Löwisch (2004), § 278 Rn. 7. 40 Dazu bereits Mot. II, 31 Fn. 1 41 Siehe § 4 A (S. 100 ff.). 42 Dazu § 2 A (S. 9 ff.).
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maßgeblich den jeweiligen Zurechnungsgrund und damit den Zweck der einzelnen Amtswalterzurechnung bestimmt. Dieser Zusammenhang führt freilich nicht dazu, dass eine Zurechnung nur für solche Intellektbetätigungen in Betracht kommt, die der Erreichung des Organisationszweckes konkret nützen können. Zurechnung kann sich auch auf solche Rechtstatsachen erstrecken, die wie Verschulden regelmäßig negative Rechtsfolgen für das jeweilige Zurechnungsendsubjekt bewirken. Denn solche Intellektbetätigungen der Amtswalter können mit der Erfüllung des Organisationszweckes in Zusammenhang stehen und müssen dann aus Verkehrsschutzgesichtspunkten zugerechnet werden. Eine Zurechnung muss insbesondere im Interesse des Rechtsverkehrs in Betracht kommen, wenn sich durch die Organisation geschaffene Gefahren verwirklichen können43. 2. Voraussetzungen und Gegenstand Die Voraussetzungen der Zurechnungsnorm bestimmen, wann vom Amtswalter verwirklichte Intellektbetätigungen dem jeweiligen Zurechnungsendsubjekt zuzurechnen sind. Dafür kann zunächst der vom Amtswalter geäußerte Wille, Wirkungen für das Zurechnungsendsubjekt herbeizuführen, ein relevanter Gesichtspunkt sein. Daneben sind aus den gleichen Gründen wie bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs der Amtswalterzurechnung der Zweck des einzelnen Amtes und die Interessen des Rechtsverkehrs zu berücksichtigen. Auf der Hand liegt, dass sich die einzelnen Zurechnungsnormen in ihren Voraussetzungen unterscheiden, soweit die Zurechnung verschiedener Intellektbetätigungen in Rede steht. Etwa § 164 BGB stellt an die Zurechnung einer Willenserklärung ganz andere Voraussetzungen als § 278 BGB an die Zurechnung von Verschulden. Soll aber dieselbe Intellektbetätigung zugerechnet werden, so unterscheiden sich die Zurechnungsvoraussetzungen regelmäßig nicht danach, welches Amt ein Amtswalter bekleidet. So ist insbesondere § 164 BGB die maßgebliche Zurechnungsnorm für Willenserklärungen, gleich ob die Willenserklärung von einem Vertreter kraft Amtes, einem sonstigen gesetzlichen Vertreter, einem Organ kraft Amtes oder aber auch einem rechtsgeschäftlichen Vertreter abgegeben wird. Den unterschiedlichen Zwecken der Ämter wird allein dadurch Rechnung getragen, dass sich die für die Zurechnung notwendige »Vertretungsmacht« in Bezug auf die einzelnen Ämter unterscheidet.44 In den Voraussetzungen von § 164 BGB kommen auch alle Aspekte, von denen eingangs behauptet wurde, sie könnten die Zurechnungsvoraussetzungen beeinflussen, zum Ausdruck. Der Amtswalter muss verdeutlichen, in dieser Funktion die zuzurechnende Willenserklärung abgeben zu wollen. Diese Willenserklärung muss von der »Vertretungsmacht« und damit abstrakt vom Organisationszweck gedeckt sein. Der Rechtsverkehr wird ebenfalls durch beide Voraussetzungen geschützt. Denn es wird deutlich, für wen der Amtswalter handeln will, und die Zurechnung ist
43 Vgl. beispielsweise zu den Voraussetzungen von § 278 BGB MünchKommBGB-Grundmann, § 278 Rn 46. 44 Eingehend zur Amtsmacht § 10 (S. 336 ff.).
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nicht davon abhängig, ob das einzelne Geschäft konkret mit dem Organisationszweck in Einklang steht. 3. Art der Zuordnung Die Unterscheidung der einzelnen Arten von Amtswaltern hat ganz unterschiedliche Verhältnisse der Amtswalter zu den jeweiligen Zurechnungsendsubjekten der Handlungsorganisation, für die sie tätig sind, offenbart.45 Die Amtswalter haben unterschiedliche Funktionen, abhängig davon, ob sie als Vertreter, Organwalter oder Parteiwalter tätig sind. Diese unterschiedlichen Funktionen können sich auch darin niederschlagen, dass die vom Amtswalter verwirklichten Intellektbetätigungen dem jeweiligen Zurechnungsendsubjekt in unterschiedlicher Weise zugerechnet werden. Es lässt sich insbesondere die Zurechnung als fremdes Verhalten (so die Repräsentationstheorie im Vertretungsrecht) und die Zurechnung als eigenes Verhalten (so die Organtheorie im Recht der Organe) unterscheiden. Es werden daher bei der Betrachtung der einzelnen Ämter die Arten der Zuordnung bei den einzelnen Ämtern zu bestimmen sein. Schon jetzt ist aber auf eine Besonderheit der Amtswalterzurechnung hinzuweisen, die bei allen Ämtern bestehen kann. Das Amt selbst kann Zurechnungssubjekt – vielfach freilich Zurechnungsdurchgangssubjekt – sein. Die Zurechnungskette verläuft dann im Grundsatz vom Amtswalter, der im natürlichen Sinne handelt46, über das Amt zu dem Rechtssubjekt als Zurechnungsendsubjekt. Diese Zurechnungskette darf man nicht dahingehend missverstehen, dass das Amt in einer solchen Weise Rechtstatsachen verwirklichen könnte, dass es selbst von Rechtsfolgen getroffen wird. Denn das Amt ist im Außenverhältnis weder rechts- noch vermögensfähig. Es verwirklicht Rechtstatsachen nur zu einem spezifischen Amtszweck. Diese Anerkennung des Amtes als Zurechnungssubjekt ist nicht neu, sondern entspricht der von Wolff für die Organzurechnung geprägten Sicht, der eine Zurechnungskette vom Organwalter über das Organ zur juristischen Person befürwortet.47 Diese Sichtweise Wolffs hat Zustimmung gefunden48, stieß aber unter Hinweis auf einen fehlenden praktischen Nutzen auch auf Kritik49. Dieser Kritik ist zuzugeben, dass sich die Ergebnisse der Zurechnung zum Zurechnungsendsubjekt nicht dadurch verändern, dass man eine Zurechnungskette durch das Amt hindurch zu diesem Zurechnungsendsubjekt annimmt. Die Rechtsfolgen für das Zurechnungsendsubjekt hängen nur davon ab, dass ihm überhaupt die Verwirklichung bestimmter Rechtstatsachen zugeordnet wird. Die Zurechnung durch das Amt ist vielfach ohne Bedeutung und wird dann im Fol-
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Siehe § 5 D I (S. 192), III (S. 194 ff.). Die Zurechnungskette verlängert sich, wenn der Amtswalter selbst kein Mensch ist und daher auch nur qua Zurechnung handeln kann. 47 Wolff, Vertretung, 242 ff., 250; Wolff/Bachof, § 74 I f. 48 BGHZ 109, 327, 331 f.; Frels, ZHR 122 (1959), 172, 181; vgl. auch K. Schmidt, GesR, § 10 I 2 a Fn. 7. 49 Baltzer, Beschluß, 30 mit Fn. 51; Buck, Wissen, 196. 46
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genden auch nicht näher erörtert. Es sprechen aber eine Reihe von Wertungsgesichtspunkten dafür, das Amt als Zurechnungssubjekt anzuerkennen: Erstens entspricht diese Sichtweise der tatsächlichen Handhabung. So legen Amtswalter regelmäßig ihre Amtsstellung offen, wenn sie in Ausübung ihres Amtes handeln. Das Vorstandsmitglied einer Körperschaft handelt nicht nur als Vertreter für die Körperschaft, sondern für den Vorstand, wie der Vormund eines Minderjährigen nicht nur als Vertreter des Minderjährigen, sondern als Vormund handelt. Mit dieser tatsächlichen Handhabung geht zweitens einher, dass die Amtswalter, wenn sie in ihrer besonderen Funktion handeln, besondere Rechtswirkungen auslösen. Die besondere Stellung der Amtswalter im Vergleich zu Vertretern oder sonstigen Gehilfen ist nicht nur rechtstechnischer Natur. Die besonderen Rechtsfolgen beruhen auf dem besonderen Rechtsgrund der Handlungsmacht. Daraus ergeben sich ganz andere Regelungen über die Publizität dieser Handlungsmacht, so dass etwa die Regelungen des BGB über die Vollmachtsurkunde (§§ 172, 174 BGB) nicht unmittelbar anwendbar sind.50 Außerdem ist der spezifische Umfang der Handlungsmacht zu berücksichtigen. Schließt ein Vormund ein nach §§ 1821 f. BGB genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft, so hängt die Zurechnung zum Minderjährigen von der Zustimmung des Gerichts ab (§ 1829 BGB). Der Vormund des Minderjährigen hat aber alles Erforderliche für eine Zurechnung bereits getan. Hat er seine Stellung als Vormund offen gelegt, haftet er auch nicht als falsus procurator. Dieses Beispiel belegt gleichzeitig die besondere Kontinuität des Amtes unabhängig vom Amtswalter, die drittens für die Anerkennung des Amtes als Zurechnungssubjekt spricht. Auch wenn der Vormund, der das Rechtsgeschäft abgeschlossen hat, aus seinem Amt scheidet, bleibt das Rechtsgeschäft weiterhin genehmigungsfähig. Die Zustimmung muss dann gegenüber dem Amtsnachfolger nach § 1829 BGB erklärt werden. Dieser Gedanke verdeutlicht besonders klar, dass der Amtswalter keine ihm persönlich übertragenen Befugnisse ausüben kann, sondern nur solche aufgrund seiner Amtsstellung. Auch darin kommt zum Ausdruck, dass man das Amt selbst als Zurechnungssubjekt anerkennen sollte. a) Spezialfälle des Zurechnungsendsubjekts Die Sichtweise, das Amt selbst als Zurechnungssubjekt anzusehen, erweist sich ausnahmsweise sogar als unentbehrlich, wenn das Amt selbst Zurechnungsendsubjekt sein soll, um die spezifischen Wirkungen des Amtswalterverhaltens zu erklären. Diese Konstruktion, das Amt selbst als Zurechnungsendsubjekt anzusehen, ist in all denjenigen Fällen einschlägig, in denen der Gesetzgeber einem Amtswalter die Möglichkeit einräumt, spezifische Wirkungen herbeizuführen, die von den Wirkungen abweichen, die ein Rechtsträger durch (ihm zugerechnetes) Handeln herbeiführen kann. Ein Beispiel aus dieser Fallgruppe hat sich bereits im bisherigen Verlauf dieser Arbeit angedeutet: Die verselbstständigten Sondervermögen verfügen über einen
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Dazu schon § 5 C vor I (S. 175), ausführlich § 10 D (S. 385 ff.).
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Funktionsträger, der solche spezifischen Wirkungen herbeiführen soll.51 Im Fall von sog. Parteien kraft Amtes zugewiesenen Sondervermögen ist diese spezifische Intellektbetätigungsmöglichkeit Amtswaltern zugewiesen. Hier bietet sich an, das Amt selbst als Zurechnungsendsubjekt anzusehen.52 Des Weiteren ist an das Organisationsverhältnis zu denken. Hier stehen sich die einzelnen Funktionseinheiten gegenüber. Es bietet sich dann ebenfalls an, die aus Ämtern bestehenden Funktionseinheiten selbst als Organisationssubjekt und damit Zurechnungsendsubjekt von innerorganisatorischem Handeln anzusehen.53 Ämter, die eigentlich wie Vertreter und Organe als Zurechnungsdurchgangssubjekt eingerichtet sind, können nicht nur im Organisationsbereich, sondern ausnahmsweise auch im Außenverhältnis als Zurechnungsendsubjekt fungieren. Beispiel sind Betreuer oder Vormund, wenn ihr Verhalten nicht als Vertreter dem Menschen zugerechnet werden soll, sondern ihnen die Aufgabe zufällt, über die Zustimmung zu Willenserklärungen zu befinden, die der beschränkt geschäftsfähige Mensch abgegeben hat (§§ 107, 1903 BGB).54 Entsprechend kann man auch den Insolvenzantrag eines Organmitglieds verstehen (§ 15 Abs. 1 InsO), dessen Brisanz die Frage betrifft, von wem der Antrag zurückgenommen werden darf.55 Der Antrag würde dann nicht in Vertretung für die jeweilige Organisation, auch nicht durch den Organwalter persönlich, sondern vom jeweiligen Organmitglied Amt gestellt. Folge wäre, dass der Antrag nur von demjenigen zurückgenommen werden kann, der für dieses Amt handeln kann. Das ist zunächst der Amtswalter, der den Antrag gestellt hat, nach seinem Ausscheiden der Funktionsnachfolger56. Dieses Verständnis begründete eine Position, die zwischen den beiden anderen zu dieser Kontroverse vertretenen Auffassungen vermittelt.57 Die eine tritt dafür ein, die Entscheidung über die Rücknahme allein von den Vertretungsregeln der jeweils betroffenen Organisation abhängig zu machen.58 Nach der anderen kann der Antrag eines Organwalters nicht einmal nach seinem Ausscheiden von anderen Organwaltern zurückgenommen werden59. b) Ausnahmen Die Zurechnung des Amtswalterverhaltens zum Amt duldet andererseits aber auch Ausnahmen. Eine solche Ausnahme sollte man annehmen, wenn der Amtswalter, ohne seine Amtsstellung offen zu legen, handelt und nur als rechtsgeschäftlicher Vertreter auftritt. Der Amtswalter kann sich dann nicht auf die besonderen Wirkungen seiner Amtsstellung berufen. Diese fehlende Offenlegung sollte einer Zurechnung des Amtswalterverhaltens zum Zurechnungsendsubjekt 51 52 53 54 55 56 57 58 59
Siehe zusammenfassend § 3 C IV (S. 94). Eingehend § 9 B I (S. 298 ff.). Eingehend § 11 A I (S. 395 ff.). Ausführlich § 7 A II 1 (S. 237 ff.). Ausführlich Jaeger-Müller, InsO, § 15 Rn. 54 ff. Näher dazu § 13 B I 2 a (S. 465). Im Ergebnis dafür Jaeger-Müller, InsO, § 15 Rn. 58. Uhlenbruck-Hirte, § 15 Rn. 6. AG Duisburg, NZI 2002, 209; Kübler/Prütting-Pape, § 13 Rn. 122.
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nach den allgemeinen Grundsätzen der Vertretung entsprechend den Grundsätzen zur unmittelbaren Untervollmacht60 nicht entgegenstehen, solange nur die Handlungsmacht des Amtswalters die Zurechnung getragen hätte, wenn er als Amtswalter aufgetreten wäre. c) Insbesondere: Mehrämter-Einheiten Besondere Betrachtung verdienen Funktionseinheiten, die sich aus mehreren Ämtern zusammensetzen. Insoweit wurde bereits die Unterscheidung zwischen Gremien und Zwillingsämtern eingeführt.61 aa) Gremien Die Gremien sind für mehrere Personen eingerichtete Funktionseinheiten. Nehmen Amtswalter die einem solchen Gremium zugewiesenen Handlungskompetenzen wahr, so dass die Intellektbetätigungen der Amtswalter dem betroffenen Zurechnungsendsubjekt zugerechnet werden sollen, so ist die Funktion des Gremiums bei dieser Zurechnung zu hinterfragen. Exemplarisch lässt sich fragen, ob die Willenserklärungen eines oder mehrerer Vorstandsmitglieder einer juristischen Person auch dem Gremium Vorstand zugerechnet werden. Für eine solche Zusammenfassung fehlt der Grund. Die zuzurechnenden Willenserklärungen sind Intellektbetätigungen einzelner Personen. Diese werden nach der hier vertretenen Ansicht zwar dem vom einzelnen Amtswalter bekleideten Amt, der Teilinstitution des jeweiligen Gremiums, zugerechnet. Eine Zurechnung zum Gremium wäre aber verfehlt, weil nicht das ganze Gremium, sondern der eine Amtswalter die zuzurechnende Erklärung abgegeben hat.62 Ein abweichendes Er-gebnis ist auch nicht angebracht, wenn Gesamtvertretung angeordnet ist. Denn die Wirkungen der Gesamtvertretung beruhen auf der Zusammenrechnung mehrerer, von einzelnen Amtswaltern (aber nicht dem Gremium) vorzunehmender Einzelakte beim Zurechnungsendsubjekt.63 Diese Zurechnungskette vom Amtswalter über das Amt Gremiumsmitglied zum Zurechnungsendsubjekt kommt – jedenfalls soweit Organe juristischer Personen betroffen sind – in einer besonderen Terminologie zum Ausdruck. Angesichts der den Organen zugeschriebenen Zurechnungsfunktion64 wird das Amt des einzelnen Organmitglieds, dessen Verhalten unmittelbar der juristischen Person zugerechnet wird, vielfach selbst als Organ bezeichnet. Eine Differenzierung zwischen Organ und Organmitglied
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Dazu statt aller Bork, AT, Rn. 1447 ff. Oben § 5 B III (S. 170 f.). 62 Vgl. KölnKomm-Mertens § 76 Rn. 60. 63 Anders wohl der Beschreibung nach Coing, Festschrift Fischer, 65 f. 64 Grundlegend Wolff, Vertretung, 242 ff; siehe § 5 A I 2 a (S. 158), aber auch die unter § 5 D III 1 (S. 196) gewählte Begriffsbildung, die dieses Element weniger betont. 61
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wird deswegen für entbehrlich gehalten.65 Folgt man dem, verfügt beispielsweise eine Aktiengesellschaft über so viele Vorstände, wie der Vorstand Mitglieder hat. Gremien sind allerdings Zurechnungssubjekte, wenn sie Beschlüsse fassen. Ein Beschluss als kollektiver Akt der Willensbildung fasst einzelne Willenserklärungen, die in der Stimmabgabe der Gremiumsmitglieder liegen,66 in einer eigenen Art von Rechtsgeschäft zusammen.67 Dabei ist der Beschluss nicht auf die Funktion beschränkt, gremiumsintern die Willensbildung vorzunehmen, die die Gremiumsmitglieder durch ihre Willenserklärungen nach außen umsetzen. So verhält es sich freilich, wenn einzelne Vorstandsmitglieder im Außenverhältnis für die Körperschaft Verträge auf Grundlage eines Vorstandsbeschlusses abschließen. Es kann vielmehr der einzelne Gremiumsbeschluss Wirkungen außerhalb des Gremiums entfalten. Beschlüsse können gegenüber anderen Funktionsträgern einer Organisation wirken, wenn etwa ein Gremium einem anderen Funktionsträger ein bestimmtes Handeln erlaubt (Beispiele: §§ 111 Abs. 4 AktG, 160 InsO) oder zu einer Maßnahme anweist. Das Gremium ist dann sogar Zurechnungsendsubjekt. Von besonderer Bedeutung sind aber auch Beschlüsse über Bestellung oder Abberufung von Amtswaltern (Beispiele: §§ 84 AktG, 26 WEG).68 Wie die Zurechnung des Aufsichtsratsbeschlusses zur Aktiengesellschaft im Fall des § 84 AktG zeigt, kann das Gremium dann Zurechnungsdurchgangssubjekt sein. bb) Zwillingsämter Für Zwillingsämter stellen sich die gerade für Gremien erörterten Fragen nicht. Denn den Zwillingsämtern fehlt es an einer Zusammenfassung mehrerer Ämter. Es können stets nur die Intellektbetätigungen der Amtswalter über das jeweilige Amt dem Zurechnungsendsubjekt zugerechnet werden. Namentlich im Fall der Gesamtvertretung kann eine Addition erst beim Zurechnungsendsubjekt stattfinden. Im Ergebnis zeigt sich aber im Hinblick auf das Außenverhältnis – also abgesehen von den Beschlusskompetenzen – kein Unterschied zwischen den Gremien und den Zwillingsämtern. In beiden Fällen findet die Zurechnung grundsätzlich vom Amtswalter über sein Amt zum Zurechnungsendsubjekt statt.
B. Amtswaltereigenhandeln Im Allgemeinen steht als Konstruktion, um Hilfspersonen für einen Geschäftsherrn tätig werden zu lassen, neben dem zuzurechnenden Handeln für den Geschäftsherrn ein zweiter Weg zur Verfügung. Bei der sog. mittelbaren Stellvertretung nimmt die Hilfsperson Rechtshandlungen im eigenen Namen vor, will die
65 Buck, Wissen, 196; KölnKomm-Mertens § 76 Rn. 60. – Entgegen Buck, ebd., ist Mertens keine Aussage zu der gerade unter 3 vor a) (S. 212 f.) erörterten Frage zu entnehmen, ob die Zurechnung in der juristischen Person über das Amt (Organ) als Zurechnungszwischensubjekt verläuft. 66 BGHZ 48, 163, 173; 14, 264, 267; RGZ 118, 67, 69. 67 Näher § 12 B III (S. 420 ff.). 68 Dazu § 14 B I 1 (S. 485).
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Rechtsfolgen aber dem Geschäftsherrn zukommen lassen.69 Vergleichbar liegt es im Amtsrecht. Neben dem Handeln des Amtswalters als Zurechnungshelfer kommt auch in Betracht, dass der Amtswalter im eigenen Namen handelt, aber mittelbar Wirkungen für die Organisation herbeiführen möchte. Für die vom Amtswalter repräsentierte Organisation hat das zur Folge, dass keine Rechtsfolgen Dritten gegenüber eintreten, sondern nur im Amtswalterrechtsverhältnis gegenüber dem Amtswalter. Dieses Verhältnis ist Gegenstand des dritten besonderen Teiles. Im Folgenden ist diese Art des Amtswalterhandelns und ihre Konkurrenz zum unmittelbaren (zuzurechnenden) Amtswalterhandeln bereits zu analysieren.
I. Anwendungsfälle Um einen Überblick über diese Form des Amtswalterhandelns zu gewinnen, sind vier Fallgruppen zu unterscheiden. 1. Vertragsschluss in mittelbarer Stellvertretung Die Fälle der typischen mittelbaren Stellvertretung bilden eine Gruppe. So kann der Amtswalter im eigenen Namen Verträge mit Dritten insbesondere über Dienstoder Werkleistungen eingehen, die die von ihm repräsentierte Organisation benötigt. Als Beispiel70 ist an den Vormund, aber auch an den Insolvenzverwalter zu denken, der im eigenen Namen einen Steuerberater einschaltet, damit dieser Berater die Steuererklärung für Mündel oder Insolvenzschuldner fertigt.71 Auch kann der Wohnungseigentumsverwalter Verträge wie Versorgungs- oder Reinigungsverträge im Interesse der Eigentümergemeinschaft, aber im eigenen Namen abschließen.72 2. Verwahrungen durch den Amtswalter Der Amtswalter kann auch Gegenstände, die zumindest wirtschaftlich dem Organisationsvermögen zuzuordnen sind, zu eigener Rechtsposition verwahren. Bei beweglichen Gegenständen ist insbesondere an eine eigene Besitzposition des Amtswalters zu denken. Insbesondere gesetzliche Vertreter können dem Vertretenen Besitz an Sachen, deren Eigentümer der Vertretene ist, mitteln (§ 868 BGB). Der Amtswalter ist dann unmittelbarer Besitzer mit allen Rechten (etwa §§ 861 f., 1007 BGB), aber auch Pflichten (etwa §§ 985, 1007 BGB). Insbesondere kann er persönlich auf Herausgabe auch vor Gericht in Anspruch genommen werden. Von größerer Bedeutung ist freilich noch die Verwaltung von Geldmitteln auf von den Amtswaltern geführten Eigenkonten. So ist es in der Wohnungseigentümergemeinschaft häufig anzutreffen, dass der Verwalter den liquiden Teil des 69
So schon Mot. I, 223. Zu den Betriebsratsmitgliedern § 4 C II 1 b (S. 147). 71 Zur Insolvenz BGH NJW 2004, 2976; vgl. auch BGH NJW 1983, 40 (keine mittelbare Stellvertretung des Testamentsvollstreckers). 72 Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 27 Rn. 17; siehe § 4 B II 1 b cc 1 (S. 127). 70
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Verwaltungsvermögens auf einem von ihm selbst im eigenen Namen eingerichteten Bankkonto verwaltet.73 Zum vorläufigen Insolvenzverfahren wird darüber diskutiert, dass der vorläufige Verwalter im eigenen Namen ein Treuhandkonto errichtet. Auf diesem Konto soll der Verwalter Erträge des Insolvenzschuldners im Eröffnungsverfahren sammeln. Zweck dieses Kontos ist es, in Form einer Doppeltreuhand eine Sicherheit für solche Geschäftspartner zu schaffen, die während des Eröffnungsverfahrens mit dem Schuldner weiterhin Geschäfte treiben.74 Ohne Sicherung hätten diese Geschäftspartner in der Insolvenz nur den Rang von Insolvenzgläubigern, da ihre Forderungen zwar nach Antragstellung auf Verfahrenseröffnung, aber, was nach § 38 InsO allein maßgeblich ist, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen.75 Einen weiteren Beispielsfall bietet schließlich die in der Rechtsprechung entwickelte sog. Treuhandlösung bei Testamentsvollstreckung an einem einzelkaufmännischen Unternehmen.76 Eine echte Testamentsvollstreckung, also ein Betreiben des einzelkaufmännischen Unternehmens durch den Amtswalter mit Wirkung allein für den Nachlass, wird zwar überwiegend für unzulässig gehalten.77 Als Ersatzmöglichkeit soll der Testamentsvollstrecker aber persönlich als rechtsgeschäftlicher Treuhänder mit Wirkung zunächst für sein Privatvermögen das Unternehmen betreiben können. 3. Prozessführung in (gewillkürter) Prozessstandschaft In prozessualer Hinsicht kann der Amtswalter selbst in (gewillkürter) Prozessstandschaft einen Prozess über ein Recht aus dem Organisationsvermögen führen. Allein der Amtswalter persönlich ist dann Prozessbeteiligter. Er haftet dem Gegner im Fall des Unterliegens für die Prozesskosten nach § 91 ZPO mit seinem eigenen (freien) Vermögen, wie dieses Vermögen auch für Verbindlichkeiten haftet, die er in mittelbarer Stellvertretung begründet. Beispiele für eine solche Handhabung sind selten. Nur im Wohnungseigentumsrecht findet sich eine solche Praxis häufig. Der Wohnungseigentumsverwalter macht Ansprüche, die den Eigentümern gemeinschaftlich zustehen, aufgrund einer Ermächtigung der Eigentümer für diese geltend.78
73 BGH NJW 1996, 65; BayObLG NJW-RR 2000, 155; OLG Düsseldorf NZM 2004, 1668; KG NJW-RR 1987, 1160, 1161; LG Köln 1987, 1365; Wenzel, ZWE 2004, 5, 13; kritisch zur Zuässigkeit solchen Verwalterverhaltens bei Fehlen einer besonderen Ermächtigung der Eigentümer Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 27 Rn. 98 m. w. Nachw. 74 Vgl. Bork, ZIP 2003, 1421, 1423 f.; Frind, ZInsO 2004, 470 ff., Kirchhof, Festschrift Kreft, 359, 363 ff.; Marotzke, ZInsO 2004, 721 ff.; Undritz, NZI 2003, 136, 141 ; ferner Bähr, ZIP 1998, 1553, 1557 f., 1562; Kreft, Festschrift Merz, 313, 324 ff., schließlich (für das Verfahren nach VglO) BGHZ 109, 47 ff. 75 Nach § 55 Abs. 2 InsO wird allerdings Masseschuldner der Geschäftspartner, der mit einem sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalter (§ 22 Abs. 1 InsO) kontrahiert. 76 BGHZ 12, 100, 102; dazu ausführlich Muscheler, Haftungsordnung, 295 ff. 77 Dazu § 9 B II 6 b (S. 321). 78 BGHZ 104, 197, 199, 81, 35, 37; BGH ZMR 2002, 135; NJW-RR 1998, 519; NJW 1997, 2173; BayObLG NJW-RR 2000, 155; OLG Stuttgart OLGZ 1990, 175, 178; dazu § 4 B II 1 c bb (S. 132); für Mitglieder des Verwaltungsbeirats BGH NJW-RR 2004, 949, 950.
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4. Selbsteintritt Besteht in der vom Amtswalter repräsentierten Organisation das Bedürfnis nach einer bestimmten Werk- oder Dienstleistung, so besteht neben den beiden vorgestellten Möglichkeiten, dass der Amtswalter einen entsprechenden Vertrag über die begehrte Leistung mit einem Dritten entweder im Wege der Zurechnung mit Wirkung für das Organisationsvermögen oder im eigenen Namen mit Wirkung (zunächst) für sein Vermögen schließt,79 noch eine dritte Möglichkeit. Verfügt der Amtswalter – regelmäßig von Berufs wegen – selbst über die notwendigen Fertigkeiten, um diese Leistung zu erbringen, so kann er durch seine eigene Leistung dieses Leistungsbedürfnis der von ihm repräsentierten Organisation befriedigen. Gehört diese Leistungserbringung zum originären Aufgabenbereich des Amtswalters, muss er freilich so handeln. Verfügte er nicht über diese Fertigkeiten, wäre er kein geeigneter Amtswalter. Die hier vorzustellende Fallgruppe besteht aber aus Fällen, in denen die vom Amtswalter vorzunehmende Leistung nicht zu seiner originären Amtstätigkeit gehört, sondern (deutlich) darüber hinausgeht. Ausdrücklich angesprochen wird diese Fallgruppe in § 1 Abs. 2 RVG für Rechtsanwälte. Werden Rechtsanwälte als Walter eines der dort angeführten Ämter tätig, so verdienen sie nicht ohne weiteres dadurch die Gebühren nach dem RVG. Wie der Verweis in § 1 Abs. 2 S. 2 RVG auf § 1835 Abs. 3 BGB verdeutlicht, müssen die Regelungen des einzelnen Amtes an die Tätigkeit einen entsprechenden Aufwendungsersatzanspruch knüpfen. § 1835 Abs. 3 BGB knüpft an jegliche Dienste an, die zum Beruf oder Gewerbe des Vormunds gehören. Jeder Vormund, der in seinem Beruf als Arzt, Rechtsanwalt, Steuerberater o. ä. Leistungen gegenüber seinem Mündel erbringt, erwirbt einen entsprechenden Aufwendungsersatzanspruch. Nach § 5 InsVV kann ein Insolvenzverwalter, der Leistungen als Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater für die Insolvenzmasse erbringt, die gesetzliche Vergütung aus der Masse entnehmen, wenn ein Verwalter ohne entsprechende Fertigkeiten angemessener Weise einen entsprechenden Berufsträger eingeschaltet hätte.80 Das Besondere an dieser Fallgruppe ist also, dass der Amtswalter, was Umfang der Verpflichtung und Vergütung betrifft, für die von ihm repräsentierte Organisation wie ein Dritter tätig wird, formal aber in Ausübung seiner Amtsmacht handelt. Er schließt also keinen gesonderten Vertrag, indem er sich selbst mit der Dienstleistung betraut. Ein solcher Vertrag könnte auch zu § 181 BGB in Widerspruch stehen, falls der Amtswalter nicht von den Beschränkungen dieser Vorschrift befreit ist. Sondern es findet eine Modifizierung von Rechten und Pflichten des Amtswalters in seinem Amtsverhältnis statt. Mit den eigentlichen Fällen der mittelbaren Stellvertretung hat diese Fallgruppe am wenigsten gemein. Sie gehört aber in die hier vorzunehmende Aufzählung von Beispielen, wie der Amts-
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Vgl. A (S. 201 ff.) bzw. B I 1 (S. 217). Vgl. entsprechend für die Liquidation BGHZ 139, 309, 312; BGH NJW 2006, 1597 f.; NJW 2005, 903. 80
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220 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46
§ 6: Die Rechtstechnik
walter einen besonderen – üblicherweise im Außenrechtsverkehr zu deckenden – Bedarf der Organisation anderweit befriedigen kann. Eine abweichende Situation ist im Wohnungseigentumsrecht zu beobachten. Zwar werden häufig Wohnungseigentumsverwalter mit der Rechtswahrnehmung für die Eigentümer in Wohnungseigentumsverfahren81 betraut. Es liegt aber nicht in der eigentlichen Amtskompetenz der Verwalter über die Einschaltung der Rechtswahrnehmungsvertreter zu befinden. Es sind entsprechend § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG die Eigentümer selbst, die den Verwalter regelmäßig entweder bereits im (allgemeinen) Verwaltervertrag oder durch spezielle Beschlüsse mit der Rechtswahrnehmung betrauen.82 Der Verwalter erhält dann aus diesem Vertrag eine zusätzliche Vergütung. Amtsverhältnis und Prozessführungsauftrag sind getrennt voneinander zu beurteilen.83
II. Problemstruktur Die gemeinsame Problemstruktur dieser Gestaltungen des Amtswalterhandelns besteht darin, wie Vorteile und Nachteile dieser Verträge im Amtswalterrechtsverhältnis verteilt werden und wie das Verhältnis bei Ende der Amtszeit des Amtswalters abgewickelt werden kann. 1. Vorteile Der Nutzen des Amtswalterhandelns kann der Organisation in manchen Fällen unmittelbar zufließen. So verhält es sich, wenn ein Dritter oder der Amtswalter eine Dienstleistung für die Organisation vornimmt. Gleiches kann aber auch die Prozessführung in Prozessstandschaft bewirken, weil sich die Urteilswirkungen jedenfalls bei der Prozessstandschaft im Interesse des Rechtsinhabers unmittelbar auch auf den Rechtsinhaber erstrecken.84 So kann der Amtswalter als Standschafter auch einen Titel im eigenen Namen für die Organisation vollstrecken.85 Schließlich macht die Besitzmittlung durch den Amtswalter die Organisation selbst zum mittelbaren Besitzer (§ 868 BGB). In den sonstigen Verwaltungsfällen fließen die Vorteile dem Organisationsvermögen nicht unmittelbar zu. Es entsteht lediglich ein schuldrechtlicher Herausgabeanspruch (§§ 667, 675 BGB). Damit trägt die Organisation grundsätzlich das Insolvenzrisiko des Amtswalters.86 Abweichendes gilt nur dann, wenn die Anforderungen an eine Verwaltungstreuhand im haftungsrechtlichen Sinne gewahrt
81 Üblich ist hier auch die gerichtliche Vertretung durch nicht als Anwalt zugelassene Wohnungseigentumsverwalter. Da die WEG-Verfahren dem FGG zugewiesen sind, herrscht weder in erster Instanz vor dem Amtsgericht noch in zweiter Instanz vor dem Landgericht Anwaltszwang, vgl. § 29 FGG für die Instanz der weiteren Beschwerde. 82 BayObLG NJW-RR 2004, 1312, 1313; NJW-RR 1987, 1039, 1040; OLG Zweibrücken, NJW-RR 1987, 1366. 83 Vgl. Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 27 Rn. 142; Reichert, ZWE 2004, 211 ff. 84 Statt aller Stein/Jonas-Leipold, 21. Aufl. (1998), § 325 Rn. 54. 85 Zum Wohnungseigentumsrecht BGHZ 148, 392; siehe § 4 B II 1 c bb (S. 132). 86 Vgl. zu diesem Bedenken im Amtswalterrecht Frind, ZInsO 2004, 470, 475 ff.
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B. Amtswaltereigenhandeln
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sind.87 Dann ist der Treugeber (Organisation) in der Einzelzwangsvollstreckung des Treuhänders (Amtswalter) zur Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO), in der Insolvenz zur Aussonderung (§ 47 InsO) berechtigt.88 2. Nachteile Für den Amtswalter stellt sich gleichzeitig die bedeutende Frage, ob er die Belastung, die der Vertragsschluss für ihn und sein Vermögen verursacht, im Amtswalterrechtsverhältnis aus dem Organisationsvermögen ersetzt verlangen kann. Zwar muss diese Frage das Recht des einzelnen Amtswalters beantworten. Diese Antwort wird sich aber stets an § 670 BGB orientieren, dass dem Geschäftsführer die Aufwendungen zu erstatten sind, die er für erforderlich halten durfte. 3. Abwicklung Die mittelbare Amtstätigkeit ist in vielen Fällen auf Dauer angelegt. So verhält es sich insbesondere mit den (treuhänderischen) Verwaltungen durch den Amtswalter, aber auch schon eine Rechtsbesorgung wie eine Prozessführung kann sich über eine lange Zeit erstrecken. In diesen Fällen fragt es sich, wie sich das mögliche Ausscheiden des Amtswalters aus seinem Amt auf das durch die mittelbare Amtstätigkeit begründete spezielle Rechtsverhältnis auswirkt. Bei Tätigkeiten, die wie Verwaltungstätigkeiten auf unbestimmte Zeit angelegt sind, wird es dem Organisationszweck regelmäßig entsprechen, dass der neue Amtswalter in die Position des alten Amtswalters eintritt. Während dieser Amtswalterwechsel aber sonst, wenn nur die im Amt gebündelte Rechtsstellung in Rede steht, ohne weitere Übertragungsakte auskommt, bedarf es hier einer Rechtsübertragung zwischen altem und neuem Amtswalter. Steht eine Tätigkeit in Rede, deren Ende wie bei der Prozessvertretung bestimmt ist, kann es sachgerecht sein, dass der scheidende Amtswalter seine Tätigkeit noch zu Ende führt. Gerade im Beispiel der Prozessführung spricht dafür nicht nur, dass allein der scheidende Amtswalter mit der Sache vertraut ist, sondern auch, dass er bereits die entsprechenden Gebühren verdient hat.89 Eine abweichende Bewertung kann sich freilich aus den Gründen ergeben, die zum Amtswalterwechsel geführt haben.
87 Allgemein zur Treuhand § 3 A IV 1 e (S. 34); ferner BGHZ 155, 227; BGH NJW-RR 1995, 766, 767; NJW-RR 1989, 252, 253; Henssler, AcP 196 (1996), 37, 58 ff.; speziell zu Treuhandkonten BGH ZIP 2005, 1465; NJW-RR 2003, 1375, 1376; NJW 1996, 1543 f.; NJW 1993, 2622; NJW-RR 1993, 301; NJW 1971, 559; NJW 1959, 1223, 1224 ff.; BAG ZIP 2004, 124, 128 f.; OLG Naumburg WM 2003, 1668. 88 BGHZ 155, 227; BGH ZIP 2005, 1465; NJW-RR 2003, 1375; NJW 1996, 1543 f.; NJW 1993, 2622; NJW-RR 1993, 301; NJW 1959, 1223, 1224; BAG ZIP 2004, 124, 128. 89 Vgl. für die Prozessführung durch den scheidenden Wohnungseigentumsverwalter Reichert, ZWE 2004, 211, 213 f.
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III. Zulässigkeit Die Frage, inwieweit diese Formen mittelbaren Amtswalterhandelns zulässig sind, lässt sich aufgliedern in die Frage des rechtlichen Könnens (Handlungsmacht) einerseits und die Frage des rechtlichen Dürfens (Handlungsberechtigung) andererseits. 1. Handlungsmacht Die Handlungsmacht, die beschriebenen Gestaltungen zu wählen, steht dem Amtswalter im Grundsatz zu. Er kann nicht nur für sich selbst handeln, sondern er verfügt regelmäßig90 auch als Amtswalter über unbegrenzte Befugnisse für die Organisation zu handeln. Eine im vorliegenden Zusammenhang bedeutende Begrenzung folgt aus § 181 BGB.91 Der Amtswalter kann nicht durch Selbstkontrahieren Gegenstände aus dem Organisationsvermögen in sein Vermögen übertragen. Dem entsprechend bedarf der Testamentsvollstrecker für eine rechtsgeschäftliche Unternehmenstreuhand auch einer Mitwirkung des Erblassers. Die eigentlichen Fälle der mittelbaren Stellvertretung werden indessen nicht von § 181 BGB ausgeschlossen. § 181 BGB steht nicht einmal dem entgegen, dass der Amtswalter im eigenen Namen über Gegenstände aus dem Organisationsvermögen verfügt, sofern der Amtswalter zusätzlich für die Organisation dieser Verfügung gegenüber dem Erwerber zustimmt.92 2. Handlungsberechtigung Die Handlungsmacht diktiert aber nur die äußere Handlungsgrenze für den Amtswalter. Die Grenzen seiner Berechtigung gegenüber der Organisation sind enger. Seine Amtsführung hat er an den Interessen der Organisation auszurichten. Folglich bietet es sich an, danach zu unterscheiden, in wessen primärem Interesse die jeweilige Handlungsform gewählt wird. a) Interessen der Organisation Zunächst kann die Tätigkeit ganz allein dem Organisationsinteresse dienen. Am deutlichsten wird dieser Grund, wenn für den Amtswalter keine Handlungsalternative besteht. So liegt es etwa im Besitzrecht, wenn eine andere besitzrechtliche Konstruktion, als dass der Amtswalter dem Organisationsträger den Besitz mittelt, nicht gegeben ist. Vergleichbar verhält es sich mit der treuhänderischen Verwaltung eines Unternehmens durch den Testamentsvollstrecker. Es können aber auch einfach Praktikabilitätsinteressen der Organisation ausschlaggebend sein.
90 91 92
Zur Ausnahme des WEG-Verwalters siehe I 4 (S. 220). Ausführlich § 10 C II (S. 362 ff.). Siehe unten § 10 C II 2 a bb (S. 372).
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Beispiel ist im Wohnungseigentumsrecht die leichtere Handhabbarkeit, wenn der Amtswalter für die Eigentümer tätig wird. Ferner kann der Organisation an einer Anonymisierung gelegen sein.93 In diesen Fällen ist daher ein solches Amtswalterverhalten grundsätzlich erlaubt. Freilich reicht es nicht aus, dass eine Gestaltung abstrakt den Organisationsinteressen dienen soll. Die konkrete Bewertung, inwieweit den Organisationsinteressen gedient ist, entscheidet über die Rechtmäßigkeit. Es ergeben sich aber nicht schon Bedenken daraus, dass der Amtswalter eine mittelbare und nicht eine unmittelbare Handlungsform wählt. b) Interessen der Geschäftspartner Auch die Interessen des Geschäftspartners können im Vordergrund stehen. So kann sich der Geschäftspartner weigern, mit der Organisation das Geschäft abzuschließen. Etwa wird ein Insolvenzverwalter im massearmen Verfahren mit Verfahrenskostenstundung (§ 4a InsO) keinen Steuerberater finden, der mit ihm in seiner Amtseigenschaft kontrahiert. Der Berater wäre auf einen (wertlosen) Anspruch beschränkt, für den lediglich die (nicht vorhandene) Masse haftete. Der Verwalter muss daher selbst den Steuerberater einschalten und diese Auslagen aus der Staatskasse nach § 63 Abs. 2 InsO ersetzt verlangen, wenn die Einschaltung eines Steuerberaters für die Fortführung des Verfahrens tatsächlich erforderlich ist.94 Entsprechendes gilt für die Konstruktion des Doppeltreuhandkontos im vorläufigen Insolvenzverfahren. Die Geschäftspartner sind nicht bereit, sich auf das im vorläufigen Verfahren so offenkundige Insolvenzrisiko ihres Vertragspartners einzulassen. Die Zulässigkeit dieser Gestaltungsformen beruht – wie in der zuvor behandelten Fallgruppe – auf den Organisationsinteressen. Denn die unmittelbaren Interessen der Geschäftspartner spiegeln sich in mittelbaren Interessen der Organisation wider. Im Interesse der Organisation liegt die Versorgung durch die vom Geschäftspartner angebotene Leistung. c) Interessen des Amtswalters Schließlich kommt in Betracht, dass Interessen des Amtswalters die Wahl der Handlungsform dominieren. Dabei ist nicht nur an den Amtswalter zu denken, der eine Verwahrung zu einer Unterschlagung nutzen möchte.95 In den Fällen des Selbsteintritts wird vielmehr für den Amtswalter der Gedanke leitend sein, dass er selbst gerne die Gebühren für die von ihm verantwortlich zu vergebenden Dienstleistungen verdient.
93 Vgl. Harder, Surrogation, Rn. 47, Jahr, Festschrift Weber, 275, 297, die als einen Vorteil des Auftretens des Insolvenzverwalters ohne Aufdeckung seiner Amtsstellung preisen, dass der Verwalter nicht offenbare, Gegenstände aus einer Liquidationsmasse zu veräußern. 94 BGH NJW 2004, 2976, 2978. 95 Dazu Frind, ZInsO 2004, 470, 474.
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§ 6: Die Rechtstechnik
Es gilt insoweit zu differenzieren. Der Selbsteintritt wirft spezifische Fragen auf. Es kommt darauf an, ob der Amtswalter »die Vergabe« der Dienst- oder Werkleistung an sich allein bestimmen kann oder ob es vorzuziehen ist, dass der Amtswalter einen außenstehenden Dritten mit der Aufgabe betraut. Das Recht zum Selbsteintritt wird aber zu Recht nicht grundsätzlich infrage gestellt.96 Es ergibt sich mittelbar bereits aus den genannten Vorschriften wie §§ 1835 Abs. 3 BGB, 5 InsVV. Für den Selbsteintritt spricht, dass der Amtswalter gerade ausgesucht wurde, um innerhalb der Organisation als Amtswalter bedeutende Funktionen zu erfüllen. Dann wird es auch den Organisationsinteressen entsprechen, dass diese Person noch weitere Aufgaben übernimmt. Ein Aufsichtsdefizit entsteht dadurch nicht. Zwar kann sich der Amtswalter nicht selbst überwachen, wie er einen eingeschalteten Dritten überwachen könnte. Regelmäßig enthält aber die Organisationsverfassung ohnehin Regelungen zur Überwachung des Amtswalters. Problematisch sind aber Gestaltungsweisen, bei denen für den Amtswalter Vermögensrechte entstehen, die durch rechtlich zulässiges und tatsächlich mögliches Handeln für die Organisation in das Organisationsvermögen gefallen wären. § 1646 BGB enthält etwa eine spezielle Regelung dafür, dass Eltern mit Mitteln des Kindes Geschäfte im eigenen Namen abschließen. Durch entsprechende Verträge des Amtswalters mit Mitteln des Organisationsvermögens würde dieses Vermögen, wenn nicht bislang bereits behandelte Ausnahmekonstellationen vorliegen, unnötigen Risiken ausgesetzt, die anders als bei § 1646 BGB nicht durch eine dingliche Surrogation aufgefangen werden. Auch wenn durch Treuhandkonstruktionen haftungsrechtlich ausreichende Ersatzregelungen geschaffen werden könnten, sind diese Gestaltungen in ihrer rechtlichen Bewertung unsicher. Außerdem folgen allein aus der fehlenden formalen Vermögenszugehörigkeit tatsächliche Gefahren. Daher sind Amtswalter zu solchen Gestaltungen grundsätzlich nicht befugt.97
IV. Fazit Die betrachteten Fälle eines mittelbaren Amtswalterhandelns stellen Ausnahmen gegenüber dem typischen zuzurechnenden Amtswalterhandeln dar, das unmittelbar für das Organisationsvermögen wirkt. In verschiedenen Konstellationen ergibt sich aus rechtlichen oder faktischen Gründen keine andere rechtliche Konstruktion, so dass der Amtswalter zu dieser Form mittelbaren Amtswalterhandelns greifen muss und auch greifen wird. Zulässig wäre solches Amtswalterhandeln auch noch darüber hinaus. Regelmäßig wird aber der Amtswalter an einem mittelbaren Tätigwerden kein Interesse haben, weil dann ihn selbst die Rechtswirkungen treffen und er so das Insolvenzrisiko der Organisation tragen würde. Ausgeschlossen ist solches Verhalten nur, sofern § 181 BGB eingreift. Pflichtwidrig verhält sich der Amtswalter aber schon, 96
Ausführlicher bereits Jacoby, ZIP 2005, 1060 ff. Vgl. ebenso für die Stellung der Eltern im Rechtskreis ihrer Kinder Staudinger-PeschelGutzeit (2002), § 1629 Rn. 21 ff. 97
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B. Amtswaltereigenhandeln
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wenn er das Organisationsvermögen einem besonderen Risiko aussetzt, das bei (möglichem) unmittelbarem Amtswalterhandeln nicht eingetreten wäre.
§ 7: Vertreter kraft Amtes Die folgende Untersuchung der Vertreter kraft Amtes zielt darauf ab, eine spezifische Theorie zu entwickeln, die das Handeln der Vertreter kraft Amtes erfasst, wie es etwa die Organtheorie für das Organhandeln oder die Amtstheorie für das Handeln von sog. Parteien kraft Amtes leisten.98 Es sind Anwendungsbereich, Voraussetzungen und Gegenstand sowie Art der Zurechnung bei Vertretern kraft Amtes zu analysieren. Angesichts dieses Zieles ist es nicht hinreichend, allein zur Theorie der Stellvertretung Stellung zu beziehen. Diese Theorie bezweckt zwar, die Zurechnung zu erfassen, die der Vertretung beim Rechtsgeschäft zugrunde liegt (§§ 164, 166 BGB).99 Aber die Bezeichnung »Vertreter kraft Amtes« beschreibt die mit diesen Ämtern einhergehenden Aufgaben nur unvollkommen. Ihr Aufgabenbereich geht über die Vertretung beim Rechtsgeschäft hinaus. Das belegt schon § 278 BGB. Denn § 278 S. 1 Fall 1 BGB bezieht sich nicht nur auf rechtsgeschäftliche Betätigungen der als gesetzliche Vertreter Bezeichneten,100 sondern in Parallele zu den in § 278 S. 1 Fall 2 BGB geregelten Erfüllungsgehilfen auf alle Gehilfenhandlungen innerhalb eines Schuldverhältnisses. Der Ausdruck »Vertreter« steht somit pars pro toto für die Vielzahl der den Vertretern kraft Amtes zukommenden Aufgaben. Diese Aufgaben eint, dass es sich stets um Gehilfentätigkeiten handelt. Der Vertreter tritt neben den Geschäftsherrn und unterstützt ihn. Es bestehen deutliche Parallelen zu den privatautonom eingeschalteten Gehilfen, für die die gleichen Zurechnungsnormen jedenfalls in den Fällen der §§ 164, 278 BGB greifen. Diese Vorüberlegungen legen folgendes Arbeitsprogramm nahe: Der Anwendungsbereich der Vertreterzurechnung lässt sich nicht einer einzelnen Regelung entnehmen. Es sind unterschiedliche Zurechnungsnormen für die jeweils einschlägige Gehilfentätigkeit zu untersuchen. Neben der schon angesprochenen Zurechnung von rechtsgeschäftlichem Verhalten (unter A.) und von schuldhaften Pflichtverletzungen (unter B.) ist die Besitzzurechnung (unter C.) zu berücksichtigen. Außerdem sind nicht ausdrücklich geregelte Zurechnungsfragen in den Blick zu nehmen (unter D.). Die jeweils notwendige Untersuchung von Voraussetzungen und Gegenstand der Zurechnung hat nicht nur auf den Vertreter, sondern auch auf den Geschäftsherrn zu blicken. Denn der Geschäftsherr ist selbst möglicherweise intellektbetätigungsfähig. Aufschluss über die Vertreterzurechnung kann zudem stets der Vergleich mit dem privatautonom eingeschalteten Gehilfen erbringen. Die festzustellende Zurechnungsart muss schließlich der Stellung des Vertreters als externer Gehilfe entsprechen. 98 99 100
Vgl. § 6 A II (S. 208). Sogleich A I 1 (S. 226). Medicus, SchR I, Rn. 336; Wendlandt, VersR 2004, 433, 434.
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
A. Zurechnung von rechtsgeschäftlichem Verhalten Vertreter kraft Amtes können die organisierte Person auf zwei Arten bei rechtsgeschäftlichem Verhalten unterstützen. Das Hauptaugenmerk ist auf die Zurechnung von Willenserklärungen nach §§ 164 ff. BGB zu legen (unter I.). Bei beschränkt Geschäftsfähigen besteht außerdem die Möglichkeit, dass eine für den beschränkt Geschäftsfähigen wirkende Willenserklärung nach §§ 107, 1903 Abs. 1 BGB auf seinem Eigenhandeln, verknüpft mit der Zustimmung seines Vertreters, beruht (unter II.).
I. Zurechnung von rechtsgeschäftlichem Verhalten des Vertreters § 164 BGB regelt die Zurechnung von Willenserklärungen, während § 166 Abs. 1 BGB die Zurechnung auf Willensmängel, Kenntnis und Kennenmüssen erweitert, sofern von diesen Merkmalen die Rechtsfolgen der Willenserklärung abhängen. §§ 164, 166 BGB beziehen sich gleichermaßen auf die Bevollmächtigten und auf die gesetzlichen Vertreter samt den Vertretern kraft Amtes. Daher ist nicht nur das §§ 164, 166 BGB zugrunde liegende Zurechnungsprinzip herauszuarbeiten (unter 1.), sondern auch die Unterschiede zwischen den verschiedenen Vertretungsarten herauszustellen (unter 2). 1. Prinzip der Vertretung Vor In-Kraft-Treten des BGB war Gegenstand der Kontroverse um die Theorie der Stellvertretung, deren Vorgang richtig zu erfassen, um insbesondere die Person zu benennen, die die Voraussetzungen des Vertretergeschäfts erfüllen muss. Die Repräsentationstheorie stellte auf den Vertreter als maßgebliche Person ab.101 Dagegen hielt die Geschäftsherrntheorie den Vertretenen für maßgeblich, während sie den Vertreter nur als Erklärungsmittler ansah.102 Eine vermittelnde Theorie stellte indessen zugleich auf Vertreter und Vertretenen ab.103 Die Schwierigkeiten, das Institut der Vertretung zu erfassen, beruhten einerseits darauf, dass dieses Rechtsinstitut noch neu, insbesondere im Römischen Recht noch nicht bekannt gewesen war.104 Sie wurden andererseits noch dadurch verschärft, dass die Lehre von der Willenserklärung durch die Willenstheorie geprägt war. Geltungsgrund der Willenserklärung war ausschließlich der Wille des Erklärenden, während der Erklärung selbst keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen wurde.105
101
Windscheid, Lehrbuch, § 73 (S. 185 Fn. 16b) m. w. Nachw. V. Savigny, Obligationenrecht II, § 57, dazu Hölzl, Savignys Lehre, 205 ff. 103 Mitteis, Lehre, 109 ff. 104 Vgl. dazu ausführlich m. w. Nachw. HKKBGB-Schmoeckel, §§ 164–181 Rn. 3 f. 105 Vgl. zu den auf dieser Grundlage beruhenden Schwierigkeiten bei der Theoriebildung Beuthien, Festschrift Medicus, 2 f.; Schilken, Wissenszurechnung, 9 f. 102
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A. Zurechnung von rechtsgeschäftlichem Verhalten
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a) Heutige Kontroverse Mit In-Kraft-Treten des BGB hat sich die Problemstellung verändert. Es gilt nunmehr, den Inhalt der gesetzlichen Regelungen zu beschreiben, die der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesmaterialien auf Grundlage der Repräsentationstheorie geschaffen hat.106 Allein die dieser Theorie entsprechende Betonung der Stellung des Vertreters wird § 164 Abs. 1 S. 1 BGB gerecht. Die Willenserklärung muss nach § 164 BGB der Vertreter abgeben. Entsprechend ist über alle Voraussetzungen der Willenserklärung nach seiner Person zu entscheiden. Wenn die Voraussetzungen von § 164 BGB vorliegen, wirkt diese Willenserklärung des Vertreters aber für den Vertretenen wie eine eigene Willenserklärung. Darin liegt die Repräsentation bei Abgabe der Willenserklärung. Das Auftreten des Vertreters wird dem Auftreten des Vertretenen gleichgestellt. Andere Erklärungsansätze lassen sich mit § 164 Abs. 1 S. 1 BGB nicht in Übereinstimmung bringen. Das gilt zunächst für die namentlich von Volker Beuthien wiederbelebte Geschäftsherrntheorie.107 Nach ihm fungiert der Vertreter als Erklärungsmittler und gibt eine ihm fremde Erklärung des Vertretenen ab. Dieses Konzept verträgt sich aber schon mit dem Wortlaut von § 164 BGB nicht, weil die danach vom Vertreter abzugebende Erklärung nicht Erklärung des Vertretenen ist, sondern nur für und gegen den Vertretenen »wirkt«.108 Beuthiens Auffassung wird maßgeblich von dem Gedanken geleitet, Wille und Erklärung seien notwendigerweise dem Vertretenen zuzurechnen.109 Dieses Erfordernis besteht aber nur, wenn man für die Bindung des Vertretenen an das Vertretergeschäft den gleichen Geltungsgrund annimmt wie für die Bindung an das selbst abgeschlossene Rechtsgeschäft.110 Der Geltungsgrund für Eigengeschäfte liegt nach der heute allein noch vertretenen Geltungstheorie im Zusammenwirken von Wille und Erklärung.111 Dieser Gleichklang ist aber für Vertretergeschäfte nicht notwendig. Man muss sich von der Forderung nach einem einheitlichen Geltungsgrund verabschieden und bei der Vertretung weitere Geltungsgründe akzeptieren,112 die sogar nach der Art der Vertretungsmacht variieren.113 Dann bedarf es nicht des »Kunstgriffs«, den nicht wollenden und nicht erklärenden Vertretenen, der dazu als Geschäftsunfähiger vielleicht auch nicht in der Lage ist, als einen solchen zu behandeln, der will und erklärt.
106
Mot. I, 226. Beuthien, Festschrift Medicus, 1, 4 f. 108 Staudinger-Schilken (2004), Vorbem zu §§ 164 ff Rn. 32. 109 Beuthien, Festschrift Medicus, 1, 8. 110 In ähnlicher Weise erschwerte es, am Ende des vergangenen Jahrhunderts die Vertretung zu erfassen, dass man für die durch Vertretung zustande kommenden Rechtsgeschäfte danach suchte, sie ebenfalls auf Grundlage der Willenstheorie, die eine unmittelbare Beziehung zwischen den Rechtsfolgen des Rechtsgeschäfts und dem rechtsgeschäftlichen Willen annahm, zu erklären. Dieser Gedanke lag maßgeblich v. Savignys Einsatz, Obligationenrecht II, § 57, für die Geschäftsherrntheorie zugrunde; zu diesem Befund auch Flume, Rechtsgeschäft, § 43 3. 111 Statt aller Bork, AT, Rn. 585 m. w. Nachw. 112 Flume, Rechtsgeschäft, § 43 3; Schilken, Wissenszurechnung, 21 ff. 113 Siehe 2 a (S. 233). 107
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
Die vermittelnde Theorie ist mit § 164 BGB ebenfalls nicht in Einklang zu bringen.114 Die Willenserklärung, die Regelungsgegenstand von § 164 Abs. 1 S. 1 BGB ist, ist allein Werk des Vertreters. Die Existenz einer vom Vertreter abgegebenen Willenserklärung ist unabhängig davon, ob der Vertretene ebenfalls rechtsgeschäftlich tätig geworden ist, indem er dem Vertreter eine Vollmacht erteilt hat, ob der Vertreter über eine Vertretungsmacht kraft Gesetzes bzw. Amtes verfügt oder ob der Vertreter als Vertreter ohne Vertretungsmacht tätig wird.115 b) Ausgestaltung des Repräsentationsprinzips Das Repräsentationsprinzip bedarf noch der Präzisierung. Es gilt seinen Umfang zu bestimmen und zu erklären, wie es rechtstechnisch umgesetzt wurde. Insoweit ist von maßgeblicher Bedeutung, die Unterschiede zwischen der in § 164 BGB behandelten Willenserklärung und dem Rechtsgeschäft zu beachten. Zwar wollte der Gesetzgeber beide Begriffe in der Regel gleichbedeutend gebrauchen. Die Unterschiede zwischen beiden Begriffen sind gleichwohl bekannt:116 Zwar gibt es kein Rechtsgeschäft ohne Willenserklärung, und die zum jeweiligen Rechtsgeschäft gehörende Willenserklärung bzw. gehörenden Willenserklärungen bestimmen den Inhalt des Rechtsgeschäfts und damit seine möglichen Wirkungen. Es kann aber auch Fälle geben, in denen eine oder mehrere Willenserklärungen vorliegen, die Voraussetzungen des Rechtsgeschäfts aber nicht gegeben sind. In diesen Fällen verweigert die Rechtsordnung dem geäußerten Rechtsfolgewillen die Anerkennung. Denn nur bei einseitigen Rechtsgeschäften kann der Eintritt des rechtsgeschäftlichen Erfolges allein von einer Willenserklärung abhängig sein. Aber selbst dann können weitere Voraussetzungen, z. B. die Einhaltung von Fristen, hinzukommen. Andererseits kann eine einzelne Willenserklärung nicht rechtsgeschäftliche Rechtsfolgen, also gesetzliche Rechtsfolgen äußern. So führt etwa nach § 150 Abs. 2 BGB die Annahme eines Antrags unter Änderungen zu einem Erlöschen des Angebots. Für den vorliegenden Kontext sind die unterschiedlichen rechtstechnischen Funktionen von Willenserklärung und Rechtsgeschäft von elementarer Bedeutung. Die Willenserklärung ist notwendiger Bestandteil eines jeden rechtsgeschäftlichen Tatbestands, also Tatbestandsmerkmal. Das Rechtsgeschäft lässt sich hingegen als Tatbestand, also als Zusammenfassung aller Voraussetzungen, verstehen, die über den Eintritt der Rechtsfolge bestimmen. Die Rechtsfolge des Rechtsgeschäfts ist allerdings anders als bei gesetzlichen Tatbeständen flexibel und hängt vom Inhalt der zum rechtsgeschäftlichen Tatbestand gehörenden Willenserklärung ab. In der Rechtsgeschäftslehre Werner Flumes klingt dieser Unterschied von Tatbestandsmerkmal und Tatbestand – allerdings ohne die begriffliche Differenzierung von Willenserklärung und Rechtsgeschäft – an, wenn er zwischen dem rechtsgeschäftlichen Handeln einerseits und dem Rechtsgeschäft als 114 115 116
Dafür insbesondere Müller-Freienfels, Vertretung, 202 ff. Vgl. Bork, AT, Rn. 1296. Bork, AT, Rn. 399.
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A. Zurechnung von rechtsgeschäftlichem Verhalten
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Regelung andererseits unterscheidet.117 Auf Grundlage dieser Unterscheidung erklärt Flume die Stellvertretung als rechtsgeschäftliches Handeln des Vertreters, das das Rechtsgeschäft als Regelung des Vertretenen bewirkt.118 Betont man aber diese Unterschiede von Willenserklärung und Rechtsgeschäft, lässt sich die Zurechnung bei § 164 BGB wie bei § 166 Abs. 1 BGB folgendermaßen beschreiben: aa) Reichweite von § 164 BGB § 164 BGB befasst sich nur mit der Verwirklichung einer Willenserklärung, nicht mit der eines gesamten rechtsgeschäftlichen Tatbestandes durch den Vertreter. Die Rechtsfolge von § 164 BGB, dass die vom Vertreter abgegebene Willenserklärung für den Vertreter »wirkt«, bedeutet daher nicht, dass die Rechtsfolgen eines vom Vertreter verwirklichten rechtsgeschäftlichen Tatbestands im Wege einer Rechtsfolgenerstreckung auf den Vertretenen umgeleitet werden. § 164 BGB setzt vorher an. Die in ihm beschriebene Wirkung besteht darin, dass der Vertretene, auch wenn er selbst keine Willenserklärung abgibt, selbst das Tatbestandsmerkmal Willenserklärung des jeweiligen rechtsgeschäftlichen Tatbestands oder wie im oben erwähnten Fall des § 150 Abs. 2 BGB auch außerrechtsgeschäftlichen Tatbestands erfüllt. Darin liegt die so häufig herausgestellte Zurechnung der vom Vertreter abgegebenen Willenserklärung zum Vertretenen.119 Da der Vertretene aufgrund dieser Zurechnung so behandelt wird, als habe er eine Willenserklärung abgegeben, kann er selbst rechtsgeschäftliche Tatbestände erfüllen. Er nimmt also mithilfe fremder Willenserklärungen eigene Rechtsgeschäfte vor. Es ist daher nicht richtig zu betonen, der Vertreter erfülle den rechtsgeschäftlichen Tatbestand, nur die Rechtsfolgen des Rechtsgeschäfts träfen den Vertretenen.120 Diese Formulierung, die auch in den Gesetzesmaterialien zu finden ist,121 verwendet Willenserklärung und Rechtsgeschäft an einer Stelle gleichbedeutend, an der ein wesentlicher Bedeutungsunterschied besteht. § 164 BGB verlangt gerade nicht, dass eine Hilfsperson den gesamten rechtsgeschäftlichen Tatbestand allein verwirklichen muss. So kann bei einer Übereignung nach § 929 BGB eine Hilfsperson den Geschäftsherrn bei Abgabe der auf die Übereignung gerichteten Willenserklärung vertreten, eine andere Hilfsperson den Geschäftsherrn beim Empfang der Annahmeerklärung und eine dritte Hilfsperson dem Geschäftsherrn den notwendigen Besitz als Besitzdiener oder Besitzmittler verschaffen. Der Vertretene selbst erfüllt also den rechtsgeschäftlichen Tatbestand, weil ihm die Verwirklichung einzelner Tatbestandsmerkmale zugerechnet werden kann. 117
Flume, Rechtsgeschäft, § 6 1. Flume, Rechtsgeschäft, § 43 3; zustimmend Staudinger-Schilken (2004), Vorbem zu §§ 164 ff Rn. 32. 119 Bork, AT, Rn. 1289, 1321, 1653; Larenz/Wolf, § 46 Rn. 1; Medicus, AT, Rn. 882; kritisch Staudinger-Schilken (2004), Vorbem zu §§ 164 ff Rn. 32, der sich in der Auseinandersetzung mit Beuthien gegen eine Zuordnung der Willenserklärung zum Vertreter wendet. 120 Vgl. Flume, Rechtsgeschäft, § 43 3. 121 Mot. I, 226. 118
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
bb) Reichweite von § 166 BGB Dieses Verständnis von § 164 Abs. 1 S. 1 BGB wirkt sich auch auf das von § 166 BGB aus. Wer davon ausgeht, § 164 BGB rechne die Verwirklichung des Rechtsgeschäfts dem Vertreter zu, kann in § 166 Abs. 1 keine Zurechnungsnorm erblicken.122 Um über die Verwirklichung des rechtsgeschäftlichen Tatbestands zu entscheiden, ist dann ohnehin allein auf den Vertreter abzustellen, so dass eine Zurechnung einzelner Tatbestandsmerkmale zum Vertretenen ins Leere ginge. Wenn man aber aus den dargelegten Gründen erkennt, dass § 164 BGB von den möglichen Merkmalen rechtsgeschäftlicher Tatbestände nur Willenserklärungen zurechnet, dann ist die Aussage von § 164 BGB über die Maßgeblichkeit des Vertreters auf die Entscheidung über den Tatbestand der Willenserklärung beschränkt. Folglich bedarf es weiterer Zurechnungsnormen, damit der Vertretene weitere Tatbestandsmerkmale im Zusammenhang mit Rechtsgeschäften durch ihm fremde Intellektbetätigungen des Vertreters erfüllen kann. Diese Aufgabe erfüllt § 166 Abs. 1 BGB. Er erweitert die Zurechnung und damit den Gedanken der Repräsentationstheorie, dass maßgeblich auf den Vertreter abzustellen ist, auf die Merkmale Willensmängel einerseits sowie Kenntnis und Kennenmüssen andererseits.123 Eine Bewertung dieser Bestimmung unter Berücksichtigung der Regelung von § 164 BGB und des Repräsentationsprinzips hat zwischen den beiden betroffenen Merkmalen zu unterscheiden. Dabei ist freilich auch die doppelte Zurechnungswirkung von § 166 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen, die darin besteht, dass nicht nur die Merkmale, die der Vertreter verwirklicht, dem Vertretenen zugeordnet werden (Positivgrundsatz), sondern auch Merkmale, die der Vertretene selbst verwirklicht, für unbeachtlich erklärt werden (Negativgrundsatz).124 (1) Willensmängel. Hinsichtlich der Willensmängel ist die Berücksichtigung der Umstände in der Person des Vertreters eine logische Konsequenz von § 164 BGB und der dort zum Ausdruck kommenden Repräsentationstheorie, dass die Willenserklärung eine solche des Vertreters ist. Für die Willensmängel, die – wie die in §§ 116–118 BGB geregelten – zur Nichtigkeit der Willenserklärung führen, bedarf es § 166 Abs. 1 BGB nicht. Denn mangels (wirksamer) Willenserklärung scheidet bereits eine Zurechnung nach § 164 Abs. 1 S. 1 BGB aus. Für die Willensmängel, die das Vorliegen einer Willenserklärung unberührt lassen, aber Tatbestandsmerkmal anderer Regelungen wie etwa in §§ 119, 123 BGB sind, hat § 166 Abs. 1 BGB zwar einen eigenständigen Anwendungsbereich. Dieser ist aber auf eine nahe liegende Klarstellung beschränkt.125 Gleiches gilt für den Ausschluss der Beachtlichkeit von Willensmängeln in der Person des Vertretenen: Wenn der Vertretene nach § 164 BGB an der Abgabe der Willenserklärung nicht beteiligt ist, kann die Erklärung nicht an seinen Willensmängeln leiden.
122
So Roth, Festschrift Gaul, 585; Wetzel, Zurechnung, 70; Wilhelm, AcP 183 (1983), 1, 19. Medicus, AT, Rn. 898. 124 Diese zweite Wirkung allerdings negierend Beuthien, Festschrift Medicus, 1, 17 Fn. 45. 125 Beuthien, Festschrift Medicus, 1, 17, spricht § 166 Abs. 1 Fall 1 BGB ebenfalls eine lediglich klarstellende Funktion zu. 123
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Umso überraschender ist es, dass es mittlerweile einer überwiegend vertretenen Auffassung entspricht, über eine Analogie zu § 166 Abs. 2 BGB auch auf Willensmängel beim Vertretenen abzustellen.126 Der Sache nach geht es darum, Willensmängel des Vertretenen bei Vollmachtserteilung oder bei Erteilung einer Weisung auf das Vertretergeschäft durchschlagen zu lassen, um als gerecht erachtete Lösungen zu erhalten. Diese Auffassung widerspricht der insoweit Gesetz gewordenen Repräsentationstheorie. Sie ist Ausfluss der vermittelnden Lösung127 und abzulehnen.128 Dieses Ergebnis ist nicht Folge einer Begriffsjurisprudenz, sondern entspricht der gesetzlichen Wertung, dass Motivirrtümer bei Abgabe einer Willenserklärung unbeachtlich sind. Eine Ausnahme kommt allein im Anwendungsbereich von § 123 BGB in Betracht. Beeinflussen Drohung oder Täuschung unmittelbar lediglich Vollmachtserteilung oder Weisung des Vertretenen, wirken sich aber auch auf die Willenserklärung des Vertreters aus, so kann der von § 123 BGB vorausgesetzte Kausalzusammenhang gewahrt sein.129 Ansonsten können sich Willensmängel beim Vertretenen nur auf andere Weise auswirken. Anzuerkennen ist insbesondere die Möglichkeit, die Vollmachtserteilung anzufechten.130 (2) Kenntnis und Kennenmüssen. Ganz anders liegt es hinsichtlich der Zurechnung von Kenntnis und Kennenmüssen. Die Erweiterung des Repräsentationsprinzips auf diese Merkmale ist in § 164 BGB noch nicht angelegt. Die Beachtlichkeit von Kenntnis und Kennenmüssen des Vertreters ist aber konsequent. Wenn der Vertreter anstelle des Vertretenen im rechtsgeschäftlichen Verkehr tätig wird, muss sich auch der Vertretene Kenntnis und Kennenmüssen des Vertreters anrechnen lassen. § 166 Abs. 1 BGB geht aber über diese Anrechnung hinaus und erklärt Kenntnis und Kennenmüssen des Vertretenen – freilich vorbehaltlich der Ausnahme in § 166 Abs. 2 BGB – für unbeachtlich. In dieser Bestimmung liegt ein Ansatz dahin, die Ausformung des Repräsentationsprinzips im BGB so zu verstehen, dass der Vertreter den gesamten rechtsgeschäftlichen Tatbestand verwirklicht, der dann insgesamt und ohne Berücksichtigung der Umstände beim Vertretenen dem Vertreter zugerechnet wird. Jedoch zeigen gerade die Ausnahmen in § 166 Abs. 2 BGB, dass dem BGB das System der Zurechnung einzelner Merkmale des rechtsgeschäftlichen Tatbestands zugrunde liegt. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Negativgrundsatz des § 166 Abs. 1 BGB als nicht vom Repräsentationsprinzip vorgegeben, sondern als eigene Wertungsentscheidung
126 BGHZ 51, 141, 144 ff.; Bamberger/Roth-Habermeier, § 166 Rn. 26; MünchKommBGBSchramm, § 166 Rn. 54; Medicus, AT, Rn. 902; Roth, Festschrift Gaul, 585, 591; offen allerdings für andere Fälle als die arglistiger Täuschung BGH NJW 2000, 2268, 2269. 127 Grundlegend dem entsprechend auch Müller-Freienfels, Vertretung, 402; vgl. zur Organtheorie auch Beuthien, Festschrift Medicus, 1, 17 Fn. 45. 128 Bork, AT, Rn. 1656; Flume, § 52 5; Soergel-Leptien, § 166 Rn. 33; Schilken, Wissenszurechnung, 44 ff.; Staudinger- Schilken (2004), § 166 Rn. 17; HKKBGB-Schmoeckel, §§ 164–181 Rn. 28. 129 Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 17. 130 Bork, AT, Rn. 1656.
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
des Gesetzgebers.131 Diese Entscheidung wird heute überwiegend nicht mehr für richtig gehalten.132 Das hat zu einer weiten Auslegung der gesetzlich geregelten Ausnahme zu § 166 Abs. 1 BGB in § 166 Abs. 2 BGB geführt. 133 § 166 Abs. 2 BGB wird bereits angewendet, wenn der Vertretene nicht eingreift, obwohl er Kenntnis vom Abschluss eines Rechtsgeschäfts durch den Vertreter hat.134 Des Weiteren stellen die Grundsätze über die Wissenszurechnung in arbeitsteiligen Organisationen eine Durchbrechung von § 166 Abs. 1 BGB dar.135 Denn wenn dort letztlich auf die Organisationsfehler des Organisationsträgers abgestellt wird, bedeutet das zunächst, nicht nach § 166 Abs. 1 BGB allein auf die Willensmängel des Vertreters abzustellen. In dieser Ausweitung von § 166 Abs. 2 BGB liegt, um nochmals den für richtig befundenen Inhalt des Repräsentationsprinzips klarzustellen, gegen Beuthien136 keineswegs ein Plädoyer für die Geschäftsherrntheorie. Denn die Regelung in § 166 BGB betrifft eine Folgefrage, die darauf aufbaut, dass § 164 BGB mit der Aussage, dass der Vertreter eine eigene Willenserklärung abgibt, Ausdruck des Repräsentationsprinzips ist. Die Frage besteht darin, welche Folgerungen für die Zurechnung von Kenntnis oder Kennenmüssen als weiteres Merkmal rechtsgeschäftlicher Tatbestände aus dem Repräsentationsprinzip zu ziehen sind. Insoweit stellt § 166 Abs. 1 BGB klar, dass Kenntnis oder Kennenmüssen des Vertreters beachtlich sein müssen, da die Wirkungen seiner Willenserklärung in Rede stehen. Der problematische Ausgleich zwischen § 166 Abs. 2 und Abs. 1 BGB betrifft nur die Frage, inwieweit die eigene Verwirklichung dieser Merkmale durch den Vertretenen beachtlich sein kann. Die Geschäftsherrntheorie müsste diese Frage ausnahmslos bejahen. Das tut das Gesetz nicht. Der vom Gesetz gewählte Mittelweg samt der heute gängigen Uminterpretation lässt sich auf Grundlage der Repräsentationstheorie bruchlos erklären. Es ist abzuwägen, ob allein die Kenntnis des Vertreters, der die Willenserklärung abgibt, ausschlaggebend ist, oder ob auch auf die Kenntnis des Vertretenen abzustellen ist, der den rechtsgeschäftlichen Tatbestand durch die fremde Willenserklärung selbst verwirklicht. Also trägt diese Regelung des Merkmals Kenntnis und Kennenmüssen in § 166 BGB dem Umstand Rechnung, dass dieses Merkmal rechtsgeschäftlicher Tatbestände mit der abgegebenen Willenser-
131 Vgl. Mot. I, 227: »Die Vorschrift [heutiger § 166 Abs. 2 BGB] auf alle Vollmachtsfälle bzw. alle Vertretungsfälle auszudehnen, in welchen der Vertretene Kenntnis von der Vornahme eines Rechtsgeschäfts in seinem Namen hat, ist bedenklich, und praktisch liegt kein Bedürfnis dazu vor.« 132 Beuthien, Festschrift Medicus, 1, 13 ff.; ders., NJW 1999, 3585 ff.; Müller-Freienfels, Vertretung, 399; Schilken, Wissenszurechnung, 69. 133 BGHZ 51, 141, 145; 50, 364, 368; 38, 65, 68; RGZ 161, 153, 161; BayObLG NJW-RR 1989, 907, 910; Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 33; MünchKommBGB-Schramm, § 166 Rn. 53. 134 BGHZ 51, 141, 145; BayObLG NJW-RR 1989, 907, 910; Bamberger/Roth-Habermeier, § 166 Rn. 25; Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 34. 135 Bork, AT, Rn. 1671; Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 32. – Zu diesen Grundsätzen § 8 A II 3 a. E. (S. 268). 136 Beuthien, Festschrift Medicus, 1, 15.
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A. Zurechnung von rechtsgeschäftlichem Verhalten
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klärung viel enger als etwa die von § 929 BGB vorausgesetzte Besitzübergabe verknüpft ist. 2. Unterschiede zwischen Bevollmächtigten und Vertretern kraft Amtes Die verschiedenen Arten der Stellvertretung unterscheiden sich in ihrem Geltungsgrund. Der Bevollmächtigte kann den Vollmachtgeber vertreten, weil der Vollmachtgeber es will. Der gesetzliche Vertreter kann vertreten, weil das Gesetz es ihm erlaubt,137 und speziell der Vertreter kraft Amtes, weil sein Amt mit diesen Befugnissen ausgestattet ist. a) Verhältnis zur Privatautonomie Dieser Unterschied hinsichtlich des Geltungsgrundes kennzeichnet das unterschiedliche Verhältnis der Vertretungsarten zum Grundsatz der Privatautonomie. Die Vertretung durch Bevollmächtigung ist Ausfluss der Privatautonomie.138 Die Rechtsordnung erkennt den Willen des Vollmachtgebers an, sich bei Rechtsgeschäften durch Dritte von dem Bevollmächtigten vertreten zu lassen. Auch den Umfang der Vertretungsmacht bestimmt so allein der Vollmachtgeber. Die Vertretung kraft Amtes dient hingegen, jedenfalls soweit die Amtsbefugnisse auf Gesetz beruhen,139 nicht dazu, Privatautonomie umzusetzen. Sie knüpft vielmehr grundsätzlich an eine Situation an, in der für die von der Privatautonomie vorausgesetzte freie Selbstbestimmung einer Person kein Raum ist.140 Der Staat kommt hier seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem zur Selbstbestimmung nicht Fähigen dadurch nach, dass er ein Amt zur Vertretung dieser Person einrichtet. Signifikant ist, dass der Staat um seiner Fürsorgepflicht nachzukommen, das in der Privatautonomie wurzelnde Institut der Bevollmächtigung nachbildet. Dem zu Vertretenden, der nicht selbst für sich handeln kann und keine Personen bevollmächtigen kann, wird ein Vertreter zur Seite gestellt, der wie ein Bevollmächtigter für ihn handeln soll. Das Defizit eines Privatrechtssubjekts wird systemkonform und funktionsgerecht behoben,141 das Selbstbestimmungsdefizit privatrechtskonform ausgeglichen. Die Beteiligung des Staates ist dabei allein auf die Herstellung der Organisation beschränkt, der Verkehr mit dem von dem Vertreter kraft Amtes zu vertretenen Subjekt folgt aber den gleichen Vorschriften wie bei der Bevollmächtigung.
137
Bork, AT, Rn. 1294. Belling, Haftung, 142; Bork, AT, Rn. 1294; Flume § 43, 3; Schilken, Wissenszurechnung, 22; siehe ferner § 5 C II 3 (S. 187). – Wenn Müller-Freienfels, Vertretung, 104 ff., indessen die Vertretung im Spannungsfeld zur Privatautonomie sieht, weil die Vertretung die Selbstbestimmung des Vertretenen dadurch ausschließe, dass der Vertreter über ihn bestimmen könne, verkennt er die Selbstbestimmung des Vertretenen, die im Akt der Bevollmächtigung liegt. 139 Zur Ausnahme beim WEG-Verwalter in Anbetracht seiner kraft Gemeinschaftsordnung eingeräumten Befugnisse § 4 B II 2 b (S. 135 ff.), § 5 C III 2 (S. 188). 140 Belling, Haftung, 149; Flume, Rechtsgeschäft, § 43, 3; Schilken, Wissenszurechnung, 159. 141 Belling, Haftung, 145 ff., 149; vgl. auch Lipp, JZ 2001, 825, 827. 138
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
Allerdings ist die umfassende Unfähigkeit zu selbstbestimmtem Handeln beim Vertretenen nur die Regel. Es lassen sich für die Stellung des Vertretenen bei der Vertretung kraft Amtes Unterschiede ausmachen.142 Der Vertretene kann wie der Minderjährige vor Vollendung des siebten Lebensjahrs oder der nach § 104 Nr. 2 BGB Geschäftsunfähige aus rechtlichen Gründen handlungsunfähig sein. In diesem Fall stellt der Vertreter die Handlungsfähigkeit erst her. Ihm kommt eine herausgehobene Stellung der Ausschließlichkeit zu, da sich (wie bei Organen) nur von seiner Handlungsmacht dem Vertretenen zurechenbare Handlungen ableiten können. Vertretene können aber auch aus Gründen, wie sie etwa den Abwesenheitspflegschaften zugrunde liegen, nur tatsächlich an selbstbestimmtem Verhalten gehindert sein. Nicht eindeutig zuzuordnen sind beschränkt geschäftsfähige Menschen (§§ 106 ff., 1903 BGB), da sie in Bezug auf rechtlich lediglich vorteilhafte Geschäfte neben den Vertretern (Betreuer oder Vormund) voll handlungsfähig sind, während ihnen in Bezug auf auch nachteilige Geschäfte Handlungsfähigkeit fehlt. b) Auswirkungen der Unterschiede In allen Fällen der Vertretung erfolgt die Zurechnung zwar einheitlich nach §§ 164, 166 Abs. 1 BGB wie beim Bevollmächtigten. Das Vertretungsrecht enthält aber auch Regelungen, die zwischen gesetzlichen Vertretern und Bevollmächtigten unterscheiden. Manche Regelungen sind lediglich auf Bevollmächtigte anwendbar. Eine solche Beschränkung des Anwendungsbereichs ist unzweifelhaft bei Vorschriften, die sich wie §§ 167 f. BGB auf die Bevollmächtigung selbst beziehen. Bei anderen Normen stellt sich die Frage, ob die nach ihrem Wortlaut auf Bevollmächtigte beschränkten Bestimmungen nicht auch auf Vertreter kraft Amtes entsprechend anzuwenden sind. Eine solche entsprechende Anwendung kommt immer dann in Betracht, wenn wie bei der Bevollmächtigung neben dem Vertreter auch dem Vertretenen eine eigenständige rechtliche Bedeutung zukommen kann. Die Überlegung lässt sich anhand von § 166 Abs. 2 BGB sowie §§ 172, 174 BGB verdeutlichen. aa) § 166 Abs. 2 BGB § 166 Abs. 2 BGB erklärt als Ausnahme zu § 166 Abs. 1 BGB auch das Kenntnis und Kennenmüssen des Vertretenen für maßgeblich, wenn der Vertreter nach Weisungen des Vertretenen gehandelt hat. Der Anwendungsbereich dieser Bestimmung ist nach ihrem Wortlaut auf das Handeln Bevollmächtigter beschränkt. Geht man davon aus, dass der Vertreter kraft Amtes für Vertretene auftreten soll, die aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen daran gehindert sind, einen eigenen Willen zu bilden, ist § 166 Abs. 2 BGB von selbst ausgeschlossen. Eine andere Problemlage ergibt sich, wenn der Vertretene selbst in der Lage ist, neben seinem Vertreter zu handeln. In diesem Fall ist die analoge Anwendung von § 166 Abs. 2 BGB auf den kraft Amtes Vertretenen geboten.143 Daher ist § 166 Abs. 2
142
Vgl. auch Müller-Freienfels, Vertretung, 345 f.
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BGB etwa auf die Vertretung der Wohnungseigentümer durch den Verwalter anwendbar ebenso wie auf die Vertretung eines geschäftsfähigen Betreuten durch den Betreuer144. Werden beschränkt Geschäftsfähige vertreten, kommt die Anwendung von § 166 Abs. 2 BGB hingegen nur dann in Betracht, wenn die Geschäfte lediglich rechtlich vorteilhaft sind. Dann hätte der Vertretene nämlich auch allein handeln können. Damit Kenntnis oder Kennenmüssen des Vertretenen im Einzelfall beachtlich sind, muss freilich auch bei einer solchen analogen Anwendung von § 166 Abs. 2 BGB der Vertretene den (gutgläubigen) Vertreter zum Abschluss des Geschäfts angeregt haben.145 bb) §§ 172, 174 BGB Das Problem, ob §§ 172, 174 BGB auf die Vertretung durch Vertreter kraft Amtes analog anwendbar sind, lässt sich in verschiedene Fragen untergliedern. Zunächst stellt sich die Frage, ob Urkunden über die Bestellung eines Amtswalters wie die Bestallungsurkunden von Vormund (§ 1791 BGB), Betreuer oder Pfleger (§§ 1791, 1915 BGB) oder gar die Niederschrift einer Wohnungseigentümerversammlung über die Bestellung eines Verwalters (§ 26 WEG) Wirkungen einer Vollmachtsurkunde nach § 172 BGB haben können. Das ist zu verneinen.146 Diese Urkunden haben eine ganz andere Funktion als die Vollmachtsurkunde. Es bedürfte daher einer eigenständigen Anordnung eines Rechtsscheins dieser Urkunden, die anders als etwa für das Testamentsvollstreckerzeugnis (§§ 2365 ff., 2368 Abs. 3 BGB) nicht vorhanden ist. Eine andere Frage ist, ob der durch einen Vertreter kraft Amtes Vertretene den Vertreter mit einer Vollmachtsurkunde ausstatten könnte. Die Beantwortung dieser Frage hängt wie die Entscheidung über die Anwendbarkeit von § 166 Abs. 2 BGB davon ab, ob der Vertretene dazu rechtlich (§ 104 BGB) und tatsächlich in der Lage ist. Diese Vollmachtsurkunde wäre dann aber nicht Ausweis über die Vertretungsmacht kraft Amtes, sondern Ausweis einer weiteren Vollmacht, die sich in ihrem Inhalt freilich auf die Befugnisse des Vertreters als Amtswalter beziehen könnte. Die Wirkungen aus der Vollmachtsurkunde gingen nur bei Rückgabe der Urkunde nach § 172 Abs. 2 BGB, nicht bei Erlöschen des Amtes unter. Auf Grundlage dieser beiden Erkenntnisse zu § 172 BGB lässt sich auch feststellen, dass für eine Anwendung von § 174 BGB auf einseitige Rechtsgeschäfte eines Vertreters kraft Amtes grundsätzlich kein Raum ist. Einerseits verfügen die Vertreter kraft Amtes in der Regel über keine Urkunden über ihre Vertretungsmacht, die wie eine Vollmachtsurkunde Wirkungen nach § 172 BGB äußern könnten. Können sich die Vertreter kraft Amtes von den von ihnen zu vertretenen geschäftsfähigen Personen eine solche Urkunde beschaffen, reicht andererseits allein diese Möglichkeit zur analogen Anwendung von § 174 BGB nicht aus. Zwar mag das Bedürfnis des Erklärungsempfängers, Sicherheit über die Vertre-
143 Bamberger/Roth-Habermeier, § 166 Rn. 24; Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 31; Schilken, Wissenszurechnung, 158 ff.; 166 ff.; MünchKommBGB-Schramm, § 166 Rn. 52. 144 Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 31. 145 Vgl. BGHZ 50, 364, 368; 38, 65, 68; Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 33. 146 BGH NJW 2002, 1194, 1195; RGZ 74, 263, 265; Staudinger-Schilken (2004), § 174 Rn. 6.
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tungsmacht des Vertreters zu erhalten, in gleicher Weise bestehen wie bei einer Vollmacht. Die Interessenlage aufseiten von Vertretenem und Vertreter ist aber eine andere. Aufgrund seiner Amtsstellung bedarf der Vertreter keiner zusätzlichen rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht. Dieser Unterschied zwischen Vollmacht und Vertretungsmacht des Amtswalters schließt die für eine Analogie erforderliche Vergleichbarkeit der Interessenlage aus. Im Grundsatz hat diese Bewertung auch für die Vertretungsmacht des WEG-Verwalters zu gelten.147 Der Anspruch des Verwalters nach § 27 Abs. 5 WEG, von den Wohnungseigentümern die Ausstellung einer Vollmachtsurkunde verlangen zu können, soll den Verwalter, nicht den Rechtsverkehr schützen. Eine Ausnahme ist aber dann zu machen, wenn die Befugnisse des Verwalters nicht auf der gesetzlichen Festlegung der Amtsbefugnisse, sondern auf einer Erweiterung der Befugnisse durch die Wohnungseigentümer beruhen.148 Geltungsgrund der Vertretungsmacht ist dann wie bei Bevollmächtigten eine privatautonome Entscheidung der zu Vertretenden. Den zu Vertretenden ist dann in gleicher Weise wie bei der Bevollmächtigung zuzumuten, den Vertreter mit einer Vollmachtsurkunde auszustatten, so dass der Vertreter die Voraussetzungen von § 174 BGB erfüllen kann. 3. Würdigung der Amtswalterzurechnung Für die Zurechnung von Verhalten der Vertreter kraft Amtes nach §§ 164, 166 Abs. 1 BGB lassen sich hinsichtlich Anwendungsbereich, Voraussetzungen und Gegenstand sowie Zurechnungsart zusammenfassend nachstehende Feststellungen treffen: Der Anwendungsbereich dieser Zurechnung wird vorbehaltlich erweiternder Auslegung durch den Tatbestand dieser Bestimmungen festgelegt. § 164 BGB bezieht sich auf die Abgabe und Empfangnahme von Willenserklärungen. § 166 Abs. 1 BGB stellt klar, dass diese Zurechnung auch die von Willensmängeln umfasst und eröffnet ferner die Zurechnung von Kenntnis und Kennenmüssen. Die Voraussetzungen bestimmt § 164 BGB dahin, dass der Amtswalter zum einen offen legen muss, für das Zurechnungsendsubjekt zu handeln. In Betracht kommt vor allem, dass er sein Auftreten als Amtswalter offenbart. Zum anderen muss sein Verhalten von seiner Macht aus dem Amt gedeckt sein. Liegen diese Voraussetzungen vor, werden die betroffenen Rechtstatsachen dem vertretenen Zurechnungsendsubjekt zugerechnet. Die Zurechnung des Amtswalterverhaltens zum Zurechnungsendsubjekt erfolgt dabei durch das Amt.149 Dieses dem Zurechnungsendsubjekt fremde Amtsverhalten wirkt für das Zurechnungsendsubjekt wie eigenes Verhalten. Durch diese Zurechnungsart wird betont, dass das Zurechnungsendsubjekt, wie es beim Handeln von Bevollmächtigten regelmäßig der Fall ist, auch selbst handlungsfähig sein kann. Das Institut der Vertretung kraft Amtes kann daher unabhängig von der Handlungsfähigkeit des Vertretenen 147 148 149
OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 470; kritisch Tempel, NJW 2001, 1905, 1908. Siehe § 4 B II 2 b (S. 135 ff.). Siehe § 6 A II 3 (S. 212 ff.).
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eingesetzt werden. Im Anwendungsbereich von § 166 Abs. 1 BGB wird für diese Fälle der Grundsatz aufgestellt, dass die Tatbestandsverwirklichung durch das Zurechnungsendsubjekt irrelevant ist.
II. Ausnahme: Genehmigung von Handlungen beschränkt Geschäftsfähiger Eine Willenserklärung, die einem beschränkt Geschäftsfähigen zugerechnet wird, kann nach §§ 107, 1903 Abs. 1 BGB im Zusammenwirken vom beschränkt Geschäftsfähigen und dessen Vormund oder Betreuer zustande kommen. Diese Regelung eröffnet neben der Vertretung des beschränkt Geschäftsfähigen nach § 164 BGB eine weitere Möglichkeit, weicht in ihrer Ausgestaltung aber von dem in § 164 BGB ausgeformten Repräsentationsprinzip ab. 1. Prinzip dieser Erklärungsform Es lässt sich erwägen, diese zweiaktige Herbeiführung einer dem beschränkt Geschäftsfähigen zuzurechnenden Willenserklärung – wie es die vermittelnde Theorie bereits für die Stellvertretung annimmt – als einen rechtsgeschäftlichen Gesamttatbestand zu bezeichnen. Dafür spricht, dass ausnahmslos150 beide rechtsgeschäftlichen Erklärungen erforderlich sind, dass nicht wie bei der gesetzlichen Vertretungsmacht die Bevollmächtigung durch eine gesetzliche Regelung ersetzt werden kann. Durch eine solche Einordnung wäre allerdings nicht viel gewonnen. Die unterschiedliche Funktion der Erklärungen vom beschränkt Geschäftsfähigen und seinem Vertreter würde vielmehr verwischt werden. Eine besondere Erklärungsfunktion kommt dem Typ des Gesamttatbestands nur in den Fällen der Gesamtvertretung und in den sonstigen Fällen des Gesamtakts zu, bei denen Willenserklärungen, die ihrer Art nach auch von einer Person abgegeben werden können,151 von mehreren Personen dergestalt abgegeben werden müssen, dass alle Erklärungen den gleichen Inhalt haben und den gleichen Voraussetzungen unterliegen. In der Konstellation von §§ 107, 1903 BGB gibt aber allein der beschränkt Geschäftsfähige die zum rechtsgeschäftlichen Tatbestand gehörende Willenserklärung ab. Diese Erklärung bestimmt den Inhalt des Rechtsgeschäfts und muss die Voraussetzungen, die das in Aussicht genommene Rechtsgeschäft stellt, erfüllen. Die Zustimmung hat lediglich die Funktion, den Mangel in der Geschäftsfähigkeit zu überwinden. Sie folgt als Hilfsgeschäft152 eigenen Voraussetzungen, die insbesondere in der Aussage des § 182 Abs. 2 BGB über die Formfreiheit der Zustimmung zum Ausdruck kommen. Diese Hilfsfunktion teilt die Zustimmung nach §§ 107 ff. BGB etwa mit der nach § 185 BGB erforderlichen Zustimmung des Berechtigten bei Verfügungen eines Nichtberechtigten. Die Funktion der Zustimmung ist im letzteren Fall freilich eine ganz andere: Die Willenserklärung des Nicht150 Das gilt jedenfalls, soweit man mit der herrschenden Ansicht § 110 BGB als Fall einer vertypten konkludenten und konditionierten Einwilligung ansieht, siehe Bork, AT, Rn. 1021. 151 Zu dieser Voraussetzung des Gesamtakts Bork, AT, Rn. 430. 152 Zur Terminologie v. Tuhr, AT II 1, § 50 II 1.
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
berechtigten ist auch ohne Zustimmung wirksam und liegt so ggf. einem gutgläubigen Erwerb zugrunde. Die Zustimmung ersetzt die Berechtigung, die bei Verfügungen stets als weiteres Tatbestandsmerkmal neben das Erfordernis der Willenserklärung tritt. Für die hier anzustellende Analyse des Vertreterverhaltens ist von besonderer Bedeutung, dass nach §§ 107 ff., 1903 BGB ein Verhalten des Vertreters (Amtswalters) für den Vertretenen Wirkungen äußert, ohne dass das Verhalten des Vertreters dem Vertretenen wie eigenes zugerechnet wird. Vielmehr liegt (neben dem Eigenhandeln des Vertretenen) in der Erteilung der Zustimmung ein Eigenhandeln des Vertreters. Der Vertreter selbst ist Zurechnungsendsubjekt seiner Zustimmungserklärung.153 Die gesetzliche Rechtsfolge knüpft gerade daran an, dass der Vertreter im eigenen Namen zustimmt. Für die betroffenen Amtswalter Vormund und Betreuer ist allerdings eine Präzisierung zu machen. Da diese Amtswalter keine Erklärung aufgrund ihrer persönlichen Rechtsstellung abgeben, sondern die in ihrem Amt zusammengefassten Befugnisse wahrnehmen, findet eine Zurechnung zum Amt als Zurechnungsendsubjekt statt.154 Die Vertreter kraft Amtes werden insoweit ausnahmsweise wie sog. Parteien kraft Amtes tätig.155 Der besondere Erklärungswert dieser Konstruktion zeigt sich, wenn der Amtswalter seine Stellung evident missbraucht oder ein Insichgeschäft (§ 181 BGB) vornehmen lässt. Dann findet keine Zurechnung zum Amt statt.156 Die Erklärung des beschränkt Geschäftsfähigen bleibt mangels Zustimmung schwebend unwirksam. 2. Folgefragen Wie die Zustimmung erteilt werden kann, ist in §§ 107 ff. BGB eingehend ausgeformt. Es fehlt aber eine Regelung der in § 166 BGB für die Vertretung entschiedenen Folgefragen. Einer Regelung für Willensmängel bedarf es insoweit auch gar nicht. Sowohl beschränkt Geschäftsfähige als auch Vertreter geben eine eigene Willenserklärung ab. Soweit bei diesen Erklärungen Willensmängel vorliegen, greifen die allgemeinen Bestimmungen. Die Anfechtung der Erklärung des beschränkt Geschäftsfähigen kann durch den Vertreter erfolgen, wie der Vertreter auch seine eigene Erklärung anfechten kann157. Bei den Vertretern kraft Amtes hat der jeweils aktuelle Amtswalter zu handeln. Das braucht nicht der Amtswal-
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V. Tuhr, AT II 1, § 59 V, bezeichnet die Stellung des Vertreters hier als Beistand. Siehe § 6 A II 3 a (S. 212). 155 Dazu § 9 C (S. 331 ff.). 156 Dazu § 10 A II (S. 340), C (S. 362). 157 Streit herrscht allerdings über die Einordnung des Willensmangels, wenn der Vertreter seine Zustimmung durch ein »Ja« erklärt, sich aber über den Inhalt des Rechtsgeschäfts (etwa den Kaufpreis) irrt. Larenz/Wolf, AT, § 25 Rn. 32, nehmen einen Motivirrtum an, der nicht zur Anfechtung berechtigt. Bork, AT, Rn. 1028, Soergel-Hefermehl, § 108 Rn. 4, nehmen einen Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1 Fall 1 BGB) an; Flume, Rechtsgeschäft, § 13 7 d bb, Medicus, AT, Rn. 575, verneinen eine wirksame Willenserklärung, weil den Geschäftspartner eine Obliegenheit und so das Risiko treffen, dass der Vertreter über den Inhalt des Rechtsgeschäfts richtig informiert sei. 154
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A. Zurechnung von rechtsgeschäftlichem Verhalten
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ter zu sein, der die anzufechtende Willenserklärung abgegeben hat, sondern kann sein Amtsnachfolger sein. Was die Beachtlichkeit von Kenntnis oder Kennenmüssen angeht, so sind zunächst Konstellationen zu bedenken, in denen dieses Merkmal nur vom beschränkt Geschäftsfähigen verwirklicht wird. Da der Minderjährige auch die maßgebliche rechtsgeschäftliche Willenserklärung abgegeben hat, liegt es nahe, seine Kenntnis für beachtlich zu halten.158 Dieses Ergebnis steht aber in Widerspruch zu dem in §§ 107, 1903 BGB zum Ausdruck kommenden Gedanken. Der beschränkt Geschäftsfähige soll durch die notwendige Mitwirkung des Vertreters geschützt werden. Seine Willenserklärung ist nur mit Zustimmung des Vertreters wirksam. Teilweise wird daher vorgeschlagen, § 166 Abs. 1 BGB analog anzuwenden und nicht auf den beschränkt Geschäftsfähigen, sondern auf den Vertreter abzustellen.159 Diese Lösung privilegiert den beschränkt Geschäftsfähigen aber unangemessen und berücksichtigt zu wenig die Interessen des Rechtsverkehrs. Der beschränkt Geschäftsfähige erfüllt nicht die Voraussetzungen dafür, dass die Rechtsfolgen des von ihm verwirklichten Tatbestands eintreten, ohne dass seine Kenntnis zu berücksichtigen wäre. Das gilt jedenfalls für die Tatbestände, die wie § 442 BGB auf die Kenntnis bei Vertragsschluss abstellen. Der Schutz beschränkt Geschäftsfähiger ist vielmehr in konsequenter Anwendung der §§ 107 ff., 1903 BGB zu verwirklichen. Solange der Vertreter dem Rechtsgeschäft zustimmt, ohne von den Umständen in der Person des beschränkt Geschäftsfähigen Kenntnis zu haben, ist seine Zustimmung fehlerhaft wie jede Zustimmung, die im Inhalt über das Rechtsgeschäft irrt. Sie ist daher jedenfalls anfechtbar.160 Liegen indessen Kenntnis oder Kennenmüssen nur beim Vertreter vor, wird ein ganz anderes Problem offenbar. Es stellt sich die Frage, ob die subjektiven Merkmale des Vertreters dem beschränkt Geschäftsfähigen zugerechnet werden können, obwohl der beschränkt Geschäftsfähige allein die maßgebliche Willenserklärung abgegeben hat. Für eine Zurechnung spricht die Erwägung, dass die Entscheidungskompetenz über das Rechtsgeschäft, wenn es der Zustimmung des Vertreters nach §§ 107, 1903 BGB bedarf, beim Vertreter liegt. Man könnte argumentieren, es liege in der Gestaltungsfreiheit des Vertreters, ob das Rechtsgeschäft durch ihn als Vertreter oder vom beschränkt Geschäftsfähigen mit seiner Zustimmung abgeschlossen wird. Daher sei § 166 BGB analog anzuwenden.161 Diese pauschale Lösung wird aber der Vielgestaltigkeit der Möglichkeiten, wie der Vertreter seine Zustimmung erteilen kann, nicht gerecht. Der Vertreter kann einerseits durch einen beschränkten Generalkonsens wie etwa im durch § 110 BGB geregelten Fall dem beschränkt Geschäftsfähigen einen erheblichen Entscheidungsspielraum lassen, der dazu führen kann, dass der Vertreter von dem 158 Vgl. BGHZ 94, 232, 238 f.; RGZ 116, 134 139; Müller-Freienfels, Vertretung, 373 Fn. 1, 395; MünchKommBGB-Schmitt, § 108 Rn. 21. 159 Schilken, Wissenszurechnung, 173; Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 31; v. Tuhr, AT II 1, § 59 V. 160 Zum Streit über die Rechtsfolge siehe Fn. 157. 161 Schilken, Wissenszurechnung, 173; Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 31; v. Tuhr, AT II 1, § 59 V.
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
konkret abzuschließenden Geschäft selbst nicht einmal Kenntnis hat. Andererseits sollten dem Vertreter alle Details des Geschäfts bekannt sein, wenn er ein bereits abgeschlossenes Geschäft genehmigt. Maßgeblich muss daher neben der Kenntnis des Vertreters von den relevanten Umständen sein, in welcher Weise der Vertreter in den Abschluss des einzelnen Geschäfts eingebunden ist. Die Zurechnung von Wissen einer Hilfsperson zum Geschäftsherrn nach § 166 Abs. 1 BGB162 ist über den Wortlaut hinaus mittlerweile anerkannt auch in Fällen, in denen die Hilfsperson nicht die das Rechtsgeschäft bestimmende Willenserklärung abgibt, sondern auf Veranlassung des Geschäftsherrn andere Hilfstätigkeiten von Gewicht wie die Vorbereitung des Geschäfts oder die Verhandlungen übernimmt (sog. Wissensvertreter).163 Die Zurechnung des Wissens eines gesetzlichen Vertreters zum beschränkt Geschäftsfähigen auf Grundlage dieser Grundsätze hat der BGH in einem Fall abgelehnt, in dem der beschränkt Geschäftsfähige das Rechtsgeschäft ohne Zustimmung abschließen konnte, weil es lediglich rechtlich vorteilhaft war.164 Es fehle daran, dass der beschränkt Geschäftsfähige den Vertreter einschalte. Diese Begründung verkennt die Unterschiede zwischen rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen Vertretern. Im Unterschied zum rechtsgeschäftlichen Vertreter wird der gesetzliche Vertreter nicht aufgrund einer besonderen Veranlassung des Vertretenen, sondern in Ausübung seiner einmal erworbenen Stellung als Amtswalter tätig. Diesen Unterschied bringt § 278 BGB klarer zum Ausdruck, der den gesetzlichen Vertreter ohne weitere Voraussetzungen dem vom Geschäftsherrn eingeschalteten Erfüllungsgehilfen gleichstellt. Der Vertreter kraft Amtes ist durch sein Amt berechtigt und verpflichtet, sich in Vertragsschlüsse des beschränkt Geschäftsfähigen einzuschalten. Das gilt auch bei beschränkt Geschäftsfähigen im Rahmen solcher Geschäfte, die diese selbst vornehmen können. Daher hängt die Zurechnung seiner Kenntnis analog § 166 Abs. 1 BGB allein vom Gewicht seiner Beteiligung im Einzelfall ab. Die Zustimmung reicht aus, wenn sie sich auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft erstreckt. Aber selbst wenn der beschränkt Geschäftsfähige einen Vertrag ohne Zustimmung schließen kann, so kann der Beitrag des Vertreters, etwa wenn er zum Abschluss des Vertrages rät, genügen, um dem Vertretenen das Wissen des Vertreters nach § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen.165 Die Zurechnung beruht also auf dem unter I. behandelten Repräsentationsprinzip. Das Wissen des Vertreters ist dem beschränkt Geschäftsfähigen zuzurechnen, wenn der Vertreter
162 Im Gegensatz zur Regelung dieser Bestimmung, dass das Wissen des Geschäftsherrn unbeachtlich ist. 163 BGHZ 117, 104, 106; 83, 293, 296; Bork, AT, Rn. 1663; Buck, Wissen, 151 ff.; Bamberger/ Roth-Habermeier, § 166 Rn. 17 f.; Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 4 f.; MünchKommBGB-Schramm, § 166 Rn. 35, 45; differenzierend Baum, Wissenszurechnung, einerseits 49 ff., andererseits 92 ff. 164 BGHZ 94, 234, 239 f.; insoweit zust. Tintelnot, JZ 1987, 795, 796 f. 165 Gegen eine Zurechnung in diesen Fällen BGHZ 94, 234, 238 f.; RGZ 116, 134 139; Müller-Freienfels, Vertretung, 373 Fn. 1, 395; MünchKommBGB-Schmitt, § 108 Rn. 21. – Tintelnot, JZ 1987, 795, 798 f., tritt indessen für eine analoge Anwendung von § 166 Abs. 2 BGB ein, wenn der Vertreter den beschränkt Geschäftsfähigen zum Abschluss eines bestimmten Rechtsgeschäfts bestimmt.
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B. Zurechnung von schuldhaften Pflichtverletzungen
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dieses Wissen hatte, als er für den Vertretenen einen bedeutenden Beitrag zum Abschluss des Rechtsgeschäfts geleistet hat.
B. Zurechnung von schuldhaften Pflichtverletzungen Schuldner können ihre Pflichten aus einem Schuldverhältnis, solange diese Pflichten nicht höchstpersönlicher Natur sind, unter Einschaltung von Hilfspersonen erfüllen. Es können nicht nur für die Erfüllung erforderliche Willenserklärungen nach §§ 164 ff. BGB von und gegenüber Vertretern abgegeben werden, sondern auch Realakte können durch Helfer auf Veranlassung des Schuldners vorgenommen werden. Zwar gibt es keine allgemeine Bestimmung über die Zurechnung von Erfüllungshandlungen der Hilfspersonen zum Schuldner. Dass eine Zurechnung dennoch angenommen wird, beruht auf folgendem Gedanken: Die Erfüllung einer Schuld nach § 362 BGB hängt nach der herrschenden Theorie von der realen Leistungsbewirkung maßgeblich vom Eintritt des Leistungserfolges ab.166 Tritt dieser ein, erlischt die Schuld kraft Gesetzes. Abzugrenzen ist allerdings zwischen der Leistung durch einen Dritten nach §§ 267 f. BGB und der Eigenleistung des Schuldners. Diese Abgrenzung wirkt sich insbesondere auf (Rück)-Abwicklungsansprüche aus. So hängt die Entscheidung über Bereicherungsansprüche von den Leistungsbeziehungen der Beteiligten ab.167 Im Rahmen dieser Abgrenzung wird die Leistung eines Dritten nur angenommen, wenn der Dritte aus eigenem Antrieb leisten will.168 Technisch wird die Zurechnung zum Schuldner also durch die negative Abgrenzung bewirkt, dass jede Herbeiführung des Leistungserfolges als solche des Schuldners anzusehen ist, solange nicht die Voraussetzungen für eine Drittleistung vorliegen. Das ist weder bei vom Schuldner eingeschalteten Hilfspersonen169 noch bei gesetzlichen Vertretern der Fall. Der von diesen Personen herbeigeführte Leistungserfolg wird dem Schuldner daher als eigene Leistung im Sinne von § 362 BGB zugerechnet. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung hat die Konstellation gefunden, dass es zu einer Pflichtverletzung kommt. Dann hat nach § 278 S. 1 BGB der Schuldner ein Verschulden des gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten bedient, in gleichem Umfang wie eigenes Verschulden zu vertreten. Diese Regelung ist im Folgenden ebenfalls daraufhin zu untersuchen, wie sich das Zurechnungsprinzip dieser sowohl für gesetzliche Vertreter als auch für Erfüllungsgehilfen geltenden Norm darstellt, um daraufhin die Unterschiede der beiden Gehilfenarten herauszuarbeiten.
166 Staudinger-Olzen (2000), Vorbem zu §§ 362 ff Rn. 10 f., 14; MünchKommBGB-Wenzel, § 362 Rn. 5 ff.; beide m. w. Nachw. auch zur Gegenansicht. 167 Beuthien, JZ 1968, 323, 326; Lorenz, AcP 168 (1968), 286, 299 f.; Ermann-Westermann, § 812 Rn. 26. 168 Staudinger-Bittner (2004), § 267 Rn. 5; MünchKommBGB-Krieger, § 267 Rn. 9 f. 169 Vgl. ausdrücklich zum Erfüllungsgehilfen Staudinger-Bittner (2004), § 267 Rn. 5; MünchKommBGB-Krieger, § 267 Rn. 10.
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
I. Prinzip der Zurechnung Das Problem, das in § 278 BGB ausgedrückte Zurechnungsprinzip richtig zu erfassen, beruht darauf, dass diese Regelung an das Verschulden der Hilfsperson anknüpft. Verschulden ist allerdings subjektive Verantwortlichkeit. Es setzt damit logisch voraus, dass etwas objektiv zu verantworten ist. Da § 278 BGB sich auf ein Verschulden der Hilfsperson im Rahmen von Schuldverhältnissen bezieht, knüpft diese Bestimmung also an eine Pflichtverletzung im Rahmen eines Schuldverhältnisses an. Dieses Schuldverhältnis – und daher die mit ihm verbundenen Pflichten – bezieht sich aber nicht auf die Hilfsperson, sondern den Geschäftsherrn. Die Hilfsperson kann daher nicht eigene Pflichten verletzen. Die Pflichtverletzung kann der Hilfsperson nicht persönlich vorwerfbar sein.170 Um die beiden im Verschulden vereinten, aber im Rahmen von § 278 BGB auseinander fallenden Elemente Pflichtverletzung einerseits und Verhalten andererseits miteinander zu verbinden, bieten sich zwei Konstruktionsmöglichkeiten an: Zum einen könnte man – wie es im Vertretungsrecht die Geschäftsherrntheorie tut – bereits das Verhalten der Gehilfen dem Geschäftsherrn zurechnen, so dass das Verhalten des Gehilfen rechtlich bereits dem Geschäftsherrn zugeordnet wird. Die Verschuldenszurechnung des § 278 BGB wäre als Verhaltenszurechnung zu verstehen, die sich auf solches Verhalten bezöge, das in der Person des Geschäftsherrn eine Pflichtverletzung darstellte. Für das Verschulden ist dann auf den Geschäftsherrn abzustellen, weil über sein qua Zurechnung eigenes Verhalten zu befinden ist. Um über die Fahrlässigkeit zu entscheiden, wäre daher auf die den Geschäftsherrn nach dem Schuldverhältnis treffenden Sorgfaltsanforderungen abzustellen. Auch für die (subjektive) Verschuldensfähigkeit wäre auf den Geschäftsherrn, jedenfalls nicht auf die Hilfsperson abzustellen. Der Geschäftsherr könnte sich also nicht dadurch entlasten, dass er auf die (unerkennbare) Verschuldensunfähigkeit seines Gehilfen (§§ 827 f., 276 Abs. 1 S. 2 BGB) verweist. Zum anderen kommt in Betracht, für die Entscheidung über die schuldhafte Pflichtverletzung – entsprechend der Repräsentationstheorie im Stellvertretungsrecht – allein auf das Verhalten des Gehilfen abzustellen. Zu klären wäre zunächst, ob sich das Verhalten des Gehilfen gemessen an den Pflichten des Geschäftsherrn aus seinem Schuldverhältnis als Pflichtverletzung darstellte. Das Schuldverhältnis wäre aber auch maßgeblich, um die Voraussetzungen des Verschuldens zu bestimmen. Nach dem Schuldverhältnis richtete sich zunächst, welcher Verschuldensgrad zur Haftung führt. Der für das Bürgerliche Recht durch § 276 BGB festgelegte objektive Fahrlässigkeitsbegriff ermöglicht aber auch, den maßgeblichen Sorgfaltsmaßstab danach zu bemessen, welche Sorgfalt vom Geschäftsherrn (in Person oder durch Gehilfen) zu erwarten ist.171 Da aber erst das nach diesen Maßstäben schuldhafte Verhalten des Gehilfen dem Geschäftsherrn 170 Lorenz, Festgabe BGH, 329, 374 f.; Medicus, SchR I, Rn. 334. – Abweichend freilich v. Caemmerer, Festschrift Hauß, 33, 37 ff., der für § 278 BGB darauf abstellen möchte, ob der Hilfsperson in ihrem sie mit dem Geschäftsherrn verbindenden Rechtsverhältnis Verschulden zur Last fällt. Sei das nicht der Fall, komme nur ein persönliches Verschulden des Geschäftsherrn bei Auswahl oder Unterweisung des Gehilfen in Betracht. 171 Vgl. BGHZ 114, 264, 272.
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B. Zurechnung von schuldhaften Pflichtverletzungen
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zugerechnet werden würde, käme es auf die Verschuldensfähigkeit des Gehilfen (§§ 827 f., 276 Abs. 1 S. 2 BGB) an. Die beiden Ansätze unterscheiden sich also darin, dass sie für die Verschuldensfähigkeit (§§ 827 f., 276 Abs. 1 S. 2 BGB) auf verschiedene Personen abstellen. Ist der Geschäftsherr verschuldensunfähig, so kann ihm nach der ersten der Geschäftsherrntheorie entsprechenden Ansicht auch das schuldhafte Verhalten des Gehilfen nicht schaden, während nach der zweiten der Repräsentationstheorie entsprechenden Ansicht eine Zurechnung nach § 278 BGB nur bei Verschuldensfähigkeit des Gehilfen in Betracht kommt. Diese Gegenüberstellung offenbart deutlich, dass für die Erfüllungshilfe durch Vertreter kraft Amtes allein auf die zweite Auffassung abgestellt werden kann. Der Vertreter kraft Amtes soll den vielfach geschäfts- und ggf. auch verschuldensunfähigen Geschäftsherrn im Rahmen des einzelnen Schuldverhältnisses repräsentieren.172 Deshalb muss es auf seine Verschuldensfähigkeit ankommen, um über das Verschulden des Geschäftsherrn im Rahmen von dessen Schuldverhältnissen zu befinden.173 Es wird nur darüber gestritten, wie beim Erfüllungsgehilfen zu entscheiden ist. Nach herkömmlicher Ansicht ist auch hier auf den Gehilfen abzustellen.174 Im Vordringen befindet sich aber die Ansicht, die Verschuldensfähigkeit des Gehilfen für unbeachtlich zu erklären.175 Getragen wird diese Auffassung vornehmlich von dem Gedanken, dass jegliches Verhalten des Erfüllungsgehilfen der Risikosphäre des Geschäftsherrn zuzuordnen ist.176 Die besseren Argumente sprechen dafür, an der herkömmlichen Auffassung festzuhalten. Dafür spricht zunächst der Wortlaut von § 278 BGB. Wenn diese Bestimmung die Wirkungen vom Verschulden des Erfüllungsgehilfen regelt, so ist das Ausdruck dafür, dass die Verschuldensfähigkeit des Gehilfen vorausgesetzt wird. Demgegenüber wiegt der Hinweis der Gegenmeinung auf die fehlende eigene Verpflichtung des Gehilfen weniger schwer. Eine schuldhafte Verletzung fremder Pflichten sieht das BGB zwar sonst nicht vor. Sie bereitet aber keine konstruktiven Schwierigkeiten.177 Auch die Systematik spricht dafür, die Verschuldenszurechnung bei gesetzlichen 172 Der Gedanke der Repräsentation ist hier wie bei § 164 BGB einzelaktsbezogen, also bezogen auf die konkrete Erfüllungs- bzw. Vertretungshandlung. Wer indessen die Haftung nach § 31 BGB als Repräsentationshaftung bezeichnet und diese Haftung der Einschaltungshaftung nach § 278 BGB gegenüberstellt, so etwa Westermann, JuS 1961, 333, 334, 338, versteht den Begriff Repräsentation als Beschreibung der Organstellung, der die Stellung des gesetzlichen Vertreters – wie hier im Text gerade gezeigt werden soll – eben nicht entspricht, absolut und damit auf alle Akte bezogen. 173 Larenz, SchR AT, § 20 VII; Staudinger-Löwisch (2004), § 278 Rn. 114; Medicus, SchR I, Rn. 337. 174 BayObLG MDR 1970, 586, 587; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1995, 1165, 1166; v. Caemmerer, Festschrift Hauß, 33, 39; Bamberger/Roth-Grüneberg, § 278 Rn. 48; MünchKommBGBHanau, 3. Aufl. (1992), § 278 Rn. 35; Staudinger-Löwisch (2004), § 278 Rn. 62 f.; Lorenz, Festgabe BGH, 329, 377 f.; Westermann, JuS 1961, 382, 385. 175 Esser/Schmidt, SchR I 2, § 27 I 3 c; Frotz, Verkehrsschutz, 73 ff.; Gernhuber, Erfüllung, § 20 II 5; MünchKommBGB-Grundmann, § 278 Rn. 49; Larenz, SchR AT, § 20 VIII; Medicus, SchR I, Rn. 334; Schmidt, AcP 170 (1970), 502, 511 f. 176 Häufig angeführt wird zur Illustration das Beispiel, dass der Mieter dem Vermieter gegenüber auch für das Verhalten seines ordnungsgemäß beaufsichtigten Kindes unter sieben Jahren verantwortlich sein muss; siehe Schmidt, AcP 170 (1970), 502, 511 f. 177 Lorenz, Festgabe BGH, 329, 375.
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
Vertretern und Erfüllungsgehilfen, die in § 278 BGB parallel geregelt sind, nach den gleichen Grundsätzen vorzunehmen. Maßgeblich müssen letztlich teleologische Überlegungen sein. § 278 BGB macht fraglos eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass eine Haftung an eigenes Verschulden anknüpft, und ordnet so in gewisser Weise eine Garantiehaftung an.178 In Rede steht aber, wie weit diese Garantie geht. Die moderne Lehre will die Haftung für Erfüllungsgehilfen auch auf solche Personen erstrecken, die die von ihnen wahrzunehmenden Pflichten und Sorgfaltsanforderungen nicht erkennen können. Sie verzichtet auf ein Verschuldenselement und nimmt eine reine Garantiehaftung an. Diese Haftung soll der behaupteten Gefahrerhöhung durch die Einschaltung weiterer Personen in die Erfüllung Rechnung tragen. § 278 BGB wird so vom Verschuldensprinzip losgelöst. Eine Haftung ohne Verschulden ist dieser Norm aber nicht zu entnehmen.179 Die Haftung in Schuldverhältnissen beruht auf dem Verschuldensprinzip. Die Gefahr für schuldlose Pflichtverletzungen trägt der Gläubiger. Die Einschaltung von Gehilfen gibt keinen Grund, das zu ändern. Es ist beispielsweise nicht zu erklären, warum den Mieter einer Wohnung in Bezug auf sein gut erzogenes und überwachtes Kleinkind180, das mit ihm in seiner Wohnung lebt, eine Garantiehaftung treffen sollte, während er bei Fehlfunktionen von in die Wohnung eingestellten Elektrogeräten nur wegen eigenen Verschuldens haftet. § 278 BGB bezweckt nach dem oben Ausgeführten allein, dass der Schuldner sich nicht dadurch von seinen Pflichten aus dem Schuldverhältnis entlasten kann, dass er Gehilfen einschaltet. Die Einschaltung ist kein geeigneter Anknüpfungspunkt für eine reine Garantiehaftung. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass der Gläubiger vielfach vom Schuldner verlangt oder jedenfalls erwartet, dass er Hilfspersonen einschaltet. Ein Patient möchte etwa nicht vom Klinikdirektor, sondern von Ärzten behandelt werden. Im Ergebnis kann daher das Fehlverhalten verschuldensunfähiger Erfüllungsgehilfen dem Geschäftsherrn nicht zugerechnet werden. Eine Haftung kann den Geschäftsherrn allerdings aufgrund eines Eigenverschuldens bei Auswahl oder Überwachung des Gehilfen treffen.181 Diese Sichtweise führt auch im umgekehrten Fall, dass nämlich der Geschäftsherr verschuldensunfähig, der Erfüllungsgehilfe aber verschuldensfähig ist, zu billigen Ergebnissen. Für das Verschulden des Erfüllungsgehilfen hat der Geschäftsherr hier einzustehen, weil er ihn einmal zurechenbar eingeschaltet hat, auch wenn er mittlerweile nicht mehr selbst schuldhaft handeln kann. Es ist nicht einzusehen, warum der mittlerweile Verschuldensunfähige zwar für einen Betreuer, aber nicht für den aufgrund einer Vorsorgevollmacht tätigen Gehilfen einstehen sollte.
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Vgl. nur BGH NJW 1976, 451. V. Caemmerer, Festschrift Hauß, 33, 39; MünchKommBGB-Hanau, 3. Aufl. (1992), § 278 Rn. 35; Staudinger-Löwisch (2004), § 278 Rn. 63. 180 Siehe Fn. 176. 181 Staudinger-Löwisch (2004), § 278 Rn. 63; Lorenz, Festgabe BGH, 329, 378. – Der Einwand Fikentschers, SchR, Rn. 516, gegen die herkömmliche Lehre, auf ihrer Grundlage wäre es für den Schuldner vorzugswürdig, verschuldensunfähige Gehilfen einzusetzen, ist damit entkräftet. 179
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B. Zurechnung von schuldhaften Pflichtverletzungen
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II. Unterschiede der Gehilfenarten Die Frage nach den Unterschieden in Bezug auf die Regelung der Haftung für Erfüllungsgehilfen und für Vertreter kraft Amtes rückt zunächst die Frage nach dem Grund für die Haftung und zum anderen die Frage nach Unterschieden in der Reichweite der Haftung in das Blickfeld. 1. Haftungsgrund Es lassen sich ganz verschiedene Thesen zum Haftungsgrund der Regelung in § 278 BGB finden.182 Herrschend ist es, die Haftung des Geschäftsherrn nach § 278 BGB als Einschaltungshaftung zu charakterisieren.183 Die Einschaltung des jeweiligen Gehilfen in die Erfüllung der Verbindlichkeiten des Geschäftsherrn beruhe in Bezug auf die Erfüllungsgehilfen auf dem freien Willen des Geschäftsherrn, während die Einschaltung des Vertreters kraft Amtes wie die der gesetzlichen Vertreter durch bzw. aufgrund des Gesetzes erfolge. Diese Einordnung wird als »nichts sagend« bezeichnet, weil sie nur den Gesetzeswortlaut wiedergebe.184 Um den Haftungsgrund zu bestimmen, stellt Egon Lorenz daher maßgeblich auf die den Geschäftsherrn treffende Verbindlichkeit ab. Diese Verbindlichkeit bezwecke, dass der Geschäftsherr dem Gläubiger nach den mit der Verbindlichkeit verknüpften Verschuldenstatbeständen nicht nur für eigenes Verschulden hafte, sondern auch für das Gehilfenverschulden wie für eigenes einzustehen habe. Beide Erklärungsansätze bedeuten allerdings keinen Gegensatz. Sie beantworten vielmehr zwei verschiedene, freilich aufeinander aufbauende Fragen: Die logisch vorrangige Frage, die auch der Gesetzgeber bei Schaffung des § 278 BGB zu beantworten hatte,185 besteht darin, wie das Institut der Gehilfenhaftung sich in einem Haftungssystem legitimiert, das die Haftung grundsätzlich an eigenes Verschulden anknüpft. Die Besonderheit der Gehilfenhaftung innerhalb von Schuldverhältnissen nach § 278 BGB zeigt ein Vergleich mit der deliktischen Haftung nach § 831 BGB. Nur innerhalb von Schuldverhältnissen haftet der Geschäftsherr für schuldhaftes Fehlverhalten seiner Gehilfen, während er im deliktischen Bereich allein für eigenes Verschulden bei Auswahl oder Überwachung einstehen muss.186 Diese besondere Regelung für Schuldverhältnisse beruht darauf, dass hier ausschließlich die Sanktion der Verletzung von Pflichten in Rede steht, die allein den Geschäftsherrn treffen. Im Deliktsrecht hingegen wird die Verletzung von Pflichten sanktioniert, die jedermann, und damit Geschäftsherrn und Gehilfen in gleicher Weise, treffen. Eine Beschränkung der Haftung auf eigenes Verschulden auch im Bereich der bestehenden Schuldverhältnisse
182
Vgl. die Übersichten bei Gernhuber, Erfüllung, § 20 II 3; Lorenz, Festgabe BGH, 329,
330 ff. 183 Insbesondere Westermann, JuS 1961, 333, 334, 338 f., 382, 385 f.; ferner BGHZ 62, 119, 124; MünchKommBGB-Grundmann, § 278 Rn. 2; Grunewald, NJW 1980, 1924, 1926; Medicus, SchR I, Rn. 325; Schreiber, Jura 1987, 647, 649. 184 Gernhuber, Erfüllung, § 20 II 3; Lorenz, Festgabe BGH, 329, 332. 185 Vgl. Mot. II, 30. 186 Siehe D I (S. 256).
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
würde zu einer Entlastung des verpflichteten Geschäftsherrn führen, wenn Gehilfen für ihn tätig werden. Gleichzeitig erhielte der Gläubiger keinen Ausgleich für die Verletzung der ihn schützenden Pflicht. Bei Fehlern des Gehilfen würde der Geschäftsherr nicht haften, weil ihm kein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen ist, der Gehilfe nicht, weil ihn schon die verletzte Pflicht nicht trifft.187 Folglich wäre die den Geschäftsherrn treffende Pflicht bei Tätigwerden von Gehilfen unbeachtlich. Dies widerspräche dem Sinn und Zweck dieser Pflichten.188 Dieses Defizit lässt sich nur durch eine Haftung des Geschäftsherrn auch für Verhalten seiner Gehilfen ausgleichen. Die den Geschäftsherrn treffende Verbindlichkeit selbst verlangt also, das Verschulden des Geschäftsherrn um das von Gehilfen zu erweitern.189 Die Gehilfenhaftung ist der jeweiligen Verbindlichkeit also wie die Haftung für eigenes Verschulden immanent. Erst auf der daher gebotenen Anerkennung der Gehilfenhaftung baut die Frage auf, wie man den Kreis der Gehilfen bestimmt, für deren Verschulden der Geschäftsherr einzustehen hat. Die Antwort, die der Gesetzgeber auf diese Frage mit der Fassung des § 278 BGB gegeben hat, lässt sich treffend als Einschaltungshaftung beschreiben. Der besondere Wert dieser Beschreibung ergibt sich, wenn man sie von möglichen Alternativen abgrenzt. Der Geschäftsherr hat einerseits nicht schon für die schuldhaften Pflichtverletzungen eines jeden einzustehen, dessen Handeln ihm auch Vorteile bei der Erfüllung seiner Pflichten aus dem Schuldverhältnis bringen kann.190 Wer sich aus eigener Initiative oder auf Initiative des Gläubigers in die Erfüllung des Schuldners einschaltet, mag den Schuldner zwar entlasten. Für sein schuldhaftes Fehlverhalten ist der Geschäftsherr aber nicht verantwortlich. Daher besteht keine Zurechnungseinheit in dem Sinne191, dass jegliches Leistungsverhalten von Gehilfen einheitlich dem Schuldner zugerechnet wird. Der Nachteil des Haftungsrisikos ist keine notwendige Folge davon, dass der Schuldner von den Vorteilen der Gehilfentätigkeit profitiert. Andererseits ist die Haftung des Geschäftsherrn auch nicht auf solche Gehilfen beschränkt, die er wie Verrichtungsgehilfen steuern und kontrollieren kann. Den Ausschlag gibt, ob der Gehilfe in einer dem Geschäftsherrn zurechenbaren Weise in die Erfüllung von dessen Pflichten eingeschaltet ist. Die bereits erwähnten unterschiedlichen Arten, wie Erfüllungsgehilfen oder Vertreter kraft Amtes in die Erfüllung eingeschaltet werden, zeigen die Parallele zur Vertretung auf. Wie die Zurechnung von Willenserklärungen Bevollmächtigter auf dem Willen des Vertretenen beruht, so beruht die Zurechnung schuldhafter Pflichtverletzungen des Erfüllungsgehilfen auf dem Willen des Geschäftsherrn, ihn in die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten einzuschalten. Aber auch die Zurechnung von schuldhaftem Fehlverhalten gesetzlicher Vertreter zum Geschäftsherrn ist in § 278 BGB in gleicher Weise der Zurechnung bei Erfüllungsgehilfen nachgebildet, wie es die Vertretung durch gesetzliche Vertreter bei § 164 187
Medicus, SchR I, Rn. 318 f. Vgl. Picker, AcP 183 (1983), 371, 488. 189 Lorenz, Festgabe BGH, 329, 333 ff.; vgl. ferner Staudinger-Löwisch (2004), § 278 Rn. 1; Medicus, SchR I, Rn. 318 f. 190 Westermann, JuS 1961, 333, 339. 191 So aber Gernhuber, Erfüllung, § 20 II 3. 188
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B. Zurechnung von schuldhaften Pflichtverletzungen
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BGB ist. In beiden Fällen wird der Wille, den der gesetzlich Vertretene nicht selbst bilden kann, durch die gesetzlichen Regelungen ersetzt. Diese Überlegung erklärt, dass die Zurechnung von Verhalten der Vertreter kraft Amtes nach § 278 S. 1 Fall BGB an eine ungeschriebene Voraussetzung zu knüpfen ist. Diese Voraussetzung besteht darin, dass die Aufgabe des gesetzlichen Vertreters, die Interessen des Geschäftsherrn wahrzunehmen, sich auch auf die verletzte Pflicht erstrecken muss. Diese Voraussetzung ist für die umfassend tätigen Vertreter wie Vormund oder Betreuer regelmäßig zu bejahen, für andere wie Abwesenheitspfleger oder WEG-Verwalter ist hingegen auf ihren besonderen Aufgabenbereich zu achten. 2. Mögliche Auswirkungen der Unterschiede Für die Zurechnung nach § 278 BGB stellt sich ebenfalls wie vorher bei der Vertretung die Frage, ob die Zurechnung bei Verhalten von Erfüllungsgehilfen und bei Verhalten von Vertretern kraft Amtes oder sonstigen gesetzlichen Vertretern gleich ausfällt. Der Ausgangspunkt dieser Fragestellung ist allerdings ein anderer als im Vertretungsrecht. Während im Vertretungsrecht manche Bestimmungen nach ihrem Wortlaut nur auf den Bevollmächtigten anwendbar sind, enthält § 278 BGB keine Differenzierung nach Erfüllungsgehilfe oder gesetzlichem Vertreter. Eike Schmidt hat sich dennoch für eine differenzierende Anwendung von § 278 BGB eingesetzt.192 Er unterscheidet nach der Art der verletzten Pflichten. Die Zurechnung des § 278 BGB will er für gesetzliche Vertreter auf die Verletzung der (Haupt-)Leistungspflichten beschränken. Soweit Schutzpflichten betroffen seien, rechtfertige die Funktion des § 278 BGB eine Haftung des (geschäftsunfähigen) Geschäftsherrn nicht. Es müsse vielmehr eine Eigenhaftung des Vertreters eingreifen, weil er Bezugspunkt des diese Haftung rechtfertigenden Vertrauens sei. Diese Überlegungen haben zu Recht keine Gefolgschaft gefunden.193 Auf Grundlage des hier entwickelten Ausgangspunkts vermag die Auffassung Schmidts schon deswegen nicht zu überzeugen, weil die von § 278 BGB erfassten Gehilfen gleichermaßen in die Erfüllung von Leistungspflichten und in die Erfüllung sonstiger Schutzpflichten eingeschaltet sind. Der Umstand, dass der Gläubiger gegen Schutzpflichtverletzungen auch anderweit – sei es aus deliktischer Anspruchsgrundlage, sei es aus Vertretervertrauenshaftung (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB) – Ersatz erlangen kann, ist für die Anwendung von § 278 BGB bedeutungslos. § 278 BGB will nämlich nicht den Gläubiger sichern, dass er bei einer Vertragsverletzung durch Gehilfen irgendwelche Ansprüche gegen irgendjemand erlangt. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Verletzung der allein den Schuldner treffenden Schutzpflicht auch bei Einschaltung von Gehilfen zu sanktionieren ist. Schmidt geht hingegen davon aus, der gesetzliche Vertreter repräsentiere den (nicht geschäftsfähigen) Schuldner. Daher brächten Geschäftspartner nur dem 192 193
Schmidt, AcP 170 (1970), 502, 517 ff.; Esser/Schmidt, SchR I 2, § 27 II 1 b. Larenz, SchR AT, § 20 VII; Staudinger-Löwisch (2004), § 278 Rn. 115.
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
gesetzlichen Vertreter persönlich Vertrauen entgegen. Schutzpflichten träfen ausschließlich diesen. Diese Schlussfolgerung ist aber selbst dann zu hinterfragen, wenn man Schmidts Ausgangspunkt zugrunde legt. Die gesetzliche Vertreterhaftung (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 3 BGB) tritt allenfalls ergänzend neben die vertragliche Haftung des Vertretenen. Das gilt auch bei der Vertretung durch gesetzliche Vertreter. Denn der Geschäftspartner hat mit dem Vertretenen und nicht dem gesetzlichen Vertreter im eigenen Namen kontrahiert. Also hat der Geschäftspartner dem gesetzlichen Vertreter Vertrauen vornehmlich wegen seiner Stellung als Vertreter entgegengebracht. Vor einem Wechsel des gesetzlichen Vertreters ist er grundsätzlich nicht geschützt.
III. Würdigung der Amtswalterzurechnung Der Anwendungsbereich der Amtswalterzurechnung nach § 278 BGB bezieht sich auf alle Bestimmungen, die an Verschulden im Rahmen einer Sonderverbindung anknüpfen. Sie setzt voraus, dass der Amtswalter eine dem Zurechnungsendsubjekt obliegende Pflicht schuldhaft verletzt und dass die Wahrnehmung dieser Pflicht für den Schuldner in den vom Amt vorgegebenen Aufgabenbereich des Amtswalters fällt. Die fremde schuldhafte Pflichtverletzung wird dann dem Zurechnungsendsubjekt wie eine eigene zugerechnet. Die eigene Verschuldensfähigkeit und das eigene Verschulden des Zurechnungsendsubjekts mögen über § 276 BGB eine Rolle spielen, sind aber für die Amtswalterzurechnung nach § 278 BGB ohne Bedeutung. Damit entspricht die Zurechnungstechnik der bei der Zurechnung nach §§ 164, 166 Abs. 1 BGB.
C. Zurechnung im Besitzrecht Die Teilnahme am Rechtsverkehr in Bezug auf Sachen – sei es der rechtsgeschäftliche, aber auch der tatsächliche – setzt voraus, dass der Handelnde Besitzer einer Sache sein kann. Die von Vertretern kraft Amtes Vertretenen können zum Teil selbst Besitzer sein. Den dafür erforderlichen natürlichen Besitzwillen können auch Geschäftsunfähige haben. Sie müssen nur fähig sein, einen Herrschaftswillen von gewisser Dauer und Selbstständigkeit zu bilden.194 Dessen ungeachtet hat die Besitzausübung durch Vertreter kraft Amtes eine große Bedeutung. Die Vertretenen können zum einen nicht nur rechtlich, sondern auch faktisch (Abwesenheit) gehindert sein, den Besitzwillen zu bilden. Es kann zum anderen gerade in den Aufgabenbereich der Vertreter fallen, den Besitz für die Vertretenen auszuüben. Aus diesem Grund bedarf es auch im Bereich des Besitzes einer Möglichkeit, dass die Vertreter kraft Amtes Besitz für den Vertretenen wahrnehmen, so dass sie für diese besitzabhängige Tatbestände verwirklichen können. Die Befugnis des Vertreters, den Geschäftsherrn rechtsgeschäftlich nach § 164 BGB vertreten 194 RGZ 98, 131, 132; OLG Düsseldorf, FamRZ 1999 652, 653; Staudinger-Bund (2000), § 854 Rn. 18; MünchKommBGB-Joost, § 854 Rn. 9; Soergel-Stadler, § 854 Rn. 11.
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C. Zurechnung im Besitzrecht
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zu können, ist dafür nicht ausreichend. Zwar mag er so durch Abschluss von Verträgen, die ein Besitzmittlungsverhältnis begründen, dem Vertretenen mittelbaren Besitz verschaffen oder an einer Besitzübertragung nach § 870 BGB195 mitwirken können. Diese Möglichkeiten allein genügen aber nicht, um dem Bedürfnis des Geschäftsherrn nach Besitzvermittlung durch den Vertreter zu genügen. Insoweit ist nach anderen Möglichkeiten zu suchen. Zu diesem Zweck ist zunächst die Struktur der unterschiedlichen Besitzarten nach dem BGB zu analysieren, um dann die durch Vertreter kraft Amtes vermittelte Besitzstruktur näher zu untersuchen.
I. Besitzarten als Zurechnungsnormen Der Besitz ist Voraussetzung einer Reihe von Rechtsfolgen. So ist der Besitz nach §§ 861 f. BGB durch die possessorischen Ansprüche geschützt; der Eigentumsübergang nach § 929 S. 1 BGB verlangt einen Besitzübergang, während § 935 BGB den besitzenden Eigentümer vor einem Rechtsverlust schützt. Grundsätzlich finden diese und viele weitere an den Besitz anknüpfende Bestimmungen unabhängig davon Anwendung, welche Art von Besitz vorliegt. Es kann sich um auf unmittelbarer Sachherrschaft nach §§ 854, 856 BGB beruhenden Besitz, um durch einen Besitzdiener nach § 855 BGB ausgeübten Besitz, um nach § 857 BGB vom Erblasser erworbenen Besitz oder um nach § 868 BGB vom Besitzmittler gemittelten sog. mittelbaren Besitz handeln. Stets erfüllt der nach diesen Bestimmungen Besitzende die bezeichneten Tatbestandsmerkmale. Für diejenigen, die nach diesen Anordnungen Besitzer sind, bedarf es keiner Zurechnung von Besitz. Die Antwort auf die Frage, ob es aus diesem Grunde überhaupt keine Zurechnung von Besitz gibt, hängt davon ab, wie man die dargestellten Besitzarten versteht. Behandelt man die Besitzarten als gleichwertige verschiedenartige Typen eines einheitlichen Besitzbegriffs, so bedarf man keiner Zurechnung. Man muss sich aber gleichzeitig darüber klar werden, dass aufgrund der Inhomogenität dieser Besitzarten eine einheitliche Umschreibung dessen, was Besitz ist, dann nicht zu formulieren ist.196 Das alternative Konzept besteht darin, angelehnt an das allgemeine Begriffsverständnis197 und in Übereinstimmung mit der Systematik des BGB die tatsächliche Sachherrschaft, wie sie §§ 854, 856 BGB voraussetzen, als Besitz zu verstehen.198 Die anderen Regelungen des Besitzes stellen sich dann als
195
Vgl. Soergel-Stadler, § 854 Rn. 12, § 870 Rn. 1. Diese Konsequenz akzeptiert Soergel-Stadler, Vor § 854 Rn. 5. 197 Vgl. Wieling, SR I, § 6 I 2: »Gewalt des Wortes Besitz, das eben an die tatsächliche Sachherrrschaft denken lässt«; ferner Baur/Stürner, SR, § 7 Rn. 30. 198 MünchKommBGB-Joost, Vor § 854 Rn. 5; Sosnitza, Besitz, 17. – Der von Ernst, Eigenbesitz, 29 ff., 38 ff., passim, betonte Dualismus von Sachherrschaft als Bezugspunkt der Regelungen über den Besitzschutz und von Eigenbesitz als Bezugspunkt der Regelungen über den Mobiliarerwerb lässt sich von dem hier gewählten Ansatzpunkt auflösen, wenn man in Übereinstimmung mit der Systematik des Gesetzes den Eigenbesitz als tatsächliche Sachherrschaft (Besitz), ergänzt um den Eigentumsbehauptungswillen, begreift, entsprechend Peters, AcP 192 (1992), 348, 349. 196
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
Zurechnungsnormen dar.199 Diese Sichtweise stimmt mit dem in den Motiven zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers überein. Die Regelung des Besitzes erfolge, »um dadurch eine häufig vorkommende Voraussetzung von Rechtsnormen zu bestimmen«.200 § 855 BGB ist danach als Zurechnungsnorm zu verstehen, die die tatsächliche Sachherrschaft dem Besitzdiener aberkennt und sie allein dem Besitzherrn zuordnet, während § 868 BGB zusätzlich dem Oberbesitzer die vom Unterbesitzer vermittelte (und damit gegenüber diesem in Bezug auf den Besitzschutz beschränkte) tatsächliche Sachherrschaft zuordnet201. § 857 BGB ordnet schließlich dem Erben die vom Erblasser innegehabte tatsächliche Sachherrschaft zu. Die organschaftliche Besitzzurechnung als Ausprägung des noch näher zu analysierenden Prinzips der einheitlichen Organzurechnung ist indessen ungeregelt geblieben.202 Die dargelegte Sichtweise der verschiedenen Besitzdefinitionen ist für die praktische Subsumtion unter die einzelnen Normen zwar nicht ausschlaggebend, erleichtert aber den Zugang zu diesen Bestimmungen. Vor allem bestätigt sie das bisherige Vorgehen dieser Arbeit, unter diesen Bestimmungen nach der »Zurechnungsnorm« zu suchen, die dem Vertretenen die tatsächliche Sachherrschaft (Besitz) des Vertreters kraft Amtes zuordnet.
II. Besitzzurechnung bei Vertretern kraft Amtes Um die Besitzzurechnung bei Vertretern kraft Amtes zu erklären, wird teilweise in Betracht gezogen, § 855 BGB203 anzuwenden oder die Regeln über die Besitzzurechnung bei Organen204 entsprechend heranzuziehen. Ganz herrschend ist hingegen, eine Besitzmittlung nach § 868 BGB anzunehmen.205 Diese Auffassung, ein Vertreter kraft Amtes mittle dem Vertretenen nach § 868 BGB den Besitz, enthält zwei Aussagen: eine in Bezug auf den Vertretenen und eine in Bezug auf den Amtswalter. In Bezug auf den Vertretenen kommt zum Ausdruck, dass er nicht selbst unmittelbarer, sondern nur mittelbarer Besitzer ist. Er ist daher von der dem mittelbaren Besitz immanenten Beschränkung der Besitzposition im Verhältnis zum Amtswalter als unmittelbarem Besitzer betroffen. Diese Wertung erscheint im Vergleich mit den Konstellationen bei Besitzdiener-
199 Bork, AT, Rn. 1303 zu § 855 BGB; MünchKommBGB-Joost, § 855 Rn. 1 (»Zurechnung der Besitzfolgen«), § 857 Rn. 4 (»Zurechnungssubjekt der mit dem Besitz verbundenen Rechtsfolgen«); § 868 Rn. 6 (»Rechtsfolgenerstreckung«); Medicus, AT, Rn. 895 zu § 855 BGB; Siedler, Zurechnung, 151, 161 zu §§ 855, 868 BGB; Soergel-Stadler, § 855 Rn. 1, § 857 Rn. 1; Zeuner, JZ 1955, 155, 157 für §§ 855, 868 BGB. 200 Mot. III, 78; zum Regelungsgrund, insbesondere von § 868 BGB, Prot. IV, 584 f.; dazu Ernst, Eigenbesitz, 27 f.; Planck-Brodmann, § 868 Anm. 1; Wieling, SR I, § 6 I 1. 201 Freilich ist der Kreis der bezogenen Normen, auf die sich diese Zurechnung erstreckt, beschränkt oder bedarf der Modifizierung , wie sich aus §§ 869, 935 BGB ergibt. 202 Dazu § 8 A II 1 (S. 266). 203 Heck, SR, § 18 IV; Müller-Erzbach, AcP 142 (1936), 5, 31 f. 204 Förtsch, Gruchot 43 (1899), 545 ff.; Planck-Brodmann, § 854 Anm. 5; Wieling, SR I, § 4 I 3 b; vgl. im Ergebnis auch BGH WM 1961, 1046, 1048. 205 MünchKommBGB-Joost, § 854 Rn. 38; Staudinger-Bund (2000), § 854 Rn. 56; SoergelStadler, § 854 Rn. 13; Westermann-Gursky, SR, § 20 IV.
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C. Zurechnung im Besitzrecht
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schaft und Organbesitz als angemessen. Der Unterschied zwischen den Konstellationen bei der Vertretung kraft Amtes und der Organzurechnung bei juristischen Personen besteht schon darin, dass die juristische Person ohne die Organe gar nicht als handlungsfähige Einheit existiert, der Vertretene aber über eine eigene Individualität verfügt, die er auch besitzrechtlich wahrnehmen kann.206 Daher kann es zwischen Vertreter und Vertretenem zu Konflikten über die Ausübung der Sachherrschaft an einer Sache kommen, die zwischen juristischer Person und Organ ausgeschlossen ist. Ein Vergleich des Verhältnisses von Vertretenem und Amtswalter lässt sich daher überhaupt nur zum Verhältnis von Besitzdiener und Besitzherr im Rahmen von § 855 BGB ziehen. Im Gegensatz zum Besitzdiener hat aber der Amtsinhaber gerade kraft seines Amtes Besitzbefugnisse gegenüber dem Vertretenen. Zwar hat der Vertreter die Sachen zum Wohle des Vertreters in seinem Besitz, ihm fällt aber gleichzeitig regelmäßig die Aufgabe zu, über die Verwendung der Sache zum Wohle des Vertretenen zu befinden. Der Vertreter unterliegt also nicht den Weisungen des Vertretenen, sondern soll ggf. (man denke an einen kranken oder geistig unreifen Vertretenen) die Sache vor dem Vertretenen schützen. Das eigentliche Problem der Lösung, eine Besitzmittlung nach § 868 BGB anzunehmen, liegt vielmehr in der damit verbundenen Aussage über die Besitzstellung des Amtswalters.207 Obwohl der Amtswalter lediglich Amtsbefugnisse hinsichtlich der betroffenen Sache ausübt, steht ihm selbst der unmittelbare Besitz an der Sache zu. Demzufolge hat der ausgeschiedene Amtswalter Besitzschutzrechte gegen seinen Amtsnachfolger, die Unterschlagung durch den Amtswalter stellt für den Vertretenen kein Abhandenkommen nach § 935 Abs. 1 S. 2 BGB dar, bei Tod des Amtsinhabers geht der Besitz nach § 857 BGB auf seine Erben über208. Diese Ergebnisse mögen nicht befriedigen und nach alternativen Lösungen suchen lassen. Zu erwägen ist, von der besonderen Möglichkeit der Amtswalterzurechnung Gebrauch zu machen,209 indem man das Amt selbst als mögliches Besitzsubjekt anerkennt. Besitzer wäre dann die Organisationseinheit Amt, vermittelt durch den jeweiligen Amtsinhaber, dem selbst wie dem Organwalter bei der Organzurechnung keine Besitzposition zuzuordnen wäre. Der Vertretene bliebe gleichzeitig mittelbarer Besitzer des durch den Amtswalter gemittelten unmittelbaren Amtsbesitzes. Diese Auffassung würde sich von der herrschenden Auffassung nur darin unterscheiden, nicht den Amtswalter als unmittelbaren Besitzer anzusehen, sondern das Amt selbst als Organisationseinheit, deren Befugnisse durch den Amtswalter ausgeübt werden. Jeder Amtswalterwechsel würde automatisch zum Übergang der Besitzbefugnisse führen. Der Amtsvorgänger hätte keine Besitzschutzrechte gegen den Nachfolger, wie auch die Erben des Amtswalters keinen Besitz erlangen würden. Die Unterschlagung durch den Amtswalter würde einen Bruch des Amtsbesitzes darstellen, so dass die Sache
206
Ähnlich Staudinger-Bund (2000), § 854 Rn. 56; Westermann-Gursky, SR, § 20 IV. Heck, SR, 18 IV. 208 So etwa Staudinger-Bund (2000), § 857 Rn. 9; Staudinger-Marotzke (2000), § 1922 Rn. 157; Michel, Probleme, 59 ff.; Erman-Schlüter, § 1922 Rn. 43; Soergel-Stein, § 1922 Rn. 34. 209 Siehe dazu § 6 A II 3 (S. 212 ff.). 207
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
dem Vertretenen nach § 935 Abs. 1 S. 2 BGB abhanden käme. Dieser Lösungsversuch versagt hier aber, weil das Amt von Vertretern kraft Amtes zwar handlungsfähig, aber nicht besitzfähig ist. Das Amt ist kein Handlungssubjekt für ein spezifisches Vermögen. Es kann weder vermögensbezogene Besitzschutzrechte ausüben noch auf Herausgabe der Sache in Anspruch genommen werden. Der Amtswalter ist also stets selbst unmittelbarer Besitzer. Er kann im eigenen Namen Besitzschutzrechte geltend machen, gleichzeitig aber auch persönlich in Anspruch genommen werden, wenn der Besitz die Passivlegitimation eines Anspruchs wie bei § 985 BGB begründet. Darüber hinaus mittelt er dem jeweils Vertretenen über § 868 BGB eine eigene Besitzposition. 1. Art der Besitzmittlung Die Voraussetzungen, die § 868 BGB an ein Besitzmittlungsverhältnis stellt, kommen in dieser Bestimmung nur durch die angeführten Beispiele zum Ausdruck und sind umstritten. Erforderlich ist jedenfalls der unmittelbare Besitz des Besitzmittlers, sein Wille, für den mittelbaren Besitzer zu besitzen,210 und ein rechtliches Verhältnis zwischen Ober- und Unterbesitzer, das zumindest einen Herausgabeanspruch des Oberbesitzers begründet. Umstritten ist hingegen, ob der mittelbare Besitzmittler darüber hinaus einen Besitzwillen haben muss.211 Die Verhältnisse, die mittelbaren Besitz begründen können, sind daher vielgestaltig.212 Die in § 868 BGB aufgeführten Beispiele zeigen, dass dem Gesetzgeber nicht vorrangig vor Augen stand, die Besitzzurechnung vom Vertreter kraft Amtes zum Vertretenen zu regeln. Dennoch lassen sich unter der Vielzahl an möglichen privatautonom geschaffenen Besitzmittlungsverhältnissen solche aufzeigen, die dem durch das Amt geschaffenen Besitzmittlungsverhältnis entsprechen. Das sind die Besitzmittlungsverhältnisse, die auf Verwahrung oder Auftrag beruhen. In diesen Verhältnissen kommt der fremdnützige Charakter der Besitzmittlung zum Ausdruck. Der Auftrag erfasst die Besitzverschaffung von Dritten oder Weitergabe an Dritte etwa im Zusammenhang mit Erwerbs- oder Veräußerungsgeschäften. Die Verwahrung hat die kontinuierliche Besitzausübung zum Gegenstand. Beide Aufgaben können den Vertreter kraft Amtes treffen. Also lässt sich auch für die Besitzzurechnung bei Vertretern kraft Amtes sagen, dass sie der privatautonom möglichen Besitzzurechnung nachgebildet ist. Rechtliche Regelungen knüpfen an den Unterschied zwischen privatautonom geschaffenen oder auf Gesetz beruhenden Besitzmittlungsverhältnissen nicht an. Zwar hat die Rechtsprechung in Fällen gesetzlicher Besitzmittlungsverhältnisse den Willen des unmittelbaren Besitzers, ob er dem mittelbaren Besitzer den Besitz mitteln wolle, für belanglos erklärt.213 Dieser Auffassung wird aber in der Li210
Gegen die ganz herrschende Ansicht Hartung, Besitz, 264 ff. Dafür Soergel-Stadler, § 868 Rn. 9; Westermann-Gursky, SR, § 19 I 2; Wieling, SR I, § 6 II 5; dagegen MünchKommBGB-Joost, § 868 Rn. 21; vgl. auch Staudinger-Bund (2000) § 868 Rn. 26. 212 Vgl. die alphabetischen Aufzählungen bei Staudinger-Bund (2000), § 868 Rn. 27 ff.; MünchKommBGB-Joost, § 868 Rn. 36 ff. 213 BGHZ 9, 74, 78 f.; BayObLG 1953, 273, 277; 1961, 289, 303; vgl. auch BGH NJW 1953, 1868; zust. Palandt-Bassenge, § 868 Rn. 7. 211
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C. Zurechnung im Besitzrecht
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teratur mit Recht nicht gefolgt.214 Denn es ist nicht zu rechtfertigen, dass das gesetzliche Amtswalterrechtsverhältnis den Willen des Vertreters ersetzen soll. Der Vertreter als unmittelbarer Besitzer muss in der Lage sein, die Sache für sich oder für einen Dritten zu besitzen, wie er es will. Dass dieser Wille gesetzlichen Pflichten widersprechen kann, darf für die Beurteilung dieses tatsächlichen Willens keine Berücksichtigung finden. 2. Prinzip der Zurechnung Über das Prinzip der Zurechnung bei § 868 BGB lassen sich keine Stellungnahmen finden, schon weil der Charakter von § 868 BGB als Zurechnungsnorm regelmäßig nicht erkannt wird. Der Schwerpunkt der dogmatischen Diskussion bezieht sich auf die Frage, was mittelbarer Besitz eigentlich ist. Die insoweit vertretenen Positionen sind zunächst daraufhin zu untersuchen, ob sie mit der These vereinbar sind, dass § 868 BGB eine Zurechnung anordnet. Sodann ist zu fragen, in welchem Umfang die Zurechnung greift, inwieweit also auf den Zurechnungshelfer oder auf das Zurechnungsendsubjekt abgestellt wird. a) Feststellung des Zurechnungscharakters Der Charakter des mittelbaren Besitzes als Zurechnung tatsächlicher Sachherrschaft wird deutlich, wenn der mittelbare Besitz als Besitz ohne Sachherrschaft215, als Fiktion216 oder als Rechtsfolgenerstreckung217 erklärt wird. Zwar benutzen auch diejenigen, die diese Erklärungen verwenden, den Begriff Zurechnung nur selten.218 Diese Erklärungen schließen aber keinesfalls aus, dass eine Zurechnung vorliegt. So ist beispielsweise gerade die Rechtstechnik der Zurechnung eine mögliche Begründung für eine Fiktion.219 Vor allem aber erfüllt der mittelbare Besitz auf Grundlage dieser Erklärungen alle Voraussetzungen der Zurechnung. Denn die genannten Umschreibungen sagen zum einen aus, dass der mittelbare Besitzer selbst nicht die tatsächliche Sachherrschaft ausübt. Zum anderen hängt die Wirkung, dass nämlich den mittelbaren Besitzer Rechtsfolgen treffen, als hätte er Sachherrschaft, unauflöslich davon ab, dass der Besitzmittler die unmittelbare Sachherrschaft ausübt.220 Der mittelbare Besitzer wird also so lange als Besitzer behandelt, wie der unmittelbare Besitzer die tatsächliche Sachherrschaft innehat und für ihn ausübt. Darin liegt die Zurechnung.
214 Staudinger-Bund (2000), § 868 Rn. 24; MünchKommBGB-Joost, § 868 Rn. 17; SoergelStadler, § 868 Rn. 4; Westermann-Gursky, SR, § 18 2; Wieling, SR I, § 6 II 4. 215 Schwab/Prütting, SR, § 10 II 2; Zeuner, JZ 1955, 195, 197. 216 Grundlegend Wendt, AcP 87 (1897), 40, 47 ff.; ferner Sosnitza, Besitz, 16 f.; Wieling, SR I, § 6 I 1. 217 MünchKommBGB-Joost, § 868 Rn. 6. 218 So aber insbesondere Zeuner, JZ 1955, 195, 197. 219 Siehe § 6 A I 3 c (S. 207). 220 Sosnitza, Besitz, 16 f.
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
Diese Sichtweise ist aber nicht herrschend. Die Stellung des mittelbaren Besitzers wird überwiegend auf seine eigene »vergeistigte«221 Sachherrschaft zurückgeführt.222 Der mittelbare Besitzer übe angesichts der vom Besitzmittler ihm gegenüber anerkannten Verpflichtungen und angesichts des nur auf Zeit bestehenden Besitzrechts des Mittlers durch diesen selbst Sachherrschaft aus. Manche vergleichen die vergeistigte Sachherrschaft nach § 868 BGB sogar mit Fällen gelockerter Sachherrschaft wie beim abgestellten Auto oder beim urlaubsbedingt verlassenen Grundstück, die als unmittelbarer Besitz anerkannt sind.223 § 868 BGB regelte dann lediglich einen Spezialfall von Besitz nach §§ 854, 856 BGB. Wäre dies richtig, handelte es sich bei mittelbarem Besitz nicht um Fremdzurechnung. Fremdzurechnung scheidet immer dann aus, wenn das Zurechnungsendsubjekt – ggf. auch nur mithilfe von Dritten – selbst den Tatbestand bereits verwirklicht.224 Gegen ein solches Spezialitätsverhältnis sprechen aber zunächst die Rechtsfolgen, die für den mittelbaren Besitz angeordnet sind. Die Rechtsfolgen unterscheiden sich etwa nach §§ 869, 935 BGB von denen unmittelbaren Besitzes. Regelungsinhalt von § 868 BGB wäre also, Rechtsfolgen abzubedingen, die ohne diese Bestimmung nach §§ 854, 856 BGB eintreten würden. Diese Beschränkung von Rechtsfolgen beabsichtigte der Gesetzgeber mit § 868 BGB aber nicht, da es ihm um eine Erweiterung der Wirkungen des Besitzes auch auf mittelbare Besitzer ging.225 Eine klarstellende Bedeutung kann man also schon angesichts der Rechtsfolgen allenfalls § 855 BGB, hingegen nicht § 868 BGB zusprechen. Aber auch auf Tatbestandsebene ist ein maßgeblicher Unterschied zwischen dem Regelungsgehalt von § 868 BGB, aber auch § 855 BGB gegenüber den Konstellationen gelockerten unmittelbaren Besitzes zu betonen. Dieser Unterschied liegt darin, dass nach §§ 855, 868 BGB ein weiteres Rechtssubjekt zwischen Sache und Besitzherr bzw. Oberbesitzer tritt. Dieses Rechtssubjekt erfüllt nach den Formulierungen von §§ 855, 868 BGB die Voraussetzungen für den Besitz nach §§ 854, 856 BGB, da es die tatsächliche Gewalt ausübt. Es stellt sich also immer zunächst die Frage, welche Besitzposition diesem Rechtssubjekt zuzuordnen ist. Darauf baut auf, wie der hinter diesem Rechtssubjekt stehende Besitzherr oder Oberbesitzer einzuordnen ist. Bei der gelockerten Sachherrschaft stellt sich ganz anders allein die Frage, ob die Sache noch ihrem Besitzer zuzuordnen ist oder ob sie ohne Besitzer ist. Gerade diese besondere Problemstruktur von §§ 855, 868 BGB gegenüber der des gelockerten Besitzes zeigt, dass es sich doch um eine Zurechnung handelt. Man kann daher § 868 BGB auch auf Grundlage des herrschenden Verständnisses vom mittelbaren Besitz als »vergeistigter« Sachherrschaft nicht als Spezialfall von §§ 854, 856 BGB begreifen. Die als »vergeistigte« Sachherrschaft bezeichnete Beziehung des mittelbaren Besitzers zur Sache genügt nicht den An-
221
So der von Strohal, JherJB 31 (1892), 1, 17, geprägte Begriff. Heck, SR, § 8 1; Staudinger-Bund (2000), § 868 Rn. 5; Soergel-Stadler, § 868 Rn. 2; Westermann-Gursky, SR, § 17 5 f; vgl. auch BGH NJW 1955, 499. 223 Staudinger-Bund (2000), § 868 Rn. 5; Westermann-Gursky, SR, § 17 5 f. 224 Siehe § 6 A I 3 b (S. 206). 225 Prot. IV, 584 f.; dazu Ernst, Eigenbesitz, 27 f.; Planck-Brodmann, § 868 Anm. 1; Wieling, SR I, § 6 I 1. 222
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C. Zurechnung im Besitzrecht
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forderungen von §§ 854, 856 BGB, legitimiert nur, ihm die Position eines Besitzers, die selbst allein der Besitzmittler in seiner Person erfüllt, zuzurechnen. b) Umfang der Zurechnung Hinsichtlich des Umfangs der Zurechnung stellt sich die Frage, ob nur das objektive Besitzelement der tatsächlichen Gewalt oder auch der natürliche Besitzerwerbswille und damit der Besitz insgesamt zugerechnet werden. Diese Frage lässt sich für die Zurechnungsnormen in §§ 855, 857 BGB recht leicht beantworten. Der Besitzherr muss einen eigenen Besitzerwerbswillen bilden.226 Ihm wird lediglich die tatsächliche Gewalt des Besitzdieners zugerechnet. Dem Erbenbesitzer wird hingegen stets der gesamte Besitz einschließlich der konkreten Besitzform zugerechnet.227 Die Zurechnung erstreckt sich also auf den Willen, die Sachherrschaft als Eigen- (§ 872 BGB) oder als Fremdbesitzer ausüben zu wollen.228 Für den mittelbaren Besitzer ist umstritten, ob er selbst einen Besitzwillen bilden muss.229 Relevanz wird diesem Streit allerdings nur für die Frage beigemessen, ob im Rahmen von gesetzlichen Besitzmittlungsverhältnissen wie der Geschäftsführung ohne Auftrag230 dem Geschäftsherrn Besitz aufgedrängt werden kann. Wer an dem Erfordernis des Besitzwillens festhält, nimmt in diesen Fällen Besitzerlangung erst an, wenn der Betroffene einen eigenen Besitzwillen bildet. Für Vertreter kraft Amtes wird diesem Streit hingegen keine praktische Bedeutung beigemessen. Denn selbst wenn man einen solchen Willen des vertretenen Oberbesitzers verlange, sei ihm dieser Wille nach Vertretungsrecht vom vertretenden Unterbesitzer zuzurechnen.231 Diese Begründung ist nicht unproblematisch. Der Besitz des Vertretenen wird so von der Vertretungsmacht des Amtswalters abhängig gemacht. Hat der Vertreter keine Vertretungsmacht, weil seine Bestellung fehlerhaft war, müsste man dem Vertreter mittelbaren Besitz absprechen. Die Besitzverschaffung durch den Vertreter kraft Amtes hinge von der Wirksamkeit des Besitzmittlungsverhältnisses ab, obwohl sonst wegen der tatsächlichen Natur des Besitzes eine Besitzmittlung bei fehlerhaften Besitzmittlungsverhältnissen stets angenommen wird. Diese Überlegung spricht dagegen, den Besitz über §§ 164, 166 BGB von rein rechtlichen Fragen abhängig zu machen. Die maßgebliche Wertung besteht vielmehr darin, dass die Bestellung des Amtswalters die privatautonome Einschaltung ersetzt, die die gesetzlich erwähnten Besitzmittlungsverhältnisse auszeich-
226
Staudinger-Bund (2000), § 855 Rn. 24. Staudinger-Bund (2000), § 857 Rn. 13; MünchKommBGB-Joost, § 857 Rn. 8. 228 Vgl. MünchKommBGB-Joost, § 872 Rn. 4, § 857 Rn. 8; Soergel-Stadler, § 872 Rn. 3. 229 Dafür (freilich mit Ausnahmen) Staudinger-Bund (2000), § 868 Rn. 26; Soergel-Stadler, § 868 Rn. 9; Westermann-Gursky, SR, § 19 I 2; Wieling, SR I, 6 II 5; a. A. MünchKommBGBJoost, § 868 Rn. 21. 230 Dafür RGZ 98, 131, 135; Staudinger-Bund (2000), § 868 Rn. 39; MünchKommBGBJoost, § 868 Rn. 52; dagegen Westermann-Gursky, SR, § 19 I 2; Wieling, SR I, 6 II 5. 231 Staudinger-Bund (2000), § 868 Rn. 26; Soergel-Stadler, § 868 Rn. 9; Westermann-Gursky, SR, § 19 I 2. 227
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
net. In beiden Fällen sollte es nicht auf die rechtliche Wirksamkeit des Aktes ankommen. Dem Vertreter wird also wegen der seinen Willen ersetzenden Einschaltung des Amtswalters der Besitz des Amtswalters nach § 868 BGB unabhängig von seinem eigenen Willen, aber auch unabhängig von der Vertretungsmacht des Amtswalters zugerechnet. Ob man bei der Geschäftsführung ohne Auftrag die Tätigkeit im Interesse des Geschäftsherrn ebenfalls als Äquivalent für den Einschaltungswillen des Geschäftsherrn ansehen kann, braucht nicht entschieden zu werden.
III. Würdigung der Amtswalterzurechnung Die Zurechnung von Amtswalterbesitz nach § 868 BGB unterscheidet sich erheblich von den bislang betrachteten Fällen der Zurechnung von Amtswalterverhalten nach §§ 164, 166, 278 BGB. Die Besonderheit besteht in erster Linie darin, dass die Zurechnung nach § 868 BGB Besitz des Zurechnungshelfers voraussetzt. So kombiniert diese Bestimmung die beiden möglichen Rechtstechniken, mittels derer Amtswalter Wirkungen für organisierte Subjekte herbeiführen können.232 Es liegt eine Zurechnung vor. Diese Zurechnung setzt aber Amtswaltereigenhandeln voraus, das selbst unmittelbare besitzrechtliche Wirkungen für den Amtswalter äußert. Dem Vertretenen wird der Besitz nicht statt dem Vertreter zugeordnet, sondern neben dem Vertreter. Der Besitz wird dem Zurechnungsendsubjekt zudem nicht wie eigener unmittelbarer Besitz zugerechnet, sondern nur unter den mit dem mittelbaren Besitz verbundenen Einschränkungen. In dem Verhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem hat der Vertreter die stärkere Besitzposition. Eine Übereinstimmung zu den anderen Zurechnungsnormen besteht darin, dass die Zurechnung beim Vertreter kraft Amtes der Zurechnung entspricht, die auch für privatautonom eingeschaltete Gehilfen (Beauftragter, Verwahrer) gilt. Die Besonderheiten beruhen also auf dem Besitz als Zurechnungsgegenstand.
D. Ungeregelte Fälle der Zurechnung Abschließend ist auf die Zurechnung von Intellektbetätigungen zu blicken, für die es an einer ausdrücklichen Zurechnungsnorm fehlt. Es gilt zu überprüfen, ob sich auch insoweit eine Parallelität von Vertretern kraft Amtes und privatautonom eingeschalteten Hilfspersonen ergibt.
I. Keine Zurechnung im Deliktsrecht Das Gesetz kennt keine Regelung, wonach der Vertretene für Delikte eines Vertreters kraft Amtes haftet. In diesem Punkt zeigt sich ein bedeutender Unter-
232
Siehe einerseits § 6 A (S. 201 ff.) und andererseits § 6 B (S. 216 ff.).
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D. Ungeregelte Fälle der Zurechnung
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schied im Anwendungsbereich der Vertreterzurechnung gegenüber der Organzurechnung, den der Gesetzgeber beabsichtigte.233 Dieses Fehlen einer Vertreterhaftung ist nicht auf Vertreter kraft Amtes und gesetzliche Vertreter beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle privatautonom eingeschalteten Hilfspersonen. § 831 BGB bedeutet hiervon keine Abweichung. Diese Bestimmung stellt keine Zurechnung von Verschulden des Verrichtungsgehilfen dar, sondern sanktioniert eigenes Verschulden des Geschäftsherrn bei Auswahl, Anleitung, Ausrüstung oder Überwachung des Verrichtungsgehilfen.234 Eine solche Haftung des durch einen Vertreter kraft Amtes Vertretenen kommt indessen nicht in Betracht, weil ihm regelmäßig schon nicht die Aufgabe von Auswahl, Anleitung, Ausrüstung oder Überwachung des Vertreters zukommt. Jedenfalls ist der Vertreter kraft Amtes aber nicht Verrichtungsgehilfe des Vertretenen. Auswahl und Beaufsichtigung des Vertreters fallen vielfach dem Gericht zu. Als Äquivalent zu § 831 BGB ist daher an eine Staatshaftung für Fehler des Gerichts nach § 839 BGB, Art. 34 GG zu denken. Diese Haftung wird allerdings häufig Ansprüche des Vertretenen begründen, keinesfalls Ansprüche gegen ihn. Eine deliktische Haftungszurechnung besteht also bei Vertretern kraft Amtes wie bei privatautonom bestellten Hilfspersonen nicht. Die deliktische Verantwortlichkeit der Vertreter und Hilfspersonen selbst bleibt freilich unberührt.
II. Sonstige Zurechnung (insbesondere Kenntniszurechnung) § 166 Abs. 1 BGB rechnet in seiner direkten Anwendung Kenntnis oder Kennenmüssen lediglich hinsichtlich solcher bezogenen Normen zu, die die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung regeln. Darüber hinaus existieren keine Zurechnungsnormen für Kenntnis oder Kennenmüssen. Dennoch besteht vielfach ein unabweisbares Bedürfnis, Kenntnis oder Kennenmüssen außerhalb dieses engen Anwendungsbereichs von § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen. So gibt es eine Reihe von Normen, bei denen diskutiert wird, die Tatbestandsverwirklichung durch Hilfspersonen dem Geschäftsherrn zuzurechnen.235 Bedeutende Beispiele sind im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis die Bösgläubigkeit in § 990 BGB, im Bereicherungsrecht die Kenntnis vom Mangel des rechtlichen Grundes in § 819 Abs. 1 BGB wie die Kenntnis von der Nichtschuld in § 814 BGB, im Verjährungsrecht die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den einen Anspruch begründenden Voraussetzungen, an die nunmehr § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist knüpft, während die entsprechende Kenntnis nach altem Recht lediglich für den Verjährungsbeginn von deliktischen Ansprüchen (§ 852 Abs. 1 BGB a. F.) maßgeblich war, ferner im Nachbarrecht Vorsatz oder Fahrlässigkeit hinsichtlich des Überbaus in § 912 BGB.
233
Mot. II, 31 Fn. 1. Vgl. Staudinger-Belling/Eberl-Borges (2002), § 831 Rn. 5; Bork, AT, Rn. 1301; Buck, Wissen, 186. 235 Überblicke finden sich bei Baum, Wissenszurechnung, 33 f.; Buck, Wissen, 172 ff.; Medicus, Karlsruher Forum 1994, 4 f.; Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 9 ff., 21 f. 234
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
Es ist allerdings keinesfalls eindeutig, die in den einzelnen Fällen zuzurechnenden Tatbestandsmerkmale als Wissen zu qualifizieren. Alternativ kommt in Betracht, die Tatbestände so auszulegen, dass sie an Verschulden innerhalb einer Sonderverbindung oder an deliktisches Verhalten anknüpfen. Für die Zurechnung ist dann nicht auf § 166 BGB, sondern auf § 278 BGB oder unter Hinweis auf § 831 BGB allein auf das Verhalten des Geschäftsherrn abzustellen. Sehr umstritten ist etwa, wie das Zurechnungsproblem innerhalb von § 912 BGB zu qualifizieren ist. Das Problem der Zurechnung von Vorsatz oder Fahrlässigkeit im Sinne dieser Bestimmung wird zum Teil als Problem der Wissenszurechnung, also als Problem der Kenntnis oder des Kennenmüssens vom Überbau eingestuft.236 Namentlich der BGH hat hier die Kenntnis von Architekten, nicht aber die von Bauunternehmern oder deren Gehilfen dem Bauherrn über § 166 Abs. 1 BGB zugerechnet.237 Es wird aber auch auf § 278 BGB abgestellt, weil der Überbau eine Pflichtverletzung in dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis darstelle, das die Grundstücksnachbarn als Sonderbeziehung verbinde.238 Schließlich wird aber auch eine deliktische Lösung über § 831 BGB befürwortet, weil § 912 BGB einen Spezialfall der Eigentumsbeeinträchtigung (§ 823 Abs. 1 BGB) regele.239 Die Erörterung der Zurechnung konzentriert sich regelmäßig auf die privatautonom eingeschalteten Hilfspersonen und vernachlässigt die Vertreter kraft Amtes, von denen meist mit Vormund und Betreuer überhaupt nur diejenigen Erwähnung finden, die wie die Eltern nicht geschäftsfähige Menschen vertreten. Für diese Vertreter wird eine Zurechnung in den angesprochenen Fällen überwiegend ohne weitere Erörterung bejaht.240 Der Schwerpunkt der Analyse wird dann auf die Frage gelegt, ob eine Tatbestandsverwirklichung durch den nicht Geschäftsfähigen selbst ebenfalls Wirkungen auslöst.241 Für eine eingehende Erörterung der speziellen Zurechnungsfragen einzelner Normen ist hier kein Raum. Stets ist es allerdings angezeigt, wie in den sonstigen Fällen auf die Vertreter kraft Amtes die Grundsätze anzuwenden, die auch für die privatautonom eingeschalteten Hilfspersonen gelten.242 Die Ergebnisse im Einzelfall werden freilich maßgeblich davon bestimmt, wie man das hinsichtlich der Zurechnung in Rede stehende Merkmal qualifiziert. Folgende allgemeine Aussagen lassen sich treffen:
236
Buck, Wissen, 189 f.; Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 22. BGHZ 42, 63, 69; BGH NJW 1977, 735; zust. OLG Köln NJW-RR 2003, 376 f. 238 MünchKommBGB-Säcker, § 912 Rn. 20; Westermann-Westermann, SR, § 63 I 3. 239 Soergel-Baur, § 912 Rn. 9; Medicus, Karlsruher Forum, 4, 9; Staudinger-Roth (2002), § 912 Rn. 27; Wetzel, Zurechnung, 152 ff. 240 Staudinger-Gursky (1999), § 990 Rn. 38; MünchKommBGB-Lieb, § 818 Rn. 7; Staudinger-Peters (2004), § 199 Rn. 43; Schilken, Wissenszurechnung, 287, 295. – Zu § 912 BGB fehlt es in der Kommentarliteratur an einer Stellungnahme zu gesetzlichen Vertretern. 241 BGHZ 55, 128, 135 ff.; KG NJW 1998, 2911 zu § 819 BGB. 242 So lässt sich auch Schilken, Wissenszurechnung, 287, verstehen, wenn er in Anknüpfung an die Grundsätze, die er zur vom Geschäftsherrn eingeschalteten Hilfsperson entwickelt hat, darauf abstellt, dass dem Vertreter die Gesamtverantwortung für den nicht Geschäftsfähigen übertragen ist. 237
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D. Ungeregelte Fälle der Zurechnung
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1. Deliktische Tatbestände Kommt man im Einzelfall zur Einordnung einer Bestimmung als deliktischer Tatbestand, so muss man auch die entsprechenden Konsequenzen für die Zurechnung ziehen. Es fehlt dann für eine Zurechnung von Verhalten von Vertretern kraft Amtes an einer Grundlage. Auch eine Anwendung von § 831 BGB scheidet aus den genannten Gründen aus.243 Die rechtliche Folge mag dann im Einzelfall eine Rechtsschutzlücke sein. Diese Lücke verantwortet aber entweder das Fehlen einer deliktischen Zurechnungsnorm oder die fehlerhafte Qualifikation der betroffenen Einzelnorm als Deliktsnorm244. 2. Verschuldenszurechnung Ordnet man ein Tatbestandsmerkmal einer Norm als Verschulden innerhalb einer Sonderbeziehung ein, so sind §§ 276, 278 BGB einschlägig. Daraus folgt zunächst, dass das Verschulden des Geschäftsherrn selbst stets beachtlich ist; es bleibt freilich zu prüfen, ob der Geschäftsherr nach §§ 827 f., 276 Abs. 1 S. 2 BGB überhaupt verschuldensfähig ist. Ferner ist dem Geschäftsherrn Verschulden seines Vertreters kraft Amtes gem. § 278 S. 1 Fall 1 BGB nach den ausgeführten Grundsätzen zuzurechnen.245 3. Wissenszurechnung Die Wissenszurechnung analog § 166 Abs. 1 BGB kann besondere Schwierigkeiten aufwerfen. Drei verschiedene Probleme sind zu unterscheiden. a) Relevantes Vertreterwissen Die erste Frage besteht darin, unter welchen Voraussetzungen Kenntnis oder Kennenmüssen des Vertreters kraft Amtes zugerechnet werden kann. Für Hilfspersonen wird verlangt, dass sie erstens beauftragt sein müssen, in dem betroffenen Bereich Aufgaben für den Geschäftsherrn wahrzunehmen und dass zweitens ihre Stellung mit einer gewissen – in Einzelheiten freilich umstrittenen –246 Selbstständigkeit ausgestattet sein muss. So wird im Rahmen von § 199 BGB die Kenntnis von solchen Hilfspersonen zugerechnet, die selbst für verjährungsunterbrechende Maßnahmen sorgen können.247 Im Rahmen von §§ 990, 819 Abs. 1 BGB wird die Kenntnis derjenigen zugerechnet, die die Sache oder das Erlangte für den Geschäftsherrn in Empfang nehmen, entweder wenn ihnen eine eigene
243
Siehe D I (S. 256). Vgl. zu der Rechtsfolgenbetrachtung als Argument gegen die Qualifizierung einer Bestimmung als deliktische Norm Buck, Wissen, 187. 245 Dazu B (S. 241 ff.). 246 Baum, Wissenszurechnung, 85 ff.; Buck, Wissen, 158 ff.; Schilken, Wissenszurechnung, 223 ff., alle m. w. Nachw. 247 BGH NJW 1989, 2323; 1968, 988; MünchKommBGB-Grothe, § 199 Rn. 31; StaudingerPeters (2004), § 199 Rn. 43. 244
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
Entscheidungsmöglichkeit über die Empfangnahme zusteht248 oder wenn sie eigene Prüfungskompetenzen hinsichtlich der Berechtigung haben249. Um aus diesen Grundsätzen über Hilfspersonen Rückschlüsse für die Vertreter kraft Amtes zu gewinnen, braucht nicht näher auf den insoweit bestehenden Streit über das für eine Hilfsperson notwendige Maß an Eigenständigkeit eingegangen zu werden. Denn die einem Vertreter kraft Amtes eingeräumte Stellung ist stets mit so weitreichenden Befugnissen ausgestattet, dass sie den an die Selbstständigkeit der Hilfsperson gestellten Anforderungen genügt. Eine Zurechnung von Wissen der Vertreter kraft Amtes ist daher im Ergebnis immer möglich, sobald das von der Kenntnis beeinflusste Rechtsverhältnis in den Aufgabenbereich des Vertreters fällt. Folglich ist eine Wissenszurechnung bei den umfassend berufenen Ämtern wie Vormund oder Betreuer stets möglich, während bei anderen Vertretern wie den WEG-Verwaltern auf den konkreten Aufgabenbereich abzustellen ist. So hat der BGH zutreffend die Zurechnung von Wissen des WEG-Verwalters zu einem Wohnungseigentümer verneint, soweit die Veräußerung der Wohnung dieses Eigentümers in Rede stand, weil in diesem Rechtsverhältnis des Eigentümers zu seinem Vertragspartner der WEG-Verwalter keine Aufgaben für den Eigentümer erfüllte.250 b) Relevantes Vertretenenwissen Die zweite Frage geht dahin, welche Voraussetzungen insbesondere die nicht geschäftsfähigen Vertretenen erfüllen müssen, damit ihre eigene Kenntnis in einem der betroffenen Fälle relevant sein kann. Diese Frage kann nur anhand der einzelnen Normen beantwortet werden. Es bietet sich an, insoweit auf die konkrete Verständnisfähigkeit abzustellen, die jeweils für die einzelne Norm maßgeblichen Umstände zu erfassen.251 Dieses Korrektiv ähnelt der für die Verschuldensfähigkeit von § 828 Abs. 3 BGB geforderten Einsichtsfähigkeit, auf die vielfach ausschließlich abgestellt wird.252 Schließlich können in vertraglichen Schuldverhältnissen die Wertungen der Regelungen über die Geschäftsfähigkeit einer Beachtlichkeit der eigenen Kenntnis entgegenstehen.253 c) Abgrenzung der Verantwortungsbereiche Wissen von Vertreter und Vertretenem verwirklichen nicht jeden Tatbestand gleichermaßen. Die Analyse des sog. Negativgrundsatzes von § 166 Abs. 1 BGB hat gezeigt, dass einmal auf den einen, einmal auf den anderen abzustellen sein kann. Es ist eine Antwort auf die dritte Frage zu finden, wann auf die Kenntnis des Vertreters, wann auf die des Vertretenen und wann auf die Kenntnis beider abzustel248
Staudinger-Gursky (1999), § 990 Rn. 48. Schilken, Wissenszurechnung, 281 f., 298. 250 BGH NJW 2003, 589, 590. 251 So insbesondere Schilken, Wissenszurechnung, 288 ff., 296. 252 BGHZ 55, 128, 135 ff.; Staudinger-Gursky (1999), § 990 Rn. 39. 253 Staudinger-Gursky (1999), § 990 Rn. 39; MünchKommBGB-Lieb, 818 Rn. 7; StaudingerLorenz (1999), § 819 Rn. 10. 249
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D. Ungeregelte Fälle der Zurechnung
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len ist. Soweit Stellungnahmen zu diesem Problem zu finden sind, gehen sie regelmäßig dahin, dass auf den Handelnden abgestellt wird. Nur wenn der Vertretene der Handelnde ist, ihm selbst aber eigene Kenntnis nicht angerechnet werden kann, sei auch auf den Vertreter abzustellen.254 Als allgemeiner Grundsatz ist dieser Ansatz jedoch deswegen nur bedingt tauglich, weil nicht alle Tatbestände an ein Verhalten anknüpfen, bei dem die Kenntnis vorliegen muss. Eine Lösung muss zwischen handlungsunabhängigen und handlungsabhängigen Tatbeständen unterscheiden.255 Handlungsunabhängige Tatbestände finden sich etwa in § 199 BGB, der allein die Kenntnis von den Anspruch begründenden Umständen verlangt. Aber auch auf §§ 990 Abs. 1 S. 2, 818 Abs. 1 Fall 2 BGB ist zu verweisen. In diesen Bestimmungen wird nämlich nicht nur auf das Wissen bei Übernahme der Sache oder des Erlangten abgestellt, sondern auch auf später erlangtes Wissen. § 990 Abs. 1 BGB differenziert dahingehend, dass nach Inbesitznahme der Sache (handlungsunabhängig) nur noch Kenntnis von der Nichtberechtigung, bei Inbesitznahme (handlungsabhängig) auch grob fahrlässige Unkenntnis (§ 932 Abs. 2 BGB) relevant ist. In den Fällen der handlungsunabhängigen Tatbestände muss Wissen von Vertreter und Vertretenem gleichermaßen relevant sein. Denn der Negativgrundsatz in § 166 Abs. 1 BGB erklärt sich nur daraus, dass dort an den Handelnden, nämlich an den die Willenserklärung abgebenden Vertreter, angeknüpft wird. Bei handlungsabhängigen Tatbeständen verlangt die tatbestandlich vorausgesetzte Verknüpfung von Handlung und Wissen, in der Regel Positiv- und Negativgrundsatz von § 166 Abs. 1 BGB anzuwenden.256 Daher ist Wissen des handelnden Vertreters kraft Amtes ohne weiteres zuzurechnen, während bei Unkenntnis des Vertreters relevantes Wissen des Vertretenen nur entsprechend den Voraussetzungen von § 166 Abs. 2 BGB zuzurechnen ist. Handelt der Vertretene selbst, so ist auf ihn abzustellen. Auch wenn der Vertretene nicht in der Lage ist, relevantes Wissen zu bilden, kann nicht ohne weiteres auf den untätigen Vertreter abgestellt werden.257 Eine Zurechnung des unbeteiligten Vertreters ist nur möglich, wenn normativ sich eine Ausnahme vom Negativgrundsatz begründen lässt.258
III. Zurechnungsäquivalente Auslegung (insbesondere Realakte) Auch für Realakte kann sich die Frage der Zurechnung von Vertreterhandeln stellen. Realakte werden üblicherweise in drei Gruppen geteilt:259 in die Gruppe von Realakten ohne finale Bezogenheit des Handelns auf den rechtlichen Erfolg, in die Gruppe der Realakte des willentlichen Besitzerwerbs und -verlusts und in die Gruppe der Realakte mit Verselbstständigung des Willensmoments. Die Fälle 254
Schilken, Wissenszurechnung, 298; vgl. auch MünchKommBGB-Lieb, 818 Rn. 7. Baum, Wissenszurechnung, 33 f. 256 Staudinger-Lorenz (1999), § 819 Rn. 9 257 So aber Schilken, Wissenszurechnung, 298. 258 Zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts allein durch den beschränkt Geschäftsfähigen A II 2 (S. 238). 259 Flume, Rechtsgeschäft, § 9 2 a; ihm folgend Siedler, Zurechnung, 18 ff. 255
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§ 7: Vertreter kraft Amtes
der zweiten Gruppe sind bereits im Zuge der Besitzzurechnung behandelt worden. Die Zurechnungsprobleme in Fällen der letzten Gruppe lassen sich lösen, wenn man § 164 BGB jedenfalls auf das Willensmoment anwendet.260 Denn diese Realakte stehen den geschäftsähnlichen Handlungen, bei denen die Anwendung von § 164 BGB anerkannt ist,261 sehr nahe.262 Besondere Probleme ergeben sich bei den Fällen der ersten Fallgruppe. Zu denken ist hier an Realakte wie Verarbeitung (§ 950 BGB), Fund (§ 984 BGB) oder Verwendungen (§ 994 BGB), bei denen allein eine Handlung als solche unabhängig von irgendeinem Willen des Handelnden eine Rechtsfolge auslöst. Eine allgemeine Zurechnungsregelung für diese Rechtstatsachen existiert zwar nicht. Sie ist weder im Gesetz geregelt noch lässt sich in allgemeingültiger Form eine solche bestimmen.263 Es können aber in allen Fällen dieser Realakte besondere Organisationsformen bestehen, die es rechtfertigen, die Tatbestandsverwirklichung demjenigen, für den die Organisation errichtet ist, zuzurechnen.264 Für die Entdeckung lässt sich etwa auf den abstellen, der eine Organisation für die Auffindung planmäßig einrichtet.265 Beim Verwender kommt eine Zuordnung in Betracht, wenn er neben dem Vermögensopfer eine bestimmte Steuerungsmöglichkeit hinsichtlich des tatsächlichen Verwendungsvorgangs hat.266 Für die Vertreter kraft Amtes ist zu überlegen, ob diese organisatorischen Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind. Das Amt bildet dafür einen ausreichenden objektiven Rahmen. Maßgeblich sind allerdings die Umstände des Einzelfalls und die Voraussetzungen des einzelnen Tatbestandsmerkmals. Rechtstechnisch wird es sich in vielen Fällen eher um eine zurechnungsäquivalente Auslegung als um eine echte Fremdzurechnung handeln.267
E. Fazit Will man zusammenfassend das Handeln von Vertretern kraft Amtes einheitlich beschreiben, so lässt sich zwar nicht eine einheitliche Zurechnungsart feststellen. Alle Fälle des Vertreterhandelns eint aber die Parallele zu vom Vertretenen privatautonom eingeschalteten Hilfspersonen. Für dieses Gehilfenhandeln lassen
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Ausführlich Siedler, Zurechnung, 209 ff. Vgl. nur Bork, AT, Rn. 421. 262 So ist etwa für Wohnsitzbegründung und -aufgabe umstritten, ob es sich um rechtsgeschäftsähnliche Handlungen oder Realakte handelt, dazu BGHZ 7, 104, 108; ausführlich Siedler, Zurechnung, 21 ff. 263 Ausführlich Siedler, Zurechnung, 29 ff. 264 Zur Verarbeitung § 6 A I 3 b (S. 207). 265 Soergel-Henssler, § 984 Rn. 7; Siedler, Zurechnung, 118 ff.; MünchKommBGB-Quack, § 984 Rn. 3. – Im Fall des sog. Lübecker Schatzfundes sah allerdings der BGH den Baggerführer als Entdecker eines zufällig gefundenen Schatzes an, nicht den Bauunternehmer oder den Bauherrn, siehe BGHZ 103, 101, 107; abweichend, auf den Organisationsträger abstellend, Quack, ebd. 266 Vgl. BGHZ 51, 250, 252; 34, 122, 131 einerseits; MünchKommBGB-Medicus, § 994 Rn. 28, Siedler, Zurechnung, 108 ff. m. w. Nachw. andererseits. 267 Siehe § 6 A I 3 b (S. 207). 261
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E. Fazit
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sich folgende Grundsätze hinsichtlich Anwendungsbereich, Voraussetzungen und Gegenstand sowie Zurechnungsart formulieren: Der Gehilfe (Vertreter) kann für den Geschäftsherrn (Vertretener) grundsätzlich alle Intellektbetätigungen verwirklichen. Zu nennen sind insbesondere die Zurechnung von Willenserklärungen (§ 164 BGB), von Wissen (§ 166 BGB), von schuldhaften Pflichtverletzungen in Sonderverbindungen (§ 278 BGB) wie die Besitzzurechnung (§ 868 BGB). Eine Ausnahme besteht im Deliktsrecht. Der Geschäftsherr muss deliktisch nicht für Fehlverhalten des Gehilfen einstehen. Voraussetzung ist, dass das Amt dafür eingerichtet ist, in dem betroffenen Bereich die Intellektbetätigung für den Geschäftsherrn wahrzunehmen. Danach richten sich zum einen die Vertretungsmacht, von der die Zurechnung von Willenserklärungen abhängt, und zum anderen die Reichweite der Einschaltung, die die Zurechnung von schuldhaften Pflichtverletzungen und Kenntnis begründet. In diesem Rahmen kann dem Geschäftsherrn das Gehilfenhandeln zugerechnet werden. Das typische Problem der Gehilfenzurechnung besteht darin, dass der Geschäftsherr neben dem Gehilfen handlungsfähig sein kann. Im Einzelfall kann das Gehilfenverhalten das Geschäftsherrnverhalten verdrängen, wie umgekehrt das Geschäftsherrnverhalten das des Gehilfen unbeachtlich machen kann. Dieser sog. Negativgrundsatz kann insbesondere in Bezug auf Wissen greifen (§ 166 Abs. 1 BGB). Die Art der Zurechnung lässt sich meist als Repräsentation durch den Vertreter beschreiben. Der Amtswalter verwirklicht die zuzurechnende Rechtstatsache. Diese dem Zurechnungsendsubjekt fremde Intellektbetätigung wird ihm wie eigenes Verhalten zugeordnet. Die Zurechnung des Amtswalterverhaltens zum Zurechnungsendsubjekt erfolgt durch das Amt.268 Dadurch wird die spezifische Rechtsmacht des Amtswalters zum Ausdruck gebracht. Ausnahmen gelten im Besitzrecht und im Recht der nicht finalen Rechtshandlungen.
§ 8: Organwalter kraft Amtes Das Problem, wie Handeln von Organwaltern der juristischen Person zugerechnet wird, hat nicht nur Bedeutung, um die Zurechnungsfunktion dieser Gruppe von Ämtern zu erfassen. Dieses Thema ist vielmehr mit der Erfassung des Wesens der juristischen Person selbst verknüpft, weil die Organe ihr Bestandteil sind. Im Folgenden soll zunächst der Meinungsstand mit seinen historischen Wurzeln skizziert werden (unter A.), um dann zu den für diese Arbeit relevanten Problemen Stellung zu nehmen (unter B.).
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Vgl. § 6 A II 3 (S. 268).
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§ 8: Organwalter kraft Amtes
A. Überblick über den Meinungsstand Der Meinungsstand wird geprägt durch die in ihrer Rezeption immer weiter zugespitzte Auseinandersetzung zwischen Friedrich Carl von Savigny und Otto von Gierke.269 Von Savigny steht als Vertreter der romanistischen Vertretertheorie dafür, die Organwalter als gesetzliche Vertreter der handlungsunfähigen juristischen Person einzuordnen,270 v. Gierke als Vertreter der germanischen Organtheorie dafür, das Verhalten der Organe als Eigenhandeln der durch die Organe handlungsfähigen juristischen Person anzusehen.271
I. Historische Wurzeln Die Wurzeln der Auseinadersetzung stammen also aus einer Zeit, in der es an einer reichseinheitlichen Regelung über die juristische Person fehlte. Insbesondere die Fragen, wie eine juristische Person Rechtsfähigkeit erlangt und ob sie für Delikte eines ihrer Organe haftet, waren ungeregelt und streitig.272 Von Savigny vertrat die sog. Fiktionstheorie. Nach dieser kommt einer Personenvereinigung nicht wie einem Menschen a priori Rechtsfähigkeit zu, sondern es bedarf der Verleihung von Rechtsfähigkeit durch einen staatlichen Publizitätsakt. In gleicher Weise hielt v. Savigny auch die Vermittlung von Handlungsfähigkeit für die a priori handlungsunfähige juristische Person für notwendig.273 Die juristische Person entspreche insoweit einem geschäftsunfähigen Menschen. Als Institut, das die Handlungsfähigkeit zur Teilnahme am Rechtsverkehr herstellen kann, bestimmte v. Savigny in Parallele zu handlungsunfähigen Menschen die gesetzliche Stellvertretung. Von diesem Ausgangspunkt her verneinte er die Deliktsfähigkeit der juristischen Person mangels Schuldfähigkeit.274 Andere Anhänger der Vertretertheorie sprachen sich allerdings für eine deliktische Haftung der juristischen Person aus. Sie sahen dafür von der Handlungsunfähigkeit der juristischen Person ab und erklärten die Gerechtigkeitserwägung für maßgeblich, dass die juristische Person auch die nachteiligen Folgen der Handlungen ihrer Organe tragen solle, wenn sie von den Vorteilen profitiere.275 Gierke begriff die juristische Person nicht nur soziologisch als soziale Realität, sondern auch juristisch als reale Verbandsperson. Die Verbandsperson sei als sozialer Organismus ohne weiteres existent. Zwar bedürfe sie zur Rechtsfähigkeit einer gesetzlichen Regelung. Diese Regelung stelle aber nur eine Verrechtlichung des existenten Organismus dar, dem der Gesetzgeber die Rechtsfähigkeit grund269 Vgl. Flume, juristische Person, § 1 I 2, K. Schmidt, Verbandstheorie, 15 ff., die v. Gierke bzw. v. Savigny gegen die verfremdeten Darstellungen ihrer jeweiligen Theorien verteidigen; ferner Kleindiek, Deliktshaftung, 151 ff. 270 V. Savigny, System II, 1840, 282 ff. 271 V. Gierke, Genossenschaftstheorie, 603 ff.; ders., Privatrecht I, 518 f. 272 Vgl. etwa zur Deliktshaftung Windscheid, Lehrbuch, § 59. 273 V. Savigny begründet seine Lehre in System II, 242 ff., insbesondere 282 ff. Zur Kritik an der Rezeption v. Savignys vgl. Flume, juristische Person, § 1 I 2; Kleindiek, Deliktshaftung, 152 f.; K. Schmidt, GesR, § 8 II 4. 274 V. Savigny, System II, 317. 275 Windscheid, Lehrbuch, § 59.
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A. Überblick über den Meinungsstand
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sätzlich nicht versagen dürfe.276 An das Vorhandensein des sozialen Organismus knüpfte Gierke auch an, um die Handlungsfähigkeit der Verbandsperson zu erklären.277 Die Willens- und Handlungsfähigkeit sei der Verbandsperson gegeben. Rechtliche Regelungen sorgten nur für die rechtliche Anerkennung dieser Fähigkeiten.278 Auf dieser Grundlage war die Deliktsfähigkeit der Verbandsperson unproblematisch zu bejahen.
II. Entwicklung unter dem BGB Der Gesetzgeber des BGB hat sich einer Stellungnahme zur Erklärung des Organhandelns im Gesetz enthalten und wollte ausweislich der Gesetzesbegründung die Klärung dieser Fragen der Wissenschaft überlassen.279 Er konnte sich aber nicht jeglicher Regelung enthalten und hat Sachfragen geklärt. So hat er einerseits mit der Zurechnungsnorm in § 31 BGB die Haftung des Vereins, aber auch anderer juristischer Personen, auf die diese Norm ebenfalls anzuwenden ist, für unerlaubte Handlungen vorgesehen.280 Andererseits hat er für das rechtsgeschäftliche Handeln der juristischen Person durch die Leitungsorgane etwa in §§ 26 Abs. 2 BGB, 78 AktG, 35, 36 GmbHG, 26 GenG auf die Regelungen der gesetzlichen Vertretung verwiesen. Auf dieser Grundlage hat der Streit zwischen Organ- und Vertretertheorie bis heute überlebt. Exemplarisch lässt sich auf die Lehrbücher von Werner Flume für die Vertretertheorie281 und von Karsten Schmidt für die mittlerweile als herrschend bezeichnete282 Organtheorie283 verweisen. Der Gegenstand dieser Auseinandersetzung und ihre Auswirkungen haben sich freilich verändert. Ein bloßes Gedankenspiel ist die Beschäftigung mit dieser Problematik nicht.284 Der Gesetzgeber hat einige Probleme wie die Organzurechnung von Besitz oder Wissen nicht einmal ansatzweise geregelt. Auch wenn diese Probleme nicht durch bloßen Rückgriff auf eine Theorie, sondern nur unter Analyse der betroffenen Interessen gelöst werden können, kann allein eine Stellungnahme zu dem hier angesprochenen Theorienstreit dem gerade bei Zurechnungsfragen häufig anzutreffenden Legitimationsanliegen genügen285, das nicht nur bei ungeregelten, sondern auch bei
276 Grundlegend v. Gierke, Genossenschaftstheorie, 22; ders., Wesen, 6; ders., Privatrecht I, 58 ff., 487. 277 V. Gierke, Genossenschaftstheorie, 603 ff.; ders., Privatrecht I, 518. 278 V. Gierke, Genossenschaftstheorie, 609. 279 Prot. I zu § 46 (§ 44 I), 1023; Jakobs/Schubert I, 327; anders noch Mot. I zu § 46 (44) E, 94. 280 Zur Anwendbarkeit von § 31 BGB auf andere Organisationen Kleindiek, Deliktshaftung, 262 ff. 281 Flume, juristische Person, § 11 I; ferner v. Tuhr, AT I, § 32 II. 282 Vgl. nur Bork, AT, Rn. 204, 1433; Beuthien, Festschrift Zöllner, 87, 91, beide m. w. Nachw. 283 K. Schmidt, GesR, § 10; ferner Beuthien, Festschrift Zöllner, 87, 92 ff.; ders. NJW 1999, 1142 ff.; Soergel-Hadding, § 26 Rn. 2; Wiedemann, GesR I, § 4 II 3. 284 Vgl. etwa auch die Stellungnahme von K. Schmidt, GesR, § 10 I 2 b, gegen v. Tuhr, AT I, § 32 II. 285 So wiederum K. Schmidt, GesR, § 10 IV 3.
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§ 8: Organwalter kraft Amtes
geregelten Fragen besteht. An folgenden Beispielen lässt sich diese Problematik illustrieren: 1. Besitzzurechnung Das Problem, wie tatsächliche Gewalt über eine Sache, die ein Organwalter für die juristische Person ausübt, dieser Person als Besitz zuzurechnen ist, ist geklärt. Wie bei der Zurechnung deliktischen Verhaltens nach § 31 BGB ist eine besondere, von der Zurechnung bei Vertretern abweichende spezifische Organzurechnung anzunehmen. Sie hat zum Inhalt, dass die juristische Person unmittelbarer Besitzer wird, während der Organwalter keinerlei Besitzposition innehat.286 Diese Einordnung ist von Bedeutung dafür, dass die juristische Person hinsichtlich aller Besitzfunktionen selbst Zurechnungssubjekt des unmittelbaren Besitzes ist. Sie kann durch ihre Organe im eigenen Namen alle Besitzschutzrechte geltend machen. Aufgrund ihres eigenen Besitzes vermutet § 1006 Abs. 1, 2 BGB ihr Eigentum. Die juristische Person genießt auch den besonderen Schutz über § 935 BGB bei Besitzverlust. So liegt ein unfreiwilliger Besitzverlust und damit ein Abhandenkommen i. S. § 935 BGB vor, wenn die juristische Person ihren Besitz durch Unterschlagung des Organwalters oder durch Beendigung seines Amtes (mit seinem Tod oder mit sonstigem Ablauf der Amtszeit) verliert.287 Gegen dieses Ergebnis wird zwar eingewendet, dass bei Beendigung der Amtsstellung das Ende des Besitzes Folge einer Veränderung der inneren Struktur der juristischen Person und damit ihrer Herrschaftsmöglichkeit sei, so dass eine Behandlung als unfreiwillig ausscheide.288 Für § 935 BGB ist aber maßgeblich, dass es an einem zurechenbaren Akt der Besitzaufgabe fehlt. Den Unterschied macht ein Vergleich zur verbotenen Eigenmacht nach § 858 BGB deutlich, die einen Besitzverlust gegen den Willen des Besitzers verlangt, was in diesen Fällen nicht gegeben ist. Diese Rechtsfigur des Organbesitzes wird sowohl von Anhängern der Vertreter- als auch von denen der Organtheorie für richtig gehalten.289 Der Vertretertheorie fällt eine Begründung hierfür allerdings nicht leicht. Gerade historisch lässt sich beobachten, dass der Besitz der juristischen Person zunächst damit begründet wurde, die Organe seien Besitzdiener.290 Für die Vertreter der Organtheorie bedeutet die Figur des Organbesitzes ein Beispiel, um die Überlegenheit der Organtheorie zu demonstrieren. Diese Theorie legitimiert diese Rechtsfigur ohne weiteres.
286 BGHZ 56, 73, 77; 57, 166, 167 f.; Staudinger-Bund (2000), § 854 Rn. 59; Flume, Freundesgabe Hengeler, 76; Westermann-Gursky, SR, § 20 II; K. Schmidt, GesR, § 10 III; SoergelStadler, § 854 Rn. 14; in der Begründung für eine Rechtsfolgenzurechnung MünchKommBGBJoost, § 854 Rn. 17 f. im Anschluss an Kuchinke, Festschrift Paulick, 45, 47. 287 K. Schmidt, GesR, § 20 III 2. 288 Westermann-Gursky, SR, § 20 II 2. 289 Flume, Freundesgabe Hengeler, 76; K. Schmidt, GesR, § 10 III; vgl. bereits v. Savigny, System II, 290 ff. 290 Heck, SR, § 18 V; vgl. auch Wolff/Raiser, § 5 I Fn. 1.
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A. Überblick über den Meinungsstand
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2. Schuldhafte Pflichtverletzung innerhalb von Sonderverbindungen Stellt sich das Verhalten eines Organwalters als schuldhafte Verletzung einer für eine juristische Person bestehenden Pflicht dar, so besteht kein Zweifel darüber, dass diese Pflichtverletzung der juristischen Person zugerechnet werden muss. Dieses Ergebnis wird unterschiedlich begründet: Zum Teil wird § 278 BGB,291 mehrheitlich aber § 31 BGB angewendet292. Diese Begründungen kommen nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen.293 Denn die Frage, ob die juristische Person durch Vereinbarung mit dem Vertragspartner die Haftung für ihre Organe nach dem Modell von § 276 Abs. 3 BGB lediglich für Fahrlässigkeit ausschließen kann oder entsprechend § 278 S. 2 BGB auch für Vorsatz, kann nicht allein unter Hinweis auf § 278 BGB oder §§ 31, 276 BGB beantwortet werden.294 Die Begründungen stellen sich als Ausdruck der jeweiligen Theorie dar, je nachdem ob § 278 BGB herangezogen wird (Vertretertheorie)295 oder auf § 31 BGB abgestellt wird (Organtheorie). Diese Kontroverse ist also ein Beispiel dafür, dass sich die unterschiedliche Legitimation der Zurechnung auch in der Anwendung unterschiedlicher Bestimmungen des BGB widerspiegelt. 3. Wissenszurechnung Auch die Diskussion über die Wissenszurechnung von Organwaltern wird stark von der Auseinandersetzung zwischen Organ- und Vertretertheorie geprägt.296 Lange Zeit beherrschte die Theorie der absoluten Wissenszurechnung die Thesen zur Reichweite der Organzurechnung. Danach soll privat wie geschäftlich erlangtes Wissen eines jeden Organwalters – gleich ob er selbst handelt oder gar bereits ausgeschieden ist – als Wissen der juristischen Person für diese beachtlich sein.297 Die Theorie der absoluten Wissenszurechnung wird regelmäßig unter Berufung auf die Organtheorie dogmatisch abgesichert,298 aber auch unter Hinweis auf deren Verfehltheit bekämpft299. Die Organtheorie wird dabei nicht nur zur Be291
Flume, juristische Person, § 11 III 5; Medicus, SchR I, Rn. 323; v. Tuhr, AT I, § 37 VIII
Fn. 87. 292 Bork, AT, Rn. 213; MünchKommBGB-Grundmann, § 278 Rn. 10; Soergel-Hadding, § 31 Rn. 6 f.; Hirte, KapitalgesR, Rn. 3.310; MünchKommBGB-Reuter, § 31 Rn. 31; K. Schmidt, GesR, § 10 IV 3; vgl. auch BGH NJW 1973, 456, 457. 293 Kleindiek, Deliktshaftung, 276. 294 So befürwortet Medicus, SchR I, Rn. 323, § 278 S. 2 BGB nicht anzuwenden, während MünchKommBGB-Reuter, § 31 Rn. 31, die Ausdehnung von § 278 S. 2 BGB auch auf den § 31 BGB fordert; vgl. ferner Flume, juristische Person, § 11 III 5. 295 Soweit Medicus, SchR I, Rn. 323, § 31 BGB ablehnt, weil dieser eine zum Schadensersatz verpflichtende Handlung verlange, die das Organ aber nicht begehe, weil es keine eigene Pflicht, sondern die der juristischen Person verletze, so überzeugt das bei vergleichender Betrachtung des § 278 BGB nicht. Denn auch für diese Bestimmung ist, da Verschulden eine Pflichtverletzung logisch voraussetzt, danach zu fragen, ob die Handlung als solche des Geschäftsherrn eine Pflichtverletzung darstellt, dazu § 7 B I (S. 242), so auch Medicus selbst, SchR I, Rn. 334. 296 Eine aktuelle Darstellung der Diskussion findet sich bei Baum, Wissenszurechnung, 317 ff. 297 Ausführlich Buck, Wissen, 208 ff. 298 Vgl. BGHZ 109, 327, 330 f.; KölnKomm-Mertens, § 76 Rn. 14; Richardi, AcP 169 (1969), 385, 388 f.; K. Schmidt, GesR, § 10 V 2. 299 Baumann, ZGR 1973, 284, 288 ff.; Flume, juristische Person, § 11 IV; ders., JZ 1990, 550; Grunewald, Festschrift Beusch, 301, 303.
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antwortung der Frage herangezogen, nach welchem Modus das Wissen des handelnden Organwalters zugerechnet werden kann, sondern auch zur Erklärung des Umfangs der Zurechnung. Die Zurechnung des Wissens aller amtierenden Organwalter wird damit begründet, dass die juristische Person durch alle ihre Organwalter selbst handele, ohne dass es der Heranziehung von § 166 Abs. 1 BGB bedürfe. Die juristische Person nehme die Willenserklärung also selbst vor und ihr eigenes Wissen sei maßgeblich, gleich ob dieses Wissen auf einer Zurechnung von dem auch die Willenserklärung abgebenden Organwalter oder auf dem Wissen eines anderen Organwalters beruhe.300 Die Zurechnung von Wissen, das bereits ausgeschiedene Organwalter während ihrer Amtszeit besaßen, wird damit begründet, dass die juristische Person einmal erlangtes Wissen nicht wieder vergessen könne.301 Auch wenn eine Verbindung von Organtheorie und Theorie der absoluten Wissenszurechnung nicht zu leugnen ist, ist zu bedenken, dass die Theorie der absoluten Wissenszurechnung nicht notwendige Folge der Organtheorie ist.302 Auf Grundlage der Vertretertheorie wird vielfach auf § 166 BGB303, aber auch auf § 28 Abs. 2 BGB304 abgestellt.305 Der juristischen Person ist danach zunächst nur das Wissen des handelnden Organwalters zuzurechnen (§ 166 Abs. 1 BGB), darüber hinaus das von Organwaltern, die den handelnden Organwalter anweisen (§ 166 Abs. 2 BGB). Nach § 28 Abs. 2 BGB soll die Kenntnis eines jeden Organwalters – gleich ob handelnd oder nicht – beachtlich sein, wenn seine Kenntnis auf einem Schreiben an ihn als Organ der juristischen Person beruht.306 Mittlerweile werden die angesprochenen Zurechnungsprobleme bei der juristischen Person verstärkt in den Gesamtkontext der Zurechnung innerhalb von arbeitsteiligen Organisationen gestellt.307 Diese Zurechnung knüpft an den Gedanken der Organisationspflicht an. Sie wird vielfach auch mit dem Gleichstellungsargument gestützt, denjenigen, der mit einer juristischen Person in geschäftlichen Kontakt tritt, nicht schlechter zu stellen, als wenn er mit einer natürlichen Person in Kontakt stünde.308 Es wird aus Verkehrsschutzgründen das Wissen zugerech300 Bork, AT, Rn. 1668; KölnKomm-Mertens, § 76 Rn. 12 f.; Schilken, Wissenszurechnung, 135; K. Schmidt, GesR, § 10 V 2. – Kritisch auf Grundlage der Organtheorie MünchKommBGB-Reuter, § 28 Rn. 9. 301 BGHZ 109, 327, 331; BGH WM 1959, 81, 84; KölnKomm-Mertens, § 76 Rn. 14; K. Schmidt, GesR, § 10 V 2. – A. M. auf Grundlage der Organtheorie Bork, AT, Rn. 1669; Schilken, Wissenszurechnung, 139. 302 Vgl. die Belege in den beiden vorigen Fn.; ferner Medicus, Karlsruher Forum 1994, 4, 14: »Organtheorie ergibt nichts«. 303 Ausführlich zur Anwendbarkeit von § 166 BGB bei der Organzurechnung Buck, Wissen, 265 ff. m. umfangr. Nachw.; Schilken, Wissenszurechnung, 129 ff.; K. Schmidt, GesR, § 10 V 2 b. 304 Ausführlich, aber kritisch zur Anwendbarkeit von § 28 Abs. 2 BGB Baum, Wissenszurechnung, 354 ff.; Buck, Wissen, 256 ff. 305 Eingehend Baumann, ZGR 1973, 284, 290 ff.; ferner Flume, juristische Person, § 11 IV 4; Grunewald, Festschrift Beusch, 301, 306; Tintelnot, JZ 1987, 795, 800. 306 Flume, juristische Person, § 11 IV; vgl. BGHZ 20, 149, 153. 307 BGHZ 132, 30, 34 ff.; BGH NJW 1999, 284, 286; Grunewald, Festschrift Beusch, 301, 304 f., 307; Hirte, KapitalgesR, Rn. 3.316; Medicus, Karlsruher Forum 1994, 4 ff.; Taupitz, Karlsruher Forum 1994, 16, 29 f.; vgl. Staudinger-Schilken (2004), § 164 Rn. 32 m. w. Nachw. 308 BGHZ 132, 30, 36 f.; BGH NJW 2001, 359, 360; 1997, 1917; 1996, 1339, 1340; 1995, 2159, 2160; 1990, 975; Medicus, Karlsruher Forum 1994, 4, 11 f. – Kritisch Baum, Wissenszurechnung, 176 ff.; Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 32; Koller, JZ 1998, 75, 77 ff.
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net, dessen Speicherung und Abrufung bzw. dessen Weitergabe der Rechtsverkehr erwarten darf. Diese Grundsätze können die Zurechnung von Wissen nicht handelnder oder ausgeschiedener Organwalter zur Folge haben, erfordern aber anders als die Theorie der absoluten Wissenszurechnung nicht eine bedingungslose Zurechnung dieses Wissens. Dieser Ansatz widerspricht also der Organtheorie, soweit sie zur Begründung der Theorie der absoluten Wissenszurechnung herangezogen wird. Er enthält aber weder eine Parteinahme für Vertreter- oder Organtheorie noch ein alternatives Konzept. Denn er ist seiner Natur nach subsidiär.309 Diese allgemeinen Grundsätze der Zurechnung in arbeitsteiligen Organisationseinheiten können nämlich erst Platz greifen, wenn die besonderen Regelungen über Organe bzw. Vertreter keine spezifischen Anordnungen enthalten.
B. Stellungnahme Eine Stellungnahme hat in Übereinstimmung mit den diesen Teil einleitenden Überlegungen davon auszugehen, dass organschaftliches Handeln wie Vertreterhandeln zugerechnetes Handeln ist.310 Beim Organhandeln liegt stets die für die Zurechnung typische doppelte Zuordnung einer Handlung vor: Das Organhandeln ist nicht nur »zugerechnetes« Handeln der juristischen Person, also des Zurechnungsendsubjekts, sondern auch Handeln des Organwalters, der Zurechnungshelfer ist.
I. Allgemeine Aussagen Auf dieser Grundlage lässt sich im Folgenden das Organhandeln mit anderen Handlungsformen vergleichen, um so die Eigenarten der beim Organhandeln anzutreffenden Zurechnung herauszustellen. So lassen sich Aussagen zum Anwendungsbereich (unter 1.), zu Voraussetzungen (unter 2.) sowie zur Wirkungsweise der Organzurechnung (unter 3.)machen. Diese Erkenntnisse ermöglichen dann eine Aussage über die Handlungsfähigkeit der juristischen Person (unter 4.). 1. Anwendungsbereich Der Anwendungsbereich der Organwalterzurechnung ist im Vergleich zur Vertreterzurechnung weiter. Möglich ist die Zurechnung jeder Intellektbetätigung. Zu nennen sind im Vergleich zur Vertreterzurechnung insbesondere die Zurechenbarkeit von deliktischem Verhalten und von unmittelbarem Besitz.
309 So verfolgen Vertreter der Organtheorie diesen normativen Ansatz, wenn die Organtheorie nicht greift; vgl. etwa Bork, AT, Rn. 1669, 1675, bei ausgeschiedenen Organwaltern; K. Schmidt, GesR, § 10 V 2 a, bei Angestellten unterhalb der Organe. 310 Beuthien, Festschrift Zöllner, 87, 92; Bork, AT, Rn. 1668; Buck, Wissen, 218; Flume, juristische Person, § 11 I; K. Schmidt, GesR, § 10 I 2 c; ders. Verbandstheorie, 16 ff.; vgl. auch bereits v. Gierke, Genossenschaftstheorie, 622 f.; v. Savigny, System II, 312.
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Dieser weite Anwendungsbereich entspricht der Qualifizierung des Organhandelns als Eigen- und nicht als Vertreterhandeln durch die Organtheorie. Er ist Ausdruck dessen, dass es nicht Aufgabe der Organe ist, ein vorhandenes Handlungssubjekt in seiner Handlungsfähigkeit zu unterstützen, sondern die Qualität als Handlungssubjekt erst herzustellen. Nur so ist die juristische Person ein gleichberechtigter Teilnehmer am Rechts- und Wirtschaftsverkehr. Den Befürwortern der Vertretertheorie ist zuzugestehen, dass sie (mittlerweile) nicht zu einem anderen Ergebnis kommen. Daran zeigt sich aber nur, dass nicht allein die Theorie, sondern Wertungen zum richtigen Ergebnis führen. Der Erklärungswert der Vertretertheorie ist vor allem dann erheblich gemindert, wenn sie die Zurechnung von Intellektbetätigungen legitimieren soll, bei denen eine Vertretung gar nicht vorgesehen ist. Diesem Vorwurf lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass mit der Ausdehnung des Anwendungsbereichs von § 31 BGB über die Ebene der Organe hinaus auch auf leitende Angestellte eine deliktische Vertreterhaftung anerkannt ist. Denn die Konstruktion dieser deliktischen Vertreterhaftung folgt gerade nicht Zurechnungstatbeständen des Vertretungsrechts, sondern erweitert ausnahmsweise das besondere organschaftliche Prinzip auf Gehilfen, denen es an einer Organstellung fehlt.311 2. Voraussetzungen Bei Bestimmung der Zurechnungsvoraussetzungen ergeben sich besondere Probleme für jede einzelne Intellektbetätigung. Allgemein lässt sich aber feststellen, dass die den Zurechnungsvoraussetzungen zugewiesene Funktion bei Vertretung wie bei Organhandeln gleich ist. Es geht darum, wann eine Zurechnung stattfinden soll und wann die Wirkungen einer Intellektbetätigung auf die Rechtssphäre des Zurechnungshelfers beschränkt bleiben müssen. Hier wie dort ist jeweils an die Interessen des Zurechnungsendsubjekts, an die des Zurechnungshelfers und an die des Rechtsverkehrs anzuknüpfen. Angesichts dieser Parallelität bietet es sich an, von dem Grundsatz auszugehen, dass die Organzurechnung den Voraussetzungen der Vertreterzurechnung folgt. Dieser Grundsatz lässt sich im Gesetz auf die Bestimmungen stützen, die dem Leitungsorgan die Stellung eines gesetzlichen Vertreters beimessen (§§ 26 Abs. 2 BGB, 78 AktG, 35, 36 GmbHG, 26 GenG). Diese Funktionszuweisung legt nahe, jedenfalls die Voraussetzungen im rechtsgeschäftlichen Bereich gleich zu bestimmen. Auch § 31 BGB lässt sich mit diesem Konzept vereinbaren. Diese Bestimmung knüpft die deliktische Verantwortlichkeit der juristischen Person nicht an jedes beliebige Delikt eines Organwalters, sondern nur an solche, die er »in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen« begeht. Diese Bestimmung ist also keinesfalls Ausdruck einer absoluten Zurechnung in dem Sinne, dass Intellektbetätigungen des Organwalters Intellektbetätigungen der juristischen Person sind. Vielmehr fordert sie einen spezifischen Zusammenhang mit der Tätigkeit als
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Vgl. dazu K. Schmidt, GesR, § 10 IV 4 a.
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Organ.312 Insoweit besteht eine Parallele zu § 278 S. 1 Fall 1 BGB, der rechtswidriges Verhalten zurechnet, wenn es in Erfüllung einer Verbindlichkeit vorgenommen wird.313 § 278 S. 1 Fall 1 BGB einerseits und § 31 BGB andererseits unterscheiden sich also im Anwendungsbereich, aber nicht signifikant in den Zurechnungsvoraussetzungen. Die Zurechnungsvoraussetzungen von Vertreterhandeln und Organhandeln zu parallelisieren widerspricht auch nicht den unterschiedlichen Funktionen dieser Ämter. Freilich heben sich die Organe von den Vertretern dadurch ab, dass ihnen die Funktion zufällt, die juristische Person in handlungsorganisatorischer Hinsicht vollkommen zu repräsentieren, d. h. sie erst zu einem Handlungssubjekt werden zu lassen. Aus dieser besonderen Stellung ergeben sich aber keine Argumente für eine (erleichterte) Organzurechnung. Dagegen spricht, dass bereits die Vertreterzurechnung, bei der sich ganz unterschiedliche Grade der Repräsentation in Bezug auf die unterschiedlichen Arten von gesetzlichen und gewillkürten Vertretern feststellen lassen, für die Festlegung der Zurechnungsvoraussetzungen nicht nach dem Repräsentationsgrad der Vertreter unterscheidet. Für alle Arten von Vertretern bzw. Hilfspersonen gelten die gleichen Zurechnungsvoraussetzungen. Zwar kommt einigen Vertretern wie Vormund oder Betreuer eine besondere Stellung zu, weil sie geschäftsunfähige Vertretene in handlungsorganisatorischer Hinsicht nahezu repräsentieren. Diese besondere Stellung wird aber nicht dadurch erreicht, dass bei diesen Vertretern andere Zurechnungsvoraussetzungen gelten. Sie wird dadurch erreicht, dass ihnen Befugnisse verliehen werden, diese Voraussetzungen zu erfüllen. Entscheidend ist die diesen Vertretern eingeräumte fast umfassende Aufgabenzuweisung und die damit verbundene Handlungsmacht. Diese Handlungsmacht ist von so großer Bedeutung, weil sie der Zurechnung jeder Intellektbetätigung als maßgebliche Zurechnungsvoraussetzung zugrunde liegt.314 So umfasst sie im rechtsgeschäftlichen Bereich die notwendige Vertretungsmacht, bei der Verschuldens- und Wissenszurechnung hingegen die Einschaltung in den von der Zurechnung betroffenen Vorgang. Entsprechendes ist bei der Organzurechnung zu berücksichtigen. Der Art nach andere Voraussetzungen gelten nicht. Nur das Erfordernis der Handlungsmacht ist regelmäßig erfüllt. 3. Wirkungsweise Eine Parteinahme für Vertreter- oder Organtheorie hängt maßgeblich davon ab, die Zurechnungsart des Organhandelns richtig zu erfassen. Zu diesem Zweck bietet es sich an, das Organhandeln mit dem Eigenhandeln einer natürlichen Person einerseits und dem Vertreterhandeln andererseits zu vergleichen.
312 Vgl. MünchKommBGB-Reuter, § 28 Rn. 9, gegen die Herleitung der Theorie der absoluten Wissenszurechnung aus § 31 BGB. 313 BGHZ 1, 248, 249; MünchKommBGB-Grundmann, § 278 Rn. 2; Staudinger-Löwisch (2004), § 278 Rn. 7. 314 Siehe § 7 E (S. 263).
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a) Abgrenzung vom Eigenhandeln natürlicher Personen Das Organhandeln unterscheidet sich schon aufgrund seiner Qualität als zugerechnetes Verhalten vom Eigenhandeln natürlicher Personen (Menschen).315 Der Unterschied besteht dabei weniger darin, dass das Handeln der Menschen ein rein natürlicher Vorgang ist, während das Handeln durch Organe einer rechtlichen Bewertung bedarf. Denn auch das natürliche Verhalten der Menschen bedarf einer rechtlichen Bewertung im Rahmen der Regelungen über die Eigenzurechnung, um Rechtsfolgen für den handelnden Menschen begründen zu können.316 Die Rechtswissenschaft beschäftigt sich nicht primär mit dem natürlichen Verhalten der Menschen, sondern mit dem rechtlich relevanten, was stets eine rechtliche Bewertung natürlichen Verhaltens voraussetzt.317 Der Unterschied besteht aber darin, dass Organhandeln wie Vertreterhandeln auf einer Fremdzurechnung, nicht auf einer Eigenzurechnung beruht. Die juristische Person bedarf der Hilfe von außen. Zwar sind die Organe Bestandteil der juristischen Person als Organisation. Außen steht aber die Person, die Organwalter ist. Das kann ein Mensch sein oder eine sonstige durch einen Menschen repräsentierte rechtsfähige Organisation. Das Verhalten dieser Person als Organwalter ist für sie selbst rechtlich relevant. Rechtliche Konsequenzen werden nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass sie als Organwalter handelt. Die Bedeutung des Organwalters erschöpft sich also niemals darin, das Organ einer juristischen Person zu besetzen und auf dieser Grundlage Intellektbetätigungen der juristischen Person zu ermöglichen. b) Abgrenzung vom Vertreterhandeln Diese Abgrenzung des Organhandelns vom natürlichen Eigenhandeln eines Menschen zeigt Übereinstimmungen mit dem Vertreterhandeln. In beiden Fällen liegt eine Zurechnung von Verhalten einer fremden Person vor. Gleichzeitig besteht aber auch ein bedeutender Unterschied. Dieser wird deutlich, wenn man das jeweilige Verhältnis von Zurechnungssubjekt und Zurechnungshelfer näher betrachtet. Das Vertretungsrecht wird von dem Dualismus von Vertretenem als Zurechnungsendsubjekt und Vertreter als Zurechnungshelfer geprägt. Ein Eigenhandeln des Vertretenen kommt stets in Betracht. Das gilt auch, wenn die Bestellung des Vertreters darauf beruht, dass der Vertretene aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gehindert ist, seine eigenen Angelegenheiten wahrzunehmen. So beruht eine rechtliche Verhinderung des Vertretenen gerade auf der rechtlichen Begründung, dass das in einer natürlichen Betrachtung durchaus wahrnehmbare Handeln des Vertretenen unbeachtlich ist; bei einer tatsächlichen Verhinderung ist zu 315 Vgl. bereits v. Gierke, Genossenschaftstheorie, 615, der die Organe der Verbandsperson als »Organe im Rechtssinne« von den Organen der Einzelperson abgrenzt. 316 Zu diesem Gedanken ausführlich Beuthien, Festschrift Zöllner, 87, 94 f. 317 Es sei an den Ausgangspunkt der Überlegungen zur Zurechnung erinnert, dass über die Verwirklichung von Tatbeständen anhand rechtlicher Betrachtungen zu entscheiden ist, siehe § 6 A I (S. 202).
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erwägen, dass diese Verhinderung plötzlich entfallen oder durch Vorabdispositionen für diesen Fall Vorsorge getroffen sein kann. Hinzu kommt, dass das Gesetz nicht nach dem Grund für die Bestellung eines Vertreters differenziert. Juristische Personen kann man dagegen in handlungsorganisatorischer Hinsicht nicht unabhängig von ihren Organen betrachten. Diese Feststellung lässt sich an den Gründen veranschaulichen, die die Organtheorie gegen eine organschaftliche Wissenszurechnung über § 166 BGB anführt. Diese Bestimmung setzt die Unterscheidung zwischen Wissen des Vertretenen und Wissen des Vertreters voraus.318 Eine solche Unterscheidung lässt sich bei organschaftlichem Handeln aber nicht treffen. So läuft (jedenfalls beim Handeln eines mit nur einer Person besetzten Leitungsorgans) der Negativgrundsatz von § 166 Abs. 1 BGB leer.319 Es kann lediglich auf das Wissen des handelnden Organs ankommen. Diese formale Beobachtung findet sich auch in einer materiellen Funktionsbeschreibung wieder. Den Organen kommt nicht wie den Vertretern eine Hilfsfunktion zu, den Vertretenen bei der Wahrnehmung seiner Interessen zu unterstützen. Organen kommt vielmehr eine Herstellungsfunktion zu, um die Handlungskomponente der rechtsfähigen Organisation zu begründen. Die juristische Person kann nur die Intellektbetätigungen vornehmen, zu denen nach ihrer Verfassung die Organe befähigt sind. Erst die Organe machen vertretungsrechtlich die juristische Person zu einem vollständigen Zurechnungssubjekt, das im vertretungsrechtlichen Dualismus als vertretenes Zurechnungsendsubjekt neben den vertretenden Zurechnungshelfer tritt. c) Charakterisierung als zugerechnetes Eigenhandeln In Konsequenz dieser Abgrenzungen lässt sich Organhandeln weder als natürliches Eigenhandeln noch als Vertreterhandeln einordnen. Es liegt eine eigene Handlungskategorie vor. Daher ist der Vertretertheorie zu widersprechen, der Organtheorie zu folgen. Diese Stellungnahme für die Organtheorie ist allerdings noch mit Inhalt zu füllen. Denn die Beschreibung als eigene Handlungskategorie reicht für das mit einer Theoriebildung verfolgte Legitimationsanliegen nicht aus. Um den Inhalt des Prinzips organschaftlichen Handelns zu beschreiben, richtet sich der Blick auf § 31 BGB, der einzigen ausdrücklich vorgesehenen Zurechnungsnorm über Organverhalten. Diese Bestimmung knüpft an die Deliktsverwirklichung durch ein Organ die eigene Verantwortlichkeit der juristischen Person. Auf dieser Grundlage lässt sich Organhandeln als Mischung aus (natürlichem) Eigenhandeln und Vertreterhandeln am besten als zugerechnetes Eigenhandeln beschreiben.320 Es enthält Elemente des natürlichen Eigenhandelns, weil es die Qualität der juristischen Person als Handlungssubjekt herstellt, und Elemente des Vertreterhandelns, weil es sich als zugerechnetes Verhalten darstellt. Die Qualität als Eigenhandeln lässt sich ferner darauf stützen, dass die Zurechnungskette zwar vom außerhalb der juristischen Person stehenden Organwalter 318 319 320
K. Schmidt, GesR, § 10 V 2 b. Schilken, Wissenszurechnung, 132. So K. Schmidt, GesR, § 10 I 2 c.
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ausgeht, aber über das Organ als Bestandteil der Organisation juristische Person verläuft. 4. Gedanken zur Handlungsfähigkeit Der mit dem Verständnis des Organhandelns verbundene Streit über die Handlungsfähigkeit der juristischen Person hat lange Zeit der Organtheorie als Feld für rhetorische Angriffe auf die Vertretertheorie gedient.321 Die Organtheorie wirft noch heute der Vertretertheorie vor, die juristische Person als handlungsunfähig, vertretungsbedürftig und damit als »Rechtskrüppel« wie einen unmündigen Menschen zu begreifen.322 Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse erweist sich dieser Streit über die Handlungsfähigkeit als Streit um Worte. Es ist notwendig, zwei verschiedene Begriffe der Handlungsfähigkeit zu unterscheiden.323 Unter dem Begriff der abstrakten Handlungsfähigkeit kann man die Frage erörtern, welche verschiedenen Intellektbetätigungen ein Rechtssubjekt seiner abstrakten Organisation nach vornehmen kann, um die diese Betätigungen voraussetzenden Tatbestände zu verwirklichen. Insoweit ist aus den gerade genannten Gründen die Organzurechnung so weit auszudehnen, dass der juristischen Person alle Intellektbetätigungen (Rechtstatsachen) zugerechnet werden können. Folgt man dem, so ist die juristische Person in diesem abstrakten Sinne umfassend handlungsfähig. Für diese Handlungsfähigkeit kommt es allerdings nicht darauf an, ob man der juristischen Person das Organwalterhandeln mit der Organtheorie als eigenes oder mit der Vertretertheorie als fremdes Handeln zurechnet. Diese abstrakte Handlungsfähigkeit ermöglicht es auch, juristische Personen als prozessfähig und damit selbst als postulationsfähig auszugestalten. So erklärt § 59l BRAO die durch ihre Organe und Vertreter handelnde Anwalts-GmbH für postulationsfähig.324 Der Begriff der Handlungsfähigkeit wird allerdings regelmäßig konkret verstanden. Es wird gefragt, ob ein Rechtsträger zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts über die nach § 104 BGB erforderliche Geschäftsfähigkeit, die zur deliktischen Haftung erforderliche Deliktsfähigkeit i. S. § 827 BGB oder die für die Beachtlichkeit einer Prozesshandlung notwendige Prozessfähigkeit i. S. § 51 ZPO besitzt. Diese Frage nach der konkreten Handlungsfähigkeit stellt sich lediglich für Menschen, aber nicht für juristische Personen.325 Der juristischen Person wird stets die vollkommene Willenserklärung oder die komplette unerlaubte 321 V. Gierke, Wesen, 10: »Als Vormund einer nach Art des Geisteskranken geschäftsunfähigen Person soll der König seines erhabenen Berufes walten?«; ebenso Henkel, Theorie, 89. 322 So insbesondere Beuthien, Festschrift Zöllner, 87, 93, 97. 323 Vgl. zur terminologischen Trennung zwischen abstrakter (Anerkennung als eigenverantwortlicher Entscheidungsträger) und konkreter Handlungs- bzw. Geschäftsunfähigkeit Lipp, Freiheit, 46 f., 60 ff. 324 Vgl. auch § 7 Abs. 4 PartGG für die Partnerschaft. 325 Vgl. Bork, AT, 970, der zwar abweichend von dem hier vertretenen Standpunkt auf der These der Geschäftsunfähigkeit der juristischen Person fußt. Auf Grundlage dieser These spricht er aber die maßgebliche Erkenntnis aus, dass es allein auf die Geschäftsfähigkeit der für eine juristische Person handelnden Menschen ankommt.
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Handlung ihres Organwalters (Zurechnungshelfers) zugerechnet. Der Organwalter muss folglich geschäftsfähig sein, damit eine zugerechnete Willenserklärung für die juristische Person zustande kommt, oder deliktsfähig, damit die juristische Person einen deliktischen Tatbestand verwirklicht. Ob die juristische Person geschäftsfähig ist, ist eine Frage, die sich nicht stellt, weil im Grundsatz kein Tatbestand an die Geschäftsfähigkeit der juristischen Person eine Rechtsfolge knüpft. Beispielsweise kann eine GmbH über zwei nach ihrer Satzung alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer verfügen, von denen einer gem. § 105 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig ist. Offen bleibt, welche Aussage damit über die Geschäftsfähigkeit der GmbH getroffen werden kann. Relevant ist nur, dass eine vom geschäftsfähigen Geschäftsführer abgegebene Willenserklärung wirksam ist und für die GmbH wirken kann, eine von dem anderen Geschäftsführer abgegebene Willenserklärung wegen dessen Geschäftsunfähigkeit nach § 105 Abs. 1 BGB aber nichtig ist und keine Wirkungen für die GmbH äußert. Nur in Einzelfällen ist die Anwendung von Normen über einen Geschäftsunfähigen auf die juristische Person angemessen. So kann einer juristischen Person ein Prozesspfleger nach § 57 ZPO bestellt werden. Diese Bestimmung setzt voraus, dass eine Partei prozessunfähig und ohne gesetzlichen Vertreter ist.326 Diese Voraussetzung erfüllt eine juristische Person, wenn ihr Leitungsorgan unbesetzt ist.327 5. Zusammenfassung Das Organhandeln ist mit der Organtheorie als eigene Kategorie zugerechneten Handelns zu verstehen. Die Eigenart des Organhandelns besteht darin, dass den Organwaltern keine Hilfsfunktion zukommt, sondern sie erst die Eigenschaft der juristischen Person als Handlungssubjekt herstellen. Diese Eigenart hat bei der Bestimmung der Zurechnungstechnik dadurch zum Ausdruck zu kommen, dass man das zugerechnete Handeln als Eigenhandeln der juristischen Person versteht. Der Anwendungsbereich der Organzurechnung bezieht sich umfassend auf alle Intellektbetätigungen. Die Zurechnungsvoraussetzungen lassen sich indessen unter Rückgriff auf die Voraussetzungen der Vertreter- bzw. Gehilfenzurechnung bestimmen.
II. Einzelfragen Die so erarbeiteten Grundlagen lassen sich für eine zusammenfassende Betrachtung von Einzelfragen nutzbar machen. Dabei weist die Organzurechnung gegenüber der Vertreterzurechnung eine einfachere Problemstruktur auf, weil vom Organ unabhängige Intellektbetätigungen des Zurechnungsendsubjekts, also der juristischen Person selbst, ausgeschlossen sind. Denn die juristische Person ist anders als die vertretene natürliche Person, aber auch als die vertretene juristische
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Siehe § 4 A II 1 (S. 105). Vgl. zum Insolvenzantrag gegen eine Gesellschaft ohne Organmitglied OLG Zweibrücken ZIP 2001, 973. 327
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§ 8: Organwalter kraft Amtes
Person, wenn neben die Organe noch Stellvertreter treten, nicht einmal in tatsächlicher Hinsicht handlungsfähig. Besondere Schwierigkeiten können sich aber aus der Besetzung der Organe mit mehreren Amtswaltern ergeben. Es ist dann zu fragen, unter welchen Voraussetzungen der juristischen Person Intellektbetätigungen zugerechnet werden können, die nur ein Amtswalter verwirklicht. Es stellt sich – insbesondere bei der rechtsgeschäftlichen Vertretung – weiter die Frage, ob die Verwirklichung einzelner Merkmale eines Amtswalters (Willenserklärung) und die Verwirklichung anderer Merkmale durch andere Amtswalter (Wissen) zusammengerechnet werden müssen. 1. Rechtmäßiges Verhalten Willenserklärungen der Organwalter werden der juristischen Person unter den Voraussetzungen von § 164 BGB zugerechnet. Die Organwalter müssen also zum einen offen legen, dass sie für die juristische Person handeln, was sich insbesondere auch nach den Grundsätzen über das unternehmensbezogene Geschäft bemessen kann328. Zum anderen müssen die handelnden Organwalter auch die Organmacht besitzen, die jeweilige Willenserklärung abzugeben.329 Nur die Art der Zurechnung als Eigenhandeln unterscheidet sich vom Vertreterhandeln. Im Prozess gelten keine Besonderheiten. Die Mitglieder des Leitungsorgans handeln für die juristische Person, die Partei ist. Eine Zurechnung von geschäftsähnlichen Handlungen und Realakten zur juristischen Person ist auch möglich. Das zuzurechnende Verhalten muss vom Organwalter im Rahmen seiner Amtsstellung vorgenommen werden. Nimmt also ein Organwalter in Ausführung seiner Amtsaufgaben eine Verarbeitung i. S. v. § 950 BGB vor, so ist die juristische Person Hersteller, weil ihr das Organwalterverhalten als eigenes zuzurechnen ist. Dieses Ergebnis gilt unabhängig davon, wie man bei Hilfspersonen die Herstellereigenschaft des Geschäftsherrn begründet. Denn hier zeigt sich wiederum der weite Anwendungsbereich der Organzurechnung. Besteht das Organwalterverhalten wie bei rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen in Erklärungen, ist entsprechend § 164 BGB weitere Zurechnungsvoraussetzung, dass der Organwalter offen legt, für die juristische Person zu handeln. 2. Rechtswidriges Verhalten Rechtswidriges Verhalten der Organwalter ist der juristischen Person nach § 31 BGB zuzurechnen. § 31 BGB ist damit nicht auf zum Schadensersatz verpflichtende Handlungen beschränkt, sondern ist etwa auch einschlägig, um Unterlassungs- oder Beseitigungspflichten der juristischen Person nach § 1004 BGB zu begründen. Ein dem § 31 BGB entsprechender Gedanke liegt § 30 OWiG zugrunde, der es erlaubt, juristische Personen wegen Ordnungswidrigkeiten zu ver328 329
Dazu statt aller Bork, AT, Rn. 1390 ff. Ausführlich dazu § 10 (S. 336 ff.).
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folgen. In Sonderbeziehungen bestimmt sich die Pflichtwidrigkeit nach den Pflichten der juristischen Person, nicht nach denen des handelnden Organwalters. § 31 BGB ist also § 278 BGB vorzuziehen, weil die charakteristischen Merkmale der Organzurechnung hier berücksichtigt sind. Bei Mehrämterorganen reicht die Verwirklichung des Tatbestands durch einen Amtswalter.330 Entscheidendes Tatbestandsmerkmal ist daher lediglich, ob der Amtswalter »in Ausführung der ihm obliegenden Verrichtungen« handelt. 3. Besitz Die organschaftliche Besitzzurechnung weist bei Mehrämterorganen ebenfalls keine Besonderheiten auf. Wie schon bei den Realakten und dem rechtswidrigen Verhalten, reicht es aus, wenn ein Amtswalter allein die tatsächliche Gewalt ausübt. Üben die Amtswalter gemeinschaftlich die tatsächliche Gewalt aus, so kann auch darauf Besitz der juristischen Person beruhen. Es kommt nicht darauf an, ob die Organwalter die tatsächliche Gewalt in einem der juristischen Person zurechenbaren Organisationszusammenhang ausüben.331 Auch vom Organwalter in seinen privaten Räumen aufbewahrte Sachen können im Besitz der juristischen Person stehen, soweit nur ein entsprechender Besitzwille des Organwalters vorliegt. Ein Sphärengedanke ist dem Besitzrecht fremd: Der Besitzdiener kann ebenfalls in der ihm allein zuzurechnenden Sphäre die tatsächliche Gewalt über Sachen für den Besitzherrn ausüben. 4. Wissen Die Organzurechnung von Wissen ist von der normativen Zurechnung innerhalb von arbeitsteiligen Organisationen zu unterscheiden.332 Zwar kann auch aufgrund dieser normativen Zurechnung einer juristischen Person Wissen des Organwalters zugerechnet werden, wenn die Organe wie regelmäßig Bestandteil einer arbeitsteiligen Organisation sind. Zurechnungsgrund und Voraussetzungen dieser Zurechnung unterscheiden sich aber von der Organzurechnung. Der Grund für die Organwalterzurechnung von Wissen erhellt sich, wenn man die Bedeutung von Wissen als Tatbestandsmerkmal der bezogenen Normen berücksichtigt. Diese Normen versagen dem Wissenden einen – in seinem Inhalt freilich von der einzelnen Norm abhängenden – Vorteilsschutz, weil der Wissende sich durch eigenes Verhalten selbst schützen kann.333 Die Zurechnung des
330 Besonderheiten können für die Haftung aus § 179 BGB bei rechtsgeschäftlichem Organhandeln ohne Vertretungsmacht bestehen, zum Meinungsstand MünchKommBGB-Reuter, § 31 Rn. 34 ff. 331 Staudinger-Bund (2000), § 854 Rn. 59; MünchKommBGB-Joost, § 854 Rn. 17; SoergelStadler, § 854 Rn. 14. - Abweichend allerdings Flume, Freundesgabe Hengeler, 76, 80 f. 332 Ebenso Bork, AT, Rn. 1669, 1671; Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 32; vgl. auch das Konzept von Buck, Wissen, 194 ff. einerseits, 393 ff. andererseits.; abweichend Baum, Wissenszurechnung, 349 ff. – Zu diesen Grundsätzen A II 3 a. E (S. 268). 333 Ausführlich zu diesem Regelungsinhalt der an Wissen anknüpfenden Normen Schilken, Wissenszurechnung, 51 ff.
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Wissens der Organwalter rechtfertigt sich dem entsprechend dadurch, dass der Organwalter durch Verhalten, das der juristischen Person zurechenbar ist, den Vorteilsschutz für die juristische Person herbeiführen kann. In Entsprechung zu § 31 BGB lässt sich die Organzurechnung von Wissen mithin dahin fassen,334 dass das Wissen des Organs der juristischen Person zugerechnet wird, soweit das Organ in Ausführung seiner Verrichtungen davon Gebrauch machen kann. Damit liegt der Zurechnung mit der Organtheorie das allgemeine Prinzip der Organzurechnung zugrunde. Auf § 166 BGB ist nicht abzustellen. Der in dieser Norm angelegte Dualismus von Vertreter und Vertretenem existiert bei juristischer Person und Organ mangels Handlungsmöglichkeit der juristischen Person nicht. a) Grundlagen Ein Teil der Zurechnungsfragen lässt sich leichter beantworten, wenn man von nur einem Organwalter ausgeht, also unterstellt, dass das Leitungsorgan aus einem Amt besteht. Die Organzurechnung führt dann dazu, dass das aktuelle Wissen des Amtswalters der juristischen Person als eigenes aktuelles Wissen zugeordnet wird.335 Da es nur darauf ankommt, dass der Amtswalter sein Wissen für die juristische Person einsetzen kann, macht es keinen Unterschied, ob der Amtswalter sein Wissen privat oder in Ausübung seiner Organstellung erlangt hat.336 Es kommt aber nur auf das aktuelle Wissen des Amtswalters an. Das frühere Wissen des Amtswalters mag zum Beweis seines aktuellen Wissens heranzuziehen sein. Hat der Amtswalter aber Tatsachen vergessen, ist die Zurechnung des einmal vorhandenen Wissens nicht mehr möglich.337 Denn die an eine bestimmte Kenntnis anknüpfenden Normen beziehen sich stets auf einen bestimmten Zeitpunkt, zu dem diese Kenntnis vorliegen muss. Auf diesen Zeitpunkt ist abzustellen, um zu erkennen, ob der Amtswalter selbst Vorteilsschutz für die juristische Person sicherstellen kann. Knüpfen Normen nicht nur an Kenntnis, sondern an eine fahrlässige Unkenntnis (Kennenmüssen) an, kann das Vergessen den Fahrlässigkeitsvorwurf begründen. Aus dieser Überlegung ergibt sich ebenfalls, dass nicht auf das Wissen ausgeschiedener Organmitglieder abgestellt werden kann.338 Die juristische Person wird durch den ausgeschiedenen Amtswalter nicht mehr repräsentiert. Allein der amtierende Amtswalter, nicht der ausgeschiedene, kann 334 Ebenfalls unter Rückgriff auf § 31 BGB legitimieren die organschaftliche Wissenszurechnung K. Schmidt, GesR, § 10 V 2 b; ähnlich Schilken, Wissenszurechnung, 132 f., 138, 144; kritisch Baum, Wissenszurechnung, 353 f.; Buck, Wissen, 250 ff. 335 Vgl. Bork, AT, Rn. 1668; Schilken, Wissenszurechnung, 127 ff.; Soergel-Leptien, § 166 Rn. 5. 336 BGH WM 1955, 830, 832; Buck, Wissen, 244 f.; Grunewald, Festschrift Beusch, 301, 307; MünchKommBGB-Reuter, § 26 Rn. 11; Schilken, Wissenszurechnung, 138; vgl. auch zu § 166 BGB Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 8. – Abweichend BGH NJW 1990, 2544, 2545; einschränkend auch KölnKomm-Mertens, § 76 Rn. 67. 337 Vgl. Buck, Wissen, 246. 338 Bork, AT, Rn. 1669; Buck, Wissen, 241 ff.; Schilken, Wissenszurechnung, 138 f.; anders noch BGHZ 109, 327, 330 ff.; BGH NJW 1995, 2159, 2160; ferner K. Schmidt, GesR, § 10 V 2 a, der allerdings auch »rasches Vergessen« bei natürlichen Personen nicht anerkennt.
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aufgrund seines Wissens Vorteilsschutz für die juristische Person sicherstellen. Es kommt nicht darauf an, ob der ausgeschiedene Amtswalter noch lebt oder das damalige Wissen noch besitzt. Zu bedenken ist schließlich, dass die Zurechnung von Wissen zur juristischen Person nicht weiter wirkt, als das natürliche Wissen eines Menschen. Das Wissen der juristischen Person ist etwa nach § 166 Abs. 1 BGB grundsätzlich unbeachtlich, wenn ein Bevollmächtigter ein Rechtsgeschäft für die juristische Person abschließt. b) Sonderprobleme bei Mehrämterorganen Zusätzliche Probleme stellen sich, wenn das Leitungsorgan ein Mehrämterorgan ist. Es muss dann die Person, mithin der Organwalter, bestimmt werden, dessen Wissen beachtlich oder unbeachtlich ist. Dieses Problem ist verwandt mit der bereits oben bei der Vertretung behandelten Frage, wann das Wissen des Vertreters bzw. wann das Wissen des Vertretenen maßgeblich ist.339 Zur Lösung ist wiederum danach abzugrenzen, ob die bezogene Wissensnorm einen handlungsabhängigen oder einen handlungsunabhängigen Tatbestand darstellt.340 Bei handlungsunabhängigen Tatbeständen muss das Wissen jedes Organwalters maßgeblich sein. Jeder Organwalter kann aufgrund seiner Amtsbefugnisse Maßnahmen ergreifen, um den Vorteilsschutz für die juristische Person zu gewährleisten. Entsprechend beginnt die Verjährung nach § 199 BGB mit dem Wissen eines beliebigen Mitglieds des Leitungsorgans.341 Dieses Ergebnis gilt unabhängig davon, ob Einzel- oder Gesamtvertretung angeordnet ist. Denn jedem einzelnen nur zur Gesamtvertretung berechtigten Organwalter fällt die Aufgabe zu, den anderen Organwaltern Kenntnis zu verschaffen, um gemeinsam mit diesen den Vorteilsschutz für die juristische Person sicherzustellen. Diese Wertung lässt sich auch auf den u. a. in § 28 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Gedanken stützen, dass lediglich zur Gesamtvertretung berechtigte Organwalter für die Entgegennahme von Willenserklärungen allein vertretungsbefugt sind. Interne Aufteilungen der Geschäftsführungskompetenzen äußern so im Außenverhältnis keine Bedeutung. Bei handlungsabhängigen Wissenstatbeständen ist hingegen danach zu fragen, wer den Tatbestand verwirklicht, an den die Wissenszurechnung anknüpft. Das Wissen ist zuzurechnen, wenn der Wissende an der Tatbestandsverwirklichung beteiligt ist. Das Wissen eines Organwalters reicht also aus, wenn alle Organwalter an der Verwirklichung des Tatbestandes mitwirken. So schadet beispielsweise das Wissen eines Gesamtvertreters. Gleichfalls unproblematisch zu bejahen ist die Wissenszurechnung dann, wenn der den Tatbestand verwirklichende Amtswalter selbst das relevante Wissen besitzt. Schwieriger zu beurteilen ist dagegen die Konstellation, dass nicht der handelnde Organwalter, sondern ein anderer Organwalter das relevante Wissen be339 340 341
Unter § 7 D II 3 c (S. 260 f.). Vgl. MünchKommBGB-Reuter, § 28 Rn. 9. Staudinger-Peters (2004), § 199 Rn. 43.
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sitzt. Die für diesen Fall teilweise befürwortete Zusammenrechnung von Handlung des einen und Wissen des anderen Organwalters stößt auf Bedenken. Richtig ist zwar, dass nach den Grundsätzen der Organzurechnung beide Intellektbetätigungen – Handlung und Wissen – der juristischen Person zuzurechnen sind und es zur Begründung dieser Zurechnung nicht des § 166 Abs. 1 BGB bedarf. Bei den handlungsabhängigen Wissenstatbeständen ist aber eine spezifische Verbindung von Handlung und Wissen zu verlangen.342 Dieses Erfordernis kommt in § 166 Abs. 1 BGB zum Ausdruck. § 166 Abs. 1 BGB regelt die Wissenszurechnung nicht allgemein, sondern für solche Tatbestände, bei denen die Handlungsabhängigkeit darin liegt, dass das Wissenselement zu einer Willenserklärung tritt. Für diese Fälle erklärt § 166 Abs. 1 BGB – durch seinen Negativgrundsatz – Wissen des Vertretenen selbst für unbeachtlich. Diese Wertung ist auf die Organzurechnung zu übertragen. Wie das Wissen des untätigen Vertretenen beim Handeln des Vertreters grundsätzlich unbeachtlich ist, so ist auch das Wissen des untätigen Organwalters bei Handlungen eines anderen Organwalters grundsätzlich unbeachtlich.343 Die Berücksichtigung dieser Aussage von § 166 Abs. 1 BGB lässt sich für diese Fälle aus dem Gesetz absichern, weil §§ 26 Abs. 2 BGB, 78 AktG, 35, 36 GmbHG, 26 GenG für das rechtsgeschäftliche Organhandeln auf die Regelungen über die Vertretung verweisen. Im Grundsatz ist also der Rekurs auf § 166 BGB unnötig, weil die Wissenszurechnung schon aus den allgemeinen Grundsätzen der Organzurechnung folgt. Der Negativgrundsatz von § 166 Abs. 1 BGB steht aber einer Zusammenrechnung von der Handlung des Nichtwissenden mit dem Wissen des Untätigen entgegen. Diese Einschränkung der Zurechnung stimmt mit der oben getroffenen Charakterisierung der organschaftlichen Wissenszurechnung überein. Denn steht ein handlungsabhängiger Wissenstatbestand in Rede, so kann das nicht handelnde Organ nicht in Ausführung seiner Verrichtungen von seinem Wissen Gebrauch machen, weil nicht auf seine Handlungen, sondern auf die des anderen Organwalters abzustellen ist. Diese Legitimation der Zurechnungssperre offenbart aber ihre Grenzen. Die Zurechnungssperre greift dann nicht, wenn der wissende Organwalter auf die Handlung des anderen Organwalters Einfluss nehmen kann.344 Der wissende Organwalter kann etwa intern dem Handeln des anderen Organwalters zugestimmt oder auch bloß in Kenntnis des Handelns nicht widersprochen haben. An externen Verhaltensweisen kommt in Betracht, dass der wissende Organwalter bei der Vertragsanbahnung aktiv geworden ist. Konnte aber aufgrund der Organisation des Leitungsorgans der nicht wissende Organwalter
342
Vgl. MünchKommBGB-Reuter, § 28 Rn. 9 f. Zu diesem Ergebnis gelangen freilich auch die Verfechter der Vertretertheorie, die ohnehin auf § 166 BGB für die Zurechnung von Organwissen abstellen, vgl. Baumann, ZGR 1973, 284, 290 ff.; Flume, juristische Person, § 11 IV 4; Grunewald, Festschrift Beusch, 301, 306; Tintelnot, JZ 1987, 795, 800. 344 Im Ergebnis ebenso Grunewald, Festschrift Beusch, 301, 305; KölnKomm-Mertens, § 76 Rn. 64; MünchKommBGB-Reuter, § 28 Rn. 10; Staudinger-Schilken (2004), § 166 Rn. 32; über die Anwendung eines weit ausgelegten § 166 Abs. 2 BGB kommt auch zu diesem Ergebnis, wer wie die Vertretertheorie die Wissenszurechnung von Organen schon im Grundsatz auf § 166 BGB stützt, so insbesondere Baumann, ZGR 1973, 284, 292 ff. 343
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C. Fazit
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ohne den wissenden Organwalter den maßgeblichen Tatbestand allein verwirklichen, so kommt eine Zurechnung des Organwalterwissens nicht nach den Regeln der Organzurechnung, sondern nur nach den Regelungen über die normative Zurechnung in arbeitsteiligen Organisationen in Betracht345.
C. Fazit Die Organwalterzurechnung lässt sich auf ein einheitliches Prinzip stützen, auch wenn dieses Prinzip im Gesetz nur für einen Einzelfall in § 31 BGB ausgeformt ist. So ist das vom Gesetzgeber der Wissenschaft bewusst überlassene Theoriedefizit zu beheben. Die Organwalterzurechnung umfasst alle Intellektbetätigungen. Die juristische Person wird beispielsweise im Fall von Organbesitz selbst unmittelbare Besitzerin. Die Voraussetzungen der Organzurechnung werden bei der Wissenszurechnung besonders deutlich, hinsichtlich der allein noch Streit über die Zurechnungsvoraussetzung besteht. In Parallele zu § 31 BGB ist das Organwalterwissen zuzurechnen, wenn der Organwalter von dem Wissen in Ausführung seiner Verrichtungen als Organ Gebrauch machen kann. Zu trennen von der Organzurechnung sind die ergänzend anzuwendenden Grundsätze zur Wissenszurechnung bei arbeitsteiligen Organisationen. Die Organzurechnung wird gekennzeichnet durch ihre besondere Zurechnungsart. Das Amtswalterverhalten wird der juristischen Person als Eigenhandeln zugerechnet. Mit dieser Beschreibung wird im Vergleich zur Vertreterzurechnung dem Unterschied Rechnung getragen, dass Eigenhandeln der juristischen Person ohne Organe ausgeschlossen ist. Die Organe haben die Aufgabe die Handlungsfähigkeit der juristischen Person herzustellen.
§ 9: Parteiwalter kraft Amtes Die Untersuchung der sog. Parteien kraft Amtes wurde durch die eingehende Analyse der Sondervermögen mit verselbstständigtem Handlungssubjekt vorbereitet.346 Im Folgenden soll der Meinungsstand zur privatrechtlichen Stellung dieser Amtswalter analysiert werden (unter A.), um dann das eigene Konzept weiterzuentwickeln und auf dieser Grundlage Lösungen für Einzelfragen anzubieten (unter B.). Betrachtungsgegenstand sind zunächst allein die Amtswalter, denen ein (verselbstständigtes) Sondervermögen zur Verwaltung zugewiesen ist. Erst in einem abschließenden Schritt sollen die für diese Amtswalter gewonnenen Ergebnisse für die sonstigen sog. Parteien kraft Amtes, denen lediglich Überwachungsfunktionen zukommen, nutzbar gemacht werden (unter C.).
345 346
Siehe A II 3 a. E (S. 268). Oben unter § 3 C II 2 (S. 54 ff.), III 1 (S. 77 ff.).
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§ 9: Parteiwalter kraft Amtes
Eine Vorbemerkung ist noch zu Gegenstand und Bedeutung dieser Fragestellung zu machen. Beide Aspekte liegen nicht fest, sondern sind von der jeweils zur Beantwortung dieser Frage gebildeten Theorie abhängig. Mindestgegenstand einer Theorie muss es sein, das Handeln der sog. Parteien kraft Amtes für die betroffenen Sondervermögen zu erklären. Es sind die betroffenen Handlungssubjekte zu benennen und die Rechtswirkungen zu beschreiben, die für die betroffenen Sondervermögen herbeigeführt werden. Die Parallele zu der Problemstellung bei Vertretern und Organen kraft Amtes ist offenbar. Wie die Erklärung des Organwalterhandelns zwar mit der Theorie der juristischen Person verknüpft ist, beide Fragestellungen aber von ihrem Gegenstand her zu trennen sind, so ist auch die Erklärung der sog. Parteien kraft Amtes mit der Theorie zu den jeweiligen Sondervermögen verbunden, hat aber einen eigenständigen Gegenstand. Eine weitere Parallele besteht schließlich darin, dass nur die Erklärung des Außenhandelns der Amtswalter für die von ihnen repräsentierte Organisation in Rede steht.347 Andere Funktionen der Amtswalter betreffen Fragestellungen, die Gegenstand weiterer Teile dieser Abhandlung sind. Die Bedeutung, die man der Beschäftigung mit dieser Fragestellung beimisst, hängt zunächst davon ab, welchen Wert man überhaupt rechtswissenschaftlicher Systematisierung zuschreibt. Die vorliegende Abhandlung hat sich solche Systematisierungen zum Ziel gesetzt und weist ihr dem entsprechend einen bedeutenden Wert zu.348 Zudem bemisst sich der Wert danach, inwieweit eine Theorie in der Lage ist, ein möglichst geschlossenes System zu präsentieren. Das ist natürlich auch davon abhängig, ob die aufgeworfene Fragestellung eine so klare Antwort zulässt. Der jeweilige Wert kann daher nur anhand der gefundenen Theorie in einem Fazit bemessen werden. Als Arbeitsprogramm ist von einer Theorie freilich zu erwarten, die anerkannten Lösungen geklärter Probleme möglichst einfach einzuordnen und für ungeklärte Probleme einen Weg zu Lösungen zu weisen.349
A. Kritischer Überblick über den Meinungsstand Die einzelnen Darstellungen und Stellungnahmen zur privatrechtlichen Stellung der betroffenen Amtswalter beziehen sich häufig auf den Insolvenz- bzw. Kon-
347 Der mit viel rhetorischem Aufwand von Kluth, NZI 2000, 351, 354, vorgebrachte Einwand, die Insolvenzverwaltertheorien degradierten den Insolvenzverwalter zum Außendienstmitarbeiter und Masseverwerter geht fehl, weil die Insolvenzverwaltertheorien nur die Aufgabe haben, sich mit diesem Aspekt der vielgestaltigen Figur des Insolvenzverwalters zu befassen. Gerade im Hinblick auf die von Kluth, ebd., 353, in Bezug genommene Theoriedefinition des Brockhaus (»Eine Theorie fasst im Rahmen eines Gegenstandsbereichs zahlreiche und vielgestaltige Phänomene so zusammen, dass sie als wissenschaftliche Erkenntnisse ausgewiesen werden können«) ist ihm also zu begegnen, dass keine Degradierung eines Amtes oder einer Person vorgenommen, sondern der Gegenstandsbereich einer Fragestellung formuliert wird. 348 Ähnlich für die vorliegende Fragestellung Häsemeyer, InsR, Rn. 15.02; K. Schmidt, KTS 1984, 345, 348 ff.; Stürner, ZZP 94 (1981), 263, 286 f.; Weber, KTS 1955, 102 f. 349 So schon K. Schmidt, KTS 1984, 345, 372.
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A. Kritischer Überblick über den Meinungsstand
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kursverwalter350, manchmal auf den Testamentsvollstrecker351, selten auf Nachlassverwalter352 oder Zwangsverwalter353, sind gelegentlich aber auch allgemeiner Natur354. Im Folgenden soll durch Bildung allgemeiner Kategorien der Meinungsstand von den Besonderheiten der einzelnen Amtswalter getrennt werden. Angesichts des diesen Teil der Abhandlung dominierenden Gedankens der Zurechnung fällt auf, dass zwar eine Vielzahl der Theorien (unter I.–III.) das Amtswalterhandeln als zuzurechnendes Handeln auffasst, gerade aber die herrschende Amtstheorie (unter V.) das Amtswalterhandeln allein als Eigenhandeln begreift.
I. Vertretertheorien Die Vertretertheorien greifen auf das klar konturierte Institut der Vertretung zurück, indem sie den Amtswalter als gesetzlichen Vertreter ansehen. Regelmäßig soll der Amtswalter Vertreter des Trägers des Sondervermögens sein, also etwa des Insolvenzschuldners bzw. des oder der Erben.355 Ursprünglich wurde aber auch vertreten, die Amtswalter seien Vertreter anderer Beteiligter wie der Gläubiger356 in den Vollstreckungsverfahren oder des Erblassers bei der Testamentsvollstreckung357. Jedoch wird dadurch der Vorteil der Vertretertheorien, auf eine bekannte Rechtsfigur zurückzugreifen, verwässert.358 Der verstorbene und damit nicht mehr existente Erblasser ist genauso wenig tauglicher Vertretener wie eine rechtlich verselbstständigte Gruppe der Gläubiger, für deren Existenz als rechtsfähiges Subjekt das Gesetz keinen Anhaltspunkt bietet.359 Die scheinbare Stärke, den Amtswalter als Vertreter des Sondervermögensträgers einzuordnen, besteht in der Einfachheit, die Wirkungen des Amtswalterhandelns für das Sondervermögen zu erklären. Die Dynamik ließe sich auf Intellektbetätigungen zurückführen, die dem Vermögensträger zugerechnet werden. Daher wären die allgemeinen Vertretungsregeln auf das Verhältnis Amtswalter und Sondervermögensträger anzuwenden. Gegen diese Einordnung sprechen aber zunächst die bereits gewonnenen Erkenntnisse zur besonderen Interessenlage, die dafür sprachen, die »Parteien kraft 350 Bötticher, ZZP 77 (1961), 55 ff.; Erdmann, KTS 1967, 87 ff.; Hanisch, Rechtszuständigkeit, 275 ff.; Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 4 ff.; Lent, Festgabe Reichsgericht, 275 ff.; K. Schmidt, KTS 1984, 345, 348 ff.; Stürner, ZZP 94 (1981), 263, 286 f. ; Weber, KTS 1955, 102 ff. 351 Offergeld, Rechtsstellung, 51 ff.; Tanz, Verwaltungsrecht, 3 ff. 352 Staudinger-Marotzke (2002), § 1985 Rn. 2 f. 353 Steiner-Hagemann, § 152 Rn. 10 ff. 354 Stein/Jonas-Bork, vor § 50 Rn. 27 ff.; Dölle, Festschrift Schulz, 268 ff.; Henckel, Parteilehre, 119 ff.; Lent, ZZP 62 (1941), 129 ff.; MünchKommZPO-Lindacher, vor § 50 Rn. 25 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 40 Rn. 16. 355 Bley, ZZP 62 (1941), 111, 113 f.; Derpa, Zurechnung, 86 ff.; Enneccerus/Nipperdey, AT II, § 180 I 1 e; Flume, Rechtsgeschäft, § 45 I 2; Lent, ZZP 62 (1941), 129 ff.; ders., Festgabe Reichsgericht, 275 ff.; v. Tuhr, AT II 2, § 86 I 4; vgl. Wrobel, Prozeßführungsbefugnis, 65 ff., der für die materiell-rechtliche Einordnung des Zwangsverwalters der Vertretertheorie folgt. 356 Eckstein, ZZP 40 (1910), 48, 88 f.; Kohler, Lehrbuch, 399 ff.; Seuffert, Konkursprozeßrecht, 157 ff. 357 Leonhard, § 2197 Anm. II A. 358 K. Schmidt, KTS 1984, 345, 351. 359 Vgl. Offergeld, Rechtsstellung, 55 f.; K. Schmidt, KTS 1984, 345, 351.
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§ 9: Parteiwalter kraft Amtes
Amtes« als eigenständige Gruppe des privaten Amtes neben den »Vertretern kraft Amtes« anzuerkennen.360 Die sog. Parteien kraft Amtes nehmen nicht – wie ein Vertreter die Interessen des Vertretenen – die Interessen des Sondervermögensträgers wahr,361 sondern haben verschiedene in ihrem Amt gebündelte Interessen zu berücksichtigen. Diese Interessenpluralität wird schon daran deutlich, dass die anderen Vertretertheorien den Amtswalter für den Vertreter nicht des Vermögensträgers, sondern anderer Personen halten. Freilich ist dieses auf die Interessen abstellende Argument nicht zwingend. Man mag von der typischen Interessenverteilung Ausnahmen erlauben.362 Jedoch spiegelt sich diese Interessenpluralität in konstruktiven Fragen wider. Die Konstruktion des Amtswalterhandelns als Vertreterhandeln kann die anerkannten Ergebnisse des Amtswalterhandelns gerade nicht »ohne dogmatische Verzerrungen«363 erklären. Zwei Punkte sind von besonderer Bedeutung. Erstens spricht gegen die Vertretungskonstruktion, dass der Sondervermögensinhaber mit der Entstehung des Sondervermögens nicht Handlungsfähigkeit, sondern Handlungsmacht einbüßt.364 Ein Vertreter kann nur fehlende Handlungsfähigkeit des Vertreters, aber nicht fehlende Handlungsmacht des Vertretenen ausgleichen. Denn die Handlung des Vertreters wird dem Vertretenen wie eine eigene Handlung nach § 164 BGB zugerechnet, so dass sie Wirkungen nur bei bestehender Handlungsmacht äußert. In dieses Konzept der Vertretung passt neben der Vertretung der geschäfts- und damit handlungsunfähigen Menschen durch ihre gesetzlichen Vertreter die Bestimmung des § 53 ZPO. Danach verdrängt der Prozesspfleger auch die verfahrensfähige Partei, indem deren Verfahrensunfähigkeit fingiert wird. Die Vertretertheorie müsste daher den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über ein Sondervermögen so verstehen, dass der Vermögensinhaber seine Handlungsfähigkeit hinsichtlich der Gegenstände des Sondervermögens verliert und der Amtswalter insoweit Vertretungsmacht erhält.365 Jedoch findet sich eine solche Konstruktion schon nicht im Wortlaut der betroffenen Regelungen wieder. Ferner entspricht diese Sicht nicht den Wirkungen der Entstehung des Sondervermögens. Der Sondervermögensträger verliert seine Handlungsfähigkeit nicht. Von ihm abgeschlossene Rechtsgeschäfte verpflichten und berechtigen – auch wenn sich die Geschäfte auf Gegenstände des Sondervermögens beziehen – im Grundsatz sein freies Vermögen. 360
Oben unter § 5 D III 3 (S. 194 ff.). Bork, InsR, Rn. 66; Häsemeyer, InsR Rn. 15.04; Offergeld, Rechtsstellung, 54; Pohlmann, Befugnisse, Rn. 550; Tanz, Verwaltungsrecht, 6 ff. 362 Vgl. K. Schmidt, KTS 1984, 345, 358: »Es gibt keinen Gegensatz zwischen der Neutralität des Konkursverwalters und der Rechtskonstruktion einer gesetzlichen Vertretung,«; ähnlich Medicus, AT, Rn. 925; ferner Derpa, Zurechnung, 91 ff.; Flume, Rechtsgeschäft, § 45 I 2. 363 Gerade diese Leistung schreibt K. Schmidt, KTS 1984, 345, 352, der Vertretertheorie zu. 364 Vgl. bereits RGZ 29, 29, 32 ff.; Weber, KTS 1955, 102, 104. 365 Die von K. Schmidt, KTS 1984, 345, 352, für § 6 KO (heute § 80 InsO) vorgeschlagene Lesart (»Mit der Eröffnung des Verfahrens verliert der Gemeinschuldner die Befugnis, sein zur Konkursmasse gehöriges Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen. Das Verwaltungs- und Verfügungsrecht wird insoweit im Namen des Gemeinschuldners durch einen Konkursverwalter ausgeübt.«), die auf die Befugnis des Sondervermögensträgers abstellt, trägt diesem systematischen Bedenken nicht Rechnung. 361
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Verfügungen über Gegenstände des Sondervermögens werden durch Genehmigung des Amtswalters entsprechend § 185 Abs. 2 S. 1 Fall 1 BGB wirksam.366 Diese Überlegung verdeutlicht, dass der Amtswalter eine bestimmte Rechtsmacht erhält, die dem Sondervermögensinhaber nicht (mehr)367 zusteht. Zweitens zeitigt das Amtswalterhandeln besondere Wirkungen, weil es nicht das gesamte Vermögen des Sondervermögensinhabers, sondern nur das Sondervermögen betrifft.368 Grundsätzlich wirkt sich Handeln eines Rechtssubjekts auf sein gesamtes Vermögen aus. Das gilt auch für das des Vertreters, selbst wenn der nur eine begrenzte Vertretungsmacht besitzt.369 So verhaften Verpflichtungsverträge eines Prokuristen das gesamte Vermögen eines Einzelkaufmanns, auch wenn sich die Vertretungsmacht nach § 49 HGB auf Geschäfte beschränkt, die das Handelsgeschäft mit sich bringt. Im Fall der von einer sog. Partei kraft Amtes verwalteten Sondervermögen findet aber eine Trennung statt. Der Amtswalter handelt mit Wirkung nur für das Sondervermögen, der Vermögensinhaber hingegen für sein freies Vermögen. Diese Zweiteilung ist deswegen so bedeutend, weil sie nicht nur Rechtsverhältnisse des Vermögensträgers mit sich selbst ermöglicht, sondern auch Handlungen der für diese Vermögensmassen zuständigen Zurechnungsendsubjekte miteinander. Sieht man für beide Vermögensmassen ihren Inhaber als dieses Zurechnungssubjekt an, kommt es zu (eigentlich doch verbotenen) Insichgeschäften wie Insichprozessen etwa wegen der Herausgabe von Gegenständen des Sondervermögens oder bei Freigabeerklärungen. Auch das entkräftet den Erklärungswert der Vertreterlösung. Insgesamt spricht also gegen die Vertretertheorie, dass der Amtswalter als sog. Partei kraft Amtes nicht wie der Sondervermögensträger handelt, was Interesse, Namen und Rechtstechnik betrifft, sondern sein Handeln spezifische Wirkungen erzeugt, was bei Vertreterhandeln, das das Handeln des Vertreters dem des Vertretenen gleichstellt, nicht der Fall ist.
II. Organtheorie Die Organtheorie betont die Selbstständigkeit des Sondervermögens gegenüber dem Sondervermögensträger und den anderen Beteiligten. Sie verleiht dem Sondervermögen die Qualität eines Rechtssubjekts und kann so zur Erklärung des Amtswalterhandelns auf das Institut des Organhandelns zurückgreifen.370 Diese Auffassung streicht also zu Recht die besondere Eigenart des jeweiligen Sonder366
Häsemeyer, InsR, Rn. 10.11. Gerade in der Insolvenzordnung lassen sich viele Befugnisse des Insolvenzverwalters nachweisen, die dem Schuldner nie zustanden wie etwa Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO, Erfüllungswahl nach § 103 InsO oder Sonderkündigungsrechte etwa nach § 109 Abs. 1, 113 InsO; weitere Beispiele bei Kluth, NZI 2000, 531, 534. 368 Dieses Problem gesteht auch K. Schmidt, KTS 1984, 345, 353, zu. 369 Siehe § 4 A I 2 c (S. 103); dort auch zur Stellung des Nachlasspflegers, zwar für den Erben zu handeln, haftungsrechtlich aber auch als potentieller Vertreter des Handlungssubjekts des potentiellen Sondervermögens Nachlass bei Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz Wirkungen herbeiführen zu können. 370 Bötticher, ZZP 77 (1961), 55, 62 ff.; Erdmann, KTS 1967, 87 ff.; Hanisch, Rechtszuständigkeit, 275 ff.; Hellwig, System, 154 ff. 367
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vermögens als besonderen Interessenschwerpunkt heraus. Sie kommt ferner bei der Erklärung der Wirkung des Amtswalterhandelns für das Sondervermögen stets auf einfachem Wege zu allgemein geteilten Ergebnissen. Ihr Verdienst ist es damit, der mit der Entstehung des Sondervermögens einhergehenden Funktionsund Verwaltungstrennung Rechnung zu tragen. Die Art und Weise, auf die sie dieses Ziel erreicht, ist indessen bedenklich. Die Organtheorie spricht dem Sondervermögen den Status als solches ab und ordnet es einem Rechtssubjekt gleichsam als freies Vermögen zu. Sie scheidet als Theorie zur Erklärung des zu lösenden Problems, wie eine sog. Partei kraft Amtes mit Wirkung für ein verselbstständigtes Sondervermögen handelt, aus, weil sie die Existenz dieses Phänomens bestreitet. Es ist bereits analysiert worden, dass die Verselbstständigung eines Sondervermögens so weit gehen kann, ihm Rechtsfähigkeit zuzuweisen.371 Im Recht der sog. Parteien kraft Amtes enthält das Gesetz für eine so weitgehende Verselbstständigung keinen Beleg.372 Die bei diesen Sondervermögen festgestellte Trennung des Sondervermögens vom freien Vermögen des Rechtsträgers hinsichtlich Funktion und Verwaltung reicht allein nicht aus, um Rechtsfähigkeit anzunehmen.
III. Repräsentationsmodell (moderne Organ- und Vertretertheorie) Einen anderen Ansatzpunkt wählt Karsten Schmidt mit der neuen Organ- bzw. Vertretertheorie. Für die Insolvenz der juristischen Personen, die er als insolvenzrechtliches Paradigma ansieht, hält er den Insolvenzverwalter wie den Liquidator für ein Organ der insolventen Gesellschaft.373 Schmidt kann so für den Fall der Insolvenz juristischer Personen auf das organschaftliche Handeln als anerkanntes Rechtsprinzip zurückgreifen. Er erreicht dieses Ergebnis sehr viel eleganter als die Organtheorie, indem er nicht die Schöpfung eines nicht existenten Rechtssubjekts behauptet, sondern nutzbar macht, dass es seiner Meinung nach der juristischen Person in ihrer Insolvenz an einem freien Vermögen fehlt,374 von dem das mit dem Insolvenzbeschlag belastete Vermögen abzugrenzen wäre. Die Insolvenzeröffnung führe also nicht zur Entstehung eines Sondervermögens, sondern zu einer organisationsrechtlichen Kompetenzverlagerung zugunsten des mit Insolvenzeröffnung aktivierten Organs Insolvenzverwalter. In der Insolvenz natürlicher Personen ist dieses Organmodell nicht möglich. Dann äußere sich das hinter dieser Organlösung stehende Repräsentationsmodell in Gestalt einer mo-
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Oben unter § 3 C II 1 (S. 53). Siehe die überzeugenden Stellungnahmen gegen die Verselbstständigung von Insolvenzmasse bzw. Nachlass zum Rechtssubjekt bei K. Schmidt, KTS 1984, 345, 354 f.; Häsemeyer, InsR, Rn. 15.05; Offergeld, Rechtsstellung, 56 f.; Tanz, Verwaltungsrecht, 23 ff. 373 Grundlegend K. Schmidt, KTS 1984, 345, 360 ff.; ferner ders., NJW 1995, 911, 912 f.; ders., NJW 1987, 1905, 1906 f.; ders., KTS 1991, 211, 219 ff., ders., Festschrift Kreft, 503, 506; MünchKommHGB-K. Schmidt, Anm. § 158 Rn. 45; zust. LAG Hamm, ZInsO 2001, 234, 236; Hess/Weis/Wienberg, § 80 Rn. 101; MünchKommZPO-Lindacher, vor § 50 Rn. 36; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, § 40 Rn. 16; Thomas/Putzo-Putzo, § 51 Rn. 29; vgl. auch OLG Hamm NJW-RR 2002, 1396, 1397; Pawlowski, JuS 1980, 378, 380. 374 Zum Meinungsstand siehe § 3 A IV 1 a aa (S. 30). 372
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difizierten Vertretertheorie. Diese Vertretertheorie eigne sich dann auch, um die übrigen Fallgruppen der sog. Parteien kraft Amtes zu erklären.375 Schmidt hält den von ihm vertretenen Methodendualismus, den Insolvenzverwalter einerseits als Organ juristischer Personen und andererseits als Vertreter natürlicher Personen zu verstehen, nicht für eine unsachgemäße Aufspaltung, sondern meint, dieser Dualismus spiegele lediglich die Unterscheidung zwischen der Vertretung von juristischen Personen durch Organe und der von natürlichen Personen durch gesetzliche Vertreter wider. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Institute, die sowohl bei natürlichen wie bei juristischen Personen Platz greifen, durchweg einheitlich charakterisiert werden. So sind beispielsweise Pfleger für unbekannte Beteiligte einheitlich als gesetzliche Vertreter einzuordnen, unabhängig davon, ob der unbekannte Beteiligte natürliche oder juristische Person ist. So bedeutet der von Schmidt befürwortete Dualismus durchaus eine Aufspaltung des Instituts der Insolvenzverwaltung in zwei unterschiedliche Gebilde. Dabei stellt sich nach Schmidts Modell376 nur in der Insolvenz der natürlichen Person und außerhalb des Insolvenzrechts das hier diskutierte Problem, wie eine sog. Partei kraft Amtes mit Wirkung für ein verselbstständigtes Sondervermögen handelt, während in der Insolvenz juristischer Personen der Insolvenzverwalter die Handlungsfähigkeit des Insolvenzschuldners mit Wirkung für sein gesamtes Vermögen herstellt, das nur aus der Insolvenzmasse besteht. Dass diese von Schmidt behauptete Aufspaltung unsachgemäß ist, könnte man formal damit begründen wollen, dass sie im Gesetz keine Stütze findet. Die einzige Differenzierung, die das Insolvenzrecht überhaupt enthält, ist die zwischen dem Regelinsolvenzverfahren und dem vereinfachten Insolvenzverfahren nach §§ 311 ff. InsO. Das Gesetz unterscheidet für den Anwendungsbereich beider Verfahren in § 304 InsO der Sache nach danach, ob und in welchem Umfang der Insolvenzschuldner, wenn er natürliche Person ist, wirtschaftlich tätig war. Entscheidend darf aber nicht allein diese Wortlautüberlegung sein, sondern es muss darauf abgestellt werden, ob die einzelnen Lösungsversuche für sich überzeugen. Dabei sieht sich die Interpretation der sog. Parteien kraft Amtes als Vertreter allerdings den gleichen Einwänden ausgesetzt wie die »alte« Vertretertheorie. Das Vorbild der modernen Organtheorie als Repräsentationsmodell kann gegen diese Einwände entgegen Schmidt nichts ausrichten, weil – wie dargestellt – die Problemlage eine ganz andere ist. Gegen den Erklärungswert des organschaftlichen Erklärungsansatzes spricht zunächst seine Beschränktheit. Vor allem aber sprechen gegen die moderne Organtheorie eine Reihe der Argumente, die schon gegen die Vertretertheorie angeführt wurden. So ist es fraglich, ob die völlig heteronome Interessenverfolgung, die dem Insolvenzverwalter obliegt, wirklich allein als Internum der Insolvenzschuldnerin angesehen werden sollte. Es gibt ferner keine Entsprechung dafür, dass ein Gesellschaftsorgan Weisungen Gesellschaftsfremder wie denen des Gläubigerausschusses folgen muss. Auch weckt die komplette Entmachtung des bisherigen Geschäftsführungsorgans durch die Feststellung, dass die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft nunmehr von dem Insolvenz375 376
Ausdrücklich zur Testamentsvollstreckung K. Schmidt, HandelsR, § 5 I 1 d bb. Anders oben § 3 A IV 1 a aa (S. 30).
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verwalter hergestellt wird, Bedenken. Denn die Gesellschaft wird auch durch ihr ordentliches Vertretungsorgan ihre Eigeninteressen wahrnehmen, nicht zuletzt sich etwa gegen eine unberechtigte Insolvenzeröffnung im Wege des Rechtsmittelverfahrens zur Wehr setzen wollen.
IV. Theorie vom neutralen Handeln Auf Hans Dölle geht die sog. Theorie vom neutralen Handeln zurück. Diese Auffassung will das Amtswalterhandeln in den hier untersuchten Fällen weder dem Handeln im eigenen Namen noch dem Handeln im fremden Namen zuordnen, sondern prägt eine dritte Kategorie des sog. neutralen oder objektbezogenen Handelns.377 Diesem Ansatz Dölles ist zuzugestehen, dass das Amtswalterhandeln in diesen Fällen weder als solches für den vertretenen Sondervermögensinhaber noch als reines Eigenhandeln des Amtswalters aufgefasst werden kann. Das Amtswalterhandeln betrifft weder das freie Vermögen des Amtswalters noch das des Sondervermögensträgers, sondern allein das Sondervermögen. Daraus lässt sich aber nicht folgern, dass das Amtswalterverhalten eines subjektiven Bezugs entbehrt. In unserer Rechtsordnung muss jedes Verhalten entsprechend der natürlichen Betrachtungsweise einem Handlungssubjekt zugeordnet sein.378 Geht man von diesem Prinzip aus, bietet eine Auffassung, die von dieser Prämisse absieht, keinen überzeugenden Erklärungsansatz.
V. Theorie von der Partei kraft Amtes In der Rechtsprechung wird seit einer Entscheidung des Reichsgerichts vom 30.3.1892379 die sog. Amtstheorie380 vertreten.381 Diese Theorie wird auch in der Literatur überwiegend zugrunde gelegt,382 häufig wird für sie klar Stellung bezogen,383 gelegentlich wird sie fortentwickelt384. Die Amtstheorie versteht das 377 Dölle, Festschrift Schulz, 268 ff.; zust. Kipp/Coing, § 97 VI 1, zum Nachlassverwalter. – In der Begründung einzelner Ergebnisse stehen sich diese Theorie und die Lehre von der Partei kraft Amtes sehr nahe, siehe nur die Verweise auf Dölle bei Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 15, 32. 378 Bork, InsR, Rn. 67; siehe auch K. Schmidt, KTS 1984, 345, 356, der allerdings auf das Prinzip abhebt, dass Rechte nicht ohne Rechtsträger bestehen dürfen; zust. Häsemeyer, Rn. 15.06 Fn. 33. 379 RGZ 29, 29, 30, 36 f. zum Konkursverwalter 380 Der Begriff »Amtstheorie« ist an sich nach dem hier geprägten Amtsbegriff freilich nichtssagend, weil auch Vertreter und Organ Amtswalter sein können. Hier wird dieser Begriff dennoch gebraucht, weil er als Kurzform für die »Theorie von der Partei kraft Amtes« verstanden wird. 381 Allgemein: RGZ 80, 416, 418; BGHZ 24, 393, 396; zum Konkursverwalter RGZ 35, 28, 31; 52, 330, 333 f.; 53, 8, 9; 66, 113, 114; 73, 312, 315; BGHZ 44, 1, 4; 49, 11, 16; 88, 331, 334 ff.; 100, 346, 351; 127, 156, 163 f.; zum Testamentsvollstrecker 56, 327, 330; 59, 361, 365 f.; 61, 139, 145; 76, 125 f.; 155, 350; BGHZ 51, 125, 128; zum Nachlassverwalter BGHZ 38, 281, 283 f.; zum Zwangsverwalter BGHZ 155, 38. 382 Baur/Stürner, InsR, Rn. 10.9; Stein/Jonas-Bork, vor § 50 Rn. 35; Kübler/Prütting-Lüke, § 80 Rn. 38; MünchKommInsO-Ott, § 80 Rn. 35; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 56 Rn. 74; ZöllerVollkommer, § 51 Rn. 7; Musielak-Weth, § 51 Rn. 19. 383 Bork, InsR, Rn. 68; Häsemeyer, InsR, Rn. 15.06 f.; Pohlmann, Befugnisse, Rn. 548. 384 Insbesondere Henckel, Parteilehre, 119 ff.; Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 4–168; Weber, KTS 1955, 102, 103.
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Handeln des Amtswalters als fremdnütziges Eigenhandeln, das Wirkungen gegenüber dem Sondervermögen äußert.385 So versucht sie einen Mittelweg zwischen der Vertretertheorie, die als Handlungssubjekt weiterhin den Träger des Sondervermögens erscheinen lässt, und der Organtheorie, die das Sondervermögen selbst als Handlungssubjekt anerkennt, zu finden. Sie bringt zum Ausdruck, dass die Amtsperson weder allein im Interesse des Sondervermögensträgers oder eines anderen Beteiligten tätig wird386 noch das Sondervermögen selbst rechtsfähig ist. Das Verständnis als Eigenhandeln beruht in starkem Maße auf der Interpretation der Bestimmungen, die den Übergang der Verfügungsbefugnis (über die Gegenstände des Sondervermögens) auf die Amtsperson anordnen (§§ 1984 Abs. 1, 2205 S. 2 BGB, 80 Abs. 1 InsO, 148 Abs. 2, 152 ZVG).387 Der Amtswalter soll – wie der Ermächtigte (§ 185 Abs. 1 BGB) – im eigenen Namen verfügen dürfen. Die Amtstheorie versteht dabei das Amtswalterhandeln nicht als ein so klar konturiertes Institut wie Vertretung oder Organhandeln. Sie will nicht Ergebnisse aus einer Theorie ableiten.388 Sie behauptet aber ein übersichtliches System, das Lösungen für die einschlägigen Einzelfragen anbietet und offen für neu auftretende Rechtsprobleme bleibt.389 Der kritische Test der Amtstheorie besteht in der Abgrenzung des Amtswalterhandelns vom Eigenhandeln des Amtswalters für sein eigenes Vermögen. Zwar ist nicht zu bezweifeln, dass die sog. Parteien kraft Amtes durch ihr Amtswalterhandeln ihr Privatvermögen – anders als rechtsgeschäftlich bestellte Treuhänder390 oder Kapitalanlagegesellschaften391, die wie mittelbare Stellvertreter auftreten –392 nicht berühren. Anderenfalls wäre eine Schadensersatzverpflichtung wie in § 61 InsO überflüssig. Zu hinterfragen ist aber, wie die Amtstheorie die Abgrenzung von Eigenhandeln und Amtswalterhandeln gewährleistet.
385 RGZ 80, 416, 418: »Testamentsvollstrecker, Konkursverwalter oder sonstige Personen, die aufgrund eines Amtes fremde Vermögen verwalten, handeln dagegen zwar auch nicht als Vertreter im fremden Namen, sondern kraft eigenen Rechts im eigenen Namen, aber durch die kraft ihres Amtes von ihnen abgeschlossenen Verträge werden nicht zwischen ihnen persönlich und dem Vertragsgegner, sondern zwischen diesen und den Inhabern der von ihnen verwalteten Vermögen rechtliche Beziehungen geschaffen.« – Freilich wäre nach der hier (§ 3 A I 2, III 2, S. 18, 27) vertretenen Auffassung vom Recht die Formulierung »kraft eigener Befugnis« vorzuziehen. 386 RGZ 73, 312, 315: »amtliches Organ für die Durchführung des Konkurszwecks, das die Rechte der Gläubiger und der Gemeinschuldnerin mit eigener Parteistellung zu vertreten hat«. 387 Bork, InsR, Rn. 68; Henckel, Parteilehre, 119 ff. 388 Vgl. Häsemeyer, InsR, Rn. 15.07: »zunächst eher ein Programm als eine für Ableitungen taugliche Grundlage«; ferner Baur/Stürner, InsR, Rn. 10.9; Stein/Jonas-Bork, vor § 50 Rn. 32; Bork, InsR, Rn. 64; Kübler/Prütting-Lüke, § 80 Rn. 32 f.; MünchKommInsO-Ott, § 80 Rn. 35; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 56 Rn. 74. 389 Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 168. 390 Dazu § 3 A IV 1 d (S. 34 ff.). 391 Dazu § 3 C III 5 (S. 92), A IV 1 e (S. 38). 392 Siehe § 6 B (S. 216 ff.).
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1. Charakter vermögensbezogenen Handelns Die Amtstheorie nimmt diese Abgrenzung unter Hinweis auf die Amtsbezogenheit und damit die Fremdnützigkeit des Amtswalterhandelns vor.393 Allen voran Wolfram Henckel ist es zu danken, dass er im Anschluss an Friedrich Weber den Versuch unternommen hat, diese Fremdnützigkeit in ein allgemeines Modell für handlungsabhängige Tatbestände einzupassen. Handeln im eigenen Namen ist nach ihm differenziert zu betrachten. Es komme nicht nur darauf an, wer handele, sondern auch, für welches Vermögen er handele.394 a) Vermögensbezogenes Handeln im Prozessrecht Diese Differenzierung wird besonders im Prozessrecht deutlich, wo die Lehre von der Partei kraft Amtes ihren Ursprung (und ihr Hauptanwendungsgebiet) hat395. Die spezifischen (prozessualen) Wirkungen der Prozessführung eines Amtswalters werden aus dem Parteibegriff erklärt. Henckel hat im Anschluss an Weber die Rechtsfigur des sog. Interessevermögens herausgearbeitet.396 Interessevermögen ist danach das Vermögen, in dessen Interesse der Vermögensprozess geführt wird. Das sei grundsätzlich – gleich ob der Prozess aus eigenem Recht oder in Prozessstandschaft geführt werde – das Vermögen der Partei, über das sie frei verfügen könne und das eine Haftungseinheit bilde.397 Die Parteien kraft Amtes verfügten aber neben ihrem freien Vermögen mit dem von ihnen verwalteten Sondervermögen über ein weiteres Interessevermögen. Um die Partei eines Rechtsstreits zu bestimmen, wird deswegen nicht für ausreichend erachtet festzulegen, wer als Zurechnungsendsubjekt (also ohne Vertreter zu sein) selbst das Verfahren führe. Maßgeblich sei darüber hinaus, für welche Vermögensmasse die Partei das Verfahren führe. Der Begriff Partei habe demnach drei Aspekte: erstens die Person, die das Verfahren führt, ohne Vertreter zu sein; zweitens die Vermögensmasse, für die der Prozess geführt wird; drittens den materiellen Träger dieser Vermögensmasse. Für Tatbestände der ZPO, die an den Begriff Partei anknüpfen (sog. Parteifunktionen), sei daher zu untersuchen, auf welchen Aspekt des Parteibegriffs sich die einzelne Norm beziehe.398 Zwar führe diese Aufspaltung des Parteibegriffs im Regelfall nicht zu anderen Ergebnissen, als wenn man nur auf die handelnde Partei abstellte. Normalerweise lägen Prozessführung, Interessevermögen und Inhaberschaft des Interessevermögens in einer Hand. Im Fall der Parteien kraft Amtes bestände indessen eine Abweichung. Der Amtswalter führe den Prozess – wie den Prozess über sein eigenes Vermögen – im eigenen Namen, In393
Häsemeyer, InsR, Rn. 15.06. Jaeger-Henckel, § 6 Rn. 32, 58 ff.; Henckel, Parteilehre, 106 f.; 123 ff.; Weber, KTS 1955, 102, 105, 108 ff. 395 Weber, KTS 1955, 102, 103; vgl. ferner Bötticher, ZZP 77 (1964) 55, 61 f., 71; Hanisch, Rechtszuständigkeit, 70; K. Schmidt, KTS 1975, 345, 359. 396 Henckel, Parteilehre, 106 f.; zuvor vor allem Weber, KTS 1955, 102, 104 ff.; aber auch de Boor, Parteiwechsel, 52 f., der den Terminus »Streitvermögen« prägte. 397 Henckel, Parteilehre, 188. 398 Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 58; Weber, KTS 1955, 102, 109. 394
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teressevermögen sei das Sondervermögen, Vermögensträger seien die jeweiligen Sondervermögensträger (Insolvenzschuldner, Erbe, Vollstreckungsschuldner). Die spezifischen Wirkungen der Prozessführung des Amtswalters unterscheiden sich so erheblich von den Wirkungen der Prozessführung durch einen sonstigen Pro-zessstandschafter. Der Prozessstandschafter kann zwar auch Wirkungen für den Rechtsinhaber herbeiführen, insbesondere wenn sich die Rechtskraft der Entscheidung auf den Rechtsinhaber erstreckt.399 Interessevermögen ist aber das Vermögen des Prozessstandschafters, so dass für die Parteifunktionen in erster Linie auf den Standschafter abzustellen ist. So haftet beispielsweise sein Eigenvermögen für den Kostenerstattungsanspruch.400 Ludwig Häsemeyer unterscheidet daher die auch eigennützige Prozessstandschaft, bei der Interessevermögen das Vermögen der Partei sei, von der rein fremdnützigen Prozessstandschaft, bei der Interessevermögen allein das Vermögen des Interessenträgers sei.401 b) Amtsbezogenes Handeln im materiellen Recht Die materiellen Rechtsfolgen werden ebenfalls auf der Grundlage von Eigenhandeln des Amtswalters erklärt. Am einfachsten erscheint diese Erklärung für die Verfügungen in Anlehnung an sonstige Verfügungen berechtigter Rechtsinhaber: Die Verfügung soll die Amtsperson aufgrund der ihr mit dem Amt verliehenen Verfügungsbefugnis vornehmen können. Dabei soll die Amtsperson sogar ihre Funktion nicht offen zu legen brauchen.402 Oft könne es von Vorteil sein, dass der Amtswalter bei Veräußerungen nicht offenbaren müsse, dass er Gegenstände aus einer Liquidationsmasse veräußere.403 Die Befugnis der Amtsperson, die verwaltete Masse rechtsgeschäftlich zu verpflichten, wird auf eine parallel zur Verfügungsbefugnis bestehende Verpflichtungsbefugnis gestützt.404 Nach einer weit verbreiteten Meinung soll es für die Verhaftung des Sondervermögens daher ebenfalls nicht darauf ankommen, ob die Amtsperson ihre Stellung offen legt.405 Wenn sie das tut, soll allerdings die Haftung ihres eigenen Vermögens ausscheiden. Diese Freistellung des Eigenvermögens begründet Henckel wiederum unter Hinweis auf die Vermögensbezogenheit des Eigenhandelns eines Amtswalters.406
399 Das ist aber keinesfalls notwendigerweise der Fall MünchKommZPO-Gottwald, § 325 Rn. 38 ff.; Jacoby, Musterprozeßvertrag, 75 ff.; Stein/Jonas-Leipold, 21. Aufl. (1998), § 325 Rn. 54 ff.; a. A. Berger, Rechtskraft, 141 ff. 400 Bei den Parteien kraft Amtes haftet indessen nur das Sondervermögen BGHZ 88, 331, 334; Stein/Jonas-Bork, vor § 91 Rn. 25; Henckel, Parteilehre, 137 f.; Häsemeyer, InsR, Rn. 14.11; Steiner-Hagemann, § 152 Rn. 172. 401 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 275 f. 402 Kübler/Prütting-Lüke, § 80 Rn. 55. 403 Harder, Surrogation, Rn. 47; Jahr, Festschrift Weber, 275, 297. 404 Bettermann, JZ 1951, 321, 324; Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 32; Henckel, Parteilehre, 122; Kübler/Prütting-Lüke, § 80 Rn. 39; vgl. auch Dölle, Festschrift Schulz, 268, 277 f. 405 Staudinger-Marotzke (2002), § 1985 Rn. 7; a. A. Muscheler, Haftungsordnung, 203 f. 406 Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 32.
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§ 9: Parteiwalter kraft Amtes
Der Rechtserwerb wird auf eine Analogie zu den Bestimmungen der sog. dinglichen Surrogation, ganz überwiegend407 zu den vorgestellten Vermögenszuordnungsklauseln,408 gegründet.409 Meist wird dieser Erwerb daher nicht an den (erkennbaren) Willen der Amtsperson, für die Masse erwerben zu wollen, geknüpft.410 2. Kritik Die Amtstheorie greift nicht auf ein ausgebildetes Institut zurück. Insbesondere liegt ihr nicht das beschriebene System mittelbarer Stellvertretung durch Amtswaltereigenhandeln zugrunde,411 da der Amtswalter durch sein Handeln Wirkungen nicht für sein Eigenvermögen, sondern ausschließlich für das jeweilige Sondervermögen herbeiführen soll. Mangels Vergleichsmaßstab lässt sich der Amtstheorie nicht vorwerfen, ihr Konzept sei fehlerhaft im Sinne eines Systembruchs. Das offene System der Amtstheorie ist durchaus in der Lage, Einzelergebnisse auf Grundlage der im Einzelfall für richtig erachteten Wertung zu legitimieren. An drei Problembereichen ist im Folgenden aber zu zeigen, dass die Verknüpfung der Amtstheorie mit Eigenhandeln des Amtswalters stets Gefahr läuft, den Theorieanwender in die Irre zu führen und »falsche« Ergebnisse zu legitimieren.412 a) Betonung des Amtswalters Ein erster Einwand gegen die Amtstheorie besteht darin, dass sie dazu verleitet, auf den Amtswalter abzustellen. Diesem Ergebnis kann man zwar mit den von Henckel erläuterten Konstruktionen begegnen. Die bezeichnete Gefahr bestimmt aber vielfach die Diskussion, wenn das Ergebnis einmal nicht so klar auf der Hand liegt wie das, dass der Amtswalter nicht sein eigenes Vermögen verpflichtet. Das klassische Beispiel einer solchen Diskussion war die Frage, wie der Gerichtsstand des Konkursverwalters zu bestimmen ist.413 Der BGH stellte auf den Gerichtsstand des amtierenden Amtswalters ab.414 Zwar begründete er sein Er407 Harder, Surrogation, Rn. 118, stützt die Surrogation zusätzlich noch auf eine Analogie zu zwangsvollstreckungsrechtlichen Surrogationsregeln. 408 Oben unter § 3 C II 3 a (S. 63 ff.). 409 Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 37 zum Konkursverwalter; Begründung zu § 42 RegE (§ 35 InsO), BT-Drucks. 12/2443 = BR-Drucks. 1/92, S. 122; Harder, Surrogation, Rn. 59 ff.; Kübler/ Prütting-Lüke, § 80 Rn. 55 zum Insolvenzverwalter; Staudinger-Marotzke (2002), § 1985 Rn. 8 zum Nachlassverwalter; Muscheler, Haftungsordnung, 257 ff. zum Testamentsvollstrecker. 410 Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 37 zum Konkursverwalter; Harder, Surrogation, Rn. 116 zum Insolvenzverwalter; Staudinger-Marotzke (2002), § 1985 Rn. 8 zum Nachlassverwalter; a. A. Muscheler, Haftungsordnung, 257 ff. zum Testamentsvollstrecker. 411 Oben unter § 6 B (S. 216 ff.). 412 Vgl. auch die Kritik von Baur/Stürner, InsR, Rn. 10.9; Bötticher, ZZP 77 (1961), 55, 61; K. Schmidt, KTS 1984, 345, 359 f.; Stürner, ZZP 94 (1981), 263, 297. 413 Als weiteres Beispiel führt etwa K. Schmidt, NJW 1987, 1905, an, dass für die Entscheidung über die Anwendung von Handelsrecht im Konkursverfahren nach der Kaufmannseigenschaft des Verwalters gefragt werde. 414 BGHZ 88, 331, 334 f.
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A. Kritischer Überblick über den Meinungsstand
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gebnis nicht allein unter Hinweis auf die Parteistellung des Amtswalters, sondern mit Überlegungen zu Sinn und Zweck der Gerichtsstände. Es ist aber nicht zu leugnen, dass dieses Ergebnis auf Grundlage der Amtstheorie näher liegt als auf der der Vertretertheorie. § 19a ZPO hat dieses Problem für den Insolvenzverwalter nunmehr dahin gehend gelöst, dass sich der Gerichtsstand nach dem Sitz des Insolvenzgerichts regelt. Ob Entsprechendes auch für die anderen Amtswalter gelten soll, ist nicht geregelt.415 Ein aktuelleres, bislang wenig kommentiertes,416 aber doch bemerkenswertes Beispiel liefert eine Entscheidung des BGH zur Frage, wie die Aufhebung der Zwangsverwaltung auf einen Aktivprozess eines Zwangsverwalters wirkt, in dem der Verwalter von der Zwangsverwaltungsanordnung erfasste Mietansprüche beitreibt.417 Der BGH verneinte die Voraussetzungen von §§ 239 ff. ZPO, aber auch von § 265 ZPO, und wies die Klage ab, weil mit der (umfassenden) Verfahrensaufhebung die Prozessführungsbefugnis des Zwangsverwalters erloschen sei. Wie der BGH in dieser Entscheidung – und das gilt für alle hier in Rede stehenden Ämter – zu Recht ausspricht, sind zwei Konstellationen bei Aufhebung des Verfahrens zu unterscheiden. Entweder wirkt die Verfahrensaufhebung umfassend oder die Verfahrensaufhebung belässt dem Amtswalter noch Befugnisse für die Abwicklung des aufgehobenen Verfahrens418. Im zweiten Fall mag der Amtswalter laufende Prozesse zu Ende führen und mögliche Erlöse verteilen dürfen.419 Er behält sein Amt und damit auch seine Prozessführungsbefugnis, soweit die Prozessführung von dem nunmehr eingeschränkten Verfahrenszweck noch gedeckt ist. Für den Fall der umfassenden Verfahrensaufhebung, den der BGH nach Antragsrücknahme und uneingeschränkter gerichtlicher Aufhebungsverfügung in der vorgestellten Entscheidung annahm, ist aber zu berücksichtigen, was bereits das Reichsgericht zur Aufhebung eines Konkursverfahrens (nach Zwangsvergleich) ausgesprochen hat:420 »Das Organ, welches bis dahin auf der Klageseite Parteistellung bekleidet hatte, ist weggefallen, der Konkursverwalter existiert begrifflich nicht mehr.« In den Worten der Amtstheorie muss man sagen, dass das Interessevermögen weggefallen ist und der Amtswalter mit Wirkung für dieses nicht mehr prozessieren kann. Ein Parteiwechsel ist daher ebenso notwendig wie beim Tod eines Menschen, weil die verstorbene Partei weggefallen ist. Umstritten ist lediglich, ob ein Unterbrechungstatbestand entsprechend §§ 239 ff. ZPO greift.421 Die Bezugnahme der Amtstheorie auf das Eigenhandeln des Amtswal415 Stein/Jonas-Roth, § 13 Rn. 18, will unter Anknüpfung an BGHZ 88, 331 ff. auf den Wohnsitz des Amtswalters abstellen. 416 Brehm, WuB VII. A. § 265 ZPO 1.03, befasst sich lediglich mit den Voraussetzungen von § 265 ZPO; siehe ferner KG NZM 2004, 639. 417 BGHZ 155, 38 ff. 418 Vgl. etwa die Möglichkeit der Nachtragsverteilung nach §§ 198, 202 InsO auch nach Aufhebung des Verfahrens (§ 200 InsO). 419 Vgl. BGH NJW-RR 1993, 442 f. zur Aufhebung der Zwangsverwaltung wegen Zuschlags in der Zwangsversteigerung; ferner auch noch Hagemann, Rpfleger 1988, 278 f. – Kritisch Wrobel, Prozeßführungsbefugnis, 103 ff. 420 RGZ 52, 330, 334. 421 RGZ 47, 372, 373 f.; 52, 330, 333 f.; 58, 369, 371; 155, 350, 353 f.; für §§ 239, 246 BGB Jaeger-Henckel, KO,§ 6 Rn. 70; MünchKommInsO-Schumacher, vor §§ 85–87 Rn. 89; Weber,
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§ 9: Parteiwalter kraft Amtes
ters vernebelt diesen Tatbestand freilich und lässt die Lösung des BGH, dass der Amtswalter den Prozess fortführen kann, als möglichen Weg erscheinen422. Es bleibt die Frage, aus welchem Vermögen der unterliegende Amtswalter die Prozesskosten zahlt. b) Keine Offenkundigkeit der Vermögensbezogenheit Ein weiterer Kritikpunkt an der Amtstheorie bezieht sich darauf, dass die notwendige Trennung des Handelns des Amtswalters in entweder echtes Eigenhandeln mit Wirkung für sein freies Vermögen oder in Amtswalterhandeln für das eine oder andere von ihm betreute Sondervermögen verwischt wird. aa) Offenlegungsgrundsatz des § 164 BGB § 164 BGB verlangt von Vertretern und auch von Organen, dass sie offen legen, ob sie im eigenen Namen (für ihr Vermögen) oder im Namen des Vertretenen (für dessen Vermögen) handeln. Von diesem Erfordernis wollen Vertreter der Amtstheorie für die Parteien kraft Amtes absehen. Die Parteien kraft Amtes handelten im eigenen Namen.423 Auch wenn der Amtswalter – was in der Praxis freilich selten geschieht – nicht offen lege, dass er in seiner amtlichen Stellung handele, oder diese Amtsstellung zwar offen lege, aber (irrtümlich) nicht für das eigentlich von der Verwaltungshandlung betroffene Vermögen handele, könnten unmittelbare Wirkungen für das (betroffene) Sondervermögen eintreten. Der Offenlegung des Amtswalters, für das Sondervermögen zu handeln, käme so, soweit man auf das Sondervermögen abstellt, nur deklaratorische Bedeutung zu; Wirkungen solle diese Klarstellung allein für das Eigenvermögen des Verwalters äußern, weil dieses dann nicht betroffen werde. Dieses Konzept überzeugt gerade im Vergleich zum Organ- und Vertreterhandeln nicht. Es lassen sich keine diesen Ämtern zugrunde liegenden Gesichtspunkte benennen, die diese Ungleichbehandlung rechtfertigten. Veranschaulichen soll dies eine Betrachtung von Verpflichtung, Verfügung und Erwerb des Amtswalters. Die Haftungsfolgen einer Verpflichtung des Amtswalters bestimmen sich nach dem kritisierten Konzept der Amtstheorie vorrangig nach objektiven Gesichtspunkten. Die Erklärung des Amtswalters bei Abschluss eines Verpflichtungsvertrags, für ein Verwaltungsvermögen zu handeln, bewirke aber eine Freistellung des Eigenvermögens von der Haftung für die begründete Schuld. Gegen das am
KTS 1955, 102, 110 f.; Wrobel, Prozeßführungsbefugnis, 114 ff.; für § 241 ZPO K. Schmidt, Festschrift Kreft, 503, 510 f., unter Berufung auf RGZ 73, 312; schließlich Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 80 Rn. 70 m. w. Nachw. zum aktuellen Streitstand bei Aufhebung der Insolvenz; dazu unten B II 5 e aa 2 (S. 314). 422 So freilich auch schon BGHZ 83, 102 ff.; ferner insbesondere Grunsky, Veräußerung, 95 ff., der für eine Anwendung des § 265 ZPO plädiert. 423 Vgl. Harder, Surrogation, Rn. 47 ff., 53, 116; Kübler/Prütting-Lüke, § 80 Rn. 55 zum Insolvenzverwalter; Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 37; Jahr, Festschrift Weber, 275, 297 zum Konkursverwalter; Staudinger-Marotzke (2002), § 1985 Rn. 8 zum Nachlassverwalter; ferner Dölle, Festschrift Schulz, 268, 276 ff.
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A. Kritischer Überblick über den Meinungsstand
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Verkehrsschutz ausgerichtete Prinzip des § 164 Abs. 1 BGB wird so in verschiedener Hinsicht verstoßen. Die Haftung des Sondervermögens ist in den Fällen, in denen der Amtswalter ohne Hinweis auf seine Amtstätigkeit auftritt, für den Vertragspartner unverdiente Wohltat. Er schloss den Vertrag allein im Hinblick auf die Haftung des Eigenvermögens des Amtswalters. In den gebräuchlichen Fällen indessen, in denen der Amtswalter die Funktion seines Handelns offen legt, fehlt eine dogmatische Begründung für die Freizeichnung des Eigenvermögens.424 Denn eine entsprechende Abrede liegt nicht vor.425 Eine überzeugende Erklärung bietet also nur, eine besondere Handlungsform anzunehmen, die diese Rechtsfolge äußert. Diesen Weg gehen aber die Vertreter der Amtstheorie nicht, wenn sie das Amtswalterhandeln als bloßes Eigenhandeln und nicht als eine entsprechend § 164 BGB offen zu legende besondere Handlungsform einordnen. Der Vergleich zu Vertretern und Organen lässt allein als interessengerecht erscheinen, entsprechend § 164 BGB danach zu entscheiden, ob der Amtswalter offen legt, für verwaltetes Vermögen zu handeln – dann würde dieses Vermögen haften – oder ob er dieses nicht offen legt, was zur Eigenhaftung führt. bb) Bedeutung der Vermögensbezogenheit Die Wirkung von Verfügungen des Amtswalters zulasten des Sondervermögen ist leicht zu erklären, wenn man das Amtswalterhandeln als Eigenhandeln ansieht. Es gibt dann keinen Grund zu verlangen, dass der Amtswalter offenbaren muss, mit Wirkung für das Sondervermögen zu handeln. Es reicht allein zur Begründung der Fremdwirkung die Ermächtigung des Amtswalters durch den Sondervermögensbeschlag. Zu bedenken bleibt jedoch, dass Vertreter und Organ nach § 164 BGB auch bei Verfügungen offenbaren müssen, dass sie in Vertretung oder als Organ verfügen. Damit einher geht die Erwägung, dass ein Verfügungsgeschäft neben dem Rechtserwerb des Geschäftspartners noch eine Reihe von Wirkungen äußern kann, die durchaus vermögensbezogen sind.426 Gehört das Recht, über das verfügt wurde, nicht zum Sondervermögen, stellt sich etwa die Frage des gutgläubigen Erwerbs. Hier macht es einen Unterschied, aus welchem Vermögen der Erwerber erwirbt. Auf dieses Vermögen muss sich der gute Glaube des Erwerbers nach § 932 BGB beziehen, nur dieses Vermögen haftet für Ersatzansprüche etwa nach § 816 BGB und nur der Erwerb in dieses Vermögen begründet eine Konvaleszenz nach § 185 Abs. 2 S. 1 Fall 2 BGB. Diese Bedeutung der Offenlegung zeigt auch das Beispiel einer Verfügung eines nach § 185 Abs. 1 BGB ermächtigten Nichtberechtigten (Kommissionärs). Verfügt er im eigenen Namen ohne Hinweis auf seine Stellung, ist auf sein Vermögen abzustellen. Legt er indessen die Ermächtigung und damit seine Besitzmittlung offen, wird in Übereinstimmung mit § 1006 Abs. 3 BGB auf das Vermögen des ermächtigenden Kommittenten und mittelbaren Besitzers abgestellt. Ein gutgläubiger Erwerb ist daher – unabhängig von § 366 HGB – nach § 932 BGB möglich, wenn der Er-
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Siehe oben bereits § 3 C II 2 b aa (S. 55), III 1 c (S. 79). Vgl. § 3 C II 3 b bb 2 (S. 74). Siehe § 3 C II 2 b bb (S. 56).
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§ 9: Parteiwalter kraft Amtes
werber den Ermächtigenden (Kommittenten) für den Eigentümer hält.427 Ist diese Frage, für welches Vermögen der Amtswalter handelt, so bedeutend, ist im Interesse der von § 164 BGB geschützten Verkehrsinteressen wiederum vom Amtswalter zu verlangen, dass er seine Funktion offen legt. Das gegen dieses Ergebnis gerichtete Argument, es wäre von Vorteil, wenn der Amtswalter bei Veräußerungen nicht offenbaren müsse, Gegenstände aus einer Liquidationsmasse zu veräußern,428 überzeugt nicht. Wie ein Blick auch auf Zwangsversteigerung oder Liquidationsverfahren zeigt, räumt das Gesetz dieser Erwägung kein Gewicht ein. Außerdem bleibt dem Amtswalter schon durch Einschaltung Dritter die Möglichkeit einer anonymisierten Veräußerung. cc) Sog. dingliche Surrogation Schließlich ist es auch nicht zu rechtfertigen, anhand der Vorschriften über die sog. dingliche Surrogation danach zu entscheiden, welcher Vermögensmasse der vom Insolvenzverwalter durch sein Eigenhandeln erzielte Erwerb zuzuordnen ist. Zunächst besteht für eine Anwendung dieser sonst nur ausnahmsweise eingreifenden Vorschriften keine gesetzliche Grundlage. Die von den Vertretern der Amtstheorie hergestellte Parallele zu den Klauseln der sog. dinglichen Surrogation hinkt, weil die in Bezug genommenen Klauseln regelmäßig keine echte Surrogation unter Wechsel des Zuordnungssubjekts darstellen, sondern lediglich eine Zuordnung zwischen verschiedenen Vermögensmassen der ohnehin betroffenen Rechtsträger gewährleisten.429 Vor allem aber ist wiederum keine Wertung ersichtlich, die eine solche Surrogation rechtfertigen könnte. Zwar wären die durch den Sondervermögensbeschlag geschützten Beteiligten dinglich gegen eine Unterschlagung der Parteien kraft Amtes geschützt. Abgesehen davon, dass dieser Schutz unvollkommen bliebe, weil er nicht gegen tatsächliche Verschiebungen wirkt, ist aber nicht ersichtlich, warum dieser dingliche Schutz gerade bei Parteien kraft Amtes greifen sollte, während er bei Vertretern oder Organen kraft Amtes nicht vorgesehen ist. Im Sinne klarer Verhältnisse des Rechtsverkehrs ist vielmehr vorzuziehen, nach § 164 BGB darauf abzustellen, ob die Partei kraft Amtes erkennbar für das Verwaltungsvermögen erwerben will. dd) Fazit Im Ergebnis wäre von der Amtstheorie zu verlangen, dass sie den Eintritt von Wirkungen für das Sondervermögen davon abhängig macht, ob der Amtswalter die Fremdbezogenheit seines so bezeichneten Eigenhandelns offen legt. Diese Voraussetzung würde die Amtstheorie auch nicht ad absurdum führen. Zwar wurde vielfach gegen die Lehre von der Partei kraft Amtes der Vorwurf erhoben, wer verdeutliche, im Drittinteresse für eine fremde Vermögensmasse tätig zu sein, sei als Vertreter einzuordnen.430 Dieser Einwand ist aber nicht stichhaltig. Ein Eigenhandeln kann durchaus vorliegen, wenn man nach außen den Drittbe427 428 429 430
BGHZ 10, 81, 85 ff.; Palandt-Bassenge, § 932 Rn. 5; Westermann-Gursky, SR, § 47 I 2. Vgl. erneut Harder, Surrogation, Rn. 47; Jahr, Festschrift Weber, 275, 297. Siehe § 3 C II 3 a cc (S. 67). Lent, ZZP 62 (1941), 129, 189; v. Tuhr, AT II 1, § 60 III.
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zug des Handelns offen legt.431 Sinn macht dieses Verhalten freilich nur, wenn das Eigenhandeln – wie etwa die Verfügung des Ermächtigten über fremde Rechte im eigenen Namen (§ 185 Abs. 1 BGB) – auch Drittwirkungen erzeugen kann. Gerade das behauptet die Amtstheorie. Problematisch ist allerdings, ob die Bezeichnung als Eigenhandeln noch systemgerecht ist, wenn zum Prinzip gemacht wird, dass der Drittbezug des Amtswalterhandelns entsprechend § 164 BGB zu offenbaren ist. c) Vertretungsrecht versus Personenidentität Dieser Einwand lässt sich noch verallgemeinern. Dass Eigenhandeln auch nach der Amtstheorie nicht den wahren Charakter des Amtswalterhandelns beschreibt, zeigen nämlich die Anwendung von Vertretungsregelungen und die Nichtberücksichtigung von Grundsätzen bei Personenidentität. Zunächst einmal wendet die Amtstheorie Normen des Vertretungsrechts – wenn auch nicht, wie gerade verlangt, § 164 BGB – wie selbstverständlich an. Ein Beispiel aus dem Prozessrecht und eines aus dem materiellen Recht mögen genügen: Im materiellen Recht ist die Beschränkung der Handlungsmacht des Amtswalters durch die bei der Vertretung entwickelten Prinzipien des Missbrauchs der Handlungsmacht432 und des Verbots des Insichgeschäfts433 zu nennen.434 Im Prozessrecht ist darauf hinzuweisen, dass § 241 ZPO analog angewendet wird, wenn der Amtswalter, der nach der Amtstheorie Partei des Rechtsstreits ist, stirbt oder auf andere Weise sein Amt verliert, ohne dass das Amt selbst endet.435 Im Prozess gerade zeigt sich ferner, dass der Amtswalter nach der Amtstheorie, auch wenn er stets im eigenen Namen prozessiert, ganz verschiedene Parteien bilden kann.436 Abzugrenzen ist zunächst die Parteistellung des Amtswalters in seiner Amtsfunktion von seiner Stellung als Partei für sich selbst. In beiden Funktionen kann der Amtswalter an demselben Rechtsstreit beteiligt sein. Ist er in beiden Funktionen Partei, so liegt Streitgenossenschaft vor.437 Möglich ist aber auch, dass er in einer Funktion als Streitverkündungsempfänger oder als Nebenintervenient in einen Prozess, den er bereits in anderer Funktion führt, einbezogen wird. Demzufolge darf auch die Funktion, in der der Amtswalter betroffen 431 Dölle, Festschrift Schulz, 268, 269 Fn. 1; Staudinger-Gursky, § 185 Rn. 27; Henckel, Parteilehre, 120; Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 15; Jahr, Festschrift Weber, 275 ff. 432 Zum aktuellen Meinungsstand im Insolvenzrecht BGHZ 150, 353, 361; Häsemeyer, InsR, Rn. 14.09; Preuß, NZI 2003, 625 ff.; Spickhoff, KTS 2000, 15, 28 ff.; dazu unten § 10 A II 1 (S. 341 ff.). 433 BGHZ 113, 262, 270 für den Konkursverwalter; BGHZ 108, 21, 24 für den Testamentsvollstrecker; allgemein bereits BGHZ 30, 67, 69; dazu unten § 10 C I (S. 362). 434 Mit der Amtstheorie steht nicht in Einklang die zumindest in der Kommentarliteratur vertretene Anwendung von § 278 BGB auf das Handeln der Amtswalter, so Bamberger/RothGrüneberg, § 278 Rn. 9; Palandt-Heinrichs, § 278 Rn. 5; Staudinger-Löwisch (2004), § 278 Rn. 113; Ermann-Westermann, § 278 Rn. 11; zutreffend für § 31 BGB Häsemeyer, InsR, Rn. 15.07; Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 46. 435 RGZ 155, 350, 353; Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 115; Stein/Jonas-Roth, 21. Aufl. (1994), § 241 Rn. 9; Wrobel, Prozeßführungsbefugnis, 118 ff. 436 Kritisch zur Amtstheorie daher insbesondere K. Schmidt, KTS 1991, 211, 217 ff. 437 BGHZ 100, 346; 21, 285, 287; BGH ZIP 1991, 42; WM 1989, 1546, 1549.
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§ 9: Parteiwalter kraft Amtes
ist, nicht offen bleiben. Entsprechend sind aber auch unterschiedliche Funktionen des Amtswalters zu unterscheiden, wenn er als Verwalter für verschiedene Sondervermögen tätig ist. Zu denken ist insbesondere an einen Insolvenzverwalter, der mehrere Insolvenzverfahren führt. Auch dann kann es zu einer mehrfachen Beteiligung des Amtswalters an einem Verfahren entweder im Wege der Streitgenossenschaft438 oder im Wege der Drittbeteiligung439 kommen. d) Zusammenfassung Die Kritik an der Amtstheorie lässt sich dahin gehend zusammenfassen, dass sie das Amtswalterverhalten als zugerechnetes Verhalten eines besonderen Handlungssubjekts behandelt oder jedenfalls behandeln sollte, andererseits aber die Behauptung aufrechterhält, das Amtswalterverhalten stelle nicht zuzurechnendes Eigenhandeln des Amtswalters dar.
B. Plädoyer für die Lehre von der Parteistellung des Amtes (moderne Amtstheorie) Teilt man die hier vorgebrachte Kritik an den klassischen Theorien, ist die sog. Partei kraft Amtes weder Vertreter oder Organ noch handelt der Amtswalter für sich selbst. Auf der Suche nach einer überzeugenden Antwort auf die Frage, wie das Verhalten dieser Amtswalter zu erklären ist, muss man daher eine besondere Handlungsform anerkennen: Das amtsbezogene Handeln der sog. Parteien kraft Amtes ist als Handeln für das Handlungssubjekt Amt anzusehen. Die Institution Amt selbst ist Zurechnungsendsubjekt, der Amtswalter Zurechnungshelfer. Die Intellektbetätigungen des Amtswalters sind also dem Amt zuzurechnen. Diese dem Amt zugerechneten Intellektbetätigungen erzeugen die spezifischen, nur das Sondervermögen erfassenden Wirkungen. Im Folgenden sind diesem Modell zunächst klare Konturen zu verleihen (unter I.). Dann ist seine Tragfähigkeit dadurch zu belegen, dass sich auf seiner Grundlage die Ergebnisse von Einzelproblemen herleiten und begründen lassen (unter II.).
I. Präzisierung der Lehre von der Parteistellung des Amtes Die Struktur des zu erläuternden Modells lässt sich am besten durch einen Vergleich zu den klassischen Theorien präzisieren und so eine neue Terminologie prägen (unter 1.). Ferner ist zu überlegen, wie sich dieses Modell legitimieren lässt (unter 2.).
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Brödermann/Busse, ZIP 1997, 1779 f.; MünchKommInsO-Ott, § 80 Rn. 83. OLG Hamburg ZIP 1988, 663.
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B. Plädoyer für die Lehre von der Parteistellung des Amtes (moderne Amtstheorie)
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1. Abgrenzung und Terminologie Dieses Modell lässt Überschneidungen mit den klassischen Theorien erkennen, die erklären, warum man mit allen Theorien die gleichen – wertungsmäßig für richtig gehaltenen – Ergebnisse in Einzelfragen begründen kann440. Mit der Vertretertheorie besteht die Übereinstimmung darin, dass das Amtswalterverhalten zugerechnet werden muss. Diese Parallele ist deswegen so bedeutend, weil schon die bisherige Untersuchung ergeben hat, dass das Vertretungsrecht die grundlegenden Voraussetzungen für eine Fremdzurechnung normiert.441 Zwar unterscheidet sich im Vergleich zur Vertretertheorie das Zurechnungsendsubjekt. Dieser Unterschied muss aber nicht zwangsläufig zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Entscheidung von Einzelfragen führen. Denn gerade soweit das Zurechnungsendsubjekt betroffen ist, ist die Vertretertheorie zu Ausnahmen von den allgemeinen Regeln über die Wirkung von Vertreterhandeln gezwungen: Die Wirkungen des Verhaltens des Sondervermögensträgers als Zurechnungsendsubjekt des Amtswalters unterscheiden sich nach der Vertretertheorie von denen, die der Sondervermögensträger durch eigenes Handeln herbeiführen kann. Das entwickelte neue Modell gleicht allerdings mehr noch der Organtheorie, weil die Organtheorie zusätzlich dazu, dass sie die Zurechnung als maßgebliche Rechtstechnik zugrunde legt, auch davon ausgeht, dass der Sondervermögensbeschlag ein neues Handlungssubjekt erzeugt, das das zum Organ ausgeformte Amt der Parteien kraft Amtes darstellt. Der bedeutende Unterschied besteht freilich darin, dass das hier entwickelte Modell die Versubjektivierung auf die Handlungsebene beschränkt und die Kreierung eines neuen Rechtssubjekts durch den Sondervermögensbeschlag ablehnt.442 Am nächsten steht das hier entworfene Modell der Amtstheorie in der Ausprägung, die sie durch Henckel unter Hinweis auf den Vermögensbezug des Amtswalterhandelns erlangt hat. Durch diesen Ansatz werden die Unterschiede zu Vertretern und Organen als weiteren Fallgruppen der Amtswalter klar markiert. Die Weiterentwicklung der herkömmlichen Amtstheorie durch das hier vorgeschlagene Modell besteht darin, die Vermögensbezogenheit nicht nur als objektives Merkmal von Eigenhandeln des Amtswalters zu deuten, sondern zu einer ganz eigenen Handlungsform auszubilden und so den Charakter des Amtswalterhandelns als zuzurechnendes Handeln zu offenbaren. Diese Handlungsform ist daher aus den dargelegten Gründen in Übereinstimmung mit der Vertreterund Organzurechnung entsprechend § 164 BGB offen zu legen.443 Die besondere Betonung des Amtes als eigenständiges Subjekt gegenüber dem Amtswalter baut auch dem vor, fälschlicherweise Ergebnisse unter Rückgriff auf den Amtswalter zu begründen. Schließlich gibt die Notwendigkeit der Zurechnung den Grund an, warum wie bei Organen Vertretungsregelungen entsprechend angewendet 440 Zum Vergleich der Ergebnisse siehe die umfangreiche Untersuchung von JaegerHenckel, KO, § 6 Rn. 4 ff. 441 Oben unter § 6 A II 2 (S. 211) sowie § 8 B I 2 (S. 270). 442 Zur Verallgemeinerung dieses Ansatzes, um die Dynamik von Sondervermögen zu erklären, siehe § 3 C II 2 (S. 54 ff.), III 1, 2 (S. 77 ff.). 443 Siehe A V 2 b (S. 294 ff.).
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werden, während die bei Personenidentität eingreifenden Regelungen nicht passen. Wer schon immer die Amtstheorie nicht als wahres Eigenhandeln, sondern als Handeln unter Berufung auf das Amt verstanden hat,444 muss in Abwandlung der Worte von Eduard Bötticher bekennen,445 dass das hier vorgeschlagene Modell die wahre Karte der Amtstheorie aufdeckt. Diese Entwicklung der Amtstheorie muss sich auch in der Terminologie ausdrücken. Die herkömmliche Bezeichnung Partei kraft Amtes schreibt dem Amtswalter, also demjenigen, der das Amt bekleidet, die Parteistellung zu. Das ist Ausdruck dessen, das Amtswalterhandeln als Eigenhandeln anzusehen. Gerade davon wird hier abgesehen, wenn die Parteistellung nicht dem Amtswalter, sondern dem Amt selbst zugewiesen wird. Daher ist das hier entwickelte Modell als Lehre von der Parteistellung des Amtes zu bezeichnen. Entsprechend zur herkömmlichen Amtstheorie ist die Parteistellung freilich stets als pars pro toto ganz allgemein für die Subjektstellung des Amtes zu verstehen. Ergänzend ist die Stellung des Amtswalters zu beschreiben. Hier lässt sich anknüpfend an die hergebrachte Terminologie vom Parteiwalter kraft Amtes sprechen. 2. Legitimation Die hauptsächliche Legitimation des entwickelten Modells muss sich daraus ableiten lassen, dass es die Wirkungen des Amtswalterhandelns in den betroffenen Sachlagen am besten zu erklären vermag. Gleichzeitig darf dieses Modell aber nicht gegen gesetzliche Regelungen oder anerkannte Prinzipien unserer Rechtsordnung verstoßen. Insoweit ist zunächst herauszustellen, dass sich gegen die Parteistellung des Amtes – anders als gegen die Organtheorie – nicht einwenden lässt, der vorgeschlagenen Versubjektivierung des Sondervermögens ständen Grundsätze des Personen- und Vermögensrechts entgegen. Eine Verselbstständigung zu einem Rechtssubjekt steht gar nicht im Raum, so dass das Personenrecht nicht betroffen ist, jedenfalls nicht um ein weiteres Subjekt erweitert wird. Das Vermögensrecht indessen, insbesondere das Recht der Sondervermögen, ist noch gar nicht klar konturiert. Mit dem vorgeschlagenen Ansatz, Sondervermögen aufzuteilen in solche, die zu einem Rechtssubjekt verselbstständigt sind, in solche, die über ein spezifisches Handlungssubjekt verfügen, und in solche, denen es an jeder Verselbstständigung fehlt,446 stimmt das vorgeschlagene Modell überein: Das Amt stellt das verselbstständigte Handlungssubjekt der betroffenen Sondervermögen dar. Was den Rückhalt der Parteistellung des Amtes im Gesetz betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass dem Gesetzgeber bei der Normierung der betroffenen Ämter kein dogmatisches Konzept zugrunde lag.447 Das vorgeschlagene Modell muss 444
Vgl. Bötticher, ZZP 77 (1964), 55, 61; K. Schmidt, KTS 1984, 345, 358. Bötticher, ZZP 77 (1964), 55, 61, der Gleiches für die Organtheorie in Anspruch nahm. – Ihm ist aber nur handlungsorganisatorisch zuzustimmen, die Verselbstständigung zum Rechtssubjekt liegt der Amtstheorie mit Recht fern. 446 Oben unter § 3 C II (S. 52 ff.). 447 Siehe für den Testamentsvollstrecker Mot. V, 217. 445
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sich also keinesfalls gegen einen entgegenstehenden gesetzlichen Willen behaupten. Vielmehr passt es sich in den Bestand der vorhandenen Regelungen ein. So sieht das Gesetz in den betroffenen Konstellationen gerade die Einrichtung eines Amtes vor. Dieses Amt wird mit spezifischen Befugnissen ausgestattet, die einerseits dem Sondervermögensträger genommen werden. Andererseits soll der Amtswalter das Amt so ausüben, dass seine eigene Rechtssphäre nicht betroffen wird. In dieser Konstruktion ist die im entwickelten Modell beschriebene Kreation eines besonderen Handlungssubjekts zu erblicken. Man muss sich freilich von diesem Ausgangspunkt her bewusst machen, dass das Gesetz mit dem Begriff des Amtes sowohl den amtierenden Amtswalter (etwa §§ 56 ff. InsO) als auch die durch die jeweilige Einrichtung des Amtes geschaffene Institution (etwa §§ 80, 85 f., 103 InsO) meinen kann. Das Gesetz bringt also die dem Amtsbegriff immanente Trennung zwischen Institution und Amtswalter sprachlich nicht zum Ausdruck. Sie besteht aber, was sich schon an folgender Überlegung zeigt: Der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 InsO wirkt für das Amt fort, auch wenn der einzelne Amtswalter nach § 59 InsO entlassen worden ist. Nicht zu verkennen ist, dass der heutige Gesetzgeber von der Amtstheorie ausgeht. Das hat er besonders deutlich in § 116 Nr. 1 ZPO zum Ausdruck gebracht,448 indem er dort den Terminus der Partei kraft Amtes verwendet. Diese terminologische Festlegung kann einer Weiterentwicklung des dogmatischen Konzepts aber nicht entgegenstehen.449 Die Dogmatik muss lediglich taugen, die Ergebnisse, die der Gesetzgeber durch neue Regelungen vorgibt, zu erklären. § 116 Nr. 1 ZPO verlangt nur, dass ein Prozess mit Wirkung für das Sondervermögen geführt wird. Weitere Rückschlüsse können dieser Übernahme der herrschenden Terminologie nicht entnommen werden. Folglich stehen weder Gesetz noch anerkannte Grundsätze der Rechtsordnung der Parteistellung des Amtes entgegen.
II. Betrachtung von Einzelproblemen Nagelprobe für die Lehre von der Parteistellung des Amtes ist es, die Wirkungen des Amtswalterhandelns für das Sondervermögen bei solchen Tatbeständen zu erklären, die ihre Wirkungen an Intellektbetätigungen anknüpfen. Das hier entwickelte Modell geht dabei von einem ganz einfachen Prinzip aus. Alle Intellektbetätigungen des Amtswalters, die dem Amt zugerechnet werden, lösen für das Sondervermögen die jeweiligen Wirkungen aus. Die einschlägigen Zurechnungsnormen sind freilich wie bei Vertretern und Organen von der Art der zuzurechnenden Intellektbetätigungen abhängig. 1. Rechtmäßiges Verhalten Vom rechtmäßigen Verhalten ist die Zurechnung von Willenserklärungen am bedeutendsten. Insoweit lässt sich die Wirkung des Amtswalterverhaltens problem448 Vgl. auch Begründung zu § 42 RegE (§ 35 InsO), BT-Drucks. 12/2443 = BR-Drucks. 1/ 92, S. 122. 449 Vgl. auch K. Schmidt, KTS 1984, 345, 381; MünchKommZPO-Lindacher, Vor § 50 Rn. 36 Fn. 70; abweichend Schlosser, ZPR I, Rn. 262.
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los in entsprechender Anwendung von § 164 BGB erklären. Legt der Amtswalter den Amtsbezug seines Handelns offen und handelt er im Rahmen seiner Handlungsmacht, treffen die Wirkungen seines Verhaltens das Sondervermögen. Das gilt zunächst für vom Amtswalter in seiner Funktion eingegangene Verpflichtungsgeschäfte. Diese Geschäfte bewirken eine Verpflichtung des Sondervermögensträgers, dessen Haftung auf das Sondervermögen beschränkt ist. Diese Fremdwirkung des Amtshandelns ist zwar – sieht man von der oben erwogenen Konzeption der Gesamthandsgesellschaften ab – einzigartig. Diese Einzigartigkeit spricht aber nicht gegen diese Erklärung. Denn sie knüpft an den außerordentlichen Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinsichtlich des Sondervermögens auf den Amtswalter an. Legt der Amtswalter seine Funktion nicht offen, so treffen die Rechtsfolgen des Rechtsgeschäfts allein ihn persönlich (§ 164 Abs. 2 BGB). Es besteht also kein Unterschied, ob der Amtswalter Vertreter, Organwalter oder Parteiwalter ist. Auch Verfügungsgeschäfte bedürfen zur Wirksamkeit, dass der Amtswalter sein Handeln in seiner Amtsfunktion offen legt. Verfügungsbefugt ist nicht der Amtswalter, sondern nur das Amt als besonderes Handlungssubjekt. Handelt der Amtswalter im eigenen Namen, kommt eine Genehmigung nach § 185 Abs. 2 BGB durch den für das Amt handelnden Amtswalter in Betracht. Auch die Erklärung der Freigabe bereitet keine Schwierigkeiten. Das Amt kann durch den Amtswalter den Sondervermögensbeschlag hinsichtlich eines Gegenstands aufheben. Zu einem rechtsgeschäftlichen Erwerb des Sondervermögens kommt es immer, wenn der Amtswalter unter Offenlegung seiner Amtsstellung die Voraussetzungen für einen solchen Erwerb etwa bei Abschluss eines seine Vertragsseite berechtigenden Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäfts erfüllt. Aufgrund der spezifischen Wirkungen des Amtes als Handlungssubjekts wird der Sondervermögensträger Rechtsinhaber der erworbenen Rechtsposition. Gleichzeitig fällt das Recht aber wiederum in das vom Amtswalter zu verwaltende Sondervermögen. Beruht ein Rechtserwerb wie die Entstehung eines Anspruchs auf Nutzung(-sersatz) oder Schadensersatz, nicht auf einem handlungsbezogenen Tatbestand, ist die Zuordnung nach dem Sinn und Zweck der Vermögenssonderung unter Zuhilfenahme der Rechtszuordnungsklauseln (sog. dingliche Surrogation) vorzunehmen.450 2. Rechtswidriges Verhalten Die Frage nach der Zurechnung rechtswidrigen Amtswalterverhaltens ist unter Rückgriff auf die Übereinstimmungen von Organwaltern und Parteiwaltern zu beantworten. Beide Amtswalter besetzen ein spezifisches Handlungssubjekt: die Organwalter das einer juristischen Person, die Parteiwalter das eines verselbstständigten Sondervermögens. Dabei repräsentieren die Parteiwalter dieses Handlungssubjekt wie die Organwalter umfassend. So kommt den Parteiwaltern auch
450
Siehe § 3 C II 2 c (S. 57).
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die Aufgabe zu, die in Bezug auf das Sondervermögen bestehenden Verpflichtungen zu erfüllen. Folglich kann sich rechtswidriges Verhalten der Parteiwalter aus zwei Gründen ergeben. Entweder verstoßen sie gegen allgemeine, an jedermann adressierte Verbote des Deliktsrechts oder sie verletzten schuldrechtliche, den Sondervermögensträger in Bezug auf das Sondervermögen treffende Verpflichtungen. In beiden Fällen kommt eine Zurechnung des Amtswalterverhaltens zum Amt nach § 31 BGB in Betracht. Voraussetzung ist das Handeln des Amtswalters in Ausübung seiner Amtswalterstellung. Folge einer solchen Zurechnung ist – neben der bei einer Zurechung nach § 31 BGB stets im Raum stehenden persönlichen Verpflichtung des Amtswalters – die auf das Sondervermögen beschränkte Haftung des Sondervermögensträgers, die durch das Amt zu erfüllen ist. 3. Wissen Hängen Rechte bzw. Pflichten des Sondervermögens von Tatbeständen ab, die an Wissen anknüpfen, ist ebenfalls auf die bei der Organzurechnung für maßgeblich erachteten Grundsätze zurückzugreifen.451 Es kommt also im Grundsatz nur auf das aktuelle Wissen des jeweiligen Parteiwalters an, weil nur diese Person sein Wissen durch Handeln für das Amt einsetzen kann. Da Parteiämter regelmäßig nur durch einen Amtswalter besetzt sind, entfallen auch viele Probleme, die auf der Konkurrenz mehrerer Amtswalter beruhen. Wissen des Sondervermögensträgers ist irrelevant.452 Das gilt freilich nur, soweit die Rechtsfolgen an – nach Eintritt des Sondervermögensbeschlags – vom Amtswalter verwirklichte oder zu verwirklichende Tatbestände anknüpfen. 4. Besitz Der Frage nach der Besitzzurechnung kommt eine besondere Bedeutung zu, weil in diesem Punkt das hier vertretene Modell einen ganz eigenständigen Lösungsweg ermöglicht.453 Die herkömmliche Amtstheorie sieht den Amtswalter, wenn er die tatsächliche Sachherrschaft über Sachen des Sondervermögens ausübt, auch als unmittelbaren Besitzer dieser Sachen an.454 Die Zuordnung unterscheidet sich also nicht von der bei gesetzlichen Vertretern, die ebenfalls aufgrund der Amtsführung selbst unmittelbaren Besitz erwerben können.455 Daher ist auch nach der Vertretertheorie der Amtswalter Besitzer. Eine Ausnahme macht allein die Organtheorie. Sie sieht das durch den Sondervermögensbeschlag entstehende Rechtssubjekt als Besitzer an, während sie dem Amtswalter wie jedem Organwalter jede Besitzposition abspricht.456 451
Dazu § 8 B II 4 (S. 277). Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 51; Schilken, Wissenszurechnung, 188; vgl. auch K. Schmidt, KTS 1984, 345, 392 f. 453 Zur Besitzzuordnung nach den herkömmlichen Theorien insbesondere Eckardt, KTS 1997, 411, 423 ff. 454 Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 47. 455 Siehe § 7 C II (S. 250). 456 Bötticher, ZZP 77 (1964), 55, 67; vgl. auch K. Schmidt, KTS 1984, 345, 387. 452
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Das hier vertretene Modell muss an diesem Punkt Farbe bekennen, inwieweit es die Institution Amt als Subjekt ausgestaltet. Bei den bislang betrachteten Intellektbetätigungen wird nur die Tatbestandsverwirklichung durch das Amt vorgenommen, während die Rechtsfolge den Sondervermögensträger allein in Bezug auf sein Sondervermögen trifft. Beim Besitz ist diese Trennung wegen seiner tatsächlichen Natur nicht möglich. Wer die tatsächliche Sachherrschaft mit Besitzwillen ausübt, ist Besitzer, soweit man von den Instituten des Besitzdieners und des Organbesitzes absieht. Auch ist der Besitz keine vermögensbezogene Position. Sie könnte daher gar nicht dem Sondervermögensträger mit Wirkung für das Sondervermögen zugeordnet werden. Wegen dieser Besonderheiten ist auch auf Grundlage des hier vorgelegten Modells in Betracht zu ziehen, die Ausübung der tatsächlichen Gewalt durch den Parteiwalter nicht dem Amt zuzurechnen. In Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung wäre Besitzer allein der Amtswalter. Vorzuziehen ist es aber, den Intellektbetätigungsaspekt beim Besitz zu betonen und einen spezifischen Amtsbesitz anzuerkennen. Der Parteiwalter übt die tatsächliche Sachgewalt nicht für sich selbst aus, sondern wie der Organwalter für die Handlungsorganisation, deren Bestandteil er ist.457 a) Vorteil des vermögensbezogenen Besitzschutzes Vorteil dieser Sichtweise ist es, dass die Besitzfunktionen spezifisch für das in handlungsorganisatorischer Hinsicht verselbstständigte Sondervermögen wirken. aa) Besitzschutz Diese Wirkung äußert sich zunächst im Besitzschutz. Der Besitzschutz besteht gegen den Sondervermögensträger, dem das Amt aufgrund des Sondervermögensbeschlags lediglich mittelbaren Besitz vermittelt. Der Besitzschutz besteht aber – entgegen den Ergebnissen von Amts- und Vertretertheorie – auch gegen den Amtswalter. Dieses Ergebnis ist wie bei Organwaltern möglich und angemessen, weil der Parteiwalter selbst nur die Amtsbefugnisse ausüben soll. Er erwirbt kein eigenes Recht (zum Besitz), so dass auch kein Grund für eine eigene Besitzposition besteht. Auch einer Bestimmung wie § 148 InsO, die dem Insolvenzverwalter die Aufgabe zuweist, die Insolvenzmasse in Besitz zu nehmen, spricht nicht gegen dieses Verständnis. Denn § 148 InsO regelt die Abgrenzung der Besitzpositionen von Insolvenzschuldner und Amt. Diese Bestimmung stellt klar, dass es für den Besitzverlust des Schuldners der Besitzergreifung durch den Insolvenzverwalter bedarf. Die Frage der Besitzzuordnung zwischen Amt und Amtswalter regelt § 148 InsO hingegen nicht. Der Besitzschutz ist daher vom Amtswalter für das Amt geltend zu machen. Insbesondere Prozesse sind also mit Wirkung für das Amt zu führen. Vermögensrechtliche Ansprüche fallen wiederum in das Sondervermögen. Damit geht einher, dass auch das Recht zum Besitz Bestandteil des Sondervermögens ist und 457 Ähnlich bereits Eckardt, KTS 1997, 411, 424 ff., auf Grundlage der Amtstheorie, um die aus dem Besitz folgenden Verkehrspflichten zuzuordnen, dazu unten § 16 B II 3 (S. 587).
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sich auf dieses der Schutz des berechtigten Besitzes als sonstiges Recht im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB bezieht. Andersherum sind Herausgabeansprüche nicht gegen den Amtswalter persönlich zu richten, sondern gegen ihn in seiner Amtsstellung. Also wird vom Amt die Handlung Herausgabe erstrebt. Das Eigenvermögen des Amtswalters bleibt unangetastet. bb) Publizitätsfunktion des Besitzes Die spezifische Bedeutung des Amtsbesitzes äußert sich ferner darin, dass die Publizitätsfunktion des Besitzes auf das Sondervermögen ausgerichtet ist. Die Eigentumsvermutung von § 1006 BGB geht dahin, dass der Sondervermögensinhaber Eigentümer ist, dieses Recht aber dem Sondervermögen zuzuordnen ist. Grundfall der Eigentumsübertragung nach § 929 BGB ist dem entsprechend, dass der Amtswalter in Aufgabe des Amtsbesitzes den Besitz auf den Erwerber überträgt. So erklärt sich auch problemlos der gutgläubige Erwerb nach § 932 BGB. Der Erwerber muss den Sondervermögensträger für den Eigentümer halten. Dabei kann der gutgläubige Erwerb freilich nur die fehlende Eigentümerstellung des Sondervermögensträgers überwinden. Gehört der Gegenstand aber nicht zum Sondervermögen, sondern zum freien Vermögen des Sondervermögensträgers, weil sich der Sondervermögensbeschlag nicht auf diesen Gegenstand erstreckt, scheidet ein gutgläubiger Erwerb aus. Sonst würde nicht der gute Glaube an das Eigentum, sondern der an die Verfügungsbefugnis (des Amtes) geschützt werden.458 Dieser Schutz wird aber von § 932 BGB nicht gewährleistet. Auch der Bezugspunkt der Publizitätsfunktion des Besitzes ändert dieses nicht. Denn dadurch wird vor allem ausgesagt, dass nicht der gute Glaube an das Eigentum des Amtswalters, sondern an das Eigentum des Sondervermögensträgers geschützt wird. cc) Ende der Amtsstellung Besondere Vorzüge äußert die Anerkennung von Amtsbesitz auch für den Fall, dass die Amtszeit des Amtswalters endet, das Amt und der Sondervermögensbeschlag aber fortbestehen. Endet das Amt des Amtswalters, so endet auch die Voraussetzung dafür, die tatsächliche Gewalt des Amtswalters dem Amt zuzurechnen.459 Sofern der Amtswalter die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, endet daher mit dem Ende der Amtszeit der Amtsbesitz. Der Besitz fällt dem Amtswalter zu. Die Sache kommt dem Amt im Sinne von § 935 BGB abhanden, es liegt aber keine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 BGB vor460. Den ausgeschiedenen Amtswalter trifft die Verpflichtung, die Sache an seinen Amtsnachfolger herauszugeben, der sie wieder für das Amt in Besitz zu nehmen hat. Beruht das Amtsende auf dem Tod des Amtswalters, gilt § 857 BGB nicht, da der Amtswalter selbst nicht Besitzer war. Die Erben des Amtswalters werden nur dadurch Besitzer, dass sie 458
So auch auf Grundlage der abweichenden Ansichten Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 12 ff. Vgl. Westermann-Gursky, SR, § 20 II 2 (S. 127 f.). 460 Zu den entsprechenden Ergebnissen bei der Zurechnung von Organbesitz § 8 A II 1 (S. 266). 459
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die tatsächliche Sachherrschaft ergreifen. Sie müssen die Sache dann dem Amtsnachfolger für das Amt herausgeben. Zu bedenken ist aber auch, dass der Amtswalter die tatsächliche Gewalt nicht selbst für das Amt ausüben muss. Erkennt man die Figur des Amtsbesitzes an, kommt auch in Betracht, dass andere Hilfspersonen als Besitzdiener dem Amt zum Besitz verhelfen. Erfasst der Sondervermögensbeschlag etwa im Fall von Testamentsvollstreckung oder Insolvenz ein Unternehmen, können Hilfspersonen als Besitzdiener für den Amtswalter in seiner Funktion und damit für das Amt Besitz ausüben. In einem solchen Fall endet der Amtsbesitz nicht mit dem Ende der Amtszeit des Amtswalters, sondern bleibt ungeachtet dessen bestehen. Denn der Amtsbesitz ist in diesem Fall von der Sachherrschaft des Amtswalters unabhängig wie der Besitz der juristischen Person vom Organwalter, wenn Besitzdiener die tatsächliche Sachherrschaft für die juristische Person ausüben. b) Dogmatische Vereinbarkeit Den Amtsbesitz anzuerkennen, mag auf den ersten Blick weniger vom Ergebnis als vielmehr von der dogmatischen Begründung her Befremden hervorrufen. Dieses Befremden beruht dann aber auf der unzutreffenden Gleichsetzung von Besitzfähigkeit und Rechtsfähigkeit. Entsprechend dem sogleich zu erörternden Beispiel der Parteifähigkeit setzt auch die Besitzfähigkeit als Verhaltenstatbestand nicht die Fähigkeit voraus, Rechte erwerben zu können, sondern die Fähigkeit, Handlungen vornehmen zu können. Wie die Gesamthand als verselbstständigtes Subjekt der (nicht rechtsfähigen) Gesamthandsgesellschaften spezifischen Besitz ausüben kann, der sich vom Besitz ihrer Organe unterscheidet, so ist in der dargelegten Form auch dem Amt Besitz zuzuordnen, der sich vom Besitz der Amtswalter unterscheidet. Diese Konstruktion ist keine Besonderheit für das Besitzrecht. Diese Gestaltung ist vielmehr typisch für alle handlungsabhängigen Tatbestände, wenn man die Schaffung besonderer Handlungssubjekte für verselbstständigte Sondervermögen anerkennt. Die beste Legitimation für dieses Modell sind seine überzeugenden Ergebnisse. Diese Ergebnisse gleichen vielfach denen, die die Amtstheorie erreicht. Die Amtstheorie vermag diese Ergebnisse aber nur dadurch zu begründen, dass sie zwar einerseits den Besitz des Amtswalters betont, aber andererseits diesen Besitz in seiner vermögensrechtlichen Wirkung anders behandelt als den Besitz des Amtswalters, der nicht auf seiner Amtsstellung beruht.461 Diese Wirkungen zeigen sich insbesondere im Prozess. Die Aussonderungsklage (§ 47 InsO) müsste der Kläger gegen den Insolvenzverwalter persönlich richten können, wie auch der besitzende Vertreter kraft Amtes persönlich in Anspruch genommen werden kann. Diese Folgerungen zieht die Amtstheorie aus dem Besitz des Amtswalters aber nicht. Überdies führt die auf dem Boden der Amtstheorie allein konsequente Anwendung des § 857 BGB auf den Besitz des Amtswalters nicht zu interessengerechten Ergebnissen. Es überzeugt nicht, dass der Erbe eines Parteiwalters
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Eckardt, KTS 1997, 411, 424.
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Besitzer von Sachen werden soll, über die Besitzdiener für einen vom Sondervermögensbeschlag erfassten Gewerbebetrieb die Gewalt ausüben. 5. Prozessuale Stellung Im Prozessrecht, der Heimat dieser Auseinandersetzung, muss sich das entworfene Modell ganz besonders beweisen. Die These liegt auf der Hand. Wie die Verfügungsbefugnis materiell nicht auf den Amtswalter, sondern auf das Amt übergeht, ist auch im Prozess nicht der Amtswalter, sondern das Amt als richtige Partei anzusehen, um Prozesse mit Wirkung für das verwaltete Sondervermögen auf Aktiv- oder Passivseite zu führen. a) Parteifähigkeit Diese These bedarf freilich einer besonderen Rechtfertigung. Denn das Amt ist nicht rechtsfähig, woran § 50 Abs. 1 ZPO die Parteifähigkeit knüpft. Die Parteifähigkeit des Amtes lässt sich aber im Anschluss an die allgemeinen Ausführungen zur Parteifähigkeit der für Sondervermögen eingerichteten Handlungssubjekte auf die spezifische materielle Befugnis des Amtes stützen, über die Gegenstände des Sondervermögens zu verfügen und die Gegenstände dieses Vermögens durch Verpflichtungsgeschäfte zu verhaften.462 Diese Rechtfertigung fußt für die in diesem Abschnitt untersuchten Ämter auf den Untersuchungen von Friedrich Weber und Wolfram Henckel zur Amtstheorie. Sie haben herausgestellt, dass jeder Prozess vermögensbezogen geführt wird. Es sei die erhellende Feststellung Webers zitiert, »daß aber nicht die Stellung als Träger eines bestimmten Vermögens eigentlich die Grundlage der Parteistellung ist, sondern die (allerdings regelmäßig in ihr liegende) Befugnis des Prozeßführers, mit unmittelbarer Wirkung für und gegen dieses Vermögen zu prozessieren«463. Mit Recht haben Weber und insbesondere Henckel auch dargelegt, dass die von den Parteiwaltern verwalteten Vermögensmassen eine solche Sonderung erfahren haben, dass mit Wirkung allein für diese Vermögensmassen ein Prozess geführt werden kann. Auch nach der Amtstheorie soll also derjenige, dem für diese Sondervermögen die Verfügungsbefugnis zusteht, in spezifischer Weise für das Sondervermögen Prozesse führen können.464 Die darauf beruhende Konstruktion der Amtstheorie, dass der Amtswalter einen Eigenprozess führt, ist allerdings keineswegs zwingend. Für diese Konstruktion spricht zwar, dass § 50 Abs. 1 ZPO formell gewahrt bleibt, weil mit dem Amtswalter ein rechtsfähiges Subjekt Partei ist. Diese formelle Wahrung des § 50 Abs. 1 ZPO wird aber durch einen »begrifflichen Schwindel« erreicht. Denn der Amtswalter in seiner eigentlichen Stellung als Rechtsträger und Inhaber seines freien Vermögens soll nicht betroffen sein. Es entspricht auch nicht der Stellung des Amtswalters, ihn zur Partei zu machen, weil er an der Sache persönlich nur 462 463 464
Siehe oben § 3 C II 2 d bb (S. 60). Weber, KTS 1955, 102, 105. Siehe oben A V 1 a (S. 290).
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so betroffen ist wie ein gesetzlicher Vertreter oder ein Organ, mithin wie jeder andere Amtswalter. Der Unterschied zu den Prozessstandschaftern ist beträchtlich, die als formelle Partei, was Rechtskraft und Kostenhaftung betrifft, mit Wirkung für ihr Vermögen prozessieren.465 Die Prozessführung allein für das Sondervermögen ist daher dadurch offen zu legen, dass dem vorgestellten Modell entsprechend dem Sondervermögen mit dem Amt ein spezifisches Subjekt zugeordnet wird, das erkennbar den Prozess nur mit Wirkung für das Sondervermögen führt. In den Ergebnissen zu einzelnen prozessualen Fragen ergeben sich so keine Unterschiede zur Amtstheorie. Es werden aber nicht durch eine mehrdeutige Parteibezeichnung Verwechslungen provoziert, sondern die besondere Problemstruktur dieses Prozesssubjekts aufgedeckt. Es ist also ein Vorzug des hier entwickelten Modells, dass es die Aufweichung von § 50 Abs. 1 ZPO durch die Kreierung weiterer besonderer Prozesssubjekte deutlich ausdrückt. Die Frage, ob diese Erweiterung von § 50 Abs. 1 ZPO mit unserem Prozesssystem vereinbar ist, wird nur so wirklich gestellt. Sie ist zu bejahen, wie sie bereits in § 50 Abs. 2 ZPO – dort freilich für ein anderes Sondervermögen und nur einseitig (passive Parteifähigkeit) – bejaht wird. Die Begründung für dieses Ergebnis, die bereits allgemein für Handlungssubjekte verselbstständigter Sondervermögen gegeben wurde, ist in Bezug auf die betroffenen Ämter zu konkretisieren. Grundlegend gilt es zu erkennen, dass die Parteifähigkeit ungeachtet der abweichenden Anknüpfung von § 50 Abs. 1 ZPO (»Rechtsfähigkeit«) einen handlungsbezogenen Tatbestand darstellt. Während die Prozessfähigkeit die konkrete Handlungsfähigkeit im Prozess betrifft, beschreibt die Parteifähigkeit die abstrakte Eignung einer Organisation, im Prozess Handlungen vorzunehmen. Diese Eignung ist jedem Amt zuzusprechen, das aufgrund des materiellen Rechts Inhaber der Verfügungsbefugnis über ein Vermögen ist. Dann hat es die Prozessführungsbefugnis inne, ist also richtige Partei im Streit um solche Rechte und Pflichten, die dem betroffenen Vermögen zugeordnet sind. Das Prozessrecht darf dieses Amt nicht von der Prozessführung ausschließen, sondern muss dem materiellen Recht zur Durchsetzung verhelfen, indem es dieses Amt als parteifähig ansieht. b) Anknüpfung an Amt, Amtswalter und Sondervermögensträger Die Parteibezeichnung braucht nicht die richtige rechtliche Einordnung des Amtes wiederzugeben. Im Prozessrecht gilt ebenfalls der Grundsatz »falsa demonstratio non nocet«.466 Es kommt also auf den erkennbaren Willen des Klägers an.467 Er muss den Beteiligten deutlich machen, dass ein Verfahren mit Wirkung nur für das Sondervermögen geführt werden soll. Am zutreffendsten wäre eine Bezeichnung wie »Testamentsvollstrecker über den Nachlass von XY, handelnd durch YZ«. Die gebräuchliche Formulierung »YZ als Testamentsvollstrecker über den 465
Zur alternativen Rechtstechnik der mittelbaren Stellvertretung § 6 B I 3 (S. 218). K. Schmidt, KTS 1984, 345, 382. 467 Vgl. auch BGH NJW 2003, 1043, der freilich im Einzelfall unzutreffend subsumiert, dazu Jacoby, NJW 2003, 1644, 1645. 466
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B. Plädoyer für die Lehre von der Parteistellung des Amtes (moderne Amtstheorie)
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Nachlass von XY« ist freilich deutlich genug. Selbst eine auf der Vertretertheorie basierende Bezeichnung käme in Betracht, wenn die besondere vermögensbezogene Beschränkung der Vertretungsmacht zum Ausdruck käme. aa) Amtswalter Die dem Amt zuzurechnenden Prozesshandlungen können nur von oder gegenüber dem Amtswalter vorgenommen werden. Über § 51 ZPO gelten insoweit die zum materiellen Recht ausgeführten Grundsätze. Zustellungen sind gem. § 170 Abs. 1 ZPO an den Amtswalter vorzunehmen. Der Amtswalter kann gem. § 455 ZPO nur als Partei vernommen werden. Seine Angehörigen haben wie die von anderen (vertretenen) Amtswaltern kein Zeugnisverweigerungsrecht.468 Von der Ausübung des Richteramts ist er nach § 41 Nr. 4 ZPO ausgeschlossen.469 Bei Ende der Amtszeit eines Amtswalters sind §§ 241, 246 ZPO unmittelbar anwendbar. Der Amtswalter kann sich selbst mit Wirkung für sein eigenes Vermögen am Rechtsstreit als Streitgenosse oder Dritter beteiligen, wie er auch für andere Ämter oder sonstige weitere Parteien handeln kann. Der Amtswalter kann sich für das Amt auch ohne einen Verstoß gegen § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen über solche Tatsachen erklären, die Handlungen des Sondervermögensträgers oder Gegenstand von dessen Wahrnehmung waren. Denn das Amt repräsentiert nicht den Sondervermögensträger, sondern eine externe Interessenstruktur.470 Bedenkt man, dass schon eine Rechtsnachfolge die Anwendung von § 138 Abs. 4 ZPO ausschließen kann,471 rechtfertigt die Zäsur durch den Sondervermögensbeschlag ein Absehen vom Verbot des § 138 Abs. 4 ZPO. Vom Amtswalter ist freilich zu verlangen – und insoweit ist er auch darlegungsbelastet –, dass er die ihm möglichen Erkenntnisquellen ausschöpft, um sein Nichtwissen zu beenden. bb) Sondervermögensträger Der Sondervermögensträger ist nicht für das Amt handlungsbefugt. Eine Zustellung an ihn ist unwirksam. Als eigenes Prozesssubjekt kann er selbstständig insbesondere als Gegner oder Dritter am Verfahren des Amtes beteiligt sein. Nur hinsichtlich weniger Parteifunktionen, bei denen der Parteibegriff im Hinblick auf den historischen materiellen Parteibegriff weit auszulegen ist, ist auf den Sondervermögensträger abzustellen, wie dies auch in Fällen der Prozessstandschaft gilt.472 So ist der Sondervermögensträger hinsichtlich der Richterausschließung473 und des Zeugnisverweigerungsrechts474 als Partei zu behandeln. Vom Richteramt 468 Ebenso im Ergebnis Stein/Jonas-Berger, 21. Aufl. (1999), § 383 Rn. 31 m. w. Nachw. auch zur Gegenansicht. 469 Ob das auch für die Personen gilt, zu denen er in einer in § 41 Nr. 2 und 3 ZPO angeführten Beziehung steht, hängt davon ab, wie man diese Frage für sonstige gesetzliche Vertreter, sprich Amtswalter, entscheidet; gegen eine Ausschließung insoweit Stein/Jonas-Bork, § 41 Rn. 11; a. A. Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 24 Rn. 3. 470 Siehe § 5 D I 1 (S. 192). 471 Stein/Jonas-Leipold, § 138 Rn. 34a. 472 Grundlegend Henckel, Parteilehre, 125 ff. 473 Vgl. zum weiten Parteibegriff des § 41 ZPO Stein/Jonas-Bork, § 41 Rn. 7. 474 Stein/Jonas-Berger, 21. Aufl. (1999), § 383 Rn. 28.
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sind also der Sondervermögensträger und die Personen, die in einem Verhältnis von § 41 Nr. 2, 3 ZPO zu ihm stehen, ausgeschlossen.475 Auch kommt diesen Personen nach § 383 Nr. 1–3 ZPO ein Zeugnisverweigerungsrecht zu;476 Gleiches muss in analoger Anwendung von § 383 ZPO für den Sondervermögensträger selbst gelten.477 c) Entscheidungswirkungen Anliegen der Parteistellung des Amtes ist es, die spezifischen Wirkungen von Entscheidungen im Verfahren des Amtes zu veranschaulichen. Die Entscheidungswirkungen beziehen sich weder auf den Parteiwalter mit seinem freien Vermögen noch auf den Sondervermögensträger mit seinem freien Vermögen, sondern nur auf den Sondervermögensträger mit dem vom Sondervermögensbeschlag erfassten Vermögen.478 Der auf das Amt lautende Titel stellt Ansprüche fest, die zur Aktiv- oder Passivmasse des Sondervermögens zählen. Gläubiger oder Schuldner dieser Ansprüche ist formal also der Sondervermögensträger. Die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen steht aber dem Sondervermögensträger genauso wenig zu, wie sich Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn richten dürfen. Betroffen ist stets der jeweilige Parteiwalter, der für den Titelgläubiger oder Titelschuldner Amt handeln kann. So erklärt sich auch, dass bei einem Amtswalterwechsel keine Titelumschreibung nach §§ 727, 731 ZPO notwendig ist.479 Keine Besonderheiten ergeben sich für die Vollstreckung der Prozesskosten aus dem Kostenfeststellungsbeschluss.480 Auch insoweit ist der Sondervermögensträger Gläubiger bzw. Schuldner des Erstattungsanspruchs mit Wirkung allein für das Sondervermögen. Die Rechtskraft erstreckt sich, soweit sie sich getreu ihrem Grundsatz nach § 325 Abs. 1 ZPO auf die Parteien bezieht, nur auf Prozesse des Amtes.481 Die Rechtskraftsperre steht daher wie die Rechtshängigkeitsperre nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nur Prozessen des Amtes über denselben Streitgegenstand entgegen. Auch die Bindungswirkung bei Präjudizialität setzt ein Folgeverfahren des Amtes voraus. Diese Wirkungen der Rechtskraft gelten unabhängig von einem Wechsel des Amtswalters. Prozesse des Sondervermögensträgers oder des Amtswalters für ihre freien Vermögen sind nicht erfasst. Nur wenn die besonderen Voraussetzungen für eine Rechtskrafterstreckung vorliegen, können sich die Rechtskraftwirkungen von Prozessen des Amtes auch auf dritte Prozesssubjekte erstrecken.
475
Stein/Jonas-Bork, § 41 Rn. 12. Stein/Jonas-Berger, 21. Aufl. (1999), § 383 Rn. 30. 477 Stein/Jonas-Berger, 21. Aufl. (1999), § 383 Rn. 13. 478 BGHZ 88, 331, 334. 479 So im Ergebnis auch für die Amtstheorie, aber mit erheblichem Erklärungsaufwand, Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 99; für die Vertretertheorie K. Schmidt, JR 1991, 309, 314. Abweichend auf Grundlage der Amtstheorie in Bezug auf Aktivtitel des Amtes Stein/Jonas-Münzberg, § 727 Rn. 30. 480 Vgl. Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 72. 481 Vgl. Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 91 ff. 476
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d) Vollstreckung Der Gläubiger kann also, wenn er einen Anspruch gegen den Sondervermögensträger hat, für den nur das Sondervermögen haftet, einen Titel gegen das Amt erlangen. Aus diesem Titel kann er gegen das durch den Amtswalter handelnde Amt in das Sondervermögen vollstrecken. Zwangsmaßnahmen sind nicht gegen den Sondervermögensträger, sondern gegen das durch den jeweiligen Amtswalter handelnde Amt zu richten. Ein Zahlungstitel ermöglicht die Pfändung von beweglichen Sachen, die in Amtsbesitz stehen (§ 808 ZPO), von Forderungen oder Rechten (§§ 829 ff., 857 ZPO) sowie von Grundstücken (§§ 864 ff. ZPO, ZVG), die zum Sondervermögen gehören. Die Verpflichtung zur eidesstattlichen Versicherung ist vom Amt, handelnd durch den Amtswalter, zu erfüllen.482 Aufgrund eines gegen das Amt gerichteten Herausgabetitels können dem Amtswalter Sachen weggenommen werden, die in Amtsbesitz stehen (§ 883 ZPO). Ein Titel auf Abgabe einer Willenserklärung wird durch die Fiktion einer Willenserklärung des Amtes, handelnd durch den jeweiligen Amtswalter, vollstreckt (§ 894 ZPO). Bei vertretbaren Handlungen wirft § 887 ZPO keine weiteren Probleme auf, während sich bei der Vollstreckung von unvertretbaren Handlungen nach § 888 ZPO und der Vollstreckung von Duldungen und Unterlassungen nach § 890 ZPO die Frage stellt, gegen wen sich die Zwangs- bzw. Ordnungsmittel richten dürfen. Der Titel ermöglicht ohne weiteres Zwangs- und Ordnungsmittel gegen das Amt, die zur Folge haben, dass das Sondervermögen für das Zwangsgeld haftet. Ob sich die Anordnung von Haft und Geldzahlungen auch gegen den Amtswalter selbst richten kann, muss man so beantworten, wie man diese Streitfrage für die anderen Amtswalter entscheidet.483 Nach überwiegender Ansicht ist eine Zwangsgeldanordnung gegen den Amtswalter selbst ausgeschlossen, weil durch sein Handeln für das Amt sein eigenes Vermögen – abgesehen von Schadensersatzansprüchen im Amtswalterrechtsverhältnis gegenüber dem Vermögensträger – niemals betroffen wird.484 Zwangs- und Ordnungshaft seien allerdings gegen den Amtswalter zu richten, da es insoweit an einer Alternative fehle. Diese Differenzierung überzeugt nicht. Im Interesse der Effektivität der Vollstreckung und angesichts der Funktion des Amtswalters, das Amt zu repräsentieren, sind neben Haft auch Geldanordnungen unmittelbar gegen den Amtswalter zuzulassen.485 Die Betroffenheit des Amtswaltervermögens kommt in Betracht, weil die betroffenen Vollstreckungsarten nicht (wie die Vollstreckung wegen Geldforderungen) der Durchsetzung der Vermögenshaftung, sondern der Willensbeugung dienen. Dieses Ziel kann nur über den Amtswalter selbst erreicht werden. Allerdings muss bereits die Androhung verdeutlichen,
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Zum Insolvenzverwalter MünchKommInsO-Ott, § 80 Rn. 96. Für diese Parallelität auch Häsemeyer, ZZP 80 (1967), 263, 273. 484 Zum Insolvenzverwalter OLG Stuttgart ZIP 1995, 45; Häsemeyer, InsR, Rn. 13.10; ders., ZZP 80 (1967), 263, 273 f.; allgemein für Vertreter und Organe OLG Braunschweig JZ 1959, 94; OLG Hamm OLGZ 1966, 52, 55; MünchKommZPO-Schilken, § 888 Rn. 12, § 890 Rn. 19; Rosenberg/Gaul/Schilken, § 71 II 2, 73 II 3. 485 Bork, ZGR 1989, 1, 30; Stein/Jonas-Brehm, § 888 Rn. 43, § 890 Rn. 58 ff.; Dietrich, Individualvollstreckung, 189 ff. 483
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dass sie sich gegen den Amtswalter persönlich richtet. Soweit § 890 ZPO Strafcharakter zukommt,486 lässt sich diese Ausweitung des persönlichen Anwendungsbereichs auf §§ 9 Abs. 1 OWiG, 14 Abs. 1 StGB stützen. e) Eintritt und Ende des Sondervermögensbeschlags Eintritt und Ende des Sondervermögensbeschlags werfen besondere prozessuale Fragen auf. Es gilt zu entscheiden, wie ein laufender Prozess fortzusetzen ist und welche Wirkungen ein zuvor erlassenes Urteil noch äußert. Dafür ist der mit dem Sondervermögensbeschlag etwa nach §§ 1984 Abs. 1, 2205 S. 2 BGB, 80 Abs. 1 InsO, 148 Abs. 2, 152 ZVG einhergehende Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis prozessual einzuordnen. Im Folgenden ist zu zeigen, dass sich angemessene Ergebnisse damit begründen lassen, diesen Übergang prozessual als Rechtsnachfolge zu qualifizieren. aa) Laufende Prozesse Zunächst sind die Wirkungen auf laufende Prozesse zu betrachten. Dafür ist nach Eintritt (dazu 1.) und Ende (dazu 2.) des Sondervermögensbeschlags zu differenzieren. (1) Eintritt des Sondervermögensbeschlags. Mit Eintritt des Sondervermögensbeschlags verliert der prozessführende Vermögensträger materiell die Verfügungsbefugnis und damit auch prozessual die Prozessführungsbefugnis über den Streitgegenstand487, sofern sich der Sondervermögensbeschlag auch auf den Gegenstand des Prozesses bezieht. An diese prozessuale Rechtsnachfolge knüpft das Gesetz in verschiedenen Normen – überwiegend ausdrücklich – eine Regelung. An den Insolvenzbeschlag knüpft § 240 ZPO die Unterbrechung des Verfahrens. Das Verfahren ist dann mit dem Insolvenzverwalter fortzusetzen, soweit sich nicht aus dem Insolvenzverfahren Gründe ergeben, die eine Fortsetzung des Verfahrens entbehrlich machen. Eine Verfahrensunterbrechung knüpfen §§ 241 Abs. 3, 243 Fall 2 ZPO auch an die Anordnung der Nachlassverwaltung oder das Vorhandensein eines Testamentsvollstreckers. Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter haben das Verfahren dann für das jeweilige Amt fortzusetzen. So wird der Subjektswechsel problemlos umgesetzt. Zu hinterfragen ist allerdings die Regelung in § 246 ZPO, nach der sowohl bei Anordnung der Nachlassverwaltung als auch bei Vorhandensein eines Testamentsvollstreckers in dem Fall, dass die Partei durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist, keine Unterbrechung stattfindet, sondern nur eine Aussetzung auf Antrag des Prozessbevollmächtigten. Diese Regelung knüpft an § 86 ZPO an, nach dem die Prozessvollmacht unter anderem bei Tod der Partei bestehen bleibt. Diese Regelung ist für die Testamentsvollstreckung angemessen, weil die Bevollmächtigung durch den Erblasser auch die Macht begründen kann, für den Testamentsvollstrecker zu handeln.488 Die ent486 487 488
Vgl. nur Rosenberg/Gaul/Schilken, § 73 III. Grundlegend Henckel, Parteilehre, 166. Siehe 7 b (S. 330).
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sprechende Regelung hinsichtlich der Nachlassverwaltung stellt indessen einen Fehlgriff dar.489 Insoweit ist § 86 ZPO nicht einschlägig. Mit Anordnung der Nachlassverwaltung wechselt nicht nur das Prozesssubjekt, sondern es besteht auch kein Grund, eine Kontinuität in der gewillkürten Handlungsorganisation zu begründen.490 Wenn der Prozessbevollmächtigte nicht vom Nachlassverwalter bevollmächtigt wird, den Prozess für das Amt fortzusetzen, ist er daher gehalten, einen Aussetzungsantrag zu stellen.491 Nicht ausdrücklich geregelt ist der Fall, dass die Prozessführungsbefugnis über den Streitgegenstand aufgrund einer Anordnung der Zwangsverwaltung auf den Zwangsverwalter übergeht. Beispiel ist die Anordnung der Zwangsverwaltung während eines Aktivprozesses des Eigentümers über eine Mietzinsforderung, auf die sich nach §§ 1123 BGB, 21 Abs. 2, 148 Abs. 1 ZVG die Zwangsverwaltung erstreckt. In diesen Fällen kommt nicht nur in Betracht, in Analogie zu §§ 239 ff. ZPO eine Unterbrechung des Verfahrens mit anschließendem Parteiwechsel auf das Amt Zwangsverwalter anzunehmen, sondern auch entsprechend § 265 ZPO den Eigentümer als Prozessstandschafter anstelle des Amtes das Verfahren fortführen zu lassen. Der Anwendungsbereich beider Institute ist in der ZPO zu eng formuliert, was darauf zurückzuführen ist, dass der CPO von 1877 noch der materielle Parteibegriff zugrunde lag.492 Bei der Abgrenzung lassen sich als Kriterien insbesondere berücksichtigen, ob einerseits im Kostenerstattungsanspruch wurzelnde Schutzbedürfnisse des Prozessgegners danach verlangen, dass er seinen Prozessgegner behält,493 oder ob andererseits in dem Rechtsübergang zum Ausdruck kommende Interessen eines Dritten einen Parteiwechsel erfordern494. Diese Wertungsgesichtspunkte lassen sich in dem formalen Kriterium zusammenfassen, dass eine Unterbrechung mit Parteiwechsel analog §§ 239 ff. ZPO nur stattfindet, wenn entweder das gesamte Vermögen der Partei oder ein bereits bei Prozessbeginn im Vermögen des Rechtsvorgängers potentiell abzutrennender Vermögensteil auf den Rechtsnachfolger übergeht.495 Diese Voraussetzungen sind bei Anordnung der Zwangsverwaltung nicht erfüllt. Zwar lässt sich der Haftungsverband der Hypothek, der dem Zwangsverwalter zur Verwaltung zugewiesen ist, als Sondervermögen begreifen. Maßgeblich muss aber sein, dass sich die Anordnung der Zwangsverwaltung als ein Akt der Einzelzwangsvollstreckung darstellt. Der Haftungsverband der Hypothek bedeutet daher im hier maßgeblichen Wertungszusammenhang nicht den Übergang eines Vermögensteils, sondern nur den des einzelnen Gegenstands Grund489 Ebenso Stein/Jonas-Roth, 21. Aufl. (1994), § 241 Rn. 10: »Es handelt sich um eine gesetzgeberische Fehlleistung«; ferner MünchKommZPO-Feiber, § 241 Rn. 11: »systematisch mißlich«. 490 Siehe 7 a (S. 328). 491 Entsprechend §§ 117 Abs. 2, 115 Abs. 2 InsO lässt sich die Vertretungsmacht dafür, diesen Antrag zu stellen, aus der Notgeschäftsführungsmacht des Erben für den Nachlassverwalter herleiten, siehe 7 a (S. 329). 492 Bork/Jacoby, ZHR 167 (2003), 440, 444 f. m. w. Nachw. 493 MünchKommZPO-Lüke, § 265 Rn. 7; Stein/Jonas-Roth, 21. Aufl. (1994), vor § 239 Rn. 26; Stein/Jonas-Schumann, 21. Aufl. (1997), § 265 Rn. 19. 494 Grunsky, Veräußerung, 83 ff., 88. 495 Bork/Jacoby, ZHR 167 (2003), 440, 450; ähnlich bereits Henckel, Parteilehre, 171 f.
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stück mit verschiedenen Rechten als Annex. Diese Ablehnung eines Parteiwechsels entspricht auch den genannten Wertungsgesichtspunkten. So soll der Prozessgegner nicht darauf angewiesen sein, im Fall des Prozessgewinns bei einer Fortsetzung des Prozesses durch den Zwangsverwalter seinen Kostenerstattungsanspruch allein aus dem übergegangenen Grundstück zu realisieren, was ihm freilich durch die Regelung des Ranges in § 155 Abs. 1 ZVG erleichtert werden würde. Und auch die im Wege der Zwangsverwaltung vollstreckenden Gläubiger verdienen nicht mehr Schutz im Fall der Zwangsverwaltung als sonst bei der Einzelzwangsvollstreckung. Daher führt die Anordnung der Zwangsverwaltung wie auch sonstige Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung, insbesondere also ein Pfändungsund Überweisungsbeschluss,496 zur Anwendung von § 265 ZPO.497 (2) Ende des Sondervermögensbeschlags. Für das Ende des Sondervermögensbeschlags fehlt es an jeglicher gesetzlichen Regelung.498 Dieses Fehlen lässt sich damit erklären, dass es grundsätzlich Aufgabe der betroffenen Ämter ist, das Sondervermögen komplett zu bereinigen und so auch alle laufenden Prozesse abzuwickeln. Wie bereits erörtert, werden aber auch Verfahren der Zwangs-, Nachlass- oder Insolvenzverwaltung aufgehoben bzw. endet eine Testamentsvollstreckung, ohne dass der Amtswalter für das Amt den Prozess zu Ende führen kann.499 Das Amt kann wegen seiner Auflösung den Prozess nicht weiterführen. Der Rückfall der vom Amt zu verwaltenden Vermögensmasse auf den Rechtsinhaber rechtfertigt in allen Fällen500, einen Parteiwechsel anzunehmen. Angesichts des Rechtsübergangs hinsichtlich des Streitvermögens501 tritt eine Unterbrechung nach § 239 ZPO analog ein, die den Vorbehalt des § 246 ZPO einschließt, da auch die Bevollmächtigung durch den Amtswalter den Sondervermögensinhaber bindet.502 Eine Kontinuität zwischen Amt und Vermögensträger, die eine Anwendung von § 241 ZPO rechtfertigte,503 besteht aber nicht. Es liegt 496 BGHZ 86, 337, 339; BGH NJW 1986, 3206, 3207 f.; Stein/Jonas-Brehm, § 829 Rn. 87; MünchKommZPO-Lüke, § 265 Rn. 52; Stein/Jonas-Schumann, 21. Aufl. (1997), § 265 Rn. 25. 497 BGH NJW 1986, 3206, 3207 f. 498 § 240 S. 1 ZPO knüpft an die Beendigung des Insolvenzverfahrens nur die Wirkung, dass eine durch die Insolvenz eingetretene Unterbrechung des vom Schuldner geführten Verfahrens endet. 499 Oben A V 2 a (S. 293). 500 Der Rückfall des durch den Zwangsverwalter verwalteten Haftungsverbands der Hypothek auf den Eigentümer stellt sich ganz anders dar als der mit Anordnung der Zwangsverwaltung erfolgende Übergang dieser Vermögensmasse, weil sich der Haftungsverband in der Hand des Zwangsverwalters zu einem selbstständig zu verwaltenden Sondervermögen entwickelt. – Zur abweichenden Lösung der Rechtsprechung BGHZ 155, 38 ff.; KG NZM 2004, 639; dazu A V 2 a (S. 293). 501 Es kommt nicht darauf an, ob der Amtswalter den streitbefangenen Anspruch mit Erfolg geltend machen kann, also auch insoweit eine Rechtsnachfolge eintritt: Tritt die Aufhebung eines Insolvenzverfahrens während eines Prozesses ein, in dem der Verwalter einen Anfechtungsanspruch geltend macht, greifen gegen BGHZ 83, 102, 104 ff., §§ 239, 246 ZPO ein. Den Verlust des Prozesses vermeidet der Schuldner, indem er als neu eintretende Partei die Erledigung erklärt, vgl. bereits RGZ 52, 330, 333 f.; K. Schmidt, KTS 1984, 345, 398. 502 RGZ 155, 350, 353 f.; Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 70; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 80 Rn. 70; Weber, KTS 1955, 102, 110 f.; vgl. auch Zöller-Greger, § 241 Rn. 7. 503 So aber K. Schmidt, Festschrift Kreft, 503, 511.
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eben keine Identität der Partei bei wechselnder Vertretung vor, bei der nicht der Gegenstand des Prozesses, sondern nur die Vertretungsverhältnisse einer Partei sich ändern. Es liegt ein Parteiwechsel vor, durch den sich Änderungen hinsichtlich des Streitstandes ergeben können, etwa weil die neue Partei für die Verwaltungsschulden des Amtes – wie im Fall des § 239 ZPO – nicht unbeschränkt haftet. bb) Erstreckung von Urteilswirkungen Ist ein Zivilverfahren abgeschlossen, so können sich die Urteilswirkungen aus dem Prozess des Vermögensträgers bzw. des Amtes auf den jeweils anderen erstrecken. Eine Erstreckung kann sich insbesondere aus dem bei Eintritt (dazu 1.) oder Ende des Sondervermögensbeschlags (dazu 3.) stattfindenden Vermögensübergang ergeben. Zudem ist aber auch zu erörtern, inwieweit sich die Urteilswirkungen des vom Amt geführten Prozesses ohne weiteres auf den Vermögensträger erstrecken (dazu 2.). (1) Durch Eintritt des Sondervermögensbeschlags. Der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf das Amt bei Eintritt des Sondervermögensbeschlags ist als Rechtsnachfolge im Sinne von §§ 325 Abs. 1 Fall 2, 727 ZPO anzusehen. Daher erstreckt sich die Rechtskraft von gegen den Vermögensträger ergangenen Urteilen nach § 325 Abs. 1 Fall 2 ZPO auf das Amt, soweit der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis sich auch auf den Streitgegenstand des Prozesses bezieht. Ebenso können im Grundsatz nach § 727 ZPO Titel für und gegen den Vermögensträger auf das Amt umgeschrieben werden.504 Ausnahmen ergeben sich allerdings hinsichtlich der Passivtitel, wenn das Gesetz besondere Regelungen zur Gläubigerbefriedigung enthält. An folgenden Beispielen lassen sich diese Regeln verdeutlichen: In § 749 ZPO werden hinsichtlich der Testamentsvollstreckung § 727 ZPO wie auch §§ 730 ff. ZPO für die Umschreibung eines für oder gegen den Erblasser ergangenen Titels auf das Amt Testamentsvollstrecker für anwendbar erklärt. Für den Nachlassverwalter darf nichts Abweichendes gelten. Eine Vollstreckung für oder gegen den Nachlassverwalter setzt entgegen einer insbesondere in der Kommentarliteratur zum BGB vertretenen Ansicht505 einen Titel für oder gegen das Amt Nachlassverwalter voraus.506 Behandelt man dieses Amt ansonsten als eigenes Subjekt, kann hier nichts anderes gelten. §§ 727, 731 ff. ZPO zeigen den Weg dafür. Für den Insolvenzverwalter enthält die ZPO ebenfalls keine speziellen Regeln. Die Titel über Ansprüche des Insolvenzschuldners, die nach Insolvenzeröffnung vom Insolvenzverwalter einzuziehen sind (§§ 80 f. InsO), sind aber entsprechend
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Rosenberg/Gaul/Schilken, § 16 V 2 c. Palandt-Edenhofer, § 1984 Rn. 4; Erman-Schlüter, § 1984 Rn. 5; MünchKommBGBSiegmann, § 1984 Rn. 8. 506 BGH JZ 1991, 733; Dauner-Lieb, Festschrift Gaul, 104 f.; Jaspersen, Rpfleger 1995, 243, 244; Loritz, ZZP 95 (1982), 310, 329 f.; Rosenberg/Gaul/Schilken, § 16 V 2 c bb; Staudinger-Marotzke (2002), § 1984 Rn. 27; Stein/Jonas-Münzberg, § 727 Rn. 31. 505
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§ 9: Parteiwalter kraft Amtes
§§ 727, 749 ZPO auf das Amt Insolvenzverwalter umzuschreiben.507 Ist der Insolvenzschuldner Titelschuldner, so ist zu differenzieren. Soweit sich die titulierte Forderung als Insolvenzforderung darstellt, sind die Regelungen über Anmeldung und Befriedigung der Forderung im Rahmen des Insolvenzverfahrens abschließend (§§ 87, 179 Abs. 2 InsO). Die Umschreibung eines Titels gegen das Amt Insolvenzverwalter kommt aber in Betracht, sobald die Einzelvollstreckungssperre von § 87 InsO wie insbesondere bei Masseforderungen nicht greift.508 Bei Anordnung von Zwangsverwaltung können Gläubiger ihren Titel gegen den Eigentümer ebenfalls nicht auf das Amt Zwangsverwalter umschreiben lassen. Das vom Zwangsverwalter verwaltete Vermögen haftet nur für die von ihm begründeten Verwaltungsschulden vorrangig (§ 155 Abs. 1 ZVG). Die Gläubiger können sich aber dem Antrag auf Zwangsversteigerung anschließen (§§ 27, 146 ZVG), um so Befriedigung nach dem Rang des jeweiligen Rechts (§§ 10, 155 ZVG) aus dem Verwaltungserlös zu suchen. Umgekehrt kann das Amt Zwangsverwalter auf den Eigentümer lautende Titel auf sich umschreiben lassen, sofern sich die Beschlagnahme der Zwangsverwaltung auch auf diesen Anspruch erstreckt.509 (2) Während des Sondervermögensbeschlags. Während des Sondervermögensbeschlags stellen Amt und Sondervermögensträger verschiedene Prozesssubjekte dar. Die Prozessführung des Amtes wirkt für den Sondervermögensträger nur, soweit er als Träger des Sondervermögens betroffen ist, während er als Träger seines freien Vermögens unberührt bleibt. Diese Unterscheidung zeigen für das Insolvenzverfahren etwa die unterschiedlichen Regelungen, die zum einen in § 179 InsO an ein Bestreiten einer Forderung durch den Insolvenzverwalter oder zum anderen in § 184 InsO an ein Bestreiten durch den Insolvenzschuldner geknüpft werden. Für die Testamentsvollstreckung besteht eine Sonderregelung in §§ 327, 728 Abs. 2 ZPO. Danach wirken Rechtskraft und Vollstreckbarkeit von durch das Amt Testamentsvollstrecker erstrittenen Urteilen auch schon während andauernder Testamentsvollstreckung gegenüber dem Erben. Für die Aktiva hat diese Erstreckung allerdings während der Dauer der Testamentsvollstreckung keine Auswirkungen, da insoweit ohnehin nur der Testamentsvollstrecker legitimiert bleibt. Ins Gewicht fällt während der Testamentsvollstreckung indessen, wie es auch § 728 Abs. 2 S. 2 ZPO zum Ausdruck bringt, die Erstreckung hinsichtlich der Nachlassverbindlichkeiten. Ein gegen das Amt Testamentsvollstrecker erwirkter Titel lässt sich so auf den Erben umschreiben. Der Erbe kann sich gegen 507 BGH ZIP 2005, 1474 f.; Kesseler, ZInsO 2005, 918, 919; Rosenberg/Gaul/Schilken, § 16 V 2 c cc; Stein/Jonas-Münzberg, § 727 Rn. 28; nur im Ergebnis ebenso Loritz, ZZP 95 (1982), 310, 331, der § 728 Abs. 2 ZPO anwendet. 508 OLG Stuttgart ZIP 1995, 45, 46; Rosenberg/Gaul/Schilken, § 16 V 2 c cc; Stein/JonasMünzberg, § 727 Rn. 28; im Ergebnis ebenso Loritz, ZZP 95 (1982), 310, 330 f.; K. Schmidt, JR 1991, 309, 312 f. 509 BGH NJW 1986, 3206, 3207; Rosenberg/Gaul/Schilken, § 16 V 2 c dd; Stein/JonasMünzberg, § 727 Rn. 31.
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B. Plädoyer für die Lehre von der Parteistellung des Amtes (moderne Amtstheorie)
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eine Vollstreckung in sein Eigenvermögen aus diesem Titel nur wehren, wenn seine Haftung auf den Nachlass beschränkt ist (§§ 1973 ff., 1989 ff., 2059 Abs. 1 BGB). Dann kann er diese Beschränkung im Wege der Vollstreckungsabwehrklage (§§ 767, 785 ZPO) geltend machen. Der Vorbehalt dieser Beschränkung ergibt sich bei Titeln gegen das Amt Testamentsvollstrecker unmittelbar aus § 780 Abs. 2 Fall 4 ZPO. (3) Durch Ende des Sondervermögensbeschlags. Außerhalb des Anwendungsbereichs von §§ 728 Abs. 2, 327 ZPO und damit hinsichtlich der anderen Ämter als der Testamentsvollstreckung tritt eine Erstreckungswirkung erst mit Beendigung des Sondervermögensbeschlags ein. Im Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die ehemals zum Sondervermögen zählenden Vermögensgegenstände an den Vermögensinhaber liegt eine Rechtsnachfolge i. S. von §§ 325 Abs. 1 Fall 2, 727 ZPO. Daher ist der Vermögensinhaber an die rechtskräftigen Feststellungen in vom Amt geführten Prozessen gebunden.510 Wie stets bei einer Gesamtrechtsnachfolge wird der Vermögensinhaber aber nur insoweit gebunden, wie er sich auf eine Rechtsposition beruft, die vorher zum Sondervermögen gehörte oder gehört hätte.511 Auf das Amt lautende Aktivtitel kann der Vermögensinhaber stets nach §§ 727, 730 ff. ZPO auf sich umschreiben lassen. Bei Passivtiteln gegen das Amt ist eine Haftungsbeschränkung zu berücksichtigen. So kann sich der Erbe bei Titeln gegen den Nachlassverwalter gem. §§ 767, 785 ZPO auf die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass berufen, da ihm diese Beschränkung in einem solchen Titel ausweislich § 780 Abs. 2 Fall 2 ZPO vorbehalten ist. Entsprechendes gilt nach herrschender Meinung im Insolvenzverfahren, auch wenn es an einer ausdrücklichen Anordnung fehlt. Die Massegläubiger sollen vor Abschluss des Insolvenzverfahrens aus der Insolvenzmasse befriedigt werden. Sind sie ausgefallen, haftet ihnen das freie Schuldnervermögen überwiegender Ansicht nach nicht.512 Eine Vollstreckung gegen den vormaligen Insolvenzschuldner kommt daher nur in Betracht, wenn der Insolvenzschuldner nach Aufhebung des Verfahrens Masse vom Insolvenzverwalter ausgekehrt erhält. Dieser Übergang des Sondervermögens rechtfertigt dann entsprechend §§ 727, 729 ZPO eine Titelumschreibung.513 Die Haftungsbeschränkung auf die Massegegenstände kann der Insolvenzschuldner allerdings entsprechend §§ 767, 785, 781, 786 ZPO geltend machen.514 Nur die Insolvenzgläubiger waren ohnehin Gläubiger des Schuldners und können ihre Forderungen gem. § 201 InsO verfolgen.
510 511
OLG Celle NJW-RR 1988, 447, 448; Stein/Jonas-Leipold, 21. Aufl. (1998), § 325 Rn. 55. Vgl. zu dieser Voraussetzung bei Gesamtrechtsnachfolge Jacoby, Musterprozeßvertrag,
13 ff. 512 MünchKommInsO-Hefermehl, § 207 Rn. 76; Kröpelin, Insolvenz, Rn. 71 ff.; Kübler/ Prütting-Pape, § 207 Rn. 38; kritisch Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 25.30; siehe bereits § 3 C II 2 b aa (S. 56). 513 OLG Celle NJW-RR 1988, 447, 448; Stein/Jonas-Münzberg, § 727 Rn. 28; kritisch K. Schmidt, JR 1991, 309, 314. 514 Stein/Jonas-Münzberg, § 786 Rn. 13; MünchKommZPO-K. Schmidt, § 786 Rn. 12.
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§ 9: Parteiwalter kraft Amtes
f) Sonderfragen Nicht zu leugnen ist, dass die Existenz der Partei Amt Sonderfragen mit sich bringt. Knüpft nämlich die ZPO an eine Eigenschaft von Parteien an, über die das Amt nicht verfügt, offenbart das hier entwickelte Konzept Probleme, die sich aus dem Gesetz nicht unmittelbar lösen lassen. Dieser Befund ist allerdings keine Schwäche des hier entwickelten Modells, sondern – so paradox es klingen mag – seine Stärke, weil so das bestehende Normdefizit aufgedeckt wird. Bestes Beispiel dafür ist die Frage nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Amtes515. Sieht man entweder aus historischer Perspektive oder bei Betrachtung der anderen Parteiämter von § 19a ZPO ab, existiert keine Regelung über den allgemeinen Gerichtsstand. Das Amt hat weder Wohnsitz noch Sitz, ist überdies weder natürliche noch juristische Person. Vorteil der entwickelten Lehre von der Parteistellung des Amtes ist es, dass es mit der Feststellung dieser Gesetzeslücke nicht versucht ist, auf Sitz oder Wohnsitz von Amtswalter oder Sondervermögensträger abzustellen. Vielmehr wird die Suche nach einer eigenständigen Lösung betrieben. Hier bietet die in § 19a ZPO gewählte Anknüpfung den Königsweg: Den allgemeinen Gerichtsstand des Amtes bestimmt das Gericht, das den Amtswalter bestellt, überwacht und ggf. entlässt. Der allgemeine Gerichtsstand des Amtes Insolvenzverwalter ist also in direkter Anwendung von § 19a ZPO der Sitz des Insolvenzgerichts (§ 3 InsO). Für das Amt Zwangsverwalter ergibt sich der allgemeine Gerichtsstand in analoger Anwendung von § 19a ZPO am Sitz des Vollstreckungsgerichts (§ 1 ZVG) wie für die Ämter Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker am Sitz des Nachlassgerichts (§ 73 FGG). Das gilt ungeachtet dessen, dass das Nachlassgericht hinsichtlich des Testamentsvollstreckers weitaus geringere Kompetenzen hat (vgl. §§ 2198 ff., 2202, 2226 ff. 2368 BGB).516 Maßgeblich sind nämlich nicht diese Kompetenzen, sondern die Gesichtspunkte, die die örtliche Zuständigkeit dieser einzelnen Gerichte nach §§ 3 InsO, 1 ZVG, 73 FGG begründen. Sie bestimmen, wo der regelmäßige Schwerpunkt der Amtstätigkeit liegt. Der leichteren Handhabbarkeit wegen ist aber nicht konkret auf diese Gesichtspunkte, sondern auf das tätige Gericht abzustellen. 6. Eigenschaften In verschiedenen Konstellationen werden tatbestandsrelevante Merkmale (ähnlich wie beim Besitz) in bestimmten Eigenschaftsbezeichnungen zusammengefasst. Beispiele sind die Stellung als Arbeitgeber, Kaufmann, Störer, Betreiber oder Steuerpflichtiger. Weil diesen Begriffen ganz heteronome Anknüpfungen eigen sind, kann die Theorie von der Parteistellung der Ämter keine einheitliche Zuordnung dieser Begriffe an ein bestimmtes Subjekt begründen. Es lässt sich aber wiederum eine einheitliche Problemstruktur feststellen. Die Eigenschaften können entweder dem Sondervermögensträger oder dem Amtswalter persönlich,
515 Ein anderes vom Gesetzgeber in § 116 Nr. 1 ZPO gelöstes Beispiel ist die Frage der Prozesskostenhilfe für das Amt als Prozesspartei. 516 OLG Zweibrücken NJW-RR 2004, 941.
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B. Plädoyer für die Lehre von der Parteistellung des Amtes (moderne Amtstheorie)
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vor allem aber auch, soweit Intellektbetätigungstatbestände betroffen sind, dem Amt zugeordnet werden. Folgender Grundsatz lässt sich aufstellen: Der Sondervermögensträger ist betroffen, soweit auf die Rechtsträgerschaft abgestellt wird, das Amt, soweit die Intellektbetätigung mit Wirkung für das Sondervermögen maßgeblich ist, der Amtswalter persönlich nur dann, wenn besondere Vorschriften sich auf ihn beziehen. Beispiele sollen die Problematik verdeutlichen. a) Arbeitgeberstellung Die Problematik erhellt zunächst eine Betrachtung des Begriffs Arbeitgeber. Versteht man unter diesem Begriff die Bezeichnung dessen, der Vertragspartner des Arbeitnehmers ist,517 kann diese Beschreibung nur auf den Sondervermögensträger zutreffen. Rechte und Pflichten sind aber von und gegenüber dem Amt zu erfüllen.518 So hat das Amt durch seinen Amtswalter beispielsweise das Direktionsrecht auszuüben. Andererseits hat das Amt durch seinen Amtswalter auch die Verbindlichkeiten zu erfüllen, etwa bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis auszustellen519. Bei vermögensrechtlichen Ansprüchen können sich bei den Ämtern, die wie insbesondere die Insolvenzverwalter der Haftungsverwirklichung dienen, Modifizierungen für die vom Amt zu erfüllenden Pflichten aus dem Rang des einzelnen Anspruchs ergeben. Jedenfalls ist das Amt richtige Partei im Prozess mit Wirkung für den Arbeitgeber und damit auch im Kündigungsschutzprozess. Das Amt übt, handelnd durch den Amtswalter, die Betriebsleiterfunktion für den Arbeitgeber aus.520 Ferner verpflichten beispielsweise sozialversicherungsrechtliche Bestimmungen den Arbeitgeber, nicht nur die Arbeitgeberanteile der Beiträge zu entrichten (§§ 249 Abs. 1 SGB V, 54, 60 SGB XI, 168 SGB VI, 346 Abs. 1 SGB III) und den Arbeitnehmeranteil abzuführen (§ 28d SGB IV), sondern legen ihm auch verschiedene Anzeige-, Melde- und Auskunftspflichten gegenüber den Trägern der Sozialversicherung auf (etwa §§ 312 ff. SGB III). Auch diese Pflichten können nur vom Amt erfüllt werden, das – soweit das Sondervermögen reicht – für den Arbeitgeber zu handeln hat. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch (§ 321 SGB III) kann sich zwar nur gegen den Sondervermögensträger richten, dessen Haftung ist aber auf das Sondervermögen beschränkt.521 Soweit Pflichtverletzungen auch Ordnungswidrigkeiten darstellen (etwa § 404 SGB III), kann wegen dieser Ordnungswidrigkeiten der Amtswalter selbst verfolgt werden. Zwar ist der Amtswalter selbst nicht Arbeitgeber, § 9 OWiG erstreckt den
517
BAG AP Nr. 1 zu § 611 (Hausmeister). Allgemein MünchHdbArbR-Richardi, § 30 Rn. 11; zum Insolvenzverwalter Häsemeyer, InsR, Rn. 13.11; MünchKommInsO-Ott, § 80 Rn. 122; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 80 Rn. 63. 519 BAG NJW 1991, 1971; ausführlich zur Insolvenz Rieger/Philipp, NZI 2004, 190 ff. – Das gilt aber nicht, wenn der Arbeitsvertrag bei Eintritt des Sondervermögensbeschlags bereits beendet war, dazu BAG NJW 2005, 460, 461 ff.; BGH ZIP 2005, 1325. 520 ErfKomm-Eisemann, § 1 BetrVG Rn. 17. 521 Eine persönliche Verpflichtung des Amtswalters kann gegenüber dem Sondervermögensträger zugunsten des Sondervermögens aus den allgemeinen Haftungsnormen bei Pflichtverletzungen des Amtswalters folgen, siehe dazu § 16 A (S. 563 ff.). 518
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§ 9: Parteiwalter kraft Amtes
persönlichen Anwendungsbereich dieser Bestimmungen über die Ordnungswidrigkeit aber auf den Amtswalter. Denn es handelt sich zum einen bei der Arbeitgeberstellung um ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne dieser Bestimmung522 und zum anderen sind die Parteiwalter kraft Amtes als gesetzliche Vertreter i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 3 OWiG anzusehen523. Dieses Verständnis entspricht dem Willen des Gesetzgebers524 und wird angesichts der Schwierigkeiten, die Stellung dieser Amtswalter dogmatisch zu erfassen, auch noch vom Wortlaut der Vorschrift gedeckt525. Keine Ordnungswidrigkeit begeht indessen der Sondervermögensträger selbst. Auch über § 30 OWiG trifft ihn keine Verantwortlichkeit. Dort findet nur eine Organzurechnung zur juristischen Person statt, für eine Zurechnung zum Sondervermögensträger ist indessen kein Raum. Auf Grundlage des gerade Ausgeführten lässt sich auch zur Streitfrage Stellung nehmen, ob der Insolvenzverwalter als Arbeitgeber anzusehen ist oder nur für den Arbeitgeber handelt.526 Arbeitgeber ist nur der Sondervermögensträger, nicht das Amt und schon gar nicht der Amtswalter.527 Allerdings darf wegen des Sondervermögensbeschlags der Arbeitgeber selbst die Rechte und Pflichten aus der Arbeitgeberstellung nicht wahrnehmen. Die Ausübung dieser Rechte und Pflichten ist dem Amt zugewiesen.528 Bei seiner Tätigkeit hat daher das Amt allen Vorschriften, die an die Stellung des Arbeitgebers anknüpfen, Rechnung zu tragen. Der Amtswalter verleiht dem Amt die Intellektbetätigungsmöglichkeiten. Persönlich betroffen kann der Amtswalter von den an den Arbeitgeberbegriff anknüpfenden Normen nur über § 9 OWiG im Ordnungswidrigkeitenrecht sein. b) Kaufmannseigenschaft Auch das Unternehmen als Vermögen oder als Bestandteil des Vermögens eines Unternehmensträgers kann vom Sondervermögensbeschlag erfasst werden. Das gilt jedenfalls für die auf Haftungsverwirklichung ausgerichteten Verfahren der Insolvenzverwaltung, Nachlassverwaltung529 und der Testamentsvollstreckung zur Abwicklung530. Die Zulässigkeit einer Testamentsvollstreckung zur Verwaltung ist umstritten.531 Überwiegend wird eine reine Testamentsvollstreckung mit 522
Ausdrücklich BT-Drucks. V/1319, S. 62. KarlsKommOWiG-Rogall, § 9 Rn. 56; zur Parallelbestimmung in § 14 StGB MünchKommStGB-Radtke, § 14 Rn. 83. 524 BT-Drucks. V/1319, S. 63. 525 Eine Klarstellung des Anwendungsbereichs von §§ 9 OWiG, 14 StGB nach dem Vorbild von § 34 Abs. 3 AO wäre freilich wünschenswert. 526 Zum Streitstand BAG NJW 1991, 1971 f.; MünchKommInsO-Ott, § 80 Rn. 121; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 80 Rn. 63. 527 MünchArbRHdb-Richardi, § 30 Rn. 11. 528 Vgl. BGH NJW 1991, 1971 a. E.: »Mit der Eröffnung des Konkursverfahrens hat der Konkursverwalter die Rechte auszuüben und die Pflichten zu erfüllen, die sich aus der Arbeitgeberstellung des Gemeinschuldners ergeben; er tritt insoweit in die Rechtsstellung des Gemeinschuldners ein.« – Treffend ist der erste Halbsatz, der zweite beruht auf einer Fehldeutung der Stellung des Verwalters. 529 MünchKommBGB-Siegmann, § 1985 Rn. 5. 530 Staudinger-Reimann (2003), § 2205, Rn. 91. 531 Zum Streitstand insbesondere Dauner-Lieb, Sondervermögen, 270 ff.; Muscheler, Haftungsordnung, 285 ff. 523
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B. Plädoyer für die Lehre von der Parteistellung des Amtes (moderne Amtstheorie)
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dem Hinweis darauf verneint, dass die mit der Testamentsvollstreckung ermöglichte Haftungsbeschränkung für das Testamentsvollstreckerhandeln auf den Nachlass mit der Führung eines Unternehmens unvereinbar sei, da das Handelsrecht die unbeschränkte persönliche Haftung des Unternehmensträgers verlange.532 Teilweise wird eine Verwaltungsvollstreckung aber für zulässig gehalten, wenn der Testamentsvollstrecker zusätzlich zu seinen Amtsbefugnissen vom Erben bevollmächtigt werde, ihn auch persönlich zu verpflichten (sog. Vollmachtslösung).533 Andererseits wird für die bloße Testamentsvollstreckung geltend gemacht, die so ermöglichte Führung eines Unternehmens mit beschränkter Haftung sei gesetzlich vorgesehen.534 Im Fall eines Sondervermögensbeschlags bleibt jedenfalls der Vermögensträger Unternehmensträger und Kaufmann.535 Für die Handelsgesellschaften ergibt sich diese Folge schon aus § 6 Abs. 1 HGB, weil diese Bestimmung die Kaufmannseigenschaft allein an die Existenz der Handelsgesellschaft knüpft. Aber auch eine natürliche Person kann ungeachtet des Sondervermögensbeschlags Kaufmann sein. Zwar kann er nicht selbst für das Unternehmen handeln. Maßgeblich ist aber, dass den Sondervermögensträger die Wirkungen des Amtshandelns für das Unternehmen treffen.536 Er ist Inhaber der für das Unternehmen erworbenen Rechte und Schuldner der für das Unternehmen begründeten Verbindlichkeiten. Karsten Schmidt hat allerdings der Amtstheorie für das Insolvenzrecht vorgeworfen, mit dem auch von ihr erzielten Ergebnis, dass der Insolvenzschuldner Kaufmann bleibe und der Insolvenzverwalter keine Kaufmannseigenschaft erlange, gegen die im allgemeinen Handelsrecht anerkannte Begriffsbildung zu verstoßen. Es komme nicht darauf an, wem die Betriebsmittel gehörten oder für wessen Rechnung gehandelt werde, sondern in wessen Namen gehandelt werde.537 Nach der Amtstheorie sei das aber der Insolvenzverwalter, da er im eigenen Namen handele. Jedoch soll diese Abgrenzung des allgemeinen Handelsrechts vornehmlich diejenigen aus dem Kaufmannsbegriff ausscheiden, die entweder zwar Eigen532 BGHZ 12, 100, 102; RGZ 132, 138; umfassend Dauner-Lieb, Sondervermögen, 298 ff., 312, 327, 516; MünchKommHGB-Lieb, § 25 Rn. 26; Staudinger-Reimann (2003), § 2205 Rn. 91; Röhricht/v. Westphalen-Röhricht, § 1 Rn. 82; K. Schmidt, HandelsR, § 5 I 1 d bb; vgl. auch BGHZ 108, 187, 191 ff.; BGH NJW 1998, 1313 zur Testamentsvollstreckung an Anteilen einer Personenhandelsgesellschaft. 533 BGHZ 12, 100, 102; RGZ 132, 138; Staudinger-Reimann (2003), § 2205 Rn. 91; Röhricht/v. Westphalen-Röhricht, § 1 Rn. 82; kritisch auch insoweit Dauner-Lieb, Sondervermögen, 298 ff.; MünchKommHGB-Lieb, § 25 Rn. 26; K. Schmidt, HandelsR, § 5 I 1 d bb. – Die alternativ für zulässig erachtete sog. Treuhandlösung – dazu ausführlich Muscheler, Haftungsordnung, 295 ff. – hat nichts mehr mit dem hier diskutierten Sondervermögensbeschlag über das Unternehmen gemein, weil der Testamentsvollstrecker persönlich dann als rechtsgeschäftlicher Treuhänder Träger des Unternehmens wird, vgl. nur Staudinger-Reimann (2003), § 2205 Rn. 92 ff.; siehe § 6 B I 2 (S. 218). 534 Baur, Festschrift Dölle, 249, 259 ff.; MünchKommBGB-Zimmermann, § 2205 Rn. 21 f.; Canaris, HandelsR, § 9 Rn. 37; Muscheler, Haftungsordnung, 389 ff.; Schiemann, Festschrift Medicus, 513, 526 ff. 535 Zur Insolvenzverwaltung MünchKommInsO-Ott, § 80 Rn. 99; K. Schmidt, NJW 1987, 1905, 1907; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 80 Rn. 10; zur Testamentsvollstreckung MünchKommBGB-Zimmermann, § 2205 Rn. 22. 536 Vgl. Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 52; Röhricht/v. Westphalen-Röhricht, § 1 Rn. 83. 537 Unter Verweis auf RGZ 37, 58, 61; 13, 142, 146.
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tümer des Betriebsvermögens sind, ihr Unternehmen aber verpachten, oder die dem treuhänderisch tätigen Unternehmensträger das Unternehmen zu treuen Händen zur Verfügung gestellt haben.538 Hier steht die Konstellation in Rede, dass das Handeln für das Amt, auch wenn dieses Zurechnungsendsubjekt ist, den Sondervermögensträger selbst unmittelbar berechtigt und verpflichtet. Zu dieser Sonderkonstellation finden sich in der handelsrechtlichen Lehre sonst keine Stellungnahmen. Auf den Rechtsträger und nicht auf das Handlungssubjekt abzustellen empfiehlt sich aber, weil der Kaufmannsbegriff kein rein handlungsbezogener, sondern ein auf das Rechtssubjekt abstellender Begriff ist. Gerade diese Einschätzung verdeutlicht die Fassung des Unternehmensträgerbegriffs von Schmidt, der Unternehmensträger ist ein »Organisations- und Tätigkeitsrahmen, der die Rechtszuordnung im Außenverhältnis legitimiert«539. Der Sondervermögensbeschlag verändert also den Unternehmensträger, weil seine Handlungsorganisation sich wandelt, wahrt aber die Identität, weil das Zuordnungssubjekt für Rechte und Pflichten identisch bleibt. Auf dieser Grundlage sollen im Folgenden verschiedene Einzelfragen berührt werden. Dabei wird danach unterschieden, ob die Tatbestände lediglich an das Vorhandensein eines kaufmännischen Betriebs anknüpfen oder ob sie Intellektbetätigungen eines Kaufmanns voraussetzen. aa) Bestehen eines kaufmännischen Betriebs Das Registerrecht hat dieser organisatorischen Veränderung des identischen Kaufmanns Rechnung zu tragen. So verlangt § 32 HGB, im Fall der Insolvenz verschiedene den Insolvenzbeschlag betreffende Anordnungen des Insolvenzgerichts in das Handelsregister einzutragen. Entsprechend sind die organisatorischen Veränderungen aufgrund der Testamentsvollstreckung einzutragen, auch wenn dieses Erfordernis nicht gesetzlich vorgesehen ist.540 Die Eintragung des bisherigen Unternehmensträgers als Kaufmann bleibt indessen zu Recht unberührt. Auch die Firma bleibt unverändert bestehen. Ungeachtet des Sondervermögensbeschlags kann daher das Amtshandeln unter dem Namen der Firma erfolgen.541 In Betracht zu ziehen ist freilich, dass der Amtswalter aus handelsrechtlichem Vertrauensschutz persönlich haftet, wenn er mit der Firma das Vorhandensein einer persönlich haftenden natürlichen Person suggeriert, an der es im Fall des Amthandelns mit Wirkung nur für das betroffene Sondervermögen fehlt.542 § 25 HGB wird auf eine Veräußerung in der Insolvenz543 nicht angewen-
538
Vgl. zur Unternehmensüberlassung ausführlich K. Schmidt, HandelsR, § 6 III. K. Schmidt, HandelsR, § 4 IV 2 b. 540 MünchKommBGB-Zimmermann, § 2205 Rn. 23; vgl. auch Staudinger-Reimann (2003), Vorbem zu §§ 2197 – 2228 Rn. 102. 541 BGH NJW-RR 1989, 1263; MünchKommBGB-Zimmermann, § 2205 Rn. 22. 542 Allgemein Staudinger-Schilken (2004), § 179 Rn. 23; K. Schmidt, HandelsR, § 5 IV 2; speziell zur Testamentsvollstreckung MünchKommBGB-Zimmermann, § 2205 Rn. 22. 543 Anders BGHZ 104, 151, 155 f. für die Veräußerung durch den Sequester bei später wieder aufgehobener Sequestration nach § 106 KO; zustimmend für die vorläufige Insolvenzverwaltung MünchKommInsO-Ott, § 80 Rn. 102. 539
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det.544 Diese Rechtsfolge beruht auf einer teleologischen Reduktion dieser Bestimmung, um die Aussichten für die von § 25 HGB geschützten Gläubiger des Unternehmensträgers zu erhöhen, in der Insolvenz einen hohen Erlös durch die Veräußerung zu erzielen.545 In Übereinstimmung mit der Feststellung, dass die Kaufmannseigenschaft durch den Sondervermögensbeschlag nicht berührt wird, bleiben auch handelsrechtliche Buchführungs- und Rechnungslegungspflichten (§§ 238 ff. HGB) bestehen. Diese Pflichten sind, soweit das Unternehmen dem Sondervermögen zuzuordnen ist, vom Amt als Handlungsträger des Kaufmanns zu erfüllen, wie es auch § 155 Abs. 1 S. 2 InsO für die Insolvenz anordnet. bb) Handlungsbezogene Tatbestände Für die handlungsbezogenen Tatbestände wie die Handelsgeschäfte gem. §§ 343 ff. HGB oder die Bevollmächtigung im Handelsrecht (§§ 48 ff. HGB) ist zunächst der Ausgangspunkt zu bestimmen. Man könnte die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen ablehnen, weil nicht der Kaufmann Zurechnungsendsubjekt des Verhaltens ist, sondern das Amt. So wurde unter der Konkursordnung mehrheitlich ein Konkursverwalter über ein Handelsgeschäft nicht für befugt gehalten, eine Prokura zu erteilen.546 Auf diese technische Frage der Verhaltenszurechnung kann es aber nicht ankommen. Maßgeblich ist vielmehr, dass das Amt aufgrund des Sondervermögensbeschlags berufen ist, für ein kaufmännisches Unternehmen zu handeln. Es sei an die gerade getroffene Feststellung erinnert, dass das Amt sogar unter der Firma des Kaufmanns handeln darf. Folglich können die Regelungen über die kaufmännischen Handlungstatbestände nur aus besonderen, auf dem einzelnen Sondervermögensbeschlag beruhenden Gründen ausgeschlossen sein. Daher darf das Amt, handelnd durch den Amtswalter, grundsätzlich Prokura erteilen.547 Ausnahmen können sich allenfalls aus dem Zweck des einzelnen Sondervermögens ergeben. Für die allein auf Abwicklung angelegte Konkursverwaltung wurde eine solche Ausnahme bejaht,548 wogegen sich allerdings unter Hinweis auf die Zulässigkeit der Prokuraerteilung in der Liquidation eine starke Gegenmeinung schon zu Zeiten der Konkursordnung formierte549. Für das Insolvenzverfahren, das auch die Fortführung des Geschäftsbetriebs bezwecken kann (§ 1 S. 1 InsO), lässt sich jedenfalls ein allgemeines Verbot der Prokuraerteilung nicht aufrechterhalten.550 Ebenso kann der Amtswalter für das Amt auch 544
MünchKommInsO-Ott, § 80 Rn. 102; K. Schmidt, NJW 1987, 1905, 1908. BGHZ 104, 151, 154 f.; OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 1556; OLG Zweibrücken NZG 1999, 40; ferner obiter BGH NJW 1992, 911. 546 BGH WM 1958, 430, 431; Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 52; dagegen K. Schmidt, NJW 1987, 1905, 1908. 547 GroßKommHGB-Joost, § 48 Rn. 16 ff.; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 80 Rn. 10; MünchKommBGB-Zimmermann, § 2205 Rn. 22. 548 BGH WM 1958, 430, 431; Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 52. 549 K. Schmidt, BB 1989, 229, 233 f.; GroßKommHGB-Joost, § 48 Rn. 17. 550 Baumbach/Hopt-Hopt, § 48 Rn. 1; MünchKommInsO-Ott § 80 Rn. 103; K. Schmidt, HandelsR, § 16 III 2 d; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 80 Rn. 10. – A. M. Kübler/Prüting-Lüke, § 80 Rn. 13. 545
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eine Handlungsvollmacht nach § 54 HGB erteilen. Zu unterscheiden ist freilich die hier behandelte Zulässigkeit der Erteilung von Vollmachten durch das Amt von der Frage, welche Wirkungen vor dem Sondervermögensbeschlag erteilte Vollmachten haben. Diese Vollmachten berechtigen grundsätzlich nicht mehr zum Handeln für das zum Sondervermögen zählende Unternehmen, weil sie nicht zur Vertretung des neuen Handlungssubjektes Amt berechtigen.551 Schließlich muss Entsprechendes auch für die Bestimmungen über Handelsgeschäfte gelten. Diese Vorschriften erfassen grundsätzlich auch die Geschäfte des Amtes, weil dieses mit Wirkung für den Unternehmensträger handelt und unter der Firma des Kaufmanns auftreten kann.552 So hat der BGH zu Recht die Regelungen über das kaufmännische Bestätigungsschreiben auf das Handeln eines Konkursverwalters angewendet.553 Ausnahmen können sich wiederum nur aus dem Grund des einzelnen Sondervermögens ergeben. c) Ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit Auch im Rahmen des öffentlichen Ordnungsrechts sind die verschiedenen Subjekte zu trennen, um eine klare Problemstruktur aufzeigen zu können. Adressat der Ordnungsverfügungen muss, um eine aus dem Sondervermögen stammende Gefahr abzuwenden, das Amt sein. Denn nur das Amt hat aufgrund seiner rechtlichen Befugnisse über das Sondervermögen die Rechtsmacht, gefahrabwendende Maßnahmen vorzunehmen. Das Amt ist damit einerseits vom Sondervermögensträger und andererseits vom Amtswalter abzugrenzen. Dieses Ergebnis stimmt zwar nicht in der Formulierung, aber in der Sache mit dem der Amtstheorie überein, nach der der Amtswalter in seiner amtlichen Stellung und damit lediglich mit Wirkung für das Sondervermögen, nicht jedoch für sein Privatvermögen Verfügungsadressat sein soll.554 Eine gegen das Amt gerichtete Ordnungsverfügung kann allerdings auf ganz verschieden verwirklichten Störungstatbeständen beruhen. Die ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit wird sowohl im allgemeinen als auch im besonderen Ordnungsrecht grundsätzlich durch ein Verhalten (Verhaltensstörer) oder durch Eigentum und Beisitz an einer störenden Sache (sog. Zustandsstörer) begründet. Die Verfügung gegen das Amt zu richten lässt sich daher leicht begründen, wenn das Amt selbst als Besitzer der störenden Sache Zustandsstörer555 oder aufgrund von dem Amtswalter zugerechnetem Verhalten Verhaltensstörer ist.556 Aber auch wenn die Zustandsstörereigenschaft auf dem Eigentum des Sondervermögensträgers an einer Sache beruht und dieses Eigentum zum Sondervermögen zu zählen ist, kann die Ordnungsverfügung gegen das Amt gerichtet werden, weil das Amt 551
K. Schmidt, BB 1989, 229, 234, zum Erlöschen der Vollmacht allgemein 7 (S. 326 ff.). K. Schmidt, NJW 1987, 1905, 1909. 553 BGH NJW 1987, 1940, 1941. 554 Häsemeyer, Festschrift Uhlenbruck, 97, 105, 107; Lüke, Kölner Schrift, Rn. 22; MünchKommInsO-Ott, § 80 Rn. 137. 555 Vgl. BVerwG ZIP 2004, 2145, 2146 f.; Bork, InsR, Rn. 70a. 556 Entsprechend in der Terminologie der Amtstheorie Häsemeyer, InsR, Rn. 13.13; ders., Festschrift Uhlenbruck, 97, 104 ff. 552
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umfassend die aus dem Eigentum folgenden Handlungspflichten zu erfüllen hat.557 Nur wenn sich die Störereigenschaft des Sondervermögensträgers auf ein Verhalten beschränkt, ohne dass eine der anderen gerade behandelten Voraussetzungen eingreift, bedarf es einer besonderen Begründung dafür, dass das Amt zur Gefahrenabwehr herangezogen werden darf. Schuldner einer ordnungsrechtlichen Verpflichtung, die durch eine Ordnungsverfügung gegen das Amt konkretisiert wird, ist freilich der Sondervermögensträger. Die Bedeutung dieser Feststellung zeigt sich weniger auf der Primär- als auf der Sekundärebene, die die Kostenhaftung für Vollstreckungsmaßnahmen (insbesondere bei Ersatzvornahme) regelt. Schuldner der Kosten ist der Sondervermögensträger. Vielfach wird die Haftung auf das Sondervermögen beschränkt sein, so dass die Kostenforderung durch Vollstreckung gegenüber dem Amt durchzusetzen ist. Soll der Sondervermögensbeschlag eine besondere Haftungsordnung durchsetzen, stellt sich die Frage, wie die ordnungsrechtliche Kostenhaftung in diese Haftungsordnung einzupassen ist. Diese Problematik wird vor allem für die Insolvenz erörtert.558 d) Steuerpflichtigkeit Der Sondervermögensbeschlag lässt die Steuerpflichtigkeit des Vermögensträgers unberührt.559 Zur Frage, wie diese Steuerpflicht zu erfüllen ist, enthält § 34 AO eine spezielle Regelung. Nach § 34 Abs. 3 AO haben Vermögensverwalter, denen die Verwaltung eines Vermögens anstelle der Vermögensinhaber oder ihrer Vertreter zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen. Auch wenn diese Vorschrift weder für Vermögensverwalter noch für Organe und gesetzliche Vertreter (§ 34 Abs. 1 AO) den Unterschied von Amt und Amtswalter berücksichtigt, ist bei der Auslegung zu differenzieren. Bei der Erfüllung der Steuerpflichten hat der Amtswalter in seiner Amtsfunktion zu handeln. Der Parteiwalter kraft Amtes handelt also nach außen für das Amt. Das Amt ist wiederum Zurechnungsendsubjekt bei der Erfüllung der steuerlichen Pflichten für den Sondervermögensträger. Die besondere Vorschrift des § 34 AO ermöglicht aber auch einen Zugriff auf den Amtswalter selbst. Bei Verletzung der steuerlichen Verpflichtungen eröffnen §§ 69, 34 Abs. 3 AO nämlich eine persönliche Schadensersatzverpflichtung des Amtswalters gegenüber der Steuerbehörde.560 557 Insbesondere für das Insolvenzrecht stellt sich die außerordentlich umstrittene Frage, ob der Insolvenzverwalter sich der Haftung durch Freigabe des störenden Gegenstands entziehen kann, zum Meinungsstand Häsemeyer, Festschrift Uhlenbruck, 97, 112 f.; Lüke, Kölner Schrift, Rn. 82 ff.; MünchKommInsO-Ott, § 80 Rn. 142; Uhlenbruck, KTS 2004, 275, 280; für die Entlastung durch Freigabe im Anwendungsbereich des BBodSchG BVerwG ZIP 2004, 2145, 2147 f.; in einem privatrechtlichen Verhältnis BGHZ 148, 252. 558 Bork, InsR, Rn. 70a; Häsemeyer, Festschrift Uhlenbruck, 108 ff.; Lüke, Kölner Schrift, Rn. 24 ff., 42 ff. 559 Vgl. zur Insolvenz Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 80 Rn. 115 m. w. Nachw.; Frotscher, Besteuerung, 23. 560 Zur Abgrenzung der Verletzung steuerspezifischer Pflichten gegenüber der Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten, die eine Haftung nur aus § 60 InsO rechtfertigt, BGHZ 106, 134, 136.
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Von der Steuerpflichtigkeit auf Rechtsfolgenseite zu unterscheiden sind die sich auf Tatbestandsseite aus den einzelnen Steuergesetzen ergebenden Voraussetzungen einer Steuerforderung. Für die haftungsrechtliche Qualifizierung dieser Forderung ist von Bedeutung, ob der Tatbestand vom Steuerpflichtigen oder vom Amt verwirklicht ist. So begründet das Halten eines KFZ durch das Amt Insolvenzverwalter eine Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO), während diejenigen Forderungen Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) sind, die darauf beruhen, dass der Insolvenzschuldner vor Verfahrenseröffnung Halter war.561 7. Trennung der (gewillkürten) Handlungsorganisationen Die Trennung zwischen dem Sondervermögensträger als einem Handlungssubjekt und dem Amt als einem weiteren bringt es mit sich, dass die gewillkürten Handlungsorganisationen beider Subjekte zu trennen sind. Sondervermögensträger einerseits und Amt andererseits können jeweils Dritte nur dazu bevollmächtigen, für den jeweils Bevollmächtigenden selbst, nicht für den anderen zu handeln. Damit ist aber noch nicht entschieden, inwieweit bei Entstehung des Sondervermögens und damit des Amtes als Handlungssubjekt Bevollmächtigte des Sondervermögensträgers die Macht erlangen, nunmehr auch für das Amt zu handeln. Es stellt sich damit die Frage, welche vertretungsrechtlichen Folgen der in den Regelungen der §§ 1984 Abs. 1, 2205 S. 2 BGB, 80 Abs. 1 InsO, 148 Abs. 2, 152 ZVG zum Ausdruck kommende Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Sondervermögensträger auf das Amt hat. Versteht man diesen Übergang der Verfügungsbefugnis als besondere Form der Rechtsnachfolge, so ist eine Erstreckung der Handlungsbefugnisse nicht unbedingt von der Hand zu weisen. Mit einer Rechtsnachfolge in die Rechtsstellung des Vollmachtgebers kann einhergehen, dass der Bevollmächtigte auch für den Rechtsnachfolger handeln kann.562 Das prominenteste Beispiel, dessen Verständnis auch für die sogleich zu behandelnden Ämter Testamentsvollstreckung und Nachlassverwaltung von Bedeutung ist, wird unter den Begriffen der postmortalen bzw. der transmortalen Vollmacht behandelt. Die Zulässigkeit solcher auch nach dem Tod des Vollmachtgebers wirkender Vollmachten entspricht einem praktischen Bedürfnis, dass unmittelbar nach dem Versterben des Erblassers den Nachlass betreffende Angelegenheiten von Vertretern des Erblassers erledigt werden können.563 Die Zulässigkeit lässt sich jedenfalls nicht allein auf § 1922 BGB stützen, der lediglich das Einrücken des Erben in die Rechte und Pflichten des Erblassers regelt. Es steht ein weiteres Problem in Rede, das der von § 130 Abs. 2 Fall 1 BGB entschiedenen Frage ähnelt, welche Wirkungen der Tod auf eine vom Erblasser abgegebene Willenserklärung hat. Es lässt sich auf verschiedene Vorschriften verweisen, die eine Fortgeltung einer Vollmacht über den Tod des
561
BFH ZIP 2005, 264, 265. Frey, Rechtsnachfolge, 3 ff., 105 ff., spricht gar von einer Rechtsnachfolge in die Vollmachtgeberstellung; kritisch dazu Schilken, ZHR 163 (1999), 104. 563 Staudinger-Schilken (2004), § 168 Rn. 28; MünchKommBGB-Schramm, § 168 Rn. 30. 562
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Vollmachtgebers hinaus anordnen.564 Einschlägig sind § 52 Abs. 3 HGB wie auch § 86 ZPO. Ferner ist §§ 168, 672, 675 BGB zu entnehmen, dass mit Auftrag bzw. Geschäftsbesorgungsvertrag auch die mit diesem Vertragsverhältnis einhergehende Vollmacht den Tod des Vollmachtgebers überdauert. Aus diesen Einzelbestimmungen über die transmortale Vollmacht ist zu schließen, dass im Grundsatz transmortale und postmortale Vollmachten zulässig sind.565 Äußerst umstritten sind aber die Wirkungen solcher Vollmachten.566 Vertretener kann nur der existente Erbe, nicht mehr der Erblasser sein.567 Der Erbe ist also Zurechnungsendsubjekt. Er wird durch die ihm zuzurechnende Willenserklärung des Vertreters verpflichtet. Umstritten ist allerdings die Reichweite dieser Verpflichtung. Nach einer im Vordringen befindlichen Meinung verpflichtet der Bevollmächtigte den Erben; dieser könne aber wie bei Vertretung durch den Nachlasspfleger568 seine Haftung auf den Nachlass beschränken.569 Nach der überwiegenden Ansicht fehlt es aber für eine solche gesetzliche Haftungsbeschränkung an der notwendigen Regelung.570 Der Bevollmächtigte verpflichte den Erben wie durch eigene Willenserklärungen des Erben oder durch solche seines Bevollmächtigten. Auf dieser Grundlage wird aber nur teilweise davon ausgegangen, dass die Vollmacht in ihrem Umfang einer vom Erben erteilten Vollmacht entspricht.571 Vielfach wird die Vollmacht vielmehr in ihrem Umfang als auf den Nachlass begrenzt angesehen.572 Die Vollmacht sei nicht nur gegenständlich auf die Nachlassgegenstände beschränkt, so dass etwa in Vertretung vorgenommene Verfügungen nur wirksam seien, wenn sich die Verfügung auf einen Nachlassgegenstand bezöge, sondern die Vollmacht erlaube Verpflichtungen auch nur, wenn die Haftung des Erben für diese Verpflichtungen rechtsgeschäftlich auf den Nachlass beschränkt würde. Ungeachtet dieser Streitfragen lässt sich also sagen, dass im Erbfall neben dem Übergang von Rechten und Pflichten auch die gewillkürte Handlungsorganisation des Erblassers – in freilich umstrittenem Umfang – in die des Erben integriert wird. Dieses Einrücken ist aber eben nicht Annex zur Rechtsnachfolge, sondern
564 Frey, Rechtsnachfolge, 163; Muscheler, Haftungsordnung, 375; MünchKommBGBSchramm, § 168 Rn. 30. 565 So die ganz herrschende Meinung; zum Meinungsstand siehe knapp Erman-Schmidt, Vor § 2197 Rn. 7; ausführlich Frey, Rechtsnachfolge, 105 ff; Lekaus, Vollmacht, 7 ff. – Kritisch insbesondere zur postmortalen Vollmacht Heldrich, JherJb 79 (1928/29), 315, 324 f. 566 Vgl. die Überblicke zum Meinungsstand bei Frey, Rechtsnachfolge, 105 ff.; Lekaus, Vollmacht, 46 ff. 567 BGHZ 87, 19, 25 f. 568 Dazu oben § 4 A I 2 c (S. 103). 569 Staudinger-Marotzke (2002), § 1967 Rn. 38, unter Berufung auf § 1967 Abs. 2 Fall 1 BGB; Muscheler, Haftungsordnung, 378 ff., 384 f.; zust. MünchKommBGB-Siegmann, § 1967 Rn. 14, verlangt zusätzlich, dass die Vertreterhandlung eine ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses darstellt; Frey, Rechtsnachfolge, 166 ff., begründet die Haftungsbeschränkung indessen mit dem Rechtsgedanken von § 139 Abs. 4 HGB. 570 Etwa Staudinger-Schilken (2004), § 168 Rn. 31; Schilken, ZHR 163 (1999), 104, 106. 571 Beuthien, Festschrift Fischer, 1, 12; Lekau, Vollmacht, 53 f.; Soergel-Stein, § 1967 Rn. 5. 572 MünchKommBGB-Zimmermann, Vor § 2197 Rn. 14; Bamberger/Roth-Habermeier, § 168 Rn. 10; Soergel-Leptien, § 168 Rn. 33; Staudinger-Schilken (2004), § 168 Rn. 31; MünchKommBGB-Schramm, § 168 Rn. 33.
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Ausdruck des umfassenden Einrückens des Erben in die Rechtslagen des Erblassers (§§ 1922, 857, 130 Abs. 2 Fall 1 BGB).573 Für die hier zu untersuchenden Fälle des Sondervermögensbeschlags ist zwischen den durch hoheitliche Anordnung geschaffenen Ämtern (unter a.) und dem durch privatautonome Verfügung geschaffenen Amt Testamentsvollstrecker (unter b.) zu unterscheiden. a) Hoheitlich geschaffene Ämter Der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Sondervermögensträger auf das Amt in den Fällen von Insolvenz (§ 80 InsO), Nachlassverwaltung (§ 1984 Abs. 1 BGB) und Zwangsverwaltung (§§ 148 Abs. 2, 152 ZVG) soll den Sondervermögensträger und seine Handlungsorganisation aus der Stellung verdrängen, mit Wirkung für das Sondervermögen handeln zu können. Die Handlungsorganisation des Sondervermögensträgers soll also nicht in der des Amtes aufgehen, wie es die des Erblassers in der des Erben tut. Im Gegenteil besteht eine strikte Trennung beider Handlungsorganisationen. Vertreter des Sondervermögensträgers können daher nur anstelle des Sondervermögensträgers und daher – wie dieser – lediglich mit Wirkung für sein freies Vermögen handeln. Die durch den Sondervermögensbeschlag geschaffene Handlungsorganisation für die vom Sondervermögensbeschlag betroffenen Gegenstände bewirkt also schon, dass die Bevollmächtigten ihre Macht verlieren, im Namen des Sondervermögensinhabers auch mit Wirkung für diese Gegenstände zu handeln.574 Die Vertretungsmacht bleibt also bestehen, ist aber in ihrer Kraft entwertet, wie es stets der Fall ist, wenn Gegenstände aus dem freien Vermögen des Vollmachtgebers ausscheiden. Folglich kann der Bevollmächtigte des Erben unter Nachlassverwaltung nur noch von seiner Vollmacht Gebrauch machen, soweit das Erbeneigenvermögen betroffen ist, wie der Bevollmächtigte eines von der Zwangsverwaltung betroffenen Eigentümers mit Wirkung für beschlagnahmte Grundstücke nicht von seiner Vollmacht Gebrauch machen kann. In der Insolvenz des Vollmachtgebers kann schließlich der Bevollmächtigte nicht hinsichtlich der Gegenstände, die zur Insolvenzmasse gehören, seine Vollmacht ausüben. Ungeachtet dieses schon aus § 80 InsO herzuleitenden Ergebnisses ordnet § 117 Abs. 1 InsO an, dass eine vom Insolvenzschuldner erteilte Vollmacht, die sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, mit Insolvenzeröffnung erlischt. Angesichts der Wirkungen von § 80 InsO ist dieser Vorschrift nur klarstellende Funktion zuzuschreiben.575 Der dagegen erhobene Einwand, § 80 InsO sage über die Wirksamkeit der Vollmacht nichts aus, sondern betreffe nur die Handlungsmacht des Vollmachtgebers,576 geht fehl. Denn § 117 InsO will 573 Vgl. Muscheler, Haftungsordnung, 376; vgl. auch Staudinger-Reimann (2003), Vorbem zu §§ 2197 – 2228 Rn. 53, der Übergang der Vollmacht beruhe nicht auf dem Willen des Erblassers, sondern auf der Universalsukzession. 574 Vgl. Häsemeyer, InsR, Rn. 20.69; K. Schmidt, BB 1989, 229, 234. 575 Häsemeyer, InsR, Rn. 20.69; Marotzke, Festschrift Henckel, 579, 583 f.; Kübler/Prütting-Tintelnot, §§ 117 Rn. 1.; vgl. ferner zum alten Recht Flume, Rechtsgeschäft, § 51 7; JaegerHenckel, KO, § 23 Rn. 48; K. Schmidt, BB 1989, 229, 234 576 MünchKommInsO-Ott, § 117 Rn. 5.
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die Vollmacht ohnehin nur regeln, soweit sie sich auf die Insolvenzmasse bezieht. Soweit hingegen das freie Vermögen des Insolvenzschuldners betroffen ist, bleiben die Befugnisse des Bevollmächtigten unberührt. Festzuhalten ist jedenfalls, dass das durch § 117 InsO für die Insolvenz normierte Ergebnis, dass der Bevollmächtigte des Sondervermögensträgers nicht für das Amt handeln kann, nicht dieser Sonderregelung in § 117 InsO bedurft hätte und somit kein Umkehrschluss für Nachlassverwaltung und Zwangsverwaltung zu ziehen ist, wo es an einer § 117 InsO entsprechenden Bestimmung fehlt. Angesichts dieses Standpunkts verlangt freilich die in § 117 Abs. 2 InsO geregelte Ausnahme nach einer Erklärung, dass die Vollmacht als fortbestehend gilt, sofern auch ein ihr zugrunde liegender Geschäftsbesorgungsvertrag als fortbestehend gilt, weil mit dem Aufschub Gefahr verbunden wäre und der Insolvenzverwalter nicht anderweit Fürsorge treffen kann. Diese Regelung ist aber als allgemeine Ausnahme dafür zu verstehen, dass die Handlungsorganisation des Schuldners in die des Amtes einbrechen darf. In berechtigter Notgeschäftsführung kann der Schuldner577 wie seine Vertreter auch für das Amt handeln.578 b) Testamentsvollstreckung Bei der Testamentsvollstreckung stellen sich andere Probleme. Im Anschluss an die eben angestellten Überlegungen lässt sich nur eine Aussage über die Rechtsmacht der Bevollmächtigten des Erben treffen. Soweit die Testamentsvollstreckung reicht (§ 2208 Abs. 1 BGB), ist der Erbe als Sondervermögensträger von der Verwaltung des Nachlasses ausgeschlossen, so dass auch seine Bevollmächtigten nicht mit Wirkung für den Nachlass handeln können. Die für die Testamentsvollstreckung besondere Frage besteht aber darin, ob Personen, die vom Erblasser mit einer postmortalen oder transmortalen Vollmacht ausgestattet sind, neben dem Testamentsvollstrecker mit Wirkung für den Nachlass handeln können. Der Zweck der Testamentsvollstreckung steht einer solchen Handlungsbefugnis nicht entgegen. Denn die Testamentsvollstreckung soll nur den Erben in seinen Handlungsbefugnissen beschränken, dem Erblasser wird indessen gerade die Möglichkeit eröffnet, für seinen Nachlass über seinen Tod hinaus eine Handlungsorganisation zu etablieren. Die Vollmacht kann allerdings nicht erreichen, was dieses Institut nicht hergibt. Der Bevollmächtigte kann lediglich Vertreter eines existierenden Handlungssubjekts sein. Es bieten sich für den Erblasser die drei folgenden Möglichkeiten. Im Einzelfall ist durch Auslegung zu entscheiden, welche dieser Möglichkeiten dem Willen des Erblassers entspricht. Die erste Möglichkeit besteht darin, dass der Bevollmächtigte – wie bei postmortaler Vollmacht ohne Testamentsvollstreckung – Vertreter des Erben ist. Dann kann der Vertreter die Rechtsmacht ausüben, die trotz der Testamentsvollstreckung dem Erben verbleibt. Das bedeutet zum einen, dass der Vertreter keine Rechtsmacht ausüben kann, die dem Erben selbst aufgrund der Testamentsvoll-
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Kritisch Marotzke, Festschrift Henckel, 579, 589 f. Häsemeyer, InsR, Rn. 10. 11, 20.69.
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§ 9: Parteiwalter kraft Amtes
streckung nicht zusteht.579 Zum anderen stehen die Befugnisse, die der Bevollmächtigte als Vertreter des Erben ausüben kann, weil die Testamentsvollstreckung insoweit beschränkt ist, stets auch dem Erben zu. Eine den Erben verdrängende Bevollmächtigung580 kann aufgrund des Verbots der verdrängenden Vollmacht nicht auf einer Vertretung des Erben beruhen.581 Will der Erblasser einen Dritten mit Kompetenzen ausstatten, die weder dem Erben noch dem Testamentsvollstrecker zustehen sollen, so muss er einen weiteren Testamentsvollstrecker mit abweichendem Aufgabengebiet einsetzen, was insbesondere erfordert, die Formvoraussetzungen (§§ 2229 ff., 2197 BGB) für eine solche Verfügung einzuhalten. Der Bevollmächtigte kann aber auch Vertreter für das Amt Testamentsvollstrecker sein. Diese zweite Möglichkeit wird regelmäßig nicht diskutiert.582 Sie drängt sich aber auf, wenn man mit der Theorie von der Parteistellung des Amtes die handlungsorganisatorische Problemstruktur der Testamentsvollstreckung aufdeckt. Gegen die Zulässigkeit einer solchen Bevollmächtigung, für den jeweiligen Testamentsvollstrecker zu handeln, sind keine durchgreifenden Bedenken ersichtlich. Wenn post- und transmortale Vollmachten des Erblassers in die dem Erblasser fremde Handlungsorganisation des Erben einwirken können, muss eine solche Einwirkung erst recht für die vom Erblasser eingerichtete Organisationsstruktur des Testamentsvollstreckers gelten. Dass der Testamentsvollstrecker nicht stets in Person handeln muss, sondern auch für ihn (von ihm selbst bevollmächtigte) Vertreter handeln können, ist ohnehin anerkannt. Der so Bevollmächtigte kann dann die Befugnisse ausüben, die dem Testamentsvollstrecker selbst in seinem Amt zugewiesen sind. Zu denken ist schließlich als dritte Möglichkeit noch an eine Kombination von den ersten beiden. Umfassende Handlungsmacht kann dem Bevollmächtigten zustehen, wenn er beide Subjekte vertreten darf. Eine entsprechende Rechtsmacht wird auch dadurch herbeigeführt, dass dem Testamentsvollstrecker neben seinen Amtsbefugnissen auch noch die Stellung als Vertreter des Erben eingeräumt wird.583 Der Bevollmächtigte hat dann mehr Befugnisse als Testamentsvollstrecker und Erbe jeweils allein. Seine Stellung wird allerdings dadurch geschwächt, dass Erbe bzw. Testamentsvollstrecker jedenfalls im Grundsatz seine Vollmacht widerrufen können.584 579 MünchKommBGB-Zimmermann, vor § 2197 Rn. 15; Staudinger-Reimann (2003), Vorbem zu §§ 2197–2228 Rn. 68. – Entgegen Rehmann, BB 1987, 213 f., ergibt sich nichts anderes daraus, dass der Vertreter seine Vollmacht vom Erblasser ableitet. Der Vertreter kann nämlich durch Handeln im Namen des Vertretenen stets nur die Rechtsmacht ausüben, die dem Vertretenen im Augeblick der Vertretungshandlung zusteht, weil das Handeln des Vertreters für den Vertretenen wie Eigenhandeln wirkt. Nur die Handlungsfähigkeit (Geschäftsfähigkeit) des Vertretenen wird durch das Vertreterhandeln ersetzt. 580 Dazu § 5 C II 1 (S. 177 f.). 581 Abweichend MünchKommBGB-Zimmermann, Vor § 2197 Rn. 16. 582 Auf diese Konstruktion lässt sich aber die Aussage stützen, dass der Bevollmächtigte mehr Befugnisse als der Erbe hat, so Erman-Schmidt, Vor § 2197 Rn. 8, und dass dem Testamentsvollstrecker die Weisungs- und Widerrufsrechte zustehen, so MünchKommBGB-Zimmermann, vor § 2197 Rn. 15; Staudinger-Reimann (2003), Vorbem zu §§ 2197–2228 Rn. 73. 583 BGH NJW 1962, 1718; Staudinger-Reimann (2003), Vorbem §§ 2197 Rn. 76 f. 584 BGH NJW 1962, 1718, 1719.
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C. Parteiwalter zur Überwachung
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III. Fazit Die Besonderheit des Handelns der in diesem Abschnitt untersuchten Amtswalter besteht in seiner Vermögensbezogenheit, die von allen vorgestellten Theorien anerkannt wird. Ohne Widersprüche lässt sich dieses spezifische Handeln begreifen, wenn man mit dem hier vorgeschlagenen Konzept ein spezifisches Handlungssubjekt Amt anerkennt, dem das Amtswalterverhalten zugerechnet wird. Der Erklärungswert dieser Theorie ist beachtlich. Auf ihrer Grundlage lassen sich die handlungsbezogenen Fragestellungen wie durch die Repräsentationstheorie zum Vertreterhandeln oder die Organtheorie zum Organhandeln präzisieren und die Antworten legitimieren. Zwar wird für die anderen Theorien – insbesondere im Anschluss an die Untersuchung Henckels – ebenfalls ins Feld geführt, sie könnten die für richtig befundenen Ergebnisse alle begründen. Während dies den anderen Theorien aber nur mithilfe von Systembrüchen (Vertretertheorie), durch Leugnung eines klaren Systems (Amtstheorie) oder durch Leugnung des gestellten Problems (Organtheorie) gelingt, schafft die hier vorgestellte Theorie von der Parteistellung des Amtes ein widerspruchsfreies System. Auf ihrer Grundlage zeigt sich, wie hoch die Legitimationskraft einer Theorie sein kann, die zur Erklärung der behandelten Amtswalter dient.
C. Parteiwalter zur Überwachung Schließlich bleibt noch eine kleine Gruppe von Ämtern zu betrachten. Diese Gruppe unterscheidet sich von Vertretern und Organen dadurch, dass sie wie die gerade behandelten Parteiämter einen selbstständigen (externen) Funktionsträger darstellt, und von den zur Verwaltung von Sondervermögen eingerichteten Parteiämtern dadurch, dass ihnen lediglich Überwachungsaufgaben zugewiesen sind. Es handelt sich also um Parteiämter mit Überwachungsfunktion.585 Eine Betrachtung in diesem Teil der Arbeit rechtfertigen aber nur die Ämter aus dieser Gruppe, bei denen die Überwachungskompetenzen so ausgestaltet sind, dass sie unmittelbare Außenwirkung äußern.586 Die typische Ausgestaltung solcher Überwachungskompetenzen besteht darin, die Handlungsmacht von Rechtssubjekten auf bestimmte Rechtsgeschäfte zu beschränken, so dass die Rechtsgeschäfte nur durch Zustimmung des überwachenden Amtswalters wirksam werden. Beispiele sind der schwache Insolvenzverwalter, von dessen Zustimmung die Wirksamkeit von Verfügungen des Schuldners abhängt (§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO),587 im Insolvenzverfahren bei angeordneter Eigenverwaltung der Sachwalter, wenn er nach §§ 279 S. 3, 270 InsO Rechtsgeschäften des eigenverwaltenden Insolvenzschuldners zustimmen 585
Zu diesen bereits § 5 D III 3 (S. 200), § 4 C III 1 b (S. 153). Ämter und Gremien, die wie der Pfandbriefbankentreuhänder oder der Gläubigerausschuss nur im Organisationsbereich ohne unmittelbare Außenwirkung Überwachungsaufgaben wahrnehmen, scheiden für eine Untersuchung in diesem Teil der Abhandlung aus, werden aber im zweiten besonderen Teil behandelt. 587 Dazu § 3 A IV 1 a cc (S. 32), D I 2 (S. 96 f.). 586
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§ 9: Parteiwalter kraft Amtes
muss,588 ein Testamentsvollstrecker, wenn seine Befugnisse darauf beschränkt sind, Verfügungen des Erben oder eines anderen Testamentsvollstreckers durch Zustimmung zur Wirksamkeit zu verhelfen, und der Treuhänder für den Deckungsstock (§ 70 VAG), dessen Zustimmung die Versicherung bedarf, um über Gegenstände des Deckungsstocks zu verfügen589. In Ausnahmefällen sind aber auch ganz andere Äußerungen des Amtswalters denkbar wie etwa der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers (§ 322 HGB)590. Solche Überwachungskompetenzen können auch einem Gremium zugewiesen sein. Jedoch sind Überwachungsaufgaben von Gremien in der Regel auf den Organisationsbereich beschränkt. So liegt es etwa bei den Zustimmungskompetenzen des Gläubigerausschusses (§§ 159 ff. InsO). Anders liegt es im Betriebsverfassungsrecht. Umstritten sind die Rechtsfolgen einer personellen Einzelmaßnahme, die ohne die nach § 99 BetrVG erforderliche Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen wird.591 Außenwirkung entfaltet die Betriebsratstätigkeit jedenfalls bei der Kündigung (§ 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG). Jedoch beschränkt sich die Kompetenz des Betriebsrats darauf, angehört zu werden. Eine Zustimmung des Betriebsrats ist indessen nicht notwendig.592 Auch in Bezug auf diese Ämter stellt sich die Frage, wie das Amtswalterverhalten zu verstehen ist. Eine Zurechnung zu einem organisierten Handlungssubjekt wie bei Vertreter oder Organ scheidet regelmäßig aus. Deshalb besteht die Alternative darin, in diesen Fällen das Amtswalterhandeln wie bei den Parteiwaltern mit Sondervermögen dem Amt zuzurechnen oder ein Eigenhandeln des Amtswalters quasi in mittelbarer (Interessen-)Stellvertretung anzunehmen. Soweit dieser Frage nach dem Zurechnungsendsubjekt nachgegangen wird, wird das Amtswalterverhalten – wohl in Entsprechung zu den für Sondervermögen eingerichteten sog. Parteien kraft Amtes –593 als Eigenhandeln des Amtswalters verstanden. Zurechnungsendsubjekt ist danach also der Amtswalter selbst.594 Das Amt wird als Handlungssubjekt nicht in Betracht gezogen. Ganz anders sieht es bei Gremien aus. So wird der Betriebsrat als Zurechnungsendsubjekt der durch seinen Beschluss gefassten Stellungnahme angesehen.595 Das in dieser Abhandlung entwickelte Verständnis von Amtswalterhandeln diktiert ein anderes Ergebnis. Das Amtswalterverhalten kann dem Amt zugerechnet werden. Das Amt selbst ist Handlungssubjekt. Es ist allerdings der Umfang dieser Handlungsfähigkeit des Amtes auf das Maß begrenzt, das vom Gesetz ausdrücklich zugelassen wird. Dem entsprechend ist folgendermaßen zu differenzieren: 588
Dazu § 3 A IV 1 a bb (S. 30), D I 5 (S. 98). Dazu § 4 C III 1 a (S. 151 f.). 590 Dazu § 4 C I 1 (S. 142). 591 Umfassend Richardi-Thüsing, § 99 Rn. 290 ff. m. w. Nachw. 592 Spezifische materielle Wirkungen äußert allerdings ein Widerspruch zur Kündigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG, dazu Richardi-Thüsing, § 102 Rn. 192 ff. 593 Zu diesem Verweis KG NJW-RR 2004, 1161, 1162; Belling, Haftung, 105; Claussen, Insichgeschäfte, 226; Praxl, Treuhänder, 143 f. 594 Pohlmann, Befugnisse, Rn. 562 ff.; Prölss-Lipowsky, § 72 Rn. 4; siehe III (S. 335). 595 Richardi-Thüsing, § 102 Rn. 91; allgemein dazu § 4 C II 1 (S. 145); Belling, Haftung 219 ff. m. w. Nachw. 589
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C. Parteiwalter zur Überwachung
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I. Spezifisches Amtshandeln Die Handlungsmöglichkeiten der betroffenen Ämter sind im Außenverhältnis auf ganz bestimmte Intellektbetätigungen beschränkt. Diese Intellektbetätigungen führen zu spezifischen Rechtsfolgen, die sich nicht auf das handelnde Überwachungssubjekt oder eine von ihm verwaltete Vermögensmasse beziehen. Beispiel ist die Zustimmung. Es handelt sich zwar um rechtsgeschäftliches Handeln. Die Zustimmung steht aber als Hilfsgeschäft im Dienst des Hauptgeschäfts.596 So führt sie zu Rechtsfolgen nur für das Vermögen derjenigen, auf deren Hauptrechtsgeschäft sich die Zustimmung bezieht. An den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers knüpfen sich gar keine unmittelbaren Vermögenswirkungen. Wer Zurechnungsendsubjekt für dieses spezifische Amtswalterverhalten ist, ist daher, um die Rechtsfolgen des Verhaltens zu bestimmen, nicht maßgeblich. Die fehlende Rechtsfähigkeit des Amtes steht daher auch in diesen Fällen seiner Einordnung als Handlungssubjekt nicht entgegen. Vielmehr sprechen für dieses Verständnis die folgenden Gründe: Für diese Einordnung spricht zunächst die amtstypische Zuordnung dieser Handlungskompetenzen. Die Handlungskompetenzen sind nicht dem jeweiligen Amtswalter um seiner selbst willen – etwa als Vertragspartner oder Rechtsinhaber – verliehen, sondern sie sind kontinuierlich dem Amt zugewiesen und nur vom Amtswalter auszuüben. Die Zuordnung der Kompetenzen wird also insbesondere von einem Wechsel in der Person des Amtswalters nicht berührt. So ist zur Zustimmung immer nur derjenige Amtswalter berufen, der für das Amt handeln kann. Es kommt nicht darauf an, wer zu der Zeit, zu der das zustimmungsbedürftige Rechtsgeschäft vorgenommen wurde, Amtswalter war. Eine andere Bewertung wird auch nicht dadurch legitimiert, dass man auf die treuhänderische Stellung des Amtswalters verweist. Denn auch eine solche Stellung beruht nicht auf eigenen Rechten des Amtswalters, sondern nur darauf, dass er die dem Amt zugewiesenen treuhänderischen Kompetenzen wahrnehmen soll. Der Amtswalter ist also bei diesen Ämtern ebenfalls nicht in seiner persönlichen Rechtsstellung betroffen. Er führt keine Wirkungen für sein eigenes Vermögen herbei, so dass die Zurechnung zum Amt seine Funktion klarer zum Ausdruck bringt. Auf Grundlage dieser Einordnung ergeben sich ferner auch angemessene Voraussetzungen, um die Wirksamkeit des Amtswalterhandelns zu prüfen. Um das Amtswalterhandeln dem Amt zuzurechnen, müssen die Voraussetzungen entsprechend §§ 164 ff. BGB vorliegen. Unproblematisch ist wegen des spezifischen Charakters dieses Amtshandelns zwar die Offenkundigkeit des Handelns für das Amt. Ins Gewicht fallen aber die gesetzlichen Beschränkungen der Amtsmacht, die einer Zurechnung entgegenstehen können. So müssen insbesondere das Verbot des Insichgeschäfts (§ 181 BGB) wie die Grundsätze über den Missbrauch der Handlungsmacht Anwendung finden.597 Zwar könnte man die gleichen – wertungsmäßig allein überzeugenden – Ergebnisse auch über die Konstruktion
596 Bork, AT, Rn. 1695; Flume, Rechtsgeschäft, § 54 6 a; Staudinger-Gursky (2004), Vorbem §§ 182 ff Rn. 37. 597 Dazu ausführlich § 10 A II (S. 340 ff.), C (S. 362 ff.).
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§ 9: Parteiwalter kraft Amtes
eines Eigenhandelns des Amtswalters erreichen, indem man diese Regelungen auch bei drittbezogenem Eigenhandeln eingreifen lässt.598 Vorteil des hier vertretenen Ansatzes ist jedoch die gesetzesnähere Begründung dieses Ergebnisses auf Grundlage eines einheitlichen Konzepts vom Amtswalterhandeln.
II. Sonstiges Handeln Zu anderem Verhalten, das dem Amt zugerechnet werden könnte, sind diese Parteiwalter jedenfalls im Außenverhältnis nicht befähigt. Parteiämter mit Überwachungsfunktion sind keine umfassend handlungsfähigen Subjekte. Die Außenhandlungskompetenz ist auf das vom Gesetz vorgesehene spezifische Amtshandeln beschränkt. Der Amtswalter kann für das Amt also z. B. keine Verträge schließen oder Prozesse führen. Daher kann der Amtswalter, insbesondere wenn er Hilfe Dritter bei der Verrichtung seiner Überwachungsaufgaben heranziehen möchte, nicht im Namen des handlungsunfähigen Amtes Verträge schließen. Schon aus der Parteiunfähigkeit des Amtes folgt ferner, dass ein Dritter das Amt nicht gerichtlich in Anspruch nehmen kann, die Zustimmung zu erklären oder zu verweigern. Besondere Rechtsbeziehungen verbindet das Amt nur im Organisationsbereich mit den sonstigen Organisationssubjekten. Eine Ausnahme lässt sich nur erwägen, wenn die spezifischen vom Amtswalter repräsentierten Interessen ihn zum Handeln auffordern. Ein Beispiel gibt das Recht vom Treuhänder für den Deckungsstock (§ 70 VAG). Wenn ein Titel gegen die Versicherungsgesellschaft in den Deckungsstock vollstreckt wird, soll dem Treuhänder (neben der Versicherung) die Befugnis für eine Erinnerung nach § 766 ZPO zustehen.599 Folgt man dem, muss man eine Lücke des Gesetzes annehmen, weil dem Amt Treuhänder keine Handlungsmöglichkeit zugewiesen ist, diese Kompetenz wahrzunehmen. Dieses Amt ist nicht prozessfähig. Es gibt kein Vermögen, das als Haftungsmasse bereitsteht, um im Fall eines Prozessverlusts des Treuhänders für die Kosten zu haften. Hilfsweise bleibt nur, dem Amtswalter die Befugnis zuzugestehen, im eigenen Namen und mit Wirkung für das eigene Vermögen die Erinnerung zu führen. In anderen Fällen kann das Gesetz freilich einem Parteiwalter mit Überwachungskompetenz noch in weiteren Bestimmungen ganz andere Kompetenzen einräumen. So können etwa der vorläufige schwache Verwalter und der Sachwalter bei Eigenverwaltung sowohl als Handlungssubjekt des Sondervermögens (bei Einzelermächtigung durch das Gericht bzw. im Anwendungsbereich von § 280 InsO) als auch als Überwachungssubjekt (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 InsO bzw. §§ 279, 277 InsO) berufen sein. Das Vorhandensein solcher »Zwitter« unterstützt die geäußerte These, dass sich der Umfang der Handlungsfähigkeit eines einzelnen Amtes allein nach der gesetzlichen Anordnung richtet. So stellt sich für den vorläufigen Insolvenzverwalter die gerade für den Treuhänder des Deckungs598 Vgl. Staudinger-Gursky (2004), Vorbem zu §§ 182 ff Rn. 39; zur Anwendung des § 181 BGB auf die Zustimmung des Verwalters nach § 12 WEG sogleich unter III (S. 335). 599 Prölss-Lipowsky, § 77 Rn. 10.
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C. Parteiwalter zur Überwachung
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stocks geschilderte Problematik in ganz anderem Lichte dar. Zwar wird der vorläufige Insolvenzverwalter neben dem Schuldner auch für berechtigt gehalten, den Verstoß einer Vollstreckungsmaßnahme gegen § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 InsO mit der Erinnerung nach § 766 ZPO zu rügen.600 In diesem Fall muss man aber die Einräumung weiterer Kompetenzen an den vorläufigen Verwalter in der Anordnung nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 InsO erblicken, die zusätzlich zur Bestellung als schwacher Verwalter tritt. Für etwaige Kosten, die der vorläufige Verwalter durch sein Amtshandeln verursacht, muss dann – wie sonst auch bei seinem Verhalten – der Insolvenzschuldner mit der Masse haften (§ 55 Abs. 2 InsO).
III. Spezialfall Eine besondere Problemlage beruht auf § 12 WEG. Nach dieser Bestimmung können die Wohnungseigentümer die Veräußerung von Wohnungseigentum an die Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten knüpfen. Vielfach wird die Veräußerung auf dieser Grundlage von der Zustimmung des Wohnungseigentumsverwalters abhängig gemacht. Nach ganz einhelliger Meinung erklärt der Verwalter die Zustimmung im eigenen Namen als Treuhänder und mittelbarer Stellvertreter kraft der ihm durch sein Amt verliehenen Kompetenzen.601 Das auch bei dieser Konstruktion für richtig gehaltene Ergebnis, § 181 BGB auf die Zustimmung des Verwalters anzuwenden, wird dann damit begründet, § 181 BGB greife nicht nur in Fällen direkter Stellvertretung, sondern auch wenn die treuhänderische Stellung auf einer Konstruktion mittelbarer Stellvertretung beruhe.602 Auch insoweit wird zur Begründung auf die Rechtslage bei den ein Sondervermögen verwaltenden sog. Parteien kraft Amtes verwiesen. Jedoch überzeugt dieses Verständnis auch für diesen Einzelfall nicht. § 12 WEG ermöglicht den Eigentümern zwar, die Zustimmungskompetenz jedem beliebigen Dritten und damit auch dem derzeitigen Verwalter einzuräumen.603 Regelmäßig wird eine solche Auslegung aber nicht dem Willen der Wohnungseigentümer gerecht. Die Eigentümer wollen die Kompetenzen nicht einer bestimmten Person, sondern abstrakt dem Amt zuweisen. Insoweit liegt es schon näher, die für die Parteiwalter befürwortete Konzeption anzunehmen, dass der jeweilige Verwalter für das Amt zustimmt, das Zurechnungsendsubjekt ist. Dann wäre der WEG-Verwalter auch ein Zwitter, der üblicherweise als Vertreter der Wohnungseigentümer, in diesem Fall aber als Parteiwalter handelte.604
600
Jaeger-Gerhardt, InsO, § 21 Rn. 59. BGHZ 112, 240, 242; BayObLGZ 1980, 29, 35; KG NJW-RR 2004, 1161, 1162; OLG Düsseldorf, NJW 1985, 390; OLG Saarbrücken, DNotZ 1989, 439 f.; OLG Zweibrücken NJWRR 1987, 269; Bärmann/Pick/Merle-Pick, § 12 Rn. 21; Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 39; unklar (»Treuhänder oder besser gewillkürtem – hier verdecktem – Vertreter der Wohnungseigentümer«) Bub, NZM 2001, 502, 503. 602 BayObLGZ 1980, 29, 35; BayObLG NJW-RR 1986, 1077, 1078; KG NJW-RR 2004, 1161, 1162; Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 39. 603 Ebenso Bub, NZM 2001, 502, 503. 604 Zu dieser Zwitterstellung bereits oben § 6 A II 3 a (S. 214). 601
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
Zutreffend ist es aber, den Wohnungseigentumsverwalter auch hier als Vertreter der Wohnungseigentümer anzusehen. Entsprechend ist es im Gesellschaftsrecht. Der Vorstand einer Aktiengesellschaft hat seine Zustimmung zur Veräußerung von vinkulierten Namensaktien nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der Gesellschaft zu erklären (§ 68 AktG). Für die Stellung des Verwalters als Vertreter spricht, dass nach ganz allgemeiner Meinung der Verwalter allein im Interesse der Wohnungseigentümer die Zustimmung erteilen soll und dabei auch dem Votum der Gemeinschaft unterworfen ist.605 Zudem lässt sich von daher ganz leicht begründen, dass alle Gläubiger gemeinschaftlich die Zustimmung wirksam erteilen können, wenn einmal der Verwalter – insbesondere weil er nicht bestellt ist – die Zustimmung nicht erteilen kann.606 Die Nennung des Verwalters als Zustimmungsberechtigter hat nur zwei Besonderheiten gegenüber der bloßen Nennung aller Wohnungseigentümer. Zum einen wird die Vertretungsmacht des Verwalters für die Erteilung der Zustimmung begründet. Zum anderen wird die Ausübung der Zustimmung – wie im Gesellschaftsrecht nach §§ 69 AktG, 18 GmbHG oder bei Gruppenbindungsabreden607 – so kanalisiert, dass nicht jeder Eigentümer einzeln seine Erklärung abgeben darf.
§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht Die Einzeluntersuchungen zu den verschiedenen Ämtergruppen haben die These bestätigt, dass sich Amtswalterhandeln überwiegend durch die Rechtstechnik der Zurechnung erklären lässt. Nur in ganz wenigen Fällen kommt es zu keiner Zurechnung und der Amtswalter handelt als »mittelbarer Stellvertreter« zunächst für sich im eigenen Namen und somit auch mit Wirkung für sein eigenes Vermögen.608 Die Zurechnungsregeln der verschiedenen Ämtergruppen weisen zwar Unterschiede auf, die der jeweiligen Funktion der Ämter Rechnung tragen. Solche Unterschiede bestehen insbesondere hinsichtlich der Zurechnungstechnik. Während die Organwalter kraft Amtes die Handlungsfähigkeit der mit Organen ausgestatteten juristischen Personen erst herstellen, so dass man von zugerechnetem Eigenhandeln sprechen sollte, treten die Vertreter kraft Amtes zur Unterstützung eines Rechtssubjekts wie privatautonom eingeschaltete Hilfspersonen neben dieses, so dass sie als außenstehende Dritte die Vertretenen repräsentieren. Die Parteiwalter kraft Amtes stellen die Handlungsfähigkeit des für ein Sondervermögen als besonderes Handlungssubjekt geschaffenen Amtes her, so dass die Zurechnung beim Amt selbst als Zurechnungsendsubjekt endet. Auch der Anwendungsbereich der Zurechnung weist – allerdings geringe – Unterschiede auf. 605
Bub, NZM 2001, 502, 503 m. w. Nachw. Vgl. zu dieser Problematik OLG Saarbrücken, DNotZ 1989, 439 f.; OLG Zweibrücken NJW-RR 1987, 269; LG Frankfurt NJW-RR 1996, 1080; Bub, NZM 2001, 502, 503; Bärmann/ Pick/Merle-Pick, § 12 Rn. 21. 607 Zu diesen § 4 B III (S. 138). 608 Zum Besitz des Vertreters kraft Amtes § 7 C II (S. 250 ff.), zu Parteiwaltern kraft Amtes ohne Sondervermögen § 9 C II (S. 334). 606
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A. Trennung von Amtsbefugnis und Amtsmacht
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Während die Zurechnung bei Partei- und Organwaltern alle Intellektbetätigungen erfassen kann, bestehen für die Vertreter Ausnahmen insbesondere für die Zurechnung von deliktischem Verhalten. Allein Parteiwalter ohne Sondervermögen sind regelmäßig auf Zustimmungserklärungen beschränkt. Es überwiegen aber deutlich die Gemeinsamkeiten der Ämterzurechnung. Das gilt namentlich für die Voraussetzungen der Zurechnung. Das Vertretungsrecht bestimmt die Grundlagen der Fremdzurechnung,609 die auch bei Organwaltern610 und Parteiwaltern611 die Grundlage der Zurechnung bilden. Die gesetzlich nicht geregelte Zurechnung bei Parteiwaltern folgt den Regeln der Organzurechnung.612 Viele Beispiele für Parallelen hat die Untersuchung schon gebracht. Die Überlegungen zur Kenntniszurechnung613 und zur Vollstreckung gegenüber dem Amtswalter614 verdienen besonders hervorgehoben zu werden. Im Folgenden soll ämterübergreifend die Zurechnung von Willenserklärungen untersucht werden. Der Anwendungsbereich des im BGB umfangreich geregelten Vertretungsrechts erstreckt sich nicht nur auf das rechtsgeschäftliche Handeln der Vertreter kraft Amtes, sondern auch auf das der anderen Amtswalter. Der Amtswalter muss die Funktion seines Handelns offen legen (§ 164 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 2 BGB) und – was den Gegenstand der folgenden Ausführungen bilden soll – im Rahmen seiner Amtsmacht handeln. §§ 164, 177 ff. BGB verlangen ausdrücklich für die Zurechnung von Willenserklärungen gesetzlicher Vertreter zum Vertretenen Vertretungsmacht. Entsprechendes gilt aber auch für Organwalter und Parteiwalter.
A. Trennung von Amtsbefugnis und Amtsmacht Auf Paul Laband geht die Systematik zurück, für die Vertretung durch Bevollmächtigte zwischen der Vollmacht, die die Rechtsmacht des Vertreters im Außenverhältnis begründet, und dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis, das die Rechte und Pflichten von Vertreter und Vertretenem im Innenverhältnis regelt, zu unterscheiden.615 Diese Systematik kommt im BGB in §§ 167 f. einerseits und etwa §§ 662 ff., 675 andererseits zum Ausdruck. In Anlehnung an die für das Verhältnis von Verpflichtung und Verfügung verwendete Begrifflichkeit wird neben der Trennung auch von einer Abstraktheit der Vollmacht gegenüber dem Grundverhältnis gesprochen.616 Damit soll die Unabhängigkeit der Vollmacht vom Grundverhältnis zum Ausdruck gebracht werden, die insbesondere hinsichtlich 609
Dazu § 6 A II 2 (S. 211). Siehe § 8 B I 2 (S. 270). 611 Siehe § 9 B I 1 (S. 299). 612 Siehe allgemein § 9 B I 1 (S. 299), für rechtswidriges Verhalten § 9 B II 2 (S. 303), zum Besitz § 9 B II 4 (S. 304). 613 Zur Wissensaufspaltung siehe § 7 D II 3 c (S. 260 f.), ferner § 8 B II 4 b (S. 279 f.). 614 Siehe § 9 B II 5 d (S. 311). 615 Laband, ZHR 10 (1866), 183, 208; ihn würdigend insbesondere Dölle, 42. Juristentag, B 1, 4 ff.; Müller-Freienfels, Wissenschaft und Kodifikation, 144 ff.; zur Bedeutung dieser Trennung rechtsvergleichend Müller-Freienfels, Vertretung, 2. 616 Bork, AT, Rn. 1487; Bamberger/Roth-Habermeier, § 164 Rn. 19; Ennecerus/Nipperdey, AT II, § 184 III 2; Soergel-Leptien, Vor § 164 Rn. 39; Staudinger-Schilken (2004), Vorbem zu 610
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
Entstehens617 und Umfangs der Vollmacht besteht, während hinsichtlich des Erlöschens § 168 S. 1 BGB eine Durchbrechung enthält. Im Recht der Ämter besteht eine so weitgehende Trennung von Amtsmacht und Amtsstellung nicht. Die Amtsmacht ist die untrennbar mit dem Amt verbundene Kompetenz, im Außenverhältnis für das jeweilige Zurechnungsendsubjekt Wirkungen zu erzeugen. Diese Kompetenz kann nur der wirksam bestellte Amtswalter ausüben. Es ist aber von der Amtsmacht, also der Außenhandlungskompetenz, die Stellung des Amtes im Organisationsbereich zu trennen, die festlegt, wie die Amtsmacht auszuüben ist.618 Die Befugnis, die Amtsmacht im Außenverhältnis zu gebrauchen, kann insbesondere durch gesetzliche Vorgaben, wie das Amt zu führen ist, und durch Weisungen anderer Funktionsträger der Organisation beeinflusst werden. Solche Regelungen der Befugnisse im Organisationsbereich stehen zur Amtsmacht im Außenverhältnis in einem Spannungsverhältnis. Entweder schlagen die Bindungen im Innenverhältnis auf den Umfang der Amtsmacht durch. Handelt der Amtswalter pflichtwidrig, entfiele dann auch die Amtsmacht und damit die Zurechnung zum jeweiligen Zurechnungsendsubjekt. Oder die Bindungen im Innenverhältnis lassen den Umfang der Amtsmacht unberührt. Die Amtsmacht bestände auch bei pflichtwidrigem Amtswalterhandeln, so dass eine Zurechnung zum jeweiligen Zurechnungsendsubjekt stattfände. Dieses Spannungsverhältnis entspricht ganz dem im Recht der Vollmacht, inwieweit nämlich Pflichtverletzungen im Innenverhältnis Auswirkungen auf die Vollmacht im Außenverhältnis haben. In Ausprägung des Abstraktionsprinzips ist diese Frage in Bezug auf Bevollmächtigte im Grundsatz zu verneinen. Nur in Ausnahmefällen, die unter dem Begriff des Missbrauchs619 der Vertretungsmacht zusammengefasst werden, entfällt die Bindung des Vertretenen.620 Im Folgenden ist zunächst zu begründen, dass auch die Amtsmacht grundsätzlich im Außenverhältnis unabhängig von der Pflichtenbindung im Innenverhältnis besteht (unter I.). Anschließend sind die Voraussetzungen für Ausnahmen im Amtsrecht zu bestimmen (unter II.).
I. Grundsatz: Abstraktheit Die Amtsmacht wird nach ganz herrschender Meinung nicht dadurch beschränkt, dass der handelnde Amtswalter eine Pflichtenbindung im Innenverhält-
§§ 164 ff. Rn. 33; MünchKommBGB-Schramm, § 164 Rn. 97. – Kritisch hinsichtlich der Begrifflichkeit Flume, Rechtsgeschäft, § 50 1, aber nicht in der Sache, § 45 II 2; kritisch in der Sache Beuthien, Festgabe BGH, 81, 84 ff. 617 Hinsichtlich einer insoweit bestehenden Abstraktheit setzt die Kritik Beuthiens, Festgabe BGH, 81, 84 ff., an. 618 Dazu siehe den zweiten besonderen Teil dieser Abhandlung. – Zur Stellung des Amtswalters siehe den dritten besonderen Teil. 619 Kritisch zu diesem Begriff Bork, AT, Rn. 1574. 620 Bork, AT, Rn. 1493 ff., 1573 ff.; Flume, Rechtsgeschäft, § 45 II 2; Staudinger-Schilken (2004), § 167 Rn. 91 ff.
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A. Trennung von Amtsbefugnis und Amtsmacht
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nis überschreitet.621 Aus dem Gesetz lässt sich dieser Grundsatz daran ablesen, dass die jeweilige Amtsmacht meist gesetzlich festgelegt ist, während sich Einschränkungen lediglich auf das Innenverhältnis beziehen. Diese Systematik findet seine Rechtfertigung im Schutz des Rechtsverkehrs mit diesen Organisationen.622 Dabei sind mehrere Aspekte zu unterscheiden. Der Schutz besteht nicht nur in dem wirtschaftlichen Schutz des jeweiligen Dritten, gegenüber dem der Amtswalter seine Amtsbefugnisse ausgeübt hat. Dieser Dritte wird freilich geschützt, weil das Zurechnungsendsubjekt ihm gegenüber an dem Verhalten des Amtswalters festgehalten wird. Einen bloß vermögensrechtlichen Schutz dieses Dritten könnte man aber in jedem Einzelfall regelmäßig auch durch Schadensersatzansprüche gegenüber dem handelnden Amtswalter oder der Organisation erreichen.623 Doch durch diese Lösung würde das Vertrauen des Rechtsverkehrs in diese Organisationen beeinträchtigt. Im Einzelfall ist es dem Geschäft regelmäßig nicht anzusehen, ob es gemessen am Innenverhältnis des Amtswalters zu billigen ist. Die Rechtsfolgen blieben also in der Schwebe, was die wirkliche Gefährdung des betroffenen Dritten und damit des Rechtsverkehrs darstellte.624 Diese Gefährdung beeinträchtigte als Reflex wiederum die durch den Amtswalter handelnde Organisation selbst massiv. Auch die Organisation wird dadurch gestärkt, dass ihr im Einzelfall pflichtwidriges Verhalten ihrer Amtswalter zugerechnet wird. Sie wird nur so zu einem vollwertigen Teilnehmer am Rechtsverkehr.625 Ausschlaggebend ist aber, das Vertrauen des Dritten und damit des Rechtsverkehrs in ein praktikables Amtsrecht zu schützen, so dass auch der private Organisationsgeber (Satzungsgeber, Erblasser bei Testamentsvollstreckung) über diesen Schutz nicht verfügen kann. Einen abweichenden Standpunkt hat Gerhard Frotz eingenommen.626 Er differenziert nach der Art des einzelnen Amtes, um die Rechtsfolgen des pflichtwidrigen Amtswalterhandelns zu bestimmen. Bei Organen und Testamentsvollstreckern beruhe das Amtswalterhandeln wie bei Bevollmächtigten auf einer dem Zurechnungsendsubjekt selbst zurechenbaren Willensentscheidung. Das Zurechnungsendsubjekt müsse daher das Risiko der Unübersehbarkeit, ob pflichtwidriges Handeln vorliege, tragen. Im Ergebnis sei daher für diese Ämter die anerkannte Bindung des Zurechnungsendsubjekts auch an pflichtwidriges Handeln zu begrüßen.627 Anders sei die Situation bei den übrigen, auf gesetzlicher Bestel621 Für Organe Flume, juristische Person, § 10 II; Jüngst, Mißbrauch, 19 ff.; K. Schmidt, GesR, § 10 II 2 a; für Insolvenzverwalter Bork, InsR, Rn. 127; MünchKommInsO-Görg, § 164 Rn. 3; MünchKommInsO-Ott, § 80 Rn. 60; für Vertreter Bork, AT, Rn. 1573; Lipp, Freiheit, 185; Staudinger-Schilken (2004), Vorbem zu §§ 164 ff Rn. 33. – Vgl. auch den Überblick bei Frotz, Verkehrsschutz, 518 ff. 622 Bork, AT, Rn. 1574; Flume, Rechtsgeschäft, § 45 II 2; Larenz/Wolf, § 46 Rn. 135; K. Schmidt, GesR, § 8 V 2 b. 623 Frotz, Verkehrsschutz, 611 ff.; zustimmend Lipp, Freiheit, 185; ferner Muscheler, Haftungsordnung, 191 ff.; vgl. auch Staudinger-Schilken (2004), Vorbem zu §§ 164 ff Rn. 34. 624 Bork, AT, Rn. 1574; Flume, Rechtsgeschäft, § 45 II 2; Staudinger-Schilken (2004), § 167 Rn. 95. 625 Lipp, Freiheit, 186. 626 Frotz, Verkehrsschutz, 602 ff. 627 Frotz, Verkehrsschutz, 617 ff.
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
lung beruhenden Amtswaltern. Eine Bindung des jeweiligen Zurechnungsendsubjekts an pflichtwidriges Handeln des Amtswalters gebe die durch die Amtsführung zu schützenden »materialen Sachziele« preis. Da das »vertretene« Subjekt selbst zum Vertretergeschäft nichts beigetragen habe, könne es nur wie sonst bei Fehlverhalten einer Hilfsperson sanktioniert werden. Statt der anerkannten »vertretungsrechtlichen Lösung« sei eine »schadensersatzrechtliche Lösung« vorzuziehen. Der »Vertretene« hafte aus c.i.c. (heute §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB), da das schadensstiftende Vertreterhandeln dem Vertretenen angesichts der Verhandlungszuständigkeit des Vertreters zurechenbar sei.628 Nicht nur dieser Begründung ist entgegenzutreten, weil sie die gesetzlichen Regelungen, die eine unbeschränkte Handlungsmacht anordnen, nicht berücksichtigt, sondern auch der Wertung ist nicht zu folgen. Die gerichtliche Bestellung der Amtswalter erfolgt für die Organisation, um deren Handlungsfähigkeit herzustellen.629 Sie führt dazu, dass der Amtswalter im Außenverhältnis den privatautonom bestellten Amtswaltern gleichsteht. Eine größere Schutzwürdigkeit dieser Vertretenen ist nicht zu rechtfertigen. Denn ihr größeres Bedürfnis nach Hilfe von außen darf nicht zulasten der Praktikabilität des Rechtsverkehrs gehen.
II. Ausnahme: Beachtlichkeit des Pflichtverstoßes Die Beratungen zum BGB standen zunächst unter dem Eindruck, die Abstraktheit der Vertretungsmacht als dogmatische Institution erkannt zu haben. Es lag daher im Geist der Zeit, jede Beschränkung der Vertretungs- und Amtsmacht wegen einer Pflichtverletzung des Zurechnungshelfers abzulehnen.630 Entsprechend wird in den Motiven eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Vormunds ohne Ausnahmen abgelehnt.631 Es setzte dann aber eine gegenläufige Bewegung ein. So finden sich bereits in den Protokollen gegenteilige Erwägungen.632 Im Ergebnis wurde allerdings nur bei Vorschriften, die ausdrücklich die Handlungsmacht beschränken, ein Durchschlagen der Pflichtwidrigkeit auf das Außenverhältnis angenommen.633 Es blieb daher der Rechtsprechung überlassen, die Bindung des Zurechnungsendsubjekts jedenfalls bei kollusivem Zusammenwirken von Zurechnungshelfer und Drittem als Problem zu erkennen und im Ergebnis zu verneinen.634
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Frotz, Verkehrsschutz, 611 ff. Siehe § 7 A I 2 a (S. 233). 630 Müller-Freienfels, Wissenschaft und Kodifikation, 144, 195 ff. 631 Mot. IV, 1086. 632 Zum Testamentsvollstrecker liest man in Prot. V., 530: »Zum Schutze des Erben gegen Mißbrauch der freien Befugnis zur Eingehung von Verbindlichkeiten genügten die strafrechtlichen Vorschriften und die zivilrechtliche Verantwortlichkeit nicht.« 633 Vgl. zum einen zu den heutigen §§ 48 f. BGB, 149 HGB Prot. VI, 136 ff., und zum anderen zum heutigen § 2206 Abs. 1 S. 1 BGB Prot. V, 528, 530. 634 RGZ 130, 131, 142; 101, 64, 73; 9, 148, 149; ROHG 19, 334, 335 f.; 7, 403, 404; 6, 131, 134 ff.; 5, 294, 297. 629
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A. Trennung von Amtsbefugnis und Amtsmacht
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1. Meinungsstand Den Gegenstand der heutigen Diskussion bildet im Ausgangspunkt das Vertretungsrecht. Auf die Amtsmacht beziehen sich also viele Stellungnahmen ausdrücklich nur, soweit von den Amtswaltern die Vertreter betroffen sind. Regelmäßig beziehen sich diese Aussagen aber auch auf die Organe, da weithin anerkannt ist, auf diese §§ 164 ff. BGB entsprechend anzuwenden.635 Schließlich mehren sich auch die Stimmen, die sich hinsichtlich der sog. Parteien kraft Amtes für eine Anwendung der allgemeinen Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht aussprechen.636 Daher enthalten die zur Vertretungsmacht gemachten Aussagen gleichzeitig eine Aussage zur Amtsmacht. Inhaltlich wird die Diskussion durch zwei im Ansatz ganz unterschiedliche Konzepte geprägt. Das herkömmliche und heute noch insbesondere in der Rechtsprechung vorherrschende Konzept sieht die vertretungsrechtliche Regelung, dass Pflichtwidrigkeiten im Innenverhältnis nicht auf das Außenverhältnis durchschlagen, für das Vertretungsrecht als abschließend an.637 Ausnahmen von der Bindung des Vertretenen könnten sich nur aus allgemeinen Instituten ergeben, die wie § 138 BGB, § 242 BGB oder §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB (c.i.c.) innerhalb des durch den Vertreter geschaffenen Rechtsverhältnisses wirkten. Auf Theodor Kipp638 geht indessen der heute in der Literatur überwiegend vertretene Ansatz zurück, den Missbrauch der Vertretungsmacht innerhalb der Systematik des Vertretungsrechts zu verorten, indem unter Durchbrechung des Abstraktionsprinzips ein Handeln ohne Vertretungsmacht angenommen wird.639 Die Meinungsvielfalt in dieser Kontroverse spiegelt sich insbesondere bei Beantwortung der Frage wider, wie die Rechtsfolgen des Missbrauchs der Vertretungsmacht zu bestimmen sind. Wer von einem Handeln ohne Vertretungsmacht ausgeht, wendet §§ 177 ff. BGB an.640 Die Rechtsprechung gesteht dem Vertretenen den Einwand unzulässiger Rechtsausübung aus § 242 BGB zu.641 Im Ergebnis ähnelt dieser Ansatz dem vertretungsrechtlichen, weil der Vertretene analog § 177 BGB den Vertrag genehmigen können soll.642 Der Weg über die c.i.c. bedeutet eine Abstandnahme vom Vertrag im Wege der Naturalrestitution.643 Über
635
Vgl. nur BGH NJW 1990, 384, 385; 1984, 1461, 1462. Allgemein Soergel-Leptien, § 177 Rn. 20; zum Testamentsvollstrecker BGH NJW-RR 1989, 642; zum Insolvenzverwalter BGHZ 150, 353, 361; Preuß, NZI 2003, 625, 628; Spickhoff, KTS 2000, 15, 28 ff. 637 BGHZ 127, 239, 241; 113, 315, 320; 94, 132, 138; 50, 112, 114; WM 2004, 382; NJW 1990, 384, 385; 1984, 1461, 1462. 638 Kipp, Festgabe RG, 273 ff. 639 Bork, AT, Rn. 1578; Ennecerus/Nipperdey, AT II, § 183 I 5; Flume, Rechtsgeschäft, § 45 II 3; Bamberger/Roth-Habermeier, § 167 Rn. 51; Medicus, AT, Rn. 967; Staudinger-Schilken (2004), § 167 Rn. 103; K. Schmidt, AcP 174 (1974), 55, 58 ff.; ders., GesR, § 10 II 2 b; MünchKommBGB-Schramm, § 164 Rn. 121. 640 Nachw. in vorheriger Fn. 641 BGHZ 50, 112, 114; BGH NJW 1990, 384, 385; 1984, 1461, 1462; 1966, 1911; WM 1980, 953, 954; Palandt-Heinrichs, § 164 Rn. 14; Soergel-Leptien, § 177 Rn. 15; Erman-Palm, § 167 Rn. 48. 642 Soergel-Leptien, § 177 Rn. 15. 643 Heckelmann, JZ 1970, 62, 65; Hueck, OHG, § 20 III 2 b. 636
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
§ 254 BGB soll aber auch ein Mitverschulden des Vertretenen bei der Überwachung des Vertreters berücksichtigt werden können.644 Stellt sich der Missbrauch der Vertretungsmacht allerdings als kollusives Zusammenwirken von Vertreter und Geschäftspartner dar, wird ganz überwiegend (jedenfalls auch) eine Nichtigkeit des Vertretergeschäfts nach § 138 BGB angenommen.645 Welche Merkmale – abgesehen von den Fällen der Kollusion – den Missbrauchstatbestand erfüllen, wird meist unabhängig vom dogmatischen Ansatzpunkt unterschiedlich beantwortet.646 Die Unterschiede bestehen darin, welche subjektiven Merkmale bei Geschäftspartner und Vertreter neben dem objektiven Pflichtverstoß des Vertreters verlangt werden. Aufseiten des Vertreters wird teils Vorsatz hinsichtlich des Pflichtverstoßes für notwendig befunden,647 teils begnügt man sich mit Fahrlässigkeit,648 teils wird aber auch allein der objektive Pflichtverstoß für ausreichend erachtet649. Aufseiten des Geschäftspartners wird jedenfalls Kenntnis für ausreichend gehalten, während die bloße Erkennbarkeit heute650 überwiegend nicht für genügend erachtet wird, weil eine Prüfungspflicht nicht bestehe.651 Meist wird auf die Evidenz der Pflichtwidrigkeit abgestellt.652 Insbesondere in der Rechtsprechung wird zusätzlich noch grobe Fahrlässigkeit verlangt. Der dafür erforderliche Sorgfaltsverstoß kann sich dann nur auf die Verletzung einer aus der Evidenz folgenden Wahrnehmungs- oder Nachforschungspflicht ergeben.653 Teilweise wird auch auf den Begriff der Evidenz ganz verzichtet, vom Geschäftspartner aber grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich des Pflichtverstoßes verlangt.654 Zuweilen wird zusätzlich noch darauf abgestellt, ob das Geschäft den Vertretenen objektiv benachteiligt.655 Umstritten ist ferner, ob 644
Dazu BGH NJW 1999, 2883, 2884. BGH NJW 1989, 26, 27; RGZ 130, 131, 142; 136, 359, 360; Bamberger/Roth-Habermeier, § 167 Rn. 47; Ennecerus/Nipperdey, AT II, § 183 I 5; Flume, Rechtsgeschäft, § 45 II 3; Jüngst, Mißbrauch, 133 f.; Soergel-Leptien, § 177 Rn. 21; Staudinger-Schilken (2004), § 167 Rn. 100; MünchKommBGB-Schramm, § 164 Rn. 107. – A. M. Bork, AT, Rn. 1575, Larenz/Wolf, § 46 Rn. 143, die auch hier § 177 BGB anwenden wollen. 646 Vgl. Jüngst, Mißbrauch, 41 ff. 647 BGHZ 50, 112, 114; BGH NJW 1990, 384, 385; Canaris, HandelsR, § 12 Rn. 37; Hueck, OHG, § 20 III 2 b; John, Festschrift Mühl, 349, 356 ff.; Soergel-Leptien, § 177 Rn. 17. 648 Michalski, GmbHR 1991, 349, 354 f.; Zacher, GmbHR 1994, 842, 845 f. 649 BGH NJW 1988, 3012, 3013; Bork, AT, Rn. 1582; Fleischer, NZG 2005, 529, 535; Flume, Rechtsgeschäft, § 45 II 3; Bamberger/Roth-Habermeier, § 167 Rn. 50; Erman-Palm, § 167 Rn. 48; Staudinger-Schilken (2004), § 167 Rn. 95; Steinbeck, WM 1999, 885, 891. 650 Vgl. Soergel-Leptien, § 177 Rn. 18 zur entgegenstehenden Rechtsprechung insbesondere des RG. 651 BGHZ 127, 239, 241 f.; NJW 1994, 2083; NJW-RR 1992, 1135, 1136; Bork, AT, Rn. 1579; Soergel-Leptien, § 177 Rn. 18. 652 BGHZ 150, 353, 361; 127, 239, 241 f.; 113, 315, 320; 1994, 2083; NJW-RR 1992, 1135, 1136; Bork, AT, Rn. 1579; Fleischer, NZG 2005, 529, 535; Flume, Rechtsgeschäft, § 45 II 3; Staudinger-Schilken (2004), § 167 Rn. 95. 653 Vgl. BGHZ 150, 353, 361; NJW-RR 1992, 1135, 1136; ferner Flume, juristische Person, § 10 II 2 d; Hueck, OHG, § 20 III 2 b. 654 BGHZ 112, 114; RGZ 159, 363, 367; Hueck, OHG, § 20 III 2 b. – Bork, AT, 1579, Canaris, HandelsR, § 12 Rn. 36; Soergel-Leptien, § 177 Rn. 18, halten diese Beschreibung allerdings nur den Begriffen, nicht aber der Sache nach für eine Abweichung von der Evidenz. 655 BGH NJW 1990, 384 385; dagegen Fleischer, NZG 2005, 529, 535; Staudinger-Schilken (2004), § 167 Rn. 95. 645
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A. Trennung von Amtsbefugnis und Amtsmacht
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das Verhalten des Vertretenen in einer Gesamtschau Berücksichtigung finden soll.656 Besteht – wie insbesondere in den Fällen der Amtsmacht – eine unbeschränkbare Handlungsmacht, besteht die Tendenz, höhere Anforderungen zu stellen, damit die Handlungsmacht entfällt.657 2. Stellungnahme Eine Stellungnahme muss von der Frage ausgehen, ob der moderne Lösungsweg, innerhalb des Vertretungsrechts eine Durchbrechung des Abstraktionsprinzips zu suchen, gangbar ist. Denn dieser Ansatz ist gegenüber den anderen als speziellere Regelung vorrangig.658 Damit ist in einem ersten Schritt zu beantworten, ob man die Geltung des Abstraktionsprinzips in Fällen pflichtwidriger Amtshandlungen ausnahmsweise durchbrechen kann (unter a.). Ist diese Frage zu bejahen, sind in einem zweiten Schritt die Voraussetzungen für diese Ausnahme zu bestimmen (unter b.). a) Begründung der Reduktion Der Wortlaut der Regelungen über die Amtsmacht scheint einer Beschränkung in den Fällen des sog. Missbrauchs entgegenzustehen. Das gilt insbesondere für Vorschriften, die die Unbeschränkbarkeit der Amtsmacht anordnen,659 aber auch für alle sonstigen, weil auch denen mit Ausnahme von § 2206 Abs. 1 S. 1 BGB keine Beschränkung bei pflichtwidrigem Amtswalterhandeln zu entnehmen ist. Die Gesetzesbegründungen bieten, wie bereits ausgeführt, ein uneinheitliches Bild, weil sie zwar zunächst eine Beschränkung der jeweils betroffenen Amtsmacht ablehnten,660 später aber auch Ansätze für eine Beschränkung enthalten661. In systematischer Hinsicht bietet sich an, einen Vergleich zur Abstraktheit der Verfügung von der Verpflichtung anzustellen. Die Fehlerhaftigkeit eines Verpflichtungsgeschäfts wirkt sich auf das Verfügungsgeschäft nur aus, wenn diese Verknüpfung eigens als Bedingung nach § 158 BGB vereinbart ist.662 Jedenfalls genügt eine offensichtliche Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts nicht dafür, die Unwirksamkeit des Verfügungsgeschäfts zu begründen. Bedenkt man weiter, dass für beide Abstraktionsprinzipien gleichermaßen der Verkehrsschutz als Zweck genannt wird,663 scheint diese systematische Betrachtung gegen eine 656 BGHZ 50, 112, 115; Soergel-Leptien, § 177 Rn. 19; dagegen Jüngst, Mißbrauch, 84 ff.; Staudinger-Schilken (2004), § 167 Rn. 104. 657 BGHZ 50, 112, 114; BGH NJW 1990, 384, 385 aufseiten des Vertreters; StaudingerSchilken (2004), § 167 Rn. 99 aufseiten des Dritten. 658 Eine Einschränkung ist mit der Lehre von der Doppelnichtigkeit, dazu Bork, AT, Rn. 927, nur zu machen, wenn der Missbrauch gleichzeitig neben dem Wegfall der Amtsmacht noch die Voraussetzungen eines Nichtigkeitsgrunds (insbesondere § 138 BGB) erfüllt. 659 Zu solchen B IV (S. 361). 660 Mot. IV, 1086. 661 Prot. V, 528, 530; Prot. VI, 136 ff. 662 Vgl. zu den Durchbrechungen des Abstraktionsprinzips Bork, AT, Rn. 482 ff. m. w. Nachw. 663 Zum Abstraktionsprinzip statt aller Bork, AT, Rn. 480.
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
Durchbrechung des vertretungsrechtlichen Abstraktionsprinzips zu sprechen. Jedoch stellte eine solche Parallelisierung eine begriffliche Herleitung dar, die die unterschiedlichen Wertungen der betroffenen Institute vernachlässigt. Diese Wertungsunterschiede zeigen sich zunächst hinsichtlich des Schutzadressaten. Geschützt ist durch die Abstraktheit der Verfügungsgeschäfte jeder beliebige Beteiligte des Rechtsverkehrs, dem sich die Frage nach der Wirksamkeit einer Verfügung in ganz unterschiedlichen Lagen stellen kann. Fehlende Schutzbedürftigkeit des Adressaten erscheint daher ausgeschlossen. Die Abstraktheit der Handlungsmacht will vielmehr nur den einzelnen Dritten in seinem konkreten Vertrauen auf die Handlungsmacht schützen. Des Weiteren sind die Interessen desjenigen, auf dessen Kosten der Schutz erreicht wird, ganz andere. Wer verfügt, obwohl es dafür offensichtlich gegenwärtig und zukünftig an einem Rechtsgrund fehlt, ist gerade mit dem Verlust seiner Rechte am Verfügungsobjekt einverstanden. Das geltende Recht sanktioniert seine Freigiebigkeit daher sogar in § 814 Abs. 1 BGB mit einem Rückforderungsausschluss. Im Fall pflichtwidrigen Amtswalterhandelns liegt hingegen eine Drittbetroffenheit vor. Die pflichtwidrigen Vertretergeschäfte des Amtswalters wirken zulasten des jeweiligen Zurechnungsendsubjekts. Das Zurechnungsendsubjekt stände dem Verfügenden nur gleich, wenn es das Vertretergeschäft selbst gewollt hätte. Eine solche Einwilligung würde aber die beim Missbrauch der Amtsmacht vorausgesetzte Pflichtwidrigkeit des Amtshandelns entfallen lassen. Diese systematischen Überlegungen führen daher zu den teleologischen, die allein eine Beschränkung der Amtsmacht begründen können. Der oben näher ausgeführte Grund dafür, dass die Amtsmacht grundsätzlich auch bei pflichtwidrigem Amtswalterhandeln das Zurechnungsendsubjekt bindet, besteht in dem Schutz des Geschäftspartners vor unklaren Verhältnissen. Primärer Schutzadressat ist also der Geschäftspartner. Wenn dieser Schutzadressat selbst für seinen Schutz sorgen kann, fehlt es aber für den durch die Weite der Amtsmacht erzielten Schutz am Bedürfnis.664 Das ist der Fall, wenn der Geschäftspartner sich angesichts der Pflichtwidrigkeit des Amtswalters nicht auf die Amtsmacht verlassen darf. Denn dem Geschäftspartner muss klar sein, dass dem Amtswalter die Amtsmacht stets nur eingeräumt ist, um seine Aufgaben aus dem Innenverhältnis zu erfüllen. Insofern ist die Amtsmacht in besonderer Weise an das Innenverhältnis angelehnt, was bei der Abstraktheit der Verfügung fehlt.665 In diesem Umfang liegt daher die für eine teleologische Reduktion typische Konstellation vor, dass ein Institut in seinem Anwendungsbereich über das hinausgeht, was sein Zweck erfordert666. Einer teleologischen Reduktion steht auch nicht der Wille des Gesetzesgebers entgegen. Denn der Gesetzgeber hat sich nicht der Aufgabe angenommen zu regeln, wie die aus Verkehrsschutzgründen nach dem Gesetz unbeschränkte Amtsmacht zu begrenzen ist.667 664
Bork, AT, Rn. 1574; Staudinger-Schilken (2004), § 167 Rn. 95. Vgl. Flume, Rechtsgeschäft, § 45 II 2, § 50 1. 666 Vgl. Bork, AT, Rn. 142; Larenz/Canaris, Methodenlehre, 198. 667 Während die oben zitierte Stelle in Mot. IV, 1086, auf einen entgegenstehenden gesetzlichen Willen hindeuten könnte, belegen indessen Prot. V, 528, 530, Prot. VI, 136 ff., das Gegenteil. Exemplarisch etwa (freilich in der Sache zu einem nur verwandten Detailproblem, Vertrete665
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A. Trennung von Amtsbefugnis und Amtsmacht
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Im Ergebnis lässt sich also durch eine teleologische Reduktion der Regelungen über die Amtsmacht begründen, dass die Amtsmacht in den Fällen des sog. Missbrauchs ungeachtet ihrer gesetzlichen Schrankenlosigkeit und ihrer Unbeschränkbarkeit entfällt.668 Diese Begründung greift freilich nur, wenn die Amtsmacht gesetzlich geregelt ist. Aber auch bei einer privatautonom begründeten Amtsmacht greift wie bei der Vollmacht diese Begründung im Ergebnis durch. Teleologisch ist dann nicht die Aussage des Gesetzgebers, sondern die privatautonome Bestimmung des Umfangs der Handlungsmacht zu reduzieren. Es greift der entsprechende Gedanke, dass derjenige, der die Handlungsmacht begründen wollte, diese Handlungsmacht nicht für die Missbrauchsfälle gelten lassen wollte. b) Umfang der Reduktion Eine teleologische Reduktion erfordert, die Ausnahmeregelung zu formulieren, die angesichts des vom Gesetzgeber verfolgten Zweckes dieser selbst schon hätte abfassen sollen.669 Für diese Ausnahmeregelung gibt es eine Reihe von Vorbildern, die einer vergleichbaren Interessenlage Rechnung tragen. Diese Vorbilder bestehen in den Regelungen, die eine Ausnahme an Wissen oder Wissenmüssen eines Beteiligten knüpfen. Denn solche Ausnahmeregelungen versagen den Schutz eines bestimmten Instituts dem Schutzadressaten, wenn er selbst für seinen Schutz sorgen kann (positives Wissen) oder jedenfalls hätte sorgen sollen (fahrlässiges Nichtwissen).670 Solche Schutzreduzierungen finden sich auf Sekundärebene (§§ 122 Abs. 2, 179 Abs. 3 S. 1 BGB), aber auch auf Primärebene (§§ 169, 932 Abs. 2 BGB). Im Folgenden wird daher zu entscheiden sein, welcher Kenntnisgrad in der gegebenen Konstellation angemessen ist (dazu bb). Zuvor ist aber der objektive Teil des sog. Missbrauchstatbestands festzulegen, also die Umstände, auf die sich die Kenntnis des Geschäftspartners beziehen muss, damit er nicht mehr auf die Amtsmacht vertrauen darf, obwohl diese eigentlich besteht (dazu aa). aa) Tatbestand des Missbrauchs Aus Sicht der Handlungsorganisation, deren Bestandteil die einzelnen Ämter sind, besteht bei jeder Pflichtwidrigkeit des Amtswalters das Bedürfnis, dass im Wege einer teleologischen Reduktion die Amtsmacht und damit eine Zurechnung entfällt. Denn bei jedem pflichtwidrigen Amtswalterhandeln wäre es im Sinne der Organisation, dass die Zurechnung zum jeweiligen Zurechnungsendsubjekt entfiele.
nen- und Verkehrsschutz in Ausgleich zu bringen) Prot. VI, 138: »Es müsse der Wissenschaft und Praxis überlassen bleiben, im Wege der Auslegung je nach Lage der Verhältnisse eventuell zu den Ergebnissen zu gelangen, welche der Antrag anstrebe.« 668 Ebenso Prölss, JuS 1985, 577 f. – Ablehnend Canaris, HandelsR, § 12 Rn. 40. 669 Vgl. Bork, AT, Rn. 142; Larenz/Canaris, Methodenlehre, 210 f. 670 Eingehend Schilken, Wissenszurechnung, 51 ff.; siehe bereits § 8 B II 4 (S. 277).
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(1) Objektive Pflichtwidrigkeit. Es lassen sich verschiedene Fallgruppen bilden. Zu nennen sind schädigende Geschäfte wie solche zu einem nicht marktgerechten Preis671 oder solche, die nicht am Bedarf orientiert und daher sinnlos sind. Eine andere Fallgruppe stellen kompetenzwidrige Geschäfte dar. Solche liegen vor, wenn entweder gegen eine bindende Einzelweisung verstoßen oder eine erforderliche Zustimmung für ein bestimmtes Geschäft nicht eingeholt wird. Schließlich ist an Geschäfte zu denken, die nicht vom Organisationszweck gedeckt sind.672 Diese Fallgruppen stehen alternativ nebeneinander. Jeder Vermischung ist entgegenzutreten. Es ist keinesfalls erforderlich, dass stets eine objektive Schädigung gegeben ist. Ansatz für den Missbrauch nach der hier befürworteten Konzeption ist allein die Pflichtwidrigkeit. Zwar bedeutet die Pflichtwidrigkeit keinesfalls, dass das Geschäft im Einzelfall für die Organisation nachteilig ist. Das Entfallen der Amtsmacht knüpft aber eben nicht an diesen Nachteil an, sondern daran, dass der Amtswalter im Außenverhältnis seine Bindungen aus dem Innenverhältnis nicht einhält. Die Organisation kann sich die Vorteile eines pflichtwidrigen Geschäfts sichern, wenn sie das Geschäft später entsprechend § 177 BGB genehmigt. Grundlage für einen Amtsmissbrauch kann daher insbesondere die bloße Pflichtverletzung sein, ohne die intern erforderliche Zustimmung zu handeln. Auf die Benachteiligung durch das Geschäft oder auf den wirklichen bzw. mutmaßlichen Willen der intern zuständigen Organisationseinheit673 kommt es nicht an. Einer gelegentlich in diesem Bereich zu beobachtenden Zurückhaltung, die Grundsätze über den Amtsmissbrauch anzuwenden, ist entgegenzutreten. So wird ganz herrschend ein Verstoß des Insolvenzverwalters, die Zustimmung von Gläubigerversammlung oder Gläubigerausschuss in den Fällen der §§ 160 ff. InsO einzuholen, auf Grundlage von § 164 InsO im Außenverhältnis ausnahmslos für unbeachtlich gehalten.674 Dem kann nicht gefolgt werden. § 164 InsO ist in gleicher Weise teleologisch zu reduzieren wie die sonstigen Vorschriften, die eine Unbeschränktheit der Amtsmacht anordnen.675 So ist zu Recht im Gesellschaftsrecht anerkannt, dass die Grundsätze über den Missbrauch der Amtsmacht anwendbar sind, wenn das Geschäftsführungsorgan nach außen ohne die nur im Innenverhältnis erforderliche Zustimmung anderer Gesellschaftsorgane handelt.676 Die Interessenlage im Insolvenzverfahren erlaubt keine abweichende Bewertung. Es kommt insoweit insbesondere nicht darauf an, dass der Insolvenzverwalter grundsätzlich nur den Zwecken des Insolvenzverfahrens,677 nicht allein den Gläubigerinteressen verpflichtet ist und auch nicht als Vertreter der Gläubi-
671
Vgl. BGH NJW 1988, 3012, 3013. Dazu B I (S. 350). 673 Auf diesen Willen stellt indessen Steinbeck, WM 1999, 885, 890, ab. 674 KG OLGR 35, 259 f.; HeidKomm-Flessner, § 164 Rn. 1; MünchKommInsO-Görg, § 164 Rn. 3; Kübler/Prütting-Onusseit, § 164 Rn. 3; Preuß, NZI 2003, 625, 629; UhlenbruckUhlenbruck, § 164 Rn. 2. 675 Die Gesetzesbegründung stützt sich auch für § 164 InsO nur darauf, »Rechtsunsicherheit im Geschäftsverkehr zu verhindern«, vgl. BT-Drucks. 12/2443 = BR-Drucks. 1/92, S. 175. 676 Siehe nur BGH NJW 1984, 1461, 1462; OLG Zweibrücken NZG 2001, 763. 677 So aber Preuß, NZI 2003, 625, 629. 672
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ger handelt. Maßgeblich ist, dass nach der Kompetenzverteilung innerhalb des Insolvenzverfahrens der Insolvenzverwalter die betroffenen Maßnahmen – seien sie insolvenzzweckgemäß oder insolvenzzweckwidrig – nicht ohne die Zustimmung vornehmen darf. (2) Anforderungen an innere Umstände beim Amtswalter. Würde man die Amtsmacht bei pflichtwidrigem Verhalten stets entfallen lassen, wäre die Organisation durchweg vor allen Fehlern des Amtswalters geschützt. Dieser Schutz kann im Verhältnis zum Geschäftspartner aber dann unangemessen sein, wenn der Amtswalter nicht vorsätzlich handelt. Schließt ein Amtswalter etwa Verträge zu einem nicht marktgerechten Preis, so wird er regelmäßig pflichtwidrig handeln. Ihm droht dann auch eine Schadensersatzpflicht im Amtswalterrechtsverhältnis.678 Diese objektive Pflichtwidrigkeit rechtfertigt aber noch nicht, einen Missbrauch der Amtsmacht anzunehmen. Der Vertragspartner handelt nicht missbräuchlich, wenn er sich in Kenntnis solcher Pflichtverstöße des Amtswalters auf die Amtsmacht beruft. Einem Geschäftspartner obliegt es nämlich grundsätzlich nicht, den anderen auf die drohenden nachteiligen Folgen eines Rechtsgeschäfts aufmerksam zu machen. Fehleinschätzungen über die Marktkonformität eines Preises gehen zulasten desjenigen, der diese Fehleinschätzung macht. Bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB kann der Geschäftspartner die Vorteile für sich nutzen.679 An dieser Risikoverteilung darf sich nichts ändern, wenn ein Subjekt durch Vertreter oder Amtswalter handelt.680 Auch dann muss das Zurechnungsendsubjekt – jedenfalls im Außenverhältnis zum Geschäftspartner – das Risiko der Fehleinschätzung (seines Amtswalters) tragen. Das vorstehende Beispiel soll belegen, dass der mittlerweile überwiegenden Ansicht nicht zuzustimmen ist, dass durchweg allein die objektive Pflichtwidrigkeit den objektiven Missbrauchstatbestand bildet681. Allerdings ist auch nicht der gegenteiligen Ansicht zu folgen, dass stets Vorsatz des Amtswalters hinsichtlich seines Pflichtverstoßes bestehen muss.682 Vielmehr ist nach der Art des Pflichtverstoßes des Amtswalters zu unterscheiden.683 Regelmäßig wie etwa bei kompetenz- oder zweckwidrigen Geschäften liegt ein Organisationsfehler vor. Solche Fehler darf der Geschäftspartner sich nicht zunutze machen. Daher ist allein die objektive Pflichtverletzung maßgeblich. Bei nachteiligen Geschäften trägt im Verhältnis von Organisation und Geschäftspartner aber die Organisation die Gefahr von offensichtlichen Fehlern des Amtswalters. Nur wenn der Amtswalter vorsätzlich seine Organisation schädigt, steht diese Pflichtwidrigkeit den sonstigen Organisationsfehlern gleich, so dass die Grundsätze über den Missbrauch eingreifen können. 678
Dazu § 16 A (S. 563 ff.). Vgl. Soergel-Hefermehl, § 138 Rn. 72 ff. 680 Vgl. Canaris, HandelsR, § 12 Rn. 37; Hueck, OHG, § 20 III 2 b; John, Festschrift Mühl, 349, 357 f.; Jüngst, Mißbrauch, 98. 681 So etwa Bork, AT, Rn. 1582; Larenz/Wolf, § 46 Rn. 142; Medicus, Rn. 968; Steinbeck, WM 1999, 885, 891. 682 So Canaris, HandelsR, § 12 Rn. 37; John, Festschrift Mühl, 349, 357 f. 683 Vgl. im Ansatz, aber mit anderem Ergebnis Jüngst, Mißbrauch, 97 ff. 679
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(3) Keine weiteren Einschränkungen. Weitere Einschränkungen sind nicht zu machen. Insbesondere erfordern die Interessen des Amtswalters nicht, weitere Anforderungen an den objektiven Missbrauchstatbestand zu stellen. Zwar ist zu erwägen, ob das Bestehen der Amtsmacht auch ihn schützt, weil er dann von den Folgen seines Handelns insbesondere eingedenk einer Haftung aus § 179 BGB nicht betroffen wird. Jedoch ist eine Haftung des Amtswalters bei der stets vorausgesetzten Bösgläubigkeit des Geschäftspartners durch § 179 Abs. 3 S. 1 BGB ausgeschlossen. Mit der Schutzwürdigkeit des Geschäftspartners entfällt also automatisch auch die Schutzbedürftigkeit des Amtswalters. Auch sonstiges Verhalten der Organisation, das die Pflichtwidrigkeit des Amtswalters gefördert hat, ist jedenfalls auf Primärebene unbeachtlich.684 Der Organisation ist das pflichtwidrige Amtswalterverhalten ohnehin grundsätzlich wegen der bestehenden Amtsmacht zuzurechnen. Scheitert diese Zurechnung ausnahmsweise wegen der fehlenden Schutzbedürftigkeit des Geschäftspartners, greift das auch in § 122 Abs. 2 BGB angeordnete Alles-oder-nichts-Prinzip. Verhalten der Organisation kann nur beachtlich sein, wenn es die Bösgläubigkeit des Geschäftspartners in Bezug auf den objektiven Missbrauchstatbestand ausschließt oder wenn es wegen einer etwa rechtfertigenden Wirkung die Pflichtwidrigkeit des Amtswalterverhaltens schon auf objektiver Ebene beseitigt. bb) Bösgläubigkeit des Geschäftspartners Die fehlende Schutzbedürftigkeit des Geschäftspartners muss auf seiner Bösgläubigkeit hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit des Amtswalters beruhen. Die Parallele zu den sonstigen Wissensnormen scheint drei verschiedene Möglichkeiten vorzugeben. So lassen sich die anderen Wissensnormen danach unterscheiden, ob sie nur bei Kenntnis (§ 892 BGB), schon bei grob fahrlässiger Unkenntnis (§ 932 Abs. 2 BGB) oder gar bei bloß fahrlässiger Unkenntnis (§ 122 Abs. 2 BGB) die Ausnahmeregelung greifen lassen. Die Abgrenzung zwischen diesen inneren Umständen ist aber keineswegs gesichert.685 Wird Kenntnis vorausgesetzt, so fragt sich angesichts der schlechten Beweisbarkeit dieses inneren Umstands vor allem, welche objektiven Merkmale den Nachweis erleichtern können.686 Der Umgang mit der (grob) fahrlässigen Unkenntnis wird dadurch erschwert, dass nicht erkennbar ist, an der Verletzung welcher Obliegenheit oder Pflicht der Sorgfaltsverstoß zu messen ist.687 Daher wird mit Recht eine beträchtliche Unschärfe dieser Begriffe festgestellt.688 Es sind 684 Larenz/Wolf, § 46 Rn. 144; Soergel-Leptien, § 177 Rn. 19; Medicus, BR, Rn. 118; MünchKommBGB-Schramm, § 164 Rn. 122. 685 So verwendet Flume, Rechtsgeschäft, den Begriff der Evidenz sowohl in hiesigem Zusammenhang (§ 45 II 3) als auch zur Umschreibung der einfachen Fahrlässigkeit bei § 122 Abs. 2 BGB (§ 21 7) und bei § 173 BGB (§ 50 3), während sonst die Evidenz als der groben Fahrlässigkeit gleich- bzw. jedenfalls nahestehend angesehen wird, so etwa Bork, AT, Rn. 1579; Canaris, HandelsR, § 12 Rn. 36; Soergel-Leptien, § 177 Rn. 18. 686 Eingehend Buck, Wissen, 47 ff. 687 Vgl. Buck, Wissen, 31 ff.; Schilken, Wissenszurechnung, 54 ff.; auch Huber, Festschrift Huber, 253, 261 f., grenzt die fahrlässige Unkenntnis von den übrigen Erscheinungen der Fahrlässigkeit ab. 688 Buck, Wissen, 32; Peters, Entzug, 129.
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vielmehr die Wertungsgesichtspunkte vorrangig, die dem einzelnen an innere Umstände anknüpfenden Ausnahmetatbestand zugrunde liegen. Es lassen sich aber folgende Unterscheidungen machen. Zum einen ist auf der Ebene der objektiven Verhaltensanforderung danach zu differenzieren, ob man das Verhalten des (vermeintlich) Wissenden nur an seiner Informationsverwertung oder auch an einer möglichen Informationsbeschaffung689, also Nachforschung, misst. Regelmäßig lässt sich eine Nachforschung nur verlangen, wenn besondere Verdachtsmomente dazu veranlassen.690 Zum anderen unterscheiden sich die Kenntnisgrade danach, inwieweit subjektive Merkmale zu berücksichtigen sind. Über die fahrlässige Unkenntnis ist auf dem Boden des im Zivilrecht geltenden objektiven Fahrlässigkeitsbegriffs (§ 276 Abs. 2 BGB) rein objektiv (anhand des betroffenen Verkehrskreises) zu urteilen. Die Kategorie der groben Fahrlässigkeit öffnet diese objektive Grundlage für subjektive Erwägungen. Jedenfalls nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist für den Begriff der groben Fahrlässigkeit auch auf Umstände abzustellen, die die subjektive (personale) Seite der Verantwortlichkeit betreffen.691 Allein von subjektiven Umständen abhängig ist die Entscheidung über positive Kenntnis. Für das hier im Wege einer teleologischen Reduktion zu lösende Problem ist von dem Ziel der unbeschränkten und unbeschränkbaren Amtsmacht auszugehen, dem Rechtsverkehr die Sicherheit zu geben, beim Verkehr mit den durch Amtswalter repräsentierten Subjekten auf die Handlungsmacht der Amtswalter vertrauen zu dürfen. Die Reduktion muss greifen, wo dieser Schutz des Rechtsverkehrs nicht mehr angemessen ist. Dieser objektive Maßstab verlangt danach, nicht konkret auf die Schutzbedürftigkeit des einzelnen Vertragspartners, sondern abstrakt darauf abzustellen, ob der Vertragspartner gemessen an den Umständen des Einzelfalls schutzwürdig ist. Insoweit ist also wie bei Fahrlässigkeit, aber auch wie bei der Auslegung vom verobjektivierten Empfängerhorizont nach §§ 133, 157 BGB auf die typischerweise bei Teilnehmern des betroffenen Verkehrskreises vorhandene Erkenntnismöglichkeit abzustellen. Da durch die Weite der Amtsmacht die Klarheit des Rechtsverkehrs geschützt werden soll, sind an die objektiv zu bestimmenden Voraussetzungen der Erkenntnismöglichkeit aber strenge Anforderungen zu stellen.692 Eine Nachforschungspflicht ist dem Geschäftspartner nicht aufzubürden. Die dem Geschäftspartner zugänglichen Informationen müssen allein schon die Pflichtwidrigkeit erkennen lassen. Dabei ist ein zeitliches Moment zu berücksichtigen. Die Amtsmacht muss zu dem Zeitpunkt vorliegen, zu dem der Amtswalter seine Erklärung vornimmt oder eine Erklärung ihm gegenüber vorgenommen wird. Auf diesen Zeitpunkt ist auch abzustellen, um über die Erkennbarkeit des Missbrauchs der 689 Nach Staudinger-Peters (2004), § 199 Rn. 50, 55, knüpft etwa die grob fahrlässige Unkenntnis des § 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 BGB an Nachforschungsobliegenheiten eines Gläubigers an. 690 BGHZ 77, 274, 277; BGH NJW 1980, 2353 f.; 1975, 735 f.; RGZ 141, 129, 131 f.; Buck, Wissen, 42 ff. 691 BGHZ 119, 147, 149; 10, 14, 17; BGH VersR 1967, 909, 910; Palandt-Heinrichs, § 277 Rn. 3. 692 Staudinger-Schilken (2004), § 167 Rn. 95.
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Amtsmacht zu befinden. Hat also der Geschäftspartner Erkundigungen eingezogen, ist auch auf die durch die Erkundigungen erlangten Informationen abzustellen. Reichen aber andersherum die dem Geschäftspartner zum maßgeblichen Zeitpunkt vorliegenden Informationen noch nicht, um abschließend die Zweckwidrigkeit festzustellen, ist der Missbrauch zu verneinen. Die Voraussetzungen des Missbrauchs der Amtsmacht werden also zutreffend dahin umschrieben, dass die Pflichtwidrigkeit entweder dem Geschäftspartner bekannt oder evident sein muss. Auf die Erfüllung von Nachforschungsobliegenheiten kommt es nicht an. Es geht dabei allerdings nicht darum, dass der Geschäftspartner angesichts der Evidenz des pflichtwidrigen Amtswalterverhaltens von dem Abschluss eines Geschäfts Abstand nehmen soll.693 Wie § 177 BGB deutlich macht, kann jeder auch mit einem Amtswalter ohne Amtsmacht kontrahieren. Es sind so allein die Umstände bezeichnet, unter denen der Geschäftspartner keinen Schutz durch die Weite der Amtsmacht mehr verdient.
B. Organisationsbedingte Beschränkungen der Amtsmacht Grundsätzlich ist der zur Außenhandlung berufene Amtswalter befugt, umfassend für das jeweilige Zurechnungsendsubjekt zu handeln und so dessen Handlungsfähigkeit herzustellen. Verschiedene organisationsbedingte Gründe können die Amtsmacht allerdings beschränken.
I. Organisationszweck (ultra vires) Zunächst ist auf den Organisationszweck zu schauen. Dieser Zweck wird bei juristischen Personen durch die Satzung bestimmt, im Fall der übrigen Ämter regelmäßig vom Gesetz vorgegeben. So haben Betreuer bzw. Vormund dem Wohl des Betreuten bzw. Mündels zu dienen (§§ 1901 Abs. 2 u. 3, 1793 Abs. 1 BGB),694 der Insolvenzverwalter ist den Zielen des Insolvenzverfahrens, vornehmlich also der gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger, verpflichtet (§ 1 InsO), der Testamentsvollstrecker schließlich hat – vorbehaltlich spezieller Anordnungen des Erblassers – den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten (§ 2216 BGB). Diese Zwecke wirken sich schon deswegen auf das Amt aus, weil sie Amt und Amtswalter im Innenverhältnis binden. Für die Amtsmacht stellt sich die Frage, ob diese Zweckbindung auf sie nur mittelbar über die Grundsätze des Missbrauchs der Amtsmacht einwirkt oder ob sie im Außenverhältnis auf zweckgemäßes Verhalten begrenzt ist. Dabei zeigt ein Blick insbesondere auf das Recht der Verbände, dass es für eine Außenwirkung des Organisationszwecks verschiedene Ansatzpunkte geben kann.695 Es kommt nicht nur eine Auswirkung auf die Amtsmacht, also Vertretungs- oder sonstige Handlungsmacht, in Betracht, die 693 694 695
So Flume, Rechtsgeschäft, § 45 II 3; vgl. auch Preuß, NZI 2003, 625, 630. Lipp, Freiheit, 184 ff. Vgl. auch K. Schmidt, AcP 174 (1974), 55, 67.
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der Zurechnung des Amtswalterverhaltens zum Zurechnungsendsubjekt entgegenstände. In Übereinstimmung mit der aus dem angloamerikanischen Rechtskreis696 stammenden ultra-vires-Lehre kommt sogar in Betracht, an die Fähigkeit des jeweiligen Zurechnungsendsubjekts anzuknüpfen. Eine Beschränkung der Rechtsfähigkeit, die freilich nur bei rechtsfähigen Zurechnungsendsubjekten infrage kommt, auf zweckgemäße Rechtspositionen ist vorstellbar wie eine Beschränkung der Geschäfts- bzw. Handlungsfähigkeit auf zweckgemäße Handlungen. 1. Meinungsstand Der Meinungsstand fällt für die einzelnen Ämtergruppen unterschiedlich aus. Während für die Vertreter eine Beschränkung der Vertretungsmacht heute recht einhellig abgelehnt wird,697 lässt sich für Organe und Parteiämter ein uneinheitliches Meinungsbild nachzeichnen. a) Organe Im Verbandsrecht gilt die ultra-vires-Lehre nicht.698 Da zudem die Organmacht vielfach unbeschränkt und unbeschränkbar ausgestaltet ist, wird für die meisten Organe ein Durchschlagen der Zweckbindung auf die Organmacht abgelehnt. Ausnahmen werden aber in zwei Fällen diskutiert, bei denen es an der Anordnung einer unbeschränkten oder unbeschränkbaren Organmacht fehlt. Im Verein eröffnet § 26 Abs. 2 S. 2 BGB die Möglichkeit, die Vertretungsmacht des Vorstands in der Satzung zu beschränken. Eine hergebrachte Ansicht will wohl aus diesem Grund – jedenfalls unter Abgrenzung von den Grundsätzen über den Missbrauch der Amtsmacht – die Vertretungsmacht des Vorstands für Geschäfte verneinen, die erkennbar für Dritte außerhalb des Vereinszwecks liegen.699 Diesem vereinsrechtlichen Sonderweg wird mittlerweile allerdings vermehrt entgegengetreten.700 Die Festlegung des Vereinszwecks in der Satzung sei nur als Binnenregelung zu verstehen. Damit stimmt überein, dass heute für eine außenwirksame Beschränkung der Vertretungsmacht nach § 26 Abs. 2 S. 2 BGB eine ausdrückliche Regelung verlangt wird.701 In den gesetzlichen Bestimmungen über die Liquidation der einzelnen Gesellschaften (§§ 48 Abs. 2, 49, 88 Abs. 2 BGB, 149 HGB, 70 GmbHG, 88 GenG) 696
Dazu Merkt, Gesellschaftsrecht, Rn. 254. Gernhuber/Coester-Waltjen, § 49 V 2; Lipp, Freiheit, 185; prägend die bereits oben zitierte Aussage der Mot. IV, 1086, zum Vormund. – Einschränkend noch RGZ 71, 219, 221; 41, 263, 266 ff.; 698 Flume, juristische Person, § 10 II 2 d; Palandt-Heinrichs, Einf v § 21 Rn. 11; Jüngst, Mißbrauch, 32 ff.; K. Schmidt, GesR, § 8 V 2; Wiedemann, GesR I, § 10 II 1 a. – Abweichend für juristische Personen des öffentlichen Rechts BGHZ 20, 119, 123. 699 BGH JZ 1953, 474, 475; Palandt-Heinrichs, § 26 Rn. 5; Larenz/Wolf, § 10 Rn. 74 f. 700 Flume, juristische Person, § 10 II 2 d; Soergel-Hadding, § 26 Rn. 20; MünchKommBGBReuter, § 26 Rn. 15; K. Schmidt, AcP 184 (1984), 529, 532. 701 BGH NJW-RR 1996, 866; NJW 1980, 2799, 2780; BayObLG NJW-RR, 2000, 41; MünchKommBGB-Reuter, § 26 Rn. 15. 697
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
werden die Aufgaben der Liquidatoren auf die Abwicklung der Gesellschaft beschränkt. § 149 S. 2 HGB sagt für die Liquidatoren in Personenhandelsgesellschaften sogar ausdrücklich, dass sie die Gesellschaft nur »innerhalb ihres Geschäftskreises« vertreten dürfen. Allein für die Aktiengesellschaft wird der Abwickler in dem – im Verhältnis zu den anderen Vorschriften – recht jungen § 249 AktG 1965702 dem Vorstand der werbenden Aktiengesellschaft gleichgestellt. Aus den Vorschriften, die den Zweck der Liquidatoren auf Abwicklungsgeschäfte beschränken, wird in Rechtsprechung und Teilen der Literatur seit jeher eine Beschränkung der Vertretungsmacht der Liquidatoren auf Abwicklungsgeschäfte gefolgert.703 In Übereinstimmung mit den Gesetzesmaterialien wird allerdings der Verkehrsschutz berücksichtigt.704 Die Gesellschaft werde nur dann nicht an das Geschäft gebunden, wenn der Geschäftspartner die Zweckwidrigkeit des Geschäfts kennt oder aufgrund von (einfacher) Fahrlässigkeit nicht kennt, also nach der Definition von § 122 Abs. 2 BGB kennen musste. Die Beweislast für die subjektiven Umstände des Geschäftspartners soll die vertretene Gesellschaft tragen.705 Mittlerweile wird dieser Ansicht allerdings entgegengetreten.706 Der Verstoß gegen den Liquidationszweck wirke nur im Innenverhältnis. Die im Außenverhältnis unbeschränkte Vertretungsmacht könne lediglich nach den Grundsätzen über den Missbrauch der Amtsmacht entfallen. b) Parteiwalter Von den Parteiwaltern verdienen insbesondere Testamentsvollstrecker und Insolvenzverwalter Berücksichtigung. Im Recht der Testamentsvollstreckung ist § 2206 Abs. 1 S. 1 BGB sedes materiae. Dieser Bestimmung wird ganz überwiegend entnommen, dass die im Innenverhältnis nach § 2216 BGB geltende Verpflichtung des Testamentsvollstreckers zur ordnungsgemäßen Verwaltung sich im Anwendungsbereich von § 2206 Abs. 1 S. 1 BGB (und nicht von §§ 2207, 2209 S. 2 BGB) auch auf die Amtsmacht des Testamentsvollstreckers auswirkt. Allerdings wird auch hier in Übereinstimmung mit den Gesetzesmaterialien707 der Verkehrsschutz berücksichtigt. Der Geschäftspartner müsse die Zweckwidrigkeit erkannt haben oder hätte sie wenigstens erkennen müssen.708 Dabei wer702
Indessen entsprach § 210 AktG 1937 noch dem Vorbild von § 149 HGB. RGZ 146, 376, 377 für den Verein; RG HRR 1940 Nr. 232 für die GmbH; ROHG 13, 224; 21, 307, 308; Palandt-Heinrichs §§ 48, 49 Rn. 3. 704 Prot. VI, 136 ff. 705 BGH NJW 1982, 982; WM 1954, 323, 324. 706 Flume, juristische Person, § 10 II 2 d; K. Schmidt, AcP 184 (1984), 529 ff.; ders., AcP 174 (1974), 55 ff.; ders., GesR § 8 V 2 b; MünchKommHGB-K. Schmidt, § 149 Rn. 52; vgl. auch Frotz, Verkehrsschutz, 575 ff., 615 ff. 707 Prot. V, 528: »Die Meinung der Vorlage ist dabei die, daß zu Gunsten des Gläubigers die Eingehung der Verbindlichkeit als zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich gilt, wenn der Gläubiger bei der Eingehung annehmen durfte, daß sie zu diesem Zwecke erfolge.«; ferner der Verweis in Prot. V, 530, auf ROHG 13, 226; 21, 307. 708 BGH NJW-RR 1989, 642; NJW 1983, 40, 41; RGZ 130, 131, 134; 83, 348, 353; 74, 215, 219 f.; MünchKommBGB-Zimmermann, § 2206 Rn. 7; Palandt-Edenhofer, § 2206 Rn. 1; Staudinger-Reimann (2003), § 2206 Rn. 11; vgl. im Ergebnis auch Frotz, Verkehrsschutz, 518 ff., 615 ff. 703
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den diese Regeln ausdrücklich von den Grundsätzen über den Missbrauch der Vertretungsmacht abgegrenzt.709 Ein Unterschied besteht in der Sache neben dem Maß der Fahrlässigkeit insbesondere darin, dass der Geschäftspartner dafür beweisbelastet sein soll, dass er die fehlende Ordnungsmäßigkeit nicht erkennen konnte.710 Dieser ganz überwiegenden Ansicht ist jüngst Karlheinz Muscheler entgegengetreten.711 Muscheler geht es allerdings nicht darum, die zu § 2206 Abs. 1 S. 1 BGB entwickelten Regeln in die Grundsätze über den Missbrauch der Amtsmacht einzubeziehen. Er befürwortet vielmehr unter Zurückstutzung der Verkehrsschutzargumente davon Abstand zu nehmen, die Erkennbarkeit der Zweckwidrigkeit zu verlangen. Eine Bindung des Nachlasses (vertretungsrechtliche Lösung) entfalle schon bei objektiver Zweckwidrigkeit. Zu schützen sei der Vertragspartner über Schadensersatzansprüche, die aus § 179 BGB gegen den Testamentsvollstrecker und aufgrund einer durch die Verhandlungszuständigkeit des Testamentsvollstreckers ausgelösten Vertrauenshaftung (c.i.c.) auch gegen den Nachlass beständen (schadensersatzrechtliche Lösung).712 Für Insolvenzverwalter – wie zuvor für den Konkursverwalter – fehlt es an einer auf den Insolvenzzweck Bezug nehmenden Regelung der Handlungsmacht. Dennoch entsprach es ganz überwiegender Ansicht, solche Handlungen, die dem Verfahrenszweck offensichtlich zuwiderlaufen, als nicht von der Handlungsmacht gedeckt anzusehen.713 Mittlerweile wird allerdings zunehmend auf die Grundsätze über den Missbrauch der Amtsmacht abgestellt.714 2. Stellungnahme Die Stellungnahme soll sich zunächst der Bedeutung von zweckwidrigem Amtswalterverhalten im Grundsätzlichen annehmen, um dann in einem zweiten Schritt die Besonderheiten einzelner Bestimmungen zu berücksichtigen. a) Konzept Die Diskussion über die Folgen zweckwidrigen Handelns der Amtswalter bietet im Vergleich zu der zuvor bereits geführten Diskussion über die Folgen pflicht709 BGH NJW-RR 1989, 642. In diesem Fall verneint der BGH die Anwendbarkeit der zu § 2206 Abs. 1 S. 1 BGB entwickelten Grundsätze, hält vielmehr §§ 2206 Abs. 1 S. 2, 2205 BGB für einschlägig, was ihn zur Anwendung der Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht führt. 710 MünchKommBGB-Zimmermann, § 2206 Rn. 7; Soergel-Damrau, § 2206 Rn. 3; Palandt-Edenhofer, § 2206 Rn. 1; Staudinger-Reimann (2003), § 2206 Rn. 12; Erman-Schmidt, § 2206 Rn. 1. 711 Muscheler, Haftungsordnung, 192 ff. 712 Vgl. bereits Frotz, Verkehrsschutz, 611 ff., der allerdings für die Testamentsvollstreckung anders wertet, siehe dazu A I (S. 339). 713 BGH NJW 1994, 323, 326; 1983, 2018, 2019; 1971, 701; JZ 1955, 337; RGZ 76, 244, 250; 63, 203, 213; 57, 195, 199 f.; 53, 190, 192 f.; 29, 80; 23, 54, 62; Häsemeyer, InsR, Rn. 14.09; Kübler/Prütting-Lüke, § 80 Rn. 28. 714 BGHZ 150, 353, 361; MünchKommInsO-Ott, § 80 Rn. 61; Preuß, NZI 2003, 625, 628; Spickhoff, KTS 2000, 15, 28 ff.
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widrigen Amtswalterhandelns im Grundsätzlichen keine neuen Aspekte. Vielmehr stellt sich das zweckwidrige Amtswalterhandeln als Fallgruppe des pflichtwidrigen Amtswalterhandelns dar. Das betrifft sowohl die gesetzliche Ausgangslage als auch die damit verbundenen Wertungen. Gegen eine Beschränkung der Amtsmacht bei zweckwidrigem Handeln spricht die regelmäßig als unbeschränkt und unbeschränkbar ausgestaltete Amtsmacht. Dahinter verbirgt sich die Wertung, dass der Rechtsverkehr nur so lange praktikabel bleibt, wie er nicht dadurch belastet wird, dass die Handlungsfähigkeit der beteiligten Subjekte durch unbestimmte Zweckbestimmungen beeinträchtigt wird. Lehnt man aus diesem Grund nicht nur im Verbandsrecht, sondern im gesamten hier betrachteten Organisationsrecht eine Beschränkung von Handlungs- und Rechtsfähigkeit nach dem Vorbild der ultra-vires-Lehre ab, gibt es keinen überzeugenden Grund, dieser Belastung der Praktikabilität des Rechtsverkehrs über eine Beschränkung der Amtsmacht in anderem Gewande den Weg zu bahnen. Man hätte anders werten können, diese hier vorgenommene Bewertung kommt aber in den gesetzlichen Regelungen zum Ausdruck. Also entsprechen die Voraussetzungen, unter denen zweckwidriges Amtswalterverhalten dem jeweiligen Zurechnungsendsubjekt ausnahmsweise nicht zuzurechnen ist, den erarbeiteten Voraussetzungen für einen Missbrauch der Amtsmacht. Der Überblick über den Meinungsstand hat zwar gezeigt, dass Modifikationsmöglichkeiten bestehen. So werden zum einen Abstufungen hinsichtlich des Maßes der Fahrlässigkeit des Geschäftspartners und zum anderen eine abweichende Verteilung der Beweislast diskutiert. Indessen fehlt es – vorbehaltlich noch näher zu betrachtender spezialgesetzlicher Anordnungen – an einem Grund für eine solche Differenzierung. Es wird nicht klar, warum der Rechtsverkehr, der in keiner besonderen Beziehung zum Organisationszweck steht, von zweckwidrigem Verhalten anders betroffen wird als von sonstigem pflichtwidrigen Verhalten. Eine andere Bewertung ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Geschäftspartner an der Organisation beteiligt und so selbst dem Organisationszweck verpflichtet ist. Dann können ihn Obliegenheiten treffen, keine organisationszweckwidrigen Geschäfte mit dem Amtswalter abzuschließen. Diese Obliegenheiten treffen etwa Gesellschafter im Verbandsrecht.715 Für die Testamentsvollstreckung ist an Obliegenheiten der Erben zu denken. Ein besonderes Beispiel bietet die jüngste Entscheidung des BGH zum Missbrauch der Amtsmacht des Insolvenzverwalters. Der BGH versagte einem Insolvenzgläubiger, sich auf einen mit dem Insolvenzverwalter geschlossenen Vergleich zu berufen. Nach dem Vergleich sollte dem Gläubiger ein Absonderungsrecht an ihm abgetretenen Forderungen zustehen, obwohl diesem Absonderungsrecht die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 103 InsO entgegenstand.716 Zur Begründung für einen Missbrauch verweist der BGH darauf, dass der Insolvenzgläubiger, jedenfalls aber der ihn vertretende 715 BAG GmbHR 1998, 931, 933; OLG Zweibrücken NZG 2001, 763; RGZ 73, 343, 345 f.; Jüngst, Mißbrauch, 111; Fleischer, NZG 2005, 529, 535 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 35 Rn. 15; Hachenburg-Mertens, § 37 Rn. 38. 716 BGHZ 150, 353, 361 ff.
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Rechtsanwalt, die einschlägige Rechtsprechung des BGH hätte kennen müssen und daher vom Vertrag hätte Abstand nehmen müssen. Diese Begründung reicht nicht aus, will man schlicht auf das zum Missbrauch der Amtsmacht für richtig befundene Evidenzkriterium abstellen. Die Rechtslage war keineswegs evident, da es nur eine – zudem noch in der Literatur bekämpfte – Entscheidung zu einer aus dem Gesetz nicht leicht zu beantwortenden Rechtsfrage gab.717 Der Entscheidung des BGH ist daher nur dann zuzustimmen, wenn dem Insolvenzgläubiger besondere Obliegenheiten zuzuschreiben sind, die eigene Befriedigung nicht zuungunsten der anderen Gläubiger zu forcieren.718 Das Anfechtungsrecht der §§ 129 ff. InsO spricht dafür, die Insolvenzgläubiger auch auf diesen Insolvenzzweck zu verpflichten. Wenn ein Gläubiger vor Insolvenzeröffnung wirksam erlangte Vorteile nach § 143 InsO zurückzugewähren hat, sind nach Insolvenzeröffnung ebenfalls an die Gläubiger besondere Anforderungen zu stellen, keine Verträge mit dem Insolvenzverwalter zu schließen, die ihnen eine unverdiente Bevorzugung gewähren. b) Einzelregelungen Für §§ 48 Abs. 2, 49, 88 Abs. 2 BGB, 149 HGB 70 GmbHG, 88 GenG wie für § 2206 Abs. 1 S. 1 BGB ist nun zu überprüfen, ob sie diesem Konzept im Einzelfall entgegenstehen. Es ist die Frage zu beantworten, ob diese Vorschriften auch das Können im Außenverhältnis, also den Umfang der Amtsmacht, regeln oder ob sie sich auch nur auf eine Regelung des Dürfens im Innenverhältnis beschränken. Im Wortlaut dieser Normen kommt eine solche Beschränkung der Amtsmacht kaum einmal deutlich zum Ausdruck. Allein § 149 HGB verwendet ausdrücklich den Begriff Vertretungsmacht. § 2206 Abs. 1 S. 1 BGB etwa spricht demgegenüber von Berechtigung, die sowohl die Außenhandlungsmacht als auch die Befugnisse im Innenverhältnis bezeichnen kann. Nur die Gesetzesmaterialien verdeutlichen, dass eine Beschränkung der Handlungsmacht gewollt war.719 Dabei bezieht sich die Begründung zu § 2206 Abs. 1 S. 1 BGB gerade auf die Vergleichbarkeit der Testamentsvollstreckung mit einer Liquidation.720 Wenn die Testamentsvollstreckung der Verwaltung dienen soll, ist sie zwar nicht der Liquidation vergleichbar; dann greift § 2206 Abs. 1 S.1 BGB gemäß der Anordnung in § 2209 S. 2 BGB ohnehin im Zweifel nicht. Wenn die Testamentsvollstreckung aber nicht der Verwaltung dienen soll, besteht die Ähnlichkeit zur Liquidation in der Aufgabe des Testamentsvollstreckers, den Nachlass nach den Vorgaben des Erblassers abzuwickeln. Nach Ansicht des historischen Gesetzgebers ergibt sich in diesen Liquidationskonstellationen die Notwendigkeit zu einer Verpflichtung nur ausnahmsweise. Entsprechend diesem geringeren Bedürfnis seien zum
717 718 719 720
Tintelnot, EWiR 2003, 125, 126. Vgl. Preuß, NZI 2003, 625, 631; vgl. auch Häsemeyer, InsR, Rn. 14.09, 20.20. Prot. V, 528 ff.; Prot. VI, 136 ff. Prot. V , 529.
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Schutz der Interessenträger auch die Befugnisse der Amtswalter im Außenverhältnis zu reduzieren. Es lässt sich daher mit guten Gründen für eine objektive Beschränkung der Amtsmacht in diesen Abwicklungsfällen eintreten. Die dadurch drohende Gefahr einer Lähmung des Rechtsverkehrs mit diesen Organisationen ließe sich unter Verweis darauf hinnehmen, dass die abzuwickelnden Organisationen ohnehin nur noch eingeschränkt am Rechtsverkehr teilnehmen sollten. Die Lähmungsgefahr wird allerdings dadurch erhöht, dass kein Prinzipal vorhanden ist, der über seinen maßgeblichen Willen aufklären kann. § 2206 Abs. 2 BGB mit seinem Verweis auf die Erben hilft nur eingeschränkt, weil es durchaus vorkommen kann, dass der Testamentsvollstrecker gerade von den Interessen der Erben abweichende Verfügungen ausführen soll. Schwelen hier Konflikte, kann die Durchsetzung eines Anspruchs aus § 2206 Abs. 2 BGB zu spät kommen. Gegen eine rein auf die objektiven Organisationszwecke ausgerichtete Auslegung der jeweiligen Bestimmungen über die Amtsmacht sprechen allerdings gerade wiederum die Gesetzesmaterialien, die zum Schutz des Verkehrs darauf abstellen, ob dem Verkehr die Zweckwidrigkeit erkennbar ist. Dem ist im Interesse des Rechtsverkehrs zu folgen und eine objektive Beschränkung der Amtsmacht abzulehnen. Viele Liquidationen haben gezeigt, dass die Einschätzung des Gesetzgebers, auf Verpflichtungsgeschäfte überwiegend verzichten zu können, nicht zutreffend war. Auf dieser Grundlage ist die Amtsmacht allein über die Grundsätze des Missbrauchs der Amtsmacht zu beschränken. Dieses Ergebnis lässt sich mit dem Wortlaut aller Bestimmungen vereinbaren, wenn man bedenkt, dass dem Gesetzgeber des BGB die Grundsätze über den Missbrauch der Amtsmacht noch unbekannt waren. Er kannte diese der Amtsmacht immanente Beschränkung, dass Bindungen im Innenverhältnis auf das Außenverhältnis durchschlagen können, noch nicht. Nur so lässt sich erklären, dass er meinte, die Amtsmacht ausdrücklich beschränken zu müssen.721 Der Gesetzgeber des AktG 1967 entschied bereits in Kenntnis dieses Instituts anders, obwohl die Interessenlage sich bei Liquidation einer Aktiengesellschaft nicht maßgeblich von den anderen Liquidationsfällen unterscheidet. Entsprechend sind alle Regelungen auszulegen. Im Ergebnis sind daher die genannten Bestimmungen so zu verstehen, dass die in ihnen zum Ausdruck kommende Beschränkung der Amtsmacht nur Ausdruck der ohnehin jede Amtsmacht beschränkenden Grundsätze über den Missbrauch ist. Modifizierungen zu den anderen Fällen der Amtsmacht ergeben sich daher nur aus den besonderen Organisationszwecken. So ist bei jeder Gesellschaft in Liquidation bei der Prüfung der Evidenz der Zweckwidrigkeit die Abwicklung der Gesellschaft zu berücksichtigen, wie bei der Testamentsvollstreckung die Beurteilung der Evidenz des Amtsmachtmissbrauchs sich danach unterscheiden kann, ob Abwicklungsvollstreckung oder Dauervollstreckung angeordnet ist.
721
Vgl. Prot. VI, 138.
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II. Amtszweck Eine andere Ausgangslage besteht, wenn man danach fragt, ob der Zweck eines Amtes angesichts der Konkurrenz anderer Handlungseinheiten innerhalb der Organisation die Amtsmacht beschränkt. 1. Alternative Außenhandlungssubjekte Eine Beschränkung der Amtsmacht liegt immer dann nahe, wenn mehreren Ämtern innerhalb einer Organisation voneinander abgegrenzte Handlungskompetenzen eingeräumt sind. Ein Beispiel ist im Recht der Organe die Kompetenz allein des Aufsichtsrats, Verträge mit den Vorstandsmitgliedern zu schließen (§§ 112 AktG, 52 Abs. 1 GmbHG, 39 Abs. 1 GenG). Daher fehlt auch in einem mehrköpfigen Vorstand dem einen Vorstandsmitglied jegliche Amtskompetenz, mit einem anderen Vorstandsmitglied zu verhandeln oder gar Rechtsgeschäfte abzuschließen.722 Ein weiteres Beispiel bildet die sog. Nebenvollstreckung, bei der mehrere Testamentsvollstrecker mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen eingesetzt werden.723 Ähnlich wirkt die gesetzliche Aufgabenverteilung bei der Eigenverwaltung in der Insolvenz. Neben dem im Grundsatz zuständigen Insolvenzschuldner weist § 280 InsO bestimmte Befugnisse dem Sachwalter abschließend zu.724 Schließlich ist an die Vertretung durch mehrere unterschiedliche Vertreter mit abgegrenztem Aufgabenbereich zu denken. Musterbeispiel ist, dass ein Minderjähriger neben Eltern oder Vormund noch über einen Ergänzungspfleger verfügt, dem die Sorge über einen dem Kind unentgeltlich zugewandten Vermögensteil zusteht (§§ 1638, 1794, 1803, 1909 Abs. 1 S. 2 BGB).725 Darüber hinaus gibt es viele weitere Fälle einer durch die Handlungsmacht eines anderen Vertreters beschränkten Vertretungsmacht, insbesondere Pflegschaften wie Ergänzungs- oder Abwesenheitspflegschaften. In allen diesen Fällen liegt eine Beschränkung der Amtsmacht darin, dass dem jeweiligen Amt nicht die Aufgabe und damit auch nicht die Kompetenz zugewiesen ist, umfassend in allen Bereichen für ein Zurechnungsendsubjekt tätig zu sein. Eine Vorschrift, die diese Abgrenzung ausdrücklich ausspricht, ist im Vormundschaftsrecht § 1794 BGB für die Abgrenzung der Aufgabenbereiche von Pfleger und Vormund. Im Einzelfall kann es dennoch schwierig sein festzustellen, ob das jeweilige Geschäft noch von der Amtsmacht gedeckt ist oder nicht. Der Umfang dieser Schwierigkeit hängt maßgeblich davon ab, wie die Zuständigkeitsbereiche der verschiedenen Ämter voreinander abgegrenzt werden. Die Kompetenzen von Vorstand und Aufsichtsrat beispielsweise in der Aktiengesellschaft werden nach der Person des Geschäftspartners abgegrenzt (§ 112 AktG). Ähnlich liegt es, wenn aufgrund des Verbots des Insichgeschäfts entweder über § 1795 BGB oder direkt nach § 181 BGB ein Ergänzungspfleger oder Sonderverwalter zu bestellen ist. In allen diesen Fällen ist allein im Hinblick auf den Ver722 723 724 725
Statt aller KölnKomm-Mertens, § 112 Rn. 1. Dazu § 5 C III 1 (S. 188). Dazu § 3 A IV 1 a bb (S. 32). Dazu § 3 A II 1 b (S. 22).
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
tragspartner leicht festzustellen, ob das Geschäft durch die Amtsmacht gedeckt ist. Schwieriger ist es, wenn für die Abgrenzung an die Zuständigkeit für einen Vermögensteil angeknüpft wird. So liegt es namentlich im Anwendungsbereich von § 1638 BGB oder bei der Nebenvollstreckung. Die Amtsmacht ist in diesen Fällen immer dann zu versagen, wenn sich das Geschäft auf einen Vermögensgegenstand bezieht, der nicht zu dem dem handelnden Amtswalter zugewiesenen Vermögensteil zählt. Verallgemeinerungsfähig sind insoweit die Regelungen der §§ 2208 Abs. 1 S. 2, 2205 S. 2, 2206 Abs. 1 S. 2 BGB. Die maßgebliche Weichenstellung ist, ob die Amtsmacht die Berechtigung umfasst, über einen bestimmten Gegenstand wegen seiner Zugehörigkeit zu dem dem Amt zugewiesenen Vermögensteil zu verfügen. Dann umfasst die Amtsmacht auch, auf diesen Gegenstand bezogene Verpflichtungsgeschäfte abzuschließen. Neben der Verpflichtung zur Veräußerung ist insbesondere an die Vermietung zu denken. Fehlt es allerdings an einer Gegenstandsbezogenheit des Geschäfts, ist Amtsmacht gegeben. 2. Kumulative Außenhandlungssubjekte Häufiger noch als ein Nebeneinander verschiedener Außenhandlungssubjekte ist ein notwendiges Miteinander von Außenhandlungssubjekten. Das sind die Fälle der Gesamtvertretung.726 Für eine Zurechnung zum Zurechnungsendsubjekt müssen dann die zuzurechnenden Akte von allen Amtswaltern in gleicher Weise vorgenommen werden.727 Die Anordnung einer solchen Gesamtvertretung kann auf Gesetz beruhen (§ 1797 BGB). Sie steht im Gesellschaftsrecht aber auch zur Disposition des Satzungsgebers (§§ 78 Abs. 2 S. 1 AktG, 35 Abs. 2 S. 2 GmbHG). 3. Organisationsverträge Insbesondere im Gesellschaftsrecht zeigt sich, dass die Kompetenzen des Außenhandlungsorgans sich nicht auf die Grundlagen der Organisation erstrecken. Das betrifft zunächst rein interne Maßnahmen wie Satzungsänderungen (vgl. § 179 AktG). Diese im Innenverhältnis selbstverständliche Kompetenzregelung wirkt sich aber auch auf Rechtsgeschäfte nach außen aus.728 So reicht etwa die Amtsmacht des Vorstands eines Vereins nicht aus, um den Verein wirksam zu bestimmten Gestaltungen der Satzung zu verpflichten.729 Auch der Fall von § 179a AktG ist hier zu nennen. Einschlägig ist ferner die fehlende Kompetenz des Außenhandlungsorgans, Unternehmensverträge (§ 293 AktG) oder Umwandlungsverträge (etwa § 13 UmwG) ohne Zustimmung der Mitglieder zu schließen.
726 727 728 729
Dazu § 5 B III (S. 170), ferner § 6 A II 3 c (S. 215). Siehe § 7 A II 1 (S. 237). K. Schmidt, GesR, § 10 II 2 a. Im Ergebnis daher richtig BGH JZ 1953, 474 f.
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III. Gesetzliche Beschränkungen Innerhalb des einem Amt zugewiesenen Kompetenzbereichs kann es zu Beschränkungen der Amtsmacht durch spezielle gesetzliche Regelungen kommen. 1. Bedeutsame Rechtsgeschäfte (Zustimmungsvorbehalt) Insbesondere bei bedeutsamen Geschäften kommt in Betracht, dass die Intellektbetätigung durch das Amt im Außenverhältnis an eine Zustimmung durch andere Funktionsträger innerhalb der jeweiligen Handlungsorganisation geknüpft ist. Die Amtsmacht wird freilich nicht eingeschränkt, wenn das Zustimmungserfordernis lediglich im Innenverhältnis auf die Geschäftsführungsbefugnis einwirkt. Beispiele hierfür bieten §§ 1810, 1812 BGB, 111 Abs. 4 AktG, 164 InsO, im Gesellschaftsrecht aber auch die im Anschluss an die Holzmüller-Doktrin in der Gelatine-Entscheidung entwickelten Mitwirkungsbefugnisse der Hauptversammlung.730 Außenwirkung können diese Zustimmungserfordernisse nur mittelbar über die Grundsätze vom Missbrauch der Amtsmacht erlangen.731 Eine unmittelbare Beschränkung der Amtsmacht liegt erst vor, wenn das Zustimmungserfordernis im Außenverhältnis als Voraussetzung der Zurechnung wirkt. Beschränkungen durch solche außenwirksamen Zustimmungsvorbehalte existieren im Gesellschaftsrecht lediglich in dem eben behandelten Bereich von Geschäften, die originär eigentlich in die Kompetenz der Mitglieder fallen.732 Gesetzliche Zustimmungsvorbehalte enthält vor allem das Recht der gesetzlichen Vertreter. So enthalten §§ 1821 f. BGB einen Katalog an Geschäften, für die der Vormund der Zustimmung des Vormundschaftsgerichts bedarf. Diese Vorbehalte gelten über §§ 1908i Abs. 1, 1915 BGB aber auch für Betreuer und Pfleger einschließlich Nachlassverwalter. Die danach erforderliche gerichtliche Zustimmung stellt keine Willenserklärung dar, sondern folgt als Hoheitsakt eigenen Regelungen. Ebenfalls durch Hoheitsakt kann das Vormundschaftsgericht auch darüber hinaus die Vertretungsmacht nach §§ 1796, 1908i Abs. 1, 1915 BGB beschränken. 2. Unentgeltliche Geschäfte Eine Beschränkung der Amtsmacht enthalten ferner verschiedene Bestimmungen zum Schutz des Organisationsträgers in Bezug auf unentgeltliche Verfügungen. So verbieten §§ 1804, 1908i Abs. 2, 1915 BGB Vormund, Betreuer und Pfleger im Grundsatz, Schenkungen im Namen der von ihnen Vertretenen vorzunehmen. Eine Ausnahme gilt lediglich für die auch in § 534 BGB eigens geregelten Fälle der Pflicht- und Anstandsschenkungen. Der Begriff der Schenkung richtet sich nach § 516 BGB. Daher ist neben der objektiven Unentgeltlichkeit noch
730 731 732
BGH NJW 2004, 1860, 1864. Siehe A II 2 b aa 1 (S. 346). Siehe II 3 (S. 358); zu dieser Einordnung K. Schmidt, GesR, § 28 V 2 c.
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subjektiv der auf die Unentgeltlichkeit gerichtete Wille der Vertragsparteien erforderlich.733 Noch weiter greift der Ausschluss der Handlungsmacht des Testamentsvollstreckers in § 2205 S. 3 BGB. Zwar steht diese Handlungseinschränkung ebenfalls unter dem Vorbehalt der Pflicht- und Anstandsschenkungen. Die Beschränkung geht aber weiter als die des § 1804 BGB, weil sie sich nicht nur auf Schenkungen i. S. v. § 516 BGB, sondern auf alle unentgeltlichen Verfügungen und – über § 2206 Abs. 1 S. 2 BGB – Verpflichtungen zu diesen Verfügungen erstreckt. Die Amtsmacht fehlt also auch für solche objektiv unentgeltlichen Geschäfte, bei denen es an keine von § 516 BGB vorausgesetzte Vereinbarung über die Unentgeltlichkeit gibt.734 Subjektiv wird überwiegend für ausreichend gehalten, dass der Testamentsvollstrecker die Unentgeltlichkeit erkannt hat oder jedenfalls hätte erkennen müssen.735 Unentgeltlichkeit wird dabei so verstanden, dass das Vermögensopfer, das der Testamentsvollstrecker für den Nachlass erbringt, nicht durch eine Gegenleistung des Geschäftspartners ausgeglichen wird.736 Die Beschränkungen der Amtsmacht durch §§ 1804, 2205 S. 3 BGB werden unter Berücksichtigung der vergleichbaren Regelungen in §§ 1425, 2113 Abs. 2 BGB auch herangezogen, um die Amtsmacht anderer Amtswalter zu beschränken. Insbesondere für den Insolvenzverwalter wird vielfach das Verbot von Schenkungen bzw. von unentgeltlichen Verfügungen aus einer Analogie zu den genannten Vorschriften hergeleitet.737 Diesem Ansatz ist allerdings mit Zurückhaltung zu begegnen.738 Zunächst ist darauf zu verweisen, dass die genannten Vorschriften schon deswegen nicht als Grundlage für ein einheitliches Prinzip taugen, weil sie aufgrund der sich unterscheidenden subjektiven Voraussetzungen eine unterschiedliche Reichweite besitzen. Des Weiteren bedeutet die Weite, die die herrschende Auffassung § 2205 S. 3 BGB zuweist, eine erhebliche Beeinträchtigung des Rechtsverkehrs mit der vom Amtswalter repräsentierten Organisation.739 Angesichts der oben aufgeführten Argumente dagegen, Verstöße gegen den Organisationszweck außerhalb der Grundsätze über den Missbrauch der Amtsmacht auf das Außenverhältnis durchschlagen zu lassen, ist dieser Weite mit Skepsis zu begegnen. Beachtet man schließlich, dass die Amtsmacht des Insolvenzverwalters im Gesetz umfassend ohne Einschränkungen ausgestaltet ist (§ 164 InsO), fehlt es für die erwogene Analogie an den Voraussetzungen. Maßgeblich ist daher allein, ob der Abschluss des jeweiligen (unentgeltlichen) Rechts733
Vgl. nur MünchKommBGB-Kollhosser, § 516 Rn. 9. Gleich weit geht § 2113 Abs. 2 BGB, während § 1425 BGB sich wie § 1804 BGB auf Schenkungen i. S. v. § 516 BGB bezieht. 735 BGHZ 57, 84, 90; BGH NJW 1991, 842, 843; Bork, JZ 1991, 728, 729; Staudinger-Reimann (2003), § 2205 Rn. 42; Schaub, ZEV 2001, 257, 258; a. A. Lange/Kuchinke, § 31 VI 2 b. 736 BGHZ 57, 84, 89; 7, 254, 257; BGH NJW 1991, 842 f.; 1963, 1613, 1614; Staudinger-Reimann (2003), § 2205 Rn. 42; Schaub, ZEV 2001, 257, 258 ff. 737 Jaeger-Henckel, KO, § 6 Rn. 153; Preuß, NZI 2003, 625, 626; Spickhoff, KTS 2000, 15, 25. 738 Vgl. auch zur rechtspolitischen Kritik an § 1804 BGB Canaris, JZ 1987, 993, 998 f.; Holzhauer, FamRZ 2000, 1063, 1065 ff. 739 Vgl. Muscheler, Haftungsordnung, 190 f., der dieses Verständnis von § 2205 S. 3 BGB auch als Argument dafür verwendet, die Beschränkung in § 2206 Abs. 1 S. 1 BGB ebenfalls ohne Berücksichtigung der Erwartungen des Verkehrs auszulegen. 734
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B. Organisationsbedingte Beschränkungen der Amtsmacht
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geschäfts eine Pflichtwidrigkeit des Amtswalters darstellt und diese Pflichtwidrigkeit nach den Grundsätzen über den Missbrauch der Amtsmacht die Amtsmacht entfallen lässt.
IV. Privatautonome Beschränkungen Bei den Ämtern, die auf einer privatautonomen Einrichtung beruhen, muss schließlich noch bedacht werden, dass die Amtsbefugnisse mit der Einrichtung gegenüber dem gesetzlich vorgesehenen Umfang beschränkt werden. In diesen Fällen stellt sich zunächst die Frage nach der grundsätzlichen Zulässigkeit solcher Beschränkungen. Im Verbandsrecht lässt nur § 26 Abs. 2 S. 2 BGB eine solche Beschränkung zu, während §§ 82 Abs. 1 AktG, 37 Abs. 2 GmbHG, 27 Abs. 2 GenG die Unbeschränkbarkeit der jeweiligen Organmacht normieren. In gleicher Weise verbietet § 27 Abs. 3 WEG, die Vertretungsmacht des Wohnungseigentumsverwalters gegenüber den gesetzlichen Vorgaben zu beschneiden. §§ 2207 ff. BGB stellen indessen die Befugnisse des Testamentsvollstreckers scheinbar frei in das Belieben des Erblassers. Hier offenbart sich eine Parallele zu dem rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten, bei dem es regelmäßig740 auch allein im Belieben des Vollmachtgebers steht, den Umfang der Vollmacht zu bestimmen.741 Jedoch sind auch in den verbleibenden Fällen, in denen eine Beschränkung der Amtsmacht überhaupt nur zulässig ist, an die Voraussetzungen der Amtsmachtbegrenzung im Interesse des Verkehrsschutzes Anforderungen zu stellen. Die Bedeutung des Verkehrsschutzes ergibt sich im Fall des Vereinsvorstands schon aus §§ 70, 68, 26 Abs. 2 S. 2 BGB. Nach diesen Bestimmungen wirkt eine Beschränkung der organschaftlichen Vertretungsmacht des Vorstands gegenüber Dritten nur, wenn sie diesem bekannt oder im Vereinsregister eingetragen ist. Daraus ist nicht nur zu folgern, dass sich in der Satzung der Wille, die Amtsmacht im Außenverhältnis beschränken zu wollen, eindeutig zeigen muss.742 Jede Beschränkung der Vollmacht muss sich vielmehr auch am Bestimmtheitsgebot messen lassen, ob dem Dritten die Reichweite der Vollmachtbeschränkung erkennbar ist.743 Aber selbst für den Testamentsvollstrecker darf nicht allein der Wille des Erblassers maßgeblich sein. Der Rechtsverkehr soll hier durch das Testamentsvollstreckerzeugnis (§ 2368 BGB) die Möglichkeit erhalten, Aufschluss über den Umfang der Befugnisse des Testamentsvollstreckers zu erhalten.744 Daher müssen die Anordnungen des Erblassers auch eine für den Rechtsverkehr verlässliche Klarheit besitzen. Insbesondere erscheint es nicht zulässig, dass der Erblasser den Testamentsvollstrecker mit Wirksamkeit im Außenverhältnis auf solche Geschäfte beschränken kann, die objektiv eine ordnungsgemäße Verwaltung im Sinne von §§ 2206 Abs. 1 S. 1, 2216 BGB darstellen.745 740
Eine Ausnahme bildet die Prokura, deren Umfang §§ 49 f. HGB bestimmen. Statt aller Bork, AT, Rn. 1570. 742 BGH NJW-RR 1996, 866; NJW 1980, 2799, 2780; BayObLG NJW-RR 2000, 41; MünchKommBGB-Reuter, § 26 Rn. 15. 743 BayObLG NJW-RR 2000, 41, 42. 744 Zum Inhalt vgl. nur Palandt-Edenhofer, § 2368 Rn. 3. 745 A. M. Muscheler, Haftungsordnung, 194. 741
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C. Verbot des Insichgeschäfts, § 181 BGB Der rechtsgeschäftliche Tatbestand kann denkmöglich von einer Person sich selbst gegenüber verwirklicht werden.746 Das BGB erkennt diese Möglichkeit auch an. Es wird allerdings verlangt, dass sich dieses rechtsgeschäftliche Handeln in irgendeiner Weise äußert und nicht lediglich auf den Innenbereich des Handelnden beschränkt bleibt.747 Nimmt ein Amtswalter sich selbst gegenüber Rechtsgeschäfte vor, so stellt sich allerdings die Frage, inwieweit ihm die Amtsmacht dazu zusteht. Die Amtsmacht kann insbesondere nach § 181 BGB ausgeschlossen sein.
I. Anwendbarkeit von § 181 BGB Nach der hier vertretenen Konzeption, dass die Regelungen des Vertretungsrechts auch auf die Amtswalterzurechnung anzuwenden sind, ist § 181 BGB auf alle Amtswalter anzuwenden. Dieses Ergebnis lässt sich teilweise ausdrücklich auf das Gesetz stützen. Es entspricht jedenfalls der ganz einhelligen Ansicht in Rechtsprechung und Literatur: Die Anwendbarkeit von § 181 BGB ergibt sich für Vormund, Betreuer und Pfleger direkt aus §§ 1795 Abs. 2, 1908i Abs. 1, 1915 Abs. 1 BGB, wobei § 1795 Abs. 1 BGB die Reichweite des Vertretungsverbots noch auf weitere nahe stehende Personen des Vertreters erstreckt. Auf die Amtsmacht der Organe wird § 181 BGB ebenfalls nach unbestrittener Auffassung angewendet.748 Ein Indiz für dieses Ergebnis ist § 35 Abs. 4 GmbHG, der nach seiner Entstehungsgeschichte einer teleologischen Reduktion des § 181 BGB für den Gesellschafter-Geschäftsführer einer Einpersonen-GmbH entgegenwirken soll.749 Zu beachten ist freilich § 112 AktG, der in seinem Anwendungsbereich750 eine Spezialregelung zu § 181 BGB enthält. Daher kann der Vorstand auch auf Grundlage einer den § 181 BGB ausschaltenden Ermächtigung nicht für die Aktiengesellschaft Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder anderen Vorstandsmitgliedern abschließen.751 Schließlich entspricht die Anwendung von § 181 BGB auf sog. Parteien kraft Amtes ebenfalls herrschender Meinung. Das gilt nicht nur für die Parteiwalter, die für ein Sondervermögen handeln.752 Es wird der Sache nach auch für die Parteiwalter angenommen, denen nur einzelne Zustimmungskompetenzen zugewie746 Um diese vorpositive Erkenntnis hat sich insbesondere Rümelin, Selbstcontrahieren, 15 ff., verdient gemacht; vgl. die Würdigungen bei Flume, Rechtsgeschäft, § 48 3, und Hübner, Interessenkonflikt, 38. 747 BGH NJW-RR 2004, 1035, 1036 f.; NJW 1991, 1730; NJW 1962, 587, 589; Bork, AT, Rn. 1586; Flume, Rechtsgeschäft, § 48 1; Staudinger-Schilken (2004) § 181 Rn. 64 ff. 748 BGHZ 56, 97, 101. 749 BT-Drucks. 8/3908, S. 74 gegen BGHZ 75, 358; 56, 97. 750 Unberührt bleibt § 181 BGB, soweit die Doppelvertretung betroffen ist. 751 OLG Hamburg NJW-RR 1986, 1483; K. Schmidt, GesR, § 10 II 3. 752 Für Konkursverwalter BGHZ 113, 262, 270; für Testamentsvollstrecker BGHZ 108, 21, 24; 51, 209, 214 f.; 30, 67, 69; OLG Frankfurt, NJW-RR 1998, 795, 796; allgemein Hübner, Interessenkonflikt, 76 ff.; Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 38 f. – Abweichend noch RGZ 161, 139, 145 für die Testamentsvollstreckung.
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C. Verbot des Insichgeschäfts, § 181 BGB
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sen sind.753 Auf dem Boden der herrschenden Amtstheorie bereitet ein solches Rechtsgeschäft dogmatisches Unbehagen, weil der Amtswalter auf beiden Seiten Zurechnungsendsubjekt ist. Die hier entwickelte Lehre von der Parteistellung des Amtes legt die wahre Problemstruktur offen. Der Amtswalter ist nur auf einer Seite Zurechnungsendsubjekt. Auf der anderen Seite ist das Amt Zurechnungsendsubjekt. Der Amtswalter ist wie ein Vertreter Zurechnungshelfer. Daher ist er durch § 181 BGB beschränkt.
II. Verbotstatbestand § 181 BGB beschränkt die Amtsmacht des Amtswalters in zwei Fällen: zum einen für ein Geschäft mit sich selbst (Selbstkontrahieren) und zum anderen für ein Geschäft mit jedem beliebigen Dritten, wenn dieser vom Amtswalter vertreten wird (Mehrvertretung).754 Damit knüpft der Tatbestand nach seinem Wortlaut lediglich an die formelle Personenidentität an, während sein Zweck darauf ausgerichtet ist, Interessenkollisionen des Vertreters vorzubeugen.755 Das Kernproblem, die Reichweite von § 181 BGB festzustellen, besteht daher darin zu bestimmen, in welchem Verhältnis dieser Zweck und die vom Wortlaut verlangte Personenidentität zueinander stehen. Das Reichsgericht vertrat orientiert am Wortlaut die Auffassung, § 181 BGB sei allein als formale Ordnungsvorschrift zu verstehen, die Rechtssicherheit gewährleisten solle.756 Diese sehr restriktive Handhabung von § 181 BGB wird heute kaum noch geteilt.757 Allerdings eignet sich § 181 BGB auch nicht als Instrument, bei jeder tatsächlichen Interessenkollision des Vertreters bzw. Amtswalters diesem die Vertretungs- bzw. Amtsmacht zu versagen.758 Ein solches Ergebnis vertrüge sich nicht nur nicht mit dem Wortlaut der Vorschrift, sondern ginge auch zulasten der Rechtssicherheit, die gerade durch die im Grundsatz unbeschränkte Amtsmacht geschützt werden soll. Während die Grundsätze über den Missbrauch der Amtsmacht materiell den Schutz der Organisation besorgen, wenn eine Interessenkollision zu pflichtwidrigem und daher meist nachteiligem, jedenfalls organisationswidrigem Amtswalterhandeln führt, hängt das Eingreifen des § 181 BGB von formalen Umständen ab. Daher erfasst § 181 BGB nicht den Fall, dass der Amtswalter parallele Erklärungen abgibt, dass er also gleichzeitig persönlich und in Repräsentation seiner Organi-
753 Zu Zustimmungen des »schwachen« vorläufigen Insolvenzverwalters Bork, NZI 2005, 530; Frind, ZInsO 2004, 470, 475; Kirchhof, Festschrift Kreft, 359, 364 f.; Marotzke, ZInsO 2004, 721, 722; ferner zur Kontroverse um Zustimmungen des Eigentumsverwalters nach § 12 WEG siehe § 9 C III (S. 335). 754 Zur Terminologie Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 1. 755 Prot. I, 175. 756 RGZ 157, 24, 31 f.; 103, 417, 418; 108, 405; 68, 172, 175; ferner auch noch BGHZ 50, 8, 11; 33, 189, 190. 757 A. M. Pawlowski, AT, Rn. 794. 758 BGHZ 113, 262, 270; 91, 334, 337; 50, 8, 11; 21, 229, 231; RGZ 71, 219; Bork, AT, Rn. 1587; Flume, Rechtsgeschäft, § 48 5; Larenz/Wolf, § 46 Rn. 122, 134; Medicus, BR, Rn. 114; Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 7, 34. – Weitergehend Hübner, Interessenkonflikt, 206 ff.; Erman-Palm, § 181 Rn. 14 ff.
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sation ein Geschäft mit einem Dritten abschließt.759 Es erfüllt auch nicht den Verbotstatbestand, wenn der Amtswalter in Repräsentation der jeweiligen Organisation ein ihm günstiges, etwa ein seine Verbindlichkeit sicherndes Rechtsgeschäft Dritten gegenüber vornimmt.760 1. Untervollmacht und Ermächtigung Zu einer ersten Fallgruppe, die besondere Probleme bei der Anwendung von § 181 BGB hervorruft, werden Fälle gezählt, in denen der Amtswalter die Personenidentität dadurch verhindert, dass er anderen Personen Handlungsmacht überlässt. a) Untervollmacht Zu diesen Fällen gehört, dass der Amtswalter eine Untervollmacht erteilt. Recht unproblematisch unter den Wortlaut von § 181 BGB lässt sich subsumieren, wenn der Amtswalter für sich selbst einen Vertreter bestellt. Dann bleibt der Amtswalter auf beiden Seiten des Rechtsgeschäfts Glied der Zurechnung. Auf der einen Seite handelt der Vertreter, dessen Verhalten dem Amtswalter selbst zugerechnet wird; auf der anderen Seite handelt der Amtswalter für das jeweils von ihm repräsentierte Zurechnungsendsubjekt. § 181 Fall 1 BGB muss dann eingreifen (Selbstkontrahieren).761 Schwieriger zu beurteilen sind die Konstellationen, in denen der Amtswalter in dieser Funktion selbst nicht handelt762, sondern einer anderen Person Vertretungsmacht erteilt, für das jeweilige Zurechnungsendsubjekt zu handeln, und diese Person diese Handlungsmacht dazu benutzt, um mit dem Amtswalter persönlich (mögliches Selbstkontrahieren) oder mit einer vom Amtswalter vertretenen Person (mögliche Mehrvertretung) ein Rechtsgeschäft vorzunehmen. Die Zurechnungskette geht dann nicht durch den Amtswalter, sondern direkt vom Untervertreter763 zum jeweiligen Zurechnungsendsubjekt. Ungeachtet dessen wird heute auch hier der Verbotstatbestand von § 181 BGB ganz überwiegend bejaht.764 Seine freilich analoge Anwendung wird mehrheitlich damit begründet, 759
OLG Jena NJW 1995, 3126. RGZ 71, 219, 220 ff.; Flume, Rechtsgeschäft, § 48 5; Soergel-Leptien, § 181, Rn. 34; Erman-Palm, § 181 Rn. 20; Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 43. – A. M. Hübner, Interessenkonflikt, 206 ff. 761 OLG Hamm, NJW 1982, 1105; Flume, Rechtsgeschäft, § 48 4, der auf die Gesetzesgeschichte des § 1795 BGB verweist; ferner Harder, AcP 170 (1970), 295, 301 f.; Soergel-Leptien, § 181 Rn. 29; Medicus, BR, Rn. 113. - A. M. v. Tuhr, AT II 2, § 84 VI. 762 Das gleiche Problem stellt sich freilich, wenn der Amtswalter in der Konstellation der Mehrvertretung auf der anderen Vertragsseite einen Untervertreter bestellt. 763 Das gilt jedenfalls, wenn man von der unmittelbaren Untervertretung ausgeht, bei der ein Hauptvertreter (Amtswalter) dem Untervertreter die Vollmacht erteilt, neben dem Hauptvertreter unmittelbar für den Vertretenen zu handeln. Bei der mittelbaren Untervertretung geht indessen die Zurechnungskette durch den unterbevollmächtigenden Hauptvertreter (Amtswalter) durch, so dass § 181 BGB schon aus diesem Grund greifen muss, dazu Pawlowski, AT, Rn. 797. Vgl. zur Begrifflichkeit Bork, AT, Rn. 1447. 764 A. M. noch RGZ 157, 24, 31; 108, 405; v. Tuhr, AT II 2, § 84 VI; heute Pawlowski, AT, Rn. 797. 760
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C. Verbot des Insichgeschäfts, § 181 BGB
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dass der Amtswalter durch die Bevollmächtigung am Rechtsgeschäft beteiligt und auf seinen Inhalt einwirken kann. Die Interessenkollision sei daher mit der Situation von § 181 BGB vergleichbar.765 Demgegenüber wird teilweise zur Begründung auf die in der Bestellung des Unterbevollmächtigten liegende Umgehung abgestellt.766 Als eine Untervollmacht, an die sich die Anwendbarkeit von § 181 BGB knüpft, wird es allerdings nicht verstanden, wenn der Amtswalter einen Prokuristen bestellt hat.767 Zweifel sind allerdings angebracht, ob die für die Analogie notwendige Regelungslücke vorhanden ist. Es ist nämlich vorrangig zu erörtern, ob die auf der Bevollmächtigung des Amtswalters beruhende Untervollmacht überhaupt zu einem Handeln berechtigt, zu dem der Amtswalter selbst wegen § 181 BGB nicht fähig ist.768 Diese Frage zu stellen heißt zugleich, sie zu verneinen. Für die Untervollmacht ist anerkannt, dass sie nicht umfangreicher sein kann als die Hauptvollmacht.769 Folglich ist jede Untervollmacht eines Amtswalters grundsätzlich mit der Einschränkung behaftet, dass sie wegen der fehlenden Rechtsmacht des Amtswalters ein Rechtsgeschäft mit ihm selbst nicht legitimiert. Eine Ausnahme ist nur zu machen, wenn sich der Umfang der Vertretungsmacht wie beim Prokuristen abweichend durch das Gesetz bestimmt oder wenn der bevollmächtigende Amtswalter selbst von § 181 BGB befreit ist. Diese Lösung enthält nicht nur konstruktiv einen abweichenden Ansatz gegenüber der herrschenden Meinung, die für eine Analogie zu § 181 BGB eintritt, sondern kommt in den Gestaltungen der Mehrvertretung auch zu abweichenden Ergebnissen. Bei der Mehrvertretung führt die Anwendung von § 181 BGB dazu, dass der Vertreter für beide Vertretene ohne Vertretungsmacht handelt. Das Insichgeschäft kann also erst dann Wirksamkeit erlangen, wenn die beiden Vertretenen das Geschäft nach § 177 BGB genehmigen.770 Die favorisierte Lösung, die Vertretungsmacht des Unterbevollmächtigten zu beschränken, führt dazu, dass nur der Unterbevollmächtigte ohne Vertretungsmacht handelt. Die Handlungsmacht des auf der anderen Geschäftsseite (ebenfalls als Vertreter) handelnden Amtswalters ist nicht durch § 181 BGB beschränkt, weil dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Insoweit bedarf es auch keiner analogen Anwendung des § 181 BGB. Denn es gibt keinen Grund, diese Vertragsseite anders zu stellen, als wenn
765 BGHZ 112, 339, 343; 91, 334, 336; KG NJW-RR 1999, 168; OLG Frankfurt OLGZ 1974, 347, 349 f.; Blomeyer, AcP 172 (1972), 1, 16 ff.; Flume, Rechtsgeschäft, § 48 4; Bamberger/ Roth-Habermeier, § 181 Rn. 22; Harder, AcP 170 (1970), 295, 300 f.; Soergel-Leptien, § 181 Rn. 29; Medicus, BR Rn. 113; Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 36; K. Schmidt, GesR, § 10 II 3 d; mit Einschränkungen Hübner, Interessenkonflikt, 186 ff. 766 Bork, AT, Rn. 1588; Larenz/Wolf, § 46 Rn. 133; Erman-Palm, § 181 Rn. 15. 767 BGHZ 91, 334, 337; Larenz/Wolf, § 46 Rn. 133; Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 3; a. A. Ziche, Verweisung, 293 ff., unter Bezugnahme auf § 35 Abs. 4 GmbHG. 768 BGHZ 64, 72, 74; dazu Hübner, Interessenkonflikt, 180, 237; vgl. auch Ennecerus/Nipperdey, AT II, § 181 III 2; Soergel-Leptien, § 181 Rn. 29. 769 Bork, AT, Rn. 1451; Larenz/Wolf, § 47 Rn. 41; Staudinger-Schilken (2004), § 167 Rn. 67. 770 Bork, AT, Rn. 1600; Hübner, Interessenkonflikt, 116; Soergel-Leptien, § 181 Rn. 36; vgl. auch BGH NJW-RR 1991, 1441; abweichend in einem Spezialfall der Untervertretung LG Bayreuth Rpfleger 1982, 17, 18.
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der auf der anderen Seite handelnde Untervertreter aus anderen Gründen ohne Vertretungsmacht gehandelt hätte. Dieser Lösungsweg hat außerdem zur Folge, dass bei doppelter Untervertretung in den Mehrvertretungsfällen das Geschäft wirksam zustande kommt, ohne dass § 181 BGB eingreift. Auch dieses Ergebnis ist zu begrüßen, weil von der formalen Beteiligung, die § 181 BGB beim Abschluss des Rechtsgeschäfts voraussetzt, nichts mehr verblieben ist. Die Bevollmächtigung gehört eben nicht zum rechtsgeschäftlichen Tatbestand. Es liegt auch keine Umgehung, sondern eine dem jeweiligen Umfang der Vertretungsmacht Rechnung tragende Gestaltung vor. Diesem Ergebnis stehen keine Wertungsgesichtspunkte entgegen. Der Rechtsverkehr wird nicht dadurch belastet, dass ein Rechtsgeschäft gegenüber § 181 BGB Bestand hat, bei dem keine Personenidentität ersichtlich ist. Des Weiteren ist die Gefahr einer Interessenkollision bei der Mehrvertretung ohnehin geringer als beim Selbstkontrahieren, da nur bei Letzterem der Handelnde rechtlich unmittelbar von den Folgen des Rechtsgeschäfts betroffen ist.771 Schließlich sind die Zurechnungssubjekte, für die die Untervertreter handeln, durch die Regelungen des Innenverhältnisses geschützt. Das bedeutet insbesondere auch, dass ein Durchschlagen pflichtwidrigen Handelns nach den Regeln des Missbrauchs der Vertretungsmacht in Betracht kommt. Wegen der Personenidentität des Unterbevollmächtigenden wird man regelmäßig über § 166 Abs. 2 BGB von der Kenntnis des anderen Teils von einer etwaigen Pflichtwidrigkeit auszugehen haben. b) Ermächtigung Im Amtswalterrecht von viel größerer Bedeutung ist allerdings, dass bei angeordneter Gesamtvertretung der eine Amtswalter den anderen ermächtigt, mit dem ermächtigenden Amtswalter ein Geschäft abzuschließen.772 Für diese Konstellation wird insbesondere in der Rechtsprechung § 181 BGB nicht für einschlägig gehalten.773 Der BGH sichert dieses Ergebnis sowohl formal als auch durch Zweckerwägungen ab. Die Handlungsmacht stehe dem handelnden Gesamtvertreter unabhängig von der Ermächtigung des anderen zu. Die Ermächtigung würde daher keine Übertragung von Handlungsmacht bedeuten, sondern der Ermächtigende würde sich nur seiner Einwirkungsmöglichkeit enthalten. Die Interessenlage sei von der des § 181 BGB abweichend, weil der ermächtigte Amtswalter wie ein sonst mit Einzelvertretungsmacht ausgestatteter Amtswalter unabhängig von einem Interessenkonflikt, wie ihm § 181 BGB Rechnung trage, seine Entscheidung über das Rechtsgeschäft treffe. Dabei sei er im Unterschied zu einem Untervertreter auch nicht an Weisungen des ermächtigenden Amtswalters gebunden und gegenüber der repräsentierten Organisation allein für das Ge-
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Vgl. Hübner, Interessenkonflikt, 85 f. (allgemein), 189 (zur Untervertretung). Dazu bereits RGZ 103, 417. 773 BGHZ 64, 72, 75 ff.; BGH NJW 1992, 618; RGZ 103, 417; 56, 104; Roth/AltmeppenAltmeppen, § 35 Rn. 69; Bamberger/Roth-Habermeier, § 181 Rn. 15; Soergel-Leptien, § 181 Rn. 13; Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 17; Scholz-Schneider, § 35 Rn. 94; MünchKommBGB-Schramm, § 181 Rn. 22. 772
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schäft verantwortlich. Folglich sei also der ermächtigende Gesamtvertreter nicht mittelbar am Rechtsgeschäft beteiligt. In der Literatur hingegen wird überwiegend und zu Recht der Verbotstatbestand des § 181 BGB wie bei der Untervertretung angenommen.774 Ausgangspunkt ist, dass § 181 BGB grundsätzlich Handeln von Gesamtvertretern entgegensteht, wenn ein Gesamtvertreter auch auf der anderen Seite am Rechtsgeschäft beteiligt ist.775 Für ein solches Geschäft bedürfen die Amtswalter also der Gestattung nach § 181 BGB. Weder formelle Begründung noch Wertungsgesichtspunkte lassen auf dieser Grundlage verständlich erscheinen, dass eine Ermächtigung des durch § 181 BGB in seiner Amtsmacht beschränkten Amtswalters ebenfalls das Befugnisdefizit überwinden lässt. Dafür kommt es nicht darauf an, welchen Inhalt man der Ermächtigung zuschreibt. Sieht man in ihr die Übertragung von Handlungsmacht, so ergibt sich dieses Ergebnis unproblematisch aus der zur Untervollmacht gegebenen Begründung, dass eine nicht vorhandene Rechtsmacht nicht übertragen werden kann.776 Aber auch wenn man die Ermächtigung mit dem BGH dahin versteht, dass sich der Ermächtigende seiner Befugnis enthält und deswegen die Handlungsmacht des Ermächtigten, von der Mitwirkungslast befreit, zu einer Alleinhandlungsmacht erstarkt,777 muss § 181 BGB darauf einwirken, inwieweit diese Entscheidungsmöglichkeit besteht.778 Wenn ein Gesamtvertreter wegen § 181 BGB für ein bestimmtes Geschäft nicht über Amtsmacht verfügt, ist nichts vorhanden, worauf er zum Befugnisgewinn des anderen Amtswalters verzichten kann. Auch der wertende Hinweis auf die unabhängige Stellung des ermächtigten Amtswalters überzeugt nicht. Denn diese Stellung hat der Amtswalter auch dann, wenn beide Gesamtvertreter gemeinsam handeln. Eine Ausnahme ist nur zu machen, wenn die Handlungsmacht des einen Gesamtvertreters schon wegen des Handlungsausschlusses des anderen nach § 181 BGB zu einer Alleinhandlungsmacht erstarkt.779
774 Claussen, Insichgeschäfte, 52 f.; Flume, juristische Person, § 10 II 2 b; Hübner, Interessenkonflikt, 237 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 35 Rn. 19; Erman-Palm, § 181 Rn. 19; Plander, DB 1975, 1493, 1495 f.; Reinicke, NJW 1975, 1185; K. Schmidt, GesR, § 10 II 3 e; Tiedtke, Reduktion, 205 ff.; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 35 Rn. 135. 775 BGH NJW 1992, 618; RGZ 103, 417; Soergel-Leptien, § 181 Rn. 12; Plander, DB 1975, 1493, 1494 f.; Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 16. 776 Flume, juristische Person, § 10 II 2 b; Hübner, Interessenkonflikt, 237 f. 777 BGHZ 64, 72, 75; Scholz-Schneider, § 35 Rn. 55. 778 Die von Roth/Altmeppen-Altmeppen, § 35 Rn. 69, gegebene Begründung, der ermächtigende Gesamtvertreter unterlasse gerade, was § 181 BGB erfordere, überzeugt nicht, weil so der Befugnisgewinn des Ermächtigten gegenüber der Situation, in der beide Gesamtvertreter gemeinsam handeln, nicht erklärt wird. Konsequent wäre doch dann nur die Ansicht, § 181 BGB lasse dem nicht ausgeschlossenen Gesamtvertreter unmittelbar Alleinhandlungsmacht zufließen, vgl. K. Schmidt, GesR, § 10 II 3 e. Indessen ist ein solcher Befugniszuwachs aus § 181 BGB nicht zu rechtfertigen. Das von der jeweiligen Organisationsverfassung vorgegebene Vieraugenprinzip der Gesamtvertretung setzt sich durch. 779 So beispielsweise RGZ 161, 139, 143 für die Testamentsvollstreckung.
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c) Ergebnis Die Beschränkung der Handlungsmacht des Amtswalters durch § 181 BGB schlägt also auf die abgeleitete Handlungsmacht eines Untervertreters oder eines Ermächtigten durch. Daher kann weder ein Untervertreter noch ein Ermächtigter mit dem Amtswalter kontrahieren. 2. Einseitige Rechtsgeschäfte Besondere Probleme können einseitige Rechtsgeschäfte aufwerfen. Die Einordnung eines solchen Rechtsgeschäfts ist eindeutig, wenn der Amtswalter es sich selbst gegenüber vornehmen muss. Dann greift § 181 BGB ein. Keine Probleme stellen sich ferner dann, wenn der Amtswalter das Geschäft nur gegenüber einem Dritten vornehmen kann. § 181 BGB scheidet aus. Problematisch sind aber folgende Konstellationen: a) Adressatenalternativität (insbesondere § 182 BGB) Der erste Problemfall besteht darin, dass Amtswalter ein Rechtsgeschäft nicht nur sich selbst, sondern auch einer anderen Person gegenüber vornehmen können. Hauptanwendungsfall ist die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft nach § 182 BGB, die beiden Teilen des Rechtsgeschäfts gegenüber erklärt werden kann.780 Besonders betroffen sind daher die Amtswalter, deren Außenamtstätigkeit die Erteilung von Zustimmungen zum Gegenstand hat. Zu denken ist an die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter zu Rechtsgeschäften eines beschränkt Geschäftsfähigen (§§ 107, 1903 BGB).781 Besondere Bedeutung hat in der Praxis die Zustimmung des Wohnungseigentumsverwalters zu einer Veräußerung von Wohnungseigentum nach § 12 WEG. Das hier angesprochene Problem stellt sich, wenn der Wohnungseigentümer selbst am Veräußerungsgeschäft beteiligt ist.782 Dann kann er nach § 182 BGB die Zustimmung entweder sich selbst gegenüber oder seinem Vertragspartner gegenüber erklären. Das gleiche Problem stellt sich auch, wenn ein vorläufiger Insolvenzverwalter bei angeordnetem Zustimmungsvorbehalt Verfügungen zustimmen soll, die der Insolvenzschuldner dem vorläufigen Insolvenzverwalter gegenüber vornimmt.783 Nicht anders liegt es ferner,
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Ferner etwa §§ 1064, 1255 Abs. 1 BGB. Die Erklärungsalternative ist in diesem Fall allerdings wegen der fehlenden Geschäftsfähigkeit des beschränkt Geschäftsfähigen für die Empfangnahme der Zustimmungserklärung (§ 131 Abs. 2 S. 1 BGB) eingeschränkt. 782 BayObLG NJW-RR 1986, 1077, 1078; OLG Düsseldorf NJW 1985, 390; KG NJW-RR 2004, 1161, 1162. 783 Das ist kein bloß theoretischer Fall. Unter dem Stichwort des Treuhandkontos im Eröffnungsverfahren wird diskutiert, dass ein Doppeltreuhänder Vermögenswerte des Schuldners übertragen erhält, die er für die Masse verwaltet, vorrangig aber zur Befriedigung bzw. zunächst Sicherung von Neugläubigern verwendet, die mit dem Insolvenzschuldner im Eröffnungsverfahren kontrahieren. Als dieser Treuhänder kommt der vorläufige Verwalter selbst in Betracht. Dann kann die beschriebene Problematik von § 181 BGB entstehen, dazu Frind, ZInsO, 2004, 781
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C. Verbot des Insichgeschäfts, § 181 BGB
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wenn das Geschäftsführungsorgan eines Verbands für diesen einer Anteilsveräußerung zustimmen soll (§§ 68 AktG, 15 Abs. 5, 17 Abs. 1 GmbHG).784 In allen diesen Fällen wird unter Hinweis auf die formalen Voraussetzungen von der überwiegenden Ansicht, insbesondere von der Rechtsprechung, ein Eingreifen von § 181 BGB abgelehnt, sofern der Amtswalter der anderen Person gegenüber seine Erklärung abgibt.785 Dem Zustimmenden wird ferner dadurch geholfen, dass seine Erklärung bei Zweifeln über den Adressaten so ausgelegt wird, dass sie auch an diese andere Person adressiert ist.786 Eine starke Gegenmeinung befürwortet hingegen auch hier eine analoge Anwendung von § 181 BGB.787 Denn es bestehe für diese Fälle der Adressatenhäufung eine Regelungslücke, die durch § 181 BGB zu füllen sei, weil ein vergleichbarer Fall der Interessenkollision vorliege. Die Lösung der Rechtsprechung, formale Kriterien zu verwenden, hat den Vorteil, einheitliche Kriterien formulieren zu können. Indessen ist zu bedenken, dass § 181 BGB eine Beschränkung der Handlungsmacht im Interesse der vom Amtswalter repräsentierten Organisation bezweckt. Durch das formale Kriterium der herrschenden Ansicht wirkt das Verbot des Insichgeschäfts nicht als eine Beschränkung des Ob, einen bestimmten Erfolg herbeizuführen, sondern nur des Wie. Diese Lösung fordert es heraus zu überprüfen, ob die in allen Fällen zugrunde liegenden Interessen dieses Ergebnis rechtfertigen. Eine solche Zweckanalyse kann nur für jeden einzelnen Fall, in dem das Gesetz dem Erklärenden eine Empfängeralternativität eröffnet, vorgenommen werden. Besonderheit des § 182 BGB ist sein Charakter als Hilfsgeschäft.788 Die Zustimmung verhilft einem anderen Rechtsgeschäft, das vielfach eine Verfügung ist, zur Wirksamkeit. Der Gesetzgeber hat mit der Empfängeralternative die Regelung bei der Vollmacht nachgebildet.789 Dort kann die Rechtsmacht, die dem Vertretenen verliehen wird, nach § 167 BGB sowohl durch Rechtsgeschäft dem Vertretenen gegenüber (Innenvollmacht) als auch durch Erklärung gegenüber dem
470, 475; Kirchhof, Festschrift Kreft, 359, 364 f.; siehe § 6 B I 2 (S. 218). Zwar ist, worauf Marotzke, ZInsO 2004, 721 f., mit Recht hingewiesen hat, die Anlegung und Speisung des Treuhandkontos nicht betroffen. Das Treuhandkonto kann aber insbesondere durch die Abtretung von Forderungen, die auf das Treuhandkonto eingezogen werden sollen, flankiert werden, vgl. Bork, ZIP 2003, 1421, 1424. Eine solche Abtretung wäre eine hier problematisierte Verfügung, dazu Bork, NZI 2005, 530, 531. 784 RG WarnR 1915, 271. 785 BGHZ 94, 132, 137; RGZ 76, 89, 92; BayObLG NJW-RR 1986, 1077, 1078; OLG Düsseldorf NJW 1985, 390; KG NJW-RR 2004, 1161, 1162; RG WarnR 1912, 435, 438; Bamberger/ Roth-Habermeier, § 181 Rn. 26; Palandt-Heinrichs, § 181 Rn. 8; Soergel-Leptien, § 181 Rn. 31; Tiedtke, Reduktion, 162 ff. 786 BGHZ 94, 132, 137; BayObLG NJW-RR 1986, 1077, 1078; OLG Düsseldorf NJW 1985, 390; KG NJW-RR 2004, 1161, 1162. 787 Coing, NJW 1985, 6, 8; Flume, Rechtsgeschäft, § 48 2; Hübner, Interessenkonflikt, 217 ff.; ders., JZ 1985, 745 f.; Müller, AcP 168 (1968), 113, 132, 134; Erman-Palm, § 181 Rn. 17; Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 41; MünchKommBGB-Schramm, § 181 Rn. 28; Siemes, Insichgeschäfte, 44 ff. 788 Statt aller Staudinger-Gursky (2004), Vorbem §§ 182 ff Rn. 37. 789 Mot. I, 246.
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
Geschäftspartner (Außenvollmacht) verliehen werden. In gleicher Weise kann die Zustimmung sowohl demjenigen, der der Zustimmung zur wirksamen Vornahme des Rechtsgeschäfts bedarf, oder aber dem Geschäftspartner gegenüber erteilt werden. Diese Gesetzesbegründung lässt den eingeschlagenen Weg, teleologisch die Anwendbarkeit von § 181 BGB zu hinterfragen, umso dringlicher erscheinen, da ersichtlich wird, dass die Rechtsfolgen dieser Bestimmung bei Abfassung von § 182 BGB nicht bedacht wurden.790 Betrachtet man daher die Interessen, die der Zustimmung als Hilfsgeschäft zugrunde liegen, so ist ungeachtet der Trennung von Hauptrechtsgeschäft und Hilfsgeschäft auf das Hauptrechtsgeschäft abzustellen, da die Zustimmung darauf abzielt, diesem Rechtsgeschäft zur Wirksamkeit zu verhelfen791. Insoweit lassen sich grob zwei Funktionen der Zustimmung unterscheiden:792 Entweder werden die Rechte des Dritten, dessen Zustimmung das Hauptrechtsgeschäft bedarf, durch dieses Rechtsgeschäft berührt oder dem Dritten fällt die Aufgabe zu, Aufsichtsrechte wahrzunehmen, die wie in den Fällen der §§ 107, 1903 BGB, 22 InsO in einem Amt zusammengefasst sein können. Für die Bewertung der typischen Interessen ist weiter danach zu unterscheiden, auf welcher Seite der zustimmende Amtswalter beim Hauptgeschäft agiert. Zum einen kann der Amtswalter bei dem Hauptgeschäft derjenige sein, der zur Wirksamkeit des von ihm vorgenommenen Rechtsgeschäfts der Zustimmung bedarf. Er ist dann meist der Verfügende. Zum anderen kann er aber auch der Geschäftspartner sein. Dann ist er vielfach der Erwerbende. aa) Amtswalter als Geschäftspartner Von der Wertung her sind die Fälle recht klar, in denen der Amtswalter Geschäftspartner ist. Der Amtswalter verschafft sich dann selbst eine rechtliche Position im Wege des Hauptgeschäfts, indem er den Voraussetzungen des Zustimmungsvorbehalts, unter denen diese Rechtsverschaffung steht, selbst genügt. Berücksichtigt man die oben genannten Funktionen der Zustimmung, erscheint ein Eingreifen von § 181 BGB als notwendig. Das gilt zunächst dann, wenn die Zustimmung Ausdruck einer Rechtsbeteiligung des Zustimmenden ist. Der Amtswalter verschafft sich nämlich auf Kosten des Zustimmenden, für den er als Amtswalter handelt, eine Rechtsposition. Ein besonders klarer Fall beruht auf § 185 BGB: Der Amtswalter stimmt der Verfügung eines Nichtberechtigten über Gegenstände der vom Amtswalter repräsentierten Organisation an den Amtswalter persönlich zu. Betroffen sind aber auch Fälle, in denen der Amtswalter durch seine Zustimmung einen vinkulierten Geschäftsanteil oder nach § 12 WEG zustimmungsbedürftiges Wohnungseigentum erwirbt. Auch wenn die besondere rechtliche Konstruktion des zustimmungsbedürftigen Hauptgeschäfts in Verbindung mit der Adressatenalternativität dazu
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Flume, Rechtsgeschäft, § 48 2. Bork, AT, Rn. 1695; Flume, Rechtsgeschäft, § 54 6; Staudinger-Gursky (2004), Vorbem §§ 182 ff Rn. 37. 792 Bork, AT, Rn. 1692; differenzierender Staudinger-Gursky (2004), Vorbem §§ 182 ff Rn. 20 ff. 791
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C. Verbot des Insichgeschäfts, § 181 BGB
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führt, dass formal die Voraussetzungen des § 181 BGB nicht erfüllt sind, sofern der Amtswalter die Zustimmung gegenüber dem Verfügenden erklärt, muss § 181 BGB nach seinem Sinn und Zweck dazwischentreten. Es liegt wie in den Fällen der Untervertretung: Der Amtswalter erteilt die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft, das er selbst wegen der Sperre des § 181 BGB nicht vornehmen könnte.793 Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht bei Geschäften, bei denen der Zustimmung Aufsichtsfunktion zukommt. Der Amtswalter würde dann die Aufsicht über eine Person hinsichtlich eines Rechtsgeschäfts ausüben, das diese Person mit ihm selbst abgeschlossen hat. Etwa könnte der vorläufige Verwalter einer Verfügung des Insolvenzschuldners ihm selbst gegenüber durch Zustimmung gegenüber dem Insolvenzschuldner zur Wirksamkeit verhelfen oder der Betreuer einem Rechtsgeschäft des unter Einwilligungsvorbehalt stehenden, aber nicht geschäftsunfähigen Betreuten dem Betreuer selbst gegenüber durch Zustimmung gegenüber dem Betreuten794. Auch diese Folgen muss § 181 BGB verhindern.795 bb) Amtswalter als zustimmungsbedürftiger Vertragsteil Eine ganz andere Interessenlage liegt vor, wenn der Amtswalter selbst der Vertragsteil ist, der der Zustimmung bedarf. In diesen Fällen wird die Aufsichtsfunktion der Zustimmung regelmäßig nicht zum Tragen kommen, weil nicht derjenige zum Aufsicht führenden Amtswalter berufen wird, den es zu beaufsichtigen gilt. Vielfach soll aber die Zustimmung der Rechtsbeteiligung des Zustimmenden Rechnung tragen. Klassisches Beispiel ist, dass der Vorerbe gesetzlicher Vertreter des Nacherben ist und daher für diesen seiner eigenen Verfügung gegenüber einem Dritten zustimmt.796 Im Amtswalterrecht ist ferner an die Zustimmung zur Veräußerung eines vinkulierten Geschäftsanteils durch das zur Zustimmung berufene Vertretungsorgan oder an die Veräußerung von Wohnungseigentum durch den zur Zustimmung nach § 12 WEG berufenen Verwalter zu denken. Diese Fälle unterscheiden sich von den zuvor betrachteten dadurch, dass mit dem Geschäftspartner eine Person hinzutritt, die an dem Rechtsverhältnis, das die Zustimmungsbedürftigkeit auslöst, völlig unbeteiligt ist. Es stellt sich daher die Fra-
793 Hinsichtlich des Erlaubnistatbestands des § 181 BGB, ob der Amtswalter in Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt, ist grundsätzlich – aber auch für diese Hilfsüberlegung, dass der Amtswalter selbst verfügen würde – darauf abzustellen, ob der Amtswalter verpflichtet ist, nicht hingegen, ob für die zustimmungsbedürftige Verfügung ein Rechtsgrund besteht. 794 Zwar stände formal auch § 131 Abs. 2 BGB der Geschäftsfähigkeit des Betreuten entgegen, die Zustimmung entgegenzunehmen, diese Bestimmung wird aber in den Fällen der §§ 107 f., 182 BGB wohl wegen einer teleologischen Reduktion nicht angewendet. 795 Eine Ausnahme befürworten Bork, NZI 2005, 530, 532, Hirschberger, Doppeltreuhand, 185, für die Doppeltreuhand im vorläufigen Insolvenzverfahren (siehe dazu § 6 B I 2, S. 218): Der der Verfügung an sich selbst zustimmende vorläufige Insolvenzverwalter erwerbe nicht im eigenen Interesse, sondern als Treuhänder im Interesse des Zweckes, dem seine Zustimmungsmacht dient. Daher sei abstrakt eine Interessenkollision ausgeschlossen. Die analoge Anwendung des § 181 BGB soll also der Amtsmacht nicht entgegenstehen, weil die Norm in dieser Konstellation zugleich teleologisch zu reduzieren sein, siehe allgemein zu dieser Reduktion III am Anfang (S. 373). 796 RG WarnR 1912, 435.
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ge, ob die Interessenlage dieser Person die Anwendung von § 181 BGB ausschließt.797 Wird die Zustimmung des Amtswalters dem Dritten gegenüber erklärt, liegt für den Dritten formal kein Insichgeschäft vor. Aber auch der Sache nach liegt kein Insichgeschäft vor. Nicht jeder Interessenkonflikt des Amtswalters genügt schon den Vorgaben des § 181 BGB. Der Amtswalter muss vielmehr auf verschiedenen Seiten eines Rechtsgeschäfts auftreten. Hier tritt der Amtswalter aber lediglich in zwei unterschiedlichen Funktionen – zum einen selbst im Rahmen des Hauptgeschäfts und zum anderen als Amtswalter im Rahmen des Hilfsgeschäfts – gegenüber dem Geschäftspartner auf. Aus Sicht des Geschäftspartners steht er aber in beiden Funktionen – wie bei parallelen Willenserklärungen zum einen im eigenen Namen und zum anderen im Namen des Amtes – auf der anderen Vertragsseite. Unbeschadet des § 181 BGB kann etwa der Vorerbe, der gesetzlicher Vertreter des Nacherben ist, einem Geschäftspartner gegenüber Vorerben wie Nacherben verpflichten, einen Gegenstand zu übertragen. Folglich räumt in diesen Fällen die Rechtsordnung dem Amtswalter durchaus die Rechtsmacht ein, die Verfügung herbeizuführen. Diese Gedanken leiten über zu der Frage, ob man § 181 BGB hier nicht sogar teleologisch reduzieren sollte, wenn der Amtswalter sich selbst die Zustimmung im Innenverhältnis gibt, weil nur formal ein Insichgeschäft vorliegt. Man könnte argumentieren, es sei doch kein Unterschied zu machen, ob der Amtswalter dem Vertragspartner gegenüber zustimmt oder ob er dem Vertragspartner erklärt, er habe sich selbst zuvor zugestimmt.798 Jedoch will § 181 BGB die Rechtsklarheit schützen. Daher ist es angebracht, lediglich eine bestimmte Form der Zustimmungserteilung zu unterbinden. Zu bedenken ist insbesondere, dass der Amtswalter eine Innenzustimmung nicht aufdecken müsste. Er könnte den Rechtsverkehr im Unklaren darüber lassen, ob die erforderliche Zustimmung erteilt ist, manchmal gar, ob er der Zustimmung überhaupt bedarf. Des Weiteren ist der Vertragspartner, wenn die Zustimmung nicht ihm gegenüber erklärt worden ist, weniger schutzbedürftig. cc) Ergebnis Im Ergebnis ist also eine differenzierende Antwort darauf zu geben, ob § 181 BGB einer vom Amtswalter zu erklärenden Zustimmung (§ 182 BGB) entgegensteht. Wird das zustimmungsbedürftige Rechtsgeschäft dem Amtswalter gegenüber vorgenommen, schließt § 181 BGB stets die Amtsmacht aus. Nimmt der Amtswalter aber gegenüber einem Dritten das zustimmungsbedürftige Rechtsgeschäft vor, ist die Zustimmung von der Amtsmacht gedeckt, wenn der Amtswalter die Zustimmung gegenüber dem Dritten abgibt.
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Vgl. Tiedtke, Reduktion, 163; Weber, DNotZ 1952, 172, 173. Vgl. Hübner, Interessenkonflikt, 219, der freilich durch diese Überlegung mit umgekehrtem Vorzeichen die Erweiterung des § 181 BGB begründen will. 798
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C. Verbot des Insichgeschäfts, § 181 BGB
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b) Spezifischer Adressat Verschiedene einseitige Rechtsgeschäfte weisen die Besonderheit auf, dass sie gegenüber einer öffentlichen Stelle – teilweise wahlweise neben der Adressierung an eine private Person – vorgenommen werden müssen. Beispiele sind die Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück, die nach § 875 BGB799 auch dem Grundbuchamt gegenüber erklärt werden kann, oder die Ausschlagung einer Erbschaft sowie die Anfechtung eines Testaments, was nach § 1945 BGB bzw. § 2081 BGB gegenüber dem Nachlassgericht zu erfolgen hat. In diesen Fällen ist für die Entscheidung, ob § 181 BGB eingreift, auf die Funktion der öffentlichen Stelle in dem jeweiligen Kontext abzustellen. § 181 BGB greift immer dann ein, wenn die öffentliche Stelle auf der Empfängerseite der Sache nach Vermittlungsstelle für den die Erklärung vornehmenden Amtswalter ist.800 Daher greift im Fall des § 875 BGB der Verbotstatbestand ein, wenn der Amtswalter selbst derjenige ist, zu dessen Gunsten die Rechtsaufhebung erfolgt.801 Zur Testamentsanfechtung gegenüber dem Nachlassgericht ist derjenige nicht als Amtswalter befugt, dessen Begünstigung angefochten werden soll, weil dieser Begünstigte materiell Anfechtungsgegner ist (§ 143 Abs. 4 BGB).802 Bei der Ausschlagung der Erbschaft ist indessen nach überwiegender Meinung die öffentliche Stelle selbst auch materiell Anfechtungsgegner. § 181 BGB greift daher auch dann nicht ein, wenn der Ausschlagende von demjenigen vertreten wird, der als Ersatzerbe berufen ist.803
III. Erlaubnistatbestand § 181 BGB bestimmt auch, wann ein Insichgeschäft, das den Verbotstatbestand dieser Norm erfüllt, ausnahmsweise zulässig ist. So ist das Insichgeschäft nach dem Wortlaut dieser Bestimmung erlaubt, wenn es der Erfüllung einer Verbindlichkeit dient. Ein Erlaubnistatbestand besteht nicht schon immer dann, wenn im Einzelfall die Interessenkollision entfällt.804 Eine teleologische Reduktion ist nur angezeigt, wenn in einer bestimmten Fallgruppe abstrakt eine Interessenkollision ausgeschlossen ist.805 Insbesondere ist das Insichgeschäft erlaubt, wenn es für den vertretenen Teil lediglich rechtlich vorteilhaft ist.806 799 Dieser materiellen Bestimmung entspricht für das Grundbuchverfahren das Erfordernis einer Bewilligung nach § 19 GBO. 800 BGHZ 77, 7; RGZ 143, 350; Coing, NJW 1985, 6, 8 f.; Flume, Rechtsgeschäft, § 48 2; Hübner, Interessenkonflikt, 224 ff.; Larenz/Wolf, § 46 Rn. 132; Soergel-Leptien, § 181 Rn. 30; Pawlowski, AT, Rn. 792 Fn. 301; Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 40. – Zu formal indessen RGZ 157, 24. 801 BGHZ 77, 7. 802 RGZ 143, 350. 803 BayObLG 1983, 213, 220 f.; Bork, AT, Rn. 1590; Coing, NJW 1985, 6, 9; Palandt-Edenhofer, § 1945 Rn. 3. – A. M. Buchholz, NJW 1993, 1161, 1165 f.; Tiedtke, Reduktion, 72 f. 804 A. M. Erman-Palm, § 181 Rn. 2. 805 BGHZ 91, 334, 337; 59, 236, 240 f.; 56, 97, 101; OLG Jena NJW 1995, 3126, 3127; Bork, AT, Rn. 1592; Soergel-Leptien, § 181 Rn. 25; Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 7. – Gegen jede Reduzierung Flume, Rechtsgeschäft, § 48 1; Pawlowski, AT, Rn. 795. 806 BGHZ 94, 232, 235; 59, 236, 240; BGH NJW 1989, 2542, 2543; 1985, 2407; 1775, 1885; Blomeyer, AcP 172 (1972), 1, 11 ff.; Bork, AT, Rn. 1593; Larenz/Wolf, § 46 Rn. 132; Soergel-Lep-
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
Für das Amtswalterrecht von besonderer Bedeutung ist allerdings der Erlaubnistatbestand, der in der Gestattung liegt. Es besteht eine Ungewissheit, ob und wie einem Amtswalter eine solche Gestattung erteilt werden kann. Die Unterschiede der einzelnen Ämter erfordern letztlich zwar auch unterschiedliche Antworten. Die parallele Betrachtung der einzelnen Ämter erhellt aber wiederum eine einheitliche Problemstruktur. So ist zunächst der Frage nachzugehen, was eine Gestattung im Sinne von § 181 BGB ist und inwieweit sie von anderen Zustimmungen des Geschäftsherrn zu einem Insichgeschäft abzugrenzen ist. 1. Arten der Gestattung Die verschiedenen Arten der Gestattung lassen sich wie bei der Vollmacht zunächst nach ihrem Umfang unterscheiden. Die Gestattung kann entweder als Generalgestattung sämtliche Rechtsgeschäfte oder jedenfalls eine zu einer Vielzahl von Rechtsgeschäften zusammengefasste Gruppe erfassen oder sich als Einzelgestattung lediglich auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft (Ad-hoc-Zustimmung) beziehen. Die Gestattung hat vor dem Geschäft des Amtswalters zu erfolgen, um § 181 BGB auszuschließen. Eine nachträgliche Zustimmung führt allerdings nach § 177 BGB ebenfalls zur Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts, da ein unter Verstoß gegen § 181 BGB vom Amtswalter vorgenommenes Rechtsgeschäft nicht nichtig,807 sondern gem. § 177 BGB schwebend unwirksam ist.808 Steht die Zulässigkeit einer Befreiung wie im Fall des eine Hilfsperson bevollmächtigenden Geschäftsherrn außer Frage, beschränkt sich die Bedeutung der vorstehenden Unterscheidung zwischen den einzelnen Arten von Befreiungen darauf, die Wirkungen einer Befreiung bestimmen zu können. Im Amtswalterrecht hingegen ist auch die Zulässigkeit einer Befreiung erörterungsbedürftig. Die Arten der Gestattungen sind daher auch zu diesem Zweck zu scheiden. Ins Auge fällt der Unterschied zwischen der umfassenden Generalgestattung einerseits und der Genehmigung eines ohne Beachtung von § 181 BGB abgeschlossenen Insichgeschäfts andererseits. Die Generalgestattung überlässt dem Vertreter Spielraum, nicht nur das Ob, sondern auch den Inhalt eines Insichgeschäfts frei zu wählen. Es besteht also gerade die Gefahr für den Geschäftsherrn, vor der § 181 BGB schützen will, dass der Vertreter bei Abschluss des Insichgeschäfts die Interessen des Geschäftsherrn missachtet. Diese Gefährdung nimmt der Geschäftsherr mit der Generalgestattung aber in Kauf. Die Genehmigung eines bereits geschlossenen Geschäfts gleicht indessen mehr der Situation, dass der Genehmigende selbst das in Rede stehende Rechtsgeschäft vornimmt.809 Die
tien, § 181, Rn. 27; Erman-Palm, § 181 Rn. 10; Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 32; MünchKommBGB-Schramm, § 181 Rn. 15. – A. M. Flume, Rechtsgeschäft, § 48 1; Pawlowski, AT, Rn. 795. 807 So aber noch RGZ 51, 422, 426. 808 BGHZ 65, 123, 125; 30, 67, 71; 21, 229, 230; BGH NJW-RR 1994, 291, 292; RGZ 119, 114, 116; 56, 104, 107. 809 Vgl. BGH NJW-RR 1994, 291, 293.
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C. Verbot des Insichgeschäfts, § 181 BGB
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Entscheidung sowohl über das Ob als auch über den Inhalt der Bindung des Geschäftsherrn hängt allein vom Willen des Genehmigenden ab. Die Gefahr, vor der § 181 BGB den Vertretenen schützen will, besteht nicht. Betrachtet man die einzelnen möglichen Arten der Befreiung zwischen diesen beiden Extremen, so bedeuten die unterschiedlichen Arten der Generalgestattung keine maßgeblichen Einschnitte. Gleich inwieweit die Generalgestattung eingeschränkt wird, so setzt sie stets den Geschäftsherrn der dem § 181 BGB typischen Gefährdung aus, weil dem Vertreter eine Entscheidung nicht nur über das Ob, sondern auch den Inhalt des Geschäfts verbleibt.810 Eine Abstufung stellt indessen die Befreiung für ein bestimmtes Geschäft dar. Derjenige, der die Befreiung erteilt, entscheidet dann über den möglichen Inhalt des Geschäfts. Dem Vertreter bleibt nur die Entscheidung über das Ob, damit zwar auch die Entscheidung über das Wann des Geschäfts, aber nicht über den Inhalt. Es liegt also mehr eine Situation vor, die einem Rechtsgeschäft unter Potestativbedingung oder der Einräumung einer Option gleicht,811 nicht aber die Situation, vor der § 181 BGB den Geschäftsherrn schützen will. Diese wertenden Überlegungen sollen erklären, dass im Folgenden die Untersuchung möglicher Befreiungen von § 181 BGB im Amtswalterrecht danach unterscheiden muss, ob eine generelle Befreiung in Rede steht oder eine Einzelgestattung.812 Da die Einzelgestattung wie die Genehmigung dem Abschluss eines eigenen Rechtsgeschäfts durch denjenigen, der die Gestattung erteilt, gleicht,813 erscheint eine solche Befreiung durch jeden möglich, der das gestattete Rechtsgeschäft selbst schließen könnte.814 Die Gestattung kann indessen nur demjenigen erlaubt sein, dem so grundlegende Organisationskompetenzen zustehen, dass er die Organisation der Gefährdungssituation, vor der § 181 BGB schützt, aussetzen darf. 2. Generalgestattung Für die Überlegung, ob und durch wen eine Generalgestattung im Amtswalterrecht zulässig ist, ist zwischen den durch das Gericht aufgrund gesetzlicher Anordnung eingerichteten Ämtern und den privatautonom auf gesetzlicher Grundlage eingerichteten Ämtern zu unterscheiden. a) Gerichtlich eingerichtete Ämter Zu der ersten Gruppe zählen insbesondere die gerichtlich eingerichteten Vertreter kraft Amtes (Vormund, Betreuer, Pfleger) wie die ebenso eingerichteten Par810
Vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 488. Vgl. dazu nur Staudinger-Bork (2003), Vorbem zu §§ 158 ff Rn. 16 ff. 812 Ebenso K. Schmidt, GesR, § 10 II 3 d. Diese Wertungen sollen insbesondere den Vorwurf von Baumbach/Hueck-Zöllner, 17. Aufl. 2000, § 35 Rn. 75, entkräften, es handele sich um »begriffsjuristisches Vorgehen, mit dem erwünschtes Ergebnis ... präformiert wird«. 813 Vgl. Hübner, Interessenkonflikt, 108. 814 Jedenfalls für die Genehmigung ebenso KG HRR 1941 Nr. 468; Hübner, Interessenkonflikt, 109 f. – Anders Harder, AcP 170 (1970), 295, 304; vgl. unten im Text unter 3 (S. 380). 811
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teiwalter kraft Amtes (Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter, Nachlassverwalter). Für diese Gruppe ist eine Generalgestattung ausgeschlossen. Zur Begründung lässt sich auf das Gesetz verweisen, das solche Kompetenzen nicht vorsieht. Dieses Ergebnis lässt sich durch die Wertung absichern, dass es in diesen Organisationen an selbstverwaltenden Funktionseinheiten fehlt. Wer in Fremdverwaltung handelt, kann aber nicht rechtfertigen, warum er den Organisationsträger dieser Gefahr aussetzt. Es fehlt stets an der Erforderlichkeit, solche umfassenden Gestattungen zu erteilen. Daher können insbesondere die die Amtswalter beaufsichtigenden Gerichte solche umfassenden Befugnisse nicht verleihen.815 Gleiches gilt aber auch für Nebenamtswalter wie Ergänzungspfleger oder Sonderinsolvenzverwalter, deren gerichtlich festgelegter Aufgabenbereich schon solche Ermächtigungen nicht deckt. Ihnen fehlt zudem aber auch die Kompetenz für eine solche Ermächtigung. b) Organe Paradebeispiel für die privatautonom eingerichteten Ämter ist das Verbandsrecht. Hier stellt sich weniger die Frage nach der Zulässigkeit einer Generalgestattung, sondern nach ihren Voraussetzungen, die im Folgenden, um der praktischen Bedeutung Rechnung zu tragen, exemplarisch für die GmbH beantwortet wird. Diese Frage nach den Voraussetzungen lässt sich dahin konkretisieren, ob die Generalgestattung in der GmbH einer Grundlage in der Satzung bedarf. Die Problemlage wird deutlich, wenn man sich die vier unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten einer Satzung klar macht. Die Satzung kann erstens eine Befreiung des Amtes Geschäftsführer vorsehen (Befreiungslösung).816 Jeder Geschäftsführer der GmbH ist dann stets von § 181 BGB befreit. Die Satzung kann zweitens die Ermächtigung an ein Gesellschaftsorgan (Gesellschafterversammlung oder Aufsichtsrat) enthalten, einen amtierenden Amtswalter von § 181 BGB zu befreien (Ermächtigungslösung).817 Die Befreiung des amtierenden Geschäftsführers bedarf dann noch eines ihn befreienden Beschlusses des berufenen Organs. Die Satzung kann drittens auch einen Ausschluss der Befreiung festlegen (Ausschlusslösung).818 Eine Befreiung bedarf dann einer vorherigen Satzungsänderung. Die Wirkungen dieser drei beschriebenen Satzungsgestaltungen dürften unstreitig sein. Umstritten ist, was bei der vierten Gestaltungsmöglichkeit gilt, wenn nämlich die Satzung sich zur Problematik des § 181 BGB nicht verhält.
815
Vgl. Hübner, Interessenkonflikt, 129, der indessen eine Einzelgestattung für zulässig
hält. 816
Beispielsweise »Die Geschäftsführer sind von den Beschränkungen des § 181 BGB be-
freit.« 817 Beispielsweise »Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat können einen Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien.« 818 Beispielsweise bei BGH NJW 2000, 664: »Die Geschäftsführer sind von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht befreit.«
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C. Verbot des Insichgeschäfts, § 181 BGB
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Die insbesondere in der obergerichtlichen Rechtsprechung durchweg vertretene Ansicht stellt ein Schweigen der Satzung mit der Ausschlusslösung gleich.819 Hauptargument für dieses Ergebnis ist, dass durch eine generelle Befreiung von § 181 BGB von der gesetzlichen Vertretungsregel abgewichen werde und daher der Aufnahme in die Satzung bedürfe.820 Eine Satzungsbestimmung, die den Befreiungsausschluss des § 181 BGB wiedergebe, wirke lediglich deklaratorisch. Ferner wird auf die Bedeutung der Befreiung hingewiesen, die sich daher auf eine qualifizierte Mehrheit stützen müsse.821 Schweigt die Satzung, bedarf eine Generalbefreiung also nach dieser Ansicht zunächst einer Satzungsänderung. Das bedeutet aber nicht, dass die Generalbefreiung selbst notwendigerweise eine Satzungsänderung darstellt.822 Möglich ist auch eine Satzungsänderung, die die Ermächtigungslösung statuiert, und darauf aufbauend eine Befreiung kraft (formlosen) Beschlusses. Die Befreiungsmöglichkeit nach § 181 BGB wird so ebenso aufgefasst, wie ganz einhellig auch die Möglichkeit des § 35 Abs. 2 S. 2 GmbHG verstanden wird, von der gesetzlichen Anordnung der Gesamtvertretung abzuweichen. Denn auch insoweit wird entweder eine abweichende Satzungsregelung oder eine Ermächtigung in der Satzung für möglich gehalten.823 Die Gegenansicht stellt das Schweigen der Satzung mit einer Ermächtigung an die Gesellschafterversammlung gleich.824 Durch die allgemeine Regelung des § 181 BGB sei dem Verbot des Insichgeschäfts die Befreiungsmöglichkeit immanent.825 Da das GmbH-Gesetz anders als für eine Abweichung von der Regel der Gesamtvertretung keine besondere Form vorschreibe, sei die Befreiung formlos durch die dazu nach allgemeinen Grundsätzen berufene Gesellschafterversammlung zulässig.826 Nur so lasse sich die Zulässigkeit einer Einzelermächtigung, die nicht über einen grundlegend abweichenden Charakter verfüge, ohne Brüche er-
819 BayObLGZ 1980, 209, 212 ff.; BayObLG NJW 1981, 1565 f.; OLG Celle NJW-RR 2001, 175; OLG Frankfurt NJW 1983, 945; OLG Köln NJW 1993, 1018; OLG Stuttgart OLGZ 1985, 37, 39; OLG Zweibrücken OLGZ 1983, 36, 37; Claussen, Insichgeschäfte, 146; Ekkenga, AG 1985, 40, 46 ff.; Hübner, Interessenkonflikt, 232; Rowedder/Schmidt-Leithoff-Kopppensteiner, § 35 Rn. 35; Priester, DStR 1992, 254, 255; K. Schmidt, GesR § 10 II 3 d; Scholz-Schneider, § 35 Rn. 99a; Tiedtke, GmbHR 1993, 385, 388; Ziche, Verweisung, 198 f. Für die zweigliedrige GmbH kann sich diese Ansicht aber nicht auf den BGH berufen, da dieser in BGHZ 87, 59, nur zur Eintragungspflichtigkeit nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 HGB (aber nicht dazu, wie dieser eintragungspflichtige Tatbestand herbeigeführt wird) und in BGH NJW 2000, 664, 665, nur zur Einmann-Geschäftsführer-GmbH Stellung genommen hat. 820 BayObLGZ 1980, 209, 214; BayObLG NJW 1981, 1565 f.; OLG Celle NJW-RR 2001, 175; OLG Frankfurt NJW 1983, 945; OLG Köln NJW 1993, 1018; Priester, DStR 1992, 254, 255. 821 Scholz-Schneider, § 35 Rn. 99a. 822 Problematisch daher die gegenteiligen Interpretationen von Altmeppen, NJW 1995, 1182, 1183; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 35 Rn. 132. 823 BGH NJW 1975, 1741; RGZ 164, 182; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 35 Rn. 106; Scholz-Schneider, § 35 Rn. 64; Roth/Altmeppen-Altmeppen, § 35 Rn. 35. 824 LG Köln RNotZ 2001, 402, 403; Altmeppen, NJW 1995, 1182, 1185; Roth/AltmeppenAltmeppen, § 35 Rn. 66; Bühler, DNotZ 1983, 588, 597; Kanzleiter, DNotZ 1996, 819 ff.; Lohr, RNotZ 2001, 403, 404 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 35 Rn. 20; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 35 Rn. 132. 825 Bühler, DNotZ 1983, 588, 597; Lohr, RNotZ 2001, 403, 404 ff. 826 LG Köln RNotZ 2001, 402, 403; Lohr, RNotZ 2001, 403, 404 ff.
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klären.827 Die Befreiung nach § 181 BGB sei eine in ihrem Charakter von der Anordnung der Einzelvertretung zu scheidende Maßnahme, an die das Gesetz daher andere Voraussetzungen knüpfe.828 Der herrschenden Meinung ist zu folgen. § 181 BGB ist zwar die Aussage zu entnehmen, dass eine Generalgestattung grundsätzlich möglich ist. Für jede einzelne Handlungsorganisation ist aber zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen diese Gestattung möglich ist. Maßgeblich kann insoweit nicht die allgemeine Vorschrift des § 181 BGB, sondern muss das jeweilige Organisationsrecht sein. Wie die Betrachtung der gerichtlich eingerichteten Ämter gezeigt hat, kann daher sogar die Generalbefreiung ausgeschlossen sein. Für die Verbände ist nach Vorgaben des Verbandsrechts über Bestimmungen der Vertretungsmacht zu suchen. Der Schluss der Gegenansicht, dass die Gesellschafterversammlung eben die Gesellschaft sei und daher mangels abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelung die Befreiung erteilen könnte, greift zu kurz. Zu analysieren ist doch gerade, welche Befugnisse welches Organisationselement hat. Den Ausschlag muss die Feststellung geben, dass sich durch das gesamte Verbandsrecht der Grundsatz zieht, dass allgemeine Regelungen der Handlungsmacht von Organen eine Grundlage in der Satzung erfordern. Das gilt nicht nur für die Anordnung der Einzelvertretung in § 35 Abs. 2 GmbHG. Das Vereinsrecht stellt vielmehr jede Beschränkung der Vertretungsmacht des Vorstands unter Satzungsvorbehalt (§ 26 Abs. 2 BGB), wie auch die Begründung der Vertretungsmacht besonderer Vertreter einer Regelung in der Satzung bedarf (§ 30 BGB). Der Vergleich mit der Einzelermächtigung widerlegt diese Überlegung nicht. Denn solche Einzelmaßnahmen verfügen, wie gerade dargelegt, über einen ganz anderen Charakter als eine Generalermächtigung. Sie können daher auch bei anderen Handlungssubjekten abweichend behandelt werden. Für das Verbandsrecht sei wiederum die Parallele zur Anordnung von Einzelhandlungsmacht bemüht. Ein Gesamtvertreter kann den anderen zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit Einzelhandlungsmacht ermächtigen, ohne gegen die Satzung zu verstoßen. Eine entsprechende Einzelermächtigung der Gesellschafterversammlung stellt ebenfalls keinen solchen Verstoß dar. Das Ergebnis lässt sich verallgemeinern. Im gesamten Verbandsrecht bedarf eine Generalbefreiung von § 181 BGB einer Satzungsgrundlage. Die Regelungen über das jeweilige Register beeinflussen dieses Ergebnis nicht. Es gilt allein, die Folgen aus diesem Ergebnis für das Registerrecht zu ziehen. Für die GmbH gilt: Die Befreiung des amtierenden Geschäftsführers von § 181 BGB, die jedenfalls auf der Satzung – im Fall der Ermächtigungslösung zusätzlich noch auf einem Beschluss des zuständigen Organs – beruht, gehört nach ganz überwiegender Ansicht zu den nach § 10 Abs. 1 S. 2 GmbHG eintragungspflichtigen Angaben über die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers.829 Im Fall der Befreiungslö827
Lohr, RNotZ 2001, 403, 404 ff.; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 35 Rn. 132. Altmeppen, NJW 1995, 1182, 1183 f. 829 BGHZ 87, 59, 60; BGH NJW 2000, 664, 665; OLG Celle, NJW-RR 2001, 175; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1995, 488; OLG Frankfurt, NJW 1983, 945; OLG Köln NJW 1993, 1018; Bühler, DNotZ 1983, 588, 592 f.; Claussen, Insichgeschäfte, 148; Lohr, RNotZ 2001, 403, 405. – A. M. Altmeppen NJW 1995, 1182, 1183 f.; Kanzleiter, DNotZ 1996, 819 ff. 828
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sung müssen daher Ersteintragung wie Eintragung der Satzungsänderung die Erweiterung der Vertretungsmacht des Geschäftsführers im Handelsregister ausdrücklich ausweisen. Dabei ist die ausdrückliche Eintragung sogar Wirksamkeitsvoraussetzung der Satzungsänderung (§§ 54 Abs. 2 S. 1, 10 Abs. 1 S. 2 GmbHG: konstitutive Wirkung).830 Im Fall der Ermächtigungslösung ist die Ermächtigung zwar ebenfalls Satzungsbestandteil, lässt aber die Vertretungsmacht des Geschäftsführers unberührt, so dass sie nicht gem. § 10 Abs. 1 S. 2 GmbHG eintragungspflichtig ist.831 Eine Satzungsänderung kann unter Verweis auf die eingereichte Satzung eingetragen werden. Erst wenn die Ermächtigung erfolgt, muss die auf der Ermächtigung beruhende Veränderung der Vertretungsmacht des Geschäftsführers nach § 39 GmbHG angemeldet werden.832 c) Testamentsvollstrecker Die Testamentsvollstreckung wird auch privatautonom eingerichtet. Entsprechend wird dem Erblasser als Organisationsverantwortlichem zu Recht die Befugnis zugeschrieben, dem Testamentsvollstrecker eine Generalgestattung nach § 181 BGB im Testament zu erteilen.833 Richtig ist freilich, dass eine solche Befreiung den Testamentsvollstrecker nicht zu Insichgeschäften berechtigt, die außerhalb ordnungsgemäßer Verwaltung liegen.834 Diese Einschränkung beruht aber nicht auf einer nur eingeschränkten Befreiung von § 181 BGB, sondern darauf, dass der Testamentsvollstrecker, ohne dass ihn der Erblasser davon befreien könnte, auf ordnungsgemäße Maßnahmen beschränkt ist. Eine konkludente Befreiung des Testamentsvollstreckers von § 181 BGB wird vielfach angenommen, wenn der Testamentsvollstrecker Miterbe ist oder Ansprüche gegen den Nachlass hat.835 Dem ist entgegenzutreten. Soweit der Testamentsvollstrecker zur Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt, ist der Erlaubnistatbestand von § 181 BGB ohnehin erfüllt. Warum der Testamentsvollstrecker ihn darüber hinaus befreien wollte, kann sich auch nicht aus der Beteiligung des Erben am Nachlass ergeben. Eine andere Frage ist, ob auch die Erben dem Testamentsvollstrecker eine Generalgestattung erteilen können. Der BGH bejaht diese Frage beiläufig.836 Sie ist indessen zu verneinen. Den Erben stehen keine Organisationsbefugnisse zu. Das Amt ist nicht nur eingerichtet, den Interessen der Erben, sondern auch den Vorgaben des Erblassers und den Interessen der Nachlassgläubiger zu dienen.
830
Allgemein Scholz-Priester, § 54 Rn. 58. OLG Frankfurt, NJW-RR 1994, 165; OLG Hamm NJW-RR 1997, 415. 832 OLG Stuttgart OLGZ 1985, 37, 39; OLG Zweibrücken OLGZ 1983, 36, 37. 833 BGHZ 108, 21, 24; 51, 209, 217 f.; 30, 67. 69; Soergel-Damrau, § 2205 Rn. 70; Hübner, Interessenkonflikt, 112 f.; Staudinger-Reimann (2003), § 2205 Rn. 62; Staudinger-Schilken (2004), § 181 Rn. 58. 834 Vgl. nur Soergel-Damrau, § 2205 Rn. 70. 835 OLG Frankfurt NJW-RR 1998, 795, 796; Staudinger-Reimann (2003), § 2205 Rn. 62. 836 BGHZ 108, 21, 24. 831
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d) Wohnungseigentumsverwalter Im Wohnungseigentumsrecht ergibt sich eine Möglichkeit für die Generalgestattung unmittelbar aus § 181 BGB. Jeder Eigentümer kann selbst den Verwalter – etwa im Verwaltervertrag – von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien.837 Darüber hinaus steht den Eigentümern aber auch die Organisationsmacht zu, in der Gemeinschaftsordnung die Amtsmacht des Verwalters festzulegen (§§ 10 Abs. 1 u. 2, 27 Abs. 3 WEG).838 Daher können sie in der Teilungserklärung oder durch Vereinbarung als schuldrechtlicher Teil im Teilungsvertrag die Amtsmacht generell von den Beschränkungen des § 181 BGB freistellen. Eine Beschlusskompetenz bedürfte einer Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung (§ 23 Abs. 1 WEG). 3. Einzelgestattung Die Hürden für eine Einzelgestattung liegen niedriger. Neben einer organisationsrechtlichen Freistellung kommt auch eine Gestattung durch jeden in Betracht, der für das vertretene Handlungssubjekt das zu gestattende Rechtsgeschäft abschließen könnte. Nicht ausreichend ist allerdings, wenn die Handlungsmacht des Gestattenden auf einer Bevollmächtigung des Amtswalters beruht, der das Insichgeschäft vornehmen möchte. Denn wie der Unterbevollmächtigte kein Insichgeschäft mit dem Amtswalter vornehmen kann,839 so kann der Unterbevollmächtigte den Amtswalter auch nicht von § 181 BGB befreien. a) Gerichtlich eingerichtete Ämter Neben den gerichtlich bestellten Vertretern und Parteiwaltern verfügt im Grundsatz keine weitere Person über die Handlungsmacht, für das jeweils betroffene Handlungssubjekt zu handeln. Folglich muss zur Erteilung der Genehmigung die Handlungsmacht originär begründet werden. Das geschieht dadurch, dass mit Ergänzungspflegern (§ 1909 Abs. 1 S. 1 BGB) bzw. -betreuern (§ 1899 Abs. 4 BGB) oder Sonderverwaltern840 Ämter gerade für den Bereich geschaffen sind, in dem der eigentliche Amtswalter seine Handlungsmacht etwa wegen § 181 BGB nicht ausüben kann. Als Alternative ist zu erwägen, ob das zuständige Gericht selbst die Einzelgestattung erteilen oder ein bereits geschlossenes Rechtsgeschäft genehmigen kann. Eine solche Genehmigungsbefugnis des Vormundschaftsgerichts wird insbesondere für die Mehrvertretung841 etwa durch einen Vormund, der Geschwister zu bevormunden hat (§ 1775 BGB), aber auch darüber hinaus für das Selbstkontra837
Furmans, NZM 2000, 985, 989 f.; Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 27 Rn. 154. Siehe oben § 4 B II 2 b bb (S. 136). 839 Siehe oben II 1 a (S. 364). 840 OLG Frankfurt BB 1976, 570; Kübler/Prütting-Lüke, § 80 Rn. 26; MünchKommInsOOtt, § 80 Rn. 39; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 80 Rn. 59. 841 Ennecerus/Nipperdey, AT II, § 181 II 1; Larenz/Wolf, § 46 Rn. 128; Soergel-Leptien, § 181 Rn. 42; Nipperdey, Festschrift Raape, 305, 307. 838
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hieren vertreten,842 überwiegend aber abgelehnt843. Auch im Recht der (vorläufigen) Insolvenzverwaltung finden sich vereinzelt Stimmen, die für eine entsprechende Befugnis des Insolvenzgerichts eintreten.844 Diese Kompetenz ist den Gerichten aber jedenfalls im Grundsatz abzusprechen. Dem Gericht kommt die Kompetenz zu, das Amt einzurichten und den Amtswalter zu überwachen. Ausdruck der Überwachung sind auch Zustimmungsbefugnisse bei genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäften (etwa §§ 1821 f. BGB). Denn der Amtswalter handelt in seinem Aufgabenbereich auf Grundlage seiner Vertretungsmacht. Allein die Aufsicht des Gerichts ist zum Schutz des Organisationsträgers zu einer notwendigen Ex-ante-Kontrolle verstärkt. Im Anwendungsbereich von §§ 1795, 181 BGB fällt das Rechtsgeschäft aber aus dem Aufgabenbereich des Amtswalters heraus. Die Gestattung kann sich so nicht als Kontrolle darstellen. Die Gestattung kann nur dem erlaubt sein, der in diesem Bereich die maßgeblichen rechtsgeschäftlichen Initiativentscheidungen treffen soll. Das soll nicht das Gericht, sondern der neu vom Gericht zu bestellende Amtswalter sein. Man mag es als unpraktisch empfinden, dass in manchen Fällen – unter Umständen gar zusätzlich zur gerichtlichen Genehmigung – noch ein weiterer Vertreter oder Sonderverwalter bestellt werden muss. Der Gesetzgeber hat aber so entschieden. Diese Entscheidung ist rechtspolitisch auch keineswegs tadelnswert. Denn es wird an dem begrüßenswerten System festgehalten, dass das hoheitliche Gericht nicht das Tagesgeschäft verrichten soll. Vielmehr soll der in Nachbildung der privatautonomen Bevollmächtigung bestellte private Amtswalter über die Vorzüge des jeweiligen Geschäfts und seine Alternativen befinden.845 Eine Ausnahme kann nur darauf beruhen, dass dem Gericht selbst Notgeschäftsführungsrechte eingeräumt sind. §§ 1846, 1908i, 1915 BGB ordnen solche Befugnisse des Vormundschaftsgerichts an. Diese Befugnisse sollen auch rechtsgeschäftliches Handeln legitimieren können.846 Sie stehen aber unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit. Insbesondere ist die Bestellung eines Ersatzvertreters vorrangig.847 Da sich in den Fällen des Insichgeschäfts eine solche Eilbedürftigkeit, die die Bestellung eines Pflegers nicht mehr zulässt, kaum finden wird, lässt sich also auch über dieses Einfallstor eine Ausnahme nicht rechtfertigen. b) Organe Im Verbandsrecht sind ebenfalls die Konsequenzen daraus zu ziehen, dass die Vornahme eines Rechtsgeschäfts und die Einzelbefreiung zu diesem Rechtsgeschäft gleichwertig sind. Daher bedarf es für die Einzelgestattung keiner Grund842
Hübner, Interessenkonflikt, 125 ff.; Erman-Holzhauer, § 1795 Rn. 10. BGHZ 21, 229, 234; RGZ 71, 162, 165; Buchholz, NJW 1993, 1161, 1165; StaudingerEngler (2004), § 1846 Rn. 7; Flume, Rechtsgeschäft, § 48 6; Medicus, AT, Rn. 957; Pawlowski, AT, Rn. 791a; MünchKommBGB-Schramm, § 181 Rn. 55. 844 AG Hamburg NZI 2004, 386; Frind, ZInsO 2004, 470, 475; dagegen Bork, NZI 2005, 530; Marotzke, ZInsO 2004, 721, 723. 845 Siehe § 7 A I 2 a (S. 233). 846 Staudinger-Engler (2004), § 1846 Rn. 10. 847 Staudinger-Engler (2004), § 1846 Rn. 7 f. 843
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
lage in der Satzung.848 Es kann neben dem Selbstbestimmungsorgan, dem Organ, das für die Bestellung des Amtswalters zuständig ist, ein anderer zur Einzelvertretung berechtigter Amtswalter, aber auch jeder Vertreter, dessen Vertretungsmacht sich nicht vom betroffenen Amtswalter ableitet, die Einzelgestattung erteilen.849 Besonderheiten ergeben sich allerdings für die eingliedrige GmbH aus § 35 Abs. 4 GmbHG. Der Gesetzgeber wollte durch diese Bestimmung sicherstellen, dass ein Insichgeschäft des Einmann-Gesellschafter-Geschäftsführers mit der GmbH nur auf Grundlage einer Satzungsregelung erfolgt.850 Um dieser Regelung Rechnung zu tragen, muss man die Einzelermächtigung ohne Satzungsgrundlage selbst wegen Verstoßes gegen §§ 181 BGB, 35 Abs. 4 GmbHG für unwirksam halten. Folglich ist die Einzelgestattung in der eingliedrigen GmbH nur unter den Voraussetzungen zulässig, unter denen in der GmbH sonst die Generalgestattung zulässig ist. Die Satzung muss also eine Ermächtigung enthalten oder eine Befreiung vorsehen.851 c) Testamentsvollstrecker Die Kompetenz, einem Testamentsvollstrecker eine Einzelgestattung zu erteilen, kann freilich wie die Generalgestattung auf dem Testament selbst beruhen. So kann aufgrund des Testaments ein weiterer Testamentsvollstrecker ohnehin für das zu gestattende Geschäft handlungsbefugt sein. Es kommt insbesondere in Betracht, dass nach dem Willen des Erblassers einem gesamtvertretungsberechtigten Nebenvollstrecker für den Fall der Verhinderung des anderen Einzelhandlungsmacht zuwachsen soll852 oder dass die Bestellung eines Sondervollstreckers vorgesehen ist. Probleme stellen sich erst, wenn dem Testament keine Regelung zu entnehmen ist. Dann ist eine Kompetenz des Gerichts, einen Sondervollstrecker zu bestellen, nicht zu begründen. Überwiegend wird die Kompetenz der Erben angenommen, den Testamentsvollstrecker vom Verbot des Selbstkontrahierens zu befreien.853 Teilweise wird zudem noch eine Gestattung der anderen betroffenen Nachlassbeteiligten wie Vermächtnisnehmern verlangt.854 Unter Hinweis auf § 2206 Abs. 2
848
Abweichend Ekkenga, AG 1985, 40, 46 ff., für die GmbH. Vgl. BGH NJW-RR 1994, 291, 293 (für Genehmigung); KG GmbHR 2002, 327; Fleck, WM 1985, 677, 678; Soergel-Leptien, § 181 Rn. 39; K. Schmidt, GesR § 10 II 3 d; Scholz-Schneider, § 35 Rn. 98. 850 BT-Drucks. 8/3908, S. 74: »Solche In-Sich-Geschäfte sollen also nur wirksam sein, wenn sie dem Einmann-Gesellschafter-Geschäftsführer durch den Gesellschaftsvertrag ausdrücklich gestattet sind.« 851 BGHZ 114, 167, 171; BGH NJW 2000, 664, 665; Lutter/Hommelhoff, § 35 Rn. 21, 23.; Claussen, Insichgeschäfte, 162 ff.; Scholz-Schneider, § 35 Rn. 119; Baumbach/Hueck-Zöllner/ Noack, § 35 Rn. 140. – A. M. Altmeppen, NJW 1995, 1182, 1185; Roth/Altmeppen-Altmeppen, § 35 Rn. 77. 852 RGZ 161, 139, 143. 853 BGHZ 30, 67, 69; Soergel-Damrau, § 2205 Rn. 72. 854 MünchKommBGB-Zimmermann, § 2205 Rn. 80. 849
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C. Verbot des Insichgeschäfts, § 181 BGB
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BGB sowie § 2218 BGB855 sollte man die Erben für ausreichend kompetent erachten. d) Wohnungseigentumsverwalter Im Wohnungseigentumsrecht muss man neben den Einzelgestattungen der einzelnen Wohnungseigentümer auch als Organisationsakt den Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung zulassen.856 Eine Befreiung des Wohnungseigentumsverwalters von § 181 BGB ist also anzunehmen, wenn die Wohnungseigentümerversammlung den Verwalter durch Beschluss anweist, ein Insichgeschäft zu schließen. 4. Gestattungen durch den Amtswalter Schließlich soll noch gezeigt werden, dass vorstehende Differenzierung zwischen General- und Einzelgestattung auch noch verwendet werden kann, um zu bestimmen, ob ein Amtswalter selbst (gewillkürten) Hilfspersonen Befreiung von § 181 BGB erteilen kann. Vertretern wird heute ganz einhellig die Befugnis, Untervollmacht unter Befreiung von § 181 BGB zu erteilen, nur zuerkannt, wenn sie selbst von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sind.857 Teilweise wird dabei sogar dem nicht befreiten Hauptvertreter versagt, ein Insichgeschäft des Untervertreters zu genehmigen.858 Diese Aussagen beziehen sich jedenfalls auf Bevollmächtigte; inwieweit sie sich auch auf gesetzliche Vertreter beziehen, wird nicht deutlich. Die Befugnis, eine Vollmacht unter Befreiung von § 181 BGB zu erteilen, wird indessen Geschäftsführer859 und Insolvenzverwalter860 zugesprochen. Die gängige Argumentation unter Verweis auf die Untervollmacht weiß allerdings nur eingeschränkt zu überzeugen. Es wird ausgeführt, der nicht von § 181 BGB befreite Vertreter könne den Untervertreter nicht von § 181 BGB befreien, weil er nicht mehr Macht übertragen könne, als er selbst habe.861 Dieses Argu855 Zu den Kompetenzen der Erben, gerichtlich einen Anspruch gegen den Testamentsvollstrecker auf Unterlassung pflichtwidrigen Verhaltens durchsetzen zu können, siehe BGH NJWRR 2003, 217; ferner bereits oben § 3 D II (S. 99). 856 Siehe § 4 B II 2 b bb (S. 136). 857 BayObLG BB 1993, 746, 747; KG HRR 1941 Nr. 468; Bamberger/Roth-Habermeier, § 181 Rn. 34; Harder, AcP 170 (1970), 295, 302 ff.; Palandt-Heinrichs, § 181 Rn. 18; Hübner, Interessenkonflikt, 109 f.; Jauernig-Jauernig, § 181 Rn. 9; Soergel-Leptien, § 181 Rn. 36; ErmanPalm, § 181 Rn. 25; Staudinger-Schilken (2004), § 167 Rn. 67, 181 Rn. 49; MünchKommBGBSchramm, § 181 Rn. 54. 858 Harder, AcP 170 (1970), 295, 303 f.; Jauernig-Jauernig, § 181 Rn. 9; Palandt-Heinrichs, § 181 Rn. 18; Erman-Palm, § 181 Rn. 25. – A. M. KG HRR 1941 Nr. 468; Diederichsen, JuS 1968, 169, 172; Hübner, Interessenkonflikt, 109 f.; Tebben, DNotZ 2005, 173, 178. 859 LG München NJW-RR 1989, 997, 998; Bamberger/Roth-Habermeier, § 181 Rn. 34; MünchKommBGB-Schramm, § 181 Rn. 54. 860 Kübler/Prütting-Lüke, § 80 Rn. 26; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 80 Rn. 55; LG Ulm BWNotZ 1989, 60 f., hält jedenfalls eine Genehmigung durch den Konkursverwalter für zulässig. 861 Harder, AcP 170 (1970), 295, 304 f.; Jauernig-Jauernig, § 181 Rn. 9.
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
ment passt unmittelbar jedoch nur in dem oben behandelten Zusammenhang, dass nämlich ein Vertreter die Beschränkungen des § 181 BGB nicht dadurch umgehen kann, dass er einen Untervertreter für sich handeln lässt.862 In Bezug auf das hier untersuchte Problem ist festzustellen, dass der Vertreter Geschäfte, die für den Untervertreter ein Insichgeschäft sind, durchaus im Namen des Vertretenen abschließen könnte. Daher ist der Hauptvertreter auch die richtige »Kontrollinstanz«, um über vom Untervertreter abgeschlossene Insichgeschäfte zu befinden.863 Also kann der Hauptvertreter Insichgeschäfte des Untervertreters genehmigen. Das gleiche Argument legitimiert auch die Macht des Amtswalters, Insichgeschäfte von Vertretern zu genehmigen, die er bevollmächtigt hat. Entsprechendes muss nach dem bislang Ausgeführten dann auch für die Einzelermächtigung (zu einem bestimmten Rechtsgeschäft) gelten. Problematisch ist die Generalgestattung. Ihre Zulässigkeit lässt sich nur durch Auslegung des Umfangs der betroffenen Handlungsmacht gewinnen. Insoweit ist es mit der herrschenden Meinung konsequent, aus der fehlenden Befreiung des Hauptvertreters darauf zu schließen, dass er auch einen Untervertreter nicht befreien kann. Der Umfang der Amtsmacht ist durch Auslegung des Gesetzes zu gewinnen. Für die wohl herrschende Ansicht, insoweit keine Beschränkung der Amtsmacht anzunehmen, scheinen zwei Argumente zu sprechen: Das eine bezieht sich auf die praktischen Folgen. Eine Bevollmächtigung unter Befreiung von § 181 BGB wäre innerhalb der vom Amtswalter geprägten Handlungsorganisation ausgeschlossen, wenn nicht einmal er eine solche Vollmacht erteilen könnte. Das zweite Argument nimmt den Charakter der Amtsmacht in den Blick. Da die Amtsmacht grundsätzlich unbeschränkt ist, könnte man auch insoweit eine Beschränkung für ausgeschlossen halten. Gegen dieses zweite, formale Argument lässt sich aber § 181 BGB selbst anführen. § 181 BGB begrenzt die Amtsmacht zweifellos. Ein Ansatzpunkt zur Aufweichung des allgemeinen Prinzips der umfassenden Amtsmacht besteht also ohnehin. Allein die Reichweite dieser Beschränkung gilt es zu ermitteln. Auch die Folge, dass eine Bevollmächtigung unter Befreiung von § 181 BGB in bestimmten Handlungsorganisationen gar nicht möglich ist, spricht von der Wertung her nicht gegen diese Lösung. Denn diese – ja nur auf die Generalgestattung beschränkte – Unzulässigkeit ist angelehnt an die Amtsmacht. Wenn die Organisationsverfassung kraft Gesetzes oder kraft privaten Organisationsakts von einer Befreiung von § 181 BGB absieht, ist es doch gerade konsequent, diese Beschränkung auf die Bevollmächtigungen durch den Amtswalter zu erstrecken. Wieder zeigt sich die bereits festgestellte Systematik:864 Zwar lässt die allgemeine Bestimmung des § 181 BGB eine Gestattung im Grundsatz zu. Es ist aber Sache der Organisationsverfassung des jeweiligen Handlungssubjekts festzulegen, unter welchen Voraussetzungen eine solche Gestattung möglich ist. Insoweit ist es ange-
862 Siehe II 1 a (S. 364). – Nicht treffend daher der Verweis von Jauernig-Jauernig, § 181 Rn. 9, auf BGHZ 64, 72, 74, da hier nur eine Aussage zu dem oben behandelten Problem getroffen wird. 863 Hübner, Interessenkonflikt, 110, gegen Harder, AcP 170 (1970), 295, 305. 864 Oben 2 b (S. 378).
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D. Publizität der Amtsmacht
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messen, wenn eine Organisationsverfassung aufgrund ihres Charakters als Fremdverwaltung die Möglichkeit einer Gestattung ausschließt. Folglich kommt der insbesondere im Gesellschaftsrecht, aber auch bei der Testamentsvollstreckung möglichen Generalgestattung des Amtswalters eine besondere Bedeutung zu. Fehlt die Befreiung, sind die Beschränkungen insbesondere bei der Abwicklung notarieller Urkunden zu berücksichtigen. Beispielsweise die Notarangestellten können nur zur Vornahme eines bestimmten Geschäfts – etwa einer Verfügung – ermächtigt werden. Nur dann liegt eine (zulässige) Einzelgestattung vor. Enthält die notarielle Urkunde indessen eine umfassende Vollmacht unter Befreiung von § 181 BGB, liegt eine unwirksame Generalgestattung vor. Die Zulässigkeit des Insichgeschäfts kann sich dann nur daraus ergeben, dass die Notariatsangestellten in Erfüllung einer Verbindlichkeit für den Vertretenen handeln.865 Ist der Amtswalter befreit und kann er daher in der notariellen Urkunde weitere Generalbefreiungen erteilen, so ist gegenüber den Registergerichten auch die Befreiung des Amtswalters nachzuweisen.866 Gerade in diesen Konstellationen zeigt sich also die Bedeutung des Befreiungsvermerks insbesondere im Handelsregister.
D. Publizität der Amtsmacht Dritthandeln bringt stets ein Legitimationsproblem mit sich. Während der geschäftsfähige Mensch stets die Macht hat, für sich selbst Wirkungen zu erzeugen, stellt sich bei zuzurechnendem Dritthandeln für den Rechtsverkehr die Frage, ob der Dritte für das betroffene Zurechnungsendsubjekt handeln kann. Im Recht der Bevollmächtigung hilft das Institut der Vollmachtsurkunde, diese Frage zu beantworten. Im Amtswalterrecht kann das Zurechnungsendsubjekt – außerhalb des Anwendungsbereichs von § 27 Abs. 5 WEG –867 eine Vollmachtsurkunde nicht erzeugen. Denn der Amtswalter soll regelmäßig die Handlungsfähigkeit dieses Subjekts erst herstellen. Die sich im Rechtsverkehr stellenden Legitimationsfragen, ob das Amt überhaupt eingerichtet wurde, welche Amtsbefugnisse dem Amt zugeordnet sind und ob der auftretende Amtswalter diese Befugnisse wahrnehmen kann, müssen daher nach eigenen Regeln gelöst werden. Die Regelungen über die Vollmachtsurkunde finden erst Anwendung, wenn sich Amtswalter untereinander Befugnisse verschaffen. Insbesondere greifen diese Regelungen, wenn sich zu Gesamthandeln berufene Amtswalter Einzelermächtigungen erteilen. Der ermächtigende Amtswalter kann dem ermächtigten eine Vollmachtsurkunde verschaffen; auf einseitige Rechtsgeschäfte des ermächtigten Amtswalters ist § 174 BGB anwendbar.868
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Vgl. BayObLG BB 1993, 746, 747. A. M. LG München NJW-RR 1989, 997, 998. 867 Dazu § 7 A I 2 b bb (S. 235). 868 Vgl. BGH NJW 2002, 1194, 1195; BAG NJW 1981, 2374; Soergel-Leptien, § 174 Rn. 7; Leuering, EWiR 2003, 679 f.; MünchKommBGB-Schramm, § 174 Rn. 2. – Speziell zur Kündigung von Amtswaltern durch Amtswalter unten § 15 B II 2 (S. 555). 866
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
I. Gerichtliche Anordnung Beruhen Einrichtung des Amtes, Bestellung des Amtswalters und Bestimmung seiner Kompetenzen auf einer gerichtlichen Anordnung, so äußert dieser Bestellungsakt selbst eine besondere Legitimationswirkung. Der entsprechende Beschluss selbst ist dann nämlich öffentliche Urkunde. Mit dieser Urkunde lässt sich daher etwa beim Grundbuchamt die Amtsmacht gem. § 29 GBO nachweisen. Unterstützt wird diese Wirkung noch dadurch, dass die Amtswalter vom Gericht eine Bestallungsurkunde erhalten (§§ 1791, 1915 BGB, 69b Abs. 2 FGG, 56 Abs. 2 InsO). Eine besondere Bestandskraft beinhalten diese Akte dadurch, dass gerichtliche Entscheidungen – wie ganz allgemein Akte der öffentlichen Gewalt nach §§ 43 ff. VwVfG – auch dann wirksam sind, wenn sie fehlerhaft sind. Die Unwirksamkeitsgrenze wird erst durch die Nichtigkeitsgründe gezogen.869 Zur Nichtigkeit führt insbesondere die Anordnung durch ein seine Kompetenzen überschreitendes, daher also funktionell870 unzuständiges Rechtspflegeorgan, beispielsweise wenn der Rechtspfleger Aufgaben wahrnimmt, die abschließend dem Richter zugewiesen sind (§ 8 Abs. 4 RPflG).871 Ein solcher Nichtigkeitsgrund ist der Anordnung selbst aber meist zu entnehmen. Eine Gefahr für die Legitimationswirkung fehlerhafter gerichtlicher Akte würde freilich bestehen, wenn die Aufhebung der Anordnung im Rechtsmittelweg oder durch das anordnende Gericht selbst (§ 18 FGG) nicht nur den Beschluss, sondern auch die Amtsmacht mit ex-tunc-Wirkung entfallen ließe. Dagegen wird der Rechtsverkehr aber durch Bestimmungen wie insbesondere § 32 FGG, aber auch § 34 Abs. 3 S. 3 InsO geschützt. Nach diesen Bestimmungen beseitigt eine solche Aufhebung die Amtsmacht nur ex nunc. Damit bleibt dem Rechtsverkehr allein die Belastung, dass eine in einer öffentlichen Urkunde bekannt gemachte Anordnung durch eine spätere Aufhebung ihre Wirksamkeit verloren haben kann. Dieses Problem wird zum einen dadurch reduziert, dass die Amtswalter bei Beendigung ihrer Amtsstellung auch ihre Bestallungsurkunde zurückreichen müssen (§§ 1893 Abs. 2, 1908i, 1915 BGB, 56 Abs. 2 InsO). Zum anderen kann man den Betroffenen jedenfalls in dem Umfang ein Akteneinsichtsrecht (§ 34 FGG) einräumen, dass sie bei Gericht erfahren können, ob eine erlassene Anordnung noch wirksam ist.872 § 34 FGG macht durch seinen Wortlaut (»insoweit«) gerade deutlich, dass sich der Umfang des Akteneinsichtsrechts nach den individuellen Bedürfnissen des Einsichtnehmers richtet.873
869 Gegen den Versuch, diese Grenze durch analoge Anwendung von § 32 FGG weiter aufzuweichen, wendet sich mit Recht eindringlich Frotz, Verkehrsschutz, 122 ff. 870 Der vom FGG in § 32 verwendete Ausdruck der sachlichen Zuständigkeit entspricht nicht der heute gebräuchlichen Terminologie (etwa Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 32 Rn. 1), nach der die sachliche Zuständigkeit lediglich die Verteilung der Eingangszuständigkeit zwischen verschiedenen erstinstanzlich zuständigen Gerichten beschreibt. 871 Keidel/Kuntze/Winkler-Zimmermann, § 32 Rn. 8. 872 Beuthien, Festgabe BGH, 81, 101. 873 BayObLGZ 1997, 315, 318; Keidel/Kuntze/Winkler-Kahl, § 34 Rn. 20.
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D. Publizität der Amtsmacht
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II. Privatautonome Bestellung Beruhen Einrichtung des Amtes, Bestellung des Amtswalters und Bestimmung seiner Kompetenzen auf einer privatautonomen Verfügung, so äußert diese Verfügung keinerlei Schutz für den Rechtsverkehr. Folglich hat der Gesetzgeber Vorsorge treffen müssen, um den notwendigen Verkehrsschutz durch öffentliche Register oder Urkunden sicherzustellen. Im Verbandsrecht besorgen die Register, in die der Verband, um Rechtsfähigkeit zu erlangen, eingetragen werden muss, den Verkehrsschutz. Durch die negative Publizitätswirkung in §§ 68 S. 1, 70 BGB, 15 Abs. 1 HGB, 29 GenG wird das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Registerlage geschützt. Der Testamentsvollstrecker hat die Möglichkeit, sich ein mit öffentlichem Glauben versehenes Testamentsvollstreckerzeugnis ausstellen zu lassen (§§ 2365 ff., 2368 BGB). In diesen Fällen ist der Schutz des Rechtsverkehrs, auch wenn er auf besonders ausgeformten Instituten beruht, nicht unbedingt stärker, als wenn die Amtsmacht auf gerichtlicher Anordnung beruht. Es liegt vielmehr ein anderer Schutzmechanismus und damit auch ein anderer Schutzumfang vor. Da der Schutz aber nur durch einen Hoheitsakt vermittelt wird, weist er entsprechende Schutzprobleme auf wie die unmittelbar wirkende gerichtliche Anordnung. So leisten eine Registereintragung und auch ein Vollstreckerzeugnis keinen Verkehrsschutz, wenn sie etwa wegen fehlender Unterschrift nichtig sind. Auch können eine Eintragung im Register durch eine neuere Eintragung oder das Testamentsvollstreckerzeugnis durch Kraftloserklärung (§§ 2361 Abs. 2, 2368 BGB) ihre Wirkungen einbüßen. Einen zum § 32 FGG parallelen Schutz gegen rückwirkende Änderungen existiert schließlich auch. So ist eine Beschwerde sowohl gegen vollzogene Registereintragungen874 als auch gegen ausgestellte Erbscheine875 unzulässig. Die Wirkungen von Eintragung oder Ausstellung des Zeugnisses sind endgültig eingetreten. Sie können nicht durch eine Aufhebung rückgängig gemacht werden. Nach dem Modell, das der Gesetzgeber in § 71 Abs. 2 GBO für das Grundbuchverfahren ausdrücklich ausgeformt hat, ist eine Beschwerde aber umzudeuten, für das Registerverfahren in die Anregung eines Amtslöschungsverfahrens nach §§ 142, 159 FGG876 und im Vollstreckerzeugnisverfahren auf eine Anregung, nach §§ 2361, 2368 BGB das Zeugnis einzuziehen bzw. für kraftlos zu erklären877. Ein Legitimationsdefizit verbleibt damit allein für die nach der hier vertretenen Ansicht zwar nicht rechtsfähigen, aber mit einem besonderen Handlungssubjekt ausgestatteten Verbände, also für die Vorgesellschaften und für den nicht rechtsfähigen Verein. Dieses Defizit lässt sich für die Vorgesellschaften rechtfertigen, da sie nicht auf Dauer angelegt sind. Sie wandeln sich entweder mit Eintragung in
874 BayObLG NJW-RR 1992, 295; NJW-RR 1986, 1161; OLG Düsseldorf FGPrax 1999, 70, 71; OLG Köln NZG 2004, 416, 417. 875 BayObLG NJW-RR 1996, 1094; Kollhosser/Bork/Jacoby, Nr. 145. 876 BayObLG NJW-RR 1992, 295; NJW-RR 1986, 1161, 1162; OLG Düsseldorf FGPrax 1999, 70, 71; OLG Köln NZG 2004, 416, 417; OLG Zweibrücken FGPrax 2002, 132; Keidel/ Kuntze/Winkler-Winkler, § 142 Rn. 4. 877 BayObLG NJW-RR 1996, 1094; OLG Zweibrücken OLGZ 1984, 3, 5; Palandt-Edenhofer, § 2353 Rn. 26; Keidel/Kuntze/Winkler-Winkler, § 84 Rn. 4.
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
den rechtsfähigen Verband oder mit Scheitern der Eintragung in eine Personengesellschaft878. Auch beschränkt die herrschende Meinung die Amtsmacht des Amtswalters. Er sei auf Geschäfte begrenzt, die der Eintragung dienen, für weitergehende Befugnisse bedürfe er einer Ermächtigung der Gesellschafter.879 Der nicht rechtsfähige Verein indessen nimmt angesichts der von ihm verfolgbaren Zwecke nur eingeschränkt am Rechtsverkehr teil. Ein Ausgleich für das Legitimationsdefizit wird dem Rechtsverkehr vor allem aber durch die Handelndenhaftung gewährt. Ein Geschäftspartner kann den Amtswalter nicht nur, wenn er ohne die erforderliche Amtsmacht handelt, nach § 179 BGB, sondern unabhängig davon nach §§ 54 S. 2 BGB, 41 Abs. 1 S. 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG in Anspruch nehmen. Die Handelndenhaftung erlischt freilich, wenn mit Eintragung des Verbands die Publizität von Verband und Handlungsmacht hergestellt ist.880
III. Vergleich mit der Vollmachtsurkunde Diese beiden dargestellten Arten der Publizität einer Amtsmacht lassen sich schließlich mit der der Vollmachtsurkunde nach § 172 BGB vergleichen. Wie schon bei dem Vergleich der dargestellten Publizitätswirkungen untereinander lässt sich nicht feststellen, dass die Wirkungen in einem Fall stärker oder geringer sind. Vielmehr liegen wiederum unterschiedliche Wirkungen vor. Der Nachweiswert einer Vollmachtsurkunde ist ebenfalls mit verschiedenen Einschränkungen behaftet. So muss der Bevollmächtigende dem Bevollmächtigten die Urkunde ausgehändigt haben. Das setzt Geschäftsfähigkeit des Bevollmächtigenden voraus.881 Zweifel sind auch gegen die Rechtsprechung angebracht, dass beim Verstoß der Bevollmächtigung gegen ein gesetzliches Verbot die Voraussetzungen des § 172 BGB nicht entfallen.882 Keine Wirkungen nach § 172 BGB äußert jedenfalls eine abhanden gekommene Urkunde.883 Eine wirksam ausgehändigte Vollmachtsurkunde kann zudem ihre Wirkungen durch Kraftloserklärung (§§ 172 Abs. 2, 176 BGB) verlieren. Erkennt man so die Vergleichbarkeit der möglichen Nachweise über eine Vollmacht einerseits und über die Amtsmacht andererseits, so stellt sich die Frage, ob der Amtswalter seine Amtsmacht jeweils durch den entsprechenden Publizitätsträger nachweisen muss, ob also insbesondere § 174 BGB auf einseitige Rechtsgeschäfte des Amtswalters anzuwenden ist.884 Diese Frage ist mit der herrschenden 878 879 880
BGHZ 152, 290, 293 f. Siehe § 2 B IV 2 (S. 16). BGHZ 80, 182, 183 f.; BGH NJW 1983, 2822; NJW 1992, 932; K. Schmidt, GesR, § 34
III 4. 881 Bork, AT, Rn. 1524; Larenz/Wolf, § 48 Rn. 11; Soergel-Leptien, § 172 Rn. 3; Erman-Palm, § 172 Rn. 6; Staudinger-Schilken (2004), § 172 Rn. 2; MünchKommBGB-Schramm, § 172 Rn. 4, 6. 882 Vgl. zu den gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßenden Treuhändervollmachten bei Anlagemodellen BGHZ 144, 223, 230; BGH NJW 2004, 2745, 2746; NJW 2004, 62, 64; NJWRR 2004, 1275, 1276; NJW 2003, 2091, 2092; NJW-RR 2003, 1203, 1204; anders jetzt jedenfalls im Hinblick auf § 358 Abs. 3 BGB BGH NJW 2004, 2736, 2737. 883 BGHZ 65, 13; Bork, AT, Rn. 1526 f.; Larenz/Wolf, § 48 Rn. 12; Staudinger-Schilken (2004), § 172 Rn. 7; MünchKommBGB-Schramm, § 172 Rn. 5. 884 Siehe bereits oben § 7 A I 2 b bb (S. 235).
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E. Rechtsfolgen fehlender Amtsmacht
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Meinung zu verneinen.885 Es kommt für § 174 BGB nicht allein darauf an, inwieweit der Amtswalter einen Nachweis über seine Amtsmacht führen kann. Maßgeblich ist, dass das Dritthandeln nicht auf einer willkürlichen Vervielfältigung der Handlungsmacht durch den Geschäftsherrn, sondern auf dem Gebrauch einer durch den Gesetzgeber bereitgestellten Organisationsform beruht. Die dadurch im Rechtsverkehr auftretenden Unklarheiten hat jeder Beteiligte hinzunehmen. So hat der BGH zu Recht darauf hingewiesen, dass der Rechtsverkehr vom Testamentsvollstrecker nicht immer den Nachweis durch Testamentsvollstreckerzeugnis verlangen könne.886 Das bedeutet freilich nicht, dass ein Geschäftspartner bei einseitigen Rechtsgeschäften – etwa Weisungen innerhalb eines Vertragsverhältnisses – dem Amtswalter vertrauen müsse. Er muss sich aber mit anderen Nachweisen der Handlungsmacht (etwa im Fall des Testamentsvollstreckers durch ein Testament) zufrieden geben.
E. Rechtsfolgen fehlender Amtsmacht Demjenigen, der als Amtswalter für ein Amt und damit für die vom Amt repräsentierte Organisation ein Rechtsgeschäft abschließt, kann die Amtsmacht fehlen. Dieses Defizit an Amtsmacht kann freilich schon darauf beruhen, dass der Handelnde gar nicht Amtswalter ist.887 Aber nicht nur in diesem Fall, sondern auch wenn aus den hier behandelten Gründen die Amtsmacht fehlt, sind §§ 177 ff. BGB entsprechend anzuwenden: Das Rechtsgeschäft ist schwebend unwirksam. Der tatsächlich Handlungsberechtigte kann durch seine Genehmigung dem Rechtsgeschäft zur Wirksamkeit verhelfen. Anderenfalls haftet der als Amtswalter Handelnde aus § 179 BGB. Diese Anwendbarkeit der §§ 177 ff. BGB ist nicht für alle behandelten Beschränkungen der Amtsmacht anerkannt.888 Jedoch sprechen für dieses Ergebnis grundsätzlich die besseren Gründe. Denn die Organisation ist durch den Genehmigungsvorbehalt ausreichend geschützt und hat gleichzeitig den Vorteil, sich durch die Genehmigung die Vorteile des kompetenzwidrig geschlossenen Rechtsgeschäfts sichern zu können: Recht einhellig nicht §§ 177 ff. BGB, sondern § 138 BGB wird auf den Missbrauch der Vertretungsmacht in Form des kollusiven Zusammenwirkens angewendet.889 Das ist konsequent, wenn man den Missbrauch der Amtsmacht entgegen der hier vertretenen Ansicht nicht als Beschränkung der Amtsmacht begreift, sondern die Zurechnung bei bestehender Amtsmacht aufgrund eines außerhalb des Vertretungsrechts liegenden Grundes verneint. Geht man aber den Weg über 885
BGH NJW 2002, 1194, 1195; RGZ 74, 263, 265; Staudinger-Schilken (2004), § 174 Rn. 6. BGH WM 1961, 479, 481; 1967, 25, 27. – Zur Möglichkeit der Erben, ihre Berechtigung anders als durch Erbschein nachzuweisen, BGH NJW 2005, 2779, 2780. 887 Dazu Müller, AcP 168 (1968), 113 ff. 888 Zur Entwicklung der Ansicht bei § 181 BGB bereits oben C III (S. 374). 889 BGH NJW 1989, 26, 27; RGZ 130, 131, 142; 136, 359, 360; Bamberger/Roth-Habermeier, § 167 Rn. 47; Ennecerus/Nipperdey, AT, § 183 I 5; Flume, Rechtsgeschäft, § 45 II 3; Jüngst, Mißbrauch, 133 f.; Soergel-Leptien, § 177 Rn. 21; Staudinger-Schilken (2004), § 167 Rn. 100; MünchKommBGB-Schramm, § 164 Rn. 107. 886
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
eine teleologische Reduktion der Amtsmacht, entfällt eine Bindung des jeweiligen Zurechnungssubjekts schon aus diesem Grund. Es liegt im Verhältnis zur Organisation daher auch kein sittenwidriges Rechtsgeschäft vor.890 Die Kollusion schadet der Organisation nicht, sondern ihr verbleibt im Grundsatz die Möglichkeit, sich frei zu entscheiden, ob sie sich an den Inhalt des Geschäfts binden möchte. Nur wenn die Genehmigung selbst auf dem kollusiven Verhalten des Amtswalters beruht, von dem der Genehmigende keine Kenntnis hat, wirkt sich die Kollusion auf das Rechtsgeschäft aus, so dass das Rechtsgeschäft selbst nach § 138 BGB nichtig ist.891 In jedem Falle sittenwidrig sind flankierende Abreden zwischen Amtswalter und Geschäftspartner, die der Kollusion zugrunde liegen.892 Ein weiteres Beispiel bildet das Schenkungsverbot des § 1804 BGB. Aus dem Verbotscharakter dieser Bestimmung wird in Übereinstimmung mit den Gesetzesmaterialien893 auf die Nichtigkeit einer vom Vormund894 entgegen § 1804 BGB vorgenommenen Schenkung geschlossen.895 Eine Genehmigung des geschäftsfähig gewordenen Mündels, die nach § 184 BGB zurückwirken würde, wird daher ausgeschlossen.896 Dieses Ergebnis ist angesichts des Schutzzwecks der Bestimmung unangemessen und eingedenk der Regelung in § 177 BGB systematisch widersprüchlich. Jeder Dritte kann als vollmachtloser Vertreter eine Schenkung im Namen des Mündels vornehmen, auf die §§ 177 ff. BGB anzuwenden sind. Das beschränkt geschäftsfähige Mündel könnte überdies einen nach § 108 Abs. 1 BGB schwebend unwirksamen Schenkungsvertrag schließen. Damit steht nicht im Einklang, allein dem Vormund diese Befugnis zu versagen. Freilich lässt sich einwenden, regelmäßig werde niemand über die Handlungsmacht verfügen, einen solchen schwebend unwirksamen Vertrag zu genehmigen. Daran ist richtig, dass nach der (einfach)-gesetzlichen Regelung eine Genehmigung durch das Gericht nicht in Betracht kommt. Helfen könnte man mit einer Anwendung von §§ 1821 f. BGB nur, wenn man § 1804 BGB für verfassungswidrig hielte.897 Jedenfalls können aber das Mündel, wenn es geschäftsfähig wird, oder sein Rechtsnachfolger (§ 1922 BGB) die Schenkung genehmigen. Einen letzten Beispielsfall bildet schließlich § 112 AktG. Überwiegend wird an einen gegen diese Bestimmung verstoßenden Vertragsschluss die Nichtigkeitsfol-
890
Bork, AT, Rn. 1575; Larenz/Wolf, § 46 Rn. 143 Vgl. zum Durschlagen einer Schmiergeldabrede des Verhandlungsführers auf das Hauptgeschäft BGH NJW 2001, 1062, 1063. 892 Vgl. zum verwandten Fall der Schmiergeldabrede BGHZ 114, 87, 91 f.; 78, 263, 268; BGH NJW 2001, 1062, 1063; NJW-RR 1991, 483, 484. 893 Mot. IV, 1107. 894 Gem. § 1915 BGB ist die Bestimmung auch auf Schenkungen eines Pflegers und modifiziert nach § 1908i Abs. 2 BGB auf Schenkungen eines Betreuers anwendbar. 895 BayObLG FamRZ 1996, 1359, 1360; Staudinger-Engler (2004), § 1804 Rn. 20; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1804 Rn. 11. 896 Staudinger-Engler (2004), § 1804 Rn. 21; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1804 Rn. 12. 897 So Canaris, JZ 1987, 993, 998 f.; zustimmend Holzhauer, FamRZ 2000, 1063, 1068; ablehnend BayObLG FamRZ 1996, 1359, 1360. 891
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E. Rechtsfolgen fehlender Amtsmacht
391
ge geknüpft.898 Zur Begründung wird vielfach auf die zwingende aktienrechtliche Zuständigkeitsordnung verwiesen.899 Dieses Argument gewinnt im Zusammenhang mit § 111 Abs. 5 AktG an Kraft, der die Höchstpersönlichkeit der Amtserledigung durch die Aufsichtsratsmitglieder anordnet.900 Aber auch § 111 Abs. 5 AktG nimmt dem Aufsichtsrat nicht umfassend die Möglichkeit, Hilfspersonen einzuschalten.901 Denn wie die grundsätzliche Zuweisung der Außenvertretung an den Vorstand dem Vorstand nicht die Möglichkeit nimmt, Bevollmächtigte einzuschalten oder von vollmachtlosen Vertretern getätigte Geschäfte zu genehmigen, muss Entsprechendes für den Aufsichtsrat ebenfalls gelten. Die Aufsichtsratsmitglieder müssen nur in besonderer Weise dafür Sorge tragen, dass sie selbst die maßgeblichen Entscheidungen treffen. So liegt es aber, wenn ihnen die Entscheidung über die Genehmigung nach § 177 BGB zufällt. Der Aufsichtsrat wird keinesfalls zum »Abnicken« geschlossener Verträge degradiert.902 Die Drucksituation ist nicht anders, als wenn ein Vorstand ein Vertragsangebot der Gesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat, zuleitet. Der Aufsichtsrat ist in beiden Fällen in seiner Autonomie formal nicht beschränkt und muss ungeachtet der Nähe zu den beteiligten Vorstandsmitgliedern seine Entscheidungskompetenz wahrnehmen. Dem möglichen psychologischen Druck muss ein Aufsichtsrat standhalten. Es vermag auch nicht das Argument von Ursula Stein durchzuschlagen, die Beschlussfassung des Aufsichtsrats gehöre bei den dem Aufsichtsrat zugewiesenen Rechtsgeschäften wegen § 108 Abs. 1 AktG zu den materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen des Rechtsgeschäfts, die nur der Aufsichtsrat selbst, aber nicht ein vollmachtloser Vertreter erfüllen könne.903 § 108 Abs. 1 AktG ist nur auf die konkret vom Aufsichtsrat vorzunehmenden Akte zu beziehen. Es bedarf nicht schon die Willenserklärung, die der ohne Amtsmacht handelnde Vertreter abgibt, des Beschlusses. § 108 Abs. 1 AktG ist genügt, wenn der Aufsichtsrat über die Genehmigung dieser Willenserklärung nach § 177 BGB beschließt.904 Also sind auch im Anwendungsbereich des § 112 AktG aufgrund der allgemeinen Erwägungen §§ 177 ff. BGB entsprechend anzuwenden.905 Diesem Ergebnis entspricht, dass im Prozess der Aufsichtsrat eine Prozessführung unter
898 OLG Hamburg AG 1986, 259, 260; OLG Stuttgart AG 1993, 85, 86; Ekkenga, AG 1985, 40, 41; Giesen, Organhandeln, 79; Hirte/Hasselbach, WuB II A § 112 AktG 1.96; Jüngst, Mißbrauch, 30; KölnKomm-Mertens, § 112 Rn. 5; Semler, Festschrift Rowedder, 441, 456; MünchKommAktG-Semler, § 112 Rn. 74 f.; Stein, AG 1999, 28, 39. – Offen gelassen allerdings von BGH ZIP 2005, 348; BGH WM 1993, 1630, 1631. 899 Giesen, Organhandeln, 79; Jüngst, Mißbrauch, 30; KölnKomm-Mertens, § 112 Rn. 5. 900 OLG Hamburg AG 1986, 259, 260; OLG Stuttgart AG 1993, 85, 86; Hirte/Hasselbach, WuB II A § 112 AktG 1.96. 901 KölnKomm-Mertens, § 111 Rn. 90 f. 902 So aber Hirte/Hasselbach, WuB II A § 112 AktG 1.96; Semler, Festschrift Rowedder, 441, 456; vgl. auch MünchKommAktG-Semler, § 112 Rn. 74. 903 Stein, AG 1999, 28, 31 ff., 39. 904 Dazu noch unten § 15 B I (S. 548 ff.). 905 OLG Celle BB 2002, 1438; Hübner, Interessenkonflikt, 250; Hüffer, § 112 Rn. 7; Werner, ZGR 1989, 369, 392 ff.; vgl. OLG Karlsruhe AG 1996, 224, 225.
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§ 10: Gesamtschau am Beispiel der Amtsmacht
Verstoß gegen § 112 AktG nach § 89 Abs. 2 ZPO (vgl. § 547 Nr. 4 ZPO bzw. § 551 Nr. 5 ZPO a. F.906) genehmigen kann.907
906 Vor Änderung durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27.7.2001 (BGBl. I 1887, geändert 3138). 907 BGH NJW 1999, 3263; 1998, 384, 385; 1989, 2055 f.; NJW-RR 1990, 739, 740; OLG Karlsruhe AG 1996, 224, 225; KölnKomm-Mertens, § 112 Rn. 7. – Hirte/Hasselbach, WuB II A § 112 AktG 1.96, rügen freilich zu Recht, dass sich aus dieser prozessualen Besonderheit allein nicht die Lösung des matariell-rechtlichen Problems herleiten lässt.
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Zweiter besonderer Teil:
Das Amt im Organisationsbereich einer Handlungsorganisation Der zweite besondere Teil wendet sich dem Organisationsprozess innerhalb einer Handlungsorganisation zu. Eine solche Betrachtung des Binnenbereichs einer Handlungsorganisation ist ganz gebräuchlich für das Verbandsrecht.1 Die Organisation, die im Außenverhältnis als juristische Person handelt, lässt sich bei Betrachtung ihres Innenlebens in ihre einzelnen Organe und deren Organmitglieder zerlegen.2 Hier soll sich die Betrachtung auf alle Ämter beinhaltende Organisationen erstrecken.3 So gilt es beispielsweise, das Organisationsverhältnis bei Betreuung – bestehend aus Betreuer, ggf. Gegenbetreuer, Vormundschaftsgericht und Mensch selbst –, bei Insolvenzverwaltung – bestehend aus Insolvenzverwalter, Insolvenzgericht, Insolvenzschuldner, Gläubigerversammlung und Gläubigerausschuss –, bei Wohnungseigentum – bestehend aus Eigentümer, Verwalter und Verwaltungsbeirat – oder bei betrieblicher Mitbestimmung – bestehend jedenfalls aus Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Betriebsrat – zu betrachten. Die einzelnen Organisationsverhältnisse sind zwar vielfach Ausdruck ganz unterschiedlicher Problemlagen. Die Organisation kann nicht nur der Verfolgung eines homogenen Zwecks (etwa Gesellschaftszweck), sondern auch dem Ausgleich heteronomer Interessen dienen. So ist es etwa im Betriebsverfassungsrecht4 oder im Insolvenzrecht5.6 Unterschiedlich ist auch, inwieweit der Organisationszweck Handlungsvorgaben macht. So ist die Geschäftsführung einer zu liquidierenden Gesellschaft stärker durch den Organisationszweck eingeschränkt als die einer werbenden Gesellschaft; entsprechende Unterschiede ergeben sich zwischen Abwicklungs- und Dauertestamentsvollstreckung. Ungeachtet dieser Unterschiede ist aber im Folgenden zu zeigen, dass die verschiedenen Organisationsverhältnisse über eine Reihe von Gemeinsamkeiten verfügen. Diese Gemeinsamkeiten beschränken sich nicht nur auf eine vergleichbare organisations-rechtliche Problemstruktur, sondern auch das organisationsrechtliche Instrumentarium zur Lösung dieser Probleme weist viele Übereinstimmungen auf. Die Grundlagen jeder Organisation werden durch die Organisationsverfassung bestimmt. Eine Organisationsverfassung beruht stets auf Gesetz. In manchen Fällen wird sie noch durch privatautonome Gestaltungen wie Satzung, Ge-
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Vgl. nur K. Schmidt, GesR, Fünfter Abschnitt: Die Verbandsverfassung (§§ 14 ff.). Siehe § 5 D I (S. 192). Für eine umfassende Aufzählung siehe § 5 D vor I (S. 191). Raab, Rechtsschutz, 56. Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 276. Siehe § 5 D I 1 (S. 192).
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§ 11: Verfassung der Organisationssubjekte
meinschaftsordnung7 oder Testament besonders ausgeformt.8 Die Organisationsverfassung muss eine Ordnung vorgeben, wie Intellektbetätigungen erzeugt werden, die dem jeweiligen Außenhandlungssubjekt nach den im ersten besonderen Teil untersuchten Regeln zuzurechnen sind. Eine Tätigkeit in diesem Organisationsprozess kann freilich nur auf dem Handeln einzelner Menschen beruhen.9 Würde die Organisation allein in die Hände eines Menschen gelegt, wäre allein sein Handeln Außenhandeln der Organisation. Sein Innenleben entspräche dem Innenleben der Organisation. Eine wahrnehmbare Verteilung von Binnenaufgaben fände nicht statt. So verhält es sich aber bei den hier zu betrachtenden Handlungsorganisationen nicht. Die jeweilige Organisationsverfassung verteilt die Aufgaben auf verschiedene Funktionsträger. Die Verfassung dieser Organisationssubjekte soll zunächst näher betrachtet werden (§ 11). Sodann ist der Blick darauf zu richten, wie die einzelnen Organisationssubjekte ihren Willen bilden und diesen zunächst organisationsintern umsetzen können (§ 12). Schließlich ist die bei der Interaktion verschiedener Organisationssubjekte entstehende Frage zu behandeln, wie Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Funktionseinheiten beizulegen sind (§ 13).
§ 11: Verfassung der Organisationssubjekte Die Organisationssubjekte müssen auf Grundlage der Organisationsverfassung so zusammenwirken, dass ein organisationsgemäßes Handeln des Subjekts zustande kommt, das dem jeweiligen Außenhandelssubjekt zugerechnet wird. Die Zurechnung zum Außenhandelssubjekt steht somit am Ende des Organisationsprozesses. Zuvor wirken die einzelnen Organisationssubjekte organisationsintern zusammen, ohne dass eine Zurechnung zum Außenhandelssubjekt stattfindet. Auf diese Weise entsteht ein spezifisches organisationsinternes Rechtsverhältnis, in dem die spezifischen Organisationssubjekte auch Subjekte organisa-tionsinterner Handlungen und ggf. auch Rechte sein können. Im Folgenden ist zunächst ein Blick darauf zu werfen, wie die einzelnen Organisationssubjekte der Art nach beschaffen sein können (unter A.). Dann ist zu ermitteln, zu welchen Zwecken die Organisationssubjekte innerhalb eines Organisationsverhältnisses vorgesehen sein können. Es sind also die Aufgaben und Kompetenzen zu untersuchen, die eine Organisationsverfassung typischerweise auf die einzelnen Funktionsträger verteilt (unter B.).
A. Arten von Organisationssubjekten Die Betrachtung der Organisationssubjekte hat entsprechend dem Thema dieser Arbeit mit solchen Organisationssubjekten zu beginnen, die mit Ämtern verknüpft sind (unter I.). Ferner ist ein Blick aber auch auf die typischen Mitstreiter 7 Verstanden als Oberbegriff für die Organisationsbestimmung der Wohnungseigentümer untereinander. 8 Zu Fällen, in denen die Organisationsmacht so weit geht, Ämter konkret einzurichten und auszugestalten, siehe § 5 C III (S. 187 ff.). 9 Siehe oben § 1 A I (S. 2).
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A. Arten von Organisationssubjekten
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dieser Ämtersubjekte zu werfen. Das sind die Organisationssubjekte kraft eigenen Rechts (unter II.) sowie Gerichte (vornehmlich der freiwilligen Gerichtsbarkeit), die rechtsfürsorgerisch Aufgaben in verschiedenen Handlungsorganisation wahrnehmen (unter III.).
I. Ämter und Ämtergremien Die Vielzahl der bereits beispielhaft aufgezählten Ämter macht deutlich,10 in wie viele Handlungsorganisationen Ämter integriert sind. Stets stellt sich dann die Frage, wen die Organisationsverfassung als Organisationssubjekt anspricht, indem sie ihm Kompetenzen, Handlungsbefugnisse oder Rechte und Pflichten zuweist. Diese Frage zu beantworten ist freilich Aufgabe jeder einzelnen Organisationsverfassung. Besonderes Anliegen dieser Untersuchung ist es aber, für die Auslegung solcher Strukturen den konstruktiven Unterschied zu betonen, der darin besteht, ob eine Person (Amtswalter) oder ein apersonales Subjekt (Amt, Gremium) als Organisationssubjekt angesprochen wird. Unter Berücksichtigung der in Organisationen anzutreffenden Unterscheidung von Einamteinheiten und Mehramteinheiten (Gremien) bieten sich also die folgenden Alternativen: Bei Einamteinheiten kann die Adressierung sich entweder an den Amtswalter selbst oder an das Amt richten. Bei Mehramteinheiten sind entweder mehrere Amtswalter als eine Vielzahl von Organisationssubjekten angesprochen oder das ganze Gremium. Im Anschluss an das bislang in dieser Arbeit vertretene Verständnis des Amtsrechts bedeuten die folgenden Ausführungen ein Plädoyer dafür, dass die Einrichtung von Ämtern in einer Organisationsverfassung grundsätzlich darauf abzielt, an apersonale Organisationssubjekte anzuknüpfen. Zunächst ist (unter 1.) zu zeigen, welche Vorteile es hat, auch im Organisationsverhältnis das spezifische Handeln für das Amt vom Eigenhandeln des Amtswalters zu unterscheiden. Dann ist (unter 2.) die Subjektstellung des Amtes in ein allgemeines Konzept von Organisationssubjekten einzubetten. Schließlich ist das hier vertretene Konzept mit den herkömmlich vertretenen Ansichten zu vergleichen (unter 3.). 1. Gründe für die Anerkennung apersonaler Subjekte Der Gesetzgeber verwendet mit Ämtern ein Institut, das auf der Trennung von Amt und Amtswalter fußt und allein der fremdnützigen Funktionswahrnehmung dient. Kompetenzen werden nicht einem bestimmten Individuum um seiner selbst willen zugeordnet, sondern einer abstrakten Funktionseinheit. Das Individuum Amtswalter wird lediglich benötigt, um dem apersonalen Subjekt die Fähigkeit zu verleihen, seine Befugnisse wahrzunehmen. Diese Eigenheiten sprechen dafür – wie es insbesondere im Außenverhältnis für die sog. Parteien kraft Amtes anerkannt ist – das Wirken von Amtswaltern in einem Organisationsverhältnis als spezifisches Wirken anzusehen, das sich in dreierlei Hinsicht (Tatbestand, Wirkungen und Kontinuität) von der Beteiligung des Amtswalters selbst unterscheidet:
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Siehe § 5 D (S. 191).
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§ 11: Verfassung der Organisationssubjekte
Das Handeln des Amtswalters ist erstens nicht unmittelbar Handeln des apersonalen Organisationssubjekts. Es bedarf auf Tatbestandsseite noch der Zurechnung kraft rechtlicher Wertung. Diese Zurechnung kann wie im Außenverhältnis etwa dann zu versagen sein, wenn der Amtswalter gegen den Organisationszweck verstößt oder einem Interessenkonflikt unterliegt. Diese Voraussetzungen wirken sich insbesondere aus, wenn Beschlüsse von Amtswaltergremien wegen Verstoßes gegen die Organisationsverfassung fehlerhaft sind.11 Aber auch Akte von einzelnen Amtswaltern können daher im Organisationsverhältnis unbeachtlich sein.12 Um amtsmäßiges Handeln zu charakterisieren, ist zweitens bei Betrachtung seiner Wirkungen von besonderer Bedeutung, die persönliche Rechtsstellung des Amtswalters von der des Organisationssubjekts (Amt, Gremium) zu unterscheiden. Der Amtswalter nimmt innerhalb der Organisation keine eigenen Kompetenzen, Befugnisse und Rechte wahr, sondern solche des Amtes. Folglich brauchen auch etwaige mit dieser Tätigkeit in Zusammenhang stehende Pflichten nicht unmittelbar den Amtswalter zu treffen. Führt etwa eine Kontroverse im Innenverhältnis einer Organisation zu einem gerichtlichen Verfahren, das Kosten auslöst, so ist der Amtswalter nicht ohne weiteres Kostenschuldner, wenn er lediglich für ein apersonales Subjekt das Verfahren geführt hat. Diese Überlegung verdeutlicht das Vormundschaftsrecht. Dort wird geschieden, ob der Vormund eine vormundschaftsgerichtliche Entscheidung als Vertreter des Vormunds (Genehmigung nach § 1828 BGB) oder wegen seiner persönlichen Rechtsstellung (Festsetzung der Vergütung, § 1836 BGB) anstrebt.13 Grundsätzlich können nach § 13a FGG nur im zweiten Fall dem Vormund selbst (Amtswalter) als Beteiligten die Kosten des Verfahrens auferlegt werden. Eine solche Unterscheidung zwischen persönlicher und amtsmäßiger Stellung kann aber auch angemessen sein, wenn sich wie etwa für Insolvenzverwalter oder Organmitglieder juristischer Personen im Organisationsverhältnis kein Rechtssubjekt benennen lässt, das sie vertreten können, um ihr Amtshandeln klarzustellen. Dann ist auf das Amt als Organisationssubjekt auszuweichen. Schließlich besteht die dritte Eigenart einer apersonalen Anknüpfung darin, dass die Kontinuität des Organisationssubjekts unabhängig von der Besetzung des Amtes durch einen Amtswalter gewahrt ist. Die Zuordnung von Kompetenzen, Handlungsbefugnissen sowie der Rechts- und Pflichtenstellung bezieht sich durchgehend auf das apersonale Subjekt. Der Amtswalterwechsel führt nur dazu, dass die handlungsfähige Person, die die Handlungsfähigkeit des Amtes herstellt, ausgetauscht wird. 2. Apersonale Subjekte als Bestandteile des Organisationsrechts Ein apersonales Subjekt als Organisationssubjekt anzuerkennen muss sich mit dem Einwand auseinandersetzen, dass Ämter oder Gremien nicht rechts- und parteifähig seien,14 ihnen vielleicht schlechthin die Subjektsqualität fehle. Man 11 12 13
Näher dazu § 12 C III 1 (S. 430 f.). Näher dazu § 12 C II (S. 430). Keidel/Kuntze/Winkler-Kahl, § 20 Rn. 58 f.
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sollte nicht versuchen, diesen Einwand dadurch zu entkräften, dass man, der Lehre von der Relativität der Rechtsfähigkeit folgend, die Kontroverse über die Außenrechtsfähigkeit aufnimmt. Das Organisationsrecht legitimiert die Existenz rechtsfähiger Außenrechtssubjekte nicht (unter a.).15 Es muss vielmehr darum gehen, die Fähigkeit, Organisationssubjekt zu sein, als spezifisches organisationsrechtliches Problem einzuordnen (unter b.). a) Rechtsfähigkeit im Außenrechtsverkehr Die Lehre von der Relativität der Rechtsfähigkeit sieht die Rechtsfähigkeit nicht als eine Eigenschaft an, die entweder vorhanden ist oder fehlt. Es sei vielmehr ein abgestuftes System von »Zurechnungsfähigkeiten« festzustellen.16 So seien die Zurechnungsfähigkeiten von juristischen Personen, Gesamthandsgesellschaften, Säuglingen oder Erwachsenen zu unterscheiden. Diese Lehre hat sich aber zu Recht nicht durchgesetzt.17 Die Rechtsordnung geht von einem einheitlichen Begriff der Rechtsfähigkeit aus. Gleich auf welche Weise verschiedene Subjekte wie geschäftsunfähige oder geschäftsfähige Menschen, juristische Personen oder rechtsfähige Personengesellschaften ihre Rechte ausüben können, ihre Rechtsfähigkeit unterscheidet sich nicht. Die Rechtsfähigkeit stellt im Außenrechtsverkehr, wo die Lehre von der Relativität der Rechtsfähigkeit beheimatet ist, allerdings nur den Ausgangspunkt der Betrachtung dar. Richtig ist die Lehre von der Relativität der Rechtsfähigkeit insoweit, als es einerseits einzelne Rechtspositionen gibt, die nicht jedes rechtsfähige Subjekt einnehmen kann, und andererseits andere, die auch nicht rechtsfähigen Gebilden zuerkannt werden können. So können einerseits familienrechtliche Rechtspositionen nur von Menschen und eine Amtsstellung regelmäßig nicht von nicht voll geschäftsfähigen Menschen eingenommen werden. Andererseits knüpfen insbesondere bestimmte Verfahrensfähigkeiten nicht an die Rechtsfähigkeit an. Das gilt ausweislich des § 11 InsO für die Insolvenzfähigkeit. Nach der hier vertretenen Ansicht kann ferner die Prozessfähigkeit über § 50 Abs. 1 ZPO hinaus dadurch begründet werden, dass ein Sondervermögen zwar nicht rechtsfähig ist, aber über ein verselbstständigtes Handlungssubjekt verfügt.18 Eine Aussage über die Rechtsfähigkeit eines Subjekts im Außenrechtsverkehr kann daher für die Entscheidung, ob dieses Subjekt Organisationssubjekt sein kann, nur eine erste Weichenstellung sein, die die Begründungslast verändert. Rechtsfähige Subjekte können auch Subjekte eines Organisationsverhältnisses sein, während für nicht rechtsfähige Subjekte nach besonderen Voraussetzungen des Organisationsrechts zu fragen ist.
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BGHZ 122, 342, 345. Vgl. Bork, ZGR 1989, 1, 19 f.; Diemert, Innenrechtsstreit, 110; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 303 ff. 16 Fabricius, Relativität, 60 f.; John, Rechtsperson, 218 ff.; Pawlowski, AT, Rn. 109 ff.; Wolff, Person, 187 ff. 17 Bork, 100 Jahre, 181, 185; K. Schmidt, GesR, § 8 V 1 b. 18 Siehe obe § 3 C II 2 d bb (S. 60) sowie § 9 B II 5 a (S. 307). 15
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b) Organisationssubjekt als organisationsrechtliche Problematik Die Fähigkeit, Organisationssubjekt zu sein, deckt sich nicht mit der Rechtsfähigkeit im Außenrechtsverkehr. Die maßgebliche Rechtfertigung für diesen Ansatz liegt im Zweck und dem darauf beruhenden Gegenstand des Organisationsverhältnisses begründet. Die einzelnen Organisationssubjekte sollen durch gegenseitiges Einwirken ein organisationsgemäßes, dem jeweiligen Außenhandlungssubjekt zurechenbares Verhalten erzeugen. Ein Organisationssubjekt wird daher maßgeblich durch seine Handlungsfähigkeit geprägt. Die Vermögensfähigkeit, die einen notwendigen Aspekt der Rechtsfähigkeit im Außenrechtsverkehr darstellt, spielt indessen im Organisationsverhältnis keine Rolle. Den von Amtswaltern besetzten apersonalen Ämtern und Gremien kommt mithin schon deswegen die abstrakte Fähigkeit zu, Organisationssubjekt zu sein, weil sie durch ihre Amtswalter handeln und sich somit am Organisationsverhältnis in notwendiger Form beteiligen können. Ob und inwieweit solche apersonalen Subjekte als Organisationssubjekte in einer bestimmten Organisation vorhanden sind, hängt freilich davon ab, ob und in welchem Umfang die jeweilige Organisationsverfassung einem solchen Subjekt Kompetenzen, Handlungsbefugnisse sowie organisationsrechtliche Rechten und Pflichten zuweist. Der Umfang der Subjektstellung dieser Organisationssubjekte wird also durch die Organisationsverfassung gleichzeitig geschaffen und beschränkt. Die Subjektstellung geht nicht über die Handlungsbefugnisse und organisatorischen Rechte und Pflichten hinaus, die die Organisationsverfassung diesem Organisationssubjekt zuweist. Es lässt sich ganz allgemein eine Eigentümlichkeit des Organisationsverhältnisses feststellen, die sich auch noch an folgenden Aspekten des Organisationsverhältnisses festmachen lässt: aa) Keine Geltung des allgemeinen Schuldrechts Im primären Organisationsverhältnis lassen sich die Regeln des allgemeinen Schuldrechts nicht ohne weiteres anwenden, da zwischen den Organisationssubjekten kein allgemeines schuldrechtliches Verhältnis mit vermögensrechtlichem Einschlag, sondern ein spezielles organisationsrechtliches Verhältnis besteht. Diese Eigenart des Organisationsverhältnisses äußert sich zunächst dahin gehend, dass keine Vertragsfreiheit als Ausfluss der Privatautonomie für die Organisationssubjekte besteht.19 Die Organisationssubjekte sind auf die von der Organisationsverfassung vorgesehenen Handlungsformen beschränkt.20 Vertragliche Vereinbarungen sind nur erlaubt, wenn und soweit die Organisationsverfassung den Organisationssubjekten – wie die Betriebsverfassung mit der Betriebsvereinbarung – eine solche Möglichkeit, die Organisationsverhältnisse vertraglich zu gestalten, an die Hand gibt. Ein weiterer Aspekt sind die Folgen organisationswidrigen, mithin pflichtwidrigen Verhaltens eines Organisationssubjekts. Das Fehlverhalten eines Organisationssubjekts kann innerhalb von Organisationsverhältnissen, in denen vermö19 20
Vgl. Bork, ZGR 1989, 1, 14 Fn. 48. Zu diesen § 12 (S. 414 ff.).
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gensrechtliche Erwägungen keinen Platz haben, nicht zu Schadensersatzansprüchen etwa aus §§ 280 ff. BGB führen. In diesem Verhältnis kann nur die Durchsetzung der primären Verhaltenspflichten in Rede stehen.21 Sekundäre Folgen von Fehlverhalten können freilich außerhalb des eigentlichen Organisationsverhältnisses im Amtswalterrechtsverhältnis von Amtswalter und Organisation in der Weise eintreten, dass Fehlverhalten die Abberufung des Amtswalters rechtfertigt und Schadensersatzansprüche begründet.22 bb) Keine Schlüsse für den Außenrechtsverkehr Die herausgearbeitete Begründung der Organisationsfähigkeit verbietet, aus der Organisationsverfassung Schlüsse für den Außenrechtsverkehr zu ziehen. Die Ausübung der Amtstätigkeit kann es erforderlich machen, Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen (Einholung von Rechtsrat, Anschaffung von Hilfsmaterial). Allein aus ihrer Eigenschaft als Organisationssubjekt lässt sich für apersonale Organisationssubjekte nicht darauf schließen, dass sie diese Hilfsgeschäfte selbst vornehmen dürfen. Denn solche Geschäfte setzen Vermögens- und damit Rechtsfähigkeit voraus. Hier zeigt sich im Allgemeinen eine Problematik, die oben speziell für den Betriebsrat erörtert wurde.23 Notwendige Außenrechtskontakte müssen entweder – wie es für den Betriebsrat vertreten wurde – die Amtswalter im Wege mittelbarer Stellvertretung wahrnehmen. Oder es muss – ähnlich wie es hier im Außenrechtsverkehr für die sog. Parteien kraft Amtes dargelegt wurde – sichergestellt sein, dass die Rechtsfolgen das Außenrechtssubjekt treffen, in dessen Interesse die Organisation errichtet ist. cc) Verfahrensfähigkeit Besonderheiten sind schließlich, worauf zurückzukommen sein wird,24 für gerichtliche Verfahren zu erwägen, die Streitigkeiten aus dem Organisationsverhältnis zum Gegenstand haben. Es kann darum gehen, ein Organisationssubjekt zu rechtsmäßigem Verhalten anzuhalten oder über die Rechtmäßigkeit eines gefassten Beschlusses zu streiten. Es griffe zu kurz, die Zulässigkeit solcher Verfahren unter Beteiligung apersonaler Organisationssubjekte wegen ihrer fehlenden Rechts- und damit Parteifähigkeit zu verneinen. Es ist vielmehr eine Analyse angezeigt, inwieweit die Organisationsverfassung gerichtliche Auseinandersetzungen über das Organisationsverhältnis zulässt. Namentlich das Recht der Betriebsverfassung weist die Lösung auf, den nicht rechtsfähigen Betriebsrat als verfahrensfähig zu behandeln.25 Bereits die obigen Erörterungen haben gezeigt, dass für die Teilnahme an einem gerichtlichen Verfahren nur die Handlungsfähigkeit unabdingbar ist.26 Fehlt die Vermögensfähigkeit, so ist insbesondere das Problem der Kostentragung zu 21
Näher dazu § 13 (S. 439 ff.). Dazu im dritten besonderen Teil dieser Abhandlung (S. 475 ff.). 23 Siehe § 4 C II 1 b (S. 147). 24 Unter § 13 B I 2 (S. 465). 25 Siehe § 4 C II 1 a (S. 146). – Im Verfassungsrecht lässt Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG den Organstreit ausdrücklich zu. 26 Siehe § 3 C II 2 d (S. 58 ff.). 22
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berücksichtigen. Denn die allgemeine Regelung in §§ 91 ff. ZPO setzt die Vermögensfähigkeit des Verfahrenssubjekts voraus. Es bieten sich insbesondere zwei Lösungsmöglichkeiten an. Entweder schließt man – wie im Betriebsverfassungsrecht – eine Kostenerstattung aus. Es bleibt dann jedem Verfahrensbeteiligten überlassen, die Kosten vorzufinanzieren, was jedenfalls über die Amtswalter möglich ist. Oder man verknüpft die Prozessführung des apersonalen Subjekts mit der Kostenhaftung eines bestimmten Außenrechtssubjekts – wie bei dem Prozess der sog. Parteien kraft Amtes. 3. Einbettung in den herkömmlichen Meinungsstand Ein Überblick darüber, inwieweit in den einzelnen Organisationsverhältnissen ein apersonales Subjekt (Amt, Gremium) oder ein personales Subjekt (Amtswalter) zum Organisationssubjekt bestimmt wird, soll sich nicht in Einzelheiten verlieren, indem Stellungnahmen zu jedem einzelnen Organisationsverhältnis aufgelistet werden. Vielfach fehlen auch Erörterungen dieser Problematik. Herausstellen lässt sich jedenfalls die Beobachtung, dass eine apersonale Zuordnung viel eher festgestellt wird, wenn ein Gremium (unter a.) als wenn ein einzelnes Amt (unter b.) betroffen ist. a) Gremien Wenn die Organisationsverfassung Gremien vorsieht, wird ganz überwiegend die Subjekteigenschaft dieses apersonalen Subjekts anerkannt. Beispiele sind der Betriebsrat, der Gläubigerausschuss, aber auch die Organe juristischer Personen. Es werden nicht den einzelnen Mitgliedern dieser Gremien (Amtswaltern) gemeinschaftlich Teilhabekompetenzen zugewiesen. Inhaber dieser Kompetenzen wird vielmehr das Gremium selbst, für das seine Mitglieder gemeinschaftlich handeln. Hat eine Willensbildung durch Beschluss stattgefunden, so wird damit nicht der Gesamtwille aller Gremiumsmitglieder, sondern der Wille des Gremiums bestimmt. Ein Beispiel für diese Sichtweise zeigt das Verständnis der Regelung in § 245 Nr. 4 AktG. Diese Vorschrift räumt dem Vorstand im aktienrechtlichen Anfechtungsverfahren eine Anfechtungsbefugnis ein. Nach ganz herrschender Auffassung verlangt diese Vorschrift damit nicht, dass die rechts- und parteifähigen Mitglieder des Vorstands (Amtswalter) in Streitgenossenschaft die Klage erheben. Es wird vielmehr das apersonale Organ Vorstand selbst für anfechtungsbefugt und damit notwendigerweise auch für parteifähig gehalten.27 Zur Begründung wird auf die gesetzliche Anordnung in § 245 Nr. 4 AktG selbst verwiesen. Konzeption und Begründung stimmen daher mit dem hier dargelegten Konzept apersonaler Organisationssubjekte überein. Nicht zu überzeugen vermag allerdings die für diesen Einzelfall überwiegend befürwortete Lösung des Kostenproblems. Der Kostentitel soll auf den Vorstand
27
GroßKommAktG-K. Schmidt, § 245 Rn. 36; MünchKommAktG-Hüffer, § 245 Rn. 64.
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lauten und gegen diesen vollstreckt werden.28 Im Zusammenhang mit diesem Ergebnis steht die Überlegung, dass Prozessgegner und daher Kostengläubiger die Gesellschaft selbst sein wird, die Kostenvollstreckung so ohnehin ins Leere laufe. Die Lösung ist aber unbefriedigend, weil es dem Organ Vorstand an Rechtsfähigkeit einschließlich der Vermögensfähigkeit fehlt. Er kann daher nicht Schuldner von Zahlungsansprüchen sein. Der Kostentitel ist auch keine bloße Förmelei. Für eine Kostenvollstreckung besteht ein Bedürfnis. Als Kostengläubiger kommen nämlich nicht nur die Gesellschaft selbst, sondern auch solche Aktionäre in Betracht, die als Streithelfer am Verfahren beteiligt waren (§§ 101, 66 ZPO)29. Der Kostentitel muss daher bei Unterliegen des Vorstands eine Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ermöglichen.30 Um dieses Ergebnis zu erreichen, sollte schon der Titel entsprechend lauten.31 Richtig ist freilich, dass eine entsprechende erläuternde Titulierung unterbleiben kann, solange allein die Gesellschaft Kostengläubigerin ist. b) Amtswalter Bei Einheiten, die nur aus einer Person bestehen, wird regelmäßig nicht das apersonale Amt, sondern der jeweilige Amtswalter als Organisationssubjekt angesehen. Zumeist wird dieses Ergebnis erzielt, weil man sich auf das fraglos existente Rechtssubjekt Amtswalter bezieht, ohne die Möglichkeit einer apersonalen Anknüpfung zu erwägen. In manchen Fällen ist die Anknüpfung an den Amtswalter freilich schon deswegen zutreffend, weil das betrachtete Rechtsverhältnis gar nicht Bestandteil des Organisationsverhältnisses ist, sondern die Rechtsstellung des Amtswalters im Amtswalterrechtsverhältnis zur Organisation betrifft.32 Beispiele sind Rechtsverhältnisse, die Bestellung und Abberufung des Amtswalters, seine Vergütung oder gegen ihn gerichtete Schadensersatzansprüche zum Gegenstand haben. Eine genauere Betrachtung verlangt es, drei Fallgruppen von Ämterarten zu unterscheiden. aa) Ämter in Gremien Eine Fallgruppe bilden die Ämter, die Bestandteil der gerade erörterten Gremien sind. Innerhalb dieser Fallgruppe stellen die Mitglieder von Organen juristischer Personen ein viel diskutiertes Beispiel dar. Im Streit um das Innenleben juristischer Personen wird, auch wenn eine apersonale Anknüpfung in Bezug auf die Organe befürwortet wird, eine entsprechende apersonale Anknüpfung an das 28
GroßKommAktG-K. Schmidt, § 245 Rn. 36; MünchKommAktG-Hüffer, § 245 Rn. 64. Zum Beitritt der Aktionäre als streitgenössische Nebenintervenienten Stein/Jonas-Bork, § 69 Rn. 3, § 66 Rn. 14 Fn. 75 jeweils m. w. Nachw. 30 Schwab, Prozeßrecht, 594; vgl. auch Pflugradt, Leistungsklagen, 160. 31 Daher lässt sich auch bei Abweisung der Anfechtungsklage, also bei Obsiegen der beklagten Gesellschaft, tenorieren: »Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervenienten trägt die Beklagte.« Der Unterschied zur Prozessführung durch das für verselbstständigte Sondervermögen eingerichtete Amt (dazu § 9 B II 5, S. 307) beruht darauf, dass das Amt hier kein Außenrechtssubjekt darstellt. Das Amt ist hier nicht spezifisches Handlungssubjekt für ein verselbstständigtes Sondervermögen, sondern nur Organisationssubjekt. 32 Zu diesem der dritte besondere Teil dieser Abhandlung (S. 475 ff.). 29
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Amt Organmitglied nur selten erörtert.33 Meist wird der Amtswalter als Organisationssubjekt angesehen,34 nur ganz vereinzelt wird auf das Amt Organmitglied abgestellt35. So wird etwa davon ausgegangen, die Befugnisse aus § 90 Abs. 3 S. 2 AktG seien dem amtierenden Amtswalter, nicht dem durch den Amtswalter handelnden Amt zugewiesen.36 Im aktienrechtlichen Anfechtungsverfahren lässt sich die Bedeutung dieser personalen Anknüpfung besonders gut in Abgrenzung zu dem dargelegten Verständnis von § 245 Nr. 4 AktG durch eine Betrachtung der Anfechtungsklage eines Vorstands- bzw. Aufsichtsratsmitglieds nach § 245 Nr. 5 AktG zeigen. Die ganz überwiegend vertretene personale Anknüpfung führt dazu, dass der jeweilige Amtswalter Partei wird. Im Fall seines Unterliegens wird er daher als Schuldner des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs (§ 91 ZPO) angesehen, mag ihm auch ein Aufwendungsersatzanspruch im Amtswalterrechtsverhältnis gegen die Gesellschaft zustehen.37 Auf das Verfahren soll es ferner keinen Einfluss haben, wenn der Amtswalter seine Stellung als Organmitglied während des Prozesses verliert. Für die Anfechtungsbefugnis komme es nur auf die Stellung als Organmitglied im Moment der Klage an, späteres Ausscheiden sei unerheblich.38 Eine alternative apersonale Anknüpfung der Klagebefugnis an das Amt würde indessen dafür sprechen, die Gesellschaft unmittelbar für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch haften zu lassen. Ein Wechsel in der Zusammensetzung des jeweiligen Organs müsste dazu führen, dass die Klage nicht mehr von dem ausscheidenden Amtswalter, sondern einem anderen Amtswalter fortgeführt werden könnte.39 Dieses Beispiel belegt auch, dass die Möglichkeit einer apersonalen Anknüpfung nicht vorgibt, ausschließlich die Befugnisse dem apersonalen Subjekt zuzuordnen. Als Adressat von § 245 Nr. 5 AktG ist der einzelne Amtswalter jedenfalls dann, wenn man diese Bestimmung so versteht, dass sie dem Schutz der Vermögensinteressen des Amtswalters selbst dienen soll.40 Eine apersonale Anknüpfung liegt nahe, wenn man § 245 Nr. 5 AktG für die Grundlage einer Funktionärsklage hält.41 Auf diese Qualifizierungsfrage ist zurückzukommen.42
33
Ausführlich allerdings Diemert, Innenrechtsstreit, 195 ff.. Bork, ZGR 1989, 1, 32 ff.; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 315; Säcker, NJW 1979, 1521, 1525 f.; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 220. 35 Vgl. Bitter, Leistungsklagen, 48 ff.; Pflugradt, Leistungsklagen, 32 ff.; Schwab, Prozeßrecht, 598 f. 36 LG Bonn AG 1987, 24; Bork, ZIP 1991, 137, 141; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 315 f. 37 GroßKommAktG-K. Schmidt, § 245 Rn. 44; Hüffer, § 245 Rn. 33; KölnKomm-Zöllner, § 246 Rn. 93; MünchKommAktG-Hüffer, § 245 Rn. 71. 38 GroßKommAktG-K. Schmidt, § 245 Rn. 40; KölnKomm-Zöllner, § 245 Rn. 74. 39 Zum Problem, diesen Funktionsnachfolger in Gremien zu bestimmen, siehe § 13 B I 2 a (S. 465). 40 Pflugradt, Leistungsklagen, 164; vgl. auch Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 274 f. 41 K. Schmidt, Festschrift Semler, 329, 340; zust. Diemert, Innenrechtsstreit, 324 f. 42 Unten § 12 C III 3 a (S. 433). 34
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bb) Vertreter kraft Amtes Eine bereits angesprochene Besonderheit gilt für die Fallgruppe der Vertreter kraft Amtes.43 Diese Vertreter können auch im Organisationsverhältnis als Vertreter handeln. Beispielsweise können Betreuer oder Vormund in den Fällen der §§ 1821 f., 1908i BGB als Vertreter von Mündel oder Betreutem um eine gerichtliche Genehmigung nachsuchen.44 Auch speziell für gerichtliche Verfahren geschaffene Ämter sind durchweg als Vertreter anzusehen.45 Die mit der Vertretung einhergehende Zurechnung zum Vertretenen führt dazu, dass die Vertreter nicht selbst Verfahrenssubjekt werden, sie daher keine unmittelbaren Rechtsfolgen des Verfahrens wie die Kostenlast (§ 13a FGG) treffen.46 Ebenso beschränken sich die Wirkungen eines Wechsels in der Person des Amtswalters darauf, dass der Vertretene durch einen anderen Vertreter handelt, ohne dass ein Verfahrenssubjekt ausgetauscht wird. Das Verhalten dieser Vertreter wird also zwar nicht apersonal angeknüpft. Die hier als Besonderheit einer apersonalen Anknüpfung angeführten Rechtsfolgen treten aber wegen der Stellung des Amtswalters als bloßer Zurechnungshelfer ohnehin ein. Handeln diese Vertreter kraft Amtes indessen nicht als Vertreter, so werden sie stets persönlich als Subjekt angesehen.47 Diese Einordnung bedarf keiner weiteren Erörterung, soweit die Vertreter nicht fremdnützig in Bezug auf das Amt, sondern eigennützig im Amtswalterrechtsverhältnis etwa wegen ihrer Vergütung betroffen sind. Ist der Vertreter aber gerade wegen seiner Amtsführung betroffen und tritt für eine den Amtsinteressen entsprechende gerichtliche Entscheidung ein, ließe sich eine – bislang nicht erörterte – apersonale Anknüpfung erwägen. In Betracht kommt etwa, dass dem Vertreter gegenüber wegen seiner Amtsführung ein Handlungsgebot (§ 1837 Abs. 2 BGB) ausgesprochen wird.48 Ein solches Gebot trifft den Amtswalter nicht in seiner persönlichen Rechtsstellung und müsste auch einem etwaigen Amtsnachfolger gegenüber wirken. Die Möglichkeit, Zwangsmittel gegen den Amtswalter persönlich anzuwenden, ist kein Beleg für seine persönliche Betroffenheit. Denn die Vollstreckung gegen eine vom Amt repräsentierte Person oder gegen das Amt selbst ermöglicht stets die Anwendung von Zwangsmitteln gegen den Amtswalter.49 cc) Sog. Parteien kraft Amtes Die dritte Fallgruppe bilden die sog. Parteien kraft Amtes. Im Vergleich zu den Vertretern scheidet für diese Amtswalter die Möglichkeit aus, ihr Handeln einer anderen Rechtsperson als Vertretenem zuzurechnen. Wie die Analyse des Handelns des Insolvenzverwalters im Verkehr mit den anderen Organisationssubjekten der Insolvenzverwaltung belegt, ist zu differenzieren, ob diese Amtswalter 43
Siehe gerade unter 1 (S. 396). Keidel/Kuntze/Winkler-Kahl, § 20 Rn. 58. 45 Dazu § 4 A II (S. 105 ff.). 46 OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 1768 zum Verfahrenspfleger; siehe ferner § 4 A II 2 (S. 106). 47 Keidel/Kuntze/Winkler-Kahl, § 20 Rn. 59 m. umfangr. Beispielen. 48 OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 1313. 49 Siehe oben § 9 B II 5 d (S. 311). 44
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§ 11: Verfassung der Organisationssubjekte
zum Schutz eigener Interessen oder im Interesse der amtlich wahrzunehmenden Interessen handeln.50 Zum Schutz eigener Interessen handelt der Insolvenzverwalter ebenfalls nicht im eigentlichen Organisations-, sondern im Amtswalterrechtsverhältnis. In diesem Rechtsverhältnis kann der Insolvenzverwalter etwa im Streit um seine Vergütung (§ 64 Abs. 3 InsO) oder gegen seine Entlassung durch das Gericht (§ 59 Abs. 2 S. 1 InsO) vorgehen. Im Organisationsverhältnis streitet der Insolvenzverwalter indessen für die Interessen der Masse, etwa wenn er sich gegen eine seiner Meinung nach unrechtmäßige Anordnung des Insolvenzgerichts nach § 58 Abs. 2 InsO richtet oder wenn er sich nach § 78 InsO im Interesse der nicht erschienenen Insolvenzgläubiger um die Aufhebung eines Beschlusses der Gläubigerversammlung bemüht51. Die Frage ist, ob daran, dass der Insolvenzverwalter zum Wohle unterschiedlicher Interessen tätig wird, auch unterschiedliche Rechtsfolgen zu knüpfen sind. Streitet der Insolvenzverwalter für seine eigenen Interessen, ist eine personale Anknüpfung geboten. Der Insolvenzverwalter wird selbst Beteiligter. Also muss er die Kosten tragen, wenn sein Rechtsmittel zurückgewiesen wird.52 Ferner können er oder seine Erben den Streit über die Vergütungshöhe unabhängig von seiner Amtsstellung fortführen. Für die im Amtsinteresse geführten Verfahren fordert die Parallele zur Interessenlage beim Außenhandeln der sog. Parteien kraft Amtes eine andere Bewertung. Die Kosten eines Rechtsmittels sollten zulasten der Masse gehen, im Fall des Amtswalterwechsels wäre das Verfahren vom Nachfolger im Amt fortzuführen. Es bietet sich daher an, wie im Außenverhältnis das Amt als maßgebliches Subjekt anzusehen. 4. Fazit Neben dem Amtswalter kommen als Organisationssubjekte Ämter und aus mehreren Ämtern zusammengesetzte Gremien in Betracht. Diese Möglichkeit wird für die Gremien durchweg gesehen und Organisationsverfassungen werden entsprechend verstanden, auch wenn andere Gestaltungen ebenfalls vertreten werden. Für das Amt selbst ist die Anerkennung als Organisationssubjekt nicht gebräuchlich. Es wird überwiegend auch nicht wie bei den sog. Parteien kraft Amtes im Außenverhältnis angenommen, der Amtswalter erzeuge beim Handeln in amtlicher Eigenschaft spezifische Rechtsfolgen. Vielmehr wird wohl ein Handeln des Amtswalters zunächst mit Wirkung für sich selbst und damit in mittelbarer Stellvertretung angenommen. Insgesamt lässt sich ein geringes Problembewusstsein hinsichtlich der vorgestellten Problematik feststellen. Dieser Befund lässt sich damit erklären, dass die Unterscheidung zwischen dem Organisationssubjekt Amtswalter und dem Organisationssubjekt Amt keine so gravierenden Unterschiede zeitigt, die Unterscheidung sich also in vielen Einzelfragen nicht auf
50
MünchKommInsO-Ganter, § 6 Rn. 31; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 6 Rn. 13. Kübler/Prütting-Kübler, § 78 Rn. 10; MünchKommInsO-Ehricke, § 78 Rn. 8; dazu noch § 12 C III 3 a (S. 435). 52 Allgemein zur Kostenlast des Unterliegenden im Beschwerdeverfahren gem. §§ 97 ZPO, 4 InsO, siehe MünchKommInsO-Ganter, § 6 Rn. 83. 51
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das Ergebnis auswirkt. Das liegt daran, dass die Rechtsfolgen der Akte im Organisationsverhältnis auf dieses Verhältnis beschränkt sind, es ihnen an einer vermögensrechtlichen Dimension regelmäßig fehlt. Stellt man sich aber die Frage nach dem Organisationssubjekt, so liegt eine Anknüpfung an das Amt nahe. Denn der Amtswalter wird im Organisationsverhältnis (in Abgrenzung zum Amtswalterrechtsverhältnis) wie die sog. Parteien kraft Amtes im Außenverhältnis immer im Interesse des Amtes tätig, niemals im Eigeninteresse. Diese Feststellung legt nahe, vermögensrechtliche Wirkungen, so sie einmal durch Verhalten im Organisationsverhältnis erzeugt werden, mit Wirkung für das Organisationsvermögen eintreten zu lassen. Gleichfalls muss die besondere Anknüpfung beim Amtswalterwechsel Berücksichtigung finden. Will man diesem hier bevorzugten System nicht folgen, muss man im Einzelfall andere Begründungen finden, um bei Bestimmung der Rechtsfolgen dem Rechnung zu tragen, dass der Amtswalter im Fremdinteresse tätig wird.53
II. Rechtsinhaber Innerhalb von Organisationen fallen Organisationskompetenzen vielfach Rechtssubjekten wegen ihrer Stellung als Rechtsinhaber zu. Die Organisationen sind dann jedenfalls auch im Interesse gerade dieser Rechtsträger eingerichtet. Es lassen sich vornehmlich zwei Gruppen von Organisationen anhand ihrer Beziehung zu diesen Rechtsträgern unterscheiden. Die eine Gruppe von Organisationen wird gerade für den Rechtsträger selbst eingerichtet, der also im Außenverhältnis Zurechnungsendsubjekt des Organisationsverhaltens ist. Aus spezifischen Gründen sind aber die Kompetenzen der Rechtsinhaber nicht umfassend, sondern durch die Kompetenzen weiterer Funktionsträger beschränkt. Beispiele sind beschränkt Geschäftsfähige, der Insolvenzschuldner im Eröffnungsverfahren bei Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts, aber auch Banken oder Versicherungen, soweit die Befugnisse eines Treuhänders reichen, und schließlich die Wohnungseigentümer untereinander. Eine andere Gruppe bilden die Gesellschafter und Insolvenzgläubiger, denen in fremden Organisationen Kompetenzen eingeräumt sind, weil die Organisation der Verfolgung zumindest auch ihrer Interessen dient. Beide Aspekte sind beim Arbeitgeber als Subjekt des Betriebsverfassungsrechts betroffen. Aus der Anknüpfung an die Rechtsträgerschaft folgt für das Organisationsverhältnis, dass die Rechtsträger als eigennützig handelnde Organisationssubjekte ihre eigenen Kompetenzen wahrnehmen.54 Dieser Unterschied zu den apersonalen und fremdnützigen Ämtern setzt sich fort, wenn man aus Rechtsinhabern zusammengesetzte Gremien mit den aus Ämtern zusammengesetzten vergleicht. Denn etwa Gesellschafter, Gläubiger und Wohnungseigentümer nehmen in Ge53 Vgl. Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 286 f., der für Binnenprozesse bei juristischen Personen zu den gleichen Ergebnissen gelangt. Er geht allerdings von der Parteistellung des Amtswalters aus und leitet die Ergebnisse aus einem (auch bei den sog. Parteien kraft Amtes im Außenverhältnis greifenden) angeblich allgemeinen Institut der allein fremdnützigen Prozessstandschaft her. 54 Siehe § 5 B II 2 (S. 166).
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sellschafterversammlung (Hauptversammlung), Gläubigerversammlung oder Eigentümerversammlung eigene Teilhabekompetenzen wahr, üben nicht nur die Kompetenzen des Gremiums aus.55 Regelmäßig weisen die Rechtsinhabergremien noch einen weiteren organisatorischen Unterschied zu Amtswaltergremien auf. Sie sind, denkt man an Hauptversammlung, Mitgliederversammlung, Eigentümerversammlung oder Gläubigerversammlung, vielfach wegen ihrer Größe und Zusammensetzung schwerfällig. Sie verfügen über keine speziellen Handlungsorgane, sondern sind meist auf die Intellektbetätigung durch Beschluss beschränkt.56 Diese Beschränkung hat zur Folge, dass gelegentlich Ersatzkonstruktionen zu suchen sind, um die Rechtsinhabergremien am Organisationsverhältnis zu beteiligen. An die Stelle des Gremiums können etwa im Streit um die organisationsrechtlichen Kompetenzen des Rechtsinhabergremiums die einzelnen Rechtsinhaber treten, die sich auf ihre eigenen Teilhabekompetenzen berufen können.57
III. Gerichte Eine dritte Gruppe von Organisationssubjekten bilden schließlich Gerichte.58 Als Organisationssubjekte werden die Gerichte nicht in ihrer klassischen, durch Art. 92 GG den Richtern vorbehaltenen Tätigkeit der Rechtsprechung im materiellen Sinne tätig.59 Sie werden vielmehr – vielfach im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – rechtsfürsorgerisch im Interesse von solchen Rechtssubjekten tätig, die an dem jeweiligen Organisationsverhältnis beteiligt sind. Beispiele sind die Aufsicht des Vormundschaftsgerichts über Vormund, Betreuer sowie Pfleger (§§ 1837 ff., 1908i, 1915 BGB), die Aufsicht des Nachlassgerichts über Nachlasspfleger (§§ 1837 ff., 1962, 1915 BGB) einschließlich des Nachlassverwalters (§ 1975 BGB), die Aufsicht des Insolvenzgerichts über Insolvenzverwalter (§ 58 InsO) und die Aufsicht des Vollstreckungsgerichts über Zwangsverwalter (§§ 153, 1 ZVG). Solche Aufsichtskompetenzen bewegen sich innerhalb des Organisationsverhältnisses, weil die Gerichte durch ihre Beratung, durch Handlungsgebote oder Handlungsverbote und teilweise durch Genehmigungen bzw. deren Verweigerung unmittelbar das dem jeweiligen Außenhandlungssubjekt zurechenbare Handeln beeinflussen. Diese Aufsichtstätigkeiten sind abzugrenzen von den Tätigkeiten der Gerichte, die sich – wie Bestellung oder Entlassung von Amtswaltern oder Festsetzung ihrer Vergütung – lediglich auf das Amtswalterrechtsverhältnis beziehen.60
55 Entsprechend weisen die Beschlussanfechtungsklagen der Mitglieder im Verbandsrecht negatorischen Charakter auf. Die Mitglieder wehren sich gegen die Beeinträchtigung ihrer Rechte durch rechtswidrige Beschlüsse, so insbesondere K. Schmidt, GesR, § 21 V 2. 56 Eine Ausnahme bilden insbesondere die Gesellschafter der GmbH, siehe § 12 B III 2 b bb 2 (S. 425). 57 Zur Aktionärsklage in der Aktiengesellschaft § 5 B II 2 a (S. 168). 58 Eine entsprechende Stellung haben Aufsichtsbehörden wie die BaFin. 59 Vgl. BVerfGE 107, 395, 406; 101, 397 ff.; BGH NJW 2004, 2725, 2726; siehe noch § 12 C I (S. 428 f.). 60 Solche Verrichtungen sind nicht nur den bereits genannten Gerichten zugewiesen, sondern auch dem Vereinsregister (§ 29 BGB), dem Handelsregister (§§ 85, 103 Abs. 2, 104 AktG;
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B. Aufgabenverteilung unter den Organisationssubjekten
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Bei den Gerichten handelt es sich um apersonale Funktionsträger. Das gilt jedenfalls insoweit, als man auf die Funktionseinheit Gericht in Abgrenzung von der für das Gericht handelnden Rechtspflegeperson (Richter) abstellt, nicht hingegen, wenn man das Gericht als Bestandteil der Rechtsperson Staat begreift. Die Binnenkompetenzen stehen also keinesfalls den in der Rechtspflege handelnden Personen persönlich zu. Diese Personen handeln vielmehr für die Gerichte als Kompetenzträger. Sie werden bestimmt durch die gesetzliche Anordnung des zuständigen Gerichts und durch die gerichtsinterne Geschäftsverteilung. Da es sich bei dieser Tätigkeit nicht um den Richtern nach Art. 92 GG vorbehaltene Akte der Rechtsprechung im materiellen Sinne handelt, können statt Richtern auch Rechtspfleger tätig werden. Die Zuständigkeitsabgrenzung regelt das Rechtspflegergesetz vornehmlich in § 3. Dieser gesamte Regelungskomplex, der die für das Gericht handelnde Rechtspflegeperson bestimmt, erfüllt also Aufgaben, die im Amtsrecht dem Amtswalterrechtsverhältnis zugewiesen sind. Entsprechendes gilt für die Haftungsregelung in § 839 BGB, Art. 34 GG, die eine Haftungsverantwortlichkeit nicht nur der handelnden Rechtspflegeperson, sondern vor allem des hinter dem Gericht als Rechtsperson stehenden Staates vorsieht. Im eigentlichen Organisationsverhältnis nehmen die Gerichte ihre Organisationsbefugnisse wie die Ämter fremdnützig wahr. Die Gerichte verfügen aber als Organisationssubjekte innerhalb von Handlungsorganisationen über eine hervorgehobene Stellung. Allgemein lässt sich von einer Überordnung des Gerichts sprechen, die durch seine Autorität und Unabhängigkeit legitimiert wird. Im Einzelnen äußert sich diese hervorgehobene Stellung insbesondere dadurch, dass Gerichte ihre Anordnungen gegenüber anderen Organisationssubjekten durch Zwangsmaßnahmen durchsetzen können (§§ 1837 Abs. 3 BGB, 58 Abs. 2 InsO, 153 Abs. 2 ZVG). Ein Korrektiv bietet die Möglichkeit, gerichtliche Maßnahmen regelmäßig angreifen zu können (§§ 19 FGG, 58 Abs. 2, 6 InsO, 793 ZPO, 11 RPflG).
B. Aufgabenverteilung unter den Organisationssubjekten Im Hinblick auf die Verfassung der einzelnen Organisationssubjekte einer Organisationsordnung muss weiterhin geklärt werden, welche Aufgaben und Kompetenzen diesen Subjekten zugeordnet werden. Der Blick ist damit auf die objektive Organisationsordnung gerichtet, die die einzelnen Kompetenzen einer Handlungsorganisation auf die einzelnen Organisationssubjekte aufteilt. Dabei ist zu differenzieren. Der Schwerpunkt liegt auf der Ordnung des Verhältnisses der primären Funktionseinheiten untereinander (unter I.). Einzelne Funktionseinheiten wie Gremien können aber aus mehreren Mitgliedern zusammengesetzt sein. Dann gilt es noch die Kompetenzverteilung innerhalb dieser Funktionseinheiten zu berücksichtigen (unter II.). ferner § 29 BGB analog im GmbH-Recht), dem Wohnungseigentumsgericht (§ 26 Abs. 3 WEG) und dem Nachlassgericht auch hinsichtlich der Testamentsvollstrecker (§§ 2200, 2227 BGB). – Siehe § 14 B II (S. 498).
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§ 11: Verfassung der Organisationssubjekte
I. Ordnung unter den primären Funktionseinheiten Um die objektive Ordnung der einzelnen Organisationssubjekte festzulegen, sind den einzelnen Subjekten zum einen bestimmte Kompetenzen zugewiesen und zum anderen ihre Hierarchie untereinander festgelegt. 1. Kompetenzzusammenfassungen Innerhalb einer Handlungsorganisation lassen sich drei Kompetenzen ihrem Inhalt nach unterscheiden. Das sind die Kompetenzen zur Willensbildung, zur Willensbetätigung und zur Aufsicht.61 Diese Kompetenzen werden aber nicht als Ganzes auf verschiedene Organisationssubjekte verteilt. Eine solche Aufteilung übertriebe die Konstruktion und führte zu einer unzweckmäßigen Organisation. Es lassen sich typischerweise drei verschiedene Kompetenzbereiche unterscheiden, die einzelnen Organisationssubjekten zugewiesen werden können. Die Existenz dieser Kompetenzbereiche wird insbesondere im Verbandsrecht herausgestellt.62 Freilich braucht diese im Folgenden darzulegende Trennung in drei Kompetenzbereiche nicht in jeder Organisation vorhanden zu sein, sondern es können auch Bündelungen auf einzelne Organisationssubjekte vorgesehen sein oder bestimmte Kompetenzen entfallen. a) Leitungseinheit Im Mittelpunkt auch einer Analyse des Innenbereichs von Handlungsorganisationen steht das Organisationssubjekt, dem die Aufgabe zugewiesen ist, im Außenverhältnis für die Organisation zu handeln. Unter den Ämtern sind das diejenigen, die schon im Hinblick auf die Zurechnung ihres Verhaltens zum Organisationsträger Gegenstand des vorangegangenen ersten besonderen Teils waren.63 Diesem Organisationssubjekt kommen stets Willensbildungs- wie Willensbetätigungskompetenzen zu. Diese Kompetenzen sind ihm jeweils insoweit zugewiesen, als kein anderes Organisationssubjekt über diese Kompetenzen verfügt. Diese Aussage spricht Selbstverständliches aus, weil in einer arbeitsteiligen Organisation einer Funktionseinheit immer die Kompetenzen zukommen, die nicht den anderen Einheiten zugeordnet sind. Sie ist aber deswegen bedeutend, weil sie das Regel-Ausnahme-Verhältnis zutreffend kennzeichnet. Daher kann man dieses Organisationssubjekt aus Sicht des Innenverhältnisses als Leitungs-, Geschäftsführungs- oder auch Verwaltungseinheit bezeichnen. aa) Willensbetätigung Dieser Leitungseinheit kommt die Aufgabe der Willensbetätigung nach außen fast ausschließlich zu. An eine gegenständliche Beschränkung ist zu denken, wenn für die Organisation mit den Waltern dieses Organisationssubjekts selbst 61
Mit etwas anderer Akzentuierung und Bezug zum Amt siehe bereits § 5 D II (S. 193). Statt aller K. Schmidt, GesR, § 14 II 1. 63 Kein solches Leitungselement sind allein die Parteiämter, denen nur Aufsichtskompetenzen zugewiesen sind, siehe § 9 C (S. 331). 62
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B. Aufgabenverteilung unter den Organisationssubjekten
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Verträge geschlossen werden sollen (so beispielsweise § 112 AktG).64 Eine konkurrierende Willensbetätigungskompetenz besteht insbesondere, wenn entweder die Organisationsverfassung wie im Verbandsrecht ausnahmsweise entsprechend § 30 BGB ein weiteres Außenhandlungssubjekt zulässt65 oder wenn das leitende Organisationssubjekt für Menschen eingerichtet ist, die selbst (eingeschränkt) handeln können. Beispiele dafür bieten Betreute, Mündel, vor allem aber die Wohnungseigentümer. Schließlich kommt eine alternative Willensbetätigungskompetenz durch Mitglieder einer gewillkürten Handlungsorganisation (Vertreter) in Betracht. Diese Vertreter sind aber regelmäßig von der Leitungseinheit abhängig. bb) Willensbildung Hinsichtlich der Willensbildungskompetenz besteht eine in fast allen Organisationen66 zu beobachtende Aufteilung. Danach ist das für die Leitung zuständige Organisationssubjekt von solchen Willensbildungen ausgeschlossen, die die Grundlagen der Organisation betreffen. Insbesondere kann dieser Funktionsträger daher nicht über Anfang und Ende, Zwecke und Verfassung der Organisation befinden. Diese Fragen sind entweder durch die Organisationsverfassung abschließend geregelt. Eine solche Regelung enthalten Gesetz und Testament für die Testamentsvollstreckung oder Gesetz und Betreuungsverfügung, wenn ein Betreuter selbst keinen beachtlichen Willen mehr bilden kann. Oder diese Fragen sind einem anderen Funktionsträger, der sogleich zu behandelnden Grundlageneinheit, zugewiesen. Von den Angelegenheiten, die die Verfassung der Organisation selbst betreffen, sind diejenigen zu scheiden, in denen die jeweilige Handlungsorganisation auf Grundlage dieser Verfassung zu handeln hat. In Entsprechung zum Verbandsrecht, dem die Unterscheidung von Grundlagengeschäften, die die Organisationsverfassung betreffen, und Geschäftsführungsmaßnahmen, die diese Strukturvorgaben umzusetzen haben, entstammt, lassen sich Maßnahmen in diesen Angelegenheiten als Organisationsleitungsmaßnahmen bezeichnen. In diesem Bereich ist die Willensbildungskompetenz dem mit der Leitung betrauten Organisationssubjekt grundsätzlich zugewiesen. Das bedingt schon die Willensbetätigungskompetenz insoweit, als diese im Einzelfall die Bildung des konkreten Handlungswillens, etwa des Erklärungswillens zur Abgabe einer Willenserklärung, erfordert. Die Kompetenzen des leitenden Organisationssubjekts gehen aber weit darüber hinaus.67 In vielen Organisationsverfassungen ist diesem Organisationssubjekt sogar ein ausschließlicher, unabhängig von Weisungen auszuübender Entscheidungsspielraum eingeräumt.68 Aber selbst wenn bei einer kon64
Siehe dazu § 15 B I (S. 548). Siehe § 5 C III 3 (S. 189). 66 Besonderheiten bestehen für die nicht als Vollorganisation ausgestaltete Betriebsorganisation und die Organisationen im Bank- und Versicherungsrecht mittels Sicherungstreuhänder. 67 Eine Ausnahme ist für den Wohnungseigentumsverwalter – jedenfalls nach der gesetzlichen Kompetenzordnung – zu machen. Die Willensbildungskompetenzen stehen nahezu ausschließlich nach § 21 WEG den Eigentümern zu, dem Verwalter kommt lediglich die Ausführung zu. 68 Dazu sogleich unter 2 (S. 412). 65
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kurrierenden Zuständigkeit einem anderen Organisationssubjekt ein Weisungsrecht zusteht, verbleibt die Willensbildungskompetenz zunächst bei der Leitungseinheit, solange das andere Organisationssubjekt von seiner Weisungskompetenz keinen Gebrauch macht. b) Grundlageneinheit Schon die Betrachtung des leitenden Organisationssubjekts hat ergeben, dass einem weiteren Organisationssubjekt Kompetenzen der Willensbildung zugewiesen sein können. In Betracht kommen ausschließliche Willensbildungskompetenzen im Grundlagenbereich der Organisationsverfassung und verdrängende im Bereich der Organisationsleitung. Da Willensbildungskompetenzen nahezu die einzige Art von Kompetenzen sind, die dieser Funktionseinheit zugewiesen sind, lässt diese sich als Willensbildungseinheit bezeichnen.69 Hier wird aber die Bezeichnung als Grundlageneinheit wegen ihrer ausschließlichen Kompetenzen in diesem Bereich vorgezogen. Diese Einheit besteht in aller Regel aus Personen, die kraft eigenen Rechts an der Organisation beteiligt sind.70 Es handelt sich also nicht um Ämter.71 Beispiele sind insbesondere die Mitglieder bzw. Mitgliederversammlungen in Verbänden (etwa § 118 AktG), die Gläubiger bzw. Gläubigerversammlungen (insbesondere § 157 InsO) bei der Insolvenzverwaltung und die Eigentümer (§ 21 WEG) bzw. Eigentümerversammlung (§ 23 WEG) in der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dieses besondere Organisationssubjekt kann aus verschiedenen Gründen fehlen. So braucht die Organisationsverfassung eine Teilung der Aufgaben in Grundlagenbereich und Leitungsbereich nicht vorzusehen. Daran fehlt es insbesondere in der Personengesellschaft, bei der das bereits näher untersuchte Prinzip der Mitgliederselbstverwaltung (Selbstorganschaft) gilt.72 Dann hat aber die gesamte Organisation keine Ämter. In über Ämter verfügenden Organisationen liegt das Fehlen einer Grundlageneinheit daran, dass die Grundlagenentscheidungen abschließend von der Organisationsverfassung vorgegeben werden. Es fehlt dann regelmäßig an handlungsfähigen betroffenen Rechtsinhabern. So treffen bei Testamentsvollstreckung und Stiftung Erblasser bzw. Stifter in Testament bzw. Stiftungsgeschäft (§ 85 BGB)73 abschließende Regelungen. Bei der Nachlassverwaltung ist die gesetzliche Grundlage abschließend. Sind für die Handlungsorganisation von Menschen Ämter zur Vertretung eingerichtet, kann der Mensch regelmäßig selbst keine Vorgaben machen, weil er nicht einsichtsfähig (Betreuung, Vormundschaft) oder abwesend (Abwesenheitspfleger) ist. Solange allerdings der
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So etwa K. Schmidt, GesR, § 14 II 1. Siehe oben A II (S. 405). 71 Siehe § 5 B II (S. 164). 72 Dazu § 5 C II 2 (S. 179). 73 Gegen die Zulässigkeit, Grundlagenkompetenzen durch die Stiftungssatzung auf Dritte zu übertragen, wegen des in § 85 BGB zum Ausdruck kommenden Wesens der Stiftung zu Recht Staudinger-Rawert (1995), § 85 Rn. 8 f. m. w. Nachw. auch zur Gegenmeinung. 70
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Mensch einen rechtlich beachtlichen Willen bilden kann, ist dieser für den Vertreter vorrangig, wie es insbesondere § 1901 Abs. 3 BGB anordnet.74 Keine Aufteilung in Leitungs- und Grundlageneinheit ist schließlich in den Organisationen zu finden, in denen aus besonderen Gründen die ordentliche Organisation um externe beaufsichtigende Organisationssubjekte ergänzt wird. Angesprochen sind die Treuhänder im Finanzdienstleistungsrecht und der Betriebsrat. Diese Organisationssubjekte tasten grundsätzlich nicht die Willensbildungskompetenz des handelnden Rechtssubjekts an, sondern dienen nur seiner Beaufsichtigung. Das spezielle Organisationsverhältnis ist gesetzlich normiert und grundsätzlich nicht disponibel. c) Aufsichtseinheit In vielen Organisationen existiert noch ein weiteres Organisationssubjekt, das die Leitungseinheit bei ihrer Aufgabe der Willensbildung und Willensbetätigung im Bereich der Organisationsführung unterstützt. Für dieses Organisationssubjekt ist seine Aufsichtskompetenz prägend, so dass hier die Bezeichnung Aufsichtseinheit gewählt wird. Solche Organisationssubjekte müssen zwar für sich selbst einen Willen in den innerhalb der Organisation zu erledigenden Angelegenheiten bilden. Sie haben aber grundsätzlich75 keine Kompetenz, den Willen für die Organisation zu bilden und zu betätigen. Sie können nur bei der Willensbildung der Leitungseinheit mitwirken, indem sie beraten, in manchen Fällen auch dadurch, dass sie eine notwendige Zustimmung erteilen bzw. verweigern. Solche präventiven Kontrollmöglichkeiten lassen sich von nachträglichen abgrenzen, die nicht dem Organisations- sondern dem Amtswalterrechtsverhältnis zuzuordnen sind. Solche nachträglichen Kompetenzen bestehen darin, gescheiterte Leitungseinheiten umzubesetzen oder gegen deren Walter Schadensersatzansprüche geltend zu machen.76 Der Umfang der Kompetenzen hängt vielfach vom Wert der jeweiligen Angelegenheit ab (§ 160 Abs. 1 InsO). Allgemein lässt sich zwischen grundsätzlichen Beschlüssen und der laufenden Geschäftsführung unterscheiden.77 Es können auch Geschäftskataloge aufgestellt werden, für die die Organisationsverfassung besondere Kompetenzen begründet (§§ 111 Abs. 4 AktG, 160 Abs. 2 InsO, 1821 f. BGB). Die Einrichtung eines solchen beaufsichtigenden Organisationssubjekts liegt vielfach darin begründet, dass die aus den Rechtsinhabern zusammengesetzte Grundlageneinheit zu unbeweglich – weil zu groß und inhomogen – ist, um die Leitungseinheit zu unterstützen und zu überwachen.78 So sind etwa im Ver74 Der Betreuer hat daher auch die Vorgaben einer Betreuungsverfügung nach Maßgabe von § 1901 Abs. 3 S. 2 BGB zu berücksichtigen. 75 Eine Ausnahme regelt etwa § 112 AktG. 76 Vgl. zur Abgrenzung Semler, Leitung, Rn. 253 ff. m. w. Nachw.; näher dazu im dritten besonderen Teil (S. 475 ff.). 77 So ausdrücklich Wiedemann, GesR I, § 6 III. 78 Bork, InsR, Rn. 77; MünchKommInsO-Gößmann, § 69 Rn. 11; Wilde, ZGR 1998, 423, 436; zu diesem Aspekt von Rechtsinhabergremien oben A II (S. 406).
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bandsrecht mit dem Aufsichtsrat (§§ 111 AktG, 38 GenG, 52 GmbHG, 76 ff. BetrVG 1952, 129 BetrVG 1976, MontanmitbestG, MitbestG), in der Insolvenzverwaltung mit dem Gläubigerausschuss (§ 69 InsO)79 und in der Wohnungseigentümergemeinschaft mit dem Verwaltungsbeirat (§ 29 WEG) entsprechende weitere Organisationssubjekte gebildet. In vielen Organisationen, die über keine Grundlageneinheit verfügen, ist das Erfordernis der Aufsichtseinheit aber auch dem Umstand geschuldet, dass die Leitungseinheit sonst gar keiner Aufsicht unterläge. So haben Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 1837 BGB direkt oder über §§ 1908i, 1915 BGB Vertreter80 kraft Amtes zu überwachen. Charakteristikum der Stiftung wiederum ist die durch Landesrecht meist81 vorgeschriebene, durch § 87 BGB freilich vorausgesetzte staatliche Stiftungsaufsicht, die die Rechtsaufsicht über den Vorstand führt.82 2. Hierarchieverteilungen Der Charakter einer Handlungsorganisation wird zudem dadurch bestimmt, wie die einzelnen Organisationssubjekte untereinander auf die Ausübung der einem Organisationssubjekt zugewiesenen Kompetenzen Einfluss nehmen können. Es lassen sich gewaltenteilige Organisationsformen, bei denen jedem Organisationssubjekt ein ihm abschließend zugewiesener Kompetenzbereich zusteht, von hierarchisch geprägten Organisationsformen unterscheiden, bei denen ein Organisationssubjekt in den Kompetenzbereich der anderen Organisationssubjekte hineinregieren kann. Die Unterschiede erhellt eine Betrachtung des Verhältnisses der einzelnen typischen Funktionseinheiten zueinander. Das Hierarchieverhältnis von Leitungseinheit und Grundlageneinheit äußert sich regelmäßig in Fragen der Organisationsleitung. Ausdruck einer gewaltenteiligen Organisationsform ist, dass der Leitungseinheit ein eigenverantwortlich wahrzunehmender Kompetenzbereich zugewiesen ist. Die Gewaltenteilung liegt dann darin, dass die Leitungseinheit in dem zu ihrem Kompetenzbereich gehörenden Bereich tatsächlich Entscheidungsbefugnisse hat. Ausdruck einer hierarchisch geprägten Organisationsform ist es indessen, wenn die Grundlageneinheit auch im Bereich der Organisationsleitung der Leitungseinheit Vorgaben machen kann, wie die Leitungseinheit den Willen bildet und betätigt. Entsprechendes gilt im Verhältnis von Aufsichtseinheit und Grundlageneinheit hinsichtlich der Aufsichtsbefugnisse der Aufsichtseinheit. Ausdruck einer
79 Zur Vergleichbarkeit von Gläubigerausschuss und Aufsichtsrat, die es rechtfertigt, im Recht des Gläubigerausschusses Regelungen des Rechts des Aufsichtsrats anzuwenden, BGHZ 124, 87, 91; zust. Bork, InsR, Rn. 78 Fn. 23. 80 Gleiches gilt für die Parteiämter Nachlassverwalter (§§ 1975, 1915, 1837 BGB) und Zwangsverwalter (§ 153 ZVG). 81 Vgl. zu den bedenklichen Regelungen mancher Landesgesetze, die Stiftungen zur Verfolgung privater Zwecke von der Stiftungsaufsicht befreien, Staudinger-Rawert (1995), Vorbem zu §§ 80 ff. Rn. 64. 82 Staudinger-Rawert (1995), Vorbem zu §§ 80 ff. Rn. 63; vgl. zu dem Zweck dieser Aufsicht auch BGHZ 99, 344 ff.; 68, 142 ff.
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gewaltenteiligen Organisationsform ist es, wenn der Aufsichtseinheit Kompetenzen zugewiesen sind, die sie unabhängig von Weisungen der Grundlageneinheit wahrnehmen kann.83 Ausprägung einer hierarchischen Organisationsstruktur ist es indessen, wenn die Grundlageneinheit der Aufsichtseinheit Weisungen erteilen kann, wie die Aufsichtskompetenzen auszuüben sind. Das Hierarchieverhältnis von Leitungseinheit und Aufsichtseinheit äußert sich darin, in welcher Weise die Aufsichtseinheit, indem sie beratend und beaufsichtigend tätig ist, auf das Verhalten der Leitungseinheit in Fragen der Organisationsleitung Einfluss nehmen kann. Die schwächste Form der Einwirkung, die Ausdruck eines hierarchischen Übergewichts der Leitungseinheit ist, besteht darin, dass der Aufsichtseinheit nur Beratungsfunktion zukommt. Die Entscheidungskompetenzen bleiben dann immer allein der Leitungseinheit vorbehalten. Ausdruck einer gewaltenteiligen Struktur ist, dass der Aufsichtseinheit Blockadebefugnisse zustehen, einer von ihr missbilligten Organisationsleitungsmaßnahme zu widersprechen. Es kommt aber auch in Betracht, dass der Aufsichtseinheit ein hierarchisches Übergewicht eingeräumt ist. Der Aufsichteinheit ist dann die Kompetenz eingeräumt, die Leitungseinheit zu einem bestimmten Verhalten anzuweisen. Unterschiede bestehen, unter welchen Voraussetzungen solche Geoder Verbote zulässig sind. Es ist die Fachaufsicht, der eine Weisung aus Gründen der Zweckmäßigkeit erlaubt ist, von der Rechtsaufsicht zu scheiden, die nur rechtswidriges Verhalten der Leitungseinheit verhindern kann.
II. Ordnung innerhalb der Funktionsträger Die Ordnung verschiedener Organisationen wird dadurch noch komplexer, dass die einzelnen Organisationssubjekte sich vielfach aus weiteren Subjekten zusammensetzen. Es ist also auf die bei der Definition des Amtes herausgearbeitete Unterscheidung zurückzukommen, dass ein Amt zwar nur für eine Person eingerichtet ist, viele Organisationssubjekte aber aus mehreren Mitgliedern bestehen.84 Im eigentlichen Organisationsverhältnis der primären Organisationssubjekte verfügt das einzelne Subjekt, das Element einer Hauptfunktionseinheit ist, grundsätzlich über keine eigenen Kompetenzen. Die in diesem Verhältnis maßgeblichen Kompetenzen sind dem Gremium, der Hauptfunktionseinheit, zugeordnet (etwa § 111 AktG85). Eine Besonderheit stellt der Gläubigerausschuss im Insolvenzverfahren dar. Die Beratungskompetenz wird durch § 69 InsO nicht dem Ausschuss, sondern den einzelnen Ausschussmitgliedern zugewiesen.86 Daher stellen streng genommen die einzelnen Ausschussmitglieder als Zwillingsäm-
83 Vgl. etwa die Stellung des Aufsichtsrats im Verhältnis zur Hauptversammlung in der Aktiengesellschaft und nach zutreffender Ansicht die Stellung des Gläubigerausschusses im Verhältnis zur Gläubigerversammlung, dazu RGZ 31, 119, 122; Frege, NZG 1999, 478, 481 ff.; Vallender, WM 2002, 2040, 2047. 84 Siehe § 5 B III (S. 170). 85 Vgl. zu dieser Abgrenzung von Mitgliedkompetenz und Organkompetenz Hüffer, § 111 Rn. 9; KölnKomm-Mertens, § 111 Rn. 10; MünchKommAktG-Semler, § 111 Rn. 51 f. 86 MünchKommInsO-Gößmann, § 69 Rn. 4.
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ter87 die Organisationssubjekte dar, denen im Organisationsverhältnis der Insolvenzverwaltung die Beratungskompetenz zukommt. Dennoch ist es aber zutreffend, den Gläubigerausschuss als Gremium in den Vordergrund zu rücken, weil viele Einzelaufgaben durch andere Vorschriften dann doch dem Gläubigerausschuss in seiner Gesamtheit zugewiesen sind (§§ 59 Abs. 1 S. 2, 75 Abs. 1 Nr. 2, 156 Abs. 2, 158, 160, 195 InsO), so dass es der Willensbildung dieses Gremiums durch Beschluss (§ 72 InsO) bedarf.88 Den Subjekten, die Elemente einer primären Funktionseinheit sind, kommen Kompetenzen innerhalb der diese Funktionseinheit bildenden Unterorganisation (Intragremiumsverhältnis89) zu. Die Stellung dieser einzelnen Subjekte innerhalb dieser Unterorganisation wird durch den Gedanken der Teilhabe geprägt. Das einzelne Subjekt soll daran teilhaben, mit den anderen Subjekten die Kompetenzen, Handlungsbefugnisse und Rechte der Hauptfunktionseinheit wahrzunehmen. Die Aufspaltung eines Organisationssubjekts in mehrere weitere Subjekte führt also nicht zur Schaffung eines besonderen Kompetenzinhalts. Die bereits bekannten Kompetenzinhalte Willensäußerung, Willensbildung oder Aufsicht werden vielmehr in der Weise aufgeteilt, dass verschiedene von der Gesamtkompetenz abgeleitete Teilhabekompetenzen entstehen. Dabei kann diese Teilhabe ganz unterschiedlich ausgestaltet sein. Die Regel ist zwar die Gleichheit der Mitglieder, verbunden mit dem Mehrheitsprinzip; in Einzelfällen kommen aber wie etwa aufgrund von § 77 Abs. 1 AktG auch andere Gestaltungen in Betracht.
§ 12: Intellektbetätigung innerhalb des Organisationsbereichs (Willensbildung) Der Intellektbetätigung nach außen, die dem jeweiligen Außenhandlungssubjekt zurechenbar ist, geht organisationsintern ein Prozess der Willensbildung voraus. Die einzelnen Organisationssubjekte sind bei diesem Prozess eigenständige Handlungssubjekte. Sie interagieren untereinander im Organisationsverhältnis durch Intellektbetätigungen. Diese sollen hier näher betrachtet werden. Zu diesem Zweck sind zunächst die verschiedenen Inhalte möglicher Intellektbetätigungen zu benennen (unter A.). Danach ist die Rechtsnatur dieser Intellektbetätigungen zu bestimmen (unter B.), bevor schließlich auf Fehler und Fehlerfolgen dieser Intellektbetätigungen eingegangen werden kann (unter C.).
87
Zu diesem Begriff § 5 B III (S. 171). Vgl. MünchKommInsO-Gößmann, § 69 Rn. 6, der aber gerade eine differenzierende Einordnung nach den einzelnen Aufgaben unterlässt. 89 Der hier gewählte Begriff lehnt sich an den gebräuchlichen Begriff Intraorganverhältnis an, soll aber, was die betroffenen untergliederten Funktionseinheiten betrifft, über die Organe hinausgehen. 88
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A. Inhalte
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A. Inhalte Die möglichen Intellektbetätigungen unterscheiden sich danach, ob man auf die Willensbildung innerhalb einzelner Organisationssubjekte (unter I.) oder auf die Interaktion verschiedener Organisationssubjekte untereinander schaut (unter II.).
I. Willensbildung innerhalb eines Organisationssubjekts Vorrangige Aufgabe der Organisationssubjekte ist es, zu den in ihren Kompetenzbereich fallenden Angelegenheiten einen Willen zu bilden. Dieser Wille kann entweder – insbesondere wenn die Leitungseinheiten betroffen sind – nach den Regeln des Außenrechts durch Willenserklärung nach außen umzusetzen sein. Der Wille kann aber auch innerhalb der Organisation Bedeutung erlangen. Die Willensbildung eines nur aus einem Amt bestehenden Organisationssubjekts erfolgt durch die natürliche Willensbildung des einzelnen Amtswalters. Komplexer gestaltet sich die Willensbildung innerhalb eines aus mehreren Ämtern bestehenden Gremiums. Hier liegt es an den einzelnen Gremiumsmitgliedern, den Willen durch Beschluss zu bilden. Die Teilhabe an der Willensbildung erfolgt durch die Stimmabgabe bei den Beschlüssen des Gremiums (§§ 108 AktG, 33 BetrVG). Vorbereitende Handlungen sind zum einen der Meinungsaustausch und zum anderen der Antrag auf Einberufung und ggf. auf eine bestimmte Beschlussfassung (§ 110 AktG).
II. Interaktion der Organisationssubjekte Der Organisationsprozess beruht auf der Interaktion der einzelnen Organisationssubjekte. Dieser Verkehr wird insbesondere durch Willensbekundungen geprägt. Die Willensbekundungen sind danach zu unterscheiden, ob sie – wie Willenserklärungen im Außenrechtsverkehr – auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet sind. Neben den Willensbekundungen kommt ferner der Informationsweitergabe eine bedeutende Rolle zu. Während allerdings die Willensbekundungen auf das Organisationsverhalten nach außen gerichtet sind (sog. Primärebene), kommt der Informationsweitergabe lediglich eine Hilfsfunktion zu, die maßgebliche Willensbildung der einzelnen Organisationssubjekte zu ermöglichen (sog. Sekundärebene). 1. Bindende Willensbekundungen Organisationssubjekte können durch Willensbekundungen gegenüber anderen Funktionsträgern deren Handlungsbefugnisse beeinflussen. a) Weisung Am weitesten geht die Weisung. Durch eine solche Willensbekundung gibt ein Organisationssubjekt der Leitungseinheit auf, welche Intellektbetätigung sie im
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§ 12: Intellektbetätigung innerhalb des Organisationsbereichs (Willensbildung)
Außenverhältnis für die Organisation vornehmen soll. Dem Weisungsberechtigten steht also ein eigenes Initiativrecht zu, die Geschicke der Organisation zu lenken. Auch weisungsabhängige Leitungseinheiten sind aber nicht darauf beschränkt, lediglich die Vorgaben des Weisungsberechtigten umzusetzen, sondern ihnen kommen subsidiäre Willensbildungskompetenzen zu, die greifen, wenn keine oder unvollständige Weisungen erteilt werden. Auch dann ist die Leitungseinheit aber nicht unbedingt frei in ihrer Willensbildung. Ihr kann obliegen, den Willen des Weisungsberechtigten zu ermitteln. Eine solche Weisungsmacht beruht auf der Willensbildungskompetenz. So können bereits in der Organisationsverfassung Einzelweisungen enthalten sein, die die Leitungseinheit umzusetzen hat. Bestes Beispiel ist die Bindung des Testamentsvollstreckers an die Vorgaben des Testaments (§ 2203 BGB). Vor allem aber kann der Grundlageneinheit die Macht eingeräumt sein, der Leitungseinheit Weisungen zu erteilen. Solche Befugnisse bestehen für die Wohnungseigentümer im Verhältnis zum Wohnungseigentumsverwalter (§ 21 WEG). Im Verbandsrecht ist zu differenzieren. Eine entsprechende Weisungskompetenz kommt der Gesellschafterversammlung in der GmbH gegenüber dem Geschäftsführer (§§ 37, 45 GmbHG)90 und im Verein der Mitgliederversammlung gegenüber dem Vorstand (§§ 665, 27 Abs. 3 BGB) zu. In Aktiengesellschaft (§ 76 AktG)91 und Genossenschaft (§ 27 GenG)92 ist dem Vorstand indessen ein eigenverantwortlich wahrzunehmender Kompetenzbereich zugewiesen. b) Zustimmung Ganz anders als die Weisung wirken Zustimmung oder deren Verweigerung. Diese Institute sind einschlägig, wenn der Leitungseinheit für bestimmte Maßnahmen eine Willensbetätigungsschranke auferlegt ist. Dann steht das Initiativrecht zur Willensbildung und Willensbetätigung weiterhin allein der Leitungseinheit zu. Allein sie kann auswählen, welche Maßnahmen sie ergreifen will. Allerdings ist ihre Wahlmöglichkeit dadurch beschränkt, dass hinsichtlich der vom Zustimmungsvorbehalt erfassten Maßnahmen eine Handlungsschranke besteht. Diese Maßnahmen darf sie nur vornehmen, wenn damit ein weiteres Organisationssubjekt, regelmäßig die Aufsichtseinheit, einverstanden ist. Die Zustimmung dieses Organisationssubjekts beseitigt dann für die Leitungseinheit die Handlungsschranke, während umgekehrt die Verweigerung der Zustimmung die Handlungsschranke zu einem Handlungsverbot verfestigt. Entsprechende Zustimmungsvorbehalte folgen vielfach aus der Organisationsverfassung selbst. Schon behandelt wurden solche Zustimmungsvorbehalte, die 90
BGHZ 31, 278; Flume, juristische Person, § 2 VII 3; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 36 I 2 a. Zur Abgrenzung, für welche Geschäftsführungsmaßnahmen der Vorstand ungeachtet seiner Eigenverantwortlichkeit wegen der Bedeutung der Sache der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf, BGH NJW 2004, 1860, 1863 f. (Gelatine) im Anschluss an BGHZ 83, 122, 131 ff. (Holzmüller). 92 Auch hier sind Weisungsrechte der Generalversammlung trotz des Satzungsvorbehalts in § 27 Abs. 1 S. 2 GenG mit der in S. 1 garantierten eigenständigen Leitung unvereinbar, Beuthien, GenG, § 27 Rn. 9 m. w. Nachw. auch zur Gegenansicht. 91
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A. Inhalte
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sich im Außenverhältnis auf die Handlungsmacht der Leitungseinheit auswirken.93 Nunmehr stehen solche Vorbehalte im Vordergrund, die nur die Handlungsbefugnis nach den Regeln des Binnenbereichs beeinflussen. Gesetzliche Anordnungen enthalten insoweit insbesondere §§ 158, 160 ff. InsO, 1810, 1812, 1908i, 1915 BGB. Darüber hinaus kommt aber in Betracht, dass privatautonome Gestaltungen der Organisationsverfassung wie Testamente94 oder Satzungen (§ 111 Abs. 4 AktG) juristischer Personen weitere Zustimmungsvorbehalte vorsehen. Eine besondere Kompetenz räumt § 111 Abs. 4 AktG dem Aufsichtsrat ein. Nicht nur die Satzung, sondern der Aufsichtsrat selbst kann – insbesondere in einer Geschäftsordnung des Vorstands (§ 77 Abs. 2 AktG) – festlegen, für welche Geschäfte der Vorstand seiner Zustimmung bedarf. Besonderheiten gelten für die betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmung. Zum einen wirken diese Vorbehalte auch im Außenverhältnis. Das gilt sowohl für den Zustimmungsvorbehalt nach § 103 BetrVG (§ 15 KSchG) als auch für die eigentliche Mitbestimmung nach § 87 BetrVG95. Zum anderen erfolgt diese Mitbestimmung regelmäßig nicht durch Zustimmung, sondern durch eine Betriebsvereinbarung.96 Insoweit steht dem Betriebsrat auch ein Initiativrecht zu.97 c) Aufsichtsgerichtliche Gebote und Verbote Eine besondere Handlungsform ist schließlich den Gerichten, die über ein Amt mit Leitungsfunktion Aufsicht führen, eingeräumt. Der Vormund und alle weiteren Ämter, auf die die Regelung über die gerichtliche Aufsicht in § 1837 BGB anwendbar ist (§§ 1908i, 1915, 1960, 1975 BGB), haben ihre Aufgaben (wie etwa der Vorstand einer Aktiengesellschaft) selbstständig und in eigener Verantwortung zu erledigen.98 Weisungen scheiden also aus. Gleiches gilt für den Insolvenzverwalter ungeachtet der Aufsichtsbefugnisse von Insolvenzgericht (§ 58 InsO)99 und Gläubigerausschuss (§ 69 InsO)100. Jedoch erlaubt § 1837 Abs. 2 S. 1 BGB dem Gericht dann, wenn der Vormund pflichtwidrig handelt, durch Gebote und Verbote einzuschreiten.101 Eine entsprechende Befugnis des Insolvenzgerichts lässt sich auf § 58 Abs. 2 InsO stützen.
93
Siehe oben § 9 C (S. 331) sowie § 10 B III (S. 359). Nicht zu den hier behandelten Zustimmungen gehört die Zustimmung der Erben nach § 2206 Abs. 2 BGB. Diese Zustimmung beseitigt keine Handlungsschranke für den Testamentsvollstrecker, sondern soll Gewissheit über die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung des Testamentsvollstreckers bringen. 95 BAGE 53, 42; BAG NZA 1992, 749, 759. 96 ErfKomm-Kania, § 87 BetrVG Rn. 3. 97 ErfKomm-Kania, § 87 BetrVG Rn. 9. 98 BayObLG NJW 1999, 3205; OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 1313; LG Köln NJW 1993, 206, 207; Staudinger-Engler (2004), § 1837 Rn. 1, 22. 99 LG Köln NZI 2001, 157. 158; Bork, InsR, Rn. 56; MünchKommInsO-Graeber, § 58 Rn. 38; Leithaus, NZI 2001, 124, 126; Kübler/Prütting-Lüke, § 58 Rn. 11. 100 Bork, InsR, Rn. 78; Kübler/Prütting-Kübler, § 69 Rn. 21; Vallender, WM 2002, 2040, 2046. 101 Zu dieser Voraussetzung BayObLG FGPrax 1999, 225; Staudinger-Engler (2004), § 1837 Rn. 24. 94
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§ 12: Intellektbetätigung innerhalb des Organisationsbereichs (Willensbildung)
Dem Gericht ist so nicht die Möglichkeit eingeräumt, rechtlich die Handlungsbefugnisse des jeweiligen Amtes zu beeinflussen.102 Pflichtwidriges Verhalten ist auch ohne solche Verbote dem Amt versagt, wie ihm ein bestimmtes Verhalten auch ohne ein entsprechendes Gebot obliegt, wenn dieses seinen Pflichten entspricht. Folglich sind diese gerichtlichen Handlungsformen von den zuvor betrachteten Formen Weisung und Zustimmung streng zu scheiden. Ihr Zweck liegt allein darin, die für das Amt bestehenden Handlungspflichten tatsächlich (ggf. zwangsweise) durchzusetzen. Die Rechtsmittelinstanzen gewährleisten Prüfung, ob die Pflichten des Amtes durch das erstinstanzliche Gericht richtig bestimmt worden sind. In den Termini des öffentlichen Rechts gesprochen,103 ist dem Gericht zwar nicht wie einem Weisungsberechtigten die Fachaufsicht, aber die Rechtsaufsicht eingeräumt. Dem Gericht kommt so in der Handlungsorganisation eine übergeordnete Funktion104 zu, die durch seine Neutralität legitimiert wird. Allerdings sind solche Befugnisse den Gerichten nicht stets eingeräumt, wenn sie Bestandteil einer Handlungsorganisation sind, sondern diese Aufsichtsbefugnisse bedürfen spezieller Anordnungen. So stehen dem Nachlassgericht gegenüber dem Testamentsvollstrecker keine Aufsichtsbefugnisse zu.105 Die Kompetenzen des Nachlassgerichts sind darauf beschränkt, nach § 2227 BGB über die Entlassung aus wichtigem Grund zu befinden. Gleiches gilt ferner für die Kompetenzen des Insolvenzgerichts im Verhältnis zum Gläubigerausschuss. Anders als gegenüber dem Insolvenzverwalter stehen dem Insolvenzgericht insoweit keine Aufsichtsbefugnisse zu.106 § 70 InsO legitimiert lediglich die Entlassung aus wichtigem Grund. 2. Sonstige Willensbekundungen (Meinungsaustausch) Namentlich die Beratungsfunktion der meisten Aufsichtseinheiten verpflichtet die Aufsichts- und Leitungseinheit zum Meinungsaustausch. Der Meinungsaustausch unterscheidet sich von der Weisung dadurch, dass er keine bindende Wirkung äußert. Die Entscheidungskompetenzen bleiben unberührt, so dass regelmäßig die Leitungseinheit selbstverantwortlich entscheiden kann.107 Der Meinungsaustausch kann den Interessen aller beteiligten Funktionseinheiten dienen. Für den Entscheidungsträger, der beraten wird, bedeutet die zweite Meinung, dass er seine eigene Entscheidung auf ein breiteres Fundament stellen kann. Unter Umständen kann ein so abgestimmtes Vorgehen auch Schadensersatzansprü-
102
OLG Karlsruhe NJW-RR 2005, 1313. Vgl. einerseits Art. 84 Abs. 3 S. 1 GG zur Rechtsaufsicht und andererseits Art. 85 Abs. 4 S. 1 GG zur Fachaufsicht. 104 Diese Überordnung kommt auch in der durch § 1796 BGB vermittelten Kompetenz zum Ausdruck, die Vertretungsmacht des Amtswalters spontan beschränken zu können. 105 OLG Zweibrücken NJW-RR 2004, 941. 106 BGH WM 1965, 1158; MünchKommInsO-Gößmann, § 69 Rn. 12; Vallender, WM 2002, 2040, 2047. 107 Vgl. zur Abgrenzung von Entschließungen und Weisungen im Recht der GmbH ScholzK. Schmidt, § 45 Rn. 19, 30. 103
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B. Rechtsnatur
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che ausschließen, weil sich jedenfalls schuldhaftes Verhalten nicht nachweisen lässt.108 Der Beratende bekommt die Möglichkeit, bestimmte Aspekte, zu deren Wahrung er vielleicht gerade in die Organisation integriert wurde, einzubringen. Diese Funktion kann er freilich nur dann wahrnehmen, wenn der Entscheidungsträger, der beraten wird, den Rat zur Kenntnis nimmt und würdigt.109 Gerade diese Überlegung belegt, dass eine Beratung oder Anhörung nicht allein einseitig bleiben darf, sondern auf einem Austausch von Meinungen, freilich aber auch von Informationen beruhen muss. So ist auch für die Beratung des Vorstands durch den Aufsichtsrat zwar anerkannt, dass die Stellungnahmen des Aufsichtsrats den Vorstand nicht binden, der Vorstand etwaige Beanstandungen aber prüfen muss.110 Eine besondere Form, den Meinungsaustausch anzuregen, besteht darin, die Willensbildung einer anderen Funktionseinheit über einen bestimmten Gegenstand zu verlangen. Es kommt insbesondere in Betracht, gerichtliche Maßnahmen ganz unterschiedlicher Art wie etwa Entlassung des Amtswalters (§ 59 Abs. 1 InsO) oder Beratung (§ 1837 Abs. 1 S. 1 BGB)111 zu beantragen oder die Willensbildungseinheit einzuberufen (§§ 111 Abs. 3 AktG, 75 InsO). 3. Informationen Von überragender Bedeutung ist schließlich die Weitergabe von Informationen.112 Erst die Weitergabe von Informationen ermöglicht den einzelnen Funktionseinheiten, ihre Aufgaben ordentlich zu erfüllen. Insbesondere die Leitungseinheit hat Informationen an Aufsichts- und Grundlageneinheit weiterzugeben. Die Informationen können sich auf Entwicklungen in der Vergangenheit, aber auch auf Pläne für die Zukunft beziehen. Die Informationsweitergabe kann zu festgelegten Terminen (§§ 1840 BGB, 90 Abs. 2 AktG, 156 InsO), aber auch spontan auf ein Informationsverlangen hin (§§ 1839 BGB, 90 Abs. 3 AktG, 38 Abs. 1 S. 2 GenG, 69 S. 2 InsO) erfolgen.
B. Rechtsnatur Um die Rechtsnatur der einzelnen Intellektbetätigungen zu bestimmen, ist nach der Art der handelnden Organisationssubjekte zu unterscheiden.
108
Dazu § 16 A II 1 b (S. 573). Vgl. zur für die Gerichte aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Erwägens- und Begründungspflicht BVerfGE 65, 293, 295; 54, 86, 91 f.; BVerfG NJW 1993, 2166, 2167. 110 Bauer, Organklagen, 17. 111 RGZ 67, 416, 418 f.; BayObLG NJW 1999, 3205; Staudinger-Engler (2004), § 1837 Rn. 23. 112 Als Kern der verfassungsmäßigen Zuständigkeit eines Kontrollorgans bezeichnet v. Gierke, Genossenschaftstheorie, 699, »die Erlangung und Verbreitung einer Kenntnis von inneren Vorgängen des Gemeinlebens und somit die Herstellung eines Wissenszustandes des Gemeinbewusstseins«. 109
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§ 12: Intellektbetätigung innerhalb des Organisationsbereichs (Willensbildung)
I. Gerichte Die Gerichte handeln öffentlich-rechtlich in Form gerichtlicher Beschlüsse. Diesen hoheitlichen Charakter weisen nicht nur gerichtliche Anordnungen wie nach §§ 1837 Abs. 2 BGB, 58 InsO auf. Auch die Genehmigung zu einem Rechtsgeschäft nach §§ 1828 ff. BGB ist, obgleich diese Bestimmungen der Regelung der genehmigenden Willenserklärung (§§ 107 ff. BGB) nachgebildet wurden,113 ausschließlich Staatsakt der Gerichtsbarkeit.114 Die richterliche Tätigkeit ist aber nicht der Rechtsprechung im materiellen Sinne, der Streitentscheidung, sondern der verwaltenden Tätigkeit zuzuordnen.115
II. Ämter Hingegen sind die Intellektbetätigungen eines aus einem Amt bestehenden Organisationssubjekts ausschließlich privatrechtlich einzuordnen. Der Amtswalter bildet für das Amt den Willen. Die Willensbildung entspricht also dem natürlichen inneren Willensbildungsprozess beim Amtswalter, tritt daher regelmäßig nicht – etwa durch Protokollierung des Amtswalterwillens – nach außen hervor. Der gebildete Wille wird erst durch Willensbekundungen des Amtswalters gegenüber anderen Organisationssubjekten wahrnehmbar. Dem Amtswalter stehen die gleichen individuellen Handlungsformen wie im Außenverhältnis zu. Führen sie Rechtfolgen herbei, so sind sie folgendermaßen zu qualifizieren:116 Willensbekundungen sind Willenserklärungen, wenn sie wie Weisung und Zustimmung auf die Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge gerichtet sind. Sonstige Willens- oder Wissensbekundungen sind rechtsgeschäftsähnliche Handlungen, während tatsächliche Handlungen wie die Weiterleitung von Materialien als Realakte zu qualifizieren sind.
III. Gremien Innerhalb von Gremien stellen sowohl Willensbildung wie Willensbetätigung organisatorische Akte dar. Dabei kann die Willensbildung nur auf einem Beschluss als Kollektivakt beruhen (unter 1.). Für die Willensbetätigung ist indessen zu fragen, ob sie durch Individualakte (Willenserklärung etc.) oder ebenfalls durch Kollektivakt (Beschluss) erfolgt (unter 2.). Die Erörterung bezieht sich auf Akte, die Rechtsfolgen herbeiführen. Freilich können Gremiumsmitglieder sich auch auf unverbindliche Meinungskundgaben verständigen, die sich als Entschließungen von den Beschlüssen abgrenzen lassen.117
113
Begründung zu § 1681 E I, Mot. IV, 1153. Habscheid, FamRZ 1957, 109; Keidel/Kuntze/Winkler-Engelhardt, § 55 Rn. 7; MüllerFreienfels, Vertretung, 382 ff.; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1828 Rn. 5; Staudinger-Engler (2004), § 1828 Rn. 9. 115 Dazu sogleich unter C I (S. 428). 116 Allgemein zur Gruppierung der Rechtstatsachen bereits § 1 A I (S. 2). 117 Zum GmbH-Recht Scholz-K. Schmidt, § 45 Rn. 19. 114
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B. Rechtsnatur
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1. Willensbildung durch Beschluss Die Willensbildung eines Gremiums erfordert, dass durch einen organisatorischen Akt die Vielzahl der Einzelwillen der Gremiumsmitglieder zu einem Gremiumswillen zusammengefasst wird. Diese Aufgabe erfüllt im Recht aller Personenmehrheiten der Beschluss, der im Wege rechtlicher Wertung (Zurechnung) aus der Summe von Einzelwillen den Willen der Personenmehrheit bildet.118 Die Beschlussfassung beruht auf der Stimmabgabe der einzelnen Mitglieder der Personenmehrheit für oder gegen einen bestimmten Beschlussantrag. Jede einzelne Stimmabgabe ist Willenserklärung, die auf die inhaltlich durch den Antrag festgelegte kollektive Willensbildung gerichtet ist. Der Beschluss beruht also auf zumindest einer Willenserklärung und führt eine Rechtsfolge herbei, so dass er als (mehrseitiges) Rechtsgeschäft einzuordnen ist.119 Die Eigenart des Beschlusses, dass er auf gleichgerichteten Willenserklärungen (Stimmabgaben) beruht, verbietet es, den Beschluss einer anderen Gruppe von Rechtsgeschäften zuzuordnen. Vielmehr bedeuten Beschlüsse eine eigene Gruppe unter den Rechtsgeschäften. Zur Eigenart des Beschlusses gehört ferner, dass der Begriff Beschluss nicht festlegt, wie groß die Beteiligung der Mitglieder an der Beschlussfassung (Beschlussfähigkeit) und wie groß die Mehrheit für einen Beschluss sein muss, damit er zustande kommt. Diese Voraussetzungen unterscheiden sich vielmehr nach Art der Personenmehrheit und nach Art des Beschlussgegenstands. 2. Willensbetätigung In Bezug auf Beschlüsse wird streng zwischen der Willensbildung durch Beschluss und der Willensbetätigung als Ausführungsakt getrennt.120 Diese Trennung hat jedenfalls im Außenverhältnis ihre Berechtigung. Dort kann sie schon darauf beruhen, dass die Willensbetätigung einem anderen Subjekt zugewiesen ist. So hat etwa die Gesellschafterversammlung einer GmbH über die Bestellung eines Prokuristen nach § 46 Nr. 7 GmbHG zu beschließen, die Bestellung im Wege der Bevollmächtigung obliegt aber dem Geschäftsführer.121 Aber auch wenn für die Willensbetätigung das gleiche Organisationssubjekt zuständig ist, erfordern die Regeln des Außenrechtsverkehrs meist dadurch eine besondere Willensbekundung, dass sie eine Willenserklärung verlangen. Für eine Außenwirkung des Beschlusses fehlt es an einer Grundlage. Daher muss etwa die gesamtvertretungsberechtigte Leitungseinheit, nachdem sie über einen Geschäftsabschluss beschlossen hat, dieses Geschäft noch im Außenverhältnis durch die Abgabe von Willenserklärungen im Wege eines Gesamtakts vornehmen.
118
K. Schmidt, GesR, § 15 I 1. BGHZ 124, 111, 122; MünchKommAktG-Semler, § 108 Rn. 17; K. Schmidt, GesR, § 15 I 2; Staudinger-Bork (2003), § 145 Rn. 6; v. Tuhr, AT I, § 36 IV; ders., AT II/1 § 53 IV. 120 RGZ 68, 381, 385; Baltzer, Beschluß, 128 f.; Bork, AT, Rn. 436 Fn. 13; K. Schmidt, GesR, § 15 I 4; Scholz-K. Schmidt, § 45 Rn. 23, 29. 121 Hachenburg-Hüffer, § 47 Rn. 36; Scholz-K. Schmidt, § 46 Rn. 124. 119
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§ 12: Intellektbetätigung innerhalb des Organisationsbereichs (Willensbildung)
Entsprechend dieser Trennung von Willensbildung und Willensbetätigung ist im Außenverhältnis grundsätzlich die Wirksamkeit der Willenserklärung nicht davon abhängig, ob ein wirksamer Beschluss vorliegt.122 Auch Regelungen, die eine Beschlussfassung voraussetzen, wirken regelmäßig nur intern. So ist etwa unbeschadet von § 46 Nr. 7 GmbH die Prokuraerteilung durch den vertretungsberechtigten Geschäftsführer ohne entsprechenden Gesellschafterbeschluss wirksam.123 Ausnahmefälle, in denen die Wirksamkeit im Außenverhältnis von einer Beschlussfassung abhängig ist, sind dadurch begründet, dass wie bei Unternehmensverträgen (§ 293 AktG) die Grundlagen der Organisation selbst betroffen sind.124 Im Folgenden ist hinsichtlich des Organisationsverhältnisses danach zu fragen, in welchem Verhältnis Beschluss und Willensbetätigung, beispielsweise also der Beschluss über die Weisung und die Erklärung der Weisung an das angewiesene Organisationssubjekt, zueinander stehen. Es ist möglich, dass der Beschluss wie im Außenverhältnis eines Ausführungsakts bedarf (unter a.) oder dass der (ggf. mitgeteilte) Beschluss selbst organisationsintern Wirkungen äußert (unter b.). Zu entscheiden ist schließlich, welche dieser beiden Möglichkeiten interessengerechter ist und wie daher entsprechende Regelungen von Organisationsverfassungen, die keine ausdrückliche Festlegung enthalten, auszulegen sind (unter c.). a) Selbstständige (individuelle) Ausführungsakte Wie im Außenverhältnis können auch im Innenverhältnis für die Willensbetätigung weitere Ausführungsakte verlangt werden. Diese Ausführungsakte sind dann wie die individuellen Akte zu qualifizieren, die von nur einem Amtswalter vorzunehmen sind. Es handelt sich also um Willenserklärungen, rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und Realakte. Im Vergleich zum Amtshandeln bedarf es weiterer Voraussetzungen, um diese Akte dem jeweiligen Gremium zuzurechnen. Es genügt nicht die Willensbekundung durch einen Amtswalter. Entweder müssen alle Gremiumsmitglieder im Wege eines Gesamtakts diese (individuellen) Willensbetätigungen gemeinsam vornehmen. Sollen aber nur einzelne oder gar nur ein Gremiumsmitglied handeln, müssen die handelnden Gremiumsmitglieder von den nicht handelnden dazu entsprechend ermächtigt werden. Es stellt sich also die typische Frage nach der Handlungsmacht einzelner Mitglieder für das Gesamtgremium. Diese Handlungsmacht kann sich insbesondere für eine Mehrheit der Gremiumsmitglieder bereits aus der Organisationsverfassung ergeben, wenn das Gremium dem Mehrheitsprinzip unterworfen ist. Die Handlungsmacht insbesondere eines einzelnen Gremiumsmitglieds kann sich aber auch aus einem Beschluss dieses Gremiums ergeben. Dabei kann der Beschluss das einzelne Gremiumsmitglied entweder zu einer bestimmten Willensbetätigung oder zu einer von diesem Gremiumsmitglied selbst zu bestimmenden Betätigung ermächtigen. 122 123 124
Zu Beschränkungen der Amtsmacht im Außenverhältnis § 10 B III (S. 359). BGHZ 62, 166, 168 f.; Scholz-K. Schmidt, § 46 Rn. 124. Zu den besonderen Wirkungen des § 108 AktG siehe § 15 B I (S. 548).
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b) Beschlusswirkungen (Kollektivakt) Alternativ kann die Willensbetätigung aber auch schon auf dem Beschluss selbst beruhen. Zunächst ist zu zeigen, dass im Organisationsverhältnis – anders als im Außenverhältnis – durchaus die Wirkungen eines Beschlusses unmittelbar auch das angesprochene Organisationssubjekt treffen können. Sodann ist über die Voraussetzungen einer solchen über das beschließende Gremium hinausgehenden Wirkung zu befinden. aa) Beschlusswirkungen außerhalb des beschließenden Gremiums Es wurde bereits dargelegt, dass ein Beschluss – anders als insbesondere ein Vertrag – auch Betroffene binden kann, die nicht durch eine Ja-Stimme zum Zustandekommen des Beschlusses beigetragen haben.125 Legitimation dieser Breitenwirkung des Beschlusses ist die Zugehörigkeit zu der Organisation, deren Verfassung vorgibt, dass bestimmte Fragen durch Mehrheitsbeschluss bestimmt werden können. Die Verbindlichkeit des Beschlusses wirkt jedenfalls gegenüber den Mitgliedern der Personenmehrheit, die den Beschluss gefasst hat. Diese Bindung der Mitglieder kommt darin zum Ausdruck, dass der Beschluss der Personenmehrheit als ihr Wille zugerechnet wird. Dabei bedeutet die »Bindung der Mitglieder« keinesfalls, dass sie von den Beschlusswirkungen in ihrer persönlichen Rechtsstellung betroffen sein müssen, sondern nur, dass sie die Maßgeblichkeit des Beschlusses für die organisierte Personenmehrheit unbeschadet ihrer Teilhabekompetenz nicht mehr infrage stellen dürfen. In komplexeren Organisationen wie den hier untersuchten Handlungsorganisationen kann diese »Bindungswirkung« noch über das beschließende Gremium und seine Mitglieder hinausgehen. Auch diese Wirkung folgt aus der Organisationsverfassung, wenn sie nicht nur die Gremiumsmitglieder, sondern weitere Organisationssubjekte unmittelbar an bestimmte Beschlüsse bindet. Eine solche erweiterte Breitenwirkung kommt beispielsweise darin zum Ausdruck, dass in Verbänden der durch Beschluss festgelegte Wille der Mitgliederversammlung (Grundlageneinheit) neben der Zurechnung zum Organ durch dieses Organ als Zwischenzurechnungssubjekt hindurch dem Verband selbst als Verbandswille zugerechnet wird.126 Die Feststellung dieser Zurechnung kann zwar Missverständnisse auslösen. Denn im Außenverhältnis wird es regelmäßig nicht auf den so ermittelten Verbandswillen ankommen, sondern auf den, den die Person bildet, die im Außenverhältnis für den Verband tätig wird. Gleichzeitig spricht gegen dieses Bild im Organisationsverhältnis, dass der Verband gar nicht selbst Subjekt des Organisationsverhältnisses ist. Gerade im Organisationsverhältnis hat dieses Bild aber seinen Platz, weil der Verbandswille vorgibt, wonach alle Organisationssubjekte sich zu richten haben. Im Ergebnis kann also eine Organisationsverfassung anordnen, dass der Beschluss eines Gremiums unmittelbar gegenüber anderen Organisationssubjekten wirkt.127 Es bedarf dann keines Umsetzungsaktes der Willensbildung durch Wil-
125 126 127
Rüthers/Stadler, AT, § 16 Rn. 7. Baltzer, Beschluß, 91 ff.; Lindemann, Beschlußfassung, 32; K. Schmidt, GesR, § 15 I 1 b. Altmeppen/Roth-Roth, § 47 Rn. 2 zum Weisungsbeschluss.
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lenserklärung, sondern der Beschluss über beispielsweise eine Weisung begründet unmittelbar Handlungspflichten beim angewiesenen Organisationssubjekt. bb) Voraussetzungen solcher Wirkungen Es bleibt die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Beschluss solche Wirkungen außerhalb des beschließenden Gremiums herbeiführen kann. Ein Beschluss kommt bereits dadurch zustande, dass die darauf gerichteten Willenserklärungen der Gremiumsmitglieder in der für den jeweiligen Beschluss vorausgesetzten Beschlussprozedur ggf. einschließlich Beschlussfeststellung abgegeben werden. Regelmäßig ist eine Versammlung der Gremiumsmitglieder vorgesehen. Es kommt aber auch eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren in Betracht. Dieses gremiumsinterne Zustandekommen des Beschlusses ist somit notwendige, aber nicht unbedingt hinreichende Voraussetzung dafür, dass der Beschluss die Wirkungen äußert, auf die er gerichtet ist.128 Die Organisationsverfassung kann diese Rechtsfolgen noch von weiteren Voraussetzungen abhängig machen. So werden Satzungsänderungen in Körperschaften erst mit Eintragung der Satzungsänderung in das jeweilige Register wirksam (§§ 181 Abs. 3 AktG, 71 BGB, 54 Abs. 3 GmbHG). Vielfach wird die Wirksamkeit von Beschlüssen auch an Zustimmungserfordernisse geknüpft.129 Die Wirkungen organisationsintern wirkender Beschlüsse können von der Mitteilung des Beschlussinhalts an das jeweils adressierte Organisationssubjekt abhängig sein.130 Die Organisationsverfassung muss regeln, ob ein organisationsinterner Beschluss mitteilungsbedürftig ist. Regelmäßig fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung. Bei der daher erforderlichen Auslegung der Organisationsverfassung muss man von der Interessenlage des durch den Beschluss betroffenen Organisationssubjekts ausgehen. Dieses Organisationssubjekt kann durch den Beschluss insbesondere zu einem bestimmten Verhalten angewiesen werden oder der Beschluss kann ihm in Form einer Zustimmung ein bestimmtes Verhalten erlauben. (1) Nicht mitteilungsbedürftige Beschlüsse. Von einer Mitteilung an das angesprochene Organisationssubjekt kann man absehen, wenn von diesem Organisationssubjekt zu verlangen ist, sich selbst über die getroffenen Beschlüsse zu informieren. Eine solche Informationspflicht ist anzunehmen, wenn das angesprochene Organisationssubjekt von der Organisationsverfassung gerade mit der Ausführung der Beschlüsse des beschließenden Gremiums betraut ist. Beispiele solcher Regelungen sind §§ 83 Abs. 2 AktG, 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG, durch die Vorstand oder Wohnungseigentumsverwalter mit der Durchführung der Hauptversammlungs- oder Eigentümerversammlungsbeschlüsse betraut werden.131 Das mit der Ausführung betraute Organisationssubjekt ist dann typischerweise bei der Be128
Vgl. BGHZ 48, 141, 143. Vgl. für das GmbH-Recht Baumbach/Hueck-Zöllner, § 47 Rn. 29 f. 130 Vgl. allgemein für die Kundgabe als Wirksamkeitsvoraussetzung von Beschlüssen Baumbach/Hueck-Zöllner, § 47 Rn. 5; zur Wirksamkeit einer Zustimmung des Aufsichtsrats (§ 111 Abs. 4 AktG) durch Information des Vorstands über den Beschluss MünchKommAktG-Semler, § 111 Rn. 440. 131 Siehe § 4 B II 2 b cc (S. 137). 129
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schlussfassung anwesend, kann sich jedenfalls eine Niederschrift über die Ergebnisse der Sitzung beschaffen. Der Grund für eine solche gremiumsfremde Ausführungskompetenz liegt darin, dass das betroffene beschließende Gremium nicht über die organisatorische Ausstattung verfügt, seine Beschlüsse selbst umzusetzen.132 Es ist auf den Beschluss als Handlungsform beschränkt. Sonstige Erklärungen sind ihm mangels eines »Handlungsorgans” nicht möglich. Es verfügt insbesondere über keinen Vorsitzenden. Aus den vorstehenden Erwägungen sollte daher grundsätzlich bei den Grundlageneinheiten davon ausgegangen werden, dass ihre gegenüber der Leitungseinheit wirkenden Beschlüsse nicht mitteilungsbedürftig sind. Nicht mitteilungsbedürftig sind daher insbesondere Hauptversammlungsbeschlüsse im Verein gegenüber dem Vorstand und Beschlüsse der Gläubigerversammlung gegenüber dem Insolvenzverwalter. (2) Mitteilungsbedürftige Beschlüsse. Auch den Geschäftsführern einer GmbH obliegt es freilich, Gesellschafterbeschlüsse zur Kenntnis zu nehmen und ggf. auszuführen.133 Jedoch sind die Gesellschafter im Bereich der Sozialakte als handlungsfähiges Organ vorgesehen.134 Das spricht dafür, die Gesellschafter im Organisationsbereich für zuständig zu halten, ihre Weisungsbeschlüsse dem Geschäftsführer mitzuteilen.135 Außerhalb der Grundlageneinheiten ist grundsätzlich von einer Mitteilungsbedürftigkeit auszugehen. Davon betroffen sind insbesondere die Beschlüsse der Aufsichtseinheiten im Verhältnis etwa zu den Leitungseinheiten. Die Aufsichtseinheiten verfügen regelmäßig über eine hinreichende Organisation. So kommt typischerweise dem Gremiumsvorsitzenden die Aufgabe zu, die Beschlüsse dem Adressaten mitzuteilen.136 Dieses Erfordernis wird freilich durch die Beschlussfeststellung selbst erfüllt, wenn der Geschäftsführer der Beschlussfassung beiwohnt. cc) Rechtsnatur der Beschlüsse Die Rechtsnatur mitteilungsbedürftiger und nicht mitteilungsbedürftiger Beschlüsse unterscheidet sich nicht grundlegend. In beiden Fällen handelt es sich um Rechtsgeschäfte, die der besonderen durch die Beschlüsse gebildeten Gruppe der Rechtsgeschäfte zuzuordnen sind. Im Fall der mitteilungsbedürftigen Beschlüsse besteht freilich der rechtsgeschäftliche Tatbestand nicht nur aus dem Beschluss, sondern es tritt als zusätzliches Tatbestandsmerkmal – wie in anderen Fällen einer etwaig erforderlichen Zustimmung – die Mitteilung hinzu.
132 Zu den Rechtsinhabergremien oben § 11 A II (S. 406); ferner MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 9. 133 So ausdrücklich BGHZ 52, 316, 318 f. 134 Scholz-K. Schmidt, § 45 Rn. 29. 135 Altmeppen/Roth-Roth, § 47 Rn. 2. 136 So § 26 Abs. 2 S. 1 BetrVG; dazu § 15 B I 3 (S. 550).
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Die Mitteilung selbst ist nicht Willenserklärung, sondern Wissensmitteilung.137 Eine Willenserklärung muss die Rechtsfolgen herbeiführen, auf die diese Erklärung gerichtet ist. Hier gehen die Rechtsfolgen vom Beschluss aus. Die Mitteilung ist nur Wirksamkeitsvoraussetzung. Die Vorschriften über Willenserklärungen sind aber – wie bei sonstigen rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen – auch auf die Wissensmitteilung entsprechend anzuwenden, um ihre Wirksamkeitsvoraussetzungen zu bestimmen.138 c) Abgrenzung Von den beiden vorgestellten Möglichkeiten organisationsinternen Handelns von Gremien ist die Handlungsform durch Beschluss die gebräuchliche. Diese Handlungsform durch Beschluss ist immer dann notwendig, wenn die Organisationsverfassung die Beschlussfassung eines bestimmten Gremiums vorschreibt. So verhält es sich zum einen mit den Grundlageneinheiten, die gar nicht anders intellektbetätigungsfähig sind. Aber auch den Aufsichtseinheiten ist vielfach aufgegeben, durch Beschluss zu handeln. Ein Beispiel bietet etwa § 108 AktG für den Aufsichtsrat.139 § 107 Abs. 3 AktG erlaubt nur die Delegation bestimmter Angelegenheiten auf Ausschüsse des Aufsichtsrats, die dann aber wiederum durch Beschluss entscheiden müssen. Auch für den Gläubigerausschuss sieht § 72 InsO die Entscheidung durch Beschluss vor, so dass etwa die Zustimmung nach § 160 InsO in dieser Form zu erteilen ist.140 Der Vorteil dieses Verständnisses besteht darin, dass der nach der Organisationsverfassung maßgebliche Kollektivakt Beschluss für die Wirkungen im Organisationsverhältnis ausschlaggebend ist. So werden zum einen Beschlusswirkungen ohne Ausführungsakt ermöglicht, zum anderen wird bei mitteilungsbedürftigen Beschlüssen die Wertigkeit von Beschluss und Mitteilung in das zutreffende Verhältnis gesetzt. Der jeweilige Organisationsakt ist daher insbesondere nur dann wirksam, wenn der Beschluss selbst wirksam zustande gekommen ist. Anders als im Außenverhältnis gibt es im Organisationsverhältnis keinen Grund, den Adressaten eines Organisationsaktes nur an den Ausführungsakt zu binden. Bei Ausführungsakten im Außenverhältnis hat der Beschluss allenfalls mittelbare Bedeutung, wenn er die Vertretungsmacht für den Ausführungsakt begründet. Ein Handeln des Gremiums durch individuelle Akte (Willenserklärung) kommt nur in Betracht, wenn die Organisationsverfassung das Handeln eines Gremiums ohne Beschluss zulässt. Darüber hinaus muss es aber auch noch einen besonderen Grund geben, nicht in Form des Kollektivaktes, sondern durch individuelle Akte zu handeln. Insbesondere ist daran zu denken, dass ein einzelnes Gremiumsmitglied zum Handeln für das Gremium ermächtigt wird.
137 Bednarz, NZG 2005, 418, 420; anders wohl KölnKomm-Mertens, § 108 Rn. 8; MünchKommAktG-Semler, § 108 Rn. 14, 19. – Zur Amtswalterbestellung § 14 B I 1 (S. 485). 138 Vgl. Bork, AT, Rn. 416 ff. 139 MünchKommAktG-Semler, § 108 Rn. 19. 140 MünchKommInsO-Görg, § 160 Rn. 29.
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3. Fazit Innerhalb des Organisationsverhältnisses sind die Akte eines Gremiums also anders zu qualifizieren als im Außenverhältnis. Während im Außenverhältnis Gremien nur durch Individualakte ihrer Gremiumsmitglieder Rechtsfolgen herbeiführen, entfalten im Organisationsverhältnis Beschlüsse, also Kollektivakte, unmittelbare Wirkung. Dieser Gegensatz beruht darauf, dass im Außenverhältnis auch komplexe Organisationen so am Rechtsverkehr teilnehmen, wie es auch natürliche Personen tun, die Willenserklärungen abgeben. Das Organisationsverhältnis ist dagegen für die Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten offen, kann insbesondere differenzieren, ob ein Organisationssubjekt Gremium oder Amt ist.141
IV. Einmanngremien In besonderen Fällen können Gremien nur aus einem Amt bestehen. Prominentes Beispiel ist die Gesellschafterversammlung einer GmbH, die nur aus einer Person besteht, weil die Gesellschaft nur über einen Gesellschafter verfügt.142 Unter den Aufsichtseinheiten verbieten §§ 95, 108 Abs. 2 S. 3 AktG die Besetzung des Aufsichtsrats mit nur einer Person. Auch der Gläubigerausschuss muss mit mindestens zwei Mitgliedern besetzt werden,143 kann ggf. aber nur aus einem Mitglied bestehen, wenn die anderen Mitglieder weggefallen sind.144 Zulässig und auch vielfach anzutreffen ist es hingegen für Leitungseinheiten, dass sie nur aus einem Mitglied bestehen (§§ 76 Abs. 2 AktG, 26 Abs. 1 BGB, 6 Abs. 1 GmbHG). In diesen Konstellationen hat das für das Gremium handelnde Gremiumsmitglied regelmäßig, wie von § 48 Abs. 3 GmbHG vorausgesetzt, ebenfalls durch Beschluss zu handeln.145 Bestehen allerdings keine besonderen formellen Anforderungen an die Beschlussfassung, so lässt sich die Beschlussfassung leicht dem Entschluss des einzigen Gremiumsmitglieds gleichstellen.146 Die Mitteilung seines Entschlusses gleicht dann mehr dem individuellen Akt einer Willenserklärung, als dass die Besonderheiten der Beschlussfassung noch zum Ausdruck kommen.
141 Eine Zwitterstellung nehmen organisationsinterne Maßnahmen mit Außenwirkung ein, vgl. etwa zu Sozialakten des Gesellschaftsrechts mit Außenwirkung BGHZ 15, 324, 330; Mertens, AG 1981, 216, 217; zur Zustimmung des Betriebsrats zu Kündigungen nach § 103 BetrVG etwa MünchArbRHdb-Joost, § 305 Rn. 22 ff. – Allgemein zu außenwirksamen Zustimmungen § 9 C (S. 331). 142 Siehe Lindemann, Beschlußfassung, 64 f., zur abweichenden Konstellation, dass in einer Mehrpersonen-GmbH die Gesellschafterversammlung nur durch die Stimme eines Gesellschafters einen Beschluss fasst. 143 LG Neuruppin, ZIP 1997, 2130; MünchKommInsO-Gößmann, § 68 Rn. 8; Kübler/ Prütting-Kübler, § 68 Rn. 15; zur Zulässigkeit des Zweierausschusses auch BGHZ 124, 86, 91. 144 Kübler/Prütting-Kübler, § 70 Rn. 15. 145 Baumbach/Hueck-Zöllner, § 48 Rn. 46. 146 Baumbach/Hueck-Zöllner, § 46 Rn. 7, § 48 Rn. 50.
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C. Fehler und Fehlerfolgen Eine Untersuchung von Fehlern der hier analysierten Intellektbetätigungen und von ihren Folgen hat wiederum nach der Rechtsnatur der jeweiligen Intellektbetätigungen zu unterscheiden.
I. Gerichtliche Beschlüsse Gerichtliche Beschlüsse werden mit ihrer Bekanntmachung wirksam (§§ 15 FGG, 329 ZPO). Die Beschlüsse wirken dann grundsätzlich, gleich ob sie an einem Fehler leiden oder rechtmäßig ergangen sind. Damit kommt der allgemeine Rechtsgrundsatz zum Ausdruck, dass öffentliche Akte nur im Ausnahmefall nichtig sind.147 Die Beschlüsse sind daher durchsetzbar und können Bestandskraft erlangen. Den Betroffenen steht allerdings regelmäßig die Möglichkeit offen, Rechtsmittel gegen den gerichtlichen Beschluss einzulegen. Maßgeblich sind die einfachgesetzlichen Grundlagen, auf die zurückzukommen ist.148 Der Spielraum des Gesetzgebers wird aber durch Vorgaben des Grundgesetzes beschränkt. Art. 19 Abs. 4 GG eröffnet jedem, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, den Rechtsweg. Für die Gewährung dieses Rechtsschutzes sind nach Art. 92 GG die Richter berufen. Herkömmlich wurden daher richterliche Akte – unabhängig von ihrem Gegenstand – nicht als öffentliche Gewalt im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG angesehen, gegen die Rechtsschutz zu gewähren ist.149 Die Literatur – hervorzuheben ist Andreas Voßkuhle – bekämpft dieses Dogma allerdings zunehmend.150 Das Bundesverfassungsgericht hat sich inzwischen im Plenarbeschluss vom 30.4.2003 auf eine nach dem Gegenstand der richterlichen Tätigkeit differenzierende Sichtweise festgelegt.151 Von der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG wird nicht erfasst, wenn der Richter in seiner spezifischen Funktion tätig wird, seine Tätigkeit also als Rechtsprechung im materiellen Sinne zu qualifizieren ist. Gegen solche richterlichen Akte soll allerdings der allgemeine Justizgewährungsanspruch einen Rechtsschutz garantieren, falls die (erstmalige) Verletzung von Verfahrensgrundrechten durch den Richter im gerichtlichen Verfahren in Rede steht.152 Gegenstand der Entscheidung ist der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG 147 Vgl. zum Insolvenzeröffnungsbeschluss BGHZ 138, 40, 44; BGH ZIP 2004, 766, 767; 2003, 356, 357. 148 Zum Organisationsverhältnis siehe § 13 A II 3 (S. 445); zum Amtswalterrechtsverhältnis § 14 B II 5 (S. 509). 149 BVerfGE 92, 365, 410; 87, 48, 61; 83, 24, 31; 11, 232, 233; 4, 74, 94 f.; vgl. das Schlagwort Dürigs, Maunz/Dürig, Erstbearbeitung (1958), Art. 19 IV Rn. 17: »Art. 19 Abs. 4 GG gewährt Rechtsschutz durch den Richter, nicht gegen den Richter”. 150 Voßkuhle, NJW 2003, 2193, 2196 ff.; ders., NJW 1995, 1377, 1382 f.; ders., Rechtsschutz, 158 ff.; ferner Mangoldt/Klein/Starck-Huber, Art. 19 Rn. 448; Maunz/Dürig-Schmidt-Aßmann, Art. 19 IV Rn. 98 ff. 151 BVerfGE 107, 395 ff.; erläuternd etwa Wieland, ZIP 2005, 233, 234. 152 BVerfGE 107, 395, 407 ff.
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greift jedoch, wenn ein Richter auf Grundlage eines einfachgesetzlichen Richtervorbehalts verwaltend tätig wird, seine Tätigkeit also lediglich als Rechtsprechung im formellen Sinne zu qualifizieren ist.153 Erst recht muss Art. 19 Abs. 4 GG greifen, wenn das Gericht durch andere Organe als einen Richter, insbesondere Rechtspfleger, tätig wird, die schon deswegen keine Rechtsprechung im materiellen Sinne wahrnehmen können, weil Art. 92 GG diese Tätigkeit ausschließlich den Richtern zuweist.154 Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellen die durch das Grundgesetz den Richtern zugewiesenen Materien und der traditionelle Kernbereich der Rechtsprechung Rechtsprechung im materiellen Sinne dar.155 Darüber hinaus wird aufgrund einer funktionellen Betrachtung der Richter auch dann im materiellen Sinne rechtsprechend tätig, wenn das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren auf materielle Rechtsprechung zugeschnitten ist. Das setzt allerdings voraus, dass ein gerichtsförmiges Verfahren hoheitlicher Streitbeilegung vorgesehen ist, dessen Entscheidung eine Rechtswirkung zukommt, die unabhängigen Gerichten vorbehalten ist. Diese Voraussetzungen erfüllt die gerichtliche Beschlusstätigkeit im Rahmen der zu betrachtenden Handlungsorganisationen regelmäßig nicht. Aufgabe der richterlichen Tätigkeit ist es hier nicht, Streitigkeiten zwischen verschiedenen Organisationssubjekten verbindlich zu klären. Die Gerichte wirken vielmehr in besonderer Rolle an der Organisation mit. Das spezifisch organisationsrechtliche Problem, den verfassungsrechtlich garantierten Rechtsschutzumfang zu bestimmen, besteht aber darin zu klären, wer sich auf dieses Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG berufen kann. Grundrechtsfähig sind jedenfalls die Organisationssubjekte, die selbst Rechtssubjekt sind, also die Organisationssubjekte kraft Rechtsinhaberschaft. Grundrechtsfähig sind ferner die Amtswalter. Das Amt als apersonales Subjekt, das lediglich über einzelne zugewiesene Organisationsrechte verfügt, ist hingegen nicht grundrechtsfähig. Auf Grundrechte kann es sich daher nur berufen, wenn ihm die Kompetenz zugewiesen ist, fremde Grundrechte geltend zu machen. So wird es sich regelmäßig nur im Außenverhältnis, nicht aber im Organisationsverhältnis verhalten.
II. Willenserklärungen Die auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichteten Willensbekundungen gehen regelmäßig von Gremien aus, die in Form von Beschlüssen agieren. Folglich ist Hauptanwendungsfall für die Willenserklärung die Stimmabgabe von Gremiumsmitgliedern. Es lassen sich dabei vornehmlich zwei Fehlerarten unterscheiden. Die eine Fehlerart wird durch die Regelungen des BGB über Willenserklärungen beschrieben.156 Der Erklärende muss nach Maßgabe der §§ 105 ff. BGB geschäftsfä153 BVerfGE 107, 395, 406; bestätigend BGH NJW 2004, 2725, 2726; vgl. bereits BVerfGE 104, 220, 231 ff.; 96, 27, 39 ff. 154 BVerfGE 107, 395, 405; 101, 397, 398. 155 BVerfGE 103, 111, 137 f.; BVerfG NJW 2004, 2725, 2726. 156 K. Schmidt, GesR, § 15 I 2 b; Staudinger-Weick (1996), § 32 Rn. 30.
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hig sein. Auf Willensmängel sind insbesondere die Regelungen über die Anfechtung auch auf die Stimmabgabe anwendbar.157 Ist Vertretung zulässig, sind §§ 164 ff. BGB einschlägig. Die andere Fehlerart beruht auf spezifisch organisationsrechtlichen Gründen. So kann zum einen die Stimmabgabe – etwa wegen eines Interessenkonflikts – ausgeschlossen sein.158 Bei Ämtern kann zum anderen die Organisationszweckwidrigkeit die Zurechnung vom Amtswalter zum Amt hindern. Hier besteht eine Parallele zum Institut des Missbrauchs der Vertretungsmacht im Außenverhältnis.159 Die organisationszweckwidrige Willenserklärung äußert daher keine Wirkungen. Im Organisationsverhältnis hindert bereits die objektive Organisationszweckwidrigkeit die Zurechnung, weil ein Vertrauen auf eine organisationszweckwidrige Erklärung hier nicht schützenswert ist.160 Alle Fehler von Willenserklärungen führen – abgesehen von der bürgerlichrechtlichen Anfechtung nach §§ 142 ff. BGB – zur Unwirksamkeit. Folglich kann sich grundsätzlich jedermann auf die Unwirksamkeit der Erklärung berufen. Die nichtige Stimmabgabe wirkt daher wie eine Enthaltung. Die Stimme ist bei der Beschlussfeststellung nicht zu berücksichtigen. Wurde die unwirksame Stimme aber bei der formellen Beschlussfeststellung berücksichtigt, so ist diese selbst fehlerhaft.161 Die Auswirkungen dieses Fehlers richten sich nach den sogleich zu besprechenden Regeln über Beschlussmängel.
III. Beschlüsse Die Analyse von Beschlüssen muss drei Bereiche trennen. Es sind die Arten der Beschlussmängel (unter 1.) von den Folgen dieser Mängel (unter 2.) zu scheiden. Für Amtswalter stellt sich schließlich die spezifische Frage, inwieweit sie sich auf Beschlussmängel berufen können (unter 3.). 1. Arten von Beschlussmängeln Es lassen sich formelle und materielle Beschlussmängel unterscheiden. Formelle Mängel beziehen sich auf die Beschlussprozedur (Ladung, Versammlung, Beschlussfähigkeit, einzelne Stimmabgabe, Beschlussfeststellung etc.). Insbesondere
157
BGHZ 14, 264, 267. § 25 Abs. 5 WEG; BGHZ 97, 28, 32 ff. zu § 47 Abs. 4 GmbHG; ferner §§ 136 Abs. 1 AktG, 43 Abs. 6 GenG; 34 BGB; allgemein K. Schmidt, GesR, § 21 II 2 a, mit der Fallgruppenbildung »Richter in eigener Sache« und »Insichgeschäft«. 159 Dazu oben § 10 A I 2 (343 ff.), B I 2 a (S. 353 f.). 160 Reuter, Festschrift Zöllner, 487, 493; vgl. auch BGH NJW-RR 1988, 745, 746, allerdings im Verhältnis des Amtswalters zur Organisation. Auch im Außenverhältnis werden geringe Anforderungen an die Erkennbarkeit des organisationszweckwidrigen Handelns gestellt, wenn Geschäfte mit Rechtsträgern in Rede stehen, die selbst an den Organisationszweck gebunden sind, siehe § 10 B I 2 a (S. 354). 161 Vgl. BGHZ 14, 264, 268 zur fehlerhaften Stimme sowie BGHZ 104, 66, 69 zur fehlerhaften Beschlussfeststellung. 158
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die Rechtsprechung verlangt für die Beachtlichkeit solcher Mängel eine Kausalität des Mangels für das Beschlussergebnis.162 Materielle Fehler beziehen sich auf den Beschlussinhalt. Ein Mangel liegt vor, wenn der Beschluss gegen die Organisationsverfassung verstößt. Regelmäßig ist dem Gremium ein Entscheidungsspielraum eingeräumt. Bei der Beurteilung von auf Grundlage solcher Spielräume gefällter Entscheidungen zeigt sich ein bedeutender Unterschied zwischen Rechtsinhaber- und Amtswaltergremien. Den Rechtsinhabern steht ein freier Entscheidungsspielraum zu, in dessen Rahmen sie nur ihrem eigenen Willen verpflichtet sind. Einschränkungen bestehen regelmäßig nur auf Tatbestandsebene. Beispiele sind die Verpflichtung der Wohnungseigentümer auf die Ordnungsmäßigkeit (§ 21 Abs. 3 WEG) oder die Verpflichtung der Gläubiger auf die gemeinsamen Interessen der Insolvenzgläubiger (§ 78 InsO) oder im Gesellschaftsrecht die aus den Treuepflichten folgenden Grenzen der Stimmrechtsausübung.163 Die Entscheidung von Amtswaltergremien ist indessen in weiterem Umfang überprüfbar, weil die Amtswalter bei ihrer fremdnützigen Tätigkeit stets auf den Organisationszweck verpflichtet sind. Die Überprüfbarkeit geht aber nicht so weit, dass sich der Beschluss daran messen ließe, ob er dem Organisationszweck am besten gedient habe. Vielmehr ist lediglich der Prognoseprozess zu kontrollieren, der dem Beschluss zugrunde liegt. Entsprechend ist der Beschluss auf Ermessensfehler nach Maßgabe der verwaltungsrechtlichen Ermessenslehre (§ 114 VwGO) zu überprüfen.164 Der Beschluss ist also auf eine Ermessensüberschreitung und einen Ermessensfehlgebrauch zu untersuchen. Daher ist der mehrheitlich zum Gläubigerausschuss vertretenen Ansicht entgegenzutreten, eine Überprüfung der Zweckmäßigkeit einer Maßnahme komme nur im Haftungsprozess in Betracht.165 Mit einer unzweckmäßigen Maßnahme überschreitet das Gremium regelmäßig seinen Ermessensspielraum. Wegen dieser Ermessensüberschreitung leidet der Beschluss an einem materiellen Fehler. 2. Rechtsfolgen von Beschlussmängeln Um die Rechtsfolgen von Beschlussmängeln zu bestimmen, ist zwischen den gesetzlich geregelten und den ungeregelten Fällen zu unterscheiden. a) Gesetzlich geregelte Fälle Eine umfassende ausdrückliche Regelung der Fehlerfolgen enthalten im Gesellschaftsrecht §§ 241 ff. AktG hinsichtlich der Hauptversammlungsbeschlüsse und im Wohnungseigentumsrecht § 23 Abs. 4 WEG hinsichtlich der Beschlüsse der 162 Zum Gesellschaftsrecht BGHZ 86, 1, 22; 59, 369, 375; 49, 209, 211; 14, 264, 267 f.; BGH NJW 1998, 684; kritisch GroßKommAktG-K. Schmidt, § 243 Rn. 21 ff.; zum Wohnungseigentumsrecht OLG Düsseldorf ZMR 1998, 244, 245. 163 Zu diesen Voraussetzungen am Beispiel der Amtswalterauswahl § 14 B I 3 b (S. 491). 164 Vgl. BGHZ 124, 111, 127; zur Amtswalterauswahl § 14 B I 3 a (S. 491). 165 So aber etwa MüchKommInsO-Gößmann, § 72 Rn. 22; Kübler/Prütting-Kübler, § 72 Rn. 14.
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§ 12: Intellektbetätigung innerhalb des Organisationsbereichs (Willensbildung)
Eigentümerversammlung. Beide Regelungen unterscheiden zwischen besonders schweren Mängeln, die zur Nichtigkeit führen (§§ 241 AktG, 23 Abs. 4 S. 2 WEG), und sonstigen Mängeln, die zunächst die Wirksamkeit des Beschlusses unberührt lassen. Der Beschluss ist aber auf Anfechtungsklage durch Gestaltungsurteil für unwirksam zu erklären (§§ 243 ff. AktG, 23 Abs. 4 S. 1 WEG). Diese Unterscheidung dient der Rechtssicherheit.166 Nach Ablauf der Anfechtungsfrist steht grundsätzlich fest, dass ein möglicherweise fehlerhafter Beschluss entweder mangels Anfechtung wirksam bleibt oder nach Anfechtung in einem gerichtlichen Verfahren überprüft wird. Vollkommene Rechtssicherheit wird freilich nicht gewährleistet. Es kann einmal die Abgrenzung zwischen nichtigen und rechtswidrigen Beschlüssen schwierig bleiben.167 Eine Belastung stellt ferner die Ungewissheit während der laufenden Anfechtungsverfahren dar. Überdies wird der Schutz gemindert, den Beschlussvoraussetzungen Beteiligten gewähren können. Der Geschützte muss einen etwaigen Normverstoß innerhalb der mit einem Monat kurzen Anfechtungsfrist (§§ 246 Abs. 1, 23 Abs. 4 S. 1 WEG) rügen. Der Druck zur Klage ist sehr hoch,168 eine außerprozessuale Klärung wird erheblich erschwert.169 b) Nicht ausdrücklich geregelte Fälle Soweit die Beschlussmängel nicht ausdrücklich geregelt sind, bedarf es der Lückenfüllung. Auf Karsten Schmidt geht der Vorschlag zurück, jedenfalls im gesamten Gesellschaftsrecht die Regelungen der §§ 241 ff. AktG auf alle Beschlüsse analog anzuwenden.170 Dieser Vorschlag hat Unterstützung gefunden.171 In der Rechtsprechung wird eine Analogie zu §§ 241 ff. AktG aber nur für das GmbHRecht bejaht,172 in dem es an jeglicher Regelung der Beschlussmängel fehlt, und für das Recht der Genossenschaft,173 in dem § 51 GenG die Beschlussanfechtung regelt. Für Verein und Stiftung wird diese Analogie hingegen unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien, in denen eine solche Regelung für zu kompliziert erklärt wurde,174 verneint.175 Ein ähnliches Bild ergibt sich hinsichtlich der Beurteilung von Beschlussmängeln des Aufsichtsrats. Während in der Literatur die analoge Anwendung der
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K. Schmidt, GesR, § 15 II 3. Ein markantes Beispiel ist im Wohnungseigentumsrecht das partielle Aus für Zitterbeschlüsse durch BGHZ 145, 158 ff., dass ein trotz absoluter Beschlussunzuständigkeit gefasster Beschluss nichtig ist. 168 Vgl. BGHZ 104, 66, 70. 169 Vgl. BGHZ 122, 342, 350. 170 Grundlegend K. Schmidt, Festschrift Stimpel, 217, 232 ff.; ferner ders., GesR, § 15 II 3; ders., Festschrift Semler, 329, 344. 171 Vgl. MünchKommBGB-Reuter, § 32 Rn. 56 ff. 172 BGHZ 111, 224 ff.; 104, 66, 70; 101, 113, 116; 51, 89, 91; 11, 231, 235 173 RGZ 170, 83, 88. 174 Prot. I, 537 f. 175 BGHZ 59, 369, 372; BGH NJW 1994, 184, 185; zust. etwa Bamberger/Roth-Schwarz, § 32 Rn. 29; Staudinger-Weick (1996), § 27 Rn. 25 ff. 167
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§§ 241 ff. AktG befürwortet wird,176 folgt die Rechtsprechung ihr nicht.177 Für die Beschlussfassung der Gläubigerversammlung regelt § 78 InsO ein Anfechtungsverfahren nur für den Fall, dass ein Verstoß des Beschlusses gegen das gemeinsame Interesse der Insolvenzgläubiger geltend gemacht werden soll. Im Übrigen wird für Beschlussmängel der Gläubigerversammlung wie des Gläubigerausschusses grundsätzlich nicht Anfechtbarkeit, sondern Nichtigkeit angenommen.178 Die Entscheidung über die Analogie zu §§ 241 ff. AktG sollte in ihrer Bedeutung nicht überschätzt werden. Einerseits muss man diesen Regelungen nicht ausnahmslos folgen, wenn man sich im Grundsatz für diese Analogie entscheidet. So ist beispielsweise im Recht der GmbH anerkannt, dass die starre Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG nicht greift.179 Andererseits bedeutet eine Ablehnung der Analogie nicht, dass jeder Beschlussmangel dazu führt, dass jedermann sich jederzeit auf die Nichtigkeit des Beschlusses berufen kann. So wird insbesondere im Vereinsrecht hervorgehoben, dass die Verletzung von Vorschriften zum Schutz einzelner Mitglieder geheilt wird, wenn diese Mitglieder den Mangel nicht in angemessener Frist rügen.180 Bei sonstigen formellen Mängeln hilft die Rechtsprechung mit Kausalitätserwägungen.181 Allein materielle Fehler führen ausnahmslos zur Nichtigkeit. Es besteht aber eine Übereinstimmung zu den aktienrechtlichen Beschlussanfechtungs- und Nichtigkeitsklagen darin, dass der Entscheidung über die Beschlussnichtigkeit wie nach §§ 248 f. AktG Breitenwirkung beigemessen wird.182 Es zeigt sich, dass ein allgemeines, die Beschlussmängel der verschiedenen Gremien erfassendes Lösungsmodell kaum zu finden ist. Es ist eine Einzelanalyse notwendig, für die hier nicht der Platz ist. Es muss sein Bewenden haben, sich die Problemstruktur bewusst zu machen: Die Fehlerfolgen können sich nach der Art des Mangels unterscheiden. Unterschiede können darin bestehen, ob eine Rüge notwendig ist, von wem diese vorgenommen werden kann und in welcher Frist sie erfolgen muss. Schließlich stellt sich prozessual insbesondere die Frage nach der Breitenwirkung einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Beschlussmängel. 3. Rügebefugnis der Amtswalter Ein spezifisches Problem des Amtswalterrechts ist, ob und in welcher Funktion ein Amtswalter Beschlussmängel rügen darf. Es lassen sich zwei Problembereiche unterscheiden.
176 Etwa OLG Hamburg, ZIP 1992, 1310 ff.; Axhausen, Anfechtbarkeit, 113 ff., passim; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, 94 ff.; Schwab, Prozeßrecht, 565 ff. 177 Grundlegend BGHZ 122, 342, 346 ff.; jüngst BGH NJW 2006, 374; ferner BGHZ 135, 244, 247; 124, 111, 115, 125; 85, 293, 295; 83, 144, 146; OLG Frankfurt, NZG 2003, 331, 332. 178 MüchKommInsO-Gößmann, § 72 Rn. 22; MünchKommInsO-Ehricke, § 76 Rn. 34. 179 BGHZ 111, 224 ff.; 104, 66, 70; 101, 113, 116. 180 BGHZ 59, 369, 373; Soergel-Hadding, § 32 Rn. 37a; Bamberger/Roth-Schwarz, § 32 Rn 38; Staudinger-Weick (1996), § 27 Rn. 27. 181 BGHZ 49, 209, 211 ff.; Bamberger/Roth-Schwarz, § 32 Rn. 34. 182 BGH NJW-RR 1992, 1209; Soergel-Hadding, § 32 Rn. 40.
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Die eine Frage, ob ein Amtswalter die Fehlerhaftigkeit von Beschlüssen des Gremiums, dem er selbst angehört, rügen kann, lässt sich als geklärt bezeichnen. Der BGH hat für den Aufsichtsrat mit Recht darauf hingewiesen, dass es zu den Aufgaben eines Gremiumsmitglieds gehört, auf rechtmäßiges Handeln seines Gremiums hinzuwirken. Daher hat er nicht nur bei der Beschlussfassung argumentativ für ein solches Verhalten einzutreten, sondern auch gegen rechtswidrige Beschlüsse prozessual vorzugehen.183 Diese Aufgabe begründet ein aus dem Amt folgendes Interesse, die Nichtigkeit des Beschlusses gerichtlich feststellen zu lassen. Der Amtswalter handelt dabei nicht im eigenen Interesse. Es geht nicht darum, seine eigene Haftung abzuwehren. Der Amtswalter handelt für das Amt, dessen Kompetenzen er wahrnimmt. Regelmäßig bedarf freilich die Anfechtung der Beschlüsse der Amtswaltergremien nach dem Gesagten nicht einer gesonderten Anfechtung. Schwieriger zu beantworten ist hingegen die Frage, ob ein Amtswalter des Leitungsorgans Beschlüsse der Grundlageneinheit angreifen kann. Eine Regelung dieser Frage enthalten §§ 245 Nr. 4, 5 AktG zur Rügebefugnis von Vorstand und Vorstands- wie Aufsichtsratsmitgliedern in Bezug auf Hauptversammlungsbeschlüsse, § 43 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2 Fall 2 WEG zur Rügebefugnis des Wohnungseigentumsverwalters in Bezug auf Beschlüsse der Eigentümerversammlung184 sowie § 78 Abs. 1 InsO zur Rügebefugnis des Insolvenzverwalters in Bezug auf Beschlüsse der Gläubigerversammlung. Die Problematik stellt sich freilich weiterhin insbesondere für das Recht der GmbH, in dem es an einer Regelung fehlt. Im Folgenden sollen aber zunächst die geregelten Fälle analysiert werden. a) Charakter der Rügebefugnis Die Rügebefugnis kann dem Amtswalter entweder wegen seiner persönlichen Rechtsstellung oder als Amtsbefugnis eingeräumt sein. In der Terminologie dieser Untersuchung ist also zu entscheiden, ob die Rügebefugnis dem Amtswalter oder dem Amt bzw. Gremium zugeordnet ist. Zu überzeugen vermag nur die apersonale Zuordnung. Es ist eine Befugnis aus dem Amt und daher eine solche des Amtes. Dieser Sichtweise entspricht die Einstufung als Funktionärsbefugnis.185 Die persönlichen Amtswalterinteressen mögen gelegentlich als Nebenfolge ebenfalls geschützt werden. Dieser Aspekt legitimiert die Rügebefugnisse aber nicht. Diese Auffassung wird zur Anfechtungsbefugnis des Wohnungseigentumsverwalters vertreten.186 Die Anfechtungsbefugnisse des Vorstands aus § 245 Nr. 4 AktG lassen sich kaum anders erklären, weil die Befugnisse nicht einzelnen 183
BGHZ 135, 244, 248; ebenso K. Schmidt, Festschrift Semler, 329, 345. Gegen eine Anfechtungsbefugnis nur Suilmann, Beschlussmängelverfahren, 157 ff. – Dafür etwa BGHZ 151, 164, 169. 185 Grundlegend dazu K. Schmidt, Festschrift Semler, 329, 335 ff.; ferner Reuter, ZWE 2001, 286, 287; GroßKommAktG-K. Schmidt, § 245 Rn. 4. 186 Reuter, ZWE 2001, 286, 288 ff.; ferner KG ZMR 1988, 271; ZMR 1987, 392, 393; NJWRR 1986, 642; Becker, ZWE 2003, 162, 164. – A. M. BGHZ 151, 164, 169; 106, 113, 122 ff. 184
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Amtswaltern, sondern nur dem gesamten Gremium zustehen.187 Im Ergebnis Entsprechendes gilt für die Befugnis des Insolvenzverwalters aus § 78 Abs. 1 InsO, weil sie nur dem Zweck dient, die gemeinsamen Interessen der Insolvenzgläubiger zu wahren.188 Schließlich wird heute auch die Anfechtungsbefugnis von Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern aus § 245 Nr. 5 AktG mehrheitlich als Funktionärsklage eingeordnet.189 Für die abweichende Einordnung, der Amtswalter sei wegen Verletzung eigener Rechte zur Anfechtung befugt, lässt sich keine überzeugende Erklärung finden. Dieser Befund beruht in erster Linie darauf, dass der Amtswalter selbst nicht am Organisationsverhältnis beteiligt ist. Zwar mag ihm daran gelegen sein, dass die Organisation ihren Organisationszweck verfolgt, um so auch seine Stellung als Amtswalter zu stärken. Solche Interessen sind aber nicht Gegenstand des Organisationsverhältnisses. Dieser Einordnung steht nicht entgegen, dass die Bestellung des Amtswalters auf einem Organisationsakt beruht. Denn an diesem Akt ist der Amtswalter gerade nicht beteiligt und kann organisationsrechtlich nicht auf ihn einwirken. Der Amtswalter hat allein die Aufgaben des Amtes wahrzunehmen. Im Anschluss an diese Feststellung lässt sich zur Begründung einer individuellen Rügebefugnis des Amtswalters auch nicht darauf verweisen, der Amtswalter solle in seinem Amt nicht dazu gezwungen werden, fehlerhafte Beschlüsse auszuführen. Denn einerseits sind die normierten Rügebefugnisse nicht auf die Anfechtung solcher Beschlüsse beschränkt, die der anfechtende Amtswalter selbst ausführen muss.190 Andererseits brauchen Amtswalter Beschlüsse, die an so schwerwiegenden Fehlern leiden, dass die Amtswalter selbst zivilrechtliche oder strafrechtliche Haftung zu fürchten hätten, ohnehin nicht auszuführen, weil diese Beschlüsse ohne Anfechtung nichtig sind. Die Zuordnung der Anfechtungsbefugnisse zum Amt lässt sich darauf gründen, dass das jeweilige Amt als zusätzliche Organisationskompetenz im Organisationsinteresse dafür einzutreten hat, die Regeln der Organisationsverfassung zu wahren. Der Unterschied zwischen § 245 Nr. 5 AktG einerseits und § 245 Nr. 4 AktG andererseits ist demnach rein qualitativer Natur: Die einzelnen Organmitglieder haben lediglich die Kompetenz, gegen schwerere Verstöße einzuschreiten. Die Frage, warum die einzelnen Ämter in dieser Weise zur Wahrung des Organisationsinteresses berufen sind, lässt sich nicht einheitlich beantworten. Diese Kompetenz lässt sich aber in jedem Einzelfall aus den sonstigen Kompetenzen erklären. Entsprechend erklärt Dieter Reuter diese Kompetenz für den Wohnungseigentumsverwalter.191 Der Verwalter hat die Aufgabe, als neutraler Mode187 Im Ergebnis so etwa MünchKommAktG-Hüffer, § 245 Rn. 14; GroßKommAktG-K. Schmidt, § 245 Rn. 32. 188 MünchKommInsO-Ehricke, § 78 Rn. 8. 189 Grundlegend K. Schmidt, Festschrift Semler, 329, 339 f.; ferner Diemert, Innenrechtsstreit, 324 f.; MünchKommAktG-Hüffer, § 245 Rn. 16; GroßKommAktG-K. Schmidt, § 245 Rn. 39. 190 Dieser Einwand gilt sogar entgegen dem ersten Anschein für die Anfechtungsbefugnisse aus § 245 Nr. 5 AktG, da der jeweilige Amtswalter nicht auch derjenige sein muss, der den Beschluss auszuführen hat, dazu K. Schmidt, Festschrift Semler, 329, 339 f.; ferner Schwab, Prozeßrecht, 618. 191 Reuter, ZWE 2001, 286, 289.
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rator Spannungen zwischen den »Zwangsmitgliedern der Eigentümergemeinschaft« entgegenzuwirken, die anders als Gesellschafter nicht die Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes eint. Daher hat er dauerhaften Belastungen des Klimas entgegenzuwirken, indem er einen formell und inhaltlich rechtsmäßigen Gebrauch der Entscheidungsmacht sicherstellt. Der Insolvenzverwalter hat aus ähnlichen Gründen seine Anfechtungsbefugnis aus § 78 Abs. 1 InsO gerade im Interesse der Gläubiger zu verwenden, die an der beschlussfassenden Gläubigerversammlung nicht teilnehmen.192 Schließlich wird für den Vorstand der Aktiengesellschaft regelmäßig auf seine weisungsungebundene Leitungsmacht hingewiesen.193 Darauf kommt es zwar nicht an, um die Unabhängigkeit des Vorstands von (rechtswidrigen) Weisungen zu begründen. Die unabhängige Leitungsmacht ist aber Ausdruck der herausgehobenen Stellung und Verantwortung des Vorstands innerhalb der Organisationsverfassung. Dieser Position entspricht es, dass der Vorstand unabhängig vom Aktionärswillen auf eine im wohl verstandenen Gesellschaftsinteresse liegende fehlerfreie Beschlussfassung der Aktionäre hinwirken kann. b) Umfang der Rügebefugnis Die Rügebefugnis ist grundsätzlich umfassend. Dieser Umfang ergibt sich aus ihrem Zweck, im Organisationsinteresse die jeweilige Organisationsverfassung vor Verletzungen zu schützen. Denn jeder mit der Rüge geltend zu machende Beschlussmangel steht nicht mit der Organisationsverfassung in Einklang. Einschränkungen ergeben sich freilich im Fall der Organmitglieder und des Insolvenzverwalters aus dem Gesetz, wenn es qualifizierte Beschlussmängel verlangt. Eine bedeutende Einschränkung der Rügebefugnis kann sich aber aus subjektiven nicht das Amt, sondern den jeweiligen Amtswalter betreffenden Gründen ergeben. Es sind dies zwei Gründe, die auch im Außenverhältnis die Amtsmacht beschränken. Das ist zum einen der Missbrauchseinwand. Die Rügebefugnis des Amtes darf vom Verwalter nicht zur Verfolgung organisationsfremder Interessen eingesetzt werden. In der Praxis von größerer Bedeutung ist allerdings, dass der Amtswalter die Befugnisse des Amtes zum anderen nicht wahrnehmen darf, wenn der Beschlussgegenstand seine eigene Rechtsstellung betrifft.194 Ein Interessenkonflikt versperrt dem Amtswalter die Anfechtung für das Amt, wenn der Amtswalter bei einer entsprechenden Beschlussfassung nicht hätte mitstimmen oder den Beschluss wegen § 181 BGB im Außenverhältnis nicht hätte umsetzen dürfen.
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Kübler/Prütting-Kübler, § 78 Rn. 10; MünchKommInsO-Ehricke, § 78 Rn. 8. MünchKommAktG-Hüffer, § 245 Rn. 14. 194 Ebenso KG ZMR 1988, 271; ZMR 1987, 392, 393; NJW-RR 1986, 642 zum Eigentumsverwalter; OLG Hamm ZIP 1990, 1145; Görg, DZWIR 2000, 364, 367 zum Insolvenzverwalter. 193
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c) Prozessuale Stellung Aus dem Charakter der Rügebefugnis folgt ferner, dass Verfahrenssubjekt eines Anfechtungsprozesses das apersonale Amt bzw. Gremium ist.195 Diese Sichtweise ist freilich nur für den Vorstand im Anwendungsbereich von § 245 Nr. 4 AktG anerkannt.196 In Parallele zu der im Außenverhältnis herrschenden Lehre von der Partei kraft Amtes ist aber auch § 78 Abs. 1 InsO so verstehen, dass der Insolvenzverwalter mit Wirkung für das Sondervermögen Insolvenzmasse, also nach dem hier vertretenen Verständnis für das Amt, streitet. Im Wohnungseigentumsrecht herrscht hingegen eine ganz andere Sichtweise vor. Der Verwalter selbst ist nach herrschender Meinung Beteiligter des Beschlussanfechtungsverfahrens. Daher soll die Billigkeitsentscheidung nach § 47 WEG ihm auch die Kosten auferlegen können. Dieses Ergebnis wird insbesondere dann für billig gehalten, wenn der Wohnungseigentumsverwalter durch sein Verhalten die Anfechtbarkeit des Beschlusses und damit das Anfechtungsverfahren veranlasst hat.197 Diese Konsequenz steht jedoch nicht nur zu der hier vertretenen Konzeption in Widerspruch, sondern verfehlt auch die maßgeblichen Wertungen. Zwar erscheint auf den ersten Blick von Vorteil, dass die Durchsetzung eines materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruchs der Eigentümer gegen den Verwalter aus dem Amtswalterrechtsverhältnis198 erleichtert wird.199 Auf diese Weise wird aber die Beteiligung200 des Wohnungseigentumsverwalters am Beschlussanfechtungsverfahren mit einer Kostenfolge verknüpft, die mit Sinn und Zweck seiner Beteiligung nicht in Zusammenhang steht, sondern durch einen bloßen Zufall ermöglicht wird. Der Wohnungseigentumsverwalter wird nicht wegen seiner keinesfalls notwendigen Mitwirkung201 an dem angefochtenen Beschluss am Beschlussanfechtungsverfahren beteiligt, sondern aus dem dargelegten Zweck, die Gemeinschaftsinteressen der Eigentümer zu wahren. Er soll nicht sein vergangenes Verhalten rechtfertigen, sondern von neuem dem Interesse er Gemeinschaft dienen. Die herrschende Meinung vermischt in Hauptsache- und Kostenentscheidung zwei deutlich zu scheidende Rechtsverhältnisse. In der Hauptsache ist über das Organisationsverhältnis der Eigentümer zu befinden, an dem der Verwalter nicht beteiligt ist. Zur Grundlage der Kostenentscheidung wird hingegen ein materiell-rechtlicher Anspruch der Eigentümer gegen den Amtswalter aus Amtspflichtverletzung gemacht. Dieser Anspruch kann zwar in das Verfahren einbezogen werden. Dafür ist aber jedenfalls ein entsprechender Antrag der Eigentümer notwendig. 195
Siehe § 11 A I 3 b aa (S. 402). GroßKommAktG-K. Schmidt, § 245 Rn. 36; MünchKommAktG-Hüffer, § 245 Rn. 64; dazu bereits § 11 A I 3 a (S. 400). 197 BGH NJW 1998, 755, 756; NJW 1997, 2956, 2957 (insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 136, 187 ff.); OLG Düsseldorf, NZM 2005, 708, 709; Weitnauer-Mansel, § 47 Rn. 6. 198 Zu diesem Anspruch § 16 A (S. 563 ff.). 199 Zu den Grenzen dieses Anliegens KG NJW 2006, 1529: Jedenfalls im Wohngeldverfahren ist der Verwalter ohnehin nicht persönlich beteiligt (§ 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG). 200 Dafür kommt es nicht darauf an, ob der Verwalter als Antragsteller des Anfechtungsantrags oder als sonstiger Beteiligter im Verfahren auftritt. 201 Vgl. OLG Düsseldorf, NZM 2005, 708, 709. 196
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§ 12: Intellektbetätigung innerhalb des Organisationsbereichs (Willensbildung)
Die unterschiedliche Charakterisierung der Rügebefugnis äußert sich auch im Fall des Amtswalterwechsels.202 Nach Auffassung des BGH sei nicht nur der amtierende Verwalter, sondern auch ein ausgeschiedener Verwalter am Verfahren zu beteiligen.203 Dem ausgeschiedenen Amtswalter kommt im Beschlussanfechtungsverfahren aber keine Funktion zu, die seine Beteiligtenstellung rechtfertigt. Die Aufgabe, die Interessen der Gemeinschaft zu wahren, nimmt allein der neue Amtswalter wahr. Er handelt nunmehr für das Amt Wohnungseigentumsverwalter. Sollen die Kenntnisse des ausgeschiedenen Amtswalters zur Sachverhaltsaufklärung genutzt werden, mag er als Zeuge gehört werden. Soll der ausgeschiedene Amtswalter wegen einer Amtspflichtverletzung in die Haftung genommen werden, mögen die anspruchsberechtigten Wohnungseigentümer entsprechende Anträge stellen. d) Rügepflicht Eine differenzierende Antwort ist angesichts des Charakters der Rügebefugnis auf die Frage zu geben, ob der Amtswalter auch dazu verpflichtet ist, von seiner Rügebefugnis Gebrauch zu machen.204 Entscheidungsmaßstab muss wie bei jedem Handeln eines Amtswalters das Organisationsinteresse sein. Man wird daher die aufgeworfene Frage grundsätzlich bejahen müssen, wenn man der Meinung ist, im Grundsatz verlange das Organisationsinteresse, dass fehlerhafte Beschlüsse vernichtet werden. Es gibt aber viele Gründe, die im Einzelfall eine abweichende Beurteilung rechtfertigen.205 So verursacht ein jedes Anfechtungsverfahren zum einen Kosten und zum anderen einen Zeitraum während des Anfechtungsverfahrens, in dem die Rechtslage für die Organisation in der Schwebe bleibt. Die möglichen Nachteile können daher häufig den Nutzen einer Anfechtung so überwiegen, dass von einer grundsätzlichen Rügepflicht nicht ausgegangen werden sollte. Maßgeblich ist allein der jeweilige Einzelfall. e) Analogiefähigkeit Die Frage, inwieweit die normierten Rügebefugnisse sich auf gesetzlich nicht geregelte Fälle analog anwenden lassen, stellt sich vor allem im Recht der GmbH. Dort ist zwar die Anfechtungsbedürftigkeit fehlerhafter Gesellschafterbeschlüsse anerkannt, eine gesetzliche Regelung der Anfechtungsbefugnis für Geschäftsführer fehlt aber.
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Zu § 245 Nr. 5 AktG siehe § 11 A I 3 b aa (S. 402). BGH NJW 1998, 755 f. 204 Vgl. Reuter, ZWE 2001, 286, 291 f.; 205 Weniger freilich bei der Anfechtung der Beschlüsse der Gläubigerversammlung durch den Insolvenzverwalter, weil diese Anfechtung überhaupt nur bei einem Widerspruch des Beschlusses zu den gemeinsamen Interessen der Insolvenzgläubiger greift. Daher zutreffend im Grundsatz für eine Anfechtungspflicht Kübler/Prütting-Kübler, § 78 Rn. 10; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 78 Rn. 4; a. A. MünchKommInsO-Ehricke, § 78 Rn. 4. 203
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C. Fehler und Fehlerfolgen
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Die ganz einhellige Ansicht erstreckt die analoge Anwendung der §§ 241 ff. AktG nicht auf die Anfechtungsbefugnisse nach § 245 Nr. 4 und 5 AktG.206 Herkömmlich wird jegliche Anfechtungsbefugnis des Geschäftsführers wegen seiner schwachen Stellung verneint.207 Mittlerweile wird aber ganz überwiegend die Anfechtung insbesondere von solchen Beschlüssen für zulässig gehalten, die der Geschäftsführer auszuführen hat.208 Zustimmung verdient die Auffassung, eine Analogie zu § 245 Nr. 4 AktG abzulehnen. Die Analogie ließe sich nur begründen, wollte man jedem leitenden Gremium oder Amt die Kompetenz einräumen, zur Wahrung des Organisationsinteresses Entscheidungen der Grundlageneinheit überprüfen zu lassen. Dagegen spricht aber bei der GmbH die organisatorisch schwache Stellung des Geschäftsführers, dem im Unterschied zum WEG-Verwalter auch keine »Moderatorenstellung« zukommt. Folglich ist die Anfechtungsbefugnis auf schwerere inhaltliche Mängel zu beschränken.209 Dann muss nämlich jeder, der auf das Unternehmensinteresse verpflichtet ist, einschreiten können, wie der Geschäftsführer auch bestimmten Weisungen nicht Folge zu leisten hat.210
§ 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich Das Verhalten der Organisationssubjekte – sei es das, das dem jeweiligen Außenhandlungssubjekt zuzurechnen ist, sei es das, das im Organisationsverhältnis die Organisationssubjekte untereinander vornehmen – muss mit der Organisationsverfassung übereinstimmen. Die Organisationssubjekte sind dem Inhalt der Organisationsverfassung verpflichtet. Über die Einhaltung dieser Pflichten kann es zum Streit zwischen verschiedenen Organisationssubjekten kommen, insbesondere wenn verschiedene Meinungen über den richtigen Weg für die Organisation bestehen. Solche Binnenkonflikte weisen ein ganz eigenes Gepräge auf. Sie beziehen sich allein darauf, wie die am Organisationsverhältnis Beteiligten ihre zukunftsgerichtete Aufgabe, für die jeweilige Organisation zu handeln, erfüllen sollen. Dieses Gepräge erschwert die streitige Auseinandersetzung. Insbesondere gerichtlicher Rechtsschutz droht, zu spät zu kommen, wenn das aktuelle Verhalten der Organisation in Rede steht.211 In den verschiedenen Handlungsorganisationen lassen sich unterschiedliche Ansatzpunkte zur Lösung dieser Konflikte finden. Beispiele sind die aufsichtsgerichtlichen Befugnisse in §§ 1837 Abs. 2 BGB, 58 Abs. 2
206 BGHZ 76, 154, 159; Hachenburg-Raiser, Anh. § 47 Rn. 161; Scholz-K. Schmidt, § 45 Rn. 134. 207 BGHZ 76, 154, 159. 208 Im Einzelnen differenzierend Lutter/Hommelhoff, Anh. § 47 Rn. 65, 32; HachenburgRaiser, Anh. § 47 Rn. 163; Scholz-K. Schmidt, § 45 Rn. 134; Baumbach/Hueck-Zöllner, Anh. § 47 Rn. 140. 209 Scholz-K. Schmidt, § 45 Rn. 134. 210 Hachenburg-Raiser, Anh. § 47 Rn. 163. 211 Ex post lässt sich regelmäßig nur noch über Haftungsansprüche wegen schuldhafter Pflichtverletzung streiten, dazu § 16 A (S. 563 ff.).
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§ 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich
InsO, 153 ZVG, die aufsichtsbehördlichen Befugnisse der BaFin in §§ 11 Abs. 2 PfandBG, 75 VAG, die Antragsbefugnisse des Betriebsrats respektive der Gewerkschaft nach § 23 Abs. 3 BetrVG, das gerichtliche Verfahren zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten von Abschlussprüfer und Kapitalgesellschaft nach § 324 HGB, schließlich die innerorganisatorischen Ansprüche etwa aus §§ 90 AktG, 1839 f. BGB, 23 Abs. 3 BetrVG212, 320 HGB, 58 Abs. 1 S. 2, 69 S. 2, 79 S. 1 InsO, 10 PfandBG, 74 VAG. Diese Vielzahl von Einzelregelungen soll im Folgenden zu einem Konzept der innerorganisatorischen Konfliktbereinigung zusammengefasst werden. Dieses Konzept fußt auf dem entwickelten einheitlichen Ansatz, Ämter und Gremien als apersonale Organisationssubjekte zu verstehen.213 Auf dieser Grundlage sind zwei unterschiedliche Streitbereinigungsmodelle zu unterscheiden. Das eine Modell ist hierarchischer Natur (unter A.). Einem übergeordneten Organisationssubjekt (Beispiel: Vormundschaftsgericht) kommt die Kompetenz (Beispiel: § 1837 Abs. 2 BGB) zu, gegen mutmaßliches Fehlverhalten eines anderen Organisationssubjekts (Beispiel: Vormund) durch Anordnung einzuschreiten. Der Streit wird dann aktsbezogen ausgetragen, indem über die Rechtmäßigkeit der Anordnung gestritten werden kann. Dieses Modell entspricht der typischen Streitbereinigung im öffentlichen Recht, wo der Streit bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklage Aufhebung oder Erlass eines Verwaltungsaktes zum Gegenstand hat (§§ 42 Abs. 1, 113 VwGO). Entsprechend hat dieser Streittyp seinen Hauptanwendungsbereich, wenn öffentlich-rechtliche Organisationssubjekte Bestandteil einer Organisationsverfassung sind. Das alternative Streitschlichtungsmodell greift in gewaltenteilig strukturierten Organisationen (unter B.). Hierfür ist kennzeichnend, dass keinem der beteiligten Organisationssubjekte Anordnungskompetenzen zustehen. Die Streitschlichtung kann daher – wie im Privatrecht üblich – nur im Wege der Durchsetzung von Organisationsrechten erfolgen.
A. Streitbereinigung kraft Aufsichtsanordnung (hierarchisches Organisationsgefüge) Zunächst ist die Struktur des eben schon angedeuteten hierarchischen Modells zu entfalten, um dann Beispiele öffentlich-rechtlicher, aber auch privatrechtlicher Organisationssubjekte zu untersuchen, die über entsprechende Kompetenzen verfügen.
I. Struktur Kennzeichen dieses Konfliktlösungsmodells ist, dass die Organisationsverfassung ein übergeordnetes Aufsichtssubjekt vorsieht, das verbindliche Aufsichts-
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Ferner zu Ansprüchen aus dem BetrVG siehe § 4 C II (S. 145). Oben unter § 11 A I (S. 395).
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A. Streitbereinigung kraft Aufsichtsanordnung (hierarchisches Organisationsgefüge) 441
anordnungen erlassen darf. Hinsichtlich dieser Anordnungen sind die folgenden Aspekte zu unterscheiden. 1. Anordnung Der maßgebliche Organisationsakt besteht in einer Anordnung der Aufsichtseinheit gegenüber dem überwachten Organisationssubjekt. Eine solche Anordnung wird regelmäßig als Weisung bezeichnet, wenn der Aufsichtseinheit auch die Kompetenz zur Fachaufsicht (Zweckmäßigkeitskontrolle) zusteht. Im Folgenden soll allerdings die Rechtmäßigkeitskontrolle im Vordergrund stehen. Zweck einer der Rechtsaufsicht dienenden Anordnung ist es zwar nur, die abstrakt-generellen Pflichten des überwachten Organisationssubjekts in der aktuellen Organisationssituation zu konkretisieren. Anders als die auf die Zweckmäßigkeit ausgerichtete Weisung will sie also nicht die Rechte und Pflichten des Organisationssubjekts beeinflussen, sondern nur klarstellen. Die Klarstellungsfunktion bedingt aber gleichzeitig, dass die Frage, ob die Anordnung der tatsächlichen Rechtslage entspricht, irrelevant wird. Die Anordnung wirkt also, indem ihre Geltungskraft die bisherige Rechtslage verdrängt. Die Pflichten des beaufsichtigten Organisationssubjekts richten sich nach der Anordnung, nicht mehr nach der bisherigen Rechtslage. Es bestehen Parallelen zu sonstigen Mitteln der Streitbereinigung, die ebenfalls den Rückgriff auf die umstrittene Rechtslage verbieten. Die materielle Rechtskraft verbietet einen neuerlichen Prozess über den rechtskräftig entschiedenen Streitgegenstand. Ein Vergleich gestaltet die materielle Rechtslage um und versperrt so den Rückgriff auf die bisherige Rechtslage. 2. Durchsetzung Die Anordnung des beaufsichtigenden Funktionsträgers ersetzt in den meisten Fällen nicht das rechtmäßige Verhalten des beaufsichtigten Organisationssubjekts. Es lassen sich zwei Gestaltungen unterscheiden, um die Durchsetzung sicherzustellen. Zum einen kann die Organisationsverfassung so ausgestaltet sein, dass die Anordnung des beaufsichtigenden Funktionsträgers selbst, weil er mit Hoheitsrechten ausgestattet ist, zwangsweise durchsetzbar ist. Zur Durchsetzung des Handlungs- bzw. Unterlassungstitels kommen dann insbesondere Zwangs- bzw. Ordnungsgeld in Betracht. Zum anderen kann bereits die Klarstellungswirkung der getroffenen Anordnung genügen. Diese Wirkung übt im Regelfall einen hinreichenden faktischen Druck auf den jeweiligen Amtswalter aus, für das Amt wie angeordnet zu handeln. Dieser faktische Druck ist deswegen besonders stark, weil dem Amtswalter bei Zuwiderhandlung Sanktionen im Amtswalterrechtsverhältnis, neben Schadensersatz vornehmlich Abberufung, drohen. Die Durchsetzung der Anordnung kann also insbesondere dadurch erreicht werden, dass der Amtswalter, der sich der Anordnung widersetzt, durch einen anderen ersetzt wird.
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§ 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich
3. Kontrolle Die Stellung des überwachten Organisationssubjekts bemisst sich stark danach, inwieweit ihm die Möglichkeit eingeräumt ist, die gegen ihn ergangene Anordnung überprüfen zu lassen. Schon im Meinungsbildungsprozess des überwachenden Funktionsträgers hat das überwachte Organisationssubjekt die Möglichkeit, sein eigenes Verhalten, gegen das die Aufsichtseinheit einschreiten möchte, zu rechtfertigen. Kann er die Aufsichtseinheit aber nicht von seiner Sicht der Dinge überzeugen, so kommt es auf die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs gegen die jeweilige Anordnung an. Ein Rechtsbehelf ermöglicht dem beaufsichtigten Organisationssubjekt eine Überprüfung von dritter Seite. Der eigentliche Streit zwischen dem beaufsichtigten Organisationssubjekt und dem beaufsichtigenden Funktionsträger kann dann in diesem Rechtsbehelfsverfahren ausgetragen werden. Sind Rechtsbehelfe ausgeschlossen, verstärkt diese Gestaltung die Stellung des beaufsichtigenden Funktionsträgers. Er kann dann nicht nur in den Kompetenzbereich des überwachten Organisationssubjekts eingreifen, sondern ihm steht überdies die Kompetenzkompetenz zu, selbst die Grenzen seiner Eingriffsbefugnisse zu bestimmen. 4. Beteiligung weiterer Organisationssubjekte Die Reichweite der Befriedungsfunktion solcher Aufsichtsanordnungen hängt davon ab, inwieweit dritte Organisationssubjekte auf Erlass und Inhalt solcher Anordnungen Einfluss nehmen können. Zum einen stellt sich die Frage nach der Befugnis des Dritten, durch einen Antrag die Beschlussfassung des beaufsichtigenden Funktionsträgers herbeiführen zu können. Zum anderen fragt sich, unter welchen Voraussetzungen der Dritte eine erlassene Anordnung – vor allem aber auch das Absehen von einer Anordnung – mit Rechtsbehelfen angreifen kann. Für beide Fragen bietet es sich an, danach zu unterscheiden, ob die Organisationskompetenzen des Dritten betroffen sind. Kann er nicht geltend machen, durch das Verhalten des beaufsichtigten Organisationssubjekts in seinen Organisationskompetenzen berührt zu sein, wird ihm regelmäßig die Befugnis zu einem Antrag fehlen. Sonst räumte man dem Dritten die Kompetenz ein, an einer allgemeinen Rechtskontrolle mitzuwirken. Diese Kompetenz wird aber regelmäßig abschließend dem zu Anordnungen befugten Funktionsträger zugeordnet sein. Eine ganz andere Interessenlage besteht, wenn die mögliche Anordnung die Kompetenzen des Dritten berührt. Die Kompetenzen des Dritten verlangen dann nach Schutz dadurch, dass der Dritte die Entscheidung des zu Anordnungen befugten Funktionsträgers beantragen und die mögliche Ablehnung einer Anordnung kontrollieren lassen kann. Verweigert man dem Dritten diese Befugnisse, so wird die Stellung des zu Anordnungen berufenen Funktionsträgers weiter gestärkt. Die Organisationskompetenzen stehen dann allein unter dem Vorbehalt seiner Kontrolle.
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A. Streitbereinigung kraft Aufsichtsanordnung (hierarchisches Organisationsgefüge) 443
II. Aufsicht führende Gerichte Das Paradebeispiel für solchermaßen kompetente Organisationssubjekte sind die Gerichte, denen die Aufsicht über Ämter zufällt. Über solche Befugnisse verfügen Vormundschafts- oder Nachlassgericht in Bezug auf Vormund, Betreuer, Pfleger und Nachlassverwalter nach § 1837 Abs. 2 BGB, ggf. in Verbindung mit §§ 1908i, 1915 BGB, das Insolvenzgericht in Bezug auf Insolvenzverwalter nach § 58 Abs. 2 InsO und schließlich das Vollstreckungsgericht in Bezug auf Zwangsverwalter nach § 153 ZVG. 1. Anordnung Die aus diesen Normen für die Gerichte folgenden Anordnungsbefugnisse sind Ausfluss der von den Gerichten wahrzunehmenden Rechtsaufsicht über die jeweiligen Ämter. Diese gerichtliche Aufgabe ist Teil der durch die Gerichte zu leistenden Rechtsfürsorge, die überwiegend der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugewiesen ist. Dieser Einordnung steht nicht entgegen, dass das FGG nur auf die gerichtliche Tätigkeit nach § 1837 BGB anzuwenden ist, während die Aufsicht über Zwangsverwalter und Insolvenzverwalter Bestandteil der Einzel- oder Gesamtvollstreckung ist, so dass die ZPO unmittelbar oder über § 4 InsO anwendbar ist. Man muss die gerichtliche Aufsichtstätigkeit nämlich als besonderen Aspekt dieser Vollstreckungsverfahren erkennen, der eine eigenständige Einordnung dieser gerichtlichen Tätigkeit erlaubt.214 Diese Tätigkeit unterscheidet sich erheblich von der vollstreckungsrechtlichen Tätigkeit des Gerichts, die insbesondere in der Eröffnung und Beendigung des jeweiligen Vollstreckungsverfahrens zum Ausdruck kommt.215 Die gerichtlichen Anordnungen stellen keine rechtsprechende Tätigkeit im Sinne von Art. 92 GG dar. Diese Einordnung erlaubt es, dass der einfache Gesetzgeber diese Aufsichtstätigkeit ganz überwiegend nicht dem Richter, dem nach Art. 92 GG die Rechtsprechung vorbehalten ist, sondern durch § 3 Nr. 1 i), Nr. 2 a), c), e) RPflG dem Rechtspfleger übertragen hat.216 Diese Einordnung wird aber auch vorausgesetzt, wenn die gerichtliche Tätigkeit hier dem Organisationsverhältnis der einzelnen Handlungsorganisationen zugerechnet wird. So wird deutlich, dass das Gericht nicht zur Streitentscheidung zwischen verschiedenen Subjekten des Organisationsverhältnisses berufen ist, sondern als hierarchisch herausgehobener Funktionsträger in diesem Organisationsverhältnis von Amts wegen im Interesse des Organisationszwecks einzuschreiten hat.
214 Vgl. MünchKommInsO-Ganter, vor §§ 2 bis 10 Rn. 5; Häsemeyer, InsR, Rn. 3.05; ferner Bötticher, Festschrift Lent, 89, 96, der allerdings das gesamte Insolvenzverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuweisen will. 215 Es soll also keinesfalls der ganz herrschenden – auch § 4 InsO entsprechenden – Zuweisung dieser Verfahren zur streitigen Gerichtsbarkeit widersprochen werden, ebenso BayObLG 1989, 44; Jaeger-Gerhardt, InsO, § 2 Rn. 19; Kübler/Prütting-Prütting, § 5 Rn. 4. 216 Zur Einordnung dieser Tätigkeit als Akte der öffentlichen Gewalt im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG BVerfGE 101, 397 ff.
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2. Durchsetzung Die gerichtlichen Anordnungen können nach §§ 1837 Abs. 3 BGB, 58 Abs. 2 InsO, 153 Abs. 2 ZVG durch Zwangsmittel durchgesetzt werden. Adressat der Zwangsmittel kann nur der jeweilige Amtswalter sein. Das gilt unabhängig davon, ob man den Amtswalter selbst auch als Pflichtigen im Organisationsverhältnis ansieht oder – wie hier vertreten – das apersonale Amt als Organisationssubjekt und Adressat der jeweiligen gerichtlichen Verfügung anerkennt. Denn Vollstreckungsmaßnahmen, die auf Willensbeugung zielen, können sich entsprechend den allgemeinen Ausführungen zum Außenverhältnis nur an den Amtswalter, nicht an das apersonale und daher nicht willensfähige Amt richten.217 Was für die Zwangsmaßnahme gilt, gilt gleichermaßen auch für ihre Androhung.218 Besonderes Augenmerk verdient die Art des Zwangsmittels. In Übereinstimmung mit § 33 FGG sind die Gerichte zur Verhängung von Ordnungsmitteln nicht befugt. Vielmehr sind sie auf die Möglichkeit der Zwangsgeldfestsetzung beschränkt. In der ZPO indessen wird so unterschieden, dass eine unvertretbare Handlung mittels Zwangsgeld oder -haft (§ 888 ZPO), eine Duldung oder Unterlassung mittels Ordnungsgeld oder -haft (§ 890 ZPO) durchgesetzt werden kann. Ein Ordnungsmittel hat repressiven Charakter.219 Es sanktioniert einen in der Vergangenheit erfolgten Verstoß gegen das gerichtliche Unterlassungs- oder Duldungsgebot. Das Zwangsgeld ist hingegen Beugemittel, das auf ein bestimmtes Verhalten in der Zukunft gerichtet ist. Dieses System der Zwangs- und Ordnungsmittel entstammt dem EGStGB v. 2.3.1974 (BGBl I 469). Zuvor enthielten alle genannten Bestimmungen den Begriff Ordnungsstrafe.220 Das EGStGB veränderte diese Begrifflichkeit und wollte mit der Unterscheidung zwischen Zwangs- und Ordnungsmittel gerade die Differenzierung von präventiver Beugemaßnahme und repressiver Sanktion zum Ausdruck bringen.221 Dieser Differenzierung wird auch heute bei der Charakterisierung der Zwangsmittel entsprochen.222 Es wird aber nicht ausgesprochen und damit unterschätzt, welche Auswirkungen dieses Verständnis auf die Durchsetzung von Unterlassungsverfügungen hat. Überwiegend wird die Durchsetzbarkeit von Unterlassungsverfügungen wie selbstverständlich neben der von Leistungsverfügungen aufgeführt.223
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Siehe § 9 B II 5 d (S. 311). Vgl. Stein/Jonas-Brehm, § 890 Rn. 15. 219 Stein/Jonas-Brehm, § 890 Rn. 3; gar einen Strafcharakter erkennt BVerfGE 58, 159. 220 Anstelle von § 58 InsO gilt diese Aussage freilich für die Vorgängernorm in § 84 KO. 221 Begründung zum RegE des EGStGB, Einl. II. 12., BR-Drucks. 111/73 = BT-Drucks. 7/ 550, 195 f. 222 OLG Frankfurt, FamRZ 2000, 52; OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 1131; OLG Köln FamRZ 2002, 111; Bassenge/Herbst/Roth, § 33 Rn. 25; Staudinger-Engler (2004), § 1837 Rn. 34, 36; MünchKommInsO-Graeber, § 58 Rn. 45; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1837 Rn. 33; Keidel/Kuntze/Winkler-Zimmermann, § 33 Rn. 4. 223 Bassenge/Herbst/Roth, § 33 Rn. 4, 24; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1837 Rn. 33; Keidel/Kuntze/Winkler-Zimmermann, § 33 Rn. 15. 218
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In der gerichtlichen Praxis freilich zeigen sich Schwierigkeiten, Unterlassungsverfügungen mittels präventiver Zwangsmittel durchzusetzen.224 Ganz deutlich zeigt sich die Ungeeignetheit von Zwangsgeld, wenn es um die Unterlassung eines bestimmten bzw. einmaligen Verhaltens geht.225 Ist dem Amt der Abschluss eines bestimmten Vertrags untersagt, so ist es unbillig, dem Amtswalter Zwangsgeld aufzuerlegen, solange er den Vertrag noch nicht abgeschlossen hat. Hat er den Vertrag aber abgeschlossen, so hat sich die Verfügung erledigt, so dass die Anordnung von Zwangsgeld ebenfalls ausscheidet. Für einschlägig wird die Durchsetzung von Unterlassungsverfügungen mittels Zwangsgeld in den Sachlagen gehalten, in denen bei Anordnungen zu einer wiederholten Unterlassung bzw. Duldung nach erfolgter Zuwiderhandlung die Befolgung in der Zukunft gesichert werden soll.226 Jedoch ist diese Konstruktion zumindest nicht konsequent. Denn die vergangene (abgeschlossene) Zuwiderhandlung soll ja nicht Anknüpfungspunkt für Zwangsgeld sein, für zukünftiges Unterlassen lässt sich aber kein Zwangsgeld festsetzen, weil die Festsetzung eine (andauernde) schuldhafte Zuwiderhandlung voraussetzt.227 Es ist freilich nicht möglich, die betroffenen Normen korrigierend auszulegen, um aus ihnen die Befugnis zur Verhängung von Ordnungsgeld zu folgern. Dagegen spricht neben Wortlaut und Wille des Gesetzgebers vor allem der Sanktionscharakter der Ordnungsmittel, der angesichts Art. 103 Abs. 2 GG eine ausdrückliche Regelung der Sanktionsnorm verlangt. 3. Kontrolle Die Möglichkeit der Ämter, die gerichtlichen Anordnungen zu kontrollieren, sind den jeweils einschlägigen einfachgesetzlichen Regelungen zu entnehmen. Bei deren Ausgestaltung steht dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zu:228 Zwar kann er aus Art. 19 Abs. 4 GG verpflichtet sein, einen Rechtsweg zu garantieren. Da apersonale Organisationssubjekte aber nicht rechtsfähig sind, können jedenfalls sie sich nicht auf Art. 19 Abs. 4 GG berufen. §§ 19 FGG, 11 Abs. 1 RPflG eröffnen gegen eine Anordnung nach § 1837 Abs. 2 BGB sowie gegen die darauf aufbauende Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln das Rechtsmittel der Beschwerde.229 Beschwerdeführer ist nach herkömmlichem Verständnis der Amtswalter persönlich. Mögliche Aufwendungen kann er dann nach Maßgabe von § 1835 BGB ersetzt verlangen. Erkennt man aber mit dem hier vorgestellten Ansatz die Beteiligtenstellung des Amtes an, so hat das Amt selbst die Beschwerde zu führen. Denn das Amt kann geltend ma224 Vgl. allerdings nur im Ergebnis, ohne die grundlegenden Probleme aufzudecken, OLG Frankfurt, FamRZ 2000, 52; OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 1131. 225 OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 1131; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1837 Rn. 33; Keidel/Kuntze/Winkler-Zimmermann, § 33 Rn. 19. 226 OLG Karlsruhe FamRZ 1998, 1131; vgl. auch Keidel/Kuntze/Winkler-Zimmermann, § 33 Rn. 19 m. w. Nachw. in Fn. 114. 227 Keidel/Kuntze/Winkler-Zimmermann, § 33 Rn. 19. 228 Siehe § 12 C I (S. 428). 229 MünchKommBGB-Wagenitz, § 1837 Rn. 42; Staudinger-Engler (2004), § 1837 Rn. 51 f.
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chen, durch eine rechtswidrige Anordnung in seinen Organisationsrechten verletzt zu sein. Vermögensrechtliche Wirkungen einer Kostenentscheidung treffen den betroffenen Rechtsträger dann in gleicher Weise, wie wenn der Amtswalter als sein Vertreter handelt. Ggf. kann der Amtswalter aus § 1833 BGB für die verursachten Kosten haften. Neben die Beschwerdebefugnis des Amtes tritt die Möglichkeit des Amtswalters selbst, Beschwerde gegen die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld einzulegen. Denn beide Maßnahmen richten sich gegen den Amtswalter selbst.230 Gegen die Anordnungen des Vollstreckungsgerichts nach § 153 ZVG sind die allgemeinen Rechtsbehelfe des Zwangsvollstreckungsrechts statthaft. Das ist die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO, ausnahmsweise die Erinnerung nach § 766 ZPO, wenn die Anordnung noch nicht Entscheidung, sondern nur Maßnahme der Zwangsvollstreckung ist.231 Nach überwiegender Ansicht steht dem Amtswalter die Beschwerdeberechtigung nur zu, wenn gegen ihn Zwangsgeld angedroht oder festgesetzt wird.232 Wegen der Verletzung möglicher Organisationsbefugnisse soll dem Zwangsverwalter keine Beschwerde zustehen. An seiner Stelle sollen die Gläubiger, deren Interessen der Zwangsverwalter durchzusetzen hat, zum Rechtsbehelf berechtigt sein.233 Diese Ergebnisse stimmen mit dem hier vertretenen Standpunkt überein. Dass die Rechtsbehelfsbefugnis des Amtswalters auf gegen ihn selbst gerichtete Verfügungen beschränkt ist, entspricht dem gerade zu § 1837 BGB begründeten Ergebnis. Eine Besonderheit besteht darin, dem Amt selbst keine Rechtsbehelfsbefugnisse einzuräumen. Diese Besonderheit erklärt sich daraus, die organisationsrechtlichen Befugnisse unmittelbar den am Zwangsvollstreckungsverfahren beteiligten Rechtsträgern zuzuweisen. Die Insolvenzordnung sieht in § 58 Abs. 2 nur die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters gegen die Zwangsgeldfestsetzung vor. Damit ist gegenüber dem Insolvenzverwalter selbst der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG genügt. Darüber hinausgehender Rechtsschutz ist verfassungsrechtlich nicht geboten, schon weil das Amt Insolvenzverwalter als Organisationssubjekt sich nicht auf (eigene) Grundrechte berufen kann. Die dem Amt einfachgesetzlich eingeräumten Organisationsbefugnisse stehen unter den Einschränkungen des § 58 InsO.234 Da die gerichtliche Anordnung gem. § 3 Nr. 2 e) RPflG dem Rechtspfleger zugewiesen ist, ist einfachgesetzlich allerdings der Rechtsbehelf der Rechtspflegererinnerung (§ 11 Abs. 2 RPflG) gegen Anordnung wie gegen Zwangsgeldandrohung statthaft.235 Erinnerungsbefugt ist nach der hier vertretenen Konzeption nicht nur der Insolvenzverwalter persönlich (hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung), sondern auch das Amt, wenn durch gerichtliche Anordnungen seine Organisationsbefugnisse betroffen sind. 230
Siehe dazu schon § 9 B II 5 d (S. 311), § 11 A I 3 b bb (S. 403). Zur Abgrenzung Zöller-Stöber, § 766 Rn. 2. Maßgeblich ist insbesondere, ob dem Rechtsbehelfsführer bereits vor der Anordnung rechtliches Gehör gewährt wurde. 232 Steiner-Hagemann, § 153 Rn. 55; Stöber, § 155 Rn. 5. 233 Steiner-Hagemann, § 153 Rn. 53; Stöber, § 155 Rn. 5. 234 Vgl. BVerfG ZIP 1993, 686, 687. 235 Jaeger-Gerhardt, InsO, § 6 Rn. 22; MünchKommInsO-Ganter, § 6 Rn. 59; UhlenbruckUhlenbruck, § 58 Rn. 29. 231
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A. Streitbereinigung kraft Aufsichtsanordnung (hierarchisches Organisationsgefüge) 447
4. Beteiligung weiterer Organisationssubjekte Inwieweit sich dritte Organisationssubjekte am Streit über eine gerichtliche Aufsichtsanordnung beteiligen können, ist den jeweils einschlägigen Regelungen des Einzelfalls zu entnehmen (unter b.). Dem Verständnis dieser Bestimmungen ist es aber dienlich, zunächst allgemeine Überlegungen anzustellen (unter a.). a) Grundlagen Die betroffenen Verfahren sind sämtlich Amtsverfahren. Die Befugnisse anderer Organisationssubjekte in diesen Verfahren hängen davon ab, welche Befugnisse man ganz allgemein Betroffenen in Amtsverfahren einräumt. Herkömmlich wird das reine Amtsverfahren anerkannt. Wird dem Gericht die Kompetenz eingeräumt, von Amts wegen über die Einleitung eines Verfahrens zu entscheiden, so soll mithin die Statthaftigkeit von Anträgen auf Einleitung eines solchen Verfahrens ausscheiden.236 Betroffene könnten lediglich gerichtliches Einschreiten durch eine Anregung initiieren. Dieser Doktrin wird von einer modernen Auffassung – insbesondere im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit – mit Recht widersprochen.237 Rechtsstaatlich geboten ist es, jeden Antrag – wie in fast allen Verfahrensordnungen vorgesehen –238 zu bescheiden. Es ist dann eine Frage der Betroffenheit des Antragstellers, ob sein Antrag bei fehlender Betroffenheit mangels Antragsbefugnis als unzulässig oder bei gegebener Betroffenheit als unbegründet abzuweisen ist. Es ist indessen illegitim, unter Hinweis auf den Charakter eines Verfahrens als Amtsverfahren einen gestellten Antrag in eine bloße – nicht zu bescheidende – Anregung umzudeuten.239 Die Reichweite der Verfahrensrechte eines Beteiligten hängt folglich allein von seiner Betroffenheit ab. In den Organisationsverhältnissen stellt sich damit die Frage, inwieweit die Betroffenheit von Organisationsrechten auch die Antragsbefugnis für gerichtliches Einschreiten nach sich zieht.240 Eine Antragsbefugnis wegen der Betroffenheit von Organisationsrechten lässt sich verneinen, wenn man den Inhalt dieser Organisationsrechte allein auf das Verlangendürfen als Verhaltensgebot im Organisationsverhältnis beschränkt. Die Kontrolle der Einhaltung dieser Rechte wäre dann abschließend den Aufsicht führenden Gerichten zugewiesen. Jedoch würde so die Effektivität der Organisation geschmälert. Es entspricht einer effektiven Organisation, dass der Inhaber von Organisationsrechten auch deren Einhaltung jedenfalls mit beeinflussen kann. Das belegt der Vergleich mit dem Außenrecht. Denn dem Rechtsschutzmodell des Außenrechtsverkehrs, das auf den Schutz subjektiver Rechte ausgerichtet ist, entspricht 236
Nachweise sogleich unter b (S. 448). Grundlegend Kollhosser, Stellung, 301 ff.; ihm folgend Brehm, FG, Rn. 241; Kollhosser/ Bork/Jacoby, Nr. 46. 238 Auch der moderne § 1896 BGB sieht – anders als die Regelungen des Vormundschaftsrechts – kein reines Antragsverfahren mehr vor. 239 Diese Konzeption schließt freilich nicht aus, dass jemand, der sich selbst nicht für antragsbefugt hält, von einem Antrag absieht, lediglich ein Amtsverfahren durch eine Anregung in Gang setzen will. 240 Grundsätze zu Organisationsrechten siehe sogleich unter B I 1 b aa (S. 462), II (S. 467). 237
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§ 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich
es, auch im Organisationsrecht den Schutz subjektiv zugeordneter Rechtspositionen zu ermöglichen. Folglich ist Organisationssubjekten immer dann eine Antragsbefugnis zuzusprechen, wenn ihre eigenen Organisationsrechte betroffen sind. In Betracht kommen zunächst Informationsansprüche. Wem Aufsichtskompetenzen mit Zustimmungsvorbehalten zugewiesen sind, der kann aber auch die Wahrung dieser Zustimmungserfordernisse (etwa nach § 160 InsO) sicherstellen wollen. Wird ein Antrag beschieden, so ist nach der Zulässigkeit von Rechtsmitteln zu fragen. Eine Antwortung gibt in erster Linie die jeweilige einfachgesetzliche Regelung. Aus Art. 19 Abs. 4 GG lässt sich jedenfalls für nicht grundrechtsfähige apersonale Organisationssubjekte kein Rechtsschutzanspruch herleiten.241 b) Einzelfälle Gerade § 1837 BGB ist ein Beispiel dafür, dass ein Verfahren weithin als reines Amtsverfahren betrachtet wird. Über die Antragsbefugnis Betroffener schweigen sich die Kommentierungen aus.242 Verfahrensrechte von Beteiligten werden hinsichtlich der Frage erörtert, wer befugt ist, eine Anordnung mit der Beschwerde anzugreifen (§§ 19 f. FGG).243 Eine eigene Beschwerdebefugnis (§ 20 Abs. 1 FGG) steht fraglos dem betroffenen Rechtsinhaber (Mündel, Betreuter) zu. Er kann nach §§ 59, 66 FGG von dieser Berechtigung selbst Gebrauch machen, auch wenn er nicht geschäftsfähig ist. Indessen soll dem Gegenvormund die Beschwerde nur über § 57 Abs. 1 Nr. 6 FGG, einem Pfleger nur gem. § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG offen stehen244. Diesen allgemeinen Erwägungen ist für die spezifischen organisationsrechtlichen Konflikte nicht zuzustimmen. Solche Konflikte können im Verhältnis zum Vormund insbesondere für Gegenvormund oder Pfleger entstehen. Der Gegenvormund kann bestimmte Informationen beanspruchen oder ein bestimmtes zustimmungsbedürftiges Handeln des Vormunds unterbinden wollen. Dem Pfleger kann an einer Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche von Pfleger und Vormund gelegen sein. In allen diesen Fällen muss es möglich sein, wie es § 57 Abs. 1 Nr. 6 FGG für den Gegenvormund auch voraussetzt, einen Antrag auf Einschreiten des Gerichts zu stellen. Weil die spezifischen Organisationsbefugnisse der Ämter betroffen sind, ist dann auch die Beschwerdebefugnis dieser Ämter gegen einen ablehnenden Bescheid des Gerichts unmittelbar aus § 20 Abs. 1 FGG gegeben, ohne dass es eines Rückgriffs auf § 57 Abs. 1 Nr. 6 FGG für den Gegenvormund oder auf § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG für den Pfleger bedarf. § 57 FGG ist erst einschlägig, wenn Gegenvormund oder Pfleger sich gegen sonstiges, aber nicht in ihren spezifischen Kompetenzbereich eingreifendes Verhalten des Vormunds wenden. Entsprechend ist jedem weiteren betroffenen Or241
Siehe schon § 12 C I (S. 428). Vgl. nur Keidel/Kuntze/Winkler-Engelhardt, § 57 Rn. 20; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1837 Rn. 41. 243 MünchKommBGB-Wagenitz, § 1837 Rn. 43; Staudinger-Engler (2004), § 1837 Rn. 54. 244 Regelmäßig wird es sich im Anwendungsbereich dieser Norm allerdings nicht um Fragen der Handlungsorganisation, sondern der sonstigen Fürsorge für den sorgebedürftigen Menschen handeln, siehe nur die Beispiele bei Keidel/Kuntze/Winkler-Engelhardt, § 57 Rn. 38. 242
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A. Streitbereinigung kraft Aufsichtsanordnung (hierarchisches Organisationsgefüge) 449
ganisationssubjekt Antrags- und Beschwerdebefugnis zuzusprechen, auch wenn § 57 FGG wie etwa für den Gegenbetreuer nicht gilt.245 Im Insolvenzverfahren werden Verfahrensrechte sonstiger am Insolvenzverfahren Beteiligter hinsichtlich einer gerichtlichen Anordnung nach § 58 Abs. 2 InsO ausgeschlossen.246 Eine Antragsbefugnis wird unter Hinweis auf den Charakter des Verfahrens als Amtsverfahren verneint. Die Anregung eines Beteiligten müsse nicht beschieden werden. Ein dessen ungeachtet ergangener Bescheid könne nicht angefochten werden.247 Dieser Ansicht wurde in verschiedenen gerichtlichen Entscheidungen in Bezug auf Rechtsbehelfe sowohl einzelner Gläubiger248 als auch des Insolvenzschuldners249 gefolgt. Es sind allerdings verschiedene Verfahrensgegenstände zu unterscheiden. § 58 InsO betrifft lediglich den Organisationsbereich. Es ist daher richtig, dass die Insolvenzgerichte ein Einschreiten auch auf Betreiben am Insolvenzverfahren Beteiligter ablehnen, wenn diese Beteiligten ihre Rechte aus dem Außenverhältnis durchsetzen wollen. Zu diesem Zweck hat etwa ein Massegläubiger oder sonstiger bevorrechtigter Gläubiger den Insolvenzverwalter (das Amt) in einem Rechtsstreit in Anspruch zu nehmen. Im Rahmen des § 58 InsO können Beteiligte aber organisationsrechtliche Befugnisse geltend machen. Daher muss etwa das Insolvenzgericht einen Antrag des Gläubigerausschusses sachlich bescheiden, wenn dieser rügt, der Insolvenzverwalter verletze die Mitbestimmungsrechte des Ausschusses.250 Gegen einen ablehnenden gerichtlichen Bescheid steht dem Gläubigerausschuss wegen § 6 InsO nicht die sofortige Beschwerde, aber die Rechtspflegererinnerung offen, falls der Rechtspfleger den Bescheid erlassen hat (§ 11 Abs. 2 RPflG). 5. Abgrenzung Handels- und Gesellschaftsrecht sehen spezifische registergerichtliche Aufsichtsbefugnisse über Leitungsorgane von Gesellschaften vor. Über §§ 132 ff. FGG kann das Registergericht gegen die Amtswalter Zwangsgelder anordnen, um sie zur Erfüllung enumerativ aufgeführter Pflichten der Gesellschaft und des Leitungsorgans anzuhalten. Betrachtet man den Gegenstand der Pflichten, zu deren Erfüllung das Registergericht tätig werden kann, eignet sich das Verfahren nach §§ 132 ff. FGG nicht, um der Durchsetzung innerorganisatorischer Pflichten zu dienen. Allein die Berichtspflicht des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat nach § 90 AktG unterfällt der registergerichtlichen Aufsicht und stellt gleichzeitig eine Pflicht dar, die typischerweise Gegenstand von Binnenkonflikten innerhalb der Aktien245 Zum beschränkten Anwendungsbereich von § 57 FGG auf Vormundschafts- und Pflegschaftssachen Keidel/Kuntze/Winkler-Engelhardt, § 57 Rn. 1. 246 MünchKommInsO-Graeber, § 59 Rn. 57; Kübler/Prütting-Lüke, § 58 Rn. 12; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 58 Rn. 29. 247 A. A. indessen Jaeger-Weber, KO, 8. Aufl. (1973), § 83 Rn. 4. 248 OLG Dresden OLGR 19, 219; OLG Düsseldorf ZIP 1983, 972; OLG Schleswig ZIP 1984, 473; SchlHA 1972, 205; LG Göttingen NZI 2000, 491; LG Karlsruhe ZIP 1980, 1072. 249 BVerfG ZIP 1993, 686 f. 250 Zu diesem Problem Uhlenbruck, ZIP 2002, 1373, 1379.
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§ 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich
gesellschaft sein kann. Vor allem aber ist der besondere Zweck des Verfahrens nach §§ 132 ff. FGG zu berücksichtigen: Es geht nicht darum, im Organisationsinteresse bestimmte innerorganisatorische Pflichten durchzusetzen, sondern im öffentlichen Interesse Publizitätsanforderungen zu genügen. Angesichts dieses Verfahrenszwecks sperren §§ 132 ff. FGG nicht andere Formen der Binnenstreitbeilegung, die im Organisationsinteresse bestehen. Daher besteht ungeachtet der Pflichten aus § 90 AktG die Möglichkeit, im Binnenstreit der Aktiengesellschaft Auskunftsansprüche durchzusetzen.251
III. Anordnungen der BaFin Auch im Organisationsverhältnis zwischen einerseits Versicherungsunternehmen oder Pfandbriefbanken und dem jeweiligen Treuhänder andererseits kann es zu Konflikten kommen. Solche Konflikte können auf Primärebene insbesondere die Frage betreffen, ob ein vom Finanzdienstleister gewählter Vermögensgegenstand zur Aufnahme in das jeweilige Deckungsvermögen geeignet ist. Im Versicherungsrecht ist ferner an Konflikte insbesondere über die korrekte Aufbewahrung der Deckungsstockmittel, über die Herausgabepflicht des Treuhänders hinsichtlich von Deckungsstockwerten und die Pflicht des Treuhänders zur Erteilung des Bestätigungsvermerks (§ 73 VAG) zu denken. Auf Sekundärebene können sich Konflikte auf die Reichweite der Kontroll- und Informationsrechte des Treuhänders beziehen. Für solche organisationsrechtlichen Konflikte weisen die jeweiligen Organisationsverfassungen in §§ 75 VAG, 11 Abs. 2 PfandBG die Aufgabe der Streitentscheidung der BaFin zu.252 Die BaFin darf man in diesen Organisationen schon deswegen nicht als neutrale Instanz der Streitschlichtung ansehen, sondern muss sie als in das Organisationsverhältnis integrierte übergeordnete Aufsichtseinheit begreifen, weil ihr die Rechtsaufsicht über den jeweiligen Finanzdienstleister zusteht und sie daher ohnehin diesem gegenüber Aufsichtsanordnungen erlassen darf (§§ 81 VAG, 3 PfandBG). Allerdings zeigt sich so in den Kompetenzzuweisungen ein Unterschied zu der gerade betrachteten gerichtlichen Aufsicht und Streitschlichtungsmöglichkeit. Die Konfliktschlichtung zwischen mehreren Organisationseinheiten ist für die BaFin nicht lediglich Ausfluss der allgemeinen Aufsichtsbefugnisse, sondern hat einen eigenständigen Charakter. Aus Sicht der verschiedenen Treuhänder, denen als Ämtern im Rahmen dieser Abhandlung das Hauptaugenmerk gebührt, ist hervorzuheben, dass sie im Übrigen nicht der Aufsicht der BaFin unterliegen. Im Folgenden ist die Untersuchung der Streitentscheidung durch die BaFin danach zu gliedern, inwieweit der BaFin Befugnisse gegen die jeweiligen Treuhänder zustehen und zum anderen wie die Treuhänder ein Einschreiten der BaFin gegen die Finanzdienstleister erwirken können.
251 252
Grundlegend Westermann, Festschrift Bötticher, 369 ff.; ferner unten B II 2 (S. 469). Bellinger/Kerl, § 33 Rn. 5; Fahr/Kaulbach-Kaulbach, § 75 Rn. 1; Prölss-Lipowsky, § 75
Rn. 1.
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A. Streitbereinigung kraft Aufsichtsanordnung (hierarchisches Organisationsgefüge) 451
1. Anordnungen der BaFin gegenüber Treuhändern Inwieweit die BaFin aufgrund ihrer Streitentscheidungskompetenz gegen Treuhänder einschreiten kann, ist umstritten. Vielfach wird das Fehlen von Aufsichtsbefugnissen der BaFin gegenüber den Treuhändern auf das Streitschlichtungsverfahren erstreckt. Die BaFin dürfe nur einen feststellenden Verwaltungsakt erlassen.253 Diese Regelung lege zwar die Pflichten des Treuhänders verbindlich fest, enthalte aber kein (vollstreckbares) Handlungsgebot.254 Im Recht der Pfandbriefbanken wird zur Stützung dieser Auffassung noch § 7 Abs. 4 S. 2 PfandBG255 angeführt, der Weisungen der BaFin gegenüber dem Treuhänder verbietet. Diese Beschränkung der BaFin vermag nicht zu überzeugen. Zwar entbehrt eine allgemeine Rechts- oder gar Fachaufsicht der Grundlage.256 Hier geht es aber darum, die besonderen Kompetenzen der BaFin zu beurteilen, die daraus folgen, dass §§ 75 VAG, 11 Abs. 2 PfandBG ihr die Aufgabe der Streitentscheidung zuweisen. Diese spezielle Anordnung lässt sich nicht unter Hinweis auf die allgemeine Regelung systematisch erfassen.257 Vielmehr ist den Normen zu entnehmen, dass der BaFin wegen dieser Streitentscheidungskompetenz die Aufsicht über die Treuhänder zusteht, soweit die Treuhänder in den Kompetenzbereich des Finanzdienstleisters eingreifen und der Finanzdienstleister dieses rügt. Die eigentliche Frage besteht allein darin, ob die BaFin durch §§ 75 VAG, 11 Abs. 2 PfandBG zum Erlass eines Leistungsverwaltungsakts ermächtigt wird, den sie über den Verweis von § 17 FinDAG nach dem VwVG zwangsweise durchsetzen könnte. Die besseren Argumente sprechen dafür, diese Befugnis anzunehmen.258 Für dieses Verständnis spricht zunächst, dass der Zweck der betroffenen Normen, eine Streitbereinigung zu erreichen, so auf die effektivste Weise gewährleistet wird. Die Alternative, der BaFin zwar eine Durchsetzungsmöglichkeit gegenüber dem Finanzdienstleister, nicht aber gegenüber den Treuhändern einzuräumen, verstieße außerdem gegen die in allen Streitschlichtungsverfahren anzustrebende Chancengleichheit der Beteiligten. In der Praxis werden zwar schon mögliche Sanktionen im Amtswalterrechtsverhältnis, insbesondere eine Schadensersatzpflicht und die Entlassung aus dem Amt, den Treuhänder davon abhalten, sich dem Inhalt von Anordnungen der BaFin zu widersetzen. Gerade diese alternativen Sanktionsmöglichkeiten zeigen aber, dass es verfehlt ist, eine Befugnis der BaFin zur Leistungsverfügung abzulehnen, um die Eigenständigkeit des Treuhänders zu schützen. Wenn wie im Fall der BaFin der Entscheidungsträger als öffentliche Stelle über Hoheitsbefugnisse verfügt (§ 17 FinDAG), ist es immer vorzuziehen, dass er diese Hoheitsbefugnisse zur Durchsetzung seiner Verfügungen auch nutzen darf. Die Stellung des Treuhänders ist im Übrigen hinreichend geschützt, weil ihm gegen die Anordnungen der BaFin nach einem Widerspruchsverfahren (§ 68 253 254 255 256 257 258
Fahr/Kaulbach-Kaulbach, § 75 Rn. 2. Bellinger/Kerl, § 33 Rn. 4. Ehemals § 29 Abs. 3 S. 2 HypBkG. So zu Recht Bellinger/Kerl, § 29 Rn. 35, gegen Praxl, Treuhänder, 84 ff., 90 f. Zum Regel-Ausnahme-Verhältnis auch Bellinger/Kerl, § 29 Rn. 35. Prölss-Lipowsky, § 75 Rn. 2; vgl. ferner Praxl, Treuhänder, 90 f.
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§ 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich
VwGO) der Verwaltungsrechtsweg offen steht, um die gegen ihn gerichteten Verfügungen der BaFin anzugreifen (§§ 40, 113 VwGO). 2. Anordnungen der BaFin gegenüber Finanzdienstleistern Die BaFin kann gegenüber den Finanzdienstleistern schon aufgrund ihrer Befugnisse aus §§ 81 VAG, 3 PfandBG Leistungsverfügungen erlassen und diese gem. § 17 FinDAG in Verbindung mit dem VwVG durchsetzen. Dagegen steht dem Finanzdienstleister der Verwaltungsrechtsweg offen. Zur Lösung eines Konflikts zwischen Treuhänder und Finanzdienstleister ist von Bedeutung, inwieweit der Treuhänder die Entscheidung der BaFin über ein solches Einschreiten gegen den Finanzdienstleister durch einen Antrag erzwingen kann. Ansatzpunkt für die Lösung dieses Problems sind die erörterten §§ 75 VAG, 11 Abs. 2 PfandBG. Im Bereich des Rechts der Pfandbriefbanken folgt aus § 11 Abs. 2 PfandBG ohne weiteres, dass dem Treuhänder ein Antragsrecht zusteht, soweit seine Organisationsrechte durch die Bank verletzt sind und daher eine Streitigkeit zwischen ihm und der Bank besteht. Dann muss die Bank ggf. Anordnungen nach §§ 3, 11 Abs. 2 PfandBG erlassen, um die Rechte des Treuhänders zu wahren.259 Um sonstige Rechtsverstöße der Bank, die die Organisationsrechte des Treuhänders nicht berühren, zu rügen, fehlt dem Treuhänder indessen die Antragsbefugnis. Die BaFin bräuchte also einen entsprechenden Antrag des Treuhänders nicht in der Sache zu bescheiden, könnte ihn aber auch zum Anlass nehmen, um nach § 3 PfandBG von Amts wegen gegen die Bank einzuschreiten. Im Versicherungsrecht besteht ein Unterschied darin, dass § 75 VAG nach seinem Wortlaut eine Entscheidung der Aufsichtsbehörde nur bei Streitigkeiten über »seine Obliegenheiten«, nämlich die des Treuhänders, vorsieht. Daraus wird zum Teil gefolgert, dass der Treuhänder seine Organisationsrechte, namentlich seine Informationsrechte aus § 74 VAG, nicht mittels Anordnung der BaFin durchsetzen könnte.260 Dieser Auslegung ist zu widersprechen. Die Eingrenzung »seine Obliegenheiten« in § 75 VAG ist – entsprechend der Auslegung von § 11 Abs. 2 PfandBG – dahin zu verstehen, dass der Rechtskreis des Treuhänders betroffen sein muss. Die Norm erfasst also den Streit um Rechte des Treuhänders wie den um seine Pflichten gleichermaßen.261 Daher muss die BaFin auch Anträge eines Treuhänders, zur Durchsetzung seiner Organisationsbefugnisse gegen die Versicherung einzuschreiten, sachlich bescheiden.
IV. Übergeordnete Funktionseinheiten privatrechtlicher Natur Neben den behandelten übergeordneten Funktionseinheiten öffentlich-rechtlicher Natur stehen schließlich noch solche privatrechtlicher Natur. In diesen Fällen besteht das Über- und Unterordnungsverhältnis also zwischen Organisationssubjekten gleicher Art. Die durch die Organisationsverfassung eingeräumten 259 260 261
Vgl. Bellinger/Kerl, § 33 Rn. 3. Fahr/Kaulbach-Kaulbach, § 74 Rn. 2; vgl. aber auch ders., ebd., § 75 Rn. 2. Prölss-Lipowsky, § 75 Rn. 1.
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A. Streitbereinigung kraft Aufsichtsanordnung (hierarchisches Organisationsgefüge) 453
Kompetenzen und Befugnisse begründen jedoch die Hierarchie. Es gilt, verschiedene Gestaltungen dieser Hierarchie zu unterscheiden. 1. Weisungsbefugte Grundlageneinheit Die Überordnung mancher Grundlageneinheiten wie Eigentümerversammlung oder Gesellschafterversammlung in der GmbH gegenüber dem jeweiligen Leitungssubjekt (Wohnungseigentumsverwalter oder Geschäftsführer) drückt sich darin aus, dass ihnen ein umfassendes Weisungsrecht zusteht. Diese Weisungsbefugnis hat fernab von Fragen der Rechtmäßigkeitskontrolle ihre eigentliche Bedeutung darin, dass die Grundlageneinheit in die Zweckmäßigkeitsentscheidung der Leitungseinheit eingreifen kann. Entstehen aber – entweder in einem Leitungsgremium oder zwischen Mitgliedern der Grundlageneinheit und der Leitungseinheit – Konflikte über die Amtsführung der Leitungseinheit, entspricht es der organisatorischen Machtverteilung, dass der Konflikt ebenfalls von der Grundlageneinheit verbindlich entschieden wird. Die Fachaufsicht schließt so die Rechtsaufsicht mit ein. a) Anordnung Die Grundlageneinheit löst den Konflikt durch eine bindende Weisung in Form eines Beschlusses. Diese Art der Konfliktlösung unterscheidet sich von der üblichen Streitbereinigung durch Streitentscheidung hinsichtlich der Grundlagen der Entscheidung. Die Handlungsmöglichkeit der Grundlageneinheit beschränkt sich nicht darauf, über die Rechtmäßigkeit des Handelns der Leitungseinheit zu befinden. Sie ist zunächst schon dahin ausgeweitet, dass die Grundlageneinheit auch einen Streit über die Zweckmäßigkeit des Leitungshandelns entscheiden kann. Diese Kompetenz wirkt sich außerdem auch im Streit über die Rechtmäßigkeit des Leitungshandelns aus. Die Grundlageneinheit braucht nicht über die Rechtmäßigkeit zu befinden, sondern kann ihre Anordnung allein mit Zweckmäßigkeitserwägungen begründen. Sie ersetzt dann die umstrittene Rechtslage durch eine neue eigene Zweckmäßigkeitsentscheidung. Die Weisung wirkt wie die zuvor behandelten Fälle der Konfliktlösung durch ihre Klarstellungsfunktion. Der Streit wird beseitigt, weil die Grundlageneinheit verbindlich festlegt, was gilt. b) Durchsetzung Die Klarstellungsfunktion der Weisung wird in diesem Fall – im Gegensatz zu den bisher betrachteten Anordnungen zur Konfliktlösung – allerdings nicht dadurch ergänzt, dass die Weisung auch zwangsweise durchsetzbar ist. Dieser Mangel fällt angesichts der hierarchischen Organisationsstruktur jedoch nicht ins Gewicht.262 In einer hierarchischen Organisationsstruktur ist ein 262 Baumbach/Hueck-Zöllner, § 45 Rn. 25: »Praktisches Bedürfnis für Erhebung von Organklagen in der Normal-GmbH ist schon wegen der deutlich übergeordneten Stellung der Gesellschafterversammlung gering; solche Klage grenzt deshalb eher an Jux und Tollerei.«
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§ 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich
organisationsgemäßes Zusammenwirken der einzelnen Organisationseinheiten nur so lange sichergestellt, wie sich die untergeordneten Organisationssubjekte an die Vorgaben der übergeordneten Organisationssubjekte halten. Verweigern die Amtswalter des untergeordneten Organisationssubjekts ihre entsprechende Mitwirkung, so muss dieses Verhalten für sie im Grundverhältnis Konsequenzen zeitigen. Es drohen ihnen nicht nur Schadensersatzansprüche, sondern vor allem die Abberufung. Hält man im Einzelfall allerdings doch ein auf den Weisungsbeschluss aufbauendes gerichtliches Vorgehen für notwendig, um den Amtswalter (Wohnungseigentumsverwalter oder Geschäftsführer) zur Befolgung der Weisung anzuhalten, scheidet das Organisationsverhältnis als Grundlage für ein solches Vorgehen aus. Das Über- und Unterordnungsverhältnis verbietet es, dass die betroffenen Organisationssubjekte sich in einer Weise innerhalb des Organisationsverhältnisses gegenüberstehen, die eine gerichtliche Auseinandersetzung als angemessen erscheinen ließe. Gleichzeitig eröffnet diese hierarchische Organisationsverfassung allerdings die Möglichkeit, im Grundverhältnis gegen den Amtswalter vorzugehen. Zwar bestehen grundsätzlich Vorbehalte dagegen, die organisationsrechtliche Auseinandersetzung auf das Grundverhältnis zu verlagern.263 In den hierarchisch strukturierten Organisationen ist diese Möglichkeit aber eröffnet, weil weder Wertungen noch spezielle Institute des Organisationsverhältnisses diesen Weg verbieten. c) Kontrolle Der Streit, den der Beschluss der Grundlageneinheit schlichten sollte, kann sich an dem Beschluss selbst wieder entzünden, etwa weil sich ein Organisationssubjekt auf Kompetenzen beruft, die auch ein solcher Beschluss nicht beseitigen kann. In diesem Fall eröffnen die bereits angesprochenen Streitverfahren über die Beschlusswirksamkeit ein wirksames Mittel, um den organisationsrechtlichen Konflikt in einem gerichtlichen Verfahren zu lösen.264 Die Befugnis, einen entsprechenden Weisungsbeschluss anzufechten, steht den Mitgliedern der Grundlageneinheit zu. Lagen Wohnungseigentümer oder Gesellschafter einer GmbH in Streit mit Verwalter oder Geschäftsführer und bestätigt der Beschluss von Eigentümerversammlung oder Gesellschafterversammlung den Verwalter oder Geschäftsführer, so können die überstimmten Wohnungseigentümer oder Gesellschafter den Beschluss anfechten. Im umgekehrten Fall können aber auch Verwalter oder Geschäftsführer zur Anfechtung befugt sein.265 d) Anregung Um einen entsprechenden streitentscheidenden Beschluss zu fassen, bedarf es eines entsprechenden Antrags auf einer einzuberufenden Wohnungseigentümer263
Siehe B I 1 a (S. 460). Siehe § 12 C III 2 (S. 431 ff.). 265 Siehe § 12 C III 3 b (S. 436) sowie d (S. 438) zur umfänglichen Anfechtungsbefugnis des Wohnungseigentumsverwalters und der beschränkten des Geschäftsführers. 264
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oder Gesellschafterversammlung. Die Befugnis zur Einberufung liegt bei der Geschäftsführungseinheit (§§ 24 Abs. 1 WEG, 49 Abs. 1 GmbHG). Verwalter oder Geschäftsführer haben die Versammlung unter Ankündigung des jeweiligen Beschlussgegenstands jedenfalls auch dann einzuberufen, wenn ein Viertel der Wohnungseigentümer (§ 24 Abs. 2 WEG) oder ein Zehntel der Gesellschafter (§ 50 GmbHG) es verlangen. 2. Mehrheitsmacht innerhalb von Gremien Innerhalb von Gremien kommt jeweils der Mehrheit gegenüber der Minderheit eine übergeordnete Stellung zu, jedenfalls soweit das Gremium wie in der Regel nach dem Mehrheitsprinzip organisiert ist. Zwar dient diese Mehrheitsmacht – wie die Weisungsmacht in dem gerade vorgestellten Fall der dominierenden Grundlageneinheit – in erster Linie dazu, Zweckmäßigkeitsentscheidungen zu treffen. Diese Kompetenz lässt sich aber ebenfalls nutzen, um Streitigkeiten innerhalb des Gremiums über die Ausübung von Gremiumsverhalten zu klären. Das Gremium löst den internen Konflikt durch Willensbildung in Form eines Beschlusses. Der so gebildete Gremiumswille ist maßgeblich. Das Problem der Durchsetzung stellt sich vielfach gar nicht, weil der Beschluss selbst unmittelbar wirkt oder jedenfalls ohne Mitwirkung der überstimmten Minderheit umgesetzt werden kann. Das Problem ist aber dann zu lösen, wenn ein Beschluss des Leitungsorgans zur Umsetzung der Beteiligung der Minderheit bedarf, weil Gesamtvertretung gilt und der Beschluss keine Ermächtigungswirkung äußert. Für die Lösung sind keine besonderen Mittel vorgesehen. In erster Linie ist auf die Klarstellungswirkung des Beschlusses zu vertrauen. Die Sanktionen im Grundverhältnis werden die Minderheit zu einer Beschlussumsetzung anhalten. Die gerichtliche Auseinandersetzung über die Beschlusswirksamkeit ist von herausragender Bedeutung, um nachhaltig den gremiumsinternen Streit zu bereinigen. Konflikte, die durch einen Beschluss geklärt werden sollen, können sich in Bezug auf die Beschlusswirksamkeit fortsetzen. Der statthafte Rechtsschutz hängt von den Wirkungen von Beschlussfehlern ab. Die Rügebefugnis steht jedenfalls allen Gremiumsmitgliedern zu.266 Das rechtskräftige Urteil im Prozess über die Beschlusswirksamkeit bringt letztlich Rechtsgewissheit. Alle diejenigen können eine solche Streitbereinigung beanspruchen, denen die Kompetenz zusteht, eine Beschlussfassung des Gremiums zu verlangen. Das sind regelmäßig die Gremiumsmitglieder oder ein bestimmtes Quorum. Dieser Anspruch auf Beschlussfassung ist vielfach auch vom Berechtigten selbst durchzusetzen. § 110 AktG ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass die Einräumung von Handlungsbefugnissen zur Kompetenzumsetzung die Einräumung von (durchsetzbaren) Organisationsrechten entbehrlich machen kann. Das einzelne Aufsichtsratsmitglied braucht nicht seinen Anspruch auf Einberufung einer Aufsichtsratssitzung, für dessen Existenz die Formulierung »kann verlangen« in
266
Siehe § 12 C III 2, 3 vor a (S. 431 ff.).
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§ 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich
§ 110 Abs. 1 AktG spricht, gerichtlich durchzusetzen, sondern kann selbst die Sitzung einberufen (§ 110 Abs. 2 AktG). 3. Einigungsstelle im verbindlichen Verfahren Das Betriebsverfassungsrecht zielt in vielen Angelegenheiten auf eine einvernehmliche Regelung von Arbeitgeber und Betriebsrat. Scheitert eine Einigung, so weist § 76 Abs. 5 BetrVG vielfach (etwa §§ 87 Abs. 2, 98 Abs. 4, 112 Abs. 4 BetrVG) der Einigungsstelle als innerbetrieblicher Streitschlichtungsstelle privatrechtlicher Natur267 die Kompetenz zu, auf Antrag eines der Beteiligten eine Einigung von Arbeitgeber und Betriebsrat verbindlich festzulegen. a) Anordnung Der Spruch der Einigungsstelle bewirkt keine Streitentscheidung, sondern eine Zwangseinigung. Er ist nicht darauf beschränkt, die vorhandene Rechtslage abzubilden, sondern Rechte und Pflichten der Beteiligten wie durch eine von ihnen getroffene Abrede zu begründen. Der Anordnung kommen keine spezifischen Beschlusswirkungen zu, sondern die Wirkungen, die eine entsprechende Einigung der Beteiligten gehabt hätte.268 Der Spruch kann nicht nur eine formlose Betriebsabsprache oder Regelungsabrede, sondern auch eine Betriebsvereinbarung ersetzen.269 Um den Inhalt der Einigung zu bestimmen, ist die Einigungsstelle an höherrangiges Recht, also die Gesetze, Tarifverträge, aber auch bestehende Betriebsvereinbarungen gebunden. Der Inhalt der zu treffenden Regelung lässt sich aber nicht allein den Verpflichtungen von Arbeitnehmer und Betriebsrat aus diesen Rechtsquellen entnehmen. Daher muss die Einigungsstelle eine eigene Ermessensentscheidung treffen. b) Durchsetzung Die von der Einigungsstelle beschlossene Einigung muss von Arbeitgeber und Betriebsrat nicht erst noch erklärt werden, sondern ist mit dem Beschluss selbst in der Welt. Daher bedarf es keiner unmittelbaren Durchsetzung. In Betracht kommt freilich die Frage der mittelbaren Durchsetzung, wenn Betriebsrat oder Arbeitgeber ihre Pflichten aus der Einigung nicht erfüllen. Aber für dieses Problem hält das Verfahren vor der Einigungsstelle keine besonderen Lösungen bereit. Insbesondere ist der Spruch der Einigungsstelle kein Vollstreckungstitel.270
267
BAGE 32, 350, 357; ErfKomm-Kania, § 76 BetrVG Rn. 1; Richardi-Richardi, § 76 Rn. 7. BAGE 32, 350, 357; Richardi-Richardi, § 76 Rn. 110. 269 BAGE 29, 40, 47 f.; ErfKomm-Kania, § 76 BetrVG Rn. 27; Richardi-Richardi, § 76 Rn. 111. 270 MünchArbRHdb-Joost, § 320 Rn. 63; ErfKomm-Kania, § 76 BetrVG Rn. 28; RichardiRichardi, § 76 Rn. 113. 268
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A. Streitbereinigung kraft Aufsichtsanordnung (hierarchisches Organisationsgefüge) 457
c) Kontrolle Der Konflikt der Beteiligten, der einer Einigung zwischen ihnen entgegenstand, kann sich in Bezug auf den Spruch der Einigungsstelle fortsetzen. Die Rechtsschutzmöglichkeiten hängen davon ab, welche Folgen materiell-rechtliche Fehler des Spruches der Einigungsstelle äußern. Grundsätzlich führen Fehler zur Unwirksamkeit des Spruches.271 Folglich kann die Nichtigkeit zwar auch in einem gesonderten Feststellungsverfahren zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geltend gemacht werden. Das Arbeitsgericht entscheidet dann im Beschlussverfahren (§§ 80 ff, 2a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ArbGG). In Betracht kommt aber auch eine inzidente Überprüfung des Spruches, wenn Rechte aus ihm geltend gemacht werden.272 Eine solche Überprüfung kann auch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Urteilsverfahren (§§ 46 ff., 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a, Abs. 5 ArbGG) notwendig werden. Eine Ausnahme enthält § 76 Abs. 5 S. 4 BetrVG. Ermessensfehler müssen von Arbeitgeber oder Betriebsrat innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zuleitung des Beschlusses beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden. Diese Gestaltung ähnelt jedenfalls der in einem Anfechtungsverfahren.273 Es kommt im Ergebnis nicht darauf an, ob man wie bei anfechtbaren Beschlüssen einen ermessensfehlerhaften Spruch für wirksam, aber vernichtbar hält oder einen solchen Spruch für zunächst unwirksam, dessen Fehler aber nach Fristablauf als geheilt ansieht. Jedenfalls handelt es sich bei der Frist des § 76 Abs. 5 S. 4 BetrVG um eine materiell-rechtliche Frist, zu deren Einhaltung erforderlich ist, dass der gerichtliche Antrag sich bereits auf Ermessensfehler beruft.274 4. Privatautonome Schaffung einer übergeordneten Schlichtungsstelle Soweit ein übergeordnetes Organisationssubjekt zur Rechtsaufsicht nicht angeordnet ist, lässt sich dieses regelmäßig auch nicht durch privatautonome Disposition der Organisationsverfassung hinzufügen. Das gilt zunächst in vielen Fällen schon deswegen, weil die Organisationsverfassung gar nicht offen ist für privatautonome Dispositionen. Aber selbst wenn das im Grundsatz der Fall ist, bestehen gegen die Errichtung einer solchen übergeordneten Einheit Bedenken, weil diese Einheit das gesetzlich ausgebildete Organisationsverhältnis nachhaltig verändern würde. Daher ist die Errichtung eines solchen Organisationssubjekts etwa im Aktienrecht mit § 23 Abs. 5 AktG unvereinbar.275
271
MünchArbRHdb-Joost, § 320 Rn. 70. ErfKomm-Kania, § 76 BetrVG Rn. 28. 273 BAG NZA 1989, 26, 27; MünchArbRHdb-Joost, § 320 Rn. 80; Richardi-Richardi, § 76 Rn. 128, 133; vgl. auch Germelmann/Matthes/Prütting-Matthes, § 2a Rn. 44. 274 BAG NZA 1989, 26, 27. 275 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 312 f.; vgl. auch Bork, ZGR 1989, 1, 14 gegen die Schiedsfähigkeit von Organstreitigkeiten. 272
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§ 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich
B. Durchsetzung von Organisationsrechten (gewaltenteiliges Organisationsgefüge) In manchen Organisationen fehlt es an einer übergeordneten Funktionseinheit, die gegen pflichtwidriges Verhalten eines Organisationssubjekts einzuschreiten hat. Zu diesen Organisationen zählt insbesondere die Aktiengesellschaft, aber auch das von Betriebsrat und Arbeitgeber gebildete betriebsverfassungsrechtliche Organisationsverhältnis276 und das Verhältnis zwischen Kapitalgesellschaft und Abschlussprüfer, für das § 324 HGB ein besonderes Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorsieht277. Aus dem Fehlen eines zur Rechtmäßigkeitskontrolle berufenen Organisationssubjekts könnte man folgern, dass eine im Organisationsverhältnis wirkende Rechtmäßigkeitskontrolle in diesen Gefügen ausgeschlossen sein soll. Die Ahndung von pflichtwidrigem Verhalten wäre dann auf die nachträgliche Sanktion in Form von Schadensersatz und Abberufung im Amtswalterrechtsverhältnis beschränkt. Zur Legitimation einer solchen Gestaltung lässt sich anführen,278 dass die eigenverantwortliche Amtsführung durch den Amtswalter nicht durch eine zu hohe Kontrolldichte gefährdet werden sollte. Hinzu kommt das praktische Argument, dass vielfach eine präventive Kontrolle, mithin die Unterbindung rechtwidrigen Verhaltens, zu spät kommen kann. Gegen einen solchen umfassenden Verzicht auf ein irgendwie geartetes Einschreiten gegen pflichtwidrig handelnde Organisationssubjekte spricht aber, dass das pflichtwidrige Handeln des einen Organisationssubjekts nicht unbedingt auf den eigenen Aufgabenbereich beschränkt ist, sondern auch noch die Funktionsfähigkeit eines zweiten Organisationssubjekts stören kann. In diesen Fällen ist die Funktionsfähigkeit des zweiten Organisationssubjekts nur dann gewährleistet, wenn es gegen das Verhalten des ersten einschreiten kann. Gleichzeitig mag eine außerorganisatorische Maßnahme wie eine Abberufung des mutmaßlich pflichtwidrig handelnden Amtswalters, etwa wenn der Amtswalter sonst hervorragende Arbeit leistet, nicht sachgerecht sein. Daher besteht ein Bedürfnis für eine Klärung im Organisationsverhältnis.279 Ein Beispiel ist der Streit über den Umfang der Berichtspflichten des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand nach § 90 AktG. Nur wenn der Vorstand diese Auskünfte in genügendem Umfang erteilt, kann der Aufsichtsrat seiner Aufgabe nachkommen, den Vorstand zu überwachen. In diesem Verhältnis kann ferner die Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts durch den Aufsichtsrat nach § 111 Abs. 4 S. 2 AktG zu Konflikten mit dem Vorstand führen. Eine solche Anordnung kann pflichtwidrig sein, weil dem Vorstand die Geschäftsführung zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung zugewiesen ist (§ 76 Abs. 1 AktG), der Auf276 Zu den Kompetenzen der Einigungsstelle im Anwendungsbereich von § 76 Abs. 5 BetrVG siehe A IV 3 (S. 456). 277 Zur äußerst geringen praktischen Bedeutung dieses Verfahrens Ebenroth/Boujong/ Joost-Wiedemann, § 324 Rn. 1. 278 Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 27. 279 LG Darmstadt, AG 1987, 218, 219; Bauer, Organklagen, 19; Bork, ZGR 1989, 1, 19; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 309; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 230.
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B. Durchsetzung von Organisationsrechten (gewaltenteiliges Organisationsgefüge)
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sichtsrat indessen von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist (§ 111 Abs. 4 S. 1 AktG).280 Der gewaltenteiligen Struktur der Aktiengesellschaft entspricht es nicht, vom Vorstand zur Schlichtung dieser Kontroverse nach dem Modell des § 111 Abs. 4 S. 3 AktG zu verlangen, die Hauptversammlung über die jeweilige Maßnahme entscheiden zu lassen. Denn der Vorstand kann zwar in Geschäftsführungsangelegenheiten die Hauptversammlung entscheiden lassen (§ 119 Abs. 2 AktG) und ist dann auch an ihr Votum gebunden (§ 83 Abs. 2 AktG). Er will aber regelmäßig nicht eine fremde Zweckmäßigkeitsentscheidung einholen, sondern geltend machen, ohne Beeinflussung durch ein anderes Organisationssubjekt über eine bestimmte Maßnahme entscheiden zu können. Eine Lösung dieser Organisationskonflikte ist nur möglich, indem man in Übereinstimmung mit der Anspruchsorientierung im Privatrecht danach fragt, inwieweit das (mutmaßlich) organisationswidrige Verhalten des ersten Organisationssubjekts relevant den organisationsrechtlich einem zweiten Organisationssubjekt zugewiesenen Bereich berührt, so dass das zweite Organisationssubjekt von dem ersten organisationsgemäßes Verhalten verlangen kann.281 Die Organisationsverfassung ist also daraufhin zu untersuchen, ob sie, statt ein Subjekt der Rechtskontrolle zu schaffen, einzelnen Organisationssubjekten Rechte in der Weise einräumt, dass die Organisationssubjekte auch gegen sie beeinträchtigendes pflichtwidriges Verhalten anderer Organisationssubjekte vorgehen können. Bevor die Inhalte solcher Rechte untersucht werden (unter II.), soll das Augenmerk zuvor auf die Subjekte möglicher Auseinandersetzungen (unter I.) gelegt werden.
I. Subjekte von Streitigkeiten im Organisationsverhältnis Entsprechend den Vorarbeiten wird sich erweisen, dass Ämter und aus mehreren Ämtern bestehende Gremien geeignete Subjekte solcher organisationsinterner Streitigkeiten sind.282 Diese Sichtweise ist für den Betriebsrat im betriebsverfassungsrechtlichen Verhältnis zum Arbeitgeber recht einhellig anerkannt.283 Dieses Organisationsverständnis lässt sich aber auch nutzen, den Streit um die Subjektstellung innerhalb der Aktiengesellschaft zu entscheiden (unter 1.). Es zeigt seinen besonderen Charakter insbesondere bei der Analyse der prozessualen Auswirkungen (unter 2.). 1. Paradebeispiel: Binnenstreit in der Aktiengesellschaft Als Binnenstreit in der Aktiengesellschaft wird hier wie meist nicht der Streit der Aktionäre mit der Gesellschaft und ihren Organen, sondern der der Organe und der Organmitglieder untereinander verstanden.284 Die Auseinandersetzung um 280 Zu diesem Konflikt Bork, ZGR 1989, 1, 21; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 308; Hüffer, § 111 Rn. 18. 281 Vgl. insbesondere K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 216. 282 Siehe oben § 11 A I (S. 395). 283 Siehe § 4 C II 1 a (S. 146). 284 Zur Abgrenzung von der sog. Aktionärsklage oben § 5 B II 2 a (S. 168).
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§ 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich
die Subjektsstellung in diesem Streit lässt sich grob auf zwei Positionen verengen.285 Entweder erkennt man allein die beteiligten Rechtssubjekte als Streitsubjekte an oder man lässt spezifische apersonale Organisationssubjekte zu. a) Herkömmliche Ansicht: Außenrechtssubjekte Die herkömmliche Ansicht stellt auf die Außenrechtssubjekte ab.286 Das sind die Aktiengesellschaft selbst und die Amtswalter. Folglich soll der Streit nicht in einem spezifischen Organisationsverhältnis, dessen Existenz diese Ansicht mangels spezifischer Subjekten leugnen muss, sondern vornehmlich im Amtswalterrechtsverhältnis ausgetragen werden. So soll etwa die Berichtspflicht nach § 90 AktG durch Klage der Aktiengesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat, gegen das Vorstandsmitglied oder gegen mehrere Vorstandsmitglieder, jeweils persönlich, durchgesetzt werden. Diese Ansicht besticht auf den ersten Blick in zwei Punkten. Zum einen genügt sie dem Bedürfnis, die aus dem Binnenverhältnis der Gesellschaft resultierenden Ansprüche durchzusetzen. Zum anderen erreicht sie dieses Ergebnis, ohne besondere Organisationssubjekte annehmen zu müssen, deren Anerkennung als Erweiterung der Prozesssubjekte neue Fragen aufwerfen würde. Bei näherem Hinsehen zeigt sich indes, dass diese Leistungen teuer erkauft sind. Die Umetikettierung dieses organisationsrechtlichen Problems in eines des Amtswalterrechtsverhältnisses offenbart nämlich erhebliche Schwächen.287 aa) Bestimmung der Prozesssubjekte Zunächst zeigt sich, dass die Außenrechtsanknüpfung zu einer gewissen Beliebigkeit führt, die Prozesssubjekte im Einzelfall zu bestimmen. Im Interorganstreit bestünde ganz grundsätzlich das Problem, welches Organ als Vertreter der Gesellschaft handeln dürfte und welches Organ durch seine Organmitglieder handeln müsste. Der übliche Ansatz geht von der Durchsetzung der Amtswalterpflichten aus. Es klage daher die Gesellschaft, vertreten durch das einschreitende Organ, gegen die Amtswalter, die mutmaßlich ihre Amtspflichten verletzen. Man könnte aber genauso konstruieren, dass die Anspruchsteller sich
285 Eine ausdifferenzierte Analyse des Binnenstreits in juristischen Personen des öffentlichen Rechts und des Privatrechts hat Diemert, Der Innenrechtsstreit im öffentlichen Recht und im Zivilrecht, 2002, vorgelegt; zum gesellschaftsrechtlichen Organstreit jüngst Schwab, Prozeßrecht, 562 ff. – Einen grundlegend abweichenden Ansatz verfolgen zum einen Pflugradt, Leistungsklagen, 103 ff., und zum anderen Landrock, Innenrechtsstreit, 169 ff. Sie deuten das Organisationsverhältnis in der Aktiengesellschaft rein objektiv-rechtlich. Für die Klärung von Konflikten greifen sie dann in unterschiedlicher Weise auf das Modell der Anfechtungsklage nach §§ 241 ff. AktG zurück. 286 Flume, juristische Person, § 11 V; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler, § 90 Rn. 57; Hüffer, AktG, § 90 Rn. 18, 23; Lewerenz, Leistungsklagen, 105 ff.; Mertens, ZHR 154 (1990) 24, 33; Stodolkowitz, ZHR 154, 1, 8 ff.; Westermann, Festschrift Bötticher, 369, 375, 379; vgl. auch BGHZ 122, 342, 345; ausdrücklich offen noch BGHZ 106, 54, 59 ff., 62; ferner BGHZ 123, 347, 354. 287 Bork, ZIP 1991, 137, 138 ff.
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auf ihre aus dem Amtswalterrechtsverhältnis folgenden Rechte berufen, die die Gesellschaft, vertreten durch das verpflichtete Organ, zu erfüllen hätten. Das Dilemma wird besonders deutlich, wenn sich die Beteiligten wechselseitig in Anspruch nehmen. Es könnte etwa klagen die Gesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat, gegen Vorstandsmitglieder auf Unterlassung eines bestimmten Verhaltens, das angeblich einen Zustimmungsvorbehalt missachtet. Im umgekehrten Verhältnis könnten gleichzeitig die Vorstandsmitglieder als Vertreter der Gesellschaft die Aufsichtsratsmitglieder in Anspruch nehmen, die in der Anordnung des Zustimmungsvorbehalts angeblich liegende Einmischung in die Geschäftsführung zu unterlassen. Obwohl also in der Sache in beiden Fällen das organisationsrechtliche Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat betroffen ist, unterschieden sich die Prozessrechtssubjekte. Die Unklarheiten setzen sich fort, wenn nicht das Recht eines Organs, sondern das eines Organmitglieds betroffen ist wie das aus § 90 Abs. 3 S. 2 AktG gegenüber dem Vorstand oder das aus § 90 Abs. 5 AktG gegenüber dem Aufsichtsrat. Jedenfalls nach Aussagen des BGH handelt es sich bei diesen Auskunftsansprüchen um Eigenrechte des Aufsichtsratsmitglieds.288 Dann stellt sich die Frage, ob sich dieses Recht gegen die Gesellschaft oder aber gegen die betroffenen Organmitglieder richtet. Den betroffenen Normen lässt sich auf Grundlage der hier unterstellten personalen Anknüpfung keine Aussage entnehmen. bb) Bestimmung des Rechtsverhältnisses Die Gesellschaft und die Amtswalter zu den Subjekten der organisationsinternen Auseinandersetzungen zu machen birgt aber vor allem die Gefahr, inhaltlich falsche Schlüsse zu ziehen. Zweifellos ist jeder Amtswalter im Amtswalterrechtsverhältnis verpflichtet, sein Amt organisationsgemäß auszuüben. Verletzt er diese Pflicht schuldhaft, so haftet er auf Schadensersatz. Dieser Befund verführt dazu, auch auf Primärebene eine Möglichkeit für die klagende Gesellschaft anzunehmen, gegen jedes pflichtwidrige Verhalten eines Amtswalters einzuschreiten.289 Auf die Frage, inwieweit dieses Ergebnis zutrifft, wird zurückzukommen sein, wenn die Frage nach den Subjekten im Organisationsverhältnis geklärt ist.290 Schon jetzt ist darauf hinzuweisen, dass die Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft gerade keine Funktionseinheit vorsieht, die der Rechtmäßigkeitskontrolle anderer Funktionseinheiten dienen soll. Inhalt der gewaltenteiligen Organisationsstruktur der Aktiengesellschaft ist vielmehr, dass den Amtswalterorganen Aufsichtsrat und Vorstand eigenverantwortlich wahrzunehmende Aufgabenbereiche eingeräumt sind. Der Schutz dieser Eigenverantwortlichkeit spricht dafür, dass die Amtsausübung grundsätzlich nicht allein durch den Hinweis auf die Rechtswidrigkeit einer bestimmten Amtsausführung gestört werden kann.
288
BGHZ 106, 54, 62. So insbesondere zur Aktiengesellschaft Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 4 ff.; dezidiert dagegen Bork, ZIP 1991, 137, 138 ff. 290 Unten B II 3 (S. 470). 289
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Spezifische Probleme wirft die Einbeziehung der Gesellschaft ferner bei den Informationsansprüchen auf.291 Nimmt die Aktiengesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat, ein Vorstandsmitglied auf Informationsweitergabe in Anspruch, so liegt bei einem Außenrechtsmodell ein auf die Zurechnung von Vorstandswissen abzielender Einwand nahe. Der Vorstand könnte sich – freilich organisationsrechtlich unpassend – verteidigen, der Anspruch entfalle, weil die Organisation durch das von ihm repräsentierte Amt (Vorstand) bereits in Besitz der Informationen sei. Schließlich ist erneut auf die insbesondere im Fall des Amtswalterwechsels virulent werdenden Kontinuitätsprobleme zu verweisen.292 Die Verpflichtung zu einem bestimmten organisationsinternen Verhalten ist für den ausgeschiedenen Amtswalter irrelevant. Die Wirkungen einer gegen ihn persönlich gerichteten Verfügung oder eines gegen ihn persönlich geführten Rechtsstreits gehen ins Leere. Maßgeblich ist vielmehr, dass ein Streit um die Amtskompetenzen auch dem Nachfolger gegenüber wirkt. Diese Wirkung wird erreicht, wenn man mit Amt und Organ apersonale Subjekte im Organisationsverhältnis anerkennt. b) Anerkennung spezifischer (apersonaler) Organisationssubjekte Zunehmend hat sich daher eine moderne Ansicht herausgebildet, die apersonalen Subjekten auch die Fähigkeit zuweist, eine gerichtliche Auseinandersetzung innerhalb einer Aktiengesellschaft zu führen. Ihr ist im Grundsatz zu folgen. Organe sind nicht nur als Bezugspunkte von Kompetenzen und Handlungen, sondern als vollwertige Organisationssubjekte anzuerkennen. Auch wenn das Gesetz außerhalb von §§ 245 Nr. 4, 250 AktG diesen apersonalen Subjekten eine solche prozessuale Subjektstellung nicht ausdrücklich zuweist, spricht entscheidend für dieses Verständnis, dass das Gesetz mit diesen apersonalen Subjekten spezifische Zuordnungspunkte von organisationsrechtlichen Positionen statuiert hat. Bei Bewertung des Meinungsstands ist allerdings zwischen dem Verständnis von Organen und dem von Organmitgliedern, sprich von Ämtern, zu unterscheiden. aa) Organe Von den Befürwortern dieses Ansatzes wird den Organen durchweg eine organisationsrechtliche Position zugestanden, die die Organe zum tauglichen Subjekt auch von Binnenprozessen sowohl auf Aktiv- als auch auf Passivseite macht.293 Die Beschreibung dieser überwiegend materiell-rechtlich gedeuteten Rechtsposition fällt jedoch uneinheitlich aus. Nur ausnahmsweise wird von subjektiven Rechten294, vermehrt indessen von Organrechten295, Interorganrechten296 oder 291
Bork, ZIP 1991, 137, 138. Vgl. Bork, ZIP 1991, 137, 140. 293 Bauer, Organklagen, 67 ff., 110 ff.; Bork, ZGR 1989, 1, 15 ff.; ders., ZIP 1991, 137, 138 ff.; Diemert, Innenrechtsstreit, 107 ff.; Hauswirth, Befugnisse, 49 ff.; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 294 ff.; Lutter, Information, 70; Schwab, Prozeßrecht, 581. 294 Bork, ZGR 1989, 1, 6 ff. 295 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 303; Schwab, Prozeßrecht, 590. 296 Bauer, Organklagen, 65. 292
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B. Durchsetzung von Organisationsrechten (gewaltenteiliges Organisationsgefüge)
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Funktionskompetenzen297 gesprochen, gelegentlich wird nur auf die Pflichtenseite abgestellt298.299 Diese Uneinheitlichkeit ist allerdings nicht Ausdruck eines unterschiedlichen Verständnisses der in Rede stehenden Rechtsposition, sondern hat seine Ursache in abweichenden Auffassungen vom subjektiven Recht. Wer ein subjektives Recht nur annimmt, sofern die Rechtsposition dem Individuum zur Durchsetzung eigener Interessen dient, kann die Organrechte nicht als solche qualifizieren.300 Wer aber – wie in dieser Abhandlung bereits befürwortet –301 auf die formale Struktur abstellt, hat die Rechtsposition der Organe als Rechte einzuordnen.302 Der keinesfalls zu bestreitenden Eigenartigkeit dieser Rechte hinsichtlich ihrer Funktion, aber auch hinsichtlich der Folgen ihrer Verletzung lässt sich dadurch Rechnung tragen, dass man diese Organrechte als eigenständige Gruppe neben anderen Gruppen von Rechten der Familie der subjektiven Rechte unterordnet.303 Allein eine besondere Betonung der spezifischen Funktionsbezogenheit dieser Rechte stellt es schließlich dar, lediglich die Pflichtenseite dieser Rechte zu betonen. Denn so wird der Zweck dieser Rechte herausgestellt, innerhalb des Organisationsverhältnisses auf Primärebene gegen organisationswidriges Verhalten einschreiten zu können. Eine Eigenständigkeit kommt hingegen der Auffassung Ludwig Häsemeyers zu, den Organen seien nur Funktionskompetenzen zugewiesen.304 Die Organe sollen dann den Prozess nur als fremdnützige Prozessstandschafter im Interesse des Gesellschaftsvermögens führen. Auf dieser Grundlage bestimmt Häsemeyer die prozessualen Folgen der Prozessführung von Organen unter Rückgriff auf die Lehre von der Partei kraft Amtes.305 Insbesondere hafte für die verursachten Kosten das Gesellschaftsvermögen als Interessevermögen. Häsemeyer integriert so den Organstreit in das bekannte prozessuale Instrumentarium. Seine Ergebnisse hinsichtlich der prozessualen Rechtsfolgen verdienen Zustimmung. Denn zwischen den beiden Fällen, die er gleichsetzt, besteht eine bedeutende Übereinstimmung: die rein fremdnützige Betätigung im Prozess, die Eigenart jeder prozessualen Betätigung von Amt oder Ämtergremium ist. Die materiell-rechtliche Bewertung ruft indessen Widerspruch hervor. Die Erfassung der Rechtsbeziehungen wird erschwert, wenn man die Organrechte und Organpflichten nicht den Organen, sondern der Gesellschaft selbst zuordnet. Man muss dann insbesondere erklären, warum die Gesellschaft gleichzeitig Inhaber von Recht und Pflicht sein kann. Die Zuordnung dieser Organrechte und Organpflichten zum apersonalen Amt ist indessen – anders als im Außenrechtsverkehr – möglich, weil es sich nicht um Vermögensrechte handelt.306 297
Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 264, 267. K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 215 f.; ebenso Pflugradt, Leistungsklagen, 111. 299 Überblick ferner bei Diemert, Innenrechtsstreit, 305 f. 300 Bauer, Organklagen, 60 ff.; Hauswirth, Befugnisse, 87; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 302 f.; Schwab, Prozeßrecht, 592; vgl. auch Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 264, 268 ff. 301 Siehe § 3 A I 2 (S. 18). 302 Bork, ZGR 1989, 1, 6 ff. 303 Bork, ZGR 1989, 1, 10. 304 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 284. 305 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 276, 286 f. 306 Siehe § 11 A I 2 b (S. 398). 298
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Zu folgen ist daher der Ansicht, die die Organe nicht nur als Zuordnungssubjekt von Kompetenzen und Handlungen, sondern auch von innerorganisatorischen Rechten und Pflichten ansieht. Zur Durchsetzung oder Verteidigung dieser Rechtspositionen kann ein Organ auch Partei eines Zivilprozesses um innerorganisatorische Rechtspositionen sein. Diese Parteifähigkeit wird von § 245 Nr. 4 AktG vorausgesetzt und hier fruchtbar gemacht. Zwar lässt sich § 245 Nr. 4 AktG allein nicht als Argument für die Zulässigkeit des Organstreits anführen. Diese Bestimmung zeigt aber, wie leicht das Prozessrecht die Vorgaben des materiellen Rechts umsetzen kann, wenn das materielle Recht ein Organ als Rechtssubjekt anspricht. bb) Ämter (Organmitglieder) In Bezug auf die Organmitglieder wird überwiegend nicht das jeweilige Amt, sondern der Amtswalter als Subjekt angesehen.307 Die Subjektstellung des Amtes wird regelmäßig nicht in Erwägung gezogen, auch wenn der besondere Fremdbezug des Amtswalterhandelns betont wird. Die Anerkennung des Amtes als Zuordnungssubjekt bleibt vereinzelt.308 Eine Sonderstellung nimmt wiederum Häsemeyer mit seinem prozessstandschaftlichen Modell ein. Der Amtswalter streite prozessual gleich einem Organ nur wie eine Partei kraft Amtes, so dass die Vermögensfolgen des Prozesses das Gesellschaftsvermögen träfen.309 Ebenfalls deutliche Parallelen zur Lehre von der Partei kraft Amtes klingen bei Marcus Lutter an, wenn er die Parteistellung des Aufsichtsratsvorsitzenden in seiner Funktion hervorhebt.310 Zur Begründung verweist er auf Kontinuitätserwägungen. Ein Prozess über ein Informationsverlangen gegen einen Aufsichtsratsvorsitzenden dürfe nicht immer von neuem beginnen, nur weil – vielleicht gar turnusmäßig – der Vorsitz wechsele. Es ist vorzuziehen, das Amt grundsätzlich auch hier als apersonales Subjekt anzuerkennen. Erkennt man die Organe als solche an, lassen sich gegen diese Auffassung keine grundsätzlichen Erwägungen anführen. Zu verteidigen ist diese Auffassung freilich gegen den Einwand, es handele sich um eine entbehrliche überkonstruierte Spielerei. Diesem Einwand ist zuzugeben, dass sich die Anerkennung des Amtes in vielen Fragen nicht auswirkt. Im Ergebnis überwiegen aber die Argumente, die für die Anerkennung der Subjektstellung von Ämtergremien und sonstigen Ämtern sprechen. Die Organisationsverfassung ordnet Kompetenzen, Handlungsbefugnisse, Rechte und Pflichten nicht einem bestimmten Amtswalter selbst, sondern dem Amt zu. Der Amtswalter hat diese Befugnisse lediglich auszuüben. Das zeigt sich insbesondere beim Amtswalterwechsel, der, wie Lutter zu Recht betont, auf das innerorganisatorische Rechtsverhältnis keinen Einfluss hat. Die allein fremdnützige Tätigkeit des Amtswalters verlangt, worauf insbesondere Häsemeyer hinweist, dass die vermögensrechtli-
307 Bork, ZGR 1989, 1, 34; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 315; Lutter, Information, 72 f.; Säcker, NJW 1979, 1521, 1525 f.; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 220. 308 Bitter, Leistungsklagen, 48 ff.; Schwab, Prozeßrecht, 598 f. 309 Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 284 f. 310 Lutter, Information, 72 f.
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chen Kostenfolgen nicht den Amtswalter, sondern die Gesellschaft als Interessenträger treffen. 2. Prozessuale Auswirkungen des Konzepts Die prozessualen Auswirkungen dieses Konzepts, im Organisationsverhältnis apersonale Organisationssubjekte anzuerkennen, wurden bereits mehrfach angedeutet. Der Weg zu den Gerichten steht auch zur Verfolgung der in Rede stehenden Organisationsrechte offen. Für das Betriebsverfassungsrecht lässt sich diese Sicht durch § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG belegen. Das Aktienrecht enthält jedenfalls keine Anzeichen, dass diese Rechte und Pflichten nicht als klagbar ausgestaltet wären.311 a) Parteistellung der apersonalen Organisationssubjekte Die Parteifähigkeit der apersonalen Organisationssubjekte lässt sich noch leichter begründen als die der Parteistellung des Amtes im Außenrechtsverkehr. Denn es lässt sich nicht nur auf die Handlungsfähigkeit dieser Subjekte verweisen. Sie sind sogar Inhaber eigener – wenn auch fremdnütziger – Rechte. Sie sind daher im Rechtsstreit um diese Rechte auch schon als Rechtsinhaber prozessführungsbefugt. Im Prozess können diese apersonalen Subjekte freilich nicht selbst handeln. Das Handeln ihrer Amtswalter wird ihnen zugerechnet. Der Amtswalterwechsel führt daher nicht zu einer prozessualen Rechtsnachfolge im Sinne von §§ 239, 265, 325 ZPO. Einschlägig sind vielmehr §§ 241, 246 ZPO.312 Der neue Amtswalter vertritt das apersonale Organisationssubjekt anstelle des ausgeschiedenen. Diese Regeln gelten im Grundsatz gleichermaßen bei Amt wie Organ. Beim Amt Organmitglied ergibt sich allerdings das besondere Problem, dass mehrere Mitgliedsämter gleichzeitig neu besetzt werden können.313 Es bedarf dann einer Verständigung der neuen Amtswalter, in wessen Aufgabenfeld die Fortführung des vom Amt geführten Prozesses fällt. Entfällt mit dem Amtswalterwechsel der Streit, ist die Klage zurückzunehmen, ggf der Streit für erledigt zu erklären.314 b) Kostentragung Die Kosten des Verfahrens können mangels Vermögensfähigkeit den apersonalen Subjekten nicht selbst auferlegt werden.315 Im Betriebsverfassungsrecht findet 311 In den unter A. behandelten Organisationen sind indessen die Binnenrechte auf den dort aufgezeigten Wegen zu verfolgen. Zur Konkurrenz des registergerichtlichen Informationserzwingungsverfahrens nach §§ 132 FGG, 407 Abs. 1, 90 AktG siehe A II 5 (S. 449). 312 Bork, ZGR 1989, 1, 27; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 306; Lutter, Information, 70, 72. 313 Schwab, Prozeßrecht, 599. 314 Da unabhängig vom Ausgang des Verfahrens ohnehin das Organisationsvermögen die Kosten zu tragen hat (sogleich im Text), kann eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO zu keinem anderen Ergebnis führen als nach § 269 ZPO. 315 Die eigenen Kosten müssen ggf. die Amtswalter für Amt oder Gremien vorfinanzieren und auf eine Erstattung im Amtswalterrechtsverhältnis entsprechend § 670 BGB vertrauen, Siehe § 14 A I 2 c (S. 478) sowie § 6 B II 2 (S. 221).
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§ 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich
demgemäß eine Kostenerstattung nicht statt.316 Im Aktienrecht ist man sich einig darüber, dass die anfallenden Kosten im Ergebnis die Gesellschaft tragen muss.317 Es werden allerdings zwei unterschiedliche Wege zur Begründung erwogen. Einerseits lässt man es bei der Anwendung von §§ 91 ff. ZPO bewenden, setzt die Kostentragung eines Organs aber – wie auch im Fall der Prozessführung durch den Vorstand nach § 245 Nr. 4 AktG –318 mit der durch die Gesellschaft gleich.319 Andererseits wird eine Analogie zu § 99 Abs. 6 S. 7 u. 8 AktG befürwortet. Danach trägt im Verfahren der gerichtlichen Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats im Grundsatz die Gesellschaft die Kosten.320 Deutet man das Verfahren wie hier als echtes Streitverfahren um Organrechte, so sollte man § 91 ff. ZPO anwenden. Das gilt umso mehr, weil nicht ausgeschlossen ist, dass einzelne (ausgeschiedene) Amtswalter wegen eines eigenen Interesses – etwa um Schadensersatzansprüche abzuwehren – dem Streit beitreten (§ 66 ZPO).321 Dann muss auch § 101 ZPO anwendbar sein. Das damit verbleibende Problem, die Kostenhaftung des Verbands für die Prozessführung seines Organs im eigenen Namen zu erklären, wirft das Gesetz auch mit § 245 Nr. 4 AktG auf. Es lässt sich auf Grundlage des hier geprägten Amtsverständnisses dahin lösen, dass der Rechtsträger unmittelbar haftet, in dessen ausschließlichem Interesse das nicht vermögensfähige Amt tätig geworden ist. Da anders als bei der Parteistellung des Amtes im Außenverhältnis die Titulierung gegen das Amt nicht erforderlich ist, um das Haftungsvermögen zu kennzeichnen, sollte der Kostentenor unmittelbar auf die Gesellschaft lauten, um die Vollstreckung zu vereinfachen.322 c) Vollstreckung Die Klarstellungswirkung eines Urteils, das über Organisationsrechte entscheidet, wird regelmäßig das verpflichtete Subjekt veranlassen, seinen Pflichten nachzukommen. Das Konzept vom organisationsrechtlichen Streit ist darüber hinaus jedoch auch insoweit komplett, dass es eine einmal notwendige Vollstreckung erklärt. Die Abgabe von Willenserklärungen wird nach § 894 ZPO mit der Rechtskraft des Urteils fingiert. Die Vollstreckung von unvertretbaren Handlungen nach § 888 ZPO bedarf wie die Durchsetzung von Unterlassungs- bzw. Dul316
Siehe § 4 C II 1 a (S. 147). Nach § 324 Abs. 3 S. 8 HGB ist das ebenfalls die Regel im Streit mit dem Abschlussprüfer. § 324 Abs. 3 S. 9 HGB erklärt allerdings aus Billigkeitsgründen auch für zulässig, dem Abschlussprüfer die Kosten aufzuerlegen. Damit wird das Amtswalterrechtsverhältnis über die Kostenfolge in den Streit aus dem Organisationsverhältnis integriert, kritisch dazu im Fall von § 47 WEG siehe § 12 C III 3 c (S. 437). 318 Dazu § 11 A I 3 a (S. 401). 319 Lutter, Information, 70. 320 Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 306; ihm folgend Bork, ZGR 1989, 1, 28 f.; Schwab, Prozeßrecht, 584. 321 Allgemein zur Zulässigkeit des Streitbeitritts von gesetzlichen Vertretern und Organwaltern Stein/Jonas-Bork, § 66 Rn. 8. 322 Sind wie regelmäßig nur im Interesse der Gesellschaft handelnde Ämter und Organe beteiligt, scheidet eine Vollstreckung, sofern die Gerichtskosten vollständig eingezahlt sind, freilich regelmäßig aus. 317
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dungsgeboten nach § 890 ZPO einer Willensbeugung des oder der betroffenen Amtswalter. Daher ist aufgrund des in dieser Arbeit vertretenen Standpunkts nicht nur die Anordnung von Zwangs- und Ordnungshaft gegenüber dem betroffenen Amtswalter zulässig, sondern auch die Festsetzung von Zwangs- und Ordnungsgeld gegen das Vermögen des Amtswalters.323
II. Anspruchsinhalte im Organisationsverhältnis Wie die Organisationsverfassung die Organisationssubjekte schafft, so erzeugt sie auch die Organisationsrechte. Diese Rechte werden allerdings nur selten ausdrücklich genannt. Beispiele für ausdrücklich vorgesehene Rechte innerhalb von solchen Organisationen, die – wie hier allein relevant – über keine übergeordnete Rechtskontrolleinheit verfügen,324 sind § 23 Abs. 3 BetrVG sowie § 90 AktG. Die Organisationsverfassung hat vielfach nur die Pflicht im Blick, sich organisationsgemäß zu verhalten. Damit ist das bereits eingangs unter B. angesprochene und nunmehr zu lösende Problem aufgegriffen. Es gilt zu ermitteln, unter welchen Voraussetzungen die Pflichtverletzung des einen Organisationssubjekts Kehrseite der Verletzung des Rechts eines anderen Organisationssubjekts ist, so dass dieses andere Organisationssubjekt gegen die Pflichtverletzung einschreiten kann. Diese Frage ist durch eine Auslegung der Organisationsverfassung daraufhin zu beantworten, inwieweit Sinn und Zweck der Kompetenzverteilung die Einräumung von Ansprüchen erfordern.325 Freilich lassen sich insoweit keine allgemein verbindlichen Antworten geben, aber in Übereinstimmung mit der Lehre zum Aktienrecht drei bedeutende Fallgruppen unterscheiden.326 Ansprüche werden sich regelmäßig begründen lassen, wenn das pflichtwidrige Verhalten des anderen Organisationssubjekts die Kompetenzen des klagenden Organisationssubjekts unmittelbar berührt. Insoweit lässt sich unterscheiden zwischen meist auf Unterlassung gerichteten Kompetenzschutzansprüchen (unter 1.) und meist auf Leistung gerichteten Hilfsansprüchen (unter 2.). Kann sich das klagende Organisationssubjekt nicht auf eine Betroffenheit der eigenen Kompetenzen berufen, sondern nur die Pflichtverletzung des anderen Organisationssubjekts rügen, wird ein allgemeiner Anspruch auf pflichtgemäßes Handeln (unter 3.) regelmäßig ausscheiden.
323
Siehe § 9 B II 5 d (S. 311). §§1839 f. BGB, 320 HGB, 58 Abs. 1 S. 2, 69 S. 2, 79 S. 1 InsO, 10 PfandBG, 74 VAG ordnen zwar ebenfalls organisatorische Rechte an. Die Durchsetzung dieser Rechte erfolgt aber angesichts der hierarchischen Struktur dieser Organisationen nach dem unter A. aufgezeigten Modell. 325 Zum Organstreit in der Aktiengesellschaft insbesondere Bork, ZGR 1989, 1, 18 f.; für das Betriebsverfassungsrecht BAG NJW 1995, 1044, 1045 ff.; ferner BAG NZA 1997, 274, 276 f.; zur Vergleichbarkeit beider Fälle insbesondere Raab, ZfA 1997, 183, 204; ders., Rechtsschutz, 146 ff. 326 Für den Organstreit in der Aktiengesellschaft grundlegend K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 215, 228 f.; ähnlich ferner Bauer, Organklagen, 14 ff.; Bork, ZGR 1989, 1, 15; Pflugradt, Leistungsklagen, 111. 324
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1. Kompetenzschutzansprüche Viele Organisationen sind gewaltenteilig organisiert, so dass jeder Funktionseinheit ein Aufgabenbereich zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung zugewiesen ist. In einer solchen Organisation können den einzelnen Funktionseinheiten Rechte eingeräumt werden, um Übergriffe anderer Funktionseinheiten auf ihren Kompetenzbereich abzuwehren. Diese Kompetenzschutzrechte haben wie § 1004 BGB negatorische Ansprüche auf Unterlassung künftiger oder Beseitigung gegenwärtiger Störungen zum Inhalt.327 So kann einer Funktionseinheit, die aufgrund eines Zustimmungsvorbehalts mitbestimmungsberechtigt ist, das Recht eingeräumt sein, von der Leitungseinheit zu verlangen, dass sie sich über den Zustimmungsvorbehalt nicht hinwegsetzt.328 Dem entsprechend kann in der Aktiengesellschaft der Aufsichtsrat vom Vorstand verlangen, keine Geschäfte ohne die nach § 111 Abs. 4 AktG erforderliche Zustimmung auszuführen.329 Ähnlich wird dem Betriebsrat in vielen Konstellationen ein Anspruch gegen den Arbeitgeber zugesprochen, mitbestimmungspflichtige Maßnahmen ohne Zustimmung des Betriebsrats zu unterlassen.330 Beispielsweise wird in sozialen Angelegenheiten (§ 87 BetrVG) überwiegend der Kompetenzordnung des BetrVG ein ungeschriebener Anspruch entnommen,331 während für personelle Einzelmaßnahmen § 101 BetrVG einschlägig ist. Nichts anderes darf aber auch für das organisationsrechtliche Minus zum Zustimmungsvorbehalt gelten, nämlich dass die Leitungseinheit nicht ohne Anhörung einer Beratungseinheit tätig werden darf. Dann kommt ein Anspruch darauf in Betracht, dass die Leitungseinheit nicht tätig wird, ohne dass sie die Meinung der Beratungseinheit formell angehört und materiell gewürdigt hat. Der Leitungseinheit wiederum kann ein Bereich der Geschäftsführung zur selbstverantwortlichen Wahrnehmung zugewiesen sein. In diesem Bereich kann sie dann beanspruchen, dass eine andere Funktionseinheit die Anordnung von Zustimmungsvorbehalten oder sonstige Einmischung unterlässt. Ein entsprechender Anspruch wird insbesondere im Verhältnis zwischen Aufsichtsrat und Vorstand einer Aktiengesellschaft angenommen. Der Aufsichtsrat hat es zu unterlassen, Zustimmungserfordernisse (§ 111 Abs. 4 S. 2 AktG) anzuordnen, mit
327
Hauswirth, Befugnisse, 108 ff.; Raab, ZfA 1987, 183 ff. Ein Anspruch lässt sich für das Verhältnis von Gläubigerausschuss und Insolvenzverwalter annehmen, soweit besonders bedeutsame Rechtsgeschäfte betroffen sind, bei denen § 160 Abs. 1 InsO den Insolvenzverwalter verpflichtet, die Zustimmung des Gläubigerausschusses einzuholen. In diesem Verhältnis wird die Pflichterfüllung des Insolvenzverwalters aber, wie erörtert, allein durch das Insolvenzgericht durchgesetzt. Der Anspruch des Gläubigerausschusses ist aber von Bedeutung, um die aus der organisationsrechtlichen Betroffenheit folgende Antragsbefugnis des Gläubigerausschusses zu begründen, siehe A II 4 b (S. 449). Zu Konflikten um die Reichweite des § 160 InsO auch Uhlenbruck, ZIP 2002, 1373, 1379. 329 Bauer, Organklagen, 99; Bork, ZGR 1989, 1, 19; Häsemeyer ZHR 144 (1980), 265, 283; Pflugradt, Leistungsklagen, 115 ff.; Raiser, ZGR 1989, 44, 61; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 232; Schwab, Prozeßrecht, 602; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 9. 330 Raab, ZfA 1997, 183 ff. 331 BAG NJW 1995, 1044, 1045 ff.; BAG NZA 1997, 274, 276 f. 328
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denen er eine durch §§ 76, 111 Abs. 1 S. 1 AktG dem Vorstand vorbehaltene Geschäftsführungsmaßnahme vornimmt.332 Problematisch ist in jedem Einzelfall die Begründung solcher Abwehrrechte. Nur selten sind sie wie in § 101 BetrVG ausdrücklich angeordnet. Die Kompetenzverteilung selbst taugt nicht als unmittelbare Grundlage dieser Rechte.333 Denn sie bedeutet nur eine Aufgabenverteilung, legt aber nicht Rechte und Pflichten fest. Regelmäßig ist einer Auslegung der Kompetenzordnung nach ihrem Sinn und Zweck jedoch zu entnehmen, dass sie solche Rechte und Pflichten begründet, soweit die Organisationsverfassung nicht auf andere Weise die Durchsetzung der Kompetenzordnung sicherstellt.334 Es bieten sich dann zwei Begründungen für entsprechende Rechte an. Unter der Voraussetzung, dass die Organisationsverfassung ohnehin ein Schuldverhältnis zwischen den Funktionseinheiten begründet, lässt sich an die Nebenpflichten in Schuldverhältnissen anknüpfen.335 Diese Nebenpflichten verpflichten die Subjekte des Schuldverhältnisses untereinander, Störungen zu unterlassen, die den Organisationszweck gefährden. Ungeachtet eines entsprechenden Schuldverhältnisses lässt sich auf die Anordnung eines »allgemeinen Störungsverbots« rekurrieren, wie es auch §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB zum Schutz absoluter Rechte vorsehen.336 Solche Störungsverbote, die bei (drohenden) Verletzungen Abwehrrechte zur Folge haben, sind jeder gewaltenteilig strukturierten Organisationsverfassung immanent.337 Denn die Gewaltenteilung liefe leer, wenn sie nicht durchzusetzen wäre. 2. Hilfsansprüche Hilfsansprüche dienen dazu, in einer bestimmten Funktionseinheit überhaupt erst die Voraussetzungen zu schaffen, damit diese Einheit ihre Kompetenzen wahrnehmen kann. Die bedeutendsten Hilfsansprüche stellen Informationsansprüche dar. Diese Ansprüche richten sich insbesondere gegen die nach außen tätige Leitungseinheit. Da die Leitungseinheit jedenfalls auch als Fremdverwalter tätig ist, lassen sich diese Ansprüche auf ein schon § 666 BGB zugrunde liegendes Prinzip zurückführen.338 Entsprechende Ansprüche sind allerdings in den meisten Organisationsverfassungen ausdrücklich vorgesehen.339 Man muss diese Ansprüche um332 Bauer, Organklagen, 109; Bork, ZGR 1989, 1, 19; Häsemeyer ZHR 144 (1980), 265, 283 Fn. 111; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 308 f. 333 Bork, ZGR 1989, 1, 18. 334 BAG NZA 1997, 274, 277; Bork, ZGR 1989, 1, 19. 335 Für das Betriebsverfassungsrecht BAG NZA 1997, 274, 277; BAG NJW 1995, 1044, 1046; Raab, ZfA 1997, 183, 197 ff.; ders., Rechtsschutz, 132 ff., 179 ff. 336 Bork, ZGR 1989, 1, 19, 12; Hauswirth, Befugnisse, 107 ff.; vgl. auch BAG NJW 1995, 1044, 1045. 337 Vgl. Bork, ZGR 1989, 1, 19; Hauswirth, Befugnisse, 87 ff.; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 307; Lewerenz, Leistungsklagen, 86 ff.; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 221. 338 Vgl. insbesondere die gesellschaftsrechtliche Diskussion, die die kollektiven Informationsrechte auf §§ 666, 713 BGB stützt, begriffsbildend K. Schmidt, Informationsrechte, 15 ff.; ferner RGZ 148, 278, 279; Hüffer, ZIP 1996, 401, 404 ff.; Wilde, ZGR 1998, 423 ff. 339 Neben § 90 AktG sei auch auf §§ 1839 f. BGB, 320 HGB, 58 Abs. 1 S. 2, 69 S. 2, 79 S. 1 InsO, 10 PfandBG, 74 VAG verwiesen.
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fassend dahin verstehen, dass die Aufsichtseinheiten stets alle Informationen verlangen können, die sie benötigen, um ihren Aufgaben nachzukommen. Maßgeblich ist also das Informationsbedürfnis.340 Zu erwähnen sind aber auch gremiumsinterne Informationsansprüche wie aus §§ 90 Abs. 5, 107 Abs. 2 S. 4, 170 Abs. 3 AktG. Als ein weiterer Hilfsanspruch ist aber auch der Anspruch einer Willensbildungseinheit gegenüber einer Aufsichtseinheit auf Beratung anzusehen. Freilich kann eine Organisationsverfassung die Frage, ob die Aufsichtseinheit tätig wird, in deren Belieben stellen. Etwa § 1837 Abs. 1 S. 1 BGB341 oder § 69 S. 1 InsO kann man aber als Grundlage für Ansprüche auf Beratung der Leitungseinheit durch die Aufsichtseinheit ansehen. 3. Ansprüche gegen pflichtwidriges Handeln Eine Organisationsverfassung kann Ansprüche einer Funktionseinheit freilich auch allein an das pflichtwidrige Handeln eines anderen Organisationssubjekts anknüpfen. Als ein Beispiel ist § 23 Abs. 3 BetrVG zu nennen, der einen Anspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber jedenfalls dann anordnet, wenn der Arbeitgeber gegen seine Pflichten grob verstößt. Insbesondere für eine Aufsichtseinheit stellt sich aber die Frage nach ungeschriebenen Ansprüchen, gegen jegliches pflichtwidrige Handeln eines anderen Organisationssubjekts einzuschreiten. Eine Antwort auf diese Frage unterstreicht die Bedeutung der hier vorgenommenen Trennung zwischen hierarchisch strukturierten einerseits und auf Gleichordnung basierenden gewaltenteiligen Organisationen andererseits.342 In einer hierarchischen Organisationsstruktur kann die Aufsichtseinheit durch Anordnungen – seien sie auf Gründe der Rechtmäßigkeit oder auf solche der Zweckmäßigkeit gestützt – unmittelbar gegen die beaufsichtigte Funktionseinheit einschreiten. In einer auf Gleichordnung basierenden Organisationsstruktur besitzt die Aufsichtseinheit organisatorisch regelmäßig nur Beratungsbefugnisse, die durch Zustimmungsvorbehalte verstärkt sein können.343 Außerorganisatorisch können Befugnisse zur Abberufung oder zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen hinzukommen. Unterlassungsansprüche gegen jegliches Fehlverhalten wären dann systemwidrig. Das Dilemma besteht darin, dass solche Ansprüche zwar einerseits dem Organisationszweck dienten, objektiv pflichtwidri340 K. Schmidt, Informationsrechte, 18; Vallender, WM 2002, 2040, 2047; Wilde, ZGR 1998, 423, 424. 341 RGZ 67, 416, 418 f.; BayObLG NJW 1999, 3205; Staudinger-Engler (2004), § 1837 Rn. 23. 342 Einen Spezialfall stellt die Testamentsvollstreckung dar. Dort ist ein Anspruch des Erben gegen den Testamentsvollstrecker auf ordnungsgemäße Amtsführung anerkannt, siehe § 3 D II (S. 99). Das ist kein Anspruch im Organisationsverhältnis, sondern im Amtswalterrechtsverhältnis. 343 Die unterschiedlichen Befugnisse, die einer Aufsichtseinheit eingeräumt sein können, unterstreicht schon der Vergleich der Befugnisse von Insolvenzgericht (§ 58 Abs. 2 InsO) einerseits und von Gläubigerausschuss (§§ 69, 160 InsO) andererseits gegenüber dem Insolvenzverwalter, vgl. dazu Vallender, WM 2002, 2040, 2046.
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ges Handeln einzelner Funktionseinheiten zu verhindern. Andererseits drohten solche Ansprüche jedoch, den Verpflichteten in seiner eigenverantwortlichen Wahrnehmung seines Kompetenzbereichs zu beschneiden. Bestes Beispiel, dieses Problem zu verdeutlichen, ist die Frage, inwieweit dem Aufsichtsrat gegenüber dem Vorstand in der Aktiengesellschaft Ansprüche zustehen, dass der Vorstand pflichtwidriges Verhalten unterlässt. Teilweise wird dem Aufsichtsrat das Recht eingeräumt, vom Vorstand Unterlassung jeglichen pflichtwidrigen Verhaltens zu verlangen.344 Jedoch lässt sich dieser Anspruch nicht auf die Kompetenz des Aufsichtsrats stützen, den Vorstand umfassend auf die Rechtmäßigkeit seines Verhaltens hin zu kontrollieren.345 Diese Kompetenz steht zwar außer Frage. Das Problem besteht aber darin zu bestimmen, welche Befugnisse das Aktienrecht dem Aufsichtsrat einräumt, um einzuschreiten, wenn er Rechtsverstöße feststellt. Der Organisationsverfassung der Aktiengesellschaft ist nicht zu entnehmen, dass dem Aufsichtsrat andere Mittel zur Seite stünden, als beratend den Vorstand über seine Bedenken zu unterrichten und ggf. ad-hocZustimmungsvorbehalte zu beschließen. Nötigenfalls muss der Aufsichtsrat die Vorstandsmitglieder aus wichtigem Grund abberufen (§ 84 AktG) und wegen schadensstiftenden Fehlverhaltens Schadensersatzansprüche geltend machen (§ 93 AktG). Gegen Rechte des Aufsichtsrats, eine bestimmte Geschäftsführung beanspruchen zu können, spricht nämlich die in § 76 AktG dem Vorstand garantierte Eigenverantwortlichkeit. Mit dieser Garantie ist es nicht zu vereinbaren, der gleichen Organisationsverfassung ungeschriebene Rechte zu entnehmen, die diese Eigenverantwortlichkeit beschneiden.346 Vom Aufsichtsrat durchzusetzende Rechte werden jedoch aus dem Außenverhältnis zwischen der Aktiengesellschaft und den Vorstandsmitgliedern hergeleitet.347 Die Vorstandsmitglieder seien aufgrund ihres Dienstverhältnisses der Aktiengesellschaft gegenüber verpflichtet, ihr Amt pflichtgemäß auszuführen. Bei pflichtwidrigem Handeln bestünde also ein Unterlassungsanspruch der Gesellschaft ihnen gegenüber, den der Aufsichtsrat kraft seiner Vertretungsmacht aus § 112 AktG gegen die Vorstandsmitglieder verfolgen könne. Diese Begründung beruht auf dem schon als systematisch verfehlt erkannten Ausweichen auf das Außenverhältnis.348 Jedenfalls aber dürfen organisationsrechtliche Fragen, auch wenn sie zum Gegenstand des Außenverhältnisses gemacht werden, nicht unter Umgehung der Organisationsverfassung beantwortet werden. Welche Pflichtenbindung die Vorstandsmitglieder bei Wahrnehmung ihrer Geschäftsführungsaufgaben trifft, kann sich also allein nach der Organisationsverfassung bemessen. Wenn § 76 AktG die Vorstandsmitglieder aber gerade verbindlich auf ihre selbstverantwortliche Einschätzung verpflichtet und § 111 Abs. 4 S. 1 AktG dem Aufsichtsrat eine entsprechende Kompetenz versperrt, kann der Dienstvertrag der 344
Raiser, ZGR 1989, 44, 64 f.; Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 11 f. So aber Raiser, ZGR 1989, 44, 64 f. 346 Bauer, Organklagen, 119 ff.; Bork, ZGR 1989, 1, 21; ders., ZIP 1991, 137, 139; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 280; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 231 ff.; Lewerenz, Leistungsklagen, 115 ff.; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 29 f. 347 So Stodolkowitz, ZHR 154 (1990), 1, 11 f. 348 Siehe B I 1 a bb (S. 461). 345
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§ 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich
Aktiengesellschaft keine weitergehenden vom Aufsichtsrat durchzusetzenden Rechte gegen die Vorstandsmitglieder gewähren. Die Vertretungsmacht der Aufsichtsratsmitglieder nach § 112 AktG bezieht sich nur auf das Außenverhältnis von Gesellschaft und Vorstandsmitgliedern. Sind künftige Geschäftsführungsmaßnahmen betroffen, so ist der Vorstand nach § 76 AktG kompetent und damit sein eigener Herr.349 Daher wird zu Recht überwiegend ein allgemeiner Unterlassungsanspruch des Aufsichtsrats, gegen pflichtwidriges Vorstandsverhalten einzuschreiten, verneint.350 Jeder Anspruch gegen den Vorstand setzt voraus, dass er nicht nur pflichtwidrig handelt, sondern die ihm von der Organisationsverfassung eingeräumten Kompetenzen überschreitet.351 Bei Übergriffen in den Kompetenzbereich des Aufsichtsrats (Missachtung von Zustimmungsvorbehalten) bestehen Kompetenzschutzansprüche des Aufsichtsrats entsprechend den bislang schon gemachten Ausführungen. Missachtet der Vorstand Kompetenzen der Hauptversammlung, so ergeben sich daraus Rechte der weisungsberechtigten Aktionärsgemeinschaft. Die Durchsetzung dieser Rechte fällt in erster Linie der in dieser Arbeit nicht weiter zu erörternden Aktionärsklage zu.352 Der Aufsichtsrat selbst ist indessen nicht in seinen Kompetenzen spezifisch betroffen. Wie in anderen Fällen – seiner Ansicht nach – pflichtwidrigen Vorstandshandelns hat der Aufsichtsrat durch seine Beratung auf den Vorstand einzuwirken. Ganz überwiegend wird allerdings dennoch der Aufsichtsrat für berufen gehalten, die Rechte der Aktionärsgemeinschaft durchzusetzen. Die Außenhandlungskompetenz des Aufsichtsrats für die Gesellschaft im Außenverhältnis gegenüber den Vorstandsmitgliedern wird dahin erweitert, dass der Aufsichtsrat auch im Innenverhältnis für die Hauptversammlung gegenüber dem Vorstand handelt.353 Man könnte unter Hinweis auf die Rollenverteilung im Streit um die Wirksamkeit der auszuführenden Hauptversammlungsbeschlüsse argumentieren. Der Aufsichtsrat hätte als Annex zu § 246 Abs. 2 S. 3 AktG die durch den Beschluss geschaffene hierarchische Struktur gegenüber dem Vorstand durchzusetzen wie die Gesellschafter in der GmbH Gesellschaftsbeschlüsse gegenüber dem Geschäftsführer. Jedenfalls aber beruht die Befugnis des Aufsichtsrats nicht auf seiner eigenen innerorganisatorischen Aufsichtskompetenz. So ist nachdrücklich belegt, dass sich Eingriffsrechte zur allgemeinen Rechtskontrolle nicht allein schon aus der Aufsichtskompetenz einer Funktionseinheit herleiten lassen. Im Zweifel bedürfen daher solche Rechte einer ausdrücklichen Anordnung.
349
Bork, ZGR 1989, 1, 21; Pflugradt, Leistungsklagen, 121. Bauer, Organklagen, 119 ff.; Bork, ZGR 1989, 1, 21; ders., ZIP 1991, 137, 139; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 280; Pflugradt, Leistungsklagen, 117 ff.; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 231 ff.; Lewerenz, Leistungsklagen, 115 ff.; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 29 f. 351 Pflugradt, Leistungsklagen, 114 ff.; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 232. 352 Jüngst BGH, NJW 2006, 374, 375; Bork, ZGR 1989, 1, 19 f.; Hauswirth, Befugnisse, 204; Mertens, ZHR 154 (1990), 24, 34 f., 37. 353 Bauer, Organklagen, 105; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 288, 310; Lewerenz, Leistungsklagen, 119 ff.; K. Schmidt, ZZP 92 (1979), 212, 232. – A. M. Bork, ZGR 1989, 1, 19 f.; Hauswirth, Befugnisse, 204. 350
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C. Resümee
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C. Resümee Die Durchsetzung pflichtgemäßen Amtshandelns hat sich ebenfalls als im Organisationsverhältnis zu lösendes Problem erwiesen. Bezugspunkt sind also auch insoweit Ämter oder Gremien als Subjekte des Organisationsverhältnisses. Um die Mechanismen zu beschreiben, sind zwei Organisationsstrukturen zu unterscheiden. In der hierarchisch ausgestalteten Struktur ist ein Organisationssubjekt für die Kontrolle des Amtshandelns zuständig. Es hat gegen jedes pflichtwidrige Amtshandeln einzuschreiten, indem es die Pflicht in einer Anordnung konkretisiert. Etwaiger Streit kann in einer Auseinandersetzung über diese Anordnung bereinigt werden. Anderen organisationsrechtlich betroffenen Organisationssubjekten steht regelmäßig die Möglichkeit offen, auf dieses Verfahren Einfluss zu nehmen. Fehlt es in einer Organisation an übergeordneten Subjekten mit entsprechenden Anordnungsbefugnissen, so stehen sich die einzelnen Organisationssubjekte gleichgeordnet gegenüber. Der gewaltenteiligen Organisationsstruktur entspricht ein Einschreiten gegen pflichtwidriges Amtshandeln im Grundsatz nur dann, wenn die Pflichtverletzung ein Organisationsrecht eines anderen Organisationssubjekts verletzt. Dieses Organisationssubjekt muss sich dann schützen können, um seine eigene Funktionsfähigkeit zu erhalten. Als relevante Ansprüche kommen insbesondere in Betracht zum einen negatorische Ansprüche mit dem Inhalt, die Störung des fremden Kompetenzbereichs zu unterlassen, und zum anderen Leistungsansprüche, die notwendige Unterstützung zur fremden Kompetenzwahrnehmung zu gewähren.
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§ 13: Durchsetzung von Pflichten im Organisationsbereich
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Dritter besonderer Teil:
Die Rechtsstellung des Amtswalters Der dritte besondere Teil hat die Rechtsstellung der Person des Amtswalters selbst zum Gegenstand. Der Amtswalter kann unmittelbar wegen seiner Amtsstellung oder jedenfalls im Zusammenhang mit seiner Amtsstellung in Rechtsbeziehungen zu einer Reihe von anderen Rechtsträgern stehen. Insbesondere besteht ein Rechtsverhältnis zu dem Träger derjenigen Handlungsorganisation, in der der Amtswalter sein Amt bekleidet. Ferner kommt ein Rechtsverhältnis in Betracht zu weiteren an diesem Organisationsverhältnis beteiligten Rechtsträgern, in dessen Interesse der Amtswalter tätig werden soll, aber auch zur öffentlichen Hand und zu beliebigen Dritten. Daher beginnt dieser Teil mit einer Untersuchung der Amtsstellung (§ 14). Anschließend werden Verträge in den Blick genommen, die die Stellung des Amtswalters ausgestalten (§ 15). Schließlich gilt besonderes Augenmerk den dem Amtswalter drohenden Haftungsgefahren (§ 16).
§ 14: Amtsstellung Auch wenn ganz unterschiedliche Ämter in ganz verschiedenen Organisationen anzutreffen sind, geht mit dem in § 5 dieser Abhandlung geprägten einheitlichen Amtsbegriff auch ein einheitlicher Begriff der Amtsstellung einher. Die Amtsstellung bezeichnet die Rechtsstellung einer Person, die darauf beruht, dass diese Person ein Amt innerhalb einer Handlungsorganisation bekleidet. Diese spezifische Rechtsstellung ist im Folgenden zu untersuchen (unter A.), bevor auf ihre Begründung (unter B.) und Beendigung (unter C.) eingegangen werden soll.
A. Die Amtsstellung als spezifische Rechtsstellung Eine Analyse der spezifischen Rechtsstellung eines Amtswalters muss auf die Wirkungen der Amtsstellung (unter I.) und ihre Grundlage (unter II.) eingehen, um dann abschließend die Rechtsnatur dieser Rechtsstellung (unter III.) charakterisieren zu können.
I. Wirkungen der Amtsstellung Bei Betrachtung der den Amtswalter treffenden Wirkungen sind zwei Aspekte zu unterscheiden.
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§ 14: Amtsstellung
1. Amtsmacht Der Amtswalter erlangt mit der Amtsstellung die mit dem jeweiligen Amt verbundene Amtsmacht, für das Amt und damit für die oder innerhalb der Organisation zu handeln, für die das Amt eingerichtet worden ist. Diese Amtsmacht kann ein Handeln im Außenverhältnis oder ein Handeln im Organisationsverhältnis, aber freilich auch in beiden Verhältnissen legitimieren. Insoweit folgen aus der Amtsstellung also keine Rechte, sondern lediglich eine Rechtsmacht.1 Es verhält sich wie beim Bevollmächtigten, dem aus einer isolierten Vollmacht nur eine Rechtsmacht, aber keine Rechte oder Pflichten erwachsen. Diese Übereinstimmung liegt freilich auf der Hand, wenn man bedenkt, dass die Vertretungsmacht (kraft Amtes) eine Fallgruppe der verschiedenen Arten einer Amtsmacht bildet.2 2. Amtswalterrechtsverhältnis Die Amtsstellung zeichnet aus, dass neben die Amtsmacht noch Rechte und Pflichten des Amtswalters treten, die bestimmen, wie er von seiner Amtsmacht Gebrauch zu machen hat. Auf diese Weise beinhaltet die Amtsstellung im Gegensatz zur Vollmacht auch ein Rechtsverhältnis, wie es im Fall des rechtsgeschäftlichen Vertreters erst durch ein der Vollmachtserteilung zugrunde liegendes Rechtsgeschäft geschaffen wird. Dieser Unterschied erklärt sich daraus, dass das Amt notwendigerweise zur Wahrnehmung der mit dem Amt verbundenen Kompetenzen besetzt wird, die Gründe, aus denen eine Vollmacht erteilt wird, indessen rechtsgeschäftlicher Bestimmung überlassen bleiben sollen.3 a) Beteiligte des Rechtsverhältnisses In erster Linie verbindet den Amtswalter ein Rechtsverhältnis mit dem oder den Rechtsträgern, in deren Interesse er (fremdnützig) tätig wird:4 Die Amtswalter, die am Handeln für einen Rechtsträger nach außen mitwirken, verbindet das Amtswalterrechtsverhältnis mit dem betroffenen Rechtsträger. Ein solches Rechtsverhältnis besteht etwa zwischen Organwalter und Verband (§ 27 Abs. 3 BGB),5 Vormund und Mündel (§§ 1793, 1833 ff. BGB),6 aber auch Testamentsvollstrecker und Erbe(n) (§§ 2215 ff. BGB). Besondere Erwägungen sind in Bezug auf Amtswalter anzustellen, die zur Handlungsorganisation von solchen Sondervermögen gehören, bei deren Verwaltung divergierenden Interessen verschiedener Rechtsträger Rechnung zu tragen ist. In diesen Fällen besteht ein Schuldverhältnis nicht nur gegenüber dem Vermögensträger, sondern zumindest Schutzpflichten auch gegenüber den weiteren beteiligten Interessenträgern. Beleg 1
Zur Unterscheidung von subjektivem Recht und Rechtsmacht Bork, AT, Rn. 286. Siehe § 5 D III (S. 194 ff.). 3 Vgl. auch (zum Verbandsrecht) Krieger, Personalentscheidungen, 5. 4 Vgl. BGHZ 105, 230, 232 ff.; 24, 393, 395 f.; Belling, Haftung, 162. 5 Vgl. Flume, juristische Person, § 10 I 2; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler, § 93 Rn. 10; Krieger, Personalentscheidungen, 5 ff.; MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 4; Staudinger-Weick (1995), § 27 Rn. 9; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 43 Rn. 4. 6 Vgl. Staudinger-Engler (2004), § 1833 Rn. 5; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1833 Rn. 1. 2
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A. Die Amtsstellung als spezifische Rechtsstellung
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für diese Sichtweise ist die in subjektiver Hinsicht weite Haftung der betroffenen Amtswalter, auf die zurückzukommen sein wird.7 Den Amtswalter können aufgrund seiner Amtsstellung aber auch kraft Gesetzes objektive Rechtspflichten treffen, die teilweise zum deliktischen Schutz Dritter führen, teilweise auch öffentlich-rechtlicher Natur sind.8 Beispiele bieten §§ 92 Abs. 2 AktG, 64 Abs. 1 GmbHG, 34 AO9. Andererseits können ihm insbesondere im Vormundschaftsrecht Ansprüche gegen die öffentliche Hand erwachsen.10 Diese Regelungen tragen dem Umstand Rechnung, dass das Amt der Wahrnehmung öffentlicher Fürsorgepflichten dient. In anderen Fällen scheidet eine Ausfallhaftung des Staates hingegen regelmäßig aus.11 b) Pflichten Aus dem Amtswalterrechtsverhältnis treffen den Amtswalter Pflichten, die sich in Primär- und Sekundärpflichten unterteilen lassen.12 Die Hauptpflicht des Amtswalters besteht darin, das Amt ordnungsgemäß auszufüllen. Diese Pflicht wird freilich nicht durch den Umfang der Amtsmacht, sondern durch den Inhalt der dem einzelnen Amt (im Organisationsverhältnis) zugewiesenen Funktion konkretisiert.13 Daneben treten Treuepflichten des Amtswalters, auf die Interessen des betroffenen Rechtsträgers Rücksicht zu nehmen. Diese Pflichten lassen sich schon auf § 241 Abs. 2 BGB stützen. Vielfach sind allerdings einzelne Pflichten spezifisch ausgeformt (etwa ein Wettbewerbsverbot). Ausdrückliche Bestimmungen lassen sich ferner für die Problemlage finden, dass der Amtswalter in mittelbarer Stellvertretung tätig wird.14 Dann ist der Amtswalter entsprechend § 667 BGB (§§ 27, 1835, 2218 BGB) verpflichtet, dass von ihm selbst zu eigenem Recht aus der Geschäftsführung Erlangte in das verwaltete Vermögen herauszugeben. Auf Sekundärebene drohen dem Amtswalter im Fall von Pflichtverletzungen insbesondere Schadensersatzansprüche. Diese Ansprüche ließen sich allgemein bereits angesichts der beschriebenen Primärpflichten auf §§ 280 ff. BGB stützen. Dessen ungeachtet sind diese Ansprüche regelmäßig spezifisch ausgeformt.15
7 Unten unter § 16 A I 3 (S. 569). Dort auch näher zu den unter § 4 C (S. 141 ff.) eingeführten Ämtern, denen ergänzende Funktionen bei Unternehmensträgern zukommen. 8 Dazu BGHZ 78, 82, 87 9 Zu dieser Bestimmung siehe schon § 9 B II 6 d (S. 325). 10 §§ 1835 Abs. 4, 1835a Abs. 3 BGB sowie § 1836 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) v. 21.4.2005 (BGBl. I, 1076). 11 So die herrschende Meinung, etwa Roth/Altmeppen-Altmeppen, § 6 Rn. 25, gegen Helmschrott, ZIP 2001, 636, 639 f., zu Notorganen; ferner MünchKommZPO-Lindacher, § 57 Rn. 54, gegen Stein/Jonas-Bork, § 57 Rn. 11, zum Prozesspfleger nach § 57 ZPO. 12 Ausführlich zum Kapitalgesellschaftsrecht Hirte, KapitalgesR, Rn. 3.37 ff. 13 Siehe dazu § 11 B (S. 407 ff.). 14 Dazu oben § 6 B (S. 216 ff.). 15 Näher dazu § 16 A (S. 563 ff.).
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§ 14: Amtsstellung
c) Rechte Als Primärrecht kann dem Amtswalter das Recht zustehen, die Kompetenzen des jeweiligen Amtes auszuüben. Auf die ordnungsgemäße Amtsführung bezieht sich dann nicht nur die Pflicht des Amtswalters, sondern auch sein Recht. Das ist jedenfalls bei allen denjenigen Ämtern anzunehmen, bei denen der Amtswalter ein besonderes Interesse daran hat, die Funktionen des Amtes auszuüben. Dass sich auf den Gegenstand der Pflicht auch ein Recht bezieht, ist hier wie im Vertragsrecht unproblematisch zulässig. Als weiteres Hauptrecht des Amtswalters kommt ein Anspruch auf Entgelt für die Amtsführung in Betracht. Es sind unentgeltlich und entgeltlich (berufsmäßig) zu führende Ämter voneinander zu unterscheiden. Beispiele, in denen das Gesetz einen Entgeltanspruch vorsieht, sind neben der Berufsvormundschaft, -betreuung und -pflegschaft (§§ 1836, 1908i, 1915 BGB) Nachlassverwaltung (§ 1987 BGB), Testamentsvollstreckung (§ 2221 BGB) sowie Insolvenz- (§ 63 InsO) und Zwangsverwaltung (§ 152a ZVG).16 Der Anspruch umfasst dann regelmäßig eine amtsangemessene Vergütung. Die konkrete Höhe wird bei den gerichtlich bestellten Amtswaltern grundsätzlich im Wege einer Annexkompetenz durch das Gericht festgesetzt. Diese Kompetenz ist etwa in §§ 1 Abs. 2 S. 1 VBVG, 153 ZVG, 64 InsO, 85 Abs. 3 S. 2 AktG ausdrücklich vorgesehen. Sie lässt sich aber auch in weiteren Fällen in Analogie zu diesen Vorschriften begründen.17 Die Vergütung privatautonom eingesetzter Amtswalter wird hingegen regelmäßig in einem Vertrag zwischen Organisationsträger und Amtswalter konkretisiert.18 Außerdem bestehen Nebenansprüche auf Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB). Amtswalter haben auch, wenn sie in mittelbarer Stellvertretung tätig werden müssen, entsprechend § 670 BGB Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen. Sekundäransprüche sind nicht ausdrücklich vorgesehen, folgen aber aus den allgemeinen Vorschriften des Schuldrechts. d) Nachfolgefragen Das Amt ist eine kontinuierlich fortbestehende Institution. Einmal durch die Organisationsverfassung geschaffen, besteht es unabhängig von Amtswalterwechseln fort und überdauert sogar amtswalterlose Zeiten.19 Ganz anders liegt es hinsichtlich der Amtsstellung. Sie wird jedem Amtswalter gegenüber originär begründet, hat lediglich mit der Organisationsverfassung dieselbe Grundlage.
16 Für den Prozesspfleger (§ 57 ZPO) KG JW 1939, 566;. ferner Stein/Jonas-Bork, § 57 Rn. 11; zum Vertreter nach § 779 Abs. 2 ZPO Stein/Jonas-Münzberg, § 779 Rn. 11. 17 Vgl. BGH NJW-RR 2005, 1283, 1284, zum Sequester nach § 848 Abs. 2 ZPO, der allerdings kein Amt im handlungsorganisatorischen Sinne bekleidet, siehe dazu § 5 B I (S. 163). 18 Siehe dazu § 15 A I 1 a (S. 537). 19 Siehe § 5 B II (S. 164).
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A. Die Amtsstellung als spezifische Rechtsstellung
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II. Grundlage der Wirkungen Regelmäßig werden Rechtsfolgen danach unterschieden, ob sie auf Gesetz oder auf privatautonomer Gestaltung (Vertrag) beruhen.20 Für die Rechtsfolgen aus der Amtsstellung lässt sich Folgendes feststellen: Die Rechtsfolgen beruhen keinesfalls auf einem Bestellungsvertrag. Gleich ob man die Bestellung überhaupt als Vertrag einordnen mag,21 scheidet diese Konstruktion schon deswegen aus, weil Inhalt des Bestellungsakts keinesfalls eine Einigung über die aus dem Amt folgenden Rechte und Pflichten ist.22 Die Bestellung zielt lediglich abstrakt auf die Begründung der Amtsstellung. Jedenfalls insoweit verhält es sich wie bei der rechtsgeschäftlichen Übertragung von Rechten: Wie dort das Rechtsgeschäft lediglich den Rechtsübergang auf den Erwerber herbeiführt und die Rechte aus dem übertragenen Recht dem Rechtsinhalt zu entnehmen sind, so wirkt sich auch die Bestellung des Amtswalters nicht auf die aus der Amtsstellung folgenden Rechte aus, sondern begründet die Amtsstellung nur. Um die Grundlage der Wirkungen aus der Amtsstellung zu erfassen, muss man sich allerdings klar machen, dass noch vor Einsetzung eines Amtswalters durch Bestellung das vom Gesetz im Rahmen des numerus clausus der Ämter23 geschaffene Amt konkret etwa durch Anordnung der Vormundschaft, Gründung einer Körperschaft oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingerichtet wird. Zu unterscheiden ist danach, inwieweit Privaten dabei die Macht eingeräumt ist, auf die Ausgestaltung des Amtes Einfluss zu nehmen. 1. Gesetzlicher Inhalt Die Rechtsfolgen aus der Amtsstellung können allein auf Gesetz beruhen. Allein das Gesetz stellt dann die den Inhalt des Amtes bestimmende Organisationsverfassung24 dar. Eine privatautonome Regelung ist wie im Fall von Vormund, weiteren Vertretern kraft Amtes, Insolvenzverwalter, Gläubigerausschuss, Zwangsverwalter oder Nachlasspfleger ausgeschlossen. Alle Wirkungen der Amtsstellung sind gesetzlicher Natur.25 2. Privatautonom gestalteter Inhalt In Betracht kommt aber auch, dass der gesetzlich vorgesehene Inhalt eines Amtes durch privatautonome Gestaltungen in Satzung, in Testament oder durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer26 ergänzt oder gar abgeändert wird.27
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Flume, Rechtsgeschäft, § 1 3. Dagegen sogleich unten B I 1 b (S. 488). 22 Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 35 Rn. 12. 23 Zu diesem § 5 C (S. 174 ff.). 24 Zur Bedeutung der Organisationsverfassung für das Organisationsverhältnis siehe zu Beginn des zweiten besonderen Teils vor § 11 (S. 393). 25 BGHZ 24, 393, 396. 26 Siehe § 4 B II 2 b bb (S. 136). 27 Von solchen privatautonomen Gestaltungen auf Organisationsebene sind Vereinbarungen des Amtswalters mit dem Organisationsträger zu unterscheiden, zu Letzteren siehe § 15 (S. 535 ff.). 21
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§ 14: Amtsstellung
a) Zulässigkeitseinwände Allerdings gilt es, Einwände zu berücksichtigen, es sei jedenfalls im Verbandsrecht28 nicht möglich, Rechte oder Pflichten eines Amtswalters unmittelbar in der Satzung festzuschreiben. So bestreitet Dieter Reuter, dass aus der Satzung Rechte eines Amtswalters folgen könnten.29 Zur Begründung stützt er sich auf die – freilich nicht unumstrittene – These, eine Satzung könne für Dritte, die nicht Mitglied eines Verbands seien, keine Rechte begründen.30 Daher könne eine Satzung Ansprüche eines Amtswalters gegen den Verband – ausdrücklich behandelt werden Vergütungsansprüche – nur schaffen, falls der Amtswalter auch Mitglied sei.31 Anderenfalls könnten Vergütungsansprüche nur aus einem Anstellungsvertrag des Verbands mit dem Amtswalter herrühren. Martin Mildenberger problematisiert, inwieweit die privatautonome Gestaltung, an der der Amtswalter nicht beteiligt sei, den Amtswalter verpflichten könne.32 Er verwirft die Möglichkeit einer unmittelbaren Geltung der Satzung aufgrund ihres Normcharakters, wie aufgrund ihres Vertragscharakters oder allein aufgrund des Bestellungsbeschlusses. Er deutet daher die Bestellung als Vertrag, in dem der Amtswalter sich der Satzung unterwerfe, weil eben nur so die Bindung des Amtswalters an in der Satzung geregelte Pflichten zu erklären sei. b) Begründung der Zulässigkeit Gegen diese Kritik ist darauf hinzuweisen, dass die Ausgestaltung eines Amtes in der Satzung nicht zum Gegenstand hat, einer individuellen Person Rechte oder Pflichten durch die Satzung unmittelbar zuzuweisen. Es werden nicht Rechte und Pflichten eines individuellen Amtswalters – etwa sein Anspruch auf Bestellung oder sein Schutz vor Abberufung –33 geregelt, sondern generell wird die Rechtsstellung jedes beliebigen Amtswalters ausgeformt. Eine Satzung, die eine solche Ausformung vorsieht, will also die (abstrakt-generelle) gesetzliche Regelung eines bestimmten Amtstyps für ein konkretes Amt in einem bestimmten
28 Zur parallelen Problematik im Recht der Wohnungseigentümergemeinschaft siehe § 4 B II 2 b bb (S. 137). 29 Reuter, Festschrift Zöllner, 487, 492 f. 30 Dazu ausführlich Ulmer, Festschrift Wiedemann, 1297 ff., 1309 ff. m. w. Nachw. 31 Die von Reuter angeführten Nachweise tragen seine Auffassung nicht. So treten Flume, juristische Person, § 10 I 2 (»Auch die Vergütung des Vorstands kann organschaftlich geregelt sein, wenn sie in der Satzung festgesetzt ist.«), und Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 35 Rn. 14 (»Regelungen des Organverhältnisses durch echte Satzungsbestimmungen sind auch für Fremdgeschäftsführer verbindlich, weil Organverhältnis Teil der korporativen Ordnung ist, der die Organmitglieder ohne Rücksicht auf Mitgliedschaft unterworfen sind.«), ausdrücklich für die entgegengesetzte Auffassung ein. Die schließlich von Reuter als Indiz für seine Ansicht angeführte Entscheidung des BGH in BGHZ 113, 237, taugt ebenfalls nicht als Beleg, weil es in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall an einer entsprechenden Satzungsbestimmung fehlte, der BGH den Vergütungsanspruch des Vorstands daher nur aus dem geschlossenen (fehlerhaften) Anstellungsvertrag herleiten konnte. 32 Mildenberger, Geschäftsführervertrag, 92 ff. 33 Dazu Ulmer, Festschrift Wiedemann, 1297, 1298, 1309 ff.
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A. Die Amtsstellung als spezifische Rechtsstellung
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Verband speziell ausformen. Die Satzungsregelung bleibt damit aber eine generelle Regelung. Zur Frage, inwieweit so verstandene generelle Regelungen in einer Satzung zulässig sind, nehmen Reuter und Mildenberger gar nicht Stellung. Die besseren Argumente sprechen dafür, ihre Zulässigkeit anzunehmen.34 Denn das einzelne Amt hängt untrennbar mit dem jeweiligen Verband zusammen. Daher muss es in die Kompetenz des die Ordnung des Verbands regelnden Satzungsgebers fallen, den Inhalt des Amtes und damit auch die Folgen der Amtsstellung näher auszugestalten. Es ist kein Grund ersichtlich, in diesem Bereich – was die einzige Alternative wäre – eine privatautonome Ausgestaltung des Amtes ganz zu verbieten. Schützenswerte Belange der jeweiligen Amtswalter stehen dem jedenfalls nicht entgegen. Er rückt mit der Bestellung in die Amtsstellung ein, gleich ob deren Rechtsfolgen allein durch das Gesetz oder auch durch die Satzung geregelt sind. 3. Folgerungen Es sind also gesetzlich wie privatautonom begründete Inhalte der Amtsstellung zu unterscheiden. Diese Alternative zur Bestimmung des Inhalts einer Rechtsposition ist freilich keine Besonderheit des Amtswalterrechts, sondern etwa auch bei den beschränkt dinglichen Rechten anzutreffen. So erlaubt z. B. § 1245 BGB den Inhalt des Pfandrechts vertraglich auszugestalten, indem eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Art des Pfandverkaufs vereinbart wird. Diese Abrede beeinflusst das Schuldverhältnis zwischen Pfandrechtsinhaber und Eigentümer unmittelbar, gleich ob Pfandrechtsinhaber bzw. Eigentümer selbst diese Abrede geschlossen haben oder ihre Rechtsvorgänger. In noch weiterem Umfang ist das Erbbaurecht einer vertraglichen Regelung entsprechend §§ 2 ff. ErbbauVO zugänglich. Diese privatautonome Bestimmung des jeweiligen Rechtsinhalts führt aber – wie im Fall der gerade aufgeführten Rechte – nicht dazu, die Wirkungen der Amtsstellung als privatautonom geschaffen zu charakterisieren. Nur die Ausformung gesetzlich begründeter Wirkungen steht der privatautonomen Gestaltung offen. Die Wirkungen der Amtsstellung sind wie die dieser Rechte gesetzlicher Natur.
III. Rechtsnatur der Amtsstellung Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse lässt sich zur Frage der Rechtsnatur der Amtsstellung Stellung nehmen. Beschreibend lässt sich festhalten, dass die Amtsstellung eine Rechtsposition ist, die in ganz spezifischer Weise sowohl eine Rechtsmacht, die jeweils mit dem Amt verbundene Amtsmacht, als auch ein Bündel von Rechten und Pflichten, insbesondere ein Rechtsverhältnis zum organisierten Rechtsträger, zusammenfasst.
34 Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 35 Rn. 14; vgl. auch Krieger, Personalentscheidungen, 9; Hachenburg-Stein, § 35 Rn. Rn. 164.
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§ 14: Amtsstellung
Vergleichbare Zusammenfassungen finden sich bei anderen Rechtspositionen. Es seien die beschränkt dinglichen Rechte erwähnt, aus denen ein Rechtsverhältnis jedenfalls zum Inhaber des Vollrechts folgt. Ferner ist gerade für die Ämter des Verbandsrechts der Vergleich zur Mitgliedschaft zu ziehen. Denn die Mitgliedschaft begründet Rechtsverhältnisse eines Mitglieds jedenfalls zum Verband und regelmäßig auch zu den anderen Mitgliedern.35 Zudem ist mit der Mitgliedschaft die Rechtsmacht verbunden, im Selbstverwaltungsorgan des Verbands die Willensbildung des Verbands zu beeinflussen.36 Für die Ämter des Familienrechts bietet sich der Vergleich zur elterlichen Sorge an. Denn die elterliche Sorge beinhaltet ebenfalls eine Vertretungsmacht (§ 1629 BGB) und ein Rechtsverhältnis der Eltern zum Kind. Die eigentliche Frage nach der Rechtsnatur der Amtsstellung besteht aber darin, ob diese besondere Zusammenfassung in der Rechtsposition Amtsstellung sich noch weiter charakterisieren lässt. Zur Verdeutlichung dieser Fragestellung hilft wieder der Vergleich zu Mitgliedschaft und elterlicher Sorge. Denn diese beiden Rechtspositionen sind nicht nur die Zusammenfassung einzelner Rechtsverhältnisse, sondern stellen selbst subjektive Rechte dar, was für die elterliche Sorge nahezu unstreitig ist37 und für die Mitgliedschaft herrschender Meinung entspricht38. Wer die Rechtsqualität der Mitgliedschaft indessen leugnet, betont das mit ihr in Zusammenhang stehende Rechtsverhältnis.39 1. Kein Recht Die Amtsstellung stellt allerdings kein subjektives Recht dar. Sie müsste sonst nämlich die Zuweisung einer Verhaltensberechtigung mit Schutz und Ausschließlichkeitsgewähr bedeuten.40 Die demnach notwendige Verhaltensberechtigung lässt sich aber nicht benennen. Zwar folgt aus dem Erwerb der Amtsstellung – wie dargestellt – ein Bündel von Rechten. Also erzeugt die Amtsstellung zweifelsohne subjektive Rechte des Amtswalters. Die Amtsstellung beinhaltet aber keine spezifische Verhaltensberechtigung, die über diese Einzelrechte hinausgeht. Insbesondere stellt sie, was sich im Folgenden auch durch einen Vergleich mit elterlicher Sorge und mit Mitgliedschaft belegen lässt, weder ein spezifisches Stammrecht dar, dessen Bestandteile die Einzelrechte wären (unter a.), noch ist sie ein Rechtsobjekt, so dass sie für ihren Inhaber auch nicht Gegenstand eines Herrschaftsrechts ist (unter b.).
35
Statt aller K. Schmidt, GesR, § 19 III 1. Siehe § 5 B II 2 a (S. 167). 37 Siehe § 5 B II 2 b (S. 169). 38 BGHZ 110, 323, 327 f.; Habersack, Mitgliedschaft, 62 ff., 98; Hirte, KapitalgesR, Rn. 4.1; Lutter, AcP 180 (1980), 84, 102; Reuter, Festschrift Lange, 707, 710 ff.; K. Schmidt, GesR, § 19 I 3; Wiedemann, GesR I, § 2 I 1 b bb. – A. M. Beuthien, AG 2002, 266, 268 f.; Hadding, Festschrift Reinhardt, 249, 255 ff.; ders., Festschrift Steindorff, 31, 38. 39 Beuthien, AG 2002, 266, 269; Enneccerus/Nipperdey, AT I, § 112 III; Soergel-Hadding, § 38 Rn. 3a; v. Tuhr, AT I, § 38; vgl. auch Hadding, Festschrift Steindorff, 31, 37 f. 40 Zu diesem Verständnis des subjektiven Rechts oben § 3 A I 2 (S. 18). 36
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A. Die Amtsstellung als spezifische Rechtsstellung
a) Vergleich mit der elterlichen Sorge Sorge.41
Ein spezifisches Stammrecht bedeutet das Recht der elterlichen Es ist die vorpositiv den Eltern zugeordnete Verhaltensberechtigung, auf die Persönlichkeit der eigenen Kinder einzuwirken. Die einzelnen im BGB geregelten Rechte der Eltern sind nur Ausdruck dieses Stammrechts. Beim Amt liegt es anders. Die Amtsstellung beinhaltet nicht die spezifische Verhaltensberechtigung des Amtswalters, auf das jeweilige organisierte Rechtssubjekt einzuwirken. Die Einwirkungsbefugnisse des Amtswalters sind abschließend durch die ihm zugewiesenen Einzelbefugnisse bestimmt. Die Amtsstellung ist lediglich das rechtstechnische Mittel, dem Amtswalter diese Einzelrechte zuzuweisen. Diese Einordnung gilt auch für die Vormundschaft. Mit ihr erlangt der Vormund kein komplexes subjektives Recht spezifisch familienrechtlicher Natur, auf die Persönlichkeit des Mündels einzuwirken.42 Auch die Vormundschaft begründet wie die übrigen Amtsverhältnisse in erster Linie ein gesetzliches Rechtsverhältnis zwischen dem Amtswalter Vormund und der organisierten Person Mündel.43 Da diese Rechtsbeziehung der des Verhältnisses zwischen Eltern und Kind sehr stark angenähert ist, enthält diese Rechtsbeziehung entsprechende Einzelrechte. Ein Einzelrecht ist insbesondere nach §§ 1632, 1800 BGB das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das selbst ausweislich des § 1632 BGB absoluter Natur ist. Die Existenz übereinstimmender Einzelrechte darf aber nicht dazu verleiten, die rechtliche Konstruktion der beiden Rechtspositionen elterliche Sorge einerseits und Vormundschaft andererseits gleichzusetzen. Hier ist auf den Unterschied zu verweisen, dass den Eltern diese Befugnisse aus dem ihnen originär zustehenden Elternrecht zukommen, der Vormund wird hingegen in die entsprechende Amtsstellung eingewiesen, ohne damit ein allgemeines Vormundschaftsrecht zu erwerben. b) Vergleich mit der Mitgliedschaft Die Frage, inwieweit die Mitgliedschaft ein subjektives Recht darstellt, soll hier nur insoweit erörtert werden, als es der Qualifizierung der Amtsstellung dient. Nicht weiter einzugehen ist daher auf den Ansatz, der die Rechtsqualität der Mitgliedschaft auf deren Parallelen zur elterlichen Sorge stützt.44 Aus diesem Ansatz lassen sich – nach den zur elterlichen Sorge angestellten Überlegungen – keine neuen Aspekte gewinnen, um die Rechtsqualität der Amtsstellung zu begründen. Einen abweichenden Begründungsansatz stellt es allerdings dar, die Rechtsqualität der Mitgliedschaft in den Zusammenhang mit ihrer Eigenschaft als Rechtsgegenstand zu stellen.45 Die Mitgliedschaft lässt sich in dieser Hinsicht als 41
Siehe § 5 B II 2 b (S. 169). So aber Gernhuber/Coester-Waltjen, § 71 Rn. 7. 43 BGHZ 24, 293, 295 f.; 17, 108, 116; Staudinger-Engler (2004), § 1833 Rn. 5; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1833 Rn. 1. 44 Reuter, Festschrift Lange, 707, 710 ff.; MünchKommBGB-Wagner, § 823 Rn. 165. 45 Lutter, AcP 180 (1980), 84, 99 ff.; Hirte, KapitalgesR, Rn. 4.1; K. Schmidt, GesR, § 19 I 3, § 19 IV; Wiedemann, GesR I, § 2 I 1 b bb. 42
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§ 14: Amtsstellung
Herrschaftsrecht erklären. Zur Begründung dieses Herrschaftsrechts sollte man nämlich nicht auf die in der Mitgliedschaft zusammengefassten Befugnisse zur Teilhabe am Verband abstellen. Denn diese Befugnis ist, soweit sie die Mitverwaltung des Verbands gewährleistet, nicht wie sonst Herrschaftsrechte auf ein Rechtsobjekt, sondern auf das Rechtssubjekt Verband gerichtet.46 Stellt man aber auf die Qualität der Mitgliedschaft als Rechtsgegenstand ab, so bezieht sich das Herrschaftsrecht auf die Mitgliedschaft selbst. Insbesondere ist das Mitglied zu Verfügungen über dieses Recht berufen.47 Aber auch aus diesem Begründungsansatz lässt sich die Rechtsqualität der Amtsstellung nicht herleiten. Die Amtsstellung lässt sich nicht als Rechtsobjekt qualifizieren. Sie eignet sich nicht als Gegenstand rechtlicher Herrschaftsmacht.48 Die Amtsstellung ist nämlich weder Gegenstand von Verfügungen des Amtswalters noch kann sie in einer anderen Weise ge- oder verbraucht werden. 2. Rechtsverhältnis Zur Qualifizierung der Amtsstellung ist daher auf das mit ihr einhergehende Rechtsverhältnis abzustellen. Walther Hadding weist darauf hin, dass die Mitgliedschaft nicht – wie weithin ausgeführt –49 selbst Rechtsverhältnis ist, sondern dass sie die Stellung eines Beteiligten dieses Rechtsverhältnisses beschreibt.50 Dem ist für die Amtsstellung zu folgen. Eine Amtsstellung hat diejenige Person inne, die Inhaber der Amtsmacht und Partei des Amtswalterrechtsverhältnisses ist. Folglich lässt sich die Amtsstellung als aktuelle und potentielle Inhaberschaft der Gesamtheit von Rechten, Pflichten und Befugnissen des jeweiligen Amtswalters aus dem von der Organisationsverfassung festgelegten Amtswalterrechtsverhältnis beschreiben.
B. Begründung der Amtsstellung (Bestellung) Eine Person erlangt die Amtsstellung durch Bestellung zum Amtswalter. Die Bestellung muss dabei vornehmlich zwei Funktionen erfüllen. Sie muss erstens aufseiten der Organisation sicherstellen, dass ein Amtswalter bestellt wird, der den Vorgaben der Organisationsverfassung entspricht. Zweitens erfordert die Bestellung aufseiten des Amtswalters den Willen, dass der Amtswalter das Amt ausfüllen will. Irrelevant ist indessen eine Einigung auf die aus dem Amt folgenden Rechte und Pflichten. Den Inhalt des mit der Amtsstellung verbundenen Rechts-
46 Gegen die Qualifizierung der Mitgliedschaft als Herrschaftsrecht daher scharf Reuter, AcP 197 (1997), 322, 325; ferner MünchKommBGB-Wagner, § 823 Rn. 165. 47 Hirte, KapitalgesR, Rn. 4.1; Wiedemann, GesR I, § 2 I 1 b bb. 48 Zur Definition des Rechtsobjekts siehe nur Bork, AT, Rn. 227. 49 Vgl. nur Enneccerus/Nipperdey, AT I, § 112 III; Flume, juristische Person, § 8 I; K. Schmidt, GesR, § 19 I 3 a; Wiedemann, GesR I, § 2 I 1 b bb. 50 Hadding, Festschrift Reinhardt, 249, 255; ders., Festschrift Steindorff, 31, 37; SoergelHadding, § 38 Rn. 3.
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B. Begründung der Amtsstellung (Bestellung)
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verhältnisses bestimmt die Organisationsverfassung, nicht hingegen der Inhalt des Bestellungsakts, der sich dazu nicht verhält. Aus dem einheitlichen Amtsbegriff folgt keinesfalls eine einheitliche Bestellungsprozedur. Die jeweilige Organisationsverfassung ist grundsätzlich frei, die Voraussetzungen für die Bestellung zu bestimmen. Es lassen sich allerdings mit der Bestellung durch private Gremien (unter I.) und der gerichtlichen Bestellung (unter II.) zwei typische Bestellungsformen benennen.
I. Bestellung durch Gremien In Organisationen, die über handlungsfähige Selbstverwaltungsgremien verfügen, bestellen diese Gremien die jeweiligen Amtswalter der Leitungseinheit. So bestellen die Mitgliederversammlungen der Verbände den Vorstand (§ 27 BGB)51 und die Wohnungseigentümerversammlung den Wohnungseigentumsverwalter (§ 26 WEG). 1. Tatbestand der Bestellung Die Bestellung begründet mit dem Amtswalterrechtsverhältnis nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten des Amtswalters. Daher ist der vom Gesetz in verschiedenen Bestimmungen formulierte Tatbestand der Bestellung, dass die Bestellung auf einem Beschluss des Gremiums beruht, anerkanntermaßen zu eng.52 Der Amtswalter muss auch von dem Beschluss Kenntnis nehmen, vor allem aber muss er, da die Bestellung ihm auch Pflichten bringt, sein Einverständnis mit der Bestellung erklären. a) Meinungsstand Umstritten ist aber, wie der Bestellungstatbestand zu verstehen ist, damit er den geschilderten Erfordernissen Rechnung trägt. Die herkömmliche Sichtweise hält am Beschluss des zuständigen Gremiums als maßgeblichem rechtsgeschäftlichen Tatbestand der Bestellung fest.53 Allerdings wird dieser Tatbestand um zwei Aspekte (Rechtsbedingungen) ergänzt. Erstens müsse der Beschluss dem Amtswalter auf Veranlassung des Gremiums mitgeteilt werden. Vor allem aber müsse der Amtswalter zweitens seine Bestellung annehmen. Der dreiaktige Bestellungstat-
51 Eine Besonderheit bedeutet freilich die Aktiengesellschaft, in der die Mitgliederversammlung den Aufsichtsrat (§ 101 AktG) und dieser den Vorstand (§ 84 AktG) bestellt; ferner § 318 HGB zur Bestellung der Abschlussprüfer sowie § 71 VAG zur Bestellung des Versicherungstreuhänders. 52 Vgl. etwa BGH NJW 1975, 2101; Hirte, KapitalgesR, Rn. 3.11; Krieger, Personalentscheidungen, 3 ff.; MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 14; K. Schmidt, GesR, § 14 III 2 a; Staudinger-Weick (1995), § 27 Rn. 10. 53 Enneccerus/Nipperdey, AT I, § 109 VI Fn. 35; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler, § 84 Rn. 14; KölnKomm-Mertens, § 84 Rn. 3; Reichert, Vereinsrecht, Rn. 1235, 1231; Baumbach/Hueck-Zöllner, § 47 Rn. 4 f.; ferner Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 38 Rn. 38 f.; wohl auch Staudinger-Weick (1995), § 27 Rn. 10.
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§ 14: Amtsstellung
bestand besteht dann aus zwei Rechtsgeschäften: dem Hauptgeschäft Bestellung und der Annahme als Hilfsgeschäft.54 Die mittlerweile wohl herrschende Meinung erkennt zwar ebenfalls die Dreiaktigkeit des Bestellungstatbestands an, deutet den rechtsgeschäftlichen Schwerpunkt jedoch abweichend.55 Sie fußt auf dem allgemeinen Grundsatz der Beschlusslehre, dass Beschlüsse nur der Willensbildung dienen und nach außen der Umsetzung durch rechtsgeschäftliche Erklärungen bedürfen. So soll der Beschluss über die Bestellung nur die Grundlage dafür bilden, dass Repräsentanten des Bestellungsgremiums qua Willenserklärung den Bestellungsbeschluss gegenüber dem zu bestellenden Amtswalter umsetzen. Die Bestellung bedürfe dann schließlich noch der Annahme des Amtes durch den Amtswalter. Von dieser Auffassung ist es nicht mehr weit zu der modernen Sichtweise, die einen Bestellungsvertrag postuliert.56 Dieser Vertrag bedürfe zur Wirksamkeit zwar des Beschlusses des zuständigen Gremiums. Die rechtsgeschäftliche Mitteilung des Beschlusses gegenüber dem Bestellten und dessen Annahme seien aber einem Vertrag zumindest gleichzustellen. Jedenfalls seien §§ 145 ff. BGB anwendbar.57 Freilich bilde dieser Vertrag eine eigene Kategorie neben etwa Verpflichtungs- und Verfügungsverträgen.58 b) Stellungnahme Die Bedeutung der geschilderten Auseinandersetzung sollte man nicht überbewerten. Die Ergebnisse im Einzelfall werden maßgeblich dadurch beeinflusst, dass – was heute anerkannt ist – die Dreiaktigkeit der Bestellung berücksichtigt wird. Die einzelnen vertretenen Ansichten wollen freilich für bestimmte Problemfälle eine Lösung vorzeichnen. So hält die Vertragslösung mit den Bestimmungen der §§ 145 ff. BGB eine klare Regelung bereit, wenn der Bestellte nur zögerlich oder nur unter Bedingungen die Annahme des ihm angetragenen Amtes erklärt. Die Ansicht wiederum, die eine besondere rechtsgeschäftliche Bestellungserklärung gegenüber dem Gewählten verlangt, macht deutlich, dass eine zufällige Kenntnisnahme des Gewählten vom Bestellungsbeschluss den Anforderungen an die Mitteilung nicht genügt. Zweifelsohne lassen sich diese Probleme auch mithilfe der jeweils anderen Auffassung lösen. Vorzug verdient daher die Theorie, die sich am leichtesten mit der gesetzlichen Regelung vereinbaren lässt und gleichzeitig zum einen mit den Grundsätzen der allgemeinen Rechtsge-
54
Allgemein zur Zustimmung als Hilfsgeschäft Bork, AT, 1695. Im Verbandsrecht BGHZ 52, 316, 321; RGZ 68, 381, 385; Hachenburg-Hüffer, § 46 Rn. 43; MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 14 f.; K. Schmidt, GesR, § 15 I 4; Scholz-K. Schmidt, § 46 Rn. 79; zu § 26 WEG BGHZ 151, 164, 171; Suilmann, Beschlußmängelverfahren, 171; unklar Wenzel, ZWE 2001, 510, 512: »Bestellungsbeschluss enthält als rechtsgeschäftlicher Gesamtakt neben der gemeinschaftlichen Willensbildung zugleich die Bestellungserklärung«. 56 Baums, Geschäftsleitervertrag, 40; Soergel-Hadding, § 27 Rn. 9; Hachenburg-Hüffer, § 46 Rn. 44; Schnorr v. Carolsfeld, DNotZ 1963, 404, 419. 57 Soergel-Hadding, § 27 Rn. 9. 58 Hachenburg-Hüffer, § 46 Rn. 44. 55
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schäftslehre und zum anderen mit denen der speziellen Beschlusslehre übereinstimmt. aa) Vorzüge der herkömmlichen Ansicht Den einzelnen gesetzlichen Bestimmungen steht die herkömmliche Ansicht am nächsten, die den rechtsgeschäftlichen Schwerpunkt der Bestellung beim Beschluss des zuständigen Gremiums sieht. Auf diese Weise wird der Schwerpunkt der Bestellung richtig eingeordnet. Dieses Ergebnis lässt sich formell zunächst damit begründen, dass der Beschluss die einzige Form ist, durch die das Bestellungsgremium selbst unmittelbar seinen Willen bilden und eben auch durch die Beschlussverkündung äußern kann. Hält man weitere rechtsgeschäftliche Äußerungsakte für notwendig, ergeben sich stets Legitimationsprobleme, solange nicht alle Gremiumsmitglieder als Gesamtvertreter handeln. Vor allem aber stellt materiell der Beschluss den bestimmenden Akt unter den drei Bestellungsbestandteilen dar. Dieser Akt kann bestimmen, wie der Beschluss dem Gewählten mitzuteilen ist (insbesondere entweder bei Anwesenheit des Gewählten durch Beschlussfeststellung oder sonst durch Übersendung des Beschlussprotokolls) und welche Anforderungen an die Annahmeerklärung zu stellen sind. So lassen sich auch die virulenten Einzelprobleme, ggf. im Wege ergänzender Auslegung dieses Beschlusses, befriedigend lösen. bb) Keine Notwendigkeit eines selbstständigen Ausführungsakts Diese Sichtweise ist der derzeit herrschenden vorzuziehen, der Beschluss bedürfe noch eines rechtsgeschäftlichen Ausführungsakts. Eine Notwendigkeit dafür lässt sich nämlich keinesfalls aus der allgemeinen Beschlusslehre ziehen. Eines Ausführungsakts im Außenverhältnis bedarf es nur dann, wenn das Außenverhältnis eine bestimmte vom Beschluss abweichende Handlungsform (insbesondere Vertrag, Willenserklärung) vorschreibt. Das Gegenteil ist hier der Fall. Abgesehen davon, dass sich das Verhältnis des Amtswalters zur Organisation nicht zum eigentlichen Außenverhältnis zählen lässt,59 lässt das Gesetz die Bestellung durch Beschluss ausdrücklich zu. Wie sich im Innenrechtsverkehr der Beschluss zur Willensbetätigung unter verschiedenen Organisationssubjekten eignet,60 besteht auch kein Bedenken, den Beschluss als maßgebliche Willensbetätigung des Bestellungsakts anzusehen.61 Die Überlegenheit der hier vertretenen Sichtweise gegenüber der herrschenden, auf einen rechtsgeschäftlichen Ausführungsakt abzustellen, zeigt sich vor allem dann, wenn dieser Ausführungsakt entbehrlich ist. Eine solche Entbehrlichkeit wird einhellig angenommen, wenn der zu bestellende Amtswalter bei der Beschlussfassung und -verkündung anwesend ist.62 Diese Möglichkeit zeigt, dass dieser Ausführungsakt nicht als eigenständiger Bestandteil des Bestellungstatbe-
59
Vgl. dazu auch Reuter, Festschrift Zöllner, 487, 493. Dazu § 12 B III 2 b (S. 423). 61 Vgl. BGHZ 151, 164, 171: Beschluss ist »nicht nur ein Instrument der Willensbildung innerhalb der Eigentümergemeinschaft«. 62 BGHZ 51, 316, 321. 60
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§ 14: Amtsstellung
stands anzusehen ist. Zu behaupten, in diesen Fällen läge in der Beschlussfassung gleichzeitig die Bestellungserklärung, ist eben nicht nur in diesem Fall, sondern stets treffend. Es macht aber in der rechtskonstruktiven Beurteilung keinen durchgreifenden Unterschied, ob der Versammlungsleiter oder Gremiumsvorsitzende dem gewählten Amtswalter das Beschlussergebnis durch Verkündung in der Versammlung bzw. Sitzung oder nach der Versammlung bzw. Sitzung in anderer Form mitteilt. Stets bleibt die Mitteilung Wissenserklärung, erfolgt lediglich in unterschiedlicher Form. cc) Kein Vertrag Gegen die Lösung, die Bestellung als Vertrag zu verstehen, sprechen überdies noch systematische Erwägungen. Eine Bestellung beruht auch bei der im Weiteren noch zu behandelnden gerichtlichen Bestellung63 wie auch im öffentlichen Recht bei der Bestellung von Beamten64 auf einseitigen, wenn auch annahmebedürftigen Akten. Vor allem aber ist der Entscheidungsspielraum, der den an der Bestellung Beteiligten überantwortet ist, ein ganz anderer als der, über den Vertragspartner verfügen. Das Bestellungsgremium hat regelmäßig nicht einmal die Wahl, ob es einen Amtswalter bestellt, sondern nur die Wahl, wen es bestellt. Der gewählte Amtswalter indessen hat nur die Wahl, ob er annimmt. Die Inhalte der aus der Bestellung folgenden Amtsstellung werden abschließend durch die Organisationsverfassung bestimmt.65 Für eine privatautonome Gestaltung des Rechtsverhältnisses durch die Vertragsparteien verbleibt also kein Raum. c) Ergebnis Im Ergebnis beruht die Bestellung durch ein Gremium auf dem Beschluss dieses Gremiums. Zur Wirksamkeit muss dieser Beschluss allerdings dem bestellten Amtswalter mitgeteilt werden (rechtsgeschäftsähnliche Handlung) und der Bestellte muss die Wahl annehmen (Rechtsgeschäft). Zu diesem Grundsatz kann die Organisationsverfassung freilich, wenn nicht eine Sperre wie § 23 Abs. 5 AktG greift, Ausnahmen vorsehen, insbesondere die Bestellungskompetenz abweichend regeln.66 2. Entscheidungsrahmen (zwingende Vorgaben der Organisationsverfassung) Die Organisationsverfassung enthält für die Entscheidung des zuständigen Gremiums zwingende Vorgaben. Die Vorgaben können sowohl auf Gesetz als auch auf Satzung der Körperschaft beruhen.67 In der Aktiengesellschaft bestehen aller63
Siehe auch den Vergleich von Enneccerus/Nipperdey, AT I, § 109 VI Fn. 35. Siehe insoweit den Vergleich von Krieger, Personalentscheidungen, 9. 65 Die Inhalte der Anstellung können hingegen vertraglich bestimmte werden, dazu § 15 (S. 535 ff.). 66 Etwa zum gesellschaftsrechtlichen Sonderrecht eines GmbH-Gesellschafters BGH WM 1973, 1295 ff. 67 Im Wohnungseigentumsrecht wird § 26 Abs. 1 S. 4 WEG als Ausschluss verstanden, durch Vereinbarung der Eigentümer weitere Vorgaben für die Bestellung zu machen. 64
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B. Begründung der Amtsstellung (Bestellung)
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dings wegen der zwingenden Kompetenzordnung nach § 23 Abs. 5 AktG Grenzen für Satzungsregelungen. Wie die Satzung die Bestellungskompetenzen nicht abweichend vom Gesetz regeln darf, darf sie auch nicht faktisch durch zu weitgehende Vorgaben die Entscheidungskompetenz des zuständigen Gremiums beschränken.68 a) Das Ob der Bestellung Die Vorgaben beziehen sich zum einen auf das Ob der Bestellung. Zwei verschiedene Gestaltungen kommen in Betracht. Entweder gibt die Organisationsverfassung dem zuständigen Gremium die genaue Zahl der zu bestellenden Amtswalter vor. So verhält es sich, wenn wie beim Wohnungseigentumsverwalter (§ 26 WEG) überhaupt nur ein Amt zu besetzen ist. Aber auch bei der Bestellung von Gremiumsmitgliedern kann die Zahl der Gremiumsmitglieder wie etwa im Fall des Aufsichtsrats (§ 95 AktG) oder des Verwaltungsbeirats (§ 29 WEG) von Gesetz oder Satzung bindend festgelegt sein. Die Organisationsverfassung kann sich auch darauf beschränken, lediglich eine Mindestanzahl, ggf. noch eine Höchstzahl an Gremiumsmitgliedern festzulegen. Das Gremium ist dann in dem verbleibenden Rahmen an keine zwingende Vorgabe gebunden. Beispiele stellen die Bestellung des Vereinsvorstands (§ 26 BGB) und des Vorstands in der Aktiengesellschaft (§ 76 BGB) dar, sofern die Satzung jeweils keine bindende Regelung enthält. b) Auswahl der Person Die Vorgaben der Organisationsverfassung beziehen sich zum anderen darauf, welche Voraussetzungen eine zu bestellende Person erfüllen muss. Die gesetzlichen Vorgaben sind gering. Vorgaben sind notwendig hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit des Amtswalters. An der beschränkten Geschäftsfähigkeit darf es schon deswegen nicht fehlen, weil der Amtswalter sonst in seinem Amt gar nicht wirksam handeln könnte (§ 165 BGB).69 Vielfach verlangt das Gesetz Geschäftsfähigkeit (§§ 76 Abs. 3, 100 Abs. 1 AktG, 6 Abs. 2 GmbHG). Ferner können die Ämter natürlichen Personen (§§ 76 Abs. 3, 100 Abs. 1 AktG, 6 Abs. 2 GmbHG) oder Mitgliedern (§ 9 Abs. 2 GenG) vorbehalten sein. Schließlich können Berufsverbote oder Verurteilungen wegen bestimmter Strafdelikte der Ausübung der Amtstätigkeit entgegenstehen. Ein Beispiel für spezifische Hinderungsgründe bietet schließlich § 100 Abs. 2 AktG. Als Vorgaben in der Satzung kommen insbesondere abstrakte Eignungsmerkmale wie Erfordernisse einer bestimmten Ausbildung, eines Wohnsitzes am Or-
68 Hinsichtlich des Umfangs der Satzungsmacht im Einzelnen differenzierend, einerseits weitgehend Lutter/Krieger, Rn. 340: Unverbindlichkeit von Satzungsvorgaben, Berücksichtigung lediglich bei der Ermessensentscheidung; andererseits Hüffer, § 76 Rn. 26; beide auch zu den zusätzlichen Problemen bei mitbestimmten Gesellschaften. 69 Zum Vereinsvorstand MünchKommBGB-Reuter, § 26 Rn. 6.
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§ 14: Amtsstellung
ganisationsmittelpunkt, einer bestimmten Nationalität oder einer Altersgrenze in Betracht.70 Es werden aber auch gelegentlich bestimmte Gruppeninteressen geschützt, wenn die Eignung etwa von der Mitgliedschaft in einem Verband oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie abhängig gemacht wird. Anforderungen an den auszuwählenden Amtswalter werden auch durch den Gegenstand des Amtes gestellt. Je komplexer die in diesem Amt zu erfüllenden Aufgaben sind, desto besser muss die Qualifikation (Ausbildung, Erfahrung) des Amtswalters sein, um diesen Anforderungen genügen zu können.71 Solange jedoch diese Entscheidungskriterien, die überdies tatbestandlich unbestimmt sind, nicht ausdrücklich gesetzlich ausgeformt sind, lassen diese Merkmale sich nicht als zwingende gesetzliche Vorgaben einordnen, die den anderen genannten Voraussetzungen gleichstehen. Sie sollten vielmehr die im Folgenden noch zu erörternde Wahlentscheidung des Gremiums beeinflussen. Eine Ausnahme gilt freilich, wenn spezifische Anforderungen ausdrücklich wie in § 7a Abs. 1 VAG zur Bestellungsvoraussetzung erhoben werden. 3. Ausfüllung des eröffneten Spielraums Die Organisationsverfassung eröffnet dem Gremium also möglicherweise hinsichtlich des Ob der Bestellung, jedenfalls aber hinsichtlich der Auswahl des Amtswalters einen Spielraum. Es stellt sich die Frage, welchen Bindungen das Gremium und damit die einzelnen Gremiumsmitglieder dabei unterliegen, diesen Spielraum auszufüllen. Es ist abzugrenzen, inwieweit das einzelne Gremiumsmitglied an Organisationsinteressen gebunden ist oder ob es allein auf seine persönlichen Interessen abstellen kann. Insoweit verbietet sich eine pauschale Antwort. Es ist neben speziellen Regelungen der Organisationsverfassung auf die Art des jeweiligen Gremiumsmitglieds abzustellen. a) Ermessen der Amtswalter Die Fremdnützigkeit der Ämter bindet Ämtergremien, ihre Entscheidung am Organisationszweck auszurichten. Paradebeispiel für eine Wahl durch ein Amtswaltergremium ist die des Vorstands einer Aktiengesellschaft durch den Aufsichtsrat nach § 84 AktG. In diesem Fall bedeutet die freie Entschließung der Aufsichtsratsmitglieder nur, dass die Mitglieder ihre Entscheidung unabhängig von möglichen Weisungen treffen können.72 Die Entscheidung ist damit aber keinesfalls in das Belieben der Aufsichtsratsmitglieder gestellt. Sie sind aufgrund der Fremdnützigkeit des ihnen übertragenen Amtes an den Organisationszweck und sonstige Vorgaben der Organisationsverfassung gebunden.73 Auf Grundlage dieser Bindung lässt sich die
70
MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler, § 76 Rn. 89. OLG Frankfurt NZM 2005, 951; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler, § 84 Rn. 27; MünchKommAktG-Semler, § 100 Rn. 19; Bärmann/Pick, § 26 Rn. 3. 72 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler, § 84 Rn. 11. 73 Lutter/Krieger, Rn. 341; vgl. auch MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler, § 84 Rn. 12. 71
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B. Begründung der Amtsstellung (Bestellung)
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Entscheidung des Aufsichtsrats nach den im öffentlichen Recht für Ermessensentscheidungen anerkannten Kriterien beurteilen.74 Folglich ist die Entscheidung nicht nur fehlerhaft, wenn der Aufsichtsrat eine Wahl trifft, die den gesetzlichen Vorgaben widerspricht (Ermessensüberschreitung: Wahl einer ungeeigneten Person). Die Wahl ist ferner dann fehlerhaft, wenn der Aufsichtsrat seine Wahlmöglichkeit gar nicht erkennt, sondern sich etwa an eine Weisung gebunden hält (Ermessensnichtgebrauch). Vor allem aber ist die Wahl dann fehlerhaft, wenn der Aufsichtsrat sich nicht ausschließlich von den durch die Organisationsverfassung vorgegebenen Kriterien leiten lässt (Ermessensfehlgebrauch: Wahl eines geeigneten Bewerbers wegen persönlicher Nähe). Im Ergebnis ist der Aufsichtsrat also daran gebunden, die für das Unternehmen bestmögliche Wahl zu treffen.75 Seine Entscheidung ist aber nicht objektiv daraufhin zu überprüfen, ob er diese bestmögliche Entscheidung getroffen hat, sondern ob sein Verfahren, um dieses Ziel zu erreichen, den geschilderten Vorgaben entsprach. b) Bindungen der Rechtsinhaber Beruht die Mitgliedschaft im zuständigen Gremium auf Rechtsinhaberschaft, so kann das jeweilige Mitglied sich darauf berufen, dass es in Ausübung seiner eigenen Befugnisse – anders als der fremdnützig tätige Amtswalter – grundsätzlich frei ist.76 Nur der Inhalt des jeweiligen Rechts und das allgemeine Missbrauchsverbot können bestimmte Bindungen begründen. aa) Wohnungseigentumsrecht Solche Bindungen enthält im Wohnungseigentumsrecht § 21 Abs. 3 WEG. Durch Mehrheitsentscheidung können die Wohnungseigentümer nach dieser Bestimmung eine Verwaltungsmaßnahme nur treffen, wenn diese Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Diese Regelung ist auf die Verwalterwahl anzuwenden, da diese Mehrheitsentscheidung ebenfalls eine Verwaltungsmaßnahme darstellt.77 Uneinheitlich wird nun aber dargestellt, inwieweit die Mehrheit durch die Anforderung der Ordnungsmäßigkeit in ihrer freien Entscheidung eingeschränkt wird. Recht einheitlich wird noch der Begriff der ordnungsmäßigen Verwaltung verstanden.78 Keinesfalls sind ordnungsmäßig nur notwendige Maßnahmen. Ordnungsmäßigkeit ist erst dann zu verneinen, wenn vernünftige und wirtschaftlich denkende Wohnungseigentümer, die sich am gemeinschaftlichen Interesse aller Wohnungseigentümer orientieren, die Maßnahme verworfen hätten. Unein74
Krieger, Personalentscheidungen, 28 ff. Lutter/Krieger, Rn. 341. 76 Besonders deutlich zeigt sich diese Freiheit, wenn nach §§ 1776, 1897 Abs. 4, 1909 Abs. 1 S. 2, 1917, 2197 BGB eine einzelne Person allein über den Amtswalter bestimmen kann. 77 Elzer, ZMR 2001, 418; Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 26 Rn. 39. 78 BayObLG NJW-RR 2003, 663, 664; OLG Hamburg, ZMR 2003, 449, 450; OLG Köln NZM 1998, 970; MünchKommBGB-Engelhardt, § 21 Rn. 6; Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 21 Rn. 63 ff.; Bärmann/Pick, § 21 Rn. 17. 75
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heitlich charakterisiert wird aber ein mit diesem Merkmal in Zusammenhang stehender, nur beschränkt überprüfbarer Spielraum der Eigentümer, der teilweise als Beurteilungsspielraum79, teilweise als Ermessen80 bezeichnet wird.81 Dazu lässt sich Folgendes sagen: Ein Beurteilungsspielraum im Sinne der verwaltungsrechtlichen Terminologie kommt allenfalls hinsichtlich der Auslegung des offenen Rechtsbegriffs »ordnungsmäßige Verwaltung« in Betracht. Insoweit ist den Eigentümern aber kein Beurteilungsspielraum zuzubilligen, sondern vom Gericht zu verlangen, in vollem Umfang zu überprüfen, ob die geschilderten Voraussetzungen für eine ordnungsmäßige Verwaltung vorliegen. Ein Ermessen hingegen bedeutete, dass die Eigentümer über das Erfordernis der Ordnungsmäßigkeit hinaus bei ihrer Mehrheitsentscheidung weiteren Entscheidungsrichtlinien unterworfen wären, etwa an das Interesse der Gemeinschaft gebunden wären. Für eine solche Bindung der Mehrheit fehlt es jedoch an einer Rechtfertigung. Die einzelnen Wohnungseigentümer sind als Rechtsinhaber grundsätzlich frei, für welche unter mehreren ordnungsmäßigen Maßnahmen sie stimmen.82 Sie sind lediglich durch das allgemeine Missbrauchsverbot gebunden.83 Auch aus § 21 Abs. 4 WEG lässt sich keine abweichende Ermessensbindung herleiten. Diese Bestimmung betrifft eine andere Konstellation. Sie betrifft nicht den Entscheidungsrahmen der beschließenden Wohnungseigentümer, sondern den Anspruch des Einzelnen gegen die übrigen untätigen Eigentümer. Für diese Konstellation muss § 21 Abs. 4 WEG klar stellen, dass der aus § 21 Abs. 4 WEG vorgehende Eigentümer nicht eine bestimmte ordnungsmäßige Maßnahme verlangen kann, sondern nur dass die Eigentümer nach ihrer freien Wahl eine der ordnungsmäßigen Maßnahmen beschließen. Für die Verwalterwahl bedeutet dies, dass nur eine solche Person zum Verwalter bestellt werden darf, die sich insbesondere hinsichtlich ihrer Qualifikation und ihrer Honorarforderung so darstellt, dass vernünftige und wirtschaftlich denkende Wohnungseigentümer sie zum Verwalter bestellten. Darüber hinaus dürfen keine speziellen Gründe vorliegen, die wie konkrete Interessenkonflikte eine Bestellung nicht ordnungsmäßig erscheinen lassen.84 Unter allen Verwaltern, die diesen Voraussetzungen entsprechen, ist die Mehrheit in ihrer Entscheidung frei, allein durch das Missbrauchsverbot, nicht durch bestimmte Zwecke beschränkt. Folglich kann die Mehrheit durchaus eine ihr nahe stehende Person zum Verwalter wählen. In der Rechtsprechung wurde sogar zugelassen, dass ein Mehrheitseigentümer allein sein eigenes Stimmgewicht einsetzt, um seine Frau 79 MünchKommBGB-Engelhardt, § 21 Rn. 6; Bamberger/Roth-Hügel, § 21 WEG Rn. 4; Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 21 Rn. 65; Bärmann/Pick, § 21 Rn. 17. 80 BayObLG NJW-RR 2003, 663, 664; OLG Düsseldorf NZM 2000, 1067, 1068; NZM 1999, 766, 767; OLG Hamburg ZMR 2003, 449, 450; OLG Köln NZM 1998, 970; WeitnauerLüke, § 21 Rn. 12. 81 Vgl. auch Elzer, ZMR 2001, 418, 421 f. 82 Der Sache nach mag mit den Ausdrücken Ermessen bzw. Beurteilungsspielraum keine andere Aussage beabsichtigt sein, vgl. insbesondere OLG Düsseldorf NZM 2000, 1067, 1068; Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 21 Rn. 65. 83 Vgl. MünchKommBGB-K. Schmidt, § 745 Rn. 28, zum Parallelproblem bei der Bruchteilsgemeinschaft. 84 Zu diesen Gründen Elzer, ZMR 2001, 418 ff.; Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 26 Rn. 40 f.
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zur Verwalterin zu wählen.85 Anders ist natürlich zu entscheiden, wenn diese Person Interessenkonflikte mit einzelnen Eigentümern hat, weil es ihr dann an der Eignung für dieses konkrete Amt fehlt, ihre Wahl also nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.86 bb) Verbandsrecht Im Verbandsrecht ist das Belieben der Mitglieder insbesondere durch ihre Treuepflichten eingeschränkt.87 Diese verwehren es den Mitgliedern, sich etwa bei der Aufsichtsratswahl im Aktienrecht – wie von § 242 Abs. 2 AktG verboten – Sondervorteile zu sichern.88 Solange sie nicht gegen dieses Verbot verstoßen, können die Mitglieder aber ihre eigenen Interessen den Ausschlag geben lassen. Überdies steht allerdings auch hier nur die Wahl solcher Personen im Einklang mit der Organisationsverfassung, die geeignet sind, die von der Organisationsverfassung an den Amtswalter gestellten Anforderungen zu erfüllen. Die Wahl ungeeigneter Personen durch eine Mehrheit hat eine Minderheit daher nicht hinzunehmen. cc) Gläubigerversammlung Die Wahl eines anderen Insolvenzverwalters durch die Gläubigerversammlung regelt § 57 InsO. Auf Tatbestandsseite verlangt diese Bestimmung die Wahl eines neuen Verwalters, der die Voraussetzungen des § 56 InsO erfüllt. Umstritten ist, ob die Gläubiger abgesehen von möglichen Stimmrechtsausschlüssen89 weiteren Bindungen unterliegen. In der Literatur wird die Ansicht vertreten, der Wahlbeschluss sei auch nach § 78 Abs. 1 InsO daraufhin zu überprüfen, ob er dem gemeinsamen Interesse der Gläubiger widerspricht.90 Die Rechtsprechung beschränkt die Überprüfung hingegen schon aus Gründen der Spezialität darauf, ob die von § 57 InsO verlangte Eignung des Gewählten vorliegt.91 Dem ist im Ergebnis zu folgen. Der Überprüfungsumfang der Gläubigerwahl lässt sich nach § 78 InsO insbesondere nicht auf Überlegungen erstrecken, ob der Gewählte der bestmögliche Verwalter ist oder ob die Vorteile des neuen Verwalters die zusätzlichen Kosten durch die Neubesetzung überwiegen.92 Maßstab der Prüfung nach § 78 InsO ist das gemeinschaftliche Interesse der Gläubiger, das auf eine bestmögliche Befriedigung gerichtet ist.93 Diese Formulierung im Superlativ ermöglicht zwar die Auslegung, nur die objektiv beste Ent85
OLG Saarbrücken, ZMR 1998, 50, 53 ff. m. w. Nachw.; zust. Bärmann/Pick, § 21 Rn. 17. BayObLG WuM 1996, 648. 87 Vgl. allgemein K. Schmidt, GesR, § 21 II 3, § 20 IV. 88 MünchKommAktG-Semler, § 101 Rn. 18; KölnKomm-Mertens, § 101 Rn. 18. 89 AG Wolfratshausen, ZIP 1990, 597 f.; Preuß, Zivilrechtspflege, 409. 90 MünchKommInsO-Ehricke, § 78 Rn. 14; Görg, DZWIR 2000, 364, 366 f.; Prütting, Insolvenzrecht 2000, 29, 42 ff. 91 BGH ZIP 2004, 2341; ZIP 2003, 1613; KG ZIP 2001, 2240; OLG Naumburg, ZIP 2000, 1394; OLG Zweibrücken ZIP 2000, 2173; ferner Kesseler, DZWIR 2002, 133, 134 ff.; Preuß, Zivilrechtspflege, 410. 92 Zu den abweichenden Grundsätzen der gerichtlichen Auswahlentscheidung siehe II 3 a (S. 501). 93 MünchKommInsO-Ehricke, § 78 Rn. 17; Kübler/Prütting-Kübler, § 78 Rn. 6. 86
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scheidung werde den Anforderungen des § 78 Abs. 1 InsO gerecht. Dann bestände aber gar keine Wahlfreiheit der Gläubiger. Den Gläubigern wäre bei den vielfach in der Gläubigerversammlung zu treffenden unternehmerischen Prognoseentscheidungen allenfalls ein Ermessensspielraum eingeräumt. Richtigerweise ist die Kontrolle nach § 78 InsO jedoch darauf beschränkt, dass der Beschluss Ausdruck des Strebens nach bestmöglicher Befriedigung und nicht Ausdruck der Verfolgung von Individualinteressen und von Sondervorteilen ist. Das überprüfende Gericht hat also nach § 78 InsO nicht einen Vergleich mit anderen möglichen Entscheidungen anzustellen, sondern die getroffene Wahl – wie bei der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit im Wohnungseigentumsrecht – auf Mängel zu überprüfen. Es kommt darauf an, dass der Beschluss von einer Qualität ist, dass ihn eine ordentliche, an ihrer Befriedigung interessierte Gläubigerversammlung in freier Wahl fassen konnte. Dieses Verständnis lässt sich dadurch belegen, dass die Kontrolle nach § 78 InsO zum Gegenstand hat, ob ein Widerspruch festzustellen ist. Diese allgemeinen Anforderungen von § 78 InsO werden in Bezug auf die Neuwahl eines Verwalters durch § 57 InsO konkretisiert:94 Es lässt sich niemals beanstanden, dass die Gläubiger von ihrer freien Wahl in der Weise Gebrauch machen, dass sie einen Verwalter wählen, der unabhängig und für das konkrete Verfahren geeignet ist. Folglich hätten die gerichtlichen Prüfungen nach § 78 InsO und nach § 57 InsO einen kongruenten Umfang. Da die Prüfung nach § 57 InsO aber von Amts wegen durchzuführen ist, besteht für ein Verfahren nach § 78 InsO kein Rechtsschutzbedürfnis. Schon von daher verdrängt also § 57 InsO in seinem Anwendungsbereich § 78 InsO.
II. Gerichtliche Bestellung Außerhalb des Körperschaftsrechts ist regelmäßig ein Gericht zur Bestellung der Amtswalter berufen.95 1. Der gerichtliche Bestellungsvorgang Bevor die Rechtsnatur der gerichtlichen Bestellung bestimmt werden kann, sind verschiedene Abgrenzungen vorzunehmen. a) Bestellung neben Auswahl und Einrichtung Die Bestellungsentscheidung des Gerichts ist von der Auswahlentscheidung und von der Einrichtung des Amtes zu trennen.96 Besonders deutlich bringen diese Trennung die Regelungen des Vormundschaftsrechts zum Ausdruck. Hier sehen 94 95
Kesseler, DZWIR 2002, 133, 134 f. Eine behördliche Bestellung des Pfandbriefbankentreuhänders sieht § 6 Abs. 2 PfandBG
vor. 96 Zur konkreten Einrichtung der abstrakt vom Gesetz geschaffenen Ämter siehe § 5 B II vor 1 (S. 164), C III (S. 187).
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§ 1774 BGB für die Anordnung der Vormundschaft, § 1779 BGB für die Auswahl des Vormunds und § 1789 BGB für die Bestellung des Vormunds zu trennende gerichtliche Verfügungen mit jeweils selbstständigen Verfahren vor. Dieses Trennungsmodell ist allerdings die Ausnahme, das sich auf die direkte Anwendung dieser Vorschriften und auf ihre Anwendung über §§ 1915, 1975 BGB beschränkt. Der Gesetzgeber bevorzugt sonst die sog. Einheitsentscheidung.97 Insbesondere bei der Einführung der rechtlichen Betreuung hat sich der Gesetzgeber ganz bewusst gegen ein Verfahren nach den Regeln des Vormundschaftsrechts und für das Einheitsmodell nach Maßgabe von §§ 1896 f. BGB, 69 ff. FGG entschieden.98 Damit ist die Auswahlentscheidung des Gerichts allein ein gerichtsinterner Vorgang,99 während Einrichtung des Amtes und Bestellung des Amtswalters in einer Entscheidung mit einem einheitlichen Verfahren zusammenfallen. Entsprechend verknüpfen § 27 InsO die Eröffnung des Verfahrens mit der Bestellung des Insolvenzverwalters, § 67 InsO die Einsetzung eines Gläubigerausschusses mit der Bestellung seiner Mitglieder und §§ 19 ff., 146, 150 ZVG die Anordnung der Zwangsversteigerung mit der Bestellung eines Zwangsverwalters100. Eine Einheitsentscheidung ergeht auch hinsichtlich der besonderen Vertreter im Verfahrensrecht. b) Kompetenzen des Gerichts Mit der Kompetenz des Gerichts, den Amtswalter zu bestellen, geht nicht zwingend die Kompetenz einher, auch das Amt einzurichten und den Amtswalter auszuwählen. Das gilt allerdings nach §§ 1779, 1789 BGB in Bezug auf den Vormund und nach § 1897 BGB in Bezug auf den Betreuer. Entsprechende Kompetenzen folgen ferner aus §§ 1779, 1789 BGB für alle Pfleger materiellen Rechts (§ 1915 BGB) einschließlich Nachlasspfleger (§ 1960 BGB) und Nachlassverwalter (§§ 1975, 1915 BGB). Für die besonderen Vertreter im Verfahrensrecht ergibt sich diese Befugnis aus den jeweils einschlägigen Errichtungsnormen (§§ 57, 779 Abs. 2 ZPO, 50, 68 FGG, 6 SpruchG), für den Insolvenzverwalter aus §§ 27, 56, 59 InsO und für den Zwangsverwalter kann sie aus § 150 ZVG folgen. Vielfach – etwa bei den Notämtern (§§ 29 BGB, 85, 104 AktG, 26 Abs. 3 WEG) und bei der Testamentsvollstreckung (§ 2200 BGB) – beruht die Errichtung des Amtes auf privat-rechtlichen Dispositionen. In diesen Fällen sind dem Gericht auch nur subsidiäre Auswahl- und Bestellungskompetenzen eingeräumt. Das Gericht darf nur tätig werden, wenn das nach der Organisationsverfassung
97 Zum Begriff BayObLG FamRZ 1993, 602; Keidel/Kuntze/Winkler-Kayser, Vorb §§ 65– 69o Rn. 15; Staudinger-Bienwald (1999), § 1897 Rn. 44. 98 Erster Teil der Begründung zu einem Entwurf des Betreuungsgesetzes unter F VII 1 f, BT-Drucks. 11/4528, S. 91. 99 Staudinger-Bienwald (1999), § 1898 Rn. 38; MünchKommBGB-Schwab, § 1897 Rn. 1. 100 Zur Einheitsentscheidung nach ZVG Steiner-Hagemann, § 154 Rn. 22 sowie Stöber, § 150 Rn. 2.10, die eine isolierte Anfechtung der Bestellung ablehnen, weil sie notwendig mit der Anordnung der Zwangsverwaltung einhergehe.
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vorrangig zur Auswahl und Bestellung berufene Organisationssubjekt von seiner Kompetenz keinen Gebrauch macht. Schließlich ist das Gericht im manchen Konstellationen auf die Bestellung beschränkt. Es hat die Person zu bestellen, die das zuständige Organisationssubjekt in Übereinstimmung mit der Organisationsverfassung oder gar schon diese selbst bestimmt. Beispiele für solche Bindungen des Gerichts sind das Recht der Eltern, den Vormund zu bestimmen (§ 1776 BGB), die Befugnis der Insolvenzgläubiger, in der ersten Gläubigerversammlung einen neuen Insolvenzverwalter zu wählen (§ 57 InsO), die Befugnis des Zuwenders, den Ergänzungspfleger zu bestimmen (§§ 1909 Abs. 1 S. 2, 1917 BGB), das Bestimmungsrecht des Betroffenen hinsichtlich der Person des Betreuers (§ 1897 Abs. 4 BGB) und im Recht der Zwangsverwaltung das Vorschlagsrecht bestimmter Beteiligter nach § 153a ZVG bzw. das Selbsteintrittsrecht des Schuldners unter den Voraussetzungen des § 150b ZVG. c) Rechtsnatur der Bestellung Betrachtet man nun – unabhängig von Einrichtung des Amtes und Auswahl des Amtswalters – allein den Bestellungsakt, so sind verschiedene Bestandteile des Bestellungstatbestands zu unterscheiden. Die gerichtliche Entscheidung, also der Hoheitsakt, der die Bestellung ausspricht, ist lediglich Schwerpunkt des Tatbestands. Wie bei der Bestellung durch Gremiumsbeschluss muss aber auch hier gewährleistet sein, dass der Bestellte von der Bestellung Kenntnis nimmt, jedenfalls nehmen kann, und mit der Bestellung einverstanden ist. aa) Bekanntmachung Die Kenntnisnahme(möglichkeit) wird durch die Vorschriften über das Wirksamwerden gerichtlicher Entscheidungen gewährleistet. Einschlägig ist meist § 16 Abs. 1 FGG, nach dem Beschlüsse erst wirksam werden, wenn sie den Betroffenen bekannt gemacht werden. Diese Regelung gilt nicht nur für die Bestellung auf Grundlage von § 1789 BGB, sondern auch für die Bestellungen von Notverwaltern101, Notorganen102 oder Testamentsvollsteckern, die alle im Verfahren nach FGG erfolgen. Im Ergebnis nichts anderes ordnet § 69a Abs. 3 S. 1 FGG für die Betreuung an. Schließlich wird auch die Bestellung von Insolvenzverwalter und Zwangsverwalter den Amtswaltern wie selbstverständlich (formlos) bekannt gemacht, damit diese beginnen, ihr Amt auszufüllen. Eine förmliche Zustellung der mit der Bestellung einhergehenden Eröffnung bzw. Anordnung des jeweiligen Verfahrens ist lediglich den sonstigen Beteiligten gegenüber vorgeschrieben (§§ 30 InsO, 22 ZVG). bb) Einverständnis Dem Erfordernis, dass der Amtswalter mit der Bestellung einverstanden sein muss, wird dadurch Rechnung getragen, dass die gerichtliche Bestellungsentscheidung wie die Bestellung durch privatrechtliche Gremien einen mitwir101 102
Elzer, ZMR 2004, 229, 230. MünchKommBGB-Reuter, § 29 Rn. 16.
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kungsbedürftigen Akt darstellt. Diese Voraussetzung ist zwar regelmäßig103 nicht eigens gesetzlich angeordnet, ergibt sich aber aus allgemeinen Grundsätzen und ist für Insolvenzverwalter104, Gläubigerausschuss,105 Zwangsverwalter106, Notorgane107 wie Notverwalter108 anerkannt. Die Annahme kann wohl bereits vor dem Beschluss erklärt werden, ferner sowohl konkludent wie ausdrücklich.109 Verweigert die bestellte Person die Annahme, äußert der Beschluss ihr gegenüber keine Wirkungen. Sie braucht den Beschluss also nicht anzufechten, um die Begründung der Amtsstellung zu hindern. Daher ist ihr grundsätzlich auch die Befugnis zur Anfechtung versagt.110 Eigenständige Regelungen enthält das BGB für Vormund und Betreuer. Bei diesen Ämtern kann eine Pflicht zur Übernahme des Amtes bestehen (§§ 1785, 1898 Abs. 1 BGB). Jedoch macht diese Pflicht die Annahmeerklärung nicht entbehrlich. Die Mitwirkungsbedürftigkeit der Bestellung zum Vormund bringt § 1789 BGB zum Ausdruck. Auch wenn die »Verpflichtung durch Handschlag« lediglich Formvorschrift ist, ist die Annahme durch den Vormund unentbehrliche Wirksamkeitsvoraussetzung.111 § 1898 Abs. 2 BGB verlangt ausdrücklich vor der Bestellung die Bereiterklärung des Betreuers. Erfolgt die Bestellung unter Berücksichtigung dieser Vorschrift nach der Bereiterklärung, so ist dem Einverständniserfordernis genügt. Einer weiteren Annahme bedarf es nicht. Der Betreuer kann der Bestellung auch nicht dadurch die Wirksamkeit nehmen, dass er seine Bereiterklärung widerruft.112 Bedenken begegnet allerdings die Ansicht, auch eine unter Verstoß gegen § 1898 Abs. 2 BGB ohne Einverständnis des Betreuers vorgenommene Bestellung sei wirksam, lediglich anfechtbar, keinesfalls »nichtig«.113 Der Hinweis auf § 69a Abs. 3 S. 1 FGG rechtfertigt kein anderes Ergebnis, weil diese Regelung wie § 16 Abs. 1 FGG lediglich das Wirksamwerden im Fall der erforderlichen Mitwirkung regeln will. Zustimmung verdient allein, auch hier die Wirksamkeit der Bestellung – freilich nicht die der Anordnung der Betreuung – von der Annahme des Betreuers abhängig zu machen. Die Zustimmung ist stets Verfahrenshandlung, nicht Willenserklärung.114 Ihre Voraussetzungen, etwa die Folgen von Willensmängeln, sind daher allein dem 103
Eine Ausnahme ist § 2202 BGB; zu § 1898 Abs. 2 BGB sogleich im Text. MünchKommInsO-Schmahl, §§ 27 bis 29 Rn. 27. 105 MünchKommInsO-Gößmann, § 67 Rn. 27. 106 Stöber, § 150 Rn. 2.5. 107 KG GmbHR 2000, 660, 661 f.; BayObLG GmbHR 1996, 859, 860; MünchKommBGBReuter, § 29 Rn. 17. 108 Elzer, ZMR 2004, 229, 230 Fn. 12; Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 26 Rn. 243. 109 Nach MünchKommInsO-Schmahl, §§ 27 bis 29 Rn. 27, nehme der noch zu bestellende Insolvenzverwalter die Bestellung an, wenn er als Gutachter im vorläufigen Verfahren die Eröffnung empfehle. 110 BayObLG GmbHR 1996, 859, 860; MünchKommInsO-Graeber, § 56 Rn. 132. – KG GmbHR 2000, 660 f., macht zu Recht eine Ausnahme, wenn das Gericht die Bestellung eines Notorgans durch Eintragung in das Register ohne Annahme vollziehen lässt. 111 MünchKommBGB-Wagenitz, § 1789 Rn. 2, 13. 112 MünchKommBGB-Schwab, § 1898 Rn. 9. 113 So aber Staudinger-Bienwald (1999) § 1898 Rn. 40, unter Hinweis auf den Charakter als Einheitsentscheidung. 114 So etwa Staudinger-Engler (2004), § 1789 Rn. 3. 104
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Prozessrecht, nicht den materiell-rechtlichen Regelungen über Willenserklärungen zu entnehmen. cc) Ergebnis Die gerichtliche Bestellung basiert auf einem Hoheitsakt in Form einer gerichtlichen Entscheidung, die zur Wirksamkeit zum einen der Bekanntmachung – jedenfalls gegenüber dem bestellten Amtswalter – und zum anderen der Zustimmung des Bestellten in Form einer Verfahrenshandlung bedarf. 2. Gesetzlicher Rahmen der Auswahlentscheidung Die Organisationsverfassung, regelmäßig das Gesetz, macht für das Gericht zwingende Vorgaben, die das Gericht bei seiner Auswahlentscheidung berücksichtigen muss. In Ausnahmefällen ist es dem Gericht erlaubt, mehrere Ämter zu schaffen. Grundlage dafür sind etwa §§ 1797, 1899 BGB hinsichtlich Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft (§§ 1915, 1975 BGB115). Allerdings stehen regelmäßig die Voraussetzungen, die an den jeweils auszuwählenden Amtswalter gestellt sind, im Vordergrund. Keine Regelungen enthalten insoweit die Verfahrensordnungen in Bezug auf die besonderen Vertreter des Verfahrensrechts und das ZVG hinsichtlich des Zwangsverwalters116. In Bezug auf die Notorgane und den Notverwalter gilt das bereits oben zur Bestellung dieser Amtswalter durch Gremien Ausgeführte. Diese Voraussetzungen werden ergänzt um die besonderen Anforderungen an die gerichtliche Notbestellung. Die gerichtliche Bestellung des Testamentsvollstreckers nach § 2200 BGB hat den Vorgaben des Testaments zu genügen. Angesichts der übrigen Ämter lassen sich vor allem folgende Voraussetzungen herausgreifen. a) Eignung Im Mittelpunkt steht das Kriterium der Eignung, das weithin ausdrücklich als Bestellungsvoraussetzung genannt wird (§ 1789 Abs. 2 BGB, ggf. in Verbindung mit § 1915 BGB, ferner §§ 1897 Abs. 1 BGB, 56 Abs. 1 InsO). Die Eignung ist ein weitgespannter Begriff, der wie in Art. 33 Abs. 2 GG die ganze Person mit ihren vielfältigen Eigenschaften umfasst.117 Die Weite dieses Begriffs ermöglicht es, bei der jeweiligen Bestellung gerade vornehmlich auf diejenigen Eigenschaften abzustellen, die das konkrete Amt im Einzelfall erfordert. Es unterscheiden sich nämlich nicht nur die einzelnen Ämter ihrer Art nach, sondern auch bei der gleichen Ämterart können die Umstände des Einzelfalls ganz verschiedene Anforderungen an die Eignung des Amtswalters stellen.118 Dessen ungeachtet wird man 115 Zur Möglichkeit, zwei Nachlassverwalter zu bestellen, etwa Staudinger-Marotzke (2002), § 1981 Rn. 31; MünchKommBGB-Siegmann, § 1981 Rn. 8. 116 Die anerkannten Auswahlvoraussetzungen stimmen hier mit denjenigen überein, die § 56 Abs. 1 InsO in Bezug auf den Insolvenzverwalter aufstellt, dazu Steiner-Hagemann, § 150 Rn. 8 ff. 117 Vgl. Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 33 Rn. 13. 118 § 56 Abs. 1 InsO trägt dieser Problematik ausdrücklich Rechnung, indem es die Eignung »für den jeweiligen Einzelfall« verlangt.
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B. Begründung der Amtsstellung (Bestellung)
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zwar allgemeine Eignungskriterien für Amtswalter aufstellen können, wie dass sie grundsätzlich persönlich-seelisch gefestigt sein, wirtschaftlich in geordneten Verhältnissen leben und über die erforderliche Zeit zur Erledigung der ihnen zu übertragenden Aufgaben verfügen müssen. Es überwiegen aber die von dem jeweiligen Einzelfall abhängigen Kriterien. Eine wichtige Abgrenzung besteht darin festzustellen, inwieweit beim einzelnen Amt die Personen- (Stichwort: persönliches Näheverhältnis) oder die Vermögenssorge (Stichwort: Geschäftskundigkeit) im Vordergrund steht. In Art. 33 Abs. 2 GG wird freilich neben Eignung noch auf Befähigung – verstanden als Begabung, Allgemeinwissen und Lebenserfahrung – sowie auf fachliche Leistung – verstanden als Fachwissen, Fachkönnen und Bewährung – abgestellt. Man sollte daraus keinesfalls den Schluss ziehen, dass diese Kriterien als Voraussetzungen ausgeschlossen sind.119 Diese Kriterien lassen sich als besondere körperliche oder geistige Eigenschaften durchaus in einen weit verstandenen Eignungsbegriff integrieren.120 Etwa in § 56 Abs. 1 InsO kommen diese Kriterien in spezifischer Weise zum Ausdruck, wenn diese Norm Geschäftskunde verlangt.121 Als Unterfall der Eignung lässt sich auch die Frage der Geschäftsfähigkeit des Amtswalters verorten. Ein nicht geschäftsfähiger Amtswalter wird regelmäßig nicht geeignet sein.122 Spezifische Regelungen enthält das (alte)123 Vormundschaftsrecht. Allerdings dient diese Regelung vornehmlich dazu, die Rechtsfolgen eines Verstoßes zu regeln: Die Bestellung Geschäftsunfähiger ist nichtig (§ 1780 BGB: »ausgeschlossen«), die Bestellung beschränkt Geschäftsfähiger im Ausnahmefall zulässig, sonst anfechtbar (§ 1781 BGB: »soll«). Die Prüfung der Eignungsvoraussetzungen ist regelmäßig auf eine natürliche Person zugeschnitten. Einen ausdrücklichen Ausschluss der Bestellung juristischer Personen enthält § 56 Abs. 1 InsO für die Insolvenzverwaltung. Im Familien- und Erbrecht kommt ausnahmsweise, wenn es an einer geeigneten natürlichen Person fehlt, die Amtswahrnehmung durch speziell dafür eingerichtete Vereine (§§ 1791a, 1915,124 1800 BGB) oder die zuständige Behörde (§§ 1791b f., 1915,125 1900 Abs. 4 BGB) in Betracht. Aber auch dann ist jedenfalls intern die Führung durch bestimmte Mitarbeiter angestrebt.
119 Vgl. indessen Holzer/Kleine-Cosack/Prütting, 35 ff., sowie Römermann, NJW 2002, 3729, 3732, die erwägen, § 56 Abs. 1 InsO um die Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG zu ergänzen. 120 So ist auch für die Auslegung des Art. 33 Abs. 2 GG anerkannt, dass die Eignung (i. w. S.) die Befähigung, fachliche Leistung und Eignung (i. e. S) umfasst, vgl. BVerwGE 47, 330, 337; Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 33 Rn. 13. 121 Die Formulierung »geeignete, insbesondere geschäftskundige ... Person« legt besonders nahe, die Geschäftskunde als Unterfall der Eignung aufzufassen. 122 Vgl. MünchKommBGB-Schwab, § 1908b Rn. 6. 123 Im Vergleich zum modernen Betreuungsrecht, in dem eine entsprechende Regelung fehlt, vgl. MünchKommBGB-Wagenitz, § 1780 Rn. 9. 124 Zur Anwendbarkeit auf Pfleger MünchKommBGB-Wagenitz, § 1791a Rn. 18. 125 Zur Anwendbarkeit auf Pfleger MünchKommBGB-Wagenitz, § 1791b Rn. 14.
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§ 14: Amtsstellung
b) Interessenkonflikte Einen weiteren gewichtigen Gesichtspunkt bei der Auswahl spielt die Gewichtung möglicher Interessenkonflikte. Ein Interessenkonflikt allein spricht stets dagegen, die von ihm betroffene Person als Amtswalter auszuwählen. Gleichzeitig kann aber mit dem Interessenkonflikt eine besondere Nähe zu den vom Amtswalter wahrzunehmenden Aufgaben bestehen, die ihrerseits ausnahmsweise die Bestellung ungeachtet dieses Konflikts rechtfertigt. Das Gesetz schließt nicht einmal in allen Fällen aus, einen Betroffenen selbst zum Amtswalter zu bestellen. So sehen §§ 270 ff. InsO, 153b ZVG die Eigenverwaltung vor, stellen den betroffenen Amtswalter dann freilich stets unter die Aufsicht eines beaufsichtigenden Amtswalters (§§ 274 InsO, 150c ZVG). Hier sieht also das Gesetz die Möglichkeit, dass die besondere Sachkunde des Schuldners seinen Interessenkonflikt überwiegt. In anderen Fällen kommt eine Bestellung des Betroffenen regelmäßig nicht in Betracht, weil gerade sein Defizit ausgeglichen werden soll. Es wird allerdings diskutiert, ob ein Erbe zu seinem eigenen Nachlassverwalter bestellt werden kann. Diese Frage ist nicht nur für einen Alleinerben,126 sondern auch für Miterben zu verneinen.127 Weder die von § 1984 BGB angeordnete Entmachtung des oder der Erben noch der Verweis der §§ 1975, 1915 BGB auf § 1779 BGB, der von der Personenverschiedenheit von Betroffenem und Amtswalter ausgeht, lassen die Bestellung eines Erben zu. Die Eigenverwaltung bedürfte einer besonderen Regelung, die wie §§ 274 InsO, 150c ZVG eine besondere Kontrolle des Eigenverwalters vorsehen müsste. Allein das Argument der Kostenentlastung, die angesichts §§ 1982, 1988 Abs. 2 BGB die Nachlassverwaltung ggf. erst ermögliche,128 begründet keine Ausnahme. Dem notleidenden Nachlass trägt das Gesetz durch §§ 1989 ff. BGB ausreichend Rechnung. Der Vergütungsanspruch steht im Übrigen jedem Nachlassverwalter kraft Gesetzes zu. Angehörige des Betroffenen sind wegen ihres Interessenkonflikts jedenfalls in denjenigen Verfahren nicht zu bestellen, die auch solchen Interessen Dritter dienen sollen, die von denen des Betroffenen abweichen. Daher schließt etwa § 56 Abs. 1 InsO die Bestellung von Angehörigen des Insolvenzschuldners wegen ihrer fehlenden Unabhängigkeit aus. Umgekehrt kommen Angehörige als Betreuer oder Vormund zu allererst in Betracht. Zu berücksichtigen ist aber auch hier, dass die Nähe der Angehörigen besonderer Quell von Interessenkonflikten sein kann, die die Bestellung eines bestimmten Angehörigen ausschließen können (§ 1897 Abs. 5 BGB)129. Ein weiteres Problem stellt die Bestellung wirtschaftlich Beteiligter dar. § 56 InsO schließt auch insoweit durch das Unabhängigkeitserfordernis ganz weitgehend wirtschaftlich Beteiligte von der Insolvenzverwaltung aus. Umgekehrt sollen im Gläubigerausschuss (§ 67 Abs. 2 InsO) gerade die einzelnen Gläubigergruppen repräsentiert werden. § 150a ZVG wertet im Interesse der Kostener126 127 128 129
Einschränkend insoweit Staudinger-Marotzke (2002), § 1981 Rn. 29. MünchKommBGB-Siegmann, § 1981 Rn. 8. Vgl. Staudinger-Marotzke (2002), § 1981 Rn. 29. Dazu MünchKommBGB-Schwab, § 1897 Rn. 29.
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sparnis wieder anders. Er lässt die Bestellung von Personen zu, die im Dienste von bestimmten (staatlich beaufsichtigten) Gläubigern stehen.130 Für die Nachlassverwaltung ist anerkannt, dass Testamentsvollstrecker oder Nachlassgläubiger zum Nachlassverwalter bestellt werden können.131 Dem ist im Grundsatz zuzustimmen, weil kein Verbot besteht. Es bedarf allerdings im Einzelfall für eine solche Bestellung besonderer Gründe, die die zweifellos bestehende Interessenkollision aufwiegen. Ein besonderes Näheproblem ergibt sich bei Betreuung und Vormundschaft schließlich, wenn der Betroffene in einer Einrichtung untergebracht ist (§§ 1897 Abs. 3, 1791a Abs. 3 BGB). c) Kosten Die Höhe der an den Amtswalter zu zahlenden Vergütung ist regelmäßig schon deswegen unbeachtlich, weil ihre Höhe gesetzlich festgelegt und daher unabhängig von dem einzelnen auszuwählenden Amtswalter ist.132 Eine besondere Regelung enthält freilich § 1897 Abs. 6 BGB, dass der ehrenamtlich tätige Betreuer dem Berufsbetreuer vorzuziehen ist. 3. Ermessen bei Auswahlentscheidung Die vorstehenden Kriterien sind so weit gefasst, dass im Einzelfall regelmäßig mehrere Personen die Anforderungen erfüllen, um als Amtswalter bestellt werden zu können. Das Gericht hat dann die Wahl zwischen mehreren tauglichen Personen. a) Grundsätze der Ermessensentscheidung Das Gericht ist bei seiner Wahl keineswegs frei.133 Es ist wie jede öffentliche Stelle, wenn ihr das Gesetz aufgibt, zwischen mehreren Rechtsfolgen zu wählen, verpflichtet, entsprechend den Zielen der ihr das Ermessen überantwortenden Ermächtigung zu entscheiden.134 Das ist auch etwa für die Bestellung von Notorgan,135 Notverwalter,136 Vormund137 sowie Zwangsverwalter138 anerkannt. Die Auswahlentscheidung im Einzelfall soll also gerade denjenigen bestimmen, der 130
Dazu BGH ZIP 2005, 1382. Staudinger-Marotzke (2002), § 1981 Rn. 30; MünchKommBGB-Siegmann, § 1981 Rn. 8. 132 Siehe A I 2 c (S. 478). 133 Unzutreffend daher Preuß, KTS 2005, 155, 157 aus § 56 Abs. 1 InsO folge keine Ermessensbindung des Gerichts, sondern das Gericht könne (ohne Rechtsverstoß gegenüber den Verfahrensbeteiligten) jeden, der die Anforderungen des § 56 Abs. 1 InsO erfüllt, bestellen. – Im Ergebnis kommt Preuß, KTS 2005, 155, 164, freilich auch zum richtigen und allgemein anerkannten Erfordernis der Bestenauslese, begründet diese aber allein aus der auf dem GG beruhenden Verpflichtung des Gerichts den Bewerbern gegenüber. 134 Statt aller Maurer, VerwR, § 7 Rn. 13, 17. 135 KG GmbHR 2000, 660, 661. 136 Elzer, ZMR 2004, 229, 230 unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 WEG; ferner Bärmann/Pick/ Merle-Merle, § 26 Rn. 239. 137 MünchKommBGB-Wagenitz, § 1779 Rn. 4; 138 LG Rostock Rpfleger 2001, 40; Stöber, ZVG, § 150 Rn. 2.10. 131
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den Zielen der Auswahlermächtigung am besten gerecht wird. Die Eigenart der Ermessenseinräumung besteht freilich darin, dass sie der Unmöglichkeit, im Einzelfall immer den Besten zu bestimmen, Rechnung trägt und die Überprüfung der gerichtlichen Entscheidung auf Verfahrensfehler einschränkt. Die Überprüfung der Auswahlentscheidung erstreckt sich nicht darauf, ob die Auswahl den Zielen der Ermächtigung am bestmöglichen genügt, sondern ist darauf beschränkt, ob die Auswahlentscheidung unter Ermessensfehlern leidet. Eine ganz entscheidende Bedeutung kommt daher der Aufgabe zu, für die einzelnen Ämter den Zweck zu benennen, den das Gericht bei der Auswahlentscheidung zu verfolgen hat. Nur ausnahmsweise findet sich insoweit wie in § 1779 Abs. 2 S. 2 BGB für die Auswahl des Vormunds eine ausdrückliche Bestimmung. Regelmäßig enthält die jeweilige Organisationsverfassung keine ausdrückliche Regelung. Dann ist das Gericht aufgerufen, denjenigen Amtswalter auszuwählen, der am besten geeignet ist, den Organisationszweck zu verfolgen. Die Auswahlentscheidung unter den Kandidaten, die die Voraussetzungen der jeweiligen Organisationsverfassung erfüllen, ist daher insbesondere daraufhin zu überprüfen, ob das Gericht von seinem Auswahlermessen Gebrauch gemacht hat (Ermessensnichtgebrauch) und ob es sich ausschließlich vom Zweck der Bestenauslese hat leiten lassen (Ermessensfehlgebrauch). Insoweit bestehen keine Unterschiede zu der Bindung eines Amtswaltergremiums bei seiner Auswahlentscheidung. Bei der gerichtlichen Auswahlentscheidung ist allerdings noch ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen. Da die Auswahlentscheidung einen Akt öffentlicher Gewalt darstellt,139 sind die Gerichte auch an die Grundrechte der Bewerber gebunden. So hat das Bundesverfassungsgericht erst unlängst die Tätigkeit des Insolvenzverwalters als eigenständigen Beruf im Sinne von Art. 12 GG anerkannt.140 Unabhängig davon, inwieweit man sonstige Tätigkeiten als Nachlassverwalter, Zwangsverwalter, Notamtswalter, Berufsvormund oder Berufsbetreuer ebenfalls als eigenständige Berufe einordnet, bedeutet jede Auswahl in Bezug auf solche zu vergütenden Ämter eine Art. 12 GG unterfallende Regelung der Berufsausübung als Rechtsanwalt o. ä.141 Auch beim Insolvenzverwalter wird die Zulassung in einem einzelnen Verfahren lediglich als Berufsausübungsregelung anzusehen sein.142 Vor allem aber ist in allen Auswahlsituationen Art. 3 Abs. 1 GG zu berücksichtigen.143 Die Bedeutung dieser Grundrechte für den Inhalt der Ermessensentscheidung sollte man allerdings nicht überschätzen. Da beispielsweise in jedem einzelnen Insolvenzverfahren nur ein Bewerber zum Insolvenzverwalter bestellt werden kann, kann den Bewerbern nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung zustehen.144 Diese Ermessensentscheidung muss sich aber auf Grundlage der einschlägigen einfachge139 Anders ordnet Kruth, Auswahl, 296, die gerichtliche Auswahl des Testamentsvollstreckers nach § 2200 BGB ein. 140 BVerfG NJW 2004, 2725, 2727; ferner BVerfG ZIP 2005, 837, 838. 141 Vgl. Römermann, NJW 2002, 3729, 3731. 142 Offen gelassen von BVerfG NJW 2004, 2725, 2727. 143 BVerfG, Beschl. v. 23.5.2006 – 1 BvR 2530/04, Absatz-Nr. 31. 144 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.5.2006 – 1 BvR 2530/04, Absatz-Nr. 32 ff.; BGH NJW-RR 1986, 412, 414; Preuß, KTS 2005, 155, 174; Prütting, ZIP 2005, 1097, 1103.
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B. Begründung der Amtsstellung (Bestellung)
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setzlichen Ermächtigungsnorm (etwa § 56 Abs. 1 InsO) gerade an dem oben herausgearbeiteten Grundsatz der Bestenauslese messen lassen. Gerade diese Bestenauslese schließlich rechtfertigt im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG die Ungleichbehandlung der nicht ausgewählten gegenüber dem bestellten Bewerber. Im Ergebnis ist also die Bestellungsentscheidung des Gerichts der Bestenauslese verpflichtet. Diese Forderung ist der jeweiligen Organisationsverfassung als Ziel der Ermessenseinräumung zu entnehmen. Durch eine solche Ermessensentscheidung wird zudem auch den Grundrechten der Bewerber aus Art. 12, 3 GG genügt. b) Insbesondere: Auswahl auf Grundlage von Bewerberlisten Um den jeweiligen Amtswalter im Einzelfall auszusuchen, steht dem Gericht regelmäßig nur wenig Zeit zur Verfügung. Denn das jeweilige Handlungsdefizit, dem das zu besetzende Amt Rechnung tragen soll, muss möglichst schnell überwunden werden.145 Für ein Ausschreibungsverfahren ist folglich keine Zeit. Die Gerichte müssen auf Bewerber zurückgreifen, die allgemein ihre Bereitschaft signalisiert haben, entsprechende Ämter wahrzunehmen.146 Daher erfolgt die Auswahl der Amtswalter überwiegend auf Grundlage von bei den Gerichten vorhandenen Bewerberlisten. Solche Listen stehen derzeit in Bezug auf das Insolvenzrecht im Mittelpunkt der Auseinandersetzung.147 In der Sache nichts anderes gilt aber auch, wenn Ämter als Nachlassverwalter, Notamtswalter, Zwangsverwalter148, Berufsvormund, -betreuer oder -pfleger in Ausübung einer beruflichen Tätigkeit wahrgenommen werden sollen.149 Keine Rolle spielt die Auswahl aus Listen freilich, wenn Vormund, Betreuer oder Pfleger aus dem näheren Familienoder Bekanntenkreis bestellt werden können. Der Zweck entsprechender Bewerberlisten besteht zunächst darin, die einzelnen Möglichkeiten, die Gegenstand des gerichtlichen Auswahlermessens sind, zu konkretisieren. Das Gericht hat dann nach den Grundsätzen der Bestenauslese aus der Bewerberliste den seiner Meinung nach besten Bewerber auszuwählen. Ohne sich dem Vorwurf eines Ermessensfehlers auszusetzen, kann sich das Gericht allerdings darauf beschränken, seine Auswahlentscheidung auf die Vorzüge des ausgewählten Bewerbers zu stützen. Nicht erforderlich ist indessen, die 145
Vgl. BVerfG NJW 2004, 2725, 2727. Die Listen entsprechen insoweit praktischer Vernunft, dem Richter die Auswahl zu erleichtern. Ebenso war historisch Zweck der Insolvenzverwalterlisten allein, überhaupt zur Übernahme des Amtes bereite Bewerber festhalten zu wollen, siehe Köster, NZI 2004, 538, 539. – Zum Zweck der Vorauswahl im Interesse des Grundrechtsschutzes der Bewerber siehe sogleich unter 4 (S. 506). 147 Etwa BVerfG NJW 2004, 2725, 2727 f.; OLG Schleswig NJW 2005, 1664; Frind, ZInsO 2004, 897 ff.; Köster, NZI 2004, 538 ff.; Preuß, KTS 2005, 155, 170 ff.; Prütting, ZIP 2005, 1097, 1099 ff.; Römermann, ZInsO 2004, 937 ff.; Wieland, ZIP 2005, 233, 237 f. 148 Andeutungen bei Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, §§ 150, 150a ZVG Rn. 12; für eine Parallelität von Zwangsverwaltung und Insolvenzverwaltung Kruth, Auswahl, 283 ff.; a. A. OLG Koblenz ZIP 2005, 2273 ff.. 149 Vgl. Frind, ZInsO 2004, 897, 898; ders., ZInsO 2001, 481, 482 f.; Runkel/Wältermann, ZIP 2005, 1347, 1356; einschränkend indessen Kruth, Auswahl, 294 ff. 146
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Nachteile aller anderen Listenmitglieder aufzuzählen.150 Über einen Ermessensfehler des Gerichts lässt sich dann danach befinden, ob sich die vom Gericht angeführten Gründe für den ausgewählten Amtswalter im Rahmen der Bestenauslese halten. Es lassen sich als ermessensfehlerhaft vornehmlich solche Gründe benennen wie, dass der Bewerber mal wieder einen »Auftrag« gebrauchen konnte151 oder dass er in einem solchen Verfahren mal zeigen kann, was er zu leisten imstande ist. Das Gericht muss vielmehr auf solche Fertigkeiten, Erfahrungen oder Qualifikationen, also Eigenschaften des Bewerbers abstellen, die seine Eignung für das konkrete Amt begründen. Selbst wenn das Gericht meint, dass verschiedene Bewerber das Amt vergleichbar gut ausfüllen würden, darf es seine Entscheidung für einen bestimmten Bewerber nur auf solche Gründe stützen. Die Existenz von Bewerberlisten wirft die weitere Frage auf, inwieweit die gelisteten Bewerber der Reihe nach auf mehrere nacheinander zu besetzende Ämter verteilt werden können.152 Ein solches Vorgehen ist in der Ausprägung abzulehnen, dass das Gericht sich starr nur der Liste verpflichtet fühlt, andere Kriterien bei seiner Auswahl nicht mehr berücksichtigt.153 Das Gericht stützte dann seine Auswahlentscheidung nämlich allein auf die sachfremde Erwägung der Listenreihenfolge, nicht auf die sachgerechten Erwägungen der Bestenauslese. Die gleichmäßige Verteilung von Ämtern nach Listenreihenfolge lässt sich überhaupt nur dadurch rechtfertigen, dass das Gericht so seinem verfassungsrechtlichen Auftrag aus Art. 3 Abs. 1 GG nachzukommen versucht, verschiedene Bewerber gleich zu behandeln. Die Verfassung gebietet diese Gleichbehandlung aber nur dann, wenn die Bewerber gleich geeignet sind. Eine Verteilung mehrer Verfahren nach Listenreihenfolge kommt daher nur in Betracht, wenn das Gericht nach den Kriterien der Bestenauslese verschiedene Bewerber für gleich geeignet hält.154 Das Ziel der gleichmäßigen Verteilung eignet sich also allein als Hilfskriterium vergleichbar einer Förderrichtlinie, nach der bei gleicher Eignung Frauen zu bevorzugen sind. Da also eine Liste nie stur der Reihenfolge nach abgearbeitet werden darf, kann sich allein aus der Liste kein Anspruch auf Bestellung im Einzelfall ergeben. Einzelne Bestellungsentscheidungen verstoßen auch nicht allein deswegen gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil ein gelisteter Bewerber dauerhaft nicht bestellt worden ist. Ein Bewerber kann allein aus seiner Listung auch nicht verlangen, in einem bestimmten Prozentsatz von Verfahren bestellt zu werden.155 Die dauerhafte 150
Zum Aufwand eines solchen Vorgehens plastisch Frind, ZInsO 2005, 225, 226. Ebenso Römermann, NJW 2002, 3729, 3730; ferner Wieland, ZIP 2005, 233, 237, der sich dagegen wendet, einzelnen Insolvenzverwaltern ein »gesichertes Auskommen« zu gewährleisten. – Der Kritik von Frind, ZInsO 2005, 225, 229, nur so werde die Unabhängigkeit der Bewerber sichergestellt, ist entgegenzuhalten, dass allgemeine, auf zukünftige Verfahren gerichtete Erwägungen ermessensfehlerhaft sind, da sie nicht der Bestenauslese im Einzelfall dienen. 152 Vgl. Frind, ZInsO 2001, 481 ff.; Holzer/Kleine-Cosack/Prütting, 65 ff.; Prütting, ZIP 2005, 1097, 1103. 153 Vgl. Frind, ZInsO 2001, 481, 485; Preuß, KTS 2005, 155, 174; Vallender, NZI 2005, 473, 475. 154 Vgl. Preuß, KTS 2005, 155, 174. 155 OLG Koblenz, ZIP 2005, 1283, 1285; Frind, ZInsO 2005, 700, 701 f.; abweichend Wieland, ZIP 2005, 233, 238. 151
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B. Begründung der Amtsstellung (Bestellung)
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Nichtberücksichtigung stellt vielmehr materiell eine Streichung von der Liste dar. Dem Bewerber muss daher die Möglichkeit gegeben werden, formal gegen diese Streichung vorgehen zu können, um im Rechtsmittelweg deren Berechtigung (Feststellung zumindest der gleichen Eignung mit gelisteten und bestellten Bewerbern) klären zu können.156 Ist allerdings die gleiche Eignung verschiedener Listenmitglieder unstreitig, so hat das zuständige Rechtspflegeorgan tatsächlich wegen Art. 3 Abs. 1 GG diese Bewerber gleichmäßig zu berücksichtigen. c) Verfassungsrechtliche Bewertung Die Zulässigkeit des den Gerichten eingeräumten Auswahlermessens lässt sich verfassungsrechtlich angesichts der Grundrechte der Bewerber hinterfragen. Einwände lassen sich stützen auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Notarauswahl.157 Das Bundesverfassungsgericht folgert aus Art. 12 GG für die Verfahren zur Bestellung von Notaren zweierlei.158 Zum einen müssten materiell Kriterien für die Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern genannt werden. Die Zulässigkeit eines weiten Auswahlermessens der entscheidenden Behörde wird also für unzulässig gehalten. Zum anderen verlangt das Bundesverfassungsgericht in formeller Hinsicht, die Auswahl gesetzlich so auszugestalten, dass der Behörde insbesondere nicht mehr die Möglichkeit offen stehe, durch die Art der Bekanntgabe der offenen Stellen und durch die Terminierung von Bewerbungen und Stellenbesetzungen die Zusammensetzung des Bewerberkreises zu steuern. Zwar fehlt es für die Auswahl von Amtswaltern in gleicher Weise an einer ausdrücklichen gesetzlichen Ausgestaltung des Auswahlverfahrens und an gesetzlichen Kriterien zur Auswahl unter gleichen Bewerbern. Die Unterschiede zwischen der Notar- und der hier in Rede stehenden Amtswalterauswahl führen aber dazu, dass das entsprechende Defizit nicht in gleicher Weise im Widerspruch zur Verfassung steht.159 Zunächst ist die Beeinträchtigung eines abgelehnten Bewerbers in seinem Grundrecht aus Art. 12 GG bei der gerichtlichen Bestellungsentscheidung zum Amtswalter von geringerer Intensität als bei der Bestellung zum Notar. Die Bestellung zum Notar bedeutet für den Bewerber die Überwindung der subjektiven Zulassungsschranke zu diesem Beruf, während dem Amtswalter mit seiner Bestellung im Rahmen seiner allgemeinen Berufstätigkeit nur ein einzelnes Mandat übertragen wird. Es bestehen ferner signifikante Unterschiede hinsichtlich der Schaffung der einzelnen Stellen.160 Während die Ausschreibung der Notarstellen auf einer be156
Siehe sogleich unter 4 (S. 509). Vgl. BVerfG NJW 2004, 2725, 2727 f.; Graf-Schlicker, ZIP 2002, 1067, 1068; Holzer/ Kleine-Cosack/Prütting, 23 ff.; Preuß, KTS 2005, 155, 158 f. 158 BVerfGE 73, 280, 294 ff. 159 Ebenso Köster, NZI 2004, 538, 541; Graf-Schlicker, ZIP 2002, 1067, 1068; abweichend Holzer/Kleine-Cosack/Prütting, 23 ff. Die hier vertretene Ansicht teilt wohl auch das BVerfG NJW 2004, 2725, 2727, wenn es ausdrücklich konstatiert, dass »dem Richter bei der Insolvenzverwalterbestellung ein weites Auswahlermessen zugestanden wird«. 160 Köster, NZI 2004, 538, 541. 157
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§ 14: Amtsstellung
hördlichen Entscheidung beruht, ist die Einrichtung der Ämter allein davon abhängig, inwieweit sich im Privatrechtsverkehr Defizite in einzelnen Handlungsorganisationen zeigen. Folglich besteht für das Gericht nicht in annähernd vergleichbarer Weise die Möglichkeit, die Gestaltung des konkreten Auswahlverfahrens längerfristig zu planen. Für die Zulässigkeit, den Gerichten einen breiten Ermessensspielraum einzuräumen, spricht aus praktischen Erwägungen vor allem aber die Vielgestaltigkeit der Ämter. Während die Notarstellen im Grunde alle gleich strukturiert sind und daher gleiche Anforderungen stellen, weisen die einzelnen Ämter ganz unterschiedliche Anforderungsprofile auf. Diese Vielgestaltigkeit bezieht sich keineswegs nur auf die verschiedenen Ämterarten, sondern die einzelnen Ämter derselben Ämterart können bedeutende Unterschiede auszeichnen. Diese Unterschiede sind Spiegelbild davon, wie unterschiedlich die jeweiligen Träger der betroffenen Handlungsorganisationen sind. Die Zwangsverwaltung eines Grundstücks erfordert ganz andere Fertigkeiten, wenn das betroffene Grundstück eine verpachtete Fläche ist oder wenn darauf ein vom Zwangsverwalter fortzuführender grundstücksbezogener Betrieb errichtet ist. Bei der Nachlassverwaltung ist die Geschäftstätigkeit des Erblassers zu berücksichtigen. Die Vielgestaltigkeit von Insolvenzverfahren wird nicht zuletzt vom Bundesverfassungsgericht eigens betont.161 Folge dieser Vielgestaltigkeit ist, dass es nicht möglich ist, von vornherein konkrete Kriterien zur Auswahl zwischen mehreren geeigneten Bewerbern aufzustellen. Es ist vielmehr eine Ermessensentscheidung angezeigt, die ermöglicht, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Zielvorstellungen den konkreten Umständen des Einzelfalls individuell Rechnung zu tragen.162 4. Spezialproblem: Vorauswahl Eine Vorauswahl soll gewährleisten, Fragen der Eignung – losgelöst von dem Zeitdruck einer konkret anstehenden Amtswalterbestellung – in Ruhe zu prüfen.163 In der Sache geht es darum, dass sich jedes für eine Bestellungsentscheidung zuständige Rechtspflegeorgan aus bei dem Gericht vorliegenden Bewerbungen eine Vorauswahlliste erstellt, auf deren Grundlage es die konkrete Bestellungsentscheidung trifft. Zweck solcher Vorauswahlverfahren ist es – anders als bei einer bloßen Bewerberliste – allerdings nicht nur, die Entscheidung des Richters im Einzelfall zu vereinfachen. Es soll vor allem – wie das Bundesverfassungsgericht klar gestellt hat –164 den Grundrechten der Bewerber bei der eigentlichen Auswahlentscheidung Rechnung getragen werden. Wie also den Grundrechten der Bewerber bei der Notarauswahl in jedem einzelnen Auswahlverfahren durch besondere Auswahlkriterien und Verfahrensregeln zur Durchsetzung zu verhelfen ist, so verlagert sich der Grundrechtsschutz für Bewerber um private Ämter vorrangig auf das Vorauswahlverfahren. 161 162 163 164
BVerfG NJW 2004, 2725, 2728. Maurer, VerwR, § 7 Rn. 13. BVerfG NJW 2004, 2725, 2728; Wieland, ZIP 2005, 233, 237. BVerfG NJW 2004, 2725, 2727 f.
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B. Begründung der Amtsstellung (Bestellung)
507
Ungeachtet dieser besonderen Relevanz der Vorauswahlverfahren für den Grundrechtsschutz der Bewerber fehlt es jedoch noch an spezifischen gesetzlichen Regelungen für ein solches Vorauswahlverfahren. Das Vorauswahlverfahren muss sich daher nach dem jeweiligen Auswahltatbestand und dem allgemeinen Justizverfassungsrecht, insbesondere den ggf. unmittelbar heranzuziehenden Verfahrensgrundrechten des GG, ausrichten: a) Kriterien Das jeweilige Rechtspflegeorgan muss seine Vorauswahlentscheidung nach von ihm festzulegenden Kriterien treffen.165 Diese Kriterien müssen sich an der Vorgabe der jeweiligen Norm orientieren, die die Bestellung im Einzelfall regelt. Es geht also allgemein gesprochen darum, Kriterien heranzuziehen, die eine Bestenauslese ermöglichen. Die Vorauswahl kann sich freilich nur auf abstrakte Erwägungen stützen, konkrete Voraussetzungen wie die erforderliche Unabhängigkeit166 oder die aktuelle Auslastung eines Bewerbers, die durchaus als Überlastung gegen eine Bestellung sprechen kann,167 müssen unberücksichtigt bleiben. Im Rahmen der abstrakten Erwägungen mögen die einzelnen Rechtspflegeorgane entsprechend ihres Ermessensspielraums zulässigerweise unterschiedliche Kriterien anlegen.168 So mag das eine etwa die Ortsnähe für ein im Regelfall maßgebliches Kriterium halten,169 während nach dem Verständnis des anderen die fehlende Ortsansässigkeit durch die Nutzung moderner Kommunikationsmittel ausgeglichen werden kann170. Anhand dieser Kriterien hat dann das jeweilige Rechtspflegeorgan zu entscheiden. Im Grundsatz sollte das Rechtspflegeorgan nur solche Bewerber in seine Liste aufnehmen, die es – orientiert am Maßstab der Bestenauslese – für in gleicher Weise qualifiziert hält.171 Denn nur ein zumindest in gleicher Weise qualifizierter Bewerber hat die Möglichkeit bei der konkreten Bestellung im Einzelfall berücksichtigt zu werden. Eine Ausnahme ist nur zu machen, wenn die gelisteten qualifizierteren Bewerber nicht ausreichen, um alle anfallenden Ämter zu besetzen, weil die qualifizierteren Bewerber entweder bestimmte Verfahren gar nicht übernehmen wollen oder ihre Auslastung einer Bestellung im Einzelfall entgegensteht. 165 Frind/Schmidt, NZI 2004, 533, 536; Runkel/Wältermann, ZIP 2005, 1347, 1350; Vallender, NZI 2005, 473, 475 f. 166 Frind, ZInsO 2005, 225, 229, setzt sich allerdings dafür ein, abhängigkeitsbegründende Umstände bei der Vorauswahlentscheidung zu berücksichtigen. 167 Vgl. OLG Hamburg NJW 2006, 451, 452. 168 Eine umfangreiche Durchsicht möglicher Kriterien nehmen im Hinblick auf § 56 Abs. 1 InsO vor Hess/Rupe, NZI 2004, 641, 642 ff.; ferner Frind/Schmidt, NZI 2004, 533, 534 f. 169 OLG Schleswig, NJW 2005, 1664, 1665 f.; OLG Koblenz ZIP 2005, 1283, 1287; Frind/ Schmidt, NZI 2004, 533, 534. 170 OLG Stuttgart ZIP 2006, 342 f.; Wieland, ZIP 2005, 233, 237; siehe auch Koenig/Hentschel, ZIP 2005, 1937, 1940; Runkel/Wältermann, ZIP 2005, 1347, 1351. 171 Es kann indessen nicht genügen, dass der Bewerber, worauf Römermann, ZInsO 2004, 937, 938, abstellt, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bestellungsnorm erfüllt. Die untragbare Konsequenz dieses Kriteriums, dass nicht jeder gelistete Bewerber bestellt werden könnte, erkennt Römermann, ZInsO 2004, 937, 939, freilich selbst.
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§ 14: Amtsstellung
Die Länge einer Liste kann ihre Handhabbarkeit im Einzelfall sehr erschweren. Der fehlende Bedarf an weiteren Bewerbern ist aber kein geeignetes Kriterium, um die Aufnahme eines Bewerbers in die Vorauswahlliste abzulehnen.172 Denn der fehlende Bedarf ist angesichts der geforderten Bestenauslese eine sachfremde Erwägung. Hält das Rechtspflegeorgan den Neubewerber für besser qualifiziert als die bislang gelisteten Bewerber, so hat es den Neubewerber in die Liste aufzunehmen. In Betracht zu ziehen ist, weniger qualifizierte Altbewerber gleichzeitig von der Liste zu streichen.173 Bei gleicher Eignung muss der Neubewerber der Liste hinzugefügt werden. Dem Neubewerber kann das Rechtspflegeorgan seine guten Erfahrungen mit den gelisteten Bewerbern nur insoweit entgegenhalten, als diese Gründe deren bessere Eignung belegen. Ein besonderes Vertrauensverhältnis des Rechtspflegeorgans zum Bewerber ist keine Gewähr dafür, dass der Amtswalter sein Amt besser ausfüllt.174 Das Rechtspflegeorgan kann den Bewerber daher nur dann ablehnen, wenn das fehlende Vertrauen auf einem charakterlichen Mangel des Bewerbers beruht, der seine Eignung im Rahmen der Bestenauslese mindert. In Bezug auf Kenntnisse über die Gepflogenheiten am zuständigen Gericht gilt Entsprechendes: Eine Ablehnung wird sich meist allein wegen fehlender Ortsnähe begründen lassen. Des Weiteren ist zu differenzieren zwischen speziellen Eigenschaften eines Bewerbers, die nur in besonderen Konstellationen von Bedeutung sind, und solchen Eigenschaften, die jedes Amt einer bestimmten Art erfordert. Dass ein Bewerber über solche speziellen Eigenschaften (etwa Umgang mit Arbeitnehmern, Fortführung eines sanierungsbedürftigen Unternehmens)175 verfügt, qualifiziert diesen Bewerber besonders nur für die Verfahren, die diese speziellen Eigenschaften erfordern. Für sonstige Ämterbesetzungen sollte Spezialwissen, das gerade nicht benötigt wird, nicht berücksichtigt werden. b) Entscheidung und Verfahren Im Vorauswahlverfahren kann entweder die Aufnahme eines neuen Bewerbers auf die Liste oder aber die Streichung eines gelisteten Bewerbers aus der Liste Entscheidungsgegenstand sein. Die jeweilige Entscheidung beruht entsprechend der vorgestellten Kriterien maßgeblich auf einem Vergleich des betroffenen Bewerbers mit den übrigen gelisteten Bewerbern. Sie stellt sich niemals als Rechtsprechung im materiellen Sinne dar.176 Ist die Entscheidung aber dem Richter, nicht dem Rechtspfleger zugewiesen, so handelt es sich um Rechtsprechung im formellen Sinne. Das hat zur Folge, dass das richterliche Verfahren die Vorgaben der Art. 97 ff. GG zu wahren hat.177 172 Römermann, NJW 2002, 3729, 3730. – A. M. Frind/Schmidt, NZI 2004, 533, 537; einschränkend auch Koenig/Hentschel, ZIP 2005, 1937, 1939. – Vallender, NZI 2005, 473, 476 f., verlangt nach einer gesetzlichen Regelung der Bedarfsgrenze. 173 Frind/Schmidt, NZI 2004, 533, 538. 174 Differenzierend Frind/Schmidt, NZI 2004, 533, 537. 175 Plastische Beispiele auch bei Frind, ZInsO 2005, 225, 227. 176 BVerfG NJW 2004, 2725, 2727. 177 Kollhosser, Verfahrensbeteiligte, 56 ff.; Kollhosser/Bork/Jacoby Nr. 13; Graf-Schlicker, ZIP 2002, 1166, 1168; vgl. auch BVerfGE 9, 89, 97.
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B. Begründung der Amtsstellung (Bestellung)
509
Daher folgt insbesondere der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Im Verfahren vor dem Rechtspfleger ergibt sich ein inhaltsgleicher Anspruch aus dem durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) gewährleisteten Recht auf ein rechtsstaatliches, faires Verfahren.178 Rechtsschutz gegen die Entscheidung ist nicht nur wegen Art. 19 Abs. 4 GG geboten.179 Er lässt sich einfachgesetzlich auf §§ 23 ff. EGGVG stützen.180 Die Vorauswahl stellt einen Justizverwaltungsakt im Sinne von § 23 EGGVG dar. Entscheidungen des Gerichts, die sich nicht als Rechtsprechung im materiellen Sinne darstellen, können Akte der Justizbehörde im Sinne dieser Vorschrift darstellen. Vor allem kommt der Entscheidung auch, da sie die grundrechtsrelevante Zugangsmöglichkeit des betroffenen Bewerbers zum Amt regelt, die von § 23 EGGVG vorausgesetzte181 Außenwirkung zu.182 Folglich kann der betroffene Bewerber vom zuständigen Oberlandesgericht entweder die Aufhebung einer Streichung von der Liste (§ 28 Abs. 1 EGGVG) oder gegen die Ablehnung einer Aufnahme in die Liste entweder unmittelbar die Aufnahme in die Liste (§ 28 Abs. 2 S. 1 EGGVG) oder die Verpflichtung des betroffenen Rechtspflegeorgans, erneut den Antrag zu bescheiden (§ 28 Abs. 2 S. 2 EGGVG), verlangen. Die Anfechtbarkeit der Entscheidung hat auch Auswirkungen auf ihre Form.183 Zum einen ist die Entscheidung zu begründen,184 schon weil Art 103 Abs. 1 eine Begründung jedenfalls anfechtbarer Entscheidung verlangt185. Zum anderen ist die Entscheidung zuzustellen. Dieses Erfordernis lässt sich dem jedenfalls entsprechend anwendbaren § 329 Abs. 2 S. 2 ZPO entnehmen, da das einschlägige Rechtsmittel gem. § 26 EGGVG befristet ist, so dass die Entscheidung eine Frist in Gang setzt. 5. Anfechtbarkeit der Auswahlentscheidung Das Problem der Anfechtbarkeit der konkreten Auswahlentscheidung stellt sich zunächst in Bezug auf diejenigen, die an dem mit dem Amt in Zusammenhang stehenden Rechtsverhältnis unmittelbar beteiligt sind. Die derzeitige Diskussion legt (insbesondere im Insolvenzrecht) ihr Augenmerk allerdings verstärkt darauf, ob auch eine »Konkurrentenklage« nicht berücksichtigter Bewerber zulässig ist. Einer Lösung des Problems unter Zuhilfenahme der jeweiligen einfachgesetzlichen Regelungen müssen Überlegungen zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben durch Art. 19 Abs. 4 GG vorausgehen. 178
BVerfGE 101, 397, 405. BVerfGE NJW 2004, 2725, 2727; siehe dazu oben § 12 C I (S. 428). 180 OLG Hamburg NJW 2006, 451, 452; KG ZIP 2006, 294; Römermann, ZInsO 2004, 937, 939; ders., NJW 2002, 3729, 3730 f.; Wieland, ZIP 2005, 233, 238. 181 MünchKommZPO-Wolf, § 23 EGGVG Rn. 5 f. 182 BVerfG NJW 2004, 2725, 2727; Römermann, NJW 2002, 3729, 3730 f.; a. A. noch OLG Koblenz NJW-RR 2000, 1074 183 Das gilt freilich nur für den Betroffenen belastende Entscheidungen wie die Ablehnung der Listung oder das Delisting. Eine Aufnahme auf die Liste ist indessen formfrei möglich. 184 Römermann, ZInsO 2004, 937, 938 185 BVerfGE 58, 353, 357; 54, 43, 46. 179
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§ 14: Amtsstellung
a) Verfassungsrechtliche Vorgaben Nach der bereits analysierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts garantiert Art. 19 Abs. 4 GG Rechtsschutz gegen gerichtliche Auswahlentscheidungen, wenn sich diese Entscheidungen als Rechtsprechung nur im formellen, nicht als Rechtsprechung im materiellen Sinne qualifizieren lassen.186 Die erforderliche Abgrenzung wird überwiegend danach vorgenommen, inwieweit das Verfahren auf materielle Rechtsprechung zugeschnitten ist. Gemessen an diesen Vorgaben lässt sich eine bloße Auswahlentscheidung nicht als Rechtsprechung im materiellen Sinne einordnen.187 Es fehlt ihr an jedem streitentscheidenden Element. Diese Einordnung wird auch dadurch bestätigt, dass eine Entscheidung dieser Art mit gleicher Wirkung ganz umfassend privaten Gremien zugewiesen sein kann und dass einem solchen Gremium sogar auch – denkt man an § 57 InsO – die Befugnis zustehen kann, die Entscheidung des Gerichts zu verdrängen. Ferner lässt sich darauf verweisen, dass Auswahlentscheidungen der Gerichte keineswegs umfassend von Richtern, die nach Art. 92 GG allein zur Rechtsprechung berufen sind188, sondern auch von Rechtspflegern (etwa §§ 59 InsO, 3 Nr. 2 lit. e, 18 Abs. 1 RPflG; §§ 150 ZVG, 3 Nr. 1 lit. i RPflG) wahrgenommen werden. Es ist allerdings noch einer Sonderkonstellation Rechnung zu tragen. Sieht das Gesetz eine Einheitsentscheidung vor, so tritt die Auswahlentscheidung nur in der Bestellungsentscheidung nach außen hervor und diese Entscheidung kann mit einer Aufgabe materieller Rechtsprechung verknüpft sein. Beispiel einer solchen Konstellation ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die – jedenfalls potentiell im Gesamtvollstreckungsverfahren zwischen antragstellendem Gläubiger und bestreitendem Schuldner streitentscheidende – Eröffnung des Insolvenzverfahrens beinhaltet nach § 27 InsO in einer Einheitsentscheidung zugleich die Bestellung des Insolvenzverwalters. Jedoch kann diese verfahrensmäßige Verbindung keine Umqualifizierung der Auswahl- und Bestellungsentscheidung rechtfertigen.189 Die Verfahrensverbindung beeinflusst nämlich dafür zu wenig die Gestaltung des Bestellungsverfahrens und die Entscheidungswirkungen des Bestellungsbeschlusses. Das Gericht gestaltet das Verfahren der Verwalterauswahl nicht so, um einen Streit zwischen Gläubiger und Schuldner zu schlichten. Denn es orientiert sich allein an den Vorgaben von § 56 Abs. 1 InsO, der insbesondere die Unabhängigkeit des Verwalters von den Beteiligten verlangt. Der Entscheidung über die Bestellung kommt – anders als dem Eröffnungsbeschluss –190
186
Siehe § 12 C I (S. 428). OLG Koblenz ZIP 2005, 1283, 1284 f.; Hess/Rupe, NZI 2004, 641; Prütting, ZIP 2005, 1097, 1101; Römermann, ZInsO, 937, 940 f.; Wieland, ZIP 2005, 233, 238. 188 BVerfGE 101, 397, 398 f. 189 BVerfG, Beschl. v. 23.5.2006 – 1 BvR 2530/04, Absatz-Nr. 27; OLG Koblenz ZIP 2005, 1283, 1284; Römermann, ZInsO 2004, 937, 940; Runkel/Wältermann, ZIP 2005, 1347, 1352 f.; Wieland, ZIP 2005, 233, 238. – A. M. OLG Celle ZIP 2005, 1288, 1289; OLG Hamm NJW 2005, 834, 835; Frind, ZInsO 2005, 225, 226; Frind/Schmidt, NZI 2004, 533, 538; Höfling, NJW 2005, 2341, 2343; Köster, NZI 2004, 538, 542; Vallender, NZI 2005, 473, 477. 190 Zur Ausschlusswirkung des formell rechtskräftigen Eröffnungsbeschlusses JaegerSchilken, InsO, § 34 Rn. 39 ff.; zur Möglichkeit materieller Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses Jaeger-Gerhardt, InsO, § 6 Rn. 54. 187
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B. Begründung der Amtsstellung (Bestellung)
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gleichfalls keine Verbindlichkeit zu, die der einer rechtskräftigen Streitentscheidung vergleichbar ist.191 Denn die Entscheidung kann sowohl auf Grundlage einer einseitigen Bestimmung der Gläubiger (§ 57 InsO) als auch durch einen Widerruf des durch den Rechtspfleger handelnden Gerichts (§§ 59 InsO, 3 Nr. 2 lit. e, 18 Abs. 1 RPflG) aufgehoben werden. Dabei sind die Gründe für diese Abänderung keinesfalls auf neue Tatsachen beschränkt. Im Ergebnis stellt eine gerichtliche Auswahl eine verwaltende Tätigkeit dar. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert daher Rechtsschutz gegen diese Entscheidung jedem, in dessen Rechte die Entscheidung eingreifen kann, gleich ob das Gericht durch Richter oder Rechtspfleger handelt. b) Einfachgesetzliche Regelung Eine Analyse der einfachgesetzlichen Regelungen muss danach differenzieren, ob das Gesetz eine selbstständige nach außen tretende Entscheidung vorsieht oder vom Prinzip der Einheitsentscheidung ausgeht. aa) Selbstständige Auswahlentscheidung Eine selbstständige Auswahlentscheidung sieht das BGB in § 1779 für die Bestellung von Vormund und Pfleger (§ 1915) einschließlich Nachlassverwalter (§ 1975) vor. Zur gegen die Auswahlentscheidung statthaften Beschwerde nach § 19 FGG ist jeder befugt, der geltend machen kann, durch die Auswahl in seinen Rechten verletzt zu sein (§ 20 Abs. 1 FGG). Eine Beschwerdebefugnis steht jedenfalls dem Träger der betroffenen Handlungsorganisation (Mündel) zu. Ein Amtswalterprätendent muss ein Recht geltend machen, das die Auswahlentscheidung verletzten kann. Wird das Amt berufsmäßig wahrgenommen, erfüllt diese Anforderung das letztlich auf Art. 12, 3 Abs. 1 GG beruhende Recht des Bewerbers auf ermessensfehlerfreie Amtswalterauswahl. Bei der Auswahl eines Vormunds unter verschiedenen Familienangehören, lässt sich an einen Anspruch aus Art. 6 GG denken, der aber überwiegend verneint wird.192 Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen die Auswahlentscheidung wird auch nicht durch die Bestellung des ausgewählten Amtswalters gehindert.193 Das Rechtsmittel richtet sich dann gleichzeitig gegen Auswahl und Bestellung. Ist das Rechtsmittel in der Sache begründet, ist daher nicht nur die Auswahlentscheidung, sondern auch die Bestellung aufzuheben, ohne dass es der Voraussetzungen für einen Bestellungswiderruf nach § 1886 BGB bedarf. bb) Keine eigenständige Auswahlentscheidung An einer eigenständigen Auswahlentscheidung fehlt es, wenn die Auswahl lediglich in der Bestellungsentscheidung zum Ausdruck kommt. Dabei kann die Be191
Hess/Rupe, NZI 2004, 641, 645. RGZ 64, 288; KG FamRZ 1981, 1010, 1011; Staudinger-Engler (2004), § 1779 Rn. 51. – Für einen solchen Anspruch MünchKommBGB-Wagenitz, § 1779 Rn. 25. 193 BayObLG FamRZ 1984, 205, 206; Staudinger-Engler (2004), § 1779 Rn. 57; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1779 Rn. 27. 192
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§ 14: Amtsstellung
stellungsentscheidung mit einer verfahrenseröffnenden Entscheidung, die das zu besetzende Amt erst schafft, zu einer Einheitsentscheidung verbunden sein. Gegen die isolierte Bestellungsentscheidung in Bezug auf Notämter und Testamentsvollstrecker ist ebenfalls § 19 FGG einschlägig, so dass sich keine Abweichungen von den gerade gemachten Ausführungen ergeben. Entsprechendes gilt, wenn die Bestellung bei Anordnung der Betreuung oder der Zwangsverwaltung Bestandteil einer Einheitsentscheidung ist. Die gegen diese Entscheidung gerichteten Rechtsmittel der Beschwerde (§§ 19, 69 FGG), der Erinnerung (§ 766 ZPO) oder der sofortigen Beschwerde (§ 793 ZPO)194 können sich auch auf eine Rüge der Bestellungsentscheidung beschränken. cc) Insbesondere: Insolvenzverwalterbestellung Eine Sonderstellung kommt der Anfechtbarkeit der Insolvenzverwalterbestellung zu. Der Schuldner kann sich nach §§ 34 Abs. 2, 6 InsO mit der sofortigen Beschwerde gegen den einheitlichen Eröffnungsbeschluss (§ 27 InsO) wehren. Überwiegend wird allerdings verlangt, dass der Schuldner sich gegen die Eröffnungsentscheidung wendet; eine Beschränkung der Anfechtung auf die Bestellungsentscheidung sei ausgeschlossen.195 Mag eine isolierte Prüfung der Bestellung aufgrund der Einheitsentscheidung ausgeschlossen sein, so verlangt Art. 19 Abs. 4 GG aber jedenfalls, dass das Beschwerdegericht die Bestellung des Insolvenzverwalters auf die – worauf auch immer gestützte – Beschwerde mit seiner Vereinbarkeit auf § 56 Abs. 1 InsO überprüft.196 Eine Betroffenheit des Schuldners lässt sich nicht mit der Begründung verneinen, § 56 Abs. 1 InsO schütze nicht ihn, sondern nur die Gläubiger, was aus deren Abwahlrecht nach § 57 InsO ersichtlich werde. Denn über die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 InsO können die Gläubiger nicht disponieren. Der Staat muss im Interesse des Schuldners gewährleisten, dass nicht ungeeignete Personen sein Vermögen verwalten. Eine Anfechtung durch die Gläubiger schließt § 6 Abs. 1 InsO aus. Dieser Rechtsschutzausschluss ist mit Art. 19 Abs. 4 GG zu vereinbaren, weil die Auswahlentscheidung die Rechte der Gläubiger nicht verletzt. Die Gläubiger sind an die Auswahl nicht gebunden, sondern können nach § 57 InsO einen anderen Verwalter wählen.197 Zu hinterfragen ist die einfachgesetzliche Regelung in Bezug auf die anderen (gelisteten) Bewerber. Diese Bewerber haben einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung ihrer Bewerbung, die das Gericht durch seine sich im Bestellungsbeschluss manifestierende Auswahl verletzen kann. Daher haben sie aus Art. 19 Abs. 4 GG einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, den ihnen das einfache Recht durch § 6 Abs. 1 InsO aber versperrt. Diesen Konflikt übersieht der Gesetzgeber. Die Erwägungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die sich gerade mit einer Reform der Bestellungsvoraussetzungen und des Bestellungsver194
LG Rostock Rpfleger 2001, 40; Stöber, ZVG, § 150 Rn. 2.10. LG Münster NZI 2002, 445; Jaeger-Schilken, InsO, § 34 Rn. 22; MünchKommInsOSchmahl, § 34 Rn. 67. 196 Vgl. MünchKommInsO-Graeber, § 56 Rn. 129; jedenfalls rechtspolitische Kritik an der herrschenden Auffassung bei Kübler/Prütting-Lüke, § 56 Rn. 26. 197 Kruth, Auswahl, 146 f. 195
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B. Begründung der Amtsstellung (Bestellung)
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fahrens auseinandersetzte, sind exemplarisch.198 Dieses Gremium verkennt die Reichweite von Art. 19 Abs. 4 GG. Es lehnt die Notwendigkeit eines Rechtsschutzes der Bewerber ab, weil Art. 19 Abs. 4 GG gegen richterliche Akte niemals Rechtsschutz garantiere, gleich ob es sich um Rechtsprechung im materiellen Sinne oder lediglich um Rechtsprechung im formellen Sinne, der Sache nach also um verwaltende Tätigkeit handele.199 (1) Meinungsstand. Der Meinungsstand zu der Frage, wie dieser Konflikt zu lösen ist, stellt sich wie folgt dar: Noch immer wird – wie in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe – an der hergebrachten Ansicht festgehalten, die den festgestellten Konflikt leugnet. Den Mitbewerbern wird auf dieser Grundlage jeglicher Rechtsschutz versagt.200 Mehr und mehr wird allerdings die Notwendigkeit gesehen, den Mitbewerbern eine Rechtsschutzmöglichkeit zu eröffnen. Dabei wird allerdings die Sperre der sofortigen Beschwerde durch § 6 Abs. 1 InsO hingenommen.201 Als einschlägiger Rechtsbehelf wird – in Parallele zum Vorauswahlverfahren – der Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG angesehen.202 Diese Lösung wird zumeist gleichsam als logische Konsequenz dessen verstanden, die Bestellungsentscheidung als verwaltende Tätigkeit des Gerichts anzusehen.203 Umstritten ist allerdings die Reichweite dieses Rechtsschutzes. Teilweise wird den Mitbewerbern zugestanden, die Aufhebung einer rechtswidrigen Bestellungsentscheidung verlangen zu können204. Dann wird auch die Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes in den Blick genommen.205 Teilweise werden die Mitbewerber aber auch darauf verwiesen, mittels einer Fortsetzungsfeststellungsklage die Rechtswidrigkeit einer Bestellungsmaßnahme aussprechen zu lassen.206 (2) Stellungnahme. Die Stellungnahme gründet sich auf der oben vorgenommenen Weichenstellung, die Auswahlentscheidung als verwaltende Tätigkeit einzuordnen. Den Mitbewerbern ist daher Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG zu 198 Zur auf diese Vorarbeiten aufbauenden Tätigkeit des Gesetzgebers Prütting, ZIP 2005, 1097, 1101. 199 Vgl. nur die Ausführungen der Kommisionsvorsitzenden Graf-Schlicker, ZIP 2002, 1166, 1168. 200 OLG Celle ZIP 2005, 1288, 1289; OLG Hamm NJW 2005, 834, 835; Frind, ZInsO 2005, 225, 226; Frind/Schmidt, NZI 2004, 533, 538; MünchKommInsO-Graeber, § 56 Rn. 133; Köster, NZI 2004, 538, 542. Im Ergebnis ebenso Runkel/Wältermann, ZIP 2005, 1347, 1353 ff., die einen Eingriff in die Rechte der Mitbewerber ablehnen. 201 Hess, Festschrift Uhlenbruck, 453, 461 f., will zwar den Ausschluss des § 6 InsO reduzieren, nimmt aber lediglich eine Beschwerde mit dem Ziel an, die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung feststellen zu lassen. 202 OLG Koblenz ZIP 2005, 1283 ff.; Hess/Ruppe, NZI 2004, 641, 644 f.; Prütting, ZIP 2005, 1097, 1101; Römermann, ZInsO 2004, 937, 941 f.; Wieland, ZIP 2005, 233, 238. 203 OLG Koblenz ZIP 2005, 1283, 1284 unter Hinweis auf BVerwGE 47, 255, 259: »Diese Vorschrift« (scil.: § 23 Abs. 1 EGGVG) »ist nämlich eine Konkretisierung der Rechtsschutzgarantie des GG.« 204 Prütting, ZIP 2005, 1097, 1101; Römermann, ZInsO 2004, 937, 941 f.; Wieland, ZIP 2005, 233, 238. 205 Wieland, ZIP 2005, 233, 238. 206 OLG Koblenz ZIP 2005, 1283, 1285 f.; Hess/Ruppe, NZI 2004, 641, 645; vgl. auch Preuß, KTS 2005, 155, 174 ff.
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§ 14: Amtsstellung
gewähren. Folglich ist die herkömmliche Lösung, unter Hinweis auf § 6 InsO den Bewerbern jeglichen Rechtsschutz zu verweigern, abzulehnen. Es verbleibt nur noch die Entscheidung darüber, ob entweder die Mitbewerber die Bestellungsentscheidung angreifen können, so dass der Rechtsschutz zu deren Abänderung führen kann, oder ob sie darauf beschränkt sind, nachträglich deren Rechtswidrigkeit feststellen zu lassen. Die erste Möglichkeit bedeutete deutlich effektiveren Rechtsschutz, die zweite Möglichkeit diente dem Rechtsschutz suchenden Mitbewerber aber auch. Dabei sollte man weniger an die Möglichkeit denken, Amtshaftungsprozesse vorzubereiten.207 Zwar könnte ein Feststellungsverfahren zur Feststellung einer Amtspflichtverletzung führen. Der Nachweis eines Schadens wird aber angesichts dessen, dass jeder Bewerber nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hat, kaum gelingen. Im Vordergrund stehen sollte der Blick auf künftige Auswahlentscheidungen (Wiederholungsgefahr). Die Feststellung, dass das zuständige Rechtspflegeorgan bei seiner Auswahlentscheidung einen Fehler gemacht hat, sollte dazu führen, entsprechende Fehler bei einer entsprechenden künftigen Auswahlentscheidung zu unterbinden. (a) Verhältnis der betroffenen Normen. Um diese Entscheidung treffen zu können, muss man sich das systematische Verhältnis der betroffenen Normen verdeutlichen.208 Statthaftes Rechtsmittel im Insolvenzverfahren ist – abgesehen von der Rechtspflegererinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG bei Entscheidungen des Rechtspflegers – die sofortige Beschwerde, gleich ob die gerichtliche Maßnahme verwaltenden oder rechtsprechenden Charakter hat.209 Dieses Rechtsmittel schließt die Zulässigkeit eines Antrags nach §§ 23 ff. EGGVG wegen der Subsidiarität dieses Rechtsschutzes nach § 23 Abs. 3 EGGVG aus. Versperrt nun der Rechtsmittelausschluss in § 6 Abs. 1 InsO das eigentlich statthafte Rechtsmittel, so muss man sich doch fragen, inwieweit §§ 23 ff. EGGVG uneingeschränkt zum Zuge kommen können oder ob § 23 Abs. 3 EGGVG weiterhin den Weg zu diesem Rechtsbehelf ganz ausschließt oder jedenfalls modifiziert. Für die Anwendung des § 23 EGGVG spricht, dass es gerade das Ziel des Gesetzgebers war, durch diesen Rechtsbehelf auf einfachgesetzliche Weise den Bedürfnissen des Art. 19 Abs. 4 GG zu entsprechen. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass dieser Rechtsbehelf im Widerspruch zum gesamten sonstigen Rechtsmittelsystem der Insolvenzordnung steht. Dieser Widerspruch äußert sich im Besonderen, wenn nicht nur Mitbewerber den Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG stellen, sondern gleichzeitig der Schuldner den Eröffnungsbeschluss (nebst Bestellungsentscheidung) mit der Beschwerde nach § 34 Abs. 2 InsO angreift. Dann verhandeln über denselben Verfahrensgegenstand gleichzeitig das Oberlandesgericht (§ 25 EGGVG) und die Beschwerdekammer beim Landgericht (§ 72
207 208 209
So aber OLG Koblenz ZIP 2005, 1283, 1286; kritisch Vallender, NZI 2005, 473, 475. Kruth, Auswahl, 117 ff. Vgl. nur Jaeger-Gerhardt, InsO, § 6 Rn. 1.
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B. Begründung der Amtsstellung (Bestellung)
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GVG)210. Näher liegt es daher, die Verfassung auf § 6 InsO so einwirken zu lassen, dass, wenn ein Rechtsmittel von Verfassungs wegen notwendig ist, dieses Rechtsmittel auch das reguläre Rechtsmittel ist. Diese Vorgehensweise entspricht auch der des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 18.1.2000 zu §§ 62, 55 FGG.211 Das Bundesverfassungsgericht erklärt diese Bestimmungen für unvereinbar mit Art. 19 Abs. 4 GG, soweit sie für Betroffene jeglichen Rechtsschutz gegen Rechtspflegerentscheidungen ausschließen. Dieses Ausspruchs hätte es nicht bedurft, wenn man Art. 19 Abs. 4 GG über den Antrag nach § 23 EGGVG hätte genügen können. (b) § 6 Abs. 1 InsO im Lichte von Art. 19 Abs. 4 GG. Daher soll nun zunächst untersucht werden, inwieweit die Regelung des § 6 Abs. 1 InsO mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar ist, soweit sie ausschließt, die Bestellungsentscheidung im Wege der sofortigen Beschwerde anzufechten. Dabei soll von der Prämisse ausgegangen werden, dass sich ein entsprechend effektiver Rechtsschutz, die Entscheidung anzufechten, auf einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG wegen dessen Subsidiarität ebenfalls nicht stützen lässt. (aa) Vollzug der Entscheidung. Zunächst kann sich eine Begründung dafür, Rechtsschutz durch Anfechtung zu versagen, aus dem Vollzug der Entscheidung ergeben, wenn unumkehrbare Umstände geschaffen sind.212 Die Anfechtung einer Bestellung wäre also ausgeschlossen, wenn die Bestellung es unmöglich machte, den Amtswalter im Beschwerdewege wieder aus seinem Amt zu entheben. Ein solcher Ausschlussgrund ist aber nicht gegeben.213 Gegen diesen Ausschluss spricht schon der systematische Vergleich zu den oben behandelten sonstigen privaten Ämtern. Vor allem kennt die Insolvenzordnung aber die Abberufung eines bestellten Verwalters durch das Gericht nach §§ 57, 59 InsO. Eine Erledigung kann freilich aus anderen Gründen eintreten. So kann die Bestenauslese – mag sie auch zunächst vom Gericht ermessensfehlerhaft erfolgt sein – jedenfalls dann zugunsten des bestellten Verwalters ausschlagen, wenn seine Erfahrungen mit der konkreten Verwaltung ebenfalls in die Abwägung einzubeziehen sind. Des Weiteren weist § 57 InsO für die erste Gläubigerversammlung die Auswahlkompetenz den Gläubigern zu. An die Stelle der Bestenauslese des Gerichts tritt so die freie Wahl der Gläubiger. Die Rechtswidrigkeitsprüfung der Auswahlentscheidung beschränkt sich dann darauf, ob der bestellte Verwalter die
210
Jaeger-Gerhardt, InsO, § 6 Rn. 2. BVerfGE 101, 397 ff. 212 Beispielsweise sind Registereintragungen mit Publizitätswirkungen nicht aufzuheben (vgl. § 71 Abs. 2 GBO), wie ein erteilter Erbschein nur eingezogen (§ 2361 BGB), aber nicht aufgehoben werden kann, siehe dazu schon § 10 D II (S. 387). 213 Selbst im öffentlichen Recht nehmen die Stimmen zu, wegen Art. 19 Abs. 4 GG unter Durchbrechung des hergebrachten Grundsatzes der Ämterstabilität die Anfechtung der Einstellung durch einen Konkurrenten zuzulassen, BVerwGE 115, 89, 91 f. (obiter); Battis, BBG, § 8 Rn. 34; Jarass/Pieroth-Jarass, Art. 33 Rn. 17 gegen BVerfG NJW 1990, 501; BVerwGE 80, 127, 130. 211
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Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 InsO erfüllt. Die Beschwerde ließe sich also nur noch auf die Ungeeignetheit oder Abhängigkeit des ausgewählten Mitbewerbers stützen. Im Ergebnis erschweren verschiedene drohende Erledigungsgründe den Rechtsschutz. Ein Rechtsmittelausschluss wird aber allein schon durch die Bestellung noch nicht bedingt. bb) Einschränkungen des Art. 19 Abs. 4 GG Art. 19 Abs. 4 GG garantiert dem von dieser Norm geschützten Bewerbern den Rechtsschutz aber nicht einschränkungslos.214 Alle Grundrechte lassen sich durch Gesetz einschränken, wenn dieses Gesetz in verhältnismäßiger Weise anderen Grundrechtspositionen oder anderen vom Grundgesetz geschützten Gütern zur Durchsetzung verhilft. Der Rechtsmittelausschluss des § 6 Abs. 1 InsO könnte eine verhältnismäßige Regelung darstellen, um im Interesse der Gläubiger ein ordnungsgemäßes Gesamtvollstreckungsverfahren zu gewährleisten. In der Verfassung lassen sich diese Positionen auf Art. 14, 2 Abs. 1 GG sowie das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) stützen. Um die Bedeutung des Anfechtungsausschlusses für das Insolvenzverfahren zu ermessen, muss man sich die praktischen Folgen seines Fehlens vor Augen führen.215 Um eine vollwertige Rechtsschutzmöglichkeit zu eröffnen, müsste der Eröffnungsbeschluss begründet und den gelisteten Bewerbern zugestellt werden. Vor allem aber drohte als Folge eines erfolgreichen Rechtsmittelverfahrens eine verwalterlose Zeit. Angesichts des dem Insolvenzgericht eingeräumten Ermessens würde das Beschwerdegericht regelmäßig eine rechtswidrige Bestellungsentscheidung lediglich aufheben, die Sache zurückverweisen, aber nicht eine eigene Bestellungsentscheidung treffen.216 So wäre zum einen die Schnelligkeit, aber auch insgesamt der ordnungsgemäße Ablauf des Insolvenzverfahrens durch solche Rechtsschutzmöglichkeiten erheblich gefährdet. Auf der anderen Seite ist die Betroffenheit der Bewerber marginal. Die Bedeutung der von Art. 19 Abs. 4 GG geschützten Position lässt sich nicht abstrakt, sondern nur in Abhängigkeit von dem Recht bewerten, gegen dessen Verletzung durch die öffentliche Gewalt Rechtsschutz begehrt wird. Die Bewerber sind insoweit grundrechtlich lediglich von einer Berufsausübungsregel betroffen. Inhaltlich geht es zudem nicht um die Beschneidung eines Bestellungsanspruchs, sondern regelmäßig nur um den Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung. Insgesamt müssen daher die Interessen der Mitbewerber hinter dem Zweck zurückstehen, einen reibungslosen Ablauf des Insolvenzverfahrens zu gewährleisten.217 Folglich formuliert § 6 Abs. 1 InsO, soweit diese Bestimmung eine Anfechtung der Bestellungsentscheidung durch Konkurrenten ausschließt, eine Schranke des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 GG.
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BVerfG, Beschl. v. 23.5.2006 – 1 BvR 2530/04, Absatz-Nr. 47 ff. BVerfG, Beschl. v. 23.5.2006 – 1 BvR 2530/04, Absatz-Nr. 50 ff. 216 Vgl. (diese Einbuße akzeptierend) Römermann, ZInsO 2004, 937, 941 f. 217 BVerfG, Beschl. v. 23.5.2006 – 1 BvR 2530/04, Absatz-Nr. 47; vgl. auch OLG Koblenz ZIP 2005, 1383, 1385. 215
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C. Beendigung der Amtsstellung
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(c) Rechtsschutz durch §§ 23 ff. EGGVG. Schließt also § 6 Abs. 1 InsO die effektivste Rechtsschutzform Anfechtung aus, so fordert Art. 19 Abs. 4 GG aber eine Rechtsschutzalternative in Form einer nachträglichen Feststellungsklage.218 Ein solches Verfahren beeinträchtigt den Ablauf des Insolvenzverfahrens nicht, bietet gleichzeitig aber die Möglichkeit für den Bewerber, eine Klärung für künftige Auswahlentscheidungen herbeizuführen. Diese Form des Rechtsschutzes lässt sich systematisch und funktionell stimmig durch einen Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG gewährleisten. Diese Lösung kommt systematisch nicht in Konflikt mit dem vorrangigen Rechtsmittelausschluss des § 6 Abs. 1 InsO. Denn dieser Ausschluss betrifft eine ganz andere Rechtsschutzform. Gleichzeitig wird das Verfahren nach § 23 EGGVG seiner Funktion gerecht, den nach Art. 19 Abs. 4 GG notwendigen Rechtsschutz einfachgesetzlich auszuformen. Funktionell ist es auch angemessen, dass das Oberlandesgericht, nicht das Beschwerdegericht zuständig ist, weil die Auswahlfragen mit der Zuständigkeit für die Vorauswahl ohnehin im Verfahren nach §§ 23 ff. GVG konzentriert sind. In einem solchen Verfahren hat das Insolvenzgericht dann auch seine zuvor gerichtsinterne Auswahlentscheidung zu begründen. Der Bestellungsbeschluss ist nicht mit einer Begründung zu versehen.219 (d) Ergebnis. Im Ergebnis können die gelisteten Mitbewerber also eine konkrete Auswahlentscheidung mit dem Ziel angreifen, die Auswahl nach § 28 Abs. 1 S. 4 EGGVG für rechtswidrig erklären zu lassen.
C. Beendigung der Amtsstellung Die Beendigung der Amtsstellung kann auf ganz verschiedenen Gründen beruhen. Zunächst kann die Beendigung auf dem Eintritt verschiedener Ereignisse beruhen (unter I.). In Betracht zu ziehen ist auch, dass das zur Bestellung berufene Subjekt und der Amtswalter einvernehmlich das Amtsverhältnis beenden. Zulässigkeitsfragen stellen sich insbesondere dann, wenn entweder das Bestellungssubjekt durch Entlassung bzw. Abberufung (unter II.) oder der Amtswalter durch Amtsniederlegung (unter III.) einseitig das Amtsverhältnis beenden wollen.
I. Durch Ereignisse Sowohl das Gesetz als auch der Bestellungsakt können die Beendigung der Amtsstellung an den Eintritt bestimmter Ereignisse knüpfen. Es lassen sich amtsbezogene, amtswalterbezogene und bestellungsbezogene Gründe unterscheiden. Amtsbezogene Ereignisse führen zur Beendigung der Amtsstellung, wenn sie das Amt selbst vernichten. Diese Selbstverständlichkeit äußert sich etwa bei den gerichtlich im Rahmen bestimmter Verfahren eingerichteten Ämtern, wenn diese Verfahren aufgehoben werden (Aufhebung von Zwangsverwaltung oder Insol218 219
Vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.5.2006 – 1 BvR 2530/04, Absatz-Nr. 57. OLG Koblenz ZIP 2005, 1383, 1387 f.; a. A. Wieland, ZIP 2005, 233, 238.
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§ 14: Amtsstellung
venzverfahren). Organe gehen jedenfalls mit Vollbeendigung des jeweiligen Verbands unter. Es sind solche Ereignisse amtswalterbezogen, die zur Amtsunfähigkeit des Amtswalters führen. Die Amtsunfähigkeit steht nämlich nicht nur einer wirksamen Bestellung entgegen, sondern führt kraft Gesetzes auch zur Beendigung des Amtswalterrechtsverhältnisses. Diese Rechtsfolge sprechen die Regelungen des Verbandsrechts ganz deutlich aus, wenn dort nicht auf die Zulässigkeit der Bestellung, sondern auf die Möglichkeit, Organ zu sein, abgestellt wird (etwa §§ 6 Abs. 2 GmbHG, 76 Abs. 3 AktG).220 Aus der Formulierung des § 1780 BGB, der auf die Bestellung abstellt, wird für seinen Anwendungsbereich hingegen abgeleitet, dass es noch einer Abberufung des wegen Geschäftsunfähigkeit amtsunfähigen Amtswalters bedarf, um die Amtsstellung zu beendigen.221 Diese Auffassung mag vordergründig der Rechtsklarheit dienen. Jedoch kann der von § 1780 BGB erfasste geschäftsunfähige Amtswalter im Außenverhältnis ohnehin nicht mehr für das Amt wirksam handeln. Auch kann er seine Pflichten aus dem Amtswalterrechtsverhältnis nicht mehr wahrnehmen. Schon wegen dieser Unmöglichkeit der Amtswahrnehmung ist jedenfalls dann, wenn die Amtsunfähigkeit auf Geschäftsunfähigkeit beruht, ein Verlust der Amtsstellung von Gesetzes wegen anzunehmen. Schließlich kommen bestellungsbezogene Beendigungsgründe in Betracht, wenn die Bestellung bedingt oder befristet ist. Im Bereich der Bestellung durch private Gremien kommen Befristungen durch das Gesetz in Form von Höchstfristen (§§ 84 Abs. 1 S. 1 AktG, 26 Abs. 1 S. 2 WEG) sowie Befristungen durch den Bestellungsbeschluss selbst in Betracht. Ebenso sind auflösende Bedingungen grundsätzlich zulässig.222 Unter den gerichtlichen Bestellungen ist die Beschränkung der Notbestellung von besonderer Bedeutung. Die Amtsstellung der Notamtswalter endet, wenn die jeweilige Organisation ordnungsgemäß das Amt wieder besetzt (§§ 85 Abs. 2, 105 Abs. 5 AktG, 26 Abs. 3 WEG).223
II. Entlassung und Abberufung Steht die einseitige Beendigung der Amtsstellung durch das bestellende Organisationssubjekt in Rede, so wird schon begrifflich zwischen dem gerichtlichen Akt der Entlassung (unter 1.) und der Abberufung (Widerruf der Bestellung) durch private Gremien (unter 2.) differenziert.
220 Dazu etwa BGHZ 115, 78, 80; BayObLG GmbHR 1993, 223, 224; OLG Frankfurt GmbHR 1994, 802, 803. 221 Staudinger-Engler (2004), § 1780 Rn. 6; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1780 Rn. 6. 222 Zum Grundsatz Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 38 Rn. 82. – Im Aktienrecht darf die Bedingung allerdings nicht die Wertung des § 84 Abs. 3 AktG umgehen, vgl. KölnKommMertens, § 84 Rn. 21. 223 BGH NJW 1981, 1041 zum Notgeschäftsführer in der GmbH.
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C. Beendigung der Amtsstellung
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1. Entlassung Die Entlassungskompetenz des Gerichts geht in der Regel mit der Kompetenz einher, den Amtswalter zu bestellen und zu beaufsichtigen.224 Eine Ausnahme bilden die Entlassung des Testamentsvollstreckers (§ 2226 BGB) und der Gläubigerausschussmitglieder (§ 70 InsO).225 a) Rechtsnatur Die Rechtsnatur der Entlassung entspricht derjenigen der gerichtlichen Bestellung.226 Es handelt sich um einen gerichtlichen Beschluss, der regelmäßig nach § 16 Abs. 1 FGG bzw. § 329 ZPO durch Bekanntgabe gegenüber dem Amtswalter wirksam wird. Dessen Zustimmung ist anders als bei der Bestellung freilich nicht erforderlich. b) Entscheidungsmaßstab Das Gesetz verlangt in allen Fällen, dass ein wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt. Ein abstrakter Grund solcher Art besteht darin, dass der Amtswalter notwendige Bestellungsvoraussetzungen nicht mehr besitzt, deren Wegfall allerdings nicht schon kraft Gesetzes zur Beendigung der Amtsstellung führen darf (§ 1886 Fall 2 BGB). Vor allem aber liegt ein wichtiger Grund vor, wenn die Gefahr besteht, dass der Amtswalter den Zwecken des ihm eingeräumten Amtes zuwider handelt (§§ 1886 Fall 1, 2227 Abs. 1 Halbs. 2 Fall 2 BGB). Kaum widerlegbares Indiz für eine solche Gefährdung ist die grobe Pflichtverletzung in der Vergangenheit (§ 2227 Abs. 1 Halbs. 2 Fall 2 BGB). Zwar verpflichten die einzelnen Vorschriften das Gericht nicht zur Entlassung, sondern räumen ihm Ermessen (»kann«) ein. Der das Gericht bindende Ermessenszweck, jeweils das für die Organisation Beste zu tun, wird regelmäßig aber vom Gericht verlangen, den Amtswalter zu entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Allein im Fall von § 2227 BGB darf das Gericht nur auf Antrag eines Beteiligten die Entlassung verfügen. c) Rechtsschutz Der Entlassungsbeschluss ist als gerichtliche Entscheidung wirksam, auch wenn er fehlerhaft ist. Er ist aber im Wege der sofortigen Beschwerde anfechtbar.227 Die 224 § 1886 BGB (ggf. in Verbindung mit §§ 1915, 1975 BGB), §§ 1908d BGB, 59 InsO, 153 Abs. 2 ZVG. 225 Eine Sonderrolle nehmen die besonderen Verfahrensvertreter ein, weil ihre Funktion auf ein Verfahren beschränkt ist, in dem sie daher nicht nur bestellt, sondern möglicherweise auch entlassen werden. Die Entlassung läst sich wegen der Verfahrenskontinuität aber einfach als Abänderung des Bestellungsbeschlusses (§ 18 FGG) erklären, siehe zum Verfahrenspfleger Keidel/ Kuntze/Winkler-Engelhardt, § 50 Rn. 43. 226 Siehe dazu B II 1 c (S. 496). 227 Für die fG-Verfahren sehen §§ 60 Abs. 1 Nr. 3, 69g Abs. 4 Nr. 3, 81 Abs. 2, 22 Abs. 1 FGG diesen Rechtsbehelf vor; §§ 57, 70, 6 InsO eröffnen diese Möglichkeit für Insolvenzver-
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§ 14: Amtsstellung
erforderliche Beschwerdebefugnis steht den Amtswaltern schon deswegen zu, weil sie mit dem Amt ihre Rechte aus dem Amt, also insbesondere zum einen das Recht zur Amtsführung und zum anderen den Anspruch auf Vergütung, verlieren. Diesen Rechtsverlust haben sie nur hinzunehmen, wenn ein wichtiger Grund für die Entlassung gegeben ist. 2. Abberufung Die Begriffe der Abberufung (§ 26 Abs. 1 S. 3 WEG) und des Widerrufs der Bestellung (§ 27 Abs. 2 S. 1 BGB) werden vom Gesetz synonym verwendet. Hier wird der Begriff der Abberufung bevorzugt, weil nicht die Wirkung der Bestellung rückgängig gemacht, sondern das durch die Bestellung begründete Amtsstellung ex nunc beendet werden soll.228 a) Rechtsnatur Der Streit um die Rechtsnatur der Abberufung entspricht dem zur Bestellung.229 Nach der hier vertretenen Ansicht bedarf es neben dem Beschluss nicht noch einer rechtsgeschäftlichen Abberufungserklärung.230 Vielmehr ist ausreichend, dass der Beschluss dem Amtswalter durch Wissenserklärung bekannt gemacht wird.231 In den praktischen Auswirkungen stehen sich ohnehin die beiden vertretenen Ansichten recht nahe. b) Entscheidungsmaßstab Die Abberufung eines Vorstands in Verein (§ 27 Abs. 2 BGB) und in Genossenschaft (§ 24 Abs. 3 S. 2 GenG), die eines Aufsichtsratsmitglieds (§ 103 Abs. 1 AktG) die eines Geschäftsführers (§ 38 GmbHG) sowie die eines Wohnungseigentumsverwalters (§ 26 Abs. 1 WEG) beruhen auf Beschlüssen von aus Rechtsinhabern232 bestehenden Gremien. Die Gremiumsmitglieder sind daher bei ihrer Entscheidung über die Abberufung grundsätzlich frei, allenfalls untereinander durch Treuepflichten gebunden. Nur im Wohnungseigentumsrecht muss sich die auf einer Mehrheitsentscheidung beruhende Abberufung wegen § 21 Abs. 3
walter und Gläubigerausschussmitglied; für den Zwangsverwalter ist § 793 ZPO einschlägig. Zur verfassungsrechtlichen Notwendigkeit dieses Rechtsschutzes allgemein siehe § 12 C I (S. 428). 228 Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 38 Rn. 1. 229 Siehe dazu B I 1 (S. 485). 230 So aber etwa RGZ 68, 381, 385. 231 So auch Scholz-Schneider, § 38 Rn. 29. 232 Eine Abberufung durch ein Amtswaltergremium sieht § 84 Abs. 3 AktG vor. Der Aufsichtsrat bedarf zur Abberufung des Vorstands eines wichtigen Grunds, der aber bereits darin liegen kann, dass das betroffene Rechtsinhabergremium Mitgliederversammlung dem Vorstand sein Vertrauen entzieht. Der Aufsichtsrat hat freilich sein ihm verbleibendes Entscheidungsermessen am Wohl der Gesellschaft zu orientieren. Näher zu § 84 Abs. 3 AktG sogleich unter cc 1 (S. 523).
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WEG am Maßstab der ordnungsmäßigen Verwaltung messen lassen.233 Die einzelnen Gesetze knüpfen die Abberufung auch an keine weiteren Bedingungen. Es sind gegenüber dem Amtswalter allein Treuepflichten zu beachten, die aus dem Amtswalterrechtsverhältnis erwachsen.234 Vielfach kann die Abberufung aber von besonderen Gründen abhängig gemacht werden, sofern nur die Abberufung aus wichtigem Grund zulässig bleibt.235 Besonderes Augenmerk verdienen dann die Fragen, in welcher Form diese Beschränkung möglich ist und wie sich solche Beschränkungen auswirken. Insbesondere ist zu unterscheiden, ob etwaige Begrenzungen nur schuldrechtlich wirken oder den organisationsrechtlichen Abberufungsakt selbst betreffen. Die Einwirkung auf den Abberufungsakt ist zudem noch auf zweierlei Weise möglich. Entweder betrifft sie nur die Frage, ob der Abberufungsbeschluss ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Beschlüsse, deren Fehlerhaftigkeit nicht zur Unwirksamkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit führt,236 sind dann ungeachtet ihres Fehlers (zunächst) wirksam. Die besondere Voraussetzung könnte aber auch selbstständiges Merkmal des Abberufungstatbestands (Rechtsbedingung) sein. Die Abberufung wäre dann nicht wirksam, wenn es an diesem Grund fehlt. aa) Keine Beschränkung durch Bestellungstatbestand Kein tauglicher Ort für die Beschränkung ist der Bestellungstatbestand, also nach der hier vertretenen Ansicht der Bestellungsbeschluss. Die Bestellung ist kein Rechtsgeschäft, das den Inhalt des Amtsverhältnisses bestimmt, sondern ist lediglich Organisationsakt, der die durch die jeweilige Organisationsverfassung ausgestaltete Amtsstellung begründet. Die Bestellung kann daher durch Bedingungen oder Befristungen nur weitere Gründe für die Beendigung der Amtsstellung schaffen.237 Sie kann aber nicht das kraft Organisationsverfassung bestehende freie Abberufungsrecht, also den actus contrarius zur Bestellung beschränken. Es kann daher insbesondere nicht der zur Abberufung des Wohnungseigentumsverwalters vertretenen Ansicht gefolgt werden, dass im Fall von befristeten Bestellungen nur die Abberufung aus wichtigem Grund möglich ist.238 Diese Ansicht stützt sich merklich auf die Parallele, dass bei vertraglichen Dauerschuldverhältnissen die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, wenn diese Schuld233 Zur entsprechenden Voraussetzung bei der Bestellung B I 3 b aa (S. 491). – So können sich mittelbar sonstige Umstände wie vertragliche Verpflichtungen gegenüber dem Verwalter auf die Rechtsmäßigkeit des Abberufungsbeschlusses auswirken, dazu sogleich bb (S. 522). 234 Vgl. etwa Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 38 Rn. 3. 235 §§ 27 Abs. 2 S. 2 BGB, 38 Abs. 2 GmbHG, 26 Abs. 1 S. 3 WEG. – Abweichend § 24 Abs. 3 GenG, dazu BGHZ 8, 348, 349, 360 f., sowie § 103 Abs. 1 AktG, der im Interesse der Rechtssicherheit nur zusätzliche Verfahrenserfordernisse zulässt, dazu KölnKomm-Mertens, § 103 Rn. 16. 236 Siehe oben § 12 C III 2 (S. 431). 237 Dazu bereits oben I (S. 518). 238 So aber Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 26 Rn. 159, 201; Wenzel, ZWE 2001, 510, 514; wie hier zum Vereinsrecht Staudinger-Weick (1995), § 27 Rn. 14. – Diese Ansicht zum Wohnungseigentumsrecht wird überhaupt erst dadurch ermöglicht, dass herrschender Auffassung nach die Beschränkung der Abberufungsmöglichkeit nach § 26 Abs. 1 S. 3 WEG nicht einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer bedarf, sondern durch Beschluss möglich ist, dazu sogleich unter cc (S. 522 ff.).
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verhältnisse auf bestimmte Zeit eingegangen werden. Dieser Ausschluss im Vertragsrecht beruht aber allein auf dem vertraglichen Willen der Parteien. Die Befristung ist so zu verstehen, dass die Vertragsparteien eine vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses durch ordentliche Kündigung ausschließen wollen. An der damit vorausgesetzten vertraglichen Dispositionsmöglichkeit fehlt es aber gerade aus den dargelegten Gründen bei der Bestellung.239 Die von der vertraglichen Gestaltung abweichende Bedeutung der Befristung im Bestellungstatbestand lässt sich schon dem gesetzlichen Regelfall entnehmen. § 26 Abs. 1 WEG kombiniert die gesetzliche Höchstbestellungsdauer von fünf Jahren (S. 2) mit der freien Abrufbarkeit (S. 3). Die Befristung im Beschluss hat wie die gesetzliche Befristung allein den Charakter, eine Höchstdauer der Amtsstellung festzulegen.240 Eine Fortdauer der Amtsstellung über die Befristung hinaus bedarf eines neuen Bestellungsbeschlusses. Die Möglichkeit, die Amtsstellung durch Abberufung zu beenden, wird nicht berührt. bb) Keine Einschränkung durch Anstellungsvertrag Eine Einschränkung der freien Befugnis zur Abberufung kann auch in einem Schuldvertrag (Anstellungsvertrag) zwischen Verband oder Wohnungseigentümern einerseits und Organ oder Wohnungseigentumsverwalter andererseits vereinbart werden. Die herrschende Meinung im Verbandsrecht billigt einer solchen Vereinbarung jedoch nur schuldrechtliche Wirkungen zu, die die organisationsrechtliche Abberufungskompetenz des zuständigen Organisationssubjekts nicht begrenzen können.241 Dieser zutreffenden Ansicht ist auch für das Wohnungseigentumsrecht zu folgen.242 Eine schuldrechtliche Abrede vermag nicht unmittelbar in das Organisationsverhältnis einzugreifen. Das gilt unabhängig davon, ob die für Entscheidung über die Abberufung zuständigen Gremiumsmitglieder an dem Vertragsschluss mitgewirkt haben. Denn es müssen für eine organisationsrechtliche Bindung gerade die Handlungsformen des Organisationsrechts eingehalten werden. Davon unberührt bleibt freilich, dass vertragliche Bindungen des Verbands oder der Eigentümer die Beurteilung der Wirksamkeit des Beschlusses gemessen am Organisationszweck beeinflussen können. So wird insbesondere im Wohnungseigentumsrecht ein solcher Abberufungsbeschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG) entsprechen, der vertragliche Abreden mit dem Verwalter verletzt und folglich Schadensersatzansprüche auslöst. cc) Beschränkung durch Organisationsverfassung Die gesetzlich zugelassene Beschränkung der freien Abberufungsmöglichkeit hat in der Organisationsverfassung zu erfolgen. Diese Notwendigkeit sprechen die 239 Es lässt sich mutmaßen, dass diese Parallele auf der herkömmlich im Wohnungseigentumsrecht bevorzugten Vertragstheorie beruht, die einen Vertragsschluss für erforderlich hielt, um das Amtsverhältnis zu begründen, dazu unten § 15 A I (S. 535). 240 Vgl. Wardenbach, AG 1999, 74, 75. 241 BGH WM 1968, 1350; Baums, Geschäftsleitervertrag, 323 ff.; Scholz-Schneider, § 38 Rn. 55; Hachenburg-Stein, § 38 Rn. 28; Staudinger-Weick (1995), § 27 Rn. 14; Baumbach/HueckZöllner/Noack, § 38 Rn. 18; a. A. Flume, juristische Person, § 10 I 3. – Dazu § 15 C I 1 a (S. 558). 242 Reuter, ZWE 2001, 286, 293 Fn. 70. – A. M. Suilmann, Beschlußmängelverfahren, 180 f.
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Bestimmungen des Verbandsrechts ausdrücklich aus.243 Im Wohnungseigentumsrecht ist umstritten, ob eine solche Regelung durch Mehrheitsbeschluss möglich ist oder einer Vereinbarung bedarf.244 Im Fall einer wirksamen Regelung in der Organisationsverfassung erhebt sich die schon oben angerissene Frage nach den Folgen, falls der Abberufungsbeschluss sich nicht auf einen von der Organisationsverfassung verlangten wichtigen Grund stützen lässt: Entweder ist (nur) der Abberufungsbeschluss fehlerhaft, so dass die Wirksamkeit der Abberufung im Grundsatz den allgemeinen Regeln über Beschlussfehler folgt.245 Oder der Abberufungstatbestand ist ohne wichtigen Grund gar nicht vollständig erfüllt, so dass er keine Wirkungen äußern kann. Die letztere Sichtweise würde zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Im Ergebnis ist nicht zuletzt deswegen der wichtige Grund als Beschlussvoraussetzung anzusehen. Die folgende Einzelanalyse ist danach gegliedert, welche Folgen Beschlussfehler bei den betroffenen Gremien im Allgemeinen äußern. (1) Besonderes Verfahren nach § 84 Abs. 3 AktG. Für die Abberufung des Vorstands der Aktiengesellschaft durch den Aufsichtsrat enthält § 84 Abs. 3 AktG eine Spezialregelung. Diese Regelung ist auf der Grundlage zu bewerten, dass Beschlussfehler von Aufsichtsratsbeschlüssen grundsätzlich zur Unwirksamkeit führen und dass ein Anfechtungsverfahren wie für Hauptversammlungsbeschlüsse nach §§ 241 ff. AktG nicht anerkannt ist.246 Von diesem Grundsatz macht § 84 Abs. 3 S. 4 AktG für das Fehlen eines wichtigen Grundes eine Ausnahme. Der Vorstand kann sich auf das Fehlen eines wichtigen Grundes nur stützen, wenn dieses Fehlen durch eine rechtskräftige Entscheidung festgestellt ist.247 Für die aufgeworfene Frage, ob der wichtige Grund zum Beschlusstatbestand gehört oder selbstständige Voraussetzung des Abberufungstatbestands ist, lässt sich somit aus dieser Ausnahmevorschrift keine eindeutige Aussage gewinnen. Es wird aber deutlich, dass der Gesetzgeber in diesem Falle ein besonderes Bedürfnis sah, für den Rechtsverkehr klare Verhältnisse zu schaffen. Gleichzeitig lässt sich ein Argument dafür gewinnen, dass das Erfordernis des wichtigen Grundes nicht den Amtswalter persönlich schützen soll. Denn durch diese Regelung in § 84 Abs. 3 AktG wird der Schutz des Amtswalters schwächer ausgestaltet als bei einem Verstoß gegen sonstige Beschlussvoraussetzungen, die regelmäßig nicht den Amtswalter schützen sollen. Im Vereinsrecht ist ein allgemeines Beschlussanfechtungsverfahren ebenfalls nicht vorgesehen. Hier ist § 84 Abs. 3 S. 4 AktG, falls die Satzung die Abberufung an einen wichtigen Grund knüpft, gegen die herrschende Auffassung ent-
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§§ 103 Abs. 1 S. 4 AktG, 27 Abs. 2 S. 2 BGB, 38 Abs. 2 GmbHG. Beschluss lassen genügen etwa Drasdo, NZM 2001, 923, 926 f.; Bärmann-Pick/MerleMerle, § 26 Rn. 32, 201. – A. M. Reuter, ZWE 2001, 286, 293. 245 Zu diesen Regeln § 12 C III 2 (S. 431 ff.). 246 Siehe § 12 C III 2 (S. 433). 247 Andere Beschlussmängel führen indes ungeachtet des im Wortlaut zu weiten § 84 Abs. 3 S. 4 AktG zur Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses, so OLG Stuttgart AG 1985, 193; Hüffer, § 84 Rn. 31; KölnKomm-Mertens, § 84 Rn. 98. 244
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sprechend anzuwenden.248 Denn so ist gewährleistet, dass der Rechtsverkehr in diesem Fall wie in jedem anderen Fall der Abberufung, der Amtsniederlegung249 oder der gerichtlichen Entlassung durch einen Streit über die Existenz eines wichtigen Grundes nicht belastet wird. Angesichts dieses einheitlichen Regelungsmodells zugunsten der Rechtsklarheit bedeutete es eine unangemessene Diskriminierung der Vereine zu behaupten, der Rechtsverkehr mit ihnen wäre weniger schutzwürdig. Schließlich lässt sich § 27 BGB auch kein entgegenstehender gesetzgeberischer Wille entnehmen, der einen Umkehrschluss rechtfertigt. Denn im Gegensatz zu § 84 Abs. 3 AktG ist im Vereinsrecht die freie Abrufbarkeit die gesetzliche Regel. Sieht die Satzung eine andere – inhaltlich dem § 84 Abs. 3 AktG entsprechende – Regelung vor, ist die erst so entstehende Lücke durch Analogie zu § 84 Abs. 3 S. 4 AktG zu schließen. Diese Lösung stimmt schließlich auch mit dem Vorgehen der Rechtsprechung im Vereinsrecht überein, an verschiedene Arten von Beschlussmängeln die jeweils passende Rechtsfolge zu knüpfen.250 (2) Allgemeines Beschlussanfechtungsverfahren. Ist ein Beschlussanfechtungsverfahren vorgesehen, so soll das Fehlen des wichtigen Grundes nach überwiegender Ansicht sowohl im Verbands-251 als auch im Wohnungseigentumsrecht252 den Beschluss nur fehlerhaft, mithin wirksam, aber anfechtbar machen. Dieser Ansicht ist zuzustimmen, wenn die jeweilige Bestimmung in der Satzung oder die Regelung der Wohnungseigentümer nur die Gremiumsmitglieder untereinander bei ihrer Beschlussfassung bindet, aber Rechte für den jeweiligen Amtswalter nicht begründet. Die Entscheidung wäre daher vorgezeichnet, wenn man der verworfenen Ansicht folgte, dass privatautonom in der Organisationsverfassung keine Rechte für den Amtswalter als Organisationsfremden begründet werden können.253 Auf Grundlage der bevorzugten Ansicht, dass das Amtswalterrechtsverhältnis ebenfalls Regelungsgegenstand der Organisationsverfassung ist, lässt sich eine differenzierende Lösung erwägen: Beide Gestaltungen wären möglich. Es hinge vom Willen derjenigen ab, die die jeweilige Regelung treffen. Diese Lösung ist im Ergebnis aber unbefriedigend, weil sie den Rechtsverkehr durch erhebliche Rechtsunsicherheit nachhaltig belastete. Die Unsicherheit beruhte nicht nur auf der da248 MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 32, gegen etwa BGH WM 1977, 168, 169 f.; SoergelHadding, § 27 Rn. 19. 249 Siehe sogleich unter III 1 b (S. 531) dazu, dass in Bezug auf die Amtsniederlegung auch erst eine Rechtsprechungsänderung, wie sie hier für das Vereinsrecht angemahnt wird, die nunmehr zum maßgeblichen Ziel erhobene Rechtsklarheit erreicht hat. 250 Vgl. BGHZ 59, 369, 373; BGHZ 49, 209, 211 ff.; siehe ferner bereits § 12 C III 2 (S. 433). 251 Fleck, ZGR 1988, 104, 128 f.; Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 27; Scholz-Schneider, § 38 Rn. 60a; Hachenburg-Stein, § 38 Rn. 99; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 38 Rn. 47. – A. M. obiter BGH WM 1966, 614, 615; WM 1968 1350, 1351, gestützt auf BGH WM 1962, 811, zum Aktienrecht, dessen Regelung aber – dazu sogleich im Text – von den im GmbH-Recht maßgeblichen Regelungen abweicht. 252 Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 26 Rn. 223. A. M. Suilmann, Beschlußmängelverfahren, 180 f. 253 Siehe oben A II 2 (S. 480).
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nach zulässigen Gestaltung, dass der wichtige Grund Merkmal des Abberufungstatbestands ist, weil dann durch Ablauf der Anfechtungsfrist keine Rechtssicherheit eintreten würde. Der Abberufungstatbestand wäre ungeachtet des wirksamen Beschlusses mangels wichtigen Grundes nicht erfüllt. Rechtsunsicherheit drohte darüber hinaus noch dadurch, dass Streit über die Auslegung der Klausel in der jeweiligen Organisationsverfassung entstehen könnte, welche Gestaltung gewollt gewesen sei. Diese Überlegungen diktieren eine interessengerechte Auslegung der Gesetzesbestimmungen, die Verband oder Wohnungseigentümer ermächtigen, abweichend von ihrer freien Wahl die Abberufung an bestimmte Gründe zu binden. Diese Ermächtigungen sind ausnahmsweise so zu verstehen, dass nur eine Bindung der Gremiumsmitglieder untereinander erlaubt wird. Daher folgt aus einem Verstoß gegen eine entsprechende Bindung lediglich die im Anfechtungsverfahren zu rügende Fehlerhaftigkeit des Abberufungsbeschlusses. Wird der Beschluss nicht angefochten, tritt Rechtssicherheit ein. Diese Auslegung wird dadurch ermöglicht, dass den jeweiligen gesetzlichen Ermächtigungen nicht zu entnehmen ist, dass sie Interessen der zu bestellenden Amtswalter schützen wollen.254 c) Rechtsschutz Die Möglichkeit der Amtswalter, Fehler des Abberufungsbeschlusses zu rügen, hängt davon ab, welche Befugnisse ihnen allgemein eingeräumt sind, Mängel entsprechender Beschlüsse zu rügen.255 aa) Beschlussnichtigkeit Ist für Beschlüsse – wie nach herrschender Meinung für Beschlüsse des Aufsichtsrats und der Mitgliederversammlung im Verein – kein Anfechtungsverfahren vorgesehen, kann der Amtswalter grundsätzlich wie jedermann die Fehlerhaftigkeit und daher Unwirksamkeit des Abberufungsbeschlusses rügen. Eine Besonderheit gilt aufgrund der gerade besprochenen Ausnahmeregelung in § 84 Abs. 3 AktG für die Rüge, dass es am erforderlichen wichtigen Grund für die Abberufung fehlt. bb) Anfechtbarkeit Führt ein Beschlussmangel – wie bei den Beschlüssen von Wohnungseigentümerversammlung, Hauptversammlung in der Aktiengesellschaft oder Gesellschafterversammlung möglich – lediglich zur Anfechtbarkeit des Beschlusses, hängt der Rechtsschutz des Amtswalters davon ab, unter welchen Voraussetzungen man ihm eine Anfechtungsmöglichkeit einräumt. Dabei kommt es auf die Art des Beschlussmangels nicht an. Es macht also keinen Unterschied, ob ein formeller Mangel oder ein materieller Mangel, beispielsweise gar das Fehlen des erforderlichen wichtigen Grundes, geltend gemacht werden soll.
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Vgl. BGH NJW 1960, 1861; MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 31. Siehe § 12 C III 3 (S. 433 ff.).
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Die maßgebliche Frage nach der Anfechtungsmöglichkeit wird im Verbandsrecht zu Recht überwiegend verneint.256 Dafür spricht schon § 245 Nr. 5 AktG. Diese Bestimmung erlaubt den Organmitgliedern die Anfechtung nur, wenn die Beschlussumsetzung von ihnen eine ordnungswidrige Handlung verlangt, was ihre Abberufung freilich nicht tut. Im Wohnungseigentumsrecht wird indessen ganz überwiegend die Anfechtungsmöglichkeit des Verwalters bejaht.257 Diese herrschende Auffassung verkennt aber die Problematik, wenn sie ihre These überwiegend mit Ausführungen zur Anfechtungsbefugnis absichert. Es wird also vorrangig dargetan, dass die Abberufung des Amtswalters ihn in seinen Rechten beeinträchtigt. Dieser Befund kann nicht ernstlich bestritten werden und folgt aus der für die gerichtlich abberufenen Amtswalter gegebenen Begründung,258 dass die Amtswalter ihre Rechte aus dem Amtswalterrechtsverhältnis verlieren. Das eigentliche Problem, ob der Verwalter überhaupt tauglicher Antragsteller in einem Anfechtungsverfahren sein kann, wird nur kurz gestreift, wenn auf eine analoge Anwendung von § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG abgestellt wird. Diese Bestimmung eröffne dem Verwalter grundsätzlich die Anfechtungsmöglichkeit. Einer Analogie bedürfe es, weil der Verwalter auch durch eine anfechtbare Abberufung sein Amt zunächst verliere. Diese Analogie krankt aber daran, den Grund für die Anfechtungsmöglichkeit des Verwalters zu wenig zu berücksichtigen. Diese Möglichkeit besteht – wie bereits dargelegt –259 nicht zum Schutz eigener Rechte des Verwalters, sondern sie steht dem Amt Verwalter zu, für das freilich nur der bestellte Verwalter handeln kann. Es handelt sich folglich um fremdnützige Kompetenzen des Amtes im Interesse der Gemeinschaft. Daher darf der Amtswalter diese (fremdnützigen) Kompetenzen zum Schutz eigener Rechte wegen des Interessenkonflikts nicht wahrnehmen.260 Im Fall der Abberufung fehlt die Anfechtungsmöglichkeit überdies regelmäßig schon deswegen, weil der Verwalter nach seiner wirksamen Abberufung die Kompetenzen des Amtes gar nicht mehr wahrnehmen kann.261 256 Fleck, ZGR 1988, 104, 128; Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 27; Scholz-Schneider, § 38 Rn. 58b; Hachenburg-Stein, § 38 Rn. 97; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 38 Rn. 41; a. A. Raiser, Kapitalgesellschaften, § 32 Rn. 63. – Ist der Amtswalter zugleich Mitglied, kann diese Mitgliedschaft regelmäßig eine Anfechtungsbefugnis begründen, vgl. BGHZ 51, 210; BGH ZIP 2005, 1365. 257 BGHZ 151, 164, 170 BGHZ 106, 113, 122 ff.; Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 26 Rn. 219 m. umfangr. Nachw.; grundlegend bereits Merle, Festgabe Weitnauer, 195, 199 ff.; ferner Wenzel, ZWE 2001, 510, 514 f. – A. M. Drasdo, ZMR 2001, 923, 929 ff.; Reuter, ZWE 2001, 286, 292 f.; Suilmann, Beschlußmängelverfahren, 174 ff. 258 Zutreffend, aber eben nicht den eigentlichen Kern des Problems treffend die Verweise bei BGHZ 151, 164, 171; Merle, Festgabe Weitnauer, 195, 199, auf die Anfechtungsmöglichkeit der Amtswalter gegen gerichtliche Entlassungen. – Gegen hoheitliche Akte können sich die Amtswalter schon wegen Art. 19 Abs. 4 GG wehren, wenn ihre Rechte betroffen sind. Hier will sich der Amtswalter aber gegen den privatrechtlichen Akt der Wohnungseigentümer wehren. Zwar berührt dieser Akt ebenfalls seine Rechte. Allein diese Rechtsbeeinträchtigung gibt ihm aber nicht die Befugnis, in die Selbstorganisation der Eigentümer einzugreifen. Für ihn kommt es darauf an, ob die Eigentümer einen wirksamen Abberufungsbeschluss fassen. 259 Oben § 12 C III 3 a (S. 434). 260 KG ZMR 1988, 271 f.; ZMR 1987, 392, 393; allgemein dazu § 12 C III 3 c (S. 438). 261 Reuter, ZWE 2001, 286, 292; vgl. auch Kesseler, DZWIR 2002, 133, 138 zum Insolvenzverwalter.
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Es bedeutet auch keinen Widerspruch, dass Amtswalter Fehler ihrer privatrechtlichen Abberufung nicht rügen können, obwohl sie dadurch in ihren Rechten (aus dem Amtswalterrechtsverhältnis) beeinträchtigt werden. Amtswalter haben die im Verlust der Amtsstellung bestehende Rechtsbeeinträchtigung hinzunehmen, soweit ihr Amt ihnen gegenüber organisationsrechtlich frei widerruflich ausgestaltet ist. Sie werden von Regelungen nicht geschützt, die zwar das Zustandekommen des Beschlusses betreffen, aber nur an die Gremiumsmitglieder untereinander gerichtet sind. Die Amtswalter haben die Möglichkeit, sich vertraglich abzusichern.262 3. Mischfälle In zumindest zwei Fallgruppen treffen Kompetenzen sowohl privater Gremien als auch von Gerichten zusammen. Zu deren Erfassung können die herausgearbeiteten Prinzipien nutzbar gemacht werden. a) Notämter Bestellt ein Gericht aufgrund seiner Notkompetenz Organe (§§ 29 BGB, 85 AktG) oder den Wohnungseigentumsverwalter (§ 26 Abs. 3 WEG), so stellt sich die Frage, welche Kompetenzen dem eigentlich kompetenten privaten Gremium verbleiben. Den richtigen Weg bedeutet es, die gerichtliche Natur der Bestellung zu betonen:263 Das Gericht kann den Amtswalter entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, wogegen sich der Amtswalter mit der sofortigen Beschwerde wehren kann. Eine Abberufung durch das jeweilige private Gremium kommt weder im Verbands264- noch im Wohnungseigentumsrecht265 in Betracht. Privaten kommt es nicht zu, die Wirkungen einer gerichtlichen Entscheidung zu suspendieren, sofern diese Entscheidung diese Wirkung nicht ausdrücklich zulässt. Die Notbestellung lässt den privaten Gremien freilich die Gestaltungsmöglichkeit, die Notsituation zu beseitigen: Bestellen die Gremien (ohne dass sie den Notamtswalter abzuberufen brauchen), einen neuen Amtswalter, endet die Notbestellung aus einem bestellungsbezogenen Grund von selbst.266 b) Neuwahl eines Insolvenzverwalters Nach § 57 InsO kann die erste Gläubigerversammlung einen neuen Insolvenzverwalter wählen, den das Insolvenzgericht zu bestellen hat, falls der Gewählte die Voraussetzungen für das Amt nach § 56 Abs. 1 InsO erfüllt. Diese gerichtli262
Vgl. Reuter, ZWE 2001, 286, 293; zu den Grenzen siehe § 15 C I 1 (S. 558). Im Ergebnis ebenso MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler, § 84 Rn. 20. 264 OLG Düsseldorf, GmbHR 1997, 549; OLG München, GmbHR 1994, 259; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler, § 84 Rn. 20; Hüffer, § 84 Rn. 5; KölnKomm-Mertens, § 84 Rn. 19; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 38 Rn. 95. 265 Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 26 Rn. 250; a. M. Elzer, ZMR 2004, 229, 237. 266 Dazu bereits oben I (S. 518). 263
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che Überprüfungskompetenz in Bezug auf die Gläubigerwahl ist schon dem Umstand geschuldet, dass das Gericht einen Verwalter, der diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ohnehin nach § 59 InsO abzuberufen hätte. In den hiesigen Zusammenhang gehört diese Problematik, weil die Bestellung des Gewählten notwendig die Entlassung des bislang amtierenden Amtswalters mit sich bringt. Seine Betroffenheit durch den privaten Wahlakt und die gerichtliche Entlassung lässt sich ebenfalls unter Rückgriff auf die erarbeiteten Grundsätze leichter bewerten: Die Wahl der Gläubigerversammlung unter Bewerbern, die die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 InsO erfüllen, fällt in die Wahlkompetenz der Gläubigerversammlung.267 Der amtierende Insolvenzverwalter ist dagegen nicht geschützt. Daher hat der BGH unter Billigung des Bundesverfassungsgerichts mit Recht entschieden, dass der (alte) Insolvenzverwalter den Wahlbeschluss nicht unter Hinweis auf seine Befugnisse aus § 78 InsO angreifen kann.268 Ein Rechtsschutz des Insolvenzverwalters ist nicht erforderlich. Dieses Ergebnis lässt sich einmal darauf stützen, § 78 InsO auf die Wahl nach § 57 InsO gar nicht anzuwenden.269 Aber auch bei Anwendung des § 78 InsO wäre dem abgewählten Insolvenzverwalter angesichts seiner Interessenkollision die Befugnis abzusprechen, die Anfechtungsbefugnis des Amtes (im Interesse der Gläubiger) wahrzunehmen.270 Eine ganz andere, dem Verfassungsgericht nicht vorgelegte Frage besteht darin, inwieweit dem abgewählten Insolvenzverwalter nicht gegen die Abwahl durch den Gläubigerausschuss, sondern gegen seine Entlassung durch das Gericht, die in der Bestellung des Gewählten liegt, Rechtsschutz zu gewähren ist. In der Sache könnte der Abgewählte insbesondere einwenden, der neue Verwalter erfülle nicht die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 InsO. Art. 19 Abs. 4 GG spricht auch hier dafür, Rechtsschutz zu gewähren. Einfachgesetzlich steht dem Insolvenzverwalter jedenfalls die Rechtspflegererinnerung (§ 11 Abs. 2 RPflG) offen, wenn entsprechend der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung der Rechtspfleger entscheidet (§§ 3 Nr. 2 lit. e, 18 RPflG).
III. Beendigung auf Veranlassung des Amtswalters Will der Amtswalter sein Amt von sich aus aufgeben, so verbleibt ihm bei gerichtlicher Bestellung nur ein Antrag auf Entlassung (unter 2.), während sonst die Amtsniederlegung das einschlägige Rechtsinstitut (unter 1.) ist.
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Dazu schon B I 3 b cc (S. 493). BVerfG ZIP 2005, 537; BGH ZIP 2004, 2341; ZIP 2003, 1613. – Der Insolvenzverwalter ist aber nicht gehindert, nach Maßgabe von §§ 77 InsO, 18 Abs. 3 RPflG die Existenz des Wahlbeschlusses infrage zu stellen. 269 So der BGH in den angegebenen Entscheidungen; siehe bereits oben B I 3 b cc (S. 493). 270 OLG Hamm ZIP 2000, 1145; Görg, DZWiR 2000, 364, 366 f.; allgemein dazu § 12 C III 3 b (S. 436). 268
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C. Beendigung der Amtsstellung
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1. Amtsniederlegung Die Amtsniederlegung ist lediglich in § 2226 BGB für den Testamentsvollstrecker geregelt. Darüber hinaus ist sie aber für alle Amtswalter anerkannt, deren Entlassung nicht dem Gericht vorbehalten ist. a) Rechtsnatur Die Niederlegung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Der Amtswalter hat sie grundsätzlich gegenüber dem Träger der jeweiligen Organisation abzugeben. So leicht die abstrakte Formulierung dieser Voraussetzung fällt, so schwer kann es in der einzelnen Organisation fallen, denjenigen zu bestimmen, der für den Organisationsträger vertretungsbefugt ist. Bei der Bestimmung des Vertretungsberechtigten ist darauf zu achten, dass zum einen im Interesse des Amtswalters eine Niederlegung durchführbar und zum anderen im Interesse der Rechtssicherheit der Zugang der Niederlegungserklärung nachprüfbar sein muss. Daher ist eine Regelung über die passive Vertretungsbefugnis in der Organisationsverfassung wünschenswert.271 Eine gesetzliche Regelung findet sich allerdings nur in § 2226 BGB, der abweichend vom Grundsatz, dass der Organisationsträger Empfänger ist, eine Adressierung an das Nachlassgericht vorschreibt. aa) Wohnungseigentumsrecht Im Wohnungseigentumsrecht ist die Statuierung einer Vertretungsbefugnis sämtlicher Beiratsmitglieder wünschenswert. Fehlt eine entsprechende Bestimmung, muss die Niederlegungserklärung des Verwalters allen Eigentümern zugehen.272 Das ist dem Verwalter zumutbar, weil er auch sonst Erklärungen an alle Eigentümer adressieren muss.273 Eine Erklärung an alle Eigentümer wird nicht durch eine Erklärung in einer Wohnungseigentümerversammlung ersetzt, bei der nicht alle Eigentümer vertreten sind. Denn der Versammlung kommt die Aufgabe zu, den Willen der Eigentümergemeinschaft durch Beschlüsse zu bilden, aber nicht die Funktion, Erklärungen für Eigentümer entgegenzunehmen. Die Eigentümer könnten daher auch gar nicht in einer solchen Funktion ordnungsgemäß geladen werden. Statt der Ladung ist ihnen vielmehr die Niederlegung zu erklären. bb) Verbandsrecht Im Verbandsrecht verdient im Ausgangspunkt die mittlerweile herrschende Meinung Zustimmung, dass zur Vertretung das Organisationssubjekt befugt ist, dem auch die Bestellungs- und Abberufungskompetenz zukommt.274 Die Niederle271 Eine großzügige Auslegung ist geboten. Zweifelhaft ist OLG Düsseldorf NZG 1999, 1066, dass ein zur Entgegennahme einer Kündigung des Anstellungsvertrags berufener Gesellschafterausschuss nicht vertretungsbefugt ist, um die Niederlegung entgegenzunehmen. 272 OLG München, NJW 2005, 1470 f.; Gottschalg, Festschrift Wenzel, 159, 162; Bärmann/ Pick/Merle-Merle, § 26 Rn. 206. 273 Im Ausnahmefall kann eine öffentliche Zustellung nach § 132 Abs. 2 BGB helfen. 274 BGHZ 149, 28, 31; 121, 257, 260; 78, 82, 92; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2005, 1199; NZG 1999, 1066; Link, Amtsniederlegung, 203 ff.; Plander, ZHR 133 (1970), 327, 356 ff.; Staudinger-Weick (1995), § 27 Rn. 19
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§ 14: Amtsstellung
gung wird daher jedenfalls dann wirksam, wenn sie jedem Mitglied des jeweiligen Gremiums zugeht. Darüber hinaus sind aber Erleichterungen zuzulassen, wobei zwischen den so zu bezeichnenden selbst handlungsfähigen Organen und den dazu nicht fähigen zu unterscheiden ist. Zur ersten Gruppe zählen insbesondere Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat. Beide Gremien treffen nicht nur den Bestellungs- bzw. Abberufungsbeschluss, sondern könnten diesen auch selbst mitteilen. Entsprechend sind diese Organe auch bei der Entgegennahme von Erklärungen wie ein voll handlungsfähiges Gremium zu behandeln. Folglich reicht entsprechend den Grundsätzen zur Gesamtvertretung der Zugang bei einem Organmitglied aus.275 Die Niederlegung wird aber nicht wirksam, wenn sie einem anderen Mitglied des Kollegialorgans gegenüber mitgeteilt wird, zu dem der niederlegende Organwalter selbst zählt.276 Bei nicht handlungsfähigen Gremien wie Mitgliederversammlung im Verein oder Hauptversammlung der Aktiengesellschaft ist zu berücksichtigen, dass sie ihre Beschlüsse nicht selbst ausführen, sondern der Vorstand jeweils dazu berufen ist.277 Daher kann ein Aufsichtsratsmitglied sein Amt auch gegenüber dem Vorstand niederlegen.278 Entsprechend kann ein Vereinsvorstand das Amt einem anderen Vorstandsmitglied gegenüber niederlegen.279 Der alleinige Vorstand muss indessen auf die Bestellung eines Vorstandsmitglieds oder jedenfalls eines besonderen Vertreters drängen,280 will er nicht allen Mitgliedern gegenüber die Erklärung abgeben. Die vielfach geäußerte Ansicht, die Niederlegung könne wirksam in der Versammlung des jeweils zuständigen Organs erklärt werden,281 ist nur im Ergebnis regelmäßig zutreffend. Die jeweilige Versammlung ist – wie im Wohnungseigentumsrecht – nämlich allein zur Beschlussfassung, nicht zur Entgegennahme von Erklärungen berufen. Die Niederlegung wird aber meist wirksam sein, weil bei den handlungsfähigen Gremien mindest ein empfangsberechtigtes Mitglied anwesend sein wird und bei den nicht handlungsfähigen regelmäßig ein Vorstandsmitglied. b) Voraussetzungen Um die nicht ausdrücklich geregelten Voraussetzungen der Amtsniederlegung zu bestimmen, bietet sich die aus der Diskussion der Abberufung bekannte Alterna275 Zur GmbH BGHZ 149, 28, 31; Hirte, KapitalgesR, Rn. 3.18; Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 47; Plander, ZHR 133 (1970), 327, 360; a. A. Link, Amtsniederlegung, 203 ff. – Zum Aktienrecht Hüffer, § 84 Rn. 36. 276 OLG Düsseldorf, NJW-RR 2005, 1199; Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 47. 277 Vgl. ebenfalls zum Aspekt der Ausführung Baums, Geschäftsleitervertrag, 78; Link, Amtsniederlegung, 200. 278 MünchKommAktG-Semler, § 103 Rn. 113. 279 MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 34; Bamberger/Roth-Schwarz, § 27 Rn. 10; Staudinger-Weick (1995), § 27 Rn. 19. 280 Für die Möglichkeit, nach § 29 BGB ein Notorgan zu bestellen, MünchKommBGBReuter, § 27 Rn. 34. 281 MünchKommAktG-Semler, § 103 Rn. 114; Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 47; Link, Amtsniederlegung, 203; MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 34.
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C. Beendigung der Amtsstellung
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tive: Entweder bedarf die Amtsniederlegung eines wichtigen Grundes oder sie ist in das Belieben des Amtswalters gestellt. Über diese Alternative ist auf zwei Ebenen zu entscheiden. Zum einen hinsichtlich der Frage, ob die Amtsniederlegung die Amtsstellung (wirksam) beendet, zum anderen hinsichtlich der Frage, ob die (wirksame) Amtsniederlegung als möglicher Verstoß gegen die Pflichten unmittelbar aus dem Amtswalterrechtsverhältnis, nicht lediglich aus einem möglichen Anstellungsvertrag, Schadensersatzpflichten auslöst. Die Erklärung der Amtsniederlegung wurde und wird vielfach mit einem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis aus dem Anstellungsvertrag verknüpft.282 Auf dieser Grundlage lässt sich für befristete entgeltliche Tätigkeiten folgern, dass die Niederlegung eines wichtigen Grundes bedarf.283 Der BGH hat in einer Reihe von Entscheidungen zur Amtsniederlegung in der GmbH nunmehr einen anderen Standpunkt eingenommen, indem er maßgeblich auf eine Bewertung der betroffenen Interessen abstellt, um die vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Frage zu beantworten.284 Er stützt die Wirksamkeit einer Niederlegung auch ohne wichtigen Grund auf das Interesse des Rechtsverkehrs an klaren Vertretungsverhältnissen. Von diesem Standpunkt aus ist es möglich – worüber der BGH nicht entschieden hat –, ungeachtet der Wirksamkeit der Niederlegung auf Primärebene gleichzeitig auf Sekundärebene in der Niederlegung eine einen Schadensersatzanspruch begründende Pflichtwidrigkeit zu sehen.285 Der BGH hat sich ferner nicht festgelegt, ob die Niederlegung, wenn die Abberufung nur aus wichtigem Grund erfolgen kann, in gleicher Weise beschränkt ist.286 Im Anschluss an die Entscheidungen des BGH ist heute aber im Vereinsrecht,287 Aktienrecht,288 GmbH-Recht,289 und auch im Wohnungseigentumsrecht290 herrschend, dass der Amtswalter keinen wichtigen Grund für die Amtsniederlegung geltend machen muss. Es regt sich aber nach wie vor Widerspruch.291 Für eine Stellungnahme muss man sich über die Begründungslast klar werden. Vertraglich übernommene Pflichten binden den Verpflichteten nach dem Grundsatz »pacta sunt servanda«. Es bedarf eines besonderen Grundes, um sich von
282 283
Vgl. BGH NJW 1978, 1435, 1436 f.; instruktiv ferner Link, Amtsniederlegung, 55 ff. Staudinger-Weick (1995), § 27 Rn. 19; vgl. auch Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 52
Rn. 52. 284 BGHZ 121, 257, 261; BGH NJW 1995, 2850. – BGHZ 78, 82, 89 ff., verlangt noch, dass der Geschäftsführer sich jedenfalls auf wichtige Gründe für seine Amtsniederlegung beruft. 285 So etwa MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 35 f.; Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 26 Rn. 208. 286 BGHZ 121, 257, 262. 287 MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 36; Bamberger/Roth-Schwarz, § 27 Rn. 10. 288 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler, § 84 Rn. 124; Hüffer, § 84 Rn. 36; MünchKommAktG-Semler, § 103 Rn. 107; ferner Hüffer, § 103 Rn. 17; Lutter/Krieger, Rn. 27; KölnKomm-Mertens, § 103 Rn. 56; MünchKommAktG-Semler, § 103 Rn. 107. 289 Hirte, KapitalgesR, Rn. 3.18; Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 41, 45; Baumbach/HueckZöllner/Noack, § 38 Rn. 83; ferner Hachenburg-Raiser, § 52 Rn. 59. 290 Bogen, ZWE 2002, 153, 155 ff.; Gottschalg, Festschrift Wenzel, 159, 165 f.; Bärmann/ Pick/Merle-Merle, § 26 Rn. 207. 291 Link, Amtsniederlegung, 113 ff., verlangt einen wichtigen Grund, weil auch auf die Amtsniederlegung von Fremdgeschäftsführern in Kapitalgesellschaften § 712 BGB entsprechend anzuwenden sei.
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§ 14: Amtsstellung
solchen Pflichten lösen zu dürfen. Die Amtsniederlegung liegt indes auf einer anderen Ebene.292 Die Pflichten treffen den Amtswalter wegen seiner Amtsstellung.293 Durch die Amtsniederlegung will er nicht vertraglich übernommene Pflichten zum Erlöschen bringen, sondern die übernommene Amtsstellung beenden. Das Erlöschen seiner Pflichten ist dann lediglich mittelbare Folge des Verlustes der Amtsstellung.294 Daher lässt sich aus allgemeinen Grundsätzen die Begründungslast nicht der Position aufladen, die die Amtsniederlegung ohne wichtigen Grund für zulässig hält. Es setzt sich grundsätzlich vielmehr die allgemeine Freiheitsvermutung durch, eine Rechtsposition aufgeben zu dürfen, solange nicht abweichend besondere Voraussetzungen angeordnet sind. Die Amtsübernahme durch die Zustimmung zur Bestellung steht also kraft Gesetzes unter dem Vorbehalt der jederzeit möglichen Niederlegung, wie auf der anderen Seite die Bestellung unter dem jederzeitigen Vorbehalt der Abberufung steht. Diese Gegenseitigkeit wird auch nicht dadurch außer Kraft gesetzt, dass die Abberufung von einem wichtigen Grund abhängig gemacht wird. Denn dieses Erfordernis schützt – wie gerade erörtert – nicht den Amtswalter. Die Interessen der Organisation werden so nicht unangemessen beschnitten. Die Organisation kann sich durch den Abschluss entsprechender Anstellungsverträge schützen. Einer Unbilligkeit im Einzelfall kann durch angemessene Auslegung der amtswalterlichen Treuepflichten Rechnung getragen werden. Vor allem aber entspricht die aus der freien Niederlegungsmöglichkeit folgende Klarheit über die Amtsstellung nicht nur den Interessen des Rechtsverkehrs, sondern vorrangig denen der Organisation. Denn dieser muss daran gelegen sein, dass der Rechtsverkehr mit ihr störungsfrei möglich ist. Folglich kann die Amtsniederlegung auch Schadensersatzansprüche nicht aus dem Amtswalterrechtsverhältnis, sondern nur aus einem möglichen Anstellungsvertrag auslösen. Eine Grenze besteht freilich dann, wenn die Amtsniederlegung sich als ein Verstoß gegen die auch aus dem Amtswalterrechtsverhältnis folgenden Treuepflichten darstellt. 2. Antrag auf Entlassung In manchen Fällen ist die Amtsniederlegung ausgeschlossen. Dem Amtswalter bleibt nur, bei Gericht die Entlassung aus wichtigem Grund zu beantragen. a) Anwendungsbereich Die betroffenen Ämter sind überwiegend ausdrücklich im Gesetz genannt. Es sind betroffen Vormund (§ 1889 BGB) und Gegenvormund (§§ 1889, 1895 BGB), Betreuer (§ 1908b Abs. 2 BGB), die unterschiedlichen Arten von Pflegern
292
Wardenbach, AG 1999, 74, 75 f. – A. M. Link, Amtsniederlegung, 91 f. Dazu A II (S. 479). 294 Die Konstellation ist also ganz anders als im Fall des § 712 BGB, wo die Pflicht des Gesellschafters zur Geschäftsführung vertraglich begründet ist. Dort ist eine Trennung zwischen Amtsstellung und Anstellungsverhältnis nicht möglich. 293
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C. Beendigung der Amtsstellung
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(§§ 1889, 1915 BGB) einschließlich des Nachlassverwalters, der Insolvenzverwalter (§ 59 Abs. 1 S. 2 InsO), Gläubigerausschussmitglieder (§ 70 S. 2 InsO) und der Zwangsverwalter (§ 153 Abs. 2 S. 1 Fall 3 ZVG)295.296 In allen diesen Fällen sind die Gerichte auch für die Bestellung zuständig.297 Diese Feststellung fordert die Frage heraus, ob die ebenfalls gerichtlich bestellten Amtswalter von Notämtern in gleicher Weise nur vom Gericht entlassen werden können. Die herrschende Meinung hält zwar eine Amtsniederlegung unter Hinweis auf die Befugnisse der ordentlich bestellten Amtswalter für zulässig.298 Statt dieser Parallele zu den privatautonom bestellten Ämtern liegt aber wegen der vergleichbaren Interessenlage eine Parallele zu den gerichtlich bestellten Ämtern näher. Diese Parallele besteht zwar nicht zu den Ämtern Vormundschaft, Betreuung und Pflegschaft mit Ausnahme der Nachlassverwaltung (§ 1981 Abs. 3 BGB), weil in diesen Fällen die Amtswalter zur Übernahme des Amtes nach §§ 1785 f., 1915, 1898 BGB verpflichtet sein können. Entsprechend hat das Gericht vor der Entlassung zu prüfen, ob nachträglich Umstände eingetreten sind, die die Übernahmepflicht haben entfallen lassen (§§ 1889 Abs. 1, 1908b Abs. 2 BGB). Die anderen Ämter bieten aber eine geeignete Grundlage für eine entsprechende Anwendung. Diese Ämter werden freiwillig übernommen. Der Ausschluss der Amtsniederlegung rechtfertigt sich im Vergleich zu den privatautonom bestellten Ämtern schon dadurch, dass das Gericht sonst gar keine Möglichkeit hat, etwa durch einen Anstellungsvertrag die Kontinuität im Amt sicherzustellen. Die Regelung ist ausgewogen, weil auch das Gericht die Amtswalter nur aus wichtigem Grund entlassen darf. Vor allem aber wird auf diese Weise am besten der Funktionsfähigkeit der Organisation Rechnung getragen. Durch das Erfordernis der gerichtlichen Entlassung herrscht nicht nur Klarheit über die Vertretungsverhältnisse, sondern im Fall der Entlassung kann das Gericht unmittelbar die notwendige Wiederbesetzung vornehmen. Alle diese Umstände treffen auf die Notämter in gleicher Weise zu. Insoweit unterscheiden sich die Notamtswalter in maßgeblicher Weise von den privat bestellten Organwaltern und Wohnungseigentumsverwaltern: Wer mit seiner hoheitlichen Bestellung einverstanden ist, muss auch bei dieser Stelle um seine Entlassung nachsuchen. Eine Amtsniederlegung der Notamtswalter ist daher ebenso ausgeschlossen wie für die Organisation die Möglichkeit, den Notamtswalter ab-
295 Zwar erwähnt § 153 Abs. 2 ZVG den Amtswalterantrag nicht eigens, der Ausschluss der Amtsniederlegung entspricht aber überwiegender Ansicht, vgl. nur Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, § 153 Rn. 16. 296 Nichts anderes sollte schließlich für die besonderen in gerichtlichen Verfahren zu bestellenden Vertreter gelten. 297 Eine Ausnahme bilden die Gläubigerausschussmitglieder, die nach § 68 InsO auch von der Gläubigerversammlung gewählt werden können. 298 MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler, § 85 Rn. 19; MünchKommBGB-Reuter, § 29 Rn. 20; Bamberger/Roth-Schwarz, § 29 Rn. 14; MünchKommAktG-Semler, § 104 Rn. 131; Staudinger-Weick (1995), § 29 Rn. 10.
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§ 15: Verträge des Amtswalters über die Amtsstellung
zuberufen299. Entlässt das Gericht einen Notamtswalter, so hat es ohne erneuten Antrag einen anderen Amtswalter zu bestellen.300 b) Voraussetzungen der Entlassung Die Voraussetzungen der Entlassung auf eigenen Antrag sind nur in §§ 1889 Abs. 1, 1908b Abs. 2 BGB näher ausgestaltet. Die diesen Bestimmungen zugrunde liegende Verpflichtung zur Amtsübernahme spricht dagegen, auf dieser Grundlage auch in den anderen Fällen über den wichtigen Grund als Voraussetzung der Entlassung zu befinden. Daher ist nicht wie nach § 1908b Abs. 2 BGB Unzumutbarkeit der Amtsführung zu verlangen. Andererseits kann aber auch nicht der bloße Unwille des Amtswalters genügen, das Amt nicht mehr wahrnehmen zu wollen.301 In Anlehnung an das in §§ 1889 Abs. 1, 1908b Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommende Verhältnis von Amtsübernahme und Grund zur Entlassung sind folgende Voraussetzungen angemessen: Es muss sich um nach der Bestellung eingetretene Umstände handeln, die den Amtswalter davon abgehalten hätten, das Amt wahrzunehmen, wenn sie bereits bei Bestellung vorgelegen hätten. Dabei sollte man schon im Interesse der Organisation nach einer bestmöglichen Interessenwahrnehmung die Voraussetzungen nicht überspannen. Daher ist insbesondere eine örtliche oder berufliche Umorientierung des Amtswalters ausreichend, sicherlich auch eine ihn beeinträchtigende Krankheit.302 Zweifel des Amtswalters, seine Entgeltansprüche realisieren zu können, genügen grundsätzlich ebenfalls. Das betrifft insbesondere die Notamtswalter. Ausnahmen lassen sich begründen, wenn wie in §§ 207 ff. InsO spezielle Regelungen für dieses Problem bestehen.
§ 15: Verträge des Amtswalters über die Amtsstellung Die Amtswahrnehmung kann nicht nur Gegenstand des Amtswalterrechtsverhältnisses, sondern auch weiterer Rechtsverhältnisse des Amtswalters sein. Im Verbandsrecht kann insbesondere einem Mitglied als Sonderrecht das Recht auf ein Amt eingeräumt sein.303 Diese spezielle verbandsrechtliche Problematik soll im Folgenden nicht weiter erörtert werden. Das Augenmerk richtet sich vielmehr auf Verträge, die der Amtswalter im Hinblick auf seine Amtsstellung schließt. 299
Siehe II 3 a (S. 527). Roth/Altmeppen-Altmeppen, § 6 Rn. 23; Soergel-Hadding, § 29 Rn. 15; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler, § 85 Rn. 20; Staudinger-Weick (1995), § 29 Rn. 10; a. A. MünchKommBGB-Reuter, § 29 Rn. 20 301 MünchKommInsO-Gößmann, § 70 Rn. 16; Kübler/Prütting-Kübler, § 70 Rn. 9; zweifelnd MünchKommInsO-Graeber, § 59 Rn. 34. 302 Vgl. MünchKommInsO-Graeber, § 59 Rn. 32; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, § 153 Rn. 16; instruktiv auch AG Duisburg, NZI 2003, 659, zur Entlassung eines Gläubigerausschussmitglieds, dem durch die von ihm repräsentierte Gläubigergruppe das Mandat entzogen wird. 303 Vgl. nur Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 35 Rn. 19. 300
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A. Verhältnis zur Amtsstellung (Zweck)
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Im Mittelpunkt der Diskussion über solche Verträge stehen sog. Anstellungsverträge, die Mitglieder des Geschäftsführungsorgans eines Verbands oder der Wohnungseigentumsverwalter schließen. Dieser Befund entspricht der herausgehobenen Bedeutung solcher Anstellungsverträge in der Praxis.304 Die folgende Betrachtung will sich indessen nicht auf diesen Typ von Vertrag konzentrieren. Sie will vielmehr in einer allgemeinen Erörterung von Zweck, Zustandekommen und Wirkungskraft solcher Abreden die Möglichkeiten vertraglicher Gestaltungen neben der Amtsstellung ausloten.
A. Verhältnis zur Amtsstellung (Zweck) Die Analyse solcher Abreden wird durch ihr Verhältnis zur Amtsstellung geprägt. In einem ersten Schritt ist daher dieses Verhältnis und damit der mögliche Zweck solcher Abreden zu bestimmen.
I. Regelungsbedürfnis für Abreden Das Konkurrenzverhältnis der Abreden zur Amtsstellung macht eine erneute Beschäftigung mit der Amtsstellung erforderlich. Das Amtswalterrechtsverhältnis muss noch Regelungsbedürfnisse unbefriedigt lassen, die zum Gegenstand einer Abrede gemacht werden können. Es lassen sich vornehmlich zum einen das Bedürfnis nach Modifizierung oder nach Konkretisierung des Amtswalterrechtsverhältnisses (unter 1.) und zum anderen das Bedürfnis nach einem von der Amtsstellung verselbstständigten Schuldverhältnis (unter 2.) unterscheiden. Es besteht aber kein Bedürfnis nach einem Vertrag, um die Amtsstellung zu begründen. Die Bedeutung dieser Aussage macht ein Blick in das Wohnungseigentumsrecht deutlich. Bis in die jüngere Vergangenheit hinein war hier die sog. Vertragstheorie herrschend, nach der es neben dem Bestellungsbeschluss noch eines Vertragsschlusses mit dem Wohnungseigentumsverwalter bedurfte, um dessen Amtsstellung zu begründen.305 Diese Auffassung beruhte auf einer Parallele zum Verhältnis von Vollmacht und deren rechtsgeschäftlichem Grundverhältnis.306 Entsprechend sollte sich die Pflichtenbindung des Verwalters nur aus einem Vertrag, nicht aus der Bestellung ergeben können.307 Diese Auffassung ist mittlerweile überwunden. Auch im Wohnungseigentumsrecht hat sich die oben erläuterte allein organisationsrechtliche Deutung durchgesetzt, dass die Amtsstellung mit ihren gesetzlichen und statuarischen Rechten
304
Hirte, KapitalgesR, Rn. 3.21 ff., 3.66 ff. BayObLG NJW 1974, 2136; OLG Hamburg ZMR 2001, 132; Merle/Trautmann, NJW 1973, 118, 119; Merle, Bestellung, 18 f., 49. 306 Diesen missverständlichen Vergleich verwendet im Verbandsrecht auch Roth/Altmeppen-Altmeppen, § 6 Rn. 18. 307 Vgl. auch die ausführlichen Analysen der Vertragstheorie bei Striewski, ZWE 2001, 8, 9; Wenzel, ZWE 2001, 510, 511 f. 305
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§ 15: Verträge des Amtswalters über die Amtsstellung
und Pflichten durch Bestellung, d. h. regelmäßig durch Beschluss und Annahme, begründet wird.308 1. Konkretisierung und Modifizierung In vielen Fällen wird sich das Bedürfnis der Beteiligten auf eine Konkretisierung oder Modifizierung des Amtswalterrechtsverhältnisses beschränken. Um diese These zu belegen, sind die Leistungen des Amtswalterrechtsverhältnisses nochmals zu verdeutlichen. a) Inhalt des Amtswalterrechtsverhältnisses Die Organisationsverfassung gestaltet das Amtswalterrechtsverhältnis zwischen Amtswalter und dem Rechtsträger, in dessen Interesse er tätig wird, mit den bereits aufgezählten Rechten und Pflichten grundsätzlich umfassend aus.309 Es werden nicht nur der Gegenstand des Amtes, sondern auch Aufwendungsersatz, ein mögliches Entgelt und Treuepflichten geregelt. Aus diesem Grund besteht keine Notwendigkeit, stets eine Abrede zusätzlich zum Amtswalterrechtsverhältnis zu schließen. Diese These lässt sich nicht nur durch einen Verweis auf die gerichtlich eingerichteten Ämter belegen. Im Verbandsrecht werden mit Aufsichtsratsmitgliedern typischerweise keine Verträge geschlossen. Zwar ist in Bezug auf die Einordnung dieses Rechtsverhältnisses teilweise noch eine konstruktive wie begriffliche Unsicherheit festzustellen. Früher wurde noch neben der Bestellung ein vertragliches Anstellungsverhältnis verlangt,310 das freilich die Frage aufwirft, wer es wie mit den Aufsichtsratsmitgliedern schließt.311 Mittlerweile wird ein solcher Vertrag abgelehnt, teilweise aber noch ein sonst wie entstehendes besonderes Amtswalterrechtsverhältnis behauptet.312 Für solche Konstruktionen fehlt es aber an jeglichem Bedürfnis. Das Amtswalterrechtsverhältnis kommt zwischen Aufsichtsratsmitglied und Gesellschaft mit dem von der Organisationsverfassung festgelegten Inhalt zustande.313 Allerdings fehlen insbesondere im Verbands- und Wohnungseigentumsrecht zumeist ausdrückliche Regelungen des Amtswalterrechtsverhältnisses in der Organisationsverfassung. Es besteht damit aber kein Regelungsdefizit. Weder der Abschluss eines Vertrags noch die Zuhilfenahme sonstiger gesetzlicher Institute
308 BayObLG NJW-RR 2004, 443, 444; Palandt-Bassenge, § 26 WEG Rn. 3; Becker, ZWE 2003, 162, 163 f.; Bogen, ZWE 2002, 289, 290 ff.; Deckert, ZWE 2003, 247; Elzer, ZMR 2004, 229, 230; Bamberger/Roth-Hügel, § 26 Rn. 10; Bärmann/Pick/Merle-Merle, § 26 Rn. 26; Merle, ZWE 2001, 145 ff.; Bärmann/Pick, § 26 Rn. 16; Striewski, ZWE 2001, 8, 9 f.; Wenzel, ZWE 2001, 510, 512; vgl. ferner BGHZ 151, 164, 168; BGH NJW 1997, 2106, 2107;. 309 Siehe § 14 A I 2 (S. 479). 310 RGZ 146, 145, 152; 123, 351, 354. 311 Deswegen ebenfalls kritisch MünchKommAktG-Semler, § 101 Rn. 157. 312 KölnKomm-Mertens, § 101 Rn. 5. 313 Grundlegend Natzel, DB 1959, 171 ff., 201, 206 f.; ferner etwa Hüffer, § 101 Rn. 2; Link, Amtsniederlegung, 28 ff.; MünchKommAktG-Semler, § 101 Rn. 156.
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ist notwendig314. Das Amtswalterrechtsverhältnis bedarf anders als die Vollmacht nicht eines Grundverhältnisses. Das Amtswalterrechtsverhältnis ist vielmehr ergänzend auszulegen. § 27 Abs. 3 BGB zeigt den Weg mit seinem Verweis auf das (disponible) Vertragsrecht (§§ 664 bis 670 BGB). So steht also etwa dem Amtswalter einerseits stets ein Aufwendungsersatzanspruch zu (§ 670 BGB);315 andererseits hat der Amtswalter das aus der Amtsführung Erlangte herauszugeben (§ 667 BGB). Ein besonderes Problem wirft die Vergütung auf. Im Verbands- und Wohnungseigentumsrecht wird ein Anstellungsvertrag für notwendig erachtet, um einen Vergütungsanspruch des Amtswalters zu begründen.316 § 27 Abs. 3 BGB scheint dieses Ergebnis mit seinem Verweis auf den unentgeltlichen Auftrag zu stützen. Jedoch ist diese Regelung in erster Linie Ausdruck des speziellen vereinsrechtlichen Leitbilds, dass im Verein das Vorstandsamt mangels spezieller Regelung unentgeltlich wahrgenommen wird. Angesichts der den Amtswalter aus dem Amtswalterrechtsverhältnis stets unmittelbar treffenden Pflichten ist die Unentgeltlichkeit außerhalb des Vereinsrechts aber in vielen Fällen unangemessen. Der Verweis des § 27 Abs. 3 BGB auf das Vertragsrecht ist daher auf die Weise zu verallgemeinern, dass auch die Frage nach der Entgeltlichkeit von ihm erfasst wird. Daher ist § 612 Abs. 1 und 2 BGB im Amtswalterrechtsverhältnis fruchtbar zu machen. Wenn die Übernahme des Amtes seiner Art nach nur gegen Vergütung erwartet werden kann, so ist die Organisationsverfassung mangels abweichender Regelung entsprechend zu verstehen. Die Höhe der Vergütung ist dann anhand üblicher Sätze zu bestimmen. Bei der maßgeblichen Qualifizierung ist aber nicht wie im Vereinsrecht abstrakt auf das Amt seiner Art nach, sondern auf den konkreten Zuschnitt des jeweils betroffenen Amtes abzustellen.317 Einen entsprechenden Hinweis auf dieses Verständnis des Amtswalterrechtsverhältnisses enthalten §§ 85 Abs. 3 S. 1, 103 Abs. 6 AktG für die Bestellung von Notorganen.318 Diese Regelungen sind aber nicht nur auf die anderen Notämter auszudehnen.319 Sie können, wie bereits durch weitere Beispiele außerhalb des Verbands- und Wohnungseigentumsrechts belegt wurde,320 für das Amtswalterrechtsverhältnis bei allen entgeltlich ausgestalteten Ämtern Geltung beanspruchen. Der Amtswalter hat also grundsätzlich aus dem organisationsrechtlichen Amtswalterrechtsverhältnis einen Anspruch auf amtsangemessene Vergütung. 314 Die Regelungen der Geschäftsführung ohne Auftrag sind etwa schon deswegen unanwendbar, weil der Amtswalter die Amtsgeschäfte wegen seiner Amtsstellung zu führen hat, so zum Wohnungseigentumsrecht Elzer, ZMR 2004, 229, 234; Striewski, ZWE 2001, 8, 11; vgl. auch Wenzel, ZWE 2001, 510, 512, gegen BGH NJW 1997, 2106, 2107. 315 Für den Wohnungseigentumsverwalter etwa Striewski, ZWE 2001, 8, 11; Wenzel, ZWE 2001, 510, 512. 316 Etwa im Verbandsrecht Hirte, KapitalgesR, Rn. 3.10; im Wohnungseigentumsrecht Striewski, ZWE 2001, 8, 11; Wenzel ZWE 2001, 510, 512. 317 Zum Wohnungseigentumsrecht Elzer, ZMR 2004, 229, 235. 318 Entsprechendes ordnet § 318 Abs. 5 HGB für den gerichtlich bestellten Abschlussprüfer an. 319 So für den Notverwalter nach § 26 WEG Elzer, ZMR 2004, 229, 235. Zum Streit über die Begründung der Notgeschäftsführervergütung Roth/Altmeppen-Altmeppen, § 6 Rn. 25. 320 Siehe § 14 A I 2 c (S. 478).
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b) Verbleibende Bedürfnisse Auf dieser Grundlage verbleibt für eine Abrede vielfach lediglich das Bedürfnis, den abstrakt für alle möglichen Amtswalter geltenden Inhalt des Amtswalterrechtsverhältnisses zu konkretisieren oder zu modifizieren. Das Bedürfnis nach einer Konkretisierung belegt gerade die Vergütungsregelung. Der unbestimmte Begriff der »Amtsangemessenheit« ist zu konkretisieren. Wenn diese Aufgabe nicht – wie vielfach bei den gerichtlich bestellten Amtswaltern – durch gesetzliche Bestimmung erfüllt wird,321 bietet sich eine vertragliche Regelung an. § 85 Abs. 3 S. 2 AktG sieht eine solche Abrede ausdrücklich vor. Aber auch zwischen Erbe und Testamentsvollstrecker ist eine die Regelung des § 2221 BGB konkretisierende und daher Streit vermeidende Abrede zu empfehlen.322 Freilich können die Abreden gleichfalls einen ganz anderen Punkt betreffen, wie etwa die Konkretisierung von Berichtspflichten oder von Wettbewerbsverboten. Der Regelungszweck einer Modifizierung weicht graduell von dem einer Konkretisierung ab. Den Beteiligten geht es dann darum, eine Regelung des Amtswalterrechtsverhältnisses abzuändern. Als Beispiel lässt sich wieder auf eine Vergütungsregelung verweisen. So kann sich der Vereinsvorstand eine individuelle Vergütung ausbedingen. Aber es können auch alle anderen Regelungen zum Gegenstand einer Vereinbarung gemacht werden. Insbesondere im Wohnungseigentumsrecht bietet es sich an, dem Verwalter über seine von der Organisationsverfassung vorgesehenen Aufgaben hinaus weitere zu übertragen und ihm weitere rechtsgeschäftliche Kompetenzen durch Bevollmächtigung323 einzuräumen. 2. Verselbstständigung Von der Modifizierung bzw. der Konkretisierung des ohnehin bestehenden Amtswalterrechtsverhältnisses ist abzugrenzen, dass die Beteiligten eine selbstständige vertragliche Grundlage schaffen, die ihre Rechte und Pflichten regelt. Ein Interesse an einer solchen Gestaltung kann bestehen, wenn der Amtswalter den Vertrag mit dem Organisationsträger schließt, der Partner des Amtswalterrechtsverhältnisses ist (unter a.). Die Begründung eines selbstständigen Rechtsverhältnisses ist unumgänglich, wenn der Amtswalter Rechte und Pflichten mit einem Dritten begründen möchte (unter b.). a) Parteien des Amtswalterrechtsverhältnisses Die Parteien des Amtswalterrechtsverhältnisses können durch Abschluss eines Vertrags ein vom Amtswalterrechtsverhältnis unabhängiges vertragliches Verhältnis begründen wollen. Ein solcher Vertrag ist nicht darauf beschränkt, die Rechte und Pflichten aus dem Amtswalterrechtsverhältnis zu konkretisieren
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Beispiele sind VBVG, InsVV, ZVwV. Vgl. MünchKommBGB-Zimmermann, § 2221 Rn. 6. Siehe § 4 B II 2 b aa (S. 136).
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oder zu modifizieren, sondern kann insbesondere auch Regelungen für das Verhältnis vor Begründung und nach Beendigung der Amtsstellung enthalten. So kann der Vertrag im Hinblick auf eine spätere Bestellung geschlossen werden. Der Amtswalter kann sich verpflichten, das Amt zu übernehmen, die andere Seite, dem Amtswalter eine Vergütung zu zahlen. Solche Verpflichtungen wirken sich auch auf die Beendigung der Amtsstellung aus. Der Amtswalter verletzt seine Vertragspflichten, wenn er das Amt nicht antritt oder ohne hinreichenden Grund niederlegt. Die andere Seite schuldet dem Amtswalter im Grundsatz die Vergütung, auch wenn sie ihn nicht bestellt oder ihn abberuft.324 b) Verträge mit Dritten Einem Vertragsschluss mit Dritten können ganz verschiedene Motive zugrunde liegen. So kann der Dritte aus besonderen Gründen anstelle des organisierten Rechtssubjekts den Vertrag schließen sollen. Beispiel dafür ist, dass im Gesellschaftsrecht aufgrund der Verbindungen von Gesellschaften (Konzern, GmbH & Co. KG) das Rechtsverhältnis zum Amtswalter – insbesondere die Zahlung der Vergütung – von einer anderen Gesellschaft abgewickelt werden soll.325 Der Dritte kann auch im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses den Amtswalter mit der Übernahme des Amtes betrauen wollen. Manche Nebentätigkeiten wie die eines Gläubigerausschussmitglieds oder Aufsichtsratsmitglieds kann der Amtswalter dann neben seiner sonstigen Tätigkeit für den Arbeitgeber erledigen. Im Fall von Hauptämtern wird der Amtswalter vom Dritten für die Amtsführung freigestellt, verfügt aber über die Möglichkeit, nach Beendigung seiner Amtsstellung aufgrund des fortdauernden Vertrags in anderer Position für den Dritten tätig zu sein. Schließlich ist daran zu denken, dass der Amtswalter sich vom Dritten, der ein Interesse an der Amtsführung durch den Amtswalter hat, die Zahlung zumindest der (gesetzlichen) Vergütung garantieren lässt. Beispiele sind die Amtswalter des Prozessrechts, also Prozesspfleger (§ 57 ZPO) sowie besondere Vertreter (§ 779 Abs. 2 ZPO), die Gefahr laufen, ihre Vergütungsansprüche aus dem Amt gegen den Beklagten bzw. den Vollstreckungsschuldner nicht realisieren zu können. Vielfach wird der Amtswalter in diesen Fällen gar seine Vergütung als Vorschuss fordern.326
II. Rechtsnatur Der vorstehende Überblick über Bedürfnisse für Abreden zeigt, dass das Verhältnis der Abrede zum Amtswalterrechtsverhältnis und damit ihre Rechtsnatur (Vertragstyp) verschieden ausfallen kann. Insbesondere ist zwischen der Ausgestaltung des Amtswalterrechtsverhältnisses einerseits und der Begründung eines 324
Dazu §§ 27 Abs. 2 S. 1 BGB, 84 Abs. 3 S. 5 AktG, 38 Abs. 1 GmbHG. Zur rechtstatsächlichen Bedeutung der Drittanstellung im Recht der GmbH Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 389. 326 Vgl. Stein/Jonas-Bork, § 57 Rn. 11. 325
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selbstständigen Rechtsverhältnisses zu unterscheiden. Um im Folgenden (unter 3.) die Rechtsnatur der verschiedenen Vertragstypen zu bestimmen, soll zunächst die Kontroverse zu der speziellen Frage, wie das Verhältnis des klassischen Anstellungsvertrags zum Amtswalterrechtsverhältnis zu qualifizieren ist, analysiert (unter 1.) und entschieden (unter 2.) werden. 1. Kontroverse zum Anstellungsvertrag Das Amt regelt in Form des Amtswalterrechtsverhältnisses das Schuldverhältnis des Amtswalters zum Organisationsträger weitgehend. Dieses Verhältnis weist viele Bestimmungen auf, die mit den Regelungen eines üblichen Auftrags-, Dienst- oder Arbeitsvertrags übereinstimmen. Daher ist für vom Amtswalter geschlossene Anstellungsverträge ihr eigentümliches Verhältnis zum Amtswalterrechtsverhältnis zu bestimmen. Dieses Problem aufzuwerfen heißt zugleich eine Trennung vorauszusetzen: Die Bestellung als Rechtsakt zur Begründung des Amtswalterrechtsverhältnisses und der Vertragsschluss als Rechtsakt zur Begründung eines Anstellungsvertrags sind unterschiedliche Entstehungstatbestände von Rechtsfolgen.327 Nicht einheitlich beurteilt wird aber, wie sich die Rechtsfolgen dieser Akte zueinander verhalten. a) Herrschende Trennungstheorie Die ganz herrschende Auffassung befürwortet eine Trennung auch hinsichtlich der Rechtsfolgen. Es entständen mit dem organisationsrechtlichen Amtswalterrechtsverhältnis und mit dem vertraglichen Anstellungsverhältnis zwei verschiedene Rechtsverhältnisse. Diese Rechtsverhältnisse bedingten sich in der Entstehung nicht gegenseitig und könnten in ihrer Beendigung ein unterschiedliches Schicksal nehmen.328 Soweit beide Rechtsverhältnisse bestehen, wird ihnen regelmäßig die Aufgabe zugeschrieben, sich gegenseitig zu ergänzen.329 Eine solche Ergänzung ist unproblematisch, soweit jeweils das eine Rechtsverhältnis Gegenstände betrifft, zu denen das andere Rechtsverhältnis keine Regelung enthält. Spezifische Zulässigkeitsfragen stellen sich, wenn der Inhalt des Anstellungsvertrags vom Amtswalterrechtsverhältnis abweicht, etwa wenn er die Haftung abweichend von der organisationsrechtlichen Haftungsbestimmung regeln soll.330
327 Siehe bereits A I (S. 535) dazu, dass ein Vertragsschluss zur Begründung der Amtsstellung nicht erforderlich ist. 328 BGHZ 113, 237, 242; 89, 48, 52; 79, 38, 41; Fleck, WM 1981, Sonderbeil. 3, 1, 3. 329 Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 35 Rn. 16; Flume, juristische. Person, § 10 I 2. 330 Zurückhaltend Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 35 Rn. 171: »Eigentlicher Inhalt des Dienstvertrags betrifft Fragen, deren Regelung sich nicht aus dem Organverhältnis ergibt...Anstellungsvertrag kann dabei nicht von sich aus in das körperschaftliche Rechtsverhältnis der Organbeziehung eingreifen.«
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b) Einheitslehre Den Gegenstandpunkt zur Trennungstheorie nimmt die Einheitslehre ein, die zuletzt pointiert von Theodor Baums vertreten wurde.331 Es bestehe lediglich ein einheitliches Anstellungsverhältnis zwischen Amtswalter und organisiertem Rechtsträger. Dieses Schuldverhältnis werde in der Regel durch die Bestellung begründet. Die Abrede zwischen den Beteiligten, die zwar keinen Anstellungsvertrag im Sinne von § 611 BGB darstelle, aber in Übereinstimmung mit Gesetz (§ 84 Abs. 1 S. 5 AktG) und mit ständiger Übung so zu bezeichnen sei, ergänze lediglich den Inhalt dieses Rechtsverhältnisses.332 Mit der Abberufung erlösche die Dienstverpflichtung des Amtswalters. Das gesetzlich vorgesehene333 Fortbestehen seiner im Anstellungsvertrag festgelegten Vergütungsansprüche folge aus einem allgemeinen, auch § 649 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken.334 Ein Dienstverhältnis auf vertraglicher Grundlage entstehe nach Abberufung nur, wenn es so von Anfang an oder nach der Abberufung vereinbart werde.335 Eine isolierte Kündigung des Dienstverhältnisses sei nur als Abänderungskündigung anzuerkennen. Sonst sei die Kündigung nur wirksam, wenn sie zugleich als Abberufung das Dienstverhältnis vollständig beende.336 c) Reuters Zwecklehre Dieter Reuter folgt der Trennungstheorie darin, dass Amtsstellung und Anstellungsvertrag zwei unterschiedliche Rechtsverhältnisse begründen. Er versteht aber das Verhältnis dieser beiden Rechtsverhältnisse zueinander auf eine besondere Art.337 Er kritisiert an der Trennungstheorie insbesondere, dass angesichts der Pflichten aus der Amtsstellung für eine vertraglich begründete Geschäftsbesorgungspflicht kein Raum sei. Ferner sei der Anstellungsvertrag nicht nur Mittel, um das Geschäftsbesorgungsverhältnis aus der Amtsstellung zu ergänzen und zu konkretisieren. Reuter sieht in dem Anstellungsvertrag das Kausalgeschäft, das der Übernahme des Amtes zugrunde liege. Anstellung und Bestellung ständen im Verhältnis von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft zueinander. Der Amtswalter verpflichte sich das Amt auszuführen, als Gegenleistung verpflichte sich der Organisationsträger zur Zahlung der Vergütung. Durch die Abberufung mache der Organisationsträger dem Amtswalter die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich. Folglich sei der gesetzlich vorgesehene Vergütungsanspruch als Anspruch aus § 324 Abs. 1 BGB a. F.338 einzuordnen. Diesem Verständnis stünde auch nicht entgegen, dass sich Anstellung und Bestellung gegenseitig ergänzten. Ähnlich lie-
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Baums, Geschäftsleitervertrag, 51 ff., 211 ff., 335 ff., 351 ff. passim. Baums, Geschäftsleitervertrag, 53 ff. §§ 27 Abs. 2 S. 1 BGB, 84 Abs. 3 S. 5 AktG, 38 Abs. 1 GmbHG. Baums, Geschäftsleitervertrag, 343. Baums, Geschäftsleitervertrag, 344 ff. Baums, Geschäftsleitervertrag, 351 ff., 360, 375. Reuter, Festschrift Zöllner, 487 ff.; MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 4 ff. § 326 Abs. 2 BGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 2.1.2002 (BGBl. I, 42).
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ge es etwa bei dem Verhältnis von Sicherungsabrede und Grundschuld. Die Sicherungsabrede stellte nicht nur den Rechtsgrund für die Grundschuldbestellung dar, sondern gestalte auch die durch die Grundschuld entstandene Rechtsposition ergänzend aus. 2. Stellungnahme zum Anstellungsvertrag Für eine Stellungnahme zu dieser Kontroverse muss man sich über den Maßstab klar werden, an dem die Entscheidung auszurichten ist. Es lässt sich nicht nach der Zulässigkeit der verschiedenen Gestaltungsformen entscheiden. Wie sogleich zu belegen ist, sind alle Vorschläge zulässig. Unter den verschiedenen zulässigen Möglichkeiten gebührt derjenigen der Vorzug, die dem Parteiwillen am besten gerecht wird. a) Einheitslehre Die Einheitslehre geht zutreffend davon aus, dass der Gegenstand eines Vertrags darauf beschränkt sein kann, auf ein bestehendes Schuldverhältnis einzuwirken. Typisches Beispiel ist die Änderung eines Rechtsverhältnisses, die insbesondere Gegenstand eines Vergleichs sein kann. Durch diese Änderungsvereinbarung wird nur ein Baustein des zu ändernden Rechtsverhältnisses ausgetauscht, nicht aber ein neues Rechtsverhältnis begründet. Abgesehen von der zu bejahenden Frage, ob auch das organisationsrechtliche Amtswalterrechtsverhältnis durch Vertrag beeinflusst werden kann,339 stehen der Einheitslehre also keine konstruktiven Bedenken entgegen. Die Bedenken gegen die Einheitslehre gründen sich aber darauf, dass diese Lehre Schwächen hat, das Fortbestehen eines Rechtsverhältnisses von Amtswalter und Organisationsträger über das Ende der Amtsstellung hinaus zu erklären. Der von Baums herangezogene § 649 BGB basiert auf einer abweichenden Ausgangslage. Dort steht der vertraglich begründete Werklohnanspruch in Rede. Hier aber ist zu begründen, warum aus dem beendeten Amtswalterrechtsverhältnis noch nach bestimmten Zeitabschnitten neue Vergütungsansprüche entstehen sollten. Daher bieten sich die Aussagen der Einheitslehre nur zur Erklärung solcher Vereinbarungen an, die nicht bezwecken, ein vom Amtswalterrechtsverhältnis unabhängiges Rechtsverhältnis zu begründen. b) Zwecklehre Reuters Zwecklehre verdient Beifall hinsichtlich der Feststellung, dass der Amtswalter mit Übernahme des Amtes seine Pflichten aus dem Anstellungsvertrag erfüllt. Diese Aussage lässt sich noch dadurch ergänzen, dass der Amtswalter auch damit seine dienstvertraglichen Pflichten erfüllt, das Amt nicht niederzulegen. Umgekehrt gehen die Gläubigerobliegenheiten aus dem Anstellungsvertrag da-
339
Dazu C I 3 (S. 561).
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hin, den Amtswalter zu bestellen und nicht abzuberufen. Insoweit besteht auch keine Diskrepanz zur Trennungslehre. Denn anders als in der Stellung als Amtswalter sind die Aufgaben der als Amtswalter angestellten Person nicht wahrzunehmen. Bedenken bestehen aber, den Charakter des Anstellungsvertrags auf diese Komponente zu beschränken, wenn man ihn als Kausalgeschäft340 oder Rechtsgrund341 der (punktuellen) Bestellung bezeichnet. Im Mittelpunkt des Anstellungsvertrags steht nämlich nicht die Bestellung und die damit verbundene Begründung der Amtsstellung, sondern die Dienstverpflichtung des Amtswalters. Für deren Ausführung ist die Bestellung freilich notwendige Voraussetzung, wenn sie in der Wahrnehmung von Amtspflichten liegen soll. Dieser Gewichtung entspricht insbesondere die Entgeltabrede. Das regelmäßig nach Zeitabschnitten bemessene Entgelt aus dem Anstellungsvertrag ist nicht Gegenleistung für die (punktuelle) Annahme der Bestellung, sondern für die (durchgehende) Wahrnehmung der Amtspflichten. Reuter geht auch zu weit, wenn er aus Nichtbestellung oder Abberufung unmittelbar die Unmöglichkeit für den Amtswalter herleitet, seine Pflichten zu erfüllen. Zunächst muss doch der Vertrag gerade daraufhin – ggf. ergänzend – ausgelegt werden, ob der Amtswalter seine Pflichten nur durch Wahrnehmung des Amtes oder auch durch die Wahrnehmung anderer Aufgaben erfüllen kann.342 Bei alledem tritt der Unterschied zu der von Reuter herangezogenen Konstellation von Grundschuldbestellung und Sicherungsvertrag offen zutage. Dort steht die Verschaffung der Grundschuld im Mittelpunkt der rechtsgeschäftlichen Abrede. Die Bestellung der Grundschuld als abstraktes Zuwendungsgeschäft unterscheidet sich im Hinblick auf Überlegungen zum Kausalgeschäft grundlegend von der organisationsrechtlichen Bestellung zum Amtswalter. Die Unterscheidung von kausalen und abstrakten Rechtsgeschäften bezieht sich auf Zuwendungsgeschäfte.343 Kausal sind die Geschäfte, bei denen der Zuwendungszweck zum rechtsgeschäftlichen Tatbestand gehört;344 abstrakte Zuwendungsgeschäfte sind hingegen ohne Zweckvereinbarung wirksam.345 Insbesondere abstrakte Zuwendungsgeschäfte werden durch eine sie begleitende Zweckbestimmung zu einem kausalen Geschäft in Beziehung gesetzt. Diese Zweckbeziehung rechtfertigt dann das kausale Geschäft als Kausalgeschäft zu qualifizieren.346 Von der Wirksamkeit des Kausalgeschäfts hängt auch ab, ob der Zuwendende das durch das abstrakte Geschäft dem Zuwendungsempfänger Zugewendete im Wege unge-
340
MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 4. Reuter, Festschrift Zöllner, 487, 488; vgl. auch Lutter/Hommelhoff-Hommelhoff/Kleindiek, Anh § 6 Rn. 1. 342 Vgl. BGH WM 1966, 968. – Reuter, Festschrift Zöllner, 487, 490, macht diese Überlegung nur über den Umweg des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB (= § 324 Abs. 1 S. 2 BGB a. F.) fruchtbar. 343 Statt aller Bork, AT, Rn. 460 ff. 344 Die Parteien eines Kaufvertrags müssen sich über den Zuwendungszweck Kauf als ein essentiale negotii einigen, um die Ansprüche aus dem Kaufvertrag dem Vertragspartner zuzuwenden. 345 Eine Rechtsübertragung ist wirksam unabhängig davon, aufgrund welchen Zweckes sie erfolgt. 346 Ein Kaufvertrag ist Kausalgeschäft für die Übereignung der Kaufsache. 341
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rechtfertigter Bereicherung zurückfordern kann.347 Für das abstrakte Rechtsgeschäft »Grundschuldbestellung« ist das kausale Rechtsgeschäft »Sicherungsabrede« das Kausalgeschäft. Bei Unwirksamkeit der Sicherungsabrede ist die Grundschuld zurückzugewähren. Das organisationsrechtliche Rechtsgeschäft Bestellung indessen hat keine Zuwendungen von Rechten zum Gegenstand, sondern begründet eine Rechtsstellung, die kraft Organisationsverfassung (Gesetz) Rechte und Pflichten mit sich bringt.348 c) Trennungstheorie Es verdient zur Qualifizierung des klassischen Anstellungsvertrags regelmäßig die Trennungstheorie Gefolgschaft, die allerdings noch der Präzisierung bedarf. Entgegen der Kritik Reuters kann der Anstellungsvertrag eine Geschäftsbesorgungspflicht des Amtswalters begründen, auch wenn die gleiche Pflicht schon aus dem Amtswalterrechtsverhältnis folgt. Entsprechendes gilt für die meist ebenfalls aus dem Amtswalterrechtsverhältnis folgende Vergütungspflicht349. Die Parteien eines Rechtsverhältnisses sind keinesfalls gehindert, bereits bestehende Rechte oder Pflichten durch Begründung weiterer vertraglicher Rechtsverhältnisse zu verdoppeln. Regelmäßig wird freilich an einer solchen Gestaltung kein Interesse bestehen. Gegenbeispiele bieten aber die meist erfüllungs- oder sicherungshalber begründeten abstrakten Schuldverhältnisse wie Wechsel, Scheck oder (notarielles) Schuldanerkenntnis.350 Um die Bereinigungswirkung eines Vergleichs zu erreichen, kann ebenfalls die Begründung eines zweiten Schuldverhältnisses notwendig sein.351 In allen diesen Fällen ist allerdings von besonderer Bedeutung, das Verhältnis der verschiedenen Rechtsverhältnisse und der aus ihnen folgenden Ansprüche zueinander zu bestimmen.352 Zu dieser Frage nimmt die Trennungstheorie nicht Stellung, wenn sie darauf verweist, dass beide Rechtsverhältnisse ein unterschiedliches Schicksal nehmen können. Denn dadurch wird nur das Bedürfnis nach mehreren Rechtsverhältnissen belegt, dass unabhängig von dem Erlöschen des einen das andere fortbestehen soll. Eine Wertung lässt sich aus dem Verweis auf die Ergänzungsfunktion des vertraglichen Rechtsverhältnisses gewinnen. Solange beide Rechtsverhältnisse nicht ein unterschiedliches Schicksal nehmen, sondern nebeneinander bestehen, soll – so lässt sich schließen – der Anstellungsvertrag nur insoweit von Beachtung sein, als er zur Ergänzung des Amtswalterrechtsverhältnisses dient. Die Frage nach dem Verhältnis wird ausdrücklich für Einzelfragen erörtert. Etwa ist im GmbH-Recht umstritten, wie sich die Geschäftsführerhaftung nach § 43 347 Der Verkäufer hat die Kaufsache ohne Rechtsgrund geleistet, wenn der Kaufvertrag nicht wirksam ist, weil der Verkäufer dann seinen Zweck, den Kaufvertrag zu erfüllen, verfehlt hat. Rechtsgrund ist allerdings genau genommen nicht das Kausalgeschäft, sondern der Erfüllungszweck. Ausführlicher Bork, AT, Rn. 474 f. 348 Siehe § 14 A III (S. 481). 349 Siehe oben A I 1 a (S. 536); ferner § 14 A I 2 c (S. 479). 350 Etwa Bork, AT, Rn. 293 f., 472. 351 Ausführlich Bork, Vergleich, 130 ff.; ihm folgend Jacoby, JZ 2002, 722, 723. 352 Vgl. Bork, Vergleich, 132 f.
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GmbHG zur vertraglichen Haftung für Pflichtverletzungen (§ 280 Abs. 1 BGB) verhält. Mehrheitlich wird der gesetzlichen Bestimmung eine die Vertragshaftung verdrängende Kraft zugewiesen.353 Teilweise wird Anspruchsgrundlagenkonkurrenz angenommen.354 Beide Begründungen überzeugen weder für den Einzelfall noch als allgemeiner Ansatz. Anspruchsgrundlagenkonkurrenz setzt voraus, dass sich ein einheitlicher Anspruch auf mehrere Anspruchsgrundlagen stützen lässt.355 Insbesondere für die Primäransprüche liegt es auf der Hand, dass diese Voraussetzung nicht erfüllt ist. Die Ansprüche aus dem Amtswalterrechtsverhältnis beruhen auf der die Amtsstellung begründenden Bestellung, die vertraglichen Ansprüche indessen auf dem Vertragsschluss. Was für die Primäransprüche gilt, trifft auch auf den sekundären Haftungsanspruch zu. Zwar beruhen sowohl der Anspruch aus § 43 GmbHG als auch der vertragliche Anspruch auf derselben tatsächlichen Handlung des Amtswalters, die die Verletzung der Pflichten sowohl aus dem Amtswalterrechtsverhältnis als auch aus dem Anstellungsvertrag begründet. Die Pflichtverletzungen sind aber rechtlich ganz unterschiedlicher Natur, weil sie zum einen Pflichten aus dem Vertrag und zum anderen Pflichten aus der Amtsstellung voraussetzen. Es gewähren also nicht bei einem Sachverhalt mehrere Anspruchsgrundlagen dieselbe Rechtsfolge, sondern bei zwei Sachverhalten (Vertragsverletzung einerseits, Amtspflichtverletzung andererseits) bestehen zwei inhaltlich gleiche Ansprüche.356 Im Ergebnis trifft es zu, den Vorrang der gesetzlichen Regelung des Amtswalterrechtsverhältnisses anzunehmen. Dieser Vorrang lässt sich aber nicht auf Spezialität gründen. In der Regel sind vertragliche Abreden spezieller als gesetzliche Regelungen. So liegt es auch hier. Das gesetzliche Amtswalterrechtsverhältnis ist in dem Umfang vorrangig, in dem der Vertrag nicht von der Organisationsverfassung abweichen will. Der Vertrag will das Amtswalterrechtsverhältnis überwiegend in Gestalt einer Reservefunktion nur »ergänzen«, aber eben nicht verdrängen. Die Reservefunktion äußert sich folgendermaßen: Der Vertrag ist allein maßgeblich, wenn das Amtswalterrechtsverhältnis noch nicht oder nicht mehr besteht und so keine Wirkungen äußern kann. Dann besteht eine Parallele zu Reuters Zwecklehre. Besteht das Amtswalterrechtsverhältnis, so soll dem Vertrag nach dem Willen der Parteien des Anstellungsvertrags nur eine Modifizierungsund Präzisierungsfunktion zukommen. Insoweit ist in den Wirkungen eine Nähe zur Wirkungsbeschreibung der Einheitslehre festzustellen.
353 Die Organhaftung aus § 43 GmbHG nehme als Spezialregelung die Haftung des Geschäftsführers aus seinem Anstellungsvertrag in sich auf, so BGH NJW 1997, 741, 742; NJW-RR 1989, 1255, 1256; Lutter/Hommelhoff-Hommelhoff/Kleindiek, § 43 Rn. 3; Baumbach/HueckZöllner/Noack, § 43 Rn. 4. 354 Fleck, ZIP 1991, 1269, 1270; K. Schmidt, GesR, § 36 II 4 a; Scholz-Schneider, § 43 Rn. 13. 355 Bork, AT, Rn. 293. 356 Anspruchskonkurrenz besteht bei vertraglichen und deliktischen Ersatzansprüchen. Beide Ansprüche beruhen auf demselben Sachverhalt, weil allein die Tatsachen, die den vertraglichen Anspruch begründen, ausreichen, um auch den deliktischen zu begründen.
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§ 15: Verträge des Amtswalters über die Amtsstellung
d) Ergebnis Der Streit um das Verständnis des Anstellungsvertrags ist danach zu entscheiden, wie die Abrede der Beteiligten typischerweise zu verstehen ist. Der Trennungstheorie gebührt der Vorzug, da in der Regel der Parteiwille darauf abzielt, durch den Anstellungsvertrag neben dem Amtswalterrechtsverhältnis ein weiteres vertragliches Schuldverhältnis zu begründen. Daher können beide Schuldverhältnisse – worauf die Vertreter der Trennungstheorie hinweisen – ein unterschiedliches Schicksal nehmen. Insbesondere können aus dem Anstellungsverhältnis Rechte und Pflichten folgen, bevor die Amtsstellung begründet oder nachdem sie beendet ist. Es können aber auch beide Rechtsverhältnisse gleichzeitig bestehen. Dann entspricht es regelmäßig dem Parteiwillen, dass das Anstellungsverhältnis, soweit es auf das Amtswalterrechtsverhältnis inhaltlich verweist, hinter dieses zurücktritt. Nur soweit das Anstellungsverhältnis vom Amtswalterrechtsverhältnis abweichende Regelungen enthält, geht es ihm vor. 3. Qualifizierung der verschiedenen Abreden Die zum Anstellungsvertrag gewonnenen Erkenntnisse lassen sich fruchtbar machen, um die verschiedenen denkbaren Vertragsgestaltungen einzuordnen. a) Parteien des Amtswalterrechtsverhältnisses Wird der Vertrag unter den Parteien des Amtswalterrechtsverhältnisses geschlossen, ist folgendermaßen zu differenzieren: Die Beteiligten können ein verselbstständigtes Rechtsverhältnis anstreben, dessen Schicksal von dem des Amtswalterrechtsverhältnisses unabhängig ist. Regelmäßig ist das dann der Fall, wenn die Beteiligten ein Anstellungsverhältnis begründen wollen.357 Die gerade gemachten Ausführungen gelten dann direkt. Die Beteiligten können sich aber auch darauf beschränken, Elemente des Amtswalterrechtsverhältnisses modifizieren oder konkretisieren zu wollen.358 Dieses Verständnis liegt insbesondere in solchen Fällen nahe, in denen kein Vertragsverhältnis angestrebt ist, das sich, was Beginn und Ende betrifft, von der Amtsstellung unterscheiden soll.359 Dann brauchen die Beteiligten kein weiteres Schuldverhältnis zu begründen. Es ist ausreichend, das zu modifizierende oder zu konkretisierende Element des Rechtsverhältnisses zu bestimmen. Die Qualifizierung entspricht der Einheitslehre. Die Rechtsnatur dieses Vertrags entspricht der eines Vergleichs, der Streit oder Ungewissheit lediglich über ein Element eines (unstreitig bestehenden) Rechtsverhältnisses beseitigen soll.360 Es handelt sich um einen Änderungsvertrag. Diese Qualifikation gilt selbst dann, wenn das Amtswalterrechtsverhältnis tatsächlich mit dem Inhalt besteht, den die Parteien ihm durch konkretisierenden Vertrag geben wollen. Denn in dieser Konstellation 357 358 359 360
Siehe A I 2 a (S. 538). Siehe A I 1 (S. 536). Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 35 Rn. 210. Bork, Vergleich, 119 ff.; Jacoby, JZ 2002, 722, 723.
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B. Gestaltung durch Willenserklärungen
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bedarf es zwar keiner Einwirkung auf das Amtswalterrechtsverhältnis. Die Annahme eines Änderungsvertrags ist aber unschädlich, weil dieser Vertrag ins Leere geht, wenn es seiner gar nicht bedarf, um dem Amtswalterrechtsverhältnis den gewünschten Inhalt zu geben. Vorteil der befürworteten Sichtweise, stets einen unbedingten Änderungsvertrag anzunehmen, ist, den Vertrag einheitlich qualifizieren zu können.361 Der Einordnung als Änderungsvertrag steht auch nicht entgegen, dass das zu beeinflussende Rechtsverhältnis das Amtswalterrechtsverhältnis ist, das nicht vertraglicher, sondern organisationsrechtlicher, meist gesetzlicher Natur ist. Denn auch die Rechtsfolgen von gesetzlichen Rechtsverhältnissen entziehen sich grundsätzlich nicht der Beeinflussung durch Vertrag.362 Der Vertrag kann nicht dazu beitragen, den rechtsbegründenden Tatbestand zu erfüllen, aber (auf gesetzlicher Grundlage) begründete Rechte und Pflichten zu beeinflussen. b) Verträge mit Dritten Verträge mit Dritten müssen ein neues Rechtsverhältnis begründen. Der Inhalt dieses Rechtsverhältnisses kann aber abhängig von den Interessen der Beteiligten ganz unterschiedlich ausfallen. Ein Anstellungsvertrag kommt in Betracht. Der Amtswalter erwirbt so gegen den Dritten einen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung, der grundsätzlich unabhängig von der Amtsstellung ist. Der Amtswalter selbst verpflichtet sich zur Amtsführung. Er kann dieser Verpflichtung freilich nur so lange nachkommen, wie die Organisation ihn nicht abberuft. Zu unterscheiden ist, ob der Dritte Gläubiger der Dienstverpflichtung des Amtswalters wird oder ob der Organisationsträger das im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter (§§ 328 ff. BGB) wird.363 Der Dritte kann auch auf jede vertragliche Verpflichtung des Amtswalters verzichten. Der Vertrag verbessert dann allein die Stellung des Amtswalters. Zu denken ist insbesondere an eine Garantie oder einen Bürgschaftsvertrag mit dem Ziel, dass der Vergütungsanspruch des Amtswalters aus dem Amtswalterrechtsverhältnis durch einen Anspruch gegen den Dritten gesichert wird.
B. Gestaltung durch Willenserklärungen Die jeweilige Abrede ist materiell-rechtlicher Vertrag. Sie beruht auf Willenserklärungen. Eine Einwirkung auf das aus ihr folgende Rechtsverhältnis, insbesondere seine Beendigung durch Kündigung, ist ebenfalls nur durch Willenserklärung möglich. Dieser Umstand bedeutet einen erheblichen Unterschied zur organisationsrechtlichen Amtsstellung, die unmittelbar durch Beschluss begründet und beendet werden kann.364 Dieser Unterschied an sich bringt nicht notwendig 361 362 363 364
Ebenso zum Vergleich Bork, Vergleich, 155 ff; Jacoby, Musterprozeßvertrag, 97. Siehe C I 3 (S. 560). Vgl. Lutter/Hommelhoff-Hommelhoff/Kleindiek, Anh § 6 Rn. 19. Siehe dazu § 14 B I 1 (S. 485), C II 2 a (S. 520).
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§ 15: Verträge des Amtswalters über die Amtsstellung
rechtliche Probleme mit sich. Der Abschluss materiell-rechtlicher Verträge durch Willenserklärungen ist jeder Organisation möglich. Spezifische Probleme ergeben sich aber daraus, dass der Abschluss der Verträge mit den Amtswaltern nicht den eigentlichen Außenhandlungssubjekten zugewiesen ist, sondern den Organisationssubjekten, die auch für die Bestellung zuständig sind. Für das Aktienrecht folgt diese Rechtsfolge schon aus §§ 112, 84 AktG. Wegen des engen sachlichen Zusammenhangs von Abrede und Bestellung ist diese Kompetenzverteilung aber darüber hinaus im gesamten Verbandsrecht anerkannt.365 Das schließt freilich die Delegation der Aufgabe an Ausschüsse oder einzelne Mitglieder nicht aus. Darüber hinausgehende Abweichungen mag die Organisationsverfassung regeln (§ 40 BGB). Gleiches gilt im Wohnungseigentumsrecht. Grundsätzlich ist die Eigentümerversammlung zuständig. Der Beirat kann aber durch Vereinbarung der Eigentümer mit dem Abschluss betraut werden. Es sind also vielfach mitgliederstarke Gremien zuständig, die üblicherweise durch Beschluss ihren Willen bilden, die aber nur ausnahmsweise durch Willenserklärungen am Außenrechtsverkehr teilnehmen. Im Folgenden ist daher diesem Verhältnis von organisationsinternem Beschluss und der Gestaltung des Außenrechtsverkehrs durch Willenserklärung nachzugehen. Dieser Problemstellung kommt nicht nur dogmatische Bedeutung zu. Dieser Einordnung kommt – wie auch sonst oft dogmatischen Konzepten – eine systembildende Kraft zu, die Einzelfragen zu lösen hilft. Beispiel eines solchen Einzelproblems ist die Frage, inwieweit bei der Kündigung des Anstellungsvertrags durch einzelne Gremiumsmitglieder § 174 S. 1 BGB greifen kann.366 Das Problem kann nicht für alle verschiedenen Konstellationen abschließend behandelt werden. Im Folgenden soll zunächst speziell auf die Vertretung der Aktiengesellschaft durch den Aufsichtsrat gegenüber einem Vorstandsmitglied eingegangen werden (unter 1.). Die aus dieser Betrachtung gewonnenen Erkenntnisse sind dann zu verallgemeinern (unter 2.).
I. Spezialfall: Vertretung durch den Aufsichtsrat Nach § 112 AktG wird die Aktiengesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern vom Aufsichtsrat vertreten, der nach § 95 AktG aus mindestens drei Mitgliedern besteht. Ausdrückliche Regelungen, wie das Gremium Aufsichtsrat im Außenverhältnis handeln kann, sieht das Gesetz nicht vor. § 108 Abs. 1 AktG verlangt freilich, dass der Aufsichtsrat seine Entscheidungen durch Beschluss trifft. Zur Lösung des angesprochenen Problems ist das Verhältnis von § 108 Abs. 1 AktG und § 112 AktG zueinander zu bestimmen. Folgende Auffassungen sind zu unterscheiden.
365
BGHZ 113, 237, 242 ff.; 89, 48, 52 ff.; 79, 38, 42 f.; BGH NJW 1987, 1890, 1891. Dazu jüngst etwa im Aktienrecht OLG Düsseldorf NZG 2004, 141 ff.; Bednarz, NZG 2005, 418 ff.; Leuering, NZG 2004, 120 ff.; Schockenhoff/Topf, DB 2005, 539 ff. 366
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B. Gestaltung durch Willenserklärungen
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1. Einzelaktszurechnung Der Wortlaut des § 112 AktG entspricht § 78 Abs. 1 AktG. Die Vertretung durch den Aufsichtsrat lässt sich daher wie die durch den Vorstand erklären. Die Vertretung durch den Vorstand basiert darauf, dass entsprechend § 78 Abs. 2 AktG der Gesellschaft die Willenserklärungen der einzelnen Vorstandsmitglieder zugerechnet werden.367 Grundsätzlich gilt Gesamtvertretung.368 Daher müssen entweder alle Vorstandsmitglieder übereinstimmende Willenserklärungen abgeben, die als Gesamtakt der Aktiengesellschaft als eine Willenserklärung zugerechnet werden. Oder die Vorstandsmitglieder ermächtigen ein Mitglied die der Gesellschaft zuzurechnende Willenserklärung abzugeben. Eine Mischform stellt schließlich die Gestaltung dar, dass einige Mitglieder die anderen zur Gesamtvertretung ermächtigen. Die Übertragung dieser Grundsätze auf den Aufsichtsrat bedeutete, dass auch der Aufsichtsrat nur durch der Gesellschaft zuzurechnende Willenserklärungen der Aufsichtsratsmitglieder handeln könnte.369 Die Vertretung durch den Aufsichtsrat bedeutete eine Vertretung durch alle Aufsichtsratsmitglieder, solange nicht einzelne Mitglieder zur Vertretung ermächtigt worden sind.370 2. Spezifische Willenserklärung des Aufsichtsrats Ein abweichender Ansatz besteht darin, der Aufsichtsrat könnte durch Beschluss eine ihm zuzurechnende Willenserklärung erzeugen, die zur Wirksamkeit nur noch des Zugangs etwa durch einen Boten bedürfte.371 Zurechnungssubjekt der existenten, weil abgegebenen Willenserklärung wäre damit allein der Aufsichtsrat. Der Beschluss stellte einen neuen Tatbestand dar, um eine Willenserklärung zu erzeugen. Es könnte nicht nur ein willensfähiges Subjekt durch Äußerung seines Willens eine Willenserklärung abgeben, sondern auch das Gremium Aufsichtsrat könnte durch Beschluss seinen Willen bilden und gleichzeitig zum Ausdruck bringen. Voraussetzung wäre nur, dass die Abgabe einer Willenserklärung zum Beschlussgegenstand gemacht wird. Fände dieser Beschlussantrag die erforderliche Mehrheit, wäre die Erklärung in der Welt.
367
Siehe § 6 A II 3 c aa (S. 215). Siehe § 10 B II 2 (S. 358). 369 KölnKomm-Mertens, § 112 Rn. 21; MünchKommAktG-Semler, § 112 Rn. 50 f. 370 Vgl. BGHZ 41, 282, 285: »Fehlt es an einer Vertretungsermächtigung, so wird die Aktiengesellschaft vom Aufsichtsrat in seiner Gesamtheit vertreten.« 371 Bauer/Krieger, ZIP 2004, 1247, 1248; Bednarz, NZG 2005, 418, 420; Schockenhoff/Topf, DB 2005, 539. – Vgl. auch BGHZ 12, 327, 334: Das Schreiben des Vorstandsmitglieds an das ehemalige Vorstandsmitglied enthält die Mitteilung, »dass der Aufsichtsrat in seiner Sitzung (...) das Dienstverhältnis des Klägers (ehemaligen Vorstandsmitglieds) ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aufgrund von § 626 BGB beendet habe, sowie die Erklärung des Vorstands, dass er dies dem Kläger im Auftrage des Aufsichtsrats zur Kenntnis bringe. Damit ist ganz unzweideutig zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der mitgeteilten Kündigung nicht um eine eigene Willenserklärung des Vorstands, sondern um eine vom Aufsichtsrat ausgehende und von diesem abgegebene Willenserklärung handeln sollte, dass also der Vorstand diese Erklärung des Aufsichtsrats nur als Bote übermitteln wollte.« Ferner Mertens, AG 1981, 216, 217. 368
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§ 15: Verträge des Amtswalters über die Amtsstellung
Diese Konstruktion ließe sich auf § 108 Abs. 1 AktG stützen. Diese Norm wäre dann nicht nur darauf beschränkt, die Willensbildung des Gremiums zu regeln, sondern ließe sich auch wie ein zweiter Absatz des § 112 AktG dahin verstehen, die Willensäußerung durch Willenserklärung zu ermöglichen. Die Erklärung der Außenwirkung, die dem Beschluss aufgrund von § 108 Abs. 1 AktG ohnehin zukommen soll, wäre mit dem Tatbestand der Willenserklärung verschmolzen. 3. Lehre vom Vertreter in der Erklärung Schließlich kommt noch in Betracht, das Zusammenspiel von Beschluss und Willenserklärung durch die Rechtsfigur vom Vertreter in der Erklärung zu verstehen.372 Kernaussage dieser Sichtweise ist, dass der Vorsitzende (oder ein anderes Mitglied) des Aufsichtsrats, wie es § 26 Abs. 2 S. 1 BetrVG entsprechend für den Betriebsrat formuliert, den Aufsichtsrat im Rahmen der von ihm gefassten Beschlüsse vertreten kann. Allerdings sei der Aufsichtsratsvorsitzende – anders als es § 26 Abs. 2 S. 1 BetrVG für den Betriebsratsvorsitzenden bestimmt – nicht ohne weiteres zu dieser Vertretung berechtigt, sondern bedürfe einer entsprechenden Beschlussfassung.373 Die Besonderheit der Vertretung in der Erklärung wird darin gesehen, dass der Vertreter nicht selbst den rechtsgeschäftlichen Willen bilde, sondern den vom Aufsichtsrat durch Beschluss gebildeten Willen erkläre.374 Dieser Vertreter in der Erklärung sei daher vom Boten abzugrenzen, weil er eine eigene Erklärung abgebe, keine fremde übermittle, aber auch vom Vertreter im Sinne von § 164 BGB, weil er keinen eigenen Willen bilde, sondern an den Willen des Aufsichtsrats gebunden sei. 4. Stellungnahme Die Stellungnahme fällt ungeachtet der Besonderheiten durch die Reglung in § 108 Abs. 1 AktG zugunsten der bei Gremien stets einschlägigen Einzelaktszurechnung aus. Ein Gremium kann nicht selbst, sondern nur durch seine Mitglieder am Außenrechtsverkehr teilnehmen. Die abweichenden Auffassungen sind abzulehnen oder lassen sich der Einzelaktszurechnung unterordnen. a) Keine Willenserklärung durch Beschluss Die Qualifizierung eines Beschlusses als Willenserklärung bedeutete einen Bruch mit einem recht einhellig anerkannten Dogma zur Beschlusslehre, dass der Be372 OLG Düsseldorf NZG 2004, 141, 142; Bednarz, NZG 2005, 418, 419 f.; Hüffer, § 112 Rn. 5; ders., Festschrift Claussen, 171, 181 ff.; MünchKommAktG-Semler, § 112 Rn. 52 ff. 373 OLG Düsseldorf, NZG 2004, 141, 143; Bednarz, NZG 2005, 418, 420 m. w. Nachw. über den Streitstand in Fn. 32; ferner Schockenhoff/Topf, DB 2005, 539, 540 f. 374 OLG Düsseldorf, NZG 2004, 141, 142; Bauer/Krieger, ZIP 2004, 1247, 1248; Bednarz, NZG 2005, 419, 420; Hüffer, Festschrift Claussen, 171, 183. – Zu § 26 Abs. 2 S. 1 BetrVG etwa BAG NZA 2003, 870, 872; ErfKomm-Eisemann, § 26 BetrVG Rn. 4.
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B. Gestaltung durch Willenserklärungen
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schluss zwar auf in der Stimmabgabe liegenden Willenserklärungen beruht, selbst aber keine Willenserklärung, sondern ein Rechtsgeschäft eigener Art darstellt.375 Dieser Bruch beträfe freilich nur einen Teilbereich. Nicht jeder Beschluss wäre Willenserklärung. Es wäre zwischen willenserklärenden und sonstigen Beschlüssen zu unterscheiden. Der willenserklärende Beschluss wäre janusköpfig: Rechtsgeschäft eigener Art, aber auch Willenserklärung. Dieses differenzierende Ergebnis ließe sich damit begründen, dass es vom Beschlussgegenstand abhänge, ob das Gremium eine Willenserklärung abgeben wolle. Diese Auffassung ist nicht nur aus diesen begrifflichen Gründen abzulehnen, dass die Beschlusslehre umzuschreiben wäre. Vor allem passt das Institut der Willenserklärung nicht auf einen durch Beschluss gebildeten Kollektivwillen. Eine Willenserklärung können nur willensfähige Subjekte, also einzelne Menschen, erzeugen. Die Willenserklärung setzt einen von einem Menschen gebildeten Willen voraus.376 Die kollektive Vornahme von Willenserklärungen ist also nur durch Abgabe mehrerer Willenserklärungen im Wege des Gesamtakts möglich. Diese Prämisse folgt wiederum nicht nur aus einem begrifflichen Verständnis der Willenserklärung, sondern ist dem Bedürfnis geschuldet, die Regelungen über die Willenserklärung anwenden zu können: Den inneren Tatbestand einer Willenserklärung kann nur das von einem menschlichen Willen getragene Verhalten eines Menschen erfüllen. Nur auf dieser Grundlage lässt sich nach §§ 104 ff. BGB über die Geschäftsfähigkeit und nach §§ 116 ff. BGB über Willensmängel befinden. Den Beschluss als Willenserklärung anzuerkennen hieße gleichzeitig die Mängellehre hinsichtlich der Willenserklärungen durch die Beschlussmängellehre zu ersetzen. Das wäre systemwidrig und zeigt, dass Beschluss und Willenserklärung zwei unterschiedliche Rechtsakte sind. Begrifflich ist es eine Frage des Gegenstands der Beschlusszurechnung. Erklärungen geben bei der Beschlussfassung nur die Gremiumsmitglieder ab. Deren Erklärungen werden dem Gremium Aufsichtsrat nicht als eigene Erklärung zugerechnet, sondern erzeugen grundsätzlich nur seinen (internen) Gremiumswillen. Dieser Rechtsfolge entspricht § 108 Abs. 1 AktG, der von der Entscheidung des Aufsichtsrats, nicht aber von seinem Verhalten handelt. Also ist der allgemeinen Beschlusslehre zu folgen, dass ein Beschluss grundsätzlich nur einen Willen des Kollektivs bilden kann und dass der so gebildete Wille aber noch der Umsetzung nach außen bedarf. Allein im innerorganisatorischen Bereich kann der Beschluss über das Gremium hinaus wirken.377 Wird dennoch auf Grundlage der Rechtsauffassung, dass das Gremium eine zu übermittelnde Willenserklärung durch Beschluss schaffen könne, vorgegangen,378 bietet sich folgende Auslegung an: Das Verhalten der Gremiumsmitglieder, die für die Abgabe der Willenserklärung stimmen, ist so zu verstehen, dass 375
K. Schmidt, GesR, § 15 I 2 m. w. Nachw.; Siehe § 12 B III (S. 420 ff.). Bork, AT, Rn. 566. 377 Siehe § 12 B III 2 b (S. 423), ferner § 14 B I 1 (S. 485), C II 2 a (S. 520). 378 Bauer/Krieger, ZIP 2005, 1247, 1248, formulieren etwa folgenden Beschlussinhalt: »Der Geschäftsführer G wird hiermit von seinem Amt in der Geschäftsführung abberufen. Sein Anstellungsvertrag wird fristlos gekündigt. Der Gesellschafter X wird beauftragt, dem G diese Erklärung der Gesellschafter zu übermitteln.« 376
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§ 15: Verträge des Amtswalters über die Amtsstellung
sie zusätzlich zu der den Beschluss erzeugenden Stimmabgabe die zu beschließende Willenserklärung abgeben. So wird nicht nur durch Beschluss der Gremiumswille gebildet, sondern es erfolgt auch die kollektive Vornahme der erforderlichen Willenserklärungen im Wege des Gesamtakts. Die Willenserklärungen sind somit in der Welt, gehen einem bei Beschlussfassung anwesenden Erklärungsempfänger unmittelbar zu,379 können aber auch von einem Boten dem nicht anwesenden Erklärungsempfänger überbracht werden. b) Vertretung in der Erklärung als Fall der Vertretung nach § 164 BGB Die Vertretung in der Erklärung ist als eigenständiges Institut abzulehnen.380 Es bedarf keines Instituts zwischen Stellvertretung und Botenschaft.381 Zwischen beiden Instituten ist danach abzugrenzen, ob der Handelnde eine eigene Willenserklärung abgibt oder nur eine fremde Erklärung überbringt.382 Das behauptete Mittelding, dass der Handelnde einen fremden Willen erklärt, besteht nicht als eigenständige Kategorie. Denn der Handelnde muss den fremden Gremiumswillen zum eigenen Willen machen, um ihn zu erklären. Er gibt dann also eine eigene Erklärung ab. Es handelt sich um einen Fall der Vertretung, was sich auch durch § 166 Abs. 2 BGB belegen lässt. Die sog. Vertretung in der Erklärung beschreibt also eine Fallgruppe innerhalb des Vertretungsrechts, bei der die Vertretungsmacht des Vertreters auf die Abgabe einer bestimmten Willenserklärung beschränkt ist. Für diese Fallgruppe stellt sich grundsätzlich die Frage nach der Abgrenzung zur Botenschaft in besonderer Weise, weil dem Erklärenden kein eigener Handlungsspielraum verbleibt. Steht wie hier Gremienhandeln in Rede, so fällt diese Abgrenzung allerdings leichter. Denn eine Willenserklärung des Aufsichtsrats, die der Erklärende überbringen könnte, liegt nach den gerade unter a) gemachten Ausführungen allein durch den Beschluss nicht vor. Ein Bote müsste die einzelnen Willenserklärungen der Aufsichtsratsmitglieder übermitteln. Das ist nicht gewollt, wenn der Erklärende nur eine Erklärung abgibt. Schließlich bleibt die Grundlage der Vertretungsmacht des Aufsichtsratsmitglieds, also meist des Vorsitzenden, zu bestimmen, wenn er durch Beschluss des Aufsichtsrats die Macht erhält, für die zur Gesamtvertretung berufenen Aufsichtsratsmitglieder die beschlossene Willenserklärung als Vertreter zu übermitteln. Gesamtvertreter können einen der Gesamtvertreter zur Alleinvertretung ermächtigen. Auf Grundlage des bürgerlichen Rechts erfolgt diese Ermächtigung nach §§ 182 ff. BGB wie die Bevollmächtigung nach § 167 BGB grundsätzlich durch Willenserklärungen aller Gesamtvertreter gegenüber dem zu Ermächtigen379
Vgl. Mertens, AG 1981, 216, 217. Bork, AT, Rn. 1345 Fn. 2; Leuering, NZG 2004, 120, 122; Staudinger-Schilken (2004), Vorbem zu §§ 164 Rn. 84. 381 Es ist insbesondere nicht zu billigen, durch dieses Institut gesetzliche Vertretungsverbote zu umgehen, was ursprünglich Zweck dieses Instituts war, dazu Staudinger-Schilken (2004), Vorbem zu §§ 164 Rn. 83 m. w. Nachw. Es lässt sich allein erwägen, ob das Vertretungsverbot teleologisch zu reduzieren ist, wenn der Vertretene den Willen selbst gebildet hat. 382 BGHZ 12, 327, 334; Bork, AT, Rn. 1345. 380
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B. Gestaltung durch Willenserklärungen
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den. Das Organisationsrecht von Gremien eröffnet aber mit der Handlungsform des Beschlusses eine weitere Möglichkeit.383 So kann der grundsätzlich lediglich zur Gesamtvertretung befugte Gremiumsvorsitzende unmittelbar durch die Organisationsverfassung ermächtigt werden, Beschlüsse nach außen als Alleinvertreter umzusetzen. Eine solche Ermächtigung kann entweder das Gesetz wie in § 26 Abs. 2 S. 1 BetrVG oder der privatautonome Teil der Organisationsverfassung (Satzung, Geschäftsordnung eines Organs) enthalten. Als organisationsrechtliches Gestaltungsmittel für den Einzelfall kann aber auch ein Beschluss eines Gremiums entsprechende Wirkung äußern.384 Es bedarf also nicht der Auslegung der in der Stimmabgabe liegenden Willenserklärung der Gremiumsmitglieder, dass gleichzeitig mit der Stimmabgabe die im Beschlussantrag benannte Person durch Willenserklärung zur Alleinvertretung ermächtigt wird. c) Einzelaktszurechnung und § 108 Abs. 1 AktG Die von § 112 AktG als Vertretung der Aktiengesellschaft durch den Aufsichtsrat formulierte Regelung bedeutet also wie bei jedem Gremium eine Vertretung durch die Aufsichtsratsmitglieder. Eine Besonderheit etwa gegenüber der Vertretung durch den Vorstand begründet freilich das Erfordernis des § 108 Abs. 1 AktG, dass der Aufsichtsrat durch Beschluss entscheidet. Dieses Erfordernis wirkt anders als die Bindung der Vorstandsmitglieder zur gemeinschaftlichen Geschäftsführung – jedenfalls nach ganz herrschender Auffassung – nicht nur im Innenverhältnis385, sondern auch im Außenverhältnis.386 Auch ist eine ausdrückliche Beschlussfassung erforderlich.387 Diese Besonderheit steht aber der gerade gezogenen Parallele zur Vertretung durch den Vorstand nicht entgegen. Denn § 108 Abs. 1 AktG ist als zusätzliches Erfordernis zu verstehen, dass jede Vertretung nach § 112 AktG durch den Aufsichtsrat nur wirksam ist, wenn neben der Vertretungsmacht auch noch ein Beschluss des Aufsichtsrats vorliegt.388 Dem Beschluss kann dabei nach dem unter b) Ausgeführten eine Doppelfunktion zukommen. Er kann auch Grundlage für eine Ermächtigung unter den gesamtvertretungsberechtigten Aufsichtsratsmitgliedern sein. So ist die Mehrheit berechtigt, ohne die überstimmte Minderheit eine Willenserklärung abzuge383
Mertens, AG 1981, 216, 217 f.; Schockenhoff/Topf, DB 2005, 539, 540 ff. Ebenso KölnKomm-Mertens, § 112 Rn. 29. – Problematisch ist allerdings die von Mertens in Rn. 30 ebenfalls befürwortete Bevollmächtigung Dritter durch Beschluss. Da die Dritten außerhalb des Organisationsverhältnisses stehen, bedarf es insoweit noch einer den Beschluss umsetzenden Bevollmächtigung durch Willenserklärung (§ 167 BGB); vgl. BGHZ 49, 117, 120. – Möglich ist die Begründung von Vertretungsmacht von sonstigen Organisationssubjekten durch Beschluss, was keine Bevollmächtigung nach § 167 BGB darstellt, siehe § 4 B II 2 b (S. 135) zum Wohnungseigentumsverwalter. 385 Dazu etwa BGH NJW 1997, 314 zur OHG; MünchKommAktG-Hefermehl/Spindler, § 77 Rn. 7. 386 KölnKomm-Mertens, § 108 Rn. 8, 14; MünchKommAktG-Semler, § 108 Rn. 19; vgl. Stein, AG 1999, 28, 39. 387 BGHZ 41, 282, 286; BGH NJW 1989, 1928, 1929; Hüffer, § 108 Rn. 4; KölnKomm-Mertens, § 108 Rn. 12; MünchKommAktG-Semler, § 108 Rn. 21. 388 KölnKomm-Mertens, § 112 Rn. 22; MünchKommAktG-Semler, § 112 Rn. 46. 384
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§ 15: Verträge des Amtswalters über die Amtsstellung
ben.389 Da für Beschlüsse des Aufsichtsrats grundsätzlich das Mehrheitsprinzip des § 32 Abs. 1 S. 3 BGB gilt,390 sollte dieses Prinzip auch die Außenhandlungskompetenz bestimmen. Der Aufsichtsratsvorsitzende ist aber jedenfalls dann zur Alleinvertretung ermächtigt, wenn der Beschluss eine entsprechende Ermächtigung ausdrücklich vorsieht.391
II. Verallgemeinerung Die Erkenntnisse zur Vertretung durch den Aufsichtsrat lassen sich folgendermaßen verallgemeinern und zur Lösung des angesprochenen, auf § 174 BGB beruhenden Einzelproblems fruchtbar machen. 1. Vertretung durch die Gremiumsmitglieder Nicht das Gremium handelt, sondern die jeweiligen Gremiumsmitglieder handeln. Grundsätzlich handeln diese Mitglieder im Wege eines Gesamtakts als Gesamtvertreter. Soweit in den jeweiligen Gremien das Mehrheitsprinzip gilt, ist eine Gesamtvertretung durch die Mehrheit der Gremiumsmitglieder ausreichend. Aber auch die Vertretung durch die Mehrheit der Gremiumsmitglieder ist regelmäßig unpraktikabel. Die Gremiumsmitglieder können sich dadurch behelfen, dass sie ein Mitglied zur Alleinvertretung ermächtigen. Diese Ermächtigung kann nicht nur durch Willenserklärungen der Gesamtvertreter, sondern auch durch Beschluss erfolgen. Es reicht allein der Beschluss, eine bestimmte Willenserklärung abzugeben, wenn die Organisationsverfassung wie in § 26 Abs. 2 S. 1 BetrVG an diesen Beschluss eine Ermächtigung des Gremiumsvorsitzenden knüpft. Anderenfalls muss der Beschluss über die Vornahme der Willenserklärung zusätzlich noch die Ermächtigung enthalten. Wenn eine ausdrückliche Ermächtigung fehlt, ist zu erwägen, ob man allein den Beschluss über eine Willenserklärung dahin auslegen kann, dass er auch die konkludente Ermächtigung des Gremiumsvorsitzenden enthält.392 Eine Regelung, dass das Gremium – wie es z. B. § 108 Abs. 1 AktG verlangt – vor Abgabe der Willenserklärung über diese beschließen muss, stellt ein zusätzliches Erfordernis auf. Die Wirksamkeit der Willenserklärung hängt nicht nur von der wirksamen Vertretung des Gremiums, sondern zusätzlich noch von dem Beschluss ab. In jedem Einzelfall ist freilich zu prüfen, ob das Beschlusserfordernis eine so weitgehende Außenwirkung hat, wie es für § 108 Abs. 1 AktG die herrschende Meinung befürwortet.
389 KölnKomm-Mertens, § 112 Rn. 22; Mertens, AG 1981, 216, 217 f.; MünchKommAktGSemler, § 112 Rn. 51; vgl. OLG Frankfurt AG 1981, 230, 231. 390 KölnKomm-Mertens, § 108 Rn. 41. 391 KölnKomm-Mertens, § 112 Rn. 26, § 107 Rn. 46; MünchKommAktG-Semler, § 112 Rn. 53. 392 Vgl. Bednarz, NZG 2005, 418, 420; Schockenhoff/Topf, DB 2005, 539, 540 f.
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B. Gestaltung durch Willenserklärungen
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2. Insbesondere: Die Problematik des § 174 BGB Auf dieser Grundlage lässt sich die spezielle Problematik des § 174 BGB entfalten. Zu unterscheiden sind die Probleme der Anwendbarkeit von § 174 S. 1 BGB und des Ausschlusstatbestands des § 174 S. 2 BGB sowie das Problem, ob spezielle außenrechtswirksame Beschlusserfordernisse wie § 108 AktG die Anwendbarkeit von § 174 BGB ausschließen. a) Tatbestand des § 174 S. 1 BGB § 174 S. 1 BGB verlangt eine Bevollmächtigung, die in den angesprochenen Konstellationen nicht vorliegt. § 174 S. 1 BGB wird aber in vergleichbaren Konstellationen entsprechend angewendet.393 So wird zwar die Anwendung auf eine gesetzliche wie auf eine organschaftliche Vertretungsmacht verneint. Die Bestimmung wird aber angewendet auf Ermächtigungen, sowohl allgemein auf die, durch die mehrere Gesamtvertreter einem von ihnen Alleinvertretungsmacht verschaffen, als auch auf die, durch die mehrere Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts einem Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag Alleinvertretungsmacht einräumen.394 Das Schutzanliegen des § 174 BGB verdeutlicht folgende Alternative: Der Geschäftspartner ist vor einer Unsicherheit über die Vertretungsmacht des Erklärenden zu schützen, wenn diese Vertretungsmacht nicht kraft Organisationsrechts originär dem Handelnden zufällt, sondern darauf beruht, dass die kraft Organisationsrechts zuständige Person ihn bevollmächtigt oder ermächtigt hat.395 An diese willkürliche Kompetenzverlagerung knüpft § 174 BGB die Nachweisobliegenheit. Eine solche Konstellation liegt auch vor, wenn die Gremiumsmitglieder einen von ihnen (durch Beschluss) zur Alleinvertretung ermächtigen. Vom Gesetz mit Vertretungsmacht ausgestattet sind alle Mitglieder gemeinschaftlich. § 174 S. 1 BGB ist daher grundsätzlich auf die Ermächtigung eines Gremiumsmitglieds durch zur Gesamtvertretung berechtigte Gremiumsmitglieder anwendbar.396 Diese Feststellung wirft freilich die Frage auf, wie das ermächtigte Gremiumsmitglied seine Ermächtigung nachweisen kann. Der Ermächtigungsbeschluss ist entgegen verbreiteter Ansicht nicht ausreichend, weil er dem Geschäftspartner keine Sicherheit über die Ermächtigung verschafft.397 § 172 BGB ist auf eine Niederschrift über den Ermächtigungsbeschluss nicht anwendbar.398 Notwendig ist
393
Siehe § 7 A I 2 b bb (S. 235). BGH NJW 2002, 1194, 1195; BAG NJW 1981, 2374; Soergel-Leptien, § 174 Rn. 7; Leuering, EWiR 2003, 679 f.; MünchKommBGB-Schramm, § 174 Rn. 2; dazu bereits oben § 5 C II 2 a bb (S. 183). 395 Siehe § 10 D vor I (S. 385). 396 Zur Anwendbarkeit des § 174 BGB, wenn die Vertretungsmacht des Vorsitzenden auf spezifisch organisationsrechtlicher Grundlage beruht, siehe Bednarz, NZG 2005, 418, 422 ff.; Schockenhoff/Topf, DB 2005, 539, 540 f. 397 A. M. OLG Stuttgart AG 1993, 85, 86; Hüffer, § 112 Rn. 6; KölnKomm-Mertens, § 112 Rn. 38; Semler, Festschrift Rowedder, 441, 452; MünchKommAktG-Semler, § 112 Rn. 88. 398 Beschlüsse können aufgehoben werden, ohne dass die Rückgabe über ihre Niederschrift verlangt werden kann. Entsprechende Niederschriften werden auch nicht zwecks Nachweises 394
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§ 15: Verträge des Amtswalters über die Amtsstellung
vielmehr, dass der Ermächtigte Ermächtigungsurkunden vorlegt. Er bedarf nicht stets der Ermächtigung aller Gremiumsmitglieder. Die Ermächtigung durch die Mehrheit genügt, wenn das Mehrheitsprinzip gilt. b) Ausschluss durch § 174 S. 2 BGB Zu erwägen ist, ob § 174 S. 2 BGB oder allgemein das Missbrauchsverbot des § 242 BGB das Eingreifen von § 174 BGB ausschließt. Abschließend lässt sich dieses Problem zwar nur für den Einzelfall lösen. Folgende allgemeine Überlegungen geben aber klare Vorgaben. § 174 S. 2 BGB schließt die Zurückweisung aus, wenn der Vollmachtgeber den Geschäftspartner von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hat. Für ein solches In-Kenntnis-Setzen reicht es aus, dass der Bevollmächtigte in eine Position eingesetzt worden ist, die üblicherweise mit einer entsprechenden Vollmacht verbunden ist.399 Diese Fallgruppe kann dazu verführen, auch den Vorsitzenden eines gesamtvertretungsberechtigten Gremiums ihr zuzuordnen, sofern es üblich ist, dass der Vorsitzende die Beschlüsse des Gremiums als Alleinvertreter nach außen umsetzt.400 Dieser Verführung ist aber zu widerstehen. Prokurist und Leiter der Personalabteilung nehmen innerhalb von Unternehmen eine organisatorische Stellung ein, die typischerweise mit der Erteilung einer Vollmacht verbunden ist. Diese Vollmacht versetzt diese Personen in den Stand, eine Vielzahl von Erklärungen für den Unternehmensträger abzugeben. Es bedarf also keiner neuerlichen Bevollmächtigung oder Ermächtigung für einzelne Geschäfte. Ganz anders liegt es bei dem Gremiumsvorsitzenden. Ungeachtet seiner Stellung ist er lediglich zur Gesamtvertretung befugt. Er bedarf für jedes einzelne Rechtsgeschäft, das er als Alleinvertreter vornehmen will, einer besonderen Ermächtigung. Daran ändert auch nichts der Umstand, dass das Gremium, wenn es über die Abgabe der Willenserklärung beschließt, stets auch den Vorsitzenden ermächtigt. Also lässt sich auch bei Erklärungen des Gremiumsvorsitzenden regelmäßig nicht der Ausschlusstatbestand des § 174 S. 2 BGB begründen. c) Keine Abweichung wegen Beschlusserfordernis Eine Ausnahme von den zu § 174 BGB aufgestellten Grundsätzen lässt sich für die Fälle erwägen, in denen das Gesetz wie durch § 108 Abs. 1 AktG die Bindung des Rechtsträgers – neben der mit Amtsmacht abgegebenen Willenserklärung – noch an ein besonderes Beschlusserfordernis knüpft. Es lässt sich für eine solche Ausnahme auf zwei Arten argumentieren. Zum einen lässt sich ganz allgemein auf die Einbußen an Rechtssicherheit abstellen, die
einer Handlungsmacht erstellt und in den Verkehr gegeben. – Zum entsprechenden Problem des Nachweises durch Gesellschaftsvertrags siehe § 5 C II 2 a bb (S. 183). 399 BAGE 24, 273, 277; BAG NJW 2001, 1229, 1230; Staudinger-Schilken (2004), § 174 Rn. 11; MünchKommBGB-Schramm, § 174 Rn. 8. 400 Bednarz, NZG 2005, 418, 425; vgl. auch Schockenhoff/Topf, DB 2005, 539, 540 f.
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C. Inhaltskontrolle
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ein entsprechendes außenrechtsbeachtliches Beschlusserfordernis dem Geschäftspartner auferlegt. Diese Regelung zeige, dass das Gesetz den Geschäftspartner für weniger schutzbedürftig halte als in den sonstigen Vertretungsfällen, in denen § 174 BGB anwendbar ist. Da also selbst eine Anwendung von § 174 S. 1 BGB dem Geschäftspartner Rechtssicherheit nicht verschaffen könne, sei § 174 BGB gar nicht anzuwenden. Zum anderen lässt sich an § 174 S. 2 BGB anknüpfen. Man könnte argumentieren, § 108 Abs. 1 AktG bürde dem Geschäftspartner das Risiko der Ungewissheit darüber auf, ob ein Gremiumsbeschluss vorliege. Unterstellt man daher bei Anwendung von § 174 BGB das Vorliegen eines Beschlusses, so liegt es nahe, in den meisten Fällen § 174 S. 2 BGB anzuwenden, weil der Vorsitzende vielfach die Aufgabe hat, Beschlüsse als Alleinvertreter umzusetzen. Diese Argumente rechtfertigen aber einen Ausschluss von § 174 BGB nicht. Sie beruhen auf dem Prinzip, wer ohnehin nur lückenhaft geschützt werden könne, solle jedes Schutzes beraubt werden. Im Gegenteil ist aber gerade eine Anwendung von § 174 BGB angeraten, um das durch § 108 Abs. 1 AktG entstehende Schutzdefizit einzudämmen. So lässt sich darauf verweisen, dass regelmäßig die Gremiumsmitglieder nur dann dem Vorsitzenden eine zur Alleinvertretung ermächtigende Urkunde erteilen werden, wenn sie zuvor auch entsprechend über die Willenserklärung abgestimmt haben.
C. Inhaltskontrolle Die Abrede mit dem Amtswalter unterliegt als materiell-rechtlicher Vertrag den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über die Inhaltskontrolle, insbesondere also §§ 134, 138 BGB. Im Folgenden soll die Abrede allein auf Konflikte mit der Organisationsverfassung hin überprüft werden. Es sind die möglichen Konflikte und ihre jeweiligen Rechtsfolgen zu beleuchten. Dafür ist wiederum zwischen Abreden mit dem Subjekt des Amtswalterrechtsverhältnisses und solchen mit Dritten zu unterscheiden.
I. Parteien des Amtswalterrechtsverhältnisses Der Inhalt der jeweiligen Abrede kann sich darauf beschränken, das Amtswalterrechtsverhältnis in solchen Punkten zu ergänzen, hinsichtlich derer die Organisationsverfassung Lücken lässt. Beispiele sind die Konkretisierung der Vergütung oder von Treuepflichten, insbesondere in Gestalt von Wettbewerbsverboten. Nähere Erörterung lohnen solche Abreden, die in Konflikt mit der Organisationsverfassung stehen, weil sie abweichende Regelungen enthalten oder nach der Organisationsverfassung vorgesehene Befugnisse beschneiden. Solche Konflikte können sich auf Punkte ganz unterschiedlicher organisatorischer Bedeutung beziehen. Die Besetzung des Amtes (unter 1.), Befugnisse im Organisationsverhältnis (unter 2.) oder aber das schuldrechtliche Amtswalterrechtsverhältnis (unter 3.) können betroffen sein.
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§ 15: Verträge des Amtswalters über die Amtsstellung
1. Abreden über die Amtsstellung Ein erstes Konfliktpotential besteht in denjenigen Organisationsverfassungen, in denen wie im Wohnungseigentumsrecht und im Verbandsrecht die Entscheidung über die Besetzung des Amtes einem Gremium überantwortet ist. Diese Entscheidungsmacht des Gremiums wird beeinträchtigt, wenn die Abrede mit dem Amtswalter Verpflichtungen über die Amtsbesetzung enthält. Eine unmittelbare Beeinträchtigung bedeuten Abreden, die ein Recht auf das Amt begründen wollen. Mittelbare Beeinträchtigungen bestehen darin, dem Amtswalter langfristig Vergütung dafür zu versprechen, das Amt wahrzunehmen. Dann ist die Organisation zwar nicht rechtlich verpflichtet, den Amtswalter zu bestellen oder im Amt zu belassen. Die Vergütungspflicht stellt aber einen beachtlichen wirtschaftlichen Druck dar. a) Recht auf das Amt Ein gegenüber der Organisation durchsetzbares Recht auf das Amt beeinträchtigte verschiedene durch die Organisationsverfassung begründete organisationsinterne Kompetenzen. Das Bestellungsgremium wäre nicht nur in seiner freien Bestellungskompetenz, sondern auch in seiner Abberufungskompetenz betroffen. Denn ein Recht auf ein Amt muss man dahin verstehen, dass es nicht nur die einmalige Bestellung, sondern auch das Verbot der Abberufung enthält.401 Sollte die Organisationsverfassung nur eine Abberufung aus wichtigem Grund zulassen, so bleibt eine vertragliche Zusage, den Amtswalter nur aus wichtigem Grund abzuberufen, organisationsrechtlich problematisch, wenn die Organisationsverfassung geändert werden kann.402 Denn dann stellte der Vertrag einen Eingriff in diese Änderungskompetenzen dar. Ein Recht auf das Amt kann daher nur in der Organisationsverfassung selbst begründet werden. Das Wohnungseigentumsrecht verbietet aber selbst eine solche Regelung in § 26 Abs. 1 S. 4 WEG. Im Verbandsrecht können nach überwiegender Ansicht Dritten keine Rechte im Gesellschaftsvertrag eingeräumt werden.403 Um ein durchsetzbares Recht auf das Amt zu begründen, verbleibt somit vor allem ein mitgliedschaftliches Sonderrecht (§ 35 BGB). Dieses Ergebnis, dass ein durchsetzbares Recht auf das Amt grundsätzlich nicht allein durch Schuldvertrag begründet werden kann, entspricht ganz überwiegender Ansicht.404 Umstritten sind aber die Folgen, die ein dennoch mit diesem Inhalt geschlossener Vertrag äußert. Es wird im Verbandsrecht vertreten, einer GmbH gegenüber sei der vertraglich begründete Anspruch zwar nicht durchsetzbar, die GmbH sei schuldrechtlich aber gebunden, so dass der Amtswalterprätendent Ersatzansprüche bei Nichtbestellung oder vertragswidriger 401
Fleck, ZGR 1988, 103, 123 ff. zur GmbH. Fleck, ZGR 1988, 103, 127 ff. 403 Ulmer, Festschrift, Wiedemann, 1297, 1309 ff. 404 Baums, Geschäftsleitervertrag, 326; Fleck, ZGR 1988, 103, 123 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 13; Reuter, Festschrift Zöllner, 487, 492; vgl. auch RGZ 170, 358, 367. – Tendenziell weiter indessen Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 38 Rn. 19; § 35 Rn. 35. 402
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C. Inhaltskontrolle
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Abberufung geltend machen könnte.405 Dem ist nicht zu folgen. Ein Konflikt mit der Organisationsverfassung schließt eine Zurechnung der Vertragserklärung zur Organisation aus.406 Das folgt schon aus den dem Missbrauch der Amtsmacht zugrunde liegenden Grundsätzen.407 Für eine Organisation darf nicht in einer Weise gehandelt werden, die ihrer Organisationsverfassung widerspricht. Dem Amtswalterprätendenten ist das auch erkennbar. Ein anderes Ergebnis lässt sich nicht darauf stützen, dass die Verpflichtung zur Satzungsänderung Dritten gegenüber im Recht der GmbH für möglich gehalten wird.408 Wenn man dem folgt, sind die hohen Voraussetzungen an eine solche Abrede zu bedenken. So muss der Vertrag den formellen Voraussetzungen einer Satzungsänderung genügen, also notariell beurkundet und eingetragen werden.409 Dann handelt es sich aber nicht mehr um einen Anstellungsvertrag, sondern um einen besonderen organisationsrechtlichen Vertrag. Eine abweichende Fragestellung wird auch dann berührt, wenn die Gremiumsmitglieder sich in einem Stimmenbindungsvertrag zur Bestellung des Amtswalterprätendenten verpflichten.410 b) Bindung durch Anstellungsvertrag Aus dem Anstellungsvertrag folgen grundsätzlich Vergütungsansprüche des Amtswalters, auch wenn er abberufen wird oder gar nicht bestellt worden ist. Einen entsprechenden Anspruch auf die vertragsmäßige Vergütung setzt § 27 Abs. 2 S. 1 BGB411 voraus. Er lässt sich auf §§ 326 Abs. 2, 615 BGB stützen.412 Zwar muss sich der Amtswalter daher auf seinen Vergütungsanspruch anrechnen lassen, was er erspart oder anderweit erwirbt oder erwerben müsste. Der Organisation erwächst mit diesem Anspruch aber dennoch eine Belastung, die ein Festhalten an dem gewählten Verwalter begründen kann. Dieser bloß mittelbare Druck ist aber grundsätzlich mit der Organisationsverfassung vereinbar. Er entspricht den Risiken, die die Organisation auch mit anderen Verträgen eingehen kann. Der Organisation erwächst als Kompensation für die Bindung gegenüber dem Amtswalter gleichzeitig auch ein Anspruch auf die Dienste des Amtswalters, der regelmäßig seinerseits vertraglich in entsprechender Weise gebunden ist, seiner dienstvertraglichen Verpflichtung nachzukommen. Schließlich ist auf das legitime Interesse des Amtswalters nach Planungssicherheit zu verweisen, soweit er mit den Erträgen aus seiner Diensttätigkeit seinen Lebensunterhalt bestreitet. Diese Überlegungen beanspruchen nicht nur im Verbandsrecht Geltung, sondern auch im Wohnungseigentumsrecht. Der Ab405 Baums, Geschäftsleitervertrag, 326; Lutter/Hommelhoff, § 38 Rn. 13; Baumbach/ Hueck-Zöllner, § 38 Rn. 19; vgl. auch schon RGZ 170, 358, 371 f. 406 Vgl. Fleck, ZGR 1988, 103, 136: Wirksamkeit nur bei Einhaltung der Beschluss- und Formvorschriften für Satzungsänderung; Hachenburg-Stein, § 35 Rn. 164: keine Vertretungsmacht für satzungswidrigen Anstellungsvertrag. 407 Dazu näher § 10 A II (S. 340 ff.). 408 Fleck, ZGR 1988, 103, 110 ff.; Lutter/Hommelhoff, § 53 Rn. 35. 409 Fleck, ZGR 1988, 103, 113 f.; Lutter/Hommelhoff, § 53 Rn. 35. 410 Zur Abgrenzung Fleck, ZGR 1988, 103, 106 f. 411 Vgl. auch §§ 84 Abs. 3 S. 5 AktG, 38 Abs. 1 GmbHG. 412 Siehe A II 2 b (S. 543); ferner Reuter, Festschrift Zöllner, 487, 489.
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§ 15: Verträge des Amtswalters über die Amtsstellung
schluss eines selbstständigen Anstellungsvertrags, dessen Laufzeit unabhängig von der Amtsstellung ist, verstößt grundsätzlich nicht gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung.413 Folglich ist der Abschluss unbefristeter Verträge unproblematisch zulässig, da diese Verträge der ordentlichen Kündigung unterliegen. Problematisch sind allein die erheblichen wirtschaftlichen Folgen, die Verträge mit einer festgeschriebenen langen Laufzeit begründen.414 § 84 Abs. 1 S. 5 AktG verbietet daher eine Vertragsdauer, die die gesetzliche Höchstbestellungsdauer von fünf Jahren überschreitet. Ganz allgemein sind Laufzeitregelungen bedenklich, die über die beschlossene Bestellungsdauer hinausgehen. Ein Eingreifen der Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht liegt dann nahe. 2. Abreden über das Organisationsverhältnis Die Abreden können sich auch auf organisationsrechtliche Befugnisse beziehen. Keine Bedenken an der Wirksamkeit bestehen, wenn solche Abreden sich lediglich auf Außenhandlungsbefugnisse beziehen, aber die durch die Organisationsverfassung geregelte Kompetenzverteilung in Bezug auf die Willensbildung unberührt lassen. Solche Abreden sind daher nützlich und wirksam, wenn sie beispielsweise im Wohnungseigentumsrecht die Außenhandlungsbefugnisse des Wohnungseigentumsverwalters erweitern, ihn also etwa ermächtigen, die von den Eigentümern beschlossenen Prozesse für sie zu führen. Außerhalb des Wohnungseigentumsrechts finden sich selten auf die Außenhandlungsbefugnisse bezogene Vereinbarungen, da dort die Außenhandlungssubjekte zumeist ausgeprägte Befugnisse haben. Dann stellt sich vornehmlich – wie insbesondere für den Geschäftsführer einer GmbH diskutiert – die Frage, ob seine organisatorische Machtstellung kraft Anstellungsvertrags gestärkt werden kann. Die überwiegende Ansicht beantwortet diese Frage entsprechend der, ob dem Amtswalter ein Recht auf das Amt eingeräumt werden kann.415 Ein die Organisationsverfassung beeinflussender und durchsetzbarer Anspruch des Geschäftsführers soll nicht bestehen. Der Geschäftsführer sei etwa auch an vertragswidrige, aber satzungsgemäße Weisungen gebunden. Die Gesellschaft mache sich aber durch solches abredewidrige Verhalten schadensersatzpflichtig. Jedoch kann auch diese Wirkung ein einfacher Anstellungsvertrag wegen des Verstoßes gegen die Organisationsverfassung nicht äußern.416 3. Schuldrechtliches Amtswalterrechtsverhältnis Der Anstellungsvertrag ist grundsätzlich ein geeigneter Vertrag, um die aus dem Amtswalterrechtsverhältnis folgende schuldrechtliche Beziehung des Amtswal413 So aber Wenzel, ZWE 2001, 510, 513. – Wie hier KK-WEG-Abramenko, § 26 Rn. 19. Den notwendigen Schutz des Amtswalters gewährleistet Wenzel dadurch, dass er bei befristeter Bestellung die freie Abberufung ausschließt, dagegen § 14 C II 2 b aa (S. 522). 414 Vgl. BGHZ 89, 48, 52. 415 OLG Frankfurt GmbHR 1993, 288 ff.; Lutter/Hommelhoff-Hommelhoff/Kleindiek, Anh § 6 Rn. 13, 15. 416 Fleck, ZGR 1988, 103, 136; Hachenburg-Stein § 35 Rn. 164.
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ters zu regeln. Dennoch kann eine zwingende Bestimmung der Organisationsverfassung zur Unwirksamkeit einer vertraglichen Regelung führen. Allgemeine Maßstäbe sind insoweit nicht zu formulieren; es ist auf die jeweilige Einzelregelung abzustellen. Dabei lassen sich allerdings folgende Unterscheidungen beschreiben. Zwingende Regelungen der Organisationsverfassung können auf ihrem gesetzlichen Teil wie ihrem privatautonomen Teil beruhen. Über den zwingenden Charakter entscheidet die Auslegung. Beispiel einer zwingenden gesetzlichen Bestimmung ist § 43 Abs. 3 GmbHG, der den Ersatzanspruch der GmbH gegen den Geschäftsführer wegen bestimmter Pflichtverletzungen für unverfügbar erklärt, falls der Betrag zur Befriedigung der Gläubiger benötigt wird.417 Eine zwingende privatautonome Regelung kann die Festlegung der Amtswaltervergütung betreffen.418 Eine vertragliche Abänderung kann in verschiedener Ausprägung zulässig sein. Es lassen sich abstrakte Abreden, die für das gesamte Schuldverhältnis gelten, und konkrete Abreden, die einen bereits entstandenen Anspruch betreffen, unterscheiden. Diese Unterscheidung verdeutlichen die Unterschiede, die hinsichtlich der Möglichkeit, Schadensersatzansprüche gegen den Amtswalter einzuschränken, im Verbandsrecht bestehen. § 93 Abs. 4 AktG lässt nur ein konkrete Abrede zu, sogar erst drei Jahre nach Entstehung des Anspruchs. In der GmbH hingegen wird recht weitgehend eine auch abstrakte Beschränkung des Ersatzanspruchs zugelassen.419 Der Grund für diese Unterschiede liegt freilich auf der Hand. Den Gesellschaftern wird durch § 46 Nr. 8 GmbHG weitgehend die Kompetenz zugewiesen, über die Ansprüche ihrer Gesellschaft zu verfügen. Der aus Amtswaltern bestehende Aufsichtsrat unterliegt indessen engeren gesetzlichen Bindungen.
II. Verträge mit Dritten Verträge mit Dritten entfalten eine ganz andere Problematik. Am wichtigsten ist die Feststellung, dass ein solcher Vertrag nicht zulasten des am Organisationsverhältnis beteiligten Organisationsträgers (etwa des Verbands) auf das Amtswalterrechtsverhältnis einwirken kann. Es können in diesem Rechtsverhältnis die Rechte des Amtswalters nicht erweitert und seine Pflichten nicht eingeschränkt werden.420 Insbesondere kann die Haftung des Amtswalters für Pflichtverletzungen
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Ferner § 323 Abs. 4 HGB. Eine entsprechende Regelung soll im Wohnungseigentumsrecht allerdings wegen Verstoßes gegen § 26 Abs. 1 S. 4 WEG unzulässig sein, so KG NJW-RR 1994, 402 f.; KK-WEG-Abramenko, § 26 Rn. 86; abweichend KK-WEG-Elzer, § 20 Rn. 118, der aber die Wirkungen der Vereinbarung einschränkt. 419 BGH NJW 2002, 3777 f.; vorsichtiger Roth/Altmeppen-Altmeppen, § 43 Rn. 97 ff.; Lutter/Hommelhoff-Hommelhoff/Kleindiek, § 43 Rn. 41, 43; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 43 Rn. 5. 420 Zur GmbH Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 393 ff.; Lutter/Hommelhoff-Hommelhoff/ Kleindiek, Anh § 6 Rn. 9; Schneider, GmbHR 1993, 10, 15. 418
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§ 15: Verträge des Amtswalters über die Amtsstellung
nicht beschränkt werden.421 Dies folgt aus der fehlenden Rechtsmacht der Beteiligten, die Rechtsposition eines Dritten zu beeinträchtigen. Die Wirksamkeit anderer Regelungen begegnet indessen grundsätzlich keinen Bedenken. So kann insbesondere der Dritte dem Amtswalter eine Vergütung für seine Tätigkeit versprechen. Durch diese Feststellung ist die Antwort auf die Frage vorgezeichnet, ob ein solcher Vertrag der Zustimmung des Organisationsträgers (Verbands) bedarf. Diese Frage ist im Grundsatz zu verneinen.422 Stimmt der Organisationsträger allerdings zu, so kommt in Betracht, sogar Regelungen des Amtswalterrechtsverhältnisses abzuändern. Die Grenzen einer solchen Änderung ergeben sich dann aus dem zum Vertrag zwischen den Parteien des Amtswalterrechtsverhältnisses Ausgeführten. Auf Grundlage dieser beiden Feststellungen gilt es, die Diskussion über die Zulässigkeit sog. Drittanstellungen einzuordnen. So wird die Drittanstellung des Geschäftsführers in der GmbH grundsätzlich für zulässig gehalten,423 während im Aktienrecht die Zulässigkeit in Bezug auf ein Vorstandsmitglied umstritten ist.424 Gegen die Zulässigkeit wird geltend gemacht, dass die Kompetenzordnung der Aktiengesellschaft gestört werde. Es werde zum einen die weisungsunabhängige Stellung des Vorstands gehindert und zum anderen die Kompetenz des Aufsichtsrats, allein über Bestellung und Abberufung zu entscheiden. Dieses Zulässigkeitsproblem ist nicht als ein Wirksamkeitsproblem des Vertrags einzuordnen. In Rede steht vielmehr, ob der jeweilige Amtswalter und seine Auswahl noch den Anforderungen an sein Amt genügen. So wird man etwa die Zahlungen Dritter für die Amtstätigkeit eines Insolvenzverwalters als unvereinbar mit seiner von § 56 InsO geforderten Unabhängigkeit anzusehen haben. Das Gläubigerausschussmitglied hingegen wird sich von der von ihm repräsentierten Gläubigergruppe bezahlen lassen dürfen. Daher rechtfertigen entsprechende Verträge die Entlassung des Insolvenzverwalters (§ 59 InsO), nicht aber die des Gläubigerausschussmitglieds. Die Wirksamkeit beider Verträge kann aber allein davon abhängen, ob die Grenze von § 138 BGB erreicht ist. Im Verbandsrecht muss der Amtswalter Weisungen seines Vertragspartners unter Hinweis auf seine innerorganisatorische Stellung zurückweisen. Es ist dann Sache des für die Abberufung zuständigen Gesellschaftsorgans, ob es den Amtswalter unter Berücksichtigung des Anstellungsvertrags für geeignet hält, das Amt auszuüben. 421 Sturm, GmbHR 2003, 573, 578. – Im Gesellschaftsrecht fordern die Grundsätze der Kapitalerhaltung ferner, dass der Vertragspartner mittelbare Schäden, die ihm aus der Beeinträchtigung des Organisationsvermögens durch den Amtswalter erwachsen, nur durch Auffüllung des Organisationsvermögens ersetzt verlangen darf, dazu speziell Lutter/Hommelhoff-Hommelhoff/Kleindiek, Anh § 6 Rn. 19; allgemein BGH NJW 1987, 1077, 1079; ferner BGHZ 105, 121, 130 f. 422 Schneider, GmbHR 1993, 10, 15; abweichend Lutter/Hommelhoff-Hommelhoff/Kleindiek, Anh § 6 Rn. 9. 423 BGHZ 75, 209, 210; Fleck, ZHR 149 (1985), 387, 388 f.; Lutter/Hommelhoff-Hommelhoff/Kleindiek, Anh § 6 Rn. 9; Schneider, GmbHR 1993, 10, 14. 424 Dafür Arnold/Born, AG 2005, R429, R430; Krieger, Personalentscheidungen, 186 f.; Lutter/Krieger, Rn. 411. – Dagegen Baums, Geschäftsleitervertrag, 73 f.; MünchKommAktGHefermehl/Spindler, § 84 Rn. 54; KölnKomm-Mertens, § 84 Rn. 51.
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A. Binnenhaftung wegen Amtspflichtverletzung
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§ 16: Haftung des Amtswalters Der Amtswalter ist rechtsfähiges Außenrechtssubjekt. Er haftet, wenn er selbst den Tatbestand einer Haftungsnorm verwirklicht. In Folgenden soll der Blick auf die Haftung gerichtet werden, die dem Amtswalter aus der Amtswahrnehmung droht. Im Vordergrund steht die Haftungsbegründung. Zu unterscheiden ist die Binnenhaftung wegen Amtspflichtverletzung (unter A.) von der im Zusammenhang mit dem Amt drohenden Außenhaftung gegenüber Dritten (unter B.). Es soll aber auch erwogen werden, inwieweit das Amtswalterrechtsverhältnis zwischen Amtswalter und Organisation für Haftungsansprüche in diesem Verhältnis eine Haftungsbeschränkung begründet und für die Haftung gegenüber Dritten Regressmöglichkeiten eröffnet (unter C.).
A. Binnenhaftung wegen Amtspflichtverletzung An eine schuldhafte Amtspflichtverletzung können zwei ganz unterschiedliche Arten von Haftungsnormen eine Schadensersatzpflicht des Amtswalters knüpfen. Zum einen können Haftungsnormen an das Amtswalterrechtsverhältnis anknüpfen. Beispiele hierfür sind die Regelungen über die Haftung von Vertretern in § 1833 BGB, ggf. in Verbindung mit §§ 1908i, 1915 BGB, von Organwaltern in §§ 93 Abs. 2, 116 AktG, 34 Abs. 2 GenG, 43 Abs. 2 GmbHG sowie von Parteiwaltern in §§ 1833, 1985, 2219 BGB, 60, 71 InsO, 154 ZVG, aber auch von Abschlussprüfern in § 323 HGB. Zum anderen kommt eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB in Betracht, wenn die Amtspflicht in einem Schutzgesetz normiert ist. So stellt sich insbesondere die Haftung von Leitungsorganwaltern wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht (§§ 92 Abs. 2 AktG, 64 Abs. 1 GmbHG)425 gegenüber Verbandsgläubigern als eine deliktische Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB dar.426 Die geschützten Gläubiger werden als »jedermann« nicht durch das Amtswalterrechtsverhältnis dieser Organwalter, sondern allein durch die Insolvenzantragspflicht geschützt. Im Folgenden soll der Focus auf die auf das Amtswalterrechtsverhältnis gestützte Amtswalterhaftung gerichtet werden. Bevor auf Einzelfragen dieser Haftung eingegangen werden kann (unter II.–IV.), ist allerdings zunächst ein Konzept dieser Haftung (unter I.) vorzulegen.
I. Konzept der Binnenhaftung wegen Amtspflichtverletzung Dieses Konzept der Amtswalterbinnenhaftung will diese Haftung allein aus dem Amtswalterrechtsverhältnis erklären (unter 1).427 Diese Qualifizierung als Haf425 Entsprechendes sollte man auch für den Nachlassverwalter hinsichtlich seiner Haftung gegenüber Neugläubigern annehmen, während die Haftung aus §§ 1980, 1985 Abs. 2 BGB als Binnenhaftung der Haftung aus § 64 Abs. 2 GmbHG entspricht. 426 Grundlegend BGHZ 126, 181; jüngst BGH NJW 2005, 3137 ff. 427 Diese spezielle Grundlage eint alle hier zu untersuchenden Haftungslagen im Vergleich zu der von Hirte, Berufshaftung (1996), grundlegend aufgearbeiteten allgemeinen Berufshaftung.
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§ 16: Haftung des Amtswalters
tung aus Schuldverhältnis statt aus Delikt hilft, ungeregelte Einzelprobleme zu lösen. Zwar hat das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz die Unterschiede hinsichtlich der Verjährung eingeebnet. Beispielsweise unterscheiden sich aber die allgemeinen Regelungen über die Haftung für Hilfspersonen. Auch ermöglichte ein Delikt die Klage im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO). Vor allem aber soll dieses Konzept genutzt werden, um über die Haftung solcher Amtswalter für Amtspflichtverletzungen zu entscheiden, hinsichtlich derer eine ausdrückliche Regelung nicht besteht. Zu unterscheiden ist allerdings zwischen Ämtern, die einem einheitlichen Interesse dienen sollen (unter 2.), und solchen, die zur Verfolgung verschiedenartiger Interessen eingerichtet sind (unter 3.). 1. Rechtsnatur der Haftung Die eigens zur Amtswalterhaftung vorgesehenen Bestimmungen lassen eine Zweiteilung erkennen. Es gibt zum einen Bestimmungen, die nur den Organisationsträger (Vertretenen, juristische Person) berechtigen, und zum anderen solche, die auch Ansprüche für weitere am Organisationsverhältnis Beteiligte wie Insolvenzgläubiger oder Nachlassgläubiger vorsehen. Im ersten Fall lässt sich die Haftung unschwer als Haftung aus dem Amtswalterrechtsverhältnis erklären. Dieses Schuldverhältnis gewährt einen Anspruch des jeweils betroffenen Organisationsträgers gegen den Amtswalter auf ordnungsgemäße Amtsführung. Verletzt der Amtswalter diese Pflicht, so ist er dem betroffenen Vermögensinhaber zum Schadensersatz verpflichtet. Diese Rechtsfolge ließe sich allgemein auf § 280 BGB stützen. Regelmäßig bestehen aber spezielle Haftungsnormen wie §§ 1833 BGB, 93 AktG etc.428 Insoweit herrscht Einigkeit über die Qualifizierung der Amtswalterhaftung. Umstritten ist aber die Einordnung in den Konstellationen, in denen Ämter verschiedenen Interessen mehrerer Interessenträger dienen sollen. Dies ist insbesondere bei Insolvenzverwaltern, Nachlassverwaltern und Zwangsverwaltern der Fall. Die beschriebene Interessenpluralität bringen die speziellen Haftungsregelungen in §§ 60, 71 InsO, 1985, 1833 BGB, 154 ZVG dadurch zum Ausdruck, dass sie eine Anspruchsberechtigung verschiedener Rechtsträger vorsehen. a) Sekundärebene Die überwiegende Meinung erklärt diese Haftung einheitlich gegenüber allen Beteiligten als eine solche aus Schuldverhältnis.429 Das Amtswalterrechtsverhältnis 428 Zur Qualifizierung dieser Haftung trägt freilich nicht bei, darauf zu verweisen, dass die Haftungsnormen mit Verwirklichung des Haftungstatbestands ein Schuldverhältnis begründen, vgl. aber BGH LM KO § 82 Nr. 3; zutreffend BGHZ 93, 278, 284; Belling, Haftung, 102 Fn. 98. Diese Folge zeitigt jeder Haftungstatbestand, gleich ob er an Schuldverhältnis oder Delikt anknüpft. Charakteristikum der an das Amtswalterrechtsverhältnis anknüpfenden Haftungsnormen ist, dass diese Bestimmungen das im Amtswalterrechtsverhältnis liegende Schuldverhältnis voraussetzen. Damit sind diese Bestimmungen Beleg für die Existenz dieses Schuldverhältnisses, dazu bereits § 14 A I 2 a (S. 476 f.). 429 Baur, Gedächtnisschrift Bruns, 241, 248; Belling, Haftung, 103 ff.; MünchKommInsOBrandes, §§ 60, 61 Rn. 8; MünchKommInsO-Gößmann, § 71 Rn. 2; Lüke, Haftung, 48 ff.; vgl. auch BGHZ 93, 278, 281.
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erzeuge in diesen Fällen Pflichten gegenüber allen geschützten Interessenträgern. Die Gegenposition vertritt Ludwig Häsemeyer.430 Liege eine Interessenpluralität vor, sei eine Einzelanalyse notwendig, welche Pflichten gegenüber welchen Betroffenen beständen. Es bestehe folglich keine einheitliche Sonderverbindung. Der Amtswalter hafte wegen der Verletzung drittschützender Pflichten, was als deliktische Haftung zu qualifizieren sei. Auf Karsten Schmidt geht eine differenzierende Auffassung zurück.431 Die Haftung gegenüber dem jeweiligen Vermögensträger beruhe auf Schuldverhältnis, die Haftung gegenüber den sonstigen Betroffenen sei als deliktische einzuordnen. Die deliktische Einordnung wird durch einen Hinweis auf §§ 839, 823 Abs. 2 BGB begründet. Wie in diesen Fällen werde eine Rechtspflicht mit dem subjektivrechtlichen Schutz Dritter verbunden. In dieser Auseinandersetzung ist der Ansicht zu folgen, die die Haftung des Amtswalters ausnahmslos auf eine Verletzung von Pflichten aus dem Amtswalterrechtsverhältnis stützt. Für dieses Verständnis spricht schon ein systematisches Argument. So lässt sich die aus einer einheitlich formulierten Norm folgende Haftung einheitlich charakterisieren. Entscheidend ist aber ein materielles Argument. Der Amtswalter weist in den betroffenen Fällen stets eine besondere Nähebeziehung zu den geschützten Rechtsträgern auf. Diese Beziehung begründet ein erhöhtes Gefährdungspotential und rechtfertigt so den besonderen Schutz aus einer Sonderbeziehung.432 Diese Nähebeziehung ist überdies auf bestimmte Personen konkretisiert, da das einzelne konkrete Amt – anders als die öffentlichen Ämter –433 gerade im Interesse eines bestimmbaren Kreises Dritter, nämlich bestimmter Rechtsinhaber (Gläubiger des Insolvenzschuldners, Vermächtnisnehmer etc.), eingerichtet wird. Diese Amtspflichten entsprechen damit nicht den von §§ 823 Abs. 2, 839 BGB erfassten Pflichten. Zwar haben sie mit den diesen Haftungsnormen zugrunde liegenden Pflichten den Drittschutz gemein.434 Der maßgebliche Unterschied besteht aber darin, dass sich der deliktische Drittschutz auf jedermann erstrecken kann. Angesichts der Bestimmbarkeit der geschützten Dritten entspricht der Drittschutz der hier behandelten Amtspflichten dem Drittschutz beim Vertrag zugunsten Dritter. Folglich stützt auch dieser Vergleich die Feststellung einer Haftung aus Schuldverhältnis. Der unterschiedliche Entstehungsgrund, hier Gesetz dort Vertrag, ist kein Gegenargument. §§ 241 ff. BGB behandeln vertragliche und gesetzliche Schuldverhältnisse gleich. Nicht die willentliche Schaffung einer Sonderverbindung durch Vertrag, sondern die Qualität der Verbindung ist für 430
Häsemeyer, InsR, Rn. 6.35 f.; vgl. auch BGHZ 93, 278, 284 f. K. Schmidt, KTS 1976, 191, 192 ff.; ders., NJW 1987, 812, 814; zustimmend Peters, JZ 1985, 583. 432 Belling, Haftung, 107. 433 Vgl. aber BGHZ 131, 200, 205 f., zur – die Anwendung des § 278 BGB legitimierenden – gesetzlichen Sonderbeziehung des Notars zum Rechtssuchenden im Rahmen der Haftung nach § 19 BNotO; ferner zur Anwendung von § 278 BGB im Rahmen der allgemeinen Amtshaftung nach § 839 BGB, Art. 34 GG BGHZ 121, 161, 164 f.; MünchKommBGB-Papier, § 839 Rn. 138. 434 Vgl. Belling, Haftung, 107, gegen K. Schmidt: »Daß die Verbindung zwischen Rechtspflicht und subjektivrechtlichem Schutz im Deliktsrecht vorzufinden ist, steht außer Frage; sie ist allerdings weder ausschließlich für das Recht der unerlaubten Handlung typisch, noch darauf beschränkt, sondern gilt auch – sogar verstärkt – in der Sonderbeziehung.« 431
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§ 16: Haftung des Amtswalters
das Zustandekommen eines Schuldverhältnisses maßgeblich. So werden auch in der Lehre bestimmte Fälle, die die Rechtsprechung dem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte zuordnet,435 über eine gesetzliche Vertrauenshaftung (§ 311 Abs. 3 BGB) gelöst.436 Zu diesen Fällen zählen insbesondere die sog. Gutachterfälle.437 Die Zuordnung zum Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte wird dort gerade deswegen infrage gestellt, weil die Dritten, denen der Gutachter neben seinem Vertragspartner für Fehler haften soll, abweichende Interessen haben. Eine solche Interessenpluralität kennzeichnet auch die hier in Rede stehenden Fälle der Haftung für eine Amtspflichtverletzung. Dieses Verständnis verdeutlicht ein Vergleich der Haftung aus § 60 InsO mit der aus § 61 InsO.438 Die Haftung aus § 61 InsO schützt wie die Handelndenhaftung (§§ 54 S. 2 BGB, 41 Abs. 1 S. 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG) und wie die Haftung wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht aus § 823 Abs. 2 BGB jeden beliebigen Vertragsgläubiger der Organisation. Sie lässt sich nicht aus dem Amtswalterrechtsverhältnis herleiten, sondern ist dem Amtswalter drohende Außenhaftung.439 Erst durch den Vertragsschluss wird der Vertragspartner zum Massegläubiger, so dass das Amtswalterrechtsverhältnis auch ihm gegenüber Schutz entfaltet und für folgende Amtspflichtverletzungen eine Haftung (nur) nach § 60 InsO einschlägig ist.440 Die angeführten Haftungsnormen stellen sich also im Ergebnis als spezielle Ausprägung der Haftung wegen Verletzung von Pflichten aus einem Schuldverhältnis nach § 280 Abs. 1 BGB dar. Dieser Einordnung entspricht, dass § 60 Abs. 2 InsO voraussetzt, der Insolvenzverwalter hafte für von ihm selbst eingeschaltete Hilfspersonen nach § 278 BGB. Dem Gesetzgeber steht freilich frei, Einzelfragen abweichend zu regeln.441 b) Primärebene Das Amtswalterrechtsverhältnis als das gerade bejahte Schuldverhältnis, das der Amtswalterhaftung zugrunde liegt, äußert sich gegenüber den verschiedenen betroffenen Interessenträgern in unterschiedlicher Weise. Es ist zwischen dem Verhältnis zum Träger des betroffenen Vermögens und sonstigen Interessenträgern zu unterscheiden. Das Amtswalterrechtsverhältnis äußert dem Vermögensinhaber gegenüber wechselseitige Rechte und Pflichten. Der Amtswalter kann meist Vergütung ver435
BGHZ 159, 1; BGH NJW 2001, 514; NJW 1998, 1059. Vgl. Canaris, JZ 1998, 603, 605 f.; Junker, Vertretung, 38 f., 66 f.; ferner Medicus, SchRAT, Rn. 775. 437 Zum Überblick über den Meinungsstand insbesondere Hirte, Berufshaftung, 386 ff. 438 Vgl. Lüke, ZIP 2005, 1113, 1117, dass § 61 InsO anders als § 60 InsO keine Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten voraussetze. 439 Dazu B I (S. 578 ff.). 440 BGH NJW 2004, 3334, 3335, gegen OLG Hamm NZI 2003, 263, 265. 441 Auf Grundlage des alten Rechts wendete BGHZ 93, 278, 284 f., die deliktische Verjährung auf den Anspruch gegen den Konkursverwalter aus § 82 KO an. Diese Entscheidung scheint allerdings mehr rechtspolitisch davon getragen gewesen zu sein, die alte regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren zurückzudrängen; vgl. dazu Peters, JZ 1985, 583 f. 436
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langen, der Vermögensträger ordnungsgemäße Amtspflichterfüllung. Dieser Anspruch des Organisationsträgers ist entgegen Häsemeyer umfassend, ohne dass es einer einzelfallbezogenen Abgrenzung bedarf. Zwar mögen bestimmte Pflichtverletzungen – wie etwa in der Insolvenz die Missachtung von Aussonderungsrechten – keinen Schaden für die verwaltete Masse auslösen, so dass kein Schadensersatzanspruch entsteht. Der Schadensersatzanspruch scheitert dann aber nicht an dem Fehlen einer gegenüber dem Vermögensträger bestehenden Amtspflicht, sondern an der die Interessenpluralität des Insolvenzverwalteramts ausdrückenden Verteilung des Schadens. Die sonstigen berechtigten Interessenträger haben indessen keine Erfüllungsansprüche. Sie können vom Amtswalter nicht unmittelbar Erfüllung seiner Amtspflichten verlangen. Das Schuldverhältnis ist darauf beschränkt, diese Interessenträger bei Pflichtverletzungen durch Schadensersatzansprüche zu schützen. Wiederum zeigt sich die Parallele zum Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte,442 aus dem dem Dritten im Unterschied zum echten Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB) nur Sekundäransprüche erwachsen können.443 So erklärt sich auch, warum der Amtswalter auf Primärebene grundsätzlich nicht auf ordnungsgemäße Erfüllung der Amtspflichten in Anspruch genommen werden kann, obwohl er auf Sekundärebene für die Verletzung dieser Pflichten haftet. Nur gegenüber dem Vermögensträger bestehen die (durchsetzbaren) Primärpflichten. Der Vermögensträger kann Ansprüche gegen den Amtswalter, der ein Amt innerhalb seiner Handlungsorganisation ausfüllt, aber grundsätzlich nur nach den besonderen im zweiten besonderen Teil dieser Arbeit behandelten organisationsspezifischen Regeln geltend machen.444 c) Ergebnis Die Pflichtverletzung eines Amtswalters kann Schäden beim Organisationsträger (Vertretener, Körperschaft, Insolvenzschuldner, Erben etc.), bei weiteren von der Organisation spezifisch Betroffenen (Körperschaftsmitglieder, Insolvenzgläubiger, Nachlassgläubiger) und bei sonstigen Personen (Vertragspartner des Organisationsträgers) verursachen. Der Organisationsträger kann sich gegen den Amtswalter stets auf einen Schadensersatzanspruch aus dem Amtswalterrechtsverhältnis stützen. Bei den anderen hängt ein Ersatzanspruch aus dem Amtswalterrechtsverhältnis davon ab, ob es so zu verstehen ist, dass es diese Betroffenen in seinen Schutzbereich einbezieht. Nicht geschützte Dritte können sich nur auf § 823 Abs. 2 BGB berufen, was aber voraussetzt, dass die Amtspflicht in einem auf den Schutz des Verletzten abzielenden Schutzgesetz zum Ausdruck kommt. 442 Entsprechendes gilt, wenn man schadensersatzrechtlichen Drittschutz über das Institut der Vertretung im Vertrauen begründet, dazu Junker, Vertretung, 38 f. 443 Charakteristikum ist nicht die Beschränkung des Schuldverhältnisses auf Schutzpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB), so aber beschreibt Medicus, SchRAT, Rn. 772, den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte. Denn auch diese Schutzpflichten können Primäransprüche erzeugen, ausführlich Peters, AcP 205 (2005), 159, 162, 168, 169 ff. 444 Siehe § 13 B II 3 (S. 470).
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§ 16: Haftung des Amtswalters
2. Amtswalterrechtsverhältnisse ohne Schutzwirkung für Dritte Zu den Waltern von Ämtern, die nur dem Schutz des Organisationsträgers dienen, zählen insbesondere Vertreter und Organwalter. Diese Amtswalter haften aus dem Amtswalterrechtsverhältnis regelmäßig nur dem jeweiligen Vermögensträger. So bringen es auch die speziellen Haftungsregelungen für Vertreter in § 1833 BGB, ggf. in Verbindung mit §§ 1908i, 1915 BGB, für Organwalter in §§ 93 Abs. 2, 116 AktG, 34 Abs. 2 GenG, 43 Abs. 2 GmbHG, aber auch für Abschlussprüfer in § 323 HGB zum Ausdruck. Neben der Haftung gegenüber den Vermögensträgern ist diesen Bestimmungen im Umkehrschluss zu entnehmen, dass das Gesetz an das Amtswalterrechtsverhältnis Dritten gegenüber keine schuldrechtlichen Schutzpflichten knüpft. Insbesondere ist das Amtswalterrechtsverhältnis der Organe auf die Gesellschaft beschränkt. Es begründet keine Schutzpflichten gegenüber den Gesellschaftern. Entsprechendes gilt für die Haftung des Abschlussprüfers.445 Eine Haftung gegenüber den Gesellschaftern und sonstigen Dritten kommt freilich aus anderen Rechtsgründen in Betracht.446 Diese Erkenntnisse können für weitere Organe und Vertreter fruchtbar gemacht werden, für die es an einer ausdrücklichen Haftungsregelung fehlt. Auch in diesen Fällen haftet der Amtswalter grundsätzlich dem Vermögensträger bei Amtspflichtverletzung wegen Verletzung einer auf dem Amtswalterrechtsverhältnis beruhenden Pflicht unmittelbar aus § 280 BGB entsprechend den speziellen Haftungsanordnungen in §§ 1833 BGB, 93 AktG etc. Diese Haftung trifft zunächst weitere Organe wie beispielsweise den Vereinsvorstand.447 Sie muss ferner für die besonderen Vertreter des Prozessrechts Geltung beanspruchen, für die es ebenfalls an einer ausdrücklichen Haftungsnorm fehlt.448 Nichts anderes kann schließlich für die Haftung des Wohnungseigentumsverwalters gelten. Allerdings wird bislang die Haftung aus dem Amtswalterrechtsverhältnis übersehen. Die Haftung des Wohnungseigentumsverwalters wird aus dem Anstellungsvertrag hergeleitet.449 Dieses Ergebnis vollzieht aber die gebotene Umorientierung von der Vertragstheorie zur Trennungstheorie nicht hinreichend.450 Wenn nunmehr anerkannt ist, dass die Bestellung zum Verwalter den Abschluss eines Verwaltervertrags nicht erfordert, muss Gleiches auch für die 445 Dazu BGHZ 138, 257, 260 ff.; Hirte, Berufshaftung, 61 ff.; Baumbach/Hopt-Hopt/ Merkt, § 323 Rn. 8; Ebenroth/Boujong/Joost-Wiedemann, § 323 Rn. 15. – Der Abschlussprüfer ist zwar nicht Organ der Gesellschaft, sondern Parteiwalter, dient also nicht nur den Interessen der Gesellschaft, sondern auch externen Interessen. Er dient aber nur allgemein öffentlichen Interessen, individuelle Interessen einer bestimmten Personengruppe werden nicht geschützt, siehe § 4 C I 2 (S. 144). 446 BGHZ 138, 257, 260 ff.; Heukamp, ZHR 169 (2005), 471, 474 ff.; Hirte, Berufshaftung, 61 ff., 386 ff. 447 Soergel-Hadding, § 27 Rn. 23; MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 39; Bamberger/ Roth-Schwarz, § 27 Rn. 20. 448 So ist die Haftung des gemeinsamen Vertreters nach § 6 SpruchG der Sache nach anerkannt, ihre Begründung aber umstritten, dazu Hüffer, § 6 SpruchG Rn. 6; Lutter-Krieger, § 6 SpruchG Rn. 11; MünchKommAktG-Volhard, § 6 SpruchG Rn. 15. 449 MünchKommBGB-Engelhardt, § 27 WEG Rn. 18; Gottschalg, Haftung, Rn. 58; Bamberger/Roth-Hügel, § 27 WEG Rn. 19. 450 Zu dieser Umorientierung oben § 15 A I (S. 535).
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Haftung gelten. Denn nicht erst durch den Verwaltervertrag wird ein Schuldverhältnis zwischen Eigentümern und Wohnungseigentumsverwalter geschaffen. Allein aufgrund der Amtsstellung wird der Verwalter im Kompetenzbereich der einzelnen Eigentümer451 tätig und kann auch, was jedenfalls für den Notverwalter unstrittig ist, eine Vergütung verlangen. Entsprechend hat der Verwalter dann auch für Pflichtverletzungen nach § 280 BGB zu haften, ohne dass es des Abschlusses eines Verwaltervertrags bedarf. 3. Amtswalterrechtsverhältnisse mit Schutzwirkung für Dritte Für viele Ämter, die dem Ausgleich verschiedener Interessen dienen, bestehen ebenfalls spezielle Haftungsnormen. Sie ordnen abschließend an, wem gegenüber der Amtswalter aus dem Amtswalterrechtsverhältnis haftet. Zu nennen sind insbesondere §§ 1833, 1985, 2219 BGB, 60 (21 Abs. 2 Nr. 1, 274 Abs. 1, 313 Abs. 1 S. 3), 71 InsO, 154 ZVG. Wer nicht durch diese Normen geschützt wird, dessen Anspruch kann das Amtswalterrechtsverhältnis also nicht legitimieren.452 Für eine Reihe von Ämtern, die verschiedenartigen Interessen dienen, fehlt es jedoch an einer ausdrücklichen Haftungsnorm. In diesen Fällen wird das Amtswalterrechtsverhältnis kaum nutzbar gemacht, um eine Haftung zu begründen.453 Schließt ein Amtswalter wie der Versicherungstreuhänder mit dem Versicherungsunternehmen einen Vertrag, so wird eine Haftung auf diesen gestützt.454 Im Übrigen wird auf eine deliktische Haftung verwiesen.455 So soll der Versicherungstreuhänder aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den gesetzlich niedergelegten Amtspflichten gegenüber den Versicherten (§§ 72 f. VAG) haften. Und der Pfandbriefbankentreuhänder, der von der Aufsichtsbehörde bestellt wird und zur Pfandbriefbank in keinem Vertragsverhältnis steht, soll sowohl der Pfandbriefbank als auch den Pfandbriefbankgläubigern nur deliktisch haften. Drittschützende Amtspflichten seien freilich nur zugunsten der Gläubiger in §§ 8 ff. PfandBG statuiert.456 Dieser Tendenz, das Amtswalterrechtsverhältnis nicht zur Begründung der Haftung heranzuziehen, ist energisch entgegenzutreten. Die angesprochenen Treuhänder im Finanzdienstleistungsrecht unterscheiden sich zwar von den bislang behandelten Ämtern durch ihre auf Kontrollaufgaben beschränkte Funktion. Auf dieses Charakteristikum lässt sich aber kein Argument für eine bloß de451 Dass der Verwalter nicht nur einem, sondern mehreren Eigentümern haftet, bedeutet wegen der grundsätzlich gleichgerichteten Interessen der Eigentümer keine Besonderheit. Wer entgegen der hier vertretenen Ansicht (siehe § 4 B II 1 a, S. 121) die Gemeinschaft für einen rechtsfähigen Verband hält, kann die Amtswalterhaftung des Verwalters ohnehin nur als Organhaftung gegenüber dem Verband begreifen. 452 Zu § 2219 BGB Staudinger-Reimann, § 2219 Rn. 17; MünchKommBGB-Zimmermann, § 2219, Rn. 8. 453 Eine Ausnahme bietet freilich die ausführlich begründete Herleitung der Haftung der Betriebsratsmitglieder aus dem Amtswalterrechtsverhältnis durch Belling, Haftung, 89 ff., 137 ff., 285 ff., 312 ff.; zustimmend etwa Richardi-Thüsing, Vor § 26 Rn. 13 ff. 454 Prölss-Lipowsky, § 71 Rn. 7. 455 Bellinger/Kerl, § 29 Rn. 13; Prölss-Lipowsky, § 71 Rn. 10. 456 Bellinger/Kerl, § 29 Rn. 10 zu §§ 30–32 HypBkG.
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§ 16: Haftung des Amtswalters
liktische und gegen eine Haftung aus dem Amtswalterrechtsverhältnis stützen.457 Denn der Umfang eines Pflichtenkreises ist unerheblich dafür, ob ein Schuldverhältnis zu bejahen ist, und daher auch dafür, wie die Haftung für Pflichtverletzungen einzuordnen ist. Diesem Verständnis entspricht die Amtswalterhaftung im Insolvenzrecht. Nach der für den Insolvenzverwalter geltenden Haftungsnorm in § 60 InsO haften auch vorläufige Insolvenzverwalter (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO), gleich welche Kompetenzen ihnen das Insolvenzgericht überträgt, Treuhänder (§ 313 Abs. 1 S. 3 InsO) und Sachwalter (§ 274 Abs. 1 InsO). Die Ausgestaltung der Pflichten muss maßgeblich sein. Ein Schuldverhältnis ist zu bejahen, wenn einem anderen Beteiligten ein Anspruch auf pflichtgemäßes Amtshandeln zusteht. Es ist aber schon ausreichend, dass den Amtswalter – wie beim Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte – Pflichten zum Schutz eines bestimmbaren Kreises von Dritten treffen. Auf dieser Grundlage lässt sich zwischen den durch die Treuhänder in ihren Befugnissen beschränkten Finanzdienstleistern und den durch die Treuhänder geschützten Gläubigern der Finanzdienstleister unterscheiden. Den Finanzdienstleistern muss ein Anspruch gegen den Treuhänder zustehen, dass dieser nur in pflichtgemäßer Weise ihre Rechte beschränkt. Zwar ist dieser Anspruch nur nach den besonderen Regelungen über die Binnenstreitigkeiten vor der zuständigen Aufsichtsbehörde durchzusetzen.458 Bei Verletzung dieser Pflichten muss aber ein Schadensersatzanspruch aus den zugrunde liegenden Pflichten im Amtswalterrechtsverhältnis (§ 280 Abs. 1 BGB) begründet sein. Die differenzierende Lösung, dass die Versicherung sich auf ihren Vertrag stützen kann, während der Pfandbriefbank allenfalls ein deliktischer Anspruch zusteht,459 wird dem allein aus der Amtsstellung folgenden Näheverhältnis des Amtswalters zu den Beteiligten nicht gerecht. Die Gläubiger der Finanzdienstleister haben indessen keine Primäransprüche. Das Amt ist aber erkennbar zu ihrem Schutze eingerichtet. Daher muss man ihnen ebenfalls bei Pflichtverletzungen einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zusprechen. Es bedarf keines Umwegs über § 823 Abs. 2 BGB. Der Gesetzgeber könnte das Amtswalterrechtsverhältnis anders ausgestalten. Sein Schweigen und das Fehlen einer speziellen Haftungsnorm lassen sich aber, wie ein Vergleich insbesondere mit dem Vereinsvorstand belegt, nicht als Ausschluss der Haftung begreifen. Das Schweigen lässt sich vielmehr damit erklären, dass die Haftung nicht als ein so gewichtiger Aspekt dieser Ämter angesehen wurde.460
II. Haftungstatbestand Der Haftungstatbestand setzt regelmäßig eine schuldhafte Amtspflichtverletzung voraus, die beim Anspruchssteller zu einem Schaden führt. 457
Vgl. aber Belling, Haftung, 105. §§ 11 Abs. 2 PfandBG, 75 VAG, siehe dazu § 13 A III 1 (S. 451). 459 Zu dem Fehlen von Schutzgesetzen in diesem Verhältnis Bellinger/Kerl, § 29 Rn. 13. 460 Nach Bellinger/Kerl, § 29 Rn. 10, seien Haftungsfälle des Hypothekenbanktreuhänders nicht bekannt und auch nicht zu erwarten. 458
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A. Binnenhaftung wegen Amtspflichtverletzung
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1. Amtspflichtverletzung Eine Amtspflichtverletzung ist anzunehmen, wenn der Amtswalter gegen die Organisationsverfassung verstößt. Soweit keine ausdrücklichen Regelungen bestehen, ist das Handeln des Amtswalters am Organisationszweck als Generalklausel zu messen. Es stellt sich eine unübersehbare Flut an Spezialfragen für jedes einzelne Amt. Zwei Fragestellungen sollen wegen ihrer allgemeinen Bedeutung herausgegriffen werden. a) Amtswalterermessen Die Kodifizierung der Business Judgement Rule (BJR) in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG461 lenkt das Augenmerk auf die Problematik von Ermessen, das Amtswaltern eingeräumt sein kann. Zwei Probleme gilt es zu unterscheiden. Zum einen ist zu bestimmen, hinsichtlich welcher Verrichtungen den Amtswaltern keine gebundene Verhaltenspflicht auferlegt ist, sondern Handlungsspielräume eingeräumt sind. In § 93 Abs. 1 S. 2 AktG lässt sich dieses Problem beim Tatbestandsmerkmal der unternehmerischen Entscheidung verorten.462 Zum anderen sind die Ermessensfehler zu benennen, die eine Pflichtverletzung begründen, wenn Amtswaltern Ermessen eingeräumt ist. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG stellt insoweit auf die angemessene Tatsachenermittlung und auf die Orientierung am Wohl der Gesellschaft ab. aa) Anwendungsbereich des Ermessens Die Besonderheit der unternehmerischen Ermessensentscheidung ist vor allem ihr Prognosecharakter, der die Entscheidung mit den Gefahren belastet, die die ungewisse künftige Entwicklung mit sich bringt.463 Sie ist abzugrenzen von Entscheidungen auf objektiv feststehender Grundlage. Für solche Entscheidungen beurteilt sich die Vereinbarkeit mit dem Organisationszweck unabhängig davon, ob man aus der ex-ante-Perspektive des Entscheidungszeitpunkts oder aus der ex-post-Perspektive des Heute urteilt. Prognoseentscheidungen sind komplexer. Die mit ihnen verbundenen Chancen versprechen, der Verfolgung des Organisationszwecks zu nützen. Die Risiken indessen drohen, der Verfolgung des Organisationszwecks zu schaden. Folglich darf nicht aus einer ex-post-Betrachtung, die den tatsächlichen Verlauf einbezieht, über die Pflichtverletzung entschieden werden. Es ist vielmehr zu berücksichtigen, dass die Organisationsverfassung die Prognose gerade in die Hände des Amtswalters legte. Seine Entscheidung ist daher nur auf Fehler im Prognosevorgang, die Ermessensfehler, zu überprüfen.
461 In der Fassung des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) v. 22.9.2005 (BGBl. I 2802). 462 Etwa Roth, Ermessen, 74 ff., spricht sich gegen eine solche Eingrenzung des Anwendungsbereichs des Vorstandsermessens aus, will allein an die Organtätigkeit anknüpfen. 463 Begründung zur Neufassung von § 93 AktG durch das UMAG, BT-Drucks. 15/5092, S. 11; ferner Brömmelmeyer, WM 2005, 2065, 2066; Schäfer, ZIP 2005, 1253 f., 1255 f; Spindler, NZG 2005, 865, 871 f.
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Prognoseentscheidungen sind allen Amtswaltern auferlegt. Regelmäßig ist dann den Amtswaltern Ermessen eingeräumt. Die einzelnen Organisationsverfassungen unterscheiden sich aber erheblich in dem Punkt, welche Vorgaben den Amtswaltern gemacht werden. Im neuen § 93 Abs. 1 S. 2 AktG ist eine unternehmerische Entscheidung nur dann anzunehmen, wenn Gesetz oder Satzung dem Amtswalter nicht ein bestimmtes Verhalten gebieten oder verbieten.464 In der GmbH ist der Geschäftsführer in viel stärkerem Maße den Vorgaben der Gesellschafter unterworfen und hat diese zu konsultieren. Das schließt aber die entsprechende Anwendung der BJR auch in Gestalt von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG nicht aus.465 Es ist lediglich ihr Anwendungsbereich reduziert. Entsprechendes gilt für die Haftung des Insolvenzverwalters, wenn er die Vorgaben des Gläubigerausschusses ausfüllt; es kann ferner für den Testamentsvollstrecker gelten, wenn die Vorgaben des Erblassers ihm unternehmerisches Handeln abverlangen. Schließlich kommen Prognoseentscheidungen auch bei den gesetzlichen Vertretern in Betracht. Typische Prognoseentscheidungen sind Investitionsentscheidungen.466 Solche Aufgaben können nicht nur Unternehmenslenker wie Geschäftsleiter und Insolvenzverwalter, sondern auch potentielle Vermögensverwalter wie Betreuer, Vormund oder insbesondere Testamentsvollstrecker treffen. Stets ist zunächst zu erwägen, welche Vorgaben die Organisationsverfassung macht, welche Anlageformen also ausgeschlossen sind. Der Unternehmensgegenstand beschränkt den Geschäftsleiter. Enger sind die Beschränkungen des Insolvenzverwalters. Besonders strenge Anforderungen enthalten §§ 1806 ff., 1908i, 1915 BGB für die gesetzlichen Vertreter. Innerhalb des durch die jeweilige Organisationsverfassung gesteckten Rahmens verbleibt den Amtswaltern ein Ermessen. Ein weiteres Problem von allgemeiner Bedeutung ist die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen, die der Organisation zustehen. Man ist versucht, dieses Problem angesichts des möglichen Gerichtsverfahrens und des daher mit dem Verfahren einhergehenden Prozessrisikos ebenfalls als Ermessen eröffnende Prognoseentscheidung einzustufen. Diese Versuchung ist nicht nachzugeben. Jede Organisationsverfassung gibt im Grundsatz dem Amtswalter einen eindeutigen Handlungsbefehl:467 Ansprüche, deren gerichtliche Durchsetzbarkeit überwiegend wahrscheinlich sind, sind geltend zu machen. Anderenfalls ist von ihrer Geltendmachung angesichts des Kostenrisikos abzusehen. Eine Zukunftsprognose wird nicht erforderlich. Ein Prozess hat lediglich die Funktion, die ohnehin bestehende materiell-rechtliche Lage abzubilden. Diese Entscheidung des Amtswalters kann durch Ungewissheit über gegenwärtige Umstände wie etwa die Beweisbarkeit bestimmter Tatsachen oder die fehlende Klärung maßgeblicher Rechtsfragen erschwert werden. Diese Schwierigkeiten betreffen aber allesamt 464 465
Vgl. Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1256; Spindler, NZG 2005, 865, 871 f. Lutter/Hommelhoff-Hommelhoff/Kleindiek, § 43 Rn. 14; kritisch K. Schmidt, GesR,
§ 36 II. 466 Weiteres Beispiel ist die Auswahl von Amtswaltern durch Amtswalter, dazu § 14 B I 3 a (S. 490). 467 BGHZ 135, 244, 254; BGH NJW-RR 2005, 297, 298; Bork, ZIP 2005, 1120, 1121; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1833 Rn. 6; vgl. auch Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1257.
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A. Binnenhaftung wegen Amtspflichtverletzung
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die Tatbestandsebene.468 Der Amtswalter hat nicht zwischen mehreren ihm eröffneten Möglichkeiten auszuwählen. Ein Ermessen kann nur durch ungeschriebene Ausnahmetatbestände eröffnet werden, die ein Absehen von Erfolg versprechenden Prozessen erlauben, falls sich ausnahmsweise Beeinträchtigungen der Organisation prognostizieren lassen, die die Vorteile eines Prozessgewinns deutlich überwiegen.469 Solche Beeinträchtigungen können etwa auf der fehlenden Zahlungsfähigkeit des Schuldners beruhen. bb) Ermessensfehler Um die Ermessensfehler zu bestimmen, ist an die im Verwaltungsrecht beheimate Ermessensdogmatik (§ 114 VwGO) anzuknüpfen.470 Unter Bezugnahme auf § 93 Abs. 1 S. 2 AktG lassen sich für die Amtswalterhaftung folgende präzisierende Aussagen machen: Eine Ermessensüberschreitung stellt eine Pflichtverletzung dar, weil der Amtswalter eine Maßnahme vornimmt, die ihm die Organisationsverfassung gar nicht eröffnet. Entsprechend kommt die Privilegierung von Vorstand und Aufsichtsrat durch § 93 Abs. 1 S. 2 AktG nicht zur Anwendung. Denn eine Entscheidung, die ein eingeräumtes Ermessen überschreitet, weil sie gegen die Organisationsverfassung verstößt, stellt sich nicht als unternehmerische dar. Die Ermessensausübung hat sich ausnahmslos am Organisationszweck zu orientieren (§ 40 VwVfG).471 Daher stellt jede Berücksichtigung von Sonderinteressen einen Ermessensfehlgebrauch und somit eine Amtspflichtverletzung dar. § 93 Abs. 1 S. 2 AktG sieht entsprechend die Orientierung am Gesellschaftsinteresse ausdrücklich vor. Eine Ermessensentscheidung verlangt schließlich, dass alle relevanten Gesichtspunkte in die Erwägungen eingebracht werden.472 § 93 Abs. 1 S. 2 AktG hebt insoweit hervor, dass die ungenügende Aufklärung des Tatbestands eine Pflichtverletzung darstellt. b) Konkurrenz von Organisationssubjekten In vielen Organisationen können oder müssen sogar verschiedene Organisationssubjekte über dieselbe Maßnahme befinden. Dann stellt sich die haftungsrechtliche Frage, ob die Entscheidung des einen Organisationssubjekts die Pflichtwidrigkeit des anderen ausschließen kann. Diese Frage ist zu verneinen, wenn den verschiedenen Organisationssubjekten parallele und selbstständige Prüfungsrechte zukommen. Die wiederholte Prü468 Angesichts dieser möglichen Ungewissheit hat der zur Prozessführung eingeschaltete Rechtsanwalt konkret über die sich aus solcher Ungewissheit ergebenden Prozessrisiken aufzuklären, dazu Zugehör-Sieg, Anwaltshaftung, Rn. 672 ff. Dem Anwalt fällt allerdings anders als dem berufenen Amtswalter nicht die Aufgabe zu, über die Prozessführung zu entscheiden, sondern nur dem Mandanten die maßgebliche Entscheidungsgrundlage aufzubereiten. 469 Vgl. zu möglichen Ausnahmen von der Prozessführungspflicht BGHZ 135, 244, 251 f.; Bork, ZIP 2005, 1120, 1122; Schäfer, ZIP 2005, 1253, 1257. 470 Vgl. BGHZ 135, 244, 251. – Lohse, Ermessen, 182 ff. entwickelt eine gesellschaftsrechtliche Ermessensfehlerlehre. 471 Bull/Mehde, Rn. 590; Maurer, VerwR, § 7 Rn. 17, 22. 472 Bull/Mehde, Rn. 596.
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fung soll dann die Organisation mehrfach schützen, so dass auch Ansprüche gegen alle diejenigen in Betracht kommen, die diese Entscheidung mitgetragen haben. So verhält es sich nicht nur, wenn mehrere Gremiumsmitglieder gemeinschaftlich durch Beschluss ein Vorgehen festlegen, sondern auch, wenn das Verhalten eines Außenhandlungssubjekts unter Zustimmungsvorbehalten beispielsweise des Aufsichtsrats473, des Gläubigerausschusses474 oder des Aufsicht führenden Gerichts475 steht. Nur eine scheinbare Ausnahme stellt es dar, wenn ein Amtswalter mit Leitungskompetenzen konkrete Maßnahmen auf Beschluss des willensbildenden Rechtsinhabergremiums durchführt.476 Denn in diesen Fällen ist dem Amtswalter gar keine Entscheidungsmacht eingeräumt.477 Er hat der Weisung zu folgen. Eine Pflichtverletzung des Amtswalters kommt in Betracht, wenn die Weisung unwirksam ist oder er es unterlässt, nur ihm bekannte, für die Entscheidungsfindung maßgebliche Informationen weiterzugeben. Andererseits beschränkt die Möglichkeit des einen Organisationssubjekts, auf die Handlungen eines anderen Einfluss zu nehmen, nicht dessen Haftung, falls das berechtigte Organisationssubjekt von seiner Möglichkeit keinen Gebrauch macht. So steht einer Haftung des Aufsichtsrats wegen unterlassener Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Vorstand nicht entgegen, dass die Hauptversammlung nach § 147 AktG die Geltendmachung selbst hätte beschließen können.478 2. Verschulden In Übereinstimmung mit § 280 Abs. 1 BGB haftet der Amtswalter nur für schuldhafte Pflichtverletzungen. Die Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB greift regelmäßig nicht, weil die speziellen Haftungstatbestände eine eigenständige Regelung des Verschuldenserfordernisses enthalten. Allgemeine Erwägungen verdient die Verschuldensform.479 Eine Trennung ist zwischen den berufsmäßig und den unentgeltlich geführten Ämtern zu machen.480 Bei den berufsmäßig geführten Ämtern gibt es keine Belege, eine Haftungsmilderung anzunehmen. Eine Berücksichtigung individueller Beeinträchtigungen des Leistungsvermögens ist ausgeschlossen. Jeder berufsmäßig tätige Amtswalter ist an dem von §§ 93 Abs. 1 S. 1 AktG, 43 Abs. 1 GmbHG, 60 Abs. 1 S. 2 InsO ausdrücklich formulierten Maßstab eines ordentlichen und gewissenhaften Amtswalters zu messen.481 473
§ 93 Abs. 4 S. 2 AktG. BGH WM 1985, 422, 424; MünchKommInsO-Görg, § 160 Rn. 28 475 Staudinger-Engler (2004), § 1833 Rn. 15; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1833 Rn. 7. 476 Etwa § 93 Abs. 4 S. 1 AktG, dazu Hüffer, § 119 Rn. 15; zu § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG BGHZ 131, 346, 351 f. 477 §§ 83 Abs. 2 AktG 478 BGHZ 135, 244, 252. 479 Zur Bedeutung der Verschuldensform für Haftungsbeschränkung oder Regress unten C (S. 588 ff.). 480 Vgl. etwa BGHZ 131, 346, 352 f. zum Wohnungseigentumsverwalter. 481 Vgl. OLG Rostock, ZInsO 2004, 814, 816; Gottschalg, Haftung, Rn. 73; Hirte, KapitalgesR, Rn. 3.83; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 43 Rn. 11. 474
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Bei unentgeltlicher Tätigkeit lassen sich zwar Haftungsmilderungen erwägen. Im Ergebnis fehlt aber die Grundlage. Die unbeschränkte Haftung entspricht dem Fehlen einer Haftungsmilderung im Recht des unentgeltlichen Auftrags, auf den das Vereinsrecht in § 27 Abs. 3 BGB unmittelbar verweist. Deutlicher Beleg ist ferner die Ausnahme für den Vormund in § 1793 Abs. 1 S. 3 BGB. Die Haftung des unentgeltlich tätigen Vormunds wird entsprechend §§ 1664, 277 BGB nur dann gemildert, wenn Vormund und Mündel wie regelmäßig Eltern und Kind in einer Hausgemeinschaft leben. Es wird also nicht an die Unentgeltlichkeit, sondern an die häusliche Verbundenheit angeknüpft.482 Bei unentgeltlicher Amtsführung sind die objektiven Sorgfaltsanforderungen allerdings unter Berücksichtigung der individuellen Vorkenntnisse und geschäftlichen Gewandtheit des jeweiligen Amtswalters zu bestimmen.
III. Gehilfenhaftung Die Einschaltung von Gehilfen wirft in zwei Richtungen Haftungsfragen auf. Zum einen kann die Einschaltung durch den Amtswalter pflichtwidrig sein. Zum anderen kann die Haftung für Verschulden des eingeschalteten Gehilfen in Rede stehen. Die Fälle, in denen der Amtswalter eigene Gehilfen einschaltet, sind von den Fällen abzugrenzen, in denen der Amtswalter seine Pflichten erfüllt, indem er Dritte im Interesse der Organisation beauftragt. Vom Amtswalter in Anspruch genommene Ärzte, Bauunternehmer oder Rechtsanwälte sind regelmäßig nicht Gehilfen des Amtswalters, sondern solche des Trägers der Organisation. Für die notwendige Abgrenzung kann es nicht auf die Auffassung des Amtswalters und damit auch nicht auf seine Gestaltung ankommen,483 ob er die Gehilfen im eigenen Namen oder im Namen der Organisation beauftragt.484 Für die Entscheidung ist auf den objektiven Umfang der Amtspflichten abzustellen. Beschränkt sich die Amtspflicht auf die Einschaltung fremder Dienstleister, so kommt keine Verschuldenszurechnung nach § 278 BGB, sondern nur eine Haftung des Amtswalters wegen eigenen Auswahl- oder Überwachungsverschuldens in Betracht.485 Die Einschaltung eines eigenen Gehilfen kann hingegen nicht nur deswegen pflichtwidrig sein, weil der Amtswalter seine Auswahl- und Überwachungspflichten verletzt. Die Pflichtwidrigkeit kann vielmehr in der Einschaltung einer Hilfsperson selbst liegen. Entsprechend § 664 Abs. 1 BGB, dessen Anwendung freilich nur für Vereinsvorstand (§ 27 Abs. 3 BGB) und Testamentsvollstrecker (§ 2218 BGB) ausdrücklich angeordnet ist, darf der Amtswalter seine Amtspflichten nicht umfassend auf einen Dritten übertragen. In der Regel wird der Amtswalter die maßgeblichen, seinem Amt zugewiesenen Aufgaben selbst wahr482
Dazu Staudinger-Engler (2004), § 1833 Rn. 13, unter Hinweis auf Prot. IV, 816. Zu den Möglichkeiten § 6 (S. 201 ff.). 484 Zum Insolvenzverwalter MünchKommInsO-Brandes, §§ 60, 61 Rn. 93. 485 Vgl. KK-WEG-Abramenko, § 26 Rn. 51; MünchKommInsO-Brandes, §§ 60, 61 Rn. 94; Bamberger/Roth-Hügel, § 27 Rn. 19; Vallender, WM 2002, 2040, 2048; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1833 Rn. 9. 483
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zunehmen haben. Die Amtsführung ist dem Amtswalter grundsätzlich höchstpersönlich anvertraut. Nur ausführende Tätigkeiten kann er aber delegieren.486 Eine solche Delegation bedeutet, dass der Amtswalter seine Pflichten durch von ihm eingeschaltete Hilfspersonen erfüllt. Dementsprechend ist ihm nach § 278 S. 1 Fall 2 BGB das Verschulden dieser Hilfspersonen zuzurechnen.487 Eine Ansicht, die die Möglichkeit dieser Zurechnung verneint,488 ist so zu verstehen, dass die Einschaltung von Hilfspersonen immer als eine solche für die Organisation, nicht aber für den Amtswalter angesehen wird. Zumindest bei selbstständig tätigen Amtswaltern wie Insolvenzverwaltern, Testamentsvollstreckern, Zwangsverwaltern, aber auch Berufsvormündern ist aber eine andere Bewertung notwendig.
IV. Geltendmachung und Verjährung Die organisationsrechtliche Frage, wer innerhalb der jeweiligen Organisation gegen einen Amtswalter Schadensersatzansprüche geltend machen darf, wird besonders im Verjährungsrecht relevant. Es fragt sich nicht nur für den Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 BGB, auf wessen Kenntnisse abzustellen ist, sondern auch für die Verjährungshemmung durch Rechtsverfolgung nach § 204 BGB, wem diese möglich ist. Sofern der schadensersatzpflichtige Amtswalter das Außenhandlungsorgan besetzt und der Ersatzanspruch in das Organisationsvermögen fällt489, muss eine spezifische Lösung gefunden werden. In den Organisationen, die selbstverwaltend durch eigene Subjekte einen Amtswalter bestellen, kommt diesem Subjekt neben der Aufsichtsfunktion auch die Aufgabe zu, die Haftungsansprüche geltend zu machen. Diese Aufgabe trifft z. B. den Aufsichtsrat gegenüber dem Vorstand (§ 112 AktG), die Gesellschafter gegenüber dem Geschäftsführer (§ 46 Nr. 8 GmbHG), die Mitgliederversammlung gegenüber dem Vereinsvorstand,490 die Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter. Ferner dürfen die Erben die zum Sondervermögen Nachlass gehörenden Ansprüche gegen den amtierenden Testamentsvollstrecker wegen des Verweises ins Auftragsrecht durch § 2218 BGB geltend machen,491 wie sie auch Ansprüche auf ordnungsgemäße Amtsführung geltend machen können.492 In diesen Fällen besteht also von Anfang an ein Organisationssubjekt, anhand dessen Kenntnis oder grobfahrlässiger Unkenntnis über den Beginn der Verjährungsfrist entschieden werden kann und das die Ersatzansprüche zugunsten des Organisationsvermögens geltend machen kann.
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Vgl. MünchKommBGB-Seiler, § 664 Rn. 12. MünchKommInsO-Brandes, §§ 60, 61 Rn. 94; Gottschalg, Haftung, Rn. 79; MünchKommBGB-Wagenitz, § 1833 Rn. 9. 488 Etwa Staudinger-Engler (2004), § 1833 Rn. 40 für den Vormund. 489 Vielfach ist der Gesamtschaden, der in das Organisationsvermögen, etwa Nachlass oder Insolvenzmasse fällt, von dem Individualschaden einzelner Erben oder Insolvenzgläubiger abzugrenzen. 490 Grunewald, ZIP 1989, 962, 964; MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 39. 491 Staudinger-Reimann (2003), § 2219 Rn. 32. 492 Dazu schon § 3 D II (S. 99). 487
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In den Organisationen, in denen die Außenhandlungsämter gerichtlich besetzt werden, ist der Anspruch entweder vom Amtsnachfolger oder von einem Sonderamtswalter geltend zu machen. Beispiele solcher Sonderamtswalter sind Ergänzungspfleger (§ 1909 Abs. 1 S. 1 BGB)493, Ergänzungsbetreuer (§ 1899 Abs. 4 BGB) oder Sonderinsolvenzverwalter494. In diesen Fällen bedarf es also stets der Bestellung eines neuen Amtswalters, damit die Verjährungsfrist laufen und die Ansprüche verfolgt werden können. Eine Beschränkung des Beginns der Verjährungsfrist enthält für die familienrechtlichen Ämter zudem noch § 207 Abs. 1 Nr. 3–5 BGB. Um das Verhältnis zwischen Vormund, Betreuer und Pfleger mit der jeweils umsorgten Person zu schützen, beginnt der Lauf der Verjährungsfrist erst nach der Beendigung der Amtsstellung. Schließlich bezieht sich noch § 210 BGB auf das dargelegte Problem. Diese Bestimmung knüpft eine Ablaufhemmung daran, dass der nicht geschäftsfähige Gläubiger ohne gesetzlichen Vertreter ist. Letztere Voraussetzung ist aber nicht nur erfüllt, wenn es an jedem Vertreter fehlt. Sie ist auch gegeben, wenn der Vertreter rechtlich etwa wegen des Verbots des Selbstkontrahierens (§ 1795 BGB) gehindert ist, die nicht geschäftsfähige Person zu vertreten.495 Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift erstreckt sich allerdings nicht auf alle Organisationen. Recht einhellig anerkannt ist, dass diese Vorschrift auf natürliche Personen, nicht aber auf juristische Personen Anwendung findet.496 Es erscheint angemessen, entsprechend der hier bislang vorgenommenen Unterscheidung danach abzugrenzen, ob eine Organisation selbst für die Bestellung der Amtswalter sorgen kann. Ist dies wie bei juristischen Personen, bei der Wohnungseigentümergemeinschaft, aber auch bei der Testamentsvollstreckung der Fall, so besteht keine Schutzbedürftigkeit, die die Anwendung von § 210 BGB rechtfertigen würde. Diese Bestimmung ist aber nicht nur auf die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen, sondern auch auf Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter und Zwangsverwalter anzuwenden. In allen Fällen ist folglich die Verjährung ausgeschlossen, solange der zum Schadensersatz verpflichtete Amtswalter noch amtiert.497 Ein Spezialproblem der Ämter des Familien- und Erbrechts besteht darin, ob für die sie treffenden Haftungsansprüche die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist oder die spezielle dreißigjährige Verjährungsfrist für familien- und erbrechtliche Ansprüche (§ 197 BGB) gilt. Die wohl überwiegende Meinung plädiert dafür, aufgrund der formalen Zuordnung dieser Ansprüche zum Familienoder Erbrecht die lange Verjährungsfrist greifen zu lassen.498 Vorzug verdient in493
Staudinger-Engler (2004), § 1833 Rn. 41. MünchKommInsO-Brandes, § 62 Rn. 3. 495 MünchKommBGB-Grothe, § 210 Rn. 3; Staudinger-Peters (2004), § 210 Rn. 6. 496 BGH NJW 1968, 692, 694; RGZ 156, 291, 300; MünchKommBGB-Grothe, § 210 Rn. 2; Staudinger-Peters (2004), § 210 Rn. 2. 497 Beispielsweise verkennt ein zur Prüfung von Schadensersatzansprüchen gegen den Insolvenzverwalter bestellter Sonderinsolvenzverwalter das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs grob fahrlässig, so dass die Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus § 60 InsO nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt. § 210 BGB hindert aber den Eintritt der Verjährung, solange nach Beendigung der Sonderinsolvenzverwaltung nur der Insolvenzverwalter für die Masse handeln kann. 498 BGH NJW 2002, 3773 obiter zu § 2219 BGB; MünchKommBGB-Grothe, § 197 Rn. 10 f.; Staudinger-Reimann (2003), § 2219 Rn. 22. 494
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dessen, § 197 BGB teleologisch zu reduzieren.499 Gerade der hier angestellte Vergleich zeigt, dass die betroffenen Haftungsnormen nicht Ausdruck spezieller familien- oder erbrechtlicher Problemlagen sind. Sie weisen vielmehr eine Problemstruktur auf, die mit anderen diskutierten Bestimmungen der Amtswalterhaftung übereinstimmt. Die spezifischen Probleme, die sich hier in verjährungsrechtlicher Hinsicht ergeben, werden insbesondere durch § 210 BGB, ferner durch § 207 BGB, aber nicht durch eine verlängerte Verjährungsfrist angemessen gelöst.
B. Sonstige Verantwortlichkeit wegen des Amtswalterverhaltens Der Amtswalter kann bei seinem Handeln für das Amt Haftungstatbestände verwirklichen, die allgemeiner Art sind und nicht an eine Amtspflichtverletzung anknüpfen. Für eine solche Haftung sollen zunächst allgemeine Überlegungen angestellt werden (unter I.), um dann das für alle Amtswalter bedeutsame Beispiel der Haftung infolge der Verletzung von in der Person des Organisationsträgers begründeten Verkehrspflichten zu behandeln (unter II.).
I. Grundlagen Im Grundsatz ist maßgeblich, ob der Amtswalter selbst den Tatbestand einer Haftungsnorm verwirklicht. Seine Amtsstellung führt zu keinen Haftungseinschränkungen, aber auch nur im Ausnahmefall zu Haftungserweiterungen. 1. Keine Einschränkungen Während Art. 34 S. 1 GG eine Haftungssperre für den Fall enthält, dass der Walter eines öffentlichen Amtes in Ausübung öffentlicher Gewalt handelt, sieht das Recht privater Ämter entsprechende Haftungsbeschränkungen nicht vor.500 Ungeachtet der Zurechnung des Amtswalterhandelns zur organisierten Person handelt der Amtswalter selbst.501 Dieses Handeln kann daher zu einer Haftung des Amtswalters aus jedem beliebigen Haftungstatbestand führen. Von Bedeutung ist dieser Befund insbesondere für deliktische Haftungstatbestände. Eine Zurechnung rechtswidrigen Amtswalterhandelns etwa nach § 31 BGB berührt die Haftung des Amtswalters für sein eigenes Fehlverhalten nicht. Aus §§ 823 Abs. 1, 826 BGB haften daher Amtswalter und organisierte Rechtsperson häufig nebeneinander. Eine nur scheinbare Ausnahme bedeutet die Haftung aus Schuldverhältnis. Schließt der Amtswalter für den organisierten Rechtsträger einen Vertrag, so haftet zwar der Rechtsträger, nicht der Amtswalter. Diese Rechtsfolge beruht aber 499 Staudinger-Peters (2004), § 197 Rn. 11 ff., 15, 20 f.; vgl. ferner Staudinger-Engler (2004), § 1833 Rn. 42. 500 Vgl. BGH NJW-RR 1988, 89, 90. 501 Siehe § 6 A I 1 (S. 201).
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B. Sonstige Verantwortlichkeit wegen des Amtswalterverhaltens
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nicht darauf, dass der Amtswalter nicht gehandelt hätte, sondern dass Inhalt des Rechtsgeschäfts lediglich eine Verpflichtung des organisierten Rechtsträgers ist. Es bedarf daher eines besonderen Haftungsgrundes, damit der Amtswalter aus dem Vertragsschluss für einen Dritten haftet. Etwa eine Haftung aus § 313 Abs. 3 BGB ist möglich. Da das Gesetz an das Amtswalterhandeln grundsätzlich keine persönliche Haftung knüpft, müssen aber besondere Umstände hinzukommen.502 Der Hinweis auf die Amtsstellung reicht nicht, um die von § 311 Abs. 3 S. 2 BGB vorausgesetzte Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens zu begründen.503 Regelmäßig wird daher eine persönliche vertragliche Haftungsübernahme erforderlich sein. Besondere gesetzliche Haftungstatbestände bilden die Handelndenhaftung (§§ 54 S. 2 BGB, 41 Abs. 1 S. 2 AktG, 11 Abs. 2 GmbHG) einschließlich der Insolvenzverwalterhaftung aus § 61 InsO. Bei Pflichtverletzungen kommt die Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB in Betracht. 2. Erweiterung Eine Erweiterung der Amtswalterhaftung kommt in Betracht, wenn dem Amtswalter vom Organisationsträger verwirklichte Umstände zugerechnet werden. Man kann dann in Abgrenzung zur im ersten besonderen Teil behandelten Zurechnung von einer »umgekehrten Zurechnung« sprechen. Allerdings ist eine solche Zurechnung die Ausnahme. Es bestehen keine allgemeinen Regelungen, dass Umstände, die die Organisation durch andere Funktionsträger verwirklicht, dem Amtswalter persönlich zugerechnet werden. So hat der BGH etwa mit Recht ausgesprochen, dass die Grundsätze zur normativen Zurechnung von Wissen in arbeitsteiligen Organisationen auf die Zurechnung zum Organisationsträger beschränkt sind. Eine Zurechnung des Organisationswissens zum einzelnen Amtswalter kommt, soweit dieser in seiner persönlichen Rechtsstellung betroffen ist, nicht in Betracht.504 Eine Zurechnung ist allerdings vielfach im öffentlichen Recht vorgesehen. So sehen das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht die Zurechnung persönlicher Merkmale von der Organisation zum Amtswalter vor (§§ 14 Abs. 1 StGB, 9 Abs. 1 OWiG).505 Diese Regelungen können insbesondere über § 823 Abs. 2 BGB auch im Zivilrecht haftungsrechtliche Konsequenzen äußern. Ein anderes Beispiel ist die Erweiterung steuerlicher Pflichten auf die Amtswalter durch § 34 AO.506
502 Vgl. zum Sequester BGHZ 105, 230, 234; zum Sachwalter nach VerglO BGHZ 103, 310, 313; zum Konkursverwalter BGHZ 100, 346, 352; 85, 75, 82; BGH NJW-RR 1990, 94, 96; ferner Bamberger/Roth-Grüneberg, § 311 Rn. 116; schließlich Lutter/Hommelhoff-Hommelhoff/ Kleindiek, § 43 Rn. 52 f. zur Geschäftsführerhaftung. 503 Speziell zu gesetzlichen Vertretern § 7 B II 2 (S. 247). 504 BGH NJW 2001, 359. 505 Dazu § 9 B II 6 a (S. 319). 506 Dazu § 9 B II 6 d (S. 325).
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II. Eigenhaftung bei Verletzung von Verkehrspflichten Verkehrspflichten bestehen mit dem Inhalt, dass derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, alle nach Lage der Verhältnisse möglichen und erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zum Schutz anderer Personen zu treffen hat.507 So dienen sie dazu, die Haftung des Pflichtigen für Unterlassen und in Fällen sog. mittelbarer Verletzungen zu erklären.508 Im Folgenden soll das Problem untersucht werden, inwieweit Amtswalter persönlich wegen der Verletzung von Verkehrspflichten aus § 823 Abs. 1 BGB in Anspruch genommen werden können, wenn die die Verkehrspflicht auslösende Gefahrenquelle durch die Organisation beherrscht wird, zu der der Amtswalter zählt. Dieses Problem ist im Recht der Organwalter im Anschluss an die sog. »Baustoff«-Entscheidung des BGH zu einem Modethema geworden.509 Der Rechtsprechung des BGH lässt sich insgesamt die Tendenz entnehmen, alle innerhalb einer Organisation im weitesten Sinne für die Gefahrensicherung zuständigen Hilfspersonen – seien es Organwalter510, andere Amtswalter511 oder sonstige selbstständige sowie abhängige Hilfspersonen512 – in gleicher Weise für verkehrspflichtig zu halten.513 Diese Auffassung fußt insoweit auf einer gesicherten Grundlage, als die Begründung für die Verkehrspflichtigkeit einer selbstständigen Hilfsperson mittlerweile recht einhellig anerkannt ist.514 Der originär Verkehrspflichtige und der Gehilfe kommen – meist vertraglich, jedenfalls aber faktisch – überein, dass die Aufgabe, die Gefahr zu überwachen, die die Verkehrspflicht auslöst, nunmehr vom Gehilfen wahrgenommen werden soll. Wegen dieser Zuständigkeitsverteilung sind vom originär Schutzpflichtigen, soweit er sich auf die eingeschaltete Person verlassen kann, keine Vorkehrungen mehr zur Gefahrenkontrolle zu erwarten. Folglich erlischt seine Verkehrspflicht zwar nicht, verändert sich aber inhaltlich in eine Auswahl- und Überwachungspflicht.515 Die neue Zuständigkeitsverteilung begründet gleichzeitig Erwartungen an den Gehilfen. Er hat nunmehr die Gefahr zu kontrollieren. Daher trifft ihn die deliktische Verkehrspflicht.
507
Staudinger-Hager (1999), § 823 Rn. E 1. Staudinger-Hager (1999), § 823 Rn. E 3; Medicus, GmbHR 2002, 809, 811; kritisch MünchKommBGB-Wagner, § 823 Rn. 220 ff. 509 BGH, Urt. v. 5.12.1989 – VI ZR 335/88, BGHZ 109, 297 ff., näher unter 2. (S. 582) 510 BGH NJW 1996, 1535, 1537; ferner BGH BauR 1991, 380. – Ohne Stellungnahme zu der Rechtsprechung des VI. Senats allerdings der II. Senat in BGHZ 125, 366, 375 f. 511 BGH NJW 1993, 1782 zum WEG-Verwalter; BGH NJW-RR 1988, 89 f. zum Konkursverwalter; ferner BayObLG NJW-RR 2005, 100 zum WEG-Verwalter; OLG Hamm ZMR 2004, 511 zum Zwangsverwalter. 512 BGH NJW-RR 1989, 394, 395; NJW 1959, 34, 35. 513 BGHZ 109, 297, 303: »In dieser Beziehung gilt für die Eigenhaftung des Geschäftsführers im Grundsatz nichts anderes als für jeden anderen Bediensteten der GmbH, soweit dessen Aufgabenbereich sich auf die Wahrung deliktischer Integritätsinteressen Dritter erstreckt.« 514 BGH NJW-RR 1989, 394, 395; NJW 1959, 34, 35; Kleindiek, Deliktshaftung, 409; Larenz/Canaris, § 76 III 3 b; Ulmer, JZ 1969, 163, 171; MünchKommBGB-Wagner, § 823 Rn. 289. 515 BGHZ 142, 227, 233. 508
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B. Sonstige Verantwortlichkeit wegen des Amtswalterverhaltens
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Anliegen der folgenden Darstellung ist es, die Unterschiede der hier analysierten Ämter in Erinnerung zu rufen, um eine differenzierende Lösung zu befürworten. 1. Vertreter Die Vertreter kraft Amtes wurden charakterisiert als externe Gehilfen, deren Funktionsweise grundsätzlich der von privatautonom (rechtsgeschäftlich) eingeschalteten Gehilfen nachgebildet ist.516 Entsprechend folgen die Grundsätze über Verkehrspflichten der Vertreter kraft Amtes den dargestellten Grundsätzen bei eingeschalteten Hilfspersonen.517 Denn die Amtsübernahme durch einen Vertreter führt regelmäßig ebenfalls hinsichtlich der Beherrschung von Gefahren zu einer neuen Verteilung von Zuständigkeiten. Die Unterschiede beschränken sich auf die Begründung dieser neuen Zuständigkeitsverteilung. Durch die Einschaltung von Hilfspersonen macht der originär Verkehrspflichtige von der Möglichkeit Gebrauch, sich von seiner Pflicht zu entlasten.518 Anders liegt es, wenn das Gericht den Vertreter für eine nicht geschäftsfähige, abwesende oder sonst am Handeln gehinderte Person bestellt. In diesen Fällen gleicht das Gesetz durch die Neuverteilung der Pflichtenkreise die Verhinderung des eigentlich primär Verkehrspflichtigen aus, für die Einhaltung der ihn treffenden Verkehrspflichten selbst zu sorgen. An der Verkehrspflicht von insbesondere Betreuer, Pfleger und Vormund im Bereich der von ihm übernommenen Aufgaben ändert diese unterschiedliche Begründung freilich nichts. Besonders deutlich wird die Verkehrspflicht dieser Amtswalter, wenn sie in Wahrnehmung ihrer Amtsaufgaben Besitzer einer zum Vermögen des Vertretenen gehörenden Sache werden.519 Dann kann schon aus dieser Stellung ihre Verkehrspflicht folgen. Wiederum anders – allerdings ebenfalls nur hinsichtlich der Begründung, nicht hinsichtlich des Ergebnisses – liegt es im Fall des Wohnungseigentumsverwalters. Dem Wohnungseigentumsverwalter kann die Zuständigkeit zukommen, die vom verwalteten Grundstück ausgehenden Gefahren zu sichern. Dann wird er Träger der Verkehrspflicht. Streiten lässt sich nur über die Frage, ob schon die gesetzliche Aufgabenverteilung diese Aufgabe umfasst oder ob es einer besonderen Regelung in Gemeinschaftsordnung oder Verwaltervertrag bedarf.520 Im ersten Fall wäre diese die Verkehrspflicht begründende Zuständigkeitsverteilung Ausdruck der gesetzlichen Entscheidung, dass angesichts der Vielzahl an originär Verkehrspflichtigen diese entlastet werden sollen. Auf Grundlage des abweichenden Verständnis516 Zusammenfassend oben § 7 E (S. 262). – Die Verwendung des gegenüber dem des Vertreters allgemeineren Begriffs des Gehilfen erklärt sich gerade auch in dem hier betroffenen Zusammenhang. Wer seinen Geschäftsherrn bei der Wahrnehmung von Verkehrspflichten unterstützt, gibt regelmäßig nicht rechtsgeschäftliche Erklärungen für den Geschäftsherrn ab, sondern schippt Schnee oder betätigt sich in ähnlicher Weise gefahrreduzierend. 517 Vgl. BGH NJW 1993, 1782; BayObLG NJW-RR 2005, 100. 518 Kleindiek, Deliktshaftung, 437; Ulmer, JZ 1969, 163, 171. 519 Siehe § 7 C II (S. 250). 520 Dazu BayObLG NJW-RR 2005, 100; Fritsch, ZWE 2005, 384, 386 ff.
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ses läge eine privatautonome Entlastung durch die Wohnungseigentümer gleich wie bei der (rechtsgeschäftlichen) Einschaltung sonstiger Hilfspersonen vor.521 Der Vertreter selbst kann sich wiederum entlasten durch die (rechtsgeschäftliche) Einschaltung weiterer Hilfspersonen (etwa eines Winterräumdienstes). So reduziert sich die Verkehrspflicht des Vertreters auf eine Auswahl- und Aufsichtspflicht. Verschulden der Hilfsperson ist dem Amtswalter also deliktisch nicht zuzurechnen. Auch im Amtswalterrechtsverhältnis trifft den Amtswalter regelmäßig keine Haftung für etwaige schuldhafte Pflichtverletzungen der eingeschalteten Hilfsperson,522 weil ihn im Zweifel schuldrechtlich gegenüber dem Vertretenen nur die Organisationspflicht trifft, für eine Hilfsperson zu sorgen.523 Entsprechend kann er die Hilfsperson auch im Namen des Vertretenen einschalten oder eigene Aufwendungen für die Hilfsperson entsprechend § 670 BGB ersetzt verlangen. 2. Organwalter Der BGH hat in der bereits angesprochenen »Baustoff«-Entscheidung eine Haftung von Organwaltern wegen der Verletzung eigener Verkehrspflichten ausgesprochen.524 Eine GmbH hatte Baustoffe unter verlängertem Eigentumsvorbehalt eingekauft. Sie verwendete die Baustoffe zur Abwicklung von Aufträgen, bei denen hinsichtlich der Vergütungsansprüche ein Abtretungsverbot vereinbart war, so dass die für die Verarbeitungserlaubnis notwendige Abtretung der Vergütungsansprüche an den Lieferanten unmöglich war. Der Geschäftsführer wirkte weder am Abschluss der Einkaufs- und Verkaufsverträge oder an der Verarbeitung mit noch hatte er überhaupt Kenntnis von diesen Vorgängen. Dessen ungeachtet bejahte der BGH (in der Insolvenz der GmbH) einen Anspruch des Baustofflieferanten gegen den Geschäftsführer aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Eigentums an den Baustoffen. Dem Geschäftsführer hätte es obgelegen, durch Maßnahmen der Organisation und Koordination (zwischen Einkauf und Verkauf) entsprechende deliktische Schädigungen von Rechtsgütern Dritter auszuschließen. Diese Pflicht bestehe zwar nur gegenüber der Gesellschaft, begründe aber auch eine Garantenstellung Dritten gegenüber, die ihre Güter der Gesellschaft anvertrauten. a) Meinungsstand Das lebhafte Echo auf diese Entscheidung ist geteilt.525 Die Kontroverse wird von ganz unterschiedlichen rechtspolitischen Grundüberzeugungen getragen.
521
Vgl. Fritsch, ZWE 2005, 384, 389. BayObLG NJW-RR 2005, 100 f.; kritisch Fritsch, ZWE 2005, 383, 394 f. – Relevant wird diese Frage, wenn der Vertretene selbst zum Opfer der zu überwachenden Gefahr wird. Dann hat er zwar einen Anspruch gegen die eingeschaltete Hilfsperson aus Delikt, aber nicht gegen den die Hilfsperson ordentlich überwachenden Vertreter. 523 Siehe A III (S. 575). 524 BGHZ 109, 297, 303. 525 Übersichten über den Meinungsstand etwa bei Haas, Geschäftsführerhaftung, 211 ff.; Kleindiek, Deliktshaftung, 8 ff., 368 ff.; Medicus, ZGR 1998, 570 ff.; Sandmann, Haftung, 429 ff.; Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, 844 ff. 522
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Die dem BGH im Ergebnis folgenden Stimmen verweisen auf die Erforderlichkeit der Organwalterhaftung für einen ausreichenden Schutz der Deliktsgläubiger. Gegenüber diesen sei die Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen viel schwerer zu legitimieren, da diese Gläubiger eine Beschränkung anders als Vertragsgläubiger nicht durch sonstige Sicherungen ausgleichen könnten.526 Die Gegenmeinung will die Haftungskonzentration auf die Gesellschaft schützen.527 Entgegen dem gesetzlichen Binnenhaftungsmodell drohe eine uferlose Außenhaftung der Geschäftsführer. Abseits solcher rechtspolitischen Überlegungen soll die Darstellung der Kontroverse im Folgenden daran orientiert werden, inwieweit die besondere Art der Gehilfenstellung eines Organwalters nach Maßgabe von § 31 BGB die Entscheidung beeinflusst, ihm selbst Verkehrspflichten zuzuordnen. aa) Verkehrspflichten wegen Amtsübernahme Eine den BGH im Ergebnis stützende Ansicht will § 31 BGB keine Argumente entnehmen, um über die Verkehrspflicht der Organwalter zu befinden. Die Verkehrspflichten von Verband und Organwalter seien im Ausgangspunkt unabhängig voneinander zu bestimmen. Die Verkehrspflichten entständen originär beim Verband, weil er Eigentümer oder Besitzer einer Sache sei oder weil er eine Gefahr durch seine Handlungsorganisation auf andere Weise beherrsche. Den Organwalter träfen von den Verbandspflichten abgeleitete Verkehrspflichten. Ursache der Überleitung sei die Amtsübernahme. Im Umfang der vom Organwalter mit dem Amt übernommenen Aufgaben träfen ihn die Verkehrspflichten, die originär dem Verband als Organisationsträger zugeordnet seien.528 Strukturell ist dieser Begründung eine deutliche Parallele zur Begründung der Verkehrspflichten eingeschalteter Hilfspersonen zu entnehmen. Sie ermöglicht aber auch, wertend die Verkehrspflichten des Organwalters einzuschränken. So werden beispielsweise die Verkehrspflichten des Organwalters auf die der Allgemeinheit gegenüber bestehenden Pflichten in Abgrenzung zu vertragsbegleitenden Verkehrspflichten529 oder auf Organisationspflichten in Abgrenzung zu Tätigkeitspflichten530 begrenzt. bb) Verkehrspflichten wegen § 31 BGB Verkehrspflichten des Organwalters werden ferner auf ein am Wortlaut orientiertes Verständnis von § 31 BGB gestützt. Diese Bestimmung bedeute die Anordnung einer subjektiven Haftungserweiterung auf den Verband, die die Verwirklichung eines Haftungstatbestands durch den Organwalter voraussetze.531 Der 526
MünchKommBGB-Wagner, § 823 Rn. 399. – A. M. Medicus, ZGR 1998, 570, 579 f. Hirte, KapitalgesR, Rn. 3.133 ff.; Lutter, ZHR 157 (1993), 464, 475 f.; Medicus, ZGR 1998, 570, 585; vgl. auch Hirte, Berufshaftung, 432 ff. 528 Larenz/Canaris, § 76 III 5 d; Staudinger-Hager (1999), § 823 Rn. E 68; MünchKommBGB-Wagner, § 823 Rn. 399; noch schärfer Brüggemeier, AcP 191 (1991), 33, 65 ff. 529 Grunewald, ZHR 157 (1993), 451, 455 ff., 458. 530 Sandmann, Haftung, 446 ff. 531 Altmeppen, ZIP 1995, 881, 887 f.; Roth/Altmeppen-Altmeppen, § 43 Rn. 46; Foerste, VersR 2002, 1, 2 ff. 527
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Verband hafte daher nicht für die Verletzung eigener Verkehrspflichten durch ihm zugerechnetes Handeln des Organwalters. Vielmehr hafte zunächst der Organwalter, weil er seine eigenen Verkehrspflichten verletze. Dann lasse § 31 BGB zu der Organwalterhaftung eine solche des Verbands treten. Auf Grundlage dieses Verständnisses von § 31 BGB liegt es nahe, dass die Verkehrspflichten wegen der von der Organisation Verband zu überwachenden Gefahrenquelle originär den jeweiligen Organwalter treffen. Diese Begründung führt gegenüber der vom BGH vertretenen Ansicht zu einem nochmals erweiterten Haftungsrisiko des Organwalters, wenn die Verkehrspflichten mit der Anordnung einer Beweislastumkehr verknüpft sind. Beispiele sind nicht nur die Produkthaftung532, sondern auch die Haftung für Verrichtungsgehilfen nach § 831 BGB. Wer ein Delikt des Organwalters voraussetzt, kann eine Haftung des Verbands nur über §§ 831 Abs. 2, 31 BGB begründen.533 Also müsste der Organwalter persönlich ebenfalls die Beweislastumkehr des § 831 BGB gegen sich gelten lassen.534 Der BGH bemisst indessen die Haftung des Verbands nach §§ 831 Abs. 1, 31 BGB, die des Organwalters allein nach § 823 Abs. 1 BGB.535 cc) Keine Verkehrspflichten wegen § 31 BGB Die Gegenmeinung stützt ihre Auffassung, Verkehrspflichten des Organwalters abzulehnen, ebenfalls auf § 31 BGB. Originäre Verkehrspflichten der juristischen Person werden anerkannt. Diese Pflichten könnte die Körperschaft dadurch verletzen, dass ihr nach § 31 BGB nur das Organwalterverhalten, nicht die Verwirklichung eines deliktischen Tatbestands zugerechnet werde. Auf den Organwalter gingen mit Übernahme des Amtes aber keine Verkehrspflichten über.536 Er werde so zwar verpflichtet, die Verkehrspflichten des Verbands zu erfüllen. Diese Pflichtenübernahme (im Innenverhältnis) führe aber nicht zu einer Übernehmerhaftung. Denn eine solche Übernehmerhaftung setze nach dem Modell des § 831 Abs. 2 BGB – wie bei den anderen Hilfspersonen – eine Enthaftung des originär Verkehrspflichtigen voraus.537 Die Amtsübernahme durch den Organwalter entlaste den Verband aber wegen der aus § 31 BGB drohenden Zurechnung nicht. Eine Verkehrspflicht des Organwalters könne allein auf seinem persönlichen gefahrenerhöhenden Verhalten beruhen:538 Insbesondere könne der Organwalter 532
Vgl. dazu Medicus, GmbHR 2002, 809 ff. Roth/Altmeppen-Altmeppen, § 43 Rn. 46. 534 Altmeppen, ZIP 1995, 881, 889 f., korrigiert dieses Ergebnis allerdings durch eine teleologische Reduktion, weil dem Organwalter nicht die von § 831 BGB vorausgesetzte Risikonutznießung zugute komme. 535 BGHZ 109, 297, 302, 305; BGH NJW 1974, 1371, 1372. 536 Kleindiek, Deliktshaftung, 393 ff.; Lutter, ZGR 1993, 464, 475 f.; Medicus, GmbHR 2002, 809, 814 f.; ders., ZGR 1998, 570, 584 f.; ders., Festschrift Lorenz, 155, 163 ff.; Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, 853 f., 866. 537 Haas, Geschäftsführerhaftung, 230 f.; Lutter/Hommelhoff-Hommelhoff/Kleindiek, § 43 Rn. 62; Kleindiek, Deliktshaftung, 437; Sandmann, Haftung, 459 f.; Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, 853 f. 538 Lutter/Hommelhoff-Hommelhoff/Kleindiek, § 43 Rn. 65 m. w. Nachw. 533
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die Gefahrenquelle selbst eröffnen oder die Stellung eines Beschützergaranten übernehmen. Schließlich führe vorsätzliches Verhalten zu einer Haftung unabhängig von den Verkehrspflichten. b) Stellungnahme Es ist den Stimmen zu folgen, die eine Begründung von Verkehrspflichten mit Amtsübernahme ablehnen. Der Organwalter stellt zwar ungeachtet seiner Funktion, für die juristische Person zu handeln, ein eigenständiges Rechtssubjekt neben dieser Person dar. Mit Annahme des Amtes übernimmt der Organwalter auch die Aufgabe, für die juristische Person tätig zu werden. Der Inhalt der Aufgabe rechtfertigt aber angesichts der Organwalterzurechnung nach § 31 BGB nicht, eine eigene Verkehrspflicht des Organwalters anzunehmen. aa) Keine Verkehrspflichten wegen § 31 BGB Der Wortlaut von § 31 BGB knüpft an eine Deliktsverwirklichung durch den Organwalter an. Der Anwendungsbereich geht aber nach dem in dieser Abhandlung vertretenen Verständnis der Organzurechnung darüber hinaus.539 § 31 BGB beschreibt den Modus der Organzurechnung, der sich auf alle Intellektbetätigungen erstrecken kann. So ist etwa auch im Rahmen von Schuldverhältnissen nicht eine Anwendung von § 278 BGB notwendig, sondern die des § 31 BGB vorzuziehen.540 In Bezug auf Verkehrspflichten hat insbesondere Detlef Kleindiek dieses weite Verständnis von § 31 BGB in einer umfangreichen Untersuchung abgesichert.541 Folglich sind die Verkehrspflichten nicht nur dem jeweiligen Verband zuzurechnen, weil er die Voraussetzungen der Verkehrspflichten, die Beherrschung der Gefahrenlage, selbst verwirklicht. Vielmehr kann der Verband die Verkehrspflichten selbst durch ihm zuzurechnendes Amtswalterverhalten verletzen. bb) Keine Verkehrspflichten aus Amtsübernahme wegen § 31 BGB Die Frage verengt sich damit darauf, ob der Organwalter wegen eigener Verkehrspflichten zusätzlich zur Körperschaft haften soll. Blickt man allein auf den Organwalter, so drängt sich auf, diese Frage im Hinblick auf die Erwägungen zu den Vertretern kraft Amtes und den vertraglich eingeschalteten (selbstständigen, aber auch unselbstständigen) Hilfspersonen zu bejahen. Der Organwalter übernimmt wie diese Hilfspersonen eine Aufgabe, die es umfasst, die von einer anderen Rechtsperson (der juristischen Person) ausgehenden Gefahrenquellen zu sichern. Er hat wie diese Hilfspersonen durch eigenes Handeln im natürlichen Sinne für die Verkehrssicherheit im Gefahrenbereich eines anderen Rechtsträgers zu sorgen. So kann in das Aufgabenfeld aller Hilfspersonen und Amtswalter fallen, 539
Siehe § 8 B (S. 269 ff.). Dazu § 8 B II 2 (S. 277). 541 Kleindiek, Deliktshaftung, 130 ff., 206 ff., 338 ff.; zustimmend Medicus, GmbHR 2002, 809, 810 ff.; ders., ZGR 1998, 570, 575 f.; Sandmann, Haftung, 432 ff.; Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, 859; MünchKommBGB-Wagner, § 823 Rn. 397. A. M. Foerste, VersR 2002, 1, 2 ff. 540
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§ 16: Haftung des Amtswalters
den Schnee auf den Wegen eines Grundstücks – von eigener Hand oder durch Einschaltung weiterer Hilfspersonen – zu räumen. Eine Verkehrspflicht lässt sich aber nur begründen, wenn die Aufgabenübernahme des Organwalters gefahrerhöhend wirkt. Um das zu bemessen, ist vorrangig nicht auf den Organwalter, sondern auf die primär verkehrspflichtige juristische Person zu schauen. Insoweit ist festzustellen, dass der Organwalter die juristische Person gerade handlungsfähig machen und so in die Lage versetzen soll, die Verkehrspflichten zu erfüllen. Es findet keine für die Begründung von Verkehrspflichten relevante Umverteilung von Zuständigkeiten statt. Diesen Befund kann ein Vergleich zu den anderen Hilfspersonen belegen: Durch (rechtsgeschäftliche) Einschaltung einer Hilfsperson macht der primär Verkehrspflichtige gerade von einer eigenen Entlastungsmöglichkeit Gebrauch.542 Er verändert seine Verkehrspflichten und so sein Haftungsrisiko, indem er die Hilfsperson für sich tätig werden lässt. Nicht einsichtsfähige oder abwesende und daher vertreterbedürftige natürliche Personen können hingegen zwar ihre Aufgaben ebenfalls wie juristische Personen nicht ohne Unterstützung von Menschen (Amtswaltern) wahrnehmen. Das Gesetz konzipiert aber die daher notwendige (hoheitliche) Einschaltung wie die privatautonome, so dass sie ebenfalls zu einer Entlastung des Vertretenen führt. Ganz anders soll der Organwalter seine organisatorischen Aufgaben nicht selbst als externer Rechtsträger für die juristische Person wahrnehmen. Er entlastet die juristische Person nicht, sondern will sie instand setzen, selbst die sie treffenden Verkehrspflichten zu erfüllen. Die Verkehrspflichten treffen unverändert die juristische Person. Ihr droht wegen der Verhaltenszurechnung nach § 31 BGB die deliktische Haftung bei Fehlverhalten. c) Ergebnis Zwar erhält also der Organwalter die Einwirkungsmöglichkeit auf die Gefahr. Da er aber die Einwirkungsmöglichkeit der juristischen Person nicht gleichzeitig reduziert, wirkt er nicht gefahrerhöhend, so dass eine eigene Sicherungspflicht abzulehnen ist. In der Begrifflichkeit dieser Abhandlung wird eine Erfüllung der Verkehrspflichten durch das Amt des Organwalters erwartet. Dieses Amt als Handlungssubjekt soll die Gefahr beherrschen. Wie das Amt der juristischen Person nur durch den Organwalter den Besitz vermitteln kann, kann das Amt die Gefahr allerdings für die juristische Person nur durch den Organwalter kontrollieren. 3. Parteiwalter Die Rechtsprechung weist den Parteiwaltern ebenfalls mit der Amtsübernahme umfassend die Verkehrspflichten zu, die von der Organisation zu beherrschenden Gefahren zu kontrollieren.543 Ohne eine Alternative zu erörtern, weist sie dem Parteiwalter die originäre Verkehrspflicht zu. Die Haftung der verwalteten 542 543
Zu diesem Vergleich Kleindiek, Deliktshaftung, 437. BGH NJW-RR 1988, 89 f.; OLG Hamm ZMR 2004, 511.
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B. Sonstige Verantwortlichkeit wegen des Amtswalterverhaltens
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Sondervermögensmasse trete nur ergänzend in analoger Anwendung von § 31 BGB hinzu. Anders als im Fall der Organwalter hält auf dieser Grundlage544 der BGH auch eine Haftung des Parteiwalters aus § 831 BGB für Verrichtungsgehilfen für möglich. Diese Rechtsprechung geht ersichtlich mit der Auffassung einher, dass der Parteiwalter mit Übernahme seines Amtes die Sachen des Verwaltungsvermögens in Besitz nimmt. Hält man diesen Besitz für den persönlichen Besitz des Parteiwalters, liegt es nahe, ihm die Verkehrspflicht aufzuerlegen, die von diesen Sachen ausgehenden Gefahren zu überwachen. Die Gegenposition geht auf Diederich Eckardt zurück.545 Er stellt heraus, dass der Parteiwalter den Besitz nicht wegen seiner persönlichen Rechtsstellung, sondern in Ausübung seiner Amtsstellung ausübt. Diese Aussage steht der hier vertretenen Auffassung nahe, dass nicht der Parteiwalter, sondern das Zurechnungssubjekt Amt Besitzer wird.546 Die originäre Verkehrspflicht ordnet Eckardt entsprechend dem Parteiwalter nur in seiner amtsmäßigen Stellung, mithin dem insoweit nur durch das Amt handlungsfähigen Organisationsträger, nicht aber dem Parteiwalter persönlich zu. Dieser Auffassung wird in der Literatur nunmehr gelegentlich gefolgt, um insbesondere eine Haftung des Parteiwalters aus § 831 BGB abzulehnen.547 Unter Rückgriff auf die allgemeinen Ausführungen zur Zuordnung von Eigenschaften bei Parteiämtern ist dem Standpunkt Eckardts beizutreten. Die Sicherung gegen Gefahren, die von solchen Gegenständen ausgehen, die vom Sondervermögensbeschlag erfasst sind, wird vom Handlungssubjekt Amt erwartet,548 wie das Amt auch Besitzer dieser Sachen sein kann. Entsprechend den Erkenntnissen zum Organwalter führt die Bestellung eines Parteiwalters nicht zu einer Umverteilung der Zuständigkeiten. Dem Sondervermögensträger droht über § 31 BGB analog die deliktische Haftung (mit dem Sondervermögen).549 Der Parteiwalter entlastet das Amt nicht, sondern will es instand setzen, die Verkehrspflichten zu erfüllen. Die Verkehrspflichten sind unverändert vom Amt zu erfüllen. 4. Zusammenfassung Das deliktische Verhalten von Vertretern als externen Gehilfen kann mangels einer § 31 BGB entsprechenden Zurechnungsnorm dem Vertretenen nicht zugerechnet werden. Folglich stellt die Aufgabenzuweisung an den Vertreter, für die Gefahrenabwehr zu sorgen, eine relevante Umverteilung der Zuständigkeiten auf einen externen Rechtsträger dar. Der Vertreter wird verkehrspflichtig mit Übernahme des Amtes, wie er auch Besitzer von Sachen des Vertretenen werden kann. 544 Sie entspricht der unter 2 a bb (S. 584) erörterten Auffassung zu den Organwaltern, widerspricht aber der insoweit vom BGH NJW 1974, 1371, 1372, befürworteten Lösung. 545 Eckardt, KTS 1997, 411 ff. 546 Oben § 9 B II 4 (S. 303 ff.). 547 Gerhardt, ZInsO 2000, 574, 578 f.; Kübler/Prütting-Lüke, § 60 Rn. 50; zurückhaltender MünchKommInsO-Brandes, §§ 60, 61 Rn. 78. 548 Zur Eigenschaftszuordnung bei Parteiämtern oben § 9 B II 6 (S. 318 ff.). 549 Siehe § 9 B II 2 (S. 303).
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§ 16: Haftung des Amtswalters
Die Organ- und Parteiwalter machen indessen das von ihnen besetzte Amt handlungsfähig, so dass ihr Verhalten über § 31 BGB dem jeweiligen Organisationssubjekt zugerechnet wird. Daher findet keine Umverteilung der Zuständigkeit zur Gefahrenverhütung statt, sondern es wirken diese Amtswalter lediglich mit, dass die Organisation ihre Verkehrspflichten erfüllen kann, wie diese Amtswalter der Organisation auch Besitz verschaffen können. Die Zuordnung der Verkehrspflichten bleibt unverändert. Im Ergebnis stellt die Diskussion um die Verkehrspflichten ein Beispiel dafür dar, dass sich die oben dargelegten Unterschiede der Zurechnungsgrundsätze bei den verschiedenen Ämterarten so auswirken können, dass die verschiedenen Amtswalter unterschiedlich zu behandeln sind. Die maßgebliche Unterscheidung besteht freilich weniger darin, dass man die Ämter als interne oder externe Helfer charakterisiert. Maßgeblich ist, dass in dem hier betroffenen Bereich der deliktischen Haftung dem Vertretungsrecht eine Norm für die Handlungszurechnung fehlt, die im Bereich der Organ- und Parteiwalter § 31 BGB bietet.
C. Haftungsbeschränkung und Regress im Amtswalterrechtsverhältnis Die Fremdbezogenheit des Amtswalterhandelns hat zur Folge, dass Risiken, die originär der Organisation zuzuordnen sind, sich in der Person des Amtswalters auswirken können. Im Folgenden ist zu erörtern, inwieweit sich aus diesem Grund Modifizierungen der Haftungsverfassung ergeben. Für die Innenhaftung des Amtswalters gegenüber der Organisation ist eine besondere Haftungsbeschränkung zu erwägen. Für eine vom Amtswalter begründete Außenhaftung ist über die Verteilung der Haftung im Innenverhältnis zu entscheiden. Die bisherigen Überlegungen zum Innenverhältnis legen nahe, allein danach abzugrenzen, ob dem Amtswalter eine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen ist. Nach den zur Binnenhaftung gemachten Ausführungen hat er dann dem Organisationsträger grundsätzlich jeden Schaden zu ersetzen.550 Im Folgenden sind daher zunächst die Grundsätze der Risikozurechnung darzulegen, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten (unter I.). Inwieweit eine solche Ausnahme gerechtfertigt ist, lässt sich dann getrennt für Amtswalterverhalten, das schuldhaft pflichtwidrig ist (unter II.), und solches, das diese haftungsauslösende Voraussetzung nicht erfüllt (unter III.), beurteilen.
I. Grundsätze der Risikozurechnung bei Tätigkeit im Drittinteresse Der Gedanke der Risikozurechnung bei Tätigkeit im Drittinteresse ist insbesondere in zwei Fällen anerkannt. Erstens werden im Arbeitsrecht die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs von ihm geprägt.551 Der Arbeitnehmer kann gegenüber dem Arbeitgeber gegen einen Binnenhaftungsanspruch das vom 550
Oben A II 2 (S. 574). Siehe insbesondere BAGE 78, 56 ff.; Krause, NZA 2003, 577 ff.; Sandmann, Haftung, 4 ff.; Waltermann, RdA 2005, 98 ff. 551
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C. Haftungsbeschränkung und Regress im Amtswalterrechtsverhältnis
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Arbeitgeber zu tragende Betriebsrisiko einwenden, das – ungeachtet der Neufassung des § 276 BGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz –552 im Rahmen einer Abwägung nach § 254 BGB Berücksichtigung finden muss.553 Ist der Arbeitnehmer einer Außenhaftung ausgesetzt,554 kann ihm, gleich ob parallel der Arbeitgeber ebenfalls im Außenverhältnis haftet, angesichts des Betriebsrisikos ein Ausgleichsanspruch gegen den Arbeitgeber zustehen. Der Anspruch wird auf den Gedanken des § 670 BGB,555 aber auch allgemein auf den Arbeitsvertrag gestützt556. Im Recht der Personenhandelsgesellschaften lässt sich zweitens die Risikozurechnung in § 110 HGB verorten. Diese Bestimmung begründet einen Anspruch des Gesellschafters, von einer etwaigen Außenhaftung freigehalten zu werden. Dieser Anspruch ist vom Verschulden des Gesellschafters grundsätzlich unabhängig. Allein über § 254 BGB ist das Verschulden des Gesellschafters zu berücksichtigen.557 Diese beiden Beispiele sind Ausprägung eines allgemeinen Prinzips, was die folgende Diskussion zu § 670 BGB belegen soll. 1. Die Kontroverse Im allgemeinen Auftragsrecht wird eine Berücksichtigung des Geschäftsherrnrisikos für möglich gehalten. Nach seinem Wortlaut eröffnet § 670 BGB zwar nur einen Ersatzanspruch des Geschäftsführers gegenüber dem Geschäftsherrn für Aufwendungen, also freiwillige Vermögensopfer. Mittlerweile ist jedoch anerkannt, dass der Geschäftsführer auch Ausgleich für erlittene unfreiwillige Vermögensopfer erlangen kann.558 Allein die dogmatische Herleitung dieses Anspruchs ist umstritten. Teilweise wird der Rechtsgedanke des § 670 BGB ausgeweitet. Der Geschäftsführer solle durch § 670 BGB angesichts seiner Tätigkeit schadlos gehalten werden.559 Dafür reiche der Ersatz freiwilliger Aufwendungen nicht aus. Notwendig sei auch, unfreiwillige Vermögensopfer zu ersetzen, wenn diese Einbußen nicht auf dem allgemeinen Lebensrisiko, sondern auf einer Gefahr beruhten, die spezifisch mit der Auftragsdurchführung verbunden ist und die der Geschäftsführer nicht übernommen hat.
552 Die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/6857, S. 48, regte an, diese Grundsätze nunmehr als Haftungsbeschränkung aus dem »Inhalt des Schuldverhältnisses« herzuleiten. Indessen ermöglicht § 254 BGB eine auf den einzelnen Beiträgen beruhende Quotelung, so etwa MünchKommBGB-Hennsler, § 619a Rn. 11; Krause, NZA 2003, 577, 578; Waltermann, RdA 2005, 98, 99. 553 BAGE 78, 56, 61 ff. 554 Kritisch zur Außenhaftung Hirte, Berufshaftung, 432 ff. 555 Brox/Rüthers/Hennsler, Rn. 266. Auf § 670 BGB stützt die Rechtsprechung ausdrücklich allein den Anspruch auf Ausgleich eigener Schäden (Schulbeispiel: Schädigung des PrivatPKW durch dienstlich veranlasste Fahrt), so BAGE 33, 108; BAG NJW 1996, 1301. 556 BAG NJW 1989, 854. 557 MünchKommHGB-Langhein, § 110 Rn. 20; GroßKommHGB-Ulmer, § 110 Rn. 19. 558 BGHZ 89, 153, 158; BGH NJW 1985, 269; Soergel-Beuthien, § 670 Rn. 16; Erman-Ehmann, § 670 Rn. 16; Staudinger-Wittmann (1995), § 670 Rn. 15. 559 BGHZ 38, 270, 277; Staudinger-Wittmann (1995), § 670 Rn. 14.
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§ 16: Haftung des Amtswalters
Teilweise wird eine Lösung über § 670 BGB abgelehnt und ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch aus Risikohaftung behauptet.560 Der Geschäftsherr müsse aus allgemeinen Grundsätzen der Risikozurechnung bei Tätigkeit in fremdem Interesse den Geschäftsführer von den Schäden freihalten, die spezifisch auf den Gefahren der Geschäftsführung beruhten. Vorteil dieser auf einen Schadensersatzanspruch abstellenden Ansicht sei gegenüber der Lösung nach § 670 BGB, dass sich die begrüßenswerte Anwendung schadensersatzrechtlicher Normen wie §§ 249, 254 f., 844 f. BGB leichter legitimieren lasse. 2. Bewertung Zunächst gilt es festzustellen, dass diese Kontroverse keine Auswirkungen auf das Ergebnis im Einzelfall hat. Insbesondere bestehen keine Unterschiede in der Rechtsanwendung. Der Anspruch wird von einem gleich verstandenen Kausalzusammenhang zwischen Risiko der Geschäftsführung und Schaden abhängig gemacht. Auch die Anwendung schadensersatzrechtlicher Rechtsfolgeregelungen ist unstreitig anerkannt. Der Streit über die Einordnung dieses Anspruchs ist auch nicht Eigenart des Auftragsrechts, sondern erstreckt sich auf § 110 HGB. Die Einordnung von § 110 Fall 2 HGB als Schadensersatznorm wird vertreten,561 herrschend ist aber jedenfalls heute das einheitliche Verständnis dieses Paragraphen als Aufwendungsersatzanspruch.562 Auswirkungen auf die Rechtsfolge hat dieses Ergebnis dort ebenfalls nicht. Die beiden Begründungen widersprechen sich auch nicht. Sie stellen nur zwei Seiten der gleichen Medaille dar, die erst als Ganzes die Existenz des Anspruchs legitimiert. So begründet die Risikoverantwortung des Geschäftsherrn den Anspruch, während das Bedürfnis des Geschäftsführers nach Schadloshaltung ihn begrenzt. Die Anwendung der schadensersatzrechtlichen Normen folgt aus der Rechtsfolge des Anspruchs auf Schadensausgleich, während die Parallele zu § 670 BGB betont, dass der Anspruch unmittelbar auf Primärebene aus dem Rechtsverhältnis der Beteiligten folgt. 3. Folgerungen Im Ergebnis lässt sich in § 670 BGB folgendes allgemeine Prinzip verorten: Erstens kann der Geschäftsführer gegen eine Innenhaftung dem Geschäftsherrn das von diesem zu tragende Risiko über § 254 BGB entgegenhalten. Zweitens beeinflusst das Geschäftsherrnrisiko das Innenverhältnis im Fall einer Außenhaftung. Der Ausgleichsanspruch des Geschäftsherrn ist der Binnenhaftungsanspruch, so dass der Geschäftsherr sich auch insoweit das Geschäftsherrnrisiko über § 254 BGB entgegenhalten lassen muss. Im umgekehrten Verhältnis kann sich vielmehr
560 Canaris, RdA 1966, 41, 43; Genius, AcP 173 (1973), 481, 512 ff.; MünchKommBGB-Seiler, § 670 Rn. 14. 561 Genius, AcP 173 (1973), 481, 516. 562 Ebenroth/Boujong/Joost-Goette, § 110 Rn. 4; Baumbach/Hopt-Hopt, § 110 Rn. 11; GroßKommHGB-Ulmer, § 110 Rn. 4.
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C. Haftungsbeschränkung und Regress im Amtswalterrechtsverhältnis
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wegen der Risikoverantwortung des Geschäftsherrn aus § 670 BGB ein Ausgleichsanspruch des Geschäftsführers ergeben. Dem Geschäftsführer kann allerdings selbst wiederum über § 254 BGB seine eigene schuldhafte Pflichtverletzung entgegenzuhalten sein. Dieses Konzept gründet sich darauf, dass in allen Fällen der Tätigkeit im Drittinteresse zu erörtern ist, ob die allgemeine Risikoverteilung des BGB angemessen ist, dass jeder Vertragspartner das Risiko eigenen schuldhaften Verhaltens trägt. Die Fälle des innerbetrieblichen Schadensausgleichs und des § 110 HGB sind also keine eigenständigen Rechtsinstitute. Ihre Besonderheit besteht darin, dass in diesen Fällen durchweg das Geschäftsherrnrisiko die Haftungsverhältnisse beeinflusst. Diese Frage ist für jede andere Tätigkeit im Drittinteresse gesondert zu prüfen.
II. Haftung wegen schuldhafter Amtspflichtverletzung Diese Prüfung wird im Amtswalterrecht erschwert, wenn man allein nach der Übertragbarkeit der Grundsätze über den innerbetrieblichen Schadensausgleich fragt. Denn abgesehen von diesem Vergleich muss den Ausschlag geben, ob der Amtswalter das Risiko der eigenen schuldhaften Pflichtverletzung ausnahmslos tragen soll oder ob ein vom Organisationsträger zu tragendes Risiko bei diesem verbleibt. Diese Frage wurde etwa für den Insolvenzverwalter erörtert. Während teilweise Entlastungen des Verwalters angenommen wurden,563 wird überwiegend eine Beschränkung der Verwalterhaftung abgelehnt.564 Gerade in jüngerer Zeit wird die Stellung des Geschäftsführers einer GmbH viel diskutiert.565 Tendenzen, die Haftung des Geschäftsführers zu beschränken,566 haben sich aber bislang ebenfalls nicht durchsetzen können.567 Allein für nicht organspezifische Tätigkeiten findet diese Auffassung vermehrt Anerkennung.568 Eine Sonderstellung nimmt der Vereinsvorstand ein. Dort wird vielfach eine Entlastungsmöglichkeit jedenfalls dann bejaht, wenn der Vereinsvorstand entsprechend dem gesetzlichen Leitbild unentgeltlich tätig ist.569
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Hanisch, Rechtszuständigkeit, 138 ff.; einschränkend Lüke, Haftung, 197 f. K. Schmidt, ZZP 90 (1977), 38, 66. 565 Frisch, Haftungserleichterung, 83 ff.; Haas, Geschäftsführerhaftung, 289 ff.; Joussen, GmbHR 2005, 441, 442 ff.; Sandmann, Haftung, 333 ff.; vgl. BGHZ 148, 167 172; BGH NJW 1983, 1856; WM 1975, 467, 469. 566 Insbesondere LG Bonn NJW 1995, 1435, 1436; Frisch, Haftungserleichterung, 177 ff. 567 Roth/Altmeppen-Altmeppen, § 43 Rn. 5; Haas, Geschäftsführerhaftung, 295; Lutter/ Hommelhoff-Hommelhoff/Kleindiek, § 43 Rn. 21; Joussen, GmbHR 2005, 441, 443 ff.; Lutter, GmbHR 2000, 301, 311 f.; Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, § 43 Rn. 6; im Grundsatz auch Sandmann, Haftung, 333. 568 Lutter, GmbHR 2000, 301, 312; Sandmann, Haftung, 338 ff.; a. A. Lutter/HommelhoffHommelhoff/Kleindiek, § 43 Rn. 21; Joussen, GmbHR 2005, 441, 445 f. 569 Soergel-Hadding, § 27 Rn. 23; K. Schmidt, GesR, § 24 III 2 d; Bamberger/RothSchwarz, § 27 Rn. 20; vgl. BGHZ 89, 153, 157 ff. – A. M. MünchKommBGB-Reuter, § 27 Rn. 39, § 31 Rn. 43. 564
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§ 16: Haftung des Amtswalters
1. Grundsatz umfassender Amtswalterhaftung Im Grundsatz haftet der Amtswalter im Innenverhältnis, ohne dass er sich entlastend auf ein über § 254 BGB anrechenbares Organisationsrisiko berufen kann. Dieses Ergebnis lässt sich in vielen Fällen bereits auf die Existenz der unter A. angeführten Binnenhaftungsnormen stützen.570 In diesen Bestimmungen ist die Amtswalterhaftung ausdrücklich geregelt. Die Risiken werden so zulasten des Amtswalters verteilt. Eine abweichende Risikoverteilung, die eine Haftungsbeschränkung legitimiert, hätte ebenfalls ausdrücklich geregelt werden müssen. Ferner lässt sich diese Risikoübernahme durch das besondere Verhältnis des Amtswalters zum Organisationsrisiko begründen. Aufgrund seiner Leitungsposition hat er dieses Risiko zu beherrschen. Zum einen erhält er vielfach ein Entgelt, das diese Risikoübernahme berücksichtigt. Die Vergütung enthält dann eine Risikoprämie, die dem Amtswalter ggf. auch die persönliche Schadensvorsorge ermöglicht. Zum anderen ist er gerade wegen seiner Leitungsposition berufen, notwendige Vorsorgemaßnahmen zu treffen, um die in Rede stehenden Risiken zu kontrollieren. Eine besonders effektive risikomindernde Maßnahme ist die Versicherung der drohenden Schäden. a) Gerichtlich bestellte Amtswalter Diese Wertungen lassen sich besonders deutlich bei den gerichtlich bestellten Amtswaltern belegen. Das Gesetz knüpft an verschiedenen Stellen an die Pflicht dieser Amtswalter an, ihre eigenen Haftungsgefahren aus ihrer eigenen Tätigkeit selbst zu versichern. Insoweit gilt es zunächst auf § 1837 Abs. 2 S. 2 BGB hinzuweisen, der neben dem Vormund auch über §§ 1908i, 1915 BGB auf Betreuer und Pfleger anzuwenden ist. In dieser Bestimmung wird die Versicherungspflicht des Amtswalters dadurch betont, dass das Gericht diese Verpflichtung, ohne dass weitere Voraussetzungen vorzuliegen brauchen, durch vollstreckbares Gebot gegenüber dem Amtswalter durchsetzen kann. Dem Amtswalter wird also ein klarer Weg zur Schadensvorsorge gewiesen. Es verbleibt nur noch, die Kosten dieser Vorsorge zu verteilen. Insoweit unterscheidet § 1835 Abs. 2 BGB die entgeltliche und unentgeltliche Amtsführung. Mit dem Entgelt sind die Aufwendungen für eine entsprechende Versicherung mitabgegolten. Im Recht der Parteiwalter Insolvenz- und Zwangsverwalter lässt sich eine entsprechende Risikoverteilung aus einer Kostenverteilungsregel entnehmen. Die auf Grundlage von §§ 65 InsO, 152a ZVG erlassenen Rechtsverordnungen bestimmen in §§ 4 Abs. 3 InsVV, 21 Abs. 3 ZVwV übereinstimmend, dass mit der Vergütung die Kosten einer Versicherung abgedeckt sind. Nur die Kosten für die Versicherung spezifischer Gefahren können aus dem Organisationsvermögen bestritten werden. Da der Abschluss einer Versicherung vorausgesetzt wird, fehlt
570 Joussen, GmbHR 2005, 441, 443 ff.; Lutter, GmbHR 2000, 301, 311 f.; K. Schmidt, ZZP 90 (1977), 38, 66.
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C. Haftungsbeschränkung und Regress im Amtswalterrechtsverhältnis
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ebenfalls ein Grund dafür, dass sich der Amtswalter im Fall schuldhafter Amtspflichtverletzung entlasten kann. b) Privat bestellte Amtswalter Die privat bestellten Amtswalter haften im Rahmen der gesetzlichen Haftungsnormen. Dabei kommt ihnen die Haftungserleichterung bei »unternehmerischen Entscheidungen« zugute.571 Für eine weitere Entlastung des Amtswalters fehlt es jedenfalls bei entgeltlicher Tätigkeit am Grund. Der Amtswalter übernimmt mit seiner herausgehobenen Stellung das Haftungsrisiko. Die Amtswalter sind daher gut beraten, gemeinsam mit den betroffenen Organisationen den Trend fortzusetzen, die Gefahren aus ihrer eigenen Amtstätigkeit ebenfalls zu versichern.572 2. Ausnahme der Entlastungsmöglichkeit Ausnahmen lassen sich in subjektiver Hinsicht für bestimmte Amtswalter, in objektiver Hinsicht für bestimmte Tätigkeiten erwägen. a) Ausnahmen in subjektiver Hinsicht Eine Ausnahme ist insbesondere für den unentgeltlich tätigen Vereinsvorstand zu machen. Dafür spricht, dass es an einer Haftungsnorm fehlt, die das Risiko ausdrücklich dem Vorstand zuweist. Vielmehr verweist § 27 Abs. 3 BGB auf das Recht des (unentgeltlichen) Auftrags, bei dem nach § 670 BGB grundsätzlich ein Geschäftsherrnrisiko in der Haftungsverfassung berücksichtigungsfähig ist.573 Eine Einschränkung ist nur zu machen, wenn eine Versicherung des Vorstands (auf Vereinskosten) zu erwarten gewesen wäre. Schließt der Vorstand pflichtwidrig eine solche Versicherung nicht ab, so ist nach Sinn und Zweck dieser Pflicht der Schaden vom Vorstand zu ersetzen. Diese Grundsätze zum unentgeltlich tätigen Vereinsvorstand greifen auch in Bezug auf den unentgeltlich tätigen Wohnungseigentumsverwalter und auf die Mitglieder des Verwaltungsbeirats aus den gleichen Erwägungen. Zwar verweist das Gesetz nicht ausdrücklich auf die Regeln des unentgeltlichen Auftrags. Es fehlt aber auch eine ausdrückliche Haftungsnorm. Der Amtswalter übernimmt das Organisationsrisiko nicht vollständig. b) Ausnahmen in objektiver Hinsicht In objektiver Hinsicht sind Ausnahmen zu erwägen, wenn der Amtswalter sich außerhalb seiner eigentlichen Amtspflichten betätigt. Eine Entlastung des Amts571
Dazu oben A II 1 a (S. 571). Zur Zunahme auch der Reichweite der D&O-Versicherung Lutter/HommelhoffHommelhoff/Kleindiek, § 43 Rn. 4; Hirte, KapitalgesR, Rn. 3.152; Lutter, GmbHR 2000, 301, 312; Sandmann, Haftung, 347 ff. – Zum Wohnungseigentumsrecht Armbrüster, ZMR 2003, 1, 3 ff. 573 Siehe oben I 3 (S. 590). 572
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§ 16: Haftung des Amtswalters
walters ließe sich darauf gründen, dass die Risikozuweisung nicht greift, die die Normen der Amtswalterhaftung enthalten. Diese Haftungsnormen aber unterscheiden nicht nach der Art der Tätigkeit des Amtswalters. Mit der Abgrenzung, was als eigentliche Amtspflichten zu qualifizieren ist, werden (schwierige) Abgrenzungsprobleme geschaffen, die das Gesetz in den Bestimmungen über die Amtswalterhaftung nicht anlegt. Das immer wieder erwähnte Beispiel, dass der Amtswalter auf einer Dienstfahrt schuldhaft ein zum Organisationsvermögen gehörendes Kraftfahrzeug schädigt,574 wirft noch ein weiteres Problem auf. Im Straßenverkehr verwirklicht sich doch grundsätzlich nicht das Risiko der Organisation, sondern – sei es Dienstfahrt oder Privatfahrt – das allgemeine Lebensrisiko des Amtswalters.575 Überdies ist den Haftungsgefahren auch in diesem Falle am besten durch eine Vollkaskoversicherung Rechnung zu tragen. Im Ergebnis bleibt daher der Amtswalter grundsätzlich uneingeschränkt verantwortlich. Ausnahmen können sich nur aus besonderen Umständen ergeben, die erklären, warum der Amtswalter das verwirklichte Risiko gerade nicht übernommen und auch aus sonstigen Gründen nicht zu tragen hat.
III. Haftung ohne schuldhafte Amtspflichtverletzung Der Amtswalter kann gegenüber Dritten einer Außenhaftung auch dann ausgesetzt sein, wenn er keine schuldhafte Amtspflichtverletzung begeht. Beispiele sind nicht nur die Handelndenhaftung einschließlich der Haftung aus § 61 InsO576, sondern auch Tatbestände der Gefährdungshaftung, die an das Amtswalterhandeln anknüpfen, schließlich Konstellationen, in denen eine interne Verantwortlichkeit an besonderen organisationsinternen Umständen wie an rechtfertigenden Zustimmungen oder Weisungen scheitert. Der Amtswalter – der amtierende wie der ausgeschiedene – kann in diesen Fällen von der Organisation Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Da der Amtswalter den Haftungstatbestand des Amtswalterrechtsverhältnisses nicht verwirklicht, ist kein Grund ersichtlich, ihm eine Vermögenseinbuße zuzumuten. Den Weg weist der im Amtswalterrechtsverhältnis jedenfalls der Sache nach stets anwendbare § 670 BGB.577 Beim Amtswalter verbleibt freilich das Risiko der Insolvenz des Organisationsvermögens, was insbesondere die Fälle der Handelndenhaftung belegen. 574 Etwa Lutter/Hommelhoff-Hommelhoff/Kleindiek, § 43 Rn. 21; Joussen, GmbHR 2005, 441, 445 f.; Lutter, GmbHR 2000, 301, 312; Sandmann, Haftung, 338 ff. 575 Genius, AcP 173 (1973), 481, 513 f.; Staudinger-Wittmann (1995), § 670 Rn. 16, zur auftraggemäßen Fahrt im eigenen PKW. – Im Rahmen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs wird freilich anders gewertet und dem Arbeitnehmer Schäden am eigenen KFZ ersetzt, dazu BAGE 33, 108; BAG NJW 1996, 1301. 576 Freilich kann eine schuldhafte Amtspflichtverletzung dem Vertragschluss zugrunde liegen, so dass die Ausführungen unter II maßgeblich sind. Die Verschuldensvermutung des § 61 S. 2 InsO gilt aber nur gegenüber dem einen Neugläubiger, nicht darüber hinaus im Rahmen des § 60 InsO im Amtswalterrechtsverhältnis. 577 Siehe oben § 14 A I 2 c (S. 478). Auf § 670 BGB verweisen ausdrücklich §§ 27 Abs. 3, 1835 (1908i, 1915), 2218 BGB; seinen Rechtsgedanken enthalten §§ 63 InsO, 152a ZVG.
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A. Das private Amt als Bestandteil des privaten Organisationsrechts
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Schlussteil
Zusammenfassung § 17: Ergebnisse der Untersuchung Das Amt ist ein Begriff, dem nach dem jeweils untersuchten Zusammenhang verschiedene Inhalte zugeschrieben werden. Dieser Abhandlung liegt ein handlungsorganisationsrechtlicher Begriff des Amtes zugrunde:1 Das Amt hat die Funktion, in institutioneller Weise Dritte, nämlich die Amtswalter, in Handlungsorganisationen einzubinden. Das private Amt ist ein konkreter Aufgaben- und Pflichtenkreis in einer Handlungsorganisation, der institutionell bestimmt und von einem Menschen fremdnützig nach den Regeln des Privatrechts ausgefüllt wird. Eine Analyse des Amtes macht die Unterscheidung von drei Problemebenen erforderlich. Erstens ist das dem Amt durch die Rechtstechnik der Zurechnung ermöglichte Außenhandeln für die Organisation zu erklären. Zweitens ist die Stellung des Amtes im Organisationsverhältnis der jeweiligen Organisation gegenüber anderen Organisationssubjekten zu verstehen. Drittens ist vom Amt die Stellung des jeweiligen Amtswalters abzugrenzen. Diese drei Ebenen werden in den drei besonderen Teilen dieser Abhandlung analysiert. Der allgemeine Teil handelt davon, das Amt als Bestandteil des allgemeinen Organisationsrechts herauszustellen. Die wesentlichen Ergebnisse dieser Abhandlung lassen sich – geordnet nach ihren vier Teilen – folgendermaßen zusammenfassen:
A. Das private Amt als Bestandteil des privaten Organisationsrechts I. Das Amt im Allgemeinen Das Amt ist die Institution, die einen Amtswalter in eine Handlungsorganisation einbindet.2 Diese Ausgestaltung einer Handlungsorganisation ist von anderen Gestaltungen abzugrenzen. Amtshandeln ist zu scheiden vom Eigenhandeln eines Menschen. Der selbst handlungsfähige Mensch ist nicht auf die Ergänzung seiner Handlungsorganisation durch Ämter angewiesen. Das Amt ist auch nicht die einzige Möglichkeit, Dritte in eine Handlungsorganisation einzubinden. Es bestehen zwei weitere Möglichkeiten. Das ist zum einen die Möglichkeit, einem Bevollmächtigten rechtsgeschäftlich Handlungsbefugnisse (Vertrag) und Handlungsmacht (Vollmacht) zu verschaffen. Zum anderen erwachsen bestimmten Rechtsinhabern aus ihrem Recht (beispielsweise Mitgliedschaft, elterliche Sorge) Macht und Befugnis, in einer fremden Handlungsorganisation tätig zu sein. 1 2
Siehe § 5 B (S. 161 ff.). Siehe § 5 B II (S. 164).
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§ 17: Ergebnisse der Untersuchung
Die vier unterschiedlichen organisationsrechtlichen Gestaltungsformen lassen sich anhand der verschiedenen organisationsrechtlichen Regelungen veranschaulichen, die für Mitberechtigte an einem Gegenstand bestehen können.3 Im Grundsatz hat jeder Bruchteilsberechtigte auch hinsichtlich des gemeinschaftlichen Gegenstands für sich selbst zu handeln (Eigenhandeln). Durch Vertreterklauseln (z. B. § 69 AktG) können Mitberechtigte gezwungen werden, sich auf einen gemeinsamen rechtsgeschäftlichen Vertreter zu einigen (Bevollmächtigte). Die organisationsrechtliche Ausgestaltung der Bruchteilsgemeinschaft in § 745 BGB weist in bestimmten Angelegenheiten der Mehrheit der Bruchteilseigentümer als Bestandteil ihrer Mitberechtigung die Kompetenz zu, für die Minderheit den Willen zu bilden und diese ggf. auch zu vertreten (Vertretungsmacht kraft Rechtsinhaberschaft). Ein Amt ist für die Wohnungseigentümer mit dem Wohnungseigentumsverwalter eingerichtet. Die Befugnisse aus diesem Amt übt der jeweils bestellte Amtswalter aus. Die Einrichtung von Ämtern erfolgt ausschließlich auf Grundlage organisatorischer Rechtssätze.4 Der Gesetzgeber trägt so verschiedenen, von ihm erkannten Bedürfnissen abschließend Rechnung. Es besteht ein numerus clausus der Ämter. Private können keine Ämter schaffen. Ihnen können allein Kompetenzen bei der konkreten Einrichtung bestimmter Ämter (Organe, Testamentsvollstrecker) eingeräumt sein. Dieser numerus clausus dient der Klarheit des Rechtsverkehrs. Die Privatautonomie wird im organisationsrechtlichen Bereich dadurch gewährleistet, dass handlungsfähige Subjekte ihre vorhandenen Handlungskompetenzen rechtsgeschäftlich – durch Vertrag und Vollmacht – übertragen können. Die Ausgestaltung der Ämter ist unterschiedlich.5 Es gibt Vertreter und Organe.6 Vertreter prägen die Handlungsorganisationen nicht geschäftsfähiger Menschen. Organe stellen hingegen die Handlungsfähigkeit rechtsfähiger Organisationen her. Das Institut der Vertretung eignet sich darüber hinaus dann, wenn die Handlungsorganisation eines Rechtsträgers in Teilbereichen allein in seinem Interesse zu ergänzen ist.7 Beispiele sind die Pfleger des materiellen Rechts, die besonderen Vertreter des Verfahrensrechts und der Wohnungseigentumsverwalter. Es gibt aber auch so bezeichnete Parteiämter, denen eine spezifische Funktion zugewiesen ist. Sie handeln nicht für Rechtsträger, sondern für eigenständige Funktionssubjekte.8 Beispiele sind Abschlussprüfer, Betriebsrat und bestimmte Treuhänder in Organisationen von Finanzdienstleistern, vor allem aber auch die sog. Parteien kraft Amtes Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker, Nachlassund Zwangsverwalter.
II. Amt und Sondervermögen Dieses Beispiel der sog. Parteien kraft Amtes belegt, dass Parteiämtern auch die Funktion zukommen kann, für verselbstständigte Sondervermögen zu handeln. 3 4 5 6 7 8
Siehe § 4 B (S. 109 ff.). Siehe § 5 C (S. 174). Siehe § 5 D (S. 191 ff.). Siehe § 2 (S. 9 ff.). Siehe § 4 A (S. 100 ff.). Siehe § 4 C (S. 141 ff.).
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A. Das private Amt als Bestandteil des privaten Organisationsrechts
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Man kann den Begriff des Sondervermögens wie den des Amtes je nach Kontext ebenfalls verschieden verstehen. Eine handlungsorganisationsrechtliche Betrachtung verlangt folgendes Verständnis:9 Ein Sondervermögen umfasst subjektive Rechte, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der oder die Inhaber dieser Rechte mit ihrer eigenen Handlungsorganisation davon ausgeschlossen sind, die Rechte auszuüben. Die Macht, die dem Inhaber entzogen ist, darf keinem anderen Rechtsträger, sondern muss einem besonderen Funktionsträger zugewiesen sein. Ein Sondervermögen liegt also immer dann vor, wenn eine von der Handlungsorganisation des Rechtsinhabers unabhängige Handlungsorganisation gebildet wird, der allein die dem Sondervermögen zugeordneten Rechte zur Ausübung zugewiesen sind. Um die Bedeutung der Parteiämter für Sondervermögen zu erfassen, ist zu unterscheiden, wie das Handeln für Sondervermögen ausgestaltet ist.10 Einerseits kann das Sondervermögen rechtlich vollständig verselbstständigt sein. Das Sondervermögen wird einem Rechtssubjekt als eigenes (freies) Vermögen zugewiesen. So ist das Sondervermögen der Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft das Vermögen dieser Gesellschaft. Es liegt kein Sondervermögen vor – als Folge der vollständigen Verselbstständigung. Andererseits kann das Sondervermögen handlungsorganisatorisch unselbstständig bleiben. Für das Sondervermögen können dann keine spezifischen Wirkungen herbeigeführt werden. Beispiele sind die Gütergemeinschaft und die Erbengemeinschaft. Das Sondervermögen wird nur durch das Eigenhandeln betroffener Rechtsträger bei Hinzutreten objektiver Umstände beeinflusst. Die Verfügungsbefugnis über die Gegenstände des Sondervermögens ist eigens geregelt. Die den Ämtern zugewiesenen Sondervermögen stellen eine dritte Gruppe von Sondervermögen dar.11 Bei dieser Gruppe wird von der im materiellen Recht grundsätzlich bestehenden Einheit von Rechtssubjekt, Verpflichtungssubjekt (= Handlungssubjekt) und Träger der Haftungsmasse sowie der im Prozessrecht grundsätzlich bestehenden Einheit von Rechtssubjekt, Prozesssubjekt und Träger der vom Verfahren betroffenen Vermögensmasse eine Ausnahme gemacht. Das rechtsgeschäftliche und prozessuale Amtshandeln erzeugt nur für das Sondervermögen spezifische Wirkungen. Das Sondervermögen ist handlungsorganisatorisch verselbstständigt: Es verfügt über ein Handlungssubjekt wie rechtsfähige Organisationen über Organe. Es entsteht aber kein weiterer Rechtsträger. Die Rechte des Sondervermögens bleiben dem Sondervermögensträger zugeordnet. Das spezifische Handlungssubjekt bestimmter Sondervermögen stellen Parteiämter dar:12 der Insolvenzverwalter für die Insolvenzmasse, Testamentsvollstrecker und Nachlassverwalter für den Nachlass sowie der Zwangsverwalter für den beschlagnahmten Haftungsverband. Außerhalb des Amtsrechts ist die Geschäftsführung von Gesamthandsgesellschaften als ein solches Handlungssubjekt zu verstehen.13 Betroffen sind GbR, der nicht rechtsfähige Verein und die Vorgesell9 10 11 12
Siehe § 3 A (S. 46 f.). Siehe § 3 C (S. 52 ff.). Siehe § 3 C II 2 (S. 54 ff.). Siehe § 3 C III 1 (S. 77 ff.).
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§ 17: Ergebnisse der Untersuchung
schaften. Diese nicht registrierten Gesellschaften sind nicht rechtsfähig. Sie können aber durch ihre Geschäftsführung eigenständig am Rechts- und Prozessverkehr teilnehmen. Die dabei erworbenen Rechte sind den Gesellschaftern, nicht der nicht rechtsfähigen Gesellschaft zuzuordnen. Diese Sichtweise entlastet insbesondere die Register von Rechtssubjekten, die selbst über keine Publizität verfügen.
III. Das Amt als Handlungssubjekt Amtshandeln erzeugt in vielen Konstellationen spezifische Wirkungen. Die Wirkungen des Amtshandelns unterscheiden sich dann von den Wirkungen sowohl des Handelns des organisierten Rechtsträgers als auch von den Wirkungen des Handelns des Amtswalters für sich persönlich. Diese spezifischen Wirkungen erfordern eine besondere Erklärung: Das Amt selbst ist Zurechnungsendsubjekt des Amtshandelns.14 Das Amt selbst ist apersonales Handlungssubjekt, ohne rechtsfähig zu sein. Diese Sichtweise erklärt nicht nur auf Rechtsfolgenseite die spezifischen Wirkungen des Amtswalterhandelns. Sie ermöglicht zum anderen auf Tatbestandsseite, die Zurechnung des Amtswalterhandelns zum Amt von den im Amtswalterrecht typischen Zurechnungsvoraussetzungen abhängig zu machen. Schließlich ermöglicht sie es, die Wirkungen eines Amtswalterwechsels erklären zu können, ohne einen Subjektwechsel annehmen zu müssen. Beispiele für dieses Verständnis des Amtshandelns bietet das Amtshandeln der Parteiämter. Das Amtswalterhandeln wird den Parteiämtern als besonderen Handlungssubjekten zugeordnet.15 Aber auch das Amtshandeln von Organen und Vertretern kann ausnahmsweise den betroffenen Ämtern als Zurechnungsendsubjekt zuzurechnen sein.16 Beispiel ist die Zustimmung eines Vertreters zum Eigengeschäft eines beschränkt Geschäftsfähigen (§§ 107 f., 1903 BGB). Das Amt ist schließlich Subjekt im Organisationsverhältnis, das die verschiedenen Organisationssubjekte miteinander verbindet.17
B. Das durch das Amt vermittelte Außenhandeln Amtshandeln wird der jeweiligen Handlungsorganisation über die Rechtstechnik der Zurechnung zugeschrieben.18 Das zuzurechnende Amtswalterhandeln ist davon abzugrenzen, dass der Amtswalter ausnahmsweise im eigenen Namen mit Wirkung zunächst unmittelbar nur für sein Vermögen handelt.19 Den organisierten Rechtsträger treffen dann Rechtsfolgen allein mittelbar über das ihn mit dem Amtswalter verbindende Amtswalterrechtsverhältnis (§§ 667, 670 BGB). Die Zu13 14 15 16 17 18 19
Siehe § 3 C III 2 (S. 80 ff). Siehe § 1 B (S. 6), § 5 B II (S. 164), § 6 A II 3 a (S. 213). Siehe § 9 B (S. 298 ff.). Siehe § 6 A II 3 a (S. 164), § 7 A II 1 (S. 237). Siehe § 11 A I (S. 395). Siehe § 6 A (S. 201 ff.). Siehe § 6 B (S. 216 ff.).
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C. Das Amt im Organisationsbereich einer Handlungsorganisation
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rechnung ordnet hingegen auf Tatbestandsseite das Amtswalterhandeln der organisierten Rechtsperson zu (§ 164 BGB). Die Rechtsfolgen des Amtswalterhandelns treffen unmittelbar die Rechtsperson, weil das Amtshandeln als ihr Handeln wirkt. Die Zurechnung von Amtswalterhandeln ist nur in Teilen ausdrücklich angeordnet. Es lässt sich aber ein einheitliches System der Amtswalterzurechnung entwickeln. Die Zurechnungsregeln der verschiedenen Ämtergruppen weisen freilich Unterschiede auf, die der jeweiligen Funktion der Ämter Rechnung tragen. Solche Unterschiede bestehen insbesondere hinsichtlich der Zurechnungstechnik. Während die Organwalter kraft Amtes die Handlungsfähigkeit der mit Organen ausgestatteten juristischen Personen erst herstellen,20 so dass man von zugerechnetem Eigenhandeln sprechen sollte, treten die Vertreter kraft Amtes zur Unterstützung eines Rechtssubjekts wie privatautonom eingeschaltete Hilfspersonen neben dieses, so dass sie als außenstehende Dritte die Vertretenen repräsentieren.21 Die Parteiwalter kraft Amtes stellen die Handlungsfähigkeit des für ein Sondervermögen als besonderes Handlungssubjekt geschaffenen Amtes her, so dass die Zurechnung beim Amt selbst als Zurechnungsendsubjekt endet.22 Auch der Anwendungsbereich der Zurechnung weist – allerdings geringe – Unterschiede auf. Während die Zurechnung bei Partei- und Organwaltern alle Intellektbetätigungen erfassen kann, existieren für die Vertreter Ausnahmen, insbesondere für die Zurechnung von deliktischem Verhalten.23 Es überwiegen aber deutlich die Gemeinsamkeiten der Amtswalterzurechnung. Das gilt insbesondere für die Voraussetzungen der Zurechnung. Das Vertretungsrecht bestimmt die Grundsätze der Fremdzurechnung, die auch bei Organwaltern und Parteiwaltern die Grundlage der Zurechnung bilden.24 Die gesetzlich nicht geregelte Zurechnung bei Parteiwaltern folgt den Regeln der Organzurechnung.25 Die Parallelen zeigen sich besonders deutlich im rechtsgeschäftlichen Bereich. Die Zurechnung von Willenserklärungen richtet sich in allen Fällen nach §§ 164, 177 ff. BGB. Die Problematik der Amtsmacht lässt sich ämterübergreifend analysieren.26
C. Das Amt im Organisationsbereich einer Handlungsorganisation Im Organisationsbereich wirken die verschiedenen Subjekte einer Handlungsorganisation zusammen, um organisationsgemäßes Außenhandeln zu gewährleisten.27 Es lassen sich nach der jeweiligen Funktion zum Außenhandeln berufene Leitungseinheiten, für die grundlegende Willensbildung zuständige Grundlagen20
Siehe § 8 B (S. 269 ff.). Siehe § 7 E (S. 262 f.). 22 Siehe § 9 B (S. 298 ff.). 23 Siehe § 7 D I (S. 256 f.). 24 Siehe § 6 A II 2 (S. 211), § 8 B I 2 (S. 270), § 9 B I 1 (S. 299). 25 Siehe allgemein § 9 B I 1 (S. 299), für rechtswidriges Verhalten § 9 B II 2 (S. 302), für den Besitz § 9 B II 4 (S. 303 ff.). 26 Siehe § 10 (S. 336 ff.). 27 Siehe § 1 A II 2 (S. 4). 21
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§ 17: Ergebnisse der Untersuchung
einheiten und zur Beratung und Kontrolle berufene Aufsichtseinheiten unterscheiden.28
I. Das Amt im Organisationsbereich Ämter stellen Organisationssubjekte dar, denen insbesondere Leitungs- und Aufsichtskompetenzen zugewiesen werden. Sie lassen sich ihrer Art nach von zwei anderen Organisationssubjekten abgrenzen:29 zum einen von Rechtsträgern, denen als Rechtsinhabern Organisationskompetenzen zugewiesen sind, und zum anderen von Gerichten, denen Kompetenzen insbesondere im Rahmen der staatlichen Rechtsfürsorge zukommen. Amtshandeln ist auch im Organisationsbereich von besonderer Qualität.30 Der Amtswalter handelt nicht für sich selbst, sondern für das Amt. Das Amt selbst ist apersonales Organisationssubjekt. Es kann, um seine Organisationskompetenzen auszuüben, selbst handeln, indem ihm das Verhalten des Amtswalters zugerechnet wird. Es können ihm überdies Organisationsrechte und -pflichten gegenüber anderen Organisationssubjekten eingeräumt sein. Das Amt ist aber nur Organisationssubjekt, nicht rechtsfähiges Außenrechtssubjekt. Dem Amt fehlt es insbesondere an Vermögensfähigkeit. Das ist im Organisationsbereich unschädlich, da es in diesem Bereich am vermögensrechtlichen Bezug fehlt. Gerichtliche Verfahren des Amtes, die den Organisationsbereich betreffen, sind so auszugestalten, dass sie diesem Defizit Rechnung tragen. Entweder ist die Kostenhaftung auszuschließen oder die Kostenlast ist dem Organisationsvermögen zuzuweisen.
II. Die Stellung von Gremien im Organisationsbereich Im Organisationsbereich kommt Gremien eine herausgehobene Stellung zu. Die Gremien unterscheiden sich vom Amt dadurch, dass sie für mehrere Personen eingerichtet sind (beispielsweise Organe, Gläubigerausschuss, Betriebsrat).31 Sie bestehen aus mehreren Ämtern oder aus mehreren Rechtsinhabern. Im Außenrechtsverkehr können Gremien nicht selbst für die Handlungsorganisation zurechenbar handeln. Die einzelnen Gremiumsmitglieder müssen – ggf. in Form eines Gesamtakts – handeln.32 Im Organisationsbereich sind die Gremien hingegen wie die Ämter als Organisationssubjekte anzuerkennen.33 Die Gremien sind durch Beschlüsse handlungsfähig.34 Die Beschlüsse sind im Organisationsbereich nicht auf die Willensbildung von Gremien beschränkt. Sie müssen nicht durch Handeln (Willenserklärungen) der Gremiumsmitglieder umgesetzt werden. Der Beschluss selbst kann von der Organisationsverfassung als Handlungsform im Organisationsbereich vorgesehen werden. So können etwa Wei28 29 30 31 32 33 34
Siehe § 11 B (S. 407 ff.). Siehe § 11 A (S. 394 ff.). Siehe § 11 A I (S. 395). Siehe § 5 B III (S. 170). Siehe § 6 A II 3 c aa (S. 215), § 15 B (S. 547). Siehe § 11 A I (S. 395). Siehe § 12 B III (S. 421 ff.).
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D. Die Rechtsstellung des Amtswalters
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sungen oder Zustimmungen durch Beschluss des Gremiums erteilt werden. Beschlussfehler führen bei vielen Gremien nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses, sondern zur Anfechtbarkeit.35 Die Anfechtungsbefugnis steht Mitgliedern des jeweiligen Gremiums stets zu. Weiteren Ämtern, die ebenfalls zur Organisation, aber nicht zum beschließenden Gremium gehören, steht die Anfechtungsbefugnis nur kraft besonderer Anordnung zu (etwa § 245 Nr. 4 und 5 AktG).
III. Streitbereinigung im Organisationsbereich Die Stellung der apersonalen Ämter oder Gremien als Subjekte des Organisationsverhältnisses wirkt sich auch bei der Schlichtung von Konflikten im Organisationsbereich aus.36 Es ist nicht ein Streit zwischen Amtswalter und Organisation, sondern zwischen den einzelnen Organisationssubjekten zu bereinigen. Die Streitbereinigung unterscheidet sich danach, ob die Organisationsstruktur hierarchisch oder gewaltenteilig ausgestaltet ist. In hierarchisch strukturierten Organisationen ist ein Organisationssubjekt für die Kontrolle des Amtshandelns zuständig.37 Es hat gegen jedes pflichtwidrige Amtshandeln einzuschreiten, indem es die Pflicht in einer Anordnung konkretisiert. Beispiele sind die gerichtlichen Aufsichtskompetenzen von Vormundschafts- Nachlass- oder Insolvenzgericht gegenüber Vormund, Pfleger oder Insolvenzverwalter. Etwaiger Streit kann in einer Auseinandersetzung über die Aufsichtsanordnung bereinigt werden. Anderen betroffenen Organisationssubjekten steht regelmäßig die Möglichkeit offen, auf dieses Verfahren Einfluss zu nehmen. Fehlt es in einer Organisation hingegen an übergeordneten Subjekten mit entsprechenden Anordnungsbefugnissen, stehen sich die einzelnen Organisationssubjekte gleichgeordnet gegenüber.38 Beispiele sind der aktienrechtliche Organstreit und das Betriebsverfassungsrecht. Der gewaltenteiligen Organisationsstruktur entspricht ein Einschreiten gegen pflichtwidriges Amtshandeln im Grundsatz nur dann, wenn die Pflichtverletzung ein Organisationsrecht eines anderen Organisationssubjekts verletzt. Dieses Organisationssubjekt muss sich dann schützen können, um seine eigene Funktionsfähigkeit zu erhalten. Eine allgemeine Rechtskontrolle findet nicht statt.
D. Die Rechtsstellung des Amtswalters I. Amtswalterrechtsverhältnis Die Rechtsstellung eines Amtswalters wird maßgeblich durch das Amtswalterrechtsverhältnis geprägt.39 Dieses Schuldverhältnis verbindet den Amtswalter mit
35 36 37 38 39
Siehe § 12 C III (S. 430 ff.). Siehe § 13 (S. 439 ff.). Siehe § 13 A (S. 440 ff.). Siehe § 13 B (S. 458 ff.). Siehe § 14 A (S. 476 ff.).
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§ 17: Ergebnisse der Untersuchung
dem Organisationsträger. Er erlangt das Recht, die Befugnisse aus dem Amt wahrzunehmen. Regelmäßig erwächst ihm auch ein Anspruch auf amtsangemessene Vergütung. Der Amtswalter ist dem Organisationsträger gegenüber zur ordnungsgemäßen Amtsführung verpflichtet. Das Amtswalterrechtsverhältnis ist gesetzlicher Natur. Es entsteht mit Bestellung des Amtswalters und beruht auf der gesetzlich festgelegten Organisationsverfassung einer jeden Organisation. Private können befugt sein, diese Regelungen auszugestalten (Satzung, Vereinbarungen der Wohnungseigentümer). Über Bestellung einerseits und Entlassung oder Abberufung andererseits entscheiden entweder Gerichte oder Gremien.40 Die Bestellungsvoraussetzungen sind so weit gefasst, dass regelmäßig ein Entscheidungsspielraum verbleibt.41 Die Mitglieder der aus Rechtsinhabern zusammengesetzten Gremien sind in ihrer Entscheidung grundsätzlich frei. Amtswalter und Gerichte haben hingegen keine freie Wahl. Sie haben, dem Organisationszweck verpflichtet, die für die Organisation bestmögliche Wahl zu treffen, die aber lediglich auf Ermessensfehler hin zu überprüfen ist. Die Gerichte sind überdies an die Grundrechte gebunden. Daher sind auch die Rechte von Bewerbern um das zu besetzende Amt zu berücksichtigen. Diese Thematik wird derzeit insbesondere für die Auswahl von Insolvenzverwaltern diskutiert.42 Die auf der Bestellung durch private Gremien beruhende Amtsstellung ist grundsätzlich frei widerruflich ausgestaltet.43 Das Gremium kann den Amtswalter ebenso jederzeit ohne besondere Gründe abberufen, wie der Amtswalter sein Amt niederlegen kann. Diese Ausgestaltung dient der Klarheit der Amtsverhältnisse. Der Rechtsverkehr ist geschützt, weil das Bestehen der Amtsmacht nicht von rechtlichen Erwägungen über das Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängt. Gerichtlich bestellte Amtswalter können hingegen nur vom Gericht – entweder auf eigenen Wunsch oder bei Vorliegen wichtiger Gründe – entlassen werden.44 So ist ebenfalls der Rechtssicherheit, gleichzeitig aber zusätzlich einer Kontinuität im Amt, Rechnung getragen.
II. Vertragliche Ergänzungen zum Amtswalterrechtsverhältnis Der Amtswalter kann seine Rechtsstellung aus dem Amtswalterrechtsverhältnis vertraglich ergänzen. Der Inhalt solcher Verträge kann sich darauf beschränken, bestimmte Elemente des Amtswalterrechtsverhältnisses zu konkretisieren oder zu modifizieren.45 Grundsätzlich unterliegt dieses Schuldverhältnis der Dispositionsmacht der Parteien.46 Bestimmte Regelungen können aber auch zwingend ausgestaltet sein. Beispielsweise ist der Ausschluss von Schadensersatzansprüchen gegen den Vorstand durch § 93 Abs. 4 S. 3 AktG eingeschränkt. Dem Amts40 41 42 43 44 45 46
Siehe § 14 B (S. 484 ff.), C (S. 517). Siehe § 14 B (S. 484 ff.). Siehe § 14 B II (S. 494 ff.). Siehe § 14 C II 2 (S. 520), III 1 (S. 531). Siehe § 14 C II 1 (S. 519), III 2 (S. 534). Siehe § 15 A I 1 (S. 536). Siehe § 15 C I (S. 557 ff.).
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D. Die Rechtsstellung des Amtswalters
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walter dürfen auch keine Kompetenzen eingeräumt werden, die nicht mit der Organisationsverfassung in Einklang stehen. Etwa kann dem Geschäftsführer einer GmbH keine Unabhängigkeit von den Weisungen der Gesellschafterversammlung zugesichert werden. Der Regelungszweck von Anstellungsverträgen geht regelmäßig über die Konkretisierung und Modifizierung hinaus.47 In den Verträgen soll nicht nur die Vergütung präzisiert werden. Es soll regelmäßig ein Rechtsverhältnis geschaffen werden, das vom Bestand des Amtswalterrechtsverhältnisses unabhängig ist. Der Anstellungsvertrag bedeutet so eine angesichts der freien Widerruflichkeit der Amtsstellung notwendige Sicherung auf schuldrechtlicher Ebene. Der Organisationsträger kann ungeachtet der wirksamen Abberufung zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung, der Amtswalter bei pflichtwidriger Amtsniederlegung zum Schadensersatz verpflichtet sein.
III. Haftungsrisiko des Amtswalters Der Amtswalter haftet für Amtspflichtverletzungen. Eine spezifische Anspruchsgrundlage beruht auf dem Amtswalterrechtsverhältnis.48 Diese überwiegend in einzelnen gesetzlichen Bestimmungen ausdrücklich angeordnete Haftung des Amtswalters besteht zunächst gegenüber dem Organisationsträger. Wie bei einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte kann der Amtswalter aber auch weiteren Personen haften, wenn das Amt gerade zu ihrem Schutz eingerichtet ist. Beispiele solcher Ansprüche für Dritte sind §§ 60, 71 InsO, 1985, 1833 BGB, 154 ZVG. Abgesehen vom Amtswalterrechtsverhältnis droht dem Amtswalter eine Haftung aus allgemeinen Normen, insbesondere aus dem Deliktsrecht.49 So kann eine Amtspflicht auch Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB sein. Eine nach den Ämterarten unterscheidende Lösung ist hinsichtlich der Verkehrspflichten geboten, die den Organisationsträger treffen.50 Fällt die Wahrnehmung einer Verkehrspflicht in den Aufgabenbereich eines Vertreters, so entlastet er den Organisationsträger. Der Vertreter haftet persönlich für die Verletzung von Verkehrspflichten. Organwalter und Parteiwalter sollen lediglich den Organisationsträger in die Lage versetzen, Verkehrspflichten zu erfüllen. Sie entlasten wegen § 31 BGB den Organisationsträger nicht. Eine eigene Haftung dieser Amtswalter lässt sich nicht auf die Verletzung der die Organisation treffenden Verkehrspflicht allein stützen. Die Fremdbezogenheit des Amtswalterhandelns hat bei schuldhaftem Amtswalterhandeln grundsätzlich keine Haftungsbeschränkung im Innenverhältnis zur Folge.51 Zwar lässt sich ein allgemeines, in §§ 670 BGB, 110 HGB zu verortendes Prinzip der Risikozurechnung bei Tätigkeit im Drittinteresse feststellen. 47 48 49 50 51
Siehe § 15 A II (S. 540 ff.). Siehe § 16 A (S. 563 ff.). Siehe § 16 B (S. 578 ff.). Siehe § 16 B II (S. 580 ff.). Siehe § 16 C (S. 588 ff.).
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Ein Geschäftsführer kann sich daher selbst bei eigenem schuldhaften Verhalten auf eine Haftungsbeschränkung im Innenverhältnis berufen, wenn sich das Geschäftsherrnrisiko verwirklicht und er diese Gefahr nicht eigens übernommen hat. Die Amtswalter übernehmen aber regelmäßig die Organisationsgefahr, soweit eigenes schuldhaftes Verhalten in Rede steht. Allein für unentgeltlich tätige Amtswalter wie den Vereinsvorstand lassen sich in Parallele zum unentgeltlichen Auftrag Ausnahmen machen. Trifft den Amtswalter hingegen im Außenverhältnis eine Haftung, die nicht auf seinem schuldhaften Verhalten beruht, so hat der Organisationsträger ihn freizuhalten.
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Sachregister
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Sachregister Abberufung – Begriff 520 – Rechtsnatur 520 – Rechtsschutz 525 – Vorstand einer AG 523 Abschlussprüfer 141 Abwesenheitspfleger 9 Aktiengesellschaft – Abberufung des Vorstands 523 – Vertretung durch Aufsichtsrat 391, 548 – Vorstandwahl 490 Aktionärsklage 168 Aktivvermögen – Begriff 17 Amt – Abgrenzung zum Amtswalter 6, 163 ff. – Allgemeiner Amtsbegriff 155 – Anfechtungsbefugnis 433 ff. – Fallgruppen 191 – Funktion 6, 176 – Gerichtsstand 318 – Handlungssubjekt 6, 146, 164, 213, 298, 395 – Institution 164 – Numerus clausus 174 – Organisationskompetenzen 166 – Parteifähigkeit 307, 398 – Parteistellung 298 ff. – Privat 171 – Privatautonomie 187, 233 – Schaffung 164, 187 – Subjektstellung im Außenverhältnis 298 ff. – Subjektstellung im Organisationsbereich 395 ff. – Zurechnung 208 – Zurechnungsendsubjekt 213 Amtsbegriff, handlungsorganisationsrechtlicher 161 Amtshandeln – Offenlegen 294 ff.
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Amtsmacht – Beschränkung durch Organisationszweck 350 ff. – Bestandteil der Amtsstellung 476 – Fehlen 389 – Missbrauch 340 ff. – Privatautonome Beschränkungen 361 – Publizität 385 – Vollmachtsurkunde 235, 555 Amtsstellung – Beendigung 517 – Begriff 475 ff. – Begründung 484 ff. – Rechtsgrundlage 479 ff. – Rechtsnatur 481 ff. – Vertragliche Ausgestaltung 535 – Wirkungen 475 ff. Amtswalter – Abberufung 520 – Amtsniederlegung 529 – Anfechtungsbefugnis 433 ff. – Anstellungsvertrag 535 ff. – Aufwendungsersatzanspruch 221, 478 – Begriff 164 – Bestellung durch Beschluss 485 – Binnenhaftung 563 ff. – Eigenbesitz 217 – Eigenhandeln 216 ff. – Entlassung 518, 532 – Ermessen 490, 571 – Gerichtliche Bestellung 498 ff. – Haftung s. Amtswalterhaftung – Mittelbare Stellvertretung 217 – Pflichten 477 – Prozessstandschaft 218 – Rechte 478 – Rechtsverhältnis kraft Amtsstellung 476 ff., 564 f. – Selbsteintritt 219 – Strafrechtliche Verantwortlichkeit 320 – Überwachungsfunktion 331 – Vergütung 478, 537
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Sachregister
– Verwahrung 217 – Vollstreckung gegen 311 – Wahl 491 Amtswaltereigenhandeln – Fallgruppen 216 ff. – Zulässigkeit 222 ff. Amtswalterhaftung – Culpa in contrahendo 247, 579 – Gegenüber Dritten 569 – Gegenüber Vertretenen 568 – Gehilfenhaftung 575 – Haftungsbeschränkung 588 ff. – Haftungstatbestand 571 ff. – Innerbetrieblicher Schadensausgleich 588 – Rechtsnatur 564 – Regress 588 ff. – Risikozurechnung 588 – Verjährung 576 – Verletzung von Verkehrspflichten 580 ff. – Wegen Amtspflichtverletzung 563 ff. Amtswalterkündigung – Vollmachtsurkunde 555 Amtswalterrechtsverhältnis – Begriff 476 – Beteiligte 476 – Grundlage der Amtswalterhaftung 563 ff. – Inhalt 477 f. – Primärebene 566 – Rechtsnachfolge 478 – Schutzwirkung für Dritte 565, 569 – Sekundärebene 564 – Vertragliche Regelung 536 ff. Amtswalterwechsel – Amtsstellung 478 – Im Prozess 465 – Mittelbares Amtswalterhandeln 221 Anfechtungsbefugnis – Amt 433 ff. Anstellungsvertrag – Bedürfnis 535 ff. – Einheitslehre 541 – Inhalte 536 ff. – Rechtsnatur 540 ff. – Trennungstheorie 540 Anwachsung 44 Aufsichtsanordnungen – Der BaFin 450 – Durch Gerichte 443 ff.
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– Privater Gremien 452 – Registergerichtliche 449 Aufsichtseinheit 411 Außenbereich – Begriff 3 Auswahlentscheidung – Gerichtliche 494 ff. – Gerichtliches Ermessen 501 ff. – Insolvenzverwalter 512 – Keine Rechtsprechung 510 – Rechtsschutz 509 ff. – Vorauswahllisten 506 Beschluss – Ausführungsbedürftigkeit 422 ff. – Bestellung durch 486 – Einmanngremien 427 – Funktion 421 – Rechtsnatur 425 – Wirkungen 423 Beschlussmängel – Anfechtungsbefugnis 433 – Fehlerfolgen 431 Besitz – Amtsbesitz 303 – Mittelbarer 252 – Organbesitz 266 – Vergeistigte Sachherrschaft 254 – Zurechnung 249 ff., 266, 303 Bestellung – Durch Gerichte 494 – Entscheidungsrahmen 488 ff., 498 ff. – Rechtsnatur privater Bestellungen 485 ff. – Widerruf 520 Betriebsrat 144 Betriebsverfassung – Einigungsstelle 456 Bruchteilsgemeinschaft – Fehlende Subjektsqualität 110, 115 ff. – Gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung 116 – Gestaltungsmöglichkeiten 114 – Kapitelanlagegesellschaft 39 – Mehrheitsentscheidung 111 ff. – Rechtsnatur 43, 110 – Verfügungen 110 – Verwaltung 112 Dingliche Surrogation 63 ff. – Terminologie 67
Sachregister
Einheitstheorie 43 Einmann-Vorgesellschaft 33 Einzelkaufmännisches Unternehmen – Erbengemeinschaft 89 – Testamentsvollstreckung 321 Elterliche Sorge 169, 483 Erbengemeinschaft 89 – Nach Einzelkaufmann 90 – Verselbstständigung 71, 91 Ergänzungspfleger 22, 104 Erwerbsermächtigung 4 Fiktion 207 Fiktionstheorie 264 Freizeichnungsklauseln 74 Funktionsträger 27 ff. – Externe 141 ff., 162, 331 – Spezifischer 54 ff. GbR – Rechtsnatur 14, 81 Gerichte – Aufsichtsanordnungen 443 – Organisationssubjekte 406 Gerichtsstand – Des Amtes 318 Gesamtakt – Begriff 237 Gesamthand – Abgrenzung zur Bruchteilsgemeinschaft 43, 110 – Anwachsung 44 – Begriff 41 ff. – Gruppenlehre 42 – Handlungssubjekt 45 – Rechtsfähige 42 – Rechtsinhaber 42 – Rechtszuordnung 44 – Sondervermögen 45 – Theorie 41 ff. – Theorie der ungeteilten Mitberechtigung 44 – Theorie von der geteilten Mitberechtigung 43 – Traditionelle Lehre 42 Gesamthandsgesellschaft – Körperschaftlich strukturierte 15 Gesamtvertretung 237, 358 Gesellschaftsvertrag – Voraussetzungen 116 Gremien
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631
– – – –
Aufsichtsanordnungen 452 Begriff 170 Beschluss 420 Vertretung durch Gremiumsmitglieder 554 – Zurechnung 215 Grundlageneinheit 410 Gruppenbindungsabreden 138 Gütergemeinschaft 33, 62 f. Haftung – Grundsatz der unbeschränkten unternehmerischen 14, 81 Haftungsbeschränkung – Vertragliche 74 ff. Haftungssonderung 23 Haftungsvereinbarungen 73 ff. Handlungsfähigkeit – Vorgesellschaften 15 Handlungsorganisation – Arten 5 – Aufgabe 1 – Begriff 1 ff. – Funktionsweise 3 – Institutionalisierte 6 – Mögliche 5 – Notwendige 5 – Rechtsnachfolge 326 ff. Handlungssubjekt – Gesamthand 45 – Leibesfrucht 11 – Mensch 9 ff. – Rechtsfähige Organisation 11 ff. – Spezifischer Funktionsträger 27 f., 54 ff. – Spezifisches 28 ff., 54 ff. Innerbetrieblicher Schadensausgleich 588 ff. Insichgeschäft, Verbot des 362 ff. – Anwendungsbereich 362 Insolvenz – Bevollmächtigung durch Schuldner – Eigenverwaltung 30, 98 – Eröffnungsverfahren 32, 96 – Restschuldbefreiungsverfahren 40, 98 – Verband 30 – Vereinfachtes Verfahren 97 Insolvenzfähigkeit 61 Insolvenzverwalter – Gerichtliche Auswahl 512
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45
634 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45
Sachregister
– – – –
Bei Testamentsvollstreckung 99, 470 Durch BaFin 450 Durch Einigungsstelle 456 Im Betriebsverfassungsrecht 146, 456, 459 – Im Insolvenzverfahren 449 – Im Vormundschaftsverfahren 448 – Im Zwangsverwaltungsverfahren 446 – In der Aktiengesellschaft 459 – In der GmbH 453 – Innerhalb von Gremien 455 Streitschlichtung – Durch Aufsichtsanordnung 440 – Im Organisationsbereich 439 ff. Surrogation – Dingliche 67 – Treuhand 36 Teilorganisationen 100 Teilvermögen 19 Testamentsvollstreckung 33, 98 – Nach Einzelkaufmann 321 – Organisationsrechtliche Gestaltungsbefugnisse 187 – Verhältnis zur postmortalen Vollmacht 329 Theorie vom neutralen Handeln 288 Treuhand 34 – Doppeltreuhandkonto 218 – Fiduziarische 35 – Surrogation 36 Ultra-vires-Lehre 351 Unternehmensträger – Begriff 322 – Sondervermögensbeschlag 322 Urhebergemeinschaft 93 Verbände – Insolvenz 30 – Organe 196 – Organisationsrechtliche Gestaltungsbefugnisse 189 – Organisationsstruktur 11 ff. – Rechtsfähigkeit 13 ff., 80 ff. Verein – Nicht rechtfähiger 87 Verfahrenspfleger 106 Verhaltensberechtigung 18 Verkehrspflichten – Organwalter 582
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– Parteiwalter 586 – Vertreter 581 Vermögen – Begriff 17, 47 – Teil- 19, 47 Vermögenshaftung, unbeschränkte 24 Vermögenszuordnungsklauseln 67, 82 Verschuldenszurechnung 242 ff. – Haftungsgrund 245 Vertreter – In der Erklärung 550 – Kraft Amtes 198, 225 Vertretung – Wirkung 103, 203 – Zurechnungsgegenstand 228 Vertretungsmacht – Gegenständlich beschränkte 22 – Missbrauch 340 ff. Verwalterlisten 506 Vollmacht – Postmortale 326 – Transmortale 326 – Verdrängende 177 Vollmachtsurkunde – Amtsmacht 235 – Amtswalterkündigung 555 – GbR 183 – Vorstandkündigung in der AG 548 ff. Vorbehaltsgut 23 Vorbelastungsverbot 15 Vorerbschaft 21 Vorgesellschaft – Rechtsnatur 87 Vorgesellschaften 87 Vormundschaft – Qualifizierung 172 Wahrnehmungszuständigkeiten 162 Willensbetätigung 408 Willensbildung 409 Willenserklärung – Begriff 228 Wissenszurechnung – Handlungsabhängige Tatbestände 261, 280 – In arbeitsteiligen Organisationen 268 – Organe 267 – Parteien 303 Wohnungseigentümergemeinschaft 118 – Organisationsrechtliche Gestaltungsbefugnisse 188
632 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45
Sachregister
– Wahl durch Gläubigerversammlung 493, 527 Intellektbetätigung 3 Interessevermögen 290 Kapitalanlagegesellschaften 38, 92 Kartellvertreter 139 Kindesvermögen, besonderes 22 Kompetenzen – Aufsicht 411 – Willensbetätigung 408 – Willensbildung 409 Kompetenzschutzanspruch 468 Konfusion – Ausschluss 26 – Begriff 25 Körperschaft 12 Leitungseinheit 408 Missbrauch der Vertretungsmacht 340 ff. – Treuhänder 37 Mitgliedschaft – Rechtsnatur 483 Nachlasserbenschuld 70 ff. Nachlasspfleger – Prätendentenstreit 102 – Rechtsnatur 101 Nachlassverwalter 99 Notämter – Beendigung der Amtsstellung 518, 527, 534 – Einrichtung 495 Notgeschäftsführung 329 Notorgane 495 Organ – Begriff 158, 196 Organisationen – Normative Wissenszurechnung 268 Organisationsbereich – Begriff 4, 163, 393 – Gerichtliche Beschlüsse 420 – Handlungsformen 414 ff. – Hierarchien 412, 440 – Kompetenzen 408 ff. – Schiedsfähigkeit 457 – Streitbereinigung 439 ff. – Verhaltenspflichten 439
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Organisationskompetenzen – Inhalte 193, 408 – Kraft Amt 166 – Kraft eigener Rechte 166, 405 – Kraft Mitgliedschaft 166 Organisationsrecht – Als Subjektives Recht 463 – Gestaltungsbefugnisse 187 – Hilfsrecht 469 – Inhalt 467 – Kein Vermögensrecht 398 – Kompetenzschutzanspruch 468 – Streitige Durchsetzung 458 Organisationsstruktur 115, 126 – Hierarchisch 412, 440 Organisationssubjekt – Aufgabenverteilung 407 – Begriff 398 – Interaktion untereinander 415 – Kompetenzen 408 ff. – Kompetenzwahrnehmung 415 ff. Organisationsverfassung – Begriff und Bedeutung 393 – Grundlage der Amtsstellung 479 Organstreit 459 – Amtswalterwechsel 465 – Kostenverteilung 465 – Subjekte 460 – Verfahrensfragen 465 Organwalter – Abberufung 520 – Amtsniederlegung 529 – Anstellungsvertrag 540 ff. – Begriff 195 – Gerichtliche Bestellung 495 – Verkehrspflichten 582 ff. – Wahl 490, 493 Organwalter siehe auch Amtswalter Organzurechnung – Organtheorie 264 – Vertretertheorie 264 Parteibegriff 290 Parteien kraft Amtes – Amtstheorie 288 – Arbeitgeberstellung 319 – Kaufmannseigenschaft 320 – Moderne Amtstheorie 298 ff. – Ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit 324 – Organtheorie 285
Sachregister
– Sondervermögen 29, 77 ff. – Steuerpflichtigkeit 325 – Theorie 288 ff. – Theorie vom neutralen Handeln 288 – Vertretertheorie 283 Parteifähigkeit – Abhängigkeit von Rechtsfähigkeit 58 – GbR 85 – Grundlagen 58 – Organen 465 – Organisationssubjekte 397 – Publizität 58 – Sondervermögen 60 – Von Ämtern 307, 397 Parteiwalter 199, 299 Passivvermögen – Begriff 17 – Dynamik 68 ff. Personengesellschaft 13 Pfleger – Der Versicherten 104 – Für unbekannten Beteiligten 100 Prozesskostenrisiko – Amtswalter 437, 466 Prozesspfleger 105 Publizität – Amtsmacht 385 Reale Verbandsperson 266 Recht – Absolutes 18 – Relatives 18 – Zuordnung von 18 Recht, Subjektives – Begriff 18, 463, 482 Rechtsfähigkeit – Abgrenzung 398 – Ämter 396 – Gremien 396 – Organe 396 – Relativität 3, 397 – Sondervermögen 53 ff. Rechtsgeschäft – Begriff 228 – Unterscheidung zur Willenserklärung 228 Rechtshandlungen 2 Rechtskrafterstreckung – Wegen Sondervermögensbeschlag 315 Rechtsprechung – Begriff 429, 508, 510
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Rechtsschutz – Gegen Richter 429, 509 Rechtstatsachen 1 Rechtszuordnung – Begriff 18, 25 – Dingliche Surrogation 67 – Durch Klauseln 63 ff. – Funktion 48 – Gesamthand 44 – Sondervermögen 48 – Spaltung der 48 Registerfähigkeit 62 Satzungsautonomie – Grenzen 187 ff. Schuldverhältnis – Doppelte Subjektstellung im 25 Selbstkontrahieren 362 ff. Selbstorganschaft 179 ff. Sondervermögen – Abgrenzung zu sonstigen Vermögensmassen 47 – Begriff 17, 46 f. – Besonderer Funktionsträger 27 – Dynamik 50 ff. – Eines Rechtsträgers 29 – Entstehung 28 – Entwicklung 51 ff. – Haftungssonderung 23 – Haftungsvereinbarung 73 – Im haftungsrechtlichen Sinne 23 – Kapitalanlagegesellschaft 92 – Mehrerer 41 ff. – Parteien kraft Amtes 29, 77 ff. – Passivvermögen 50, 68 ff. – Potentielles 70 – Rechtsfähigkeit 53 ff. – Rechtszuordnung 48 – Verselbstständigung 54 ff. – Zuordnung von Rechten zu 51 – Zweckbindungslehren 20 Sondervermögensbeschlag – Begriff 49 – Rechtskrafterstreckung 315 – Wirkungen auf Prozesse 312 ff. Sondervermögensträger – Interesse 49 Stiftung 13 Stiftungsaufsicht 412 Stimmenbindung 138 Streitbereinigung
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45
Sachregister
– Organisationsstruktur 134 – Rechtsnatur 119 – Subjekt 119 – Verwaltungsvermögen 120 Wohnungseigentumsverwalter – Abberufung 20 – Amtsniederlegung 529 – Bestellung 535 – Charakter 135
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Trennungstheorie 535 Vertragstheorie 535 Wahl durch Eigentümer 491 Zustimmung zur Veräußerung 335
Zuordnungsklauseln 63 ff. Zurechnung – Abgrenzung 205 ff.
635 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45