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German Pages 1344 [1360] Year 1987
Klassiker der Parapsychologie
Das persönliche Überleben des Todes Eine Darstellung der Erfahrungsbeweise
von
Dr. Emil Mattiesen Erster Band
W DE G
1987 Walter de Gruyter • Berlin • New York
Unveränderter photomechanischer Nachdruck der Ausgabe 1936/1939
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Mattiesen, Emil: Das persönliche Überleben des Todes: e. Darst. d. Erfahrungsbeweise / von Emil Mattiesen. — Unveränd. photomechan. Nachdr. d. Ausg. 1936—1939. — Berlin; New York: de Gruyter ISBN 3-11-011334-1 Bd. 1 (1987).
© 1936/1939/1987 by Walter de Gruyter & Co., Berlin. Printed in Germany Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Übersetzung, der Herstellung von Photokopien — auch auszugsweise — vorbehalten.
Einbandgestaltung: Rudolf Hübler, Berlin Druck: Bosch-Druck, Landshut Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Berlin
VORWORT zur Sonderausgabe 1987 Absicht dieser Paperbackausgabe ist es — dank der begrüßenswerten Initiative des Verlages —, Emil Mattiesens klassisches Werk einer breiteren Öffentlichkeit nahezubringen. Das Vorwort soll das Verständnis für die Aufnahme der Neuausgabe erleichtern, in dem es auf drei Punkte eingeht: Auf Mattiesens Lebensumstände und die Rezeptionsbedingungen seines Werkes vor 50 Jahren (I); auf die heutige Situation der parapsychologischen Forschung, womit das sich anschließende Vorwort des Schweizer Theologen und Ordensgeistlichen Gebhard Frei (1905—1967) zum 2. unveränderten Nachdruck aus dem Jahre 1961 aktualisiert werden soll (II); und schließlich auf den Stellenwert der „spiritistischen Hypothese" im Rahmen der heutigen parapsychologischen Forschung (III). I. Unterlagen über Leben und Werk Emil Mattiesens sind spärlich, eine gründliche biographische Darstellung über ihn existiert nicht. Selbst in spezialisierten Nachschlagewerken der internationalen Parapsychologie (unter Einschluß von Okkultismus und Spiritismus) figuriert sein Name nicht (vgl. Pleasants 1964, Shepard 1984), weder im Standardwerk der modernen wissenschaftlichen Parapsychologie, dem Handbook of Parapsychology (Wolman 1977), noch in William Rolls ausgezeichnetem Handbuchartikel „The Changing Perspective on Life after Death" (Roll 1982) — der zur Zeit gründlichsten Behandlung des Evidenzmaterials, das für ein persönliches Überleben nach dem Tode in Anspruch genommen wird —, taucht Mattiesen auf. Im deutschsprachigen Raum begnügt sich Werner F. Bonins Lexikon der Parapsychologie mit einem Eintrag von neun Zeilen (Bonin 1976, S. 328), die im wesentlichen dem bio-bibliographischen Anhang der von Hans Bender herausgegebenen Anthologie Parapsychologie, Entwicklung, Ergebnisse, Probleme (Bender 1966, S. 846) entnommen sind. (Das Bendersche Sammelwerk enthält zumindest einen Auszug von Mattiesens Darstellung
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der „Cross-Correspondences".) Allein der Pionier und umsichtige Historiker der deutschsprachigen Parapsychologie, der Münchner Arzt Rudolf Tischner (1879—1961), erwähnt Mattiesen an mehreren Stellen seiner noch unübertroffenen Geschichte der Parapsychologie (Tischner 1960, S. 326/329), und er hat ihm auch an einer entlegenen Stelle, der einst von Peter Ringger gegründeten Schweizer Zeitschrift Neue Wissenschaft, eine mehrseitige noble Würdigung gewidmet (Tischner 1952/53), die der folgenden biographischen Skizze zugrundeliegt. Am Ende dieser wenig ergiebigen Suche nach zeitgenössischen Spuren von Emil Mattiesens Werk und Wirkung steht also die paradox anmutende Frage: Wie kann es sein, daß ein Gelehrter, der dem „grenzwissenschaftlichen" Schrifttum in deutscher Sprache zwei der wichtigsten Werke hinterlassen hat — das über 800 Seiten umfassende Buch Der jenseitige Mensch (Berlin/Leipzig: Walter de Gruyter 1925), für das im heutigen Antiquariat horrende Preise gezahlt werden, sowie das zusammen über 1300 Seiten zählende vorliegende Werk — so vollständig vergessen ist? Die Antwort auf diese Frage verweist, für den Sachkenner nicht sonderlich überraschend, auf die wissenschaftshistorischen und -soziologischen Entwicklungsbedingungen der okkulten bzw. parapsychologischen Forschung in Deutschland. Emil Mattiesen war baltischer Abstammung. Er wurde am 24. Januar 1875 als Sohn des Ratsherrn Emil Mattiesen in Dorpat geboren. Sein Großvater, Ludwig Strümpel, war einer der bekanntesten Herbartianer gewesen und hatte Philosophie an den Universitäten Dorpat und Leipzig gelehrt. Mattiesen, bei dem sich schon früh eine auffallende musikalische Begabung gezeigt hatte (mit acht Jahren vertonte er Balladen von Felix Dahn), begann 1892 an der Universität Dorpat mit dem Studium der Philosophie, Naturwissenschaften und Musik, ging ein Jahr später an die Universität Leipzig und schloß 1896 sein Studium ab mit einer philosophischen Dissertation zum Thema Über philosophische Kritik bei Locke und Berkeley (1897 erschienen). Zwischen 1898 und 1903 war Mattiesen auf Weltreise. Um Sprachen, Religionen, philosophische und weltanschauliche Systeme möglichst umfassend und aus erster Hand kennenzulernen, ließ er sich in Hamburg als Leichtmatrose anheuern (seine Mutter hatte ihm finanzielle Unterstützung versagt), verließ in Singapur, dem ersten Zielhafen, sein Schiff und lernte asiatische Sprachen, um indische Religionen zu studieren. Jahrelang hielt er sich in Sumatra, Java, Borneo, Tibet, Kaschmir und Japan auf, er
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durchreiste Mexiko und die Vereinigten Staaten und kam schließlich 1903 über Ägypten und Vorderasien nach Dorpat zurück. Zwischen 1904 und 1908 schlössen sich Studienjahre in Cambridge und London an, in denen umfangreiche Vorarbeiten zu seinem 1914 beendeten, ersten Hauptwerk entstanden, das aber erst 1925 unter dem Titel Der jenseitige Mensch. Eine Einführung in die Metapsychologie der jenseitigen Erfahrung veröffentlicht werden konnte 1 . Dieses Buch ist eine umfassende Darstellung der Phänomenologie, Psychologie und Psychopathologie religiöser, mystischer und paranormaler „Grenzerfahrungen", die mit subtilem Einfühlungsvermögen differenziert geschildert werden: eine noch heute höchst bedeutsame Fundgrube für das aktuelle Thema der „Veränderten Bewußtseinszustände". 1908 war Mattiesen in Berlin, wo er seine 1934 verstorbene erste Frau kennenlernte, die ihn dazu anregte, seine musikalische Begabung systematisch weiterzupflegen. Ab 1910 entfaltete sich allmählich Mattiesens kompositorisches Schaffen. Diese ausgesprochene Doppelbegabung — einmal als „Metapsychologe", zum anderen als namhafter Komponist von Liedern und Balladen — kennzeichnete sein weiteres Werk. In den folgenden Jahren erschienen siebzehn Hefte seiner Lieder und Balladen in der Edition Peters (Leipzig). Um seinen beiden Interessensschwerpunkten gerecht zu werden, pflegte er im Sommer als Komponist zu arbeiten, während er sich in den Wintermonaten vorwiegend parapsychologischen Problemen zuwandte. Die weiteren Stationen seines Lebens sind schnell geschildert: Von Berlin aus zog er sich für einige Jahre in den Rostocker Vorort Gehlsdorf zurück, lebte dann bis 1925 in Fürstenfeldbruck, um sich dann schließlich für immer in Gehlsdorf niederzulassen. Ab 1929 hatte er einen Lehrauftrag für Kirchenmusik an der Theologischen Fakultät Rostock übernommen, daneben schrieb er Konzert- und Theaterkritiken für die Tagespresse. Ansonsten lebte er still und zurückgezogen, sich auf die Niederschrift seines Hauptwerkes konzentrierend, dessen zwei erste Bände 1936 und dessen dritter Band 1939 erschienen. Im gleichen Jahr, am 25. September, kurz nach Ausbruch des zweiten Weltkrieges, erlag Emil Mattiesen im Alter von 64 Jahren der Leukämie.
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Eine Reprintausgabe ist soeben bei Walter de Gruyter, Berlin, erschienen.
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In der Musikwissenschaft ist der Name Mattiesen nicht vergessen;2 sein musikalisches Werk erfuhr zum Beispiel 1937 in der Zeitschrift für Musik eine positive Würdigung (Moser 1937), und in dem Nachschlagewerk Die Musik in Geschichte und Gegenwart heißt es (Härtwig 1960, Sp. 1822): „Als Komponist zahlreicher Lieder und Balladen war Mattiesen seiner Zeit nicht unbekannt. Er komponierte in persönlicher Zurückgezogenheit, unabhängig von Zeitströmungen. Loewe, Wagner, Wolf, ja Pfitzner und R. Strauss waren seine Vorbilder. Etwas Wildgewachsenes, fast Dilettantisches haftet manchen seiner Gesänge an. Ihre Stärke liegt in den emotionalen, klangmalerisch-illustrativen Elementen, dem epischen, hymnisch-deklamativen Charakter, in der motivischen Prägnanz und den effektvollen Schlußpointen."
Und was läßt sich über den „Metapsychologen" Mattiesen sagen, wie fiel die Resonanz auf das vorliegende Monumentalwerk aus? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir uns kurz die Situation des „Wissenschaftlichen Okkultismus" im Deutschland der dreißiger Jahre vergegenwärtigen. Diese wurde durch drei soziologisch wichtige Faktoren bestimmt: Erstens durch das Fehlen einer deutschen Gesellschaft für Parapsychologie, die — nach dem Vorbild der englischen „Society for Psychical Research" — einen organisierten Zusammenschluß all derjenigen „Laien" und Wissenschaftler geboten hätte, die an einer systematischen Erforschung okkulter und spiritistischer Phänomene interessiert waren; zweitens durch die weitgehende Indifferenz oder Ablehnung der „Hochschulwissenschaft" diesen Phänomenen gegenüber: es existierte keine im universitären Rahmen angesiedelte Institution, zu deren Aufgaben die Durchführung eines experimentell orientierten Parapsychologie-Forschungsprogrammes gehört hätte; drittens (der vermutlich gravierendste Faktor): durch die Zäsur des Nationalsozialismus, das heißt durch das Verbot einschlägiger Zeitschriften und die Amtsenthebung bzw. Z'wangsemeritierung der (wenigen) Hochschullehrer, die sich aktiv für eine wissenschaftliche Erforschung des Okkultismus eingesetzt hatten. Anfang der dreißiger Jahre war eine Reihe wichtiger Publikationen erschienen, die auf eine — wenn auch zögernde — Öffnung der „offiziellen" Wissenschaft dem bisher tabuierten Gebiet des Okkultismus gegenüber hindeuteten: Max Dessoir (1867—1947), der Berliner Psychologe und Philosoph, der 1889 das Wort „Parapsychologie" geprägt hatte, gab 1931 in 6. Auflage sein einflußreiches Buch Vom Jenseits der Seele (Dessoir 1931) 2
Ich danke dem Musikhistoriker Manfred Schuler (Freiburg und Mainz) für hilfreiche Literaturhinweise.
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heraus, das repäsentativ war für die skeptisch-reservierte Einstellung der damaligen Universitätspsychologie in Bezug auf die „Geheimwissenschaften" 3 , der Leipziger Biologe und Philosoph Hans Driesch (1867—1941) veröffentlichte 1932 die noch heute bedeutsame Methodenlehre Parapsychologie. Die Wissenschaft von den „okkulten"Erscheinungen, in der er sich energisch für die akademische Integration der Parapsychologie einsetzte und zur Gründung einer großen parapsychologischen Gesellschaft aufrief (Driesch 1932, S. 6/7). Ahnliche Absichten verfolgte auch der Tübinger Philosoph und Psychologe Traugott Konstantin Oesterreich (1880—1949), der bahnbrechende Arbeiten über Besessenheit und Persönlichkeitsspaltung veröffentlicht hatte (vgl. Oesterreich, M. 1954). 1933 promovierte Hans Bender in Bonn mit einer Arbeit zum Dr. phil., die als erste deutsche psychologische Dissertation positiv verlaufende Hellsehexperimente zum Thema hatte (Bender 1936), 1935 schließlich brachte die Biologin Fanny Moser (1872—1953) ihr zweibändiges Lebenswerk Okkultismus. Täuschungen und Tatsachen (Moser 1935) heraus, das eine möglichst umfassende Materialsammlung und objektive Abwägung der pro- und contra-Argumente bieten wollte. In seiner Gründlichkeit und seinem Anspruch stellt es durchaus das „animistische" Pendant zu Mattiesens Werk dar. Diese knappe Aufzählung soll deutlich machen, daß es in diesen Jahren durchaus Anzeichen für eine positive Rezeption der Parapsychologie im akademischen Rahmen gab — umso katastrophaler fielen die Konsequenzen des Nationalsozialismus auch in dieser Hinsicht aus: Dessoir, Driesch und Oesterreich wurden eine weitere wissenschaftliche Tätigkeit untersagt, die 1926 gegründete Zeitschrift für Parapsychologie wurde im Juni 1934 verboten. Damit fiel auch das einzige Publikationsorgan weg, in dem ein fachspezifischer Austausch über Methoden, Probleme und Ergebnisse der parapsychologischen Forschung hätte stattfinden können. So sahen ungefähr die historischen Randbedingungen aus, die die Aufnahme von Mattiesens Arbeiten vor 50 Jahren beeinflußt haben. Sein Hauptwerk konnte zwar noch in einem der bekanntesten und angesehensten wissenschaftlichen Verlage Deutschlands erscheinen, aber es gab — überspitzt
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Unter „Geheimwissenschaften" rechnete Dessoir die „Parapsychologie" (unter Einschluß von Traum und Hypnose, Telepathie und Hellsehen sowie die psychischen Automatismen), die „Paraphysik" (physikalische Medien) und schließlich die Kabbalistik, Christian Science und Anthroposophie.
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formuliert — keinen Adressatenkreis mehr dafür, das heißt kein adäquates Kommunikations- und Diskussionsforum, das Mattiesens Anliegen: die empirische Erforschung der Survival-Hypothese, hätte kompetent aufgreifen und produktiv fortentwickeln können. Allein die Beschäftigung mit den Aussagen der großen Trancemedien (Mrs. Piper oder Mrs. Leonard) und ihren Verifikationsversuchen, die Erarbeitung des höchst komplexen Gefüges der „Cross-Correspondences" setzen — wie jeder Sachkenner weiß — ein jahrelanges Spezialstudium des Quellenmaterials voraus. Die von Mattiesen mit Recht hochgeschätzte „Society for Psychical Research", die seit 1882 in London existierte, gab, wie die jahrzehntelange Detaildiskussion über diese Fragen in ihren Proceedings und ihrem Journal beweist, ein solches Forum für Spezialisten ab — ganz im Unterschied zur Situation in Deutschland. Keine ernsthafte („seriöse") Forschung kann aber auf die Dauer ohne einen solchen sachspezifischen Rezeptionsrahmen exisiteren, ohne zu einer Hobbybeschäftigung von einer Handvoll Sektierern zu verkommen, und die „Uberlebensforschung", sofern sie, was ja Mattiesens Absicht war, mit dem Anspruch auftrat, in wissenschaftlichen Kreisen von Medizin, Psychologie oder Philosophie Gehör zu finden, machte darin keine Ausnahme. So wurde Mattiesens Werk um seine verdiente Wirkung gebracht: es blieb die heroische Leistung eines Einzelnen, gewissermaßen ein Monolith, der einen langen Schatten warf. Es ist auffallend, daß vom Persönlichen Überleben des Todes nach seinem Erscheinen in den führenden anglo-amerikanischen Fachzeitschriften für Parapsychologie keinerlei Notiz genommen wurde, obwohl es ja ein Kenner wie Rudolf Tischner in den Rang vom Myers' Human Personality and its Survival of Bodily Death (1903) gestellt hatte. Dies ergab zumindest eine Durchsicht der entsprechenden Jahrgänge des Journal of the American Society for Psychical Research (1906 gegründet), des Journal of Parapsychology (1937 gegründet) sowie des Journal bzw. der Proceedings of the Society for Psychical Research (1882 gegründet), denen ja Mattiesen unendlich viel verdankt hatte 4. Von den politischen Zeitumständen abgesehen, mag es aber auch noch andere Rezeptionshindernisse gegeben haben, die auf einer mehr persönli-
4 Rezensionen von Mattiesen finden sich nur in dem Organ der holländischen SPR, der Tijdschrift voor Parapsychologie 9 (1937) 141-143 und 12 (1940) 86—88, beidesmal gezeichnet P. A. Dietz (1878— 1953), der die erste Universitätsdozentur für Parapsychologie (an der Universität Leiden) innehatte.
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chen Ebene lagen. Mattiesen führte über viele Jahre hindurch die Existenz eines Privatgelehrten. Er lebte in selbstgewählter Isolation; man findet ihn kaum in die heftige öffentliche Kontroverse um die Existenz und Anerkennung der „okkulten" Phänomene verstrickt, die sich in Deutschland Ende der zwanziger Jahre vor allem am „Physikalischen Mediumismus" und an der Person seines Hauptvertreters, des Münchner Nervenarztes Albert Freiherr von Schrenck-Notzing (1862—1929), entzündet hatte (vgl. Schrenck-Notzing 1985). Er ist zwar mit Beiträgen in der Zeitschrift für Parapsycbologie vertreten, aber die wesentlichen Vorarbeiten zu seinem großen Werk veröffentlicht er in der Monatsschrift des „Revalo-Bundes" des geschäftstüchtigen Hamburger Spiritistenführers Hinrich Ohlhaver, Verfasser des Bestsellers Die Toten leben!, die ab 1925 unter dem Titel Zeitschrift für Psychische Forschung herauskam. Dabei handelte es sich in erster Linie um ein spiritistisches Bekenntnisblatt, dessen Beiträge auf die Bedürfnisse einer „Gemeinde" abgestimmt waren und auf deren gläubigunkritische Geistesverfassung tunlichst Rücksicht genommen werden mußte. Mattiesen tat sich möglicherweise mit der Publikation seiner Aufsätze in diesem Kontext keinen Gefallen, denn eine solche Leserschaft brauchte er wohl kaum durch noch so scharfsinnige und subtile Analysen des „Transdramas" (des Zusammenspiels von Medium, Kontrollgeist und Kommunikator) von der Gültigkeit der spiritistischen Hypothese zu überzeugen — seine Argumente hätten eigentlich ein ganz anderes Publikum verdient! Daß es ihm durchaus auf eine Resonanz bei den „eigentlichen" Fachgelehrten ankam, zeigte die Kontroverse mit dem erfahrenen „psychical researcher" Graf Perovsky-Petrovo-Solovovo. Bei diesem, der im Journal der SPR regelmäßig „Notes on Periodicals" zu veröffentlichen pflegte, hatte sich Mattiesen brieflich beklagt, er würde seinen (Mattiesens) Aufsätzen in der Zeitschrift für Psychische Forschung zu wenig Beachtung schenken. Daraufhin veröffentlichte Graf Perovsky eine ausführliche Kritik zu Mattiesens Artikelserie über die spiritistische Formdeutung des Transgeschehens, in der er ihm u.a. vorwarf, er würde die Glaubwürdigkeit medialer Aussagen überschätzen (Perovsky-Petrovo-Solovovo 1928). Mattiesen (1929) wiederum warf dem Grafen in seiner Replik eine „negativistische" Einstellung vor, die jeden Fall bekritteln und sich an dessen schwächeren Punkten festbeißen würde. Der fest entschlossene „Wille zum Unglauben" solcher „Negativisten", so Mattiesen weiter, „verdammt sie zur Unfruchtbarkeit trotz ihres fortdauernden Geredes von wissenschaftlichen Maßstäben' und .kritischen Methoden', und ihre
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Namen werden höchstwahrscheinlich vergessen sein, wenn die Geschichte der Wissenschaft von der Metapsychik (= Parapsychologie) geschrieben werden wird" (Mattiesen 1929, p. 32). Graf Perovsky fügte bei dem Wort „ . . . vergessen" folgende Fußnote an: „Ich gestehe, daß ich einer solchen Aussicht mit unverhüllter Heiterkeit (undisguised cheerfulness) entgegenblicke. Und da das gleiche Schicksal, wie ich fürchte, wahrscheinlich auch Dr. Mattiesen beschieden sein wird, darf ich der Hoffnung Ausdruck verleihen, daß seine Heiterkeit (serenity) in dieser Hinsicht die meinige nicht untertrifft." Diese Polemik ist zwar mit britischem „Understatement" ausgetragen worden, aber sie verdeutlicht die Gefahr, der Mattiesen (und sein Werk) ausgesetzt waren: zur intellektuellen „Galionsfigur" der spiritistischen Bewegung abgestempelt zu werden, ohne daß — gewissermaßen als kritische Balance dazu — ein soziologisch faßbares Forum bestand, das sich mit der Stichhaltigkeit seiner Argumente (in der Art von Graf Perovsky) auseinandergesetzt hätte. Mattiesen ging es ja um „Erfahrungsbeweise" für ein persönliches Fortleben, also nicht um Glauben, sondern empirisch kontrollierbares Wissen. Wo, wenn nicht in der damaligen organisierten „Psychical Research", hätte Mattiesen kompetente Gesprächspartner gefunden, die von der prinzipiellen Legitimität der Survival-Hypothese ausgingen, die aber in Bezug auf das Beweismaterial, das dafür oder dagegen sprach, durchaus geteilter Meinung waren? Es ist tragisch, daß Mattiesens Werk diejenige Resonanz, die es eigentlich verdient hatte, angesichts der damaligen Randbedingungen der Forschung nicht fand. Daß er schließlich als Kronzeuge für eine Bewegung reklamiert wurde, die seinem wissenschaftlichen „Anliegen" und Anspruch kaum entsprechen konnte, zeigt der Nekrolog aus der Zeitschrift für Seelenleben, dessen Pathos heutzutage leicht komisch wirkt (Feilgenhauer 1939, S. 73 f.): „Die stattliche Gemeinde des heimberufenen Vorkämpfers einer Unsterblichkeitsforschung vernimmt die herbe Trauerkunde in stiller Gefaßtheit und senkt die Fahne. Ein ehrendes, dankbares Gedenken ist dem bescheidenen und doch so großen, so überquellendfeurigen Bekenner unserer hohen Lehre gewiß. Bei dieser Gelegenheit sei ein heißer Wunsch an alle Gesinnungsfreude ausgesprochen: Alle Leser ( . . . ) sind herzlich gebeten, nach bestem Wissen und intensiv zu versuchen, in ernsthafter, bekannter, würdig forschender, stiller Weise Knüpfung mit vorausgegangenen Vorstreitern in der Art des verewigten Dr. Emil Mattiesen zu erhalten und, bei Gelingen, sie pfleghaft auszugestalten. Klugheit und Vernunft, nicht hitziges einseitiges Vorankommenwollen, beherrsche ihre Maßnahmen! (. ..) Das dreibändige Standardwerk Mattiesens ,Das persönliche Uberleben des Todes' (u.a.) sind Bekennerwerke, ähnlich den berühmtesten Tempeln eines erhebenden und nicht zu erreichenden Gottheits-, Menscheits- und Ewigkeitskultus. Sie trotzen dem Zahn der Zeit, der überheblichen Besserwisserei, dem Alltage, der Seichtheit, der Gleichgültigkeit, sie sind geschrieben für denkfähige, ernste Jünger unserer Bestrebungen und überdauern viele Tausende von Büchern, die Eintagsfliegen waren."
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Damit ist eine Seite der Rezeptionsgeschichte Mattiesens genügend dokumentiert, die andere führt uns zur heutigen Situation der Parapsychologie und zum Stellenwert, den die Uberlebenshypothese in ihr einnimmt. II. Die Parapsychologie von heute ist ihrer Struktur nach eine interdisziplinäre Wissenschaft. Sie untersucht mit Hilfe bewährter natur- und sozialwissenschaftlicher Methoden eine Reihe ungewöhnlicher („anomaler") Erlebnis- und Verhaltensweisen des Menschen, die aus dem etablierten Erklärungsrahmen herauszufallen scheinen und die unter dem Kürzel Psi (dem 23. Buchstaben des griechischen Alphabets) zusammengefaßt werden. Die Psi-Phänomene werden üblicherweise in zwei Gruppen unterteilt: die erste wird als Außersinnliche Wahrnehmung" (ASW, engl.: „ExtraSensory Perception", ESP) bezeichnet, die zweite als „Psychokinese" (PK). Unter ASW fällt die Untersuchung der Frage, ob und unter welchen Bedingungen Menschen in der Lage sind, Informationen außerhalb bisher bekannter sensorischer Kanäle aufzunehmen und abzugeben, wobei drei Formen unterschieden werden: a) Telepathie (als „direkter" psychischer Kontakt zwischen Menschen), b) Hellsehen (als „direkter" Informationserwerb von Sachverhalten, die sonst niemandem bekannt sind), c) Präkognition (als unerklärlicher Informationserwerb zukünftiger Vorgänge, die rational nicht erschließbar sind und die auch nicht als Folge der Vorhersage auftreten dürfen). Unter PK fällt die Untersuchung der Frage, ob und unter welchen Bedingungen Menschen in der Lage sind, eine „direkte" psychische Wirkung auf physikalische Systeme auszuüben, die den bisher bekannten oder akzeptierten naturwissenschaftlichen Erklärungsmodellen zu widersprechen scheint. Gegenstand der Parapsychologie sind also Berichte über Psi-Anomalien, die außerhalb der üblichen Vorstellungen von Raum, Zeit, Energie oder Kausalität zu stehen scheinen. Wird ein bestimmter Vorfall als „Psi-Phänomen" klassifiziert, dann wird damit nur ausgesagt, daß alle bisher bekannten (psychologischen/physiologischen/physikalischen) Wechselwirkungen zwischen Menschen untereinander oder zwischen Menschen und ihrer Umwelt nach dem Stand heutiger wissenschaftlichen Erkenntnis zuverlässig ausgeschlossen sind. „Telepathie" oder „Psychokinese" sind bloß beschreibend gemeinte Begriffe, sie stellen keine Erklärung dar, sondern lediglich die Aufforderung, nach einer solchen zu suchen.
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Die heutige Parapsychologie kennt drei typische Forschungszugänge: a) Sie sammelt und dokumentiert Schilderungen über außergewöhnliche Erlebnisse oder veranstaltet Umfragen unter der Bevölkerung über die Häufigkeit solcher Vorgänge, die den Betreffenden als „paranormal" erscheinen („Spontanberichte"). So werden zum Beispiel seit Jahrhunderten aus unterschiedlichsten Kulturen Ahnungen, Wahrträume, „Zweites Gesicht", Geister- und Spukerscheinungen oder „außerkörperliche" Erfahrungen berichtet. Die psychologische und soziologische Beschreibung und Analyse solcher weitverbreiteter Erlebnisse stellen eine wesentliche Aufgabe der parapsychologischen Forschung dar. So versucht man, durch den quantitativen Vergleich von Fallsammlungen aus verschiedenen Jahrhunderten und Kulturen herauszubekommen, ob die Berichte eine Reihe gemeinsamer Merkmale aufweisen (etwa Psi-Formen, Erlebnisart, Bewußtseinszustand, Thematik und Affektbesetzung) und ob die sich abzeichnenden typischen Muster (patterns) durch konventionelle Hypothesen erklärt werden können oder ob die Annahme eines paranormalen Prozesses gerechtfertigt erscheint (Schouten 1983). b) In der Feldforschung geht es um die detaillierte Untersuchung einzelner Situationen, in denen Psi-Effekte gehäuft aufzutreten scheinen. So untersucht man zum Beispiel systematisch die Bedingungen, von denen Spukphänomene abzuhängen scheinen, indem man die betreffende soziale Gruppe (zumeist eine Familie) und ihre Interaktionen mit dem „Spukauslöser" (Fokusperson) teilnehmend beobachtet. Ähnlich kann man mit einem vielversprechenden „Medium" Erkundungsexperimente zur Psychokinese in dessen vertrauter Umgebung anstellen, um zunächst dessen übliche Darbietungen kennenzulernen, bevor man zu strenger kontrollierten Experimenten übergeht, c) Der Laborzugang ist dadurch gekennzeichnet, daß man unter vom Experimentator festgesetzten und kontrollierten Bedingungen unausgewählte Versuchspersonen (zum Beispiel freiwillige Studenten) mit standardisierten Tests auf mutmaßliche Psi-Fähigkeiten hin untersucht. Diese müssen sensorisch gut abgeschirmte Zielsymbole in einem gut gemischten Kartenspiel, deren Abfolge niemandem bekannt ist, erraten („Hellsehen") oder eine von einem Zufallsgenerator erzeugte Folge von Ereignissen, wie das Aufleuchten von ringförmig angebrachten Lämpchen, in eine bestimmte Richtung beeinflussen („Psychokinese"). Mit solchen Versuchen, die sich mit statistischen Methoden auswerten lassen, will man feststellen, ob sich die Existenz von Psi-Effekten überhaupt nachweisen läßt, ob sich diese unter bestimmten Bedingungen wiederho-
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len lassen und ob die Änderung psychologischer oder physikalischer Randbedingungen beim Experiment zu unterschiedlichen Ergebnissen („Psi-Trefferleistungen") führt, die sich möglicherweise vorhersagen lassen. In den letzten Jahrzehnten sind viele hunderte erfolgreicher PsiExperimente unter Laborbedingungen veröffentlicht worden; wer sich über Methodologie, Ergebnisse, Probleme und Kritiken der wissenschaftlichen Forschung auf diesem Gebiet ein detailliertes Bild verschaffen will, sei auf die Fülle einführender und spezieller Literatur verwiesen5. Es versteht sich von selbst, daß alle drei genannten Forschungszugänge gegen bestimmte Alternativhypothesen (bzw. kritische Einwände) abgesichert sein müssen, um wissenschaftlich zuverlässige Daten zu liefern: 1. Der „Echtheitswert eines Spontanberichts hängt zum Beispiel von der Glaubwürdigkeit der Zeugen (Ausschaltung von Beobachtungsfehlern, Erinnerungstäuschungen, nachträglichen Ausschmückungen), von objektiven Dokumentationsmöglichkeiten und der Beurteilung der Zufallshypothese ab; 2. in der Feldsituation bei „qualitativen Versuchen" muß vor allem darauf geachtet werden, daß Betrug, Täuschung und sonstige Manipulationen seitens des Mediums wie auch Selbsttäuschungen und Verkennen „natürlicher" Ursachen möglichst eliminiert sind. Bei spiritistischen Sitzungen, die möglicherweise noch im Dunkeln stattfinden, gilt eine Reihe zusätzlicher Vorsichtsmaßnahmen, die schon seit Jahrzehnten bekannt sind (vgl. Schrenck-Notzing 1985). Die Beurteilung „medialer" Aussagen — inwieweit ist die Schilderung, die ein Medium über einen Sitzungsteilnehmer oder einen vermißten Gegenstand gemacht hat, zutreffend? — hängt von einer Reihe methodischer Voraussetzungen ab. Um eine solche Beschreibung zu verifizieren, genügt es zum Beispiel nicht, nur die Trefferquote der Aussagen des Mediums zu bestimmen. Es muß auch die Wahrscheinlichkeit (Spezifität) angegeben werden, mit der jede paragnostische Aussage zufällig richtig sein kann (vgl. Timm 1984). 3. Die Ergebnisse des Laborzugangs müssen hauptsächlich gegen folgende Einwände gesichert sein: a) betrügerische Manipulation der Daten seitens des Experimentators; b) selektive oder unvollständige Auswertung und Wie-
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Als erste Einführungen sind empfehlenswert: Bender 1966, 51980, Beioff 1980, Bauer & Lucadou 1984. Uber den internationalen Forschungsstand (einschließlich der Kritiken am Evidenzmaterial) informieren umfassend die Handbücher von Wolmann 1977 und Kurtz 1985; die neueste (und bisher wohl beste) Einführung in die aktuelle Diskussion bietet das Lehrbuch von Edge u. a. 1986.
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dergabe der Resultate; c) unzureichende oder irreführende Schilderung von Versuchsplanung, -durchführung und -aüswertung; d) mangelhafte sensorische Abschirmung zwischen Versuchspersonen untereinander (zum Beispiel bei Telepathieversuchen) oder zwischen Versuchsperson und Versuchsmaterial (zum Beispiel bei Hellsehversuchen). Mit diesen (und weiteren) Kritiken hat sich die methodenbewußte Parapsychologie schon seit Jahrzehnten ausführlich auseinandergesetzt. So wurden die aufsehenerregenden Betrugsfälle der Psi-Experimentatoren S.G. Soal (1889—1975), dessen Darstellung des Gordon-Davis-Falles auch bei Mattiesen eine große Rolle spielt, und J. Levy (Fälschung von Versuchsdaten bei einem Psychokinese-Experiment) von parapsychologisch engagierten Wissenschaftlern aufgedeckt und veröffentlicht (McConnell 1983, Kap. 19). Die heute im parapsychologischen Labor zum Standard gewordenen Zufallsgeneratoren in der Art der „Schmidt-Maschinen" sind vor betrügerischen Manipulationen seitens der Versuchspersonen gesichert, ihre Protokollierung ist zuverlässig und die Daten werden durch automatische Registrierung ausgewertet. Der Gefahr einer irreführenden Auslese nur positiv ausgegangener Experimente wird in führenden parapsychologischen Fachzeitschriften durch eine entsprechende Publikationspolitik begegnet. Im übrigen hat sich heute die Einsicht durchgesetzt, daß es das entscheidende Experiment, das Psi ein für allemal und unwiderruflich beweist, aus wissenschaftslogischen Gründen nicht geben kann. Der derzeitige Forschungsstand der Parapsychologie läßt sich knapp so zusammenfassen: 1. Es gibt experimentell festgestellte Psi-Anomalien, zum Beispiel statistisch signifikante „Beeinflussungen" von Zufallsgeneratoren oder überzufälliges „Erraten" von abgeschirmten Zielsymbolen durch normale Versuchspersonen im Labor; 2. Psi läßt sich mit einer psychologischen Fähigkeit oder Begabung vergleichen, die von unbewußten Faktoren abhängt, selten und unvorhersehbar auftritt und nicht beliebig „steuerbar" ist; 3. physikalische Größen (wie Beschaffenheit der Zielsymbole, räumlich oder zeitliche Distanz oder Kompliziertheit der Versuchsapparatur) spielen kaum eine Rolle; 4. psychologische Größen (wie Persönlichkeitsmerkmale, positive Einstellungen oder Erwartungen seitens der Versuchsteilnehmer) wirken sich auf die Psi-Trefferleistungen aus; 5. manche Versuchsleiter scheinen erfolgreicher zu sein als andere, weil sie wirksame „Psi-Quellen" (psi sources) darstellen („Psi-ExperimentatorHypothese"); 6. veränderte Bewußtseinszustände (Meditation, Hypnose, Entspannung, künstlicher Reizentzug) scheinen das Auftreten von Psi-
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Effekten zu begünstigen, ohne daß man hinreichende Bedingungen für deren Auftreten angeben könnte; 7. kein Medium oder professioneller „Hellseher" kann im Einzelfall mit Sicherheit sagen, ob sein für einen Klienten bestimmter Ratschlag oder die Schilderung einer abwesenden oder verstorbenen Person auf einem „anomalen" Informationserwerb beruht, oder auf Intuition, praktischer Menschenkenntnis und geschickter Kombinationsgabe („Angeln"). Insofern sind entsprechenden Annoncen in okkulten und esoterischen Magazinen oder Versprechungen, mit einer bestimmten Technik ließe sich der „Sechste Sinn" erlernen, mit größter Vorsicht zu begegnen. In den letzten Jahren zeichnet sich auch ein neues theoretisches Verständnis für Psi-Phänomene ab. Die in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts diskutierten Modelle (vgl. etwa Driesch 1932), die Mattiesen unter dem Stichwort der „Animistischen Theorien der Personation" abhandelt, gehen von Vorstellungen der klassischen Physik aus und sind heute obsolet geworden. „Außersinnliche Wahrnehmung" ist kein „Informationsaustausch" zwischen einem „Sender" und „Empfänger" auf unbekannten sensorischen Kanälen im Sinne des klassischen (Shannonschen) Informationsbegriffs, ebenso wie „Psychokinese" keine unbekannte energetische „Einwirkung" der Psyche auf Materie im Sinne der klassischen Physik darstellt. Ausgehend vom vieldiskutierten „Meßproblem in der Quantenphysik" wurden unterschiedliche Modellansätze entwickelt (1974 Tagung in Genf über „Quantenphysik und Parapsychologie"). Diese weisen eine ähnliche Struktur mit folgenden Merkmalen auf: 1. die Verletzung der „üblicherweise" geltenden Naturgesetze ist schwach, d. h. Erhaltungssätze und Symmetrien werden nicht verletzt, nur quantenphysikalisch-stochastische Prozesse können psychisch „beeinflußt" werden; 2. ASW kann auf PK zurückgeführt werden; 3. Psi-Effekte sind zumindest in einem näher zu bestimmenden Rahmen raumzeitunabhängig („nichtlokal"); 4. PK „funktioniert" zielorientiert im Hinblick auf die gegebene Versuchsinstruktion, wobei die Erfolgsrückmeldung (Feedback) einen wichtigen Bestandteil des Prozesses darstellt. Die unter dem Kennwort „Observational Theories" zusammengefaßte Theoriegruppe erlaubt spezifische quantitative Vorhersagen über die fraglichen Psi-Effekte, sie kann also experimentell überprüft werden. Wie eine Validierung solcher theoretischer Ansätze letztlich ausfallen wird, ist eminent schwierig zu beurteilen, da die Diskussion in vollem Gange ist (vgl. v. Lucadou 1986a, 1986b). Das bisher skizzierte Bild der modernen parapsychologischen For-
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schung hat sich im wesentlichen an den Richtlinien orientiert, welche die „Parapsychological Association" (PA) formuliert hat. Die PA ist die einzige professionelle Organisation wissenschaftlich arbeitender Parapsychologen. 1957 gegründet und seit 1969 Mitglied des amerikanischen Dachverbandes für den Fortschritt der Wissenschaften, der „American Association for the Advancement of Science" (AAAS), umfaßt die PA etwa 300 Mitglieder, in der Regel Natur-, Human- und Sozialwissenschaftler (aus etwa 30 Ländern), die zum Teil an universitären und anderen wissenschaftlichen Institutionen arbeiten. Die Ziele der PA bestehen in der Förderung der Parapsychologie als Wissenschaft, in der Verbreitung zuverlässiger Informationen über das Gebiet und in der Förderung der Beziehungen zwischen Parapsychologie und anderen Disziplinen. Zu diesem Zweck wird jährlich ein Fachkongreß abgehalten, auf dem die jeweils neuesten empirischen Resultate, methodische und theoretische Entwicklungen sowie historische Überlegungen einem Kreis von Spezialisten zur Diskussion und internen Kritik vorgestellt werden. Die Tagungsberichte erscheinen seit 1972 als Research in Parapsychology. Mit der PA sind parapsychologische Fachzeitschriften assoziiert, zum Beispiel die Journals der englischen und amerikanischen „Psychical Research Societies", das Journal of Parapsychology und das European Journal of Parapsychology, deren „technische" (experimentelle) Arbeiten für den Außenstehenden, den „Laien", praktisch unverständlich geworden sind. Die methodischen, experimentellen und theoretischen Grundlagen der wissenschaftlichen Parapsychologie von heute erfordern im Grunde ein intensives mehrjähriges Studium. Vertreter der wissenschaftlichen Parapsychologie sind somit — es gibt auch Ausnahmen — Mitglieder der PA, sie können kompetent im Namen dieses Faches sprechen. Allerdings gibt es auch unter diesen eine verbindliche Interpretation dessen, was Psi-Phänomene letztlich bedeuten. Bei der Verwendung des Begriffes „Psi" muß man zwei Bedeutungen streng auseinanderhalten (vgl. Palmer 1986): Einmal Psi als phänomenologische Beschreibung für anomale Berichte, zum anderen Psi als paranormalen Prozeß, der sich — vorerst — einer Beschreibung mit allgemein akzeptierten (natur-)wissenschaftlichen Prinzipien zu entziehen scheint. Die wissenschaftlich produktive Frage lautet — im Unterschied zum Laienverständnis — nicht: „Gibt es Psi?", sondern: „Wie können solche anomale Berichte, die zweifelsfrei existieren, am besten erklärt werden?" Das Spektrum möglicher Erklärungen kann von „bloßer" Einbildung, Täuschung
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oder Halluzination (das eine Extrem) bis zur Annahme eines paranormal vermittelten Informationsprozesses (das andere Extrem) — es gibt fließende Übergänge dazwischen — reichen. Wichtig ist, daß für jede Erklärung — ob für die skeptisch-konventionelle oder die paranormale Theorie — stichhaltiges Beweismaterial angeführt werden muß. Auch beim soziologischen Erscheinungsbild der Parapsychologie, das Gebhard Frei 1961 gezeichnet hat, ist eine Reihe von Korrekturen und Ergänzungen anzubringen. Nach wie vor gilt, daß parapsychologische Forschung nur eine geringe institutionelle Verankerung aufzuweisen hat. Ihre Forschungsinhalte und -absichten werden in der üblichen Universitätsausbildung so gut wie nicht zur Kenntnis genommen. Kaum ein künftiger Psychologe, Biologe, Mediziner oder Physiker erfährt im Laufe seiner Ausbildung etwas Wesentliches oder Zuverlässiges über den Stand der parapsychologischen Forschung. Da die meisten Wissenschaftler darüber nicht ausreichend informiert sind, ist es nicht überraschend, daß sie sich Psi-Phänomenen gegenüber gleichgültig, ablehnend oder vorurteilsbehaftet verhalten, was man ihnen eigentlich nicht einmal verübeln kann. Woher sollten sie auch entsprechende Informationen beziehen? Die Anzahl der Forschungsinstitutionen und Abteilungen für Parapsychologie, die Universitäten angeschlossen sind, ist auch heute noch gering. Die älteste und berühmteste Einrichtung dieser Art, das 1927 gegründete Parapsychologische Labor an der Duke-Universität (North Carolina, USA), wurde 1965, mit Emeritierung des Parapsychologie-Pioniers J. B. Rhine (1895—1980), aufgelöst und in eine freie Forschungsstiftung, die „Foundation for Research on the Nature of Man" (FRNM) mit angeschlossenem „Institute for Parapsychology" überführt. Sie gehört nach wie vor zu den aktivsten Forschungszentren auf diesem Gebiet. Zu nennen sind ferner: „Division of Parapsychology" am Medical Center der Universität Virginia in Charlottesville, West Virginia, USA (Ian Stevenson), das „Princeton Engineering Anomalies Research Laboratory" an der Universität Princeton, New Jersey, USA (Robert Jahn), das Parapsychologische Laboratorium an der Universität Utrecht, Niederlande (Martin Johnson), die Abteilung für Psychologie und Grenzgebiete der Psychologie am Psychologischen Institut der Universität Freiburg i. Br. (Johannes Mischo) sowie — seit 1985 — der Arthur-Koestler-Lehrstuhl für Parapsychologie am Psychologischen Institut der Universität Edinburgh, Schottland (Robert Morris).
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An privaten Forschungseinrichtungen gibt es nach wie vor die traditionsreiche „Society for Psychical Research" in London und ihre amerikanische Schwestergesellschaft, die „American Society for Psychical Research", in New York. Ebenfalls in New York ansässig ist die Stiftung „Parapsychology Foundation", die seit dem Tode ihrer Begründerin Eileen Garrett im Jahre 1970 von ihrer Tochter, Eileen Coly, fortgeführt wird. Das Hauptziel der PF besteht in der Organisation und Durchführung von Jahreskonferenzen, bei denen ein eingeladener Kreis von Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen über zentrale Probleme der Parapsychologie diskutiert. Referate und Diskussionsbeiträge werden in einem Tagungsband veröffentlicht. Wichtige experimentelle Forschungsbeiträge kommen ferner aus der „Mind Science Foundation" (San Antonio, Texas), wo der Physiker Helmut Schmidt arbeitet, sowie aus dem „Stanford Research Institute International" (Menlo Park, California). In der Bundesrepublik Deutschland gibt es ein 1950 von Hans Bender (geb. 1907) gegründetes, unabhängiges „Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V.", das hauptsächlich von einer Stiftung Fanny Moser finanziert wird. Zudem existiert an der Universität Freiburg als bisher einziger bundesdeutscher Hochschule eine Abteilung für Psychologie und Grenzgebiete der Psychologie, die seit der 1975 erfolgten Emeritierung Benders von Johannes Mischo geleitet wird. Das Institut und die Universitätsabteilung geben eine Fachzeitschrift heraus, die 1957 gegründete Zeitschrift für Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie, die im Aurum Verlag, Freiburg i. Br., erscheint. Die Universitätsbibliothek Freiburg verfügt ferner über eine mehr als 20000 Bände umfassende Spezialbibliothek über „Parapsychologie/Grenzgebiete der Psychologie". Gegenwärtig dürfte es kaum mehr als 40 oder 50 Wissenschaftler in der westlichen Welt geben, die sich vorwiegend der parapsychologischen Forschung widmen können. Die ihnen zur Verfügung stehenden Forschungsmittel sind — gemessen an den üblichen Förderungsmaßstäben — verschwindend gering. Versuchen wir eine Bilanz: Vom wissenschaftssoziologischen Standpunkt aus bietet die Parapsychologie ein Musterbeispiel für die Aktzeptanzprobleme einer „abweichenden" Wissenschaft (McClenon 1984). Trotz der weitgehenden szientistischen Orientierung ihrer Hauptvertreter ist es ihr bisher nicht gelungen, zum Bestandteil der Mainstream-Wissenschaft zu werden. Da Psi-Effekte im Rahmen der wissenschaftlichen Gemeinschaft bisher nicht konsensfähig sind, steht die Parapsychologie unter ständigem Legitimationszwang, woraus ein Anpas-
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sungsdruck an jeweils „herrschende" Normen resultiert. Die PsiKontroverse geht aber weiter, und es ist kaum zu erwarten, daß sie in den nächsten 50 Jahren zu einem Ende kommt. III. Welche Rolle spielt in der heutigen parapsychologischen Forschung die „spiritistische Hypothese", die Frage nach dem persönlichen Uber leben des Menschen? Sie ist sicher in den letzten 50 Jahren in der Hintergrund getreten, hat an Bedeutung verloren, ohne allerdings ganz von der Bildfläche verschwunden zu sein. Diesen Erosionsprozeß kann man wiederum an der historischen Entwicklung der „Psychical Research Societies" in England und Amerika verfolgen. Die Forschungsarbeit der Society for Psychical Research, veröffentlicht seit hundert Jahren in ihren Proceedings, ihrem Journal und anderen Schriften, dürfte an die 40000 Druckseiten umfassen, ein riesiges, sorgfältig fundiertes Material. Darunter befindet sich eine Anzahl methodisch bahnbrechender Untersuchungen, die auch zu Klassikern der Survival-Forschung geworden sind, zum Beispiel die 1886 veröffentlichten Phantasms of the Living. Es gibt wohl kaum einen kritischen Einwand, keinen Pro- und Contra-Gesichtspunkt parapsychologischer Forschung, den man in diesen Publikationen nicht finden könnte. Eines der Hauptverdienste der SPR besteht darin, daß sie ein Diskussionsforum für wissenschaftlich interessierte „psychical researchers" geschaffen hat, die sich auf die prinzipielle Legitimität parapsychologischer Forschung und auf die Notwendigkeit strenger Untersuchungsund Beweismaßstäbe geeinigt hatten. Die Society als Körperschaft blieb aber auch im wesentlichen ein Amateurunternehmen in dem Sinne, daß sie keine institutionell-akademische Verankerung aufwies (obwohl ihr besonders zwischen 1882 und 1930 führende Wissenschaftler angehörten) und somit auch keine Aussichten für eine professionelle Karriere bot. Sie lebte vom Einsatz freiwilliger und engagierter Forscher, die aber gezwungen waren, ihren Lebensunterhalt zu verdienen und ihren bürgerlichen Berufen auf anderen, „respektableren" Gebieten nachzugehen. Mit anderen Worten: Parapsychologie als Beruf, der als wissenschaftliche Spezialdisziplin ausgeübt werden kann, war in der SPR nicht vorgesehen. Darin liegt auch einer der wesentlichen Unterschiede zum ersten systematischen Versuch, Parapsychologie als eine Universitätsdisziplin zu begründen, wie er an den Namen von J . B. Rhine geknüpft war. Seine Absicht war, mit Hilfe experimenteller Methoden parapsychische Fähigkei-
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ten zu untersuchen und — wenn möglich — ihren Existenznachweis statistisch zu erbringen. Es sollten nur noch solche Fragestellungen als relevant zugelassen werden, die sich innerhalb eines institutionellen Rahmens vernünftig angehen ließen. Es sollte nicht mehr im Sinne einer Amateurtradition alles und jedes untersucht werden, nur weil es den Flair des „Ungewöhnlichen" hatte. Ausschlaggebend wurde die Methode, nicht das Phänomen. Zu den Fragestellungen, die die „Rhinesche Schule", die etwa dreißig, vierzig Jahre lang (Mitte der dreißiger bis Anfang der sechziger Jahre) die wissenschaftliche Parapsychologie dominierte (vgl. Mauskopf & McVaugh 1980), als (vorläufig) nicht zu beantworten aus dem Aufgabenkatalog der Parapsychologie ausschied, gehörte das Survival-Problem. Rhine (1966, S. 568) begründete seinen Standpunkt mit den Worten: „Niemand hat es bisher fertiggebracht, zwischen den Hypothesen einer Bewirkung durch Verstorbene und dem Insgesamt der Gegenhypothesen zu unterscheiden, die allen menschlichen Fähigkeiten Rechnung tragen müssen, welche vernünftigerweise einem Medium als einer besonderen begabten Person zugeschrieben werden müssen. Bis jetzt können alle experimentellen oder halb-experimentellen Demonstrationen medialer Fähigkeiten, die unter Bedingungen protokolliert wurden, die Beachtung verdienen, durch eine Kombination von Fähigkeiten einer lebenden Person ungekünstelt erklärt werden. Natürlich kann Uberleben nicht nach wissenschaftlichen Maßstäben als bewiesen gelten, solange es eine vernünftige Gegenerklärung gibt."
Rhines Standpunkt wird auch heute mehr oder weniger modifiziert vom Großteil der wissenschaftlich arbeitenden Parapsychologen geteilt. Der ehrwürdige Streit zwischen „Animismus und Spiritismus", der noch bei Mattiesen eine so große Rolle spielt, hat schon lange seine emotionale Brisanz verloren. Die Parapsychologie ist nüchterner geworden, bescheidener, sie hat einen Prozeß der „Entideologisierung" durchgemacht. Sie hat gelernt, daß die Survival-Hypothese bis jetzt weder im induktiven noch im deduktiven Sinn verifizierbar oder falsifizierbar ist (vgl. Timm 1980, S. 250) — sie bleibt eine „offene Frage", wie 1982 der SPR-Präsident John Beioff anläßlich der Jahrhundertfeier der englischen Gesellschaft gesagt hat (Beioff 1983, p. 325). Nun ist es freilich unverkennbar, daß seit den siebziger Jahren das „Uberleben nach dem Tode" in der breiten Öffentlichkeit wieder im Kurs gestiegen ist. Es gibt die Thanatologie-Bestseller in der Art von Moody oder Kübler-Ross über Sterbeerfahrungen und „Nahtod"-
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Erlebnisse (vgl. etwa Osis & Haraldsson 1978, Ring 1985). Doch alle darunter fallenden Berichte lassen „natürliche" Alternativerklärungen zu, die ohne Survival-Hypothese auskommen (vgl. umfassend und kritisch dazu Hövelmann 1985). Das gleiche gilt für die anderen „Evidenzklassen", die bei Mattiesen angeführt sind und die in der heutigen Forschung wieder verstärkt eine Rolle spielen: Erscheinungen, „außerkörperliche" (Exkursions-) Erfahrungen, Reinkarnationserinnerungen bei Kindern oder Xenoglossie-Fälle (Sprechen nichtgelernter fremder Sprachen). Der Diskussionsstand zu all diesen Fragen wird zum Beispiel bei Stevenson (1976, 1977), Roll (1980, 1982), Gauld (1982) oder Cook (1986) umfassend dargestellt. 1972 veranstaltete die „Parapsychological Association" auf ihrem damaligen Jahreskongreß ein Symposion zur Frage: „Welche Beweise,, wenn es sie gebe, würden Sie vom Uberleben überzeugen?" Einer der fünf Symposiasten, John Palmer, brachte die Problematik auf den Punkt, als er sagte (Palmer 1973, pp. 180/181): „Der einzige Beweis, der mich vollständig vom Uberleben überzeugte, wäre mein eigenes Uberleben, da für mich das Uberleben die Fortsetzung meines Selbstbewußtseins einschließen würde, das sich prinzipiell nicht durch objektive Mittel verifizieren läßt." So hat „der" Mattiesen, wie man sieht, nichts an seiner Aktualität eingebüßt. Er wird auch weiterhin als Klassiker gelten, weil bisher kein zweites Buch in deutscher Sprache eine solche umfangreiche Rezeptionsleistung des um das Thema „Uberleben" strukturierten Materials erbracht hat. In diesem Sinne „lebt" auch Mattiesen weiter. Kann man mehr verlangen?
Freiburg, im August 1987
Eberhard Bauer
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Vorwort LITERATURVERZEICHNIS
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VORWORT zum Nachdruck 1961 Wenn der Verlag Walter de Gruyter & Co., Berlin, sich entschlossen hat, das vorliegende Werk von Mattiesen in unveränderter Neuauflage wieder herauszugeben, so verdient er den Dank der für Parapsychologie aufgeschlossenen Welt. Als der dritte Band dieses Werkes 1939 erschienen war, begann der zweite Weltkrieg. Auch waren die damaligen Machthaber der parapsychologischen Forschung nicht gut gesinnt. So ist die Frucht einer großen Lebensarbeit für die Welt verlorengegangen. Jene, die einerseits durch jahrzehntelange Beschäftigung mit dem Sachgebiet sich ein Urteil erlauben dürfen, die andererseits das vorliegende Werk in seinem vollen Umfang gelesen und überdacht haben, sind sich weitgehend einig, daß Mattiesen das bedeutendste Werk parapsychologischer Forschung im deutschen Sprachgebiet darstellt, ohne damit die Leistung anderer Autoren in ihrer Art oder auf ihrem Einzelsektor der Forschung herabmindern zu wollen. Der Verlag war deswegen gut beraten, von einer Überarbeitung abzusehen, so, wie der Verlag Longmans, Green and Co., New York, das entsprechende englische Standardwerk von Frederic Meyers sogar nach einundfünfzig Jahren unverändert neu herausgab 1 ). Es geht nicht nur darum, ob jemand im Gesamt der Einzelkenntnisse an Literatur verschiedener Sprachen Mattiesen gleich käme. Ein Autor hat durch eine lebenslange Beschäftigung mit seinem Stoffgebiet im günstigen Fall ein spezifisches Fingerspitzengefühl in der Bewertung und Einordnung der Einzeltatsachen, in dem niemand ihn einfach ersetzen kann. Dazu kommt bei Mattiesen ein außerordentlich klarer, logisch arbeitender Verstand, der sich selbst und dem Leser alle Aspekte eines Phänomens auseinanderlegt, auch gewisse scheinbare Kleinigkeiten, die oft so entscheidend für ein sachliches Urteil sind. Man vergleiche die Wirkungen, die ein noch so gutes kurzes Kompendium der Parapsychologie im Vergleich zu Mattiesen hat. In einen Fall wird oft *) Frederic W. H. Meyers: Human Personality and its survival of bodily death. Longmans, Green and Co., New York, 1954. 2 Bände (erste Auflage 1903).
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wohl ein größeres Wissen, im anderen aber eine tiefere Überzeugung vermittelt. Um letzteres zu erreichen müssen Autor und Leser sich Zeit lassen, woran in unserer hastigen Zeit so viele sachliche Urteile scheitern. Mattiesen hat Zeit und Raum nicht gescheut. Das gibt seinem Werk auch eine ihm eigene Form, einen spezifischen Rhythmus und Stil, der bei einer Kürzung und Überarbeitung verloren gehen müßte. Da Mattiesen aus dem Gesamtkomplex der parapsychologischen Probleme, wie Meyers, gerade jenes herausgreift, das in der Geschichte der Forschung und in seiner weltanschaulichen und existenziellen Bedeutung die größte Wichtigkeit hat, darf man hoffen, daß viele Leser die geistige Energie und die Zeit aufbringen, die ein solches Werk erfordert. Die Erfahrung zeigt, daß es sich auf jedem Wissensgebiet aber auch lohnt, vor allem das eine oder andere umfassende Standardwerk zu studieren, von dem aus man dann eine Grundlage hat, um Darstellungen von Einzelfragen in Büchern und Zeitschriften richtig zu werten und einzuordnen. Es kann auch gesagt werden, daß einerseits seit der ersten Auflage wohl weitergearbeitet wird, daß andererseits die Leistung Mattiesens heute von ebenso aktueller Bedeutung ist, wie bei Beginn des zweiten Weltkrieges. Ein kurzer Überblick über die Situation der Forschung seit 1945, was die einzelnen Länder und was die zentralen Probleme betrifft, mag dies beleuchten. Gehen wir den Weg vom Westen gegen Osten. So wie die Gründung der englischen Society for Psychical Research 1882 das wohl wichtigste Datum der Parapsychologie als Wissenschaft darstellt, bildet in unserem Jahrhundert das Jahr 1932 einen Markstein. Damals hat Prof. Rhine an der Duke-University in Durham, North Carolina, USA, sein Forschungsinstitut gegründet. Da für viele Menschen nur gilt, was im Experiment linter bestimmten Voraussetzungen an jedem Ort und zu jeder Zeit wiederholt werden kann, was mit statistischen Methoden ausgedrückt werden kann, begann Prof. Rhine mit seinen unzähligen Versuchsreihen zur Frage, ob es eine außersinnliche Wahrnehmung gäbe, denen sich später die Versuchsreihen mit den Würfelexperimenten anschlössen, um abzuklären, ob es Psychokinese, eine Wirkung der seelischen Energie auf die Materie ohne Werkzeug und auf Distanz hin gäbe. Zur Abklärung der ersten Frage wurden die sog. Kartenexperimente durchgeführt, d. h. die Versuchsperson mußte zu erfassen suchen, welche von 25 Karten, die je fünf eine verschiedene Zeichnung trugen, von einem menschlichen oder maschinellen Mischer im Moment auf den Tisch gelegt wurde. Die Experimente wurden seither
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auch von verschiedenen anderen Forschungsinstituten durchgeführt. Rhine selber hat 1947 211111 erstenmal ausfuhrlicher über die Art und die Variationen der Experimente und die statistischen Resultate berichtet in: The Reach of the Mind, 1950 in erster Auflage deutsch erschienen2). Für gewisse Forscher und Autoren beginnt die eigentlich moderne Parapsychologie erst mit dieser rein quantitativen Methode. Außer auf Rhine sei besonders auf das Werk von Amadou verwiesen, das auch die diesbezügliche wichtigste neuere Literatur enthält3). Auch C. G. Jung hat in „Naturerklärung und Psyche" die Ergebnisse der Rhineschen Forschung ernst genommen, ohne aber die quantitative Methode zu überschätzen. Eine gewisse rückläufige Bewegung, was die Methode betrifft, zeigt sich auch an. Es ist das große Verdienst der quantitativen Forschung, viele naturwissenschaftlich orientierte Denker, die nur auf diese Weise ansprechbar sind, überzeugt zu haben: es gibt „Extra-sensory Perception" (ESP), „Außersinnliche Wahrnehmimg" (ASW), ja auch telekinetische Kräfte. Für die Gesamtheit dieser parapsychischen und paraphysischen Kräfte hat man den Namen Psi-Kräfte eingeführt. Was ins allgemeine Bewußtsein auch der Leute vom Fach wohl noch zu wenig eingegangen ist, ist das Ergebnis der Rhineschen Forschimg, daß Hellsichtigkeit leichter und häufiger ist, als Telepathie, die von Psyche zu Psyche geht. Bisher und weitgehend immer noch dachte und denkt man umgekehrt. Ein weiterer Markstein der neueren parapsychologischen Forschung ist die 1951 erfolgte Gründung der Parapsychology Foundation in New York, mit Eileen J. Garrett als Präsidentin, und der durch diese Foundation 1953 in Utrecht, Holland, organisierte und durchgeführte Kongreß. Die Parapsychology Foundation ist kraft der großen, umfassenden Konzeption, die sie bezüglich der Forschung vertritt, kraft des Kontaktes mit den Zentren und Gruppen aller Länder, dank des großen persönlichen Einsatzes der führenden Leute und der finanziellen Mittel, die sie zur Verfugung stellte, heute sicher die bedeutendste Forschungsstelle. Eigene Studiengruppen widmen sich den quantitativen Studien, den Beziehungen zur allgemeinen Psychologie, zu Anthropologie und Ethnologie, Philosophie und Religion, der paranormalen Heilung, den Spontan*) Rhine: The Reach of the Mind, New York, 1947. — Deutsch: Die Reichweite des menschlichen Geistes, Stuttgart, 1950. s ) Robert Amadou: Das Zwischenreich. Holle Verlag Baden-Baden, 1957. Bes. Seite 235—414, 512—529.
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phänomen und den pharmakologischen Grenzfragen. Die Foundation gibt drei Zeitschriften heraus: das für breitere Kreise geschriebene „ T o morrow", die „Newsletter" als Nachrichtenblatt der Foundation und neuerdings das wissenschaftliche „Journal". Ein Fünf-Jahres-Bericht zeigt die reiche Tätigkeit vom i. Januar 1954 bis 31. Dezember 1958. Diese und andere Veröffentlichungen sind in der entsprechenden Anmerkung genannt4). An der Abteilung für Soziologie und Anthropologie der gleichen Duke University, an der Rhine arbeitet, hat 1953 P r °f- Hornell Hart eine Forschungsstelle zum Problem der Astralexkursion eröffnet. Natürlich ließ sich dafür nicht einfach experimentieren, sondern es mußte die geisteswissenschaftliche Methode angewandt werden, das Sammeln, Ordnen und Bewerten aller zum Thema irgendwie gehörenden Literatur mit den darin sich findenden Zeugnissen. Über zwanzig ausgewiesene Mitarbeiter haben möglichst umfassend die entsprechende Literatur ihres Sprachgebietes der Forschungsstelle von Prof. Hornell Hart zugeleitet. Angesichts der Fülle und der Qualität der Zeugnisse kam Prof. Hart zur Überzeugung, die Realität solcher Astralexkursionen oder Exteriorisationen sei für ihn eine wissenschaftliche Tatsache. Die entsprechenden Darlegungen bei Mattiesen finden dadurch eine neue Bestätigung. Natürlich arbeitet auch in Amerika, wie in anderen Ländern, die nach dem englischen Vorbild gegründete „Society for Psychical Research" weiter. In Südamerika gibt es, mit Sitz in Buenos Aires, zwei Zentren parapsychologischer Forschung: die 1949 gegründete Societad Argentina de Parapsychologia, und die Association Lumen mit ungefähr zweihundert Mitgliedern, wovon hundertzehn mit abgeschlossenen akademischen Studien, was Voraussetzimg zur vollen Mitgliedschaft ist. Gerade diese Vereinigung ist überzeugt, daß auch vor Rhine und unabhängig von der quantitativen Methode besonders von europäischen Forschern ernste wissenschaftliche Arbeit geleistet wurde, und will die Resultate von Männern wie William Crookes, Charles Richet, Cesare Lombroso, Gustave Geley, Schrenck-Notzing für unsere Zeit auswerten, wie Mattiesen es tat. Auch neue Zeugnisse zum Problem des nachtodlichen 4) Parapsychology Foundation, Inc., 29 West 57dl Street, New York, N . Y . veröffentlichte, außer den genannten drei Zeitschriften: Proceedings of the first international conference of parapsychological studies, 1955. 136 Seiten. Proceedings of four Conferences of parapsychological studies. 1957. 180 Seiten. Bibliography of Parapsychology, by George Zorab. 1957. 128 Seiten. Report on five years of activities. 1959. 60 Seiten.
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Lebens werden gesammelt. In Südamerika lebte bis 1951 auch das erstaunlichste Medium der Neuzeit, Carlos Mirabelli, und Mattiesens Darlegungen werden neuerdings bestätigt durch die Untersuchungen von Dr. Hans GerlofF, der sich auf die Protokolle der Sitzungen der Academia Brasileia de Metapsichica in Rio de Janeiro und der Academia de Estudos Psichicos in Sao Paulo stützt6.) Wegen der außerordentlichen Verbreitung des Spiritismus in Südamerika hat die Forschung dort auch ihre ganz praktische Seite. In England arbeitet die dort 1882 gegründete Society for Psychical Research weiter, zum Teil in bewußter Zusammenarbeit mit der New Yorker Foundation. In den fünfziger Jahren hat Dr. West sich besonders an der Forschung über paranormale Heilung beteiligt, der alte Fachmann und Kritiker Dr. Dingwall untersuchte weiterhin die Geschichte der parapsychischen Phänomene auf den britischen Inseln und mit Trevor Hall und Mrs. Goldney zusammen wurden 1955 die Untersuchungen über die berühmten Spukphänomene in Borley Rectory der englischen Society vorgelegt. Prof. Roll in Oxford errichtete 1954 ein parapsychologisches Laboratorium. Die Arbeit des Institut Métapsychique International in Paris wurde durch den Krieg von 1940 an unterbrochen, bald nach dem Krieg aber wieder aufgenommen. In den fünfziger Jahren wurde der statistischen Methode nach dem Vorbild der Duke-University besondere Aufmerksamkeit gewidmet. 1954 wurde neu gegründet die „Groupe d'études parapsychologiques", bei der besonders Arzte und Theologen der verschiedenen Konfessionen mitarbeiten. Man begann mit Studiengruppen fur die statistische Methode, für die paranormale Heilung, für die biologischen Grundlagen der parapsychologischen Phänomene und für das Studium des Unbewußten, der Träume und Halluzinationen. In Italien arbeiten die 1937 gegründete und 1941 staatlich anerkannte Società di Metapsychica und die Assodatione Italiana Scientifica di Metapsychica, der vor allem bedeutende Mediziner zugehören. Die österreichische Gesellschaft für psychische Forschung hat 1947 die durch den Krieg unterbrochene Arbeit wieder aufgenommen. Die nordischen Länder, Schweden, Norwegen, Finnland usw. waren der parapsychologischen Forschimg gegenüber immer sehr aufgeschlossen und haben eine Reihe Forscher mit Namen, wie Björkhem, Forwald usw. ') Hans Gerloff: Das Medium Carlos Mirabelli. Eine kritische Untersuchung. Verlag: Dr. Hans Gerloff, Bayerisch-Gmain, Obb. i960. 160 Seiten.
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Besonders ist aber Holland zu erwähnen. 1920 wurde der Studienverband für psychische Forschung gegründet, und, was besonders wichtig ist, die Universitäten zeigten sich der parapsychologischen Forschung gegenüber nicht verschlossen: von 1932 bis 1940 war Dr. Dietz Privatdozent für Parapsychologie an der Universität Leiden, und an der Reichsuniversität Utrecht war Dr. Tenhaeff von 1933 an zunächst Privatdozent und später Ordinarius für Parapsychologie, so daß Utrecht die Ehre hat, als erste Universität in Europa ein solches Ordinariat geschaffen zu haben. — Es war deshalb begründet, daß die „Erste internationale Konferenz für parapsychologische Studien", die von der Parapsychology Foundation in New York organisiert und finanziert wurde, gerade in der Reichsuniversität von Utrecht stattfand. In vier Gruppen wurde eine Woche lang gehandelt über die quantitative Methode, über die Frage der telepathischen, hellsichtigen und prophetischen Träume, über die physikalischen Grenzfragen und über die Frage des Mediumismus. Das heiße Eisen „Animismus-Spiritismus" wurde nicht berührt, ohne daß darin etwa eine prinzipielle Vorentscheidung der Foundation zu sehen wäre. Der Präsident des ganzen Kongresses, Murphy, hat im Jahre darauf in Zusammenarbeit mit der Foundation das eingangs erwähnte Werk von Meyers, eine Parallele zu Mattiesen, herausgegeben. Auch die Zeitschriften der Foundation lassen die verschiedenen Hypothesen zu Wort kommen. In Deutschland hat sich seit dem zweiten Weltkrieg für die parapsychologische Forschung der Ordinarius für Psychologie an der Universität Freiburg i. Br., Prof. Hans Bender, die größten Verdienste erworben. Er gründete 1950 das „Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene", und man möchte nur wünschen, es würde auch staatlicherseits jene Förderung erfahren, wie Holland sie der diesbezüglichen Forschimg zukommen läßt. In Hamburg hat in der Nachkriegszeit Prof. Anschütz die „Freie Forschungsgesellschaft für Psychologie und Grenzgebiete des Wissens" gegründet, die sich ebenfalls der Parapsychologie widmet, in Haimover hat die „Gesellschaft für metaphysische Forschung" ihren Sitz. — Da die Katholiken der Parapsychologie gegenüber ihre ganz spezifischen Probleme dem Dogma und der kirchlichen Disziplin gegenüber haben, wurde im Zusammenhang mit der Zeitschrift „Verborgene Welt" eine „Internationale Gesellschaft katholischer Parapsychologen" unter dem Ehrenvorsitz von Gabriel Marcel von der Académie Française und dem Präsidium des Unterzeichneten wenigstens
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in die Wege geleitet6). Diese lose Bekenntnisgemeinschaft umfaßt etwa 200 Mitglieder und etwa 50 wissenschaftliche Mitarbeiter. Während die Westschweiz seit 1892 die „Société d'études psychiques de Genève" mit einem ziemlich reichen Schrifttum hat, haben die nüchternen Deutschschweizer wohl als letztes aller Länder westlich des eisernen Vorhangs erst 1952 die „Schweizerische Parapsychologische Gesellschaft" gegründet. Der Hinweis auf die wichtigsten Gesellschaften und Zentren fur die parapsychologische Forschung würde erst richtig abgerundet, wenn man alle Zeitschriften, die im Dienste dieser Forschimg stehen, und von denen die größeren Länder vor dem zweiten Weltkrieg acht, zehn und mehr aufwiesen, mitberücksichtigte, sowie die riesige Literatur, die von Kennern auf wenigstens hunderttausend große und kleine Werke geschätzt wird. Zeitschriften and Bücher veranschaulichen, daß seit dem zweiten Weltkrieg jene Impulse, die von Rhine und seiner quantitativen Methode ausgingen, wohl neue Aspekte und Wege der Forschung zeigen. Im Zusammenhang mit den dadurch neu unterbauten Tatsachen über Hellsehen und Telepathie zeigt sich die relative Unabhängigkeit der Tiefenschichten von Psyche und Kosmos von Raum und Zeit immer mehr als ein ganz zentrales Problem, wie in vielen anderen Zweigen der Wissenschaft. Ebenso klar zeigt sich aber, daß die alte Frage, ob die Parapsychologie etwas über das persönliche Überleben nach dem Tode aussagen könne, so aktuell ist, wie nur je. Tyrell, der nach jahrzehntelanger Mitarbeit 1945 Präsident der englischen Society for Psychical Research war, schrieb 1947 die vielleicht beste kurze englische Zusammenfassung über die Parapsychologie und sagt darin: „Die Phänomene der psychischen Untersuchung spitzen sich energisch zu in der Richtung: Mitteilungen der Verstorbenen"7). Zu einem ähnlichen Urteil kommt das vielleicht beste französische Kompendium der Parapsychologie, von André Dumas8),und das entsprechende in deutscher Sprache,von Peter Ringger9). Man könnte hundert Namen hier anfügen von Naturwissenschaftlern, Medizinern, Philosophen, Theologen verschiedener Bekenntnisse, die, oft nach langem Sträuben, im Wesentlichen zu den Auffassungen wie •) Die Geschäftsstelle ist beim Inhaber der Zeitschrift „Verborgene Welt", Josef Kral, in Schondorf bei München. ') Tyrell: The Personality of Man. "1948 (S. 205). 8) André Dumas: La Science de l'ftme. Edition Ocia. 1947. *) Peter Ringger: Das Weltbild der Parapsychologie. Waltrr-Verlag, Ölten und Freiburg, 1959. Uittieiii,
D u pmflnlifhf Überleben
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Mattiesen gekommen sind. Trotzdem soll nicht der Eindruck erweckt werden, die Parapsychologie habe sich überhaupt zu einer einheitlichen Auffassung durchgerungen. Es gilt weiterhin, auf die Gesichtspunkte und Argumente der Animisten, die Spukphänomene und Sitzungsphänomene, soweit sie sie als Tatsachen annehmen, mit der Tiefenseele eines Menschen glauben erklären zu können, gut hinzuhorchen. Auch die Tradition aller Zeiten und Völker, besonders die christliche Tradition, die mit einem eventuellen Hereinwirken dämonischer Kräfte rechnet, kann wohl nicht mit einer Handbewegung einfach abgetan werden. Die Zukunft wird vielleicht mehr und mehr das geheimnisvolle In-eins transzendenter Kräfte mit den subjektiven Elementen des Seelengrundes herausarbeiten. Für viele Menschen aber geht es zunächst gar nicht um eine Angelegenheit der Theorie und Wissenschaft, sondern um ihr ganz konkretes, existenzielles Problem, ob für sie selber und ihre ihnen nahestehenden Menschen mit dem Tode denn alles aus sei oder nicht. Diese vor allem mögen, da es um ein so zentrales Lebensproblem geht, die Mühe nicht scheuen, sich einem so gründlichen Eingeweihten in die moderne Forschung anzuvertrauen, wie es Mattiesen ist. Über das im Titel genannte engere Problem hinaus ist für die ganze Weltschau bei ihm viel zu gewinnen. Gebhard Frei
Ihr, die mir vorausgegangen
Ich zweifle nicht an mierer Fortdauer. Jede Entelecbie ist ein Stück Ewigkeit, und die paar Jahre, die sie mit dem irdischen Körper verbunden ist, machen sie nicht alt. Goethe zu Eckermann. Die persönliche Fortdauer steht keineswegs mit den vieljährigen Beobachtungen, die ich Uber die BeschaJfenheit unserer und aller Wesen in der Natur angestellt, im Widerspruch ; im Gegenteil, sie geht sogar aus denselben mit neuer Beweiskraft hervor. Goethe zu Falk.
VORWORT zur Ausgabe 1936 Wie in jeder werdenden Wissenschaft, so stehen auch in der Metapsychologie — der Erforschung 'übernonnaler' Leistungen und Erlebnisse — gewisse Tatsachen und Begriffe, die unter Sachkennern unbestritten sind, neben andern, über die ein Streit der Meinungen noch zulässig erscheint, die sich also zwischen den übersehbaren Bereich der feststehenden und den unübersehbaren der erst geahnten und erhofften Erkenntnisse als die lebendige Wachstumsschicht dieser Wissenschaft einschieben. In >hr aber bedeutet gegenwärtig die Frage des persönlichen Oberlebens das weitaus wichtigste Problem. Zugleich eins der ältesten und erregendsten. Von den Anfängen ernstlicher Erforschung des 'Übernormalen' an bis auf diesen Tag ist der Streit der ' A n i m i s t e n ' und ' S p i r i t i s t e n ' nicht zur Schlichtung gelangt; — wobei wir als Animisten, wie üblich, diejenigen bezeichnen, die a l l e metapsychischen Vorgänge auf besondere Kräfte L e b e n d e r oder auf ü b e r - bezw. u n p e r s ö n l i c h e Tatsachen quasi-psychischer Art zurückführen, als Spiritisten aber die Verfechter der Ansicht, daß gewisse metapsychische Vorgänge nur durch die Beteiligung p e r s ö n l i c h fortlebender A b g e s c h i e d e n e r erklärt werden können. Ein Grund für die endlose Fortspinnung dieses Streites ist fraglos darin zu finden, daß die Gegner der spiritistischen Lehre die Auseinandersetzung beständig willkürlichen und unberechtigten Einschränkungen unterwerfen: entweder sie ergehen sich in leidlich a b s t r a k t e n Erwägungen in bloß ungefährer Anknüpfung an Tatsachen der Beobachtung, 1 oder sie begnügen sich mit der Erörterung gewisser e i n z e l n e r Beweismittel;2 während eine überzeugende Behandlung des spiritistischen Problems nur möglich ist bei entschlossenem Eindringen in l e t z t e E i n z e l h e i t e n von Tatsachen und bei zusammenschaue n d e r Berücksichtigung aller auf e i n e n Punkt zustrebender Beweis1) So z.B. Saltmarah In einem vielbeachteten Aufsatz (Pr XL 105ff.). Prof. Doddi in Pr XLII 147 ff.
2) So z.B.
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verfahren. Ich will diese Behauptung hier nicht zu beweisen suchen: nur das ganze Buch kann von ihrer Berechtigung überzeugen. Bei dieser Sachlage habe ich es für ein lohnendes Unternehmen gehalten, die gesamte spiritistische Beweisführung, wie ich sie zu sehen glaube, in übersichtlicher Zusammenfassung darzustellen. Es ist jetzt 46 Jahre her, seitdem A. N. Aksakow im Streit mit E. v. Hartmann sich dieser Aufgabe unterzog, und mehr als 30 Jahre, seitdem in ihrem Dienste Frederic Myers den Riesenbau seiner metapsychologischen Synthese errichtete. Vor und gleichzeitig mit beiden — auch, wie mir scheint, nicht ohne befruchtenden Einfluß auf Myers — trug Carl du Prel die etwas buntgewürfelten Massen seiner Tatsachen zusammen und ordnete sie in ein System, dessen gedankliche Anregungen noch lange nicht genügend ausgeschöpft sind. Ihnen allen ist inzwischen der unermüdliche und scharfsinnige, in der Tatsachenkenntnis kaum zu übertreffende Ernesto Bozzano an die Seite getreten, der in zahlreichen Abhandlungen unser Problem von ebenso vielen Seiten her in Angriff nimmt und doch stets die inneren Zusammenhänge im Auge behält. Immerhin steht eine alles umgreifende Darstellung der spiritistischen Beweismittel auf Grund der seit Myers' Tode stark vermehrten Beobachtungen noch aus, und namentlich dem deutschen Leser gegenüber muß ein Ersatz für Aksakows unausbleiblich veraltetes Werk als dringendes Bedürfnis erscheinen. Es versteht sich von selbst, daß ein solches Unternehmen, angesichts der umfangreichen Arbeit, die schon auf unser Problem verwandt worden ist, in vielem von vornherein auf Neuheit der Gedanken verzichtet. Gleichwohl darf ich sagen, daß meine Darstellung sich sehr wesentlich über eine bloße Zusammenfassung erhebt. Nicht nur den inneren und äußeren Aufbau der weitverzweigten Argumentation und die planmäßige Auswahl und Zergliederung der Tatsachen darf ich als mein Eigentum bezeichnen, sondern auch die Ausarbeitung einzelner Beweisführungen weit über das von Vorgängern Geleistete hinaus, sowie die Einfügimg mancher bisher noch gar nicht oder nur ungenügend ausgewerteter Beobachtungen, die vielfach erst durch den Ort ihrer Einfügung in die richtige Beleuchtung rücken. Namentlich in der Herausarbeitung von Hinweisen auf den 'persönlichen' Sinn und damit die eigentliche aktive Quelle anscheinend spiritistischer — 'spiritoider' — Vorgänge; in der Erörterung der Begriffe zur Deutung aller Arten von 'Phantomen', nebst der logischen Verwertung der tierischen Phanto-
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matik;1 in der Durchforschung aller Tatsachen, die eine echte Mehrheit persönlicher Teilnehmer am Transgeschehen beweisen, einschließlich der mannigfachen Arten von 'Entsprechungen' zwischen mehreren Medien und der 'technischen' Unterscheidung der einzelnen Teilnehmer; in der Aufstellung einer allgemeinen Theorie der Transvorgänge, welche das darin beobachtete Gemisch animistischer und spiritistischer Bestandteile rechtfertigt und damit diese gegen mögliche Einwände sichert; endlich in der ausgiebigen Belegung und theoretischen Auswertung des überragend wichtigen Tatbestands der 'Exkursion' — in allem diesem glaube ich die spiritistische Beweisführung wesentlich gefördert zu haben, der ich überdies am Schluß des VI. Abschnitts einen ihrer schönsten Einzelfälle zuführe. Soweit diese persönlichen Beiträge zu unsrer Frage schon in Form von Zeitschriftenaufsätzen veröffentlicht vorlagen, wurden sie hier durchweg einer gründlichen Überarbeitung unterzogen, gekürzt oder erweitert, und somit in das Buch mehr eingeschmolzen als übernommen. Einige Worte über gewisse Voraussetzungen meiner Darstellung kann ich hier nicht umgehn. — Die logische Lage, in die sich der argumentierende Spiritist versetzt findet, ist eine seltsame. Die Frage nach dem Überleben ist seit unvordenklichen Zeiten von der gesamten Menschheit bejaht worden, und zwar nicht auf Grund von 'Überlegungen' irgendwelcher Art, vielmehr im Sinn des unmittelbaren Ausdrucks von Beobachtungen. Unsre Völkerpsychologen haben einigen Scharfsinn darauf verwendet, den Glauben an ein Fortleben auf Fehlschlüsse aus an sich bedeutungslosen Erfahrungen zurückzuführen: der Spiegelung des Menschen im Wasser, der Wahrnehmung seines Schattens, der scheinbaren Begegnung mit Abgeschiedenen im Traum, usw. Die so denken, sehen den Wald vor Bäumen nicht. Ruht doch vielmehr der Glaube an 'Geister' zu allen Zeiten und auf allen Kulturstufen auf genau den gleichen Gründen, wie der 'Glaube' an das Dasein der lebenden Mitmenschen: nämlich auf dem unmittelbaren Umgang mit ihnen vermittelst der Sinne. Eben darum ist für den unbefangen Urteilenden das Fortleben nach dem Tode, durchaus nicht ein Troblem'. Dazu wurde es erst, nachdem gewisse übereilte Urteile wissenschaftlicher Aufklärung die restlose Bindung seelisch-persönlichen Erlebens an einen stofflichen Leib zum Glaubenssatz erhoben hatten. Erst dieses Dogma hat der spiritistischen Annahme eine Beweislast auf1) Die a u s f ü h r l i c h e Fassung dieser Argumentation gänzenden Verolltittlichung vorbehalten.
(vgl. i K a y . 11) bleibt einer er-
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gebürdet, von der sie sonst völlig frei gewesen wäre. Denn nachdem die Bestreitung des Fortlebens durch die Wissenschaft — der die gesamte 'höhere Bildung' natürlich folgte — nicht länger sich damit begnügen konnte, die fraglichen Tatsachen überhaupt nicht zu,sehen, verlegte sie sich auf die verwickelte Ausnutzung eines ganzen Gewebes von Begriffen, mit denen sie hoffte, die nächstliegende Deutung spiritoider Vorgänge umgehen zu können. Diese Begriffe greifen heute, unter dem Zwange gesicherter Beobachtungen, weit über die Grenzen der 'rechtgläubigen' Psychologie hinaus, und da sie jedenfalls das M i n d e s t m a ß dessen darstellen, womit man den Kampf gegen die spiritistische Lehre auch nur v e r s u c h e n kann, so habe ich selbstverständlich ganz davon abgesehn, die Tatsachen erst zu erhärten, auf die sich jene Begriffe berufen. Das heißt: ich setze alles an übernormalen Fähigkeiten und Vorgängen als bewiesen voraus, was der animistische Gegner ins Feld führt, um den spiritistischen Anschein von Beobachtungen zu zerstören. Daß es heute noch Viele gibt, die selbst von jenen übernormalen Tatsachen nichts wissen oder nichts 'wissen wollen', diese bedauerliche und beschämende Tatsache bleibt hier natürlich gänzlich außer Betracht Kein Vernünftiger, der etwas Wesentliches zu sagen hat, kümmert sich dabei um Unbelehrbare. Unsre Arbeit liegt in der Gegend vorgeschobener Posten der Forschung. Dies entbindet uns von jeder Rücksicht auf diejenigen, die ihrer ganzen Denkart nach in die wissenschaftliche 'Etappe' gehören, wo zwar die Sicherheit größer, die Fruchtbarkeit des Erkennens aber um so geringer ist. Über die Grundsätze, die ich bei der Auswahl der mitzuteilenden Tatsachen sowie in der Art ihrer Darbietung befolge, muß ich gleichfalls noch Klarheit schaffen. Es ist ja sattsam bekannt, worin die Hauptschwierigkeit für den besteht, der mit Erörterungen metapsychischer Dinge an die Öffentlichkeit tritt Je unwissender seine Leser oder Hörer sind, desto eilfertiger bezweifeln sie die Tatsachen, auf die er sich stützt, und entziehn damit seinen Überlegungen die Grundlage. Nichts ist 'kritisch genügend gesichert'. Überall wittert man Tehlerquellen', wenn nicht gar 'Betrug'. Von vornherein gewillt, alles zu bestreiten, nimmt man jeden einzelnen Bericht gesondert vor und unterwirft ihn einem Kreuzverhör, wie einen Schwerverbrecher, dessen Unglaubwürdigkeit ohnehin feststeht. Ein augenblickliches Stocken, eine einzige Lücke in den geforderten Aussagen — und das Opfer ist erledigt.
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Da ich hier natürlich nicht eine ausgeführte Logik der Metapsychologie liefern kann, begnüge ich mich mit wenigen Sätzen, die den Standpunkt des Buches in diesen Fragen der 'Methode' andeuten. — Zunächst muß ich betonen, daß gerade die spiritistische Beweisführung auf weite Strecken hin mit einem Tatsachenstoff arbeitet, dessen Sicherungen von denjenigen keiner andern Wissenschaft überboten werden. Ich meine die von der heutigen Medienforschung so massenhaft experimentell erzielten 'automatischen' und Transschriften, bzw. Stenogramme von Transreden, wie sie zur Grundlage vieler Kapitel auch dieses Buches dienen. Dies sind Texte, 'authentischer' und fehlerfreier als die meisten, mit denen die beste Philologie sich abgibt, und nur die Ausfindigmachung ihres letzten Ursprungs bleibt Gegenstand der Erwägung. — Nicht ganz so günstig sind wir gestellt, wo unser Stoff aus 'spöntan' auftretenden, nur gleichsam im Fluge zu beobachtenden und nur aus der Erinnerung zu beschreibenden Vorgängen besteht Hier treten natürlich die mannigfachen Fehlerquellen ins Spiel, welche die Psychologie des Zeugnisses uns kennen gelehrt hat, und darum werde ich bei der Darbietung von Berichten dieser Art vielfach auf Umstände aufmerksam machen, die ihre Glaublichkeit im einzelnen verringern oder erhöhen. Aber auch hier muß man sich vor übereilten Verallgemeinerungen hüten. Es ist durchaus nicht wahr, daß alle Berichte über 'Spontanphänomene' unter den entwertenden Bedingungen der Überraschung, der Erregung, der nachträglichen Erinnerungsfälschung infolge eines 'Glaubens' u. dgl. m. Zustandekommen. Wir werden z.B. Spukfällen begegnen, die nach gründlicher 'Gewöhnung' der gebildeten und ungläubigen Hausgenossen mit durchdachter Sorgfalt und Gelassenheit beobachtet und fortlaufend in gleichzeitigen Aufzeichnungen beschrieben wurden. Auch solche 'starke' Fälle aber enthalten schon a l l e s , was die der Bemäkelung offenliegenden dem Zweifler verdächtig macht. Sie gehören zu den außerordentlichsten ihrer Art und genügen bereits, die G a t t u n g in etilen wichtigen Einzelheiten festzulegen. Diese starken Fälle geben uns daher die Berechtigung, auch wesentlich ähnliche, aber an sich minder bündig gesicherte Beobachtungen zu berücksichtigen, teils um den Eindruck der großen Verbreitung des Typs zu verstärken, teils um gewisse Einzelzüge ins Licht zu heben, deren erinnerungsfälschende Einfügung unwahrscheinlich ist, während ihre theoretische Fruchtbarkeit bedeutend sein mag. 1 1) Ich bitte nicht zu vergessen, daß hier und im folgenden Immer von sog. Spontanphänomenen die Rede ist (Fernerscheinungen, Ich-Austritten, Spuken, Todesanmeldungen
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In der Tat wird man bei genauem Zusehn, zumal beim Rückgriff auf die angeführten Quellen finden, daß das ganze Buch durchzogen ist von einem festen Gerüst unangreifbarer Tatsachen, das für sich schon genügen würde, die Ergebnisse der Untersuchung zu tragen. Die meisten dieser Tatsachen stammen überdies aus den Veröffentlichungen der englischen 'Gesellschaft für psychische Forschung' oder ihrer amerikanischen Tochtergesellschaften, und der Fachmann weiß, welche strenge Aussiebung damit gewährleistet ist.1 Wer also hier oder da Berichte zu entdecken meint, die seinem kritischen Scharfblick nicht völlig standhalten, darf dennoch nicht hoffen, den Ergebnissen des Buches damit wesentlichen Abbruch zu tun. Nicht ehe er soz. alle vorgelegten Tatsachen zur Strecke gebracht hat, könnte er sich am Ziele wähnen. Aber auf dem Wege dahin würde ihm bald genug die Aussichtslosigkeit, ja Lächerlichkeit seines Unterfangens aufgehn. Er gliche einem Kinde, das einige sich füllende Wasserlöcher auszuschöpfen sucht, während unaufhaltsam die Flut heransteigt. Seien Vir doch ehrlich, ehe wir uns in eine kleinliche Buchführung über gute, mäßige und schwache Talle' verlieren. Es ist ja gar nicht an dem, daß Gewißheit auf unsrem Gebiet (wenn der Ausdruck erlaubt ist) nur aus kritischer 'Durchschnüffelung' von Einzelberichten entspringt Sie entspringt ebenso gut aus dem allmählichen 'Hineinwachsen' in das ganze Gebiet durch jahrelange Beschäftigung mit den unabsehbar gehäuften Zeugnissen. Der Zweifler mag einwerfen: eben diese Beschäftigung stumpfe den 'kritischen Sinn' ab, indem sie an das Unglaubhafte gewöhne und schließlich selbst das Unsinnigste glaublich objektiver Natur u.a.m.). nicht aber von den 'experimentellen' Untersuchungen an sog. physikalischen und Materialisations-Medien, bei denen die Frage des Betrugs und der sehr schwierigen Sicherung dagegen eine vordringliche Rolle spielt. Von diesen wird im vorliegenden Buche noch gar nicht gehandelt. 1) Zur Aufklärung des Unbelesenen sei folgendes bemerkt: Die Society for Psychlcal Research (S. P. R.) wurde i. J . 1882 von Prof. Will. Barrett, F. R. S. (Physiker der Dubliner Universität), Prof. Henry Sidgwick (Philosoph der Cambridger), dem Zoologen J . Romanes, FRS, u. a. gegründet. Unter den Ehrenpräsidenten der noch heute blühenden Gesellschaft findet man weitere bedeutende akademische Gelehrte, wie die Physiker Balfour Stewart, Sir William Crookes, SirOUver Lodge und Lord Raylelgh, sämtlich F . R . S . , d.i. Mitglieder der Kgl. Gesellschaft, also soz. der englischen 'Akademie der Wissenschaften'; ferner den Psychologen William James (Harvard Universität), die Philosophen H. Bergson (Paris) und F. C. S. Schiller (Oxford), den Physiologen Ch. Richet und den Astronomen C. Flammarion (Paris), den Biologen und Philosophen Hans Driesch und den Erstminister (und Philosophen!) Lord Balfour. Auch unter den Mitgliedern der Gesellschaft finden sich zahlreiche Gelehrte von europäischem Ruf, und ihre tätigsten Forscher, wie Gurney, Myers, Hodgson, Piddington, G. W. Balfour, Irving, Soal u. a. m. waren durchweg Männer von gründlicher wissenschaftlicher Ausbildung. Die 'Verhandlungen' ('Proceedings') der S . P . R . sind heute bis zum 44. Bande gediehen, ergänzt durch etwa drei Dutzend Bände des 'Journal*.
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erscheinen lasse. Ich erwidere ihm nur: er mache den Versuch; und frage sich, nachdem er Tausende von Zeugnissen möglichst unbefangen gelesen, woher die Sinnesänderung stammt, die er u n f e h l b a r in sich e n t d e c k e n wird. Sie stammt erstens und zutiefst aus der unwillkürlichen Erkenntnis n a t ü r l i c h - e i n h e i t l i c h e r T y p e n des Geschehens, die sich mit solcher Eintönigkeit von Bericht zu Bericht wiederholen, daß man sich schließlich zutraut, die Verdächtigkeit einer E i n z e l h e i t schon aus ihrem Abweichen vom Typ zu erkennen. Eben die durchgängige Einerleiheit der Aussagen aber ist es, was auch d e n e i n z e l n e n Zeugen entlastet. Erzählt mir jemand, dessen Zeugnis für mich nur wenig Gewicht besitzt, er habe in einem gewissen fernen Lande einen Baum mit blauen Blättern oder eine Hundeart mit zwei Schwänzen kennengelernt, so werde ich ihm keinen Glauben schenken. Treffe ich aber nach und nach Hunderte von Zeugen gleich geringen Gewichts, die alle in jenem Lande waren und unabhängig voneinander, mit dem Anschein guten Glaubens, aus eigener Beobachtung das Gleiche aussagen, so werde ich bald von den sonderbaren Tatsachen fest überzeugt sein. — Natürlich habe ich, im Rahmen eines bloßen Buches, auf diese Überzeugungskraft der H ä u f u n g fast ganz verzichten müssen, und der Hinweis auf weitere Fälle der jeweils besprochenen Art (in den Fußnoten) kann dies schwerlich ausgleichen; — wieviele Leser nützen denn solche Hinweise aus? Die wachsende Überzeugung dessen, der sich zweifelnd in die parapsychischen Tatsachen hineinliest, hat aber noch eine andre Quelle: nämlich die Entdeckung ihrer augenscheinlichen inneren Verknüpftheit unter einander: sie bilden einen natürlichen Zusammenhang, worin ein Teil das andre stützt und trägt Hierin erst recht liegt die Verurteilung jener Art von Kritik, die jede einzelne Beobachtung für sich zu zerreiben sucht. Nicht das 'logische Mikroskop' verschafft uns die letzte Gewißheit in metapsychischen Dingen, sondern gerade der Abstand, d.h. der zusammenschauende Blick echt wissenschaftlich gesinnten Denkens; denn alle wahre Forschung sucht zu verbinden und dadurch die Dinge aus der Sinnlosigkeit der Vereinzelung zu erlösen. — Was sodann die besondere Form der Darbietung des ausgewählten Stoffes betrifft, so wird sie durch darstellungstechnische Rücksichten bestimmt, d. h. letzten Endes durch die Rücksicht auf die Geduld und Fassungskraft des Lesers. Jeder Kenner unsres Schrifttums weiß, bis zu welchem Umfang die Darstellung und Beglaubigung eines einzigen me-
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tapsychischen Spontanerlebnisses anwachsen kann, wenn sie allen Ausflüchten des Zweiflers begegnen soll. Die Einfügung jedes Talles' im vollen Wortlaut des Hauptberichts und aller Nebenzeugnisse würde aber auch das Verfolgen eines geschlossenen Gedankenganges sehr erschweren. Ich werde mich daher zumeist auf a u s z u g s w e i s e Wiedergabe alles für den Zusammenhang Wesentlichen aus den Hauptberichten (nebst allgemeinen Angaben über ihre Glaublichkeit) beschränken, jedes wirklich überflüssige Wort beiseitelassend, jedes die richtige Deutung fördernde mit peinlichster Sorgfalt beibehaltend. Jedes Wort, das ich zum Ausgleich der Striche oder zur Verdeutlichung des Angeführten auf Grund meiner Kenntnis der g a n z e n Urkunde hinzufüge, werde ich durch [Einklammerung] als von mir stammend kennzeichnen. Daß ich in den zahlreichen Übersetzungen mich der größten Sinntreue befleißigt habe, brauche ich nicht erst zu betonen. Niemand kann mehr als ich selbst bedauern, daß meine Beweisführung überwiegend mit fremdländischen Urkunden arbeiten muß. Aber wer trägt die Schuld daran, daß Deutschland auf diesem Forschungsgebiet im Rückstand ist? daß bei uns die Forderungen an wissenschaftlich brauchbare Zeugnisse der Masse möglicher Beobachter noch beinah unbekannt sind? Hait diese unfruchtbare Ahnungslosigkeit nichts zu tun mit der entmutigenden Feindseligkeit, die unsre öffentliche Meinung, zumal die 'wissenschaftliche', Tatsachen entgegenbringt, die Schopenhauer 'unter allen Erfahrungstatsachen ohne Vergleich die wichtigsten' nannte? — Mit dieser unsrer Rückständigkeit hängt noch ein andres zusammen. Es versteht sich von selbst, daß ich mir für den Meinungsstreit im einzelnen überall den jeweils stärksten Gegner ausgesucht habe; auch hier aber steht ein Ausländer an der Spitze: Frank Podmore, und erst in zweiter Linie konnte ich Richard Baerwald, den ergiebigsten und scharfsinnigsten unter den deutschen Animisten, vor die Klinge nehmen. Ich bedaure lebhaft, daß in beiden Fällen der Streit gegen Verstorbene geht, also keiner Erwiderung mehr Fähige. Aber das durfte mich nicht zurückhalten; denn ihre Irrtümer leben fort und machen Schule. Mit Prof. Dessoirs weitverbreitetem Buch dagegen habe ich mich nur ganz vereinzelt befassen können: bei seiner Kürze und seltsamen Oberflächlichkeit in der Behandlung gerade unsrer Frage bot es mir fast gar keine Angriffspunkte. 1 1) Dr. F . Mosers 'Der Okkultismus' (2 Bde. 1935) lflOt 'die spiritistische Frage' ausdrücklich völlig beiseite t
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Die Quellen meiner Tatsachen findet der Leser durchweg angegeben. Mancher Titel des Literaturverzeichnisses darf das Kopfschütteln des Kenners erregen. Genaueres Zusehn wird ihn aber belehren, daß aus diesen im Ganzen nicht wissenschaftlich ernst zu nehmenden Schriften nur jeweils die besten Brocken angeführt sind, und auch diese fast durchweg bloß als 'Kollateralfälle' in den Fußnoten. Etwas Brauchbares findet ja doch der geduldig Suchende in jeder Rumpelkammer. Einige von den Beispielen, an denen sich meine Argumente fortspinnen, haben schon in andern Werken verwandter Richtung Dienst getan. Solche Wiederholung ist nicht wohl zu umgehn. Aus den gewaltigen Archiven des Übersinnlichen sind natürlich durch die Arbeit Vieler die 'besten Fälle', d. h. die stärkstbezeugten und lehrreichsten, allmählich ausgesiebt worden, und einem Buche, das unter andrem auch bisher Geleistetes zusammenfaßt, wird man nicht zumuten dürfen, die schärfsten Waffen am Wege liegen zu lassen, bloß weil sie schon einmal im Kampfe benutzt wurden. Der Wohlbelesene ist daher berechtigt, einzelne der angeführten Beispiele zu überspringen und nur ihre theoretische Erörterung zu beachten, für die natürlich stets ich selbst die Verantwortung trage. Ich habe durchweg versucht, so schlicht und klar wie möglich zu schreiben. Sollten trotzdem gewisse Kapitel (vor allem wohl des IV. Abschnitts) auch dem geduldigen Leser einige Mühe machen, so wird man, hoff ich, nicht bloß die Darstellung, sondern auch die Verwickeltheit der Tatsachen selbst dafür verantwortlich machen; daneben aber die Künstlichkeit der Ausflüchte, zu deren Widerlegung mich der G e g ner zwingt Das 'Ebnen der Wege' für den Fuß des Lesers hat seine natürlichen Grenzen, und schließlich ist eine große Wahrheit auch einige Anstrengung wert. E m i l Mattiesen
TERMINOLOGISCHE VORBEMERKUNGEN Fremdworte der Gelehrtensprache sind, soweit es mir möglich erschien, vermieden, eine geringe Anzahl dagegen bewußt und durchweg für gewisse Fachbegriffe verwendet worden. Diese werden jeweils bei ihrem ersten Auftreten erklärt, so daß ihre besondre Zusammenstellung unnötig ist. Nur folgendes sei noch zur Vorbereitung des nicht-gelehrten Lesers bemerkt. Mit dem herkömmlichen Ausdruck M e d i u m bezeichne ich zunächst eine Person mit 'übernormalen' Fähigkeiten Oberhaupt; insbesondere aber eine, an der sich die Frage entzündet, ob sie, wie es den Anschein hat, als 'Vermittler' zwischen unsrer Sinnenwelt und einer Welt unsichtbarer Wesen diene. A n g e n o m m e n eine solche, so läge sie offenbar nach ihrem Wesen oder 'Spannungspotential' so weit von der unsrigen ab, daß es in vielen Fällen eines lebendigen 'Transformators' bedürfte, um einen Verkehr zwischen beiden zu ermöglichen. Dieser Verkehr würde den Weg über das ' U n t e r b e w u ß t s e i n ' des Mediums nehmen müssen: jene durchaus noch rätselvolle seelische Gegend, in der die 'übernormalen Fähigkeiten' zu Hause sind, in der also auch nicht-sinnliche Einwirkungen von außerhalb der Persönlichkeit her 'angreifen'. Die Ä u ß e r u n g solcher Einwirkungen geschieht meist durch ' A u t o m a t i s m e n ' , also etwa 'automatisches' Sprechen, Schreiben, Bilderablaufen, Erzeugen von 'Klopflauten' oder Bewegungen von Gegenständen. Dabei darf das herkömmliche Wort 'automatisch' nicht dazu verführen, diese Äußerungen als 'maschinenmäßige' aufzufassen: sie sind nicht weniger sinnvoll, lebendig und personhaft als jedes bewußt-persönliche Tun; nur treten sie dem Wachbewußtsein wie Leistungen eines fremden, zweiten Ich entgegen und sind dem wachen Willen größtenteils entzogen. Bringt ein abnormer Seelenzustand, ein ' T r a n s ' , dieses 'zweite Ich' soz. an die Oberfläche, unter zeitweiliger Ausschaltung des normalen Wachbewußtseins, so erweist sich jenes meist als 'Persönlichkeit' besondrer Prägung: entweder als eine mehr gewohnte, für den Trans zunächst bezeichnende: der ' F ü h r e r ' des Mediums, seine ' H a u p t k o n t r o l l e ' (oder schlichtweg ' K o n t r o l l e ' ) , oder aber als das angebliche Ich einer dem Medium völlig fremden und ungewohnten Persönlichkeit: eines Verstorbenen. D i e s e Persönlichkeit bezeichnen wir als den K o m m u n i k a t o r . (Dessoirs vortreffliche Verdeutschung 'Mitteiler' habe ich noch nicht zu übernehmen gewagt.) Es ist eine unsrer Hauptaufgaben, zu bestimmen, ob dieser Kommunikator mit dem bezeichneten Abgeschiedenen wesentlich identisch ist, sich als eben dieser zu ' i d e n t i f i z i e r e n 9 vermag, oder ob er nur eine lebensähnliche P e r s o -
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Terminologische Vorbemerkungen
n a t i o n , d. i. personartige 'Bildung' innerhalb des unterbewußten Bereichs des Mediums darstellt. Führer, Kontrollen und Kommunikatoren insgesamt sind also seine T r a n s p e r s ö n l i c h k e i t e n , deren wahre Bedeutung es zu erforschen gilt. Alle diese Persönlichkeiten können durch den Mund des Mediums (automatisch) reden oder durch seine Hand schreiben; im letzteren Fall entweder in üblicher Weise mit dem Bleistift, oder durch (automatisches) Bewegen irgendeines 'Zeigers', eines rollenden oder gleitenden Brettchens u.dgl., auf einer Fläche, welche die Buchstaben des ABC in irgendwelcher Anordnung tragt ( P l a n c h e t t e , O u i j a , Psychograph u.a.m.), oder durch (automatisch erzeugte) Kippbewegungen oder Klopftöne eines Tischchens, deren Zahl die entsprechenden Buchstaben angibt und damit Worte und Sätze buchstabiert ('Tischsitzung'). In seltenen Fällen nimmt die Äußerung die Form der Erzeugung einer ' d i r e k t e n Stimme' an, also im Räume hörbarer Worte ohne Verwendung der normalen Sprechwerkzeuge des Mediums; ein vielfach bezweifelter und doch nicht abzuleugnender, noch völlig unerklärter Vorgang ('Stimmenmedium', 'Stimmensitzung'). Alle diese Mittel ermöglichen eine regelrechte Unterhaltung zwischen den Transpersönlichkeiten und dem ' S i t z e r ' , dem mit dem Medium experimentierenden Lebenden. Im Falle von ' s p o n t a n ' , also außerhalb jeder Sitzung auftretenden Erscheinungen oder P h a n t o m e n dagegen bezeichnen wir den beobachtenden Lebenden als den P e r z i p i e n t e n (den 'Wahrnehmer') und sprechen von k o l l e k t i v e n Erscheinungen, wenn m e h r e r e Perzipienten an der Beobachtung teilnehmen, von T e l e p h a n i e , wenn die Erscheinung einen entfernten Lebenden darstellt, von veridiken — Wahres kündenden — Erscheinungen, soweit diese, oder Einzelheiten an ihnen, mit einem 'wirklichen' Vorbilde übereinstimmen. Die Frage, ob die Erscheinung von dem Erscheinenden selbst als dem ' A g e n t e n ' (etwa einer telepathischen Einwirkung) erzeugt sei oder aber von einem Dritten, ob sie also eine A u t o p h a n i e oder eine H e t e r o p h a n i e (Selbst- oder Fremderscheinung) darstelle, ist, wie sich zeigen wird, eins der wichtigsten Probleme der Deutung von Erscheinungen. Endlich bezeichnen wir als 'para-' oder einfach als ' p h y s i k a l i s c h e P h ä n o m e n e ' (nach dem üblichen englischen Fachausdruck physical phenomena) alle objektiven Gehörs- oder Bewegungsvorgänge, die nicht auf normale Art erzeugt werden und häufig an das Auftreten eines Phantoms geknüpft sind.
INHALT Band I Seite
Einleitung. Das Argument aus den Voraussetzungen des Animismus
Erster Abschnitt- Argumente aus der Erscheinung Abgeschiedener 1. Das Argument aus der Unbekanntheit der Erscheinung . . . 2. Das Argument aus der aktiven Darbietung des Erscheinungsinhalts . . , . 3. Das Argument aus der zeitlichen Lagerung der Erscheinung . 4. Das Argument aus der Verabredung der Erscheinung . . . . 5. Das Argument aus der Datierung der Erscheinung 6. Das Argument aus der Anteilnahme am Sterben Hinterbliebener 7. Das Argument aus dem sinnvollen Ort der Erscheinung . . . 8. Das Argument aus dem ortsgemäßen Verhalten der Erscheinung 9. Das Argument aus dem Verhalten der Erscheinung Ortsanwesenden gegenüber 10. Das Argument aus der inneren Motivierung der Erscheinung . 11. Argumente aus der Objektivität der Erscheinung Zweiter Abschnitt Argumente aus dem Besitz persönlicher Fähigkeiten 1. Argumente aus Schreibfähigkeit und Handschrift 2. Das Argument aus künstlerischen Leistungen 3. Das Argument aus dem lebendigen Besitz von Fremdsprachen . Dritter Abschnitt. Argumente aus der Bekundung persönlicher Erinnerungen 1. Vorbereitende Tatsachenschau 2. Animistische Theorien der Personation und der Wissensbeschaffung . . . a. Die Personation b. Telepathistische Theorien c. Theorien des Gedankenlesens d. Theorien des Hellsehens (Kryptaesthesie) e. Obergang zu spiritistischen Argumenten 3. Das Argument aus der Selektivität der Kundgebungsinhalte . 4. Das Argument aus der aktiven Darbietung der Kundgebungsinhalte 5. Das Argument aus der Motivierung der Kundgebung
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E i n l e i t u n g
Das Argument aus den Voraussetzungen des Animismus Die Argumente zugunsten der Tatsache des persönlichen Überlebens — der 'spiritistischen These' — sind leidlich mannigfaltiger Art; der Anmarsch auf jene Wahrheit zu kann also auf verschiedenen Wegen angetreten werden. Wir werden sie alle nacheinander beschreiten, und ich hoffe, daß ihre Vielheit sich zuletzt als nicht nur planvoll angelegtes, sondern auch dem Gelände natürlich angepaßtes Straßennetz erweisen wird. Im Sinne solchen Aufbaus nun erscheint es mir notwendig, ein häufig vorgetragenes Argument an den Anfang zu stellen, das, wenn es bündig wäre, das Ergebnis vieler weiterer vorwegnehmen, uns also deren Mühen ersparen würde; ein Argument, das sich gerade auf die Voraussetzungen stützt, die dem Spiritisten und seinem gefährlichsten Gegner, dem vorgeschrittenen Animisten, gemeinsam sind; ein Argument also, das unsre 'These' unmittelbar aus den Tatsachen und Begriffen ableiten will, die der Gegner zu ihrer Widerlegung ins Feld führt. Ich habe schon angedeutet, und es leuchtet ohne weiteres ein: je mehr an übernormalen Fähigkeiten dem Menschen zugestanden wird, je weiter die Grenzen des Metapsychischen gesteckt werden, desto reicher ausgestattet ist die Rüstkammer der Waffen, mit denen eine spiritistische Deutung der Tatsachen, die sie zu fordern scheinen, bekämpft werden kann. Auch bin ich ja eben deshalb entschlossen, die Tatsächlichkeit übernormaler Leistungen im denkbar weitesten Umfang vorauszusetzen. Nur wer den stärksten Gegner schlägt, hat wirklich gesiegt. Eis ist nun, wie gesagt, und gerade von Meistern spiritistischer Beweisführung, seit längerem der Versuch gemacht worden, eben diese schärfsten Waffen unmittelbar gegen den Gegner zu kehren. Gerade die übernormalen Leistungsmöglichkeiten — so etwa lautet das Argument —, vermittelst welcher der Animist die anscheinend unvermeidbare spiritistische Deutung gewisser Tatsachen zu umgehen sucht, beM a t t i e s e n , Das persönliche Überleben
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Einleitung
weisen durch ihr bloßes Vorhandensein, daß der Mensch etwas in sich hat, was notwendigerweise den Tod überdauert. D i e Fähigkeiten etwa des räumlichen und zeitlichen Hellsehens, die der Animist ja vielfach in seinem theoretischen Kampf voraussetzen muß, sind fraglos nicht im Laufe der 'irdischen' Entwicklung des Menschen e n t s t a n d e n ; denn sie äußern sich nicht annähernd bei allen Menschen und dienen nicht ihrer Selbstbehauptung in der Sinnenwelt; ebenso wenig sind sie und ihr Wirken ableitbar aus dem vergänglichen fleischlichen Leibe, der d e n Menschen in seine irdische Umgebung einschaltet. Sie müssen also einer andern, nicht-sinnlichen Welt entstammen und angepaßt sein, und beweisen damit, daß der Mensch schon hinieden der heimliche Bürger einer übersinnlichen Welt ist, aus der er natürlich durch den Verfall seines Leibes nicht ausscheidet, deren Bewohner er vielmehr erst recht nach seinem Tode wird. 'Wer einem Fall von Fernsehen', schreibt d u P r e l , 'auch nur ein einziges Mal begegnet, ist logischerweise genötigt, einen Träger dieser Fähigkeit vorauszusetzen, und zwar einen vom leiblichen Menschen verschiedenen und unabhängigen Träger. Diesen kennen wir aber nicht; wir sind uns unsrer somnambulen [d. h. bei du Prel in diesem Zusammenhang: unsrcr Qbernormalen] Fähigkeiten nicht bewußt und können sie nicht willkürlich gebrauchen. Daraus folgt, daß unser [tagwaches!] Selbstbewußtsein sich nicht über unser ganzes Wesen erstreckt. Es steckt also in uns verborgen, unserem irdischen Selbstbewußtsein entzogen, ein Wesenskern, der eine durchaus andere Anpassung an die äußere Welt zeigt, als die leibliche. Er ist der Träger der okkulten Fähigkeiten. Wir sind also ein Doppelwesen, und die irdische Leiblichkeit samt dem leiblich bedingten Bewußtsein bildet nur die eine Seite unsrer Existenz. Damit lebt aber das Problem der Unsterblichkeit wieder auf, . . . [denn] der Tod beseitigt nur die irdische Form der Erscheinung; wenn wir aber Fähigkeiten besitzen, die nicht an der Leiblichkeit haften, so wird deren Träger vom Tode nicht betroffen... Hier wird es verständlich, in welchem Verhältnis der Somnambulismus [wir können wieder sagen: der Animismus, als die Lehre vom Ubernormalen im Menschen] zum Spiritismus steht. Der Somnambulismus läßt uns in uns selbst einen [Geist] entdecken, dessen Fortleben nach dem Tode uns gewiß erscheint.' 1 Man findet den gleichen oder eng verwandte Gedankengänge auch bei andern Führern des wissenschaftlichen Spiritismus, am häufigsten und schärfsten gefaßt wohl bei Ernesto B o z z a n o . 'Niemand', sagt er z. B. in seiner Streitschrift gegen den entschlossenen Animisten Sudre, 'hat je daran gedacht, das Vorkommen der animistischen [Eine Erklärung der Titel-Abkürzungen findet man am Ende des Buches.] 1) du Prel. Spir. 9 I.
Vgl. ders., Mon. Seel. 279 ff.; Ph. d. M. 429 IT.; Räts. 37. 66 ff.
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Tatsachen zu bestreiten. Aber diese stellen nur die eine Seite der Wahrheit dar, deren andre Seite die spiritistischen Phänomene bilden. Und die Gesamtheit dieser Phänomene leitet sich von einer einzigen Ursache her: 'dem menschlichen Geiste', der, wenn er als 'inkarnierter' handelt, die animistischen Phänomene, wenn er aber als 'diskarnierter' wirkt, die spiritistischen Phänomene erzeugt. Unter diesen Umständen ist es natürlich, daß man eine vollkommene Wesensübereinstimmung beider Gruppen von Phänomenen finden müsse.' 1 — Und an andrer Stelle zitiert er aus Frank P o d m o r e — bekanntlich fast zeitlebens der eingefleischteste aller Animisten — die folgenden schwerwiegenden Worte: 'Ob nun die Bedingungen des Jenseits es seinen Bewohnern gestatten oder nicht, zuzeiten mit den Lebenden in Verkehr zu treten, jedenfalls wäre diese Frage nur von untergeordneter Wichtigkeit, wenn wir auf Grund dem Geiste innewohnender Fähigkeiten beweisen könnten, daß das Leben der Seele nicht an das des Leibes gebunden ist. Wenn wirklich in Zuständen des Trans oder der Ekstase die Seele eine Kenntnis entfernter und verborgener Dinge erwirbt, die Zukunft voraussehn und in der Vergangenheit wie in einem offenen Buche lesen kann [lauter Fähigkeiten, mit denen, wie wir sehen werden, die Fortdeutung der spiritoiden Tatsachen heute unablässig rechnet], — dann kann man, da diese Fähigkeiten sicherlich nicht im Lauf der irdischen Entwicklung erworben sind, da die Umwelt ihrer Ausübung nur wenig Spielraum gewährt und ihr Auftauchen nicht rechtfertigt, — dann, sage ich, kann man offenbar mit Recht schließen, daß diese Fähigkeiten das Dasein einer Welt der höheren Anwendungsarten beweisen, und eine Entwicklung, die nicht durch unsre irdische Umwelt bedingt i s t . . . Man braucht vielleicht nicht zu bestreiten, daß falls die Wirklichkeit von Vorschau, Rückschau, Hellsehen und andrer transzendenter Fähigkeiten der Seele bewiesen werden könnte, die Unabhängigkeit der Seele vom Leibe gewiß wäre.' 2 Es ist zu verstehn, wenn Bozzano in diesen Worten des erbittertsten Gegners seiner eigenen Überzeugungen die Zugestehung des Satzes erblickte, daß d e r A n i m i s m u s d e n S p i r i t i s m u s b e w e i s e , 3 — vorausgesetzt natürlich, daß der Animismus selbst in dem Sinne bewiesen ist, in welchem Podmore ihn hier fassen müßte: nämlich als weitester Inbegriff übernormaler seelischer Fähigkeiten, die aus physikalischphysiologischen Vorgängen n i c h t abzuleiten sind; eine Ableitung, die Podmore für die T e l e p a t h i e ja annahm, die e i n z i g e m e t a p s y c h i s c h e F ä h i g k e i t , d i e e r z u g e s t a n d , — vielleicht eben deshalb a l l e i n zugestand, weil er s i e in sein vorgefaßtes Weltbild glaubte einordnen zu können. — D i e neuere Entwicklung hat bewiesen (und dies Buch wird auch den Leser davon überzeugen), daß die Widerlegung des Spiritismus ohne die Zugestehung a l l e r von Podmore auf1) Bozzano, A prop. 211 f. Vgl. ders., CryptesthAsie et Survivance In R S Nov. 1925 it. 2) Podmore, Spir. U 359. Vgl. ders., Nat. 332. 3) A prop. 40. 1*
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Einleitung
geführten 'transzendentalen psycho-sensoriellen Fähigkeiten' garnicht erst v e r s u c h t werden kann; man möchte also sagen, daß — in einer Art ahnungsloser Voraussagung — der stärkste Gegner des Spiritismus diesem sein allgemeinstes und kürzestes Argument im voraus zum Geschenk gemacht habe; ein Argument, das Bozzano bis zur Formel gesteigert hat: 'daß als wissenschaftlicher Beweis für das Dasein und Uberleben der Seele der Animismus sogar noch wichtiger und entscheidender sei, als der Spiritismus.' 1 Wenn nur dies Argument die Durchschlagskraft wirklich besäße, die seine Vertreter ihm zuschreiben! — Ich halte zwar den Gedanken der innersten Verwandtschaft von Animismus und Spiritismus und insofern auch einer Stützung des letzteren durch jenen für wichtig und fruchtbar, und die nachfolgenden Untersuchungen werden dem Leser den genauen Sinn dieser Aussage eindeutig klarmachen. Ich werde auch selbst, und zwar am E n d e unsres langen Weges, auf eine ganz bestimmte, fraglos 'animistische', also den Lebenden zugehörige übernormale Erfahrung eingehn, die in der Tat nach meiner Überzeugung einen unmittelbaren Beweis des Spiritismus in sich birgt. Gleichwohl glaube ich nicht, daß unser Argument in d e r F o r m , in der es eigentlich immer vorgebracht wird, als bündig bezeichnet werden kann. In dieser Form stützt es sich, wie wir sahen, auf den bedingten Besitz des Menschen an übernormalen E r k e n n t n i s f ä h i g k e i t e n . Aber schon bei der Voraussetzung unsres Arguments: daß diese Fähigkeiten weder der Sinnenwelt angepaßt seien noch dem Gehirn entsprängen, kann der Zweifel ansetzen. In ersterer Hinsicht mag man geltend machen, daß diese Fähigkeiten übernormalen Erkennens sich doch durchweg mit Dingen und Vorgängen der Sinnenwelt befassen. Das Vergangene und Künftige, das Verborgene und Entfernte sind zwar den gewöhnlichen Wahrnehmungsmitteln nicht zugänglich, aber sie sind doch durchaus von der A r t , mit der auch diese zu tun haben. Jene Fähigkeiten wären insofern nur als E r w e i t e r u n g der n o r m a l e n E r k e n n t n i s a r t e n zu fassen — sucht Richet sie nicht insgesamt unter den Begriff der 'Kryptaesthesie', als des 'sechsten S i n n e s ' , zu bringen? —, und wie diese würde auch ihre Erweiterung durchaus den Zwecken i r d i s c h e n Lebens dienen. Ist nicht jeder Besitzer des 'sechsten Sinnes' im Vorteil vor seinen Mitmenschen, von den Berufs-'Schamanen' der Naturvölker bis zu den Kriminalhellsehern unsrer Großstädte? 1) ebd. 39. — Verwandte Gedankengänge s. Aksakow 626 f. 641 f.; Myers I 16 (§ 114). 487 1. I I 274; Barrett in ASP 1904 382; Mrs. Sidgwick in Pr X X I X 247; Geley, Essai 58 f . ; Hudson 251 ; Buchner in R B 1925 43.
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Aber auch die gänzliche Unabhängigkeit der übernormalen Erkenntnisfähigkeiten vom Gehirn müßte natürlich über allem Zweifel feststehn, ehe sie den Zwecken unsres Argumentes dienen könnte. Die Bezweiflung jener Unabhängigkeit nimmt nun meist die Form an, daß man alle Betätigungsformen übernormalen Erkennens auf eine einzige, nämlich auf Telepathie zurückführt, diese dann aber auf physiologisch-physikalische Vorgänge. Podmore, wie schon erwähnt, beschritt diesen Weg, und in Deutschland ist Baerwald mit größter Findigkeit im Einzelnen seinen Spuren gefolgt. Ich glaube allerdings, daß a l l e diese Rückführungen vergebliche Versuche bleiben müssen. Über die Aussichten einer solchen Flucht-in-die-Telepathie werde ich mich noch mehrfach zu äußern haben: wer sich darüber ganz außerhalb aller spiritistischen Fragestellung klar werden will, betrachte etwa Baerwalds qualenreiche Winkelzüge in jenen Kapiteln seines Werkes über 'Die intellektuellen Phänomene' (des Okkultismus), die sich die Wegdeutung der von ihm angeführten Hellseh- und Vorschau-Leistungen zur Aufgabe machen. 1 Doch brauche ich hier auf sie nicht einzugehn, da ich das Argument, dem sie im günstigsten Falle Abbrach tun könnten, ja garnicht zu vertreten gedenke. Wird aber das Alleinrecht der Telepathie hinfällig, so verflüchtigt sich auch die Wichtigkeit, die ihrer physikalischen Deutung allenfalls zukommen könnte, — s o l a n g e man n i c h t a u c h H e l l s e h n in Raum und Z e i t für ' p h y s i k a l i s c h ' e r k l ä r b a r hält. Daß Telepathie durch physikalische Begriffe n i c h t deutbar sei, haben unabhängig Tischner und ich zu beweisen gesucht.2 Es versteht sich von selbst, daß Baerwald gegen diese Beweise Sturm läuft; 3 würden sie ihn doch seines einzigen und letzten Auskunftmittels berauben. Glücklicherweise kann aber auch dieser weitläufige Meinungsstreit hier außer acht bleiben, und zwar aus mehr Gründen als den eben angedeuteten. Die 'Hirnbezogenheit' — um es kurz so zu nennen — aller Arten übernormalen Erkennens kann nämlich noch mit ganz andern Begriffen verfochten werden, die sich vor der naiven Schwingungstheorie jedenfalls durch größere Tiefe und Weite der Schau hervortun. Dieser Versuch gründet sich auf die der R e l a t i v i t ä t s t h e o r i e entsprungene Auffassung der Z e i t als v i e r t e D i m e n s i o n des Raums, oder — besser gesagt — der Welt als eines v i e r d i m e n s i o n a l e n K o n t i n u u m s , von dem der Mensch im normalen Bewußtseinszustande drei Dimensionen als Raum erfaßt, die vierte aber als Zeit. Die wahre Welt, im Gegensatz zur erschei1) S. 207 fl. 271 IT. 2 ) Tischner, Tel. 99 fl.; Mattiesen 370 ff. Vgl. Barnard 154. 169; Mrs. Sidgwick: Pr X X I X 247; Prof. Barrett- X X X 257 Í.; Lord Rayleigh das. 288. 3 ) Baerwald, Phän. 97 fl.
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nenden, wäre also als vierdimensionales, zeitlos 'statisches' System zu denken, worin alles 'Geschehen', jeder Zustand des Seins, 'auf ewig' irgendwo feststehend gegeben ist, während nur ein winziger Teil davon unsere 'gegenwärtige' räumliche Welt ausmacht. Die Vorstellung der Bewegung wäre somit zu ersetzen durch die einer vierdimensionalen Gestalt. Unser Begriff der wahren vierdimensionalen Welt schließt also das Dasein einer möglicherweise unendlichen Zahl gewöhnlicher dreidimensionaler Welten in sich, die irgendwo in geordneter Reihenfolge liegen, vielleicht parallel der unsrigen, vielleicht auch diese in einer oder vielen Ebenen schneidend,' gleichwie eine unendliche Anzahl 'ebener' Welten parallel zu einer zweidimensionalen Welt gelagert wäre, oder aber diese in einer oder in vielen Linien schnitte. Unser 'Leben in der Zeit' wäre demnach identisch mit dem 'sukzessiven' Bewußtwerden einer dieser parallel gelagerten Welten nach der andern, würde uns aber erscheinen als ein Leben in einer einzigen stofflichen Welt, die sich beständig in regelmäßiger Art und Weise veränderte; wobei der Gebrauch von zeit-anzeigenden Worten (wie im Obigen 'sukzessive', 'nach' und 'verändern') natürlich in einem 'neuen Sinn' zu verstehen wäre I1 Die Frage der metaphysischen Richtigkeit solcher Gedanken mag hier auf sich beruhen. Ich selber glaube sie durchaus verneinen zu dürfen; denn jene Gedanken deuten weder die Tatsache des nicht umkehrbaren Richtungssinnes der Zeit (vor allem im Bereich der organischen und seelischen Lebensvorgänge) noch die der Einzigartigkeit der 'Gegenwart', des 'Jetzt'. Der berühmte Minkowskische Gedanke scheint mir daher nur die Bedeutung einer gut brauchbaren Rechnungsart zu haben.2 Doch mag er hier, dieweil der Streit der Meinungen noch dauert, unter Vorbehalt zugestanden werden. In diesem eingeschränkten Sinne also will ich auf die naheliegende Nutzanwendung hinweisen, die sich daraus für die Theorie der übernormalen Erkenntnisleistungen ergibt, und dabei gleich die anscheinend schwerstverständliche Gattung derselben als Beispiel wählen. Um eine Vorschauleistung zu erklären, brauchen wir nur anzunehmen, daß der Seher, anstatt des 'unmittelbar folgenden' Augenblicks bewußt zu werden (d. h. des in unmittelbarer 'Nähe' der Welt des vorausgegangenen Augenblicks 'gelegenen'), vielmehr einen Ausschnitt aus einer 'weiter abgelegenen' Welt erblickt; wie wir als dreidimensionale Wesen doch beständig Dinge 'erblicken', die ein zweidimensionales Wesen, ein 'Wesen der Ebene' nur unter Zuhilfenahme von 'Zeit' zwecks Aufwärts1) Baraard 184 ff. Vgl. Dr. Carl in PS 1924 201 « . , bes. 219; Seifert in P S L 125; Lord Rayleigh in Pr X X X 289. 2) Vgl. Born 220 f. und Bavink 135 f. 261 f.
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bewegung in der ihm normal unzugänglichen dritten Dimension wahrnehmen könnte. Und Gleiches gälte natürlich, mutatis mutandis, für alle Rückschauakte. Aber auch für sogenannte 'psychometrische' Leistungen, von denen bald ausführlicher gesprochen werden soll, also für die scheinbare Auslösung übernormaler Wahrnehmungen durch einen Gegenstand, könnte der obige Gedanke eine Deutung nahelegen. 'Hat das materielle Weltall vier Dimensionen, so ist jedes "Ding' . . . bloß ein dreidimensionaler Querschnitt eines vierdimensionalen Dinges, — was die Relativitätstheoretiker eine 'Weltlinie' nennen. Dieses Ding ist verwoben mit allen andern Dingen, mit denen jener Gegenstand je in Berührung gewesen ist, — genauer ausgedrückt: dieses Ding ist verknüpft mit allen andern Dingen, von denen irgendein dreidimensionaler Querschnitt in Berührung mit einem seiner eigenen dreidimensionalen Querschnitte gewesen ist —,' 1 und unter diesen andern Dingen befindet sich natürlich auch alles, was die leibliche, geistige und biographische Person des Besitzers des Gegenstandes — seine gesamte 'Weltlinie' — ausmacht. Wäre dies alles als richtig vorauszusetzen, so ergäbe sich nun aber auch eine Möglichkeit (bisher, wie mir scheint, übersehen), das stoffliche Werkzeug irdischen Erkennens, unser rätselvolles Gehirn, gleichfalls in den Vorgang übernormalen Erkennens wieder einzuschalten, aus dem es eine idealistische Theorie des räumlichen und zeitlichen Hellsehens auszuschalten wünscht. Denn auch das Gehirn ja wäre ein 'vierdimensionales Ding' mit eigener 'Weltlinie', und auf Grund seiner ungeheuren baulichen und funktionellen Verwickeltheit noch weit inniger in den vierdimensionalen Weltzusammenhang verwoben, als ein lebloser 'psychometrischer Gegenstand'. Es würden also die angedeuteten Gedanken, sofern sie die Wirksamkeit solcher 'Gegenstände' erklären könnten, a fortiori auch die Beteiligung des Gehirns an der übernormalen Erkenntnisleistung — selbst an der scheinbar unfaßlichsten, der zeitlichen Vorschau — verständlich machen, ja fordern. Und es könnte uns dann die Aufgabe erwachsen, die aufdringlich seltsamen Begleiterscheinungen physiologischer Art zu erwägen, die eine solche Beteiligung anzuzeigen scheinen und m. W. bisher noch kaum im Zusammenhang gründlich erwogen worden sind: der heftige Kopfschmerz gewisser Hellseher während ihrer Wahrnehmungen, der Blutandrang Andrer im Kopf oder in den Augen, die Tränenabsonderung, die nachfolgende Erschöpfung, u. a. m.4 Nehmen wir nun aber an, daß eine solche vierdimensional-physiolo1) Barnard 191. Vgl. die weitaus früheren Ausführungen bei Pick und Beck. 563 ff.; Pr V 520 Anm.; V I I I 500; X X X V 398; Mattiesen 399.
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Einleitung
gische Deutung übernormaler Erkenntnisfähigkeiten sich nicht aufrechterhalten lasse (und auf diese Fähigkeiten gründet sich ja das hier erörterte spiritistische Argument); setzen wir also als erwiesen voraus, daß Hellsehn in Raum und Zeit uns wirklich (wie das Argument annahm) über den Bereich der Leiblichkeit hinaus in ein Gebiet 'rein geistiger' Leistung und Deutung geführt hätte: würde dann ein solcher Animismus zur Anerkennung des Überlebens im Sinne des Spiritismus zwingen? Die Frage muß, wie mir scheint, durchaus verneint werden. Zwar ein Reich 'rein geistigen' Wesens und Geschehens wäre durch die Voraussetzung gesetzt, aber ein Reich p e r s ö n l i c h e r Geister 'menschlicher Herkunft' brauchte dies nicht zu sein. Es würde genügen zu fordern, daß der Mensch vorübergehend aus dem unoder ü b e r p e r s ö n l i c h e n Erkenntnisleben jener Geistwelt mit Bildern gespeist würde, um alles übernormale Schauen abzuleiten, auch ohne Annahme eines den Tod überdauernden persönlichen Wesens; erst eine solche Annahme aber erfüllt den Sinn der spiritistischen Lehre. Dieser Gedankengang setzt natürlich voraus, daß die 'Individualisierung' des Menschen erfolge auf Grund dessen, was mit dem Tode der Vergänglichkeit verfällt: also des L e i b e s ; daß mithin nicht ein schon individualisiertes Geistiges erforderlich sei, welches, in jenem Leibe wohnend, den Eingebungen des Übergeistes offenstände und sie an den Leib und seine Welt vermittelte. Der Gedanke nun, daß ein über persönliches Geistiges sich in vielen Leibern eben durch diese in 'Individualitäten' spalte, scheint mir durch a b s t r a k t e Ü b e r l e g u n g e n nicht widerlegbar zu sein. Daraus aber folgt, daß das hier fragliche Argument uns nicht der Notwendigkeit überhebt, die Annahme einer den Leib bewohnenden und den Tod überdauernden Persönlichkeit durch b e s o n d e r e S c h l ü s s e aus T a t s a c h e n zu begründen. Die Formel 'Animismus beweist Spiritismus' erweist sich somit als unzulänglich. Doch wünsche ich noch einmal zu betonen, daß ihre Fruchtbarkeit mir damit nicht als völlig beseitigt gilt. Wir werden finden, daß der durchgängige P a r a l l e l i s m u s zwischen der Betätigung Lebender und Verstorbener, sofern letztere an sich zu beweisen ist, diese Beweise unverkennbar verstärkt; und wir werden überdies, wie schon gesagt, auf wenigstens e i n e n unstreitig den 'animistischen' Dingen zuzurechnenden Tatbestand stoßen, der wirklich einen u n m i t t e l b a r e n Beweis auch der spiritistischen These liefert. Darüber hinaus aber sollte jeder, der eine idealistische Theorie gewisser animistischer Tatsachen für richtig hält, sich wohl darauf besinnen, wieweit er damit wenigstens die Beweislast vermindert, die zunächst auf der Lehre vom persönlichen Oberleben ruht. Gibt es ein Reich der seelischen Tatsachen und
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Geschehnisse, das nicht aus physikalischen oder physiologischen ableitbar ist, so wird die Annahme mindestens e r l e i c h t e r t , daß auch persönliches seelisches Geschehen statthaben könne, ohne sich auf einen physiologischen Leib zu stützen. Und in die gleiche Richtung weist natürlich alles, wovon selbst die geltende Psychologie der Schulen behauptet, daß es über die hirnphysiologischen Dimensionen und damit Deutungsmöglichkeiten hinausgreiit.
Erster
Abschnitt
Argumente aus der Erscheinung Abgeschiedener i. Das Argument aus der Unbekanntheit der Erscheinung Wenden wir uns von diesem Versuch einer mehr allgemein-begrifflichen Argumentation nunmehr anschaulich-bestimmteren Begründungen unsrer These zu. Ich sagte bereits, daß die Formen, in denen die- Abgeschiedenen sich als lebend erweisen, ungefähr die gleichen sind, in denen auch die Lebenden es tun. Sie zeigen sich uns; sie benehmen sich so, wie Lebende in ihrer Lage sich benehmen würden; sie reden zu uns in verständiger Weise; sie bringen Wirkungen an den Dingen im Räume hervor. Eine Abweichung zeigen sie besonders in ihren sprachlichen Äußerungen: bei richtig 'erscheinenden' Abgeschiedenen beschränken sich jene meist auf wenige Worte; wenigstens kenne ich vergleichsweise wenige Fälle ausführlichen Redens von 'Gespenstern', und nur sehr wenige, die einen hohen Grad von Glaubwürdigkeit erreichen. Dagegen scheint der sprachlichen Äußerung des Abgeschiedenen keine Grenze gesetzt zu sein, sobald sie durch Rede oder Schrift einer Mittelsperson — eines 'Mediums' — geschieht. Aber auch diese Art der Äußerung findet ja in der Selbstbezeugung der Lebenden ein leidliches Seitenstück: in dem Absenden eines Boten, dem Schreiben eines Briefes. Eben diese durchgängige Ähnlichkeit zwischen den Selbstbekundungen Lebender und Abgeschiedener ist es, wie schon gesagt, was das unvoreingenommene Urteil Unzähliger ohne weiteres vom Fortleben der Toten' überzeugt. Die eingehende Besprechung der eben aufgezählten Bekundungsarten Abgeschiedener — auch etwa in der Reihenfolge dieser Aufzählung — und die Erwägung aller möglichen Einwände gegen die 'unvoreingenommene' Deutung solcher Bekundungen — dies ist das nächste Vorhaben der Unternehmung, die ich jetzt ernstlich eröffne. Die 'Erschei-
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•ung' Verstorbener soll dabei als erste Form ihrer Selbstbekundung betrachtet werden. Eine solche Erscheinung erfolgt bekanntlich häufig bei vollem Wachsein des sie Schauenden — des Perzipienten, wie der Fachausdruck lautet —; häufig aber auch während eines abnormen Bewußtseinszustands desselben, mag dieser als Schlaf, Hypnose, Somnambulismus, Trans, 1 Ekstase oder sonstwie bezeichnet werden. Es bleibe einstweilen dahingestellt, ob und inwieweit zwischen diesen verschiedenen Arten der Wahrnehmung grundlegende Unterschiede bestehen, und ob das Wahrgenommene in diesem und jenem Falle von gleicher oder verschiedener Natur sei. Ebenso wollen wir einstweilen außer acht lassen, daß in vielen Fällen das Erscheinen des Abgeschiedenen ein sehr seltenes oder gar einmaliges (etwa sogleich oder bald nach dem Tode) ist, in andern Fällen dagegen ein häufiges und dann meist ein eine bestimmte örtlichkeit gebundenes (man bezeichnet dies bekanntlich als Spuken); daß es in vielen Fällen ein spontanes, in andern ein experimentell herbeigeführtes ist. Wir wollen vielmehr zunächst bloß die Erscheinung als solche auf ihren etwaigen Beweiswert hin betrachten, d. h. unter dem Gesichtspunkt der Frage, durch welche Eigentümlichkeiten allenfalls die Erscheinung eines bestimmten Verstorbenen Hinweise auf sein persönliches Fortleben liefern könne. Es liegt auf der Hand, daß nicht jedes Erblicken, oder sagen wir: jede Wahrnehmung eines Abgeschiedenen (um gleich gewisse nicht-visuelle Erlebnisse mit einzuschließen) einen solchen Hinweis enthält. Die Möglichkeit rein subjektiver 'Halluzinationen' allein schon widerlegt ja einen so vorschnellen Gedanken; und wir wissen, daß die Fähigkeit zu halluzinieren durchaus nicht bloß bei Geisteskranken, Fiebernden, Berauschten oder Übererregten anzunehmen ist, sondern unter gewissen psychologischen Voraussetzungen auch in anscheinend ganz normalen Geisteslagen. Das gelegentliche Wahrnehmen eines Verstorbenen, den der Wahrnehmende gekannt hat, wird mein also ohne weiteres als halluzinatorische Verdeutlichung eines Erinnerungsbildes ansprechen, sofern nicht bestimmte Gründe eine andre A u f fassung wahrscheinlicher machen. Ein erster Grund dieser Art nun scheint vorzuliegen, wenn Inhalte der 'Wahrnehmung' dem Perzipienten bislang unbekannt waren und doch als wirklichkeitsgetreu sich erweisen lassen; wenn also entweder ein völlig Unbekannter wahrgenommen wird, wie er zu Lebzeiten tatsächlich aussah, oder ein ehemaliger Bekannter mit 'richtigen' Einzel1) Da das Wort trence doch wohl auf das Lateinische (trans, transitus) zurückgeht, sehe ich keinen zwingenden Grund, die englische Schreibung beizubehalten.
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Argumente aus der Erscheinung
Abgeschiedener
heiten, von denen der Perzipient bislang nichts wußte. Hier gelangt das unbefangene Urteil ohne weiteres zur Annahme einer Wirksamkeit des Verstorbenen, der sich ' z e i g e n ' wolle und eine Erscheinung seiner selbst e r z e u g e — meinetwegen eine sog. halluzinatorische 1 —, wobei sich das unbefangene Urteil mit gutem Recht darauf berufen kann, daß ja anscheinend auch Lebende eine 'Erscheinung' ihrer selbst — in der Ferne! — erzeugen können, die, wenn auch nicht dem Wahrnehmenden völlig unbekannt (denn Lebende haben ja selten Veranlassung, völlig Fremden zu erscheinen), so doch oft mit Einzelheiten ausgestattet ist, von denen der Perzipient normalerweise nichts wußte. Die Tatsache ist so gewöhnlich und wohl auch so allgemein bekannt, daß sie hier garnicht erst belegt und verdeutlicht zu werden braucht. Das einschlägige Schrifttum aller Zeiten ist erfüllt von ihr; Gurneys meisterhaftes Werk über die 'Erscheinungen Lebender' hat ihre wissenschaftliche Geltung unerschütterlich begründet, und die zahllosen Erlebnisse während des Krieges, die den Daheimgebliebenen ihre im Felde zu Schaden kommenden Nächsten im Augenblick der Gefahr oder des Todes als 'Phantom' vorführten — feist immer mit 'unbekannten' Einzelheiten, die über den Sinn des Geschauten keinen Zweifel ließen —, diese Erlebnisse haben der Tatsache der 'veridiken' — Wahres kündenden — Fernerscheinung Lebender von neuem eine traurige Volkstümlichkeit verschafft. 'Fern' aber ist uns ja auch der Verstorbene in einem besondern Sinn; und wenn er uns mit 'unbekannten Einzelheiten' oder gar als völlig Unbekannter erscheint, so legt sich der Analogieschluß nahe, daß er an solcher Erscheinung mit seinem Denken und Wollen, also seinem 'Interesse', genau so beteiligt sei, wie etwa der im Kriege Verletzte ein 'Interesse' daran hat, seinen fernen Lieben mit der blutenden Wunde zu erscheinen, um ihnen zu 'zeigen', was ihm zugestoßen ist. In a l l e n solchen Fällen — handle es sich um Lebende oder Verstorbene — ist der A n s c h e i n unbestreitbar der, daß es der E r s c h e i n e n d e sei, der die Erscheinung eigentlich b e w i r k e , daß er (wie man sagt) ihr ' A g e n t ' sei, oder daß es sich (wie ich es ohne weiteres verständlich bezeichnen möchte) hier wie dort um A u t o p h a n i e n handle. Freilich mag man Gründe finden, diese offenbar vorauszusetzende Aktivität auf seiten des Agenten einzuschränken, etwa indem man ihm nur einen Anstoß, eine Anregung zuschreibt, die den Perzipienten zu einem Hell- oder Fernsehn veranlaßt, sodaß er es wäre, der die ihm unbekannten Wahrnehmungsinhalte aktiv e r w ü r b e (anstatt sie von außen aufgenötigt zu erhalten). Eine Hellsehleistung dieser Art aber kann im Fall der Erscheinung eines V e r s t o r b e n e n offenbar nicht an1) Doch soll damit noch nichts über das wahre W e s e n solcher Erscheinungen ausgesagt sein.
Unbekanntheit
der
Erscheinung
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nehmen, wer nicht dessen Fortbestehn in solcher Art voraussetzt, daß er seinem 'Aussehn' nach, wenn auch auf übernormale Weise, wahrgenommen werden kann. Sollen also Erscheinungen Lebender und Verstorbener verglichen werden, so kommen dabei nur diejenigen Fälle der ersteren Gattung in Frage, bei denen die Erscheinung ganz und gar vom E r s c h e i n e n d e n e r z e u g t wird. Sofern dann der Animist die unbefangne spiritistische Deutung von Erscheinungen Verstorbener mit unbekannten Inhalten vermeiden will, muß er Q u e l l e n solcher Wahrnehmungen aufweisen, die weder in einem 'wahrnehmbaren' Fortleben des Verstorbenen gelegen sind, noch in seinem Willen zur Erzeugung der sinnlichen Vorstellung seines Aussehns zu Lebzeiten. Solcher Quellen hält der Animist heute, nachdem über derlei Fragen schon viel gedacht und geschrieben worden ist, hauptsächlich wohl zwei Arten in Bereitschaft: er sucht jene unbekannten Inhalte entweder aus dem V o r s t e l l u n g s b e s i t z e a n d r e r L e b e n d e r abzuleiten, denen das Gesehene n i c h t unbekannt ist; oder aber aus irgendeinem W i s s e n s b e h ä l t n i s u n p e r s ö n l i c h e r bezw. ü b e r p e r s ö n l i c h e r Natur. Im ersteren Falle läßt er uns die Wahl zwischen Aktivität und Passivität jener andern Lebenden; d. h. er nimmt entweder an, daß sie ihr Wissen auf den eigentlichen Perzipienten der Erscheinung ' t e l e p a t h i s c h ' ü b e r t r a g e n , oder daß dieser es jenen Wissenden entnimmt durch ' L e s e n ' oder ' A b z a p f e n ' von Vorstellungen, — Vorstellungen, die wohl in den meisten Fällen nicht 'aktuelle', bewußte sein werden, sondern nur gespeicherte, also Erinnerungen im Zustande der 'Latenz'. — Vergegenwärtigen wir uns etwas genauer, z. T. an Beispielen, die Möglichkeiten einer Umgehung spiritistischer Deutungen durch den einen oder den andern der bezeichneten Vorgänge. — Das wirklichkeitgetreue Schauen eines unbekannten Verstorbenen, dessen äußere Erscheinung einem A n w e s e n d e n b e k a n n t ist, gehört zu den gewöhnlichsten Leistungen sog. Medien, und Belege ließen sich zu Hunderten geben. Fast jede 'Sitzung', in welcher das Medium überhaupt zum Schauen gelangt (also nicht bloß 'automatisch' schreibt, spricht oder klopft), zeigt uns den fraglichen Tatbestand; gleichgültig ob das Medium dabei wach ist oder in irgendeinem Transzustande. Es erblickt, wenn wach, einen 'Geist' an einer genau bezeichneten Stelle des Zimmers, etwa hinter, vor oder neben dem 'Sitzer', 'bei jenem Bücherständer', 'auf dem Kaminteppich' stehend, 1 meist auch sich mit Mienen oder Gebärden betätigend, hört ihn des weitern auch Mitteilungen machen (was uns aber hier, als über 'Erscheinen' hinausgehend, noch nicht angeht). Das Medium b e s c h r e i b t den 'Geist' dem Sitzer; 1) Hill, Invest. 2 8 ; New Evid.
44.
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Argumente aus der Erscheinung Abgeschiedener
tut dies 'persönlich', wenn es wach ist, oder die 'Transpersönlichkeit', die ' K o n t r o l l e ' tut es, wenn das Medium sich in einem Schlafzustand befindet: und diese Beschreibung ist fast immer so eindeutig richtig, daß der Sitzer oder sonst ein Anwesender die Erscheinung ohne weiteres erkennt und i d e n t i f i z i e r t ; ja das Medium selbst ist stets imstande, wenn ihm ein Lichtbild des vermutlich Erschienenen v e r mischt mit z a h l r e i c h e n a n d e r e n vorgelegt wird, das richtige sofort zu bezeichnen.1 Die Deutlichkeit und Lebendigkeit solchen Schauens ist selbst bei Wachsein des Mediums oft so groß, daß dieses sich kaum überreden kann, sein Kunde sehe nichts davon: 'Diese Gestalt', sagte Wilkinson einmal zu J. A. Hill, 'ist für meine Augen so wirklich, wie Sie selbst oder wie mein eigener Körper.' 8 Und dabei ist auch dieses wache Schauen offenbar als irgendwie abnormes aufzufassen; denn Wilkinson ist kurzsichtig fast bis zur Blindheit, beschreibt aber häufig Einzelheiten, die er an einer entsprechend aufgestellten lebenden Person nicht sehen könnte.3 Daß die Erscheinung dem Medium im T r a n s wie lebend-wirklich erscheint, kann vollends nicht wundernehmen; hat man doch die Vermutung ausgesprochen, daß Traumbilder dazu nicht einmal besonders lebhaft zu sein brauchen, weil sie ja nie zum unmittelbaren Vergleich mit echten Wahrnehmungen gelangen. Als Deutung des beschriebenen Schauens nun legt sich die Annahme a k t i v e r V o r s t e l l u n g s ü b e r t r a g u n g von Seiten des Sitzers ohne weiteres nahe, so oft die Erscheinung die eines Verstorbenen ist, mit dem der Sitzer durch das betreffende Medium in Verbindung zu treten h o f f t e und wünschte, oder mit dem er — was ja sehr häufig ist — während einer Reihe von Sitzungen regelmäßig in Verkehr gewesen zu sein glaubt; denn in allen solchen Fällen dürfen wir die fragliche Bildvorstellung als in der Seele oder gar dem Bewußtsein des Sitzers gewissermaßen g e s p a n n t und übertragungsbereit vermuten, ähnlich dem zu übertragenden Inhalt in einem telepathischen Experiment. Prof. Ludwig Jahn z. B. gibt seinem Medium, einer Frau W., einen 'in Papier gut verhüllten Gegenstand', dessen Rolle hier zunächst außer acht bleiben mag; wir dürfen jedenfalls annehmen, daß Prof. Jahn bei dessen Überreichung an die ehemalige Besitzerin gedacht, sie sich vorgestellt habe. Frau W. gibt nun an, es handle sich um ein Buch, das 'von einem lieben guten Menschen' stamme. (Ob schon lange verstorben?) 'Ich sehe sie licht und hell... Sie sagt, sie würde etwas sagen, aber ich wäre schon zu 1) P r X I I I 417. 427; X X I I I 275 ff.; XXVIII 83. 213 f. 249 f. 252. 273 f ; Delanne, L'ame 7 3 (nach Rossl-Pagnonl und Dr. Moroni). 2) Hill, Invest. 71; vgl. 94. 3) a. a. O. «8. 227. — Zu dieser abnormen Art der Wahrnehmung vgl. z. B. Pr III 114 f ; X 7 6 ; Gurney I 491.
UnbekanntheU der
Erscheinung
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schwach. [Dies ist] ein frommes Buch, ein Gebetbuch. Sie hat das Buch nicht gekauft, sondern geschenkt bekommen . . . in Holland, . . . in ihrer Jugend an einem hohen, wichtigen Tage. Ich kann Ihnen auch sagen, wie die Dame aussah und wie sie gekleidet war. Hoch am Halse geschlossenes Kleid mit Börtchen, darunter eine Reihe Knöpfe, Rock weit, bauschig gerafft. Die Ärmel sind so: an der Schulter sind sie weiter, auch bauschiger, und werden nach unten hin eng. Das Haar ist gescheitelt in der Mitte. Die Haare bauschig, mal seitlich und mal mehr hinten, und dann ist es 'wie mit Zöpfen' gemacht. Zeitweise hat sie die Zöpfe auch auf dem Kopf.' — 'Sämtliche Aussagen (bemerkt hierzu Prof. Jahn) waren bis ins kleinste zutreffend... Und was die Porträtierung meiner Mutter anbetrifft, so könnte man danach fast ein Gemälde malen; sie entspricht genauestens den Jugendbildern aus der Mitte der sechziger Jahre. Die Mutter trug außerdem von ihrer Kindheit an bis zu ihrem Tode gedrehte Locken, Papilloten (holländisch krolle), eine Haartracht, die dem Nichtkenner 'wie mit Zöpfen gemacht' erscheint.'1 — Ist die Versuchung nicht groß, in der Beschreibung eine Wiedergabe der Erinnerung Jahns an jene 'Jugendbilder' zu erblicken? Ich schließe ein andres Beispiel an, welches den möglicherweise aktiven Bildlieferer n i c h t anwesend sein läßt, aber doch — wenn ich so sagen darf — in Wirkungsnähe, indem die einzige beim Medium anwesende Person, eine 'Sekretärin', welche die Aussagen desselben niederzuschreiben hatte, ja doch im Auftrage jenes möglichen Lieferers handelte, den wir also, wenn auch 'unterbewußt', als gespannt 'bei der Sache' uns denken mögen. Das Medium, Mrs. Garrett, beschrieb also den offenbar irgendwie geschauten Geist, den der Auftraggeber der Sekretärin, Mr. John F. Thomas, ohne weiteres als seine Gattin erkannte, etwa in folgenden Ausdrücken: 'Ich würde sie nicht groß nennen, und obgleich sie in ihren jüngeren Tagen recht lebhaft und reizend gewesen ist, . . . und auch ein wenig rundlich, so ist sie doch in dem Alter, in welchem ich sie sehe, sehr abgezehrt, sieht älter aus, als sie ist, und das Haar, welches braun war, hat etwas von seinem Glanz verloren... Das Gesicht ist sehr dünn und grau geworden. Sie hat hellbraune Augen, . . . eine niedrige Stirn . . . Einige Fülle in den Backen, und auch die Bildung des Kinns verrät Willenskraft... Sie hatte sehr gute Zähne, und ein Lächeln verändert das ganze Gesicht', usw. Im ganzen wurden in dieser Weise 30 Einzelheiten bezeichnet, und Mr. Thomas nannte zusammenfassend die beschreibenden Angaben 'nicht nur richtig, sondern mit bemerkenswertem Geschick ausgewählt und mit richtig verteiltem Nachdruck und in den passenden Beziehungen zueinander dargeboten'. Sowohl Thomas als auch seine Tochter hatten das Gefühl, daß sie selber eine gleich gute Beschreibung nicht hätten liefern können.7 1) ZP 1931 240 f.
2) Thomas, J . F., Stud. 151.
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Argumente aus der Erscheinung
Abgeschiedener
Th. darf als ein kritisch geschulter und äußerst sorgfältiger Forscher in diesen Fragen bezeichnet werden.
Die anscheinende Selbstverständlichkeit des telepathischen Deutungsschemas hat nun aber ihre Grenzen. Wir nähern uns ihnen schon, wenn das Medium einen Verstorbenen wahrnimmt und beschreibt, dessen 'Erscheinen' den Anwesenden, der ihn gekannt hat, sehr überrascht, weil er es keineswegs erwartet hat; vennschon das Aussehn des Toten ihm soweit vertraut ist. daß er ihn nach der Beschreibung des Mediums sofort erkennt. Auch solche Fälle ließen sich fast in beliebiger Zahl anführen, 1 und ich verzichte darauf nur, weil der Umstand, der hier problemaufrührend wirkt, sich ja in zahlreichen Fällen noch steigert; ich meine da, wo der Geschaute nicht nur zur Zeit dem Anwesenden nicht im Sinne lag, sondern wo dieser, wie er bezeugt, sehr lange 'nicht an ihn gedacht hatte', ja ihn — wie man wohl sagt — durchaus ' v e r g e s s e n ' hatte; wiewohl er jetzt, da er durch sein 'Auftreten' an ihn erinnert wird, sein Bild doch so weit aufrufen kann, daß eine Identifizierung gelingt; — oder wo sich der anwesende Sitzer gar trotz der Beschreibungen des Mediums auf gewisse Einzelheiten n i c h t b e s i n n e n kann (wiewohl er einmal um sie gewußt hat), sodaß etwa erst Dritte, Nichtanwesende gelegentlich die Richtigkeit auch jener Angaben bezeugen müssen (die dann auch dem Sitzer 'wieder einfallen'). 2 Indessen will ich auch diese Tatbestände nicht ausführlich belegen, da selbst mit ihnen die Aufgaben längst nicht erschöpft sind, welche die Theorie zu bewältigen hat. Wir kennen nämlich Fälle, in denen ein Medium (im Trans oder nicht) einen Verstorbenen wirklichkeitentsprechend schaut, den der a n w e s e n d e S i t z e r nie g e s e h n hat, dessen Bild er also auch aus seinen Erinnerungen nicht 'hergeben* könnte. Ich belege diesen Tatbestand zunächst mit einem Beispiel, in welchem ein 'Aufrufen' des Erscheinenden behauptet wird, was uns in mehr als e i n e m Sinne theoretische Anregungen bieten könnte. Louis Alphonse Cahagnet, ein Pariser Handwerker (1809—85), der sich aber durch seine Schriften als genauer Beobachter, sorgfältiger Berichterstatter und geistvoller Kopf ausweist, experimentierte viel mit einem Medium, Adèle Maginot, die u. a. die Fähigkeit besaß, die verstorbenen Angehörigen ihrer Besucher im Transzustand aufzurufen und dann zu 'sehen'. Eines Tages, während sie im Schlafe lag, kam der Abbé d'Almignana zu ihr mit der Aufforderung, die vor einigen Tagen verstorbene Schwester seiner Pflegerin, namens Antoinette Carré, aufzurufen. Adèle beschrieb nunmehr deren Gestalt, die sie sah: Größe, Haar, anscheinendes Alter, die kleinen grauen Augen, die 'an der Spitze verdickte' Nase, die 1) S. z. B. den FaU «Robert West* Pr VIII 1041. vgl. Pr X X X 359!
2) S. z. B. Hill, Invest. 561. 59;
Unbekanntheit
der
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Erscheinung
gelbliche Gesichtsfarbe, den flachen Mund, den starken Busen, das Fehlen einiger Vorderzähne, die Schwärze der wenigen noch vorhandenen, einen kleinen Fleck auf der Backe, die Kleidung. Der Abbé, der die Verstorbene nicht gekannt hatte, zeichnete alle diese Angaben auf und las sie der lebenden Schwester Marie Françoise Carré vor, die ihre Genauigkeit bezeugte und sich nur des Flecks auf der Backe nicht entsinnen konnte. Aber ein ankommender Heimatgenosse, dem sie die Beschreibung vorlas, erkannte danach die Beschriebene und bezeichnete die Stelle des Fleckes, was diesen nunmehr auch der Schwester ins Gedächtnis zurückrief.1 Ich führe noch ein zweites Beispiel dieser Art an, da es sich empfiehlt, die Vorgänge um so reichlicher zu belegen, je seltsamer sie erscheinen. Der Rev. C. L. Tweedale, ein vielerfahrener Forscher in diesen Dingen, besuchte gelegentlich auf Reisen zwei ihm als Hellseher bezeichnete Personen — darunter einen Buchhändler — in Newcastle-on-Tyne, wohin ihn eigene Angelegenheiten geführt hatten. Beide 'sahen' u. a. eine ältere Dame neben Tweedale stehen, die sie nach Aussehen und Kleidung genau bei schrieben, einschließlich einer Brosche, 'deren Rahmenfassung aus geflochtenem Metall oder Gold bestehe; . . . der in der Mitte gefaßte Stein Ist ein großer brauner, mit weißen Streifen darin. Er sieht wie Marmor aus, aber ich glaube nicht, daß es Marmor ist'. Tweedale konnte n i c h t s hiervon 'unterbringen', schrieb sich aber alles Geäußerte genau auf und erkundigte sich nach der Helmkehr zunächst bei seiner Mutter, aber erfolglos; dann brieflich bei seinem Onkel väterlicherseits, den er seit 24 Jahren nicht gesehen hatte. Dieser erwiderte, daß die ganze Beschreibung bis Ins Kleinste auf Tweedales Großtante Edna passe, die letzterer nie gesehen hatte. Die Brosche, die sie trug, hatte einen Stein aus sog. DerbyshlreMarmor.2 Wie man sieht, sind in solchen Fällen wenigstens in d e r F e r n e Personen vorhanden, die als 'Lieferer' der vom Medium beschriebenen Bilder in Frage kommen. Während wir aber im Falle d'Almlgnana allenfalls eine dieser Entfernten als an dem Experiment interessiert vermuten können, sträubt sich im Falle Tweedale unser logisches Gefühl durchaus dagegen, dem Entfernten (dem Onkel) die t ä t i g e Rolle beim Zustandekommen des Schauens zuzuschieben, weil wir keinen Grund sehen, irgendwo in seiner Seele den A n t r i e b zur Übertragung gerade dieses Bildes vorauszusetzen. Es erscheint daher sehr begreiflich, daß die animistische Theorie solchen Tatsachen gegenüber su einem neuen Begriff sich entschließt, dem zweiten In untrer obigen Aufstellung genannten: sie spricht von einem L e s e n , S c h ö p f e n oder A b z a p f e n des Bildes s e i t e n s des S c h a u e n d e n aus dem Vorstel1) Cahagnet II 98 fl. (Üb. Cahagnets Vertrauenswürdigkeit i Myeri II £73). Ge*. III 210. 2) Tweedale 245 «T.; vgl. 251 f.; Keene 23.
Mattieren, Dai pcriönlicbe Oberleben
Vgl. Ber, Dial.
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Argumente
aus der Erscheinung
Abgeschiedener
lungsvorrat des Entfernten, dem das Bild bekannt ist, also aus der Gesamtheit seiner möglichen 'Erinnerungen'. Höchst rätselhaft freilich müßte dabei erscheinen, wie denn dem Schauenden das ' A u f f i n d e n ' jener Bildquelle in einem ihm doch meist völlig Fremden möglich werde, und wir hätten, um dies zu erklären, wohl sogleich zu weiteren Hilfsannahmen zu greifen. Soweit meine Findigkeit reicht, müßten wir z. B. mindestens voraussetzen, daß die während der Sitzung in den Teilnehmern auftauchenden oder anklingenden Vorstellungen imstande seien, vermöge irgendwelcher 'Abstimmung' oder assoziativen 'Verwandtschaft' auf telepathischem Wege Vorstellungen und Bilder in Abwesenden 'aufquellen' zu lassen, die dann auf das Medium — sagen wir — telepathisch 'reperkutiert' würden und ihm die Erzeugung des Bildes ermöglichten. Dies würde indessen nötigen, der übernormalen Verbundenheit der Menschen (auch der einander unbekannten!) einen so hohen Grad zuzuschreiben, daß wir damit tatsächlich schon in die Nähe einer sehr viel weiter gehenden Deutungshypothese gerieten. Ehe ich jedoch d i e s e n Gedankengang fortführe, möchte ich den eben behandelten Tatbestand um einen andern Schritt erweitern. Das wirklichkeitgetreue Sehen eines Unbekannten, dessen Aussehn nur entfernten Lebenden bekannt ist, verwirklicht sich ja nicht nur im Rahmen von Experimentalsitzungen mit einem Medium, sondern auch sehr häufig ganz spontan außerhalb jeder Erwartung überhaupt, soz. in der Freilufterfahrung eines Zufallsperzipienten. Gut verbürgte Fälle dieser Art liegen im Überfluß vor, und einige davon, z. T. wohlbekannt, seien hier kurz wiedergegeben. Ich stelle an den Anfang, knapp zusammengefaßt, ein Beispiel, in welchem die Unbekanntheit der Erscheinung sich nur auf eine E i n z e l h e i t derselben bezieht. Es wird gleichfalls von dem Rev. Tweedale berichtet und ähnelt dem eben wiedergegebenen Fall aus seiner Feder, weicht aber von ihm, wie gesagt, in der Abwesenheit jedes Mediums ab. T.s Großmutter starb am 11. Januar 1879, um 12.15 nachts. Um 2 Uhr, also l 3 / i Stunden nach erfolgtem Tode, 'sahen' (wie z. T. notiert wurde, z. T. aus der Mondstellung sich berechnen ließ) Tweedale und sein Vater die alte Dame, der letztere an seinem Bette stehend, der erstere scheinbar auf der Füllung eines Schrankes. Etwa gleichzeitig sah auch die Schwester des Vaters, 30 km von diesem entfernt wohnend, ihre Mutter. Tweedale jun. nun aber nahm an der Erscheinung eine 'Haube nach alter Mode, goffriert und aufgebläht' wahr. Von dieser Haube schickte er nach Jahren eine Zeichnung an seinen Onkel, der die Übereinstimmung mit der w&hrend der Krankheit und im Sterben von der Großmutter getragenen'schlagend' fand.1 1) Bei Flammarlon III 151 ff.'1 Im Hause dieses Onkels war die alte Dame gestorben. den viel erörterten Fall Pr VI 17 ff.
Vgl.
Vnbekanntheit der Erscheinung
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— Der Umstand, daß die kurz zuvor Verstorbene d r e i e n Verwandten erschien, verdient für spätere Erwägungen im Auge behalten zu werden.
Die Wahrnehmung einer unbekannten Einzelheit an einer im übrigen bekannten Erscheinung kann nun natürlich nie die gleiche Bedeutung haben, wie die Wahrnehmung einer gänzlich unbekannten Gestalt (war jene Einzelheit nicht zufällig richtig 'hinzuhalluziniert', oder doch einmal gewußt und nur vergessen?). Die folgenden Fälle gehören dem eindrucksvolleren Typ vollständiger Unbekanntheit der Erscheinung an. Mrs. Kate Clerke berichtet (im Jahre 1884), daß sie im Herbst 1872, während sie einige Monate lang mit ihren zwei Töchtern das Hotel Columella in Sorrent bewohnte, eines Abends, nachdem sie eben ein Umschlagetuch aus ihren Zimmern geholt, um die Abendkühle auf der Terrasse zu genießen, auf dem Rückweg dahin in einer zur Hälfte geöffneten zweiflügligen Tür die 'Gestalt einer alten Frau' stehen sah, 'reglos und stumm, . . . mit dem Ausdruck verzweifelter Traurigkeit, wie ich ihn nie zuvor gesehen hatte'. Sie erschrak, da sie eine Verrückte vor sich zu haben glaubte, und kehrte auf einem andern Wege zur Terrasse zurück. Auf ihren Bericht hin begab sich eine der Töchter an die Stelle, sah aber nichts. Als Mrs. Clerke am nächsten Tage den Frauen der beiden Besitzer des Hauses die Erscheinung beschrieb, schienen diese 'bestürzt' zu sein; aber erst der Gemeindepriester, der ihr 14 Tage später einen Besuch abstattete, versicherte ihr, als sie auch ihm die Erscheinung beschrieb, daß diese genau der früheren Besitzerin des Hauses entspreche, welche 6 Monate zuvor in dem über Mrs. Clerkes Zimmer gelegenen Raum gestorben war, und daß die Besitzerinnen dieselbe ebenfalls nach dem Bericht der Mrs. Clerke erkannt und ihm, dem Padre, von diesem Bericht erzählt hätten, da sie in großer Sorge waren, daß die englischen Damen deshalb ihr Hotel verlassen würden. Tatsächlich hatten sie ihren Gästen in den 14 Tagen manches Geschenk gemacht und viele Aufmerksamkeiten erwiesen, um sie ans Haus zu fesseln. — Mrs. Clerke gibt eine bis ins Kleinste gehende Beschreibung der Erscheinung und ihrer in jener Gegend ungewöhnlichen Kleidung ('ich hätte sie malen können, wenn ich Künstlerin wäre') und versichert, daß sie nie jemand am Orte getroffen, der ihr geähnelt hätte. 'Jedermann war überwältigt von meiner Beschreibung, selbst eine Dame, welche die alte Hausherrin gesehen hatte.' Mrs. Clerke hatte zuvor nicht an 'Geister' geglaubt, nie dergleichen gesehn, auch niemals Träume besondrer Art gehabt, und war nicht im geringsten nervös. 1 Der folgende verwandte Fall stammt von einer ungenannt sein wollenden Bekannten des namhaften Schriftstellers C. C. Massey und des großen Zweiflers F. Podmore, der die Dame einem 'langen und eingehenden Verhör' unterzog. Ihr Bericht ist am 23. Nov. 1882, etwa 10 Jahre nach dem Erlebnis, aufgesetzt. — Sie verbrachte mit ihrem Gatten eine Nacht im Hause ihrer 1) Pr V 466 fl. (Nachgeprüft durch Podmore!)
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Argumente aus der Erscheinung
Abgeschiedener
Tante in einer Vorstadt Londons, und zwar aus räumlichen Rücksichten im Zimmer ihrer Kusine, während ihr Gatte im Oberstock beim Sohn des Hauses schlief. Die Kusine, ehe sie die Besucherin verließ, bestand darauf, daß das Licht nicht völlig gelöscht werde. In der Nacht erwachte die Perzipientin I n kaltem Schweiß und sah, bei der schwachen Beleuchtung, einen Mann dicht an ihrem Bette stehn, den sie für ihren Gatten hielt und beim Namen anrief. Als sie sich erhob, um das Gaslicht weiter aufzudrehn, war die Erscheinung verschwunden; die Tür erwies sich als verschlossen, und das Zimmer wurde erfolglos durchsucht. In der Meinung, geträumt zu haben, schlief die Perzipientin wieder ein, erwachte aber noch zweimal in kaltem Schweiß, sah die gleiche Erscheinung und konnte nunmehr 'die Gesichtszüge und das allgemeine Aussehn deutlich erkennen. Es war ein hoch- und gutgewachsener, angenehm aussehender Mann im Gehrock und mit einem langen rötlichen Bart.' Sie ließ nach der letzten Erscheinung das Gas voll brennen und schlief ohne weitere Störung. Als sie am Frühstückstisch von ihrem Erlebnis berichtete, rief ihre Kusine aus: *Nun, Mama, wirst du jetzt meiner Erzählung glauben? Ich sagte dir, daß es in dem Zimmer spuke.' Als die Perzipientin darauf zum e r s t e n M a l das Speisezimmer betrat, sah sie das Bildnis eines Mannes, in welchem sie ihre Erscheinung wiedererkannte: es stellte, wie sie jetzt erfuhr, den früheren Besitzer des Hauses dar (ihre Verwandten hatten dieses möbliert gemietet), welcher einige Monate zuvor in ihrem Schlafzimmer an Delirium tremens gestorben war. 1 Das Subjekt der folgenden Erfahrung, die Cambridger Professorin M. Verrall, gehörte zu den sorgfältigsten Beobachterinnen metapsychischer Vorgänge überhaupt. — Vier Tage nach dem Vorfall berichtete sie, daß sie, bei Freunden zu Besuch und eines Tages mit der Dame des Hauses ihren Platz in der Kirche einnehmend, 'plötzlich ein seltsames Gefühl hatte, daß etwas geschehen werde, und dies Gefühl bezog sich irgendwie auf den Chor der Kirche' ihr gegenüber. 'Sehr bald darauf hatte ich den deutlichen Eindruck der Gegenwart einer Gestalt, welche nahe der Südostecke des Chorraums stand. Dieser Eindruck dauerte während des größeren Teils des Gottesdienstes a n . . . Ich hielt die Gestalt keinen Augenblick für einen wirklichen Menschen, mein Gesichtseindruck blieb sogar bestehen, wenn ich die Augen schloß. Die Einzelheiten waren im höchsten Grade deutlich, und Ich beobachtete und merkte mir die Erscheinung so genau, als ich irgend konnte, um sie später, wenn möglich, zu identifizieren. Die Gestalt verschwand nicht, sondern als ich wieder einmal nach ihr ausschaute, . . . war sie nicht mehr da, und keine Anstrengung meinerseits konnte sie zurückrufen.' Nach der Heimkehr beschrieb sie das Gesehene, ihr Gastfreund notierte ihre Beschreibung (dies sehr ausführliche Schriftstück liegt im Druck vor) und zeigte ihr, angeregt durch ihre Angaben, Bildnisse zweier Brüder aus einer Familie, die Mrs. Verrall 'völlig unbekannt' war und in deren 1) Pr III 101 f. Erkennung durch ein Bildnis auch in dem ZP 1931 457 aus PRFebr. 1931 wledergegsb. Fall.
Unbekanntheit der
Erscheinung
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einem sie die gesehene Gestalt sofort wiedererkannte. 'In allen drei Bildnissen [dieses Herrn, darunter zwei Gemälden,] waren der Schnitt von Haar und Bart sowie die Form der Gesichtszüge und der Gesichtsausdruck sehr deutlich wiedergegeben.' Alle drei Bilder gaben nur Kopf und Schultern wieder; dagegen hatte Mrs. Verrall die Gestalt in einen Gehrock gekleidet und in besonderer Haltung gesehn: 'der rechte Arm hing lose herab, der linke war am Ellbogen gebeugt, quer über die Brust; diese Hand war behandschuht und wurde in der Richtung des Armes gerade gehalten. Der Eindruck dieser Hand und des Armes war der stärkste unter den empfangenen.' — Von einer besonderen Annhaltung des Betreffenden nun behauptete Mr. Z., der Gastfreund, nichts zu wissen, als Mrs. V. ihn danach fragte, ehe sie diese Einzelheit beschrieb. Innerhalb der nächsten Tage aber ergaben Nachfragen, daß E. D., der Gesehene, tatsächlich den linken Arm in der beschriebenen Art zu tragen gewohnt war: er hatte zu Lebzeiten stark gehinkt, und es ist, meint Mr. Z., 'etwas Gewöhnliches bei Hinkenden, den entsprechenden Arm quer über die Brust zu tragen'.1 Der hier abschließend einzuführende Fall — gleichfalls aus den unerschöpflichen Schatzkammern der'S.P.R.', der engl. Gesellschaft f. psych. Forschung — enthält eine seltsame Einzelheit, welche, falls wohlverbürgt, Probleme ganz neuer Art aufrollen würde: ich meine den Umstand, daß zunächst ein Lichtschein erblickt wurde, in solcher räumlichen Anordnung, als strahlte er von der gleich darauf gesehenen Gestidt aus, während diese selbst noch für die Perzipientin durch einen undurchsichtigen Gegenstand verdeckt war. Indessen ist der Bericht 15 Jahre nach dem Erlebnis abgefaßt, und ich will daher auf diesen merkwürdigen Umstand nicht das Gewicht legen, das er bei zweifelsfreier Beglaubigung oder im Zusammenhang mit andern ähnlichen Beobachtungen verdienen würde. Die Berichterstatterin ist die Gattin des englischen Obersten Lewin, Mrs. Margaret L.; auch sie hatte nie im Leben eine andre 'Halluzination' erlebt und war zur Zeit ihrer Erfahrung 'jung, kräftig und in vollkommener Gesundheit Leibes und der Seele'. — 'Eines Nachts [im Jahre 1868 während eines Aufenthalts an der Küste in St. Leonards] hatten wir einen schweren Sturm, das Wetter war bitter kalt, und ein Kaminfeuer brannte in meinem Schlafzimmer, als ich mich um 1 / s l l zu Bette begab... Ich zog mich schnell aus, nachdem ich, meiner Gewohnheit gemäß, die Türen sorgfältig abgeschlossen hatte, konnte aber keinen Schlummer finden infolge des Rauschens von See und Wind. [Als ich nach einiger Zeit mich erhob, um ein Handtuch gegen das Eindringen des Regens am Fenster anzubringen,] bemerkte ich, daß das Kaminfeuer ausgegangen war; ich schürte es, versuchte aber vergebens, es wiederzubeleben... So muß ich ein paar Stunden gelegen haben, sehr verstimmt und müde, als ich mir einer an1) J S P R X I I 290 fT. Beschreibung des Phantoms s o f o r t aufgezeichnet.
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Argumente
aus der Erscheinung
Abgeschiedener
scheinenden Helligkeit im Zimmer bewußt wurde; das Bett, worin ich schlief, war ein altmodisches hölzernes mit hoher Mahagoni-Kopf- und Fußl e h n e . . . , und am Fußende des Bettes meinte ich ein Licht zu sehen. Ich dachte, das Feuer müsse von selbst wieder in Gang gekommen sein, und kroch auf den Knien an die hohe Fußlehne des Bettes heran, um Ober sie weg zu sehen, wie das wohl geschehen sein mochte. Ich dachte an nichts als das Feuer und war nicht im geringsten Grade nervös. Als ich mich auf meinen Knien aufrichtete und über die Lehne des Bettes blickte, sah ich mich Auge in Auge der Erscheinung eines Mannes gegenüber, etwa 3 Fuß von mir entfernt. Ich glaubte nicht einen Augenblick, daß es ein Mensch, sondern fühlte sofort, daß dies einer von den Toten sei. Das Licht schien von dieser Gestalt und rings um sie her auszustrahlen, aber die einzigen Teile, die ich deutlich sah, waren der Kopf und die Schultern. Das Gesicht werde ich nie vergessen: es war blaß, ausgemergelt, mit schmaler Adlernase, die Augen tief eingesunken und in ihren Höhlen mit eigenartigem Glänze schimmernd. Ein langer Bart war anscheinend mit einem weißen Wolltuch überwickelt, und auf dem Kopfe saß ein filzener Schlapphut. Ich empfing einen Nervenschlag; ich empfand, daß ein Toter mich, die Lebende, ansah, hatte aber kein Gefühl wirklicher Furcht, bis die Gestalt sich langsam in Bewegung setzte, als wollte sie sich zwischen mich und die Tür stellen; da überkam mich ein Grauen, und ich sank ohnmächtig hintenüber. .. [Als ich zu mir kam,] war das Zimmer völlig dunkel, und obgleich ich von der gespenstischen Natur meiner Beobachtung überzeugt war, machte ich Licht und untersuchte, um ganz sicher zu sein, sorgfältig das Zimmer, blickte unter das Bett, in den Schrank hinein und unter den Anziehtisch. Ich rüttelte an beiden Türen: sie waren verschlossen wie zuvor. Am Fenster lagen meine Handtücher unverrückt; der Kaminschlot war zu eng [für das Durchschlüpfen eines Menschen]... Vom Vermieter erfuhr ich, daß das Haus zuletzt während des vergangenen Winters bewohnt gewesen war, und zwar von einem jungen Mann mit galoppierender Schwindsucht. [Beim Aufblasen eines Faltboot-Luftbehälters] zerriß er sich eine Ader, wurde in mein Schlafzimmer geschafft und starb dort.' 1 — Die Identifizierung der Erscheinung ist hier vielleicht nicht so bündig wie in den andern Fällen, aber immerhin leidlich überzeugend. Die Anführung von Fällen genau dieser Gattung könnte fast beliebig fortgesetzt werden. In den meisten der obigen sind offenbar die möglichen 'Lieferer' der Bildinhalte nicht einmal so weit entfernt wie in den zuvor beschriebenen Fällen von Trans-Erscheinungen; ja in einigen legt sich sogar der Gedanke an eine a k t i v e Rolle dieser Bildlieferer nahe, sodaß wir mit diesen Beispielen vielleicht einen logischen Schritt rückwärts getan haben. In Mrs. Clerkes Fall z. B. käme die Besitzerin des Hotels in Frage, die ihre Vorgängerin doch wohl genau von Ansehn kannte; in dem anonymen Falle — die 'Kusine', die, wie wir 1) Pr V 463«. Vgl. Lombroso 271.
Unbekanntheit
der
Erscheinung
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hören, sehr wohl wußte, wen das Bildnis im Eßzimmer darstellte. Im Falle der Mrs. Lewin wird niemand genannt, der entsprechend wirksam werden konnte; das ganze gemietete Haus wurde von ihr und den Ihrigen (Schwester und Kind) allein bewohnt; aber die vermietende Person wird sich wohl des darin verstorbenen Schwindsüchtigen auch bildhaft erinnert haben. Im Falle Verrall freilich liegt die Sache wesentlich schwieriger. Setzen wir aber auch voraus, daß ein möglicher Lieferer des Bildinhalts in a l l e n Fällen dieser Art gegeben sei, so ist es doch noch eine weitere Frage, ob wir die Lieferung des Bildes von seiner Seite als einen w a h r s c h e i n l i c h e n Vorgang mit einiger N a t ü r l i c h k e i t annehmen dürfen, sei es vermöge eines 'Schöpfens' von Seiten des Perzipienten (dies unser bisher äußerster Deutungsbegriff), sei es auf Grund einer aktiven Übertragung seitens des Bildkenners (dies der zunächst erwähnte bescheidenere Begriff). Vergessen wir nicht, daß Erlebnisse wie die geschilderten im Leben der betreffenden Freiluft-Perzipienten fast immer e i n m a l i g e Erfahrungen darstellen, und nicht ständige und typische, wie bei den zuvor genannten 'Medien', denen wir daher eine entsprechende 'Begabung' zuzuschreiben geneigt sind. Würde man aber den Subjekten der letzten Fälle die Empfänglichkeit für Bildübertragungen seitens Dritter auch nur in mäßigem Grade zuschreiben, so müßte man ähnliche Erfahrungen auch bei ihnen leidlich häufig erwarten; in weit höherem Grade aber noch, wenn man ihnen die Fähigkeit oder gar Neigung zuschriebe, aus den Erinnerungen Dritter — Bilder unbekannter Personen zu s c h ö p f e n . Und was für die Bildschauenden gilt, das gilt mutatis mutandis auch für die angeblichen Bildlieferer. Welchen ersichtlichen G r u n d hatte z.B. in Mrs. Clerkes Fall die Besitzerin des Hotels zur Bildübertragung? Mrs. Clerkes Wahrnehmung war, wie aus dem Bericht ziemlich eindeutig hervorgeht, die erste überhaupt vorgefallene, wie denn auch die Befürchtung der Wirtin, ihre Gäste könnten das Haus verlassen, erst durch den B e r i c h t der Perzipientin geweckt wurde.1 Im Falle des im Säuferwahnsinn Verstorbenen liegt es zwar nahe, die offenbare Angst der Kusine, ihre Besucherin möchte gleichfalls den Spuk sehen, als Erklärung für die Bildübertragung heranzuziehn; aber damit bliebe natürlich die Frage unbeantwortet, warum denn die K u s i n e etwas (wie sie selber meint) Spukhaftes in dem Zimmer gesehn hatte. Man mag eine schon bestehende Spukangst dieser Dame v e r m u t e n , angeregt oder vermehrt durch ihr Wissen um die garstige Todesart des in ihrem Zimmer Verstorbenen. Aber dös wäre nur eine Annahme, und eine Annahme, wie 1) Diesen Umstand übergeht Podmore bei seiner Bekrittelung des Falles (Pr V I 233)1
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Argumente aus der Erscheinung Abgeschiedener
sie in keinem der andern Fälle anwendbar ist. Auch wäre damit noch schwerlich das dreimalige Erwecktwerden der zweiten Perzipientin — in 'kaltem Schweiß'! — durch die Erscheinung erklärt. Zu solchen nächstliegenden Bedenken treten andre, die sich auf den vorausgesetzten übernormalen Vorgang selbst beziehen. Es mag noch hingehn, daß die benutzten Begriffe — 'Übertragen', 'Schöpfen' — in ihrer etwas hausbackenen Scharfumrissenheit keineswegs unbedenklich sind. Die Vorgänge sind schon auf den ersten Blick so rätselvoll und verschwimmend, daß es fraglich erscheinen muß, ob sie mit so einfachen Rubriken überhaupt auseinanderzusondern sind. Myers, der ja den Begriff 'Telepathie' erst schuf, faßte ihn jedenfalls sehr viel weitherziger, als nur das Hinüberreichen eines Inhalts durch A's Aktivität in B's Bewußtsein bezeichnend. Er umschrieb den Ausdruck telepathy als 'Gemeinschaftserleben auf Entfernung hin' — fellowfeeling at a distance — und fügte hinzu, 'die Annahme liege ihm fern', daß dieser Ausdruck und der verwandte telaesthesia — Wahrnehmungauf-Entfernung — 'bestimmten und klar gesonderten Gruppen von Phänomenen entsprächen oder das ganze Gebiet der übernormalen Fähigkeiten umfaßten. Im Gegenteil, ich halte es für wahrscheinlich, daß die Tatsachen der 'metätherischen' Welt sehr viel verwickelter sind, als die der materiellen...' 1 Aber fassen wir 'Telepathie' auch in diesem freieren und reicheren Sinn auf, so könnte schon die Tatsache Bedenken wecken, daß wenigstens im Rahmen experimenteller Telepathie niemals eine auch nur annähernd so reichhaltige und genaue Bildübertragung gelungen ist, wie sie in den obigen Fällen anzunehmen wäre. Die experimentelle Bildübertragung, wie wir sie etwa aus den klassischen Versuchen von Guthrie, Birchall, G. A. Smith u. a. kennen,1 begnügt sich stets mit leidlich groben Zeichnungen, die ihrerseits nur mit sehr starken Abweichungen, ja zuweilen nur ihrem Sinne nach, also ohne wahre Gleichheit des Bildes, beim 'Empfänger' zum Vorschein kommen. Man weist zwar auf die bekannten Fälle willkürlichen und insofern 'experimentellen' Erscheinens in der Ferne hin, in denen das erzeugte Bild allerdings alle Einzelheiten des wirklichen Aussehens einschließt3 Aber sind hier die Perzipienten nicht fast immer gute Bekannte des Experimentierenden, denen sein Aussehn ohnehin vertraut ist, die also seine Erscheinung auf einen bloßen allgemeinen 'Anstoß' hin 'erzeugen' könnten? Eine solche Ausflucht erscheint mir jedenfalls immer noch sinnvoller, als Podmores unhaltbarer Gedanke, die Übertragung 1) Myers I 136. 2) Gurney I 36 fl.; Pr I 78 fl. 161 ff. 175 11. Für deutsche Leser manches bei Baerwald, Phän. 51 (t. 3) Podmore, Nat. 112 ff.
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des Eigenbildes beruhe auf jenen 'ständigen und massiveren (!) Vibrationen, welche vermutlich der Vorstellung [des Agenten] von seiner eigenen Persönlichkeit entsprechen'.1 Aber auch im Bereich der sogenannten 'spontanen Telepathie' liegt die Sache bekanntlich ebenso, d.h. anders als bei der experimentellen Übertragimg gegenständlicher Bilder: spontane Fernerscheinungen Lebender — phantasms of the living —, auch wenn sie von 'Fremden' gesehen werden, gleichen den angenommenen 'Sendern' meist offenbar 'aufs Haar' (eine Tatsache, die wiederum so gewöhnlich und vertraut ist, daß ich sie nicht zu belegen brauche). Indessen muß ich auch hier bemerken, daß die Bezeichnung solcher Vorgänge als 'telepathischer', d. h. als Bildübertragung vom Gesehenen auf den Schauenden, keineswegs als selbstverständlich gelten kann. Es ist schon längst und häufig darauf hingewiesen worden,8 daß doch die Wahrnehmungen des Perzipienten in solchen Fällen niemals mit den augenblicklichen 'Vorstellungen' des angeblichen 'Agenten' übereinstimmen, der ja häufig samt seiner augenblicklichen Umgebung soz. 'von außen' geschaut wird. Wird er inmitten seiner Umgebung geschaut, so könnte man oft an ein — durch den Geschauten bloß angeregtes — Fernsehen des Perzipienten denken. 'Erscheint' er dagegen allein und losgelöst, so entstehen ganz andre Probleme, die uns bald bestürmen werden: jedenfalls aber ist auch hier von einer wirklichen Übereinstimmung des vorstellungsmäßigen Erlebens auf seiten des Geschauten — A — und des Schauenden — B — gar keine Rede. Wenn A von einer Kugel durchs Herz getroffen am Boden liegt und der ferne B ihn etwa gleichzeitig in einer Ecke seines Zimmers stehen sieht, die Augen auf ihn gerichtet und mit der Hand auf einen Blutfleck am Waffenrock deutend, so hat sich zwischen diese beiden Erlebnisse offenbar irgendein Vorgang eingeschaltet, der sich einstweilen noch völlig unsrer Einsicht entzieht. Es mag sich um die dramatisierte Ausgestaltung einer abstrakten Wissensübertragung, es mag sich aber auch um ganz andre Dinge handeln: jedenfalls tun wir gut, den Tatbestand zunächst in unverbindlicher Weise zur Kenntnis zu nehmen und nicht mit dem üblichen 'klipp und klaren' Begriff der Telepathie — als 'Vorstellungsübertragung' — zu präjudizieren, Ich werde solche Vorgänge, weil der am Erscheinen zunächst Interessierte und der Erscheinende hier in einer Person zusammenfallen, auch künftig als Autophanie bezeichnen (womit über den wesentlich zweideutigen Ausdruck 'Telephanie' hinausgegangen wird). Die Festlegung dieses Begriffs aber regt sogleich eine andere Fassung 1) Podmore, App. 390.
2) Von mir z. B. Mattiesen 387.
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Argumente aus der Erscheinung
Abgeschiedener
unsres Bedenkens an. Nach den vorgetragenen animistischen Deutungen unsrer Fälle handelt es sich natürlich nicht um Autophanien; kann es sich garnicht um solche handeln, weil die Verstorbenen, als. nicht existierend, auch nicht die an ihrer Erscheinung 'zunächst Interessierten' sein können. Der Animist ist vielmehr durch die Fälle lebenstreuer Totenerscheinungen gezwungen, dem Vorgang der 'Heterophanie', also der Erzeugung oder Hergabe der Erscheinung eines Andern, die gleiche mögliche Vollkommenheit der Wirklichkeitstreue zuzuschreiben, wie sie die Autophanie unstreitig immer besitzt. Die Frage nun, ob solche vollkommene Heterophanie überhaupt möglich sei, erscheint noch keineswegs geklärt, vor allem wenn man dabei das aktiv-telepathische Schema zugrunde legt, welches im allgemeinen noch aussichtsreicher erscheint, als das des 'Schöpfens'. Zum mindesten scheint der fragliche Vorgang so selten zu sein, daß man bei seiner Verteidigung immer wieder auf dieselben Paradefälle stößt, die vielleicht nicht einmal ausreichen, die fragliche Tatsache zu erweisen (denn wie leicht ließe sich für so seltene Vorgänge noch eine andre Deutung zurechtlegen!). Myers, in seinem klassischen Werk 'Die menschliche Persönlichkeit', nimmt diesem Tatbestand gegenüber seltsamerweise nicht überall die völlig gleiche Haltung ein. Einmal 1 scheint er für die telepathische Übertragung einer Fremderscheinung alle beweisenden Beobachtungen zu vermissen und bezeichnet den alten Fall des Assessor Wesermann (auf den ich gleich zu sprechen komme) als den einzigen, 'wo ein Agent eine halluzinatorische Gestalt oder Gruppe von Gestalten erzeugt hat, die nicht wenigstens seine eigene einschloß'. An andrer Stelle 2 führt er ohne Widerspruch die Meinung der Verfasser des Berichts über die englische Halluzinationen-Umfrage an: 'Die bloße Tatsache, daß eine Erscheinung eine bestimmte Person darstellt, beweist nicht, daß diese Person der Agent sei. Es ist möglich für den Agenten, das Bild irgendeiner dritten Person auf einen Perzipienten zu übertragen...'; 3 und er verweist auf mehrere Fälle, die eine solche Deutung nahelegen, wennschon nicht eindeutig beweisen.4 Auch für die gleichzeitige M i t Übertragung von Fremdbildern neben dem Eigenbilde des Agenten gibt Myers wenige und verstreute Belege, z. B. den Fall des sterbenden Seemanns Pearce, neben dessen Lager ein andrer Seemann, D. Brown, das Weib, zwei Kinder und die Mutter des Sterbenden 'trauernd' erblickte, 5 — was mir indessen nicht so viel zu beweisen scheint, als hier bewiesen werden müßte; denn Brown kannte die Familie des Pearce 'sehr gut', und daß er die Mutter sagen hörte, ihr Sohn werde am Donnerstag um 12 Uhr mittags in 1400 Faden Wasser bestattet werden, scheint noch eher auf ein symbolisches Vorgesicht des Brown zu deuten, als auf eine Vorstellungsübertragung seitens des Sterbenden. 1 ) I I 30. 2) II 5 ) Gurney I I 144 f.
345.
3 ) Pr
X
260.
4 ) das.
223.
281;
vgl.
260—3.
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Immerhin muß man zugeben, daß 'zweite' oder Nebengestalten in Erscheinungen häufiger sind, als man geneigt sein möchte, z w e i g l e i c h z e i t i g e Agenten anzunehmen; und auch das Miterscheinen von T i e r e n und G e g e n s t ä n d e n scheint das Argument zugunsten von Heterophanie zu verstärken. Einige Beispiele mögen dies verdeutlichen; ich gebe sie in äußerster Kürzung, weil das, was sie beweisen sollen, ja doch mir selber Schwierigkeiten bereitet und folglich keine Beweislast trägt. Ziemlich bekannt ist der Bericht des Generals R. Barter, der als junger Offizier (im Juni 1854) in der indischen Bergstation Marri folgendes E r lebnis hatte. Eines Abends auf dem A b h a n g oberhalb seines Hauses stehend (nachdem er sich eben von zwei Gästen, d a r u n t e r eine Dame, verabschiedet), vernahm er Hufschläge u n d sah um eine Bodenwelle erst einen hohen Hut, dann die Gestalt eines Reiters auftauchen, begleitet von zwei eingeborenen Reitknechten zu Fuß. Die gesamte Erscheinung, im taghellen Mondschein deutlich zu sehn, wird u n s bis ins Kleinste geschildert. Nach zweimaligem vergeblichem Anruf hielt die Gruppe 10—12 F u ß vom Perzipienten entfernt, wobei 'der Reiter die Zügel mit beiden Händen a u f n a h m , sein Gesicht mir zuwandte, das bisher von mir weggeblickt hatte, u n d auf mich herabsah'. Barter erkannte sofort den verstorbenen Leutnant B., trotzdem sein Gesicht nicht glatt rasiert war, wie zu Lebzeiten, sondern einen eigenartigen Fransenbart t r u g — eine sog. Newgate-fringe —; auch erschien der Reiter 'viel dicker', als Barter ihn gekannt hatte. Dieser stürzte auf die Gruppe zu, stolperte, u n d sah, als e r sich erhob, nichts mehr, konnte auch bei weiterem Suchen keine Spur von dem Leutnant u n d seinen Begleitern entdecken. Zwei Hunde Barters, die während der A n n ä h e r u n g der Gruppe sich leise winselnd a n seine Füße gedrückt hatten (dies merken wir uns f ü r später!), waren ihm beim Vorspringen n i c h t gefolgt. T a g s drauf brachte Barter bei einem Freunde, Leutnant Deane, das Gespräch in unverfänglicher Weise auf Leutnant B. u n d e r f u h r , d a ß dieser vor seinem T o d e stark zugenommen u n d sich einen Bart hatte wachsen lassen. 'Ich bin gewiß, daß ich von d e r Veränderung in seinem Ä u ß e r n vor seinem T o d e nichts gehört hatte.' Barters H a u s w a r s e i n e r z e i t v o n B. e r b a u t w o r d e n ; 'aber die Tatsache interessierte mich nicht.' Sowohl Barter als a u c h seine Frau u n d seine Dienerschaft hatten schon vor diesem Erlebnis wiederholt den Klang eines auf das Haus zu galoppierenden Pferdes vernommen, ohne aber etwas sehn zu können; u n d Leutnant Deane teilte Barter mit, d a ß B. auf eben jener Bergstraße ein afghanisches P f e r d 'in seiner rücksichtslosen Art' zu Tode geritten hatte. 1 Sehr bekannt ist auch die vorzüglich verbürgte Geschichte einer Mrs. M., die eines Abends von ihrem G a r t e n her ein 'eigenartiges Stöhnen u n d Schluchzen' vernahm, den Fenstervorhang beiseitezog u n d auf dem Rasen 1) Pr V 468 ff. (Spät, aber gut bezeugt.) Vgl. d. ahnl. Fälle Crowe 266; Flammarion II 398 f.; Gurney II 97 f. (Zwei Pers. in Kutsche mit Pferd von Zweien gesehn!)
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Argumente aus der Erscheinung
Abgeschiedener
ein 'sehr schönes junges Mädchen' vor einem Herrn in Generalsuniform kniend erblickte, den es anscheinend flehentlich, aber vergeblich um etwas bat. Als Mrs. M. hinlief, um die Unglückliche hereinzubitten, verschwand die Gruppe. Erst nachträglich brachte sie in Erfahrung, daß etwa 40 Jahre zuvor in eben diesem Hause die Tochter eines Generals aus vornehmer und stolzer Familie wegen eines Fehltritts von ihrem Vater verstoßen worden war, und erkannte den General in einem Bilde wieder, das sie gelegentlich eines Besuches ganz unerwartet zu Gesicht bekam.1 Dem sorgfältigen J. A. Hill verdanken wir den seltsamen Bericht einer hellseherisch veranlagten Dame, Mrs. Napier (pseud.), die eines Tages 'einen Mann, der eine Flinte unterm Arm und ein paar Tauben in einer Hand trug', bei sich eintreten sah. Sie hätte ihn für einen Lebenden gehalten, so natürlich erschien er, hätte sie nicht gewußt, daß sie ihre Tür sorgfältig abgeschlossen hatte. Der Mann, gegen den sie einen starken Widerwillen empfand, 'schritt ins Zimmer vor und warf die Tauben aufs Bett... Dann sprach er: 'Sie kennen mich nicht?' 'Nein.' 'Ihr Vater kannte mich sehr gut. Ich starb vor mehr als 20 Jahren. Ich bin Tom Wyndham. Ich pflegte Ihren Va.ter Bob zu nennen.' Dann verschwand er. Mrs. N. glaubte den Namen nie zuvor gehört zu haben, doch erzählte ihr Vater ihr, als sie ihn fragte, daß es ein Jugendfreund gewesen sei, gutmütig, aber ausschweifend, der 'niedern Sport' wie Taubenschießen gern gemocht habe und am Trunk zugrunde gegangen sei. Wie er den Vater angeredet habe? 'Er nannte mich Bob. Er war der einzige meiner Freunde, der es tat. Wie du weißt, habe ich stets eine starke Abneigung gegen diese Abkürzung gehabt.'2 Das Erlebnis geht, wie man sieht, schon beträchtlich über ein bloßes Tjrscheinen' hinaus, mag aber eben damit dazu dienen, unsern Tatbestand mit später zu besprechenden gleichsam zu verzahnen. Auch Erscheinungen, welche Tiere — in diesem Falle tote! — miteinschließen, dazu Gegenstände selbst über die Kleidung hinaus (hier eine Flinte), sind nicht ganz selten, wennschon vielleicht seltener, als 'multipersonale' Erscheinungen, die ja bekanntlich in einzelnen Fällen sich zu wahren Phantommassen steigern: dem anscheinend geschichtlich wahren Schauen ganzer 'Versammlungen', kämpfender Armeen oder wandernder Menschenschwärme.3 Tatsachen dieser Art ziehen uns natürlich gewaltsam in die Theorie des sog. Spuks hinein. Entweder man faßt sie als übernormale Schauungen auf, bei denen die Aktivität ausschließlich beim Schauenden liege: etwa indem sich ihm der 1) Pr V I I I 178 f. (Sofortige Aufzeichnung.) Vgl. etwa noch den Fall des Dr. Donne: Crowe 172 (auch Gurney I 394); Piper 112 (aus D. A. L. Richters 'Betracht, üb. d. animal. Magnetismus', 1817); P r X 3 8 0 H . ; Tiere: Usthal 8 3 t . (aus L t ) ; 8 4 f . (nach Flammarion); Kerner, Ersch. 14. 41. 67; Hyslop, Probl. 184. 2) Hill, New Evid. 22 ft. 3) Vgl. d. merkwürdigen Fall Pr I I I 77 i . ; die berühmte 'Adventure' der Damen Morison u. Lamont (ref. z . B . Bozzano, Hant. 193 fJ. u. Pr X V 353 IT.); Daumer I I 290 fl.; Hennings 624; Flammarion I I 401; Piper 117 (nach Walter Scott); Horst I 113.
Vnbekanntheit
der
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Erscheinung
Blick für irgendwelche rätselhafte, von den Ereignissen 'zurückgelassene' Bilder erschließe. Oder man läßt diese Bilder von einem Dritten 'übertragen' sein, und hat dann natürlich an sich die Wahl zwischen einem Abgeschiedenen — der neben der eigenen Erscheinung auch noch diejenigen Andrer oder von Tieren und Dingen 'erzeuge' (meinetwegen wieder als 'Halluzination') — und einem entfernten Lebenden, der bloß die Erscheinung Andrer, die eigne aber garnicht erzeuge. In beiden Fällen wird, wie man sieht, die unbequeme Tatsache der Heterophanie im vollen Umfang vorausgesetzt. Das eigentliche 'Paradebeispiel' für diesen Tatbestand hat, neben mancherlei Eigentümlichkeiten, noch den Vorzug, daß die Erzeugung der Fremdgestalt von einem Willen zum E x p e r i m e n t ausging, der strittige Vorgang uns also greif- und nachprüfbar gegeben erscheint. Der Regierungsassessor und Oberwegeinspektor H. M. Wesermann in Düsseldorf hatte sich in den 20 er Jahren des 19. Jahrhunderts durch Mesmersche Lehren zu Versuchen zwecks Übertragung von Vorstellungsbildern auf entfernte Schlafende anregen lassen. In dem fünften dieser Versuche gelang ihm indessen, und zwar ohne daß er selbst es ahnte, die Beeinflussung zweier vollkommen Wacher, der Leutnants S. und —n. Eine vor 5 Jahren verstorbene Dame sollte nach Wesermanns Absicht dem letzteren um 10.30 abends im Traum erscheinen und ihn zu guten Taten anreizen; —n war aber noch wach und in lebhafter Unterhaltung mit Leutnant S. begriffen. Nach den sogleich sorgfältig gesammelten unabhängigen Aussagen der beiden Herren hatte sich die Tür ihres Zimmers geräuschlos 'geöffnet' (für gewöhnlich 'quietschte' sie), die Dame trat ein, in Weiß mit schwarzem Umschlagetuch gekleidet, grüßte jeden der beiden Offiziere besonders mit Nicken und wiederholten Handbewegungen und verließ das Zimmer wieder geräuschlos.1 Die Gestalt soll der Verstorbenen genau geglichen haben, und ich glaube aus den Worten des Berichts ('eine Dame') schließen zu müssen, daß sie dem Leutnant S. nicht bekannt war. Es fällt überdies auf, daß der Perzipient, den Wesermann allein beeindrucken wollte, sich nicht dort befand, wo W. ihn vermutete, und daß der zweite, zufällig mitanwesende Perzipient Hrn. W. überhaupt ganz unbekannt war. Daraus schließen die Verfasser des erwähnten Umfrage-Berichts, daß Wesermanns telepathischer Erfolg bei dem ihm unbekannten Empfänger ganz unabhängig war von dessen Aufenthaltsort und daß der Mlt-Empfänger nicht von Wesermann, sondern von dem eigentlich ins Auge gefaßten Perzipienten beeindruckt wurde.2 Selbst wenn man nun nicht die Annahme wagen will, daß Wesermanns Wunsch die V e r s t o r b e n e soz. a u f g e r u f e n habe, zu erscheinen, könnte man sich immer noch mit der Ausflucht zu helfen suchen, 1) Wesermann. Auch NZPA I I I 758; J S P R März 1890; Myers I 698 Diese zweite Schlußfolgerung erscheint mir keineswegs zwingend.
ff.
2) Pr X 3221.
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Argumente aus der Erscheinung
Abgeschiedener
daß sein Versuch nur gelang, weil er, seinen eigenen Angaben nach, mit großer Anspannung des Geistes sich um die Übertragung des Bildes bemühte; 1 wie denn Delanne geradezu behaupten will: 'wenn niemand daran denke, eine Halluzination zu erzeugen, so finde die telepathische Erklärung keine Anwendung mehr.' 2 Da von solcher besondren Anspannung in den andern Fällen anscheinender Heterophanie nichts zu entdecken ist, wäre damit der behauptete Tatbestand (mit ganz seltenen Ausnahmen) überhaupt in Frage gestellt. Ich möchte indessen nicht so weit gehn. Zu zahlreich sind Beobachtungen, nach denen unbestreitbar von einem bestimmten Agenten ein telepathischer Anstoß ausgeht, der doch keineswegs 'in sein Bewußtsein fällt'. Wir dürfen also nicht bewußte Anspannung zur unumgänglichen Bedingung einer telepathischen Übertragung machen. Wir werden nie zu einer durchgreifenden Verteidigung von Autophanien Verstorbener gelangen, wenn wir nicht dem animistischen Gegner den weitestgehenden Gebrauch seines telepathischen Deutungsmittels einräumen. Gestehen wir also immerhin zu, daß v o l l k o m m e n s t e F r e m d b i l d ü b e r t r a g u n g m ö g l i c h und der Beweis b e w u ß t e r A b s i c h t zu einer solchen Übertragung n i c h t zu f o r d e r n sei. Wir werden, wie der Leser bald sehen wird, den Bau unsrer Beweisführung errichten können, auch ohne diese beiden Steine nach unsern Bedürfnissen behauen zu haben. Vor allem lassen ja die eben gemachten Zugeständnisse die höchst verwunderliche Tatsache bestehn, an welcher der Gegner sich mit bezeichnendem Schweigen vorüberdrückt: daß vollkommene Heterophanien L e b e n d e r — also die telepathische Erzeugung von Phantomen Lebender durch andere Lebende — seltenste Ausnahmen darstellen 3 (selbst Wesermanns und mehrere der übrigen angeführten Fälle zeigten ja Tote), während, nach animistischer Vorstellung, die vollkommene Heterophanie V e r s t o r b e n e r zu den gewöhnlichsten Leistungen der gesamten Metapsychik gehört. Für diesen verblüffenden zahlenmäßigen Unterschied zwischen Vorgängen, die nach animistischer Deutung v ö l l i g i d e n t i s c h sind, wird uns n i c h t d e r S c h a t t e n e i n e r B e g r ü n d u n g gegeben; während anderseits in keinem Fall von angeblicher Heterophanie eines Lebenden die Möglichkeit widerlegt wird, daß auch diese in Wahrheit als Autophanie zu erklären sei ( a n g e r e g t etwa durch die Gedanken des a n g e b l i c h e n Agenten der Erschei1) Pr VI 288 (Podmore). 2) Delanne I 157. 3) Wenigstens hat sich m. W. noch niemand zu der unsinnigen Behauptung verstiegen, daß alle oder viele Fernerscheinungen Lebender im Augenblick erregender Erlebnisse gar nicht von diesen selbst, sondern von einem ies ist falsch, aber es schließt sich an das andere an. Ich denke, Sie stückeln es zusammen... Schicken Sie alles dies s o f o r t an Mrs. V[errall]. Reynold.' 4 — Von großer Ausdrücklichkeit und Genauigkeit ist auch folgender durch Mrs. Forbes' Hand am 6. Feb. 1910 erteilter Auftrag: 'Oliver Lodge wird sich freuen den Schlüssel zu erfahren wir schicken ihn zum öffnen (?) . . . Seid guten Muts, es ist euch vorbehalten Finder zu sein... Edmund Gurney — Talbot Wir wünschen den Brief an Mrs. V[errall] gesandt zu sehn — von mir an die Cambridger Freunde — sie hat den Verstand darauf zu sehn, daß e r . . . Sie wird es sehen müssen, wenn sie es entziffern soll... Wir schreiben es um des benötigten Wortes willen, es wird helfen, wenn Sie dies sagen...'* Den bedeutsamsten Fall dieser Art aber haben wir schon früher im Rahmen der Kk. 'Sesam und Lilien' kennengelernt. Die Anteile der Mac-Gruppe erfolgten hier in der Zeit vom 19. bis 29. Juli 1908. Zwischen dem 12. und 1) X X I 254. 4) XXVII 262.
2) XXVII 129; vgL XXVI 49; XXIV 242. 5) XXV 201.
3) X X X I I I 581.
Experimentelle
Entsprechungen
der Ges.f.psych.Forschung
143
18. September äußerten die Kommunikatoren wiederholt den Wunsch, daß diese Anteile an Mrs. Verrall gesandt würden, unter Betonung der Notwendigkeit, daß die Sendung die Empfängerin bis Sonnabend, d. 26. September, erreiche. Wie erinnerlich, hatten aber Mrs. und Miss Verrall die Absicht, ihre Schriften am 27., zum letzten Mal vor einer tags darauf beginnenden längeren Trennung, miteinander zu vergleichen. Dabei wurden von den Mac-Kommunikatoren umständliche Anordnungen erteilt, was alles geschickt und was dabei besonders hervorgehoben werden sollte; und alle diese Wünsche waren mehrfach persönlich 'gezeichnet'.1 In allen bisher angeführten Regiebemerkungen äußerte sich deutlich die experimentelle Absicht, durch mehrere Medien verschiedene Teile von Zusammenhängen kundzugeben. Indessen finden sich Äußerungen mannigfacher Art, die über diesen allgemeinen Grundriß in verschiedenen Richtungen n o c h h i n a u s - und ins E i n z e l n e gehen. — Einige bekunden z. B. das Bewußtsein der Leitung, daß mit diesen Versuchen etwas b e s o n d e r e s , von früher Geleistetem abweichendes, also neua r t i g e s unternommen werde. So schreibt Mrs. Verrall am 10. August 1904, nachdem ihre Schrift mit gewissen Äußerungen über Fred. Myers' 'postumen Brief offenbar zu Ende gekommen ist: 'Dies nun ist etwas anderes. Sitzen Sie regelmäßig und warten. Ich wünsche etwas [von früherem?] gänzlich verschiedenes zu versuchen, — Sie sollen nicht raten, und Sie werden wahrscheinlich nicht verstehen was Sie schreiben. Aber bewahren Sie es alles auf und sprechen Sie einstweilen noch nicht darüber. Dann zu Weihnachten oder vielleicht früher können Sie Ihre eigenen Worte mit denen einer andern vergleichen, und die Wahrheit wird [dadurch] offenbar werden. Aber was ich sage wird nicht sensationell sein — es wird etwas ganz neues bezwecken und nur ein langausgesponnener Versuch kann irgend etwas nützen. Fangen Sie jetzt an die Worte zu schreiben, die ich g e b e 3 Neben dies Bewußtsein von der allgemeinen "Neuheit' einer ganzen Versuchsreihe tritt übrigens zuweilen ein Bewußtsein der Ingangbringung eines n e u e n Einzelversuchs i n n e r h a l b der Reihe. So schreibt z. B. Mrs. Willett am 28. Februar 1914: *Einige Verwirrung wird vielleicht in dem übermittelten Stoffe auftreten, aber ein Experiment wird jetzt begonnen, nicht ein neues3 Experiment, aber ein neuer Gegenstand, und genau genommen [auch] nicht das, sondern eine neue Richtung,4 welche mit einem Gegenstande, der bereits durchgebracht ist, zusammenhängt6... fügen Sie eins zu e i n s . . . ' 6 — Damit beginnt die höchst bedeutsame Reihe von Äußerungen, die sich um die Vorstellung des 'Ohres des Dionysios' lagern. Andre Bemerkungen, die ich hier anführen möchte, beziehen sich auf eigenartige S o n d e r g e s t a l t u n g e n des Versuchs und beleuchten 1) X X I V 267f. 310.
5) toira with . . .
2) X X I 384.
6) XXIX 206.
3) new:
neuartiges?
4) a new Itne
144
Argumente
aus formalen Verhältnissen
der
Kundgebung
auf neuartige Weise das ins Einzelne gehende Bewußtsein des Leiters vom Wesen seines Unternehmens. So wird, während doch meist die Anteile der einzelnen Medien in freien Formen die Zielvorstellung des Versuchs umspielen, gelegentlich eine völlige Übereinstimmung der gesonderten Äußerungen als beabsichtigt bezeichnet. Zwei solche Bemerkungen finden sich bei Mrs. Verrall. Am 11. April 1906 schreibt sie: 'Dies ist wiederholt worden — Es wird der Versuch gemacht, diesmal die gleichen Worte zu gJien,' 1 und am 14. August 1907, nach einem Zitat: 'Ich will, daß Mrs. Holland dieselbe Anspielung auf Matthew Arnolds Requiescat macht.' 8
In wieder andern Fällen äußert sich das Verständnis der Versuchsleiter für den Verlauf des Experiments in der Form der Einsicht in einen untergelaufenen Fehler, — Fehler im Sinne der Notwendigkeit, bei der Verteilung der Bruchstücke auf die xMedien nicht nur gewisse Dinge mitzuteilen, sondern auch gewisse Dinge vorzuenthalten; weil ja das Nicht-wissen um einen bestimmten Inhalt zum Beweise der Übernormalität der Leistung gehören kann! In diesem Sinne ist folgendes kleines Gespräch zwischen "Rector' und Mr. Piddington in der Piper-Sitzung vom 23. Januar 1907 belangreich: R e c t o r : 'Wir bedauern sehr, daß wir 'Kranz' vor [Mrs. Verrall] erwähnten, aber wir taten es aus Unachtsamkeit.' P i d d i n g t o n : 'Das macht nichts. Außerdem, als Sie sagten 'Ich verstand nicht, was 'Kranz' solle', schien das Mrs. Verrall wieder von der Fährte abzuführen.' R e c t o r : 'Ja — sehr gut — weil es eine sehr gute Sache zu versuchen ist. Wir wünschen sie nicht zu verpfuschen.' 3
Daß diesem Überwachen des Versuchsverlaufs von innen her, d.h. seiner vorstellungsmäßigen Entwicklung nach, auch ein Verfolgen seines äußeren Gelingens entspricht (soweit dies den Leitern möglich ist), wissen wir bereits aus früherem. Ich möchte hier nur noch ein, soweit ich sehen kann, einzig dastehendes Beispiel hierfür einflechten, worin nicht nur die Schrift eines Mediums, sondern sogar das äußere Tun eines Forschers als beobachtet erscheint Es findet sich in Mrs. Verralls Schrift vom 17. Dezember 1914, die z.T. wie folgt lautet: 'An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Sie brauchen nicht mehr als das an Piddington zu schicken, und nur dies Wort — daß ich belustigt war, ihn neulich beim Licht der elektrischen Lampe sich mit dem Lexikon abmühn zu sehn — nicht d o r t wird er den S c h l ü s s e l finden, den er sucht — Sagen Sie ihm, dieser ist völlig klar in Helens kürzlich gelieferter Schrift, und ich glaube, er wird ihn erkennen. Das genügt.' — "Nachdem ich', schreibt Mr. Piddington, 'diese Schrift gelesen, notierte ich, daß ich während dar vorausgegangenen zwei oder drei Wochen 'mich mit dem Lexikon abgemüht* hatte, um über drei bestimmte Punkte in einer Schrift Miss Verralls zur 1) X X I 363.
2) XXVI 47.
Vgl. XXV 264.
3) XXVII 60 f.
Experimentelle
Entsprechungen
der Ges. f.psych. Forschung
145
Klarheit zu kommen,' (die dann im einzelnen aufgeführt und erläutert werden.)1 Kann man dem schreibenden Wesen nicht seine 'Belustigung' nachfühlen, in dem Bewußtsein seiner Oberlegenen Einsicht gegenüber dem Tappen des irdischen Forschers? Aber vielleicht die sonderbarste Bekundung dieses bis ins Kleinste gehenden Experimentalwillens besteht in der Ausdrücklichkeit, mit welcher sehr häufig — und zwar vorzugsweise bei Mrs. Verrall — der Z e i t p u n k t der Schriften als für den Verlauf des Versuchs belangreich bezeichnet wird; ein Gesichtspunkt, dessen m ö g l i c h e Wichtigkeit auch ohne Nachweise im Einzelfall ohne weiteres verständlich ist. — E i n e häufige Form dieser Betonung des Zeit-Gesichtspunkts besteht in dem ausdrücklichen Auftrag der Schrift, den T a g oder die Stunde ihres Zutagetretens durch Aufzeichnungen f e s t z u l e g e n . 'Notieren Sie die Stunde', 'datieren Sie dies' lautet dann der Befehl,2 und Mrs. Verrall kann hinzufügen, daß in der Mehrzahl dieser Fälle beweiskräftige Inhalte — evidential matter — im unmittelbaren Zusammenhang damit gegeben worden seien. — Auch sind die Befehle meist mit sonstigen Äußerungen verwoben, die ihre Bedeutung gerade für ein Kk.-Experiment beleuchten. 'Notieren Sie die Stunde, ich will jemand anders sagen, daß ich hier war.' 3 Oder (am 13. Juli 1904, nach einigen lateinischen und griechischen Worten): 'Vermerken Sie die Stunde — in London ist die halbe Botschaft gekommen... Wir wollen versuchen es heute [Helen] zu geben. Jemand wird zu ihr davon sprechen . . . ' 4 Fast noch sonderbarer, weil unmittelbarer eine umfassende Anordnung des Experiments andeutend, sind die sehr häufigen Befehle, an einem bestimmten b e v o r s t e h e n d e n T a g e wieder zu s c h r e i b e n und diesen Tag schon jetzt, oder späterhin, anzuschreiben. So z. B. in Mrs. Verralls Schrift vom 1. Mal 1907: 'Ich wünsche daß Sie ein besonderes Experiment versuchen. Am 13. Mai warten Sie auf eine Botschaft ich kann nicht sagen wie sie Sie erreichen wird — aber dieser Tag hat eine besondere Bedeutung.'6 — Seltsam verwickelt lautet der (lateinische) Befehl am 20. April 1901: 'Rechne (computa). Nimm neun Stunden; nach einigen Tagen — willst du wissen, wieviele? 1 -f-1 1 —— ( 1 —f-1 und füge noch drei hinzu.'6 Oder man rechnet völlig nach Stunden: 'Zählen Sie 40 Stunden. Dann schreiben Sie. Es wird klar sein.'7 — Dabei wird auf die Ausführung solcher Aufträge streng geachtet. Am 10. April 1904 wird Mrs. Verrall aufgetragen, am 23. zu schreiben. Sie vergißt es; aber am 27. fragt die Schrift sie: 'Warum haben Sie den 23. vergessen?'8 — Und auch diese Aufforderungen, an bestimmten Tagen zu schreiben, verweben sich fast immer mit Äußerungen, welche die genaue Zeitfestlegung als wichtig bezeichnen für den 1 ) X X I X 37. 2 ) Zahlreiche B e l e g e z . B . X X 3 7 3 . 3 2 8 . 246. 5 ) There is some special interest in that day. 7 ) Da«. 8 ) X X 97. M a t t i e s e n , Das persönliche Oberleben I I
3 ) X X 226. X X V I I 124.
4) X X I V 6 ) X X 372. 10
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Argumente aus formalen Verhältnissen der Kundgebung
S i n n der Z u s a m m e n h ä n g e zwischen den Äußerungen mehrerer Medien. Am 11. März 1903 z.B. schreibt Mrs. Verrall: (griech.:) 'Am 15. Tage, denn eben so wirst du und ein anderer zur Verständigung (eis synesin) gelangen. (Engl.:) An jenem Tage passen Sie auf, nicht allein, wenn das Gesicht kommt. Vermerken Sie den Tag und zählen Sie von jetzt ab.'1 Ähnlich am 7. Mai 1907: 'Der 13. dreizehnte Mai ist Ihnen als Datum gegeben worden. Sagen Sie Helen, sie solle dann versuchen, die Antwort zu erhalten — und danach sollten Sie nicht mehr schreiben,.bis wir das Wort geben.' 2 Zuweilen wird geradezu der Empfang eines Schlüssels-zum-Verständnis (wovon wir so viel hörten) auf einen bestimmten Stichtag verheißen. Z.B. am 6. Sept. 1902: 'Warten Sie auf den Schlüssel, am 17. wird er kommen. 17. September. Schreiben Sie dann.'3 — Oder am 28. Dez. 1904: '6 Tage müssen Sie von jetzt ab warten und weitere 3 — dann wird die Botschaft alles klar machen. Lassen Sie sie dann kommen.'1 —
Ich habe nun genügende Beweise eines in den Schriften sich äußernden W i l l e n s - z u m - E x p e r i m e n t zusammengestellt und greife auf die Frage zurück, ob demgegenüber Dr. Maxwells Meinung wirklich haltbar sei, daß es sich bei den veröffentlichten Kk.en bloß um nachträgliche Scheingebäude der Forscher handle, die aus einer Fülle hervorgesprudelter 'banaler' Inhalte irgendwie zusammenpassende ausgesucht und durch ihre Deutungskünste zu verblüffenden inneren Zusammenhängen ineinandergefügt hätten. Diese Ansicht würde durch den Nachweis einer unablässigen 'Spielleitung' wohl nur unter zwei Voraussetzungen n i c h t widerlegt werden: e r s t e n s wenn jene Äußerungen der 'Regie' sich nie mit dem wirklichen Geschehen deckten, und zweit e n s (damit zusammenhängend) wenn man die Tatsache der unablässigen Regiebemerkungen ihrerseits als ein E r z e u g n i s eben d e r ' K o m m e n t i e r u n g ' auffassen könnte; anders ausgedrückt: wenn erst der künstliche Aufbau von Kk.en durch die Forscher und das W i s s e n d e r M e d i e n d a r u m die letzteren v e r a n l a ß t hätte, in ihre Äußerungen solche Bemerkungen im S i n n e d e r K o m m e n t i e r u n g e i n z u flechten. Was die erstere Voraussetzung anlangt, so müßten also z. B. Ansagen künftiger Äußerungen durch X oder Y sich nicht erfüllen, Behauptungen über erfolgte Äußerungen sich bei der Nachprüfung nicht bestätigen; ausdrücklich hervorgehobene oder als 'wichtig' bezeichnete Stücke müßten sich als völlig bedeutungslos erweisen; der Auftrag, zwei Schriften zu vergleichen oder gewisse Teile 'zusammenzustückeln', müßte stets unausführbar sein, u. dgl. m. — Nun will ich ohne weiteres zugeben, daß es sehr schwer, wenn nicht unmöglich ist, genaue und umfassende Zahlenangaben darüber zu machen, in wie vielen Fällen 1) X X 252.
2) XXVI 183.
3) X X 372.
4) XX 373; vgl. X X I 311.
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eine solche Bestätigung der Regiebemerkungen durch die Tatsachen statthat, in wie vielen sie ausbleibt; z.T. schon deswegen, weil sehr viele Bemerkungen dieser Art uns in den Veröffentlichungen der Ges. f. ps. F. soz. außer Zusammenhang, in losgelösten Bruchstücken vorgelegt werden. Demgegenüber aber darf man behaupten, daß in vielen Fällen die Beglaubigung der "Regie' durch die Beobachtung eine völlig e i n d e u t i g e ist, — während doch in Wahrheit einige wenige F ä l l e dieser A r t g e n ü g e n würden, den Verdacht der Wesenlosigkeit dieser Bemerkungen, soz. ihres In-der-Luft-schwebens zu widerlegen. In der Tat wird der aufmerksame Leser selbst in den wenigen früher mitgeteilten Kk.en Beispiele solcher Übereinstimmung zwischen geäußerter Regie und Versuchsablauf festgestellt haben. Im Grunde aber ist es ja so, daß die sachliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Schriften an sich als gewollt sich aufdrängt und eben darum die Ä u ß e r u n g e n des Willens-zum-Experiment n a t ü r l i c h erscheinen; wie auch umgekehrt diese g l e i c h z e i t i g e n Äußerungen die Glaubwürdigkeit der Feststellung von Zusammengehörigkeiten erhöhen. Freilich b r a u c h e n , ja d ü r f e n wir den Nachweis des a u s n a h m e losen Zusammenstimmens von Regie und Versuchsverlauf keineswegs fordern. Denn erstens bleibt die Erkenntnis der Kk.en durch die Forscher fraglos hinter den tatsächlichen Abläufen zurück (das beweist schon das oft sehr späte Verständnis gewisser Kk.en überhaupt, sowie die mehrfach notwendig gewordene nachträgliche Neuordnung innerhalb bereits vorgenommener Deutungen); und anderseits müssen wir j e d e n f a l l s damit rechnen, daß der Experimentierwille der leitenden Intelligenz' (was diese auch sein mag) sich n u r t e i l w e i s e d u r c h setzen und ebenso nur teilweise dem äußern Ablauf des Versuchs werde folgen können, so daß in Aussicht gestellte Leistungen nicht immer einzutreten, Behauptungen über vollbrachte Leistungen nicht immer sich zu bestätigen brauchen. Tatsächlich decken sich die Aussagen der Regie in vielen Fällen n i c h t mit den beobachteten Tatsachen. Dies braucht aber nicht gegen die s u b j e k t i v e Wahrhaftigkeit und (insofern) Glaubhaftigkeit selbst a l l e r Regiebemerkungen zu streiten, solange wenigstens ein beträchtlicher Teil oder gar die Mehrzahl sieb als zutreffend erweist, — und das ist ja durchaus der Fall, wie selbst statistische Erhebungen über einzelne Versuchsreihen hin bestätigt haben.1 Dies aber berechtigt uns, die erwiesenen Fehlschlage auf Rechnung der zahlreichen S c h w i e r i g k e i t e n zu setzen, von denen wir da« Bemühen der 'Leiter' doch in jedem Fall umlagert denken müssen. Von solchen Schwierigkeiten haben diese auch wirklich ein völlig klares 1) Vgl. XXIV 193. 10»
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Kundgebung
Bewußtsein und äußern es oft genug; wie wenn etwa Hodgson' durch Mrs. Piper behauptet: er habe ein gewisses Wort bei Helen Verrall noch nicht 'durchgekriegt', 1 oder Mrs. Verrall schreibt: 'Ich will versuchen, die Vorstellung woanders ausgedrückt zu erhalten — aber es ist schwierig und ich weiß, es ist mir schon einmal mißlungen.' 2 — Daher: 'Wir sind genötigt, die Dinge durchzubekommen, s o gut wir k ö n n e n , und sie nachher Stück für Stück auszusondern. Anders würden wir überhaupt nie vorwärtskommen.' 3
Über die Natur dieser Hemmungen im einzelnen soll hier gar nicht nachgedacht werden. Dagegen lohnt es sich hervorzuheben, welche Betonung der Wille-zur-Mitteilung bestimmter Kk.-Inhalte durch solches Angehn gegen Widerstände erfährt; welche Betonung zugleich auch die Selbständigkeit des leitenden Wesens, — ein Gesichtspunkt, der ja für die Theorie der Kk.en nicht gleichgültig sein kann. Denn wie ich später noch ausführen werde, ist es meist garnicht möglich, solche 'Schwierigkeiten' überhaupt in das Medium allein zu verlegen, und entsprechend wächst der Anreiz, sie auf den Mitteilungswillen einer unabhängigen Persönlichkeit zu beziehen. Aber darauf soll hier noch kein Nachdruck gelegt werden. Vielmehr nur auf zweierlei: einmal darauf, daß jene 'Schwierigkeiten' nicht etwa ins Blaue hinein behauptet werden, um zu täuschen oder sich zu entschuldigen. Dies wird durch Fälle bewiesen, in denen die bündigsten Versicherungen des Experimentierwillens mit den sonderbarsten Entgleisungen — aber eben nur Entgleisungen, nicht völligem Versagen — zusammenfallen, wobei eine seltsam problemreiche Unsicherheit zeitlicher Vorstellungen auf Seiten der Versuchsleiter in Erscheinung tritt. So schreibt z.B. 'Myers' am 30. M ä r z 1908 durch Mrs. Piper: "Pharaos Tochter' w u r d e von Mrs. Verrall vor einiger Zeit geschrieben, etwa vor 10 [Wochen]. Ich wiederhole es hier als Beweis.' Nun hatte aber bis dahin Mrs. Verrall nichts von 'Pharaos Tochter' geschrieben; dagegen schrieb M i s s Verrall am 6. S e p t e m b e r 1908, ohne daß sie oder ihre Mutter von Mrs. Pipers' Schrift erfahren, u. a. folgendes: 'An des Flusses Rand, — in dem dicksten Ried, — legt' ihn seine Mutter nieder. Pharaos Tochter, — die Hand des Feindes soll ihn zum Führer des Volkes aufziehen.'* — Ein andres Mal sollte, nach Angaben durch Mrs. Piper, 'Neptun' k ü n f t i g durch Mrs. Verrall geschrieben werden, w a r aber, e h e es durch Mrs. Piper geäußert wurde, von M i s s Verrall geschrieben worden. 5 —
Sodann aber muß ich darauf Nachdruck legen, daß die offenbar bestehende Tatsache jener Schwierigkeiten völlig ausreicht, das gelegentliche Nicht-übereinstimmen zwischen Regiebemerkung und beobach1) X X I V 176. 2 ) X X I I 1 1 3 ; vgl. 181. 278; X X V I I 94 (26. 2. 1907); X X I X 37 ( 1 7 . 1 2 . 1914); X X X V I 349. Sehr starke Ausdrücke von 'Myers': X X I 230. 234. 3) Helen Verrall am 6 . 4. 1914: X X I X 28. 4) X X I V 189. 5) X X I V 193.
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tetem Verlauf der Äußerungen zu erklären und zu entschuldigen. Diese negativen Fälle begründen also keineswegs eine Entwertung der zahlreichen Fälle, in denen Regie und tatsächlicher Ablauf gut übereinstimmen, und die Behauptung, die Regie beweise bewußten Experimentierwillen irgendwo, wird in keiner Weise durch sie erschüttert. — Soviel über die erste der Voraussetzungen, die man machen müßte, damit die Tatsache der Regiebemerkungen keine Widerlegung von Maxwells Behauptung künstlicher Zurechtlegung der Kk.en bilde: die Voraussetzung der Nichtübereinstimmung dieser Regiebemerkungen mit den Tatsachen. Die zweite Voraussetzung hängt, wie gesagt, mit dieser ersten eng zusammen und wird daher mit deren Widerlegung eigentlich auch schon hinfällig: die Voraussetzung, daß die Regiebemerkungen ein künstliches Erzeugnis der 'Kommentierung' der Schriften durch die Forscher seien; daß also zunächst eine grundlose Theorie angeblicher Kk.en von der Forschung aufgestellt worden sei, daß dann die Medien von dieser Theorie erfahren und daraufhin Bemerkungen im Sinne dieser Theorie in ihre Schriften eingeflochten hätten. Ist nämlich zur Widerlegung der ersten Voraussetzung nachgewiesen, daß in vielen Fällen Regiebemerkungen und Tatsachen übereinstimmen, daß Ausnahmen hiervon sich rechtfertigen lassen, daß also Kk.en übernormalen Ursprungs wirklich bestehen, so wird natürlich auch die Annahme hinfällig, daß Regiebemerkungen bloß durch die bekanntgewordene Theorie eingegeben worden seien. Indessen läßt sich diese Annahme auch unabhängig widerlegen; nämlich durch die Tatsache, daß Regiebemerkungen aufgetreten sind zu einer Zeit, da noch niemand, weder Medien noch Forscher, an das Vorliegen von Kk.-Versuchen bewußt gedacht hatten. Die Kk.en der Ges. f. ps. F. nahmen ihren Anfang bekanntlich in den bald nach Fred. Myers' Tode einsetzenden Schriften der Mrs. Verrall. Diese begannen im März 1901 — und schon die ersten, noch halbverworrenen Darbietungen ihrer nie zuvor automatisch bewegten Feder während jenes ersten Monats sind erfüllt von Äußerungen eines bewußten Experimentalwillens, also 'Regiebemerkungen', — auch abgesehn von Bemerkungen, die sich auf die neuartige Form des Automatismus und seine technischen Schwierigkeiten beziehen, oder von solchen, denen man einen unmittelbar 'spiritistischen' Inhalt zuschreiben könnte. So schreibt z.B. die Hand der Mrs. V e r r a l l am 5. März (d. i. am allerersten Tage, an welchem Oberhaupt eigentliche Schrift erhalten wurde)1 u. a. 1) X X 8.
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folgendes: noli vitare quod ego tibi dicam et Semper et ubique ne semel propositum meum fregeris — mane domi dominio — videas quem tibi mittam addio —; d. h. etwa: Entziehe dich nicht dem, was ich dir sagen werde und immer und allenthalben, auf daß du nicht ein für allemal meinen Plan vereitelst, bleibe zu Hause am Sonntag (?) [damit] du siehst, wen ich dir schicken werde. Lebewohl. — Am 6. März u. a.: in hoc vincite signo cur plurima? inquis modeste incipiam nisi fatigaris vel tuo dicere scribo putasne elicere quod sensu careat...; d. h.: In diesem Zeichen siegt ihr. Warum noch mehr? sagst du. Ich werde vorsichtig beginnen, wenn es dich nicht ermüdet, oder ich schreibe durch dein Sprechen (?). Meinst du hervorzuholen, was keinen Sinn hat? — Am 8. März u. a.: novas res et insolitas mihi iucundissimas horresco referens quid multa — nec tibi — sed ceteris — vale quondam ulterior veniet pars tua et praevalebit ultima ratio tibi; d . h . : Neue und ungewöhnliche Dinge, mir höchst angenehme, gebe ich mit Zagen wieder, warum vieles — und nicht für dich, sondern für die andern — Lebe wohl, später, zu gegebener Zeit, wird dein weiterer Anteil kommen und der endgültige Sinn wird sich dir aufdrängen. — Am 9. März u. a.: credo condisciplinam patefecisti; das kann heißen: Ich glaube, du hast die gemeinsame Unterrichtung offenbar gemacht. — Am 12. März: mox et tu audies videndum et parandum; d. h.: Bald wirst auch du hören. Man muß genau zusehen und anordnen. — Am 15.: optimo dierum procedas elusione nexis spargedulis etsi infinitis. nunc tibi redditae partes quoad eliciet mens tua sensus; d. h.: Am günstigsten Tage sollst du jede Ausflucht [aufgeben und] fortfahren, indem du die verstreuten Teilchen vereinigst, und seien sie noch so winzig. Jetzt sind dir die Teile übergeben, bis dein Geist den Sinn daraus gewinnt. — Am 17.: a. d. XII — vig. quarta — horam bene notavi; recordamini. littera scripta manet; d. h.: Vor dem 12. — um die vierte Nachtwache — ich habe die Stunde genau angemerkt; erinnert euch. Was geschrieben ist, hat Bestand. — Am 21.: nexere si nequis pertinax scribas omne scitum; d . h . : Wenn du nicht verknüpfen kannst, so schreibe alles, was du weißt. — Am 27.: cur istaec? excipe modo interpretatio postea... fac roges... Tuus denique nomen adposui. interpretatio tua nunc; d. h.: Warum diese? Empfange blos. Die Deutung [kommt] s p ä t e r . . . erkundige d i c h . . . Der Deine. Endlich habe ich [meinen] Namen beigefügt. Die Deutung liegt nun bei dir. — Am 29.: Dissociabile Semper quod fecisti... nexere nexere semper... notare horam semper. sine dubio, horas pone sex postea quattuor et idies identidem computa; d . h . : Nicht leicht zu vereinigen ist stets, was du geliefert h a s t . . . Verknüpfe, verknüpfe s t e t s . . . vermerke immer die Stunde, damit kein Zweifel möglich sei. Rechne sechs Stunden, danach vier und berechne die Tage wiederholt — Am 30.: coniunctio optimal Verknüpfung ist das nützlichste (wichtigste). — Am 31.: Superponenti tina tisin omnia plana: Wer gewisse Dinge mit gewissen andern zur Deckung bringt, dem ist alles verständlich. 1
Das Latein dieser frühen Schriften ist — in viel weiterem Umfang, als 1) XX 340 0.
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aus dem Angeführten ersichtlich — ein teilweise eigentümliches, verworrenes und fehlerhaftes; doch ist beachtenswert, was Mrs. Verrall später über diesen Stil sagte, dessen 'Verdichtung und Kürze' die Übersetzung so häufig erschwert. 'In vielen Fällen', bemerkt sie, 'war es mir selbst unmöglich, einen Sinn zu entdecken, während andre Personen nachträglich eine Bedeutung entdeckten, die dann auch mir einleuchtete. Es ist m. E. möglich, daß der schwerverständliche Stil und die Dunkelheit dem Zwecke dienten, die Absichten [der Schrift] während des Schreibens vor mir zu verbergen, um so dem Unterbewußtsein freiere Hand zu lassen.' 1 Solchen Andeutungen in den Schriften selbst entsprechen aber auch nachträglich von a u ß e n kommende F e s t s t e l l u n g e n ein der Gesamtheit der damaligen Vorgänge. Wir finden nämlich Mrs. Verrall — und zwar ohne jedes bewußte Wissen oder Wollen von ihrer Seite — in tatsächlicher übernormaler Verknüpftheit mit andern Medien b e r e i t s in j e n e r a l l e r f r ü h e s t e n Z e i t i h r e s a u t o m a t i s c h e n S c h r e i b e n s . Und zwar hatte der erste feststellbare Fall dieser Art noch nicht das Gepräge der späteren literarischen Kk.en; er enthielt nur eine M i t t e i l u n g ü b e r Mrs. Verrall an die andre Beteiligte, Mrs. Forbes, ausgehend aber angeblich von denselben Persönlichkeiten, die bald darauf als die Veranstalter der klassischen Kk.-Versuche auftraten. Zwölf Tage nach Mrs. Verralls e r s t e r Schrift (17. März 1901) erfolgte durch sie ein deutlicher Hinweis auf Mrs. Forbes als Teilnehmerin an einem 'Treueverhältnis'; am 21. März enthielt Mrs. Verralls Schrift in den Worten ne falle rogatricem2 einen möglichen Hinweis auf die Mitwirkung eines zweiten Mediums, und am 24. erhielten Mrs. Forbes und Mrs. Baltimore durch die Planchette den Auftrag: 'Sagen Sie Mrs. Verrall, sie solle Ihnen ihre letzte Schrift schicken.' 3 Wir hätten also schon im e r s t e n M o n a t von Mrs. Verralls Schreiben eine deutlich von zwei Seiten her planmäßig betätigte Leitung. Dabei muß erwähnt werden, daß die — soweit wir erfahren — e r s t e bei Mrs. V. durch einen Lebenden (Mr. Piddington) erfolgte Anregung von Kk.-Versuchen, und zwar denkbar einfachsten, nur in 'Wiederholung eines Wortes' bestehenden, erst auf den 25. O k t o b e r desselben Jahres fiel. 1 Von einem Einsetzen der Regiebemerkungen wie auch der wirklichen Entsprechungen infolge theoretischer Anregungen von außen her kann also keine Rede sein. Diese wie jene sind vielmehr erst e n t d e c k t worden, n a c h d e m sehr zahlreiche Schriften der Beteiligten schon v o r l a g e n . 1) Die obigen Übersetzungen stehen natürlich unter dem Einfluß einer Neigung zu ganz bestimmten Deutungsweisen; doch habe ich mehrdeutigen Worten nirgends einen Sinn untergelegt, der sich nicht lexikalisch belegen lieBe. 2) 'Versage dich nicht der, die dich bittet.' 3) X X 221 f. 4) X X 206.
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Kundgebung
Damit sind nun b e i d e V o r a u s s e t z u n g e n e r l e d i g t , unter denen allein eine Widerlegung von Maxwells Kritik durch die Tatsache der Regiebemerkungen hätte fraglich werden können. Wir beharren also bei dem Schluß: daß die Tatsache der Regiebemerkungen die Theorie der Zufälligkeit von Kk.en widerlegt, daß sie die Betätigung einer s e l b ständigen, einsichtsvollen, persönlichen und zielbewußten L e i t u n g der Vorgänge beweist 1 Damit ist natürlich über die Frage, wem diese Leitung zuzuschreiben sei, noch nichts entschieden. Ehe wir in die sorgfältige Erwägung dieses Problems eintreten, soll aber noch eine letzte Frage bez. der Regiebemerkungen selbst gestellt werden: nämlich ob auch jene krönende Verwicklung der Versuchsanlage, welche die Forscher im Ablauf der Kk.en zu bemerken glaubten, in jenen Bemerkungen selber angedeutet oder ausgesprochen werde: ich meine die Anlage der Einzeläußerungen auf K o m p l e m e n t a r i t ä t hin, also in der Weise, daß die Äußerungen durch e i n Medium diejenigen durch ein andres e r g ä n z e n , nicht aber mit leicht durchschaubarer Deutlichkeit wiederholen. Hierdurch erst sollte die Deutung der Kk.en durch Telepathie zwischen den Medien allenfalls ausgeschlossen und ein 'drittes' Wesen erwiesen werden, das die Einzeläußerungen so faßte, ihre Inhalte so auswählte, daß ihre Bezogenheit-auf-einander erst bei n a c h t r ä g l i c h e r V e r g l e i c h u n g durch einen Lebenden begriffen werden konnte. Wie wichtig die Frage ist, ob ein Bewußtsein geplanter Komplementarität sich in den Regiebemerkungen äußere, ersieht man daraus, daß von gegnerischer Seite die Möglichkeit von Komplementarität an sich o h n e j e d e P l a n u n g behauptet worden ist. Prof. Pigou tat dies sehr scharfsinnig in einer Auseinandersetzung mit Mr. G. W. Balfour' 2 und suchte Belege zu geben besonders aus gewissen berühmt gewordenen Experimenten, in denen Prof. Verrall die griechischen Worte monopolon es ao telepathisch auf seine Gattin zu übertragen suchte: 3 die zahlreichen bei dieser zutage getretenen Äußerungen hätten vielfach um die 'gesendeten' Worte h e r u m g e s p i e l t . Und ähnliches sei bei telepathischer Beeinflussung m e h r e r e r Personen sogar in g e s t e i g e r t e m Maß zu erwarten, da diese ja noch reichlichere Möglichkeiten des Ausgleitens in verwandte Vorstellungen böten. — Mr. Balfour hielt ihm entgegen (und darauf konnte Pigou nichts erwidern), die 'zufällige' Entstehung anscheinend komplementärer Kk.en sei in vielen Fällen ausge1) Über da» — natürlich zu erwartende — F e h l e n von 'Regiebemerkungen' in telepathischen Experimenten unter Lebenden und gewisse scheinbare Ausnahmen davon (z. B. XXVI 47) vgl. meine Bemerkungen in ZpF 1929 1381. 2) XXIII 286 CT.; XXV 38 CT.; JSPR XV 66 B. 3) XX 156 ff.; 387 ff.
Experimentelle
Entsprechungen der Ges.f.psych.Forschung
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schlössen 1) durch ihre bloße Form, 2) durch Absicht verratende Andeutungen innerhalb der Schriften selbst. Als Beispiel einer Kk., in der schon die Art der Verteilung der Inhalte Absicht beweise, führte Mr. Balfour die oben dargestellte Kk. 'Thanatos' an, auf die und meinen Nachweis ihrer Komplementarität ich den Leser zurückzugreifen bitte.1 Was aber jene Bemerkungen innerhalb komplementärer Kk.en anlangt, die ihre Absichtlichkeit betonen, so führt Mr.Balfour, abgesehn von einem allgemeinen Hinweis auf die Kk. 'Sesam und Lilien', Belege nur aus der Kk. 'Ave Roma immortalis' an. In dieser betraf die Zielvorstellung ein bekanntes Gemälde im Vatikan, die Begegnung zwischen Papst Leo I. und dem Hunnenkönig Attila darstellend. Mrs. Verralls Schrift erwähnte verschiedene Einzelheiten desselben, die keinerlei Sinn für sie haben konnten, die aber verständlich wurden durch die einige Tage später in Mrs. Hollands Schrift erscheinenden Worte: Ave Roma immortalis. Hier hatte Mrs. Verralls Schrift vom 2. März 1906 die Ankündigung enthalten, daß sie 'nach einigen Tagen' verstehen werde, was ihr gesagt worden war, da dann 'durch eine andere Stimme' weiteres gesagt werden würde ;2 während Mrs. Hollands abschließender Beitrag am 7. März mit den Worten schloß: 'Wie könnte ich es deutlicher machen, ohne ihr den Schlüssel zu geben?'3 Diese beiden Bemerkungen', sagt Mr. Balfour, 'zusammengehalten, können nur bedeuten, 1) daß eine Kk. absichtsvoll zustande gebracht werde; 2) daß das komplementäre Element in ihr bezweckt 4 war, indem die Absicht bestand, Mrs. Verrall ein Bruchstück der gesamten Vorstellung vorzuenthalten, welches den 'Schlüssel' zum Verständnis enthielt.' Was die zweite von Balfour erwähnte Kk., 'Sesam und Lilien', betrifft, so kann der Leser selber meiner Darstellung derselben einige Belege entnehmen. Dort enthielt z. B. Mrs. Verralls Schrift vom 19. August 1908 u. a. die Worte: 'Lilien ist das Stichwort, welches zeigt, welche Worte zusammenzufügen sind... Sie werden einige Zeit auf das Ende dieser Geschichte warten müssen, auf die Lösung dieses Rätsels — aber ich glaube, an seinem endlichen Erfolg ist kein Zweifel. Der Ihrige [ = Myers].' — Am 22. August schrieb Helen Verrall u. a.: 'Unto this last. Das war die mitzuteilende Botschaft... Beachten Sie, daß die Worte ein Schlüssel sind. Aber Sie haben das wichtigste von allem noch nicht geschrieben... Lassen Sie es von selbst kommen. F. W. H. M.' — Am 23. Sept. schrieb dieselbe: 'Beachten Sie die literarischen Anspielungen, etwas sollte aus ihnen gewonnen werden dadurch, daß sie verknüpft werden. Der Schlüssel ist da, aber verschiedene Einzelheiten sind verfehlt worden.' 1) o. S. 110 II..
2) T t X I 297.
3) Das. 298.
4)
purpotivt.
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Argumente aus formalen Verhaltnissen der
Kundgebung
Die nächstliegende Deutung solcher Worte ist in der Tat die, daß sie Äußerungen eines Willens sind, gewisse Inhalte nach einem vorgefaßten Plan zu verteilen und durch einige darunter die Lösung des Rätsels herbeizuführen, welches durch die übrigen aufgegeben wird. Eine ausdrückliche Aufstellung der 'Theorie der Komplementarität' dagegen wird man in ihnen natürlich nicht suchen dürfen. Aber die von Mr. Balfour angezogenen Kk.en erschöpfen die hier verfügbaren Belege bei weitem nicht. Ich habe oben zahlreiche Äußerungen aus Schriften angeführt, in denen die wohlüberlegte Absicht sich kundgibt, eine vorläufige Unverständlichkeit dieser Schriften zu sichern.1 An einem einfachen Kk.-Wort oder Wörterzusammenhang an sich aber ist ja eigentlich gar nichts zu 'verstehen' und kann deshalb auch nichts wirklich 'unverständlich' oder 'dunkel' bleiben — für die jeweils Schreibende (ein die sich die Bemerkungen ja richten): wird die Identität mit dem anderswo Geschriebenen entdeckt, so wird damit die Tatsache der 'einfachen' Kk. festgestellt, und damit ist der Versuch auch restlos zu Ende. Wird dagegen die Möglichkeit eines 'Verstehens' seitens der einzelnen Schreibenden überhaupt angenommen (oder befürchtet!), so muß es sich um einen verwickeiteren Zusammenhang von Vorstellungen handeln, von welchem die eine Schreibende einen 'Teil', die andre oder anderen — weitere Hälften' oder 'Teile' liefern, die dann 'verglichen' und 'zusammengestückelt' werden können, wobei irgendeine Schrift einen 'Schlüssel' abgeben soll, der alle Teile zur Einheit ergänzen läßt Diese Möglichkeit der Ergänzung setzt also, genau genommen, die Nicht-Identität der Teile voraus, und es erhellt somit, daß das meiste von dem, was die Regiebemerkungen über Teile, Zusammenweben, Schlüssel und Verbindungsglieder aussagen, im Grunde den Begriff nicht-einfacher, also komplementärer Kk.en tatsächlich voraussetzt 2 Die Feststellung von Kk.en des einfachen Typs mag man von einem 'Zusammenhalten', allenfalls auch von einem 'Vergleichen' erwarten; ein 'Zusammenfügen', 'Zusammenstückeln', vollends ein — offenbar Kunst und Verständnis forderndes — 'Zusammenweben' und 'Zusammenpassen' setzt aber doch voraus, daß die Teile halbwegs selbständig und insofern verschieden sind, und erst durch sachgemäße Bearbeitung zu einer Einheit verknüpft werden können. Es ist also schwer, auch in solchen Worten nicht ein Bewußtsein des Grundsatzes der Komplementarität zu sehen. Und mit dieser Einsicht bewaffnet, wird man die Liste von Anspielungen auf beabsichtigte Komplementarität noch beträchtlich ausdehnen können. 1) o. S. 137 f. 2) Vgl. auch symbolische Zeichnungen, wie die X X I I 62 mitgeteilte, und Äußerungen, wie die Ober 'alle vereinigt stehen. . . einzeln fallen': X X V I 236.
Experimentelle
Entsprechungen
der Ges. f . psych. Forschung
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So schreibt z.B. Miss Verrall am 29. April 1909 u. a.: 'Virgil auch. Sie sollten die beiden verknQpfen.' (Welchen Virgil? fragt die anwesende Mrs. Verrall.) Tu Marcellus eris Dies und den Horaz. Es sind viele Unters c h i e d e , a b e r ein gemeinsamer Gedanke ist es, was ich herausbringen will.' 1 — Oder am 10. Februar 1910 schreibt Mrs. Willett: 'Daß ich verschiedene Schreibende zu benutzen habe, bedeutet, daß ich v e r s c h i e d e n e Aspekte des Gedankens zeigen muß, denen u n t e r l i e g e n d E i n h e i t zu finden ist.' 2 Dies läßt an Deutlichkeit kaum noch zu wünschen übrig: Unterschiede' im Einzelnen bei 'Gemeinsamkeit' des zugrunde liegenden 'Gedankens', 'verschiedene Aspekte' eines 'unterliegenden Gedankens' — das sind eigentlich Begriffsbestimmungen der Komplementarität in Kk.en. Und dabei fällt gegen ein wieder naheliegendes Bedenken ins Gewicht, dafl wir entsprechende Äußerungen von nicht geringerer Deutlichkeit aus einer Zeit besitzen, da der Begriff komplementärer Kk.en noch in k e i n e s L e b e n d e n B e w u ß t s e i n aufgetaucht war. Am 3. November 1902 nämlich lieferte Mrs. Verrall — durchaus spontan, soweit sich aus dem mitgeteilten Zusammenhang ersehen läßt — eine Schrift, die u.a. folgendes enthält: 'Nichtsdestoweniger spricht das Schicksal durch andere, unbekannte, — (lat.:) das unaussprechliche, unentrinnbare Schicksal, auch wenn du mit äußerster Kraftanspannung dagegen streitest... (engl.:) ich will die Worte unter euch [beide] verteilen, keine für sich allein kann [sie] verstehen, aber zusammen werden sie den Schlüssel abgeben, den er wünscht...' 3 Dies müßte eigentlich unsere augenblickliche Frage endgültig erledigen. In andern Äußerungen wird der Nachdruck auf d i e Tätigkeit der Versuchsleiter gelegt, die unter der V o r a u s s e t z u n g komplementärer Kk.en als grundlegend angenommen werden muß: nämlich die des A u s w ä h l e n s b e s t i m m t e r I n h a l t e zur Übergabe an bestimmte Medien; ein Ausdruck, der von der Wahl einer einfachen Vorstellung zum Gegenstand einer einfachen Kk. schwerlich gebraucht werden würde. 'Schreiben Sie das Wort Auswahl', sagt 'Myers' in der Willett-Schrift vom 5. Juni 1910. 'Wer wählt aus, mein Freund Piddington? Ich richte diese Frage an Piddington: W e r wählt aus.' 1 — Besonders merkwürdig aber ist eine gleichfalls von "Myers' gezeichnete Äußerung innerhalb der Kk. 'Sieben'. Piddington hatte, während eines Besuches bei Mrs. Verrall in Cambridge, diese vor voreilig spiritistischen Deutungen gewarnt, da ein neuer Fall anscheinend gegen Geister spräche. Er dachte dabei eben an diese Kk. 'Sieben', gab aber Mrs. Verrall nicht die geringste Andeutung davon. Kurz darauf, am 27. Januar 1909, schrieb dieses Medium: 'Nichts ist rascher als der Gedanke, nichts sicherer — schneller als Pfeil oder Kugel, fliegt der Gedanke von Geist zu Geist, augenblicklich... Verstehen Sie nicht? Und fragen Sie, was der Erfolg von Piddingtons letztem Versuch gewesen Ist? 1 ) X X V 186.
2 ) Das.
3 ) X X 170.
4 ) Selection. X X V 128.
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Argumente aus formalen Verhältnissen
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Kundgebung
Hat er die Brocken seines berühmten Satzes unter Ihnen allen v e r s t r e u t gefunden? und glaubt er daß das Z u f a l l sei, oder von einem von Ihnen in Gang gebracht? Sagen Sie ihm, er solle genau zusehn, so wird er einen großen Unterschied zwischen den Schriften in diesem Experiment und in den andern [den 'einfachen'?] sehen. Das sollte der Theorie zu Hilfe kommen. Nur eine Sprache ist diesmal benutzt worden. Aber selbst wenn die Quelle menschlich ist, wer trägt die Gedanken zu den Empfängern? Fragen Sie ihn dies. F. W. H. M.'1
Macht man sich aber schließlich klar, wie sehr eine solche unablässig wachsame Kunst des Auswählens und Lenkens das Ganze der Kk.Bewegung durchziehen muß, um die verwickeltsten und überzeugendsten Beispiele der Gattung zustandezubringen, so wird man wohl geneigt sein, dem Urteil beizustimmen, das ihr genauester Kenner einmal so gefaßt hat: 'Nichts', sagt Mr. Piddington, 'erscheint mir bemerkenswerter in den Schriften der 'Automatistinnen', als die Beharrlichkeit, mit welcher dunkle und keimhafte Anspielungen verfolgt, verändert und erweitert, die falschen Einzelheiten ausgemerzt, die richtigen dagegen unterstrichen werden, bis schließlich der ursprünglich ins Auge gefaßte, aber zunächst noch unvollkommen dargestellte Gegenstand in klarer und unmißverständlicher Form hervortritt. Dieser Vorgang kann sich über viele Jahre erstrecken und ist ein Beweis erstaunlicher Geduld und Beharrlichkeit auf Seiten irgend jemandes. Er belegt aber ebenso die bedeutende Zähigkeit des Gedächtnisses der Schrift, denn er bedingt oft die Wiederholung kleiner Stichworte aus einer Niederschrift, die vielleicht viele Jahre zuvor geliefert und nie wieder von der Automatistin gesehen wurde.'2 'Irgend jemandes'. — Aber wessen? c. Die animistische Theorie der Kreuzkorrespondenzen Indem ich nunmehr diese Frage in Angriff nehme, wo dieser 'jemand' zu suchen sei, muß ich zunächst über die logische Lagerung des Problemes Klarheit schaffen, also darüber, durch welche Tatsachen es gestellt wird und welches die möglichen oder gegebenen Wege zu seiner Lösung sind. Und da ist uns denn die hervorstechendste jener Tatsachen im Laufe der Darstellung schon vertraut geworden: nämlich daß die Kk.-Schriften im Rahmen ihres Inhalts selbst den Anspruch erheben, von bestimmten Abgeschiedenen auszugehen. Wir wissen aus vielen Belegen, daß die Schriften fast durchweg nicht nur in die IchForm persönlichen Planens und Lenkens gekleidet, sondern auch mit der Namensunterschrift bekannter Persönlichkeiten der 'psychischen Forschung' versehen sind, von denen man annehmen darf, daß ihnen, 1) X X I V 251.
2) X X I X 449.
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Entsprechungen der Ges. f.psych.Forschung
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falls sie den Tod denkfähig überlebt hätten, an der Erfindung neuartiger Beweise des Fortlebens sehr gelegen wäre. Es wäre nun natürlich zwecklos, mit der billigen Anführung solcher Namenszeichnungen Raum zu verschwenden. Dagegen lohnt es sich immerhin, zu betonen, daß diese Namenszeichnung uns durchaus nicht immer in jener Schlichtheit entgegentritt, die man dort erwarten möchte, wo ein phantasierendes Unterbewußtsein seine Erzeugnisse zum Schluß noch mit einem Maskenstempel versehen will. Im Gegenteil fällt z. B. oft der große Nachdruck auf, mit welchem der Kommunikator seine Persönlichkeit nennt oder betont. Selbst bei Mrs. Willett bezeugt er sich nicht immer nur durch die ständige Namenswiederholung. 'Sie fühlten den Ruf (schreibt er z. B. am 5. Febr. 1910) Ich es Ich bin es, der schreibt, Myers. Ich muß dies dringend sagen melden Sie Lodge dies Wort Myers Myers empfangen Sie das Wort Ich will es buchstabieren Myers, ja, das Wort ist DORR.'1 Man beachte die zu Auslassungen und Wiederholungen führende Erregung bei der ersten Behauptung, daß er es wirklich sei; man beachte auch den Ton der Dringlichkeit in dieser Botschaft, die sich durchaus als bedeutsam erwies. — Bei Mrs. Verrall, die fast ausschließlich im Namen von 'Myers' schreibt, sind solche Unterstreichungen keineswegs selten; obgleich man doch annehmen möchte, daß ihr 'Unterbewußtsein' sich sicher genug in der längst übernommenen Rolle hätte fühlen müssen, um sie nicht immer wieder gegen Zweifel verteidigen zu wollen. So heißt es z.B. am 29. Dez. 1908, im Anschluß an eine tief sinnvolle Anweisung, nach gewissen Virgilschen Worten auszuschauen: 'Wollen Sie die Namensunterschrift haben? Der Ihrige F. W. H. M.'» Und ganz ähnlich am 12. Febr. 1907: 'Warum wollen Sie nicht die Namensunterschrift hinsetzen? Sicherlich wissen Sie jetzt, daß nicht Sie es sind [die dies schreibt oder eingibt]. F. W. H. M.' 3 Seinen Anteil an der Kk. 'Engel' schließt Myers mit den Worten: TWHM hat die Botschaft durchgesandt — endlich!' * Und einmal, schon in der Frühzeit der Verrall-Schriften, fordert er, nach erfolgter Unterschrift 'FWHM', ausdrücklich: 'Schreiben Sie die Unterschrift deutlicher FWHM.' 4
Gewiß, man mag hierin das Bestreben eines schauspielernden Unterbewußtseins suchen, gegen Zweifel des Wach-Ich oder dritter Personen soz. aufzutrumpfen. Aber man muß zugeben, daß die Natürlichkeit solcher Auftritte auch unter gänzlich andern Voraussetzungen um nichts geringer wäre, — und mehr soll ja hier nicht behauptet werden. Sonderbarer als dies persönliche Sich-in-den-Vordergrund-Drängen des Kommunikators ist die gelegentliche Ablehnung einer ihm möglicherweise zuzuschiebenden Leistung, — denn warum sollte jede 'unterbewußte' Persönlichkeit nicht eifrig so viel Ansehn einheimsen, als 1) X X V 126. 2) X X V 183. 3) X X I I 113; auch X X V I I 88. 4) X X I I 328. 5) X X 234,12. Juli 1902. Vgl. X X 239 u. X X V I I 97 (betontet Nicht-nennen de« NanMot).
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Argumente aus formalen Verhältnissen der Kundgebung
ihr nur irgend bewilligt werden mag? Gleichwohl bekennt ein HollandKommunikator (aus dem mitgeteilten Bruchstück nicht zu erkennen, wer) am 11. April 1909: 'Nein — ich hatte nichts zu tun mit jener letzten Botschaft — es war Myers — Nicht hier, auf der andern Seite des Heringsteiches' — d.h. des Atlantik, bei Mrs. Piper, wie das angeschlossene Zitat aus Blake beweist: 'Piper, sit thee down and write in a book that all may read'.1 Derselben Gattung gehören die seltenen und seltsamen Fälle an, in denen Mrs. Verralls Hand (die doch ihren gewohnten Hausgeist in hemmungsloser Mitarbeit besaß) eine bestimmte Leistung einem andern zuschreibt.' Ähnlich wird ein Dritter als die eigentlich treibende Persönlichkeit einmal bei Mrs. Willett bezeichnet: 'Henry Sidgwick ist hieran beteiligt und seine Botschaft ist eine Botschaft der Hoffnung...' 3 Ein andermal hat dieses Medium das im Zusammenhang besonders beziehungsvolle Wort flavicomata (gelbhaarig) geschrieben, wofür sich Piddington bei dem Willett-Myers schriftlich bedankt, der ihm indessen folgende Antwort gibt: 'Ich waßte, daß diese Pointe gute Aussichten hatte. Es war Sidgwick, der sie vorschlug. Er ist nicht imstande, viel mit dieser Maschine [d. i. mit diesem Medium] zu tun, aber er kann durch mich helfen via meine Maschine hier.' 4 Seltsam, diese Ablehnung eines Lobes durch die 'unterbewußte Personation', die doch, nach animistischer Lehre, immerzu darauf aus sein müßte, den Scheinwerfer des Erfolges und der Glaubwürdigkeit auf sich und ihr Tun zu richten! Hier aber erscheint es mir überdies noch bezeichnend, daß gerade Sidgwick bei mehr als einem Medium von d r i t t e r Seite als der e i g e n t l i c h e , aber nicht unmittelbar hervortretende Kommunikator bezeichnet wird; als wenn eben dieser Persönlichkeit die Fähigkeit gemangelt habe, sich u n m i t t e l b a r an den Kk.-Versuchen zu beteiligen, also selbst in der IchForm durch ein Medium. Überhaupt darf man (was mit dem eben Besprochnen zusammenhängt) die eigenartig natürlich anmutende Tatsache nicht übersehn, daß die treibende Kraft der Versuche sich auch bei einem Medium und im Einzelfall der Leistung nicht selten in der M e h r z a h l vorstellt, während doch der unterbewußte Trieb zur Personation' sich eigentlich an der nächstliegenden Einzahl, also dem 'Ich', genügen lassen sollte. Trotzdem ist das 'wir' in den Mitteilungen wie in den Regiebemerkungen ziemlich häufig; 5 nicht minder häufig die n a m e n t l i c h e Bezeichnung mehr als eines Versuchsleiters. •Beide schicken dies — FWHM. RH[odgson],' schreibt z.B. Mrs. Holland am 2. M&rz 1910;' und Mrs.Forbes sogar mit technischer Unterscheidung der 1) 'Pfeiler, (etz dich hin und schreib In ein Buch f ü r Jedes Auge'. X X V 273. X X V I I 59; XX 356, 20. Sept. 1901. 3) X X X I I I 592, 14. Aug. 1914. 103, 7. Mörz 1910. 5) X X X 446. 466 u. oft. 6 XXV 243.
2) a. B. 4) XXV
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Rollen: 'E. G[urney] schickt diesen Brief, Talbot ist der Schreiber,' also der Vermittler des 'Briefes'.1 — Und am 27. Nov. 1903: 'Würden Sie wohl Mrs. Verrall eine Mitteilung zugehen lassen? Sorgen Sie dafür, daß sie geschickt wird. Edmund Gurney, Talbot und Myers liefern Mrs. Verralls Schrift.'2 —
Die Verständigung über die 'logische Lagerung' unsres Problems erfordert aber vor edlem völlige Klarheit über Grundlagen und Wege der Entscheidung, die wir suchen. Hierbei steht an erster Stelle die Frage, ob die eigentlichen Beweisgründe in irgendwelchen Gestaltungsgesetzen der Kk.en selbst zu suchen sind. Bekanntlich liegen Anzeichen dafür vor, daß die Kk.en von den 'Leitern' als Versuch betrachtet wurden, die Frage des Überlebens durch eine neuartige Form des Beweises zu entscheiden. 3 Ist dieser Versuch der Beweisverstärkung als gelungen anzusehen, gelungen durch die bloßen Tatsachen des Geleisteten? Mit andern Worten: stellt die Gesamtheit aufeinander bezogener Kk.-Schriften an sich eine Leistung dar, die nur von Abgeschiedenen vollbracht werden konnte, als von Personen, die von allen beteiligten Medien völlig unabhängig waren? Oder läßt sie sich auch begreifen als Leistung irgendwelcher seelischer Schichten Lebender, abseits von allem wachen Bewußtsein und gehüllt in die Maske Verstorbener? Denn daß die Kk.en nicht das 'bewußte' Erzeugnis Lebender waren, beweist ja schon die Tatsache ihrer nachträglichen Entdeckung in fertigen Urkunden. Es handelt sich also zunächst um eine Entscheidung über psychologische Möglichkeiten, und jedermann wird zugeben, daß uns damit etwas sehr Mißliches zugemutet wird. Wer unterrichtet uns über die Grenzen des seelisch Möglichen? Vor allem im Bereich des sog. Unterbewußten, eines Gebietes, das die Forschung kaum erst betreten hat und in welchem sie unablässig neue Entdeckungen macht? Stellen wir die Frage so: ob denn die Untersuchung der Kk.en allgemein von einer bestimmten Deutung überzeugt habe, so müssen wir feststellen, daß sie das bisher nicht vermocht hat Selbst ein Denker vom Range G. W. Balfours, dem man weder größten Scharfsinn noch (wenn ich recht sehe) persönliche Hinneigung zum Spiritismus absprechen kann, gelangt in seiner Auseinandersetzung mit Pigou zu folgendem Schluß: es sei dem Gegner nicht gelungen, zu beweisen, daß die Erzeugung von komplementären Kk.en der besten Art Innerhalb der bekannten Fähigkeiten des Unterschwellen-Ich liege, t s könnte allerdings innerhalb dieser Fähigkeiten liegen, solche. Kk.en zu planen und durchzuführen; aber dies ist eine Hypothese, und solange sie nicht bewiesen ist, sind wir berechtigt, ihr eine andre Hypothese entgegenzusetzen und unsre Ent1) X X V 199 (12. 12.1909).
2) X X 263.
3) VgL X X I 384 and o. S. 143.
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Argumente
aus formalen Verhältnissen
der
Kundgebung
Scheidung zwischen beiden in der Schwebe zu halten. Ich gestehe, daß dies noch immer meine eigene Haltung ist.' 1 — Mr. Balfours Schwester, Mrs. Sidgwick, eine von äußerster Strenge gegen etwaige eigene Denkneigungen erfüllte Forscherin, glaubte die animistische Deutung der Kk.en wenigstens als 'im äußersten Grade schwierig* bezeichnen zu müssen.s Auch in Deutschland haben nichtspiritistisch denkende Köpfe diese Schwierigkeit meist als beträchtlich empfunden. Oesterreich z.B. zählt die Kk.en zu den 'merkwürdigsten und verdächtigsten parapsychischen Phänomenen' (wobei die 'Verdächtigkeit' doch wohl darin liegen soll, daß sie soz. starke spiritistische Versuchungen enthalten), spricht ihnen aber freilich die Kraft zu einem 'zwingenden Beweise' ab und vermutet *unbewußte telepathische Verständigung' der beteiligten Medien.3 Ahnlich bezeichnet Tischner die Ergebnisse der Kk.en als 'sehr auffallend', aber wiederum eine animistische Deutung durch Hellsehen und Telepathie' als *nicht völlig ausgeschlossen, wenn man ihnen auch ein sehr weitreichendes Feld einräumen muß, um die Dinge auf dieser Basis zu erklären.'4 — Daß Hr. Baerwald die gleiche Deutung für selbstverständlich hält, braucht wohl nicht erst gesagt zu werden.6
In der Tat mag hier der abstrakt verfahrende Animist sich darauf Berufen: gerade der Spiritist vertrete doch den Standpunkt, daß das übernormal-wirksame Wesen im Menschen mehr oder weniger identisch sei mit dem überlebenden Wesen; daß also die gelegentlich bewiesenen übernormalen Fähigkeiten der Lebenden die normalen der Jenseitigen seien; folglich müsse, wer Geister als die Urheber von Kk.en fordere, eben deshalb zugeben, daß auch verkörperte Geister — Medien — sie zustandebringen könnten. — Das klingt einleuchtend. Immerhin würde auch dann noch zuzugeben sein, daß die Kk.en nach aller bisherigen Erfahrung etwas Unerhörtes darstellen: die unterbewußte Reifung eines Planes, wie des den besten Kk.en zugrundeliegenden, und seine jahrelang fortgesetzte Durchführung unter unablässiger soz. zwangsweiser und planmäßig geordneter Einbeziehung anderer, entfernter Lebender, ohne daß von allem diesem Planen und Tnn jemals ein Schimmer in das wache Bewußtsein der Nächstbeteiligten fiele, — das wäre in der Tat ohne jedes Seitenstück in allem, was wir bisher als wirkliche Leistung der unterbewußten Seele beobachtet haben. — Auf besondere Weise hat Dr. Tischner gemeint, jede spiritistische Deutung von Kk.en ausschließen zu können, und ich muß diesen allgemeinen Angriff kurz erledigen, ehe ich die Aussichten einer solchen Deutung im Einzelnen erwäge. Tischner ist nämlich der Ansicht, daß in einem besonderen Falle 'die Kreuzkorrespondenz' — als Form spiritistischer Argumentation — 'sich selbst ad absurdum geführt' 1) X X V 55. Ähnlich M. Sinclair: ISPR X V I I I 1 4 9 . 2) X X I X 255. Okk. 75. 4) TUchner, Eint. 129. 5) Baerwald, Phän. 377.
3) Oesterreich,
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habe; und zwar in der Kk. 'Sieben', in welcher alle 'Äußerungen' diese Zahl umspielten und veranschaulichten, daneben aber mehrfach auf die Beteiligung von sieben Personen hinwiesen. Auf Einzelheiten brauche ich nicht einzugehn; vielmehr nur den springenden Punkt hervorzuheben, daß sich unter den sieben Beteiligten jemand befand, dem noch nie mediale Begabung zugeschrieben worden ist, — nämlich der Kk.-Forscher Piddington selbst! Auch bestand seine 'Beteiligung' nicht in irgendwelchen 'Schriften', sondern darin, daß er vier Jahre zuvor einen sog. 'postumen Brief' verfaßt und versiegelt hatte, worin er berichtete, daß die 'Sieben' seit früher Kindheit eine Art Zwangsvorstellung und Glückszahl für ihn gewesen sei (die er also auch nach dem Tode gegebenenfalls wohl erinnern würde), und daß er 'von drüben her' versuchen wolle, in allerhand 'Siebener'-Kundgebungen darauf hinzuweisen und dann die Öffnung des Briefes zu fordern. — Daß diese Niederschrift ein echtes Güed der ausgedehnten Kk. 'Sieben' bildete, ist kaum zu bezweifeln und soll hier jedenfalls dem Gegner zuliebe angenommen werden. Wenn man nun — so folgert Tischner — nicht voraussetze, was man doch erst beweisen wolle (nämlich das Dasein von Geistern), so zeige dieser Fall, 'daß auf irgendwelche... Weise die Möglichkeit besteht, daß medial veranlagte Personen den Inhalt von Schriftstücken oder auch die Gedanken von Personen erfassen können'; dann aber sei ja die Durchführung einer daraus geschöpften Kk. durch das Unterbewußtsein des betreffenden Mediums in der oben besprochenen Weise möglich.1 Das übereilt Verfehlte dieses Gedankenganges springt in die Augen. Was nach ihm eine 'medial veranlagte Person' tun soll, könnte natürlich ebenso gut ein Abgeschiedener tun (einen solchen vorausgesetzt); anderseits ist es völlig gleichgültig, wo der 'Leiter' einer Kk. ihren Kernbegriff hernimmt (aus eigenen Erinnerungen, oder aus mündlichen Anregungen eines Lebenden, oder — hellsichtig — aus der verborgenen Niederschrift eines solchen). Der Nachweis einer bestimmten Quelle für den Leitbegriff hat also nicht das Geringste zu tun mit der Frage, wer die entsprechende Kk. durchführe. Es ist auch keineswegs verwunderlich (und die Tatsache hätte Dr. Tischner seinen Einwand verdächtig machen können), daß Miss Johnson (die er mit Recht 'neben Piddington die Haupterforscherin dieses Gebiets' nennt) 'zu dem Ergebnis kommt, daß sehr vieles in dieser Kk. dafür spricht, daß eine fremde Intelligenz, ein Verstorbener, eine Rolle spielte,' — ja daß Miss Johnson, unbeschadet ihrer spiritistischen Gesamtdeutung 1) Tischner. Geich. 198 f. Seltsamerweise scheint auch Plddlngton geglaubt zn haben» daß diese Kk. told rather against »plritsM (XXIV 251). M a t t i e i e n , D u persönliche Oberleben I I
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Argumente aus formalen Verhältnissen der Kundgebung
des Falles, in der Zugestehung animistischer Bestandteile (nämlich telepathischer Einwirkungen Piddingtons) noch weiter geht, als Tischner selbst! — Mit einem Wort: das Besondere der Kk. 'Sieben' läßt unser Problem genau da, wo es auch ohne sie gestanden hätte.1 — Ist nun die Problemlage mit solchem Zugeständnis ihrer Unentscheidbarkeit wirklich erschöpft? Ich glaube es nicht. Denn wäre sie es auch bei rein abstrakter Erwägung, — wir haben nun schon oft genug erfahren, daß die Hauptaufgaben des Theoretikers erst beginnen, wenn über solche abstrakte Urteilsbildung hinaus die Analyse in letzte Einzelheiten der Tatsachen vorgetrieben wird. Wir haben also auch hier zu fragen, wie sich die notwendigen Voraussetzungen der einen öder andern Deutung im einzelnen ausnehmen, und ob sie in den Tatsachen eine Stütze finden oder nicht Es versteht sich von selbst, daß hierbei die Prüfung der animistischen Voraussetzungen den Vortritt haben muß. Erweisen sie sich als unangreifbar oder wenigstens frei von schweren Bedenken, so müßten wir immerhin, bei der heutigen Denklage, dieser "bescheidenem' Deutung das logische Übergewicht zugestehn. Indem ich also zunächst die verschiedenen Versuche durchgehe, einen lebenden Urheber der Kk.-Versuche zu finden, wünsche ich zuvor eine sonderbare Vermutung beiseitezuschieben, die m. W. nur einmal vorgebracht worden ist, ohne in der Forschung Schule zu machen. Anknüpfend an eine von Miss Sinclair ausgesprochene Andeutung,8 bekennt sich Mr. R. G. Milburn zu dem 'lange gehegten Verdacht', daß 'ein Kollektiv-Geist — a joint mind —, der den Forschern gemeinsam und durch ihre wachen Interessen geformt sei, den wahren Agenten bei Kk.en darstelle. Dieser unterbewußte Gruppengeist — weniger individualisiert als der bewußte — finde dann Ausdruck und Auslauf (outlet) durch Medien, die in telepathischer Fühlung mit der Gruppe stehen.'' — Dieser Gedanke wird eigentlich schon durch die zeitliche Abfolge der Vorgänge widerlegt. Kk.en lagen, wie wir wissen, urkundlich vor, ehe die Forscher auf ihren Begriff gerieten; diejenigen Schriften vollends, auf die sich die Theorie der Komplementarität von Anfang an stützte, waren längst geschrieben, ehe die dafür entscheidenden Einzelheiten in ihnen entdeckt wurden. Man müßte also mindestens eine von Anfang an unbewußte Planung und An1) Vgl. meine Darstellung der Kk. 'Sieben' und ausführlichere Widerlegung Tischners in ZmpF 1932 251S. 326ff.(Pr XXIV 222—258; XXVII147L) Schon Lambert fragte, wie denn die Tatsache erklärt werden «olle, 'daß die Telepathie gerade Halt macht, nachdem die Zahl 7 der beteiligten Personen voll ist 7' (Lambert 114.) — Eine Mischtheorie (Tel. einer äußeren Quelle neben Tel. unter den Medien) vertrat Miss Johnson (XXV 288) unter Hinwels auf Myers II 55. 2) J S P R XVIII 67 f. 3) Das. 101 f. Ähnlich anscheinend Buchner 251. Vgl. Dessolr 217.
Experimentelle Entsprechungen der Ges. f.psych. Forschung 163 regung (seitens der Forscher!) annehmen, und das hieße die Deutung ohne jeden Grund verwickeln: denn dann könnte man ja ebensogut den ganzen Plan im Unterbewußtsein derer entstehen und reifen lassen, die ihn auch zur Ausführung brachten, also der Medien selber. Überdies: was soll ein solcher 'Gruppengeist' der beteiligten Forscher bedeuten? Eine neue, irgendwie einheitliche und einheitlich vorgehende Persönlichkeit? Eine solche wäre ohne einheitliche nervöse Grundlage; sie würde gleichsam in der Luft schweben und wäre schwieriger zu denken, als ein 'spiritistischer Geist', — den sie doch aus dem Felde schlagen soll! Oder soll jener Gruppengeist nur die Summe 'unterbewußter' Denkneigungen und Planungen in den 'weniger individualisierten' Seelenbereichen der mehreren Forscher sein? Wie unausdenkbar schwer dann, diesen blinden Haufen von Ansätzen zu jenem einheitlichen Vorgehn zusammenzufassen, das doch selbst die einfachsten Kk.en voraussetzen. — Wenden wir uns also, als weit hoffnungsvolleren Anwärtern, den beteiligten Medien zu, so darf man wohl annehmen, daß jeder animistische Kenner an erster Stelle Mrs. Verrall der Täterschaft' verdächtigen wird, etwa weil sie (wie man annimmt) als erste auf dem Plan war; weil sie besonders 'medial' veranlagt war; weil sie mit Myers befreundet gewesen war; weil viele Kk.en in ihrer Schrift ihren Anfang nahmen; weil sie — kurzum, der Verdacht hat sich nun einmal um sie zusammengezogen, wie sich zuweilen das Gerede der Welt um einen Menschen verdichtet, ohne daß man sagen kann, weshalb und mit wieviel Recht 1 Ich muß nun gleich sagen, daß ich bei aller Gewissenhaftigkeit (die man mir vielleicht zugestehn wird) nichts habe entdecken können, was einem Beweise, selbst einem Indizienbeweise dieser Annahme auch nur von weitem ähnlich sähe. Daß die eben angedeuteten Gründe für sie — keine sind, wird man auf den ersten Blick erkannt haben: die bezeichneten Tatsachen vertragen sich nicht um ein Iota schlechter mit der Annahme, daß — sagen wir — der verstorbene Myers die ganze Unternehmung in Gang gebracht und betrieben habe. Hatte er den Plan der Versuche erdacht, so mußte er bei irgendeinem Medium natürlich anfangen, und da mochte ihm die zu Lebzeiten befreundete und stark medial veranlagte Mrs. Verrall am nächsten liegen. * Im übrigen aber kenne ich nur noch eine Einzeltatsache, die der Verfechter der Verrall-Theorie vielleicht zu seinen Gunsten anfahren könnte. Im Ja1) AuBer Podmore war zunächst auch Bayfleld für die Verrall-Theorie (XXV 83 (I.). Vgl. Miss Johnson: XXI389; XXV 290 f.; Barnard231. 2) Vgl. X X 220 f.: 'Mrs. Verroll Ist so sehr meine Freundin, daß ich mit ihr sein [d. i. durch sie schreiben] kann.' 11*
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nuar 1906 machte Mr. Piddington der ihren ersten Bericht über ihre 'Schriften' vorbereitenden Mrs. Verrall den Vorschlag, den Urheber der automatischen Schrift als den scribe (den 'Schreiber') zu bezeichnen (statt als 'meine Hand', oder 'Mrs. Verrall II'). Während der nächsten Wochen wußten nur Mr. Piddington, Mrs. Verrall und ihr Gatte um diesen Gedanken, und ihnen allen war er 'neu'. Am 6. Februar nun schrieb Mrs. Holland (z. Zt. in England) eine Schrift, worin zweimal das Wort scribe vorkommt (im Sinne von Medium, automatische Schreiberin) und dazwischen ausdrückliche, fragende Anspielungen auf 'Margaret' (Verrall). 1 Offenbar aber ist auch diese Tatsache durchaus zweideutig. Zunächst ist das Wort scribe durchaus nicht so selten und unerhört, daß es nicht auch von selbst bei Mrs. Holland hätte auftreten können, und z u f ä l l i g kurze Zeit nachdem es Mrs. Verrall vorgeschlagen worden war. (Tatsächlich ist es, wie wir 2 durch Miss Johnson selbst erfahren, auch im spiritistischen Schrifttum schon früher im Sinne von 'Automatistin' gebraucht worden.) Aber ganz abgesehen davon könnte doch M y e r s , g l e i c h z e i t i g mit dem Medium, an das er so innig angeschlossen war, den Vorschlag Piddingtons aufgefaßt und in die Tat umgesetzt haben. Oder gar endlich: man könnte selbst telepathisches Durchsickern von E i n z e l h e i t e n zwischen den beteiligten Medien zugestehen, ohne daß damit das eigentliche Zusammensetzspiel der Kk.en auf 'telepathische Regie' des einen von ihnen zurückgeführt wäre. 3
Erscheint somit die Annahme, daß Mrs. Verrall für Ursprung und Durchführung der Kk.en verantwortlich sei, als leidlich willkürliche 'Verdächtigung', für die gar keine zwingenden Gründe aufzutreiben sind, so drängen sich anderseits bei näherem Zusehn manche Umstände auf, die deutlich gegen diese Annahme sprechen. Man hat das erste Einsetzen der Verrall-Schriften fast unmittelbar nach Myers' Tode als Argument für ihre animistische Deutung benutzen wollen: der Tod des Freundes habe sie zur Ausbildung dieser Scheinpersönlichkeit angeregt. Aber sehen wir uns doch die Tatsachen näher an. Mrs. Verrall selbst berichtet uns, daß sie 'während einer b e t r ä c h t l i c h e n R e i h e v o n J a h r e n ' automatischen Leistungen ihre Aufmerksamkeit geschenkt und sie 'auf mannigfache Weise b e i sich zu erzielen versucht' habe. Aber mit der Planchette und dem Tisch habe sie n u r dann Ergebnisse gehabt, wenn sie mit einer zweiten Person saß; auch habe sie k e i n e r l e i S c h r i f t erzielen können, mit Ausnahme sinnloser Wiederholungen weniger Buchstaben, besonders e v r, also der ersten Buchstaben ihres Namens. 'Ich war zum Schlüsse gelangt, daß automatische Schrift bei mir nicht möglich sei.' Am 19. Januar 1901, also zwei Tage nach Myers' Tode, begann sie eine neue Reihe ernsthafter Versuche, indem sie eine Viertelstunde und länger bei halbem Licht vollkommen ruhig auf 'Eindrücke' wartete, dann einen 1) XXI 283 f. 2) S. 285. 3) Wöbet ich Im Augenblick davon absehen will, daß ausdrücklich vorgenommene Versuche die Möglichkeit telepathischer Beeinflussung zwischen den Beteiligten widerlegt oder doch eine solche als sehr schwierig erwiesen haben.
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Bleistift hielt oder die Hand auf die Planchette legte. Das letztere erwies sich wieder als völlig wirkungslos, und der Bleistift blieb unbewegt, es sei denn, daß sie ihre Aufmerksamkeit durch Lesen völlig ablenkte, und dann gab er lediglich einige Worte aus dem Gelesenen wieder. Dieser Mißerfolg wiederholte sich am 1., 2., 12. und 13. Februar, worauf bis zum 3. März keine weiteren Versuche unternommen wurden. An diesem Tage, besonders aber am 5. März, zeigten sich die ersten Erfolge. Es kamen Worte, die mehr und mehr Zusammenhang zeigten; 'dann fühlte ich plötzlich einen starken Antrieb, die Haltung des Bleistifts zu verändern, nämlich ihn [gegen meine sonstige Gewohnheit] zwischen Daumen und Zeigefinger zu halten... und nach wenigen sinnlosen Worten s c h r i e b er f l i e ß e n d a u f l a t e i n i s c h . Ich saß im Dunkeln und konnte nicht sehen, was ich schrieb; die Worte kamen mir einzeln... und ich hatte keinen allgemeinen Begriff von ihrem S i n n . . . Bis zu Ende des Monats, mit wenigen Ausnahmen, fuhr ich fort, täglich fließend Latein zu schreiben, mit gelegentlichen griechischen Worten. Die Schrift war nicht durchweg verständlich, aber sie verbesserte sich und war sehr verschieden von dem bloßen Unsinn, womit sie begann.'1
Diese E i n z e l h e i t e n der Anfänge der Verrall-Schrift sind meines Wissens bisher noch nie als Unterlage für die Theorie erwogen worden. Und doch reden sie, wie mir scheint, eine nahezu eindeutige Sprache. Hätte Mrs. Verrall die Fähigkeit besessen, vollkommen auf eigene Hand automatische Schrift oder gar 'spiritistische Kundgebungen' zu erzeugen, so hätte es ihr, wie wir sehen, weder an Selbstreizungen, noch auch an äußerem Ansporn gefehlt Jahrelang hat sie sich offenbar dazu soz. aufzupeitschen gesucht, und in diesen Jahren ist ihr, wie wir wohl annehmen dürfen, mehr als ein Mensch gestorben, den sie, die mindesten spiritistischen Neigungen ihres ^Unterbewußtseins' vorausgesetzt, gewiß sehr gern durch ihre Hand hätte 'reden' lassen. Abgesehn von andern bedeutenden Mitgliedern der Ges. f. ps. Forsch., also Personen aus Mrs. Verralls engerem Arbeitskreise, war in diese Jahre auch der Tod Prof. Henry Sidgwicks gefallen (Sommer 1900), der das ständig vergeblich sich mühende Medium doch wohl zum Versuch hätte treiben können, den Cambridger Freund und berühmten Mitbegründer der S. P. R. seinen Verehrern in derselben als 'Experimentator' aus dem Jenseits vorzuführen. Nicht nur geschieht nichts dergleichen, sondern auch die hartnäckig erneuten Versuche des Januar 1901, offenbar angeregt durch den Tod des zweiten Führers der Gesellschaft, bleiben sechs Wochen lang ergebnislos. Was hätte Mrs. Verrall, als 'automatistisch Hochbegabte' (wie die Folgezeit zu erweisen scheint), wohl jetzt noch hindern können, endlich in der Rolle eines Schreibmediums zu glänzen, 1) XX 7—10. — Der Leser hat einige Proben aus diesen frühen Schritten und ihren 'Regiebemerkungen' oben, S. 1501. kennen gelernt.
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vorausgesetzt, daß dies von ihr allein abhing? — Dann, zu Beginn des März, das plötzliche Umlegen des Bleistifts in eine Haltung, die Mrs. Verrall seit 16 Jahren nicht mehr geübt hat, — und danach die fließende lateinische Schrift, wohl noch nie als solche von ihr angestrebt Kann man bestreiten, daß diese jahrelange Vorgeschichte und ihre überraschende Gipfelung mit Nachdruck dafür spricht, daß die 'Schrift' erst eintrat, als sich zu den eignen Bestrebungen des Mediums ein zweiter Einfluß gesellte, dessen Hinzutritt die seelische Lage von Grund auf veränderte? Man wird vielleicht einwenden, daß unter spiritistischen Voraussetzungen dieser Einfluß sofort nach Myers' Tode, oder daß er etwa auch nach Sidgwicks Tode hätte eintreten müssen. Beide Einwände verfehlen ihr Ziel. Wer die zahllosen Zeugnisse Von drüben her' über die häufige Notwendigkeit einer Zeit der Ruhe oder des 'Schlafes' gleich nach erfolgtem Sterben kennt, wird das anfängliche Zögern der Tuus-Myers-Kontrolle weit eher für eine Bestätigung, als für eine Widerlegung ihres spiritistischen Ursprungs halten. Und was das Bedenken bezüglich Sidgwicks anlangt, so wird der Gegner einräumen müssen, daß das durchweg sehr zurückhaltende, blasse, mittelbare und seltene Auftreten dieser Persönlichkeit während der gesamten Kk.-Vorgänge und bei allen Beteiligten — sich vorzüglich mit der Tatsache verträgt, daß sie auch bei der ersten Ingangbringung der Kk.en den Vortritt andern überlassen hat. Was sonst unmittelbar zugunsten einer echten Myers-Kontrolle in den Kk.en spricht, soll erst erwogen werden, wenn die spiritistische Theorie dieser Vorgänge ausdrücklich zur Erörterung steht. Dagegen sei hier betont, daß in den ersten Verrall-Schriften, so dunkel sie auch erscheinen mögen, nichts enthalten ist, was der Annahme einer sich allmählich zur Klarheit durchringenden spiritistischen Kontrolle widerspricht. Von einer billigen sofortigen Selbstmaskierung des Traumschaffens als bestimmter Verstorbener ist keine Spur zu finden. Dagegen enthält schon die Schrift vom 5. März Worte, die auf eine zwar stark gehemmte, aber in ihrem Wollen bestimmte und planmäßig andrängende Persönlichkeit hindeuten. Unmittelbar vor dem Wechsel im Halten des Bleistifts erscheinen die Worte 'erspare Beschwerde, kann nicht halten', ferner die Worte Semper vivo (Ich lebe immer noch'), dreimal ein et ego — 'auch ich' (man möchte wieder ergänzen 'lebe noch'), des weiteren: ter ad mutidum — 'dreimal zur Welt' ("habe ich schon durchzudringen versucht'?); tuus, der Deinige; sodann das schon früher Mitgeteilte: 'entziehe dich nicht dem, was ich dir sagen werde' und anderes Verwandte mehr an diesem und den unmittelbar folgenden Tagen, wie etwa: 'Ich kam heute, aber du warst nicht bereit';
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'o wären alle sol was du? ich kann nicht, wollte aber — o wie ich wollte! Möge dich Gott der gute — a . . . ' 1
Meine Auffassung der Anfänge der Verrall-Myers-Kontrolle wird aber durch einen weiteren Umstand bestätigt, dessen zeitliche Bezüge gleichfalls der Beachtung entgangen zu sein scheinen. Wie wir wissen, spannen sich die ersten Kk.en zwischen Mrs. Verrall und Mr. Forbes. Diese aber war, wie wir erfahren, schon beträchtliche Zeit vor Mrs. Verrall eine wohlgeübte und erfolgreiche automatische Schreiberin; ihre 'Kontrollen' dabei waren TL Gurney' und ihr im Burenkrieg gefallener Sohn Talbot. Am 24. F e b r u a r 1901 nun kamen bei ihr durch die Planchette die Worte: 'Edmund Gurney schreibt für Fred. Myers', 8 und dann, nach vernünftiger Beantwortung mehrerer gestellter Fragen: 'wir wollen unsre Freunde in Cambridge sehen. Mrs. Verrall ist so sehr meine Freundin, daß ich mit ihr sein [d.h. mich durch sie äußern] kann.' 8 Worauf richtige Angaben über Mrs. Verralls augenblickliches Tun folgten, also, wenn man will, die erste Andeutung einer 'Entsprechung'. Ich vermute, obgleich der Text dies nicht eindeutig erkennen läßt, in den Worten 'Mrs. Verrall ist usw.' eine Äußerung M y e r s ' , kundgetan durch Vermittlung des ihm beistehenden 'Gurney'. Wir begegnen also hier nicht nur der Tatsache, daß die e r s t e , dürftige Entsprechung, welche die ganze gewaltige Bewegung der Kk.en e r ö f f n e t , bei Mrs. Forbes und n i c h t b e i Mrs. V e r r a l l sich äußerte; sondern auch der bedeutsameren Tatsache, daß dies geschah wenige T a g e vor der e r s t e n e r f o l g r e i c h e n V e r r a l l - S c h r i f t ü b e r h a u p t unter dem Einfluß der sich rasch zur Deutlichkeit durcharbeitenden MyersKontrolle. Da Mrs. Forbes eine fließende 'Schreiberin' bereits war, als Myers starb, so hätte in i h r e m Fall offenbar nichts die Erzeugung einer Myers-Personation sofort nach dem 17. Januar 1901 zu hindern gebraucht; daß sie einen 'Myers' sich äußern ließ erst fünf Wochen später, und zwar in durchaus n a t ü r l i c h e r z e i t l i c h e r A n n ä h e r u n g an das erste Durchbrechen des Verrall-Myers, also vermutlich zu der Zeit, da der verstorbene Myers ü b e r h a u p t zu einer Selbstbekundung reif geworden war, — das spricht sehr stark gegen die bloß animistische Deutung b e i d e r Myers-Kontrollen und damit der Myers-Persönlichkeit als solcher; während zugleich ihr 'entsprechendes' Auftreten bei Mrs. Forbes vor ihrer Entwicklung bei Mrs. Verrall der geläufigsten Form der animistischen Theorie der Kk.en, nämlich der VerrallTheorie, einen unverkennbaren Schlag versetzt. Und da mag denn hier gleich noch eingehender belegt werden, daß 1) XX 340 f. 3) XX 221.
2) In den ersten verfidenUichten Berichten stets als 'H.' bezeichnet.
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Argumente
aus formalen Verhältnissen
der
Kundgebung
jene 'erste, dürftige Entsprechung' keineswegs die einzige ist, die n i c h t bei Mrs. Verrall ihren Anfang genommen hat. So begannen z.B. 1 die Kk.en 'Becher' und 'Thanatos'2 mit Transäußerungen der Mrs. Piper, setzten sich dann in den Schriften der Mrs. Holland fort und e n d e t e n b e i Mrs. Verrall. Die um die Vorstellung der Wordsworth-Landschaft sich ordnenden Kk.-Äußerungen traten zuerst in Mrs. Pipers, erst später in Mrs. Verralls Schrift auf. Beiträge zur Kk. 'Licht im Westen'3 setzten in Mrs. Hollands Schrift ein, erschienen dann bei Mrs. Piper in der Phase des Erwachens, und erst danach bei Mrs. Verrall, und von den Namen der drei Kinder Myers' (Leopold, Harold, Sylvia), die in diesem Fall als Hinweise auf die Verknüpftheit der Äußerungen dienten, trat bei Mrs. Verrall k e i n e r zutage.4 Mrs. Verrall selbst hat darauf verwiesen, daß in 16 Fällen, in denen Mrs. Piper an einer Kk. mit einem andern Medium beteiligt war, Mrs. Piper viermal und Mrs. Holland einmal als erste auf dem Plan war, sie selbst (Mrs. Verrall) dagegen in 11 unter 14 Fällen, in die sie überhaupt verwickelt war; während in 8 Fällen, an denen im ganzen d r e i Medien beteiligt waren, Mrs. Piper zweimal fahrte, Mrs. Holland gleichfalls zweimal, und sie (Mrs. Verrall) viermal, — unter 8 Fällen, an denen sie Oberhaupt beteiligt war." Es kann also, selbst innerhalb der hier allein berücksichtigten Reihe, bloß in den 'Doppelfällen' (im Unterschied von den 'TripelfäUen') auch nur von einem zahlenmäßigen Überwiegen Verrallschen Führens die Rede sein. Wir müßten demnach in allen Fällen, in denen Mrs. Verrall n i c h t führte, die Verrall-Theorie in einer sehr unbequemen Weise verwickeln, indem wir annehmen, daß die Planerin des Experiments die 'komplementären' Stücke bei entfernten Medien 'durchgedrückt*, ihr Auftreten aber in der eigenen Schrift verhindert habe, auch wenn diese inzwischen ihren Fortgang nahm! Schon dies würde eine außerordentliche Sonderung und gegenseitige Abschließung von Wachbewußtsein und leitender Unterschicht' bei diesem Medium voraussetzen. Diese Sonderung würde sich aber noch in einer andern Tatsache erweisen, deren Schwerglaublichkeit ein beträchtliches Argument g e g e n die Verrall-Theorie abgibt. Als nämlich Mrs. Verrall erstmalig in ihren Schriften die vielen Aufforderungen entdeckte, Einzelnes darin zu 'verweben' und 'zusammenzuhalten', worauf im anscheinenden Unsinn der Sinn zutage treten würde,® wußte sie mit dieser Entdeckung nichts anzufangen; so wenig, daß sie diese 'Aufforderungen' nur unter der gänzlich unpassenden Überschrift: 'Worte, die in einem besonderen Sinn gebraucht werden' überhaupt erwähnte; und zwar, obgleich sie ja selber 'Kreuzkorrespon1) Worauf Piddington in einer Debatte mit Podmore und andern vor der Gesellschaft für psychische Forschung im Dezember 1908 aufmerksam machte. 2) X X I I 1 7 9 ff. 295 ff. 3) X X I I 241 ff. 4) J S P R XIV 20 f. 5) a. a. O. 28. 6) X X 39.
Experimentelle Entsprechungen der Ges. f.psych.Forschung
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denzen' zwischen sich und andern Medien ausdrücklich beschrieb!1 — wiewohl nie im Sinn einer Theorie der Komplementarität. Wir müßten also nicht nur voraussetzen, daß die Planung komplementärer Kk.en im Unterbewußtsein einer Person entstanden sei, die nie zuvor bewußt diesen Gedanken gedacht hatte; sondern auch daß, obgleich dieser Gedanke in ihrem Unterbewußtsein fruchtbar war, die eigne bewußte Beobachtung von Schriften, die der Ausdruck jenes Gedankens waren, nicht die Kraft besaß, ihn ins Bewußtsein zu heben und damit bei Mrs. Verrall ein Verständnis ihrer eignen Beobachtung herbeizuführen! Man wird zugeben müssen, daß dies eine höchst sonderbare Undurchlässigkeit der Scheidewand zwischen Wachund Unterbewußtsein voraussetzt Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist auch die Tatsache, daß sich bei Mrs. Verrall Schriften finden, in denen sich der leitende scribe von dem telepathisch wirksam gedachten Medium ausdrücklich unterscheidet. Am 28. Dez. 1904 z.B. enthielt ihre Schrift das folgende: 'Ich wünsche es durch Mrs. Forbes zu bestätigen, aber sie hat nicht begriffen... Ich werde während dieser ganzen Woche den Versuch fortsetzen — warten Sie auf ihren Brief und ihre Hilfe. Denken sie oft an sie, senden Sie in Gedanken eine Botschaft an sie, daß sie schreibe, sie sei gewiß, daß Sie enttäuscht sind.'2
Hier nimmt der Redende also an, daß gedankliche Verbindung zwischen den beiden Damen, von Mrs. Verrall ausgehend, wohl möglich sei, und befürwortet sie sogar in einem besonderen Fall; er denkt aber nicht daran, daß dies das geringste mit dem eigentlichen Versuch zu tun habe, den er unternimmt, unabhängig von aller Telepathie zwischen seinen Medien! Hierzu tritt aber noch eine letzte Überlegung. So oft die erste Erwähnung von Teilstücken einer Kk. nicht bei Mrs. Verrall erfolgt, ist es ja noch immer denkbar, daß der Anstoß zum Experiment von ihr ausgegangen sei; doch müßten dann jedenfalls die wichtigsten Vorstellungen der betreffenden Schriften zu Mrs. Verralls Wissen gehört haben. Daß dies bei den weitaus meisten Kk.en der Fall war, ist unbestreitbar; denn Mrs. Verralls Belesenheit in mehreren Sprachen war eine ungewöhnliche. Am ehesten läßt sich die Frage ihres Wissens oder Nichtwissens um die Kernbegriffe einer Kk. dort nachprüfen, wo sich diese auf wirkliche Tatsachen oder Begebenheiten beziehen, und da stellt sich denn heraus, daß Mrs. Verrall gelegentlich an Kk.en beteiligt war, um deren tatsächliche Grundlagen sie nicht wußte. 1) XX 205—275.
2) X X 408.
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Argumente
aus formalen Verhältnissen
der
Kundgebung
Ein Beispiel ist in folgender Darlegung Piddingtons gegeben: *Eins der am häufigsten wiederholten 'Verbindungsglieder' in Mrs. Verralls Schriften ist der griechische Buchstabe Sigma, oft verknüpft mit irgendwelcher Andeutung einer Schncckenlinie. Diese 'Sigma-Schriften' waren uns lange ein Ufttsel gewesen, und erst i.J. 1914 fand ich eine Erklärung für sie — eine teilweise Erklärung. Sie gründen sich auf zwei Literaturstellen: die eine steht in [dem Ruskinschen Buche] 'Fors clavigera', die andre bildet ein Bruchstück eines der griechischen Dramatiker. Daß diese beiden Literaturstellen den Sigma-Schriften zugrundeliegen, ist gewiß; aber weshalb die Kommunikatoren auf diese zwei Stellen sich zu beziehen wünschten, war für uns alle ein völliges Geheimnis, bis wir ein Jahr darauf oder noch später zum erstenmal von einer Tatsache Kenntnis erlangten, die nur einer sehr kleinen Zahl von Lebenden bekannt war. Zu diesen wenigen gehörte Mrs. V e r r a l l bestimmt nicht.' 1
Man sieht wohl ein, daß der Verrall-Theorie um so reichlichere Schwierigkeiten erwachsen, je genauer man ihre Einzelheiten unter die Lupe nimmt. Läßt man sie aber dieser Schwierigkeiten wegen fallen, so beraubt man unstreitig die animistische Deutung der Kk.en ihrer besten Stütze. Das dürfte jeder ihrer Vertreter fühlen, der die überragende Rolle bedenkt, die gerade dieses Medium in jener gewaltigen Unternehmung gespielt hat. — Gleichwohl: ein Monopol besaß es nicht. Vielmehr wird man auf Grund von Einzelbeobachtungen kaum umhin können, auch bei andern Medien neben Mrs. Verrall gewisse Anregungen festzustellen; z.B. wenn man beachtet, wie oft bei solchen von Mrs. Verrall wie von einer gänzlich außerhalb der jeweiligen Anstrengung Stehenden gesprochen wird. So schreibt z. B. Mrs. Willett am 28.Febr. 1914: 'May [Verrall] Soll gegenwärtig nichts von all diesem hören; weil dies etwas gutes ist, was sich lohnt... Es ist Sinn in dem, was durchgekommen ist, obwohl einige Entwirrung2 nötig ist Eine literarische Vorstellungsverknüpfung, die auf den Einfluß zweier Verstorbener hinweist.'8 Eben dieser Umstand aber, daß der Animist nicht umhin kann, auch andern Medien einen Teil der Führung zuzuschieben, dürfte letzten Endes seine Verlegenheit eher vermehren als vermindern. Denn je weniger er einem Medium Alleinherrschaft der Leitung zubilligen kann (wie sie doch der spiritistischen Theorie jederzeit zur Verfügung steht), desto ausdrücklicher wird er zu einer kollektiven Form der Deutung sich entschließen müssen, und damit wieder die Einheitlichkeit der Leitung preisgeben, die wir bei manchen Einzelversuchen unbedingt fordern müssen. — Doch erwägen wir diese Gedanken in geordneter Reihenfolge. Was zunächst die Ansprüche einzelner anderer Medien außer 1) X X X I I I 458.
2) dlsentanglement.
3) X X I X 209.
Vgl. X X V I I 56.
Experimentelle Entsprechungen der Ges. f . psych. Forschung
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Mrs. Verrall anlangt, so scheinen mir animistische Argumente sowohl im Falle der Mrs. Holland, als auch in dem der Macs tatsächlich nahezuliegen.1 Mrs. H o l l a n d nämlich, seit zehn Jahren automatisch schreibend, begann mit der Personation einer Myers-, Gurney- und SidgwickKontrolle, nachdem sie Myers' Werk über T)ie menschliche Persönlichkeit' gelesen hatte, und Miss Johnson glaubt, daß einzelne Stücke jener ersten Schriften auf das Buch, und die Charakterzeichnung der drei Kontrollen, soweit sie wahrheitstreu ist, auf die Angaben des Buches oder das aus ihnen Erschließbare sich zurückführen lassen. Auch wurden jene Persönlichkeiten angeblich noch lebenswahrer, nachdem Mrs. Holland Bilder der Betreffenden in einem andern Buche von Myers gesehen hatte. 2 Die Macs ihrerseits entwickelten verschiedene, z.T. sehr verdächtige Planchette-Kontrollen, nachdem sie gleichfalls Myers' Hauptwerk um die Jahreswende 1907/8 kennen gelernt; ihre SidgwickKontrolle aber erst drei Wochen nachdem sie Miss Johnsons ersten Bericht über die Holland-Schriften gelesen hatten. 8 Dabei trat zugleich ein bedeutender Unterschied in der Schrift gegenüber der bisher erhaltenen zutage: während die Botschaften der Planchette zuvor persönlicher und romanhafter Art gewesen waren, bestanden sie hinfort aus der für Kk.en typischen Aneinanderreihung einzelner Sätze und literarischer Anspielungen von leicht durchschaubarer Einheitlichkeit der Bedeutung. — Wie sehr solche Tatsachen dem Animisten willkommen sein können, ist klar. Indessen erscheint mir ihre völlige Zweideutigkeit nicht minder einleuchtend. Schon Lambert machte (gegen Dessoir) geltend, daß es 'auch vom spiritistischen Standpunkt aus verständlich sei, daß ein Medium einem Geiste zugänglicher wird, wenn es mit seiner Denkweise innig vertraut ist' 1 Dies ist ein richtiger und einleuchtender Gedanke. Seine volle Bedeutung freilich dürfte er erst innerhalb einer ausgeführten Theorie der medialen Kundgebung enthüllen. Hier soll davon nur dies gesagt werden: daß ja selbst der Spiritist nur in den seltensten Fällen die Kundgebung als restlose Selbstdarstellung und -äufJerung des Geistes durch das zum bloßen Sprachrohr gemachte Medium auffaßt, vielmehr sehr häufig (sagen wir) als seine Äußerung durch eine im Unterbewußtsein des Mediums geschaffene Personalvertretung hindurch. Selbst ein so gründlicher Spiritist wie Lodge, der in {dien MyersKontrollen der Kk.-Medien ein 'gemeinsames Element' und im Grunde 'dieselbe Persönlichkeit' zu finden meint, verwahrt sich sehr entschieden gegen die 'Identifizierung' dieser verschiedenen Myers-Persönlich1) Kaum dagegen bei Mra. Wlllett, s. XXV 114. Eine ad hoc eingeführte "Forbe »-Theorie im besonderen Fall bei Baerwald, Phän. 3571 2) Die venchledenen Handichritten dieser Kontrollen bei Mrs. Holland ähnelten n i q h t denen der Lebenden. XXI 171. ISO t. 246. 3) XXIV 265. 4) Lambert 107.
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Argumente aus formalen Verhältnissen der Kundgebung
keiten. Unter der Voraussetzung, daß der Piper-Myers, der WillettMyers, der Verrall-Myers, der Holland-Myers alle etwas von dem wirklichen Myers einschließen, müßten die zusammengesetzten oder MischPersönlichkeiten alle ein gemeinsames Element enthalten, und dieses gemeinsame Element mag vorherrschen oder zurücktreten je nach den Umständen; . . . aber in keinem Falle erhalten wir das Myers-Element rein und unverwässert.'1 Eine solche Auffassung aber verträgt sich vorzüglich mit der Annahme, daß selbst eine durch Buchlesen angeregte Scheinpersönlichkeit als Aufnahmegefäß, ja geradezu als Anlokkung für Einwirkungen und Äußerungen der entsprechenden wirklichen Persönlichkeit dienen könne. Soviel ist also sicher: sollten sich Gründe für die Annahme spiritistischer Beteiligung bei den Kk.en finden lassen, so würden die aufgezeigten zeitlichen Bezüge keinerlei Gegenargument liefern. Sie vertragen sich gut mit einer animistischen Auslegung, sind aber weit davon entfernt, sie zu erzwingen. Die Entscheidung fällt woanders. — Über das Angedeutete hinaus aber weiß ich animistische Argumente zugunsten andrer Medien als Mrs. Verrall nicht mehr anzuführen. Mrs. Verrall war von jeher die eigentliche Hoffnung der Animisten auf diesem Gebiete, und als wie trügerisch sie sich bei näherem Zusehn erweist, habe ich gezeigt. — Je dürftiger nun aber die Ausbeute an animistischen Argumenten im Falle der einzelnen Medien ausfällt, desto geringer sind, wie schon angedeutet, die Aussichten einer Theorie, welche die Führung der Kk.en kollektiv zu begründen sucht; indem zu den Bedenklichkeiten der Einzelzuteilung hier noch die Schwierigkeit tritt, die nötige Einheitlichkeit der Leitung gegen die Gefahren der Vielköpfigkeit zu sichern. Man kann auch hier nicht sagen, daß die animistische Theorie über unbestimmte und unbelegte Vermutungen hinausgelangt sei. Prof. Oesterreich z. B. scheint, wenn ich ihn recht verstehe, zwischen einer 'zentralistischen' und einer 'kollektivistischen' Deutung der komplementären Kk.en zu schwanken. Wenn er es für möglich erklärt, daß in solchen Fällen 'das eine Medium dem andern einfach eine entsprechende telepathische Suggestion ä distance erteilt', so soll das 'entsprechen' doch wohl in der komplementären Eigenart des übermittelten Inhalts bestehen, womit denn das telepathisch aktive Medium auch zur Planerin dieser besondern Komplementarität gestempelt würde. Anderseits hält Oesterreich es aber auch für denkbar, daß eine 'wechselseitige Verständigung beider Medien, eine Vereinbarung zwischen ihnen' stattfinde.8 Der 'beiden' Medien? Offenbar der beiden, die Prof. Oesterreich augenblicklich im Sinn hat. Denn natürlich weiß er, daß die Mehr1) X X V 118.
2) Oesterreich, Okk. 78. 77.
Experimentelle
Entsprechungen
der Ges. f.psych. Forschung
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zahl der Kk.en, daß gerade die am dringendsten der Deutung bedürftigen mehr als zwei Medien beschäftigen. Wird er auch unter drei, vier — sieben Medien eine 'Verständigung' oder 'Vereinbarung' annehmen wollen? Sehr wahrscheinlich, denn auch das 'läßt sich denken'. Solche völlig unterbewußte 'Vereinbarung' zwischen einem halben Dutzend Personen wäre gewiß eine neuartige Tatsache für den Psychologen; aber, wie ich schon sagte: die Abgrenzung von Möglichkeiten in einem neuen Forschungsfelde ist eine mißliche Sache. Immerhin ist es seltsam, einen solchen 'Radikalismus' der Hilfsannahmen im Dienste eines betonten 'Konservativismus' der Grundannahmen zu finden. Mir scheint, daß hier der Punkt erreicht wird, an dem die übertriebene 'Konsequenz' zwangsläufig in 'Inkonsequenz' umschlägt. In jedem Falle setzt ein solches Mosaikspiel der Massenverabredung eine Leichtigkeit und Genauigkeit des telepathischen Verkehrs voraus, die an sich schon unglaubhaft erscheinen könnte. Vor ihrer Annahme — mindestens im Falle der Damen Verrall und Holland — warnt überdies das Experiment. Während einer längeren Reise nach Europa im Frühling 1905 machte Mrs. Holland an jedem Mittwoch den Versuch, 'einen Eindruck und ein bestimmtes Wort, das sie selbst wählte und aufzeichnete, auf Mrs. Verrall zu Obertragen'. Diese Eindrücke bezogen sich auf die Orte, die sie besuchte. Miss Johnson verglich die Aufzeichnungen der ReiseAden mit Mrs. Verralls Schriften jener Zeit, fand aber in diesen nicht die mindeste Spur von ihnen.1 Nun würde dies nicht eben viel besagen, solange man die eigentlich 'Angeklagte' in Mrs. Verrall zu suchen beliebt. Aber auch hier trügt eine auf sie gesetzte Hoffnung. Denn vom 31. Mai ab machte Mrs. Verrall den umgekehrten Versuch, und diese Experimente waren 'ebenfalls völlig ergebnislos'.2 Man könnte nun sagen, daß zwar Mrs. Verralls 'Unterbewußtsein' die Fähigkeit besessen habe, Mrs. Holland telepathisch zu beeinflussen, nicht aber ihr bewußter Wille. Aber soll nicht auch der bewußte Wille-zur-Telepathie im Grunde nur 'durch das Unterbewußtsein hindurch' sein Ziel erreichen? Sollen wir also jenen Experimenten entnehmen, daß die hier erwiesene unüberwindliche Schranke zwischen Mrs. Verralls 'Ober-' und 'Unterbewußtsein' gelegen habe, nicht aber zwischen ihrem und ihrer Mitarbeiterin Unterbewußtsein?'Denkbar'. Aber welche Gründe haben wir für diese seltsame Annahme? — Die Ironie der ganzen Sache liegt dabei darin, daß die Anregung zu diesen Versuchen letzten Endes von der Gurney- und MyersKontrolle der Mrs. Holland selbst ausgegangen war,3 daß also anscheinend 'Geister' ein Experiment befürworteten, das, falls gelungen, gegen ihre eigenen Ansprüche hätte verwendet werden können, während nun sein Mißerfolg offenbar zu ihren Gunsten zu buchen ist. Indessen, könnte schließlich der Gegner einwenden: soll nicht auch 1) X X I 259.
2) A. a. Ö.
3 ) X X I 206 f.
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Argumente aus formalen Verhältnissen der
Kundgebung
der leitende 'Geist' im Falle von Kk.en die einzelnen Medien 'telepathisch' beeinflussen; liefert also nicht eben die Vollkommenheit seines Erfolges ein Maß für die Vollkommenheit der telepathischen Beeinflußbarkeit, die durch jene Versuche in Frage gestellt sein soll? — Zunächst: selbst der vollkommenste telepathische Erfolg eines Geistes würde doch nur passive telepathische Begabung der betreffenden Medien erweisen, während jene 'Verständigungs'-Theorie die höchste Befähigung im aktiven Sinne voraussetzt; und wissen wir etwa, daß diese beiden stets in gleichen Graden verbunden sind? Sodann aber: die Erwiderung des Gegners würde voraussetzen, daß Telepathie seitens Diskarnierter und seitens Inkarnierter in den Grundlagen ihrer Ermöglichung oder Hemmung durchaus gleichgestellt sei, und das ist doch wieder keineswegs gewiß, selbst wenn wir die telepathische Betätigung des Inkarnierten als eine Betätigung des 'Geistes-in-ihm' auffassen. Die erwähnten Versuche warnen mithin, auch wenn sie nicht widerlegen. Das Ergebnis unsrer bisherigen Erörterungen kann ich also folgendermaßen zusammenfassen: Die animistische Deutung der Kk.en hat keinesfalls zwingende Tatsachenbeweise für sich anzuführen; sie arbeitet vielmehr nur mit abstrakten Denkmöglichkeiten, entnommen einer vorgefaßten Ansicht. Diesen Denkmöglichkeiten werden durch Einzelheiten der beobachteten Tatsachen mindestens große Schwierigkeiten bereitet. Die Lösung unsres Problems hängt also wesentlich davon ab, ob die andre mögliche Auffassung der Kk.en, die spiritistische, sich ihrerseits auf 'positive' Beobachtungen stützen kann. An diese letzte Frage treten wir jetzt heran. d. D i e spiritistische Theorie der Kreuzkorrespondenzen Während wir die 'große Hoffnung' des Animisten auf diesem Gebiet, nämlich die 'Verrall-Theorie', in ihren letzten Einzelheiten prüften und diese ihr nichts weniger als günstig fanden, erwuchsen uns unter den Händen Hinweise auf eine bestimmte andre Ableitung, die wir entsprechend als die M y e r s - T h e o r i e bezeichnen können. Es wird sich empfehlen, daß wir nunmehr, ohne mit abstrakten Erwägungen über die Aussichten einer spiritistischen Deutung der Kk.en Zeit zu verlieren, diese Deutung gleich in jener bestimmten Form aufgreifen und die Erörterung dort fortführen, wo das Versagen der VerrallTheorie sie haltmachen ließ. Ich brauche kaum zu sagen, daß, wie diese für den Animisten, so die Myers-Theorie für den Spiritisten die 'große Hoffnung' auf diesem Gebiete darstellt. Alles bisherige hat uns die überragende Bedeutung der 'Myers'-Persönlichkeit in der Kk.Bewegung erkennen lassen, neben der alle übrigen Kommunikatoren
Experimentelle Entsprechungen der Ges. f.psych. Forschung
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offenbar nur die Rolle von Mitarbeitern spielten. Fragen wir daher zunächst, welche Gründe für die Leitung der Kk.en durch den wirklichen Myers sprechen. Ich habe oben gezeigt, daß die ersten Anfänge der ganzen Unternehmung nach ihren zeitlichen Bezügen für ihre Ingangbringung weit eher durch Myers, als durch Mrs. Verrall sprechen. Dieser Nachweis ist nun durch einen weiteren zu ergänzen. Während nämlich im Falle der Mrs. Verrall nichts darauf hinweist, daß diese Leistung bei ihr zu e r w a r t e n gewesen wäre oder ihr besonders natürlich angestanden hätte, sind im Fidle des wirklichen Myers solche Hinweise kaum zu bestreiten. Erwiesenermaßen nämlich war der Gedanke von Experimenten-vom-Jenseits-her zum Beweise des Fortlebens in Myers' Geiste schon zu Lebzeiten sehr lebendig gewesen. 'Nicht wir', hatte er gegen Schluß seines großen Buches geschrieben, 'sind in Wahrheit hier die Entdecker. Die im Gang befindlichen Experimente sind nicht das Werk irdischer Geschicklichkeit. W i r können nichts zu dem neuen Ergebnis beisteuern, als eine Einstellung der Geduld, der Aufmerksamkeit und Sorgfalt . . . Versuche, sage ich, sind im Gange, und wahrscheinlich Versuche von einer Verwickeltheit und Schwierigkeit, die über all unser Vorstellen und Ersinnen hinausgeht, aber sie werden von der andern Seite der großen Kluft her gemacht, durch die Anstrengungen von Geistern, welche Wege und Möglichkeiten erkennen, die für uns in undurchdringliches Dunkel gehüllt sind.'1 Auch bezeugt Miss Johnson, die von der Mitarbeit an der Herausgabe dieses Werkes her die Gedanken des Verfassers vielleicht besser kannte, als irgend ein andrer Lebender, 'sein ganzes Denken sei durchdrungen gewesen von dem festen Glauben an die Möglichkeit neuer Entwicklungen, wie sie nie zuvor in der Welt beobachtet worden, die aber die natürliche Entfaltung vorausgegangener Entwicklungen darstellten.'2 Die Annahme liegt nahe, daß einer, der so dachte, der überdies (wie Piddington bezeugt) die Mängel der bisherigen spiritistischen Beweisführung tief empfand, 3 nach seinem Hingang selber alles daran setzen würde, etwas zur Förderung jener 'neuen Entwicklungen' beizutragen. Ja auch die weitere Annahme liegt nahe, daß er diesen Versuch gerade in der Form einer Ausgestaltung übernormaler Beziehungen zwischen Äußerungen mehrerer Medien machen würde. Denn schon der lebende Myers hatte, zusammen mit Dr. Hodgson, zu verschiedenen Zeiten Versuche ins Auge gefaßt, solche Verknüpfungen zwischen den Äußerungen mehrerer Medien zu erzielen. Ein gedruckter Niederschlag von Versuchen dieser Art liegt nicht vor, aber in Briefen an Mrs. Thomp1) Myers II 275.
2) XXV 289.
3) XXX 305.
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Argumente aus formalen Verhaltnissen der Kundgebung
son (Juli 98—Jan. Ol) finden sich Äußerungen über seine Hoffnungen in dieser Richtung. Was wir im einzelnen davon erfahren,1 enthält allerdings keine Andeutung der Theorie komplementärer Kk.en. Miss Johnson nimmt daher an, daß der Begriff der komplementären Kk. dem lebenden Myers nicht aufgegangen war. 'Es erscheint mir fast sicher,' sagt sie, 'daß, hätte er zu Lebzeiten daran gedacht, ich davon gehört haben würde, während ich ihm bei der Drucklegung von 'Human Personality' half; oder daß er es einigen seiner Freunde und Mitarbeiter in der Ges. f. psych. Forsch, gegenüber erwähnt hätte.'8 Nun stellt ja aber, wie wir wissen, gerade die Durchführung von Komplementarität das bewußt Neuartige der Kk.-Bewegung dar,3 und zwar das Neuartige, das zuerst von jener durch Mrs. Verrall schreibenden Persönlichkeit ausging, die bald nach Myers' Tode sich zu regen begann und diesen Gedanken in einer Weise durchführte, die bei näherem Zusehn immer stärkere Verwandtschaft mit Myers' 'weitschichtigem und reichausgestattetem Geiste' offenbart.1 Es ist aber weiter in diesem Zusammenhang beachtenswert, daß Myers-im-Jenseits auch noch bei einer andern großen und durchaus neuartigen 'Bewegung' übernormaler Art, die in die Zeit nach seinem Tode fällt, seine Hand im Spiele gehabt haben soll: nämlich bei den berühmten 'Büchertesten'.5 Zu verschiedenen Zeiten d. J. 1917 nämlich gab Teda' bekannt, daß eine Reihe von Bücher-Testen, im Zusammenhang betrachtet, sinnvolle Botschaften ergeben, also sich ineinanderfügen sollten, wie die einzelnen Stücke eines 'Zusammensetzspiels'6; und von dieser Unternehmung, die offenbar mit den Kk.en wesensverwandt ist, behauptete 'Feda' ausdrücklich, daß 'Mr. Myers' den Plan entworfen und unter Beteiligung von Mr. Drayton Thomas' 'Vater' auszuführen unternommen habe. Mrs. Sidgwick muß zwar (vor dem Frühjahr 1921) bekennen, daß sie einen Erfolg dieser angeblichen Unternehmung nicht habe entdecken können. Aber das will nicht viel besagen: wir wissen, wie lange nach ihrer urkundlichen Vollendung manche Kk.en begriffen wurden; und selbst ein völliger Fehlschlag würde nicht gegen die Tatsächlichkeit der Planung streiten. Das Bestehen eines Experimentierwillens im Falle der 'Bücherteste' an sich bedarf ja keines Beweises, und es kann uns nicht gleichgültig sein, wenn auch dieser Wille in einem ganz besonderen, den Kk.en ähnlichen Falle Frederic Myers zugeschrieben wird.7 Gehen wir von solchen allgemeinen Wahrscheinlichkeitsgründen dazu über, die in Kk.-Aussagen enthaltenen einzel-inhaltlichen Hinweise 1 ) X X I 370 t. X X X 304 f. 6 ) puzzle.
2 ) aaO. 377. 3 ) Vgl. ZpF 1929 171 ff. 4 ) Vgl. Piddington 5) Näheres über diese wird ein Ergänzungsband dieses Werkes bringen. 7 ) X X X I 313 ff.
Experimentelle Entsprechungen der Ges. f.psych. Forschung 177 auf Myers als ihren letztgültigen Urheber aufzusuchen. Hier können an erster Stelle solche angeführt werden, die im allgemeinen zu seiner literarischen Personation' beitragen,1 d.h. zur Kennzeichnung des Myersschen Besitzes an literarischen Kenntnissen und Ausdrucksmitteln. Soweit die Möglichkeit besteht, daß diese auch den betreffenden Medien zur Verfügung standen, liefert ihre Verwendung natürlich keinen Identitätsbeweis; gleichwohl würden sie zur Abrundung eines solchen beitragen, falls sie mit ausgesprochen persönlichen Wissensinhalten vermengt sich fänden. Ein Beispiel ersterer Art liefert etwa die Verwendung der Worte 'Weltferne Feenlande' im Rahmen der Kk. 'autos ouranos akymon'8 zur Umschreibung der Vorstellung äußerer Ruhe in der Natur; denn jene Worte sind der Titel eines Myersschen Gedichts, in welchem diese Vorstellung sehr stark betont wird, und die betreffende Verrall-Schrift (vom 12. Febr. 1907) wird mit großem Nachdruck von 'Myers' gezeichnet, während ein Nachweis, daß Mrs. Verrall die Verse gekannt habe, durchaus fehlt. Aber auch in manchen andern Kk.en spielen Gedanken eine Rolle, die nachweislich mit Lieblingszitaten Myers' zusammenhängen, oder denen er in seinen Schriften besonders gewichtigen Ausdruck gegeben hatte. Dies gilt z. B. von den Vorstellungen 'Musik' und 'Abt Vogler', die durch die 'lateinische Botschaft' bekannt geworden sind; 3 es gilt von dem Virgil-
Zitat manibus date lilia plenis in der Verrall-Schrift vom 29. April 1907
es gilt vom Zitat aus dem eignen Gedicht Harold mit zwei Jahren', oder von der Schrift vom 3. April 1907, in welcher der Verrall-Myers zur Vorstellung 'Flügel' heranführt durch ein Zitat aus Lukrez, denn dies Zitat enthält im O r i g i n a l die Vorstellung Tlügel' nicht, während in einer englischen Wiedergabe desselben der lebende Myers die Worte 'mit entfalteten Flügeln' e i n g e f ü g t hatte.6 Es sind zahlreiche Beobachtungen dieser Art, die Mr. Piddington, einen guten Kenner des lebenden Myers, zum Schluß gelangen ließen: das einzig gewisse in der Deutung der Kk.en sei, 'daß, wenn es nicht der Geist Frederic Myers' war, der sie erzeugte, es einer war, der vorsätzlich und kunstvoll Myers' geistige Wesenszüge nachahmte.'6
Eine ganz andre Stufe der Beweiskraft betreten wir mit der Erwägung von Schriften, in denen sich Vorstellungen äußern, die dem schrei benden Medium nachweislich fremd waren. Diese Vorstellungen beziehen sich teils auf Stoffgebiete, die der erworbenen Bildung Myers' angehört hatten, teils auf Tatsachen aus seinem Leben. In beiden Gruppen ist die Auswahl so groß, daß hier nur wenige Belege geboten werden können. Der Leser mag sie als einen Nachtrag zur früheren 1) Wie Piddington 4) Vgl. o. S. 111.
es nennt; X X I V 5) X X I V 16.
M a t t i e i e n , Das penfiolidbc Obcxkben II
16. 2) X X I I 6) X X I I 242 f.
113.
3) X X I V IS
18.
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Argumente
aus formalen Verhältnissen der
Kundgebung
Behandlung der 'Identifizierung' durch Kundgebungsinhalte ansehn. — Ich führe zunächst einige aus den Verrall-Schriften an. Zwei Jahre nach Beginn ihrer Schrift und angeregt durch anscheinende Anspielungen darin auf neuplatonische Gedankengänge, las Mrs. Verrall zum erstenmal verschiedene dieser spätgriechischen Philosophen, darunter den Macrobius. Dabei fand sie wörtliche Berührungen mit ihren Schriften, die nur zum Teil durch ihre Bekanntschaft mit Quellen erklärt werden konnten. Zum Beispiel wußte sie nichts von dem Pythagoreischen diatessaroit, auf das Macrobius in seinem Kommentar zum Somnium Scipionis großes Gewicht legt und das in ihrer Schrift vom 19. Dez. 1902 in den Worten 'das neue und alte Diatessaron' erwähnt worden war, Worte, in denen sie darum zunächst auch 'gar keinen möglichen Sinn' hatte finden können.1 Myers aber war ein genauer Kenner des Macrobius und andrer spätgriechischer Philosophen gewesen.2 — Ein zweites Beispiel dieser Art: Am 22. April 1901 hatte die Schrift die Worte cardo KapKivou enthalten, für die der Schreiberin irgend ein Sinn zunächst unentdeckbar blieb. Cardo bedeutet eine Türangel und wird von den vier Hauptpunkten der Windrose gebraucht; das griechische Kapxtvos heißt "Krabbe' oder 'Krebs'. Erst einige Jahre später erfuhr Mrs. Verrall zu ihrer 'Überraschung' aus Macrobius und andern neuplatonischen Schriftstellern, daß die Verbindung der beiden Worte eine traditionelle Bedeutung hat. Bei Porphyrius nämlich bezeichnen sie den nördlichsten Punkt der scheinbaren Sonnenbahn, der Ekliptik, im Sternbild des Krebses, welches den Neuplatonikern als Eingangspforte der zur Erde herabsteigenden Seelen galt. Karkinos entspricht genau unserm 'Krebs' im astronomisch-astrologischen Sinne, und cardo bezeichnet, wie gesagt, einen der Kompaßpunkte, so daß für einen Kenner des neuplatonischen Denkens, wie Myers, der Doppelausdruck eindeutig ist.3 — Oder: Am 20. März 1903 gab die Schrift anscheinend eine Anweisung für das Schreiben, nämlich: daß Erfolg nicht bei östlichen, sondern bei westlichen Winden zu erwarten sei. Die Worte lauteten: "Niemals wenn der Wind aus dem Osten bläst, aber auf der westlichen Brise kommt es mit dem Klang von Glocken und von ferne gehörter Musik. Erkundigen Sie sich danach.' Der letzte Satz deutet offenbar an, daß der Verfasser der Schrift der Ansicht war, der vorausgehende Gedanke werde der Schreibenden unverständlich sein, könne jedoch durch Nachforschungen seine Erklärung finden. 'Aber erst später', fügt Mrs. Verrall hinzu, 'zeigte mir mein Studium neuplatonischer Schriftsteller, daß es eine regelmäßige Vorschrift der Thaumaturgen an diejenigen war, welche mystischen Verkehr (communion) suchten, ihre Übungen nur bei westlichem Winde vorzunehmen.'4 Die fraglichen Worte scheinen mithin nicht nur ein selbständiges Wissen des 'Verfassers', sondern auch sein Bewußtsein davon zu belegen, daß er in einer Verkehrsgemeinschaft übernormaler Art mit der Schreibenden stand.6 1 ) X X 287. X X V I 245—50.
2 ) X X V I 249.
3 ) X X 289 f.
4 ) X X 293.
5) Vgl. ferner
Experimentelle Entsprechungen der Ges. f.psych. Forschung
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Am 3. Juli 1904 enthielt die Schrift u. a. folgende Worte: 'Im September gedenke an den 19. Columella... danach Astraea und das übrige. 1 'Columella', fügt Mrs. Verrall erläuternd hinzu, 'war für mich ein Name und weiter nichts. [Durch Nachforschungen erst] stellte ich fest, daß er ein [altrömischer] Schriftsteller über Landwirtschaft war, und in seinem 11. Buch gibt er einen Kalender mit astronomischen und andern Belehrungen. Nicht jeder Tag wird berücksichtigt, nur etwa jeder dritte oder vierte. Für den 19. September merkt er an, daß die Sonne aus dem Sternbild der Jungfrau in das der Wage tritt. Ein andrer Name für die Jungfrau aber ist Astraea. Ich begreife nicht, wie meine Schrift dazu kam, Astraea mit dem 19. September zu verknüpfen und dabei Columella zu erwähnen, der diese Verknüpfung erklärt.' 1 — Auch hier dürfen wir wohl ohne weiteres annehmen, daß alle diese Dinge der überragenden klassischen Bildung Frederic Myers' bekannt waren. Im Februar 1903 erschien Myers' 'Human Personality', zwei Jahre nach dem Tode des Verfassers. Im Dezember 1902, besonders aber während des Januar 1903, enthielt Mrs. Verralls Schrift wiederholte Hinweise auf ein bestimmtes Wort oder Worte, die sie darin finden würde, und Andeutungen in früheren Schriften führten sie auf den Gedanken, daß jenes Wort mit dem 'Gastmahl' des Piaton zusammenhängen werde. In der Zeit vom 19. Dez. bis zum 14. Jan. wurden auch bei Mrs. Forbes, der klassisch völlig Unbeschlagenen 8 und, wie wir wissen, Mrs. Verralls frühester Kk.-Genossin, verschiedene Versuche gemacht, das Wort Symposium ('Gastmahl') zu schreiben, und Mrs. Verralls einzige Schrift während dieser Zeit drückte die Uberzeugung aus, daß Mrs. Forbes jene gewünschten Worte erlangen werde. Vom 14.—31. Jan. enthielten Mrs. Verralls Schriften dann u . a . folgende weitere Anspielungen und Ankündigungen: 'Schreiben Sie regelmäßig — in der nächsten Woche werden Sie Mitteilungen zu schreiben haben — gute Nachrichten, ehe der Monat zu Ende ist. Das Buch [offenbar Myers' Buch, dessen Veröffentlichung, wie Mrs. V. wußte, für den 10. Febr. vorgesehen war] wird helfen — unser Wort ist darin e n t h a l t e n . . . In Myers' Buch ist ein Wort, das alles klarmachen müßte — lesen Sie es, um das zu sehen — nicht am Kopf eines Kapitels [alle Kapitel haben griechische oder lateinische Mottos], sondern im Text z i t i e r t . . . Lesen Sie das Buch für mich. Suchen Sie dort das helfende W o r t . . . Z w i s c h e n G o t t u n d M e n s c h i s t d a s Sothovjov ti [der gewisse Halbgott oder Geist] — Sie werden das im Buche angeführt finden — L i e b e i s t d a s B a n d . . . Suchen Sie in dem Buch was ich Ihnen gesagt habe — in Myers' Buch. Die Stelle ist wichtig...' Mrs. Verrall hatte eine Korrektur der Mottos (nur dieser, auf besonderem Blatte zusammengestellt) gelesen und einen Abzug des VI. Kapitels 'gesehen', das f ü r unsern Zusammenhang gar nicht in Betracht kommt; im übrigen waren ihr Inhalt und Plan des Buches unbekannt. Als sie das fertige Werk erhielt, fand sie darin (I 112) die Platonischen Worte angeführt, daß die L i e b e ' d e r D o l m e t s c h u n d V e r m i t t l e r z w i s c h e n G o t t u n d M e n s c h ' sei 1) X X 294t.
2) XX 244. 13*
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Argumente aus formalen Verhältnissen der Kundgebung
(Liebe gilt als daimonion), worauf der Verf. sich des weiteren Aber den 'kosmischen' Sinn der Liebe ausläßt, wie Piaton ihn im 'Gastmahl' beschreibt, und besonders darauf aufmerksam macht, daß diese Darlegungen der Prophetin Diotima in den Mund gelegt seien (die in früheren Verrall-Schriften angeführt war). 1 In seinem zweiten Bande2 spielt Myers dann nochmals auf diese Stelle an, in den Worten, daß 'Liebe den Abstand zwischen verkörperten und körperlosen Geistern überbrflcke'. — Mrs. Verrall ist überzeugt, daß ihr normales Wissen die unverkennbaren Anspielungen ihrer Schrift auf diese Äußerungen des Buches nicht erklären könne. Die einzige Hoffnung, die sie dem Zweifler läßt, beruht auf der Tatsache, daß sie das Myerssche Haus während des Frühlings und Sommers 1901, also Monate nach Myers' Tode, wiederholt besucht hatte, und daß sich während dieser Zeit die Probebogen des nachgelassenen Werkes im Hause befanden. Daß sie diese nicht "bewußt' angesehen hat, dessen ist sie gewiß.3
Soviel über den Verrall-Myers. Wenden wir uns demnächst 'Myers' Kundgebungen durch Mrs. Holland zu und sondern auch hier Identitätszeugnisse aus dem Bildungsbestande von solchen aus Lebenserinnerungen. Im Rahmen der Kk. 'Licht im Westen' führte Mrs. Hollands Schrift vom 8. April 1907 die biblischen Personen Lea und Rahel, Martha und Maria als Gegensatzpaare an, eine Zusammenstellung, die sich mit ziemlicher Sicherheit auf Dante (Purg. XXVII und Convito) zurückführen ließ, um so mehr, als sowohl Mrs. Verrall wie auch Mrs. Piper um diese Zeit vielfache Äußerungen taten, die auf eben diesen und den XXVIII. Gesang des Purgatorio Bezug nahmen. Erst nachträglich nun stellte Piddington fest, daß Mrs. Holland von Dantes 'Göttlicher Komödie' so gut wie n i c h t s kannte, nämlich nur die berühmte Uberschrift über dem Tor des Inferno, die Paolo und Francesca-Geschichte, einige Dor6-Bilder (!) und die schließliche Begegnung mit Beatrice, also nur, was jeder Halbgebildete kennt 4 Myers dagegen war ein ungewöhnlich genauer Kenner des großen Gedichts.6 Auch der folgende bemerkenswerte Vorgang verdient Erwähnung. — Am 2. März 1910 schrieb Mrs. Holland u.a.: 'Pars thyma — pars casiam — melifontos Plurima lecta rosa est et sunt sine nomine flores — crocus liliaque alba'. Die Schrift, in der dies vorkam, gehört in die bedeutende Kk. Troseipina'; doch geht uns hier nur dieser lateinische Absatz darin an. Die Worte sind ein leidlich fehlerfreies Zitat aus Ovid, Fasti IV 440ff.: Pars thyma, pars rorem, pars meliloton amant. Plurima lecta rosa est, sunt et sine nomine flores. Ipsa crocos tenues, liliaque alba legit.6 Einen Tag nun vor Erscheinen dieser Schrift war ein Aufsatz der Mrs. 1) X X 244. 2) S. 282. 3) X X 310—18. Ich habe stark gekürzt; der ganze Zusammenhang, einschließlich S. 241—6, verdient genauestes Studium. 4) X X I V 231. Vgl. 25 f. 5) X X I V 128. 6) Zu deutsch: Einige bevorzugen Thymian, einige Rotmarin, einige Honigklee; manche Rose wird gepflückt, auch gibt es da noch ungenannte Blumen. Sie selbst [Proserpina] sammelt schlanke Krokus und weiße Lilien.
Experimentelle Entsprechungen der Ges. f.psych. Forschung
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Verrall in der "Klassischen Revue' erschienen, worin sie u. a. von dem Vorkommen weißer Lilien bei Virgil spricht und die Kassie (engl, cassia), Verbena und Thymian als Lieblingspflanzen der Bienen erwähnt; sie verweist aui eine Stelle in Virgils Georgica, wo casiam mit rorem verbunden wird — M r s . H o l l a n d h a t t e casiam f ü r das in d e n ü b l i c h e n T e x t e n s t e h e n d e rorem e i n g e s e t z t —, gibt aber nicht den Wortlaut der Stelle. Überhaupt beschäftigt sich der Aufsatz nicht mit Ovid, doch war der ganze obige Absatz aus den Fasti der gelehrten Mrs. Verrall 9ehr vertraut. — Nun hatte Mrs. Holland den Aufsatz s i c h e r l i c h nicht gesehen, als sie ihre Schrift hervorbrachte, und überdies läßt sich nachweisen, daß, falls sie ihn gelesen hätte, sie nichts von den in ihrer Schrift enthaltenen bedeutsamen Gedankenverknüpfungen ihm hätte entnehmen können. Mrs. Holland, die keine nennenswerte Kenntnis des lateinischen Schrifttums besaß, 1 könnte also nur auf 'telepathischem' Wege zu ihrem Zitat gelangt sein. Das Merkwürdige aber auch dann ist, daß, wie Mrs. Verrall erst n a c h t r ä g l i c h e n t d e c k t e , gerade die ä l t e r e n allgemein gebräuchlichen Ausgaben der Fasti die Lesart casiam statt rorem haben, 'und es ist ziemlich sicher, daß dies die Lesart war, die Mr. Myers als Knaben bekannt gewesen sein müßte', während die Mrs. Verrall vertraute Lesart rorem lautete. 8
Von Beispielen mehr biographischer Prägung sei zunächst folgendes angeführt. Am 7. Nov. 1903 enthielt eine lange Holland-Schrift, die von Myers zu kommen vorgab, u. a. die ausführliche Beschreibung eines Mannes, d i e M r s . H o l l a n d a u f M y e r s b e z o g , die aber vorzüglich auf den noch lebenden Dr. A. W. V e r r a l l zutraf. ('Myers' hatte zu Beginn der Schrift gesagt, er wünsche dringend zu einigen alten Freunden zu sprechen, zu Miss Johnson und A. W. Verrall; ein Bekanntsein der Schreiberin mit Dr. Verralls Äußerem ließ sich ziemlich bündig ausschließen. Warum aber sollte Myers dem Medium seinen 'alten Freund' nicht auch 'zeigen' wollen?) Die Schrift fuhr fort, offenbar teilweise im Namen einer vermittelnden Stelle, also vielleicht eines Unterbewußtseins' redend: 'Ich kann fühlen, daß er viele Dinge zu sagen wünscht — doch nur verworrene Sätze erreichen mich — die ich nicht niederschreiben kann — Aber eine anscheinende Adresse ist sehr klar — 5 Selwyn C a r d e n s . . . Senden Sie nach 5 Alywyn (dies ausgestrichen; dann:) 5 Selwyn Cardens Cambridge. Bemühen Sie sich nicht, so zweifelsüchtig zu sein — Ich weiß, dies alles erscheint Ihnen bedeutungslos, aber es hat gleichwohl seine Bedeutung — Metetheric — Sie brauchen nicht zu versuchen [zu verstehen] — schreiben Sie bloß — es ist, als übergäbe man eine Botschaft von unendlicher Bedeutung einer Schlafenden — Empfangen Sie einen Beweis — versuchen Sie [wenigstens] einen Beweis zu empfangen, falls Sie das Gefühl haben, daß dies Zeitvergeudung ist. Schicken Sie dies an Mrs. Verrall, 5 Selwyn Gardens, Cam1) Miss Johnson rechnet sie zu den non-classical readers, desgl. Mrs. Verrall, X X I 216. 2) XXV 246—8. Vgl. ferner den gelehrt korrekten und zugleich typisch 'Myersschen' Gebrauch der Worte eidolon und simulacrum [— Phantom] durch Mrs. Holland in den Schriften vom 7. und 8. J a n . 1904: X X I 215—8.
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Argumente
aus formalen Verhältnissen der
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bridge.' — 'Metetheric' nun hängt offenbar mit dem von Myers in seinem Hauptwerk geprägten Fachwort 'metetheriaV ('jenseits der Ätherwelt liegend') zusammen; doch beweist es nichts, da Mrs. Holland 'Human Personality' gelesen hatte. Dagegen läßt es sich nicht einmal wahrscheinlich machen, daß ihr 5 Selwyn Gardens, Cambridge, die Adresse der V e r r a l l s , bekannt war, und Miss Johnsons Vermutung, Mrs. Holland könne sie in irgend einem Buche von der Art des 'Wer ist's?' erfahren und Vergessen' haben, schwebt, Mrs. Hollands Aussage nach, vollkommen in der Luft 1 In der sehr bedeutsamen Holland-Schrift vom 17. Januar 1904 finden sich u. a. die Worte: 'Ich kann Ihre Hand nicht griechische Buchstaben formen lassen und so kann ich nicht den Text geben, wie ich wünsche — nur die Verweisung 1. Kor. 16 — 1 3 . . . O ich bin schwach vor Übereifer* — wie kann ich am besten identifiziert werden... allein versuche ich es unter unaussprechlichen Schwierigkeiten...' — 1. Kor. 16, 13 lautet (in Luthers Übersetzung) : "Wachet, stehet im Glauben, seid männlich, und seid stark.' Dieser Text, mit Ausnahme der letzten drei Worte, steht in seinem griechischen Wortlaut Aber dem Eingangstor des Selwyn College in Cambridge, an welchem man vorübergeht auf dem Wege von Myers' zu Mrs. Verralls Hause oder zur Wohnung der Sidgwicks im Newnham College. Diesen Weg hatte Myers zu Lebzeiten natürlich ungezählte Male zurückgelegt, und er hatte sich Mrs. Verrall gegenüber mehrfach ereifert über einen Schreibfehler in der Fassung des Spruchs über dem Selwyn-Torweg.3 Mrs. Holland aber war nie in Cambridge gewesen und hatte auch nur wenige Bekannte, die irgendwelche Beziehungen zur Universitätsstadt unterhielten. Es ist also fast mehr als unwahrscheinlich, daß sie auf Umwegen von der fremdsprachigen und ihr unverständlichen Inschrift erfahren hatte.1 Zu den Worten 'Ich kann Ihre Hand nicht griechische Buchstaben formen lassen, und so kann ich nicht den Text geben, wie ich wünsche' möchte ich übrigens bemerken, daß Mrs. Holland am 7. Nov. 1903 innerhalb der früheren, die Verrall-Adresse enthaltenden Schrift tatsächlich 'unlesbares Gekritzel' geliefert hatte, 'das augenscheinlich einen Versuch darstellte, griechische Buchstaben zu erzeugen.'6 Myers hätte also das eine mal vergeblich versucht, durch die des Griechischen unkundige Mrs. Holland griechisch zu schreiben, das andre med diese Unmöglichkeit ausdrücklich ausgesprochen; und denkbarerweise bekundet sich ein Bewußtsein dieser Unmöglichkeit auch in den Worten der Holland-Schrift, die ich dem Unterbewußtsein des Mediums zuschrieb: 'nur verworrene Sätze erreichen mich, die ich nicht niederschreiben kann'; denn die gleich darauf mitgeteilte Adresse der Verralls konnte in Myers' Gedanken wohl verknüpft sein mit dem Spruch, den er so oft auf dem Wege zu jener Wohnung gelesen hatte. Ein sehr bemerkenswerter Fall 6 mag die knappe Auswahl dieser Gruppe be1) X X I 186—91. 2) feeble with eagernesa. 3) Derselbe Text erschien übrigens mehr als ein Jahr spater, in Verbindung mit Mrs. Verrall, wiederum in Mrs. Hollands Schritt, und zwar ehe sie erfahren hatte, daß Ihm Irgendeine Bedeutung in bezug aut Myers zukam. 4) X X I 234—6. 5) X X I 187; Miss Johnson (das.215): 'Einige griechische Buchstaben sind erkennbar, aber keine vollständigen Worte.' 6) X X V 293 ff.
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schließen. — Am 17. Januar 1904 lieferte Mrs. Holland (in Indien) u. a. folgende Myers-Schrift: 'Wir wenigen, wir beglücktes Häuflein Brüder' [Shakespeare, Heinrich V., 4, Sz. 3] Lieber alter Freund, 1 du hast so viel in den letzten 3 Jahren getan — ich habe Kenntnis eines großen Teils davon, aber mit seltsamen Lücken in meinem Wissen — wenn ich nur mit dir reden könnte — wenn ich dir nur helfen könnte mit einigem Rat — ich versuchte es mehr als einmal — gelangte es je zu dir? — es ist so viel zu lernen von dem Diamant-Insel-Experiment — wohlgesinnt, eiber sehr unwissend — unvermeidlicherweise gefärbt durch die Kanäle, durch die sie befördert werden — hilf mir — gewähre mir die Hilfe wenn noch nicht deines Glaubens, [so doch] deiner Teilnahme, empfang die Botschaft an euch alle, ich kann noch nicht völlig und' (hier endete die Schrift in unleserlichem Gekritzel). Diese Schrift blieb lange Allen unverständlich, auch nachdem Miss Johnson sie im Juni 1908 veröffentlicht hatte. 2 Erst im November desselben Jahres äußerte Mrs. Holland gelegentlich eines Besuchs in England Miss Johnson gegenüber, die Worte über das 'Diamant-Insel-Experiment' müßten auf drahtlose Telegraphie anspielen, da sich auf der Insel dieses Namens (die sie in das Mündungsgebiet des Hugli, unweit Kalkutta, verlegte) eine drahtlose Sendeanlage befinde. Mrs. Verrall, die hiervon hörte, brachte darauf zuerst diesen Teil der Schrift in Beziehung zu Sir Oliver Lodge, dem großen Strahlenforscher, und erst danach begriff Miss Johnson, daß der größte Teil der Botschaft offenbar an diesen gerichtet war. Lodge erkannte nunmehr Inhalt und T o n der Schrift als passend an, konnte sich aber bei den Worten 'Diamant-Insel-Experiment' garnichts vorstellen. Da aber sein drahtloses System der Telegraphie zwischen Burma und den Andamanen in Betrieb war, zog er Erkundig^ungen ein (ohne die Insel zu nennen) und erfuhr von seinem Partner, Dr. Muirhead, die Endstationen dieser Anlage seien Port Blair auf den Andamanen und die Diamant-Insel in der Mündung des I r r a w a d d y i n B u r m a . Diese geographischen Tatsachen sind Lodge nachweislich i. J. 1903 unter die Augen gekommen, haben aber keine 'bewußte Aufmerksamkeit' bei ihm erregt. Mrs. Holland wollte etwa um die Zeit der Schrift gewußt haben, daß mit dem Lodge-Muirhead-System in Indien Versuche angestellt würden, — ob vorher oder nachher, konnte sie nicht sagen, — doch hatte die Schrift selbst bei ihrem Erscheinen keinen verständlichen Sinn für sie gehabt. Immerhin waren in der indischen Presse Meldungen über die Versuche erschienen, die Mrs. Holland, rein zeitlich betrachtet, vor Lieferung ihrer Schrift gelesen haben k o n n t e . Demgegenüber ist min aber folgendes bemerkenswert: Die Schrift kam, wie gesagt, am 17. Januar 1904, dem dritten Jahrestage von Mycrs' Tode, der zugleich der letzte Tag der dreijährigen Präsidentschaft Lodges in der S. P. R. war. Hierauf bezieht sich offenbar der Satz: 'Du hast so viel in den verflossenen drei Jahren getan'. Mrs. Holland kannte das Datum von Myers Tode 1) chapl
2) X X I 235.
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Argumente aus formalen Verhaltnissen der
Kundgebung
sowie die Tatsache, daß Lodge i. J. 1903 Präsident der Gesellschaft gewesen war; sie wußte aber nicht, daß er dies Amt drei Jahre lang innegehabt und es unmittelbar nach Myers' Tode angetreten hatte; sie wußte gleichfalls nicht, daß Myers ein naher Freund Lodges gewesen war und daß deshalb der Ton herzlicher Vertrautheit' in der ganzen Schrift nach Miss Johnsons Urteil 'in besonderem Maße sinnvoll angemessen' war. Mrs. Holland hatte denn auch nie daran gedacht, daß die Botschaft an Lodge gerichtet sein könne. Am wenigsten aber wußte sie (was Lodge erst jetzt bekanntgab und was entscheidend ins Gewicht fällt), daß Myers zu Lebzeiten sehr lebhaft für Lodges Bemühungen um die drahtlose Telegraphie sich erwärmt hatte, daß diesem der Gedanke der 'Abstimmung' auf bestimmte Wellenlängen in Myers' Gesellschaft und auf dessen teilweise Anregung hin gekommen, sowie daß der Ausdruck 'Syntonie' für diese Gleichstimmung von Myers und dessen Bruder vorgeschlagen worden war. Die Schrift ist also in j e d e r Hinsicht äußerst kennzeichnend für die Beziehungen zwischen Myers und Lodge, von denen die Schreiberin so gut wie nichts wußte. Widmen wir demnächst einige Worte dem F o r b e s - M y e r s , so wäre zunächst auf die Rolle hinzuweisen, welche dieses des Griechischen völlig unkundige Medium in den schon oben berührten Ankündigungen einer Erwähnung von Piatons 'Gastmahl' in Myers' demnächst zu veröffentlichendem Werke 'Human Personality' gespielt hat. Es hatten nämlich ihre Schriften in Jener Zeit verschiedene Versuche enthalten, das Wort 'Diotima' hervorzubringen, welches und dessen Bedeutung ihr sicherlich unbekannt war. Aber auch das im Zusammenhang gleich wichtige Wort 'Eros' versuchte ihre Hand um jene Zeit 'durchzubekommen', und zwar nicht bloß in lateinischer Schrift. Nach zunächst mißlungenen Versuchen erschienen am 11. Jan. einzelne 'unverkennbare griechische Buchstaben: weperip %a, die als Teil eines unvollständigen Beweises bezeichnet wurden'. 'Mrs. Forbes (versichert Mrs. Verrall ausdrücklich) kennt das griechische Alphabet nicht und hat nie bewußt griechische Buchstaben geschrieben.' 1 Liegt es nicht nahe, frage ich, in den vier ersten dieser Buchstaben das im 'Symposion' überragend wichtige Wort tpco; [eros] angestrebt zu sehen? In der Tat folgten am 2. März wieder Schriftzüge, welche Mr. Piddington als einen 'Versuch, Epcos Liebe' zu schreiben, deutet, und ein zweiter verworrener Schriftzug, den er als oepos liest Dabei ist klar, daß gerade die Undeutlichkeit dieser Federzüge dafür spricht, daß hier nicht optische Erinnerungen des Unterbewußtseins sich in Bewegungen äußern, sondern daß ein fernstehendes Wesen das ihm Geläufige durch einen ungeübten Organismus hindurch zur Darstellung zu bringen sucht — Einer der spiritistisch eindrucksvollsten Vorgänge bei Mrs. Forbes wird uns (offenbar aus Gründen persönlicher Rücksichtnahme) nur in Umrissen mitgeteilt — 'Am 23. März 1902 erhielt Mrs. Verrall von Mrs. Forbes einen Brief mit der Anfrage, ob ein gewisses Wort für sie Bedeutung habe. Sie erwiderte: ja, tiefe Bedeutung, falls es in einer bestimmten Verbindung käme. Tatsäch1) X X 246.
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lieh war diese Verbindung in der automatischen Forbes-Schrift gegeben, die zu der Anfrage geführt hatte. Diese Schrift enthielt zunächst nur den Namen [Myers], mit dem das fragliche Wort für Mrs. Verrall verknüpft war, und dann jenes Wort für sich. Darauf folgte eine wesentlich klarere und deutlichere Botschaft von Mrs. Forbes' Sohn Talbot: jene Kontrolle wünsche durch sie einen Beweis 'mit einer Freundin in Cambridge' zu versuchen. 'Schreib heute an Mrs. Verrall. Ein Wort wird genügen.' Worauf, groß geschrieben, nochmals das Wort folgte. 'Die Bedeutung jenes Wortes für mich, sagt Mrs. Verrall, konnte Mrs. Forbes n i c h t kennen.' 1
Wenden wir uns schließlich den Selbstbekundungen des Kk.-'Myers' durch Mrs. P i p e r zu, so eröffnen wir damit einen besonders wichtigen Teil unsrer Nachweisungen; denn wie gezeigt, beruht die Kraft von Myers' Selbstidentifizierung größtenteils auf dem ungewöhnlichen Umfang der literarischen Bildung des Lebenden, während von allen Medien, durch die er sich zu äußern vorgab, Mrs. Piper unstreitig das bildungsmäßig am dürftigsten ausgestattete war. Dementsprechend aber wächst natürlich die Gewißheit, womit der normale Ursprung der fraglichen Piperschen Äußerungen sich ausschließen läßt Ich werde mich darum hier auf Beispiele beschränken, deren Beweiskraft eben auf Mrs. Pipers mangelhafter Bildung beruht. Gerade in dieser Richtung aber ist nicht wenig mit ihr experimentiert worden. Eine Reihe solcher Versuche wurde z. B. von Mr. G. B. Dorr im Frühling 1908 unternommen. Er stellte während des Transzustandes Fragen klassisch-literarischen Inhalts, die geeignet waren, Erinnerungen des angeblichen Myers wachzurufen, während sie fast immer erweislich über den Bildungsbestand des Mediums hinausführten. Schwieriger war es, das Wissen des Versuchsleiters als übernormale Quelle des Geäußerten auszuschließen. Mr. Dorr glaubte zwar nach langer Beobachtung der Mrs. Piper 'ziemlich starke Gründe' für die Überzeugung zu haben, daß ein Lesen seiner Gedanken so gut wie niemals stattfand; 1 wir erfahren aber diese Gründe nicht im einzelnen. In gewissen Fällen kommt aber auch Mr. Dorrs telepathische Beihilfe wesentlich in Fortfall, und nur von diesen will ich drei hier anführen. Am 17. März las Mr. Dorr dem Piper-Myers die Drydensche Ubersetzung der Anfangszeilen des 1. Buchs von Virgils Aeneis vor, die sehr genau mit dem Original abereinstimmt. Nach Verlesung der vier ersten Zeilen bemerkte 'Myers': 'Flotte hinter einer Insel, — Krieger im Roß. Pfeil in Ferse.' Von diesen drei Aussagen scheint die mittlere eine Antwort zu sein auf eine zuvor gestellte Frage: welche Verknüpfung bestehe zwischen dem Hölzernen Pferd und Troja. Die letzte, auf den Tod des Achilles anspielende, dürfte, gleich 1) XX 230. — Wir gehen gewlB nicht fehl, wenn wir hinter Jener 'Kontrolle' — Myer» vermuten. 2) XXIV 42 Anm.
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der zweiten, im Bereich des Wissens auch von Personen ohne klassische Bildung liegen. Aber von der ersten gilt das wohl nicht. Die Worte Hotte hinter einer Insel' erinnern an die Kriegslist, welche die Trojaner glauben machen sollte, daß die Griechen abgesegelt seien: ihre Flotte wurde hinter der Insel Tenedos versteckt, und das berühmte hölzerne Pferd enthielt in seinem Bauch die einzigen von ihnen zurückgelassenen Krieger. Der Abschnitt der Aeneis, der mit den Worten beginnt: est in conspectu Tenedos, notissima fama insula, folgt im 2. Buch der Aeneis unmittelbar auf die Beschreibung des hölzernen Pferdes. Diese Anspielung auf Tenedos wurde zur Zeit des Trans von Mr. Dorr nicht bemerkt, sondern 'nach Durchforschung seines Gedächtnisses' völlig falsch gedeutet, nämlich auf des Aeneas Schiffe, als dieser an den Hof der Dido ging. — Darüber hinaus aber ist die unmittelbare Verknüpfung der Anspielung auf den Tod des Achilles durch den Schuß in die Ferse mit der Anspielung auf die (nicht genannte) Insel Tenedos merkwürdig. Der Pfeil des Paris, der Achilles fällte, wurde nämlich von Apoll gelenkt; Apollo Smintheus aber war der Gott der Insel Tenedos, und auf diese Tatsache enthält das klassische Schrifttum nur seltene und den Meisten unbekannte Hinweise; ja in allen erhaltenen Beschreibungen des Trojanischen Krieges kommt sein Name nur zweimal vor.1 Diese Zusammenhänge anzudeuten oder zu entdecken, war also nur ein beträchtlicher Kenner des klassischen Schrifttums befähigt. 'Viele, die ihren Homer und Virgil gut kennen (urteilt Mrs. Verrall, selbst Professorin der klassischen Literatur), könnten die scheinbar zusammenhanglosen Äußerungen der Transpersönlichkeit am 17. März lesen, ohne eine Verknüpfung zwischen den beiden Wendungen Tlotte hinter einer Insel — Krieger im Roß' und 'Pfeil in Ferse' zu bemerken.'2 Am 27. März wurden dem Piper-Myers die Zeilen 13—16 aus Drydens Übersetzung desselben Aeneis-Buchs vorgelesen, die der 8.—11. Zeile des Originals von 'Musa, mihi causas memora' bis 'tot adire labores impulerit' entsprechen. Die unmittelbar folgenden Worte sind: tantaene animis coelestibus irae? Die Myers-Persönlichkeit nun, nachdem sie die Drydensche Übersetzung der obigen Zeilen angehört hatte, sagte sofort: 7s there such anger in celestial tnindsl' — 'Ist solcher Zorn in Seelen Himmlischer', und fügte hinzu: 'Ein Held berühmt durch Frömmigkeit — muß leiden und sich plagen'; d. h. die Transpersönlichkeit äußerte eine völlig richtige und zugleich durchaus selbständige, mit keiner veröffentlichten übereinstimmende Übersetzung der unmittelbaren Fortsetzung des Drydenschen Virgil-Textes, und fügte eine ebenso treffende und neuartige Übersetzung aus dem zuvor verlesenen Originalabschnitt hinzu: 'insignem pietate virum, volvere casus' und 'adire labores'.3 Das dritte Beispiel stellt ein Bruchstück dar aus einem sehr bedeutenden und verwickelten Zusammenhang von Äußerungen der Myers-Persönlichkeit. Im Rahmen des unter Kennern berühmten autos ouranos afcymon-Falles 1 ) lila» I 38, und Ovid, Metamorph. X I I 580. 3 ) X X I V 76 f.
2 ) X X I V 73—6.
Vgl. X X I V 46 ff.
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nämlich gab Hector' in Mrs. P i p e r s Trans vom 30. April 1907 die Worte Homers Dias' und 'Sokrates' (das erstere nur vor Miss Johnson) ausdrücklich als einen Teil der Antwort auf die Frage nach der Bedeutung, welche jene griechischen Worte für Myers hatten. Dies schien selbst der gelehrten Mrs. Verrall "barer Unsinn' zu sein; aber Nachforschung, angeregt durch unbestimmte Erinnerung, offenbarte ihr die Tatsache, daß im 2. Bande von Myers' 'Human Personality', nahe der E r w ä h n u n g der Vision des Plotinos (wo auch die Übersetzung der Worte autos ouranos akymon vorkommt), eine A n s p i e l u n g sich findet auf die berühmte Vision des S o k r a t e s , in welcher das 'schöne weißgewandete' Weib von Phthia ihn mit einer Zeile der I l i a s anredete; außerdem ist dem 'Epilog' des Myersschen Buches ein g r i e c h i s c h e s Zitat aus Piatons 'Kriton' vorgesetzt, das sich auf die Geschichte von Sokrates' Vision bezieht. Aber in beiden Fällen wird w e d e r d i e I l i a s n o c h i h r D i c h t e r , H o m e r , e r w ä h n t . Also konnte niemand, der nicht griechisch gebildet war (also auch nicht Mrs. Piper), aus diesen Stellen von 'Human Personality' irgendeine Verknüpfung zwischen der Vision des S o k r a t e s und der I l i a s ersehen, s e l b s t w e n n er die betreffenden Seiten von Myers' Buch genügend kannte, um durch die Anspielung auf die 'Vision' des Plotinos an die 'Vision' des Sokrates erinnert zu werden. 1
Das letzte hier vorzulegende Beispiel8 aus den klassischen Selbstbekundungen der Myers-Persönlichkeit hat seltsame Bedeutung über die Äußerung persönlichen Wissens hinaus: es verweist nämlich zugleich auf die mehrfach berührte Tatsache einer Anteilnahme Abgeschiedener am bevorstehenden Tode Lebender. Während einer Sitzung, welche Miss Robbins am 8. Aug. 1915 mit Mrs. Piper hatte, äußerte H . Hodgson' ganz unerwartet folgendes: 'Nun, Lodge, . . . wir sind genügend anwesend, um Botschaften entgegenzunehmen und zu übergeben. Myers sagt, Sie spielen die Rolle des Dichters und er will sich als Faunus betätigen.' — Taunus'? fragte völlig verständnislos Miss Robbins. — 'Ja (erwiderte Hodgson'), Myers. I n S c h u t z n e h m e n . Er [offenbar Lodge] wird verstehn. Was sagen Sie dazu, Lodge? Gute Leistung. Fragen Sie [Mrs.] Verrall, sie wird gleichfalls verstehn. Arthur [Dr. Verrall] sagt dies. Das verwirrt S i e , aber Myers weiß genau, was er mit 'Dichter und Faunus' sagen will.' 3 Als Prof. Lodge (in Schottland) die Mitteilung von dieser Kundgebung erhielt, wandte er sich an Mrs. Verrall und 'mehrere andre gelehrte Altphilologen', und alle bezogen die Worte 'Dichter und Faunus' ohne Zögern auf die 17. Ode im 2. Buch des Horaz, wo der Dichter von einem fallenden Baumstamm spricht, der ihn fast erschlagen habe, und seine Errettung dem Faunus zuschreibt, den er ausdrücklich als den 'Beschützer der Dichter' 1 bezeichnet Lodge schloß hieraus, d a ß irgendein Schlag ihm bevorstehe, bei welchem ihm Myers seinen Schutz zu gewähren beabsichtige. 1) Das Wort 'Viston' kommt nur diese beiden Male in den zwei letzten Kapiteln von 'Human Personality' vor. X X I I 1321. 2) Lodge, Raymond 55 ff. 3) U s t r a f t about Poet and Faunus. 4) mercurialium custos virorum.
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Argumente aus formalen Verhältnissen der Kundgebung
Am 6. Sept. 1915 empfing er die Nachricht von den Äußerungen des PiperMyers; am 14. fiel sein Sohn Raymond bei Ypern; am 17. lief die Mitteilung des Kriegsministeriums bei ihm ein. Nunmehr verwies ihn der gelehrte Rev. Bayfield darauf, daß, streng genommen, Horaz in jener Ode behaupte, Faunus habe den lebensgefährlichen Schlag mit seiner Rechten nur 'gemildert* (nicht 'abgewandf I). 1 Dies aber würde in der Tat der Rolle entsprechen, welche 'Myers' bei 'Raymonds' bald einsetzenden Kundgebungen spielte: denn sowohl Mrs. Leonards Feda als auch Vout Peters' Kontrolle gaben unmißverständlich an, daß 'Myers' dem jungen Lodge dabei b e h i l f l i c h sei,2 und natürlich 'milderte' der Umgang mit dem verstorbenen Sohne den Schmerz des Vaters.
Es versteht sich von selbst, daß Mrs. Piper von Faunus und seiner Rolle keine Ahnung hatte, und der überraschende Einbruch dieser für Myers höchst bezeichnenden Kundgebung — dazu in eigenartig pluralistischen Formen — während der Sitzung einer gänzlich Unbeteiligten erhöht noch sehr bedeutend die spiritistische Natürlichkeit des Vorgangs.
An diesen kurzen Proben der Selbstidentifizierung de9 Myers der Kk.en muß ich mir hier genügen lassen. Mit großem Bedauern mache ich der Geduld des Lesers dieses Zugeständnis; denn gerade diejenigen Bekundungen großer klassischer Gelehrsamkeit auf seiten 'Myers', die ohne weitausholende Darstellung gar nicht verständlich zu machen wären, gehören zu den eindrucksstärksten dieser Persönlichkeit. In dem berühmt gewordenen Tethe'-Fall5 erblickte selbst Mrs. Sidgwicks unüberbietbare Vorsicht des Urteils eine unverkennbare Annäherung an den spiritistischen Beweis,1 und auch die gleichbekannte 'Frage bez. der Ode des Horaz'5 förderte Antworten zutage, deren Herkunft von dem überlebenden Myers sich überwältigend aufdrängt. Wer die weitverstreuten und nie zusammengestellten Myers-Kundgebungen im ganzen überblickt, wird fraglos zugeben, daß soweit ein Identitätsbeweis durch selektive Äußerung dem Verstorbenen eigentümlicher, dem Medium völlig fremder Wissensinhalte überhaupt geführt werden kann, der 'Myers' der Kk.en ihn überreichlich geführt hat.6 Ähnliches wenigstens gilt aber auch von den übrigen angeblichen Leitern dieser großen Unternehmung;7 doch will ich auch hierauf aus Rücksicht auf den Raum nicht eingehen. Die Tatsache der unabhängigen Selbstidentifizierung der Leiter ist 1) me tnmeus Olapnu cerebro nutulerat, nisi Faunus letum dextra levasset. 2) a.a. O. 02f.66. 3) XXIV 86—144; XXV120 ff. 4) XXVI 399; vgl. 386 f. 5) XXII 397ff.;XXIV ISOff.;XXVI 174—244. Vgl. meine Darstellung ZmpF 1930 287 ff. 6) Über getflhlimflBlg-charalrterflch« Natürlichkeit der Myers-Persönlichkelt vgl. Miss Johnson: XXI 3301. 7) Vgl. betr. 'H. Sldgwiek' z. B. XX 276ff.;'Dr. Verrall': XXVI 221 ff. 344 II.; 'Dr. Hodgwn': XXI 30311.; 'Guraey': XXIII 140 ff.
Experimentelle
Entsprechungen der Ges. f.psych. Forschung
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aber nicht das einzige 'neu hinzutretende Indizium', geeignet (wie ich oben sagte), die im Gleichgewicht schwebende Wage der Theorie zum Kippen zu bringen. Es kommt hinzu, daß die Äußerungen sowohl der Myers- als auch der sie umgebenden Persönlichkeiten überreich sind an jenen Einzelheiten pluralistischer Natürlichkeit, von denen als einem der wichtigsten spiritistischen Argumente ich oben ausführlich gehandelt habe. Ich will auch hier auf Einzelnachweise nicht eingehn, die uns nichts wesentlich Neues liefern würden; wohl aber bemerken, daß dies Pluralitätsspiel auch bei den Medien sich findet, die unter jeder Voraussetzung als jeweils sekundäre Beteiligte anzusehen wären. Warum, muß man fragen, diese ausgesprochen 'spiritoiden' Abläufe bei Personen, deren Rolle, nach animistischer Auffassung, doch nur im Äußern telepathisch zugeteilter Vorstellungen bestände? Die Rolle aller dieser 'Hilfs- und Nebenargumente' innerhalb unsrer Theorie der Kk.en wird jetzt im Rückblick dem Leser klar sein. Die Durchforschung ihrer 'Regie' ließ keinen Zweifel daran bestehen, daß Kk.en die Leistung einer planenden Intelligenz bzw. planender Intelligenzen mit dem vollen Wissen um den Sinn der Versuche sind. Diese Intelligenzen bezeichneten sich selbst als bestimmte Verstorbene. Hiergegen machte der Animist geltend, daß die gesamte Leistung auch von den 'Unterbewußtseinen' eines oder mehrerer der beteiligten Medien aufgebracht werden könne, die nur die Maske Abgeschiedener trügen; und in seiner abstrakten Form erschien dieser Einwand unwiderlegbar; wennschon zu betonen war, daß die behauptete Leistung alle bisher beobachteten Fähigkeiten des Unterbewußtseins weit übersteige. Erst als wir diese abstrakte Aufstellung von Denkbarkeiten überschritten, begann das Blatt sich zu wenden. Gerade die aussichtsreichste Form der animistischen Deutung, die 'Verrall-Theorie', brach bei genauer Prüfung der Vorgänge zusammen, und für andere Formen waren stichhaltige Gründe ebensowenig zu finden. Dazu kam aber noch, daß die angeblichen 'Leiter' in überreichlichem Maße — auch außerhalb der eigentlichen Kk.-Abläufe — sich durch die Kundgebung persönlichsten Wissens identifizierten und die bedeutsamen Formen des Pluralitätsspiels entfalteten. Die Anhäufung dieser Indizien verwandelt die abstrakte Unwahrscheinlichkeit einer animistischen Deutung vollends in Unglaublichkeit. Freilich beruht diese Steigerung des Beweises nicht auf Argumenten, die aus dem eigentlichen Kernvorgang von Kk.en abgeleitet werden, und insofern mag man sagen, daß die klassischen Kk.en an sich nicht jenen durchschlagenden spiritistischen Beweis geliefert haben, den der logische Wichtigtuer überall fordern zu dürfen glaubt. Aber in ihrer lebendigen Ganzheit betrachtet, er-
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Argumente aus formalen Verhältnissen der Kundgebung
geben sie doch ein Gewebe von Argumenten, dessen Kraft mit der Vertiefung in Einzelheiten ständig wächst. Die logische Lage läßt sich also etwa so zusammenfassen: Persönlichkeiten, die sich inhaltlich und formal als unabhängige bestimmte Verstorbene darstellen, bringen anscheinend außerdem noch eine höchst verwickelte Leistung zustande, wie sie nur von denkenden Wesen aufgebracht werden kann und in keiner bisherigen Beobachtung unterbewußten Tuns ein Seitenstück findet. Es ist das Ineinander dieser Sachverhalte, was ihre Hinweise im einzelnen nachgerade zur Eindeutigkeit des Beweises erhebt.1 4. Argumente aus der technischen Sonderung der Kommunikatoren Die langausgesponnene Untersuchung der einfachsten wie der verwickeltsten Formen von Entsprechungen diente, ebenso wie die vorausgegangene Erörterung formaler Eigentümlichkeiten des Transdramas, im Grunde dem Nachweise, daß an Kundgebungen außer dem Medium (und seinem unterbewußten Seelenleben) noch weitere selbständige Persönlichkeiten beteiligt seien, deren Kern also nicht ins Medium verlegt werden kann. Der gleiche Nachweis läßt sich aber noch auf anderm Wege führen: durch eine Analyse des Transdramas in technischer Hinsicht. Der Ablauf der Kundgebung ist nämlich nicht immer ein 'glatter' und reibungsloser, wie schon manche Beispiele der bisherigen Kapitel erkennen ließen: er erweist sich vielmehr als eine Leistung, die nicht nur einem persönlichen Willen, sondern auch einer Anstrengung verdankt wird; eine Leistung, die eine wechselnde Fähigkeit oder gar 'Geschicklichkeit' auf seiten der Kommunikatoren und Kontrollen voraussetzt; die auf Schwierigkeiten stößt, deren Überwindung nicht immer im gleichen Maße gelingt. Schon die früher besprochene Tatsache des häufigen Nicht- oder Mißverstehens der Mitteilung durch die Kontrolle beweist ja, daß unter Umständen sich 'technische' Schranken zwischen den Transpersonen auftun. Das häufige nur bruchstückweise Durchkommen' von Gesprächen, die vielfach belegten Klagen unsichtbarer Versuchsleiter über Hemmungen, ihr Wunsch nach 'Stillehalten' des Mediums, das seltsam mühsame Sichherantasten der Kontrolle an manche Inhalte, vor allem Namen — dies und andres, was schon in früheren Zusammenhängen erwähnt werden mußte, rückt uns das Transgeschehen unter einen neuen Gesichtspunkt, 1) E i lohnt sich, darauf aufmerksam zu machen, daß auch eine der an sich am stärksten Identifizierten' Kommunikatorinnen, 'A. V. B.\ sich In Kk.en versucht hat. Vgl. z. B . X X X 328 eiden Körper deutlich unterscheidet' (vielleicht ist dies ein kleiner Irrtum der Erinnerung?); und andre Exkurrierende finden für ihre "Rückkehr' den bezeichnenden Vergleich: es sei gewesen, wie wenn 'der verstauchte Fuß in das Gelenk wieder einfiele', oder man habe zu warten, 'bis alles in Ordnung, gleichsam wieder fest ineinandergefügt ist.' * Muldoon widmet einen kleinen Abschnitt seines Buches den von ihm sogenannten Reperkussionsger&uschen, die beim Zurückschnellen des Astralleibes "nahe dem Ohr oder im Innern des Kopfes' vernommen werden. 'Ein sehr gewöhnliches ist 'pop', als wenn ein Spielballon nahe dem Ohr zerplatzte. Ein andres ist ein lautes 'siss', und zuweilen ein Ton im Innern 1) X X V I I I 380. 2) ZP 1932 449. Vgl. auch die von Prof. Beth beachrlebenen Hocke'; den '»hock' der fernvenetzten Mn. Crans (PrAm I 440; auch Myera II 374 f.), einen Fall von nachfolgendem 'Kophchmerz': RB1925 215; Kerner, Seh. 172 ('elektrische EnchQtterong'); Gorney I 555 Anm.
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Das Argument aus der Vorwegnähme des Sterbens
des Gehirns, der dieses erzittern läßt. Ein weiteres ist ein knisternder Ton, ähnlich dem von elektrischen Funken beim Überspringen zwischen den Polen einer Batterie. Dieser Ton . . . scheint im Kopfe zu sein, nahe der Rückwand des Schädels...' Zuweilen wieder sei es, als 'erzitterte' das Gehirn wie ein geschlagenes Trommelfell.. Z 1 — Ein andrer Exkurrierender dagegen, Mr. Oliver Fox (eigentlich Mr. Hugh G. Callaway), hört 'eine Art scharfes» Ticken', 'ein kleines dick', kurz ehe er sich aus dem Leibe 'ausgeschlossen' findet.8 Jedem Belesenen fällt hierbei natürlich der berühmte stiap — das Schnappen — ein, das Mrs. Piper als regelmäßiges Anzeichen ihrer Rückkehr in den Leib nach Abschluß des Trans beschrieb. 'Ein Schnappen in meinem Kopf, *hörten Sie meinen Kopf schnappen?' — ähnliche Worte sprach sie häufig in ihrer ja überhaupt so aufschlußreichen Phase-des-Erwachens aus, worauf sie sich anscheinend 'besser fühlt', als kurz zuvor.9 — Einmal, nachdem das Zusichkommen beängstigend lange gedauert und der normale Atem sich nicht hatte einstellen wollen, äußerte sie gegen Ende der Zwischenphase: 'Ich hatte solch schlechten Schnapp. O, da ist noch einer,' und beide erschienen ihr schmerzhaft, ganz gegen ihre Gewohnheit. 'Ach, Alta', sagte Mrs. Piper zu ihrer Tochter (die um sie bemüht war), sobald sie diese erkannte, 'ich glaubte, ich sei tot. Ich hatte solch schrecklichen Fall.' Und diesem Vorgang folgte ein starkes, 24 Stunden anhaltendes Kopfweh!4
Man kann dies alles natürlich als durchaus zweideutig bezeichnen, und Mrs. Sidgwick führt noch andre Begleitempfindungen des Zwischenzustands an, die — wie z.B. das 'Prickeln' — auf Umschaltungen der Blutzufuhr deuten könnten. Ja einmal sagte das Medium sogar: 'Ich habe das Gefühl, als wäre da irgendeine Teilung in meinem Hirn.'6 Aber könnten nicht am Ende beiderlei Deutungen zusammen bestehn? Die beherrschende Tatsache des Ich-Austritts ist nun schon soweit gesichert, daß alle rein physiologischen Kennzeichen abnormer Bewußtseinszustände von ihr aus eine neue Beleuchtung empfangen. Die Erörterung solcher andeutungsreichen Einzelheiten ließe sich fortsetzen. Es könnte z.B. auf den subjektiven Eindruck des 'Sich-ausdehnens des Leibes' zu Beginn der Exkursion verwiesen werden, was vielleicht die Ablösung des Ich-Trägers vom Leibe andeutet: eins unsrer Subjekte, das sich 'imstande fühlt, den Körper bewußt zu verlassen,' sagt ja ausdrücklich, daß eben dieser Vorgang 'einem plötzlichen Sichausstrecken der Länge nach vergleichbar sei,' und Hr. Laufmann gebraucht die Worte: 'ich hatte das Bewußtsein von etwas gleich einem Watteball, der sich loslöste und ausbreitete, in der Größe eines 1) Muldoon 137 f. 2 ) Das. S. X X X I ; vgl. X X X I I I und Dr. Alrutz' Ref. In Pr X X X I V 170. 3) S. z . B . X X I I 151; X X I I I 1 8 6 f . ; X X V I I I 549. 4) X X V I I I 5 1 6 f . Dies doppelte 'Schnappen' war in späteren Jahren die Regel: X X V I I I 2 3 . Vgl. auch Prof. Schäfer In R B 1926 56 f. 5) X X V I I I 23 f.
Besondere Merkmale des
Ich-Austritts
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Mannes, wenigstens 3' größer als ich.' 1 Es könnte ferner verwiesen werden auf das hiermit leicht durchschaubar verwandte Bewußtsein einer 'leuchtenden Dampfwolke' u.dgl. als Vorstufe oder Umhüllung eines gestalteten 'fluidischen Leibes',2 u. a. m. Doch erscheinen mir sichre theoretische Schritte auf diesem schwankenden Boden noch gar nicht möglich; sie müssen späteren Zeiten vorbehalten werden, die über reichere Beobachtung und vorbereitende Einsichten verfügen. Nur folgendes sei, zur Sicherung des Vorgebrachten, noch mit wenigen Worten ausgesprochen. Die Erfahrungen der Exkursion und der Wahrnehmung entfernter Dinge von einem außerkörperlichen Blickpunkt aus scheinen in unmerklichen Abstufungen überzugehn in Erfahrungen des Fernschauens 'im Leibe' und bei mehr oder minder erhaltenem Bewußtsein der normalen Umgebung; dabei wird aber auch das Ferne von einem soz. natürlichen Blickpunkt aus geschaut. Und etwa in der M i t t e dieser Reihe würden dann jene Leistungen des 'hellsehenden Reisens' liegen,3 bei denen das Subjekt sich gleichfalls — und zwar auf bestimmten Wegen — durch den Raum fortzubegeben glaubt, 'unterwegs' allerlei beobachtet und 'am Ziel' etwa Zimmer durchwandert und Treppen steigt; dies alles aber — meist wohl in einem hypnotischen Zustand — g l e i c h z e i t i g m ü n d l i c h zu b e s c h r e i b e n vermag. 4 Dabei fällt auf, daß auch nach anscheinend mehr 'subjektivem' Fernsehn ('vom Leibe aus') die Symptome der Rückkehr in den normalen Zustand zuweilen an die der 'Heimkehr in den Leib' erinnern; wenigstens werden sie nicht nur als Erschöpfung, Denkunfähigkeit, Gefühl der Ausgeleertheit und Kopfweh beschrieben, sondern gelegentlich geradezu als 'heftige Erschütterung.'6 Wir brauchen nun, meine ich, in der Tatsache dieser Reihe von Übergängen bis zu einem scheinbar ganz andersartigen Endpunkt keinen Widerspruch zu finden gegen eine 'realistische' Auffassung der Exkursion im engeren Sinne. Mein könnte etwa sagen, daß eine 'rein erkenntnismäßige' übernormale Erfassung des Fernen — das Subjekt gewissermaßen 'nach sich ziehe' und zu einer sich steigernden 'Bilokation' veranlasse, deren äußerste Entwicklung zusammenfiele mit der äußersten (zu Lebzeiten möglichen) Entseelung des Leibes und der 'Anwesenheit' des Subjekts am O r t e der Fernschau. Aber die Rätsel solcher Bilokation dürften sich restlos lösen nur einem m e t a p h y s i s c h e n Verständnis des Raumes und des Ineinander von Raum und Bewußtsein, von Objektivität und Subjektivität Gehen wir dieser Untersuchung aus 1) o. S. 309. 324. 2 ) o . S. 305. 3) travelling clairvoyance der engl. Forschung. 4) Wie auch die Subjekte mancher objektiver Leistungen am Exkurstonaortt — Vgl. zu diesen Fragen Mattiesen 392 II. 670 B. 5) commotlon vlolente: Floumoy 368.
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Das Argument aus der Vorwegnähme des Sterbens
dem Wege, so bleibt uns nur die Feststellung übrig, daß die Grenzf ä l l e der fraglichen Reihe jedenfalls wesentliche Unterschiede zeigen: das wahre Halluzinieren eines 'fernen' Tatbestandes ist etwas deutlich anderes, als das Erlebnis der wahrnehmenden Anwesenheit am Orte dieses Tatbestandes, die sich — wie wir jetzt wissen — erweisen kann nicht nur durch "Erscheinen' des Subjekts am fernen Ort, sondern auch durch objektives Wirken daselbst Es ist wohl klar, daß wir mit dieser Reihenbildung das Kernproblem aller Metaphysik in Händen halten. Die entscheidende weltanschauliche Bedeutung der metapsychischen Tatsachen wird uns hier greifbar. Die Herren Philosophen und philosophischen Physiker haben demnach das Wort 5. Der Austritt des Ich als spiritistisches Argument Ich habe mich, wie vorher angekündigt, bei allen Tatsachen, dk. das 'Kernstück' des Exkursionserlebnisses umlagern und ergänzen, mit einer sehr viel flüchtigeren Darstellung und dürftigeren Beglaubigung begnügt Es ist der natürliche innere Zusammenhang aller dieser Tatsachen — untereinander und mit dem Kernerlebnis —, was ihre Glaublichkeit im einzelnen erhöht und sie an der Deutung des Ganzen mitwirken läßt Dieses Deutungsergebnis können wir nunmehr in folgenden Worten zusammenfassen: Die bewußte Persönlichkeit des Menschen, mit allen Merkmalen seelischen Lebens begabt, kann ihren fleischlichen Leib unter Umständen schon zu dessen Lebzeiten vorübergehend Verlassen', in einem Träger oder 'Vehikel', dem zwar eille Rätsel des Thantoms' anhaften, irgendwelche 'Objektivität' aber nicht abzusprechen ist; und alle Merkmale eines solchen Austritts des Ich wiederholen sich in der Stunde des Sterbens. Die hieraus unmittelbar sich ergebende Schlußfolgerung liegt auf der Hand: wie der zu Lebzeiten seinen Leib Verlassende bewußt persönlich weiterlebt, so lebt auch der ihn im Sterben Verlassende bewußt persönlich weiter. Anders gefaßt: ein Ich mit allen Eigenschaften seelischen Lebens kann außerhalb des Leibes bestehen; folglich kann es auch bestehen, wenn der Leib als solcher zu bestehen aufgehört hat. Der Exkursionszustand stellt jedenfalls die wahrscheinlichste Form dar, unter der wir uns den Beginn persönlichen Fortlebens vorzustellen vermögen. Weist er uns aber den Anfang des Überlebens als beobachtete T a t s a c h e auf, so können wir seine Fortsetzung ruhig sich selbst überlassen. Ce n'est que le premier pas qui coûte. Kann ich nur eine Minute lang erweislich 'außerhalb' meines Leibes und unabhängig von ihm als selbstbewußte Person bestehen, so ist für diesen Bestand ein baldiges Ende zunächst gar nicht abzusehen.
Der Austritt
des Ich als spiritistisches
Argument
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Dieses Schlußverfahren nun könnte, soweit ich sehen kann, nur unter einer Voraussetzung bestritten oder doch bemängelt werden: nämlich wenn man annähme, daß die Möglichkeit der Exkursion überhaupt abhänge von der Erhaltung wenigstens eines Mindestmaßes an Lebensvorgängen des fleischlichen Leibes (wie es ja selbst in Fällen scheinbar schon eingetretenen Todes vorausgesetzt werden mag). Der lebende Leib müßte also als unerläßlicher 'Nährboden' oder 'Ankergrund' gefordert werden für ein seelisches Erleben außerhalb seiner Grenzen, wie er nach landläufiger Ansicht unerläßlich ist für das Zustandekommen ichbewußten Lebens innerhalb seiner Grenzen. Jene Voraussetzung des Gegners nun gewinnt ein sehr verschiedenes Aussehen, je nachdem, ob wir das außerleibliche Erleben als einen rein seelischen Ablauf ansetzen, oder als einen zugleich seelischen und 'metaphysiologischen', also an einen dinglichen Träger gebundenen. Der erste dieser beiden Ansätze muß dem orthodoxen Physiologen (also unserm eigentlichen Gegner!) ohne weiteres sinnlos erscheinen, sodaß er ihn nicht gegen uns ausspielen kann. Den bewußten, ich-haften Erlebnisablauf denkt er sich ja an gewisse nervöse Vorgänge gebunden; Wahrnehmen, Überlegen, Wollen usw. 'entstehen' für ihn im Gehirn, und es ist diese Gebundenheit ans Gehirn, was die Lokalisierung auch des 'Ich' im Kopfe und seine vertraute Einordnung in den Wahrnehmungsraum bedingt Es muß also diesem Gegner undenkbar erscheinen, daß der hirnerzeugte Ablauf des bewußten Ich-Lebens unter Umständen auch außerhalb des Leibes draußen im Räume stattfinde. — Freilich, viele Psychologen vertreten heute einen Standpunkt, der solche 'Erzeugung' seelischen Lebens durch das Gehirn verneint, diesem Leben vielmehr metaphysische Selbständigkeit zugesteht. Aber mit diesem Standpunkt hätten wieder wir keinen Streit; er könnte die Tatsache der Exkursion als Bestätigung willkommen heißen und müßte die Forderung fortbestehender Hirntätigkeit als Voraussetzung seelischen Erlebens außerhalb des Leibes zurückweisen. Lassen wir also diese Fassung des Einwands beiseite und erwägen jene andere, welche die Exkursion an irgendeinen metaphysiologischen Träger gebunden sein läßt. Unsre Frage nimmt dann folgende Gestalt an: Ist es denkbar oder wahrscheinlich, daß ein Bewußtseinführender 'Leib-der-Exkursion' zwar während erhaltenen normal-physiologischen Lebens imstande sei, den sichtbaren Leib zu verlassen, mit dem Absterben desselben aber diese Fähigkeit verliere, weil er gleichzeitig mit jenem zugrunde geht? Rein metaphysiologisch betrachtet, läßt diese Frage sich mit Bestimmtheit weder bejahen noch verneinen, weil unser Wissen von den Lebensbedingungen nicht-physiologischer M a t t i e s e n , Das persönliche Überleben II
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Das Argument aus der Vorwegnahme des Sterbens
Leiblichkeiten an sich noch viel zu geling ist Und müßten wir es hierbei bewenden bissen, so wäre die Frage nach der spiritistischen Beweiskraft des Exkursionserlebnisses etwa so zu beantworten: Die Hinausversetzung eines bewußten Phantoms während des Lebens beweist nicht unbedingt ein entsprechendes Überdauern des Todes; doch macht sie dieses sehr wahrscheinlich, indem sie ein Hauptbedenken gegen dasselbe beseitigt: das Bedenken, welches sich darauf beruft, daß ichbewußtes Leben bisher ü b e r h a u p t n u r i n n e r h a l b eines physiologischen Leibes beobachtet worden sei. Die Exkursion beweist jedenfalls, daß solches ich-bewußtes Leben außerhalb des Leibes ü b e r h a u p t möglich sei, und damit ist fraglos die M ö g l i c h k e i t bewiesen, daß es auch nach dem leiblichen Tode erhalten bleibe. Im Zusammenhang der zahlreichen sonstigen Argumente für das Überleben fiele auch dies sehr stark in die Wagschale. Indessen würde der Einwand, daß ein Exkursionsleib nur während des Lebens seines physiologischen Partners lebensfähig 9ei, sogleich in sich zusammenfallen, wenn auch nur in e i n e m Falle durch Beobachtung-von-außen das Dasein eines objektiven Phantoms erwiesen wäre, das von keinem lebenden Leibe abhinge. Bei der Entscheidung, ob es solche gebe, müßten natürlich zunächst alle jene Materialisationsphantome ausscheiden, die augenscheinlich an die Anwesenheit eines Mediums gebunden sind, solange auch nur die Möglichkeit besteht, daß die Bedingungen ihres Auftretens ausschließlich in Lebensvorgängen des Mediums wurzeln. Eine solche Verwurzelung ist aber so gut wie ausgeschlossen bei gewissen Spukphantomen; ein einziger Fall von u n b e s t r e i t b a r e r O b j e k t i v i t ä t e i n e s i d e n t i f i z i e r b a r e n Spuks würde demnach das gegnerische Bedenken tatsächlich beseitigen und die Möglichkeit erweisen, daß eine abnorme Leiblichkeit, die einem bestimmten Verstorbenen 'zugehört', nach dem Absterben des 'entsprechenden' normalen Leibes fortbestehe. Dagegen würde es nicht erforderlich sein, daß eine solche Leiblichkeit zugleich Anzeichen bewußten Innenlebens darböte. Jenes 'Bedenken' entstand ja nur auf Grund der angenommenen Unmöglichkeit, daß eine abnorme Leiblichkeit nach dem Tode ihres fleischlichen Partners überhaupt noch fortbestehe; wogegen ihre Beseelung durch ein persönliches Bewußtsein eben durch das Erlebnis der Exkursion gewährleistet werden soll, also die Beobachtung, daß man sich bewußt und in einer 'Leiblichkeit' fühlen könne a u ß e r h a l b des normalen Leibes. Wäre zugleich mit dem objektiven identifizierbaren Spukphantom auch der Nachweis seines ich-bewußten Innenlebens gegeben, so wäre ja der spiritistische Beweis ohnehin geliefert und die Heranziehung des Exkursionserlebnisses gar nicht mehr erforderlich.
Der Austritt des Ich als spiritistisches Argument
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Die Frage nun, ob identifizierbare objektive Spukphantome vorkommen, ist schon in einem früheren Kapitel dieses Buches bejaht, wenn auch noch nicht belegt und beglaubigt worden. Der hier erstrebte krönende Beweis der spiritistischen These vollendet sich somit im Rückgriff auf andere Teile unseres Gesamtgedankengangs. Ein solches Ineinandergreifen verschiedenartiger Beweisketten aber muß uns als Selbstverständlichkeit erscheinen in einer Untersuchung, die auf Wissenschaftlichkeit Anspruch erhebt, insofern alle Teile einer echten, auf Tatsachen gegründeten Wissenschaft in unauflöslichem innerem Zusammenhang stehen und folglich auch logisch aufeinander angewiesen sind. — Damit ist auch der m. £. einzige denkbare Einwand gegen unser Schlußverfahren beseitigt, — ein Einwand übrigens, der auch abgesehen von seiner Widerlegbarkeit einer windigen Ausflucht weit ähnlicher sieht, als einem ehrlichen Zweifel. Es besteht demnach zu Recht, daß der Tatsachenzusammenhang der Exkursion das Überleben der Persönlichkeit mit allen Eigenschaften seelischen Lebens endgültig beweist. — Wie es aber jedem, der einem Beweise zustimmt, nur willkommen sein kann, wenn man ihm Tatsachen aufweist, die er unter Voraussetzung des Bewiesenen zu finden erwarten müßte, — so will auch ich hier schließlich noch einen Tatbestand anführen, der vom Standpunkt unsrer letzten Argumente aus besonders natürlich, ja selbstverständlich erscheinen darf. — Bedeutet nämlich der Austritt aus dem Leibe zugleich den Eintritt in die 'Geisterwelt' oder doch eine Annäherung an sie und soz. das Betreten ihrer Vorhöfe,1 so liegt die Erwartung nahe, daß wenigstens ab und zu in jenem Zwischenzustand oder 'Niemandsland' der Ejckurrierende mit Bewohnern des wirklichen Jenseits zusammentreffen werde, die sich zeitweilig seinem Zustand angenähert haben, wie umgekehrt er ja ihnen kraft seiner Hinausversetzung vorübergehend mehr wesensverwandt geworden ist Dieser Tatbestand — dessen Wesen und Wichtigkeit bisher noch niemand erkannt zu haben scheint — ist uns sogar in früheren Abschnitten schon flüchtig begegnet. Ich erinnere z. B. daran, daß der sich wie ein Geist durch ein fernes Medium kundtuende lebende Gordon Davis (der sich begreiflicherweise selbst für tot 9 hielt!) von seinem verstorbenen Bruder Frank herangebracht sein sollte. Auch das von M. Cornillier veröffentlichte Exkursionserlebnis des Elektrotechnikers Semjonow (mit Erblicken des eigenen Leibes) zeigte eine Begegnung mit seinem verstorbenen Großvater und 'einem Unbekannten'. Ersterer hielt offenbar selbst den Enkel für gestorben oder doch in unmittel1) Vgl. das Ubergehn von irdischem Schauen de* Exkurrierenden zu erdfremdem: o. S. 8510.
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barer Todesgefahr. Semjonow kam nach vorübergehendem Bewußtseinsverlust auf seinem Bette sitzend und 'ganz zerschlagen' zu sich, erblickte die beiden Gestalten auch jetzt noch und hörte sie darüber sprechen, daß nun 'die Gefahr wohl vorüber sei'! 1 Auch Mlle Grégoire erblickte während einer 'hellsehenden Reise' nach einem fernen Ort nicht nur dort anwesende Lebende, sondern auch Verstorbene 'wie mit den Augen', hörte ihre Worte oder Verstand wenigstens ihren Sinn', während sie sich 9elbst in einem Spiegel (!) als "hellgraue Dampfsäule' wahrzunehmen glaubte. 8 — Endlich hat ja auch die Exkursion des Mediums während des Transdramas uns mehrfach den Tatbestand des Zusammentreffens mit Jenseitigen vorgeführt.
Einige weitere Beispiele mögen ihn zu noch größerer Deutlichkeit und Glaublichkeit erheben. — Der folgende Fall ist älterer Herkunft und — nach Art der Zeit — nur schlecht verbürgt. 'Ein deutscher Missionar reist zur Herstellung seiner Gesundheit nach Deutschland, stirbt aber daselbst. Da zeigte er sich seinem Nachfolger Winter in Indien. Er geht durch dessen Schlafzimmer, in dessen Studierzimmer und schlägt hier das Rechnungsbuch des örtlichen Missionsfonds gerade d a auf [wir mögen annehmen, daß das Buch aufgeschlagen gelegen und das Phantom n u r durch eine Geste angedeutet habe, was es wolle], wo er, der Verstorbene, die Bilanz gezogen, so andeutend, daß eine in Madras hinterlegte Summe wiedererhoben werden könne, worüber er, vom Tode überrascht, nicht mehr hatte schreiben können. [Ein typisches Spukmotiv, wie wir aus Früherem wissen.] Winter erklärt, daß er im Moment der Erscheinung magnetisch halbwach und dann a u ß e r d e m L e i b e war, so daß er dem Geiste in das Studierzimmer folgte und mit ihm in das Buch sah, wobei es um sie licht war. Gleich darauf war die Erscheinung verschwunden; sofort befand sich auch Winter wieder in seinem Körper [aus dem ihn der anwesende Abgeschiedene soz. hervorgelockt haben mochte] und in wachem Zustande mit voller Erinnerung des Vorgegangenen.' 8 In Mrs. Crowes Sammlung finden wir einen wesensähnlichen Fall (anscheinend von ihr selbst gesammelt), dessen Subjekt 'die Mutter einer sehr angesehenen jetzt in Edinburgh lebenden Psrson' ist. Jene war bereits für tot gehalten und ihre Bestattung vorbereitet worden, als sie wieder Lebenszeichen von sich gab und, zu sich gekommen, berichtete: 'sie sei am Himmelstor gewesen [sagen wir: sie habe sich in die Geisterwelt entrückt gefühlt], wo sie einige 'eingehen' sah, während i h r gesagt wurde, sie sei noch nicht bereit. 4 Unter denen, die an ihr vorübergegangen und zugelassen worden wären, hätte sie auch Mr. Soundso, den Bäcker, gesehen, und das Bemerkenswerte war, daß während der Zeit, die sie im Trans verbrachte, dieser Mann tatsächlich gestorben war.' 6 1) o. S. 329. 2) RM 1927 431. Vgl. femer Passavant 255 f.; HB 1925 363 f., Yram 57 und Mrs. Leonards Exkursionserlebnis o. S. 327. 3) M V 91 ; auch Daumer I 166. 4) Das häufig beobachtete Motiv der 'Zurückweisung' noch nicht zum Sterben 'Bestimmter' aus dem Jenseits. Vgl. MatUesen 289. 293. 784. 5) Crowe 1351. Vgl. Illigs Fall in ZP 1932 63 und den des Th. Say: J S P R X I I I 87 f.
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Ich möchte hierbei auch an die gelegentlich berichteten Träume 'ganz besonderer Art' und von 'höchster Wirklichkeit* erinnern, in denen man innerhalb einer eigenartig schönen Landschaft mit Verstorbenen zusammentrifft und sich mit ihnen unterhält.1 Wir sind indessen nicht auf solch verstreute und mangelhaft verbürgte ältere Belege angewiesen, an denen der strenge Kritiker nur mäßiges Gefallen finden dürfte, sondern besitzen ein Zeugnis, das der Prüfung durch die anspruchsvollste Körperschaft unsres Faches standgehalten hat. Miss Minnie Wilson 2 wurde bald nach ihrem Erlebnis in einer Sitzung der Londoner Ges. f. ps. F. einem Kreuzverhör unterworfen, und ihren Aussagen darf das höchste Vertrauen geschenkt werden, das die Erinnerung an abnorme Erfahrungen im besten Falle beanspruchen kann. Die Tatsachen sind kurz folgende: Am Mittwoch, d. 29. Mai 1907 erschoß sich in London ein angesehener Offizier, Kapitän Oldham, infolge der Ablehnung eines von ihm gemachten Heiratsantrags. Sein Patenkind, die 17jährige Miss Wilson, mit der er in sehr herzlichen Beziehungen gestanden hatte, genoß zur Zeit, obgleich selbst nicht katholisch, ihre Erziehung in einem belgischen Konvent. Ihre Mutter, eine gute Freundin des Selbstmörders, meldete der Tochter erst eine Woche nach dessen Ableben den 'plötzlichen Tod des Onkel Oldham' und den Tag seines Begräbnisses, aber nichts weiter. Am Sonnabend, dem 1. Juni war Miss Wilson in der Kirche ihres Konvents damit beschäftigt, einer Konventualin, der Mère Columba, beim Säubern zu helfen. 'Ich stand auf einer Leiter, um ein Bildwerk abzustäuben, als ich zu meiner ziemlichen Überraschung ein Mädchen, das vor einiger Zeit [die Schule] verlassen hatte, in der Kleidung einer Nonne auf mich zukommen und mir winken sah, daß ich ihr folgen solle: es verursachte mir einen ziemlichen Schock, mich selbst auf der Leiter zu sehen, während ich doch der Nonne folgte. Durch eine [Seiten]tür [der Kirche] erreichte ich die [nicht öffentliche] Kapelle [der Nonnen], auf einem Wege, den ich nie zuvor betreten hatte. Während ich in einer der Kirchenbänke kniete, war ich sehr erstaunt, Onkel Oldham auf mich zukommen zu sehen, da Mutter mir nicht mitgeteilt hatte, daß er die Absicht habe, nach Belgien zu kommen. Mir schien, daß etwas nicht in Ordnung sei, weil er einen so schmerzlichen Ausdruck hatte; er nahm meine Hand in die seine und sagte, er habe etwas sehr Unrechtes getan, und es würde ihm sehr helfen, wenn ich für ihn betete; dann sagte er mir, daß er von der Frau, die er liebte, abgewiesen worden sei und sich in der Verzweiflung erschossen h a b e . . . Als ich mich [plötzlich] wieder auf der Leiter fand, muß ich etwas bleich ausgesehn haben; Mère Columba veranlaßte mich daher, mich auf eine Weile hinzulegen. . . Einige Tage danach hörte ich von Mutter, daß Onkel Oldham wirklich 'plötzlich ge1) Vgl. Vogl 9 f.; Thomas, Life 278; Gumey II 413 t. in der Veröffentlichung des Falles.
2) Pseudonym, wie alle Namen
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Das Argument aus der Vorwegnahme des
Sterbens
sterben' sei. Es erschütterte midi, da ich nicht wußte, wem ich glauben sollte...' Diese Aussage ist am 15. Marz 1908 verfaßt. Vom 4. Sept. 1907 stammt ein ausführliches Zeugnis zweiter Hand seitens der Mutter, welcher Miss Wilson bei ihrer Ankunft In England (6. Aug.) auf den Kopf zugesagt hatte, was sie wußte, und dann den Vorfall ausführlich erzählt hatte. Wir erfahren daraus, daß die zuerst gesehene Schulfreundin zu jener Zeit tatsachlich den Schleier genommen hatte, wovon Miss Wilson aber nichts wußte; daß der Weg zur Kapelle sie durch das Refektorium der Nonnen führte, welches niemand außer diesen betreten durfte, das sie aber zutreffend zu beschreiben imstande war (einschließlich eines Bildes an der Wand, von dessen einer Gestalt mehrere 'rote Bänder" herabhingen); daß, als sie in der Kapelle niederkniete, sie jemand 'nahe fohlte' und, aufblickend, Onkel Oldham gewahrte; daß nach den 'Reden' des Kapitäns dieselbe Nonne sie wieder hinausführte und sie sich in benommenem Zustande 1 auf der Leiter fand, jedoch imstande war, herabzusteigen. Aus Miss Wilsons Verhör vor der Ges. f. ps. F. am 30. März 1908 kann schließlich noch erwähnt werden: daß sie weder die Dame kannte, welche Kapitän Oldhams Hand zurückwies, noch von seiner Liebe überhaupt gewußt hatte; daß der Nonne, welche sie führte, das Innere des Refektoriums bekannt war, daß diese aber d e n V e r s t o r b e n e n n i c h t k a n n t e ; daß die 'roten Bänder' auf dem Bilde im Refektorium in triefendem Blut auf einem Heiligenbilde bestanden, — wie Miss Wilson feststellen konnte, als sie am Ende des Semesters gelegentlich einer Preisverteilung das Refektorium zum erstenmal betrat; daß Kapitän Oldham in der Kapelle ihre Hand zu berühren schien, sowie daß sie nichts von dem 'Rückwege' aus der Kapelle bemerkt und sich nicht nochmals auf der Leiter stehend gesehen habe. — Die Möglichkeit, daß Miss Wilson durch Zeitungen von Kapitän Oldhams Tode erfahren, muß als ausgeschlossen gelten; Zeitungen drangen In den Konvent überhaupt nicht; Briefe an die Schülerinnen wurden geöffnet, ehe sie abgeliefert wurden.2 — Ahnlich verlief ein von der amerikanischen Schwestergesellschaft veröffentlichter Fall, den ich nur ganz kurz zusammenfasse: Eine Mrs. N. J. Crans glaubte nach dem Zubettegehen 'den Körper zu verlassen' und "hinzugleiten's und fühlte sich in ein ihr fremdes Zimmer versetzt, wo sie ihren Schwiegersohn Charles schlafend erblickte, und dessen Einrichtung sie sich genau betrachtete und merkte, einschließlich eines am Rückenstück zerbrochenen Stuhles zu Häupten des Bettes. Darauf sah sie ihre verstorbene Tochter ins Zimmer treten, sich über Charles, ihren Gatten, beugen, ihn küssen und wieder hinausgehn, obgleich Charles, der sie erkannte, sie zurückzuhalten suchte. Ihre Mitteilung des Traumes' an den Schwiegersohn kreuzte sich mit einem Brief desselben, der ihr inhaltlich einen entsprechenden 'Traum' berichtete. Auch ihre Beschreibung des Zimmers erwies sich als völlig genau. Die beiden Träumer lebten 6 Tagereisen voneinander entfernt. 1 1) dazed. 2) JSPR XIII 228 O. (Gel. durch Prof. Barrett.) 4) PrAm I 446 (auch Myert II 374 f.).
3) drifting lensatlon.
Der Austritt des Ich als spiritistisches Argument
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Eine animistische 'Konstruktion' solcher Vorgänge ist natürlich in logischer Strenge nicht auszuschließen. Also etwa: Mrs. Wilson unterrichtete telepathisch ihre Tochter von der wahren Natur des Todesfalles; die junge Nonne, welche Refektorium und Kapelle aus eigener Anschauung kannte, übertrug dies Wissen (gleichfalls telepathisch) auf Miss Wilson, und aus alledem zimmerte diese ihren visionären 'Traum' zurecht. — Es sollte mich freilich wundern, wenn solche sinnreiche Sinnlosigkeiten auf dieser Stufe unsrer Untersuchung noch Eindruck auf meine Leser machen könnten. Warum z. B. erwies die junge Nonne ihre telepathische Gefälligkeit gerade in dem Augenblick, da Mrs. Wilsons telepathische Mitteilung — vermutlich längst erfolgt — in der Tochter Bewußtsein zur Vision erblühte? Diese junge Nonne befand sich z. Zt. irgendwo in der Fremde — niemand wußte wo! —, und von Kapitän Oldham hatte sie nie das Geringste gewußt. Wieso also trat sie so gelegen in Tätigkeit und mischte ihre eigene Erscheinung in ein Erlebnis, das sie gar nichts anging? Nun, ich bin überzeugt, daß ihre 'Erkennung' durch Miss Wilson überhaupt ein I r r t u m war und daß es sich in Wahrheit um irgendeine v e r s t o r b e n e Nonne handelte, die soz. die Begegnung mit dem Selbstmörder 'vermittelte'. Miss Wilson befand sich — daran lassen die Einzelheiten ihres Berichts nicht zweifeln — in echter Exkursion; in dieser war sie daher imstande, mit zwei Abgeschiedenen 'zusammenzutreffen', von denen der eine ihr eine Schuld gestehen und sie um ihre Gebete bitten wollte, — zwei t y p i s c h e Spukmotive, wie wir wissen. Der Fall Wilson-Oldham verbürgt damit für jeden, dem Forschung auch Zusammenschau bedeutet und nicht das Zerstückeln der Wirklichkeit zugunsten vorgefaßter Begriffe, — den Tatbestand, den wir am Abschluß unsrer Untersuchungen noch zu finden hofften; er bildet — gleich dem Fall des John Black — einen jener kostbaren Glücksfunde, aus denen zuweilen mehr Erkenntnis zu gewinnen ist, als aus hundert Alltäglichkeiten der Beobachtung; er liefert, recht verstanden, die schönste Bestätigung, die unsre Auffassung der Exkursion sich wünschen konnte: er zeigt uns den 'vorläufigen, vorübergehenden Geist' der Lebenden und den 'endgültigen Geist' des Abgeschiedenen imstande, an der Schwelle ihrer beiden Welten im gleichen Zustande zusammenzutreffen, und beweist uns damit, daß das Sterben selbst nicht mehr als eine Zustandswandlung des Lebens ist. Dies Endergebnis der bündigsten aller spiritistischen Beweisführungen gewinnt nun aber schließlich auch rückwirkende Kraft für alle vorausgegangenen Argumente. Der animistische Gegner mochte sich dort darauf herausreden, es fehle ihnen allen, oder doch einigen, die zwin-
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Das Argument aus der Vorwegnahme des Sterbens
gende Kraft; sie täten zwar die Einfachheit und Natürlichkeit spiritistischer Deutungen dar und begründeten damit einen außerordentlichen Grad von Wahrscheinlichkeit, ohne aber einen Beweis zu liefern, der kein Entrinnen offen ließe. Er wird indessen zugeben müssen, daß ein geringer Zuwachs an Gewicht genügen würde, die sinkende Wagschale der Überzeugung völlig zum Niederschlagen zu bringen. Dieser Zuwachs ist jetzt in reichlichem Maße beschafft. Für den, der die G e s a m t h e i t unsrer Argumente überblickt, muß es feststehn, daß jene Künsteleien sich nicht l ä n g e r v e r l o h n e n , mit denen man sich der Beweiskraft mancher früheren Argumente zu entziehen hoffte. Auch kommt es schließlich nicht darauf an, den letzten zu den früheren Beweisen und diese untereinander zu 'addieren'; vielmehr entdecken wir, daß alle einzelnen Gruppen sich i n n e r l i c h i n e i n a n d e r g r e i f e n d e r gänzen. Die meisten der früher dargestellten Argumente liefen ja darauf hinaus, den erscheinenden oder sich kundgebenden Abgeschiedenen als eigentlichen A k t i v i t ä t s k e r n der beobachteten Vorgänge herauszuschälen. Jetzt, in den Tatsachen der Exkursion, haben wir den Entkörperten soz. von i n n e n h e r als aktive P e r s ö n l i c h k e i t u n m i t t e l b a r a n s c h a u e n können, und zwar als Persönlichkeit von normalen Ausmaßen im Fühlen, Wollen, Erinnern, Überlegen, genau entsprechend den beobachteten Eigenschaften des Kommunikators in so vielen Kundgebungen spiritoiden Gepräges. Wir haben überdies den W u n s c h des vom Leibe Gelösten, zu e r s c h e i n e n und sich den Lebenden k u n d z u g e b e n , als sein b e w u ß t e s Erlebnis feststellen können. In vielen Fällen gelang ihm die Verwirklichung dieser Wünsche nicht: er glaubte, man müsse ihn sehen, aber man sah ihn nicht; er meinte, man müsse ihn hören, aber man hörte ihn nicht In andern Fällen dagegen wurde er gesehen und gehört, sqin objektives Wirken beobachtet. Der hinausversetzte Lebende t u t mithin alles, was in tausend Fällen mit umstrittener Deutung ein Verstorbener zu tun s c h e i n t und zu tun b e h a u p t e t . Auf jeder Linie des Wollens also gehen die Leistungen Lebender ohne Bruch in die entsprechenden Leistungen Abgeschiedener über; und selbst die Bekundung eines Subjektes d u r c h ein zweites, fortschreitend bis zu dessen anscheinender Besitzergreifung, beobachteten wir ja im Falle der Lebenden so gut, als in dem der Verstorbenen. Damit rundet sich das ganze Gewebe der Tatsachen zur Einheit und schließt sich der Kreis der Beweisführung. Daß der Verstorbene sich willkürlich zeigt und äußert, erscheint nicht länger als bestreitbare Folgerung aus Indizien, sondern als unmittelbare Formulierung von Tatsachen der Selbstbeobachtung. Damit kommt der Streit der Deutungen zur Ruhe; die Auslegung versinkt in der Feststellung.
Anhang: Ein eigenes Erlebnis und eine letzte Abwehr
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6. Anhang: Ein eigenes Erlebnis und eine letzte Abwehr Die Aufgabe dieses Buches ist hiermit erfüllt. Ehe ich aber die Feder aus der Hand lege, will ich noch zweierlei tun. Zunächst möchte ich unsern Bestand an Tatsachen um einen verwickelten Fall aus eigner Erfahrung vermehren; und zweitens ein letztes Argument des Gegners beseitigen, das selbst n a c h A n e r k e n n u n g aller vorgebrachten Beweise sich gegen ihren v o l l e n E r t r a g richtet und somit ans Ende ihrer Erörterung gehört. Jener Fall hätte freilich, in seine Teile zerlegt, an verschiedenen Stellen meines Gedankenganges sich einflechten lassen. Daß ich ihn hier anhangsweise als G a n z e s mitteile, hat wesentlich persönliche Gründe. Die wissenschaftlich-unpersönliche Arbeit an diesem Buche stand vor ihrem Abschluß, als dies Erlebnis über mich hereinbrach und mir Gelegenheit gab, die Wahrheit, auf deren Begründung ich die beste Arbeit meines Lebens verwendet habe, gleichsam am eignen Leibe zu erproben. Indem sich mir aber das Mitzuteilende als Einheit erschütternden Erlebens darbot, durfte mir seine logisch-darstellerische Zerstückelung wohl widerstreben. Anderseits findet es gerade hier die passendste Stelle, weil es e i n e n Bestandteil enthält, der mit der zuletzt besprochenen Form der Exkursionserfahrung zusammenzufallen scheint: jener Form, die uns das Beisammen des Hinausversetzten mit einem Abgeschiedenen zeigt Am 15. Oktober 1933 verstarb meine Frau, noch in den besten Jahren stehend, an den Folgen einer sog. 'spontanen subarachnoidalen B l u t u n g ' , hervorgerufen durch Aneurysmabruch an einer Basalarterie des Gehirns. Unsre 23 jährige Ehe — ich muß dies zum Verständnis des Folgenden sagen — war eine äußerst glückliche gewesen. Eine bestimmte 'Abmachung', daß der von uns zuerst Sterbende sich dem Andern, falls möglich, kundtun solle, hat zwischen uns nicht bestanden. Immerhin haben wir von der Erwünschtheit solcher Kundgebungen gelegentlich gesprochen. Vorausschicken muß ich ferner einige Worte über die Perzipientm der zu beschreibenden Erscheinungen. — Im Herbst 1925 trat ich mit Hrn. Hinrich Ohlhaver in Hamburg, dem bekannten Verfasser von D i e Toten leben', und seinem Sohne Erwin zuerst in brieflichen, und dann auch in persönlichen Verkehr. Hr. Erwin Ohlhaver suchte mich zweimal in Rostock auf, das zweite Mal, im Frühling 1929, in Begleitung seiner Braut und jetzigen Frau, A n n a O h l h a v e r . Die junge Dame, ein Mensch von großer Anmut, Reinheit und Innigkeit des Wesens, gewann sogleich meiner Frau und meine Zuneigung; doch wurden Briefe zwi-
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Das Argument aus der Vorwegnähme des Sterbens
sehen ihr und uns im Laufe der folgenden Jahre nur äußerst selten gewechselt; zuletzt sogar über 2 Jahre lang gar nicht, ohne daß die geringste Störung unsrer persönlichen Beziehungen erfolgt wäre. — Im Juli 1933 schrieb ich einen Brief allgemeinen Inhalts an Hrn. Ohlhaver sen., der aber mehrere Monate liegen blieb, da ich mir der veränderten Anschrift des Empfängers nicht sicher war. Mehr als 5 Wochen nach dem Tode meiner Frau, am 21. November, fügte ich diesem Brief eine entsprechende Nachschrift bei und übergab ihn, unter Benutzung der früheren Adresse, eingeschrieben der Post, es dieser überlassend, den Empfänger ausfindig zu machen. Darauf erhielt ich zwei am 25. Nov. geschriebene Briefe der Frau Anna Ohlhaver und ihres Schwiegervaters, denen ich, alles nicht wesentliche beiseite lassend, die folgenden Mitteilungen entnehme. Nach Worten der Teilnahme schreibt Hr. Ohlhaver: 'Über zwei kleine Vorkommnisse muß ich Ihnen in diesem Zusammenhang berichten. Vor etwa 4 Wochen sagte Anna, Erwins Frau, zu mir: 'Eben (am hellen Tage und mitten bei der häuslichen Arbeit) habe ich Frau Dr. Mattiesen gesehen. Sie sagte mir etwas von B l u t u n g und hat mir aufgetragen, viele herzliche G r ü ß e zu bestellen.' Eine Woche später waren Anna und ich in Hamburg in einer Konditorei und tranken eine Tasse Kaffee, da sagte Anna zu mir: 'Das ist doch komisch, eben habe ich wieder Frau Dr. Mattiesen gesehen, und wieder bat sie mich, viele, viele Grüße zu bestellen.' Beide Gesichte dauerten jedesmal nur wenige Sekunden, wir waren nicht geneigt, ihnen irgendwelche Bedeutung beizumessen, und am a l l e r w e n i g s t e n h a b e n w i r d i e V e r m u t u n g gehabt, Ihre Gattin könne nach dem Jenseits ü b e r g e s i e d e l t s e i n . Wir betrachteten die Vorkommnisse als Erinnerungsbilder, umso mehr, als wir uns oft mit Ihnen beschäftigten... Bei Ihrer Trauerbotschaft überraschte mich der Ausdruck 'Gehirnhautblutung', und sofort erinnerte ich mich, daß, als Anna zum ersten Mal Ihre Gattin gesehen haben wollte, sie hinzufügte, Ihre Gattin habe ihr etwas von Blutung gesagt. Heute bin ich überzeugt, beide Vorkommnisse hatten einen wahren Hintergrund: Ihre Gattin wollte uns ihren Heimgang u n d die Ursache des Abscheidens, die Gehirnhautblutung, mitteilen, in der Hauptsache aber wollte sie uns beauftragen, Ihnen viele herzliche Grüße von ihr zu übermitteln, da sie eine direkte Bestellung bei Ihnen nicht ausführen konnte.'
Die Perzipientin selbst spricht sich über ihre beiden Schauungen u. a. in folgenden Worten aus:1 '[Bei dem ersten Gesicht] wunderte ich mich über die Innigkeit, mit der mir Ihre liebe Frau G r ü ß e sagte, und doch fühlte ich auch irgendwelche N o t . D e u t l i c h höre ich noch das Wort ' B l u t u n g ' , aber ich d e u t e t e e s f a l s c h , weil mir Ihre liebe Frau bei unsrem damaligen Besuch bei Ihnen erzählte, 1) Ich laue eingestreute Anreden fort, kürze leicht, stelle wegen der Kürzungen einiget um und iperre einzelne Worte.
Anhang: Ein eigenes Erlebnis und eine letzte Abwehr
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dafi sie etwas angestrengt sei, weil sie unwohl w ä r e . . . Aucb die Grüße, die sie mir auftrug, v e r s t a n d ich n i c h t , weil ich ja nicht ahnte, daß Ihre Frau in die jenseitige Welt eingegangen w a r . . . Nun kann ich mir auch dieses D r ä n g e n zum S c h r e i b e n erklären, d u mich im Augenblick g a n z a u s f ü l l t e . — Auffallend war es kurz darauf in einem Kaffee, wo ich mich mit unsrem Vater angeregt Ober geschäftliche Dinge unterhielt: ich m u ß t e m i c h s e i t w ä r t s w e n d e n , sah wieder ganz deutlich Ihre Frau und fühlte ein g a n z a u ß e r o r d e n t l i c h e s D r ä n g e n , an Sie zu schreiben... Nun erkenne ich deutlich, daß Ihre liebe Frau in großer Sorge um Sie war und durch mich die Möglichkeit hatte, sich bemerkbar zu machen, um Ihnen innige Grüße zu übermitteln. Wenn ich mich jetzt zurückversetze, so fühle ich noch deutlich dieses f ö r m l i c h e A u f d r ä n g e n : S c h r e i b e n , s c h r e i b e n ! . . . Aber n i e kam mir bei diesen Gesichten der Gedanke, daß sie in die jenseitige Welt hinübergegangen sei.'
In einem weiteren Briefe vom 30. November fügte Frau Ohlhaver, auf Fragen meinerseits antwortend, noch folgendes über diese beiden Schauungen hinzu: 'Beim ersten Mal gewann ich den Eindruck, daß Ihre liebe Frau ganz bekümmert, geradezu unglücklich war. H i l f l o s u n g l ü c k l i c h ist wohl die treffendste Bezeichnung für den Ausdruck des Gesichts, wie ich es sah.' (Frau O. fügte bei, daß sie, um mich zu schonen, sich zunächst nicht so stark ausgedrückt habe.) 'Schließlich aber wandelte sich der Ausdruck in Wärme und Güte. Nun, ich weiß: wie es damals um Sie stand, konnte es garnicht anders sein, als daß der Ausdruck eines tiefen Kummers in ihrem Gesicht vorherrschte. [Was die Äußerungen des Phantoms betrifft, so] ist es mir, als hätte ich besonders das Wort 'Blutung1 und 'viele, viele Grüße' mit dem inneren Ohr vernommen. Daß ich deutliche, sprachlich geformte Sätze gehört hätte, möchte ich eigentlich nicht sagen. Ich stehe bei diesen Erlebnissen, deren ich schon öfter ähnlich zutreffende hatte, unter dem Eindruck, daß mir von den Jenseitigen bestimmte Eindrücke eingegeben werden, die dann in mir so weit eine gedanken-sprachliche Formung annehmen, daß ich mich gleichsam in einer Zwiesprache mit den Jenseitigen befindlich fühle. —• Im Kaffee fühlte ich ganz plötzlich einen Zwang (woher er kam, kann ich nicht sagen), den Kopf zu wenden, und sah dann wieder das Gesicht Ihrer lieben Frau, aber keine Gestalt. Diesmal war der Ausdruck nicht mehr so verzweifelt, aber so u n g e d u l d i g , als wollte sie mir e i n h ä m m e r n , daß ich schreiben solle; ich h ö r t e w i e d e r ' G r ü ß e ' , und dann war das Gesicht wieder weg. Ich sagte zu Papa: 'Was man sich manchmal doch z u r e c h t f a n t a s i e r t : eben habe ich wieder Frau Dr. Mattiesen gesehen. Wir sollen schreiben.' A b e r a u c h P a p a l e g t e d e r S a c h e k e i n e t i e f e r e B e d e u * t u n g b e i , sondern sagte nur: Ja, wir müssen notwendig schreiben, aber erst möchte ich in unsern Angelegenheiten klarer sehen, und so weit sind wir noch n i c h f . . . Leider ist die mediale Gabe bei mir sehr schwach, und es i s t mir n i c h t m ö g l i c h , mich w i l l k ü r l i c h mit J e n s e i t i g e n in V e r b i n d u n g zu s e t z e n ; sondern ein solches Erleben ist immer ganz spontan
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und meistens ganz kurz, aber während dieser kurzen Zeitspanne spielen sich manchmal Erlebnisse ab, die normalerweise Stunden diesseitigen Geschehens beanspruchen würden.' —
Zum Verständnis dieser Vorgänge mögen die folgenden Überlegungen dienen. — Der Tod meiner Frau ist ausschließlich im Hostocker Anzeiger5 am Abend des 16. Oktober öffentlich, und im Laufe der nächsten Tage und Wochen einer Anzahl von Verwandten, Freunden und Bekannten brieflich durch mich bekanntgegeben worden. Von diesen, soweit sie vor dem ersten Gesicht benachrichtigt wurden, ist niemand mit der Familie Ohlhaver bekannt. Daß Frau O. aus keiner dieser denkbaren Quellen ein normales Wissen von dem Todesfall geschöpft, unterstelle ich darum als gewiß, wiewohl dem Gegner die Vermutung unbenommen bleibt, daß sie in irgend einem Café oder irgend einer Gosse eine Anzeigenseite des Rostocker Blattes mit dem bekannten 'Netzhautrande' 'unbewußt' wahrgenommen habe. Wem die blöde Willkür solcher Annahme gegen den logischen Geschmack geht, der wird nunmehr natürlich telepathische Benachrichtigung des Mediums durch einen der normal Wissenden annehmen. Und zwar würde dann wohl ich vor allem der Ehre teilhaftig werden, als meines Wissens der einzige, der mit Frau Ohlhaver bekannt war, also erhöhte Aussichten auf 'Rapport' hatte; überdies als der weitaus am schwersten Getroffene, mithin am stärksten 'affektgeladene' telepathische 'Geber'. Verwunderlich könnte auch dann noch erscheinen, daß ich diese 'Mitteilung' nicht auf dem Gipfel der Affektladung ausgeübt hätte: in den ersten Tagen nach dem Schicksalsschlage, sondern erst zwei Wochen später. Aber auch da bietet ja der gefällige Begriff der 'Latenz' einen Ausweg. Frau Ohlhaver mag 'sofort' unterrichtet worden sein; aber ihr Unterbewußtsein' wartete eine günstige passive Einstellung des 'Oberbewußtseins' ab, ehe es sein Wissen in Bildern 'emporschickte'. Diese passive Einstellung fand es verwirklicht im ersten Falle während häuslicher Arbeit, im zweiten während einer angeregten geschäftlichen Unterredung in einem großstädtischen Kaffeehause. Hr. Ohlhaver ist ein Mann, der in großen Summen zu rechnen gewohnt ist Doch würde man den Geist einer jungen Frau von heute unterschätzen, wenn man bezweifeln wollte, daß geschäftliches Verhandeln mit solchem Mann ihr nicht genügende Geistesmuße übrig ließe, um die rechte Bühne für das Emporspringen unterbewußt gespeister Visionen herzustellen. Wollte man aber trotzdem die Augenblicke, in denen es dem 'Unterbewußtsein' der Frau Ohlhaver beliebte, sein Wissen sinnlich zu entfalten, für die denkbar ungeeignetsten und unwahrscheinlichsten erklären, so stände dem Animisten eine weitere und unvergleich-
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lieh feinere Deutung zur Verfügung. Frau Ohlhaver ist die Schwiegertochter des volkstümlichsten deutschen Vertreters des Spiritismus; kein Zweifel also (auch wenn sie dessen nicht geständig wäre), daß nicht nur sie selbst diesem Wahne huldigt, sondern vor allem auch ihr U n t e r bewußtsein' davon vollgesogen ist Auf Grund dieser Einstellung hätte es sich den Plan zum Ausbau eines 'Beweisfalles' von unerhörter Verfeinerung erdacht. Zunächst hätte es, wie gesagt, sein Wissen zwei Wochen lang für sich behalten, um schon damit einer 'telepathischen Deutung' entgegenzuarbeiten; denn nach dieser wäre — als das Wahrscheinlichste — zu erwarten gewesen, daß die telepathische 'Sendung' gleich nach dem Todesfall erfolgte und der Frau Ohlhaver in ihrer ersten seelischen Ruhelage bewußt wurde. Diese offenbare Gefahr durchschauend, beschloß ihr 'Unterbewußtsein', die Bekanntgabe an das Oberbewußtsein nicht nur zu verschieben, sondern auch zu 'tarnen', und der Grad von Vollendung, den es dabei erzielte, muß Bewunderung erregen. Die Tarnung nämlich entschied sich für eine dramatische Umwegigkeit von verblüffend spiritistischer Formung. O u — so wollen wir das Unterbewußtsein der Frau Ohlhaver bezeichnen — ließ die Verstorbene 'erscheinen' und 'reden', oder doch gewisse Wortvorstellungen übertragen. Als 'Erscheinung' zeigte sie eine 'bekümmerte', 'unglückliche' Miene, von irgendwelcher 'Not' bedrückt: das Natürlichste von der Welt, wenn es sich um eine Autophanie, eine selbstgewollte und selbsterzeugte Erscheinung der Verstorbenen handelte, denn diese hatte, im Bewußtsein meines Grams und ihrer Unfähigkeit, mir u n mittelbar etwas Tröstendes zu sagen, die stärksten Gründe, 'unglücklich' und 'notgedrückt' zu erscheinen; zudem haben uns ja zahlreiche Beobachtungen gelehrt, daß auch Lebende imstande sind, Mienenspiel, Gebärde und Reden ihrer Autophanien im Sinn ihres Interesses am Erscheinen, also im Sinn eines bestimmten Mitteilungsdranges, dramatisch-episch zu gestalten, und dasselbe müssen wir natürlich auch den Autophanien Verstorbener zugestehn, falls diese Lebende sind. O u hätte also keine spiritistisch-'natürlichere' Ausbildung der Vision bewirken können, als indem es ihr jene Züge verlieh. Weiter aber mußte O u offenbar daran liegen, ein Verständnis dieser Schauung seitens 0 0 (der 'oberbewußten' Frau O.) zunächst zu verhindern, die Deutung der Vision vielmehr mir selbst für später vorzubehalten. In der Tat mußte durch diese List der spiritistische Schein des ganzen Vorgangs bedeutend gesteigert werden. Bei einer telepathischen Benachrichtigung der Dame wäre in erster Linie etwa ein Auftreten des abstrakten Wissens 'Frau M. ist tot', und erst in zweiter Linie der Eintritt einer Vision, als 'Ausgestaltung' jenes Wis-
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sens, zu erwarten gewesen. Trat also von vornherein eine dramatisch durchgebildete Vision ein, so mußte sie eigentlich ihre Deutung ohne "weiteres mit sich führen. Dies aber sagte sich auch O u » ein in allen Feinheiten animistischer Deutungskunst erfahrenes Wesen. Es wählte daher den einzigen Ausweg: eine durch sinnvolle Mimik und Rede gekennzeichnete Vision zwar eintreten zu lassen, die ihr zugehörige Deutung aber zurückzubehalten und damit die Unverständlichkeit jener Kennzeichnung zu sichern. Ja mehr: es ließ das Phantom zwar 'reden', aber offenbar in schwer verständlichem Murmeln, sodaß nur zwei Äußerungen deutlicher aufgefaßt wurden: 1) das Wort'Blutung', das vorzüglich geeignet war, einen nachträglichen Erweis persönlichen Wissens auf seiten des Phantoms zu ermöglichen, und dabei doch dunkel, ja zweideutig genug, um ein sofortiges Verstehn des Geschauten zu verhindern. Ebenso sinnreich war die zweite deutlich 'durchgelassene' Äußerung gewählt: 'Grüße, innige Grüße senden.' Unter spiritistischen Voraussetzungen, die ja O u zu fördern wünschte, müßte gerade dies als überwältigend natürlicher Ausdruck der seelischen Lage der Verstorbenen erscheinen: diese hat endlich einen Menschen entdeckt, dem sie sich sichtbar und hörbar machen kann, durch den also für sie eine Botschaft an den geliebtesten Hinterbliebenen ins Bereich der Möglichkeit tritt; mit einem 'ganz außerordentlichen, ungeduldigen Drängen', das die Perzipientin 'ganz ausfüllt', bestürmt sie diese: 'Schreiben, Grüße senden.' Wenn etwas die ganze Verschlagenheit von O u offenbaren könnte, so ist es die kluge Berechnung, mit der es ein Verständnis selbst dieser Worte durch 0 0 verhinderte. Denn wie nahe mußte ein solches liegen! Wie sehr hätten Frau Ohlhavers Tbewußte' spiritistische Überzeugungen ihr den Gedanken geradezu auf die Zunge legen müssen: das kann nur eine Verstorbene sein, die ihren Mann nicht anders zu erreichen imstande ist. Ja mein müßte hier über die 'bewußte' Frau Ohlhaver, die einen klaren Verstand hat, eigentlich verwundert den Kopf schütteln, wenn man nicht eine zweckvolle Hemmung seitens ihres Unterbewußtseins' annähme, nach Art der sogen, 'negativen Halluzinationen': sie sollte die der Sachlage entsprechend natürlichste 'spiritistische Dramatik' erleben, und dennoch um die auf der flachen Hand liegende Deutung herumgeführt werden, wie die blinde Henne um den fetten Regenwurm. — Aber was mehr ist: auch ihr Schwiegervater, ein Mann des gesunden Menschenverstands und natürlichen Scharfsinns, wenn es je einen gab, dazu ein gewiegter Spiritist, d u r f t e nicht sehen, was seine Überzeugungen ihm eigentlich unter die Augen halten mußten, — sollte der 'Fall' nicht verdorben werden. Man kommt hier schwerlich um die Annahme herum, das Unterbewußt-
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sein der Schwiegertochter habe auf das Ohlhaver-seniorsche Unterbewußtsein eine 'telepathische Hemmung' ausgeübt! Man braucht sich auch nicht darüber zu wundern, daß solche Undurchlässigkeit der Scheidewand zwischen O und U so leicht zu erzielen 9eL Gerade dem Animisten gilt sie — zugunsten seiner Theorien — als selbstverständliche Tatsache. Allerdings ist diese Undurchlässigkeit auch wieder von erstaunlicher Wandelbarkeit. Sie schwankt zwischen der Dichtigkeit einer Panzerplatte und der Löchrigkeit eines Kohlensiebes. Und zwar treten diese Gegensätze ohne weiteres auch g l e i c h z e i t i g auf: die Scheidewand zwischen O u und 0 0 z.B. läßt die visionären Inhalte durch, ihre Deutung dagegen nicht. Und eigentlich das Erstaunlichste ist: daß dieses Schwanken letzten Endes durchgehends den Zwecken der animistischen Deutungskunst dient Man muß nur mit dem Unterbewußtsein auf vertrautem Fuße stehn — und es kann einem schlechterdings n i c h t s abschlagen... Die notwendigen Voraussetzungen des Animisten in diesem Falle formulieren, heißt sie ad absurdum führen. — Ein möglicher, ja wahrscheinlicher Einwurf erheischt schließlich allerdings Erwähnung, ehe wir jene ersten Gesichte verlassen: ' w u ß t e ' denn meine Frau von der Art ihrer Erkrankung, sodaß ihre Erinnerung sie befähigt hätte, von einer 'Blutung' als Ursache ihres Todes zu sprechen? Die Antwort lautet selbstverständlich: nein. Man teilt einer Leidenden, nur selten zu vollem Bewußtsein Erwachenden nicht mit, daß eine Ader in ihrem Kopfe gerissen sei. D e r aber müßte seltsam unwissend sein, der darin einen Beweis erblickte, daß die fragliche Äußerung nicht von der E r s c h e i n e n d e n habe herstammen können. Ich sehe dabei, gerne ab von der Möglichkeit, daß meine Frau, nach ihrem Tode tun ihre Nächsten anwesend, aus deren Gesprächen über die Art ihrer letzten Krankheit jenes Wissen geschöpft habe. Das wäre zwar in Übereinstimmung mit zahlreichen Beobachtungen über das Verfolgen irdischer Ereignisse, Taten und Reden durch Abgeschiedene. Doch könnte mir der Gegner erwidern — falls er sich auf den vorliegenden Fall beschränkte —, daß ich zu seiner Deutung nicht voraussetzen dürfe, was ich durch ihn zu beweisen suche. Ich will midi daher nur auf die allgemein bekannte und auch von Animisten sehr häufig ins Feld geführte Tatsache berufen, daß unser 'Unterbewußtsein' eine Kenntnis der inneren Körpervorgänge besitzt, die weit über die des wachen Ich hinausgeht. Was wir der hellseherischen und 'psychometrischen Ferndiagnose' nach vielen verbürgten Versuchen zutrauen müssen, das müßten wir a fortiori der übernormalen Selbstdurchschauung erst recht zutrauen, auch wenn es nicht durch besondre
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Beobachtungen erwiesen wäre. Sorgfältige Feststellungen der alten Somnambulenforscher und moderner Hypnologen, wie etwa der Doktoren Sollier und Comar, lassen darüber keinen Zweifel bestehn.1 Es ist also gut animistische Annahme, daß meine Frau (die zum Überfluß zeitlebens Hellsichtigkeit bewiesen hatte) schon vor ihrem Ende eine unterbewußte Erkenntnis ihres Leidens besaß, und es versteht sich von selbst, daß ihr überlebender Teil auf das Wissen ihres Unterbewußtseins noch höheren Anspruch hatte, als auf ihr sonstiges normales. *
Nachdem Frau Ohlhaver durch mich vom Tode meiner Frau erfahren und damit zugleich das nachträgliche Verständnis ihrer beiden Visionen erlangt hatte, erschien ihr die Verstorbene noch mindestens viermal. Es braucht nicht gesagt zu werden, daß die Bedeutsamkeit dieser Gesichte nicht die gleiche sein kann, wie die der vor Empfang der Todesnachricht erlebten. Ich will sie aber doch in Kürze mitteilen, da sie durchaus nicht des Lehrreichen entbehren und jenes ungefähre Seitenstück zum Falle Oldham-Wilson sich eben unter ihnen befindet. Die erste dieser Schauungen erfolgte, einem Brief der Frau Ohlhaver zufolge, anscheinend in der zweiten Nacht nach Absendung ihrer ersten Mitteilung an mich. 'Gegen 1/21 Uhr nachts', als sie ihr Abendgebet sprach und dabei auch meine Frau und mich 'miteinschloß', — 'sah ich (schreibt sie) Ihre liebe Frau wunderschön, geradezu strahlend. So schön und glücklich war der Ausdruck, wie ich persönlich ihn nie bei ihr gesehen habe. Ich fragte sie, ob sie sich wohl freue, daß ich ihre Grüße übermittelt habe. Da nickte sie strahlend. Ich fragte sie nun, natürlich nur gedanklich, ob wir nun zu I h n e n gehen wollten; sie solle von mir die Kraft nehmen und versuchen, sich Ihnen bemerklich zu machen. [Darauf] sah ich Sie im Bette liegen und Ihre Gattin zu Ihnen gehen ..'. Bis hierher könnte ich es mir alles als Wunschbild meinerseits erklären. [Dies ist nicht das einzige Mal, daß Frau O. eine kritische Einstellung ihren Erfahrungen gegenüber zum Ausdruck bringt.] . . . Nun aber kommt der Punkt, der mich stutzig machte und mich g e r a d e z u e n t t ä u s c h t e : daß nämlich Ihre Frau gar nichts unternahm, sich Ihnen sichtbar oder fühlbar zu machen, sondern sich in unendlicher Liebe über Sie beugte und alle Kräfte in den zwei Worten zu vereinigen schien: 'Ruhe und Schlaf.' Sie legte dabei die Hand auf Ihre Stirn, das Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an, und sie verharrte eine Weile in dieser Stellung. Ich selbst sah mich schemenhaft seitwärts stehen, und mein ganzer Wille war darauf gerichtet, Kraft herzugeben. [Aber das Verhalten Ihrer Frau] war ganz gegen meine persönliche Einstellung, und wenn mir nur meine Fantasie [dies Erlebnis] eingegeben hätte, so hätte Ihre Frau bestimmt ver1) Sollier.
Vgl. Mattleaen 403 ff. u. o. S. 323.
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sucht, sich Ihnen bemerkbar zu machen, denn darauf waren alle meine Gedanken gerichtet.'
Hier hätten wir also, wie mir scheint, das eben besprochene Beisammensein einer hellsehend exkurrierenden Person mit dem Phantom einer Verstorbenen in einer realen Umgebung. Das Erlebnis der Frau Ohlhaver ist somit an sich und seiner Art nach durchaus glaubhaft, und mir liegt hier lediglich an der Aufweisung gewisser Bestandteile darin, die jedenfalls nicht aus ihrem normalen Wissen abzuleiten sind. Frau O. konnte nicht ahnen, daß das, was sie schwer 'enttäuschte', vom Standpunkt der Erscheinenden aus im höchsten Grade natürlich und bezeichnend war. Mein Schlaf ist nämlich ein wunder Punkt meiner 'Konstitution'. Es hat Zeiten gegeben, da jede Nacht beinahe ein kleines "Problem' für sich darstellte und der Schlummer, einmal unterbrochen, sich nur nach längerem Warten wieder herstellte. Für meine Frau war er daher häufig ein Gegenstand der Sorge und fast übertriebener Schonung. Mich zu wecken und wachzuhalten — in diesem Fall also durch eine 'Erscheinung' und die damit verbundene tiefe Erregung — wäre ihr im allerhöchsten Grade 'gegen den Strich gegangen'. Es ist müßig, darüber zu streiten, ob unter diesen besondren Umständen ein Abweichen von ihrem Grundsatz nicht doch 'natürlich' gewesen wäre. Jedenfalls tat sie als Phantom, was sie als Lebende in entsprechender Lage unfehlbar getan hätte: sie suchte meinen Schlaf nicht nur zu schonen, sondern nach Kräften zu vertiefen. Tatsache ist, daß ich in jener Nacht zum erstenmal seit ihrem Hinscheiden einen für mich ganz ungewöhnlich langen, 9 stündigen und wunderbar erfrischenden, tiefen Schlaf genoß. Ob dies eine Folge der durch die Verstorbene ausgeübten 'Suggestion' (wenn nicht gar 'Magnetisierung'!)1 war, oder aber eine Folge der inneren 'Entspannung' durch die am Abend zuvor erhaltene Nachricht von ihren ersten Erscheinungen und 'Grüßen', vermag ich nicht zu entscheiden; es kommt aber darauf auch weniger an, als auf das außerordentlich 'persönlich-wahre' Verhalten der Erscheinung, im völligen Gegensatz zu den Erwartungen der Perzipientin; was gewiß gegen alle Regeln auch einer Unterbewußtseins'-Psychologie verstoßen würde, falls Frau Ohlhaver selbst die Vision erzeugt hätte. Man müßte sich denn wiederum auf die grauverhangene See animistischer Hilfsannahmen einschiffen wollen...
1) Auch diese Möglichkeit ließe sich ausgiebig belegen. (Vgl. z. B. den Fall U. Cabral: Pr X 3831. u. Gurney I I 88.) M a t t i e s e s , Das persönliche Überleben II
2«
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Das Argument
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D i e nächste Erscheinung fand am 4. Dezember statt, und Frau Ohlhaver teilte mir darüber am nächsten Tage und in einem weiteren Briefe folgendes mit. Ungefähr um 1 / 2 12 Uhr — ich war ganz allein in meiner Wohnung — ging ich zu Bett. Ich hatte die Nachtlampe ausgedreht, als ich plötzlich wieder Ihre Frau sah, und zwar mit einem H u n d e . Sie freute sich anscheinend ganz königlich, daß sie sich mir mit dem Tiere zeigen konnte. Es war mir, als sollten Sie sich nun a u c h darüber freuen und als sollte dies für Sie eine Überraschung sein; als wollte sie Sie fragen: Kennst du ihn nicht? So strahlend glücklich und stolz war sie und so voll Erwartung, ob Sie das Tier nun auch kennen würden. Der Hund schien sehr an Ihrer Frau zu hängen. Es war, als ob Ihre Frau zu ihm gesagt hätte: Komm, wir wollen jemand eine ganz große Freude machen. So überglücklich strahlend standen beide da und warteten nun die Wirkung ab. Auch von dem Tier hatte ich den Eindruck, als ob es verstanden hätte und sich mächtig freute. Merkwürdig war auch, daß ich gar nicht unter dem Eindruck stand, daß das Gesicht m i r g ä l t e . Kann das nun richtig sein? Haben Sie einen Hund gehabt, der sich jetzt in treuer Anhänglichkeit Ihrer Frau zugesellt haben könnte? Sie können sich vorstellen, daß es für mich etwas komisches hat, Ihnen Dinge zu schreiben, von denen ich nicht weiß, ob sie die geringste Beweiskraft in sich tragen.' A u c h hier braucht uns die Frage nach dem 'ontologischen Status' d e s Gesichtes gar nicht zu beschäftigen. O b Tiere überleben, ob sie sich im Jenseits wieder zu ihren Herren gesellen, das darf hier ruhig dahingestellt bleiben. Wir wissen, daß Tiere gleich Menschen 'spuken', und daß in Materialisationssitzungen auch 'identifizierbare' Phantome von Tieren auftreten, die ihre anwesenden Herren mit allen Anzeichen tierischer Freude begrüßen. 1 Frau Ohlhaver macht auch Angaben, die an ein solches Hundephantom immerhin denken lassen könnten. Nachdem nämlich das 'Bild' verschwunden war, hörte sie 'deutlich wahrnehmbar ein Atmen, als wenn ein Hund an meinem Bette stünde und mich b e g r ü ß t e . . . Ich erschrak und brannte das Licht an, um mich zu überzeugen, daß ich tatsächlich wach sei. Dazu mußte ich mich umdrehn, und nun hörte ich deutlich das Atmen auf der andren Seite. Nun drehte ich mich wiederum, da hörte ich das Atmen wieder auf dieser Seite. Es war wirklich etwas unheimlich, und doch war innerlich eine wundervolle Ruhe in m i r . . . Ich hätte vielleicht nicht gewagt, Ihnen dies zu schreiben, wenn ich nicht tatsächlich mit vollen Sinnen deutlich das Atmen des Tieres wahrgenommen hätte, — in allem ganz charakteristisch das eines Hundes.' Man mag hiernach das Wesen dieser Erscheinung an sich beurteilen, wie man will: ausschlaggebend soll hier nur die Frage nach dem 'Mitteilungswert' ihres besonderen Bestandstücks sein. Meine Frau 'zeigte 1) Bozzano, A n i m a u x 140; L t 1921 490; L e o n a r d 137; D u n c a n 1 0 5 f . 131.
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sich', und sie 'zeigte' einen Hund; wie ja Kommunikatoren dem wachen ebenso gut, wie dem in Trans liegenden Medium nicht nur sich selbst, sondern auch 'Attribute', Dinge, selbst Landschaften 'zeigen',1 in dem offenbaren Wunsch, etwas mitzuteilen und sich selbst dadurch zu identifizieren. Hatte nun auch hier dies besondere Zeigen einen solchen S i n n , und was konnte gegebenenfalls die P e r z i p i e n t i n darüber wissen? Was zunächst den Wahrheitsgehalt der Erscheinung anlangt: Allgemeine Tierliebe war bei meiner Frau in einem ganz und gar ungewöhnlichen Grade entwickelt. Vor allem aber war sie das, was Unverständige eine 'Hundenärrin' nennen würden, die selbst fast jeden fremden Hund auf der Straße soz. ansprach, von kleinen Hunden aber kaum 'fortzubringen' war. Zeitlebens hatte sie Hunde besessen, und wir im Verlauf unsrer Ehe deren drei. Unter diesen überragte einer, ein schwarzbrauner Terrier unechter Rasse, durch außerordentlichste Begabung alle andern, die wir je gekannt; auch hatte dieses Tier mit hingebender Liebe und Treue an uns beiden gehangen. — Um zunächst festzustellen, ob die Erscheinung diesen Hund 'dargestellt' haben könne, richtete ich an Frau Ohlhaver, ohne ein Wort über den Wert ihrer Erfahrung, die Frage, wie denn der Hund der Erscheinung ausgesehen habe. Die Schilderung, die ihre Antwort lieferte, paßte leidlich auf jenen überbegabten Tidder', wenigstens so weit, als dies zu erwarten war unter Berücksichtigung der Tatsache, daß (wie Frau O. schrieb) 'das Gesicht nur wenige Sekunden Dauer hatte und ich gar nicht die Einzelheiten studierte und festhielt, auch keine Nötigung in dieser Richtung empfand, sondern nur unter dem Eindruck der Gesamterscheinung stand.' Ja Frau O. bedauerte in einem späteren Brief geradezu, daß sie 'den Hund nicht deutlicher gesehn' hätte, sondern nur 'dunkel und schattenhaft'. 8 Es muß ja auch als das Natürliche in solchem Falle erscheinen, daß hauptsächlich der gesehene Mensch die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Als Wiedergabe eines n e b e n s ä c h l i c h e n Eindrucks aber paßte, wie gesagt, die Schilderung des Hundes nicht übel auf unser Lieblingstier, ohne es jedoch, wörtlich genommen, ausreichend zu 'identifizieren'. Immerhin durfte man seine Erscheinung für b e a b s i c h t i g t halten. Was konnte nun anderseits Frau O. von alledem wissen, was vor allem davon, daß jedenfalls ein Hund für meine Frau ein äußerst bezeichnendes 'Attribut' im Rahmen einer sinnvoll bezweckten Erscheinung war? 1) Vgl. Bd. I S. 410. 2) Das sonst noch über den Hund Ausgesagte wäre demnach eben 'Eindruck', 'Gewußtes' gewesen, und nicht 'Gesehenes'. 26*
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'Von einem Hunde weiß ich nichts', hatte Frau O. schon in der ersten Mitteilung über dieses Gesicht (am 5. Dezember) geschrieben. Indessen: die Möglichkeit 'vergessener Erinnerungen' war hier durchaus zu erwägen. Hunde bildeten natürlich einen besonders beliebten Gesprächsstoff meiner Frau, und es war an sich wahrscheinlich, daß sie diesen auch während des persönlichen Beisammenseins mit Frau O. und ihrem Gatten im Jahre 1929 berührt hatte. Zur Frage, ob dies tatsächlich der Fall gewesen, kann ich nur anführen, was mir Frau O. am 14. Dezember auf eine entsprechende Anfrage erwiderte: 'Weder mein Mann noch ich erinnern uns, daß bei unserm Zusammensein von einem Hunde die Rede war. Bestimmt würde ich es niemals vergessen haben, denn Tiergeschichten beglücken mich immer sehr, und ich ziehe sie dem spannendsten Roman vor. Ihre Frau hätte also in mir eine entzückte Hörerin gefunden. Ich würde auch bestimmt solche Erzählungen seit damals noch in allen Einzelheiten erinnern und würde Ihnen in fester Überzeugung geschrieben haben: 'Ich habe Ihre liebe Frau mit Ihrem alten Freunde, dem klugen Hunde, gesehn.' Ich hätte also nicht erst zaghaft angefragt' Diese Erklärungen erscheinen mir ausreichend, mindestens eine 'kryptomnestische' Deutung auszuschließen. Andre animistische Deuteleien liegen wieder so nahe, daß es mir widerstrebt, sie breitzutreten. •
Wenige Teige vor Weihnachten 1933 hat Frau Ohlhaver dann noch zweimal kurz hintereinander meine Frau gesehn; doch ruht eine etwaige Bedeutsamkeit dieser Gesichte so sehr auf rein subjektiven Bezügen, daß sie Unbeteiligten nur schwer glaubhaft zu machen ist; weshalb ich sie bloß ganz kurz behandeln will. — Frau O. war durch mich darüber unterrichtet, daß ihre Mitteilungen, was ja selbstverständlich ist, eine sehr beruhigende und entlastende Wirkung auf mich ausgeübt hatten, und durfte wohl, nach meinem zuletzt erhaltenen Briefe, annehmen, daß diese Wirkimg noch anhielt. In der Tat aber hatten sie mich auch 'verwöhnt', sodaß, als ähnliche eine Zeitlang ausblieben, und zumal beim Herannahen der Festtage, das frühere verzweifelte Gefühl der Trennung mich von neuem überkam. Am 23. Dezember schrieb mir Frau O. einen Brief, worin sie, gleichsam verwundert, mir berichtete, sie habe am Sonntag vorher, und zwar mitten in der "netten Stimmung' einer kleinen Adventsfeier mit ihrem Gatten, meine Frau wiederum gesehn, 'aber nicht so strahlend glücklich, wie die beiden vorigen Male, sondern gleichsam wieder bei mir Hilfe suchend. Und ich empfand ihren Kummer ungefähr in die Worte gefaßt: 'Sag doch bitte meinem Mann, daß ich furchtbar unglücklich bin, wenn er nicht froh ist.' Sofort setzte in mir die Kritik ein, und ich sagte mir, es sei doch wieder
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kein Beweis darin enthalten, und ich wollte Ihnen dieses kleine Erlebnis gar nicht mitteilen. Da erfaßte mich plötzlich ein so überwältigender Schmerz, eine so unaussprechliche Qual, daß ich mich mit aller Macht zusammennehmen mußte, um nicht bitterlich zu weinen.' Als sie sich daraufhin, nach kurzer Überlegung, dennoch zu einem Brief entschlossen hatte, sah sie meine Frau 'wieder, aber entzückend schön und glücklich und dankbar, und anscheinend froh darüber, daß ich meine Bedenken zurückgestellt hatte. Vermöchte ich nur in Worte zu fassen, was sie mir alles an Liebe und Innigkeit auftrug... Sie glauben gar nicht, wie beglückend die Nähe Ihrer lieben Frau w a r . . . Strahlt doch ihr ganzes Wesen aus in Liebe, Liebe, Liebe . . . ' — 'Zweimal sah ich seitdem — nur blitzartig — den Kopf Ihrer Frau, mir zulächelnd und glücklich in dem Gedanken, daß ich Ihnen Grüße von ihr bringe.'
Es ist klar, sage ich, daß diese letzten Gesichte für eine 'kritische' Beurteilung nicht das gleiche Gewicht haben können, wie alle vorherigen; nicht bloß weil sie sich bestenfalls auf Zustände des Hinterbliebenen beziehen, die — an sich nicht unwahrscheinlich — auch in ihrem zeitlichen Wechsel nur schwer zu bestimmen sind; sondern auch weil entsprechende Mutmaßungen und Befürchtungen auf seiten des Mediums nach allem Vorausgegangenen wohl imstande gewesen wären, solche Gesichte rein subjektiv entstehen zu lassen: als 'Ausdruck' jener Befürchtungen und eines sich anschließenden Spiels von Bedenken und Entschlüssen. Sie hätten zwar, unter der Voraussetzung einer wirklichen Beteiligung der Verstorbenen, wiederum die größte Natürliclikeit und Lebenswahrheit — meine Frau war äußerst gefühlsstark und liebevoll —, könnten aber zum Beweise solcher Beteiligung schwerlich etwas beitragen. *
Seit diesen beiden Erscheinungen sind rund drei Jahre verstrichen, ohne daß weitere erfolgt wären. Und wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, daß die beschriebenen in keiner Weise von der Schauenden ausgegangen waren, so wäre er mit dieser negativen Tatsache endgültig erbracht. Frau Ohlhaver wußte — zum Überfluß durch mich selbst —, welche tiefe, wenn auch schmerzliche Freude sie mir mit ihren Erlebnissen bereitet hatte, und als ein grundgütiges Wesen hatte sie jede Veranlassung, mir diese Freude auch weiterhin zu bereiten, soweit dies von ihr abhing. Sie hatte auch offenbar, nach animistischer Auffassung, nunmehr die Möglichkeit, diesem Drange unbegrenzt nachzukommen: sie war in gründlichen 'Rapport' mit mir gelangt; sie hatte den Trick gefunden, mir identifizierende Inhalte 'abzuzapfen'; sie konnte daher die visionäre 'Personation' unbehindert weiter ausspinnen und damit nicht nur mich erfreuen, son-
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dem auch die eignen medialen Gaben in ein vorteilhaftes Licht rücken. Sie konnte auch dem 'unterbewußten' Streben aller Medien fröhnen: den geliebten Wahn des Spiritismus durch weitere Leistungen der so erfolgreich eingeleiteten Art bei andern zu fördern. Statt dessen — schlechterdings nichts. Wie sehr Frau Ohlhaver selbst darunter litt, offenbarte mir ein am 9. M ä r z geschriebener Brief; nachdem ich selbst, um jede Art der 'Suggestion' zu vermeiden, die ganze Zeit über völlig geschwiegen hatte. 'Es bedrückt mich schon lange, daß ich Ihnen noch nicht wieder geschrieben habe. So gern hätte ich Ihnen eine neue Freude bereitet, und recht traurig hat es mich gemacht, daß ich nichts mehr sehe. Aber es ist niemand mehr, der hinter mir steht und mich unablässig drängt zum Schreiben. Alles ist verschwunden. Nichts sehe oder empfinde ich mehr, so oft und innig ich darum gebeten habe. Wenn ich wenigstens den Einfluß Ihrer lieben Frau fühlen würde, den ich doch immer so bezwingend spürte, wie ich noch n i e den eines Menschen empfunden h a b e . . . Immer habe ich noch gewartet und mich mit Ihrer Frau beschäftigt; aber nichts half. Wie sehr werden Sie wohl gewartet haben.' Ja ein weiterer Brief vom 18. März ließ erkennen, daß nicht nur die 'Erwartungssuggestion', sondern auch der "psychometrische Versuch' außerstande war, die doch voraussetzungsgemäß schon völlig ausgebildete Personation von neuem in Gang zu bringen. 'Anfänglich war ich in freudiger Erwartung (schrieb Frau O.), was ich nun wohl neues erleben würde; aber ein Tag nach dem andern verging, ohne daß ich auch nur das geringste verspürte oder sah. Ich h o l t e mir nun die B i l d e r und B r i e f e I h r e r lieben F r a u , um so möglicherweise eine innigere Verbindung herzustellen; aber alles war vergeblich, alles wie mit einem Male abgeschnitten... Und welch einen gewaltigen Einfluß fühlte ich [damals stets] von Ihrer Frau ausgehen! Ich hätte irgendwo sein oder eine dringende Arbeit vorhaben können, ich hätte alles liegen lassen müssen: ich konnte nur an das denken, was Ihre Frau mir zeigte und eingab, und fühlte den drängenden Einfluß erst weichen, wenn ich Ihnen geschrieben h a t t e . . . Wie sehr Ihr Wohlergehen Ihrer lieben Frau am Herzen liegt, das habe ich tief und deutlich empfunden; und oft, wenn ich meine Briefe an Sie durchlas, war ich betrübt, daß ich es nicht vermocht hatte, diese beglückende Innigkeit und Liebe Ihnen so zu schildern, wie ich sie empfunden hatte.' Hier scheint mir noch einmal sehr glücklich der Kern der Sache ausgesprochen zu sein, in den man sich ganz sachlich einfühlen muß, will man zu einer wahrheitsgetreuen Auffassung der Vorgänge gelangen, und nicht zu einer von vorgefaßten Dogmen verkrüppelten. Nicht um ein einfaches 'Sehen mit übernormal erangelten wahren Teilinhalten' handelt es sich von Anbeginn. In diesem Falle hätte das Medium — das zwingt uns jede Analogie zu glauben — beliebig lange mit seinen Vi-
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sionen fortfahren können; wie ja auch der gute Tsychometer' in jedem Augenblick bereit ist, die 'Gegenstände' einer und derselben Person noch weiter zu 'lesen'. Vielmehr steht hier dem Medium eine gefühlsund willensmäßig scharf sich abhebende Fremdpersönlichkeit gegenüber, die auch so handelt, wie sie zu Lebzeiten gehandelt hätte (im Falle der 'Exkursion'), und daneben Wissensinhalte überträgt, soweit sie es zu ihrer Identifizierung für nötig hält (im Falle 'Hund'). Im übrigen aber ist gerade dies nur Nebensache: das beherrschende Anliegen der Erscheinenden ist vielmehr, den Tod überdauernde Liebe zu beweisen und Trost zu spenden. Wer das nicht aus den obigen Darlegungen herausliest, dem fehlt es am gesunden Tatsachengefühl des Wissenschafters. Ein weiteres mögliches Motiv der Erscheinungen dürfte freilich viel eher für mich Überzeugungskraft haben, als für den Außenstehenden, der sich auf die eigentlichen 'Urkunden' des Falles beschränkt findet. Ich will es gleichwohl andeuten. Meine Frau hatte in der Frage des Überlebens bis zuletzt eine seltsam schwankende Haltung eingenommen: manchmal von eigenen Erlebnissen wie eine überzeugte Spiritistin redend, dann aber wieder sehr gründlich zweifelnd. Es läßt sich denken, daß dieser Gegensatz der Meinungen zwischen uns nicht selten Stoff zu langen Gesprächen geliefert hatte, und ich halte es daher für eine wahrscheinliche und natürliche Annahme, daß meine Frau durch ihre Erscheinungen auch zu bekunden wünschte: 'Ich weiß es nun; du hattest Recht.' Es mag mir die Frage entgegengehalten werden: wie denn der Spiritist das plötzliche Abbrechen der Kundgebungen erklären wolle. Nim, jeder ehrlich Denkende kann sich selber sagen, wie viele Möglichkeiten uns dafür gegeben sind. Ich bin indessen nicht verpflichtet, auf irgendeine davon mich festzulegen. Das Reich der Abgeschiedenen birgt doch gewiß für uns mehr Rätsel, als das des Unterbewußtseins, in welchem jedenfalls gerade der Animist sogar besser Bescheid weiß, als das Unterbewußtsein selbst. Alle seine Theorien beruhen auf diesem Wissen, und es geht nicht an, dort, wo es paßt, dies Wissen aufs verwegenste auszunützen, und wo es nicht mehr paßt, das bequeme 'Rätsel' eintreten zu lassen. Die ganze animistische Theorie der Kundgebungen Verstorbener beruht von A bis Z auf den drei — an sich und in ihren echten Grenzen unbestreitbaren — Tatsachen der Fremd- oder Erwartungssuggestion, der übernormalen Wissenserlangung aller Arten, und der Personation. Von diesen stellt die letztere für jedes Unterbewußtsein ein wahres 'Kinderspiel' dar, denn das Maskentragen soll ja fast zum Wesen des Traum-Ich gehören. Als im Besitze übernormaler Fähig-
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keiten hätte sich Frau Ohlhaver reichlich erwiesen; und die 'Suggestion', sie weiterhin anzuwenden, hatte sich während unsres Briefwechsels natürlich eher verstärkt, als vermindert. Allen Folgerungen aus diesen klaren Begriffen des Animisten widerspricht das Abbrechen der Gesichte aufs peinlichste, und eine Deutung der plötzlich eintretenden Unfähigkeit mag er zwar 'postulieren', aber ohne auch nur die geringste Aussicht auf ihre Begründung eröffnen zu können: denn das Unterbewußtsein ist das wesentlich Fessellose und Unbeschränkte. — Wir hätten also eine durch nichts zu begründende Unbegreiflichkeit gegen eine sehr natürliche und bestimmte — die des Jenseits mit seinen unabsehbaren Möglichkeiten — abzuwägen, und es kann nicht zweifelhaft sein, für welche von beiden wir uns entscheiden müssen; zumal dann der negative Abschluß der Vorgänge sich in völligem Einklang mit den positiven Hinweisen alles Vorausgegangenen befindet. Gewiß mag der Animist, mit einem letzten tour de force seiner Deutungskünste, gerade das Abbrechen der Gesichte, das ein so starkes spiritistisches Argument in sich birgt, für den krönenden Trick des Ohlhaverschen 'Unterbewußtseins' erklären. Frau O. deutet zwar mit keinem Worte an, daß sie den logischen Wert dieser Tatsache auch nur geahnt habe: sie beklagt sie bloß. Aber was ihrem Oberbewußtsein gänzlich fernliegt, mag ja ihres Unterbewußtseins besondere Stärke ausmachen. Dieses hat auch nichts von der Herzensgüte seines Partners: es überläßt den trauernden Gatten mit seiner Sehnsucht nach neuen 'Botschaften' ruhig sich selbst, wenn es ihm nur ein neues überspitztes Argument in dem großen Täuschungsfeldzug nahelegen kann, zu welchem alle Unterbewußtseine der Welt sich verschworen haben: dem 'Beweise' des Überlebens, an das sie ja selber nicht wirklick glauben können. Fragt man nun aber, was ich auf diese letzte Ausflucht des Gegners zu erwidern hätte, so sage ich so deutlich als möglich: nichts. Ich würde ihn vielmehr dazu beglückwünschen. Ich habe nie bezweifelt, daß man alles beweisen und alles widerlegen kann, was einem beliebt, sofern man nur die nötigen Voraussetzungen macht. Ich könnte aber auch nie in Versuchung kommen, dieses Spiel mit Begriffen nach vorgeschriebener Marschlinie mit ehrlicher Wahrheitssuche zu verwechseln. Ich lege denn auch diesen letzten aller unsrer Talle' nur in die Hände derer, die keine Lieblingstheorie oder akademisch geeichte Weltanschauung zu verteidigen haben, sondern unbefangen bereit sind, einen Blick in die Tiefe und Fülle wirklichen Lebens zu tun.
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Nach Preisgabe dieses persönlichen Erlebnisses1 wende ich mich nun der Erledigung jenes letzten Einwandes zu, von dem ich sagte, daß er die echte Form der spiritistischen These selbst nach der Anerkennung ihrer Beweise noch zu verkümmern suche. Auch diese Erledigung nämlich zieht ihre Kraft aus einer Betrachtung des Tatsachenkomplexes der Exkursion. Jener letzte Einwand sucht ausdrücklich die übliche Alternative von Animismus und Spiritismus zu durchbrechen und zu überholen. Man könnte ihn als die Hypothese des 'zeitweiligen Geistes' bezeichnen und damit zugestehn, daß er 'der spiritistischen Ansicht näher steht und nur gewisse Abstriche an ihr macht.' Prof. Oesterreich hat ihn in folgenden Worten formuliert. 'Die spiritistische Hypothese behauptet mehr, als der zu erklärende Tatbestand fordert, [nämlich] daß der angebliche Geist nicht nur zur Zeit seiner medialen Manifestationen, sondern auch in der ganzen Zwischenzeit seit seinem Tode fortgelebt hat. Es könnte aber jemand sehr wohl annehmen, daß in den mediumistischen Phänomenen zwar der Geist eines Verstorbenen wirksam ist, ohne damit jedoch im geringsten zu behaupten, daß er in der ganzen seit seinem Tode verstrichenen Zeit als selbständiges Ich fortgelebt hat. Es könnte nämlich auch sein, daß die Seele nach dem Tode zunächst nicht als selbständiges Ich weiter existiert, wohl aber zeitweilig wieder zu selbständiger vorübergehender Existenz gelangen kann. Es hätten dann die Philosophen recht, welche ein ursprüngliches Hervorgehen der Seelen aus Gott und ein Wiedereingehen derselben in ihn lehren, nur mit der Einschränkung, daß zeitweise die Seelen sich wieder aus Gott zu lösen vermögen. Es wären einzelne mediale Phänomene als wirkliche Manifestationen verstorbener Seelen anzusehen, wobei diese jedoch nicht eine dauernde selbständige Weiterexistenz hätten, sondern nur vorübergehend wieder zum Dasein erwacht wären. Der Vorgang ließe sich gewissen Ichspaltungen, etwa bei Miss Beauchamp, vergleichen, in denen ebenfalls Iche zeitweise auftraten und dann augenscheinlich wieder mit dem Hauptich verschmolzen.'2
Es ist gut, daß die logische Gewissenhaftigkeit in Abstraktionen auferzogener Gelehrter auch diese Möglichkeit ans Licht gezogen hat und damit dem naiven Menschenverstände zu Bewußtsein führt, wie leicht er sich an Problemen vorüberdrückt, bloß weil es ihm gefühlsmäßig absurd erscheinen würde, sie auch nur aufzuwerfen. In der Geschichte der Philosophie hat ja gerade die Aufstellung von Denkmöglichkeiten, auf die der schlichte Laie nie verfallen wäre, die mächtigsten Folgen nach 1) Die Verpflichtung dazu hat mir erst durch Dritte klargemacht werden müssen. 2) Oesterreich, Bed. 35 f. VgL Mackenzie 287. 300; James in Pr XXIII 118 und Dr. Broads 'temporary mlndldns': Pr XXXVIII 30.
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Das Argument aus der Vorwegnähme des Sterbens
«ich gezogen. Daß die Sonne auch morgen wieder aufgehn wird, ist bekanntlich seit Hume ein Glaube, dem nur die Gewöhnung zur Grundlage dient, während der Philosoph, selbst nach der zentnerweisen Erzeugung erkenntnistheoretischer Schriften, ihn nur als ein Wagnis des Denkens betrachten kann. Das gleiche gilt bezüglich der angeblichen Tatsache, daß außer dem jeweils Denkenden noch weitere Wesen existieren, oder daß die Dinge fortbestehen, nachdem sie der unmittelbaren Wahrnehmung entglitten sind. Man kann es auch nur als eine Lücke des psychologischen Denkens bezeichnen, daß es die gleiche Fragwürdigkeit nicht für die Subjekte anerkennt, mit deren Erlebnissen es sich befaßt und deren Fortbestand — und folglich auch die kausale Geschlossenheit jener Erlebnisse — es offenbar nur leichtfertigerweise voraussetzt. Neben solcher wissenschaftlichen Übereilung möchte es fast entschuldbar erscheinen, wenn der gemeine Mann von einem verreisten Freunde annimmt, daß er auch in der Ferne sein Leben fortführe und nicht etwa bei der 'Rückkehr' von neuem ins Leben trete; oder wenn der Spiritist, dessen Denkfähigkeit ohnehin in erhöhtem Grade verdächtig ist, mit der gleichen fragwürdigen Hast aus dem personhaften Auftreten eines 'Geistes' in zwei Sitzungen schließt, daß dieser auch in der Zwischenzeit personhaft fortgelebt habe. Der Wiederkehrende in b e i d e n Fällen b e h a u p t e t zwar seine innere Kontinuität mit seinem früheren Auftreten; er erinnert sich des damals Gesprochenen oder Getanen und erweist sich auch charakterlich als der Gleiche. Aber das schließt natürlich nicht aus, daß wenigstens im Falle des Geistes solche Identität der Erinnerungen und des Wesens nur die Folge eines jeweils g l e i c h a r t i g e n 'Hervorgehens aus Gott' ist. Der Spiritist darf sich also keineswegs darauf berufen, daß er doch im Grunde nichts andres tue, als was jedermann unablässig im praktischen Leben tut: nämlich die Kontinuität von Wesen annehmen, die zu verschiedenen Zeiten mit allen Anzeichen seelischer Kontinuität b e o b a c h t e t werden; vielmehr sollte umgekehrt sein Irrtum in uns die Erkenntnis wecken, daß auch der banale Glaube an die Kontinuität unsrer Mitbürger während ihres Ausscheidens aus der unmittelbaren Beobachtung eine theoretische Übereilung darstellt und seine Berechtigung erst zu erweisen hat. Denn das Schlußverfahren dieses Glaubens gleicht in allen Punkten dem des Spiritisten, der ja den Typ des übereilten Denkens in reinster Form vertritt. — Man könnte einwerfen, daß doch der individuelle 'Geist' schon durch einmaliges Auftreten beweise, daß die Bedingungen personhaften Daseins in seinem Fall erfüllbar und erfüllt sind, und daß nicht abzusehen sei, weshalb sie ihm eine Stunde darauf wieder entzogen werden sollten. Es ist nicht abzusehen. Aber sind damit Möglichkeiten
Schlußwort
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widerlegt? Es geziemt dem echten Wissenschaftler, das Mögliche nie über dem scheinbar Wirklichen zu vergessen.1 — In der Buridanischen Schwebehaltung, in die uns diese Überlegungen versetzen, dürfte nun wieder ein geringes Mehrgewicht auf einer der Seiten — soz. eine bloße Handvoll Heu — genügen, um die letzten Rechte streng wissenschaftlicher Skeptik zu beseitigen und einen Zustand leidlicher Gewißheit zu schaffen. Diese 'Handvoll Heu' nun scheinen mir die Tatsachen der Exkursion zu liefern. Denn hier befindet sich der noch Lebende, aber zuweilen für tot Gehaltene, in einem Zustand, in welchem er das erste Stadium der Daseinsart des Verstorbenen vorwegnimmt, worin er aber meist, als 'zeitweiliger Geist', von außerhalb nicht beobachtet wird, während er doch in einen Zustand zurückkehrt, worin er über das Erlebte berichten kann. Er sagt unä, daß er in der Zeit zwischen zwei 'Auftritten' als 'Inkarnierter' — die wir doch wohl den Auftritten des Geistes vermittelst der 'Inkarnation' durch ein Medium vergleichen dürfen — als entleibte und trotzdem ich* haft bewußte Persönlichkeit fortbestanden habe. Und da wir nach obigem allen Grund haben, den Zustand des vorübergehend und den des 'dauernd' Hinausversetzten (zum mindesten in seinem Beginn) zu identifizieren, so folgt, daß die Kontinuität, die im eisteren Falle unmittelbar erlebt wird, auch im zweiten Falle nicht bezweifelt zu werden braucht. Wir dürfen also getrost den Zweifel an der Kontinuität des dauernd entleibten, wenn auch nur zeitweilig beobachtbaren 'Geistes' denen überlassen, die auch des dauernden Daseins der Dinge und ihrer Mitmenschen nicht völlig sicher zu sein — behaupten. Der Solipsismus läßt sich bekanntlich nicht widerlegen. Doch ist die Menschheit im allgemeinen nicht schlecht gefahren, indem sie diese Unwiderleglichkeit auf sich beruhen ließ. Schlußwort Die Beweise für das persönliche Überleben sind so überwältigend, daß die Frage sich aufdrängt, warum sie so geringen Einfluß auf das Denken unsrer Gebildeten haben. Unwissenheit erklärt gewiß den größten Teil davon; denn der Gebildete hing bisher in seinem Denken über Welt und Leben hauptsächlich von der akademischen Wissenschaft ab, und diese hat viel dazu getan, daß die Erörterung unsres Problems unter Ausschluß der 'breiteren Öffentlichkeit' vor sich gehe. Aber auch unter 1) Im gleichen Sinne Ist et auch unwiderleglich (wie Prof. Pigou scharfsinnig betont: X X I I I 287), daß der Spiritist niemals das Fortleben aller Menschen beweisen kann, sondern nur da» derjenigen, deren Fortleben er eben — beweisen kann. Natürlich: wesentliche Eigenschaften halten wir für gattungszugehArig; aber — ktanen wir beweisen, dafi a l l e Menschen schlafen oder sterben?
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Schlußwort
denen, die sich ernstlich mit unsern Tatsachen befassen, ist die animistische Stellungnahme eigentlich weiter verbreitet, als der Schwäche ihrer Begründung entspricht Und wenn auch hier die Kenntnis der spiritistischen Beweismittel vielfach nur eine ganz ungenügende ist, so bleibt doch ein Rest von Widerstand, der durch das r e i n l o g i s c h e Abwägen des Für und Wider u n m i t t e l b a r e r A r g u m e n t e noch nicht erklärt wird. In der Tat sind, wie mir scheint, bei diesem Widerstande noch a n d e r e B e d e n k e n im Spiel, die nicht in der 'unmittelbaren Argumentation' zutage treten; z.T. rein 'menschliche', also 'alogische', z.T. solche, über die durchaus ernstlich zu verhandeln wäre. Die langjährige Verlästerung des 'Spiritismus', die selbst seinen Namen mit einem Dunstkreis von Verachtung umgeben hat; die Erinnerung an allen Schwindel, der seine Geschichte entstellt, sowie die gefühlsmäßige Abneigung sehr vieler Menschen gegen ein Fortleben überhaupt, — dies sind Hemmungen in der Anerkennung unsrer Wahrheit, gegen die mit 'Gründen' schwer anzugehen ist. Mein weist auch etwa auf die angebliche Trivialität' von 'Geisteraussagen' hin und fragt entrüstet, ob ein durch sie gekennzeichnetes Fortleben wirklich wünschenswert sei. — Darüber hinaus beruft sich ein verantwortungsbewußteres Denken auf die allgemein bekannte 'Abhängigkeit' alles irdischen Seelenlebens von einem 'Zentralnervensystem', woraus man, mit ahnungsloser Übereilung, den Schluß zieht, daß solches Leben o h n e physiologische Grundlagen überhaupt nicht denkbar sei. Vor allem aber sind es m. E. gewisse F o l g e r u n g e n aus der versuchsweisen Zugestehung körperlosen Fortlebens, die den meisten zu Undenkbarkeiten anzuwachsen scheinen und daher — rückwirkend — das Zugeständnis wieder aufheben. Man kann es immer wieder erfahren, daß der mit Beweisen in die Enge Getriebene sich nicht etwa denkerisch gegen solche Beweise wendet, sondern mit F r a g e n antwortet, die mit dem nackten Zugeständnis des Fortlebens tatsächlich noch nicht beantwortet sind. Wie denn z. B. soll ein 'ewiges Fortleben' echter Personen überhaupt denkbar sein? Verwandeln sie sich schon während der wenigen Erdenjahre oft bis zur Unkenntlichkeit, so müßte eine 'Ewigkeit', falls sie sich 'fortentwickeln', sie doch so weit verändern, daß sie nicht mehr 'dieselben' wären; während ein u n v e r ä n d e r t e s Fortbestehen jedem Begriff von Leben widerspräche. Oder — damit zusammenhängend — entsteht doch die Frage: ob die Verstorbenen noch weiter altern, oder auf welcher Altersstufe sie etwa verharren? Und müßten die ständigen Übertritte von Millionen und Abermillionen ins Jenseits nicht dieses schließlich nachgerade Übervölkern? Leben etwa die Tiere auch fort? Oder nur die 'höheren'? Und falls nur
Schlußwort
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diese, warum nicht alle? Hauptsächlich aber: wie läßt sich denn überhaupt ein Leben außerhalb unsrer Welt der Wirklichkeit denken? Bedürften nicht auch die 'Geister' einer Umwelt, in der allein ihr Leben Sinn und Inhalt gewinnen könnte? Wie wäre jene Umwelt gestaltet, was wäre dieser Inhalt, wie mäße sich jenseitiges Leben zeitlich? Es ist die angebliche Unbeantwortbarkeit dieser und ähnlicher Fragen, was der Anerkennung spiritistischer Beweise mehr Abbruch tut, als die vermeintliche Stichhaltigkeit von Gegenargumenten. Und wer wollte leugnen, daß es Fragen von wirklichem, von außerordentlichem Gewicht sind. Gleichwohl halte ich sie nicht im entferntesten für unüberwindbare Hindernisse auf unsrem Wege. Wäre es auch vermessen, ihre überzeugende und eindeutige Beantwortbarkeit schon heute zu behaupten, so läßt sich m. E. doch zeigen, daß mögliche Antworten im Bereich von Begriffen liegen, die der heutige Stand metapsychischer Forschung uns unmittelbar an die Hand gibt. Ich habe diese Antworten nach bestem Können durchdacht und schriftlich niedergelegt; doch verhindern mich leider die Grenzen, die ich dem Umfang dieses Buches vorgeschrieben finde, sie jetzt alsbald dem ungeduldigen Frager vorzulegen. Es soll geschehen, wenn ich die beiden andern zurückgestellten Abschnitte veröffentliche. Ich muß es also dabei bewenden lassen, zunächst die grobe Tatsache an sich bewiesen zu haben, daß persönliches Seelenleben unabhängig vom Leibe und auch nach seinem Untergange statthat. Und ich möchte schließlich nur dies noch dem Leser zu Bewußtsein führen, der mir geduldig bis hierher gefolgt ist: wieviel neue Fragen — und Antworten aus jener Tatsache unmittelbar entspringen, auch abseits von den eben aufgezählten der spiritistischen Theoretik selber. Für den Psychologen, ja für den Physiologen und Psychopathologen, für den Ethiker und Theologen, für den Religionswissenschaftler und Volkskundler ergibt sich aus der nackten Anerkennung der spiritistischen These ohne weiteres eine Menge neuer Denkaufgaben nicht nur, sondern auch unvermuteter Deutungsmöglichkeiten von Tatsachen, die sein naturalistischer oder dogmatischer Standpunkt bereits verarbeitet wähnte. Ein Tor ist aufgerissen, ein Damm durchbrochen, und noch völlig unabsehbar dehnt sich eine Welt kaum erst zu ahnender neuer Einsichten. Die alte Wahrheit wird uns wieder einmal fühlbar, daß der Weg der Erkenntnis unendlich und jedes erreichte Ziel blos der Anfang, vielmehr der Knotenpunkt neuer Straßen ist. Nur auf einem solchen Knotenpunkt erst einmal festen Fuß zu fassen, konnte das Ziel meiner Arbeit sein. Ich verhehle mir natürlich nicht, daß selbst für diese begrenzte Aufgabe hier noch bei weitem nicht
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Schlußwort
alles getan ist Vieles ist mir sicherlich entgangen, vieles muß ich von der weiteren Mühe Gleichgesinnter erhoffen. Aber etwas ist doch geleistet, und zwar allein auf Grund der Überzeugung, daß nur die Zusammenfassung aller Beweismittel und das ins Einzelne und Letzte dringende Zusehn und Überlegen uns sichere Entscheidungen verspricht Ich will zufrieden sein, wenn ich die Erörterung unsres Problems aus dem Bereich umschränkter, vor allem aber abstrakter Meinungsbildung auf den Boden soz. mikroskopischer Zergliederung der Tatsachen herabgezwungen habe. Nur auf diesem Boden denn auch will ich mich dem Gegner stellen. Die Zeit der halben Treffer aus Ferngeschützen'ist vorüber: wir befinden uns jetzt im Handgemenge um eine neue Stellung; und nur wer jeden Griff und Stich parieren kann, hat Rechte an diesem Kampf, dessen Preis die äußerste Hingabe lohnt.
Erklärung der Titelabkürzungen i. Zeitschriften AOP = AP = APS = ASP = ATM = BBSPR = Bd = BHW = BJPR = BP = HN = IPG = JAmSPR = JM = JSPR = LO = Lt = Lu = M = MImpF = NZPA = Ok = OR = PR =
L'Année occulte et psychologique. L'Année psychologique. The Annals of Psychical Science. Annales des sciences psychiques. Archiv für den thierischen Magnetismus. Bulletins of the Boston Society for Psychic Research. Borderland. Blätter für höhere Wahrheit. The British Journal of Psychical Research. Blätter aus Prevorst. Human Nature. International Psychic Gazette. Journal of the American Society for Psychical Research. Journal du magnétisme. Journal of the Society for Psychical Research. Luce e Ombra. Light. Lucifer. Magikon. Mitteilungen des Instituts für metapsychische Forschung. Nasses Zeitschrift für psychische Arzte. Der Okkultismus. The occult Review. Psychic Research. Journal of the American Society for Psychical Research. Pr = Proceedings of the Society for Psychical Research. 1 PrAm = Proceedings of the American Society for Psychical Research. PS = Psychische Studien. PsSc = Quarterly Transactions of the British College of Psychic Science. RB = Revalo Bund. RM = Revue Métapsychique. RPh = Revue Philosophique. RPJ = Religio-philosophical Journal. RS = Revue Spirite. RSMS = Revue scientifique et morale du spiritisme. RSP =- Rivista di Stud! psichici.
1) Bandzahlen ohne nähere Angabe beziehen sieb stet* auf die Proc. S. P. R.
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Erklärung der Sp = Sph = SpM = TP = TR = TW = ÜW = ZmpF = ZP = ZpF =
Titelabkürzungen
The Spiritualist. Sphinx. The Spiritual Magazine. Tijdschrift voor Parapsychologie. Theosophical Review. The two worlds. Die übersinnliche Welt. Zeitschrift für metapsychische Forschung. Zeitschrift für Parapsychologie. Zeitschrift für psychische Forschung.
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Erklärung der
Titelabkürzungen
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Erklärung der Titeläbkürzungen
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Erklärung der Titelabkürzungen
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Erklärung der Titelabkürzungen
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Namenverzeichnis (Anonyme sind mit zwei Ausnahmen n i c h t aufgeführt, in Fußnoten Erwähnte [ = A.] nur ausnahmsweise, von den an einer Beobachtung Beteiligten nur die wichtigsten: das Medium, der Hauptperzipient oder -sitzer, der Kommunikator, in anonymen Fällen auch wohl der Berichterstatter. Namen von Medien sind mit einem * bezeichnet, die von Kommunikatoren [wie im Text] zwischen Anführungszeichen gesetzt. Seitenzahlen ohne vorausgehende römische Ziffer beziehen sich auf den 1. Band.) Abercromby 228 ff. II 289 'Ackley, Dr.' II 347 Adams 165 216 Adrienne 126 Aksakow 257 269 306 309 341 f. 405 446 II 73 232 •Alesi, d' II 83 Alexander, Miss II 308 —, Mrs. 151 —, Prof. 73 180 II 365 'Allison, Dr.' s. Allison, Mrs. —, Mrs. 326 340 344 ff. 348 359 376 379 393 395 404 418 f. II 5 19 f. 55 193 f. Almignana, d' 16 'Ames, Miss' II 292 Andrews 134 Annenkoff II 320 f. Archdale II 307 Armour II 80 ff. Armstrong II 15 f. Atkinson 97 'Austin 366 392 'A. V. B.' 50 289 326 f. 334 413 I I 5 11 ff. 191 A. 195 216 ff. 260 f. Bacchus, Mrs. 102 Baerwald 5 55A. 105 345 349f. 352 387 II 14 A. 37 A. 160 171 A. 218 Balfour, G.W. II 152 ff. 159 «Baltimore II151 Bancroft II 87
'Banning II99 f. Baraduc II 363 Bard 103 109 •Barkel II 53 •Barker' 304 f. Barker, Dr. II 89 Barnard 6f. 55A. II 108 163A. 361 Barrett, Prof. 364 434 II 347 Barter 27 Bates 293 350 II 95 f. 283 Bathe 424 ff. Bayfield 327A. II 163A. Bay ley, Dr. 332 ff. Beadon 306 350 f. II 29 A. Bellamy 64 Bennett 84 A. Bergmann, Dr. 39 •Berly, de II 219 A. «Bertie- 127 Bertrand II 331 363 Bestennan II 108A. Beth, Prof. II 304 f. 381 A. Binns 179 Birchall 24 •Bischof v. St. Brieux' 130 f. Bishop-Bird 62 •Black' II 244 379 Blackwell 157 ff. II 370 Bleuler 32A. Blodgett 361 f. Böhm, Dr. 39 340 Böhme, Jak. 216A.
426
Namenverzeichnis
'Bonnamy' 56 f. •Bonnard 424 426 Bora II 351 •Botham 292 Bottt 302 'Bouchez' 126 Bouin 65 f. Bourgeois 134 145 Bozzano 2ff. 41 81 86f. 94f. 107ff. 125 215 263A. 267 276f. 307 438 447 f. II 74 82A. 256A. 299 347 367A. Bradley 262f. 403 II 46 101 228f. Brandäo II 366 •Brandt' II 236 •Brenchley 295 Briggs 251 •Brittain 359 378 II 61 88 Broquet 226f. Brown, D. 26 —, Tommy 83 Urownlow' 445 'Burmeisfer' 302f. Barton, Capt. I. 451 'Burton, Sir Rich.' II 284f. Cabral 73 f. Cahagnet 16 II 305 Caltagirone 66 f. Campbell 140 Carington 397 399A. Carpenter II 358 Carrington 352ff. II 310A. 'Cartwright' II 6 24f. 199 201 204 Castex-Degrange 61 'Cauchy' II 293 Cavagnaro 126 'Cavalcante' 203 Cavalli 396 'Chaffin' 429ff. Charpignon, Dr. II 305 309 363 *Chenoweth s. Soule 'Children' 186 ff. Clairon 190 ff. 'Clarke, Sarah'196f. Claughton 453 ff. •Clegg H 58 Qerke 19 22f. 'Coates, Lea' 169 ff. 217 Colt 149 f. •Conant II 379f.
'Conley' 435 f. •Cooper II 228 ff. 241 247 Coppinger 91 Cornillier II 314 380 Cosgrave 89 f. •Crandon, Mrs. II 66 106f. Crans II 381 390 Crawley II 74 Crosby 95 f. Crowe 134 150 207 II 388 •Czernigiewicz II 67 f. Dahl 231 347 369f. II 29 101 f. •Dahl, lag. 231 347 II 29 380 Dallas U 306 Darget 424 Daumer 91 •Davis, Gordon' II 228ff. 239f. 242f. Dawson-Smith 438 f. Delanne 30 Delvert 126 «Deolinda' 73 f. Desfontaines' 450 d'Espérance 309 ff. II 333 f. Dessoir 444A. H 171 'Dickens' Il 68A. 'Dickinson' 153 Dietrich, Dr. 263 374 Dignowitz 166 f. Doctor' II 282 Dodson 203 f. •Domanska II 67 f. 'Dörien' 177 f. Dorr II 185 f. Dowden s. Travers Smith Doyle, A.C.II 292 Dreher, Dr. 383 f. Driesch, Prof. 37 386 399 II 229A. Driesen 195 Drießen 157 Dryden 82 'Duchène' II 293 Duncan 303 II 88 du Potet II 237 du Prel 2 39 41 213 f. 218 II 299A. 346A. Durvllk U 349f. 352 376 Dusart 226f. 'Duvanel' 405f. Edmonds 257 ff. II 238 *—, Laura 258 ff.
Namenverzeichnis «Edslev' II 235 Eeden, van, Dr. II 51 A. 277A. 350 378 Elgee 149 'Eliot, G.' II 95 f. •Elliott II 54 77«. Ellis, Rev. 82 '—, Col.' 299 Evangelides 259 f. Evans 263 f. Teda' 50 288«. 305 327 334 340 393f. 397f. 411«. II 4f. 7 11«. 18«. 27 43«. 55 f. 58 75 f. 176 188 191 193«. 197 211 f. 216«. 249f. 265 267 277 281 288«. 8. auch Leonard, Mrs. 'Ferguson' II 247A. •Ferguson, Mrs. 427 Tield, Kate' II 79f. •Finch 252«. II 332 Findlay 285 f. Tinney' 301 Fischer, Prof. 236 373 Flammarion 61 93 126 282 448 •Fleuriire 408 f. Flournoy, Prof. 106A. 232f. II 243A. FlOrscheim II 57 Foertsch 137 144 146 •Forbes II 64 f. 151 158 f. 167 179 184 f. 199 •Ford 302 •Forthuny 373 f. •Fox 161«. 224f. Fox, Ol. II 382 Frank, Dr. 137 Freieisen 122 Freud, Prof. 215 Frtolle, de 103 •Frizk n 82«. Fry H 366 Funk, Dr. II 302f. 337 Galateri, Graf 64 f. Garcia U 326 381 •Garrett 15 376 419 'Gaspar' 140 155 f. Gentes 244 Gibier, Dr. II328 'Gtordani-Brunem' 422 Glardon II 366 Goethe 190 Go«e 151
427
Goodrich-Freer 325 f. 360 •Gordon II 71 Goreham II 301 Gourlay II 71 f. Green 149 Grégoire II 388 'Griffith' II 254f. 279 Grimm II 66 GOldenstubbe, v. 234A. Gumppenberg, v. II 302 Gunning, Prof. 311 Gurney 12 52ff. 59 64 104 128 II 38f. '—' II 192 195f. 274 U . C . Guthrie 24 —,1.48 Habdank, Dr. II 67 'Hacking' 296 II 293 Haemmerlé II 309 373 Hall, Prof. II 247 Hall, S.C. 155 294 - , Mrs. M. 295 'Hambo' II 73 Happerfield 205 f. •Hardwicke II 66 107 f. Hare, Prof. II 71 •Harford' 205 f. Hart* II 27 259 267 Hartmann, Dr. II 311 —, v. 225 A. 245 249f. •Hauffe 439«. Hayen II 332 'H.B.' 46 i. 118 Heintze 142 Heyd 439«. Hill 14 28 198 283f. 359f. 378f. 394 402 416f. II 281 283 307 354f. Hinkovic 240f. Hinton II 307 Hirschheydt, v. II 366 Hodgson, Dr. 50 98 f. 229 251 312 355 377 393 396 435 453 II 7ff. 18f. 28 39 79 86 175 192 194A. 200 209 215 242 248A. 252 257«. 379 'Hodgson, Dr.' 322f. 332 f. 415 II 114 133-187 passim 213f. 247 273 291 Hodson 281 f. •Holland, Mrs. 281 322f. H 109—144 passim, 153 158 164 168 171 173 180«. 195f. 254 264f. 290f.
428
Namenverzeichnis
•Hollis II 347 •Home 294 II 299 Homers 89 Hooke 182 Htodahl-Danielsen' 369 f. Hoseasou 361 Hosmer 136 Houdini 301 f. Howard 313 f. 325 Husbands 128 Huschberg, v. 91 f. Hydesville 140 161 ff. Hymans II 312 f. 318 'Hyslop, Charles' II 2 Hyslop, Prof. 81 85 152 245 f. 292 315 ff. 333 344 f. 353 355 377 394 399 II 2 75 80 193 ff. 249A. 256 274 f. '—, —• 342 393 f. II 5 266 '—, Rob.' 315 ff. 333 f. 344 II 192 ff. 203 276 282 Illig 67 70 75 140 f. 144 146 181 f. 214 ff. 'Imperator' (-Gruppe) II 198 248 Ind 182 •Indridason II 90 235 •Ingeborg s.Dahl, I. Irving, Rev. 182 II 18 61 f. 270 282 A. '—, Mrs.' s. Irving, Rev. Isnard, Dr. 120 II 371 Jacks, Prof. 32A. II 40A. Jahn, Prof. 14 f. 39 James, Prof. 106 A. 323 f. 332 360 377 381 f. II 39 213 f. 269 273 Jansen II 365 Jarvis 136 Jencken 224 f. Johnson, Miss A. 234 II 27 106 114 f. 126 128 130A. 161 162f.A. 175 f. 182 188A. 222 363 *—, Mrs. R. II 58 'Joubert, Mme' 437 f. 'Julia X' 87 'Junot, Bennie' II 25 f. 202 283 « a l u a ' 251 f. Karadja, Fürstin 287 II 84 f. Kasnacich, Prof. II 306A. Kelrevich, Sir G. 95 Kelway-Bamber II 3
Kemmerich, Dr. 71 Kerner, Dr. 439 ff. •King, Mrs. II 30 137 264 Kinnaman 165 Knight 71 Kraemer 134 145 Krasnicki, Dr. v. II 311 Kröner, Dr. 246 ff. Kronfeld, Dr. 33 Kuchynka, Dr. II 303 321 Lagarrue 134 145 Lagenest, de 56 Lambert 383 II 162A. 171 269f. Lamont 28 A. •Lancy, S.' II 97 f. Landa II 312 Lane 293 f. Lang, Dr. A. 315 A. 453 Larsen, C. J. II 313 '—, Frau' II 84 f. 288 Laufmann II 324 363 382 Learned 258 'Leather' 283 f. II 289 Lecomte II 350 Lehmann, Prof. 351 •Leonard, Mrs. O. 50 288 f. 299 f. 305 f. 361 363 380 404 418 438 II 3 f. 46 ff. 51 ff. 61 77f. 86 98f. 101 211 216ff. 249f. 326 f. 338 •Lesage 242 ff. Lewin 21 23 Lewis 174 Lewis, Jim' 423 Liébeault, Dr. 415 Lightfoot 138 Linné 42 f. 117 Lodge, Prof. 48 256 289 314f. 362 f. 366 379 394 418 426 II 8 58 105 171 f. 183 f. 187 f. 212 229A. 256 t. 291 '—, Raymond' 289f. 346 394 419A II 12 14 58 f. 188 220 f. 288 '—, Uncle Jerry' 314 f. Lombroso, Prof. 165 II 102 •Long II 71 'Longford, Phil' II 81 f. 293 'Loti, P.' 272f. Ludlow II 315 f. 375 •Lyttelton, The Hon. s.'King, Mrs. •Mac, Misses II 113 ff. 135 142 171
Namenverzeichnis Macdonald, Ob. 47 Mackenzie, Will. 337 A. 'Mackenzie* 164 A. 'Macleane, Dr.' 136 146 Macleod 395 f. II 348 •Maginot 16 Magnussen 250 'Maloy' 179 Mamtschitsch 209 ff. 'Mannors' 98 f. 251 'Mansfield 261 II 242 f. •Mansveld 246 ff. 'Manton' II 292 •Marble' 49A. Marcinowski, Dr. II 307 f. 'Margery s. Crandon, Mrs. Massaro, Prof. II 102 f. Massey 19 Mattiesen, Eleonore 53 f. II 393 ff. Maxwell, Dr. 46 118 II 129ff. 146ff. McDougall, Prof. II 249A. McFarland II 71 Messer, Prof. 341 •Meurice 46f. 118 —, Abbé II 305 Milium II 162 'Millani, A.' 307 f. 'Miller, H.' II 293 f. 'Minger, M.* II 75 Minkowski 6 Mireille II 350 Mitchell, Dr. 369 M'Kay 179 •Moecke 236f. 374 Moir 35 Monk II 355 Monnosi 422 Montagu-Crackanthorpe 36 *Moore 303 II 88 254 '—' 81 Morris 114 194 Morton 115 f. 125 129 •Moses, Rev. W. St. 228ff. 237 304 365 II 248 287 289 299 332 '—, —' 293 f. 350 II 198 246 'Mountain-Jim' 62 Moutin 437 Muldoon II 308 310 317f. 330f. 337 350 f. 372f. 375 f. 381f. Myers, F.W.H. 24 26 35 104 111 127 144 166 206 228 f. 252 382 406 433
429
453 II 175 f. 239 271 A. 297 299 355 378 381 _ ' 71A 330 415 II 21 f. 25 27 63 ff. 69 f. 114—125 passim, 132 bis 188 pass., 196f. 217A. 225 252A. 253f. 256 259 264 267f. 279f. 290f. •Napier 28 198 II 354 f. 'Nelly' s. 'Thompson Nenner II 376A. Nery 180 449 Neugarten, Dr. 39 Neumann, Ther. 265 f. Newbold, Prof. II 6f. 201 255 270A. 377 Newnham II 353 •Nielsen II lOlf. Nielsson, Prof. '277' II 90 235 «Noel' 330 •Nolan' II 347 'Northcliffe, Lord' 332 415 418 f. II 46 279 288 Notari 94 •Nugent II 294 •NOfilein 244f. 'Ochorowicz, Dr.' II 67 f. O'Donnell 132 144 Oeder 177 f. Oesterreich', Prof. 352f. 384 387 II 160 172f. 409 Ogle 86 Ohlhaver, Anna II 393 ff. H. 11 394 ff. 'Oldham' II 389ff. 'O'Neill' 57 f. Orr 281 f. 350 Osty, Dr. 244 371 f. 408 II 320 339 ff. Owen 34 123 186 191 196 428 II 329 Pagenstecher, Dr. 34 37 40 Paige 99 Paine 258 •Palladino II 102 f. 'Palladja' 209ff. Paracelsus 216 A. Parker 427 'Parry' 137 Pearce 26 Pearson 91
430
Namenverzeichnis
Telham' 312ff. 361 £. 393f. 396 n 8ff. 192f. 198 200 209 246 251 255 266 273 276 282 Pelusl 94 «Perch'ai' II 6 Perovsky 195 A. Perreti 447 Teter, R.' Il 75 f. 289 •Peters, Vout 379 394 419 II 188 Peyroutet 371 f. Pfeil, Graf 71 Thinuit, Dr.' 50 98 251 314 f. 358 f. 360 f. 379 397 419 II 8ff. 22 94 198 200 209 247f. 263 281 if. 377ff. Piddington 234 252 333 II 17 f. 21 ff. 130 f. 144 f. 151 156 158 161 164 168 A. 170 177 180 184 201 207 221 ff. 266 271 277 378 Pigou, Prof. II 152 411 A. *Piper, Mrs. 50 98f. 293f. 312ff. 323f. 331 337 347 352f. 365ff. 377ff. 394f. 410ff. 426 452 II 7ff. 21 f. 25f. 28 33ff. 39ff. 79f. 86f. 110-148 passim, 168185 ff. 198 ff. 207 ff. 214 f. 242 246 ff. 252 256 259 261 276 283 291 348 377 ff. 382 s. auch 'Phinuit', 'Imperator', Hector', 'Doctor', 'Pelham' u. a. m. *PIaat 33 38 f. Podmore 3 5 19 23 A. 24 31 36 105 133 163 f. 168 A. 183 ff. 194 225 A. 230 249 258 A. 260 f. Pommer II 353 Poncet 135 146 Tonomarew' 195 Poole 140 f. Pope 324 332 II 214 Pratt 81 Prince, Dr. 318 ff. 342 355 402 404 Il 194 267 , Mrs.' 318 ff. II56 206 287 f. 4 — sen.' 320 f. 343 Prinzhorn, Dr. 244 -Purday' 240 Quartier II 319f. Quentin II 304 338 Radclyffe-Hall 289 326 334 U 15 ff. 216 ff. Ramel II306
•Rawson 411 II 69f. 'Rector' II 9 19 25 f. 28 192 200 202 248 f. 257 263 •Recd' 138 147 Reeves 176 •Reimann 236 f. 372 f. 'Renouard' 252 ff. Renz, Dr. II 359ff. *Reuter, v. (u. Frau v.R.) 272 ff. II 50 f. 290 •Revoi' 282 f. 350 II 293 'Rieh' 426 f. Richardson, Dr. II 108 Richet, Prof. 4 32 79 252 ff. II 105 •Richmond II 379 'Ripoll' 263 II 290 Rochas II 349 f. 352 362 f. 376 Rogers 95 f. 'Rosa' 136 147 Rose 121 f. 'Rowbotham' 304 •Ruggles 261 'Russell' 176 Sage 337 339 f. 399 II 248 250 Sagee II 349 f. Sally Beauchamp II 11 Salter, Mrs. s. Verrall, Miss Saltmarsh 101 'Saunders' 285 f. Savage, M. J. 86 368 444 —, Rev. W. H. 452 Schäfer, Prof. 241 II 238 Schapira 273 f. Schermann 236 f. Schiller, Prof. 269A. II 243 A. 287 Scholz, v. II 230A. Schröder, Prof. 245 Schubert, H. II 235 'Schura N. N.' 446f. •Scongall 257 f. 'Scott, Geoff.' II 6 'Seal II 80 f. Seiling, Prof. II 57 Semjonow II 328 f. Serbow 120 Shepard 240 Sidgwick, Prof. 204 365 II 165 , —' 223 f. 333 II 68 ff. 113 115 158 166 192 221 ff. —, Mrs. 175 232A. 234 304 312A. II
Namenverzeichnis
431
22 24 f. 63 f. 68 ff. 176 197 201 204 10 f. 40 f. 130 f. 160 176 188 210 f. 248 f. 250 f. 262 268A. 378 382 221 ff. 259 271 276 f. 279 378 'Sidney' 284 II 289 Thorel II 374 •Silbert 341 Tischner, Dr. 5 31A. 32 A. 230 386 II Sirchia 66 f. 160 f. 256A. Skilton II 333 •Titus 369 •Sloan 285 f. •Tonica 240 f. Smedley 83 'Torrington' 417 •Smith, Hei. 232 f. Träubel 89 f G. A. 24 Travers Smith 231 f. 290 f. 326 328 f. Mrs. J. P. 135 344 395 434 II 203 A. 234 291 f. '—' 433 f. Troubridge, Lady 289 326 334 II Snell II 357 216 ff. Soal 231 328 ff. II 228 ff. 247 Turner 257 f. Sollier, Dr. II 339 ff. Tweedale 17 f. 169 ff. II 90 f. 356 Solowjow II 232 f. Tyong, Gräfin 264 •Soule 292 f. 318 ff. 342 376 392 411 f. •Tyrrell 410 445 414 418 II 55 f. 191 194 206 290 •Underwood 433 f. Speakman, Dr. II 97 Urysz, Dr. 238 f. Speer, Dr. 365 Stankewitsch 120 •Valiantine 261 ff. II 107 f. St. Croix 199 f. Varick 114 f. Stead 57 Varley 152 II 93 312 316 'Stinson, Walter' II 66 f. Vasconcellos, de II 364 f. •Stockinger II 75 Vatas-Simpson 113 •Stramm 405 f. 'Vely, Marg.' 330 'Stromberg' 309 ff. Venzano, Dr. 227 447 f. Stuart 432 •Verrall, Miss II 108—148 passim, 153 Sudre 382 155 211 Sünner, Dr. 37 236 —, Mrs. 20 f. 253 391 f. II 25 27 30 ff. Suringar, Dr. J. V. II 235 63 ff. 109—158 u. 163—187 passim Swaffer 332 415 II 46 191 f. 199 204 ff. 265 280 Swoboda II 233 f. 237 239 315 352 Vesme, de II 370 381 'Vetellini' II 250 A. Symonds 136 146 'Virgini' 64 f. Vitalis 81 f. Talbot, Mrs. 349 Vogl, Dr. II 332 •Talbot Forbes' 299 f. Volpi II 307 Tallmadge 249 •Vuagniaux 369 'Tausch' 292f. Tench 84 Wales, Hub. II 291A. Thaw, Dr. 367 Walker II 43 77 f. Thomas, Ch. D. 287 ff. 343 f. 358 Ward, Capt. 149 397ff. 402 413 416 418f. II 7 46ff. Warner 396 75 f. 176 250 260 265 268 Wason 224 f. '—, sen.' u. , Etta' s. Thomas, Ch. •Watson 38 A. 71 360 D. u. II 12 A. 258 f. 279 •Wehler II 57 —, J. F. 15 290 347 366 376 392 f. 412 Wereide II 360 A. 418 ff. II 47 53 ff. Wesermann 29 154 Thompson, F. L. 245 f. Wesley 115 •—, Mrs. 233 f. 333 390 ff. 409 II 6 17 f. 'West, Rob.' 452 f.
432
Namenverzeichnis
•Westoby, F.' II 287 •White 99 'White, Gwyther' II 43£f. 51 f. 98f. White, Mrs. II 47 52f. 77f. 86f. Whiting 79 f. «Whitman, Walt" 89 f. Whymant, Dr. 261 277 Wieland II 371 Wiesler 446f. «Wild, H.' II 256 «Wilde, O.' 231 f. 290f. 327f. II 260 274 Wilkins 121 •Wilkinson 14 283 378f. 410f. 416 II 281 289 —, Mr. R. H 88 •Willett 125—143 passim 155 157f. 170 274
Wilmot 148 f. Wilson, Dr. 81 —, Miss M. II 389«. —, Mrs. M. 95 97 Wiltse, Dr. E 323 347 Winter II 388 Winterstein, Dr. v. 216 Wolfe, Dr. 261 Wood, Dr. 445 'Worth, Patience' 330 •Wriedt H 348 'Wflnscher' 166 f. 217 Wyckoff, de 263 Wyld, Dr. II 307 Yearsley 112 •York 368 Young 257f.
Sachverzeichnis Ablenkung der Erscheinung (deflected cases) 62 ff. 69 Abschiednehmende Erscheinungen 134 f. 'Abzapfen' von Vorstellungen 13 17 f. 23 44 267ff. 359ff. 387 II 280 295 'Akasha-Chronik' 40 266 Aktivität der Darbietung v. Erscheinungs- od. Kundgebungsinhalten 45 ff. 147 f. 407 ff. 419 421 ff. II 59 76 295 395 Aktivitätszentrum 192 356ff. 407ff. II 239 278 287 ff. 392 Alleinwisserschaft d. Abgeschiedenen 298 ff. Allwissenheit, potentielle, der Medien 44 69 354 375 384f. II 8 Anblicken seitens d. Phantoms s. Mienenspiel 'Angeln', 'Ausstopfen' u. dgl. der Medien 335 II 269f. Animismus als spirit. Beweis 1 ff. s. auch Parallelismus... Anteilnahme am Sterben Hinterbliebener 78 ff. II 358 ff. Anwesenheit, rechtzeitige, des Kommunikators II 277 ff. AnwesenheitsgefOhl 20 48 114 132 181 194 II 86 370 Assoziationsversuche mit Kommunikatoren 397 ff. 'Astrale Bildergalerie' 40 'Astralleib' II 349 ff. Aufrufung des Kommunikators II 278 ff. Aura s.Licht Aussöhnungsbedürfnis 193 ff. 452ff. Aussprache, idenüf., bei possessio II 219 ff. Austritt des Ich s. Exkursion M a t t i e s e n , Das persönliche Oberleben I I .
Autophanie 12 25 30 49 52 108 145 161 ff. II 397 —, experimentelle 120 ff. Autoskopie II 339 ff. Autosuggestive Selbsttötung als Deutung der Verwirklichung von Sterbebettgesichten 83 Band, metaphysiolog. II 262f. 275 315 317 331 350f. 358 360f. 363 375ff. s. auch Z u g . . . Beichtbedürfnis 196 f. 215 Besessenheit, Besitzergreifung des Mediums 227 248 II 212f. 216ff. 244 f. 273 ff. 295 299 377 Betrug 335 Beweggründe S.Motivierung Beweislast der spiritist. These 385 ff. Bilder, fallende, als Todesankündigung II 365 ff. Bilderzeigen des Kommunikators 409 ff. Bilokation s. Exkursion, Hellsehen Bücherteste 364 II 176 Buchstabenzeigen 410 cross-correspondences spondenzen
s. Kreuzkorre-
Datierte Erscheinungen 71 ff. 109 191 f. Diagnose, hellsieht. 366 f. 371 II 277A. Dichten, unterbewußtes 242A. 'Direkte' Schrift 234A. — Stimme 155 270A. II 202 228 ff. 235 249 254 294 Doppelleistungen, gleichzeitige, von Medien II 242f. Doppellokalisierung der Empfindung II 324 350f. 28
434
Sachverzeichnis
double (Doppelgänger) II 349 362 f. 376 Echolalie II 33 Eindruck, lebenswahrer, der Personation 331 ff. 401 ff. 'Einflüsse' beim Psychometrisieren 377 ff. II 281 ff. Einfühlung 340 373 f. 384 s. auch Gedankenlesen, 'Abzapfen' Einmischung fremder Kommunikatoren II 266 f. — des Sitzers II 268 Einwände gegen spirit. Deutung v. Kundgebungen II 227 ff. —, allgemeine, gegen d. spir. These II 412 f. Ekstase II 299 Emanationen (Theorie d. Psychometrie) 37 f. Entsprechungen von Aussage u. Aussage II 50 ff. 249 f. — v. Aussendung u.Aussage II 70ff. — v. Aussage u. Beeinflussung II 79 ff. — v. Aussage u. Erscheinung 98 f. 401 II 85 ff. — v. Aussage u. objekt. Phänom. II 96 ff. —, experimentelle s. Kreuzkorrespondenzen —, Theoretisches üb. II 59 ff. erdfremdes Schauen in Exkursion II 298 300 Erschöpfung des Kommunikators II 202 f. — Exkursion auslösend II 297 305 f. Erschütterung beim Abschluß d. Exkursion II 326 381 ff. Erstmaliges Kontrollieren II 213 ff. Erwartung des Sitzers als 'Aufrufung' II 278 f. Erwartungshalluzination 68 177 181 189 II 88 ff. Exkurrierende mit Verstorbenen beisammen II 229 241 327 329 387ff. 400 f. Exkursion II 233 f. 241 275 297ff. 351 ff. —, animist. Theorien der II 335 ff. — des Mediums während d. Trans II 377ff.
Exkursion, experimentelle II 309f. 342 —, spiritist. Deutung der II 346ff. 383 ff. Experimentelle Autophanie 120 ff. — Exkursion II 309 f. 342 — Heterophanie 29 Exteriorisierung s. double, Schichten (couches) Faden s. Band 'Ferne' des Kommunikators II 276f. 278 Fernsehen s. Hellsehen Finden, bellsichtiges 367 ff. Flüstern, unbewußtes 351 Fremdsprachen s. Xenoglossie 'Führer' bei Hysterischen u. Somnambulen 156 339 — bei Medien 338 340 409 ff. II 23 247ff. 8. auch d. einzelnen Namen Gebärden v. Erscheinungen s. Mienenspiel Gebete, Bitte um 198 II 284 Gedankenlesen als Deutung v. Kundgebungen 356ff. Gegenstand, psychometrischer 34 ff. 44 II 280ff. 294f. s. auch Psychometrie Geheimnisse, persönliche, in Kundgebungen 325 f. Gehirn des Mediums hemmend bei Kundgebungen II 260 f. Genie 245 ff. Greifen des Phantoms unmöglich 125 Halluzinieren als Deutung von Erscheinungen 11 81 94 und in Einzelfällen passim — als Deutung d. Exkursion II 337f. Handschriftenerzeugung, identif. 228 ff. II 238 294 Hauptkontrolle s. Führer bei Medien Heilungstendenz im Spuk 215 Hellsehen 2ff. 12 25 32ff. 236f. 245 256 f. 264 ff. II 300 311 — als Deutung v. Exkursionen II 343 ff. — als Deutung v. Kundgebungen 363 ff. —, 'reisendes' 366 II 344 383 Hemmungen des Kommunikators II 258 ff.
Sachverzeichnis Heranbringen des Erscheinenden durch e. Dritten 137 — des Kommunikators durch Dritten 229 296 II 75 f. 289f. — des Sitzers II 288 Heterophanie 26 ff. 154 205 Hinausversetzung s. Exkursion, double, Schichten (couches) Hinterlassenschaft beunruhigend 165 181 ff. 424ff. II 286f. Hypnotische Personationen 228 — Schichten II 38f. 42 2Q8ff. Hypnotisierbarkeit von Medien II 39 Hysterie 215 II 363 Identifizierung von Kommunikatoren durch Kundgebungsinhalte 279ff. 1 177 ff. — V.Materialisationen 221 —, Wille zur 418 f. Ideoplastische Bildungen 98 220 ff. II 361 f. Imprägnierung des psychometr. Gegenstandes 37 42 107 f. 'Index' bei telepath. Übertrag. Vorstellungen 355 400f. Innenschau (Körper-) II 323 399 f. Kälte bei Phantomen 122 182 184 Klopftöne, Schläge usw. 75 f. 155 157 162 n 97 ff. 107 363 ff. Kollektive Wahrnehmung v. Erscheinungen usw. 63ff. 85 88ff. 115ff. 120 126 161 ff. 195 201 f. 208 211 219 II 355 f. 364 f. Kollektivpsyche 337; (als Deutung v. Kreuzkorrespond.) II 162 f. 172 Komplementarität v. Kreuzkorrespondenzen II 104 106 109 112 126f. 152 ff. 172 176 Kontrolle s. Führer bei Medien Kontrollieren als realer Vorgang II 212 ff. Kosmisches Bewußtsein s. Über-lch 'Kraft', mediale s. Licht, metaphysiol. Kreuzkorrespondenzen II 104 ff. s. auch Komplementarität —, Beispiele v. II 108 ff. —, Leugnung v. II 128ff. —, Regie der II 131 ff. —, Theorie der, animist. II 156 ff.
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Kreuzkorrespondenzen, Theorie der, spiritist. 11 174 ff. Kritik, gegenseitige, bei Transpersönlichkeiten II 8 ff. Kryptaesthesie s. Hellsehen Kryptomnesie 239 264 349 ff. II 404 KOnstlerische Leistungen, mediale 242ff. Lärm, spukhafter 76 112ff. 139f. 162 165 181 183 f. 187 191 194 200 423 Latenz von Beeindruckungen 54 ff. 60f.68f.88 102 II396f. Läuten von Glocken 194 Lebender, Verhalten der Erscheinungen 119 ff. 148 ff. 219 —, mediale Kundgebungen 228 ff. Leibes, Wahrnehmung des eigenen 11 298 301 ff. Licht, metaphysiologisches II 261 ff. 275 282 291 f. 305 f. 309 355 f. —, spukhaftes 22 48 72 85 93 112 142 f. 214 II 87 366 Lichtbild, Identifizierung von Erscheinungen nach 14 185 Malmedien 242ff. Materialisationen 220 ff. II 101 ff. 262 361 f. 376 386 Mehrheitsspiel des Transdramas II l f f . 189 272 f. 295 377 —, Theorie d. II 37 ff. s. auch Schwierigkeiten . . t e c h n i s c h e Differenz. Meinungsverschiedenheiten unter Transpersönlichkeiten II llff. 62A. Metaorganismus des Exkurrierenden II 298 300 303 305 317 335 — des Mediums im Kundgebungstrans II 261 ff. 275 377ff. — des Sterbenden II 349 ff. 375 ff. 385 ff. Mienenspiel u. Gebärden von Erscheinungen 125 ff. 149 f. 174 178 184 II 395 400 402 404 f. Mischtheorien des Transdramas II 270 ff. 294 ff. Mißverständnisse unter Transpersönlichkeiten 344 ff. II 17 ff. 190 Monoideismus 213 ff. Morse-Alphabet als Kundgebungsmittel 241A. Motivierung von Erscheinungen 73
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124 134f. 147 160ff. s.auch Anteilnahme . . D a t i e r u n g . . . , Sterbebett-Erscheinungen, Verabredung . . . , zeitliche Lagerung — von Kundgebungen 417 ff. II 293 f. multipersonale Erscheinungen 28 'Nähe' des Kommunikators II 276 f. 295 Namen-Kundgebung schwierig II 209ff. Narkose als Auslösung von Exkursion II 236 f. 297 307 311 f. 316 338 Natürlichkeit, spiritist., von Äußerungen 58 f. 135 f. 146 f. s. auch Selektivität . . . Netzhautrand-Sehen 349 ff. Nicht-Verstehen unter Transpersönlichkeiten II 12 ff. 18 f. 44 f. Nichtwissen des voraussetzungsgemäß zu Wissenden seitens des Kommunikators II 253 ff. Objektivität von Phantomen 202 219ff. II 386f. örtlicher Sinn von Erscheinungen 101 ff. Ortsgemäßes Verhalten von Erscheinungen 124 ff. 148 f. Parallelismus spiritist. und animistischer Vorgänge 8 44 52 119 ff. 148ff. 219 389 II 228ff. 251 ff. 372ff. 392 s. auch Exkursion, spirit. Deutung d.; Mischtheorie d. Transdramas paraphysikalische Phänomene 66 ff. 69 f. 72 75 114 120 162 181 194 206 220 II 97ff. 298 300 363ff. Personation im Medium 336 ff. 388 II 252ff. 271 ff. 295 405 f. 408 —, suggerierte II 246f. 252 —, Wille zur 357 383 II 271 f. Persönlichkeitsdarstellung, vollendete 325 ff. 339f. 401 ff. s. auch Selektivität Phase des Erwachens (nach Trans) II 33 ff. 132 207 211 382 Photographie s.Lichtbild — von Phantomen 309 II 362f. 'physikalische Phänomene' s. paraphys. Ph.
Planchetteschreiben Hellsehn erfordernd 363 f. Pluralistik des Transdramas s. Mehrbeitsspiel 'Poltergeist* II 374 possessio s. Besessenheit Psychoanalyse 215 f. Psychometiie 7 32 f. 106 ff. 189 236 340 363 371 ff. 389 II 270 379 406 —, Theorie der 36 ff. 389 psychometrischer Gegenstand als 'Aufrufung' wirkend II 280 ff. Querentsprechungen s. Entsprechungen; Kreuzkorrespondenzen Rachebedürfnis 191 ff. 447 f. Rapport zwischen Kommunikator u. Sitzer II 279f. 282 Reagieren, sinnvolles, spukhafter Vorgänge 76 139 f. —, —, von Erscheinungen 125 ff. — von Transpersönlichkeiten auf Einzelheiten des Transdramas II 5 ff. Rechtzeitigkeit der Anwesenheit des Kommunikators II 277 ff. Reden von Phantomen 28 47 57 f. 62 129 130ff. 151 ff. 170 ff. 175 179 187 194 f. 217 Relativitätstheorie 5 ff. Rückschau 7 353 Rücksendung aus d. Jenseits II 315 f. Schattenwerfende Phantome 202 Schichten ([couches), hinausversetzte II 261 349f. —, seelische 119 216ff. II 242ff. s. auch Spaltungen, seel. Schlaf als Auslösung v. Exkursion II 297 303 ff. 315 — jüngst Verstorbener II 283 Schnappen s. Erschütterung... Schnur s.Band Schock als Auslösung v. Exkursion II 308 f. Schöpfen s. Gedankenlesen Schreiben Schreibunkundiger 224 ff. Schreien, Stöhnen, Seufzen, spukhaftes 47 58 72 114 f. 130 181 191 194
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Schreien des Kommunikators 414 Taubstummenalphabet bei KundSchritte, spukhafte 47 72 76f. 113f. gebung benutzt 241 116 ff. 121 f. 132 158 181 183 187 technische Sonderung von Transper194 f. 209 II 363 370 sönlichkeiten II 190 ff. 240 Schwierigkeiten im Transdrama II Telekinese 226 f. 239f. s. auch para190ff. 204ff. physikal. Phfin. 'Seelenwirte' 383 400 Telepathie (besond. als DeutungsSelbstmörder als Kommunik. vermittel) 3 5 13 ff. 22 f. 24 f. 39 87 94 wirrt II 258 105 139 II 270 278 u. in d. Deutung Selektivität des Kundgebungsinhalts von Einzelfällen passim 164 389ff. II 4 f. — als hauptsächliche Deutung von —, fehlerhafte 399ff. Kundgebungen 343 ff. II 252 —, lebendige 401 ff. —, 'gegenseitige' II 352 Sich-selbst-sehen II 339ff. —, universelle 352 ff. 385 II 243 Sitzerlose Sitzungen 347 —, vibratorische 386 f. Sorge um Hinterbliebene 199ff. s. Teleplasma II 357 Tiere als Erscheinungen 170 172f. auch Anteilnahme . . . 222 II 402 f. Spaltungen, seelische (auch als Deutungsbegriff) 51 f. 336 339 383 II — als Perzipienten 77 115 211 ff. 219 8 ff. 37 f. 40 ff. 197 244 251 272 274 Todesankündigungen 302 ff. 421 379 — Unbekannter 306 ff. — durch paraphysik. Phänomene II —, —, bei Kommunikatoren II 259f. 363 ff. Spielleiter s. Führer bei Medien Spuke 27 46 f. 57 f. 75 ff. 110 ff. 161 ff. Transdrama (allg.) 49 409ff. 181 ff. 193 ff. 'Träume' des Mediums während des —, psychologische Deutung der 213ff. Transdramas II 377 f. —, psychometrische Deutung der —, 'wirkliche' II 389 106 ff. II 283 Traumerscheinungen 180 429ff. 449 —, telepathist. Deutung der 105 f. Traumhaftigkeit des Spuks 214 ff. Spuren, wissengebende 39 42 380 ff. II 280 f. Über-lch, -Geist, -Bewußtsein 8 13 40 ff. 267 f. 356 381 ff. 407 ff. II 295 Sterbebetterscheinungen 78 ff. II 91 f. 409 f. 355 ff. Sterben Hemmungen setzend II 257 Uhren stehenbleibend als Todesan— von außen beobachtet II 355 ff. meldung II 365 ff. 376 Unbekanntheit des Erscheinungs— von Verstorbenen geschildert II inhalts 11 ff. 53 61 71 85 95 347 f, — des in d. Exkursion Erfahrenen 11 Sterbestunde, Erinnerungen an 403 f. Stil der Kundgebung 326 ff. s. auch 316 ff. Persönlichkeitsdarstellimg — des Kommunikators 280ff. 306ff. Stimme, direkte s. dir. St. II 293 f. Stimme, mit der Kundgebung gleich— des Kundgebungsinhalts 286 ff. sinnige, gehört II 46 ff. Unterbewußtsein 51 58 72 84 II 189 Stimmklang, veränderter, bei Beses397f. u. sonst noch passim In der senheit d. Mediums II 219 294 Analyse von Einzelfällen Strahlungen, metaphysiol. II 261 —, Pluralität des 51 248 f. —, 'psychische' 37 Unterredung von Phantom u. PerziSubjektiver Anteil von Transäußepient, mimische s. Mienenspiel... rungen II 245 ff. —, sprachliche 140ff. 152f. 162 171 Sympathie s. Rapport 450
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Verabredung d. Erscheinung 57 59ff. —, spezielle 64 ff. Vererbung v. Fremdsprachen 267A. Verfolgen irdischen Geschehens durch Abgeschiedene II 284 f. Vergeßlichkeit von Kommunikatoren II 254 ff. Verhören der Kontrolle II 21 f. Verkehr zwischen Phantom u. Perzipient 124 ff. 'Verknüpfungen', Verbindungen (Theorie der Wissenserlangung) 379ff. II 284 295 Verpflichtungen, unerfüllte, beunruhigend 173 176ff. Verschmelzung von Ichen s. Kollekttvpsyche Vertretungssitzungen 347 Verwirrtheit Abgeschiedener II 257ff. vierdimensionale Welt 40 f. 400 Vorschau 6f. 42f. 79f. 82ff. Vorstellungsleben des Mediums störend II 264 ff.
Witterung s. Spuren Wünsche, unerfüllte, beunruhigend 165 f. 169ff. 174 f. — Exkursion auslösend II 310 Xenoglossie 247 250ff. II 66f. 236 248 —, Theorie d. 264 ff. Xenographic s. Handschriftenerzeugung
'Zeigen' von Einzelheiten 46 ff. II 403 s. auch Aktivität... Zeit als 4. Dimension 5 ff. 41 Zeitirrtümer von Kommunikatoren 361 f. Zeitliche Lagerung von Erscheinungen 52 ff. Zeitmaß, technisches, der Kundgebung II 191 'Zeitweiliger Geist' II 409ff. Zensus der Halluzinationen (S. P. R.) 26 29 31 59 f. 61 74 143 'Zweite' Persönlichkeiten II 8 f. s. auch Spaltungen, seelische Wachsein des Exkurrierenden, FernZwischenspiele u. Zwiegespräche, sehenden, Fernwirkenden II 231 pluralistisch-natürliche, im Trans242ff. 383 f. drama II 23 ff. 64 •waking stage s. Phase d. Erwachens Zug am 'Bande' des Exkurrierenden Warnung durch Verstorbene 201 f. II 302 315 318 334 373 375 f. 380 f. *Weltlinien' 7 40f. 400 Zusammentreffen Exkurrierender u. Wiederholung von Aussagen (NachVerstorbener II 229 241 327 329 druck) 412 f. 387 ff. 400 f.
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens Herausgegeben von Hanns Bächtold-Stäubli unter Mitwirkung von Eduard Hoffmann-Krayer Photomechanischer Nachdruck (im Format der Originalausgabe 16,5 x 24 cm) der 1927 -1942 erschienenen Ausgabe mit einem Vorwort von Christoph Daxelmüller Groß-Oktav. Ca. 8760 Seiten. 1986.
10 Bände Paperback in Kassette DM 3 5 8 , Knapp 9.000 Seiten in zehn Bänden, allein dem Thema 'Aberglauben' im weitesten Sinne gewidmet, Ergebnis einer zwanzigjährigen Sammel- und Editionstätigkeit eines vom Thema besessenen Schweizer Volkskundlers, haben zu ihrer Zeit die wissenschaftliche Erforschung des Aberglaubens auf eine neue Grundlage gestellt. In unseren Tagen wird das Werk auch von den nicht-professionellen Bücherlesern wiederentdeckt, die daran glauben, daß die verblüffendsten Dinge zwischen Himmel und Erde möglich sind, oder die ihre Freude haben an den skurrilen Seiten der menschlichen Existenz. Die überraschend stark angestiegene Nachfrage nach dem z.Zt. DM 1.725, - teuren Werk hat den Verlag zur Herausgabe der preiswerten Paperback-Ausgabe veranlaßt.
Walter de Gruyter • Berlin • New York
Klassiker der Parapsychologie
Das persönliche Überleben des Todes Eine Darstellung der Erfahrungsbeweise
von
Dr. Emil Mattiesen Dritter Band
W DE G
1987 Walter de Gruyter • Berlin • New York
Unveränderter photomechanischer Nachdruck der Ausgabe 1936/1939
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Mattiesen, Emil: Das persönliche Überleben des Todes: e. Darst. d. Erfahrungsbeweise / von Emil Mattiesen. — Unveränd. photomechan. Nachdr. d. Ausg. 1936—1939. — Berlin; New York: de Gruyter ISBN 3-11-011334-1 Bd. 3 (1987).
© 1936/1939/1987 by Walter de Gruyter & Co., Berlin. Printed in Germany Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Übersetzung, der Herstellung von Photokopien — auch auszugsweise — vorbehalten.
Einbandgestaltung: Rudolf Hübler, Berlin Druck: Bosch-Druck, Landshut Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Berlin
VORWORT zur Ausgabe 1939 Dieser Band, der das Werk beschließt, enthält die drei Abschnitte, die bei der Herausgabe der ersten beiden Bände ausgeschieden wurden, um den Umfang des Buches nicht die ratsamen Grenzen überschreiten zu lassen. Er untersucht zunächst die objektiven 'Erscheinungen' und Materialisationen sowie ihre Bedeutung für das spiritistische Problem, führt also im einzelnen aus, was im 1. Bande auf den drei Seiten des 11. Kapitels des ersten Abschnitts angedeutet wurde. Es folgt eine Besprechung der sog. Bücherteste, die zwar kurz und in gewissem Sinn ergebnislos, aber dennoch nicht ohne Interesse ist. Schließlich werden die 'allgemeinen' Schwierigkeiten erörtert, welche die Anerkennung der spiritistischen Lehre behindern selbst nach vollzogenem Beweise derselben, wobei die vorliegenden Beschreibungen jenseitigen Lebens wohl die wichtigste Rolle spielen. Ich habe den Aufschub in der Herausgabe dieser drei Abschnitte natürlich zu erneuter Durchsicht benutzt, die manches Tatsächliche ergänzt und seine Erörterung \ ertieft hat. — Mit der Aufnahme der ersten beiden Bände darf ich sehr zufrieden sein, auch abgesehn von allen selbstverständlichen Lobsprüchen aus spiritistischen Kreisen im engeren Sinne. Das Buch hat bei unbefangen Urteilsfähigen ein Maß von Anerkennung gefunden, das mich um so mehr erfreuen durfte, als sie z.T. von solchen ausging, die dem behandelten Gebiete bisher fremd oder zweifelnd gegenübergestanden hatten. Die wenigen mißgünstigen Urteile ließen freilich von neuem erkennen, was dem Fachmann ohnehin schmerzlich bewiißt ist: daß weder die Wichtigkeit der Parapsychologie, noch die Ausdehnung ihrer Tatsachen, noch die bereits erzielte Festigkeit ihrer Grundlagen von unsren Gebildeten schon genügend erfaßt sind. Daher machen sich auch immer noch manche Besprecher wissenschaftliclicr Arbeiten auf unsrem Gebiet ihre Sache allzu leicht: sie glauben mit allgemeinen Ge-
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Vorwort
schmacksurteilen und fertigen Schlagworten auskommen zu können in einem Maße, wie sie es niemals gegenüber wissenschaftlichen Arbeiten andrer Gebiete wagen würden. Die in mehreren Zeitungen abgedruckten Besprechungen eines Dr. Paul Feldkeller verrieten sogar deutlich, daß der Referent das Buch nur zum Teil gelesen hatte; es sei denn, er wolle den Vorwurf auf sich nehmen, seinen Lesern gerade die Argumente des Verfassers völlig verschwiegen zu haben, die dieser ausdrücklich als die 'stärksten und eigentlich entscheidenden' bezeichnet. Ich hatte ferner wiederholt und nachdrücklich darauf hingewiesen, daß mein Grundsatz, die Erörterung bis in letzte Einzelheiten der Beobachtungen vorzutreiben, auch den Gegner künftig zwinge, von abstrakten und allgemeinen Argumenten abzustehn und sich der Feinanalyse zuzuwenden: 'die Zeit der halben Treffer aus Ferngeschützen' sei vorüber; 'wir befinden uns, sagte ich, jetzt im Handgemenge um eine neue Stellung.' Nun, keiner der wenigen Gegner hat zu erkennen gegeben, daß ihm die Kraft dieser Forderung auch nur im mindesten klar geworden war; von der doch gewiß ist, daß sie mit der Zeit sich durchsetzen wird. Einer meiner Kritiker hatte freilich ein — wenn auch angemaßtes — logisches Recht, sich jener Forderung zu entziehen: indem er nämlich schon die T a t s a c h e n meiner Beweisführung nicht — oder nur in engen Grenzen — als solche anerkannte. Mit diesem will ich mich hier in der möglichen Kürze auseinandersetzen, weil dabei auch grundsätzliche Klärungen zu gewinnen sind. Eine Besprechung des Bonner Professors Aloys Müller stellt uns vor den sonderbaren Tatbestand, daß ein Mann, der nicht nur 'von dem persönlichen Überleben des Todes überzeugt' ist, sondern auch von dem Bestehen 'echter parapsychologischer Tatsachen', der überdies 'manche der Phänomene, die ich von Verstorbenen berichte, im Prinzip durchaus für möglich hält,' — mein Buch trotzdem 'ablehnt', also doch wohl nicht bloß umgrenzte Bedenken hegt, sondern das Ganze für durch und durch verfehlt ansieht. Dies muß verblüffen; denn wenn das Überleben eine Tatsache ist, so erscheint es an sich wahrscheinlich, daß die Überlebenden auch irgendwann und irgendwie sich kundgeben werden; gibt aber jemand, der nicht gerade auf den Kopf gefallen ist, sich jahrelang mit dem Sammeln der besten solcher anscheinenden Kundgebungen ab, zerlegt sie nach allen Richtungen, prüft sie auf ihre
Vorwort
vn
natürlichste Deutbarkeit und setzt sich mit den Vertretern sonstiger Ableitungen gewissenhaft auseinander, — so müßte es doch 'mit tollen Dingen zugehn', wenn diese Suche nach Erfahrungsbeweisen für eine an sich wahre Tatsache zu einem Ergebnis führte, das nichts verdiente als Ablehnung in Bausch und Bogen. Prof. Müller gibt uns seine Gründe im einzelnen an. Vier 'Mängel' sind es, in denen sich für ihn die Verwerflichkeit meiner Arbeit zusammenfaßt, und gleich der erste bezieht sich auf die Glaubwürdigkeit meiner T a t s a c h e n . Während ich in meinem früheren Buch über den 'Jenseitigen Menschen' 'eine Art Instinkt für das Sichere' bewiesen haben soll, ist dieses wertvolle Organ inzwischen offenbar der Entartung verfidlen: ich stehe jetzt angeblich 'allen Berichten mit einer fast absoluten Gläubigkeit gegenüber, und selbst ein leiser Zweifel' taucht nur 'überaus selten' auf. Die Folge davon sei, daß 'mindestens 80 bis 90 Prozent der Berichte des Buches der Kritik nicht standhalten'. Dies wäre freilich schlimm, wenn die Behauptung mehr wäre, als ein Beleg für leichtfertige Anmaßlichkeit eines Rezensenten. Ich will mich nicht auf den Standpunkt stellen — an sich durchaus vertretbar —, daß auch mit den mir zugebilligten 10 bis 20 Prozent meine These sich noch beweisen ließe. Vielmehr will ich mich mit dem Gegner auf einen Streit um Prozente einlassen. Ich habe mir die Mühe gemacht, einen ganzen Band meines Buches, und zwar den zweiten als den wichtigeren und originaleren, auf Herkunft und Gewicht meiner Belege hin soz. statistisch zu durchmustern. Ich betrachte dabei als u n a n g r e i f b a r mind e s t e n s diejenigen Tatsachen, die entweder den 'Verhandlungen' und dem 'Journal' der engl. Ges. f. psych. Forschung entnommen sind, oder aber den Buchveröffentlichungen der Herren Böhm, Duncan, Findlay, Flournoy, Gurney, Hill, Hyslop, Lodge, Maxwell, Podmore, W. F. Prince, Ch.D. Thomas, J. F. Thomas und der Damen Allison,Keene, H.C. Lambert, Sagendorph, Travers Smith und Walker, mit gewissen Einschränkungen auch denen der Herren Barrett, Bozzano, Owen, Tweedale und der Miss Bates, — und zwar weil die hier verzeichneten Tatsachen nicht bloß mit dem geschulten Bewußtsein wissenschaftlicher Verantwortung gesammelt und dargeboten, sondern auch größtenteils nach Methoden gewonnen sind, die schon an sich eine Fehlfes tstellung nahezu ausschließen. Letzteres gilt z. B. von eigenhändigen 'automatischen' Niederschriften medial Veranlagter, von stenographischen Nachschriften ihrer mündlichen Äußerungen und von der sofortigen, etwa tagebuchmäßigen
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Aufzeichnung äußerer Beobachtungen. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß nicht auch außerhalb der aufgezählten Schriften sich Fälle finden, die infolge der besondren Art ihrer Beobachtung und Bezeugung jede vernünftige Bezweiflung ausschließen. Wenn Prof. Müller gegen diese Abgrenzung meines Bezirks der Sicherheit etwas einzuwenden hat, so erwarte ich die Angabe seiner Gründe mit zuversichtlichem Vergnügen, zumal ich die Vermutung kaum unterdrücken kann, daß ihm — sagen wir — 80 bis 90 Prozent des angeführten Schrifttums nicht aus eignem Studium bekannt sind. — Das Ergebnis nun der Durchsicht meines 2. Bandes auf die Herkunft der verwendeten Belege hin drückt sich in folgenden Zahlen aus: den 'sicheren' Quellen entstammen auf S. 1—70 — 99°/« der angezogenen Tatsachen, auf S. 71 bis 108 — knapp 50«/», auf S. 109—226 — fast 100»/o, auf S. 227—295 — mindestens 95%. Im sechsten Abschnitt, der von den Tatsachen der Exkursion handelt (S. 296—392), sinkt der Prozentsatz auf unter 30°/o, denn diese Tatsachen sind zumeist einzeln aus weit verstreuten Quellen gewonnen, die nicht durchweg als Ganzes zu den besten der Parapsychologie gehören, und gewinnen ihr Gewicht großenteils erst aus der überraschenden Übereinstimmung in. Einzelheiten. Doch ist der Rezensent der Ansicht, daß ich gerade in diesem Abschnitt (den ich für den 'entscheidenden' des Buches erklärte) 'die Erfahrungsgrundlage für die Möglichkeit des persönlichen Überlebens angetastet' habe (wenn auch natürlich 'nicht mit der genügenden Sicherung, Auswahl und Weite'). In Wahrheit sind manche auch der hier angeführten Berichte zu den schlechthin glaubwürdigen zu zählen und für die Begründung meines Hauptargumentes völlig ausreichend. Der Überblick über meine Statistik berechtigt mich also unstreitig, die Schätzung des Kritikers buchstäblich umzukehren und 80 bis 90 Prozent der Tatsachen — mindestens des 2. Bandes — für voll gesichert zu erklären. Hinsichtlich des ganzen Buches bin ich denn auch bereit, gegen jedermann, bei genauer Durchprüfung von Seite zu Seite, den Satz des Vorworts zu vertreten: das Werk sei 'durchzogen von einem Gerüst unangreifbarer Tatsachen, das für sich schon genügen würde, die Ergebnisse der Untersuchung zu tragen.' Prof. Müller tut aber mehr, als das Verhältnis gesicherter und bloß 'kollateraler' Tatsachen auf den Kopf stellen: er schiebt mir eine ganz bestimmte Ansicht über den Ursprung von Gewißheit auf meinem Gebicle zu, ( ine Ansicht, mit der ich mich überhaupt 'gegen.zu große
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(sie) Kritik der Berichte wehren' soll. Er tadelt nämlich die 'seltsame Einstellung', wonach im Grunde die bloße 'Häufung der Zeugnisse', das 'Überschütten mit Berichten' — also doch wohl auch ohne Kritik derselben — 'eine große Überzeugungskraft besitzen' soll. 'Gewißheit (so zitiert er mein Vorwort) entspringe auf diesem Gebiet nicht nur aus kritischer Durchschnüffelung' von Einzelberichten, sondern ebenso gut aus dem allmählichen Hineinwachsen in das ganze Gebiet durch jahrelange Beschäftigung mit den Zeugnissen.' Sehr wohl; aber habe ich darunter nur das Ü b e r s c h ü t t e n mit Berichten und die bloße H ä u fung der Zeugnisse verstanden? Herr Müller zitiert mich nur halb, und das ist unter Umständen schlimmer als falsch zitieren. Was ich von der anhaltenden Beschäftigung mit der Parapsychologie erwarte, ist nicht die passive Gewöhnung des Überschütteten, sondern etwas durchaus tätig-logisches: die 'Erkenntnis natürlich-einheitlicher Typen des Geschehens' und die 'Entdeckung ihrer augenscheinlichen inneren Verknüpftheit unter einander, ihres natürlichen Zusammenhangs, worin ein Teil das andre stützt und trägt.' 'Nicht das logische Mikroskop verschafft uns die letzte Gewißheit in metapsychischen Dingen, sondern gerade der Abstand, d. h. der zusammenschauende Blick echt wissenschaftlich gesinnten Denkens; denn alle wahre Forschung sucht zu v e r b i n d e n und dadurch die Dinge aus der Sinnlosigkeit der Vereinzelung zu erlösen.' Ich rufe jeden gerecht und logisch Denkenden als Richter darüber an, ob das nicht so ziemlich das G e g e n t e i l der Meinung ist, die mir der Kritiker zuschreibt. — Über die weiteren drei Vorwürfe, die er gegen mein Buch erhebt, kann ich mich kürzer fassen. Dessen zweiter Mangel soll in der e i n s e i t i g e n A u s w a h l meines Materials bestehen. Die 'Kundgebungen der 'Geisterwelt" kennzeichnen sich angeblich durch 'Sinnlosigkeit, Belanglosigkeit, Mittelmäßigkeit, Gleichgültigkeit, Naivität, zum Teil sogar Lächerlichkeit und Groteskheit des Inhalts.' Dieser ganze 'Wust' sei 'ziemlich gleichmäßig 'bezeugt", und aus ihm greife ich angeblich das heraus, was 'zwar alle allzu naiven und vor allem alle abstoßenden und verrückten Züge vermeidet, aber über eine große Sinnlosigkeit und Belanglosigkeit auch nicht hinausgeht.' Diese 'Sortierung' lasse meine Tatsachenunterlage in einem allzu günstigen Licht erscheinen; denn das Schlimmste des 'Wustes' würde 'allein schon den schlagendsten Beweis gegen die spiritistische Deutung' desselben liefern. — Einer so 'sinnlosen' und 'naiven', ja 'lächerlichen' und 'grotesken' Auffassung
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des fraglichen Materials bei einem Manne zu begegnen, der sich rühmt, als einer von wenigen Dozenten in Deutschland über Parapsychologie im positiven Sinn gelesen zu haben, war mir enttäuschend, wennschon lehrreich. Als solcher müßte er eigentlich wissen, daß sich eine ganze Bücherei von angeblichen Kundgebungen der 'Geisterwelt' zusammenstellen läßt, die seiner Kennzeichnung nicht im mindesten unterliegen. (S. auch S. 324f. dieses Bandes.) Freilich trifft diese auf T e i l e des Stoffes zu, und ich habe dies meinen Lesern keineswegs verschwiegen. (S. z. B. II 246.) Wenn ich aber diese Teile fast ganz beiseite ließ, so doch nur darum, weil sie im Rahmen meiner klar durchdachten und ausführlich dargestellten Theorie der medialen Kundgebung als eines s u b j e k t i v - o b j e k t i v e n M i s c h v o r g a n g s (s. V.Abschnitt Kap.2) aus der Behandlung meines Problemes völlig a u s f a l l e n . Mit der Logik meines Kritikers könnte man dem Goldwäscher zumuten, die Existenz von echten Körnern des Edelmetalls zu leugnen, weil die Lauge, die er siebt, größtenteils 'Dreck' enthält. Die Behauptung des Rezensenten, der ganze 'Wust' sei 'ziemlich gleichmäßig bezeugt', ist demnach nicht eigentlich falsch, sondern vielmehr sinn- und gegenstandslos. Als Äußerung von Medien ist natürlich alles 'gleichmäßig bezeugt', d.h. in automatischer oder Trans-Schrift und -Rede g e g e b e n ; als 'Kundgebung der Geisterwelt' aber ist n i c h t s davon 'bezeugt', vielmehr entscheidet über einen solchen Ursprung gewisser Äußerungen — also über das Vorhandensein von 'Goldkörnern' — erst eine sehr verwickelte Analyse, und nur die Durchführung dieser Analyse nach bestimmten theoretischen Gesichtspunkten war die Aufgabe meines 3. und 4. Abschnitts, die der Kritiker offenbar nur flüchtig gelesen oder nur unzureichend verstanden hat. — Der dritte Mangel meines Buches soll darin liegen, daß ich 'die Erklärungsmöglichkeiten der heutigen Psychologie z.T. in primitiver und unzulänglicher Weise darstelle, z.T. überhaupt nicht berücksichtige.' Genannt werden dabei nur die Entwicklungspsychologie und die Eidetik. Was nun die erstere betrifft, so sehe ich schlechterdings nicht ein, welche Bedeutung ihr in der Klärung 'spiritoider' Vorgänge zukommen kann. Wenn selbst deren 'animistische' Deutung versagt (und das beweist mein Buch), so versagt die n i c h t e i n m a l mit parapsychologischen Voraussetzungen rechnende Entwicklungspsychologie erst recht; denn sie müßte die spiritoiden Abläufe entweder als Archaismen und Atav ismen (in völkerpsychologischem Sinn) oder als Infantilismen
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(in jugendpsychologischem Sinne) deuten. Nach dem spiritistischen Ergebnis der Untersuchung entstammt aber das mediale Geschehen vielfach einem Eingriff von a u ß e n , der selbstverständlich jeder entwicklungspsychologischen Deutung von innen her völlig entzogen bleibt. — Auch der fast zum Modeschlagwort gewordene Kunstausdruck Eidetik kommt in meinem Buche kaum vor (s. dagegen II 280); doch meine ich natürlich die gleiche S a c h e , wenn ich von Sensualisieren oder besonders guten Sensualisierern spreche. Im übrigen ist dieser Tatbestand für mein Problem von durchaus untergeordneter Bedeutung; denn es handelt sich bei diesem nirgends um die Lebhaftigkeit wahrgenommener Bilder ('Erscheinungen'), sondern überall nur um ihren U r s p r u n g , um die Ableitung ihres I n h a l t s , ihrer örtlichen, zeitlichen und sonstigen Bezüge. Und hierzu sagt ihre eidetische Betrachtung n i c h t s aus. — Beide Einwürfe des Rezensenten gehören also zu jenen Schüssen ins Blaue, die nur auf den uneingeweihten Leser Eindruck machen können: sie knallen zwar, aber sie treffen nicht. Wenn er sich gar zu der Behauptung versteigt, ich stellte psychologische Erklärungsmöglichkeiten 'in lächerlicher Weise' dar, indem ich 'z.B. das Überseelische in der Form des 'Erdgeistes' auftreten lasse', so muß ich ihn daran erinnern, daß es sich hier um eine Hypothese handelt, die von animistischen Gegnern tatsächlich ins Feld geführt wird und die sich überdies auf keinen Geringeren als Fechner berufen kann. Hr. Müller erwähnt übrigens noch einen andern sonderbaren 'Beleg' für meine Nichtbeachtung psychologischer Erklärungsmöglichkeiten: nämlich daß ich Richard Baerwald als 'den ergiebigsten und scharfsinnigsten unter den deutschen Animisten' bezeichne; in Wirklichkeit gehöre Baerwald zu den 'engsten und einseitigsten Vertretern des Okkultismus, der alles, was er überhaupt als Tatsache bestehen läßt, aus dem Unbewußten erklärt.' Es müßte nun richtiger heißen: 'aus dem Unbewußten u n d seinen umfassenden telepathischen Fähigkeiten'. Aber angenommen, daß Hr. Müller eben dies habe sagen wollen: welcher Unterschied ist denn zwischen einem solchen Okkultisten und einem Animisten? Nicht der geringste. Und welchen Sinn hat dann der Vorwurf des Rezensenten? Nicht den geringsten. — Endlich der vierte Mangel: 'Mattiesen hat die Erscheinungen, die er benutzt, aus dem Zusammenhang der übrigen parapsychologischen Erscheinungen herausgerissen. Dadurch begünstigen sie die spiritistische Deutung. Erst im Zusammenhang des ganzen Gebietes sieht
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man einmal, daß wir im Prinzip das gesamte Gebiet aus der heutigen Kenntnis von der Struktur der Seele verstehen können (mit alleiniger Ausnahme der Prophezeiung, die besondere Annahmen erfordert); fürs zweite, daß diese psychologischen Einsichten uns nicht vom Okkultismus, sondern anderswoher gekommen sind und daß sie dem Okkultismus nur hier begegnen.' — Ich muß sagen, daß diese Sätze — falls ich sie überhaupt verstehe — eine seltsame Höchstleistung der Verwirrung und Verdrehung darstellen. Hinsichtlich des ersten erscheint dies unbestreitbar. Denn weit entfernt, die spiritoiden Tatsachen 'aus dem Zusammenhang der übrigen parapsychologischen Erscheinungen herauszureißen', stelle ich sie vielmehr unablässig mitten in diesen Zusammenhang hinein: beruht doch fast meine gesamte Beweisführung auf dem — mißlingenden — Versuch, das anscheinend Spiritistische auf animistische Weise, d.h. 'aus dem Zusammenhang der übrigen parapsychologischen Erscheinungen' heraus zu deuten. Aber weiter: was besagen die Worte über die Verständlichkeit des 'gesamten Gebietes aus der heutigen Kenntnis von der Struktur der Seele'? Soll damit gesagt sein, daß die 'heutige', d.h. die akademische, den 'Okkultismus' ablehnende Psychologie das 'gesamte Gebiet' auch des 'Okkulten', einschließlich des scheinbar Spiritistischen, verständlich mache? Dann müßte ich aufs schärfste widersprechen; denn nicht nur die Prophezeiung, sondern aiuch Telepathie, Hellsehn, Materialisation u.a.m. liegen jenseits der akademisch anerkannten Deutungsgrundlagen, und damit fehlen der 'heutigen' Psychologie auch die Mindestannahmen zur Fortdeutung des spiritistischen Anscheins gewisser Vorgänge. Oder — sollen die eben aufgezählten parapsychischen Tatsachen samt und sonders geleugnet und die Ableitbarkeit ihres Anscheins aus Grundbegriffen der akademischen Normalpsychologie behauptet werden? Dann wüßte ich nicht, was unser Kritiker in seinen Vorlesungen 'im positiven Sinne' über parapsychische Dinge vorgebracht hat; wohl aber wüßte ich, daß er in einer unfaßlichen Selbsttäuschung über die Tragweite normalpsychologischer Begriffe befangen ist. Gesteht er dagegen echte parapsychische Tatsachen zu, insonderheit Telepathie und Hellsehn, also die Mindestvoraussetzungen der anhnistischen Deutung spiritoider Vorgänge, — wie kann er dann behaupten, die hierzu erforderlichen 'psychologischen Einsichten' seien uns 'nicht vom Okkultismus, sondern anderswoher gekommen'? Er wird ja doch nicht sagen wollen, daß uns die akademische Psychologie die Kenntnis jener 'okkulten' Mindestvoraussetzungen verschafft hat! —
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Wenige Worte über einen andern mißgünstigen Beurteiler, weil auch hierbei grundsätzliche Fragen zu berühren sind. Prof.Dr.FranzXaver W a l t e r , vormals Moraltheologe der Münchner Universität, bewegt sich in seltsamen Widersprüchen. £r lobt z.B. meine Auseinandersetzung mit dem Animismus, der 'nicht restlos befriedigen' könne und etwas 'Gesuchtes und Unzulängliches' habe. Doch zugleich erhofft er vom Fortschritt der Wissenschaft eine 'Erweiterung der animistischen Erklärung', die, 'so lange nur eine Möglichkeit besteht, den unbestrittenen Vortritt hat'. Und warum? Leugnet er etwa die Tatsache des Uberlebens, also die Grundlehre des 'Spiritismus'? Wie sollte er wohl, als gläubiger Katholik! Er gibt sogar zu, daß es 'eine Fülle glaubwürdiger Zeugnisse für das Erscheinen Abgeschiedener gibt', und beruft sich dafür auf das 'spannend geschriebene' Buch eines katholischen Autors, Klimschs 'Leben die Toten?' Ja er hält weitere 'experimentelle Beweise des Fortlebens' für 'erwünscht'! Warum erregt dann doch meine 'Darstellung der Erfahrungsbeweise' sein unverkennbares Mißfallen? Weil er vom k i r c h l i c h e n Standpunkt aus die wissenschaftliche Behandlung unsrer Frage nicht billigen darf. Gegen die spiritistische Deutung der fraglichen Tatsachen 'bestehen schwere Bedenken — und werden immer bestehn. Und die schwersten unter diesen sind ehr i s t l i c h - r e l i giöser N a t u r . . . Der Christ [lies: Katholik] muß sich an andre Quellen halten, aus denen er seinen Glauben schöpft.' (Und dennoch die Erwünschtheit weiterer 'experimenteller Beweise'?!) Hier scheiden sich grundsätzlich die Wege. Wenn Bibel und Kirche uns genügen, die Fragen des Nach-dem-Tode zu beantworten, so bedarf es erfahrungsmäßigen Suchens nach dieser Antwort überhaupt nicht. Aber Bibel und Kirche sind sich ihrer eignen Antwort nicht sicher. Daß die Bibel in diesen Fragen nicht eindeutig ist, beweist die Uneinigkeit der kirchlichen bezw. theologischen Lehren. Der Katholik hat Fegefeuer, Himmel und Hölle als die Orte oder Zustände, die den Sterbenden empfangen; dem Protestanten wird bald gar nichts Genaues gesagt (die Toten sind irgendwie 'bei Gott'), bald daß sie je nach Verdienst in verschiedener Weise fortleben, bald daß sie gänzlich vernichtet werden, um erst am jüngsten Tage zu Seligkeit oder Verdammnis neu erschaffen zu werden. Bei dieser Vielgestalt und überdies Unbewiesenheit der Kirchenlehren ist es verzeihlich, wenn der Laie sich mit der Frage aller Fragen anderswohin wendet; und die herrschende Wissenschaft erwidert ihm, daß ein Überdauern des Ich nach Vernichtung des Leibes un-
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denkbar sei. Die Folge solcher Ablehnung, ihre Endgültigkeit vorausgesetzt, wäre unausbleiblich die, daß in absehbarer Zeit kein Mensch mehr an ein Fortleben glauben und damit ein wesentlicher Ansatzpunkt aller Religion überhaupt hinfällig würde. Denn die Popularisierung der Wissenschaft ist ein unaufhaltsamer Vorgang. Bei dieser Sachlage erscheint es mir ebenso natürlich wie erfreulich, daß auch im Schöße der Kirchen (und zwar auch bei einzelnen katholischen Denkern) die Erkenntnis von der Wichtigkeit der Parapsychologie erwacht und deren vornehme Ablehnung zu verdrängen beginnt. Von protestantischer Seite ist das Erscheinen dieses Buches sogar als ein Beitrag zur 'Festigung des Fundaments unsrer Religion' gewertet worden. Pfarrer Dr. Stahn, der diese Worte über seine Besprechung setzte, berief sich dabei auf ein Wort von Prof. Rudolf Otto: 'Jede Religion lebt von der Gewißheit ihrer Vorstellungen, leidet an ihrer Ungewißheit und stirbt an ihrer Unmöglichkeit,' und fügte hinzu: 'Das kennzeichnet Not und Notwendigkeit unserer Tage.' Auch ist er nicht der einzige Rezensent, der das Studium meiner Beweisführung vor allem den Geistlichen und Theologen dringend ans Herz legte; darüber hinaus aber allen ernstlich nach Religion und Weltanschauung Suchenden. Denn unstreitig greift die Frage des Fortlebens an die Wurzel unsres gesamten Denkens über Welt und Leben. Abschließend will ich noch einem dritten meiner Rezensenten einige Zeilen widmen, um die Willkür und Oberflächlichkeit ins Licht zu rücken, mit der selbst parapsychologisch eingestellte Gelehrte noch heute spiritistische Darlegungen zu behandeln belieben. — Prof. D. Dr. Beth, Religionspsychologe der Wiener Universität, findet es zunächst methodisch falsch, daß ich das Argument aus den Tatsachen der 'Exkursion' an den Schluß des Buches gestellt habe, wodurch es 'fast wie Beiwerk' oder 'angenehme Zutat zum eigentlichen Gegenstand des Werkes' erscheine. Der Leitgedanke meines Planes war, eine Reihe von Argumenten vorzuführen, deren jedes die spiritistische Deutung bestimmter Tatsachen als die einfachste und natürlichste, ja als die einzige ihnen völlig entsprechende erscheinen läßt; dann aber diesen 'kumulativen Indizienbeweis' mit einem schlechthin 'durchschlagenden' Argument zu krönen und damit jeden etwa noch verbleibenden Zweifel zu vernichten. Der 'knock-out' sollte erfolgen, nachdem der Gegner schon taumelte. Prof. Beth, der diese Absicht der Steigerung nicht be-
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griffen hat, fährt nun aber fort: 'Statt dessen setzt Verf. mit dem wohl seiner Meinung nach zugkräftigsten [1] Gegenstände ein, den Erscheinungen oder Selbstbekundungen Verstorbener, mit Spukphänomenen u. dgl. Dann wird für ihn notwendig, die Einwände gegen die Realität des Spuks mittels der mediumistischen Bekundungen Verstorbener aus dem Felde zu schlagen, und die Einwände gegen diese letzteren mit den neuerdings besonders gehegten 'Kreuzkorrespondenzen' zu widerlegen,' die doch 'für den, der nicht schon spiritistisch denkt, von geringster Überzeugungskraft' seien. — Diese Behauptungen beruhen auf völlig freier Erfindung des Rezensenten. Nirgends deute ich an, daß eins der genannten Argumente die Schwächen eines andern auszugleichen habe (sie sind vielmehr alle einander 'koordiniert' und von gleicher Stärke); am wenigsten aber sollen dies die Kreuzkorrespondenzen tun, von denen ich — weit entfernt, sie 'für die spiritistische Auffassung als Schlager [!] auszuspielen' — vielmehr ausdrücklich sage, daß sie a n sich, also unabhängig von der genauesten Prüfung der Einzelumstände ihres Auftretens, k e i n e n durchschlagenden spiritistischen Beweis liefern können (II 189). In Wahrheit bildet meine Analyse der Kreuzkorrespondenzen nur einen Teil der Untersuchung von 'Entsprechungen' überhaupt, und diese einen Teil der Gesamtuntersuchung 'formaler Verhältnisse der Kundgebung'; innerhalb dieser Untersuchung aber liefern das 'Mehrheitsspiel des Transdramas' und die 'technische Sonderung der Kommunikatoren' weit stärkere spiritistische Argumente, als die 'Entsprechungen' insgesamt (einschließlich der Kreuzkorrespondenzen). Von allen d i e s e n Untersuchungen aber, die zu den originalsten und fachmännisch besonders anerkannten des Buches zählen, erfährt der Leser der Bethschen Rezension nicht eine Silbe. Sie kennzeichnet sich damit als völlig irreführend und die Gedankengänge des Buches grob entstellend. Prof. Beth läßt die spiritistische Auffassung als 'reine Arbeitshypothese' durchaus gelten. Er hält es aber 'für die einzig berechtigte wissenschaftliche Haltung gegenüber den parapsychischen Erscheinungen, sich so lange wie möglich mit der aus der Naturbeobachtung gewonnenen b i o l o g i s c h - k o s m i s c h e n H y p o t h e s e zu behelfen, die auf Grund der immer wiederkehrenden Naturerscheinung der eigenartigen seelischen Verbundenheit alles Lebendigen durch den uns bekannten Kosmos hin mit einem Rhythmus allgemeiner Bezogenheiten des irgendwie Seele- und Lebe-Vollen rechnet.' Soll dies ein Einwand gegen mein
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Buch sein?! Sein Haupt-Verfahren beruht darauf, diese 'biologischkosmische Hypothese', die Hr. Beth auch bei mir formuliert finden kann (u. a. II 295), so weit als möglich auszunützen und erst dann in spiritistischem Sinn zu überschreiten, wenn bestimmte E i n z e l u m s t ä n d e der Beobachtung dies rechtfertigen oder erzwingen. Das soz. mikroskopische Studium dieser Einzelumstände bildet die eigentlich entscheidende und großenteils neue Leistung meines Buches. Trotzdem erfährt der Leser der Bethschen Besprechung auch davon keine Silbe. Vielmehr begnügt sich der Rezensent damit, das Schlagwort seiner eigenen Denkgewöhnung gegen meine umständliche Argumentation einfach auszuspielen, und es kümmert ihn wenig, daß ich Hunderte von Seiten auf den Nachweis verwende: dies Schlagwort decke nur einen T e i l der Tatsachen und verliere desto mehr an Schlagkraft, je genauer man in die E i n z e l h e i t e n der Beobachtung eindringe. Doch nein: nicht gänzlich begnügt sich Prof. Beth mit solch allgemeinem Widerspruch. Zu einem Schritt ins einzelne wenigstens läßt er sich herbei; ja er widmet ihm die Hälfte der zehn Seiten seiner Besprechung. 'Da es unmöglich ist (schreibt er), auf mehrere Einzelfälle aus der Überfülle von in dem Werk gegebenen Beispielen einzugehen, beschränke ich mich hier auf die Besprechung eines einzigen, welches Mattiesen h o c h veranschlagt.' Das nenne ich ritterlich kämpfen: kann er seine Lanze nur gegen ein Stück meiner Rüstung richten, so soll es doch eins der stärksten sein. Dies ist der bekannte Fall des Gordon Davis, eines Lebenden, der sich mit Angaben aus seinem Leben durch ein Medium kundgab genau in den Formen, wie dies Abgeschiedene auch tun, sich dabei aber selbst als verstorben bezeichnete! Der Rezensent ist der Ansicht, daß hier 'von irgend einem spiritistischen Identitätsnachweis keine Rede sein kann,' und nimmt an, daß das Medium die Einzelaussagen, soweit sie nicht dem anwesenden Sitzer bekannt waren, dem entfernten lebenden Gordon Davis 'abgezapft' habe. Nun, dies ist an sich eine durchaus berechtigte Hypothese, die auch ich in meiner Theorie der medialen Kundgebung ausführlich herangezogen habe (z. B. I 356ff.). Ob sie den Fall Gordon Davis richtig deute, darüber kann man verschiedener Ansicht sein. Ich glaube z. B., daß Davis' Äußerung, er sei 'gestorben', wesensverwandt ist mit der sehr natürlichen Überzeugung vieler Exkurrierender, sie seien nun tot; jedenfalls begeht Prof. Beth ein grobes Versehen, wenn er Davis die Aussage zuschreibt, er sei 'im Kriege gefallen', und dies dann aus des Sit-
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zers irriger Meinung in dieser Hinsicht ableitet. Aber — was besagen schließlich diese und andere mögliche Gegensätze der Auffassung! Habe ich denn wirklich den Fall Davis als Beispiel eines 'spiritistischen Identitätsnachweises' angeführt? Ganz und gar nicht. Vielmehr stelle ich ihn mit elf weiteren F ä l l e n der Selbstbekundung Lebender durch Medien zusammen, um einen Einwand gegen die spiritistische Deutung solcher Kundgebungen überhaupt zu begründen; einen Einwand, der tatsächlich von Gegnern des Spiritismus erhoben wird. Meiner Ansicht nach verfehlt er zwar sein Ziel; denn am Ende beweist die Kundgebung Lebender durch Medien doch noch eher, daß die in genau den gleichen Formen erfolgende Kundgebung Verstorbener gleichfalls von 'Lebenden' ausgeht. Deis ändert aber nichts daran, daß der Fall Davis zunächst zugunsten des animistischen Gegners eingeführt wurde. Was Prof. Beth also unfaßlicherweise übersieht, ist dies: daß wenn er nicht nur den Fall Davis, sondern auch alle ihm verwandten mir aus der Hand schlüge, er nichts erreicht hätte, als einem Einwände gegen die von mir vertretene Lehre die Tatsachengrundlage zu entziehn. — So liest ein deutscher Gelehrter das Lebenswerk eines andern, über das er es unternimmt, sich öffentlich zu äußern. Der vorliegende Band behandelt fast durchweg die schwierigsten Teilgebiete unsres Problemzusammenhangs, und er sucht dies ständig dem Leser bewußt zu machen durch die vorsichtige Zurückhaltung des Tons, in welchem der Stoff und die Argumente dargeboten werden. Ich hoffe, daß auch meine Beurteiler dies erkennen werden, ohne darüber die außerordentliche Wichtigkeit und das Zukunftsträchtige des so mühsam Erkämpften zu übersehen. Ein Gebiet möglicher Erkenntnisse verliert nichts an Wert und Reichtum dadurch, daß man nur zögernd den Schritt über seine Grenzen zu setzen wagen kann. Mögen meine Ausführungen dazu beitragen, die großen Fragen wenigstens im Fluß zu halten, an die sie vorsichtig rühren, und Probleme vor dem Versanden zu bewahren, die — wie mir scheint — gerade im heutigen Zustande der Naturforschung eine überraschende Fruchtbarkeit zu entfalten berufen sind. Emil Mattiesen
INHALT Siebenter Abschnitt. Argumente aus der Objektivität der Erscheinung 1. Beweise für die Objektivität von Spontanphantomen aus den Umständen ihrer normalen Wahrnehmung 2. Photographische Aufnahmen von Phantomen 3. Objektive Wirkungen sichtbarer und unsichtbarer Freiluftphantome 4. Das objektive Teilphantom der Experimentalsitzung 5. Vollphantome der Experimentalsitzung 6. Die ideoplasüsche Theorie der Erscheinung 7. Die Anatomie der Materialisation 8. Die Abhängigkeit der Materialisation vom Medium 9. Die Theorie des 'feineren' oder 'fluidalen' Leibes 10. Die ideoplasüsche Theorie der Materialisation 11. Die körperliche Selbständigkeit der Materialisation . . . . 12. Die seelische Selbständigkeit der Materialisation 13. Identifizierte Materialisation: 1. Körperliche Kennzeichen . . 14. Identifizierte Materialisationen: 2. Seelische Kennzeichen . . 15. Argumente für die spiritistische Auffassung identifizierter Materialisationen 16. Erledigung von Bedenken 17. Die Kleidung der Materialisation
1 1 23 32 75 104 155 162 175 189 203 214 222 236 252 270 292 300
Achter Abschnitt. Das Argument aus den sog. Büchertesten . . 309 Neunter Abschnitt. Allgemeine Widerstände gegen die Anerkennung des Spiritismus 1. 2. 3. 4.
Alogische Widerstände Weltanschauliche Vorurteile Schwierigkeiten im Begriff des Fortlebens selbst Schwierigkeiten bezüglich der jenseitigen Umwelt
322 322 327 329 331
Erklärung der Titelabkürzungen
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Namenverzeichnis
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Sachverzeichnis
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Siebenter Abschnitt
Argumente aus der Objektivität der Erscheinung i. Beweise fiir die Objektivität von Spontanphantomen aus den Umständen ihrer normalen Wahrnehmung Die Erörterung des Sinnes und Ursprungs von 'Erscheinungen' im ersten Abschnitt dieses Buches suchte eine Frage nach Möglichkeit auszuschalten: die Frage nach dem eigentlichen Wesen der Erscheinung. Und doch ließ sich die öftere Erwähnung von Einzelheiten nicht vermeiden, welche diese Frage dem Leser aufdrängen mußten: indem sie eine gewisse 'Objektivität' der Erscheinung anzudeuten schienen, jedenfalls ihrer Auffassung als bloße 'Halluzination' widersprachen (wenngleich als 'wahre' und vom Erscheinenden selber zweckvoll verwirklichte Halluzination). Dieser Frage nach dem eigentlichen Wesen von Erscheinungen darf aber innerhalb unsrer gesamten Untersuchung nicht endgültig beiseite gelassen werden; denn es erscheint klar, daß ihre Beantwortung für das spiritistische Problem nicht ohne jede Bedeutung sein kann. Erstens wäre ja mit der Objektivität von Phantomen eine Art des Daseins festgestellt, die man wohl geneigt sein könnte, auch den Entleibten zuzuschreiben; die also auch geignet wäre, ihr Weiterleben glaublicher zu machen (wie ja die volkstümliche Auffassung im 'Gespenst' ohne weiteres den Abgeschiedenen selbst in seiner neuen Leiblichkeit erblickt). Sodann aber wäre damit eine neue Grundlage für die Behandlung der Frage gewonnen: ob und wieweit Lebende, also auch Medien, imstande seien, solche Phantome 'Fremder' zu erzeugen, ob und wieweit man dazu die Erscheinenden selbst in Anspruch nehmen müsse. Wir haben diese Frage früher erwogen nur in der Anwendung auf Phantome, die wir als rein halluzinatorische zu fassen bereit waren, deren Wesen jedenfalls im Dunkeln gelassen wurde; und schon da erschien uns die Erzeugung von Heterophanien bedenklich oder nur in Grenzen zugestehbar. Würde sie uns weniger bedenklich erscheinen, wenn diese Fremderscheinungen 'objektive Realität' U x t i e i e n , D u petsOnlicbe Überleben III
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Argumente aus der Objektivität der
Erscheinung
besäßen? Über den bequemen Begriff der telepathischen Erzeugung des Bildes eines Dritten würden wir jedenfalls mit der Anerkennung objektiver Phantome gründlich hinausgedrängt, und entsprechend würde vielleicht die Auffassung des Phantoms als Autophanie ganz neuartige Begründungen gewinnen? — Die Frage nach solcher Objektivität ist also offenbar nicht nur eine der sonderbarsten an sich, sondern anscheinend auch geladen mit theoretischen Beziehungen auf unser Hauptproblem. Es erscheint daher verlockend, in dies verwirrende Dunkel einzudringen, selbst wenn sich vorderhand noch gar nicht absehn ließe, wohin der Weg uns führen mag. Der scheinbar feste Punkt, von dem wir dabei ausgehn, ist natürlich das Phantom als 'halluzinatorische Erscheinung'. Dies war der Begriff, mittelst dessen die ersten bedeutenden Bearbeiter der Frage, Vor allem Gurney und Podmore, mit allen 'Phantasmen' fertig zu werden gedachten. Ihre 'Erscheinungen Lebender' im Augenblick der Gefahr oder des Sterbens waren 'veridike Halluzinationen'. Und dieser Begriff übertrug sich zunächst glatt genug auch auf Phantome, von denen es fraglich sein .mußte, ob sie dem no ch lebenden Erscheinenden zugeschrieben werden durften. Die Frage aber war auch hier zunächst nur die: ob man solche Halluzinationen der 'Grenzzeit' zwischen Leben und Tod noch vom lebenden Erscheinenden selbst (auf Grund von 'Latenz'), oder von einem andern Lebenden, oder vom Verstorbenen ableiten sollte.1 Doch schon der Mitarbeiter der beiden Genannten, Frederic Myers, strebte unzweideutig über den Begriff der 'wahren Halluzination' hinaus. In kurzen und fast zaghaften, aber vielbeachteten Andeutungen sprach er von der Möglichkeit, ja Nötigung, gewisse Erscheinungen zurückzuführen auf etwas irgendwie Wirkliches, das, vom 'Agenten' ausgehend, sich nach dem Orte der Erscheinung hinbegebe, diesen Ort 'invadiere', und nun — von einem dort geschaffenen 'phantasmogenetischen Zentrum' aus — sowohl die sichtbaren wie die Gehörsbestandteile der Erscheinung erzeuge und eben darum nicht nur für den eigentlich ins Auge gefaßten Perzipienten wahrnehmbar mache, sondern für jeden am Ort jener 'psychischen Invasion' Anwesenden.8 Der Gedanke behält bei Myers eine quälend unbestimmte Fassung, und es erscheint nicht eben erleuchtend, wenn der große Forscher gerade von einer 'Modifizierung des Raumes'* spricht, um der geforderten örtlichen 'Anwesenheit' doch irgendeinen Inhalt zu geben.1 — Bei der 1) Vgl. o. I 54f. 2) Myers I 247.264f. 273f. II 186 u. sonst. 3) Modiflcaüon of space. 4) Nlcbt eben weiter scheint es mir aber auch zu fahren, wenn Buchner (S. 284) von 'gedanklichen oder psychischen Ausstrahlungen' spricht, durch welche "unwirklichwirkliche' Gebilde geschaffen worden, 'die zwar nicht alle Eigenschaften der vollen Wirklichkeit besitzen, aber unter Umstanden doch sinnlich wahrgenommen werden können'.
Objektivität von
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Spontanphantomen
Aufstellung seines Begriffs ging Myers übrigens keineswegs von der Tatsache der 'Materialisation' aus, also von Phantomen, denen (wie wir sehen werden) Objektivität im äußersten Sinne nicht abzusprechen ist. D i e s e Tatsache nahm vielmehr nur einen sehr bescheidenen Platz in seinem umfassenden Entwurf der neuen Wissenschaft ein 1 ; und den gewaltigen Aufschwung der Erforschung dieser unerhörten Tatsachen sollte er nicht mehr erleben. In der Tat stellt sich die Frage der Objektivität von Phantomen mit großer Schärfe auch außerhalb aller Berücksichtigung von 'Materialisationen'. Myers scheint hauptsächlich durch die Tatsache der 'kollektiven' Wahrnehmung sog. telepathischer Erscheinungen auf seinen Begriff des 'phantasmogenetischen Zentrums' gekommen zu sein, also ihrer Wahrnehmimg durch mehrere Perzipienten; und dies ist es ja auch, was uns früher vor allem andern das Problem des Wesens von Phantomen fühlbar gemacht hat. In Wahrheit aber steht diese Tatsache der Kollektivität keineswegs vereinzelt da; es sind vielmehr noch mancherlei andre Einzelumstände, die den Anschein der Objektivität von Phantomen (immer abgesehn von Materialisationen) aufdrängen. Ich habe sie schon in einem früheren Buche erörtert2 und will mich darum hier auf das wichtigste beschränken. Wird doch diese vorläufige Betrachtung sehr bald von einer andern 'verschlungen' werden, die jeden Zweifel an der Ausdeutung der 'bescheideneren' Tatsachen verstummen läßt. — Unter den anscheinenden Objektivitätsmerkmalen, die ich damals besprach, sind einige, die bei unsrem heutigen Wissen über die Ausgestaltungsmöglichkeiten von Halluzinationen nicht zur Bündigkeit erhoben werden können, mit denen ich mich daher hier gar nicht aufhalten will: z. B. die Tatsache der Wahrnehmbarkeit von Phantomen durch mehrere Sinne gleichzeitig; die Eigenschaft vieler Phantome, von undurchsichtigen Gegenständen teilweise — und perspektivisch richtig — verdeckt zu werden;3 wozu auch die Tatsache gehört, daß Phantome beim Schließen der Augen verschwinden, beim öffnen derselben wieder 'da sind',1 oder daß sie, falls zunächst durch einen andern Sinn wahrgenommen, erst beim öffnen der Augen sichtbar werden,8 oder beim Fortblicken bezw. Verlassen des Zimmers nicht mehr gesehn, beim Wiederhinblicken oder bei der Rückkehr ins Zimmer von neuem gesehen werden.6 Bei allen diesen das unbefangene Urteil leicht überzeugenden Beobachtungen stehn dem Psychologen gewisse subjektivistische Deutungen oder doch Ausflüchte zur Verfügung, die erst ins Wanken kommen würden, wenn irgendetwas uns 1) Myers II 544—9. 2) Mattlesen Kap. X L I X . 3) Gurney I 425; II 530. 4) Pr X 189f. 5) Gurney I I 526. 6) das. I 428; Crowe 179; Mattlesen 523fl.
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Argumente am der Objektivität der Erscheinung
nötigte, allen — oder gewissen — Halluzinationen selbst eine Art von Objektivität zuzuschreiben. Einstweilen also mag man sagen, daß Beobachtungen der angedeuteten Art beachtenswerte Bestätigungen der Objektivität von Erscheinungen liefern würden, falls sonst noch gute Gründe dafür sich fänden. Insonderheit dürfte zu merken sein, daß gerade unter Erscheinungen Verstorbener die durch zwei oder drei Sinne wahrgenommenen besonders häufig sind.1 Verwickelter schon liegen die Dinge bei einigen weiteren Besonderheiten mancher Erscheinungen: nämlich der Tatsache, daß sie einen Schatten werfen und sich in Spiegeiii wahrnehmen lassen. Von Phantomen, die als mehr oder minder durchsichtig geschildert werden,1 wird man freilich von vornherein nicht erwarten, daß sie einen Schatten erzeugen. Andre sind so undurchsichtig, daß sie selbst starke Lichtquellen 'verdecken' können, z. B. die Flamme einer Kerze, vor der das Phantom vorüberschreitet,3 und von solchen wird man natürlich auch fordern, daß sie unter entsprechenden Umständen einen Schatten werfen. Daß sie es tun, dafür haben wir schon früher ein Beispiel kennen gelernt: das von Mrs. P. beschriebene Phantom eines Herrn in Marineuniform, das von ihrem Gatten als das seines Vaters erkannt wurde und beim Vorüberschreiten an der Lampe 'einen tiefen Schatten ins Zimmer' fallen ließ.' Auch der Rev. Tweedale behauptet, am 27. Oktober 1907 in seinem Pfarrhaus in Weston ein Phantom gesehn zu haben, das 'einen dunklen Schatten an die Zimmerdecke warf.5 Nun wissen wir, daß auch völlig deutlich in den Raum hinausverlegte Halluzinationen 'dahinter' gelegene Gegenstände verdecken, und gute 'Visualisierer' — Eidetiker, wie man heute sagt — geben gelegentlich an, daß von ihnen bis zur 'Realität' verdeutlichte Bilder auch Schatten werfen.6 — Solche Tatsachen kann der rechtgläubige Psychologe — sofern er den ungewissen Begriff der 'dinglichen Vorstellung' nicht gelten lassen will — nur bewältigen mittelst des Begriffs der (positiven oder negativen) 'Erwartungssuggestion', also der dem Gewohnten entsprechenden 'Abrundung' oder Ergänzung eines halluzinatorischen Erlebnisses; wobei ihn die gangbaren physiologischen Theorien des Halluzinierens allerdings zur Annahme höchst verwickelter Abläufe von Erregungen und Hemmungen entweder von Netzhaut- oder von Hirnelementen nötigen würden.7 Unser Psychologe gerät aber vollends mit seinen Hilfsannahmen ins Gedränge, wenn der Wahrnehmung einer "Erscheinung' die Wahrnehmung ihres Schattens vorausgeht; wie etwa bei dem von einer Miss 1) Pr X 364. 2) z. B. Pr X 75.77. 3) Pr X 188. 4) Pr VI 26ff. (Bd. I 2011.). Eine weniger eindeutig-ausdrückliche Beobachtung s. Pr X 188 (Mrs. W.) 5) Tweedale 231. 6) S. z. B. Mm. Verrall in Pr V I I I 480. 7) S. Mattiesen 5261.
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A. S. beschriebenen.1 Dies Phantom scheint nicht 'identifiziert' worden zu sein; es verbleibt daher die Ausflucht, die Wahrnehmung des Schattens sei die ursprüngliche, eigentliche Halluzination gewesen, und die beim 'Wenden des Kopfes' erblickte Gestalt einer 'hochgewachsenen Frau in Weiß' — die zur 'Abrundung' hinzugefügte Erwartungshalluzination. Dies ist zwar eine äußerst willkürliche Auslegung von verdächtiger Findigkeit. Immerhin ist jene Beobachtung keine 'frisch' berichtete, und somit nicht von genügendem Zeugnisgewicht, um den geschickten Einwand abzuwehren. Vollends versagen aber muß dieser, wenn das mit einem Schatten beginnende Phantom nachweislich Wahrheitsbedeutung hat: die Annahme, daß eine telepathisch angeregte Halluzination mit der Wahrnehmung eines unerkannten Schattens einsetzen und dann erst in der 'entsprechenden' Wahrnehmung der Gestalt des angeblichen Agenten gipfeln könne, richtet sich selbst durch ihre gewaltsame Künstlichkeit. 'Denn der Schatten einer Gestalt bedeutet nicht eine unvollkommene Entwicklungsstufe dessen, was als die subjektive Ausgestaltung der telepathischen Einwirkung aufzufassen wäre, sondern ein in sich völlig selbständiges und nur in der Ordnung der W i r k l i c h k e i t abgel e i t e t e s Element äußerer Wahrnehmung, das eben darum irgendwelchen Sinn erst erhält, nachdem seine 'natürliche' Bedingung schon gegeben ist.'2 Es wäre leichtfertige Willkür, anzunehmen, daß hier ein unterbewußt gespeichertes, völlig ausgebildetes Gesichtserlebnis mit Wahrheitsgehalt dem Wachbewußtsein soz. in paradoxer Umkehr des Ablaufs dargeboten werde. Sollte die Beobachtung mit der Zeit mehrere gerade in dieser Einzelheit verbürgte Fälle wahrer Phantome liefern: deren Wahrnehmung also auf die eines 'natürlich geworfenen' Schattens erst folgte, so würde m. E. schon damit ein ziemlicher Beweis für die Objektivität gewisser Erscheinungen gegeben sein. Einen Fall dieser Art enthält der mehrfach erwähnte Umfrage-Bericht der Ges. f. psych. Forschung. 'Ich saß', schreibt Miss H. Wilson, die Hauptperzipientin, '[am Sonntagabend] zwischen 7 und 8 mit dem Rücken der mir näheren von zwei Kerzen zugewendet, [die auf dem Tische standen und] deren Licht auf mein Buch fiel. Plötzlich schwand das Licht, sodaß ich nicht weiterlesen konnte. Ich blickte mich rasch um und sah einen dunklen Schatten [etwa vom Durchmesser eines menschlichen Körpers] zwischen mir und den Kerzen hindurchgehen. Der [nahezu schwarze] Schatten war so dicht, daß er fast aus Stoff zu bestehen schien, aber ich nahm keinerlei Gestalt wahr. Wir beide [mein Vetter F. T. und ich] riefen aus: Ich glaubte, beide Kerzen wären am Ver1) P r X
1871.
2 ) Mattiesen 528.
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löschen, und F. sagte: Mir schien es von der Tür herzukommen. Nachdem der Schatten vorüber war, waren die Kerzen vollkommen hell und reglos.. — Hier ist einiger Grund vorhanden, die Erscheinung mit einem bestimmten Ereignis in Verbindung zu bringen; denn in derselben Nacht um 3 starb der Bruder der dritten anwesenden Person, Mrs. H., die aber infolge ihrer Stellung und Haltung von einer Mitwahrnehmung ausgeschlossen gewesen zu sein scheint.1
Fälle, in denen Phantome gleichzeitig mit ihrem Abbild in einem Spiegel wahrgenommen werden, sind mindestens ebenso häufig wie die von schattenwerfenden Phantomen und können offenbar gleichfalls zur Not mit der Berufung auf erwartungsmäßige Abrundung um ihre anscheinende Bedeutung gebracht werden.8 Doch müßte es offenbar auch hier sehr viel schwerer wiegen, falls zuerst das Spiegelbild, und erst bei entsprechender Wendung des Blicks das eigentliche Phantom beobachtet würde. Die Umfrage der Ges. f. ps. F. lieferte den Bericht einer Mrs. T., wonach diese, z. Zt. zehnjährig, in dem Hause, wo ihre Großmutter gestorben war, deren Erscheinung beim Abstäuben eines Spiegels in diesem erblickte, und erst, als sie sich umwandte, an der Tür des Zimmers.3 Aber der Fall ist, wie man sieht, nicht 'frisch', es handelt sich um eine einfache Frau, und sie gibt ausdrücklich an, daß sie nach dem Tode der Großmutter das Haus vor Angst sogar gemieden hatte. Man mag also vielleicht ihr Blicken in den Spiegel geradezu für die Auslösung einer unterbewußt ständig erwarteten Halluzination halten, die sich beim Wenden des Blicks wiederholte, oder gar einfach bestehen blieb. — Dagegen erwähnt Iiiig in einem sehr umfangreichen Spukbericht — leider nur kurz und ohne ausdrückliche Beglaubigung des hier theoretisch Wichtigen — die Tatsache, daß die Perzipientin im Herbst 1917 das Thantom einmal vor dem Waschtisch stehen und im Spiegel reflektieren sah, sodaß sie es im wirklichen Bild von hinten und im Spiegelbild von vorne sehen konnte'.4 Geschah beides tatsächlich völlig gleichzeitig, so wäre der Vorgang von großer Bedeutung. — Gewichtiger ist ein andrer Fall des Umfrage-Berichts, der zwar das Im-Spiegel-erblicken nur aus zweiter Hand behauptet enthält, aber verknüpft mit der gleichzeitigen direkten Wahrnehmung desselben Phantoms durch Dritte. Miss Du Crane erzählt, daß sie am Abend des 1. Nov. 1889 zwischen 9Va und 10 Uhr in ihr Schlafzimmer hinaufgegangen war, von dem eine offene Tür in ihrer Mutter Schlafzimmer führte. 'Das einzige Licht war der Schimmer, der in beide Zimmer durch die venezianischen Rollvorhänge drang. 1) Pr X 3131. Hier entspricht natürlich der im 'Bericht' sogenannte Schatten dem (anscheinend nur undeutlich wahrnehmbaren) Phantom; während die anfängliche Verdunkelung des Lichtes den hier erörterten (geworfenen) Schatten darstellt. 2) S. z. B. Pr X 186; Tweedale 231. 3) Pr X187. 4) IUig 227.
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Während ich am Kaminsims stand, erschrak ich über das plötzliche Erscheinen einer Gestalt, welche geräuschlos aus dem Außenzimmer auf mich zuglitt. Die Erscheinung war die eines jungen Mannes von mittlerer Größe in schwarzem Gewände und Hut. Sein Gesicht war sehr blaß, die Augen niedergeschlagen, wie die eines tief Nachdenkenden, der Mund von einem Schnurrbart beschattet. Das Gesicht war ein wenig leuchtend, was mich instandsetzte, die Züge deutlich zu unterscheiden, obgleich wir z. Zt. sehr wenig Licht hatten. Die Erscheinung glitt auf meine Schwestern zu, welche innerhalb des Zimmers ganz nahe der Außentür standen und die gerade ihres Bildes im Spiegel gewahr geworden waren. Einige Zoll von ihnen verschwand sie so plötzlich, wie sie gekommen. Während die Gestalt an uns vorüberglitt, fühlten wir deutlich eine k a l t e Luft,, welche sie zu begleiten schien. Eine meiner Schwestern sah die Erscheinung nicht, da sie sich gerade abgewandt hatte, fühlte aber die kalte Luft.'1
Sehen wir auch noch ab von dem sehr bedeutsamen, aber erst später zu besprechenden Umstand der 'kalten Luft' um das Phantom, so leuchtet doch ein, daß die hier gegebene natürliche Zusammenordnung einer Wahrnehmung-im-Spiegel (ihre Verbürgtheit vorausgesetzt) mit entsprechenden direkten Wahrnehmungen Dritter soz. eine neue Lage schafft: eine rein telepathisch-halluzinatorische Deutung solcher Abläufe müßte zu nachgerade verzweifelten Hilfsannahmen greifen. Wir begegnen zwar auch einem Spukphantom, das sich ausdrücklich n i c h t in einem Spiegel reflektiert haben soll, obwohl es vor diesem saß und hineinblickte!2 Doch mag man eine solche Beobachtung für zweideutig erklären, sodaß es fraglich bliebe, ob sie gegen Objektivitätsmerkmale streitet, die sich etwa aus positiven Beobachtungen über Spiegelung von Phantomen ergeben sollten.3 Indessen nähern wir uns mit dem letzten wiedergegebenen Beispiel bereits dem Tatbestand, der uns früher am häufigsten an die Objektivitätsfrage herangeführt hat: dem der kollektiven Wahrnehmung von Erscheinungen. Der Spiegel vertritt ja in gewissem Sinne selbst schon einen weiteren Wahrnehmenden: er spiegelt zwar nur, während die Netzhaut des Lebenden mehr tut; aber er fügt doch soz. sein Zeugnis zu dem des Lebenden hinzu. Die echte Tatsache kollektiver Phantombeobachtung eröffnet nun sogleich ganz neuartige Argumente zugunsten der Objektivität. Sie ist so häufig und bekannt, daß ich auf Belege für ihre schlichteste Fassung hier verzichten darf, nachdem der Leser schon etliche Fälle von ziemlicher Eindruckskraft kennen gelernt hat.4 Die Würdigung dieses 1) Aus J S P R März 1892 bei Podmore, Stud. 275. 2) J S P R X 308. 3) Bozzano (Hant. 16 i erwähnt statistisch 9 Fälle von Spiegelung und 2 Fälle, in denen das Phantom erat im Spiegel, danach direkt wahrgenommen wurde. 4) S. o. I 630. 88fl. 115f. 120. 126. 2011.208. Der Combined Index der S.P.R. gibt s.v. Hallucinations, collective cases aus Pr, J S P R u. Gurney über 50 Fälle an. Vgl. noch Dr. Vogls Fall in ZP 1927 286IT.; 192944t.; Flammarion I I 239 ff. usw.
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Tatbestandes ist es, woran uns nunmehr liegen muß. Schon Myers sah in ihm, wie erwähnt, einen Anreiz, über das halluzinatorische Wesen von Phantomen hinauszugehn, und andre haben darin fast ohne Bedenken einen Objektivitätsbeweis zu finden gemeint.1 Daß Bedenken sich gleichwohl geltend machen, ist nicht zu leugnen. Zwar glaube ich, daß kollektiven Fällen gegenüber viel zu leichtfertig mit dem Begriff der 'Übertragung' von einem Perzipienten auf einen zweiten, dritten oder weiteren vorgegangen wird: es würde sich hierbei ja durchweg im strengsten Sinn um Heterophanien handeln, eine Annahme, zu der man, aus angegebenen Gründen, nur im Notfall seine Zuflucht nehmen sollte.' Nun steht uns natürlich noch eine andre offen: daß nämlich die inhaltlich übereinstimmenden Halluzinationen mehrerer Perzipienten durchweg von einem Agenten angeregt seien. Handelt es sich um Erscheinungen Verstorbener, so müßte freilich der Animist hier wieder die Erzeugung von Heterophanien fordern, was sich bei den ziemlich häufigen kollektiven Phantomen Lebender erübrigt Gegen diese Annahme der gleichartigen Beeinflussung mehrerer Perzipienten durch einen Agenten machen die Verfasser des UmfrageBerichtes zweierlei geltend: erstens die zahlreichen Falle, in denen Lebende kollektiv erscheinen, die sich z. Zt. in keinerlei gefährlichem Zustand befinden. Doch bezweifle ich die Kraft dieses Arguments; denn 'telepathische' Leistungen, also auch telepathische Beeinflussungen Mehrerer, können wohl jederzeit aus irgendwelchen unterbewußten Antrieben heraus ausgeübt werden; warum also nicht auch Autophanien? Die Unmöglichkeit wäre erst zu erweisen.— Zweitens werden uns kollektive Erscheinungen 'nicht-menschlichen Inhalts' entgegengehalten. Aber soweit es sich hier um solche von Tieren handelt,3 warnen uns zahlreiche Beobachtungen, die Möglichkeit einer telepathischen Wirksamkeit auch solcher Wesen ohne weiteres auszuschließen, — selbst wo die Erscheinung bestimmte verstorbene Tiere erkennbar darstellt; und in dem einzigen Fall einer kollektiven DingHalluzination, den der Bericht erwähnt (der 'Wahrnehmung' eines nicht vorhandenen Stuhls durch zwei Backfische während des Turnunterrichts), könnte es sich leicht um eine bei beiden gleicherweise objektiv angeregte Illusion oder Halluzination handeln.1 Die Verfasser des Berichts scheinen zu glauben, daß wenn eine Erscheinung gleicherweise bei zwei Perzipienten von einem entfernten l ) z . B . Delanne u. Tweedale. 2) S. I 26ff. Gurney (II 1690.) erkannte diesen Begriff durchweg an; ja er vermutete, daB zuweilen der 'primäre' Empfanger eine Erscheinung Übertrage, wahrend sie bei ihm noch latent wäre! (Sog. • Quasikollektivität'. Vgl. dazu die Falle das. 1214. 524; II 61.216. 2511.) 3) Bozzano, Anim. 121 ET. 138fr. 151 fl. 4) Pr X 323 (auch Anm. 1 u. 2).
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'Sender' veranlaßt wird, die Wahrscheinlichkeit bestehe, daß sie bei Beiden verschiedene Formen (etwa auch auf verschiedenen Sinnesgebieten) annehmen werde.1 Aber dies Argument ist zweischneidig, und selbst seine Verfechter müssen zugeben, daß auch bei gegenseitiger oder einseitiger Beeinflussung mehrerer Perzipienten Übereinstimmung ihrer 'Wahrnehmung' nicht notwendigerweise zu erwarten sei. — Ich finde also, daß in allem Vorgebrachten nichts enthalten ist, was uns zwingen könnte, die Kollektivität von Erscheinungen auf die Fortpflanzung derselben von einem Perzipienten auf alle übrigen zurückzuführen. Selbst angenommen, daß die kollektive Erscheinung ihrem Wesen nach rein halluzinatorisch sei, bleibt ihre einheitliche Rückführung auf den Erscheinenden möglich, und es fragt sich nun, ob diese einheitliche Bewirkung eine rein telepathische sei, oder ob uns besondere Umstände der Kollektivität zwingen, über solche Deutung hinauszugehn. Schon unter den Formen schlichter Kollektivität von Phantomwahrnehmungen ist eine, die in diesem Sinn Erwägung fordert. Nichts ist sicherer bezeugt, als daß T i e r e an der Wahrnehmung von Spukerscheinungen aller Art teilnehmen, so oft sie sich an einem Ort und in einer Stellung befinden, die ihnen die Wahrnehmung des Phantoms gestattein würden, falls dieses Wirklichkeit im Raum besäße. Die Belege sind so zahlreich und vielfach auch so bekannt, daß man eigentlich auf jede Anführung verzichten kann, soweit sie der Glaubhaftmachung der Tatsache an sich zu dienen hätte. Ich will denn auch nur ein einziges Beispiel vorlegen, weil es eine sehr ungewöhnliche Art der Rückwirkung des Tieres auf seine Wahrnehmung veranschaulicht. Tiere werden bekanntlich durch jede Art des Spuks fast immer in übermäßigen Schreck versetzt: sie spüren das 'Nicht-geheure' und gebärden sich wie 'wahnsinnig'. Nach dem zu Beginn des vorigen Jahrhunderts viel gelesenen, bewunderten und verspotteten Bericht Dr. Wötzels über die Erscheinungen seiner Frau nach ihrem Tode war das Verhalten des Hundes ein völlig entgegengesetztes. Ungefähr 6 Wochen nach dem Todesfall saß Wötzel Mittags um 1, nachdem er vom Tische aufgestanden, auf dem Sofa, und neben ihm sein Hund. Da hörte er jemand leise über den Vorsaal kommen. [Man beachte auch hier das Einsetzen der Erscheinung mit einer an sich sinnlosen Vorstufe.] E r dachte, es sei die Aufwärterin, welche abräumen wolle. Der Hund pflegte sonst, wenn jemand kam, stets anzuschlagen, auch wenn es die Aufwärterin war; diesmal aber spitzte er bloß die Ohren. Da öffnete sich die nur angelehnte Tür und die Verstorbene erschien. Sie stand kaum einige Schritte weit von Wötzel in ihrer ehemaligen Gestalt' und sagte hörbar, wie schon wäh1 ) das. 324.
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rend einer vorausgegangenen Erscheinung: daQ sie fortlebe und daO er sie wiedersehen werde; mehr zu offenbaren sei sie verhindert. Als Wötzel sie fassen wollte, verschwand sie plötzlich, und eine Durchsuchung der Umgebung ergab nichts. Der Hund nun 'bellte weder vor noch während der Erscheinung; er sprang freudig vom Sofa herab zu ihr hin und um sie herum, und winselte, wie er sonst getan, wenn die Verstorbene ausgegangen war, ohne ihn mitzunehmen, und dann zurückkam, als wenn er sagen wollte: 'Ei, wie lange bist du weggeblieben und hast mich nicht mitgenommen!' Auch nach dem Verschwinden der Gestalt bellte er nicht, sondern lief mit W. zur TOr hinaus, blieb an der Kammer, wo seine Herrin gestorben war, stehen, winselte und wollte hinein. W. öffnete sie, er sprang auf das Bette der Verstorbenen und klagte, als er sie auch hier nicht fand. Er schien sie überall zu suchen und wollte mehrere Tage nicht fressen, wiewohl er vorher guten Appetit gezeigt und nicht krank gewesen. — W. war, wie er versichert, bei all diesen Vorfällen ganz bei Sinnen und höchst mißtrauisch; er wollte Gewißheit haben, sich auf alle mögliche Weise von der Wirklichkeit der Sache oder einem dabei stattfindenden Wahn und Trug überzeugen. Selbst während die Erscheinung zu ihm sprach, reflektierte e r . . . ' 1 Der Hund scheint also in diesem Fall ausnahmsweise nicht die spukhafte Art des Gesehenen gespürt zu haben. Dieser Umstand macht den Fall offenbar noch bedeutsamer; müssen wir doch annehmen, daß das Tier vor allem gesehen habe (anstatt zu 'wittern'), woraus wir auf die Deutlichkeit und Lebensähnlichkeit der Erscheinung schließen mögen.
Die Tatsache der Teilnahme von Tieren an kollektiven Spukwahrnehmungen gelte also an sich als gesichert; es ist ihre theoretische Bedeutung, die hier zu erörtern ist. Ist diese Tatsache doch selbst von Animisten als möglicher Beweis für die mehr-als-halluzinatorische Natur von Erscheinungen bezeichnet worden. Den stärksten Beweis für die Objektivität eines Gespenstes', schrieb Riebet (!), den niemand spiritistischer Neigungen verdächtigen wird, 'würde neben dem Lichtbild das Zeugnis von Tieren liefern... Schon wenn es sich um Halluzinationen handelt, die gleichzeitig bei mehreren Personen auftreten, kann man kaum annehmen, daß die betreffenden Erscheinungen rein subjektiv sind, und diese Annahme stößt noch auf viel größere Schwierigkeiten, wenn gleichzeitig auch Tiere irgendwie äußere Realität [— 'eine Art von wirklicher Materialisation, —] wahrnehmen.'s Allerdings ist diese Ansicht keineswegs die allgemeine; wie denn die Verfasser des Umfrage-Berichts nicht blos der Meinung sind, daß an einer kollektiven Halluzination auch mitanwesende Tiere teilnehmen könnten, sondern sogar die objektive Bedeutsamkeit, also die 'Veridizität' solcher Menschen- und Tier-Halluzinationen zu bestreiten bereit sind. Nur so erklärt sich ihre seltsame Behandlung eines Umstands, 1) Daumer I 266f. 2) Riebet 266f.
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der eigentlich das Gewicht der tierischen Mitwahrnehmung erst voll erfassen läßt. Gesteht man nämlich auch zu, daß Tiere gleich Menschen telepathisch beeinflußbar und zu Halluzinationen befähigt seien, so mag man doch eine Schwierigkeit in den erstaunlich zahlreichen Fällen finden, wo das Tier offenbar als erstes eine Erscheinung wahrnimmt, und erst nach ihm der mitanwesende Mensch, der etwa nur durch das Verhalten des Tieres auf jene aufmerksam gemacht wird. Diesen Fällen gegenüber helfen sich die Vf. des Berichtes damit, daß sie in solchem Benehmen des Tieres — etwa eines Hundes, der aus beliebigem Anlaß in bestimmter Richtung blickt und knurrt — den suggestiven Anreiz zu einer Halluzination des mitanwesenden Menschen suchen!1 Nur die Dürftigkeit der Ernte an Tier-Fällen innerhalb der 'Umfrage' kann eine so windige Ausflucht halbwegs entschuldigen. Sie wird natürlich sofort hinfällig, wenn das Phantom irgendwelche echte Bedeutsamkeit hat, und man muß sich wundern, daß der Bericht den einzigen derartigen Fall, den er aufführt, nicht bei der Erörterung der Mitwahrnehmung von Tieren verwendet, sondern — unter Nichtbeachtung dieses Umstands — bei den Fällen unterbringt, die ein Zusammentreffen von Erscheinung und Todesfall belegen sollen!8 — Wer die Tatsachen nur einigermaßen kennt, kann gar nicht im Zweifel sein, daß, so oft ein bedeutungsvoller Spuk an einer Stelle auftritt, die zunächst im Blickfeld eines anwesenden Tieres liegt, dieses auch stets als erstes das Phantom bemerkt und auf sein Erscheinen reagiert Das erste Beispiel, das diesen Tatbestand veranschaulichen soll, gehört der Übergangszeit vom Leben zum Tode an. — Ein Freund des Mr. J.-W. Boulding machte sich mit seiner Frau an einem Sommernachmittag um 6 im Wagen auf den Weg, um einen in Kensington lebenden langwierig Kranken zu besuchen. An einer bestimmten Stelle des Weges war das Pferd, unter allen Zeichen des Schreckens, nicht von der Stelle zu bringen; es zitterte, strebte zurück und bäumte sich. Die Dame erhob sich schließlich, um nach der Ursache zu sehn, 'und ihre Bestürzung war groß, als sie vor dem Pferde, mit ausgebreiteten Armen, den kranken Freund stehen sah, den zu besuchen sie unterwegs waren. Ihr Schreck war derartig, daß sie ohnm&chtig in die Kissen des Wagens zurücksank.' Man fuhr nach Hause zurück, machte sich später nochmals auf den Weg, und erfuhr bei der Ankunft, daß der Freund um die Zeit der Erscheinung verschieden war.8 — Mrs. Emma-L. Darton berichtete dem bekannten Volkskundler Dr. Andrew Lang, daß sie während des Lesens am Kaminfeuer in ihrem Saal dadurch unterbrochen wurde, daß ihr bis dahin 'auf dem Fußboden schlafender' Hund dumpf zu knurren begann. 'Ich neigte mich zu ihm hinab, um ihn 1) Pr X 326f. 2) Pr X 227. 3) Vgl. Bouldings Bericht (weniger als ein Jahr nach dem Vorfall) in Lt 1907 225 (2. Hand). Ein ganz ahnlicher Fall (aus PrAm) bei Tweedale 118 Anm.
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durch Streicheln zu beruhigen, aber er knurrte nur noch lauter. Ich blickte also in derselben Richtung wie das Tier (wozu ich mich in meinem Stuhl u m d r e h n mußte), und sah zu meinem großen Erstaunen eine in Grau gekleidete Frauengestalt, dicht bei der [geschlossenen] TQr. Ich konnte die Züge ihres Gesichts nicht erkennen, weil es von einer Zimmerpflanze verdeckt wurde. Ich glaubte zuerst, daß es meine Schwester sei, und redete sie an, [bis ihr einfiel, daß die Schwester ausgegangen war und das verriegelte Haus nicht h&tte betreten können. Sie sprang auf, und der Hund stürzte sich kläffend auf die Fremde,] die sofort verschwand, obgleich die Tür des Saales geschlossen geblieben war. Das Tier wies alle Anzeichen des Zorns und Schreckens auf: die Augen funkelten, der Kopf war gesenkt und das ganze Rfickenhaar gesträubt.' Nachdem die Tür geöffnet worden, stürzte es die Treppe hinab und wieder herauf, nach dem Eindringling zu suchen. 1 — Die Erscheinung ließ sich in diesem Fall nicht identifizieren, was aber natürlich nicht ausschließt, daß sie einen echten und bedeutungsvollen Spuk dargestellt habe. — Ein verwandter Bericht Von Miss K. findet sich in Gurneys berühmter Sammlung. — Auch diese Perzipientin saß am Kaminfeuer, 'ganz davon in Anspruch genommen, meine kleine Lieblingskatze zu hätscheln,' die sich schlaftrunken auf ihren Knieen zusammengekauert hatte. Das Zimmer war vom Feuer hinreichend erhellt. 'Plötzlich... hielt die Katze mit Schnurren inne und gab deutliche Zeichen wachsender Unruhe. Ich hatte mich über sie gebeugt und war bemüht, sie durch Liebkosungen zu beruhigen, als sie sieb plötzlich auf allen Vieren aufrichtete und heftig zu fauchen begann, wobei sie in einer Haltung angstvoller Abwehr einen mächtigen Buckel machte und den Schweif sträubte. Dies Benehmen veranlaßte nun auch mich, den Kopf zu erheben, und mit Schrecken gewahrte ich die kleine, häßliche, verrunzelte Gestalt einer alten Vettel, die den [mir gegenüberstehenden] Lehnstuhl meiner Mutter einnahm [die vor nicht langem das Zimmer verlassen hatte]. Sie hielt die Hände auf den Knieen und beugte den Oberkörper vor, wie um ihren Kopf dem meinen näherzubringen. Die durchdringenden, funkelnden Augen starrten mich [mit boshaftem Ausdruck] unbeweglich a n . . . . Sie bannten mich und benahmen mir den Atem.' Die festgehaltene Katze riß sich los, sprang auf Stühle und Tische und schließlich 'mit äußerstem Ungestüm' gegen eine der geschlossenen Türen, dann gegen die andre. Miss K. blickte bald auf die Unholdin, 'deren unheilkündende Augen mich anzustarren fortfuhren', bald auf die Katze, 'die mehr und mehr in Raserei geriet, ? Miss K. vermochte schließlich zu schreien, ihre Mutter eilte herbei, und die Katze sprang dieser buchstäblich auf den Kopf und dann während einer guten halben Stunde immerzu die Treppe auf und nieder, als verfolge sie jemand.' Die Gestalt war inzwischen verschwunden, nachdem sie schätzungsweise 4—5 Minuten lang sichtbar gewesen. — Und nun, was die Bedeutsam1) J S P R XIV 70t. (6 Jahre zwischen Vorfall und Bericht.) 46 ff.
Ein ähnlicher Fall: Savage
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keit der Erscheinung andeutet: 'Man erfuhr später, daß dieses Haus vordem einer Frau gehört hatte, die sich in eben diesem Zimmer erhftngt hatte.' 1 Ziemlich bekannt ist das Erlebnis, das Dr. med. Marie Thilo in Saint-Junien (Schweiz) berichtet hat, doch handelt es sich hier wieder um das Phantom einer wohl schon im Sterben Liegenden. 'Eines Morgens, in der Nacht vom 28. auf den 29. Oktober in Lausanne, wurde ich vor 6 Uhr durch kleine Schläge gegen meine TOr g e w e c k t . . . Ich ließ sie [stets] halb offen [um meiner großen weißen Katze den Weg auf die Mäusejagd freizugeben]. Die Schläge wiederholten sich . . . Zufällig fielen meine Augen auf die Katze, die ihren gewohnten Platz am Fußende meines Bettes innehatte; sie saß mit gesträubten Haaren da, zitternd und knurrend. Die TOr bewegte sich, wie von einem leichten Windstoß, und ich sah eine Gestalt erscheinen, gehallt in eine Art wolkig weißen S t o f f . . . Ich konnte das Gesicht nicht deutlich erkennen. Sie näherte sich mir und ich fohlte einen eisigen Hauch über mich hinfahren . . . Unwillkürlich schloß ich die Augen, und als ich sie wieder öffnete, war alles verschwunden. Die Katze zitterte an allen Gliedern und war in Schweiß g e b a d e t . . . Etwa 15 Tage später erfuhr ich den in der Nacht vom 29. auf den 30. Oktober.in Srinagar (Kaschmir) erfolgten Tod meiner Freundin [einer Missionsärztin] . . 2
So paradox es klingen mag, — man kann eine gewisse Steigerung des eben betrachteten Tatbestands darin erblicken, daß zuweilen das Tier a l l e i n etwas wahrzunehmen scheint, dessen Mitwahrnehmung dem anwesenden Menschen versagt ist, anscheinend infolge seiner geringeren 'Sichtigkeit'. Wo das Tier den höheren Grad derselben für sich beansprucht, bedürfen wir, da es ja nicht ausdrücklich Zeugnis ablegen kann, natürlich besondrer Anzeichen dafür, daß wirklich zur Zeit etwas Bedeutsames wahrzunehmen war. Man wird, was ich meine, ohne weiteres aus folgendem Beispiel ersehn, das mir solche Anzeichen darzubieten scheint. Es wurde dem durch seine kritische Haltung bekannten Forscher R.Lambert von einer durchaus vertrauenswürdigen Dame' erzählt. 'Als sie bei einer Freundin in Stellung war und der Hausherr plötzlich auf Reisen starb, blieb in seiner Todesstunde in seinem Hause eine Uhr stehn, die n u r einmal im Jahr, am Neujahrstage, aufgezogen w u r d e . . . 3 In der Nacht darauf, als die Dame allein mit der Dienerschaft im Hause war, fing der Hund des Hauses, d e r im Studierzimmer des fernen Toten bei einem kleinen Licht zu übernachten pflegte, plötzlich zu wimmern an. Die Dame, die über den Tod des Herrn unterrichtet war, ging zu dem Tier, um es zu beruhigen. Sie sah nun den Hund sich im Kreise drehend immer um sich blicken, wie wenn jemand 1) Gumey I I 197f. (Abstand zwischen Erlebnis und Bericht nicht festzustellen.) Bestätigung des Berichts durch General K „ Bruder der Perzipientin. Weiteres zu dem Fall in J S P R I I I 268fl. Vgl. ferner: Lt 1912 111; Stead 132t. 189f.; Daumer I 66. 227 (durch Bellen geweckt). 207; Pr V 454 Anm.; Flammarlon I I I 18. 2) Flammarion, l'Inconnu 166f. Vgl. die Fälle JAmSPR 1907 432 (Prof. Hyslop) und 1910 45. 3) Vgl. o. I I 365 ft.
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da wäre; er wich aus und war doch wie angezogen, während in seinen Blicken Entsetzen lag. Auch die Dame gewann den Eindruck, als ob jemand im Zimmer sei, ohne jedoch trotz des angezündeten elektrischen Lichts etwas zu sehen. Dann schien der Unsichtbare zu verschwinden, und der Hund beruhigte sich.'1 ("Ähnlich schien in einem von Dr. Hodgson berichteten Fall ein Hund voi* einem dem anwesenden Menschen unsichtbaren Phantom 'rund ums Zimmer' verfolgt zu werden.)*
Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, daß in Lamberts Fall die Dame das Phantom nicht 'trotz', sondern gerade infolge des elektrischen Lichtes nicht habe sehen können. Mit Sicherheit könnten wir solche Nicht-Wahrnehmung wohl nur dann auf geringere Wahrnehmungsfähigkeit schieben, wenn von mehreren anwesenden Menschen nur einer, und zwar ein zweifellos 'sensitiver', die Wahrnehmung des Tieres teilte. Ein solcher Fall ist mir nicht bekannt. Doch finde ich wenigstens von dem bekannten Medium Mrs. Conant berichtet, daß ihr Hund und ihre Katze gleichfalls die 'Geister' gesehen hätten, die sie selber 'hellsichtig' schaute, in der uns aus Früherem wohlbekannten Art.3 Wir folgern also aus dem Angeführten, daß Tiere selbständig ein bedeutungsvolles Phantom wahrnehmen können, unter den zeitlichen und örtlichen Umständen, unter denen auch ein Mensch es wahrnimmt oder wahrnehmen könnte, und knüpfen nun daran die Frage, ob damit ein Hinweis auf ein objektives, d. h. mehr-als-halluzinatorisches Wesen der Erscheinung gegeben sei. Man kann dies verneinen auf Grund der beiden schon erwähnten Annahmen: daß auch Tiere telepathisch beeindruckbar und zu Halluzinationen befähigt seien; Annahmen, zu deren Gunsten sich mancherlei anführen läßt, die also jedenfalls hier als wahr unterstellt werden sollen. Die kollektive Wahrnehmung von Tieren würde dann zwar nicht gegen den spiritistischen Ursprung mancher Phantome streiten, dagegen das 'ontologische' Problem des Phantoms dort belassen, wo auch die kollektive Wahrnehmung von Menschen (in der bisher betrachteten 'schlichten Form') es beläßt. Wenn ich in dieser formelhaft abstrakten Beantwortung unsrer Frage das letzte Wort nicht erblicken kann, so hegt das wieder an der Beobachtung gewisser Nebenumstände in den Tatsachen, und zwar vor allem des außergewöhnlichen Maßes gefühlsmäßigen Reagierens der Tiere dem Phantom gegenüber. Mehrere der obigen Fälle ließen das schon erkennen, und zahlreiche weitere könnten ihnen leicht an die 1) bei Urthal 50. 2) Au» The Arena (Sept. 1889) bei Bozzano, Anlm. 109. Vgl. noch F . Hornig« Fall bei Grabinaki 327 f. 3) Conant 143; auch bei Holms 249.
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Seite gestellt werden.1 Die Wut, der Schreck, die Angst, das Zittern, das Schwitzen der mitwahrnehmenden Tiere geht fraglos meist über alle ihre sonst zu beobachtenden Gefühlsentladungen weit hinaus, und es drängt sich die Frage auf, ob derartige Reaktionen auf das bloße Halluzinieren menschlicher Gestalten' überhaupt noch natürlich erscheinen können. Ist eine solche Halluzination 'voll ausgebildet', also in normaler Deutlichkeit nach außen verlegt, so müßte (wie man annehmen möchte) das Tier die Erscheinung für einen Lebenden halten und auf sein Erscheinen reagieren, wie es sonst auf den 'Eintritt eines Fremden* reagiert Niemand wird behaupten, daß Miss K.s Katze sich der im Lehnstuhl sitzenden 'Vettel' gegenüber verhielt, wie Katzen sonst beim Eintritt einer fremden ältlichen Frauensperson sich verhalten, mag diese noch so 'boshafte' Augen haben. Wir wissen, daß Menschen oft beim Anblick von Phantomen gar keinen Schreck empfinden, eben weil sie diese für (fremde oder bekannte) Lebende halten; daß sie erst n a c h träglich erschrecken, wenn ihnen einfällt, daß die Tür verschlossen ist oder daß es an dem betreffenden Orte spuken soll. Ein solcher 'gedanklich begründeter' Schreck kommt für das Tier natürlich nicht in Frage. Der menschliche Perzipient erschrickt zuweilen auch, wenn er sich sagen muß, daß die Erscheinung ein wirklicher Mensch nicht sein kann, etwa weil sie halbdurchsichtig ist, oder weil sie nicht geht, sondern schwebt, oder weil sie 9elbstleuchtend ist, oder dgl. m. Daß ein Tier aus ähnlichen Gründen erschrecken sollte, ist aber schwer zu glauben, weil ihm die klare Vorstellung davon fehlt, was im Falle von Menschen 'natürlich' ist und was nicht; und selbst we nn sie ihm nicht fehlte: warum sollte jede Abweichung vom Natürlichen gerade Entsetzen bewirken, und nicht bloß Neugier oder Erstaunen? Der menschliche Perzipient bringt eben meist den 'unheimlichen' Begriff des 'Gespenstes' schon mit und fühlt* ihn in die unnatürlich erscheinende Wahrnehmung 'hinein', die dadurch für ihn erschreckend wird. Aber läßt sich das auch vom Tiere sagen? Man mag erwidern: der Begriff des 'Gespenstes' s e i überhaupt nur darum schreckerregend, weil ein 'Urinstinkt' der Lebenden das Jenseits mit Furcht und Zittern von sich weise; und dieser Urinstinkt sei auch im Tiere wirksam. Ich habe keinen Streit mit solcher Auffassung und will ihrer Verwässerung durch den Hinweis auf 'Anerziehung durch Kindermädchen' u. dgl. nicht das Wort reden. Aber wird man vernünftigerweise erwarten dürfen, daß dieser Instinkt sich auch dort betätige, wo eine 'Halluzination* in nichts von der normalen Wahrnehmung eines Menschen 'inhaltlich* abweicht? Hier tritt die erstaunliche Oberflächlichkeit der üblichen 1 ) S . z. B . den Fall der Mrs. T . bei Rlchet 266, und P S X X V I 6581T.
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telepathiatisch-halluzinatorischen Betrachtung unsres Tatbestandes deutlich zu Tage. Wir müssen sie gründlich überwinden, um zu begreifen, daß die maßlose Reaktion der Tiere nur der Erfassung von etwas ganz Absonderlichem an der Erscheinung entspringen kann, was außerhalb aller unmittelbaren Wahrnehmungsinhalte liegt und weder mit Graden halluzinatorischer Deutlichkeit noch mit leichten Abweichungen vom Gewöhnlichen etwas zu tun hat. Ich habe sogar den sehr bestimmten Eindruck, daß Tiere im Durchschnitt in höherem Grade dieses 'ganz Absonderliche' empfinden, als Menschen, die sich 'Gespenstern' gegenüber viel leichter 'täuschen' lassen; eben weil die Tiere den Urtatsachen' des Lebens näher stehen, als der Durchschnitt der Menschen. Es finden sich zwar auch Fälle, in denen Tiere ein Phantom zeitweilig für den 'lebenden Betreffenden' gehalten zu haben scheinen, ein Hund also etwa zunächst an dem (für Menschen unsichtbaren, aber mit Wahrscheinlichkeit vorauszusetzenden) Phantom 'emporspringt' und dann erst 'plötzlich mit einem Entsetzensgewimmer umfällt';1 ja wir hören von Tieren, die, soweit berichtet, bei ihrem Vertrauten' Verhalten don Phantom des verstorbenen Herrn gegenüber verharren.* Was in solchen Fällen ein Erkennen der 'Absonderlichkeit' und Spukigkeit verzögert oder verhindert, können wir natürlich nicht sagen; jedenfalls aber bilden diese Fälle durchaus verschwindende Ausnahmen und lassen die schreckvolle Betätigung jenes Urinstinkts' als das beim Tier Normale unangetastet. Ich kann mich z. B. für folgende Tatsache verbürgen: Als mein Schwiegervater während des Lesens der Abendzeitung einen Schlaganfall erlitt, der ihn nach ärztlichem Urteil 'augenblicklich' tötete, glaubte die neben ihm sitzende Tochter, meine spätere Frau, weil sie seinen Kopf langsam sinken sah, er sei beim Lesen 'eingenickt1, und richtete in diesem Sinn eine harmlos-neckende Frage an ihn. Der gleichfalls anwesende Terrier dagegen, ein allerdings in jeder Hinsicht hochbegabtes Tier, stieß einen Schrei aus, so durchdringend, daß Nachbarn herzuliefen, um zu fragen, was mit dem Hunde geschehen sei, stürzte aus dem Zimmer und blieb zwei Tage lang verschwunden, — bis man ihn am dritten im Arm der aufgebahrten Leiche wiederfand. Daß das damals ein Jahr alte Tier keine 'Erfahrung' vom Sterben besaß, braucht nicht versichert zu werden. Um so rätselhafter bleibt es, woran denn er die 'Jenseitigkeit' und Spukigkeit des nach außen hin völlig harmlos erscheinenden Vorgangs erkannt hatte. Aber gerade solche Beobachtungen sprechen dafür, daß die Feinfühligkeit des 'naturnäheren' 1) Vgl. den Fall bei Kemmerich 470. o. S. 9f.
2) Feilgenhauen Fall das. 471, und Dr. Watzels
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Tieres für das echt Jenseitige die des 'vernünftigeren' Durchschnittsmenschen weit übertrifft, der in seiner Auffassung des Spuks viel mehr an der wahrnehmungsmäßigen Oberfläche haften bleibt. Das beweisen auch die Fälle, in denen Tiere in der gleichen maßlosen Weise auf bloß g e h ö r s m ä ß i g e n Spuk reagieren, der rein als 'Vorstellung' betrachtet durchaus nichts Schreckhaftes an sich hat, es sei denn wieder auf dem Umweg über verwickelte Ü b e r l e g u n g e n , wie nur der Mensch sie anstellen kann. Zwei solche Beobachtungen berichteten Mrs. Treloar in River, Dover, und ihre Schwester, Mrs. Gardiner, im April 1888 der Ges. f. ps. F. Im erstes Falle wurden beide Damen im väterlichen Pfarrhaus in Weeford, Staffordshire, erweckt durch einen 'klagenden Ton', dessen Ursprung durch Nachforschungen nicht festzustellen war. 'Aber wir fanden eine Lieblingsbulldogge, ein sehr mutiges Tier, vor Schrecken zitternd, die Nase in einige Feuerholzknfippel vergraben, die unter der Treppe gespeichert waren.' Im zweiten Falle (dem 'frischeren', von 1879) wurden alle Insassen einer einsam gelegenen Rektorei, außer dem Hausherrn, erweckt durch einen 'schrecklichen Laut des Kreischens oder Jammern«, unähnlich irgendetwas je von uns Gehörtem... Es schien vom Flurgang vor der Tür des Zimmers unsres Vaters herzukommen.' Alles fand sich schreckerfüllt zusammen, die Nacht war still, keinerlei Ursache für den Ton zu entdecken, 'der innerhalb des Hauses zu sein schien, zwischen den Dachsparren, und nach einiger Zelt, vielleicht einer Minute oder mehr, aus dem Fenster hinauszuschweben und hinzusterben schien. Die B u l l d o g g e r a n n t e n n t e r d a s Bett.' In einem weiteren Briefe heißt es sogar: 'Wir hatten drei Hunde, die in meiner Schwester und in meinem Schlafzimmer schliefen, und sie alle duckten sich in Furcht, mit gesträubten Rückenhaaren; einer — eine Bulldogge [offenbar das eben erwähnte Tier] — war unter dem Bett und weigerte sich herauszukommen, und als man ihn hervorzog, zitterte er am ganzen Leibe.'1 In beiden Fällen ging der Klangspuk dem Tode einer Person (im zweiten sogar dem der einzigen Person) voraus, die nicht durch ihn erweckt wurde, und zwar in beiden Fällen um nur 1—3 Wochen. Ich halte dies für beachtenswert: es könnte darauf hindeuten, daß der Spuk — ein sog. Vorspuken, banshee — von eben dieser Person selbst ausging. (Ein Fall in meiner nächsten Verwandtschaft bestärkt mich in dieser Vermutung: In der Nacht vor dem eben beschriebenen Tode meines Schwiegervaters wurde seine ganze Familie, a u ß e r ihm selbst, durch das wütende Anschlagen jenes Hundes auf dem Hausflur geweckt, wobei alle deutlich eine leise Stimme hörten, die das Tier beruhigen zu wollen schien. Jeder vermutete von einem der andern, daß er zu diesem Zweck aufgestanden und auf den Flur gegangen sei; doch erwies sich am nächsten Tage, daß keiner es getan hatte. Der Vater allein hatte den Vorgang — Verschlafen'; wie ich vermuten möchte, weil er 'nicht 1) Pr V 307f. Vgl. Bozzano, Haut. 135 und Alllson 230. M a t t i e i e n , D u persönliche Überleben III
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bei sich', sondern bei dem Hunde gewesen und von diesem als Spuk wahrgenommen worden war.) 1
Man mag nun freilich einwenden, daß in diesen Fällen die spukigen Laute doch auch an sich etwas 'nicht Geheueres' gehabt hätten, — so wenig sie auch z. B. (für einen Hundekenner 1) das Verhalten der 'mutigen Dogge' wirklich erklären mögen. Aber auch Spuklaute, denen an sich — also abgesehn von 'Überlegungen' über ihre natürliche Unmöglichkeit am betreffenden Orte — nichts Schreckenerregendes eignet, scheinen bei Tieren gelegentlich den Eindruck des Grauenvollen zu bewirken. Dies könnte ein dem General J. Peter vom Rittergutsbesitzer Baron X. berichteter Fall belegen. Dieser pflegte während der Herbstjagd ein 'altes Schloß' zu bewohnen, das als spukig galt. Eines Abends vom Waidwerk heimgekehrt und bei der Lampe am Schreibtisch sitzend, hörte er 'das Beten von Mönchen', deren 'Responsorien unten aus dem ersten Stockwerk zu kommen schienen, wo eine Hauskapelle eingebaut war.' Baron X. rief dem neben ihm liegenden Jagdhunde, einem 'starken und sehr scharfen Tier', um gemeinsam mit ihm dem Gehörten nachzugehn. 'Aber der Hund war unter das Kanapee gekrochen und nicht zu bewegen, hervorzukommen. Sein Herr zog ihn mit Gewalt hervor, allein das zitternde Tier sträubte sich und kroch, freigelassen, sogleich wieder in sein Versteck zurück.' Baron X. begab sich zur Kapelle, hörte 'auf dem Korridor deutlich das Respondieren', glaubte auch durch das Schlüsselloch der Tür einen Lichtschein zu sehn, fand aber alles dunkel und still, als er öffnete. Auch der Kastellan und seine Frau hatten das *Beten' gehört, aber nicht zum ersten Mal, wie der Baron. Als dieser in sein Zimmer zurückkehrte, lag der Hund noch immer in seinem Versteck. 'Wären es menschliche Stimmen gewesen, hätte der Hund unfehlbar Laut gegeben.'2
Solche Beobachtungen, falls man ihnen Glaubwürdigkeit in der entscheidenden Einzelheit nicht abspricht, bestärken uns in der Ansicht, daß das Tier dem Spuk gegenüber nicht nur 'flache' Vorstellungen (des Gesichts oder Gehörs) erlebt, nicht nur soz. 'reine' Halluzinationen, sondern zugleich mit ihnen noch eine besondere Eigenschaft, die ihm die 'Witterung' für das 'Jenseitige' verschafft: und diese Witterung kann ich mir am ehesten zustandekommend denken, wenn mit dem erscheinenden oder erklingenden Spuk tatsächlich ein irgendwie Objektives zugegen Ist, das vom 'natursichtigen' Tier in seiner ganz besonderen Wirklichkeit erfaßt wird. Dies ist der Grund, weshalb ich, bei ehrlicher Anschauung der Tatsachen, in dem Mit-Wahrnehmen der Tiere nicht einen rein zahlenmäßigen Zuwachs zur Tatsache kollektiver Wahrnehmung erblicken kann (wobei die Gleich1) Mehrere der Im VI. Abschnitte beschriebenen Falle von Exkursion belegen diese Schwererweckbarkeit. 2) bei Usthal 82f.
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setzung des Phantoms mit Halluzination sich allenfalls verteidigen ließe), vielmehr einen 'spezifisch-qualitativen* Zuwachs, der einen neuen Hinweis auf die Gegenständlichkeit gewisser Phantome liefert. Eine letzte Eigentümlichkeit mancher verwandter Vorfälle soll uns den Übergang zu neuen Formen der Kollektivität überhaupt vermitteln: ich meine die Tatsache, daß auch das Tier eine Ortsbewegung des Phantoms beobachtet, und zwar nicht nur an sich, wie in einigen der obigen Beispiele, sondern in Übereinstimmung mit der Wahrnehmung menschlicher Mitperzipienten. Ein Beispiel mag dies zunächst verdeutlichen. Hr. Daniel Amosow berichtet, unter Gegenzeichnung seiner Mutter und des Hrn. Kusma Petrow, daß an einem Maiabend 1880 gegen 6 Uhr, wahrend er mit seiner Mutter und seinen jüngern Geschwistern im Saal ihres Petersburger Hauses saß und ein Besucher sich mit seiner Mutter unterhielt, — die allgemeine Aufmerksamkeit plötzlich auf den Hund Moustache gelenkt wurde, 'der unter lautem Gebell auf den Ofen zu stürzte. Unwillkürlich blickten wir alle in derselben Richtung und sahen auf dem Gesims des großen Fayence-Kachelofens einen kleinen Knaben, etwa 5 Jahre alt, im Hemde. In diesem Knaben erkannten wir den Sohn unsrer Milchhändlerin, Andrej, der häufig mit seiner Mutter zu uns zum Spielen kam; sie wohnten ganz in unsrer Nähe. Die Erscheinung löste sich vom Ofen ab, bewegte sich über uns alle hin und verschwand im offenen Fenster. Während dieser ganzen Zeit — etwa 15 Sekunden — hörte der Hund nicht auf, aus voller Kraft zu bellen, und lief und bellte, indem er der Bewegung der Erscheinung folgte.' Bald danach kam die Mutter Andrejs und berichtete, daß dieser, der' seit einigen Tagen, wie man wußte, krank lag, 'wahrscheinlich um die Zeit, d a wir seine Erscheinung sahen, gestorben war'. 1 Auch in einem von Mr. G. de Steiger erzählten Falle 'folgte eine Katze mit dem Blick dem Geräusch der Schritte, als nähme sie den wahr, oder bemühte sich, den wahrzunehmen, der sie erzeugte'. Diese Schritte waren von ihrem Herrn, einem Offizier, und dessen Burschen schon vorher mehrfach vernommen worden.*
Die mögliche Bedeutung dieser besondern Art von kollektiver Wahrnehmung springt in die Augen. Es ist nicht gleichgültig, ob mehrere Subjekte eine Erscheinung (deren Objektivität in Frage steht) nur überhaupt gleichzeitig währnehmen, oder auch am gleichen Fleck; es ist noch weniger gleichgültig, ob sie die Erscheinung gleichzeitig denselben Weg im Raum zurücklegen sehen. Es wäre in der Tat ein mehr als sonderbarer Zufall, wenn dies letztere bei einer bloßen Halluzination stattfände; denn eine suggestive Beeinflussung des einen durch die wandernde Blickrichtung des andern wird ehrlich blos ganz 1) Pr X 227 (11 Jahre nach d. Ereignis berichtet).
2) Bilms 479.
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selten in Frage kommen; noch seltener wohl zwischen Mensch und Tier. Einen 'rein-menschlichen' Fall solcher kollektiven Bewegungswahrnehmung habe ich in andrem Zusammenhang wiedergegeben — es war der von Dr. Isnard berichtete 1 —, und der Leser wird gebeten, ihn hier noch einmal sich zu vergegenwärtigen. Und doch ist diese Art der kollektiven Beobachtung noch einer bedeutsamen Steigerung fähig: wenn nämlich die Erscheinung mehreren von einander unabhängigen Perzipienten kurz n a c h e i n a n d e r an so v e r t e i l t e n S t e l l e n sich zeigt, wie ein wirkliches, sich fortbewegendes Wesen sie in den gleichen Zeitabständen einnehmen müßte. Auch hierfür habe ich schon früher einen Beleg geliefert, nämlich die kollektive Beobachtung der Spukgestalt im Mortonschen Hause vom 12. August 1884.2 Hier wurde die 'weinende Dame' zunächst von zwei Perzipientinnen durchs Haus und, daran anschließend, von zwei andren über einen Rasenplatz nach dem Obstgarten zu sich bewegend gesehn. Der Fall sollte dort eine 'selbständige' Ortsbewegung von Phantomen veranschaulichen und deren Verursachung von außerhalb der Perzipienten nabelegen. Hier nun soll er die Frage stellen, ob eine solche 'sukzessionale Kollektivität' der Wahrnehmung nicht zur Annahme von etwas sich bewegendem O b j e k t i v e m förmlich zwinge. Ich sehe nicht ein, wie eine solche Folgerung zu umgeben wäre; muß aber freilich betonen, daß die einwandfreie Feststellung dieses Tatbestands von mancherlei Glückszufällen abhängig ist. — Auch der vom Ehepaar Davis dem Rev. W. S. Grignon berichtete Fall kommt dem fraglichen Grundriß schließlich nur nahe. Hier wurde Airs. Davis in der Neujahrsnacht 1882 'durch ein ungewöhnliches Licht' in ihrem Schlafzimmer erweckt und 'sah an [ihrem] Bette die Gestalt einer ältlichen Person vorübergleiten; diese bewegte sich durch die geschlossene Tür in Mr. Davis' [nebenan gelegenes] Zimmer'. Mr. Davis seinerseits schreibt (am 21. Febr. 1889), er sei in der gleichen Nacht 'aus ruhigem Schlaf erweckt worden durch ein Licht, das durch die Tür, die ins Schlafzimmer meiner Frau führte, hereinzudringen schien, und unmittelbar darauf erschien eine Gestalt, näherte sich [meinem] Bett, neigte sich nieder, um mich zu küssen, und verschwand plötzlich, aber erst nachdem ich die Züge der Erscheinung als die meiner Mutter erkannt hatte, welche 81 Jahre alt i. J. 1872 gestorben war.'1
Eine andre Verwicklung der Kollektivität, deren Verwirklichung bei bloß halluzinatorischer Art der Wahrnehmungen kaum zu erwarten ist, wäre gegeben, wenn mehrere Personen das Phantom von v e r s c h i e d e n e n P u n k t e n her in so v e r s c h i e d e n e r G e s t a l t u n g wahrneh1) Delanne 1165f. (s. o. 1120). 2) o. 1115f. 1888). Vgl. den mehr 'akustischen' Fall Guthrie o. I 481.
3) Pr VI 289f. (Bericht V. J.
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men, wie ein wirklicher Körper sich ihnen unter gleichen Umständen darstellen müßte. Es ist klar, daß auch dieser Tatbestand 'stereoskopischer Kollektivität' sich nur in Glücksfällen verwirklichen, in noch selteneren Glücksfällen sich in den Angaben der einzelnen Perzipienten überzeugend spiegeln wird. Die zufällig, d. h. ohne Bewußtsein von der theoretischen Wichtigkeit dieses besonderen Umstands zustandegekommenen Berichte werden meist gerade an entscheidender Stelle versagen. So in einem bei Gurney abgedruckten, wonach der eine Perzipient, während er eine schwierige Flötenmusik spielte, 'einen Schatten von etwa grauer Farbe neben sich zur Rechten stehen' sah, 'etwas schräg vor mir. Ich sah nicht die ganze Gestalt, sondern was ich sah, war ein Teil eines schattenhaften Gesichts, die Umrißlinie der Stirn und Nase, des Mundes und Kinnes, sowie ein Teil des Halses...' Er sagte aber nichts, bis seine Klavierbegleiterin unabhängig äußerte, sie habe 'jemand hereinkommen gefühlt; ich sah Rficken und Schultern der Gestalt eines Mannes, sie ging wie ein Schatten hinter dir vorüber, stand zu deiner Rechten und verschwand dann'.1 Eine Angabe hätte den Beschreibungen beider Zeugen zu 'stereoskopischer Ergänzung' verhelfen können: die Angabe der Stellung, in der sie selbst sich zu einander befanden. Aber gerade diese Angabe fehlt. —
Die beiden letztbesprochenen Tatbestände, soweit einwandfrei feststellbar, würden in Verbindung mit gewissen Einzelheiten der tierischen Mitwahrnehmung vollauf genügen, die kollektive Beobachtung des Spuks zu einem Beweis für seine Objektivität im Räume zu machen. Nur im Anschluß an diese stärkeren Argumente mögen schließlich noch zwei Formen kollektiver Wahrnehmung erwähnt werden, die zwar leichter telepathistischen Deuteleien ausgesetzt sind als jene, unseren Gedankengang aber doch seltsam natürlich abrunden. — Die erste könnte man als mehrsinnige — oder 'multisensuale' — Kollektivität bezeichnen. Ein mögliches Beispiel hierfür ist der früher wiedergegebene Fall des Korporals Q., der durch das 'Gewicht auf seinen Füßen' erweckt und alsbald von dem Gemeinen W. im Nachbarbette angesprochen wird: 'Heda, da sitzt jemand auf deinen Beinen'.2 Damit vergleiche man eine Erfahrung der Mrs. Winbridge in London. Während sie ihren 3 jährigen Knaben die Treppe hinauf in sein Schlafzimmer trug, fühlte sie 'deutlich einen Druck' und hörte das Rascheln eines Kleides an ihrer Seite, 'als wenn eine Frau mich im Vorübergehn gestreift hätte'. Dies wiederholte sich noch 'deutlicher' auf der zweiten Treppe. Während sie dann zeitweilig auf dem Bette ihres Kindes und diesem zugekehrt lag, sagte der Knabe plötzlich auffahrend: 'O Mutter, da steht eine Dame hinter dir.' 'Im selben Augenblick fohlte ich einen Druck und wußte, daß er von meiner Be-
1) Gumey II 200f.
2) o. I 2071.
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Argumente aus der Objektivität
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kannten stammte. Ich wagte nicht, mich umzusehn.' Jene "Bekannte' war eine schwerkranke Arme, deren Pflege Mrs. .W. sich zeitweilig, aber nicht in der letzten Zeit gewidmet hatte, deren schon vor 3 Tagen erfolgter Tod ihr aber verheimlicht worden war. 1 Das zweite zu erwähnende Verhältnis besteht darin, daß zwei Personen den Spuk an der gleichen Stelle beobachten, aber in einem zeitlichen Abstand von einander, der groß genug ist, um die beiden Wahrnehmungen als unabhängig von einander zu kennzeichnen, und doch klein genug, um den natürlichen Anschein zu erwecken, der Spuk sei während der Zwischenzeit 'an s e i n e r S t e l l e g e b l i e b e n ' . Wer gelehrte Fachausdrücke liebt, könnte dies als 'sukzessional-stationäre Kollektivität' bezeichnen. Das Beispiel, das ich hierfür gebe, verknüpft den fraglichen Tatbestand mit dem der Mehrsinnigkeit. 'Ich öffnete', schreibt Miss L. A. Lister, 'die Tür des Salons und stand einen Augenblick still, um zu überlegen, wo [eine Freundin, die wenige Monate zuvor den Gatten verloren hatte und bei der Miss L. zu Besuch weilte, ein gewisses Buch] hingelegt haben mochte, — als ich zu meiner Verblüffung ihren Gatten am Tische sitzen sah; seine Ellbogen ruhten auf dem Tisch, dicht bei dem Buch... Ich entschloß mich, es zu holen, und schritt auf den Tisch zu. [Die Erscheinung] schien zu lächeln, als durchschaue sie meine Gedanken. Ich ergriff das Buch und brachte es [meiner Freundin], ohne etwas zu erwähnen, begab mich dann ins Badezimmer und vergaß die ganze Sache bald. Aber nachdem ich etwa 20 Minuten dort gewesen war, hörte ich meine Freundin hinaufgehn und die Tür zum Salon öffnen. Ich lachte [!] und lauschte, ob sie noch drin wäre, und hörte sie gleich darauf aus dem Zimmer heraus- und die Treppen in mächtigen Sprüngen hinunterlaufen, worauf sie wie wild die Eßzimmerglocke läutete... Ich kleidete mich so rasch als möglich an und ging zu ihr hinunter, wo ich sie sehr blaß und zitternd vorfand... 'Ich habe meinen Mann gesehn, erwiderte sie [auf meine Frage] . . . Das heißt, ich sah ihn nicht eigentlich, aber er sprach zweimal zu mir; ich lief aus dem Zimmer und er folgte mir und legte seine kalte Hand auf meine Schulter.'2 — (Man überlege die N a t ü r l i c h k e i t der V e r s c h i e d e n h e i t beider Wahrnehmungen vom Standpunkt des E r s c h e i n e n d e n aus, ehe man die reichlich naheliegende telepathistische Deutung hervorholt.) 1) Pr III 89.
2) PrV445.
Photographische
Aufnahmen von Phantomen
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2. Photographische Aufnahmen von Phantomen Gestehen wir zu, daß die besonderen Formen kollektiver Spukbeobachtung bereits irgendwelche Objektivität der Erscheinung glaubhaft machen, so legt sich nun die Frage nahe, ob dem Phantom auch irgendwelche Einwirkungen auf seine nicht-menschliche Umgebung nachzuweisen seien; ob es sich also nicht nur als Wesen unter Wesen, sondern auch als Ding unter Dingen zeige. — Unter solchen objektiven Wirkungen müßten die an erster Stelle stehn, die den bisher belegten sachlich am nächsten verwandt sind. Im Obigen handelte es sich um Argumente aus besonderen Verhältnissen der Wahrnehmung, Eis gibt aber auch eine quasi-objektive Art der Wahrnehmung. Man hat das Auge einer photographischen Kamera verglichen: man könnte auch umgekehrt den photographischen Apparat als ein dingliches Auge bezeichnen. Wenn es jedem Anwesenden wahrnehmbare 'Erscheinungen' gibt: müßten solche nicht auch von einer 'gleichzeitig anwesenden' photographischen Platte 'wahrgenommen' werden? Und würde solche 'objektive Kollektivität' der Wahrnehmung nicht viel bündiger die mehr-als-halluzinatorische Natur von Phantomen beweisen, als alles bisher Vorgebrachte? Eine seltsame Tatsache, die uns schon mehrfach begegnet ist, drängt sich hier aus dem Zusammenhang heraus auf: die Beobachtung, daß von Phantomen häufig ein Leuchten auszugehen scheint; denn die Aussendung von Lichtstrahlen ist ja doch Voraussetzung des Photographiertwerdens. Nun wird man dem Selbstleuchten und Lichtaussenden so vieler Phantome an sich nicht viel Bedeutung beimessen wollen, ebenso auch der Tatsache, daß so häufig Lichtmassen oder -wölken geradezu an die Stelle eines Phantoms zu treten scheinen; denn selbst reine Halluzinationen (also wohl auch wahre) können leuchtend oder lichtumflossen sein oder überhaupt nur in Lichterscheinungen bestehen. Immerhin gibt es zwei Merkmale solchen Phantomlichts, die seine mehr-als-halluzinatorische Natur zu beweisen scheinen. Erstens wird das Licht zuweilen nicht nur vor jeder Wahrnehmung einer Gestalt gesehn (das könnte noch eine erste Entwicklungsstufe der Halluzination überhaupt bedeuten), sondern auch abseits von der S t e l l e , an der das Phantom erscheint; indem dieses etwa zunächst durch zwischengelagerte Dinge verdeckt wird, während das licht' bereits dort wahrgenommen wird, wo es hinstrahlen müßte, falls das Phantom seine Quelle wäre. Dieser Art war die Lichtwahrnehmung in dem von Mrs. Lewin berichteten Erlebnis, die einen Lichtschein hinter ihrer Bettlehne emporstrahlen sah und.
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Argumente
aus der Objektivität
der Erscheinung
sich erhebend und Ober die Lehne blickend, das Phantom eines in ihrem Zimmer verstorbenen Unbekannten erblickte.1 Ähnliches veranschaulicht aber eigentlich auch der früher nach Owen angeführte Fall eines Geistlichen, der, in einem ungewohnten Bette früh erwacht und die Angelegenheiten des nächsten Tages überlegend, dabei 'plötzlich sich eines Lichtes im Zimmer bewußt wurde'. "Mich u m d r e h e n d , gewahrte ich deutlich eine weibliche Gestalt, und was meine Aufmerksamkeit besonders erregte, war der Umstand, dafi das Licht, vermöge dessen ich sie sah, von ihr selber ausging.'' In einem von Mrs. W. O. S. berichteten Falle wurde diese plötzlich aus tiefem Schlaf erweckt durch den Anruf ihres im Nebenzimmer schlafenden Gatten, wobei sie die Wahrnehmung machte, daß während ihr Zimmer dunkel war, jenes von einem 'sanften gelben Licht durchflutet' erschien, welches auch noch fortbestand, aber im Schwinden begriffen war, als sie das Zimmer betrat. Ihr Gatte, ein Arzt, war gleichfalls von einem 'starken Licht' geweckt worden, hatte dann aber eine Gestalt gesehn, von der das Licht ausgegangen zu sein scheint (sie war 'sehr hell gekleidet' gewesen) und die er nachträglich als Phantom einer etwa gleichzeitig gestorbenen Patientin auffaßte, die in ihren letzten Augenblicken nach ihm gerufen hatte. 3 Das folgende Beispiel bietet den gleichen Tatbestand in noch eindrucksvollerer Form, wurde aber leider erst 26 Jahre nach dem Erlebnis aufgezeichnet. — In ihrer Beschreibung eines Spukhauses, wo wiederholt Geschrei, Weinen und Reden gehört und die unten beschriebene Gestalt gesehen wurde, erwähnt die Perzipientin, Mrs. Pennée, Tochter eines englischen Parlamentsmitgliedes, u. a. auch das Folgende: Sie war etwa um 12 Uhr nachts aufgestanden, um ihrer kleinen Tochter eine Arznei zu reichen, 'als das Kind meine Aufmerksamkeit auf ein helles Licht lenkte, das unter der [geschlossenen] Tür durchschien. Ich rief aus, es sei ihr Vater, und öffnete die Tür, um ihn hereinzulassen. Mir gegenüber stand eine Frau. Sie hatte ein Kindchen auf ihrem linken Arm, einen gemusterten Shawl quer über die Brust, und rings um sie her schien ein helles, angenehmes Licht... Sie bewegte sich quer über die Treppe und verschwand in die gegenüberliegende Wand hinein.' — Es lagen Gründe vor, die Erscheinung mit einer Verstorbenen in Verbindung zu bringen.* Ein andres Merkmal, das dem Phantomlicht mehr-als-halluzinatorische Artung sichern könnte, bestände in seiner Fähigkeit, die D i n g e d e r U m g e b u n g s i c h t b a r zu m a c h e n . In der Tat scheinen viele Phantome durch ihr Selbstleuchten auch ein völlig dunkles Zimmer, in welchem sie gesehen werden, bis zur Sichtbarkeit vieler Einzelheiten darin zu erhellen. Ist diese Umgebung dem Perzipienten sehr vertraut (wie etwa das eigene Schlafzimmer), so mag man eine Mithalluzinierung des Wohlbekannten vermuten, oder gar ein Ergebnis von Über1) S. o. I 21t. 2) Owen, Footfalls 296 B. (Vgl. o. I 34f.) Vgl. Miss Caldecotts Fall Pr X 293f.; Stead 267 u . a . m . 3) PrAm 405—8 (Podmore, App. 286 fl.). 4) Pr V I 61.
Photographische
Aufnahmen
von Phantomen
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empfindlichkeit des Auges nach gründlichster Dunkelanpassung.1 Anders liegt der Fall, wenn das Sichtbargemachte etwas völlig Fremdes ist; wenn z. B. der Beobachter die Objektivität des Phantomlichts dadurch feststellen kann, daß es ihn instandsetzt, im an sich dunklen Zimmer zu lesen, ja etwa gar 'kleine Schrift' zu lesen. Dies wird tatsächlich behauptet vom Licht einer n a c h t r ä g l i c h i d e n t i f i z i e r t e n Spukgestalt, die der bekannte livländische Baron v. Güldenstubbe, der Verf. der 'Pneumatologie' und andrer Werke, beschrieben hat. Dieser hatte am 16. Marz 1854 bei Licht im Bette gelesen, als er nacheinander 8—10 'elektrische Schläge' empfand. Er ging [offenbar mit dem Licht] in den Saal, kehrte aber ohne Licht ins Schlafzimmer zurück, um ein Taschentuch zu holen, und sah 'bei dem Licht, das durch die offene Tür de» Saales fiel, gerade vor dem Kamin . . . ein Etwas, das wie eine dunkle Säule grauen Dampfes, ein wenig leuchtend, aussah'. Da er es für eine Spiegelung hielt, beachtete er es nicht, fand aber, als er noch einmal aus dem Saal zurückkehrte, um Holz zu holen, daß 'die Erscheinung... nahezu bis zur Decke des [12' hohen] Zimmers reichte'. Ihre Färbung war nunmehr das Blau einer Spiritusflamme, und sie leuchtete stärker. Während er hinschaute, 'wurde allmählich in ihrem Innern die Gestalt eines Mannes sichtbar', etwas dunkler blau, als die 'Säule', und mit nur allmählich deutlicher werdenden Umrissen, Gesichtszügen und natürlichen Farben. Die endlich völlig lebensgleiche Erscheinung wurde genau betrachtet und wird uns in allen Einzelheiten geschildert. "Nach einigen Minuten löste sich die Gestalt von der Säule los und bewegte sich vorwärts, wobei sie langsam durch das Zimmer zu schweben schien, bis sie sich [v. G.] bis auf 3' genähert hatte.' Sie erhob die Hand, schien sich grüßend zu neigen, bewegte sich nach einiger Zeit aufs Bett zu, gegenüber dem Kamin, kehrte dann mit einer Wendung nach links zum Kamin zurück, wobei ihr Rücken deutlich sichtbar wurde, trat wieder auf den Baron zu und wiederholte diese Runde vollkommen lautlos noch etwa neunmal. Darauf wurde sie undeutlicher, 'und während die Gestalt dahinschwand, bildete die blaue Säule sich allmählich wieder und schloß sie wie zuvor ein'. Diesmal leuchtete sie übrigens sehr viel heller, sodaß das Licht den Baron instandsetzte, ein oder zwei Verse einer in Colonelschrift2 gedruckten Bibel experimentweise zu l e s e n . . . "Ganz allmählich verblaßte das Licht, indem es zeitweilig aufzuflackern schien, wie eine verlöschende Lampe.' — Erst Tags darauf erfuhr G. auf Erkundigungen hin von der Frau des Hauswarts, daß die Erscheinung bis in die geringsten Einzelheiten, auch der Kleidung, einem in jenem Zimmer verstorbenen Herrn Caron geglichen, von dem — oder gar dessen Aussehn — er nie zuvor gehört hatte; und daß auch Andre ihn ebenso gesehen hatten.3 Im nachstehenden Falle, den Tweedale berichtet, betraf die Sichtbarmachung zwar nur vertraute Gegenstände, doch hat er ander1) So Fr X 81 u. 2) m l n i o n - t y p e , eine Schriftart zwischen Petit und Nonpareille. 3) Owen, Footfalls 282 fl. Vgl. den Fall Pr X 345.
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Argumente
seits den Vorzug Leuchtens.
aus der Objektivität kollektiver
der
Wahrnehmung
Erscheinung des
phantomhaften
'In der Nacht des 19. Dez. 1907 wurde meine Frau geweckt durch ein Gefühl heftiger Kalte und einen kräftigen kohlen Wind, der auf ihre Backen blies. Sie wandte den Kopf, erhob sich und sah zu ihrer Verblüffung eine hohe Säule weißen wolkigen Lichts am Fußende ihres Bettes auf der mir zugekehrten Seite stehen, vom Fuß des Bettes bis zur Decke reichend. Während der kalte Wind die ganze Zeit Ober blies, starrte sie die Erscheinung wie zaubergebannt eine Minute oder länger an, während welcher Zeit sie bemerkte, daß das Licht die Bettdecke erleuchtete, sodaß sie bei diesem Licht deutlich deren Muster sehn konnte, wie auch den Ankleidetisch und den Spiegel...' Übrigens wurde am 7. April 1908 wieder eine ähnliche Lichterscheinung von Mrs. Tweedale allein wahrgenommen, und am 8. Nov. 1908 eine dritte, wobei sie diesmal ihren Gatten rechtzeitig wecken konnte, sodaß er wenigstens die Endstufe der Erscheinung mit wahrnahm. Er sah 'eine Wolke phosphoreszierenden Lichts, etwa 4' im Durchmesser, inmitten des Zimmers schweben. Sie war mir nahe, nicht mehr als 5' entfernt. Gerade während meine Augen auf ihr ruhten, begann sie genau wie ein kleiner Ballon emporzusteigen. Mit einer gleichmäßigen Bewegung schien er sich gerade empor- und durch die Decke zu bewegen.' Nirgends war eine natürliche Lichtquelle zu entdecken; die Tür war verschlossen und verriegelt. 'Ohne meiner Frau zu sagen, was ich gesehen hatte, fragte ich sie, warum sie mich geweckt habe. Sie erzählte mir darauf, daß sie durch einen Schock oder Schlag geweckt worden war, der unter oder auf dem Bett zu erfolgen schien. Jedenfalls veranlaßte er sie, sich aufrecht hinzusetzen. Zu Füßen des Bettes erblickte sie die in Schwarz gekleidete Gestalt eines Mannes mit ruhigem, ernstem Gesicht, dessen geballte Hand auf der Messingstange [des Bettes] ruhte, als hätte er sie gerade geschlagen. Ein Licht schien irgendwie die Gestalt zu umgeben, denn sie konnte wieder deutlich das Muster der Bettdecke sehn, während die Messingstangen in dem Lichte funkelten und das Zimmer völlig erhellt war. Sobald sie dies wahrnahm, begann sie mich zu wecken. Als ich erwachte und ausrief 'Was ist los?', fing die Gestalt an, sich in eine leuchtende Wolke aufzulösen. Zuerst verschwand der Kopf, dann der Rumpf, und schließlich stieg die Wolke zur Decke empor und verschwand. Der letzte Teil der Darstellung meiner Frau entsprach vollkommen dem, was ich selbst beobachtet hatte.' 1 Lassen wir also die Tatsache gelten, daß Phantome, wenn nicht immer, so doch zuweilen Strahlen aussenden, die unserm Auge — direkt oder reflektiert — als Licht oder Farbe erscheinen, so liegt es nahe zu vermuten, daß sie auch die photographische Platte, selbst im Dunkeln, beeinflussen können. Ja mehr: es wäre nicht unnatürlich, wenn sie 1) Tweedale 237t.
Photographische
Aufnahmen von Phantomen
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sich häufiger photographieren als wahrnehmen ließen. Die Tatsache, daß eine Platte für Strahlen empfindlich sein kann, die das Auge nicht beeinflussen, ist heute Gemeingut Aller. Ich will auf technische Einzelheiten nicht eingehn. Es genügt zu sagen, daß bestimmte chemische Stoffe die Empfindlichkeit der Platte sowohl ins Ultraviolette, wie ins Ultrarote hinein ausdehnen. Auch die Stoffart der Linse hat viel zu tun mit Strahlenart und Wellenlänge, die durch sie der Platte zugeleitet werden; Quarz- und Fluorit-Linsen z. B. greifen weiter ins ultraviolette Spektrum hinein als Glaslinsen. Tatsächlich kann man nun auch sagen, daß angebliche Photographien 'unsichtbarer' Phantome weit zahlreicher sind, als solche von 'Erscheinungen', die zugleich normal, am Tage oder bei Nacht, gesehen wurden. Und dies könnte natürlich erscheinen, falls wir vermuten wollen, daß Phantome auf dem Wege zum Sichtbarwerden eine Stufenfolge der Objektivierung, Verdichtung, 'Materialisation' (oder wie man es nennen will) durchlaufen. Dies und der offenbar ergänzende Begriff einer wechselnden Wahrnehmungsfähigkeit von Beobachtern wird ja u. a. durch die bekannte Tatsache nahegelegt, daß selbst in 'kollektiven Fällen' oft nicht alle Anwesenden das Phantom wahrnehmen.1 Nur auf einer bestimmten Strecke jener Stufenfolge der Wahrnehmbarkeit also brauchten auch Phantome Strahlen auszusenden, die gleichermaßen aufs Auge und auf die Platte einwirken. Die erste Frage, die sich hier erhebt, ist natürlich die nach dem Vorhandensein von Phantom-Aufnahmen überhaupt, oder vielmehr: nach der Echtheit der zahllosen vorhandenen. Damit begegnen wir, feist zum ersten Mal, dem Problem des 'Medien'-Schwindels auf einem Gebiet von ausgesprochen technischer Verwickeltheit, einem Problem, dessen Erörterung ich noch zu verschieben, jedenfalls hier zu umgehen wünsche. Ich will also nicht zum so-und-sovielten Mal die Geschichte der 'Geisterphotographie' und der damit verknüpften echten und falschen Enthüllungen, Gerichtsverfahren und Ehrenrettungen schreiben. Aber mehr: ich will die Hauptmasse von 'Geisterphotographien' hier überhaupt außer Betracht lassen, nämlich jene bekannten sog.