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German Pages 275 [271] Year 2006
Christoph H. Wecht Das Management aktiver Kundenintegration in der
Friihphase des Innovationsprozesses
6ABLER EDITION WlSSENSCHAFT
Christoph H. Wecht
Das Management aktiver Ku n den i nteg rati on in der Friihphase des
Innovationsprozesses Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Oliver Gassmann
Deutscher Universit~its-Verlag
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ~iber abrufbar.
Dissertation Universit~it St. Gallen, 2005
1. Auflage Februar 2006 Nachdruck Juni 2008 Alle Rechte vorbehalten 9 Deutscher Universit~ts-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel/Sabine SchSIler Der Deutsche Universit~its-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiJtzt. Jede Verwertung aul~erhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla.gs unzul~ssig und strafbar. Das gilt insbesondere fiJr Vervielffiltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten w~iren und daher von jedermann benutzt werden diJrften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf s~iurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0190-9
Ftir Veronika und Pascal
Geleitwort Produktinnovation ist von zentraler Bedeutung fiir die Differenzierung am Markt. Dabei besteht for Unternehmen das Dilemma zwischen dem traditionellen MarketPull und Technology-Push. Das Verfolgen einer reinen Kunden-/Marktperspektive ist meist recht kurzfristig orientiert, beim Nachgeben des Technology-Push besteht die Gefahr des Vorbeientwickelns am Markt. Die Integration yon Ktmden in die frtihe, eher technologiegetriebene Innovationsphase stellt hier einen LOsungsansatz dar. Die Einbindung von Kunden in den Innovationsprozess wird bereits seit den 70er Jahren stark untersucht (vgl. v.a. von Hippel 1976, 1986). Die bisherigen Ans/itze verfolgen jedoch meist eine passive Involvierung des Kunden in den Innovationsprozess, zumeist in einer sp/iten Phase, in welcher das Testen eines entwickelten Prototypes im Vordergnmd steht (z.B. Wayland, Cole 1997). Der Autor greift diese Liacke auf und tmtersucht die Fragestellung, wie eine frfihe Kundenintegration in den Innovationsprozess effektiv und effizient geftihrt werden kann. Dabei geht er der Frage nach, welche Ziele die Hersteller mit einer friihen Kundenintegration verfolgen und welche Kundenrollen daraus abgeleitet werden k6nnen. Zudem untersucht er die Determinanten und Gestaltungsfaktoren mr die Organisation und das Management der friihen Kundenintegration. Anhand der vertiefenden Fallstudien Bayer Material Science, EADS Astrium, Hilti Diamond Systems und Zumtobel Staff werden, basierend auf den generischen Kundenrollen Ressource, Mitentwickler und Benutzer, verschiedene spezifische aktive Rollen von Kunden identifiziert. Dabei wird ein ganzheitliches Modell entwickelt, welches die Kundenrolle phasenabhangig differenziert: in der Gelegenheitsphase als Sensor, in der Ideenphase als Spezialist oder Spezifikator sowie in der Konzeptphase als Selektor. Diese Differenzienmg der Kunden erfolgt in einer logisch schltissigen Art und Weise und ist gut begrtindet. Dabei werden die Rollen aufgrund der vorab hergeleiteten Determinanten sowie der Gestaltungsfelder Integrationsstn~tur und Interaktionsprozess differenziert charakterisiert. Der Autor hat das hoch relevante Phanomen der friihen Kundenintegration sehr gut trod praxisnah analysiert trod Handlungsfelder abgeleitet. Die Effektivitat und Effizienz der Kundeneinbindung hangt stark von den jeweiligen Rollen der Kunden ab. Die gosse Praxiserfahnmg von Herin Wecht im Management von Innovation spiegelt sich wider in den konkreten Gestaltungsempfehlungen. Ich wOnsche der Arbeit eine gute Verbreitung und den Untemehmen eine erfolgreiche Umsetzung der hier aufgezeigten Konzepte. Oliver Gassmann
Vorwort Die vorliegende Dissertation entstand w~ihrend meiner T~tigkeit als Forschungsassistent am Institut fiir Technologiemanagement der Universit~it St. Gallen. Herrn Professor Dr. Oliver Gassmann, Direktor und Leiter des Bereiches for Innovationsmanagement am oben genannten Institut, bin ich for seine wohlwollende UnterstOtzung und grossziigige F~rderung als Doktorvater zu besonderem Dank verpflichtet. Unsere Zusammenarbeit war sowohl durch seine wissenschafiliche Expertise als auch seine einf0hlsame PersSnlichkeit gepr~igt. Herrn Professor Dr. Christian Belz danke ich for die freundliche I]bernahme des Korreferates und seine wertvollen Anregungen. W~hrend meiner Jahre am Institut durfte ich Herrn Professor Fritz Fahrni, PhD als immer souver~nen Institutsleiter mit offenem Ohr for die persSnlichen Anliegen seiner Mitarbeiter kennenlemen. Der starke Praxisbezug dieser Arbeit war nur durch die tatkrifftige Unterst0tzung seitens der folgenden Herren mSglich: Eckard Foltin von Bayer MaterialScience in Leverkusen, Prof. Rudolf Benz von EADS Astrium in Friedrichshafen, Reinhard Schindler yon Hilti (Gesch~iftsbereich Diamond Systems) in Schaan und Klaus Vamberszky von Zumtobel Staff in Dombim. FOr ihre fundierten Beitr~ge und ihr Engagement bei meinen Interviews danke ich ihnen sehr herzlich. Zum Gelingen der Arbeit haben auch zahlreiche weitere Interviewpartner beigetragen, denen ich hiermit meinen grossen Dank ausspreche. An dieser Stelle m~chte ich auch den Kolleginnen und Kollegen am Institut for Technologiemanagement der Universit~t St. Gallen danken, welche mir durch anregende und konstruktive Diskussionen wichtige Impulse for die Erstellung der Arbeit sowie moralische Unterst0tzung gegeben haben. Ein spezieller Dank gilt dabei meiner Lehrstuhlkollegin Patricia Sandmeier. Zahlreiche Diskussionen mit ihr haben nicht nur zur Sch~rfung meiner Standpunkte, sondem auch zu mehreren gemeinsamen Publikationen auf dem Gebiet der offenen Innovationsprozesse gef'tihrt. Mein Kollege Berislav Gaso leistete Anteil am Lektorat und stand f'tir grundsiitzliche Debatten immer zur Verftigung. Die Kollegen Javier Perez-Freije, Christoph Kausch und Alexander Conreder waren mit ihrer Hilfsbereitschaft eine grosse Untersttitzung in den letzten Phasen des Entstehungsprozesses. Frau Dr. Ellen Enkel hat hilfreiche Beitrage zur Entwicklung und Ausgestaltung der Forschungsmethodik geliefert. Wertvolle strukturelle und graphische Anregungen kamen von Frau Dr. Barbara Becker.
X
VORWORT
Die reibungslose organisatorische Abwicklung meiner Institutst~itigkeit lag in den Handen von Frau Hildegard Tomaschett und Frau Gudrun Neff. Weiters danke ich meinem Weggef'~ihrten, Geschaftspartner und Freund Martin Bader. Die vielen gemeinsamen Gespr~iche sowie die weit fiber das Fachliche hinausgehenden gemeinsamen Aktivit~iten hatten einen wesentlichen Anteil an der Entstehung dieser Arbeit. Schliesslich danke ich in Liebe meinen Eltem, ohne deren Vorbild und Hilfe meine Entwicklung nicht m/3glich gewesen w~ire. Sie haben mich immer vorbehaltlos unterstiitzt und auf meinem Weg begleitet. Leider konnte mein Schwiegervater, Herr Dipl.-Ing. Walter Steininger, die Vollendung meiner Dissertation nicht mehr erleben. Seine grosse Untersttitzung werde ich ebenso vermissen, wie seinen kompetenten, rationalen Zugang zu allen technischen und wirtschaftlichen Themen. Meiner Frau Veronika Steininger-Wecht und meinem Sohn Pascal schulde ich Dank ftir die Motivation und das grosse Verst~indnis Rir mich und meine Arbeit, welche sic mir trotz der mehrjiihrigen tiberdurchschnittlichen Belastung erwiesen haben. Ihnen widme ich dieses Werk.
Christoph H. Wecht
Dipl.-Ing. Dr. oec. Christoph H. Wecht, MBA BGW AG Management Advisory Group St. Gallen- Wien Jacquingasse 49, A- 1030 Wien [email protected] www.bgw-sg.com
I n h aits/i be rsich t Einleitung .......................................................................................................... 1 1.1
Relevanz und Problemstellung ..................................................................
1
1.2
Zielsetzung ................................................................................................
3
1.3
F o r s c h u n g s k o n z e p t i o n ...............................................................................
8
1.4
Aufbau der Arbeit ...................................................................................
11
Stand der Forschung ......................................................................................
14
2.1
3
Ausgew~ihlte Perspektiven der Kundenintegrationsforschung ................ 14
2.2
Ans~ltze der E i n b e z i e h u n g des Kunden in den Irmovationsprozess ........ 28
2.3
Z u s a m m e n f a s s u n g ...................................................................................
40
Falistudien der frahen Kundenintegration ................................................. 44 3.1
G e m e i n s a m k e i t e n und Auswahlkriterien ................................................ 44
3.2
Bayer MaterialScience ............................................................................
47
3.3
E A D S Astrium ........................................................................................
61
3.4
Hilti D i a m o n d Systems ...........................................................................
76
3.5
Zumtobel Staff ........................................................................................
91
Konzeptualisierung der frtihen Kundenintegration ................................. 109 4.1
Charakteristika der friihen Kundenintegration ...................................... 109
4.2
Gestaltungsfaktoren der frahen Kundenintegration .............................. 128
4.3
Z u s a m m e n f a s s u n g .................................................................................
137
Spezifische Kundenrollen der frflhen Kundenintegration ....................... 138 5.1
Rahrnen der frOhen Kundenintegration ................................................. 138
5.2
Integrationsstrategien des Herstellers ...................................................
5.3
A u s p r a g u n g e n der frOhen Kundenintegration ....................................... 161
5.4
Z u s a m m e n f a s s u n g .................................................................................
154
164
Xll
INHALTSUBERSICHT
A b l a u f und Organisation der frllhen K u n d e n i n t e g r a t i o n ........................ 165 6.1
Prozess der frtihen Kundenintegration .................................................. 165
6.2
Konzeptionelles Managementmodell der frtlhen Kundenintegration ... 170
6.3
Gestaltungsempfehlungen und Thesen ................................................. 172
6.4
Zusammenfassung ................................................................................. 204
Fazit ................................................................................................................ 206 7.1
Kcmaussagen ........................................................................................ 206
7.2
Ausblick ................................................................................................ 217
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis
.......................................................................................
XVII
T a b e l l e n v e r z e i c h n i s .............................................................................................
XIX
A b k i i r z u n g s v e r z e i c h n i s .......................................................................................
XXI
E i n l e i t u n g ..........................................................................................................
1
1.1
Relevanz und Problemstellung ..................................................................
1
1.2
Zielsetzung ................................................................................................
3
1.3
1.4
1.2.1
Fokussierung ................................................................................ 3
1.2.2
Forschungsfragen ......................................................................... 7
Forschungskonzeption ............................................................................... 1.3.1
Forschungsansatz ......................................................................... 8
1.3.2
Forschungsmethodik .................................................................... 9
Aufbau der Arbeit ...................................................................................
S t a n d d e r F o r s c h u n g ......................................................................................
2.1
2.2
2.3
8
11
14
Ausgew~hlte Perspektiven der Kundenintegrationsforschung ................ 14 2.1.1
Grundlagen auf Herstellerseite ................................................... 16
2.1.2
Grundlagen des Integrationsprozesses ....................................... 20
2.1.3
Grundlagen auf Kundenseite ...................................................... 24
Anslttze der Einbeziehung des Kunden in den Innovationsprozess ........ 28 2.2.1
Marktforschung .......................................................................... 30
2.2.2
Kundenspezifische Konfiguration ............................................. 31
2.2.3
Kundenorientierung ................................................................... 32
2.2.4
Frflhe Kundenintegration ........................................................... 33
Zusammenfassung ...................................................................................
40
XIV
INHALTSVERZEICHNIS
Failstudien der frlihen K u n d e n i n t e g r a t i o n ................................................. 44 3.1
Gemeinsamkeiten und A u s w a h l k r i t e r i e n ................................................ 44
3.2
Bayer M a t e d a l S c i e n c e ............................................................................ 47
3.3
3.4
3.5
3.2.1
R a h m e n b e d i n g u n g e n .................................................................. 47
3.2.2
Innovationsprozess ..................................................................... 50
3.2.3
Kundenintegration ...................................................................... 51
3.2.4
Z u s a m m e n f a s s u n g ...................................................................... 58
E A D S Astrium ........................................................................................ 61 3.3.1
R a h m e n b e d i n g u n g e n .................................................................. 61
3.3.2
Innovationsprozess ..................................................................... 65
3.3.3
Kundenintegration ...................................................................... 67
3.3.4
Z u s a m m e n f a s s u n g ...................................................................... 73
Hilti D i a m o n d Systems ........................................................................... 76 3.4. l
R a h m e n b e d i n g u n g e n .................................................................. 76
3.4.2
Innovationsprozess ..................................................................... 79
3.4.3
Kundenintegration ...................................................................... 80
3.4.4
Z u s a m m e n f a s s u n g ...................................................................... 88
Zumtobel Staff ........................................................................................ 91 3.5.1
R a h m e n b e d i n g u n g e n .................................................................. 92
3.5.2
Innovationsprozess ..................................................................... 95
3.5.3
Kundenintegration ...................................................................... 98
3.5.4
Z u s a m m e n f a s s u n g .................................................................... 107
Konzeptualisierung der frUhen K u n d e n i n t e g r a t i o n ................................. 109 4.1
4.2
4.3
Charaktedstika der f r ~ e n K u n d e n i n t e g r a t i o n ...................................... 109 4.1.1
Vergleich der Fallstudienergebnisse ........................................ 109
4.1.2
Determinanten und G e s t a l t u n g s f e l d e r ...................................... 122
Gestaltungsfaktoren der fri~hen K u n d e n i n t e g r a t i o n .............................. 128 4.2.1
Strukturelle Gestaltung ............................................................ 129
4.2.2
Prozessuale Gestaltung .......... .................................................. 130
Z u s a m m e n f a s s u n g ................................................................................. 137
INHALTSVERZEICHNIS
XV
Spezifische K u n d e n r o i l e n der frUhen Kundenintegration ....................... 138 5.1
5.2
R a h m e n der fi'flhen Kundenintegration ................................................. 138 5.1.1
Ziele des Herstellers ................................................................. 140
5.1.2
Generische R o l l e n des Kunden ................................................ 142
5.1.3
Organisationale Parameter ....................................................... 148
Integrationsstrategien des Herstellers ................................................... 154 5.2.1
F o k u s a u f Effektivitiit .............................................................. 154
5.2.2
F o k u s a u f E f f l z i e n z .................................................................. 157
5.3
Auspfligungen der frOhen Kundenintegration ....................................... 161
5.4
Z u s a m m e n f a s s u n g ................................................................................. 164
Ablauf und Organisation der frUhen Kundenintegration ........................ 165 6.1
Prozess der fr~hen Kundenintegration .................................................. 165
6.2
Konzeptionelles M a n a g e m e n t m o d e l l der fr~hen Kundenintegration ... 170
6.3
G e s t a l t u n g s e m p f e h l u n g e n und Thesen ................................................. 172
6.4
6.3.1
U n t e r n e h m e r i s c h e r R a h m e n ..................................................... ] 72
6.3.2
Prozessschritte .......................................................................... 179
Z u s a m m e n f a s s u n g ................................................................................. 204
Fazit ...............................................................................................................
206
7.1
K e m a u s s a g e n ........................................................................................ 206
7.2
A u s b l i c k ................................................................................................ 217 7.2.1
Aktuelle E n t w i c k l u n g e n und Trends ........................................ 218
7.2.2
O f f e n e F o r s c h u n g s s c h w e r p u n k t e ............................................. 226
Referenzen .............................................................................................................
229
A n h a n g ...................................................................................................................
245
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abgrenzung der Arbeit ......................................................................... 5 Abbildung 2: Explorative Forschung als iterativer Lemprozess ................................ 9 Abbildung 3: Aufbau der Arbeit ............................................................................... 13 Abbildung 4: Relevante Themenfelder der Kundenintegrationsliteratur ................. 16 Abbildung 5: Ansatze zur Einbeziehung des Kunden in den Innovationsprozess ........................................................................... 29 Abbildung 6: Einordnung der frahen Kundenintegration ......................................... 39 Abbildung 7: Strategische Grundlagen der Kundenintegration ................................ 42 Abbildung 8: Datenerhebungs- und Analyseraster ................................................... 46 Abbildung 9: Organisationseinheiten des Innovationsprozesses der Bayer MaterialScience ................................................................................ 48 Abbildung 10: Fr0hphase des Innovationsprozesses der Bayer MaterialScience .... 51 Abbildung 11" Ubersicht der frfihen Kundenintegration der Bayer MaterialScience ................................................................................ 60 Abbildung 12" Teclmologische Komplexitat bei Entwicklungsprojekten der EADS Astrium .................................................................................. 63 Abbildung 13" Frilhphase des Innovationsprozesses der EADS Astrium ................ 66 Abbildung 14" Ubersicht der fi'fihen Kundenintegration der EADS Astrium .......... 75 Abbildung 15: Frilhphase des Innovationsprozesses der Hilti Diamond Systems ............................................................................................. 80 Abbildung 16: ParmerschaRsniveaus t'dr Diamond Service Contractors der Hilti Diamond Systems ..................................................................... 82 Abbildung 17: Ubersicht der frilhen Kundenintegration der Hilti Diamond Systems ............................................................................................. 90 Abbildung 18: WertschOpfungskette und Aufiragskette tier Zumtobel Staff ........... 95 Abbildung 19: Frilhphase des Innovationsprozesses der Zurntobel Staff ................ 96 Abbildung 20: Ubersicht der frfihen Kundenintegration der Zumtobel Staff ........ 108 Abbildung 21: Kriterien filr den Vergleich der Fallstudienergebnisse ................... 110
XVIII
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 22" Charakteristika der frtihen Kundenintegration der Bayer MaterialScience .............................................................................. 113 Abbildung 23: Charakteristika der frtihen Kundenintegration der EADS Astrium ........................................................................................... 116 Abbildung 24: Charakteristika der friihen Kundenintegration der Hilti Diamond Systems ........................................................................... 119 Abbildung 25" Charakteristika der frUhen Kundenintegration der Zumtobel Staff ................................................................................................ 121 Abbildung 26: Determinanten der frahen Kundenintegration als Ergebnis der Fallstudienanalyse .......................................................................... 125 Abbildung 27" Gestaltungsfelder als Ergebnis der Fallstudienanalyse .................. 127 Abbildung 28: Einflusskette auf das Integrationsergebnis ..................................... 139 Abbildung 29: Phasen des frilhen Innovationsprozesses ........................................ 150 Abbildung 30: Dimensionen der Kompetenzen des Kunden ................................. 154 Abbildung 31: Kundenrollen als phasenspezifische Umsetzung der Integrationsstrategien des Herstellers ............................................. 160 Abbildung 32: Dominierende Kundenkompetenzfelder tier spezifischen Kundenrollen der frtihen Kundenintegration .................................. 161 Abbildung 33: Rahmen der frfihen Kundenintegration .......................................... 163 Abbildung 34: Kundenintegrationsprozess ............................................................ 166 Abbildung 35: Konzeptionelles Managementmodell der frfhen Kundenintegration .......................................................................... 171 Abbildung 36: Handlungsfelder der Initiierungsphase ........................................... 184 Abbildung 37" Handlungsfelder der Vorbereitungsphase ...................................... 189 Abbildung 38" Handlungsfelder der Realisierungsphase ....................................... 202 Abbildung 39" Abfolge der Thesen im Prozess der fr~hen Kundenintegration ..... 205 Abbildung 40: Aktuelle Entwicklungen und Trends im Umfeld der frtihen Kundenintegration .......................................................................... 217
Tabellenverzeichnis Tabelle 1" Ausgewahlte Perspektiven der Kundenintegrationsforschung ................ 26 Tabelle 2: Charakteristika unterschiedlicher F ormen der Kundeneinbindung in der Innovationsfrahphase ................................................................. 37 Tabelle 3: Zentrale Unterschiede der Fokussierung der fr0hen Kundenintegration in den betrachteten Fallstudien ........................ 124 Tabelle 4: Operative Gestaltungsfaktoren der frtihen Kundenintegration .............. 136 Tabelle 5: Integrationsziele des Herstellers auf der Makroebene ........................... 141 TabeUe 6: Charakteristika generischer Kundenrollen im Innovationsprozess ....... 147 Tabelle 7: Charakteristika der spezifischen Kundenrollen der frahen Kundenintegration ..........................................................................
162
Tabelle 8: Auspritgungen der Gestaltungsfaktoren der Kundenrollen der frtihen Kundenintegration .......................................................................... 203 Tabelle 9: Thesen zur erfolgreichen frilhen Kundenintegration ............................. 216
Abkiirzungsverzeichnis Abb.
Abbildung
AG
Aktiengesellschafl
B-2-B
B us iness-to- B us iness
B-2-C
Business-to-Consumer
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
d.h.
das heisst
Ed.
Editor
et al.
et alii(und andere)
EUR
Euro (~)
FFE
Fuzzy Front End
F&E
F orschung und Entwicklung
Hrsg.
Herausgeber
IT
Informationstechnologie
Mrd.
Milliarden
n.a.
not applicable
OEM
Original Equipment Manufacturer
R&D
Research and Development
Tab.
Tabelle
tlw.
teilweise
u.a.
unter anderem, und andere(s)
usw.
und so weiter
vgl.
vergleiche
Vol.
Volume
XP
Extreme Programming
z.B.
zum Beispiel
1 1.1
Einleitung Relevanz und Problemstellung
Innovation wird immer mehr zur Schltisselkompetenz erfolgreicher Untemehmen. So ergab eine aktuelle Umfrage unter Fahrungskratten, dass weltweit 66 % der Befragten Innovation als eine der drei wichtigsten strategischen Prioritaten ihres Untemelunens bezeichneten. Im Einklang damit gaben 74 % an, flJr das Jahr 2005 im Vergleich zu 2004 eine ErhOhung der Innovationsausgaben geplant zu haben. Die Schwierigkeit, deraxtige Investitionen auch erfolgreich umzusetzen, zeigt sich darin, dass for Europa nur knapp die Halfte der befragten Filhrungskratte mit den Ertragen, im Sinne besserer Prozesse, neuer oder verbesserter Produkte bzw. Serviceangebote, der Investitionen in Innovation zufiieden waxen (Boston Consulting Group 2005). Einer der Hauptgrande dafiir liegt in den Veranderungen des Wettbewerbsumfeldes, welches in immer ktlrzeren Abstanden nach immer innovativeren Produkten verlangt. Treibende Faktoren dafilr sind der beschleunigte technologische Wandel, die Globalisierung der Marlfte, tier als Konsequenz daxaus erhGhte Wettbewerb, die Verktirzung der Produktlebenszyklen und die sich permanent verandemden Maxlaanforderungen. Kaum eine Firma kann diesen Anforderungen noch alleine gerecht werden. Vorreiteruntemehmen haben dies erkannt und bereits entsprechend reagiert. Beispielsweise hat Procter & Gamble die Offnung seiner Innovationsprozesse schon so weit verinnerlicht, dass in der Bezeichnung der R&D-Abteilung der for die Forschung (Research) stehende Buchstabe R durch ein C wie im englischen Wort ,,Connect" (verbinden) ersetzt worden ist und die Abteilung nun Connect & Develop (C&D) heisst (Sakkab 2002). Basierend auf dieser Strategie sollen bis 2010 bereits 50 % der Produktideen von aussen kommen, verglichen mit einem momentanen Wert von rund 20 %. Auch IBM, bekannt als Vorreiter fiir die professionelle und erfolgreiche Vermarktung von Teclmologielizenzen, hat vor kurzem begonnen, auf die Notwendigkeit von Kollaboration zur Erzielung von Innovationen zu reagieren. So wurden rund 500 Patente - vor allem Software Codes, welche elektronischen Handel, Datenspeicherung, Bild- und Datenverarbeitung sowie IntemetKommunikation b e t r e f f e n - freigegeben und stehen nun allen interessierten Untemehmen unentgeltlich zur Verfiigung. IBM, eine Untemehmung, welche im Jahr 2004 mit 3.248 Patenten einmal mehr die Liste der Firmen mit den meisten Patenten in den USA anfilhrte und mehr als 1 Mrd. US-$ durch den Verkauf und die
2
EINLEITUNG
Lizenzierung yon Ideen verdiente, hat erkannt, dass es manchmal profitabler sein kann, Technologien zu teilen, als sie durch Schutzrechte abzusichem (Lohr 2005). Im Sinne eines Paradigmenwechsels von einer geschlossenen hin zur einer offenen Innovation gilt es also, exteme Partner in den Innovationsprozess zu integfieren (Chesbrough 2003). Dabei wird die Rolle des Kunden als Innovationsquelle immer wichtiger. Dies gilt einerseits f ~ die Marketingseite einer Organisation (z. B. Belz 2002a) - neue Forschangen sprechen von ,,Sense and Response"-Marketing, bei dem Kunden eine wachsende Zahl traditioneller Marketingaufgaben Ubemehmen (Kotler, Jain etal. 2 0 0 2 ) - andererseits vor allem aber fOr den eigentlichen Produktentwicklungsprozess. Die Entwicklung erfolgreicher innovativer Produkte stellt eine notwendige jedoch zunehmend gr6sser werdende Herausfordenmg dar (z. B. Kim, Mauborgne 1997). Die Wissensbasis, welche hinter den meisten Produkten liegt, wird immer vielfaltiger und dynamischer. Dies fOhrt dazu, dass Neuproduktentwicklungsteams verstarkt nach externen Ressourcen suchen, urn die Lernkurven zu ilberbrllcken, welche mit neuen Teclmologien und Mark'ten verbunden sind (z. B. Schilling, Hill 1998). Die Potenziale des Kunden als exteme Ressource der Entwicklung innovativer Produkte sind in Theode und Praxis schon seit langem bekannt (z. B. Rothwell, Freeman etal. 1974; von Hippel 1988; Leonard-Barton 1995). Zahlreiche empirische Studien haben gezeigt, dass die aktive Einbindung der Kunden in den Innovationsprozess einen positiven Einfluss auf den Innovationserfolg nach sich zieht (vgl. Bacon, Beckman 1994; Murphy, Kumar 1996, 1997; Gruner, Homburg 1999; Kristensson, Magnusson et al. 2002). So wurde beispielsweise gezeigt, dass Kundeneinbindung in die Neuproduktentwicklung die Effektivitat (d. h. den Produkt-Markt-Fit) verbessert (Brown, Eisenhardt 1995). Aber auch Manager aus der Praxis betonen in Umfragen, dass ein auf die Nachfrageseite gerichteter Fokus fllr die Entwicklung neuer Produkte elementar ist (z.B. F6rderer, Krey etal. 1998; n.a. 2005). Kundenintegration in den Innovationsprozess fOhrt zu einem erfolgreicheren Produktportfolio und liefert damit die Voraussetzung fOr ein profitables Wachstum im Markt. Eine entscheidende Rolle kommt dabei der Frahphase des Innovationsprozesses zu, da diese nur einen geringen Anteil an den Gesamtkosten der Neuproduktentwicklung verursacht, in ihr aber der Grossteil der Herstellkosten und der spateren Marktakzeptanz des Produktes bestimmt werden (vgl. z.B. Eversheim, Sossenheimer et al. 1989; Droz 1992). Trotz aller theoretischen Bekenntnisse zur Kundeneinbindung in den Innovationsprozess bzw. die Neuproduktentwicklung haben Kunden in den meisten Branchen bisher nur eine beschrankte, vor allem passive, Rolle bei der Entwicklung neuer Produkte gespielt (Wayland, Cole 1997). Es k0nnen viele Griinde fOr die schlechte
RELEVANZ lIND PROBLEMSTELLUNG
3
Nutzung dieser wertvollen Ressource angefiihrt werden, wobei eine der starksten Einschrankungen mOglicherweise in der schlechten Ausgestaltung (sowohl betreffend der Organisation der Einbindung als auch der Auswahl der Kunden) der jeweiligen Kundeneinbindungssituation liegt. Neue Ansatze, sowie der Fokus auf die Verbindung zwisehen konkretem Ziel des Herstellers und entsprechender Rolle des Kunden in dieser Arbeit, kOnnen dazu beitragen, dass die gesamte gemeinschat~liche Situation der Irmovationsentstehung optimiert und damit die Ergebnisse verbessert werden. Zu diesen Aspekten m~Schte diese Arbeit, basierend auf der Analyse von Fallstudien und theoretischen Uberlegungen, einen Beitrag leisten.
1.2
Zielsetzung
1.2.1 Fokussierung Im Mittelpunkt der Oberlegungen steht die herausfordemde Aufgabe der Planung, des Aufbaus und der Durchfllhrung der interaktiven Kundenintegration in die frlihe Innovationsphase (im Folgenden frilhe Kundenintegration genannt). Ziel der Arbeit ist die Beschreibung mSglicher Auspr/igungen der Kundenintegration in die friihen Phasen des Innovationsprozesses und darauf aufbauend die Entwicklung eines konzeptionellen Managementkonzeptes. Damit wird eine doppelte Zielsetzung verfolgt. Zunllchst sollen die verantwortlichen Manager des Herstellers in die Lage versetzt werden, schnellere und fundiertere Entscheidungen tiber die Gestaltung und Durchfilhnmg einer frUhen Kundenintegration treffen zu kSnnen. Die derartig gestalteten Prozesse sollen schliesslich einen Beitrag zur ErhShung der Erfolgsraten des Innovationsprozesses des Herstellers leisten. Basierend auf der empirischen Untersuchung werden zunachst die verschiedenen Auspriigungen frtlher Kundenintegration ermittelt und beschrieben. Darauf auibauend werden tllr das strategische Management der Einbindung relevante Gestaltungsfelder identifiziert und im Rahmen des Integrationsprozesses zu einem Managementmodell entwickelt. Der Fokus liegt dabei auf dem direkten Zusammenhang zwischen der F&E und den Kunden bzw. Kontakten, welche in einem direkten Einfluss auf den Innovationsprozess resultieren. Methoden und Prozeduren, welche als Teil des klassischen Markctingprozesses im Verlauf der FrUhphase Anwendung finden, werden dabei dezidiert ausgeschlossen.
4
EINLEITUNO
Abgrenzung der Arbeit Zur Abgrenzung der Untersuchung einerseits und zur Sicherstellung der Durchfiihrbarkeit andererseits wurden in mehrfacher Hinsicht Beschrankungen vorgenommen. Zunachst erfolgt eine Fokussierung auf den Beginn des Innovationsprozesses. Diese im angloamerikanischen Raum off als Fuzzy Front End bezeichnete Phase unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von den sp~iteren Phasen und tritgt entscheidend zum Innovationserfolg bei. Innerhalb dieses frilhen Prozesssegments wird ausschliesslich das Feld der Produktirmovation betraehtet. Das gewahlte Analyseobjekt ist dabei der Integrationsprozess (bzw. das gemeinsarn durchget'dhrte Projekt) und das Analysesubjekt der Hersteller. Dies bedeutet, dass filr alle Evaluierungen und Empfehlungen immer die Sicht des herstellenden Untemehmens eingenommen wird, welches Produkte an ein anderes Unternehmen- den Kundenliefert und diesen als extemen Partner in seinen Innovationsprozess integriert. Es werden nur Innovationen mit mittleren bis hohen InnovationshShen betraehtet. Dadurch werden Produktverbesserungen und -modifikationen dezidiert ausgeschlossen, welche zu inkrementellen Innovationsschritten t'dhren und typischerweise im Rahmen des regularen Produktmanagements der F&EAbteilungen durchgefilhrt werden. Ausserdem beschrankt sich die Arbeit auf lnvestitionsgiiter und damit auf B-2-B-Markte, welche sich hinsichtlich ihrer Charakteristika im Allgemeinen und bezUglich der Einbindung von Kunden im Speziellen grundsatzlich yon B-2-C-Markten tmterscheiden. Konkret werden nur die Branchen Maschinenbau und Chemie betrachtet, welche ahnliche F&E- und Innovationsprozesse aufweisen. Eine spezielle Be~cksichtigung von Branchenunterschieden, wie dies beispielsweise bei den bezedglich Phasen, Dauer und Produktcharakteristika wesentlich unterschiedlichen Prozessen in der Pharma- oder Elektronikbranche notwendig gewesen ware, erfolgt daher nicht. Eine Zusammenfassung der Abgrenzung dieser Arbeit zeigt Abbildung 1.
ZIELSETZUNG
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Abbildung 1: Abgrenzung der Arbeit
Begriffliche Grundlagen Es existiert keine allgemein gtlltige Definition des Begriffes Innovation. FUr diese Arbeit passend ist zunllchst die Aussage von Barker (2002), welcher Innovation als die Schaffung neuer Quellen yon Kundenzufi'iedenheit definiert. Konkreter betrachtet, stellen Innovationen qualitative Neuerungen dar, welche von einem Untemehmen entwickelt und eingefllhrt werden, um einen wirtschafilichen Erfolg zu erzielen. Eine grundlegende Unterscheidung kann zun~ichst nach dem Innovationsobjekt getroffen werden. Neben technischen Produktinnovationen (von einem Untemehmen unter Nutzung neuartiger naturwissenschafUich-technischer Erkenntnisse eingefiihrte Neuerungen) werden noch Prozessinnovationen (neu im Untemehmen genutzte Leistungserstellungsverfahren) und als eine spezielle Untergruppe Sozialinnovationen (z. B. Organisationsentwicklung) unterschieden. Im Folgenden werden dem Fokus dieser Untersuchung entsprechend ausschliesslich Produktinnovationen betrachtet. In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff Kunde nicht nur fiir die bestehenden Kunden des Produktes einer Firma, sondem auch ~ r zukilnftige (potenzielle)
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EINLEITUNG
Kunden, d.h. Kunden des Wettbewerbes, noch nicht angesprochene Kunden und verlorene Kunden verwendet (vgl. z. B. Dahan, Hauser 2001; Nambisan 2002). Innovationen kOnnen weiters nach dem Innovationsgrad (oder der Innovationsh6he) differenziert werden. Dabei werden zunachst die beiden Eckpunkte der radikalen Innovation und der inkrementellen Innovation unterschieden. Radikale Innovationen zeiclmen sich durch einen hohen Innovationsgrad qualitativer (Einfluss neuer naturwissenschafilich-technischer Erkenntnisse) oder quantitativer (Anzahl der neu gestalteten Produktbausteine) Natur aus. Im Gegensatz dazu stehen inkrementelle Produktinnovationen. Sie verkfirpem einen niedrigen Innovationsgrad, welcher immer dann ausreicht, wenn schon die Modifikation eines Produktes gentlgt, um Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Mittlere Innovationshfihen gehen tiber diese routinemassigen Produkaverbesserungen hinaus und stellen zumindest in einem eingesc~lknkten Markt- oder Kundensegment eine wirkliche Neuerung dar. Filr die Beurteilung des Innovationsgrades einer Produktinnovation gibt es keine allgemein akzeptierten Messkriterien, da er v o n d e r jeweiligen Betrachtungsperspektive abh~gt. Diese kann beispielsweise an der Sicht des Untemehmens, des Kunden oder des Wettbewerbs orientiert sein.
Investitionsg~ter reichen von Grundstoffen tiber Spezialmaschinen hin zu hoch komplexen maschinellen Anlagen und kfinnen folgendermassen charakterisiert werden (Backhaus 2003)" Als Kunden treten Uberwiegend industrielle Abnehmer auf, es kommt haufig zu Systeml6sungen, aus einem Paket von Produkt und Serviceleistungen, der Direktvertrieb steht als Absatzweg im Vordergrund und individuelle, pers6nliche Kommunikation mit dem Kunden hat einen hohen Stellenwert. Dariiber hinaus kommt es off zu Individuall6sungen bzw. zu einer Zusammenarbeit mit dem Kunden im Rahmen der Produktentwicklung.
ZIELSETZUNG
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1.2.2 Forsehungsfragen Die F orschung wird anhand einer Leitfrage sowie zweier Unterfragen ausgerichtet, welche die Auspr/igungen sowie die Organisation und Ftihrung frOher Kundenintegration betreffen: LeitfrageWie kann die fr0he aktive Kundenintegration in den Innovationsprozess effektiv und effizient gefiihrt werden? Unterfragen: Welche Ziele verfolgt der HersteUer mit der frahen aktiven Kundenintegration und welche Kundenrollen folgen daraus? } Welche Determinanten und Gestaltungsfaktoren sind for die Organisation und das Management der frtihen aktiven Kundenintegration relevant?
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1.3
EINLEITUNG
F o rsch u n g s k o n z e p t i o n
1.3.1 Forschungsansatz
Am Ausgangspunkt dieser Arbeit steht ein Problem praktisch handelnder Menschen bzw. Unternehmen und nicht ein erklarungsbedtirttiges Phanomen, wie es typischerweise in den Grundlagenwissenschafien anzutreffen ware. Es wird also ein Verst~tndnis der Betriebswirtschattslehre als anwendungsorientierte Wissenschafi zugrunde gelegt (Ulrich 1981). Entsprechend dieser Dualit~it ist das Ziel dieser Arbeit nicht der Aufbau allgemeiner Theorien zur Erklarung der Realitat, sondern die Gestaltung von Regeln und Modellen zur Schaffung neuer Realitaten (Ulrich 1981). Von den drei wesentlichen Grundlagen jeder empirisehen Untersuchung, dem forschungslogischen Ablauf von Entdeckungs-, Begr0ndungs- und Verwertungszusammenhang konzentriert sich diese Arbeit auf den ersten und den letzten Schritt. Der Entdeckungszusammenhang ist in der angewandten Wissenschafi gerade durch das aus der Praxis entstandene Problem gegeben, wahrend sich der Verwertungszusammenhang aus dem Beitrag zur L6sung jenes Problems tiber den Zwischenschritt des Gestaltungsmodells ergibt (Friedrichs 1990; Kromrey 1995). In diesem Sinne wird die empirische Untersuchung zur Erfassung typischer Phanomene und Probleme der Praxis und nicht zur PrOfung von Hypothesen durchgefllhrt. Dieser explorative F orschungsansatz ist ein wesentlieher Bestandteil des iterativen Lernprozesses der dieser Arbeit zugrunde liegt. Dieser kann, basierend auf Arbeiten von Kubicek (1977), Tomczak (1992) und Gassmann (1997); wie in Abbildung 2 dargestellt visualisiert werden. Ausgehend yon einem ersten theoretischen Verstandnis werden Fragen an die Realit~t gestellt, welche gemeinsarn mit den Phanomenen und Problemen der Praxis die Basis der empirischen Datensammlung bilden. Aufbauend auf den empirischen Erkenntnissen kommt es zu einer kritischen Reflexion des gewonnenen Reali~tsbildes und schliesslich wieder auf der Theorieseite zu einer Differenzierung, Abstraktion und eventuell einem Perspektivenwechsel. All dies beeinflusst zusammen mit der Literaturanalyse das theoretische Verstandnis und wird in einem iterativen Sinne mehrmals durchlaufen.
FORSCHUNGSKONZEPTION
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Abbildung 2: Explorative Forschung als iterativer Lernprozess
Das leitende Motiv dieser Arbeit ist die Generierung und Vermittlung praxisorientiertem Wissen. Der oben beschriebene Prozess wird daher Ermittlung einer Orientierungshilfe fllr die Erstellung tmd Implementierung Managementkonzepten Rir die frahzeitige aktive Einbindung yon Kunden in Innovationsprozess angewandt.
von zur yon den
1.3.2 Forschungsmethodik Die auf dem Weg zu dem aufzustellenden Modell und den Gestaltungsempfehlungen zu untersuchenden Fragestellungen sind komplex und nicht ad hoc zu beantworten. Passend zur Charakteristik eines gerade wachsenden Phanomens, bietet sich zur Untersuchung der friihen Kundenintegration mit spezifischen aktiven Kundenrollen ein mehrstufiges Forschungsdesign an. Nach einer qualitativen Phase der Beschreibung des Phanomens und der Aufstellung erster Gestaltungsregeln kOnnen Hypothesen aufgestellt und quantitativ tiberp~ft werden. Die vorliegende Arbeit bildet dabei den ersten, qualitativen Tell dieses Weges. Aktive Kundeneinbindung in der Frahphase des Irmovationsprozesses wird yon keiner der existierenden Theorien ausreichend genug beschrieben, um daraus quantitativ tlberprtlfbare Hypothesen ableiten zu k6nnen. Daher wurde ftlr diese Arbeit ein qualitativer Ansatz mittels Fallstudienforschung gewahlt. Zuerst soil
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EINLEITUNG
mittels detaillierter Fallstudien der frfihen Kundenintegration reichhaltiges beschreibendes Datenmaterial fiber die Gestaltung und Entwicklung frt~er Kundenintegrationsprozesse, fiber die organisationalen Strategien und eingesetzten UnterstiRzungsmechanismen sowie die Auswirkungen der fi'fihen Kundenintegration auf die Natur und das Ausmass tier Kundenwertsch6pfung gesammelt werden. Diese Fallstudiendaten erm6glichen die Identifikation der spezifischen Charakteristika der frfihen Kundenintegration aus denen Gestaltungselemente ffir das zu erstellende Modell abgeleitet werden k6nnen (z.B. Elemente, welche die zeitliche Strukturierung unterstiRzen). Solche Informationen sind auch ~ eine zukfinfiige quantitative Validierung des Modells entscheidend. Dartlber hinaus k6nnen die Fallstudiendaten auch fiir die Auslegung passender Massnahmen der KundenwertschSpfung spezifisch zu den verschiedenen, noch zu identifizierenden, Rollen hilfreich sein. Durch dieses Vorgehen ist es m6glich, die Fragen nach den verschiedenen Auspr~gungen der Einbindung (welche?) und den Mechanismen des Managements (wie?) zu beantworten. Wie es fiir Fallstudienforschung typisch ist, finden die zu untersuchenden Ereignisse gegenwartig statt und kOnnen vom Forscher nicht kontrolliert werden (Yin 1994). Die Ausarbeitung yon F allstudien erlaubt eine ganzheitliche Perspektive des untersuchten Phanomens durch die M6glichkeit einer tier gehenden Exploration verbundener Aspekte, welche bei anderen Methoden unentdeckt blieben. Die empirische Grundlage dieser Arbeit bilden vier tief gehende Fallstudien mit dem Prozess der Kundenintegration in den Innovationsprozess des Herstellers als Analyseeinheit. Zus~tzlich werden im Verlauf der gesamten Studie KurzPalle eingesetzt, um das Verstandnis des Themas im jeweiligen Kontext zu vertiefen. Diese stossen bei Praktikem auf positive Resonanz, da sie in engem Bezug zu den Aktivitaten der Praxis stehen, reichhaltigen Inhalt haben und leichter memoriert werden kOnnen (Tsoukas 1994). Um die Konstrukt-Validitltt der empirischen Studie sicherzustellen, wurden verschiedene Informationsquellen herangezogen, eine Beweiskette zur Nachvollziehbarkeit der gezogenen Schlfisse geliefert und die Berichtsentwarfe (Protokolle der Interviews) durch Schlfisselinformanten oder in Folgeinterviews fiberprfift (Yin 1994). Die Verwendung verschiedener Teclmiken und Quellen zur Informationsbeschaffung (Methodentriangulation) erfolgte in diesem Fall durch umfassende Datenbankrecherchen sowie eine Analyse von Presseartikeln und UntemehmensverOffentlichungen als Erganzung zu den Interviewdaten. Soweit zuganglich wurden auch untemehmensinteme Unterlagen wie Projektmanuals oder
FORSCHUNGSKONZEPTION
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Prasentationen analysiert. Schliesslich dienten auch die direkten Beobachtungen in Projektbesprechungen und bei Rundg~ngen in F&E-Labors als Informationsquelle (Lamnek 1993). Die Sammlung der empirischen Daten erfolgte durch mtlndliche Interviews. Die aufgrund tier Neuartigkeit des Phanomens vorhandenen Begriffsunsicherheiten hatten bei einer schrifUichen Befragung zu Problemen einer adaquaten Operationalisierung und damit zu Schwierigkeiten bei der Vergleichbarkeit der Ergebnisse gefiihrt. Es wurden 78 Interviews in 32 Untemehmen in Europa, Asien, Afrika und den USA durchgefilhrt. Zusatzlich kam es im Rahmen eines Arbeitskreises mit 11 technologieintensiven Untemehmen aus der Schweiz, t)sterreich und Deutschland, zu wertvollen Einblicken in die Praxis der Offnung des Innovationsprozesses. Darauf aufbauend wurden gemeinsam mit den beteiligten Untemehmen bereits erste L6sungsansatze ~ r konkrete Teilprobleme des untersuchten Phanomens erarbeitet. Die Ergebnisse der Interviews und des Arbeitskreises dienten einem tiefer gehenden Verstandnis des Problems der Praxis und in weiterer Folge der Erstellung der ersten Fassung eines qualifizierten Interviewleitfadens. Dieser Leitfaden wurde in mehreren Durchgangen mit Praktikem und Innovationsexperten diskutiert und iiberarbeitet, um seine praktische Relevanz und klare Verstandlichkeit sicherzustellen. Bei den Interviews zur Erstellung der detaillierten Fallstudien wurde dieser Leitfaden zur S ~ e m n g und Ergebnisdarstellung verwendet. Ein derartiges Vorgehen f'6rdert die Organisation des Hintergrundwissens des F orschers und stellt eine einheitliche Herangehensweise an alle Befragungen sicher (vgl. Lamnek 1993).
1.4
Aufbau der Arbeit
Das erste Kapitel behandelt die gelevanz des Themas und die Problemstellung. Darauf aufbauend folgen die Zielsetzung der Arbeit und die Forschungsfragen. Das Vorgehen zur Beantwortung dieser Fragen wird schliesslich in tier Forschungskonzeption erlautert. Das zweite Kapitel beginnt mit der Beschreibung ausgewahlter Perspektiven tier gundenintegrationsforschung. Dabei wird zunachst ein allgemeiner ~ e ~ l i c k derjenigen Merkxnale ersteUt, welche in der Literatur unter verschiedensten Rahmenbedingungen als wesentliche strategische Grundlagen einer Einbindung yon Kunden in den Innovationsprozess beschrieben worden sind. Diese Aufzlihlung wird in die drei Bereiche Herstellerseite, Integrationsprozess und gundenseite gegliedert. Zur Einordnung der Arbeit wird anschliessend ein Oberblick Uber verschiedene
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EINLEITUNG
generelle Ansatze der Einbeziehung des Kunden in den Innovationsprozess gegeben. Dabei werden neben der fctlhen Kundenintegration, welche im Fokus tier Arbeit steht, Marktforschung noch vor Beginn des eigentlichen Innovationsprozesses, kundenspezifische Konfiguration an seinem Ende sowie Kundenorientierung als allgemeine Grundhaltung unterschieden. Aufbauend auf diese Abgrenzung und den Literaturtlberblick ergeben sich die Defizite der bisherigen Forschung. Im dritten Kapitel folgt nach einer Vorstellung der Gemeinsamkeiten und Auswahlkriteden eine vertiefende Darstellung von vier Fallsmdien der frtihen Kundenintegration. Untersucht wurden Bayer MaterialScience, EADS Astrium, Hilti Diamond Systems und Zumtobel Staff. Anhand von Einzelfallanalysen sowie einem Fallstudienvergleich- basierend auf einem aus der Literaturtibersicht in Kapitel zwei gewonnenen Analyseraster- werden diejenigen strategischen Grundlagen identifiziert, welche hohe Relevanz ftlr die frtihe Kundenintegration aufweisen. Aus diesen spezifischen Merkmalen k6nnen anschliessend die beiden Gestaltungsfelder Integrationsstruktur und Interaktionsprozess entwickelt werden. Das vierte Kapitel leitet aus den Zielen, welche von Herstellem mit der friihen Kundenintegration verfolgt werden, spezifische Kundenrollen at). Es sind dies der Sensor, der Spezialist, der Spezifikator und der Selektor. Diese Rollen erweitem den Lead-User-Ansatz, der ebenfalls eine Form frtiher Kundenintegration darstellt. Organisation und Ablauf der frllhen Kundenintegration werden im fllnflen Kapitel behandelt. Zunachst erfolgt anhand von konzeptionell-theoretischen Uberlegungen eine Identifizierung der Gestaltungsfaktoren fllr die beiden im dritten Kapitel hergeleiteten Gestaltungsfelder. Nach einer Betrachtung des Prozesses der frilhen Kundenintegration wird ein konzeptionelles Managementmodell der frilhen Kundenintegration entworfen. Dieses Modell dient als Grundlage der Gestaltungsempfehlungen, welche dem Prozessmodell folgend in eine Initiierungsphase, Vorbereitungsphase und Realisierungsphase eingeteilt werden. Das sechste Kapitel fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf aktuelle Trends und offene Fragestellungen fiir zukiinftige Forschungsvorhaben. Die Gesamtstruktur der Arbeit ist in Abbildung 3 dargestellt.
AUFBAU DER ARBEIT
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Abbildung 3." Aufbau der Arbe#
Stand der Forschung 2.1
Ausgewiihlte Perspektiven der Kundenintegrationsforschung
Das Themengebiet der durch bzw. mit Kunden erzielten Innovation ist weit und wurde in der Literatur bereits aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. FUr das Feld der Produktentwicklung markieren Eric von Hippels grundlegende Publikationen in den spaten 1970er-Jahren den Beginn eines neuen Forschungsstranges (von Hippel 1976, 1977, 1978). Er pllidierte als Erster explizit fur die Einbindung von Benutzem in den Ideenentstehungsprozess. Das von ibm aufgestellte ,,Customer Active Paradigm" (von Hippel 1978) stand am Anfang eines rasch wachsenden Forschungsfeldes, welches sich mit der Einbindung yon Kunden nicht nur bei der Ideenentstehung, sondem in sAmtliche Phasen der Produktentwicklung befasst (z. B. Shaw 1985; HAkansson 1987; Biemans 1991; LengnickHall 1996; Brockhoff 1998; Gruner, Homburg 2000; Homburg 2000; Ltithje 2000; Brockhoff 2003). Eine Analyse bestehender Forschungsarbeiten zeigt den positiven Einfluss, welchen die Benutzereinbindung auf den Entwicklungsprozess und darauf aufbauend auf den Produgterfolg hat. So analysierte beispielsweise Shaw (1985) 34 Innovationen in der Medizintechnik und kam zu dem Ergebnis, dass erfolgreiche Innovationen mit kontinuierlicher Interaktion mit Kunden tiber den gesamten Entwicklungsprozess verbunden sind. Vergleichbare Resultate lieferte eine von Maidique und Zirger (1985) durchgeRlhrte Analyse von 40 Proclukten, welche zeigte, dass Kundeneinbindung eine notwendige Voraussetzung Rir den Produkterfolg darstellte. Eine Untersuchung von Gemtinden, Heydebreck et al. (1992), tiber Neuproduktentwicklung in Netzwerken, land, dass beinahe die Halfle der untersuchten Firmen den Aufbau von Beziehungen mit Kunden als Voraussetzung ~ den Innovationserfolg betrachtete. Auch Arbeiten von HAkansson (1987), Ciccantelli und Magidson (1993), Reichart (2002), Ford, Gadde etal. (2003), Callahan und Lasry (2004) sowie Lettl (2004) haben deutliche Hinweise geliefert, dass erfolgreiche Produktentwicklung signifikant mit Beziehungen zu Kunden korreliert. Neue Studien zeigen zwei wichtige Entwicklungen: Einerseits wird kritisch hinterfragt, ob tier Kunde immer genau die Anforderungen an das neu zu entwickelnde Produkt kennt und es daher stets yon Vorteil ist, ihn so frtih und so intensiv wie m0glich zu involvieren. (z. B. Leonard, Rayport 1997; Campbell, Cooper 1999; Kohn, Niethammer 2002; Ulwick 2002). Als zweiter Trend werden seit ein paar Jahren die neuen technologischen MOglichkeiten auch fiir die
AUSGEWAHLTE PERSPEKTIVEN DER KUNDENINTEGRATIONSFORSCHUNG
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Kundeneinbindung genutzt und neue Instrumente zur virtuellen Integration entwickelt (vgl. Paustian 2001; Dahan, Hauser 2002; Narnbisan 2002; von Hippel, Katz 2002). Die im Fokus der vorliegenden Arbeit stehenden Innovationsprozesse mit mittlerer bis hoher InnovationshShe (radikale Innovationsprojekte) stellen gerade im Hinblick auf die Einbeziehung von Kunden einen Spezialfall dar. Wiilwend fiir Projekte mit inkrementellen Entwicklungssprtingen alle notwendigen Schritte gut dokumentiert sind, k6nnen im Falle eines komplett neuen Produktes bzw. einer neuen Technologie Probleme mit dem mfglicherweise beschrankten Nutzen der Kundenbeitrage aufireten. O'Connor (1998) schliigt als L6sung dieses Problems vor, divergentes Denken zu betonen, Verstandnis der Benutzungssituation (sowohl der gegenwartigen als auch der zuktinftigen) aufzubauen und den Zeitpunkt der ersten Interaktion des Kunden mit dem Produkt vorzuverlegen. Ausserdem empfiehlt sie, einen Katalysator zur Verbindung von Technologien und Markten zu installieren. Gliederung der Literaturauswahl
Im Verlauf der letzten 25 Jahre wurde eine beeindruckende Zahl an Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Benutzereinbindung publiziert. Das Ziel dieses Literaturtiberblickes ist es, mit Fokus auf die strategischen Grundlagen erfolgreicher Kundeneinbindung, die wichtigsten Beitrage zu analysieren. Damit werden der F orschungsfortschritt auf diesem Gebiet dokumentiert, bestehende Liicken aufgezeigt und die Grundlage der vorliegenden Arbeit geliefert. Zahlreiche Studien haben strategische Grundlagen identifiziert und deren Bedeutung als notwendige Voraussetzung einer erfolgreichen Benutzereinbindung in den Neuproduktentwicklungsprozess beschrieben. Die Wichtigkeit dieser strategischen Grundlagen zeigt sich alleine schon in der Anzahl der Studien, welche dieses Phanomen untersucht haben (z. B. H~ansson 1987; Bruce, Leverick et al. 1995; Millson, Raj 1996; Mohr, Spekman 1996; Li, Calantone 1998; Gruner, Homburg 2000; Hutt, Stafford 2000). Der Grossteil der untersuchten Literatur tiber strategische Grundlagen erfolgreicher Kundeneinbindung kann dabei einigen zentralen Themenfeldem zugeordnet werden. Auf dem Gebiet des F&E-Managements sind dies radikale Innovationen, der Innovationsprozess, die Produktentwicklung sowie das Fuzzy Front End. Auf der Seite des Marketings entstammen sie den LiteramrstrOmen zur Marktorientierung, Kundenorientierung und dem InvestitionsgtRermarketing. Zur Erhahung der Obersichtlichkeit und als Basis der weiteren Analyse wird die vorliegende Literatur
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STANDDERFORSCHUNG
tiber strategische Fundamente der Kundeneinbindung in die drei Themenfelder Grundlagen auf Herstellerseite, Grundlagen des lntegrationsprozesses und Grundlagen auf Kundenseite eingeteilt, l Eine Obersicht dieser Forschungsrichtungen und Themenschwerpunkte zeigt Abbildung 4. In die nun folgenden Ausfiihrtmgen wurden auch Forschungsarbeiten aufgenommen, welche sich nicht direkt mit Kundeneinbindung besch/tttigen. Studien, welche Themen wie Hersteller-Zulieferer-Beziehungen, Marktkompetenz, Erfolg bzw. Misserfolg von neuen Produkten und /ihnliche Untersuehungsgegenstltnde analysieren, wurden ebenfalls aufgenommen, wenn sie Aspekte behandeln, welehe eine relevanten Einfluss auf das Konzept der Benutzereinbindung haben.
Abbildung 4: Relevante Themenfelder der Kundenintegrationsliteratur
2.1.1 Grundlagen auf Herstellerseite Eine
wesentliche
Grundlage
erfolgreicher
Kundeneinbindung
stellt
die
Obereinstimmung mit der Strategie, im Sirme einer Abstimmung mit der Geschitttsstrategie, dar. Dabei kann nur ein Verst~dnis des Zusammenhanges zwischen der ! Vgl. dazu almlicheAnsatzevon Brockhoff(1998)sowie Lynchund O' Toole(2003).
AUSGEWAHLTE PERSPEKTIVEN DER KUNDENIN'rEGRATIONSFORSCHUNG
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geplanten Kooperation und den existierenden firmeneigenen Kompetenzen zur notwendigen Ubereinstimmung ffihren (Johne 1994; Campbell, Cooper 1999; Tidd, Bessant et al. 2001). Ein mangelhatter Abgleich mit der internen Strategie kann unter anderem zu einer falschen Verteilung der relevanten Ressourcen (Zeit, Geld, Technologie und Personal) t'dr das Integrationsprojekt fllhren. Dies kann in signifikanten Problemen wie VerzSgerungen, Kostensteigerung, Verschiebung des Marktauth'ittes und im schlimmsten Fall auch Misserfolg des Produktes resultieren (Biemans 1992). Als weiterer wichtiger Erfolgsfaktor wird in der Produktenwicklungsliteratur das Verstehen der Kundenbedarfnisse, ein elementarer Bestandteil der Ktmdenorientierung, angefllhrt. Das Konzept der Kundenorientierung entstammt dem Marketing und basiert auf der Beschaffimg und Verwendung relevanter Informationen tiber die Kunden quer durch die gesamte Organisation des Herstellers (z.B. Tomczak, Belz 1994; Kleinaltenkamp, Dahlke 1998; SOllner 1998; Belz 2002a, 2002b). Es besteht tlberwiegende Obereinstimmung, dass das Verstehen und die Erfiillung der Kundenbedtirfnisse eine notwendige Grundvoraussetzung fiir die erfolgreiche Produktentwicklung darstellt. Eine gemeinsame Vision des Untemehmens eingebettet in eine offene Untemehmenskulmr stellt die Basis einer erfolgreichen Kundenorientierung dar (z.B. Atuahene-Gima 1996; Maron, Vard3remen 1999; Koen, Ajamian etal. 2002). Tidd, Bessant etal. (2001) empfehlen zum besseren Verstandnis des Marktes eine organisationsweite Ofientierung auf neue Anregungen yon aussen. Biemans (1992) weist in diesem Zusammenhang speziell auf die Bedeutung der Untersttitzung durch das obere Management lain, um eine organisatorische Atmosphare zu schaffen, welche die Grundlage erfolgreicher Kundeneinbindung bildet. Ein wichtiger Forschungsaspekt fiir die Neuproduktentwicklung ist die Schnittstelle zwischen der F&E-Abteilung und Marketing (vgl. Souder 1988; Bruce, Biemans 1995; Song, Montoya-Weiss et al. 1997; Jassawalla, Sashittal 1998; Song, Thieme et al. 1998; Souder, Song 1998; Norrgren, Sehaller 1999; Kahn 2001; Olson, Walker et al. 2001). Im Allgemeinen haben diese empirischen Studien einen positiven Einfluss funktions0bergreifender Sehnittstellen auf neu zu entwickelnde Produkte gefunden. Durch die Bilndelung firmenintemer Kompetenzen zur Entwicklung eines Produktes gelingt es, die Kundenbed~fnisse besser zu ert'dllen. Um diese interne Koordination zu erzielen, kt~rmen beispielsweise funktionsUbergreifende Teams eingefllhrt werden. Erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen verschiedenen funktionalen Einheiten erfordert dabei, wie Jassawalla und Sashittal (1998) festgestellt haben, eine grunds/ttzliche Bereitschatt der Teilnehmer zu
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STAND DER FORSCHUNG
Kommunikation, Koordination und Kooperation, sowie ein Verst/tndnis der unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Als zentraler Punkt wird auch die Betrachtung des Innovationsprozesses als organisatorischer Lernprozess beschrieben, bestehend aus der Akquisition, Verteilung und Nutzung von Informationen (vgl. Adams, Day et al. 1998; Li, Calantone 1998; Lukas, Ferrell 2000). Die Fithigkeit einer Firma, Kundenwissen zu cxtrahiercn und in den Entwicklungsprozess zu integrieren, wird von r Autoren als strategisches Asset der Firma gesehen (z. B. Glazer 1991), von anderen als Kernkompetenz (z. B. Li, Calantone 1998). In beiden Fallen ist die Auswirkung auf den Erfolg des Produktes gross. Ein funktionierender Prozess zur Einbindung von Kundenwissen tragt wesentlich zur effektiven Kundeneinbindung bei. Aus diesem Blickwinkr spielt das Wissen des Kunden eine entscheidende Rolle und bildet das Kemelement bei der Auswahl der dchtigen Kooperationspartner (Aslanidis, Korell 2003). ,~dmliche Uberlegungen gelten auch for die Integration technischer Dienstleister in den Innovationsprozess industrieller Untemehmen (Gassmann, Hipp 2001). Ebenfalls den Grundlagen auf der Herstellerseite sind die Methoden zuzurechnen, welche der Hersteller zur Kundeneinbindung verwenden karm. Diese liefem allgemeine Hinweise und Anregungen, welche Aspekte zu beachten sind und wie Kundeneinbindung konkret gestaltet werden kann. Im Folgenden werden die wichtigsten und aktuellsten konkreten Ans~itze kurz beschrieben, welche abgesehen yon traditionellen Marketingmethoden- die frOhe Innovationsphase betreffen. Die bekannteste Methode der fr0hen Kundeneinbindung ist das Lead-User-Konzept. In seiner Studie tiber die Entwicklung neuer Industrieprodukte unterscheidet von Hippel (1986) zwischen generellen Benutzem und Lead-Usem anhand zweier Attribute: (1) Lead-User haben bestimmte Bedtirfnisse bereits Monate oder Jahre bevor diese allgemein im Markt vorhanden sein werden, und (2) sie sind in einer Position, in der sie von einer LOsung ihrer Probleme profitieren k6nnen. Zahlreiche Studien belegen, class die Einbindung yon derartig definierten Lead-Usem in einem hOheren Neuigkeitsgrad, hOheren Verkaufszahlen und grOsserer Marktakzeptanz der gemeinsam mit ihnen entwickelten Produkte resultiert, da diese Produkte die tatsachlichen BedOrfnisse der Kunden besser abdecken (vgl. Urban, von Hippel 1988; Herstatt, von Hippel 1992; Lilien, Morrison et al. 2002). Die Auswahl tier Lead-User und die Integration ihrer Ideen erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren. Am Beginn steht die Identifikation neuer Markttrends oder Produktm6glichkeiten. Nach der Selektion dazu passender Lead-User werden mit ihnen und Mitarbeitem
AUSGEWAHLTE PERSPEKTIVEN DER KUNDENINTEGRATIONSFORSCHUNG
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des Herstellers gemeinsame Workshops abgehalten, in denen Informationen tiber die Bedtlrfnisse der Kunden gesammelt und eventuell bereits erste m6gliche L6stmgsvorschlitge und Produktkonzepte erarbeitet werden. Die so entwickelten Konzepte massen im Markt getestet werden, um die Relevanz der Bedtirfnisse der Lead-User fur den Gesamtmarkt vorherzusagen (z. B. Herstatt, yon Hippel 1992). Neue Publikationen zur Lead-User-Methode kommen zu dem Ergebnis, dass im Vergleich zu traditionellen Prozessen der Ideenfindung mehr Durchbruchsinnovationen generiert werden. Als Hauptgrund wird der Umstand der gleichzeitigen Erhebung von BedUrfnissen und L/Ssungsvorschlagen vom fortschrittlichsten Bereich des Zielmarktes genannt (Lilien, Morrison et al. 2002). Es ist schwer abzuschatzen, wie weit diese Methode in der Praxis verbreitet ist, da viele Firmen die Bezeichnung Lead-User flir Kundenrollen und Vorgehensweisen verwenden, welche sich substanziell vom Ansatz von Hippels (1986) bzw. seiner Weiterentwicklungen (z. B. Herstatt 2002a) unterscheiden. Beziiglich des oben angesprochenen Problems betreffend die Niitzlichkeit von Kundenbeitragen in den frfihen Innovationsphasen existieren spezieUe Ansatze, welche versuchen, diese prinzipiellen Probleme zu umgehen. Zahlreiche Firmen versuchen, zur Entwicklung marktnaher neuer Produkte, so eng wie m6glich mit ihren Kunden in Kontakt zu treten, um deren Wansche und Bedtirfnisse so direkt und genau wie m6glich abzusch6pfen. Dieser Ansatz ist nicht unproblematisch, da die Fahigkeit der Kunden, die Entwicklung neuer Produkte zu unterstOtzen, durch ihren Erfahrungsschatz limitiert ist (Leonard, Rayport 1997). Anwender kennen normalerweise nur die momentan erhaltlichen Applikationen, wodurch ihre Kompetenz zur Auffindung komplett neuer Ideen und zur adaquaten Beschreibung derselben beschr~lkt ist (Ulwick 2002). Dieses Dilemma kann aber durch die Wahl der geeigneten Methode umgangen werden. Eine MOglichkeit hierzu ist die Beobachtung anstelle der Befragung, wie diese von Leonard und Rayport (1997) unter dem Begriff Empathic Design vorgeschlagen wurde. Dabei werden filnf Schritte durchlaufen. Am Beginn steht die Bildung eines interdisziplin~ren Teams, dessen Aufgabe es ist, die Kunden bei der allt~glichen Verwendung eines Produktes zu beobachten. Auf eine direkte Befragung der Kunden wird verzichtet. Die erhobenen Daten werden anschliessend reflektiert und analysiert. Darauf aufbauend werden durch Brainstorming LSsungsvorschlage gesucht und die ersten Prototypen entwickelt. Eine andere MOglichkeit, trotz oben erwahnter Einschrankungen zu innovationsrelevanten Ergebnissen aus Kundenbefragungen zu gelangen, wurde von Ulwick (2002) vorgeschlagen und stellt eine Auspr~gung der Voice-of-theCustomer-(VOC-)Methode dar (z. B. Gdftin, Hauser 1993; Burchill, Hepner Brodie 1997; Hepner Brodie 2000). Die Grundidee liegt dabei in einem Fokus auf den
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STAND DER FORSCHUNG
gewiinschten Ergebnissen im Gegensatz zu den in klassischen Befragungen meist abgefragten mSglichen LSsungsvorschlagen. Realisiert wird dies durch griindlich vorbereitete, moderierte Meetings mit Kunden, in denen die von den Kunden gewanschten Ergebnisse gesammelt werden. Diese Ergebnislisten werden anschliessend bewertet und priorisiert und dienen als Ausgangspunkt fiir die weiteren Schritte des Innovationsprozesses. In jtingster Zeit zeigen sich verstllrkt Tendenzen, ganze Teile des frtihen Entwickltmgsprozesses auf den Ktmden zu tibertragen. Diese Entwicklung geht mit dem Trend zur Verwendung neuer IT-basierter Werkzeuge zur Untersttitzung der Kundeneinbindung einher. Kunden werden dadurch in die Lage versetzt, als ,,MitEntwickler" an der Entwickltmg neuer Produkte teilztmehmen. Beispielsweise ermSglichen virtuelle Kooperationsraume dem Benutzer, elektronische Abbildungen physischer Produkte zu sehen und zu kritisieren (z. B. Billington 1998). Thomke und yon Hippel (2002) beschreiben so genannte ,,User Tool Kits for Innovation", mit deren Hilfe der Kunde in die Lage versetzt wird, eine komplette Serie von Entwicklungszyklen zur Entwicklung seines persSnlichen Produktes zu durchlaufen. Kombiniert mit Informationen tiber verwendbare Komponenten, Module und Produktbeschrlinkungen (z. B. produktionsbedingte Restriktionen) kiSnnen diese Werkzeugsatze zeit- und kostenintensive Iterationsschleifen zwischen Herstellem trod Kunden eliminieren. Allerdings eignen sich nur bestimmte Markte und Produkte fiir diesen Ansatz (yon Hippel 2001b). Die zweite MSglichkeit tier Verwendung neuer Informationstechnologien zur Verbesserung der Ktmdeneinbindung ist das Gebiet der virtuellen Kundenevaluationen. Neue Produktkonzepte, Prototypen und Modelle k6nnen durch den Einsatz von neuen Produktentwicklungsinstrumenten yore Kunden sclmeller, mit hOherer Genauigkeit und kostengtlnstiger beurteilt werden. Ein ,,Virtual Customer Initiative" genannter Forschungsschwerpunkt am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston erforscht und entwickelt solche Werkzeuge (Paustian 2001; Dahan, Hauser 2002).
2.1.2 Grundlagen des Integrationsprozesses Betrachtet man die Interaktion zwischen Hersteller und Kunde, so ist ein wichtiger strategischer Aspekt, welcher berOcksichtigt werden muss, die Kompatibilitdt der Kulturen, welche Ziele, Werte und Managementprozeduren umfassen (z.B. Biemans 1991; Bruce, Leverick etal. 1995; Goodman, Fichman etal. 1995; Atuahene-Gima 1996; Kelley, Littman et al. 2001). Maron und VanBremen (1999) stellen lest, dass das Versiiunmis auf die unterschiedlichen Kulturen einzugehen, zum Ende einer Partnerschafl fiihren kann. Beispielsweise kOrmen unterschiedliche
AUSGEWAHLTE PERSPEKTIVEN DER KUNDENINTEGRATIONSFORSCHUNG
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Entscheidungsstile den Kollaborationserfolg hemmen, falls sie nicht korrekt identifiziert und berilcksichtigt worden sind. In atmlicher Weise kann durch eine aggressive Kultur ein Klima mangelnden Vertrauens entstehen, welches sich nachteilig auf die pers6nliche Beziehungsebene auswirkt (Hutt, Stafford 2000). Firmen, welche erfolgreich Partnerschatten betreiben, nehmen sich Zeit, diese Unterschiede bereits frfihzeitig zu identifizieren und beracksichtigen sie im spateren Verlaufe der Zusammenarbeit. Wesentlichen Einfluss auf den positiven Verlauf der Hersteller-KundenPartnerschafi in der Entwicklung neuer Produkte hat die am Anfang stehende Entwicklung yon klaren Zielen, welche die Richtung der Partnerschaft leiten werden (Tidd 1995; Millson, Raj 1996; Song, Montoya-Weiss et al. 1997). Prinzipiell gilt ~ r Entwicklungspartnerschafien, dass nur eine gemeinsame Festlegtmg der Ziele zu gemeinsamen Erwartungen filhren und beiden Seiten verdeutlichen kann, welche kooperativen Anstrengungen notwendig sind (vgl. z.B. Molar, Spekman 1996; Hauschildt 1998). Millson und Raj (1996) schlagen zum Festhalten der Ziele schrifiliche Abkommen vor, um klare Richtungen fiir die gemeinsamen Programme vorzugeben und damit Unsicherheiten zu beseitigen. Entscheidend fur die erfolgreiche Einbindung yon Kunden ist die Etablierung passender Strukturen. Dies bedeutet einen Abgleich zwischen den Anforderungen der jeweiligen Entwicklungsaufgabe trod den operativen Strukturen, welche diese ermSglichen (z.B. Pitta, Franzak 1997; Jassawalla, Sashittal 1998; Prahalad, Ramaswamy 2000; Tidd, Bessant et al. 2001; Jeppesen, Molin 2003). Um diese Balance z,u erreichen, schlagen Pitta, Franzak et al. (1996) vor, dass Firmen aus intemen funktionstlbergreifenden sowie extemen Teams ein organisationstibergreifendes Team aufbauen. Innerhalb dieser Teams werden Kunden als Entwicklungspartner angesehen und haben die gleiche Verantwortung fur die ProblemlSsung wie die Teilnehmer des Herstellers. Zudem empfehlen die Autoren eine Teamstruktur, welche kontinuierliche Kommunikation zwischen den Teilnehmern ermOglicht, da dadttrch Missverstandnisse trod Konflikte vermieden werden kSnnen. Erfolgsfaktoren derartiger organisationstibergreifender Teams sind eine klare Rollenverteilung, eindeutige Ziele sowie eine auf Charakteristika und Commitment gestlltzte Kundenauswahl. Im Bereich der Neuproduktentwicklung vadiert das Ausmass und die Intensitat der Benutzereinbindung in Abhangigkeit vom Beitrag, den Ressourcen und der Stufe des Irmovationsprozesses (z. B. Biemans 1992; Brockhoff 1998; Gruner, Homburg 1999; Kolm, Niethammer 2002; Lettl 2004). Einer der kritischen Punkte zur Erzielung der Vorteile der Kundeneinbindung in die Produktentwicklung ist ein
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Verstandnis filr die jeweils passende Form der Einbindung. In Abhangigkeit vonder Intensit/lt der Einbindung andert sich der damit verbundene Aufwand nicht nur in zeitlicher Hinsicht. Ein Hersteller, weleher nicht zwischen verschiedenen Typen der Kundeneinbindung unterscheidet, wird am Ende genauso viel Zeit Ftlr das Management unwesentlicher Beziehungen aufbringen, wie fiir das lohnenderer Beziehungen. Es gilt also sicherzustellen, dass der am besten passende Partner zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Intensitat der Einbindung und mit der am besten passenden Form des Managements zum Einsatz kommt (Wynstra, Pierick
2000). Eine entscheidende Rolle bei der Kundeneinbindung spielen, so wie bei jeder Art von Partnerschat~, die Beziehungsvariablen. Die wiehtigsten in der Literatur besprochenen Einflussfaktoren auf die Beziehung zwisehen Hersteller und Benutzer sind Commitment und Vertrauen. Morgan und Hunt (1994) vergleichen erfolgreiche Allianzen mit Ehen und betonen, dass beide nicht einfach passieren, sondern Commitment zu ihrem erfolgreichen Bestehen bentJtigen und durch Misstrauen zerstOrt werden kSnnen. Nur basierend auf Vertrauen und Commitment lernen Firmen, dass durch koordinierte und gemeinsame Anstrengungen Ergebnisse erzielt werden k6rmen, welche diejenigen bei weitem ilbertreffen, welehe eine Firma alleine erzielen kann (z. B. Anderson, Narus 1990; Jassawalla, Sashittal 1998; Diller, Ivens 2004). Der Aufbau und die Pflege des Vertrauens resultieren aus haufiger Kommunikation zwischen den Paxtnern und dem Glauben an die Verllisslichkeit und Integrit/tt des anderen. Diese Eigenschaften werden verbunden mit Konsistenz, Kompetenz, Ehrlichkeit, Fairness, Verantwortung, Hilfsbereitsehatt und UneigenntRzigkeit des Partners (z. B. Morgan, Hunt 1994; Littler, Leverick et al. 1995; Buttle 1996). Vertrauen wird aueh durch die Aufforderung zur Interaktion gef'6rdert, welche zur Entwicklung zwischenmenschlicher Verknilpfungen zwischen den einzelnen Mitarbeitem des Herstellers und des Kunden fllhrt (Hutt, Stafford 2000). Zus/itzlich f'Ordem starke interpersonelle Beziehungen auch den Austausch von Informationen. Organisationen fllrchten eine opportunistische Ausbeutung dann weniger, wenn sie mit Partnerfirmen ein hohes Niveau an ,,Embeddedness" teilen (vgl. Hoecht, Trott 1999; Rindfleisch, Moorman 2001). Der menschliehe Aspekt ist wesentlich flir alle Beziehungen und so sind die Handlungen und Commitments der Menschen, welehe in eine kollaborative Beziehung involviert sind elementar filr deren Erfolg (Bruce, Leverick et al. 1995). Es kann einen fundamentalen Einfluss auf den Erfolg des Projektes haben, bestimmte Individuen dazu zu motivieren, eine aktive Rolle in der Entwicklung zu ilbemehmen. Zahlreiche Autoren verweisen auf Einzelpersonen (sowohl vom Hersteller als aueh von Kundenfirmen), welche in der Lage sind, UnterstiRzung zu
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gewinnen, Hindemisse zu tlberwinden und durch ihren Willen mad ihre Energie als ,,Produktchampions" das Entwicklungsprojekt zur Vollendung zu treiben (Howell, Higgins 1990; Frey 1991; Biemans 1992; Markham, Griffin 1998). Dartiber hinaus betonen Tidd, Bessant et al. (2001) die Wichtigkeit der Identifizierung anderer Schltisselpersonen wie organisatorischer Sponsoren, Teammitglieder und ,,GeschllRsemeuerer" (vgl. dazu auch das Promotorenmodell von Hauschildt (z. B. Hauschildt, Kirchmann 2001)). Die Summe all dieser zwischenmenschlichen Faktoren wird im Sinne einer umfassenden Interaktion mit dem Kunden auch unter dem Begriff Beziehungsmanagement zusammengefasst (z. B. Belz 1998; Alt, Puschmann et al. 2005). Gegenseitigkeit und Reziprozitat wurden in der Literatur als wesentlicher Bestandteil jeder Kollaboration identifiziert (z. B. Biemans 1992; Morgan, Hunt 1994; Goodman, Fichman et al. 1995; Hutt, Stafford 2000). Unzufriedenheit und ,g,rger k6rmen entstehen, wenn eine SeRe glaubt, dass ihr Beitrag zur Neuproduktentwicklungsbeziehung den der anderen Seite bei weitem tibersteigt. Ziel muss es daher sein, dass auf einer von beiden anerkannten fairen Basis beide Seiten zusiitzlichen Nutzen erhalten (Bruce, Leverick et al. 1995). Kommunikation ist ein zentraler Punkt bei der Verbindung von Menschen und darauf aufbauend beim Aufbau von Beziehungen. Der Kommunikationsprozess liegt als wesentliche Voraussetzung den meisten Funktionen einer Organisation zugrunde. Es ist daher notwendig, eine Atmosphare zu schaffen und zu erhalten, welche hitufiger und rechtzeitiger Kommunikation dienlich ist. Nur dadurch wird eine effektive und effiziente Koordination und Steuerung der Aktivitaten, Verantwortlichkeiten und Menschen innerhalb der Hersteller-Kunden-Beziehung mOglich (z. B. Hitkansson 1987; Biemans 1992; Bruce, Leverick et al. 1995; Littler, Leverick etal. 1995; Mohr, Spekman 1996). Regulate Kommunikation (z. B. Beratungen auf allen Stufen oder Fortschrittsberichte) reduziert Unsicherheiten und Mehrdeutigkeiten der Beziehung durch das Erreichen eines gemeinsamen Verstandnisses der Ziele und Intentionen der Partnerschafi (vgl. Conway 1995; Hutt, Stafford 2000). Dadurch dient Kommtmikation zwischen dem Hersteller trod dem Kunden dem Aufbau von Vertrauen und zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen Mitgliedem beider Untemehmen. Dies filhrt zu einem h6heren Grad an Gegenseitigkeit und Nahe sowie zu vermehrtem Austausch yon sensiblen Informationen zwischen den Beziehungspartnem (z. B. Tidd 1995; Rindfleisch, Moorman 2001). Versteckt liegende Angste, Bedenken, Spannungen oder Konflikte kOnnen nur dann im Guten gelOst werden, werm eine Beziehung durch qualitativ hochwertige Kommunikationsfltlsse charakterisiert ist (Mohr, Spekman 1996).
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Ein zentraler Aspekt der Zusammenarbeit und damit vor allem auch der Kommunikation von Teams im Innovationsprozess ist die raumliche Dimension (vgl. Allen 1991). Wie Gassmann (1997) gezeigt hat, bestimmt die Dezentralitiit wesentlich die Organisationsformen und das Management der F orschungs- und Entwicklungsabteilungen. Dies gilt nicht nur tiir firmeninteme Konstellationen, sondern auch fiir die Einbindung Extemer (z. B. Kunden) in den Innovationsprozess. Wichtige Determinanten zur Auswahl der richtigen Organisationsformen sind der Innovationsgrad, die Art des Projektes, der schwerpunktm/tssig fibertragene Wissenstyp und die Bfindelung funktionaler und technologischer Ressourcen (Gassmann, von Zedtwitz 2003). Erst die BerUcksichtigung dieser Faktoren fiir die jeweilige Situation erm6glicht eine Entscheidung, ob fiberhaupt und wie Kunden in den Innovationsprozess eingebunden werden kOnnen.
Das Controlling der Beziehung fiber Audits und reguliire Fortschrittsberichte wird ebenfalls als notwendig fiir den Erfolg von Entwicklungskooperationen fllr neue Produkte angefllhrt (z. B. Bruce, Leverick etal. 1995; Hutt, Stafford 2000; Brockhoff 2002). Audits sind in diesem Zusammenhang besonders wertvoll bei der Identifizierung, Isolation und Bedchtigung etwaiger Probleme in der Partnerschafi. Ein zusatzlicher Vorteil dieser Fortschrittsberichte liegt darin, dass sie zur regelmiissigen Kommunikation beitragen und ein Umfeld entsteht, in dem sich jeder Partner verpflichtet filhlt, vorher getroffene Obereinktinfie einzuhalten (Hurt, Stafford 2000). 2.1.3 Grundlagen auf Kundenseite
Charakteristika des Kunden haben ebenfalls Einfluss auf den Erfolg der gemeinschafilichen Produktinnovation. Im Speziellen sind dies F aktoren wie die relative GrOsse der beiden Parteien (z. B. Millson, Raj 1996; Murphy, Kumar 1996), die finanzielle Attraktiviti~t des Kunden (z. B. Gruner, Homburg 2000), der Ruf des Kunden (z. B. Gansen 1994; Brockhoff 1998; Hoecht, Trott 1999; Kelley, Littman et al. 2001), die technologische Expertise bzw. das Wissen und die F~higkeiten des Kunden (z. B. Shaw 1985; H~tkansson 1987; de Bont, Schoormans 1995; Littler, Leverick et al. 1995; Schoormans, Ortt et al. 1995; Brockhoff 2003), sowie vergangene Erfahrungen des Kunden mit partnerschafilicher Entwicklung (z. B. Bruce, Leverick et al. 1995; Littler, Leverick et al. 1995). Jolme (1994) warnt davor, dass kooperative Hersteller als Subuntemehmer tiir Schlfisselkunden enden k6nnten. Er schlagt als Abhilfe vor, verschiedene Kundentypen zu differenzieren. Zahlreiche Studien belegen, dass die Bedeutung verschiedener Benutzergruppen aufgrund ihrer Charakteristika im Verlaufe des Entwicklungsprozesses variiert (z. B. Biemans
AUSGEWAHLTE PERSPEKTIVEN DER KUNDENINTEGRATIONSFORSCHUNG
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1992). So unterscheidet z. B von Hippel in seiner Studie fiber die Entwicklung neuer Industrieprodukte zwischen generellen Benutzem und Lead-Usem (von Hippel 1986). Letztere stellen gerade fOr die Innovationsfrfihphase potenzielle Einbindungspartner dar. 2 Ein wesentlicher Aspekt erfolgreicher Kundeneinbindung ist die Motivation der Kunden. Dabei kOnnen drei wesentliche Elemente unterschieden werden, n/imlich materielle Entsch/tdigungen, eine Verbesserung des Produktes und innere Antriebe. Die ersten beiden fallen in den extrinsischen Motivationsbereich. An erster Stelle sind die finanzielle Entschadigung bzw. sonstige materielle Abgeltung der Aufwendungen des Kunden zu nennen. Diese kann beispielsweise die Bezahlung for die Beantwortung eines Fragebogens sein. Der zweite wesentliche Aspekt in diesem Bereich ist die Erwartung des Kunden nach einer ProblemlOsung bzw. nach der Verbesserung seiner momentanen Situation. Dieser Aspekt stellt eine der wesentlichen S/lulen des Lead-User-Ansatzes dar (vgl. z. B. von Hippel 1986). Ffir den dritten Bereich, die intrinsische Seite der Motivationsstruktur des Kunden, kann die Open-Source-Softwareentwicklung als Ansatzpunkt fOr mSgliche Erkl/irungen dienen. Neue Untersuchungen zeigen, dass vor allem der persOnliche Nutzen (Wissensvermehrung, Erhalt besserer und giinstiger Software und Spass am Programmieren) und Ego-Gratifikation (Wunsch nach Anerkennung, Reputation in der Peergroup, Mitarbeit im Team bekannter Programmierer und die angenommene Unersetzbarkeit fOr das Team) Open-Source-Entwickler antreiben (vgl. Perens 1998; Raymond 1999; Gassmann 2001; Achtenhagen, Miiller-Lietzkow et al. 2003; von Krogh 2003; von Krogh, von Hippel 2003). Achtenhagen, Mfiller-Lietzkow et al. (2003) weisen darUber hinaus darauf hin, dass auch Karrieretiberlegungen wie das Zeigen des eigenen Talents oder die Grfindung (oder Teilhabe) an Open-Sourcebasierten Untemehmen ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.
Tabelle 1 fasst die wichtigsten Studien zu den betrachteten Forschungsthemen zusammen.
2 Details zur Lcad-User-Methode siche Abschnitte 2. !. ! und 4.2.2.
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Forschungsthemen Ubereinstimmung mit
Studlen Biemans 1992; Johne 1994; Campbell, Cooper 1999; Tidd, Bessant et al. 2001
Strategie
._= ~s Verstehen der ----r KundenbedLirfnisse Schnittstelle F&E/Marketing -o (3
Organisatorischer Lernprozess KompatibilitatderKulturen
R~umliche Dimension
Biemans 1991; Bruce, Leverick etal. 1995; Goodman, Fichman et al. 1995; Atuahene-Gima 1996; Maron, VanBremen 1999; Huff, Stafford 2000; Kelley, Littman et al. 2001 Tidd 1995; Millson, Raj 1996; Mohr, Spekman 1996; Song, Montoya-Weiss et al. 1997; Hauschildt 1998 Pitta, Franzak et al. 1996; Pitta, Franzak 1997; Jassawalla, Sashittal 1998; Prahalad, Ramaswamy 2000; Tidd, Bessant et al. 2001; Jeppesen, Molin 2003 Biemans 1992; Brockhoff 1998; Gruner, Homburg 1999; Wynstra, Pierick 2000; Kohn, Niethammer 2002; Lett12004 Anderson, Narus 1990; Howell, Higgins 1990; Frey 1991; Biemans 1992; Morgan, Hunt 1994; Bruce, Levedck et al. 1995; Goodman, Fichman et al. 1995; Littler, Leverick et al. 1995; Buttle 1996; Belz 1998; Jassawalla, Sashittal 1998; Markham, Griffin 1998; Hoecht, Trott 1999; Hutt, Stafford 2000; Hauschildt, Kirchmann 2001; Rindfleisch, Moorman 2001; Tidd, Bessant et al. 2001; Diller, Ivens 2004; AIt, Puschmann et al. 2005 H6kansson 1987; Biemans 1992; Bruce, Leverick et al. 1995; Conway 1995; Littler, Leverick et al. 1995; Tidal 1995; Mohr, Spekman 1996; Hutt, Stafford 2000; Rindfleisch, Moorman 2001 Allen 1991; Gassmann 1997; Gassmann, yon Zedtwitz 2003
Controlling
Bruce, Leverick et al. 1995; Hutt, Stafford 2000; Brockhoff 2002
Relative Gr0sse
Millson, Raj 1996; Murphy, Kumar 1996
Finanzielle Attraktivit~lt
Gruner, Homburg 2000
Klare Ziele Passende Strukturen ~N Form der Einbindung 2 ffl
Beziehungsvariablen
B
C
_~ Kommunikation e-
(3
g
Biemans 1992; Tomczak, Belz 1994; Atuahene-Gima 1996; Kleinaltenkamp, Dahlke 1998; S011ner 1998; Maron, VanBremen 1999; Tidd, Bessant et al. 2001; Belz 2002a, 2002b; Koen, Ajamian et al. 2002 Souder 1988; Bruce, Biemans 1995; Song, Montoya-Weiss etal. 1997; Jassawalla, Sashittal 1998; Song, Thieme etal. 1998; Souder, Song 1998; Norrgren, Schaller 1999; Kahn 2001; Olson, Walker et al. 2001 Glazer 1991; Adams, Day et al. 1998; Li, Calantone 1998; Lukas, Ferrell 2000; Gassmann, Hipp 2001; Aslanidis, Korel12003
c Ruf
Gansen 1994; Brockhoff 1998; Hoecht, Trott 1999; Kelley, Littman et al. 2001
"5 Wissen und F~higkeiten rt~ o~ c Vergangene Effahrungen 2 (.9 Motivation 9 .
Shaw 1985; yon Hippel 1986; H~ikansson 1987; Johne 1994; Bruce, Leverick et al. 1995; de Bont, Schoormans 1995; Littler, Leverick et al. 1995; Schoormans, Ortt et al. 1995; Brockhoff 2003 Bruce, Levenck et al. 1995; Littler, Leverick et al. 1995
::3
von Hippel 1986; Perens 1998; Raymond 1999; Gassmann 2001" Achtenhagen, MOller-Lietzkow et al. 2003; von Kmgh 2003; von Krogh, von Hippe12003
Tabelle 1" Ausgew~ihlte Perspektiven der Kundenintegrationsforschung
AUSGEWAHLTEPERSPEKTIVENDER KUNDENINTEGRATIONSFORSCHUNG
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Management derfr~hen Kundeneinbindung Wie in den vorangehenden Absclmitten gezeigt wurde, gibt es eine grosse Zahl an Studien aus verschiedenen Forschungsfeldem, welche spezielle Grundlagen tier Kundeneinbindung in den Irmovationsprozess behandeln. Zahlreiche Studien nehmen sich auch zum Ziel, einzelne Aspekte des Managements tier HerstellerKunden-Interaktion wahrend tier Neuproduktentwicklung zu beschreiben (Biemans 1991, 1992; Bidault, Cummings 1994; Bruce, Leverick et al. 1995; Mohr, Spekman 1996; Athaide, Stump 1999; Campbell, Cooper 1999; Johnsen, Ford 2000). Es existieren jedoch keine umfassenden Managementmodelle t'tir die Kundeneinbindung in den Entwicklungsprozess im Allgemeinen und in seine Fri~phase im Besonderen (vgl. Lynch, O' Toole 2003). Diese Abwesenheit von Gestaltungsempfehlungen fur das Management hat emsthatte Konsequenzen ~ den Praktiker, beeinflusst doch die Art und Weise in der Kundeneinbindung gemanagt wird, die Ergebnisse derselben und letzten Endes den Erfolg (z. B. H/tkansson 1987). Die Notwendigkeit fur Managementrichtlinien ergibt sich auch aus der grundlegenden Spannung zwischen der Dynamik yon Innovationen und tier Logik von PartnerschaRen. Diese Spannung entsteht durch die Gefahr opportunen Verhaltens, des Verlustes geheimer Information, von Zuordnungsproblemen bei Eigentumsrechten, des Verlustes an direkter Kontrolle tiber den Entwicklungsprozess sowie aus zuslttzlichen zeitlichen t r o d finanziellen Belastungen, welche mit dem Management yon Partnerschafien einhergehen (vgl. Dolan, Matthews 1993; Bidault, Cummings 1994; Littler, Leverick etal. 1995). Diese Unsicherheiten bedeuten, dass flir eine Optimierung der Kundeneinbindung und zur Oberwindung der Probleme, welche damit verbunden sind, grosse Sorgfalt auf das Management des Prozesses gelegt werden muss (Biemans 1992; Schilling, Hill 1998; Campbell, Cooper 1999). Dies gilt umso mehr bei den im Fokus dieser Arbeit stehenden mittleren bis hohen Innovationsh0hen. Radikale Innovationsprozesse unterscheiden sich verglichen mit regularen Produktentwicklungsprozessen signifikant bezogen auf Struktur und Management. Da radikale Innovation im Kern als kreativ und inspidert betrachtet wird, liegt die Herausforderung in der Untersmtzung der Entscheidungsprozesse und in der Reduktion der Risiken. Veryzer (1998) untersuchte diskontinuierliche Produktentwicklungsprojekte und stellte fest, dass die meisten Firmen dat'dr keine formellen, stark stndaurierten Prozesse anwenden. Es werden aber trotzdem konsistente Ablaufe verfolgt, welche jedoch signifikant yon denen inkrementeller Projekte abweichen. Generell weisen erstere einen explorativeren Charakter auf und sind weniger kundengetrieben. Eine ~mliche Gegentlberstellung behandelte O'Connor (1998) mit Fokus auf Methoden zum Erwerb und zur Nutzung yon
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STAND DER FORSCHUNG
marktbezogenem Wissen. Ftir radikale Entwicklungsprojekte sieht sie es als vorteilhaft an, divergentes Denken zu betonen, Verst~dnis ftir die momentane und die zukthaftige Benutzungssituation aufzubauen und die Interaktion des Kunden mit dem Produkt zu beschleunigen. Welche Rolle die Einbindung des Kunden in die frtihen Phasen radikaler Innovationsprozesse spielen soil und wie diese Integration zu managen ist, wird im Rahmen dieser Arbeit untersucht.
2.2
Ansiitze der Einbeziehung des Kunden in den Innovationsprozess
Wie der vorhergehende Absclmitt gezeigt hat, werden Fragestellungen beziiglich Kundenn~ihe, Kundeneinbindung und Kundenintegration aus zahlreichen Blickwinkeln und auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen betrachtet. Bei der Aufstellung der im vorhergehenden Absclmitt aufgearbeiteten Literatur wurde zunlichst nicht zwischen prinzipiell verschiedenen Herangehensweisen unterschieden, sondem der Schwerpunkt auf die Grundlagen der Kundeneinbindung gelegt. Zur Einordnung und Fokussierung der vorliegenden Arbeit ist es nun aber notwendig, grundsiitzliche Typen der Einbeziehung des Kunden im Verlaufe des Innovationsprozesses zu unterscheiden. Dies erfolgt einerseits basierend auf den Erkenntnissen der Literaturrecherche und andererseits durch Betrachtung und Reflexion bestehender AnsAtze am der Praxis. Im ersten Schritt werden die Grundtypen der verschiedenen Organisationsformen der Kundeneinbindung im Verlauf des gesamten Innovationsprozesses identifiziert. Zur weiteren Vertiefung werden anschliessend drei prinzipielle Formen der Kundeneinbindung basierend auf dem Grad der Kundenaktivitilt eingefllhrt. Gemeinsam ergeben diese Betrachtungen schliesslich eine Landschaft der Kundeneinbindung, in die das Untersuchungsfeld der vorliegenden Arbeit eingeordnet werden kann. Dieser Ansatz soil eine Obersicht tiber die verschiedenen MOglichkeiten der Interaktion zwischen Hersteller und Kunden erm6glichen sowie der thematischen Abgrenzung in Bezug auf die Innovationsprozessphasen und die Aktivitiit des involvierten Kunden dienen. Die dabei erarbeitcten Kriterien fliessen durch ihre Verwendung bei der Erstellung des Analyserastcrs auch in die Auswermng der Fallsmdien ein. Weiters dienen die bei dieser allgemeinen Typologisicrung gewonnenen Erkenntnisse als Unterstfitzung bei der Konzeption des konzeptionellen Managementmodells.
ANS,~,TZEDEREINBEZIEHUNGDESKUNDENINDENINNOVATIONSPROZESS
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Als grundlegende Struktur des 0berblicks der verschiedenen Ansatze der Kundeneinbindung dient ein einfaches Trichtermodell des Innovationsprozesses. 3 Prinzipiell k/Snnen vier grundsatzliehe Wege unterschieden werden, Kunden einzubeziehen bzw. ihre Wllnsehe und Bedtlrfnisse wahrend des Innovationsprozesses zu beriicksichtigen (vgl. Abb. 5). Diese Einteilung erfolgt zuniichst ohne Beriicksichtigung der konkreten Ausgestaltung der Einbeziehung und des tats/tchlichen Innovationsbeitrages des Kunden.
Abbildung 5: Ansditze zur Einbeziehung des Kunden in den lnnovationsprozess
Im Folgenden werden die fiir den Zweck der Einordnung dieser Arbeit wesentlichen Aspekte der vier iibergeordneten Ansatze - Marktforschung, kundenspezifische Konfiguration, Kundenorientierung und frahe Kundenintegration- erlautert.
3 Far eine ObersichtverschiedenerModelledes InnovationsprozessessiehebeispielsweiseGerpott(1999).
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STAND DER FORSCHUNG
2.2.1 Markfforschung Interaktion mit dem Kunden ist im gesamten Verlauf des Innovationsprozesses wichtig. Eine zentrale Rolle spielt der Markt dabei am Anfang aller Geschaflsaktivitltten. Ein grundslltzliches Verstandnis der Marktbedingungen und -verhaltnisse sowie der Kundencharakteristika ist entscheidend flir den Erfolg jedes neuen Produktes (vgl. Ortt, Schoormans 1993; Zaltman 1997; Adams, Day et al. 1998). Unternehmungen betreiben daher Marktforschungsaktivit~Iten (als Teil des gesamten Marketingportfolios), welche yon Befragungen tiber Beobachtungen hin zu umfassenden Absatz- und Marktanteilsprognosen reichen. Dahinter steht die Grundidee, class der Entwicklungsprozess desto effizienter abllluft, je besser es gelingt, das zu entwickelnde innovative Produkt in der frilhen Phase der Konzeptfindung marktgerecht zu planen (z. B. Schmidt 1996). Marktforschung und Marktprognose beinhalten die Gewinnung, Auswertung und Interpretation von Informationen tiber die jetzige und zukthaflige Marketingsituation (z. B. Marktchancen und KundenbedUrfnisse)- also, generell betrachtet, Wissen fiber den Kunden und seine Bedtlrfnisse (z. B. Tauber 1974; Scheer 1983; Meffert 1986; Ortt, Schoormans 1993; Tomczak, Belz 1994; Tomczak, Reinecke 1994; Zaltman 2003; Belz 2004). Methoden, Marktinformationen zu erhalten und zu verwendenzusammengefasst im Begriff Marktlemen (,,Market Learning")-, spielen eine Schltisselrolle in jedem erfolgreichen Neuproduktentwicklungsprojekt, Beispiele fllr Marktforschung reichen yon der Sammlung yon Point-of-Sales-Daten bin zu speziellen Methoden zur Erhebung yon spezifischen Marktinformationen. So verwendet beispielsweise die Migros, eine grosse Schweizer Handelskette, ihre ,,Cumulus" Stammkundenkarten zur Gewinnung yon Informationen zur Optimierung des Produktportfolios und ihrer Verkaufsstrategie. Endress&Hauser, ein schweizerisches High-Tech-Untemehmen auf dem Gebiet der Fltissigkeitsmessung, setzt zur Erlangung des notwendigen Marktwissens auf einen Experten, welcher permanent das Marktumfeld mittels Patentrecherchen, Marktdatenanalysen, Beobachtung der GeschlltLsprozessentwicklung bestehender und potenzieller Kunden sowie Messe- und Konferenzbesuchen analysiert. Aus den gesammelten Daten und Informationen wird ein monatlicher Bericht erstellt, welcher auf Geschiiflsleitungsebene vorgestellt und diskutiert wird. 4 In einem linearen Modell des Innovationsprozesses, wie in Abbildung 5 dargestellt, sind derartige Aktivit~iten ganz am Anfang, d. h. am linken Rand der Frilhphase des Innovationsprozesses angesiedelt. Diese klassischen Marketingaktivitaten zur
4 Interview Endress&Hauser.
ANSATZE DER EINBEZIEHUNG DES KUNDEN IN DEN INNOVATIONSPROZESS
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Untersttitzung der Entwicklung und des Vertriebes kundenorientierter Produkte und Serviceangebote bilden eine wichtige Standardaktivitat jeder Untemehmung, werden allerdings im Rahmen dieser Arbeit nicht n~Lher betrachtet. Deren F okus liegt im eigentlichen Zentrum der Frtihphase sowie der Auswahl einzelner spezieller Kunden (im Gegensatz zum ,,Gesetz der grossen Zahl", welches den meisten klassischen Marktforschungsaktivi~ten zugrunde liegt). Marktforschung soil keinesfalls durch frtihe Kundenintegration ersetzt werden, sondern spielt eine wesentliche Rolle ftir das Management der Frtihphase des Innovationsprozesses und untersttitzt den in dieser Untersuchung vorgestellten Ansatz beispielsweise bei der Auswahl spezieller Kunden.
2.2.2 Kundenspezifische Konfiguration Auch am anderen Ende des Innovationsprozesses, wahrend und nach der Neuproduktentwicklung, finden klassische Marketing- und Verkaufsaktivitiiten staR, um das neue Produkt in den Markt einzufUhren. Daneben entwickelt sich ein starker Trend hin zu Konfigurationswerkzeugen mit denen gewisse Eigenschafien neuer Produkte an spezielle Kundenbedtirfnisse angepasst werden kSnnen. Die Grundtiberlegung dahinter ist die Schaffung individualisierbarer Produkte, um durch die Realisierung von speziellen Praferenzen der Kunden, Kundeninnovationen zu ermSglichen. Da diese Individualisierung erst im spaten Teil des Innovationsprozesses stattfindet, ist sie hauptsachlich auf die Konfiguration bestehender Module oder Designelemente - aufgesetzt auf standardisierte Produktplattformenbesc~t. Die eigentliche Innovation aus technischer Hinsicht (und damit beztiglich der Kernkompetenz des Herstellers) passiert schon davor, n~nlich im Rahmen der vorgelagerten Innovationsprozessphasen des Herstellers. Instrumente zur Realisierung kundenspezifischer Konfigurationen reichen vom Plattfomunanagement zur Entwicklung kostengtinstiger Produktvariationen, tiber ,,Mass Customization" vor allem in den B-2-C Markten, (Krubasik 1988; Piller, Stotko et al. 2003) bis hin zu ,,User Toolkits for Innovation" (z. B. von Hippel, Katz 2002). Letztere stellen die bisher letzte Entwicklung eines Trends dar, welcher in der Verwendung neuer IT-Tools zur UnterstUtzung der Kundenintegration liegt. Dazu werden in der Literatur verschiedene Ansatze beschrieben, wie neue Computeralgorithmen bzw. Soflwareanwendungen genutzt werden kOnnen. So wird die so genannte ,,Co-Creation" (Prahalad, Ramaswamy 2002), die Beteiligung der Kunden bei der Entwicklung ihres ,,eigenen" Produktes, in den meisten Fallen ilberhaupt erst durch IT-Technologie erm0glicht. Beispielsweise k0nnen Kunden in ,,Virtual Collaboration Spaces" elektronische Abbilder physischer Produkte
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STAND DER FORSCHUNG
betrachten und kritisieren (Paustian 2001; Dahan, Hauser 2002; Nambisan 2002). Die ,,User Toolkits for Innovation" sind eine aktuelle, noch weiter gehende Entwicklung, durch die der Kunde in die Lage versetzt wird, selbststtlndig eine Serie von Entwicklungskreisl~lufen durchzufllhren, urn seine gewtinschte Konfiguration herauszufinden (Seybold 2001; von Hippel 2001b; Thomke, von Hippel 2002). Kunden kSnnen, mithilfe IT-basierter vom Hersteller entwickelter Baukasten, ihre eigenen Produktkonfigurationen im Rahmen eines vorgegebenen LOsungsraumes kreieren. Kombiniert mit Informationen tiber die Eigenschatten der einzelnen Komponenten und Module sowie fiber die einschrankenden Rahmenbedingungen der Produktion kfnnen solche Werkzeuge kosten- und zeitintensive Iterationsschleifen zwischen Hersteller und Kunde eliminieren. Aufgrund der geforderten Modularisierbarkeit und Virtualisierbarkeit kommen allerdings nur bestimmte M~kte und Produkte fllr diesen revolution~en Ansatz infrage (vgl. Billington 1998; Thomke, von Hippe12002). Sehr eng verwandt und bereits weiter verbreitet, meistens jedoch auf die Konsumentenm~kte (B-2-C) beschr~nkt, ist die ,,Mass Customization". Basierend auf einem flexiblen Produktionssystem, modularer Produktgestaltung und hoch vemetzten Konfigurationswerkzeugen werden Endverbraucher in die Lage versetzt, ihre ganz persOnlichen Produkte zusammenzustellen (Piller, Stotko et al. 2003). Adidas, ein deutscher Sportartikelhersteller, hat beispielsweise eine erfolgreiche ,,My-Adidas"-Produktlinie zur Konfiguration individueller Sportschuhe in den Markt eingefllhrt.
2.2.3 Kundenorientierung Betrachtet man die Einbeziehung der Kunden aus einer allgemeinen, Obergeordneten Perspektive, so zeigt sich, dass unter dem Begriff der Kundenorientierung eine grunds~tzliche Ausrichtung auf den Kunden als Klammer fiber den Verlauf des gesamten Innovationsprozesses gesehen werden kann. Peters und Watermann (1982: 157) nennen diese Grundhaltung Kundenfixierung und beschreiben sie als ein scheinbar v611ig tibersteigertes Bemtihen um Qualitat, Zuverl~sigkeit oder Service (,a seemingly unjustifiable overcommitment to some form of quality, reliability, or service"). Dieser Ansatz setzt auf einer generellen marktorientierten Grundausrichtung w~rend des gesamten Produktlebenszyklusses auf und verlangt eine spezielle Geisteshaltung des Herstellers. Aufgrund dieser Grundcharakteristiken wird Kundenorientierung zur notwendigen Voraussetzung aller anderen Auspr~gungen der Einbeziehung von Kunden. Im Unterschied zu diesen liegt der Fokus bei der generellen Kundenodentierung allerdings auf traditionellen
ANSATZE DER EINBEZIEHUNG DES KUNDEN IN DEN INNOVATIONSPROZESS
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Geschllftszielen und nicht prim~ auf Aspekten der Produktinnovation. Ganz deutlich wird dies am umfassenden Beziehungsmarketingansatz in B-2-B-M~kten (vgl. Krapfel Jr., Salmond et al. 1991; Belz 1998; Kotler 1999; Belz, Milliner et al. 2004; Diller, Ivens 2004). Homburg (2000) hat das Konstrukt Kundennahe detailliert untersucht und herausgefunden, dass es aus den beiden Saulen der Kundennahe im Leistungsangebot sowie der Kundennahe des Interaktionsverhaltens aufgebaut ist. Kundenbeziehungsmanagement (CRM) stellt eine im stetigen Wachstum begriffene IT-gestfitzte Manifestation dieses Ansatzes dar (vgl. z.B. Gibbert, Leibold et al. 2002; Rapp 2002; Alt, Puschmann etal. 2005). Durch gezielte Aufbereitung kundenbezogener Informationen wird ein enger Kundenkontakt Uber die gesamte WertschSpfungskette eines Produktes ermOglicht. Neben dieser direkten Verbindung zu einzelnen Kunden bzw. Kundengruppen, kann auf einer abergeordneten strategischen Ebene die so genannte Marktodentierung unterschieden werden. Betrachtet man dieses Konstrukt genauer, so zeigt sich seine iibergeordnete Bedeutung fiir alle Marketingaktivitaten. Prinzipiell beruht Marktorientienmg auf dem Niveau auf dem (1) GeschaRseinheiten Kundeninformationen erlangen und verwenden, (2) einen auf diesen Informationen basierenden strategischen Plan entwickeln und (3) diesen Plan implementieren, urn auf Kundenwfinsche zu reagieren (Ruekert 1992). Alle Stammkundenloyalitatsprogramme stellen Umsetzungen dieser Gedanken dar. Lufihansa, die grOsste deutsche Fluglinie, offedert beispielsweise ein sehr erfolgreiches Vielfliegerprogramm namens ,,Miles & More". FUr die Fluglinie liegt der Nutzen dabei im engen Kontakt zu ihren wichtigsten und treuesten Kunden, welche sie gleichzeitig, der Grundidee aller Stammktmdenkarten folgend, an sich bindet. Den Kunden bietet die Programmteilnahme einerseits das Gefllhl einer erhShten WertschAtzung durch Luflhansa tmd andererseits gezielte Informationsund Servicevorteile. 2.2.4 Frilhe Kundenintegration
Der Fokus dieser Arbeit liegt auf dem Kern der Innovationsfi'ilhphase und den dort angesiedelten Potenzialen einer Kundenintegration. ,~dmlich wie die frllhe Integration der Zulieferer auf der Seite des Beschaffungsmarktes, wird nun f0r die nachgelagerte Seite der WertschOpfungskette das Konsmfla der frfghen aktiven Kundenintegration (im Folgenden kurz frfihe Kundenintegration genannt) fiir die Integration yon Kunden in den frahen Innovationsprozess eingeflihrt. Dieses definiert sich durch drei Hauptcharaktedstika:
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STANDDER FORSCHUNG
~, Integration von Kunden, Kunden der Kunden oder Intermediaren zum Kunden (d. h. aller Partner der nachgelagerten Wertsch6pfungsseite) in die Frahphase des Innovationsprozesses (das so genannte Fuzzy Front End FFE), ~, ausgezeiclmet durch eine aktive Rolle des Kunden und damit eine Interalaivitat (im Gegensatz zu den meisten anderen Methoden und Ansatzen der Kundeneinbindung im Verlaufe des Innovationsprozesses). Hersteller betreiben f-r~e Kundenintegration, um die Leistung ihres Innovationsprozesses mithilfe ausgewahlter Kunden zu verbessem. Das abergeordnete Integrationsziel liegt dabei in einer Erzielung besserer Innovationsresultate durch eine Erh6hung von Prozesseffektivitat und -effizienz. Das Ergebnis stellen Ideen mit ht~herem Markt- und Geschaitspotenzial dar (vgl. yon Hippel 1988; Lilien, Morrison et al. 2002; Lettl 2004).5 Der bekannte Lead-User-Ansatz von von Hippel (1976; 1977; 1988) filllt unter diese Definition (siehe Abschnitte 2.1.1 und 5.2.2). Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Herangehensweisen, welche vor allem auf das Wissen fiber den Kunden konzentriert sind, spielt fUr die fr0he Kundenimegration das Wissen des Kunden die Hauptrolle. Das dahinter liegende Rational ist eine Integration der Kunden dutch die 0bertragung spezieller Anteile am Innovationsprozess- und damit am Wissensgenerierungsprozess - auf den Kunden. Dieser wird dadurch zu einem aktiven Mitspieler bei der Innovationsentstehung. Die frfihe Kundenintegration deckt alle Phasen der Innovationsfr0hphase 6 ab und zeigt verschiedene Auspriigungen, welche sich durch verschiedene Kundenbeitr~ige und -rollen auszeiehnen sowie spezielle Aktivitaten des Herstellers verlangen. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird von den grundslRzlichen M6glichkeiten der Kundeneinbeziehung nur mehr die frahe Kundenintegration betrachtet. Zur Prazisierung tier Einordnung dieser Untersuchung wird im nttchsten Schritt neben dem Verlauf des Innovationsprozesses die Kundenaktivit~it als zweiter Gliederungsparameter eingefllhrt.
Giiederungsmerkmal Grad der Kundenaktivitit
5 Der Begriff Idee wird hier in einer allgemeinen, umfassenden Bedeumng verwendet und nicht als Ergebnis eines speziellen Ideengenerierungsabsctmittes der lnnovationsfrOhphase. 6 Siehe zu verschiedenen Modeilen der FrOhphase beispielsweise Bacon und Beckman (1994), Khurana und Rosenthai (1997), Kim und Wilemon (2002) oder Herstatt und Verworn (2003). Far diese Arbeit wurde das Modell yon Koen, Ajamian et al. (2001) als Grundlage gewahlt (vgl. hierzu Abschnitt 5.1.3).
ANSATZE DER EINBEZIEHUNG DES KUNDEN IN DEN INNOVATIONSPROZESS
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Die Frage inwieweit ein einbezogener Kunde eine passive oder aktive Rolle einnimmt, ist wesentlich fllr eine genauere Betrachtung der verschiedenen Grundtypen der Kundeneinbindung. Biemans (1992) schlagt vor, das Ausmass der Kundeneinbindung als Kontinuum darzustellen, welches yon einer nicht interaktiven Beziehung zu einer gemeinsamen Durchfllhnmg von Aktivitaten reicht. In ahnlicher Weise betrachten Athaide und Stump (1999) Produktentwicklungspartnerschalten fllr neue Produkte mit Kunden zwischen zwei Extrempolen, namlich den einseitig vom Verkaufer gefllhrten Interalaionen und den zweiseitigen Kooperationen. Das niedrigste Niveau der Beteiligung yon Kunden zeichnet sich durch niedriges Commitment von beiden Seiten aus, wahrend eine zweiseitige Produktentwicklungsparmerschafi ein starkes Commitment beider Seiten zum Entwicklungsprojekt beinhaltet. Der Hersteller kann also als iibergeordnetes Ziel der Kundeneinbindung einerseits eine einseitige Informationsbeschaffung oder aber andererseits eine aktive Beteiligung des Kunden am Innovationsprozess anstreben. Basierend auf diesen Uberlegungen wird zuniichst der tibergeordnete Begriff Kundeneinbindung eingefllhrt. Unter Kundeneinbindung sollen, im weitesten Sinne aufgefasst, alle Aktivitaten verstanden werden, welche zu einer Beeinflussung des Entwicklungs- bzw. Innovationsprozesses durch Wissen tiber sowie von Kunden oder durch direkte Kundenbeitrage im Rahmen gemeinsamer Aktivitaten ~hren. Eine Ebene darunter werden je nach Aktivitatsgrad des eingebtmdenen Kunden drei Grundtypen unterschieden- Kundenbeobachtung, Ktmdenbeteiligung und Kundenintegration. 7 Die
Kundenbeobachtung, mit dem geringsten Grad
an Kundenaktivitiit, zielt auf ein
besseres Verstiindnis der Marktseite, um daraus bessere Entwicklungsvorgaben ableiten zu kOnnen. Dem Kunden filllt dabei eine ausschliesslich passive Rolle zu, seine Loyalit~t kann, falls tiberhaupt, nur durch Kundenbindungsprogramme sichergestellt werden. Diese Arten der Kundeneinbindung wird beispielsweise durch das Anlegen von Datenbanken mit Verkaufsdaten betrieben. Als zweite Form hat sich die Kundenbeteiligung etabliert. Ziel dabei ist es, die Kunden direkt in Form von Befragungen, Interviews oder Anwendungsstudien zu involvieren und dadurch die gewilnschten Informationen zu erhalten. Die Kunden agieren noch immer in einer passiven Rolle, auch wenn sie an der Bereitstellung der Informationen beteiligt sind. Die Initiative geht aber nach wie vor ausschliesslich vom Hersteller aus, sodass noch nicht von einer wirklichen Partnerschafi 7 DieseDef'mitionenwurden zur besserenVersUtndlichkeitaufgestellt.Entsprechendder Fokussierungdieser Arbeit wird im weiterenVerlaufentwederder ObergriffKundeneinbindungim allgemeinenZusammenhang oder die spezifischeBezeichnungKundenintegrationverwendet.
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STAND DER FORSCHUNG
gesprochen werden kann. Ein Beispiel ttlr die Betrachtung des Anwendungsumfeldes eines Produktes ist die von Leonard und Rayport (1997) unter dem Begriff ,,Empathic Design" vorgeschlagene Methode. 8 Die Vorteile liegen in genaueren Vorgaben filr die Produktentwieklung und einer erh6hten Kundenloyali~t, da d i e im Sinne der vorliegenden Arbeit immer noeh passive - Rolle des Kunden durch seine direkte Ansprache aufgewertet wird. Das Qualitiy Function Deployment (QFD) verkSrpert ebenfalls dieses Rational. Es zielt darauf ab, die Produktqualit~t durch eine mOglichst gute Ubersetzung der Kundenwllnsche in die Sprache der Entwicklungsabteilung zu erhShen (vgl. Hauser, Clausing 1988; Griffin, Hauser 1993; Schmidt 1996; Herrmann, Huber et al. 2000). Ziel dieser Arbeit ist es, die dritte M6glichkeit der Kundeneinbeziehung, die zu betrachten. Der wesentliche Unterschied zu den beiden ersten Konzepten ist die nun aktive Rolle des Kunden. Der Hersteller setzt sich zum Ziel, diesen Rollenwechsel seiner Kunden zu realisieren, um dadurch deren Wissenspotenzial zu aktivieren und sie als ,,Mit-Entwiekler" in den Innovationsprozess zu integrieren. Bei dieser Form kommt es auf der Suche nach besseren, innovativeren Produkten zu einer gemeinsamen WertschSpfung mit dem Kunden. Zusatzlich steigt mit der neuen Rolle auch die Zufi'iedenheit derartig eingebundener Kunden.
Kundenintegration naher
Eine Gegentiberstellung dieser drei MOglichkeiten der Einbeziehung von Kunden zeigt Tabelle 2.
s Siehedazu auchdie Literaturfibersichtin Abschnitt2.1.
ANSATZE DER EINBEZIEHUNG DES KUNDEN IN DEN INNOVATIONSPROZESS
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Kundenbeobachtung
Kundenbeteiligung
Kundenintegration
Grundsatz
Je mehr man 0ber seinen Kunden weiss, desto besser kann man for ihn entwickeln!
Da der Kundenwunsch das hOchste Entwicklungsziel ist, muss man den Kunden direkt nach seinen Bed0rfnissen &agent
Aktiviere implizites Wissen und versteckte Bed0rfnisse durch eine Offnung des Innovationsprozesses f0r den Kunden!
Grundprinzip
Datensammlung 0ber Kundenbed0rfnisse und Kaufverhalten
Kundenw0nsche, -bed0rfnisse und -vorlieben werden direkt abgefragt
Kunden werden zu .MitEntwicklem" und ihr volles Wissenspotenzial genutzt.
Ziele
Besseres Verstandnis der Marktseite; die Erstellung eines mOglichst scharfen Bildes des Zielkunden
Die Stimme des Kunden zu h0ren; Entdeckung versteckter BedUrfnisse durch Betrachtung der Produktverwendung
Gemeinsame Wertsch0pfung durch Zusammenarbeit mit dem Kunden
Informations quellen
Datenbanken, Verkaufsdaten
Interviews, Umfragen, Ton- und Videoaufzeichnungen
Wissen, Kreativitat und Erfahrung des Kunden
Rolle des Kunden
Passive Rolle; Empfanger des Produktes
Noch immer passive, aber wichtige Rolle als Informationsquelle
Aktive Rolle; Partner im WertschOpfungsprozess
Rolle des Herstellers
Versuch, Kundenloyalitat sicherzustellen
Auswahl geeigneter Kunden und falls vorteilhaft Aufbau langfristiger Beziehungen
Wandel der Kundenrolle erfordert neues offenes Rollenverstandnis
Starken
Verstandnis des vergangenen Kundenverhaltens
Genauere Produktentwicklung; erhOhte Kundenloyalit~t
Bessere, innovativere Produkte mit verk0rzter Time-to-Market; erhOhte Kundenzufriedenheit durch aktive Rolle
Schwachen
Nur indirekte Informationen bergen Gefahr von Fehlinterpretationen
Erfahrungshorizont des Risiko des durchschnittlichen Kunden Kompetenzverlustes des ist beschrankt Herstellers
Tabelle 2: Charakteristika unterschiedlicher Formen der Kundeneinbindung in der Innovationsfrfihphase
Eine nithere Betrachtung der Kundenintegration zeigt drei prinzipielle Ausprligungen: Ausschliesslich vom Produzenten getdeben sind die ungerichteten
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STAND DER FORSCHUNG
Herstellerinitiativen (z. B. Ernst, Schnoor 2000). Ziel ist es, aktive Kundenreaktionen, wie Feedback oder Innovationsideen zu initiieren. Hersteller k6nnen beispielsweise Produkte auf Messen vorab anktindigen, welche noch gar nicht bzw. noch nicht komplett, entwickelt wurden. Im Dialog mit den Kunden werden dabei Informationen generiert, um die Entscheidung tiber eine Weiterentwicklung zu treffen bzw. deren Verlauf zu andern. Es besteht aber auch die MOglichkeit, Kunden direkt nach ihren Innovationsideen zu fragen. Dies kann beispielsweise tiber eine Intemetplattform erfolgen, welche es den Kunden ermfglicht, Ideen und Produktvorschlage an den Hersteller zu senden. Wesentliche Fragen, welche unter anderem dabei gel6st werden mtissen, sind solche nach dem geistigen Eigentum. Manehe Firmen, beispielsweise der amerikanische Werkzeughersteller De Walt, verlangen die Zusendung einer gefaxten Verziehtserkl/trung, bevor sie Ideen auf dem elektronischen Weg akzeptieren. Alle Vorgehensweisen dieses Konzeptes haben gemeinsam, dass eine aktive Teilnahrne vonseiten des Kunden notwendig ist, diese jedoeh nieht gezielt ausgewahlt werden. Die Interaktionsintensitat ist typischerweise niedrig und das tibermittelte Wissen beinahe ausschliesslich expliziter Natur. Auf der Seite der kundengetriebenen Auspragungen stellen spontane Kundeninitiativen die einfachste Form dar. Dabei handelt es sich um Beschwerden oder Anregungen, welche ein Kunde ohne direkten Anstoss durch den Hersteller an diesen tibermittelt. Alle gangigen Kommunikationswege k6nnen da~r genutzt werden. Auch hier handelt es sich um eine Interaktion niedriger Intensitat, da in den meisten Fallen nur einmalige, kurze Kontakte zwischen Kunde und Hersteller bestehen. Aus der Sicht des Herstellers ist die Frage der Verwertbarkeit dieser Kundeninputs fllr den Innovationsprozess interessant, steht allerdings nicht im Fokus der vorliegenden Arbeit. Der Schwerpunkt liegt vielmehr auf der dritten Form der Kundenintegration, der auf persOnliche Interaktion abzielenden gerichteten Herstellerinitiative. Diese geht auf eine Initiative des Herstellers zurtick und spricht im Gegensatz zur ungerichteten Initiative gezielt einzelne Kunden an. Es werden die zu einer anstehenden ProblemlOsung passenden Kunden gesucht und in den ProblemlOsungsprozess integriert. Dies kann beispielsweise durch die Lead-User-Methode erfolgen, bei der Kunden, welche den entsprechenden von von Hippel (1986) beschriebenen Kriterien gentigen, ausgew~lt und zu speziellen Workshops eingeladen werden. Es kommt zu einer hohen Interaktionsintensitat und in vielen Fallen zum Austausch sowohl von implizitem als auch explizitem Wissen (z. B. in Form von Berechnungen oder Prototypen).
ANSATZE DER EINBEZIEHUNG DES KUNDEN IN DEN INNOVATIONSPROZESS
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Die vorhergehenden Ausfiihrungen zu den beiden Gliederungsebenen sind in Abbildung 6 zusammengefasst.
Abbildung 6: Einordnung derfrahen Kundenintegration
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird nur mehr der Bereich der fr0hen Kundenintegration betrachtet. Dabei wird ein spezieller Fokus auf die Ziele und Erwartungen gelegt, welche einen Hersteller dazu motivieren, frUhe Kundenintegration zu betreiben. Es wird gezeigt, dass abhangig vom jeweiligen Herstellerziel spezifische Rollen der integrierten Kunden resultieren. Diese Schwerpunktsetzung liefert zunachst eine Struktur filr die folgenden Oberlegungen, vor allem aber leistet sie einen Beitrag zur Schliessung einer LUcke der Kundenintegrationsforschung. Bisherige Arbeiten mit Fokus auf die durch Kundenintegration zu erwartenden Ergebnisse betrachten diese Resultate meist auf einer Ubergeordneten unspezifischen Ebene, ohne die Verbindung zu den resultierenden RoUen tier Kunden und den Implikationen filr die Praxis herzustellen. Es wird gezeigt, dass Herstellerziele und Kundenrollen wesentliche Faktoren der Ausformung und des Managements erfolgreicher friiher Kundenintegration darstellen.
40
2.3
STAND DER FORSCHUNG
Zusammenfassung
Diese Arbeit ist im Bereich des strategischen F&E-Managements angesiedelt und besch~tfiigt sich im Speziellen mit den Forschungsfeldern Innovationsmanagement (Management der frtihen Innovationsphasen), Neuproduktentwicklung und marktorientierte F&E. Dartiber hinaus wird der Forschung tiber Kundeneinbindung in den F&E-Prozess besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Dieses Feld stellt keinen geschlossenen Bereich dar, sondern wird von Vertretern aller oben erw~ihnten Bereiche sowie zus~itzlich des Marketings erforscht. Betrachtet man speziell die Kundeneinbindung in die frtihen Phasen des Innovationsprozesses, so kann festgestellt werden, dass bisherige Untersuchungen zu dieser Thematik erhebliche Defizite aufweisen. Ziel dieser Forschtmgsarbeit ist es, diese Defizite zu thematisieren und filr ausgewithlte Fragestellungen zu ihrer 0berwindung beizutragen. So behandeln die meisten Arbeiten das Thema der Kundeneinbindung im gr6sseren Blickwinkel der Ktmden- bzw. Marktorientierung. Dabei ist eine starke Dominanz der Marketingperspektive festzustellen. Es werden Ansatze behandelt, welche tiber die Kaniile der Marketingorganisation ein noch besseres Verstandnis der Kundenwtinsche und -bedtirfnisse erm6glichen sollen, urn danach die Entwicklung neuer Produkte entsprechend ausrichten zu k6nnen. Mit diesem Hintergrund wird auch die Schnittstelle zwischen F&E-Abteilung und Marketing behandelt, jedoch in den meisten Fallen, ohne auf einen direkten Kontakt zwischen Kunden und F&EMitarbeitem des Herstellers einzugehen. Betrachtet man die Arbeiten zur Neuproduktentwicklung, so ist ein Fokus auf den firmenimemen Entwicklungsprozess festzustellen. Es existiert eine Vielzahl an verschiedenen Einteilungen in einzelne Phasen, wobei die Einbindung Extemer im Verlaufe der Entwicklung bisher vemachlassigt worden ist. Dies gilt im Besonderen fiir die frtihen Phasen des Irmovationsprozesses, wo die Thematik einer tiber die klassische Marktorientierung hinausgehenden t)ffnung gegentiber firmenfremden Parmem - mit Ausnahme der Arbeiten von Hippels - erst in den letzten Jahren starkeren Eingang in die Managementforschung gefunden hat. Einige Beitr~ige der Innovationsliteratur konzentrieren sich auf das Ergebnis der Einbindung Extemer in den Entwicklungsprozess. Dabei werden Erfolgsfaktoren der Integration von Kunden untersucht, welche zu besseren bzw. innovativeren Produkten ~hren sollen. Die bestehenden Arbeiten betrachten aber weder die einzelnen Gestaltungselemente noch das Management der Kundeneinbindung. Sie fokussieren meistens auch auf keine spezielle Phase der Neuproduktentwicklung
ZUSAMMENFASSUNG
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trod gehen nicht auf die Besonderheiten der Frtihphase ein, welche zwar in ihrer Bedeutung ~ r den Innovationserfolg unbestdtten ist, off aber nicht flit die Kundenintegration empfohlen wird. Zahlreiche Beitrlige behandeln einzelne Methoden der Kundeneinbindung und beschreiben deren Durchfllhrung, Erfolgsfaktoren und Beschr~inkungen, ohne aber zwischen verschiedenen Industrien und Anwendungen zu unterscheiden. In einer flmlichen Weise wie bei den ergebnisorientierten Arbeiten fehlen auch hier zumeist Betrachtungen der Managementaspekte der Kundenintegration. Als Grundlage der empirischen Untersuchung der vorliegenden Arbeit wurden aus den relevanten Literaturstr0men die wichtigsten strategischen Grundlagen erfolgreicher Kundeneinbindung ermittelt, welche in Abbildung 7 zusammengefasst sind.
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STAND DER FORSCHUNG
Abbildung 7: Strategische Grundlagen der Kundenintegration
Eine nahere Untersuchung der in der Praxis auflretenden Auspragungen der Kundenintcgration in die frahe Innovationsphase, der jeweiligen Voraussetzungcn sowie des Managements der Integration wurden in den bisherigen Untersuehungen bislang allerdings vemachl~issigt, obwohl eine zunelunende Anzahl an Untemehmen eine derartige t)ffnung des Innovationsprozesses bereits vollzogen hat oder im Begriff steht, sie zu realisieren. Daraber hinaus werden theoretisch fundierte Handlungsempfehlungen ~ r das Management vermisst. Da empidsche Untersuchungen zum Management der Kundeneinbindung in der Innovationsfrtlhphase bislang fehlen, existiert auch noch kein umfassendes Gestaltungsmodell. Zusammenfassend kann man also umfangreiche Defizite auf dem Gebiet der frtihen Kundeneinbindung mit Fokus auf spezielle Industrien, beispielsweise die
ZUSAMMENFASSUNG
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InvestitionsgtRerbranche, feststellen. Da gerade diese Fragestellungen durch die in der heutigen Zeit notwendige 0ffnung des Innovationsprozesses hohe Relevanz aufweisen, versucht diese Arbeit, diese Defizite aufzugreifen und mittels eigener Ansiitze in gewissen Bereichen zu ttberwinden. Dazu wird das effektive und effiziente Management frtiher Kundenintegration n~er betrachtet. Dabei wird ein spezieller Fokus auf die Ziele gelegt, welche der Hersteller mit der Kundenintegration verfolgt sowie auf die daraus folgenden Kundenbeitrltge und -rollen. Darauf aufbauend werden relevante Gestaltungsfaktoren fur die Organisation und das Management der fr~en und aktiven Kundenintegration identifiziert und ein konzeptionelles Managementmodell als Gnmdlage konkreter Gestaltungsempfehlungen erstellt. Im nlichsten Kapitel werden zunlichst vier explorative Fallstudien erfolgreicher frtiher Kundenintegration behandelt, welche sowohl die Relevanz der Fragestellungen aufzeigen als auch die Ableitung erfolgreicher LOsungsanslitze erm6glichen.
FaHstudien der friihen Kundenintegration Der qualitative Forschungsansatz dieser Arbeit erm6glicht Einblicke in das Phanomen der fi'fihen Kundenintegration sowie den Aufbau eines tiefer gehenden Verst~dnisses derselben. Dazu werden vier Fallstudien beschrieben und analysiert. Beginnend mit einer Aufstelhmg der ~ r die Auswahl relevanten Gemeinsamkeiten werden im Folgenden die einzelnen Falle anhand eines Analyserasters dargestellt und hinsichtlich relevanter Grundlage der frtlhen Kundenintegration ausgewertet. Ein abschliessender detaillierter Fallstudienvergleich erm6glicht dann die Aufstellung yon Determinanten und Gestaltungsfeldern. Daneben werden auch Hinweise auf die konkreten Ausprilgungen dieser Felder fur erfolgreiche frtihe Kundenintegration gewonnen. Diese Erkennmisse bilden die Basis t'dr die vertiefenden Betrachtungen der folgenden Abschnitte sowie die Herleitung der Gestaltungsemp fehlungen.
3.1
Gemeinsamkeiten und Auswahlkriterien
Die Auswahl der Fallstudien erfolgte mit der Intention, Erkenntnisse tiber das erfolgreiche Management der Kundenintegration in die fr0hen Innovationsphasen zu gewinnen. Dabei lag das Hauptaugenmerk neben der prinzipiellen Vergleichbarkeit der jeweiligen Innovationsprozesse und einer hohen Innovationsfithigkeit auf der erfolgreichen Integration von Kunden in die Innovationsfr0hphase. Die grundsatzliche Vergleichbarkeit der ausgewahlten Kundenintegrationsprozesse kann auf Basis der folgenden Gemeinsamkeiten angenommen werden. Zuniichst w-urden alle vier Untemehmen aus einem einheitlichen europAischen Kulturkreis ausgew~thlt, gemass der Annahme, dass die Firmenkultur bzw. der Kulturkreis der betrachteten Einheit die Zusammenarbeit mit den Kunden mitbestimmt. Grundslttzliche Unterschiede zwischen westlicher und fem6stlicher Managementpraxis konnten so ausgeklammert werden. Alle betrachteten Firmen haben ihren Firmensitz in Deutschland, r oder Liechtenstein und damit im deutschsprachigen Raum. Ausserdem sind alle ausgew~lten Untemehmen Innovationsf0hrer in ihren Markten bzw. Marktsegmenten und untemehmen grosse Anstrengungen, diese Position auch in Zukunfi zu halten. Eine derartige Innovationsflfiu'erstrategie unterscheidet sich wesentlich von der Strategie eines ,,Followers". So orientiert sich Letztere vor allem am Wettbewerb, w~hrend Erstere verstarkt innovative Kunden als eine wesentliche Innovationsquelle betrachtet (z. B. Specht, ZSrgiebel 1985; Schewe 2005). Dartiber hinaus werden im Branchenschnitt t~berdurchschnittlich hohe Umsatzanteile fiir die F&E-Aktivi~ten aufgewendet.
GEMEINSAMKEITEN UND AUSWAHLKRITERIEN
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Beziiglich der Branchen erfolgte eine Fokussierung auf Maschinenbau, Chemie und Elektrotechnik, die hinsichtlich der Phasen, Dauer und Produktcharakteristika tier F&E- und Innovationsprozesse vergleichbar sind. Ein wesentliches Selektionskriterium war die Tatigkeit in B-2-B-Markten. Dies bedeutet, dass die integrierten Ktmden in allen Fallen ebenfalls Untemehmen und keine Privatpersonen bzw. Konsumenten sind. Ein wesentliches Charaktedstikum dieser Markte ist der Umstand, class die meisten wesentlichen Einkaufsentscheidungen tiber professionelle ,,Buying Center" des Kunden abgewickelt werden (vgl. z.B. Backhaus 2003). Die Erstellung und Analyse der Fallstudien erfolgte primar aus Sicht der F&EAbteilung. Als Ansprechpartner wurden daher Chief Technology Officer (CTO), F&E-Manager, Ingenieure oder Leiter spezieller Kundeneinbindungsgruppen auf SeRe des Produktmanagements ausgew/thlt.
Struktur der Datenerhebung und Falldarstellung Zur Erhebung der Daten und der ersten Analyse der Einzelf'~lle wurde ein Raster erstellt, welches Elemente aus zweierlei Quellen enth/flt. Zun/ichst wurden die ersten explorativen Interviews dazu verwendet, ThemenblOcke zu bilden, welche zur Beschreibung des PhEnomens der frilhen Kundenintegration geeignet erscheinen. Zus/Rzlich fanden erste Erkenntnisse und grunds/ttzliche Aussagen aus der Aufarbeitung der relevanten Literatur Anwendung, um innerhalb der einzelnen BlOcke tiefer gehende Themenfelder hinterfragen zu k6nnen. Schliesslich wurden noch, aus Grfinden der Einordnung und pdnzipiellen Vergleichbarkeit, allgemeine Grunddaten der Untemehmen, beispielsweise die Gr6sse der F&E-Abteilung oder die F&E-Intensit/~t, erhoben. Eine detailliertere, vergleichende Analyse der Fallstudien anhand einzelner in der Literatur identifizierter strategischer Grundlagen erfolgt in Abschnitt 4. I. I. Das aus diesen Elementen gebildete Raster besteht prinzipiell aus zwei B l6cken (vgl. Abb. 8): Der erste Ubergeordnete Tell beschltftigt sich mit den Fragestelltmgen, warum es tiberhaupt zu frahen Kundenintegrationen kommt und in welches Umfeld diese eingebettet sind. Diese Betrachtungen entspringen prinzipiellen strategischen Uberlegungen und werden unter dem Begdff Rahmenbedingungen zusammengefasst. Der zweite Block geht tiefer ins Detail trod behandelt die Fragen, wen die Hersteller zur Integration als Partner auswahlen sowie wie die Integration ausgestaltet und gefiihrt wird. Dazu wird unter der Bezeichnung Organisation und Ablauf der frtihen Kundenintegration eine operative Betrachtungsperspektive eingenommen. Diese
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FALLSTUDIEN DER FRI3HEN KUNDENINTEGRATION
grunds/itzliche Zweiteilung entspricht im Wesentlichen einer Unterteilung in Makro- und Mikroebene (vgl. Enkel 2003).
Abbildung 8: Datenerhebungs- und Analyseraster
Die Erhebung der Daten erfolgte in mehreren Durchgangen mittels zweier, auf diesem Raster basierenden Frageb6gen. Filr die nun folgende ausfiihrliche Darstellung der einzelnen Fiille9 wird eine daraus abgeleitete, vereinfachte Struktur gewiihlt: Rahmenbedingungen Innovationsprozess Kundenintegration
9 Die Aussagendieses Kapitels basieren auf Interviewsbei Bayer MaterialScience,EADS Astrium, Hilti DiamondSystemsund ZumtobelStaff.
BAYER MATERIALSCIENCE
3.2
47
Bayer MaterialScience
3.2.1 Rahmenbedingungen Bayer wurde im Jahre 1863, zunachst als Betrieb zur Herstellung von synthetischen Farbstoffen gegrtindet und hat sich zu einem Weltkonzem der pharmazeutischen und chemischen Industrie entwickelt. Umstrukturierungen flfiu'ten im Jahre 2002 zur Schaffung einer strategischen Managementholding bestehend aus vier DivisionenHealth Care, CropScience, Polymers und Chemicals - sowie drei zentralen Serviceabteilungen. Mit fund 24.000 Mitarbeitern erzielte die in dieser Arbeit n~iher betrachtete Polymer Division im Jahr 2001 einen Umsatz von 10,8 Mrd. EUR an 120 Standorten weltweit. Im Jahr 2003 wurde diese Division in Bayer MaterialScience AG (im Folgenden Bayer MaterialScience) umgewandelt. Ihre Struktur weist drei regionale Saulen a u f - Amerika (Nord-, Stid- und Lateinamerika), Asien und Europa/Naher Osten/Afrika-, die ihrerseits in Marketing, Service und Geschafisentwicklung aufgeteilt sind. Auf einer tibergreifenden globalen Ebene agieren Polymer Technologie, Global Operations, Polymer Innovation und klassische Stabsfunktionen wie die Personalabteilung. Die generelle Philosophie der regionalen Organisationen ist die eines ,,One lead to the customer", basierend auf den vier organisatorischen Hauptsaulen Leistungsmaterialien (,,Performance Materials"), Leistungssysteme (,,Performance Systems"), Polymer16sungen und Vertrieb. Die Anforderungen des Kunden werden als leitendes Prinzip dieser operativen Einheiten verstanden. Auch die regionalen Service C e n t e r - als Instrument des persOnlichen Kontakts mit dem Kunden - und die Geschafisentwicklungsgruppen sind eindeutig auf den Kunden fokussiert. Die folgenden Ausfiihrungen beziehen sich, innerhalb der Bayer MaterialScience, auf die Organisationseinheit Creative Center, welches die Untersuchung yon zukiinttigen Wachstumsmarkten vor allem durch intensive Interaktion mit Kunden bewerkstelligt.
Organisatorisches Umfeld Die Abteilung New Business der Bayer MaterialScience besteht aus den Segmenten ,,New Technologies", ,,Creative Center", ,,Industry Innovation" und ,,Universities & Associations". Letzteres Segment koordiniert Forschungsnetzwerke global und scoutet intemationale FOrderprojekte. W~.hrend das Segment New Technologies sich auf wissenschaflliches Polymerwissen und diesbeztigliche Kontakte vor allem mit Instituten und Universi~ten fokussiert, konzentriert sich das Segment Creative
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FALLSTUD1EN DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
Center auf die Marktseite und ist deshalb far diese Arbeit von besonderem Interesse. In einem Radarsystem und mittels Szenarien versucht es, Aussagen far die zuktlnftige Entwicklung und neue Anwendungen der n/tchsten 15-20 Jahre vorauszusagen: Was andert sich? Was sind die treibenden Krilfie? Was wird angetrieben? Welche neuen Anwendungen k/Snnen das aktuelle Portfolio erweitem? Das Creative Center verfolgt klare Anwendungsideen und pflegt vor allem die Zusammenarbeit mit den bestehenden und zukilnftigen Kunden, sodass ca. 80 % der extemen Kontakte mit diesen erfolgen. Das Creative Center fokussiert irmerhalb der New Business Organisation auf den Beginn des Innovationsprozesses, indem es sich auf die Identifikation und den Start yon Zukunflsprojekten ausrichtet. Zukunftsprojekte bestehen aus einer Kombination von neuen Technologien mit neuen Markten. Dagegen konzentriert sich das Segment Industry Innovation auf branehenspezifisehes Know-how und professionelles Projektmanagement far erste Serienanwendungen. Es arbeitet parallel zum Creative Center an neuen Matedalentwicklungen und Herstellungsprozessen. Abbildung 9 gibt einen Oberbliek ilber die in den Innovationsprozess von Bayer MaterialScience involvierten Segmente und deren primare Tatigkeitsfelder.
Abbildung 9: Organisationseinheiten des lnnovationsprozesses der Bayer MaterialScience
BAYER MATERIALSCIENCE
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Externes Umfeld
Als industriell gefertigte Standardprodukte unterliegen Polymere und Polymerprodukte dem harten Preis- und Verdrangungswettbewerb eines Massenmarkts. Nur durch neue Anwendungsfelder bzw. technologische Verbesserungen (z. B. industrielle Herstellung von leitffahigen Polymeren) gelingt es, sich gegentlber der Konkurrenz zu differenzieren. So werden neben der gezielten Suche nach neuen chemischen LOsungen auch immer wieder neue Konzepte in neuen Produkt- und Marktfeldem eingefllhrt. Ein aktuelles Beispiel einer radikalen Innovation ist die Auskleidung einer Taschenlinie des renommierten deutschen HersteUers Bree mit leuchtenden F olien der Bayer MaterialScience. Als Rohstoffhersteller steht Bayer MaterialScience im Wettbewerb mit anderen globalen Chemiekonzemen, wie u. a. BASF oder GE Plastics. Die Firma liefert ihre Produkte an die weiterverarbeitende Industrie und steht damit am Anfang der Wertsch6pfungskette, welche sich von Bayer aufwarts tiber untergeordnete Zulieferer hin zu Tier 1 Zulieferem und schliesslich den OEMs erstreckt. Nimmt man als Beispiel die Realisierung der Vision eines Formteils mit Elektrolumineszenz, so stellt sich diese Kette wie folgt dar: Auf Bayer als Rohstofflieferanten folgen Zulieferer der Stufen Tier 2-3 (z. B. Lumitec ,4G) sowie Tier 1 (z. B. Johnson). Der OEM (z. B. DaimlerChrysler) fertigt dann aus den zugelieferten Modulen das eigentliche Produkt Rlr den Konsumenten. Lumitec wurde als Kooperationspartner gesucht, um gemeinsam die erforderlichen Technologien fiir leuchtende Polymerfolien zu entwickeln. Als nachgelagertes Glied in der Wertsch6pfungskette fungiert Lumitec in diesem Fall sowohl als Technologiezulieferer als auch als Kunde (Bezug von Rohstoffen von Bayer). Typischerweise werden abet die OEMs, beispielsweise deutsche Automobilhersteller, in den Innovationsprozess integriert. In den folgenden Ausfllhnmgen ist daher, falls nicht anders erwahnt, immer von den OEMs als Kunden die Rede. Prinzipiell sind Rir Bayer auch alternative Businessmodelle denkbar, beispielsweise eine Vorwartsintegration in der oben beschriebenen Wertsch6pfungskette. Zum jetzigen Zeitpunkt konzentriert sich Bayer MaterialScience aber ausschliesslich auf den chemischen Teil der Produkte und tiberlasst Firmen wie Lumitec die Verarbeitung und das Handling der Halbzeuge im Rahmen der Weiterverarbeitungsprozesse ihrer Rohstoffe.
50 3.2.2
FALLSTUDIENDERFROHENKUNDENINTEGRATION
Innovationsprozess
Die FrOhphase des Innovationsprozesses bei Bayer MaterialScience wird nun tlberblicksm~sig anhand der wichtigsten Schritte beschrieben. Eine detaillierte Betrachtung speziell unter dem Aspekt der Kundenintegration erfolgt im Abschnitt 3.2.3.10 Der eigentliche Innovationsprozess des Creative Centers der Bayer MaterialScience wurde anhand von sieben im Idealfall hintereinander ablaufenden Prozessschritten definiert und wird im Folgenden auch prozessual beschrieben (vgl. Abb. 10). Jedoch k~nnen diese Segmente auch in jeder beliebigen Konstellation durchlaufen werdend. h. sowohl nut einzelne Schritte alleine (evenmell sogar nut ein einzelner Schritt) als auch alle Schritte in beliebiger Reihenfolge ablaufen. Am Anfang steht die Identifizierung von Gelegenheiten, Ideen und Trends. In dieser SammlungsphaSe werden verschiedene hauptslichlich externe Quellen genutzt. Darauf aufbauend erfolgt im niichsten Schritt die Entwicklung von Szenarien. Relevante Informationen werden zu Trends zusammengefasst und zu kompletten Szenarien weiterentwickelt. Der nlichste Schritt beinhaltet einerseits die Aufstellung von Roadmaps als Weg zu den jeweiligen Szenarien sowie andererseits deren Reflexion im Markt. Dabei werden die ursprfinglich aufgestellten Szenarien tiberp~fi und angereichert. Die n~chsten drei Schritte verk~rpem die eigentliche Ideengenerierung. Diese ist in einen Generierungsschritt mit speziellen Workshops mit Kunden, eine bayer-interne Bewertung sowie eine Diskussion mit extemer Beteiligung unterteilt. Am Ende stehen Ideen, welche inhaltlich zu den aufgestellten Roadmaps passen und unter starker aktiver Beteiligung der Kunden entwickelt wurden. Das Ergebnis der Tlitigkeit des Creative Centers ist ein Prototyp (Demonstrator) oder ein Modell einer neuen Anwendung, welche - als letzter Schritt dieser Innovationsfrt~phase- gemeinsam mit einer Machbarkeitsstudie (in Form einer so genannten ,,Balanced Innovation Card") an das Segment Industry Innovation tlbergeben werden. Es folgt die weitere Entwicklung, welche mit der ErSffnung eines klassischen Entwicklungsprojektes mit hohem Strukturierungsgrad, vorgegebene Meilensteinen und einem mittel- bis kurzfristigen Zeithorizont (Timeto-Market) beginnt.
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DiesegrundsatzlicheStrukturwirdauchbei den folgendendrei Fallstudienverwendet.
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Abbildung 1O: Frfihphase des Innovationsprozesses der Bayer MaterialScience
3.2.3 Kundenintegration Grundlagen Die Gesch~iftsstrategie der Bayer MaterialScience befiirwortet eindeutig das marktbezogene Arbeiten. Die Positionierung des Creative Centers mit dem speziellen Auftrag, die Marktseite und damit die Kunden aktiv zu integrieren, ist die deutlichste Manifestation dieses Gedankens. Im Hintergrund steht eine Strategie der Bayer Holding, welche bestimmte Wachstumsplattformen definiert (z. B. intelligente Materialien oder Biotechnologie). Das Creative Center ist Treiber bei der Umsetzung dieser strategischen Ziele. Wie oben dargestellt, fokussiert dabei innerhalb der Abteilung New Business clas Creative Center auf den Markt und das Segment New Technologies auf die Technologie- bzw. Produktseite. Die Bayer MaterialScience versucht diese Idee der MarktOffnung nach aussen auch fiber firmeneigene Publikationen und Vortrage zu verbreiten. Die Sicherstellung einer offenen Atmosphare gegen0ber externen Anregungen kann aber letzten Endes nur durch alas Topmanagement erfolgen. Dies geschieht beispielsweise durch Mitglieder des Vorstandes im Rahmen von sozialen Events (z.B. der Weihnachtsfeier) oder 6ffentlichen Auftritten. Weiterer Ausdruck der durchgangigen innovationsfreundlichen Kultur sind beispielsweise die UnternehmensleitPaden. Unter dem Motto ,,Science for a better life" werden dort die Werte des Untemehmens mit einem speziellen Fokus auf dessen Innovations~ fahigkeit beschrieben. Das Creative Center ist bestrebt, auch andere interne Gruppen fifth in seine Thematik einzubinden und dadurch eine Innovationscommunity aufzubauen. Die
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Motivation zur Teilnahme an diesem Netzwerk h ~ g t dabei entscheidend von der erfolgreichen Kommunikation yon Erfolgsstorys ab (z.B. durch das Topmanagement). Letzten Endes wird der Erfolg eines derartigen Communitymodells aber yon den beteiligten Personen bestimmt, welche geeignete PersOnlichkeitsmerkmale aufweisen massen. Eine mindestens ebenso wichtige Rolle spielt die offene Kommunikation bei der eigentlichen Kernaktivitat, n~nlich dem Kontakt nach aussen vor allem zu den Kunden. Zur Sicherstellung einer offenen Grundhaltung aufseiten ihrer Partner, legt die Bayer MaterialScience bereitwillig ihre Szenarien und Roadmaps am Beginn der Diskussionen mit den Kunden often. Der Leiter des Creative Centers bezeichnet dieses Vorgehen als ,,in Vorleistung gehen" und sieht darin einen wesentlichen Schritt zum Aufbau einer Vertrauensbasis, welche t"tir einen fruchtbaren Austausch unbedingt notwendig ist. Ohne grosse Vertraulichkeitsvereinbanmgen muss es gelingen, durch gegenseitiges Vertrauen eine offene Atmosph~e zu schaffen. Dabei bilden sich wiederum Communities, welche intensiv Informationen innerhalb ihrer Grenzen austauschen. Die Vorteile tier Teilnahme an diesem Austausch stellen einen Anreiz filr potenzielle Partner dar, ebenfalls gemeinsame Integrations~ aktivitaten mit dem Creative Center durchzufiihren. (,,Wer nicht teilnimmt, bekommt keine weiteren Infos").
Organisation Das Creative Center versteht sich als Think Tank der Bayer MaterialScience und mOchte die ,,Zukuntt erkennen, begleiten und gestalten". Ziel des interdisziplinaren Teams ist es, mit neuen profitablen Produkten ftir verschiedenste Branchen Marktwachstum filr Bayer MaterialScience zu generieren. Durch eine Erweiterung des Blickwinkels, tiber die reinen Disziplinen Chemie, Physik und Ingenieurswesen hinaus, verbunden mit Produkt- und Markterfahrung werden neue LOsungen kreiert. Konkret setzt sich das Center aus vier Spezialisten, so genannten Markt Scouts, einem Leiter und einer Assistentin zusammen. Jeder Markt Scout bearbeitet eines der folgenden speziellen Aufgabengebiete (intern ,,Flagship Programs" genannt): Energy Management, Interface Man/Machine, Optics & Light und New Data Storage. Einer yon ilmen deckt zusatzlich die gesamte Bandbreite der Polymere ab. Die Flagship Programs passen, im Sinne einer strategischen Verankerung, zu den yon der Bayer Holding definierten Growth Platforms wie Sustainability (auf der Ebene des Creative Centers ist das korrespondierende Element das Energy Management).
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Wesentliche Ans/itze mit denen das Creative Center arbeitet, sind die Nutzung geeigneter Netzwerke, die systematische Zukunt~sanalyse durch Szenariotechnik und Methoden zur Generierung neuer Polymeranwendungen. Neben der Verwendung traditioneller Methoden wie TRIZ und Szenariotechnik, versucht das Creative Center auch neue Methoden zu entwickeln. Eine Herangehensweise um dies zu erreichen, ist der Aufbau eines extemen Netzwerks, welches auf der intensiven Kooperation mit bis zu zehn Studenten pro Jahr basiert. Diese Zusammenarbeit flihrt zur Abfassung von wissenschaftlichen Arbeiten und stellt sicher, dass das Creative Center auf dem neuesten Stand der Forschung und Methodik bleibt. Innerhalb Bayers entwickelt das Creative Center ein Netzwerk, welches die Produktexpertise sowie Markt- und Branchenerfahrung der zahlreichen Materialspezialisten FOr Thermoplaste, Polyurethane, Klebstoffe und Lackrohstoffe nutzt. Extern wird der Kontakt zu anderen Think Tanks gesucht, um Anregungen und Wertungen zu Trends und Marktimpulsen aus verschiedensten Blickwinkeln zu bekommen. Das Creative Center steht in engem Kontakt mit Zukunftsforschem, Designem, Demographen, wissenschat~lichen Instituten, Trendsettem und den Entwicklungsabteilungen der Kunden. Die Schnittstelle zum Marketing ist dadurch gegeben, dass sich das Creative Center als Service t'tir die Marketingabteilung versteht. So ist das Key Account Management bzw. das Aussendienstpersonal immer informiert und eingebunden, wenn es zu Kundenkontakten kommt. Teilweise agieren diese Funktionen auch als ,,TtirSffner" oder nehmen direkt als Coaches an Treffen und Workshops zwischen Vertretem des Creative Centers und der Kunden teil. Da das Creative Center von einem multidisziplinaren Team gebildet wird, mtissen sich die Mitglieder tiber die jeweilige Fachsprache hinausgehend verstehen kSnnen. Das Erfolgsrezept lautet, dass man nur dann zu ganzheitlichen L6sungen kommen kann, werm sich alle miteinander austauschen. Wesentlich Far den Erfolg ist auch die BereitschaR, verschiedenartiges Wissen einzubringen und aufzunehmen sowie eine offene Diskussionskultur. Das Not-Invented-Here-Syndrom wird durch eine grundslitzliche Offenheit, frtihes aktives Herangehen an betroffene Personen und eine mOglichst tiefe Einbindung derselben in Schranken gehalten. Kundenauswahl Die fllr die Auswahl der Kunden relevanten Charakteristika sind zun~ichst das Wissen und die Kompetenzen derselben. Es ist entscheidend, unterschiedliches Wissen von verschiedenen Stellen abzugreifen. Daher werden, wenn Vertreter einer
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einzelnen Firma alleine die gewanschten Kompetenzen nicht aufweisen, Experten yon verschiedenen Firmen zu einem Workshop eingeladen. Dabei spielt die jeweilige Fachkompetenz der Kunden die wesentliche Rolle. Ein weiteres Kriterium fiir die Kundenauswahl kann sich aus dessen Marktstellung ergeben, beispielsweise dann, wenn Bayer MaterialScience in einen komplett neuen Markt einsteigen will (z. B. die Logistik). Es werden dann Partner ausgesucht, welche in ihrem Gebiet sehr gut, aber noch nicht Kunde von Bayer sind. Sie besitzen einen anderen Blickwinkel, andere Kompetenzen und Bediirfnisse als Bayer, da sie an einer anderen Position der Wertsch6pfungskette sitzen. Dadurch erhalt MaterialScience Einblick in die Zusammenhiinge, Abliiufe und Geschiittspotenziale m6glicher neuer Marktsegmente. Der Ruf des Kunden spielt keine grosse Rolle, viel wichtiger sind pers6nliche Kontakte, da sie zur Motivation der Kunden beitragen kfnnen. Auch die Gr6sse des Kunden ist yon untergeordneter Bedeutung. Ein hoher Innovationsgrad sowie ein Bezug zur Problematik (d. h. beispielsweise eher Auto- als Flugzeugindustrie)sind entscheidend. Allerdings ist eine gewisse MindestgrOsse im Hinblick auf spatere Produktionsmengen Voraussetzung. Kunden sind fiir das Creative Center dann wertvoll, wenn sie die ,,gleiche Sprache sprechen". So sucht man beispielsweise bei Siemens nicht den Kontakt zu Serienentwicklem, sondem zu Forschem oder Marktforschem. Diese Konstellation lasst sich aber nicht immer realisieren, da es ott schwierig ist, diese Forscher zur Zusammenarbeit mit Bayer zu motivieren. Die Teilnehmer auf Kundenseite sind bei kleinen Kunden die Entwicklungsleiter, sonst prinzipiell haupts~ichlich Vertreter der F&E (Ingenieure bzw. Entwickler). Einkaufer werden tlblicherweise erst sparer (in den letzten beiden Schritten des frilhen Innovationsprozesses) hinzugezogen. Die so beschriebenen Kunden werden bei Bayer intern als ,,visionare Entrepreneurs" bezeiclmet. Die Kompatibilitat der Firmenkulturen spielt im Rahmen der Festlegung gemeinsamer Ziele eine Rolle. So schliessen sich gewisse Firmen aus intemen Griinden yon vornherein aus. Angestrebt wird ein auf das Thema passender Rollenmix. In passenden Konstellationen wird dann an der Erzielung einer WinWin-Situation gearbeitet. Die Rolle des Kunden wird diskutiert sowie seine Visionen- und damit seine Eignung- in Gesprachen abgeklart. Ablauf
Am typischen Beginn des Prozesses werden verschiedene Quellen genutzt, um Geschaftsgelegenheiten zu identifizieren oder Ideen zu entwickeln. Die wichtigsten davon sind Studien iiber zukiinttige Szenarien (z. B. ,,Pictures of the Future" von
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Siemens), neue Materialtechnologien, welche von New Technologies geliefert werden, sowie Besuche bei Messen und Konferenzen. Basierend auf dem Input dieser Informationsquellen besteht der nachste Schritt in einer Entwicklung von Szenarien. Mitglieder des Creative Centers sammeln alle Hinweise, schwachen Signale und Trendbausteine, welche sie als interessant fiir ihr jeweiliges Feld erachten und diskutieren diese mit den anderen Gruppenmitgliedem. Relevante Informationsteile werden dann zu Trends zusammengefasst und weiter angereichert, bis komplette Szenarien entstehen. Jeweils zwei Teammitglieder des Creative Centers werden anschliessend einem Teilszenario zugeteilt. Mithilfe der eigenen Experten werden Roadmaps aufgebaut, welche die Wege zu den Zukunfisbildem aus den Szenarien aufzeigen. Die Roadmaps sind also ihrem Namen entsprechend als Wege zum Erreichen der jeweiligen Szenarien zu verstehen. Die entwickelten Szenarien und Roadmaps werden im darauf folgenden Schritt ,,im Markt reflektiert": In Diskussionen mit extemen Partnern, vor allem Kunden und potenziellen Kunden, werden die Szenarien und Roadmaps yon Bayer mit denen der Partner verglichen und abgestimmt. Zur Sicherstellung einer offenen Grundhaltung aufseiten der Partner, legt Bayer MaterialScience bereitwillig ihre Szenarien und Roadmaps am Beginn der Diskussionen mit den Kunden often. In diesem frtihen, off pr~ompetitiven Stadium des Prozesses kann der Kunde tiber die mit Bayer abgestimmten Ergebnisse der Workshops frei verfllgen und sie fllr seine Zwecke nutzen (,,damit zurtick ins stille K~mmerlein gehen"). Sobald die Szenarien und Roadmaps ausserhalb von Bayer MaterialScience geprtifl worden sind, werden im folgenden Schritt Ideen fiir die einzelnen Zukunflssituationen entwickelt. Dabei ist zu beachten, dass zwischen den beiden Schritten Szenarioreflexion und Ideengenerierung noch ein komplizierter Prozess mit bis zu neun Zwischenschritten liegt, welche aber je nach Situation verschieden stark ausgepriigt sind. Auch die Ideengenerierung geschieht nicht ausschliesslich intern, sondern unter Einbezug von Extemen. Sobald Szenarien als interessant und relevant identifiziert worden sind, werden magliche Partner selektiert (,,Mit were wilrden wir das gerne machen?") und kontaktiert. Dabei wird ein Kreis von Experten etabliert. Der eigentliche Workshop findet dann in einem Hotel statt und bringt insgesamt 10 bis 15 Teilnehmer zusammen, von denen nur etwa drei von Bayer kommen. Dabei werden zunachst vor allem zwei Fragen mit den Kunden abgeglichen, nitmlich ob (1) das Thema in dem Szenario prinzipiell richtig ist und (2) die angenommene zeitliche Positionierung stimmt. Das Ergebnis dieser Workshops sind dann neue Ideen i'tir Applikationen, inhaltlich passend zur jeweiligen Roadmap. Bayer ist sehr bemOht, alle intemen Informationen, welche zum besseren Verst~ndnis des
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FALLSTUDIEN DER FROHENKUNDENINTEGRATION
jeweiligen Szenarios beitragen, den extemen Partnem drei Wochen im Voraus zur Verfiigung zu stellen, um eine offene Atmosphare sicherzustellen, alle auf den gleichen Wissensstand zu bringen und Zeit zu sparen. Dadurch gelingt die Vermeidung der typischen ersten Phase jeder Brainstormingsitzung, in welcher eine grosse Anzahl an Ideen minderer Qualit~t produziert werden (z. B. schon bekannte Einf'alle). Das Team des Creative Centers entscheidet dann in intemen Diskussionen, ob eine Idee (als Ergebnis der Workshops) wert ist, detaillierter betrachtet zu werden oder nicht. Falls ein Einfall als wichtig erachtet wird, wird dieser von einer bayer-intemen Creative Community bewertet. Dieses Bewertungsnetzwerk wurde erst vor kurzem eingerichtet. Es besteht aus ca. 30 Personen - wobei rund die Haltte davon aus der Business Development Abteilung k o m m t - und er~llt primar eine multiplikative Funktion. Alle Mitglieder sind aufgefordert, die Themen und Projekte an denen die Community arbeitet, in ihren jeweiligen Abteilungen zu kommunizieren und die Expertenmeinungen von dort widerzuspiegeln. Die Bewertung erfolgt unter Verwendung eines Ideenbewertungsblattes. Dieses wird dabei sequenziell yon allen Communitymitgliedem parallel nach dem Schulnotenprinzip (yon 1 bis 10) ausgefiillt. Zusatzlich enthalt das Formular Felder fi~r erganzende Bemerkungen, welche ausgefdllt werden kSnnen, um die Benotung zu erklaren oder nach mehr Details zu fragen. Die Bewertungskriterien sind der Kundennutzen, der Nutzen fllr Bayer, die strategische Obereinstimmung und der zu erwartende Aufwand. Nach Abschluss der Bewertungsrunde erhalten die Ideenlieferanten der hoch bewerteten Ideen Feedback. In Einzelfallen kann es auch vorkommen, dass der Ideengeber eingeladen wird, an der Weiterentwicklung seiner Idee zu partizipieren. Hoch bewertete Ideen werden mit Lead-Usern und Trendsettern diskutiert, was eine weitere Abstimmungsrunde mit der Nachfrageseite darstellt. Es folgt also die Einholung yon Feedback des Marktes und/oder der entsprechenden Branchengruppe bei Industry Innovation durch das Creative Center. Nach Berticksichtigung dieses Marktfeedbacks und der eventuell notwendigen Anpassung kommt es im nachsten Schritt tiir die verbleibenden, angereicherten Ideen zur Erstellung von Machbarkeitsstudien (,,Feasibility Studies") als Teil eines umfassenden Paketes, welches ,,Balanced Innovation Card" genannt wird. FUr die rund 30 Themen, welche an dieser Stelle des Prozesses parallel bearbeitet werden, gilt es vom Creative Center gemeinsam mit der Community nun mehrere Schritte zu tun. Diese reichen von der Funktionsanalyse bis zum abschliessenden ,,Tree of Needs" (Polymerbeschreibung). Die Feasibility Study ist dabei nur ein Output. Als Endergebnis erstellt das Creative Center die Balanced Innovation Card in Form eines Kataloges und tibergibt diese an das Industry Innovation Segment. Industry
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Innovation erOffnet mithilfe dieser Angaben ein Projekt, welches dann einen klar definierten Projektmanagementprozess durchliiuft. Der reale frtlhe Innovationsprozess des Creative Centers muss nicht notwendigerweise samtliche Abschnitte enthalten. Es kfinnen beispielsweise ganz Schritte fehlen und nur die Schritte 1, 4 und 7 enthalten sein. So ging beispielsweise flir das aktuelle Projekt ,,Future Living" die Szenarienreflexion gleich in die Szenarienevolution gemeinsam mit den Kunden tiber. Ausserdem kOnnen oft auch andere Punkte als die gezielte Sammlung von Input als Einstieg dienen. Diese Flexibilititt in der operativen Prozessdurchflihrung stellt einen wichtigen Erfolgsfaktor fiir die frtihen Phasen des Innovationsmanagements dar.
Management der frUhen Kundenintegration Die Motivation der Kunden erfolgt prinzipiell durch die Schaffung einer Win-WinSituation. Es muss den Kunden also kommuniziert werden, dass sie von der Integration bei Bayer MaterialScience profitieren k6nnen. Dies kann durch exklusive Rechte auf die Verwendung des Ergebnisses erfolgen, aber auch durch nicht direkt greifbare Resultate. So werden die Kunden Mitglieder einer thematisch fokussierten Kommunikationsplattform und erhalten Einblicke in aktuelle Entwicklungen und Methoden. Oft reichen diese Faktoren aus, um einen Kundenvertreter zur Teilnahme an einer Veranstaltung zu motivieren. Folgeveranstaltungen erweisen sich dann aber in vielen Fiillen als ungleich schwieriger zu besetzen. Letztendlich muss der Kundenvertreter Erfolge in der eigenen Firma vorweisen k6nnen, um dauerhaft an einer Zusammenarbeit interessiert zu sein. Beim Abgleich der Szenarien gemeinsam mit den Kunden profitieren alle Teilnehmer im gleichen Masse. Jeder Teilnehmer kann aus dem gemeinsam erarbeiteten Ergebnis einen Nutzen ziehen, da dieses durch den Einschluss der verschiedenen Blickwinkel und Ans/itze meist hochwertiger ausPallt als die Ausgangsszenarien der einzelnen Teilnehmer. Die Protokolle und Roadmaps der Workshops werden exklusiv fiir die Teilnehmer auf einer gesicherten Internetplattform zur Verfligung gestellt. Bayer MaterialScience ist als Ergebnis der Kundenintegration sowohl an Markt- als auch an Technologiewissen interessiert. Aus der Diskussion der Szenarien wird zunltchst die Identifikation von Marktpotenzialen erwartet. Ausserdem soil sie ein Monitoring des Marktumfeldes und darnit eine Art Frtihwarnsystem ermOglichen. Die Roadmaps sollen dartiber hinaus einen Oberblick tiber die zeitliche Entwicklung der identifizierten Marktchancen sowie relevanter Technologien geben. Dadurch wird eine Entscheidung bezilglich des weiteren Vorgehens (z. B. Kompetenzen
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selbst aufbauen oder nur beobachten) bzw. in weiterer Folge eine Priorisierung der Entwicklung erm6glicht. Far grOssere Projekte (z. B. Future Living) wird die operative Durchffihrung der Kundenintegration an einen extemen Berater ausgelagert. Dieser iibemimmt auch die Rolle eines neutralen Coaches. Er fungiert gegentiber den eingebundenen Extemen als Ansprechparmer und gibt den Rahmen sowie die Zielvorstellungen vor. Auch die Kontrolle des Integrationsprozesses lltuR fiir gr6ssere Projekte tiber diesen extemen Projektleiter. Er holt nach jedem Workshop Feedback aus dem Teilnehmerkreis ein und dokumentiert die Ergebnisse. Der schlussendliche Erfolg des Creative Centers trod damit der Kundenintegration wird am Gesamtbild der Bayer MaterialScience gemessen. Bayer will neue Anwendungen bzw. spezifische Neuerungen auf der Polymerseite erreichen. Daher werden klassische Kundenbefragungen durchgeRlhrt, ob dies auch gelingt und im Markt wahrgenommen wird. Uber alle Kunden hinweg wird tiber die Marketingorganisation beispielsweise gefragt, wo die Starken der Bayer AG liegen. Die Ubergeordnete Erfolgsmessung erfolgt also indirekt tiber die Bekanntheit spezieller Produkte und Innovationen. Daher spielt generell die Offentlichkeitsarbeit (innerhalb und ausserhalb Bayers) eine wesentliche Rolle fiir das Creative Center. Artikel, in denen yon hmovationsprojekten berichtet wird, sind ein wichtiges Instrument und werden nach der zu erwarteten Verbreitung und der Trefferquote beim Zielpublikum beurteilt. Neben diesen nach aussen gerichteten Erfolgskriterien wird auch die Zahl der tibergebenen Projekte sowie die Sclmelligkeit, in der sie abgewickelt wurden, herangezogen. Dazu werden interne Ziele gesetzt (z. B. Obergabe zweier Projekte pro Jahr in einem gewissen Fachbereich). Dariiber hinaus werden die Ergebnisse der Szenarioprojekte kommuniziert und die Erkennmisse fllr die einzelnen Business Units aufgearbeitet. Auch Berichte an den Vorstand, hausinteme Messen und samtliche MSglichkeiten der positiven Mundpropaganda (z. B. ,,Leute, h6rt euch die klingende Wand an!" aus dem Mund eines Vorstandes) werden genutzt, urn die eigenen Erfolge darzustellen trod zu kommunizieren.
3.2.4 Zusammenfassung Die Frtihphase des Innovationsprozesses bei Bayer MaterialScience stellt ein sehr gutes Beispiel frtiher Kundenintegration dar. W~lrend dreier yon sieben Schritten besuchen Mitglieder des Creative Centers Kunden oder laden diese zu Brainstorming Workshops ein. Dadurch wird mehr als nur Koordination mit den
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tatsachlichen Marktanforderungen sichergestellt, namlich eine aktive Einbindung der Kunden in die Entwicklung der Szenarien bzw. Ideen. Der Fall des Bayer MaterialScience Creative Centers zeigt, dass es m6glich ist, einen Prozess zur Erfassung externen Inputs - mit speziellem Fokus auf Kunden - in der frflhen Phase radikaler Irmovationsprojekte zu institutionalisieren. Es zeigt sich allerdings, dass ohne ein tlberzeugtes Topmanagement, welches bereit ist, Ressourcen zur Verttlgung zu stellen, kein vemlinttiger Ansatz mSglich ist. Prozessschritte milssen definiert, Methoden gefunden und entwickelt sowie interne und exteme Netzwerke etabliert werden, bevor erste Resultate erzielt werden kSnnen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor fllr die erfolgreiche Integration der Marktseite sind filr das Creative Center die Expertenworkshops (wobei der Kunde als Experte bezeichnet wird), bei denen neben Kunden und Vertretem des Creative Centers auch Vertreter yon New Technologies und Teilnehmer aus fremden Bereichen gemeinsam Szenaden und Roadmaps abgleichen. Dabei wird unter einem praktisehen Blickwinkel im Sinne eines Benchmarks geprlitt, ob die Sieht des Creative Centers richtig ist. Ebenfalls von entscheidender Bedeutung ist die Erkenntnis, dass man dem Kunden aueh etwas bieten muss, narnlieh die Chance, seinen Horizont zu erweitem. All dies kann nicht als zus/ttzliche Aufgabe zu einem regul~en Job gemacht werden. Eine ilberzeugte Gruppe von Mitarbeitem muss gebildet und best/lrkt werden, um diesen Prozess voranzutreiben. Nur dann kann man von einer wirklichen Berllcksichtigung der viel zitierten Wichtigkeit von Irmovationen t'dr den Markterfolg eines Unternehmens sprechen. Abbildung 11 gibt einen Oberblick der frtlhen Kundenintegration bei Bayer MaterialScience.
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.4bbildung 1I: Ubersicht der fr~ihen Kundenintegration der Bayer MaterialScience
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3.3
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3.3.1 Rahmenbedingungen Die European Aeronautic Defence and Space Company (EADS) ist, als gr6sstes Luft- und Raumfahrtunternehmen in Europa und als drittgrtisstes weltweit, in den Bereichen Zivil- und Militarluttfahrt, Raumfahrt, Verteidigungssysteme und Dienstleistungen t~tig. Das Untemehmen entstand 2000 aus der Fusion der deutschen DaimlerChrysler Aerospace AG, der franzOsischen Aerospatiale Matra und der spanischen CASA. Die Hauptaktionare der bOrsennotierten EADS sind die DaimlerChrysler AG und die franz6sische Holding Sogeade mit jeweils tiber 30 % des Aktienkapitals. Die spanische Staatshoiding Sepi besitzt 5,5 %. Im Jahr 2002 erwirtschaftete EADS einen Umsatz von 29,9 Mrd. EUR. Davon wurden etwa 80 % auf dem zivilen und 20 % auf dem militarischen Markt erzielt. Das Unternehmen beschattigt an mehr als 70 Produktionsstandorten tiber 100.000 Mitarbeiter, vor allem in Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Spanien. Dazu kommen 35 Aussenbtiros, welche weltweit Kontakt zu den Kunden halten. Die beiden Hauptsitze der EADS liegen filr die Funktionen Strategie, Marketing und Recht in Pads (offizieller Firmensitz) sowie tilr Finanzen, Einkauf und Kommunikation in Mtinchen. EADS ist in flinf Divisionen gegliedert: Airbus, Military Transport Aircratt, Aeronautics, Space sowie Defence and Civil Systems. Das Unternehmen zahlt zu den Marktfllhrem in der zivilen Lufifahrt, bei Verteidigungstechnologie, Hubschraubem, Raumfahrt, militarischen Transport- und Kampfflugzeugen sowie den dazugeh6rigen Dienstleistungen.
Organisatorisches Umfeld EADS Astrium - Teil der EADS Space Division- versteht sich als ,,Systemhaus" und ist einer der fiihrenden Anbieter der Raumfahrtindustrie in Bereichen der zivilen und militarischen Telekommunikationssatelliten, der Erdbeobachtung sowie bei Wissenschafts- und Navigationsprogrammen. Astrium besch~iftigt ca. 6.000 Mitarbeiter, verteilt auf die Lander Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Spanien, war bereits fllr Uber 60 Kommunikationssatelliten Hauptvertragspartner und ist grOsster europ/iischer Anbieter flit Wissenschafts- und Erdbeobachtungsmissionen. Im Jahre 2002 wurde ein Umsatz von ca. 2,2 Mrd. EUR erzielt. Dabei werden bei Astrium 70 bis 80 % des Umsatzes durch Forschung und Entwicklung generiert. 95 % dieser F&E-Auttr/ige ergeben sich durch Fremdauftr/ige der Kunden und nur 5 % sind Eigenmittel bzw. freie F&E-Mittel. Etwa 30 % des Umsatzes entfallen auf privatwirtschattliche Projekte oder Kommunikationssatelliten fiir
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einzelne Staaten. Der gr6ssere Umsatzanteil wird durch staatliche Projekte im Bereich der extraterrestrischen Forschung, der Erdbeobachtung und der satellitengestatzten Navigation generiert. Diese Fallstudie bezieht sich auf den Standort Friedrichshafen mit ca. 800 Mitarbeitern und Kemkompetenzen in der Fertigung von Erdbeobachtungs- und Wissenschaflssatelliten sowie von Einzelkomponenten und wissenschafUichen Instrumenten. Die F&E-Quote betr~igt an eigenen Aufwendungen ca. 2 % (vor wenigen Jahren lag sie noch bei 6 %; die Reduktion wurde durch einen Einbruch des Telekommunikationsmarktes notwendig). Hauptziel der F&E-Aktivitaten ist es, Knowhow aufzubauen und damit Rir den Kunden zu einem interessanten Geschaflspartner zu werden. Die Kunden tibemehmen in dieser Frahphase des Innovationsprozesses schon zwei Drittel bis drei Viertel der Kostenanteile. Im Grossteil der Divisionen wird die Entwicklung von aussen bezahlt, nur der Bereich der Kommunikationssatelliten finanziert seine Entwicklung Uberwiegend mit Eigenmitteln. Teile der Gelder fliessen an Partnerfirmen, mit denen exklusive Zusammenarbeit besteht. Externes Umfeld
Die Technologiedynamik in der Raumfahrtindustrie bietet die ganze Bandbreite yon konservativ bis progressiv. Im Bereich der qualifizierten Systeme (z. B. Computer) herrscht eine konservative Einstellung vor, wahrend beispielsweise bei den Instrumenten und Werkstoffen sehr innovative Technologien entwickelt und genutzt werden. Bei der Raumfahrtindustrie handelt es sich insgesamt betrachtet um eine progressive Branche, welche in vielen Aspekten an der Spitze der Technologieentwicklung steht, in den kritischen Bereichen der Satellitentechnik aber aufgrund der aufwandigen Qualifikationsverfahren sehr konservativ agiert. Betrachtet man die technologische Komplexitat der yon EADS Astrium angebotenen Produkte, so zeigt sich eine grosse Bandbreite von kostengtinstigen Standardprodukten hin zu teclmologisch komplexen High-Tech-Produkten. Je nach Komplexitatsgrad variiert auch der Grad der Zusammenarbeit mit dem Kunden von wenig bis gar nicht fiir Standardprodukte, bis hin zu sehr intensiv bei technologischen Vorreiterprojekten (vgl. Abb. 12).
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Abbildung 12: Technologische Komplexitat bei Entwicklungsprojekten der EADS Astrium
Auch ttlr den Innovationsgrad der Produkte kann keine einheitliche Aussage getroffen werden. Inkrementelle Produktverbesserungen sind zwar die Regel, doch kommt es auch immer wieder, beispielsweise bei Instrumenten wie der NIRSPECKamera filr ein Weltraumteleskop, zu radikalen Durchbrtichen. Produktlebenszyklen in der Raumfahrtindustrie liegen typischerweise bei etwa sechs bis zwanzig Jahren. Vor der eigentlichen Nutzung liegt noch die Vorentwicklungsphase, welche je nachdem ob neue Technologien entwickelt werden mtissen oder nicht, zwei bis zehn Jahre lang dauert. Die anschliessende Entwicklung nimmt dann zwischen zwei und fiinf Jahre in Anspruch. Die eigentliche Nutzungsdauer liegt schliesslich in der GrSssenordnung von zwei bis fllnfzehn Jahren. Der Markt ist also von extrem langen Zyklen geprllgt, insbesondere auch dadurch verursacht, dass einige komplexe Technologien typischerweise bei Projektbeginn noch gar nicht zur Verfiigung stehen. Die Raumfahrtindustrie agiert in einem 6ffentlichen, teilweise geschiltzten Markt mit wenigen AuRragnehmem. Zu dieser Begrenztheit kommen noch langsam gewachsene Strukturen und damit eine hohe Vertrautheit der einzelnen Marktteilnehmer untereinander. Innerhalb der Branche sind persOnliche Kontakte mit Kunden haufig und werden intensiv gepflegt. Kundenzufriedenheit und Kundennahe sind
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Schltisselfaktoren flir einen erfolgreichen Marktauttritt. Eine gute Reputation ist essenziell filr die Gewinnung von weiteren Auttriigen. In den letzten Jahren kam es zu einem Konzentrationsprozess hin zu einigen wenigen grossen Raumfahrtuntemehmen. Die Hauptkonkurrenten von EADS Astrium als Systemanbieter sind Alcatel in Frankreich sowie Alenia in Italien. EADS Astrium erzielt den Grossteil ihres Umsatzes mit der europiiischen Weltraumagentur (European Space Agency ESA). Die ESA versteht sich als ausfiihrendes Organ und vertritt die 15 Teilnehmerstaaten bzw. handelt in deren Auttrag. Der Umsatzanteil von Astrium mit tier ESA betragt in Deutschland ca. 80 % und in Frankreich, woes geflihrt durch das Centre National d'Etudes Spatiales (CNES) ein einflussreiches eigenes Raumfahrtprogramm gibt, ca. 50 %. Wichtige Exportmarlae sind zurzeit vor allem die ostasiatischen Staaten sowie in EinzelRillen auch die USA und damit die dortige nationale Weltraumagentur National Aeronautic Space Administration (NASA). Die EADS Astrium ist bestrebt, neben dem Umsatz mit der ESA weitere Wachstumsfelder zu erschliessen. Dies ist unter anderem aus folgenden zwei Grllnden notwendig. Einerseits stagnieren die nationalen europaischen Budgets flir Raumfahrt und damit die WachstumsmSglichkeiten ~ r einen auf diesen Markt fokussierten Satellitenhersteller. So ~hren viele Lander in Europa kein bedeutendes eigenes Raumfahrtprogramm mehr und das Forschungsbudget der ESA wurde im Zuge genereller Sparmassnahmen ebenfalls gektirzt. Auf tier anderen Seite entwickelt sich ein Trend in Richtung umfassender GeschAflsmodelle im Sinne einer Abdeckung der gesamten WertschSpfungskette von der Satellitenproduktion tiber den Betfieb hin zur Vermarktung der gemessenen Daten. Die neu gegrandete Tochterfirma Infoterra (Aufbau neuer Geschattsmodelle zur Verwerttmg von Satellitendaten) und die Beteiligung am europiiischen Satellitennavigationssystem Galileo sind Ausdruck dieser neuen Geschaflsstrategie der EADS Astrium. Die ESA, als Astriums grSsster Auftraggeber, unterhlilt ein diversifiziertes Portfolio vom Standardsatelliten bis bin zum spezialisierten Unikat. Sie umfasst zurzeit 15 Mitgliedstaaten, unter anderem auch die Schweiz, verfllgt tiber ein Jahresbudget von 2,852 Mrd. EUR und beinahe 2000 Mitarbeiter (Stand 2002). Der offizielle Hauptsitz befindet sich in Pads. Das Europ~.ische Weltraumforschungs- und Technologiezentrum ESTEC (European Space Research and Technology Centre) ist mit Sitz in Noordwijk in den Niederlanden das Forschungs- und Entwicklungszentnun ~ r die meisten ESA-Raumfahrzeuge und damit direkter Kunde tier EADS Astrium.
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Da die ESA ihre Auitritge per Ausschreibung vergibt, hat sie standig eine grosse Zahl an verschiedenen Ausschreibungen als Auftraggeber zu betreuen. Es wurde daher ein eigenes elektronisches System (,,emits") fOr die Koordination der AusschreibungsUttigkeiten entwickelt. Samtliche interessierten Zulieferer und Vertragspartner erhalten so Zugang zu allen relevanten Informationen tier Ausschreibungen. Die grossen Teilnehmer (wie z.B. EADS Astrium) mtissen ebenfalls auf dieser Plattform eigene Ausschreibungen for Sub-Kontrakte yon ESAAuftriigen publizieren, sodass sich dann wiederum nachgelagerte Zulieferer und Komponentenhersteller bei Astrium transparent bewerben kSnnen. Eine wichtige Kundengruppe stellt schliesslich die kommerzielle Kundschaft dar. Neben Wettersatelliten nehmen Kommunikationssatelliten FOr Unternehmen wie lntelsat, Eutelsat und Inmarsat den Grossteil dieses Marktes ein. Im grundsatzlichen Gegensatz zu den restlichen Astrium-Projekten handelt es sich dabei um einen typischen Markt, in dem auch klassische Instrumente wie Marketing oder Plattformmanagement zur Kostenreduktion eingesetzt werden. Die folgenden Aus~ngen beziehen sich allerdings ausschliesslich auf die Integration der Kunden, vor allem der ESA, im Rahmen wissenschattlicher Satellitenprojekte der EADS Astrium. 3.3.2 Innovationsprozess Der ~ r EADS Astrium relevante Gesamtlebenszyklus eines Projektes setzt sich aus einer Vorentwicldungsphase, der eigentlichen technischen Entwicklungsphase sowie einer Nutzungs- und Entsorgungsphase zusammen. Die letzten beiden Phasen sind fllr den Fokus dieser Arbeit nicht relevant und werden daher im Folgenden nicht naher betrachtet. Der eigentliche Produktentwicklungsprozess yon Astrium wird in drei grosse Schritte unterteilt (vgl. Abb. 13), welche im Folgenden Oberblicksmltssig beschrieben werden, um im nichsten Schritt die Ausprigungen der Kundenintegration in den verschiedenen Phasen darstellen zu kOnnen.
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FALLSTUDIEN DER FRI~IHENKUNDENINTEGRATION
Abbildung 13: Frahphase des lnnovationsprozesses der EADS Astrium
In Phase A erfolgt eine Festlegung der Anforderungen an das jeweilige Projekt zusammen mit der Identifikation und Analyse der Missionselemente (Schnittstellen, Missionsphasen). Ein Hauptpunkt ist der Machbarkeitsnachweis bezflglich Technik, Zeit und Finanzen. Daraus ergeben sich einerseits die Identifikation von m6glichen Kosten- und Risikotreibern, Konzeptalternativen sowie eventuell bereits ein bevorzugtes L6sungskonzept und andererseits die Feststellung der Notwendigkeit yon Technologieentwicklungen. Als Fixpunkte stehen am Anfang dieser Phase eine Mission Definition Review (MDR), in dem die Missionsdefinition 0berpr0tt wird und am Ende die Preliminary Requirements Review (PRR), welche eine vorlliufige Anforderungstlberprtlfung vomimmt. In der folgenden Phase B wird im Rahmen einer Gesamtprojektdefinition die Produktspezifikation saint Entwicklungsplanung vorgenommen. Zusatzlich kommt es zu einer Evaluierung des Festpreisangebots zur Durchfllhrung des Projektes. Zu den vielf~ltigen Aufgaben in dieser Phase zAhlen die vertiefle Analyse von alternativen Systeml6sungen, die Festlegung yon Systemaufbruch und Produktbaum, das Einfrieren der Anforderungen, der Entwurf der teclmischen LOsungen sowie die detaillierte Erstellung von Zeit- und Kostenpl~en. Zum Abschluss der Phase B wird die System Specification Review (SSR) durchgeffihrt, um in die eigentliche Entwicklungsphase eintreten zu k0nnen. Die zentrale Entwicklungsphase ist in zwei Teilschritte unterteilt. Phase C flihrt vom Entwuff zur Entwicldung. An ihrem Ende ist die Gesamtentwicklung abgeschlossen und der Begirm der eigentlichen Fertigung m6glich. Alle Spezifikationen, Pl~ine und Fertigungsunterlagen kOnnen eingefforen werden. Erm6glicht wird dies durch umfangreiche Detailanalysen und -entwicklungen, den Bau von Entwicklungsmodellen sowie die Uberarbeimng und Festlegung aller P l ~ e (filr Management, Entwicklung, Zeit und Kosten). Am Beginn yon Phase C wird mit der
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Preliminary Design Review (PDR) eine vorlaufige Entwurfstiberprtifung als Endpunkt mit der Critical Design Review (CDR) die abschliessende Entwurfstiberprtifung durchgefOhrt. Die Laufzeiten variieren stark projektabhangig, typisch fOr die Raumfahrt sind ein bis zwei Jahre. Phase D schliesst mit der Fertigung, dem Zusammenbau und der Abnahme des Produktes die eigentliche Produktentwicklung ab. Dies geschieht durch den Zusammenbau und die Hochintegration der Teilsysteme ins Gesamtsystem, die Abnahme des Produktes mit testierter Raumfahrtqualifikation und Systemleistung sowie die Vorbereitung der Inbetriebnahme. 3.3.3
Kundenintegration
Grundlagen Die Kundeneinbindung ist in weiten Teilen der Astrium-Strategie explizit integriert. Als Beispiel for eine Verankerung in der Geschitflsstrategie kann der Bereich der Earth Observation genannt werden: ,, [...] Astrium is aiming f o r close links with the most respected scientists and users in order to ensure user driven missions and systems [...] early involvement o f scientific and institutional users is essential" 1/
Das generelle Ziel von EADS Astrium bei allen Kundenkontakten ist eine m6glichst frilhe und umfassende Kundeneinbindung w/ihrend des gesamten Innovationsprozesses. Im Gegenzug legen viele Auflraggeber Wert darauf, auch Unterauflragnehmer zu kennen und Entscheidungen tiber deren Einbezug zu treffen. Gerade im Fall der Wissenschaflsmissionen der ESA finden auf strategischer Ebene (Zeithorizont l0 Jahre) bereits langfristige grundsatzliche Abstimmungen mit der ESA-Strategie statt. Diese Abstimmung hat for beide Seiten den Vorteil, dass eine langfristige Planung mOglich wird, welche eine effizientere Allokation von Ressourcen zulasst. Die spezifisehen Ziele der Kundeneinbindung sind explizit verankert, beispielsweise fOr die Geschaflsentwicklungseinheiten: ~" Profitabilitatssteigerung und Auftragsakquiderung zugunsten von Astrium ~' Erstellung einer positiven Bindung zwischen dem Kunden und Astrium
!! Interne Unterlagen EADS Astrium Earth Observation.
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FALLSTUDIEN DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
Kundenzufriedenheit am Ende des Auftrages zu tiberprtifen und zu dokumentieren Generell gilt, dass sich die Schltisselpersonen des Auf~raggebers wie auch des Auf~ragnehmers persSnlich kennen (teilweise auch aus frtiheren Projekten). Durch eine derartige Vertrautheit erreicht man effiziente und effektive Kommunikation als wesentliche Grundlage einer erfolgreichen Einbindung.
Organisation Die wichtigsten organisatorischen Instrumente, welche Astrium in Bezug auf die Kundeneinbindung einsetzt, sind zwei eng zusammenarbeitende, unter der Organisationseinheit Gesch~lftsentwicklung zusammengefasste Gruppen, n~nlich die eigentlichen Gesch~iftsentwicklungseinheiten (Business Development Units) und das Key Account Management (KAM). Die Business Development Units wurden gezielt zur weiteren Verst~kung der Kundeneinbindung geschaffen. Diese Abteilungen besitzen zwar gewisse Admlichkeiten mit herkSmmlichen Marketingabteilungen, sind aber mehrheitlich mit Ingenieuren besetzt. FUr das Geschafisfeld Erdbeobachtung, Navigation und Wissenschafi besteht die Geschattsentwicklung aus u n g e ~ 20 Mitarbeitern, welche organisatorisch entsprechend der jeweiligen Key Accounts aufgestellt sind. Oberstes Ziel ist die langfristige Planung und Zusammenarbeit mit den Kunden. Bei der so genannten Vorakquisition, also bei den ersten Kundenbesuchen, ist stets auch ein Vertreter der Geschaftsentwicklung anwesend. Die genauen Aufgaben dieses Business Development Teams sind Vorakquisition, Aufnahrne des ersten Kontaktes sowie Abstimmung mit den Kundenanforderungen. Dies ist eng verzahnt mit der Steuerung der Angebotspolitik yon EADS Astrium. Schliesslich kommt es zur Begleitung des Vorentwicklungsprozesses, wobei zu beachten ist, class sobald ein Aufirag gewonnen wurde, die Aktivitat der Einheit zurfickgeht, am schliesslich zu Beginn des eigentlichen Entwicklungsprozesses durch die Entwicklungsabteilung abgel6st zu werden. Mit dem Einsatz yon Business Development sowie den zugehSfigen Key Account Managem wird die Kundeneinbindung in dem Sinne geregelt, dass jeder Kunde innerhalb yon Astxium seinen persSnlichen Ansprechpartner besitzt. Key Account Manager innerhalb des Bereichs Erdbeobachtung betreuen die Bereiche Wissenschatt (mit besonderem Fokus auf die ESA), Export, Bodensysteme, Navigation sowie die nationalen Account Manager einzelner Lander.
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Als Hilfsmittel zur Erfilllung ihrer Aufgaben stehen den Key Account Managern Datenbanken zur Verfilgung, in denen Erfahrungen (,,Lessons learned") aus vergangenen Projekten, Kundenrfickmeldungen und Kontaktpartner zur Verffigung stehen. Kundenauswahl
Typische Merkmale der Kunden innerhalb der Raumfahrtbranche sind die T/itigkeit sowohl auf europitischer als auch internationaler Ebene, die sehr grosse Erfahrung sowie eine ausgepritgte eigene Teehnologiekompetenz. Dazu kommt das Umfeld des nahezu monopolistischen Marktes auf dem, unter Verwendung transparenter Ausschreibungsprozesse, die meisten Auttriige durch die 6ffentliche Hand vergeben werden. Wichtigster Punkt fllr eine erfolgreiche Kundeneinbindung ist die generelle Bereitschatt der Kunden am Innovationsprozess teilzunehmen. Astrium ist in der angenehmen Lage, dass viele Kunden von selbst zu enger Interaktion motiviert sind. Dabei spielen wissenschattlicher Ehrgeiz, Forschungsdrang und kundenspezifische Ltisungen, welche viele komplexe Entscheidungen vom Kunden selbst erfordern, eine entscheidende Rolle. Die relative GrSsse der Kunden ist ebenso wie das vorhandene Wissen sehr untersehiedlich, jedoch gibt es auf der Auttraggeberseite eine MindestgrSsse, welche mit Rficksicht auf die Finanzierung eines Projekts nicht unterschritten wird. Zuslttzlich existieren, weil sich die Marktteilnehmer meistens seit langem kennen, ott vielPaltige Erfahrungen zwischen Auttraggebern und Auttragnehmem. Die Kunden sind also genau bekannt und es besteht meistens auch ein starker Wille des Kunden, in den Prozess eingebunden zu werden. Auch ist der Informationsfluss zwischen Auftraggeber und Aufragnehmer viel spontaner und informativer als dies in anderen Branchen der Fall ist. Eine gezielte zusiitzliche Motivation der Kunden ist daher nicht notwendig. Ein kleiner Markt sowie viele Unikaterstellungen zwingen Astrium automatisch zu ,,Markets of One", d.h. zur Erstellung yon kundenspezifischen LSsungen und damit zu einer engen Zusammenarbeit mit den Kunden. Da Kunden in der Raumfahrtindustrie fiber ein gewisses Grundniveau an Know-how und Professionalititt verfllgen, kommen durchaus konstruktive Vorschlllge von Kundenseite. Die fachliche Kompetenz ist dabei bei der ESA mit Abstand am starksten ausgeprligt und mit der industriellen Kompetenz vergleichbar. Ablauf
Die Phase A (Machbarkeitsstudie) wird von einem kleinen Team (drei bis zehn Mitarbeiter) aus Generalisten mit Systemkompetenz durchgefiihrt. Die Teamzu-
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FALLSTUDIEN DER FROHENKUNDENINTEGRATION
sammensetzung erfolgt basierend auf den jeweiligen Kompetenzen. Die Laufzeit betragt je nach Umfang des Projektes zwischen mehreren Wochen und einem Jahr. Konkrete Aufgaben sind die Erstellung von Anforderungsanalyse, Funktionsanalyse, vorliiufigen Spezifikationen sowie Konzeptvergleichen (Ideenwettbewerb, einfache Analysen). Die Zusammenarbeit mit dem Kunden lauft in dieser Phase im Rahmen eines transparenten, organisatorisch formalisierten Prozesses ab. Nach Erstellung eines Angebotes und der Auswahl als Kandidat folgen ,,Negotiation Meetings" und im Falle einer Einigung ein Vertrag. Dabei ist bereits im Angebot die gesamte Aufbau- und Ablauforganisation mit einem hohen Detaillierungsgrad beschrieben. Im Verlauf der Phase kommt es zu regelmassigen ,,Progress Meetings", bei denen neben Kundenvertretern aufseiten von Astrium die Projektleiter, Vertreter des System Engineering und eventuell benStigte Experten teilnehmen. Neben diesen Treffen auf tier operativen Ebene gibt es auch auf einer h6her gelegenen Hierarchieebene Prasentationsveranstaltungen zur Halbzeit der Phase A. Am Ende steht die Preliminary Requirements Review, welche eine vorlaufige Anforderungstiberprafung vornimmt. In der folgenden Phase B ist der Personalaufwand mit 10 bis 30 Personen fllr das Gesamtsystem etwas h0her als in Phase A, die Teamzusammensetzung ist eine Mischung aus kreativen und strukturorientierten Mitarbeitem. Typische Laufzeiten in Raumfahrtprojekten sind daflir sechs bis zwSlf Monate. Zu den vielfiiltigen Aufgaben in dieser Phase zahlen die vertiefte Analyse von alternativen SystemlSsungen, die Festlegung des Systemaufbruches, der Entwurf der technischen LSsungen sowie die detaillierte Erstellung yon Zeit- und Kostenplanen. Die Kundenintegration erfolgt dabei prinzipiell genau gleich wie in Phase A, d.h. anhand eines genau definierten Projektablaufes mit regelmassigen Treffen auf verschiedenen Ebenen. Zusatzlich kommen in dieser Phase teilweise auch ,,Residents" des Kunden zum Einsatz. Dabei handelt es sich um Experten des Kunden, welche flir einen bestimmten Zeitraum ein Btiro der EADS Astrium beziehen und damit auch physisch Teil des Innovationsteams werden. Zahlenmiissig handelt es sich dabei in der Regel um ein bis drei Personen. Generell werden die Teams auf beiden Seiten grOsser und die Frequenz der Treffen ist nun fast wSchentlich. Die Business Development Einheit spielt in dieser Phase keine grosse Rolle mehr, ihr Schwerpunkt liegt beinahe ausschliesslich in der Geschaftsanbahnung. Bis Ende der Phase B (Produktdefinition) ist die Kundeneinbindung am gr0ssten. Hier kann der Kunde den grSssten Gestaltungseinfluss austiben, auch wenn die Kosten ~ r eine Abanderung in diesem Stadium bereits betrachtliche Gr0ssenordnungen erreichen. Zum Abschluss der Phase B erfolgt der Systemaufbruch, d. h. das System ist definiert und es ist bekannt was entwickelt werden
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muss. Es wird eine System Specification Review durchge~hrt, um in die eigentliche Entwicklungsphase eintreten zu kOnnen. Die zentrale Entwicklungsphase ist in zwei Teilschritte unterteilt. Phase C ~hrt vom Entwurf zur Entwicklung. An ihrem Ende ist die Gesamtentwicklung abgeschlossen und der Beginn der Fertigung m0glich. Alle Spezifikationen, P l ~ e und Fertigungsunterlagen k0nnen eingefroren werden. Erm0glicht wird dies durch umfangreiche Detailanalysen und -entwicklungen, den Bau von Entwicklungsmodellen sowie die Festlegung aller PlUme. Die TeamgrOsse h~ingt stark vom jeweiligen Projektziel und -typ ab. Far Satellitenprojekte liegt sie meistens zwischen 50 und mehreren 100 Mitarbeitem. Die Zusammensetzung unterscheidet sich von den vorhergehenden Phasen dahingehend, dass der Schwerpunkt nun auf Fachspezialisten und weniger auf Kreativen und Generalisten liegt. Die Einbindung der Kunden erfolgt prinzipiell wie in Phase B allerdings mit abnehmender Intensit~lt. So tibemimmt der Kunde beim Aufbau des Engineering Models beispielsweise nur mehr eine Beobachterrolle. Astrium ist aber auch in den Phasen C/D st~ndig im Kontakt mit dem Kunden. Die prim~re Aufgabe liegt aber in der Entwicklung g e m , s (gemeinsam erstellter) Spezifikation. Phase D (Fertigung, Zusammenbau, Abnahme des Produktes) ist allerdings nicht mehr Teil der Innovationsfrtihphase und wird daher nicht n~Lherbetrachtet. Betrachtet man den Ablauf der Frtlhphase bei Science Projekten, wie sie typischerweise mit der ESA durchgefUhrt werden, so beginnt dieser mit einer ,,Ideenphase" noch vor Phase A. Die ESA entwickelt gemeinsam mit Wissenschafllem Missionsideen (z. B. Beobachtung extraterrestrischer Planeten zur Beantwortung der Frage, ob es Spuren von Leben gibt). Die EADS Astrium ist dabei nur in Ausnahme~llen dabei. Gelegentlich wird eine Idee oder Anregung von Astrium an die ESA herangetragen. Das bedeutet, dass diese typischen Wissenschaflsmissionen zu Beginn dutch die langfiistige Planung der ESA (Zeithodzont rund 20 Jahre) und damit durch Wissenschafller getrieben sind und die Industrie dabei eine eher passive bzw. reaktive Rolle innehat. Workshops, welche in diesem Umfeld abgehalten werden, werden von der ESA angestossen und durchgettihrt. Far Projekte der Erdbeobachtung sieht die Situation etwas anders aus. Es kommt dabei zu einer engen Zusammenarbeit mit Wissenschafllem (z. B. Universi~ten oder Max Planck-Institut) und dem deutschen Zentrum ~ r Lufl und Raumfahrt (DLR), um Szenarien aktiv zu beeinflussen. Astrium veranstaltet hier auch eigene Workshops, um beispielsweise zuktlnflige Bedtirfnisse filr Meteorologie und Klimaforschung zu diskutieren.
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FALLSTUDIEN DER FRUHEN KUNDENINTEGRATION
Bei der ESA wird Weft auf grosse Prozesstransparenz gelegt und deshalb wird in einer Vielzahl yon Dokumenten und Regelwerken (European Cooperation for Space Standardization ECSS) die Interaktion zwischen der ESA und ihren Auftragnehmem festgelegt. Allgemeine Leitlinien ~ r die Kundeneinbindung auf operativer Ebene sind auch in den ECSS-Dokumenten untemelunenstibergreifend geregelt. Gerade auf operativer Ebene werden s~,rntliche Kommunikationsmittel eingesetzt, bevorzugt wird aber der pers6nliche Kontakt oder das Telefon. Mindestens einmal pro Woche findet eine Kontaktaufnahme statt, um auch tiber Fortschritte oder )tmderungen yon Kundenseite her informiert zu bleiben. Der pers6nliche Kontakt wiihrend der B/C/D-Phasen kann ott einfach tiber die st~indig vor Oft anwesenden Mitarbeiter des Auttraggebers hergestellt werden. Astrium versucht, stets die eigene Projektorganisation an die des Ktmden anzugleichen. Man ist auf beiden Seiten bestrebt, die Kommunikationswege kurz zu halten, sodass auch ein spontaner und ungezwungener Informationsfluss stattfinden kann. Der Projektleiter ist in persona Bestandteil des geschlossenen Vertrages (welcher z. B. auch LebensRiufe der Schltisselpersonen beinhaltet). Ansprechpersonen mtissen somit sorgf~lltig und klar schon im Voraus bestimmt werden.
Management der frtihen Kundenintegration Die Motivation der Kunden stellt im Falle der ESA bzw. der Erdbeobachtung kein Problem dar. Aufseiten der Kunden arbeiten tiberwiegend Naturwissenschafiler und Ingenieure, welche schon alleine aufgrund ihrer persOnlichen Mentalitiit und Interessen gerne an den F&E-Prozessen teilnehmen wollen. Dabei gilt es fiir die Astrium allerdings einige Punkte zu beachten. Prinzipiell sind die Kunden keine Angestellten des Herstellers und k6nnen bzw. wollen keine Verantwortung fiir den Verlauf der Entwicklung tibemehmen, diese sehr wohl aber aktiv mitgestalten. Ob Astrium daher von ihrer Teilnahme profitiert, hangt vom Geschick des Projektleiters ab. Die ganze Bandbreite von einer wirklichen Mitarbeit bis hin zu einer kontraproduktiven Einmischung ist m6glich. Prinzipiell neigen Kunden eher dazu, eine L6sung zu kritisieren, als konkrete LOsungsvorschlitge zu unterbreiten. Kontrolle durch genaues Betrachten des Kunden und seiner Aktivitiiten ist notwendig. Die oben beschriebenen Phasen des Produktentwicklungsprozesses werden durch zwei Ausschreibungsvorg~inge abgedeckt. FUr die Projektphase A betriigt die Ausschreibungsdauer typischerweise sechs bis acht Wochen, ~ r die B/C/D-Phasen drei Monate. Kundenkontakte wahrend der Ausschreibungsphase in Form allf'~illiger Rtickfragen an die ausschreibende Stelle sind zwar erlaubt, doch werden anschliessend sowohl Frage als auch Antwort anonymisiert und an alle Teilnehmer
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weitergeleitet. Die Ausschreibungsdauer wird yon allen Teilnehmern als iiusserst kurz wahrgenommen. Daher sind gute Kundenkontakte schon vor der offiziellen Ausschreibung notwendig, weil auf diesem Wege wichtige Vorinformationen zur Ausschreibung gesammelt werden kOnnen. Dies geht teilweise so weit, dass schon vor Bekanntgabe der Ausschreibung bei EADS Astrium Projektteams zusammengestellt und Anforderungen, welche das Projekt er~llen muss, festgelegt werden. Finanziert wird diese Tatigkeit durch einen speziell dafllr geschaffenen ,,Proposal Fonds", welcher das EADS-inteme Angebotsbudget verwaltet. Einmal pro Jahr wird mit den Hauptkunden eine ,,Customer Satisfaction Review" durchgefiihrt, um Rtickmeldungen zu bestimmten Projekten, aber auch zur generellen Arbeitsweise von Astrium aus Kundenperspektive erhalten. Ebenfalls jahrlich veranstaltet Astrium ein internes ,,Business Development Seminar", in welchem sich alle Business Development Mitarbeiter sowie einige Mitarbeiter aus anderen Business Units treffen. Dort werden Erfahrungen, Prozessverbesserungsvorschliige und Plane fllr das folgende Jahr besprochen. Zur Kontrolle der Kundenintegrationsprozesse werden hochrangige Reviews durchge~hrt. Diese basieren auf Oberprtifungsmeilensteinen durch projektfremde Personen, welche vom Kunden durchgefllhrt werden. Aufseiten der Astrium nehmen daran nur Mitglieder des Managements teil. Im gesamten Untemehmen wird besonderer Wert auf intensive Kundenbeziehungen gelegt und es findet ein ausgepriigter bilateraler Informationsfluss mit den Kunden staR. Die Ubergabe yon akquirierten AuRriigen durch Business Development Einheiten zur Entwicklungsabteilung yon Astrium erfolgt ffir den Kunden transparent. Erfahrungen aus vergangenen Projekten werden beispielsweise in intemen Knowledge-Datenbanken systematisch festgehalten und verarbeitet. Es finden auch regelmassige Treffen statt und am Projektende tritt das Business Development ~ r den Kunden wieder verstiirkt in Erscheinung, um die Kundenzufriedenheit zu erfragen und ,,Lessons learned" zu besprechen.
3.3.4 Zusammenfassung Im Sinne der Dreiteilung des friihen Innovationsprozesses in Gelegenheits-, Ideenund Konzeptphase werden bei der Kundenintegration der EADS Astrium im Rahmen wissenschaRlicher Projekte alle drei Felder abgedeckt. Die Gelegenheit entspricht dem urspranglichen Missionsgedanken (z. B. extraterrestrische Beobachtung). Das ,,Mission Statement" enthttlt neben dem eigentlichen Ziel der Mission off auch schon eine technischer Idee bzw. findet sich diese innerhalb der einzelnen betrachteten Technologien. Das Konzept entspricht bei Astrium dem Entwurf,
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welcher das Ergebnis des iterativen Prozesses der Phasen A und B darstellt und zu Beginn der Phase C in seinen wesentlichen Punkten feststeht. Die abschliessende EntwurfsUberp~fung erfolgt dann mit der Critical Design Review ungePahr zur Halbzeit der Phase C. Die Zusammenarbeit mit dem Kunden in einem typischen ESA-Projekt beginnt also mit dem Preliminary Mission Definition Document. Darin ist die erste grobe Vorstellung der ESA festgehalten. Im Rahmen der Phase A erfolgt nun eine OberprUfung der Machbarkeit und dabei eine Pr"azisienmg der Anforderungen. Dies passiert in enger Zusammenarbeit mit dem Kunden. Alle sechs Wochen kommt es zu Progress Meetings und zur Halbzeit zu einem Midterm Treffen. Die Rolle der ESA w ~ e prinzipiell mit dem Einsammeln der LSsung erfiillt, aber da sie Uber sehr gut ausgebildete, interessierte Experten verfOgt, welche sich auch aktiv in den Prozess einbringen wollen, kommt es zu einer gemeinsamen Konzeptentwicklung. Generell findet im Bereich der Kundeneinbindung haufig eine informelle Kommunikation bei verschiedenen Anlltssen statt. Es sind beispielsweise j~rliche Direktorentreffen zu nennen, bei denen die Filhrungsebene von Astrium mit FtihnmgskrAfien der wichtigen Aufixaggeber zusammentrifR und so ein genereller Austausch yon Informationen stattfinden kann. Auf operativer Ebene, bei konkreten Projekten, ist der Kundenkontakt am intensivsten und es finden regelmiissige Besprechungen und Reviewmeetings statt. Bemerkenswert ist die Besonderheit, dass einige ESA-Mitarbeiter wlRtrend des gesamten gemeinsamen Innovationsprojektes bei EADS Astrium Bth'oriiume nutzen, urn aus erster Hand Informationen zu erhalten bzw. Einfluss zu nehmen (intern wird diese Form der Zusammenarbeit teilweise ,,fiirsorgliche Belagerung" genannt). Als Fazit lltsst sich feststellen, dass Astrium die Spezifikation bei ganz neuen Entwicklungen gemeinsam mit der ESA festlegt. Die ESA als Kunde setzt zunachst einen sehr weitgehenden Rahmen, welcher schliesslich gemeinsam im Sinne der notwendigen Detaillierung ausgeffillt wird. Dabei l~hren die hohen Anfordenmgen des Kunden einerseits zur Notwendigkeit von Innovationen und andererseits zur kooperativen Realisierung derselben. Der Kunde greiR also durch Vorgaben und direkten Input in den Innovationsprozess ein, lasst aber dem Hersteller Freiraume bei der technischen Umsetzung. Abbildung 14 gibt einen zusammenfassenden Uberblick der frt~en Kundenintegration bei EADS Astrium.
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Abbildung 14: Obersicht der frahen Kundenintegration der EADS Astrium
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3.4
FALLSTUDIEN DER FRUHEN KUNDENINTEGRATION
Hilti Diamond Systems
3.4.1 Rahmenbedingungen Hilti wurde 1941 gegrilndet und entwickelte sich von einem kleinen Familienuntemehmen zu einem weltweit tiitigen High-Tech-Konzern. Durch die Martin Hilti Familienstiftung wird die Firma noch immer yon tier Familie Hilti kontrolliert. Hilti operiert in mehr als 120 Staaten und hat mehr als 14.000 Mitarbeiter. Rund zwei Drittel aller Angestellten arbeiten in den Marktorganisationen, d.h. in Verkauf, Beratung und Service. Die 1.500 Mitarbeiter umfassende Zentrale liegt in Schaan, Liechtenstein. Hilti versteht sich selbst als weltweiter Partner fiir Profis am Bau. Firmenziel ist es, die Produktivitat der Kunden durch das Angebot teclmologisch flihrender Produkte und Systeme zu erhahen. Die Produktpalette umfasst Drilling und Demolition, Direct Fastening, Diamond Systems, Anchoring Systems, Firestop, Installation, Positioning, Screw Fastening Systems sowie Cutting & Sanding. Die drei Hauptsaulen yon Hiltis Strategie sind Innovationsexzellenz, direkte Kundenbeziehungen und effektives Marketing. In die F&E werden jahrlich rund 4,5 % des Gesamtumsatzes investiert, d. h. ca. 136 Mio. CHF. Der Grossteil davon sind Ausgaben fiir interne Forschungstatigkeiten, nur ein Anteil von ca. 20 % betdftt externe Projekte. Die F&E-Struktur enthalt verschiedene Bereiche wie Cutting-Technologies (Abbaumethoden), Drive-Technologies (Antriebsmotoren), Elektxonik und Materialien. Far einzelne Projekte wird aus den verschiedenen Pools jeweils ein passendes Team zusammengestellt, wobei die F&E-Abteilung als Profitcenter agiert. Die besondere Beziehtmg zu den Ktmden zeigt sich auch in der Firmenmission, in der unter anderem folgende Aussagen enthalten sind: ,Wir wollen die besten Partner unserer Kunden sein. Ihre Anforderungen bestimmen unser Handeln." Hilti legt grossen Wert auf Innovationen, urn ihre filhrende Stellung im Premiumsegment des Marktes zu halten. Dies zeigt sich nicht nur in der wichtigen Rolle, welche die Grundlagenforschung spielt, sondern auch in Hiltis Value Proposition (,,Hilti Mehrwert") als Kombination von qualitativ hoch stehenden Produkten und Kundenservices. Deshalb werden gezielt neben Produkt- auch Dienstleistungsinnovationen angestrebt.
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Organisatorisches Umfeld Die Organisation besteht aus Geschiiftseinheiten (Business Units), welche zu Geschaftsfeldem (Business Areas) zusammengefasst sind. Daneben gibt es firmenilbergreifende Funktionsbereiche (Corporate Functions). Die grossen Marktorganisationen, mit mehr als zwei Dritteln aller Mitarbeiter, sind f0r Vertrieb und Marketing in den jeweiligen L~indem zust~mdig. Dieser Marktschwerpunkt ist ein Ergebnis von Hiltis Direktverkaufskonzept. Der Bereich Hilti Diamond Systems macht rund 10 % des Gesamtumsatzes der Hilti aus. Zur Produktpalette geh~ren Ger~te aus den Bereichen Kernbohrung, DiamantSagen sowie Trenntechnik und Oberflachenbehandlung. Das Marktpotenzial for Diamantprodukte besteht zu ca.75 % aus Verbrauchsmaterialien, den so genannten Consumables. Neben Diamantprodukten bietet Hilti den Kunden auch umfangreiche Serviceleistungen, welche je nach Kundengruppe differenziert angeboten werden. Diese Leistungen bilden einen wesentlichen Teil des Mehrwertes, welchen Hilti ihren Kunden bietet (Hilti Value Proposition). Als Ergebnis ihrer Innovationsbemiihungen konnte die Diamanttechnik in jtingster Vergangenheit etliche Erfolge feiem. So wurden in den letzten drei Jahren sechs komplett neue Produkte entwickelt sowie zahlreiche weitere Verbesserungen erzielt. Neue Produkte machen rund 30 % des Umsatzes aus. Als Beispiel sei das Modell DD EC-1 erw~mt, bei dem eine Leistungssteigerung von his zu 100 % und eine verbesserte Handlichkeit erreicht werden konnten. MSglich wurde das einerseits durch eine Kombination von sehr hoher Drehzahl mit einem innovativen Bewegungsablauf der Bohrkrone. Zudem wurde das Ger~t, erstmalig in seiner Klasse, mit einer weitgehend unabhitngigen Wasserversorgung ausge~stet, in der das Bohrwasser gefiltert und dem System wieder zugefohrt wird. In den Marktorganisationen sind im Marketing Produktmanager fOr die einzelnen Produktbereiche (z.B. Diamond, Bohrmontage, Anchoring) etabliert, deren Hauptaufgabe die Umsetzung der Product Leadership Strategy darstellt. Eine so genannte Trade-Initiative biindelt nun Produkte aus verschiedenen Business Units fOr ein spezielles Kundensegment und erstellt damit einen ,,Product Basket". Dies bedeutet, dass nicht mehr d i e einzelne Produktfamilie im Vordergrund steht, sondem die Anwendungskette des Kunden. In diesem Sinne gibt es beispielsweise einen Trade Interior Finishing, der s~rntliche Produkte verschiedener Business Units und Areas umfasst, welche for T•tigkeiten im Bereich des Innenausbaus ben~tigt werden. Im Bereich der Diamond Systems wurde der Trade Diamond Service Contractor (DSC) eingerichtet. Dabei handelt es sich um einen Spezialfall, da er
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sich zu 80 % aus Diamond-Produkten zusammensetzt und daher in der Business Unit Diamant-Technik angesiedelt ist. Neben der klassischen Marketing Struktur wird gerade damit begonnen, innerhalb der Marktorganisationen auch einen Trade Marketing mit eigenen Trade-Verantwortlichen aufzubauen. In dieser neuen Organisation ist ein Heavy-User-Verkliufer fur Diamond Service Contractors oder Baufirmen mit eigenen Diamantabteilungen nicht mehr fur eine bestimmte Region, sondern fUr einen Trade zust~dig. So wird es beispielsweise in der Marktorganisation Deutschland im Heavy-User-Bereich 15 ,,Tradespezialisten" untersttRzt von zwei Field Engineers geben. Externes Umfeld
Diamanttechnik ist eine Technologie, welche lange auf demselben Niveau stagnierte. Uber vide Jahre wurden deswegen hauptsllchlich Anstrengungen unternommen, urn auf der Herstellerseite die Kosten zu senken. Es fanden dadurch vor allem inkrementelle Verbesserungen staR. Die Kemtechnologie der DiamantgeflRe (Universalmotor oder konventioneller Drehstrommotor) war aber die Gleiche geblieben. In den letzten Jahren gelang jedoch ein grosser Sprung, indem mit Hochfrequenzmotoren eine neue Motorentechnologie eingesetzt wurde. AusgelOst wurde diese Innovation dutch erhOhte Kundenanforderungen bezfiglich Produktivititt und Handling. Auch bei der Abbautechnik gab es Verbesserungen. Dieser Schdtt war notwendig geworden, da ein Punkt erreicht worden war, an dem selbst geringe Fortschritte kaum noch erzielt werden konnten und es daher immer schwerer geworden war, sich yon der Konkurrenz zu differenzieren. Im Allgemeinen ist die Dynamik aber eher gering, die Entwicklung der Werkzeuge l~lufl in der Regel kontinuierlich ab, radikale SprUnge, wie der auf die neue Motorentechnologie, sind nicht regelmitssig zu erwarten. Betrachtet man das Marktumfeld, so ist Hilti in diesem Segment eines der wenigen Untemehmen, welches in der Lage ist, den gesamten Kundenprozess abzudecken. Dartlber hinaus investiert Hilti im Vergleich massiv in die F&E und damit in Innovationen. Einer der grOssten Konkurrenten yon Hilti Diamond Systems ist Tyrolit, ein Unternehmen der Swarowski-Gruppe. Allerdings haben sich zwei weitere Konkurrenten vor kurzem zusammengeschlossen und sind nun umsatzm~sig doppelt so gross wie Hiltis Diamant-Division. Auch auf dem Gebiet der VerbrauchsgtRer (Consumables) gibt es zwei his drei grosse Wettbewerber und Hauptkonkurrenten. Ein ~mliches Bild zeigt sich im Motorenbereich, w o e s eine Vielzahl an kleinen und nur ~vei bis drei grosse Anbieter gibt. Hilti stellt Motoren selbst her oder entwickelt sie zusammen mit ihren Schlfissellieferanten. Fiir die n~ichsten Jahre l~sst sich ein starker Trend zur Konsolidierung des Marktes, d. h. zu
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Zusammenschlilssen oder Akquisitionen, erkennen. Hilti konzentriert sich allerdings auf Wachsmm aus eigener Kraft und zielt dabei auf eine ~hrende Position und einen weltweit signifikanten Marktanteil ab. Hilti ist die InnovationsRihrerin ihrer Branche, wobei die Innovationen meistens unter Mitwirkung spezieller Kunden generiert werden. Vereinfacht ausgedrtickt kommt die Idee vom Kunden und die L6sung von Hilti. Die Trockenabbau-L6sung des Modells PCC stellt ein Beispiel Rir eine aktive Kundenintegration dar. Sie kam dadurch zustande, dass Kunden in Kemkrattwerken Probleme mit anfallendem Bohrschlamm und den enormen Kosten bei dessen Entsorgung haben. Der Kunde suchte deshalb nach einem Weg, die Bohrungen olme den Anfall yon Schlamm vomehmen zu k6nnen. Hilti veranstaltete daraufhin einen Workshop zur Problematik des Rtickbaus kerntechnischer Anlagen. Teilnehmer waren zwei verschiedene Kunden, zwei Dienstleister, ein Atomkraitwerksexperte, der Vertriebsleiter, der fllr das F&E-Projekt verantwortliche Manager aus der Forschung, der Verantwortliche ~ r das Technologieprojekt aus der Entwicklung sowie der Leiter des Trades Diamond Service Contractor. Gemeinsam wurden die Problemstellung konkretisiert sowie erste Ideen und L6sungsansatze generiert. Nach mehreren Versuchen mit Prototypen, konnten die ersten L6sungen den Kunden vorgestellt werden. Darauf aufbauend gelang es Hilti, die so genannte PCC-Trockenabbaul6sung weiterzuentwickeln und damit, mithilfe von Ideen und Anregungen der Kunden, eine wesentliche Innovation im Trockenabbau zu erzielen.
3.4.2 Innovationsprozess Der Innovationsprozess bei Hilti setzt sich aus drei Teilen zusammen: dem F&EProjekt, dem Technologie-Projekt und dem Time-to-Money-Projekt. Die letzte Phase l~sst sich ihrerseits in flinf Schritte (Definitionsphase, Konzeptphase, Designphase, Launch-Vorbereitungsphase und Markteinflihrungsphase) und sechs Gates unterteilen, wobei flir die Frilhphase nur die beiden ersten Schritte bis hin zur Konzeptphase relevant sind (vgl. Abb. 15). Am Anfang stem das so genannte F&EProjekt. Es umfasst einerseits die Erfassung der Kundenbedtirfnisse fiber allgemeine Marktforschung und andererseits die Grundlagenforschung der eigenen F orschungsund Entwicklungsabteilung. Als ein mOgliches Instrument werden Fokusgruppen eingesetzt, welche yon einem extemen Institut befragt werden. Ebenso kommen Lead-User-Workshops oder Kundeninterviews infrage, um Probleme und Anliegen der Kunden detailliert zu erfassen. Mittels Quality Function Deployment (QFD) werden diese Bediirfnisse dann nach ihrer Wichtigkeit klassifiziert. Das F&EProjekt ist zentral innerhalb der Forschung angesiedelt, ebenso wie die erste H~ilfte des Technologieprojektes. Die zweite H~lt~e des Technologieprojektes erfolgt dann dezentral in den jeweiligen Entwicklungsabteilungen der Business Units. Das
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gesamte Time-to-Money-Projekt wird dann gemeinsam zwischen Entwicklung und Marketing (ebenfalls dezentral in den Business Units) abgewickelt.
Abbildung 15: Frfthphase des Innovationsprozesses der Hilti Diamond Systems
F&E-Projekte sind stark intern getrieben und finden nur bei neuen Technologien statt. Basierend auf einem Problem des Kunden (z. B. Trockenbohren in armiertem Beton) wird ein Problem definiert, ~ r welches dann eine LOsung gesucht wird. Neben diesen Anwendungsproblemen kann auch die Suche nach Einsparungspotenzialen den Anstoss zur Entwicklung bzw. Suche neuer Technologien geben. In beiden Fallen kommen zur DurchFOhrung des Projektes praktisch keine konzeptionellen Vorschliige von Kundenseite. Das Time-to-Money-Projekt beginnt erst darm, werm alle relevanten Risiken aus einer Technologie ausgeschaltet sind.
3.4.3 Kundenintegration Grundlagen Die Hilti Untemehmensstrategie ,,Champion 3C" - ,,Customer", ,,Competence" und ,,Concentration" - richtet das Untemehmen klar auf die Bedtirfnisse der Kunden aus. Seit mehr als fiinf Jahren orientiert sich Hilti an dieser Strategie. Der Kunde steht dabei an erster Stelle, daher der Buchstabe C fiir das englische Wort Customer. Konzentration auf Key-Kunden und auf die LOsung ihrer Probleme lautet das Rational. Die zentrale Bedeutung des Kunden spiegelt auch Hiltis Organigramm wider. Der Kunde stem zuoberst, bedient durch die Regionen und Markte. Hilti Mitarbeiter werden intensiv geschult, um Kundenanforderungen mit gezielter Beratung und Anwendungs- bzw. Produktwissen optimal eritlllen zu k0nnen. Die Strategie Champion 3C steht dabei in allen Bereichen im Mittelpunkt, so auch in der
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Konzemforschung und Entwicklung. Die Entwickler haben ebenfalls direkten Kundenkontakt, um ein besseres Marktverstllndnis zu entwickeln. Auch die Vertdebskaniile richten sich stets auf maximalen Kundennutzen aus. Hilti offeriert seinen Kunden einzigartige Kompetenz (zweites C von Competency): Die Produkte, Systeme und Serviceangebote zeichnen sich durch richtungsweisende Innovationen und umfassende QualittR aus. Hilti versteht sich als kompetenter Ansprechpartner fiir den Profi am Bau. Das dritte C steht fllr Concentration, also Konzentration. Diese findet sich sowohl bei den M~kten als auch den Produkten und erm6glicht Hilti, ein F tihrungsrolle zu tibemehmen und zu behaupten. Das Untemehmen konzentriert sich auf Produkte und Mitrkte mit und in denen es Ftihnmgspositionen erlangen und halten kann. Man setzt also nicht auf so genannte ,,Me-too-Produkte". Hilti will in den M~kten, in denen sie tatig ist, die Nummer eins, zwei oder drei sein. Dies erfordert massive Investitionen, um die Rolle der Innovationsfiihrerin zu behalten. Um die Zufriedenheit der Kunden, aber auch die interne Effizienz weiter zu steigem, hat Hilti weltweit einheitliche GeschafLsprozesse definiert. Die Strategie wird konkretisiert durch die drei Stossrichtungen ,,Product Leadership", ,,Market Reach" und ,,Operational Excellence". Zur Messung der Effizienz dieser Bemtihungen werden Messgrassen wie der Binding-Index (Wie stark ist der Kunde mit dem Produkt an Hilti gebunden?) oder auch der HILTI-Fan-Index (Wtirde uns der Kunde uneingeschriinkt weiterempfehlen?) herangezogen. Diese Zuwendung zum Kunden manifestiert sich ganz deutlich durch die Aktivitltten im Servicebereich der Hilti Diamond Systems. Nicht nur die physischen Produkte, sondem auch die Dienstleistungen sollen auf den jeweiligen Kunden angepasst werden. Im Rahmen einer neuen Servicestruka~ wird gerade ein dreistufiges PartnerschaRsmodell aufgebaut. Darin werden Standard-Partner, Advanced-Partner und Top-Partner unterschieden (vgl. Abb. 1 6 ) . Der Standardkunde kann aus der kompletten Produktpalette auswiihlen und profitiert von diversen Dienstleistungen wie 2-Jahre-Reparamrservice, 24-h-Lieferservice fur Werlczeuge oder Vorort-Beratungen. Dieses Angebot wird beim Advanced Service durch ein Fleet Management erg~zt. Beim Top Service wird darm unter anderem die direkte Einbindung in den Innovationsprozess sowie Projektunterstfitzung und Mitgliedschafl im Hilti Top Club angeboten. Die Preise fiir die einzelnen Produkte und Serviceangebote werden dabei mit steigenden jithrlichen Abnahmemengen immer attraktiver und sind international harmonisiert.
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FALLSTUDIEN DER FROHENKUNDENINTEGRATION
Abbildung 16: Partnerschaftsniveaus f'flr Diamond Service Contractors der Hilti Diamond Systems
FUr Hilti liegt der grosse Vorteil der Kundeneinbindung in den Innovationsprozess darin, dass man die Entwicklung sclmeller vorantreiben kann und eine gr~Sssere Sicherheit hat, kundengerechte Produkte zu entwickeln. Produkte mUssen baustellentauglich sein, deshalb muss auch schon w~lrend der Entwicklung das Produkt zuslitzlich zum Labor auf der Baustelle getestet werden. Wichtig ist, class man schon frtih mit Prototypen zum Kunden geht bzw. den Kunden bei der Entwicklung des Prototypen einbindet, um so die Effizienz der Entwicklung zu steigem und die Anzahl tier notwendigen A~nderungen zu reduzieren. Der Kunde soil deshalb so sclmell wie mSglich das Produkt - am besten im Einsatz direkt auf der Baustelle testen k6nnen. Ziel ist es, dem Kunden Mehrwert durch Produkte und Serviceangebote zu bieten. Grundlage daflir ist, dass mit den Produkten ein deutlicher Mehrwert erzielt werden kann. Durch das Angebot an speziellen Services soil dem Kunden der nStige Wettbewerbsvorteil geboten werden. Dies erfolgt durch das Top-Service-Angebot, welches in den meisten Markten Flottenmanagement als tragende S~iule hat.
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Hiltis Kultur basiert auf einem strengen Ethikkodex und steht fiir Seriosit~it und Ehrlichkeit. Der Kunde sollte wann immer m6glich dieselben ethischen Grunds/itze vertreten. Fokuskunden sind im Speziellen Kunden bei denen Loyalitiit und Partnerschafi ebenfalls eine zentrale Rolle in ihrem Gesch/iftsverstandnis spielen. Das gemeinsame Ziel sollte eine langfristige Partnerschafi sein, welche auf dem Prinzip des ,,Value for money" beruht. Dabei ist beiderseitiges Commitment sehr wichtig. Die Vertrauenskultur zum Kunden wird off durch persOnlichen Kontakt aufgebaut (z. B. kennt man die Gesch/tflsFahrer pers6nlich). Auch Gegenseitigkeit, im Sinne von Profit ftir beide Seiten, stellt ein Ziel dar. Die Kunden sollen darfiber hinaus Meinungsbildner sein und so die Hilti-Produkte ffir weitere Untemehmen attraktiv machen. Organisation Kundenauswahl
Hilti ist im Bereich Diamantdienstleister prinzipiell auf grosse und mittlere Kunden fokussiert. Die Differenzierung gegen0ber der Konkurrenz findet tiber die Qualit~it statt und zielt auf Partnerschaften, welche in eine Win-Win-Situation mtinden. Hilti teilt die Kunden prinzipiell in zwei Kategorien ein, das Profi-Segment (Dienstleister) und das Mainstream-Segment des Bauhaupt- (z. B. die Firma HochTief)- und Nebengewerbes (z. B. Installateure und Elektriker). Gerade im ProfiSegment verfiigt Hilti tiber sehr genaue Kenntnisse ihrer Kundenstruktur. Zahlenmiissig handelt es sich dabei in den deutschspraehigen Lgndem um rund 1.200 Kunden in Deutschland, 300 in der Schweiz und 200 in Osterreich. Die Pflege der Beziehungen ist Hilti ein zentrales Anliegen und wird entsprechend intensiv und grflndlich betrieben. So werden Grosskunden beispielsweise regelm/issig an den Hauptsitz nach Schaan eingeladen. Die Profi-Kunden- im Falle der Diamond Systems die so genannten Diamond Service Contractors (DSC)I2 - werden verstarkt in den Irmovationsprozess miteinbezogen. Der professionelle Anwender kann die Qualit/it der Produkte, im Besonderen der Consumables sehr schnell und kompetent beurteilen. Die Produktentwieklung geschieht fllr Diamond Service Contractors und MainstreamSegment jedoch gemeinsam. Teilweise werden die Diamantwerkzeuge und Systeme dann in leieht abgewandelter Form fllr Dienstleister und Mainstream-Kunden auf 12 Unter dem BegriffServices Contractor (= Dienstleister) werden neben den unabh~SngigenDienstleistem auch noch integriene Dienstleister,d. h. eigeneGruppeninnerhaibgrosserBaufh'men,verstanden.
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den Markt gebracht. Diese zweistufige Marktbearbeitung- zunlichst ,,Formel 1" und anschliessend Volumengeschait - ist auch sehr wichtig filr die strategische Positionierung, um die getiitigten Innovationsinvestitionen optimal zu ntRzen. Prinzipiell sucht Hilti-Kunden, welche eine echte Partnerschaf~ eingehen wollen, sodass tier Aufbau einer Win-Win-Beziehung m~Sglich ist. Der Kunde soil loyal und vertrauenswardig sein, da dadurch die Penetration und Profitabilitlit (von Hilti bei und mit diesen Kunden) steigt. Die Gr6sse des Kunden spielt gerade fiir den Markt der Diamond Service Contractors ebenfalls eine zentrale Rolle. Hilti konzentriert sich stark auf die grossen Player der Branche. Dabei mOchte Hilti Meinungsbildner fiir sich gewinnen, welche dazu beitragen, die Bekanntheit bei weiteren potenziellen Kunden zu steigem. Daneben spielen auch Wissen und Kompetenz eine wesentliche RoUe, urn den Kunden sinnvoll in den Innovationsprozess involvieren zu kSnnen. Daher sind diese Fahigkeiten der Kunden auch ein zentrales Kriterium bei tier Kundenauswahl. Ein weiterer wichtiger Aspekt bei tier Auswahl der Fokusgruppen und Lead-User sind die regionalen Unterschiede. Es reicht nicht, nur Kunden aus dem deutschsprachigen Raum zu befragen, da Kunden beispielsweise in den USA oder Japan ganz andere Bedtirfnisse haben k6nnen. Prinzipiell erfolgt der direkte Erstkontakt in den meisten Fiillen tiber die Business Units und ihre lokalen Organisationseinheiten. Ablauf Kunden spielen im Verlauf des gesamten frilhen Innovationsprozesses der Hilti Diamond Systems eine wesentliche Rolle. Dies beginnt im F&E-Projekt, wo sie als Bedtirfnistrager und Ideengeber auRreten. In den spateren Phasen, wenn bereits konkrete Vorstellungen tiber das Produkt bestehen, gem die intensive Kundeneinbindung w e i t e r - durch Fokusgruppen, Lead-User-Workshops und Feldtests von Prototypen, so genannte Customer Acceptance Tests (CAT). Diese Schritte der Kundenintegration werden im Folgenden naher beleuchtet. Die F&E-Projekt-Phase entspricht bei Hilti einer reinen F-Phase und beinhaltet noch keine eigentliche Entwicklung. Forschungsprojekte werden durch Ideen und Kundenbedtlrfnisse angestossen. Die eigentliche Marketingabteilung ist dabei noch wenig involviert, da eine allgemeine Marktorientierung und weniger gezielte Marktforschung dominiert. Diese Marktodentierung geschieht bei Hilti vor allem tiber das eigene, weltumspannende Vertriebsnetz, welches sich direkt an den gewerblichen Endverbraucher richtet. Je nach Bedtirfnis stehen den Verkaufsberatem lokale Hilti Center oder der telefonische Kundendienst des entsprechenden Landes zur Verfiigung. Der Direktvertrieb ist ein sehr starkes Instrument, um
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Kundenanforderungen besser zu verstehen sowie langfristige Beziehungen aufzubauen. Als nachster Schritt schliesst sich als zweite Phase ein so genanntes Teclmologieprojekt an. Daflir muss das F&E-Projekt soweit fortgeschritten sein, dass die Entwicklung eines konkreten Produktes m6glich ist. Es kommt dabei nun zu einer starken Interaktion zwischen Produktentwicklung und Marketing. Bereits in diesem frtihen Stadium werden, zur Vorbereitung der folgenden Phase, erste Marktzahlen erhoben und Abschatzungen der Marktpotenziale durchgefilhrt. In diesem zweiten Prozessschritt werden das neue bzw. verbesserte Produkt entwickelt und erste Baumuster angefertigt. Diese stehen am Beginn der dritten Phase, dem Time-to-Money-Projekt. Hier ist wiederum die Interaktion mit dem Kunden entscheidend. Grundsatzlich wird das Ziel verfolgt, den Lead-Usern m6glichst schnell einen ersten Prototyp vorstellen zu k6nnen. Ausgewahlte Kunden erhalten eine erste Version, um das neue Produkt in der Praxis zu testen. Die Kunden geben so wichtiges Feedback flir Verbesserungen und Weiterentwicklungen. Teure ,~mderungen an spateren Serienprodukten k6nnen damit in vielen Fallen verhindert werden. Der prinzipielle Ablauf enth~ilt die folgenden drei Schritte: )~ Input des Problems meist tiber Vertriebskanale; bei Diamond Systems nicht systematisch; nicht speziell auf Nischen oder Randgruppen abzielend; fiihrt zur so genannten ,,Business Opportunity Description" } Konzeptioneller Teil; verschiedene Vorschlage werden erarbeitet und anhand von Technologietragem und Prototypen realisiert; Auswahl und Anreicherung mit UnterstOtzung von F okusgruppen } Oberprtifung und Verfeinerung des Konzeptes (d. h. der Value Proposition) durch Lead-User und Customer Acceptance Tests; dabei wird schon das Gesamtpaket inklusive des Preises betrachtet Die Identifikation von Fokusgruppen und Lead-Usem wird sehr ernst genommen und sorgf~iltig durchgefiihrt. FOr den Erfolg dieser Methoden ist es wesentlich, dass die Resultate und Erkenntnisse auch reprasentativ filr die Markte und Regionen sind. F okusgruppen gibt es also nicht nur in der frtihen Phase des F&E-Projekts, sondern auch im Time-to-Money-Projekt. Dabei handelt es sich in Letzterem um eine Abfrage, wie die Kunden zu einer neuen LOsung stehen warden. Zum Teil gibt es zur UnterstOtzung dieser Workshops bereits Beispiele- frtihe Prototypen - ~ r die neuen LOsungen. Fokusgruppen im Sinne von Diamond Systems entsprechen eher den klassischen Lead-Usern (im Gegensatz zu der Verwendung des Namens Lead-User bei Hilti Diamond Systems). Lead-User werden etwas spater, am Beginn des Time-to-Money-Projektes zu spezifischen Themen eingesetzt. Ihre Teilnahme
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stellt eigentlich eine andere Art der Customer Acceptance Tests dar und dient dazu, bereits ausgewahlte L6sungen zu diskutieren und Anregungen zur Verbesserung zu erhalten. Die Fokusgruppe dient somit tier Auswahl einer LOsung bzw. ,,Value Proposition" aus mehreren Angeboten (und damit der Konzepterstellung) und der Lead-User-Ansatz ebenso wie der Customer Acceptance Test der Bestatigung dieser Value Proposition (und damit der Konzeptverfeinerung; z. B. ,,Das ist die L6sung, was halten Sie davon?"). Top-Partner sind ab der Time-to-Money-Phase involviert, wobei von ihrer Seite her selten grosse InnovationssprOnge, sondern meistens kleine Schritte (z. B. Handlingverbesserung) angestossen werden. Die Lead-User im obigen Sinne setzen sich vor allem aus Top-Partnern zusammen. Far die Fokusgruppen ware dies eine zu starke Einschrankung. Hier gilt es vielmehr eine statistische Streuung zu berOcksichtigen. Dazu stellt die Marktforschung, mit dem Ziel der Zusammenstellung einer statistisch reprasentativen Gruppe, Daten zur Auswahl zur Verfilgung. Es ist entscheidend, dass die Auswahl der Fokusgruppen statistisch abgesichert ist, die Auswahl also reprasentativ ist und nicht willkllrlich beliebige Kunden integriert werden. Zusatzlich muss auch auf regionale Unterschiede eingegangen werden, da die einzelnen Lander unterschiedliche Bedtirfnisse haben. Marktorganisationen, welche an der Thematik interessiert sind, beteiligen sich, wobei entweder ein bis zwei Fokusgruppen fur alle Lander oder landerspezifische Gruppen durchgefOhrt werden. Kunden werden yon der jeweiligen Business Unit nach Trade und Gr6ssenklasse vorspezifiziert. Die Durchfilhrung erfolgt mit einer externen Firma, welche auch die Raumlichkeiten zur VerfUgung stellt. Die GruppengrOsse umfasst 8 bis 12 Personen, wobei auch die Funktionen der Teilnehmer auf Kundenseite ein wesentliches Auswahlkritedum darstellen. Im Bereich der Dienstleister kommen meistens die selben Kunden zum Einsatz. Entscheidend ist, dass Kunden Anwendungen und Problemstellungen haben, in denen sie den zum jeweiligen Projekt passenden Bedarf selbst verspiiren. Ftir die Durch~hrung der Customer Acceptance Tests besteht eine eigene Richtlinie. Sie werden in der Konzeptphase abgehalten und fOhren zur Bestatigung der Value Proposition. Operativ erfolgt die Durchfiihrung in den Markten, d. h. auf den Baustellen. Seitens Hilti sind die jeweiligen Projektleiter und Produktmanager ebenso wie die Entwickler vertreten. In vielen Fallen werden nach den Tests die verwendeten Testgerate ftir Top-Kunden bereitgestellt. Die Customer Acceptance Tests schliessen die Konzeptphase ab, an deren Ende der ,,Point of no return" des Gesamtprojektes steht.
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Management der frtlhen Kundenintegration Eine wichtige Frage stellt sich bezUglich der Anreize, welche die Kunden zur aktiven Mitarbeit motivieren. Weshalb sollte ein Lead-User bereit sein, seine Ideen preiszugeben, deren Geheimhaltung ibm eventuell einen Wettbewerbsvorteil bieten kSnnte? Weder werden Kunden dafllr bezahlt, an den Workshops teilzunehmen, noch haben sie danach irgendwelche Anspriiche auf die Verwertung mSglicher Innovationen (z. B. durch Patente). Die L~sung liegt zum einen sicherlich in extrinsischen Motiven. Die Kunden haben ein Interesse daran, dass ihre Meinung, ihre Sorgen und Probleme geh0rt und vor allem gelSst werden. Viele der HiltiKunden haben vielleicht LSsungsideen, ilmen fehlt aber das Know-how und die Infrastruktur, diese auch umzusetzen. So sind sie froh, wenn die LSsung der Anwendungsprobleme durch konkrete Produktentwicklung trod -umsetzung realisiert wird und daraus ,,massgeschneiderte" Gerate und Systeme entstehen. Nehmen Ktmden an Lead-User-Workshops tell, k~nnen sie ihre Anliegen direkt einbringen und haben die MSglichkeit, Produkte nach ihren Praferenzen zu beeinflussen. Zudem werden sie auch die Ersten sein, die Irmovationen testen und schliesslich anwenden dtirfen. Dazu kommt noch die intrinsische Motivationskomponente. Wichtig ist, dass dem Kunden das Gefllhl vermittelt wird, class seine Meinung und Mitarbeit fllr Hilti sehr wichtig sind. Hilti versteht es, den ausgewahlten Kunden durch Einladungen zu Mitgliederevents und ~hnlichen Veranstaltungen dieses Gefilhl zu vermitteln. In diesen Treffen und Workshops stellt sich off ein ,,Community-Geflihl" ein, welches zur gemeinsamen Ideenentwicklung motiviert. Es kommen also Experten zusammen, um sich auszutauschen und in gewissem Grade die ,,Peer-Anerkennung" zu suchen. Gerade aufgrund dieser fundierten Vertrauenskultur zwischen Hilti und seinen Kunden ist es fiir Konkurrenten ausserst schwierig, mit der I)ynamik und Innovationsrate yon Hilti mitzuhalten. Der Vorteil fllr die Kunden besteht also darin, dass sie friihzeitig in den Entwicklungsprozess eingebunden werden und ihre Ideen und Anliegen einbringen k~nnen und somit ihre Probleme gelOst bzw. ihre BedUrfnisse bestm~glich erfiillt werden. Zudem sind sie die Ersten, welche die neuen Produkte testen und anwenden k~nnen, und sie gehfren einem exklusiven Zirkel yon Experten an. Bei den F okusgruppen spielen auch noch andere extrinsische F aktoren eine Rolle, da deren Teilnehmer einen Spesenersatz erhalten. Ausserdem wird ilmen ein aufwandiges Rahmenprogramm geboten, Hilti l~ldt zum Essen ein und zeigt Produktion und Entwicklung. Der Kunde soil spilren, class er Fdr Hilti sehr wichtig ist. DarUber hinaus soil er die Herstellerseite kennen lemen und dadurch besser verstehen. Im Profi-Segment, bei den Dienstleistem, sind es rund 40 bis 50 Kunden,
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welche verstarkt befragt bzw. miteinbezogen werden. Zudem werden ausgew~ihlte Grosskunden zu Workshops nach Schaan eingeladen, wo sie im Rahmen der oben beschriebenen Instrumente direkten Einfluss auf den Entwicklungsprozess nehmen k6nnen. Bereits sehr friih, in der F&E-Phase oder spiitestens in der Technologie-Phase, wird die Intellectual Property (IP)-Abteilung involviert und startet Patentrecherchen, um so m6gliche Patente einzugeben und Innovationen langfristig gegentiber den Konkurrenten abzusichem. Die Schutzrechte liegen immer bei Hilti. Die Kunden mtissen, bevor sie involviert werden, eine Geheimhaltungserkliirung unterschreiben. Sie haben keine Ansprtiche auf Innovationen, welche aus gemeinsamen Workshops entstehen. Hilti setzt Patente vor allem als Schutz vor Konkurrenten ein, um sich den entscheidenden Vorteil bei ihren Kemtechnologien zu sichem. Lizenzvergabe als zusiitzliche Einnahrnequelle ist kein strategisches Ziel, Patente werden also als ,,Legal Tools" und nicht als ,,Financial Assets" betrachtet.
3.4.4 Zusammenfassung Prinzipiell legt Hilti fiir ihre Kemprodukte grossen Wert auf die eigene Entwicklung der Technologien von den ersten Grundlagenforschungen bis hin zum fertigen Produkt. Nur wenn eine Technologic nicht zu den Kernkompetenzen geh6rt, werden mit extemen Partnern Entwicklungsvereinbarungen abgeschlossen. Diese starke Autonomie auf technischer Seite wird bei Hilti durch eine aussergew6hnlich hohe Marktorientierung erg~-gt. Wflu'end des gesamten Innovationsprozesses, speziell in der Frtihphase desselben, ist Hilti bestrebt, ihre Kunden und damit die Marktseite aktiv einzubinden. Hilti gilt nicht ohne Grund als Musterbeispiel beziiglich Kundeneinbindung. Die Untemehmung setzt diverse, gut abgestimmte Modelle der Kundeneinbindung ein. Beziiglich des Innovationsgrades kann man feststellen, dass einzelne Komponenten oder Funktionalitaten der Ger~ite neu entwickelt werden, um Kundenprobleme zu lOsen, dass es sich aber meistens um keine vSllig neuen Produkte handelt. Die BedOrfnisse der Kunden werden ganz am Beginn eines Innovationsprojektes mittels Interviews von Fokusgruppen, Lead-User-Workshops und im stetigen direkten Kontakt mit Kunden eruiert und dienen als entscheidender Input. Die Lead-User bilden dabei die zentrale Saule in Hiltis kundengetriebenem Innovationsmanagement. Im Verlauf des eigentlichen Entwicklungsprojektes wird die Rolle der Kunden besonders dann relevant, sobald erste Anschauungsmodelle vorhanden sind. Ab diesem Zeitpunkt ist die Kundeninteraktion wieder intensiver, beispielsweise durch Instrumente wie Customer Acceptance Tests und Workshops. Fokusgruppen
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werden eingesetzt, um Kundenbedtlrfnisse zu identifizieren. Lead-User-Workshops liefem wichtige Inputs fllr neue Entwicklungen. Im anschliessenden Prozess des Quality Function Deployments (QFD) wird die Wichtigkeit der einzelnen Features beurteilt, um schliesslich die Kunden erste Prototypen in Workshops und auf der Baustelle testen zu lassen. Die Forschung und Entwicklung folgt aber von Anfang an immer dem Ziel der optimalen Bedtlrfnisbefriedigung der Kunden. Hilti will die Kunden verstehen und mSglichst gut kennen, auf professionelle ,,Customer Intelligence" wird grosser Wert gelegt. Man ist bestrebt vom ,,BauchgeRihl", dem gedachten Kundenwunsch, wegzukommen und es durch eine aktive Teilnahme des Kunden an der friihen Innovationsphase zu ersetzen. Alle Methoden der Kundeneinbindung sind sorgf'~iltig konzipiert und werden koordiniert eingesetzt. Zusammenfassend sind die wichtigsten dieser Charakteristika in Abbildung 17 dargestellt.
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FALLSTUDIEN DER FRI~HENKUNDENINTEGRATION
Abbildung 17: ()bersicht der frahen Kundenintegration der Hilti Diamond Systems
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3.5
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Die Zumtobel AG ist ein 6sterreichischer Konzem der Lichtindustrie. Unternehmensziel ist es, mit Licht Erlebniswelten zu schaffen, die Arbeit zu erleichtem und Kommunikation sowie Sicherheit zu erhOhen. Technologische Filhrerschafi und kompromissloses Bekenntnis zu Kreativitat und Innovation stellen die zentralen Werte der Zumtobel AG dar. Die Untemehmensgruppe ist in die Geschaflsfelder Leuchten und LichtlOsungen, Lichtkomponenten und Verbindungstechnik, Lichtmanagement sowie Kunststoffleuchten aufgeteilt. Die Zumtobel AG erwirtschattete in der Periode 2002/03 mit ca. 8.000 Mitarbeitem beinahe 1,2 Mrd. EUR Umsatz. Im Mittelpunkt dieser Fallstudie steht der Teilkonzern Zumtobel Staff GmbH in Dombim, welcher als Premium-Marke und Innovationsflihrer der Zumtobel AG positioniert ist trod den Bereich Leuchten trod Lichtl/Ssungen vertritt. Der Schwerpunkt wird dabei auf die beiden Sparten Industrie- und Officeleuchten gelegt. Zumtobel Staff versteht sich als kompetenter Partner der Architekten sowie Licht- und Elektroplaner und verfllgt tiber Tochterfirmen, Produktionsst/ttten trod Vertretungen in ilber 70 Landem weltweit. Im Gesch~tftsjahr 2002/03 trug Zumtobel Staff mit 2.765 Mitarbeitem 455 Mio. EUR zum Konzemumsatz bei, wovon tiber 30 % auf neu entwickelten Lichtsystemen basierten. Zwecks Erschliessung von Outside-in-Irmovationen bindet die Zumtobel Staff mit Forschtmgsinstituten, Universitaten, Lieferanten trod Beh0rden zahlreiche exteme Quellen im Sirme eines interorganisationalen Netzwerkes in ihre F&E-Organisation ein. Der eigentliche Schlilssel des Erfolges der Zumtobel Staff liegt aber in einer konsequenten Orientierung an den Ktmdenanfordenmgen. Um daraus neue Geschllttsideen erschliessen zu kSnnen, wird eine Vielzahl an Methoden und Techniken eingesetzt. Ein sehr hoher Stellenwert kommt den indirekten Kunden, den Architekten mad Lichtplanem, zu. Sie sind visionare Ideentrager und bringen so eine Vielzahl von Innovationsimpulsen ein, welche ott zu neuen Produkten fUhren. Von Elektroinstallateuren gehen Produktinnovationen insbesondere basierend auf ihren Montageerfahrungen ein und Designer werden im Rahmen yon konkreten Auttr/tgen integriert. Der Endkunde wird vorwiegend durch Beobachtungen ins interorganisationale Netzwerk eingebunden. Im Folgenden sollen vor allem die indirekten Kunden der Zumtobel Staff betrachtet werden, wobei der Schwerpunkt auf den Architekten und Lichtplanem liegt, da diese das gr/Ssste Innovationspotenzial filr die gesamte Leuchtenl0sung darstellen (meistens nicht in teclmologischer, sondern in gestalterischer Hinsicht).
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3.5.1 Rahmenbedingungen Organisatorisches Umfeld Die Zumtobel Staff beschafligt knapp 100 Mitarbeiter in der F&E-Abteilung, wobei die gesamte Mitarbeiterzahl rund 2.700 betr~tgt. Der Umsatz betrug zuletzt 430 Mio. EUR, wovon mit dem Ziel der Innovationsfiihrerschafi fund 2 % (d. h. ein im Branchenvergleich eher hoher Wert) fiir die F&E aufgewendet wurden. Die Forschung und Vorentwicklung der Zumtobel Staff ist zentral organisiert und befindet sich im 6sterreichischen Dornbim. Ihr Auftrag ist es, vision~e Technologien und darauf aufbauend Plattformen, welche auf allen Kontinenten in die Produkte eingesetzt werden k6nnen, zu entwickeln, um die technologische FOhrerschaft aufrechtzuerhalten. Basierend auf den stark divergierenden Anforderungen der verschiedenen kontinentalen M~kte und den l~derspezifischen Normen und LeuchtenbauvorschriRen ist die Produktentwicklung dezentral organisiert und wird auf den Kontinenten Europa, Amerika und Australien im Rahmen der dortigen Gesellschaften vorgenommen. Diese dezentrale Entwicklungsorganisation erlaubt Zumtobel Staff, einen ausgeprligten Kundenkontakt zu pflegen und vision~e Kunden weltweit in den Innovationsprozess einzubinden. Nur ein geringer Anteil der F&E-Ausgaben fliesst in externe F&E-Projekte. Generell werden nmd 20 % des Umsatzes mit Sonderprodukten, welche ausserhalb des katalogisierten Produktportfolios liegen, erzielt. Diese speziellen Produkte werden in Sonderprojekten gemeinsam mit externen Spezialisten entwickelt und flihren aus technologischer Sicht zwar meistens zu inkrementellen Innovationsschritten, gesamthafi gesehen aber zu innovativen L6sungsanslitzen, welche sich im Idealfall zu komplett neuen eigenen Produktlinien entwickeln kOrmen. Radikale teclmologische Irmovationen kommen meistens aus dem Technologiebereich und zwar entweder yon der eigenen Forschung (z. B. neue Arten der Lichtbrechtmg oder -lenktmg) oder aus anderen Branchen. So waren die letzten drei erfolgreichen bahnbrechenden Innovationen der Leuchtenbranche die LED-Teclmologie der Lampenhersteller, die Waveguide-Technologie eines Teclmologieunternehmens aus einer anderen Branche und die Durchlichtmikrostruktur aus der eigenen Forschungsabteilung. Irmerhalb der letzten drei Jahre wurden abgesehen yon den einfachen Produktverbesserungen mehr als 30 neue Produktfamilien in den Markt eingefiihrt. Der Anteil dieser neuen Produkte am gesamten Umsatz lag mit 34 % fiber dem intemen Ziel yon 30 %.
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Externes Umfeld
Die Technologiedynamik der Beleuchtungsbranche nimmt kontinuierlich zu. Dadurch steigt die Zahl der Innovationen permanent an und die Produktlebenszyklen werden immer ktlrzer. Betrachtet man die Produkte dieser Branche genauer, so zeigt sich, dass sie sich aus drei Teilen zusammensetzen mit denen jeweils ein eigener Industriezweig verbunden ist, n~nlich der Lampe, dem Betriebsger[it und der Leuchte. Dabei haben nur die Leuchtenhersteller, wie Zumtobel, direkten Kontakt zum Kunden. Der Markt der Lampenhersteller ist im Wesentlichen ein Oligopol gebildet von General Electric, Osram und Philips. Dazu kommen noch ungeffthr sieben kleinere Hersteller, welche aber zusammen weniger als 30 % des weltweiten Umsatzes erwirtschafien. Innovationen im Bereich der Lampen werden von den drei grossen Marktteilnehmern vorangetrieben und gesteuert. Auch alternative Lampensysteme, beispielsweise die LED-Technologie, werden mittlerweile von ihnen kontrolliert. Bei der Entscheidung beztiglich der Einfiihnmg einer Innovation bzw. neuer Technologic spielen die drei grossen Player, alleine schon dutch ihren gr6ssenbedingten Einfluss auf die Normung, eine entscheidende Rolle. Zumtobel Staff nimmt im Segment der Lampen nur die Rolle eines OEM-Kunden ein, welcher von den Lampenherstellem hin und wieder zu Workshops eingeladen wird, um ihnen die frilhzeitige Abschatzung von Marktentwicklungen zu erm/Sglichen. Der Markt ~ r Betriebsgeriite ist nicht so stark konzentriert wie der Lampenmarkt. Den gesamten Markt mit einem Umsatz von ca. 1 Mrd. EUR teilen sich zwSlf grSssere Hersteller. Die grSssten drei, namlich Osram, Philips und die zur Zumtobel AG geh6rende Tridonic, erzielen davon rund 40 his 50 %. Der Leuchtenmarkt unterscheidet sich grunds/ttzlich von den Markten ~ r Lampen und Betriebsger/lte. Er besteht praktisch aus mehr als 1.000 kleinen und mittleren Untemehmen. Die drei gr0ssten Hersteller decken weniger als 10 % des weltweiten Umsatzes ab und haben in ihren jeweils starksten Regionen weniger als 15 % Marktanteil (z. B. Zumtobel Staff in Europa rund 10 %, weltweit 3 his 4 %). Dieser ,,kontinentale Markt" kann damit erklart werden, dass die Leuchtenindustrie vor allem Bauprojekte bearbeitet und damit in einem stark regional gepr/igten Gesch/ift t/itig ist. Zumtobel Staff ist innerhalb des Baumarktes im Bereich der professionellen Innenraumbeleuchtung im Non-residential Bereich (d.h. nicht im privaten Wohnbau) ~tig. Firmenintem wird dieser Markt in die drei Bereiche Industrie, Btiro und Verwaltung sowie Kunst/Kultur und Geschiifi/Shop aufgeteilt. Zwischen
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t~ffentlichen und privaten AuRraggebem wird nicht unterschieden, da in diesem Segment Auftrage zumeist per Ausschreibung vergeben werden und keine gravierenden Unterschiede in der jeweiligen Abwicklung bestehen. Prinzipiell wird bei Zumtobel zwischen Sonder- oder Projektgeschafi und Standardprodukten unterschieden. Letztere werden tiber einen Katalog im Rahmen des regularen Vertriebes angeboten, wahrend die Sonderleuchten immer aus einem einzelnen Projekt und der konkreten Zusammenarbeit mit mindestens einem externen Partner entspringen. Auf die genaue Unterscheidung dieser beiden Produktentstehungsprozesse wird im weiteren Verlauf dieser Fallstudie noch im Detail eingegangen, wobei der Fokus auf die Sonderprojekte gelegt wird. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet kann man von Direkt- und Mittlergeschatt sprechen. Im Rahmen des Direktgeschlttts sind die Kunden Bauherren, Elektroinstallateure und Grosshandler, wahrend sie im Mittlergeschatt indirekt Lichtplaner und Architekten sind. Beide stellen also nicht die Endkunden, im Sinne des Benutzers der Leuchte oder LichtlOsung dar, spielen aber aufgrund der speziellen WertschOpfungssituation der Branche, auf die im nachsten Abschnitt eingegangen wird, eine wesentliche Rolle im Innovationsprozess der Zumtobel Staff. Die eigentlichen Kunden und Partner der Zumtobel S t a f f - die Architekten, Lichtplaner und Elektroinstallateure - haben einen Auflrag des AuPa'aggebers oder Bauherren, bauen selbst aber nicht. Der Architekt ist eigentlich Mittler und nicht Kunde. Er ist kein Fachrnann und weiss im Normalfall beispielsweise nicht, wie viel Stack von einer Leuchte in welchen Abstanden zu montieren sind. Diese Funktion erledigt bei kleineren Projekten der Elektroplaner und bei grOsseren Projekten der Lichtplaner. Das Ergebnis ist in beiden Fallen eine Ausschreibung an den Elektroinstallateur. Dieser ist der eigentliche, zahlende Kunde der Zumtobel Staff. Der Planer entscheidet, ob die Ausschreibung erfilllt ist oder nicht. Die Kette ist dabei fiir Standard- und Sonderprojekte die gleiche, wobei innerhalb der Kette, abgesehen yon Zumtobel Staff vor allem der Architekt und der Planer an einer hochwertigen LSsung interessiert sind. FUr den Elektroinstallateur gilt dies nicht im gleichen Masse, da diesem bei hochwertigen L6sungen typischerweise das Fabrikat vorgeschrieben wird und er deshalb weniger Spielraum hat, um seine Marge zu verbessern. Diese Aufiragskette (,,Kette am Bau") unterscheidet sich yon der eigentlichen WertschSpfungskette, welche entlang des Produktaufbaues aber Vorlieferanten zum Lampenhersteller, Betriebsgeratehersteller und Leuchtenhersteller verlaufi (vgl. Abb. 18). Innerhalb dieser Kette gibt es starke Kampfe um den jeweiligen Anteil an der Wertsch6pfung. So haben es die Lampenhersteller beispielsweise geschaffi, durch die in Energiesparlampen integrierten Betdebsgerate, das Gesch~ifi der reinen Betriebsgeratehersteller zu schmalem. Ein
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weiteres Beispiel sind Halogenlampen mit integriertem Reflektor (so genannte ,,Cool-Beam"-Lampen), welche in das Geschaitsfeld der Leuchtenhersteller eingreifen.
Abbildung 18: WertschOpfungskette und Auftragskette der Zumtobel Staff
3.5.2 Innovationsprozess Zumtobel Staff verfolgt fllr Standardprodukte und Sonderprodukte zwei unterschiedliche Produktdefinitionsprozesse. Far Standardprodukte gibt es einerseits einen Technology-Push durch die hauseigene Forschung und Vorentwicklung. Dadurch ergeben sich oft grosse Sprange, beispielsweise neue Lichtlenkungsmethoden. Daneben ktinnen Entwicklungsprojekte auch durch die Market-PullFunktion der Vertriebs-, Verkaufs- oder Marketingorganisationen in den Regionen gestartet werden. Ausgangspunkt sind dabei die jeweiligen Anwendungsfelder sowie die zahlreichen durch das Marketing betreuten ,,anonymen" Kunden. Dabei handelt es sich um den Outside-in-Teil des Standardinnovationsprozesses. Far Sonderprojekte stehen am Beginn des Prozesses auf der Marktseite immer das konkrete Projekt und damit der konkrete Kunde bzw. der Architekt oder Planer. Zumtobel Staff folgt einem strukturierten Innovationsprozess, welcher sich vonder Erfindung bis zur erfolgreichen MarkteinRihrung erstreckt. Er ist in vier, gr6sstenteils parallel ablaufende Teilprozesse unterteilt, n~nlich den Technologieentwicklungsprozess, den Produktentwicklungsprozess, den Produktmarketing-
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prozess und den Markteinfllhrungsprozess. Der Produktmarketingprozess hat in seiner strukturierten Form nur filr die Entwicklung von Standardprodukten Gliltigkeit. Er beginnt mit einer Lead-User-Phase (noch vor Beginn des eigentlichen Produktentwicklungsprozesses) und l/tuft iiber eine Conjoint-Measurement-Phase (zur Ermittlung der Mehrpreisbereitschaft) parallel zur Konzeptfindung in der Entwicklung hin zu einer Akzeptanztestphase wahrend der Konzeptfestlegung und Prototypenentwicklung. Er dient der Entwicklung von Nachfolgeprodukten flir Standardprodukte. Lead-User werden in diesem Zusammenhang die gr6ssten Benutzer bzw. Kaufer des alten Produktes genannt, welche eingebunden werden, da angenommen wird, dass sie die Anforderungen an das Nachfolgeprodukt am besten kennen. Diese Kundengruppe setzt sich aus Installateuren oder direkten Industriekunden zusammen. Sie werden auch als Teilsample fllr das ConjointMeasurement-Verfahren (alte und neue Produktfeatures) sowie fur die Akzeptanztests spater im Prozess herangezogen. Bei dieser Art von Entwicklung handelt es sich um das klassische Tagesgeschaft der Zumtobel Staff. Verantwortlich flir den Produktmarketingprozess ist der Produktmanager.
Abbildung 19: Frfihphase des Innovationsprozesses der Zumtobel Staff
Sonderprojekte basieren im Gegensatz dazu immer auf einem konkreten Projekt und damit einem konkreten Partner bzw. Kunden. Die m6glichen Gelegenheiten werden damit quasi schon in der Auswahl der Partner vorherbestimmt. So ist die Wahrscheinlichkeit h6her, innovative Produkte aus der Integration zu erzielen, wenn Architekten und Lichtplaner mit ausgewiesenen innovativen Referenzen bzw. hohem Potenzial ausgew~fl~lt werden. Die Entwicklung der Produktideen erfolgt dann gemeinsam mit den integrierten Kunden am Beginn des Projektes, welches gegen Ende in einen gr6sstenteils standardm~sig ablaufenden Produktentwicklungsprozess fibergeht (vgl. Abb. 19). Die Kundenintegration erfolgt bei
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Sonderleuchten tiber den Verlauf des gesamten Prozesses, da diese Produkte speziell und zuniichst auch ausschliesslich nach den Anforderungen der Kunden entwickelt werden. Das Ergebnis des Innovationsprozesses ist bei diesen Projekten immer ein fertiges Produkt, welches im Projektrahmen zur Anwendung kommt. Im Idealfall kann die Innovation des Endprodukts dann auch noch in Form einer neuen Standardproduktlinie multipliziert werden. Die Integration des Kunden ist also iiber den gesamten Prozess gegeben, hat ihre hSchste Intensitat aber in der Friihphase his bin zur Konzeption des Produktes. Beispiele Rir diese Art von Sonderprojekten in der Leuchtenbranche sind spezielle Leuchtenl~ungen, welche im Zuge grosser Bauprojekte von den Architekten passend zur Architektur entworfen werden. Ein Architekt hat also die Idee und den Willen, eine eigene Leuchtenl0sung zu kreieren. Beispielsweise hat das ArchitekturbUro Herzog & de Meuron aus Basel im Zuge des Zubaues zum Gebtiude der Helvetia Patria Versicherung in St. Gallen im Sinne eines Gesamtentwurfs auch spezielle hoch innovative Leuchten entwickelt. Diese zeichnen sich einerseits durch ihren transparemen Korpus und andererseits durch eine innovative Befestigungsl0sung an den Raumdecken aus. Beide Attribute fllhren dazu, dass der offene lichtdurchflutete Eindruck der Gebltudearchitektur noch weiter verst~irkt wird. Im Zuge eines Ausschreibungsverfahrens wurde nach einem innovativen Leuchtenhersteller zur Realisierung dieser LSsung gesucht und die italienische Firma Artemide mit der Ausflihnmg betraut. Die LeuchtenlSsung hat schliesslich auch Einzug in das Standardprogramm Artemides gefunden und wird nun Ober die klassischen Vertriebswege angeboten. Die folgenden Ausftlhnmgen zur Kundenintegration in die frtthen Innovationsphasen befassen sich gezielt mit der Organisation und dem Management solcher Sonderprojekte bei Zumtobel Staff. Neben der Kundeneinbindung spielt auch die Integration anderer extemer Innovationsquellen eine wesentliche Rolle. Die Universitliten und Forschungsinstitute werden im Rahmen konkreter Forschungsauttritge eingebunden, beispielsweise in den Bereichen Materialforschung oder Lichtlenkung. Daraus resultieren wertvolle Erkennmisse fllr technologische Innovationen. Die Lieferanten gelten ebenfalls als Teclmologietrltger und werden daher zur Erschliessung neuer Teclmologien in die Projekte eingebunden. Auch die BehSrden stellen mit ihren neuen Normen eine Innovationsquelle dar, weshalb zwei Angestellte der Zumtobel Staff weltweit in den entsprechenden Gremien mitarbeiten.
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3.5.3 Kundenintegration Grundlagen Zumtobel Staff besitzt eine klar formulierte Strategie, in der die Innovationsfiihrero schafi als wesentliches Ziel verankert ist. Dies manifestiert sich beispielsweise in einer hohen Risikobereitschatt im F&E-Umfeld, wo bis zu 10 % der Ressourcen auf so genannte ,,Jokerprojekte" mit hohem Potential aber auch hohem Risiko verteilt werden. Entscheidend ist aber die angestrebte individuelle Betreuung von Schltisselkunden (Architekten und Lichtplanem), basierend auf der Erkenntnis, dass die Mittler zwischen Zumtobel und den eigentlichen Auftraggebem im Sinne von Vordenkern eine wichtige Rolle spielen und daher zentral betreut werden mtissen. Dahinter steckt eine langfiistige strategische Fokussierung der Zumtobel Staff, welche trotz ihrer mehrjahdgen Ausrichtung flexibel durch erganzende Initiativen adaptiert wird. Beispielsweise wurde vor kurzem eine Initiative gestartet, neben den SchlOsselkunden gezielt und verstarkt Elektroinstallateure zu betreuen. Die Schlfisselkunden Ubemehmen die Rolle eines Partners, welcher in den Sonderprojekten im Wechselspiel mit Zumtobel Staff seine jeweiligen Kompetenzen (forrnale Gestaltung bei Architekten sowie teclmische Planung und Datenermittlung bei Lichtplanern) einbringt. Es wird yon ilmen erwartet, aktuelle und marktg~gige Produkte und Konzepte zu entwickeln. Durchbrfiche in der Lichttechnik stehen nicht im Fokus solcher Integrationsproj~te. Gerade Architekten Obemehmen vielmehr die Rolle von Trendscouts bzw. liefem sch6ne Leuchten und komplementieren mit ihrer Anwendungskompetenz die Expertise Zumtobels. Lichtplaner sind demgegenOber auch in tier Lage, profunden technischen Input zu liefern. Es wird von den Architekten und Lichtplanem also erwartet, dass sie Ideen einbringen, welche effizient realisiert werden kOnnen und das Potenzial Fdr ein Standardprodukt aufweisen. Die dazu notwendigen Kompetenzen sind vielf'~ltig. Auf Seite der Architekten ist ein Interesse FOr Licht und das Streben nach einer bestimmten Lichtwirkung notwendig. FOr Lichtplaner spielt zusatzlich noch teclmisches Wissen eine grosse Rolle. Sie mUssen in tier Lage sein, mit neuen Konzepten planerisch umzugehen, urn diese LOsungen ihren Kunden, also den Bauherren, verkaufen zu kOnnen. Das Ubergeordnete Ziel ist also zunachst der Umsatz, welcher mit den strategischen Partnem im Sonderprojekt erzielt wird. An zweiter Stelle folgt der Input fib" die Standardprodukte, welche aus den Sonderprodukten entstehen sollen. Prinzipiell betrachtet Zumtobel Staff den kompletten Prozess vom Beginn des Projektes bis hin zum fertigen Produkt. Sollte
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es, wie angestrebt, zu einer Standardisierung des gemeinsam entwickelten Sonderproduktes kommen, sind die Partner meist auch noch involviert und ihr Aufwand wird abgegolten. Neben diesem strategischen gibt es auch noch einen kulturellen Aspekt. Kreativit/it und Innovation gehSren zu den h/Schsten Werten der Zumtobel Staff und werden taglich gelebt. Dies lasst sich darauf zurtickfiihren, dass die Firma als Farnilienuntemehmen schon immer stark vonder weltoffenen und aufgeschlossenen Haltung der F amilie Zumtobel gepragt worden ist. Auch der momentane Firmenleiter, Herr Jtirg Zumtobel, verkSrpert diesen Anspruch durch seine hohe Verbundenheit mit den Produkten und der Technologie sowie sein visionares Mitgestalten der Lichtindustrie. Der hohe Stellenwert der Innovation zeigt sich auch in Form eines internen Buches, welches die Werte des Untemehmens enth/fit und an sarntliche Mitarbeiter verteilt wird. Die Vision basiert denmach auf Kemkompetenzen, Kernprodukten und Kerndifferenzierung, Kreativit~t und Innovation. Entsprechend tragen die Kunden ihren Innovationsbedarf und ihre Innovationsideen umfassend an die Zumtobel Staff heran und die Mitarbeiter leiten die Informationen vollsttindig an die verantwortlichen Stellen weiter. Der Teilkonzem Zumtobel Staff erschliesst so eine Vielzahl von Innovationsideen. Der Schlllssel zur ausgepr/tgten Innovationsbereitschatt der Mitarbeiter und Kunden liegt also in der stark innovativen Untemehmenskultur der Zumtobel Staff. Innovation gehtirt zum Alltag und wird umfassend durch Anerkennung der erbrachten Leistungen honoriert. Basierend auf der gewachsenen innovativen Unternehmenskultur ist die Innovationsflthigkeit und -bereitschatt eines Mitarbeiters ein wesentliches Kriterium fiir eine Bef6rderung. Innerhalb der gesamten Zumtobel Staff herrscht eine Atmosphare der Offenheit gegenilber Ideen und Einfltissen von aussen. Dies zeigt sich beispielsweise auch darin, dass keine eigene Designabteilung aufgebaut worden ist, sondern ausschliesslich mit externen Designern zusammenarbeitet wird.
Organisation Im Unterschied zur klassischen Definition der Lead-User, bei der es sich um fortschrittliche Anwender eines Produktes handelt, iibemehmen deren Rolle im Falle von Zumtobel Staff Architekten und Planer (so genarmte ,,strategische Partner"). Die Pflege dieser Sonderkunden kommt sowohl den Sonderprojekten als auch dem Standardproduktentstehungsprozess zugute. Betreut werden die Sonderkunden innerhalb der Abteilung International Projects von einer zentralen Gruppe mit dem Namen ,,Strategic Partner Development". Die Abteilung fiir internationale Projekte ist neben den Produktmanagern und der Planung unter dem Gesch~tftsfiihrer fiir Marketing und Vertrieb angesiedelt und besch/fftigt rund 20
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Mitarbeiter (davon 6 filr die Gruppe Strategic Partner Development). Dabei erzielt sic selbst keinen Umsatz, sondem erfllllt eine UntersttRzungsfunktion fiir Vertrieb und Marketing, indem sic versucht, die Beziehung zu Kunden aufrechtzuerhalten. Man k6nnte die Tiitigkeit also mit Vorverkauf bezeichnen, auch wenn teilweise selbst Auttriige akquiriert werden. Das prim/ire Ziel ist es, Projekte und damit Umsatz mit strategischen Partnern zu generieren. Dabei liegt der Fokus auf aussergew6hnlichen Projekten mit innovativen Produkten. Strategic Partner Development ist intensiv in den eigentlichen Innovationsprozess eingebunden, ist bei der Erstellung von Anforderungsliste und Pflichtenhett involviert bzw. liefert immer wieder auch selbst Innovationsideen. Kundenauswahl
Zumtobel Staff unterscheidet an speziellen Kundengruppen Schltisselkunden (Key Accounts) und Lead-User aufseiten der zahlenden Kunden sowie die im Mittelpunkt dieser Untersuchung stehenden ,,Front End Kunden" wie Architekten und Lichtplaner. Dabei kSnnen strategische Partner auch teilweise identisch mit LeadUsem sein. Unter Front End Kunden oder strategischen Partnern werden dabei Architekten und Planer verstanden, welche Trends erkennen kSnnen und in ihren Anforderungen der Zeit voraus sind. Ein Beispiel dafiir ist das Erkennen der Entwicklung, dass in Zukunft mehr mit Glas gebaut werden wird. Um zeitgerecht und verlasslich an solche Informationen zu gelangen, bedarf es eines beinahe tagt~glichen Umgangs mit den ausgewahlten Partner. Diese sind meistens Architekten, manchmal allerdings auch Lichtplaner, da man bestrebt ist, filr alle relevanten Gruppen often und durchgangig zu bleiben. Eine weitere Gruppe von wichtigen Kunden, welche speziell behandelt wird, sind die so genannten Schltisselkunden (Key Accounts) beispielsweise der Spar Konzern oder die Swatch Gruppe. Es handelt sich dabei um Kunden mit grossem Umsatzvolumen, welche im Gegensatz zu den strategischen Partnem allerdings tiber wenig eigene Leuchtenkompetenz verfilgen. Sic werden durch den mit ihnen erzielten Umsatz weiter unterteilt, wobei je nach Grtisse drei Kategorien unterschieden werden (A, B, C). Ftir diese Kunden betreibt Zumtobel Staff ein klassisches Key Account Management, dessen zentrale Kompetenz in Dornbim liegt. Entsprechende Konzepte der Kundenbetreuung werden hier entwickelt und dann weltweit ausgerollt. W/ihrend fiir Key Accounts vor allem die HShe des Umsatzes und damit Grtisse bzw. finanzielle Attraktivit/it zahlen, sind bei der Auswahl der strategischen Partner
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der Ruf, die Kompetenzen und besonders die vergangenen Erfahrungen wichtig. Die GrOsse des Partners ist unerheblich, da dieser nicht direkt kauft und seine Gr/)sse damit keinen Einfluss auf den Umfang m0glicher Projekte hat. Neben der prinzipiellen Eignung des potenziellen Partners ist vor allem entscheidend, dass er in der Lage ist, sich im Projektumfeld durchzusetzen. Wenn es der Mittler nicht einmal schafft, seine eigenen Ideen in ein Projekt hineinzubringen, dann eignet er sich nicht als strategischer Partner ftlr die Zumtobel Staff. Das Auswahlverfahren funktioniert folgendermassen: Die Lander benennen Kunden, d.h. Personen bzw. Btiros mit Potenzial. Beispielsweise wtirde der Vertriebsleiter Schweiz wegen des zu erwartenden Umsatzes ein ArchitekturbUro wie Herzog & de Meuron nennen. Ein Rolle bei der Auswahl spielen auch der Leiter der Abteilung International Projects, der Geschitfis~hrer Marketing sowie der Inhaber und gleichzeitig Vorstandsvorsitzende. Zumtobel verffigt tiber einen sehr guten Uberblick der Architekturszene und der eigenen Position in den wichtigsten M~kten, n~mlich in Deutschland, Osterreich und der Schweiz. Darauf aufbauend werden Ziele beztiglich der Auswahl von strategischen Partner festgelegt, beispielsweise Vorgaben tiber eine Aut~eilung von 50:50 betreffend des Anteils an deutschsprachigen und fremdsprachigen Partnem. Gerade beziiglich der Fremdsprachigkeit werden gezielt italienische, franzOsische und englische Architekten und Planer mit Potenzial als strategischer Partner gesucht. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Vertrieb, der gefragt wird, wer als innovativ gilt und an wen eine Ann~erung noch nicht geklappt hat. Mit diesen potenziellen Partnem nimmt dann die Strategic Partner Development Gruppe Kontakt auf und versucht, tiber intensive Kommunikation das erste Projekt zu starten. Der Beziehungsaufbau, his zum Beginn einer konkreten Zusammenarbeit, bewegt sich in einem zeitlichen Rahmen von drei bis sechs Monaten. Far beide Kundengruppen gilt aber, dass es sich um innovationsfreundliche Kunden handelt, welche bereit sind, fllr tiberlegene Produkte das Preis/Leistungsverhiilmis von Zumtobel Staff zu akzeptieren. Analysiert man den Markt anhand der Innovationsfreundlichkeit, so handelt es sich bei den bevorzugten Kunden um Vertreter der Innovatoren, der frilhen Abnehmer oder der frtihen Mehrheit. Die spiite Mehrheit sowie die Nachzfigler werden nicht als potenzielle Kunden anvisiert. Die Kompatibilit~t der Firmenkulturen spielt eine wichtige Rolle bei der Einbindung der Kunden bzw. Partner. Ein grosser Vorteil der Zumtobel Staff ist die durch die Eigentllmerfamilie vorgelebte Beziehung zu Architektur, Kunst und Kultur. Dadurch kommt es manchmal auch zur Durcht'dhrung von Projekten, welche vor allem kulturell und weniger finanziell interessant sind.
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Das Commitment (,,Ja, dieses Projekt will ich realisieren.") ist ffir den jeweiligen Partner yon entscheidender Bedeutung, da er sonst Gefahr IAufl, fraher oder sparer das Vertrauen des Bauherren zu verlieren. Generell sind Vertrauen und Commitment im Leuchtengeschafl des oberen Preissegments sehr wichtig. Die r~iumliche Distanz zum Kunden bzw. Partner spielt keine grosse Rolle filr die Zusammenarbeit. Entweder fliegen die Mitarbeiter zum Kunden oder dieser kommt nach Dombim. Geographisch konzentrieren sich die fBr Zumtobel Staff wichtigen Architekten und Lichtplaner auf Europa und die USA, da sich dort die meisten Bilros befinden. So findet beispielsweise die Zusammenarbeit mit einem Stararchitekten wie Norman Foster in London statt, auch wenn das entsprechende Bauprojekt in Stidostasien geplant ist. Ablauf
Der Produktdefinitionsprozess i~r Sonderprodukte der Zumtobel Staff unterscheidet sich gerade in der Anfangsphase wesentlich yon dem fiir Standardprodukte. Am Beginn des Prozesses t'tir ein Sonderprojekt steht auf tier Marktseite immer das konkrete Projekt und damit der konkrete strategische Partner (Planer oder Architekt) als Mittler zum Kunden. Am Beginn eines solchen Sonderprojektes steht immer der konkrete Kunde im Rahmen eines konkreten Projektes. Eine genaue gemeinsame Zielfestlegung ergibt sich automatisch durch alas Marktumfeld tier Baubranche, in welcher konkrete Spezifikationen den Standard darstellen. Die Kommunikation zwischen den Partnern und Zumtobel Staff erfolgt fiber die Abteilung Internationale Projekte. Die da~r geeigneten Mitarbeiter haben einen starken technischen Background, hohe Kreativitat sowie Erfahrung im Leuchtengesch~ifl. Sie mUssen auch tiber eine ausgepragte Dialogf~igkeit verfBgen und die jeweils notwendigen sprachlichen Fahigkeiten mitbringen. Eine zentrale Aufgabe dieser Mitarbeiter ist es, frahzeitig zu erkennen, ob das angedachte Produkt technisch realisierbar ist. Die Betreuung der strategischen Partner erfolgt permanent, im Idealfall auflragsneutral, d.h. unabhangig yon einem konkreten Projekt. Alle zwei bis drei Monate werden die Kunden besucht und nach spezifischen Anforderungen gefragt. Im weiteren Verlauf der daraus entstehenden Diskussionen werden Konstrukteure und Entwickler beigezogen. Ziel dieser speziellen Kundenbetreuung ist ein permanenter Austausch. Dieser Dialog ist ein wesentlicher Bestandteil der Integration und wird mit Meilensteinen bis hin zur Bemusterung unterstatzt. Zwischen diesen Meilensteinen erfolgen zahlreiche Kontakte per Telefon oder E-Mail. Die Ansprechpartner aufseiten von Zumtobel Staff sind dabei nicht nur die speziellen Betreuer aus dem
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Strategic Partner Development, sondern vor allem auch die Konstrukteure. Falls sich ein Projekt abzeichnet, intensiviert sich die Kommunikation, es kommt zu ersten Projektmeetings, zu einer Aufgabenbeschreibung, dem Bau von ersten Prototypen sowie ersten KostenabschlRzungen. Die Planer erhalten neben einer grundsatzlichen Beratung auch spezielle Planungsprodukte, beispielsweise Software zur Auslegung der LichtlOsung. Das Ziel dieser systematischen Bemahungen der Zumtobel Staff sind Ausschreibungen, als Ausgangsbasis for das Angebot des Elektroinstallateure, in denen ,,Zumtobel Staff oder gleichwertig" vorgeschdeben wird. Die beste Strategie gegen hochwertige Konkurrenz liegt also darin, die Planer yon den eigenen Produkten zu Uberzeugen. Eine Schwierigkeit dabei besteht darin, dass die eigentliche WertschSpfungskette yon der Angebotskette abweicht. Die Planer werden yon den Architekten star direkt vom Leuchtenhersteller bezahlt und sind dadurch nicht direkt ,,kauflich". Die eigentliche Entscheidung ~ r eine Licht-/Leuchtenl6sungen wird im Dreieck zwischen Bauherr, Architekt und Lichtplaner getroffen. FUr Zumtobel Staff ist es wichtig, das starke Element in dieser Gruppe zu erkennen und sich ab einem m6glichst frahen Zeitpunkt mit ihrem Lobbying ffir den Architekten oder den Planer zu entscheiden. Im Gegensatz zu diesen beiden speziellen Kundengruppen werden die Elektrotechniker durch das regulare Vertriebssystem betreut. Die Schnittstelle zwischen F&E und Marketing stellt dabei kein Problem dar. Viele Ablaufe in den definierten Prozessen, beispielsweise die Bewertung yon Produktideen, sehen enge Zusammenarbeit vor. Generell zieht sich durch den gesamten Innovationsprozess der Einsatz yon Drei-Personen-Teams bestehend aus Produktmanagem der Marketingseite, Entwicklern und Vertretem der Produktion. Im Bereich der operativen Bedarfserfassung kommt der weltweiten Marktorganisation ein hoher SteUenwert zu. Kreative Vertriebs- und Marketingleute konnten schon zahlreiche neue Geschattsideen wie leuchtende Tapeten oder auf Induktion basierende Leuchten anstossen. Auch durch die F&E-Mitarbeiter werden Kundenbesuche durchgefilhrt, diese sind aber vorwiegend projektbegleitend organisiert. Sie k6nnen das Bewusstsein fiir neue Geschaitsfelder wecken, helfen in erster Linie aber die Potenziale inkrementeller Innovation auszuschSpfen. Die strategische Bedarfserfassung ist durch Anwenderbeobachtungen und Trendanalysen gewahrleistet. Die Anwenderbeobachtung erfolgt nicht regelmassig und erstreckt sich vor allem auf die ElektroinstaUateure und damit das Tagesgeschait. Diese werden bei ihren Montagen beobachtet, um Innovationen im Montageprozess erschliessen zu kSnnen. Dartiber hinaus werden die Markttrends durch
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professionelle Partizipation an Lichtmessen eruiert, wo Herr Zumtobel teilweise persSnlich teilnimmt. Mit der Messeprasenz strebt Zumtobel Staff in erster Linie nicht die Gewinnung neuer Kunden an, sondern den Austausch von Erfahrungen und Erkenntnissen mit ihren aktuellen und potenziellen Kunden. Off werden die visionaren Kunden messebegleitend zu Side-Events zwecks Diskussion neuer Trends eingeladen. Im Verlauf des eigentlichen Entwicklungsprozesses werden auch Elektriker bzw. Elektroinstallateure eingebunden. Dabei spielt das bisherige Kaufverhalten eine wesentliche Rolle. Bevorzugt werden Kunden eingebunden, welche das Vorgangerprodukt stark gekauft haben bzw. als kritische Abnehmer in Erscheinung getreten sind. Gegentiber dem Elektroinstallateur wird vor allem die Montagefreundlichkeit sowie das Preis/Leistungsverhllltnis betont. Elektroinstallateure streben naturgemass danach, ihre Margen gegentiber ihren Kunden zu erh6hen. Sie bevorzugen daher Produkte, bei denen sie dementsprechende Spielriiume gegentiber dem Planer haben. Begriffe in diesem Zusammenhang sind ,,Spec Switching" (Wechsel auf ein anderes in der Regel gfinstigeres Produkt) bzw. das von Zumtobel Staff angestrebte ,,Spec Locking" (Festhalten an der ursprfinglichen Spezifikation). Generell gilt far alle Kundengruppen, dass im Rahmen der operativen Ideengenerierung Kundenanfragen ausgewertet und Mitarbeiter aus dem Kundensegment angestellt werden. Anfragen werden systematisch aufgenommen, geclustert und regelmassig ausgewertet. Der jeweilige Produktmanager sammelt Anfragen, welche entweder tiber den Vertrieb oder fiber das Interact einlangen. Diese kommen vor allem yon heutigen Anwendem aus dem Segment der Elektroinstallateure. Inputs entstehen aber auch bei Endkundenkontakten bzw. Kontakten mit industriellen Benutzern beispielsweise Handelsketten oder grossen Autowerken (tiber Key Account Management betreut). Ein interessanter Aspekt der Leuchtenbranche ist der Umstand, dass der eigentliche Anwender bzw. Endnutzer der Produkte im Normalfall tiberhaupt keine MOglichkeit hat, auf die Beleuchtung Einfluss zu nehmen. Daher ist es nicht direkt sinnvoll, endkundennahe Features in die Produkte einzubauen.
Management Die Motivation der eingebunden Kunden erfolgt bei den strategischen Partnem auf zwei Ebenen. Einerseits durch intrinsische Motive wie die MSglichkeit, das meistens stark ausgepriigte Ego durch die Gestaltung einer Sonderleuchte zu befriedigen. Im Sirme von ,,grosse Namen wollen grosse Marken" ist die Zumtobel
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Staff eine der ersten Anlaufstellen ~ r renommierte Kunden (z.B. ,,Stararchitekten"). Im Gegenzug stent dies fl~r den Kunden einen Anreiz dar, Innovationsideen einzubringen. Die zweite Ebene bilden extrinsische F aktoren, wie die Einladung zu exklusiven Events und die mSgliche Umsatzbeteiligung im Falle einer Standardproduktion der gemeinsam entwickelten Sonderleuchten. Ein wichtiger Aspekt zur Gewinnung gefragter Architekten ist die Fahigkeit von Zumtobel Staff, sich selbst als kompetent ftlr die Realisierung einer L0sung darstellen zu kSnnen. Architekten suchen zur Umsetzung ihrer lichttechnischen Ideen grosse, finanzstarke und kompetente Partner. Manchmal geht das Ego der Architekten soweit, dass sie keine Leuchten eines bestimmten Leuchtenherstellers akzeptieren, weil er Konkurrent ihres bevorzugten Partners ist. Zumtobel Staff versteht es, flir diese anspruchsvollen Kundengruppen die Kundenanforderungen umfassend in spezifische L6sungen umzusetzen und erzielt so eine hervorragende Kundenzufriedenheit. Far die Motivation der Kunden zu den Conjoint-Messungen bzw. den Akzeptanztests im Rahmen des Standardproduktentwicklungsprozesses werden meist kleine materielle Anreize (,,Goodies") verteilt. Der Erfolg wird dann, neben dem positiven Image durch das eigentliche Projekt, durch die Ubertragung auf Standardprodukte gemessen. Das heisst erfolgreich ist eine innovatives Prestigeprojekt dann, wenn die speziell entwickelten Produkte spater Einzug in den Standardkatalog finden und damit zu neuen Produkten bzw. Produktgruppen werden. Zumtobel Staff ist bestrebt, m6glichst viele Sonderleuchten in das Standardprogramm aufzunehmen. Dazu erfolgt alle sechs Monate eine Beurteilung der Sonderleuchten hinsichtlich ihrer Standardisierbarkeit. Auf dem Weg in das Standardleuchtenprogramm existiert noch ein Zwischenschritt von so genannten ,,Specials", ftir die eine eigene Broschtire zusiitzlich zum normalen Katalog herausgegeben wird. Falls sich diese Specials am Markt bew/thren, werden sie in einem zweiten Schritt Teil des Standardprogramms. Jedes Jahr werden rund zehn Produkte als Special ausgewahlt, wovon es schliesslich nur ein bis zwei wirklich zum Standard schaffen. Der Prozess der Partnereinbindung unterliegt keiner speziellen Kontrolle. Die Job Description und Zielvereinbarungen des verantwortlichen Managers enthalten die notwendigen Vorgaben, um den Prozess zu steuern. Beispielsweise ist die Zahl der pro Jahr neu zu akquirierenden strategischen Partner festgelegt. Eine Fluktuation der Partner ergibt sich vor allem dadurch, dass immer wieder Architekten und Lichtplaner aus diesem Kreis herausfallen, wenn sie nicht innovativ sind bzw. ihre Ideen und damit Zumtobel Staff als Realisierungspartner bei den Projekten nicht durchsetzen k6nnen. Das bedeutet, dass diese spezielle Form der Integration beendet wird, wenn sich nach einer gewissen Frist (bei Stararchitekten drei bis fiinf Jahre)
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keine konkreten Projekte ergeben. Eine weitere Steuergr6sse ist, ~mlich wie im klassischen Vertrieb, das ,Lichtvolumen" bei Architekten- d. h. wie viel Prozent seines Umsatzes der Partner mit Zumtobel erzielt. Beispielsweise k6nnte ein Richtwert ein Anteil yon Zumtobel-Produkten yon 5 his 10 % im zweiten Jahr der konkreten Partnerschaft sein. Bei Lichtplanem ist es nicht m6glich, solche Vorgaben zu machen, da diese gemass ihrer Rolle um Unabh~gigkeit bemiiht sein m0ssen. Beztiglich des Innovationsgrades fohren Sonderleuchten, d.h. Leuchten aus Sonderprojekten, aus speziell leuchtenteclmischer Sicht betrachtet, meistens zu kleinen Schritten bzw. inkrementellen Irmovationen. In Hinsicht auf die Form und Funktionalit~t kommt es jedoch immer wieder zu echten Durchbrtichen. Da es am Anfang eines Sonderprojektes nicht sicher ist, ob die zu entwickelnde Leuchte je eine Kleinserie bzw. ein Standardprodukt werden wird, muss der erste Verkauf die gesamten Kosten abdecken. Dies bedeutet, dass teclmologisch keine aufwandigen und damit teuren Schritte gesetzt werden k6rmen. Andererseits handelt es sich bei solchen Leuchten aber oft urn sehr aktuelle marktgangige Produkte, welche eine Vorreiterrolle for neue Produktfamilien tibemehmen k6nnen. Beispielsweise das ,milde Licht", welches mit Architekten und Lichtplanem for das schweizerische Untemehmen SIrS Stadler entwickelt wurde und mittlerweile ein Standardprodukt geworden ist. Die eigene Konstruktionsabteilung ist laufend in die Sonderprojekte eingebunden und kann dadurch die gewormen Erkermtnisse innerhalb Zumtobels verteilen trod verwenden. Dies gilt auch for Projekte, welche nicht realisiert werden und stellt sicher, dass die gesamte Organisation am Lemprozess teilnimmt, der durch die innovativen Vorzeigeprojekte ausgel6st wird. Als Rahmen dafor dienen die genau definierten Prozesse for die Entwicklung von Sonderprojekten und deren Umwandlung in Standardprodukte tiber den Zwischenschritt der Specials. Vertrage mit dem Partner gibt es oft erst dann, wenn eine L6sung entsteht, bei der Rechte festgelegt werden mtissen. Wenn ein Produkt bzw. eine formale Sch6pfung, welche in Zusammenhang mit einem strategischen Partner entstanden ist, als schtitzenswert erachtet wird, kommt es zu einer Anmeldung als Gebrauchsmuster oder Patent. Zumtobel Staff tibernimmt in diesen Fallen die Rechte, meldet an und halt die Schutzrechte. Die beteiligten Architekten bzw. Lichtplaner erhalten dann je nach verkauften Sttickzahlen, welche tiber den ursprOnglichen Projektumfang hinausgehen, Lizenzgebtihren. In den letzten Jahren wurden rund 115 Schutzrechte angemeldet, davon 15 bis 20 mit extemen Partnern. Die Kundengruppe kennt und akzeptiert dieses Vorgehen.
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3.5.4 Zusammenfassung Betrachtet man die Sonderprojekte als Ausdruck der friihen Kundenintegration (auch wenn bei Zumtobel Staff Mittler zum Kunden eingebunden werden), so gibt es mit der Strategic Partner Development Gruppe spezielle Betreuer innerhalb der Organisation der Zumtobel Staff far strategische Partner aus der relevanten Kundengruppe der Architekten und Lichtplaner. Diese Spezialisten beraten tmd informieren die Partner einerseits durch die Bereitstellung yon speziellen Unterlagen, primlir aber durch bevorzugt pers6nliche Besuche. Entsprechend werden partnerschattlich Speziall6sungen entwickelt, welche auf das jeweilige Gebaudedesign abgestimmt sind, wobei der Architekt in erster Linie Produktanforderungen einbringt und den Entwicklungsprozess als Berater beztiglich der Funktionsausprltgungen untersttRzt. Ins Entwicklungsprojekt werden dann je nach Bedarf weitere Partner beispielsweise Lichtdesigner einbezogen. Durch die Nutzung verschiedener Wissensquellen entstehen neue vision~e SpeziallSsungen. Parallel dazu werden die Ulglich eingehenden Kundenanfragen gesammelt und gruppiert. Diese verdichteten Bedarfsinformationen werden periodisch mit den im Rahmen der Sonderprojekte entwickelten SpeziallOsungen abgeglichen. Findet sich flit eine Sonderl6sung eine grSssere Nachfrage, so kSnnen dafilr kleinere Serien lanciert werden. Dadurch gelingt es Zumtobel Staff, sowohl die technische als auch die gestalterische Innovationsfllhrerschatt aufrechtzuerhalten. Einen Oberblick der frUhen Kundenintegration bei Zumtobel Staff gibt Abbildung 20.
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Abbildung 20: Ubersicht derfrahen Kundenintegration der Zumtobel Staff
Konzeptualisierung der friihen Kundenintegration 4.1
Charakteristika der friihen Kundenintegration
In diesem Absclmitt werden die Fallstudiendaten ausgewertet, um daraus eine Konzeptualisierung des Konstruktes der fr0hen Kundenintegration aufzubauen. Die Analyse der F allstudien erfolgt dabei mit einer doppelten Zielsetzung. Zunlichst sollen die grundsatzlichen Determinanten der frtlhen Kundenintegration ermittelt werden. Diese bestimmen die spezifische Rolle des integrierten Kunden und damit den jeweiligen Ablauf der Integration. Der zweite Analyseaspekt zielt dann auf die Identifikation derjenigen Gestaltungsfelder, welche die wesentlichen Dimensionen der fr0hen Kundenn~ihe darstellen. Durch die Auspr~lgung dieser Gestaltungsfelder werden die operative Gestaltung und die DurchfUhrung der Integration bestimmt. Daher erfolgt anschliessend eine ausfiihrliche Beschreibung der fi~r eine erfolgreiche Integration relevanten Gestaltungsfaktoren.
4.1.1 Vergleich der Falistudienergebnisse FUr den Fallstudienvergleich werden Kriterien herangezogen, welche nicht im Analyseraster (vgl. Abb. 8) der ersten Einzelfallanalysen enthalten sind. Dieser Schritt ist notwendig, um die vorhandenen Daten unabhangig von der ersten Analyse vergleichen und damit neue, zusatzliche Erkenntnisse gewinnen zu kSnnen (vgl. Eisenhardt 1989). Als Vergleichskriterien werden daher diejenigen strategischen Grundlagen und Rahmenbedingungen herangezogen, welche anhand der Einzelfallanalyse als wesentlich fur die frtlhe Kundenintegration identifiziert worden sind. Bei der Erhebung der Daten sowie tier Analyse tier Einzelfallstudien wurde ilberpraft, welche der generellen in der Literatur beschriebenen strategischen Grundlagen tier Einbindung von Kunden FOr den speziellen Fall der friihen Kundenintegration hohe Relevanz aufweisen. Da die strategischen Grundlagen aus Arbeiten Ober verschiedene Formen der Einbeziehung des Kunden in den Innovationsprozess stammen, spiegeln sie prinzipiell mfgliche Merkmale der Kundeneinbindung unter verschiedensten Rahmenbedingungen wider. Die Ausgangsbasis bildeten also die in Abschnitt 2.1 aus tier Literatur hergeleiteten strategischen Grundlagen tier erfolgreichen Einbeziehung von Kunden in den Innovationsprozess (vgl. Abb. 7). Dem Fokus dieser Arbeit entsprechend liegt ein erster Erkenntnisschritt zunachst darin, durch die Einzelfallanalyse diejenigen strategischen Grundlagen zu identifizieren, welche FOr alle betrachteten Falle relevant sind. Aufseiten des Herstellers waren dies eine strategische und
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organisatorische Einbettung sowie ein organisatorischer Lemprozess, aufseiten des Kunden dessen Kompetenzen und Motivation. Filr die Interaktion zwischen den beiden Partnem spielen vor allem Struktur und Form der Einbindung sowie die Beziehungsvadablen (samt Kommunikation) eine entscheidende Rolle. Zus/itzlich zu diesen Elementen wurden auch noch drei Rahmenbedingungen, welche Auswirkungen auf die Auspr/tgung der frilhen Kundenintegration haben, identifiziert. Es sind dies die Position des Kunden in der WertschOpfungskette, der Zeitpunkt der Integration im Verlauf der Innovationsfrtihphase sowie die spezifisehen Ziele des Herstellers und damit der erwartete Kundenbeitrag. Abbildung 21 zeigt einen Uberbliek dieser Kriterien.
Abbildung 21: Kriterien far den Vergleich der Fallstudienergebnisse
Im Folgenden werden die jeweiligen Ausprllgungen der einzelnen Fallstudien anhand dieser neuen Kdtefien herausgearbr In einer vergleichenden Analyse erfolgt daraus schliesslich die Herleitung der Determinanten und Gestaltungsfelder der fr~en Kundenintegration.
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Bayer MaterialScience Bayer Polymers hat die Ausrichtung nach dem Kunden bereits auf Ebene der Divisionsstrategie explizit verankert. So ist ,,one lead to the customer" der zentrale Leitsatz, der auf den Aufbau und die Ziele der gesamten Organisation ausstrahlt. Die Grtindung des Creative Centers mit dem speziellen Fokus auf die Marktseite und dem aktiven Kontakt zum Kunden ist ein deutliches Zeichen zur Festigung dieses Ansatzes. Man kann also von einer strategischen Verankerung (Ubereinstimmung mit der Strategie) und durch#ngigen organisatorischen Verankerung des Kundeneinbindungsgedankens sprechen. Das Creative Center erflillt zwar auch Aufgaben, welche typisch flir klassische in der F&E angesiedelte Innovationsgruppen sind, es ist aber grundsatzlich auf den Markt fokussiert. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass rund 80 % aller externen Kontakte mit Kunden erfolgen. Rtmd um diese spezielle Gruppe existieren die klassischen Organisationsformen des Marketings samt Key Account Management und der teclmologiefokussierten Forschung. Die Sclmittstelle zum Marketing stellt dabei kein Problem dar. Die interne Kommunikation funktioniert ausgezeichnet und Kontakte zu bzw. Treffen mit wichtigen Kunden werden immer mit dem Key Account Management abgestimmt. Die inteme organisatorische A usformung bei Bayer muss die Kundenbedtirfnisse verstehen kOnnen und adaquat zur Entwicklung neuer Produkte verwenden. Diese F~igkeit wird durch das Creative Center in zweifacher Hinsicht unterstlltzt. Zun~tchst werden die Informationen, welche durch Kundenintegration gewonnen werden, in einem internen Prozess aufgearbeitet und zu fertigen Konzepten weiterentwickelt. Die Schnittstelle zum nachgelagerten Segment Industry Innovations funktioniert durch das Vorhandensein eines definierten Ubergabeprotokolls (Balanced Innovation Card) problemlos. Zusatzlich arbeitet das Creative Center am Aufbau eines internen Innovationsnetzwerkes, um sein Wissen weiterzugeben und zu einer prinzipiell offenen Innovationskultur beizutragen. Der eigentliche Rahmen der Einbindung wird aus Workshops gebildet, welche meist an neutralen Orten mit einer zielgerichteten Auswahl an Ktmden durchge~hrt werden. Durch die tiberwiegende Betrachttmg prakompetitiver Themen ist es m6glich, auch konkurrierende Kundenunternehmen zu gemeinsamen Workshops einzuladen. Generell zeigen sich am Begirm der Innovationsfrtihphase Spitzen bezUglich der Haufigkeit derartiger Treffen. Viele Kunden nehmen daher nur einmal bzw. wenige Male an Integrationsworkshops tell.
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Die Mitarbeiter des Creative Centers sind sehr bemtiht, Vertrauen als Grundlage einer offenen Atmosphare herzustellen. Als Zeichen dieser Offenheit werden das Wissen und die Oberlegungen von Bayer immer als erstes auf den Tisch gelegt. Es gelingt dadurch, auch ohne detaillierte Vertraulichkeitsvereinbarungen zu einem Informationsaustausch zu gelangen, yon dem beide Seiten profitieren. Vertrauen, Commitment trod Gegenseitigkeit sind die wichtigsten Beziehungsvariablen, welche in diesem Zusammenhang genannt werden. Die Entwicklung klarer Ziele und das Controlling spielen nur eine untergeordnete Rolle. Die Einbindung der Kunden erfolgt, angestossen durch das Creative Center, in Form yon Kundenbesuchen bzw. Workshops an neutralen Orten. Die Motivation der Kunden, sich in den fi'tihen Innovationsprozess zu integfieren, erfolgt durch die Schaffung einer Situation in tier beide Parteien profitieren. Prinzipiell wird tier Kunde durch Bekanntgabe yon neuesten Trends und Teclmologien motiviert. Sein Nutzen liegt (vor allem bei den kleineren Partnem) also in einer Ausweitung der eigenen M6glichkeiten durch den Partner Bayer. Dies gestaltet sich nicht immer problemlos. Da Bayer meistens nicht den nitchstgelegenen Ktmden, sondern off den OEM integriert, sind die Anreize fiir dessen Vertreter off nicht direkt ersichtlich. So ist es beispielsweise nur schwer m6glich, interessante Vertreter eines Automobilherstellers zu einer langerfristigen Zusammenarbeit im oben beschriebenen Sinne zu gewinnen. Entscheidend ist die Auswahl der richtigen Personen beim Kunden, welche in der Lage sind, ihren Nutzen zu erkennen und in ihren Untemehmen zu kommunizieren.
Das Hauptziel der Kundenintegration t'dr das Creative Center ist die Abschiitzung von Marktpotenzialen in Form von Roadmaps ~ r Marktentwicklungen und Technologien. Es kommen daher nur die Kunden als Partner infrage, welche selbst Interesse Lind Kompetenz auf dem Gebiet der Entwicklung zuktinfiiger Szenarien aufweisen. Der Kunde muss ein Alleinstellungsmerkmal (z. B. Fachkompetenz oder Marktstellung) aufweisen, welches ihm ermSglicht, einen ~ r Bayer wichtigen Beitrag zu leisten. Eine weitere wichtige Voraussetzung fiir eine erfolgreiche Integration ist die F[ihigkeit in der ,,gleichen Sprache zu sprechen". Der erwartete Kundenbeitrag besteht fiir das Creative Center in Szenaxien und Roadmaps zu vorher festgelegten Themen, welche mit den eigenen abgeglichen werden kSnnen. Der Kunde muss also in der Regel Marktwissen in der Form von Trends und zuklinitigen Entwicklungen rund um sein Produkt besitzen. Technologisches Wissen im Sinne von Polymerkompetenz wird bei der Kundenintegration nicht erwartet. Zulieferer und kleine Start-ups werden bei solchen technischen Fragestellungen als exteme Partner herangezogen.
CHARAKTERISTIKADER FROHENKUNDENINTEGRATION
Eine Zusammenfassung dieser Analyse zeigt Abbildung 22.
Abbildung 22: Charakteristika der fr~hen Kundenintegration der Bayer MaterialScience
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KONZEPTUALISIERUNG DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
EADS Astrium
Die Ktmdeneinbindung wird bei Astriurn in weiten Teilen der Strategie explizit angesprochen. Diese strategische Verankerung manifestiert sich unter anderem darin, dass im gesamten Unternehmen besonderer Wert auf intensive Kundenbeziehungen gelegt wird und ein ausgepr~gter bilateraler Inforrnationsfluss rnit den Kunden stattfindet. Dies zeigt sich auch in einer Transparenz interner Abl|iufe gegen0ber den Kunden, beispielsweise bei der Ubergabe von erhaltenen Auftr~igen yon den Business Development Einheiten zur Entwicklungsabteilung. Diese
Business
Development
Einheiten
bilden
einen
Bestandteil
der
organisatorischen Ausformung der fr0hen Ktmdenintegration bei EADS Astrium. Auftriige werden durch sie get'dhrt und zusammen mit der Vorentwicklung akquiriert. Daneben gibt es noch ein Key Account Management, welches Kundenbetreuung im klassischen Sinn betreibt. Durch die geringe Zahl an Kunden trod die Gr6sse der Auftrllge (bez0glich des Auflragsvolumens und der Laufzeit) gibt es keine herk6mmliche Marketingorganisation. Die eigentliche operative Durchfllhrung der Integration passiert durch die Entwicklungsabteilung im Zuge der gemeinsamen Definition der Produktspezifikation. Der organisatorischer Lemprozess wird sowohl auf persOnlicher Ebene durch regelm/issige Treffen (z. B. Business Development Meetings) als auch IT-basiert durch Wissensdatenbanken unterstOtzt. Dadurch wird sichergestellt, dass Erfahrungen aus vergangenen Projekten gerade auch bezllglich des jeweiligen Kunden aufgearbeitet und festgehalten werden. Die Rahmen der Einbindung entspricht dem eines regulitren komplexen Entwicklungsprojektes. Die verwendeten Instrumente reichen dabei fiber Workshops und regelmassige Review-Treffen his hin zu Job-Rotation trod Einbezug der Mitarbeiter des Kunden als ,,Residents" vor Ort bei Astrium. Grundsiitzlich besteht eine enge Verzahnung mit den technologischen Abteilungen der Kunden im gesamten Verlauf eines Projektes.
Beziehungsvariablen in Form yon Vertrauen und Commitment spielen eine wesentliche Rolle. Durch die begrenzte GrOsse des Marktes kennen sich viele Marktteilnehmer bereits pers6nlich und es gibt vielfdltige Erfahrungen zwischen Aufiraggebern und Aufiragnehmern. Dadurch, sowie durch eine weitgehende kulturelle lJ'bereinstimmung, wird der Aufbau einer Vertrauensbasis erleichtert. BezOglich der Motivation der Kunden, also der generellen Bereitschait der Kunden, am Irmovationsprozess teilzunehmen, ist EADS Astrium in der angenehmen Lage, dass viele Kunden yon selbst zu enger Interaktion motiviert sind. Dies beruht auf
CHARAKTERISTIKA DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
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dem wissenschafilichen Ehrgeiz und Forschungsdrang vieler Kundenmitarbeiter sowie der grossen Zahl kundenspezifischer LSsungen, welche viele komplexe Entscheidungen vom Kunden selbst erfordern. Die relative GrSsse der Kunden ist ebenso wie das vorhandene Wissen sehr unterschiedlich ausgepr/igt. EADS Astrium erwartet aus Finanzierungsgrtinden allerdings eine MindestgrSsse des Kunden. In der Satellitenbranche ist es Ftir den Kunden unumgiinglich, ebenfalls Entwicklungs-Know-how zu besitzen. Dies mag unterschiedlich ausgepr/igt sein und von den personellen wie aueh finanziellen Ressourcen des Kunden abhangen. Jeder Kunde muss jedoch zumindest im Stande sein, Mindestanforderungen zu spezifizieren sowie deren Einhaltung bei Abschluss des Projektes zu tiberprtifen. Vom Auflragnehmer wird die Einhaltung der spezifizierten Funktionalititt erwartet. Der erwartete Kundenbeitrag der EADS Astrium ist also eine Minimierung des Entwicklungsrisikos durch die Nutzung des Kunden als Quelle von Ideen und Anregungen sowie als Kontrollinstanz. Die Kompetenzen des Kunden mtissen sich also filr bestimmte Bereiche mit denen des Herstellers decken. Abbildung 23 fasst diese Kriterien fllr die EADS Astrium zusammen.
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KONZEPTUALISIERUNGDER FROHENKUNDENINTEGRATION
Abbildung 23: Charakteristika der friihen Kundenintegration der EADS Astrium
CHARAKTERIST1KADER FROHEN KUNDENINTEGRATION
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Hiiti Diamond Systems Prinzipiell legt Hilti ftir ihre Kemprodukte grossen Wert auf die eigene Entwicklung der Technologien von den ersten Grundlagenforschungen bis hin zum fertigen Produkt. Diese starke Autonomie auf technischer Seite wird durch eine aussergew61mlich hohe Marktorientierung erg~mt. Diese manifestiert sich am deutlichsten in der Aufbauorganisation mit starken Marktorganisationen und einem ausschliesslichen Fokus auf das eigene Vertriebsnetz. Diese starke Kundenorientierung zeigt sich auch in der strategischen Verankerung des Kunden als einer von drei Kernbausteinen der Hilti Strategie. Dadurch wird die Basis fiir eine erfolgreiche Integration gelegt. Auf der operativen Ebene ist Hilti bestrebt, den Kunden wahrend des gesamten Innovationsprozesses, speziell in der Frtihphase desselben, aktiv einzubinden. Die organisatorische Ausformung erfolgt ihm Rahmen eines definierten Prozesses, in welchem eine Reihe yon Methoden zur Kundenintegration enthalten sind. Dazu werden im Bereich der Diamond Systems die Kunden prinzipiell in ein ProfiSegment und einen Mainstream-Markt eingeteilt. Der Erstkontakt zum Profikunden erfolgt dabei fiber die Betreuer im neu geschaffenen Trade Diamond Service Contractors. Forschungsprojekte werden, basierend auf Bedtirfnissen der Kunden, innerhalb der Forschung gestartet und vorangetrieben. Im weiteren Verlauf des Prozesses wird die Rolle der Kunden wieder besonders relevant, sobald erste Anschanungsmodelle vorhanden sind. Ab diesem Zeitpunkt kommt es zu einer intensiven Interaktion mit ausgewiihlten Kunden. Der Rahmen der Einbindung wird dabei durch Fokusgruppen, Lead-User-Workshops und Customer Acceptance Tests festgelegt, welche die Definitions- und Konzeptphase der eigentlichen Produktentwicklung begleiten. Im Rahmen eines erweiterten Servicegedankens wird die Integration auch durch die Schaffimg von speziellen Partnerschafisniveaus und damit verbundenen Aktivitilten untersttRzt. Die Auswahl der Kunden erfolgt dabei einerseits nach deren Kompetenzen und andererseits basierend auf der Stufe der Partnerschafi, auf welcher sich der jeweilige Kunde befindet. Als Lead-User im Sinne der Uberprtifung der Value Proposition eines neuen Konzeptes kommen beispielsweise nur Kunden aus der hOchsten ParmerschaRsstufe, so genannte Top-Partner infrage. Diese zeiclmen sich neben ihrer Innovativitat auch durch einen hohen Umsatzanteil mit Hilti-Produkten und eine hohe Loyalitiit aus. Generell legt Hilti viel Wert auf langfristige Beziehungen mit ihren ausgewiihlten Partnem. Der Grundstock daflir wird durch ein deutliches Commitment, eine
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KONZEPTUALISIERUNG DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
ausgereifle organisatorische Verankerung und professionelle Prozesse gelegt. Auch spielen die Beziehungsvariablen Vertrauen und Gegenseitigkeit wesentliche Rollen. Die Motivation der Kunden erfolgt durch die Erarbeitung einer gemeinsamen Probleml6sung, zu welcher sich Hilti als kompetenter Partner anbietet. Darllber hinaus bietet die Mitgliedschafl im Top-Partner-Club auch noch soziale Vorteile beispielsweise erh6htes Prestige und die MOglichkeit intensiver persOnlicher Interaktion. Eine Zusammenfassung der frilhen Kundenintegration der Hilti Diamond Systems aus dem Blickwinkel dieser Kriterien zeigt Abbildung 24.
CHARAKTERISTIKA DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
Abbildung 24: Charakteristika der friihen Kundenintegration der Hilti Diamond Systems
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KONZEPTUALISIERUNGDER FROHENKUNDENINTEGRATION
Zumtobei Staff
Zumtobel Staff integriert systematisch im Rahmen von Sonderprojekten Architekten und Lichtplaner als fachmiinnische Vertreter der eigentlichen Kunden in seinen Innovationsprozess. Diese Integration ist eine Ausdruck der Offenheit des Untemehmens, welche auf einer offenen innovationsfreundlichen Firmenkultur sowie einer entsprechenden strategischen Verankerung basiert. Mit der Gruppe Strategic Partner Development gibt es spezielle Betreuer innerhalb der Organisation der Zumtobel Staff, welche die Integration der strategischen Partner operativ umsetzen. Diese Spezialisten beraten und informieren die Partner einerseits durch die Bereitstellung von speziellen Unterlagen, p d m ~ aber durch pers6nliche Gespriiche und Besuche. Diese organisatorische A usformung wurde zusittzlich zum traditionellen Marketing und Key Account Management geschaffen. Grundsiitzlich werden aber alle Projekte in einem interdisziplin~en Team aus Vertretem von F&E, Marketing und Produktion abgewickelt. Den Rahmen der Einbindung bilden so genannte Sonderprojekte. Deren Ziel ist es, partnerschafllich SpeziallOsungen zu entwickeln, welche zunachst als Sonderprodukte umgesetzt und im Idealfall sp~iter zu innovativen Standardprodukten umgewandelt werden k6nnen. Die Integration der Kunden stellt in Form des Starts gemeinsamer Projekte gleichzeitig den Beginn des Innovationsprozesses dar. Sie verlaufl tiber den gesamten Prozess und endet erst, wenn das Sonderprodukt entwickelt und verkauft wurde bzw. nach der Umwandlung in ein Standardprodukt. Die Auswahl der Partner erfolgt basierend auf ihrer innovativen Grundhaltung, fachlichen Qualifikation und Fithigkeit, sich im Rahmen eines Bauprojektes mit ihren Ideen durchzusetzen. Das Ziel der Zumtobel Staff ist es, langfristige Partnerschaflen mit innovativen Parmern zu erreichen. Dabei spielt der Aufbau einer gemeinsamen Vertrauensbasis sowie ein gegenseitiges Commitment eine wesentliche Rolle. Die Basis fiir diese Beziehungsvariablen bildet der beidseitige Nutzen, als Manifestation der Gegenseitigkeit. Die Motivation der Kunden liegt in der MSglichkeit, im Rahmen der Integration mit einem angesehenen Spezialisten individuelle SonderlOsungen realisieren zu kSnnen. Der von Zumtobel Staff erwartete Kundenbeitrag ist neben der fachlichen Qualifikation des Partners auch seine F~igkeit, eine L6sung im Bauprojekt durchsetzen zu k6nnen.
CHARAKTER.ISTIKA DER FROHEN KUNDENINTEGRAT1ON
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Es kann nur dann zu einer nachhaltigen Verstarkung der Innovationsfahigkeit kommen, wenn die gemeinsam entwickelten innovativen Produkte auch realisiert werden und zum wirtschattlichen Erfolg ftihren. Abbildung 25 fasst diese Punkte zusammen.
Abbildung 25: Charakteristika der frfihen Kundenintegration der Zumtobel Staff
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KONZEPTUALISIERUNGDER FROHENKUNDENINTEGRATION
4.1.2 Determinanten und Gestaltungsfelder Die detailliertere vergleichende Betrachmng der Daten anhand der als wesentlich identifizierten Kriterien ermOglicht nun, im Sinne generell auttretender Merkmale, die Ableitung der relevanten Determinanten und Gestaltungsfelder der frahen Kundenintegration. Determinanten Vergleicht man die fokussierten Analysen der Fallstudien des vorherigen Abschnittes so lasst sich zunilchst bezaglich der Rahmenbedingungen feststellen, dass die Position des Kunden in der WertschOpfungskette keinen wesentlichen Einfluss auf die frilhe Kundenintegration aufweist. Die vorhandenen Unterschiede bezilglich der Distanz und der Beziehung zwischen den Untemehmen und ihren integrierten Kunden wirkt sich nicht entscheidend auf Gestaltung, Ablauf und Management der Integration aus. Ein derartiger Einfluss ist allerdings bei den beiden anderen Rahmenbedingungen feststellbar. Dabei zeigt sich flit" den Zeitpunkt der Integration folgendes Bild. Die Integration der Kunden erfolgt bei Bayer MaterialScience ganz am Beginn der Frtlhphase bzw. des Innovationsprozesses. Das Creative Center strebt gemeinsam mit den Kunden Szenarien und Roadmaps ftlr zuktlnflige Entwicklungen an. Zu diesem Zeitpunkt liegen noch keine konkreten Produktideen bzw. Konzepte vor. Es werden vielmehr gemeinsam mit den integrierten Kunden neue GeschaRschancen gesucht und deren zuktlnflige Entwicklung abgesch~itzt. EADS Astrium begirmt mit der frfihen Kundenintegration erst im nilchsten Schritt der InnovationsfrOhphase, tier Ideengenerierungsphase. In dieser Phase ist im Zuge einer gemeinsamen Entwicklung der genauen Spezifikationsinhalte die Intensitat der Integration am hOchsten, auch wenn diese tiber den gesamten Verlauf des frtlhen Innovationsprozesses anh~ilt. Auch bei Zumtobel Staff zeigt sich die engste Zusammenarbeit wahrend der Phase der Ideenentstehtmg. Da dort prinzipiell langfristige Partnerschatten angestrebt werden, besteht off schon vor dem eigentlichen Irmovationsprojekt Kontakt zwischen Hersteller und Partnem, doch die relevante Interaktion passiert, wenn es um das Finden und Verfeinem yon Ideen geht. Die Konzepte, welche aus den Ideen entwickelt werden, stehen bei Hilti Diamond Systems im Mittelpunkt der Kundenintegration. Am Ende der Frilhphase werden Kunden eingebunden, um bestehende Konzepte zu beurteilen und an deren Auswahl und Verbesserung mitzuwirken. Dabei kommt es teilweise zu einer Obersclmeidtmg mit dem Beginn des eigentlichen Produktentwicklungsprozesses.
CHARAKTERISTIKADER FROHEN KUNDENINTEGRATION
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Eine ahnliche Differenzienmg zeigt sich auch bei den mit der friihen Kundenintegration verbundenen Zielen des Herstellers und den erwarteten Kundenbeitri~gen bzw. der eng damit verknUpRen notwendigen Kompetenz des Kunden. Bayer MaterialScience erwartet sich v o n d e r Integration ein besseres Verstandnis der Marktentwicklungen und -potenziale. Im Dialog mit den integrierten Kunden sollen Szenarien abgestimmt und darauf aufbauend Roadmaps mit m6glichst realistischen Time-to-Market-Schatzungen entwickelt werden. Zusammenfassend formuliert liegt alas Ziel also in der Identifikation von Trends sowie deren Ausarbeitung und Aufbereittmg. Als wesentliche Eigenschaft muss ein potenzieller Integrationspartner ein Alleinstellungsmerkmal, welches in seiner Fachkompetenz oder Marktstellung begrfindet sein kann, aufweisen. Der gewanschte Kundenbeitrag ergibt sich dann aus tier Umsetzung dieser Eigenschafl in Form einer konstruktiven Teilnahme am Innovationsprojekt. FUr Hilti Diamond Systems mtissen die ausgewahlten Kunden vor allem selbst innovativ bzw. an Innovationen interessiert sein. Dadurch spielen sie oR eine Vorreiterrolle am Markt und sind an kompetenten L6sungen ihrer, in vielen Fallen neuartigen, Probleme interessiert. Hiltis Ziel ist es, in interaktiven Workshops Informationen bezilglich der Verbesserung yon selektierten Produktkonzepten zu erhalten, also eine Auswahl und Konzeptverfeinerung zu erreichen. Zumtobel Staff geht noch einen Schdtt welter. Ziel der Kundenintegration dort ist es, gemeinsam mit dem Kunden innovative Sonderprodukte zu entwickeln, welche Zumtobel alleine nicht realisieren k6nnte. Dazu bedarf es einer komplementaren Kompetenz des Kunden, welche im Bereich des Designs bzw. der Lichtplanung liegt. Zusatzlich ist neben der fachlichen Qualifikation des Partners auch entscheidend, dass dieser die Fahigkeit mitbringt, die gemeinsame L6sung im Bauprojekt durchzusetzen. Ftir EADS Astrium liegt das pdmare Ziel in einer Minimienmg des Entwicklungsrisikos. Durch die gemeinsame Erarbeitung einer detaillierten Spezifikation leistet der Kunde einen wertvollen Beitrag als Quelle von Ideen und Anregungen sowie als Kontrollinstanz. Dies ist nur m6glich, da der Kunde tiber ein almliches Kompetenzprofil wie Astrium selbst verfiigt. Man kann also die Erfilllung der Ziele, welche der Hersteller an die frtihe Kundenintegration kntipR, auf die Kompetenz des Kunden - grundsatzlich einzuteilen in Marktwissen und teclmisches W i s s e n - beziehen. Nur wenn der Kunde mit dem geeigneten Kompetenzprofil ausgestattet ist, kann er den gewanschten Beitrag erbringen und dadurch zur ErRillung der Herstellerziele beitragen. Diese Kompetenz des Ktmden stellt gleichzeitig einen wesentlichen Einflussfaktor auf die Gestaltung und Durchfllhrung der frfihen Kundenintegration dar.
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KONZEPTUALISIERUNGDER FROHEN KUNDENINTEGRATION
Die zcntralcn Untcrschicdr dcr untcrsuchtcn Filllc zur frtihcn Kundcnintegration liegen demnach irn Zcitpunkt dcr Integration in die Innovationsfrtihphase und der Kompctcnz der intcgricrtcn Kunden bzw. dcm jcweils
angestrcbten Ziel der
Herstellcr. Tabclle 3 fasst diese Untcrschiedr zusammcn.
Unternehmen
Bayer Material Science
Zeitpunkt der Integration
Herstellerzlel/erwarteter Kundenbeitrag
Kompetenz des Kunden
Am Beginn der Fr0hphase
Abschatzungvon Marktpotenzialen und Technologieentwicklungen
Auf Gelegenheiten ausgerichtetes Marktwissen
Kunde muss Alleinstellu ngsmerkmal (Fachkompetenz oder Marktstellung) aufweisen Ab der Ideengenerierungsphase Ober den gesamten Verlauf des f~hen Innovationsprozesses
Minimierung des Entwicklungsrisikos
Hilti Diamond Systems
Ende der FrOhphase tlw. Oberschneidung mit dem Beginn des eigentlichen Produktentwicklungsprozesses
Optimierung von Konzepten
Zumtobel Staff
In der Ideengenerierungsphase
Realisierung gemeinsamer Innovationsprojekte
EADS Astrium
Kunden als Quelle von Ideen und Anregungen sowie als Kontrollinstanz
Technisches Fachwissen auf dem Gebiet der Kemkompetenz des Herstellers
Anwendungsorientiertes Marktwissen
Kunden mOssen innovativ und an LOsung interessiert sein
Partner muss neben der fachlichen Qualifikation DurchsetzungsvermOgen for innovative LOsungen mitbringen
Technisches Fachwissen auf einem die Kompetenz des Herstellers erganzenden Feld
Tabelle 3: Zentrale Unterschiede der Fokussierung der frahen Kundenintegration in den betrachteten Fallstudien
CHARAKTERISTIKADER FRI3HENKUNDENINTEGRATION
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Der Vergleich der Fallstudien liefert also zun/tchst zwei Determinanten, welche die Ausprligung frtiher Kundenintegration bestimmen. Es sind dies der Zeitpunkt der Integration in die Innovationsfrfihphase sowie die spezielle Kompetenz des Kunden (vgl. Abb. 26). Die Charakteristika und Auspr/tgungen dieser Determinanten werden in Abschnitt 5.1.3 nither beschrieben und als Basis einer Typologie spezifiseher Kundenrollen der frflhen Kundenintegration verwendet. Je nach Integrationszeitpunkt und Kompetenz des Kunden zeigen sich bei den untersuehten Unternehmen unterschiedliche Gestaltungen und Ablaufe der frtihen Kundenintegration. Die hinter diesen Auspr~tgungen liegenden Gestaltungsfelder werden im Folgenden naher betrachtet.
Abbildung 26: Determinanten der frahen Kundenintegration als Ergebnis der Fallstudienanalyse
Aus einer zusammenfassenden Betrachtung der strategischen Grundlagen der friihen Kundenintegration in den vier betrachteten Untemehmen werden nun Gestaltungsfelder identifiziert. Diese sind im Sinne von Dimensionen des Konstruktes der frahen aktiven Kundenintegration zu verstehen. Dieser Schritt einer Strukturierung eines Konstruktes durch die Erarbeitung der relevanten Dimensionen wird von Homburg als Konzeptualisierung bezeichnet, wahrend die Operationalisierung die darauf aufbauende Entwicklung eines Messinstruments meint (Homburg 2000). Diese Dimensionen sind ihrerseits wieder aus Faktoren aufgebaut. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden diese Faktoren Gestaltungsfaktoren genannt und die tibergeordneten Dimensionen entsprechend Gestaltungsfelder. Die folgende Herleitung der relevanten Gestaltungsfelder stellt also den ersten Schritt der Konzeptualisierung der frtihen Kundenintegration dar.
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KONZEPTUALISIERUNGDER FROHENKUNDENINTEGRATION
Gestaltungsfeider Ein Vergleich der F/ille ergibt eine Reihe von Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Einbettung, der Gestaltung und des Ablaufs der fi'iihen Kundenintegration. Dabei l/isst sich zunitchst eine Unterteilung in tibergeordnete und operative Gestaltungsfelder treffen. Die tibergeordnete Ebene bildet den untemehmerischen Rahmen, in welchen die operative Integration eingebettet ist.
Unternehmerischer Rahmen Eine Gemeinsamkeit aller untersuehten Unternehmen ist der Umstand, dass der Grtmdgedanke einer Offnung des lnnovationsprozesses bereits auf hOchstem Niveau in der Strategie verankert ist. Ausgehend von einer derartigen Leitlinie werden die einzelnen strategischen Vorgaben und Ziele der Divisionen, Abteilungen und Gruppen geformt. Nur wenn die Integrationsaktivitaten in 0bereinstimmung mit derartigen strategischen Vorgaben ablaufen, ktinnen sie nachhaltig betrieben werden und zum Erfolg flihren. Das erste tlbergreifende Gestaltungsfeld ist daher die tlbergeordnete Strategie. Untrennbar mit einer strategischen Ausrichtung ist eine passende Kultur verbunden. Auch im Fall der frtihen Kundenintegration konnte dies eindrucksvoll gezeigt werden. Eine offene Innovationskultur ist eine absolut notwendige Voraussetzung filr den Erfolg. Es bedarf eines Klimas, in dem ein kreativer Austausch innerhalb der Abteilungen sowie tiber Unternehmensgrenzen hinweg (intra- und interorganisational) m6glich ist. Dieser Dialog muss vom obersten Management vorgelebt und gef'6rdert werden. Kultur bildet daher die zweite S~iule des untemehmerischen Rahmens. Der dritte tlbergeordnete Aspekt ist eine prinzipielle struktureile Verankerung der frtlhen Kundenintegration in der Organisation des Herstellers. Die Analyse der Flllle hat dazu verschiedene MOglichkeiten aufgezeigt, welche sich alle durch eindeutige Verantwortlichkeiten und entsprechende Ressourcenausstattung auszeiclmen. Eine derartige tlbergeordnete Struktur schliesst den notwendigen Rahmen fiir die operative Gestaltung ab.
Operative Gestaltungsfelder Auf der operativen Ebene lassen sich die Erkenntnisse des Fallstudienvergleiches in zwei Gruppen einteilen. ZunAchst zeigen einige Kriterien die Notwendigkeit einer operativen Strukturierung der Kundenintegration. Pdmar durch den Rahmen der Einbindung, aber auch dutch Faktoren der organisatorischen Ausformung wird
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festgelegt, wie off, welche Kunden, wound mit welcher Intensitiit integriert werden. Die F/file haben also gezeigt, dass fiir die operative Gestaltung der frtihen Kundenintegration die Integration strukturell an die jeweiligen Rahmenbedingungen sowie die Intentionen des Herstellers angepasst werden muss. Diese Integrationsstruktur bildet das erste operative Gestaltungsfeld. Der zweite Gestaltungsschwerpunkt, welcher sich aus den Fallen herauskristallisiert hat, liegt in der operativen Durchfilhnmg des eigentlichen Integrationsprozesses. Dieses Feld deckt in Erg/inzung zu den strukturellen Elementen Aspekte der kulturellen Ubereinstimmung, der Kommunikation und der Beziehungsvariablen ab. Aufbauend auf einer gemeinsamen Vertrauensbasis spielen dabei das beidseitige Commitment und die Gegenseitigkeit des Nutzens durch die Integration wesentliche Rollen. Dabei hat sich die Motivation der Kunden als ein entscheidendes Element herausgestellt. Als Ergebnis dieses Interaktionsprozesses wird schliesslich - als Kempunkt der Integration - neues Wissen generiert. Diese fiinf identifizierten Gestaltungsfelder der frUhen Kundenintegration sind in Abbildung 27 dargestellt.
Abbildung 27: Gestaltungsfelder als Ergebnis der Fallstudienanalyse
Im Folgenden werden, dem Fokus dieser Arbeit entsprechend, die beiden operativen Gestaltungsfelder weiter vertiefl, indem fiir sie entsprechende Gestaltungsfaktoren der frahen Kundenintegration identifiziert bzw. entwickelt werden. Der untemehmerische Rahrnen wird im Zuge der Aufstellung der Gestaltungsempfehlungen in Absclmitt 6.3 wieder aufgegriffen.
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4.2
KONZEPTUALISIERUNG DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
Gestaltungsfaktoren der friihen Kundenintegration
In diesem Abschnitt soil zum tieferen Verstandnis der Ausgestaltung der fr0hen Kundenintegration eine genaue Analyse der relevanten operativen Gestaltungsfelder Integrationsstruktur und Interaktionsprozess durghgefuhrt werden. Dazu werden die wichtigsten hinter den Einflussfeldem liegenden Theorien und Forsghungsfelder herangezogen und relevante Gestaltungsfaktoren identifiziert. In der umfangreighen und vielfiiltigen Literatur tiber Organisationslehre, Theorien der Firma sowie Management- und Irmovationsforsghtmg (z. B. Galbraith 1973; Miller 1993; Sanghez, Mahoney 1996; Daft 2001) wurden bereits Gestaltungselemente zur UnterstOtzung yon Innovation in Untemehmen besghrieben. Dabei handelt es sigh beispielsweise urn Elemente der Organisationskultur, spezielle innovationsfOrdemde Rollen, aber augh die Art der intra- und interorganisationalen Verbindungen und die Natur yon Incentivesystemen. Diese Ansatze passen sehr gut zu den identifizierten Gestaltungsfeldem der fr0hen Kundenintegration: Das Feld der Integrationsstruktur (struktureller Aspekt) behandelt die Einbindung des ausgewithlten Kunden in die intemen Teamstrukturen trod Abfitufe des Herstellers. Es wird gezeigt, dass verschiedene Kundenrollen versghiedene Arten der Anbindung des Kunden und damit unterschiedliche Typen yon Integrations- und Koordinationsmeghanismen erfordem. Die Auspr~gung des Interaktionsprozesses (sozialer Aspekt) zwischen Hersteller und Ktmden wird durgh den Umstand dominiert, dass im Falle der fr0hen Kundenintegration der tiberwiegende, ergebnisrelevante Teil der K o n t a k t e - und damit der Kommunikation- in einem pers6nlichen Umfeld stattfinden. Ein spezieller Fokus wird dabei auf die Kemaktivitiit der frUhen Kundenintegration, die kognitiven Prozesse der Wissensentstehung, gelegt. Es wird Bezug darauf genommen, wie der Prozess der Wissensentstehung mit den Kundenrollen variiert und den Bedarf fUr versghiedene Arten yon Wissensmanagementmeghanismen in der fr0hen Kundenintegration impliziert. Als Grundtenor der empirisghen Untersuchung hat sigh dabei die Kundenmotivation als ein entsgheidendes Element herauskristallisiert. Dies erkliirt sigh durgh den grunds|ttzligh freiwilligen Charakter der Kundenintegration und betont die Notwendigkeit yon Anreizsystemen in der Gestaltung des friihen Kundenintegrationsprozesses. Einige dieser Ansiitze tiberlappen teilweise beziJgligh der Gestaltungsinformationen, welche sie liefem. Zusammengenommen ermSglichen sie aber, die verschiedenen Beziehungen und Abhangigkeiten einer fr0hen Kundenintegration zu erfassen und die notwendigen Gestaltungselemente zur UnterstOtzung eines derartigen offenen Innovationssystems zu entwigkeln.
GESTALTUNGSFAKTORENDER FROHEN KUNDENINTEGRATION
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4.2.1 Strukturelle Gestaltung Prinzipiell mtissen Untemehmen ihre Entwicklungsumgebung fur neue Produkte so strukameren, dass ein Mittelweg zwischen Flexibilitat, welche fllr Kreativitat und damit Innovation erforderlich ist, und Disziplin, zur Sicherstellung der Effektivitat des Entwicklungsprozesses, gewahrleistet ist. Dies gilt umso mehr fiir die Aufnahme yon Beitragen extemer Teammitglieder. Frlihere Studien der Innovationsforschung bzw. der Neuproduktentwicklung zeigen, dass die Muster der Interaktion zwischen einem Untemehmen und seinen Kunden mit der Rolle der Kunden im Entwickhmgsprozess variieren (z. B. Leonard-Barton 1995; Kaulio 1998). Unternehmen mtissen daher ein Umfeld schaffen, um die Interaktionsmuster der jeweiligen Rolle, welche ihre integrierten Ktmden in der Innovationsfrahphase spielen sollen, zu erm6glichen (vgl. z.B. Nambisan 2002). Dadurch kann sichergestellt werden, dass Kundeninformationen genau und umfassend gesendet und empfangen werden. Relevante Eigenschaiten der Hersteller-Ktmden-Beziehtmg und damit Merkmale der Kundenintegration sind die Dauer, die Hitufigkeit der Kontakte, die Starke der Einbeziehung und eine wechselseitig verstandliche Kommunikation (Brockhoff 2002). Ein wichtiger Gestaltungsfaktor ist dabei die Verbindungsstarke bzw. die Intensit~it zwischen dem Kunden und dem Hersteller. Gruner (1997) operationalisiert Intensit~t der Kundeneinbindung mit den folgenden Indikatoren: H~ufigkeit der Kontakte und Anzahl der Verhandlungen (,,H~ufigkeit der Treffen mit den Kunden"), Dauer der Verhandlungen (,,Dauer der gemeinsamen Zusammenarbeit"), Anzahl der Kooperationspartner (Anzahl der Kundenteilnehmer bei einem Treffen und Anzahl der vom Hersteller involvierten verschiedenen Kunden). Ein Mittel zur Erzielung einer st~ll'keren Bindung ist neben einer ErhOhung der Hiiufigkeit der Kontakte beispielsweise die Schaffung einer eigenen Position auf Herstellerseite, welche spezieUe Integrationsaufgaben tibemimmt. Weitere relevante Faktoren der strukturellen Integration sind dabei die zeitliche S~, die Zahl tier Kunden sowie der Ort der Interaktion (vgl. Gruner 1997; Lettl 2004). Die zeitliche Struktur (wie off und wie lange?) wird im Rahmen dieser Arbeit in die folgenden beiden Elemente aufgeteilt. Das Zeitmuster der Interaktion im Sinne der Intervalle, welche zwischen den einzelnen Interaktionen liegen (entspricht der Hllufigkeit) und die Dauer der einzelnen Interaktionen. Kombiniert man diese beiden Elemente, so kann man yon punktueller Interaktion sprechen, werm zwischen den einzelnen Interaktionen Intervalle olme Interaktion liegen und die einzelnen Interaktionen yon kurzer Dauer sind (max. 1 Tag). Auf der anderen Seite ist permanente Integration durch einen llingerfristigen Charakter gekennzeiclmet.
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KONZEPTUALISIERUNGDER FROHENKUNDENINTEGRATION
Dieser kann sich entweder in einer kontinuierlichen Zusammenarbeit fiber eine lltngeren Zeitraum (mehrere Tage, Wochen oder Monate; beispielsweise im Rahmen eines mehrtligigen Workshops) oder tiberhaupt durch eine Integration in das Innovationsteam des Hersteller tiber eine I~Lngeren Zeitraum manifestieren (vgl. Lettl 2004). Prinzipiell lltsst sich feststellen, dass es sich im Falle der frtihen Kundenintegration (ira Sinne der Definition einer frtihen aktiven Kundenintegration im B-2-B-Umfeld) tendenziell um fiingerfristige L6sungen handelt. Grund dafiir ist primtir eine relativ kleine Gruppe an Kunden, welche tiberhaupt infrage kommt, und damit ein beschriinktes Reservoir an potenziellen Integrationspartnern. Auch die Zahl der Kunden, welche eingebundenen werden, stellt ein Instrument dar, mit dem die Integrationsstruktur beeinflusst werden kann. Prinzipiell hat die Kundenzahl doppelte Bedeutung. Erstens die Zahl der Kundenteilnehmer bei einem Interaktionsevent und zweitens die Zahl der verschiedenen Kundenfirmen im Laufe eines Projektes. Der Oft dee Intera~ion verkOrpert einen weiteren Faktor der s~ellen Gestaltung. Pdiumlich betrachtet kann die Interaktion beim Hersteller, beim Kunden oder an einem neutralen dritten Ort stattfinden (vgl. Lett12004). 4.2.2 Prozessuale Gestaitung Die frfihe Kundenintegration ermOglicht einem Unternehmen, ausgew~lte Kunden in seine Organisation hineinzuholen und sie, als Teil eines ,,gemischten Innovationsteams"~3, zumindest tempor',lr quasi in ,,Angestellte" zu transformieren. Allerdings ist ein derartiger oftener Innovationsprozess aufgrund der hOheren KomplexitAt schwerer zu managen und mit h6herem Risiko verbunden als ein klassischer, ausschliesslich firmeninterner Prozess. Auch wenn die frfhe Kundenintegration keine verteilte Innovationsgemeinschalt im Sinne einer ,,Community of Creation" darstellt, so gilt doch auch t"tlr sie der Bedarf nach speziellen Kontroll- und F0hnmgsmechanismen (vgl. Sawhney, Prandelli 2000). Dabei mtissen speziell Fragestellungen der Interaktion bzw. Kommunikation i~ mit den integrierten Kunden berticksichtigt werden. Der Fokus liegt daher im Folgenden auf den prozessbezogenen Gestaltungsfaktoren der Interaktion.
13 Im Rahmen dieser Arbeit bedeutet ,,gemischtes Innovationsteam" ein raumlich beim Hersteller angesiedeltes Team, welches neben Vertretern des Herstellers auch mindestens einen Kunden enthalt. Die GrOsse, Gestaltung und Bestandsdauer dieses Teams h/tngt dabei, wie in diesem Kapitel ausgefllhrt wird, wesentlich yon den jeweiligen Kundenrollen ab. 14 Eine genaue Differenzierung zwischen Interaktion und Kommunikation liefert beispielsweise Homans (1972). Ffir die vorliegende Arbeit werden beide Begriffe nicht unterschieden.
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Eine hohes Niveau an struktureller Integration wie im vorhergehenden Absclmitt beschrieben, muss nicht notwendigerweise in einem hohen Kooperationsniveau resultieren (Jassawalla, Sashittal 1998). Finnen mfissen daneben auch noch eine Reihe an prozessbezogenen Faktoren beriicksichtigen (vgl. Nambisan 2 0 0 2 ) namlich die Transparenz tier Rolle und des Prozesses sowie den kulturellen Fit zwischen den externen und internen Playern. Diese Faktoren haben eine generelle Auswirkung auf das Vertrauen und die Offenheit im Rahmen des Integrationsprozesses. Prozess- und Rollentransparenz bezeiclmet einen Zustand grosser Offenheit und Awareness durch intensive Kommunikation und Informationsaustausch. In diesem Zusammenhang bedeutet dies zunachst, dass die Erwartungen an die Rolle der integrierten Kunden filr beide Seiten explizit gemacht werden (z. B. Dougherty 1992; Jassawalla, Sashittal 1998). Neben diesem klaren Verstandnis ihrer eigenen Rolle mUssen die Kunden auch verstehen, wie ihre Beitrage im Rahmen des Innovationsprozesses weiterverarbeitet werden. Dies schliesst Fragen nach den handelnden Personen ebenso ein wie solche nach dem Ubergeordneten Zeitplan. FUr die fr~e Kundenintegration sind sowohl die Klarheit bezilglich der Rollen als auch der Transparenz des Prozesses wesentlich. Eine diesbezilgliche Unsicherheit auf einer der beiden Seiten kann zur Unzufriedenheit der Kunden fiihren und dadurch die Qualit~t der Kundenbeitr~ige negativ beeinflussen (Thomas, Dunn 1994). Der zweite Gestaltungsfaktor betriffl den kulturellen Fit und damit eine gemeinsame Grundlage bezUglich der geistigen Modelle und Vorstellungen (Dougherty 1992; Jassawalla, Sashittal 1998; Madhavan, Grover 1998). Als Grundlage tier Beziehung sollten die Akteure gemeinsame mentale Modelle bzw. eine kognitive Kompatibilitat (Sawlmey, Prandelli 2000) beziiglich der Ziele, Priodtaten, Zeitplane und Rahmenbedingungen aufweisen. Ein solche gemeinsame Grundlage hilfi, die Anstrengungen der Kunden zielgedchtet zu fokussieren. Um tiefer in die Kundenrollen einzudringen, ist es hilfreich, auf die Wissensgenerierung durch die Integration naher einzugehen. Die Schaffung neuen Wissens stellt das zentrale Thema jedes Innovations- bzw. Neuproduktentwicklungsprozesses dar (vgl. Leonard-Barton 1995; Madhavan, Grover 1998; Aslanidis, Korell 2 0 0 3 ) . 15 Der ,,Knowledge-based View of the Finn" dient daher als theoretischer Rahmen fllr die folgenden Uberlegungen. Dabei wird nicht in allen Details auf den welt entwickelten Forschungszweig des Wissensmanagements eingegangen, da dies den Rahmen dieser Arbeit sprengen warde und zur Herleitung der Gestaltungsprinzipien nicht notwendig ist. Es kann aus diesen F orschungen aber
15 Es existiert kein einheitliches Modeil des Zusammenhangs zwischen Innovation und Wissen (vgl. Barker
2002).
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KONZEPTUALISIERUNGDER FROHEN KUNDENINTEGRATION
abgeleitet werden, dass die soziologische Perspektive der Wissens- und Wertentstehung eine wesentliche Rolle bei der frtihen Kundenintegration spielt (z.B. Nahabiet, Goshal 1998; Nonaka, Konno 1998). Gemeinschattliche Wissensentstehung beruht auf sozialen Beziehungen, welche durch die pers0nliche Interaktion zwischen den einzelnen involvierten P e r s o n e n - hier zwischen Vertretem des Herstellers trod des Kunden - entstehen. Die Umsetzung des so entstehenden Wissens hangt an den integrativen Fahigkeiten tier Herstellerfirma und damit an den Systemen und Prozessen, welche diese unterstiltzen (z. B. Kogut, Zander 1992; Nadler, Tushman 1997; Adams, Day et al. 1998; Verona 1999). Bezllglich der Art und der Entstehung von Wissen lassen sich folgende Einteilungen treffen. Auf der Ebene des Grundtyps bzw. der Vermittelbarkeit besteht die klassische Unterscheidung in implizites und explizites Wissen (vgl. Nonaka, Takeuchi 1995) und auf einer inhaltlichen Ebene die Trennung in marktbezogenes trod technologiebezogenes Wissen (vgl. Gassmann, Gaso 2004). Schliesslich k0nnen noch bezllglich der Art der Wissensentstehung die zwei grundsatzlichen Typen tier Wissensakquise und der Wissenskonversion unterschieden werden (Huber 1991; Nonaka, Takeuchi 1995). Wissensakquisition meint die Aneignung von Wissen tiber ein Produkt oder eine Teclmologie aus verschiedenen Quellen. Die Wissensumwandlung wird durch die Transformation von Wissen von einem Typ in einen anderen (z. B. die Umwandlung yon faktischem Wissen tiber ein Produkt in experimentelles Wissen tiber seine Benutzung innerhalb eines bestimmten Kontextes) charakterisiert. Wissensakquisition kann im Rahmen der fi'fihen Kundenintegration vor allem im Rahmen des Netzwerkes des gemischten Innovationsteams passieren. Das Wissen tier einzelnen Teammitglieder kann innerhalb des Teams transfedert werden. Dabei karm es zu einer direkten Akquisition des Kundenwissens durch den Hersteller oder zu einem Wissensaustausch zwischen verschiedenen Kunden kommen. Im Sinne eines Netzwerkes (Alavi 2000) sind alle Verbindungen mOglich, auch vom Hersteller zmn Kunden, um diesen beispielsweise fiber bestimmte Merkmale einer Technologie zu informieren. Der zweite und filr diese Arbeit wichtigere Prozess bezieht sich auf die Wissenskonvertierung. Nonaka und Takeuchi (1995) haben in ihrer Wissensentstehungsspirale vier grundsatzliche Arten tier Wissenskonvertierung identifiziert- die Sozialisation (implizit zu implizit), die Externalisation (implizit zu explizit), die Kombination (explizit zu explizit) und die Intemalisation (explizit zu implizit). Im Hinblick auf den Fokus dieser Arbeit, einem Hersteller und ausgewahlten seiner Kunden den Austausch und die Schaffung yon produkt- und
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anwendungsbezogenem Wissen zu ermSglichen, sind vor allem die Kombination und die Extemalisation yon Bedeutung. Beispielsweise k/Snnen integrierte Kunden neues Wissen aus der Kombination viel~ltiger expliziter Wissenselemente des Herstellers synthetisieren. Auf der Umwandlung von implizitem in explizites Wissen basierende Kundeninnovationen unterstreichen die Bedeutung individueller und verteilter Kognitionssysteme (vgl. z. B. Leonard, Sensiper 1998). Damit solche Innovationen au~eten k6nnen, mUssen die Kunden in der Lage sein, vielfaltige Interpretationen eines gegebenen Produktes oder einer gegebenen Technologie zu machen sowie diese mit anderen Mitgliedern des gemischten Innovationsteams auszutauschen. Ein wesentlicher Fokus liegt also auf der Einbindung des impliziten Kundenwissens tiber ein Produkt samt Anwendungskontext und dessen Umwandlung in explizites Wissen zur Nutzung innerhalb des Innovationsprozesses des Herstellers. Ein verteiltes Wahrnehmungssystem unterstatzt solche Interpretationen und Dialoge innerhalb des Innovationsteams durch die UnterstUtzung hochentwickelter Formen von Selbstreflexion und Kommunikation. Nonaka und Konno (1998) sprechen in diesem Zusammenhang vom ,,Interacting Ba" in dem Individuen ihre geistigen Modelle austauschen, aber gleichzeitig auch ihre eigenen reflektieren und analysieren. Solche Prozesse kOnnen zu innovativen Ergebnissen fllhren, welche aus der gemeinsamen Wissensbasis des gemischten Innovationsteams entspringen. Wie vorher angemerkt, variieren die Natur der Wissensakquisition und Wissenskonvertierung mit den Kundenrollen in der friihen Kundenintegration. Dementsprechend mUssen die Instrtunente der Unterstatzung der Wissensgenerierung durch den Hersteller rollenspezifisch ausgewahlt und angepasst werden. Kundenteilnahme im Innovations- und Produktentwicklungsprozess basiert fast ausschliesslich auf einem freiwilligen Engagement der Kunden. Diese erwarten wie auch immer geartete Vorteile durch die Ausilbung ihrer Rolle als Mitentwickler. Die Literatur beschreibt verschiedene Arten der Kundenmotivation, um die potenziellen Anreize ~ r eine aktive Teilnahme der Kunden in der Produktentwicklung zu erh6hen. Darunter fallen beispielsweise erh6htes Selbstbewusstsein durch ihren starkeren Einfluss, mehr WahlmOglichkeiten sowie eine starkere Anpassung des Produktes an ihre Bedtlrfnisse (z. B. Schneider, Bowen 1995; Brockhoff 2003). Daher kann die Identifikation und sorg~ltige Analyse dieser Vorteile wertvolle Einsichten liefem, wie tier Hersteller die Grundhaltung und das Engagement der Kunden zur Zusammenarbeit im Wertschtipfungsprozess durch die Wahl geeigneter Gestaltungselemente der frtihen Kundenintegration erh6hen kann.
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KONZEPTUALISIERUNGDER FROHENKUNDENINTEGRATION
Betrachtet man die m/Sglichen Kundenvorteile genauer, so lassen sich, im Zusammenhang mit frtlher Kundenintegration, zuniichst die beiden grossen Gruppen der produktbezogenen und sozialen (gruppenbezogenen) Vorteile unterscheiden (vgl. Narnbisan 2002). Auch wenn der produktbezogene Nutzen traditionellerweise den Hauptantrieb filr Kundenbeteiligung darstellt (z. B. Wayland, Cole 1997; Brockhoff 1998), so verdienen im Fall der frilhen Kundenintegration auch die sozialen Konsequenzen Beaehtung~6. In der Literatur wurden verschiedene Quellen von produkt- oder servicebezogenen Kundenvorteilen identifiziert, wobei diese sowohl physischer als auch immaterieller Natur sein kSnnen. Eine Verbesserung der Qualit•t des Produktes, welche der Kunde durch seine direkte Beteiligung an der Innovationsfrfihphase erzielt, stellt den wichtigsten immateriellen Kundenvorteil dar. Aus Sicht der Agency-Theorie kann die Motivation der Kunden auf ihrem Gefilhl beruhen, dass ihre aktive Beteiligung notwendig ist, urn die Qualit~t des Produktes oder Services zu garantieren (z.B. Mills 1986; Lengnick-Hall 1996). Beispielsweise kann im Servicebereich der Kunde als Prinzipal die Erl'011ung des Servicevertrages durch den Service-Agenten Uberwachen (Larsson, Bowen 1989). Ein weiterer produktbezogener Vorteil, welchen die Kunden durch die Integration gewinnen kOnnen, ist ein Wissenszuwachs (z. B. Thomas, Dunn 1994; Brockhoff 2003). Sehr off vergr0ssert die Kundenintegration das Wissen der Kunden sowohl fiber das Produkt als auch die dahinter liegenden Technologien, wodurch sie in die Lage versetzt werden, das Produkt in einer umfassenderen Art und Weise zu nutzen und damit die potenziellen Vorteile der Nutzung zu vergrOssem. Zudem kOnnen Kunden davon ausgehen, dass es durch ihre Teilnahme in der Produktentwicklung mOglich ist, den Hersteller dahingehend zu beeinflussen, bestimmte im Anwendungskontext des Kunden sehr wertvolle Produkteigenschafien einzubauen. Diese Erzielung physischer Vorteile wurde off im Markt fiir UntemehmenssoRware beobachtet, wo Kunden aus einer bestimmten Industrie (z. B. Automobilindustrie) aktiv an der Produktentwicklung teilnehmen, um sicherzustellen, dass ihre ureigensten Interessen durch das Produkt abgedeckt werden (z. B. Hoch, Roeding et al. 1999). Neben diesen von aussen kommenden, extrinsischen Anreizen kOnnen Kunden schliesslich auch deshalb bei der Produktentwicklung mitwirken, weil sie dies als intrinsisch attraktiv empfinden und es sowohl ihre Neugierde beziiglich des
16 Die gruppenbezogenen Vorteile spielen auch bei Kundencommunities (d. h. vor allem in B-2-C-Mltr~en) eine wesentliche Rolle; einerseits im Verhllitnis des Kunden zum Hersteller, andererseits vor allem aber innerhaib der Kundengruppe seibst.
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Produktes oder der Technologie als auch ihre kreativen Energien befriedigt (Bateson 1983). Der zweite Typ von Vorteilen entsteht aus dem Umstand, dass ein Kunde durch die Teilnahme an der frUhen Kundenintegration meistens in eine ausgewahlte Gruppe von Anwendem eingebunden ist. In bestimmten F/illen (siehe z. B. das Fallbeispiel Hilti in Abschnitt 3.4) wird vom Hersteller bewusst angestrebt, dass die integrierten Kunden sich als Teil einer exklusiven Gemeinschafl fllhlen. Daher bedtlrfen alle Vorteile, welche aus so einer Mitgliedschafl resultieren k6nnten, der Aufmerksamkeit des Herstellers. Die Gruppen der ausgewahlten Kunden bieten diesen mehr als nur ein Forum zur Klarung produktbezogener Fragestellungen. Die Kunden entwickeln als Mitglied einer sozialen Gruppe ~7 auch starke soziale Identit~ten und durch ihre Teilnahme k6nnen pers6nliche Beziehungen entstehen (Prahalad, Rarnaswamy 2000). Solche sozialen Beziehungen liefem dem Kunden eine Reihe von Vorteilen. Zuniichst bewirken sie einerseits durch den Gebrauch der gleichen Produkte und andererseits durch Gruppennormen, welche sieh im Laufe der Zeit entwickeln kOnnen, ein Gefilhl der Zugeh6rigkeit und gemeinsamen Identit~t. ZusiRzlich erm/Sglicht das Forum der Gruppe den Kunden, ihre innovativen und wertschOpfenden Ideen mit anderen zu teilen und dadurch die M6gliehkeit zu haben, altruistisch zu handeln. ~8Kunden nutzen solche Gruppen off auch zur Diskussion von nicht produktbezogenen Problemen. Die Gemeinschafl kann also auch als Chance empfunden werden, andere Probleme geschiifllicher und pers6nlicher Natur zu lOsen. Schliesslich werden die Beitr~lge der Kunden nicht nur vom Hersteller, sondem auch von anderen Gruppenteilnehmem wahrgenommen. Dadurch kann die Erlangung einer speziellen Position innerhalb der Gruppe erfolgen. Dies befriedigt einerseits den Wunsch des Kunden nach Anerkennung in der Gruppe (,,Peer Recognition") und andererseits sein soziales Statusstreben. Im Einzelfall kann dies sogar so weit gehen, class das Produkt in den Hintergrund und die Gemeinschafi innerhalb der sozialen Organisation, in diesem Fall des Innovationsteams, in den Vordergrund tritt (Oliver 1999). Ftir die intrinsische SeRe der Motivationsstxuktur des Kunden, kann die OpenSource-Sof~areentwicklung als Ansatzpunkt fiir mOgliche Erklarungen dienen. Was motiviert einen Linuxprogrammierer dazu, Programmcode zu schreiben und diesen unentgeltlich zur Verfiigung zu stellen? Neue Untersuchungen zr dass vor allem der pers6nliche Nutzen (Wissensvermehrung, Erhalt besserer und g0nstiger Software und Spass am Programmieren) und Ego-Gratifikation (Wunsch 17Zur Theorieder sozialenGruppensiehez. B. Homans(1972). Is Vgi. Ekeh(1974) fllr Detailsder sozialenAustauschtheorien.
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KONZEPTUALISIERUNG DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
nach Anerkennung, Reputation in der Peergroup, Mitarbeit im Team prominenter Programmierer und die angenommene Unersetzbarkeit tiir das Team) Open-SourceEntwickler antreiben (vgl. Gassmann 2001; Achtenhagen, Mtiller-Lietzkow et al. 2003; von Krogh 2003; von Krogh, von Hippel 2003). Achtenhagen, MtillerLietzkow et al. (2003) weisen dartiber hinaus darauf hin, dass auch Karrieretlberlegungen wie das Zeigen des eigenen Talents oder die Beteiligung an Open-Source-basierten Untemehmen ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Die jeweilige Bedeutung der oben beschriebenen Arten von Kundenvorteilen variiert mit den Kundenrollen der frtlhen Kundenintegration. Daher mtissen die Hersteller die passenden Gestaltungselemente sorgPaltig abgestimmt auf die jeweilige Rolle des Kunden einsetzen.
Eine zusammenfassende Ubersicht der relevanten operativen Gestaltungsfaktoren tier frilhen Kundenintegration zeigt Tabelle 4.
Gestaltungsfeld
Gestaltungsfaktoren Ausprtigungen
Integmtionsstruktur
Verbindungsstarke
Kontinuum ( tief - hoch)
Zeitliche Struktur
I nteraktionsprozess
Dauer und Haufigkeit
Zahl der K u n d e n
Einzelkunde
Kundengruppe
Ort der Interaktion
Beim HerstellerlKunden
An neutralem Ort
Prozess- und Rollentransparenz
Kontinuum (tief --hoch)
Kultureller Fit
Kontinuum (tief - hoch)
Wissensgenerierung
Akquisition
Konvertierung
Art des Kundenvorteils
Produktbezogen
Gruppenbezogen
Motivationstyp
Intrinsisch
Extrinsisch
,
,
,,,,,
Tabelle 4: Operative Gestaltungsfaktoren der friihen Kundenintegration
Dabei gilt zu beachten, dass in drei F/illen die Auspr~igungen der identifizierten Gestaltungsfaktoren durch Kontinuititten repr'~entiert werden, entlang derer die verschiedenen Kundenrollen angeordnet sind. Es gilt also - wie auch Gruner (1997) gezeigt h a t - je starker diese Elemente ausgepragt sind und damit je intensiver die
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13 7
Kunden eingebunden und integriert werden, desto grOsser ist die Erfolgswahrscheinlichkeit der frtihen Kundenintegration und damit des Innovationsprozesses. Eine detaillierte Diskussion der GestaltungsmOglichkeiten zur Erreichung dieser hohen Intensitat bzw. der rollenspezifischen Werte der anderen Faktoren finder sich in Absclmitt 6.3.2. Zunachst werden im folgenden Kapitel, im Sinne einer von den Determinanten bestimmten Typologie, spezifische Kundenrollen entwickelt und beschrieben.
4.3
Zusammenfassung
Die Fallstudien aus Kapitel 3 wurden in zwei Schritten analysiert. Anhand des Analyserasters erfolgte zunachst eine Einzelfallanalyse der vier Fallstudien und schliesslich ein Fallstudienvergleich basierend auf relevanten aus der Literatur gefundenen Kriterien. Ziel war es, einerseits diejenigen Gestaltungsmerkmale herauszufiltem, welche entscheidenden Einfluss auf den jeweiligen Erfolg der frtihen Kundenintegration haben und andererseits bereits erste Hinweise auf die Auspriigungen der jeweiligen Gestaltungsfaktoren zu gewinnen. Auf der Basis der identifizierten relevanten Merkmale frliher Kundenintegration wurden zwei Dimensionen und damit Gestaltungsfelder des Konstruktes frUhe aktive Kundenintegration eingefilhrt, narnlich die Integrationsstruktur und der Interaktionsprozess. Dartiber hinaus wurde der untemehmerische Rahmen mit den drei Gestaltungsfeldern Strategie, Kultur und Struktur als wesentlich fur die frtlhe Kundenintegration identifiziert. Die Integration des Kunden muss a l s o - in einem passenden Rahmen - neben der strukturellen auch auf der prozessualen Ebene erfolgen. Der Hersteller hat, in Abstimmung mit den jeweiligen Kundenrollen, explizite Massnahmen zu ergreifen, urn den Kunden effektiv in den eigentlichen frfihen Innovationsprozess zu integrieren.
Spezifische Kundenroilen der friihen Kundenintegration Im Folgenden werden zun~tchst die m0glichen Rollen der Kunden in der frt~hen Innovationsphase identifiziert. Dies erfolgt aufbauend auf Erkenntnissen aus den Fallstudien mit speziellem Fokus auf die Ziele und Ergebniserwartungen des integrierenden Herstellers. Die Beitr[lge der Kunden werden als Kriterien verwendet, anhand derer die Auspr/lgungen und Managementanforderungen des jeweiligen Kundenintegrationsprozesses beschrieben werden. Basierend auf allgemeinen 0berlegungen zu Kundenrollen sowie den im Fallstudienvergleich identifizierten Determinanten wird eine Systematik aufgebaut. Die daraus resultierende Typologie der Kundenrollen erweitert und erganzt den klassischen Lead-User-Ansatz. Schliesslich wird der Prozesscharakter der Integration naher beleuchtet trod mit den Gestaltungselementen zu einem konzeptionellen Managementmodell der frOhen Kundenintegration vereint. Dieses Modell dient im weiteren Verlauf als Grundlage der praktischen Implikationen und Gestaltungsempfehlungen in Abschnitt 6.3.
5.1
Rahmen der friihen Kundenintegration
In dieser Arbeit wird ein spezieller F okus auf die Ziele und Erwartungen gelegt, welche einen Hersteller zur friihen Kundenintegration motivieren, sowie auf die daraus resultierenden Rollen der integrierten Kunden. Die genaue Differenzierung der m0glichen Kundenrollen in der Innovationsfrilhphase stellt eine Lflcke in der vorhandenen Literatur dar und bildet den Kempunkt dieses Kapitels. Dabei werden zun/lchst die Ergebniserwartungen des Herstellers an die Kundenintegration betrachtet, um daraus Schlilsse auf die notwendigen Beitrage der Kunden und damit schliesslich deren Rollen zu ziehen. Konkret werden verschiedene, auf den Strategien und Zielen des Herstellers basierende, Ausprilgungen der frllhen Kundenintegration identifiziert. Die jeweils korrespondierenden Kundenrollen werden dann detaillierter analysiert. Welches Ziel verfolgt der Hersteller durch die Einbindung der Kunden? Was ist der yon Kunden erwartete Beitrag? Diese Fragestellungen stehen im Mittelpunkt der folgenden Uberlegungen. Bisherige Arbeiten zu Ergebnissen der Kundeneinbindung betrachten jene meist auf einer tibergeordneten unspezifischen Ebene, ohne die Verbindung zu den resultierenden Rollen der Kunden und den Implikationen fllr die Praxis herzustellen. Dabei stellen gerade Herstellerziele und Kundenrollen wesentliche Einflussfaktoren fllr die Gestaltung und das Management der friihen
RAHMEN DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
139
Kundenintegration dar. Betrachtet man die Einflusskette, welche zu den Ergebnissen der frflhen Kundenintegration fllhrt (vgl. Abb. 28), so stehen die Ziele des Herstellers am Anfang. Basierend auf klaren und konkreten Zielen tiffnet der Hersteller seinen Innovationsprozess, um Kunden einzuladen, eine aktive Rolle zu tlbemehmen und einen, ihrem Wissen und K&men entsprechenden, Beitrag zu leisten. Die Kunden mtlssen also basierend auf diesen Zielen versehiedene Rollen einnehmen und verschiedene Beitr/lge beisteuem. Nur mit den riehtigen Kundenbeitr/igen kann die frilhe Kundenintegration zu den gewfinsehten Verbesserungen des Innovationsergebnisses filhren. Dieses kann dann im Sinne eines geschlossenen Regelkreises mit den ursprt~glichen Herstellerzielen verglichen werden und eventuell notwendige Adaptionen bei einem der Einflussfaktoren ausltisen. Die Ergebnisse der frllhen Kundenintegration werden also durch die voneinander abh/ingigen Themengebiete der Ziele des Herstellers, Rolle des Kunden und Kundenbeitrllge beeinflusst. Da die Messung des Integrationserfolges nicht Teil dieser Arbeit ist, steht der Unterschied zwischen den erwarteten und den tatsiiehlich erreichten Ergebnissen nicht im Vordergrund. Ein derartiger Erfolgsnachweis stellt, gerade mit Fokus auf spezifische Ergebnisse frUher Kundenintegration, eine grosse Herausforderung fur zukth-aRige F orschungsprojekte dar. Ein erster Ansatz dazu k6nnte die Ermittlung der Erfolgsraten ~ die unterschiedliehen zielorientierten Auspr/tgungen der friihen Kundenintegration sein und falls diese unterschiedlich ausfallen, wovon auszugehen ist, die Aufstellung eines Erklarungsansatzes fllr diese Untersehiede.
Abbildung 28: Einflusskette auf das Integrationsergebnis
140
5.1.1
SPEZIFISCHE KUNDENROLLEN DER FROHENKUNDENINTEGRATION
Ziele des Herstellers
Das prinzipielle Rational hinter der frtihen Kundenintegration im Speziellen und der Integration yon Kunden im Allgemeinen ist die Steigerung des Innovationserfolges des integrierenden Untemehmens. Die externen Rahmenbedingungen werden dabei von steigenden F&E-Ausgaben und hohen Misserfolgsraten neuer Produkte bestimmt. Der Hersteller erwartet aus der Zusammenarbeit mit dem Kunden also Vorteile, welche er mit seinen eigenen Ressourcen und Kompetenzen alleine nicht erzielen k6nnte. ,~0mliche Uberlegungen gelten prinzipiell auch t'tir den Kunden, werden jedoch, da diese Arbeit die Perspektive des Herstellers einnimmt, hier nicht n ~ e r behandelt. Der Hersteller integriert Kunden in die frtlhen Innovationsphasen, um gemeinsame Ideen Rlr Produkte mit h6herem Mark't- und Geschafispotenzial zu entwickeln. Das 0bergeordnete Ziel liegt also in tier Erzielung besserer Innovationsresultate (vgl. z. B. von Hippel 1988; Lilien, Morrison et al. 2002; Lettl 2004). Die Integration von Kunden wirkt sich aber nicht automatisch immer positiv auf den Innovationsprozess des Herstellers aus, sie kann auch mit bestimmten Nachteilen bzw. Risiken verbunden sein. Potenzielle Nachteile kOnnen grundslRzlich in der Schwierigkeit des Aufbaus und Erhaltes eines technologischen Vorsprunges, einer grOsseren Abh~mgigkeit von extemen Partnem sowie einem wachsenden Abstimmungsbedarf und damit der Gefahr erh6hter Kosten und verl~ngerter Dauer liegen (vgl. Kirchmann 1994; Brockhoff 2002; Enkel, Kausch et al. 2005). Betrachtet man bestehende Untersuchungen, welche sich mit generellen Zielen yon F&E-Kooperationen bzw. mit Kundeneinbindungszielen yon Herstellem beschllfligen, so zeigt sich, dass die meisten Studien eine Makrosicht (im Sinne einer Unterscheidung in Mikro- und Makroebene) einnehmen (z. B. Kirchmann 1994; Gruner 1997). Auch wenn diese Arbeiten nicht speziell auf die Frfihphase und eine ak-tive Kundenrolle fokussieren, sind ihre grunds~ltzlichen Aussagen dennoch auf die vorliegende Arbeit tibertragbar. Dementsprechend liegen die tibergeordneten Ziele yon F&E-Kooperationen (und damit von Kundenintegration als einer spezifischen Konfiguration derselben) vor allem in einer Reduktion von Ressourcen und Kosten der Entwicklung einer teclmologischen Innovation, einer Steigerung bezUglich Qualitlit und Geschwindigkeit auf dem Weg bin zu F&E-Resultaten, einer Reduktion technologischer und wirtschafllicher Innovationsrisiken sowie einer Vorbereitung der ErOffnung neuer Miirk'te (Rotering 1990; Sakakibara 1997; Gerpott 1999; Hauschildt 1998). Nach thematischer Zusammenfassung lassen sich daraus drei Hauptgruppen bilden, n~nlich akquisitorische, effektivit~itssteigemde und effizienzsteigemde Ziele. Diese drei Grundtypen werden auch marktbezogene, risikobezogene und ressourcenbezogene Ziele genannt (Kirchmann, Warschburger
RAHMEN DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
141
2003). Hinter jedem Hauptziel stecken mehrere Unterziele bzw. Intentionen des Herstellers: Bezogen auf den Markt sind dies ein besseres Verstandnis des Anwendermarktes, starkere Kundenbeziehungen, verbesserte Irmovationsabsatzprognosen und Wettbewerbsinformationen. Beztlglich des Risikos wurden eine reduzierte Fehlerrate wahrend des Innovations- und F&E-Prozesses sowie eine generell verbesserte Produktqualit/it empirisch nachgewiesen. Synergieeffekte fllhren schliesslich zu einer Zeit- und Kostenreduktion und damit zur Einsparung wertvoller Ressourcen auf dem Weg zu erfolgreichen Innovationen (vgl. Tab. 5).
Art der Ziele/Fokus
Intentionen
Akquisitorische Ziele/ Marktfokus
Besseres Marktverst~tndnis durch Einblicke in den Anwendermarkt, Gewinnung von Informationen 0ber den Wettbewerb Verbesserung der Wettbewerbsposition durch Referenzkunden, Marktausweitung, verbesserte Prognosen und die E=ielung von Imageeffekten Verstarkung der Kundenbindung clurch intensivere Beziehung
Effektivitatssteigernde Ziele/ Risikofokus
Risikominderung durch Fehlerreduktion Einblicke in die Produktnutzung durch den Kunden und Gewinnung von Kunden-Know-how Optimierung der Qualitat und technischen Leistungsf'ahigkeit des Neuproduktes
Effizienzsteigernde Ziele/ Ressourcenfokus
Reduktion von F&E- und Produktionskosten Zeiterspamis durch Duchlaufzeitverk0=ung des Innovationsprozesses ErhOhung der Zahl gleichzeitig realisierbarer Innovationsprojekte und Synergieeffekte in F&E
Tabelle 5: Integrationsziele des Herstellers auf der Makroebene
Die Mikrosicht auf die Ziele der Kundenintegration fiihrt direkt auf den F okus dieser Arbeit - die spezifischen Ziele des Herstellers. Biemans (1992) zahlt folgende Punkte als mSgliche Beitrage der Kundenintegration zum Innovationsprozess auf:
142
SPEZIFISCHEKUNDENROLLENDER FROHENKUNDENINTEGRATION
Generierung neuer Produktideen Verfilgbarkeit yon genauen Informationen beztiglich der Kundenbedtirfnisse Feedback zu Konzepten und Prototypen Hilfestellung w/tlu'end der Entwicklung ~' Untersttitzung beim Innovationsmarketing Dieser Ansatz eignet sich (mit den Erkenntnissen aus der Makrosichtweise als Rahmen) als Startpunkt fllr die Entwicklung der spezifischen Herstellerziele. Dazu werden aus den obigen Punkten die Hilfestellung w~lrend der eigentlichen Entwicklung sowie das Innovationsmarketing fur die folgenden Uberlegungen ausgeklammert, da sie nicht mehr in der Innovationsfr~phase und damit ausserhalb des Schwerpunktes dieser Arbeit liegen. Es verbleiben also die Generierung neuer Produktideen, Informationen tiber Kundenbedtirfnisse und Feedback zu Konzepten. FOr den im Rahmen dieser Arbeit untersuchten konlo'eten Innovationsbeitrag des Kunden, ist aber eine weiter gehende Zielkonkretisierung notwendig, welche in dieser Form noch nicht existiert. Zusammenfassend l~st sich also feststellen, dass der Zusammenhang zwischen den spezifischen Zielen des Herstellers fllr frahe Kundenintegration und den jeweiligen KundenroUen bzw. den daraus resultierenden Beitragen bisher nicht vertiefend untersucht worden ist. Die nachfolgenden Ausfilhrungen versuchen diese LOcke zu schliessen. Dazu werden im folgenden Absclmitt zunachst die pdnzipiell m6glichen Kundenrollen wahrend des Innovationsprozesses betrachtet. 5.1.2
Generische Roilen des Kunden
Die klassische Annahme der Wirtschaflswissenschaflen sieht den Kunden als Nachfrager, welcher BedUrfnisse erkennen lasst (z. B. Brockhoff 1998). Kunden werden dabei ganz allgemein als Quelle von aus Bedtirfnissen resultierenden Produktideen verstanden. Eine genauere Betrachtung der m0glichen Funktionen des Kunden im Wertsch6pfungsprozess hat in der strategischen Managementliteratur zur Identifikation yon ftlnf tlbergeordneten Rollen gefilhrt. Es sind dies Ressource, Mitentwickler, Kdufer, Nutzer ~9 und Produkt (Lengnick-Hall 1996; Kaulio 1998; Nambisan 2002). Die ersten beiden Rollen liegen auf der Eingangsseite, die anderen 19 In diesem Zusammenhang wird - obwohi samtliche RoUen aus der Anwendungserfahnmg des Kunden entstehen - eine spezielle Kundenrolle ,,Nutzer" genannt, well der Kundenbeitrag dabei direkt auf die Verwendung des Produktes zurtlckgeht (vgi. Lengnick-Hall 1996; Nambisan 2002).
RAHMEN DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
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drei hingegen auf der Ausgangsseite organisationaler Aktivitat. Der Kunde als oder als Produkt kann keinen signifikanten Beitrag zur Innovationsentstehung, im Sinne einer aktiven Rolle leisten, sondem ist vielmehr Objekt des Wertschfipfungsprozesses (Lengnick-Hall 1996). Diese beiden Rollen werden daher nicht weiter betrachtet. Die Rolle der Ressource bezeichnet die Funktion des Kunden als Innovationsquelle, die des Mitentwicklers seine Mitwirkung an Produktdesign und -entwicklung und die des Benutzers seine Einbindung in Produkttests und Produktverbesserungen.
Ki~ufer
Diese drei Rollen werden im Folgenden detaillierter betrachtet und im Hinblick auf ihre Anwendbarkeit fur diese Arbeit analysiert. Generell liisst sich fiir alle Rollen anmerken, dass ihre Wirksamkeit von Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren beeinflusst wird. Diese kfnnen Charakteristika des Kunden, des Prozesses der Einbindung oder des Herstellers sein (Brockhoff 2002). Auf der Seite des Herstellers stehen beispielsweise Merkmale des Entwicklungsprozesses wie der Neuheitsgrad, die Phase im Innovationsprozess in welcher der Kunde einbezogen wird, das Controlling und der Unsicherheitsgrad. Der Einfluss des Kunden manifestiert sich, allgemein betrachtet, in seiner Innovationsbereitschafl, seiner finanziellen Potenz sowie seiner PrognoseffLhigkeit fiir segmentspezifische zukanfiige Bedilrfnisse. Relevante Merkmale des Kundeneinbindungsprozesses sind Dauer und Haufigkeit der Kontakte, Starke der Einbeziehung sowie eine wechselseitig verstandliche Kommunikation. Die wichtigsten dieser Rahmenbedingungen wurden bereits im vorhergehenden Kapitel behandelt und finden als Determinanten oder Gestaltungsfaktoren fraher Kundenintegration Eingang in das konzeptionelle Managementmodell. Im Folgenden erfolgt aber zunachst die Analyse der generischen Kundenrollen. Kunde ais Ressource
Die am besten dokumentierte Rolle des Kunden in der Managementliteratur ist die als Ressource ftir Information und Wohlstand fllr das Unternehmen (z. B. LengnickHall 1996). Ftir diese Albeit ist der Fokus auf den Kunden als Quelle neuer Produktideen bzw. Gelegenheiten beschritnkt. In der Marketing- und Innovationsliteratur wurde diese Kundenrolle im Rahmen der Ideenentstehung und Produktkonzeptualisienmg ausfllhrlich erforscht (z. B. von Hippel 1986; LeonardBarton 1995; Brockhoff 1998; Christensen 2000; Brockhoff 2002; von Hippel, Katz 2002). Zahlreiche Arbeiten argumentieren daflir, dass Kunden eine zentrale Rolle bei der Generierung neuer Produktideen spielen sollen, andere wiederum weisen auf die Gefahr hin, dass Kundeneinbindung in die friihen Innovationsphasen nur zu
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inkrementellen Innovationen fohren kallll. 2~Aber selbst unter solchen Bedingungen, bei denen eine frOhe Kundeneinbindung eine anerkarmt viel versprechende Ressource darstellt, haben Kunden bis jetzt vor allem eine grOsstenteils passive Rolle gespielt. Eine Ausnahme stellt die fOr den Technologiesektor beschriebene Kundenrolle des Lead-Users dar, welche eine aktive Teilnahme des Kunden bei tier Ideenfindung im Innovationsprozess des Herstellers beinhaltet (yon Hippel 1986). Der Erfolg einer derartigen Einbindung wurde schon vielfach aufgezeigt (z. B. yon Hippel, Thomke et al. 1999; Herstatt 2002b; Lettl 2004). Lead-User zeichnen sich dadurch aus, dass sie fiber ein grosses innovatives Potenzial verfOgen, bestimmte Bedilrfnisse vor dem Rest des Marktes aufweisen trod durch die LOsung dieser Probleme stark profitieren warden.~ Brockhoff (2002) betont in diesem Zusammenhang die Obemahme einer quasi-fertigen ProblemlOsung des Kunden durch den Hersteller, auch wenn von Hippel alas Vorhandensein einer ProblemlSsung des Kunden als MOglichkeit und nicht als Notwendigkeit ansieht (vgl. yon Hippel 1986). Kunde als Mitentwiclder
Ktmden kOnnen auch als Mitentwickler22 neuer Produkte eine aktive Rolle im Produktentwicklungsprozess einnehmen. Brockhoff (1998; 2002) versteht danmter die Integration von Mitarbeitern des Kunden in den Produktentwicklungsprozess des Herstellers als Ideengeber, Anreger, Gestalter und mSglicherweise ProblemlOser. Dabei reicht die Teilnahme der Kunden yon Aktivitaten bei der Produktauslegung bis bin zur eigentlichen Produktentwicklung, Als Mitentwickler kSnnen Kunden zu einer Reihe yon Entwicklungsaktivitaten, beispielsweise der Validierung der Entscheidung for eine bestimmte Produktarchitektur, der Gestaltung und Priorisierung yon Produkteigenschafien, der Festlegung yon Anforderungen an Produktschnittstellen und der Aufstellung von Pfioritaten und Messkriterien for den Entwicklungsprozess, beitragen. Die Rolle des Kunden als Mitentwickler ist haufiger bei Industriegfitem als bei Konsumgfitem anzutreffen (z. B. Garvin 1988), da diese Form der verschrankten Produktentwicklung besonders bei komplexen Produkten mit untereinander in Wechselwirkung stehenden Systemteilen im B-2-BUmfeld (z. B. ,,Launching Customer" in der Flugzeugindustrie) relevant ist. Aber 2o Es liegt nicht im Fokus dieser Arbeit, diesen Disput detailliert wiederzugeben oder gar endgllltig zu 10sen. Wohl aber karm ein Beitrag geleistet werden, der aufzeigt, class eine gezielte, richtig gefOhrte fi~he Ktmdenintegration in den lnnovationsprozess zur Steigerung der Innovationsfahigkeit des Herstellers beitragen kann. 2i Die Rolle des Lead-Users wird detailliert in Abschnitt 2. I behandelt. 22 In der englischsprachigen Literatur wird diese Kundenrolle ais ,,Co-producer" frier ,,Co-creator" bezeiclmet (vgl. Lengnick-Hall 1996; Nambisan 2002).
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auch in anderen Branchen verlassen sich die Hersteller auf Beitr~ge der Kunden, beispielsweise sis Mitglieder yon Produktentwicklungsteams bei der Konzeptauswahl (Chase, Garvin 1989; Kambil, Friesen et al. 1999). Auch im Konsumgllterbereich gibt es Beispiele filr die Mitentwicklung spezieller Kunden bei Konzepttests, ,,Consumer Idealized Design" oder der Auswahl von Komponenten (Page, Rosenbaum 1992; Ciccantelli, Magidson 1993; Kambil, Friesen et al. 1999). Eine Pionierfunktion ilbemimmt in diesem Zusammenhang die Softwarebranche. So nehmen grosse Soffwareentwicklungsuntemehmen (z. B. SAP und Microsoft) off Vertreter des Kunden als Teilnehmer in ihre Produktentwicklungsteams auf (Hoch, Roeding et al. 1999).23 Kunde als Nutzer
Die dritte Rolle schliesslich umfasst den Kunden als Quelle yon Anwendungswissen und Nutzungserfahrung. Als prim~e Empf"anger und Benutzer yon Produkten und Serviceangeboten k6nnen Kunden wertvolle Beitrage beim Test yon Produkten liefem. Die Rolle des Kunden als Produkttester ist keinesfalls neu. Schon lange zeigen Studien, dass Kunden eine sehr produktive Rolle beim Testen von Prototypen und Produkten einnehmen k6nnen (z. B. Dolan, Matthews 1993; Nielsen 1994; Dahan, Hauser 2002). Ein derartiger Einsatz von Kunden erfolgt sowohl bei Industrie- als auch Konsumgtltem. Beispielsweise ist fur die Soffwareindustrie sehr gut dokumentiert, wie Kunden routinem~sig als so genannte Beta-Tester eingesetzt werden und die Hersteller dadurch ihre Investitionen t'dr interne Produkttests reduzieren kSnnen (z. B. Cusumano, Yoffie 1998; Hoch, Roeding et al. 1999). In dieser Rolle werden Kunden auch als Referenzkunden bezeiclmet. Sie k6nnen ihre Erfahrungen an den Produkthersteller zurtickgeben, wo diese dann zur Weiterentwicklung bzw. Uberarbeitung der Produkte verwendet oder ktlnfiigen Anwendem vermittelt werden (Brockhoff 1998). Die Gruppe der Referenzkunden beinhaltet auch Nutzergruppen (,,Communities") der Softwareindustrie sowie Fokusgruppen der Konsumglltedndindustrie. Die zugrunde liegende Gemeinsamkeit ist dabei die Ersterprobung neuer Produkte unter realistischen Einsatzbedingungen. Die Einbindung yon Kunden in das Testen von Produkten erm6glicht das frtlhzeitige Auffinden von Produktschwachen und-fehlem und dadurch die 23 Die Sot~warebranche ist in mehrfacher Himicht beispielgebend bezUglich der Kundenrollen im lnnovationsprozess. Hervorzuheben sind hier einerseits die Agile-Computing-Ansltze wie z. B. Extreme Progranuning (XP), bei dem es im Rahmen einer stark modularisierten Produktentwicklung zu zahlreichen f r ~ e n Feedbackschleifen mit dem Kunden kommt (vgl. Beck 2000; Gassmann, Sandmeier et ai. forthcoming). Andererseits stellt die sehr erfoigreiche Open-Source-Bewegung eine Exu'emform der Kundeninnovation dar, bei der die klassische Herstellerroile komplett verschwunden ist (z. B. von Hippel 2001a; yon Krogh 2003).
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Redulaion kostspieliger Uberarbeitungen und Korrekturarbeiten. Ausserdem haben die Untemehmen durch die Auswahl verschiedener Kundentypen die Chance, einen Einblick in die Aufnahme ihrer Produkte in verschiedenen Umgebungen und Nutzungszusammenhangen zu gewinnen.
Herausforderungen bei der Umsetzung der Kundenrollen Unternehmen sehen sich beim Einsatz von Kunden als Quelle neuer Produktideen auch mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. Zunachst gilt es, die Auswahl der Kunden und die Entwickltmg von Kontakten mit diesen kosteneffizient zu meistern. Eine grosse Herausforderung liegt auch in der Gestaltung geeigneter Anreize zur Unterstatzung der Bereitschaft tier Kunden, neue Ideen beizutragen. Ausserdem vergrOssert die Kundeneinbindung in die Produktentwicklung oft den Grad tier Unsicherheit des Projektes und kann neue Mechanismen zur Uberwachung und Kontrolle der Entwicklungsqualitat und -effizienz erfordem (Lengnick, Hall 1996). Schliesslich sind die Mittel zur UnterstOtzung dieser Interaktionen aufwltndiger, teurer und im Falle von virtueller Einbindung auch technologieintensiver als ausschliesslich firmeninteme Innovationsinstrumente. Kundenintegration muss daher sorgfaltig gesteuert werden, urn sicherzustellen, dass die Vorteile der Kundenbeitrage die Kosten der steigenden Systemunsicherheit sowie der zusatzlich benOtigten Rahmenelemente und UnterstOtzungsmechanismen tiberwiegen. Eine weitere Schwierigkeit besteht in der Aufnahme und Weiterverarbeittmg des Kundenwissens bzw. des gemeinsam mit den Kunden generierten Wissens. Dabei kSnnen die hohen Kosten zur S ~ r i e r u n g und Kanalisierung dieser Kundenbeitrttge, welche durch die Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur anfallen, beschrankend wirken (Nambisan 2002). Brockhoff (1997) und andere Autoren (z. B. Lengnick-Hall 1996; Enkel, Kausch et al. 2005) weisen auch auf mOgliche St6rungen yon Produktentwicklungsprozessen durch Kundeneinbeziehung bin. Beginnend bei der fehlerhafien Identifizierung von Pilotkunden (insbesondere von Lead-Usem), dem Problem der zu starken Nischenorientierung (durch zu starke Fokussierung auf die ausgewahlten Kunden) und dem ,Not-Invented-Here-Syndrom"24, reichen die Ursachen bis hin zu opportunistischem verhalten des Kunden. Ausserdem besteht die Gefahr, dass integrierte Kunden ihre Rolle als Mitentwickler yon sich aus beenden und dadurch starke St6rungen des Entwicklungsprozesses bewirken. Aus diesen mOglichen St6rungsursachen erwachsen dem Hersteller Kosten, welche in
24 Siehe dazu z. B. Katz und Allen (1982).
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einem Optimierungsproblem den Vorteilen und Erl6sen gegentiberzustellen sind (Brockhoff 1998). Tabelle 6 zeigt eine Ubersicht der Charakteristika der drei beschriebenen generischen Kundenrollen.
,
,
,
,
,
Ressource
Mitentwickler
N utzer
Rational
Kunde wird als Informationsquelle betrachtet
Teilnahme des Kundenan Produktentwurf und -gestaltung
Kunde testet Prototypen und Produkte
Ziele (prim/Jr und
Akquisitorischeund Effizienzsteigemde effektivitatssteigernde und akquisitorische
Effektivitatssteigernde und akquisitorische
Ziele
Ziele
sekundthr)
Ziele
Phase der Neuprodukt-
P r o b l e m e r k e n n u n g EntwurflAuslegung und Ideenformulierung und Entwicklung
Produkttest und Realisierung
entwicklung
Ideengenerierung
Ideenkonkretisierung
Ideenkommerzialisierung
Kundenbeitrage
Bed0rfnisse, Ideen, quasi-fertige Probleml0sung
Auswahl-und Auslegungsentscheidungen
R0ckmeldung aus Anwendungszusammenhang
InnovatJvitat und Kreativitat
Entwicklungskompetenz
Testkompetenz
Tabelle 6: Charakteristika generischer Kundenrollen im Innovationsprozess
Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der frtihen hmovationsphase und daher im obigen Sirme vor allem auf der Rolle des Kunden als Ressource und Ideengeber. Allerdings ist die direkte Ubemahme der vorgestellten Betrachtungsweise und damit eine ausschliessliche Fokussierung auf diese Kundenrolle ffir die vorliegende Arbeit aus zwei Griinden nicht m6glich: Die Rolle des Kunden als Ressource wird grOsstenteils passiv gesehen (Ausnahme Lead-User). Eine aktive Rolle des Kunden findet sich im bisherigen Kontext vor allem spiiter im Innovationsprozess bei der Mitentwicklung, welche typischerweise von deutlich intensiveren und hOherfrequenten Interaktionen gepdigt ist als die Rolle der Ressource (z. B. Sawhney, Prandelli 2000).
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SPEZIFISCHE KUNDENROLLEN DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
Die bisherigen Betrachtungen l i e g e n - durch die Berticksichtigung des gesamten Neuproduktentwicklungs- bzw. Innovationsprozesses sowie ein umfassendes Verstiindnis der Kundeneinbindung generell - auf einem zu hohen Abstraktionsniveau, um genaue Aussagen fiber die konkreten Beitr~ige der Kunden und damit detaillierter Rollenbilder der frilhen Kundenintegration zu ermSglichen. Gerade diese genaue Differenzierung der mSglichen Kundenrollen im friihen lnnovationsprozess stellt eine Lticke der bisherigen Forschung dar und bildet den Kempunkt dieser Arbeit. Durch den gewahlten Fokus auf die Frilhphase und das hohe Aktivitatsniveau des Kunden (wie beim Kunden als Mitentwickler) sind also Elemente aller drei genedschen Rollen, wenn auch mit einem Schwerpunkt auf den Kunden als Ressource, zu berilcksichtigen. Wie im spateren Teil der Arbeit gezeigt wird, kann der Kunde in der Fri~phase nicht nur zur Identifikation von Gelegenheiten und Chancen, sondem auch zur gemeinsamen Entwicklung erster Ideen bis hin zu fertigen Konzepten sowie zum Testen derselben herangezogen werden. Wesentliche Elemente der drei generischen Rollen lassen sich somit auch auf einem konkreteren Niveau, beschrankt auf den ersten Teilabschnitt des Innovationsprozesses, wiederfinden. Diese 0berlegungen zu generischen Kundenrollen werden dem Fokus der Arbeit entsprechend in den folgenden Abschnitten als Grundlage ~ r die Aufstellung spezifischer Kundenrollen der frtlhen Kundenintegration herangezogen.
5.1.30rganisationale Parameter In diesem Abschnitt werden die bisherigen Erkenntnisse dazu verwendet, prinzipielle Integrationsstrategien und spezifische Integrationsziele des Herstellers sowie dazu passende Kundenrollen zu identifizieren. Die im vorhergehenden Abschnitt besprochenen Herstellerziele und generischen Kundenrollen dienen dazu als Grundlage. Allerdings kSnnen diese Ziele und Rollen nicht direkt im n~lchsten Schritt verwendet werden, da sie nicht auf den vorliegenden Fokus ausgerichtet sind. Es gilt vielmehr, basierend auf der bisherigen Forschung, mithilfe der eigenen empirischen Daten gezielter auf die Innovationsfrfihphase einzugehen und relevante Auspr~lgungen der Kundenintegration zu beschreiben. Dazu werden zun~lchst, aufbauend auf den Ergebnissen des Fallstudienvergleiches, drei Integrationsstrategien identifiziert, welche die Antriebe und Hintergriinde der frfihen Kundenintegration aufseiten der Hersteller abbilden.
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Der Fallstudienvergleich (vgl. Abschnitt 4.1) lieferte neben den relevanten Gestaltungsfeldem auch zwei Determinanten, welche die Auspriigung frtiher Kundenintegration bestimmen. Es sind dies der Zeitpunkt der Integration des Kunden in den frUhen Irmovationsprozess und die spezielle Kompetenz des Kunden, welche zu Erreiehung der Ziele des Herstellers notwendig ist (vgl. Abb. 26). Die Chaxakteristika und Auspriigungen dieser Determinanten werden nun nailer beschrieben.
Zeitpunkt der Integration in den frtihen Innovationsprozess Betrachtet man die Phasen des Innovationsprozesses, so findet sich in der Literatur eine Vielzahl an m0glichen Unterteilungen. Auch wenn die einzelnen Modelle jeweils aus unterschiedlich vielen, verschieden bezeichneten Phasen zusammengesetzt sind, so lassen sich doch als gemeinsamer Nenner drei generische Grundschritte identifizieren. Jeder prototypische Innovationsprozess setzt sich aus den folgenden Elementen zusammen: einer Phase, in der Ideen gesammelt oder entwickelt werden (,,Ideengenerierung"), einer weiteren, in der diese Ideen weiterentwickelt und spezifiziert werden (,,Ideenkonkretisierung") und schliesslich einer dritten, in der die eigentliche Wertsch6pfung passiert und die Ideen in Produkte umgewandelt werden (,,Ideenkommerzialisierung") (vgl. Cooper, Kleinschmidt 1988; Gerpott 1999; Koen, Ajamian et al. 2001). In ~ihnlicher Weise bezeichnet Kirchmann (1994) diese drei prinzipiel len Schritte als Problemerkennung, Entwicklung und Realisierung. Kleinaltenkamp und Dahlke (1998) nennen sic Problemidentifikation, Entwurf der Probleml6sung und Realisierung der selektierten LOsung. Im Fokus dieser Arbeit liegt nach diesen Einteilungen vor allem die erste Phase der Problemerkennung und Ideenformulierung sowie im Ubergangsbereich auch noch der Beginn des eigentlichen Neuproduktentwicklungsprozesses. 25 Zur genaueren Betrachtung dieses - im englischen Sprachraum off ,,Fuzzy Front End" (FFE) genannten- frilhen Innovationsbereiches schlitgt die amerikanische Product Development & Management Association (PDMA) ein Modell vor, welches aus filnf Segmenten besteht (Koen, Ajamian etal. 2002). Diese sind nicht sequenziell, sondem kreisf'6rmig angeordnet, um dem zuPalligen und unscharfen Charakter des FFE gerecht zu werden. Nach der Identifizierung der Gelegenheit (,,Opportunity"), folgt deren Analyse, dann die Ideengenerierung, Ideenanreicherung und Ideenauswahl (,,Idea") sowie abschliessend die Konzeptdefinition (,,Concept"). Dabei kann der 25 Ftlr diese Arbeit wurde ein dreistufiges lnnovationsprozessmodel gewahlt: Frtthphase (FFE) Neuproduktentwicklungsphase (NPD) - Kommerzialisierungsphase(vgl. Gerpott 1999 und Brockhoff 2002 zu unterschiedlichenAbgrenzungenbetriebswirtschafilicherInnovationsprozesse).
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SPEZIFISCHEKUNDENROLLEN DER FRI]HEN KUNDENINTEGRATION
Innovationsprozess bei jedem einzelnen dieser Elemente beginnen und es mtissen nicht notwendigerweise immer alle drei Segmente in voller Lange bzw. einer vorgegebenen Reihenfolge durchlaufen werden.
Abbildung 29: Phasen des frahen Innovationsprozesses
Ftir diese Arbeit wird aus Grtinden der Obersichtlichkeit auf ein dreistufiges sequenzielles Modell zurtlckgegriffen, welches aus dem PDMA-Modell die drei Grundbausteine Gelegenheit, Idee und Konzept tlbemimmt (vgl. Abb. 29). Ein derartiger Ablauf stellt zwar gegen0ber den meisten realen Innovationsprozessen eine Vereinfachung dar, er erm6glicht aber eine Strukturierung der folgenden I]berlegungen gerade im Hinblick auf die jeweils ben6tigten Kundenbeitr~lge. Aus den Charakteristika der einzelnen Phasen k6nnen Rtlckschltisse auf die jeweils notwendigen Beitrllge im Allgemeinen und auf die Inputs der Kunden im Besonderen gezogen werden.
Kompetenz des Kunden Die Kunden mtissen ein passendes Kompetenzprofil aus speziellem Wissen und Fahigkeiten aufweisen, um die vom Hersteller gewOnschten Beitr~ige leisten zu k6nnen. Dabei kann auf einer inhaltlichen Ebene prinzipiell zwischen zwei grossen Bereichen unterschieden werden, dem Marktwissen und dem technischen Wissen (vgl. Gassmann, Gaso 2004). Beide Teilgebiete werden im Folgenden noch genauer unterteilt, um die hohe Spezifitat der Kundenbeitrtige darstellen zu k6nnen. Die Marktkompetenz des Kunden kann entweder in seiner Erfahrung als Benutzer des Produktes oder in seiner Kenntnis des Marktes begrOndet sein. Die zwei
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entsprechenden Auspragungen k6nnen daher als applikationsbezogenes bzw. chancenbezogenes Marktwissen bezeichnet werden. Das applikationsbezogene Marktwissen - kurz Applikationswissen - beruht auf der Anwenderrolle und stellt die klassische Kompetenz eines in den Entwicklungsprozess eingebundenen Kunden dar (von Hippel 1988; LeonardBarton 1995; Brockhoff 1998). Es tritt im bier betrachteten Rahmen allerdings in einer speziellen Auspragung auf, da am Ende der Innovationsfriihphase, am Beginn des eigentlichen Neuproduktentwicklungsprozesses meistens noch keine Prototypen des kompletten Produktes, sondern erst Konzeptentwtirfe vorliegen. Dies zeigt beispielsweise das Creative Center der Bayer MaterialScience. Dort werden am Ende der Frlihphase geprilfie Konzepte zusammen mit genau definierten Unterlagen (einer so genannten ,,Balanced Innovation Card") an die Produl~entwicklung tibergeben und erst damit der eigentliche Neuproduktentwicklungsprozess gestartet. Die Erfahrungen des Kunden mit bestehenden Produkten werden daher in den meisten Fallen nicht ausreichen, um auch komplett neue Konzepte beurteilen und an deren Verfeinerung mitwirken zu kOnnen. 26 Kunden mtissen daher eine spezielle Kompetenz aufweisen, um zur Beurteilung dieser Konzepte bzw. der Konzeptentwfirfe herangezogen zu werden. Obwohl es noch keinen Prototypen des Produktes gibt und das Konzept - unter der Annahme mittlerer his grosser InnovationshOhen - zu fundamental neuen Produkten fllhren kann, mtissen sie in der Lage sein, qualifizierte Rtickmeldungen zu geben und interaktiv an der Verfeinerung des Konzepte mitzuarbeiten. Dazu bedarf es mehr als einfacher Anwendungserfahrungen mit existierenden Produkten. Zur bewussten Abgrenzung von klassischem Applikationswissen soil dieses Wissen daher ,,vorausschauendes Applikationswissen" genannt werden. Dieses beruht zwar auf dem Applikationswissen tiber bestehende Produkte, beinhaltet zusatzlich aber auch die Fahigkeiten zur Abschatzung des Produktpotenzials aus Anwendersicht und zur Formulierung konstruktiver Verbesserungsvorschlage. Kunden qualifizieren sich filr derartige Aufgaben, wenn aus ihrem grundsatzlichen fiir die frahe Kundenintegration geeigneten Kompetenzprofi127 besonders das Interesse an neuen L~Ssungen und das
26 Aus diesem Umstand entspringt das off vorgebrachte Argument, class Kundeneinbindung in die lnnovationsfi'tlhphase kontraproduktiv wire bzw. zu keinen grossen lnnovationssprthngen fllhrt (z. B. Conway, McGuinness 1986; Atuahene-Gima 1995; Henard, Szymanski 2001). Ftlr durchschnittliche Kunden sind diese Aussagen einleuchtend. Umso mehr ergibt sich also die Notwendigkeit, ausgewlthlte Kunden mit speziellen Kompetenzprofilen auszuwahlen, urn der ,,inkrementellen Innovationsfalle" zu entgehen. 27 Prinzipieil benOtigen Kunden fllr alle Rollen der fillhen Kundenintegration ein Bttndel an Grundkompetenzen aus Innovationsfreude und -bereitschafl sowie einer besonders tiefen oder breiten Erfahrung mit den Produkten des Herstellers bzw. Substitutionsprodukten.
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SPEZIFISCHEKUNDENROLLEN DER FRUHEN KUNDENINTEGRATION
Prozessverstandnis zur Vorstellung der fertigen, auf dem zu beurteilenden Konzept aufbauenden, Produkte stark hervorstechen. Die zweite spezifische Auspriigung der Marktkompetenz des Kunden bezieht sich auf seine Flflaigkeit, Marktehancen vorherzusagen. Dies bedeutet, dass der Kunde in der Lage ist, gemeinsam mit dem Hersteller zu einem sehr frllhen Zeitpunkt- am eigentlichen Beginn des Innovationsprozesses- aktuelle Trends und Entwicklungen vorherzusagen bzw. abzuschatzen. Dies erfolgt naturgemltss auf einer tibergeordneten Betrachtungsebene und kann breite gesellschafiliche bzw. technologische Entwicklungen betreffen, welche noch keine direkten Beztige zu den Produkten und Technologien des Herstellers erkermen lassen. Diese Kompetenz ist typisch flir das B-2-B-Umfeld. Grosse Untemehmen - gerade wenn sie am Ende der Wertsch6pfung stehen und ihre Produkte direkt an Benutzer verkaufen - versuchen in vielen Fallen, die Zukuntt ihrer Markte mit Szenariotechniken und Zukunftsanalysen vorherzusagen bzw. den Blick fllr neue Marktchancen zu sch/trfen. Werden solche Unternehmen, in ihrer Rolle als Kunden, von einem ihrer Zulieferer in dessen lnnovationsfrflhphase integriert, so kann dieser im Dialog wertvolle Hinweise ftir die Entwicklung seiner eigenen Markte und die erforderliche Richtung seiner Innovationsaktivit/Ren gewinnen. Kunden mtissen also quasi die Kompetenz eines ,,Trend-Scouts" mitbringen, um fiir derartige Aufgaben geeignet zu sein. Prinzipiell spielen die beiden Pole des Marktwissens bei jeder Art von Kundenintegration eine Rolle und mtissen daher auf einem gewissen Grundniveau bei allen potenziellen Integrationskandidaten vorhanden sein. Die hier vorgestellte Unterteilung zeigt aber tiber diese grundsatzliche Qualifikation hinausgehende Kompetenzen (d. h. Kompetenzprofilschwerpunkte), welche bei der Kundenauswahl fur spezifische Rollen entscheidende Bedeutung haben. Der zweite grosse Wissensblock, die Technologiekompetenz des Kunden, liegt im Produktbereich und beinhaltet zwei spezielle Wissensbereiche. Einerseits das Feld der Kernkompetenz des Herstellers und andererseits F achwissen in einen dazu komplementaren produktbezogenen Bereich. Auf dem Feld der Fachkompetenz des Herstellers kann der Kunden ein gleichberechtigter Partner sein, wenn er ebenfalls tiber tiefes Wissen auf diesem Gebiet verfllgt. Er ist dann in der Lage, als Teil des Innovationsteams eine breite Palette an Aufgaben zu tibemehmen. Die Kernkompetenz des Herstellers kann dabei technischer Natur sein oder auf einem anderen produktbezogenen Gebiet liegen. Auf dem Gebiet des zum Hersteller komplementaren technischen bzw. sonstigen Wissens kann der Kunde beispielsweise spezielle Fahigkeiten im Bereich der Systemintegration, des
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Produktdesigns oder des Marketings aufweisen. Durch eine Btindelung derartiger Kompetenzen des Kunden mit denen des Herstellers entsteht ein Potenzial Innovationen zu realisieren, zu denen der Hersteller alleine nicht in der Lage gewesen ware. Die Kompetenzen des Lead-Users - so wie er in der Literatur beschrieben wird (z. B. von Hippel 1986; Herstatt, von Hippel 1992; LtRhje, Herstatt 2004) - liegen t'dr beide Wissensfelder (Markt und Technologie) im jeweiligen Mittelbereich, ohne spezielle Ausprilgung in Richtung eines spezifischen Kompetenzschwerpunktes. Der klassische Lead-User verfligt, obwohl er teilweise selbst an den bestehenden Produkten Verbesserungen vornimmt oder eigene Prototypen entwirft, iiber kein ausgepragtes technisches Spezialwissen. Ausserdem benOtigt er auch keine alas Herstellerwissen erg~.nzenden Kompetenzen. Er zeichnet sich vielmehr dureh seine speziellen ,,innovativen" Bediirfnisse sowie einen grossen Problemdruck zur Befi'iedigung derselben aus. Auf der Seite des Marktwissens kann er ebenfalls zwischen den beiden betrachteten speziellen Wissensgebieten eingeordnet werden. Er muss kein Spezialist f-0r die Identifikation von Trends sein, da dieser Schritt bereits vor seiner Einbindung erfolgt, sollte aber neuen Entwicklungen gegeniiber aufgeschlossen sein. Auch die Beurteilung und Auswahl von bereits vorliegenden Konzepten ist nicht der Hauptgrund seiner Integration - dieser liegt vielmehr in der Generierung und Vertiefung von Ideen ~ r Konzepte sowie in der Konzeptformulierung und-entwicklung. Einen zusammenfassenden Uberblick tiber die Kompetenzfelder der Kunden gibt Abbildung 30.
identifizierten
potenziellen
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SPEZIFISCHEKUNDENROLLENDER FROHEN KUNDENINTEGRATION
Abbildung 30: Dimensionen der Kompetenzen des Kunden
5.2
Integrationsstrategien des Herstellers
Mithilfe der beiden beschriebenen Determinanten- Zeitpunkt der Integration in den frOhen Innovationsprozess und Kompetenz des Kunden - wird nun ein Rahmen fur die weitere Analyse aufgespannt. Darin werden im Folgenden aus Sicht des Herstellers zwei grundsatzliche Strategien ~ r die frtlhe Kundenintegration sowie vier spezifische Herstellerziele samt entsprechender Kundenrollen identifiziert und beschrieben.
5.2.1 Fokus auf Effektivitit Diese Strategie manifestiert sich in zwei Ausprllgungen. Am Anfang der Innovationsfriihphase mit dem Rational der Auswahl der dchtigen Gelegenheit bzw. des richtigen Innovationsfeldes und am Ende bei der Selektion und Verfeinerung des in der Entwicklungsphase weiter zu verfolgenden Konzeptes.
INTEGRATIONSSTRATEGIENDES HERSTELLERS
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Zu Beginn des Innovationsprozesses zielt diese Strategie auf die Identifizierung neuer Gelegenheiten und Chancen mithilfe der aktiven Integration des Kunden. Der Hersteller trachtet danach, wertvolle Impulse fdr den weiteren Verlauf des Innovationsprozesses zu erhalten, sein spezifisches Ziel ist die Trendidentifikation. Daher liegt der Fokus auf Trends und Szenarios, welche neue Gelegenheiten im Markt aufzeigen. Dabei wird zunlichst nicht nach einer spezifischen neuen Technologie gesucht, auch wenn die Integration in grundlegenden Technologieroadmaps zur Nutzung der identifizierten Chancen resultieren kann. Trotz ihrer Ausrichtung auf die Marktseite hat dieser Teil der effektivitatsfokussierten Kundenintegration primar keinen Akquisitionscharakter, sondern dient vor allem der Risikoreduktion durch einen frOhen und engen Marktkontakt und damit vor allem der Effektivitatssteigerung. Die technologische Kompetenz des Kunden kann bei diesem Integrationsziel zwar auch eine Rolle spielen, ist aber aufjeden Fall dem Marktwissen untergeordnet. Die Rolle des Kunden ist die eines Sensors fiir neue Gelegenheiten und Marktentwicklungen. Der konkrete vom Kunden geleistete Beitrag besteht aus Informationen tiber Trends, neue Teclmologien oder Marktentwicklungen. So bindet das Creative Center der Bayer MaterialScience zur Identifikation neuer GeschliRsm6glichkeiten bereits ganz am Anfang des Innovationsprozesses Automobilhersteller ein. Es kommt dabei zur gemeinsamen Diskussion von Szenarien und dadurch zur Identifikation relevanter Trends. Diese werden dann innerhalb des Creative Centers angereichert und im weiteren Verlauf des Prozesses unter einer anderen Zielsetzung, aber wieder unter Einbezug ausgewahlter Kunden, zu Konzepten weiterentwickelt. Betrachtet man das Ende der Innovationsfrtihphase, so spielen Kunden auch dort im Sinne der effektivit~tsfokussierten Strategie eine wichtige Rolle und es gibt zahlreiche Wege, ihren Input zu nutzen. Beispiele sind die Generierung und tier Test yon Konzepten oder die Selektion der beliebtesten Probleml6sungen und Konzeptentwflrfe (z. B. Dahan, Hauser 2002; Kolm, Niethammer 2002). Generell bezweckt der Hersteller mit einer derartigen Kundenintegration eine Konzeptverfeinerung. Die Rolle des Kunden liegt hier darin, Hilfe bei der Suche, Auswahl - daher der Name Selektor - und Verfeinerung der richtigen LOsung zu leisten. LSsung bedeutet in diesem Zusammenhang ein geprafles Konzept fltr die vorher identifizierte Gelegenheit bzw. alas behandelte Problem. Dieses Konzept muss nach Beendigung dieser Phase fertig filr die Ubergabe an den eigentlichen Neuproduktentwicklungsprozess sein. Zu diesem Zeitpunkt der Fr0hphase erfolgt die Qualifikation
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des Ktmden fllr eine Integration nicht mehr aufgrund eines spezifischen technischen Wissens, sondem vielmehr durch seine Expertise als potenzieller zuktlnt~iger Nutzer und damit seine Applikationskompetenz. Aufbauend auf bereits vorhandenen Ideen und KonzeptentwUrfen - entweder intern beim Hersteller entwickelt oder zusammen mit extemen Partnem beispielsweise K u n d e n - wird das endgilltige Konzept normalerweise aus einer Gruppe verschiedener Optionen ausgewahlt und verfeinert. Es werden also aus bestehenden Ideen Konzepte entwickelt, welche dann in den eigentlichen Entwicklungsprozess eingebracht werden kOnnen. Auf dem Gebiet der Auswahl und Evaluierung durch den Kunden w~lchst die Anwendung neuer ITTools zur Verbesserung der Schnittstelle zwischen HersteUer und Ktmde rapide. Neue Produktkonzepte, Prototypen und Vorserienmodelle kOnnen yon den Kunden schneller, mit grOsserer Genauigkeit und mit niedrigeren Kosten evaluiert werden, werm virtuelle Neuproduktentwicldungswerkzeuge angewandt werden. Eine Forschungsinitiative am Massachusetts Institute of Technology ( M I T ) - genannt ,,Virtual Customer Initiative"- arbeitet an der Erforschung und Entwicklung solcher Werkzeuge (vgl. Paustian 2001; Dahan, Hauser 2002). Manche Firmen erweitern die urspr0agliche Definition des Lead-Users, indem sie Kunden, welche eigentlich eine Selektor-Rolle einnehmen, als Lead-User bezeichnen (siehe dazu auch das Fallbeispiel Hilti in Abschnitt 3.4). Die effizienzfokussierte Integrationsstrategie ist auch eng mit den Methoden der Fokusgruppen und Kundenkliniken aus der Marktforschung verwandt. Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal ist aber die aktive Rolle der Kunden und damit verbunden deren anspruchsvolles Kompetenzprofil. Daher spielt dabei auch, im Gegensatz beispielsweise zu den vom Marketing dominierten Fokusgruppen, die F&E-Abteilung des Herstellers eine entscheidende Rolle. Die traditionellen Aktivi~ten der Kundeneinbindung sollen aber keinesfalls durch die frtlhe Kundenintegration ersetzt werden. Diese baut vielmehr auf den bereits etablierten Methoden auf und erglinzt diese. Die tibergeordneten strategischen Ziele des Herstellers im effektivitlitsfokussierten Strategietyp sind prim~ ein Streben nach Risikominimierung und damit nach einer Effektivitiitssteigerung. Sehr off spielen in diesen Phasen aber auch akquisitorische Ziele eine Rolle. Der Kunde erf"ahrt durch seine aktive Mitwirkung an Ideenfindung sowie Auswahl und Verfeinerung des Konzeptes Anerkennung und Respekt. Dadurch fllhlt er sich in gewisser Hinsicht an den Hersteller gebunden und ist in vielen Fallen auch stoker motiviert, Produkte des Herstellers zu kaufen.
INTEGRATIONSSTRATEGIEN DES HERSTELLERS
5.2.2
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Fokus auf Effizienz
Im Mittelpunkt dieser tilt" den B-to-B-Bereich typischen Strategie stehen die technologischen Kompetenzen des Kunden. Ein Hersteller muss zwar zur erfolgreichen Entwieklung und Herstellung seiner Produkte tiber alle notwendigen Kompetenzen vert'flgen, diese jedoeh nieht notwendigerweise zu jedem Zeitpunkt im eigenen Haus besitzen. Hier manifestiert sich deutlich das neue Paradigrna eines offenen Innovationsprozesses. Falls es dem Hersteller vorteilhafi erscheint, notwendige Kompetenzen Extemer in seine Prozesse zu integrieren, so wird er dieses tun. Mit Blickwinkel auf nachgelagerte Wertsch6pfungsstufen bedeutet dies die Integration von innovativen, fortschrittlichen Kunden, w e l c h e - neben ihrer immanenten Expertise bezfiglich ihrer Wtinsche, Bedilrfnisse und Anforderungenein hohes Niveau an technischem Wissen in den Innovationsprozess des Herstellers einbringen k6nnen. Ziel ist die Suche nach Synergien im technischen, produktbezogenen Wissensbereich (im Feld der Kernkompetenz des Herstellers oder komplementar dazu) und deren Nutzung zur Generierung innovativer L6sungen. Die Kunden mtissen daher fiir derartige kooperative Innovationsprozesse often und sensibilisiert sein, um zu diesem Ansatz zu passen. Die Nutzung des Marktwissens der Kunden hat nur eine geringe Bedeutung fiir die effizienzfokussierte Integrationsstrategie, innerhalb derer im Folgenden drei verschiedene Kundenrollen unterschieden werden. Die erste Rolle ist die des klassischen Lead-Users. Das von von Hippel bereits in den 1980er-Jahren entwickelte Lead-User-Konzept stellt den Prototyp dieses Strategietyps dar (von Hippel 1976; 1977; 1988). Von Hippel stellte fest, dass Kunden bzw. Benutzer eines bestimmten Produktes wesentlich fiir die schnelle und erfolgreiche Entwicklung innovativer neuer Produkte sein k6nnen. Dabei werden Lead-User als Kunden beschrieben, welche schon heute Bedtirfnisse aufweisen, die erst Monate oder Jahre spater allgemein relevant sein werden, d.h. die einen Bedarf lange vor dem restlichen Markt versptiren. Zusatzlich lasst sie ihre Situation stark von einer Befriedigung dieser Bedilrfnisse bzw. einer L6sung ihrer Probleme profitieren. Der Lead-User zeichnet sich also durch ein spezielles Bedtirfnisprofil aus, er muss aber zusatzlich sowohl auf der technischen als auch der anwendungsbezogenen Wissensebene gewisse Kompetenzen aufweisen, welche seine Einbindung in das Zentnun des frilhen Innovationsprozesses erm6glichen. Lead-User haben in vielen Fallen genug teehnologische Kompetenz und Problemdruck, um selbst mit der Verbesserung bestehender Produkte oder sogar mit der Entwicklung eigener Prototypen zu beginnen. Trotzdem mtissen Lead-User
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SPEZIFISCHE KUNDENROLLEbl DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
weder bezOglich ihres technischen Wissens noch ihres Marktwissens ausgewiesene Spezialisten sein. Von Hippel beschreibt anhand eines fiinfstufigen Prozesses, wie Lead-User zu identifizieren und ihre Kompetenzen in den Neuproduktentwicklungsprozess zu integrieren sind. Am Beginn steht dabei die Identifikation neuer Markttrends und Produktgelegenheiten. Nach der Auswahl geeigneter Lead-User wird in interdisziplinaren Workshops mit Vertretern des Herstellers versucht, Informationen tiber ihre speziellen Bedtirfnisse und Anforderungen zu erhalten. Daraus kOnnen erste m6gliche LSsungen und darauf aufbauende Produktkonzepte generiert werden. Diese Konzepte mtissen sehliesslieh in einem gr6sseren Rahmen getestet werden, um die Ubertragbarkeit der Lead-User-BedOrfnisse auf den allgemeinen Markt abzuschittzen zu kOnnen (vgl. z.B. Herstatt, von Hippel 1992). Es werden also prinzipiell Kunden gesucht, welche eigene Probleml6sungen entwerfen bzw. entwickeln k6nnen und bereit sind, diese im Rahmen eines Lead-User-Workshops mit dem Hersteller zu einem tragfahigen Konzeptentwurf zu verfeinem. Aktuelle Publikationen zu diesem Thema zeigen, dass Lead-User-Projekte im Vergleich zu traditionellen Innovationsprojekten einen h6heren Anteil an radikal neuen Produkten hervorbringen. Die Hauptgrtinde dafllr werden darin gesehen, dass durch die Zusammenarbeit mit Lead-Usem Informationen fiber Bedtirfnisse und LOsungen von den fiihrenden Bereichen des Zielmarktes bzw. von Markten mit ahnlichen Problemen in einer extremen Form verarbeitet werden (Lilien, Morrison et al. 2002). Es ist allerdings zu beaehten, dass Lead-User nieht integriert werden, um die neuesten Trends und Marktehancen zu finden - dies wird bei dieser Methode bereits vor der Kundenauswahl durehgefilhrt. Das Ziel ihrer Integration liegt auch nicht darin, Konzepte zu Ende zu entwiekeln oder zu selektieren, da das Hauptziel ihrer Integration die Hilfestellung bei der Erarbeitung yon Konzeptentwilrfen ist, welche dann im n/ichsten Abschnitt der Innovationsfrflhphase weiterentwickelt werden.
Ein aktuelles Beispiel far die erfolgreiche Anwendung des Lead-UserAnsatzes stellt die Medizinaltechniksparte des amerikanischen 3M-Konzerns dar. Sie suchte gezielt nach Anwendern bzw. potenziellen Anwendern, welche innovative oder andersartige technologische Li~sungen far das elementare Problem der Wunddesinfektion wahrend einer Operation gefunden oder entwickelt hatten. Man wurde in einem Parallelmarkt, namlich der Veterinarmedizin, ffindig und entwickelte gemeinsam mit den eingeladenen Tierarzten die Ideen far ein radikal neues Konzept in Form einer Des infektionsfolie. 2S 28 Basierendauf yon Hippel, Thomkeet al. (1999).
INTEGRATIONSSTRATEGIENDESHERSTELLERS
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In eigenen Interviews bei der Firma Hilti AG aus Schaan kam die Bedeutung der technologischen Irmovationskompetenz einzelner Kunden ebenfalls zum Ausdruck. So werden bei Hilti tiber die Marktorganisationen identifizierte Anwender, welche eigene Prototypen fur neue Gerate entwickelt haben bzw. an Hilti-Produkten Modifikationen vorgenommen haben, gezielt kontaktiert. Bei beidseitigem Interesse werden diese Kunden von den jeweils betroffenen Geschattseinheiten zu LeadUser-Workshops im oben beschriebenen Sinne eingeladen. Neben der fiir den Lead-User typischen Mischung aus ,,innovativem" Bedtirfnisprofil, Anwendungswissen und grundsatzlicher technologischer Kompetenz, zeichnen sich die beiden anderen Rollen innerhalb dieses Strategietyps durch spezielle Auspragungen ihres technischen Wissens aus. Komplementares Wissen bzw. komplementare Fahigkeiten, welche die M6glichkeiten des Herstellers abrunden, bilden die zweite grosse Gruppe mit dem spezifischen Herstellerziel einer Innovationsverstarkung. In diesem Fall sucht der Hersteller UnterstOtzung nicht beziiglich seiner Kemfahigkeiten, sondem zur Verstarkung seines eigenen Kompetenzprofils und damit seiner eigenen Innovationsfahigkeit. Beispiele fiir diesen Typ - mit dem Kunden in der Rolle eines Spezialisten - finden sich sowohl auf der Markt- als auch der Technologieseite.
Bayer MaterialScience hat beispielsweise eine hoch innovative Handtasche mit leuchtender Polymerfolie im Inneren gemeinsam mit Bree, einem deutschen Gepdckhersteller im oberen Marktsegment, entwickelt und pri~sentiert. Dies erm6glichte Bayer, seine topaktuelle Polymertechnologie und damit seinen innovativen Ruf mithilfe eines nicht traditionellen Kunden zu verbreiten. Bree brachte sein Produkt- und Marktwissen im Bereich der luxuri6sen Accessoires ein. 29 Neben dem oben beschriebenen komplementaren Wissenstyp zeigt sich ein weiteres spezifisches Phanomen, welches einen dritten Modus innerhalb der effizienzfokussierten Integrationsstrategie darstellt, die gemeinsame Spezifikationsausarbeitung. In Fallen, bei denen der Kunde tiefes kongruentes Expertenwissen auf dem Gebiet der Kernkompetenz des Herstellers besitzt, kann er auch die Rolle eines Co-Creators einnehmen, welcher die Innovation mithilfe der Spezifikation30, welche gemeinsam mit dem Hersteller entwickelt wird, vorantreibt und steuert. Diese Rolle des Kunden als Spezifikator verlangt ein Wissensniveau des Kunden, welches Ober das eines typischen Lead-Users weit hinausgeht und meistens InterviewBayerMaterialScience. 3o In diesemZusammenhanglegt die ,,Spezifikation"den Rahmender Innovationfest und steht daher vor dem Konzept,welchesdannauf ihr basiert,in der ideenphasedes FFE.
29
160
SPEZIFISCHE KUNDENROLLENDER FROHENKUNDENINTEGRATION
nur in speziellen Branchen bzw. Technologiefeldern gefunden werden kann. Dieser Typ stellt auch insofern eine Besonderheit dar, als die Impulse, welche zur Integration t'tlhren, nicht notwendigerweise immer vom Hersteller kommen, wie es typisch und charakteristiseh filr die anderen Typen der frfihen Kundenintegration ist. Kunden, welche das notwendige Wissen aufweisen, haben off auch eine entsprechende Gr6sse und Machtposition gegentiber dem Hersteller und kOnnen im Sinne einer Integration ihres Zulieferers die Initiative tibemehmen.
Zusammenfassend zeigt Abbildung 31 wie fiber den Verlauf der Frtihphase des Innovationsprozesses die jeweiligen Kundenrollen mit den fibergeordneten Integrationsstrategien und den spezifischen Zielen des Herstellers zusammenh~gen.
Abbildung 31: Kundenrollen als phasenspezifische Umsetzung der Integrationsstrategien des Herstellers
AUSPRAGUNGEN DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
5.3
161
Auspriigungen der friihen Kundenintegration
Im F olgenden werden nun die Charakteristika der spezifischen Kundenrollen der frOhen Kundenintegration - als Fazit der Abschnitte 5.1.1, 5.1.2 und 5.1.3 - nither betrachtet. Dazu werden die Rollen zunitchst bezOglich der Kompetenzen der integrierten Kunden in eine Matrix eingeordnet (vgl. Abb. 32). Diese zeigt fiir jede Rolle, welches Wissensfeld der Kunden flit" eine erfolgreiche Erfilllung der Rolle besonders stark ausgepritgt sein muss.
A bb ildung 32: Dominierende Kundenkompetenzfelder der spezifischen Kundenrollen der friihen Kundenintegration
162
SPEZIFISCHE KUNDENROLLEN DER FRUHENKUNDENINTEGRATION
Eine zusammenfassende Ubersicht der Charakteristika Kundenrollen tier frUhen Kundenintegration zeigt Tabelle 7.
der
identifizierten
Sensor
Spezlalist
Spezifikator
Seleklor
Integrationsstrategie des Herstellers
Effektivitatsfokussiert
EffBienzfokussiert
Effizienzfokussiert Effektivittttsfokussiert
Herstellerziel/ Rational
Trendidentifikation (Identifikation von Chancen und Problemen)
Innovationsverstarkung (Ideenentwicklung und -verfeinerung)
Spezifikationsausarbeitung (Ideenentwicklung und -verfeinerung)
Konzeptverfeinerung (Konzeptentwicklung)
Zeitpunkt der Integration
Gelegenheitsphase
Ideenphase
Ideenphase
Konzeptphase
Dominierende Kundenkompetenz
Chancenbezogenes Marktwissen (Trendsensibilitat)
Komplementares Kongruentes TechnologieTechnologiewissen (und wissen ( u n d Bed0rfnistrager) Bed0rfnistrager)
Applikationsbezogenes Marktwissen (vorausschauend)
Tabelle 7: Charakteristika der spezifischen Kundenrollen der frfihen Kundenintegration
In Abstimmung mit seiner Firmenstrategie gilt es ffir den Hersteller, seine mit der Kundenintegration verbundenen Ziele zu analysieren und darauf aufbauend- in Abstimmung mit den jeweiligen Untemehmenskompetenzen - die richtige Form tier Kundenintegration auszuwahlen. Man kann vier spezifische Ziele unterscheiden, welche innerhalb der zwei Integrationsstrategien der Kundenintegration in Betracht kommen, narnlich Trendidentifikation, Innovationsverstarkung, Spezifikationsausarbeitung und Konzeptverfeinenmg. Aus diesen Zielen lassen sich vier Kundenrollen ableiten, welche dem Kunden in Erganzung tier klassischen LeadUser-Rolle im frtihen Innovationsprozess zugeteilt werden k6nnen. Auf die spezifischen Managementaspekte des Integrationsprozesses wird in Kapitel 6 detailliert eingegangen.
AUSPRAGUNGEN DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
Mittels der Achsen ,,Frtiher Innovationsprozess" und ,,Herstellerziel" wird nun Rahmen aufgespannt, in welchen die Integrationsstrategien des Herstellers und Kundenrollen eingetragen werden. Die Rolle des Lead-Users - des Prototyps fciihen Kundeneinbindung- kommt dabei als Referenzpunkt genau im Zentrum Darstellung zu liegen (vgl. Abb. 33).
A bbildung 33: Rahmen der friihen Kundenintegration
163
ein die der der
164
5.4
SPEZIFISCHEKUNDENROLLENDER FROHENKUNDENINTEGRATION
Zusammenfassung
Die obigen 0berlegungen haben Folgendes gezeigt: Es kOnnen verschiedene Wege identifiziert werden, um den Kunden in den Innovationsprozess zu integrieren. Im Zentrum der Innovationsfrilhphase wird die frllhe Kundenintegration als Aktionsfeld rand um den klassischen Lead-User-Ansatz eingefilhrt. Passend zu den spezifischen Beitragen, welche Kunden zur Neuproduktentwicklung liefem kOnnen, findet die frilhe Kundenintegration wahl'end verschiedener Phasen innerhalb des frahen Innovationsprozesses mit unterschiedlichen Zielen, Intensitaten und Ausgestalmngen statt. Abhangig vom jeweiligen Ziel des Herstellers bzw. dem erwarteten Ergebnis kSnnen zwei Strategien unterschieden werden, welche die Art bestimmen, wie die Kunden integfiert werden, namlich effizienzfokussiert oder effektivitatsfokussiert. Diese Strategien filhren zu vier, durch je eine Kundenrolle manifestierten, spezifischen Zielen der frtlhen Kundenintegration. Der Hersteller muss, nach der grundsatzlichen Entscheidung fllr die frfihe Kundenintegration, unter Berlicksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen, die passende Strategie und das spezifische Integrationsziel festlegen. Die damit bestimmte Kundenrolle wird dann im Rahmen der beiden Gestaltungsfelder Integrationsstruktur und Interaktionsprozess operativ umgesetzt. Dabei gilt es, Kontingenzfaktoren wie das jeweilige Marktumfeld (Kundenspezifika, Wettbewerbssituation), die Spezifitat der Produkte, den Entwicklungsstand der eingesetzten Teclmologien und die eigene Firmeninnovationskultur zu berllcksichtigen. Diese erste Analyse betrachtet noch nicht die Fragestellung nach den notwendigen konkreten Auspragungen der Gestaltungsfaktoren zur Realisierung der einzelnen Kundenrollen. Es zeigt sich, dass die frtlhe Kundenintegration die Effektivitat des Innovationsprozesses durch die Erm0glichung krattvoller neuer Wissensentstehung verbessem kann, ihre konkrete Anwendung aber nach einer sorgf~ltigen Gestaltung des Prozessaufbaus und der DurchRihrung verlangt.
Ablauf und Organisation der friihen Kundenintegration 6.1
Prozess der friihen Kundenintegration
Neben der Betrachtung der Gestaltungsfelder und Gestaltungsfaktoren wird nun auf den zeitlichen Ablauf und damit den Prozesscharakter der Kundenintegration eingegangen. Dies erfolgt im Hinblick auf die Gestaltungsempfehlungen (siehe Abschnitt 6.3). Die bisherigen Betrachtungen haben auf die relevanten Einflussfelder und Gestaltungsfaktoren der fiSlhen Kundenintegration sowie die dahinter liegenden Theorien fokussiert. Die Schritte des notwendigen Prozesses, in welchen diese Gestaltungselemente eingebettet sind, stehen im Zentrum der folgenden Oberlegungen. Als Basis dienen einerseits die theoretischen Grundlagen aus dem Feld der F&E-Kooperationen und andererseits die empirischen Daten, welche fiir diese Studie erhoben wurden (siehe die vier Fallstudien Kapitel 3 und den Anhang ,,Interviewleitfaden und Erganzungsfragen"). Zur Analyse des Prozesses der Kundenintegration wird auf die allgemeine Kooperationsliteratur zurUckgegriffen. Zahlreiche Arbeiten aus den Gebieten der strategischen Managementlehre und des Innovationsmanagements beschliRigen sich mit F&E-Kooperationen im Allgemeinen bzw. Innovationskooperationen im Besonderen (z. B. Staudt, Toberg et al. 1992; Kirchmann 1994; Fuchs 1999; Marxt 2000). Auch wenn die frtihe Kundenintegration keine klassische Kooperation darstellt, so unterscheiden sich die grundsiRzlichen Ablaufschritte nicht wesentlich. Es k6nnen also fur diese Arbeit die gleichen tlbergeordneten Phasen zur Prozessgliederung herangezogen werden. Phasen der Integration
Es existieren zahlreiche Phasenmodelle flit" die allgemeine Struktur eines Kooperationsprozesses (Staudt, Toberg etal. 1992; Lorange, Roos 1993; Bailing 1997; Fuchs 1999). Prinzipiell lassen sich aber immer drei grunds[itzliche Abschnitte identifizieren, n~nlich eine Gestaltungs-, Lenkungs-, und Entwicklungsphase. Fuchs detailliert diese drei Schritte in einem Rinfstufigen Lebenszyklusmodell einer Kooperation und zwar als Initialisierung, Konfiguration, Design, Betrieb und Rekonfiguration (Fuchs 1999). Fontanari (1995) legt besonderes Augenmerk auf die Frilhphase und unterteilt diese in drei Teilphasen, welche vor der eigentlichen Durchfllhnmg der Kooperation zu durchlaufen sind. Es sind dies eine strategische Analyse, in der nach mOglichen LOsungen und
166
ABLAUF UND ORGANISATIONDER FRUHEN KUNDENINTEGRATION
Altemativen gesucht wird, die Partnersuche und -auswahl sowie die Verhandlungsphase mit dem Vertragsabschluss. Als Essenz der bestehenden Ansittze werden FOr die vorliegende Arbeit drei tibergeordnete Prozessschritte unterschieden: Schritt 1" Initiierungsphase Schritt 2: Vorbereitungsphase ~' Schritt 3: Realisierungsphase FUr jeden Schritt werden zwei Hauptl~terien eingefiihrt, welche die jeweils zu erreichenden Teilziele repr/tsentieren. Diese drei identifizierten Schritte der frflhen Kundenintegration mit den jeweiligen Hauptkriterien sind in Abbildung 34 dargestellt.
A bbildung 34: Kundenintegrationsprozess
PROZESS DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
167
Initiierungsphase Am Beginn der frahen Kundenintegration steht, so wie in einem klassischen Kooperationsprozess, die Willensbildung, d. h. das Erkennen der Notwendigkeit und der strategische Entscheid ftlr die externe Zusammenarbeit. Im Rahmen der Strategieprozesse des Herstellers kommt es in dieser Phase zu einer Identifikation und Bewertung von Wertsch6pfungsprojekten, welche mithilfe integrierter Kunden oder durch andere Umsetzungsformen realisiert werden kOnnen (Fuchs 1999). Eine Entscheidung filr die Offnung des Innovationsprozesses fiir Exteme soil immer in Einklang mit der Untemehmens- und Teclmologiestrategie erfolgen bzw. aus dieser hergeleitet werden. Der erwartete Beitrag durch die Integration des Kunden ist dabei - wie in der vorliegenden Arbeit gezeigt wurde - ein wesentliches Element, welches fiir den weiteren Verlauf des Prozesses eine entscheidende Rolle spielt. Beispielsweise wurde in Kapitel 5 gezeigt, dass den Kunden unterschiedliche Rollen zugeteilt werden kOlmen, je nach den vom Hersteller erwarteten Kundenbeitrligen. Das Teclmologie- und Innovationsmanagement hat also als ersten Schritt die eigentliche Integrationsentscheidung vorzubereiten und zu treffen. Als zweiten wichtigen Schritt gilt es, zur Klarung der Ergebniserwartung, die Kooperationsziele festzulegen. Prinzipiell kSnnen die Ziele in Ergebnis-, Aufwands-und Zeitziele eingeteilt werden, wobei fiir den F okus der vorliegenden Arbeit in dieser Phase die Ergebnisziele die dominierende Rolle spielen. Ziele kSnnen dabei prinzipiell als OrientierungsgrOssen fllr die Bewertung und Auswahl der Kunden dienen. Ausserdem bilden sie den Massstab zur Bewertung des Integrationserfolges im Verlauf und nach Ende der Integration. Mit der Zielfestlegung einher geht die Abgrenzung des Gegenstandsbereiches der Zusammenarbeit mit dem Kunden. Der Hersteller muss sich fiber diejenigen teclmologischen Bereiche im Klaren sein, welche er als seine Kemkompetenzen und Wettbewerbsvorteile betrachtet und welche er daher ohne exteme Beteiligung betreiben will. In Erganzung dazu er6ffnen sich diejenigen Bereiche, in denen exteme Kompetenzen eingebunden werden sollen. Nach der generellen Willensbildung (bzw. dem Erkennen der Notwendigkeit) und der prinzipiellen Festlegung auf ein gemeinsam mit dem Kunden zu erbringendes Ergebnis (d. h. des Kundenbeitrages), beinhaltet der nlichste Prozessschritt die Suche der passenden Kunden sowie die Ausformulierung eventuell notwendiger Vertritge.
168
ABLAUFLINDORGANISATIONDER FROHENKUNDENINTEGRATION
Konfigurationsphase Nach der Entscheidung flir die frilhe Kundenintegration stellen Auswahl und Gewinnung geeigneter Kunden zentrale Erfolgsfaktoren dar (vgl. z. B. Yoshingo, Rangan 1995). Potenzielle Partner mtissen mit System gesucht werden sowie unter Berilcksichtigung der jeweiligen Rahmenbedingungen (z. B. Konkurrenzsituation, Marktsituation, vergangene Erfahrungen), beziiglich ihrer Eignung geprtift werden. Dies geschieht einerseits durch die Abschatzung der Erfolgswahrscheinlichkeit der oben beschriebenen Ziele sowie andererseits durch eine Vorabbewertung des strategischen und kulturellen ,,Fits" potenzieller Integrationspartner mit dem eigenen Untemehmen. Die infrage kommenden Kunden massen, in Abhangigkeit von den in der Initiierungsphase festgelegten Ziele (d. h. den erwarteten Ergebnissen) dem Profil tier jeweiligen spezifischen Rolle so welt wie m6glich entsprechen. Nach der genauen Festlegung des Anforderungsprofils erfolgt zunAchst ein Suchprozess zur Ermittlung geeigneter Kandidaten und schliesslich eine endgUltige Auswahl. Der Suchvorgang kann sehr schnell (wie im Falle leicht ilberschaubarer Markte) oder zeitlich aufwandig (mittels umfangreicher Aktivitaten mehrerer Abteilungen des Herstellers) ablaufen. Der Suchteil ist in den meisten Fallen mit einer Selektion m6glicher Partner fiir die Kundenintegration verbunden. Neben den rollenspezifischen Selektionskritefien, welche engen Bezug auf die jeweiligen Rollencharakteristika nehmen miissen, spielt auch die grundsatzliche Obereinstimmung auf strategischer und kultureller Ebene eine wesentliche Rolle. Der strategische Fit (vgl. Rotering 1990; Teichert 1994) hitngt im Umfeld der Kundenintegration yon der Gefahr einer einseitigen opportunistischen Ausbeutung durch einen Partner und damit invers von den Vorteilen, welche beide Partner durch die frilhe Kundenintegration erzielen k6nnen ab (vgl. Dutta, Weiss 1997). Der kulturelle Fit steigt, wenn die Entscheidungsprozesse und -geschwindigkeiten, die tolerierten Risiken und die arbeitsbezogenen Werthaltungen almlich ausgepragt sind. Auch die Bereitschafl, sich auf kulturelle Unterschiede einzustellen, tragt zu einer Verbesserung des kulturellen Fits bei. Die Bedeutung der kulturellen Kompatibilit~it wird oft untersch~itzt (z. B. George, Farris 1999).3m
31 Es kann nicht generell behauptet werden, dass eine bessere kulturelle Obereinstimmang auch immer zu innovativeren and damit besseren Ergebnissen fllhrt. Gerade bei der Erzielung komplett neuer Ansatze bzw. radikaler Innovationen kOnnen kulturelle Unterschiede innerhalb eines gewissen Rahmens auch als stimulierende Keime neuer Gedanken wirken (z. B. Leifer, McDermott et al. 2000; Syrett, Lammiman 2002).
PROZESS DER FROHENKUNDENINTEGRATION
169
Ebenfalls in diese Phase des Prozesses fallen die Erarbeitung einer gemeinsarnen Zielsetzung mit den ausgewahlten Kunden sowie die (vorab notwendige) vertragliche Ausgestaltung der Integration. Die gemeinsamen Ziele und Motive milssen dabei often diskutiert und fixiert werden (z.B. Kanter 1994). Dabei unterseheidet sich die gemeinsame Zielsetzung deutlich yon den Einzelzielen der beiden Partner und sollte ebenso wie die Fragen des schiltzenswerten geistigen Eigentums, welches im Laufe der Integration entstehen kann, in einem Vertrag festgehalten werden. Dieser regelt auch den rechtlichen Rahrnen, in welchem die Integration stattfinden wird. Dabei gilt es, fur eine erstmalige Integration andere Dinge zu be~cksichtigen als bei einer schon litngerfristig laufenden Beziehung (mit bereits bestehenden Vertr~ge bzw. einem vorhandenen Vertrauensverh~ltnis). Am Ende der Konfigurationsphase steht also eine Fixierung der Integrationsziele, der erforderlichen Prozesse und Ablaufe sowie der Regeln zur Verwertung der Ergebnisse. Damit ist der Aufbau der Kundenintegration beendet. Dieser Schritt sollte nicht unterschatzt werden, denn erfahrungsgemass passieren im V erlauf des Aufsetzens einer Kooperation die meisten derjenigen Fehler, welche schlussendlich zum Scheitem des gesarnten Vorhabens filhren (vgl. z. B. Doz, Hamel 1998).
Realisierungsphase In diesem Schritt passiert die eigentliche Wertsch6pfung der Kundenintegration. Nachdem geeignete Kunden gefunden und die Rahmenbedingungen festgelegt worden sind, beginnt die Kemaktivit~t der frilhen Kundenintegration. Die Zusammenarbeit muss passend zu der gewih~lten Kundenrolle und den spezifischen Rahmenbedingungen gestaltet, die Integration operativ umgesetzt und die Verwertung der Ergebnisse im Innovationsprozess des Herstellers sichergestellt werden. Prinzipiell milssen Aspekte der Organisation, des Personal- und des Finanzmanagements der Zusammenarbeit mit dem integrierten Kunden berilcksichtigt werden. Im Mittelpunkt dieser Aufgabe stehen neben der Auswahl der geeigneten Mitarbeiter, die Formulierung von Regeln der Zusammenarbeit sowie die Gestaltung der Arbeitsteilung zwischen dem Hersteller und dem Kunden. Der Sehwerpunkt im Rahmen dieser Arbeit liegt dabei auf der organisatorischen Ausgestaltung der beiden identifizierten operativen Gestaltungsfelder Integrationsstruktur und Interaktionsprozess - zur ErmSglichung einer effizienten gemeinsamen Wissensgenerierung. Schliesslich muss noch die Diffusion des neuen Wissens in andere relevante Abteilungen und den gesamten Innovationsprozess
170
ABLAOF LINDORGANISATION DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
sichergestellt werden. Auch eine eventuelle Beendigung (sowohl frtlhzeitig als auch geplant) des Integrationsprojektes fiillt in diese Phase.
6.2
Konzeptionelles M a n a g e m e n t m o d e l l d e r frfihen
Kundenintegration Kombiniert man die Uberlegungen der vorangegangenen Absclmitte, so ergibt sich das folgende konzeptionelle Modell (vgl. Abb. 35). Die Bl6cke der Integrationsstrategie, der spezifischen Herstellerziele trod der Kundenrollen sowie die operativen Gestaltungsfelder wurden den passenden Schritten des Prozessablaufs zugeordnet. Dieses Modell dient als Grundlage ~ r den Aufbau konkreter Gestaltungsempfehlungen in Absclmitt 6.3.
KONZEPTIONELLES MANAGEMENTMODELLDER FROHEN KUNDENINTEGRATION
171
A bbildung 35: KonzeptionelIes Managementmodell der frahen Kundenintegration
Aufbauend auf empirischen Praxisbefunden (Fallstudien) konnte gezeigt werden, dass es neben dem Lead-User-Ansatz noch weitere aktive Rollen fur den Kunden w~thrend der Frfihphase des Innovationsprozesses gibt. Die Implementienmg bzw. Realisierung dieser Rollen erfordert vom Hersteller den Einsatz von spezifischen Massnahmen in allen Schritten des Integrationsprozesses. Dieser Prozess muss darUber hinaus in Rahmenbedingungen eingebettet werden, welche seinen effizienten und nachhaltigen Ablauf sicherstellen. Der eigentliche Prozess der fr~en Kundenintegration besteht also aus einer strategisch fundierten prinzipiellen Entscheidung zum Einbezug yon externen Ressourcen in Form einer interaktiven
172
ABLAUF UND ORGANISATIONDER FROHEN KUNDENINTEGRATION
fi'Ohen Kundenintegration. Nach der Festlegung der Ziele und Ergebnisse erfolgt die Wahl der geeigneten Kundenrolle, die Suche und Auswahl passender Kunden sowie eine allfallige Vertragsgestalttmg mit diesen. Die operative Umsetzung beginnt mit der organisatorischen Gestaltung des Integrationsprozesses und geht tiber den operativen Ablauf- mit dem Ergebnis gemeinsam generierten Wissens - hin zur Verwertung der Ergebnisse und schliesslich eventuellen Rekonfigurationsilberlegungen. Praktische Empfehlungen zur Gestaltung der frahen Kundenintegration gibt der nachste Absclmitt.
6.3
Gestaltungsempfehlungen und Thesen
Das entwickelte konzeptionelle Gestaltungsmodell bildet einen Gestaltungsrahmen Rir das Management der frtihen Kundenintegration. Nach der auf Theorie und Empirie basierenden Herleitung folgt nun die Diskussion der wichtigsten praktischen Implikationen dieses Modells. Dazu werden, mit Schwerpunkt auf der Realisierungsphase, Gestaltungsempfehlungen fur die einzelnen Schritte des Integrationsprozesses entwickelt. Die Gestaltungsempfehlungen werden dabei zuniichst entlang der Prozessschritte ffir alle spezifischen Rollen der fl'fihen Kundenintegration einheitlich beschrieben und nur dort, wo eine rollenspezifische Unterteilung Sinn macht, wird auf Spezifika der Gestaltung einzelner Pollen im Detail eingegangen. Die 0berlegungen sind folgendermassen gegliedert. Beginnend mit dem untemehmerischen Rahmen werden die einzelnen Schritte des Integrationsprozesses besprochen. Dabei wird jeder Prozessschritt in Hauptlmteden (Was ist das Ergebnis dieses Schrittes? Was muss erffillt sein?) und weiter in Handlungsfelder (Wo kann und muss etwas gemacht werden, um das Hauptlmterium zu erf~llen?) unterteilt. Die Aussagen zu den einzelnen Handlungsfeldem werden schliesslich, in Form yon Thesen, zu konkreten Handlungsempfehlungen verdichtet.
6.3.1 Unternehmerischer Rahmen Wie der Fallstudienvergleich ergeben hat, filhrt die eigentliche operative Gestaltung der frahen Kundenintegration nur in einem entsprechenden Umfeld zum Erfolg. Als entscheidende Rahmenbedingungen wurden dabei Strategie, Kultur und Struka~ identifiziert. Zur Entwicklung der Gestaltungsempfehlungen werden daher, im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes (vgl. z. B. Bleicher 1991), zunachst diese drei Gestaltungsfelder betrachtet. Schliesslich wird der Fokus auf die eigentliche
GESTALTUNGSEMPFEHLUNGENUND THESEN
operative Gestaltung der Realisierungsphase gelegt.
frtlhen
173
Kundenintegration
im
Verlauf
der
Strategie, Kultur und Struktur sind tibergreifende ordnende Kriit~e, welche den organisationalen Abl/iufen eine einheitliche Form und Zielorientierung geben (Rllegg-Stlirm 2002). Der Kundenintegrationsprozess ist diesem Verstiindnis nach derjenige Gesch/tfisprozess, welcher im F okus dieser Arbeit steht und die zentrale Rolle im entwickelten Managementmodell einnimmt.
Strategie Prinzipiell kann man im untemehmerischen Rahmen zwei strategische Ebenen unterscheiden. Eine tibergeordnete generelle Unternehmensstrategie sowie eine Innovations- bzw. Technologiestrategie. Die Identifikation einer Untemehmensstrategie (,,Firm Level Strategy"), welche nicht nur die Wertsch6pfung, sondern auch die Wertaneignung leitet, stellt einen wichtigen Aspekt des Aufbaus der frtihen Kundenintegration dar. Eine derartige, dezidiert offene Innovationsstrategie (Open Innovation Strategie) bildet die Basis filr alle weiteren Aktivit~iten der frahen Kundenintegration. Aufbauend auf dieser prinzipiellen Untemehmensstrategie muss eine strategische Analyse der eigenen Kompetenzen und Technologien erfolgen und die strategische Ausrichtung festgelegt werden. Eine wesentliche Grundfrage der teclmologischen Produktinnovationsstrategien betriflt die Quellen fur technologische Immvationen (z. B. Wolfrum 1994; Burgelman, Christensen et al. 2003). Basierend auf den Kenntnissen, wohin sich die Unternehmung strategisch in Zukuntt bewegen soil und wo die Chancen und Risiken liegen, muss der Blick deshalb auf das Umfeld der Untemehmung geworfen werden (vgl. Linder, Jarvenpaa et al. 2003). Ausgehend von den Kernkompetenzen des Untemehmens werden zuniichst noch auf einer abstrakten, tibergeordneten Ebene potenzielle Felder einer Offnung des Innovationsprozesses und mOgliche Stossrichtungen der Zusammenarbeit mit Externen bestimmt. Grundsiitzlich besteht die Mfglichkeit, die Kompetenzen flir Innovations- bzw. Technologiefelder im eigenen Haus auf- oder auszubauen oder sie aus extemen Quellen zu beziehen. Als Grundlage einer erfolgreichen frtlhen Kundenintegration muss das Ergebnis der oben beschriebenen Uberlegungen eine Innovationsstrategie sein, welche die Vorund Nachteile einer Offnung gegenaber externen Partnem im Allgemeinen und Kunden im Speziellen berficksichtigt. Dabei bedeutet die grundsatzliche Bereitschafi der 0ffnung gegentlber Externen und speziell gegenUber den Kunden nicht, dass s~ntliche frfihen Innovationsprozesse gemeinsam mit externen Partnern
174
ABLAUF LINDORGANISATION DER FRUHEN KUNDENINTEGRATION
durchgefilhrt werden milssen. Eine an die jeweilige Situation angepasste Innovationsstrategie ist daher unabdingbar. Eine passende Innovationsstrategie bildet die Gnmdlage ?dr eine offene Innovationskultur und die strukturelle Verankerung der Kundenintegration. Im strategischen Gestaltungsfeld, muss basierend auf der Technologie- und Marktstrategie, eine derartige Strategie entwickelt werden. Dies bedeutet auf Obergeordnetem Niveau zunachst eine strategische Verankerung der Bereitschatt zur t)ffntmg des Innovationsprozesses.
These 1" Eine generelle offene Innovationsstrategie des Herstellers, als Ergebnis einer tibergeordneten Analyse der eigenen Kompetenzfelder und des Umfeldes, ist als strategische Ebene des untemehmerischen Rahmens Grundvoraussetzung einer erfolgreichen frahen Kundenintegration.
Kultur
Die Untemelunenskulmr bildet den Bezugsrahmen, innerhalb dessen sich die Mitarbeiter einer Untemehmung orientieren. Durch diesen gemeinsamen Sinnhorizont wird es mSglich, Impulse der Aussen- und Innenwelt zu verarbeiten und als Gruppe handlungsf~ig zu bleiben (Rtlegg-Stilnn 2002). Wesentliche Bestandteile einer Unternehmenskultur sind gemeinsame Normen, Sprachregelungen oder Denkmuster. Auch wenn meistens von ,,der Unternehmenskultur" eines Untemehmens gesprochen wird, so muss bei genauerer Betrachtung eigentlich yon vielen lokalen Auspr~lgungen ausgegangen werden, welche sich innerhalb von Abteilungen oder entlang yon Prozessen manifestieren. Im Folgenden wird dennoch yon einer geschlossenen Innovationskultur als gemeinsamer Grundhaltung einer Firma in Bezug auf Emeuerung, Kreativit~lt, Innovation und den dahinter liegenden Prozessen ausgegangen. Erfolgreiche Kundenintegration, im Sinne eines nachhaltigen Prozesses, verlangt als Grundlage zun~chst eine positiv ausgepr~gte, auf Offnung ausgerichtete Innovationskultur. Diese zeichnet sich sowohl durch einen offenen Umgang mit Neuem als auch durch eine hohe Bereitschatt zur aktiven Verbesserung bestehender Produkte und Prozesse aus. Dariiber hinaus muss eine fief gehende Offenheit
GESTALTUNGSEMPFEHLUNGENlIND THESEN
175
gegentiber Ideen von aussen gegeben sein. Nur wenn es Bestandteil der Unternehmenskultur geworden ist, die hohen Potenziale externer Ideen zu erkennen und aktiv zu suchen, kann man von einer offenen Innovationskultur sprechen. Um
diese
offene
Innovationskultur
zu
erreichen,
muss
zunachst
eine
Vorbildwirkung des Managements gegeben sein. Diese basiert einerseits auf der Vorgabe passender Rahmenbedingungen und andererseits auf pers6nlicher Vorbildfunktion. Das obere Management muss also aktiv bei der Gestaltung der Kultur mitwirken und eine Beispielfunktion einnehmen. Ein wesentlicher Aspekt der aktiven Gestaltung einer offenen Innovationskultur ist dabei die schrittliche Verankerung des offenen Innovationsgedankens. Dies bedeutet, dass auf normativer Ebene eine Unternehmensvision bzw. Firmenmission entwickelt werden muss, welche eine Offenheit gegenOber Anregungen und Ideen von aussen etabliert. In weiterer Folge k6nnen auch ganze Funktionsbereiche oder Abteilungen umbenannt werden, um das Umdenken in Sachen Innovationsprozess innerhalb und ausserhalb des Unternehmens zu kommunizieren. Ein Beispiel fOr die konsequente Umsetzung dieses Gedankens ist Procter & Gamble. Dort erfolgte eine Umbenennung der Forschungs- und Entwicklungsabteilung (Research & Development oder R&D) auf Connect & Development oder C&D (Sakkab 2002). Ein derartiges, von oberster Stelle angestossenes Zeichen, stellt eine gute Grundlage fOr entsprechende Aktionen auf strategischer und operativer Ebene dar. Auch Ansprachen, Vortr~lge und pers6nliche Gesprache bieten zahlreiche Gelegenheiten, die Bedeutung des offenen Innovationsprozesses herauszustreichen und erfolgreiche Beispiele zu verbreiten. Ohne eine aktive Gestaltung der normativen Instrumente und ein Vorleben des offenen Innovationsgedankens durch das obere Management kann sich die fOr eine erfolgreiche Kundenintegration notwendige Firmenkultur nicht dauerhaft entwickeln. Eine weiteres wichtiges Handlungsfeld ist die Bek~mpfung des Not-Invented-HereSyndroms (NIH)32, im Sinne einer grunds~itzlichen Ablehnung von aussen kommender neuer Ideen. Dazu ist das bewusste Erkennen der Notwendigkeit einer Offnung der SchlOssel zum Erfolg. Gerade in F&E-Abteilungen ist das NIHSyndrom traditionellerweise stark ausgepr/igt, da dort hoch spezialisierte Fachleute, oft mit wenig direktem Kontakt nach aussen, for die Generierung von Innovationen verantwortlich sind. Es bedarf grosser Anstrengungen, die notwendige offene Kultur zu etablieren. Grunds/ltzlieh ist die geistige und physische Mobilit/lt der Mitarbeiter zu f6rdern. Dies karm einerseits durch Weiterbildungsveranstaltungen und interne
32
Vgl.dazuKatzund Allen(1982).
! 76
ABLAUF LINDORGANISAT1ON DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
Schulungen und andererseits durch Jobrotationsmodelle erzielt werden. Entscheidend dabei ist eine h6here Exponierung der Ingenieure gegentiber den Kunden, was beispielsweise im Rahmen einer zeitlich beschrankten Aufgabe im Verkauf zu realisieren ist. Durch diese pers6nlichen Erfahrungen mit den Ansichten und Ideen der Kunden gelingt es, vorhandene Vorurteile und ,gmgste abzubauen und eine offenere Geisteshaltung zu erzielen. Eine Stufe daraber ist die Etablierung eines Innovationsprozesses angesiedelt, bei dem die Vertreter des herstellenden Untemehmens schon ab der Frtihphase regelmassigen Kontakt zu Kunden, Zulieferern und Forschungseinrichtungen pflegen. Jeder Mitarbeiter verfiigt dartiber hinaus tiber ein Netzwerk von persttnlichen Kontakten, welche jenseits von Untemehmens- oder Firmengrenzen betrieben werden. Diese informellen Netzwerke jedes Einzelnen sind potenzielle lnnovationsquellen. Entscheidend ist es somit, den Mitarbeitem - vor allem in der F&E-Abteilung - zu kommunizieren, dass diese informellen individuellen Netzwerke genutzt werden sollen. PartnerschaRen, in Form von Integrationsprozessen mit Extemen, kOnnen in der Frahphase des Innovationsprozesses nur dann gestaltet und gelenkt werden, wenn sie von den entsprechenden Mitarbeitem auch akzeptiert werden. Das Bewusstsein, dass von einem untemehmensextemen Partner Wertvolles gelemt werden kann, muss gezielt vom Management bei allen Mitarbeitern gefOrdert werden. Der Schltissel zur 0ffnung des Innovationsprozesses liegt darin, eine derartige ,,Outsidein-Kultur" zu etablieren.
These 2: Die kulturelle Ebene des filr erfolgreiche frtihe Kundenintegration notwendigen unternehmerischen Rahmens bildet eine offene Innovationskultur des Herstellers, erreicht durch eine Vorbildwirkung des Managements und eine aktive Bek~impfung des Not-Invented-HereSyndroms.
Struktur
Eingebettet in das kulturelle Umfeld und basierend auf einer iibergeordneten Innovationsstrategie stellt die Struktur ein weiteres zentrales Ordnungselement dar. Autbauend auf einer offenen Innovationskultur gilt es daher, eine organisatorische Verankerung aver Kundenintegration zu etablieren und damit den Prozess der
GESTALTUNGSEMPFEHLUNGENUND THESEN
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Kundenintegration auch stnflaurell zu verankem. Eine eindeutige Regelung der mit der Integration verbundenen Aufgaben, der Verantwortlichkeiten und der Ressourcenzuteilung ist Voraussetzung filr einen erfolgreichen Kundenintegrationsprozess. Um die Koordination der verschiedenen Partnerschafisprojekte sicherzustellen, mtissen dafUr organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden. Grundsatzlich gilt, dass die FlexibilitAt yon Kooperationsprojekten nicht durch zu viel Formalismus und B~okratie verloren gehen daft. Mit zunehmender Gr6sse einer Firma ist aber ein gewisses Mass an Zentralisierung der Kooperationskompetenz notwendig, urn die Koordination und Pdorisierung der Projekte sicherzustellen. Auch das deutsche Chemieunternehmen BASF hat die Wichtigkeit der Offnung nach aussen erkannt und betreibt innerhalb der Abteilung fiir Forschungsplanung und Hochschulbeziehungen das Management der mehr als 800 externen Partnerschafien. Ziel ist es, gute Ideen zu identifizieren und zu evaluieren. Dabei werden Partner wie Universitaten und Start-ups, aber auch potenzielle Kunden aktiv eingebunden, um die jeweiligen Sti~rken zu kombinieren.
In speziellen F[illen kann es auch zu einer Ausrichtung der relevanten Einheiten des Herstellers an der O r g a n i s a t i o n s s ~ des Kunden kommen. So wird beispielsweise in grossen Kooperationsprojekten der Triebwerkindustrie auf eine solche Organisationssymmetrie geachtet: MTU Aero Engines und Pratt & Whitney organisieren sich spiegelbildlich, urn auf jeder Ebene ein direkte, horizontale Kommunikation zu f'6rdem. Eine eigene Organisationseinheit zur Kundenintegration ilmerhalb der F&E zeigt die Bedeutung, welche die t)ff~ung des Innovationsprozesses ~ r manche Vorreiterfirmen irmehat. Beispielsweise hat Bayer MaterialScience mit dem Creative Center eine organisatorische Einheit gegrUndet, welche die marktseitige Verantwortung fur die FrOhphase des Innovationsprozesses ilbemimmt sowie die frahe Kundenintegration sm&mdert und umsetzt. Mit fixer personeller und finanzieller Ressourcenausstattung verk6rpert das Creative Center die Institutionalisierung des offenen Innovationsprozesses (vgl. Abschnitt 3.2). Doch auch mit weniger Aufwand sind, wie das folgende Beispiel zeigt, erfolgreiche L6sungen einer strukturellen Verankerung m6glich. Um die Offnung des seit kurzer Zeit institutionalisierten Innovationsprozesses sicherzustellen, ist bei der Endress & Hauser Flowtec AG ein im Marketing angesiedelter Mitarbeiter damit beauflragt, Studien, Recherchen und Szenarien bezfiglich relevanter Entwicklungen im Maria durchzufiihren. Dies geschieht einerseits durch einen engen Kontakt mit den Kunden und
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ABLAUF LINDORGANISATION DER FROHENKUNDENINTEGRATION
andererseits im Rahmen einer Technologiefr~hau]kla'rung. Dabei wird mit F&E-Partnern eine Ubersicht aller relevanten Projekte erstellt, welche sich bei Forschungsinstitutionen, Universit~ten und Wettbewerbern mit relevanten Technologien beschi~ftigen. Wichtig bei dieser routinemi~ssigen Erfassung interner sowie externer Quellen ist die Systematik der ,4bfrage, durch welche die ,4ussagekraft der Ermittlungen sichergestellt wird. Dieser ausgewi~hlte Mitarbeiter, welcher die Verankerung der Kundenintegration als Teil seiner Jobdescription hat, fordert die Offnung des Innovationsprozesses mit einfachen Mitteln. Diese Beispiele zeigen, wie der Verantwortlichkeit und Kompetenz filr fffihe Kundenintegration eine organisatorische Smdfmr gegeben werden kann. Auf der tlbergeordneten Ebene des unternehmerischen Rahmens bedeutet dies eine grundsittzliche strukturelle Verankenmg der frtihen Kundenintegration. Struktur dient als Basis, welche vor der Ausgestaltung und dem Durchlauf des eigentlichen Integrationsprozesses geregelt werden muss. In der Realisierungsphase des Prozesses wird dann die operative s ~ e l l e Gestaltung der Integration nither beleuchtet.
These 3" Eine prinzipielle strukturelle Verankerung der friihen Kundenintegration in der Organisation des Herstellers, vonder Zuordnung eindeutiger Aufgaben und Verantwortlichkeiten bis hin zu spezieUen Organisationseinheiten, stellt als strukturelle Ebene des untemehmerischen Rahrnens eine wesentliche Voraussetzung flit" die erfolgreiche Realisierung der fr0hen Kundenintegration dar.
Die frfhe Innovationsphase ist von Unsicherheit und schwer planbaren Lemprozessen geprligt. Es bedarf daher neben den dargestellten Rahrnenbedingungen ftir eine frtihe Kundenintegration eines (zumindest in den Grundrissen) standardisierten Vorgehens zur Abwicklung des eigentlichen Integrationsprozesses. Dieser Prozessansatz, elementarer Bestandteil des konzeptionellen Managementmodells, erhSht die Chance auf eine erfolgreiche frtihe Kundenintegration, indem er den Rahmen Rlr ein umfassendes Management der Integration bildet und die Entwicklung derselben nicht dem Zufall tiberl~st. Im Folgenden werden daher, for die grundlegenden Schritte (1) Initiierung, (2)
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Vorbereitung und (3) Realisierung der Parmerschaft, relevante Implikationen ftir das Management beschrieben.
6.3.2 Prozessschritte Notwendige Voraussetzung des effektiven trod effizienten Prozessmanagements ist ein fundiertes Verstandnis des betrachteten Prozesses. Das in Absclmitt 6.2 entwickelte Modell dient in diesem Sinne dem besseren Verstandnis des Kundenintegrationsprozesses trod kann nun als Grundlage zur Entwicklung fundierter Gestaltungsempfehlungen herangezogen werden. Diese orientieren sich an den im Managementmodell enthaltenen Phasen des Integrationsprozesses sowie den jeweils damit verbundenen Determinanten und Gestaltungsfeldem. Der Kundenintegrationsprozess wird fiir die Entwicklung der Gestaltungsempfehlungen zunachst in seine Segmente unterteilt. FUr jeden Teilschritt werden dann diejenigen Handlungsschwerpunkte aufgezeigt, welche sich im Verlauf der Arbeit als wesentlich flir den Erfolg der Kundenintegration herausgestellt haben. Jedem Handlungsschwerpunkt werden dabei Hauptl~terien sowie Handlungsfelder zur Optimierung dieser Kriterien zugeordnet. Die notwendigen Aktionen in diesen Handlungsfeldem werden schliesslich zu konkreten Thesen verdichtet. Ein spezieller F okus wird auf die Realisierungsphase mit den beiden Gestaltungsfeldem Integrationsstruktur und Interaktionsprozess gelegt.
Initiierungsphase Die erste Phase des Kundenintegrationsprozesses setzt sich aus der Willensbildung zur Integration des Kunden, der Auswahl der passenden Integrationsstrategie sowie einer Kliirung der aus Herstellersicht mit der Kooperation verbundenen Ziele - und damit des erwarteten Ergebnisses- zusammen. Sie deckt damit die Fragen nach dem ,,Warum" und ,,Warm" der frOhen Kundenintegration ab.
Entscheidung zur Kundenintegration Aus diesen Uberlegungen heraus folgt das erste Haupt~terium des Integrationsprozesses, namlich die Entscheidung zur Kundenintegration. Der erste zentrale Bestandteil der Initiierungsphase ist daher ein funktionierender und etablierter Prozess zur Erzielung der grundsittzlichen Integrationsentscheidung. Erst werm die Entscheidtmg gefallen ist, dass ein Kunde in den frtihen
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Innovationsprozess integriert werden soil, beginnt der eigentliche Integrationsprozess zu laufen. Der Anstoss zur Kundenintegration Grundkonstellationen heraus erfolgen:
kann
dabei
aus
verschiedenen
aus einem Projekt zur Entwicklung einer Innovation aus der Behandlung eines Problems (mit einem bestehenden Produkt) aus einer Ausschreibung oder Spezifikation durch den Kunden vorausschauend im Sinne eines proaktiven Technologiemanagements All diesen Konstellationen ist das Erkennen eines Problems, im Sinne eines Unterschieds zwischen den sich abzeiclmenden Anforderungen und den vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen, gemeinsam. Dies gilt auch, wenn der F okus nicht auf der Integration des Teclmologie- sondem des Marktwissens des Kunden liegt. Die Kenntnisse eines fortschrittlichen, innovativen Kunden betreffend der Anwendung oder Applikation des Produktes stellen aus Sicht des Herstellers eine komplement~e Kompetenz dar (vgl. Absclmitt 5.2). Das erste Handlungsfeld dieses Hauptl~teriums ist die Ermittlung der eigenen Fahigkeiten und Kompetenzlficken. Dieser Schritt ist ahnlich wie die grundsatzliche strategische Ausrichtung zur 0ffnung des Innovationsprozesses im Rahmen des gesamten Untemehmens, aber auf einem konkreteren Niveau. Eingebettet in die grundsatzliche Innovationsstrategie bedarf es nun eines Prozesses, welcher- auf dem Niveau der einzelnen Geschltftseinheit oder Abteilung - die eigenen Kemkompetenzen sowie Felder zur Zusammenarbeit mit Extemen festlegt. Diese grundslitzliche Orientierung muss fortlaufend durchgefUhrt und innerhalb tier Firma kommuniziert werden und bildet damit die Basis zur strategischen Entscheidung, einen Kunden zu integrieren. Ein zielfilhrendes Instrument dat'dr ist die Aufstellung eines Technologieportfolios mit dessert Hilfe strategische Schwerpunkte bezllglich relevanter Technologiefelder des eigenen Untemehmens dargestellt werden. So kOnnen beispielsweise Firmen, bei denen eine Portfolioanalyse ergibt, dass der Grossteil tier Produkte auf reifen Technologien basiert, gezielt exteme Kompetenzen zur Entwicklung technologischer Innovationen in ihre Innovationsprozesse integrieren. Der
Hersteller
w~Lhlt dabei
eine
yon
zwei
mSglichen
spezifischen
Integrationsstrategien aus. Entweder er mSchte sein Effektivit~lt erhShen, indem er Kunden zur Unterstlitzung bei wichtigen grunds~ltzlichen Entscheidungen integriert
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(,,effektivitatsfokussierte Integrationsstrategie") oder er nutzt gezielt die Kompetenz und Ressource der Kunden und erh/Sht dadurch seine Effizienz (,,effizienzfokussierte Integrationsstrategie"). In den einzelnen Organisationseinheiten kann diese operative Integrationsstrategie darin resultieren, dass die Integration der Kunden in die Ziele der verantwortlichen Manager einfliesst.
These 4: Im Rahmen einer Integrationsstrategie des Herstellers bezUglich frilher Kundenintegration mUssen die spezifischen Ziele des Herstellers und damit die Rolle des Kunden fiir die Integration festgelegt werden.
Erganzend zur Ermittlung der eigenen Fahigkeiten gilt es im zweiten Handlungsfeld, die Chancen und Anforderungen von aussen zu erkennen. Diese kSnnen einerseits durch allgemeine Entwicklungen bzw. Trends des Marktes und andererseits durch konkrete Anforderungen der Kunden entstehen. Instrumente der Technologieffiihaufklarung sowie solche zur Ermittlung von Kundenbedtirfnissen dienen zur Sammlung relevanter Informationen. Mit institutionalisierter Technologiefrtihaufklarung, beispielsweise durch ein Netz von Horchposten, werden heute von vielen Firmen aktiv Bestrebungen untemommen, aktuelle Trends und Technologien zu identifizieren. Dies stellt den ersten Schritt einer Offnung nach aussen dar. Aufgrund der Einschatzung verschiedener Anspruchsgruppen im Markt ktinnen, fiir die strategische Stossrichtung, Suchfelder t'th" technologische Entwicklungen in aktuellen, neuen sowie auch branchenfremden Markten erstellt werden. Durch die Interaktion mit der Umwelt der Firma werden so Chancen, Potenziale und Gefahren identifiziert, welche aktuelle und zuktinfiige Markte bergen. Ein Beispiel far den erfolgreichen Transfer einer neuen Technologie in ein bestehendes Serienprodukt stellt das revolutioni~re, wie umstrittene, Fahrzeugbedienungskonzept iDrive der BMW AG dar. Ober einen Horchposten im Silicon Valley gelangte die Kerntechnologie aus der HighTech-Medizinindustrie zur F&E-Zentrale nach Manchen, wurde schliesslich zur Serienreife weiterentwickelt und im Jahre 2002 in der 7er-Modellreihe der Offentlichkeit vorgestellt.
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ABLAUF LINDORGANISATIONDER FRUHENKUNDENINTEGRATION
Das dritte Handlungsfeld beinhaltet schliesslich den Abgleich der eigenen Fdhigkeiten und Ressourcen mit den eigenen Zielen sowie den externen Notwendigkeiten und Anforderungen. Aus einem Beurteilungsprozess heraus PAIR die Entscheidung, welche Innovationsprozesse mit oder ohne exteme Beteiligung angestossen werden. Dabei handelt es sich - dem Charakter der Frtihphase entsprechend- um Projekte, mit hoher Unsicherheit und mittel- bis langfristigen Rentabilitatsfristen. Das Erkennen der Notwendigkeit der Kundenintegration beruht also, als Ergebnis einer Gegentlberstellung der eigenen F~uhigkeiten mit den sich bietenden Chancen, auf der rechtzeitigen und zielgerichteten Identifizierung eines Bedarfs.
These 4a: Je sorgf'altiger die Entscheidung zur Kundenintegration auf einer Integrationsstrategie, resultierend aus einer detaillierten Analyse der eigenen Kompetenzen sowie einer Identifikation m6glicher Kooperationsfelder, basiert, desto besser sind die Erfolgsaussichten des darauf aufbauenden Kundenintegrationsprozesses.
Klare Ergebnisfestlegung Nach der grundsittzlichen Entscheidung far die Kundenintegration folgt als zweites Hauptkriterium der ersten Phase die Kl/Lrung der Integrationsziele. Die dureh die Integration verfolgten Ziele stellen einen wesentlichen Parameter fiir das Management des Kundenintegrationsprozesses dar. Kundenauswahl, Zeitpunkt der Einbindung sowie operative Zusammenarbeit werden entscheidend vom erwarteten Ergebnis beeinflusst. Aus den tibergeordneten Strategien heraus entstehen zun/tchst spezifische Integrationsstrategien und schliesslich konkrete Ziele, welche der Hersteller mit der frilhen Kundenintegration verfolgt. Dabei lassen sich vier wesentliche Ziele unterscheiden - die Trendidentifikation, die Innovationsverstarkung, die Spezifikationsausarbeitung und die Konzeptverfeinerung. Die Sammlung aller relevanten firmeninternen Daten und darauf aufbauend eine detaillierte Problembeschreibung bilden dabei das erste Handlungsfeld. Neben der Aufarbeitung der im Rahmen des Entscheidungsprozesses gesammelten Daten
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innerhalb der direkt mit der Kundenintegration betreuten Organisationseinheit, werden zu diesem Zeitpunkt auch die anderen von der Integration betroffenen Abteilungen eingebunden. Diese firmeninterne Zusammenarbeit (aufseiten des Herstellers) l/tuff von einer VorankUndigung des geplanten Projektes, fiber eine Abstimmung der Ziele und Suchstrategien, hin zur Abklarung des bereits vorhandenen Wissens tiber potenzieUe Integrationspartner. Dariiber hinaus kSnnen bereits erste Gesprache zur Klltrung von Teilnehmern anderer Abteilungen im geplanten Integrationsprojekt stattfinden. Diese firmeninteme Datensammlung erfilllt auch die wesentliche Funktion der friihzeitigen Information der in den weiteren Schritten direkt betroffenen Abteilungen (z.B. des Key Account Managements). Handlungsfeld wird durch die konkrete Erarbeitung der Integrationsziele gebildet. Nach der grunds/itzlichen Festlegung auf einen Integrationstyp erfolgt basierend auf einer genauen Beschreibung des Problems, welches mithilfe der Kundenintegration geltist werden soil, eine detaillierte Ausarbeitung der Integrationsziele. Basierend auf der im Entscheidungsprozess gefundenen Liicke erfolgt eine Konkretisierung des durch die Integration des Kunden erwarteten Beitrages. Das
zweite
Schliesslich gilt es im letzten Handlungsfeld, die Integration der wichtigsten Stakeholder und die weiteren Prozessschritte vorzubereiten. Dazu geh/Srt innerhalb des Untemehmens die Entwicklung eines Konzeptes filr das weitere Vorgehen. Die Regelung der abteilungs- und firmeninternen Verantwortlichkeiten bildet dabei den Schwerpunkt. Als Vorbereitung auf die eigentliche Kundensuche kann ausserdem bereits eine erste Kontaktaufnahme mit potenziellen Partnern im Sinne erster unverbindlicher Vorgespr/iche stattfinden. Auch eine Analyse der Vorgeschichte potenziell zu integrierender Kunden sowie erste ,,Marketingaktivitaten", um den Markt auf die bevorstehende frfihe Kundenintegration vorzubereiten, k/Snnen bereits durchgefllhrt werden.
These 4b: Je genauer bei der Ergebnisfestlegung das spezifische Ziel des Herstellers berUcksichtigt wird, desto grOsser sind die Chancen einer erfolgreichen Zielerreichung im folgenden Kundenintegrationsprozess.
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ABLAUF LINDORI3ANISATIONDER FRF3HENKUNDENINTEGRATION
Abbildung 36 fasst die Hauptkriterien und Handlungsfelder der Initiierungsphase zusammen.
Schritt
Hauptkriterien
Handlungsfe/der Strategische Analyse der eigenen Kompetenzen und T echnologien
Entscheidung zur Kundenintegration
r J~
~, Erkennen von Chancen und Anforderungen ~, Abgleich der Fahigkeiten und Anforderungen
r O) C L
;~ Detaillierte Problembeschreibung
._= i
Ergebnisfestlegung
~, Erarbeitung der Integrationsziele ~, Integration der wichtigsten Stakeholder
Abbildung 36: Handlungsfelder der Initiierungsphase
Vorbereitungsphase Basierend auf den Kenntnissen der eigenen Starken und Schw/tchen sowie Chancen und Risiken kOnnen potenzielle Innovationspartner identifiziert werden, welche helfen, die strategischen Zielsetzungen zu verfolgen. Potenzielle Innovationspartner umfassen neben Kunden und Lieferanten auch komplementare Partner und Wettbewerber (Stichwort Coopetition). Die wesentlichen Schritte dieser Phase sind Suche, Auswahl, Verhandlungen und Vertragsabschluss. Es wird also primar die Frage beantwortet, wer integriert werden soil.
Hauptkriterium Kundenauswahl Das Ziel der Integration und damit der Zeitpunkt der Integration und die Rolle des Kunden stehen zu diesem Zeitpunkt des Kundenintegrationsprozesses bereits fest. Es gilt daher jetzt, geeignete Mechanismen zur konkreten Suche potenziell geeigneter Kunden festzulegen. Neben den rollenspezifischen Selektionskriterien,
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welche engen Bezug auf die jeweiligen Rollencharakteristika nehmen mtissen, spielt auch die grundsiitzliche Ubereinstimmung auf strategischer und kultureller Ebene eine wesentliche Rolle.
These 5: Die Rolle des Kunden hat entscheidenden Einfluss auf die Kundenauswahl sowie die operative Gestaltung der frtihen Kundenintegration.
Erstes Handlungsfeld dieser Phase ist die Entwicklung einer Suchstrategie und geeigneter Selektionskriterien zum Auffinden potenzieller Kunden. Dabei ist zuniichst die grundlegende Frage zu klaren, welche Kunden fiir die Integration in die InnovationsfrOhphase prinzipiell infrage kommen. Zunachst muss der Kunde ein der ihm zugedachten Rolle entsprechendes Kompetenzprofil aufweisen. Das bedeutet beispielsweise, dass ein Selektor in der Lage sein muss, Aussagen tiber zuktlnflige Entwicklungen in relevanten Markten zu machen. Er muss also tiber eine gewisse ,,Szenarienkompetenz" verfiigen, eine Eigenschaft, welche von der GrSsse und der Branche abhangt und nicht immer gleich stark ausgepriigt sein wird. Generell manifestiert sich der Einfluss des Kunden bezilglich der Wirksamkeit der von ihm bekleideten Rollen im Rahmen einer Integration durch den HersteUer in seiner lnnovationsbereitschaf't, finanziellen Potenz sowie seiner Prognosef'ahigkeit t'dr segmentspezifische zuktlnfiige Bedtirfnisse (Brockhoff 2002). Neben der Suchstrategie und dem Kompetenzprofil des Kunden gilt es auch, Aspekte des Umfelds zu berticksichtigen. So spielt die Marktsituation, in welcher die Integration stattfindet eine Rolle. Die SIG Combibloc z. B hat durch die grosse Konzentration bei Grossserien-Fruchtsafiab~llem nur wenige Kunden zur Vert'dgung, welche t~berhaupt fur eine Integration infrage kommen. Eine Rolle spielen auch eventuelle Konkurrenzsituationen unter den Kunden, vor allem, wenn diese durch das Produkt des Herstellers beeinflusst werden. Im F alle von Hilti treten derartige Bedenken nicht auf, da die Produkte prinzipiell nicht mit Exklusivrechten vertrieben werden und daher keine Baufirma sich durch eine neue Hilti-Maschine einen nachhaltigen Wettbewerbsvorsprung sichem kann.
Zumtobel Staff gibt sich selbst strategische Zielgr0ssen vor, welche ,Stararchitekten" in welcher Region wie stark integriert sein sollen. Hinter diesen
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ABLAUF LINDORGANISATIONDER FROHENKUNDENINTEGRATION
Vorgaben stehen konkret festgelegte Kriterien, anhand derer potenzielle Integrationspartnem ausgewahlt werden. Off spielen persOnliche BekanntschaRen und Mundpropaganda eine wesentliche Rolle. Auch die vergangenen Erfahrungen, welche man mit einem Kunden gesammelt hat, fliessen in die Auswahlkriterien mit ein. Dabei gilt es zur Sammlung des innerhalb der Firma vorhandenen, relevanten Wissens fiber die jeweilige Kundenzielgruppe mit d e n anderen betroffenen Abteilungen zusammenzuarbeiten (Wer kennt die Kunden und kann Aussagen fiber ihre Eignung zur Integration Auskunft geben?). Der Erstkontakt mit potenziellen Partnem kann tiber klassische Kanale des Kundenkontaktes (z. B. Marketing, Verkauf, Key Account Management) erfolgen bzw. mfissen diese Abteilungen immer fiber jeden direkten Kontakt zwischen F&E- bzw. Spezialahteilungen und den Kunden informiert und in etwaige Entscheidungen eingebunden werden. Die Partnerselektion kann aufgrund eines ausgearbeiteten Kriterienkataloges erfolgen, wobei persOnliche Kontakte ottmals die ausschlaggebenden Faktoren fitr die Wahl eines geeigneten Partners darstellen. Zweites Handlungsfeld ist der eigentliche Kundensuchprozess. Die Durchfllhrung einer systematischen Suche unter Einbeziehung verschiedener Kanale und Abteilungen beinhaltet die Feststellung der Fahigkeiten der infrage kommenden Kunden sowie eine erste Vorauswahl anhand der erarbeiteten Selektionskriterien. In vielen Fallen ist dies kein isolierter, einmaliger Prozess, sondern das Umfeld wird im Rahmen der taglichen Aktivitaten praktisch permanent nach potenziellen Partnem abgesucht. Es ist vorteilhaft, ein Portfolio yon mSglichen Kooperationspartnern zu pflegen, da die Einbindung verschiedener Partner in verschiedenen Rollen zu den grOssten Hebeleffekten zur Steigerung der Innovationskrafi fiihrt. Eine durch einen systematischen Prozess aufgebaute Partnerschaftskompetenz ermOglicht es, bei Bedarf spontan auf einen Partner zurackzugreifen, olme zuerst den Partner selektieren und die Partnerschatt aufbauen zu mfissen. Handlungsfeld bildet schliesslich die Selektion potemieller Integrationspartner. Dabei passiert, nach einer Abklarung des prinzipiellen Interesses vonseiten der Kunden, die eigentliche Auswahl der potenziellen Integrationspartner in bilateralen Gesprlichen. Das
dritte
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i 87
These 5a: Je mehr die Rolle des Kunden bei der Kundenauswahl, in Form von entsprechenden Suchstrategien und Selektionskriterien, bertieksichtigt wird, desto zielgeriehteter kann diese erfolgen und desto grGsser ist die Chance geeignete Kunden zu finden.
Hauptkriterium Vertragsabschluss Im niiehsten Schritt kommt es zur Verhandlung mit den selektierten Kunden. In dieser Verhandlungsphase erfolgt die endgilltige Auswahl aus einer kleinen Gruppe von mfiglichen Integrationspartnern. Dabei spielen neben den Fahigkeiten der Kunden und ihrer zeitlichen und riiumlichen VerfUgbarkeit aueh ihre Erwartungen sowohl hinsichtlich der Irmovationsziele als auch in Bezug auf eine eventuelle Vergtitung eine Rolle. Der Aufbau der Partnersehafi beinhaltet in erster Linie vertragliche Abstimmungen beziiglich der gemeinsamen Zielsetzung und Rahrnenbedingungen der Integration. Die Festlegung der gemeinsamen Integrationsziele bildet das zweite wichtige Handlungsfeld. F~illt der Entschluss, die eigenen Kompetenzen mit dem selektierten Kunden zu st~ken oder zu erg~azen, muss die rechtliche Ausgestaltung der Integration geregelt werden. Ein wesentliches Gestaltungsthema ist dabei die KlILrung der Rechte am geistigen Eigentum (Intellectual Property IP). Unter den Begriff des geistigen Eigentums ist in diesem Zusammenhang der gemeinsame Wissensausstoss der frtihen Kundenintegration zu verstehen. Die grosse Herausforderung bei gemeinsamen Innovationsvorhaben besteht diesbezfiglich darin, dass die Autteilung von Ertrag und Nutzen aus der Kooperation festgelegt werden muss, bevor deren eigentliche GrOsse bekannt ist. Solche Regelungen beinhalten vor allem Fragestellungen, welche in den Bereich des Intellectual Property Managements fallen. Nicht immer wird man im Fall der fi'Uhen Kundenintegration mit den herkGmmlichen Anslltzen zur Intellectual Property Regelung das Auslangen finden, da es sich dabei im Gegensatz zu einer klassischen F&E-Kooperation um die neue Form eines offenen Innovationsprozesses handelt. Manche Autoren sehen daher die Notwendigkeit, neue Mechanismen zu entwickeln, urn in solchen gemeinsamen Innovationsvorhaben die 6konomische Renten mit den Kunden zu teilen (z. B. Nambisan 2002).
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ABLAUF LINDORGANISATIONDER FRUHEN KUNDENINTEGRATION
Neben der klaren Regelung des geistigen Eigentums ist aber auch die gemeinsame Definition von Exit-Strategien yon zentraler Bedeutung. Diese sollten yon den Innovationspartnern nicht als Ausdruck yon Misstrauen, sondern im Gegenteil als vertrauensbildende Massnahme verstanden werden. Nur auf der Grundlage klarer Positionen und geringer Unsicherheit kann das ffir eine erfolgreiche Integration notwendige Vertrauen aufgebaut werden. Der Hersteller muss am Ende der Verhandlungen einen Abgleich seiner in der Initiierungsphase aufgestellten Ziele mit den Verhandlungsergebnissen, d.h. den gemeinsamen Zielen durchfdhren. Danach erfolgt der Abschluss des Vertrages bzw. der Vereinbarung. In vielen Fallen kommt es gar nicht zu einem schriftlichen Vertrag mit detaillierter Ausarbeitung der wesentlichen Punkte der Integration sowie der Verwertung der Ergebnisse. Es gentlgt off eine kurze einseitige Vereinbarung Uber Stillschweigen betreffend der Ergebnisse der im Rahmen der Integration durchgefUhrten Treffen. In vielen Fallen liegt auch schon eine perst~nliche Bekanntschafi und damit ein Vertrauensverh~ltnis vor, welches den Abschluss von umfangreichen schrifUichen Vereinbarungen unn0tig macht. In manchen M~kten bzw. Branchen, beispielsweise der Raumfahrtindustrie, sind allerdings ausfUhrliche Vertragswerke, oft im Zuge yon Ausschreibungen 8ffentlicher Institutionen, vorgeschrieben und unerl~slich.
These 5b: Je sorgf~ltiger beim Vertragsabschluss die gemeinsame Zielfindung durchgefifi~ sowie die Fragen des geistigen Eigentums gekl~irt werden, desto geringer ist das Konfliktpotenzial und desto ht~her die Erfolgswahrscheinlichkeit der interaktiven Zusammenarbeit.
Die wesentlichen Kempunkte der Vorbereitungsphase zusammen.
fasst Abbildung 37
GESTALTUNGSEMPFEHLUNGENLINDTHESEN
Schritt
Hauptkriterien
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Handlungsfelder Entwicklung Suchstrategie und Selektionskriterien
G)
Kundenauswahl
IQ. u~
~, Kundensuchprozess ~, Selektion potenzieller I ntegrationspartner
C :3
} Verhandlung mit selektierten Kunden
42 L_
Vertragsabschluss
~, Festlegung der gemeinsamen Integrationsziele Kl~rung der Rechte am geistigen Eigentum
Abbildung 37: Handlungsfelder der Vorbereitungsphase
Realisierungsphase Im dritten Schritt wird die Partnerschafl schliesslich umgesetzt. In den beiden als relevant identifizierten Gestalmngsfeldem werden anhand der jeweiligen Gestaltungsfaktoren die Organisation und der Ablauf festgelegt. Damit werden die Ergebnisse erzielt und integriert. Durch das Finden der passenden Form der Zusammenarbeit sowie das Aufsetzen und Ftihren des eigentlichen Integrationsprozesses wird die Frage nach dem ,,Wie" der frilhen Kundenintegration beantwortet.
These 6: Die f'dr den Erfolg notwendige rollenspezifische Organisation der friihen Kundenintegration wird auf der operativen Ebene durch die Auspdtgung der Gestaltungsfaktoren in den beiden Gestaltungsfeldern Integrationsstruktur und Interaktionsprozess bestimmt.
190
ABLAUF UND ORGANISATION DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
Operative Gestaltung und DurchfUhrung Gestaltungsfeid Integrationsstruktur Das Konstrukt der Integrationsstruktur steht ffir die strukturellen Aspekte der friihen Kundenintegration. Im Mittelpunkt steht hier die eigentliche operative Organisation (Wie organisiert?), w~ihrend es beim Interaktionsprozess tier Ablauf und soziale Aspekte sind. Es wird die Einbindung der ausgew~Lhlten Kunden in die intemen Abliiufe des Herstellers behandelt. Dabei verlangen verschiedene Kundenrollen unterschiedliche Anbindungsarten und damit unterschiedliche Integrations- und Koordinationsmechanismen. Im Folgenden werden fur die identifizierten Gestaltungsfaktoren Verbindungsst~ke, zeitliche Smdcmr, Oft tier Interaktion und tier Zahl der Kunden jeweils allgemeine sowie rollenspezifische Gestaltungsempfehlungen entwickelt. Ve r b indun gs s ta'rke
Zur Erzielung einer simativ passenden Integrationsstruktur muss die Verbindungssffu'ke, oder auch Intensit~t der Kundenintegration, an die jeweilige Situation sowie den erwarteten Kundenbeitrag und damit die spezifische Kundenrolle angepasst sein. Je passender die IntegrationssmdCur der frtihen Kundenintegration ausgeffihrt ist und je flexibler sie an neue Situationen angepasst werden kann, desto erfolgreicher kann die Integration ablaufen. Ziel ist daher, keine mOglichst hohe, sondem eine der jeweiligen Situation adAquate Verbindungsst~l'ke. Gruner (1997) hat darauf hingewiesen, dass aufgrund der Form der Kundenintegration nicht notwendigerweise eine Assoziation mit der Intensititt der Zusammenarbeit gegeben sein muss. So sind zwar bei Betrachtung der Integrationsform Tendenzaussagen zur Einbindungsintensitat mOglich, gleichzeitig sind aber sehr wohl innerhalb einer Form deutlich unterschiedliche Intensitiiten denkbar. Im Folgenden wird daher gezeigt, womit die Verbindungsstlirke generell beeinflusst werden kann. Die danach angefiihrten rollenspezifischen Unterschiede sollen als prototypische Richtlinien gelten, wobei es in der Praxis situativ zu anderen GrOssenverhilltnissen kommen kann. Wie in Absclmitt 4.2.1 gezeigt worden ist, liegen die Mittel zur Erzielung einer grOsseren Verbindungsst,~irke in der ErhGhung der Haufigkeit tier Kontakte, einer zeitlich andauemden raumlichen Integration des Kunden oder in der Schaffung spezieller Rollen bzw. Organisationseinheiten beim Hersteller. Die notwendige St~ke der Verbindung zwischen Hersteller und integriertem Kunden hiingt vonder
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Komplexitiit der Aufgabe des Kunden und vonder zeitlichen Dringlichkeit ab. Je zeitkritischer eine Aufgabe ist, desto starker muss die Anbindung des Kunden ausfallen. Auch eine h6here Komplexit~it oder Spezifi~t der Aufgabe verlangt nach einem hSheren Grad an Ankopplung. Dies bedeutet, dass die Rollen des Spezialisten, des Spezifikators und des Selektors eine grSssere Verbindungsstarke verlangen als die des Sensors. Sowohl der Spezialist als auch der Spezifikator zeiclmen sich durch eine hohe Spezifitilt bzw. Komplexitat der an sie gerichteten Anforderungen aus. Zuslitzlich spielen beide eine wesentliche Rolle bei der Erreichung der off zeitkfitischen Ziele der Ideengenerierungsphase. Bei der Phase der Identifizierung von Gelegenheiten ist kein so strikter Zeitplan zu erwarten. Fiir das Selektieren und Verfeinem der Konzepte am Ende der Frilhphase gilt aber sehr wohl wieder ein strafferer Zeitplan. Diese Phase vermischt sich off auch schon mit dem Beginn des eigentlichen Neuproduktentwicklungsprozesses, welcher prinzipiell durch ein strengeres Zeitregime gekennzeichnet ist. Struktur ist, wie bereits oben erw~mt, neben der Kultur ein weiteres zentrales Ordnungselement. Die operative strukturelle Verankerung kann auch im Hinblick auf die Verbindungsstarke eingesetzt werden. Dies geschieht durch eine eindeutige Regelung der mit der Integration verbundenen Aufgaben, der Verantwortlichkeiten und der Ressourcenzuteilung. So ist die Verbindungsstarke zu den integrierten Kunden im Falle einer eigenen organisatorischen Einheit aufgrund d e r damit verbunden personellen Ressourcen und des speziellen kundenorientierten Fokus h6her, als wenn die Integration in das Aufgabenportfolio einer bereits bestehenden Position integriert wird. Dieses Gestaltungselement stellt sicher, class die Verbindung zwischen den intemen Organisationseinheiten und den integrierten Kunden formell etabliert und aufrechterhalten wird. DrOber hinaus wird dadurch auch die Kanalisierung der Kundenbeitrage zu den richtigen Personen bzw. Abteilungen innerhalb der Organisation des Herstellers gewahrleistet. Man kann die Aufgabe einer derartigen eigenen Einheit als die Funktion eines ,,Integrators" betrachten. Dabei kann eine derartige Aufgabe sowohl ~ r die drei Rollen mit hoher Verbindungsstarke - namlich Spezialist, Spezifikator und Selektor- als auch ~ r die verbleibende Rolle des Sensors eingerichtet werden. Letztere verlangt zwar nicht notwendigerweise intensive langerffistige Betreuung, aber es kommt for die jeweiligen Aufgabenstellungen zu punktuellen Kontakten mit verschiedenen Kunden. Daher spielen in diesen Fallen, zusittzlich zu den Kemaufgaben eines Innovationsparmers, auch die Verk6rperung der Kontinuitiit und die Pflege der Integrationskompetenz noch wesentliche Rollen.
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Eine eigene Organisationseinheit zur Kundenintegration innerhalb der F&EAbteilung oder des Marketings stellt die starkste Manifestation der 0ffnung des Innovationsprozesses tilt, Kunden dar und bietet die besten Voraussetzungen for eine hohe Verbindungsintensit~t. Dabei muss eine derartige Institution allerdings nicht automatisch eine permanent hohe Verbindungsstarke bedeuten, da diese, wie im Folgenden gezeigt wird, auch eine wesentliche zeitliche Komponente aufweist. Zeitliche Struktur
Die zeitliche Struktur muss an das Ziel und damit die Rolle angepasst werden, da sie yon den Aufgabenstellungen nicht zu trennen ist. So bedarf die gemeinsame Erarbeitung einer Innovation eine l/lngerfristige enge Zusammenarbeit, welche mit punktuellen Interaktionen nicht maehbar ware. Derartige singulare Kontakte kSnnen aber fllr einen gezielten Input bzw. die fokussierte Behandlung eines Teilaspektes zu einem bestimmten Zeitpunkt der Innovationsfrtihphase durchaus zielf'dhrend sein. Prinzipiell wird die zeitliche Struktur durch die H/lufigkeit und die Dauer der einzelnen Intervalle bestimmt. Der Hersteller kann also die Zahl der Treffen beispielsweise im Verlauf eines Jahres sowie die Dauer der einzelnen Treffen und darnit das Zeitmuster der Interaktion festlegen. Wahrend die Rollen des Sensors und des Selektors meistens durch punktuelle Interaktionen charakterisiert sind, tritt bei den beiden anderen Rollen haufig eine temporare Interaktion in Form einer Zusammenarbeit tiber einen langeren Zeitraum auf. Sowohl die Innovationsverstarkung des Spezialisten als auch die Spezifikationsausarbeitung des Spezifikators verlangen einen regen pers0nlichen Austausch zwischen den Vertretern des Kunden und den zustandigen Spezialisten des Herstellers. Nur dadurch ist es mSglich, dass jede Seite ihr Spezialwissen (beim Spezialisten dominierend implizit, beim Spezifikator auch explizit m0glich) einbringt und durch Kombination etwas innovatives Neues entsteht. Ausserdem gibt es in beiden F/tllen prinzipiell nur wenige potenzielle Integrationspartner, welche daher besonderer Aufmerksamkeit bedtirfen. Generell liegt es t'dr alle Rollen der frtihen Kundenintegration im beiderseitigen Interesse, im Sinne konstanter Gesch/iflsbeziehungen ein Netz verl/isslicher Partner aufzubauen. Diese grundsittzlich langfristige Orientierung unterscheidet die frtihe Kundenintegration von den anderen - vor allem im Konsumgtiterbereich angewendeten - Formen der Kundeneinbindung. Es zeigt sich allerdings gerade
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auch in B-2-C-Markten ein verstarkter Trend in Richtung des Aufbaus langfristiger Kundencommmunities.33 Im vorgegebenen Rahmen der durch die Rollen vorgegebenen Notwendigkeiten kann der Hersteller aber jederzeit steuemd bezilglich der zeitlichen Struktur eingreifen. Falls eine Erh6hung der Frequenz und damit der Verbindungsstarke notwendig erscheint, k6nnen persanliche Zwischentreffen einberufen werden oder die Frequenz der geplanten Meetings bzw. Meilensteine erh6ht werden. Zahl der Kunden
Die Zahl der Kunden, welehe am Integrationsprozess teilnehmen, kann prinzipiell aus zwei Blickrichtungen betrachtet werden. Zuniichst als Zahl der Kundenteilnehmer bei einem einzelnen Interaktionsevent (z. B. Workshop), also ein einzelner Kunde oder einer Kundengruppe und zweitens als Zahl der versehiedenen Kundenfirrnen im Laufe des gesamten Innovationsprojektes. Beide Parameter m0ssen an die jeweilige Situation angepasst werden. Die Frage der Zahl der Ktmdenvertreter pro Treffen h~mgt pdmar von der jeweiligen Aufgabe at). Sind spezielle Kompetenzen vonseiten des Kunden gefragt, welche eine Einzelperson alleine nicht abdecken kann bzw. ist eine grosse Anzahl verschiedener Meinungen und Erfahrungen notwendig, dann ist es vorteilhatt, wenn der Hersteller verschiedene Teilnehmer aus dem Kreis des integrierten Kundenunternehmens einladt. Es ist aueh vorstellbar, dass fill" gewisse Teilschritte die jeweils passenden Spezialisten bzw. Know-how-Tl~ger eines Kundenuntemehmens eingebunden werden. In vielen Fallen der frahen Kundenintegration wird eine Situation vorliegen, in welcher es vorteilhaft ware, mehrere Kunden zu involvieren, dies aber aufgrund anderer Beschrlinkungen nieht m6glich ist. So k6nnen beispielsweise die Verfllgbarkeit der Personen, ein zu geringer Pool an potenziellen kompetenten Kandidaten, Motivationsprobleme oder der gr6sser werdende b0rokratische Aufwand besehrankenden Einfluss auf die Zahl tier tatsachlieh integrierten Kunden aus0ben. Auch bezfiglich tier Einbindung mehrerer Kundenuntemehrnen im Verlauf eines Innovationsvorhabens existieren exteme Faktoren, welche die Entscheidung entscheidend beeinflussen. Zuniichst die einfache Fragestellung, ob es mehrere Untemehmen gibt, welche den Selektionskriterien gentigen. Ausserdem spielt aueh eine eventuelle Konkurrenzsituation unter den Kunden eine Rolle. Dies gilt vor allem dann, wenn jene dutch alas Produkt des Herstellers beeinflusst wird. Nur wenn 33 Far Beispiele aktueller Entwicklungen der Kundeneinbindung im B-2-C-Sektor siehe Abschnitt 7.2.
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ABLAUF UND ORGANISATION DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
die behandelten Fragestellungen entweder prtikompetitiv gestellt werden oder aber die Produkte des Herstellers uneingeschrankt am Markt vert'dgbar sind und damit keinen nachhaltigen Differenzierungsvorteil gegeniiber der Konkurrenz bieten, kSnnen konkurrierende Kundenuntemehmen gleichzeitig eingeladen werden. Andererseits kann eine Gruppe in der verschiedene Kundenuntemehmen vertreten sind auch ein grosser Anreiz ~ das einzelne Kundenuntemelunen sein, tiberhaupt an der Integration teilzunehmen. Ein Austausch mit anderen Unternehmen, sowohl der eigenen, aber auch einer fremden Branche, wird von vielen Untemehmen als grosse Chance erkannt und erSffnet grosse Innovationspotenziale. Der Hersteller kann in solchen Fallen die Rolle eines Katalysators einnehmen, welcher seinerseits ebenfalls vom Ergebnis der Diskussionen bzw. Workshops profitiert. Bayer MaterialScience geht sogar soweit, ,,neutrale" Workshops zu veranstalten, bei denen die Identitat des Auitraggebers nicht kommuniziert wird und die yon neutralen Dritten an neutralen Orten organisiert werden. Auch wenn sich keine generell gilltigen Aussagen bezilglich einer optimalen Anzahl an integrierten Kunden for die einzelnen Kundenrollen machen lassen, so gelten doch die folgenden grundsatzlichen Uberlegungen. FUr die Rolle des Sensors und des Selektors ist es prinzipiell vorstellbar, mehrere Kundenuntemehmen einzuladen, falls dies aus Konkurrenzgrfinden mSglich ist. Die Entwicklung oder Diskussion yon Szenarien wie auch die Verfeinerung von Konzepten verlangen prinzipiell ein kreatives Umfeld, filr welches eine Vielzahl yon Kompetenzen mid Erfahrungswerten vorteilhait ist. Far die RoUen des Spezialisten lind des Spezifikators hingegen erscheint eine Einbindung verschiedener Kundenunternehmen fllr ein Innovationsprojekt nicht zweckmassig. FUr alle vier Rollen hingegen gilt, dass mehrere Vertreter eines einzelnen Kundenuntemehmens einem einzelnen Vertreter vorzuziehen sind und soweit wie m0glich zu integrieren sind.
Ort der Interaktion Die Interaktion kann raumlich betrachtet beim Hersteller, beim Kunden (Spezialfall in der Anwendungsumgebung) oder an einem neutralen dritten Ort stattfinden (vgl. z. B. Lettl 2004). Dabei bringt jeder einzelne dieser drei Orte eigene Vorteile mit sich. Die Durchfllhrung beim Hersteller t'dhrt dazu, dass der Kunde die Gegebenheiten und Ablaufe des Herstellers direkt erfahren und dadurch besser verstehen kann. Dar~ber hinaus liegt in der Einladung zum Hersteller eine Wertschatzung, welche nicht jedem Kunden zuteil kommt und zur Motivation verwendet werden kann. Der Standort des Kunden bringt vor allem Vorteile ffir den Hersteller, welcher Einblicke
GESTALTUNGSEMPFEHLUNGENITNDTHESEN
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in die Ablaufe des Kunden erhalt. Dadurch kOnnen eventuell Rtickschltisse auf Bediirfnisse oder Hinweise auf weiteren Innovationsbedarf gewonnen werden. Eine spezielle Form stellt der direkte Ort der Anwendung eines Konzeptes oder frahen Prototyps oder auch eines bestehenden Produktes des Herstellers dar. Dadurch wird der Verwendungszusammenhang deutlich und etwaiges Verbesserungspotenzial tritt klarer zutage. Beztiglich der Interaktionsorte tier einzelnen Kundenrollen zeigt sich, dass der Standort des Herstellers immer eine grundsatzliche Option darstellt. Die Trendidentifikation gemeinsam mit Kunden als Sensoren kann daneben zweckmassigerweise auch noch an einem neutralen Ort stattfinden. Dies ermSglicht eine gewisse Unabhangigkeit vom Hersteller und dadurch mSglicherweise ein gr0sseres Potenzial i~r unveri'filschte Beitrage und Meinungsausserungen der Kunden. Beispiel hier~r sind Workshops in Hotels oder Veranstaltungszentren, m0glicherweise unter Leitung eines neutralen Moderators. Far die Rolle des Spezialisten empfiehlt sich neben dem Herstellerstandort eventuell eine parallele gleichzeitige oder zeitversetzte Bearbeitung beim Kunden. So kSnnen Phasen persSnlicher Treffen mit solchen abwechseln, bei denen jeder Partner seine spezifischen Kompetenzen in seiner eigenen Arbeitsumgebung einsetzt. FUr die Konzeptverfeinerung, welche im Rahmen der Selektorrolle angestrebt wird, empfiehlt es sich, bereits funktionsf~ige Konzepte direkt im Anwendungszusammenhang zu erproben und an Ort und Stelle tiber VerbesserungsmSglichkeiten zu diskutieren. Die Entscheidung tiber die beste Lokalitat flir das jeweilige Integrationstreffen muss im Verlauf eines Projektes immer wieder neu abgewogen werden und kann je nach Situation durchaus vaxiieren.
These 6a: FUr eine erfolgreiche operative Gestaltung und Durcht~hrung muss die Integrationsstruktur der frahen Kundenintegration mittels der Faktoren (1) Verbindungsstarke, (2) zeitliche Struktur, (3) Zahl der Kunden und (4) Ort tier Interaktion an die Rolle des Kunden sowie die spezifische Situation angepasst werden.
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ABLAUF LINDORGANISATIONDER FROHENKUNDENINTEGRATION
Gestaltungsfeld Interaktionsprozess In Ergitnzung der Integrationsstruktur behandelt der Interaktionsprozess den Ablauf und die sozialen Aspekte der frtihen Kundenintegration. Die dafOr identifizierten Gestaltungsfaktoren der Prozess- und Rollentransparenz, des kulturellen Fits, der Wissensgenerierung und der Kundenmotivation werden nun zur Aufstellung yon konkreten Handlungsempfehlungen herangezogen und daraus Thesen fOr das Konstrukt Interaktionsprozess abgeleitet.
Prozess- und Rollentransparenz Im Einklang mit dem Gedanken der offenen Innovation ist die Transparenz des Integrationsprozesses und der jeweiligen Kundenrolle als notwendige Voraussetzung zu betrachten. Mittel des Herstellers, diese Transparenz zu erhShen, liegen primltr in einer offenen gegenseitig verst~dlichen Kommunikation (vgl. z. B. Brockhoff 1998). So kann der Hersteller beispielsweise spezielle Kundenrollen einfohren, kommunizieren sowie die jeweils damit verbundenen Erwartungen deutlich hervorheben. Auch DarsteUungen und Erklitrungen des Innovationsprozesses des Herstellers fOr den Kunden fallen unter diese Kategorie. Sowohl die Prozess- als auch die Rollentransparenz sollen im Rahmen frOher Kundenintegration so hoch wie mSglich ausgeprligt sein. Hohe Transparenz ist immer auch ein Zeichen funktionierender Kommunikation und entspricht dem zugrunde liegenden Gedanken der notwendigen Offnung des Innovationsprozesses. Gerade fOr die beiden durch intensive Interaktion gepritgten Rollen Spezialist und Spezifikator nimmt eine hohe Prozess- und Rollentransparenz eine ilberragende Stellung ein. Diese beiden speziellen Formen der Zusammenarbeit kSnnen nur funktionieren, wenn tier integrierte Kunde ein klares Verstltndnis seiner Rolle sowie der wesentlichen Parameter des Innovationsprozesses des Herstellers hat, in welchen er eingebunden ist. Die beiden anderen Rollen, welche typischerweise vor allem punktuelle Integrationsmuster beinhalten, profitieren ebenfalls yon einer hohen Transparenz, sind gegentiber mangelnder Transparenz jedoch nicht im gleichen Masse empfindlich. Die hohe Bedeutung der Transparenz begr0ndet das Bestreben des Herstellers nach dauerhafien, langfristigen Beziehungen zu seinen innovativen Kunden. Im Idealfall bringt der Kunde einerseits ein Verstltndnis der Abliiufe beim Hersteller mit und andererseits besteht durch die lange Zusammenarbeit bereits ein
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Vertrauensverhaltnis als wesentliche Grundlage der filr Transparenz grunds/itzlich notwendigen Offenheit. Kultureller Fit
Eng verwandt mit der Transparenz, steht beim kulturellen Fit bzw. der kognitiven Kompatibilit/it der Aufbau eines gemeinsamen Verstandnisses der fiir das Innovationsvorhaben wesentlichen Grundlagen im Mittelpunkt. Nur wenn alle teilnehmenden Partner eine gemeinsame gedankliche Grundlage aufweisen, kSnnen die Beitr/ige optimal fokussiert und die Effizienz des Integrationsprozesses dadurch erhSht werden. Ein h/iufiger und expliziter Austausch der relevanten Prozess- und Projektinformationen im Rahmen der frtihen Kundenintegration ist ein Mittel um einen guten kulturellen Fit zu erreichen. Auch muss frtih eine Kommunikationskultur entwickelt werden, welche den Anforderungen der Integration entspricht. Die Basis t'tlr ein derartiges gemeinsames Verstandnis wird schon bei der Kundenauswahl gelegt. Der Hersteller muss bereits bei der Selektion der Kunden darauf Wert legen, dass die prinzipiellen Voraussetzungen ~ r gemeinsarne mentale Modelle vorhanden sind. Dies bedeutet nicht, dass komplette Obereinstimmung und Harrnonie zwischen den Firmenkulturen und den pers/Snlichen Vertretern beider Seiten herrschen muss. Gewisse Unterschiede im Sinne von Reibfl/ichen kSnnen sieh gerade bei kreativen Prozessen als hilfreich erweisen. Eine grunds/ltzliche gemeinsarne Wertebasis muss aber vorhanden sein, um effizientes, interaktives Arbeiten zu erm/Sglichen. Gerade im B-2-B-Umfeld spielen daher persSnliche Beziehungen und Erfahrungen eine wesentliche Rolle. Die mit der Kundenselektion betrauten Vertreter des Herstellers haben meistens persSnliche Einschatzungen betreffend ihrer infrage kommenden Kunden oder k/~nnen auf solche zurfickgreifen. Auch beim kulturellen Fit zeigt sich eine prinzipielle Aufieilung der Rollen in zwei Gruppen. Wahrend die Obereinstimmung beim Spezialisten und Spezifikator aufgrund der engen langerfristigen Zusammenarbeit besonders wichtig ist, kOnnen Kunden in den Rollen eines Selektors und vor allem eines Sensors auch bei nicht so hoher kognitiver Kompatibilit/it erfolgreich integriert werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein grunds/ttzliches gemeinsames Verstandnis der Ziele, Prozesse und Modelle nicht auch bei diesen Rollen hilfreieh und notwendig ist. Aufgrund der Aufgabenstellung und des meistens nur punktuellen Kontaktes ist es aber oft nicht m6glich und zielfllhrend, aktiv an wirklich tief gehenden gemeinsamen geistigen Modellen zu arbeiten.
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ABLAUF LINDORGANISATIONDER FROHENKUNDENINTEGRATION
Wissensgenerierung Im Umfeld der frtihen Innovationsphase sind die integrierten Kunden dazu aufgerufen, durch die Integration ihres Wissens tiber bestehende Produkte oder Teclmologien sowie Erfahrung mit deren Benutzung neues Wissen zu generieren. Die vorherrschende Art der Wissensgenerierung im Rahmen der frilhen Kundenintegration ist dabei die Konvertierung. Diese passiert als grundsatzlicher Mechanismus bei allen vier Rollen. Eine dominierende RoUe spielt sie beim Selektor, wo das implizite Wissen des Kunden im Zuge der Diskussionen zur Konzeptverfeinerung durch Externalisation in explizites Wissen (z. B. konkrete OptimierungslSsungen) umgewandelt wird. Ein derartiger Mechanismus tritt mehr oder weniger stark auch bei den anderen Rollen auf, wobei er jedoch dort durch andere Arten der Wissensgenerierung ilberlagert wird. So tritt bei den Sensoren und Spezifikatoren off auch noch eine Konvertierung durch Kombination auf. Beim Spezifikator kann es durchaus passieren, class sowohl der HersteUer als auch der Kunde bereits explizites Wissen (z. B. in Form von technischen Daten oder SpezifikationsentwUrfen) in die gemeinsamen Innovationstreffen einbringen, dieses als Diskussionsgrundlage verwendet und neues Wissen (Innovation) daraus generiert wird. ~dmliches gilt fur den Sensor, wenn man beispielsweise an fertige Szenarien beider Seiten denkt, welche abgeglichen werden bzw. aus denen Technologieroadmaps entwickelt werden k6nnen. Bei der Rolle des Spezialisten tritt zusiitzlich zur Konvertierung durch Extemalisation auch noch der Prozess der Wissensakquisition auf. Dies bedeutet, dass spezielles komplementgtres Fachwissen des Kunden direkt durch den Hersteller aufgenommen werden kann, um in Erganzung zu dessen eigenen Kompetenzen das Innovationspotential zu erh6hen. Daraus ergeben sich folgende Implikationen fllr die konkrete Gestaltung der frtlhen Kundenintegration. Das tilr den jeweiligen Wissensgenerierungsprozess notwendige Umfeld muss gestaltet werden. Dazu ist es notwendig, class die Verantwortlichen Mitarbeiter des Herstellers tiber die jeweils dominierenden Mechanismen Bescheid wissen, um entsprechende Massnahmen ergreifen zu k6nnen. So gilt es, neben der Schaffung eines offenen austauschfreundlichen Umfeldes, beispielsweise Moderatoren einzusetzen, welche den Konvertierungsprozess (und die oft mtihsamen und langwierigen Diskussionen davor) lenken und strukturieren k6nnen. Auch muss dafUr gesorgt werden, dass Instrumente zur Verfllgung stehen, implizites Wissen zu visualisieren (angefangen bei einfachen Wandtafeln bis bin zu komplexen Darstellungs- und Kreativitatsmethoden) und neu entstandenes (meist explizites) Wissen mit m6glichst geringem Aufwand gespeichert, dokumentiert und verteilt werden kann. In Fallen, wo bereits explizites Wissen von einer oder beiden
GESTALTUNGSEMPFEHLUNGENUND THESEN
199
Seiten vorliegt, muss es m/Sglich sein, dieses (evtl. schon vorab) darzustellen bzw. aufzubereiten, um ein mt~glichst einheitliches Grundverstandnis am Beginn des Innovationstreffens sicherzustellen. Untemehmen kSnnen die F~ihigkeit ihrer Kunden, an der Wissensgenerierung teilzunehmen, zus/itzlich durch eine Erhtihung des Kundenwissens tiber Produkte und Technologien, deren potenzielle Benutzung sowie m/Sgliche komplementare Produkte erh/Shen (Nambisan, Agarwal etal. 1999). Ein derartig gesteigertes Produkt- bzw. Technologiebewusstsein wird die Grenzen der kognitiven Prozesse des Kunden erweitern und kreative, innovative Ideen ausl/Ssen (vgl. Leonard-Barton 1995). Kundenmotivation
Eine wesentliche Voraussetzung erfolgreicher Interaktion mit integrierten Kunden stellt die Kundenmotivation dar. Der Hersteller muss die zugrunde liegenden prinzipiellen Antriebe kennen, welche einen Kunden dazu motivieren, interaktiv an seinem innovationsorientierten Wertsch6pfungsprozess teilzunehmen. Grundsatzlich gilt es dabei, die beiden Gestaltungsfaktoren der Art des Kundenvorteils und des Motivationstyps zu unterscheiden (vgl. Tab. 4 und Tab. 8). Basierend auf einem grundlegenden Verstandnis dieser Aspekte, kann der Hersteller die Umgebung und den Prozess der friihen Kundenintegration attraktiv fiir die Kunden gestalten. Betrachtet man die Art des Kundenvorteils, so spielen sowohl produktbezogene als auch gruppenbezogene Vorteile t'th- die frUhe Kundenintegration eine Rolle. Der Hersteller kann verschiedene Mechanismen anwenden, um die vom integrierten Kunden empfundenen gruppenbezogenen Vorteile der frilhen Kundenintegration zu verstarken. Zum Beispiel k6nnen Mechanismen etabliert werden, um Teilnehmern zu erm6glichen, die Beitrage andere Mitglieder wahrzunehmen und sichtbar anzuerkennen. Dies karm beispielsweise durch spezielle Titel oder einen bestimmten Status geschehen. Eine MSglichkeit stellt auch die Schaffung einer geschlossenen Gruppe dar, in welche der Zutritt nur nach Einladung erfolgt. Dies ist im Bereich der IT-untersttitzten Communities eine viel diskutierte Variante (Sawhney, Prandelli 2000), ftlr die frtihe Kundenintegration allerdings bereits weit verbreitet. So sind die integrierten Kunden in den Innovationsteams immer ausgewahlt und eingeladen. Dadurch k6nnen die Kunden die Mitgliedschafi in einer derartigen Gruppe als Belohnung filr ihre Beitrlige empfinden. Dieser Aspekt, der gruppenbezogenen Vorteile, ist bei allen Rollen wichtig, wird aber immer auch von anderen Faktoren 0beflagert. So ist ein Sensor off primar am zus/ltzlichen Wissen tiber Markte und neue Trends interessiert, welches er selbst aus den Diskussionen gewinnen kann
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ABLAUF LINDORGANiSATION DER FROHEN KUNDENINTEGRATION
bzw. welches wiihrend seiner Integration entsteht. Spezialisten, Spezifikatoren und Selektoren k/Snnen vor allem yon den verbesserten Produkteigenschaften profitieren, die letzten beiden verstitrkt auch yon der MSglichkeit einer verbesserten Produktqualit/lt. Unternehmen kOnnen dabei eine Vielzahl an Gestaltungselementen im Rahmen ihrer frtihen Kundenintegration einsetzen, um den Eindruck der Kunden zu verstarken, dass ihre produktbezogenen Vorteile durch ihr direktes Engagement gewachsen sind. So kSnnen die Hersteller beispielsweise den spezifischen Beitriigen der Kunden, zusammen mit einer Darstellung der Ergebnisse, welche die Kunden beztiglich der Produkteigenschatten oder Qualit/lt realisieren konnten, hohe Sichtbarkeit geben. In/flmlicher Weise ktinnen Kundenirmovatoren frtihzeitig tiber neue Produktversionen informiert oder zu Produktdemonstrationen eingeladen werden - alles Aktivitilten, welche die produktbezogenen Erfahrungen der Kunden insgesarnt erweitern und vertiefen. Der Motivationstyp karm grundsatzlich intrinsisch oder extrinsisch sein. Extrinsische Anreize in Form von materiellen Aufwendungen stellen unabhangig yon den oben erwahnten indirekten Produktvorteilen eine weitere MOglichkeit der Motivation dar. Dabei kommt direkten monetaren Entschadigungen im B-2-BUmfeld meistens nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Wenn selektierte Kunden in die F&E-Zentrale des Herstellers eingeladen werden, so werden zwar meistens Aufenthalts- und Reisekosten erstattet bzw. Tagess/ltze als Spesenersatz ausbezahlt, der wesentliche Aspekt bei derartigen Einladungen liegt aber in der besonderen Rolle und den damit verbunden EinflussmSglichkeiten, welche der Kunde erh/llt. Prinzipiell sind Kunden, welche vom Hersteller integriert werden, in den meisten Fitllen auch intrinsisch motiviert. Es macht ihnen Spass und sie empfinden eine innere Befriedigung, wenn sie sich in den lnnovationsprozess des Herstellers einbringen und zur Erzielung von Ergebnisse beitragen k6nnen.
These 6b: Ftir eine erfolgreiche operative Gestaltung und Durchffihrung muss der Interaktionsprozess der frtihen Kundenintegration an die Rolle des Kunden sowie die spezifische Situation angepasst werden. Diese Anpassung erfolgt mit den Faktoren (1) Prozess- und Rollentransparenz, (2) kultureller Fit, (3) Wissensgenerierung und (4) Kundenmotivation.
GESTALTUNGSEMPFEHLUNGEN UND THESEN
201
Integration der Ergebnisse Erstes Handlungsfeld ist dabei die Dokumentation und Speicherung der Ergebnisse. Neben der direkten Verwertung der Ergebnisse der Kundenintegration im jeweiligen Innovationsprojekt, sollten die Ergebnisse des Integrationsprozesses auch anderen im Innovationsprozess tatigen Personen und Abteilungen zug~inglich gemacht werden. Dazu ist es notwendig, einen Kommunikationsprozess zu etablieren, weleher die Verbreitung der Integrationsresultate zum Ziel hat. Prinzipiell mtlssen organisatorische Lernprozesse beim Hersteller institutionalisiert werden, tiber welche die Ergebnisse der Integration an die relevanten Stellen des Innovationsprozesses fliessen und somit in den allgemeinen Wissensschatz aufgenommen werden kOnnen.
These 7: Je mehr die organisatorischen Lemprozesse des Herstellers institutionalisiert und untersttRzt werden, desto besser kann die Integration der Ergebnisse der frtihen Kundenintegration in das Unternehmen des Herstellers erfolgen.
Die Handlungsfelder und Hauptl~terien zusammengefasst in Abbildung 38 dargestellt.
der
Realisierungsphase
sind
202
ABLAUF LIND ORGANISATION DER FROHENKUNDENINTEGRATION
Schritt
Hauptkriterien
Handlungsfelder :~ Passende I ntegrationsstruktur etablieren
} Gestaltung
Interaktionsprozess aufsetzen und durchf0hren Kundenmotivation fOrdem
2 :~ Dokumentation und Speicherung der Ergebnisse n,
~_~
[
Integration
der Ergebnisse
}
Kommunikationsprozess etablieren
Abbildung 38: Handlungsfelder der Realisierungsphase
Charakteristika der spezifischen Kundenrollen der frlihen Kundenintegration
In den vorhergehenden Abschnitten wurde der Aufbau der frtihen Kundenintegration in einem theoretischen Rahmen, welcher die relevanten Einflussfelder sowie die Prozesse der eigentlichen Wissensgenerierung umfasst, betrachtet. Dabei wurden bereits bestehende Konstrukte bezilglich ihrer Implikationen fur die DurchfUhrung erfolgreicher fi'ilher Kundenintegration analysiert und im Abgleich mit den empirischen Befunden die relevanten Gestaltungsfaktoren identifiziert. Die notwendigen Auspragungen dieser Faktoren wurden zunachst allgemein hergeleitet und zuletzt zu Gestaltungsempfehlungen. Dabei wurden die einzelnen Kundenrollen der frt~hen Kundenintegration be~glich ihrer Auspragungen der Gestaltungsfaktoren beschrieben. Die Ergebnisse werden in Tabelle 8 gegeniibergestellt.
GESTALTUNGSEMPFEHLUNGEN UND THESEN
203
Sensor
Spezialist
Speziflkator
Selektor
VerbindungssttJrke
Mittel bis schwach
Hoch
Hoch
Hoch
Zeitliche Struktur
Punktuell
Temporar
Temporar
Punktuell
Zahl der Kunden
Einzelkunde oder Kundengruppe
Einzelkunde
Einzelkunde
Einzelkunde oder Kundengruppe
Ort der Interaktion
Beim Hersteller oder an einem neutralen Ort
Beim Hersteller oder parallel beim Hersteller und Kunden
BeimHersteiler
Beim Hersteller oder in Anwendungsumgebung
Prozess- und
DumhschniRlich Sehr wichtig wichtig
Sehr wichtig
DurchschnitUich wichtig
Kultureller Fit
Unwichtig
Sehr wichtig
Sehr wichtig
Durchschnittlich wichtig
Wissensgenerierung
Konvertierung durch Kombination
Akquisitionund Konvertierung durch Extemalisation
Konvertierung durch Kombination
Konvertierung durch Externalisation
Art des Kundenvorteils
Produktbezogen (Marktwissen)
Produktbezogen Produktbezogen (Eigenschaften) (Eigenschaften und Qualitat)
Motivationstyp
Extrinsisch
Extrinsischund intrinsisch
Rollentransparenz
_= ~Z
Intrinsisch
Produktbezogen (Eigenschaften und Qua,tat) und gruppenbezogen Extrinsisch und intrinsisch ,,
Tabelle 8." Auspragungen der Gestaltungsfaktoren der Kundenrollen der friihen Kundenintegration
204
6.4
ABLAUF UND ORGANISATION DER FRUHEN KUNDENINTEGRATION
Zusammenfassung
Zunlichst wurde gezeigt, dass Investitionen in den Aufbau von frtiher Kundenintegration erst nach einer genauen Definition der spezifischen Rollen, welche die ausgewiihlten Kunden in der frtihen Innovationsphase spielen sollen, durch den Hersteller erfolgen sollten. Diese verschiedenen Auspriigungen der frtihen Kundenintegration sind abh~ingig vom gewiinschten Output (vonseiten des Herstellers) und damit vom Innovationsbeitrag der Kunden. Je nach Beitrag, welchen der Kunde zur Innovation leistet, bindet ihn der Hersteller in einem anderen Segment der Frilhphase, mit anderen Zielen, unterschiedlicher Intensitllt und spezifischen Formen ein - d.h. er teilt ihm jeweils eine andere Rolle zu. Diese Erkenntnisse resultieren in dem konzeptionellen Gestaltungsmodell, welches einen Gestaltungsrahmen flit das Management bietet. Dazu wurde der Integrationsprozess zun~lchst in seine drei Hauptphasen unterteilt. Ftlr jeden Teilschritt sowie fBr die drei ilbergeordneten Gestaltungsfelder erfolgte eine Darstellung derjenigen Handlungsschwerpunkte, welche sich im Verlauf der Studie als wesentlich flir den Erfolg der Kundenintegration herausgestellt hatten. Jedem Handlungsschwerpunkt wurden dann Hauptlr,riterien sowie Handlungsfelder zugeordnet, um diese Kriterien zu optimieren. Darauf aufbauend folgte schliesslich eine Diskussion der wichtigsten praktischen Implikationen des Modells in Form von Gestaltungsempfehlungen und Thesen fllr eine effektive und effiziente Gestaltung der frtlhen Kundenintegration (vgl. Abb. 39). Planung, Aufbau und Durchfllhnmg der frtlhen Kundenintegration stellen eine herausfordemde Aufgabe dar. Das Verstandnis des Managements und der Auswirkungen derartiger neuer Beziehungen mit den Kunden bildet die Grundlage der Gestaltung - der Organisation und des Ablaufs - der frahen Kundenintegration. Dabei muss der Hersteller nicht nur die Auswahl der spezifischen Rollen des Kunden in der Wertsch6pfung treffen, sondern auch die diesen Rollen zugrunde liegenden Unterschiede, im Sinne von Interaktionsmustern, Wissensgenerierungsprozessen, und Motivationsaspekten, erkennen und bei der Gestaltung der frtihen Kundenintegration berticksichtigen.
ZUSAMMENFASSUNG
Abbildung 39: Abfolge der Thesen im Prozess der frahen Kundenintegration
205
7
Fazit
Dieses abschliessende Kapitel setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Zun~ichst werden die zentralen Aussagen kurz zusammengefasst. Im zweiten Tell erfolgt ein Ausblick auf relevante Trends und Entwicklungen im Umfeld des Innovationsmanagements, welche die Bedeutung und Gestaltung frtlher Kundenintegration in naher Zukunfi entscheidend beeinflussen ktinnen. Darauf aufbauend werden schliesslich die wichtigsten m6glichen Schwerpunkte weiterfiihrender Forschung aufgefiihrt.
7.1
Kernaussagen
Die Ausrichtung nach den Bedtirfnissen und Wilnschen der Kunden stellt ein zentrales Element t'dr den Erfolg jedes Untemehmens dar. Als Antwort auf einen immer grOsser werdenden Innovationsdruck Offnen immer mehr Firmen ihre Innovationsprozesse, um ihre Kunden aktiv zu integrieren. Dabei ist besonders die Frtihphase der Innovation yon herausragender Bedeutung, da in ihr die entscheidenden Weichenstellungen Rir den Innovationserfolg getroffen werden. Die im F okus dieser Arbeit stehende interaktive Integration yon Kunden in den friihen Innovationsprozess, frilhe Kundenintegration genannt, bietet daher grosse Potenziale, erfolgreiche, neue Produkte zu kreieren. Im Mittelpunkt der Oberlegungen stand die herausfordernde Aufgabe der Planung, des Aufbaus und der Durchfiihrung tier frtlhen Kundenintegration. Der Fokus wurde dazu auf Produktinnovationen mit mittleren bis hohen Innovationsh6hen (d. h. keine Produktverbesserungen und-optimierungen) und technologieintensive Unternehmen des Investitionsgtiterbereiches (B-2-B) gelegt. Untersuchungsgegenstand war tier Kundenintegrationsprozess und seine Ausgestalttmg (d. h. die prozessuale und strukturelle Integration ausgewahlter Kunden in den Innovationsprozess des Herstellers).
Ausgewihite Perspektiven der Kundenintegrationsforschung Eine genauere Betrachtung der bisherigen Forschung zum Themenkomplex tier Einbindung des Kunden in den Innovationsprozess ergab eine Reihe yon strategischen Grundlagen, welche als vorteilhaft fiir den Erfolg der Integration und damit des gesamten Innovationsprozesses identifiziert worden waren. Aufseiten des Hersteller waxen dies die Einbettung der Integration in den Kontext der Firmenstrategie, das Verstehen tier Kundenbedtirfnisse, die Sclmittstelle zwischen
KERNAUSSAGEN
207
F&E-Abteilung und Marketing und der mit der Aufnahme extemen Wissens verknUpfie organisatorische Lemprozess. Filr den Integrationsprozess spielen die Kompatibilit~it der Kulturen, die Entwicklung klarer Ziele, passende Strukturen, die Form der Einbindung der Kunden, Beziehungsvariablen (wie Vertrauen und Gegenseitigkeit), die Kommunikation, die r~lumliche Dimension und das Controlling wesentliche Rollen. Als Merkmale des Kunden wurden seine Gr6sse relativ zum Hersteller, seine finanzielle Attraktivitat, sein Ruf, sein Wissen, seine Motivation und schliesslich seine vergangenen Erfahrungen mit kooperativen Innovationsprozessen angeRihrt. Diese strategischen Grundlagen wurden ttir die Erstellung des Analyserasters zur Auswertung der Fallstudien verwendet.
Ansitze der Einbeziehung des Kunden in den Innovationsprozess Zur Einordnung der fr~hen Kundenintegration in die gesamte Landschatt der kundenorientierten Innovation wurde eine Abgrenzung von der klassischen Marktforschung, der kundenspezifischen Konfiguration und einer generellen Kundenorientierung vorgenommen. W~arend Letztere eine pdnzipielle (nicht auf den Innovationsprozess fokussierte) Ausrichtung s~ntlicher wichtiger Untemehmensprozesse auf die Nachfrageseite der Wertsch6pfungskette darstellt, unterscheiden sich die beiden anderen Ansatze hinsichtlich des dahinter liegenden Rationals von der friihen Kundenintegration. Die Marktforschung eines Herstellers zielt darauf ab, Kundenbediirfnisse so gut wie m6glich zu verstehen, sie in die Sprache des Untemehmens zu iibertragen und m6glichst passende neue Produkte zu entwickeln. Die kundenspezifische Konfiguration gibt dem Kunden im letzten Drittel des Produktentwicklungsprozesses die M6glichkeit, gewisse individuelle Modulzusammenstellungen vorzunehmen. Dies ist zwar mit einer aktiven Rolle des Kunden verbunden, beeinflusst allerdings kaum noch die eigentliche Innovationsleistung (z. B. eine neue technologischen L6sung), welche meist schon frtlher im Prozess erbracht wurde. Die frtihe Kundenintegration unterscheidet sich wesentlich von den drei anderen Ansatzen, indem sie das Obersetzungsproblem der Bediirfnisse in Produktanforderungen durch eine direkte Integration des Kunden in den frtlhen Innovationsprozess umgeht. Dadurch nimmt der Kunde auch direkt an der eigentlichen Innovationsphase teil und wird zum wesentlichen Erfolgsfaktor derselben.
Konzeptualisierung der frlihen Kundenintegration Die Untersuchung der Fallstudien diente vor allem dazu, aus den in der Literatur beschriebenen generellen strategischen Grundlagen diejenigen auszuw~ihlen, welche sich fi~r den Fokus dieser Arbeit in der Praxis als relevant herausgestellt haben. Die
208
FAZIT
Fallstudien zur frtihen Kundenintegration der Bayer MaterialScience, EADS Astrium, Hilti Diamond Systems und Zumtobel Staff ergaben die folgenden relevanten strategischen Grundlagen fr0her Kundenintegration. Auf der Herstellerseite die strategische (und organisatorische) Verankerung, im Integrationsprozess die Kompatibilitat der Kulturen, passende Strukturen, die Form der Einbindung, die Beziehungsvariablen (Vertrauen, Commitment und Gegenseitigkeit) und die Kommunikation sowie auf der Kundenseite die Motivation. Darauf aufbauend wurden die beiden Gestaltungsfelder Integrationsstruktur und Interaktionsprozess als Dimensionen tier Konzeptualisierung des Konstn~es frflhe Kundenintegration entwickelt. FUr jedes Gestaltungsfeld ergeben sich mehrerer Gestaltungsfaktoren. Far die Integrationstruktur sind dies die Verbindungsstiirke, die zeitliche Strukmr, die Zahl der Kunden und der Ort der Interaktion. Der Integrationsprozess wird bestimmt durch die Prozess- und Rollentransparenz, den kulmrellen Fit, die Wissensgenerierung und die Kundenmotivation. Diese Gestaltungsfaktoren dienten im weiteren Verlauf zur Entwicklung der operativen Gestaltungsempfehlungen der frOhen Kundenintegration.
Integrationsstrategien und spezifische Kundenrollen der friihen Kundenintegration Der spezielle Fokus der Arbeit lag auf den spezifischen Rollen, welche Kunden im Rahmen der frt~hen Kundenintegration einnehmen kSnnen. Um diese Rollen herzuleiten, wurden zuntlchst die Ziele des Herstellers (bzw. dessen Ergebniserwartungen) betrachtet. Auf einer ilbergeordneten Ebene kOnnen diese in akquisitorische, effizienzsteigemde und effektivitlltssteigemde Ziele eingeteilt werden. Daraus ergeben sich fllr die frOhe Kundenintegration eine effizienz- oder eine effektivit~tsfokussierte Integrationsstrategie. Das spezifische Integrationsziel effektivitatsfokussierter Kundenintegration am Anfang der Innovationsfr0hphase ist die Trendidentifikation. Gemeinsam mit dem Kunden werden Entwicklungen und Trends diskutiert und ihre Auswirkungen auf den Markt abgesch~tzt, um schliesslich entsprechende Szenarien und Roadmaps zu entwickeln. Die effizienzsteigemde strategische Ausrichtung zeigt neben dem Ziel der Ideengenerierung durch Lead-User noch zwei weitere spezielle Ergebnistypen, n~nlich die Innovationsversti~rkung und die Spezifikationsausarbeitung. Die Innovationsverst~lrkung zielt darauf ab, komplement~e Kompetenzen des Kunden zu nutzen, um gemeinsam zu einer innovativen L6sung zu gelangen, welche ~ r den Hersteller nicht bzw. nut durch betr~lchtlichen zus~itzlichen Ressourceneinsatz (d. h. Autbau bzw. Einkauf von Kompetenzen ausserhalb der Kemkompetenzfelder)
KERNAUSSAGEN
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m6glich ware. Im Falle der Spezifikationsausarbeitung gemeinsam mit dem Kunden verfilgt dieser Bber tier gehendes Expertenwissen und steuert die Innovation durch Vorgaben bzw. Spezifikationen (diese beinhalten Leistungsparameter und damit indirekt auch technologische Anforderungen). Die grunds~tzliche Machbarkeitsabschatzung und Technologieentwickhmg muss in diesen Fitllen wahrend der Spezifikationserstellung (oder bereits davor) erfolgen. Gegen Ende der Innovationsfrahphase stellt sich die Aufgabe der Entscheidung t'dr ein bestimmtes Konzept trod die Verfeinerung desselben bis zur 0bergabe an den eigentlichen Entwickhmgsprozess. Hier dominiert wieder die effektivit~tsfokussierte Integrationsstrategie, mit dem spezifischen Ziel der Konzeptverfeinerung. F ehlentscheidungen in diesem Bereich sind nur mit hohem Zeit- und Kostenaufwand wieder zu korrigieren, sodass eine aktive Integration des Kunden filr diese Phase zunachst dsikominimierende und damit effektivit~tssteigemde Ziele verfolgt. Dartiber hinaus spielt das Anwendungswissen des Kunden eine entscheidende Rolle bei tier Verfeinerung des Konzeptes hinsichtlich der Benutzungsfreundlichkeit und Praxistauglichkeit. Basierend auf diesen spezifischen Integrationszielen des Herstellers wurden vier m6gliche Kundenrollen eingeflihrt, welche t'dr die frahe Kundenintegration identifiziert werden konnten. Der Sensor hiltt bei der Trendidentifikation, tier Spezialist verstarkt die Innovationskompetenz der Herstellers, der Spezifikator bestimmt die Innovation mittels genauer Anforderungen und der Selektor unterstatzt die Auswahl und Verfeinerung des, die Frfihphase abschliessenden, Konzeptes. Diese Rollen kSnnen als Erweiterung der klassischen Lead-User-Rolle betrachtet werden. Diese stellt auch ein Beispiel der frahen Kundenintegration dar, fokussiert aber auf eine sehr spezielle Kundengruppe und eine spezifische Problemsimation.
Ablauf und Organisation der frlihen Kundenintegration Da die Innovationsfrtihphase von Unsicherheit und schwer planbaren Randbedingungen geprligt ist, erleichtert ein standardisiertes Vorgehen die Integration. Dazu wurde der frBhe Kundenintegrationsprozess in einen untemetunerischen Rahmen aus Strategie, Smflaur und Kultur eingebettet und in drei Phasen eingeteilt. In der Initiierungsphase erfolgt zunachst vonseiten des Herstellers die grundsatzliche Entscheidung zur frBhen Kundenintegration sowie die Festlegung der erwarteten Ergebnisse. Die Vorbereitungsphase beinhaltet den gesamten Prozess der Kundenauswahl einschliesslich der Verhandlungen und eines eventuellen Vertragsabschlusses. Auch die Festlegung gemeinsamer Integrationsziele ist Tell dieses Verhandlungspaketes. Die daran anschliessende
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FAZff
Realisierungsphase setzt sich aus der eigentlichen operativen Gestaltung und Durchfiihrung der Integration sowie der Integration der Ergebnisse zusammen.
Gestaltungsempfehlungen und Thesen Den tmternehmerischen Rahmen bilden die drei Elemente Strategie, Kultur und Struktur. Diese sind als Ubergreifende ordnende Kr~ifie zu verstehen, welche den organisationalen Ablaufen eine einheitliche Form und Zielorientierung geben. Im Feld der Strategie bedarf es als Basis einer erfolgreichen frilhen Kundenintegration einer tlbergeordneten generellen Innovationsstrategie, in welcher die Offnung des Irmovationsprozesses verankert ist. Aufbauend auf der allgemeinen Unternehmensstrategie muss tier Hersteller in einer fundierten Analyse die eigenen Kernkompetenzen ermitteln und davon ausgehend mOgliche Stossrichtungen der Zusammenarbeit mit Externen festlegen. Entscheidend ist die strategische Verankenmg der prinzipiellen Bereitschatt zur Offnung des Innovationsprozesses, welche als Basis filr den gesamten Integrationsprozess eine wesentliche Rolle spielt. Ein weiteres wichtiges Element hinter einer erfolgreichen frilhen Kundenintegration stellt die Kultur im Unternehmen des Herstellers dar. Passend zur Innovationsstrategie muss eine offene Innovationskultur etabliert werden. Wesentliche Schritte dafllr sind eine Vorbildwirkung des Managements aber auch eine aktive Beschattigung mit dem Not-Invented-Here-Syndrom, d.h. einer grundsatzlichen Ablehnung aUer yon aussen kommenden Ideen und Anregungen. Dessert Uberwindung kann nur mit geistig und physisch mobilen Mitarbeitern gelingen, welche einerseits durch Weiterbildungsveranstaltungen, interne Schulungen und Jobrotationsmodelle gefOrdert werden und andererseits intensiven direkten Kontakt mit den Kunden haben. Das dritte Element des unternehmerischen Rahmens ist die Struktur. Im Gegensatz zur operativen Integrationsstn~tur, welche im Rahmen der Realisierungsphase zu gestalten ist, muss hier eine prinzipielle s~relle Verankerung der frahen Kundenintegration sichergestellt werden. Eine eindeutige Regelung tier mit tier Integration verbundenen Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Ressourcenzuteilung ist Voraussetzung filr einen erfolgreichen Kundenintegrationsprozess. Um die Koordination der verschiedenen Integrationsprojekte sicherzustellen, mOssen dafllr organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden. Dabei reicht alas Spektrtun von zusatzlichen Aufgaben im Rahmen einer bestehenden Position bis bin zu eigenen speziellen Organisationseinheiten. Eine derartige strukturelle Verankerung muss vor der Ausgestaltung und dem Ablauf des eigentlichen Integrationsprozesses geregelt werden. Grundsatzlich gilt, dass die Flexibilitat von Kooperationsprojekten nicht durch zu viel Formalismus und Btirokratie verloren gehen darf. Es hat sich aber
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gezeigt, dass mit zunehmender Gr~Ssse einer Firma ein gewisses Mass an Zentralisierung der Integrationskompetenz notwendig ist, um die Koordination und Priorisierung der Projekte sicherzustellen.
Gestaltungsempfehlungen Initiierungsphase Grundvoraussetzung einer erfolgreichen frtihen Kundenintegration ist eine strategische Verankerung des Gedankens der offenen Innovation. Nur wenn die gemeinsarnen Normen und Werte dieser Idee Rechnung tragen, kann sich eine Kultur etablieren, welche often gegentiber Anregungen von aussen ist. Genau diese ist filr die erfolgreiche Verwendung der Ergebnisse der Kundenintegration ein entscheidender Faktor. Aufbauend auf der ilbergeordneten Innovationsstrategie muss diese Grundausrichtung eines Untemehmens auch Einzug in die einzelnen Divisions- bzw. Abteilungsstrategien finden. Basierend auf der Bereitschafi und dem Willen zur ()ffnung erfolgt als niichster Schritt die grundslttzliche Entscheidung zur Kundenintegration und die Festlegung einer Integrationsstrategie. FUr diesen Schritt ist als wesentlicher Input die Technologiestrategie heranzuziehen. Unter Berticksichtigung der jeweils gtiltigen Rahmenbedingungen und mit Kermtnis der bereits ermittelten Stossrichtungen fllr die Integration einer externen Kompetenz, kann die Entscheidung Rir eine Integrationsstrategie und spezifische Integrationsziele erfolgen. Der nachste Schritt liegt in der genauen Ergebnisfestlegung der frtihen Kundenintegration. Diese Zielfokussierung zu Beginn ist notwendige Voraussetzung fiir eine zielgerichtete Auswahl der Kunden sowie eine effiziente Gestaltung des gesamten Integrationsprozesses.
Gestaltungsempfehlungen Vorbereitungsphase In diesem Schritt werden, basierend auf den in der Initiierungsphase festgelegten Zielen, geeignete Kunde gesucht, ausgewahlt und mit ihnen tiber eine m6gliche Integration verhandelt. Erstes Handlungsfeld der Kundenauswahl ist dabei die Entwicklung einer Suchstrategie und geeigneter Selektionskriterien zum Auffinden potenzieller Integrationspartner. Am Beginn steht die Sammlung des innerhalb der Firma vorhandenen, relevanten Wissens tiber die Kunden generell bzw. die jeweilige Kundenzielgruppe im Speziellen. Unter Einbeziehung aller relevanten Abteilungen werden eine Suchstrategie und geeignete Selektionskriterien aufgestellt. Damit erfolgt im nltchsten Schritt die eigentliche Suche nach geeigneten Kunden sowie deren Auswahl. PersOnliche Kontakte stellen dabei off die ausschlaggebenden F aktoren bei der Partnerselektion dar. Nach der Auswahl kommt es in mehr oder weniger formalisierter Form zu Verhandlungen mit den Kunden. Im Falle eines gemeinsamen Verstandnisses und damit einer Einigung wird eine
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Vereinbarung getroffen. In vielen Fallen kommt es dabei nicht zu einem Vertragsabschluss mit formalen Vertritgen (z. B. tiber die Aufteilung gemeinsam generierten geistigen Eigentums), da die Integration als Vertrauensbeziehung gefilhrt wird. Entscheidend ist aber, dass tiber die Rahmenbedingungen und die gemeinsamen Integrationsziele Obereinstimmung erzielt worden ist.
Gestaltungsempfehlungen Realisierungsphase Im dritten Schritt schliesslich kommt es zur operativen Gestaltung und Umsetzung der Partnerschaft und zur Integration der Erkermtnisse und Ergebnisse. Diese Phase resultiert sehliesslich in der Beendigung der Integration, falls diese auf Einmaligkeit ausgelegt war oder im Beginn neuer Integrationsprojekte. Die operative Gestaltung erfolgt anhand der beiden identifizierten Gestaltungsfelder Integrationsstruktur und Interaktionsprozess. Im Gestaltungsfeld lntegrationsstruktur gilt es, aufbauend Innovationskultur, den Prozess der Kundenintegration auch Ebene zu strukturieren. Dabei stehen vor allem die folgenden zur Vert'tlgung: die Verbindungsst/trke, die zeitliche Struktur Zahl der integrierten Kunden und der Interaktionsort.
auf einer offenen auf der operativen Gestaltungsfaktoren der Integration, die
Eine hohe Verbindungssta'rke kann durch eine hohe Frequenz der Treffen oder die Schaffung einer eigenen Position innerhalb des Herstellerunternehmens, welche den Kontakt (und die Verantwortung) fill"die Kunden bzw. deren Integration tibemimmt, erzielt werden. Bei allen Rollen, mit Ausnahme des Sensors, wird eine hohe Intensit/tt der Verbindung benOtigt. Am h6ehsten ist die Intensit~t bei den Spezialisten und Spezifikatoren. Die zeitliche Struktur der Integration wird durch die Dauer und die Haufigkeit der Interaktion bestimmt. Dabei kommen fllr die Rollen des Sensors und Selektors vor allem punktuelle Zeitmuster tilt die Spezialisten und Spezifikatoren temporare Muster zur Anwendung. Letztere erstrecken sich tiber einen l/tngeren Zeitraum und bilden die Voraussetzung dieser auf intensiver Zusammenarbeit beruhenden Rollen. Die Zahl der integrierten Kunden hangt zunachst pfim/lr von der jeweiligen Rolle ab. Die Rollen des Spezialisten und Spezifikators schliessen durch ihre intensive bilaterale Kooperation die gleichzeitige Einbindung mehrerer Kunden (ttit ein Projekt) aus. Bei den beiden anderen Rollen zeigt sich, dass die Wettbewerbssituation der Kunden untereinander und das Differenzierungspotenzial durch die Produkte des Herstellers wesentliche Kriterien bei der Entscheidung zwischen Einzelkunden und Kundengruppen darstellen. Der Ort der Interaktion kann prinzipiell bei einem der beiden Partner (Hersteller oder Kunde) oder an einem neutralen dritten Ort angesiedelt sein.
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Neutrale Orte werden vor allem dann gew~lt, wenn der Hersteller seine eigene Rolle nicht betonen will und das Ziel ein neutraler Workshop mit mehreren extemen Partnern ist. Daher kommen neutrale Orte praktisch ausschliesslich in Kombination mit der Integration einer Kundengruppe zur Anwendung. Typisch flir die Rolle des Spezifikators ist eine liingerfristige physische Anwesenheit des Kunden direkt im Entwicklungsgebliude des Herstellers. Far den Selektor kann es je nach Reifegrad des diskutierten Konzeptes sinnvoll sein, zumindest Teile der Integration am Ort der spateren Anwendung durchzufUhren. Neben einem hohen Niveau an struktureller Integration muss auch das Gestaltungsfeld Interaktionsprozess entsprechend gestaltet werden. Wesentliche Elemente dafiir sind die Transparenz der Rolle und des Prozesses, tier kulturelle Fit zwischen dem Hersteller und dem Kunden, die gemeinsame Wissensgenerierung sowie die Kundenmotivation. Um Transparenz im Sinne grosser Offenheit und Aufmerksamkeit zu erreichen, miissen die Erwartungen an den integrierten Kunden explizit kommuniziert werden. Neben einem klaren Verstandnis ihrer eigenen Rolle mtissen die Kunden eine genaue Vorstellung davon haben, wie ihre Beitr~ige im Rahmen des Innovationsprozesses weiterverarbeitet werden. Der zweite Gestaltungsfaktor betrifR den kulturellen Fit bzw. die kognitive Kompatibilitat. Der Hersteller muss danach trachten, durch die Kundenauswahl und den Informationsaustausch wahrend der Integration, ein gemeinsames Verstandnis bezaglich der Rahmenbedingungen, Ziele und Prioritaten zu erzielen. Der dritte Faktor betrifR den Kern der Interaktion, die gemeinsame Wissensgenerierung. Dabei lassen sich folgende Einteilungen treffen. Einerseits erfolgt eine Unterscheidung in implizites und explizites Wissen und andererseits bezQglich der Wissensentstehung in Wissensakquise und Wissenskonversion. Wissensakquisition kann im Rahrnen tier frahen Kundenintegration vor allem im Rahmen der eigentlichen Interaktion passieren. Dabei kann es zu einer direkten Akquisition des Kundenwissens durch den Hersteller bzw. umgekehrt oder zu einem Austausch zwischen verschiedenen Kunden kommen. Im Hinblick anf die Wissenskonvertierung wurden ffir den Fokus dieser Arbeit die Kombination (explizit mit explizit) und die Extemalisation (implizit zu explizit) als relevant identifiziert. Gerade diese beiden Wissensgenerierungsmechanismen manifestieren die Grundintention der frfihen Kundenintegration. Hersteller mUssen also dem Kunden die MOglichkeit geben, vielf~ltige Interpretationen eines gegebenen Produktes oder einer Technologie anzustellen sowie diese mit anderen Mitgliedem des Projektteams auszutauschen. Ein verteiltes Wahrnehmungssystem unterstiitzt solche Interpretationen und Dialoge innerhalb des Innovationsteams durch die Bereitstellung reicherer Formen der Selbstreflexion und Kommunikation. Die
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Rollen des Sensors und des Spezifikators basieren vor allem auf der Kombination extemen Wissens, wahrend bei den beiden anderen Rollen haupts/ichlich die Extemalisierung wesentlich ist. Dementsprechend mtissen die Instrumente der UntersttRzung der Wissensgenerierung durch den Hersteller ausgewahlt und angepasst werden. Die Umsetzung des so entstehenden Wissens hangt an den integrativen Fahigkeiten der Herstellerfirma und damit an den Systemen und Prozessen, welche diese untersttRzen. Die Kundenteilnahme im Innovationsprozess beruht in den meisten Fitllen auf freiwilligem Engagement. Es mtissen also Anreize vorhanden sein bzw. geschaffen werden, die zu einer entsprechenden Kundenmotivation ftlhren. Derartige Anreize liegen in Vorteilen, welehe dem Kunden durch das Ergebnis der Integration oder durch die Ausilbung der jeweiligen Rolle erwachsen. Daher muss der Hersteller diese Vorteile sorgf~ltig analysieren, um dureh die Wahl geeigneter Gestaltungselemente die Motivation des Kunden erhiShen zu kOnnen. Produktbezogene Vorteile stellen die wichtigste Gruppe dar, wobei die M6glichkeit direkt auf den Innovationsprozess einzuwirken und dadurch die Produkteigenschafien mitzubestimmen den Schwerpunkt bildet. Dazu kommt eine m6gliche Verbesserung der Qualitiit des Produktes, welche der Kunde durch seine direkte Beteiligung erzielen kann. Der Hersteller kann diese grundsiitzlich vorhandenen Vorteile verst/lt'ken, indem er dem Kunden die Bedeutung seiner Rolle verdeutlicht und die gewonnenen Erkenntnisse auch gegentiber anderen Marktteilnehmem klar kommuniziert. Neben diesen extrinsischen Anreizen wirken Kunden, intrinsisch motiviert, schliesslich auch darum bei der Produktentwicklung mit, weil sie es als attraktiv empfinden, ihre Neugierde bezilglich des Produktes oder der Technologie kreativ zu befriedigen. Ftlr diese Seite der Kundenmotivation kann die Open-Source-Softwareentwicklung als Ansatzpunkt ftir m6gliche Erklarungen und GestaltungsanslRze dienen. Es gilt ein Umfeld zu schaffen, in dem neben dem persOnlichen Nutzen der Wunsch nach Anerkennung und Reputation erfiillt werden kann. Betrachtet man die Natur der Beitriige und der Interaktionen der frtihen Kundenintegration, so litsst sich feststellen, class bei allen Rollen vor allem die produktbezogenen Vorteile wesentlich sind. FUr die Rolle des Selektors haben darflber hinaus auch gemeinschaf~sbezogene Vorteile grosse Bedeutung, da die Kundenintegration am Ende der Innovationsfrtihphase verstarkt dem Aufbau eines sozialen Beziehungsnetzes fur und mit den integrierten Kunden dient. Der letzte Schritt der Realisierungsphase liegt schliesslich in der Integration der Ergebnisse der fr0hen Kundenintegration in den Innovationsprozess des Herstellers. Einerseits mtissen die Erkenntnisse dokumentiert und gespeichert werden und andererseits gilt es, einen Kommunikationsprozess zu etablieren, welcher die
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firmeninterne Verbreimng der Integrationsresultate zum Ziel hat. Ein derartiger organisatorischer Lemprozess stellt den notwendigen abschliessenden Bestandteil erfolgreicher friiher Kundenintegration dar. Die im Rahmen dieser Arbeit gewonnenen Erkermtnisse zu Ablauf und Organisation der frOhen Kundenintegration wurden in Thesen verdichtet, welche im Folgenden in Tabelle 9 noch einmal zusammenfassend aufgelistet werden. Daran anschliessend werden im Ausblick die wichtigsten Trends und Entwicklungen aufgezeigt, welche die 0ffnung des friihen Innovationsprozessessowohl generell als auch speziell filr Kunden - beeinflussen werden. Abschliessend folgt ein kurzer Uberblick der wesentlichen offenen Forschungsschwerpunkte der fr0hen Kundenintegration.
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I: Eine generelle offene Innovationsstrategie des Hersteilers, als Ergebnis einer ilbergeordneten Analyse der eigenen Kompetenzfelder und des Umfeldes, ist ais strategische Ebene des unternehmerischen Rahmens Grundvoraussetzung einer erfolgreiehen frUhen Kundenintegration. 2: Die kulturelle Ebene des filr erfolgreiehe f~he Kundenintegration notwendigen unternehmerischen Rahmens bildet eine offene Innovationskultur des Herstellers, erreicht durch eine Vorbildwirkung des Managements und eine aktive Bek/tmpfung des Not-lnvented-HereSyndroms. 3: Eine prinzipielle struktureile Verankerung der frtlhen Kundenintegration in der Organisation des Herstellers, yon der Zuordnung eindeutiger Aufgaben und Verantwortliehkeiten bis hin zu spezieilen Organisationseinheiten, steilt als strukturelle Ebene des unternehmerischen Rahmens eine wesentliche Voraussetzung flit die erfoigreiehe Realisierung der frtihen Kundenintegration dar. 4: Im Rahrnen einer Integrationsstrategie des Herstellers bezUglieh frtlher Kundenintegration mllssen die spezifischen Ziele des Herstellers und damit die Rolle des Kunden filr die Integration festgelegt werden. 4a: Je sorgPaltiger die Entscheidung zur Kundenintegration auf einer lntegrationsstrategie, resuitierend aus einer detaillierten Analyse der eigenen Kompetenzen sowie einer ldentifikation m6glieher Kooperationsfelder, basiert, desto besser sind die Erfolgsaussiehten des darauf aufbauenden Kundenintegrationsprozesses. 4b: Je genauer bei der Ergebnisfestlegung das spezifisehe Ziel des Herstellers berOeksiehtigt wird, desto grosset sind die Chancen einer erfolgreiehen Zielerreiehung im foigenden Kundenintegrationsprozess. 5: Die Rolle des Kunden hat entscheidenden Einfluss auf die Kundenauswahl sowie die operative Gestaltung der frtlhen Kundenintegration. 5a: Je mehr die Rolle des Kunden bei der Kundenauswahl, in Form von entsprechenden Suchstrategien und Selektionskriterien, berileksiehtigt wird, desto zielgerichteter kann diese erfolgen und desto grOsser ist die Chance geeignete Kunden zu finden. 5b: Je sorgfAitiger beim Vertragsabschluss die gemeinsame Zielfindung durehgefllhrt sowie die Fragen des geistigen Eigentums gekl/lrt werden, desto geringer ist das Konfliktpotenzial und desto hOher die Erfoigswahrscheinlichkeit der interaktiven Zus~mamenarbeit. 6: Die t'dr den Erfolg notwendige roilenspezifische Organisation der frllhen Kundenintegration wird auf der operativen Ebene dutch die Auspr/tgung der Gestaltungsfaktoren in den beiden Gestaltungsfeidem lntegrationsstruktur und lnteraktionsprozess bestimmt. 6a: F[lr eine erfolgreiehe operative Gestaltung und Durehfllhrung muss die Integrationsstruktur der frtihen Kundenintegration mittels der Faktoren (!) Verbindungsst/trke, (2) zeitliche Struktur, (3) Zahl der Kunden und (4) Ort der Interaktion an die Rolle des Kunden sowie die spezifische Situation angepasst werden. 6b: Ftlr eine erfolgreiehe operative Gestaltung fr~hen Kundenintegration an die Rolle des werden. Diese Anpassung erfolgt mit den kultureller Fit, (3) Wissensgenerierung und (4)
und DurehRIhrung muss der Interaktionsprozess der Kunden sowie die spezifische Situation angepasst Faktoren (1) Prozess- und Rollentransparenz, (2) Kundenmotivation.
7: Je mehr die organisatorisehen Lemprozesse des Herstellers institutionalisiert und unterstlltzt werden, desto besser karm die Integration der Ergebnisse der frllhen Kundenintegration in das Untemehmen des Herstellers erfolgen. Tabelle 9: Thesen zur erfolgreichen f r a h e n K u n d e n i n t e g r a t i o n
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Ausblick
Die Ergebnisse dieser Arbeit ruhen im breiten Kontext eines offenen Innovationsparadigmas, welches kooperative lnnovationsprozesse zum Imperativ in einem herausfordernden, sich rasch wandelnden Gesch|tftsumfeld macht. Generell zeigt sich ein verstarkter Trend zu neuen F ormen der Innovationsentstehung, wobei die Kunden als zentrale Partner eine immer wichtigere Rolle einnehmen. Im Folgenden wird ein Ausblick auf relevante Entwicklungen und Trends im Umfeld des Innovationsmanagements gegeben, yon denen zu erwarten ist, dass sie die Bedeutung und Gestaltung friiher Kundenintegration in nailer Zukunft entscheidend beeinflussen werden (vgl. Abb. 40).
Abbildung 40: Aktuelle Entwicklungen und Trends im Umfeld der frahen Kundenintegration
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7.2.1 Aktuelle Entwicklungen und Trends Virtualisierung des Innovationsprozesses Die beschriebenen Auspragungen fraher Kundenintegration basieren zu einem tiberwiegenden Tell auf pers0nlichen Interaktionen. In jangster Zeit zeigen sich, vor allem im Bereich der Integration von Konsumenten (B-2-C), verstarkt Tendenzen, die persSnliche Integration durch eine virtuelle zu ersetzen. Zwei aktuelle Entwicklungen verkOrpem diesen Trend. Einerseits neue Kundenevaluations- und Marktforschungsmethoden, welche unter dem Begriff ,,Virtual Customer Initiative" in einem Forschungsschwerpunkt am Massachusetts Institute of Technology (MIT) erforscht und entwickelt werden. Neue Produktkonzepte, Prototypen und Modelle kOnnen durch den Einsatz yon neuen Produktentwicklungsinstnunenten vom Kunden schneller, mit hSherer Genauigkeit und kostengilnstiger beurteilt werden. Andererseits werden vermehrt so genannte ,,User Tool Kits for Innovation" eingesetzt. Dabei werden bedarfnisbezogene Innovationsaufgaben mithilfe eines ITbasierten Entwicklungsbaukastens an den Kunden ausgelagert. Der Kunde wird dadurch in die Lage versetzt, eine komplette Serie von Entwicklungszyklen zur Entwicklung seines ,,perstinlichen Produktes" zu durchlaufen. Kombiniert mit Informationen tiber verwendbare Komponenten, Module und Produktbeschrankungen (z. B. produktionsbedingte Restriktionen) kSnnen diese Werkzeugsatze zeit- und kostenintensive Iterationsschleifen zwischen Herstellem und Kunden eliminieren. Auch wenn dieser Ansatz nicht fOr alle Markte und Produkte geeignet ist, so findet er doch immer mehr Verwendung und weist als Extremform den Weg zu steigenden WertschOpfungsanteilen der Kunden im Innovationsprozess. Beide Entwickltmgen basieren auf neuen Kommunikationsund Informationstechnologien, wie dem Intemet, schnellen Breitbandnetzen, neuen Algorithmen und Multimedia-Visualisierungswerkzeugen. Im Kontext der frtihen Kundenintegration betrachtet f~llt zuniichst die Relevanz der Virtual Customer Ansatze fOr die Rolle des Selektors auf. Die bisherigen Realisierungsbeispiele gehen zwar noch in Richtung einer Virtualisierung klassischer Marketingtools (z. B. Conjoint Analysen) und verkSrpem damit das alte Paradigma der m6glichst genauen und effizienten Erfassung der Kundenbedllrfnisse. Es ist aber durchaus vorstellbar, dass diese Instrumente auch fOr eine aktive Kundenrolle adaptiert werden. Dies wllrde beispielsweise bedeuten, dass der Kunde nicht mehr ,,nur" Merkmalskombinationen und Preispr~lferenzen auswahlt, sondem die M6glichkeit hat, aktiv sein Wissen einzubringen und an der
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eigentlichen Innovationsentstehung mitzuwirken. Genau diese Mithilfe bei der Verfeinerung frtiher Konzepte charakterisiert ja die Rolle des Selektors. Aber auch fiir die anderen Rollen k6nnen durch diese neuen Teclmologien und Methoden gewisse Ablaufe vereinfacht werden. Dies betriffl vor allem diejenigen Integrationsaktivit~ten, bei denen eine persOnliche Interaktion nicht unbedingt notwendig ist, da ein relevanter Anteil an explizitem Wissen des Kunden vorhanden ist bzw. eine Arbeitsteilung tempor~e Phasen der Einzelarbeit erlaubt. Dies ist beispielsweise filr bestimmte Phasen tier Integration eines Spezialisten vorstellbar, bei denen jede Seite ihre Fachkompetenz in sequenziellen Schritten in das Konzept integriert und der Austausch der Zwischenergebnisse tiber eine IT-Plattform erfolgen k6nnte. Generell gilt aber ~ r die fcfihe Kundenintegration, dass pers6nliche Interaktion, allein schon durch den systemischen Charakter der Aufgaben und den dominierenden impliziten Wissensmodus der meisten Innovationsprojekte, immer einen wesentlichen Bestandteil bilden wird. Daher werden t'dr den eigentlichen ilmovativen Tell tier Frtihphase User Toolkits for Innovation auch nur sehr beschrankt Relevanz erlangen. Sie k6nnen aber, erganzend eingesetzt, sehr wohl aufw~dige Iterationsschleifen zwischen Hersteller und Kunde eliminieren. Zu beachten ist dabei, dass sich bei derartigen Ansatzen die eigentliche Innovationsleistung des Herstellers in die Entwicklung des Toolkits und einer passenden modularen Produktarchitektur verlagert. Gruppen und Individuen ais neue Orte der Innovationsentstehung
Betrachtet man den Ort der Innovationsentstehung in einem sozialen Sinn, so entwickeln sich gerade zwei extreme F ormen, welche beide eine klare Emanzipation yon der bisherigen Dominanz der Hersteller darstellen. Kunden-Communities als netzwerkartige Kundengruppen, welche ohne starke Beeinflussungsm6glichkeit durch den Hersteller produktspezifische Aktivitaten durchfllhren, bilden dabei den ersten Extrempol. Die Spannweite derartiger Gemeinschafien reicht yon der Gemeinsamkeit der Benutzung eines Produktes (z. B. Fahrer eines bestimmten Autotyps) bis zur kompletten, herstellerunabhangigen Entwicklung des Produktes. Diese extreme Form der Kundeninnovation passiert beispielsweise im Rahmen der sehr erfolgreichen Open-Source-Softwareentwicklung, welche durch autarke Communities dominiert wird. Die Vorbildfunktion flk die frfihe Kundenintegration liegt dabei vor allem im Bereich der intrinsischen Seite der Motivationsstruktur des Kunden. Hier kann die Open-Source-Bewegung als Ansatzpunkt ftir mOgliche Erkl~rungen dienen. Was motiviert beispielsweise einen Linuxprogrammierer dazu, Programmcodes zu schreiben und diesen unentgeltlich zur Verfiigung zu stellen?
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Neue Untersuchungen zeigen, dass vor allem der pers6nliche Nutzen und die Befriedigung des eigenen Egos Open-Source-Entwickler antreiben. Im Folgenden soil skizziert werden, wie zus/itzlich zu diesen Motivationsaspekten weitere Elemente der Open-Source-Entwicklung auf andere Industrien t~bertragen werden kOnnten. Dazu wird der Begriff ,,get'tlhrte Kundennetzwerke" bzw. Managed Customer Networks (MCN) einget'tlhrt, um eine Mischform zwischen Kunden-Communities und der friihen Kundenintegration zu beschreiben, welche sich sehr wahrscheinlich in n/ichster Zeit etablieren wird. Die Idee dahinter liegt in der Kombination der Innovationskraft von Communities mit der Steuerbarkeit und F okussierung der Modelle persSnlicher Interaktion. Ein get'tihrtes Kundermetzwerk soil sich dabei durch folgende Charakteristika auszeichnen: )~ Das zugrunde liegende Rational ist die Kombination der Vorteile pers6nlicher Interaktion mit der Dynamik, Kreativitat und Innovationskrat~ von Communities. Der Vorteil des Kunden liegt in der unmittelbaren Beeinflussung der Innovation sowie in den Vorziigen und sozialen Anreizen einer Gruppenzugeht~dgkeit. Als Instrumente kommen sowohl virtuelle Netzwerke und als auch persSnliche Treffen zmn Einsatz. Die Interaktionsintensit/tt ist hoch und es kommt zu einem Austausch yon implizitem und explizitem Wissen. Der Organisationsgrad ist mittel, d.h. niedriger als bei der friihen Kundenintegration, aber hSher als bei autarken Communities. Die Initiative zum Aufbau und zur Teilnahrne kommt sowohl vom Hersteller als auch vom Kunden. Einer der entscheidenden Vorteile eines geflihrten Kundennetzwerkes liegt in seinem mittleren Organisationsgrad. Prinzipiell kann zwischen einem hohen Organisationsgrad mit fokussiertem Vorgehen, welches sich an einen einzelnen Interaktionspartner richtet und niedrig organisiertem, ungerichtetem Vorgehen im Sinne des Interagierens mit einer grossen Gruppe unterschieden werden. Geflihrte Kundennetzwerke liegen genau zwischen diesen beiden Auspragungen und besitzen gerade dadurch das hSchste Innovationspotenzial. So weisen sie zwar ebenfalls einen gewissen Organisationsbedarf auf, ver~gen aber auch Uber ein nicht
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steuerbares Eigenleben, welches die fiir Durchbruchsinnovationen n6tigen kreativen Freiraume sicherstellt. Dar0ber hinaus geht die Initiative fiir gefilhrte Kundennetzwerke zu annahemd gleichen Teilen vom Hersteller und den Kunden aus (d. h. der Kunde ist diesbezOglich aktiver als bei der frahen Kundenintegration). Dies erh6ht die Chance, ein langerfristiges hohes Commitment auch vonseiten des Kunden zu erhalten. Prahalad und Ramaswamy (2004) beschreiben das andere Extrem einer kompletten Individualisierung der Innovationsentstehung. Sie stellen die ZukunR des Wettbewerbs als einen komplett neuen Ansatz der WertschOpfung dar, in dem personalisierte Co-Creation-Erfahrungen - erm6glicht durch technische und soziale Infrastruktur- jedem Kunden erlauben, einzigartigen Nutzen innerhalb eines Netzwerkes aus Firmen und Kunden-Communities mitzuentwickeln. 34 Die GrOnde sehen sie in einer Konvergenz yon Industrien und Teclmologien, welche zu allgegenwartigen Anschlussm6glichkeiten an Informationsquellen und zu einer Globalisierung des Wissens geflihrt hat. Als Konsequenz daraus entwickelt sich die Rolle des Kunden yon der eines passiven Empf~gers hin zu einem aktiven Wertsch6pfungsparmer. Es bedarf daher eines neuen Bezugsrahmens der Wertsch6pfung, welcher dieser veranderten Situation gerecht wird. Vermehrt interagieren einzelne Kunden mit einem Netzwerk an Untemetunen und KundenCommunities, um an Wertsch6pfungsprozessen zu partizipieren. Weder k6nnen Untemehmen Wertsch6pfung langer autonom betreiben noch ist der Weft in den Produkten und Serviceangeboten per se eingebettet. Produkte nehmen nunmehr die Rolle yon Artefakten ein, um die herum tiberzeugende individuelle Erfahrungen kreiert werden m0ssen. Als Ergebnis wird der Fokus der Innovation yon den Produkten und Serviceangeboten zu Erfahrungsumgebungen wandem, mit denen Einzelne interagieren k6nnen, um ihre eigenen Erlebnisse mitzugestalten. Derartige personalisierte Co-Creation-Erfahrungen k6nnen eine Quelle yon einzigartigem Wert sowohl for den Kunden als auch den Hersteller darstellen. Allerdings mOssen Untemehmen fiir diese entstehenden Gelegenheiten neue strategische Ans~itze (eine neue Theorie des Wettbewerbs) aufbauen. Die Herausforderungen betreffen dabei sowohl funktionale und organisatorische Aspekte als auch Fragestellungen der zugrunde liegenden Infrastruktur und der Corporate Governance. Von Hippel (2005) beschreibt in seinem neuesten Buch almliche Entwicklungen und spricht dabei yon einer rasch wachsenden Demokratisierung der Innovation. Benutzer sind durch Verbesserungen der Computer- und Kommunikationsteclmologien immer mehr in der Lage, ihre eigenen Produkte und Services zu 34 Es erfolgt dabei keine Unterscheidung mehr zwischen B-2-B- und B-2-C-M~kten.
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entwiekeln. Dabei sind diese fortsehrittlichen Kunden ( L e a d - U s e r ) - sowohl Einzelpersonen als auch Firmen - off bereit, ihre Innovationen frei mit anderen zu teilen und dadurch Kundeninnovationsgemeinschaften auf einer breiten gemeinsamen Wissensbasis zu schaffen. Der Trend in Richtung einer demokratisehen Innovation ist zunlichst vor allem in der Informationsverarbeitungsund Soflwarebranche, aber in ersten Ansiitzen auch bereits Rir physisehe Produkte sichtbar. Die Kundeninnovation bietet dabei einen wertvollen Grundstoek der Herstellerinnovation und ist dar0ber hinaus in der Lage, einen gr6sseren volkswirtschafllichen Nutzen als reine Herstellerinnovationssysteme produzieren. Idea Supply Chain als Element des ,,360~
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Es gibt bei vielen Untemehmen neben den klassischen Marketingaktivitltten noch keinen etablierten Prozess zur Integration yon Kunden in den Innovationsprozess, so wie dies mittlerweile fill" die Integration der Zulieferer selbstverst~mdlich ist. Als ZukunRsvision kann in Anlehnung an die klassische Supply Chain von einer Idea Supply Chain gesprochen werden. So wie ein Unternehmen die Zulieferkette strategisch und operativ kontrollieren und flexibel managen muss, so gilt es in Zukunt~ auch, mit den Ideen und Innovationsanregungen von aussen zu verfahren. Aktuelle Studien zur Supply Chain zeigen, dass gr6ssere Geschwindigkeit und bessere KosteneffektiviUtt nicht ausreichen, um relevante Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Um eine so genarmte ,,Triple A Supply Chain" zu bilden, bedarf es der folgenden drei Kriterien. Agilitat, Anpassungs~higkeit und einheitliche Ausrichtung. ~lnliche Ziele werden auch auf der anderen Seite der WertschSpfungskette- fur die ,,Ideen-Nachschub-Kette" - wesentliche Rollen spielen. Es reicht nicht mehr, einzelne Kunden flit" spezielle Projekte in den Innovationsprozess zu integrieren, das Ziel muss sein, einen Zulieferprozess zu etablieren, der einen kontinuierlichen Strom an hochwertigen Ideen und weiterem Innovationsinput flit" alle Phasen des Innovationsprozesses sicherstellt. Dabei spielt es, in Analogie zur Versorgung mit Zulieferteilen, eine wesentliche Rolle, auf ?mderungen der Bedtlrfnisse zu reagieren sowie StOrungen ruhig und gedampft meistem zu kOrmen. Auch eine Anpassung an interne und exteme Rahmenbedingungen muss standig erfolgen, ebenso wie eine Abstimmung mit den integrierten Kunden bzw. Partnem der Nachfrageseite. Ein nahe liegender nlichster Schritt ist nun die Kombination der Zuliefer- mit der Nachfrageseite, zu einer Vision eines ,,360~ '', in welchem sowohl die Zulieferprozesse fiir Gtiter und Services als auch jene fllr exteme Ideen in die operativen Prozesse integriert werden. Dabei kann fiir die Ideenseite yon vier
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grossen Partnergruppen nlimlich den Kunden, Zulieferem, Komplement~anbietem und Universitaten bzw. Experten ausgegangen werden. Derartig umfassende operative Kooperationen werfen die folgenden Fragen auf: ~' Wie schaut ein gut funktionierendes 360~ kann es leisten?
aus und was
Was sind die Gefahren der Offnung bzw. Auslagerung und wie kOnnen sie Uberwunden werden? ~" Wie k6nnen Prozesse, welche ein Hersteller nicht vollstandig kontrolliert, trotzdem von diesem transformiert und optimiert werden? ~" Was sind die Rollen und Verantwortlichkeiten der direkt betroffenen Personen und des Managements? ~" Welche kulturellen Herausforderungen gibt es in 360~ und wie k6nnen sie gemeistert werden ? Von entscheidender Wichtigkeit ist es, das ganze Spektrum an m/Sglichen Kooperationspartnern auszunutzen, denn die Einbindung verschiedener Partner in allen Phasen des Innovationsprozesses filhrt zu den grtissten Hebeleffekten zur Steigerung der Innovationskrafi. Ausserdem ist es vorteilhafi, eine Auswahl an permanenten Partnem aufzubauen. Dieses ermSglicht, in Verbindung mit einer in einem systematischen Prozess aufgebauten Partnerschaftskompetenz, bei Bedarf spontan auf einen Partner zu~ckzugreifen, ohne zuerst einen langen Selektionsprozess und Beziehungsaufbau durchlaufen zu mtissen. Das Ziel liegt damit darin, ein Portfolio von Partnerschaftskontakten zu pflegen, welches einerseits Obersicht Uber das Wissen Externer gewahrt, aber auch Aufschluss tiber die Gewichtung der beabsichtigten Innovationen gibt. Aufbruch der klassischen Eigentumsrechte
Ein wesentlicher Aspekt jeder Art von oftener Innovation ist die Frage der Verwertung der generierten Ergebnisse und darnit der Rechte am geistigen Eigentum. GemeinschaRliche Innovationsfriihphasen verlangen nach neuen Mechanismen zur Verteilung der innovationsbezogenen 6konomischen Renten. Traditionellerweise waxen Untemehmen in der Vergangenheit unter anderem auch aufgrund m6glicher Probleme mit dem geistigen Eigentum nur zOgerlich dazu bereit, exteme Partner (wie z.B. Kunden) in die Entwicklung neuer Produkte einzubinden. Die Entstehung eines digitalen Wirtschattsraumes, in dem kollektive
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Methoden der Wissensgenerierung eine bedeutende Rolle einnehmen, bedingt eine erneute Betrachtung der Art und Weise, wie die 8konomischen Renten einer Innovation verteilt werden. Diese Fragestellung ist besonders schwierig zu beantworten, werm die neue Idee Ergebnis eines gemeinsamen Prozesses ist, in dem die genauen Beitrage der einzelnen Teilnehmer nur schwer zu unterscheiden sind. Der Hersteller muss sein Interesse an einem Vorteil aus der Kundenintegration mit der Notwendigkeit einer Autteilung tier 8konomischen Renten aus einer derartigen Gemeinschaftsinnovation unter eine Hut bringen. Wahrscheinlich wird es daher notwendig, neue Rechte bzw. Lizenzformen im Industriegiiterbereich zu schaffen, wie dies beispielsweise im Soflwarebereich vor kurzem durch die Creativ Commons License bereits geschehen ist. Dabei brechen neue Forschungsergebnisse im B-2-C-Bereich mit traditionellen Annahmen. Die klassische Ansicht der Innovationsforschung geht davon aus, dass Menschen erwarten, fllr ihre kreative Arbeit bezahlt zu werden. Daraus ergibt sich der Bedarf, die Schaffung geistigen Eigentums zu schtitzen und zu belohnen. Die neuesten Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der von Benutzem bzw. Konsumenten geflihrten Innovationen zeigen interessanterweise, dass Kunden offensichtlich sehr off bereit sind, ihre Kreativitat frei zur Verfligung zu stellen (z. B. von Hippel 2005). Ein Grund daflir k0nnte sein, dass es sich dabei um ihre einzige praktizierbare Option handelt. Patente sind teuer in der Anschaffung und bieten off nur schwachen Schutz. Manche Leute bewerten daher die Steigerung ihrer Reputation und potenzielle Vernetzungseffekte durch eine freie Verbreitung ihre Arbeit h0her als die Summen, welche sie durch eine rechtlichen Schutz ihre Ideen erzielen k0nnten. Dies wilrde bedeuten, class die immateriellen Anreize fin" viele Kunden dominieren und entsprechend verstarkt werden mtlssen. Es erSffnet sich also filr Untemehmen die Chance dutch eine geschickte Gestaltung ihrer offenen Innovationsprozesse, mit geringem Aufwand zu grossen Vorteilen zu gelangen.
Diskretisierung der Innovationsfriihphase Vorbildfunktion for besondere Rollen des Kunden bzw. spezielle interaktive Innovationsprozesse hat traditionellerweise die Soflwarebranche. Dolt herrscht bereits seit Jahrzehnten eine Tradition der intensiven Zusammenarbeit mit dem Kunden, aber auch neue F ormen beispielsweise das Extreme Programming (XP), eine durch den Hersteller angestossene Methode der intensiven Kundeneinbindung, werden permanent entwickelt und ktinnen auf ihre Obertragbarkeit in andere Industrien gepraft werden.
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XP ist ein aktueller Ansatz des Software Engineerings, welcher prim~ auf dem Prinzip der Kundenintegration in einen sclmellen und iterativen Prototypingprozess basiert. Anstelle der mehrj~-igen Entwicklungsprojektplanung nach mfglichst detaiUierten, aus Kundenaussagen abgeleiteten Entwicklungszielen eines klassischen Sofiware-Projektes steht am Beginn eines Extreme Programming Projektes der F okus auf dem gemeinsam herausgearbeiteten Basisbedtirfnis des Kunden. Die Realisierung eines derartigen Basisbedtirfnisses dauert off nur vergleichsweise kurze Zeit, wodurch Kosten, Dauer, Umfang und Qualitilt gut abschiltzbar und daher zielgenau erfiillbar sind. Der erste Release oder Prototyp kann nach kurzer Zeit dem Kunden als LiSsung fiir sein prim~es Problem prilsentiert werden. Basierend auf dieser GrundlGsung kGnnen dann - wieder gemeinsam mit dem Kunden - weitere relevante, aktuelle Produktanforderungen identifiziert werden, welche im nilchsten Release realisiert werden. Es stellt sich die Frage, ob sich die Funktionsweise von XP, welche far die Soflware-Entwicklung eine neue Dimension der Kundenintegration darstellt, auch auf die Produk-tentwicklung von IndustriegtRem Ubertragen lilsst und welches die relevanten Implikationen Rir so einen Transfer sind. Folgende Erkenntnisse lassen sich direkt ableiten: } Die Frtihphase muss in sequenzielle Unterphasen unterteilt werden, in denen der kreative Prozess stattfindet. ~' Nach jeder Teilphase wird Kundenwissen freigesetzt und in die nilchste Teilphase integriert. )~ Statt zahlreicher Feedbackschleifen spilt im Prozess, gibt es wenige im Verlauf der gesamten Frtihphase (von der Spezifikationserstellung bis zum ausgereiRen Prototypen). Dabei bestimmen folgende Determinanten die Ubertragbarkeit Vorgehensweise auf das B-2-B-Umfeld industrieUer Gilter:
der
XP-
Kundenbedtirfnis aufteilbar und nicht systemisch )~ F&E in Teams und nicht funktional organisiert Produktsystemarchitektur modular nicht integriert )~ Steuerung und Projel~lanung iterativ und nicht sequenziell Aus dem Blickwinkel der in dieser Arbeit identifizierten Kundenrollen, wtlrde eine derartige Vorgehensweise eine Verschmelzung der Rollen des Spezifikators und
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FAZIT
Selektors in einem Kunden bedeuten. Dies impliziert im industriellen Umfeld ein komplexes und seltenes Kompetenzprofil des Kunden, verspricht aber Vorteile durch reduzierten Akquisitions- und Kommunikationsaufwand im Vergleich zur Integration zweier verschiedener Kunden.
7.2.20ffene Forschungsschwerpunkte Die Bedeutung eines offenen Innovationsprozesses wird auch in Zuktmfi weiter zunehmen. Nur durch diese Offnung wird es Untemehmen gelingen, unter den sich immer welter verscharfenden Randbedingungen, die notwendigen Innovationen hervorzubringen. Dabei wird, wie im vorhergehenden Abschnitt skizziert wurde, sowohl die Verbreitung der frflhen Kundenintegration ansteigen als auch deren Ausgestaltung und Einbindung in die Offnung des gesamten Unternehmens wesentliche Veranderungen erfahren. Daraus, sowie basierend auf den Ergebnissen dieser Arbeit, welche spezifische Kundenrollen und Gestaltungskonzepte der frtlhen Ktmdenintegration aufgezeigt hat, ergeben sich folgende mOgliche zukfnttige Forschungsschwerpunkte: Im Sinne eines mehrstufigen Forschungsdesigns ware der nachste grosse Schritt eine quantitative Validierung des entwickelten konzeptionellen Managementmodells. Dies wfrde auch welter gehende Erkenntnisse fiber den tatsachlichen Verlauf frflher Kundenintegrationsprozesse liefem. Ein zentraler weiterer Forschungsschwerpunkt lage in einer n~eren Untersuchung des Zusammenhangs der fTtlhen Kundenintegration mit dem Innovationserfolg des Herstellers. Ein erster Ansatz filr einen derartigen Erfolgsnachweis kSnnte die Ermittlung der Erfolgsraten der unterschiedlichen Auspragungen tier frahen Kundenintegration sein. Dazu mfssten zunachst die Auswirkungen der einzelnen eingesetzten Strategien, Rollen und UnterstiRzungsmechanismen auf die Erfolge der Neuproduktentwicklung bzw. des Innovationsprozesses (z. B. den ProduktMarkt-Fit und die Durchlaufzeit) erhoben werden. In der vorliegenden Arbeit wird der Fokus auf die Sichtweise des Herstellers gelegt. Die Ziele der Kunden sind nicht Thema dieser Arbeit. Generell lasst sich feststeUen, dass eine Forschungslfcke darin besteht, die verschiedenen Rollen der Kundenintegration aus Sicht des Kunden zu betrachten. Dazu mfssten Daten aus Kundensicht, vor allem ~ r den Interaktions- und Motivationsteil, erhoben werden.
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Ein Abgleich mit den bestehenden Ergebnissen kann wertvolle Einsichten in mSgliche Interaktionseffekte der verschiedenen Gestaltungselemente liefem und damit das Modell welter bereichem. Offene Fragen stellen auch die Erweiterung der friihen Kundenintegration zu einem Managed Customer Network bzw. ihre Integration in den grOsseren Zusammenhang einer erweiterten Untemehmung (,360~ '') dar, wie dies in Absclmitt 7.2.1 angedeutet worden ist. Schliesslich ergibt sich noch die interessante Fragestellung der Obertragbarkeit der erarbeiteten Ergebnisse auf andere hmovationsarten als Produktinnovationen. Dies kOnnte beispielsweise eine Anpassung des Modells an die Spezifika der friihen Integration yon Kunden zur ErhOhung der Ilmovationsf~igkeit fi~r Prozesse und Serviceangebote bedeuten.
Es lasst sich also abschliessend feststellen, dass die Integration des Kunden im Rahmen der frOhen aktiven Kundenintegration grosse Potenziale bietet, die Innovationsf~ihigkeit des Herstellers zu erh0hen. Zur Nutzung dieser Chancen bedarf es eines sorgfilltig aufgesetzten Prozesses, welcher strategisch und strukturell in den Innovationsprozess des Herstellers eingebettet sein muss. Das entwickelte Managementmodell erm6glicht eine effektive und effiziente Integration von Kunden entlang von vier identifizierten spezifischen Kundenrollen. Diese Arbeit stellt allerdings nur einen kleinen Baustein im grossen Feld der Erforschung oftener Innovationsprozesse dar. Das Bestreben nach Erweiterung und Validierung bestehender Modelle sowie die sich permanent ver~mdemden Rahmenbedingungen sorgen f'tll" einen praktisch unersch6pflichen Strom an neuen interessanten Aufgabenstellungen ftir zukiinftige Forschungsaktivitliten.
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Anhang
Anhang 1: Interviewleitfaden und Ergiinzungsfragen Interviewleitfaden ,,Kundeneinbindung in den Innovationsprozess"
Allgemeine Fragen 1. Wie wUrden Sie die Technologiedynamik Ihrer Branche beschreiben? 2. Wie schaut die Wettbewerbsintensitat und -struktur Ihrer Branche aus (z. B. Oligopol)? 3. Wie wOrden Sie die Struktur Ihres Marktes mit Blick auf die Kunden beschreiben (z. B. viele gosse Kunden oder zersplittert)? 4. Charakterisieren Sie bitte kurz Ihre Hauptkunden (bzw. Kundentypen)!
5. Wie schaut die WertschOpfungskette in Ihrem Umfeld aus und wo stehen Sie bzw. Ihre Kunden? 6. Wie viele Mitarbeiter hat Ihre F&E-Abteilung? 7. Wie hoch ist der Umsatz Ihres Untemehmens (bzw. der Division ftir den die F&E-Abteilung arbeitet)? 8. Wie hoch sind die Investitionen in Ihre F&E-Abteilung (absolut oder in Prozent des Umsatzes)? 9. Wie ist das Verhaltnis zwischen intemen und extemen F&E-Ausgaben (falls verfilgbar)? 10.Wie gross ist der Anteil der radikalen Innovationen (im Vergleich zu inkrementellen Innovationen) in Ihrem Untemehmen? 11. Was waxen die letzten drei erfolgreichen (,,balmbrechenden") Innovationen Ihres Produkt-/Marktbereiches?
246
ANHANG I
12. Was waxen die Quellen dieser Innovationen? 13.Anzahl neuer Produkte (exkl. Produktverbesserungen) im Markt innerhalb der letzten drei Jahre? 14.Anteil neuer Produkte (nicht ltlter als drei Jahre) am Umsatz Ihrer Abteilung/Division? 15. Wie beurteilen Sie generell die Verfilgbarkeit yon finanziellen, materiellen und personellen Ressourcen in Ihrem Untemehmen/Wettbewerbsumfeld?
Kundeneinbindung allgemein 16. Wie ist Ihr Innovationsprozess smflcmfiert? In welchen Schritten lllufl er ab? Bitte geben Sie einen ganz groben Uberblick (evtl. mit Diagramm)[ 17. An welchen Stellen dieses Prozesses binden Sie Kunden ein? 18.Beobachten, beteiligen oder integrieren Sie Ihre Kunden und wie hoch ist der Grad der Kundenaktivitllt? 19. Wie ist der Kundeneinbindungsprozess organisatorisch verankert? 20. Wer ist for die Kundeneinbindung verantwortlich und wie wird diese mit dem Innovationsprozess koordiniert? 21. Welche Erfahrungen haben Sie mit dieser Kundeneinbindung gemacht (Vorteile und Nachteile, Resultate)? 22. Was sind aus Ihrer Sicht die kritischen Erfolgsfaktoren der Einbindung von Extemen (besonders Kunden)? 23. Wo sehen Sie noch Verbesserungsm6glichkeiten Kundeneinbindung in den Innovationsprozess?
und
Potenziale
der
24.Binden Sie auch andere exteme Partner in Ihren Innovationsprozess ein (z. B. Zulieferer und Universitaten)?
INTERVIEWLEITFADEN LINDERGANZUNGSFRAGEN
247
Die folgenden fllnf Fragenbl6eke bitte (falls m6glich) auf Kundeneinbindung in den f-rtthen Phasen des Irmovationsprozesses (Fuzzy Front End, Identifikation von Chaneen und Trends, Ideen- und Konzeptgenerierung, Auswahl und Bewertung von Ideen und Konzepten) beziehen! Bei allen fanf Bl6eken bitte naeh M6glichkeit Beispiele (erfolgreich und/oder nicht erfolgreieh) zur naheren ErRiuterung sowie die jeweiligen kritischen Erfolgsfaktoren hinzut'dgen !
Herstellerinterne Grundlagen der Kundeneinbindung 25.Inwiefern beeinflusst die Geschafisstrategie/Technologiestrategie (speziell der Fokus auf bestimmte Kernkompetenzen) die Art und Weise der Kundeneinbindung (Wen einbinden und wann?) und ist diese Strategie den Mitarbeitern bekannt? 26.Wie stellen Sie sicher, dass innerhalb der F&E (und in anderen relevanten Abteilungen) eine Atmosphare herrscht, welche often gegenilber Anregungen von aussen ist? Wie sorgen Sie dafilr, dass eine organisationsweite Orientierung hin zum Verstehen der Kundenbedtlrfnisse erfolgt? 27. Was untemehmen unterstUtzen?
Sie,
um
diesen
organisatorischen
Lemprozess
zu
28. Welche Rolle spielt die Schnittstelle zwischen F&E und Marketing in Ihrem Innovationsprozess und welche Instrumente setzen Sie ein, um diese Zusammenarbeit zu fOrdem?
Kundenbezogene Grundlagen der Kundeneinbindung 29. Welche Rolle spielen die folgenden Kundencharakteristika bei der Auswahl der eingebundenen Kunden? Bitte beschreiben Sic kurz, warum diese Punktr relevant sind (bzw. warum nicht) und wie Sie diese berilcksichtigen[ (a) Gr6sse des Kunden relativ zur Ihrer Untemehmung? (b) Finanzielle Attraktivit~R des Kunden? (c) Ruf des Kunden? (d) Wissen und Kompetenzen (Ressourcen und Skills) des Kunden? (e) Vergangene Erfahrungen des Kunden mit partnerschaftlicher Innovation? (f) Andere Kundencharakteristika, welche fiir Sie eine Rolle spielen?
248
ANHANG 1
30. Wodurch werden die Kunden zur Einbindung bzw. Mitentwicklung motiviert (extrinsische Motivation z.B. durch Bezahlung oder intrinsische Motivation z. B. durch bessere Produkte)?
Grundlagen der Interaktion zwischen Hersteller und Kunden
31. Inwiefem be~cksichtigen Sic die Kompatibilit~t Ihrer Firmenkultur mit der des eingebundenen Kunden? 32. Welche Rolle spielt die Entwicklung klarer gemeinsamer Ziele und wie stellen Sie diese sicher? 33. Wie sieht der Prozess der Kundeneinbindung aus? 34.Welche operativen Strukturen w/thlen Sie fiir die Kundeneinbindung (z. B. organisationsilbergreifende Teams)? 35. Welche der folgenden Beziehungsvariablen spielen bei Ihren Kundeneinbindungen eine Rolle? Bitte beschreiben Sie kurz, warum diese Punkte relevant sind (bzw. warum nicht)! (a) Commitment? (b) Vertrauen? (c) Gegenseitigkeit? (d) Andere Beziehungsvariablen, welche flir Sie eine Rolle spielen? 36.Beschreiben Sie kurz den Kommunikationsprozess zwischen Ihrer Firma und den eingebundenen Kunden! 37. Welche Rolle spielt die raumliche Dimension bei der Kundeneinbindung (z. B. virtuelle Einbindung bei grosser raumlicher Distanz)? 38. Wie managen und kontrollieren Sie den Prozess der Kundeneinbindung (z. B. Audits und regul~e Fortschrittsberichte)?
Methoden/Instrumente der Kundeneinbindung
39. Welche speziellen Methoden/Instrumente zur Kundeneinbindung wenden Sie an (z. B. Lead-User-Workshops und Interviews) und wie laufen diese ab? 40. Welche Erfahrungen haben Sie mit diesen Methoden gemacht?
INTERVIEWLEITFADENUND ERGANZUNGSFRAGEN
249
41. Gibt es andere Methoden, welche Sie einmal verwendet haben bzw. in Zukunfi verwenden m6chten?
Ergebnis/Ziele der Kundeneinbindung 42. Welche Rolle soil der Kunde einnehmen (z. B. Berater, Mitarbeiter, Lernender, Partner)? 43. Welchen Beitrag erwarten Sie sich von den eingebundenen Kunden bzw. durch die Zusammenarbeit mit ihnen (z. B. Ideen, Spezifikationsdetails, Konzepte, Marktchancen, Trends)? 44. Welche Kompetenzen bzw. welches Wissen mUssen die eingebunden Kunden haben, um den erwarteten Beitrag leisten zu kSnnen? 45.Filhrt die Kundeneinbindung Innovationsschritten?
eher zu inkrementellen oder zu radikalen
46. Wie gehen Sie mit der Frage des geistigen Eigentums ~r Beitr~lge welche durch die Einbindung Extemer (speziell Kunden) entstanden sind um? 47. Anzahl der Patente innerhalb der letzten drei Jahre und wie viele dieser Patente warden gemeinsam mit extemen Partnem (besonders mit Kunden) eingereicht?
250
ANHANG I
Ergiinzungsfragen zu Interviewleitfaden "Kundeneinbindung in den Innovationsprozess"
Ubergeordnete Gestaltungsfelder der Kundenintegration Kultur Hauptkriterium: offene Innovationskultur (zu Frage 26) 48. In welcher Form gestaltet das Top-Management eine offene Innovationskultur bzw. nimmt es seine diesbeziigliche Vorbildwirkung wahr? 49. Gibt es einheitliche Normen, Dokumente, Gesehichten und Mythen, die die Innovationskultur untersttRzen? 50. Wie bek~lmpfen Sie das ,,Not-lnvented-Here-Syndrom" (NIH)?
Struktur Hauptkriterium: organisatorische Verankerung der Kundenintegration (zu den Fragen 19 und 34) 51. Wie haben Sie die Funktionen, Verantwortungen und Ressourcenzuteilung fiir die Kundenintegration festgelegt? 52.Falls Sie eine eigene Organisationseinheit Rir die Kundenintegration etabliert haben, bitte beschreiben Sie diese!
Strategie Hauptkriterium: QualitiR der Innovationsstrategie bezilglich Kundenintegration (zu Frage 25) 53. Wie legen Sie die Kernkompetenzen und Kooperationsfelder (,,Stossrichtung der Kundenintegration") fest? 54. Wie erfolgt das Umsetzen der strategischen Ziele (Vorgehensweise, strategische Initiativen)?
Prozessorientierung (zu den Fragen 19, 20 und 33) 55. In welche Phasen gliedert sich Ihr Kundenintegrationsprozess Initiierungsphase, Vorbereitungsphase und Realisierungsphase)?
(z. B.
Initiierungsphase Hauptkriterium: Entscheidung zur Kundenintegration 56.In welcher Form fliessen die Kenntnisse der eigenen F[lhigkeiten und Kompetenzen ein? 57. Wie werden die Chancen und Anforderungen erkannt?
INTERVIEWLEITFADENLINDERGANZUNGSFRAGEN
251
58.Wie ist der Abgleich zwischen den Fahigkeiten und den Anforderungen organisiert? Hauptkriterium: Klare Ergebniserwartung 59. Wie kommen Sie zu einer klaren Problembeschreibung? 60. Welcher Prozess liegt der Erarbeitung der Integrationsziele zugrunde? 61. Wie stellen Sie sieher, dass die wiehtigsten Stakeholder integriert werden?
Vorbereitungsphase Hauptl~terium: Kundenauswahl 62. Wie werden Suchstrategie und die Selektionskriterien entwickelt? 63. Wie funktioniert der Kundensuchprozess? 64. Wie erfolgt die Selektion potenzieller Integrationspartner? Hauptkriterium: Vertragsabsehluss (zu Frage 32) 65. In welcher Form und mit welcher Strategie wird mit den Kunden verhandelt? 66. Wie werden die gemeinsarnen Integrationsziele festgelegt?
Realis ierungsphase Hauptkriterium: Operative DurchfOhnmg (zu den Fragen 34 und 38) 67. Wie wird die geeignete Integrationsform ausgewahlt? 68. Wie erfolgt das Management (Personal und Finanzen) der Integration? 69. Wie wird der Integrationsprozess kontrolliert? Hauptl~terium: Integration der Ergebnisse (zu Frage 27) 70. Wie werden die Ergebnisse der Integration dokumentiert und gespeichert? 71.Wie wird der firmeninterne Kommunikationsprozess zur Weitergabe der Ergebnisse unterstatzt?
Ziele des Herstellers (zu den Fragen 42 und 43) 72. Wie wOrden sie die Rollen des Kunden im Rahmen der Integration bezeiclmen? 73.Sind Sie mehr am Marktwissen oder am Technologiewissen der Kunden interessiert? 74. Welche Ergebnisse erwarten Sie sich vonder Kundenintegration (Identifikation yon Gelegenheiten, Ideen oder Konzepte)?
Erfolgsmessung (zu den Fragen 22 und 38) 75.Wie messen Sie den Erfolg der Kundenintegration (Kxiterien, Zielvorgaben, Reportingstelle)?
252
ANHANG 2
Anhang 2: Interviewverzeichnis Untemehmen
Name
Position
Acutronic
Peter Terstappen
Vice President Operations
Bubikon
25.2.03
awtec
Andreas Schlegel
Geschtlflsf0hrer
Z0rich
28.2.03
Jochen Ganz
GeschMtsf0hrer
ZOrich
28.2.03
Hermann Perrey Vice President Research and
Leverkusen
4.6.03
Leverkusen
4.6.03
Bayer Chemicals
Oft
Datum
Development Bayer
Dieter Boesveld
Creative Center
MaterialScience
Eckhart Foltin
Head of Creative Center
Leverkusen Z0dch
Georg Heger New Technologies & Services Paula C. Alves
New Technologies
4.6.03 1.12.03
Telefoninterview
2.12.04
Telefoninterview
21.4.05
Telefoninterview
1.12.03
Leverkusen
4.6.03
Dombim
1.4.04
Rodrigues
Bowler PET (Pty)
Bemd Sass
Werksleiter
Kapstadt, RSA
30.7.02
Ltd Collano AG
Continental
Alex Hofman
Project Manager
St. Gallen
13.2.04
Thomas Wolf
Innovationsprojekte
St. Gallen
13.2.04
Andrea Appel
Customer & Service
Wien
28.3.04
Management
EADS Astdum
Daniel J. Britton
Principal Engineer
Rudolf Benz
Senior Engineer
Telefoninterview
12.11.05
Telefoninterview
8.12.03
St. Gallen
29.10.03
Fdedrichshafen
18.12.03 14.12.04
Telefoninterview 25.4.2005 Rainer Behrle
Head of R&D Coordination
St. Gallen
29.10.03
ENS Frieddchshafen
18.12.03 14.12.04
Endress+Hauser
GuidoH u g e n t o b l e r
E-proPlast GmbH ModestoPesavento Esterform
Paul Cooke
Verkaufsingenieur
St. Gallen
27.4.04
Werksleitung
Schmalkalden
24.7.02
Direktor
Tenbury Wells,
22.7.02
GB Eternal Water Ltd
James Holani
Plant Manager
Wakatane, NZ
12.8.02
INTERVIEWVERZEICHNIS
2 53
Untemehmen
Name
Position
Ort
Datum
Fuba Automotive
Markus Deutsch
Business Manager Antenna
Hannover
15.11.03
Jona
4.3.03
GmbH Geberit
Systems Korea Mario von Ballmoos
Bereichsleiter Installationssysteme
Hilti Corporation
Walter Eggenberger
Bereichsleiter F&E
Jona
4.3.03
Friedhelm Sch0pe
Program Manager New
Telefoninterview
20.2.03
Business & Technology Hilti Deutschland
Erik Peyer Verkaufsleiter Region Bayem
Kaufering
24.2.03
Hilti Deutschland
Hr. Jasper
Customer Service
Kaufering
24.2.03
Hr. Schl0mer
Hilti Entwicklungs-
Product Manager
Kaufering
24.2.03
Hr. Schubert
Ideenmanager
Kaufering
24.2.03
Hr. Skender
Flottenmanagement
Kaufering
24.2.03
Marco Meyrat
GeschMtsftihrer
Kaufering
24.2.03
Martin Reuter
Marketing Manager Technik
Kaufering
24.2.03
Uwe Beugler
Technischer Leiter
Kaufering
24.2.03
Wolf Hiemeyer
Marketingleiter
Telefoninterview
27.2.03
Matthias Paetow
Manager Research &
Kaufering
24.2.03
Schaan
27.11.03
GmbH
Application Light Duty Systems
Hilti Diamond
Reinhard Schindler
Systems
Head of Diamond Service Contractor Segment
24.11.04 Hilti Schweiz
Hr. Werder
Field Engineering
Telefoninterview
14.3.03
IBM Research
Walter Hehl
Content Manager Industry
R0schlikon
1.3.04
R0schlikon
1.3.04
Solution Lab Walter Pletscher
Manager Industry Solution Lab
IP Plastics
Alexey Lychkouski
Direktor
Minsk, BY
2.8.02
K0ksan A.S.
M. Murat KSkoglu
Direktor
Gaziantep, TR
4./5.8.02
Logitech
Aldo Bussien
Vice President Engineering Romanel/Morges
26.5.03
Bernhard Gander
Vice President Corporate Romanel/Morges
Control Devices 26.5.03
Business Development MTU Aero Engines
Klaus Broichhausen
Ehm. Head of Aerodynamic Design
St. Gallen
12.1.04
254
ANHANG 2
,,,,,
Untemehmen
Name
Position
Ort
Datum
Polycorp
Istvan Konkoly-
Agent / Thege Plastic GmbH
Budapest
26.8.02
Direktor
Budapest
26.8.02
Henry J. Louw
Executive Chairman
Kapstadt, RSA
29.7.02
Ryan Munnik
Production Manager
Kapstadt, RSA
29.7.02
Jorge Viana
Business Unit Manager PET
Kapstadt, RSA
29.7.02
Suzanne Louw
Operations Manager
Kapstadt, RSA
31.7.02
Graham P. Neuville
Plant Manager
Jakarta, RI
8.8.02
Soebekti Hambali
Chairman
Jakarta, RI
8.8.O2
Mulyadi Kosasih
Diraktor
Jakarta, RI
8.8.02
Reichart Beratung
Sybille V. Reichart
Geschaflsf0hrerin
Dombim
20.5.03
Roche Diagnostics
Gertraud Ehdich-
Manager System Integration
Penzberg
11.4.03
Weinraich
Knowledge Management
Thege Laczko Mihaly Polyoak
PT Dynaplast Tbk
Laborat. Diagn. Penzberg
11.4.03
Sauer GmbH
Hr. Schrickel
Produktionsmanager PET
Neustadt b. C.
23.7.02
Siemens Building
G0nter Zepf
Group Innovation Manager
Z0dch
4.12.03
Produktmanager PET
Troisdorf
8.7.02
10.7.02
Rolf A. Herb
Technologies SIG Blowtec
Frank Sch011er
9.7.02 Klaus Hartwig
Manager Technology Center
Hamburg
Wemer Fillmann
Vomtand
Neuhausen
3.7.02
Anton Demarmels
CTO
Neuhausen
19.7.02
Thum-Produkte
Adi Frank Thum
Geschaflsleitung
Much
25.7.02
Unique
Warren Miller
CEO
Pendergrass,
14.8.02
SIG Corpoplast SIG Holding
USA Voith Paper
Alexander Wassermann
Winterthur
Diether Kuhn
Projektierung
St. POIten
21.6.03
Winterthur
26.2.03
Dombim
17.5.04
Papiermatchinen Head of Marketing and Channel Management Support
Zumtobel Staff
Klaus Vamberszky Mitgliedder Geschitflsleitung
GmbH 14.12.04