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German Pages 348 Year 2017
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 466
Das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern Von
Piotr Hoffman
Duncker & Humblot · Berlin
PIOTR HOFFMAN
Das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern
Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 466
Das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern
Von
Piotr Hoffman
Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt hat diese Arbeit im Jahre 2016 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
D 17 Alle Rechte vorbehalten © 2017 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-15098-4 (Print) ISBN 978-3-428-55098-2 (E-Book) ISBN 978-3-428-85098-3 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Für Julia
Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Oktober 2015 abgeschlossen worden; sie wurde im Sommersemester 2016 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Darmstadt als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur sind bis September 2015 berücksichtigt. Danken möchte ich vor allem Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Uwe H. Schneider, der die Arbeit betreut hat und dessen Rat bei der Erstellung der Dissertation stets eine wertvolle Hilfe war. Für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens möchte ich mich zudem bei Frau Prof. Dr. Janine Wendt herzlich bedanken. Mein Dank gilt schließlich auch Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Marcus Lutter, der mich im Rahmen der Deutschen Rechtsschule an der Universität Warschau für das deutsche Privatrecht begeisterte und auf diese Weise zur Entstehung der vorliegenden Arbeit beigetragen hat. Warschau, im September 2016
Piotr Hoffman
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis
Einführung ........................................................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 Kapitel 1
Fälle von Leistungsversprechen auf erstes Anfordern 17
A. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern . ..................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 B. Auf erstes Anfordern zu zahlender Werklohn . ........... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 C. Auf erstes Anfordern zu zahlende Vergütung für Abfallentsorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 D. Umdeutung einer für sich selbst erteilten Bürgschaft auf erstes Anfordern .. . . . . . . . . . 25 Kapitel 2
Der Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern 27
A. Gemeinsame Struktur der besprochenen Beispiele . ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 B. Definition des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern und Subsumption .. . . . . . 29 C. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern als Unterfall des Leistungsversprechensauf erstes Anfordern ............................................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Kapitel 3
Die Garantie auf erstes Anfordern 37
A. Der Garantievertrag .......................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 B. Die atypische Garantie auf erstes Anfordern . ............ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 C. Die typische Garantie auf erstes Anfordern ................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 D. Die typische Garantie auf erstes Anfordern in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 I. Das Garantieverhältnis . ............................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 II. Die Sicherungsabrede ................................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 III. Die Rückgarantie auf erstes Anfordern . ............. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 E. Die rechtliche Einordnung der typischen Garantie auf erstes Anfordern– die Positionen ............................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 F. Die rechtliche Einordnung der typischen Garantie auf erstes Anfordern– eigener Ansatz .. .............................................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 G. Umdeutung einer für sich selbst erteilten Bürgschaft auf erstes Anfordern – Diskussion . . .................................................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
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Inhaltsverzeichnis Kapitel 4
Zweck und Auslegung 81
A. Zweck des Versprechens . ................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 B. Arten des materiellen Anspruchs . .......................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 C. Arten des formellen Anspruchs .................... ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 D. Dokumentenstrenge .. ............................... ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 I. Bei der Prüfung des Eintritts des formellen Anspruchsfalles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 II. Bei der Auslegung ...................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Kapitel 5
Der formelle Anspruch 109
A. Arten von formellen Voraussetzungen ............ ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 I. Einfaches Anfordern .......................... ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. Person des Anfordernden ......................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2. Zugang des Anforderns . .......................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 3. Inhalt des Anforderns .................... ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Bestimmung des geltend gemachten Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 b) Umschreibung der angeforderten Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 c) Schlüssigkeit der Anforderung bzw. Angabe ihrer Gründe . . . . . . . . . . . . . . 124 d) Behauptung über den materiellen Anspruchsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 4. Form des Anforderns ................................................................................... 137 II. Erklärung des Begünstigten ........................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 III. Andere dokumentarische Voraussetzungen . ........ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 IV. Nichtdokumentarische Voraussetzungen . .. ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen ........... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 I. Materiell-formelle Voraussetzungen ........ ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 1. Fallgruppe I . .............................. ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2. Fallgruppe II . ...................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 3. Fallgruppe III ...................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 4. Fallgruppe IV . ..................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 5. Fallgruppen V und VI . ................... ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 6. Fallgruppe VII . .................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 7. Fallgruppe VIII . .......................... ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 II. Aufschiebende Bedingungen und Termine . ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 III. Auflösende Bedingungen .................... ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 IV. Befristung . .............................................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 V. Effektivklauseln ............................... ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
Inhaltsverzeichnis
11
Kapitel 6
Der Erstprozess 194
A. Einleitung . . .................................................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 B. Der Erstprozess als Urkundenprozess ..................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 I. Das Nachverfahren . . ................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 II. Beweisbeschränkungen ................................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 C. Einwendungen gegen das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern selbst . . . . . . . . 206 I. Keine Erteilung des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern .. . . . . . . . . . . . . 208 II. Das Versprechen ist kein Versprechen auf erstes Anfordern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 III. Das Versprechen ist nichtig oder unwirksam ....... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 1. Unzulässigkeit des Versprechens und die an das Versprechen zu stellenden Anforderungen ............................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 a) Anforderungen an den formellen Anspruch .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 b) Anforderungen an den materiellen Anspruch – Zulässigkeit der Bürgschaft auf erstes Anfordern . .................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Schutz des Versprechenden und AGB-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 D. Der formelle Anspruchsfall ist nicht eingetretenoder das Versprechen ist erloschen.. 233 I. Einwendungen des Versprechenden . ................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 II. Hinweispflicht ......................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 E. Erlöschen des formellen Anspruchs durch Erfüllung oder Aufrechnung .. . . . . . . . . . . . . 239 I. Erfüllung ................................................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 II. Aufrechnung ............................................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 F. Weitere allgemeine Einwendungen und Einredengegen den formellen Anspruch .. . 248 G. Der Einwand des nicht gesicherten Risikos bei einer Bürgschaftauf erstes Anfordern .................................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 H. Der Missbrauchseinwand . .................................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 I. Missbrauch wegen ohne Weiteres feststellbaren Nichteintritts des materiellen Anspruchsfalles . ....................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 II. Missbrauch wegen schlechter wirtschaftlicher Lage des Begünstigten . . . . . . . . 275 III. Missbrauch wegen widersprüchlichen Verhaltens des Begünstigten . . . . . . . . . . . 277 IV. Andere Fälle des Missbrauchs . ...................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 Kapitel 7
Der Rückforderungsprozess 281
A. Einleitung . . .................................................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 B. Der Rückforderungsanspruch des Versprechenden . ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 I. Das Wesen des Rückforderungsanspruchs .......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
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Inhaltsverzeichnis II. Einzelheiten der Rückforderung . ..................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 III. Die Beweislast . ................................ ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 IV. Der Urkundenprozess . ................................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296
C. Nichtdeliktische Schadensersatzansprüche des Versprechenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 D. Nichtdeliktische Ansprüche des Hauptschuldners oder Auftraggebers .. . . . . . . . . . . . . . . 300 E. Deliktische Ansprüche ....................................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Kapitel 8 Ergebnisse 309 Verzeichnis der zitierten Entscheidungen . .................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Literaturverzeichnis .. ................................. ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Sachverzeichnis ........................................ ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis
a.A. anderer Auffassung Abs. Absatz a.F. alte Fassung AGB allgemeine Geschäftsbedingungen AGB-Gesetz Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Art. Artikel AVB-EltV Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden AVB-FernwärmeV Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme AVB-GasV Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden AVB-WasserV Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGH Bundesgerichtshof Buchst. Buchstabe d.h. das heißt f. folgende ff. fortfolgende Fn. Fußnote HGB Handelsgesetzbuch h.M. herrschende Meinung i.V.m. in Verbindung mit KG Kammergericht KWG Gesetz über das Kreditwesen LG Landgericht n.F. neue Fassung Nr. Nummer OG Oberstes Gericht (Polen) OGH Oberster Gerichtshof (Österreich) OLG Oberlandesgericht RG Reichsgericht Rn. Randnummer S. Seite bzw. Seiten StGB Strafgesetzbuch UCP Uniform Customs and Practice for Documentary Credits
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UCP 600
Abkürzungsverzeichnis
Uniform Customs and Practice for Documentary Credits (ICC Publication no. 600) URDG 458 Uniform Rules for Demand Guarantees (ICC Publication no. 458) URDG 758 Uniform Rules for Demand Guarantees (ICC Publication no. 758) vgl. vergleiche ZPO Zivilprozessordnung
Einführung Einführung Einführung
Bürgschaften und Garantien auf erstes Anfordern kommen im Rechtsverkehr in Deutschland fast täglich vor. Leistung auf erstes Anfordern wird aber auch außerhalb des Bereichs von Bürgschaften und Garantien häufig versprochen. In solchen Fällen sind die Versprechen auf erstes Anfordern oft nach denselben Prinzipien wie die Bürgschaft auf erstes Anfordern ausgestaltet. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zunächst (Kap. 1 – 2), diese Tatsache im Rahmen der Analyse einer Reihe von Beispielen und durch die Erarbeitung eines allgemeinen Begriffs des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern, unter den sowohl die Bürgschaft auf erstes Anfordern als auch die analysierten Beispiele subsumiert werden können, zu belegen. In einem zweiten Schritt wird der Verfasser alsdann der Frage nachgehen (Kap. 3), ob auch die Garantie auf erstes Anfordern sich unter den erarbeiteten allgemeinen Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern subsumieren lässt. Hierbei soll vor allem gezeigt werden, dass die Garantie auf erstes Anfordern kein einheitliches Rechtsinstitut ist. Denn einerseits gibt es Garantien auf erstes Anfordern, die sich unter den allgemeinen Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern subsumieren lassen, die demnach quasi als mit einer Klausel auf erstes Anfordern versehene Garantieverträge angesehen werden können. Andererseits weisen die typischen Garantien auf erstes Anfordern eine ganz verschiedene Struktur auf und haben mit dem Garantievertrag eigentlich nichts zu tun. Als These lässt sich dies somit knapp wie folgt formulieren: typische Garantien auf erstes Anfordern sind keine mit einer Klausel auf erstes Anfordern versehenen Garantieverträge. Im dritten Schritt wird daran anknüpfend der Zweck des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern ermittelt. Dieser ist allen solchen Versprechen gemeinsam und prägt in bestimmender Art und Weise die Beantwortung einzelner Rechtsfragen, die dieses Rechtsinstitut betreffen; darüber hinaus werden die aus diesem Zweck folgenden Grundprinzipien betreffend die Auslegung des Versprechens diskutiert (Kap. 4). Nachdem so der allgemeine Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern erarbeitet, seine Anwendbarkeit auf verschiedene Rechtsinstitute (Bürgschaft auf erstes Anfordern, Garantie auf erstes Anfordern) geprüft und der ihm innewohnende Zweck ermittelt wurde, steht im Weiteren noch die Beantwortung der Frage aus, ob ein solcher Begriff juristisch überhaupt vom Nutzen ist. Dies ist in der Tat der Fall. Hierfür den Nachweis zu erbringen, ist Inhalt des letzten und umfangreichsten Teiles der vorliegenden Arbeit (Kap. 5 – 7). Erreicht werden soll dies dadurch, dass – vor allem veranschaulicht am Beispiel der in der Rechtsprechung besonders häufig vorkommenden Bürgschaft auf erstes Anfordern – zunächst die
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Einführung
Einzelheiten der Ausgestaltung des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern (Kap. 5) und dann die auf Grund dessen geführten Erst- (Kap. 6) und Rückforderungsprozesse (Kap. 7) geschildert und diskutiert werden. Ferner soll gezeigt werden, dass die in diesem Zusammenhang entstehenden Probleme mithilfe des allgemeinen Begriffs des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern einheitlich für alle Formen dieses Versprechens gelöst werden können. Und desweiteren soll in diesem Teil der Arbeit ebenfalls gezeigt werden, dass die zur Bürgschaft auf erstes Anfordern ergangene Rechtsprechung mühelos erklärt werden kann, wenn man die Bürgschaft auf erstes Anfordern als Fall des allgemeinen Leistungsversprechens auf erstes Anfordern ansieht und auf sie die für dieses generelle Rechtsinstitut geltenden Regeln anwendet. Abschließend ergibt sich folglich (Kap. 8), dass der Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern einerseits eine einheitliche Handhabung vieler verschiedener Verträge – unter welchen die Bürgschaft auf erstes Anfordern der prominenteste ist – ermöglicht. Andererseits ist dieser Begriff aber zugleich auch bei der Erarbeitung richtiger Lösungen zur Bürgschaft auf erstes Anfordern hilfreich, die sich darüber hinaus fast ausnahmslos mit der – in der Literatur teilweise kritisierten – Rechtsprechung des BGH decken.
Kapitel 1
Fälle von Leistungsversprechen auf erstes Anfordern Kap. 1: Fälle von Leistungsversprechen auf erstes Anfordern
Bevor ein allgemeiner Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern eingeführt wird, sollen in diesem Kapitel einige in der Praxis vorkommende Fälle dargestellt werden, die nach Auffassung des Verfassers eine gemeinsame Struktur aufweisen und sich in der Folge unter einen allgemeinen Begriff subsumieren lassen. An dieser Stelle soll noch nicht entschieden werden, ob eine solche gemeinsame Struktur tatsächlich vorhanden ist; diese Frage wird erst in Kap. 2, B. und für den Fall der Bürgschaft auf erstes Anfordern dann zusätzlich detailliert in Kap. 2, C. diskutiert werden. Dabei darf man nicht verkennen, dass die Frage, ob die Bürgschaft auf erstes Anfordern sich unter diesen oder jenen allgemeineren Begriff subsumieren lässt, auch deshalb schwierig sein kann, weil die Bürgschaft auf erstes Anfordern gesetzlich nicht geregelt ist und es daher gar nicht eindeutig ist, was gemeint ist, wenn über sie gesprochen wird; es wäre an sich sogar nicht auszuschließen, dass es einen einheitlichen Begriff der Bürgschaft auf erstes Anfordern vielleicht gar nicht gibt, d.h. dass Verträge ganz verschiedener Art, die nicht einheitlich aufzufassen sind, mit ein und demselben Begriff bezeichnet werden. Es wird sich zwar im Fortgang der Analyse zeigen, dass dies nach Auffassung des Verfassers nicht der Fall ist; von vornherein auszuschließen ist dies jedoch nicht, zumal der Verfasser im Rahmen der vorliegenden Arbeit argumentieren wird, dass bei der Garantie auf erstes Anfordern genau dies der Fall ist, d.h. dass Verträge ganz verschiedener Art, die nicht auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen sind, mit dem Namen „Garantie auf erstes Anfordern“ bezeichnet werden.
A. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern Die Bürgschaft auf erstes Anfordern ist der für diese Arbeit wichtigste Vertrag. An dieser Stelle soll zunächst kurz dargestellt werden, wie eine solche Bürgschaft formuliert werden kann, wie sie durch das Schrifttum und die Rechtsprechung verstanden wird und in welchen Situationen sie verwendet wird. Eine gründlichere Auseinandersetzung mit ihr wird erst in den folgenden Kapiteln stattfinden. Eine typische Bürgschaft auf erstes Anfordern kann wie folgt lauten: „Gemäß Nachunternehmervertrag hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Abrechnungssumme zu stellen. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir hiermit für den Auftragnehmer die selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von … unter Verzicht auf Einreden der An-
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Kap. 1: Fälle von Leistungsversprechen auf erstes Anfordern fechtung, Aufrechnung, Vorausklage und Vorausbefriedigung (§§ 770, 771, 772 BGB) mit der Maßgabe, dass wir aus dieser Bürgschaft nur auf Zahlung von Geld in Anspruch genommen werden können. Wir verpflichten uns, den vorgenannten Betrag auf erste schriftliche Anforderung an den Auftraggeber zu überweisen. Wir sind nicht berechtigt, uns durch Hinterlegung des Betrages zum Zwecke der Sicherheitsleistung von den Verpflichtungen aus dieser Bürgschaft zu befreien.“1
Die Rechtsprechung und das Schrifttum legen eine solche Erklärung dahin aus, dass der erklärende Bürge verpflichtet ist, auf bloße Anforderung des Gläubigers jeden Betrag bis zum Höchstbetrag an ihn ohne Rücksicht darauf, ob die verbürgte Hauptforderung besteht und ob er als Bürge für sie auf Grund der Bürgschaft haftet, auszuzahlen. Erst danach kann der Bürge in einem Rückforderungsprozess die Rückzahlung des ausgezahlten Betrages mit der Begründung verlangen, die Bürgschaftsforderung habe nicht bestanden. Nur dann, wenn die formellen Voraussetzungen einer Zahlungsanforderung nicht erfüllt sind (hier beispielsweise wenn die Anforderung nicht schriftlich erfolgt) oder wenn offensichtlich ist oder mit liquiden Beweismitteln bewiesen wird, dass die Bürgschaftsforderung nicht besteht, kann der Bürge die Zahlung verweigern. Im Übrigen sind alle „materiellen“, also den Bestand der Bürgschaftsforderung betreffenden Einreden und Einwendungen, ausschließlich im Rückforderungsprozess auszutragen. Der Bürge muss demnach grundsätzlich sofort zahlen; alle Streitfragen tatsächlicher oder rechtlicher Art, deren Beantwortung sich nicht von selbst ergibt, müssen erst nach der Zahlung in einem etwaigen Rückforderungsprozess ausgetragen werden.2 1 Der Bürgschaftstext ist dem Fall BGH, Urteil vom 10. 4. 2003, VII ZR 314/01, und OLG Stuttgart, Urteil vom 19. 2. 2004, 13 U 118/03, entnommen. 2 BGH, Urteil vom 21. 4. 1988, IX ZR 113/87, BGH, Urteil vom 17. 1. 1989, XI ZR 65/88, BGH, Urteil vom 27. 2. 1992, IX ZR 57/91, BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93, OLG Hamm, Urteil vom 21. 4. 1994, 21 U 215/93, OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. 12. 1996, 8 U 98/96, OLG München, Urteil vom 23. 7. 1997, 7 U 2697/97, BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98, OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99, BGH, Urteil vom 10. 10. 2000, XI ZR 344/99, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01, OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. 12. 2001, 11 W 81/01, BGH, Urteil vom 24. 1. 2002, IX ZR 204/00, BGH, Urteil vom 5. 3. 2002, XI ZR 113/01, OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 7. 2004, I-23 U 172/03. In diesem Sinne auch BGH, Urteil vom 31. 1. 1985, IX ZR 66/84, BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95, BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95, BGH, Urteil vom 5. 6. 1997, VII ZR 324/95, BGH, Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97, BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98, BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00, OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. 12. 2001, 11 W 81/01, OLG Köln, Beschluss vom 14. 1. 2002, 11 U 96/01, OLG Celle, Beschluss vom 30. 4. 2002, 6 W 56/02, BGH, Urteil vom 10. 9. 2002, XI ZR 305/01, OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. 9. 2005, I-5 U 91/04, OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06, BGH, Urteil vom 28. 6. 2007, VII ZR 199/06. Einreden aus dem Hauptschuldverhältnis bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern sind grundsätzlich erst im Rückforderungsprozess geltend zu machen: KG, Urteil vom 20. 11. 1986, 22 U 122/86, BGH, Urteil vom 12. 3. 1992, IX ZR 141/91, OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. 1. 1999, 5 U 128/98, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00, OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. 7. 2002, 24 U 163/01, OLG Köln, Beschluss vom 2. 4. 2004, 19 W 11/04, OLG Celle, Urteil vom 11. 11. 2004, 5 U 107/04, OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06.
A. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern
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Höchstrichterlich wurde die Bürgschaft auf erstes Anfordern ausdrücklich erst im Jahre 1979 anerkannt.3 Daraufhin aber ist sie enorm populär geworden.4 Bürgschaften auf erstes Anfordern kommen am häufigsten bei Bau- und anderen Werkverträgen vor.5 In der Rechtsprechung wird hervorgehoben, dass Bürgschaften auf erstes Anfordern vor allem im internationalen Handel,6 im Rahmen der Konzernfinanzierung7 und im Baugewerbe8 verwendet werden; dies trifft besonders für das Baugewerbe zu, was unter anderem insoweit von Bedeutung sein kann, als daraus zu folgern ist, dass Bauunternehmer bei der Auslegung der Klausel auf erstes Anfordern keines besonderen Schutzes bedürfen,9 dass dieser Klausel in einem solchen Zusammenhang kein Überraschungseffekt im Sinne der AGB-Kontrolle zukommt10 und dass die Klausel in einem Bauvertrag, wonach eine Bürgschaft „nach dem Muster des Auftraggebers“ zu erbringen sei, im Rahmen der AGB-Kontrolle als Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern zu betrachten ist.11 Im Zusammenhang mit Bau- oder anderen Werkverträgen werden vor allem zugunsten des Auftraggebers erteilte Anzahlungs-, Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaften auf erstes Anfordern übernommen: • Eine Anzahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern (auch Vorauszahlungsbürgschaft genannt) sichert die Ansprüche des Auftraggebers auf Rückzahlung ge-
3 BGH, Urteil vom 2. 5. 1979, VIII ZR 157/78; vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 8. 9. 1976, 13 U 60/76, wo eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern nicht anerkannt und als gewöhnliche Bürgschaft ausgelegt wurde, und LG Lübeck, Urteil vom 27. 6. 1977, 11 O 73/77, wo eine Bürgschaft auf erstes Anfordern anerkannt wurde. Zur Geschichte der Bürgschaft auf erstes Anfordern siehe Kap. 3 am Anfang. 4 In den letzten 10 Jahren hat ihre Popularität aber vor allem wegen der restriktiven Rechtsprechung des BGH zu den AGB in Bauverträgen erheblich gelitten (so MüKo/Habersack6, § 765, Rn. 99); vgl. auch Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 77 f., und Hadding/Welter, S. 1551. Vorhergesagt wurde dies schon von Hadding, Zum Rückforderungsanspruch, S. 266. Teilweise a.A. Wittmann, S. 482 („Ungeachtet dieser Rechtsprechung […] weiterhin von entscheidender Bedeutung“). 5 Siehe Lang, S. 2329 und 2332, der die Bauwirtschaft und den Außenhandel nennt, Fischer, Rückforderung, S. 543, der auf das Bauvertragsrecht hinweist, und Arnold, S. 13 ff. Vgl. auch die in Kap. 1, Fn. 12 – 15 zitierten Entscheidungen. Generell für die Anwendungsbereiche von Bürgschaften auf erstes Anfordern siehe beispielsweise Eleftheriadis, S. 21 f., und Arnold, S. 13 ff. 6 BGH, Urteil vom 12. 3. 1992, IX ZR 141/91. 7 BGH, Urteil vom 12. 3. 1992, IX ZR 141/91, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 31. 5. 1996, 24 U 248/94. 8 BGH, Urteil vom 5. 6. 1997, VII ZR 324/95. 9 BGH, Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97; anders im Verhältnis der beauftragten Bank zu dem sie beauftragenden Bauunternehmer BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98. 10 BGH, Urteil vom 12. 7. 2001, IX ZR 380/98. 11 BGH, Urteil vom 2. 3. 2000, VII ZR 475/98.
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Kap. 1: Fälle von Leistungsversprechen auf erstes Anfordern
leisteter Anzahlungen.12 Der Auftragnehmer wird typischerweise im Vertrag entweder zu deren Erbringung verpflichtet oder es wird vereinbart, dass er erst nach deren Erbringen ein Recht auf die Anzahlung hat. • Eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern (auch Erfüllungs- oder Ausführungsbürgschaft genannt) sichert die Ansprüche des Auftraggebers auf Erfüllung des Vertrages; die Pflicht zu ihrer Stellung wird normalerweise im Vertrag vereinbart.13 • Eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern sichert die Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers. Am häufigsten wird sie zur Ablösung eines Gewährleistungseinbehalts gestellt.14 Sie kann aber auch aus anderen Gründen 12 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25. 11. 1977, 3 U 11/77, BGH, Urteil vom 21. 4. 1988, IX ZR 113/87, BGH, Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98 (wohl teilweise eine Vertragserfüllungsbürgschaft), OLG Stuttgart, Urteil vom 20. 12. 2000, 9 U 183/00, OLG Düsseldorf, Urteil vom 4. 11. 2003, I-21 U 36/03 (wohl teilweise eine Vertragserfüllungsbürgschaft), BGH, Urteil vom 27. 1. 2004, XI ZR 111/03, OLG Köln, Urteil vom 1. 10. 2004, 20 U 85/03, OLG Zweibrücken, Urteil vom 14. 4. 2005, 4 U 132/04 (ungewöhnlicher Fall, da vom Arbeitnehmer für seinen Arbeitgeber übernommen). 13 OLG Hamburg, Urteil vom 10. 10. 1985, 6 U 90/85, BGH, Urteil vom 26. 2. 1987, IX ZR 136/86, BGH, Urteil vom 9. 3. 1989, IX ZR 64/88, OLG München, Urteil vom 23. 7. 1997, 7 U 2697/97, LG Essen, Urteil vom 1. 7. 1998, 41 O 227/97, BGH, Urteil vom 24. 9. 1998, IX ZR 371/97, OLG Hamm, Urteil vom 5. 11. 1999, 25 U 64/99, OLG Köln, Beschluss vom 27. 1. 2000, 3 W 6/00, BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98, OLG Hamm, Urteil vom 23. 5. 2000, 24 U 19/00, BGH, Urteil vom 12. 7. 2001, IX ZR 380/98, BGH, Beschluss vom 25. 10. 2001, IX ZR 65/00, OLG Celle, Urteil vom 18. 12. 2001, 16 U 111/01, OLG Köln, Beschluss vom 14. 1. 2002, 11 U 96/01, BGH, Urteil vom 18. 4. 2002, VII ZR 192/01, BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, VII ZR 502/99, BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99, BGH, Urteil vom 24. 10. 2002, IX ZR 355/00, BGH, Urteil vom 23. 1. 2003, VII ZR 210/01, BGH, Urteil vom 24. 2. 2003, II ZR 385/99, BGH, Beschluss vom 13. 11. 2003, VII ZR 371/01, BGH, Urteil vom 25. 3. 2004, VII ZR 453/02, OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 7. 2004, I-23 U 172/03, OLG Oldenburg, Urteil vom 30. 9. 2004, 8 U 86/01, OLG München, Urteil vom 2. 2. 2005, 27 U 146/04, OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. 3. 2005, I-21 U 195/03, BGH, Urteil vom 10. 5. 2007, VII ZR 226/05, BGH, Beschluss vom 28. 2. 2008, VII ZR 51/07, LG München I, Urteil vom 5. 5. 2010, 2 O 14011/05. 14 OLG Stuttgart, Urteil vom 8. 9. 1976, 13 U 60/76, OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. 12. 1976, 5 U 167/76, BGH, Urteil vom 2. 5. 1979, VIII ZR 157/78, BGH, Urteil vom 31. 1. 1985, IX ZR 66/84, BGH, Urteil vom 29. 9. 1986, II ZR 220/85, OLG München, Urteil vom 15. 10. 1991, 9 U 2951/91, OLG Hamm, Urteil vom 21. 4. 1994, 21 U 215/93, OLG Köln, Urteil vom 20. 3. 1997, 12 U 189/96, BGH, Urteil vom 5. 6. 1997, VII ZR 324/95, OLG Köln, Urteil vom 30. 10. 1997, 12 U 40/97, BGH, Urteil vom 2. 3. 2000, VII ZR 475/98, BGH, Urteil vom 28. 9. 2000, VII ZR 460/97, BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00 (Vorinstanz: OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99), OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01, BGH, Urteil vom 22. 11. 2001, VII ZR 208/00, BGH, Urteil vom 5. 3. 2002, XI ZR 113/01, OLG Celle, Beschluss vom 30. 4. 2002, 6 W 56/02, BGH, Urteil vom 16. 5. 2002, VII ZR 494/00, BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99, BGH, Urteil vom 10. 4. 2003, VII ZR 314/01 (Nachinstanz: OLG Stuttgart, Urteil vom 19. 2. 2004, 13 U 118/03), OLG Düsseldorf, Urteil vom 17. 6. 2003, 23 U 234/02, OLG Celle, Urteil vom 13. 11. 2003, OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. 11. 2003, 7 U 135/00, BGH, Urteil vom 25. 3. 2004, VII ZR 453/02, OLG Celle,
A. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern
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erbracht werden.15 Diese Art einer Bürgschaft auf erstes Anfordern kommt besonders oft vor; auch das grundlegende Urteil, in dem der BGH die Bürgschaft auf erstes Anfordern zum ersten Mal ausdrücklich anerkannt hat, betraf eine Gewährleistungsbürgschaft.16 Selbstverständlich kann der genaue Umfang der obigen Bürgschaften sehr verschieden sein; darauf soll hier nicht weiter eingegangen werden, weil insoweit keine wesentlichen Unterschiede zu gewöhnlichen Bürgschaften bestehen. Im Zusammenhang mit Bau- oder anderen Werkverträgen können auch zugunsten des Auftragnehmers Bürgschaften auf erstes Anfordern übernommen werden; insoweit kommen vor allem Zahlungsbürgschaften auf erstes Anfordern in Betracht, also Bürgschaften, die die Zahlung des Werklohns sichern sollen.17 Aber nicht nur in direktem Zusammenhang mit Bau- und Werkverträgen werden Bürgschaften auf erstes Anfordern gestellt. Aus der Rechtsprechung sind verschiedenste Konstellationen bekannt, in denen solche Bürgschaften vorkommen, und zwar: • Miet-, Pacht- und Leasingverträge: Es werden zugunsten des Verpächters oder des Vermieters Vertragserfüllungsbürgschaften auf erstes Anfordern18 oder Urteil vom 11. 11. 2004, 5 U 107/04, BGH, Urteil vom 9. 12. 2004, VII ZR 265/03 (Vorinstanz: OLG Hamm, Urteil vom 1. 7. 2003, 19 U 38/03), OLG Celle, Urteil vom 13. 11. 2003, 13 U 136/03, BGH, Urteil vom 14. 4. 2005, VII ZR 56/04, BGH, Beschluss vom 23. 6. 2005, VII ZR 277/04, OLG Celle, Urteil vom 7. 7. 2005, 14 U 23/05, OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. 9. 2005, I-5 U 91/04, BGH, Urteil vom 20. 10. 2005, VII ZR 153/04 (Vorinstanz: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18. 12. 2003, 21 U 24/03), OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06. 15 OLG Hamm, Urteil vom 24. 6. 1986, 21 U 150/85, BGH, Urteil vom 27. 2. 1992, IX ZR 57/91, OLG München, Urteil vom 21. 10. 1994, 23 U 3264/94, OLG Köln, Urteil vom 26. 3. 1996, 22 U 204/95, LG Berlin, Urteil vom 13. 4. 2000, 9 O 313/99, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00, OLG Hamm, Urteil vom 24. 7. 2003, 23 U 16/03, OLG Düsseldorf, Urteil vom 4. 11. 2003, I-21 U 36/03, LG München I, Urteil vom 5. 5. 2010, 2 O 14011/05. In OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 11. 1998, 4 U 87/98, wurde über die Grundlage der Stellung der Bürgschaft nicht berichtet. 16 BGH, Urteil vom 2. 5. 1979, VIII ZR 157/78; auch die in OLG Stuttgart, Urteil vom 8. 9. 1976, 13 U 60/76, nicht anerkannte Bürgschaft auf erstes Anfordern war eine Gewährleistungsbürgschaft; dasselbe gilt für die als typische Garantie auf erstes Anfordern bzw. Anweisung aufgefasste Bürgschaft auf erstes Anfordern in OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. 12. 1976, 5 U 167/76. Zu Gewährleistungsbürgschaften auf erstes Anfordern siehe vor allem Döhler. 17 BGH, Urteil vom 11. 12. 1986, IX ZR 165/85, BGH, Urteil vom 13. 7. 1989, IX ZR 223/88, BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93, BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95, BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95, BGH, Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97, OLG Celle, Beschluss vom 6. 6. 2000, 16 U 36/00, BGH, Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98, BGH, Urteil vom 24. 1. 2002, IX ZR 204/00, BGH, Beschluss vom 12. 9. 2002, IX ZR 497/00, OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. 4. 2003, 5 U 129/02, OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. 3. 2004, 8 U 5/04, OLG Schleswig, Urteil vom 30. 3. 2006, 5 U 122/05, BGH, Urteil vom 28. 6. 2007, VII ZR 199/06. 18 KG, Urteil vom 20. 11. 1986, 22 U 122/86 (auch wenn die Annahme des Gerichts, es liege eine Bürgschaft auf erstes Anfordern vor, Bedenken begegnet), OLG Düsseldorf, Ur-
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Kap. 1: Fälle von Leistungsversprechen auf erstes Anfordern
Bürgschaften, die den Anspruch des Vermieters auf Erstattung der von ihm getätigten Aufwendungen bei vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses sichern,19 übernommen. Dies kommt auch bei Leasingverträgen vor.20 • Bürgschafts- und Garantieverträge: Es werden Rückbürgschaften auf erstes Anfordern wegen der Stellung gewöhnlicher Bürgschaften 21, wegen der Stellung von Rückgarantien auf erstes Anfordern 22 oder wegen der Stellung von Garantien auf erstes Anfordern 23 gestellt. Es werden auch Nachbürgschaften auf erstes Anfordern für andere Bürgschaften auf erstes Anfordern 24 oder auch, zum Zwecke der Hinterlegung, für gewöhnliche Bürgschaften 25 übernommen. Ferner kommen auch Bürgschaften auf erstes Anfordern für Mietgarantien vor.26 • Gesellschafts- und Konzernfinanzierung: Auch Bürgschaften der Gesellschafter oder Geschäftsführer einer Gesellschaft27 oder ihrer Angehörigen28 für Forderungen gegen diese Gesellschaft werden gegebenenfalls in der Form einer Bürgschaft auf erstes Anfordern gestellt, auch wenn dies unter Umständen von den Gerichten nicht anerkannt wird.29 Die Verpflichtungen der Gesellschafter einer ARGE zur Rückzahlung von Geldern, die die Gesellschaft an sie ausschüttet, können von Ausschüttungsbürgschaften auf erstes Anfordern von allen Gesellschaftern gesichert werden.30 Auch sonst kommen im Rahmen der teil vom 28. 1. 1999, 5 U 128/98, OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. 4. 1999, 15 U 176/98, OLG Köln, Urteil vom 16. 1. 2002, 13 U 52/01, OLG Karlsruhe, Urteil vom 2. 7. 2004, 1 U 12/04 (hier wurde eine Bürgschaft auf erstes Anfordern vereinbart, aber nur eine gewöhnliche gestellt), OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. 1. 2005, I-15 U 35/04. Zur Bürgschaft auf erstes Anfordern als Mietsicherheit skeptisch Fischer, Die Bürgschaft, S. 407 ff.; a.A. Oepen, S. 1112. 19 BGH, Urteil vom 25. 10. 2000, XII ZR 136/98. 20 OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. 7. 2002, 24 U 163/01, wobei die Einstufung des Versprechens gerade als Bürgschaft auf erstes Anfordern in diesem Fall erheblichen Bedenken begegnet. 21 OLG Köln, Urteil vom 9. 1. 2004, 19 U 130/03, KG, Urteil vom 1. 4. 2008, 14 U 211/07 (möglicherweise Globalbürgschaft auf erstes Anfordern), OLG München, Urteil vom 17. 11. 2008, 17 U 4220/08. 22 BGH, Urteil vom 24. 11. 1983, IX ZR 2/83. 23 OLG Hamburg, Urteil vom 7. 7. 1977, 6 U 172/76, wobei das Gericht das Versprechen nicht als Rückbürgschaft auf erstes Anfordern, sondern als Garantie auf erstes Anfordern eingestuft hat. Zu dieser Entscheidung siehe auch Kap. 4, D., I. und Kap. 5, A., III. 24 BGH, Urteil vom 24. 1. 2002, IX ZR 204/00. 25 OLG München, Urteil vom 6. 5. 1987, 7 U 1661/87. 26 OLG München, Urteil vom 23. 6. 1999, 7 U 6189/98. 27 BGH, Urteil vom 5. 7. 1990, IX ZR 294/89, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 31. 5. 1996, 24 U 248/94, OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. 12. 2001, 11 W 81/01. 28 BGH, Urteil vom 12. 3. 1992, IX ZR 141/91. 29 Siehe Kap. 6, C., III., 2. 30 LG Köln, Urteil vom 27. 6. 2003, 32 O 61/03, LG Osnabrück, Urteil vom 16. 12. 2003, 7 O 1615/03, LG Köln, Urteil vom 10. 1. 2006, 87 O 77/05, LG Köln, Urteil vom 31. 1. 2006, 27 O 232/05, OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. 4. 2012, I-16 U 34/11.
B. Auf erstes Anfordern zu zahlender Werklohn
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Gesellschafts- oder Konzernfinanzierung Bürgschaften auf erstes Anfordern vor,31 wobei gegebenenfalls fraglich sein kann, ob sie nicht eher als Garantien auf erstes Anfordern einzuordnen sind.32 • Kaufverträge: Es werden sowohl Zahlungsbürgschaften zugunsten des Verkäufers,33 als auch Vertragserfüllungsbürgschaften zugunsten des Käufers34 übernommen. • Einzelfälle: In der Rechtsprechung hat es auch Bürgschaften auf erstes Anfordern gegeben, die zur Sicherung der Verbindlichkeiten aus einem Darlehensund Getränkebezugsvertrag35 oder zur Sicherung der Zahlung eines Erbbauzinses36 gestellt wurden, sowie solche, deren Stellung in einem Vergleich, der Meinungsverschiedenheiten wegen Schlechterfüllung bzw. Verzug des Verkäufers beseitigen sollte, vereinbart wurde.37
B. Auf erstes Anfordern zu zahlender Werklohn In einem dem Verfasser aus der Praxis bekannten Fall eines ausführlichen Dienst- und Werkvertrages, abgeschlossen zwischen einem Auftragnehmer (AN) und einem Auftraggeber (AG), waren folgende Klauseln enthalten: „1. All payments are due upon receipt of the respective invoice by AG and must be credited to AN’s account within 7 days upon receipt. 2. If AG disputes any amount of any invoice, the amount will nevertheless remain due and AG will pay the amount in accordance with clause 1. 3. If the dispute is resolved in favor of AG, AN will repay the contested amount with interest.“
Diese Klauseln erinnern an die Bürgschaft auf erstes Anfordern: der Schuldner verpflichtet sich, den angeforderten Betrag zunächst auszuzahlen, ohne Einreden und Einwendungen gegen den Vergütungsanspruch erheben zu können. Die Frage, ob die Vergütung tatsächlich geschuldet und fällig war, soll erst in einem späteren Rückforderungsprozess geklärt werden.
31 BGH, Urteil vom 15. 3. 2001, IX ZR 273/98, LG München I, Urteil vom 15. 9. 2008, 14 HKO 13891/08; im Falle von BGH, Urteil vom 7. 3. 1979, VIII ZR 306/77, wurde die Vereinbarung Garantie auf erstes Anfordern genannt. 32 BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95 (hier wurde die Einordnung vom BGH offen gelassen). 33 OLG Köln, Urteil vom 31. 3. 2000, 19 U 186/98. 34 OLG Hamburg, Urteil vom 28. 6. 2000, 8 U 109/99 (hier wurde eine Bürgschaft auf erstes Anfordern vereinbart, aber eine Garantie auf erstes Anfordern gestellt). 35 OLG Köln, Beschluss vom 2. 4. 2004, 19 W 11/04. 36 OLG Köln, Beschluss vom 9. 2. 1998, 7 W 58/97. 37 OLG Köln, Urteil vom 22. 10. 1997, 11 U 16/97, OLG Köln, Urteil vom 24. 10. 1997, 19 U 38/97.
Kap. 1: Fälle von Leistungsversprechen auf erstes Anfordern
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Selbstverständlich könnte derselbe Zweck, der mittels der Klauseln 1 – 3 erreicht wird, auch dadurch realisiert werden, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine entsprechend ausgestaltete selbstschuldnerische Zahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern stellt. Dadurch wäre der Auftragnehmer aber zusätzlich gegen die Zahlungsunfähigkeit des Auftraggebers gesichert, und dieser müsste dann auch die Kosten der Avalzinsen tragen.
C. Auf erstes Anfordern zu zahlende Vergütung für Abfallentsorgung Eine den oben abgedruckten Klauseln ähnliche Vereinbarung lag dem Urteil des BGH vom 5. 7. 2005 zugrunde.38 Dort hat ein öffentliches Berliner Abfallentsorgungsunternehmen (die Berliner Stadtreinigungsbetriebe – BSR) in seinen einseitig gestellten Leistungsbedingungen Folgendes vorgesehen: „Einwendungen gegen Entgeltansprüche 1. Entgeltansprüche verjähren in vier Jahre. Einwendungen gegen die Rechnung sind innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach ihrem Zugang schriftlich bei den BSR geltend zu machen. 2. Trotz rechtzeitiger Mitteilung bleibt die Verpflichtung zur Zahlung der Entgelte jedoch unberührt. Die Einwendungen sind im Rahmen eines Rückforderungsprozesses geltend zu machen. Ist eine Einwendung begründet, so wird der zuviel gezahlte Betrag verrechnet oder auf ausdrücklichen Wunsch des Entgeltpflichtigen erstattet.“
Auch diese Klauseln erinnern an die Bürgschaft auf erstes Anfordern: Der Schuldner soll hier verpflichtet sein, den vom Unternehmen angeforderten Betrag zunächst zu zahlen, ohne Einreden und Einwendungen gegen die Rechnung erheben zu können. Die Frage, ob der Betrag tatsächlich geschuldet und fällig war, kann erst danach in einem Rückforderungsprozess geklärt werden. Die einzige Besonderheit liegt hier darin, dass die die Grundlage des Rückforderungsprozesses bildenden Einwendungen binnen einer zweiwöchigen Frist geltend gemacht werden müssen. Eine solche Ausschlussfrist hätte aber auch in dem in Kap. 1, C. erörterten Beispiel eingeführt werden können, indem man den Klauseln 1 – 3 die folgende Klausel 4 hinzugefügt hätte: „4. AG agrees that any dispute of AN’s invoice and any claim for reimbursement will be made within one year from the date of receipt of the invoice. Later disputes or claims will not have any effect.“
Das Bestehen einer Analogie zur Bürgschaft auf erstes Anfordern wurde in diesem Fall vom BGH bestätigt.39 Der BGH hat entschieden, dass der Kunde grundsätzlich mit allen Einwendungen gegen das Unternehmen im Erstprozess ausgeschlossen ist. Das entspreche dem Zweck der Klausel; dieser bestehe darin, das Unternehmen vor Verzögerungen bei der Realisierung seiner Preisforderungen zu 38 BGH, 39 Diese
Urteil vom 5. 7. 2005, X ZR 60/04. Analogie wird von Arnold, S. 110, unzutreffend in Frage gestellt.
D. Umdeutung einer für sich selbst erteilten Bürgschaft auf erstes Anfordern
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schützen. Die Klausel gebe dem Unternehmen die Befugnis, eine unter Umständen gar nicht geschuldete Leistung zu vereinnahmen und den Kunden auf einen Rückforderungsprozess zu verweisen. Der BGH hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieser Fall ähnlich wie der Fall einer Bürgschaft auf erstes Anfordern gelagert ist. Dem ist, wenn man von der Ausschlussfrist, die eine bei Bürgschaften auf erstes Anfordern nicht typische Besonderheit darstellt, absieht, zuzustimmen.
D. Umdeutung einer für sich selbst erteilten Bürgschaft auf erstes Anfordern Zwei weitere Beispiele, die zugleich die Notwendigkeit einer einheitlichen Behandlung des Rechtsinstituts des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern besonders deutlich machen, wurden seitens der Rechtsprechung im Zusammenhang mit Fällen behandelt, in denen der Hauptschuldner eine Bürgschaft auf erstes Anfordern für seine eigene Schuld übernommen hatte. Das OLG Düsseldorf hat in einem solchen Fall die Revision zugelassen, weil ihm klärungsbedürftig erschien, wie ein „Zahlungsversprechen auf erstes Anfordern“ zu behandeln sei.40 Dass ein solcher Bedarf insoweit tatsächlich besteht, wird nicht zuletzt dadurch bestätigt, dass die Entscheidung des OLG Düsseldorf von der in einem ganz ähnlich gelagerten Fall bereits früher getroffenen Entscheidung des OLG Celle41 abweicht: das OLG Celle hat die Bürgschaft auf erstes Anfordern in eine Garantie auf erstes Anfordern umgedeutet, während das OLG Düsseldorf sie als insgesamt unwirksam angesehen hat. Dem vom OLG Celle entschiedenen Fall lag ein Bauvertrag zu Grunde. Gemäß diesem Bauvertrag sollte der Auftragnehmer – eine Niederlassung eines großen Bauindustrieunternehmens – dem Auftraggeber eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern übergeben. Die geschuldete Vertragserfüllungsbürgschaft wurde in der Form geleistet, dass sich das Unternehmen selbst für die Vertragserfüllung durch seine eigene Niederlassung verbürgt und dem Auftraggeber Zahlung auf erstes Anfordern zugesagt hat.42 Als der Auftraggeber aus der Bürgschaft gegen den Bürgen vorgegangen ist, wandte dieser ein, die Bürgschaft sei nichtig, weil er und seine Niederlassung, demnach der Bürge und der Hauptschuldner, personenidentisch seien. Ähnlich gelagert war der Fall des OLG Düsseldorf. Dort übergab, ebenfalls im Zusammenhang mit einem Bauvertrag, der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Zahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern zur Sicherung des Werklohnanspruchs. OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. 4. 2003, 5 U 129/02. Celle, Urteil vom 18. 12. 2001, 16 U 111/01. 42 Zwischen den Parteien war wegen einer angeblichen Effektivklausel umstritten, ob Zahlung auf erstes Anfordern tatsächlich zugesagt wurde, was aber vom Gericht bejaht wurde; zu den Effektivklauseln siehe Kap. 5, B., V. 40
41 OLG
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Kap. 1: Fälle von Leistungsversprechen auf erstes Anfordern
Auch hier war der Hauptschuldner nur eine Zweigniederlassung der bürgenden Gesellschaft und somit mit dieser personenidentisch. Das OLG Celle hat die unwirksame Bürgschaft in ein Garantieversprechen umgedeutet und der Klage stattgegeben. Das OLG Düsseldorf hat die Bürgschaft als insgesamt unwirksam betrachtet und sich geweigert, eine Umdeutung vorzunehmen; die Klage hat es sowohl aus diesem Grund, als auch auf Grund eines aus der Insolvenz des klagenden Auftragnehmers abgeleiteten Rechtsmissbrauchs abgewiesen.43 Eine vollständige Analyse des in beiden Fällen aufgeworfenen Problems wird erst in Kap. 3, G. vorgenommen, nachdem die Begriffe des Leistungsversprechens und der Garantie auf erstes Anfordern definiert worden sind. Aus Sicht des Verfassers aber ist es an dieser Stelle wichtig darauf hinzuweisen, dass beide Fälle als Beispiele für Leistungsversprechen auf erstes Anfordern betrachtet werden können: In dem Fall des OLG Celle könnte man die als solche unwirksame Bürgschaft auf erstes Anfordern dahin umdeuten, dass der Auftragnehmer versprochen hatte, für alle gegen ihn gerichteten Zahlungsansprüche wegen Nicht- oder Schlechterfüllung bis zu einem Höchstbetrag schon auf erstes Anfordern zu zahlen. In dem Fall des OLG Düsseldorf könnte man die als solche unwirksame Bürgschaft auf erstes Anfordern dahin umdeuten, dass der Auftraggeber versprochen hatte, für alle gegen ihn gerichteten Zahlungsansprüche wegen ausstehenden Werklohns bis zu einem Höchstbetrag schon auf erstes Anfordern zu zahlen. In beiden Fällen bedeutete dies, dass eine Partei der anderen Partei den angeforderten Betrag zunächst auszuzahlen verspricht, ohne dass Einreden und Einwendungen gegen den Anspruch erhoben werden können. Die Frage, ob dieser Betrag als Schadensersatz wegen Nicht- oder Schlechterfüllung (im Falle des OLG Celle) oder als ausstehender Werklohn (im Falle des OLG Düsseldorf) tatsächlich geschuldet und fällig war, würde erst in einem späteren Rückforderungsprozess geklärt werden können. Zugleich sind diese zwei Fälle auch deshalb wichtig, weil sie das – vom OLG Düsseldorf ausdrücklich hervorgebrachte – Bedürfnis nach einer einheitlichen Lehre betreffend das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern bestätigen.44 Erste Grundzüge einer solchen Lehre sind bereits dem Urteil des BGH vom 29. 5. 2008 zu entnehmen, in dem dieser im Allgemeinen die Feststellungsfähigkeit von Forderungen aus Zahlungsversprechen auf erstes Anfordern bestätigt hat.45
43 Zum Missbrauchseinwand im Falle masseloser Insolvenz des Begünstigten siehe Kap. 6, H., II. 44 Für ein weiteres Beispiel eines reinen Zahlungsversprechens auf erstes Anfordern ohne Bezug zur Bürgschaft vgl. den Fall LG Potsdam, Urteil vom 7. 7. 2010, 8 O 245/09 (besprochen in Kap. 4, Fn. 37). 45 BGH, Urteil vom 29. 5. 2008, IX ZR 45/07. Der BGH hat in diesem Urteil vom „Rechts institut“ des Zahlungsversprechens auf erstes Anfordern gesprochen und sich über dessen Zweck geäußert. Zu bemerken ist, dass das diesem Fall zugrunde liegende Versprechen wohl in der Tat ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern (atypische Garantie) darstellt. Zu diesem Fall siehe Kap. 3, B.
Kapitel 2
Der Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern Kap. 2: Der Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern
A. Gemeinsame Struktur der besprochenen Beispiele Die in Kap. 1, A. besprochene Bürgschaft auf erstes Anfordern und die in den Kapiteln 1, B. und 1, C. besprochenen Beispiele haben eine gemeinsame Struktur. Diese Struktur weisen auch die beiden Zahlungsversprechen auf, die in Kap. 1, D. als mögliches Ergebnis einer Umdeutung der für sich selbst erteilten Bürgschaften auf erstes Anfordern diskutiert wurden. In allen den zuvor genannten Fällen gibt es zwei Parteien, den Versprechenden und den Begünstigten, die sich auf einen bestimmten künftigen Zahlungsanspruch des Begünstigten gegen den Versprechenden beziehen, den wir im Folgenden den materiellen Anspruch nennen werden: • im Falle der Bürgschaft auf erstes Anfordern (Kap. 1, A.) beziehen sich der Gläubiger (Begünstigte) und der Bürge (Versprechende) auf eine Forderung des Gläubigers gegen den Bürgen aus § 765 BGB, die sich aus dem zugleich abgeschlossenen Bürgschaftsvertrag ergibt, • im Falle des Dienst- und Werkvertrages (Kap. 1, B.) beziehen sich der Auftragnehmer (Begünstigte) und der Auftraggeber (Versprechende) auf eine Forderung des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber auf Zahlung einer Vergütung, die sich aus dem zugleich abgeschlossenen Dienst- und Werkvertrag ergibt, • im Falle der Leistungsbedingungen der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (Kap. 1, C.) beziehen sich die Berliner Stadtreinigungsbetriebe als Dienstleister (Begünstigte) im Verhältnis zum Kunden (Versprechende) auf eine Forderung des Dienstleisters gegen den Kunden auf Zahlung eines Entgelts, das sich aus den Leistungsbedingungen ergibt, • im Falle der für sich selbst erteilten Bürgschaften auf erstes Anfordern (Kap. 1, D.) beziehen sich der Gläubiger (Begünstigte) und der Bürge (Versprechende) wörtlich auf eine Forderung des Gläubigers gegen den Bürgen aus § 765 BGB, die sich aus dem zugleich abgeschlossenen Bürgschaftsvertrag ergeben soll, die aber nicht bestehen kann, weil der Bürge mit dem Hauptschuldner identisch ist; im Wege einer Umdeutung könnte man aber zu dem Ergebnis kommen, dass der wahre Wille der Parteien dahin geht, sich nicht auf eine Bürgschaftsforderung, sondern direkt auf gewisse Ansprüche aus dem Bauvertrag zu beziehen, und zwar, dass: a) im Falle des OLG Celle sich der Auftraggeber (Begünstigte) und der Auftragnehmer (Versprechende) auf Forderungen des Auftraggebers gegen den
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Kap. 2: Der Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern
Auftragnehmer auf Schadensersatz wegen Nicht- oder Schlechterfüllung, die sich aus dem früher abgeschlossenen Bauvertrag ergeben, beziehen, b) im Falle des OLG Düsseldorf sich der Auftraggeber (Versprechende) und der Auftragnehmer (Begünstigte) auf die Forderung des Auftragnehmers gegen den Auftraggeber auf Zahlung des Werklohns, die sich aus dem früher abgeschlossenen Bauvertrag ergibt, beziehen. In allen der oben genannten Fällen verpflichtet sich der Versprechende gegenüber dem Begünstigten, ihm wegen des materiellen Anspruchs auf sein bloßes Anfordern (das eventuell schriftlich sein oder dem eine Rechnung beigefügt werden muss) jeden geforderten Betrag (eventuell bis zu einer Höchstgrenze) zu zahlen, ohne Rücksicht darauf, ob der materielle Anspruch besteht und fällig ist. Dabei sind sich die Parteien einig, dass diese Verpflichtung im Endergebnis nichts ändern soll – der Begünstigte soll den gezahlten Betrag nur dann behalten dürfen, wenn dieser auch ohne die Verpflichtung zur Zahlung auf erstes Anfordern geschuldet wäre. Der Versprechende soll also verpflichtet sein, den ordnungsgemäß angeforderten Betrag an den Begünstigten ohne Weiteres zu zahlen. Der Begünstigte wiederum soll verpflichtet sein, diesen Betrag zurückzuerstatten, falls der materielle Anspruch nicht bestanden hat, d.h. falls der Betrag ohne die Verpflichtung zur Zahlung auf erstes Anfordern nicht hätte an ihn gezahlt werden müssen.1 Der auf solche Rechtsfolgen gerichtete Wille der Parteien wird bei einigen der oben genannten Verträge mehr, bei anderen weniger klar zum Ausdruck gebracht. Mit voller Klarheit wird er in dem Fall der Leistungsbedingungen der BSR ausgedrückt. Dort wird explizit gesagt, der Kunde habe den angeforderten Betrag zu zahlen und könne seine Einwendungen im Wege eines Rückforderungsprozesses geltend machen. Somit wird klar gesagt, dass das Unternehmen einen Anspruch auf Bezahlung der Rechnung hat, der an keine weiteren Bedingungen geknüpft ist (und der selbstverständlich wie jeder Anspruch in einem Prozess geltend gemacht werden kann), und dass der Kunde nach Zahlung, falls die Rechnung nicht richtig war, einen Anspruch auf Rückzahlung haben kann, der im Rückforderungsprozess geltend zu machen ist. Bei dem in Kap. 1, B. beschriebenen Beispiel ist die Lage ebenfalls relativ klar, auch wenn der Begriff des Rückforderungsprozesses dort nicht explizit verwendet wird. Es folgt aber trotzdem klar aus der vertraglichen Regelung, dass der Auftraggeber ohne Rücksicht auf eventuelle Einwendungen die Rechnung zahlen soll und dass der gezahlte Betrag vom Auftragnehmer erstattet werden soll, wenn ein Streit über diese Rechnung zu Gunsten des Auftraggebers entschieden wird. Auch wenn die rechtliche Natur des Rechtstreits, auf Grund dessen die Rückzahlung erfolgen soll, nicht ausdrücklich bestimmt wird, so geht es hier doch eben um einen Rückforderungsprozess. 1 Wie genau die Voraussetzungen der Rückerstattung lauten sollen, wird später in Kap. 7, B. diskutiert; an dieser Stelle ist die gewählte Formulierung ausreichend, zumal die Parteien sich in der Regel keine detaillierten Gedanken zu dieser Frage machen.
B. Definition des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern und Subsumption
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Bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern wird dagegen die Frage der Rückforderung ausdrücklich überhaupt nicht geregelt. Auch im Übrigen werden die Rechtsfolgen der Klausel über die Zahlung auf erstes Anfordern in der Bürgschaftserklärung gar nicht bestimmt.2 Dies kann natürlich unter Umständen zum Streit darüber führen, was gewollt war, was somit eine Frage der Auslegung ist. An dieser Stelle ist diese Frage aber ohne Belang. Denn einerseits steht außer Frage, dass die Parteien des Bürgschaftsvertrages explizit vereinbaren könnten, dass das Gezahlte zurückzuerstatten ist, wenn es dem Gläubiger nach Bürgschaftsrecht nicht gebührt. Andererseits besteht im Schrifttum und in der Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern eine solche Rückforderung des Gezahlten möglich ist.3 Ob im konkreten Fall nach dem Willen der Parteien ein dem im Schrifttum und in der Rechtsprechung ausgearbeiteten Begriff der Bürgschaft auf erstes Anfordern entsprechender Vertrag vorliegt, ist, wie bereits angeführt, eine Frage der Auslegung dieses konkreten Vertrages. Vorliegend reicht es aus, festzuhalten, dass in der vorliegenden Arbeit unter Bürgschaft auf erstes Anfordern ein Vertrag verstanden wird, in dem nach dem Willen der Parteien der Begünstigte den erhaltenen Betrag im Verhältnis zum Versprechenden nur dann behalten darf, wenn er ihm auch ohne die Klausel auf erstes Anfordern nach Bürgschaftsrecht gebühren würde. Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass die besprochenen Beispiele in der Tat eine gemeinsame Struktur aufweisen, auch wenn der materielle Anspruch, auf den sie sich beziehen, sehr verschieden sein kann. Im Folgenden wird es deshalb die Aufgabe sein, diese gemeinsame Struktur zu verallgemeinern und in einem einheitlichen Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern zusammenzufassen.
B. Definition des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern und Subsumption Unter einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern wird in der vorliegenden Arbeit eine Vereinbarung verstanden, in deren Rahmen der Versprechende, wegen eines Anspruchs, der dem Begünstigten gegen ihn zustehen kann und der 2 Was natürlich nicht bedeutet, dass diese Folgen in einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht bestimmt werden können. So war das Rückforderungsrecht in dem Fall des OLG Hamburg, Urteil vom 7. 7. 1977, 6 U 172/76, explizit vereinbart, wobei das Gericht damals den Vertrag als Garantie auf erstes Anfordern eingeordnet hat. 3 Siehe die Nachweise in Kap. 1, Fn. 2. A.A. wohl nur Schnauder, Zahlungsversprechen, S. 2076 ff., dessen Auffassung aber auf der Verneinung der Existenz der Bürgschaft auf erstes Anfordern beruht; vgl. dazu Kap. 6, C., III., 1., b). A.A. zum Teil wohl auch Canaris, Der Bereicherungsausgleich, S. 839 f., der für die gewöhnliche Bürgschaft die Meinung vertritt, dass bei fehlender Hauptschuld die Kondiktion nicht dem Bürgen, sondern dem vermeintlichen Hauptschuldner zusteht; folgerichtig könnte dann angenommen werden, dass bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern dasselbe gilt; zu beachten ist, dass nach Canaris die Kondiktion jedenfalls dann dem Bürgen zustehen soll, wenn der Mangel im Bürgschaftsvertrag selbst seinen Ursprung hat.
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Kap. 2: Der Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern
in dieser Arbeit als materieller Anspruch bezeichnet wird,4 und um dem Begünstigten die Durchsetzung dieses Anspruchs zu erleichtern, sich gegenüber dem Begünstigten verpflichtet, an ihn eine Leistung, die Gegenstand dieses Anspruchs sein kann, schon beim Vorliegen der in dem Versprechen vorgesehenen, von den Voraussetzungen des Anspruchs verschiedenen Voraussetzungen zu erbringen. Da der ausschließliche Zweck des Versprechens darin liegt, die Durchsetzung des materiellen Anspruchs zu erleichtern, darf der Begünstigte nach dem Willen der Parteien die erhaltene Leistung nur dann behalten, wenn sie ihm schon auf Grund des materiellen Anspruchs gebührt. Die Erteilung des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern begründet einen künftigen, bedingten Anspruch des Begünstigten gegen den Versprechenden auf Bewirkung der Leistung, sofern die im Versprechen vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind. Dieser Anspruch dient der leichteren Durchsetzung des materiellen Anspruchs; seine Grundlage ist nur das Versprechen selbst. Dieser Anspruch wird in der vorliegenden Arbeit formeller Anspruch genannt. Die Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, damit der materielle Anspruch entsteht und gerichtlich durchsetzbar, insbesondere fällig, wird, werden in der vorliegenden Arbeit materielle Voraussetzungen genannt. Ein Tatbestand, in dem diese Voraussetzungen erfüllt sind und in dem keine Voraussetzungen vorliegen, die zum Wegfall des materiellen Anspruchs oder seiner Durchsetzbarkeit führen, wird materieller Anspruchsfall genannt.5 Die Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, damit der formelle Anspruch entsteht und gerichtlich durchsetzbar wird, werden formelle Voraussetzungen genannt. Ein Tatbestand, in dem diese Voraussetzungen erfüllt sind und in dem keine Voraussetzungen vorliegen, die zum Wegfall des formellen Anspruchs oder seiner Durchsetzbarkeit führen, wird formeller Anspruchsfall genannt.6 Dass die von uns diskutierten Beispiele sich unter diese Definition subsumieren lassen, ist relativ klar. Welcher Anspruch in jedem der genannten Beispiele als materieller Anspruch gilt, wurde bereits in Kap. 2, A. erläutert. Was die formellen Voraussetzungen anbelangt, so sind sie in diesem Beispiel eher unkompliziert: Im Falle der Bürgschaft auf erstes Anfordern ist ein schriftliches Anfordern die alleinige Voraussetzung; in den übrigen beiden Fällen ist die Zustellung einer Rechnung Voraussetzung. Betreffend den formellen Anspruch ist zudem wesentlich, dass in allen Fällen die vom Versprechenden auf Grund des Versprechens zu bewirkende Leistung eine Geldleistung ist und dass im Falle der Bürgschaft auf erstes Anfordern ein Höchstbetrag festgelegt wurde. 4 Diese Bezeichnung wurde bereits in der Entscheidung OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. 12. 1996, 8 U 98/96, verwendet. 5 Aus dem Vorliegen der materiellen Voraussetzungen muss daher nicht unbedingt folgen, dass der materielle Anspruchsfall eingetreten ist; allerdings ist dann für den Nichteintritt der Schuldner – also der Versprechende – darlegungs- und beweispflichtig. 6 Das in Kap. 2, Fn. 5 Gesagte gilt sinngemäß für die formellen Voraussetzungen und den formellen Anspruchsfall.
B. Definition des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern und Subsumption
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Ein Punkt ist an dieser Stelle besonders hervorzuheben: Bei der Erteilung eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern muss vor allem festgelegt werden, was als materieller Anspruch gelten soll. Die Vereinbarung über den materiellen Anspruch ist Voraussetzung für das Vorliegen eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern im Sinne des Verfassers; nimmt das Versprechen auf keinen solchen Anspruch Bezug, so liegt ein anderes Rechtsinstitut vor.7 Dagegen ist die Existenz des materiellen Anspruchs keine Voraussetzung des Vorliegens oder der Wirksamkeit des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern. Es kann sein, dass der Anspruch im Zeitpunkt der Erteilung des Versprechens nicht besteht und es kann auch sehr wohl passieren, dass er überhaupt nie zur Entstehung kommt. Da aber die Frage, ob der Anspruch entstanden ist oder nicht, streitig sein kann, führt sein Fehlen nicht zur Unwirksamkeit des Versprechens. Anders wäre es nur, wenn beiden Parteien von Anfang an klar gewesen sein sollte, dass der materielle Anspruch nicht entstehen kann; dann aber liegt kein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern vor, weil die Voraussetzung, dass das Versprechen erteilt wird, um dem Begünstigten die Durchsetzung des materiellen Anspruchs zu erleichtern, in einem solchen Fall nicht erfüllt ist. Die generelle Frage, welche Ansprüche als materielle Ansprüche gelten können und wie der formelle Anspruchsfall im Allgemeinen ausgestaltet werden kann, werden in den Kapiteln 4, B. und 4, C. erörtert, nachdem der Zweck des Versprechens analysiert worden ist. An dieser Stelle soll nur darauf hingewiesen werden, dass der Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern eine vor-positivrechtliche Erscheinung, d.h. ein durch logische Ableitung erarbeiteter und von den Definitionen des Gesetzgebers unabhängiger Begriff, ist.8 Eine andere Sache ist es natürlich, ob das positive Recht ein solches Versprechen nicht im Allgemeinen oder jedenfalls in einigen Ausgestaltungen verbietet oder seine Unwirksamkeit anordnet, zum Beispiel weil es generell die von ihm bewirkte Umkehr der Parteirollen verbietet, weil es eine ohne Höchstgrenze ausschließlich vom Willen des Gläubigers abhängige Verpflichtung nicht akzeptiert oder weil es die mit den auf Bürgschaftsforderungen sich beziehenden Versprechen verbundene Aushöhlung der Akzessorietät der Bürgschaft als unzulässig betrachtet. Diese Frage wird in Kap. 6, C., III., 1 erörtert. Dort wird sich der Verfasser auch mit der Ansicht von Schnauder auseinandersetzen, es gebe für die Bürgschaft auf erstes Anfordern im Schuldrechtssystem keinen Platz.9
7 Das ist insbesondere bei den typischen Garantien auf erstes Anfordern und bei Dokumentenakkreditiven der Fall; siehe Kap. 3, F. 8 Vgl. Kleiner, Die Garantie, S. 3, der dasselbe über den Garantievertrag sagt. 9 Schnauder, Zahlungsversprechen, S. 2079.
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Kap. 2: Der Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern
C. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern als Unterfall des Leistungsversprechensauf erstes Anfordern Zwar wurde die Subsumption der Bürgschaft auf erstes Anfordern unter die Definition des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern bereits in den Kapiteln zuvor durchgeführt, trotzdem erscheint es aber angezeigt, für den besonders wichtigen Fall der Bürgschaft auf erstes Anfordern die im Folgenden zu verwendenden Begriffe festzulegen, damit die Ausführungen nicht wegen fehlender terminologischer Schärfe unklar werden. Da der Begriff der Bürgschaft im Rahmen der vorliegenden Arbeit unter Umständen zweideutig sein kann, weil es unklar ist, ob es sich um eine Bürgschaft nach dem BGB oder aber eine Bürgschaft auf erstes Anfordern handelt, wird der Verfasser erstere als gewöhnliche Bürgschaft und letztere als Bürgschaft auf erstes Anfordern bezeichnen. Im Rechtsverkehr wird die erste in einem solchen Zusammenhang häufig „einfache“10,„normale“11, „herkömmliche“12 oder eben „gewöhnliche“13 Bürgschaft genannt, während die zweite auch als „Bürgschaft auf erste 10 So BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93, BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95, BGH, Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97, OLG Oldenburg, Urteil vom 28. 5. 1998, 1 U 21/98, BGH, Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98, BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98, OLG Hamm, Urteil vom 23. 5. 2000, 24 U 19/00, OLG Hamburg, Urteil vom 28. 6. 2000, 8 U 109/99, OLG Stuttgart, Urteil vom 20. 12. 2000, 9 U 183/00, BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00, BGH, Urteil vom 22. 11. 2001, VII ZR 208/00, BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99, BGH, Urteil vom 10. 9. 2002, XI ZR 305/01, BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99, OLG Celle, Urteil vom 13. 11. 2003, 13 U 136/03, OLG Zweibrücken, Urteil vom 14. 4. 2005, 4 U 132/04, BGH, Beschluss vom 23. 6. 2005, VII ZR 277/04, OLG Celle, Urteil vom 7. 7. 2005, 14 U 23/05, OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06, OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. 4. 2012, I-16 U 34/11, Oettmeier, S. 18, Graf von Westphalen, Unwirksamkeit, S. 1437; im anderen Sinne vom Appellationshof des Kantons Bern, Entscheidung vom 6. 7. 1933, verwendet, der damit eine subsidiäre Bürgschaft mit der Einrede der Vorausklage im Gegensatz zu einer solidarischen (selbstschuldnerischen) gemeint hat. 11 BGH, Urteil vom 26. 2. 1987, IX ZR 136/86, BGH, Urteil vom 12. 3. 1992, IX ZR 141/91, OLG Köln, Urteil vom 30. 10. 1997, 12 U 40/97, OLG Oldenburg, Urteil vom 28. 5. 1998, 1 U 21/98, OLG Hamm, Urteil vom 14. 7. 2005, 21 U 130/04, Oettmeier, S. 17. 12 Eleftheriadis, S. 27, Kopp, Die Bürgschaft, S. 16. 13 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 31. 5. 1996, 24 U 248/94, BGH, Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98, BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98, BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00, BGH, Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98, BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99, BGH, Beschluss vom 17. 7. 2002, IX ZR 469/00, BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99; häufiger verwendet als Bezeichnung des Prozesses aus einer gewöhnlichen Bürgschaft („gewöhnlicher Bürgschaftsprozess“) im Gegensatz zu einem Prozess aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern: BGH, Urteil vom 9. 3. 1989, IX ZR 64/88, BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95, BGH, Urteil vom 12. 7. 2001, IX ZR 380/98, OLG Celle, Beschluss vom 27. 9. 2002, 6 W 118/02, BGH, Urteil vom 24. 10. 2002, IX ZR 355/00, BGH, Urteil vom 28. 6. 2007, VII ZR 199/06; auch hier im anderen Sinne verwendet
C. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern als Unterfall des Leistungsversprechens
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Anforderung“ und gelegentlich als „Bürgschaft auf erstes Verlangen“14 oder, was freilich zumindest vieldeutig ist, „Bürgschaft ohne Vorbehalt“15 oder „einredefreie Bürgschaft“16 bezeichnet wird.17 Wie schon im vorigen Kapitel erläutert, liegt eine Bürgschaft auf erstes Anfordern dann vor, wenn ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern erteilt wird, in dem auf eine Bürgschaftsforderung aus § 765 BGB als materiellen Anspruch Bezug genommen wird. Dabei ist zu bekräftigen, dass nach dieser Auffassung nicht die verbürgte Hauptforderung, sondern nur die Bürgschaftsforderung gegen den Bürgen als materieller Anspruch gilt. Schon an dieser Stelle ist besondere Aufmerksamkeit geboten, um terminologische Unklarheiten zu vermeiden. Denn der Begriff „Bürgschaft auf erstes Anfordern“ könnte einerseits ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern der oben gemeinten Art, andererseits ein solches Versprechen zusammen mit einer daran gekoppelten gewöhnlichen Bürgschaft bedeuten. Da man im typischen Sprachgebrauch unter einer Bürgschaft auf erstes Anfordern eher letzteres versteht, wird auch der Verfasser mit diesem Namen eine gewöhnliche Bürgschaft zusammen mit einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern, dessen materieller Anspruch der Bürgschaftsanspruch aus dieser gewöhnlichen Bürgschaft ist, verstehen. Das Versprechen selbst wird im Folgenden hingegen schlicht als bürgschaftsbezogenes Versprechen auf erstes Anfordern bezeichnet. Liegt ein bürgschaftsbezogenes Versprechen auf erstes Anfordern vor, so werden die formellen Voraussetzungen und der formelle Anspruchsfall entsprechend formelle Bürgschaftsvoraussetzungen bzw. formeller Bürgschaftsfall genannt. Dagegen wird, um Verwirrung zu vermeiden, im Rahmen der vorliegenden Arbeit grundsätzlich darauf verzichtet, die materiellen Voraussetzungen und den materiellen Anspruchsfall bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern als materielle Bürgschaftsvoraussetzungen und materieller Bürgschaftsfall zu bezeichnen. Denn der Begriff des materiellen Bürgschaftsfalles wird oft in Analogie zum materiellen Garantiefall18 auch in dem Sinne verstanden, dass er dann als eingetreten gilt, wenn der Gläubiger die Bürgschaft nach der Sicherungsabrede mit dem Hauptschuldner verwerten darf.19 vom Appellationshof des Kantons Bern, Entscheidung vom 6. 7. 1933, der damit eine subsidiäre Bürgschaft im Gegenteil zu einer solidarischen gemeint hat. 14 So zum Beispiel in OLG Celle, Urteil vom 11. 11. 2004, 5 U 107/04, und OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06. 15 Vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 28. 5. 1998, 1 U 21/98. 16 Vgl. BGH, Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97. Wohl in anderem Sinne in den Fällen des OLG Hamm, Urteil vom 23. 5. 2000, 24 U 19/00, und des OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00, verwendet. 17 Vgl. auch die von Gruel, S. 47, aufgeführten Bezeichnungen und für die typische Garantie auf erstes Anfordern Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 88 f. 18 Siehe dazu Kap. 3, D., II. 19 In diesem Sinne spricht zum Beispiel Arnold, S. 4, generell von einem „materiellen Sicherungsfall“.
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Kap. 2: Der Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern
Zwar könnte argumentiert werden, dass sich beide Begriffe im Ergebnis decken; ob dies tatsächlich der Fall ist, dürfte aber streitig sein.20 Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass die Definition des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern nicht voraussetzt, dass das Leistungsversprechen und die Vereinbarung, aus der der materielle Anspruch hergeleitet werden soll, einen und denselben Vertrag bilden sollen. Zwar müssen die Parteien in beiden Fällen dieselben sein, d.h. der Versprechende muss Schuldner und der Begünstigte Gläubiger des (vermeintlichen) materiellen Anspruchs sein. Es kann aber sehr wohl der Fall sein, dass dieser materielle Anspruch einem anderen Vertrag entspringt.21 Ist das Versprechen Teil desselben Vertrages, aus dem der materielle Anspruch hergeleitet wird, so kann man das Versprechen selbst als Klausel auf erstes Anfordern bezeichnen, denn es bildet dann in der Tat eine Art Klausel dieses Vertrages. Ob das Versprechen in Form einer Klausel auf erstes Anfordern vorliegt oder ob es separat vereinbart worden ist, könnte bei Anwendung von § 139 BGB von Bedeutung sein, besonders wenn man aus der Nichtigkeit einer anderen Bestimmung des Vertrages auf die Nichtigkeit der Klausel auf erstes Anfordern schließen möchte. Dieses Problem wird in Kap. 6, C., III. erörtert, wo erklärt wird, warum ein solcher Schluss unzulässig ist. In der Praxis wird typischerweise die Übernahme einer (gewöhnlichen) Bürgschaft und die Erteilung des auf sie bezogenen Versprechens auf erstes Anfordern zugleich in einer Urkunde erklärt. Es liegt dann also eine Bürgschaft mit einer Klausel auf erstes Anfordern vor.22 So verhielten sich die Dinge bereits in dem in Kap. 1, A. beschriebenen Beispiel. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen sich die Lage anders darstellt. So hat sich zum Beispiel das OLG München mit einem Fall beschäftigt, in dem der Bürge eine Woche nach der Erteilung einer gewöhnlichen Bürgschaft Folgendes erklärte:23 „Ergänzend zu unserer Bankbürgschaft vom 9. November 1984 über 1 476 500,- DM verpflichten wir uns, auf erstes Anfordern an die Begünstigten zu leisten. Im Übrigen verbleibt es bei der Bürgschaftserklärung vom 9. November 1984.“
Hier liegt kein Angebot auf Änderung des ursprünglichen gewöhnlichen Bürgschaftsvertrages vor, sondern die Erteilung eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern, in dem auf den Anspruch des Gläubigers aus diesem Vertrag Bezug 20 Decken könnten sie sich, wenn eventuelle Einwendungen des Hauptschuldners aus der Sicherungsabrede wegen der Akzessorietät vom Bürgen geltend gemacht werden könnten. Dies braucht aber nicht unbedingt immer der Fall zu sein, beispielsweise wenn § 768 BGB abbedungen ist (dies scheint beispielsweise Mülbert, Mißbrauch, S. 40, nicht ausreichend zu berücksichtigen). Dieses Problem wird kurz in Kap. 6, H., I. erörtert. 21 Er kann sogar außervertraglicher Natur sein; siehe Kap. 4, B. 22 Darauf, ob aus der Tatsache, dass beide Erklärungen in einer Urkunde abgegeben werden, folgt, dass es einen und nicht zwei parallel abgeschlossene Verträge gibt, wird hier nicht weiter eingegangen. 23 OLG München, Urteil vom 6. 5. 1987, 7 U 1661/87. Ähnlich lagen die Dinge im Fall des BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95.
C. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern als Unterfall des Leistungsversprechens
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genommen wird, demnach die Erteilung eines bürgschaftsbezogenen Versprechens auf erstes Anfordern. Die gegenteilige Meinung wäre einerseits künstlich, andererseits führte sie dazu, dass im Falle der Unwirksamkeit der ursprünglichen gewöhnlichen Bürgschaft die Wirkungen des Versprechens auf erstes Anfordern in Frage gestellt werden könnten, was dem Zweck des Versprechens zuwiderliefe.24 Zu bemerken ist, dass die im Rahmen der vorliegenden Arbeit vorgeschlagene Konstruktion der Bürgschaft auf erstes Anfordern teilweise der von Schlenzig präsentierten Lösung des Problems „Bürgschaft auf erstes Anfordern“ entspricht.25 Schlenzig hat vorgeschlagen, die Bürgschaft auf erstes Anfordern als eine gewöhnliche Bürgschaft zusammen mit einem abstrakten, erfüllungshalber erteilten Schuldversprechen nach § 780 BGB anzusehen, wobei der Anspruch aus der gewöhnlichen Bürgschaft bis zur wirksamen Anforderung des Schuldversprechens als gestundet gilt. Auf die Einzelheiten dieser Lösung wird noch in den weiteren Kapiteln der vorliegenden Arbeit zurückzukommen sein. Allerdings ist schon jetzt darauf hinzuweisen, dass zwischen beiden Ansätzen auch abgesehen von der Tatsache, dass im Rahmen der vorliegenden Arbeit eine universelle, nicht nur auf die Bürgschaft auf erstes Anfordern anwendbare Konstruktion befürwortet wird, ein wesentlicher Unterschied besteht.26 Denn der Kern der in der vorliegenden Arbeit angebotenen Konstruktion ist die Vereinbarung, dass das Versprechen im Endergebnis zu keiner Änderung der „materiellen“ Rechtslage führen soll, dass also der Begünstigte die Leistung nur dann behalten dürfen soll, wenn sie ihm auch ohne das Versprechen zustehen würde. Diese Vereinbarung wird durch einen vertraglichen Rückforderungsanspruch bzw. durch einen vertraglich vereinbarten rückwirkenden Wegfall des formellen Anspruchs im Zeitpunkt seiner Erfüllung realisiert.27 Schlenzig ist hingegen davon überzeugt, eine Lösung ohne eine solche Vereinbarung bieten zu können, indem sie den „formellen Anspruch“ als abstraktes, erfüllungshalber zugewandtes Schuldversprechen nach § 780 BGB ausgestaltet. Eine solche Lösung vermag jedoch nicht zu erklären, weshalb der Versprechende einem Anspruch aus diesem Schuldversprechen keine Einrede aus §§ 821, 812 BGB entgegensetzen können soll, wenn der Anspruch, dessen Erfüllung das Schuldversprechen dienen soll, nicht besteht.28 Schlenzig müsste deshalb eigentlich anerkennen, dass zwischen den Parteien keine Vereinbarung über die Leistung er24 Siehe
dazu Kap. 6, C., III. S. 40 ff. 26 Natürlich bestehen neben dem im Folgenden diskutierten auch sonst zwischen beiden Konstruktionen mehrere Unterschiede. Insofern ist an erster Stelle zu erwähnen, dass Schlenzig davon ausgeht, dass der gewöhnliche Bürgschaftsanspruch gestundet wird und der Begünstigte aus ihm deshalb nicht vorgehen kann, sondern auf den „formellen“ Anspruch angewiesen ist (Schlenzig, S. 44 ff.). In der vorliegenden Arbeit wird die gegenteilige Meinung vertreten (siehe Kap. 5, A., I., 3., a) und vor allem Kap. 6, A.). Dieser Unterschied, auch wenn aus praktischer Sicht wichtig, ist aber kein grundlegender. 27 Siehe dazu Kap. 7, B., I. 28 Vgl. Schlenzig, S. 50 ff. Ähnlich wie hier Hadding/Welter, S. 1548 f. 25 Schlenzig,
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Kap. 2: Der Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern
füllungshalber, sondern eine besondere, für die Zahlung auf erstes Anfordern spezifische Vereinbarung besteht.29 Zugleich muss Schlenzig dies aber auch leugnen, denn sonst wäre ihre Lösung des Rückforderungsproblems hinfällig. Denn sie geht davon aus, dass der Rückforderungsanspruch des Bürgen bereicherungsrechtlicher Natur ist.30 Allerdings akzeptiert Schlenzig einen rückwirkenden Wegfall des „formellen“ Anspruchs (und damit des Rechtsgrundes für das Behalten der Leistung durch den Begünstigten) nicht.31 Somit muss sie annehmen, dass der formelle Anspruch in der Tat erfüllungshalber an den Begünstigten geleistet wird; besteht der Bürgschaftsanspruch (der materielle Anspruch) nicht, so kann der Bürge in der Folge nach § 812 Abs. 1 BGB kondizieren.32 Dann aber kann – wie bereits ausgeführt – nicht erklärt werden, weshalb der Bürge schon früher die Leistung nicht hätte verweigern dürfen. Sollte eine Leistungsverweigerung auf Grund einer für die Leistungspflicht auf erstes Anfordern spezifischen Vereinbarung früher nicht möglich gewesen sein,33 so kann nicht behauptet werden, wie dies aber Schlenzig tut, dieselbe Leistung könne als ohne rechtlichen Grund bewirkt nach § 812 Abs. 1 BGB kondiziert werden. In keinem Fall kann man mit einem abstrakten Schuldversprechen diese Symmetrie umgehen: entweder gab es einen rechtlichen Grund für die Leistung (dann kann der Bürge sie nicht kondizieren) oder es gab ihn nicht (dann hätte der Bürge die Leistung schon früher verweigern können) – oder aber muss man die Idee eines „vorläufigen“, rückwirkend wegfallenden Rechtsgrundes akzeptieren.34 Im Ergebnis kann der Vorschlag Schlenzigs die Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht erklären. Trotzdem ist zuzugestehen, dass ihre Arbeit von der richtigen Idee ausgeht, wonach die Klausel auf erstes Anfordern als eine zusätzliche Leistungsverpflichtung konstruiert werden kann, die mit der Hauptverpflichtung (der Bürgenschuld) in besonderer Weise vertraglich verknüpft ist.35 29 Dies tut sie auch teilweise. So schreibt Schlenzig: „Damit unterscheidet sich die vertragliche Grundlage der Übernahme einer Leistungspflicht auf erstes Anfordern und folglich auch die dem erfüllungshalber übernommenen abstrakten Schuldversprechen zugrunde liegende Zweckabrede wesentlich von der erfüllungshalber erklärten Übernahme eines normalen Schuldversprechens oder eines Wechsels auf eigene Order“ (Schlenzig, S. 54). 30 Schlenzig, S. 129. 31 Schlenzig, S. 17. 32 Schlenzig, S. 129. 33 Wie Schlenzig, S. 54, meint (siehe Kap. 2, Fn. 29). 34 Deshalb sind die Ausführungen von Arnold, S. 32 f., wonach das abstrakte Schuldversprechen nach § 780 BGB „ähnlich wie die Bürgschaft auf erstes Anfordern“ eine abstrakte Zahlungspflicht begründe, der entscheidende Unterschied aber in der Sicherungsfunktion der Bürgschaft liege, völlig unzutreffend. 35 A.A. Graf von Westphalen, Unwirksamkeit, S. 1437, der meint, eine Bürgschaft auf erstes Anfordern bestehe keineswegs teilweise aus einer einfachen, akzessorischen und selbstschuldnerischen Verpflichtung und teilweise aus einem abstrakten, auf einem Einwendungsausschluss beruhenden Zahlungsversprechen. Zu den möglichen rechtlichen Konstruktionen der Bürgschaft auf erstes Anfordern siehe Kap. 6, C., III., 1., b).
Kapitel 3
Die Garantie auf erstes Anfordern Kan Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
Im Rechtsleben kommt die Formulierung „auf erstes Anfordern“ am häufigsten im Zusammenhang mit Garantien, insbesondere Bankgarantien, vor. Garantien auf erstes Anfordern sind auch das älteste Rechtsinstitut, das im weiten Sinne eine Pflicht zur Leistung auf erstes Anfordern vorsieht.1 Die Rechtsprechung hat, soweit ersichtlich, die Bürgschaft auf erstes Anfordern ausdrücklich erstmals in einem Urteil des LG Lübeck vom 27. 6. 19772 und höchst richterlich mit Urteil des BGH vom 2. 5. 19793 anerkannt.4 Das OLG Stuttgart hat ihre Anerkennung noch am 8. 9. 1976 ausdrücklich abgelehnt.5 Die Garantie auf erstes Anfordern war hingegen explizit bereits mit dem Urteil des LG Frankfurt am Main vom 16. 10. 19626 anerkannt, und in der Rechtsprechung hatte man schon zu diesem Zeitpunkt Vereinbarungen, die als Garantien auf erstes Anfordern aufge1 Horn, Bürgschaften und Garantien zur Zahlung, S. 2153. Einer anderen Auffassung könnte man sein, wenn man auch Dokumentenakkreditive als zur Leistung auf erstes Anfordern verpflichtend ansieht (in diesem Sinne wohl Gruel, der das Akkreditiv zusammen mit Bürgschaft und Garantie auf erstes Anfordern behandelt), siehe Kap. 3, E. und F. Der hier vertretenen Auffassung stehen auch die Ausführungen von Lukas, S. 18 ff., der sich unter anderem auf einen Aufsatz von Merckens aus dem Jahre 1912 beruft, nicht entgegen, denn Merckens, S. 804, spricht zwar von einer Bürgschaft „auf das erste Ansuchen“, es scheint aber, dass damit eher ein Vertrag im Sinne der typischen Garantie auf erstes Anfordern gemeint wird (siehe dazu auch die Ausführungen in diesem Kapitel zum Aufsatz von Schütz); vgl. aber die Auffassung von Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 1, wonach die Garantie auf erstes Anfordern aus der Zeit nach dem 2. Weltkrieg stammt. Für eine längere historische Darstellung siehe Lukas, S. 17 ff., und Arnold, S. 9 ff. Zu bemerken ist, dass die von Kopp, Die Bürgschaft, S. 15, Fn. 7, und Lukas, S. 27 f., erörterte Entscheidung des OLG Dresden, Urteil vom 25. 10. 1915, 50 105/15, einen besonderen Sachverhalt betrifft, in dem ein Garantievertrag im Sinne Stammlers abgeschlossen wurde, der allerdings vorsah, dass die Mitteilung des Begünstigten über die Höhe des Schadens entscheidend und endgültig ist; mit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern hatte dies jedenfalls schon deshalb nichts zu tun, weil es an einem Dritten (Hauptschuldner) überhaupt fehlte. 2 LG Lübeck, Urteil vom 27. 6. 1977, 11 O 73/77. 3 BGH, Urteil vom 2. 5. 1979, VIII ZR 157/78. 4 So Lang, S. 2331. Vgl. aber BGH, Urteil vom 3. 3. 1976, VIII ZR 209/74, wo eine Bürgschaft auf erstes Anfordern in der Praxis auch akzeptiert wurde. 5 OLG Stuttgart, Urteil vom 8. 9. 1976, 13 U 60/76, siehe Kap. 6, C., III., 1., b). Siehe aber OLG Hamburg, Urteil vom 7. 7. 1977, 6 U 172/76, wo inhaltlich wohl eine Rückbürgschaft auf erstes Anfordern vorlag (zu diesem Fall siehe auch Kap. 4, D., I.). 6 LG Frankfurt am Main, Urteil vom 16. 10. 1962, 3/4 O 155/61.
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
fasst werden können, seit langer Zeit behandelt.7 Es wurde sogar häufig angenommen, dass die Vereinbarung einer Klausel „auf erstes Anfordern“ auf eine Garantie schließen lässt.8 Was die Praxis anbelangt, so hat Dudenhausen seiner den Bankbürgschaften gewidmeten Dissertation aus dem Jahre 1936 als Beispiel ein Formblatt für Steuer- und Zollbürgschaften beigefügt.9 Diese Bürgschaften sahen auszugsweise wie folgt aus: „Ich leiste hiermit für diejenigen Beträge …, die der … aus Anlaß des ihm vom Hauptzollamt gewährten Zahlungsaufschubs der Reichskasse schuldig ist oder künftig schuldig werden wird, dergestalt Bürgschaft als Selbstschuldner, daß ich Zahlungen in Gesamthöhe von … sofort, sobald das Hauptzollamt solche von mir fordert, an das Hauptzollamt zu leisten verspreche…“
Heutzutage würde man eine solche Erklärung eindeutig als Bürgschaft auf erstes Anfordern werten, mit der Folge, dass der Bürge die auf Anforderung des Hauptzollamtes gezahlten Beträge von diesem nach der Zahlung zurückverlangen könnte, wenn keine Zollschuld bestand. Dudenhausen selbst hat die Rechtsfolgen dieser Bürgschaftsart nicht diskutiert (im Übrigen war er generell der Meinung, dass Bankbürgschaften zumindest zum Teil Garantieverträge sind).10 Mit diesem Problem hat sich aber Schütz in einem im Jahre 1938 veröffentlichten Beitrag beschäftigt.11 Schütz stellt dort fest, dass es in der Praxis der Bürgschaften vorkommt – und zwar besonders häufig in Bürgschaftsvordrucken der Behörden – dass vereinbart wird: „daß der Bürge dem Gläubiger gegenüber verpflichtet und dem Hauptschuldner gegenüber berechtigt sein soll, auf erstes Anfordern des Gläubigers Zahlung zu leisten.“
Der Zweck dieser Vereinbarung liege auf der Hand: Der Gläubiger sei sicher, zu dem bestimmten Zeitpunkt sein Geld zu erhalten; der Bürge sei nicht verpflichtet, sich Einwendungen des Hauptschuldners zu eigen zu machen, er werde somit nicht in einen Prozess zwischen Gläubiger und Schuldner hineingezogen. Es verstehe sich dabei von selbst, dass Einwendungen des Hauptschuldners nicht endgültig abgeschnitten werden sollen; er solle nur verpflichtet sein, sie unmittelbar mit dem Gläubiger auszutragen. 7 Vgl. BGH, Urteil vom 24. 3. 1955, IV ZR 236/54, und BGH, Urteil vom 23. 5. 1958, VIII ZR 126/57. Im Schrifttum vgl. nur Scheuermann, S. 195 (Jahr 1959), der über das Anzahlungsaval auf erstes Anfordern schreibt, sowie Schneider, S. 42 f. (Jahr 1955), der sich auf ein unveröffentlichtes Urteil des LG München I vom 27. 5. 1953 beruft. 8 So beispielsweise BGH, Urteil vom 2. 5. 1979, VIII ZR 157/78. Vgl. Lang, S. 2331, und Graf von Westphalen, Neue, S. 296, sowie Henssler, S. 372, der meint, bei einer solchen Klausel müsse im Zweifel auch heute von einem Garantieversprechen ausgegangen werden. A.A. Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 64, wonach im Zweifel eher eine Bürgschaft anzunehmen sei. 9 Dudenhausen, S. 51 (Muster 6). 10 Dudenhausen, S. 24 f. 11 Schütz, S. 157.
A. Der Garantievertrag
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Anhand dieser Ausführungen ergibt sich, dass nach Schütz und entsprechend der damaligen Praxis die Klausel auf erstes Anfordern zwar bekannt war, ihre Verwendung im Rahmen einer „Bürgschaft“ aber dazu führen sollte, dass nur der Hauptschuldner und nicht der Bürge einen potenziellen Rückforderungsanspruch gegen den Gläubiger haben könnte. Deshalb handelte es sich hier um keine Bürgschaft auf erstes Anfordern im Sinne der vorliegenden Arbeit, sondern um ein Institut, das der typischen Garantie auf erstes Anfordern entspricht. Diese typische Garantie auf erstes Anfordern wird im Folgenden definiert und ihr Verhältnis zum allgemeinen Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern analysiert. Um dies zu erreichen, ist es aber zunächst geboten, sich dem Garantievertrag als solchem zu widmen.
A. Der Garantievertrag Der Begriff des gesetzlich nicht geregelten Garantievertrages hat eine lange Tradition.12 Die geschichtliche Entwicklung, vor allem die grundlegende Arbeit von Stammler13 aus dem Jahre 1886, prägt diesen Begriff bis heute.14 Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass von Stammler verwendete Begriffe weiter benutzt werden, obwohl sie heute in einer Weise verstanden werden, die mit der Stammlerischen Begriffsbildung nichts mehr gemein hat.15 Dies gilt beispielsweise für die „Selbständigkeit“ des Garantievertrages.16 die geschichtliche Darstellung bei Ch. Förster, Die Fusion, S. 43 ff. S. 1 ff. 14 Pegels, S. 7, Kratz, S. 1, Ch. Förster, Die Fusion, S. 52 f., Berensmann, S. 116, Eberl, S. 36 f. (die freilich dies vor allem für das schweizerische Recht feststellt und auf Seite 28 über einen Einfluss bis in die 1930er Jahre hinein spricht), Gruel, S. 17. 15 Vgl. Ch. Förster, Die Fusion, S. 147 f. 16 Für Stammler war ein „selbständiger Garantievertrag“ ein Vertrag durch den der Garant, um den Begünstigten zu einem für ihn potenziell wirtschaftliche Nachteile verursachenden Verhalten zu veranlassen, diesem verspricht, das Risiko dieser Nachteile zu übernehmen (so zutreffend Reusser, S. 54 f.). Da für Stammler der Zweck des Garanten, d.h. die Veranlassung des Begünstigten zu einem bestimmten Verhalten, den Kern seines Begriffs bildete (vgl. Stammler, S. 44), musste er zwischen diesem „selbständigen Garantievertrag“ und solchen „unselbständigen“ Versprechen unterscheiden, in denen jemand zwar das Risiko wirtschaftlicher Nachteile übernimmt, jedoch zu einem anderen Zweck handelt, was insbesondere dann der Fall ist, wenn er zum Beispiel im Rahmen eines Kauf- oder Werkvertrages (also causa acquirendi) handelt. Um diese Fälle zu unterscheiden, wollte Stammler darauf abstellen, ob der Garant ein Risiko übernimmt, für das er auch sonst in anderer Weise oder in anderer Höhe haften würde; sei dies der Fall, so liege kein selbständiger Garantievertrag vor (vgl. Stammler, S. 5 ff.). Da der modernen Definition des Garantievertrages der Zweck des Garanten gleichgültig ist, hat auch der Begriff des „selbständigen“ Garantievertrages im Gegensatz zur unselbständigen Gewährleistung wenig Sinn. Trotzdem sagt zum Beispiel Ch. Förster, Die Fusion, S. 120, dass die Selbständigkeit der Sicherung „das zentrale Kriterium der Garantie“ ist, wobei unter der Selbständigkeit zu verstehen sei, dass 12 Vgl.
13 Stammler,
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
Trotz seiner langen Geschichte und der zahlreich hierzu erschienenen Dissertationen und Aufsätze herrscht in Bezug auf den Garantievertrag immer noch „weitgehend tiefste Wirrnis“.17 Der zuletzt geäußerten Feststellung Ch. Försters, Rechtsprechung und Lehre seien „in den vergangenen knapp einhundert Jahren ein gutes Stück vorangekommen“,18 kann kaum zugestimmt werden.19 Es kann im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht Aufgabe sein, nochmals den Begriff des Garantievertrages zu untersuchen. Dies ist auch gar nicht notwendig. Denn das Ziel des Verfassers ist es lediglich zu zeigen, dass die Garantie auf erstes Anfordern, so wie sie im Rechtsverkehr vorkommt, sich nicht unter den Begriff eines auf einen Garantievertrag bezugnehmenden Leistungsversprechens auf erstes Anfordern subsumieren lässt. Es ist deshalb aus Sicht des Verfassers ausreichend, einen weiten – möglicherweise unter gewissen Gesichtspunkten zu weiten – Begriff des Garantievertrages zu verwenden. Denn ist bereits bei einem weiten Garantiebegriff eine Subsumption nicht möglich, so kann sie noch weniger bei einem „richtigeren“, engeren Begriff möglich sein. Nun wird in der Rechtsprechung schon seit Langem ein sehr weiter Garantiebegriff verwendet. Danach gilt als Garantievertrag ein Vertrag, durch den sich jemand (der Garant) gegenüber einem anderen (dem Begünstigten) verpflichtet, für den Eintritt eines bestimmten Erfolges einzustehen oder die Gefahr eines künftigen Schadens zu übernehmen.20 Diese Definition wird auch im Schrifttum weitgehend sich „die Verpflichtung des Garanten nach dem jeweiligen Garantievertrag richtet und vom Schicksal der zugrunde liegenden Schuld unabhängig“ ist. Mit der Selbständigkeit Stammlers hat dies offenbar nichts zu tun. 17 So zitieren Hadding/Häuser/Welter, S. 683, die Worte von Kleiner aus dem Vorwort zur 1. Auflage seines Werkes „Die Garantie unter besonderer Berücksichtigung des Bankgarantiegeschäftes“. Ähnlich kritisch früher schon Reusser, S. 1. In letzter Zeit auch Ch. Förster, Die Fusion, S. 34 (vgl. Fn. 1), der sich auf Reusser, S. 1, und vor allem auf Norbert Bindewald, Garantievertrag auf Forderungsausfall, Greifswald 1911, S. 16, beruft. 18 Ch. Förster, Die Fusion, S. 34. 19 So wohl auch – freilich für den Zustand im Jahre 1990 – Kleiner, Die Garantie, S. 3, wenn er sagt: „Leider hatten sich aber im Anschluss an Stammlers wegweisende und grundlegende Behandlung des Garantievertrages zahlreiche Autoren mit dessen Ausführungen und Beispielen in einer Art und Weise befasst, die eher Verwirrung als Klarheit gestiftet hatte, weshalb denn auch diese terra cognita (im Anschluss an Pegels) nochmals in die Erörterungen einbezogen wurde.“ 20 In der Rechtsprechung in diesem Sinne RG, Urteil vom 29. 6. 1905, VI 531/04, RG, Urteil vom 25. 2. 1932, VI 503/31, RG, Urteil vom 27. 6. 1932, VIII 194/32, Appellationshof des Kantons Bern, Entscheidung vom 6. 7. 1933, RG, Urteil vom 11. 12. 1934, VII 240/34, RG, Urteil vom 4. 11. 1938, VII 83/38, BGH, Urteil vom 23. 5. 1958, VIII ZR 126/57, BGH, Urteil vom 13. 4. 1959, III ZR 144/57, BGH, Urteil vom 13. 4. 1959, III ZR 145/57, BGH, Urteil vom 16. 12. 1960, II ZR 137/59, BGH, Urteil vom 31. 1. 1962, VIII ZR 207/60, BGH, Urteil vom 19. 10. 1964, VIII ZR 20/63, BGH, Urteil vom 21. 2. 1968, Ib ZR 132/66, BGH, Urteil vom 8. 2. 1973, VII ZR 209/70, BGH, Urteil vom 20. 5. 1976, III ZR 156/74, BGH, Urteil vom 12. 2. 1981, IVa ZR 103/80, BGH, Urteil vom 11. 7. 1985, IX ZR 11/85, OLG Koblenz, Urteil vom 28. 1. 1986, 3 U 1528/84, BGH, Urteil vom 13. 6. 1996, IX ZR 172/95, BGH, Urteil vom
A. Der Garantievertrag
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akzeptiert,21 auch wenn viele Autoren das zusätzliche Merkmal der „Selbständigkeit“22 bzw. der Nichtakzessorietät23 verlangen. Nur am Rande sei bemerkt, dass diese Definition mit der ursprünglichen Definition Stammlers eigentlich wenig Gemeinsames hat und vor allem seiner kritischen Bemerkung ausgesetzt ist, eine Definition dieser Art gebe überhaupt keine materiell genau charakterisierte und individualisierte Vertragsart ab.24 Für den Verfasser ist dies aber, wie oben ausge10. 2. 1999, VIII ZR 70/98, BGH, Urteil vom 18. 6. 2001, II ZR 248/99, BGH, Urteil vom 10. 9. 2002, XI ZR 305/01, OLG München, Urteil vom 18. 10. 2005, 25 U 4903/04 (wenn auch etwas schief vom Einstehen für die Realisierung einer Gefahr sprechend), BGH, Urteil vom 21. 9. 2006, I ZR 2/04. Anders wohl noch RG, Urteil vom 28. 9. 1917, III 150/17. 21 Kümpel, S. 996, RGRK/Mormann, vor § 765, Rn. 5, Graf von Westphalen, Unwirksamkeit, S. 1433, Eleftheriadis, S. 31 f. (jedoch differenzierend: bei der Interzessionsgarantie sei dagegen das Merkmal der Nichtakzessorietät typusprägend), Graf von Westphalen/ Zöchling-Jud, S. 36 (die dann aber auf S. 37 von der Nichtakzessorietät und Abstraktkeit des Garantievertrages sprechen), ähnlich auch Hadding/Häuser/Welter, S. 683, Henssler, S. 365. Vgl. die Angaben zum Meinungsstand bei Ch. Förster, Die Fusion, S. 55 f. 22 So wohl Marwede, S. 986, Berensmann, S. 117, Bülow8, S. 568, Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 207, Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 1, wohl auch MüKo/Habersack6, vor § 765, Rn. 16. Die Selbständigkeit wird besonders hervorgehoben durch Ch. Förster, Die Fusion, S. 124 und passim. Ausdrücklich gegen das Merkmal der Selbständigkeit Leonhard, BT, S. 331. Zu dem Sinn der „Selbständigkeit“ bei Stammler siehe Kap. 3, Fn. 16. 23 So im Ergebnis Bankrechts-Handbuch/Nobbe, § 92, Rn. 1 (wo das Merkmal „ohne Rücksicht auf das Bestehen einer Schuld“ zusätzlich gefordert wird), so auch OLG München, Urteil vom 18. 10. 2005, 25 U 4903/04 („von der gesicherten Schuld unabhängige Verpflichtung“). Im Übrigen wird auch unter „Selbständigkeit“ oft eben Nichtakzessorie tät verstanden (vgl. Oftinger, S. 59: „unter Selbständigkeit ist insbesondere zu verstehen, daß der Vertrag nicht in Bestand und Inhalt von einem anderen Geschäft abhängt, somit nicht ein akzessorischer Vertrag ist“). Ausdrücklich gegen das Merkmal der Nichtakzessorietät von Caemmerer, Bankgarantien, S. 305. Vereinzelt und kaum verständlich ist die Auffassung von Schlechtriem, S. 362, die Garantie sei wie eine Bürgschaft akzessorisch zur gesicherten Schuld, denn der Garant brauche nur bei bewiesenem Eintritt des Garantiefalles zu zahlen. 24 Stammler, S. 48. Ähnlich Meinrath, S. 2 f., wohl auch Kleiner, der in Bezug auf die Definition des englischen contract of indemnity als „a contract by which one party agrees to make good a loss suffered by the other“ feststellt, dass die Bedeutungslosigkeit eines solchen Begriffes erkannt worden ist (Kleiner, Die Garantie, S. 140). K. Schmidt, Unselbständige, S. 534, spricht vom „recht blassen Garantiebegriff“. Unklar ist die Position von Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 209, wo festgestellt wird, dass der Garantievertrag dem allgemeinen Begriff des schuldrechtlichen Vertrags überhaupt nahe stehe, sowie Kratz, S. 7 und 46, die zunächst feststellt, dass die Beschreibung des Garantievertrages von so allgemeiner Art ist, dass sich hierunter jede Vereinbarung subsumieren lasse, die den Gläubiger vor nachteiligen Folgen seines geschäftlichen Einsatzes schützen soll, dann aber selbst eine noch weniger aussagekräftige und fast erstaunliche Definition verwendet, wonach der Garantievertrag eine zwischen Garant und Begünstigten getroffene Vereinbarung sei, mit der sich der Garant gegenüber dem Begünstigten zu einer bestimmten Leistung verpflichte.
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
führt, ohne Belang, denn jedenfalls kommen noch weiter gefasste Definitionen des Garantievertrages kaum vor.25 Was in der so erarbeiteten Definition streitig bleibt, ist der Begriff des Einstehens. Denn aus dem Terminus „Einstehen“ selbst ergibt sich noch nicht, in welcher Weise der Garant für den Eintritt des garantierten Erfolges haftet. Nach der wohl verbreitetsten Lehre muss das Einstehen in der Leistung von Schadensersatz bestehen;26 einer Variante dieser Lehre nach soll vom Ausfall und nicht vom Schaden gesprochen werden: der Garant müsse also den Ausfall decken.27 Nach einer anderen Meinung kann der Garant auch in anderer Weise für den garantierten Erfolg einstehen, wenn dies im Garantievertrag vereinbart ist.28
25 Weiter gefasst, aber kaum brauchbar, ist die in der vorstehenden Fußnote erörterte Auffassung von Kratz. Ohne praktische Bedeutung ist der Vorschlag von Boetius, S. 16, statt von Erfolg von der Verwirklichung eines Interesses zu sprechen, da zum Beispiel eine Eigenschaft einer Sache kaum Erfolg sein könne. Keine große Bedeutung scheint auch die Frage zu haben, ob der garantierte Erfolg bzw. der Schaden in der Vergangenheit liegen könne, wenn er dem Begünstigten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bekannt sei, so Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 208, Henssler, S. 366, MüKo/Habersack6, vor § 765, Rn. 43. A.A. Pegels, S. 32, Landmann, S. 26. 26 Krohne, S. 14, Averdunk, S. 30 f. und 52, Kümpel, S. 996, Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 3, MüKo/Habersack6, vor § 765, Rn. 16 – 17, wohl auch Pincus, S. 92, sowie Hadding/Häuser/Welter, S. 683, und Henssler, S. 365, auch wenn beide zugleich von einem Ausgleichsanspruch sprechen. Ähnlich wohl auch RG, Urteil vom 28. 9. 1917, III 150/17, wenn dort gesagt wird, auch der Bürge stehe, wenn auch in anderer Weise als es beim Garantievertrag geschieht (Hervorhebung vom Verfasser), dafür ein, dass der Gläubiger befriedigt werde. Ob schon die Tatsache, dass ein Autor von „Schadloshaltung“ spricht, bedeutet, dass er die Haftung des Garanten notwendigerweise als Haftung auf Schadensersatz sieht, ist fraglich (so aber wohl Ch. Förster, Die Fusion, S. 56). 27 Leonhard, BT, S. 331, und unter Berufung auf ihn Landmann, S. 12, 16 ff., 30 f. und 40. Vgl. Weirauch, S. 31 f., Averdunk, S. 23 ff., Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1102, Gruel, S. 17. Für den Fall fehlender Vereinbarung im Vertrag denkt an eine Ausfallhaftung wohl auch Boetius, S. 22. 28 Nach Kratz, S. 30, kann die Leistungspflicht des Garanten auf jedes Verhalten rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Art gerichtet sein, und nach Boetius, S. 28, richtet sich der Anspruch des Begünstigten nur bei fehlender anderweitiger Vereinbarung auf Schadensersatz. Nach Meinrath, S. 23, ist der Garantievertrag zwar wirtschaftlich stets auf eine Schadloshaltung des Begünstigten gerichtet, rechtlich könne sein Inhalt aber durchaus verschieden sein. Ähnlich wohl Reusser, S. 75 (nur im Zweifel sei anzunehmen, dass der Garant Schadensersatz in Geld schulde), und Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 231 f. (wenn der Begünstigte nur den Betrag des nachgewiesenen Schadens erhalten soll, liege Schadlosgarantie vor, sie sei aber nur ein Unterfall des Garantievertrages). Zutreffend weist Livonius, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 18. 6. 2001, S. 658, darauf hin, dass entgegen der Auffassung des BGH dann, wenn jemand für die Erfüllung einer Forderung durch einen Dritten in der Weise Gewähr übernimmt, dass er bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Dritten die dafür notwendigen Mittel nachschießen werde, kein Garantievertrag, sondern eine Patronatserklärung vorliege.
A. Der Garantievertrag
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Die Verfechter der „Ausfall“-Lehre im Gegensatz zur Schadensersatzlehre argumentieren einerseits, dass auch ein Gewinn und nicht nur das Fehlen eines Schadens garantiert werden kann, dass andererseits die Pflicht des Garanten eine Erfüllungspflicht und somit als primär anzusehen ist, während die Schadensersatzpflicht eine sekundäre Pflicht darstellt.29 Diese Argumente scheinen aber jedenfalls nach heutigem Verständnis nicht gegen die Schadensersatzlehre zu sprechen. Es ist nämlich zurzeit unstreitig, dass die gesetzlichen Regeln der Schadensersatzhaftung auf den Garantievertrag zumindest analog Kraft stillschweigender Vereinbarung grundsätzlich anwendbar sind,30 so dass das lucrum cessans auch zum Schaden gehört.31 Dass man vom Schadensersatz spricht, steht der primären Natur der Haftung des Garanten auch nicht entgegen. Die primäre Natur dieser Haftung, also die Tatsache, dass die Verpflichtung zum Schadensersatz nicht Folge einer Pflichtverletzung ist, ist unstreitig und bildet den Grund der verschuldensunabhängigen Natur der Garantiehaftung.32 Denn der Garant verspricht nicht, den garantierten Erfolg herbeizuführen, sondern nur den wegen seines Ausbleibens entstandenen Schaden auszugleichen.33 Daran knüpfen in der Rechtsprechung gängige Formulie29 Landmann, S. 12, 16 ff., 30 f. und 40. Auf das zweite Argument beruft sich Boetius, S. 22. Vgl. Weirauch, S. 31 f., Averdunk, S. 23 ff. 30 BGH, Urteil vom 16. 12. 1960, II ZR 137/59, BGH, Urteil vom 21. 2. 1968, Ib ZR 132/66, BGH, Urteil vom 20. 5. 1976, III ZR 156/74, BGH, Urteil vom 11. 7. 1985, IX ZR 11/85, BGH, Urteil vom 10. 2. 1999, VIII ZR 70/98, BGH, Urteil vom 18. 6. 2001, II ZR 248/99, BGH, Urteil vom 26. 10. 2005, VIII ZR 48/05. Aus dem Schrifttum RGRK/Mormann, vor § 765, Rn. 5, Kümpel, S. 996, Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 3, Hein, Der Zahlungsanspruch, S. 130 (allerdings soll § 254 BGB nur ausnahmsweise anwendbar sein), MüKo/ Habersack6, vor § 765, Rn. 17 (ob eine Vorteilsausgleichung stattfinden soll, soll aber vom Vertrag abhängen), Carl, Anmerkung, S. 752 (für die Anwendung des § 254 BGB), grundsätzlich auch Kleiner, Die Garantie, S. 216 f., und Reusser, S. 5. Teilweise dafür auch Krohne, S. 39 (der aber die Anwendung des § 255 BGB ausschließt, S. 45), und Averdunk, S. 24 f., die aber beide den Garanten nur für das damnum emergens wollen haften lassen. A.A. Kratz, S. 203, die auch die Anwendung von § 254 BGB und die Vorteilsausgleichung ablehnt, und Boetius, S. 22 (der die Anwendbarkeit des § 254 BGB zwar ablehnt, zu demselben Ergebnis aber über die §§ 162 Abs. 2, 242 BGB kommt, und im Falle fehlender Vereinbarung eine Vorteilsausgleichung doch zulässt, S. 69). A.A. auch RG, Urteil vom 28. 6. 1932, III 291/31, wonach der Garantieanspruch ein Erfüllungsanspruch und kein Schadensersatzanspruch sei, weshalb für eine Vorteilsausgleichung kein Raum bestehe. Zur Haftung des Garanten bei schuldhaft vom Begünstigten herbeigeführtem Garantiefall vgl. auch Henssler, S. 384 f., und Berensmann, S. 147. 31 So ausdrücklich Kleiner, Die Garantie, S. 216, mit zahlreichen Nachweisen. A.A. Krohne, S. 37 f., Averdunk, S. 24 f. 32 Bei Bankrechts-Handbuch/Nobbe, § 92, Rn. 1, und Gruel, S. 17, wurde die verschuldensunabhängige Natur der Haftung des Garanten sogar in die Definition des Garantievertrages aufgenommen. Auf sie hat schon Pegels, S. 14, hingewiesen. 33 Darauf bzw. auf die primäre Natur des Anspruchs als Erfüllungsanspruch haben Krohne, S. 40, Reusser, S. 73, Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 3, MüKo/Habersack6, vor § 765, Rn. 16, Berensmann, S. 117, Boetius, S. 20, Kleiner, Die Garantie, S. 216, Kratz, S. 176, Kümpel, S. 996, und Gruel, S. 17, hingewiesen. Teilweise a.A. Weirauch, S. 33.
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
rungen an, dass der Garant auch für höhere Gewalt und Zufall haftet34 sowie dass auch eine eigene Leistung garantiert werden kann.35 Denn mit der letzten Formulierung ist eigentlich gemeint, dass es möglich ist, eine verschuldensunabhängige Haftung auf Schadensersatz für die eigene Leistung zu übernehmen. Ob es sinnvoll ist, den Begriff des Garantievertrages auch auf andere Formen des Einstehens auszudehnen, braucht an dieser Stelle nicht entschieden zu werden. Es lässt sich lediglich bemerken, dass der Garantievertrag auch ohne eine solche Ausdehnung ganz in die Nähe dessen rückt, was Averdunk zutreffend „Einstehen für irgendetwas“ genannt hat.36 Wenn man darüber hinaus andere Arten des Einstehens für einen Erfolg im Rahmen eines Garantievertrages akzeptiert, so fragt sich, ob sich mit solch einem Begriff überhaupt noch etwas anfangen lässt.37 Dies 34 Auch Zufall oder höhere Gewalt befreien den Garanten deshalb nicht: Krohne, S. 38, Landmann, S. 29, BGH, Urteil vom 8. 2. 1973, VII ZR 209/70. Der Garant haftet auch für „nicht typische Zufälle“: Kümpel, S. 996, Bankrechts-Handbuch/Nobbe, § 92, Rn. 1, MüKo/ Habersack6, vor § 765, Rn. 17, Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 36, BGH, Urteil vom 28. 10. 1954, IV ZR 122/54, BGH, Urteil vom 21. 2. 1968, Ib ZR 132/66, OLG Stuttgart, Urteil vom 8. 9. 1976, 13 U 60/76, BGH, Urteil vom 29. 3. 1982, II ZR 39/81, BGH, Urteil vom 11. 7. 1985, IX ZR 11/85, BGH, Urteil vom 13. 6. 1996, IX ZR 172/95. So richtig das oben Gesagte ist, ist auch folgende Bemerkung von Kleiner, Die Garantie, S. 217, doch zutreffend: „Insbesondere ist die Frage obsolet, ob der Garant auch bei Zufall oder höherer Gewalt hafte. Zufall und höhere Gewalt sind Begriffe, die im Zusammengang mit der Verschuldenshaftung verwendet werden. Sie sind bezüglich der Leistungspflicht des Garanten ohne Bedeutung.“ 35 Nach der Rechtsprechung kann der Schuldner für seine eigene Leistung garantieren, wenn der garantierte Erfolg weiter geht als die bloße Vertragsmäßigkeit der Leistung: RG, Urteil vom 11. 12. 1934, VII 240/34, BGH, Urteil vom 22. 10. 1957, VIII ZR 408/56, BGH, Urteil vom 23. 5. 1958, VIII ZR 126/57, BGH, Urteil vom 5. 5. 1960, III ZR 85/59, BGH, Urteil vom 31. 1. 1962, VIII ZR 207/60, BGH, Urteil vom 11. 7. 1985, IX ZR 11/85, OLG Koblenz, Urteil vom 28. 1. 1986, 3 U 1528/84, BGH, Urteil vom 10. 2. 1999, VIII ZR 70/98, so auch Bankrechts-Handbuch/Nobbe, § 92, Rn. 6, MüKo/Habersack6, vor § 765, Rn. 16, RGRK/Mormann, vor § 765, Rn. 7. 36 Averdunk, S. 18 f. Vgl. auch Kap. 3, Fn. 24. 37 Bekanntlich wurde in den Beratungen des BGB Folgendes festgestellt (Jakobs/Schubert, S. 457): „Der Bürgschaftsvertrag läßt sich als ein besonderer Fall des Garantievertrages auffassen. Über den letzteren besondere Normen aufzustellen, ist gleichfalls kein Bedürfnis. Nur gewisser Arten des Garantievertrages bedürfen der Normierung, wie gerade die Bürgschaft; der Garantievertrag entzieht sich auch wegen der Verschiedenheit der Verträge, die eine Garantie zum Zweck und Inhalt haben, der allgemeinen Regelung.“ Man war also der Ansicht, auch die Haftung des Bürgen, der ja nicht auf Schadensersatz haftet, könne eine Form des Einstehens des Garanten sein. Eine so weite Handhabung des Begriffs wurde zwar im Schrifttum heftig kritisiert: Meinrath, S. 2 f., Reusser, S. 3 und 90, Landmann, S. 9, 12 und 35, Weirauch, S. 31 f., Averdunk, S. 18 f. und 58 f., sie stoßt aber nicht nur auf Ablehnung. So hat sich über sie positiv, unter Berufung auf Heck, S. 380 und 383, von Caemmerer, Bankgarantien, S. 305, geäußert; über die Auffassung der Motive haben, ohne Kritik an sie zu üben, auch MüKo/Habersack6, vor § 765, Rn. 16, und Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 ff., Rn. 209, berichtet, und Bülow8, S. 570, sowie Gruel, S. 7 und 17, Fn. 114, billigen sie ausdrücklich.
B. Die atypische Garantie auf erstes Anfordern
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wird besonders ersichtlich, wenn man bedenkt, dass der Begriff des Einstehens38 als solcher keine klaren Grenzen hat, so dass beispielsweise Kreß die Ansicht vertreten konnte, ein Garantievertrag liege auch dann vor, wenn für den Fall des Eintritts einer Tatsache ein bestimmter Schadensbetrag versprochen werde, ohne Rücksicht darauf, ob überhaupt aus jener Tatsache ein Schaden entstehe.39 Um sich eines relativ klaren Begriffs des Garantievertrages zu bedienen, wird der Verfasser deshalb im Rahmen der vorliegenden Arbeit grundsätzlich davon ausgehen, dass das Einstehen des Garanten in der Leistung von Schadensersatz bestehen soll. Eine zu enge Definition könnte aber zu dem möglicherweise unberechtigten Schluss führen, die typische Garantie auf erstes Anfordern lasse sich unter den Begriff eines auf einen Garantievertrag bezugnehmenden Leistungsversprechens auf erstes Anfordern nicht subsumieren. Deshalb wird der Verfasser an relevanten Stellen die Frage aufwerfen, ob eventuell eine Ausdehnung des Begriffs des Garantievertrages auf andere Arten des Einstehens zu einer anderen Beurteilung führen könnte.
B. Die atypische Garantie auf erstes Anfordern Sobald der Begriff des Garantievertrages bestimmt ist, ist es möglich, ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern zu konstruieren, das auf den Anspruch des Begünstigten gegen den Garanten aus einem Garantievertrag Bezug nimmt. Ein solches Versprechen wird im Folgenden garantiebezogenes Leistungsversprechen auf erstes Anfordern genannt. Ein solches Versprechen zusammen mit dem Garantievertrag, auf den es Bezug nimmt, wird im Folgenden atypische Garantie auf erstes Anfordern genannt. Der Grund dafür, dass hier das Adjektiv „atypisch“ verwendet wird, liegt darin, dass, wie in den folgenden Kapiteln gezeigt werden soll, das Rechtsinstitut, das im Rechtsverkehr typischerweise als Garantie auf erstes Anfordern bezeichnet wird, von der hier definierten Garantie auf erstes Anfordern verschieden ist. Dieses Institut wird im Weiteren die typische Garantie auf erstes Anfordern genannt werden.40 Die atypische Garantie auf erstes Anfordern besteht demnach aus einem Garantievertrag und dem Versprechen des Garanten, schon auf erstes Anfordern zu zahlen, wobei der Begünstigte den erhaltenen Betrag nur dann behalten dürfen 38 Es wird zwar auch im § 765 Abs. 1 BGB generell vom Einstehen gesprochen (wobei im Entwurf ursprünglich vorgesehen war, dass der Bürge nicht für die Hauptschuld einstehen, sondern sie erfüllen sollte, Jakobs/Schubert, S. 462), die Art dieses Einstehens wird aber in den §§ 767 f. BGB konkretisiert. 39 Kreß, AT, S. 352 f. In diesem Sinne auch Kratz, S. 167. 40 Wobei an dieser Stelle noch nicht entschieden wird, wie dieses Institut ausgestaltet ist und ob es in der Tat von der atypischen Garantie verschieden ist. Den Begriff „typische“ Garantie auf erstes Anfordern in diesem Zusammenhang hat früher schon Panagiotopoulos, S. 106 und Fn. 561, verwendet.
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
soll, wenn er ihm nach Garantierecht zusteht; andernfalls muss er ihn dem Garanten zurückerstatten. Interessant ist, dass diese Konstruktion von Averdunk schon im Jahre 1913 in Betracht gezogen wurde.41 Die Idee scheint aber damals keine Resonanz gehabt zu haben.42 Atypische Garantien auf erstes Anfordern kommen in der Praxis tatsächlich vor – auch wenn dies durchaus selten der Fall ist. Betreffend die neuere Rechtsprechung ist hier auf das Urteil des BGH vom 10. 9. 2002 hinzuweisen.43 In dem diesem Urteil zugrunde liegenden Fall wurde zwischen einer GmbH und einem Factoringunternehmen ein Factoringvertrag über künftige Kaufpreisforderungen der GmbH abgeschlossen. Die GmbH garantierte darin unter anderem den Bestand und die Einwendungsfreiheit der abgetretenen Forderungen. Zugleich unterzeichnete der Geschäftsführer der GmbH im eigenen Namen eine formularmäßige Garantieerklärung, in der er in gleichem Umfang eine Bestandsgarantie übernahm und versprach, jeden unter dieser Garantie verlangten Betrag auf erstes Anfordern an das Factoringunternehmen zu zahlen. Die Garantieerklärung bestand also aus zwei Teilen: aus einem Vertrag, in dem der Geschäftsführer den Bestand und die Einwendungsfreiheit der Forderungen garantierte (dies war ein – wie der BGH es ausdrückt – „normaler Garantievertrag“), und aus einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern, in dem als materieller Anspruch der sich aus dem „normalen Garantievertrag“ ergebende Anspruch darauf diente, dass das Factoringunternehmen so gestellt werde, wie es stünde, wenn die abgetretene Forderung bestanden hätte und einwendungsfrei wäre. Es lag also eine atypische Garantie auf erstes Anfordern vor; nach erfolgter Zahlung konnte der Garant den gezahlten Betrag zurückfordern, wenn die Forderung in Wirklichkeit bestand und einwendungsfrei war oder wenn das Factoringunternehmen keinen Schaden erlitten hatte. Der BGH hat entschieden, die Klausel auf erstes Anfordern sei in diesem Fall überraschend im Sinne von § 3 AGBG und halte einer Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG nicht stand. Sie sei daher unwirksam; trotzdem bleibe der „normale“
41 Averdunk hat die Frage gestellt, ob der Garant beim selbständigen Garantievertrag den Schaden nur in toto zu ersetzen brauche oder ob er auch zu Teilleistungen herangezogen werden könne. Diese Frage, so Averdunk, sei an und für sich eigentümlich, indem sie recht überflüssig erscheine. Es gehe aber darum, ob der Garant „gewissermaßen zu einer Vorleistung herangezogen werden“ könne, ob dem Begünstigten also eine „provisorische Forderung“ zustehe (Averdunk, S. 30 f.). Denn einerseits sei es nicht möglich, sofort die fällige Garantiesumme festzustellen, andererseits bedürfe doch der begünstigte Unternehmer die Garantiesumme sofort, um sein Unternehmen zu Ende zu bringen (Averdunk, S. 34 f.). Die „provisorische Forderung“ Averdunks ähnelt dem formellen Anspruch bei einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern, nämlich bei der atypischen Garantie auf erstes Anfordern. 42 Im neueren Schrifttum hat sich Panagiotopoulos, S. 98 ff., mit dem, was hier atypische Garantie auf erstes Anfordern genannt wird, näher auseinandergesetzt. 43 BGH, Urteil vom 10. 9. 2002, XI ZR 305/01.
B. Die atypische Garantie auf erstes Anfordern
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Garantievertrag wirksam und der Kläger könne seine Rechte aus ihm geltend machen.44 Auch der Fall des Urteils des BGH vom 29. 5. 2008 betraf eine atypsiche Garantie auf erstes Anfordern.45 Dort hatte der Verkäufer von Aktien dem Käufer versprochen, ihn auf erstes Anfordern von allen Nachteilen freizuhalten, die der gekauften Aktiengesellschaft daraus entstehen könnten, dass Verpflichtungen aus gewissen (von einer Tochtergesellschaft des Verkäufers gestellten) Mietgarantien nicht erfüllt werden. Die Garantieleistung sollte in einer Zahlung direkt an die gekaufte Aktiengesellschaft (Begünstigte aus den Mietgarantien) erfolgen. Der BGH hat die Auslegung dieser Bestimmungen als Zahlungsversprechen auf erstes Anfordern akzeptiert. Er hat im Allgemeinen auch darauf hingewiesen, dass solche Versprechen den Zweck verfolgen, dem Gläubiger möglichst schnell einen – wenngleich nur vorläufigen – Titel zu verschaffen. Daraus ist zu schließen, dass der BGH diese Garantie in der Tat nicht als typische Garantie ohne Rückforderungsmöglichkeit des Garanten, sondern gerade als atypische Garantie eingestuft hat; denn sonst wäre der Titel nicht vorläufig. Ferner lag eine atypische Garantie auf erstes Anfordern wohl auch einer Entscheidung des Zivilgerichts Glarus vom 7. 3. 1984 zugrunde.46 In diesem Fall hatten zwei Personen, W. und S., in einem OHG-Vertrag vereinbart, dass bei der Insolvenz des einen der jeweils andere dessen Anteile zu einem niedrigen Preis übernehmen könnte. Als S. in Konkurs fiel, rügte der Konkursverwalter die Unwirksamkeit der Klausel. Der Beklagte stellte sodann dem W. folgende Bestätigung aus: „Hiermit bestätigen wir Ihnen, dass wir DM 150.000 an Sie auf erste Anforderung innerhalb 7 Tagen vergüten werden, falls Sie zur Übertragung der Firmenanteile des S. an den Konkursverwalter leisten müssten, soweit die Zahlung mindestens DM 150.000 betragen sollte. Sofern sie geringer ist, vergüten wir an Sie nur diese geringere Summe.“
W. hat sich mit dem Konkursverwalter verständigt und diesem für die Anteile DM 70.000 gezahlt. Die Erstattung dieser Summe hat er anschließend vom Beklagten verlangt. 44 Vgl. die Kap. 5, B., I. und 6, A. Nach Nielsen, Kurzkommentar zum BGH-Urteil vom 10. 9. 2002, S. 350, sei in der Entscheidung neu, dass der BGH im Wege der Auslegung zur Aufrechterhaltung der Verpflichtung des Beklagten aus einfacher Garantie komme, also im Gegensatz zu früherer Rechtsprechung keine Nichtigkeit annehme. Dies ist aber nicht richtig. Der BGH hat nämlich nie eine Bürgschaft oder Garantie auf erstes Anfordern wegen AGB-rechtlicher Verstöße als insgesamt nichtig betrachtet; er hat nur die Sicherungsabrede zwischen Hauptschuldner und Gläubiger, wonach eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen war, als insgesamt unwirksam betrachtet (BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00). Im vorliegenden Fall wurde die Wirksamkeit dieser Abrede aber gar nicht geprüft. Deshalb ist es auch unzutreffend, wenn Hadding/Welter, S. 1552, im Zusammenhang mit dem Urteil vom 10. 9. 2002 meinen, der BGH habe darauf abgestellt, dass der Garant mit einer „derartigen Sicherungsabrede“ bislang nicht befasst war. 45 BGH, Urteil vom 29. 5. 2008, IX ZR 45/07. 46 Zivilgericht Glarus, Entscheidung vom 7. 3. 1984.
Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
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Das Gericht hat angenommen, hier liege ein Garantievertrag vor. Es hat die Ansicht vertreten, der Garantiefall sei eingetreten, weil der Begünstigte an den Konkursverwalter leisten musste. Der Begünstigte habe zwar selbstverständlich nicht wider Treu und Glauben den Garantiefall herbeiführen dürfen, sondern er habe unter Beachtung dieses Grundsatzes die Interessen des Garanten wahren, insbesondere den Schaden möglichst gering halten müssen.47 Er habe aber tatsächlich einen sehr günstigen Vergleich abgeschlossen. Diesen Ausführungen ist beizupflichten. Zu bemerken ist aber, dass das Gericht keinen Wert darauf gelegt hat, dass in der Garantie Zahlung schon auf erstes Anfordern versprochen wurde. Auf Grund dieses Umstandes müsste eigentlich festgestellt werden, dass hier eine atypische Garantie auf erstes Anfordern vorlag: der vom Gericht behandelte Garantievertrag war noch durch ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern verstärkt. Dass sich das Gericht nicht auf die Klausel auf erstes Anfordern gestützt hat, braucht kein Fehler gewesen zu sein. Denn der Begünstigte hat zwar aus dem Leistungsversprechen, also aus dem formellen Anspruch, vorgehen können und hätte sich dann mit dem Garanten nicht darüber auseinandersetzen müssen, ob er zu viel für die Anteile bezahlt hat oder nicht. Es stand ihm aber auch offen – und es mag sein, dass er sich dazu entschieden hat – direkt aus dem materiellen Anspruch, also aus dem Garantievertrag, vorzugehen, ohne sich auf den formellen Anspruch zu berufen.48 Diese Vorgehensweise hätte für ihn den Vorteil, dass er mit keinem Rückforderungsprozess des Garanten zu rechnen bräuchte.
C. Die typische Garantie auf erstes Anfordern Eine Garantieerklärung, die dem entspricht, was sowohl in Deutschland als auch international typischerweise als „Garantie auf erstes Anfordern“ gilt und deshalb in der vorliegenden Arbeit typische Garantie auf erstes Anfordern genannt wird, wird häufig von einer Bank oder Versicherung abgegeben und entspricht etwa dem folgenden Beispiel:49 „Wir wurden davon unterrichtet, dass zwischen Ihnen und der Firma C., Köln, nachstehend Verkäufer genannt, ein Vertrag auf Lieferung von Parfüm zu einem Gesamtpreis von 100.625,- DM abgeschlossen worden ist. Vertragsgemäß ist eine Anzahlung in Höhe von 20 % des Gesamtpreises gegen eine Anzahlungsgarantie zu leisten. Dies vorausgeschickt verpflichten wir, die X-Bank, uns hiermit unwiderruflich, an Sie auf Ihre erste schriftliche Anforderung hin unverzüglich jeden Betrag bis zur Höhe von 47 Siehe
dazu Kap. 3, Fn. 30 am Ende. dazu Kap. 6, A. 49 Der Text ist dem Sachverhalt des Falles OLG Köln, Urteil vom 7. 8. 1986, 7 U 146/86, entnommen, wobei die letzten beiden Sätze, nämlich „Diese Garantie erlischt bei Lieferung des o.g. Parfüms. Die Lieferung wird uns durch Vorlage der entsprechenden Versanddokumente bestätigt“, nicht wiedergegeben sind; siehe dazu Kap. 5, B., III. 48 Siehe
C. Die typische Garantie auf erstes Anfordern
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20.125,- DM zurückzuzahlen, wenn Sie uns gleichzeitig schriftlich bestätigen, dass der Verkäufer seinen vertraglichen Pflichten zur Lieferung von Parfüm nicht nachgekommen ist und Sie demzufolge berechtigt sind, die geleistete Anzahlung zurückzufordern. Diese Garantie tritt in Kraft, sobald die Anzahlung bei uns zu Gunsten und zur freien Verfügung des Verkäufers unter Hinweis auf diese Garantie eingeht.“
Der Inhalt dieser an den Begünstigten (den Käufer) gerichteten Erklärung scheint sehr einfach zu sein: die Garantin (die Bank) verpflichtet sich, jeden angeforderten Betrag bis zum Garantiebetrag an den Begünstigten zu zahlen, wenn dieser eine bestimmte Erklärung abgibt.50 Darüber hinaus wird der Zusammenhang geschildert, der zur Übernahme der Garantie geführt hat: um das Recht auf eine Anzahlung zu erwerben, muss der Verkäufer nämlich eine die Rückzahlung dieser Anzahlung sichernde Garantie beibringen. Die Garantieerklärung ist eben eine solche Garantie. Trotz dieser Einfachheit ist im deutschsprachigen Schrifttum die rechtliche Einordnung einer solchen Erklärung streitig.51 Dieser Streit hat indessen nicht nur theoretische Bedeutung. Es seien nur drei Beispiele erwähnt, in denen er durchaus praktische Konsequenzen hat: • die Frage, ob es Fälle gibt, in denen der Garant zwar zahlen muss, den gezahlten Betrag dann aber zurückfordern kann (nämlich dann, wenn die formellen Zahlungsbedingungen zwar erfüllt wurden und kein Missbrauch vorliegt, aber der sogenannte „materielle Garantiefall“52 nicht eingetreten ist),53 • die Frage, nach welchen Maßstäben zu beurteilen ist, ob die Garantie missbraucht wird, zum Beispiel ob dann, wenn offensichtlich ist, dass der Schuldner für die Nichterbringung der Leistung nicht haftet, die Verwertung der Garantie durch den Gläubiger unzulässig ist,54 • die Frage, ob überhaupt ein Unterschied zwischen der Garantie auf erstes Anfordern und der Bürgschaft auf erstes Anfordern besteht und bestehen kann oder ob es sich eigentlich um dasselbe Rechtsinstitut handelt.55
50 Darüber
hinaus enthält die Garantie eine Bestimmung über ihr Inkrafttreten. unten in Kap. 3, E. 52 Zu diesem Begriff siehe unten in Kap. 3, D., II. 53 Dies wurde vom BGH, Urteil vom 10. 11. 1998, XI ZR 370/97, verneint, wird aber im Schrifttum teilweise bejaht. Siehe dazu Kap. 3, E. 54 Der BGH hat in BGH, Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 198/82, bei offensichtlichem Fall höherer Gewalt das Vorliegen eines Missbrauchs bejaht; Kleiner, Die Garantie, S. 33, Fn. 21, und S. 34, Fn. 29, hält dies für einen unverständlichen und sogar unbegreiflichen Entscheid, der die Rechtsnatur der Garantie verkennt. Siehe dazu Kap. 3, D., II. und Kap. 3., E. 55 Seit BGH, Urteil vom 2. 5. 1979, VIII ZR 157/78, sind beide Institute höchstrichterlich als verschieden anerkannt, während Schnauder, Zahlungsversprechen, S. 2077, meint, beide seien identisch, und auf S. 2079 ausführt, dass es für die Bürgschaft auf erstes Anfordern im Schuldrechtsystem keinen Platz gebe. Siehe dazu Kap. 6, C., III., 1., b). 51 Dazu
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
Um eine rechtliche Einordnung durchführen und diese Fragen beantworten zu können, muss man zunächst feststellen, welche Rechtsfolgen die Parteien der Garantie (und gegebenenfalls auch der anderen mit der Garantie im Zusammenhang stehenden Geschäfte) vereinbart und gewollt haben und eventuell welche weitere Rechtsfolgen an eine solche Vereinbarung vom Gesetz geknüpft werden. Erst dann kann eine rechtliche Einordnung stattfinden. Natürlich kann der Wille der Parteien in abstracto nicht festgestellt werden. Allerdings sind Garantieerklärungen nach dem oben wiedergegebenen Muster so weit verbreitet, dass es möglich sein muss, festzustellen, wie sie im Rechtsverkehr typischerweise verstanden werden; eine in dieser typischen Weise verstandene Garantieerklärung wird im Folgenden typische Garantie auf erstes Anfordern genannt. Selbstverständlich lässt alles dies die Möglichkeit unberührt, dass in Einzelfällen die Parteien die Erklärung in einer anderen, untypischen Weise verstehen können. In Bezug auf das potenzielle Rückforderungsrecht des Garanten ist hier im Voraus auf folgende Punkte hinzuweisen: Ein solches Recht kann von den Parteien im Vertrag vorgesehen oder ausgeschlossen, oder zumindest vorausgesetzt werden. Es kann aber auch sein, dass die Parteien die Frage der Rückforderung in keiner Weise normieren wollten, dass ein solches Recht aber im Gesetz vorgesehen ist. Zunächst ist die erste Frage zu beantworten, und erst dann gibt es Raum für die zweite. Wichtig ist, dass bei der Beantwortung der ersten Fragestellung der Wortlaut der Erklärung nicht entscheidend sein kann; insbesondere folgt aus der Tatsache, dass ein solches Recht dort nicht erwähnt wird, noch nicht zwangsläufig, dass die Parteien es nicht vereinbart haben; denn auch in Bürgschaften und anderen Leistungsversprechen auf erstes Anfordern wird ein solches Recht kaum erwähnt und trotzdem wird sein Bestehen von den Parteien zumindest vorausgesetzt.56 Trotzdem muss betont werden, dass es bei der ersten Frage um die Auslegung der Erklärung im Lichte der Anschauungen des Verkehrs und nicht um eine theoretische Konstruktion geht. Es ist deshalb nur teilweise richtig, wenn B. Schröder sagt, es liefe auf eine petitio principii hinaus, wenn man bei der Erörterung der Frage, wem – dem Garanten oder dem Hauptschuldner – der Rückforderungsanspruch bei der Garantie auf erstes Anfordern zustehe, voraussetzen würde, dass diese Garantie von der Bürgschaft auf erstes Anfordern verschieden sein muss und eine doppelte Verschiebefunktion habe,57 und wenn er in diesem Zusammenhang Wilhelm zitiert, der meint, dass, ob der Rückforderungsanspruch dem Hauptschuldner zustehe, die Frage und nicht die 56 Siehe die Definition des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern in Kap. 2, B., wo angenommen wird, dass die Parteien einig sein müssen, dass der Begünstigte die Leistung nur dann behalten darf, wenn sie ihm auch ohne das Versprechen auf erstes Anfordern gebühren würde. Ausdrücklich vorgesehen wurde so ein Recht in den in den Kap. 1., B. und 1., C. besprochenen Beispielen, sowie beispielsweise im Fall OLG Hamburg, Urteil vom 7. 7. 1977, 6 U 172/76. Mehr zur Rechtsnatur des Rückforderungsanspruchs in Kap. 7, B. 57 Womit gemeint ist, dass die Auseinandersetzung zum einen mit umgekehrten Parteirollen und zum anderen im Valutaverhältnis und nicht im Garantieverhältnis stattfinden soll, siehe B. Schröder, S. 26.
D. Die typische Garantie auf erstes Anfordern in der Praxis
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Begründung sei.58 Denn die Frage, wem und unter welchen Umständen ein Rückforderungsanspruch zustehen soll, muss vor allem auf Grund des Parteiwillens gelöst werden, und sie ist insofern einer dogmatischen, von der Anschauung des Rechtsverkehrs abgelösten Handhabung nicht zugänglich. Im Einzelfall muss die Antwort ein Ergebnis der Auslegung sein; bei der Analyse des typischen Falles muss sie sich aus der Praxis des Verkehrs ergeben. Die Auslegung im Einzelfall wird im Übrigen an die festgestellte Praxis des Verkehrs anknüpfen müssen.
D. Die typische Garantie auf erstes Anfordern in der Praxis Eine typische Garantie auf erstes Anfordern wird unter folgenden Umständen gestellt:59 Es gibt zwei Parteien, die im Folgenden Schuldner und Gläubiger genannt werden, obgleich die als Gläubiger bezeichnete Partei jedenfalls zu diesem Zeitpunkt kein Gläubiger des Schuldners zu sein braucht. Der Schuldner und der Gläubiger vereinbaren, dass der Schuldner dem Gläubiger zur Sicherung vor einem bestimmten Risiko eine typische Garantie auf erstes Anfordern beschaffen soll. Diese Vereinbarung wird Sicherungsabrede genannt. Dabei ist das Beschaffensollen nicht unbedingt im Sinne einer Verpflichtung zur Beschaffung der Garantie zu verstehen. Es kann sein, dass der Schuldner sich zu der Beschaffung der Garantie verpflichtet; es kann aber auch sein, dass lediglich vereinbart wird, dass die Beschaffung der Garantie eine Bedingung für den Abschluss eines Vertrages, für die Teilnahme an einer Ausschreibung oder für den Eintritt einer anderen für den Schuldner günstigen Rechtsfolge sein wird, zum Beispiel für die Entstehung eines Anspruchs des Schuldners auf Auszahlung einer Anzahlung oder eines Sicherungseinbehalts.60 Der Schuldner veranlasst dann einen Dritten, die Garantie auszustellen. Dabei braucht die Veranlassung nicht unmittelbar stattzufinden. Im einfachsten Fall beauftragt der Schuldner den Dritten mit der Ausstellung der Garantie direkt. Es ist aber auch möglich, dass eine andere Person, zum Beispiel die Muttergesellschaft des Schuldners, den Dritten mit der Ausstellung der Garantie beauftragt.61 Beauftragt der Schuldner ein Kreditinstitut im eigenen Land, das dann ein weiteres Kreditinstitut im Land des Gläubigers mit der Ausstellung der Garantie beauftragt, 58 B.
Schröder, S. 36, Wilhelm, Die Kondiktion, S. 3521. Schilderung beruht auf der Beobachtung der Praxis und der Rechtsprechung durch den Verfasser, sowie auf den Schilderungen im Schrifttum, vor allem bei Bertrams, S. 15 ff. 60 Siehe dazu Panagiotopoulos, S. 19 f. Entgegen LG München I, Urteil vom 6. 4. 2009, 2 O 23094/07, (ähnlich wohl LG München I, Urteil vom 5. 5. 2010, 2 O 14011/05), ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Ablösevereinbarung Teil einer umfassenden Sicherungsabrede im Rahmen des Hauptvertrages bildet. 61 In einem solchen Fall kann die Muttergesellschaft als vom Schuldner beauftragt gelten oder sie kann beispielsweise als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig sein. 59 Diese
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
wird von indirekter Garantie gesprochen.62 Ansonsten spricht man von direkter Garantie. Im Kontext dieser Untersuchung ist der Unterschied zwischen einer direkten und einer indirekten Garantie allerdings ohne Belang. Die Garantie wird üblicherweise zugunsten des Gläubigers als des Begünstigten ausgestellt. Aber auch das braucht nicht unbedingt der Fall zu sein. Es kommt vor, dass vereinbarungsgemäß die Garantie zugunsten einer anderen Person ausgestellt wird, zum Beispiel der Hausbank des Gläubigers. Dann ist der Gläubiger vom Begünstigten verschieden.63 Zwischen dem Gläubiger und dem Begünstigten besteht dann auch ein besonderes Rechtsverhältnis, typischerweise eines von sicherungsrechtlicher Art. Vorliegend ist nun die Frage wesentlich, wie die Beteiligten das Garantieverhältnis und die Sicherungsabrede verstehen, d.h. welche Rechtsfolgen von ihnen in der Praxis gewollt sind und welche von der Rechtsprechung generell als gewollt anerkannt werden.
I. Das Garantieverhältnis In Bezug zunächst auf das Garantieverhältnis selbst kann mit großer Sicherheit festgestellt werden, dass nach dem Willen der Parteien die Rechtsfolge der Garantie diejenige sein soll, dass der Garant (der Dritte) jeden Betrag bis zum Höchstbetrag der Garantie an den Begünstigten auszahlen soll, wenn alle formellen, in der Garantie vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind (somit im Fall der in Kap. 3, C. wiedergegebenen Garantie, wenn eine schriftliche Zahlungsaufforderung des Gläubigers samt seiner schriftlichen Bestätigung dem Garanten zugegangen ist, dass der Verkäufer seinen vertraglichen Pflichten zur Lieferung von Parfüm nicht nachgekommen ist und der Gläubiger demzufolge berechtigt ist, die geleistete Anzahlung zurückzufordern). In Deutschland wird, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, gesagt, der formelle Garantiefall sei eingetreten.64 Im deutschsprachigen Schrifttum streitig ist hingegen, ob nach dem Willen der Parteien der Begünstigte, der auf den Garantiebetrag einen durchsetzbaren Anspruch hatte und ihn tatsächlich ausgezahlt bekommen hat, ihn unter Umständen dem Garanten soll zurückerstatten müssen.65 In theoretischer Hinsicht sind hier verschiedene Ausgestaltungen möglich. Die Parteien können die Absicht gehabt 62 Siehe zum Beispiel Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1118, oder Graf von Westphalen/ Zöchling-Jud, S. 18 f. und 263 ff. 63 So in den in Kap. 7, Fn. 104 genannten Fällen. Die Sicherungsabrede besteht trotzdem zwischen Schuldner und Gläubiger (im Zusammenhang mit der Sicherungsgrundschuld a.A. offenbar Huber, S. 75 f.). Entgegen Mülbert, Mißbrauch, S. 80 f., ändert eine solche Konstellation den Zweck der Garantie (das von ihr zu deckende Risiko) nicht; dies wurde in LG München, Urteil vom 30. 1. 1981, 10 HKO 989/81, zutreffend erkannt; die gegen diese Entscheidung gerichtete Kritik Mülberts ist deshalb nicht gerechtfertigt. 64 Vgl. Kap. 3, Fn. 82. 65 Auf diesen Streit hat Zahn, Zahlung, S. 227 ff., schon im Jahre 1968 hingewiesen.
D. Die typische Garantie auf erstes Anfordern in der Praxis
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haben, dem Garanten in jedem Fall einen Rückzahlungsanspruch zu geben; sie können die Absicht gehabt haben, ihm einen solchen Anspruch in keinem Fall zu geben; sie können auch die Absicht gehabt haben, ihm einen solchen Anspruch unter gewissen Voraussetzungen zu geben. Ferner können die Parteien verschiedene Rechtsfolgen in Bezug auf die Anrechnung des ausgezahlten Garantiebetrags auf Ansprüche des Begünstigten gewollt haben. Im Allgemeinen können die Parteien also verschiedene Ausgestaltungen und Rechtsfolgen gewollt haben; alle diese Ausgestaltungen, soweit sie nicht widersprüchlich oder gesetzeswidrig sind (was selten vorkommen wird), sind auch zulässig. Welche im Einzelfall tatsächlich gewollt war, kann in abstracto nicht festgestellt werden; auch der in Kap. 3, C. wiedergegebenen Garantie kann nicht entnommen werden, was die Parteien wollten. Was aber auf Grund der Beobachtung des Rechtslebens festgestellt werden kann, ist, was die Parteien in solchen Fällen typischerweise wollen. Denn wenn an eine gewisse Art von Erklärung in der Praxis von den Verfassern von Regelungswerken und von den Gerichten gewisse Rechtsfolgen geknüpft werden, dann kann gefolgert werden, dass Parteien, die diese Art von Erklärung vereinbaren, eben diese Rechtsfolgen gewollt haben. Diese Folgerung wird noch sicherer, wenn eine Analyse der Interessenlage ergibt, dass die so ermittelten Rechtsfolgen grundsätzlich im Einklang mit den Interessen aller interessierten Parteien stehen. So verhält es sich hier. Die Garantie auf erstes Anfordern ist Gegenstand privater Regelwerke und internationaler Abkommen wie die URDG66 oder das UNCITRAL-Abkommen über unabhängige Garantien.67 In keinem dieser Regelwerke und Abkommen wird ein Rückforderungsanspruch des Garanten gegen den Begünstigten nur ansatzweise erörtert. Die Garantie auf erstes Anfordern ist darüber hinaus Gegenstand unzähliger Gerichtsentscheidungen gewesen. Sowohl international als auch in Deutschland sind kaum Entscheidungen veröffentlicht worden, die eine typisch ausgestaltete Garantie auf erstes Anfordern betreffen würden und in denen ein Rückforderungsrecht des Garanten anerkannt worden wäre.68 Ein Beispiel für eine solche Entscheidung bildet zwar ein Urteil des OLG Frankfurt am Main aus dem Jahre 1997.69 Dieses Urteil wurde aber anschließend vom BGH korrigiert.70 URDG siehe Schütze/Edelmann, Hasse, sowie Graf von Westphalen/ZöchlingJud, S. 445 und 447 ff. 67 Zum UNCITRAL-Abkommen siehe Horn, Die UN-Konvention, und Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 451 ff. 68 Die in der vorliegenden Arbeit genannten Fälle von atypischen Garantien auf erstes Anfordern (siehe Kap. 3, B.) betreffen ausnahmslos Vereinbarungen, die von der in Kap. 3, C. wiedergegebenen typischen Ausgestaltung einer Garantie auf erstes Anfordern abweichen. 69 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 24. 11. 1997, 18 U 75/96. Eine weitere Ausnahme könnte auch BGH, Beschluss vom 23. 2. 1984, III ZR 220/82, sein; allerdings ist eine abschließende Beurteilung wegen des sehr knappen Sachverhalts nicht möglich. 70 BGH, Urteil vom 10. 11. 1998, XI ZR 370/97. 66 Zur
Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
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Schon aus diesen Tatsachen ergibt sich, dass die Parteien einer Garantie auf erstes Anfordern typischerweise dem Garanten kein Rückforderungsrecht zusprechen wollen, sofern der Anspruch des Begünstigten auf die Garantiesumme überhaupt bestand und durchsetzbar war. Dieses Ergebnis wird durch eine Analyse der Interessenlage bei der Vereinbarung einer Garantie auf erstes Anfordern untermauert. Da es hier nicht um die Auslegung im Einzelfall geht, muss eine solche Analyse zwar auf einer typisierten Interessenlage basieren, und ob eine solche unter allen Aspekten überhaupt konstruierbar ist, mag streitig sein. Man darf auch nicht verkennen, dass die Interessenlage bei der Erteilung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern typischerweise dieselbe sein wird wie bei einer typischen Garantie auf erstes Anfordern, das Bestehen eines Rückforderungsanspruchs im Falle einer Bürgschaft aber nicht bezweifelt wird. Darauf wird noch zurückzukommen sein. Nun lautet die Frage, ob der Garant ein Interesse an einem Rückforderungsanspruch hat, ob der Begünstigte ein Interesse an dem Fehlen eines solchen Anspruchs hat, und wie dies die Interessen anderer Beteiligter, vor allem diejenigen des Schuldners, berühren kann. Festzustellen ist, dass der Garant in typischen Konstellationen an einem eigenen Rückforderungsanspruch nicht interessiert ist.71 Für ihn sind normalerweise zwei Punkte wichtig: einmal, dass leicht feststellbar ist, ob und wieviel er unter der Garantie zu zahlen hat (was durch eine entsprechende Ausgestaltung der Garantie zu erreichen ist), und zweitens, dass er das Gezahlte sofort und sicher nach erfolgter Zahlung rückerstattet bekommt (was durch eine entsprechende Ausgestaltung des Verhältnisses mit seinem Auftraggeber zu erreichen ist). Die Möglichkeit einer Rückforderung vom Begünstigten, die nur unter besonderen Umständen zulässig wäre (nämlich bei Nichteintritt des sogenannten materiellen Garantiefalles), würde daher seine Kalkulation kaum ändern, auch wenn unter Umständen, nämlich dann, wenn er sich doch nicht ausreichend bei seinem Auftraggeber abgesichert hat und dieser insolvent wird, ein Rückforderungsanspruch dem Garanten im Einzelfall behilflich sein könnte.72 Selbst die Wahrscheinlichkeit der Ziehung der Garantie ist für den Garanten ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Höhe der mit dem Auftraggeber zu vereinbarenden Gebühren von Bedeutung. Würde der Garant die Vorteile in seine Kalkulation einbeziehen, die mit einem Rückforderungsanspruch verbunden sind, so müsste er a priori auch die Kosten einer Rechtsverfolgung, die Wahrscheinlichkeit einer Rückforderung etc. berücksichtigen; dies wird aber von den Garanten regelmäßig nicht getan. Der Garant hat deshalb a priori typischerweise kein Interesse an einem Rückforderungsanspruch.73 schon Zahn, Zahlung, S. 228. dazu Panagiotopoulos, S. 5 f. 73 Da der Garant aber normalerweise nach dem Vertrag mit seinem Auftraggeber den gezahlten Betrag sofort von ihm erstattet verlangen kann, würde ihm ein Rückforderungsrecht auch nicht in dem Sinne schaden, dass er dann gehalten wäre, zunächst die Rückforderung geltend zu machen und sich erst, wenn dies erfolgslos ist, an seinen Auftraggeber zu wenden. 71 So
72 Siehe
D. Die typische Garantie auf erstes Anfordern in der Praxis
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Der Begünstigte bzw. der Gläubiger hat dagegen ein gewisses Interesse daran, keinem Rückforderungsanspruch des Garanten ausgesetzt zu werden, auch wenn dieses Interesse nicht überbewertet werden sollte. Zum einen ist es sicherlich vorteilhaft, über die Zulässigkeit der Ziehung der Garantie nach den in der Sicherungsabrede vereinbarten Grundsätzen nur einen und nicht zwei verschiedene Prozesse mit verschiedenen Gegnern führen zu müssen.74 Zwar wäre in der Regel sowieso nur ein Prozess mit dem Schuldner notwendig, denn der Garant hätte an einem solchen Prozess kein Interesse. Allerdings werden die Sachen im Falle der Insolvenz des Schuldners anders liegen. Und eben in diesem Fall gewinnt auch das zweite Argument für ein Interesse des Gläubigers am Fehlen eines Rückforderungsrechts des Garanten besondere Bedeutung, nämlich das Argument, dass der Gläubiger über die Lage im Verhältnis zum Schuldner sich ausschließlich mit diesem auseinandersetzen will, denn sonst besteht das Risiko, dass er seine Gegenrechte gegen den Schuldner nicht wird realisieren können.75 Es wäre zwar möglicherweise denkbar, dieses Risiko dadurch zu begrenzen, dass man das Rückforderungsrecht dem Garanten zwar zuspricht, es aber inhaltlich so beschränkt, dass der Gläubiger am Ende nicht mehr riskiert als wenn er sich mit dem Schuldner auseinandersetzen müsste; eine solche Gestaltung wäre aber kompliziert – es ist einfacher und für den Gläubiger sicherer, wenn der Garant auf die Rückforderung einfach verzichtet. Was die anderen Beteiligten angeht, so ist die Frage nach einem Rückforderungsrecht des Garanten für den Schuldner grundsätzlich gleichgültig. Bedeutung kann sie nur dann haben, wenn der Schuldner vom Auftraggeber der Garantie oder wenn der Gläubiger vom Begünstigten der Garantie verschieden ist. Im ersten Fall kann der Auftraggeber ein Interesse an einem Rückforderungsrecht des Garanten beispielsweise dann haben, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, ihm die Kosten zu erstatten. Wichtiger ist der zweite Fall, in dem besonders im Falle der Insolvenz des Gläubigers sowohl der Garant, als auch der Schuldner ein Interesse daran haben, gegen den Begünstigten und nicht nur gegen den Gläubiger vorgehen zu dürfen.76 Allerdings sind solche Fälle so selten, dass man kaum auf Grund einer solchen hypothetischen Konstellation generelle Aussagen bezüglich der Interessenlage treffen kann. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die typische Interessenlage eher für den Ausschluss des Rückforderungsrechts des Garanten spricht, dieses Ergebnis aber nicht überbewertet werden sollte. Dies wird vor allem dadurch bestätigt, dass die typische Interessenlage bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern dieselbe ist, dort aber die Parteien ein Rückforderungsrecht des Bürgen eben wollen. Der Grund, der die Parteien unter Umständen zur Wahl einer Bürgschaft auf erstes Mülbert, Mißbrauch, S. 41, Fn. 54. dazu Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1142, Panagiotopoulos, S. 31. 76 In vielen Rechtsordnungen kommt in solchen Fällen unter Umständen ein deliktischer Anspruch des Garanten gegen den Begünstigten in Betracht; nach deutschem Recht ist dies zwar nach § 826 BGB auch möglich, aber nur wenn besondere Umstände eintreten. Siehe zu diesem Problem Kap. 7, E. 74 Vgl.
75 Siehe
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
Anfordern statt einer Garantie auf erstes Anfordern bestimmt, dürfte weniger das Bestehen eines eigenen Rückforderungsanspruchs des Bürgen sein, als vielmehr die Tatsache, dass die Parteien damit auf ein ihnen bekanntes Rechtsinstitut wie die Bürgschaft zurückgreifen und ihnen somit bei dieser Wahl klar ist, nach welchen Grundsätzen die endgültige Teilung der Risiken stattfinden wird.77 Wie bereits angemerkt, muss die Tatsache, dass nach dem Willen der Parteien kein Rückforderungsanspruch des Garanten bestehen soll, nicht unbedingt bedeuten, dass ein solcher Anspruch dem Garanten vom geltenden Recht nicht zugesprochen werden kann. In der Tat werden unter besonderen Umständen dem Garanten gewisse Ansprüche gegen den Begünstigten zugesprochen, wie beispielsweise Ansprüche aus Delikt78 oder Rückforderungsansprüche im Falle der missbräuchlichen Ziehung der Garantie.79 Im Ergebnis ist festzustellen, dass nach Lage der Praxis wie auch aus Sicht der Rechtsprechung die Zahlung aus einer typischen Garantie auf erstes Anfordern nach Eintritt des formellen Garantiefalles zu erfolgen hat und in diesem Fall im Garantieverhältnis nicht zurückzuerstatten ist, also endgültigen Charakter hat.80 Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass man eine solche Rückerstattung nicht vereinbaren könnte. Dann würde aber keine typische Garantie auf erstes Anfordern vorliegen.
II. Die Sicherungsabrede Im Folgenden soll nun das zweite Rechtsverhältnis behandelt werden, die Sicherungsabrede zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger. Dieses Verhältnis ist zwar von dem Garantieverhältnis verschieden, ist aber für das Verständnis des Zusammenhangs der Ausstellung der Garantie und unter besonderen Umständen auch für die Abwicklung des Garantieverhältnisses von Bedeutung.81 77 Im Übrigen dürfte genau der Rückgriff auf das innerstaatliche Institut der Bürgschaft einer der Gründe sein, warum international die Garantie auf erstes Anfordern beliebter ist; denn für ausländische Firmen scheint eben die Garantie größere Sicherheit in Bezug auf die Rechtsfolgen nach dem einschlägigen Recht zu bieten. 78 Siehe dazu Kap. 7, E. 79 Wobei in diesem Fall schon die ursprüngliche Zahlung verweigert werden durfte. 80 Die Tatsache, dass dann, wenn die Zahlungsaufforderung einen Missbrauch darstellt, der Garant nicht zu zahlen hat, und dass er in diesem Fall bei erfolgter Zahlung, wenn § 814 BGB nicht eingreift (vgl. dazu Schnauder, Zahlungsversprechen, S. 2081), zur Rückforderung berechtigt ist, steht dem oben genannten Grundsatz nicht entgegen. Denn der Missbrauchseinwand stellt eine allgemeine Einwendung dar, die von dem Willen der Vertragsschließenden nicht gedeckt sein muss und auf jedes Schuldverhältnis anwendbar ist. Darauf, dass die Parteien des Garantieverhältnisses diese Einwendung ausschließen wollen, deutet nichts hin, schon abgesehen von der Frage, ob ein solcher Ausschluss zulässig wäre (vgl. aber Weth, Bürgschaft, S. 341, der diesen Einwand generell ausschließen will; dagegen Bydlinski, Moderne, S. 173 ff.). 81 Er ist nämlich für die Beurteilung, ob Missbrauch vorliegt, von Bedeutung.
D. Die typische Garantie auf erstes Anfordern in der Praxis
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Als Sicherungsabrede wird hier die Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger darüber bezeichnet, dass der Schuldner dem Gläubiger eine typische Garantie auf erstes Anfordern zur Sicherung vor einem bestimmten Risiko beschaffen soll. Nach dieser Abrede darf der Gläubiger die Garantie nur wegen dieses Risikos verwenden; realisiert sich dieses Risiko, so wird gesagt, der materielle Garantiefall sei eingetreten.82 Die Abrede hat weitgehende rechtliche Folgen: Aus ihr folgt ein Anspruch des Schuldners auf Unterlassung der Verwendung der Garantie zu Zwecken, die von der Sicherungsabrede nicht gedeckt sind, ebenso ein Anspruch auf Rückzahlung von abredewidrig eingezogenen Beträgen, und ferner, wenn Verschulden vorliegt, folgt hieraus auch ein Anspruch auf Schadensersatz.83 Darüber hinaus kann die Verwendung der Garantie unter Verletzung der Abrede unter Umständen dazu führen, dass die Ausübung der Rechte aus der Garantie als missbräuchlich eingeordnet wird.84 Was streitig ist – vor allem im Schrifttum – ist die Frage, was für ein Risiko durch die Garantie gesichert wird und insbesondere, ob die Stellung der Garantie im Endergebnis zu einer Erweiterung der Haftung des Schuldners führen soll. Das Problem kann am Beispiel einer Entscheidung des BGH vom 12. 3. 1984 anschaulich gemacht werden.85 Dort hat der BGH die Inanspruchnahme einer typischen Garantie auf erstes Anfordern für missbräuchlich gehalten, weil die Garantie den Anspruch auf Schadensersatz wegen fehlender Herausgabe eines gepachteten Grundstücks sichern sollte, das Grundstück aber im Zuge der Iranischen Revolution verstaatlicht wurde, so dass dem Schuldner die Herausgabe infolge höherer Gewalt unmöglich geworden war und er deshalb nicht schadensersatzpflichtig war. War nach Auffassung des BGH das Nichtbestehen der gesicherten Herausgabe82 Die Einführung der Begriffe des formellen und materiellen Garantiefalles wird Hadding (Hadding/Häuser/Welter, S. 718 und Fn. 806) zugeschrieben (Weth, Bürgschaft, S. 312, Mülbert, Mißbrauch, S. 17, Fn. 32, Panagiotopoulos, S. 54). Zu beachten ist, dass nicht alle Autoren den materiellen Garantiefall ausschließlich im Verhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger ansiedeln wollen; nach Auffassung einiger Autoren kann auch oder ausschließlich die Garantie selbst den materiellen Garantiefall (das gesicherte Risiko) definieren. Vgl. Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 227 f. (eher unklar), Weth, Bürgschaft, S. 312. Wie Weth zutreffend bemerkt, wird in der Rechtsprechung aber, wie in der vorliegenden Arbeit auch, der materielle Garantiefall häufig als „Garantiefall im Valutaverhältnis“ definiert, so zum Beispiel BGH, Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 198/82, OLG Köln, Urteil vom 7. 8. 1986, 7 U 146/86, BGH, Urteil vom 29. 9. 1986, II ZR 220/85, BGH, Urteil vom 25. 9. 1996, VIII ZR 76/95, OLG Saarbrücken, Urteil vom 6. 7. 2001, 1 U 55/99 - 13, ausdrücklich auch OLG Celle, Urteil vom 18. 3. 2009, 3 U 167/08 („der Garantiefall im Valutaverhältnis (materieller Garantiefall)“). Auf diese beiden potenziellen Deutungen des Begriffes verweist ausdrücklich Panagiotopoulos, S. 55 (potenziell, weil fraglich sein kann, ob die zweite Deutung überhaupt sinnvoll ist). Der Begriff des materiellen Garantiefalles wird wie hier von Canaris, Die Bedeutung, S. 496, verstanden. 83 Vgl. für die Lage bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern die Kap. 7, B. – D. 84 Vgl. die Diskussion in Kap. 6, H., IV. 85 BGH, Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 198/82.
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
pflicht offensichtlich, so war die Inanspruchnahme einer diese Pflicht sichernden Garantie missbräuchlich.86 Diese Entscheidung wurde im Schrifttum weitgehend gebilligt.87 Kleiner hat sie hingegen heftig kritisiert und sogar von einem „unbegreiflichen Entscheid“ gesprochen, der die Natur der Garantie verkennt.88 Wichtig ist zu sehen, dass jedenfalls dann, wenn man die Lösung des BGH akzeptiert, das eigentliche Problem nicht beim Garantieverhältnis selbst, sondern bei der Sicherungsabrede liegt.89 Sowohl der BGH als auch Kleiner gehen davon aus, dass einerseits die Zahlungspflicht des Garanten grundsätzlich entstanden war, dass andererseits eine Ausnahme wegen Missbrauchs dann vorliegen könnte, wenn offensichtlich ist, dass das eigentlich von der Garantie zu deckende Risiko sich nicht realisiert hat.90 Streitig ist aber nun, welches Risiko von der Garantie gedeckt war. Der BGH meint, der Begünstigte dürfe die Garantie dann verwenden, wenn und insoweit er einen Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks bzw. auf Schadensersatz wegen zu vertretender Unmöglichkeit gegen den Schuldner hat; hat er keinen Anspruch, weil der Schuldner wegen höherer Gewalt nicht haftet, so ist der Begünstigte zur Ziehung der Garantie nicht ermächtigt. Kleiner meint hingegen, dass der Garant ohne Rücksicht auf das Bestehen einer Pflicht, also nichtakzessorisch, für die Erbringung einer Leistung (hier: für die Herausgabe des Grundstücks) haftet; es kann deshalb nach seiner Ansicht nicht darauf ankommen, ob der Anspruch besteht oder nicht, entscheidend ist vielmehr, dass die Leistung nicht erbracht wurde; der Garant hafte gerade auch für Zufall und höhere Gewalt.91 Die Sicht des BGH wird von der deutschen Rechtsprechung soweit ersichtlich ausnahmslos geteilt.92 Kleiners Auffassung hebt aber – und zwar abgesehen davon, wie er selbst die Garantie auf erstes Anfordern konstruiert93 – die Bedeutung der Sicherungsabrede und die Tatsache hervor, dass das übliche Verständnis dieser Abrede gar nicht so selbstverständlich ist wie typischerweise angenommen. Dabei ist bemerkenswert, dass die Argumente Kleiners auf der von der h.M. formell akzeptierten Einordnung der Garantie auf erstes Anfordern als nichtakzessorischem 86 Vgl. die Ausführungen zum Missbrauch bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern in Kap. 6, H., I. 87 Mülbert, Neueste, S. 1109 f., Schütze/Edelmann, S. 116, Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1139, Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 222 f. 88 Kleiner, Die Garantie, S. 33, Fn. 21 und S. 34, Fn. 29; kritisch auch Heldrich, S. 176 ff. 89 Ob Kleiner diese Auffassung teilt, ist nicht klar. Vgl. auch Kap. 3, Fn. 82. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1135, scheint sie nicht zu teilen. 90 Freilich verlangt Kleiner etwas mehr, nämlich auch Arglist seitens des Begünstigten, vgl. Kleiner, Die Garantie, S. 203. 91 Kleiner, Die Garantie, S. 32 ff. Vgl. Kap. 3, Fn. 34. 92 Dem Verfasser sind keine Entscheidungen bekannt, in denen das Gericht das Fehlen eines Anspruchs im Valutaverhältnis feststellen würde und trotzdem den materiellen Garantiefall als eingetreten betrachten würde. 93 Siehe dazu Kap. 3, E.
D. Die typische Garantie auf erstes Anfordern in der Praxis
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Garantievertrag basieren, dennoch aber zu einem von derselben h.M. abgelehnten Ergebnis führen. Bei einer eigenen Stellungnahme betreffend dieses Problem ist darauf hinzuweisen, dass die Frage vor allem den tatsächlich vereinbarten Inhalt der Sicherungsabrede betrifft. Die Parteien der Sicherungsabrede können aber an sich jedes beliebiges Risiko zum Gegenstand der Sicherung machen.94 Es kann a priori sowohl vereinbart werden, dass die „Garantie auf erstes Anfordern“ nur die Erfüllung gewisser Verbindlichkeiten sichern soll, als auch, dass sie die Erbringung einer Leistung, egal ob geschuldet oder nicht, sichern soll.95 Die Frage lautet einerseits, was typischerweise gewollt ist, und andererseits, in welchen Fällen noch von „Garantie“ gesprochen werden kann. Denn der Sinn der Argumentation Kleiners geht schließlich dahin, dass dann, wenn die Erfüllung gesichert ist, nicht eine Garantie, sondern allenfalls eine Bürgschaft vorliege. Auf die erste Frage kann wohl keine eindeutige Antwort gegeben werden. Denn die Sicherungsabreden, die im Zusammenhang mit Garantien auf erstes Anfordern vereinbart werden, werden in der Praxis verschieden ausgestaltet und sind nicht so einheitlich wie die Garantien selbst, zumal sie typischerweise Teile ausführlicher Verträge verschiedenster Art sind. Von den Zahlen her dürften aber jedenfalls in Deutschland die Verhältnisse so sein, dass nach dem Willen der Parteien die Garantie am häufigsten ausschließlich die Erfüllung einer Pflicht sichert; darauf deutet bereits die Tatsache hin, dass kaum Gerichtsentscheidungen bekannt sind, in denen die Gerichte angenommen hätten, dass die Sicherungsabrede auch andere Risiken decken sollte. Damit ist auch eine Antwort auf die zweite Frage gegeben: In der Praxis sichern Garantien auf erstes Anfordern sehr häufig die Erfüllung und nicht, wie es Kleiner postuliert, die Erbringung einer Leistung, egal ob sie geschuldet war oder nicht.96 Dies ist entscheidend, selbst wenn die Ansicht begründet sein sollte, dass die Be94 Ähnlich Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1135, der darauf hinweist, dass die Einstandspflicht im Rahmen des Valutverhältnisses sich mit der Einstandspflicht im Rahmen der Garantie nicht decken muss. Insbesondere könne der Garant für „nicht typische Zufälle“, für die der Schuldner nicht haftet, haften, er könne für sie aber auch nicht haften, wie die Entscheidung des BGH vom 12. 3. 1984 zeige (Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1135, Fn. 95 am Ende). 95 Unzutreffend spricht daher Panagiotopoulos, S. 64 f., von einem Gleichlauf zwischen Einwendungsmöglichkeiten und Rückforderungsansprüchen; allerdings ist zuzugeben, dass dann, wenn diese sich nicht decken, die Abrede über die Beschaffung der Garantie nicht unbedingt als Sicherungsabrede bezeichnet werden sollte. 96 Dies bedeutet aber nicht, dass die Garantie die Erfüllung sichern muss. Dies wird von Panagiotopoulos, S. 56 f., nicht berücksichtigt, der zwischen dem formellen Garantiefall, dem „materiellen“ Garantiefall im Garantieverhältnis und dem materiellen Garantiefall im Valutaverhältnis unterscheidet und ausführt, dass im Falle einer Liefergarantie das von der Garantie zu deckende Risiko (der „materielle“ Garantiefall im Garantieverhältnis) in der Nicht- bzw. Schlechtlieferung (egal ob diese geschuldet war oder nicht) liegt, während der materielle Garantiefall im Valutaverhältnis in der Verletzung der Lieferpflicht liegen müsse
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
zeichnung „Garantie“ in diesem Falle wegen der fehlenden Verknüpfung mit dem Garantievertrag fehl am Platz ist.97 Im Übrigen ist zu beachten, dass die Tatsache, dass die Garantie auf erstes Anfordern in vielen Fällen nur die Erfüllung und nicht die Leistung als solche sichert, mit ihrer Nichtakzessorietät nicht unvereinbar ist; auch die Sicherungsgrundschuld sichert die Erfüllung, trotzdem wird ihre Nichtakzessorietät nicht in Frage gestellt.
III. Die Rückgarantie auf erstes Anfordern Nur der Klarheit halber sei erwähnt, dass die Analyse der typischen Garantie auf erstes Anfordern im Rahmen der vorliegenden Arbeit die sogenannte Rückgarantie auf erstes Anfordern nicht deckt.98 Unter einer Rückgarantie auf erstes Anfordern wird im Rechtsverkehr eine im Zusammenhang mit einer indirekten Garantie gestellte „Garantie auf erstes Anfordern“ verstanden, die das vom Schuldner direkt beauftragte Kreditinstitut einem zweiten, die eigentliche Garantie im Auftrag des ersten Kreditinstituts ausstellenden Kreditinstitut leistet. Ob diese Art von Garantie etwas mit der typischen Garantie auf erstes Anfordern zu tun hat, oder ob sie eher eine atypische Garantie auf erstes Anfordern oder sogar ein auf den Anspruch des zweiten Kreditinstituts gegen das erste Kredit institut aus §§ 670, 675 BGB Bezug nehmendes Leistungsversprechen auf erstes Anfordern darstellt, wird in der vorliegenden Arbeit nicht untersucht. Bemerkt sei nur, dass der hier geschaffene begriffliche Rahmen (Leistungsversprechen vs. typische Garantie auf erstes Anfordern) für eine solche künftige Untersuchung durchaus dienlich sein dürfte.
E. Die rechtliche Einordnung der typischen Garantie auf erstes Anfordern– die Positionen Die dogmatische Einordnung der typischen Garantie auf erstes Anfordern ist im deutschen Schrifttum streitig. International wird der Nutzen dieser dogmatischen Diskussion gelegentlich in Frage gestellt.99 Sie scheint aber im Rahmen der deutschen Rechtstradition unumgänglich; denn aus der dogmatischen Einordnung werden unmittelbar Rechtsfolgen gezogen, wie besonders die Diskussion (so dass im Falle eines nichtigen Liefervertrages der materielle Garantiefall nicht eingetreten sein kann). Dies kann, muss aber nicht der Fall sein. 97 Siehe dazu die Kap. 3, E. und 3, F. 98 Zum Begriff der Rückgarantie siehe zum Beispiel Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 21 f. 99 Vgl. Bertrams, S. 45 f., 67 f. und 197 ff. So auch Schütze/Edelmann, S. 49 f., sowie Arnold, S. 48 f. A.A. Freiherr Marschall von Bieberstein, S. 31.
E. Die rechtliche Einordnung der typischen Garantie auf erstes Anfordern
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über das Rückforderungsrecht des Garanten nach der Entscheidung des BGH vom 10. 11. 1998 gezeigt hat.100 Die herrschende Meinung subsumiert die typische Garantie auf erstes Anfordern unter den Begriff des Garantievertrages.101 Wie diese Subsumption funk tionieren soll – für welchen Erfolg der Garant also einstehen soll und in welcher Weise – ist aber streitig. Die Schwierigkeit besteht vor allem darin, dass der Garant bereits nach Zugang einer vereinbarungskonformen Zahlungsaufforderung zahlen muss, also prima facie unabhängig davon, ob das von der Garantie gedeckte Risiko sich realisiert hat. Eine Lösung dieses Problems liegt in der Annahme, dass der Garantiefall bei der typischen Garantie auf erstes Anfordern im Zugang einer vereinbarungskonformen Zahlungsaufforderung besteht.102 Für den Nichteintritt dieses Garantiefalles steht der Garant dadurch ein, dass er den angeforderten Betrag bis zum vereinbarten Höchstbetrag an den Begünstigten auszahlt. Gegen diese Lösung spricht auf der Ebene der Rechtsfolgen eigentlich nichts. Mit einfachen Worten bedeutet sie, dass garantiert wird, dass der Begünstigte eine vereinbarungskonforme Zahlungsaufforderung nicht abgibt; tut er dies, so wird ihm als „Ersatz“ die geforderte Garantiesumme ausgezahlt. Rein formell mag dies dem Begriff des Garantievertrages entsprechen, wenn man nur das „Einstehen“ in der Definition dieses Vertrages weit genug auslegt und die Zahlung eines Betrages als Einstehen für die Nichtabgabe einer Erklärung durch den Begünstigten ansieht.103 Eine solche Subsumption ist aber künstlich und es kann kaum ernsthaft davon ausgegangen werden, dass sich aus ihr irgendwelche Einsichten betreffend die Natur oder die richtige Handhabung der Garantie auf erstes Anfordern ergeben. Dass sie sogar zu logischen Fehlschlüssen führen kann, zeigt sich anhand der bereits besprochenen Frage der Entscheidung des BGH vom 12. 3. 1984.104 Der konsequenteste Verfechter dieser Theorie, Kleiner, hat diese Entscheidung „unbegreiflich“ genannt, weil der BGH angenommen hat, die dort vereinbarte Garantie auf erstes Anfordern könnte nur der Sicherung vor Pflichtverletzung dienen.105 Kleiner wendet ein, Garantiefall könne niemals eine Pflichtverletzung sein, sondern höchstens die Nichterbringung einer Leistung, gleichgültig, ob sie geschuldet ist.106 Dieses Argument ist aber im Rahmen seiner eigenen Theorie nicht tragfähig, selbst wenn seine Prämisse richtig wäre. Denn nach dieser Theorie hat der Garantiefall weder 100 BGH,
Urteil vom 10. 11. 1998, XI ZR 370/97. Eberl, S. 33, für das schweizerische und das deutsche Recht. So auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1102 und 1106. 102 So vor allem Kleiner, Die Garantie, S. 182 ff. und 214. 103 Siehe dazu Kap. 3, A. 104 BGH, Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 198/82. Siehe dazu Kap. 3, D., II. 105 Siehe Kap. 3, Fn. 88. 106 Kleiner, Die Garantie, S. 206 f. 101 Vgl.
Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
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mit einer Pflichtverletzung noch mit der Nichterbringung einer Leistung etwas zu tun. Garantiefall ist danach ausschließlich die Einreichung einer garantiekonformen Erklärung. Das gesicherte Risiko ist damit das Risiko der Einreichung einer solchen Erklärung. Dieses Risiko hat sich in dem besprochenen Fall realisiert. Somit bleibt für eine Argumentation, die sich damit beschäftigt, was Garantiefall sein kann, kein Raum. Die eigentliche Frage wäre hingegen nach der Theorie Kleiners (und übrigens wohl auch nach der in der Praxis vom BGH angewandten Theorie), was insofern zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger, also außerhalb des Garantieverhältnisses, vereinbart wurde und ob eine Verletzung dieser Vereinbarung dazu führen kann, dass die Inanspruchnahme der Garantie missbräuchlich erscheint. Die oben beschriebene Lösung Kleiners scheint auch Mülbert zu befürworten, wenn er betont, „Garantiefall ist also allein das erste Anfordern“107 und „[h]ier ist Garantiefall allein das formale ‘erste Anfordern’“108. Das Problem des Missbrauchs löst er aber, zutreffend und anders als Kleiner, dadurch, dass er neben dem Garantiefall auch einen „Sicherungsfall“, der im Valutaverhältnis vereinbart wird, anerkennt und als Maßstab für die Missbräuchlichkeit der Verwertung der Garantie anwendet.109 Im Zusammenhang mit dem Urteil des BGH vom 12. 3. 1984 sieht er eine Wahl zwischen dem Prinzip, dass die Garantie im Valutaverhältnis als Sicherungsmittel zur Sicherung einer Pflicht beigebracht wird, und dem Prinzip der Nichtakzessorietät der Garantie, wonach der Garant auch für „nicht typische Zufälle“ haftet.110 Er entscheidet sich für das erste Prinzip. Diese Entscheidung braucht zwar insofern nicht unbedingt richtig zu sein, als nach korrekter Auffassung der tatsächliche Inhalt der Vereinbarung im Valutaverhältnis über das mittels der Garantie zu deckende Risiko hier maßgeblich sein sollte, und dieser Inhalt im Einzelfall ermittelt werden müsste. Die (zutreffende) Entscheidung gegen das „Prinzip der Nichtakzessorietät der Garantie“ zeigt aber jedenfalls, dass die Subsumption der Garantie auf erstes Anfordern unter den Garantievertrag völlig wirkungslos und entbehrlich ist. Eine teilweise andere Lösung des Problems der Subsumption der typischen Garantie auf erstes Anfordern unter den Begriff des Garantievertrags hat Hein vorgeschlagen. Er scheint nämlich davon auszugehen, dass der Garantiefall bei solchen Garantien so weit formuliert ist, dass er praktisch immer als eingetreten gilt; der Garant hat auf Grund der Garantie schon dann auszuzahlen, wenn die formellen Voraussetzungen erfüllt sind; er wäre aber grundsätzlich berechtigt, den Betrag zurückzufordern, wenn es sich herausstellt, dass der Garantiefall doch nicht ein107 Mülbert,
Mißbrauch, S. 17. Mißbrauch, S. 40. Andererseits sagt Mülbert auch ganz nüchtern: „Bei der Bankgarantie ,auf erstes Anfordern‘ handelt es sich um die Verpflichtung einer Bank, an den Garantiegläubiger einen bestimmten Betrag auszukehren, sobald dieser Zahlung verlangt“ (S. 1). 109 Mülbert, Mißbrauch, S. 17 ff. und 39 ff. 110 Mülbert, Neueste, S. 1109 f. Siehe dazu Arnold, S. 280, Fn. 463. 108 Mülbert,
E. Die rechtliche Einordnung der typischen Garantie auf erstes Anfordern
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getreten war; dieser sei aber so extrem weit definiert, dass eine solche Möglichkeit aus praktischer Sicht vernachlässigt werden kann.111 Die Lösung Heins bedeutet eigentlich, dass die typische Garantie auf erstes Anfordern als eine Art Leistungsversprechen auf erstes Anfordern aufgefasst werden kann; das Versprechen bezieht sich auf einen durch die formellen Zahlungsvoraussetzungen bedingten Garantievertrag mit einem extrem weit definierten Garantiefall; diese Zahlungsvoraussetzungen werden zugleich als formelle Voraussetzungen in das Leistungsversprechen übernommen.112 Ob der mit dieser Lösung verbundene Aufwand irgendwelche Vorteile mit sich bringt, darf aber bezweifelt werden, zumal die Beschreibung des „extrem weiten“ und im Übrigen entbehrlichen Garantiefalles gar nicht so einfach zu sein braucht. Im Schrifttum wurde eine Reihe weiterer Vorschläge gemacht, die davon ausgehen, dass die typische Garantie auf erstes Anfordern unter den Garantievertrag zu subsumieren ist und die – jedenfalls aus praktischer Sicht113 – einen Rückforderungsanspruch des Garanten grundsätzlich ablehnen.114 Diese Vorschläge sind aber 111 In diesem Sinne wohl Hein, Der Zahlungsanspruch, S. 51 ff. und 61; andererseits vgl. Hein, Der Zahlungsanspruch, S. 103 ff., dort insbesondere S. 112. Insgesamt sehen Heins Aussagen wie ein Selbstwiderspruch aus. Denn zunächst meint er, dass die Auszahlung aus der Garantie nicht lediglich vorläufig ist, denn „die Rückzahlungspflicht des Garantiebegünstigten ist in aller Regel dadurch ausgeschlossen, daß die Garantieabrede, die causa, einen extrem weiten Bereich umfaßt“, so dass die Auszahlung „stets zu Recht erfolgen wird“ und „ein Rückforderungsanspruch der Bank tatsächlich nicht existiert, die Auszahlung ist also endgültig“ (S. 54). Dann bestätigt er, dass die Parteien ein Rückforderungsrecht des Garanten gerade nicht wollen: „Die Bankgarantie, bei der der Garant aus Rückforderungen soweit als möglich herausgehalten werden soll, läßt sich mit einer derartigen Auslegung der Vertragsabrede [d.h. einer Auslegung dahin, dass dem Garanten ein Rückforderungsrecht zusteht] nicht in Einklang bringen. Wollen die Parteien einen vertraglichen Rückforderungsanspruch erreichen, so sind sie gezwungen, eine besondere Klausel in den Vertragstext aufzunehmen, derartige Klauseln werden in der Praxis stets am Widerspruch des Begünstigten scheitern“ (S. 104). Trotzdem kommt er aber zu dem Ergebnis, dass die Bank „in den Fällen, in denen sie trotz Nichtbestehens des Sicherungsinteresses des Begünstigten auszahlt, einen Rückforderungsanspruch aus § 812 I 2 2. Alt. BGB hat“ (S. 112) und dass, obwohl ein Satz früher ein Rückforderungsrecht nur für den Fall fehlender Deckung anerkannt wurde: „dann, wenn die Bank von ihrem Kunden keine Deckung der ausgezahlten Summe erhalten kann, muß der Bank diese Möglichkeit verbleiben“ (S. 112). 112 Es handelt sich also um „materiell-formelle“ Voraussetzungen im Sinne vom Kap. 5, B., I. 113 Denn Hein lehnt einen solchen Anspruch nur praktisch ab: er lässt ihn grundsätzlich zu, argumentiert aber, dass er praktisch kaum bestehen wird – Hein, Der Zahlungsanspruch, S. 54, und vor allem Kap. 3, Fn. 111 oben. 114 Vgl. zum Beispiel Eberl, S. 33 ff., Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1142, Panagiotopoluos, S. 16, 34 und 96, Freiherr Marschall von Bieberstein, S. 31 ff. und 40, wohl auch – obwohl unklar – Pleyer, Die Bankgarantie, S. 7 f., Eleftheriadis, S. 33 f., Klaas, S. 1098, Hadding/Häuser/Welter, S. 697, Schütze/Edelmann, S. 49 f., Gruel, S. 151 f. Zweideutig ist die Auffassung von Canaris, Die Bedeutung, S. 496, wonach dem Garanten im Falle eines liquide nicht beweisbaren Missbrauchs ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungs-
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
zum Teil unklar formuliert und scheinen jedenfalls keine eindeutige und von den zuvor präsentierten Lösungen verschiedene dogmatische Erklärung der typischen Garantie auf erstes Anfordern liefern zu können.115 Eine Mindermeinung billigt dem Garanten einen potenziellen Rückforderungsanspruch zu und stellt sich somit auf dem Standpunkt, dass die Zahlung des Garanten teilweise vorläufigen Charakter hat. Diese Auffassung hat vor allem B. Schröder ausführlich begründet.116 Nach seiner Ansicht wird der Garantiefall („im engeren Sinne“) in einer Sicherungsabrede zwischen dem Garanten und dem Begünstigten vereinbart; das von der Garantie zu deckende Risiko wird somit in der Garantie selbst definiert. Ist die Zahlungsaufforderung garantiekonform, so muss der Garant an den Begünstigten zahlen; die Zahlung ist aber vorläufig; ist nämlich der in der Garantie vereinbarte Garantiefall in Wirklichkeit nicht eingetreten, so steht dem Garanten ein Rückforderungsanspruch zu.117 Dieser Garantiefall ist nach der Vorstellung B. Schröders grundsätzlich ein rein tatsächliches Ereignis, wie die Nichterbringung einer Leistung, und nicht erst die Verletzung einer Pflicht.118 Auf den im Valutaverhältnis vereinbarten Garantiefall kommt es dagegen für die Abwicklung des Garantieverhältnisses überhaupt nicht an – selbst wenn dieser unstreitig nicht eingetreten ist, muss der Garant zahlen, und er kann wegen des Nichteintritts dieses Garantiefalles das Gezahlte auch nicht zurückfordern.119 Im Ergebnis konstruiert B. Schröder einen gewöhnlichen Garantievertrag, mit dem die Erbringung einer Leistung im Valutaverhältnis garantiert wird, der aber auf erstes Anfordern gestellt ist, was bedeutet, dass der Garant schon auf erstes Anfordern zahlen muss, das Gezahlte aber zurückfordern kann, wenn er nach dem gewöhnlichen Garantievertrag nicht haftet.120 Eine Besonanspruch zusteht, da er dann auf eine Nichtschuld gezahlt hat. Unklar Graf von Westphalen/ Zöchling-Jud, einerseits auf S. 2 („Der Struktur nach ist die „auf erstes Anfordern“ zahlbar gestellte Bankgarantie eine Forderungsgarantie, durch die dem Begünstigten die Erfüllung einer bestimmten Forderung durch die Bank verbindlich zugesagt wird“), andererseits auf S. 38 ff., wo von „erheblichen Unterschieden“ zwischen beiden Begriffen gesprochen wird; jedenfalls lehnen sie einen Rückforderungsanspruch des Garanten ab, S. 243 ff. 115 Sehr ausführlich, aber in der Begründung trotzdem unklar, Eberl, S. 33 ff. und 45 ff. 116 Für eine ebenfalls ausführliche Kritik B. Schröders siehe Panagiotopoulos, S. 80 ff. 117 B. Schröder, S. 125 und 128 ff. 118 B. Schröder, S. 77 f., 83 und 106 f. 119 B. Schröder, S. 127 f. Ob der Garantieauftraggeber in einem solchen Fall einen Rückforderungsanspruch hat, ist natürlich eine andere Sache. 120 Der genaue Inhalt dieses Garantievertrages braucht an dieser Stelle nicht näher diskutiert zu werden. Zu bemerken ist jedoch, dass er keinesfalls klar ist. Nach B. Schröder, S. 17 und 77 ff., handelt es sich hier um eine sogenannte Forderungsgarantie, auf Grund derer der Garant für die rein tatsächliche Leistung des Schuldners auf die garantierte Forderung haftet, gleichgültig ob die Forderung wirksam und einredefrei ist. Nach Auffassung des Verfassers ist nicht nur, wie das Kleiner, Die Garantie, S. 27 f., Fn. 3, feststellt, die Bezeichnung „Forderungsgarantie“ unglücklich, sondern der Begriff selbst in der Praxis kaum brauchbar. Aus theoretischer Sicht ist es zwar möglich, eine Leistung als solche zu
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derheit liegt darin, dass Voraussetzung der Zahlung aus dem Garantievertrag in jedem Fall der Zugang einer garantiekonformen Zahlungsaufforderung ist. Die Konstruktion B. Schröders ist somit grundsätzlich dieselbe, wie diejenige Heins; der Unterschied liegt nur darin, dass Hein einen so extrem weiten Garantiefall voraussetzt, dass ein Rückforderungsrecht in der Praxis nicht entstehen kann.121 B. Schröder akzeptiert dagegen das Rückforderungsrecht des Garanten. Sein Vorschlag entspricht somit im Ergebnis völlig dem Begriff der atypischen Garantie auf erstes Anfordern, bei der die formellen Voraussetzungen materiell-formellen Charakter haben – dementsprechend lässt sich mit ihm die Garantie ohne Weiteres unter das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern subsumieren.122 Dies wird von ihm ausdrücklich bestätigt, wenn er sagt, die Klausel auf erstes Anfordern sei „bei Bürgschaft und Garantie vollkommen gleich zu beurteilen“.123 In der Literatur sind Konstruktionen, die der Konstruktion B. Schröders entsprechen und somit die Garantie auf erstes Anfordern generell als eine atypische Garantie auf erstes Anfordern auffassen, nicht selten. Zahn hat 1968 erklärt, er neige dazu, einen Rückforderungsanspruch des Garanten zu bejahen; er hat aber zugleich schon damals zugegeben, dass diese Konstruktion „dem eigentlichen Sinn des Garantiegeschäfts nicht in vollem Umfang gerecht“ wird; die Banken als Garanten haben nicht die Vorstellung, lediglich „unter Vorbehalt“ zu leisten und einen Rückforderungsanspruch zu haben; sie haben an einem garantieren, aus praktischer Sicht ist es aber in der Regel extrem schwierig, diese Leistung zu definieren, ohne auf Rechtspflichten und Rechtsfolgen zurückzugreifen (wird Zahlung garantiert, so ist der Erfolg eingetreten, wenn Aufrechnung erklärt wird?). Dies wird durch die eigenen Beispiele Kleiners belegt (vgl. Kleiner, Die Garantie, S. 37 ff., insbesondere die Turbine-Beispiele). Vgl. auch BGH, Urteil vom 26. 10. 2005, VIII ZR 48/05, wo der BGH die Übernahme der garantiemäßigen Haftung „für die vollständige und rechtzeitige Erfüllung aller aus dieser Vereinbarung und seiner Beendigung resultierenden Zahlungsverpflichtungen des Franchisenehmers“ wegen fehlender Klarheit für gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam gehalten hat; als eine Bestätigung der Sicht des BGH darf die Tatsache gelten, dass auch in dem seine Entscheidung kritisch würdigenden (wenn auch ihr im Ergebnis zustimmenden) Aufsatz von Billing der Autor nicht in der Lage zu sein scheint, die eigentliche Bedeutung dieser Garantie und den Unterschied zwischen ihr und einer Bürgschaft zu beschreiben (vgl. Billing, S. 248 ff.). Zu bemerken ist, dass zum Beispiel Gruel, S. 7, die Bürgschaft als einen Sonderfall der Forderungsgarantie auffasst. Für ein Beispiel einer Forderungsgarantie in der neueren Rechtsprechung siehe BGH, Urteil vom 13. 3. 2012, II ZR 50/09. 121 Hein tut dies wohl deshalb, weil ihm bekannt ist, dass in der Praxis keine Rückforderungsansprüche gewollt sind (vgl. Hein, Der Zahlungsanspruch, S. 104). 122 Siehe Kap. 3, B. und Kap. 5, B., I. Abweichend von der in dieser Arbeit vertretenen Auffassung (Kap. 6, H., I.) lehnt B. Schröder, S. 123, den Missbrauchseinwand des Versprechenden auf erstes Anfordern (des Garanten) im Allgemeinen ab. Darin kommt aber nur seine Auffassung über die gesetzlichen (§ 242 BGB) Rechtsfolgen eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern zum Ausdruck und nicht eine Ansicht, die die Subsumption seiner Konstruktion unter den Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern in Frage stellen könnte. 123 B. Schröder, S. 136.
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solchen Anspruch auch keinerlei Interesse.124 Seine Bejahung des Rückforderungsanspruchs war Folge eines rein dogmatischen Arguments, nämlich der Annahme, dass die Garantie auf erstes Anfordern etwas Gemeinsames mit der gewöhnlichen Garantie haben muss, und dass es nur schwer einleuchtet, dass der Anspruch des Begünstigten unabhängig von dem tatsächlichen Vorliegen des Garantiefalles sein könnte.125 Diese Auffassung Zahns wird noch heute in dem von ihm begründeten Werk vertreten, leider ohne dass seine Argumentation und eigentliche Unsicherheit über die richtige Antwort wiedergegeben wird.126 Sie wird – auf verschiedentliche Weise begründet – auch sonst nicht selten vertreten.127 Letzlich gibt es eine Reihe von Stimmen im Schrifttum, die die typische Garantie auf erstes Anfordern überhaupt ohne ein Zurückgreifen auf den Garantievertrag definieren wollen. Dazu gehören sowohl solche, die die Garantie auf erstes Anfordern relativ konkret in der Dogmatik verankern, als auch solche, die sehr vage sind und keine bestimmte dogmatische Konstruktion vorschlagen. Zu denjenigen, die die Garantie auf erstes Anfordern relativ konkret in der Dogmatik verankern, gehören vor allem solche, die die Auffassung vertreten, dass die Garantie auf erstes Anfordern mit dem Akkreditiv identisch ist. In diesem Sinne hat sich schon 1955 Schneider geäußert.128 Diese Ansicht wurde später von Kübler und dann mit großer Überzeugungskraft von Aden vertreten.129 Auch diejenigen, die eine so weitgehende These lieber meiden, weisen häufig auf die Ähnlichkeit beider Rechtsinstitute hin.130 Im Übrigen wird die Garantie auf erstes Anfordern einfach sehr vage als Vertrag sui generis klassifiziert.131 In diesem Sinne sind auch solche Stimmen zu ver124 Zahn,
Zahlung, S. 228. Zahlung, S. 227 ff. 126 Zahn/Ehrlich/Haas, S. 475 f. 127 So Hahn, Der Rückforderungsanspruch, S. 2794, und Gröschler, S. 826 f. (die sich ausdrücklich für eine Parallelität zwischen Bürgschaft und Garantie auf erstes Anfordern aussprechen), Horn, Der Rückforderungsanspruch, S. 630, Staudinger/Horn97, Vorbem. zu §§ 765 ff., Rn. 347 f. (in der nächsten Auflage ausdrücklich aufgegeben: Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 379), Nielsen, Gefährdung, S. 503, Weth, Bürgschaft, S. 316, Zahn, Anmerkungen, S. 169 f., Gerth, S. 1110. 128 Schneider, S. 42 f. Schneider zitiert dort übrigens auch ein unveröffentlichtes Urteil des LG München vom 27. 5. 1953, in dem das Gericht ausdrücklich feststellt, dass die Begriffe Bankgarantie und Akkreditiv dasselbe bedeuten. 129 Kübler, S. 189 f., Aden, Der Arrest in den Auszahlungsanspruch des Garantiebegünstigten, S. 439 f. Dagegen ausführlich Eberl, S. 33 ff. und 45 ff., vgl. auch Kleiner, Die Garantie, S. 116 f. 130 Vgl. Pleyer, Die Bankgarantie, S. 7, 14 und 25, von Caemmerer, Bankgarantien, S. 298 und 302 ff., Auhagen, S. 45, Zahn, Anmerkungen, S. 154 f., Graf von Bernstorff, Rechtsprobleme, S. 260, Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1102, Arnold, S. 39 ff. (mit Blick auch auf die englische Rechtsprechung). 131 Bertrams, S. 68, Graf von Westphalen, Neue, S. 295 f. und 298 (hingegen sehr unklar Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, vgl. dazu Kap. 3, Fn. 114 am Ende), Dohm, S. 65. 125 Zahn,
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stehen, die diese Garantie als eine Art abstraktes Schuldversprechen auffassen, ohne die Natur dieses Versprechens näher zu bestimmen.132 In gewissem Sinne konkreter ist die Auffassung Schnauders, der die Garantie auf erstes Anfordern als zweckneutrale Zuwendung beschreibt.133 Darauf wird im folgenden Kapitel zurückzukommen sein. Zu nennen ist ferner noch die Ansicht, wonach die Garantie auf erstes Anfordern keine Garantie, sondern eine Anweisung darstellt.134
F. Die rechtliche Einordnung der typischen Garantie auf erstes Anfordern – eigener Ansatz Analysiert man, wie die typische Garantie auf erstes Anfordern rechtlich einzuordnen ist, so kommt man vor allem zu dem Ergebnis, dass die im Schrifttum vorgeschlagenen Klassifizierungen, die sie als eine Art Garantievertrag auffassen, nicht stimmig sind und dass keine andere Subsumption unter den Garantievertragsbegriff möglich ist. Die von Zahn, B. Schröder und anderen Autoren vorgenommenen Versuche, die typische Garantie als eine mit einer Klausel auf erstes Anfordern – also eine vorläufige Zahlungspflicht auf erstes Anfordern begründende – versehene Forderungsgarantie anzusehen, scheitern an dem Willen der Parteien und der Praxis des Rechtsverkehrs. Eine solche Konstruktion – die auf eine atypische Garantie auf erstes Anfordern im Sinne von Kap. 3, B. hinausläuft und die analog zur Bürgschaft auf erstes Anfordern wäre – ist zwar möglich.135 Wie aber in Kap. 3, D. gezeigt und von Zahn teilweise selbst zugegeben, entspricht eine solche Konstruktion, die einen allgemeinen Rückforderungsanspruch des Garanten vorsieht, nicht dem typischen Willen der eine Garantie auf erstes Anfordern vereinbarenden Parteien. Sie ist somit ungeeignet, die im Rechtsverkehr typischerweise vorkommenden Garantien auf erstes Anfordern zu erklären. Die unter anderem von Kleiner und Mülbert vorgeschlagene Konstruktion der typischen Garantie auf erstes Anfordern als eines Garantievertrages, in dem als Garantiefall die vereinbarungskonforme Zahlungsaufforderung durch den Begünstigten dient, ist ebenfalls abzulehnen.
132 Vgl. von Caemmerer, Bankgarantien, S. 301, Auhagen, S. 48 und 51. Vgl. auch Graf von Westphalen, Neue, S. 295 f., der meint, zwischen der Theorie des Vertrages sui generis und des „abstrakten Schuldversprechens“ bestehe kein sachlicher Unterschied. 133 Schnauder, Grundfragen, S. 71 ff. 134 So im Ergebnis OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. 12. 1976, 5 U 167/76. 135 Auch wenn die Konstruktion der Forderungsgarantie, auf die das in Frage stehende Leistungsversprechen auf erstes Anfordern hier bezogen wäre, gar nicht so leicht ist. Vgl. dazu Kap. 3, Fn. 120.
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Zum einen ist diese Konstruktion extrem künstlich, und man kann kaum erwarten, dass eine so weit an den mit einem Garantievertrag im Zusammenhang stehenden Intuitionen vorbeigehende Konstruktion bei der Lösung juristischer Probleme wirklich helfen kann; es scheint, dass es in der Praxis keine Fälle gegeben hat, in denen die Lehre über den Garantievertrag zu einer Lösung von Problemen im Rahmen der typischen Garantie auf erstes Anfordern beigetragen hat. Zum anderen aber – und dies ist entscheidend – funktioniert die Konstruktion der garantiekonformen Zahlungsaufforderung als Garantiefall aus dogmatischer Sicht nicht. Diese Konstruktion bedeutet nämlich, dass der Garant im Rahmen einer typischen Garantie auf erstes Anfordern dem Begünstigten dafür einzustehen verspricht, dass der Garantiefall nicht eintreten wird, d.h. dass der Begünstigte eine garantiekonforme Zahlungsaufforderung nicht abgeben wird.136 Es steht aber von vornherein fest, dass der Eintritt des Garantiefalles für den Begünstigten keinerlei negative Folgen haben wird. Schadensersatz – auch ein in irgendeiner Weise pauschalierter – kann hier nicht in Frage kommen, denn es steht fest, dass durch den Eintritt des Garantiefalles kein Schaden entstehen kann. Es leuchtet doch ohne Weiteres ein, dass die Abgabe einer Zahlungsaufforderung durch den Begünstigten das Vermögen des Begünstigten in keiner Weise beeinträchtigen kann; ein Anspruch, den Begünstigten so zu stellen, wie wenn er die Erklärung nicht abgegeben hätte, läuft ins Leere – um ihn zu befriedigen, braucht der Garant aus der Garantie eben nicht zu zahlen.137 Es mag zwar sein, dass der Begünstigte auf Grund anderer Umstände einen Schaden erlitten hat und dass er deshalb den Garanten zur Zahlung aufgefordert hat; es sind dann aber diese Umstände, und nicht die Aufforderung, die einen Schaden verursacht haben. Die entscheidende Idee der hier diskutierten Konstruktion liegt aber darin, dass nicht diese Umstände, sondern die Zahlungsaufforderung zum Garantiefall erhoben wird – sonst hätte man es mit einem gewöhnlichen Garantievertrag und nicht mit einer Garantie auf erstes Anfordern zu tun. Da es im Ergebnis bei dieser Konstruktion in jedem Fall von vornherein feststeht, dass der Eintritt des Garantiefalles keinen Schaden herbeiführen kann, kann vernünftigerweise dem Begünstigten aus der Garantie auch kein Anspruch zustehen. Wie auch immer man den Begriff des „Einstehens“ auslegen möchte, von einem Einstehen für den Eintritt des Garantiefalles im Rahmen eines Garantievertrages kann nicht gesprochen werden, wenn in jedem Fall feststeht, dass dieser Eintritt keine negativen Folgen für den Begünstigten haben wird.138 Würde man den 136 Es mag schon fraglich sein, ob ein solches Versprechen überhaupt als Garantievertrag gelten kann, denn der Eintritt des Garantiefalles muss hier in jedem Fall vom Begünstigten selbst vorsätzlich herbeigeführt werden, was eine Haftung des Garanten zweifelhaft macht. Vgl. Kap. 3, Fn. 30 am Ende. 137 Eventuell könnte er die Aufforderung samt Unterlagen dem Begünstigten zurücksenden; damit wäre dieser zu 100% so gestellt, wie wenn er sie nicht abgegeben hätte. 138 Man könnte der Meinung sein, dass dann, wenn in einigen Fällen ein Schaden bestehen kann und in anderen nicht, die Zahlung eines „pauschalierten“ Betrages aus der Garantie noch als Einstehen betrachtet werden könnte. Hier aber gibt es keine Fälle, in denen ein Schaden vorkommen könnte.
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Begriff des „Einstehens“ im Rahmen der Definition des Garantievertrages so weit auslegen, dass auch die Zahlung aus einer Garantie auf erstes Anfordern von ihm gedecket wird, obwohl sie in keinem Fall einen Schaden oder Ausfall decken oder als „Ersatz“ betrachtet werden kann, so müsste man den Garantievertrag nicht nur als ein „Einstehen für irgendetwas“, sondern sogar als ein „Zahlen in irgendeinem Fall“ bezeichnen.139 Man müsste also den Garantievertrag als einen Vertrag verstehen, in dem der Garant dem Begünstigten verspricht, unter gewissen Bedingungen (Eintritt des Garantiefalles) ihm einen gewissen Betrag zu zahlen. Ein solcher Begriff wäre aber offensichtlich sinnlos. Somit ist festzustellen, dass die typische Garantie auf erstes Anfordern nicht in der Weise unter den Garantievertrag subsumiert werden kann, dass man die garantiekonforme Zahlungsaufforderung als Garantiefall ansieht, so wie Kleiner oder Mülbert das befürworten. Nun könnte man fragen, ob diese Garantie unter den Begriff des Garantievertrages nicht in anderer Weise subsumiert werden könnte. Auch auf diese Frage ist die Antwort aber negativ. Denn soll der Anspruch aus der Garantie auf erstes Anfordern als Anspruch aus einem Garantievertrag aufgefasst werden, so muss grundsätzlich der Garantiefall, wie das Kleiner und Mülbert annehmen, genau dann als eingetreten gelten, wenn eine garantiekonforme Zahlungsaufforderung vorliegt. Dies ist aber, wie gezeigt wurde, unmöglich. Zwar wäre es möglich, das Problem durch die Verwendung eines bedingten Garantievertrages zu lösen; man könnte demnach eine andere Definition des Garantiefalles wählen und den ganzen Garantievertrag sodann unter die Bedingung stellen, dass eine garantiekonforme Zahlungsaufforderung vorliegt. Damit die typische Garantie auf erstes Anfordern in dieser Weise konstruiert werden könnte, müsste der Anspruch aus dem Garantievertrag dem Begünstigten grundsätzlich dann zustehen, wenn eine garantiekonforme Zahlungsaufforderung vorliegt – um dies zu erreichen, müsste der Garantiefall so definiert werden, dass er grundsätzlich immer als eingetreten gelten würde. Im Ergebnis stünde dem Begünstigten ein Anspruch aus dem Garantievertrag zu, wenn der Garantiefall eingetreten wäre (was immer der Fall wäre) und wenn die formelle Bedingung erfüllt wäre. An diese Idee scheint Hein gedacht zu haben, als er vorgeschlagen hat, den Garantiefall „extrem weit“ zu definieren, so dass in der Praxis kein Rückforderungsanspruch für den Fall des Nichteintritts des Garantiefalles in Betracht kommt.140 Allerdings läuft diese Lösung tatsächlich darauf hinaus, dass die typische Garantie auf erstes Anfordern einfach ein bedingtes Zahlungsversprechen ist. Denn der durch einen „extrem weiten“, grundsätzlich immer als eingetreten geltenden Garantiefall definierte „Garantievertrag“ ist der Sache nach kein Garantievertrag, sondern ein einfaches Zahlungsversprechen. Denn als Garantievertrag verstanden würde er bedeuten, dass der Garant dem Begünstig139 Zum „Einstehen für irgendetwas“ siehe Kap. 3, Fn. 36. Gegen eine solche Ausdehnung des Garantiebegriffs im anderen Zusammenhang OLG Schleswig, Urteil vom 2. 3. 2011, 9 U 22/10. 140 Siehe den vorigen Kap. 3, E.
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ten garantiert, dass das, was sicher ist (Garantiefall), nicht passieren wird – und er dafür dadurch einzustehen verspricht, dass er einen gewissen Betrag an den Begünstigten zahlen wird. Selbst wenn man eine solche Verpflichtung nicht als wegen ursprünglicher Unmöglichkeit nichtig ansieht, so ist mit ihr tatsächlich nur eine Zahlungszusage und kein Garantievertrag gegeben. Im Ergebnis ist festzustellen, dass die typische Garantie auf erstes Anfordern mit dem Garantievertrag eigentlich nichts zu tun hat.141 Da die Einordung als „Vertrag sui generis“ aber wenig aufschlussreich ist, bleibt immer doch die Frage, wie sie dogmatisch aufzufassen ist. Auf der Rechtsfolgenebene ist die typische Garantie auf erstes Anfordern als bedingte Zahlungszusage zu verstehen, d.h. als das Versprechen, auf Aufforderung des Begünstigten Zahlung bis zum Höchstbetrag der Garantie zu leisten, wenn die Zahlungsaufforderung garantiekonform ist. Von den Parteien einer solchen Garantie sind keine weiteren Rechtsfolgen gewollt. Bemerkenswert ist, dass zum Beispiel im polnischen Recht seit dem Jahre 2004 die Bankgarantie in diesem Sinne, d.h. als reine Zahlungszusage ohne jegliche Verbindung zum Garantievertrag, definiert ist. Artikel 81 des polnischen Bankengesetzes lautet wie folgt: „Eine Bankgarantie ist eine einseitige Verpflichtung der garantierenden Bank, dass nach der Erfüllung bestimmter Zahlungsvoraussetzungen durch den Berechtigten (den Begünstigten aus der Garantie), die durch bestimmte, der formgerechten Zahlungsaufforderung des Begünstigten beigefügte Dokumente belegt werden können, die Bank an den Begünstigten aus der Garantie eine Geldleistung bewirken wird – direkt oder mittels einer anderen Bank.“142
die typische Garantie auf erstes Anfordern zwar nicht dogmatisch, aber doch genetisch etwas mit dem Garantievertrag zu tun hat, ist eine andere Sache. Dagegen spricht zwar die Tatsache, dass sie außer im germanischen Rechtskreis unter einen solchen Begriff wie der Garantievertrag nicht subsumiert wurde oder wird. Man könnte aber überlegen, ob jedenfalls im deutschen Rechtsraum die Kautelarjurisprudenz, als sie ein Instrument, das die gewollten Rechtsfolgen haben würde, suchte, nicht auf die Idee kam, dass ein Garantievertrag mit einer conclusive evidence clause sich dazu eignen würde (vgl. Arnold, S. 10, der allerdings unzutreffend die conclusive evidence clause mit einer Beweislastklausel identifiziert; eine Beweislastklausel hat in diesem Zusammenhang Bendix, S. 589 ff., schon im Jahre 1906 behandelt). Denn die typische Garantie auf erstes Anfordern kann in der Tat dadurch konstruiert werden, dass man einen Garantievertrag abschließt, in dem als Garantiefall der materielle Garantiefall fungiert, und zugleich vereinbart, dass über den Eintritt des Garantiefalles und über die Höhe des Schadens der Begünstigte einseitig und endgültig entscheidet (derart ausgestaltete typische Garantien kommen auch in Deutschland vor, vgl. beispielsweise OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 27. 4. 1987, 4 W 17/87). Selbstverständlich ist ein solcher Vertrag in Wirklichkeit kein Garantievertrag, es kann aber vielleicht sein, dass er – als die typische Garantie auf erstes Anfordern noch nicht allgemein bekannt war – wegen seiner Anknüpfung an ein anerkanntes Rechtsinstitut in der Praxis relativ leicht durchsetzbar war. 142 Das Bankengesetz vom 29. 8. 1997 (einheitliche Fassung im Gesetzesblatt 2015, Pos. 128). Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff des Garantievertrages in Polen durch141 Ob
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Die Rechtsfolgenebene alleine entscheidet über die Natur des Vertrages aber noch nicht. Denn dieselben Rechtsfolgen können sowohl im Rahmen einer Garantie auf erstes Anfordern, als auch beispielsweise im Rahmen einer Schenkung vereinbart werden. Der Unterschied liegt hier auf der Ebene der causa, d.h. des Zwecks, der durch die Erteilung der Zahlungszusage erreicht werden soll. Es ist nicht die Absicht des Verfassers, den Begriff der causa im Rahmen der vorliegenden Arbeit näher zu untersuchen; dafür wäre eine separate Untersuchung erforderlich. Jedenfalls wird in der vorliegenden Arbeit unter der causa der vom Zuwendenden dem Zuwendungsempfänger erklärte Zweck der Zuwendung verstanden. Causa und Zweck sind also dasselbe. Denn es ist gleichgültig, ob man sagt, dass die Zuwendung getätigt wurde, damit (Zweck) ein Erfolg eintritt, oder deshalb (causa), weil ein Erfolg gewollt ist.143 Der Zweck (also die causa) ist vom rechtsunerheblichen Motiv dadurch zu unterscheiden, dass der erste dem Leistungsempfänger erklärt und damit zum Rechtsgeschäftsinhalt gemacht werden muss.144 Es lässt sich somit nach Kegel formulieren: Motiv ist ein gewünschter Tatumstand, der nicht erklärt ist, und causa ein solcher, der erklärt ist.145
Rechtsgrund ist demnach die Zweckerreichung, d.h. die Erreichung der causa. Diese Auffassung ist grundsätzlich mit der subjektiven Rechtsgrundtheorie idenaus bekannt ist und grundsätzlich dem deutschen entspricht, vgl. Tracz, Umowa, S. 69 ff., und Rudnicki, S. 1 ff. 143 Kegel, S. 59 f., Fn. 10. So auch Krohne, S. 11: „Die mit der Zuwendung verfolgte Absicht, die auf Erreichung eines mittelbaren Rechtserfolges gerichtet ist, nennt man ihre ‚causa‘“, Ehmann, Zur Causa-Lehre, S. 702: „Der Grund rechtsgeschäftlichen Handelns ist also causa finalis, nicht causa efficiens, ist also der Zweck“. Wohl auch Koziol, Der Garantievertrag, S. 24, unter Berufung auf H. P. Westermann, der „die causa mit dem Zweck gleich[setzt]“. Vgl. auch Reuter/Martinek, S. 88 f.: „causa ist weniger Grund als vielmehr Absicht“. 144 Kegel, S. 59, Schnauder, Grundfragen, S. 35, Schnauder, Leistung, S. 145 f., Weitnauer, Betrachtungen, S. 397. Dem Grunde nach so auch Flume, Allgemeiner, S. 158: „Das Motiv ist eine ‚entfernte‘ causa, indem es nicht zum Rechtsgeschäft selbst gehört“; diese Formulierung steht übrigens mit der Terminologie Flumes, der als causa ein Rechtsgeschäft oder das Gesetz sieht, nicht völlig im Einklang. 145 Kegel, S. 60 f., Fn. 18: „Motiv ist ein gewünschter Tatumstand, der nicht vereinbart ist, und causa ein solcher, der vereinbart ist“. Anders Jahr, Romanistische, S. 16, der vom „bloßen, freilich bereicherungsrechtlich relevanten“ Motiv spricht und die causa als ein kausal vereinbartes Motiv versteht. Im anderen Sinne spricht von Motiv auch Carl, S. 7, wenn er sagt „Das Motiv ist Ursache, der Zweck Inhalt des Willens. Beide stehen im Verhältnis von Ursache und Wirkung“ (so auch Carl, S. 15 f.); im Ergebnis aber ist sein Begriff der causa dem hier befürworteten ähnlich: „Von der Rechtsordnung wird also nur der Zweck berücksichtigt, den die Parteien durch eine Zweckvereinbarung oder durch den Abschluß eines Vertrages mit entsprechendem typischen Vertragszweck zum Geschäftszweck des Zuwendungsgeschäfts erhoben haben. Dieser über die Bereicherung des Empfängers hinausgehende Geschäftszweck der Zuwendung wird als die „causa“ des Zuwendungsgeschäfts bezeichnet“ (Carl, S. 14), vgl. auch Carl, S. 17 f.
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tisch.146 Unterschiede scheinen eher Folge einer unscharfen Terminologie als ernster Meinungsverschiedenheiten zu sein.147 Nun kann die bedingte Zahlungszusage eine Schenkung darstellen, wenn sie causa donandi erteilt wird und dieser Zweck vom anderen Teil akzeptiert wird (§ 516 Abs. 1 BGB). Sie kann aber auch zu dem Zweck erteilt werden, den anderen Teil zu einem nicht erzwingbaren Verhalten zu bewegen (causa ob rem).148 Sie kann auch causa solvendi erteilt werden, wenn der Versprechende damit seine Verpflichtung gegenüber dem anderen Teil erfüllen will,149 oder causa obligandi, wenn er vereinbarungsgemäß durch ihre Erteilung sich einen Vorteil, wie zum Beispiel die Auszahlung eines Einbehalts, vom anderen Teil sichern will. Zu betonen ist, dass die Zusage unter Umständen auch als abstraktes Schuldversprechen nach § 780 BGB geleistet werden kann, dass dies aber in keinem Fall bedeutet, dass eine causa nicht vorhanden ist; nur wird in solchen Fällen die Wirksamkeit der Zusage von der Erreichung der causa abgekoppelt. Was ist aber die causa der Erteilung der bedingten Zahlungszusage im Fall einer typischen Garantie auf erstes Anfordern? Es könnte gemeint sein, hier komme der Sicherungszweck (die causa cavendi oder causa praestandi) in Betracht.150 Dies ist aber entschieden abzulehnen, und zwar schon deshalb, weil der Sicherungszweck Gegen diese Auffassung siehe zum Beispiel Hadding, Schuldverhältnis, S. 298 ff. Schnauder und Ehmann unter Rechtsgrund die Zweckvereinbarung und Zweckerreichung verstehen wollen (Schnauder, Der kausale, S. 1082, vgl. auch S. 1086, Ehmann, Zur Causa-Lehre, S. 702 und 709), so ist – auch wenn man die Zweckvereinbarung als notwendige Voraussetzung der Zweckerreichung ansieht – die Zweckvereinbarung hier entbehrlich. Wenn dagegen Reuter/Martinek, S. 110, meinen, causa und Rechtsgrund seien der Zweck der Zuwendung, im nächsten Satz aber erklären, dass ein Rechtsgrund dann besteht, wenn der Zweck (die causa) erreicht wird, so bedienen sie sich eines widersprüchlichen Rechtsgrundbegriffs. Denn ist der Rechtsgrund der Zuwendungszweck, so kann er nicht zugleich die Zweckerreichung sein; sonst müsste man feststellen, dass der Rechtsgrund dann besteht, wenn er (der Rechtsgrund) erreicht wird. In der Tat liegt auch hier kein sachlicher Unterschied vor: der Begriff des Rechtsgrundes wird einfach zweideutig verwendet – einerseits als potenzieller Rechtsgrund (Zweck), andererseits als bestehender Rechtsgrund (Zweckerreichung). Wie hier auch Carl, S. 18 („Ein Rechtsgrund im Sinne des Behaltendürfens ist also immer dann vorhanden, wenn der Geschäftszweck erreicht ist.“), obwohl er eine Zweckvereinbarung voraussetzt (Carl, S. 13 und 19). 148 Zum Beispiel zur Unterlassung einer Strafanzeige, wie in den Fällen BGH, Urteil vom 16. 2. 1984, IX ZR 45/83, (Erteilung einer Bürgschaft) und RG, Urteil vom 28. 9. 1917, III 150/17 (Erteilung einer Bürgschaft bzw. eines Garantievertrages), oder der Einleitung eines Dienststrafverfahrens, wie in dem Fall RG, Urteil vom 7. 11. 1927, IV 303/27 (Erteilung einer Bürgschaft). 149 Gegen die causa solvendi als Zweck wendet sich Carl, S. 26 f., der auf dem Boden der Theorie der realen Leistungsbewirkung steht. 150 Die causa praestandi wird beispielsweise von Hadding, Schuldverhältnis, S. 298, Fn. 8, erwähnt, von der causa cavendi spricht Mastropaolo, S. 1999 (für das italienische Recht). Huber, S. 91, versucht dagegen, den „Sicherungszweck“ zur causa solvendi zu reduzieren, indem er meint, der Ausdruck lasse sich als eine Abkürzung des Ausdrucks „Zweck, 146
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überhaupt nicht als causa gelten kann.151 Aber selbst wenn man anderer Auffassung ist, müsste man feststellen, dass der Garant sich gegenüber dem Begünstigten nicht deshalb verpflichtet, weil er eine Forderung sichern will, sondern deshalb, weil er den Auftrag seines Auftraggebers (typischerweise des Schuldners) erfüllen will. Er verfolgt also einen Zweck nicht im Verhältnis zum Begünstigten, sondern im Verhältnis zu seinem Auftraggeber (causa solvendi).152 Im Ergebnis ist festzustellen, dass der Garant die typische Garantie auf erstes Anfordern im Verhältnis zum Begünstigten ohne causa erteilt, denn er verfolgt mit ihrer Erteilung einen Zweck im Verhältnis zu anderen Personen. Somit ist die Garantie in diesem Verhältnis eine, wie das Schnauder nennt, „reine zweckneutrale Zuwendung“.153 Dies erklärt, warum die Zusage unter keinen Umständen durch die Sicherungsvereinbarung zu erfüllen“ verstehen; damit wird aber das Problem nicht gelöst, sondern nur verschoben. 151 Wie hier Larenz/Canaris, S. 3 f., wonach der Sicherungszweck bei der Bürgschaft nur „vertragscharakteristischer Geschäftszweck“ sei; die causa trage dagegen die Bürgschaft keineswegs in sich, sie ergebe sich vielmehr aus einer Sicherungsabrede; ausdrücklich so auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1125. In diesem Sinne wohl auch Koziol, Der Garantievertrag, S. 30, der feststellt, dass – „wenn überhaupt“ – ein Sicherungszweck nur dann als causa in Betracht kommt, wenn das Geschäft ein akzessorisches Hilfsgeschäft ist. Generell gegen eine Sicherungscausa Zeiss, Der rechtliche, S. 67 („Ist Sicherheit geleistet, so wird die Frage akut, warum. Die Antwort darauf kann nicht lauten, um der Sicherheit willen. Das wäre ebenso unbefriedigend, wie wenn auf die Frage, warum jemand übereignet, geantwortet wird, um zu übereignen.“ – kritisch dazu Carl, S. 47 f.) und 70 f. A.A. neben der Kress-Schule (beispielsweise Weitnauer, Die Leistung, S. 271, Weitnauer, Betrachtungen, S. 400 f. und passim, sowie Ehmann, Zur Causa-Lehre, S. 706 und 710, der ausdrücklich den Sicherungszweck als „hinreichenden Zweck“ bezeichnet) auch Kegel, S. 62, wohl auch Carl, S. 61 („Man geht deshalb fehl, wenn man auf Grund einer isolierten Betrachtung des Sicherungszwecks ihm die Fähigkeit abspricht, den Zuwendungsakt wirtschaftlich zu erläutern“), unklar Esser, S. 21, der den Begriff des Zwecks im allgemeineren Sinne verwendet (vgl. S. 17); Esser/Schmidt, S. 94 ff., erwähnen die Sicherungscausa gar nicht, sprechen aber von einer Treuhand-causa. A.A. auch Krawielicki, S. 169 ff., der meint, ein Anspruch stelle immer einen Rechtsgrund zum Behaltendürfen einer Sicherheitsleistung dar, so dass im Ergebnis die Sicherung eines bestehenden Anspruchs eine ausreichende causa sei; entgegen Krawielicki, S. 169, Fn. 571, ist aber sehr fraglich, ob von Tuhr, S. 80 und 174, diesen Standpunkt teilt; vgl. vor allem von Tuhr, S. 179 (und auch S. 80), wo faktisch davon ausgegangen wird, dass eine Sicherheitsleistung zugleich zwei causae haben muss (dies folgt aus der Feststellung von Tuhrs, dass die Sicherheitsleistung eines Schuldners ausschließlich zu dem Zweck, seinen Gläubiger im Falle der Insolvenz vor einem Vermögensverlust zu bewahren, eine unentgeltliche Zuwendung sei), so dass der gesicherte Anspruch im Ergebnis sich doch nicht als ausreichende causa erweist. 152 Sonst müsste man übrigens feststellen, dass, wenn die zu sichernde Forderung nicht besteht, der Sicherungszweck fehlschlägt, und somit die Garantie entweder unwirksam ist (bei kausaler Ausgestaltung) oder jedenfalls kondiziert werden kann (bei abstrakter Ausgestaltung). 153 So zutreffend Schnauder, Grundfragen, S. 71 ff., und dem Sinne nach Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1125 („in der Terminologie der h.L. gesprochen folgt daraus, daß die Übernahme der Garantie gegenüber dem Begünstigten nicht „zweckgerichtet“ […] und
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
den Garanten vom Begünstigten kondiziert werden kann – eine Kondiktion setzt voraus, dass überhaupt ein Leistungsverhältnis vorliegt, dies ist aber hier nicht der Fall.154 Fraglich ist nun, ob eine bedingte Zahlungszusage, die gegenüber dem anderen Teil ohne causa erteilt wird, in jedem Fall als typische Garantie auf erstes Anfordern klassifiziert werden kann. Wäre dies der Fall, so wäre die typische Garantie auf erstes Anfordern in der Tat mit dem Dokumentenakkreditiv identisch.155 Denn auch beim Dokumentenakkreditiv erteilt die Bank dem Akkreditierten eine reine, bedingte Zahlungszusage. Zahlt die Bank formell zu Recht aus dem Akkreditiv aus, so steht auch ihr kein Rückforderungsanspruch zu. Der Inhalt beider Rechtsgeschäfte, des Dokumentenakkreditivs und der typischen Garantie auf erstes Anfordern, ist somit derselbe, und auch das Fehlen einer causa im Verhältnis des Versprechenden zum anderen Teil ist ihnen gemeinsam.156 Dies wird auch dadurch bestätigt, dass in den USA und teilweise auch in anderen Rechtsordnungen sich das Standby Letter of Credit entwickelt hat, dass genau die Funktion der typischen Garantie auf erstes Anfordern erfüllt, aber als Dokumentenakkreditiv gilt.157 Trotzdem besteht, dieser im Schrifttum weit verbreiteten Auffassung ist zuzustimmen, zwischen der typischen Garantie auf erstes Anfordern (und dem Standby Letter of Credit) und dem klassischen Dokumentenakkreditiv ein wesentlicher Unkeine Leistung an ihn im Sinne der Lehre von der Leistungskondiktion, sondern an den Auftraggeber darstellt“). Ausdrücklich dagegen B. Schröder, S. 57. 154 So auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1142. Im Zusammenhang mit dieser fehlenden Kondizierbarkeit wird häufig davon gesprochen, die Garantie sei „in höherem Maße“, in „noch höherem Grade“, „hochgradig“, „endgültig“, „delegations-“ oder „order-“ abstrakt (siehe Schnauder, Einreden, S. 1050, Fn. 43, m.w.N.) bzw. „anders abstrakt“, „in jeder Beziehung Abstrakt“, „materiell abstrakt“ (siehe Schnauder, Grundfragen, S. 72 f.). Die dagegen gerichtete Kritik Schnauders ist zutreffend, denn von Abstraktheit kann man nur im Zusammenhang mit einer causa sprechen, sonst ist der Begriff gegenstandslos. Gruel, S. 94, meint, dass dann, wenn der Schuldner eine Kondiktion gegen den Begünstigten auf Rückgabe der Garantie hat, diese dem Garanten abgetreten werden kann und der Garant sich dann erfolgreich gegen eine Inanspruchnahme wehren kann; diese Auffassung ist aber – jedenfalls für Fälle, in denen kein Missbrauch vorliegt – vereinzelt und abzulehnen; sie würde übrigens die Garantie auf erstes Anfordern unbrauchbar machen. 155 Vgl. dazu Kap. 3, Fn. 128 und 129. 156 Es wird zwar gelegentlich die Meinung vertreten, ein Unterschied liege in der Art der bei Inanspruchnahme vorzulegenden Dokumente (vgl. Nielsen, Rechtsmißbrauch, S. 256, Kleiner, Die Garantie, S. 120, und Arnold, S. 43, sowie OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18. 3. 1997, 5 U 229/95). Dem kann aber nicht gefolgt werden, denn es ist zwar in der Regel, nicht aber generell richtig; deshalb bietet es kein geeignetes Kriterium für eine Unterscheidung beider Rechtsinstitute. 157 Zur deutschen Rechtsprechung siehe beispielsweise BGH, Urteil vom 26. 4. 1994, XI ZR 114/93, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18. 3. 1997, 5 U 229/95. Im Schrifttum siehe dazu Aden, Der Arrest in den Auszahlungsanspruch des Garantiebegünstigten, S. 439 f., Eberl, S. 35 f., von Caemmerer, Bankgarantien, S. 303, Auhagen, S. 17, Graf von Bernstorff, Rechtsprobleme, S. 260, Arnold, S. 46 f.
F. Die rechtliche Einordnung der typischen Garantie auf erstes Anfordern
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terschied, denn die Garantie hat Sicherungsfunktion, während das Akkreditiv Zahlungsfunktion hat.158 Will ein Schuldner seinem Gläubiger eine Zahlungszusage einer Bank sicherungshalber zuwenden, so wird die im Auftrag des Schuldners von der Bank gestellte Zusage als typische Garantie auf erstes Anfordern oder Standby Letter of Credit bezeichnet. Will er dem Gläubiger eine Zahlungszusage einer Bank erfüllungshalber zuwenden, so wird sie Dokumentenakkreditiv genannt. Betrachtet man dies genauer, so erweist es sich, dass der „Wille“ des Schuldners auch eine rechtliche Form hat, die allerdings nicht Inhalt der Zahlungszusage selbst wird.159 Erteilt die beauftragte Bank eine der oben genannten Zahlungszusagen, so liegt darin eine Zuwendung der Bank an den Begünstigten. Wie bereits erörtert, stellt diese Zuwendung keine Leistung an den Begünstigten dar, weil die Bank keinen Zweck gegenüber dem Begünstigten verfolgt. Sie stellt aber eine Leistung der Bank an den Auftraggeber, also typischerweise an den Schuldner, dar, denn dieser wird von der Bank ermächtigt, dieser Zusage einen Zweck zu setzen. Dies wird häufig bereits dadurch ersichtlich, dass die Bank die Urkunde dem Schuldner zur Verwendung übersendet. Der Schuldner übersendet dann die Urkunde weiter an den Gläubiger und setzt zugleich den Zweck der Zuwendung. Dadurch leistet der Schuldner an den Gläubiger. Der Unterschied zwischen einer typischen Garantie auf erstes Anfordern (Standby Letter of Credit) und einem Dokumentenakkreditiv liegt darin, dass bei der typischen Garantie diese Leistung des Schuldners an den Gläubiger sicherungshalber erfolgt. Übergibt der Schuldner dem Gläubiger die Zahlungszusage der Bank als Sicherheit, so handelt es sich um eine typische Garantie auf erstes Anfordern. Übergibt er dieselbe Zahlungszusage erfüllungshalber, so liegt ein Dokumentenakkreditiv vor. Zusammenfassend ist also zu sagen, dass eine typische Garantie auf erstes Anfordern eine bedingte, von formellen Voraussetzungen abhängige und im Verhält158 Graf von Westphalen, Neue, S. 295, Zahn, Anmerkungen, S. 154 f., Zahn/Ehrlich/ Haas, S. 400 f. und 433 f., Eberl, S. 34 f., Bark, Bestätigung, S. 656 f., Arnold, S. 43 (deshalb ist, wie Arnold zutreffend bemerkt, die Zahlung beim Akkreditiv anders als bei Garantie der vertraglich vorgesehene Regelfall – darauf weisen auch Dohm, S. 31, und Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 18, hin), MüKo/Habersack6, vor § 765, Rn. 27, Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 3. 159 Die Auffassung, die Sicherungsfunktion komme darin zur Geltung, dass der Garant nicht Zahlung schlechthin, sondern bloß Zahlung für den Garantiefall verspricht (so Eberl, S. 34 f.; ähnlich Panagiotopoulos, S. 23), geht an der Sache völlig vorbei. Denn schon abgesehen davon, dass, wenn der Garantiefall als Abgabe einer garantiekonformen Zahlungsaufforderung definiert wäre, hierin kein Unterschied zum Akkreditiv vorliegen würde (denn auch die Akkreditivbank verspricht nicht Zahlung schlechthin, sondern bloß Zahlung für den Fall, dass die vereinbarten Dokumente vorgelegt werden), hat eine Zahlungszusage nicht schon deshalb eine Sicherungsfunktion, weil sie in irgendeiner Weise bedingt ist. Selbst eine Bürgschaft kann unter Umständen causa donandi und nicht zum Zwecke der Sicherung erteilt werden (zum Beispiel wenn jemand schenkungsweise eine Bürgschaft für einen insolventen Hauptschuldner übernimmt).
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
nis zum Begünstigten zweckfreie Zahlungszusage eines Garanten an den Begünstigten ist, die von einem Dritten als Sicherheit gestellt wird.160 Zu betonen ist, dass die in diesem Kapitel vorgeschlagene Definition der typischen Garantie auf erstes Anfordern an sich noch nichts darüber besagt, ob ein bestimmter Vertrag eine typische Garantie auf erstes Anfordern oder aber eine Bürgschaft oder atypische Garantie auf erstes Anfordern, oder vielleicht ein noch anderes Rechtsinstitut darstellt. In der Tat kann es unter Umständen problematisch sein, unter welchem Begriff eine gewisse Erklärung einzuordnen ist. Bei der zu Beginn von Kap. 3, C. präsentierten Lieferungsgarantie für Parfüm sowie bei den meisten anderen als „Garantien auf erstes Anfordern“ bezeichneten Erklärungen geht es jedoch tatsächlich um typische Garantien auf erstes Anfordern. So werden solche Garantien auch außerhalb des deutschen Rechtskreises verstanden. Die dogmatische Einordnung der typischen Garantie auf erstes Anfordern ist von außerordentlicher Bedeutung, weil sie entscheidenden Einfluss sowohl auf die Rückabwicklung nach erfolgter Zahlung durch den Garanten hat, als auch auf Ansprüche, die dem „Hauptschuldner“ gegen den Begünstigten zustehen können, oder Einwendungen, die dem Garanten gegen den Begünstigten zustehen können. Vor allem steht bei einer typischen Garantie auf erstes Anfordern (übrigens genauso wie auch beim Akkreditiv) dem Garanten grundsätzlich kein Rückforderungsanspruch gegen den Begünstigten zu.161 Dies ist aber – entgegen einer weit 160 In dieser Definition wird ein wichtiger Punkt offen gelassen, nämlich die Frage, inwiefern der Schuldner frei darüber entscheiden kann, zu welchem Zweck die Zahlungszusage dem Gläubiger übergeben wird. Nach einer Auffassung – die wohl diejenigen, die, wie Aden, die volle Identität der typischen Garantie auf erstes Anfordern und des Dokumentenakkreditivs vertreten würden – ist der Schuldner auf Grund der Ermächtigung des Garanten in dieser Entscheidung frei. Dies würde bedeuten, dass der Schuldner eine in seinem Auftrag erteilte Garantie auf erstes Anfordern auch erfüllungshalber dem Gläubiger zuwenden und sie somit im Ergebnis zum Akkreditiv machen könnte, und umgekehrt, ein in seinem Auftrag erteiltes Akkreditiv sicherungshalber übergeben und es somit zur typischen Garantie auf erstes Anfordern machen könnte. Man könnte aber auch einer anderen Auffassung sein und meinen, dass die Bezeichnung und Präambel einer Garantie oder Zusage insofern rechtliche Bedeutung haben, als sie den Umfang der dem Schuldner erteilten Ermächtigung zur Zwecksetzung definieren (zur Rolle der Präambel vgl. Graf von Westphalen/ZöchlingJud, S. 24 ff.). Eine über diesen Umfang hinaus gehende Zwecksetzung wäre somit unwirksam. Dies könnte sowohl für den Fall gelten, in dem eine vom Garanten als Garantie erteilte Zusage als Akkreditiv verwendet wird (und umgekehrt), als auch für den Fall, in dem der Garant in der Garantie, wie üblich, den Zusammenhang ihrer Erteilung beschreibt, der Schuldner sie aber zwar sicherungshalber, aber in einem anderen Zusammenhang seinem Gläubiger übergibt. Da die vorliegende Arbeit dem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern und nicht der Garantie gewidmet ist, wird diese Frage (und auch die Frage nach den potenziellen Folgen der Unwirksamkeit der Zwecksetzung durch den Schuldner) hier offen gelassen. 161 So zutreffend die grundlegende Entscheidung BGH, Urteil vom 10. 11. 1998, XI ZR 370/97. A.A. noch die Vorinstanz: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 24. 11. 1997, 18 U 75/96. Siehe dazu die Erörterungen in Kap. 3, D., I.
G. Umdeutung einer für sich selbst erteilten Bürgschaft auf erstes Anfordern
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verbreiteten These – nicht der einzige Unterschied.162 So kann es beispielsweise bei einer atypischen Garantie auf erstes Anfordern vorkommen, dass das Versprechen auf erstes Anfordern (der formelle Anspruch) unwirksam, die Garantie (der materielle Anspruch) aber wirksam ist.163 Dies wäre bei einer typischen Garantie auf erstes Anfordern unmöglich, weil es bei einer solchen Garantie nur einen einzigen Anspruch, den man wohl als „formellen“ bezeichnen kann, gibt. Deshalb war es in einem vom OLG Frankfurt am Main behandelten Fall ausgeschlossen, einen Anspruch des Hauptschuldners gegen den Begünstigten anzuerkennen oder durch einstweilige Verfügung zu sichern, mit der dieser es dem Begünstigten auferlegen wollte, die typische Garantie auf erstes Anfordern nicht auf erstes Anfordern, sondern nur als selbständige Garantie unter Nachweis des materiellen Garantiefalles geltend zu machen.164 Denn einen Anspruch aus einem selbständigen Garantievertrag kann es bei typischer Garantie auf erstes Anfordern gar nicht geben.165 Die Lage entspricht hier der Lage beim Dokumentenakkreditiv: auch der Käufer kann vom akkreditierten Verkäufer nicht verlangen, dass dieser gegen die Akkreditivbank statt des Anspruchs aus dem Akkreditiv einen Anspruch aus dem Kaufvertrag geltend macht, und zwar schon deshalb nicht, weil dem Verkäufer gegen die Bank kein solcher Anspruch zustehen kann.
G. Umdeutung einer für sich selbst erteilten Bürgschaft auf erstes Anfordern – Diskussion Zum Abschluss des der Garantie gewidmeten Kapitels 3 soll noch einmal zum Problem der für sich selbst erteilten Bürgschaft auf erstes Anfordern zurückgekehrt werden. Wie bereits erwähnt, hat das OLG Celle eine solche Bürgschaft in ein Garantieversprechen umgedeutet, während das OLG Düsseldorf sie als insgesamt unwirksam betrachtet und keine Umdeutung vorgenommen hat.166 Bei der Analyse der Entscheidung des OLG Celle stellt sich vor allem die Frage, in was für ein Garantieversprechen das Gericht die Bürgschaft auf erstes Anfordern umdeuten wollte. Die Tatsache, dass der Klage im Urkundenprozess stattgegeben wurde, zeigt, dass damit zweifellos eine Garantie auf erstes Anfordern gemeint war. Denn sonst hätte der Kläger den Garantiefall und den Schaden beweisen müssen, was im Urkundenprozess kaum möglich gewesen wäre. Dabei hat das 162 Siehe
dazu Kap. 6, C., III.,1., b) und Kap. 6, Fn. 117. lagen die Dinge beispielsweise beim BGH, Urteil vom 10. 9. 2002, XI ZR 305/01; zu diesem Urteil siehe Kap. 3, B. 164 OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23. 4. 2004, 21 W 46/03. 165 So zutreffend Scholz/Lwowski, Rn. 398 (für die Garantie liege im Gegenteil zur Bürgschaft auf erstes Anfordern „keine abspaltbare, der Teilnichtigkeit unterfallende Anforderungsklausel“ vor). 166 Siehe Kap. 1, D. 163 So
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
Gericht ersichtlich keinen Unterschied zwischen der atypischen und der typischen Garantie auf erstes Anfordern gesehen; allerdings hat es in den Gründen auf Aussagen des BGH zur Bürgschaft auf erstes Anfordern und eben nicht zur (typischen) Garantie auf erstes Anfordern verwiesen.167 Im Einklang mit diesen Aussagen hat es angenommen, dass der Garant Einwendungen und Einreden (erst) im Rückforderungsprozess geltend machen kann, was schließlich bei einer typischen Garantie auf erstes Anfordern überhaupt nicht möglich wäre.168 Deshalb liegt der Schluss nahe, dass das Gericht den Abschluss eines selbständigen Garantievertrages zwischen dem Auftragnehmer und dem Auftraggeber angenommen hat, in dem sich der Auftragnehmer als Garant zusätzlich zur Zahlung auf erstes Anfordern verpflichtet hatte. Damit läge hier eine atypische Garantie auf erstes Anfordern vor. Diese Auslegung der Ausführungen des Gerichts wird auch durch dessen Erörterungen zum eigenen Interesse des Auftragnehmers an der Leistung bestätigt. Denn das eigene Interesse hat als Abgrenzungsmerkmal bei der typischen Garantie auf erstes Anfordern keine Bedeutung,169 während es jedenfalls von der Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen selbständigem Garantievertrag und (gewöhnlicher) Bürgschaft eingesetzt wird.170 167 Vor allem BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00, aber auch BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95, wo zwar offen gelassen wird, ob eine Bürgschaft oder eine Garantie auf erstes Anfordern vorliegt, den Ausführungen des BGH aber die den Revisionsklägern günstige Annahme des Berufungsgerichts zu Grunde gelegt wird, dass es sich um eine Bürgschaft auf erstes Anfordern handelt. 168 Siehe dazu die Kap. 3, D., I. und 3, F. 169 So jedenfalls für das Avalgeschäft der Banken Hadding/Häuser/Welter, S. 702, Kleiner, Die Garantie, S. 59 ff., Oettmeier, S. 30, ähnlich Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1106 (das Kriterium habe nur außerhalb des Handelsrechts eine sinnvolle Funktion) und Rn. 1124, sowie Zahn/Ehrlich/Haas, S. 398 f. (das Kriterium sei für den Gebiet des Außenhandels oft ungeeignet); differenzierter Eleftheriadis, S. 27. Vgl. aber auch Henssler, S. 371, der bei im Rahmen eines Avalkredits übernommenen Bürgschaften von Eigeninteresse spricht. 170 Zum Eigeninteresse als Abgrenzungsmerkmal siehe RG, Urteil vom 23. 11. 1906, II 200/06 (für Schuldmitübernahme), RG, Urteil vom 3. 5. 1909, VI 250/08 (für Schuldmitübernahme), RG, Urteil vom 28. 9. 1917, III 150/17, RG, Urteil vom 25. 2. 1932, VI 503/31, RG, Urteil vom 24. 10. 1932, VIII 310/32, Kantonsgericht von Graubünden, Entscheidung vom 22. 6. 1951, BGH, Urteil vom 14. 4. 1956, IV ZR 9/56, BGH, Urteil vom 28. 10. 1954, IV ZR 122/54, BGH, Urteil vom 23. 5. 1960, VII ZR 41/59 (für den Kreditauftrag), BGH, Urteil vom 22. 2. 1962, VII ZR 262/60, BGH, Urteil vom 15. 11. 1963, Ib ZR 206/62, BGH, Urteil vom 8. 3. 1967, VIII ZR 285/64 (Ausführungen der Vorinstanz), OLG Hamm, Urteil vom 19. 6. 1970, 4 U 268/69 (für Schuldmitübernahme), OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22. 10. 1974, 5 U 6/74, OLG Stuttgart, Urteil vom 8. 9. 1976, 13 U 60/76, BGH, Urteil vom 19. 1. 1977, VIII ZR 319/75, BGH, Urteil vom 12. 2. 1981, IVa ZR 103/80, BGH, Urteil vom 30. 3. 1982, III ZR 144/81, BGH, Beschluss vom 14. 10. 1982, III ZR 14/82, BGH, Urteil vom 14. 12. 2000, IX ZR 300/98; in diesem Sinne auch Bülow4, S. 388 (vorsichtiger Bülow8, S. 572: kein notwendiges Auslegungskriterium), RGRK/Mormann, vor § 765, Rn. 5, einschränkend Henssler, S. 371; a.A. OLG Hamburg, Urteil vom 12. 1. 1934, Bf IV 609/33, Berensmann, S. 141, wohl auch Hadding/Häuser/Welter, S. 702; das OLG Celle hat sich insoweit auf BGH, Urteil vom 30. 3. 1982, III ZR 144/81, berufen. Zu bemerken ist, dass in
G. Umdeutung einer für sich selbst erteilten Bürgschaft auf erstes Anfordern
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Den Weg des OLG Celle ist das OLG Düsseldorf nicht gegangen. Es hat zutreffend die Frage aufgeworfen, worin sich die Verpflichtungen des Beklagten im Rahmen des angeblichen Garantievertrages von denen im Rahmen des Bauvertrages unterscheiden sollen. Es hat festgestellt, dass jedenfalls bei einer Garantie für die eigene Zahlung ein solcher Unterschied nicht zu erkennen ist. Denn auch wenn man nach der Rechtsprechung des RG und des BGH für die eigene Leistung garantieren kann,171 ist das Garantieren für die eigene Zahlung kaum vorstellbar.172 Diesen Ausführungen ist grundsätzlich zuzustimmen. Das Gericht hat im Übrigen auch auf die frühere Entscheidung des OLG Celle Bezug genommen und angemerkt, dort könnten die Sachen anders gelegen haben, weil eine Vertragserfüllungsbürgschaft eher in einen selbständigen Garantievertrag umgedeutet werden kann als eine Zahlungsbürgschaft. Dies mag zwar im Grundsatz zutreffen,173 ändert aber nichts daran, dass der Entscheidung des OLG Celle nicht zu entnehmen ist, was für einen Erfolg der Auftragnehmer in dem angeblichen selbständigen Garantievertrag dem Auftraggeber garantiert haben soll; dabei ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung dieser Erfolg über die bloße Vertragsmäßigkeit der Leistung hinausgehen muss.174 In der Tat scheint das Gericht bei dieser Entscheidung angenommen zu haben, dass die Verpflichtung des Auftragnehmers aus der Garantie auf erstes Anfordern sich von seiner Verpflichtung aus dem Bauvertrag nur dadurch unterscheiden soll, dass Zahlung auf erstes Anfordern versprochen wurde, dass aber ansonsten keine weiteren Leistungspflichten von dem Auftragnehmer damit übernommen wurden. Dann aber bleibt für einen Garantievertrag – und infolgedessen auch für eine atypische Garantie auf erstes Anfordern – kein Raum. Deshalb ist es in beiden Fällen die bessere Lösung, ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern anzunehmen, dass auf die vermeintliche Hauptschuld Bezug Bezug auf den Garantievertrag das Kriterium des Eigeninteresses seinen Ursprung in der Stammlerschen Definition des Garantievertrages hat, wonach es Tatbestandsmerkmal sei, dass „der Versprechende so verspricht, um seinen Kontrahenten zu einer bestimmten Handlungsweise – an welcher er, der Garantirende, irgendwie faktisch interessiert ist, – durch unentgeltliche Übernahme des mit derselben verknüpften Risikos zu bewegen“ – Stammler, S. 44. Die Definition wird nicht mehr anerkannt, das sich aus ihr ergebende Kriterium funktioniert aber trotzdem zumindest als „Indiz“ weiter. 171 So ausdrücklich RG, Urteil vom 4. 11. 1938, VII 83/38, sowie die Nachweise in Kap. 3, Fn. 35. 172 A.A. wohl Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1118, der im Zusammhang mit Rückgarantien auf erstes Anfordern ausdrücklich vom Garantieren der eigenen Zahlung spricht. 173 Was übrigens mit der weiteren Erwägung des Gerichts, dass nämlich die akzessorische Bürgschaft kaum in eine nichtakzessorische Garantie umgedeutet werden könne, wohl nicht vereinbar ist (das OLG Düsseldorf verwendet hier den Begriff „selbständig“, meint aber damit wohl eben „nichtakzessorisch“; denn nach der deutschen Rechtsprechung ist auch die Bürgenschuld selbständig: BGH, Urteil vom 16. 2. 1984, IX ZR 45/83, BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00, OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. 12. 2001, 11 W 81/01, OLG Celle, Beschluss vom 30. 4. 2002, 6 W 56/02). 174 Nachweise in Kap. 3, Fn. 35.
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Kap. 3: Die Garantie auf erstes Anfordern
nimmt und diese sichert. Dies entspricht zwar nicht in der Begründung, jedoch im Ergebnis der Entscheidung des OLG Celle.175 Dieses Ergebnis ist auch interessengerecht. Zwar hat der Gläubiger dadurch, dass er eine vom Hauptschuldner selbst erteilte Bürgschaft akzeptiert hat, die Sicherung vor der Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners verloren. Es gibt aber keinen Grund, ihm auch die Vorteile des Zahlungsversprechens auf erstes Anfordern abzusprechen. Andererseits wäre es auch nicht möglich, eine typische Garantie auf erstes Anfordern hier zu konstruieren und damit dem Gläubiger in materieller Hinsicht mehr Rechte zu geben, als ihm zustünden, wenn die Bürgschaft wirksam wäre. Dabei ist zu betonen, dass bei der hier befürworteten Lösung eine Umdeutung jedenfalls der gewöhnlichen Bürgschaft überhaupt nicht stattfindet. Die Bürgschaft als solche ist und bleibt unwirksam; nur das zusammen mit der Bürgschaft erteilte Leistungsversprechen auf erstes Anfordern wird in Bezug auf den materiellen Anspruch unter Berücksichtigung der Tatsache ausgelegt, dass der Bürge und der Hauptschuldner personen identisch sind.
175 Das klageabweisende Urteil des OLG Düsseldorf ist dennoch im Ergebnis nicht zu beanstanden, weil der Missbrauchseinwand wegen der Masseunzulänglichkeit des Begünstigten zu Recht vom Gericht als durchgreifend erachtet wurde; siehe dazu Kap. 6, H., II.
Kapitel 4
Zweck und Auslegung Kap. 4: Zweck und Auslegung
A. Zweck des Versprechens Der Zweck der Vereinbarung eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern ist aus einer Reihe von Gründen von großer Bedeutung. Er entscheidet über die Antwort auf die Frage, wann eine auf Grund eines solchen Versprechens bewirkte Leistung beim Begünstigten verbleiben darf und wann sie zurückerstattet werden muss.1 Er beeinflusst die Lösung des Problems der Beweislast2 und der Zulässigkeit des Urkundenverfahrens3 im Rückforderungsprozess. Er ist bei der Anwendung und Auslegung der in dem Versprechen niedergelegten formellen Voraussetzungen von erheblicher Bedeutung.4 Vor allem aber ist nach der in der vorliegenden Arbeit vertretenen Auffassung auch das kontroverse Problem der missbräuchlichen Geltendmachung der Rechte aus einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern ebenfalls über den Zweck dieses Rechtsinstituts zu lösen.5 Bevor auf die zum Zweck des Versprechens in der Rechtsprechung und im Schrifttum geäußerten Meinungen näher eingegangen wird, ist auf den dort verwendeten Sprachgebrauch hinzuweisen. Schon in Kap. 2, B. wurden die Begriffe des materiellen und des formellen Anspruchs und Anspruchsfalls eingeführt. In Anlehnung an diese Begriffe werden in der Praxis die Adjektive „materiell“ oder sogar „materiellrechtlich“6 generell dann verwendet, wenn die Rechtslage gemeint ist, die bestanden hätte, wenn es den formellen Anspruch nicht gegeben hätte, wenn also das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern überhaupt nicht abgegeben worden wäre. In diesem Sinne wird von der „materiellrechtlichen Rechtslage“ oder der „materiellen Berechtigung des Begünstigten“ gesprochen. Dabei kann kein Zweifel darüber bestehen, dass dies nicht im Gegensatz zu der prozessualen Rechtslage gemeint ist, denn sowohl der materielle als auch der formelle Anspruch gehören dem materiellen Recht an.7 Zu 1 Siehe
dazu Kap. 7, B., II. dazu Kap. 7, B., III. 3 Siehe dazu Kap. 7, B., IV. 4 Siehe dazu die Kap. 4, B., I. und 4, B., II. 5 Siehe dazu Kap. 6, H., I. 6 So BGH, Urteil vom 5. 7. 2005, X ZR 60/04. 7 Daher missverständlich Döhler, S. 41, wenn er sagt „Die Besonderheiten der Bürgschaft auf erstes Anfordern liegen auf prozessualem Gebiet. Von der materiellen Rechtslage her bestehen kaum Unterschiede zur gesetzlich geregelten Bürgschaft.“ 2 Siehe
Kap. 4: Zweck und Auslegung
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bemerken ist weiter, dass in der Praxis die Begriffe „Bürgschaftsfall“ oder „materieller Bürgschaftsfall“ verwendet werden, auf die der Verfasser, um Verwirrung zu vermeiden, verzichtet hat.8 Um aber die im Schrifttum und in der Rechtsprechung faktisch verwendeten Formulierungen ohne Änderung wiedergeben zu können, werden diese Begriffe in diesem Kap. 4, A. ausnahmsweise benutzt; es soll davon ausgegangen werden, dass mit ihnen der materielle Anspruchsfall bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern gemeint ist. Fast alle Aussagen der Rechtsprechung und des Schrifttums über den Zweck des Versprechens auf erstes Anfordern beziehen sich auf die Bürgschaft auf erstes Anfordern. Da dieser aber außer Zwecken, die mit dem Versprechen auf erstes Anfordern im Zusammenhang stehen, auch besondere bürgschaftsrechtliche Zwecke innewohnen, ist es für die Analyse besser, einen von der Struktur her einfacheren Fall genauer zu betrachten. Als ein solcher Fall kann der in Kap. 1, C. besprochene Fall einer Klausel auf erstes Anfordern in den Leistungsbedingungen eines Abfallentsorgungsunternehmens dienen.9 Anlässlich dessen hat der BGH ausgesprochen, dass die Klausel über die Zahlung auf erstes Anfordern, genauso wie die öffentlich-rechtlichen Vorschriften, in Anlehnung an welche sie formulierte wurde10: „gewährleisten [soll], dass die grundsätzlich zur Vorleistung verpflichteten Versorgungsunternehmen nicht unvertretbare Verzögerungen bei der Realisierung ihrer Preisforderungen in Fällen hinnehmen müssen, in denen Kunden Einwände geltend machen, die sich letztlich als unberechtigt erweisen.“
Daraus folgert der BGH unter anderem Folgendes: „[…] der bereits dargelegte Zweck der Klausel, das Versorgungsunternehmen vor Verzögerungen bei der Realisierung seiner Preisforderungen zu schützen, wird allein durch die Verweisung der Einwände des Kunden in einen Rückforderungsprozess voll und ganz erreicht und erfordert daher keine weitergehende Einschränkung seiner Rechte. Die streitige Klausel bezweckt keine materiellrechtliche Verschlechterung der Position des Kunden.“
Diesen Ausführungen ist einerseits zu entnehmen, dass die Vereinbarung eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern dem Schutze des materiellen Anspruchs (hier: der Preisforderung) dient und dass dieser Schutz darin besteht, dass eine eventuelle, im Rechtsleben unvermeidbare Ungewissheit über den Bestand, die Höhe oder die Fälligkeit des Anspruchs in einem Rückforderungsprozess nach der Leistung geklärt werden soll. In gewissem Sinne kann das Versprechen also als eine Sicherung des materiellen Anspruchs betrachtet werden – der materielle Anspruch kann als der durch das Versprechen gesicherter Anspruch bezeichnet werden; die Eigenartigkeit dieser Sicherungsform liegt nur darin, dass der begünstigte Gläubiger nicht gegen die Insolvenz des Versprechenden geschützt werden soll; da das Versprechen dem Begünstigten keinen neuen Schuldner und kein Recht, 8 Siehe
dazu Kap. 2, C. Urteil vom 5. 7. 2005, X ZR 60/04. BGH, Urteil vom 29. 5. 2008, IX ZR 45/07, ist dagegen insofern kein geeigneter Fall, weil der Sachverhalt sehr kompliziert und die allgemeinen Aussagen des BGH zum Zweck des Versprechens sehr knapp sind. 10 Somit die §§ 30 AVB-EltV, 30 AVB-GasV, 30 AVB-FernwärmeV und 30 AVB-WasserV. 9 BGH,
A. Zweck des Versprechens
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aus dem er sich vor anderen Gläubigern befriedigen könnte, gibt, kann sie ihn vor einem Vermögensverfall des Versprechenden grundsätzlich nicht schützen. Vielmehr liegt die Sicherung ausschließlich darin, dass der Begünstigte, wenn er die formellen Voraussetzungen erfüllt, einen potenziellen Streit über das Bestehen, den Umfang und die Fälligkeit des materiellen Anspruchs „im Geld“ führen kann. Andererseits ist den Ausführungen des BGH zu entnehmen, dass sich durch die Vereinbarung des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern die materielle Rechtslage in keiner Weise ändern soll, dass also im Endergebnis der begünstigte Gläubiger nicht mehr bekommen soll als das, was ihm auch ohne das Versprechen nach dem Inhalt des materiellen Anspruchs zugestanden hätte. Diese Ergebnisse werden in vollem Umfang von den zahlreichen Aussagen der Rechtsprechung zum Zweck der Bürgschaft auf erstes Anfordern bestätigt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern die für das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern definierten Zwecke nicht in Bezug auf die Hauptforderung, sondern in Bezug auf die Bürgschaftsforderung gelten. Denn nicht die Hauptforderung, sondern die Bürgschaftsforderung ist der materielle Anspruch. Infolgedessen kann die Bürgschaft auf erstes Anfordern als eine doppelte Sicherung verstanden werden: die Hauptforderung wird durch die Bürgschaftsforderung gesichert, die ihrerseits durch das Versprechen zur Zahlung auf erstes Anfordern (also durch den formellen Anspruch) gesichert wird.11 Der Zweck der Bürgschaft auf erstes Anfordern wird häufig in dem Ersatz des für den Hauptschuldner besonders lästigen Bardepots oder -einbehalts gesehen (Ob das immer wieder verwendete historische Argument, wonach die Bürgschaft auf erstes Anfordern im internationalen Handel oder in der Bankpraxis das früher gebräuchliche Bardepot ersetzt hat,12 zutrifft, kann dahinstehen.13 Denn es ist jeden11 Von einer doppelten Sicherung kann zwar auch bei der Nachbürgschaft gesprochen werden; bei der Nachbürgschaft wird aber nur ein Risiko, nämlich dasjenige der Zahlungsunfähigkeit, doppelt gedeckt (vgl. auch den recht ungewöhnlichen Fall OLG Zweibrücken, Urteil vom 14. 4. 2005, 4 U 132/04, wo ein Arbeitnehmer für seinen Arbeitgeber eine Bürg schaft auf erstes Anfordern übernommen hat und dem Gläubiger zur Sicherung des Bürg schaftsanspruches noch eine Grundschuld bestellte). Aus Sicht des Verfassers interessanter ist der Fall, in dem der Gläubiger berechtigt ist, von dem Bürgen Geld als Sicherheit zu verlangen, und erst nach dem Abschluss der Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner einen eventuellen Restbetrag an den Bürgen zurückzuzahlen hat, so wie im Fall OLG Zweibrücken, Urteil vom 5. 6. 1985, 2 U 25/84; denn dann sichert die Bürgschaft die Zahlungsfähigkeit des Hauptschuldners, während das gezahlte Geld zugleich die Zahlungsfähigkeit des Bürgen und die Liquidität des Gläubigers sichert (übrigens hat sich das Gericht in diesem Fall auf die Grundentscheidung BGH, Urteil vom 2. 5. 1979, VIII ZR 157/78, zur Bürgschaft auf erstes Anfordern berufen). 12 Die Formulierung über den Ersatz des „früher gebräuchlichen Bardepots“ kommt im Zusammenhang mit einer Bürgschaft auf erstes Anfordern sehr häufig vor: BGH, Urteil vom 24. 11. 1983, IX ZR 2/83, BGH, Urteil vom 13. 7. 1989, IX ZR 223/88, BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93, BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95, BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95, OLG Köln, Urteil vom 24. 10. 1997, 19 U 38/97, OLG Köln, Be-
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Kap. 4: Zweck und Auslegung
falls richtig, dass Bürgschaften auf erstes Anfordern in der Praxis zur Ablösung von Bareinbehalten eingesetzt werden und dass sie dann den den Einbehalt auszahlenden Gläubiger so stellen sollen, wie wenn der Einbehalt bei ihm verblieben wäre). Bereits im ersten die Bürgschaft auf erstes Anfordern anerkennenden Urteil des BGH vom 2. 5. 1979 ging es eben um die Ersetzung eines Bareinbehalts, und der BGH hat dort ausgeführt:14 13
„Die Kläger [die Begünstigten] wollten dadurch, dass sie der Gemeinschuldnerin [der Hauptschuldnerin] die Möglichkeit zugestanden, den vereinbarten Sicherheitseinbehalt durch eine Bankbürgschaft abzulösen, in ihrer Rechtsposition keine Verschlechterung erfahren. Mit dem Sicherheitseinbehalt hätten die Kläger liquide Mittel, mit denen sie sofort Ergänzungsarbeiten hätten abdecken können, zur Verfügung gehabt, wobei ein Streit darüber, ob diese Arbeiten als Garantieleistungen von der Gemeinschuldnerin zu erbringen waren, später geführt werden konnte. Die gleiche Rechtsposition hatten die Kläger, wenn sie von der Beklagten als Bürgin sofort die Bürgschaftssumme unter Ausschluss einer Aufrechnung erhielten und sodann erst in einem Rückforderungsprozess zu klären war, ob und in welcher Höhe eine Garantieverpflichtung der Hauptschuldnerin entstanden war.“
schluss vom 9. 2. 1998, 7 W 58/97, OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. 1. 1999, 5 U 128/98, OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. 4. 1999, 15 U 176/98, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00, OLG Celle, Urteil vom 11. 11. 2004, 5 U 107/04, LG Köln, Urteil vom 31. 1. 2006, 27 O 232/05, KG, Urteil vom 1. 4. 2008, 14 U 211/07; im Schrifttum Fischer, Schutz, S. 529, Kümpel, S. 998 (auch betreffend die typische Garantie auf erstes Anfordern), Dieckmann, Zur rechtlichen, S. 179, Heinsius, Bürgschaft, S. 181, Michalski, Bürgschaft, S. 290, Lang, S. 2329, Oettmeier, S. 10 (auch für die typische Garantie auf erstes Anfordern), in diesem Sinne wohl auch Bankrechts-Handbuch/Nobbe, § 91, Rn. 476. Dasselbe gilt für die typische Garantie auf erstes Anfordern: LG Frankfurt am Main, Urteil vom 11. 12. 1979, 3/10 O 123/79, LG Frankfurt am Main, Urteil vom 21. 9. 1983, 3/13 O 115/82, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 27. 4. 1987, 4 W 17/87, ähnlich OLG Stuttgart, Urteil vom 11. 6. 1981, 10 U 202/80 („ohne die bei Kautionen notwendige Festlegung finanzieller Mittel“); im Schrifttum Nielsen, Gefährdung, S. 492, Nielsen, Rechtsmißbrauch, S. 255, Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 3, Pleyer, Anmerkung zum BGH, S. 1000, Pleyer, Die Bankgarantie, S. 7, Canaris, Die Bedeutung, S. 497, Hadding/Häuser/Welter, S. 700, Rümker, S. 338 (der der historischen Entwicklung jedoch kaum Bedeutung zuspricht), Klaas, S. 1098, Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 228 und 294, Jedzig, S. 1469, in diesem Sinne auch Mülbert, Mißbrauch, S. 1, Nielsen, Ausgestaltung, S. 145, Zahn/Ehrlich/Haas, S. 468, J. Schröder, S. 2358, Hein, S. 99 (der auf S. 29 ff. einen historischen Überblick liefert), Heinsius, Zur Frage, S. 245, Paulus, S. 200 f. (für den Stand-by Letter of Credit), Bydlinski, Moderne, S. 180, Fn. 62, von Caemmerer, Bankgarantien, S. 298 (der an erster Stelle statt Bardepots die Übergabe von mit Bankakzept versehener Wechsel erwähnt), Auhagen, S. 39 f., Liesecke, S. 22, Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 11. 13 Für die typische Garantie auf erstes Anfordern wurde die Frage offen gelassen vom OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26. 6. 1984, 5 U 221/83. Siehe dazu vor allem Lukas, S. 17 f., und Arnold, S. 11 f. 14 BGH, Urteil vom 2. 5. 1979, VIII ZR 157/78. Vgl. schon früher OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. 12. 1976, 5 U 167/76.
A. Zweck des Versprechens
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In der Tat erhält der Gläubiger mit der Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern eine ähnliche Position, als wenn er ein Bardepot erhalten oder in der Form eines Einbehalts behalten hätte. Auf die Notwendigkeit, dem Gläubiger grundsätzlich dieselben Rechte zu gewähren, die er bei der Vereinbarung eines Bardepots oder eines Einbehalts gehabt hätte, wird von der Rechtsprechung immer wieder hingewiesen.15 Es wird vor allem betont, dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern „dem Gläubiger an Stelle des Bardepots sofort liquide Mittel zuführen soll“16 oder, etwas präziser, dass sie dem Gläubiger an Stelle des Bardepots dann sofort liquide Mittel zuführen soll, wenn er, der Gläubiger, den Bürgschaftsfall für eingetreten hält.17 In der Rechtsprechung wird auch auf die Liquiditätsfunktion der Bürgschaft auf erstes Anfordern hingewiesen. Diese Funktion steht, wie der BGH ausgesprochen hat, im Vordergrund.18 In der Rechtsprechung wird deshalb immer wieder nicht nur darauf hingewiesen, dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern es dem 15 Besonders deutlich BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99: „Nur so wird die Bürgschaft auf erstes Anfordern ihrem Zweck gerecht, das Bardepot zu ersetzen“, und LG Osnabrück, Urteil vom 16. 12. 2003, 7 O 1615/03: „Die Bürgschaft trat demnach wirtschaftlich an die Stelle dieses […] ansonsten stehen zu lassenden Bardepots; dies ist auch bereits grundsätzlich Zweck einer Bürgschaft auf erstes Anfordern“. Ähnlich für die typische Garantie auf erstes Anfordern das LG Frankfurt am Main, Urteil vom 21. 9. 1983, 3/13 O 115/82: „Die Liquiditätsfunktion der Bankgarantie konnte nur dadurch der des Bardepots vergleichbar gehalten werden, indem sie den Begünstigten so stellte, als ob er sich aus einem Bardepot befriedigen könnte.“ Im Schrifttum Pleyer, Anmerkung zum BGH, S. 1000, Pleyer, Die Bankgarantie, S. 7, Nielsen, Ausgestaltung, S. 145, Auhagen, S. 40, Hahn, Die Bürgschaft, S. 842, in diesem Sinne auch Liesecke, S. 26. Michalski, Ausdrückliche, S. 227 ff., will sogar aus der Tatsache, dass eine Bürgschaft statt einer Barzahlung erbracht werde, schließen, dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern gestellt ist; dies geht aber zu weit und wird entgegen Michalski (S. 228) durch BGH, Urteil vom 19. 9. 1985, IX ZR 16/85, nicht bestätigt (und auch BGH, Urteil vom 2. 3. 2000, VII ZR 475/98, bestätigt es nicht, denn es betrifft nicht die Bürgschaft, sondern die Sicherungsabrede und diese darüber hinaus nur im Rahmen der AGB-Kontrolle). 16 So oder ähnlich: BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95, BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95, OLG Köln, Urteil vom 24. 10. 1997, 19 U 38/97, OLG Köln, Beschluss vom 9. 2. 1998, 7 W 58/97, OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. 1. 1999, 5 U 128/98, OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. 4. 1999, 15 U 176/98 (vorbehaltlich der Beschränkungen der Bürgschaftserklärung selbst), OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00, OLG Celle, Urteil vom 11. 11. 2004, 5 U 107/04, BGH, Beschluss vom 10. 11. 2005, VII ZR 11/04. 17 BGH, Urteil vom 13. 7. 1989, IX ZR 223/88, BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01, KG, Urteil vom 1. 4. 2008, 14 U 211/07. Für die typische Garantie auf erstes Anfordern vgl. auch Nielsen, Rechtsmißbrauch, S. 255. 18 BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99. Auf die Liquiditätsfunktion weisen auch hin Bydlinski, Die Bürgschaft auf erstes Anfordern, S. 1403 f., und Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 20; dagegen meint Lang, S. 2335, nicht die Liquidität, sondern eine radikale Vereinfachung des Verfahrens sei Zweck der Bürgschaft auf erstes Anfordern.
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Kap. 4: Zweck und Auslegung
Gläubiger ermöglicht, sich sofort liquide Mittel zuzuführen,19 sondern auch, dass es ihr Zweck ist, ihm dies generell 20 oder jedenfalls dann zu ermöglichen, wenn er den materiellen Bürgschaftsfall für eingetreten hält.21 Allerdings wird auch teilweise geäußert, dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern den Zweck hat, dem Gläubiger (erst) dann liquide Mittel zu verschaffen, wenn der Bürgschaftsfall eingetreten ist.22 Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern zwei Funktionen hat: eine Sicherungs- und eine Liquiditätsfunktion,23 dass sie der Realisierung des aus dem Recht des Dokumentenakkreditivs stammenden Grund-
19 BGH, Urteil vom 2. 5. 1979, VIII ZR 157/78, OLG Hamm, Urteil vom 24. 6. 1986, 21 U 150/85, BGH, Urteil vom 5. 6. 1997, VII ZR 324/95, BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00, BGH, Urteil vom 18. 4. 2002, VII ZR 192/01, OLG Hamm, Urteil vom 1. 7. 2003, 19 U 38/03, OLG Karlsruhe, Urteil vom 26. 11. 2003, 7 U 135/00, BGH, Beschluss vom 23. 6. 2005, VII ZR 277/04, OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. 9. 2005, I-5 U 91/04, auch BGH, Urteil vom 10. 9. 2002, XI ZR 305/01 (für die atypische Garantie auf erstes Anfordern). Im Schrifttum Michalski, Bürgschaft, S. 290. 20 OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99, BGH, Urteil vom 5. 3. 2002, XI ZR 113/01, ähnlich auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. 7. 2002, 24 U 163/01, wonach die Bürgschaft auf erstes Anfordern dem Gläubiger schnell zur Verfügung stehende Barmittel geben soll, aus welchen er sich einstweilen befriedigen kann, und Bankrechts-Handbuch/Nobbe, § 91, Rn. 477, wonach sie dem Gläubiger in kürzester Zeit liquide Mittel verschaffen soll (ähnlich Oettmeier, S. 73: „Sinn und Zweck, dem Gläubiger möglichst sofort liquide Mittel zur Verfügung zu stellen“); im Allgemeinen für Zahlungsversprechen auf erstes Anfordern auch BGH, Urteil vom 29. 5. 2008, IX ZR 45/07 („Dieses Rechtsinstitut dient dem Ziel, dem Gläubiger möglichst schnell einen – wenngleich nur vorläufigen – Titel zu verschaffen und ihm den raschen Zugriff zu ermöglichen (Liquiditätsfunktion […]); ähnlich für die typische Garantie auf erstes Anfordern OLG München, Urteil vom 31. 10. 1984, 7 U 5190/83; vgl. auch BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93, OLG München, Urteil vom 23. 7. 1997, 7 U 2697/97, BGH, Urteil vom 12. 7. 2001, IX ZR 380/98, wonach der Gläubiger einer Bürgschaft auf erstes Anfordern die Verschaffung liquider Mittel erwarten darf. 21 BGH, Urteil vom 21. 4. 1988, IX ZR 113/87, OLG Hamm, Urteil vom 21. 4. 1994, 21 U 215/93, OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. 12. 1996, 8 U 98/96, OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. 12. 2001, 11 W 81/01, BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99, und im Schrifttum Fischer, Schutz, S. 529, Lang, S. 2332. Ähnlich Arnold, S. 4 (sie „hat die Funktion, dem Gläubiger schnell, einfach und zuverlässig Liquidität zu verschaffen, sobald er den Sicherungsfall für eingetreten hält“), so auch auf S. 18. 22 So wohl BGH, Urteil vom 17. 1. 1989, XI ZR 65/88, OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. 3. 2004, 8 U 5/04, in diesem Sinne auch OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 11. 1998, 4 U 87/98. In ähnlichem Sinne schon Schütz, S. 157: „Der Zweck dieser Vereinbarung liegt auf der Hand: Der Gläubiger ist sicher, zu dem bestimmten Zeitpunkt sein Geld zu erhalten“; allerdings befasst sich Schütz hier eher mit einer typischen Garantie auf erstes Anfordern – dies erklärt, warum er meint, dass es zweiter Zweck sei, dass der Bürge (Garant) in einem Prozess zwischen Gläubiger und Hauptschuldner nicht hineingezogen werde. 23 So ausdrücklich BGH, Urteil vom 18. 4. 2002, VII ZR 192/01, OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. 3. 2004, 8 U 5/04.
A. Zweck des Versprechens
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satzes „erst zahlen, dann prozessieren“ dient24 oder dass ihr Zweck darin liegt, den Bürgschaftsgläubiger in die Lage zu versetzen, den materiellen Streit über den Bürgschaftsfall „im Geld“ zu führen.25 Will man die Ansichten der Rechtsprechung zur Bürgschaft auf erstes Anfordern auf das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern anwenden und ihre Richtigkeit überprüfen, so muss man vor allem ausdrücklich zwischen den Zwecken der Bürgschaft an sich und denen der Klausel auf erstes Anfordern differenzieren. Denn die Bürgschaft auf erstes Anfordern hat sowohl eine Sicherungs- als auch eine Liquiditätsfunktion. Die Sicherungsfunktion ist allen Bürgschaften gemeinsam, während die Liquiditätsfunktion durch die Klausel auf erstes Anfordern realisiert wird.26 Dabei ist zu berücksichtigen, dass, wie bereits erörtert, die Bürgschaft auf erstes Anfordern eine doppelte „Sicherung“ ist. Die Begründung des Bürgschaftsanspruchs dient nämlich dem Zweck, die Hauptforderung im üblichen Sinne zu sichern. Die Begründung des formellen Anspruchs aus der Klausel auf erstes Anfordern dient dagegen dem Zweck, den Bürgschaftsanspruch (der der materielle Anspruch ist) zu sichern, nicht jedoch im üblichen Sinne, sondern eben im Sinne einer Liquiditätssicherung.27 Ausschließlich diese Liquiditätsfunktion ist eine Funktion der Klausel auf erstes Anfordern und muss im Folgenden näher untersucht zu werden. Wenn in der Rechtsprechung hervorgehoben wird, dass die Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern dazu führt, dass es dem Gläubiger möglich wird, sich sofort liquide Mittel zuzuführen, sofern er die formellen Voraussetzungen erfüllt, dann trifft das selbstverständlich zu. Dies ist aber nicht der Zweck der Vereinbarung der Klausel auf erstes Anfordern, sondern nur das Mittel, das der Erreichung dieses Zwecks dienen soll. Zweck und Sinn dieser Klausel können auch nicht darin erblickt werden, dass dem Gläubiger dann liquide Mittel sofort zugeführt werden sollen, wenn er, der Gläubiger, den materiellen Bürgschaftsfall für eingetreten hält.28 Denn auch das ist nur ein Mittel zum eigentlichen Zweck. 24 Besonders deutlich BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93; vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 20. 3. 1997, 12 U 189/96. Dieser Grundsatz wird häufiger im Zusammenhang mit typischen Garantien auf erstes Anfordern genannt: LG Frankfurt am Main, Urteil vom 11. 12. 1979, 3/10 O 123/79, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 3. 3. 1983, 10 U 244/82, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26. 6. 1984, 5 U 221/83, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 27. 4. 1987, 4 W 17/87, LG Duisburg, Urteil vom 27. 11. 1987, 12 O 143/87. 25 So ausdrücklich BGH, Urteil vom 12. 7. 2001, IX ZR 380/98, OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. 12. 2001, 11 W 81/01. 26 A.A. wohl Lukas, S. 16 f., der der Klausel auf erstes Anfordern eine Sicherungs-, eine Liquiditäts- und eine Neutralitätsfunktion zuspricht. Arnold, S. 18 f., unterscheidet sogar fünf Funktionen: eine Sicherungs-, eine Liquiditäts-, eine Risikoverteilungs-, eine Druckund eine Finanzierungsfunktion. 27 Vgl. Gruel, S. 6, der von der Beschleunigung der Durchsetzung als einer zweiten Funktion von Sicherheiten spricht. 28 So aber Arnold, S. 4, der auch Zweck und Mittel unterscheidet, den Zweck aber eben in der Verschaffung von Liquidität sieht.
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Kap. 4: Zweck und Auslegung
Der eigentliche Zweck eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern besteht aber lediglich darin, dass die Leistung an den Gläubiger sofort dann bewirkt wird, wenn der materielle Anspruchsfall tatsächlich eingetreten ist.29 Der Zweck besteht also darin, für jeden Fall und ausnahmslos zu gewährleisten, dass der Begünstigte, wenn er einen materiellen Anspruch auf die Leistung hat, die Leistung auch sofort bekommt und dass es hier zu keinen Verzögerungen kommt. Zur Erreichung dieses Zwecks vereinbaren der Versprechende und der Begünstigte bei einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern, dass der Begünstigte, ohne dass damit die materielle Rechtslage geändert werden soll, einen formellen Anspruch auf die Leistung schon nach der Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen haben soll. Der Begünstigte soll also in der Tat – nach Erfüllung der formellen Voraussetzungen – die Leistung sofort bekommen, wenn er, der Begünstigte, meint, er habe auf sie einen materiellen Anspruch. Dies ist aber nur das formelle Mittel, das zur Erreichung des Zwecks verwendet wird. Denn in der realen Welt ist es unmöglich, einerseits zu gewährleisten, dass der Begünstigte die ihm materiell gebührende Leistung sofort bekommt, und andererseits zugleich zu verhindern, dass er eine ihm materiell nicht zustehende Leistung erhalten kann. Bei einem Streit über die materielle Berechtigung wird ja normalerweise ein langwieriger Prozess notwendig, dessen Ergebnis von der Beantwortung vieler tatsächlicher und rechtlicher Fragen abhängig ist. Bei dem Versprechen auf erstes Anfordern wird der Zweck also dadurch erreicht, dass dem Begünstigten vorläufig mehr zugesprochen wird, als ihm materiell zusteht. Dieses „mehr“ soll dem Begünstigten aber nur wegen des Zwecks zustehen; beruft er sich auf dieses „mehr“, obwohl keine Zweifel an dem Fehlen seiner materiellen Berechtigung bestehen, so dass der Zweck ohnehin gegenstandslos ist, oder obwohl er kein berechtigtes Interesse an der Erreichung dieses Zwecks hat, so handelt er missbräuchlich.30 Zusammenfassend ist also festzustellen, dass der Zweck des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern darin liegt, dem Begünstigten zu einer schnellen Durchsetzung eines Anspruchs auf die den Gegenstand des materiellen Anspruchs bildende Leistung – wenn dieser besteht und fällig ist – zu verhelfen. Das Mittel, das der Erreichung dieses Zwecks dienen soll, besteht darin, dass, sofern der formelle Anspruchsfall eingetreten ist, der Begünstigte die Leistung vorläufig schon dann verlangen können soll, wenn er, der Begünstigte, meint, er habe auf sie materiell Anspruch, und auch selbst dann, wenn dies in Wirklichkeit gar nicht der Fall ist.31 29 So auch wohl die schon zitierten BGH, Urteil vom 17. 1. 1989, XI ZR 65/88, OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. 3. 2004, 8 U 5/04. 30 Siehe dazu Kap. 6, H. 31 Vgl. auch BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99, wonach die Natur des Rechtsinstituts der Bürgschaft auf erstes Anfordern darin liegt, dass dem Gläubiger eine vereinfachte Durchsetzung seines behaupteten Anspruchs ermöglicht wird. Ähnlich BGH, Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98, OLG Köln, Beschluss vom 14. 1. 2002, 11 U 96/01, wonach die Bürgschaft auf erstes Anfordern der schnellen Durchsetzung der gesicherten Ansprüche dient.
B. Arten des materiellen Anspruchs
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Das Interesse des Begünstigten an der Erreichung des oben besprochenen Zwecks ist typischerweise vielfältig. Vor allem kann er die Leistung während eines potenziellen Streits benutzen. Zwar kann der Gläubiger auch ohne ein Versprechen auf erstes Anfordern vom Schuldner nicht nur die Leistung, sondern auch Zinsen oder Schadensersatz wegen Verzugs verlangen. Der Anspruch auf Schadensersatz kann aber aus rechtlichen, tatsächlichen oder prozessualen Gründen scheitern. So kann der Schuldner etwa die Verzögerung nicht zu vertreten haben oder der Schaden kann schwer zu beweisen sein. Hat der Gläubiger die Leistung in seinem eigenen Vermögen, so treffen ihn diese Risiken nicht. Zweitens kann, insbesondere dann, wenn der materielle Anspruch ein Zahlungsanspruch ist, ein langjähriger Prozess zur Zahlungsunfähigkeit des Gläubigers führen. Führt der Gläubiger den Prozess „im Geld“, so ist seine finanzielle Stabilität und Liquidität nicht beeinträchtigt. Drittens ist der Gläubiger in diesem Fall auch vor einer Insolvenz des Schuldners geschützt. Zwar ist dieser Schutz nicht das Hauptziel des Versprechens, besonders wenn man bedenkt, dass der Schuldner des Versprechens oft ein Kreditinstitut ist, wie typischerweise bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern. Trotzdem kann die rasche Durchsetzung des formellen Anspruchs den Gläubiger vor den Folgen eines späteren finanziellen Zusammenbruchs des Schuldners schützen. Viertens kann die prozessrechtliche Lage, wenn der Schuldner seinen Sitz in einem anderen Land als der Gläubiger hat, für den Letztgenannten günstiger sein: der Rückforderungsprozess, in dessen Rahmen die eigentliche Prüfung des materiellen Anspruchs stattfindet, wird wahrscheinlich an seinem Sitz geführt werden müssen. Liegen keine Gründe vor, die ein berechtigtes Interesse des Begünstigten an dem sofortigen Erhalt der Leistung begründen könnten, so kann die Geltendmachung des formellen Anspruchs einen Rechtsmissbrauch darstellen, wenn durch die Zulassung eines solchen Einwands der Zweck des Versprechens nicht gefährdet wird.32
B. Arten des materiellen Anspruchs Alle in der vorliegenden Arbeit bisher als materielle Ansprüche im Rahmen eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern dienenden Ansprüche weisen gewisse gemeinsame Merkmale auf. So sind der Gläubiger und der Schuldner dieser Ansprüche mit dem Begünstigten und dem Versprechenden aus dem Versprechen identisch, bei allen ist das Rechtsverhältnis, dem der materielle Anspruch
32 Siehe dazu Kap. 6, H. Der Zweck kann schon dann gefährdet sein, wenn bereits die Prüfung, ob ein berechtigtes Interesse vorliegt, dieses potenzielle Interesse gefährdet.
Kap. 4: Zweck und Auslegung
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entspringt, ein vertragliches33, und alle sind auf Geld gerichtet. Die Frage lautet, ob ein materieller Anspruch diese Merkmale zwingend aufweisen muss. Was das erste Merkmal angeht, so ist der Definition aus Kap. 2, B. ohne Weiteres zu entnehmen, dass der materielle Anspruch ein Anspruch des Begünstigten gegen den Versprechenden sein muss. Denn sonst würde es an dem Maßstab fehlen, nach dem erst beurteilt werden kann, ob die Leistung aus dem Versprechen materiell zu Recht vom Versprechenden an den Begünstigten bewirkt wurde. Es wäre deshalb auch unmöglich, einen Rückforderungsanspruch des Versprechenden für diesen Fall korrekt zu konstruieren. Dabei muss betont werden, dass damit weder die Einordnung der Bürgschaft noch die der atypischen Garantie auf erstes Anfordern als Leistungsversprechen auf erstes Anfordern in Frage gestellt wird. Denn bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern fungiert ein gewöhnlicher Bürgschaftsanspruch des begünstigten Gläubigers gegen den versprechenden Bürgen als materieller Anspruch, und bei der atypischen Garantie auf erstes Anfordern gilt als materieller Anspruch der Garantieanspruch des Begünstigten gegen den Garanten. Was das zweite Merkmal betrifft, so kann der materielle Anspruch sowohl vertraglicher als auch gesetzlicher Natur sein.34 Es ist ohne Weiteres möglich, dass der Schuldner und der Gläubiger eines vermeintlichen deliktischen Schadensersatzanspruches vereinbaren, dass der Schuldner unter gewissen Voraussetzungen einen bestimmten Betrag auf Anforderung des Gläubigers zahlen wird und dass er erst danach berechtigt sein wird, die materielle Rechtslage im Rückforderungsprozess überprüfen zu lassen.35 In Bezug auf das dritte Merkmal, d.h. die Frage, was Gegenstand des materiellen Anspruchs sein kann, ist eine tiefere Erörterung erforderlich. Im Grundsatz muss die Leistung, die auf Grund des formellen Anspruchs gefordert werden kann, zumindest nach Vorstellung der Parteien dieselbe sein, die nach dem materiellen Anspruch zu erbringen wäre. Denn das Versprechen auf erstes Anfordern soll nur gewährleisten, dass die Leistung, auf die der Begünstigte materiell Anspruch hat, sofort nach Fälligkeit dieses Anspruchs bewirkt wird. Da das Versprechen ausschließlich diesem Zweck dienen soll, gibt es keinen Raum dafür, dass der Begünstigte auf Grund des Versprechens eine andere als die den Gegenstand des materiellen Anspruchs bildende Leistung bekommt. 33 Eine
Ausnahme könnte in dem Fall der Entgeltansprüche des Berliner Abfallentsorgungsunternehmens (Kap. 1, C.) erblickt werden, weil das Benutzungsverhältnis zwischen dem Unternehmen und dem Kunden wohl gesetzlichen Ursprung hat. 34 Eine andere Frage wäre, ob der materielle Anspruch öffentlich-rechtlicher Natur sein kann. Zwar folgt aus BGH, Urteil vom 16. 2. 1984, IX ZR 45/83, dass eine Bürgschaft für einen solchen Anspruch zulässig ist, so dass auch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern für einen öffentlich-rechtlichen Anspruch möglich sein muss. Ob aber ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern direkt auf einen solchen Anspruch als materiellen Anspruch Bezug nehmen kann, ist damit noch nicht beantwortet. 35 So etwa die Vereinbarung über einen vertraglichen Verzugsschaden in dem Fall OLG Köln, Urteil vom 22. 10. 1997, 11 U 16/97.
B. Arten des materiellen Anspruchs
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Sollten die Parteien beispielsweise vereinbaren, dass zur Sicherung eines Anspruchs auf Lieferung bestimmter Waren der Verkäufer sich verpflichtet, auf erstes Anfordern des Käufers jede Summe bis zu einem gewissen Höchstbetrag zu zahlen, so wäre diese Vereinbarung nicht als Leistungsversprechen auf erstes Anfordern zur Sicherung des Anspruchs auf Lieferung zu betrachten. Denn der formelle Anspruch, d.h. der Anspruch auf Zahlung, würde dann in keinem Verhältnis zum materiellen Anspruch, also dem Anspruch auf Lieferung, stehen. Vielmehr müsste man erst untersuchen, worin der Wille der Parteien bestand, ob sie zum Beispiel bezweckten, dass die Zahlung den Anspruch auf Schadensersatz wegen Verzuges sichert oder dass eine Vertragsstrafe vereinbart wird. Allerdings ist zu beachten, dass es zum Wesen des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern gehört, dass nicht nur darüber, ob der materielle Anspruch besteht und fällig ist, sondern auch darüber, was für einen Inhalt dieser hat, Streit herrschen kann. Deshalb wäre für den Begünstigten durch das Versprechen in der Regel wenig gewonnen, wenn er in einem Prozess gegen den Versprechenden den Inhalt des materiellen Anspruchs darlegen und beweisen müsste. Denn in vielen Fällen kann der Inhalt dieses Anspruchs genauso streitig sein wie seine Existenz, so beispielsweise bei Zahlungsansprüchen die Höhe des geschuldeten Betrages. Da der Gegenstand des formellen Anspruchs aber bestimmt und vom Begünstigten im Prozess bewiesen werden muss, muss der formelle Anspruch im Versprechen so definiert werden, dass sein Gegenstand ohne Weiteres feststellbar ist. In der Praxis geschieht dies in der Weise, dass der Begünstigte im Versprechen ermächtigt wird, den Inhalt teilweise bei der Inanspruchnahme auszugestalten. Ist der materielle Anspruch ein (vermeintlicher) Zahlungsanspruch, so kann der formelle Anspruch als Zahlungsanspruch mit der Maßgabe definiert werden, dass die Höhe des zu zahlenden Betrages vom Begünstigten in der Zahlungsanforderung festgelegt wird; dem Recht des Begünstigten, diesen Betrag zu bestimmen, werden regelmäßig vor allem dadurch Grenzen gezogen, dass das Versprechen einen Höchstbetrag beinhaltet, der nicht überschritten werden darf.36 Bei Ansprüchen, die nicht auf Zahlung gerichtet sind, ist es schwieriger, den formellen Anspruch sinnvoll zu definieren. Vorstellbar ist ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern, das auf die Übereignung oder Übergabe einer individuell bestimmten Sache lautet. So wäre es zum Beispiel denkbar, dass zwei Parteien, die darüber streiten, ob eine gewisse Sache herauszugeben ist, sich einigen, dass ein Dritter zu entscheiden hat, jedoch nicht als Schiedsrichter, sondern nur vorläufig; seine Entscheidung soll also einen Anspruch auf Herausgabe begründen, dem Unterlegenen soll es aber frei stehen, die materielle Lage im Wege eines Rückforderungsprozess vor einem Gericht klären zu lassen.37 Denkbar wäre auch die Erteilung eines Leistungsversprechens auf ers36 Dazu,
ob diese Höchstgrenze obligatorisch ist, siehe Kap. 6, C., III., I., 1. Vgl. den Fall LG Potsdam, Urteil vom 7. 7. 2010, 8 O 245/09, in dem die Parteien, die über die Haftung einer Partei gegenüber der anderen aus einer Bürgschaft streiteten, verein37
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Kap. 4: Zweck und Auslegung
tes Anfordern, bei dem sich der materielle Anspruch auf die Abgabe einer konkreten Willenserklärung richtet. Viel schwieriger wäre es aber, wenn zum Beispiel Dienstleistungen den Gegenstand des materiellen Anspruchs bilden sollten; es wäre zwar möglicherweise sinnvoll, wenn etwa die Parteien eines Kaufvertrages vereinbarten, dass innerhalb einer gewissen Frist der Verkäufer auf erstes Anfordern des Käufers den Kaufgegenstand zu reparieren hat, auch wenn Streit darüber herrscht, ob er materiellrechtlich dazu verpflichtet ist, zum Beispiel weil er meint, der Käufer habe den Schaden selbst schuldhaft verursacht. In der Praxis wäre dies aber nicht zweckmäßig, zumal man im Versprechen definieren müsste, welche Leistung der Verkäufer zu erbringen hat und in welcher Weise der Käufer sie in der Leistungsaufforderung bestimmen darf. Denn der mit einem solchen Leistungsversprechen auf erstes Anfordern verfolgte Zweck könnte häufig besser dadurch erreicht werden, dass man Schadensersatz oder Vertragsstrafen vereinbart und diese mit einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern verstärkt.38 Hinzu kommt, dass es bei materiellen Ansprüchen, die keine Zahlungsansprüche sind, regelmäßig Einwendungen gibt, mit denen sich der versprechende Schuldner ebenso gut gegen den materiellen wie gegen den formellen Anspruch wird verteidigen können. Dazu zählen zum Beispiel die Unmöglichkeit39 oder die Erfüllung. Verteidigt sich der Versprechende mit einer solchen Einwendung, so kann der Prozess aus dem Versprechen auf erstes Anfordern genauso kompliziert werden wie derjenige aus dem materiellen Anspruch. Dies läuft dem Zweck eines Versprechens auf erstes Anfordern zuwider. Bei Zahlungsansprüchen ist hingegen die Einrede der Unmöglichkeit ausgeschlossen, während die Einrede der Erfüllung typischerweise keine grundsätzlichen Beweisprobleme bereitet. Deshalb ist zwar ein Versprechen auf erstes Anfordern, das auf einen nicht auf Geld gerichteten materiellen Anspruch Bezug nimmt, nicht von vornherein ausgeschlossen, aus praktischer Sicht aber relativ wenig sinnvoll; im Rechtsverkehr kommen solche Versprechen auch kaum vor. Abschließend sei noch angemerkt, dass wegen des Zwecks des Versprechens über den materiellen Anspruch zumindest teilweise Ungewissheit herrschen muss. Denn Voraussetzung für die Sinnhaftigkeit eines solchen Versprechens ist es stets, dass Ungewissheit über die materielle Rechtslage besteht oder bestehen kann. Steht dem Gläubiger unstreitig und vom Schuldner anerkannt ein Zahlungsanspruch zu, dessen Höhe und Zeitpunkt der Fälligkeit ebenfalls unbestritten sind, so macht es barten, dass die eine Partei der anderen den streitigen Betrag zunächst und unter Vorbehalt zahlt, so dass sie ihn später zurückfordern kann, und zugleich die andere Partei der ersten ein Versprechen auf erstes Anfordern, das auf diesen Rückzahlungsanspruch Bezug nimmt, erteilt. 38 Zu diesem Zweck siehe Kap. 4, A. 39 Vgl. den Fall BGH, Urteil vom 19. 10. 1987, II ZR 256/86, wo der Kauf von Aktien einer neuen Emission „auf erstes Anfordern“ versprochen wurde, die Emission im Ergebnis aber gar nicht stattgefunden hat; die Klausel wurde vom BGH nicht mal erwähnt.
C. Arten des formellen Anspruchs
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keinen Sinn, ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern zur Sicherung dieses Anspruchs zu vereinbaren. Dadurch wird die Position des Gläubigers keine Verstärkung erfahren.
C. Arten des formellen Anspruchs Die Erteilung eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern setzt, außer der Vereinbarung darüber, was den materiellen Anspruch bilden soll, auch die Vereinbarung über den Inhalt des formellen Anspruchs und über den formellen Anspruchsfall (darunter vor allem die formellen Voraussetzungen) voraus.40 Da der materielle und formelle Anspruch typischerweise Zahlungsansprüche sind und die Höhe des formellen Anspruchs sich regelmäßig vereinbarungsgemäß aus der Zahlungsaufforderung ergeben soll, ist die Bestimmung des Inhalts des formellen Anspruchs mit keinen größeren Problemen verbunden.41 Was dagegen verschieden ausgestaltet werden kann, ist der formelle Anspruchsfall. Die in der Praxis vorkommenden Ausgestaltungen des formellen Anspruchsfalles werden in Kap. 5 näher diskutiert. An dieser Stelle sollen die allgemeinen Voraussetzungen, die eine Ausgestaltung erfüllen muss, analysiert werden. Diese ergeben sich aus dem Zweck des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern, dem Begünstigten zu einer schnellen Durchsetzung des materiellen Anspruchs – wenn dieser besteht und fällig ist – zu verhelfen. Soll dieser Zweck erreicht werden, so können vor allem die formellen Voraussetzungen nicht so weit gehen wie die materiellen Voraussetzungen.42 Es kann also nicht sein, dass zu ihrer Erfüllung sämtliche materiellen Voraussetzungen vorliegen müssen. Denn dann würde der formelle Anspruch dem Begünstigten nur in solchen Fällen zustehen, in denen ihm auch der materielle Anspruch zusteht. Damit könnte das Versprechen seinen Zweck nicht erfüllen. Aus diesem Grund ist die Auffassung nicht zu beanstanden, dass die Annahme eines Leistungsversprechens 40 In der vorliegenden Arbeit werden die formellen Voraussetzungen und der formelle Anspruchsfall nicht als synonym betrachtet (siehe Kap. 1, A.); vielmehr werden unter den formellen Voraussetzungen nur die Bedingungen verstanden, die der Begünstigte beweisen muss, damit der formelle Anspruchsfall als eingetreten gilt; das Nichtvorliegen anderer Voraussetzungen, die den Eintritt des formellen Anspruchsfalles verhindern oder die zu dem späteren Wegfall des formellen Anspruchs führen können, wird nicht als formelle Voraussetzung betrachtet. Diese Unterscheidung ist in Lehre und Rechtsprechung nicht anerkannt. In der Praxis werden im Übrigen auch andere Begriffe verwendet, wie beispielsweise „formale Bürgschaftsbedingungen“ (OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. 3. 2004, 8 U 5/04). 41 Siehe dazu den vorstehenden Kap. 4, B. 42 Der Vereinfachung halber wird hier nur über die formellen/materiellen Voraussetzungen gesprochen, dasselbe gilt aber an dieser Stelle und im weiteren Fortgang der Arbeit sinngemäß auch für den formellen/materiellen Anspruchsfall insgesamt, also auch für die vom Versprechenden zu beweisenden Tatsachen.
Kap. 4: Zweck und Auslegung
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auf erstes Anfordern, dessen formelle Voraussetzung das Vorliegen des materiellen Anspruchsfalls ist, widersprüchlich und widersinnig ist.43 Die Bedeutung dieser These darf aber nicht überbewertet werden. Vor allem ergibt sich aus ihr keinesfalls, dass die formellen Voraussetzungen eine Untermenge der Menge aller materiellen Voraussetzungen bilden müssen. Der formelle Anspruch braucht also dem Begünstigten nicht in allen Fällen zuzustehen, in denen ihm der materielle Anspruch zusteht. Es kommt oft vor, dass die materiellen und formellen Voraussetzungen voneinander in dem Sinne unabhängig sind, dass sowohl die einen ohne die anderen erfüllt werden können, als auch umgekehrt. So verhält es sich vor allem dann, wenn die Einreichung gewisser Dokumente zur formellen Voraussetzung gemacht wird, obwohl sie keine materielle Voraussetzung ist.44 Richtig ist allerdings, dass die formellen Voraussetzungen im Verhältnis zu den materiellen in der Praxis leichter beweisbar sein sollten. Diese Regel ist zwar nicht in dem Sinne zwingend, dass die Vereinbarung einer nur schwer zu beweisenden formellen Voraussetzung unzulässig wäre oder unberücksichtigt bleiben müsste. Nur wäre ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern für den Begünstigten wenig Wert, wenn dieser den materiellen Anspruch leichter als den formellen durchsetzen könnte. Dies ist aber ausschließlich eine Zweckmäßigkeitsüberlegung, die im Rahmen einer interessengerechten Auslegung des Versprechens zu berücksichtigen ist. Es ist auch zu betonen, dass die Tatsache, dass die formellen Voraussetzungen leichter als die materiellen beweisbar sein sollten, nicht bedeutet, dass sie leicht zu beweisen sein müssen. Zwar legt der Begünstigte typischerweise großen Wert darauf, die Erfüllung der formellen Voraussetzungen ohne Weiteres beweisen zu können. Deshalb sind dokumentarische Voraussetzungen, also solche, die durch die Vorlegung von bestimmten Dokumenten erfüllt werden können, für ihn besonders günstig. Sie haben auch den weiteren, in der Praxis nicht zu überschätzenden Vorteil, dass sie dem Begünstigten die Erhebung einer Klage aus dem Versprechen im Urkundenprozess ermöglichen.45 Hinzu kommt, dass es unter Umständen auch für den Versprechenden vorteilhaft sein kann, formelle Voraussetzungen zu vereinbaren, deren Erfüllung leicht feststellbar ist. Dies ist dann der Fall, wenn er das Versprechen im Auftrag und auf Rechnung eines Dritten erteilt. Denn es ist ihm dann grundsätzlich egal, ob der formelle Anspruchsfall auch ohne den Eintritt des materiellen Anspruchsfalles eintre43 Vgl.
Kap. 5, B., V. geht Schlenzig, S. 45, davon aus, dass der materielle Anspruch (die Bürgschaftsforderung) bis zum ordnungsgemäßen Anfordern durch den Gläubiger gestundet wird. Damit werden die formellen Voraussetzungen grundsätzlich zur materiellen Voraussetzungen. 45 Siehe Kap. 4, B. 44 Allerdings
C. Arten des formellen Anspruchs
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ten kann. Sein Risiko besteht vielmehr, abgesehen von der Zahlungsunfähigkeit des ihn beauftragenden Dritten, darin, dass er irrtümlich auf den formellen Anspruch leistet, obwohl der formelle Anspruchsfall gar nicht eingetreten ist, oder dass er die Leistung verweigert, obwohl die formellen Voraussetzungen vorliegen. Deshalb liegt es in solchen Fällen im Interesse des Versprechenden, die formellen Voraussetzungen so auszugestalten, dass es möglichst leicht zu prüfen ist, ob der formelle Anspruchsfall eingetreten ist oder nicht. Dies gilt insbesondere für Banken, die im Auftrag ihrer Kunden Bürgschaften auf erstes Anfordern übernehmen.46 Alles das bedeutet aber nicht, dass ausschließlich dokumentarische Voraussetzungen in einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern vereinbart werden dürfen. Den Parteien steht es frei, formelle Voraussetzungen zu vereinbaren, die keinen dokumentarischen Charakter haben. Dies folgt schon aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit. Eine solche Vereinbarung kann auch den berechtigten Interessen beider Parteien Rechnung tragen. Dies wird besonders dann deutlich, wenn die formellen Voraussetzungen eine Untermenge der Menge der materiellen Voraussetzungen bilden. Die Vereinbarung eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern führt dann dazu, dass der Begünstigte nur einige materielle Voraussetzungen zu beweisen hat; die übrigen materiellen Voraussetzungen braucht er bei der Inanspruchnahme des Versprechenden nicht mehr zu beweisen. Mit anderen Worten liegt in einem solchen Fall die Erleichterung der Durchsetzbarkeit eines Anspruchs auf die Leistung darin, dass die Beweispflichten des Begünstigten auf einige materielle Voraussetzungen beschränkt werden, während er im Bezug auf die anderen materiellen Voraussetzungen keinen Beweis zu erbringen hat. Eine solche Vereinbarung kann selbst dann interessengerecht sein, wenn der Begünstigte im Ergebnis auch einige nicht-dokumentarische Tatsachen im Erstprozess beweisen muss. Denn einerseits kann der Versprechende ein berechtigtes Interesse daran haben, auf gewisse besonders für ihn wichtige materielle Voraussetzungen nicht zu verzichten, andererseits kann der Begünstigte durch den Verzicht auf die sonstigen materiellen Voraussetzungen doch sein Risiko, den ihm zustehenden materiellen Anspruch erst nach einem langwierigen Prozess durchsetzen zu können, erheblich reduzieren. Aus diesen Gründen ist daran festzuhalten, dass die formellen Voraussetzungen keinen dokumentarischen, formalisierten Charakter aufweisen müssen und dass im Grundsatz jeder denkbare Umstand zur formellen Voraussetzung gemacht werden kann.47 46 Horn, Bürgschaften und Garantien zur Zahlung, S. 2153 (für Bürgschaften und Garantien). Für die typische Garantie auf erstes Anfordern auch Auhagen, S. 15 („[die Bank] möchte von ihrem Schreibtisch aus, also innerhalb des „Bankhorizontes“ die Voraussetzungen prüfen können“) und S. 41 f. Generell auf das Interesse des Garanten auf die Minimierung der Zahlungsvoraussetzungen weisen auch Hadding/Häuser/Welter, S. 698, (für die typische Garantie) und Gruel, S. 25, hin. 47 Vgl. Kap. 5, A., IV. Möglicherweise a.A. Scholz/Lwowski, Rn. 388, wenn sie sagen, dass die Anforderungen an die Zahlungsaufforderung streng formalisiert sein müs-
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Kap. 4: Zweck und Auslegung
D. Dokumentenstrenge Im Zusammenhang mit Bürgschaften und typischen Garantien auf erstes Anfordern wird besonders häufig auf die Grundsätze der Form-, Dokumenten- oder Garantiestrenge abgehoben. Diese Begriffe sind indessen zumindest vieldeutig und werden in den verschiedensten Kontexten verwendet. Der Grundsatz der Dokumentenstrenge wurde ursprünglich im Recht des Dokumentenakkreditivs entwickelt. Er besagte, dass die Akkreditivbank die bei ihr eingereichten Dokumente nur dann einlösen muss, wenn sie den im Akkreditiv gesetzten Anforderungen genauestens entsprechen, und dass sie auch bei geringfügigsten Abweichungen von den Akkreditivbedingungen die Dokumente zurückweisen kann, auch wenn sie in Bezug auf die Erfüllung des dem Akkreditiv zugrunde liegenden Kaufvertrages bedeutungslos erscheinen.48 Diesem Recht der Akkreditivbank entspricht auch eine auf ihr lastende Obliegenheit gegenüber dem Akkreditivauftraggeber, von den Akkreditivbedingungen abweichende Dokumente nicht einzulösen.49 Im Verhältnis zwischen Akkreditivauftraggeber und Akkreditivbank bedeutet der Grundsatz der Dokumentenstrenge also, dass die Bank sich an die Weisungen des Auftraggebers genauestens halten muss und ihr insoweit kein Beurteilungsspielraum zusteht.50 Weichen die Dokumente von den Akkreditivbedingungen ab, so verliert eine Bank, die sie trotzdem einlöst, ihren Aufwendungserstattungsanspruch.51 sen. Anders liegen die Sachen auch bei typischen Garantien auf erstes Anfordern, die den URDG 458 unterliegen sollen; nach Art. 2(a) URDG 458 gilt als Garantie die Verpflichtung zur Zahlung von Geld auf das schriftliche Anfordern des Begünstigten, dem die in der Garantie vorgesehenen Dokumente beigefügt sind. Der Garant soll nur die Korrektheit dieser Dokumente prüfen (Art. 2(b) URDG 458). Ähnliches gilt nach Art. 2(1) des UNCITRAL-Abkommens – siehe Horn, Die UN-Konvention, S. 718, sowie nach dem bereits zitierten Art. 81 des polnischen Bankgesetzes (siehe Kap. 3, E). Noch klarer liegen die Sachen bei den URDG 758, wo in Art. 7 bestimmt ist, dass nicht-dokumentarische Voraussetzungen grundsätzlich unbeachtlich sind. A.A. für die Garantie wohl auch Schlechtriem, S. 368 (vgl. Kap. 4, Fn. 90). 48 Vgl. zum Beispiel Eschmann, S. 916, und die dort zitierte Aussage des House of Lords: „There is no room for documents which are almost the same, or which will do just as well“. 49 Auf diese Parallelität weist für den Fall der typischen Garantie auf erstes Anfordern Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1133, hin. 50 Dieser Grundsatz gilt auch für die typische Garantie auf erstes Anfordern, vgl. dazu Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1107, der ihn als Grundsatz der formalen Auftragsstrenge bezeichnet und sagt, dass er sich, sofern aus der Garantie gegen Vorlage bestimmter Dokumente gezahlt werden soll, sich zum Grundsatz der Dokumentenstrenge konkretisiere. Da dieser Grundsatz aber eigentlich zum Recht des Geschäftsbesorgungsvertrages gehört, wird er in dieser Arbeit nicht näher untersucht. 51 Für die typische Garantie auf erstes Anfordern vgl. zum Beispiel OLG Stuttgart, Urteil vom 14. 11. 2012, 9 U 134/12, und Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 429 (die allerdings davon ausgehen, dass der Aufwendungsersatzanspruch sich in solchen Fällen mit einem Schadensersatzanspruch des Auftraggebers verrechnet; dies scheint aber zweifelhaft
D. Dokumentenstrenge
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Dieser für das Akkreditiv entwickelte Grundsatz wurde in das Recht der typischen Garantie52 und der Bürgschaft auf erstes Anfordern übernommen, wo er auch als Grundsatz der Garantie- oder der Formstrenge bezeichnet wird.53 In der Praxis wird er aber sehr verschieden verstanden; seine möglichen Bedeutungen werden in den folgenden Kapiteln diskutiert.
I. Bei der Prüfung des Eintritts des formellen Anspruchsfalles Unter dem Grundsatz der Dokumentenstrenge wird vor allem verstanden, dass, damit der Begünstigte den formellen Anspruch geltend machen kann, die in der Garantie oder in dem Leistungsversprechen vorgesehenen formellen Voraussetzungen tatsächlich erfüllt werden müssen. Insoweit können gemäß diesem Grundsatz auch keine Zweckmäßigkeitserwägungen dazu führen, dass trotz des Fehlens einiger formeller Voraussetzungen der Garant oder der Versprechende zur Leistung verpflichtet wären. Das OLG Karlsruhe hat demgemäß entschieden, dass bei einer typischen Garantie auf erstes Anfordern die als formelle Voraussetzung vereinbarte Erklärung des Begünstigten, sein Schuldner habe den geforderten Betrag bei Fälligkeit nicht gezahlt, nicht dadurch entbehrlich wird, dass ein Antrag über die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen dieses Schuldners gestellt wurde, auch wenn später der Konkurs in der Tat eröffnet wurde.54 Der BGH hat ausgesprochen, dass, wenn gemäß den Garantiebedingungen zusätzliche Erklärungen der Inanspruchnahme beizufügen sind, das Fehlen oder die Fehlerhaftigkeit dieser Erklärungen dazu führt, dass keine wirksame Inanspruchnahme vorliegt.55 Dasselbe gilt auch für Bürgschaften auf erstes Anfordern.56 Dies ist vom BGH bestätigt worden, als er entschieden hat, dass selbst dann, wenn in einer Bürgschaft auf erstes Anfordern als formelle Voraussetzung die Vorlage einer Erklärung einer Gesellschaft vorgesehen ist, die inzwischen im Handelsregister gelöscht wurde, diese Erklärung nicht entbehrlich wird.57 Der BGH hat nur darauf – richtigerweise ist eher anzunehmen, dass der Aufwendungsersatzanspruch in diesem Fall gar nicht entsteht, weil die Aufwendungen nicht als erforderlich gelten können; so wie von Westphalen aber auch OLG Celle, Urteil vom 18. 3. 2009, 3 U 167/08). 52 Vgl. Kleiner, Die Garantie, S. 192 ff. 53 Ott, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 12. 3. 1996, S. 1257, meint sogar, zur Garantiestrenge gehören Form- und Fristenstrenge. 54 OLG Karlsruhe, Urteil vom 21. 7. 1992, 18a U 39/92 (eine Entscheidung nach schweizerischem materiellem Recht). Anders das polnische Oberste Gericht im OG, Urteil vom 25. 6. 1999, II CKN 402/98. Kritisch dazu Olechowski, Wykładnia, S. 18. 55 BGH, Urteil vom 23. 1. 1996, XI ZR 105/95, BGH, Urteil vom 12. 3. 1996, XI ZR 108/95, BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95. Zustimmend Weber-Rey, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 23. 1. 1996, S. 570, sowie Klaas, S. 1099, der sich gegen die Auffassung von Rüßmann/Britz, S. 1828 f., wendet, wonach unter Umständen eine Heilung der formellen Mängel nach Fristablauf möglich sei. 56 OLG München, Urteil vom 23. 6. 1999, 7 U 6189/98. 57 BGH, Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98.
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Kap. 4: Zweck und Auslegung
hingewiesen, dass dann eine Klage auf Abgabe der Erklärung auch gegen die gelöschte Gesellschaft möglich ist und dass der Begünstigte deshalb nicht rechtlos gestellt werde; er hat zugleich offen gelassen, ob eine ergänzende Auslegung der Bürgschaft durch die Ersetzung der Voraussetzung durch eine andere, ihr vergleichbare möglich ist. Der so verstandene Grundsatz der Dokumentenstrenge erstreckt sich auch auf sonstige Elemente des formellen Anspruchsfalles, vor allem auf die Einhaltung der Frist zur Inanspruchnahme der Garantie oder Bürgschaft auf erstes Anfordern. Ist die Inanspruchnahme nach den Bedingungen des Versprechens nicht rechtzeitig, so entfaltet sie keine Wirkung; dies gilt selbst dann, wenn die Nichtrechtzeitigkeit Folge höherer Gewalt ist.58 Der Grundsatz der Dokumentenstrenge in diesem Sinne besagt somit, dass der Begünstigte aus der Garantie oder aus dem Versprechen nur dann Leistung verlangen kann, wenn der formelle Garantie- oder Anspruchsfall eingetreten ist, und dass das Vorliegen dieses Falls unter keinen Umständen durch andere Tatsachen ersetzt werden kann. Begründet wird die Geltung eines solchen Grundsatzes vor allem – und insoweit in Anlehnung an die Argumentation für das Recht des Akkreditivs – damit, der Garant oder Bürge auf erstes Anfordern könne die Rechtsverhältnisse zwischen seinem Auftraggeber und dem Begünstigten nicht überschauen; deshalb könne er auch nicht beurteilen, welche Folgen die Abweichung von den in der Garantie oder Bürgschaft niedergelegten Anforderungen für seinen Auftraggeber haben werde; in der Praxis könne aber auch eine geringfügige Abweichung dem Auftraggeber beträchtlichen Schaden zufügen.59 Wäre diese Begründung entscheidend, so müsste man bezweifeln, ob der Grundsatz der Dokumentenstrenge in diesem Sinne überhaupt auf Leistungsversprechen auf erstes Anfordern – jedenfalls auf diejenigen, die nicht im Auftrag eines Dritten 58 LG Stuttgart, Urteil vom 15. 6. 1978, 1 KfH O 194/77, bestätigt durch OLG Stuttgart, Urteil vom 25. 1. 1979, 3 U 119/78; zustimmend Mülbert, Neueste, S. 1105. Relativierend OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16. 9. 1982, 5 U 14/82, wobei dieser Fall insofern eigentümlich war, als das Gericht den Vertrag wohl als selbständigen Garantievertrag ausgelegt hatte und einerseits wegen der Formstrenge eine Aufforderung nur in der Höhe des vor Fristablauf angeforderten Betrages als wirksam erachtete, andererseits aber meinte, die Sache könnte anders liegen, wenn der Garant gewußt hätte, dass er mit einer weiteren Aufforderung zu rechnen hat; Mülbert, Neueste, S. 1105, hat die Entscheidung wegen einer Verletzung des Grundsatzes der Formstrenge kritisiert, die er aber nicht in dieser Relativierung erblickt, sonder darin, dass das Gericht überhaupt eine fristgerechte Bezifferung des Anspruchs verlangt, während im Garantietext nur von fristgerechter Geltendmachung gesprochen wurde (so auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1126); a.A. Scholz/Lwowski, Rn. 388. Zur Befristung im Allgemeinen siehe Kap. 5, B., IV. 59 OLG Stuttgart, Urteil vom 25. 1. 1979, 3 U 119/78, OLG Karlsruhe, Urteil vom 21. 7. 1992, 18a U 39/92; für das Akkreditiv siehe beispielsweise BGH, Urteil vom 2. 7. 1984, II ZR 160/83, wo die Abweichung für den Akkreditivauftraggeber in der Tat in hohem Maße schädlich war.
D. Dokumentenstrenge
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abgegeben werden – übertragbar ist. Denn die Lage bei einem solchen Leistungsversprechen ist mit der Lage beim Akkreditiv oder bei der typischen Garantie auf erstes Anfordern nicht vergleichbar. Bei einem solchen Leistungsversprechen gibt es kein vom Versprechenden nicht zu überschauendes Rechtsverhältnis, das auf die Handhabung des Versprechens Einfluss hätte; vielmehr sind die Parteien dieses Verhältnisses und die des Versprechens dieselben. Insoweit ist also das Hauptargument gegen eine Aufweichung des Grundsatzes der Dokumentenstrenge ausgeräumt. Andererseits unterscheidet sich die Interessenlage beim Akkreditiv und bei der typischen Garantie von der Interessenlage beim Leistungsversprechen auf erstes Anfordern auch in einer anderen Richtung: dem Begünstigten aus einem Akkreditiv oder einer typischen Garantie steht gegen die Akkreditivbank oder den Garanten nur der (formelle) Akkreditiv- oder Garantieanspruch zu, während dem Begünstigten aus einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern gegen den Versprechenden neben dem formellen auch der materielle Anspruch zusteht, auch wenn er nicht so leicht durchsetzbar sein mag.60 Vor diesem Hintergrund erscheint das Interesse des Begünstigten an einer Aufweichung des Grundsatzes der Dokumentenstrenge weniger schutzwürdig als beim Akkreditiv oder bei der typischen Garantie auf erstes Anfordern. Die hier vorgebrachten Zweifel an der Anwendbarkeit des Grundsatzes der Dokumentenstrenge auf das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern sind jedoch unbegründet und zwar deshalb, weil dieser Grundsatz in dem hier erörterten Sinn gar nicht aus der Unüberschaubarkeit des Valutaverhältnisses für die Akkreditivbank oder den Garanten herzuleiten ist. Auch in Fällen, in denen die Akkreditivbank oder der Garant die Lage im Grundverhältnis detailliert kennen, ist diesem Grundsatz die Geltung nicht abzusprechen. Vielmehr kommt es bei der Rechtfertigung dieses Grundsatzes darauf an, worauf das OLG Stuttgart im Urteil vom 25. 1. 197961 hingewiesen hat: „Zum anderen ergibt sich der Grundsatz der Dokumentenstrenge aus der Notwendigkeit, der erleichterten und vom Grundverhältnis unabhängigen Inanspruchnahme der Bank eine klare Begrenzung ihrer Verpflichtungen gegenüberzustellen. […] Dieser weitgehenden Verpflichtung der Bank muss dann aber auch das Recht der Bank gegenüberstehen, auf strikte Einhaltung des Inhalts der von ihr gegebenen Garantie zu bestehen.“
Die formellen Voraussetzungen, und das ist entscheidend, bilden den ganzen Inhalt eines Akkreditivs, einer Garantie oder eines Versprechens auf erstes Anfordern; sie sind keine Nebenbestimmungen des Vertrages, sondern dessen Kern.62 Würde man auf einige dieser Voraussetzungen verzichten oder sie durch andere Voraussetzungen ersetzen, so läge darin eine Änderung des klaren Willens der Parteien. Genauso wie ein Kaufpreis nicht nachträglich ohne Zustimmung der Par60 Dies gilt nur dann nicht, wenn eine gewisse formelle Voraussetzung zugleich materiellen Charakter hat (zu solchen Voraussetzungen siehe Kap. 5, B., I.); zur Dokumentenstrenge in solchen Fällen siehe Kap. 4, Fn. 77. 61 OLG Stuttgart, Urteil vom 25. 1. 1979, 3 U 119/78. 62 Sie sind gewissermaßen die essentialia negotii des Vertrages.
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Kap. 4: Zweck und Auslegung
teien geändert werden kann, kann auch der den Inhalt der Hauptleistung des Garanten oder des Versprechenden beschreibende formelle Anspruchsfall nicht durch Wegfall oder Ersetzung einer formellen Voraussetzung geändert werden. Denn dadurch würde jede Begrenzung der Haftung der Akkreditivbank, des Garanten oder des Versprechenden entfallen. Der BGH hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Begünstigte nicht zugleich die Vorteile einer leichten Durchsetzbarkeit des formellen Anspruchs genießen und die Nachteile der Notwendigkeit einer genauen Erfüllung der formellen Voraussetzungen vermeiden kann.63 Es kann auch nicht angenommen werden, dass der Garant oder Versprechende einem Verzicht auf diese Voraussetzungen zugestimmt hätten. Diese Argumentation ist durch praktische Erwägungen zu ergänzen. Eine Aufweichung des Prinzips der Dokumentenstrenge würde nämlich die Zwecke der typischen Garantie und des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern gefährden. Die strenge Handhabung der formellen Voraussetzungen dient dem Zweck der leichten Durchsetzbarkeit des formellen Anspruchs, indem sie die Prüfungspflichten des Garanten oder des Versprechenden, und auch den Umfang eines potentiellen Rechtsstreits begrenzt. Dazu kommt, dass die Übernahme solcher Verpflichtungen im Auftrag eines Dritten teurer wäre, wenn dem Umfang der Haftung des Verpflichteten keine klaren Grenzen gesetzt würden. Dieses letzte Argument greift jedoch, wie schon angedeutet, nur für solche Verpflichtungen durch, die im Auftrag eines Dritten und nicht auf eigene Rechnung übernommen zu werden pflegen. Die Funktion des Grundsatzes der Dokumentenstrenge besteht also vor allem darin, der sonst unbeschränkten Haftung der Akkreditivbank, des Garanten oder des Versprechenden Grenzen zu ziehen. Deshalb kann folgender Auffassung des OLG Frankfurt am Main64 über seinen Zweck nicht beigepflichtet werden: „Der Grundsatz der Dokumentenstrenge dient dem Schutz des Bürgen vor voreiliger und ungerechtfertigter Inanspruchnahme. Insbesondere soll er dem Bürgen die Möglichkeit eröffnen, die Voraussetzungen des Eintritts des Bürgschaftsfalles ausreichend zu prüfen. […] Der Grundsatz der Dokumentenstrenge ist nämlich kein Prinzip um seiner selbst willen, sondern er ist immer von seiner Funktion her zu beurteilen, wonach dem Bürgen eine ausreichende Prüfungsmöglichkeit hinsichtlich des Eintritts des Bürgenfalles gewährt werden muss.“ 65
Dem Schutz des Bürgen dient sicherlich die Vereinbarung der formellen Voraussetzungen. Der Grundsatz der Dokumentenstrenge soll dagegen gewährleisten, dass diese Vereinbarung eingehalten wird. Es ist zwar richtig, dass eine Aufweichung dieses Grundsatzes die Rechtssicherheit gefährden und dazu führen würde, dass der Versprechende kaum beurteilen könnte, ob der formelle Bürgschaftsfall eingetreten ist oder nicht. Aber auch in Fällen, in denen eine solche Gefährdung 63 BGH,
Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98. Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00. 65 Ähnlich schon BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95. 64 OLG
D. Dokumentenstrenge
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nicht zu befürchten wäre, muss an diesem Grundsatz festgehalten werden, weil er die einzige Begrenzung der Haftung des Versprechenden bildet.66 Der Grundsatz der Dokumentenstrenge muss unter Beachtung von Treu und Glauben angewandt werden. Es kann also dem Garanten oder dem Versprechenden nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf die Nichterfüllung der formellen Voraussetzungen zu berufen, besonders dann, wenn sie diese Nichterfüllung selbst verursacht haben.67 In der Praxis wird dies vor allem dann angenommen, wenn der Begünstigte vom Garanten oder vom Versprechenden über die fehlende Konformität der vorgelegten Dokumente nicht rechtzeitig benachrichtigt wird. Allerdings ist für das Recht der typischen Garantie und des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern nicht unbestritten, wann eine Benachrichtigungspflicht besteht und ob bei ihrer Verletzung dem Begünstigten ein Erfüllungsanspruch aus der Garantie oder dem Versprechen, oder aber ein Schadensersatzanspruch zuzusprechen ist.68 Viel umstrittener ist die Frage, ob nach Treu und Glauben eine ergänzende Auslegung der Garantie oder des Versprechens in dem Sinne in Frage kommen kann, dass eine formelle Voraussetzung unter gewissen Umständen als entbehrlich betrachtet oder durch eine andere Voraussetzung ersetzt werden kann.69 Soweit ersichtlich, hat sich dazu in der deutschen Rechtsprechung nur der BGH im zur Bürgschaft auf erstes Anfordern ergangenen Urteil vom 26. 4. 200170 geäußert, wobei zu beachten ist, dass in diesem Fall die Einreichung der vereinbarten Erklärung beim Versprechenden nicht nur Voraussetzung der Zahlung auf erstes Anfordern, sondern auch
66 Eine andere Frage ist die nach dem Zweck des Grundsatzes der Dokumentenstrenge im Sinne einer Auslegungsregel; siehe dazu Kap. 4, D., II. 67 Eine offensichtlich unzulässige Aufweichung der Garantiestrenge liegt dagegen in dem Vorschlag von Schlechtriem, S. 370 f., dem Begünstigten einen Rechtsmissbrauchseinwand zu geben, wenn offensichtlich oder liquide beweisbar ist, dass der (materielle) Garantiefall eingetreten ist und dass er im Übrigen Begünstigter ist, wenn er aber die formellen Zahlungsvoraussetzungen nicht erfüllen kann (auch wenn Schlechtriem dies vor allem im Zusammenhang mit Abtretungslagen vorschlägt). Übrigens ist nicht nachvollziehbar, warum hier die liquide Beweisbarkeit von entscheidender Bedeutung sein soll. 68 Würde es sich um einen Schadensersatzanspruch handeln, so läge darin strikt gesagt keine Beschränkung der Anwendbarkeit des Grundsatzes der Dokumentenstrenge. Zu diesem Problem siehe Kap. 6, D., II. 69 Diese Frage dürfte prima facie eher in den nächsten Kap. 4, D., II. gehören, da sie die Auslegung des Versprechens betrifft. Es erscheint jedoch besser, sie an dieser Stelle zu diskutieren, denn aus praktischer Sicht betrifft sie nicht Fälle, in denen das Versprechen wirklich ausgelegt zu werden braucht, sondern Fälle, in denen ein nach Treu und Glauben erwünschtes Ergebnis eventuell durch eine ergänzende Auslegung erreicht werden könnte. So werden einige der hier erörterten Fragen von Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1133b, teilweise nicht im Rahmen des Problems der Auslegung, sondern der Anwendung von § 242 BGB diskutiert. 70 BGH, Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98.
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Voraussetzung der Zahlung aus der Bürgschaft schlechthin war.71 Die Frage wurde vom BGH in dieser Entscheidung jedenfalls für den Fall, dass der Text der Urkunde dafür keine Anhaltspunkte bietet, ausdrücklich offen gelassen, weil es weder vom Berufungsgericht noch vom Begünstigten aufgezeigt wurde, durch welche vergleichbare Voraussetzung die Einreichung der vereinbarten Erklärung zu ersetzen sei. Teilweise für die Zulässigkeit einer Aufweichung der Garantiestrenge in diesem Sinne hat sich Canaris geäußert, der es unter Umständen dem Garanten nach § 242 BGB verwehren will, sich auf die Garantiestrenge zu berufen.72 Indirekt wurde diese Frage im Urteil des OLG Hamburg vom 7. 7. 1977 beantwortet.73 Dort war formelle Voraussetzung einer Garantie auf erstes Anfordern die Vorlage eines Londoner Schiedsspruchs, der in einem Streit zwischen dem Garantieauftraggeber und einem Dritten fallen sollte.74 Die Parteien des Streits hatten aber – ohne Zustimmung des Garanten – vereinbart, doch den ordentlichen Rechtsweg zu wählen, und es wurde im Ergebnis statt des Schiedsspruchs ein Urteil eines ordentlichen Londoner Gerichts dem Garanten vorgelegt. Das OLG hat die Inanspruchnahme trotzdem als ordnungsgemäß betrachtet und dazu Folgendes ausgeführt: „Die Bank [der Garant] verstößt gegen Treu und Glauben, wenn sie sich darauf beruft, dass kein Schieds- sondern ein Staatsurteil vorgelegt wurde. Freilich gilt für eine derartige Bankgarantie der Grundsatz der Dokumentenstrenge. Für die Bank gilt dieser Grundsatz aber nur, weil sie damit das Interesse ihres Kunden wahren muss. Hier hat der Kunde das staatliche Verfahren selbst gewählt. Dann ist es treuwidrig, wenn die Bank wegen dieses ‘Formfehlers’ die Zahlung verweigert.“
Diese Entscheidung ist in der Literatur auf heftige Kritik gestoßen.75 Dieser Kritik ist beizupflichten, nicht zuletzt deshalb, weil das Gericht hier von der unzutreffenden Prämisse ausgeht, dass der Sinn des Grundsatzes der Dokumentenstrenge in der Wahrung des Interesses des Garantieauftraggebers liegt.
71 Die formelle Voraussetzung war also hier zugleich materielle Voraussetzung; siehe dazu Kap. 5, B., I. 72 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1133b. Er schließt auch eine zugunsten des Garanten sich auswirkende ergänzende Vertragsauslegung nicht aus (Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1135). 73 OLG Hamburg, Urteil vom 7. 7. 1977, 6 U 172/76. 74 Wobei die Einordnung als typische oder atypische Garantie oder als Rückbürgschaft auf erstes Anfordern nicht klar auf der Hand liegt; wohl handelte es sich um eine Rückbürgschaft auf erstes Anfordern; zu dieser Entscheidung siehe auch Kap. 5, A., III. 75 Hadding/Häuser/Welter, S. 696, Fn. 685, Zahn/Ehrlich/Haas, S. 463, Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 185, kritisch auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1133b, Fn. 88. Nach Mühl, Materiellrechtliche, S. 396, liegt die Entscheidung an der Grenze, die bei der Anwendung des Billigkeitsrechts mit Rücksicht auf den Grundsatz der Dokumentenstrenge zu ziehen ist. Vgl. auch Kleiner, Die Garantie, S. 194, der meint, dass wenn Gerichts- oder Schiedsurteile vorzulegen sind, ihre Übereinstimmung mit den Garantievorgaben zu überprüfen und Abweichungen unter dem Prinzip der Dokumentenstrenge unzulässig seien.
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Eine verwandte Frage wurde vom OLG Stuttgart im bereits zitierten Urteil vom 25. 1. 1979 offen gelassen.76 Das Gericht hat es, nachdem es die möglicherweise durch höhere Gewalt verursachte Versäumung der Frist zur Inanspruchnahme einer typischen Garantie festgestellt hatte, offen gelassen, ob die Garantiebank dann zur Verlängerung der Frist – gewissermaßen also zur Aufweichung der formellen Voraussetzungen der Garantie – verpflichtet sein könnte, wenn der materielle Garantiefall offensichtlich eingetreten wäre und dies der Bank vor Fristablauf bekannt worden wäre; denn im zur Entscheidung stehenden Fall sei der materielle Garantiefall nicht offensichtlich eingetreten. Eine solche Aufweichung des Grundsatzes der Dokumentenstrenge ist indessen nach Auffassung des Verfassers ohne Weiteres unzulässig. Für das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern ist eine ergänzende Auslegung im oben erörterten Sinne auszuschließen. Liegt nach den Bedingungen des Versprechens der formelle Anspruchsfall nicht vor, so kann dies auch dann nicht dazu führen, dass der formelle Anspruch entsteht, wenn es Folge einer von den Parteien nicht bedachten Lücke oder von von ihnen nicht vorgesehenen Umständen ist. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben kann daran nichts ändern. Es ist Sache des Begünstigten, dafür Sorge zu tragen, dass die formellen Anspruchsvoraussetzungen erfüllbar sind; die Berufung auf das Fehlen dieser Voraussetzungen kann an sich nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben seitens des Versprechenden eingestuft werden. Dies schließt es selbstverständlich nicht aus, dem Versprechenden unter Umständen die Möglichkeit der Berufung auf den Nichteintritt dann abzuschneiden, wenn er sie selbst schuldhaft verursacht hat. Dieses Ergebnis ist für das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern auch deshalb interessengerecht, weil mit ihm nur das Versprechen, die Möglichkeit also, einen Anspruch auf die den Gegenstand des materiellen Anspruch bildende Leistung leichter durchzusetzen, verloren gehen kann; der materielle Anspruch als solcher bleibt unberührt. Die Folgen für den Begünstigten sind demnach nicht so gravierend, dass die Durchbrechung des Grundsatzes der Dokumentenstrenge gerechtfertigt wäre. Aus dem Blickwinkel der Interessenabwägung können die Sachen anders liegen beim Akkreditiv, bei der typischen Garantie auf erstes Anfordern oder dann, wenn die formelle Voraussetzung eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern zugleich materielle Voraussetzung ist.77 Denn in diesen Fällen verliert der Begünstigte alle seine Ansprüche gegen die Akkreditivbank, den Garanten oder den Versprechenden; zwar wird er typischerweise in diesen Fällen noch einen Anspruch gegen einen Dritten haben (den Käufer, den Garantieauftraggeber, usw.), dieser kann aber aus tatsächlichen Gründen wertlos sein. 76 OLG
Stuttgart, Urteil vom 25. 1. 1979, 3 U 119/78. Kap. 5, B., I. In einem solchen Fall sollte man aber wohl nur die Vereinbarung über den materiellen Anspruch, nicht aber die über den formellen Anspruch ergänzend auszulegen. Darüber, ob eine solche ergänzende Auslegung vorzunehmen ist, entscheidet das Recht, das für den materiellen Anspruch gilt. 77 Siehe
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II. Bei der Auslegung Der Grundsatz der Dokumentenstrenge wird auch als Auslegungsregel bei typischen Garantien oder bei Bürgschaften auf erstes Anfordern verwendet.78 Vor allem geht es hier um die Feststellung, was als formelle Voraussetzung vereinbart wurde und wie die vereinbarten Voraussetzungen zu erfüllen sind. Seitens der Rechtsprechung wird betont, die Zahlungsanforderung sei „formalisiert“79 oder „streng formalisiert“;80 es wird sodann fast ausnahmslos erläutert, dies bedeute, die Zahlungsanforderung könne sich auf das beschränken, was in der Garantie oder im Versprechen als formelle Voraussetzung genannt und für jeden ersichtlich sei.81 Unter der – gegebenenfalls „strengen“ – Formalisierung der Zahlungsaufforderung wird in der Praxis zumindest zweifaches verstanden. Einerseits ist damit gemeint, dass die in der Garantie gestellten Anforderungen an eine Inanspruchnahme strikt eingehalten werden müssen. Diese Anforderungen seien grundsätzlich wörtlich auszulegen.82 Sie müssen „präzise, ja nachgerade pedantisch genau“ erfüllt werden.83 Abzugebende Erklärungen müssen in der Weise und mit dem Inhalt abgegeben werden, wie dies in der Garantie vorgesehen ist.84 Die vorgelegten Dokumente dürfen nicht nach im Verhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger liegenden Umständen beurteilt werden.85 Dasjenige, dessen Erklä78 So
auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1133a.
79 BGH, Urteil vom 12. 3. 1996, XI ZR 108/95, BGH, Urteil vom 10. 10. 2000, XI ZR 344/99. 80 Für die Bürgschaft auf erstes Anfordern: BGH, Urteil vom 24. 11. 1983, IX ZR 2/83, BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93, OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. 12. 1996, 8 U 98/96, OLG München, Urteil vom 23. 6. 1999, 7 U 6189/98, OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99, LG Köln, Urteil vom 31. 1. 2006, 27 O 232/05; für die typische Garantie auf erstes Anfordern: OLG München, Urteil vom 31. 10. 1984, 7 U 5190/83, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 8. 2. 2000, 5 U 152/98. Im Schrifttum so auch Fischer, Schutz, S. 529, Mülbert, Neueste, S. 1105. Nicht richtig ist es hingegen, wenn Scholz/Lwowski, Rn. 388, meinen, dass es die Anforderungen an die Zahlungsaufforderung sind, d.h. die formellen Voraussetzungen, die streng formalisiert sein müssen. 81 BGH, Urteil vom 24. 11. 1983, IX ZR 2/83, BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93, OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. 12. 1996, 8 U 98/96, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 8. 2. 2000, 5 U 152/98, OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99, LG Köln, Urteil vom 31. 1. 2006, 27 O 232/05. Im Schrifttum so auch Fischer, Schutz, S. 529, Mülbert, Neueste, S. 1105. 82 So für das Akkreditiv Handelsgericht Sankt Gallen, Entscheidung vom 10. 4. 1984, unter dem zutreffenden Hinweis darauf, dass dieser Grundsatz der Berücksichtigung der Interessenlage nicht widerspricht. 83 So Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1133, Panagiotopoulos, S. 48, und besonders die österreichische Rechtsprechung: OGH, Urteil vom 3. 12. 1986, 1 Ob 686/86. 84 BGH, Urteil vom 12. 3. 1996, XI ZR 108/95, OLG München, Urteil vom 23. 6. 1999, 7 U 6189/98, BGH, Urteil vom 10. 10. 2000, XI ZR 344/99, sowie OGH, Urteil vom 3. 12. 1986, 1 Ob 686/86. 85 Kleiner, Die Garantie, S. 159, vgl. auch S. 194.
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rung als formelle Voraussetzung in der Urkunde niedergelegt ist, müsse eindeutig erklärt werden.86 Es handelt sich hier also um einen Grundsatz, der die Auslegung dokumentarischer Voraussetzungen betrifft und besagt, dass diese strikt ausgelegt und nicht nach Zweckmäßigkeitsüberlegungen aufgeweicht werden sollen.87 Freilich wird in der Praxis hier kein so strenger Maßstab angelegt.88 Andererseits ist damit gelegentlich gemeint, im Bereich der Garantien und Leistungsversprechen auf erstes Anfordern müsse vermutet werden, dass die dort aufgestellten formellen Voraussetzungen einen dokumentarischen, also in gewissem Sinne „formalisierten“ Charakter haben. Diese Vermutung des dokumentarischen Charakters der formellen Voraussetzungen ist vor allem im Zusammenhang mit sogenannten Effektivklauseln von Bedeutung.89 Für die Auslegung von Garantien und Leistungsversprechen auf erstes Anfordern von größerer Wichtigkeit ist aber wohl noch eine andere Bedeutung des Grundsatzes der Dokumentenstrenge. Es fragt sich nämlich, ob dieser Grundsatz generell nicht die Möglichkeiten einer Auslegung der Garantie oder des Versprechens beschränkt.90 In der Rechtsprechung wird angenommen, dass jedenfalls: „Im übrigen würde eine Auslegung, für die sich im Text des Garantievertrages keine Anhaltspunkte finden und die sich auf Umstände außerhalb der Urkunde stützen müßte, dem Grundsatz der Garantiestrenge widersprechen, weil sie die Rechtslage der Bank durch eine Verschärfung der Prüfungspflichten unzumutbar verschlechtern würde.“91 86 BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95, OLG München, Urteil vom 23. 6. 1999, 7 U 6189/98, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 8. 2. 2000, 5 U 152/98, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00. 87 Dagegen ist die These von Rüßmann/Britz, S. 1827, wonach die Garantiestrenge bedeutet, dass sich aus der Zahlungsaufforderung selbst hinreichend deutlich ergeben müsse, dass der Berechtigte die erforderliche Erklärung abgegeben hat, und daraus zu schließen sei, dass es auf die Bezeichnung des Berechtigten und nicht darauf ankomme, ob er wirklich zur Abgabe der Erklärung berechtigt sei, unannehmbar. Siehe auch Kap. 5, A., I., 1. 88 Siehe dazu Kap. 5, A., II. und Kap. 5, Fn. 174. 89 Vgl. Schlechtriem, S. 363 (die Garantiestrenge führe „zur Formalisierung der zu prüfenden Zahlungsvoraussetzungen“). Zu Effektivklauseln siehe Kap. 5, B., V. 90 So schreibt Bankrechts-Handbuch/Nobbe, § 92, Rn. 33: „Ob eine Garantie auf erstes Anfordern vorliegt, ist Auslegungsfrage. […] Bei der Auslegung kann wegen des Grundsatzes der Garantiestrenge nicht auf das Valutaverhältnis zurückgegriffen werden.“ Unklar Schlechtriem, S. 368: „Insbesondere widerspricht es dem Grundsatz der Garantiestrenge, wenn Umstände außerhalb der Urkunde für ihre Auslegung zur Ermittlung der Voraussetzungen der Zahlungsverpflichtung herangezogen werden müssten“ – hier wird die Frage der Auslegung der Garantie mit der Frage der Prüfung, ob die Zahlungsvoraussetzungen erfüllt sind, vermengt. Sehr streng Schlenzig, S. 64, für die Bürgschaft auf erstes Anfordern: „Dabei richtet sich der Umfang der Erklärung allein nach der Parteivereinbarung, also nach dem Inhalt der Urkunde (sog. Form- oder Garantiestrenge)“. A.A. für die Bürgschaft auf erstes Anfordern im Ergebnis wohl Michalski, Ausdrückliche, S. 227 ff. (vgl. Kap. 4, Fn. 15). 91 BGH, Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 198/82 (so auch Mülbert, Neueste, S. 1105); in dieser Entscheidung handelte es sich um die Feststellung der Person des Begünstigten; der BGH hat die Heranziehung des das Grundgeschäft bildenden Vertrages bei der Beantwor-
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Andererseits ist ein Rückgriff auf Umstände außerhalb der Urkunde nicht ganz ausgeschlossen: „[Der Grundsatz der Unzulässigkeit von Einwendungen aus dem Grundgeschäft] verbietet jedoch beim Standby Letter of Credit ebensowenig wie beim Dokumenten-Akkreditiv eine Auslegung des Papiers, die nicht nur auf den Wortlaut, sondern auch auf den Sinn und Zweck der in ihm enthaltenen Bestimmungen abstellt. Dieser Sinn und Zweck muss, da die Absicherung der Erfüllung eines Grundgeschäfts zum Wesen des Standby Letter of Credit gehört, gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung des Grundgeschäfts, soweit es in der Urkunde Erwähnung gefunden hat, ermittelt werden. Dem steht der sogenannte Grundsatz der Dokumentenstrenge nicht entgegen. Dieser Grundsatz ist im Zusammenhang mit dem Dokumenten-Akkreditiv in erster Linie für die Prüfung der Übereinstimmung vorgelegter Dokumente mit den Akkreditiv-Bedingungen entwickelt worden. Er findet bei Garantiegeschäften eine Parallele in dem Grundsatz der Garantiestrenge und verbietet weder hier noch beim Dokumenten-Akkreditiv eine Auslegung unklarer Bestimmungen, sondern steht nur einer Auslegung entgegen, für die sich im Text der Urkunde ,keine Anhaltspunkte finden und die sich auf Umständen außerhalb der Urkunde stützen müsste‘“92
Im Ergebnis hat der BGH in dieser Entscheidung eine unklare Regelung über die Reduzierung des Betrages des Standby Letter of Credit im Lichte der Bestimmungen des Vertrages zwischen dem Begünstigten und dem Akkreditivauftraggeber ausgelegt. Die Zulässigkeit einer solchen Auslegung wollte der BGH wohl auch in einem späteren Urteil nicht in Frage stellen, als er feststellte: „[Der Grundsatz der Formstrenge] verbietet Auslegungen, für die sich im Text der Urkunde keine Grundlage findet und die sich auf Umstände außerhalb der Urkunde stützen müssten.“93
Zwar bedeutet „Grundlage“ als Formulierung sicherlich viel mehr als nur „Anhaltspunkt“, in diesem letzten Falle handelte es sich jedoch nicht um die Auslegung unklarer Bestimmungen, sondern eher um die Frage, ob eine ergänzende Auslegung der formellen Voraussetzungen in Frage kommt.94 Will man dieses Verständnis des Grundsatzes der Garantie- bzw. Formstrenge beurteilen, so ist zunächst auf eine gewisse Diskrepanz zwischen der erklärten und der faktischen Reichweite dieses Grundsatzes hinzuweisen. Denn die Gerichte berufen sich auf diesen Grundsatz zwar häufig, in der Praxis führte er aber, soweit ersichtlich, nur in solchen Fällen zur Nichtberücksichtigung eines behaupteten tung dieser Frage abgelehnt. Sehr ähnlich lagen die Sachen in BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99, der eine Bürgschaft auf erstes Anfordern betraf und wo es der BGH wegen des Grundsatzes der Formstrenge ablehnte, als Gläubiger der Bürgschaft auf erstes Anfordern eine andere als die in der Urkunde genannte Person zu betrachten (er dies aber für die gewöhnliche Bürgschaft zugelassen hat). 92 BGH, Urteil vom 26. 4. 1994, XI ZR 114/93; grundsätzlich zustimmend Eschmann, S. 917 f.; das Standby Letter of Credit ist grundsätzlich mit dem Rechtsinstitut der typischen Garantie auf erstes Anfordern identisch; siehe dazu Kap. 3, F. 93 BGH, Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98. 94 Siehe dazu Kap. 4, B., I.
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Umstandes bei der Auslegung, in denen die Person des Begünstigten in der Urkunde klar genannt war, eine Partei aber behauptete, gemeint als Begünstigter war eine andere Person.95 Im Übrigen wurde dieser Grundsatz vor allem im Rahmen der relativ neuen und kontroversen Einwendung des nicht gedeckten Risikos bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern angewandt.96 Schon diese Diskrepanz lässt zweifeln, ob der Grundsatz wirklich ganz richtig ist.97 Begründet wird der Grundsatz mit dem Argument, dass sich sonst „die Rechtslage der Bank durch eine Verschärfung der Prüfungspflichten unzumutbar verschlechtern müsste“.98 Dieses Argument ist aber insofern nicht schlüssig, als Klarheit über die formellen Voraussetzungen nicht nur der Bank, sondern auch dem Begünstigten dient; bei fehlender Klarheit läuft der Begünstigte Gefahr, das Versprechen bzw. die Garantie nicht wirksam in Anspruch zu nehmen. Und überhaupt geht es hier ja nicht um die Auslegung eines indossierbaren oder sonst zur Veräußerung bestimmten Papiers, sondern um die Auslegung eines Vertrages, dessen Parteien sich regelmäßig nicht ändern werden. Es ist zwar richtig, dass bei der Auslegung Tatsachen, von denen die Bank nicht gewusst hat, nicht berücksichtigt werden können; um dies zu konstatieren, braucht man aber keinen Grundsatz der Formstrenge zu entwickeln. Der BGH hat daher zwar richtig entschieden, als er meinte, man könne entgegen einer klar in der Garantieurkunde getroffenen Bestimmung des Begünstigten nicht behaupten, als Begünstigter solle der Gläubiger des Garantieauftraggebers angesehen werden und dies ausschließlich auf Verträge zwischen dem Gläubiger und dem Garantieauftraggeber stützen, die der Bank nicht bekannt waren.99 Darin liegt aber noch nichts Garantiespezifisches. Wenn der BGH aber meint, dass dann, wenn der Gläubiger/Begünstigte einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht klar genannt wird und Zweifel in Bezug auf seine Person bestehen, das Versprechen auf erstes Anfordern nicht wirksam in Anspruch genommen werden kann, so kann dem nicht zugestimmt werden.100 Für einen solchen Grundsatz besteht wegen der fehlenden Verkehrsfähigkeit des Versprechens auf erstes Anfordern kein Anlass. Trotz des oben Gesagten ist aber an dem Grundsatz der Formstrenge eines richtig: Den Wortlaut einer Garantie- bzw. Versprechensurkunde darf man durch Aus95 BGH,
Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 198/82, und BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99. 96 BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95, BGH, Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98. Siehe dazu Kap. 6, G. 97 Zweifel äußert auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1133a („Ein derartiges Verbot, die Auslegung allein auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände zu stützen, läßt sich indessen in Wahrheit nicht generell rechtfertigen“). 98 BGH, Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 198/82. 99 BGH, Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 198/82. 100 BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99. Der BGH meinte, die gewöhnliche Bürgschaft könne in Anspruch genommen werden, eine Leistung auf erstes Anfordern scheide aber aus.
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legung nicht aufweichen, denn der Zweck der Durchsetzungserleichterung kann dann vereitelt werden, und beide Parteien laufen dann Gefahr, die Bedingungen der Garantie bzw. des Versprechens falsch einzuschätzen. Ist der Wortlaut allerdings unklar, so darf man zur Auslegung auf andere Umstände zurückgreifen, selbstverständlich nur – dies ist aber keine Besonderheit dieser Vereinbarungen –, wenn diese beiden Parteien zum relevanten Zeitpunkt bekannt waren.
Kapitel 5
Der formelle Anspruch Kap. 5: Der formelle Anspruch
A. Arten von formellen Voraussetzungen Im Folgenden werden die in der Praxis vorkommenden Arten von formellen Voraussetzungen analysiert: das einfache Anfordern, das Anfordern, dem zusätzliche Erklärungen des Begünstigten beizufügen sind, und als weitere Stufe das Anfordern, dem andere Dokumente hinzugefügt sind.1 Abschließend werden auch nicht-dokumentarische Voraussetzungen diskutiert.
I. Einfaches Anfordern In den meisten Fällen wird bei der Erteilung eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern überhaupt nichts über die formellen Voraussetzungen bzw. den formellen Anspruchsfall gesagt.2 Das Versprechen bildet in solchen Fällen typischerweise eine Klausel in dem Vertrag, aus dem der materielle Anspruch hergeleitet wird, die einfach wie folgt lauten kann: „Wir verpflichten uns, auf erstes Anfordern zu leisten.“
Es werden auch andere synonyme Formulierungen verwendet, wie „auf erste Anforderung“ oder „auf erstes Verlangen“3; oft wird verlangt, dass das Anfordern schriftlich ist.4 Bei dem wohl häufigsten Fall der Bürgschaft auf erstes Anfordern kann die Vereinbarung also wie folgt lauten:5 „Gemäß Nachunternehmervertrag hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Abrechnungssumme zu stellen. Dies vorausgeschickt, übernehmen wir hiermit für den Auftragnehmer die selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von … unter Verzicht auf Einreden der Anfechtung, Aufrechnung, Vorausklage und Vorausbefriedigung (§§ 770, 771, 772 BGB) mit der Maßgabe, dass wir aus dieser Bürgschaft nur auf Zahlung von Geld in Anspruch 1 Für typische Garantien auf erstes Anfordern bedient sich einer solchen Aufteilung auch Nielsen, Ausgestaltung, S. 151. 2 Erörtert wird allenfalls die Befristung, die Teil des formellen Anspruchsfalles bildet, siehe Kap. 5, B., IV. 3 OLG Celle, Urteil vom 11. 11. 2004, 5 U 107/04, OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06; für die typische Garantie auf erstes Anfordern OLG Karlsruhe, Urteil vom 21. 7. 1992, 18a U 39/92. 4 Siehe dazu unten in Kap. 5, A., I., 4. 5 Der Text wurde bereits in Kap. 1, A. zitiert; siehe Kap. 1, Fn. 1.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
genommen werden können. Wir verpflichten uns, den vorgenannten Betrag auf erste schriftliche Anforderung an den Auftraggeber zu überweisen. Wir sind nicht berechtigt, uns durch Hinterlegung des Betrages zum Zwecke der Sicherheitsleistung von den Verpflichtungen aus dieser Bürgschaft zu befreien.“
Die ersten beiden Sätze dieser Erklärung betreffen ausschließlich das Bürgschaftsverhältnis. Das Versprechen, auf erstes Anfordern zu zahlen, wird im dritten Satz erteilt. Nur in Bezug auf den letzten Satz ist wohl anzunehmen, dass er sowohl für den materiellen als auch für den formellen Anspruch gelten soll.6 Solche Versprechen können Versprechen auf erstes einfaches Anfordern genannt werden, weil sie vom Begünstigten nichts mehr als das reine Anfordern verlangen.7 Dieses Anfordern ist vor allem eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Durch ihre Abgabe soll die zivilrechtliche Folge eintreten, dass der formelle Anspruch entsteht und durchsetzbar wird.8 Um wirksam zu sein, muss diese Willens erklärung gewissen Anforderungen entsprechen. Sie muss also von der richtigen Person abgegeben werden (siehe Kap. 5, A., I., 1.), sie muss an den richtigen Adressaten gerichtet werden (siehe Kap. 5, A., I., 2.) und sie muss letztlich den richtigen Inhalt (siehe Kap. 5, A., I., 3.) und die richtige Form (siehe Kap. 5, A., I., 4.) haben. 1. Person des Anfordernden Die Leistungsaufforderung muss vor allem vom Begünstigten stammen und nach den allgemeinen Vorschriften über Rechtsgeschäfte wirksam sein. Die Bezeichnung des Begünstigten muss dagegen nicht gleichlautend mit derjenigen im Versprechen sein; hat sich die Firma des Begünstigten geändert, so hat das keinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Versprechens und auf die Möglichkeit, die Aufforderung unter der neuen Firma abzugeben.9 Rüßmann/Britz vertreten zwar die Ansicht, dass es sich bei einer Garantie auf erstes Anfordern aus der Zahlungsaufforderung selbst hinreichend deutlich ergeben muss, dass der Berechtigte die erforderliche Erklärung abgegeben hat; dagegen werde „die materielle Berechtigung als solche gerade nicht geprüft“, weil sie im Rückforderungsprozess zu entscheiden sei.10 Zugleich haben sie, wenn auch mit gewisser Skepsis, gemeint, 6 Zu
dieser Frage siehe Kap. 5, B., I. Formulierung „auf einfache Anforderung“ zitiert beispielsweise MüKo/Welter, Rn. J 58. 8 Ob sie zugleich auch eine Wissenserklärung ist, ist streitig. Siehe dazu Kap. 5, A., I., 3, d). 9 OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. 7. 2002, 24 U 163/01. Zahn, Auswirkungen, S. 1306: eine zugunsten der „Imperial Government of Iran, Ministry of War“ erteilte typische Garantie auf erstes Anfordern kann von der „Government of Iran, Ministry of Defense, Successor of the Imperial Government of Iran“ in Anspruch genommen werden. 10 Rüßmann/Britz, S. 1827, meinen, die Garantiestrenge bedeute, dass sich aus der Zahlungsaufforderung selbst hinreichend deutlich ergeben muss, dass der Berechtigte die erforderliche Erklärung abgegeben hat, und dass daraus zu schließen ist, dass es auf die Bezeich7 Die
A. Arten von formellen Voraussetzungen
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der fehlende Nachweis der Berechtigung könne nachgeholt werden, wenn nur der Name des Begünstigten sich geändert habe.11 Diese Ausführungen scheinen allerdings auf unzutreffenden Prämissen zu beruhen. Es ist zwar richtig, dass im Falle eines Versprechens auf erstes Anfordern die Frage, ob derjenige, der die Zahlungsaufforderung abgibt, materiell berechtigt sei, d.h. ob er Gläubiger des materiellen Anspruchs ist, im Rückforderungsprozess zu klären ist. Darauf kommt es im Erstprozess gar nicht an, denn dort ist nur wesentlich, ob er Gläubiger des formellen Anspruchs ist, und dies ist eine Frage, die sich direkt aus dem Versprechen ergeben muss. Entweder ist der Erklärende mit dem Begünstigten aus dem Versprechen identisch oder nicht; darauf, wie sein Name lautet oder was sich diesbezüglich aus der Aufforderung ergibt, kommt es nicht an. Sollte – was nur im Falle einer Rechtsnachfolge, die einen der Ansprüche betrifft, den anderen aber unberührt lässt, möglich wäre – der Erklärende zwar Gläubiger des formellen Anspruchs, nicht aber des materiellen sein, so wäre die Aufforderung prima facie wirksam, und man könnte sich nur fragen, ob sie nicht missbräuchlich ist.12 Darüber hinaus ist zu bemerken, dass es sich in dem vom Rüßmann/Britz erörterten Fall wohl um eine typische Garantie auf erstes Anfordern handelte, so dass die Frage nach der „materiellen Berechtigung“ im Verhältnis Begünstigter-Garant überhaupt keinen Sinn ergab. In diesem Zusammenhang ist auch die Idee von Schlechtriem zu erwähnen, der einen Begriff der „formalen Legitimation“ des Garantiebegünstigten konstruiert und meint, nur derjenige könne die Garantie wirksam fällig stellen, wer Begünstigter und zugleich formal legitimiert ist, d.h. in der Urkunde benannt wurde oder an den im Einklang mit in der Urkunde genannten Grundsätzen die Erlaubnis zur Abgabe der Zahlungsaufforderung übergangen ist.13 Für diese Theorie gibt es jedoch weder in der Rechtsprechung eine Stütze noch in der Praxis ein Bedürfnis. Es bleibt also festzuhalten: Entscheidend ist alleine, ob derjenige, der das Versprechen in Anspruch genommen hat, dazu objektiv berechtigt war, ob er also Gläubiger des formellen Anspruchs war; darauf, ob dies im Rahmen der Inanspruchnahme auch bewiesen wurde oder ob er in irgendeiner Weise „formal legitimiert“ ist, kommt es nicht an.14 nung des Berechtigten ankommt und nicht darauf, ob er wirklich zur Abgabe der Erklärung berechtigt ist. Diese Auffassung ist nicht annehmbar. Zur Garantiestrenge vgl. Kap. 4, D. 11 Rüßmann/Britz, S. 1832. 12 Siehe dazu Kap. 6, H. 13 Schlechtriem, S. 369 f. Übrigens korrigiert Schlechtriem, S. 370 f., sein Ergebnis, indem er dem Begünstigten einen Rechtsmissbrauchseinwand geben will, wenn liquide beweisbar ist, dass das durch die Garantie zu deckende Risiko sich verwirklicht hat und dass eine wirksame Abtretung vorliegt, der Begünsigte aber nur die Zahlungsvoraussetzungen nicht erfüllen kann. 14 A.A. möglicherweise MüKo/Habersack 6, vor § 765, Rn. 21, der für den Fall einer Zession meint, die Rechtsnachfolge müsse in gehöriger Form, in der Regel durch Vorlage einer schriftlichen Abtretungsvereinbarung, nachgewiesen werden, sowie wohl Schlenzig, S. 72 f. (auch wenn ihre Ausführungen insofern wenig klar sind). Unzutreffend auch Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 266, der für den Fall der Umwandlung des
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
Die darüber hinaus von Rüßmann/Britz vertretene Auffassung, eine Aufforderung könne unwirksam sein, wenn der Begünstigte trotz Fortbestehens derselben Rechtspersönlichkeit eine wesentliche strukturelle Veränderung erfahren hatte, entbehrt jeglicher Grundlage.15 Auch der gesetzliche Übergang aller Rechte und Pflichten aus dem Versprechen, etwa im Erbfall oder wegen einer Verschmelzung oder einer anderen Umwandlung des Begünstigten, ist unproblematisch.16 Rüßmann/Britz sind jedenfalls für die typische Garantie auf erstes Anfordern freilich auch hier anderer Auffassung.17 Ihre Argumentation ist zweistufig: In einem ersten Schritt stellen sie fest, eine rechtsgeschäftliche Abtretung des Rechts auf Abgabe der Zahlungsaufforderung sei unzulässig,18 weil die Erteilung der Garantie auf einem besonderen Vertrauen in die Person des Begünstigten beruhe.19 In einem zweiten Schritt wird dann dargelegt, es sei einerseits zweifelhaft, ob eine globale Rechtsnachfolge hier zivilrechtliche Wirksamkeit entfalten könne, weil dadurch berechtigte Gläubiger- und Schuldnerinteressen beeinträchtigt werden können, andererseits aber könnten jedenfalls Rechte nicht in stärkerem Umfang auf den Rechtsnachfolger übergehen, als dies
Begünstigten meint, es komme darauf an, ob der Übergang der Garantie liquide bei Abruf nachgewiesen werde, denn sonst fehle es an einer garantiekonformen Zahlungsaufforderung. Unklar dagegen Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 155, wonach es darauf ankomme, ob „die konkrete Inanspruchnahme tatsächlich vom Begünstigten herrührt“, allerdings sei Begünstigter in diesem Sinne derjenige, der als solcher in der Bankgarantie bezeichnet ist. Nicht ganz klar KG, Urteil vom 1. 4. 2008, 14 U 211/07, wo die Inanspruchnahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern bei Rechtsnachfolge anerkannt wurde, obwohl diese Rechtsnachfolge im Aufforderungsschreiben nicht erwähnt worden ist, das Gericht aber auch darauf abstellte, dass der Bürge die Berechtigung des Begünstigten erst im Prozess in Frage gestellt hat, „zumal die Klägerin angesichts der vorgelegten Urkunden tatsächlich die wahre Berechtigte“ sei. 15 Rüßmann/Britz, S. 1832. 16 Ausdrücklich für den Erbfall, aber mit Argumenten, die generell auf die Gesamtrechtsnachfolge anwendbar sind, Koziol, Der Garantievertrag, S. 73. Für den Erbfall so auch Schlechtriem, S. 371 f., der dies allerdings mit der leichten Nachprüfung der Rechtsnachfolge auf Grund eines Erbscheins oder gerichtlichen Entscheids begründet und für nicht so leicht nachweisbare Nachfolgen der Zahlungsaufforderung eines Nachfolgers die Wirksamkeit abspricht. In der Rechtsprechung vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. 4. 2012, I-16 U 34/11, wo das Gericht bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern zwei aufeinander folgende Fälle der Gesamtrechtsnachfolge ohne Weiteres akzeptierte (ähnlich auch KG, Urteil vom 1. 4. 2008, 14 U 211/07). 17 Rüßmann/Britz, S. 1831. 18 Dagegen sei eine Abtretung des Zahlungsanspruchs selbst unproblematisch, Rüßmann/Britz, S. 1829 (Nachweise siehe Rüßmann/Britz, S. 1829, Fn. 12). So auch BGH, Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 198/82, OLG Saarbrücken, Urteil vom 6. 7. 2001, 1 U 55/99 - 13. Vgl. auch BGH, Urteil vom 10. 11. 1998, XI ZR 370/97, wonach eine solche Zession „grundsätzlich nicht den Vorwurf sittenwidrigen Verhaltens gegenüber dem Zessionar“ begründe. 19 Rüßmann/Britz, S. 1829 ff.
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bei rechtsgeschäftlicher Abtretung der Fall wäre (und deren Unzulässigkeit wurde bereits im Rahmen der Stufe eins festgestellt). Diese Argumentation ist differenziert zu beurteilen. Der zweite Schritt ist entschieden abzulehnen. Das Argument, dass Rechte nicht in stärkerem Umfang auf den Rechtsnachfolger übergehen können, als dies bei rechtsgeschäftlicher Abtretung der Fall wäre, ist nicht überzeugend; denn eine Anwendung von § 412 BGB scheidet regelmäßig wegen der speziellen, die Gesamtrechtsnachfolge regelnden Vorschriften aus.20 Und wenn bei Gesamtrechtsnachfolge bereits die Schulden übergehen können, so gibt es keinen Grund, warum auch das Recht zur Abgabe der Zahlungsaufforderung nicht übergehen sollte. Im Übrigen würde sonst die Garantie schlicht erlöschen müssen, was kaum als interessengerecht angesehen werden kann.21 Dagegen betrifft der erste Schritt der Argumentation von Rüßmann/Britz die Frage, ob eine rechtsgeschäftliche Abtretung des Rechts auf Abgabe der Zahlungsaufforderung möglich ist. Diese Frage ist in der Tat einer näheren Analyse zu unterziehen, denn sie hat selbständige Bedeutung. Für die typische Garantie auf erstes Anfordern wird sie im Schrifttum 22 und in der Rechtsprechung23 verauch Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 265. auch Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 265. 22 Gegen die Zulässigkeit der Abtretung Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 261, Mülbert, Neueste, S. 1105 (der hier aber auf die Auslegung im Einzelfall abstellt), Zahn/Ehrlich/Haas, S. 479, Mühl, Materiellrechtliche, S. 403, Blaurock, S. 204, Schütze/ Edelmann, S. 86 f., Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1149, Panagiotopoulos, S. 222, Koziol, Der Garantievertrag, S. 68. Nach den URDG ist die Abtretung unzulässig, wenn nichts anderes vereinbart wird (siehe Schütze/Edelmann, S. 84; darin sieht Schlechtriem, S. 367, zutreffend ein Argument für die Nichtabtretbarkeit). Für die Zulässigkeit einer Abtretung Hadding/Häuser/Welter, S. 716, Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 243, Bülow8, S. 579, Schürnbrand, S. 196 ff., Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 154, Gruel, S. 73 (der allerdings zum Beispiel aus der Formulierung „Ihr erstes Anfordern“ schließen will, dass die Abtretbarkeit abbedungen wird, S. 72), Bydlinski, Die Übertragung, S. 166, Zeller, S. 365. Differenzierend MüKo/Habersack6, vor § 765, Rn. 21. 23 Gegen die Zulässigkeit der Abtretung LG Frankfurt am Main, Urteil vom 30. 11. 1977, 3/11 O 120/77. Für die Zulässigkeit einer Abtretung OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01 (der Fall betraf aber eine Bürgschaft), wohl auch OLG Saarbrücken, Urteil vom 6. 7. 2001, 1 U 55/99 - 13 (Klage wurde wegen Aufhebung der Garantie abgewiesen), sowie LG Frankfurt am Main, Urteil vom 21. 9. 1983, 3/13 O 115/82 (wo die Anwendbarkeit von § 401 BGB ausdrücklich offen gelassen wurde), und BGH, Urteil vom 22. 4. 1985, II ZR 180/84. Nicht thematisiert wurde die Frage in BGH, Urteil vom 12. 3. 1996, XI ZR 108/95 (Klage wurde wegen Verletzung anderer formeller Voraussetzungen abgewiesen). Ausdrücklich offen gelassen in BGH, Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 198/82, und BGH, Urteil vom 24. 11. 1998, XI ZR 327/97. Auch offen gelassen in BGH, Urteil vom 26. 2. 1987, IX ZR 136/86, und als umstritten bezeichnet in OLG Köln, Urteil vom 30. 10. 1997, 12 U 40/97. Schürnbrand, S. 194, weist insofern darauf hin, dass die Entscheidungen BGH, Urteil vom 25. 9. 1996, VIII ZR 76/95, und BGH, Urteil vom 10. 11. 1998, XI ZR 370/97, auf eine Ablehnung der Übertragbarkeit deuten könnten. 20 So 21 So
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schieden beantwortet. Uns interessiert an dieser Stelle aber die Antwort betreffend das Versprechen auf erstes Anfordern.24 Die Rechtsprechung vertritt hier klar den Standpunkt, jedenfalls die Bürgschaft auf erstes Anfordern könne zusammen mit der gesicherten Hauptforderung abgetreten werden, und auch § 401 BGB finde auf sie Anwendung.25 Diese Rechtsprechung verkennt aber die Natur der Bürgschaft auf erstes Anfordern. Denn das bürgschaftsbezogene Versprechen auf erstes Anfordern besteht nicht nur aus dem Anspruch des Gläubigers auf Zahlung auf erstes Anfordern, sondern auch aus der künftigen Verpflichtung zur Rückzahlung eines zu Unrecht angeforderten Betrags.26 Deshalb würde eine Abtretung des Versprechens nicht nur die Abtretung eines Rechts, sondern auch die Übertragung einer Verbindlichkeit bedeuten; dies kann aber ohne Zustimmung des Gläubigers dieser Verbindlichkeit – also des Versprechenden (des Bürgen) – nicht erfolgen.27 Ebensowenig kann § 401 BGB hier anwendbar sein, denn es handelt sich hier nicht um ein Recht, sondern um ein ganzes Vertragsverhältnis. Dieses Ergebnis ist zugleich interessengerecht. Denn der Versprechende (Bürge) gewährt dem Begünstigten 24 Schürnbrand, S. 195, stellt ausdrücklich fest, dass Garantie und Bürgschaft auf erstes Anfordern in diesem Punkt gleich behandelt werden sollten. Dies ist aber aus den unter aufgeführten Gründen eben nicht richtig. A.A. ausdrücklich auch Schütze/Edelmann, S. 87. 25 BGH, Urteil vom 26. 2. 1987, IX ZR 136/86, OLG Köln, Urteil vom 30. 10. 1997, 12 U 40/97, OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. 1. 1999, 5 U 128/98, OLG Köln, Urteil vom 31. 3. 2000, 19 U 186/98 (wobei hier eine zusätzliche Erklärung über die Nichterfüllung durch den Hauptschuldner von der Zedentin erbracht wurde), OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01, BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99, stillschweigend akzeptiert auch von BGH, Urteil vom 24. 2. 2003, II ZR 385/99, BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99. In OLG Hamburg, Urteil vom 10. 10. 1985, 6 U 90/85, wurde eine Abtretung wohl auch stillschweigend akzeptiert, dies ist aber wegen der Knappheit der Gründe nicht klar. Im Schrifttum Bankrechts-Handbuch/Nobbe, § 91, Rn. 493 (betrifft § 401 BGB). So auch Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, S. 108 (und zwar auch für zusätzliche Erklärungen des Gläubigers), Oettmeier, S. 79 ff. (ebenfalls auch für zusätzliche Erklärungen des Gläubigers), Lukas, S. 132 f. (für die Abtretbarkeit), Schlenzig, S. 70 (für die Abtreitbarkeit, aber gegen die Anwendung von § 401 BGB), Gruel, S. 73 f. (für die Abtretbarkeit, die Anwendung von § 401 BGB, und auch für die Möglichkeit einer isolierten Abtretung des Anforderungsrechts), sowie Schürnbrand, S. 196 ff., wohl auch Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 151 f. (die jedoch die Begründung des BGH ablehnen). Unklar Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 258 f., der die Entscheidung BGH, Urteil vom 26. 2. 1987, IX ZR 136/86, auf einen besonderen Sachverhalt zurückführen zu wollen scheint, was aber wegen der späteren Entscheidungen ausgeschlossen zu sein scheint. A.A. und im Ergebnis wie hier Eleftheriadis, S. 168. 26 Dies ist klar, wenn man der Auffassung ist, der Rückforderungsanspruch sei vertraglicher Natur (siehe dazu Kap. 7, B., I.). Aber auch wenn man ihn als bereicherungsrechtlichen Anspruch auffasst, kann nicht anderes gelten, denn dieser bereicherungsrechtliche Anspruch ist gerade vertraglich vorprogrammiert; im Endergebnis macht es deshalb keinen Unterschied, ob er sich direkt auf Vertrag oder Gesetz stützt. 27 Ausdrücklich a.A. BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99: „Auch der nach Leistung auf die Bürgschaft auf erstes Anfordern in Betracht kommende Rückgewähranspruch führt nicht dazu, daß § 401 BGB für eine solche Bürgschaft nicht gilt.“
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(Gläubiger) durch die Erteilung eines Versprechens auf erstes Anfordern eine Art Kredit.28 Es ist für ihn deshalb von außerordentlicher Bedeutung, wer sein „Kreditnehmer“ ist. Dieses Interesse kann nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass der Bürge bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern in der Regel eine Erstattung vom Hauptschuldner bekommt; denn zum einen ist dies bei anderen Versprechen auf erstes Anfordern nicht der Fall, und auch bei der Bürgschaft braucht es nicht unbedingt der Fall zu sein,29 zum anderen kann dieser Regress in der Praxis auch scheitern. Der Gläubiger hat dagegen an der Abtretung kein so bedeutendes Interesse, zumal er die gewöhnliche Bürgschaft ohne das Versprechen auf erstes Anfordern weiterhin übertragen kann. Anzumerken ist, dass gerade bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern mehr für eine Unzulässigkeit der Abtretung als bei der typischen Garantie spricht, denn bei der Garantie geht es in der Tat nur um die Abtretung eines Rechts, weil den Begünstigten keine Verpflichtungen im Verhältnis zum Garanten treffen.30 Die Zahlungsaufforderung kann auch durch einen Bevollmächtigten abgegeben werden; in der Praxis ist dies der Regelfall.31 Dieser muss allerdings erklären, dass er im Namen des Begünstigten handelt.32 In der Rechtsprechung wurde die Abgabe der Aufforderung durch den Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Hinweis darauf, dass er im Namen der Gesellschaft tätig wird, als unwirksam erachtet; die Angabe des Kontos der Gesellschaft war ungenügend.33 In der Rechtsprechung wird die Frage der Berechtigung der die Erklärung abgebenden Person nicht immer streng genug gehandhabt. Unbedenklich ist es wohl noch, wenn die Möglichkeit anerkannt wird, in einem Versprechen auf erstes Anfordern den Begünstigten nicht direkt zu nennen,34 oder wenn die Frage der Berechtigung der die Aufforderung abgebenden Person erst in zweiter Linie, nach 28 Vgl.
dazu vor allem Dieckmann, S. 182 ff.
29 Beispielsweise wenn der Bürge das Versprechen auf erstes Anfordern eigenwillig über
die Sicherungsabrede hinaus erteilt, wie im Fall BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98. 30 Wobei nach BGH, Urteil vom 25. 9. 1996, VIII ZR 76/95, der eine Garantie abtretende Begünstigte verpflichtet ist, die sich aus der Sicherungsabrede ergebende Pflicht, die Garantie nur nach Eintritt des materiellen Garantiefalles in Anspruch zu nehmen, weiterzugeben, d.h. zu gewährleisten, dass der Zessionar dieser Schuld beitritt. 31 Beispielsweise im Fall OLG München, Urteil vom 23. 7. 1997, 7 U 2697/97, wurde die Aufforderung von einem Anwalt abgegeben; ebenfalls so in den Fällen OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. 1. 1999, 5 U 128/98, und OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. 4. 1999, 15 U 176/98. 32 Zur Anwendung von § 174 BGB siehe Oettmeier, S. 74. 33 OLG München, Urteil vom 23. 6. 1999, 7 U 6189/98. Kritisch dazu Wertenbruch, Anmerkung zum OLG München Urteil vom 23. 6. 1999, S. 904, der die Aufforderung als klar genug im Namen der GbR verfasst sieht. 34 OLG München, Urteil vom 6. 5. 1987, 7 U 1661/87, wo eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu Gunsten eines noch unbekannten Gläubigers übernommen wurde. Vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. 4. 2012, I-16 U 34/11, wo das Gericht Umstände außerhalb der Urkunde berücksichtigen musste, um feststellen zu können, wer Gläubiger ist.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
den materiellen Einwendungen, vom Gericht problematisiert wird.35 Entschieden entgegenzutreten ist aber der Auffassung, die Berechtigung sei keine unabdingbare Voraussetzung der Pflicht des Versprechenden zur Zahlung, und sie müsse nicht unbedingt vom Begünstigten im Prozess gegen den Versprechenden nachgewiesen werden. Im Urteil vom 28. 1. 1999 hat das OLG Düsseldorf die Auffassung vertreten, man könne sich darauf, dass der Anfordernde nicht Gläubiger einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ist, nur berufen, wenn dies klar auf der Hand liege.36 Ähnlich hat sich Nielsen geäußert, als er meinte, der Garant müsse und könne bei einer typischen Garantie auf erstes Anfordern weder die Richtigkeit der Unterschrift auf der Aufforderung, noch die Vertretungsbefugnis des Unterzeichners prüfen.37 Diese Ansichten können nicht akzeptiert werden. Der Begünstigte hat immer den vollen Beweis dafür zu erbringen, dass er Begünstigter eines Versprechens auf erstes Anfordern ist und dass alle formellen Voraussetzungen erfüllt wurden, darunter vor allem, dass die Aufforderung zur Zahlung wirksam abgegeben wurde.38 Der Versprechende kann sich gegen diesen Vortrag mit allen Mitteln wehren; darauf, ob seine Einwendungen „liquide“ oder „offensichtlich“ sind, kommt es nicht an; die Liquidität oder Offensichtlichkeit von Einwendungen ist ausschließlich im Rahmen der Einrede des Rechtsmissbrauchs von Bedeutung.39 In einem anderen Urteil in derselben Sache hat das OLG Düsseldorf etwas widersprüchlich folgende Ansicht vertreten:40 „Macht der Bürge hingegen geltend, dem an ihn herangetretenen Gläubiger eine die Auszahlung der Bürgschaftssumme rechtfertigende Zahlungszusage überhaupt nicht erteilt zu haben, ist also der Gegenstand des verbürgten Risikos selbst umstritten, so wird der Bürge im Erstprozess gegen den Gläubiger mit diesem Einwand gehört, soweit sich jene Beschränkung der Bürgschaftsverpflichtung im Wege der Auslegung aus der Urkunde 35 OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. 1. 2005, I-15 U 35/04, wo die Erklärung wohl statt von den drei Gläubigern von einer Kommanditgesellschaft abgegeben wurde. 36 OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. 1. 1999, 5 U 128/98. Ähnlich im Zusammenhang mit einer Zession wohl Schlenzig, S. 73 („Tritt die Unwirksamkeit der Abtretung nicht offensichtlich zutage und legt der Zessionar die [Abtretungs-]Urkunde vor, so kann der Bürge seine Leistung nicht verweigern.“). 37 Nielsen, Kurzkommentar zum BGH-Urteil vom 24. 11. 1998, S. 312. A.A. ausdrücklich Schütze/Edelmann, S. 96 f. Wie die Prüfungspflichten des Garanten im Verhältnis zu seinem Auftraggeber aussehen, ist selbstverständlich eine völlig andere Frage. 38 Ob er Gläubiger des materiellen Anspruchs – im Falle einer Bürgschaft auf erstes Anfordern somit Gläubiger der gewöhnlichen Bürgschaft – ist, ist eine andere Frage. In der Tat könnte das Gegenteil nur über den Missbrauchseinwand erheblich werden und zwar, wenn es liquide beweisbar wäre. Es wird übrigens nur selten vorkommen, dass der Begünstigte des auf die Bürgschaft Bezug nehmenden Versprechens nicht zugleich Gläubiger der gewöhnlichen Bürgschaft selbst sein wird (was aber beispielsweise dann vorkommen kann, wenn die gewöhnliche Bürgschaft aus bürgschaftsrechtlichen Gründen unwirksam ist). Um diesen Fall ging es im Urteil des OLG Düsseldorf aber ersichtlich nicht. 39 Siehe dazu Kap. 6, H. 40 OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. 4. 1999, 15 U 176/98.
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selbst unter ergänzender Berücksichtigung sonstiger unstreitiger oder durch Urkunden belegter Umstände ergibt. Beruft sich der Bürge also darauf, von einem Nichtberechtigten aus der Bürgschaft in Anspruch genommen zu werden, so kann er das Zahlungsverlangen mit den vorerwähnten Beschränkungen abwehren, ohne den liquiden Beweis für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des vermeintlichen Gläubigers erbringen zu müssen. […] Die behauptete formale Beschränkung der Bürgschaftsverpflichtung muss sich also im Wege der Auslegung aus der Urkunde selbst unter ergänzender Berücksichtigung sonstiger unstreitiger oder durch Urkunden belegter Umstände ergeben. Das ist vorliegend nicht der Fall.“
Auch diesen Ausführungen, die offensichtlich Folge eines Missverständnisses betreffend den Gegenstand des Urteils des BGH vom 14. 12. 1995 sind, kann nicht zugestimmt werden.41 Der angeblich Versprechende kann materiellrechtlich nicht gehalten sein, sich mit allen Mitteln gegen die Behauptung, er habe an den angeblichen Gläubiger ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern abgegeben, zur Wehr zu setzen, darunter auch solchen, die mit Urkunden nicht zu belegen sind.42 Eine solche Folge kann aus dem Versprechen selbst schon deshalb nicht hergeleitet werden, weil dies voraussetzen würde, dass dieses Versprechen dem Gläubiger tatsächlich erteilt wurde, was bereits streitig ist. Beschränkungen können sich insoweit ausschließlich aus dem Prozessrecht ergeben; der Versprechende wird typischerweise im Urkundenprozess verklagt, und er wird, wenn seine diesbezüglichen Einwendungen nicht durch Urkunden belegbar sind, sie erst im Nachverfahren erheben können. Die in den Gründen beider Entscheidungen enthaltene Auffassung ist folglich abzulehnen, auch wenn berücksichtigt werden muss, dass beide im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gefallen und deshalb im Ergebnis nicht zu beanstanden waren. Es ist nicht zu verkennen, dass die oben kritisierten Auffassungen in gewisser Weise an die von T. Fischer (freilich für die typische Garantie) vertretene These erinnern, wonach im Falle einer Gesamtnachfolge wegen Umwandlung der Begünstigte dem Garanten liquide nachweisen müsse, dass er tatsächlich Rechtsnachfolger ist.43 Fischer scheint dabei davon auszugehen, dass in einem solchen Fall die Zahlungsaufforderung eigentlich nicht garantiekonform ist (weil nicht vom ursprünglichen Begünstigten abgegeben); erst über § 242 BGB könne man zu dem Ergebnis gelangen, sie sei doch – entgegen dem Grundsatz der Garantiestrenge44 – ausreichend; dann aber müsse der Nachweis zumindest liquide sein.45 Beide BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95; zu diesem Urteil siehe Kap. 6, G. Vgl. in diesem Zusammenhang die zutreffende Entscheidung OLG Saarbrücken, Urteil vom 6. 7. 2001, 1 U 55/99 – 13; siehe dazu Kap. 6, F. 43 Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 266. Siehe Kap. 5, Fn. 14. 44 Die Garantiestrenge scheint auch MüKo/Habersack 6, vor § 765, Rn. 21, im Auge zu haben, wenn er den Nachweis einer Zession „in gehöriger Form“ verlangt. Siehe Kap. 5, Fn. 14. 45 Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 266. Dabei stellt Fischer fest, dass bei ausländischen Umwandlungen der Garant auf die Vorlage eines Rechtsgutachtens eines lokalen Anwalts wird bestehen können. 41
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Auffassungen verlangen den „liquiden“ Nachweis der Berechtigung, allerdings in gegenteiliger Richtung: das OLG Düsseldorf verlangt, dass der Versprechende die Nichtberechtigung liquide beweist, während Fischer verlangt, dass der Begünstigte die Berechtigung liquide beweist. Beide Auffassungen sind abzulehnen, denn die Frage, ob der Anfordernde berechtigt ist, ist immer nach allgemeinen Grundsätzen zu beantworten. Zu bemerken ist dabei, dass wenn man die Garantie dahin auslegen würde, dass die Zahlungsaufforderung immer vom ursprünglichen Begünstigten abzugeben wäre und keine Gesamtrechtsnachfolge zulässig wäre,46 dann die Garantiestrenge dazu führen würde, dass die Garantie nicht wirksam abgerufen werden könnte, also quasi erlöschen würde; eine Berufung auf § 242 BGB könnte dieses Ergebnis nicht ändern, selbst nicht bei liquidem Nachweis.47 2. Zugang des Anforderns Weiter muss die Aufforderung zur Leistung an den Versprechenden gerichtet und ihm zugegangen sein. Somit ist offensichtlich, dass bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern eine an den Hauptschuldner erfolgte Aufforderung wirkungslos ist.48 Ebenfalls unwirksam ist die Abgabe der Erklärung an eine Schwestergesellschaft der versprechenden Gesellschaft.49 Der Zugang an den Versprechenden aber reicht noch nicht aus. In Versprechen auf erstes Anfordern werden häufig die Filiale, Stelle, Abteilung oder sogar die Anschrift angegeben, bei der die Aufforderung ankommen muss. Typischerweise handelt es sich hier um diejenige Filiale, Stelle oder Abteilung, die bei der Erteilung des Versprechens mitgewirkt hat und in der der Kunde, der die Erteilung des Versprechens in Auftrag gegeben hat, betreut wird. Für die Versprechenden, insbesondere Banken, ist es wichtig, dass die Aufforderung von der richtigen Filiale, Stelle oder Abteilung empfangen wird, weil diese am ehesten vorbereitet ist, in einem solchen Fall Kontakt mit dem Kunden aufzunehmen und die formelle Ordnungsmäßigkeit der Aufforderung zu prüfen50; hat die Inanspruchnahme aus dem Versprechen innerhalb einer bestimmten Frist zu erfolgen, so kann die richtige Empfangsstelle sogleich unverzüglich feststellen, dass diese Frist erfolglos abgediesem Sinne wohl generell Mülbert, Neueste, S. 1105. Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass Probleme des Nachweises betreffend die Berechtigung des Anfordernden in der Praxis oft dadurch entschärft werden, dass in Garantien bzw. Versprechen auf erstes Anfordern verlangt wird, dass die Aufforderung über die Hausbank des Begünstigten geleitet werden muss, die die Berechtigung der Unterzeichnenden zu bestätigen hat (vgl. Zahn/Ehrlich/Haas, S. 461). Nach der Erfahrung des Verfassers ist eine solche Klausel bei Garantien auf erstes Anfordern jedenfalls in Polen der Regelfall. 48 LG Berlin, Urteil vom 13. 4. 2000, 9 O 313/99. 49 OGH, Urteil vom 3. 12. 1986, 1 Ob 686/86 (wohl typische Garantie auf erstes Anfordern). Nicht ganz klar KG, Urteil vom 1. 4. 2008, 14 U 211/07, leider ist wegen eines sehr knappen Sachverhalts eine Beurteilung hier aber nicht möglich. 50 Vor allem darauf stellt ab OGH, Urteil vom 3. 12. 1986, 1 Ob 686/86. 46 In
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laufen ist, und daraufhin die vom Kunden zur Verfügung gestellten Sicherheiten freigeben (freilich wird dies häufig davon abhängig gemacht, ob die Versprechens urkunde an die Bank zurückgegeben wird). Aus diesen Gründen ist, wenn im Versprechen eine bestimmte Geschäftsstelle des Versprechenden benannt wird, die Aufforderung nur wirksam, wenn sie dieser zugeht.51 Diese strenge Auffassung wurde vom österreichischen OGH wie folgt formuliert: „Hat demnach eine bestimmte Zweigniederlassung oder Filiale einer Bank die Garantie urkunde zugunsten des Begünstigten ausgefertigt, so ist die in dieser Urkunde bezeichnete Zweigniederlassung oder Filiale ausschließlicher Adressat der Inanspruchnahme. Andere Zweigniederlassungen oder Filialen derselben Bank kommen deshalb auch als Empfangsboten oder gar als Stellvertreter nicht in Betracht. Dies gilt unabhängig von der rechtlichen Qualifikation der Zweigniederlassung oder der Filiale, weil es im Hinblick auf die Rechtsnatur der im Außenhandel gebräuchlichen Bankgarantie schon wegen der damit verbundenen Förmlichkeiten vor allem auf die formelle Übereinstimmung zwischen dem Inhalt der Garantieurkunde und jenem der Inanspruchnahme ankommt. Verfügt somit eine Bank über ein verzweigtes Filialnetz, so kommt es für die fristgerechte Inanspruchnahme doch darauf an, daß die erforderlichen Erklärungen bzw. urkundlichen Nachweise innerhalb der vereinbarten Frist jener Geschäftsstelle zugegangen sind, die die Garantie ausgestellt hat.“52
Eine andere Frage ist es selbstverständlich, ob es im Falle einer bei der falschen Geschäftsstelle abgegebenen Aufforderung dieser nicht obliegt, die Aufforderung an den richtigen Adressaten umzuleiten53 oder den Begünstigten zumindest auf das Problem hinzuweisen, und ob der Versprechende für die Nichterfüllung dieser Pflicht unter Umständen nicht haftet.54 51 So für die typische Garantie auf erstes Anfordern Kleiner, Die Garantie, S. 213, Zahn/ Ehrlich/Haas, S. 461 f. Zwar mag dies bei Versprechen, die nicht im Auftrag eines Dritten erteilt werden, weniger bedeutend sein, trotzdem aber ist – auch wegen der kurzen Prüfungsfristen – dieser Grundsatz auf alle Versprechen anzuwenden. 52 OGH, Urteil vom 3. 12. 1986, 1 Ob 686/86. 53 Nach Jahn, S. 254 f., ist dies zulässig, denn das (vom OGH aufgestellte) Erfordernis einer Präsentation der Urkunde vom Begünstigten sei international unüblich und somit abzulehnen. Dem ist zuzustimmen. Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 179 f., bejahen insofern auch eine Pflicht zur Weiterleitung, wenn die Inanspruchnahme an die unzuständige Zweigniederlassung gerichtet war; nach Auffassung des Verfassers dürfte das Bestehen einer solchen generellen Pflicht fraglich sein (siehe folgende Fußnote). Die von Jahn aufgeworfene Frage, ob dann, wenn (was hier der Fall war) die Garantie einer Schwestergesellschaft des Garanten vorgelegt wurde, eine Weiterleitung zur Wirksamkeit der Inanspruchnahme führt, ist eher zu verneinen, denn eine an den falschen Rechtsträger gerichtete Aufforderung kann nicht ausreichend sein, es sei denn, dass aus den Umständen klar hervorgeht, dass der Garant gemeint war, nur sein Name (seine Firma) falsch angegeben wurde ( falsa demonstratio non nocet). 54 Siehe dazu generell Kap. 6, D., II. Für den Fall der an eine falsche Gesellschaft (und nicht nur falsche Zweigniederlassung) gerichteten Aufforderung kommt eine Pflicht dieser Gesellschaft selbstverständlich nicht in Betracht; aber auch für den Fall, dass die Aufforde-
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
Selbstverständlich haben auch die Anforderungen an den Begünstigten ihre Grenzen. Wurde die das Versprechen erteilende Geschäftsstelle aufgelöst, so kann die Aufforderung an die Zentrale des versprechenden Instituts gerichtet werden. Risiken der Umstrukturierung des Versprechenden können auf den Begünstigten nämlich nicht abgewälzt werden. 3. Inhalt des Anforderns Aus der Aufforderung zur Leistung muss hervorgehen, auf welches Leistungsversprechen auf erstes Anfordern sie sich bezieht (siehe Buchst. a unten) und welche Leistung angefordert wird (siehe Buchst. b unten). Ob weitere Anforderungen, d.h. die Schlüssigkeit des Anforderns bzw. die Angabe seiner Gründe (siehe Buchst. c unten) oder die Behauptung des Eintritts des materiellen Anspruchsfalles (siehe Buchst. d unten) erfüllt werden müssen, ist streitig. a) Bestimmung des geltend gemachten Anspruchs Um die Zahlungsaufforderungen zügig prüfen zu können, verlangen die Versprechenden unter Umständen die Angabe der Nummer des Versprechens in der Aufforderung. In solchen Fällen ist eine ohne diese Nummer abgegebene Erklärung unwirksam.55 Aber auch wenn keine solche Klausel vereinbart wurde, muss das in Bezug genommene Versprechen zumindest bestimmbar sein; denn sonst wäre der Versprechende, der möglicherweise mehrere Versprechen abgegeben hat, nicht in der Lage, den Eintritt des formellen Anspruchsfalls zu prüfen. Dies wurde vom BGH im Urteil vom 23. 1. 1997 bestätigt.56 Allerdings wurde in diesem Urteil, das eine typische Garantie auf erstes Anfordern betraf, ein wenig strenger Maßstab angelegt. Der BGH hat angenommen, dass es genügt, wenn die in Bezug genommene Garantie deswegen für den Garanten bestimmbar ist, weil er zugunsten des Begünstigten nur eine Garantie in der genannten Höhe oder mit dem genannten Verfallsdatum erteilt hat. Fraglich ist, ob nicht strengere Kriterien anzuwenden wären, und zwar schon deshalb, weil das Fehlen klarer Angaben die vom Versprechenden oder Garanten durchzuführende Prüfung erheblich erschwert.57 rung an die falsche Zweigniederlassung des tatsächlichen Garanten gerichtet wurde, sollte eine solche Pflicht nur ausnahmsweise bejaht werden, denn der Zweck des Grundsatzes der Garantiestrenge verlangt es hier eben, dass alle Pflichten von der einen vereinbarten Stelle wahrgenommen werden müssen. 55 Dies folgt aus dem Grundsatz der Dokumentenstrenge, siehe Kap. 4, D., I. 56 BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95. 57 Vgl. auch OLG Schleswig, Urteil vom 6. 12. 1983, 3 U 70/82. In diesem Fall hatte der Gläubiger den Bürgen zur Zahlung wegen einer Schuld des A2 aufgefordert, obwohl die Bürgschaft auf erstes Anfordern für die Schuld des A1 erteilt wurde; später hat er gemeint, A1 und A2 seien personenidentisch. Fraglich war, ob der Bürge die geleistete Summe nach §§ 670, 675 BGB von seinem Auftraggeber, A1, ersetzt bekommen kann (strikt gesagt stand
A. Arten von formellen Voraussetzungen
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Im Zusammenhang mit der Bestimmbarkeit des geltend gemachten Anspruchs ist aber auf ein wichtigeres, soweit ersichtlich in der Rechtsprechung bisher nicht direkt angesprochenes Problem hinzuweisen. Dem Begünstigten aus einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern können zugleich zwei Ansprüche auf dieselbe Leistung gegen den Versprechenden zustehen – der materielle und der formelle Anspruch.58 Der Begünstigte kann ein Interesse daran haben, den materiellen Anspruch statt des formellen geltend zu machen. Dieses Interesse kann sich einerseits daraus ergeben, dass er nicht in der Lage sein könnte, alle formellen Voraussetzungen zu erfüllen, andererseits aber auch daraus, dass es ihm gerichtlich verboten werden kann, sich auf das Versprechen auf erstes Anfordern (also auf den formellen Anspruch) zu stützen,59 oder dass die Inanspruchnahme des Versprechens rechtsmissbräuchlich wäre.60 Bei einem Verbot, eine Bürgschaft auf erstes Anfordern als eine solche auf erstes Anfordern geltend zu machen, wird der Begünstigte gezwungen, sie nur als „gewöhnliche“ Bürgschaft in Anspruch zu nehmen, demnach nur den materiellen Anspruch geltend zu machen. Daraus ergibt sich, dass der Aufforderung des Begünstigten zu entnehmen sein muss, ob er den formellen oder den materiellen Anspruch geltend macht.61 Dies muss dem Versprechenden klar sein, weil seine Prüfungsmöglichkeiten in beiden Fällen völlig verschieden ausgestaltet sind und weil sich in beiden Fällen die Folgen der Erbringung der Leistung gravierend unterscheiden.62 In der Praxis wird aber in die Einstandspflicht eines Rückbürgen, der sich für diesen Anspruch rückverbürgt hat, zur Entscheidung). Das Gericht hat gemeint, dass das Verhältnis und die Namen der A1 und A2 ihrer Verwechslung leicht Vorschub leisten konnten. Unter diesen Umständen sei es dem Bürgen nicht zumutbar, auf vage Zweifel hin die Auszahlung zu verweigern. Der Gläubiger habe den Eintritt des Bürgschaftsfalles schlüssig behauptet, indem er gerade auf die Namensidentität verwiesen habe. Der Zweck der Zahlungsklausel sei gerade gewesen, Einwendungen aus dem Grundgeschäft auszuschließen und dem Bürgen gerichtliche oder andere Verfahren von der Hand zu halten. Das Hauptproblem des Falles lag wohl in der Frage, ob die Bürgschaft überhaupt in Anspruch genommen wurde, ob also die Namensverwechslung und spätere Verweisung auf die angebliche Namensidentität dazu führten, dass die Zahlungsaufforderung in Bezug auf eine Bürgschaft auf erstes Anfordern für den A1 wirksam abgegeben wurde. Wäre dies der Fall, so hätte der Bürge grundsätzlich zu Recht ausgezahlt und zwar unabhängig davon, ob A1 und A2 leicht zu verwechseln waren. 58 Diese Möglichkeit wird in der Rechtsprechung zur Bürgschaft auf erstes Anfordern unzutreffend nur als „im Zweifel“ gegeben betrachtet; siehe Kap. 5, B., I. 59 So BGH, Urteil vom 10. 4. 2003, VII ZR 314/01, und dem folgend BGH, Urteil vom 25. 3. 2004, VII ZR 453/02, und OLG Hamm, Urteil vom 14. 7. 2005, 21 U 130/04. 60 Zum Beispiel weil er sich in masseloser Insolvenz befindet; siehe Kap. 6, H. So BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99. 61 A.A. Schlenzig, S. 44 ff., die annimmt, dass der materielle Anspruch durch die Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern gestundet wird. Schlenzig scheint übrigens die einzige Stimme im Schrifttum zu sein, die dieses Problem überhaupt gesehen hat. 62 Vor allem deshalb, weil die Leistung auf den formellen Anspruch bei fehlender materieller Berechtigung leichter zurückgefordert werden kann als eine Leistung auf den materiellen Anspruch. Siehe dazu Kap. 7, B., I.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
den Aufforderungen kaum erklärt, welcher der Ansprüche geltend gemacht wird; ob also beispielsweise eine Bürgschaft „an sich“ oder aber das auf sie Bezug nehmende Versprechen auf erstes Anfordern in Anspruch genommen wird. In diesen Fällen ist anzunehmen, dass der formelle Anspruch geltend gemacht wird. Diese Lösung entspricht vor allem dem typischen Willen des Begünstigten, der sich die Leistung auf erstes Anfordern hat versprechen lassen und der sich dieses Versprechens dann auch bedienen will. Sie ist aber auch aus weiteren Gründen interessengerecht. Zum einen ist in der Geltendmachung des formellen Anspruchs zugleich die Geltendmachung des materiellen Anspruchs zu erblicken; denn, wie noch zu erörtern sein wird, die Leistung auf den formellen Anspruch wird gewissermaßen automatisch als Leistung auch auf den materiellen Anspruch betrachtet, so dass auch die Aufforderung zur Erfüllung des formellen Anspruchs als gleichzeitige Aufforderung zur Erfüllung des materiellen Anspruchs gelten muss.63 Insoweit ist die Lage nicht symmetrisch, weil es der formelle Anspruch ist, der den materiellen sichert, und nicht umgekehrt; der Begünstigte kann also den materiellen Anspruch ohne den formellen geltend machen, während die Geltendmachung des formellen Anspruchs unter Verzicht auf den materiellen ausgeschlossen ist. Zum anderen werden dadurch die Interessen beider Parteien gewahrt. Denn einerseits wird dadurch der Gefahr begegnet, dass eine gegebenenfalls vereinbarte Frist zur Geltendmachung des formellen Anspruchs vom Begünstigten versäumt werden könnte. Andererseits läuft bei dieser Auslegung der Aufforderung auch der Versprechende nicht Gefahr, auf den formellen Anspruch auf Grund einer falsch ausgelegten Aufforderung, die sich ausschließlich auf den materiellen Anspruch bezogen hatte, zu leisten; dies wäre für den Versprechenden vor allem dann gefährlich, wenn daraus zu schließen wäre, dass er nicht auf den formellen, sondern auf den materiellen Anspruch leistete; denn dann wäre eine Rückforderung der Leistung nur nach den allgemeinen Regeln und nicht nach den für das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern geltenden Regeln über den Rückforderungsprozess möglich. Das oben erörterte Problem stellt sich selbstverständlich im Falle der typischen Garantie auf erstes Anfordern nicht, weil dort kein materieller Anspruch im Garantieverhältnis existiert.64 b) Umschreibung der angeforderten Leistung Aus der Aufforderung des Begünstigten muss sich darüber hinaus genau ergeben, welche Leistung der Versprechende erbringen soll.65 Zwar kann es Fälle geben, in denen eine ausdrückliche Umschreibung deshalb entbehrlich ist, weil aus dem in der Aufforderung genannten Leistungsversprechen nur eine einzige 63 Siehe
dazu Kap. 7, B., I. bei atypischen Garantien auf erstes Anfordern: BGH, Urteil vom 10. 9. 2002, XI ZR 305/01. 65 Vgl. OLG München, Urteil vom 21. 10. 1994, 23 U 3264/94, wo in der Zahlungsaufforderung ausdrücklich festgestellt wurde, dass der zu zahlende Betrag noch nicht feststeht. 64 Anders
A. Arten von formellen Voraussetzungen
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Leistung gefordert werden kann. Dies ist aber eher die Ausnahme.66 Bei den den Regelfall bildenden Zahlungsversprechen auf erstes Anfordern mit Höchstbetrag ist der Begünstigte regelmäßig berechtigt, auch ohne dass dies im Versprechen ausdrücklich geregelt werden muss, einen Teilbetrag zu ziehen (und es ist ihm auch nicht verwehrt, nach der ersten Aufforderung weitere Teilbeträge zu verlangen).67 Ist aber das Auffordern von Teilbeträgen zulässig, so muss die Höhe des konkret geforderten Betrags in der Aufforderung genau angegeben werden. Diese Auffassung wurde durch das OLG Frankfurt am Main im Urteil vom 16. 9. 1982 bestätigt.68 Im Schrifttum ist diese Entscheidung sowohl auf Zustimmung als auch auf Ablehnung gestoßen.69 Mülbert hat gegen sie vorgebracht, dass die Bestimmung in der Garantie, wonach der Anspruch binnen einer gewissen Frist geltend gemacht werden müsse, im Lichte des Grundsatzes der Garantiestrenge nicht dahin auszulegen sei, dass er auch binnen dieser Frist beziffert werden müsse.70 Brändel hat gemeint, dem Begünstigten sei es nicht zuzumuten, den Anspruch schon bei dem (befristeten) Anfordern auch dann zu beziffern, wenn er seine Höhe nicht kenne und sich dadurch schadensersatzpflichtig machen könne; vielmehr sei zwischen dem Anfordern als Ausübung eines (fristgebundenen) Gestaltungsrechts, das keiner Bezifferung erfordere, und einer späteren (nicht befristeten) Geltendmachung des Anspruchs selbst, bei der eine Bezifferung erforderlich sei, zu unterscheiden.71 Diese Kritik ist nicht berechtigt.72 Zum einen dient die Befristung dem Zweck, dass zu einem gewissen Zeitpunkt Klarheit über die potenzielle Haftung des Garanten (Versprechenden) herrscht; sowohl dieser, als auch sein Auftraggeber hat ein schützenswertes Interesse daran, dass dieser Zweck nicht vereitelt wird. Zum anderen ist es gerade nicht richtig, dass dem Begünstigten nicht zuzumuten ist, seinen Anspruch beziffern zu müssen; denn einerseits haftet der Begünstigte für 66 Liegt eine solche Ausnahme vor, so braucht die Leistung in der Aufforderung zwar nicht umgeschrieben zu werden; der Grund dafür liegt aber darin, dass sie sich sowieso aus den Umständen (nämlich dem Versprechen selbst und der auf dieses Versprechen verweisenden Aufforderung) eindeutig ergibt. 67 Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 172, die sich freilich zu der Möglichkeit des Verlangens weiterer Teilbeträge nicht äußern. 68 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16. 9. 1982, 5 U 14/82. Das Gericht hat aber auch erwogen, dass die Inanspruchnahme eines gewissen Betrages zur Wahrung der Frist zur Aufforderung auch für darüber hinausgehende Beträge führen könnte, wenn der Garant gewusst hätte, dass er mit einem weiteren Anspruch zu rechnen hat, wenn also der Begünstigte den angeforderten Betrag ausdrücklich als Teilbetrag bezeichnet hätte. 69 Zustimmend Scholz/Lwowski, Rn. 388; ablehnend Mülbert und Brändel – siehe unten. 70 Mülbert, Neueste, S. 1105. So auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1126 und 1133a. 71 Brändel, S. 50 f. So auch Zahn/Ehrlich/Neumann, S. 404 (gegen OLG München, Urteil vom 21. 10. 1994, 23 U 3264/94), wobei diese Auffassung in der Nachauflage Zahn/ Ehrlich/Haas, S. 463, ausdrücklich aufgegeben worden ist. Auf die Ausführungen Brändels beruft sich in einem anderen Zusammenhang auch Mülbert, Mißbrauch, S. 40, Fn. 49. 72 So auch Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 172 ff.
Kap. 5: Der formelle Anspruch
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eine zu hohe Anforderung sowieso nur dann, wenn er schuldhaft gehandelt hat; andererseits ist aber die Bestimmung des Verfallsdatums der Garantie gerade Teil der vereinbarten Risikoverteilung zwischen Begünstigtem und Auftraggeber. Ein unbefristetes Bezifferungsrecht würde diese Vereinbarung unterlaufen. c) Schlüssigkeit der Anforderung bzw. Angabe ihrer Gründe Streitig ist, ob der Begünstigte aus einer typischen Garantie oder aus einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern das Vorliegen des materiellen Garantiefalles bzw. des materiellen Anspruchsfalles schlüssig darlegen bzw. zumindest substantiieren muss. In der Rechtsprechung wird dies eindeutig als entbehrlich angesehen. Zwar hat das OLG München im Falle einer befristeten Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern ausgesprochen, dass die Inanspruchnahme einer solchen Bürgschaft nur dann wirksam und damit fristwahrend sei, „wenn die gerügten Mängel hinreichend individualisiert werden“; der Begünstigte müsse in der Aufforderung das Bestehen konkreter Mängel behaupten.73 Diese Entscheidung blieb aber eine absolute Ausnahme74 und wurde unter Hinweis darauf, dass sie in eindeutigem Widerspruch zum Urteil des BGH vom 28. 10. 199375 stehe, ohne sich mit ihm auseinanderzusetzen, ausdrücklich vom OLG Köln im Urteil vom 30. 10. 199776 kritisiert.77
73 OLG
München, Urteil vom 21. 10. 1994, 23 U 3264/94. etwas unklar auch OLG Saarbrücken, Urteil vom 6. 7. 2001, 1 U 55/99 - 13, in dem es heißt, es genüge für die Inanspruchnahme einer typischen Garantie auf erstes Anfordern, wenn der Begünstigte den Eintritt des Garantiefalles garantiekonform – etwa durch Vorlage bestimmter Dokumente – schlüssig behaupte. Eine potenzielle Ausnahme könnte auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. 7. 2002, 24 U 163/01, sein, wo eine Zahlungsaufforderung hinsichtlich der Höhe als unzureichend erachtet wurde, obwohl der angeforderte Betrag eindeutig angegeben war und es nur an der Berechnung dieses Betrages fehlte, was dem Versprechenden eine Überprüfung unmöglich machte; die Auslegung des Versprechens war hier aber zweifelhaft, so dass die Entscheidung keine allgemeinere Bedeutung in dieser Hinsicht haben sollte (zu dieser Entscheidung siehe auch Kap. 5, A., II.); in diesem Punkte zustimmend auch Nielsen, Kurzkommentar zum OLG Düsseldorf Urteil vom 30. 7. 2002, S. 810, der zugleich kritisiert, dass das Gericht eine verspätete Heilung dieses Mangels der Aufforderung zugelassen hat. Als potenzielle Ausnahme könnte auch ein obiter dictum in OLG Hamm, Urteil vom 24. 6. 1986, 21 U 150/85, gesehen werden, wo das Gericht feststellte, es genüge nicht die Zahlungsaufforderung allein, ein Missbrauch der Bürgschaft müsse ausgeschlossen bleiben. 75 BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93. 76 OLG Köln, Urteil vom 30. 10. 1997, 12 U 40/97. Zustimmend dazu Nielsen, Anmerkung zum OLG Köln Urteil vom 30. 10. 1997, S. 409. 77 Kritisch auch Nielsen, Anmerkung zum OLG München Urteil vom 21. 10. 1994, S. 123, sowie Oettmeier, S. 76 f. Im OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00, ist das Gericht einer Auseinandersetzung mit dem Urteil des OLG München entgangen, indem 74 Allerdings
A. Arten von formellen Voraussetzungen
125
Das oben genannte Urteil ausgenommen, wird in der Rechtsprechung eindeutig der Standpunkt vertreten, dass bei einer typischen Garantie auf erstes Anfordern78 und bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern79 eine schlüssige Darlegung des Eintritts des materiellen Garantie- oder Anspruchsfalles (Bürgschaftsfalles80) bzw. des Bestehens der gesicherten Hauptforderung entbehrlich ist.81 Mit anderen Worten hängt die Wirksamkeit der Aufforderung, falls Gegenteiliges nicht vereinbart wurde, nicht davon ab, ob der Begünstigte dort Tatsachen vorträgt, die, wenn sie zuträfen, den Eintritt des materiellen Anspruchsfalles implizierten. Dasselbe gilt für die gelegentlich anstelle der Schlüssigkeit verlangte „gewisse Substantiierung“ der tatsächlichen Grundlagen des gesicherten Anspruchs. Schon im Urteil vom 27. 6. 1977 hat das LG Lübeck entschieden, dass der Aufforderung grundsätzlich keine prüffähigen Unterlagen zur gesicherten Forderung beizufügen sind.82 Die Notwendigkeit einer schlüssigen Darlegung der Hauptforderung oder sogar der Bürgschaftsforderung wurde danach in der Rechtsprechung immer wieder verneint (übrigens ist charakteristisch, dass sich die Gerichte bei der Behandlung von es dieses Urteil wegen der Anerkennung des Mangels durch den Hauptschuldner als auf den zur Entscheidung stehenden Fall unanwendbar gesehen hat. 78 In OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 8. 2. 2000, 5 U 152/98, wurde die Entbehrlichkeit einer schlüssigen Darlegung oder einer Substantiierung des Garantiefalles als ständige Rechtsprechung bezeichnet. 79 BGH, Urteil vom 24. 11. 1983, IX ZR 2/83, BGH, Urteil vom 31. 1. 1985, IX ZR 66/84, BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93, BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95, BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95, OLG Köln, Urteil vom 30. 10. 1997, 12 U 40/97, BGH, Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97, BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98, OLG Hamm, Urteil vom 23. 5. 2000, 24 U 19/00 (im Ergebnis aber nicht ganz unzweideutig), BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00, BGH, Urteil vom 24. 1. 2002, IX ZR 204/00, BGH, Urteil vom 18. 4. 2002, VII ZR 192/01, OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. 3. 2004, 8 U 5/04, OLG Celle, Urteil vom 11. 11. 2004, 5 U 107/04, OLG Zweibrücken, Urteil vom 14. 4. 2005, 4 U 132/04 (eine schlüssige Darlegung des Sicherungsfalles sei nicht erforderlich), OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. 9. 2005, I-5 U 91/04, OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06, KG, Urteil vom 1. 4. 2008, 14 U 211/07 („die Klägerin war nicht […] gehalten, die gesicherten Forderungen genauer aufzuschlüsseln […].“ und „Eine schlüssige Darlegung des Sicherungsfalles ist nicht erforderlich“), OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. 4. 2012, I-16 U 34/11 („einer näheren Substantiierung der gesicherten Hauptforderung bedarf es nicht“); so sinngemäß auch OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. 12. 1996, 8 U 98/96, LG Köln, Urteil vom 31. 1. 2006, 27 O 232/05. 80 Zu den Gründen, warum der Verfasser auf den Begriff des materiellen Bürgschafts falles lieber verzichtet, siehe Kap. 2, C. 81 In Fällen von Bürgschaften auf erstes Anfordern wird sehr häufig nicht auf den materiellen Bürgschaftsfall, sondern auf das Bestehen der Hauptforderung abgestellt (siehe Kap. 5, Fn. 83). Das Bestehen der Hauptforderung ist ein Minus im Verhältnis zum Eintritt des materiellen Bürgschaftsfalles, auch wenn in der Praxis das Fehlen des materiellen Bürgschaftsfalles in der großen Mehrheit der Fälle Folge des Fehlens der Hauptforderung ist. 82 LG Lübeck, Urteil vom 27. 6. 1977, 11 O 73/77.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
Bürgschaften auf erstes Anfordern typischerweise83 nur mit der Notwendigkeit der schlüssigen Darlegung der Hauptforderung auseinandersetzen, ohne zu erwähnen, ob der Bürgschaftsanspruch im Übrigen schlüssig dargelegt werden muss). Im Urteil vom 28. 10. 1993 hat sich der BGH zu dieser Frage ausdrücklich geäußert.84 Er hat unter anderem Folgendes ausgeführt: „Im Schrifttum wird teilweise die Ansicht vertreten, auch bei einer Bürgschaft (oder Garantie) auf erstes Anfordern brauche der Schuldner auf die bloße Anforderung nicht zu zahlen, wenn es dieser an der Schlüssigkeit fehle. […] Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Durch die Bürgschaft auf erstes Anfordern, die im Bankverkehr das früher übliche „Bardepot“ abgelöst hat, sollen dem Gläubiger sofort liquide Mittel zugeführt werden, wenn er [Hervorhebung im Original] den Bürgschaftsfall für eingetreten hält. Dieser Zweck läßt sich nur erreichen, wenn die Anforderungen an die Erklärung, welche die vorläufige Zahlungspflicht auslöst, streng formalisiert sind, d.h. sich auf das beschränken, was in der Verpflichtungserklärung als Voraussetzung der Zahlung genannt und für jeden ersichtlich ist. Die gegenteilige Ansicht nimmt in Kauf, dass gerade darüber, ob der Gläubiger seinen Anspruch schlüssig begründet hat, Streit entstehen kann. Müßte dieser erst ausgefochten werden, ehe der Gläubiger Zahlung erwarten kann, wäre die Bürgschaft auf erstes Anfordern ihrer Funktion beraubt. Der Berechtigte muß das erklären, was als Voraussetzung der Zahlung auf erstes Anfordern in der Bürgschaft niedergelegt ist. Nur in bezug auf die vertragsgemäße Anforderung der Bürgenleistung, nicht in bezug auf die verbürgte Hauptforderung, hat der Zahlungspflichtige die Schlüssigkeit zu prüfen. […] Insbesondere brauchte die Klägerin danach nicht darzutun, dass die Hauptforderung bestand. Hat der Bürge insoweit Einwendungen, kann er diese – einschließlich der Behauptung, die verbürgte Hauptschuld sei nicht schlüssig dargetan – grundsätzlich erst nach Zahlung durch Rückforderungsklage gegen den Begünstigten geltend machen. […] Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, dem offensichtlichen Fehlen des materiellen Aspruchs gegen den Hauptschuldner sei der Fall gleichzuachtet, dass der Gläubiger Bestand und/oder Umfang eines derartigen Anspruchs nicht schlüssig darlege. Ob ein Anspruch schlüssig dargelegt ist, läßt sich nur auf Grund einer juristischen Subsumtion beurteilen. Dass diese jedermann nachvollziehen – und auf dieser Grundlage ein missbräuchliches Vorgehen erkennen – könne, kann man gewiss nicht sagen. Um einen Missbrauch aufzudecken, reicht es andererseits nicht aus, von dem Anspruchsteller eine schlüssige Darlegung zu verlangen. Wer betrügen will, dem bereitet auch die Aufstellung schlüssiger Behauptungen keine Schwierigkeiten.“
Diese Auffassung wird bis heute in der Rechtsprechung aufrechterhalten. Im Urteil vom 10. 2. 2000 wurde sie vom BGH als ständige Rechtsprechung bezeichnet.85 83 BGH, Urteil vom 24. 11. 1983, IX ZR 2/83, BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95, BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95, OLG Köln, Urteil vom 30. 10. 1997, 12 U 40/97, BGH, Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97, BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98, OLG Hamm, Urteil vom 23. 5. 2000, 24 U 19/00, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01, OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. 3. 2004, 8 U 5/04, OLG Celle, Urteil vom 11. 11. 2004, 5 U 107/04, OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06. 84 BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93. 85 BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98.
A. Arten von formellen Voraussetzungen
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Im Schrifttum gehen die Meinungen dagegen auseinander. Der Standpunkt der Rechtsprechung kann zwar als herrschende Meinung bezeichnet werden,86 es gibt aber auch bedeutende Gegenstimmen. Für die typische Garantie auf erstes Anfordern hat vor allem Canaris die Auffassung vertreten, dass der Begünstigte den Eintritt des materiellen Garantiefalles behaupten und dass diese Behauptung schlüssig und in gewissem Maße substantiiert werden muss.87 Seine Auffassung teilt für die Bürgschaft auf erstes Anfordern Eleftheriadis, der argumentiert, dass die damit verbundene Beeinträchtigung der Liquiditätsfunktion das kleinere Übel im Vergleich zu den außerordentlichen Missbrauchsgefahren sei; denn der Gläubiger könne dann bei materiell unbegründeter Behauptung des Bürgschaftsfalles zumindest nicht vortragen, um eventuellen strafrechtlichen Konsequenzen zu entgehen, es habe sich um ein Missverständnis gehandelt.88 Diese Linie teilen für die typische Garantie auf erstes Anfordern auch Rüßmann/Britz; sie meinen, dass sonst das Recht, sich auf den Missbrauchseinwand zu berufen, leer liefe.89 Eine Reihe anderer Autoren hat sich zwar nicht ganz klar, aber doch eher im Sinne der Auffassung von Canaris geäußert. So hat Klaas gemeint, auf das Erfordernis der Substantiierung könne nicht völlig verzichtet werden, und dann die Schlüssigkeit bzw. Substantiierung der Aufforderung gefordert.90 Weth dagegen stimmte ursprünglich einerseits der Auffassung von Canaris zu, war aber zugleich etwas inkonsequent der Ansicht, dass es ausreiche, wenn die Aufforderung nur auf eventuelle Widersprüchlichkeit geprüft werde.91 In einem späteren Aufsatz meint er, der Gläubiger müsse bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern die Hauptschuld schlüssig behaupten; sonst sei
86 Für die typische Garantie auf erstes Anfordern: Hein, S. 67, Zahn/Ehrlich/Haas, S. 404 f., Brändel, S. 49, Trost, Problemlösung, S. 659, MüKo/Habersack6, vor § 765, Rn. 27 (allerdings ist entgegen Fn. 105 nicht ganz klar, ob OLG Saarbrücken, Urteil vom 6. 7. 2001, 1 U 55/99 - 13, eine andere Auffassung vertritt, vgl. Kap. 5, Fn. 74; Habersack selbst hat dagegen noch in der 4. Auflage die gegenteilige Meinung vertreten, vgl. MüKo/Habersack 4, vor § 765, Rn. 25, und insbesondere Fn. 65). Für die Bürgschaft auf erstes Anfordern: Fischer, Schutz, S. 529, Graf von Westphalen, Ist das, S. 118, MüKo/Habersack6, § 765, Rn. 102, Lang, S. 2334, Schmitz/Vogel, Der Verzug, S. 567, Scholz/Lwowski, Rn. 320h, Fischer, Rückforderung, S. 545, Kopp, Die Bürgschaft, S. 191 ff., Oettmeier, S. 76 f., Lukas, S. 47, Arnold, S. 197, Wittmann, S. 482. Für beide: Nielsen, Gefährdung, S. 495 und 503. 87 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1130, und schon früher Canaris, Einwendungsausschluß, S. 772 f. Für die typische Garantie auf erstes Anfordern so auch Schütze/Edelmann, S. 91, freilich im Zusammenhang mit den URDG (vgl. dazu Hasse, S. 1992). Für eine Substantiierung „zumindest in groben Umrissen“ Panagiotopoulos, S. 52, und „in gewissem Umfang“ Heinze, S. 148 f. (für die typische Garantie auf erstes Anfordern). 88 Eleftheriadis, S. 106 f. 89 Rüßmann/Britz, S. 1826 f. 90 Klaas, S. 1099 f., wobei seine Ausführungen etwas unklar sind und er an einer Stelle von Schlüssigkeit, an anderer aber von „gewisser Substantiierung“ spricht. Unzutreffend beruft er sich auf BGH, Urteil vom 17. 1. 1989, XI ZR 65/88; aus diesem Urteil kann ein Erfordernis der schlüssigen Darlegung nicht abgeleitet werden. 91 Weth, Bürgschaft, S. 337.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
das Anfordern unwirksam.92 Horn meint, dass der BGH im Urteil vom 28. 10. 1993 die Begrenztheit der Schlüssigkeitsprüfung für die Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stark betont; den Gläubiger treffe zwar keine besondere Darlegungslast, sein Verlangen müsse jedoch beispielsweise betreffend der Bezugnahme auf eine bestimmte Hauptforderung schlüssig sein.93 Ähnlich, aber zugleich unter Berufung auf die wohl doch ersichtlich weitergehende Auffassung von Canaris, äußert sich Horn betreffend die typische Garantie auf erstes Anfordern.94 Die im zitierten Urteil des BGH vom 28. 10. 1993 angegebenen Argumente sind an sich überzeugend. In der Tat kann gerade die Schlüssigkeit des Vortrags zur Hauptschuld zweifelhaft sein; diese Schlüssigkeit der Überprüfung des Versprechenden und gegebenenfalls des im Erstprozess erkennenden Gerichts zu unterziehen, würde das Versprechen auf erstes Anfordern völlig unbrauchbar machen. Der in ständiger Rechtsprechung des BGH entwickelte Grundsatz, wonach alle Streitfragen tatsächlicher und rechtlicher Art, deren Beantwortung sich nicht von selbst ergibt, in einem Rückforderungsprozess auszutragen sind,95 wäre dann unanwendbar; denn in der Frage, ob die Hauptforderung schlüssig dargelegt wurde, sind typischerweise die meisten bestehenden Streitfragen rechtlicher Art enthalten. Dadurch wäre einerseits die schnelle Durchsetzung des materiellen Anspruchs, die ja Zweck des Versprechens ist, gefährdet, und andererseits würde der Bürge auf erstes Anfordern dadurch über komplexe rechtliche Probleme entscheiden müssen, was ihm zu einer Art Schiedsrichter machen würde. Zutreffend ist auch die Erwägung des BGH, dass das Verlangen nach einer schlüssigen Darlegung weder gegen Betrug noch gegen Rechtsmissbrauch schützen kann.96 Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Begriff des Rechtsmissbrauchs gerade darauf abstellt, ob die fehlende materielle Berechtigung offensichtlich oder liquide beweisbar ist.97 Kann die Hauptforderung aus rechtlichen Gründen offensichtlich nicht bestehen, so ist der Bürge durch die Lehre über den Rechtsmissbrauch auch dann geschützt, wenn keine schlüssige Darlegung dieser Forderung verlangt wird.98 Das Argument, dass 92 Weth, Das wirksame, S. 980 f. Allerdings ist Weth selbst der Meinung, dass der Begriff der Schlüssigkeit hier fehl am Platze ist (S. 976 f., 980). In der Tat ist für ihn ausreichend, wenn der Gläubiger „ausdrücklich oder konkludent das Bestehen, die Fälligkeit und die Höhe der Hauptforderung behauptet“ und dafür Sorge trägt, dass diese genau bezeichnet ist (S. 981). 93 Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 34. 94 Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 267. Vgl. auch Rn. 254, wo das Achten auf Verdachtsmomente, die gegen die Plausibilität der Anforderung sprechen, mit der Schlüssigkeit im Sinne von Canaris identifiziert wird. 95 Siehe dazu Kap. 1, Fn. 2 und Kap. 6. 96 So auch BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00. 97 Siehe dazu Kap. 6, H. 98 Allerdings ist zuzugeben, dass die Gerichte und selbst der BGH gelegentlich die gegenteilige Auffassung vertreten und meinen, dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern besonders dadurch, dass die Fälligkeit der gesicherten Forderung nicht einmal schlüssig
A. Arten von formellen Voraussetzungen
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die Einwendung des Rechtsmissbrauchs bei fehlendem Schlüssigkeitserfordernis leer liefe, ist weder richtig, noch trägt es die These, dass die Aufforderung schlüssig sein muss. Obwohl die Argumente des BGH zutreffend sind, scheinen sie die von ihm vertretene These nicht zu tragen. Unstreitig ist wohl, dass es den Parteien frei steht zu vereinbaren, dass in der Leistungsaufforderung, damit sie wirksam ist, die Begründetheit und Durchsetzbarkeit des materiellen Anspruchs (oder nur der von einer Bürgschaft auf erstes Anfordern gesicherten Hauptforderung) schlüssig darleget werden muss, oder aber, dass die Parteien auf eine solche Anforderung verzichten und sich darauf einigen, dass die reine Aufforderung – ohne jegliche Schlüssigkeitsdarlegung – ausreichend sein soll.99 Deshalb reicht die Erwägung, dass das Fordern nach einer schlüssigen Darlegung dem Zweck der raschen Zuführung von liquiden Mitteln zuwider wirken würde, nicht aus, um die herrschende Auffassung zu begründen. Denn der Zweck bzw. seine Reichweite sind genauso Frage der Auslegung des Versprechens, wie auch die Frage, ob eine schlüssige Darlegung erforderlich ist oder nicht. Vereinbaren die Parteien das Erfordernis einer schlüssigen Darlegung, so tritt somit der Liquiditätszweck nach dem Willen der Parteien insofern hinter den Zweck des Schutzes des Versprechenden zurück. Solch ausdrückliche Vereinbarungen sind zwar selten – soweit ersichtlich hat sich in der deutschen Rechtsprechung nur das OLG Hamm mit einer solchen Konstellation befasst –, aber sie kommen doch vor.100 In dem Fall des OLG Hamm war vereinbart, dass die Zahlungsaufforderung betreffend eine Bürgschaft auf erstes Anfordern die Gründe für die Inanspruchnahme enthalten muss. Diese Bedingung wurde durch die Beifügung von Mängellisten mit einer Bewertung einzelner Positionen erfüllt. Dies hat das Gericht akzeptiert; die Begründung seiner Entscheidung allerdings ist zweifelhaft. Zunächst hat es angemerkt, die Beifügung von Mängellisten stelle eine schlüssige Darlegung der Gründe der Inanspruchnahme dar, weil dafür die schlüssige pauschalierte Behauptung, dass Mängel in der verlangten Höhe vorliegen, genüge. Anschließend führt das Gericht aus, dass die Bürgschaftsurkunde, indem sie sagt, die Anforderung müsse zugleich die Gründe für die Inanspruchnahme enthalten, dargelegt zu werden braucht, die Gefahr des Missbrauchs begründet: BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00, OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. 9. 2005, I-5 U 91/04. 99 So zum Beispiel in den Fällen LG Frankfurt am Main, Urteil vom 11. 12. 1979, 3/10 O 123/79 („Payment will be made immediately upon your giving us notice of the fact, without it being necessary for you to adduce any proofs in support of your claim“) und LG Dortmund, Urteil vom 9. 7. 1980, 10 O 9/80 („ohne dass irgendein Verschulden oder eine Verletzung nachgewiesen werden muss, und ohne dass eine förmliche Zustellung oder gerichtliche Maßnahme oder die Angabe irgendeines Grundes notwendig sind“). Die Zulässigkeit einer Vereinbarung, wonach auf die Substantiierung verzichtet wird, wird allerdings von Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1130, in Frage gestellt (weil dann „die rechtliche Zulässigkeit wegen der Auslieferung an die Willkür des Begünstigten im Hinblick auf § 138 BGB problematisch erschiene“). 100 OLG Hamm, Urteil vom 24. 6. 1986, 21 U 150/85.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
lediglich das beschreibt, was nach der Rechtsprechung selbstverständlich ist; es genüge nämlich nicht die Zahlungsaufforderung allein, ein Missbrauch der Bürgschaft müsse ausgeschlossen bleiben. Diese Begründung überzeugt nicht. Erstens deshalb, weil eine „schlüssige pauschalierte Behauptung“, dass Mängel in der verlangten Höhe vorliegen, nicht als schlüssige Darlegung der gesicherten Hauptforderung oder der Bürgschaftsforderung gelten kann; Schlüssigkeit verlangt gerade, dass Tatsachen ausreichend konkret vorgetragen werden müssen, die den Bestand und die Durchsetzbarkeit der Forderung rechtfertigen; „pauschalierte“ Behauptungen können hier nicht ausreichen. Zweitens überzeugt die Begründung deshalb nicht, weil die Vereinbarung der Parteien in diesem Fall nicht nur als Ausdruck dessen verstanden werden kann, was ohnehin von der Rechtsprechung gefordert wird. Denn die Rechtsprechung, wie bereits dargelegt, verlangt keine schlüssige Darlegung der Gründe der Inanspruchnahme; mehr noch: strikt gesagt verlangt die Rechtsprechung für die Wirksamkeit der Leistungsaufforderung überhaupt nicht, dass Gründe für die Inanspruchnahme angegeben werden.101 Es ist ersichtlich, dass im vorliegenden Fall die Parteien diese Rechtslage kannten und die Angabe dieser Gründe eben deshalb vereinbart haben, wobei sie auch an keiner Stelle verlangt haben, dass die Aufforderung schlüssig sein müsse. Im Grundsatz kommt es also nur darauf an, wie eine Vereinbarung der Parteien auszulegen ist, wenn sich aus ihr nicht ausdrücklich ergibt, ob der materielle Anspruch schlüssig dargelegt oder überhaupt in irgendeiner Weise in der Aufforderung beschrieben werden muss. Aus dieser Sicht ist die Auffassung der Rechtsprechung, eine schlüssige Darlegung sei nicht erforderlich, zutreffend. Die vom BGH vorgetragenen Argumente sind hier insoweit beachtlich, als sie zeigen, dass eine Verneinung des Erfordernisses der Schlüssigkeit interessengerecht sein kann. Die Frage nach der richtigen Auslegung können diese Argumente alleine aber nicht beantworten. Bei der Auslegung eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern in diesem Punkt ist vor allem zu beachten, dass ein solches Versprechen, wenn nichts anderes vereinbart ist, keine Elemente enthält, die die Auffassung unterstützen könnten, es sei eine schlüssige Darlegung vereinbart.102 Dies behaupten auch die Befürworter dieser Auffassung nicht. Sie meinen lediglich, dass die schlüssige Darlegung wegen Missbrauchsmöglichkeiten trotzdem gefordert werden sollte; dies wäre nur im Wege einer ergänzenden Auslegung durchführbar. Allerdings fehlen hier die Voraussetzungen der Zulässigkeit einer ergänzenden Auslegung. Es fehlt an einer Regelungslücke. Die Anforderungen an die Leistungsaufforderung des Begünstigten sind im Versprechen niedergelegt, nur gehört zu diesen nicht die schlüssige Darlegung. Es kann kaum davon ausgegangen werden, dass hier ein von den Parteien unbedachter Punkt vorliegt, denn es geht schließlich um den Kern der 101 Für die typische Garantie auf erstes Anfordern so ausdrücklich OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23. 4. 2004, 21 W 46/03. Für die Bürgschaft auf erstes Anfordern könnte sich aus der in Kap. 6, G. diskutierten Rechtsprechung potenziell etwas anderes ergeben. 102 So auch Panagiotopoulos, S. 51.
A. Arten von formellen Voraussetzungen
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Verpflichtung des Versprechenden. Es kann auch nicht angenommen werden, dass der Begünstigte, wenn über diesen Punkt verhandelt worden wäre, dazu neigen müsste, die Voraussetzung einer schlüssigen Darlegung zu akzeptieren. Übrigens ist schon die Tatsache aussagekräftig, dass eine schlüssige Darlegung in der Praxis fast niemals als Wirksamkeitsvoraussetzung der Leistungsaufforderung ausdrücklich vereinbart wird, obwohl es den Parteien klar sein muss, dass von der Rechtsprechung eine solche Darlegung nicht verlangt wird. Auch dies zeigt, dass die beteiligten Wirtschaftskreise die Vereinbarung, dass eine schlüssige Darlegung erforderlich sei, für nicht interessengerecht halten. Alle diese Argumente dürften jedoch inzwischen weniger entscheidend sein als in der Vergangenheit. Denn die Diskussion über die Notwendigkeit der schlüssigen Darlegung scheint heute schon deshalb hinfällig zu sein, weil nach mehr als 30 Jahren der Verwendung von Leistungsversprechen und typischen Garantien auf erstes Anfordern es in der Praxis den Parteien klar sein muss, dass eine solche Voraussetzung nur dann erfüllt werden muss, wenn sie ausdrücklich vereinbart wird. Denn die Auffassung der deutschen Rechtsprechung ist keine vereinzelte Ansicht. Im internationalen Rechtsraum wird einheitlich angenommen, dass bei typischen Garantien auf erstes Anfordern eine schlüssige Darlegung, oder überhaupt die Angabe von Gründen, entbehrlich ist. Nichts anderes wird auch von den Befürwortern der gegenteiligen Auffassung behauptet. Bei dieser Rechtslage ist es den Parteien eines jeden Leistungsversprechens oder einer Garantie auf erstes Anfordern klar, dass, wenn sie keine Bestimmungen in dieser Sache vereinbaren, das Anfordern keine schlüssige Darlegung irgendwelcher Ansprüche wird beinhalten müssen. Der Versprechende weiß also von vornherein, oder er hätte zumindest wissen müssen, dass der Begünstigte die Erteilung eines Versprechens oder einer Garantie so verstehen wird, dass die schlüssige Darlegung entbehrlich ist. Es gibt deshalb keinen Raum dafür, hier eine andere Auslegung zu bevorzugen, die mit dem so ermittelten Willen der Parteien unvereinbar wäre. Im Endergebnis ist der herrschenden Meinung, wonach eine schlüssige Darlegung des materiellen Anspruchs bzw. des Eintritts des materiellen Anspruchsfalles entbehrlich ist, beizupflichten. Die gegenteilige Auffassung ist – selbst wenn sie ursprünglich berechtigt gewesen sein sollte – inzwischen überholt. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Gerichte gelegentlich betonen, dass eine schlüssige Darlegung des materiellen Anspruchs bzw. Anspruchsfalles zwar nicht erforderlich ist, dass aber die Leistungsaufforderung die Inanspruchnahme selbst oder die Erfüllung der formellen Voraussetzungen schlüssig begründen soll; in diesem Sinne müsse die Leistungsaufforderung schlüssig sein und insoweit müsse die Schlüssigkeit von im Auftrag eines Dritten handelnden Versprechenden geprüft werden.103 Was mit dieser These gemeint ist, ist nicht vollkommen klar. Sie ist wohl dahingehend zu verstehen, dass die Leistungsauf103 BGH, Urteil vom 31. 1. 1985, IX ZR 66/84, BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95, OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. 3. 2004, 8 U 5/04.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
forderung, um wirksam zu sein, alle formellen Voraussetzungen erfüllen muss, dass dies vom Versprechenden zu prüfen ist und dass in einer sich auf dem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern stützenden Klage des Begünstigten dies dargelegt werden muss, wenn sie schlüssig sein soll. Entsprechend einer solchen Auslegung wäre die These auch unbedenklich. Jedenfalls wird mit ihr die fehlende Notwendigkeit einer schlüssigen Darlegung des materiellen Anspruchs selbst nicht in Frage gestellt. d) Behauptung über den materiellen Anspruchsfall Auch wenn man auf das Erfordernis der Schlüssigkeit bzw. der Substantiierung der Leistungsaufforderung verzichtet, so besteht immer noch die Frage, ob der Begünstigte doch in der Leistungsaufforderung nicht zumindest erklären muss, dass der materielle Anspruchsfall eingetreten ist. Wäre dies der Fall, so wäre der Unterschied zwischen einem Versprechen, in dem keine zusätzlichen formellen Voraussetzungen vorgesehen sind, und einem Versprechen, in dem ausdrücklich vorgegeben ist, dass der Aufforderung eine Erklärung des Begünstigten über den Eintritt des materiellen Anspruchsfalles beizufügen ist, gering.104 Der Unterschied würde dann nur darin bestehen, dass im zweiten Fall der Inhalt und gegebenenfalls die Form dieser Erklärung im Versprechen vorgegeben wären, während im ersten Fall der Begünstigte mehr Freiheit in ihrer Ausgestaltung hätte. Der Gedanke, dass jede Leistungsaufforderung die Erklärung des Begünstigten, der materielle Anspruch stehe ihm zu und sei durchsetzbar, enthalten muss, liegt nicht fern, wenn man einige Aussagen der Rechtsprechung liest. So hat das LG Frankfurt am Main in einer im Jahre 1962 zur typischen Garantie auf erstes Anfordern ergangenen Entscheidung unter Berufung auf ein Gutachten von Caemmerers die Auffassung vertreten, dass die garantierende Bank hier „auf erste Anforderung, also auf einfache Anzeige von der Nichterfüllung durch den Hauptschuldner“ Zahlung leisten müsse.105 Daraus könnte man folgern, dass die Zahlungsaufforderung, um wirksam zu sein, die Behauptung enthalten muss, der Hauptschuldner habe nicht erfüllt, der materielle Garantiefall sei also eingetreten. Auch neuere Aussagen der Rechtsprechung könnten zu einem solchen Schluss berechtigen. Der BGH hat im Jahre 1993 ausgesprochen, dass der Begünstigte aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern das erklären müsse, was als Voraussetzung der Zahlung in der Bürgschaft niedergelegt ist, und dass die Zahlungspflicht des Bürgen in diesem Fall davon abhänge, dass der Begünstigte dem Bürgen mitteilt, der Hauptschuldner habe die gesicherte Hauptverbindlichkeit nicht erfüllt.106 In einem späteren Urteil sagte der BGH, dass der Begünstigte das erklären müsse, was als Voraussetzung der Zahlung in der Bürgschaft niedergelegt ist, und dass bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern auf die Behauptung der Fälligkeit durch den Be104 Zu
der zweiten Art von Versprechen siehe Kap. 5, A., II. Frankfurt am Main, Urteil vom 16. 10. 1962, 3/4 O 155/61. 106 BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93. 105 LG
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günstigten, nicht aber auf den Fälligkeitsnachweis abzustellen ist.107 Im Urteil vom 2. 4. 1998 hat der BGH festgehalten, dass es für die Inanspruchnahme des Bürgen auf erstes Anfordern genügt, wenn der Begünstigte die Bürgschaftsleistung vertragsgemäß anfordert und behauptet, die gesicherte Forderung sei fällig.108 Diese Entscheidungen könnten den Eindruck erwecken, die Leistungsaufforderung müsse, um wirksam zu sein, eine Erklärung (Behauptung) des Begünstigten enthalten, wonach der materielle Anspruchsfall eingetreten sei. In diesem Zusammenhang ist die Auslegung des Satzes, der Begünstigte müsse das erklären, was als Voraussetzung der Leistung in dem Versprechen auf erstes Anfordern niedergelegt ist, von besonderer Bedeutung, denn dieser Satz taucht in einer Reihe weiterer Gerichtsentscheidungen auf.109 Er ist aber zumindest zweideutig: Er könnte einerseits in dem Sinne verstanden werden, dass alle Erklärungen des Begünstigten, die als formelle Voraussetzungen in dem Versprechen vereinbart wurden, abgegeben werden müssen, wenn die Leistungsaufforderung wirksam sein soll.110 Dann wäre er unbedenklich. Er kann andererseits aber auch so ausgelegt werden, dass der Eintritt dessen, was als materielle Voraussetzung in dem Versprechen niedergelegt ist, vom Begünstigten immer erklärt werden muss. Dies würde bedeuten, dass eine Behauptung des Begünstigten, der materielle Anspruchsfall sei eingetreten, in jedem Fall unentbehrlich ist. Wie die Auffassung der Rechtsprechung insofern aussieht, ist nicht vollkommen klar. Zwar scheinen die eingangs zitierten Entscheidungen des BGH eindeutig zu besagen, dass eine Behauptung des Eintritts des materiellen Anspruchsfalles unentbehrlich ist. In keiner der genannten Entscheidungen wurde aber der Anspruch des Begünstigten mit der Begründung abgewiesen, er habe nicht erklärt, dass der materielle Anspruchsfall eingetreten sei. Vielmehr wollten die Gerichte in diesen Fällen eher betonen, dass die Erklärung des Begünstigten ausreicht und dass nichts mehr von ihm gefordert werden kann. Im Schrifttum wird sowohl die Auffassung vertreten, wonach die Anforderung immer die stillschweigende Behauptung enthält, der materielle Anspruchsfall bzw. der materielle Garantiefall sei eingetreten,111 als auch die Auffassung, dass die107 BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95; ähnlich auch OLG Köln, Urteil vom 24. 10. 1997, 19 U 38/97. 108 BGH, Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97. 109 Außer den bereits zitierten: BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95 (wohl typische Garantie auf erstes Anfordern), OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. 1. 1999, 5 U 128/98, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 8. 2. 2000, 5 U 152/98 (typische Garantie auf erstes Anfordern), OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00, OLG Celle, Urteil vom 11. 11. 2004, 5 U 107/04. 110 In diesem Sinne wohl in den Fällen BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 8. 2. 2000, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00. 111 Für die typische Garantie auf erstes Anfordern: Hein, S. 48 (entgegen Mülbert, Mißbrauch, S. 48 f., Fn. 86, vertritt Hein auch auf S. 67 keine andere Meinung), Blaurock,
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
se Behauptung doch ausdrücklich erklärt werden muss112. In vielen Fällen ist der Standpunkt der einzelnen Autoren in dieser Hinsicht nicht ganz klar.113 Zu bemerken ist, dass alle genannten Standpunkte davon ausgehen, dass jedenfalls eine stillschweigende Behauptung erforderlich ist.114 Allerdings hat Brändel die Auffassung vertreten, dass die Leistungsaufforderung ausschließlich ein Gestaltungsrecht ist; er scheint deshalb der Ansicht zu sein, dass keine Erklärung des Begünstigten, sei sie stillschweigend oder ausdrücklich, notwendig ist.115 Zu diesem Problem ist wie folgt Stellung zu nehmen. Die Ansicht, der Begünstigte müsse in jedem Fall bei der Leistungsaufforderung ausdrücklich erklären, der materielle Anspruchsfall sei eingetreten, ist nicht haltbar. Vor allem beinhaltet die stereotype Formulierung „wir leisten auf erstes Anfordern“ eine solche Voraussetzung nicht. Aus ihr geht vielmehr eindeutig hervor, dass die einzige formelle Voraussetzung die Aufforderung zur Leistung ist. Eine zusätzliche Erklärung des Begünstigten über die materielle Rechtslage wird in einer solchen Formulierung nicht erörtert. Hinzu kommt, dass es durchaus Versprechen gibt, in denen eine solche Voraussetzung ausdrücklich vorgesehen ist; S. 204, Zahn/Ehrlich/Haas, S. 396, Weth, Bürgschaft, S. 313, Scholz/Lwowski, Rn. 388, Bydlinski, Moderne, S. 175, Fn. 45, Zahn, Anmerkungen, S. 155, Panagiotopoulos, S. 46. Für die Bürgschaft auf erstes Anfordern so nun ausdrücklich Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 29 (die Kommentierung wurde um die Worte „ausdrücklich oder konkludent“ erweitert – vgl. die Vorauflage Staudinger/Horn97, Vorbem. zu §§ 765 ff., Rn. 27). 112 Für die typische Garantie auf erstes Anfordern: Schütze, Zur Geltendmachung, S. 84 (der sogar verlangt, dass der Begünstigte behauptet, ihm stehe der gesicherte Anspruch in der angeforderten Höhe zu – so auch Schütze/Edelmann, S. 93). Für die Bürgschaft auf erstes Anfordern: Wertenbruch, Anmerkung zum OLG München Urteil vom 23. 6. 1999, S. 904 (der diese allgemeine Auffassung allerdings in einem Fall anwendet, in dem dieses Erfordernis sowieso vertraglich vereinbart wurde), Schlenzig, S. 64 f. (wobei Schlenzig auf S. 67 sogar verlangt, dass der Anspruch „in der verlangten Höhe schlüssig behauptet“ werde), wohl auch Lukas, S. 55, Gruel, S. 65, und Clemm, S. 126. Autoren, die eine Schlüssigkeit bzw. Substantiierung verlangen, vertreten grundsätzlich die Ansicht, dass eine ausdrückliche Behauptung des Eintritts des materiellen Anspruchsfalles bzw. Garantiefalles erforderlich ist, so beispielsweise Eleftheriadis, S. 106, wohl auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1130 (im Übrigen siehe Buchst. c) oben). 113 So bei Trost, Problemlösung, S. 659, Liesecke, Rechtsfragen, S. 26 (entgegen Mülbert, Mißbrauch, S. 48 f., Fn. 86, kann nicht eindeutig gesagt werden, Liesecke verlange eine ausdrückliche Behauptung des Begünstigten). Als umstritten bezeichnen die Frage Hadding/ Häuser/Welter, S. 698. 114 Der Sache nach so Weth, Das wirksame, S. 980 f., wonach erforderlich ist, dass der Gläubiger „ausdrücklich oder konkludent das Bestehen, die Fälligkeit und die Höhe der Hauptforderung behauptet“ und dafür Sorge trägt, dass diese genau bezeichnet ist. 115 Brändel, S. 50 f. Dies steht mit seiner Auffassung im Zusammenhang, auch eine Bezifferung des Anspruchs sei entbehrlich. Siehe Buchst. b) oben. Auch Gruel, S. 58 f., scheint für die typische Garantie auf erstes Anfordern der Auffassung sein, dass eine Behauptung entbehrlich ist.
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diese Versprechen werden im folgenden Kap. 5, A., II. behandelt. Sähe man eine solche Erklärung immer als notwendig an, so würde der anerkannte Unterschied zwischen Versprechen auf einfaches Anfordern und Versprechen, in denen dem Anfordern eine Erklärung des Begünstigten beizufügen ist, völlig aufgehoben.116 Es muss aber den Parteien frei stehen, sich für die eine oder die andere Form des Versprechens zu entscheiden; ein so schwerwiegendes Interesse des Versprechenden an der ausdrücklichen Erklärung des Begünstigten, das trotz fehlender Vereinbarung darüber die Annahme eines solchen Erfordernisses rechtfertigen könnte, ist nicht feststellbar, zumal die Erklärung den Versprechenden sowieso nur beschränkt schützt. Eine schwierigere Frage ist es, ob die Aufforderung zumindest stillschweigend die Behauptung des Eintritts des materiellen Anspruchsfalles enthalten muss. Dies wird mehrheitlich bejaht. Brändel dagegen vertritt für die typische Garantie auf erstes Anfordern die Auffassung, sie sei nur ein Gestaltungsrecht, eine reine Willenserklärung.117 Im Zusammenhang mit dieser Frage wird im Schrifttum einerseits auf das Problem hingewiesen, was passieren soll, wenn die Aufforderung widersprüchlich ist bzw. wenn aus ihr folgt, dass der materielle Anspruchsfall nicht eingetreten ist,118 andererseits auf das Problem der zivil- oder strafrechtlichen119 Haftung des Begünstigten für eine unberechtigte Aufforderung. Akzeptiert man die Behauptungstheorie, so könnte man meinen, dass im Falle einer widersprüchlichen bzw. den Nichteintritt des Anspruchsfalles bestätigenden Aufforderung die erforderliche Behauptung gar nicht vorliegt und die Aufforderung somit unwirksam ist; und im Falle unberechtigter Inanspruchnahme könnte unter Umständen eine Haftung des Begünstigten auf Grund einer Täuschung (falscher Behauptung) in Frage kommen.120 116 Nielsen, Ausgestaltung, S. 149, weist (für die typische Garantie) darauf hin, dass der Zweck solcher zusätzlicher Erklärungen darin liege, den Begünstigten auf eine Erklärung festzulegen, für deren Richtigkeit er in einem anschließenden Prozeß auf Rückerstattung der Garantiesumme einstehen müsse. Diese These mag aber insofern zweifelhaft sein, als es gar nicht klar ist, ob der Begünstigte im Rückforderungsprozess nach Ziehung der Garantie gehalten ist, seine Berechtigung ausschließlich im Einklang mit seiner ursprünglichen Erklärung zu begründen. 117 Brändel, S. 50 f. Unklar Oettmeier, S. 73 ff., die einerseits die Zahlungsaufforderung als Gestaltungsrecht (S. 73) und einseitige Willenserklärung (S. 74) ansieht, andererseits bei widersprüchlicher Behauptung des materiellen Bürgschaftsfalles davon ausgeht, dass keine wirksame Inanspruchnahme vorliegt (S. 75 f.). 118 Klaas, S. 1099 („eine in sich widersprüchliche Behauptung ist unbeachtlich“), Weth, Bürgschaft, S. 337, Oettmeier, S. 75 f. („eine in sich widersprüchliche Behauptung kann auch den von der überwiegenden Meinung geforderten Prämissen für eine ordnungsgemäße Anforderungserklärung nicht genügen […]. Zusätzliche Erklärungen des Gläubigers […] können daher schädlich sein“). 119 Auf die strafrechtliche Haftung weist Schütze, Zur Geltendmachung, S. 84 (für die typische Garantie auf erstes Anfordern), hin. 120 Siehe dazu aber Kap. 7, E.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
Nach Auffassung des Verfassers ist jedenfalls für das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern121 die Behauptungstheorie abzulehnen. Die für sie ins Feld gebrachten Argumente überzeugen nicht. Zivilrechtlich haftet der Begünstigte für eine materiell zu Unrecht erfolgte Aufforderung ohnehin, sofern ihn ein Verschulden trifft122 (und trifft ihn kein Verschulden, so würde man ihn auch für eine falsche Behauptung kaum haftbar machen können). Und was die strafrechtliche Haftung anbelangt, so sollte unabhängig davon, ob hier eine Strafbarkeit überhaupt in Frage kommt,123 die Auslegung nicht vom Ziel geleitet sein, die Strafbarkeit einer potenziellen unberechtigten Inanspruchnahme durch den Begünstigten unbedingt zu gewährleisten; denn es kann kaum angenommen werden, dass die Parteien gerade auf eine solche Strafbarkeit abzielen.124 Für den Fall einer widersprüchlichen Leistungsaufforderung ist hingegen zu unterscheiden: Folgt aus der Aufforderung, dass der Begünstigte selbst an seine materielle Berechtigung nicht glaubt, so ist die Aufforderung zwar formell wirksam, die Geltendmachung des formellen Anspruchs dann aber in jedem Fall missbräuchlich. Denn der Zweck des Versprechens liegt zwar darin, dass die Leistung an den Begünstigten sofort dann bewirkt wird, wenn der materielle Anspruchsfall tatsächlich eingetreten ist; dieser Zweck wird aber dadurch erreicht, dass der Begünstigte auf die Leistung schon dann Anspruch hat, wenn er meint, ihm, dem Begünstigten, stehe die Leistung materiell zu und wenn zugleich der formelle Anspruchsfall eingetreten ist.125 Fordert der Begünstigte den Versprechenden zur Leistung auf, obwohl er an seine materielle Berechtigung nicht glaubt, so übt er das ihm formell zustehende Recht missbräuchlich aus.126 Ist die Aufforderung hingegen nur in dem Sinne „widersprüchlich“, dass die Argumentation des Begünstigten, nicht aber sein Glaube an den Eintritt des materiellen Anspruchsfalles, in Frage steht, so ist dies gar kein Fall, der über die Behauptungstheorie gelöst werden könnte. Begründet der Begünstigte seine Aufforderung mit widersprüchlichen Argumenten, so folgt daraus nur, dass die Begründung falsch ist, nicht aber, dass der materielle Anspruchsfall nicht eingetreten 121 Ob der Fall der typischen Garantie auf erstes Anfordern anders zu beurteilen ist, braucht im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht erörtert zu werden (wohl ist Gruel der Auffassung, dass dies nicht der Fall sein muss, da er für die Bürgschaft auf erstes Anfordern die Behauptungstheorie vertritt – S. 65 – für die Garantie aber nicht – S. 58 f.). Zu bemerken ist nur, dass im Fall einer typischen Garantie die Lage insofern eine andere ist, als der materielle Garantiefall überhaupt nicht im Verhältnis zwischen dem Garanten und dem Begünstigten vereinbart wird. 122 Siehe dazu Kap. 7, D. 123 Siehe dazu Kap. 7, E. 124 A.A. wohl Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1130 (man müsse den Begünstigten „mit der Notwendigkeit einer nachweisbaren Lüge“ konfrontieren und „ihn vor die darin liegenden psychologischen und rechtlichen Barrieren“ stellen). 125 Siehe dazu Kap. 4, A. 126 So auch Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 196. Siehe dazu Kap. 6, H., III.
A. Arten von formellen Voraussetzungen
137
ist oder dass der Begünstigte an seinen Eintritt nicht glaubt. Solche Fälle sind daher ausschließlich über die Konstruktion des Missbrauchs wegen ohne Weiteres feststellbaren Nichteintritts des materiellen Anspruchsfalles zu lösen.127 Dass der Begünstigte die Aufforderung falsch begründet hat, braucht insofern nicht unbedingt entscheidend zu sein. 4. Form des Anforderns Die Leistungsaufforderung muss schließlich die in dem Versprechen niedergelegten Formanforderungen wahren. Diese Anforderungen können die Art der Übermittlung der Aufforderung, die Sprache, in der sie verfasst werden soll, usw., regeln. Am häufigsten wird verlangt, dass die Aufforderung (und gegebenenfalls andere notwendige Erklärungen) schriftlich erfolgen.128 Nicht selten sind auch Vereinbarungen, wonach die Aufforderung „schriftlich oder fernschriftlich“129 oder „brieflich“130 zu erfolgen habe. Häufig wird auch ausdrücklich vereinbart, dass die Aufforderung per Telex oder SWIFT erfolgen soll,131 wobei der Telex oder SWIFT verschlüsselt werden soll.132 Schließlich kann auch der Weg der Übermittlung konkret beschrieben werden, wenn etwa die Übermittlung über ein bestimmtes Kredit institut133 oder eine Gruppe von Kreditinstituten134 erfolgen soll. Gelegentlich wird verlangt, dass das genannte Kreditinstitut die Echtheit der Unterschrift und gegebenenfalls sogar die ordnungsgemäße Vertretung des Begünstigten bestätigt.135 127 Siehe
dazu Kap. 6, H., I. das Schriftformerfordernis auch ohne Vereinbarung als Handelsbrauch gilt, ist fraglich; so aber unter Berufung auf § 346 HGB Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 252. 129 Beispielsweise in den Fällen LG Frankfurt am Main, Urteil vom 21. 9. 1983, 3/13 O 115/82, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26. 6. 1984, 5 U 221/83, und BGH, Urteil vom 22. 4. 1985, II ZR 180/84. 130 So in den Fällen BGH, Urteil vom 11. 12. 1986, IX ZR 165/85, OLG Bremen, Urteil vom 14. 6. 1990, 2 U 44/90, oder OLG München, Urteil vom 23. 7. 1997, 7 U 2697/97. 131 So im Fall OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18. 3. 1997, 5 U 229/95 (typische Garantie auf erstes Anfordern – Standby Letter of Credit). LG Stuttgart, Urteil vom 15. 6. 1978, 1 KfH O 194/77, und OLG Stuttgart, Urteil vom 25. 1. 1979, 3 U 119/78: „by registered letter or by duly tested cable“ (ebenfalls typische Garantie auf erstes Anfordern). 132 Verschlüsseltes Telex oder Telegramm: OLG Karlsruhe, Urteil vom 21. 7. 1992, 18a U 39/92 (typische Garantie auf erstes Anfordern). 133 LG Stuttgart, Urteil vom 15. 6. 1978, 1 KfH O 194/77, und OLG Stuttgart, Urteil vom 25. 1. 1979, 3 U 119/78: „through the intermediary of Banque Nasr Libano-Africaine S.L.A., Beirut“. 134 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18. 3. 1997, 5 U 229/95: „through a first rate bank“ (typische Garantie auf erstes Anfordern – Standby Letter of Credit). 135 Als zweckmäßig beschreiben Zahn/Ehrlich/Haas, S. 419, das Erfordernis der Leitung der Aufforderung über die Hausbank des Begünstigten, die die Prüfung der Ord128 Ob
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
Im Zusammenhang mit dem Schriftformerfordernis stellt sich die Frage, ob hier auf das jeweilig einschlägige nationale Recht abzustellen ist (so dass in Deutschland § 127 BGB anwendbar wäre), da bekanntlich die Definition der Schriftform international keinesfalls einheitlich ist. Der BGH hat in der Tat in diesem Sinne entschieden und im Urteil vom 24. 11. 1998136 festgehalten, dass die Aufforderung zur Zahlung aus einer typischen Garantie auf erstes Anfordern, wenn Schriftform vereinbart ist, zwar fernschriftlich erfolgen kann und deshalb eine Unterschrift dann entbehrlich ist,137 dass es aber unerlässlich ist, den Namen des Urhebers in der Aufforderung anzugeben. Ohne die Namensnennung sei die Aufforderung unwirksam. Ob hier wirklich auf das jeweilige nationale Recht zurückzugreifen ist, ist fraglich. Im Falle einer typischen Garantie auf erstes Anfordern handelt es sich um die Auslegung einer Klausel, die im internationalen Handel einheitlich verwendet wird, so dass die Parteien regelmäßig davon ausgehen dürfen, dass sie eine international einheitliche Bedeutung hat und es auf die dispositiven Vorschriften des nationalen Rechts insoweit nicht ankommen wird.138 Für den im Rahmen der vorliegenden Arbeit interessierenden Fall des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern dürfte diese Argumentation aber nicht durchgreifen; denn hier geht es gerade um kein international einheitlich gehandhabtes Rechtsinstitut; deshalb sollte es jedenfalls für Leistungsversprechen auf erstes Anfordern auf den im jeweiligen nationalen Recht verankerten Schriftformbegriff ankommen. Neben der Art und Weise der Übermittlung ist es von Bedeutung, in welcher Sprache die Leistungsaufforderung abgegeben wird. Gelegentlich wird dies ausdrücklich in der Garantie oder im Versprechen selbst geregelt. Für den Fall einungsmäßigkeit der Unterschriften übernimmt. Dass auch solche Vereinbarungen zu Problemen führen können, zeigt der Fall OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18. 3. 1997, 5 U 229/95, wo das Gericht feststellte, dass die Bank per Telex lediglich mitgeteilt hatte, dass der Begünstigte die Aufforderung abgegeben und dass eine bestimmte Person sie als Bevollmächtigter unterzeichnet hat, sowie dass sie bestätigt, dass die Unterschrift für den Begünstigten bindend ist, dass sich aber unter dem Text des Telex keine (Telex) Unterschrift befunden hat. 136 BGH, Urteil vom 24. 11. 1998, XI ZR 327/97, vom BGH als typische Garantie auf erstes Anfordern eingeordnet. Vgl. dazu auch Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 164 ff. 137 So auch BGH, Urteil vom 10. 10. 2000, XI ZR 344/99. 138 In diesem Sinne wohl auch Kleiner, Die Garantie, S. 211 f., der zwischen „Schriftlichkeit im technischen Sinne“ und Fernübermittlung unterscheidet, und meint, dass das unqualifizierte Erfordernis „schriftlicher“ Inanspruchnahme im zweiten Sinne interpretiert werden sollte. Darauf, dass die internationalen Gepflogenheiten sich immer mehr angleichen und nationale Besonderheiten immer mehr in den Hintergrund treten, weist auch Zahn, Anmerkungen, S. 154, hin. Nielsen, Kurzkommentar zum BGH-Urteil vom 24. 11. 1998, S. 312, vertritt anlässlich dieser Entscheidung die Auffassung, dass der Garant weder die Unterschriften noch die Vertretungsbefugnis der Unterzeichner prüfen muss und kann; dies ist aber jedenfalls betreffend das Verhältnis Garant-Begünstigter unzutreffend – siehe dazu Kap. 5, A., I., 1.
A. Arten von formellen Voraussetzungen
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ner fehlenden Regelung hat das OLG Frankfurt am Main entschieden, dass auch wenn eine typische Garantie auf Englisch verfasst ist, eine Inanspruchnahme auf Deutsch wirksam ist, wenn der Begünstigte und der Garant in deutschsprachigen Ländern ihren Sitz haben und somit der deutschen Sprache mächtig sind.139 Dabei handelte es sich nicht nur um die Sprache, in der die Leistungsaufforderung selbst verfasst war, sondern auch um die Sprache der zusätzlichen Erklärungen des Begünstigten, die der Aufforderung beigefügt waren.140 Ob diese Entscheidung jedenfalls in der Begründung zutreffend ist, mag fraglich sein.141 Vor allem ist festzustellen, dass eine Inanspruchnahme in der Sprache der Garantie bzw. des Versprechens immer ordnungsgemäß ist, wenn keine andere Sprache ausdrücklich vereinbart wurde. Hier wäre demnach eine Aufforderung auf Englisch ohne Weiteres wirksam. Schon deshalb ist es zumindest nicht zwingend, eine Inanspruchnahme in anderen Sprachen zuzulassen, besonders wenn dies dazu führen sollte, dass Unsicherheit bezüglich ihrer Wirksamkeit herrscht. Aber darauf abzustellen, ob der Garant – denn auf die Kenntnisse des Begünstigten kommt es wohl überhaupt nicht an – einer Sprache mächtig ist oder zumindest hätte mächtig sein müssen, stiftet eben solche Unsicherheit. Vor allem aber kommt es bei der Entscheidung über die Wirksamkeit der Inanspruchnahme gerade nicht nur darauf an, ob der Versprechende oder Garant die Aufforderung versteht oder hätte verstehen müssen. Die anzuwendenden formellen Anforderungen an die Leistungsaufforderung sollen auch dazu führen, dass eine Prüfung der Konformität dieser Aufforderung erleichtert wird; diesem Ziel dient beispielsweise die Regel, wonach die Leistungsaufforderung an die richtige Abteilung oder Stelle gerichtet werden muss.142 Aus denselben Gründen sollte eine Aufforderung nur dann als wirksam betrachtet werden, wenn sie in der Sprache der Garantie oder des Versprechens abgegeben wird. Ansonsten wäre eine Prüfung seitens der zuständigen Stelle oder Abteilung des Garanten oder Versprechenden schwieriger. Dies ist besonders dann von Bedeutung, wenn, wie im diskutierten Fall, nicht nur die Aufforderung selbst, sondern auch zusätzliche Erklärungen geprüft werden müssen. Ob zwei in verschiedenen Sprachen verfasste Texte miteinander übereinstimmen, kann unter Umständen nicht leicht feststellbar sein. Dem Garanten oder Versprechenden ist es nicht zuzumuten, solche Feststellungen auf eigenes Risiko zu treffen, besonders weil es für den Begünstigten ohnehin kein Problem sein dürfte, die Aufforderung in der richtigen Sprache abzugeben. Wegen der Besonderheiten des materiellen Anspruchs wird unter Umständen vereinbart, dass die Aufforderung eine ganz konkrete Form haben kann und muss. 139 OLG
Frankfurt am Main, Urteil vom 8. 2. 2000, 5 U 152/98. solchen zusätzlichen Erklärungen siehe den folgenden Kap. 5, A., II. 141 Nielsen, Kurzkommentar zum OLG Frankfurt am Main Urteil vom 8. 2. 2000, S. 368, hält diese Entcheidung für „sachgerecht“, zustimmend auch Graf von Westphalen/ZöchlingJud, S. 167 f. (auch wenn dies „tendenziell den Grundsatz der formellen Garantiestrenge“ verletze). Schütz/Edelmann, S. 93, Fn. 331, halten sie hingegen für „bedenklich“. 142 Siehe dazu Kap. 5, A., I., 2. 140 Zu
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
Dies gilt beispielsweise dann, wenn vereinbart wird, dass Werklohn oder Vergütung für bestimmte Dienstleistungen ausschließlich auf Grund einer Rechnung des begünstigten Auftragnehmers gezahlt werden soll.143 Die Zustellung einer Rechnung ist dann als Abgabe der Leistungsaufforderung zu betrachten und jede Aufforderung, die ohne die Zustellung einer solchen Rechnung dem Versprechenden zugeleitet wird, wäre unwirksam. Die Zustellung der Rechnung gilt hier auf Grund einer Vereinbarung der Parteien als Abruf des formellen Anspruchs; will der Auftragnehmer ausschließlich zur Zahlung aus dem materiellen Anspruch auffordern, so muss er dies in der Rechnung oder einem Begleitschreiben ausdrücklich erklären.144
II. Erklärung des Begünstigten Außer Leistungsversprechen auf erstes einfaches Anfordern kommen am häufigsten Versprechen vor, bei denen zusätzlich die Einreichung einer Erklärung des Begünstigten formelle Voraussetzung ist. Hier muss der Begünstigte also die Leistung aus dem Versprechen anfordern und zugleich eine in dem Versprechen niederlegte Erklärung abgeben.145 Solche Klauseln werden gelegentlich in Deutschland,146 vor allem aber in Österreich,147 Effektivklauseln genannt. In Deutschland und in der internationalen Literatur148 wird der Begriff der Effektivklausel jedoch typischerweise für eine andere Art von Klauseln verwendet, die in Kap. 5, B., V. beschrieben wird. Bei diesem Gebrauch soll es auch im Rahmen der vorliegenden Arbeit bleiben. 143 Vgl. 144 Zur
die Beispiele in den Kap. 1., B und 1., C. Geltendmachung des materiellen statt des formellen Anspruchs siehe Kap. 5, A.,
I., 3., a). 145 Für die typische Garantie auf erstes Anfordern wird in Art. 20(a) URDG 458 und in Art. 15(a) URDG 758 verlangt, dass der Begünstigte erklärt, der Garantiefall sei eingetreten. Für die Bürgschaft auf erstes Anfordern stellt Lukas, S. 54 f., den Sinn solcher Zusatzerklärungen in Frage; allerdings sind seine Argumente kaum überzeugend, da er unzutreffend davon ausgeht, dass eine Erklärung über die materielle Rechtslage sowieso erforderlich ist, und im Übrigen die Vielfalt möglicher vereinbarter Zusatzerklärungen nicht berücksichtigt. 146 OLG Celle, Urteil vom 25. 11. 1981, 3 U 25/81, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00, in diesem Sinne auch Fischer, Schutz, S. 530, Fn. 22, und Schmitz/ Vogel, Der Verzug, S. 568 f., wohl auch Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 30 (der aber unter Rn. 257 die in der vorliegenden Arbeit verwendete Bedeutung vorzuziehen scheint; allerdings ist der Widerspruch vielleicht insofern scheinbar, als an derselben Stelle die Meinung vertreten wird, gemäß internationaler Praxis könne auch im Falle einer Effektivklausel sowieso nur eine Erklärung als Nachweis verlangt werden). Unklar Kratz, S. 64, wenn sie sagt, das Vorliegen des Garantiefalles könne von der Beibringung zusätzlicher Nachweise wie Dokumente oder Erklärungen abhängig gemacht werden, und meint, dass derartige Einschränkungen der Leistungspflicht des Garanten „in sogenannten ,Effektivklauseln‘ (falls der Schaden eintritt…) vereinbart“ werden. 147 Vgl. nur OGH, Urteil vom 16. 12. 2003, 10 Ob 51/03b. 148 Vgl. Bertrams, S. 53 f., 147 ff.
A. Arten von formellen Voraussetzungen
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Die Erklärungen, die der Begünstigte der Aufforderung beizufügen hat, können verschiedenen Inhalt haben. Die bei Bürgschaften und Garantien auf erstes Anfordern wohl verbreiteteste Formulierung verlangt, dass der begünstigte Gläubiger erklärt, der Schuldner habe seine Verpflichtungen aus dem Vertrag mit dem Begünstigten nicht erfüllt bzw. sei diesen Verpflichtungen nicht nachgekommen.149 Gelegentlich wird verlangt, dass die Nichterfüllung bestimmter Arten von Verpflichtungen, beispielsweise von Gewährleistungs- oder Zahlungsverpflichtungen, gerügt werden soll. Zu betonen ist, dass hier kein besonderes Verhältnis zwischen der angeforderten Leistung und der Nichterfüllung einer Verpflichtung existieren muss. Es genügt die Erklärung, der Vertrag sei nicht erfüllt, und es ist in Bezug auf die Erfüllung der formellen Voraussetzungen ohne Belang, in welchem Umfang er nicht erfüllt wurde. Der Begünstigte braucht also, wenn nichts anderes vereinbart ist, nicht zu erklären, dass der Vertrag in Höhe des angeforderten Betrages nicht erfüllt wurde.150 In vielen Fällen gehen die Anforderungen an die Erklärung etwas weiter, weil der Begünstigte nicht nur die Nichterfüllung erklären, sondern auch weitere Umstände des Falls beschreiben muss. So kann es vorkommen, dass der Begünstigte erklären muss, dass der Hauptschuldner es unterlassen hat, die Abschlusszahlung gemäß den vertraglichen Verpflichtungen durchzuführen,151 dass er seinen vertraglichen Zahlungsverpflichtungen entsprechend dem festgelegten Zahlungsplan nach termingemäßer Fertigstellung und ordnungsgemäßer Abnahme der jeweiligen Bauabschnitte nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist152 oder dass der Verkäufer seinen vertraglichen Pflichten zur Lieferung nicht nachgekommen und der Begünstigte demzufolge berechtigt ist, die geleistete Anzahlung zurückzufor149 So in den Fällen LG Frankfurt am Main, Urteil vom 30. 11. 1977, 3/11 O 120/77, LG Stuttgart, Urteil vom 15. 6. 1978, 1 KfH O 194/77 (Nachinstanz: OLG Stuttgart, Urteil vom 25. 1. 1979, 3 U 119/78), BGH, Urteil vom 7. 3. 1979, VIII ZR 306/77, LG Frankfurt am Main, Urteil vom 11. 12. 1979, 3/10 O 123/79, LG Dortmund, Urteil vom 9. 7. 1980, 10 O 9/80, LG Frankfurt am Main, Urteil vom 21. 9. 1983, 3/13 O 115/82 (Nachinstanzen: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26. 6. 1984, 5 U 221/83, und BGH, Urteil vom 22. 4. 1985, II ZR 180/84), BGH, Urteil vom 26. 2. 1987, IX ZR 136/86, BGH, Urteil vom 13. 7. 1989, IX ZR 223/88, OLG Karlsruhe, Urteil vom 21. 7. 1992, 18a U 39/92, OLG Köln, Urteil vom 26. 3. 1996, 22 U 204/95, BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95, OLG Köln, Urteil vom 30. 10. 1997, 12 U 40/97, BGH, Urteil vom 24. 9. 1998, IX ZR 371/97, BGH, Urteil vom 24. 11. 1998, XI ZR 327/97, OLG München, Urteil vom 23. 6. 1999, 7 U 6189/98, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 8. 2. 2000, 5 U 152/98, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00, OLG Celle, Urteil vom 18. 12. 2001, 16 U 111/01, OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. 12. 2001, 11 W 81/01, OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. 4. 2003, 5 U 129/02, OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. 3. 2004, 8 U 5/04, OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. 1. 2005, I-15 U 35/04. 150 Anderes war im Fall OLG Karlsruhe, Urteil vom 21. 7. 1992, 18a U 39/92, vereinbart. Im Allgemeinen a.A. wohl Schütze/Edelmann, S. 93. 151 LG Frankfurt am Main, Urteil vom 16. 10. 1962, 3/4 O 155/61. 152 BGH, Urteil vom 11. 12. 1986, IX ZR 165/85.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
dern.153 Der Begünstigte kann auch gezwungen sein, sich über die Aufforderung des Hauptschuldners zur Leistung oder darüber, seit wann der Hauptschuldner nicht erfüllt, zu äußern. Beispielsweise kann er erklären müssen, dass der Hauptschuldner seiner Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Leistung trotz schriftlicher Aufforderung nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist,154 dass ein Schuldner seine Zahlungsverpflichtungen drei Wochen nach Fälligkeit nicht erfüllt hat und der für ihn bürgende Hauptschuldner vom Begünstigten aus der Bürgschaft in Anspruch genommen wurde und seinen Bürgschaftsverpflichtungen nicht nachgekommen ist,155 dass er einer Aufforderung des Begünstigten zur Rückzahlung innerhalb von zehn Tagen nicht nachgekommen ist156 oder dass der Hauptschuldner beigefügte Rechnungen samt Unterlagen länger als zehn Tage seit dem Datum dieser Rechnungen nicht bezahlt hat.157 Häufig werden Versprechen auf erstes Anfordern vereinbart, in denen der Begünstigte das Vorliegen von Umständen erklären muss, die zwar regelmäßig darauf hinweisen, dass der materielle Anspruchsfall eingetreten ist, aus denen dies aber nicht zwingend folgt.158 Beispielsweise musste in einem Fall ein Verpächter erklären, dass der Pächter weder den Pachtvertrag verlängert, noch das Pachtgrundstück geräumt hat,159 oder ein Käufer musste erklären, dass der Verkäufer die gekauften 178.000 Eisenbahnschwellen geliefert hat,160 oder ein Verkäufer musste erklären, dass er vertragsgemäß geliefert und den Kaufpreis nicht erhalten hat.161 Letztlich kommt es, freilich eher selten, auch vor, dass sehr detaillierte Erklärungen vom Begünstigten verlangt werden. So hatte ein Begünstigter in einem vom BGH entschiedenen Fall vier Erklärungen abzugeben, darunter nicht nur, dass der Hauptschuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen ist, sondern auch dass alle Anlagen vom Baugelände entfernt wurden, dass der Schuldner im Besitz einer Baugenehmigung ist und dass er mit den Bauarbeiten begonnen hat.162 Kompliziert ausgestaltete formelle Voraussetzungen können zu Unklarhei153 OLG
Köln, Urteil vom 7. 8. 1986, 7 U 146/86. Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98. 155 BGH, Urteil vom 24. 1. 2002, IX ZR 204/00. 156 BGH, Urteil vom 23. 1. 1996, XI ZR 105/95 („a written statement from you confirming that your demand for repayment made by registered letter to […] has not been satisfied within ten working days from the date of your letter“). 157 Ungefähr so im Fall OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18. 3. 1997, 5 U 229/95. 158 Ähnliche Situationen kommen auch bei Rückgarantien auf erstes Anfordern vor, dieses Problem wird aber vorliegend nicht weiter thematisiert, da auf eine Analyse der Rechtsnatur solcher Rückgarantien im Rahmen dieser Arbeit verzichtet wurde. 159 BGH, Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 198/82. 160 OLG Bremen, Urteil vom 14. 6. 1990, 2 U 44/90. 161 BGH, Urteil vom 10. 11. 1998, XI ZR 370/97. 162 BGH, Urteil vom 10. 10. 2000, XI ZR 344/99. 154 BGH,
A. Arten von formellen Voraussetzungen
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ten führen, so wie im folgenden Fall des OLG Düsseldorf.163 Dort wurde anlässlich eines Leasingvertrages (Mietvertrages) über 5 LKW folgendes vereinbart: „2. Sollte der … Mietkunde während der Laufzeit des Mietvertrages eine Mietrate – aus welchen Gründen auch immer – nicht zum vereinbarten Termin zur Verfügung stellen, zahlt [Lieferant] an [Leasinggeber] auf erstes Anfordern, [Leasinggeber] wird [Lieferanten] eine Mitteilung in geeigneter Form über die Zahlungsunfähigkeit geben. [Lieferant] zahlt den an die 5 LKW … entfallenden Restmietwert (vom Mieter nicht gezahlte Mietraten bis zum Ablauf der vereinbarten Mietzeit abzüglich der nicht verbrauchten Zinsen) zuzüglich Andienung und angefallener Verzugszinsen (siehe Anlage). 3. Zug um Zug gegen Eingang des entsprechenden Betrags wird [Leasinggeber] das Eigentum und sämtliche Rechte aus dem Mietverhältnis mit [Leasingnehmer] an den … 5 LKW … abtreten …“
In diesem Fall war unter anderem streitig, ob eine Garantie oder eine Bürgschaft auf erstes Anfordern vereinbart wurde. Aber schon abgesehen davon war unklar, was der Leasinggeber zu erklären hatte. Das Gericht hat angenommen, dass der Leasinggeber, der den angeforderten Betrag in der Leistungsaufforderung genau beziffert hat, auch die Höhe der fehlenden Mietraten angeben musste, damit der Garant die Richtigkeit dieses Betrages prüfen könne, so dass eine Aufforderung ohne diese Angaben unwirksam war. Allerdings hat versprechensgemäß die Mitteilung die Zahlungsunfähigkeit betreffen sollen. Es stellt sich deshalb die Frage, ob der Begünstigte nur die Zahlungsunfähigkeit zu erklären hatte, ob er zugleich auch das Nicht-zur-Verfügung-Stellen der Mietrate erklären musste, oder ob vielleicht hier eine Effektivklausel in dem Sinne vorlag, dass er den vollen Beweis dieses Nicht-zur-Verfügung-Stellens zu erbringen hatte. Ein ähnliches Problem betrifft die Zug-um-Zug-Vereinbarung; hier hat das Gericht entschieden, die Übereignung der LKWs sei keine formelle Voraussetzung der Zahlung. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die zusätzliche Erklärung, ähnlich wie die Aufforderung selbst, gegebenenfalls in einer bestimmten Form abgegeben werden muss. So war im Fall des Urteils des BGH vom 5. 7. 1990 vereinbart, dass der Bürge zwar auf erstes Anfordern zu zahlen hatte, dem Anfordern aber ein Buchauszug der begünstigten Bank beizufügen war.164 Hier reichte also eine einfache Aufforderung nicht aus, die Bank musste dieser Aufforderung einen Auszug aus ihren Büchern beifügen. Ähnlich lagen die Dinge in einem vom OLG Frankfurt am Main entschiedenen Fall, wo der Aufforderung und einer zusätzlichen Erklärung des Begünstigten bestimmte Dokumente, nämlich früher zur Einziehung übersandte Listen der gelieferten Waren und der ausstehenden Beträge, beizufügen waren.165 Ob die abgegebenen Erklärungen des Begünstigten den formellen Voraussetzungen entsprechen, hat der Versprechende oder der Garant zu prüfen. Hier ist der 163 OLG
Düsseldorf, Urteil vom 30. 7. 2002, 24 U 163/01. Urteil vom 5. 7. 1990, IX ZR 294/89. 165 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18. 3. 1997, 5 U 229/95. 164 BGH,
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
in Kap. 4, D. diskutierte Grundsatz der Dokumentenstrenge anzuwenden, der auch für vom Begünstigten stammende Erklärungen gilt. Nach diesem Grundsatz kann eine Erklärung nicht deshalb entbehrlich werden, weil der in ihr festzustellende Zustand ohnehin offensichtlich besteht. So wird eine Erklärung, der Schuldner habe seine fälligen Schulden nicht bezahlt, nicht wegen der Stellung eines Konkursantrags durch den Schuldner entbehrlich.166 Auch die Übersendung nicht bezahlter Rechnungen kann eine Erklärung, der Schuldner habe seine Verpflichtungen nicht erfüllt, nicht ersetzen; der BGH hat dies selbst für den Fall vertreten, wenn die erforderliche Erklärung früher vom Begünstigten abgegeben wurde, jedoch ohne Wahrung des vereinbarten Schriftformerfordernisses.167 Offen gelassen hat er die Frage, ob die Bezeichnung der beigefügten Rechnungen als „überfällig“ zu einer anderen Beurteilung führen könnte. Eine Erklärung, der Schuldner sei seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen, kann auch dann nicht als abgegeben gelten, wenn eine an ihn gerichtete Zahlungsaufforderung beigefügt und erklärt wird, ihr sei nicht entsprochen, sofern dies nicht seitens der begünstigten Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern seitens eines ihrer Gesellschafter erfolgt.168 Eine Aufforderung, in der der fehlende Eingang eines Betrags gerügt wurde, entspricht nicht einer Vereinbarung, wonach zu erklären war, dass ein Darlehen nicht ordnungsgemäß zurückerstattet wurde, und ist somit unwirksam.169 Die Frage, ob eine wortgleiche Wiederholung der vereinbarten Erklärung, die ihren Sinn verkehrt, weil Pronomina wie „wir“ oder „uns“ in der Erklärung des Begünstigten eine andere Bedeutung als in dem Versprechen haben, die Unwirksamkeit der Aufforderung nach sich zieht, hat das OLG Frankfurt am Main offen gelassen.170 Eine solche Verwechslung dürfte indessen grundsätzlich unschädlich sein, weil hier kaum Unsicherheit darüber herrschen kann, was der Begünstigte eigentlich hat erklären wollen. Trotz der oben geschilderten Fälle, in denen die Gerichte Leistungsaufforderungen wegen fehlender oder fehlerhafter Erklärungen des Begünstigten als unwirk166 Siehe
dazu Kap. 3, Fn. 54. Urteil vom 24. 11. 1998, XI ZR 327/97. 168 OLG München, Urteil vom 23. 6. 1999, 7 U 6189/98. Zustimmend Wertenbruch, Anmerkung zum OLG München Urteil vom 23. 6. 1999, S. 904, der übrigens davon auszugehen scheint, dass die Gläubigerin in diesem Fall der Inanspruchnahme Dokumente beigefügt hatte, die belegten, dass auch die Hauptschulderin nicht ordnungsgemäß in Anspruch genommen wurde. Daraus könnte man schließen, dass die Inanspruchnahme auch insofern rechtsmissbräuchlich war (vgl. dazu Kap. 6., H., I.), als die Hauptschuld noch nicht fällig und dies offensichtlich war; dem wäre aber entgegenzuhalten, dass aus der nicht ordnungsgemäßen Inanspruchnahme der Hauptschuldnerin nicht folgt, dass zu einem anderen Zeitpunkt keine ordnungsgemäße Inanspruchnahme erfolgt war. Insofern wäre ein Missbrauch hier schwer zu begründen. 169 BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95. 170 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18. 3. 1997, 5 U 229/95. 167 BGH,
A. Arten von formellen Voraussetzungen
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sam betrachtet haben, wird der Grundsatz der Dokumentenstrenge in Bezug auf solche Erklärungen in der Praxis nicht besonders streng gehandhabt. Es wird in der Rechtsprechung vor allem betont, dass eine wörtliche Übereinstimmung der Erklärung des Begünstigten mit dem, was in der Versprechensoder Garantieurkunde steht, nur dann erforderlich ist, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde.171 Ansonsten genüge es, wenn die vertraglichen Voraussetzungen der Leistungspflicht in einer für den Garanten bzw. Versprechenden unmissverständlichen Weise zum Ausdruck gebracht werden.172 Im Urteil vom 10. 10. 2000 hat der BGH deshalb die pauschale Erklärung, die unter Nummern 1 – 4 der Garantieurkunde enthaltenen Voraussetzungen seien eingetreten, als genügend betrachtet.173 Der Grundsatz, wonach eine wörtliche Übereinstimmung nur bei besonderer Vereinbarung notwendig ist, sowie die Anwendung dieses Grundsatzes im bereits erwähnten Urteil vom 10. 10. 2000, sind unbedenklich. In der Tat kann es für die Wirksamkeit der Erklärung nicht auf die genaue Wiedergabe des Vereinbarten ankommen. Allerdings ergibt sich aus diesem Grundsatz noch nicht, wie genau sich die Erklärung des Begünstigten an den Vorgaben in der Urkunde auszurichten hat. In der Praxis wird seitens der Gerichte insoweit kein strenger Maßstab angelegt.174 So hatte das OLG Bremen über einen Fall zu entscheiden, in dem der begünstigte Käufer zu erklären hatte, dass der Verkäufer die 178.000 gekauften Eisenbahnschwellen nicht geliefert hat.175 Erklärt hat der Käufer lediglich, dass der Verkäufer diese Schwellen nicht „durant la periode de validité du contrat“ geliefert hat. Grund für diese Formulierung war, dass der Käufer vom Vertrag zurückgetreten war und die Schwellen nicht angenommen hat. Das Gericht hat die Inanspruchnahme für wirksam gehalten; entscheidend sei die Erklärung, die Schwellen seien nicht geliefert worden. Diese ließe den maßgebenden Sachverhalt erkennen, nämlich dass der Vertrag nicht erfüllt worden ist. In einem anderen Fall hatte das OLG Köln über eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu entscheiden, in der der Begünstigte zu 171 BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95, BGH, Urteil vom 10. 10. 2000, XI ZR 344/99, OLG Celle, Urteil vom 18. 12. 2001, 16 U 111/01. In diesem Sinne auch Kleiner, Garantie, S. 193, und Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S.193 f. Kritisch zu dieser Auffassung Eleftheriadis, S. 106, der dies als schwer mit dem Grundsatz der formalen Bürgschafts- bzw. Garantiestrenge zu vereinbaren sieht; nach seiner Meinung hat der Gläubiger die Zahlungsaufforderung, so wie in der Bürgschaftsurkunde vereinbart, abzugeben (er meint aber zugleich, die Formulierung müsse „mit der im Bürgschaftsvertrag vorgeschriebenen Formulierung inhaltlich übereinstimmen“, was mit der Auffassung des BGH durchaus vereinbar zu sein scheint). 172 BGH, Urteil vom 10. 10. 2000, XI ZR 344/99. 173 BGH, Urteil vom 10. 10. 2000, XI ZR 344/99. 174 So zutreffend Arnold, S. 187; entgegen Arnold, S. 191, wäre aber ein strengerer Maßstab zu wünschen. 175 OLG Bremen, Urteil vom 14. 6. 1990, 2 U 44/90.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
erklären hatte, dass der Hauptschuldner seinen Gewährleistungsverpflichtungen nicht nachgekommen ist.176 Erklärt hat der Begünstigte, dass die gelieferte Anlage infolge der technisch nicht akzeptabel arbeitenden Rührwerke Kosten verursachen wird. Dies wurde vom Gericht als ausreichend akzeptiert; aus der Erklärung folge deutlich, dass der Mangel noch besteht, der Hauptschuldner also seiner Gewährleistungsverpflichtung nicht nachgekommen ist. Bei einer gleichen Bürgschaftsklausel hat das OLG Frankfurt am Main entschieden, dass es genügend sei, wenn die Leistungsaufforderung, ohne eine förmliche Erklärung des vereinbarten Inhalts zu enthalten, auf ein dem Bürgen vorliegendes Protokoll, in dem das Bestehen von Mängel festgestellt wird, verweist und die Erklärung beinhaltet, ein dort vereinbarter Mängelbeseitigungstermin sei vom Hauptschuldner nicht eingehalten; damit sei sinngemäß erklärt, dass der Hauptschuldner seinen vertraglichen Gewährleistungspflichten nicht vollständig nachgekommen ist.177 Das OLG Celle wiederum hat anlässlich der Entscheidung in einem Fall, in dem vereinbart war, dass der Begünstigte erklären muss, der Hauptschuldner sei seinen Verpflichtungen aus dem Werkvertrag nicht nachgekommen, die Erklärung, das Werk sei mangelhaft erstellt, wodurch Kosten verursacht worden seien, als genügend erachtet; sie enthalte die eindeutige Erklärung, dass der Hauptschuldner seinen Verpflichtungen aus dem Werkvertrag nicht nachgekommen sei.178 Schließlich hat der BGH sich mit einen Fall befasst, in dem als Zahlungsvoraussetzung die Erklärung des Begünstigten, der Hauptschuldner habe ein Darlehen nicht zurückgezahlt, vereinbart war.179 In der Leistungsaufforderung hat der Begünstigte nur erklärt, der Hauptschuldner habe die getroffenen Vereinbarungen nicht eingehalten, der Begünstigte habe deshalb seine Forderungen zur sofortigen Rückzahlung fällig gestellt und der Hauptschuldner sei bislang seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachgekommen. Von dem Darlehen war in der Aufforderung keine Rede. Trotzdem hat der BGH die Inanspruchnahme für ordnungsgemäß erklärt; da keine anderen Forderungen des Begünstigten gegen den Hauptschuldner in Betracht kamen, müsse der Bürge bzw. Garant das Schreiben dahin verstanden haben, dass der Hauptschuldner das Darlehen nicht zurückgezahlt habe. Begründet wird diese Rechtsprechung damit, dass die Leistungsaufforderung und die ihr beigefügten Erklärungen des Begünstigten vom Versprechenden bzw. Garanten auszulegen sind. Es genüge deshalb, so der BGH im Urteil vom 10. 10. 2000, wenn die vertraglichen Voraussetzungen der Leistungspflicht in einer für den Garanten (bzw. Versprechenden) unmissverständlichen Weise zum Ausdruck gebracht werden.180 Der BGH führt weiter aus:
176 OLG
Köln, Urteil vom 26. 3. 1996, 22 U 204/95. Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00. 178 OLG Celle, Urteil vom 18. 12. 2001, 16 U 111/01. 179 BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95. 180 BGH, Urteil vom 10. 10. 2000, XI ZR 344/99. 177 OLG
A. Arten von formellen Voraussetzungen
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„Darin liegt keine Beeinträchtigung der Sicherungsfunktion der Zahlungsaufforderung. Sofern es dem Garanten oder dem Garantieauftraggeber darum geht, die Hemmschwelle für unberechtigte Garantieanforderungen durch möglichst konkret gehaltene Eigenerklärungen des Begünstigten zu erhöhen, bleibt es ihnen unbenommen, die wörtliche Wiedergabe ausdrücklich vorzusehen.“
Der Grundsatz, wonach es darauf ankommt, ob das zu erklärende für den Versprechenden unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wurde, ist nicht zu beanstanden. Die weiteren Ausführungen begegnen allerdings schon einige Bedenken. Denn der einzige Grund, warum verlangt wird, dass der Begünstigte eine in der Urkunde vorgeschriebene Erklärung abgibt, besteht eben darin, die Hemmschwelle für unberechtigte Leistungsaufforderungen zu erhöhen. Die Parteien gehen davon aus, dass der Begünstigte wegen möglicher zivil- und strafrechtlicher Folgen davon Abstand nehmen wird, falsche Erklärungen abzugeben.181 Damit dieser Effekt eintritt, braucht man keine wörtliche Wiedergabe der vereinbarten Erklärung zu verlangen. Eben deshalb ist eine wörtliche Übereinstimmung nicht erforderlich. Diesen Grund muss man aber im Auge behalten, wenn man beurteilt, ob die abgegebene Erklärung vereinbarungskonform ist. Es muss nämlich immer gefragt werden, ob, wenn man eine gewisse Erklärung als vertragskonform zulässt, der Versprechende bzw. der Garant noch durch sie geschützt ist. Geschützt ist er durch sie dann, wenn ein Gericht, das sich mit der Frage der zivilrechtlichen Haftung oder der strafrechtlichen Verantwortung des Begünstigten für die Abgabe der Erklärung beschäftigen würde, dieser Erklärung zwingend einen Sinn zuschreiben müsste, der mit dem Sinn der im Versprechen vereinbarten Erklärung völlig übereinstimmt. Es geht also darum, zu vermeiden, dass derjenige, der die Erklärung abgibt, sich von dieser sogleich dadurch distanziert, dass er sagt, er habe gar nicht das gemeint, was als Voraussetzung in der Garantie oder dem Versprechen niedergelegt war. Ist eine solche Distanzierung möglich, so ist die Erklärung nicht vertragsgerecht und somit unwirksam. Unter diesem Gesichtspunkt begegnet die Entscheidung des BGH vom 10. 10. 2000 im Ergebnis keinen Bedenken.182 Denn die Erklärung, die unter Nummern 1 – 4 der Garantieurkunde enthaltenen Voraussetzungen seien eingetreten, ist ebenso präzise wie die wörtliche Wiederholung dieser Voraussetzungen, und es ist kaum vorstellbar, dass sich der Begünstigte der Haftung für eine falsche Mitteilung auf Grund dieses Unterschieds wird entziehen können. In Bezug auf die übrige, bereits besprochene Rechtsprechung hingegen sind in dieser Hinsicht erhebliche Bedenken angebracht. Dies gilt besonders für die Urteile des OLG Bremen vom 14. 6. 1990 und des BGH vom 23. 1. 1997.183 Im Bremer Fall hat der begünstigte Käufer es offensichtlich bewusst unterlassen, zu erklären, dass die Ware nicht geliefert worden ist, und stattdessen erklärt, 181 Zu
diesen Folgen siehe die Kap. 7, D. und 7, E. Urteil vom 10. 10. 2000, XI ZR 344/99. 183 OLG Bremen, Urteil vom 14. 6. 1990, 2 U 44/90, und BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95. 182 BGH,
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
es sei nicht „durant la periode de validité du contrat“ geliefert worden. Da der Käufer vom Vertrag zurückgetreten war und die verschiffte Ware deshalb nicht angenommen hatte, wollte er sich in dieser Weise wohl dem Einwand entziehen, er habe eine wahrheitswidrige Erklärung abgebeben, und zwar für den Fall, dass die Ware doch als geliefert gelten sollte (wenn auch nach einem wirksamen Rücktritt). Die Begründung des Gerichts, die Nichtlieferung sei schließlich erklärt worden, überzeugt nicht, denn in der Tat wurde nur erklärt, dass innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht geliefert wurde, was doch etwas weniger ist, als die Erklärung, es sei gar nicht geliefert worden. Auch in dem vom BGH entschiedenen Fall bestehen Bedenken, ob die Inanspruchnahme zu Recht als im Ergebnis wirksam betrachtet wurde. Zwischen der abgegebenen Erklärung, wonach der Begünstigte seine Forderungen fällig gestellt habe und der Hauptschuldner seiner Zahlungspflicht nicht nachgekommen sei, und der vereinbarten Erklärung, dass der Hauptschuldner das Darlehen nicht zurückgezahlt hat, besteht ein schwer zu überbrückender Unterschied. Hier darauf abzustellen, ob der Begünstigte gegen den Hauptschuldner – nach der Kenntnis des Bürgen – andere Forderungen hat oder ob es sich nur um eine Darlehensforderung handeln kann, scheint ungerechtfertigt. Vor allem ist es dem Bürgen in einem solchen Fall nicht zuzumuten, Entscheidungen auf Grund seines Wissens über die Forderungen des Begünstigten gegen einen Dritten zu treffen. Aber schon abgesehen davon ist das Bestehen oder Nichtbestehen solcher Forderungen unerheblich. Denn es kommt nicht darauf an, ob der Begünstigte andere Forderungen hat oder nicht, sondern nur darauf, ob aus seiner Erklärung – ausgelegt unter Berücksichtigung der Umstände – folgt, dass mit ihr ausschließlich die Nichterfüllung der Darlehensforderung beanstandet werden kann. Dies aber erscheint zweifelhaft. Im Allgemeinen dürfte bei der Frage, ob eine nicht wortgleiche Erklärung den Anforderungen des Versprechens oder der typischen Garantie auf erstes Anfordern entspricht, Folgendes entscheidend sein: Ist jede unter Berücksichtigung der dem Versprechenden bzw. dem Garanten bekannten und von ihm belegbaren Umstände mögliche Deutung der tatsächlich abgegebenen Erklärung zugleich eine mögliche Deutung der vereinbarten Erklärung? Eine Erklärung soll nur dann als vertragsgerecht gelten, wenn alle ihre möglichen Auslegungen zugleich mögliche Auslegungen der vereinbarten Erklärung sind. Ist das der Fall, so wird die Position des Versprechenden bzw. des Garanten in keiner Weise dadurch beeinträchtigt, dass eine nicht wortgleiche Erklärung abgegeben und als wirksam erachtet wird. Die Voraussetzung, dass die zu berücksichtigenden Umstände nicht nur dem Versprechenden bzw. dem Garanten bekannt, aber auch von ihm belegbar sein müssen, beruht darauf, dass er diese Umstände gegebenenfalls in einem Prozess gegen den Begünstigten wird beweisen müssen, wenn er ihn für die Abgabe einer falschen Erklärung wird haftbar machen wollen.
A. Arten von formellen Voraussetzungen
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III. Andere dokumentarische Voraussetzungen Außer Erklärungen des Begünstigten werden in Versprechen und typischen Garantien auf erstes Anfordern auch andere formelle Voraussetzungen dokumentarischer Natur vereinbart. Vor allem können gewisse von am Grundgeschäft unbeteiligten Personen stammende Dokumente verlangt werden, wie beispielsweise eine gutachterliche Stellungnahme eines öffentlich vereidigten Sachverständigen.184 Es kommt aber auch vor, dass die Vorlage gewisser Erklärungen beteiligter Personen – insbesondere des Hauptschuldners – formelle Voraussetzung ist. Bei Garantien, die zugunsten der Bank des Gläubigers ausgestellt werden,185 kann beispielsweise der von der Bank stammenden Leistungsaufforderung die Erklärung des Gläubigers beigefügt werden müssen, wonach der Hauptschuldner seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei.186 Bei anderen Garantien und Bürgschaften auf erstes Anfordern kommt es sogar vor, dass eine Bestätigung des Hauptschuldners über die Erbringung der vereinbarten Leistungen durch den Begünstigten und gegebenenfalls auch über die Abnahme und Abrechnung vorzulegen ist.187 Der Grund für eine solche, teilweise dem Sinn eines Versprechens auf erstes Anfordern widersprechende Ausgestaltung, kann unter anderem in zwingenden Rechtsvorschriften, wie beispielsweise dem § 648a Abs. 2 i.V.m. Abs. 7 BGB, liegen.188 In diesen Fällen kommt der Frage besondere Bedeutung zu, ob der Dritte zur Abgabe einer solchen Erklärung dem Begünstigten gegenüber verpflichtet ist und ob er für die Richtigkeit dieser Erklärung ihm oder dem Versprechenden gegenüber haftet. Diese Frage kann nicht allgemein beantwortet werden, weil die Antwort von den Rechtsverhältnissen zwischen dem Dritten und dem Begünstigten bzw. dem Dritten und dem Versprechenden abhängt; aus dem Versprechen folgt insoweit nichts. Jedenfalls ist eine Klage auf Abgabe der erforderlichen Erklärung nicht
184 BGH,
Urteil vom 24. 10. 2002, IX ZR 355/00. geht also um typische Garantien auf erstes Anfordern, bei denen der Begünstigte nicht der Gläubiger des Valutaverhältnisses ist, sondern ein Dritter, beispielsweise die Hausbank des Gläubigers des Valutaverhältnisses. Siehe dazu Kap. 3, D. und die in Kap. 7, Fn. 104 genannten Fälle. Eine solche Konstruktion ist beim Versprechen auf erstes Anfordern nicht möglich. 186 So im Fall OLG Celle, Urteil vom 25. 11. 1981, 3 U 25/81. 187 Erklärung über die Erbringung der Leistung: BGH, Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98. Erklärung über die Abnahme und Abrechnung: BGH, Urteil vom 12. 3. 1996, XI ZR 108/95. 188 BGH, Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98. Zur Frage der Zulässigkeit der Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern in einer solchen Konstellation siehe Fischer, Schutz, S. 534. Vgl. auch Schlenzig, S. 75 f. Darauf, dass die Zustimmung des Garantieauftraggebers nur in Sonderfällen als formelle Voraussetzung vereinbart wird, weisen hin Hadding/Häuser/Welter, S. 696. 185 Es
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
ausgeschlossen, und zwar selbst dann, wenn der dazu Verpflichtete im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gelöscht wurde.189 In allen diesen Fällen handelt es sich um Wissenserklärungen. Die Verwendung von Wissenserklärungen ist für Versprechen und typische Garantien auf erstes Anfordern so charakteristisch, dass der Unterschied zwischen diesen Rechtsinstituten und dem Dokumentenakkreditiv gelegentlich (unzutreffend) in der Natur der vorzulegenden Dokumente gesehen wird.190 In Wirklichkeit kommen bei Versprechen und typischen Garantien auf erstes Anfordern aber auch solche formelle Voraussetzungen vor, die als für Dokumentenakkreditive typisch gelten. Es kommt also durchaus vor, dass die Zahlung aus einer Garantie davon abhängt, dass nicht nur eine Erklärung des Begünstigten, sondern auch Kopien von Rechnungen und von Versanddokumenten vorgelegt werden.191 Schließlich ist zu bemerken, dass formelle Voraussetzungen dokumentarischer Natur gelegentlich auch als aufschiebende Bedingungen getarnt werden können, beispielsweise wenn die Rückgabe der Urkunde eines früheren Versprechens als aufschiebende Bedingung für das Inkrafttreten des neuen Versprechens vereinbart wird.192 Schließlich werden auch Garantien oder Versprechen auf erstes Anfordern erteilt, bei denen die Leistung von der Vorlage einer gerichtlichen oder schiedsrichterlichen Entscheidung abhängt. So hat sich das OLG Hamburg mit einer „Garantie“ befasst, die im folgenden Zusammenhang erteilt wurde: Ein Charterer hatte gegen den versicherten Inhaber eines Schiffes Schadensersatzansprüche geltend gemacht und mit der Arretierung des Schiffes gedroht. Die Versicherung hat dann auf Ersuchen des Inhabers gegenüber dem Charterer eine Zahlungsgarantie erteilt, zugleich hat aber eine Bank im Auftrag des Inhabers des Schiffes der Versicherung im Rahmen der „Garantie“ versprochen, einen Teil der von dieser an den Charterer gezahlten Betrages zu erstatten.193 In der „Garantie“ war vereinbart, dass der Garant Zahlung zu leisten hatte gegen die erste Präsentation der Unterlagen über die von der Versicherung auf Grund eines Londoner Schiedsspruchs oder auf Grund einer mit ihrer Zustimmung erfolgten freundschaftlichen Vereinbarung durchgeführte Zahlung an den Charterer.194 189 BGH,
Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98. in diesem Sinne LG Frankfurt am Main, Urteil vom 21. 9. 1983, 3/13 O 115/82, sowie OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18. 3. 1997, 5 U 229/95. 191 BGH, Urteil vom 26. 4. 1994, XI ZR 114/93. 192 So beispielsweise im Fall BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99. Zu der Einordnung von aufschiebenden Bedingungen als formelle Voraussetzungen siehe Kap. 5, B., II. 193 OLG Hamburg, Urteil vom 7. 7. 1977, 6 U 172/76. Zu dieser Entscheidung siehe auch Kap. 4, D., I. – in Wirklichkeit handelte es sich hier wohl um eine Rückbürgschaft auf erstes Anfordern, denn die Zahlung sollte vereinbarungsgemäß rückgängig gemacht werden, wenn es sich herausstellt, dass Versicherungsschutz bestanden hatte und dass deshalb die Versicherung ohnehin zur Zahlung an den Charterer verpflichtet war. 194 Das Gericht hat hier – insofern die Tragweite des Grundsatzes der Dokumentenstrenge verkennend – ein vorgelegtes Urteil eines staatlichen englischen Gerichts akzeptiert. Siehe dazu Kap. 4, D., I. 190 Teilweise
A. Arten von formellen Voraussetzungen
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Ein Versprechen auf erstes Anfordern, in dem als formelle Voraussetzung die Vorlage eines Urteils oder Schiedsspruches vereinbart wird, könnte zwar widersinnig zu sein scheinen. Denn in Kap. 4, A. wurde festgestellt, dass ein solches Versprechen der schnellen Durchsetzung eines bestehenden und fälligen materiellen Anspruchs dienen soll und dass dies dadurch erreicht wird, dass es dem Begünstigten ermöglicht wird, diesen Anspruch auch dann durchzusetzen, wenn er gar nicht besteht oder nicht fällig ist. Ist die Vorlage eines Urteils formelle Voraussetzung, so müsste der Begünstigte den materiellen Anspruch schon vorher vor Gericht beweisen und durchsetzen, so dass ihm das Versprechen keinen zusätzlichen Vorteil bieten würde. In der Tat ist anzunehmen, dass ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern, in dem die Vorlage eines im Inland vollstreckbaren oder anerkannten unanfechtbaren Urteils im Streit über den materiellen Anspruch zwischen dem Versprechenden und dem Begünstigten formelle Voraussetzung wäre, keinen Sinn hat. Ein solches Versprechen wäre wohl unwirksam, weil der formelle Anspruch in dem materiellen enthalten wäre (Dies gilt nicht für typische Garantien auf erstes Anfordern, denn dort fehlt es an einem materiellen Anspruch, mit dem sich der formelle Anspruch decken könnte). Die Sachen liegen jedoch anders, wenn das Urteil in einem Rechtsstreit zwischen anderen Parteien ergangen ist, wenn es nicht den materiellen Anspruch, sondern nur einige seiner Elemente betrifft, oder wenn es nicht unanfechtbar oder im Inland vollstreckbar oder anerkannt ist.195 Denn in diesen Fällen ist es möglich, dass der formelle Anspruch ohne den materiellen besteht. So war es im besprochenen Fall des OLG Hamburg. Hier war das vorzulegende Urteil ein Urteil zwischen dem Schiffinhaber und dem Charterer. Das Urteil betraf auch nicht die Frage, ob der Schiffinhaber der Versicherung den gezahlten Betrag zurückzuerstatten hat, denn das hing auch davon ab, ob Versicherungsschutz bestanden hatte. Dem Urteil sollte nur zu entnehmen sein, ob, für den Fall, dass Versicherungsschutz bestanden hatte, die Versicherung zur Zahlung verpflichtet wäre. Es stellte also nur das Bestehen eines Elements der gesicherten Hauptforderung fest. Und selbst daraus, dass die Hauptforderung besteht, müsste noch nicht zwingend folgen, dass auch der materielle Anspruch – der Bürgschaftsanspruch – besteht, denn der Bürge könnte gegebenenfalls noch andere Einreden oder Einwendungen erheben. Schließlich war das Urteil in Deutschland wohl nicht vollstreckbar oder anerkannt.
195 Deshalb ist es nicht ganz richtig, wenn Kleiner, Die Garantie, S. 45, meint, dass es für die Praxis ohne Bedeutung ist, ob eine akzessorische oder nichtakzessorische Haftung vereinbart wurde, wenn Voraussetzung der Haftung die Vorlage eines Urteils oder Schiedsspruchs ist.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
IV. Nichtdokumentarische Voraussetzungen Wie bereits in Kap. 4, C. erörtert, brauchen die formellen Voraussetzungen nicht zwingend dokumentarischer Natur zu sein. Grundsätzlich kann jeder denkbare Umstand zur formellen Voraussetzung durch Vereinbarung der Parteien erhoben werden. In der Praxis werden nichtdokumentarische formelle Voraussetzungen vor allem im Zusammenhang mit sogenannten Effektivklauseln diskutiert. Damit sind Klauseln gemeint, die das Bestehen des formellen Anspruchs davon abhängig machen, ob alle oder zumindest die wesentlichsten Elemente des materiellen Anspruchsfalles vorhanden sind. Effektivklauseln werden nachfolgend in Kap. 5, B., V. behandelt. Viele Fälle, in denen von nichtdokumentarischen formellen Voraussetzungen gesprochen wird, gehören zu dieser kontroversen Kategorie. Allerdings kommen nichtdokumentarische formelle Voraussetzungen auch sonst, vor allem als aufschiebende Bedingungen getarnt, vor.196
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen Es gibt eine Reihe von Ausgestaltungen des formellen Anspruchsfalles bzw. der Bestimmungen des Versprechens auf erstes Anfordern, die typisch bzw. einer besonderen Analyse Wert sind. Diese werden im Folgenden diskutiert, wobei hier Kap. 5, B., I. eine besondere Rolle spielt, da in ihm auf ein bisher kaum erkanntes allgemeines Problem bei Versprechen auf erstes Anfordern aufmerksam gemacht wird.
I. Materiell-formelle Voraussetzungen Aus theoretischer Sicht ist der Unterschied zwischen materiellen und formellen Voraussetzungen und zwischen dem materiellen und dem formellen Anspruchsfall klar. In der Praxis kann es aber durchaus schwierig sein, einer Vereinbarung zu entnehmen, welche Voraussetzungen formelle Voraussetzungen sind, welche materielle, und welche zugleich als formelle und materielle vereinbart sind.197 Diese zuletzt genannte Kategorie wird im Folgenden materiell-formelle Voraussetzungen genannt; damit sind Umstände gemeint, die Voraussetzung des Eintritts sowohl des materiellen als auch des formellen Anspruchsfalles sind. 196 Denn nach richtiger Ansicht sind solche Bedingungen nichts anderes als formelle Voraussetzungen. Zu aufschiebenden Bedingungen siehe Kap. 5, B., II. 197 Nach Schlenzig, S. 45, werden alle formellen Voraussetzungen zu materiellen Voraussetzungen (siehe Kap. 4, Fn. 44). Aber selbst dann bleibt noch die Frage, ob eine Voraussetzung materieller oder materiell-formeller Natur ist. Dies gibt auch Schlenzig, S. 94 ff., zu, wenn sie die Frage stellt, ob eine Befristung nur die Bürgschaft selbst (materielle Voraussetzung) oder die Leistungspflicht auf erstes Anfordern (nach ihrer Theorie materiell-formelle Voraussetzung) betrifft.
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
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Besonders deutlich wird dieses Problem bei Voraussetzungen in der Form von aufschiebenden Bedingungen.198 So wird in einer Anzahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern gesagt: „Diese Bürgschaft tritt in Kraft, wenn Sie an das bei uns geführte Konto des Hauptschuldners den Betrag von 1.000.000 € einzahlen.“
In diesem Fall kann die Bedingung entweder als formelle oder als materielle Voraussetzung ausgelegt werden – oder aber als beides. Wäre sie nur formelle Voraussetzung, so würde dies bedeuten, dass der Begünstigte bei der Geltendmachung des formellen Anspruchs die Einzahlung auf das Konto darlegen und beweisen muss. Möchte er aber nur aus dem materiellen Bürgschaftsanspruch vorgehen, sich also auf das Versprechen auf erstes Anfordern gar nicht berufen, so wäre die Frage der Einzahlung unerheblich. Würde man die Bedingung als materielle Voraussetzung verstehen, so würde das bedeuten, dass materiell der Bürge nur dann zu zahlen hat, wenn der Betrag eingezahlt wurde, dass das Versprechen auf erstes Anfordern es dem Begünstigten aber ermöglicht, sich das Geld vorläufig auch ohne Beweis der Einzahlung zu verschaffen. Drittens kann man die Bedingung auch so verstehen, dass die Einzahlung Voraussetzung sowohl des materiellen als auch des formellen Anspruchs ist. Das bedeutet, dass zum einen der Begünstigte zur Durchsetzung seines formellen Anspruchs die Einzahlung darlegen und beweisen muss, und dass zum anderen er selbst bei Verzicht auf die Klausel, also auch wenn er nur aus dem materiellen Anspruch vorgehen möchte, diesen Beweis erbringen muss. Im oben genannten Fall ist ersichtlich, dass es den Parteien um die dritte Fallmöglichkeit geht. Trotzdem wäre auch die erste Variante nicht ganz ausgeschlossen. Viel problematischer hingegen ist folgendes Beispiel: „Wir übernehmen die Haftung dafür, dass der Hauptschuldner seine Verbindlichkeit erfüllt, und verpflichten uns an Sie auf erstes Anfordern, dem ein Schiedsurteil des Schiedsgerichts … beigefügt ist, zu zahlen.“
Hier kann man ganz ernst fragen, ob das Vorlegen des Schiedsurteils nur Voraussetzung für die Zahlung auf erstes Anfordern (formelle Voraussetzung) oder aber Voraussetzung für die Zahlung schlechthin (materiell-formelle Voraussetzung) sein soll. Kann der Gläubiger folglich – wenn auch nach einem langwierigen Prozess, in dem er das Bestehen der Hauptschuld darlegt und beweist – überhaupt Zahlung verlangen, wenn er über kein Schiedsurteil verfügt? Das Problem liegt grundsätzlich darin, dass man den materiellen und den formellen Anspruch nicht sauber trennt. Würde man zunächst den materiellen Anspruch genau definieren (hier: die Bürgschaftsforderung) und erst dann die Voraussetzungen des formellen Anspruchs aufführen, so wäre die Auslegung leichter.
198
Zu aufschiebenden Bedingungen als formellen Voraussetzungen siehe Kap. 5, B., II.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
Sollte dann die Vorlage des Schiedsurteils materiell-formelle Voraussetzung sein, so müsste man schreiben: „Wir verbürgen uns für die Verbindlichkeit des Hauptschuldners; Zahlung kann aber von uns nur nach Vorlage eines Schiedsurteils des Schiedsgerichts … verlangt werden. Wir verpflichten uns an Sie nach Vorlage eines Schiedsurteils des Schiedsgerichts … auf erstes Anfordern zu zahlen.“
Eine so ausführliche Formulierung wird aber von den Parteien nur selten verwendet. Bei der Geltendmachung des formellen Anspruchs hat die Frage, ob es sich hier um eine materiell-formelle oder um eine formelle Voraussetzung handelt, keine Bedeutung. Bei beiden Auslegungen müsste der Begünstigte das Urteil vorlegen. Trotzdem ist diese Frage selbst dann wichtig, wenn der Begünstigte ausschließlich aus dem formellen Anspruch vorgeht. Denn sollte der Versprechende beispielsweise irrtümlich ohne Vorlage des Urteils gezahlt haben, so müsste der Begünstigte in erstem Fall den gezahlten Betrag zurückerstatten. In zweitem Fall würde dies hingegen davon abhängen, ob die verbürgte Hauptforderung tatsächlich besteht.199 Die Frage ist auch dann von besonderer Bedeutung, wenn der formelle Anspruch – aus welchen Gründen auch immer – nicht entstehen kann und der Begünstigte deshalb gezwungen ist, nur den materiellen Anspruch geltend zu machen.200 Ein praktischer Fall, in dem die Klassifizierung einer Voraussetzung als materielle, formelle oder materiell-formelle streitig war, wurde vom BGH im Urteil vom 14. 12. 1995 behandelt.201 Dort wurde zunächst eine gewöhnliche Bürgschaft gestellt, in der es unter anderem hieß: „Die Bürgschaft wird fällig nach Fertigstellung und Übergabe des Bauobjekts, Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen des behördlichen beanstandungsfreien Abnahmescheins und der Durchführung der unter § 5 aufgeführten gemeinsamen Schlußabnahme.“
Etwa einen Monat später schrieb der Bürge an den Gläubiger, er bestätige diesem, dass er nach Erfüllung der Voraussetzungen gemäß obiger Bürgschaftserklärung auf einmalige und erste Anforderung Zahlung leisten wird. Der Gläubiger hat die Bürgschaft in Anspruch genommen, ohne allerdings über einen behördlichen Abnahmeschein zu verfügen; auch die Schlussabnahme wurde nicht durchgeführt. Der BGH hat entschieden, dies rechtfertige die Abweisung der Klage des Gläubigers aus dem formellen Anspruch nicht. Das spätere Schreiben könne in dem Sinne ausgelegt werden, der Bürge sage die Zahlung auf erstes Anfordern im Umfang der in der früheren Bürgschaftsurkunde enthaltenen Haftung zu. Der BGH hat hier also, was unbedenklich ist, angenommen, dass der Hinweis auf die „Erfüllung der Voraussetzungen gemäß obiger Bürgschaftserklärung“ kei199 Zu
diesem Unterschied siehe Kap. 7, B., II. unten in diesem Kapitel. 201 BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95. 200 Siehe
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
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ne formellen Voraussetzungen begründet. Die Voraussetzungen „gemäß obiger Bürgschaftserklärung“ sollten nach Ansicht des BGH wohl materielle Voraussetzungen bleiben und nicht durch das spätere Schreiben aufgehoben werden. Dogmatisch war die Situation also eine solche, dass der Bürge sich verpflichtet hat, auf die Bürgschaftsforderung schon auf erstes Anfordern – ohne weitere Voraussetzungen – zu leisten. Die Bürgschaftsforderung selbst war aber aufschiebend durch die Vorlage des Abnahmescheins bedingt. Deshalb brauchte der Begünstigte hier nicht zu beweisen, dass der Abnahmeschein vorliegt. Nur am Rande sei bemerkt, dass – was der BGH nicht erwähnt hat – die Klage trotzdem abgewiesen werden könnte, wenn unstreitig wäre, dass der Abnahmeschein nicht vorliegt, weil damit ein Fall des Rechtsmissbrauchs gegeben wäre; denn es wäre in diesem Fall offensichtlich, dass der materielle Anspruch dem Gläubiger nicht zusteht.202 In der Rechtsprechung tauchen Probleme, die mit der Auslegung als formelle, materielle oder materiell-formelle Voraussetzung im Zusammenhang stehen, bei Bürgschaften auf erstes Anfordern sehr häufig auf. Die Gerichte, insbesondere der BGH, stützen sich bei der Behandlung solcher Probleme auf drei eng im Zusammenhang stehende Grundsätze, und zwar: • dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern nur eine den Gläubiger besonders privilegierende Form der Bürgschaft ist,203 • dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern kein Sicherungsmittel eigener Art ist,204 • dass es deshalb im Zweifel dem Parteiwillen entspricht, sie dahin auszulegen, dass sie zugleich eine gewöhnliche Bürgschaft als Verpflichtung enthält.205 202 Zu
dieser Art von Rechtsmissbrauch siehe Kap. 6, H., I. Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98, BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00 (Vorinstanz: OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99), BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, VII ZR 502/99, BGH, Beschluss vom 17. 7. 2002, IX ZR 469/00, BGH, Urteil vom 24. 10. 2002, IX ZR 355/00, BGH, Urteil vom 23. 1. 2003, VII ZR 210/01, BGH, Urteil vom 10. 4. 2003, VII ZR 314/01 (Nachinstanz: OLG Stuttgart, Urteil vom 19. 2. 2004, 13 U 118/03), OLG Köln, Beschluss vom 2. 4. 2004, 19 W 11/04, BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99. So auch OLG Hamm, Urteil vom 14. 7. 2005, 21 U 130/04, wo die Situation als mit der Situation einer Bürgschaft unter Verzicht auf §§ 768, 776 BGB vergleichbar betrachtet wurde. 204 BGH, Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98, BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00 (Vorinstanz: OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99), BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, VII ZR 502/99, BGH, Urteil vom 24. 10. 2002, IX ZR 355/00, BGH, Urteil vom 23. 1. 2003, VII ZR 210/01, BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99, BGH, Urteil vom 10. 4. 2003, VII ZR 314/01 (Nachinstanz: OLG Stuttgart, Urteil vom 19. 2. 2004, 13 U 118/03). So auch OLG Hamm, Urteil vom 14. 7. 2005, 21 U 130/04 (siehe vorstehende Fußnote). 205 BGH, Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98, OLG Stuttgart, Urteil vom 20. 12. 2000, 9 U 183/00, BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00 (Vorinstanz: OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99), BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99, BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99, BGH, Urteil vom 10. 4. 2003, VII ZR 314/01 (Nachinstanz: OLG Stuttgart, Urteil vom 19. 2. 2004, 13 U 118/03). So im Ergebnis OLG Köln, Beschluss 203 BGH,
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
Im Ergebnis wird in der Rechtsprechung angenommen, dass eine Bürgschaft auf erstes Anfordern in der Regel auch eine gewöhnliche Bürgschaft enthält, wobei sich aus dem Parteiwillen aber ausnahmsweise ergeben kann, dass dies nicht der Fall ist. Fälle, in denen dieser Satz in der Praxis angewandt wird, können in mindestens 8 Gruppen eingeteilt werden, die nachfolgend besprochen werden. Erstens kommen Fälle in Betracht, in denen der Gläubiger eine formelle Voraussetzung nicht erfüllt hat und die Frage gestellt wird, ob er aus der gewöhnlichen Bürgschaft, die möglicherweise in der Bürgschaft auf erstes Anfordern enthalten ist, vorgehen kann. In zwei Urteilen hat der BGH in diesem Zusammenhang sogar von einer Umdeutung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern in eine gewöhnliche Bürgschaft gesprochen und zwar für den Fall der Nichterfüllung formeller Voraussetzungen durch den Begünstigten.206 Nach dem zweiten dieser Urteile soll dies nur bei besonderen Fallumständen nicht in Betracht kommen.207 Einen solchen Ausnahmefall bildet das erste der beiden Urteile. Dort hat der Begünstigte aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern eine Erklärung des Hauptschuldners, derer Vorlage nach den Bedingungen der Bürgschaft formelle Voraussetzung war, nicht vorgelegt und im Übrigen vorgetragen, ihm sei die Vorlage nicht zuzumuten, weil der Hauptschuldner wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht sei.208 Der BGH hat hier die „Umdeutung“ in eine gewöhnliche Bürgschaft, die diese Voraussetzung nicht enthalten würde, in Erwägung gezogen; er hat es offen gelassen, ob dies im Allgemeinen möglich sei, und darauf hingewiesen, dass dem oft gewichtige Interessen des Bürgen entgegenstehen werden, dem die Rechtsklarheit und Sicherheit des vereinbarten Sicherungsmittels verloren gehen würde. Im konkreten Fall hat er die Umdeutung deshalb abgelehnt, weil die Bürgschaft unter Hinweis auf § 648a BGB gestellt wurde. Deshalb musste die Erklärung des Hauptschuldners als Voraussetzung der Zahlung gemäß § 648a Abs. 2 BGB vereinbart werden; dies war gemäß § 648a Abs. 7 BGB zwingendes Recht. Daher scheide eine Umdeutung in eine diese formelle Voraussetzung nicht enthaltende gewöhnliche Bürgschaft aus. Einen weiteren Ausnahmefall stellt ein vom OLG Stuttgart behandelter Fall dar, in dem eine Bürgschaft auf erstes Anfordern vereinbarungsgemäß erst nach Einvom 2. 4. 2004, 19 W 11/04, und, für eine Bürgschaft unter Verzicht auf §§ 768, 776 BGB, OLG Hamm, Urteil vom 14. 7. 2005, 21 U 130/04. Im Ergebnis so auch BGH, Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98, BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, VII ZR 502/99, BGH, Beschluss vom 17. 7. 2002, IX ZR 469/00, BGH, Beschluss vom 13. 11. 2003, VII ZR 371/01; teilweise anders, unter Berufung auf Vertrauensschutz, BGH, Urteil vom 25. 3. 2004, VII ZR 453/02. Im Rückforderungsprozess im Ergebnis ebenfalls so BGH, Urteil vom 24. 10. 2002, IX ZR 355/00, BGH, Urteil vom 23. 1. 2003, VII ZR 210/01. 206 BGH, Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98, und BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99. 207 Der BGH weist hin auf die Urteile BGH, Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98, und BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00. 208 BGH, Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98.
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
157
zahlung eines gewissen Betrages auf ein bestimmtes, bei dem Bürgen geführtes Konto in Kraft treten sollte.209 Das Gericht hat den Einwand, diese Bedingung sei nicht erfüllt, als durchgreifend erachtet, ohne sich damit auseinanderzusetzen, ob der Bürge vielleicht aus der gewöhnlichen Bürgschaft ohne Erfüllung dieser Voraussetzung vorgehen kann.210 Zweitens liegt der Gedanke, dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern im Zweifel auch eine gewöhnliche Bürgschaft enthält, auch teilweise der Rechtsprechung zu Grunde, die eine Bürgschaft auf erstes Anfordern dann als gewöhnliche Bürgschaft auslegen will, wenn dies zum Schutz des Bürgen erforderlich ist.211 Für das Verhältnis zwischen einer atypischen Garantie auf erstes Anfordern und einer gewöhnlichen Garantie ergibt sich dasselbe aus dem Urteil des BGH vom 10. 9. 2002.212 Drittens soll nach Auffassung des BGH ein Gläubiger, der nach der (im Übrigen kontroversen) Rechtsprechung aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern deshalb nicht vorgehen kann, weil er nicht im Stande ist, mit Urkunden zu belegen, dass die von ihm geltend gemachte Hauptforderung von der Bürgschaft mitumfasst ist,213 aus der darin enthaltenen gewöhnlichen Bürgschaft vorgehen können, wenn er beabsichtigt, dies mit nichturkundlichen Beweismitteln zu beweisen.214 209 OLG Stuttgart, Urteil vom 20. 12. 2000, 9 U 183/00. Im Übrigen war hier streitig, ob die Bürgschaft tatsächlich auf erstes Anfordern zahlbar gestellt war. In diesem Zusammenhang hat sich das Gericht auf den Grundsatz, dass eine Bürgschaft auf erstes Anfordern im Zweifel eine gewöhnliche Bürgschaft enthalte, berufen, und erklärt, dass die Klage nicht automatisch abzuweisen ist. Damit vertritt das Gericht wohl die Meinung, dass die Klage desjenigen, der aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern klagt, im Zweifel hilfsweise auch als Klage aus der gewöhnlichen Bürgschaft angesehen werden kann (siehe dazu Kap. 5, A., I., 3., a) und Kap. 6, A.). 210 Ähnlich OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25. 11. 1977, 3 U 11/77, wo allerdings unentschieden blieb, ob eine typische Garantie oder eine Bürgschaft vorliegt, und wo das Gericht sich auf die Formulierung, eine Bürgschaft auf erstes Anfordern enthalte auch eine gewöhnliche Bürgschaft, nicht berufen hatte (diese Formulierung wurde erst später entwickelt). 211 BGH, Urteil vom 12. 3. 1992, IX ZR 141/91, BGH, Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97, OLG Köln, Beschluss vom 2. 4. 2004, 19 W 11/04. Siehe dazu Kap. 6, C., II. 212 BGH, Urteil vom 10. 9. 2002, XI ZR 305/01. Unzutreffend sind die im Zusammenhang mit dieser Entscheidung stehenden Erörterungen Nielsens (Nielsen, Kurzkommentar zum BGH-Urteil vom 10. 9. 2002, S. 350), wonach die Übernahme von Bürgschaft und Garantie auf erstes Anfordern durch Nichtkaufleute angesichts der Anforderungen an einen Individualvertrag verbunden mit entsprechender Aufklärung an den hohen Maßstäben des BGH scheitere, aus der Entscheidung aber folge, dass der BGH im Wege der Auslegung zur Aufrechterhaltung der Verpflichtung des Garanten auf erstes Anfordern als gewöhnliche Garantie komme und im Gegesatz zu früherer Rechtsprechung keine Nichtigkeit annehme. Hier werden die Unwirksamkeit der Bürgschaft bzw. Garantie und die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede in unzulässiger Weise vermengt. 213 Zu dieser Rechtsprechung siehe Kap. 6, G. 214 BGH, Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98, und BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
Viertens ist nach der Rechtsprechung des BGH auch ein Gläubiger einer Bürgschaft auf erstes Anfordern, der aus ihr nicht vorgehen darf, weil er sich in masseloser Insolvenz befindet, weshalb die Geltendmachung des formellen Anspruchs rechtsmissbräuchlich wäre,215 berechtigt, stattdessen einen Anspruch aus einer gewöhnlichen Bürgschaft geltend zu machen.216 Fünftens ist nach der Rechtsprechung des BGH ein Gläubiger, an den eine Bürgschaft auf erstes Anfordern ohne Rechtsgrund geleistet wurde, berechtigt, die darin enthaltene gewöhnliche Bürgschaft beizubehalten (er muss sie somit nicht „herausgeben“), wenn dafür ein Rechtsgrund besteht. Deshalb wurde entschieden, dass wenn die Sicherungsabrede, auf Grund derer eine Bürgschaft auf erstes Anfordern geleistet wurde, nur in Bezug auf die Klausel auf erstes Anfordern, nicht aber insgesamt unwirksam ist, der Gläubiger zur Herausgabe der Bürgschaft Zug um Zug gegen eine gewöhnliche Bürgschaft verpflichtet ist.217 Oder aber muss er, so der BGH, auf die sich aus der Klausel ergebenden Privilegierungen verzichten 218, wobei er nicht dazu verpflichtet ist, die Bürgschaft auf erstes Anfordern ersatzlos herauszugeben.219 Sechstens kann in einem solchen Fall die Geltendmachung des Anspruchs aus der Bürgschaft durch den Gläubiger zulässig sein, auch wenn das Versprechen auf erstes Anfordern als solches auf Grund einer unwirksamen Sicherungsabrede geleistet wurde.220 Eine Ausnahme gilt aber für den Fall, dass die Sicherungsabrede insgesamt unwirksam wäre; ein Anspruch aus der Bürgschaft wäre dann wegen Missbrauchs abzuweisen; ein Rückgriff auf die gewöhnliche Bürgschaft sei dann nicht möglich, weil die Sicherungsabrede insgesamt, also auch in Bezug auf die gewöhnliche Bürgschaft, unwirksam ist.221 Siebtens soll nach der Rechtsprechung des BGH das, was auf den formellen Anspruch aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern geleistet wurde, nicht allein mit der Begründung zurückgefordert werden können, die formellen Voraussetzungen seien nicht erfüllt worden. Denn darüber, ob der Gläubiger die möglicherweise 215 Siehe
dazu Kap. 6, H., II. Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99; indirekt wurde dies auch bestätigt durch BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99. 217 BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, VII ZR 502/99. 218 BGH, Urteil vom 10. 4. 2003, VII ZR 314/01 (Nachinstanz: OLG Stuttgart, Urteil vom 19. 2. 2004, 13 U 118/03), BGH, Beschluss vom 13. 11. 2003, VII ZR 371/01. Unklar BGH, Beschluss vom 17. 7. 2002, IX ZR 469/00. 219 So auch BGH, Urteil vom 25. 3. 2004, VII ZR 453/02. 220 BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, VII ZR 502/99, BGH, Urteil vom 10. 4. 2003, VII ZR 314/01 (Nachinstanz: OLG Stuttgart, Urteil vom 19. 2. 2004, 13 U 118/03), BGH, Beschluss vom 13. 11. 2003, VII ZR 371/01. 221 BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00 (Vorinstanz: OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99). Der BGH hat hier noch offen gelassen, ob ansonsten (also dann, wenn die Sicherungsabrede nur teilweise unwirksam ist) ein Anspruch aus der gewöhnlichen Bürgschaft berechtigt sein kann. 216 BGH,
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
159
nicht vertragsgemäß angeforderte Leistung behalten darf, entscheidet die materielle Rechtslage, also die in der Bürgschaft auf erstes Anfordern enthaltene gewöhnliche Bürgschaft.222 Aus diesem Grunde hat der BGH entschieden, dass wenn die Beifügung einer gutachterlichen Stellungnahme eines öffentlich vereidigten Sachverständigen formelle Voraussetzung ist, das vom Bürgen, aus welchen Gründen auch immer, nicht beanstandete Fehlen dieser Stellungnahme nicht dazu führt, dass ihm oder dem Hauptschuldner ein Rückforderungsrecht zusteht.223 Achtens gilt eine ähnliche Regel dann, wenn der Gläubiger die Bürgschaft auf erstes Anfordern ohne Rechtsgrund durch Leistung erhalten hatte. Über die Rückforderung des Bürgschaftsbetrages entscheidet dann die in dieser Bürgschaft enthaltene gewöhnliche Bürgschaft; wurde diese nicht ohne Rechtsgrund geleistet und besteht ein von ihr gedeckter Anspruch, so ist der Gläubiger zur Rückzahlung nicht verpflichtet.224 Die Behandlung der oben aufgeführten Fallgruppen in der Rechtsprechung des BGH ist zwar im Ergebnis nicht zu beanstanden. Jedoch wird sie mit unzutreffenden oder zumindest unklaren dogmatischen Argumenten begründet, was auch dazu führt, dass insgesamt ein sehr kasuistisches und undurchsichtiges Bild entsteht. Schon die sloganartig verwendete Formel, wonach die Bürgschaft auf erstes Anfordern kein Sicherungsmittel eigener Art, sondern nur eine den Gläubiger besonders privilegierende Bürgschaft sei, bedarf der Präzisierung. Es ist daran zu erinnern, dass ein bürgschaftsbezogenes Leistungsversprechen auf erstes Anfordern zu seiner Wirksamkeit keinen Bürgschaftsvertrag erfordert. Ein solches Versprechen muss sich, und zwar zwingend, auf einen gewöhnlichen Bürgschaftsvertrag beziehen. Ob dieser tatsächlich existiert ist allerdings ohne Belang.225 Wird also ein solches Versprechen erteilt, so enthält es keineswegs eine gewöhnliche Bürgschaft, sondern bezieht sich nur auf eine solche, oder präziser gesagt, auf einen gewöhnlichen Bürgschaftsanspruch. Dies kann von den Parteien nicht geändert werden und zwar deshalb, weil ein Versprechen, das sich auf keinen materiellen Anspruch beziehen würde, kein Versprechen auf erstes Anfordern im Sinne der vorliegenden Arbeit ist (möglicherweise aber eine typische Garantie auf erstes Anfordern) und weil ein Versprechen, das sich auf einen anderen materiellen Anspruch als einen Bürgschaftsanspruch beziehen würde, zwar ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern, aber keine „Bürgschaft auf erstes Anfordern“ ist.
222 Siehe
dazu Kap. 7, B., II. Urteil vom 24. 10. 2002, IX ZR 355/00. 224 BGH, Urteil vom 23. 1. 2003, VII ZR 210/01. Das komplizierte Problem der Voraussetzungen des Rückforderungsanspruchs wird in Kap. 7 diskutiert. An dieser Stelle ist nur wichtig, dass auch hier auf die in der Bürgschaft auf erstes Anfordern enthaltene gewöhnliche Bürgschaft abgestellt wird. 225 Dies gilt entsprechend für alle Versprechen auf erstes Anfordern – siehe Kap. 2, B. 223 BGH,
160
Kap. 5: Der formelle Anspruch
Dagegen beinhaltet eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zwingend eine gewöhnliche Bürgschaft.226 Denn unter Bürgschaft auf erstes Anfordern wird vorliegend – und dies deckt sich mit dem normalen Sprachgebrauch – eine gewöhnliche Bürgschaft zusammen mit einem bürgschaftsbezogenen Versprechen auf erstes Anfordern verstanden.227 Sind die Begriffe insoweit präzisiert, so lässt sich die Richtigkeit der erwähnten Formel prüfen. Dabei ist ohne Weiteres ersichtlich, dass diese sich auf die Bürgschaft auf erstes Anfordern und nicht auf das bürgschaftsbezogene Leistungsversprechen auf erstes Anfordern bezieht. Denn ein solches Versprechen ist sicherlich ein Sicherungsmittel ganz anderer Art als die Bürgschaft, und es kann überhaupt nicht als privilegierte Form der Bürgschaft gelten. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern kann hingegen in der Tat als eine privilegierte Art der Bürgschaft betrachtet werden. Allerdings liegt die Privilegierung darin, dass sie nicht nur aus einer Bürgschaft, sondern darüber hinaus noch aus etwas mehr – nämlich aus einem bürgschaftsbezogenen Versprechen auf erstes Anfordern – besteht. Insofern ist die Lage mit der Situation vergleichbar, in der dem Sicherungsnehmer eine Bürgschaft und zugleich eine den Bürgschaftsanspruch sichernde Grundschuld zur Verfügung gestellt werden. In einem solchen Fall kann man gewiss von einer den Gläubiger privilegierender Bürgschaft sprechen, jedoch darf man nicht verkennen, dass diese Privilegierung in der Übergabe von einem Plus gegenüber einer Bürgschaft liegt. Deshalb ist die vom OLG Hamm geäußerte Auffassung, das Verhältnis zwischen einer Bürgschaft ohne Verzicht auf die Einreden aus §§ 768, 776 BGB und einer Bürgschaft mit einem solchen Verzicht sei dem Verhältnis zwischen einer gewöhnlichen Bürgschaft und einer Bürgschaft auf erstes Anfordern vergleichbar, unzutreffend.228 Denn eine Bürgschaft, in der der Bürge auf die Einreden aus §§ 768, 770 BGB verzichtet, bleibt nur Bürgschaft und nichts mehr.229 Eine Bürgschaft auf erstes Anfordern beinhaltet hingegen eine Bürgschaft und etwas mehr. Die Formulierung, die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei kein Sicherungsmittel eigener Art, sondern nur eine privilegierende Art von Bürgschaft, kann deshalb aufrechterhalten bleiben, ist aber unpräzise. Es wäre wohl besser zu sagen, dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern unter anderem eine gewöhnliche Bürgschaft enthält, aber durch die Vereinbarung einer weiteren Sicherung im Verhältnis zu dieser privilegiert ist. Die Folgen, die aus dieser Formulierung in der Rechtsprechung in Bezug auf einzelne Fallgruppen hergeleitet werden, werden nachfolgend diskutiert (Kap. 5, B., I., 2. – Kap. 5, B., I., 7.).
226 Auch wenn es vorkommen kann, dass die gewöhnliche Bürgschaft unwirksam und das Versprechen wirksam ist oder umgekehrt. 227 Siehe dazu Kap. 2, C. 228 OLG Hamm, Urteil vom 14. 7. 2005, 21 U 130/04. 229 Es sei denn, dass man, wie dies Dudenhausen, S. 15 und 37 f., tut, eine solche Bürgschaft nicht als Bürgschaft, sondern als Garantievertrag klassifiziert.
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
161
Dabei ist zu unterstreichen, dass eine Bürgschaft auf erstes Anfordern eine gewöhnliche Bürgschaft enthalten muss. Es handelt sich hier nicht um eine Auslegungsfrage, bei der der Parteiwillen von Bedeutung sein und die deshalb nur im Zweifel gelten kann. In einem bürgschaftsbezogenen Versprechen auf erstes Anfordern kann hingegen eine gewöhnliche Bürgschaft niemals enthalten sein. Auf eine solche muss aber im Versprechen Bezug genommen werden. Die Gründe, die den BGH dazu bewogen haben, an dieser Stelle auf den Willen der Parteien abzustellen, werden im Folgenden noch diskutiert; es wird sich erweisen, dass es in allen Fällen, in denen der BGH annehmen möchte, die Bürgschaft auf erstes Anfordern enthalte keine gewöhnliche Bürgschaft, tatsächlich nur darum geht, dass er gewisse formelle Voraussetzungen als materiell-formelle betrachtet, dass er folglich die gewöhnliche Bürgschaft als von diesen Voraussetzungen aufschiebend bedingt ansieht – und zwar zu Recht. 1. Fallgruppe I In Fällen, in denen eine Bedingung, die formelle Voraussetzung der Bürgschaft auf erstes Anfordern war, nicht erfüllt ist, kann der Gläubiger versuchen, direkt aus dem materiellen Anspruch, d.h. aus der gewöhnlichen Bürgschaft, vorzugehen. Dies ist grundsätzlich zulässig, kann aber auch scheitern, beispielsweise wenn dieselbe Bedingung zugleich Voraussetzung der gewöhnlichen Bürgschaft ist. Um solche Fälle zu behandeln, ist es nicht erforderlich, mit der Rechtsprechung die Auffassung zu vertreten, eine gewöhnliche Bürgschaft sei in einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nur im Zweifel enthalten. Dies zeigt die nähere Analyse des vom BGH im Urteil vom 26. 4. 2001 behandelten Falles.230 Hier wurde eine Bürgschaft auf erstes Anfordern für die Forderungen des Auftragnehmers gemäß § 648a BGB erteilt. Formelle Voraussetzung war – im Einklang mit § 648a Abs. 2 BGB – die Vorlage einer Erklärung des Hauptschuldners. Der Hauptschuldner wurde aber wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht; deshalb wollte der Gläubiger ohne die Erklärung gegen den Bürgen vorgehen. Der BGH hat einen Anspruch aus dem bürgschaftsbezogenen Versprechen auf erstes Anfordern – also den formellen Anspruch – verneint; er hat zutreffend auf den Grundsatz der Dokumentenstrenge abgestellt. Er hat dann erwogen, ob nicht eine Umdeutung in eine gewöhnliche Bürgschaft möglich sei. Dies bedürfe keiner abschließenden Entscheidung, auch wenn dem häufig gewichtige Interessen des Bürgen entgegenstehen werden. Im vorliegenden Fall scheide dies aber aus, weil die Bürgschaft im Hinblick auf § 648a Abs. 2 BGB gestellt wurde. Diese Vorschrift sei aber gemäß § 648a Abs. 7 BGB zwingend, was einer Umdeutung jedenfalls einer Bürgschaft auf erstes Anfordern entgegenstehe, die inhaltlich von einer vergleichbaren Voraussetzung abhängen sollte. Mit anderen Worten hat der BGH entschieden, dass – weil nach zwingendem Recht auch eine gewöhnliche Bürgschaft von der Abgabe der Erklärung abhängen
230 BGH,
Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98.
162
Kap. 5: Der formelle Anspruch
muss – eine solche Erklärung auch bei einer „Umdeutung“ der Bürgschaft auf erstes Anfordern erforderlich ist. Die Analyse dieses Falles lässt erkennen, dass es hierbei überhaupt nicht um eine Umdeutung geht. Vielmehr steht hier die Frage zur Entscheidung, ob dem Gläubiger ein Anspruch aus der gewöhnlichen Bürgschaft, d.h. der materielle Anspruch, tatsächlich zusteht. Denn es muss dem Gläubiger, wie bereits erwähnt, zwar immer unbenommen bleiben, den materiellen Anspruch statt des formellen geltend zu machen. Eine andere Frage ist es aber, ob dieser ihm tatsächlich zusteht. Dies wurde hier zutreffend vom BGH verneint. Die gewöhnliche, in der Bürgschaft auf erstes Anfordern enthaltene Bürgschaft ist vom BGH dahin ausgelegt worden, dass auch ihre Voraussetzung die Vorlage der Erklärung des Hauptschuldners war. Mit anderen Worten ist entschieden worden, dass der Bürge eine gewöhnliche Bürgschaft übernommen hat, jedoch nur unter der – aus zwingendem Recht folgenden – Bedingung, dass eine entsprechende Erklärung vorgelegt wird (materielle Voraussetzung). Andererseits hat der Bürge zugleich Zahlung auf erstes Anfordern versprochen, jedoch auch nur unter der Bedingung, dass die Erklärung vorgelegt wird (formelle Voraussetzung). Damit wurde die Vorlage der Erklärung als materiell-formelle Voraussetzung vereinbart. Der materielle Anspruch bestand also ohne die Erklärung nicht. Ähnlich verhielt es sich in dem ebenfalls bereits erwähnten Fall, in dem vereinbart wurde, dass die Bürgschaft unter einer aufschiebenden Bedingung in Kraft tritt.231 Auch hier kann der Gläubiger aus dem materiellen statt aus dem formellen Anspruch vorgehen. Was der Entscheidung bedarf, ist aber, ob der materielle, der formelle oder zugleich der materielle und der formelle Anspruch unter dieser Bedingung gestellte wurde. In der Regel entspricht es dem Willen der Parteien, dass beide Ansprüche aufschiebend bedingt sind, so dass ohne den Eintritt der Bedingung dem Gläubiger weder der formelle noch der materielle Anspruch zusteht.232 Die Klage des Gläubigers aus der Bürgschaft muss dann im Prozess abgewiesen werden, und zwar nicht deshalb, weil in diesem Fall die Bürgschaft auf erstes Anfordern ausnahmsweise keine gewöhnliche Bürgschaft enthält, sondern deshalb, weil auch diese gewöhnliche Bürgschaft unter der nicht eingetretenen Bedingung (der materiell-formellen Voraussetzung) gestellt ist. In solchen Fällen geht die Frage also nicht dahin, ob nach dem Parteiwillen die Bürgschaft auf erstes Anfordern auch eine gewöhnliche Bürgschaft enthält, denn dies ist stets der Fall. Vielmehr geht sie dahin, ob die Voraussetzungen der Geltendmachung dieser gewöhnlichen Bürgschaft erfüllt sind. Um diese Frage zu beantworten, muss man den Willen der Parteien des gewöhnlichen Bürgschaftsvertrages 231 OLG Stuttgart, Urteil vom 20. 12. 2000, 9 U 183/00. Vgl. auch OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25. 11. 1977, 3 U 11/77. 232 Anders war es nach Ansicht des BGH in dem oben diskutierten Fall BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95.
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
163
erforschen. Insbesondere muss man dabei entscheiden, ob gewisse Bedingungen, die als formelle Voraussetzungen (d.h. als Voraussetzungen der Zahlung auf erstes Anfordern) vereinbart worden sind, zugleich nach dem Parteiwillen materielle Voraussetzungen (d.h. die Voraussetzungen der Haftung aus der gewöhnlichen Bürgschaft) sein sollten, und ob sie demnach als materiell-formelle Voraussetzungen vereinbart worden sind. Mit einer Umdeutung hat dies allerdings nichts zu tun. 2. Fallgruppe II Nach der Rechtsprechung kann unter Umständen eine Bürgschaft oder atypische Garantie auf erstes Anfordern zum Schutz des Versprechenden als gewöhnliche Bürgschaft oder Garantie ausgelegt werden.233 In diesem Fall wird die Bürgschaft auf erstes Anfordern im Wege der Auslegung zu der in ihr immer – und nicht nur im Zweifel, wie der BGH meint – enthaltenen gewöhnlichen Bürgschaft reduziert. 3. Fallgruppe III Nach Auffassung des BGH muss der Begünstigte aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern mit Urkunden belegen können, dass die von ihm geltend gemachte Hauptforderung von der Bürgschaft gedeckt ist.234 Ist der Gläubiger nicht im Stande, einen solchen Beweis zu führen, stehen ihm aber andere Beweismittel zur Verfügung, so kann er, statt aus dem formellen Anspruch (d.h. aus dem bürgschaftsbezogenen Versprechen auf erstes Anfordern), aus dem materiellen Anspruch (d.h. aus der gewöhnlichen Bürgschaft) vorgehen. Diese Regel folgt – entgegen der Auffassung des BGH – nicht aus dem nur im Zweifel geltenden Parteiwillen, sondern aus den oben erörterten begrifflichen Überlegungen, d.h. daraus, dass der Gläubiger immer das Recht hat, statt aus dem formellen Anspruch aus dem materiellen Anspruch vorzugehen.235 Die Regel unterliegt deshalb keinen Ausnahmen. Wie aber Bereits in Kap. 5, B., I., 1. erörtert, folgt daraus noch nicht, dass der Anspruch aus der gewöhnlichen Bürgschaft erfolgreich geltend gemacht werden kann. Denn es kann sein, dass er selbst bedingt ist und die Bedingungen (die materiellen Voraussetzungen) nicht erfüllt sind, oder es kann sein, dass die gewöhnliche Bürgschaft selbst nichtig war. War nur ein bürgschaftsbezogenes Versprechen auf erstes Anfordern vereinbart und keine Bürgschaft auf erstes Anfordern, so kann der Anspruch aus der gewöhnlichen Bürgschaft auch daran scheitern, dass diese niemals bestanden hat. In diesem Fall geht es aber um Konstellationen, in denen die Parteien davon ausgegangen sind, dass es eine solche gewöhnliche Bürgschaft gibt und dass sie Bezug auf diese genommen haben, diese Annahme sich aber später als
233 Siehe
Kap. 6, C., II.
234 BGH, Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98, BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99;
mehr dazu in Kap. 6, G. 235 Ein solcher Fall lag BGH, Urteil vom 5. 5. 2011, VII ZR 179/10, zugrunde.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
irrtümlich erweist. Mit dem Grundsatz, die Bürgschaft auf erstes Anfordern enthalte nur im Zweifel eine gewöhnliche Bürgschaft, haben sie somit nichts zu tun. 4. Fallgruppe IV Nach der Rechtsprechung des BGH kann die Geltendmachung des formellen Anspruchs aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern rechtsmissbräuchlich sein, wenn sich der Begünstigte in masseloser Insolvenz befindet.236 In solchen Fällen kann der Gläubiger immer den materiellen Anspruch aus der gewöhnlichen Bürgschaft geltend machen. Voraussetzung ist hierfür selbstverständlich, dass der Gläubiger nachweist, dass ihm dieser Anspruch zusteht und fällig ist.237 5. Fallgruppen V und VI Zu den nächsten Fallgruppen gehören Fälle, in denen der Gläubiger ein bürgschaftsbezogenes Versprechen auf erstes Anfordern durch Leistung – typischerweise eine des Hauptschuldners – ohne Rechtsgrund erhalten hat. Es geht hierbei vor allem um Fälle, in denen eine Bürgschaft auf erstes Anfordern (d.h. eine gewöhnliche Bürgschaft zusammen mit einem bürgschaftsbezogenen Versprechen auf erstes Anfordern) geleistet wurde. In solchen Fällen ist ohne Weiteres klar, dass es – wie der BGH erkannt hat – sein kann, dass die gewöhnliche Bürgschaft mit Rechtsgrund und das Versprechen auf erstes Anfordern ohne Rechtsgrund geleistet wurden. Ist dies der Fall, so ist der Gläubiger nur um das Versprechen auf erstes Anfordern ungerechtfertigt bereichert, und er hat es „herauszugeben“. Die zugleich erhaltene gewöhnliche Bürgschaft darf der Gläubiger behalten, und er kann aus ihr – d.h. aus dem materiellen Anspruch – vorgehen.238 Sind dagegen beide Leistungen ohne Rechtsgrund bewirkt worden, zum Beispiel weil die Sicherungsabrede insgesamt unwirksam war, so muss die ganze Bürgschaft auf erstes Anfordern „herausgegeben“ werden; der Einwand greift auch gegen die gewöhnliche Bürgschaft durch.239 6. Fallgruppe VII Eine weitere Gruppe bilden Fälle, die mit der Rückforderung eines wegen einer Bürgschaft auf erstes Anfordern gezahlten Betrages im Zusammenhang ste236 Siehe
dazu Kap. 6, H., II. Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99, BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99. 238 BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, VII ZR 502/99, wohl BGH, Beschluss vom 17. 7. 2002, IX ZR 469/00, BGH, Urteil vom 10. 4. 2003, VII ZR 314/01 (Nachinstanz: OLG Stuttgart, Urteil vom 19. 2. 2004, 13 U 118/03), BGH, Beschluss vom 13. 11. 2003, VII ZR 371/01, wohl auch BGH, Urteil vom 25. 3. 2004, VII ZR 453/02. 239 BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00 (Vorinstanz: OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99). 237 BGH,
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
165
hen. Nach der zutreffenden Ansicht des BGH besteht ein solcher Anspruch nur dann, wenn der Betrag materiell zu Unrecht geleistet worden ist. Ob der formelle Anspruch bestanden hat, ist dagegen unerheblich. Dieses Problem wird in Kap. 7 behandelt. Aus der Auffassung des BGH folgt jedenfalls, dass es entscheidend ist, ob eine Voraussetzung nur formellen Charakter hat, was zu keiner Rückforderung berechtigt, oder ob sie einen doppelten, materiell-formellen Charakter aufweist. Im letzteren Fall kann ein Rückforderungsanspruch begründet sein. So hat sich der BGH mit einem Fall beschäftigt, in dem der Begünstigte bei der Inanspruchnahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern eine gutachterliche Stellungnahme eines öffentlich vereidigten Sachverständigen beifügen sollte; eine solche ist nicht beigefügt worden, der Bürge hat aber trotzdem gezahlt.240 Hier hat der BGH einen auf die Nichterfüllung dieser Voraussetzung sich gründenden Rückforderungsanspruch verneint. Dogmatisch gesehen hat er also die Voraussetzung als eine rein formelle Voraussetzung angesehen und die Ansicht vertreten, der Bürge habe sich für die Hauptforderung bedingungslos verbürgt, und nur die Verpflichtung zur Zahlung auf erstes Anfordern unter der Bedingung der Beifügung der Stellungnahme gestellt. Insoweit war die Entscheidung eine andere als in dem oben erörterten Fall des Urteils vom 26. 4. 2001.241 Dort wird die Vorlage der Erklärung als materiell-formelle Voraussetzung ausgelegt, hier wird die Vorlage der Stellungnahme nur als formelle Voraussetzung betrachtet. 7. Fallgruppe VIII Der letzten Gruppe gehören Fälle an, in denen der auf die Bürgschaft auf erstes Anfordern gezahlte Betrag nicht deshalb zurückgefordert wird, weil gewisse Voraussetzungen nicht erfüllt sind, sondern deshalb, weil die Bürgschaft ohne Rechtsgrund geleistet worden ist. Ist nur das bürgschaftsbezogene Versprechen auf erstes Anfordern ohne Rechtsgrund geleistet worden, so begründet das nach der Rechtsprechung des BGH noch keinen Rückforderungsanspruch.242 Ist hingegen auch die gewöhnliche Bürgschaft ohne Rechtsgrund geleistet worden, so steht dem Bürgen ein Rückforderungsanspruch zu. Auch dies folgt daraus, dass die gewöhnliche Bürgschaft in der Bürgschaft auf erstes Anfordern immer enthalten ist.
II. Aufschiebende Bedingungen und Termine Versprechen auf erstes Anfordern, ebenso wie typische Garantien auf erstes Anfordern, werden häufig mit Klauseln versehen, wonach sie erst nach Eintritt bestimmter Bedingungen gelten oder in Kraft treten sollen. Solche Klauseln sind
240 BGH,
Urteil vom 24. 10. 2002, IX ZR 355/00. dazu Kap. 5, B., I., 1. 242 BGH, Urteil vom 23. 1. 2003, VII ZR 210/01. Siehe dazu Kap. 7, B., II. 241 Siehe
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
nichts anderes als aufschiebende Bedingungen oder Termine, unter denen das Versprechen oder die Garantie gestellt wird. Eine sehr verbreitete und besonders häufig bei Anzahlungsbürgschaften oder typischen Anzahlungsgarantien auf erstes Anfordern verwendete Klausel ist die „bei uns“ Klausel.243 Bei solchen Klauseln übernimmt der Bürge oder Garant die Bürgschaft oder Garantie auf erstes Anfordern, diese soll jedoch erst dann in Kraft treten, wenn ein gewisser Betrag, beispielsweise die Anzahlung, auf ein beim Bürgen oder Garanten (also eben „bei uns“) geführtes Konto des Hauptschuldners eingezahlt wird. Solche Klauseln werden in Anzahlungsbürgschaften,244 Anzahlungsgarantien,245 Vertragserfüllungsbürgschaften 246 und Vertragserfüllungsgarantien 247 vereinbart. Sie können sogar die Nummer des Kontos bestimmen.248 Sie können entweder so ausgestaltet werden, dass der Bürge oder Garant nur in der Höhe des eingezahlten Betrages haftet,249 oder aber so, dass er nur bei Einzahlung des vollen Betrages überhaupt aus der Bürgschaft bzw. der Garantie in Anspruch genommen werden kann.250 Diese Klauseln werden von den Gerichten streng gehandhabt. So hat das OLG Frankfurt am Main entschieden, dass selbst wenn unstreitig ist, dass der volle Betrag durch Schecks ausgezahlt wurde, jedoch nur einer dieser Schecks bei der versprechenden Bank eingelöst wurde, die Bank für den bei ihr nicht eingezahlten Betrag nicht haftet.251 Die Bedingung sei klar und grundsätzlich einer Auslegung nicht zugänglich. Dass der restliche Betrag auch indirekt bei der Bank eingegangen ist, sei unerheblich. Es verstoße nicht gegen Treu und Glauben, wenn die Bank sich auf diese Klausel berufe; denn sie habe daran ein legitimes Interesse und der Begünstigte werde jedenfalls dadurch nicht in unzumutbarer Weise belastet. Das OLG Stuttgart hat sogar entschieden, dass die fehlende Einzahlung auf das genann-
243 So betreffend Garantien auf erstes Anfordern Zahn/Ehrlich/Haas, S. 418, und Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 186 ff. 244 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25. 11. 1977, 3 U 11/77, wo vom Gericht offen gelassen wurde, ob Bürgschaft oder Garantie vorliegt, sowie OLG Stuttgart, Urteil vom 20. 12. 2000, 9 U 183/00. 245 OLG Köln, Urteil vom 7. 8. 1986, 7 U 146/86. 246 BGH, Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98. 247 OLG Oldenburg, Urteil vom 15. 2. 2000, 12 U 42/99, wobei dem Sachverhalt nicht eindeutig zu entnehmen ist, ob hier die Einzahlung auf ein beim Garanten geführtes Konto erfolgen musste. 248 OLG Stuttgart, Urteil vom 20. 12. 2000, 9 U 183/00. 249 BGH, Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98, OLG Oldenburg, Urteil vom 15. 2. 2000, 12 U 42/99. 250 OLG Stuttgart, Urteil vom 20. 12. 2000, 9 U 183/00. 251 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25. 11. 1977, 3 U 11/77. So auch Zahn/Ehrlich/ Haas, S. 464 f.
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
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te Konto dazu führt, dass die Bürgschaft auch nicht teilweise in Kraft tritt.252 Der Bürge habe daran ein berechtigtes Interesse. Die Klausel sei weder überraschend noch benachteilige sie den Gläubiger unangemessen im Sinne des AGB-Gesetzes. Der BGH hat insofern auch eine Hinweispflicht des Bürgen an den Gläubiger, dass der Betrag nicht einbezahlt wurde, verneint.253 Auch im Schrifttum wird grundsätzlich ein strenger Ansatz befürwortet.254 Eine andere Auffassung vertritt J. Schröder.255 Er ist der Meinung, eine solche Klausel könne potenziell dem Interesse des Garanten oder des Bürgen an der Feststellung, ob die Zahlung als Bedingung für das In-Kraft-treten der Garantie bzw. der Bürgschaft überhaupt erfolgt ist (Feststellungsinteresse), seinem Interesse daran, dass die Anzahlung vereinbarungsgemäß verwendet wird (Verwendungsinteresse), und der Sicherung seiner eigenen Ansprüche aus dem gewährten Avalkredit (Sicherungsinteresse) dienen. Allerdings stehe das Sicherungsinteresse im Widerspruch zum Geschäftszweck der Anzahlung, und das Verwendungsinteresse könne nur vorhanden sein, wenn dem Garanten bzw. dem Bürgen besondere Kontrollbefugnisse eingeräumt werden. Deshalb seien diese beiden Interesse grundsätzlich unbeachtlich. Und was das Feststellunginteresse angeht, so verstosse es gegen Treu und Glauben, auf der „bei uns“ Klausel auch dann zu beharren, wenn ein anderer gleichwertiger Nachweis der erfolgten Zahlung vorgelegt wird.256 Die Argumente J. Schröders überzeugen nicht. Zum einen scheint es wegen des Grundsatzes der Dokumentenstrenge von vornherein ausgeschlossen, die Zahlungsbedingungen auf Grund von allgemeinen Zweckmäßigkeitsüberlegungen aufzuweichen.257 Zum anderen braucht die Lage im Einzelfall den Annahmen von J. Schröder nicht zu entsprechen; so kann es durchaus von den Parteien gewollt sein, dass die Anzahlung an ein bei der bürgenden Bank im Minus geführtes Konto eingezahlt wird, so dass ein Sicherungsinteresse der Bank legitim ist. Im Ergebnis ist die strenge Handhabung der Klausel nicht zu beanstanden.
252 OLG Stuttgart, Urteil vom 20. 12. 2000, 9 U 183/00. Zustimmend Früh, Anmerkung zum OLG Stuttgart Urteil vom 20. 12. 20, S. 1007 f. So wohl auch Graf von Westphalen/ Zöchling-Jud, S. 187. 253 BGH, Urteil vom 19. 3. 1987, IX ZR 159/86 (der Fall betraf eine gewöhnliche Bürgschaft). 254 Zahn/Ehrlich/Haas, S. 464 f., und vor allem Müller-Wüsten, S. 2145 ff. Differenzierend Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1133b, der es der Bank unter Umständen nach § 242 BGB verwehren will, sich darauf zu berufen. 255 J. Schröder, S. 2360 f. Sehr kritisch dazu Müller-Wüsten, S. 2145 ff. 256 J. Schröder, S. 2359. Übrigens konstruiert Schröder das Feststellungsinteresse auf der Prämisse, bei einer Anzahlungsgarantie bzw. -bürgschaft müsse der Begünstigte auch ohne besondere Vereinbarung beweisen, dass er die Anzahlung tatsächlich geleistet hat (J. Schröder, S. 2358). Dies trifft aber nicht zu, wie Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 186 ff., zutreffend feststellen. 257 Siehe dazu Kap. 4, D., I.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
Ob die Klausel so zu verstehen ist, dass der Bürge oder der Garant in Höhe des ordnungsgemäß eingezahlten Betrages haftet oder dass er nur bei Einzahlung des vollen Betrages in Anspruch genommen werden kann, muss immer im Wege der Auslegung ermittelt werden. Wird vereinbart, dass die Bürgschaft oder die Garantie „vorbehaltlich des Eingangs einer Kaufpreisrate in mindestens gleicher Höhe“258 in Kraft tritt bzw. dass sie dann in Kraft tritt, „wenn und soweit“ einzelne Kaufpreisraten eingezahlt werden,259 so ist klar, dass sie auch teilweise in Kraft treten kann. Wird dagegen vereinbart, dass sie in Kraft tritt, „wenn die Zahlung bei uns für den Auftragsnehmer eingegangen ist“,260 so ist anzunehmen, dass die volle Zahlung eingegangen sein muss, selbst wenn das Wort „volle“ hier nicht verwendet wird.261 Eine andere Art einer aufschiebenden Bedingung kann dann vereinbart werden, wenn eine neue Bürgschaft eine frühere ersetzen soll, beispielsweise wenn der Höchstbetrag reduziert wird oder wenn eine Vertragserfüllungsbürgschaft gegen eine Gewährleistungsbürgschaft ausgetauscht wird. In solchen Fällen kann das In-Kraft-treten der neuen Bürgschaft von der Rückgabe der früheren abhängig gemacht werden.262 Was unter Rückgabe hier verstanden wird, ist eine Frage der Auslegung.263 Selbstverständlich können auch andere aufschiebende Bedingungen vereinbart werden. So wurde beispielsweise im Fall des Urteils des BGH vom 15. 3. 2001 vereinbart, dass eine Bürgschaft auf erstes Anfordern für die Rückzahlung eines Kredits nur gelten soll, wenn der Kredit frei zur Auszahlung komme und nicht zum Ausgleich anderer Kreditverhältnisse genutzt werde.264 In einem vom OLG Hamburg entschiedenen Fall wurde in einer Garantie auf erstes Anfordern vorgesehen, dass sie bei der Nichteinlösung eines Akkreditivs zahlbar werde.265 Die Folge der Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung ist es vor allem, dass der Begünstigte den Eintritt dieser Bedingung bei der Geltendmachung des formellen Anspruchs beweisen muss. Die Folgen sind also grundsätzlich dieselben, wie wenn diese Bedingung eine formelle Voraussetzung wäre. Deshalb sind nach der in der vorliegenden Arbeit vertretenen Auffassung aufschiebende Bedingungen nichts anderes als formelle Voraussetzungen. Diese formellen Voraussetzungen haben aber ihre Besonderheiten.
258 OLG
Oldenburg, Urteil vom 15. 2. 2000, 12 U 42/99. Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98. 260 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25. 11. 1977, 3 U 11/77. 261 Im Fall OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25. 11. 1977, 3 U 11/77, brauchte das Gericht darüber nicht zu entscheiden, weil die Bank den Teilbetrag freiwillig ausgezahlt hat. 262 BGH, Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98, BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99. 263 Siehe dazu Kap. 5, B., III. 264 BGH, Urteil vom 15. 3. 2001, IX ZR 273/98. 265 OLG Hamburg, Urteil vom 4. 11. 1977, 14 U 65/77. 259 BGH,
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
169
Vor allem weisen sie in der Praxis nur selten dokumentarischen Charakter auf. Von den in diesem Kapitel präsentierten aufschiebenden Bedingungen ist nur die Rückgabe einer früheren Bürgschaftsurkunde dokumentarische Voraussetzung.266 Bei der populären „bei uns“ Klausel werden normalerweise keine Dokumente, mit denen die Einzahlung belegt werden muss, vereinbart. Der Begünstigte ist also berechtigt, mit allen Mitteln im Prozess zu beweisen, dass er den Betrag eingezahlt hat. Zwar ist diese Möglichkeit typischerweise von keiner großen Bedeutung, weil er diesen Umstand in der Regel ohne Weiteres mit Urkunden wird beweisen können. Aber auch der Bürge bzw. der Garant wird die Möglichkeit haben, mit allen Mitteln zu beweisen, dass der Betrag trotz der Vorlage entsprechender Unterlagen in Wirklichkeit nicht eingezahlt worden ist. Selbst wenn der Rechtsstreit im Urkundenverfahren geführt wird, was die Regel sein wird und was auch bei einer „bei uns“ Klausel möglich ist, wird der Bürge bzw. der Garant immer noch die Möglichkeit haben, solche Einwendungen zumindest im Nachverfahren zu erheben. Zum anderen werden diejenigen Voraussetzungen, die in der Form einer aufschiebenden Bedingung vereinbart werden, im Regelfall als materiell-formelle Voraussetzungen vereinbart. Zum Beispiel wird, soweit ersichtlich, die „bei uns“ Klausel einheitlich in dem Sinne ausgelegt, dass die Einzahlung sowohl den materiellen als auch den formellen Anspruch bedingt. Die Formulierung „die Bürgschaft tritt in Kraft, wenn“ wird wohl ausnahmslos so verstanden, dass sie sowohl für die gewöhnliche Bürgschaft als auch für das Versprechen auf erstes Anfordern gilt. In der Tat gibt es bei einer solchen Formulierung keine Umstände, die darauf hindeuten könnten, dass sie ausschließlich auf den materiellen oder ausschließlich auf den formellen Anspruch zu beschränken ist. Eine einzige Ausnahme dürfte die Bedingung im Fall des Urteils des BGH vom 15. 3. 2001 sein, wonach die Bürgschaft nur gelten sollte, wenn der verbürgte Kredit frei zur Auszahlung komme und nicht zum Ausgleich anderer Kreditverhältnisse genutzt werde.267 Würde diese Bedingung nicht nur den materiellen, sondern auch den formellen Anspruch betreffen, so könnte die Bürgschaft auf erstes Anfordern ihren Sinn verlieren. Denn es ist kaum vorstellbar, wie der Gläubiger diesen Umstand leicht beweisen könnte. Neben aufschiebenden Bedingungen können auch aufschiebende Termine vorgesehen werden, indem zum Beispiel vereinbart wird, dass eine Bürgschaft an einem bestimmten Tag in Kraft treten oder dass sie frühestens an diesem Tag zahlbar werden soll.268 Gelegentlich kommt es auch vor, dass in einem Versprechen oder einer typischen Garantie auf erstes Anfordern gesagt wird, eine wirksame Leistungsaufforderung könne frühestens an einem bestimmten Tag abgegeben werden. In diesem letzten Fall liegt etwas mehr als nur eine formelle Voraussetzung vor. 266 Selbst das ist nicht offensichtlich, wenn man die verschiedentlichen Auslegungsmöglichkeiten des Begriffs „Rückgabe“ in Erwägung zieht. 267 BGH, Urteil vom 15. 3. 2001, IX ZR 273/98. Der BGH selbst hat sich zu dieser Frage in seiner Entscheidung nicht geäußert. 268 So BGH, Urteil vom 12. 3. 1992, IX ZR 141/91, wo die Bürgschaft auf erstes Anfordern allerdings zum Schutz des Bürgen als gewöhnliche Bürgschaft ausgelegt wurde.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
Denn bei einer solchen Formulierung ist nicht nur gemeint, dass der formelle Anspruchsfall frühestens an dem genannten Tag eintreten kann, sondern auch, dass früher abgegebene Aufforderungen wirkungslos sind. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob diese Auslegung auch für solche aufschiebenden Bedingungen oder Termine gelten sollte, bei denen nur gesagt wird, die Bürgschaft gelte oder trete in Kraft an einem bestimmten Tag oder nach der Erfüllung einer bestimmten Bedingung. Die Frage lautet folglich, ob vor dem In-Kraft-treten abgegebene Leistungsaufforderungen wirksam sind oder nicht. Ergibt sich eine Antwort auf diese Frage aus den Umständen des Falles nicht, so ist nach Auffassung des Verfassers im Zweifel die Meinung zu bevorzugen, nach der eine vor dem In-Kraft-treten eines Versprechens oder einer typischen Garantie abgegebene Leistungsaufforderung unwirksam ist. Dies scheint dem wörtlichen Sinn der Formulierung „tritt in Kraft“ zu entsprechen.
III. Auflösende Bedingungen Außer Klauseln, die das In-Kraft-treten eines Versprechens oder einer typischen Garantie auf erstes Anfordern an gewisse Voraussetzungen anknüpfen, werden häufig auch solche Klauseln verwendet, die das Erlöschen eines Versprechens oder einer Garantie nach der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen anordnen. Der sicherlich häufigste Fall ist das Erlöschen nach Ablauf einer bestimmten Frist. Typische Garantien auf erstes Anfordern werden fast ausnahmslos befristet erteilt. Bei Versprechen auf erstes Anfordern ist dies auch nicht selten. Die Befristung ist in der Praxis so wichtig, dass sie separat im folgenden Kap. 5, B., IV. diskutiert wird. Sie weist im Übrigen auch gewisse Besonderheiten im Verhältnis zu den in diesem Kapitel behandelten Fällen auf. Ein zweiter Umstand, der häufig vereinbarungsgemäß zum Erlöschen eines Versprechens oder einer Garantie führen kann, ist die Rückgabe der Urkunde, in der dieses Versprechen oder diese Garantie enthalten ist. Es wird sehr oft vereinbart, dass einerseits der Begünstigte die Urkunde dem Versprechenden oder Garanten zurückzugeben hat, wenn das Versprechen oder die Garantie erlischt oder wenn der materielle Anspruchsfall nicht mehr eintreten kann, dass aber andererseits die Rückgabe der Urkunde selbständig zum Erlöschen des Versprechens oder der Garantie führt.269 Was unter der Rückgabe verstanden wird, ist eine andere Frage. Das OLG Hamburg hat entschieden, dass damit nicht die rein tatsächliche Wiedererlangung des Besitzes an der Urkunde durch den Versprechenden – gleich auf welche Weise – gemeint ist, sondern dass in der Rückgabe das Angebot zum 269 Betreffend Garantien vgl. Zahn/Ehrlich/Haas, S. 418, Schütze/Edelmann, S. 59 f. Die Rückgabe dient auch dazu, im Verhältnis zwischen dem Garanten (der Bank) und dem Auftraggeber den Zeitpunkt zu bestimmen, ab dem keine Avalzinsen mehr zu zahlen sind, vgl. Schütze, Zur Nichtrückgabe, S. 1401, und Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1159.
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
171
Abschluss eines Erlassvertrages liegen soll.270 Auch die willentliche Übertragung des Besitzes an der Urkunde genüge also zur Rückgabe nicht, wenn darin kein solches Angebot erblickt werden kann. Im zur Entscheidung stehenden Fall sei der erforderliche Erlassvertrag nicht geschlossen worden, auch wenn der Gläubiger die Urkunde versehentlich zurückgegeben hatte. Deshalb komme es auf eine Anfechtung nicht an.271 Die Vereinbarung anderer zum Erlöschen des Versprechens oder der Garantie führender Umstände ist viel seltener. Auch solche Vereinbarungen kommen aber vor. So wurde in einer vom OLG Köln behandelten Zahlungsgarantie auf erstes Anfordern, die die Kaufpreiszahlung aus einem Kaufvertrag über Parfüm sichern sollte, vereinbart, sie erlösche bei Lieferung des Parfüms, wobei diese Lieferung durch Vorlage der entsprechenden Versanddokumente bestätigt werden solle.272 In einem vom OLG Oldenburg behandelten Fall einer typischen Garantie wurde vereinbart, sie erlösche, wenn die zwei vermeintlichen Gläubiger, wegen derer im Zusammenhang mit der Wertzuwachsentschädigung aus ihrer stillen Beteiligung an dem verkauften Unternehmen stehenden Ansprüche die Garantie übernommen wurde, verbindlich mitteilen, dass ihre sämtliche Ansprüche erledigt sind.273 Das OLG Celle hatte über eine typische Garantie auf erstes Anfordern zugunsten der Bank des Gläubigers zu entscheiden, die erlöschen sollte, wenn der Hauptschuldner schriftlich erklärt, dass die durch den Gläubiger geltend gemachten Forderungen zwischen ihnen streitig sind.274 Letztlich hat der BGH im Urteil vom 12. 3. 1984 eine typische Garantie auf erstes Anfordern behandelt, die Pachtzins- und Vertragsstrafenansprüche aus einem Pachtvertrag über ein Grundstück in Teheran sichern sollte.275 Die Garantie sollte in diesem Fall erlöschen, sobald der Pächter erklärt, dass er das Pachtgrundstück geräumt hat, und diese Erklärung mit einem Schreiben des Verpächters oder des Eigentümers des Grundstücks oder mit einem Protokoll eines zuständigen Teheraner Gerichts oder einem von der Internationalen Handelskammer Zürich autorisierten Protokoll belegt. Auch Reduktionsklauseln in Versprechen und in typischen Garantien auf erstes Anfordern sind als auflösende Bedingungen zu handhaben. Oftinger hat schon Hamburg, Urteil vom 10. 10. 1985, 6 U 90/85. So auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1161. Teilweise ähnlich Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 137 (bei vereinbarten Rückgabeklausel sei die Rückgabe als Erlöschen der Garantieverpflichtung zu bewerten, wenn Einvernehmen darüber besteht, dass der Besitz an der Urkunde unter Berücksichtigung der Klausel auf die Bank endgültig übergehen soll). 271 Eine andere Frage wäre es, ob die Rückgabe der Urkunde auf Grund eines dazu verpflichtenden rechtskräftigen Urteils oder im Rahmen der Zwangsvollstreckung aus einem solchen Urteil auch als Verzichtserklärung betrachtet werden sollte. 272 OLG Köln, Urteil vom 7. 8. 1986, 7 U 146/86. 273 OLG Oldenburg, Urteil vom 15. 2. 2000, 12 U 42/99. 274 OLG Celle, Urteil vom 25. 11. 1981, 3 U 25/81. 275 BGH, Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 198/82. 270 OLG
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
1942 eine Kaufpreiszahlungsgarantie diskutiert, die insofern erlöschen soll, als der Käufer die pünktliche Zahlung des Kaufpreises durch Vorlage von amtlich beglaubigten Quittungen an den Garanten beweist.276 Reduktionsklauseln kommen recht häufig vor und bereiten deshalb große Schwierigkeiten, weil sie oft, anders als im Beispiel Oftingers, unklar sind oder keinen dokumentarischen Charakter aufweisen. Häufig wird, um den dokumentarischen Charakter der auflösenden Bedingung zu gewährleisten, auf ein mit der Transaktion im Zusammenhang stehendes Dokumentenakkreditiv verwiesen. So kann in einer Garantie vereinbart werden, dass sie erlischt, wenn dem Garanten Dokumente, die den Bedingungen eines Akkreditivs entsprechen, vorgelegt werden,277 dass sie sich um einen gewissen Betrag pro Tonne verschiffter Güter reduziert, was ebenfalls durch Vorlage akkreditivkonformer Dokumente nachzuweisen ist,278 oder dass sie sich um 20% des Wertes jeder Zahlung gegen die gleichen Dokumente, die unter einem Akkreditiv spezifiziert sind, reduziert.279 Es kommen aber auch Garantien und Bürgschaften auf erstes Anfordern vor, bei denen die Zahlung oder die Verrechnung schlechthin zu einer Reduktion der Verpflichtungen des Garanten oder des Bürgen führen soll.280 Dabei wird hier gelegentlich direkt auf die materielle Rechtslage zurückgegriffen, beispielsweise wenn die Verpflichtung des Garanten sich in dem Maße reduzieren soll, wie es die Verrechnung des Anzahlungsbetrages im Hauptvertrag vorsieht,281 oder sich in dem Maße reduzieren soll, in dem die Vorauszahlung durch die vertraglich vorgesehene Verrechnung mit den jeweiligen Abschlagszahlungen reduziert wird bzw. in dem eine durch den Begünstigten an einen Dritten gestellte Garantie von diesem Dritten reduziert wird.282 In diesen letzten Fällen ist, wenn es sich um Versprechen auf erstes Anfordern und nicht um typische Garantien handelt, immer die Frage zu stellen, ob die auflösende Bedingung formellen, materiellen oder materiell-formellen (im Sinne des Kap. 5, B., I.) Charakter hat. Denn es kann auch sein, dass nur der materielle Anspruch aus einer Bürgschaft oder atypischen Garantie auflösend bedingt ist, während der formelle Anspruch unter keine solche Bedingung gestellt wurde.
276 Oftinger,
S. 59. Stuttgart, Urteil vom 15. 6. 1978, 1 KfH O 194/77. 278 OLG Stuttgart, Urteil vom 11. 6. 1981, 10 U 202/80. 279 LG München, Urteil vom 30. 1. 1981, 10 HKO 989/81. 280 BGH, Beschluss vom 14. 10. 1982, III ZR 14/82, OLG Hamburg, Urteil vom 18. 12. 1981, 11 U 102/81: die Garantie soll sich um den Wert der erfolgten Lieferungen ermäßigen. BGH, Urteil vom 26. 4. 1994, XI ZR 114/93: der Standby Letter of Credit soll sich bei jeder Zahlung des Käufers an den Verkäufer um 50 % des gezahlten Betrages vermindern. 281 OLG Stuttgart, Urteil vom 20. 12. 2000, 9 U 183/00. 282 BGH, Beschluss vom 23. 2. 1984, III ZR 220/82. 277 LG
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
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IV. Befristung Versprechen (vor allem Bürgschaften) auf erstes Anfordern werden sehr häufig befristet.283 Bei typischen Garantien auf erstes Anfordern geschieht dies fast ausnahmslos.284 Probleme, die mit der Auslegung von Befristungsklauseln im Zusammenhang stehen, sind deshalb aus praktischer Sicht von großer Bedeutung. Dabei sind solche Probleme bei Bürgschaften und anderen Versprechen auf erstes Anfordern nicht selten; dies hat seinen Grund darin, dass die Befristung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern sowohl den formellen, als auch den materiellen Anspruch zeitlich begrenzen kann. Sie kann also Element des formellen, des materiellen oder zugleich des formellen und des materiellen Anspruchsfalles sein. Insofern liegen die Sachen nicht anders als in Kap. 5, B., I. betreffend materiell-formelle Voraussetzungen erörtert. Allerdings erschöpfen sich die Auslegungsprobleme in der Klassifizierung als materielle, formelle oder materiell-formelle Befristung nicht. Denn auch wenn feststeht, ob eine formelle, materielle oder materiell-formelle Befristung gewollt war, entsteht die Frage, wie sie auszulegen ist. Das Problem besteht darin, dass Befristungen des materiellen Anspruchs gewissen Regeln unterliegen können, wie etwa die Befristung einer Bürgschaft den Regeln des § 777 BGB, während für Befristungen des formellen Anspruchs andere Regeln gelten können, die typischerweise aus dem Recht der typischen Garantie auf erstes Anfordern hergeleitet werden und sich teilweise zum Handelsbrauch entwickelt haben. Diese Regeln sind aber miteinander kaum in Einklang zu bringen, was besonders in Bezug auf materiell-formelle Befristungen zu Schwierigkeiten bei der Auslegung führt. Wie bereits angedeutet, werden Regeln, die für Befristungen des formellen Anspruchs gelten sollen, häufig dem Recht der typischen Garantie auf erstes Anfordern entnommen. Dies kann kaum überraschen. Die typische Garantie auf erstes Anfordern ist als Rechtsinstitut älter als die Bürgschaft auf erstes Anfordern285, und sie arbeitet ausschließlich mit einem „formellen“ Anspruch, was eine Befristung fast unerlässlich macht.286 Deshalb musste sich ein Verständnis von Befristungen 283 Vgl. Nielsen, Kurzkommentar zum OLG Düsseldorf Urteil vom 30. 7. 2002, S. 810, der von Befristung im Zusammenhang mit „üblichen Standardverträgen“ spricht. 284 Kleiner, Die Garantie, S. 213, Zahn/Ehrlich/Haas, S. 412, Pleyer, Die Bankgarantie, S. 17, Rüßmann/Britz S. 1832, für den Außenwirtschaftsverkehr Hadding/Häuser/Welter, S. 711. Ob eine unbefristete typische Garantie auf erstes Anfordern überhaupt zulässig ist, dürfte fraglich sein; bejahend Kleiner, Die Garantie, S. 249, Zahn/Ehrlich/Haas, S. 412, Schütze/Edelmann, S. 56, Graf von Bernstorff, Bankgarantien, S. 994, Graf von Westphalen/ Zöchling-Jud, S. 31. Kleiner, Die Garantie, S. 259, weist zutreffend darauf hin, dass eine unbefristete Garantie unbegrenzt verbindlich wäre, weil sie der Verjährung vor Inanspruchnahme nicht unterliegt; wohl a.A. Zahn/Ehrlich/Haas, S. 412 (vgl. die Vorauflage Zahn/Ehrlich/Neumann, S. 358, in der das mit einer unbefristeten Garantie verbundene Risiko mit der langen Verjährungsfrist begründet wird) und Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 31 f. 285 Siehe dazu Kap. 3 in principio. 286 Denn bei einer unbefristeten typischen Garantie auf erstes Anfordern würde der Garant ohne zeitliche Begrenzung haften, ohne dass für diese Haftung irgendein materiel-
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
in typischen Garantien entwickeln, das speziell für solche formellen Ansprüche zugeschnitten war. Befristungen in typischen Garantien auf erstes Anfordern werden unterschiedlich formuliert. So gibt es Garantien, in denen der Sinn der Befristung klar definiert wird, beispielsweise: „Diese Garantie ist gültig bis 22. 04. 1991, 12.00 Uhr und erlischt automatisch und vollumfänglich, sofern wir bis zu diesem Termin nicht in Besitz Ihrer Zahlungsaufforderung und Ihrer Bestätigung sind.“287
oder „the Guarantee, however, will definitely expire on 30. 09. 1975 at the latest, by which date any of your claims must have received by us through the intermediary of Bank NLA, Beirut, by registered letter or by duly tested cable“288
Mit diesen Formulierungen ist gemeint, dass der Anspruch aus der Garantie nur entstehen kann, wenn eine wirksame Inanspruchnahme vor dem Endtermin der Garantie erfolgt.289 Dies bedeutet typischerweise, dass die notwendigen Erklärungen des Begünstigten samt Anlagen vor dem Endtermin den Garanten erreichen müssen.290 Zwar hat das OLG Frankfurt am Main, als es die wie folgt lautende Klausel auszulegen hatte: „Diese Garantie ist bis 30. 06. 1980 gültig und Ansprüche müssen gegebenenfalls spätestens an diesem Tag schriftlich bei uns geltend gemacht werden.“
die Auffassung vertreten, die Inanspruchnahme eines Teilbetrages habe die Frist möglicherweise unterbrochen, sofern der Garant wisse, dass er mit einem weiteren Anspruch zu rechnen hat, beispielsweise wenn der Begünstigte ihn ausdrücklich als Teilbetrag bezeichnet.291 Diese im Übrigen nur bedingt vertretene Meinung ist ler Maßstab bestehen würde (bei Versprechen auf erstes Anfordern besteht zumindest als Maßstab der materielle Anspruch, der den Versprechenden über den Missbrauchseinwand schützen kann – siehe Kap. 6, H., I.). 287 Diese Formulierung ist dem Fall OLG Karlsruhe, Urteil vom 21. 7. 1992, 18a U 39/92, entnommen. 288 Diese Formulierung ist den Fällen LG Stuttgart, Urteil vom 15. 6. 1978, 1 KfH O 194/77, und OLG Stuttgart, Urteil vom 25. 1. 1979, 3 U 119/78, entnommen. 289 Kleiner, Die Garantie, S. 213, Pleyer, Die Bankgarantie, S. 17 (allerdings nur „in aller Regel“), Schütze/Edelmann, S. 56 f. und 93 f. So auch Hadding/Häuser/Welter, S. 711, die jedoch meinen, es könne auch vereinbart werden, dass nur der Garantiefall vor Frist ablauf eintreten muss. So auch Rüßmann/Britz, S. 1832, und Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 223. Dagegen entschieden Kleiner, Die Garantie, S. 214, der für die typische Garantie auf erstes Anfordern meint, dass der eigentliche Garantiefall die Inanspruchnahme ist und dass es an den rechtlichen Grundlagen vorbeigeht, zwischen einem materiellen und formellen Garantiefall unterscheiden zu wollen und nur für den ersteren zu fordern, dass er innerhalb der Frist zu liegen habe; zu dieser Unterscheidung und zum Standpunkt Kleiners siehe Kap. 3, E. 290 Zahn/Ehrlich/Haas, S. 412 f., Jahn, S. 254, Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 135. 291 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16. 9. 1982, 5 U 14/82.
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
175
aber vereinzelt geblieben und ist wohl die Folge eines falschen Verständnisses der Rechtsnatur der erteilten Garantie.292 Die Regel, wonach eine vollständige Zahlungsaufforderung den Garanten vor dem Endtermin der Garantie erreichen muss, wird von den Gerichten streng angewandt. Liegt eine Zahlungsaufforderung vor, fehlen ihr aber die Anlagen, die nach den Garantiebedingungen notwendig sind, so ist die Inanspruchnahme unwirksam. Ist die Garantiefrist inzwischen verstrichen, so ist die Garantie verfallen; eine Nachholung der fehlenden Anlagen ist dann nicht mehr möglich.293 Die Tatsache, dass der Garant von der Inanspruchnahme noch vor Fristende möglicherweise Kenntnis genommen hat, ist unerheblich.294 Sogar dann, wenn die Versäumung der Frist Folge höherer Gewalt ist, ist eine verspätete Inanspruchnahme wirkungslos. Das haben das LG Stuttgart und das OLG Stuttgart in einem Fall entschieden, in dem der Grund der Verspätung in Beirut herrschende Unruhen waren.295 Ihrer Ansicht nach liegt in dem Beharren des Garanten auf der strikten Einhaltung der Frist kein Rechtsmissbrauch oder Verstoß gegen Treu und Glauben.296 Zwar hat das OLG die Frage ausdrücklich offen gelassen, ob etwas anderes gelten könnte, wenn dem Garanten bewusst wäre, dass der Begünstigte materiell ein Recht auf die Leistung hat – auch in dieser Frage fällt aber nach Auffassung des Verfassers die Antwort negativ aus. Das Verstreichen der Frist liegt auch bei Fällen höherer Gewalt 292 Zu dieser Entscheidung siehe Kap. 5, A., I., 3., b) und Kap. 4, Fn. 58. Die an ihr im Schrifttum geübte Kritik ging allerdings in die gegenteilige Richtung, d.h. es wurde beanstandet, dass eine Bezifferung des Anspruchs überhaupt vom Gericht verlangt wurde, siehe Brändel, S. 50 f., Mülbert, Neueste, S. 1105. 293 OLG Karlsruhe, Urteil vom 21. 7. 1992, 18a U 39/92, BGH, Urteil vom 23. 1. 1996, XI ZR 105/95, BGH, Urteil vom 12. 3. 1996, XI ZR 108/95. So auch Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 255, und Klaas, S. 1099, der nicht ganz zu Recht auf die angeblich gegenteilige Auffassung von Rüßmann/Britz hinweist; denn auch sie meinen, dass eine Heilung unzulässig ist (Rüßmann/Britz, S. 1832 f.), eine Ausnahme machen sie nur für den Fall fehlender Substantiierung des materiellen Garantiefalles (Rüßmann/Britz, S. 1828 f.), die Substantiierung bildet aber für sie eine von der Erfüllung der formellen Voraussetzungen verschiedene Zahlungsbedingung. A.A. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1127, der meint, bei geringfügigen Mängeln habe der Garant gemäß § 242 BGB eine Nachfrist zur Behebung der Mängel zu setzen (vgl. auch Rn. 1130). Ist das Versprechen nicht befristet, so kann man entgegen Nielsen, Kurzkommentar zum OLG Düsseldorf Urteil vom 30. 7. 2002, S. 810, die Zulassung einer Heilung grundsätzlich nicht beanstanden. 294 OGH, Urteil vom 3. 12. 1986, 1 Ob 686/86. Zustimmend Jahn, S. 254. 295 LG Stuttgart, Urteil vom 15. 6. 1978, 1 KfH O 194/77, OLG Stuttgart, Urteil vom 25. 1. 1979, 3 U 119/78. Zustimmend Mülbert, Neueste, S. 1105. So auch Rüßmann/Britz, S. 1832, Scholz/Lwowski, Rn. 388, Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 169 f. 296 Zwar hat der BGH im Fall von BGH, Urteil vom 10. 12. 1998, IX ZR 262/97, die Berufung des Garanten auf eine Befristung einer Ausfallverhütungsgarantie als Verstoß gegen Treu und Glauben gewertet, diese übrigens kontroverse Entscheidung (gegen sie Böttcher, S. 1044, a.A. Muth, S. 305) betraf allerdings die Befristung eines selbständigen Garantievertrages und keiner typischen Garantie auf erstes Anfordern, so dass sie hier ohne Belang ist.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
ausschließlich in der Risikosphäre des Begünstigten. Der Garant, der inzwischen möglicherweise die ihm vom Auftraggeber gestellten Sicherheiten freigegeben hat, haftet nach Fristablauf nicht. In vielen typischen Garantien werden die Rechtsfolgen der Fristversäumung nicht so klar formuliert. Häufig wird nur gesagt, die Garantie erlösche an einem gewissen Kalendertag. Auch eine solche Klausel wird aber in demselben Sinne verstanden: die Inanspruchnahme muss spätestens an diesem Kalendertag wirksam erfolgen, d.h. sie muss in der Regel dem Garanten samt Anlagen zugehen, sonst können aus der Garantie keine Ansprüche mehr hergeleitet werden. 297 Die Formulierungen, die bei Befristungen von Bürgschaften auf erstes Anfordern verwendet werden, sind den oben besprochenen ähnlich. Es kann also in solchen Bürgschaften gesagt werden, sie erlöschen an einem gewissen Kalendertag, wenn und soweit der Bürge bis zu diesem Zeitpunkt nicht in Anspruch genommen worden ist,298 oder einfach dass sie bis zu einem gewissen Kalendertag befristet sind 299 oder an diesem Tag enden.300 Dem Grunde nach ist auch die Formulierung, der Betrag der Bürgschaft werde sich zu einem gewissen Zeitpunkt um eine bestimmte Summe reduzieren, als Befristung einzuordnen.301 Wären die mit solchen Klauseln versehenen Bürgschaften nur gewöhnliche Bürgschaften und keine Bürgschaften auf erstes Anfordern, so wären die Rechtsfolgen dieser Klauseln klar. Bei der Formulierung, dass eine gewöhnliche Bürgschaft zu einem gewissen Zeitpunkt enden oder erlöschen wird oder dass sie bis zu diesem Zeitpunkt befristet ist, liegt eine Bürgschaft auf Zeit vor, und es kommt deshalb die Regel des § 777 BGB ohne Einschränkung zur Anwendung. Wird in einer gewöhnlichen Bürgschaft gesagt, sie erlösche zu einem gewissen Zeitpunkt, wenn und soweit der Bürge bis zu diesem Zeitpunkt nicht in Anspruch genommen worden ist, so liegt nach der Rechtsprechung ebenfalls eine Bürgschaft auf Zeit 297 OGH, Urteil vom 3. 12. 1986, 1 Ob 686/86, BGH, Urteil vom 23. 1. 1996, XI ZR 105/95. In diesem Sinne auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1126. 298 BGH, Urteil vom 13. 7. 1989, IX ZR 223/88, OLG München, Urteil vom 21. 10. 1994, 23 U 3264/94, BGH, Urteil vom 24. 9. 1998, IX ZR 371/97 (wobei hier in der Bürgschaft ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass von der Regelung des § 777 BGB abgewichen wird), LG Berlin, Urteil vom 13. 4. 2000, 9 O 313/99. 299 OLG München, Urteil vom 23. 6. 1999, 7 U 6189/98. 300 BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95. 301 So im Fall BGH, Urteil vom 25. 10. 2000, XII ZR 136/98: „Diese Bürgschaft reduziert sich jeweils mit Ablauf des 30.09 eines jeden Jahres, erstmals zum 30. 9. 1994, um DM 22.000“. Anders dagegen in dem Fall BGH, Urteil vom 23. 1. 2003, VII ZR 210/01, wo die Bürgschaft unbefristet war und der Gläubiger sich nur gegenüber dem Hauptschuldner verpflichtet hatte, zu gewissen Zeitpunkten Verzichtserklärungen an den Bürgen abzugeben und somit die Bürgschaft zu reduzieren. Weshalb darin eine Bürgschaft auf Zeit im Sinne des § 777 BGB zu erblicken sein sollte, wie der BGH annimmt, ist nicht klar. Es scheint nur möglich, hier bei der Auslegung der Verpflichtung des Gläubigers gegenüber dem Hauptschuldner auf die Vorschrift des § 777 BGB im Wege der Analogie zurückzugreifen.
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
177
vor, bei der jedoch die Anwendung von § 777 Abs. 1 Satz 2 BGB von den Parteien ausgeschlossen ist.302 Dies bedeutet, dass von der Bürgschaft nur solche Ansprüche mitumfasst sind, die bei Fristablauf bestanden, und dass eine unverzügliche Anzeige nach Fristablauf für die Wahrung der Rechte des Gläubigers ungenügend ist – die Inanspruchnahme muss vor Fristablauf erfolgen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist auf die Frist zur Inanspruchnahme § 193 BGB anwendbar.303 Diese Rechtsfolgen sind somit von den Rechtsfolgen der Befristung einer typischen Garantie auf erstes Anfordern verschieden. Kompliziert wird es, wenn nicht eine gewöhnliche Bürgschaft oder eine typische Garantie auf erstes Anfordern, sondern eine Bürgschaft auf erstes Anfordern befristet wird. Vor allem muss in einem solchen Fall entschieden werden, ob die Befristung materiellen, formellen, oder materiell-formellen Charakter hat, ob also der materielle und/oder der formelle Anspruch befristet sind. Aber selbst wenn dies geklärt ist, stellt sich außerdem die Frage, welche Regeln auf die Befristung anzuwenden sind; sollen etwa auf die Befristung des materiellen Anspruchs die für die gewöhnliche Bürgschaft geltenden Regeln und auf die Befristung des formellen die für die typische Garantie auf erstes Anfordern geltenden Regeln angewandt werden? In der Rechtsprechung gibt es insofern mindestens drei Gruppen von Entscheidungen, und zwar solche, in denen die Gerichte davon ausgegangen sind, dass ausschließlich der materielle Anspruch befristet war, solche, in denen das Gericht sich mit der Befristung des materiellen Anspruchs beschäftigt hat, ohne eine Befristung des formellen Anspruchs auszuschließen, und letztlich solche Entscheidungen, in denen das Gericht sich mit der Befristung des formellen Anspruchs beschäftigt hat, ohne eine Befristung des materiellen Anspruchs auszuschließen. In der ersten Gruppe sind die Gerichte so vorgegangen, als hätte die Befristung rein materiellen Charakter, d.h. als wäre die gewöhnliche Bürgschaft befristet und als habe das an sich unbefristete Versprechen auf erstes Anfordern den Anspruch aus der befristeten Bürgschaft sichern sollen.
302 BGH, Urteil vom 18. 12. 1986, IX ZR 62/86, wohl auch BGH, Urteil vom 6. 5. 1997, IX ZR 136/96. Für die Bürgschaft auf erstes Anfordern so auch BGH, Urteil vom 13. 7. 1989, IX ZR 223/88, und BGH, Urteil vom 24. 9. 1998, IX ZR 371/97 (in diesem Sinne auch BGH, Urteil vom 23. 1. 2003, VII ZR 210/01, obwohl es fraglich sein mag, ob hier überhaupt eine Befristung der Bürgschaft vorlag – zu diesem Fall siehe oben in der vorstehenden Fußnote). Im Fall OLG München, Urteil vom 21. 10. 1994, 23 U 3264/94, wurde dies jedoch in Zweifel gezogen und ausdrücklich offen gelassen. Dazu kritisch Nielsen, Anmerkung zum OLG München Urteil vom 21. 10. 1994, S. 122. 303 BGH, Urteil vom 18. 12. 1986, IX ZR 62/86, wobei der BGH sich mit der Frage, ob die Vorschrift auch auf die Folgen des § 777 Abs. 2 BGB anwendbar sein kann, nicht beschäftigt hat. Für die typische Garantie auf erstes Anfordern wurde die Anwendbarkeit des § 193 BGB im Fall BGH, Urteil vom 23. 1. 1996, XI ZR 105/95, offen gelassen. Ausdrücklich wird sie von Zahn/Ehrlich/Haas, S. 413, und von Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 170 bejaht.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
So hat der BGH sich mit einer Gewährleistungsbürgschaft beschäftigt, die einen für ein Jahr zur Gewährleistung einbehaltenen Betrag ablösen sollte, in der es hieß, sie sei unbefristet und der Bürge sei bereit, auf erste Anforderung zu zahlen.304 Nach mehr als einem Jahr nahm der Gläubiger den Bürgen aus der Bürgschaft in Anspruch. Der Bürge behauptete, die Bürgschaft sei trotz des Wortlauts der Urkunde vereinbarungsgemäß auf ein Jahr zeitlich begrenzt (was insofern logisch war, als der von ihr ersetzte Betrag auch nur ein Jahr einbehalten werden konnte). Der BGH hat entschieden, dass dieser Einwand erst im Rückforderungsprozess geltend gemacht werden kann, weil er sich gegen die sachliche (d.h. materielle) Berechtigung des Gläubigers richtet und kein Missbrauch vorliegt. Das LG Berlin hatte eine Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern auszulegen, in der es hieß, sie erlösche spätestens mit Ablauf des 31. 3. 1998, sofern der Bürge nicht bis zu diesem Tag daraus in Anspruch genommen werde.305 Der Gläubiger hat dem Hauptschuldner noch vor Fristablauf Mängel angezeigt und ihm eine Rechnung für deren Behebung nach Fristablauf vorgelegt. Erst 1999 hat er den Bürgen aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Das Gericht hat entschieden, dass die Inanspruchnahme missbräuchlich war, weil die Frist offensichtlich wirkungslos verstrichen war. Es könne offen bleiben, wie die Inanspruchnahme konkret hätte erfolgen müssen, ob etwa eine bloße Anzeige des Mangels genügt hätte oder ob die Forderung eines konkreten Zahlungsbetrages notwendig gewesen wäre. Die Anzeige an den Hauptschuldner sei ungenügend gewesen, weil dieser kein Vertreter des Bürgen gewesen sei. In beiden Fällen haben die Gerichte die Befristung als ausschließlich den materiellen Anspruch betreffend ausgelegt. Deshalb hat der BGH im ersten Fall den Bürgen auf den Rückforderungsprozess verweisen, das LG Berlin im zweiten Fall den Missbrauchseinwand als durchgreifend erachten können. Hätten die Gerichte angenommen, dass die Befristung zumindest auch den formellen Anspruch betrifft, so müssten sie diesen Einwand unbedingt im Erstprozess und zwar nicht im Rahmen des Missbrauchseinwandes prüfen. Denn dann hinge die Wirksamkeit der Inanspruchnahme des Versprechens auf erstes Anfordern von der Wahrung der Frist ab. Die zweite Gruppe besteht aus Entscheidungen, in denen die Gerichte die Befristung zumindest auch als den materiellen Anspruch betreffend auslegen, was nicht ausschließt, dass sie für den formellen Anspruch ebenfalls maßgeblich ist. So hatte der BGH im Urteil vom 13. 7. 1989 über eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu entscheiden, die spätestens am 15. 5. 1987 erlöschen sollte, wenn und soweit dem Bürgen nicht spätestens an diesem Tage eine Inanspruchnahme vorliegt.306 Der Bürge wurde am 15. 5. 1987 in Anspruch genommen, es bestanden jedoch Zweifel, ob die Hauptforderung am Tag des Fristablaufs fällig war. Der BGH 304 BGH,
Urteil vom 31. 1. 1985, IX ZR 66/84. Berlin, Urteil vom 13. 4. 2000, 9 O 313/99. 306 BGH, Urteil vom 13. 7. 1989, IX ZR 223/88. 305 LG
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
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hat entschieden, dass die Frage, ob die Hauptforderung schon damals fällig war oder ob § 777 BGB so auszulegen ist, dass in besonderen Fallkonstellationen der Eintritt der Fälligkeit nach Fristablauf die Haftung des Bürgen nicht ausschließt, im Rückforderungsprozess und nicht im Erstprozess zu beantworten ist. Er hat also die Befristung der Bürgschaft auf erstes Anfordern zumindest auch als Befristung des materiellen Anspruchs im Sinne des § 777 BGB (unter Abweichung von § 777 Abs. 1 Satz 2 BGB) ausgelegt. Eine vergleichbare Situation liegt dem Urteil des BGH vom 24. 9. 1998 zugrunde, wobei dieser über einen Rückforderungsanspruch aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern zu entscheiden hatte, in der es hieß, Verpflichtungen des Bürgen erlöschen spätestens – „insoweit abweichend von § 777“ – wenn der Bürge nicht bis zum 5. 3. 1994 aus ihr in Anspruch genommen worden ist.307 Die Bürgschaft wurde rechtzeitig in Anspruch genommen, und im Rückforderungsprozess ging es deshalb nach Ansicht des BGH nur darum, ob dem Gläubiger beim Fristablauf fällige, gesicherte Forderungen zustehen. Wäre dies nicht der Fall, so müsste er den Bürgschaftsbetrag zurückerstatten. In diesen Fällen war die Inanspruchnahme innerhalb der Frist erfolgt. Die Gerichte haben der Befristung aber zumindest auch eine materielle Bedeutung zugemessen: sie sollte – entsprechend § 777 Abs. 2 BGB – die Haftung des Bürgen aus der gewöhnlichen Bürgschaft auf Ansprüche beschränken, die vor Fristablauf entstanden und fällig geworden sind. Eine dritte Gruppe schließlich bilden die Entscheidungen, in denen die Gerichte angenommen haben, dass die Befristung den formellen Anspruch betrifft, sich aber nicht dazu geäußert haben, ob der materielle Anspruch befristet ist. So hat der BGH im Urteil vom 23. 1. 1997 eine Bürgschaft auf erstes Anfordern, in der es hieß, sie ende spätestens zum 15. 11. 1993, als verfallen angesehen, weil keine wirksame Inanspruchnahme bis zu diesem Tag erfolgt ist.308 Die Bürgschaft wurde zwar vor Fristablauf in Anspruch genommen, jedoch war die Inanspruchnahme unwirksam, weil ihr die vereinbarte zusätzliche Erklärung nicht beigefügt war. Auch das OLG München hat im Urteil vom 23. 6. 1999 die Klage aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern, in der es hieß, sie sei bis zum 31. 5. 1998 befristet, abgewiesen, weil die Inanspruchnahme innerhalb der Frist nicht formgerecht erfolgt sei, und sich dabei zugleich auf § 777 Abs. 1 BGB berufen.309 In diesen Fällen ist die Befristung genauso gehandhabt worden, wie dies geschehen wäre, wenn sie in einer typischen Garantie auf erstes Anfordern enthalten wäre. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ist nach Auffassung des Verfassers vor allem anzunehmen, dass dann, wenn in einer Bürgschaft auf erstes Anfordern vorgesehen ist, dass sie erlöschen soll, wenn und insoweit sie bis zu einem gewissen Zeitpunkt nicht in Anspruch genommen worden ist, die Befristung regelmäßig eine doppelte, materiell-formelle Bedeutung hat. Die Befristung 307 BGH,
Urteil vom 24. 9. 1998, IX ZR 371/97. Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95. 309 OLG München, Urteil vom 23. 6. 1999, 7 U 6189/98. 308 BGH,
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
des materiellen Anspruchs neben dem formellen ist deshalb von Bedeutung, weil sie die Möglichkeit einer erfolgreichen Geltendmachung dieses Anspruchs nach Fristablauf ausschließt. Ansonsten könnte der Gläubiger auch nach Fristablauf den formellen Anspruch ignorieren und direkt aus der gewöhnlichen Bürgschaft vorgehen. Eine solche doppelte, materiell-formelle Befristung sollte dahingehend ausgelegt werden, dass einerseits das Versprechen auf erstes Anfordern (also der formelle Anspruch) erlischt, wenn keine wirksame Inanspruchnahme vor Fristablauf erfolgt ist,310 andererseits aber die gewöhnliche Bürgschaft, auf die das Versprechen auf erstes Anfordern Bezug nimmt, ebenfalls befristet ist. Die Folge ist, dass die (gewöhnliche) Bürgschaft sich nur auf Forderungen, die vor Fristablauf entstanden und fällig geworden sind, erstreckt (§ 777 Abs. 2 BGB) und dass sie erlischt, wenn keine wirksame Inanspruchnahme vor Fristablauf vorliegt (insoweit Abweichung von § 777 Abs. 1 BGB).311 Damit werden auf den formellen Anspruch die für die typische Garantie auf erstes Anfordern geltenden Regeln angewandt, auf den materiellen hingegen die für die gewöhnliche Bürgschaft geltenden Vorschriften, allerdings mit dem Unterschied, dass von § 777 Abs. 1 BGB teilweise abgewichen wird. Wieweit von § 777 Abs. 1 BGB abgewichen werden soll, dürfte allerdings fraglich sein. Es könnte nämlich fraglich sein, ob die Inanspruchnahme, die den Gläubiger vor dem Erlöschen der gewöhnlichen Bürgschaft wahren soll, eher einer Anzeige im Sinne des § 777 Abs. 1 BGB entsprechen sollte, oder ob es sich hier um eine die formellen Voraussetzungen des Versprechens auf erstes Anfordern erfüllende Inanspruchnahme handeln muss. Die Frage lautet also, ob zur Einhaltung der Frist für den formellen und den materiellen Anspruch dieselben Mittel verwendet werden müssen. Diese Frage hat wohl das LG Berlin stellen wollen, als es danach fragte, wie die Anzeige aussehen müsse.312 Diese Frage muss auf Grund einer im konkreten Fall vorzunehmenden Auslegung beantwortet werden. Die Gerichte scheinen in der Praxis eher davon auszugehen, dass zur Wahrung der Rechte des Gläubigers aus der gewöhnlichen Bürgschaft eine Inanspruchnahme erforderlich ist, die den formellen Bedingungen des Versprechens auf erstes Anfordern entspricht. Dies wird regelmäßig dem Willen der Beteiligten entsprechen.313 Größere Probleme bereiten Fälle, in denen es in der Bürgschaft auf erstes Anfordern nur heißt, die Bürgschaft sei befristet, und in denen nicht ausdrücklich gesagt wird, dass sie erlischt, wenn und insoweit sie bis zu einem gewissen Zeitpunkt nicht in Anspruch genommen wird. Zwar wird man auch in diesem Fall regelmäßig 310 So ausdrücklich Nielsen, Anmerkung zum OLG München Urteil vom 21. 10. 1994, S. 122. 311 Diesen zweiten Aspekt scheint Nielsen (siehe vorstehende Fußnote) zu übersehen. 312 LG Berlin, Urteil vom 13. 4. 2000, 9 O 313/99, siehe oben. 313 Deshalb hätte das LG Berlin wohl die Frage des Missbrauchs in seinem Urteil überhaupt nicht berühren müssen. Vielmehr hätte es die Klage aus dem formellen Anspruch ohne Weiteres wegen nicht fristgerechter Inanspruchnahme und die Klage aus dem materiellen Anspruch aus demselben Grund abweisen können.
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
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davon ausgehen müssen, dass die Befristung materiell-formellen Charakter hat.314 Allerdings könnte man eine solche Klausel prima facie dahin auslegen, dass auf die Befristung des materiellen Anspruchs dann § 777 Abs. 1 BGB ohne Einschränkung anzuwenden wäre. Die Folge dessen wäre es, dass das Versprechen auf erstes Anfordern erlischt, wenn es nicht vor Fristablauf wirksam in Anspruch genommen wird, dass aber die gewöhnliche Bürgschaft nur nach Maßgabe des § 777 Abs. 1 BGB erlischt, und somit also für die Wahrung der Rechte des Gläubigers aus dieser Bürgschaft die bloße Anzeige gemäß § 777 Abs. 1 Satz 2 BGB ausreicht. Einer solchen Auslegung nach käme der Befristung in Bezug auf den formellen Anspruch eine völlig andere Bedeutung als in Bezug auf den materiellen Anspruch zu. Da diese Folge dem Willen der Parteien kaum entsprechen wird, ist es angezeigt, in typischen Fällen, in denen keine Gründe dafür sprechen, dass die Befristung des materiellen Anspruchs in vollem Einklang mit § 777 Abs. 1 BGB verstanden werden soll, anzunehmen, dass Kraft Handelsbrauchs die Wirkung des § 777 Abs. 1 BGB abbedungen und somit die unverzügliche Anzeige zur Wahrung der Rechte des Gläubigers ungenügend ist. Mit anderen Worten sollte angenommen werden, dass die Formulierung „befristet bis …“ bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern regelmäßig keine andere Bedeutung hat als die Formulierung „die Bürgschaft erlischt, wenn sie nicht spätestens bis zum … nicht in Anspruch genommen wird“. Dem ersten Anschein nach sind Bürgschaften auf erstes Anfordern widersprüchlich, die explizit als unbefristet übernommen werden, die zugleich aber vorsehen, dass die Inanspruchnahme bis zu einem gewissen Zeitpunkt erfolgen muss. Tatsächlich liegt hier aber kein Widerspruch vor. In solchen Fällen ist regelmäßig anzunehmen, dass damit gemeint ist, dass nur das Versprechen auf erstes Anfordern vor Fristablauf in Anspruch genommen werden muss. Der Gläubiger soll aber, auch ohne die Bürgschaft fristgemäß in Anspruch genommen zu haben, aus ihr gegen den Bürgen vorgehen können, wenn er sich nicht auf den formellen, sondern ausschließlich auf den materiellen Anspruch stützen will. In solchen Fällen ist folglich nur der formelle Anspruch befristet, während die gewöhnliche Bürgschaft als solche unbefristet bleibt.
V. Effektivklauseln Besondere Probleme bei der Auslegung von Versprechen und typischen Garantien auf erstes Anfordern bereiten sogenannte Effektivklauseln. Zu beachten ist, dass unter einer Effektivklausel zwei verschiedene Begriffe verstanden werden. Vor allem in Österreich, aber gelegentlich auch in Deutschland, wird darunter die Vereinbarung einer formellen Voraussetzung des Inhalts verstanden, dass der Begünstigte der Leistungsaufforderung eine ausdrückliche Erklärung beifügen muss, in der der Eintritt des materiellen Anspruchsfalles oder gewisser Elemente dessel-
314 So
auch Schlenzig, S. 96.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
ben festgestellt wird.315 Effektivklauseln in solchem Sinne wurden in Kap. 5, A., II. behandelt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird hingegen unter einer Effektivklausel eine Klausel in einem Versprechen oder einer typischen Garantie auf erstes Anfordern verstanden, die das Bestehen des formellen Anspruchs davon abhängig macht, ob alle oder zumindest die wesentlichsten nicht-dokumentarischen Elemente des materiellen Anspruchsfalles vorhanden sind.316 So kann zum Beispiel eine Bürgschaft für Gewährleistungsansprüche übernommen werden, für die vorliegendes Versprechen auf erstes Anfordern erteilt wird: „Wir verpflichten uns, auf erstes Anfordern zu zahlen, falls die Leistung mangelhaft ist.“
Oder es kann bei einer Zahlungsbürgschaft gesagt werden: „Wir verpflichten uns, auf erstes Anfordern zu zahlen, falls der Schuldner seiner Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt.“
Verstünde man diese Klauseln wörtlich, so müsste man annehmen, dass es im ersten Fall vom Vorliegen von Mängeln und im zweiten Fall von der Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen durch den Hauptschuldner abhängt, ob der formelle Anspruchsfall eingetreten ist. Da die Mängel oder die Nichtzahlung nicht-dokumentarische Umstände sind und sie wesentliche Elemente des materiellen Anspruchsfalls bilden, würde darin eine Effektivklausel zu erblicken sein. Denkbar ist auch eine Effektivklausel, in der der formelle Anspruchsfall vom Eintritt des materiellen Anspruchsfalles als solchem (also nicht nur von seinen wesentlichen Elementen) abhängig gemacht wird. Eine solche Klausel in einer Bürgschaft auf erstes Anfordern könnte wie folgt lauten: „Wir verpflichten uns, auf erstes Anfordern zu zahlen, falls und insoweit der Schuldner seiner Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen ist.“
Hier stünde der formelle Anspruchsfall dem materiellen schon sehr nah.317
315 Siehe
Kap. 5, Fn. 146 und 147. Schrifftum wird der Begriff Effektivklausel in den meisten Fällen nicht definiert, sondern es wird nur auf Beispiele, vor allem auf das Beispiel „falls der Schaden eintritt“, verwiesen (Pleyer, Die Bankgarantie, S. 10, Horn, Bürgschaften und Garantien zur Zahlung, S. 2156, Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 257, Panagiotopoulos, S. 52, Lukas, S. 48, Gruel, S. 85). Im Übrigen wird betreffend Garantien darauf abgestellt, dass die Zahlung vom Eintritt des Garantiefalles abhängt (Hadding/Häuser/Welter, S. 695, möglicherweise in dieser Richtung auch Kleiner, Die Garantie, S. 158 und 181), oder darauf, dass auf das Grundgeschäft Bezug genommen wird (Nielsen, Rechtsmißbrauch, S. 256; für die Bürgschaft auf erstes Anfordern so auch Oettmeier, S. 77) bzw. eine verbale Verbindung zum materiellen Garantiefall hergestellt wird (Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 92). Nach Arnold, S. 197, liegt hingegen eine Effektivklausel vor, wenn der Bürge auf erstes Anfordern nur nach Eintritt des materiellen Bürgschaftsfalls zu zahlen hat. 317 Wobei zu beachten ist, dass, wenn auf die dem Bürgen nach Bürgschaftsrecht zustehenden Einreden nicht verzichtet wurde, gewisse Unterschiede doch bestehen können. Bestünden keine Unterschiede zwischen dem formellen und dem materiellen Anspruchsfall, so würde überhaupt kein Versprechen auf erstes Anfordern vorliegen. Siehe dazu Kap. 4, C. 316 Im
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
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Keine Effektivklausel liegt dann vor, wenn zwar einige nicht-dokumentarische Elemente des materiellen Anspruchsfalles in den formellen Anspruchsfall übernommen werden, wenn diese aber nicht das Wesen des materiellen Anspruchsfalles ausmachen. So werden nicht-dokumentarische aufschiebende Bedingungen, wie die in Kap. 5, B., II. diskutierte „bei uns“ Klausel, nicht als Effektivklausel betrachtet, obwohl die Einzahlung bei Anzahlungsbürgschaften auf erstes Anfordern zweifellos sowohl zu den materiellen als auch den formellen Voraussetzungen gehört und nicht-dokumentarischen Charakter hat. In der Rechtsprechung wird das Problem der Effektivklausel vor allem umgangen. Dies geschieht dadurch, dass Vereinbarungen, die äußerlich wie mit Effektivklauseln versehene Versprechen oder typische Garantien auf erstes Anfordern erscheinen, so ausgelegt werden, dass festgestellt werden kann, es liege keine Effektivklausel vor. Es können hier mindestens drei verschiedene Arten von Begründungsstrategien identifiziert werden. Die erste Begründung der Nichtanerkennung einer Klausel als Effektivklausel ist folgende: Damit eine problematische Klausel überhaupt als Effektivklausel betrachtet werden kann, muss sie sich auf ein Versprechen oder eine typische Garantie auf erstes Anfordern, d.h. auf einen „formellen“ Anspruch, beziehen. Bezieht sich die Klausel darauf nicht, sondern nur auf den durch diese gesicherten (materiellen) Anspruch, so stellt sich kein besonderes Auslegungsproblem. Denn dann betrifft die Klausel ausschließlich den materiellen Anspruchsfall. Dies hat das OLG München in einem Fall zutreffend erkannt, in dem ursprünglich eine gewöhnliche Bürgschaft erteilt wurde, die eine Klausel enthalten hat, wonach sich der Bürge „im Verhältnis und Umfang“ des Anspruchs des Gläubigers gegen den Hauptschuldner verbürgte.318 Darin lag selbstverständlich noch keine Effektivklausel und zwar schon deshalb, weil eine solche bei einer gewöhnlichen Bürgschaft überhaupt nicht existieren kann. Später hat der Bürge erklärt, dass er Zahlung auf erstes Anfordern zusagt und dass es im Übrigen bei der ursprünglichen Bürgschaftserklärung verbleibt. Dadurch hat der Bürge zur Sicherung der Bürgschaftsforderung ein Versprechen auf erstes Anfordern erteilt. Dieses Versprechen wurde von keinen zusätzlichen formellen Voraussetzungen abhängig gemacht, insbesondere auch nicht von solchen Voraussetzungen, die wesentliche Elemente des materiellen Bürgschaftsfalles sind. Deshalb lag keine Effektivklausel vor, so dass das Gericht es offen lassen konnte, wie Effektivklauseln generell zu behandeln sind. In diesem Fall waren die Dinge deshalb besonders einfach, weil zunächst nur die gewöhnliche Bürgschaft und erst später das Versprechen auf erstes Anfordern erteilt wurden. Es war also leicht erkennbar, dass sich die Klausel auf die gewöhnliche Bürgschaft bezog und somit keine formellen Voraussetzungen begründen konnte – als sie erteilt wurde, bestand das Versprechen auf erstes Anfordern schließlich noch gar nicht. Selbst in solchen Fällen kann es aber zu komplizierten Auslegungsfragen kommen, wenn in dem späteren Versprechen auf die Klausel 318 OLG
München, Urteil vom 6. 5. 1987, 7 U 1661/87.
184
Kap. 5: Der formelle Anspruch
Bezug genommen wird. So hat der BGH einen Fall behandelt, in dem eine gewöhnliche Bürgschaft übernommen wurde, in der als Voraussetzung für die Zahlung das Vorliegen des behördlichen beanstandungsfreien Abnahmescheins und die Durchführung der gemeinsamen Schlussabnahme genannt war.319 Später bestätigte der Bürge, nach Erfüllung der Voraussetzungen gemäß obiger Bürgschaftserklärung auf einmalige und erste Anforderung Zahlung leisten zu wollen. Der BGH hat trotzdem angenommen, mit dieser Formulierung sei nicht gemeint gewesen, dass das Vorliegen des Abnahmescheins und die Durchführung der Abnahme formelle Voraussetzung der Zahlung auf erstes Anfordern sein sollte. Größere Probleme bereiten hingegen Fälle, in denen die gewöhnliche Bürgschaft und das bürgschaftsbezogene Versprechen auf erstes Anfordern zugleich erteilt werden. Denn dann kann es schwierig sein zu sagen, ob eine gewisse Klausel nur die verbürgte Forderung beschreibt oder ob sie eine Effektivklausel ist. Ein in dieser Hinsicht wenig problematischer Fall wurde vom BGH im Urteil vom 17. 10. 1996 entschieden.320 Dort hat der Bürge „für fällige Werklohnforderungen die selbstschuldnerische, auf erste Anforderung fällige Bürgschaft“ übernommen. Er meinte, der Gläubiger habe für das Bestehen und die Fälligkeit dieser Forderungen wegen der Verwendung der Worte „fällige Werklohnforderungen“ den vollen Beweis zu erbringen. Diese Auslegung wurde vom BGH als von vornherein fernliegend bezeichnet, weil sie mit dem Zweck einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht in Einklang zu bringen sei. Wie diese Auffassung des BGH zu verstehen und ob sie richtig ist, mag fraglich sein.321 Jedenfalls ist offensichtlich, dass hier mit der Formulierung „fällige Werklohnforderungen“ nur der Inhalt der gewöhnlichen Bürgschaft, also die Gruppe der verbürgten Forderungen, festgelegt wurde. Erst in Bezug auf die so definierte gewöhnliche Bürgschaft wurde dann ein Versprechen auf erstes Anfordern erteilt. Einen ähnlichen, wenn auch etwas komplizierteren Fall hat das OLG Köln behandelt.322 Dort wurde ein Vergleich abgeschlossen, der vorsah, dass der Verkäufer den Käufern eine Bürgschaft übergeben sollte. Weiter hieß es in dem Vergleich: „Die Bürgschaft dient zur Absicherung des Anspruchs der Käufer auf Durchsetzung der Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Bauunternehmer für den Fall, dass dieser gegenüber Gewährleistungsansprüchen der Käufer mit einer berechtigten Restwerklohnforderung gegen den Verkäufer aufrechnet. In Höhe des etwaigen Aufrechnungsbetrages leistet der Verkäufer an die Käufer Zahlung. Dasselbe gilt, falls der Bauunternehmer gegenüber einem Nachbesserungsanspruch die Zurückbehaltung mit seiner Werklohnforderung für berechtigt erklärt.“
319 BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95. Dieser Fall wird in Kap. 5, B., I. und in Kap. 6, G. besprochen. 320 BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95. 321 Siehe dazu die Ausführungen am Ende dieses Kapitels. 322 OLG Köln, Urteil vom 24. 10. 1997, 19 U 38/97.
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
185
In Erfüllung dieses Vergleichs übergab der Verkäufer den Käufern eine Bürgschaft, in der der Bürge erklärte, er verbürge sich für die Ansprüche der Käufer, wobei der gesamte oben zitierte Text des Vergleichs beginnend mit den Worten „auf Durchsetzung“ dann folgte. Weiter erklärte der Bürge, er werde auf erstes Anfordern zahlen. Als der Verkäufer Aufrechnung mit den ausstehenden Werklohnforderungen erklärte, wandten sich die Käufer an den Bürgen. Dieser verweigerte die Zahlung unter dem Hinweis darauf, dass die Werklohnforderungen nicht berechtigt gewesen seien. Hier hat das OLG darauf hingewiesen, dass, wenn die Berechtigung der Forderungen vom Gläubiger bewiesen werden müsste, von einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht mehr gesprochen werden könnte, weil dann das Bestehen solcher Forderungen Anspruchsvoraussetzung für die Inanspruchnahme des Bürgen wäre. Die Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern sei ein typisches Bankgeschäft. Bei banktypischen, formalisierten Geschäften ist die Bank an ihrer Erklärung, auf erstes Anfordern Zahlung leisten zu wollen, festzuhalten. Die Formulierung „berechtigt“ sei bloße Konkretisierung der durch die Bürgschaft gesicherten Hauptforderung. Auch hier mag über die Begründung des Gerichts diskutiert werden. Jedenfalls ist aber ersichtlich, dass die freilich nicht besonders geglückte Formulierung der Bürgschaft nur den Umfang der durch die gewöhnliche Bürgschaft gesicherten Forderungen definieren sollte. Erst diese gewöhnliche Bürgschaft wurde mit einem Versprechen auf erstes Anfordern weiter gesichert. Von einer Effektivklausel kann deshalb keine Rede sein. In den oben genannten Fällen haben somit die Gerichte potenzielle Effektivklauseln in Bürgschaften auf erstes Anfordern nur als Klauseln der in diesen enthaltenen gewöhnlichen Bürgschaften ausgelegt, die den Umfang der verbürgten Forderungen konkretisieren. Diese grundsätzlich nicht zu beanstandende Vorgehensweise wird dann zweifelhaft, wenn es sich statt einer Bürgschaft um eine Garantie auf erstes Anfordern handelt. Dies folgt unter anderem daraus, dass Unterschiede zwischen typischen und atypischen Garantien auf erstes Anfordern und zwischen diesen beiden Garantiearten und Bürgschaften auf erstes Anfordern nicht immer klar sind. Deshalb führt die Verwendung einer potenziellen Effektivklausel in einer Garantie nicht selten dazu, dass die Frage gestellt wird, ob hier nicht eine Bürgschaft auf erstes Anfordern erteilt wurde. Zwar gibt es Fälle, in denen es keinen grundlegenden Bedenken begegnet, eine fragliche Garantieklausel als nähere Beschreibung des Garantiefalles zu betrachten. So hatte der BGH in einem Fall, in dem eine Garantie vorlag, in der sich der Garant verpflichtete, die „fälligen und nicht bezahlten“ Beträge auf erste Anforderung des Begünstigten zu zahlen, keine Zweifel gehabt, darin nur eine Beschreibung der garantierten Forderungen zu sehen.323 Er ist hier wohl von einer typischen Garantie ausgegangen und hat keine anderen Möglichkeiten in Erwägung gezogen. Das ist aber nicht immer der Fall.
323 BGH,
Urteil vom 24. 11. 1998, XI ZR 327/97.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
So hatte das OLG Oldenburg im Urteil vom 15. 2. 2000 über eine Garantie zu entscheiden, in der es hieß, der Garant verpflichte sich auf erstes Anfordern zu zahlen, falls der Käufer seinen Verpflichtungen aus dem Unternehmenskaufvertrag nicht fristgerecht nachkommt.324 Das Gericht hat die Klausel nur unter dem Gesichtspunkt analysiert, ob aus ihr nicht hervorgehe, dass hier eine akzessorische Bürgschaft statt einer Garantie erteilt wurde. Es hat dann aber festgestellt, dass daraus, dass der Text das Wort „Garantie“ enthält, und aus dem bestärkenden Ausdruck „auf erstes Anfordern“ sowie der Tatsache, dass der Garant als mit diesen Begriffen vertrautes Kreditinstitut die Bezeichnung als Garantie übernommen hat, folgt, dass eine Garantie und keine Bürgschaft gewollt war. Den mit dem Wort „falls“ beginnenden Nebensatz hat es als eine genauere Bezeichnung des Garantiefalles ausgelegt, was nach seiner Auffassung nicht für eine akzessorische Bürgschaft spreche, weil sich bei einer Forderungsgarantie eine nähere Umschreibung des Garantiefalles nicht vermeiden lasse. Ob hier möglicherweise eine Garantie mit Effektivklausel vorliegt, hat das Gericht nicht geprüft. Das OLG Düsseldorf hat dagegen im Urteil vom 30. 7. 2002 eine „Garantie“ behandelt, die es eben wegen der genauen Beschreibung des Garantiefalles entgegen ihrem Wortlaut als Bürgschaft auf erstes Anfordern eingeordnet hat.325 Auch hier hat es sich damit begnügt und ist auf die Frage, ob möglicherweise eine Effektivklausel vorliegt, nicht eingegangen. Während in den bisher erörterten Entscheidungen das Vorliegen einer Effektivklausel dadurch ausgeschlossen worden ist, dass angenommen wurde, diese beziehe sich nur auf den materiellen Anspruchsfall oder konkretisiere ihn und habe deshalb keinen Einfluss auf die formellen Voraussetzungen, so gibt es auch – und dies ist die zweite Begründung der Nichtanerkennung einer Effektivklausel in der Rechtsprechung – Entscheidungen, in denen ein umgekehrter Schluss gezogen wird. In diesen Fällen wird die angebliche Effektivklausel honoriert, wohingegen die Klausel auf erstes Anfordern ignoriert wird. So hat das schweizerische Zivilgericht Glarus sich mit einer Garantie folgenden Inhalts befasst: „Hiermit bestätigen wir Ihnen, dass wir DM 150.000 an Sie auf erste Anforderung innerhalb 7 Tagen vergüten werden, falls Sie […] dem Konkursverwalter des Herrn S. Zahlung leisten müssten und soweit und sofern die Zahlung einschließlich entstehender Kosten mindestens DM 150.000 betragen sollte. Sofern die letztere Zahlung einschließlich Kosten geringer ist als DM 150.000, vergüten wir an Sie nur diese geringere Summe.“326
Hier hat das Gericht die Worte „auf erste Anforderung“ einfach ignoriert. Es hat die „Effektivklausel“ als maßgebend betrachtet und den Vertrag als reinen Garantievertrag – und nicht einen Garantievertrag auf erstes Anfordern – ausgelegt. Nach dieser Auslegung war der Garant folglich zur Zahlung nur verpflichtet, wenn und soweit sich das in dem Vertrag beschriebene Risiko, d.h. der Garantiefall, tat324 OLG
Oldenburg, Urteil vom 15. 2. 2000, 12 U 42/99. Düsseldorf, Urteil vom 30. 7. 2002, 24 U 163/01. Zu dieser Entscheidung siehe auch Kap. 5, A., II. 326 Zivilgericht Glarus, Entscheidung vom 7. 3. 1984. 325 OLG
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
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sächlich verwirklicht. Dieses Risiko habe darin bestanden, dass der Begünstigte an den Konkursverwalter zahlen muss. Der naheliegende Gedanke, es handele sich zwar um einen solchen Garantievertrag, der Garant habe aber darüber hinaus Zahlung auf erstes Anfordern versprochen – was im Ergebnis zur Annahme einer atypischen Garantie auf erstes Anfordern führte – hat das Gericht nicht einmal erwähnt.327 Noch weiter ist der BGH gegangen, in dem er eine Garantie, in der es hieß: „In consideration of the foregoing facts, we herewith engage ourselves irrevocably towards Z-Bank, on whose first request and notification if one of the a/m L/C has not been established until the 15th of the respective month, to pay in cash the amount of $ 100.000 to Z-Bank“
dahin ausgelegt hat, dass sie nur dann verfallen sollte, wenn das Akkreditiv im Auftrag des Käufers nicht eröffnet wurde und der Käufer nach dem Grundgeschäft zu seiner Eröffnung verpflichtet war.328 Im Ergebnis hat der BGH die Klausel auf erstes Anfordern („on whose first request and notification“) völlig vernachlässigt und die Garantie gar nicht als Garantievertrag, sondern als Vertragsstrafe ausgelegt. In beiden Fällen brauchten sich die Gerichte mit dem Problem der Effektivklausel nicht zu befassen; denn dort, wo keine Zahlung auf erstes Anfordern versprochen wird, kann eine solche Klausel nicht existieren. Dass die oben beschriebenen Auslegungen gar nicht zwingend waren, d.h. dass die dargestellten Vereinbarungen sehr wohl als auf erstes Anfordern zahlbar angesehen werden können, belegt ein Urteil des österreichischen OGH vom 3. 12. 1986.329 Dort wurde eine auszugsweise wie folgt lautende Garantie übernommen: „Wir garantieren hiermit unwiderruflich den Betrag von £ 10.000 ohne jegliche Einwendungen zu erheben auf erste Aufforderung bis spätestens 10. Jänner 1979 zu zahlen, falls die Firma S den Betrag von $ 7.000.000 zu den im Vertrag vereinbarten Bedingungen am 10. Jänner 1979 nicht akzeptiert. Diese Garantie findet nicht Anwendung, wenn das Projekt aus Gründen höherer Gewalt oder auf Grund politischer oder anderer Ereignisse, die sich der Einflußsphäre der Firma S entziehen, nicht zustande kommt, und erlischt am 15. Jänner 1979.“
Diese Garantie hat der OGH ohne Weiteres als Garantie auf erstes Anfordern eingeordnet und sich zu den Widersprüchen zwischen der Klausel auf erstes Anfordern und dem mit dem Wort „falls“ beginnenden Nebensatz nicht geäußert.330 Auch die Frage, wie die Gründe des Nichtzustandekommens des Projekts sich auf die Garantie auswirken sollen, ist nicht beantwortet worden. Der OGH hat stattdessen 327 Nicht auszuschließen ist aber, dass der Begünstigte nur den materiellen (und nicht den formellen) Anspruch geltend gemacht hat. In einem solchen Fall wäre die Entscheidung auch in der Begründung nicht zu beanstanden. Zu dieser Entscheidung siehe auch Kap. 3, B. 328 BGH, Urteil vom 23. 5. 1958, VIII ZR 126/57. 329 OGH, Urteil vom 3. 12. 1986, 1 Ob 686/86. 330 Zu diesem Widerspruch siehe Jahn, S. 254, und im Allgemeinen Kap. 5, Fn. 347.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
festgestellt, bei einer solchen Garantie gelte der Grundsatz der Dokumentenstrenge, und die Ansprüche des Begünstigten wegen des Fehlens einer ordnungsgemäßen Inanspruchnahme abgewiesen. Ein dritter Weg, den die Gerichte gelegentlich beschreiten, wenn sie sich mit einer potenziellen Effektivklausel konfrontiert sehen, besteht darin, dass Umstände, die als formelle Voraussetzungen vereinbart wurden, die aber zugleich einen Teil des materiellen Anspruchsfalles bilden und bei wörtlicher Auslegung nicht-dokumentarischen Charakter haben, in dokumentarische Voraussetzungen umgedeutet werden. Ein Beispiel für eine solche Vorgehensweise kann schon in einem das Recht des Dokumentenakkreditivs betreffenden Urteil des BGH vom 24. 3. 1955 erblickt werden.331 In diesem Fall hat eine Bank auf einem Formular bestätigt (übrigens unter Verwendung des Worts „Garantie“ und nicht „Akkreditiv“), im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag gegen Vorlage gewisser Dokumente, darunter eines Gutachtens, den Kaufpreis zu zahlen; auf dem Formular hat sie aber zusätzlich die Worte hinzugefügt, dass Zahlung nur erfolge, falls die Ware vereinbarungsgemäß geliefert werde. Der BGH hat die Bestätigung als unwiderrufliches Akkreditiv eingeordnet. Die Einwendung der Bank, die Ware sei mangelhaft gewesen, hat es als unerheblich betrachtet. Der Hinweis darauf, dass die Ware vereinbarungsgemäß geliefert werden müsse, lasse sich nur so verstehen, dass die einwandfreie Beschaffenheit der Ware sich aus den Dokumenten ergeben sollte. Hier wurde also eine unzweideutige und darüber hinaus besonders von der Bank hinzugefügte Voraussetzung so umgedeutet, dass sie in der Praxis jegliche Bedeutung verlor. Solche Umdeutungen finden sich auch in der späteren Rechtsprechung. So verhielt es sich in einem vom BGH im Urteil vom 24. 11. 1983 behandelten Fall einer Bürgschaft auf erstes Anfordern.332 Dort hat sich der Bürge verpflichtet, im Rahmen der Bürgschaft bedingungslos und unverzüglich die Beträge zu zahlen, die der Gläubiger des Bürgschaftsgläubigers im Rahmen einer Garantie gezahlt und deshalb vom Bürgschaftsgläubiger, der im Auftrag des Hauptschuldners eine Rückgarantie übernommen hatte, angefordert hat. Der BGH hat entschieden, dass die Zahlungspflicht des Bürgen davon abhängt, dass der Bürgschaftsgläubiger dem Bürgen mitteilt, er sei aus der Rückgarantie in Anspruch genommen. Einer weiteren Erläuterung oder gar Beweisführung bedürfe es nicht, insbesondere brauche der Bürgschaftsgläubiger nicht darzutun, dass die durch die Bürgschaft gesicherte Forderung aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag überhaupt bestand. Ähnlich und im Übrigen ohne weitere Begründung hat das OLG Celle im Urteil vom 18. 12. 2001 ausgeführt, dass eine Klausel in einem Versprechen auf erstes Anfordern, wonach Zahlung versprochen werde, falls der Versprechende seinen Verpflichtungen aus dem Werkvertrag nicht nachkommt, keine Voraussetzung der vorläufigen Zahlungspflicht begründe, die in materieller Hinsicht nachzuweisen 331 BGH, 332 BGH,
Urteil vom 24. 3. 1955, IV ZR 236/54. Urteil vom 24. 11. 1983, IX ZR 2/83.
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
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wäre.333 Es genüge, wenn erklärt werde, dass der Versprechende seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist. Nur in sehr seltenen Fällen sind die Gerichte überhaupt bereit anzuerkennen, dass eine Effektivklausel vorliegt und dass die streitige Problematik ihrer Handhabung deshalb behandelt werden muss. Eine solche Ausnahme bildet das Urteil des OLG München vom 23. 7. 1997.334 In diesem Fall hat sich der Bürge für alle vertraglichen Verpflichtungen des Schuldners verbürgt und zugleich verpflichtet, an den Gläubiger jeden Betrag bis zu einem gewissen Höchstbetrag zu zahlen, sofern der Schuldner seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt. Es lag also eine prototypische Effektivklausel vor, und das Gericht hat sich der Würdigung der Folgen derselben auch nicht entzogen. Es hat festgestellt, dass die Folgen der Vereinbarung einer solchen Klausel umstritten sind. Teilweise werde ein voller Nachweis hinsichtlich des Eintritts des materiellen Bürgschaftsfalles verlangt, teilweise nur Glaubhaftmachung bzw. dass das Vorbringen hinreichend sichere Anhaltspunkte für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen enthalte. Nach Auffassung des Gerichts sind diese Folgen durch Auslegung der Erklärung zu ermitteln. Sie sei unklar, weil einerseits die Bürgschaft schon auf erstes Anfordern fällig gestellt werde, andererseits die Effektivklausel eine gewisse Verknüpfung der Bürgschaft mit dem Kausalgeschäft verursache. Deshalb komme es darauf an, wie der Gläubiger nach Treu und Glauben nach der Verkehrsanschauung die Erklärung hätte verstehen müssen. Da die Formulierung „auf erstes Anfordern“ einer weltweit im internationalen Handels- und Wirtschaftsverkehr verbreiteten Zahlungsklausel entspreche, habe der Gläubiger davon ausgehen dürfen, dass er bei Eintritt des Bürgschaftsfalles bei Einhaltung der vertraglich geregelten formellen Anforderungsmodalitäten innerhalb kürzester Zeit liquide Mittel zur Verfügung haben werde. Dass mit der Effektivklausel die bargeldgleiche Wirkung der Bürgschaft auf erstes Anfordern aufgehoben werden sollte, sei bei Gesamtwürdigung des Vertragsverhältnisses nicht hinreichend erkennbar gewesen. Vielmehr habe nahe gelegen, dass der Gläubiger die Klausel dahingehend auffassen werde, die Nichterfüllung mit wenigen Worten lediglich beschreiben zu müssen, um dem Bürgen die Prüfung zu ermöglichen, ob ein Fall der Nichterfüllung überhaupt möglich sein kann. Im Ergebnis hat das Gericht somit festgestellt, dass die Effektivklausel dazu führte, dass eine reine Anforderung nicht ausreichend war und dass die Nichterfüllung zusätzlich mit wenigen Worten beschrieben werden musste. Darauf, ob tatsächlich nicht erfüllt wurde, hat es keinen Wert gelegt. Bei einer Würdigung der Rechtsprechung zu Effektivklauseln ist Folgendes zu berücksichtigen. 333 OLG Celle, Urteil vom 18. 12. 2001, 16 U 111/01. Das Gericht hat hier eine unwirksame Bürgschaft auf erstes Anfordern in eine Garantie auf erstes Anfordern umgedeutet; tatsächlich handelte es sich um ein Versprechen auf erstes Anfordern – siehe dazu die Kap. 1, D., 2, A. und 3, G. 334 OLG München, Urteil vom 23. 7. 1997, 7 U 2697/97.
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
Vor allem ist richtig, dass der Versprechende bzw. Garant im Prozess regelmäßig versuchen wird, Bestimmungen des Versprechens bzw. der Garantie als Effektivklausel auszulegen, auch wenn sie keinen solchen Charakter haben.335 Zuzustimmen ist denjenigen Entscheidungen, die betonen, dass die Beschreibung der verbürgten oder garantierten Forderungen noch keine Effektivklausel darstellt. Eine solche Beschreibung von einer Effektivklausel zu unterscheiden mag zwar bei Garantien etwas schwieriger als bei Bürgschaften durchzuführen sein; denn schon der Begriff der Forderungsgarantie bereitet dogmatische Schwierigkeiten.336 Besonders bei typischen Garantien auf erstes Anfordern, bei denen die Angabe der garantierten Forderung nur geringe Bedeutung hat,337 muss deshalb die Einordnung einer Klausel als Beschreibung des Garantiefalles statt als Effektivklausel mit großer Zurückhaltung erfolgen.338 Kritisch müssen hingegen diejenige Entscheidungen gewürdigt werden, in denen die Gerichte wegen der problematischen Effektivklausel die Klausel auf erstes Anfordern überhaupt ignoriert haben; es scheint aber, als sei in der neueren Rechtsprechung die Neigung zu solchen Entscheidungen weniger verbreitet. Was aber in der neueren Rechtsprechung gar nicht selten der Fall ist und ebenfalls kritisch gesehen werden muss, ist die Praxis der Umdeutung potenzieller Effektivklauseln in dokumentarischen Klauseln.339 335 Eleftheriadis, S. 109, meint, es sei denkbar, dass die Effektivklausel lediglich eine Präzisierung der erforderlichen Schlüssigkeit und Substantiierung der Zahlungsaufforderung des Begünstigten darstellt. Dies ist aber grundsätzlich abzulehnen, weil, wie bereits in Kap. 5, A., I., 3., c) erörtert, Schlüssigkeit und Substantiierung entgegen der Auffassung von Eleftheriadis gar nicht erforderlich sind. 336 Zu diesen Schwierigkeiten siehe Kap. 3, Fn. 120. Besondere Schwierigkeiten bietet auch die bei Rückgarantien auf erstes Anfordern übliche Formulierung, wonach der Rückgarant dem Garanten jeden Betrag auf erste Anforderung hin erstatten werde, der von ihm durch den Begünstigten unter der Garantie geltend gemacht wurde. Es scheint entgegen Mülbert, Mißbrauch, S. 84, dass darin nicht nur Parallelen zu den Effektivklauseln, sondern eine Effektivklausel als solche zu erblicken ist. Nicht ganz verständlich ist auch der Vorschlag Mülberts (Mülbert, Mißbrauch, S. 85), man solle annehmen, dass hier einerseits die bloße Aufforderung des Garanten die Zahlungspflicht des Rückgaranten auslösen soll, andererseits aber der Rückgarant dann, wenn der Garant mehr fordert als von ihm gefordert wurde, sich mit einer „Inhaltseinwendung“ erfolgreich wehren könne. Auf eine nähere Erörterung dieses Problems wird aber in dieser Arbeit, wie im Allgemeinen auf eine Diskussion der Rückgarantie auf erstes Anfordern, verzichtet. 337 Weil sie im Garantieverhältnis nur unter dem Blickwinkel eines Rechtsmissbrauchs von Bedeutung sein kann. 338 Deshalb ist die früher in diesem Kapitel erörterte Entscheidung OLG Oldenburg, Urteil vom 15. 2. 2000, 12 U 42/99, kritisch zu beurteilen. Zustimmend wohl Nielsen, Anmerkung zum OLG Oldenburg Urteil vom 15. 2. 2000, S. 645, wenn er meint, dass die Klausel „nahezu im Sinne einer schädlichen Effektivklausel“ die Zahlungspflicht einschränkt. 339 Staudinger/Horn97, Vorbem. zu §§ 765 ff., Rn. 236, hat sogar die Auffassung vertreten, dass in der internationalen Praxis eigentliche Effektivklauseln in dem Sinne verstanden werden, dass nur eine Erklärung über den Eintritt des entsprechenden Umstands
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
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Wird in einem Versprechen oder einer typischen Garantie auf erstes Anfordern ausdrücklich vereinbart, dass Zahlung auf erstes Anfordern erfolge, „wenn“ oder „falls“ gewisse Umstände vorliegen, so darf man jedenfalls grundsätzlich diese Vereinbarung nicht anders auslegen als sie formuliert ist. Eine solche Vereinbarung ist klar und eindeutig und deshalb einer teleologischen Auslegung ohne gewichtige Gründe nicht zugänglich.340 Einer solchen Vereinbarung zu entnehmen, dass Voraussetzung für die Zahlung auf erstes Anfordern die Erklärung des Begünstigten ist, der genannte Umstand liege vor, ist willkürlich. Denn der Wortlaut ist eindeutig – Zahlung soll erfolgen, wenn der Umstand vorliegt –, und es ist auch nicht ersichtlich, warum die Parteien, wenn sie nur auf die Erklärung dieses Umstandes durch den Begünstigten hätten abstellen wollen, dies nicht ausdrücklich gesagt haben sollten. Dasselbe gilt auch, wenn man die als solche schon anerkannte Effektivklausel auslegt. Einer solchen Klausel zu entnehmen, wie dies das OLG München341 entschieden hat, dass der Begünstigte den Anspruchsfall „mit wenigen Worten lediglich beschreiben muss“, bzw. wie es ein Teil des Schrifttums tut, dass der materielle Anspruchsfall glaubhaft gemacht werden muss,342 ist willkürlich und steht in keinem Verhältnis zum Inhalt der Klausel selbst.343 Wird Zahlung auf erstes Anfordern versprochen, „falls der Schuldner seinen Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht nachkommt“, so ist dieser Umstand Element des formellen Anspruchsfalles und im Prozess entscheidungserheblich.344 erforderlich ist (dies wird übrigens durch Art. 7 URDG 758 bestätigt); in der Nachauflage wurde diese Aussage etwas aufgeweicht, vgl. Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 257 f. 340 In diesem Zusammenhang weist auch Blesch, Anmerkung zum OLG München Urteil vom 23. 7. 1997, S. 764, auf die Regel clara non sunt interpretanda hin. 341 OLG München, Urteil vom 23. 7. 1997, 7 U 2697/97. 342 Auhagen, S. 56, hat die Lieferung „hinreichend gewisser Anhaltspunkte“ verlangt, dann aber gemeint, die Bank habe doch auch ohne solche Anhaltspunkte auszuzahlen, wenn der Begünstigte darauf beharrt. Hinreichend gewisse Anhaltspunkte hat auch Finger, Formen, S. 208, verlangt. Horn, Bürgschaften und Garantien zur Zahlung, S. 2156, verlangt Glaubhaftmachung, fügt aber hinzu, dass wenn glaubhaft gemacht wurde, dass die garantierte Leistung erbracht wurde, der volle Nachweis erforderlich sei. Dagegen verlangt Arnold, S. 197 f., nur, dass „der Gläubiger den materiellen Bürgschaftsfall substantiieren muss“. 343 Dagegen auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1131. 344 So wie hier verlangen den vollen Nachweis der von der Effektivklausel umfassten Umstände Eleftheriadis, S. 109 f., J. Schmidt, S. 313 (es sei denn, dass eindeutig nur Glaubhaftmachung vereinbart wurde), MüKo/Habersack6, vor § 765, Rn. 32, Pleyer, S. 10 (unter Berufung auch auf die Ansichten der Praxis), Hadding/Häuser/Welter, S. 695 (jedenfalls im Regelfall), Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1131, Panagiotopoulos, S. 52 ff. (der allerdings meint, dass damit die Garantie praktisch nicht mehr auf erstes Anfordern gestellt ist), Oettmeier, S. 78, Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 99 f. (wobei nicht ganz klar ist, ob von Westphalen damit wie hier auf das tatsächliche Vorliegen bestimmter Umstände
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Kap. 5: Der formelle Anspruch
Die Tatsache, dass die Zahlungspflicht von diesem Umstand abhängt, kann jedenfalls grundsätzlich nicht verneint werden. Dies gilt auch im Bankverkehr. Auch im Bankverkehr muss nämlich die Auslegung sich auf den Text der Vereinbarung stützen. Wird dort Zahlung für einen bestimmten Fall versprochen, so kann die Klausel auf erstes Anfordern diese Voraussetzung nicht zunichte machen. Die teilweise gegenteilige Auffassung der Rechtsprechung und des Schrifttums basiert anscheinend auf zwei Erwägungen. Zum einen ist die Auffassung verbreitet, die Vereinbarung einer Effektivklausel sei neben einer Klausel auf erstes Anfordern widersprüchlich. So hat das OLG München von „einem gewissen Widerspruch“ gesprochen345, und der BGH hat etwas zurückhaltender die Meinung vertreten, eine Auslegung als Effektivklausel sei „vom vornherein fernliegend“.346 Es gibt aber in der Literatur viel entschiedenere Stimmen, die überhaupt die Möglichkeit einer wörtlich gemeinten Effektivklausel leugnen.347 Dem ist dezidiert entgegenzutreten. Denn es folgt schon aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, dass eine Vereinbarung, wonach zwar auf oder aber auf einen Nachweis im Sinne von Erklärungen/Darlegungen, die „geeignet sind, die Bank von ihrer abschließenden Richtigkeit zu überzeugen“, abstellt). Dagegen scheint Gruel, S. 88 f., der Meinung zu sein, es sei in solchen Fällen bei der Garantie auf erstes Anfordern grundsätzlich der volle Nachweis des „ganzen“ Garantiefalles erforderlich, die Klausel auf erstes Anfordern wirke aber dahin, dass zumindest der Aufrechnungseinwand ausgeschlossen sei; bei der Bürgschaft sei dies ähnlich, betreffe aber dann nicht nur die Aufrechnung, sondern alle (akzessorischen) Einwände außer dem Einwand des Nichteintritts des Sicherungsfalls (Gruel, S. 92). 345 OLG München, Urteil vom 6. 5. 1987, 7 U 1661/87. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1131, meint, einer Effektivklausel bei einer typischen Garantie auf erstes Anfordern sei „eine gewisse Widersprüchlichkeit eigentümlich“ (so auch Graf von Westphalen/ Zöchling-Jud, S. 92). Nach Panagiotopoulos, S. 52, haben die Klauseln „widersprüchlichen Charakter“, so dass in der Praxis die Garantie keine Garantie auf erstes Anfordern mehr ist (S. 54). 346 BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95. Als „schädlich“ beschreibt sie Nielsen, Anmerkung zum OLG Oldenburg Urteil vom 15. 2. 2000, S. 645, und Nielsen, Rechtsmißbrauch, S. 256, als „nicht unbedenklich“ Hadding/Häuser/Welter, S. 695. 347 Lukas, S. 52, meint, die Klausel mache die Vereinbarung widersprüchlich, könne keine Schutzfunktion hinsichtlich einer unberechtigten Inanspruchnahme erfüllen (was schwer nachvollziehbar ist) und „sei abzulehnen“ (wobei er nicht präzisiert, welche Rechtsfolgen diese Ablehnung haben soll). Vom Widerspruch spricht Jahn, S. 254 (für den Fall von Klauseln wie „Zahlung bei vertragsgemäßer Lieferung der Ware“ in einem Akkreditiv spricht Eschmann, S. 918, sogar vom „krassen Widerspruch“ und meint, eine solche Klausel sei unbeachtlich). In diese Richtung gehen übrigens auch diejenigen Entscheidungen des BGH, die gewisse Formanforderungen für Bürgschaften auf erstes Anfordern aufstellen. Siehe dazu Kap. 6, G. Eleftheriadis, S. 108, meint, die Vereinbarung einer Effektivklausel im Rahmen einer Garantie oder Bürgschaft auf erstes Anfordern sei häufig ein Widerspruch in sich, welcher die Nichtakzessorietät der Verpflichtung in Frage stellt. Auch Pleyer, S. 11, fragt, ob eine (typische) Garantie auf erstes Anfordern mit einer solchen Klausel nicht Bürgschaft sei. Beide sprechen sich aber trotzdem grundsätzlich für eine wortlautgetreue Anwendung der Klausel aus, vgl. Kap. 5, Fn. 344. Zutreffend stellt aber Blesch, Anmerkung zum OLG
B. Wichtige und problematische Ausgestaltungen
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erstes Anfordern, jedoch nur unter gewissen nicht-dokumentarischen Voraussetzungen, zu leisten ist, zulässig ist. Eine solche Vereinbarung kann auch durchaus sinnvoll sein. Es kann durchaus im Interesse der Parteien sein, die Durchsetzung der Forderung nur in Bezug auf gewisse Elemente zu erleichtern und in Bezug auf andere den vollen Beweis zu verlangen.348 Dass dadurch die Geltendmachung des Anspruchs im Urkundenprozess blockiert werden kann, ändert nichts daran.349 Der Begünstigte hat dies durch die Annahme des Versprechens in Kauf genommen. Zum anderen stützt sich diese Auffassung auf den Grundsatz von Treu und Glauben. Dies ist sowohl in der Entscheidung des OLG München, als auch in derjenigen des BGH ersichtlich.350 Es wird argumentiert, dass jedenfalls im Bankverkehr die Klausel auf erstes Anfordern eine bestimmte Bedeutung hat und dass der Begünstigte, wenn er die Bürgschaft oder die Garantie auf erstes Anfordern annimmt, den Eindruck haben kann, ein einfaches Anfordern sei genügend, um die Leistung zu erhalten.351 Nun ist zuzugeben, dass es nicht von vornherein ausgeschlossen ist, im konkreten Fall anzunehmen, dass der Versprechende oder der Garant, als er das Versprechen oder die Garantie verfasste, sich damit bewusst sein musste, dass der Begünstigte die Klausel nicht als Effektivklausel, sondern als dokumentarische Klausel verstehen wird. In einem solchen Fall wird die Effektivklausel in diesem Sinne ausgelegt werden müssen. Dies muss aber doch die Ausnahme bleiben. Denn eine wörtliche Auslegung einer Bestimmung muss grundsätzlich von jedem zumindest als möglich betrachtet werden, wenn sie mit anderen Bestimmungen nicht im Widerspruch steht. Und die Effektivklausel widerspricht – wie ausgeführt – der Klausel auf erstes Anfordern nicht.
München Urteil vom 23. 7. 1997, S. 764, ausdrücklich fest, dass der Widerspruch ein scheinbarer ist. 348 So ausdrücklich Blesch, Anmerkung zum OLG München Urteil vom 23. 7. 1997, S. 764. Siehe auch die Ausführungen in Kap. 4, C. Darauf, dass im Übrigen weiter auf erstes Anfordern zu leisten ist, weisen ausdrücklich MüKo/Habersack6, vor § 765, Rn. 32, und Eleftheriadis, S. 109, hin. 349 Zur Führung des Erstprozesses im Urkundenprozess siehe Kap. 6, B. 350 OLG München, Urteil vom 6. 5. 1987, 7 U 1661/87, und BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95. 351 Gelegentlich wird deshalb in diesem Zusammenhang sogar vom potenziellen Dissens gesprochen, vgl. Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 96 ff., und Blesch, Anmerkung zum OLG München Urteil vom 23. 7. 1997, S. 764. Vgl. auch J. Schmidt, S. 311, der meint, dass die Parteien, die eine Bürgschaft auf erstes Anfordern mit Effektivklausel vereinbaren, damit regelmäßig einen eigentlich bestehenden Dissens umgehen wollen.
Kapitel 6
Der Erstprozess Kap. 6: Der Erstprozess
A. Einleitung In diesem Kapitel wird die Geltendmachung der Ansprüche aus einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern durch den Begünstigten behandelt. Ein Prozess, in dem der Begünstigte gegen den Versprechenden solche Ansprüche geltend macht, wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum Erstprozess genannt. Mit diesem Ausdruck wird der Tatsache Rechnung getragen, dass es möglicherweise noch zu einem „Zweitprozess“1, d.h. einem Rückforderungsprozess, in dem der Versprechende die bewirkte Leistung vom Begünstigten zurückfordert, kommen kann. Dieser zweite Prozess wird in Kap. 7 behandelt. Bevor auf die Einzelheiten des Erstprozesses näher eingegangen wird, ist vor allem die Frage zu klären, welcher Anspruch eigentlich den Gegenstand dieses Prozesses bildet. Zunächst dürfte es scheinen, dass hier keine ernsten Zweifel auftauchen können. Nach der in der vorliegenden Arbeit vertretenen Auffassung begründet das Versprechen auf erstes Anfordern einen formellen Anspruch, der der leichteren Durchsetzung des materiellen Anspruchs, auf den im Versprechen Bezug genommen wird, dient. Gegenstand des Erstprozesses müsste somit der formelle Anspruch sein. Es scheint offensichtlich, dass im Erstprozess der Kläger als Begünstigter den formellen Anspruch aus einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern gegen den Beklagten als Versprechenden geltend macht. In Bezug auf eine Bürgschaft auf erstes Anfordern ergäbe sich daraus, dass der Begünstigte (der Gläubiger) im Erstprozess gegen den Versprechenden (den Bürgen) keinen Bürgschaftsanspruch aus § 765 BGB, sondern den formellen Anspruch aus dem Versprechen auf erstes Anfordern geltend macht (wobei dieser formelle Anspruch der leichteren Durchsetzung des Bürgschaftsanspruchs aus § 765 BGB dient). Von großen Teilen der Rechtsprechung wird dies jedoch anders gesehen. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird die Stattgabe oder die Abweisung einer Klage aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern im Erstprozess häufig wie 1 Blesch, Anmerkung zum OLG Köln Urteil vom 24. 10. 1997, S. 767, spricht vom „Nachfolgeprozess“. In Nielsen, Kurzkommentar zum OLG Düsseldorf Urteil vom 30. 7. 2002, S. 810, Nielsen, Rechtsmißbrauch, S. 258, und Nielsen, Ausgestaltung, S. 152, wird wohl in diesem Sinne vom „Nachverfahren“ gesprochen, da dies aber im Sinne von Nachverfahren im Urkundenprozess missverstanden werden könnte, sollte auf diese Bezeichnung verzichtet werden.
A. Einleitung
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folgt begründet: Der Klage sei deshalb stattzugeben oder die Klage sei deshalb abzuweisen, weil dem Kläger ein Anspruch aus § 765 BGB2 oder genauer aus § 765 Abs. 1 BGB3 zustehe bzw. gerade nicht zustehe. Schon das LG Lübeck hat in seiner grundlegenden Entscheidung zur Bürgschaft auf erstes Anfordern aus dem Jahre 1977 der Klage deshalb stattgegeben, weil dem Kläger ein Anspruch aus § 765 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Bürgschaftsvertrag zustehe.4 Der BGH selbst hat sich, soweit ersichtlich, einer solchen Formulierung bisher nicht bedient, hat jedoch bei einer Gelegenheit in Bezug auf den Erstprozess von der „schlüssigen Begründung des Bürgschaftsanspruchs auf erstes Anfordern – § 765 BGB“ gesprochen.5 Der Auffassung, wonach Gegenstand des Erstprozesses ein Anspruch aus § 765 BGB sei, ist entschieden entgegenzutreten. Wäre dies der Fall, so könnte im Erstprozess der Frage nicht ausgewichen werden, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Hauptschuld besteht; einen Anspruch aus § 765 BGB, der vom Bestehen der Hauptschuld dem Grundsatz nach unabhängig wäre, kann man nicht konstruieren.6 In der Rechtsprechung und in der Literatur wird aber zutreffend immer wieder hervorgehoben, dass dem Bestehen der Hauptschuld im Erstprozess von Fällen des Missbrauchs abgesehen keine Bedeutung zukommt.7 Das OLG Hamburg hat schon im Urteil vom 10. 10. 1985 festgestellt, dass beim Vereinbaren einer Klausel auf erstes Anfordern bei einer Bürgschaft der Einwand, die durch die Bürgschaft gesicherte Hauptforderung bestehe nicht, in das Rückforderungsverfahren gehört.8 Einwendungen des Bürgen aus dem Hauptschuldverhältnis seien nur durch Rückforderung der geleisteten Zahlung geltend zu machen. Diese Auffassung wurde zutreffend vom BGH im Urteil vom 9. 3. 1989 ausgeweitet und wie folgt formuliert: ein Bürge, der sich auf erstes Anfordern verbürgt hat, könne jedenfalls grundsätzlich seine Inanspruchnahme mit der bestrittenen Einwendung, die Hauptschuld oder die Bürgschaftsschuld sei erloschen, nicht verhindern, sondern solche Einwendungen erst im Rückforderungsverfahren geltend machen.9 Diese Auffassung ist vom BGH als ständige Rechtsprechung bezeichnet worden. Diese Entscheidung 2 OLG Hamburg, Urteil vom 10. 10. 1985, 6 U 90/85, OLG Köln, Urteil vom 26. 3. 1996, 22 U 204/95, OLG Köln, Urteil vom 24. 10. 1997, 19 U 38/97. 3 OLG Hamm, Urteil vom 23. 5. 2000, 24 U 19/00, OLG Stuttgart, Urteil vom 20. 12. 2000, 9 U 183/00, OLG Hamm, Urteil vom 1. 7. 2003, 19 U 38/03, OLG Düsseldorf, Urteil vom 4. 11. 2003, I-21 U 36/03, LG Osnabrück, Urteil vom 16. 12. 2003, 7 O 1615/03, LG Köln, Urteil vom 10. 1. 2006, 87 O 77/05, LG Köln, Urteil vom 31. 1. 2006, 27 O 232/05, OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06, KG, Urteil vom 1. 4. 2008, 14 U 211/07. In diesem Sinne wohl auch OLG Hamm, Urteil vom 24. 6. 1986, 21 U 150/85. 4 LG Lübeck, Urteil vom 27. 6. 1977, 11 O 73/77. 5 BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95 6 So auch Kopp, Die Bürgschaft, S. 169 ff. 7 Siehe dazu Kap. 6, H., I. 8 OLG Hamburg, Urteil vom 10. 10. 1985, 6 U 90/85. 9 BGH, Urteil vom 9. 3. 1989, IX ZR 64/88.
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Kap. 6: Der Erstprozess
ist deshalb besonders wichtig, weil sie zutreffend davon ausgeht, dass nicht nur das Bestehen der Hauptschuld, sondern im Allgemeinen das Bestehen der Bürgschaftsschuld für den Erstprozess grundsätzlich unerheblich ist. Nicht nur dem Bestehen und der Durchsetzbarkeit der verbürgten Hauptforderung, sondern auch anderen Voraussetzungen der Haftung des Bürgen, wie beispielsweise einer in der Bürgschaft vereinbarten zeitlichen Haftungsbegrenzung, kommt also im Erstprozess grundsätzlich keine Bedeutung zu.10 Dasselbe gilt dem Grunde nach auch für die Frage, für welche Ansprüche sich der Bürge überhaupt verbürgt hat,11 wobei nach der Rechtsprechung des BGH insoweit Besonderheiten gelten.12 Zusammenfassend ist also zu sagen, dass der Kläger im Erstprozess gegen den Beklagten aus dem formellen Anspruch vorgeht, was bedeutet, dass nur das Vorliegen des formellen Anspruchsfalles entscheidungserheblich ist. In bestimmten Ausnahmefällen, die in Kap. 6, H. erörtert werden, kann der Nichteintritt des materiellen Anspruchsfalles dazu führen, dass der formelle Anspruch nicht durchsetzbar ist (sogenannter Missbrauch). Nur in diesen Ausnahmefällen können Fragen, die den materiellen Anspruch betreffen, von Bedeutung sein. Aus diesem Grundsatz folgt, dass bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern im Erstprozess grundsätzlich nur danach zu fragen ist, ob ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern wirksam erteilt worden und ob der formelle Anspruchsfall eingetreten ist. Selbst die Wirksamkeit des die gewöhnliche Bürgschaft begründenden Vertrages ist grundsätzlich unerheblich. Davon ist zutreffend das OLG Oldenburg ausgegangen, als es über einen Erstprozess zu entscheiden hatte, in dem der Bürge eingewandt hat, die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei gemäß §§ 3, 9 AGBG unwirksam.13 Das Gericht hat die Meinung vertreten, dass der Streit darüber, ob eine Bürgschaftsverpflichtung aus rechtlichen Gründen nicht entstanden ist, genauso zu behandeln ist wie die Frage, ob die Bürgschaft nicht mehr besteht, weil sie zeitlich begrenzt ist; deshalb seien die Einwendungen des Bürgen in den Rückforderungsprozess zu verweisen. Dieser Auffassung ist grundsätzlich zuzustimmen, jedoch nur insoweit, als sie Einwendungen gegen die Wirksamkeit der gewöhnlichen Bürgschaft betrifft. Erhebt der Bürge auf erstes Anfordern die Einwendung, dass die Bürgschaftsforderung nicht besteht, weil die (gewöhnliche) Bürgschaft gegen AGB-Recht verstößt, so erhebt er eine Einwendung gegen den materiellen Anspruch; diese Einwendung ist im Erstprozess grundsätzlich nicht entscheidungserheblich, weil sie sich nicht gegen den den Gegenstand des Prozes10 Grundlegend BGH, Urteil vom 31. 1. 1985, IX ZR 66/84. Weiter BGH, Urteil vom 13. 7. 1989, IX ZR 223/88, BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95, OLG Köln, Urteil vom 30. 10. 1997, 12 U 40/97; zur zeitlichen Haftungsbegrenzung siehe Kap. 5, B., IV. Ebenso für eine dem Bürgen über § 768 BGB zugute kommende bereicherungsrechtliche Einrede des Hauptschuldners wegen Unwirksamkeit der Sicherungsabrede: BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98; siehe Kap. 6, H., I. 11 BGH, Urteil vom 13. 7. 1989, IX ZR 223/88. 12 Zu dieser Rechtsprechung siehe Kap. 6, G. 13 OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. 12. 1996, 8 U 98/96. A.A. Eleftheriadis, S. 114.
A. Einleitung
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ses bildenden formellen Anspruch richtet. Wendet der Bürge aber ein, das bürgschaftsbezogene Leistungsversprechen auf erstes Anfordern verstoße gegen AGBRecht, so erhebt er damit eine Einwendung gegen den formellen Anspruch. Mit diesem Einwand muss der Bürge im Erstprozess unbedingt gehört werden. In einigen Fällen gehen die Gerichte noch weiter und vertreten die Ansicht, der Bürge auf erstes Anfordern könne sich gegen seine Inanspruchnahme lediglich mit dem Einwand des Missbrauchs bzw. des offensichtlichen Missbrauchs wehren.14 Dies geht zu weit und ist wohl nur als unglückliche Formulierung zu betrachten: richtigerweise lässt sich lediglich sagen, dass der Bürge auf erstes Anfordern mit Einwendungen, die die Bürgschaftsforderung betreffen, sich nur in Fällen des Missbrauchs wehren kann. Sicherlich zu weit gegangen ist das OLG Düsseldorf in einem Fall, in dem die Einwendung erhoben wurde, der Bürgschaftsvertrag auf erstes Anfordern sei überhaupt nicht mit dem Kläger des Erstprozesses abgeschlossen worden.15 Diesen Einwand hat das Gericht als unerheblich betrachtet, denn nach seiner Auffassung könne der Bürge im Erstprozess mit ihm nur gehört werden, wenn sich die Nichtberechtigung des Gläubigers im Wege der Auslegung aus der Bürgschaftsurkunde unter ergänzender Berücksichtigung sonstiger unstreitiger oder durch Urkunden belegter Umstände ergebe. Diese Auffassung des Gerichts ist abzulehnen, weil es unter keinem Gesichtspunkt möglich ist, dem Beklagten im Erstprozess die Einwendung abzuschneiden, er habe dem Kläger kein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern erteilt, und zwar auch dann, wenn diese Behauptung erst durch die Vernehmung von Zeugen belegt werden kann. Zu beachten ist hierbei nur, dass zwischen dem Einwand, das bürgschaftsbezogene Leistungsversprechen auf erstes Anfordern sei dem Kläger nicht erteilt, und dem Einwand, der gewöhnliche Bürgschaftsvertrag sei mit ihm nicht abgeschlossen worden, unterschieden werden muss. Während der erste dieser Einwände unter allen Umständen zulässig ist, ist der zweite im Erstprozess grundsätzlich unerheblich, weil er sich gegen den Bestand der Bürgschaftsforderung, somit gegen den materiellen und nicht gegen den formellen Anspruch richtet. Die hier vertretene These, wonach der Gegenstand des Erstprozesses der formelle Anspruch ist, so dass nur die Erteilung des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern und der Eintritt des formellen Anspruchsfalles entscheidungserheblich sind, bedarf noch folgender Ergänzung. In der Rechtsprechung wird in einer Reihe von Fällen angenommen, dass ein Gläubiger, der im Erstprozess mit einer Klage aus dem formellen Anspruch scheitert, in demselben Prozess trotzdem Erfolg haben kann, wenn ihm der materielle Anspruch zusteht. Mit anderen Worten gehen die Gerichte davon aus, dass die Tat14 So BGH, Urteil vom 27. 2. 1992, IX ZR 57/91, und OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 7. 2004, I-23 U 172/03. 15 OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. 4. 1999, 15 U 176/98, besprochen auch in Kap. 5, A., I., 1.
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Kap. 6: Der Erstprozess
sache allein, dass dem Kläger der formelle Anspruch nicht zusteht, nicht automatisch zur Abweisung der Klage aus einer Bürgschaft oder einer atypischen Garantie auf erstes Anfordern führt; denn in einem solchen Fall müsse noch geprüft werden, ob dem Kläger der materielle Anspruch – also der Anspruch aus der gewöhnlichen Bürgschaft oder Garantie – zustehe. Die Rechtsprechung wendet diesen Grundsatz in folgenden Fallgruppen an.16 Zum einen dann, wenn nach der Rechtsprechung des BGH die Geltendmachung des formellen Anspruchs deshalb ausgeschlossen ist, weil der Gläubiger nicht im Stande ist, mit Urkunden zu belegen, dass die geltend gemachte Hauptforderung von der Bürgschaft mitumfasst ist.17 In solchen Fällen sei die Klage nicht abzuweisen, sondern es sei zu prüfen, ob dem Gläubiger die Bürgschaftsforderung aus der gewöhnlichen Bürgschaft (d.h. der materielle Anspruch) zustehe.18 Zum zweiten wird dieser Grundsatz dann angewandt, wenn die Durchsetzung des formellen Anspruchs deshalb an dem Einwand des Missbrauchs scheitert, weil der Gläubiger sich in masseloser Insolvenz befindet.19 Die Klage sei in solchen Fällen nur dann abzuweisen, wenn der Beklagte auch aus der gewöhnlichen Bürgschaft nicht hafte, wenn dem Kläger also auch der materielle Anspruch nicht zustehe.20 Zum dritten findet dieser Grundsatz Anwendung, wenn die Klage aus dem formellen Anspruch daran scheitert, dass das Gericht den Bürgschaftsvertrag als gewöhnlichen Bürgschaftsvertrag ohne Verpflichtung zur Zahlung auf erstes Anfordern auslegt. Mit anderen Worten geht es hier um Fälle, in denen das Gericht im Wege der Auslegung zum Ergebnis gelangt, dass ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern überhaupt nicht vorliegt.21 Der BGH hat in einem Fall, in dem der Gläubiger aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern vorging, diese jedoch als gewöhnliche Bürgschaft ausgelegt wurde, die Klage nicht abgewiesen, sondern entschieden, dass auch ein Anspruch aus der gewöhnlichen Bürgschaft zu prüfen sei.22 Zum vierten wird dieser Grundsatz schließlich dann angewandt, wenn die Klage aus dem formellen Anspruch an der Unwirksamkeit des Leistungsversprechens 16 Diese Fallgruppen stehen mit den oben in Kap. 5, B., I. aufgeführten selbstverständlich im Zusammenhang. 17 Zu dieser Rechtsprechung siehe Kap. 6, G. 18 BGH, Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98, und BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99. Vgl. Kap. 5, B., I., 3. 19 Zum Einwand des Missbrauchs in solchen Fällen siehe Kap. 6, H., II. 20 BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99; indirekt bestätigt vom BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99. Vgl. Kap. 5, B., I., 4. 21 Dabei wird die Auslegung auch als Mittel des Bürgenschutzes verwendet; siehe dazu Kap. 6, C., II. 22 BGH, Urteil vom 12. 3. 1992, IX ZR 141/91. Ähnlich OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 31. 5. 1996, 24 U 248/94, wo der Klage deshalb stattgegeben wurde. Vgl. die Kap. 5, B., I., 2. und Kap. 6, C., II.
A. Einleitung
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auf erstes Anfordern scheitert, der materielle Anspruch aber trotzdem bestehen kann. So hat der BGH im Urteil vom 5. 7. 1990 die Klausel auf erstes Anfordern in einer Bürgschaft für unwirksam geachtet, die Klage im Erstprozess dann aber mit der Begründung, die Hauptschuld habe nicht bestanden, der Sache nach somit wegen des Nichtbestehens des materiellen Anspruchs, abgewiesen.23 Auch in dem eine atypische Garantie auf erstes Anfordern betreffenden Urteil vom 10. 9. 2002 hat der BGH das Bestehen des formellen Anspruchs verneint, weil die Klausel auf erstes Anfordern gemäß AGB-Recht unwirksam sei, die Klage aber trotzdem nicht abgewiesen, sondern den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit Feststellungen zum materiellen Anspruch getroffen werden konnten; bestehe der materielle Anspruch, so sei der Klage stattzugeben.24 Das OLG Zweibrücken hat in einem Urteil vom 14. 4. 2005 die Klausel auf erstes Anfordern in einer Bürgschaft für AGB-unwirksam erachtet und anschließend den Anspruch aus der gewöhnlichen Bürgschaft geprüft.25 Materiellrechtlich bereitet die Auffassung, dass dem Kläger der materielle Anspruch zustehen kann, obwohl der formelle Anspruch ihm nicht zusteht oder nicht durchsetzbar ist, keine Schwierigkeiten.26 Was dagegen problematisch sein kann, ist die Frage, ob der Kläger, der aus einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern gegen den Beklagten vorgeht, Erfolg haben kann, wenn der formelle Anspruch – d.h. der Anspruch aus dem Leistungsversprechen – nicht besteht oder nicht durchsetzbar ist, zugleich aber der materielle Anspruch, d.h. der durch das Versprechen gesicherte Anspruch, besteht und durchsetzbar ist. Aus der zitierten Rechtsprechung folgt unzweideutig, dass die Gerichte davon ausgehen, dass dies zu bejahen ist. Sie gehen folglich davon aus, dass der Kläger im Erstprozess auch dann Erfolg haben kann, wenn ihm der formelle Anspruch nicht zusteht. Diese Auffassung bedeutet zugleich, dass der formelle Anspruch zwar Gegenstand des Erstprozesses ist, dass er aber nicht der einzige Gegenstand dieses Prozesses ist. Besteht er nicht, so ist nach der Ansicht der Rechtsprechung über den materiellen Anspruch zu entscheiden, der in einem solchen Fall (auch) Gegenstand des Prozesses ist. Wird dagegen der Klage schon aus dem formellen 23 BGH,
Urteil vom 5. 7. 1990, IX ZR 294/89. Urteil vom 10. 9. 2002, XI ZR 305/01. 25 OLG Zweibrücken, Urteil vom 14. 4. 2005, 4 U 132/04. Auch der Anspruch aus der gewöhnlichen Bürgschaft wurde im Ergebnis unter Berufung auf § 306 Abs. 3 BGB abgewiesen. 26 Diese Auffassung wurde bereits in Kap. 5, A., I., 3., a) ausführlich begründet (grundsätzlich dagegen Schlenzig, vgl. Kap. 6, Fn. 116). Eine andere Frage wäre es, ob beispielsweise in Fällen, in denen das bürgschaftsbezogene Versprechen auf erstes Anfordern und die gewöhnliche Bürgschaft in einem Vertrag vereinbart wurden, die Unwirksamkeit des Versprechens die Unwirksamkeit des ganzen Vertrags inklusive der gewöhnlichen Bürgschaft verursachen könnte (§ 139 BGB). Gegen eine solche Möglichkeit in Fällen der Unwirksamkeit nach AGB-Recht Bydlinski, Personaler, S. 258. Vgl. auch Bydlinski, Die aktuelle, S. 1308. Für die umgekehrte Frage des Einflusses der Unwirksamkeit der gewöhnlichen Bürgschaft auf die Wirksamkeit des ganzen Vertrags siehe Kap. 6, C., III. 24 BGH,
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Kap. 6: Der Erstprozess
Anspruch stattgegeben, so braucht keine Entscheidung über den materiellen Anspruch getroffen zu werden. Ob dieser Rechtsprechung zu folgen ist, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden.27 Denn diese Frage ist vor allem prozessrechtlicher Natur. Aus materiellrechtlicher Sicht sind der materielle und der formelle Anspruch zwei verschiedene Ansprüche. Ob ein typischer Erstprozess als Prozess ausschließlich über den formellen Anspruch zu betrachten ist oder als ein Prozess, in dem nach dem formellen Anspruch hilfsweise auch der materielle Anspruch geltend gemacht wird, ist dagegen eine Frage des Prozessrechts, die an dieser Stelle nicht näher untersucht werden muss. Allerdings ist in diesem Zusammenhang auf zwei Probleme hinzuweisen. Zum einen ist das Vorgehen der Gerichte etwas befremdend, weil sie in den oben geschilderten Fallgruppen gar nicht davon auszugehen scheinen, dass der materielle Anspruch hilfsweise neben dem formellen geltend gemacht wird. Vielmehr scheinen sie davon auszugehen, dass es sich hier im Grunde um einen einzigen Anspruch handelt, der zunächst formellen Charakter hat, dessen Natur sich aber je nach Prozesslage ändert. Dies ist schon daraus ersichtlich, dass es in den besprochenen Urteilen an einer Abweisung des formellen Anspruch fehlt; indessen müssten die Urteile in der Weise gefasst werden, dass einerseits der formelle Anspruch abgewiesen, andererseits über den hilfsweise geltend gemachten materiellen Anspruch entschieden wird. Die Annahme, die materiellen und formellen Ansprüche seien ein und dasselbe, ist aber sicherlich unzutreffend. Zum anderen muss betont werden, dass es dem Kläger jedenfalls nicht verwehrt werden darf, ausschließlich aus dem formellen Anspruch vorzugehen und von der Möglichkeit, dem Gericht hilfsweise den materiellen Anspruch zur Entscheidung zu stellen, keinen Gebrauch zu machen, wenn dies seinem Willen entspricht. Dafür kann er auch gute Gründe haben. Denn er kann für einen Rechtsstreit, in dem über den materiellen Anspruch zu entscheiden wäre, durchaus noch nicht bereit sein; würde er diesen Rechtsstreit endgültig verlieren, so würde rechtskräftig festgestellt worden sein, dass der materielle Anspruch nicht besteht. Dazu kommt, dass der Erstprozess typischerweise als Urkundenprozess geführt wird; würde sich herausstellen, dass der formelle Anspruch nicht besteht und dass der Kläger deshalb das Bestehen des materiellen Anspruch beweisen muss, so würde die Klage in vielen Fällen zumindest als im Urkundenprozess unstatthaft abzuweisen sein, weil sich der materielle Anspruch normalerweise aus Urkunden nicht beweisen lässt. Aus diesen Gründen muss es dem Kläger unbenommen sein, die Klage ausschließlich auf den formellen Anspruch zu beschränken. Zusammenfassend ist Folgendes festzustellen: Gegenstand des Erstprozesses ist der formelle Anspruch, was bedeutet, dass ausschließlich die Frage des Bestehens, der Fälligkeit und der Durchsetzbarkeit dieses Anspruchs entscheidungserheblich ist. Allerdings geht die Rechtsprechung davon aus, dass der Begünstigte, der aus einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern gegen den Versprechenden klagt, zwar grundsätzlich den formellen Anspruch geltend macht, jedoch zugleich 27 Ausdrücklich
verneint wird die Frage von Schlenzig, S. 82 f.
B. Der Erstprozess als Urkundenprozess
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hilfsweise sich auf den materiellen Anspruch stützt. Nach dieser Auffassung ist die Klage also nur dann abzuweisen, wenn keiner dieser Ansprüche besteht. In den folgenden Kapiteln 6, C. – 6, H. werden die Voraussetzungen einer Klage im Erstprozess diskutiert, indem die möglichen Einwendungen, die der Beklagte erheben kann, im Einzelnen erörtert werden. Dabei wird die bereits erwähnte Auffassung der Rechtsprechung, wonach auch der materielle Anspruch den Gegenstand des Erstprozesses mitbestimmen kann, nicht berücksichtigt, weil diese Auffassung keine Fragen aufwirft, die für das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern spezifisch wären und die zugleich materiellrechtlichen Charakter hätten. Es wird deshalb im Folgenden angenommen, dass Gegenstand des Erstprozesses ausschließlich der formelle Anspruch ist. Bevor auf die dem Beklagten zur Verfügung stehende Einwendungen näher eingegangen wird, wird zuvor in Kap. 6, B. die Problematik der Führung des Erstprozesses im Urkundenprozess analysiert; dies ist zwar ebenfalls ein prozessrechtliches Thema, gelegentlich wird es aber in der Rechtsprechung und im Schrifttum unzutreffend als materiellrechtlich betrachtet, so dass zur Ausräumung von Zweifeln eine Auseinandersetzung mit dieser Auffassung geboten scheint.
B. Der Erstprozess als Urkundenprozess Wird der Erstprozess in Deutschland geführt, so wählt der Kläger typischerweise die Form des Urkundenprozesses. Diese Prozessart ist in den meisten Fällen statthaft, weil alle Voraussetzungen des formellen Anspruchs normalerweise durch Urkunden belegt werden können.28 Zugleich bietet der Urkundenprozess dem Kläger erhebliche Vorteile und erlaubt es, ohne Weiteres ein vollstreckbares Vorbehaltsurteil zu erstreiten.29 Dass der Erstprozess häufig als Urkundenprozess geführt wird, bedeutet aber nicht, dass er ausschließlich in dieser Form geführt wird oder dass diese Tatsache auf die Beantwortung von Fragen des materiellen Rechts Einfluss haben kann. Dem Kläger bleibt es unbenommen, den Erstprozess auch als einen Prozess nach allgemeinen Regeln zu führen, wenn dies seinem Willen entspricht.30 Eine Pflicht zur Wahl des Urkundenprozesses besteht nicht.
28 Für die typische Garantie auf erstes Anfordern siehe aber BGH, Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 198/82, wo die Klage als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen wurde, weil der BGH die Einwendung des Missbrauchs als urkundlich bewiesen bewertet hatte. Zu dieser Entscheidung und der Kritik Kleiners siehe Kap. 3, D., II. 29 Unter anderem darauf hat sich der BGH in BGH, Urteil vom 5. 7. 1990, IX ZR 294/89, berufen, als er ausgesprochen hatte, dass die Erteilung der Bürgschaft auf erstes Anfordern den Kreditinstituten vorbehalten sein soll. Zu dieser Entscheidung siehe Kap. 6, C., III., 2. 30 So beispielsweise wohl in dem Fall OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. 9. 2005, I-5 U 91/04, wo auf Antrag des Klägers Zeugen vernommen wurden.
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Kap. 6: Der Erstprozess
Auch die Zulässigkeit im Erstprozess gestellter Beweisanträge richtet sich ausschließlich nach Prozessrecht. Wird der Rechtsstreit als Urkundenprozess geführt, so sind gewisse Beweise erst im Nachverfahren zulässig. Beschränkungen, die auch für das Nachverfahren oder für ein Verfahren, das nicht als Urkundenverfahren geführt wird, gelten könnten, gibt es dagegen nicht. Das materielle Recht, darunter das Recht des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern, hat hier nur insoweit Bedeutung, als es gewisse Tatsachen, wie beispielsweise das Bestehen des materiellen Anspruchs, als grundsätzlich unerheblich bewertet. Beweisanträge, die eine entscheidungserhebliche Tatsache betreffen, dürfen aber unter keinen Umständen als unzulässig betrachtet werden, wenn sie im Nachverfahren oder im Nichturkundenverfahren gestellt werden. Für die Einführung solcher Beweisbeschränkungen fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage; ihre Anwendung würde auch zu nicht hinnehmbaren Ergebnissen führen, weil die materielle Rechtslage sodann durch prozessrechtliche Beschränkungen geändert würde. Diese Bemerkungen sind deshalb von Bedeutung, weil in der Literatur und in der Rechtsprechung ursprünglich gelegentlich davon ausgegangen wurde, es gebe materiellrechtliche Unterschiede zwischen dem Verfahren bis zum Vorbehaltsurteil und dem Nachverfahren im Erstprozess, der Gegenstand des Erstprozesses bis zum Vorbehaltsurteil sei somit der formelle Anspruch, aber bereits im Nachverfahren stehe der materielle Anspruch zur Prüfung.31 Gelegentlich wurden von den Gerichten auch Beweisanträge mit der Begründung abgewiesen, die Vernehmung von Zeugen sei im Erstprozess unzulässig.32
I. Das Nachverfahren Der BGH hat im Beschluss vom 23. 2. 1984 bemerkt, dass der Beklagte, der Zahlung auf erstes Anfordern versprochen hat und im Urkundenprozess verklagt worden war, gewisse Verringerungen seiner Haftung entweder im Nachverfahren oder in einem gesonderten, auf § 812 BGB gestützten Verfahren auf Rückzahlung verfolgen kann.33 Der Sachverhalt dieser Entscheidung war zwar zumindest unklar, aus ihr geht aber eindeutig hervor, dass der BGH den Weg des Nachverfahrens und den Weg des Rückforderungsprozesses als quasi gleichwertig betrachtet hat. Als Folge ergäbe sich daraus, dass im Nachverfahren zur Entscheidung stehen könnte, ob der materielle Anspruch besteht. Noch eindeutiger hat sich in diesem Sinne das OLG Hamm im zur Bürgschaft auf erstes Anfordern ergangenen Urteil vom 24. 6. 1986 geäußert.34 Dieses hat den Einwand des Missbrauchs wegen offensichtlichen Fehlens des materiellen Anspruchs als unbegründet abgewiesen und dabei 31 Siehe
dazu Kap. 6, B., I. dazu Kap. 6, B., II. 33 BGH, Beschluss vom 23. 2. 1984, III ZR 220/82; dem Beschluss ist nicht zu entnehmen, ob es sich um eine typische oder atypische Garantie auf erstes Anfordern oder eine Bürgschaft auf erstes Anfordern handelte. 34 OLG Hamm, Urteil vom 24. 6. 1986, 21 U 150/85. 32 Siehe
B. Der Erstprozess als Urkundenprozess
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angemerkt, dass eine endgültige Klärung notfalls einem Nachverfahren überlassen werden müsse. Damit war wohl nicht nur gemeint, dass der Missbrauchseinwand erst im Nachverfahren endgültig geklärt werden kann, sondern auch, dass im Nachverfahren die materielle Berechtigung des klagenden Gläubigers zu klären ist.35 Auch im Schrifttum war die Auffassung verbreitet – Horn scheint sie noch heute zu vertreten – Einwendungen gegen die materielle Berechtigung des Begünstigten können nicht erst im Rückforderungsprozess, sondern schon im Nachverfahren erhoben werden.36 Von dieser Auffassung hat sich der BGH in den Neunziger Jahren ausdrücklich distanziert. Vor allem im Urteil vom 28. 10. 1993 hat er sich mit ihr ausführlich auseinandergesetzt.37 Er hat die Meinung von Horn,38 wonach dem Bürgen auf erstes Anfordern im Nachverfahren der Rückgriff auf Einwendungen gegen den materiellen Anspruch ermöglicht werden müsse, ausdrücklich abgelehnt. Die erleichterte, vorläufige Durchsetzung eines Zahlungsanspruchs im Urkundenprozess sei immer möglich, wenn sämtliche Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können; dies sei selbst bei einer gewöhnlichen Bürgschaft denkbar. Dass Einwendungen, für die im Urkundenprozess zulässige Beweismittel nicht angeboten worden sind, im Nachverfahren weiterverfolgt werden können, spreche nicht dafür, dies müsse auch bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern möglich sein. Denn der Ausschluss von Einwendungen im Urkundenprozess beruhe auf prozessualen Gründen. Demgegenüber habe der Einwendungsausschluss bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern materiellrechtliche Gründe. Die Entscheidung vom 28. 10. 1993 wurde in vielen späteren Entscheidungen bestätigt und gilt inzwischen als ständige Rechtsprechung. So hat der BGH im Urteil vom 17. 10. 1996 ausdrücklich darauf hingewiesen, über die materielle Berechtigung des Klägers sei im Rückforderungsprozess und nicht im Nachverfahren des Erstprozesses zu entscheiden.39 Im Urteil vom 2. 4. 1998 hat er im Bezug auf das Nachverfahren auf die Entscheidung vom 28. 10. 1993 verwiesen.40 Im Urteil vom 12. 7. 2001 hat er darauf hingewiesen, er habe schon früher entschieden, dass ein im Urkundenprozess verklagter Bürge auf erstes Anfordern seine Einwendun35 Insoweit unklar auch OLG Köln, Urteil vom 7. 8. 1986, 7 U 146/86, wo auf die Möglichkeit hingewiesen wird, dass der Beklagte sich das auf Grund des Vorbehaltsurteils gezahlte Geld nach einem Obsiegen im Nachverfahren im Ausland wird zurückholen müssen. 36 Horn, Bürgschaften und Garantien zur Zahlung, S. 2155, Schütze, Kurzkommentar zum BGH, S. 132, und heute noch Horn, Bürgschaftsrecht 2000, S. 98, wohl auch Heinsius, Bürgschaft, S. 180, Fn. 13, und S. 187, sowie Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, S. 108. Insofern als sich auch Nielsen in diesem Sinne geäußert zu haben scheint, ist dies wohl nur Folge der missverständlichen Verwendung des Begriffs „Nachverfahren“, siehe dazu Kap. 5, Fn. 1. 37 BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93. 38 Horn, Bürgschaften und Garantien zur Zahlung, S. 2155. 39 BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95. 40 BGH, Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97.
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Kap. 6: Der Erstprozess
gen aus dem Hauptschuldverhältnis nicht schon im Nachverfahren erheben kann, sondern damit auf einen künftigen Rückforderungsprozess verwiesen ist; diesen Standpunkt halte der BGH aufrecht, und hiervon gehe der Senat auch weiterhin aus; die Erstanforderungsklausel solle dem Berechtigten einen weitergehenden Liquiditätsvorteil gewähren; sie zeichne schuldrechtlich nicht allein die prozessual nur in den gesetzlich geregelten Fällen mögliche Vorbehaltsverurteilung des Bürgen nach.41 Ähnlich hat sich das OLG Brandenburg im Beschluss vom 27. 12. 2001 geäußert.42 Im Urteil vom 2. 7. 2004 hat das OLG Düsseldorf darauf hingewiesen, dass die Einwendungen des Bürgen im Rückforderungsprozess zu prüfen sind, und weiter ausgeführt: „Der Senat weist ausdrücklich darauf hin, dass damit nicht das Nachverfahren des § 600 ZPO, sondern der auf Rückzahlung der Bürgschaftssumme gerichtete Prozess nach Zahlung durch die Bürgin gemeint ist. Die Einwendungen sind nicht allein nach § 598 ZPO als im Urkundenprozess unstatthaft, sondern für den vorliegenden Erstprozess endgültig zurückzuweisen.“43
Auch im Schrifttum hat sich inzwischen ein Wandel vollzogen, auch wenn nicht alle auf die ursprüngliche Auffassung verzichtet haben.44 Diese Entwicklung ist zu begrüßen. Der Grund, warum auf die Einwendungen gegen den materiellen Anspruch im Erstprozess nicht zurückgegriffen werden darf, liegt nicht in der gewählten Prozessart, sondern darin, dass diese Einwendungen nicht entscheidungserheblich sind; dies wiederum folgt aus der Tatsache, dass im Erstprozess nur der formelle und nicht der materielle Anspruch zur Entscheidung steht. Auf die Prozessart kommt es insoweit nicht an: hätte der Gläubiger im „normalen“ Prozess geklagt, so wäre das Ergebnis dasselbe. Selbstverständlich gilt das oben Gesagte auch für etwaige Vollstreckungsgegenklagen. Eine Klage gegen die Vollstreckung eines im Erstprozess gefällten Urteils kann grundsätzlich nicht auf Einwendungen gegen den materiellen Anspruch gestützt werden, genauso wie solche Einwendungen auch im Nachverfahren unerheblich sind. Dies hat das OLG Brandenburg im Beschluss vom 27. 12. 2001 grundsätzlich richtig erkannt.45 Allerdings ist zu betonen, dass Einwendungen gegen den materiellen Anspruch – gleichgültig, ob sie im „normalen“ Prozess, im Urkundenprozess, im Nachverfahren oder im Verfahren aus einer Vollstreckungsgegenklage erhoben werden – in zwei Fällen für den Erstprozess von Bedeutung sein können: zum einen dann, wenn 41 BGH, Urteil vom 12. 7. 2001, IX ZR 380/98. Vgl. aber die nicht ganz glücklich Formulierung in BGH-Urteil vom 29. 5. 2008, IX ZR 45/07, wonach der Versprechende auf einen Rückforderungsprozess „bzw. ein Nachverfahren“ zu verweisen sei. 42 OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. 12. 2001, 11 W 81/01. So auch KG, Urteil vom 1. 4. 2008, 14 U 211/07. 43 OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 7. 2004, I-23 U 172/03. 44 So wie der BGH Lang, S. 2334, sowie Oettmeier, S. 139 f., Lukas, S. 68 f. Wie früher Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 38, vgl. auch Rn. 174 und 349. 45 OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. 12. 2001, 11 W 81/01.
B. Der Erstprozess als Urkundenprozess
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sie dazu führen, dass gegen den formellen Anspruch der Einwand des Missbrauchs erfolgreich erhoben werden kann (dazu siehe Kap. 6, H.), zum anderen dann, wenn, wie bereits in Kap. 6, A. erörtert, das Gericht den formellen Anspruch verneint hat, sich aber im Erstprozess hilfsweise mit dem materiellen Anspruch beschäftigt. Wird zum Beispiel im Erstprozess der Klage mit der Begründung stattgegeben, dass die Bürgschaft zwar keine solche auf erstes Anfordern, die Klage aber aus einer gewöhnlichen Bürgschaft begründet sei, so ist es selbstverständlich möglich, sich im Nachverfahren gegen diese Feststellung zu wehren.
II. Beweisbeschränkungen In der Rechtsprechung wird gelegentlich die Auffassung vertreten, im Erstprozess seien nicht alle Beweismittel zulässig. In diesem Sinne hat sich zum Beispiel das OLG Köln geäußert, als es sich mit einem Fall befasste, in dem der Hauptschuldner gegen den Gläubiger auf Unterlassung der Inanspruchnahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern klagte.46 Diesen Anspruch wollte er aus den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herleiten, weil der Gläubiger die Bürgschaft auf erstes Anfordern von ihm ohne Rechtsgrund erlangt habe. Insofern hat er auch Zeugenbeweis angeboten. Das Gericht hat die Klage scheitern lassen, weil sich nach seiner Ansicht die tatsächlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch nicht feststellen ließen. Nach Auffassung des Senats müsse auch für Einwendungen, die – wie vorliegend – der Hauptschuldner geltend macht, um den Gläubiger an der Inanspruchnahme des Bürgen zu hindern, gelten, dass sie grundsätzlich in den Rückforderungsprozess gehören, da sonst auf diesem Umweg die alsbaldige Leistung des Bürgen trotz dessen strikter Zahlungspflicht verhindert werden könne. Zwar lasse die Rechtsprechung eine Ausnahme zu, wenn klar auf der Hand liege, dass der Gläubiger eine formale Rechtsstellung missbrauche. Dies sei aber nicht der Fall. Den Beweisanträgen des Hauptschuldners sei deshalb nicht nachzugehen; dem stehe die besondere rechtliche Ausgestaltung der Bürgschaft auf erstes Anfordern entgegen. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern könne der ihr zugedachten besonderen Sicherungsfunktion nur dann gerecht werden, wenn ihr ein Einwendungsausschluss materiellrechtlicher Natur beigemessen werde, der einer Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen im Erstprozess entgegenstehe. Ein derartiger Ausschluss sei in der Rechtsprechung anerkannt mit der Folge, dass der im Urkundenverfahren verurteilte Bürge auch im Nachverfahren, wo prozessuale Beschränkungen hinsichtlich der Zulässigkeit von Beweismitteln nicht mehr bestehen, gleichwohl mit seinen materiellen Einwendungen nicht gehört werden könne. Daraus folge nach Auffassung des Senats, dass auch im Erstprozess, der von vornherein in der Form eines „normalen“ Zivilrechtsstreits geführt wird, eine Beweiserhebung durch Vernehmung von Zeugen nicht in Betracht komme.
46 OLG
Köln, Urteil vom 30. 10. 1997, 12 U 40/97.
Kap. 6: Der Erstprozess
206
Diese Ausführungen sind aus einer Reihe von Gründen abzulehnen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich im besprochenen Fall, entgegen der Meinung des Gerichts, gar nicht um einen sogenannten Erstprozess handelt. Vielmehr macht der Kläger einen bereicherungsrechtlichen Anspruch geltend. Es ist schon fraglich, in welcher Weise Einwendungen gegen einen bereicherungsrechtlichen Anspruch hier vertraglich ausgeschlossen werden sollten. Aber schon abgesehen davon ist zu bezweifeln, ob es überhaupt zulässig ist, in einem „normalen“ Verfahren die Klage an der fehlenden Feststellung gewisser Tatsachen scheitern zu lassen und zugleich die auf die Feststellung dieser Tatsachen gerichteten Beweisanträge aus materiellrechtlichen Gründen als unzulässig zurückzuweisen. Wie schon zuvor ausgeführt, sind gewisse Beweisanträge im Erstprozess nur deshalb unzulässig, weil die zu beweisenden Tatsachen (also: Einwendungen gegen den materiellen Anspruch) nicht entscheidungserheblich sind. Stellt das Gericht fest, dass diese Tatsachen für den Prozess erheblich sind, so kann es die Anträge nicht zurückweisen. Es ist auch widersprüchlich, einerseits festzustellen, dass die Tatsachen für den Prozess von Bedeutung, also materiellrechtlich erheblich sind, andererseits die Meinung zu vertreten, dass auf sie gerichtete Beweisanträge materiellrechtlich ausgeschlossen sind. Denn das materielle Recht kann eine Tatsache nicht zugleich als erheblich und als in gewisser Weise nicht dem Beweis unterliegend bewerten. Gibt das materielle Recht dem Hauptschuldner einen Unterlassungsanspruch, so kann ihm nicht zugleich untersagt sein, die Voraussetzungen dieses Anspruchs zu beweisen. Übrigens ist zu bemerken, dass die praktischen Erwägungen des Gerichts, der Hauptschuldner könne mittels eines solchen Prozesses die Inanspruchnahme des Bürgen hindern, unzutreffend sind. Der Gläubiger kann schließlich während des Prozesses ohne Weiteres die Bürgschaft in Anspruch nehmen. Eine ganz andere Frage ist diejenige nach eventuellen Mitteln des einstweiligen Rechtsschutzes, die vielleicht einen negativen Einfluss auf die Brauchbarkeit der Bürgschaft auf erstes Anfordern haben können.47 Jedenfalls ist festzustellen, dass sowohl im Erstprozess, als auch in bereicherungsrechtlichen Prozessen zwischen Hauptschuldner und Gläubiger, keine Beweisbeschränkungen gelten können, die nicht im Prozessgesetz vorgesehen sind.48
C. Einwendungen gegen das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern selbst Eine erste Gruppe von Einwendungen, die der Beklagte im Erstprozess erheben kann, richtet sich direkt gegen das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern selbst. So kann der Beklagte einwenden, er habe ein Leistungsversprechen auf 47 Das
beit.
Problem des einstweiligen Rechtsschutzes ist aber nicht Gegenstand dieser Ar-
48 Eine besondere, in Kap. 6, G. besprochene Art solcher Beschränkungen hat der BGH für die Bürgschaft auf erstes Anfordern eingeführt. Kritisch gegen solche Beschränkungen im Allgemeinen Moritz, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 25. 2. 1999, S. 209 f.
C. Einwendungen gegen das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern selbst 207
erstes Anfordern entweder überhaupt nicht oder jedenfalls nicht gegenüber dem Kläger erteilt. Weiter kann er rügen, er habe das Versprechen zwar erteilt, eine Auslegung ergebe aber, dass es kein Versprechen auf erstes Anfordern sei. Letztlich kann er sich darauf berufen, dass das Versprechen aus verschiedenen Gründen nichtig oder jedenfalls unwirksam ist. Hinzu kommt theoretisch noch die Möglichkeit in Betracht, den Bereicherungseinwand zu erheben; dieser Einwand ist jedoch in der Praxis ohne Bedeutung, weil das Versprechen vom Versprechenden an den Begünstigten selten abstrakt geleistet wird.49 In allen oben genannten Fällen gibt es keine Beschränkungen der zulässigen Beweismittel, die dem Kläger oder dem Beklagten zur Verfügung stehen. Beschränkungen können sich nur aus der Wahl des Urkundenprozesses ergeben, entfallen dann aber wieder im Nachverfahren.50 Entgegen der Auffassung von Eleftheriadis folgt die Zulässigkeit solcher Einwendungen nicht aus den §§ 784 Abs. 1, 796 BGB, die auf die Bürgschaft auf erstes Anfordern gar nicht anwendbar sind, sondern aus allgemeinen Regeln des Zivilrechts und der Logik.51 Denn schon logisch betrachtet kann man es dem Beklagten nicht verwehren, die Einwendung zu erheben, der Vertrag, aus dem der geltend gemachte Anspruch sich ergeben soll, existiere nicht oder sei unwirksam.52 49 Der Bereicherungseinwand kann nur dann erhoben werden, wenn die Erteilung des Versprechens eine Leistung des Versprechenden an den Begünstigten darstellt, d.h. wenn sie wegen einer causa in diesem Verhältnis erfolgte. Dies wird aber nur selten der Fall sein, denn beispielsweise im Fall der Bürgschaft auf erstes Anfordern liegt typischerweise eine Leistung des Bürgen an seinen Auftraggeber und nicht an den Gläubiger vor; die Zuwendung an den Gläubiger ist dagegen zweckneutral und deshalb kondiktionsfest. Dies stellt zutreffend Becker-Eberhard, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 23. 1. 2003, S. 692, fest, wenn er sagt, der „Zuwendung des Bürgschaftsanspruchs durch den Bürgen and den Gläubiger dagegen liegt keine eigene causa zugrunde.“ Siehe dazu auch die Ausführungen in Kap. 3, F. 50 Siehe dazu Kap. 6, B. 51 Eleftheriadis, S. 114; für die typische Garantie auf erstes Anfordern ähnlich Weth, Bürgschaft, S. 315; für die typische Garantie grundsätzlich wie hier Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1134; wie hier im Ergebnis auch Arnold, S. 176, der aber zum Beispiel für Fälschungsfälle unzutreffend darauf abstellt, dass eine Prüfung der Echtheit der Urkunde im Erstprozess „wegen der extremen Haftungsfolgen geboten“ sei, „zumal so Fälschungen vorgebeugt werden“ könne. Entgegen den Ausführungen von Eleftheriadis folgt auch aus OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. 12. 1996, 8 U 98/96, nicht, dass Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen AGB-Recht im Erstprozess nicht gerügt werden kann. Vielmehr ist insofern zwischen der Unwirksamkeit des Versprechens selbst (im Erstprozess möglich) und der Unwirksamkeit der gewöhnlichen Bürgschaft (im Erstprozess grundsätzlich unmöglich) zu unterscheiden. Im Fall des OLG Oldenburg wurde nur das zweite vorgetragen. Siehe auch Kap. 6, A. 52 Für die Zulässigkeit der allgemeinen Nichtigkeitseinwendungen in Bezug auf einen Garantievertrag sprechen sich Kleiner, Die Garantie, S. 198, Hein, Der Zahlungsanspruch, S. 65, und Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 38, aus; so auch in Bezug auf eine Bürgschaft auf erstes Anfordern Oettmeier, S. 86 f., die allerdings unnötigerweise hier auf die Interessenlage abstellt. A.A. Gröschler, S. 823, Fn. 15, für die Garantie auf erstes Anfordern (wobei Gröschlers Untersuchung eigentlich – auch wenn nicht ganz bewusst – die atypische Garantie auf erstes Anfordern betrifft). Unklar Bülow8, S. 580, wenn er sagt, selbst die Un-
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Kap. 6: Der Erstprozess
I. Keine Erteilung des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern Im Erstprozess kann der Beklagte vor allem einwenden, dass er das Leistungsversprechen gar nicht erteilt hat. Er kann ferner geltend machen, dass der Kläger nicht aktiv legitimiert ist. Hier sind zwei Konstellationen zu unterscheiden. Zum einen kann der Kläger der Auffassung sein, von Anfang an Begünstigter aus dem Leistungsversprechen zu sein, der Beklagte dagegen die Ansicht vertreten, dass Begünstigter ein Dritter war. Ein solcher Fall lag zwei Entscheidungen des OLG Düsseldorf zugrunde.53 Dort ist der Hauptschuldner gegen den Bürgen und den vermeintlichen Gläubiger mit Unterlassungsklagen unter anderem mit der Begründung vorgegangen, der vermeintliche Gläubiger sei nicht der Begünstigte aus der streitigen Bürgschaft auf erstes Anfordern, weil der Vertrag nicht mit diesem Gläubiger, sondern mit einem Dritten abgeschlossen worden sei. Das Gericht hat diesen Einwand im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter anderem deshalb zurückgewiesen, weil das Fehlen der Rechtstellung des Gläubigers als Vertragspartner des Hauptschuldners nicht klar auf der Hand liege. Ein offensichtlicher Rechtsmissbrauch des Gläubigers ergebe sich aus den Umständen des Falls nicht. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass es sowohl in einem Unterlassungsprozess, als auch im Erstprozess den Parteien freistehen muss, in Bezug auf die Vertragspartnereigenschaft alle möglichen Beweise anzubieten, die dafür oder dagegen sprechen können. Insoweit bestehen keine Beschränkungen, es sei denn, dass sich solche aus der Führung des Prozesses im Urkundenverfahren ergeben. Im Hauptprozess kommt es somit sicherlich nicht darauf an, ob die Berechtigung des Einwands, die andere Partei sei nicht der Vertragspartner, klar auf der Hand liegt oder nicht.54 Zum anderen kann der Kläger geltend machen, dass er zwar ursprünglich nicht Begünstigter war, dass aber Rechte aus dem Leistungsversprechen nachträglich auf ihn übergangen sind; der Beklagte kann dagegen die Wirksamkeit des Übergangs in Zweifel ziehen.55 Beide Parteien können sich insofern aller prozessual zulässigen Beweismitteln bedienen. wirksamkeit des Garantievertrages berechtige den Garanten auf erstes Anfordern nicht zur Leistungsverweigerung; diese Ansicht wäre für die atypische Garantie auf erstes Anfordern zutreffend, für die typische Garantie wäre sie dagegen offensichtlich inakzeptabel (kritisch zu ihr auch Schlenzig, S. 85 f.). 53 OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. 1. 1999, 5 U 128/98, OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. 4. 1999, 15 U 176/98. 54 Wie die Sache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes aussieht, ist eine andere Frage, auf die hier nicht eingegangen wird. 55 Ob eine Zession des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern überhaupt möglich ist, ist eine andere Frage. Eine solche Möglichkeit wird in ständiger Rechtsprechung des BGH bejaht, die sie begründenden Argumente vermögen aber nicht zu überzeugen. Siehe dazu Kap. 5, A., I., 1.
C. Einwendungen gegen das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern selbst 209
Schon an dieser Stelle ist aber – in Bezug auf beide Konstellationen – auf eine wichtige Unterscheidung hinzuweisen, die auch in den folgenden Kapiteln von Bedeutung sein wird.56 Man muss nämlich auch hier sauber zwischen dem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern und dem materiellen Anspruch bzw. dem Rechtsverhältnis, dem dieser Anspruch entspringt, unterscheiden. Einwendungen, die der Beklagte erheben kann, betreffen ausschließlich das Versprechen auf erstes Anfordern selbst. Die Frage, wer Gläubiger des materiellen Anspruchs ist, ist im Erstprozess hingegen grundsätzlich unerheblich. Die Unterscheidung wird dann besonders klar, wenn zunächst ein gewöhnlicher Bürgschaftsvertrag abgeschlossen und später in Bezug auf diesen Vertrag ein Versprechen auf erstes Anfordern erteilt wird. In diesem Fall kann sich der Beklagte mit der Einwendung verteidigen, das Leistungsversprechen sei nicht dem Kläger erteilt worden oder die Rechte aus diesem Versprechen stünden nicht oder nicht mehr dem Kläger zu. Mit der Einwendung, der Bürgschaftsvertrag als solcher sei mit einem Dritten abgeschlossen oder die Rechte aus ihm stünden dem Kläger nicht zu, ist der Beklagte dagegen grundsätzlich ausgeschlossen. Denn diese Einwendung betrifft den materiellen Anspruch und ist somit im Erstprozess grundsätzlich unerheblich.
II. Das Versprechen ist kein Versprechen auf erstes Anfordern Der Beklagte im Erstprozess kann selbstverständlich immer einwenden, dass der mit dem Kläger abgeschlossene Vertrag kein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern ist. Es ist grundsätzlich Sache des Klägers, zu beweisen, dass schon auf erstes Anfordern gezahlt werden soll. Zu betonen ist dabei, dass die Tatsache, dass in einem Vertrag Leistung „auf erstes Anfordern“ versprochen wird, nicht entscheidend ist, weil diese Worte im normalen Sprachgebrauch keine eindeutige Bedeutung haben57 und sicherlich nicht ausschließlich auf ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern im technischen Sinne schließen lassen. Das Problem ist ein Problem der Auslegung. Eine nähere Behandlung dieses Auslegungsproblems würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass der Auslegung von angeblichen Leistungsversprechen auf erstes Anfordern durch die Rechtsprechung eine zusätzliche Rolle zugebilligt wird, die hier eine Erörterung verdient. In der neueren Rechtsprechung wird der Schutz des Versprechenden vor der Eingehung eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern mittels einer einschränkenden Auslegung des das Versprechen enthaltenden Vertrages verwirklicht. Präziser gesagt wird dieser Schutz – nachdem der BGH den Weg über die Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen das KWG aufgegeben hat58 – heute für in56 Sie ist auch in der Diskussion über die Entscheidung OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. 12. 1996, 8 U 98/96, von Bedeutung, siehe Kap. 6, Fn. 51. 57 So im Ergebnis auch Oettmeier, S. 24. Vgl. auch Fischer, Die Bürgschaft, S. 412. 58 Siehe dazu Kap. 6, C., III., 2. und insbesondere BGH, Urteil vom 5. 7. 1990, IX ZR 294/89.
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Kap. 6: Der Erstprozess
dividualvertragliche Versprechen auf erstes Anfordern durch eine einschränkende Auslegung, für formularmäßige Versprechen auf erstes Anfordern durch das AGBRecht realisiert. Dieser Weg wurde mit dem Urteil des BGH vom 12. 3. 1992 initiiert.59 In diesem Urteil hat der BGH eine Bürgschaft, die folgende Klausel beinhaltete: „Der verbürgte Betrag ist auf Anforderung bzw. bei erster Vorlage dieser Urkunde sofort zahlbar, frühestens jedoch zu o.a. Fälligkeitsterminen“,
nicht als Bürgschaft auf erstes Anfordern, sondern als gewöhnliche selbstschuldnerische Bürgschaft ausgelegt. Er hat daran erinnert, dass die Auslegung danach auszurichten ist, was als Wille für denjenigen erkennbar geworden sei, für den die Erklärung bestimmt war. Da die Erklärung für den Gläubiger bestimmt war, komme es darauf an, wie dieser sie nach Treu und Glauben und nach der Verkehrsanschauung hat verstehen müssen. Deshalb müsse der Gläubiger die Bürgschaftserklärung so gegen sich gelten lassen, wie sie bei Berücksichtigung der für ihn erkennbaren Umstände objektiv zu verstehen sei. Zwar entspreche der Wortlaut der fraglichen Abrede dem Vertragsmuster, wie es sich im bankgeschäftlichen Verkehr für die Bürgschaft auf erstes Anfordern eingebürgert habe. Solche außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände könnten in die Auslegung einbezogen werden, soweit sie für den Erklärungsempfänger einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Das treffe aber im zu entscheidenden Fall nicht zu. Denn der Gläubiger habe nicht davon ausgehen können, dass dem Bürgen der dem Wortlaut der Abrede im Bankenverkehr beigemessene Sinn bekannt oder erkennbar gewesen sei. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern komme hauptsächlich als Sicherungsmittel im Außenhandelsverkehr vor. Im Inlandsgeschäft habe sie praktische Bedeutung vor allem im Rahmen der Konzernfinanzierung. Sie sei ein typisches Bankgeschäft. Außerhalb des Bankenverkehrs sei sie weitgehend unbekannt. Dass der Bürge über Erfahrungen auf dem Gebiet der Kreditsicherheiten im Allgemeinen oder in den Bereichen, in denen die Bürgschaft auf erstes Anfordern anzutreffen ist, im Besonderen verfüge oder dass er vor Eingehung der Bürgschaftsverpflichtung über die Eigenarten der Bürgschaft auf erstes Anfordern aufgeklärt worden wäre, habe der Gläubiger nicht vorgetragen. Wer nicht über besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Kreditsicherung verfüge und insbesondere die Rechtsfigur der Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht kenne, könne der Abrede nicht entnehmen, dass den Erklärenden eine vorläufige Zahlungspflicht treffen solle, die keine Einwendungen oder Einreden aus dem Hauptschuldverhältnis zulasse. Für ihn ziele namentlich die Verknüpfung der Zahlungspflicht mit den für die Hauptschuld vereinbarten Zahlungsterminen eher in die Richtung einer Fälligkeitsabrede.60 59 BGH,
Urteil vom 12. 3. 1992, IX ZR 141/91. Ähnlich OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 31. 5. 1996, 24 U 248/94, wo das Gericht zutreffend feststellt, dass die Worte „auf erstes schriftliches Anfordern“ aus sich heraus wenig aussagekräftig sind, und wie der BGH die Bürgschaft auf erstes Anfordern als eine gewöhnliche Bürgschaft auslegt. 60
C. Einwendungen gegen das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern selbst
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Diese Entscheidung wurde vom BGH im Urteil vom 23. 1. 1997 bestätigt.61 Der BGH hat hier die Vereinbarung als Bürgschaft auf erstes Anfordern ausgelegt. Er hat die Meinung vertreten, dass bei einer Aktiengesellschaft, die als Teil eines europaweit tätigen Konzerns im internationalen Wirtschaftsverkehr erfahren und Muttergesellschaft ausländischer Unternehmen ist, in einem Fall, in dem die Verpflichtung nach ihrem Gegenstand und dem beteiligten Personenkreis in den Bereich falle, in dem Garantie und Bürgschaft auf erstes Anfordern üblich seien, der Bürge nicht schutzwürdig ist. Ihm hätte die Bedeutung seiner Verpflichtungen klar sein müssen. Ein Bürge sei nicht erst dann schutzunwürdig, wenn festgestellt werde, dass er bei Vertragsschluss über Erfahrungen auf dem Gebiet der Kreditsicherung verfügte und die Bedeutung der Zahlungsklausel kannte. Auch im Urteil vom 2. 4. 1998 hat der BGH festgestellt, dass wenn der Gläubiger den Bürgschaftstext gewählt hat und nicht voraussetzen durfte, sein Vertragspartner werde den Begriff der Bürgschaft auf erstes Anfordern im banküblichen Sinne verstehen, der Vertrag als gewöhnliche Bürgschaft auszulegen ist.62 Die Lage sei aber anders, wenn der Bürge die Verpflichtung auf einem von ihm selbst gewählten Formular übernehme. Zwar sei außerhalb des dem AGB-Recht unterliegenden Bereichs der Schutz von Personen, die mit dem Inhalt und den Rechtsfolgen einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht hinreichend vertraut sind, durch eine interessengerechte Auslegung der Willenserklärungen sowie dadurch zu verwirklichen, dass den geschäftskundigen Teil besondere Hinweisund Aufklärungspflichten treffen, wenn derjenige, der eine solche Verpflichtung übernehmen soll, nach Treu und Glauben eine Belehrung erwarten darf, durch die ihm der Unterschied zur gesetzlichen Bürgschaft sowie die daraus folgenden Risiken deutlich vor Augen geführt werden. Bei Verletzung der Hinweispflicht komme nur ein gewöhnlicher Bürgschaftsvertrag zustande. Dasselbe sei anzunehmen, wenn beiden Vertragsparteien die notwendige Rechtskenntnis gefehlt habe. In einem Fall, in dem beide Parteien Kaufleute und geschäftlich ständig im Bauwesen tätig seien, habe der Bürge eines solchen Schutzes nicht bedurft. Der Gläubiger habe keine Veranlassung gehabt, anzunehmen, dem Bürgen sei dieses Rechtsinstitut nicht hinreichend vertraut, und er sei insoweit zu keiner Aufklärung verpflichtet gewesen. Zur Beweislast in Bezug auf die Kenntnisse des Bürgen hat sich das OLG Oldenburg geäußert.63 Nach Ansicht des Gerichts sind einzelvertraglich jedenfalls im nicht kaufmännischen Verkehr übernommene Bürgschaften auf erstes Anfordern als gewöhnliche Bürgschaften auszulegen, wenn der Verwender nicht erwarten kann, dass dem Bürgen bekannt war, was die Worte „auf erstes Anfordern“ bedeuten. Die Beweislast, dass der Bürge die Gefährlichkeit und die Besonderheit der
61 BGH,
Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95. Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97. 63 OLG Oldenburg, Urteil vom 28. 5. 1998, 1 U 21/98. 62 BGH,
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Kap. 6: Der Erstprozess
rechtlichen Konstruktion der Bürgschaft auf erstes Anfordern gekannt hat, obliege nach der Auffassung des Gerichts dem Gläubiger.64 Die hier geschilderte Rechtsprechung zur schützenden Auslegung von Bürgschaften auf erstes Anfordern ist zu billigen.65 Sie sollte auch für Klauseln auf erstes Anfordern außerhalb von Bürgschaften gelten. Dabei sollte nicht auf allgemeine Regeln – wie beispielsweise eine Unterscheidung in Kaufleute und Nichtkaufleute –, sondern darauf abgestellt werden, ob der Gläubiger im konkreten Fall die Willenserklärung des Bürgen als Leistungsversprechen auf erstes Anfordern verstehen durfte.66
III. Das Versprechen ist nichtig oder unwirksam Der Beklagte kann im Erstprozess einwenden und mit allen Mitteln beweisen, dass das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern, auf das sich der Kläger beruft, nichtig oder unwirksam ist. Dabei ist aber, wie schon in Kap. 6, C., I. bemerkt, zwischen der Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Leistungsversprechens und der Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des den materiellen Anspruch begründenden Rechtsgeschäfts zu unterscheiden. Eine solche Unterscheidung wird leider nicht in allen Fällen ausreichend streng durchgeführt. So hat der BGH im Urteil vom 3. 4. 200367, das im Erstprozess auf Grund einer Klage aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ergangen 64 Ähnlich schon früher OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 31. 5. 1996, 24 U 248/94: da der Bürge nicht „im engen Sinne fachkundig“ war, müsse positiv festgestellt werden, dass der Gläubiger davon ausgehen durfte, dem Bürgen sei die Besonderheit der Rechtskonstruktion einer Zahlungspflicht auf erstes Anfordern bewußt gewesen. 65 Wobei Schlenzig, S. 79, Recht hat, wenn sie sagt, hier gehe es nicht um eine Umdeutung oder Sanktionierung des Gläubigers, sondern um eine Auslegung unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts (kritisch zu der Auferlegung von Aufklärungspflichten dagegen Hahn, Die Bürgschaft, S. 841 f., der darin eine unzulässige Sanktion sieht, sowie Klötzel, Kommentar zum BGH-Urteil vom 2. 4. 1998, S. 1440 f.; Hadding/Welter, S. 1551, meinen, es bleibe methodisch zweifelhaft, ob dies sich als eine Umdeutung oder als sogenannte teleologische Reduktion erklären lässt). Hierin eine echte Aufklärungspflicht des Gläubigers zu sehen, die nicht nur den Inhalt der zu übernehmenden Verpflichtungen, sondern auch die mit der Bürgschaft verknüpften Risiken betreffen soll, wie dies Oettmeier, S. 69 ff., Lukas, S. 97, und wohl auch Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 75, tun, scheint zu weit zu gehen (auch wenn zuzugeben ist, dass diese Auffassung in der Rechtsprechung des BGH eine gewisse Stütze finden kann). Ausführlich zu diesem Problem Arnold, S. 76 ff., der dazu neigt, die Aufklärungspflicht nur als Obliegenheit des Gläubigers anzusehen (S. 79). Dagegen meint Timme, S. 1095, explizit, der Gläubiger mache sich bei fehlender Aufklärung schadensersatzpflichtig. 66 Die Auffassung von Arnold, S. 67 f., die Auslegung als akzessorische Bürgschaft müsse in engen Grenzen stattfinden und komme vor allem bei Verbrauchern in Betracht, ist nicht zutreffend und scheint auch der Rechtsprechung des BGH nicht zu entsprechen. 67 BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99.
C. Einwendungen gegen das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern selbst
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ist, entschieden, dass „der Bürgschaftsanspruch“ nicht entstehen konnte, weil der Gläubiger am Tag des Abschlusses des Bürgschaftsvertrages nicht mehr Inhaber der verbürgten Forderung gewesen ist. Der Grundsatz, dass Gläubiger der Bürgschaft nur der Gläubiger der Hauptforderung werden kann, gelte auch für die Begründung und Übertragung der Rechte aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern stelle lediglich eine den Gläubiger besonders privilegierende Form der Bürgschaftsverpflichtung dar. Daher gebe es in der Frage der Gläubigeridentität keinen Unterschied zwischen der Bürgschaft auf erstes Anfordern und der in § 765 BGB normierten Haftung. Rechte aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern könne nur derjenige erwerben, der schon vorher Gläubiger der Hauptforderung sei oder sie zeitgleich übertragen erhalte (§ 401 BGB). In diesen Ausführungen wird nicht streng genug zwischen dem materiellen und dem formellen Anspruch unterschieden. Wird eine Bürgschaft auf erstes Anfordern erteilt, so enthält sie eine gewöhnliche Bürgschaft und ein bürgschaftsbezogenes Leistungsversprechen auf erstes Anfordern. Es ist dem BGH sicherlich beizupflichten, wenn er meint, für die gewöhnliche Bürgschaft gelte auch dann der Grundsatz der Gläubigeridentität, wenn sie durch ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern verstärkt und somit zum Teil einer Bürgschaft auf erstes Anfordern wird. Die Unwirksamkeit der gewöhnlichen Bürgschaft bedeutet aber nur, dass der materielle Anspruch nicht besteht. Für den Erstprozess kann dies jedoch nur über den Umweg des Missbrauchseinwands von Bedeutung sein; ansonsten ist dies nicht entscheidungsrelevant. Erheblich ist nur, ob das bürgschaftsbezogene Leistungsversprechen auf erstes Anfordern wirksam ist. Dies ist ohne Weiteres zu bejahen. Dasselbe Problem war bereits in der in Kap. 1, D. erörterten Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 10. 4. 2003 aufgetaucht.68 Dort hat das Gericht die Klage im Erstprozess unter anderem deshalb abgewiesen, weil die Bürgschaft auf erstes Anfordern wegen der Identität des Bürgen und des Hauptschuldners unwirksam war. Indessen wäre damit – auch wenn man die Ausführungen des Gerichts im Übrigen billigte – nur die gewöhnliche Bürgschaft unwirksam. Auf die Wirksamkeit des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern hätte dies keinen Einfluss. Die Unwirksamkeit der gewöhnlichen Bürgschaft wäre deshalb nur dann entscheidungserheblich, wenn sie dazu führen würde, dass ein Missbrauch des (an sich wirksamen) Leistungsversprechens auf erstes Anfordern vorläge. Gegen die vorliegend präsentierte These, es sei streng zwischen der Unwirksamkeit des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern und des Rechtsgeschäfts, aus dem der materielle Anspruch hervorgeht, zu unterscheiden, ließe sich einwenden, dass diese Unterscheidung jedenfalls dann ohne Belang sei, wenn das Leistungsversprechen in demselben Vertrag erteilt werde, der auch dieses Rechtsgeschäft enthält. Wird beispielsweise eine Bürgschaft auf erstes Anfordern erteilt, so gibt es einen Vertrag, der grundsätzlich gemäß § 139 BGB als Ganzes steht oder fällt. 68 OLG
Düsseldorf, Urteil vom 10. 4. 2003, 5 U 129/02.
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Deshalb – so könnte man argumentieren – greife in solchen Fällen gemäß § 139 BGB die Unwirksamkeit der gewöhnlichen Bürgschaft auf das bürgschaftsbezogene Leistungsversprechen auf erstes Anfordern durch. Dem ist aber nicht beizupflichten. Würde man es dem Versprechenden erlauben, sich darauf zu berufen, dass das Versprechen auf erstes Anfordern Teil eines nichtigen Rechtsgeschäfts und deshalb auch nichtig sei, so wäre der Zweck des Versprechens vereitelt. Denn alle Einwendungen gegen das ganze Rechtsgeschäft könnten dann auf das Versprechen durchgreifen, auch wenn sie nur im Wege eines umfassenden Beweisverfahrens zu bestätigen oder zurückzuweisen wären. Der Zweck des Versprechens auf erstes Anfordern erfordert, dass das Versprechen ohne Rücksicht darauf, ob es Teil eines nichtigen Rechtsgeschäfts ist, wirksam bleibt und dass die Unwirksamkeit dieses Geschäfts nur den Missbrauchseinwand begründen kann, wenn sie offensichtlich oder liquide beweisbar ist und wenn die Folge das Nichtbestehen des materiellen Anspruchs ist. Deshalb ist ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern, wenn keine andere ausdrückliche Vereinbarung vorliegt, ergänzend dahingehend auszulegen, dass das Versprechen trotz der Unwirksamkeit eines es beinhaltenden Rechtsgeschäfts abweichend vom § 139 BGB wirksam bleiben soll. Die möglichen Gründe einer Nichtigkeit oder Unwirksamkeit eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern sind vielfältig.69 Im Folgenden werden nur zwei Gruppen solcher Gründe behandelt. Ursprünglich war vor allem die Frage der Vereinbarkeit der Bürgschaft auf erstes Anfordern mit zwingendem Bürgschaftsrecht und damit die Frage ihrer Wirksamkeit heikel; diese Frage wird in Kap. 6, C., III., 1. diskutiert. Zum anderen kann die Unwirksamkeit eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern aus Gründen des Schutzes des Versprechenden in Betracht kommen, wobei hier nach der neueren Rechtsprechung vor allem auf das AGBRecht zurückzugreifen ist; dieses Problemfeld wird in Kap. 6, C., III., 2. behandelt. 1. Unzulässigkeit des Versprechens und die an das Versprechen zu stellenden Anforderungen Der Versprechende könnte im Erstprozess einwenden, dass die Erteilung eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern im Allgemeinen unzulässig bzw. an gewisse Anforderungen gebunden ist. Diese Anforderungen könnten entweder das Versprechen selbst, d.h. den formellen Anspruch, oder den in Bezug genommenen Anspruch, d.h. den materiellen Anspruch, betreffen. Da keine Gründe, die die Unzulässigkeit des Versprechens im Allgemeinen bewirken könnten, ersichtlich oder im Schrifttum vorgebracht worden sind, wird vorliegend zunächst auf die Anforderungen an den formellen Anspruch eingegangen, bevor dann die Anforderungen an den materiellen Anspruch thematisiert werden. 69 Konstruiert man das Versprechen auf erstes Anfordern, wie das Schlenzig tut, als abstraktes Schuldversprechen, so kommt auch Nichtigkeit wegen Formmangels in Bertracht (Schlenzig, S. 87).
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a) Anforderungen an den formellen Anspruch Wie schon in Kap. 4, C. erörtert, wäre die Vereinbarung eines Versprechens auf erstes Anfordern, dessen formeller Anspruchsfall sich mit dem materiellen decken würde, widersinnig. Denn sie würde dem Begünstigten keine Rechtsposition einräumen, die er nicht schon früher innehatte, und wäre deshalb wirkungslos. Selbst aber wenn man diesen Fall als einen Fall von Unwirksamkeit des Versprechens einordnet, ist er im Rahmen einer Diskussion über die möglichen Einwendungen des Versprechenden wenig interessant. Denn eine solche Einwendung zu erheben, bringt dem Versprechenden nichts. Er haftet ohnehin nur bei Eintritt des materiellen Anspruchsfalles.70 Aus praktischer Sicht von großer Bedeutung ist hingegen die Frage, inwieweit es zulässig ist, die Bestimmung der vom Versprechenden zu bewirkenden Leistung dem Willen des Begünstigten zu überlassen. Hier geht es vor allem darum, ob bei auf Zahlung lautenden Versprechen die Angabe eines Höchstbetrages nicht generell als Wirksamkeitsvoraussetzung des Versprechens zu verlangen ist, da sonst die Rechtslage des Versprechenden ohne jegliche Beschränkung vom Willen des Begünstigten abhängig werden würde, worin ein Verstoß gegen das Verbot der Fremddisposition erblickt werden könnte. Die Frage lautet daher: Kann man sich wirksam verpflichten, jeden von der anderen Partei angeforderten Betrag sofort zu zahlen, ohne eine Höchstgrenze der Haftung vereinbart zu haben? Die Rechtsprechung scheint dieser Frage kaum Aufmerksamkeit geschenkt zu haben.71 Der BGH hat in den seltenen Fällen, in denen im Versprechen kein Höchstbetrag vereinbart wurde, die Wirksamkeit des Versprechens unter diesem Gesichtspunkt nicht untersucht.72 Im Schrifttum wird vor allem bemerkt, dass in Garantien und Bürgschaften auf erstes Anfordern – jedenfalls insofern, als sie von Banken erteilt werden – fast ausnahmslos ein Höchstbetrag der Haftung genannt wird.73 Koziol weist aber darauf hin, dass selbst diejenigen, die die Angabe eines Höchstbetrages in einer Garantie auf erstes Anfordern für erforderlich halten, letztendlich nicht sagen, welche
70 Hypothetisch könnte die Frage von Bedeutung sein, wenn der formelle Anspruch, nicht aber der materielle, zusätzlich gesichert wäre. Dem Verfasser sind aber solche Fälle nicht bekannt. 71 Vgl. aber OLG Celle, Urteil vom 18. 12. 2001, 16 U 111/01, wo die Angabe des Garantiebetrages als notwendiges Element einer typischen Garantie auf erstes Anfordern bezeichnet wurde (wobei dies in dem zur Entscheidung stehenden Fall nicht entscheidungserheblich war). 72 Vgl. BGH, Urteil vom 10. 9. 2002, XI ZR 305/01, BGH, Urteil vom 5. 7. 2005, X ZR 60/04, BGH, Urteil vom 29. 5. 2008, IX ZR 45/07. 73 Vgl. Auhagen, S. 15, Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 230, Schütz/ Edelmann, S. 54, Bankrechts-Handbuch/T. Fischer, § 121, Rn. 55. Vgl. auch die nachstehende Fußnote.
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Kap. 6: Der Erstprozess
Rechtsfolgen eintreten, wenn diese trotzdem fehlt.74 Bezeichnend ist, dass auch Koziol selbst sich zu dieser Frage nicht äußert. Eine relativ klare Position scheint nur Horn zu beziehen, der meint, nur dann, wenn der Garantiebetrag sich aus der Bezugnahme zum Garantiefall nicht ermitteln lasse, sei die Garantie auf erstes Anfordern wegen Verletzung des schuldrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes unwirksam.75 Zur Rechtslage in Bezug auf die Bürgschaft oder generell auf das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern scheint sich niemand bisher geäußert zu haben. Dabei kommt es gerade bei Leistungsversprechen, besonders bei solchen, die nicht bürgschaftsbezogen sind, vor, dass es an der Angabe einer Haftungsgrenze fehlt. Nach Auffassung des Verfassers sollte die Angabe einer Haftungsgrenze im Leistungsversprechen auf erstes Anfordern als unabdingbar angesehen werden.76 Diese kann zwar flexibel ausgestaltet sein. Entscheidend ist aber, ob zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Zahlung festgestellt werden kann, in welchem Rahmen sich diese Aufforderung bewegen muss. Es könnte nämlich kaum akzeptiert werden, wenn der Umfang der Leistungspflicht des Versprechenden sich ausschließlich nach dem Willen des Begünstigten richten sollte.77 Ein solches Versprechen wäre unwirksam. b) Anforderungen an den materiellen Anspruch – Zulässigkeit der Bürgschaft auf erstes Anfordern Selbst wenn das Versprechen auf erstes Anfordern als solches die Bestimmtheitsanforderungen erfüllt und im Übrigen zulässig ist, so bleibt immer die Möglichkeit, dass die Erteilung eines solchen Versprechens in Bezug auf eine gewisse Art materieller Ansprüche unzulässig ist. In der Praxis wurde und wird dieses Problem – und zwar sehr ausführlich – für den Fall von Bürgschaften auf erstes
74 Koziol, Auslegungsprobleme, S. 259. Diese Bemerkung trifft beispielsweise für Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 28, zu („Notwendiger Bestandteil einer jeden auf „erstes Anfordern“ zahlbar gestellten Bankgarantie ist, dass klar und eindeutig der Betrag ausgewiesen ist, der die Höchsthaftung der Bank umschreibt“). 75 Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 230. Vgl. Hadding/Häuser/Welter, S. 688: ein Garantievertrag sei auch dann wirksam, wenn bei seinem Abschluss der Betrag noch nicht genau bestimmt war. 76 Zu beachten ist, dass eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zunächst, also im Rahmen des Erstprozesses, in gewissem Sinne globalen Charakter hat, da sie nicht auf Forderungen aus einem bestimmten Rechtsverhältnis beschränkt ist. Deshalb wäre hier eine Höchstgrenze der Haftung von besonderer Bedeutung. Vgl. auch Reinicke/Tiedtke, Bestimmtheitserfordernis, S. 2306 f. 77 Auch wenn potenziell der Missbrauchseinwand als Korrektur dienen könnte – vgl. BGH, Urteil vom 5. 7. 2005, X ZR 60/04, wo im Zusammenhang mit einer AGB-Kontrolle erörtert wurde, ob die Klausel auf erstes Anfordern unwirksam ist, weil sie keine Ausnahmeregelung für offensichtliche Fehler beinhaltet.
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Anfordern, folglich für den Fall, in dem als materieller Anspruch ein Bürgschaftsanspruch fungiert, erörtert. Bekanntlich hat der BGH die Bürgschaft auf erstes Anfordern erst im grundlegenden Urteil vom 2. 5. 1979 anerkannt.78 In dieser Entscheidung hat er sich aber mit der Frage, ob ein solches Institut überhaupt nach geltendem Recht zulässig ist, nicht ausdrücklich auseinandergesetzt. Vielmehr ging es in der Entscheidung darum, ob der fragliche Vertrag als (typische) Garantie auf erstes Anfordern oder als Bürgschaft auf erstes Anfordern auszulegen sei. Auch in früheren im Zusammenhang mit der Bürgschaft auf erstes Anfordern ergangenen Entscheidungen ist die Frage ihrer Zulässigkeit nicht behandelt worden. In der Entscheidung des LG Lübeck vom 27. 6. 1977 ist die Bürgschaft auf erstes Anfordern zwar im Ergebnis anerkannt worden, eine dogmatische Begründung ist aber ausgeblieben.79 Das OLG Hamburg hat, als es sich im Urteil vom 7. 7. 1977 mit einer Verpflichtung, die wohl als Rückbürgschaft auf erstes Anfordern einzuordnen war, befasste, diese Verpflichtung – im Einklang mit ihrer Benennung durch die Parteien – als Garantie auf erstes Anfordern eingeordnet und sich mit der Frage, inwieweit hier ein neues Rechtsinstitut vorliegt, nicht auseinandergesetzt.80 Auch das OLG Stuttgart hat das Problem im Urteil vom 8. 9. 1976 eher als ein Auslegungsproblem betrachtet.81 In diesem Urteil wurde vom Beklagten folgende „Bürgschaftserklärung“ abgegeben: „Die Firma G. & B. AG hat der Firma A.-GmbH einen Auftrag zur Ausführung von Bauarbeiten an dem Bürohochhaus erteilt. Zur Ablösung eines 10%igen Einbehalts übernehmen wir hiermit gegenüber der Firma G. & B. AG die selbstschuldnerische Bürgschaft unter Verzicht auf die Einreden gemäß §§ 768, 770 BGB bis zum Betrage von 122 456,- DM […] für alle geldlichen Verpflichtungen, welche sich für die Firma A. ergeben können. Wir werden auf erstes Anfordern unverzüglich Zahlung an die Firma G. & B. AG leisten. Die Bürgschaft erlischt mit der Rückgabe der Urkunde an uns.“
Das OLG Stuttgart hat diese Erklärung (zutreffend) als Bürgschaft und nicht als Garantie eingeordnet. Die Klausel auf erstes Anfordern hat es aber ausschließlich als Indiz für das Vorliegen einer Garantie betrachtet. Es hat festgestellt, diese Klausel werde nicht selten schematisch in andere Verträge übernommen und habe dort keine vernünftige Funktion. Im Ergebnis hat es die Klausel einfach ignoriert, nicht zuletzt deshalb, weil es offensichtlich überhaupt nicht an ein Rechtsinstitut wie die Bürgschaft auf erstes Anfordern bei der Auslegung gedacht hat.82 78 BGH,
Urteil vom 2. 5. 1979, VIII ZR 157/78. Lübeck, Urteil vom 27. 6. 1977, 11 O 73/77. 80 OLG Hamburg, Urteil vom 7. 7. 1977, 6 U 172/76; zu dieser Entscheidung siehe auch die Kap. 4, D., I. und Kap. 5., A., III. 81 OLG Stuttgart, Urteil vom 8. 9. 1976, 13 U 60/76. 82 Charakteristisch sind übrigens die harten Worte, mit denen das Gericht das Vorgehen der Klägerin kritisiert hatte: „Sollte die Klägerin […] den umstrittenen Text der „Bürgschaftserklärung“ tatsächlich unter rechtskundiger Anleitung entworfen und seit 1969 stets benutzt haben, um die Abgabe von Garantieerklärungen zu erreichen, so würde diese Pra79 LG
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In allen diesen Entscheidungen wurde die Frage, ob eine Bürgschaft auf erstes Anfordern überhaupt – insbesondere mit Rücksicht auf die Vereinbarkeit mit dem Akzessorietätsgrundsatz – zulässig ist, nicht behandelt.83 Allerdings hat nur ein paar Monate nach dem Urteil des OLG Stuttgart das OLG Düsseldorf in einem Fall festgestellt, dass eine Bürgschaft mit der Klausel auf erstes Anfordern keine Bürgschaft ist, weil sich eine solche Klausel mit dem Wesen der Bürgschaft als einem akzessorischen Sicherungsmittel nicht vertrage.84 Das Gericht hat dabei jedoch angenommen, dass der Rückforderungsprozess nach dem Willen der Parteien im Valutaverhältnis stattfinden soll, so dass es eigentlich von dem Fall ausgegangen ist, der im Rahmen der vorliegenden Arbeit typische Garantie auf erstes Anfordern genannt wird. Übrigens hat es – zutreffend – festgestellt, dass ein solches Rechtsinstitut eigentlich nicht als Garantievertrag klassifiziert werden kann, und – unzutreffend – angenommen, dass hier eher eine Anweisung vorliegt. In späteren Entscheidungen hingegen wurde die Frage der Zulässigkeit der Bürgschaft auf erstes Anfordern meistens nur in der Weise beantwortet, dass auf die Entscheidung des BGH vom 2. 5. 1979 mit der Bemerkung verwiesen wurde, nach der Rechtsprechung des BGH sei die Klausel auf erstes Anfordern mit dem Wesen der Bürgschaftsverpflichtung vereinbar85 oder die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei richterrechtlich86 oder höchstrichterlich anerkannt.87 Ausführlicher hat sich mit
xis nach Auffassung des Senats bedeuten, daß sie seit sieben Jahren die Irreführung ihrer jewiligen Geschäftspartner, wenn nicht bezweckt, so doch in Kauf genommen hat. Es ist dem Senat sonst schlechterdings unverständlich, wie eine juristisch beratene Firma eine Überschrift wählen und im Text wiederholt Worte verwenden kann, deren Verwendung nur im Fall einer Bürgschaft sinnvoll ist und die deshalb ihren wahren Geschäftswillen verschleiern müssen.“ 83 In BGH, Urteil vom 3. 3. 1976, VIII ZR 209/74, wurde diese Frage zwar behandelt, nicht jedoch abschließend beantwortet; denn der BGH hat die „Bürgschaft auf erstes Anfordern“ als wirksam erachtet, jedoch ist dem Sachverhalt nicht zu entnehmen, wie genau die gegenständliche Bürgschaft ausgestaltet war und ob insbesondere ein Rückforderungsprozess vorgesehen war. 84 OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. 12. 1976, 5 U 167/76. 85 BGH, Urteil vom 24. 11. 1983, IX ZR 2/83, BGH, Beschluss vom 23. 2. 1984, III ZR 220/82, BGH, Urteil vom 31. 1. 1985, IX ZR 66/84, OLG Hamm, Urteil vom 24. 6. 1986, 21 U 150/85, BGH, Urteil vom 11. 12. 1986, IX ZR 165/85, BGH, Urteil vom 26. 2. 1987, IX ZR 136/86, BGH, Urteil vom 21. 4. 1988, IX ZR 113/87; ähnlich auch OLG Hamburg, Urteil vom 10. 10. 1985, 6 U 90/85. 86 BGH, Urteil vom 12. 3. 1992, IX ZR 141/91. 87 OLG München, Urteil vom 6. 5. 1987, 7 U 1661/87. Eine Ausnahme bildet hier auf den ersten Blick OLG München, Urteil vom 15. 10. 1991, 9 U 2951/91, wo das Gericht festgestellt hat, dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern „mit dem Wesen der gesetzlichen Bürgschaft als akzessorisches Sicherungsmittel nicht zu vereinbaren“ sei, damit aber nur gemeint hat, dass sie formularmäßig nicht vereinbart werden kann; individualvertraglich sei sie trotzdem zulässig (übrigens stand eigentlich in diesem Fall nur die Wirksamkeit der Sicherungsabrede, nicht der Bürgschaft selbst, zur Entscheidung).
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der Frage vor allem das OLG Schleswig im Urteil vom 6. 12. 1983 befasst.88 Die Klausel sei nach Ansicht des Gerichts zulässig und widerspreche auch nicht dem Grundsatz der Akzessorietät der Bürgschaft. Denn der Bürgschaftsanspruch des Gläubigers bleibe in Entstehung und Fortbestand vom Bestand und vom Umfang der gesicherten Hauptforderung abhängig. Der Hauptschuldner, und damit auch der Bürge, werde dadurch lediglich vorleistungspflichtig und sei darauf zu verweisen, notfalls die Zahlung vom Gläubiger wieder zurückzuverlangen. Ähnlich hat sich das OLG Hamm im Urteil vom 24. 6. 1986 geäußert, worin es die Meinung vertritt, bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern entfalle zeitweilig die Koppelung an den gesicherten Anspruch, die bei der Bürgschaft durch die Akzessorietät vermittelt werde.89 Der BGH hat im Urteil vom 21. 4. 1988 betont, die Klausel auf erstes Anfordern hebe die Abhängigkeit zwischen Hauptschuld und Bürgschaftsverpflichtung nicht auf.90 Im Urteil vom 10. 11. 1998 hat er auf den Doppelcharakter der von der Rechtsprechung zugelassenen Bürgschaft auf erstes Anfordern hingewiesen, bei der die für die Bürgschaft wesensbestimmende Abhängigkeit der Bürgschaftsforderung von der verbürgten Hauptforderung systemwidrig für das Stadium der Geltendmachung beseitigt und anschließend für ein etwaiges Herausgabeverlangen des Bürgen wiederhergestellt werde.91 Anders als in der Rechtsprechung gibt es im Schrifttum hingegen Stimmen, die die Zulässigkeit der Bürgschaft auf erstes Anfordern bestreiten, wobei hier auf drei Arten von Argumenten zurückgegriffen wird: 1. rechtliche – die Bürgschaft auf erstes Anfordern verletze das für die Bürgschaft zwingend geltende Akzessorietätsprinzip; hier ist Weth exemplarisch, der meint, die Klausel auf erstes Anfordern sei mit einer Bürgschaft nicht vereinbar; eine Bürgschaft auf erstes Anfordern dürfe es „nach geltendem Recht nicht geben“,92 2. logische – die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei eigentlich mit der (typischen) Garantie auf erstes Anfordern identisch; Vertreter dieser Auffassung ist vor allem Schnauder, der daraus folgert, für die Bürgschaft auf erstes Anfordern gebe es „im Schuldrechtsystem keinen Platz“,93 3. praktische – die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei eigentlich entbehrlich und eine Besonderheit des deutschen Rechts, auf die lieber verzichtet werden sollte; diese Auffassung scheint unter anderem Nielsen zu vertreten.94 88 OLG
Schleswig, Urteil vom 6. 12. 1983, 3 U 70/82. Hamm, Urteil vom 24. 6. 1986, 21 U 150/85. 90 BGH, Urteil vom 21. 4. 1988, IX ZR 113/87. 91 BGH, Urteil vom 10. 11. 1998, XI ZR 370/97. 92 Weth, Bürgschaft, S. 328 f. und 341. Kritisch zur Bürgschaft auf erstes Anfordern auch Henssler, S. 359. Gegen Weth vor allem Bydlinski, Moderne. 93 Schnauder, Zahlungsversprechen, S. 2077 und 2079. 94 Nielsen, Gefährdung, S. 493. Mit diesem Argument setzt sich der Verfasser nicht auseinander, denn es vermag eigentlich die Zulässigkeit der Bürgschaft auf erstes Anfordern 89 OLG
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Die Auffassung, die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei unzulässig, wird aber nur vereinzelt vertreten. Weth beruft sich zwar in seinem Aufsatz auf Mormann, dies jedoch zu Unrecht.95 Mormann hat in der Tat über die Klausel auf erstes Anfordern geschrieben, sie vertrage sich nicht mit einer Bürgschaft und sei in der Regel ein selbständiges Schuldversprechen.96 Daraus folgt aber nicht, dass er die Bürgschaft auf erstes Anfordern für unzulässig gehalten hat. Denn zum einen ergibt sich aus dem Kontext seiner Aussage und aus dem Verweis auf Schütz, dass er eine Vereinbarung vor Augen hat, die keine Rückforderung des durch den „Bürgen“ gezahlten Betrages vorsieht, so dass seine Auffassung eigentlich nicht der Bürgschaft, sondern der typischen Garantie auf erstes Anfordern gilt.97 Und es ist völlig richtig, dass eine solche Garantie keine Bürgschaft, sondern ein selbständiges Zahlungsversprechen darstellt.98 Zum anderen ist die Zulässigkeit der Bürgschaft auf erstes Anfordern von Mormann gar nicht in Frage gestellt worden, sondern nur ihre Einordnung als Bürgschaft.99 Zu bemerken ist, dass auch nach dem in der vorliegenden Arbeit vorgestellten Konzept die Bürgschaft auf erstes Anfordern aus einer gewöhnlichen Bürgschaft und dem Versprechen auf erstes Anfordern, das keine Bürgschaft, sondern ein selbständiges Zahlungs- bzw. Leistungsversprechen ist, besteht. Im Übrigen beruft sich Weth vor allem auf Stimmen, die die praktische Brauchbarkeit der Bürgschaft auf erstes Anfordern in Frage stellen,100 bzw. auf Hadding, der Zweifel äußert, ob bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern noch von Akzessorietät gesprochen werden kann.101 Das erste Argument ist jedoch dogmatisch nicht fruchtbar, und aus dem zweiten zieht selbst Hadding nicht den Schluss, die Bürggar nicht in Frage zu stellen. 95 Weth, Bürgschaft, S. 323. Wie Weth auch Kupisch, Bona fides, S. 1626, und Oettmeier, S. 15, Fn. 18. 96 RGRK/Mormann, § 768, Rn. 6. 97 Zum Aufsatz von Schütz siehe Kap. 3 in principio. In demselben Sinne wie Mormann könnte auch von Caemmerer, Bankgarantien, S. 300, unter Bürgschaft auf erstes Anfordern eigentlich die typische Garantie auf erstes Anfordern gemeint haben, der allerdings feststellt, dass das für die Bürgschaft geltende Akzessorietätsprinzip durch Vereinbarung ausgeschaltet werden kann. Wie Mormann wohl auch Boetius, S. 43 ff. 98 Nach der hier vertretenen Auffassung stellt sie auch keinen Garantievertrag dar, siehe Kap. 3, F. 99 Dies erkennt auch Weth an – Weth, Bürgschaft, S. 328. Damit ist aber der These, die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei unwirksam, der Boden entzogen, wie Kopp, Die Bürgschaft, S. 221 f., zutreffend bemerkt. Dies wird auch durch die Entscheidung BGH, Urteil vom 3. 3. 1976, VIII ZR 209/74, insofern bestätigt, als dort für den Fall, das Mormann Recht hätte, eine Bürgschaft auf erstes Anfordern – auch wenn nicht ausdrücklich – gerade als wirksam angesehen wurde. 100 Weth, Bürgschaft, S. 324, unter Berufung auf Nielsen und von Westphalen – siehe dazu Kap. 5, Fn. 94. 101 Weth, Bürgschaft, S. 323 f., unter Berufung auf Hadding/Häuser/Welter, S. 674 f., 705 und 710.
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schaft auf erstes Anfordern sei unzulässig. Letztlich beruft sich Weth darauf, dass nach Pecher eine Bürgschaft nicht vorliegt, wenn die Klausel auf erstes Anfordern eine Beweislastumkehr verursache; dies sei aber nach Weth gerade der Fall.102 Der BGH hat allerdings entschieden, dass bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern keine Beweislastumkehr stattfindet, womit sich das Argument von Weth als unschlüssig erweist. Die Mehrheit der Stimmen in der Literatur lässt die Bürgschaft auf erstes Anfordern zu, gibt dafür aber verschiedene Begründungen. Nach einer Auffassung ist sie als Bürgschaft zusammen mit einem zusätzlichen Zahlungsversprechen (gegebenenfalls „Garantievertrag“ genannt) zu verstehen.103 Nach einer anderen Auffassung ist die Bürgschaft auf erstes Anfordern als solche als Garantievertrag zu betrachten.104 Ein dritte Auffassung sieht sie als einheitlichen Vertrag, den man noch unter den Begriff Bürgschaft einordnen kann, auch wenn von der gesetzlich vorgesehenen Haftung des Bürgen stark abgewichen wird,105 bzw. der weder Bürgschaft noch Garantie ist.106 102 Weth,
Bürgschaft, S. 323, unter Berufung auf Pecher im Münchener Kommentar zum BGB, 2. Auflage, Kommentar zum § 765, Rn. 43. 103 Vor allem Schlenzig, S. 40 ff. (die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei eine gewöhnliche Bürgschaft zusammen mit einem abstrakten Schuldversprechen), die sich unter anderem auf BGH, Urteil vom 3. 3. 1976, VIII ZR 209/74, und auf RGRK/Mormann, § 768, Rn. 6, beruft. In diesem Sinne wohl auch Horn, Bürgschaften und Garantien zur Zahlung, S. 2154. Im Allgemeinen in diesem Sinne in Fällen des Verzichts eines Bürgen auf Einwendungen schon Reusser, S. 31 f. Entschieden abgelehnt wird diese Auffassung von Gruel, S. 37 f., und von Arnold, S. 33 ff. 104 Berensmann, S. 142 (die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei einer der häufigsten Fälle eines Garantievertrages), Bydlinski, Moderne, S. 169 f. (die Parteien einer Bürgschaft auf erstes Anfordern wollten keine Bürgenhaftung nach BGB vereinbaren; dogmatisch korrekt sei sie bei der Garantie einzuordnen), Bydlinski, Die Bürgschaft auf erstes Anfordern, S. 1401 (sie sei wegen Durchbrechung der Akzessorietät Garantie, nicht Bürgschaft), Eleftheriadis, S. 43 (die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei beim Garantievertrag einzuordnen), Hadding, Zum Rückforderungsrecht, S. 261 f. (die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei eine Forderungsgarantie mit vereinbartem Rückforderungsrecht nach bürgschaftsrechtlichen Grundsätzen), Hadding/Welter, S. 1550 (die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei eine Forderungsgarantie, die in ihrer Tragweite dadurch eingeschränkt ist, dass „der Garantie umfang im Wege der Rückforderung des vom Garanten Geleisteten qualitativ auf den Umfang der Einstandspflicht ‚wie ein Bürge’ reduziert werden kann“). Dagegen ausdrücklich Arnold, S. 28. 105 Mühl, Materiellrechtliche, S. 395, Eberl, S. 114 (anders freilich für das schweizerische Recht, S. 107), Oettmeier, S. 21, Gruel, S. 37 ff., Arnold, S. 49 f., wohl auch Clemm, S. 125 f., und Michalski, Bürgschaft, S. 295 f. (auch wenn er die Bürgschaft auf erstes Anfordern zugleich als Zwischenform von Bürgschaft und abstrakter Garantie bezeichnet, S. 295). In diesem Sinne scheint Merz, Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bürgschaft (1980), S. 231, das grundlegende BGH-Urteil vom 2. 5. 1979, VIII ZR 157/78, verstanden zu haben. So wohl auch Lang, S. 2332. Unklar, aber wohl auch in diesem Sinne Kratz, S. 58 ff. Zweifelnd Hadding/Häuser/Welter, S. 705. 106 Kopp, Die Bürgschaft, S. 224 f. So schon im Jahre 1979 Hickl, S. 466.
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Kap. 6: Der Erstprozess
Der in der vorliegenden Arbeit verwendete allgemeine Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern entspricht der ersten dieser Auffassungen, wobei nach Meinung des Verfassers die Unabhängigkeit der gewöhnlichen Bürgschaft vom Zahlungsversprechen unterstrichen werden sollte107 und davon Abstand zu nehmen ist, dieses zusätzliche Zahlungsversprechen als Garantievertrag zu bezeichnen.108 Die Zulässigkeit einer so definierten Bürgschaft auf erstes Anfordern dürfte kaum zweifelhaft sein.109 Sie könnte nur dann unzulässig sein, wenn man sie als eine Form der Umgehung des Gesetzes ansieht; eine solche Umgehung ist aber nicht feststellbar, zumal noch weiter gehende Sicherheiten wie die typische Garantie auf erstes Anfordern eindeutig zulässig sind.110 Die gegen eine solche Konstruktion von Weth vorgebrachten Argumente können nicht überzeugen.111 Weth meint, dass die Bürgschaft und das zusätzliche Schuldversprechen (nach der vom Verfasser vertretenen Terminologie das Versprechen auf erstes Anfordern) dann einen einheitlichen Vertrag bildeten; dieser sei dann allein vom Schuldversprechen bestimmt, so dass der Bürgschaft in Rahmen dieses Vertrages jede Akzessorietät genommen wäre; dies sei aber abzulehnen. Diese Ausführungen sind nicht überzeugend; vor allem ist die Feststellung, der Vertrag sei dann allein vom Schuldversprechen bestimmt, nicht nachvollziehbar. Auch die gegen die Bürgschaft auf erstes Anfordern erhobenen Einwendungen Schnauders überzeugen nicht.112 Schnauder stellt fest, dass dem Bürgen auf erstes Anfordern kein Rückforderungsanspruch zusteht; deshalb sei die Bürgschaft auf erstes Anfordern mit der (typischen) Garantie auf erstes Anfordern identisch. Die Feststellung Schnauders ist aber unzutreffend, denn selbst wenn man ihm folgend annähme, dass dem Bürgen nach Bereicherungsrecht kein Rückforderungsanspruch zusteht, so kann man doch die Möglichkeit einer gegebenenfalls expliziten Vereinbarung über einen solchen Anspruch nicht ausschließen.113 Im Ergebnis ist hier Kupisch Recht zu geben, wenn er sagt: „Im Übrigen wird man einräumen müssen, dass eine Forderungssicherung von der Art, die man als Bürgschaft auf erstes Anfordern bezeichnet, ohne eine terminologische Anleihe bei der Bürgschaft fraglos als Sicherung sui generis von der Privatautonomie gedeckt ist […]. Es ist nur ein Spiel mit Worten, ob man die spezifische Verpflichtung auf Grund einer Personalsicherheit als eine von den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetz107 Vgl. die Ausführungen zur Nichtanwendung von § 139 BGB in Kap. 6, C., III. am Anfang. 108 Denn mit einem Garantievertrag hat dieses Versprechen wahrlich nichts zu tun – siehe Kap. 3, F. 109 So auch Schlenzig, S. 61. 110 Bydlinski, Moderne, S. 171, weist darauf hin, dass derjenige, der wirksam eine streng abstrakte Schuld übernehmen kann, sich auch zu jeder schwächeren Haftung muss verpflichten können. So auch Oettmeier, S. 18. 111 Weth, Bürgschaft, S. 328. 112 Schnauder, Zahlungsversprechen, S. 2077 und 2079 f. 113 So auch Kopp, Die Bürgschaft, S. 104 und vor allem S. 222.
C. Einwendungen gegen das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern selbst 223 buch[s] teilweise abweichende Bürgenschuld betrachtet oder sie, soweit sie abweicht, als eine Verpflichtung ansieht, die über das Bürgschaftsrecht hinausgeht.“114
An dieser Stelle ist ferner zu bemerken, dass die in der vorliegenden Arbeit vorausgesetzte dogmatische Konstruktion der Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht unbedingt die einzig mögliche zu sein braucht. Es ist nicht ohne Weiteres auszuschließen, dass eine einheitliche Konstruktion der Bürgschaft auf erstes Anfordern als „Garantievertrag“ (Zahlungsversprechen) oder, wenn man dies als mit Bürgschaftsrecht vereinbar betrachtet, als vom gesetzlichen Leitbild abweichende Bürgschaft möglich ist.115 Die in der vorliegdenen Arbeit dargestellte Konstruktion scheint dem Verfasser aber juristisch nützlicher zu sein und zu Ergebnissen zu führen, die den Vorstellungen der Parteien und auch der Rechtsprechung besser entsprechen; denn man darf nicht vergessen, dass eine andere (einheitliche) Konstruktion möglicherweise teilweise zu anderen Rechtsfolgen führt. Dies bedeutet aber nicht, dass andere Konstruktionen ausgeschlossen oder unzulässig sind. Die in der vorliegenden Arbeit gewählte Konstruktion hat zumindest zwei Folgen, die nicht immer berücksichtigt werden. Zum einen folgt aus ihr, dass – wie schon früher ausführlich diskutiert – eine Bürgschaft auf erstes Anfordern immer eine gewöhnliche Bürgschaft enthält, aus der der Begünstigte ohne sich auf die Klausel auf erstes Anfordern zu berufen vorgehen kann.116 Darin liegt ein entscheidender Unterschied zwischen der Bürgschaft und der typischen Garantie auf erstes Anfordern. Somit ist die oft wiederholte These, fast der einzige Unterschied zwischen den beiden Rechtsinstituten liege in dem dem Bürgen, nicht aber dem Garanten zustehenden Rückforderungsanspruch, unzutreffend.117 Das Recht des Begünstigten, aus der gewöhnlichen Bürgschaft vorzugehen, ist nicht ohne praktische Bedeutung, und zwar auch vom Standpunkt des Bürgen aus betrachtet. Denn der Bürge auf erstes Anfordern kann anders als 114 Kupisch,
Bona fides, S. 1627. die Kap. 6, Fn. 104 – 106. 116 Siehe Kap. 5, B., I. sowie Kap. 5, A., I., 3., a) und Kap. 6, A. Anderer Auffassung teilweise Schlenzig, S. 44 ff., die zwar die Auffassung, die Bürgschaft auf erstes Anfordern enthalte immer eine gewöhnliche Bürgschaft, teilt, zugleich aber annimmt, dass der Bürgschaftsanspruch bis zur wirksamen Inanspruchnahme aus dem „formellen“ Anspruch gestundet wird, so dass der Gläubiger aus der gewöhnlichen Bürgschaft nicht vorgehen kann. 117 So aber Weth, Bürgschaft, S. 318, Panagiotopoulos, S. 100, und Arnold, S. 27 und 31, nach denen die Wirkungen der Bürgschaft und der Garantie auf erstes Anfordern bis zur Zahlung identisch seien. Ähnlich Eleftheriadis, S. 37 (bedeutendster Unterschied), Nielsen, Gefährdung, S. 493 (einziger Unterschied), Graf von Westphalen, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 4. 7. 2002, S. 23 f., Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1148a (einziger praktischer Unterschied), Canaris, Die Bedeutung, S. 498 (einiziger wesentlicher Unterschied), Oettmeier, S. 25 (bis zur Zahlung zunächst in gleicher Weise verpflichtend) und 29 (Hauptunterschied). A.A. wohl Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 86. Übrigens folgert Arnold, S. 31, aus der angeblichen Identität, dass „sämtliche Rechtsfragen, die keinen Zusammenhang zur Aktivlegitimation bei Rückforderungsansprüchen aufweisen, für beide Institute gleich beantwortet werden“ müssen; dem ist nicht zuzustimmen. 115 Vgl.
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Kap. 6: Der Erstprozess
der typische Garant auf erstes Anfordern nicht darauf vertrauen, dass er sich um die materielle Rechtslage nicht wird kümmern müssen; er kann nämlich nicht verhindern, dass ihn der Begünstigte aus der gewöhnlichen Bürgschaft in Anspruch nimmt und ihn dadurch zwingt, das Bestehen und die Fälligkeit der Hauptschuld zu untersuchen. Zum anderen ergibt sich aus der vom Verfasser angenommenen dogmatischen Konstruktion der Bürgschaft auf erstes Anfordern, dass sie, wenn nichts anderes vereinbart ist, allen dispositiven Vorschriften des Bürgschaftsrechts des BGB unterliegt. Erklärt jemand, er verbürge sich für bestimmte Forderungen und verspreche, auf erstes Anfordern aus der Bürgschaft zu zahlen, so ist der materielle Anspruch ein Bürgschaftsanspruch, auf den die §§ 765 ff. BGB uneingeschränkt anzuwenden sind.118 Deshalb steht dem Bürgen gegenüber dem materiellen Anspruch aus dieser Bürgschaft beispielsweise die Einrede der Vorausklage zu. Denn es besteht kein Widerspruch zwischen der Einrede der Vorausklage und der Klausel auf erstes Anfordern.119 Verlangt sodann der Gläubiger Zahlung auf erstes Anfordern aus der Bürgschaft, so kann der Bürge sich mit dem Missbrauchseinwand wehren, wenn es offensichtlich oder liquide beweisbar ist, dass der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner nicht ohne Erfolg versucht hat (§ 771 BGB). Dasselbe gilt auch für die Einreden aus § 770 BGB.120 2. Schutz des Versprechenden und AGB-Recht Die Frage, ob der Versprechende, vor allem der Bürge auf erstes Anfordern, in besonderer Weise vor den Rechtsfolgen der Erteilung des Versprechens auf erstes Anfordern zu schützen ist, wurde lange Zeit in der Rechtsprechung nicht behandelt. 118 A.A. ausdrücklich Kopp, Die Bürgschaft, S. 19, der eine Einheitskonstruktion befürwortet und in der Bürgschaft auf erstes Anfordern einen Vertrag sui generis erblickt, der mit der Bürgschaft nichts zu tun hat (Kopp, Die Bürgschaft, S. 224 f.). 119 A.A. ausdrücklich Eleftheriadis, S. 26, der meint, das Subsidiaritätsprinzip sei mit der Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht vereinbar, sowie Oettmeier, S. 23, die meint, durch die Klausel auf erstes Anfordern verzichte der Bürge auf die Einreden aus §§ 770, 771 BGB, wobei der Verzicht jedenfalls in Bezug auf § 770 BGB endgültig sein soll (Oettmeier, S. 123 f.); unklar Michalski, der in Michalski, Bürgschaft, S. 290 und 298, die Bürgschaft auf erstes Anfordern als gesteigerte Form eine selbstschuldnerischen Bürgschaft ansieht, in Michalski, Ausdrückliche, S. 225, dagegen eine Berufung auf die Einrede der Vorausklage im Rückforderungsprozess im Falle eines Nichtkaufmanns nicht auszuschließen scheint. Unklar auch Schlenzig, S. 96 f., die meint, die Einrede der Vorausklage sei „regelmäßig (ausdrücklich oder konkludent) ausgeschlossen“, die Einrede aus § 770 BGB könne dagegen überhaupt nicht erhoben werden – auf S. 102 f. dann aber die (zutreffende) Auffassung zu vertreten scheint, diese Einrede könne, falls nicht ausgeschlossen, zur Annahme eines Missbrauchs führen. In der Praxis werden Bürgschaften auf erstes Anfordern fast ausnahmslos ausdrücklich als selbstschuldnerische Bürgschaften erteilt. 120 Für den Rückforderungsprozess so ausdrücklich Michalski, Ausdrückliche, S. 225. Allerdings ist zu beachten, dass eine Rückforderung auf Grund des § 770 BGB zweifelhaft ist (siehe Oettmeier, S. 123 f.).
C. Einwendungen gegen das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern selbst
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Der BGH hat zwar schon im Jahre 1983 die Auffassung vertreten, der Verpflichtete aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern bedürfe deshalb keines besonderen Schutzes, weil als Geber einer derartigen Haftungserklärung soweit ersichtlich nur Banken oder Versicherungen auftreten.121 Was aber geschieht, wenn der Verpflichtete keine Bank oder Versicherung ist, wurde nicht erörtert. Zwei Jahre später hat das OLG Hamburg die Einwendung der Unwirksamkeit einer nicht von einer Bank oder Versicherung erteilten Bürgschaft auf erstes Anfordern zurückgewiesen und festgestellt, dass die Klausel auf erstes Anfordern nicht auf den Bankverkehr oder den internationalen Handelsverkehr beschränkt ist.122 Sie sei vielmehr auch im Bereich des Baugewerbes üblich. Das Gericht hat die Bürgschaft auf erstes Anfordern im Ergebnis nicht beanstandet, weil der Bürge Gesellschafter und Geschäftsführer der Auftragnehmerin war und sich im Baugewerbe auskannte. Ob die Lage anders aussehen würde, wenn die Bürgschaft im Rahmen von AGB übernommen wäre, hat der BGH zwar schon im Urteil vom 2. 5. 1979 erörtert, aber keine Aussage hierüber gemacht, weil die zur Entscheidung stehende Bürgschaft auf erstes Anfordern individuell ausgehandelt wurde.123 Erst im kontroversen Urteil vom 5. 7. 1990 hat sich der BGH mit der Frage befasst, wer eine Bürgschaft auf erstes Anfordern wirksam übernehmen kann.124 Im zur Entscheidung stehenden Fall ging es um eine im Jahre 1977 von einem GmbH- Gesellschafter übernommene Bürgschaft auf erstes Anfordern für alle Ansprüche der Bank gegen die GmbH aus ihrer Geschäftsverbindung. In dem Urteil hat der BGH ausgeführt, dass er bisher die Verpflichtung, aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern zu zahlen, immer nur dann anerkannt habe, wenn sich ein Kreditinstitut – eine Bank, eine Sparkasse oder eine Versicherung – in dieser Art verbürgt hatte. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei ein äußerst risikoreiches Rechtsgeschäft. Personen, auch Kaufleute im Sinne des Gesetzes, die keine Bankgeschäfte betreiben, seien in aller Regel nicht in der Lage, diese besonderen Risiken zu erkennen und abzuschätzen. Davon gehe auch das Gesetz aus. Das Garantiegeschäft, also die Übernahme von Garantien und die Übernahme von diesen vergleichbaren Bürgschaften auf erstes Anfordern, gehöre zu den Bankgeschäften, die grundsätzlich nur von den der öffentlich-rechtlichen Aufsicht unterliegenden Kreditinstituten betrieben werden dürfen. Das Eingehen der Verpflichtung, auf erste Anforderung die Bürgschaftssumme zu zahlen, solle deshalb den Kreditinstituten vorbehalten bleiben. Die formularmäßige Klausel auf erstes Anfordern im Bürgschaftsvertrag vom 29. 3. 1977 halte auch einer Inhaltskontrolle wegen unzumutbarer Belastung des Bürgen gemäß § 242 BGB nicht stand. Die von der Bank vorformulierte Klausel verfolge einseitig die Interessen der Bank. Sie weiche von der gesetzlichen Regelung ab und ermögliche die Durchsetzung des Bürgschaftsanspruches ohne weitere Prüfung seiner Voraussetzungen. Eine solche Regelung benachteilige den Bürgen 121 BGH,
Urteil vom 24. 11. 1983, IX ZR 2/83. Hamburg, Urteil vom 10. 10. 1985, 6 U 90/85. 123 BGH, Urteil vom 2. 5. 1979, VIII ZR 157/78. 124 BGH, Urteil vom 5. 7. 1990, IX ZR 294/89. 122 OLG
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Kap. 6: Der Erstprozess
unangemessen. Der BGH hat dann auf die § 9 Abs. 2 Nr. 1, § 11 Nr. 15 Buchst. a) AGBG verwiesen, mit der Bemerkung, dass diese Vorschriften ratione temporis im zur Entscheidung stehenden Fall nicht unmittelbar Anwendung finden können. Im Ergebnis hat der BGH also festgestellt, dass: • die Erteilung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern im Hinblick auf das KWG den Kreditinstituten vorbehalten bleiben soll, • die vorformulierte Klausel auf erstes Anfordern gegen § 242 BGB verstößt, weil sie den Bürgen unangemessen benachteiligt. Die erste dieser beiden Feststellungen wurde im Schrifttum heftig kritisiert.125 Vor allem wurde hervorgehoben, dass das KWG nur die Zulässigkeit des gewerbsmäßigen Betreibens von Bankgeschäften (zu welchen das Garantiegeschäft gehört) beschränkt und keinen Einfluss auf die Wirksamkeit einzelner Geschäfte hat.126 Im Übrigen unterscheide es nicht zwischen einer gewöhnlichen Bürgschaft und einer Bürgschaft auf erstes Anfordern, so dass man der Argumentation des BGH folgend feststellen müsste, dass Bürgschaften im Allgemeinen ausschließlich von Kreditinstituten erteilt werden können.127 Der BGH selbst hat seine Position zunächst dadurch in Frage gestellt, dass er entschieden hat, auch eine Versicherungsgesellschaft könne wirksam eine Bürgschaft auf erstes Anfordern erteilen, obwohl Versicherungsgesellschaften nach dem KWG nicht als Kreditinstitute gelten.128 Denn, so der BGH, jedenfalls besitzen Versicherungen typischerweise die Erfahrung in Garantiegeschäften, die erforderlich ist, um die Bedeutung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern voll zu erfassen. Nur zwei Wochen später hat der BGH dann seine Position generell geändert und den Weg über das KWG aufgegeben.129 Im grundlegenden Urteil vom 12. 3. 1992 hat der IX. Zivilsenat die Meinung vertreten, bisher gar nicht entschieden zu ha125 Scholz/Lwowski S. 311: „auf heftige Kritik gestoßen“, Heinsius, Bürgschaft, S. 177: „nahezu einhellig abgelehnt“, Schütze/Edelmann, S. 13: „zu Recht in der Literatur stark kritisiert“, Lukas, S. 58: „Anlaß zu heftiger Kritik“, Klötzel, Kommentar zum BGH-Urteil vom 2. 4. 1998, S. 1440: „unglückselige Leitsatz“. A.A. Henssler, S. 395, Fn. 170, der die Entscheidung des BGH begrüßt. Trotz der Kritik wurde die Entscheidung als in casu richtig betrachtet – vgl. Bydlinski, Personaler, S. 262. 126 Bydlinski, Personaler, S. 259 und 260, Heinsius, Bürgschaft, S. 184 f., Scholz/Lwowski, S. 311, Oettmeier, S. 38 f. 127 Bydlinski, Personaler, S. 258 f., Heinsius, Bürgschaft, S. 184 f., Oettmeier, S. 37. In diesem Sinne auch Scholz/Lwowski, S. 311 f. 128 BGH, Urteil vom 27. 2. 1992, IX ZR 57/91. Vgl. Heinsius, Bürgschaft, S. 184 f., Oettmeier, S. 36 f. 129 Trotzdem ist noch in OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. 12. 1996, 8 U 98/96, zu lesen, dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern zu den Bankgeschäften gehöre und Kreditinstituten und Versicherungen vorbehalten sei, weil nur diese die besonderen Risiken abschätzen können, und im Fall von LG München I, Urteil vom 15. 9. 2008, 14 HKO 13891/08, stellt das Gericht fest, dass Privatleute keine Bürgschaft auf erstes Anfordern erteilen können.
C. Einwendungen gegen das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern selbst
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ben, ob jemand, der nicht im Kreditgewerbe tätig ist, im Wege einer Individualvereinbarung eine Verpflichtung auf erstes Anfordern übernehmen könne.130 Der der Entscheidung vom 5. 7. 1990 zugrundeliegende Sachverhalt sei dadurch gekennzeichnet gewesen, dass ein Nichtkaufmann – vor Inkrafttreten des AGBG – eine von einer Bank vorformulierte und AGB-mäßig verwendete Bürgschaft auf erstes Anfordern übernommen habe. Auf einen Individualvertrag sei die Entscheidung nicht ohne Weiteres übertragbar. Die Abkehr von dem im Urteil vom 5. 7. 1990 erklärten Grundsatz wurde vom BGH in zwei weiteren Urteilen aus den Jahren 1997 und 1998 bestätigt.131 Im ersten dieser Urteile wurde ausdrücklich klargestellt, dass die Übernahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern durch eine Nichtbank nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 KWG unwirksam ist. Die Bestimmung des KWG solle nicht verhindern, dass jemand ein Garantiegeschäft im Einzelfall vornimmt; sie solle nur gewährleisten, dass derjenige, der Bankgeschäfte gewerbsmäßig betreibt, der staatlichen Kontrolle unterliege. Weiter hat der BGH festgestellt, dass von Gesetzes wegen grundsätzlich jedermann im Rahmen seiner Vertragsfreiheit eine Bürgschaft auf erstes Anfordern im Einzelfall erteilen kann. Im zweiten Urteil wurde dies wiederholt. Auf die Entscheidung vom 5. 7. 1990 Bezug nehmend stellte der BGH dort fest, dass dieser Entscheidung ein Fall zugrundegelegen hat, in dem ein Nichtkaufmann Zahlung auf erstes Anfordern formularmäßig versprochen hat. Die im Leitsatz jenes Urteils enthaltene Aussage, wonach Bürgschaften auf erstes Anfordern den Kreditinstituten vorbehalten seien, gehe zu weit. Sie sei auf Verträge, deren Bestimmungen dem AGB-Gesetz nicht unterliegen, nicht anzuwenden. Dort sei der Schutz von Personen, die mit dem Inhalt und den Rechtsfolgen einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht hinreichend vertraut sind, in anderer Weise, vor allem durch eine interessengerechte Auslegung, zu verwirklichen.132 Seit den Urteilen vom 12. 3. 1992, vom 23. 1. 1997 und vom 2. 4. 1998 wird der Schutz des Bürgen nicht mehr durch die Anordnung der Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen das KWG gewährleistet.133 Vielmehr wird der Bürge im Falle formularmäßiger Verpflichtungen durch das AGB-Recht, in sonstigen Fällen durch entsprechende Auslegung der Bürgschaft geschützt.134 130 BGH,
Urteil vom 12. 3. 1992, IX ZR 141/91. Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95, und BGH, Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97. Für eine diesen Entscheidungen vorausgehende Analyse siehe Oettmeier, S. 39 ff. 132 Siehe dazu Kap. 6, C., II. 133 Ausdrücklich OLG Stuttgart, Urteil vom 1. 12. 2010, 9 U 89/10, für die typische Garantie auf erstes Anfordern (das Urteil vom 5. 7. 1990 sei überholt). Siehe aber OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. 7. 2002, 24 U 163/01, wo das Gericht meinte, die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei wirksam, denn „die Bürgin als Betreiberin eines Handelsgewerbes ist fähig, eine Bürgschaftsverpflichtung auf erstes Anfordern einzugehen“. 134 So ausdrücklich BGH, Urteil vom 10. 9. 2002, XI ZR 305/01, und Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, S. 102. Im Ergebnis auch Fischer, Schutz, S. 530. Zum Schutz im Wege der Auslegung der Bürgschaft siehe Kap. 6, C., II. 131 BGH,
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Kap. 6: Der Erstprozess
Betreffend die Vereinbarkeit der Bürgschaft auf erstes Anfordern mit AGBRecht hat sich der BGH lange nicht geäußert. Noch im Jahre 1997 hat er die Frage ausdrücklich offen gelassen135, und im Urteil vom 8. 3. 2001 hat er zwar festgestellt, dass die „das Akzessorietätsprinzip lockernde Rechtsform der Bürgschaft auf erstes Anfordern formularmäßig lediglich in sehr eingeschränktem Umfang, im wesentlichen allein von Unternehmen, zu deren Geschäftsbetrieb solche Erklärungen typischerweise gehören“ vereinbart werden kann, dafür aber keine gründliche Begründung geliefert.136 Ausdrücklich zum Problem hat sich der BGH erst mit Urteil vom 10. 9. 2002 geäußert, das zwar eine atypische Garantie auf erstes Anfordern betrifft, auf die Bürgschaft auf erstes Anfordern aber ohne Weiteres übertragbar ist.137 In dem diesem Urteil zugrundeliegenden Fall hatte eine GmbH für die Güte abgetretener Forderungen garantiert. Zusätzlich hatte der Geschäftsführer im eigenen Namen eine formularmäßige Garantieerklärung unterzeichnet, in der er die Bestandsgarantie in gleichem Umfang übernahm und versprach, jeden unter dieser Garantie verlangten Betrag auf erstes Anfordern an den Zessionar zu zahlen. Als der Zessionar gegen den Geschäftsführer aus der Garantie klagte, hat sich dieser auf die Unwirksamkeit der Klausel auf erstes Anfordern gemäß AGB-Recht berufen. Der BGH hat entschieden, dass die Klausel auf erstes Anfordern überraschend im Sinne des § 3 AGBG ist. Bürgschaften und Garantien auf erstes Anfordern würden in erster Linie im bankgeschäftlichen Verkehr und im internationalen Handelsverkehr verwendet. Mit den ungewöhnlichen, einschneidenden Rechtsfolgen seiner Erklärung habe der Geschäftsführer bei ihrer Abgabe nicht rechnen müssen. Insbesondere die Gefahr, vom Begünstigten im Erstprozess missbräuchlich138 erfolgreich auf Zahlung in Anspruch genommen werden zu können, obwohl die gesicherte Forderung nicht bestehe oder einredebehaftet ist, sei Personen, die weder über Erfahrungen im Bankgeschäft verfügen, noch auf Grund ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit mit den Rechtsinstituten der Bürgschaft oder Garantie auf erstes Anfordern vertraut sind, in aller Regel nicht bewusst. Bei formularmäßigen Bürgschaften und Garantien auf erstes Anfordern, bei deren grundsätzlich gebotener objektiver Auslegung maßgeblich auf den objektiven Erklärungswert abzustellen ist, komme der Klausel auf erstes Anfordern für diesen Personenkreis regelmäßig ein Überraschungseffekt zu. Dies gelte insbesondere, wenn für die Übernahme gerade einer Garantie auf erstes Anfordern in dem betreffenden Geschäftsbereich kein Anlass besteht und sie deshalb nicht üblich ist. Der Geschäftsführer sei kein 135 BGH,
Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95. Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00. 137 BGH, Urteil vom 10. 9. 2002, XI ZR 305/01; zu dieser Entscheidung siehe auch Kap. 3, B. 138 Nur am Rande ist zu bemerken, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine missbräuchliche Inanspruchnahme auch im Erstprozess keinen Erfolg haben darf (Kap. 6, H.). Deshalb sollte hier statt von einer „missbräuchlichen“ von einer „materiell unberechtigten“ Inanspruchnahme die Rede sein. 136 BGH,
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Kaufmann und ihm sei auf Grund seiner Tätigkeit die Bedeutung einer Garantie auf erstes Anfordern bei Unterzeichnung nicht bekannt gewesen. Der BGH ist aber noch weiter gegangen. Er hat nämlich festgestellt, dass die Klausel auf erstes Anfordern auch einer Inhaltskontrolle gemäß § 9 Abs. 1 AGBG nicht standhält. Er weist insbesondere auf das bereits diskutierte Urteil vom 5. 7. 1990 sowie darauf hin, dass nach diesem Urteil eine vor dem In-Kraft-Treten des AGB-Gesetzes begründete formularmäßige Bürgschaft auf erstes Anfordern eines GmbH-Geschäftsführers unwirksam ist. Daran sei auch für den zeitlichen Geltungsbereich des AGB-Gesetzes festzuhalten. Bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern handele es sich um ein für den Sicherungsgeber ganz besonders risikoreiches Rechtsgeschäft, weil der Bürge nicht nur das Missbrauchsrisiko, sondern auch das Risiko der Insolvenz des Gläubigers bei der Durchsetzung seiner Rückforderungsansprüche zu tragen hat. Das Streben des Gläubigers, sich mit Hilfe der nur durch den Missbrauchseinwand begrenzten Vorleistungspflicht des Bürgen liquide Mittel zu verschaffen, sei daher nicht als berechtigt anzusehen. Dies gelte gleichermaßen für das formularmäßige selbständige Garantieversprechen auf erstes Anfordern (womit die atypische Garantie auf erstes Anfordern gemeint ist). Die Feststellung der Unwirksamkeit einer Klausel auf erstes Anfordern zugleich nach § 3 und § 9 AGBG ist kein Einzelfall. So hat das OLG Oldenburg die Klausel auf erstes Anfordern als überraschend – weil auf dem Formular nicht besonders hervorgehoben – und deshalb gemäß § 3 AGBG als unwirksam bezeichnet und zugleich festgestellt, dass sie außer dem vollkaufmännischen Verkehr unangemessen benachteiligend und deshalb gemäß § 9 AGBG unwirksam ist.139 Auch das OLG Köln hat sich mit dem Problem befasst und ausgeführt, dass die Übernahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern in AGB nur durch Gesellschaften oder geschäftlich erfahrene Kaufleute möglich ist.140 Im nichtkaufmännischen Verkehr verstoße die formularvertragliche Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern gegen § 3 und § 9 AGBG. Das OLG Zweibrücken hat festgestellt, dass eine formularmäßige Arbeitnehmerbürgschaft auf erstes Anfordern gegen § 305c Abs. 1 und § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstößt.141 139 OLG Oldenburg, Urteil vom 28. 5. 1998, 1 U 21/98. Das Gericht hat übrigens teilweise widersprüchlich gemeint, dass die Übernahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern bei Vollkaufleuten selbst in AGB möglich ist, zugleich aber im Einklang mit dem Urteil des BGH vom 5. 7. 1990 festgestellt, dass sie den Kreditinstituten (also eben nicht allen Kaufleuten) vorbehalten bleiben „solle“. 140 OLG Köln, Beschluss vom 2. 4. 2004, 19 W 11/04. Dass Banken und Versicherungen solche Bürgschaften formularmäßig übernehmen können, wurde auch in OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. 4. 2012, I-16 U 34/11, bestätigt. Für die Zulässigkeit von formularmäßig übernommenen Globalbürgschaften auf erstes Anfordern, wenn der Bürge über die erforderliche Erfahrung im Garantiegeschäft verfügt, hat sich KG, Urteil vom 1. 4. 2008, 14 U 211/07, ausgesprochen (allerdings war hier eine Bank Bürge). Dagegen leugnet OLG München, Urteil vom 15. 10. 1991, 9 U 2951/91, generell die Zulässigkeit formularmäßiger Bürgschaften auf erstes Anfordern. 141 OLG Zweibrücken, Urteil vom 14. 4. 2005, 4 U 132/04.
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Kap. 6: Der Erstprozess
Die Unwirksamkeit der Klausel auf erstes Anfordern gemäß § 9 AGBG, § 307 BGB in einem Abfallentsorgungsvertrag wurde vom BGH selbst im Urteil vom 5. 7. 2005 festgestellt.142 Es sei eine grundlegende gesetzliche Regel des privaten Schuldrechts, dass der Gläubiger das Entstehen, die Begründetheit und die Fälligkeit seiner Forderung darlegen und beweisen muss, bevor er Erfüllung verlangen kann. Bei unbegründeten Schuldnereinwendungen handele es sich also um ein typisches Gläubigerrisiko, das im Normalfall durch einen Anspruch auf Verzugsschaden ausgeglichen wird. An der Beurteilung ändere auch die Tatsache nichts, dass der Gläubiger wie hier insolvenzfest ist. Auch im Schrifttum herrscht die Auffassung, dass nur Kaufleute, die mit der Rechtsfigur der Bürgschaft auf erstes Anfordern vertraut sind oder sein müssen, diese formularmäßig wirksam übernehmen können.143 Es sind aber auch andere Stimmen vorhanden.144 142 BGH, Urteil vom 5. 7. 2005, X ZR 60/04. Kritisch zu der Entscheidung und vor allem zu ihrer Übertragbarkeit auf Bürgschaften auf erstes Anfordern Arnold, S. 110. 143 Fischer, Schutz, S. 530, mit der Bemerkung, das Urteil des BGH vom 5. 7. 1990 bleibe für formularmäßige Bürgschaften weiter richtig. Ähnlich Henssler, S. 359, der meint, die Klausel sei regelmäßig überraschend und außerdem stets inhaltlich unangemessen. Staudinger/Horn97, Vorbem. zu §§ 765 ff., Rn. 72, meint pauschal, eine formularmäßig übernommene Bürgschaft auf erstes Anfordern sei gemäß § 9 AGBG unwirksam, wenn der Bürge kein Kaufmann ist; strenger in der Nachauflage (Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 75): sie sei regelmäßig gemäß § 307 BGB unwirksam, eine Ausnahme sei zu machen, wenn der Bürge ein Kreditinstitut ist oder gewerbsmäßig Bürgschaften übernimmt. Viel strenger ist auch Kopp, Die Bürgschaft, S. 88 f., der die Rechtsprechung des BGH als nicht ausreichend bürgenfreundlich heftig kritisiert. 144 Vor allem Heinsius, Bürgschaft, S. 187 ff. Heinsius weist zutreffend darauf hin, dass entgegen der im Urteil vom 5. 7. 1990 geäußerten Auffassung des BGH die Bürgschaft auf erstes Anfordern keine Beweislastumkehr mit sich bringt, so dass § 11 Nr. 15 Buchst. a) AGBG unanwendbar ist (war) (vgl. dazu Kap. 7, B., III.); sie sei wohl auch mit § 9 AGBG vereinbar und zwar selbst gegenüber Nichtkaufleuten, weil die materiellrechtliche Position des Bürgen in vollem Umfang gewahrt bleibt und das Missbrauchsrisiko vernachlässigbar ist. Nur bei der Einbeziehungskontrolle solle man nach Heinsius vorsichtig sein. Ähnlich in einer sehr detaillierten Analyse auch Oettmeier, S. 57 ff., die meint, die Hürde des § 3 AGBG könne „durch einen deutlichen, drucktechnischen Hinweis mit Erläuterung und eindeutige Formularüberschrift“ überwunden werden, und eine unangemessene Benachteiligung nach § 9 AGBG sei dann nicht festzustellen. In demselben Sinne wohl auch Bydlinski, Personaler, S. 261 f., der meint, eine ausreichend hervorgehobene und unmissverständlich vorformulierte Klausel auf erstes Anfordern könne sowohl die Einbeziehungs- als auch die Inhaltskontrolle bestehen (kritisch zu seiner Argumentation betreffend die Inhaltskontrolle Oettmeier, S. 64). Sehr ausführlich auch Arnold, der auf S. 100 f. die Meinung vertritt, die Klausel halte einer Einbeziehungskontrolle bei Verbrauchern selbst dann nicht stand, wenn sie drucktechnisch hervorgehoben ist, bei Unternehmern halte sie dagegen der Kontrolle dann stand, wenn diese mit Bürgschaften auf erstes Anfordern erfahren sind oder wenn die Klausel drucktechnisch hervorgehoben ist; an der Inhaltskontrolle könne sie dagegen nur wegen der Verletzung des Transparenzgebotes scheitern, was bei Verbrauchern der Fall sei (S. 109 f., 111 und 116). In die gegenteilige Richtung geht Schlenzig, S. 78 f., die auf Grund ihrer Theorie, wonach die Bürgschaft auf erstes Anfordern eine gewöhnliche Bürgschaft
C. Einwendungen gegen das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern selbst
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Es ist nicht Zweck der vorliegenden Arbeit, diese eigentlich AGB-rechtliche Frage zu analysieren. Aus Sicht des Verfassers ist vor allem der Grundsatz wichtig, dass das Versprechen auf erstes Anfordern wegen Verstoßes gegen das AGB-Recht unwirksam sein kann und dieser Einwand im Erstprozess untersucht werden muss.145 An dieser Stelle sind noch zwei weitere Bemerkungen angebracht: Zum einen muss betont werden, dass dieser Grundsatz nur auf Versprechen auf erstes Anfordern und nicht auf typische Garantien auf erstes Anfordern anwendbar ist.146 Denn bei einer typischen Garantie auf erstes Anfordern stellt der „formelle“ Anspruch die einzige Verpflichtung der Parteien dar; er kann also einer AGB-Kontrolle nicht unterliegen.147 Die Klausel auf erstes Anfordern im Rahmen einer typischen Garantie auf erstes Anfordern kann deshalb als solche einer Inhaltskontrolle nicht unterzogen werden. Dies wird im Schrifttum leider nicht immer erkannt, was dazu führt, dass aus der Rechtsprechung des BGH zur Unwirksamkeit von Bürgschaften auf erstes Anfordern nach AGB-Recht völlig zu Unrecht auf die angeblich drohende Unwirksamkeit von im internationalen Handel verwendeten typischen Garantien auf erstes Anfordern geschlossen wird.148 und ein abstraktes Schuldversprechen enthält, meint, die formularmäßige Übernahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern sei generell nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unzulässig. 145 So ausdrücklich OLG Köln, Beschluss vom 2. 4. 2004, 19 W 11/04. 146 Daher unzutreffend Nielsen, Kurzkommentar zum BGH-Urteil vom 10. 9. 2002, S. 350, wenn er sagt, gemäß BGH, Urteil vom 10. 9. 2002, XI ZR 305/01, sei die Übernahme sowohl einer Bürgschaft auf erstes Anfordern als auch einer Garantie auf erstes Anfordern durch Nichtkaufleute nicht mehr durchsetzbar, weil sie angesichts der Anforderungen an einen Individualvertrag verbunden mit entsprechender Aufklärung an den hohen Maßstäben des BGH scheitere, und damit ersichtlich die typische Garantie auf erstes Anfordern meint. Vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 1. 12. 2010, 9 U 89/10, wo das Gericht eine typische Garantie auf erstes Anfordern am Maßstab des AGB-Rechts prüft, aber zum Ergebnis gelangt, dass sie weder überraschend noch unangemessen benachteiligend ist, und dies unter anderem damit begründet, dass die Garantie der Kreditsicherung diente, die garantierende Muttergesellschaft aber verpflichtet war, ihrer Tochter Kapital zur Verfügung zu stellen, und der Kreditgeber ein legitimes Intresse an einem liquiden Sicherungsmittel hatte, weil die Garantin im Ausland saß. Dieses letzte Argument scheint kaum überzeugend zu sein. Übrigens meint das Gericht in diesem Urteil auch, dass den Begünstigten bei formularmäßigen Garantieübernahme eine Hinweispflicht treffen kann, wenn die fehlende Vertrautheit des Garanten mit diesem Sicherungsmittel erkennbar ist. 147 Vgl. Graf von Westphalen, Unwirksamkeit, S. 1441 f., und Graf von Westphalen/ Zöchling-Jud, S. 80 ff. Dieses Argument haben Schulz/Mettke, S. 63 ff., in ihrem Aufsatz, in dem sie für die Zulässigkeit formularmäßiger Kreditsicherungsgarantien auf erstes Anfordern plädieren, nicht berücksichtigt. 148 Nielsen, Gefährdung, S. 495 f. (wo nicht erkannt wird, dass die Entscheidung des BGH vom 10. 9. 2002 gerade keine Garantie auf erstes Anfordern in dem im internationalen Handel entwickelten Sinne betraf), Graf von Westphalen, Ist das, S. 118 f., Graf von Westphalen, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 4. 7. 2002, S. 23 f. Im Übrigen sind diese Aussagen im Schrifttum häufig zugleich von einem zweiten Mangel behaftet, sie unterscheiden nämlich nicht sauber zwischen der AGB-Kontrolle der Bürgschaft und derjenigen der eine solche Bürgschaft betreffenden Sicherungsabrede; vgl. Kap. 6, Fn. 153.
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Kap. 6: Der Erstprozess
Zum anderen wird im Schrifttum schon seit langer Zweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die eigentlichen Risiken bei Bürgschaften auf erstes Anfordern in den typischen Fällen nicht den Bürgen, sondern seinen Auftraggeber treffen, der selten eine Bank sein wird.149 Dem trägt die in den Neunziger Jahren entwickelte Rechtsprechung des BGH zur Unwirksamkeit von bauvertraglichen Sicherungsabreden über Bürgschaften auf erstes Anfordern Rechnung.150 Diese Rechtsprechung betrifft allerdings – dies ist zu unterstreichen – an sich nicht das Recht der Bürgschaft auf erstes Anfordern, sondern das Recht des Bauvertrages. Ihre Folge ist die Unwirksamkeit von Sicherungsabreden und zwar nicht nur solcher, die Bürgschaften auf erstes Anfordern vorsehen, sondern auch solcher, die typische Garantien auf erstes Anfordern vorsehen.151 Die Wirksamkeit der Bürgschaft oder Garantie auf erstes Anfordern selbst bleibt aber von dieser Rechtsprechung unberührt. Nur indirekt kann die Tatsache, dass eine Bürgschaft bzw. eine Garantie auf erstes Anfordern rechtsgrundlos vom Hauptschuldner geleistet wurde, den Anspruch aus dieser Bürgschaft bzw. aus der Garantie wegen Missbrauchs potenziell nicht durchsetzbar machen.152 Überraschenderweise wird der grundsätzliche Unterschied zwischen der Unwirksamkeit der Sicherungsabrede und der Unwirksamkeit der Bürgschaft bzw. der Garantie selbst im Schrifttum nicht immer berücksichtigt.153 149 Bydlinski, Personaler, S. 259; für die typische Garantie auf erstes Anfordern zum Beispiel Panagtiotopoulos, S. 27. Unberechtigt ist in diesem Zusammenhang die Auffassung von H. Schmidt, S. 341, man könne es vernünftigerweise Kaufleuten nicht erlauben, eine Bürgschaft auf erstes Anfordern (formularmäßig) zu übernehmen, eine Verpflichtung dahin (Sicherungsabrede) aber zugleich als AGB-rechtlich unwirksam zu bewerten. 150 Vgl. nur Döhler, S. 64 ff., Arnold, S. 133 ff. Für die Zulässigkeit von Abreden über die Stellung von Kreditsicherungsgarantien auf erstes Anfordern (und somit gegen die Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BGH über Bauverträge) plädieren Schulz/Mettke, S. 59 ff. Zu bemerken ist, dass die Argumentation von OLG Stuttgart, Urteil vom 1. 12. 2010, 9 U 89/10, die sinngemäß darauf hinausläuft, dass daraus, dass eine Garantie auf erstes Anfordern AGB-rechtlich nicht zu beanstanden ist, gefolgert werden kann, dass auch die Sicherungsabrede über die Stellung dieser Garantie den Auftraggeber nicht unangemessen benachteiligt, abzulehnen ist. Zum Verhältnis zwischen der Zulässigkeit von Leistungsversprechen auf erstes Anfordern und von Sicherungsabreden über solche Versprechen vgl. auch LG München I, Urteil vom 15. 9. 2008, 14 HKO 13891/08. 151 Dass es insofern zwischen Sicherungsabreden über Bürgschaften und über (auch typische) Garantien auf erstes Anfordern keine wesentlichen Unterschiede gibt, wird zutreffend erkannt: Graf von Westphalen, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 4. 7. 2002, S. 24, Graf von Westphalen, Ist das, S. 117 ff., Nielsen, Gefährdung, S. 495. 152 Siehe in Bezug auf die Bürgschaft Kap. 6, H., I. Ob die für die Bürgschaft auf erstes Anfordern geltenden Regeln auf die typische Garantie auf erstes Anfordern Anwendung finden, ist gar nicht klar, so dass insofern keine Parallelität zwischen Bürgschaft und Garantie besteht. 153 Darauf weist zutreffend Oepen, S. 1113 hin. Vgl. vor allem Nielsen, Gefährdung, der in der Rechtsprechung des BGH über die AGB-Kontrolle von Sicherungsabreden sogar ein Risiko der Gefährdung der von deutschen Banken erteilten (typischen) Garantien auf erstes Anfordern sieht (vgl. S. 493, wo er meint, der BGH habe in BGH, Urteil vom 18. 4. 2002, VII ZR 192/01, und BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, VII ZR 502/99, Bürgschaften auf erstes Anfordern „schlicht für unwirksam“ erklärt, S. 494, wo er über die „Nichtigkeit der Bürg-
D. Der formelle Anspruchsfall ist nicht eingetreten
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D. Der formelle Anspruchsfall ist nicht eingetreten oder das Versprechen ist erloschen I. Einwendungen des Versprechenden Der Beklagte kann sich im Erstprozess mit der Einwendung wehren, der formelle Anspruch bestehe deshalb nicht, weil der im Leistungsversprechen definierte Anspruchsfall nicht eingetreten oder weil das Leistungsversprechen vor Inanspruchnahme erloschen sei. Der Streit darüber unterliegt keinen Beweisbeschränkungen außer solchen, die sich aus der gewählten Prozessart ergeben.154 Bei der Beurteilung der Einwendung des Erlöschens des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern ist zwischen dem Erlöschen des Leistungsversprechens und dem Erlöschen des materiellen Anspruchs bzw. des Rechtsverhältnisses, dem dieser Anspruch entspringen kann, zu unterscheiden. Tatsachen, die auf den materiellen Anspruch bzw. auf dieses Rechtsverhältnis Einfluss haben können, können im Erstprozess nur über die Einwendung des Missbrauchs an Erheblichkeit gewinnen. Dagegen ist das Erlöschen des Leistungsversprechens selbst immer entscheidungserheblich. Ein Beispiel einer korrekten Handhabung dieses Unterschiedes ist in einem Urteil des OLG Hamm zu finden.155 Dort hatte das Gericht, als es im Erstprozess über eine Klage aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern zu entscheiden hatte, festgestellt, dass die (gewöhnliche) Bürgschaft wegen einer Haftungserweischaft bei unwirksamer Sicherungsabrede“ spricht, oder S. 496, wo er die Folgen der Nichtigkeitserklärung einer auf Grund eines formularmäßig erstellten Exportvertrages gestellter Bankgarantie erörtert), sowie Kopp, Die Bürgschaft, S. 90 (der meint, der BGH habe in BGH, Urteil vom 22. 11. 2001, VII ZR 208/00, die Auffassung vertreten, eine nach § 307 BGB unwirksame Bürgschaft auf erstes Anfordern könne nicht als gewöhnliche Bürgschaft aufrechterhalten werden). Auch von Westphalen, Ist das, S. 119, spricht zu Unrecht von angeblich als unwirksam eingestuften Bürgschaften auf erstes Anfordern, und meint (Graf von Westphalen, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 4. 7. 2002, S. 24), der BGH habe die Garantie auf erstes Anfordern möglicherweise „nach § 9 Abs. 1 AGBG getötet“; vgl. auch Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 57, 65 f., 75 und passim. Missverständlich auch Hadding, Zum Rückforderungsrecht, S. 265, Hadding/Welter, S. 1552, Schütze/Edelmann, S. 14 f. 154 Hahn, Die Bürgschaft, S. 843, scheint den Einwand, vereinbarte Unterlagen wurden bei der Inanspruchnahme nicht vorgelegt, nur dann für beachtlich zu halten, wenn das Fehlen der Unterlagen offenkundig ist oder sie den von den Parteien festgelegten Anforderungen offensichtlich nicht entsprechen. Diese Auffassung ist entschieden abzulehnen. Die Entscheidung, die diese Auffassung stützen soll (BGH, Urteil vom 13. 7. 1989, IX ZR 223/88 – bei Hahn unrichtig als Urteil vom 16. 3. 1989 zitiert), betrifft einen anderen Sachverhalt, nämlich einen solchen, in dem die Unterlage eine Bedingung für die Fälligkeit der Hauptschuld, nicht aber der Bürgschaft selbst war. 155 OLG Hamm, Urteil vom 23. 5. 2000, 24 U 19/00. Diesen Unterschied scheint aber Arnold, S. 176 f., nicht zu berücksichtigen, wenn er meint, eine Befristung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern sei nur dann beachtlich, wenn sie sich klar aus der Urkunde ergibt (ähnlich auch Hahn, Die Bürgschaft, S. 843); denn dies trifft nur für eine Befristung der gewöhnlichen Bürgschaft, nicht aber des formellen Anspruchs zu – siehe Kap. 5, B., V.
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Kap. 6: Der Erstprozess
terung erloschen war. Damit war aber nur die Frage der materiellen Berechtigung des Klägers entschieden. Das Gericht hat diese Frage dann gegen den formellen Anspruch des Klägers über den Einwand des Missbrauchs durchgreifen lassen; nach seiner Auffassung folge das Erlöschen der gewöhnlichen Bürgschaft und damit das Fehlen der materiellen Berechtigung des Klägers aus dem unstreitigen Sachverhalt, so dass die Geltendmachung des formellen Anspruchs missbräuchlich sei.156 Unabhängig davon, ob man diese Einschätzung teilt, ist ihr betreffend die Konstruktion nichts vorzuwerfen. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass es wegen der in Kap. 5, B., I. geschilderten Schwierigkeiten bei der Auslegung gewisser Anforderungen als materielle oder als materiell-formelle unter Umständen durchaus problematisch sein kann, ob eine gewisse Bedingung direkt für den formellen Anspruch erheblich ist oder ob sie nur im Wege des Durchgriffs über den Missbrauchseinwand im Erstprozess entscheidungserheblich werden kann.157 Die möglichen Einwendungen betreffend den Eintritt des formellen Anspruchsfalles brauchen an dieser Stelle nicht erörtert zu werden. Sie sind bereits den Ausführungen in Kap. 5, B. zu entnehmen, wo über formelle Voraussetzungen, aufschiebende und auflösende Bedingungen, Fristen, usw., detailliert diskutiert worden ist. Einer kurzen Erläuterung bedarf hingegen das mögliche Erlöschen des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern aus Gründen, die nicht mit dem Wegfall des formellen Anspruchsfalles im Zusammenhang stehen. Ein solches Erlöschen kommt in der Praxis eher selten vor. Zwei Beispiele aus der Rechtsprechung mögen hier aber erörtert werden.158 156 Zu
dieser Art von Missbrauch siehe Kap. 6, H., I. Beispiel dieser Schwierigkeiten kann OLG Oldenburg, Urteil vom 15. 2. 2000, 12 U 42/99, herangezogen werden; dort lag eine Garantie auf erstes Anfordern vor, in der bestimmt war, dass Ansprüche erlöschen sollten, wenn ein Dritter mitteilt, dass gewisse gesicherte Ansprüche erledigt seien. Das Gericht hat die Garantie, die eher eine typische Garantie war, wohl als atypische Garantie ausgelegt und gemeint, der Anspruch aus der Garantie sei gemäß § 158 Abs. 2 BGB erloschen und es sei somit „liquide“ bewiesen, dass der materielle Garantiefall nicht eingetreten ist, so dass die Klage trotz Vorliegens der formellen Voraussetzungen jedenfalls deshalb als unbegründet abzuweisen ist, weil es einen Rechtsmissbrauch darstellt, auf Erfüllung der Garantie zu bestehen, obwohl kein Garantiefall vorliegt. Damit wurde die auflösende Bedingung, die eher als Element des formellen oder materiell-formellen Anspruchsfalls von den Parteien gemeint war, als Element ausschließlich des materiellen Anspruchsfalls ausgelegt (so dass sie nur mittels des Instituts des Missbrauchs erheblich geworden war). Insofern wohl zustimmend Nielsen, Anmerkung zum OLG Oldenburg Urteil vom 15. 2. 2000, S. 645. 158 Zusätzlich wird gelegentlich die Möglichkeit einer Kündigung erörtert. Für die typische Garantie auf erstes Anfordern wurde zwar eine Kündigung in OLG Karlsruhe, Urteil vom 21. 7. 1992, 18a U 39/92, als offensichtlich unzulässig betrachtet; Hadding/Häuser/ Welter, S. 713, meinen aber, eine Kündigung aus wichtigem Grund sei in besonderen Fällen möglich (so auch für den Fall einer Garantie für alle aus einer Geschäftsverbindung in der Zukunft entstehenden Ansprüche Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1155); für zeitlich unbegrenzte Garantien so auch Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 127 ff.; zur vertraglich 157 Als
D. Der formelle Anspruchsfall ist nicht eingetreten
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Zum einen kann ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern durch die Parteien aufgehoben werden.159 Ein solcher Fall lag dem Urteil des OLG Saarbrücken vom 6. 7. 2001 zugrunde.160 Das Urteil betraf zwar eine typische Garantie auf erstes Anfordern, bei einer atypischen Garantie oder einer Bürgschaft auf erstes Anfordern hätten die Sachen aber nicht anders gelegen. Das Gericht hat dort die Klage des Begünstigten im Erstprozess unter anderem mit der Begründung abgewiesen, die Garantie auf erstes Anfordern sei durch die Parteien aufgehoben worden. Es hat die dahingehende Einwendung der Beklagtenseite zutreffend als im Erstprozess zulässig betrachtet und es bei der Prüfung ihrer Begründetheit zu Recht nicht unterlassen, auch Zeugen zu vernehmen.161 Zum anderen gibt es Fälle, in denen das Erlöschen oder zumindest die Undurchsetzbarkeit nicht nur gewisser materieller Ansprüche, aber auch der sie verstärkenden formellen Ansprüche von Gesetzes wegen angeordnet wird. Solch ein Fall lag einem Urteil des LG Essen zugrunde.162 Dort hat sich die aus einer Rückgarantie auf erstes Anfordern haftende Bank darauf berufen, die Erfüllung dieser Rückgarantie sei wegen des Embargos gegen den Irak gemäß Verordnung des Rates (EWG) Nr. 3541/92 vom 7. 12. 1992 verboten.163 Das Gericht hat diesen Einwand im Erstprozess zugelassen. Allerdings hat es letztendlich offen gelassen, ob das der Rückgarantie zugrundeliegende Geschäft vom Embargo erfasst war. Es hat stattdessen darauf abgestellt, dass die Abwicklung des Geschäfts und der Garantien im Zusammenhang mit den Ereignissen im Irak in den Jahren 1990/1991 unterbrochen wurde und dass nach Januar 1991 insoweit nichts mehr geschehen war. Damit sei nach Ansicht des Gerichts die Grundlage für die gestellte Garantie entfallen. Somit hat das Gericht, statt sich auf die Vorschriften der Verordnung zu stützen, den Fall über das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gelöst. Ob dies im konkreten Fall zutreffend war, mag fraglich sein.164 Jedenfalls ist dem Gericht insoweit zuzustimmen, als es ausgeführt hat, dass auch solche allgemeine Lehren vorgesehenen Kündigung einer typischen Garantie vgl. Koziol, Auslegungsprobleme. Für die Bürgschaft auf erstes Anfordern spricht sich Lukas, S. 150, für die Kündbarkeit in Fällen aus, in denen die Bürgschaft ein Dauerschuldverhältnis besichert. 159 Diese Fallgruppe umfasst auch Fälle, in denen der Höchstbetrag der Haftung des Versprechenden durch die Parteien herabgesetzt wird. 160 OLG Saarbrücken, Urteil vom 6. 7. 2001, 1 U 55/99 -13. 161 A.A. Nielsen, Anmerkung zum OLG Saarbrücken Urteil vom 6. 7. 2001, S. 37 f., der meint, es müssen grundsätzlich Beweismittel wie die Vernehmung von Zeugen ausscheiden, bei denen eine umfangreiche Beweisaufnahme und Beweiswürdigung erforderlich ist. 162 LG Essen, Urteil vom 1. 7. 1998, 41 O 227/97. 163 Solche Einwendungen wurden schon früher in der Entscheidung House of Lords, Urteil vom 28. 6. 2001, Shanning International Ltd v Rasheed Bank, [2001] UKHL 31, als im Erstprozess durchgreifend erachtet. Darauf, dass hier zwischen einem sich gegen die Garantie selbst und einem sich gegen den Grundvertrag richtenden Verbot zu unterscheiden ist, weisen Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 223, zutreffend hin. 164 Kritisch Nassall, Anmerkung zum LG Essen Urteil vom 1. 7. 1998, S. 301.
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Kap. 6: Der Erstprozess
wie die Lehre über den Wegfall der Geschäftsgrundlage auf Leistungsversprechen auf erstes Anfordern anwendbar sind.165
II. Hinweispflicht Ein im Zusammenhang mit dem Eintritt des formellen Anspruchsfalles stehendes Problem besteht in der Frage, ob der Versprechende bei fehlerhafter Inanspruchnahme durch den Begünstigten verpflichtet ist, den Begünstigten auf die Unwirksamkeit der Inanspruchnahme aufmerksam zu machen. Soll zum Beispiel eine Erklärung eines gewissen Inhalts seitens des Begünstigten vorgelegt werden, und weicht der Inhalt der tatsächlich abgegebenen Erklärung von dem ab, was im Versprechen vorgegeben ist, so fragt es sich, ob der Versprechende den Begünstigten darauf hinzuweisen hat, dass seine Anforderung wegen dieser Abweichung unwirksam ist. Beim Dokumentenakkreditiv wird eine dahingehende Pflicht der Akkreditivbank grundsätzlich bejaht. Es wird angenommen, dass die Akkreditivbank insoweit eine Rechtspflicht trifft.166 Schon bei typischen Garantien auf erstes Anfordern ist diese Frage umstritten. Das OLG Karlsruhe hat sich in einem Urteil, dem allerdings das schweizerische und nicht das deutsche Recht zugrunde lag, mit einer typischen Garantie auf erstes Anfordern befasst, die bis zum 22. 4. 1991, 12:00 Uhr, gültig war.167 Als am 17. 4. 1991 Konkurs über das Vermögen des Schuldners der garantierten Forderung beantragt wurde, „kündigte“ der Garant gegenüber dem Begünstigten die Garantie und stellte fest: „Unsere Bürgschaftsverpflichtung beschränkt sich somit auf den momentanen Stand der verbürgten Forderungen.“
Daraufhin nahm der Begünstigte noch an demselben Tag die Garantie in Anspruch, ohne jedoch die vereinbarungsgemäß vorzulegende Erklärung über die Nichtzahlung durch den Schuldner beigefügt zu haben. Am 25. 4. 1991 lehnte der Garant die Zahlung ab, da es an dieser Erklärung fehle. Am nächsten Tag gab der Begünstigte die als fehlend bezeichnete Erklärung ab und forderte den Garanten erneut zur Zahlung auf. Das OLG Karlsruhe stellte fest, dass die Inanspruchnahme vom 17. 4. 1991 zwar unwirksam war, dass dem Garanten jedoch die vertragliche Nebenpflicht oblag, den Begünstigten unverzüglich per Telefax oder vergleichbar schnelle Kommunikationsmittel auf die Unwirksamkeit hinzuweisen. Nach Ansicht des Gerichts gilt auch für eine Garantie auf erstes Anfordern der in Art. 16(d) UCP (jetzt Art. 16(c) UCP 600) niedergelegte Rechtsgedanke, dass der Garant dem Begünstigten etwaden Garantievertrag so auch Veith, S. 793; a.A. Henssler, S. 384. folgt auch aus Art. 16(c) UCP 600. 167 OLG Karlsruhe, Urteil vom 21. 7. 1992, 18a U 39/92. 165 Für
166 Dies
D. Der formelle Anspruchsfall ist nicht eingetreten
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ige Beanstandungen unverzüglich mitzuteilen hat, um ihm Gelegenheit zu geben, Mängel noch rechtzeitig zu beheben, und dass er mit der Rüge nicht warten darf, bis die Garantie verfallen ist, um sich im Ergebnis so seiner Zahlungsverpflichtung entledigen zu können; ein solches Vorgehen würde dem Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 2 schweizerisches Zivilgesetzbuch) widersprechen. Hilfsweise führte das Gericht aus, wegen der Besonderheiten des Falles – nämlich der Tatsache, dass der Garant die Garantie gekündigt hat, obwohl er wusste, dass dies rechtlich nicht möglich war – sei auch dann, wenn diese Hinweispflicht enger gezogen wäre, das Ergebnis dasselbe gewesen. Dem Kündigungsschreiben habe der Begünstigte entnehmen können, dass der Garant bereit war, den momentanen Stand der Forderungen auszugleichen; der Begünstigte habe die Garantie fällig gestellt, was auch so habe verstanden werden können, dass er konkludent behaupte, der Forderungsstand belaufe sich auf den geforderten Betrag. Für den Garanten, der die Unklarheiten heraufbeschworen habe, habe in dieser Situation die Verpflichtung zur unverzüglichen Benachrichtigung des Begünstigten bestanden, dass die Kündigung nur als Warnung gedacht gewesen sei und an den Formalien der Inanspruchnahme festgehalten werde. Nach Auffassung des Gerichts steht dem Begünstigten wegen der Pflichtverletzung durch den Garanten ein Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens zu, der mit der Garantiesumme identisch ist. Es sei zwar auch denkbar, dem Garanten entsprechend dem Rechtsgedanken des Art. 16(e) UCP (jetzt Art. 16(f) UCP 600) die Möglichkeit abzuschneiden, sich auf die Fehlerhaftigkeit der Zahlungsaufforderung zu berufen; dies bedürfe aber letztlich keiner Entscheidung, weil beide Alternativen zu demselben Ergebnis führen. Das Urteil des OLG Karlsruhe ist eine Ausnahme geblieben. Die deutschen Gerichte haben sich eher für die gegenteilige Ansicht entschieden und haben der Hinweispflicht des Garanten auf erstes Anfordern keine große Bedeutung zugesprochen.168 Der BGH hat sich mit der Frage im Urteil vom 23. 1. 1996 beschäftigt.169 Dort hat er die Berufung eines Garanten auf erstes Anfordern auf Fristablauf zugelassen und angenommen, dieser sei nicht verpflichtet, rechtzeitig vor Fristablauf darauf hinzuweisen, dass die Inanspruchnahme unvollständig war. Zwar solle nach verbreiteter Auffassung der Garant verpflichtet sein, bei unvollständiger oder fehlerhafter Inanspruchnahme den Begünstigten unverzüglich auf die Fehlerhaftigkeit seiner Zahlungsaufforderung hinzuweisen; verstoße der Garant dagegen, solle er wegen positiver Forderungsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet sein. Dies werde aus einer Parallele zum Dokumentenakkreditiv hergeleitet. Ob diese Regel bei einer Garantie uneingeschränkt Geltung beanspruchen könne oder nur auf diejenigen Garantien beschränkt werden müsse, bei denen die wirksame Geltendmachung der Garantie von der Vorlage von Dokumenten abhängig ist, könne 168 Vgl. BGH, Urteil vom 12. 3. 1996, XI ZR 108/95, wo der Garant erst nach zwei Tagen die Fehlerhaftigkeit der Inanspruchnahme rügte, die Garantie aber schon am Vortag verfallen war; der BGH hat sich zu den möglichen Rechtsfolgen nicht geäußert. 169 BGH, Urteil vom 23. 1. 1996, XI ZR 105/95.
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Kap. 6: Der Erstprozess
dahinstehen. Eine solche Mitteilungspflicht komme jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn das, was mitgeteilt werden soll, dem Begünstigten ohnehin bekannt ist; wisse er, dass die beigefügte Erklärung unvollständig ist, müsse er darauf nicht auch noch aufmerksam gemacht werden.170 Im Schrifttum hingegen ist wohl die Auffassung vorherrschend, dass eine Hinweispflicht besteht.171 Stimmen, die diese Pflicht generell oder zumindest teilweise nicht anerkennen wollen, sind aber ebenfalls nicht selten.172 Für Bürgschaften auf erstes Anfordern und andere Leistungsversprechen auf erstes Anfordern ist die Frage der Hinweispflicht in der Rechtsprechung bisher nicht näher erörtert worden.173 Im Schrifttum wird die Hinweispflicht im Falle einer Bürgschaft auf erstes Anfordern bejaht.174 Bei einer Analyse der Hinweispflicht sind vor allem Unterschiede zwischen dem Dokumentenakkreditiv, der typischen Garantie auf erstes Anfordern und dem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern zu berücksichtigen. Schon abgesehen davon, dass die Einlösung eines Akkreditivs die Regel ist, während die Inanspruchnahme einer typischen Garantie auf erstes Anfordern eher die Ausnahme bilden sollte, besteht ein grundsätzlicher Unterschied zwischen diesen Instituten in der Art der typischerweise vereinbarten formellen Zahlungsvoraussetzungen. Bei Akkreditiven sind normalerweise Dokumente wie Konnossemente, Verladedokumente, usw., vorzulegen, wobei viele dieser Dokumente von Dritten ausgestellt werden. Dagegen sind bei typischen Garantien auf erstes Anfordern normalerweise nur vom Begünstigten selbst erstellte Erklärungen vorzulegen. Auf diesen Unterschied hat der BGH zutreffend im Urteil vom 23. 1. 1996 hingewiesen. Ist eine Erklärung des Begünstigten von ihm vorzulegen, so ist es ihm eher zuzumuten, für die Vertragsmäßigkeit dieser Erklärung selbst zu sorgen; er kann potenzielle Fehler auch sofort selbst beheben. Bei Akkreditiven und bei der Vorlage von Dokumenten, die von Dritten stammen, liegen die Dinge anders. Bei Leistungsversprechen auf erstes Anfordern ist – anders als bei Akkreditiven und typischen Garantien auf erstes Anfordern – zu unterscheiden. Ist nur der 170 Dies
war in dem zur Entscheidung stehenden Sachverhalt der Fall gewesen. Die Garantie, S. 191, Zahn/Ehrlich/Haas, S. 466. In dieser Richtung wohl auch Nielsen, Kurzkommentar zum BGH-Urteil vom 23. 1. 1996, S. 342. Eine Hinweispflicht besteht auch nach den URDG, vgl. Schütze/Edelmann, S. 95. 172 Generell gegen eine Hinweispflicht Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 255, zweifelnd Klaas, S. 1101. Eine Pflicht nur in Fällen, in denen die Inanspruchnahme von der Vorlage von Dokumenten abhängig ist, anerkennen MüKo/Habersack6, vor § 765, Rn. 30, Bülow8, S. 570. Zustimmend zu den Ausführungen des BGH in BGH, Urteil vom 23. 1. 1996, XI ZR 105/95, über die in casu fehlende Hinweispflicht Weber-Rey, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 23. 1. 1996, S. 570. 173 Vielleicht außer OLG München, Urteil vom 21. 10. 1994, 23 U 3264/94, wo das Gericht festgestellt hat, dass der Bürge nicht aus dem Setzen eines Vertrauenstatbestandes haftet, weil in der Inanspruchnahme um Bestätigung gebeten wurde, diese aber nicht erfolgt ist. 174 Nielsen, Anmerkung zum OLG München Urteil vom 21. 10. 1994, S. 123. 171 Kleiner,
E. Erlöschen des formellen Anspruchs durch Erfüllung oder Aufrechnung
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formelle Anspruch befristet, nicht aber der materielle, dann scheint es interessengerecht zu sein, dem Versprechenden keine Hinweispflicht aufzuerlegen, da der Begünstigte sein Interesse durch die Geltendmachung des materiellen Anspruchs verfolgen kann. Sind dagegen sowohl der formelle als auch der materielle Anspruch befristet, so sollte der Begünstigte ebenfalls auf den materiellen Anspruch verwiesen werden, und die Frage des Bestehens einer Hinweispflicht sollte sich nach dem auf diesen Anspruch anwendbaren Recht gelöst werden. Bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern, die materiell-formell befristet ist, sollte somit das Bürgschaftsrecht entscheiden, ob dann, wenn die Inanspruchnahme der in dieser enthaltenen gewöhnlichen Bürgschaft aus formellen Gründen unwirksam war, den Bürgen eine Hinweispflicht trifft und was passiert, wenn diese verletzt wird. Dies ist aber keine Frage des Rechts des Versprechens auf erstes Anfordern, die für alle Versprechen einheitlich beantwortet werden könnte.
E. Erlöschen des formellen Anspruchs durch Erfüllung oder Aufrechnung Der Beklagte kann sich im Erstprozess nach allgemeinen Grundsätzen mit dem Einwand verteidigen, der formelle Anspruch sei zwar infolge der Inanspruchnahme entstanden, er sei dann aber durch Erfüllung erloschen. Auch gewisse Surrogate der Erfüllung, wie die Aufrechnung, können als Einwand im Erstprozess in Betracht kommen.
I. Erfüllung Der Einwand, der formelle Anspruch sei durch Erfüllung erloschen, kann dem Versprechenden im Erstprozess unter keinen denkbaren Umständen abgeschnitten werden. Freilich ist zu berücksichtigen, dass dieser Einwand doch insoweit an Bedeutung verliert, als der Begünstigte auch nach erfolgter Zahlung typischerweise weitere Beträge anfordern kann. Denn das Anfordern eines gewissen Betrages bedeutet grundsätzlich nicht, dass keine weiteren Beträge angefordert werden können. Es wird zwar in Versprechen unter Umständen ausdrücklich erwähnt, dass der Begünstigte zu Teilanforderungen berechtigt ist. Aber auch ohne eine solche Klausel ist, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, anzunehmen, dass Teil anforderungen zulässig sind. Hat der Begünstigte also einen gewissen Betrag angefordert und wurde dieser ausgezahlt, so kann sich der Versprechende gegen eine erneute Anforderung grundsätzlich nicht mit dem Einwand wehren, der Anspruch sei bereits erfüllt worden, es sei denn, dass der vereinbarte Höchstbetrag bereits ausgeschöpft wurde. In der Praxis wird oft ausdrücklich vereinbart, dass der Höchstbetrag sich mit jeder Zahlung des Versprechenden entsprechend mindert. Eine solche Vereinbarung ist jedoch entbehrlich, da man nicht vernünftigerweise
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Kap. 6: Der Erstprozess
annehmen kann, dass erfolgte Zahlungen auf den Höchstbetrag keinen Einfluss haben sollen.175 Das Erlöschen des formellen Anspruchs durch Erfüllung hat der Versprechende zu beweisen. Er kann sich insoweit jeglicher Beweismittel bedienen; wird er im Urkundenprozess verklagt, so wird er nichturkundliche Beweise erst im Nachverfahren antreten können. Nur der Klarheit halber ist darauf hinzuweisen, dass im Gegensatz zu der hier erwähnten Erfüllung des formellen Anspruchs die Erfüllung des materiellen Anspruchs im Erstprozess grundsätzlich unerheblich ist.176 Allerdings ist schon an dieser Stelle zu betonen, dass die Einwendung, der materielle Anspruch sei erfüllt worden, in besonderem Maße fähig ist, über den Missbrauchseinwand auch gegen den formellen Anspruch durchzugreifen.177
II. Aufrechnung Die Frage der Zulässigkeit einer Aufrechnung bei typischen Garantien auf erstes Anfordern und bei Leistungsversprechen auf erstes Anfordern ist umstritten. Dabei ist zu betonen, dass es sich hier um die Aufrechnung mit dem Garantieanspruch bzw. mit dem formellen Anspruch aus dem Versprechen handelt. Die Frage der Aufrechnung mit dem Anspruch aus dem Valutaverhältnis bzw. mit dem vom Versprechen in Bezug genommen materiellen Anspruch kann sich dagegen ausschließlich über den Einwand des Missbrauchs auf das Ergebnis des Prozesses aus der Garantie bzw. des Erstprozesses auswirken.178 In der Rechtsprechung wurde das Problem zunächst für das Dokumentenakkreditiv erörtert. So hat der BGH im Urteil vom 18. 9. 1958 einen Fall behandelt, in dem der Käufer einen angeblichen Anspruch gegen den akkreditierten Verkäufer auf Befreiung vom Akkreditiv an die Akkreditivbank abgetreten hatte und die Akkreditivbank wegen dieses Anspruchs die Erfüllung des Anspruchs aus dem Akkreditiv unter Berufung auf § 821 BGB verweigert hat.179 Der BGH hat festgestellt, dass die Abstraktheit des Dokumentenakkreditivs „an sich“ keineswegs der Zulassung von Einwendungen entgegensteht, die dem Schuldner unmittelbar gegen den Inhaber zustehen; dies sei in § 784 Abs. 1 BGB, § 796 BGB und § 364 175 Vgl. aber den in Koziol, Auslegungsprobleme, besprochenen Fall revolvierender Garantien. 176 Sie ist grundsätzlich auch im Prozess aus einer Vollstreckungsgegenklage unerheblich – so OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. 12. 2001, 11 W 81/01. 177 Zu dieser Art von Missbrauch siehe Kap. 6, H., I. 178 Es sei denn, dass die Unbegründetheit des formellen Anspruchs dazu führt, dass Gegenstand des Erstprozesses der materielle Anspruch geworden ist – dazu siehe Kap. 6, A. Aufrechnung mit dem materiellen Anspruch hat auch Einfluss auf das Ergebnis eines etwaigen Rückforderungsprozesses, vgl. OLG Köln, Urteil vom 31. 3. 2000, 19 U 186/98. 179 BGH, Urteil vom 18. 9. 1958, VII ZR 170/57.
E. Erlöschen des formellen Anspruchs durch Erfüllung oder Aufrechnung
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HGB ausdrücklich geregelt.180 Dieser Grundsatz könne aber hier nicht angewandt werden, weil sich dies mit dem Sinn und Zweck des Akkreditivs nicht vereinbaren lasse: die Akkreditivbank übernehme eine Mittlerrolle zwischen dem Käufer und dem Verkäufer und müsse deshalb unparteiisch zwischen beiden stehen. Damit würde es sich nicht vertragen, wenn sie einseitig die Interessen des Käufers, und sei es auch auf Grund einer von diesem abgetretenen Forderung, gegen den Verkäufer wahrnehmen wollte; würde dies zugelassen, so wäre die Sicherheit, die durch das Akkreditiv gewährt werden sollte, in hohem Maße gefährdet. Diese Ausführungen des BGH, die die Geltendmachung einer Einrede nach § 821 BGB betreffen, sind natürlich einer analogen Anwendung auf die Aufrechnung mit einer abgetretenen Forderung fähig. Für die typische Garantie auf erstes Anfordern ist das Problem der Zulässigkeit der Aufrechnung ausführlich in drei Entscheidungen, die sich alle auf ein und denselben Fall beziehen, behandelt worden, nämlich im Urteil des LG Frankfurt am Main vom 21. 9. 1983, im Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 26. 6. 1984 sowie im Urteil des BGH vom 22. 4. 1985.181 Früher hat das OLG Hamburg in einem vom BGH später bestätigten Urteil sich zur Frage der Aufrechnung bei einer Garantie auf erstes Anfordern geäußert, dort ging es aber wohl182 um die Aufrechnung gegen den Anspruch im Valutaverhältnis (also gewissermaßen um Aufrechnung gegen den materiellen Anspruch).183 Das Gericht hat deshalb zu Recht darauf hingewiesen, dass ein solcher Einwand nur über das Rechtsinstitut des Missbrauchs wirksam erhoben werden kann. In den zitierten drei Entscheidungen ging es hingegen um die Aufrechnung gegen den Garantieanspruch. Dort hat der Käufer zur Sicherung des Kaufpreisanspruchs des Verkäufers diesem eine typische Garantie auf erstes Anfordern seiner Bank zur Verfügung gestellt. Der Verkäufer hat den Kaufpreisanspruch und die Garantie an seine Bank abgetreten, dies wurde der Bank des Käufers aber zunächst nicht mitgeteilt. Als die Garantie von der Bank des Verkäufers in Anspruch genommen wurde, hat die Bank des Käufers mit Wechselforderungen gegen den Verkäufer aufgerechnet; diese Aufrechnung wurde mit Hinblick auf § 406 BGB als möglich angesehen. Die Frage lautete aber, ob eine Aufrechnung gegen den Anspruch aus einer Garantie auf erstes Anfordern überhaupt zulässig ist. Das LG hat die Meinung vertreten, dass dies weder bei einer Garantie auf erstes Anfordern, noch bei einem Dokumentenakkreditiv möglich ist. Beide sollen 180 In Wirklichkeit ist das Dokumentenakkreditiv gar nicht „abstrakt“, sondern stellt eine reine Zuwendung dar, auf die die Begriffe „kausal“ und „abstrakt“ nicht anwendbar sind. Dies ist aber an dieser Stelle nicht erheblich. 181 LG Frankfurt am Main, Urteil vom 21. 9. 1983, 3/13 O 115/82, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26. 6. 1984, 5 U 221/83, BGH, Urteil vom 22. 4. 1985, II ZR 180/84. 182 Der Sachverhalt ist in der Entscheidung nicht vollständig wiedergegeben, so dass sich eine abschließende Beurteilung verbietet. 183 OLG Hamburg, Urteil vom 18. 12. 1981, 11 U 102/81, und BGH, Beschluss vom 14. 10. 1982, III ZR 14/82.
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Kap. 6: Der Erstprozess
dem Begünstigten Gewähr dafür bieten, dass er den Gegenwert für seine Warenlieferungen auch in jedem Fall in die Hand bekommt, um über den Kaufpreis frei zu verfügen. Könnte die auszahlende Bank stattdessen aufrechnen, so wäre der Sicherungszweck dieser Geschäftsformen vereitelt. Dieses Argument hat das LG zusätzlich durch die Erwägung gestützt, dass eine Aufrechnung dadurch vermieden werden könnte, dass eine „fremde“ Bank als Garantin eingeschaltet würde, was aber in der Praxis nicht üblich sei. Allein dies deute auf einen konkludenten Ausschluss der Aufrechnung hin. Auch historisch und funktionell sei dies anzunehmen: die Garantie erfülle die Aufgaben eines früher üblichen Bardepots, ihre Liquiditätsfunktion könne nur dadurch der des Bardepots vergleichbar gehalten werden, indem sie den Begünstigten so stellt, als ob er sich aus einem Bardepot hätte befriedigen können. Daher müssten nicht nur die Einwendungen des Garantieauftraggebers, sondern auch die Aufrechnung durch die Bank ausgeschlossen werden. Auch unter dem Gesichtspunkt der kaufmännischen Risikoverteilung sei die Aufrechnung ebenfalls abzulehnen. Denn schon die Einführung der Garantie auf erstes Anfordern anstelle des Bardepots bringe dem Begünstigten einen Risikonachteil, indem die andere Seite einen Liquiditätsvorteil bekommt. Die Zulassung der Aufrechnung hätte die Risikoverteilung noch ungleichgewichtiger gemacht. Das OLG hat diese Auffassung grundsätzlich bestätigt. Es hat betont, dass die Garantie nicht nur ein Mittel zur Ausschaltung des Insolvenzrisikos bezüglich des Schuldners des Grundgeschäfts ist, sondern in ihrer gewollten Auswirkung auch ein Instrument zur Erreichung umgehender Liquidität. Zahle der Schuldner des Grundgeschäfts nicht bei Fälligkeit, so solle das Geld jedenfalls seitens der Bank auf Grund der Garantie fließen. Hinsichtlich der Erwartungen, die die beteiligten Verkehrskreise an die Liquidität stellen, seien somit Akkreditiv und (typische) Garantie auf erstes Anfordern durchaus vergleichbar. Diese Liquiditätserwartung werde aber nur dann erfüllt, wenn die Bank grundsätzlich auch nicht mit eigenen Gegenforderungen aufrechnen könne. Im Ergebnis hat das OLG mit dem LG der typischen Garantie auf erstes Anfordern einen konkludenten Aufrechnungsausschluss entnommen. Allerdings hat das OLG im zur Entscheidung stehenden Fall eine Ausnahme von diesem Aufrechnungsausschluss gesehen, weil der Verkäufer, also der Schuldner der zur Aufrechnung gestellten Forderung, inzwischen zahlungsunfähig geworden war. Deshalb sei ein Festhalten der Bank des Verkäufers an dem Aufrechnungsausschluss unzumutbar. Es entspreche der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass ein Aufrechnungsausschluss dann nicht gelte, wenn der Schuldner der Forderung, mit der aufgerechnet werden soll, sich im Konkurs befindet. Dieser Gedanke müsse auch im vorliegenden Fall Anwendung finden, weil auf Grund der Zahlungsunfähigkeit des Verkäufers der Streit nur noch die endgültige Risikoverteilung zwischen beiden Banken, nicht aber mehr eine (vorläufige) Liquiditätsbeschaffung betreffe. Die für den aktiven Kaufmann entscheidende Liquiditätsfunktion der Garantie spiele deshalb hier keine Rolle mehr. Aus diesen Gründen hat das OLG die Klage abgewiesen.
E. Erlöschen des formellen Anspruchs durch Erfüllung oder Aufrechnung
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Der BGH hat die Abweisung der Klage bestätigt, jedoch mit einer völlig abweichenden Begründung. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen sei bei einer Garantie auf erstes Anfordern die Aufrechnung mit eigenen Ansprüchen des Garanten gegen den Begünstigten grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Zwar würde es sich mit dem Zweck der Garantie auf erstes Anfordern nicht vertragen, wenn dem Garantieanspruch Einwendungen aus dem Valuta- oder Deckungsverhältnis entgegengehalten werden könnten. Deshalb könne der Garant nicht mit Ansprüchen aus dem Valutaverhältnis aufrechnen, die ihm vom Garantieauftraggeber abgetreten worden sind. Dies sei vom BGH für das Akkreditiv entschieden worden, und für die Garantie auf erstes Anfordern könne nichts anderes gelten.184 Damit stehe jedoch nicht fest, dass der Garant auch nicht mit Forderungen aufrechnen könne, die mit den durch die Garantie auf erstes Anfordern gesicherten vertraglichen Ansprüchen in keinem Zusammenhang stehen. Die Frage sei in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher noch nicht entschieden, im Schrifttum umstritten und für das Akkreditiv vom BGH offen gelassen worden.185 Nach Auffassung des BGH könne für die zu beurteilende, den Kaufpreisanspruch sichernde Zahlungsgarantie der Ansicht nicht gefolgt werden, wonach die Garantie auf erstes Anfordern auch den Zweck habe, dem Begünstigten den Garantiebetrag effektiv zu verschaffen, ihn also so zu stellen, als ob es sich um eine Barzahlung handle. Die Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung könne nicht für alle Garantien einheitlich beantwortet werden. Es sei denkbar, dass beispielsweise bei einer Gewährleistungsgarantie auf erstes Anfordern die Aufrechnung unzulässig ist, weil sie möglicherweise den Zweck verfolge, dem Begünstigten sofort flüssige Mittel zu verschaffen, damit er die Mängel beheben lassen kann. Bei einer Garantie, die die Kaufpreiszahlung sichern soll, gebe es keinen Gesichtspunkt, der dafür sprechen könnte, dass die Garantiesumme dem Begünstigten so zur Verfügung gestellt werden müsste, dass er über sie frei verfügen kann. Eine solche Garantie habe in erster Linie eine Sicherungsfunktion. Deshalb gebe es keinen Grund für die Annahme, die Beteiligten wollten dem Begünstigten mehr Rechte verschaffen, als er bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Kaufpreisforderung hätte. Diese aber könne auch im Wege der Aufrechnung erfüllt werden. Habe der Verkäufer auf Grund des Kaufvertrages in der Regel keinen Anspruch auf effektive Zahlung, so könne er dies grundsätzlich auch nicht als Begünstigter einer Garantie erwarten. Soweit die Liquiditätsfunktion der Garantie auf erstes Anfordern für die Begründung einer Pflicht zur effektiven Zahlung herangezogen werde, sei dies nicht zwingend. Dem Begünstigten werde auch Liquidität zugeführt, wenn er durch die Aufrechnung von einer fälligen Verbindlichkeit befreit werde. Sofern demnach die Aufrechnung nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, sei sie aus ihrem Zweck he184 Insoweit bestätigt der BGH eine Analogie zu der Entscheidung BGH, Urteil vom 18. 9. 1958, VII ZR 170/57; dazu siehe oben. 185 Offen gelassen wurde sie in der Entscheidung BGH, Urteil vom 21. 3. 1973, VIII ZR 228/71.
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Kap. 6: Der Erstprozess
raus, dem Begünstigten möglichst problemlos zu seinem Anspruch zu verhelfen, auf liquide Ansprüche zu beschränken. Dazu gehörten jedenfalls Ansprüche, die – wie hier – unstreitig sind. Die zur Aufrechnung gestellten Forderungen rührten zwar im vorliegenden Fall auf dem Valutaverhältnis, die Garantie sei aber für spätere Forderungen in Anspruch genommen worden. Deshalb bestehe kein Grund, die Aufrechnung zu versagen. Im Ergebnis hat der BGH also die Auffassung vertreten, eine Aufrechnung sei grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dies könne aber von der Art der typischen Garantie auf erstes Anfordern (oder eher: des gesicherten Anspruchs) abhängig sein. Allerdings sei die Aufrechnung nur bei „liquiden“ Ansprüchen möglich, zu denen unstreitige Ansprüche gehören. Darüber hinaus sei eine Aufrechnung mit abgetretenen Ansprüchen aus dem Valutaverhältnis unzulässig. Das Schrifttum hat die Position des BGH weitgehend akzeptiert.186 Fast ausnahmslos wird dort die Auffassung vertreten, eine Aufrechnung sei nur mit liquiden Ansprüchen möglich187 und im Falle von aus dem Valutaverhältnis stammenden Ansprüchen ausgeschlossen.188 Die Auffassung, eine Aufrechnung sei entgegen der Entscheidung des BGH im Allgemeinen ausgeschlossen, wird aber weiterhin vertreten.189 Vielleicht am ausführlichsten hat sich Rümker mit der Entscheidung des BGH auseinandergesetzt. Er teilt die Auffassung über die grundsätzliche Zulässigkeit der Aufrechnung und über die Unzulässigkeit einer Aufrechnung mit nicht liquiden bzw. mit im Valutaverhältnis ihren Ursprung habenden Ansprüchen. Was aber die Abhängigkeit der Aufrechnungsbefugnis von der Art der Garantie angeht, so hat er diese Ansicht als unbefriedigend bezeichzustimmend Pleyer, Anmerkung zum BGH, S. 1000 f., Assmann, S. 143 f., Kratz, S. 191, 194 und 203, Eleftheriadis, S. 117 f., Panagiotopoulos, S. 223 f. So im Ergebnis auch Mülbert, Neueste, S. 1107 f., Henssler, S. 382 f., wohl auch Klaas, S. 1098. Unklar Kleiner, Die Garantie, S. 198. Vgl. auch die Nachweise in Rümker, S. 333, Fn. 1. 187 Dies wird selten so allgemein ausdrücklich formuliert, wird aber kaum in Frage gestellt. A.A. aber Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1135. 188 Kleiner, Die Garantie, S. 198, Fn. 54 (ergibt sich aus Treu und Glauben), Liesecke, Rechtsfragen, S. 27, Henssler, S. 382 f., Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 270, Rümker, S. 339, Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1137, Panagiotopoulos, S. 223, für die Bürgschaft auf erstes Anfordern Oettmeier, S. 105, Arnold, S. 286. 189 Lukas, S. 102 f., Arnold, S. 290 ff. Für die typische Garantie auf erstes Anfordern so bereits Liesecke, Rechtsfragen, S. 27. In dieser Richtung auch Zahn/Ehrlich/Neumann, S. 408 f., wo Bedenken gegen die Entscheidung des BGH geäußert werden (die allerdings in der Nachauflage Zahn/Ehrlich/Haas, S. 468, so nicht aufrechterhalten werden), wohl auch Hadding/Häuser/Welter, S. 697, Michalski, Bürgschaft, S. 292, sowie Clemm, S. 128 (der übrigens davon ausgeht, dass eine Aufrechnung wegen des vorläufigen Charakters der Zahlung auf erstes Anfordern überhaupt nur dann möglich sein könnte, wenn die Hauptforderung festgestellt ist; allerdings behandelt Clemm die Gewährleistungsbürgschaft, also gerade denjenigen Fall, in dem auch der BGH eine Aufrechnung prinzipiell ablehnt). Differenzierend Bülow8, S. 581 (Aufrechnung regelmäßig unzulässig, hängt aber vom Einzelfall ab). 186 Ausdrückich
E. Erlöschen des formellen Anspruchs durch Erfüllung oder Aufrechnung
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net.190 In diesem Zusammenhang hat er zutreffend darauf hingewiesen, dass das Argument des BGH, es gebe keinen Grund zu der Annahme, die Beteiligten hätten dem Begünstigten mit der Garantie mehr Rechte verschaffen wollen als dieser bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Kaufpreisforderung gehabt hätte, methodisch in Frage gestellt werden kann; denn damit, so Rümker, werden Abreden im Valutaverhältnis bei der Auslegung der Garantie herangezogen, obwohl die Garantie ja von diesem Verhältnis unabhängig ist und diese Abreden dem Garanten gar nicht bekannt werden müssen.191 Den besprochenen Entscheidungen lag eine typische Garantie auf erstes Anfordern zugrunde. Betreffend den Fall eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern lassen sich der Rechtsprechung hingegen kaum Aussagen entnehmen. Berührt wurde diese Frage im Urteil des OLG Hamburg vom 7. 7. 1977 und im Urteil des BGH vom 2. 5. 1979.192 Im Fall des OLG Hamburg wollte der Bürge mit vom Hauptschuldner an ihn abgetretenen Ansprüchen aufrechnen. Das Gericht hat daraufhin ausgeführt, dass daran, dass der Versprechende nicht berechtigt ist, dem Begünstigten irgendwelche Einwendungen aus dem Grundverhältnis entgegenzuhalten, der Umstand nichts ändern könne, dass der Hauptschuldner die Ansprüche an ihn abgetreten hat. Anderenfalls würde nämlich die von den Parteien vereinbarte Regelung umgangen. Anders wäre die Lage allenfalls, wenn die Begründetheit dieser Ansprüche klar auf der Hand läge. Dann könnte das Zahlungsbegehren des Begünstigten gegen Treu und Glauben verstoßen. Im vom BGH entschiedenen Fall wurde aus der Klausel auf erstes Anfordern in einer Bürgschaft, die der Ablösung eines Gewährleistungseinbehalts dienen sollte, gefolgert, dass ein Aufrechnungsausschluss vereinbart wurde.193 Ausdrücklich, allerdings ohne jegliche Begründung, hat sich der BGH zu dem Problem der Aufrechnung bei Leistungsversprechen auf erstes Anfordern soweit ersichtlich nur im Urteil vom 4. 7. 2002 geäußert.194 Dort hat er, als er eine Bürgschaft auf erstes Anfordern wegen der Masseunzulänglichkeit des Gläubigers nur als gewöhnliche Bürgschaft gelten ließ, das Berufungsgericht angewiesen, 190 Rümker,
S. 338. A.A. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1135. S. 334. 192 OLG Hamburg, Urteil vom 7. 7. 1977, 6 U 172/76 (das Urteil betraf eine „Garantie“, die tatsächlich wohl als Rückbürgschaft auf erstes Anfordern einzuordnen wäre – siehe dazu Kap. 4, D., I. und Kap. 5, A., III.), und BGH, Urteil vom 2. 5. 1979, VIII ZR 157/78. 193 Vgl. dazu Rümker, S. 338. Entgegen Rümker, S. 338, ist diese Entscheidung des BGH mit der Entscheidung vom 22. 4. 1985 nicht „schwerlich zu vereinbaren“. Schon abgesehen davon, dass der Fall einer Bürgschaft auf erstes Anfordern mit demjenigen einer typischen Garantie nicht vergleichbar ist, ist genau das Gegenteil richtig: im Urteil vom 22. 4. 1985 hat der BGH ja darauf hingewiesen, dass die Zulässigkeit der Aufrechnung von der Art der Garantie abhängen kann und dass sie gerade bei Gewährleistungsgarantien unzulässig sein könnte; und genau eine Gewährleistungsbürgschaft war Gegenstand des Urteils vom 2. 5. 1979. 194 BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99. 191 Rümker,
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Kap. 6: Der Erstprozess
der Frage nachzugehen, ob die Bürgschaftsforderung durch Aufrechnung mit Ansprüchen aus Vorbehaltsurteilen, die vom Hauptschuldner an den Bürgen abgetreten wurden, erloschen sind. Dabei hat er festgestellt, dass eine Aufrechnung möglich ist, weil das aus der Klausel auf erstes Anfordern hergeleitete Aufrechnungsverbot bereits entfallen ist, da die Bürgschaft auf erstes Anfordern nur als eine gewöhnliche geltend gemacht werden darf.195 Diese Aussage kann nur so interpretiert werden, dass der BGH der Klausel auf erstes Anfordern in einer Bürgschaft die Bedeutung eines Aufrechnungsverbots beimisst. Begründet worden ist diese Auffassung aber nicht. Im Schrifttum wird die Frage bezüglich der Bürgschaft auf erstes Anfordern in voller Analogie zu der typischen Garantie auf erstes Anfordern behandelt, wobei die Auffassung des BGH von einigen akzeptiert, von anderen kritisiert wird.196 Jedenfalls wird zwischen Bürgschaft und typischer Garantie auf erstes Anfordern kaum differenziert.197 Eine solche Differenzierung ist aber angebracht. Nach Auffassung des Verfassers kann nämlich die Frage der Aufrechnung in Bezug auf das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern relativ einfach beantwortet werden, während die Beantwortung derselben Frage für eine typische Garantie schwieriger zu sein scheint.198 Eine Analogie zwischen beiden Fällen muss nicht zwingend bestehen. Analysiert man die Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung gegen den formellen Anspruch bei einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern, so fällt vor allem die Tatsache auf, dass es dem Versprechenden möglich ist, seine Ansprüche gegen den Begünstigten zur Aufrechnung mit dem materiellen Anspruch zu stellen. Unzulässig wäre dies nur dann, wenn ein Aufrechnungsverbot hinichtlich des materiellen Anspruchs vereinbart wurde. Besteht also kein Aufrechnungsverbot hinsichtlich des materiellen Anspruchs, so kann der Begünstigte diesen Anspruch durch Aufrechnung zum Erlöschen bringen. Tut er dies, so hat dies zwar keinen direkten Einfluss auf den formellen Anspruch und somit auf das Ergebnis des Erstprozesses. Allerdings kann ein solcher Einfluss indirekt über die Konstruktion des Missbrauchs doch bestehen: ist das Erlöschen des materiellen Anspruchs als Folge der Aufrechnung offensichtlich oder ist es „liquide beweisbar“, so ist die 195 Der BGH hat dabei auch darauf hingewiesen, dass, soweit eine zusätzliche Klausel in der Bürgschaft, wonach der Bürge auf die Einrede der Aufrechnung verzichtet, als ein Aufrechnungsverbot ausgelegt werden sollte, dieses Verbot durch den Konkurs des Gläubigers entfallen ist. 196 Wie der BGH Eleftheriadis, S. 116 ff., und Oettmeier, S. 106 ff., wohl in dieser Richtung, aber unklar, Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, S. 107. Eine Aufrechnung generell ablehnend Dieckmann, S. 178 f., in dieser Richtung aber ebenfalls nicht ganz klar Michalski, Bürgschaft, S. 296. 197 Ausdrücklich für Parallelität Schlenzig, S. 90 f. Vgl. aber Michalski, Bürgschaft, S. 292 (Garantie) mit S. 296 (Bürgschaft). 198 Die Beantwortung dieser schwierigeren Frage ist aber im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht erforderlich.
E. Erlöschen des formellen Anspruchs durch Erfüllung oder Aufrechnung
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Geltendmachung des formellen Anspruchs missbräuchlich, so dass die Klage im Erstprozess abzuweisen ist.199 Somit kommt man zu folgendem Zwischenergebnis: ist das Bestehen der zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche und die Zulässigkeit der Aufrechnung (darunter das Fehlen eines Aufrechnungsverbots) betreffend den materiellen Anspruch offensichtlich oder „liquide beweisbar“, so führt die Aufrechnung mit diesem Anspruch zur Abweisung der Klage im Erstprozess wegen Missbrauchs. Dies entspricht auch dem Zweck des Versprechens. Dieser Zweck besteht darin, dem Begünstigten zur schnellen Durchsetzung des materiellen Anspruchs zu verhelfen, wenn dieser besteht und fällig ist.200 Ist ohne Weiteres ersichtlich, dass der materielle Anspruch durch Aufrechnung erloschen ist, so ist dieser Zweck bereits erfüllt. Die Abweisung der Klage wegen Missbrauchs vermag ihn also nicht zu vereiteln.201 Dies gilt entgegen der für die typische Garantie ganz herrschenden Meinung auch dann, wenn der materielle Anspruch ein Bürgschaftsanspruch ist und mit Ansprüchen aus dem Hauptschuldverhältnis aufgerechnet wird. Nach Auffassung des Verfassers ist die Zulässigkeit der Aufrechnung mit dem formellen Anspruch in voller Kongruenz mit der Wirksamkeit der Aufrechnung mit dem materiellen Anspruch im Erstprozess zu konstruieren. Mit anderen Worten ist anzunehmen, dass eine Aufrechnung mit dem formellen Anspruch dann und nur dann zulässig ist, wenn eine Aufrechnung mit dem materiellen Anspruch im Erstprozess hätte berücksichtigt werden müssen, also dann, wenn offensichtlich oder liquide beweisbar ist, dass die zur Aufrechnung gestellten Ansprüche bestehen und dass die Aufrechnung auch im Übrigen wirksam wäre (vor allem dass kein Aufrechnungsverbot hinsichtlich des materiellen Anspruchs besteht).202 Damit ist es im Ergebnis ohne Bedeutung für den Erstprozess, ob der Versprechende mit dem materiellen oder mit dem formellen Anspruch aufrechnet. Zu beachten ist, dass die Annahme, dass die Aufrechnung nur dann zulässig ist, wenn das Fehlen eines Aufrechnungsverbots betreffend den materiellen Anspruch offensichtlich oder liquide beweisbar ist, das vom BGH im Urteil vom 22. 4. 1985 berührte Problem des Einflusses der Art der Garantie auf die Zulässigkeit der Aufrechnung jedenfalls für Versprechen auf erstes Anfordern löst.203 Denn im Ergebnis 199 Siehe dazu Kap. 6, H., I. Man könnte zwar meinen, dass die Herbeiführung einer solchen Lage durch den Versprechenden an sich missbräuchlich ist und somit der Einwand eines Missbrauchs seitens des Begünstigten leer läuft. Dies wäre aber nicht richtig, weil – wie noch zu auszuführen sein wird – eine solche Aufrechnung mit dem Zweck des Versprechens auf erstes Anfordern nicht unvereinbar ist. 200 Siehe Kap. 4, A. 201 Hier ist wesentlich, dass in Kap. 4, A. nicht festgestellt wurde, dem Versprechen auf erstes Anfordern wohne auch ein Liquiditätszweck inne. 202 Im Ergebnis ähnlich wohl Schlenzig, S. 90 ff., die zutreffend darauf hinweist, dass deshalb die Aufrechnung mit einer abgetretenen Forderung aus dem Valutaverhältnis nicht von vornherein ausgeschlossen ist (S. 93 f.). 203 Ein Problem, dessen Lösung Rümker, S. 338, als unbefriedigend bezeichnet.
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Kap. 6: Der Erstprozess
ist die Aufrechnung zulässig, wenn offensichtlich oder liquide beweisbar ist, dass die Parteien über den materiellen Anspruch kein Aufrechnungsverbot vereinbart haben. Ob die Aufrechnung zulässig ist oder nicht, soll somit aus der materiellen Rechtslage und nicht aus den Vereinbarungen über das Versprechen selbst folgen. Damit kann in der Tat potenziell davon ausgegangen werden, dass bei Gewährleistungsbürgschaften auf erstes Anfordern, die der Ablösung eines Einbehalts dienen, die Aufrechnung unzulässig ist, weil im gewöhnlichen Bürgschaftsvertrag ein konkludentes Aufrechnungsverbot vereinbart wurde. Von der Konstruktion her scheint es richtig zu sein, das Problem der Zulässigkeit der Aufrechnung in einem solchen Fall beim gewöhnlichen Bürgschaftsvertrag und nicht bei der Klausel auf erstes Anfordern anzusiedeln.
F. Weitere allgemeine Einwendungen und Einredengegen den formellen Anspruch Der Beklagte kann sich im Erstprozess auch mit anderen allgemeinen Einwendungen und Einreden wehren. So kann er sich auf die Verjährung des formellen Anspruchs berufen oder behaupten, ihm sei Stundung gewährt worden.204 Zu betonen ist, dass die Verjährung des materiellen Anspruchs dagegen nur über den Missbrauchseinwand erheblich werden kann. Insofern ist der Leitsatz des Urteils des BGH vom 8. 7. 2008205 zumindest unklar, wonach die Fälligkeit der Forderung aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern mit der Fälligkeit der Hauptschuld eintritt und von der formgerechten Inanspruchnahme unabhängig ist, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Dieser Leitsatz trifft nur für den materiellen Anspruch zu.206 Für den formellen Anspruch kann er schon deshalb nicht zutreffen, weil im Erstprozess die Fälligkeit der Hauptschuld gar nicht festgestellt wird.207 Nur am Rande sei bemerkt, dass die Entscheidung die Auffassung bestätigt, dass bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern eine Klage aus der gewöhnlichen Bürg-
204 So für die typische Garantie auf erstes Anfordern Hein, Der Zahlungsanspruch, S. 68, Weth, Bürgschaft, S. 315, und für die Bürgschaft auf erstes Anfordern Schlenzig, S. 100. 205 BGH, Urteil vom 8. 7. 2008, XI ZR 230/07. Vgl. aber OLG Dresden, Urteil vom 3. 11. 2010, 12 U 782/10, wonach die Verjährung einer Bürgschaftsforderung erst mit der Inanspruchnahme zu laufen beginnt, wenn vereinbart ist, dass die Forderung mit der Inanspruchnahme fällig wird. 206 Wobei der Nebensatz „sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben“ vor allem der Tatsache Rechnung trägt, dass gewisse Zahlungsvoraussetzungen materiell-formellen Charakter haben können (siehe Kap. 5, B., I.). In diesem Fall wird auch der materielle Anspruch erst mit ihrer Erfüllung fällig. 207 Aus dem Urteil scheint sich in der Tat zu ergeben, dass der Gläubiger hier seine Klage auf dem materiellen Anspruch gestützt hatte. Für die typische Garantie auf erstes Anfordern kann diese Entscheidung aus demselben Grund noch weniger gelten, vgl. Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 261.
F. Weitere allgemeine Einwendungen und Einreden
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schaft möglich ist und dass sauber zwischen materiellen, formellen und materiell-formellen Voraussetzungen zu unterscheiden ist. Möglich ist auch die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts durch den Versprechenden.208 So hat das OLG Düsseldorf angenommen, dass dem im Erstprozess verklagten Bürgen auf erstes Anfordern ein Anspruch auf Rückgabe der Urkunde bei Zahlung auf erstes Anfordern gemäß § 371 BGB analog zusteht und dass dieser Anspruch als Zurückbehaltungsrecht gemäß §§ 273, 274 BGB geltend gemacht werden kann, was zur Verurteilung Zug um Zug führe.209 Eine andere Frage ist, ob der Versprechende generell, unter Hinweis auf aus dem Rechtsverhältnis, in dem der materielle Anspruch seinen Ursprung hat, sich ergebende Ansprüche gegen den Begünstigten, ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 Abs. 1 BGB geltend machen und die Leistung aus dem formellen Anspruch verweigern kann. Dies ist grundsätzlich zu verneinen. Der formelle Anspruch kann nicht als im Sinne von § 273 Abs. 1 BGB „aus demselben rechtlichen Verhältnis“ wie der materielle Anspruch hergeleitet betrachtet werden; er ist von den Parteien in der Weise verselbständigt, dass ein Rückgriff auf § 273 Abs. 1 BGB unzulässig ist. Es besteht auch kein Grund, ein Zurückbehaltungsrecht des Bürgen auf erstes Anfordern anzuerkennen, wenn der Vermögensverfall des Begünstigten bevorsteht, wenn er seinen Sitz im Ausland hat oder wenn sicher ist oder zumindest naheliegt, dass er die Bürgschaftssumme nicht wird zurückzahlen können oder wollen.210 In solchen Fällen kann aber unter Umständen Zahlung auf erstes Anfordern wegen Missbrauchs verweigert werden.211 Ob eine Hinterlegung mit einer Verpflichtung zur Zahlung auf erstes Anfordern vereinbar ist, ist streitig.212 Ist das Recht zur Hinterlegung ausdrücklich vereinbart, so dürfte kaum zweifelhaft sein, dass es vom Versprechenden wirksam ausgeübt werden kann.213 208 Für die typische Garantie auf erstes Anfordern so Weth, Bürgschaft, S. 315, a.A. Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 259 f., und wohl auch Hadding/Häuser/Welter, S. 697. A.A. für die Bürgschaft auf erstes Anfordern auch Schlenzig, S. 97 f., die unter Umständen nur die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts im Rahmen des materiellen Anspruchs zulässt (S. 98). 209 OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 7. 2004, I-23 U 172/03. 210 So zutreffend Eleftheriadis, S. 118. 211 Vgl. Kap. 6, H., II. 212 Für die Vereinbarkeit im Falle einer Bürgschaft auf erstes Anfordern OLG Köln, Urteil vom 24. 10. 1997, 19 U 38/97, und Blesch, Anmerkung zum OLG Köln Urteil vom 24. 10. 1997, S. 768. A.A. für die typische Garantie auf erstes Anfordern Blau, S. 1476, und für die Bürgschaft auf erstes Anfordern Lukas, S. 105; für die typische Garantie auf erstes Anfordern differenzierend Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 132 ff. Generall zur Hinterlegung bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern siehe vor allem Oettmeier, S. 114 ff. 213 Theoretisch könnte man in einem solchen Fall aber die Frage stellen, ob die Hinterlegung vereinbarungsgemäß den materiellen Anspruch, den formellen Anspruch oder beide betreffen soll. Vgl. Kap. 5, B., I.
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Kap. 6: Der Erstprozess
Letztlich kann der Versprechende selbstverständlich einwenden, der formelle Anspruch sei (noch) nicht fällig. Allerdings wird dem Versprechenden regelmäßig eine kurze Frist für die Zahlung zugesprochen.214
G. Der Einwand des nicht gesicherten Risikos bei einer Bürgschaftauf erstes Anfordern Eine ganz neue Einwendung hat dem im Erstprozess verklagten Bürgen auf erstes Anfordern der BGH im Urteil vom 14. 12. 1995 zugesprochen.215 Bis zu diesem Urteil hatte die Rechtsprechung die Meinung vertreten, dass nicht nur der Streit über das Bestehen oder die Durchsetzbarkeit der Hauptschuld, sondern auch der Streit über das Bestehen und den Umfang der Bürgenhaftung für den Erstprozess unerheblich ist. So hatte der BGH im Urteil vom 13. 7. 1989 klar ausgesprochen, dass nicht nur Einwendungen gegen die verbürgte Hauptschuld im Erstprozess ausgeschlossen sind, sondern dass auch ein Streit darüber, ob oder unter welchen Voraussetzungen der materielle Anspruch aus der Bürgschaft entsteht, die Verurteilung zur Zahlung im Erstprozess nicht hindert, wenn die formalen Voraussetzungen der Pflicht zur sofortigen Zahlung gegeben sind.216 Erst im Rückforderungsprozess sei über den materiellen Anspruch aus der Bürgschaft zu entscheiden, nämlich darüber, für welche Hauptforderung und bis zu welchem Zeitpunkt sich der Bürge verbürgt habe und ob, gegebenenfalls in welcher Höhe, die verbürgte Hauptforderung entstanden und fällig oder auch getilgt worden sei. Aus dieser Entscheidung geht also ohne Weiteres hervor, dass nicht nur die Frage, ob eine gewisse Hauptforderung besteht, sondern auch die Frage, ob diese Hauptforderung verbürgt ist, erst im Rückforderungsprozess erheblich wird. Der Umfang der Bürgschaft ist also eine Frage der materiellen Berechtigung, der im Erstprozess nur über den Einwand des Missbrauchs Bedeutung zukommen kann.217 Der BGH selbst hat in diesem Sinne im Urteil vom 23. 1. 1997 entschieden, als er den Einwand des Bür214 Nach Schmitz/Vogel, Der Verzug, S. 568, soll der Bürge auf erstes Anfordern für die Zahlung 7 – 10 Kalendertagen nach Inanspruchnahme haben; nach Lukas, S. 113, soll die Verzögerung 3 Werktage nicht überschreiten. Für die (typische) Bankgarantie auf erstes Anfordern ist die Zeit noch kürzer: Zahn/Ehrlich/Haas, S. 467 (1 – 2 Bankwerktagen), Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765, Rn. 256 (zwischen 3 Bankwerktagen und einer Woche), Schütze/Edelmann, S. 102 (1 Woche), Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 197 (bei einfachem Anfordern bis zu 3 Tagen). Die URDG 758 sehen in Art. 20(a) eine Frist von 5 Werktagen vor. 215 BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95. A.A. ausdrücklich Lukas, S. 70, Fn. 244, der diesen Einwand als einen Unterfall des Missbrauchseinwands ansieht. 216 BGH, Urteil vom 13. 7. 1989, IX ZR 223/88. 217 So ausdrücklich OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. 12. 1996, 8 U 98/96: über den materiellen Anspruch aus der Bürgschaft, also darüber, für welche Hauptforderung und bis zu welchem Zeitpunkt sich der Bürge verbürgt hat und ob die verbürgte Hauptforderung besteht, ist erst im Rückforderungsprozess zu entscheiden.
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gen, Sicherungsgegenstand der Bürgschaft auf erstes Anfordern seien nur künftige, von der Bank aber nicht gewährte Kredite an den Hauptschuldner gewesen, mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass sich dies nicht hinreichend eindeutig aus den Urkunden selbst ergibt, weil diese vielmehr auch die Deutung zulassen, die Bürgschaft habe bereits eingeräumte, fortlaufende Darlehen gesichert.218 Somit hat der BGH im Ergebnis den Einwand, der Anspruch auf Rückzahlung eines alten Kredits sei nicht verbürgt gewesen, nur deshalb zurückgewiesen, weil sich dies nicht aus den Urkunden ergeben hatte. Er hat somit diesen Einwand im Einklang mit dem Urteil vom 13. 7. 1989 nur für den Fall des Missbrauchs als im Erstprozess beachtlich betrachtet. In diesem Sinne hat auch das LG Osnabrück entschieden, dass ein Bürge auf erstes Anfordern im Erstprozess geltend machen kann, dass der Kläger rechtsmissbräuchlich handelt, wenn offensichtlich oder liquide beweisbar ist, dass trotz Vorliegens der formellen Voraussetzungen der Bürgschaftsfall nicht eingetreten oder die Hauptforderung nicht vom Sicherungszweck der Bürgschaft umfasst ist.219 Es hat damit das Nichtbestehen der Hauptforderung und die Nichtverbürgung dieser Forderung gleichgestellt und grundsätzlich in den Rückforderungsprozess verwiesen. Ähnlich hat das LG Köln ausgeführt, dass der Einwand des Missbrauchs dann berechtigt ist, wenn offensichtlich oder liquide beweisbar ist, dass trotz Vorliegens der formellen Voraussetzungen der Bürgschaftsfall nicht eingetreten ist oder dass die Hauptforderung nicht vom Sicherungszweck der Bürgschaft erfasst ist.220 Die oben geschilderte (alte) Auffassung der Rechtsprechung ist dogmatisch nicht zu beanstanden. Geht man davon aus, dass der materielle Anspruch der Anspruch des Gläubigers gegen den Bürgen aus der gewöhnlichen Bürgschaft ist und dass der formelle Anspruch diesen Anspruch sichert oder verstärkt, so ist klar, dass auch die Frage des Umfangs der durch die Bürgschaft auf erstes Anfordern verbürgten Forderungen nur den materiellen Anspruch betrifft; auf den formellen Anspruch hat sie keinen Einfluss. Daher ist diese Frage im Erstprozess unerheblich, es sei denn, dass Missbrauch vorliegt. Es besteht hier kein Unterschied, ob der Versprechende sich mit dem Einwand verteidigt, eine gewisse Hauptforderung bestehe nicht, oder mit dem Einwand, die gewöhnliche Bürgschaft sei, aus welchen Gründen auch immer, erloschen, oder mit dem Einwand, eine gewisse Hauptforderung sei nicht verbürgt. Alle diese Einwände betreffen den materiellen Anspruch und können nur über den Missbrauchseinwand erheblich werden. Dabei ist schon an dieser Stelle zu bemerken, dass es dem Begünstigten jedenfalls grundsätzlich nicht obliegt, die Hauptforderung überhaupt zu nennen. Selbst wenn man entgegen der in der vorliegenden Arbeit vertretenen Auffassung annimmt, der Begünstigte müsse zumindest behaupten, ihm stehe der materielle Anspruch zu, so wäre es ausreichend, wenn er 218 BGH, Urteil vom 23. 1. 1997, IX ZR 297/95, wobei hier unklar war, ob es sich um eine Bürgschaft oder eine Garantie auf erstes Anfordern handelte, so dass zugunsten des Bürgen von einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ausgegangen wurde. 219 LG Osnabrück, Urteil vom 16. 12. 2003, 7 O 1615/03. 220 LG Köln, Urteil vom 31. 1. 2006, 27 O 232/05.
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Kap. 6: Der Erstprozess
dies in Bezug auf einen konkretisierten Bürgschaftsanspruch tut.221 Er braucht aber nicht anzugeben, welche Tatsachen, insbesondere das Bestehen welcher Forderungen gegen den Hauptschuldner, diese Behauptung begründen. Diese Auffassung war bis zum grundlegenden Urteil des BGH vom 14. 12. 1995 vorherrschend.222 In diesem Urteil hat der BGH einen Fall beurteilt, in dem der im Erstprozess verklagte Bürge auf erstes Anfordern behauptet hat, er habe sich nur für Vergütungsansprüche aus einem Bauvertrag verbürgt; dabei war der Gläubiger gegen den Bürgen nicht wegen solcher Ansprüche, die unstreitig nicht bestanden haben, sondern wegen der im Falle berechtigter Kündigung eines Bauvertrages durch den Auftraggeber dem Auftragnehmer zustehenden Ansprüche vorgegangen. Der Bürge wendete demgegenüber ein, er habe sich insoweit nicht als Bürge verpflichtet. Der BGH hat die Auffassung vertreten, dass der Bürge auf erstes Anfordern sich schon im Erstprozess darauf berufen kann, die Bürgschaft betreffe nicht die dem Begehren des Gläubigers zugrunde liegende Hauptforderung, sofern sich dies durch Auslegung aus der Urkunde selbst ergibt. Zwar seien alle Streitfragen tatsächlicher oder rechtlicher Art, die die Begründetheit der Hauptforderung betreffen, grundsätzlich in den Rückforderungsprozess verwiesen und dies gelte entsprechend bei einem Streit der Parteien über Einzelpunkte der Bürgschaftsverpflichtung, etwa dazu, ob oder bis wann eine Bürgschaft zeitlich begrenzt ist oder ob die Voraussetzungen der Einstandspflicht wieder entfallen sind.223 Um alles das gehe es aber nicht, wenn der Bürge einwende, die von ihm erteilte Bürgschaft beziehe sich nicht auf Ansprüche, wie sie der Gläubiger geltend mache. Nach Ansicht des BGH muss derjenige, der eine Bürgschaft auf erstes Anfordern stellt, die Möglichkeit haben, seine Haftung inhaltlich so abzugrenzen, dass er erwarten kann, mit Aussicht auf Erfolg nur wegen solcher Forderungen in Anspruch genommen zu werden, für die er tatsächlich in dem erklärten Sinne einstehen will. Dies geschehe in der Praxis einmal dadurch, dass die Zahlung von der Erfüllung bestimmter formaler Merkmale abhängig gemacht werde. Daneben aber könne die Einstandspflicht auch inhaltlich auf einen bestimmten Anspruch innerhalb eines Vertragsverhältnisses beschränkt werden. Dies folge schon aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit. Habe der Verpflichtete eine entsprechende Eingrenzung vorgenommen, sei diese bereits im Erstprozess zu beachten. Bei dem Einwand, die der Klage zugrunde liegende Hauptforderung werde durch die Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht gesichert, gehe es darum, ob insoweit überhaupt eine gültige Zahlungszusage vorliege. Umstritten seien Art und Umfang des gedeckten Risikos. Diese Frage betreffe die eingegangene Verpflichtung in ihrem Kern und sei damit so grundlegend, dass 221 Zur Frage, ob der Eintritt des materiellen Anspruchsfalls bei der Aufforderung erforderlich ist, siehe Kap. 5, A., I., 3., d). 222 BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95. 223 Diese Formulierung wird auch von OLG Köln, Urteil vom 30. 10. 1997, 12 U 40/97, und von BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98, verwendet.
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ihre Klärung schon im Erstprozess möglich sein müsse. Verlange der Berechtigte Zahlung aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern für eine Forderung, die durch die Bürgschaft nicht gesichert ist, so fehle es an einer vertragsgemäßen Anforderung der Bürgschaftsleistung. Schon nach der bisherigen Rechtsprechung sei die Schlüssigkeit des Klagebegehrens in diesem Punkt zu prüfen.224 Selbst die stark formalisierte Art der Zahlungszusage rechtfertige es nicht, die Akzessorietät von Hauptforderung und Bürgschaft zunächst völlig aufzulösen und den Verpflichteten wegen eines Anspruchs zur Leistung zu verurteilen, auf den sich seine Erklärung gar nicht beziehe. Andernfalls würde sich die Gefahr, dass der Gläubiger von der Zahlungszusage Gebrauch macht, obwohl ihm keine gesicherte Hauptforderung zusteht, in einer für den Bürgen kaum mehr vertretbaren Weise erhöhen. Auch im Hinblick auf unabweisbare Interessen seines Auftraggebers müsse dem Bürgen der Einwand möglich sein, seine Verpflichtung umfasse lediglich eine andere Art von Hauptforderung als die, deren Erfüllung der Gläubiger begehrt. Der Gläubiger werde dadurch nicht unangemessen belastet. Sein berechtigtes Interesse daran, durch einen weitgehenden Einwendungsausschluss sofortige Zahlung des Bürgen zu erhalten, erstrecke sich nur auf solche Forderungen, die die Bürgschaft auf erstes Anfordern überhaupt einbezieht. Daher sei es ihm zuzumuten, dass die Frage des Geltungsumfangs der Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht in den Rückforderungsprozess verwiesen werde. Um die Funktion dieses zugunsten des Gläubigers stark formalisierten Sicherungsmittels uneingeschränkt zu erhalten, seien indessen im Erstprozess nur solche Beschränkungen des verbürgten Risikos auf einzelne Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis zwischen Gläubiger und Hauptschuldner beachtlich, die im Wege der Auslegung dem Inhalt der Urkunde selbst zu entnehmen sind. Sonstige unstreitige oder durch Urkunden belegte Umstände dürften dabei ergänzend berücksichtigt werden. Diese Anknüpfung an den Aussagegehalt der Urkunde gebiete der auch für eine Bürgschaft auf erstes Anfordern geltende Grundsatz der Garantiestrenge, der den Bürgen vor umständlichen Prüfungspflichten schützen solle. Im Ergebnis hat der BGH die Klage abgewiesen, weil er – anders noch als das Berufungsgericht – die Ansicht vertreten hat, dass Ansprüche wegen der Kündigung des Bauvertrages nicht verbürgt waren. Wie die Entscheidung vom 14. 12. 1995 zu verstehen ist, ist fraglich. Der BGH scheint davon auszugehen, dass die Frage, ob die Hauptforderung, deretwegen der Gläubiger die Bürgschaft auf erstens Anfordern geltend macht, überhaupt verbürgt ist, im Erstprozess erheblich ist, auch wenn eine negative Antwort weder offensichtlich noch liquide beweisbar ist. Mit anderen Worten soll der Einwand, der materielle Anspruch – d.h. der Bürgschaftsanspruch – bestehe nicht, ausnahmsweise im Erstprozess direkt (d.h. nicht nur über den Missbrauchseinwand) zulässig sein, wenn er sich darauf stützt, dass die Hauptforderung nicht verbürgt ist. Dagegen bleiben andere Einwendungen gegen den materiellen Anspruch, beispielsweise solche, die sich gegen die Begründetheit der Hauptforderung richten oder mit denen 224 Der
BGH hat insoweit auf BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93, verwiesen.
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Kap. 6: Der Erstprozess
gerügt wird, die Bürgschaft sei wegen Zeitablaufs erloschen, im Erstprozess nur dann erheblich, wenn sie den Einwand des Missbrauchs rechtfertigen. Dabei bleibt fraglich, wer die Beweislast dafür, dass die Forderung verbürgt ist, nach Auffassung des BGH tragen soll. Der BGH äußert dazu nur, dass bei der Beurteilung dieser Frage ausschließlich solche Tatsachen beachtlich sind, die im Wege der Auslegung dem Inhalt der Bürgschaftsurkunde selbst zu entnehmen sind, wobei sonstige unstreitige oder durch Urkunden belegte Umstände ergänzend berücksichtigt werden dürfen. Mit anderen Worten hat der BGH im Ergebnis entschieden, dass die Klage im Erstprozess abzuweisen ist, wenn die Tatsache, dass die Hauptforderung verbürgt ist, sich nicht aus Urkunden oder unstreitigen Umständen ergibt, wobei hier nicht zwischen einem Urkundenverfahren, einem Nachverfahren oder einem „normalen“ Zivilverfahren differenziert wird. Nichturkundliche Beweise gegen die Verbürgung sollen aber nach Auffassung des BGH wohl auch ausgeschlossen sein (beispielweise der Einwand, der Umfang der verbürgten Forderungen sei nachträglich mündlich eingeschränkt worden). Noch zweifelhafter ist, woraus dieser vom BGH entwickelte Grundsatz sich ergeben soll. Vor allem ist festzustellen, dass er sich im offensichtlichen Widerspruch zur Entscheidung vom 13. 7. 1989 befindet, ohne sich allerdings mit dieser Entscheidung auseinanderzusetzen. Der BGH führt aus, dass der Bürge auf erstes Anfordern die Möglichkeit haben muss, seine Haftung inhaltlich so abzugrenzen, dass er erwarten kann, mit Aussicht auf Erfolg nur wegen solcher Forderungen in Anspruch genommen zu werden, für die er tatsächlich in dem erklärten umfassenden Sinne einstehen will. Dies geschehe, so der BGH, in der Praxis zum einen dadurch, dass die Zahlung von der Erfüllung bestimmter formaler Merkmale abhängig gemacht werde, zum anderen dadurch, dass die Einstandspflicht auch inhaltlich auf einen bestimmten Anspruch innerhalb eines Vertragsverhältnisses beschränkt werden könne, was schon aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit folge. Wie dies zu verstehen ist, ist unklar.225 Erteilt jemand eine Bürgschaft auf erstes Anfordern, so muss er zwangsläufig eine Beschränkung der darin enthaltenen gewöhnlichen Bürgschaft auf bestimmte Ansprüche vornehmen, weil bei der Übernahme einer Bürgschaft der Bestimmtheitsgrundsatz gilt und diese ansonsten unwirksam wäre. Es ist also nicht möglich, eine insgesamt wirksame Bürgschaft auf erstes Anfordern zu übernehmen, die den Umfang der verbürgten Ansprüche nicht bestimmt. Insoweit bedarf es somit nicht der Berufung auf die Vertragsfreiheit, denn die Beschränkung auf bestimmte Ansprüche ist nicht nur zulässig, sondern zwingend vorgeschrieben.226 Wird sie vorgenommen, so kann sich der Bürge auf 225 Schon der Begriff der „inhaltlichen Abgrenzung der Haftung“ ist unklar. So hat der BGH beispielsweise in BGH, Urteil vom 26. 4. 2001, IX ZR 317/98, eine formelle Voraussetzung zunächst als „formales Merkmal“, das „auch der inhaltlichen Eingrenzung der Haftung“ dient, und dann auch als „inhaltliche Voraussetzung“ bezeichnet. Was eine „nichtinhaltliche“ Voraussetzung wäre, bleibt ungeklärt. 226 Eine andere Frage ist es, was passiert, wenn eine solche Beschränkung nicht vorgenommen wird. Denn dann ist die gewöhnliche Bürgschaft unwirksam, das Leis-
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sie aber grundsätzlich nur dann berufen, wenn offensichtlich oder liquide beweisbar ist, dass keine Forderungen im Umfang der Verbürgung bestehen, wenn also Missbrauch vorliegt. Dieses Ergebnis ist für den BGH wohl deshalb unbefriedigend, weil der Bürge sodann mit dem Einwand, die dem Begehren des Gläubigers zugrundeliegende Forderung sei nicht verbürgt, in den meisten Fällen in den Rückforderungsprozess verwiesen wird. Die Argumente, mit denen dies vermieden werden soll, überzeugen jedoch nicht. Der BGH führt zur Begründung aus, es gehe hier darum, ob überhaupt eine gültige Zahlungszusage vorliege; die Frage der Art und des Umfangs des gesicherten Risikos betreffe die eingegangene Verpflichtung in ihrem Kern und sei damit so grundlegend, dass ihre Klärung schon im Erstprozess möglich sein müsse. Dem liesse sich nur dann zustimmen, wenn man die Meinung teilt, dass es um den Art und Umfang des durch das Leistungsversprechen (und nicht durch die von ihm verstärkte gewöhnliche Bürgschaft) gesicherten Risikos geht. Denn die Frage, ob ein gültiges Leistungsversprechen auf erstes Anfordern vorliegt, hängt offensichtlich nicht davon ab, ob eine gewisse Hauptforderung durch die gewöhnliche Bürgschaft, auf die sich das Versprechen bezieht, verbürgt ist oder nicht. Es kann schließlich auch der Fall sein, dass im Erstprozess auf Grund zweier verschiedener Hauptforderungen geklagt wird, wobei eine verbürgt und die andere nicht verbürgt ist. Man kann in einem solchen Fall nicht zum Ergebnis kommen, es liege zugleich eine gültige Zahlungszusage vor und sie liege auch nicht vor. Die Auffassung des BGH kann nur dann gebilligt werden, wenn sie dahingehend verstanden wird, dass aus dem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern hervorgehen muss, welcher Anspruch als materieller Anspruch gesichert wird, dass man folglich nicht ein solches Versprechen „im Allgemeinen“ erteilen kann. In einem solchen Zusammenhang wären vielleicht die sehr allgemeinen Argumente, die Frage betreffe „den Kern“ der Verpflichtung und sei „grundlegend“, verständlicher. Nach einer solchen Auslegung bedeutete aber die Aussage des BGH lediglich, dass ein bürgschaftsbezogenes Versprechen auf erstes Anfordern die gewöhnliche Bürgschaft, auf die es sich bezieht, nennen muss. Tut das Versprechen dies nicht, so ist es unwirksam; diese Tatsache kann sodann – weil sie das Vorliegen einer wirksamen Zahlungszusage betrifft – im Erstprozess mit allen Mitteln bewiesen werden. Eine solche Auffassung wäre zwar zutreffend, sie würde aber die Entscheidung vom 14. 12. 1995 nicht tragen. Des Weiteren hat der BGH im Urteil vom 14. 12. 1995 die Ansicht geäußert, dass es, wenn der Gläubiger Zahlung aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern für eine nicht verbürgte Forderung verlangt, an einer vertragsgemäßen Anforderung der Bürgschaftsleistung fehlt. Dabei hat er sich auf sein Urteil vom 28. 10. 1993 tungsversprechen auf erstes Anfordern bleibt aber grundsätzlich wirksam; nur über den Missbrauchseinwand kann sich der Bürge dann gegen eine Inanspruchnahme verteidigen. Siehe dazu Kap. 6, C., III.
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berufen.227 Indessen wird in diesem Urteil nur gesagt, dass im Erstprozess die Klage auf die Schlüssigkeit in Bezug auf eine vertragsgemäße Zahlungsaufforderung geprüft werden muss. Daraus folgt nicht, dass ein Gläubiger, der wegen einer nicht verbürgten Hauptforderung gegen den Bürgen vorgeht, den Bürgen nicht vertragsgemäß zur Zahlung aufgefordert hat. Die Auffassung des BGH, in einem solchen Fall liege keine vertragsgemäße Aufforderung vor, ist nicht haltbar. Vor allem kann die Wirksamkeit der Aufforderung nur von Tatsachen abhängig sein, die die Zeit vor der Inanspruchnahme betreffen. Was danach passiert – darunter das Vorbringen des Klägers im Erstprozess – kann auf die Wirksamkeit der Aufforderung keinen Einfluss haben. Im Übrigen braucht der Gläubiger aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern im Allgemeinen die Hauptforderung, die nach seiner Auffassung den Bürgschaftsanspruch begründet, gar nicht zu nennen.228 Und selbst wenn der Gläubiger erklärt, er nehme die Bürgschaft wegen einer bestimmten Forderung in Anspruch, diese aber tatsächlich entgegen seiner Auffassung nicht verbürgt ist, so macht dies die Aufforderung nicht unwirksam. In einem solchen Fall könnte potenziell nur Missbrauch vorliegen, und dies nur dann, wenn offensichtlich oder liquide beweisbar ist, dass die Forderung nicht verbürgt ist und dass dem Gläubiger keine andere verbürgte Forderung zusteht229 oder wenn aus der Aufforderung folgt, dass der Gläubiger selbst glaubt, über keine verbürgte Hauptforderung zu verfügen.230 Der BGH argumentiert weiter, es sei nicht gerechtfertigt, die Akzessorietät von Hauptforderung und Bürgschaft zunächst völlig aufzulösen und den Verpflichteten wegen eines Anspruchs zur Leistung zu verurteilen, auf den sich seine Erklärung gar nicht beziehe. Dies würde die Gefahr der materiell unberechtigten Inanspruchnahme des Bürgen in kaum mehr vertretbarer Weise erhöhen und sei auch im Hinblick auf unabweisbare Interessen des Bürgschaftsauftraggebers notwendig. Zugleich belaste es den Gläubiger nicht unangemessen, weil sein Interesse an einer sofortigen Zahlung nur bei verbürgten Forderungen berechtigt sei. Auch diese Argumente überzeugen nicht. Unklar ist vor allem, warum gerade der Umfang der verbürgten Forderungen so wichtig sein soll, dass der Ausschluss des ihn betreffenden Einwands die Akzessorietät in unzulässiger Weise berührt. Darüber hinaus ist überhaupt fraglich, ob hier das Akzessorietätsprinzip eingeschränkt wird; die Konstruktion eines formellen Anspruchs kann dieses Prinzip schon aus logischen Gründen nicht berühren.231 Warum die Gefahr gerade bei der Frage der verbürgten Forderungen kaum vertretbar sein soll, ist ebenfalls nicht geklärt. Richtig ist zwar, dass das Interesse des Gläubigers nur dann berechtigt ist, wenn ihm eine verbürgte Forderung zusteht. Das Wesen der Bürgschaft auf erstes Anfordern liegt aber darin, dass dieses Interesse dadurch gesichert wird, dass man dem Gläubiger Zahlung 227 BGH,
Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93. sei denn, dass eine Substanziierungspflicht vereinbart wurde. Siehe dazu Kap. 5, A., I., 3., c). 229 Siehe dazu Kap. 6, H., I. 230 Siehe dazu Kap. 6, H., III. 231 Mehr dazu in Kap. 6, C., III., 1., b). 228 Es
G. Der Einwand des nicht gesicherten Risikos
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ohne Prüfung dieses Umstandes und anderer den materiellen Anspruch betreffenden Umstände verspricht.232 Insoweit bestehen auch keine Unterschiede zwischen verschiedenen materiellen Einwendungen. Wäre es offensichtlich oder liquide beweisbar, dass die Forderung nicht verbürgt ist, so würden die Dinge selbstverständlich anders liegen; dann wäre aber der Missbrauchseinwand durchgreifend.233 Schließlich ist fraglich, weshalb der Gläubiger und der Bürge bei einem Streit über den Umfang des gesicherten Risikos nur urkundliche Beweise sollen führen dürfen. Zu bemerken ist, dass dies zum einen dem Gläubiger die Möglichkeit nimmt, zu beweisen, dass eine Haftungserweiterung mündlich vereinbart wurde, zum anderen es aber dem Bürgen verbietet, sich auf eine mündliche Haftungsbeschränkung zu berufen (und zwar in beiden Fällen auch im Nachverfahren; im Urkundenverfahren wäre dies schon aus prozessrechtlichen Gründen der Fall). Ob diese Beweisbeschränkung tatsächlich zum Erhalten der Funktion der Bürgschaft auf erstes Anfordern notwendig ist – insbesondere insoweit, als sie gegen den Gläubiger wirkt – ist fraglich.234 Denn in dieser Weise wird eine Formvorschrift eingeführt, die im Gesetz nicht vorgesehen ist. Die Berufung auf den Grundsatz der Garantiestrenge überzeugt ebenfalls nicht, weil sie die Bedeutung dieses Grundsatzes verkennt.235 Den im Urteil vom 14. 12. 1995 entwickelten Grundsatz hat der BGH im Urteil vom 2. 4. 1998 angewandt.236 Dort hatte der Bürge auf erstes Anfordern eingewandt, dass die Klagesumme nur in einem Teil die (verbürgte) Vergütung betrifft, im Übrigen stütze sie sich auf einen (nicht verbürgten) Schadensersatzanspruch. Dabei war nicht der Umfang der Bürgschaft streitig, sondern die Frage, ob der Gläubiger wegen Ansprüchen auf Vergütung oder wegen Schadensersatzansprüchen klagt. Der Sache nach verhielt es sich so, dass der Gläubiger zunächst vom Hauptschuldner auf Zahlung verklagt wurde; daraufhin hat er Widerklage erhoben und zugleich den im Wege der Widerklage verlangten Betrag vom Bürgen aus der Bürgschaft gefordert. Der BGH hat bei diesem Sachverhalt die Auffassung vertreten, der Einwand des Bürgen müsse schon im Erstprozess beachtet werden, weil er sich dagegen richtet, dass die geltend gemachte Forderung zu den Ansprüchen gehört, die durch die Bürgschaft auf erstes Anfordern gesichert sind. Allerdings 232 Siehe
dazu Kap. 4, A. dazu Kap. 6, H., I. Es mag zwar richtig sein, dass der Gläubiger es hier in der Hand hat, eine Bürgschaft mit klarem Umfang zu verlangen. Dies gilt aber auch bei anderen Auslegungsfragen, die beispielsweise die zeitliche Begrenzung der Haftung betreffen, die jedoch als materielle Einwendungen insgesamt im Erstprozess ausgeschlossen sind. 234 Zu bemerken ist, dass bei einer rechtskräftigen Klageabweisung wegen des Einwands des nicht gedeckten Risikos die Lage für den Gläubiger insoweit prekär wird, als dann rechtskräftig (wenn auch unter besonderen Beweisbeschränkungen) festgestellt wird, dass die Hauptforderung nicht verbürgt war, auch wenn die gegenteilige These durch Zeugen bewiesen werden könnte. 235 Siehe dazu Kap. 4, D. 236 BGH, Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97. 233 Siehe
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Kap. 6: Der Erstprozess
hat er der Widerklageschrift entnommen, dass der Gläubiger mit der Widerklage ausschließlich Werklohn verlangt. Er hat ausgeführt, diese Urkunde befinde sich zwar nur in den Akten des Prozesses zwischen Hauptschuldner und Gläubiger, sie dürfe aber deshalb im als Urkundenprozess geführten Erstprozess verwendet werden, weil sie bei demselben Gericht vorliegt. Diese Entscheidung zeigt, zu welch künstlichen Problemen die Zulassung des Einwands des nicht gedeckten Risikos führt: es werden Beweise darüber erhoben, wegen welcher Hauptforderung der Gläubiger Ansprüche gegen den Bürgen geltend macht. Dabei ist schon unklar, was mit der Formulierung „wegen welcher Hauptforderung“ gemeint ist. Aus der Entscheidung des BGH ergibt sich, dass es nicht genügt, wenn der klagende Gläubiger im Erstprozess vorträgt, er klage, weil ihm eine bestimmte, verbürgte Hauptforderung zustehe. Vielmehr müsse er auch beweisen, dass dies der Fall ist. Dieses Ergebnis ist geradezu absurd; man sollte deshalb wohl annehmen, dass es dem BGH eher darum geht, dass der Gläubiger beweisen muss, wegen welcher Forderung er die Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch genommen hat. Hier aber besteht das Problem, dass der Gläubiger in der Inanspruchnahme dies gar nicht erklären muss, so dass offen bleibt, wie über den Grund der Inanspruchnahme ein Beweisverfahren zu führen ist. Hinzu kommt, dass es dem Gläubiger ja auch nicht verwehrt ist, im Erstprozess vorzutragen, er habe die Inanspruchnahme zwar wegen einer bestimmten Hauptforderung erklärt, er meine aber jetzt, dass eine andere verbürgte Hauptforderung bestehe. Deshalb kann die Tatsache, dass die Bürgschaft wegen einer nicht verbürgten Forderung in Anspruch genommen wurde, an sich eine Klageabweisung nicht tragen. Trotz dieser Probleme hat der BGH die Entscheidung vom 14. 12. 1995 im Urteil vom 25. 2. 1999 bestätigt.237 Er hat sich dabei ausführlich zur Beweislast und zu den Beweisbeschränkungen in Bezug auf den Umfang der Verbürgung geäußert. Der BGH hat daran erinnert, dass bei einer gewöhnlichen Bürgschaft der Gläubiger den Beweis führen muss, dass die Haftung des Bürgen die Hauptschuld deckt, auf die sich das Klagebegehren stützt. Er hat sodann festgestellt, dass an dieser Beweislastverteilung sich nichts dadurch ändert, dass der Gläubiger aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern klagt, weil es auch hier darum geht, ob eine entsprechende vertragliche Verpflichtung des Bürgen überhaupt begründet wurde, und, soweit es den Haftungsumfang der Bürgschaft angeht, keine strukturellen Unterschiede zu einer dem Leitbild der §§ 765 ff BGB genau entsprechenden Vereinbarung bestehen. Darüber hinaus hat er präzisiert, dass, wenn sich bereits aus der Bürgschaftsurkunde selbst nicht ergibt, dass die vom Kläger geltend gemachte Forderung verbürgt ist, die Klage sogleich abzuweisen ist. Damit die Bürgschaft auf erstes Anfordern der schnellen Durchsetzung der von ihre gesicherten Ansprüche dienen könne, müssen die Anspruchsvoraussetzungen weitgehend formalisiert und die Einwendungsmöglichkeiten stark eingeschränkt sein; aus diesen Gründen seien für die 237 BGH,
Urteil vom 25. 2. 1999, IX ZR 24/98.
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Feststellung der verbürgten Forderungen grundsätzlich nur solche Umstände beachtlich, die sich aus der Bürgschaft selbst und den Urkunden ergeben, auf die sie sich beziehe, wobei unstreitige oder durch dem erkennenden Gericht vorliegende Urkunden belegte Tatsachen dabei ergänzend berücksichtigt werden dürfen. Gegen einen auf diese Weise ermittelten Inhalt könne sich der Bürge im Erstprozess nicht mit der Behauptung von Tatsachen wehren, die außerhalb des beschriebenen Erkenntnisbereichs liegen, die dem Urkundeninhalt sowie dem unstreitigem Parteivorbringen also nicht zweifelsfrei zu entnehmen seien. Die berechtigten Belange des Gläubigers gebieten es auch nicht, ihm die Möglichkeit einzuräumen, den von ihm behaupteten, aus der Urkunde unmittelbar nicht hinreichend ersichtlichen Haftungsumfang der Bürgschaft mit Tatsachen außerhalb dieses Bereichs zu beweisen. Die Vereinbarung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern mache nur Sinn, wenn die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Verpflichteten im wesentlichen durch den Hinweis auf den Inhalt der Urkunde sowie die dort vorgesehene Erklärung erfüllt werden können. Lasse dagegen der Urkundeninhalt nicht hinreichend erkennen, ob sich der Haftungsumfang der Bürgschaft auf die vom Gläubiger erhobene Forderung erstrecke, könnte der Anspruch nur dadurch nachgewiesen werden, dass die Parteien ihre Behauptungen mit allen nach der Zivilprozessordnung vorgesehenen Beweismitteln belegen dürfen. Der Gläubiger werde dadurch, dass der behauptete Haftungsumfang schon aus der Urkunde selbst hervorgehen müsse, nicht unangemessen belastet. Die Bürgschaft auf erstes Anfordern solle es ihm in erster Linie ersparen, sich mit Einwendungen gegen die Hauptschuld auseinanderzusetzen, weil diese für ihn bei Erteilung der Bürgschaft nicht absehbar seien und deren Klärung häufig einen beträchtlichen zeitlichen und kostenmäßigen Aufwand erfordert. Solche Schwierigkeiten bestünden nicht, soweit es um den Inhalt der Verpflichtung des Bürgen geht. Hier habe es der Gläubiger ohne Weiteres in der Hand, schon bei Vertragsschluss zu klären, welche seiner Ansprüche durch die Bürgschaft gesichert sein sollen. Von demjenigen, der eine solche Sicherung zur vereinfachten Durchsetzung seiner Ansprüche entgegennehme, könne ohne Weiteres erwartet werden, den Vertragsinhalt so zu gestalten, dass der Umfang der Bürgenhaftung eindeutig bestimmt sei. Im Ergebnis hat der BGH festgestellt, dass es im zur Entscheidung stehenden Fall aus den Urkunden nicht hervorgeht, dass die vom Gläubiger geltend gemachte Hauptforderung verbürgt war. Da der Gläubiger aber Zeugenbeweis dafür angeboten hatte, hat der BGH ausgeführt, dass, wenn – wie hier – der Bürgschaftsvertrag auf erstes Anfordern die gebotene Formstrenge nicht wahrt, ein Anspruch aus einer gewöhnlichen Bürgschaft gleichwohl begründet sein kann, sofern eine nach § 765 BGB wirksame Verpflichtung zustande gekommen ist. Deshalb müsse dem Gläubiger noch Gelegenheit gegeben werden, den ihm obliegenden Beweis, die Hauptforderung sei verbürgt, im Prozess aus der gewöhnlichen Bürgschaft auch durch Zeugen zu führen.238
238 Siehe
dazu Kap. 5, B., I., 3.
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Kap. 6: Der Erstprozess
Zusammenfassend kann man sagen, dass nach dieser Entscheidung die Einwendung des ungedeckten Risikos bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern bedeutet, dass der Gläubiger beweisen muss, dass die von ihm geltend gemachte Forderung verbürgt war und dass bei der Führung dieses Beweises nur die Bürgschaftsurkunde und ergänzend andere Urkunden und unstreitige Tatsachen berücksichtigt werden dürfen. Diese Beweisbeschränkung gilt sowohl für als auch gegen den Bürgen.239 Führt der Gläubiger den Beweis nicht, so ist die Klage abzuweisen, es sei denn, dass sie aus dem materiellen Anspruch (d.h. aus der gewöhnlichen Bürgschaft) begründet ist.240 Unklar bleibt aber weiterhin, woraus sich die Zulässigkeit dieser Einwendung ergeben soll. Zu bemerken ist, dass die Argumentation des BGH im Urteil vom 25. 2. 1999, wonach die Bürgschaft auf erstes Anfordern es dem Gläubiger in erster Linie ersparen solle, sich mit Einwendungen gegen die Hauptschuld auseinanderzusetzen, weil diese für ihn bei Erteilung der Bürgschaft nicht absehbar seien und deren Klärung häufig einen beträchtlichen zeitlichen und kostenmäßigen Aufwand erfordere, und dass solche Schwierigkeiten nicht bestehen, soweit es um den Inhalt der Verpflichtung des Bürgen gehe, offensichtlich auch auf viele andere Einwendungen gegen den Bürgschaftsanspruch (den materiellen Anspruch) anwendbar sein könnte. Trotzdem hat der BGH nicht nur im Urteil vom 14. 12. 1995, sondern auch im späteren Urteil vom 10. 2. 2000 betont, dass alle Einwendungen gegen den materiellen Anspruch, nicht nur solche, die sich gegen die Begründetheit der Hauptforderung richten, im Erstprozess grundsätzlich unzulässig sind.241 Konsequenterweise müsste auch diese Rechtsprechung in dem Sinne geändert werden, dass dies nur dann gilt, wenn es dem Gläubiger nicht möglich war, die Bürgschaft so auszugestalten, dass keine Zweifel an der Berechtigung des Gläubigers herrschen. Insbesondere müssten alle Auslegungsfragen nur mittels Urkunden gelöst werden. Schon abgesehen von der fehlenden rechtlichen Begründung liegt ein ungelöstes Problem der hier geschilderten neueren Rechtsprechung des BGH darin, dass der Begriff der „vom Gläubiger im Erstprozess geltend gemachter Hauptforderung“ unklar ist. Denn der Gläubiger macht im Erstprozess keine Hauptforderung geltend; er macht den formellen Anspruch geltend, und um diesen Anspruch zu begründen, braucht er die Hauptforderung, die Anlass für die Inanspruchnahme oder zur Klageerhebung war, gar nicht zu nennen. Es ist deshalb nicht klar, wel239 Auch wenn aus der Aussage des BGH in BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99, wonach die strenge Rechtswirkungen einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nur dann gerechtfertigt seien, wenn sich schon aus der Bürgschaftsurkunde selbst zweifelsfrei ergebe, dass die geltend gemachte Forderung gesichert ist, gefolgert werden könnte, dass der Zeugenbeweis nur gegen den Bürgen unzulässig sein sollte. 240 Zu der Möglichkeit, dass der materielle Anspruch Gegenstand des Erstprozesses wird, siehe Kap. 6, A. 241 BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98; so auch OLG Köln, Urteil vom 30. 10. 1997, 12 U 40/97.
G. Der Einwand des nicht gesicherten Risikos
261
che Tatsache eigentlich Gegenstand eines Beweises sein sollte. Die Entscheidung des BGH vom 2. 4. 1998 zeigt besonders deutlich, dass diese Frage unbeantwortet ist.242 Die Rechtsprechung des BGH zum Einwand des nicht gedeckten Risikos wird von den Gerichten grundsätzlich nicht in Frage gestellt.243 In der Praxis wird sie aber eher liberal gehandhabt, so dass fraglich sein kann, ob die in den Entscheidungen vom 14. 12. 1995 und vom 25. 2. 1999 entwickelten Grundsätze tatsächlich angewandt werden. So hat das OLG Düsseldorf im Urteil vom 14. 4. 1999 entschieden, dass der Bürge auf erstes Anfordern mit dem Einwand des nicht gedeckten Risikos dann gehört werden kann, wenn sich die Beschränkung der Bürgenverpflichtung im Wege der Auslegung aus der Urkunde selbst unter ergänzender Berücksichtigung sonstiger unstreitiger oder durch Urkunden belegter Umstände ergibt.244 Mit anderen Worten hat das Gericht verlangt, dass der Bürge die Beschränkung der Haftung beweist, während der BGH im Urteil vom 25. 2. 1999 verlangt hat, dass der Gläubiger beweist, dass die Hauptforderung verbürgt ist. Das OLG Frankfurt am Main hat sich im Urteil vom 8. 2. 2000 ähnlich geäußert.245 Das Gericht hat dort die Frage aufgeworfen, ob die Rechtsprechung zum Einwand des nicht gedeckten Risikos auch auf typische Garantien auf erstes Anfordern anwendbar ist. Es hat dies unterstellt und festgehalten, dass selbst wenn dies der Fall wäre, dieser Einwand im zur Entscheidung stehenden Fall deshalb nicht durchgreifen würde, weil er nicht ausreichend dargetan wurde. Die Beschränkung des Sicherungsumfanges der Garantie lasse sich der Urkunde auch unter Heranziehung ergänzender urkundlich belegter oder unstreitiger Umstände nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen. Auch in einem späteren Urteil hat das OLG Frankfurt am Main zwar im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH festgestellt, dass der Bürge auf erstes Anfordern bereits im Erstprozess einwenden kann, die Bürgschaft sichere nicht die dem Zahlungsbegehren des Gläubigers zugrundeliegende Hauptforderung.246 Das OLG hat dann aber entschieden, dass im Erstprozess nur solche Beschränkungen des verbürgten Risikos auf einzelne Ansprüche beachtlich sind, die im Wege der Auslegung dem Inhalt der Urkunde selbst zu entnehmen sind, wobei sonstige unstreitige oder durch Urkunden belegte Umstände ergänzend berücksichtigt werden dürfen. Alle diese Entscheidungen stellen die Rechtsprechung des BGH zwar formell nicht in Frage,
242 BGH,
Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97. beispielsweise OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01, OLG Celle, Urteil vom 11. 11. 2004, 5 U 107/04, OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. 1. 2005, I-15 U 35/04, BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99 (zu einem Fall, in dem die Person des Gläubigers aus der Urkunde nicht klar genug hervorging – vgl. noch anders OLG Schleswig, Urteil vom 6. 12. 1983, 3 U 70/82). 244 OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. 4. 1999, 15 U 176/98. 245 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 8. 2. 2000, 5 U 152/98. 246 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00. 243 Akzeptierend
262
Kap. 6: Der Erstprozess
in der Praxis wenden sie sie aber nicht an, weil sie die Voraussetzungen des Einwandes sehr streng auslegen.247 Im Schrifttum wird die Rechtsprechung des BGH zum Einwand des nicht gedeckten Risikos unterschiedlich beurteilt. Fischer stimmt ihr ohne Einschränkung zu.248 Ausdrücklich kritisiert wird sie von Moritz und Nielsen.249 Beide weisen darauf hin, dass es keine Grundlage dafür gibt, dem Gläubiger die Last aufzuerlegen, den Umfang der gesicherten Forderungen zu beweisen, und die Beweisführung dazu noch auf urkundliche Beweise zu beschränken – und zwar auch dann, wenn kein Urkundenprozess geführt wird. Es gibt auch viele Stimmen in der Literatur, die den Einwand grundsätzlich als zulässig betrachten, ihn aber anders als in der Rechtsprechung verstehen oder begründen. So ist Eleftheriadis der Auffassung, der Einwand, bei dem Zahlungsbegehren handele es sich nicht um eine gesicherte Hauptforderung, sei zulässig, ergebe sich aber entgegen der Rechtsprechung nicht aus dem Akzessorietätsgrundsatz, sondern stehe mit dem Sicherungszweck im Zusammenhang.250 Der Bürge auf erstes 247 Eine Außnahme bildet hier OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. 4. 2012, I-16 U 34/11. In diesem Fall hat das Gericht die in der Bürgschaft auf erstes Anfordern enthaltene gewöhliche Bürgschaft als wegen Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes unwirksam angesehen und diesen Einwand unter Berufung auf die Rechtsprechung des BGH zum Einwand des nicht gedeckten Risikos im Erstprozess berücksichtigt. Allerdings könnte fraglich sein, inwiefern diese Entscheidung in der Tat auf der Rechtsprechung des BGH beruht. In dem Fall OLG München, Urteil vom 17. 11. 2008, 17 U 4220/08, in dem die Klage ebenfalls abgewiesen wurde, hat das Gericht festgestellt, dass die geltend gemachten Forderungen nicht verbürgt sind, ohne sich ausdrücklich auf die Rechtsprechung des BGH zum Einwand des nicht gedeckten Risikos zu berufen (dieser Einwand war aber wohl die Grundlage der Klageabweisung, auch wenn diese potenziell auch vom Missbrauchseinwand getragen werden könnte). In dem Fall LG Köln, Urteil vom 27. 6. 2003, 32 O 61/03, hat das Gericht die Klage unter Berufung auf BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95, abgewiesen, da die Nichtverbürgung der Hauptforderung sich direkt aus der Bürgschaftsurkunde ergebe und der Sicherungszweck der Bürgschaft inhaltlich eindeutig zu sein habe. Im Übrigen wurde auch für den Fall der typischen Garantie auf erstes Anfordern in OLG Stuttgart, Urteil vom 1. 12. 2010, 9 U 89/10, die Frage der „hinreichenden Bestimmtheit“ der gesicherten Forderung diskutiert, wobei das Gericht es unterlassen hat, zu erklären, woher ein solches Kriterium überhaupt kommt. 248 Fischer, Schutz, S. 530. So auch Schlenzig, S. 81 f. 249 Moritz, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 25. 2. 1999, S. 209 f, Nielsen, Gefährdung, S. 495 und 500. Nielsen, Gefährdung, S. 500, nennt das Urteil vom 25. 2. 1999 „nicht haltbar“. 250 Eleftheriadis, S. 114 f. Eleftheriadis meint, diese Einwendung sei eine inhaltliche Einwendung, weil (oder sofern) sie im Wege der Auslegung der Bürgschaftsurkunde zu beurteilen ist; die Zulässigkeit von inhaltlichen Einwendungen soll sich nach seiner Meinung aus einer analogen Anwendung der §§ 784 Abs. 1, 796 BGB ergeben. Diese Ausführungen überzeugen nicht. Zum einen ist eine analoge Anwendung der §§ 784, 796 BGB auf die Bürgschaft auf erstes Anfordern weder erforderlich noch möglich. Zum anderen ist der von Eleftheriadis verwendete Begriff einer inhaltlichen Einwendung entbehrlich; er erklärt nicht, ob und warum die Einwendung zulässig sein soll.
G. Der Einwand des nicht gesicherten Risikos
263
Anfordern verspreche nicht Zahlung schlechthin, sondern Zahlung zur Sicherung einer fremden Verbindlichkeit. Deshalb sei eine solche Einwendung auch mit der streng nichtakzessorischen (typischen) Garantie auf erstes Anfordern vereinbar.251 Teilweise in diese Richtung geht auch Horn. Seiner Meinung nach ist die Bezeichnung der Hauptforderung, die den Eintritt des (materiellen) Bürgschaftsfalles verursacht, unentbehrlicher Bestandteil der Zahlungsaufforderung; dies soll aus dem Urteil des BGH vom 14. 12. 1995 folgen.252 Der Einwand gelte deshalb auch für die Garantie auf erstes Anfordern.253 In diesem Sinne hat sich auch Bülow geäußert.254 In Bezug auf die (typische) Garantie auf erstes Anfordern haben auch andere Stimmen im Schrifttum den Einwand für zulässig gehalten, die Garantie werde wegen eines Risikos in Anspruch genommen, dass von ihr nicht gedeckt ist. So sagt Kleiner, dass jede Garantie ein bestimmtes Risiko sichert und für ein anderes Risiko nicht beansprucht werden kann.255 Die Garantie könne nur im vereinbarten Kontext – also im Rahmen des Verpflichtungswillens, der sich auf einen bestimmten Sicherungszweck bezieht – in Anspruch genommen werden.256 Sonst sei die Inanspruchnahme zweckwidrig.257 Allerdings liege die Beweislast betreffend den Umfang der vereinbarten Sicherung beim Garanten.258 Nach Auffassung des Verfassers ist die Rechtsprechung des BGH zum Einwand des nicht gedeckten Risikos entschieden abzulehnen. Der Einwand in der vom BGH entwickelten Form ist dogmatisch nicht zu begründen und erfüllt auch kein praktisches Bedürfnis.259 Dogmatisch ist nicht zu begründen, warum gerade dem Umfang der Verbürgung eine besondere Bedeutung zukommen soll; weniger noch kann begründet werden, warum der Gläubiger diesen Umfang ausschließlich mit urkundlichen Beweisen soll nachweisen können. Aus praktischer Sicht trifft es nicht zu, dass die Geltendmachung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern wegen einer nicht verbürgten Forderung Quelle besonderer Gefahren für den Bürgen ist; die wirkliche Gefahr geht eher von solchen Gläubigern aus, die eine verbürgte, aber nicht bestehende Hauptforderung zum Anlass der Inanspruchnahme geltend machen. Darüber 251 Eleftheriadis, S. 114, beruft sich insofern auf Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1135. Allerdings ist nicht ganz klar, in welcher Weise die Ausführungen von Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1135, zur Art und zum Umfang des gedeckten Risikos nach seiner eigenen Auffassung auf Garantien auf erstes Anfordern anwendbar sein sollten. 252 Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 29 und 34. 253 Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 267. 254 Bülow8, S. 580. 255 Kleiner, Die Garantie, S. 167. Ähnlich Schütze/Edelmann, S. 117. Vgl. auch J. Schröder, S. 2358, der viel weiter geht und meint, der Verpflichtungsgrund sei sogar zu beweisen, so dass beispielsweise bei einer Anzahlungsgarantie die Hingabe der Anzahlung nachgewiesen werden muss. 256 Kleiner, Die Garantie, S. 168 und 199 f. 257 Kleiner, Die Garantie, S. 200. 258 Kleiner, Die Garantie, S. 168 und 200. 259 So auch Moritz, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 25. 2. 1999, S. 210.
264
Kap. 6: Der Erstprozess
hinaus ist unklar, was unter dem Begriff der „geltend gemachten Hauptforderung“ gemeint ist, d.h. in Bezug auf welche Forderung der Gläubiger zu beweisen hat, dass sie verbürgt war; durch diese Unklarheit werden nur neue Problemfelder geschaffen. Auch wenn man die Rechtsprechung des BGH zum Einwand des nicht gedeckten Risikos ablehnt, so bedeutet dies noch nicht, dass es überhaupt nicht möglich ist, sich darauf zu berufen, dass der Begünstigte (der Gläubiger) die Bürgschaft auf erstes Anfordern wegen einer Forderung in Anspruch nimmt, die nicht verbürgt ist. Denn erstens könnte in einem solchen Fall Missbrauch vorliegen, wenn offensichtlich oder liquide beweisbar wäre, dass die Forderung nicht verbürgt ist und dass dem Begünstigten keine andere verbürgte Forderung zusteht.260 Zweitens könnte der Missbrauchseinwand auch dann begründet sein, wenn aus der Zahlungsaufforderung hervorginge, dass der Begünstigte selbst an den Eintritt des materiellen Anspruchsfalles nicht glaubt.261 Und drittens aber ist im Einklang mit der oben zitierten Auffassung eines Teils des Schrifttums anzunehmen, dass sowohl bei der Bürgschaft als auch bei der Garantie auf erstes Anfordern es grundsätzlich möglich ist, den Einwand zu erheben, die Sicherheit werde zweckwidrig ausgenutzt. Dieser Einwand beruht nicht auf der (im Falle einer Garantie nicht vorhandenen) Akzessorietät, sondern ist ein besonderer Fall einer missbräuchlichen Verwertung einer Sicherheit. Er gehört deshalb dogmatisch zu dem im nächsten Kapitel diskutierten Missbrauchseinwand.262
H. Der Missbrauchseinwand Der formelle Anspruch – soweit er besteht und im Übrigen gerichtlich durchsetzbar ist – könnte unter Umständen entgegen dem in § 242 BGB verankerten Grundsatz von Treu und Glauben vom Begünstigten geltend gemacht werden. In einem solchen Fall spricht man von einem Missbrauch des formellen Anspruchs. Dementsprechend steht dem Versprechenden gemäß § 242 BGB der Missbrauchs einwand zu, der es ihm erlaubt, die Leistung aus dem Versprechen auf erstes Anfordern zu verweigern. Dem Missbrauchseinwand kommt im Recht des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern eine relativ hohe Bedeutung zu.263 Der Grund dafür liegt in der Kon260 Siehe
dazu Kap. 6, H., I. dazu Kap. 6, H., III. 262 Siehe vor allem Kap. 6, H., IV. und insbesondere Kap. 6, Fn. 311. Es ist darauf hinzuweisen, dass für die Bürgschaft auf erstes Anfordern – genau wie für die typische Garantie auf erstes Anfordern – die in der Erklärung des Bürgen oder des Garanten enthaltene Ermächtigung des Schuldners durch den Erklärenden zur Setzung eines Zwecks der Zuwendung (vgl. dazu Kap. 3, Fn. 160) auch in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen könnte. Geht man davon aus, dass der Schuldner als Ermächtigter nicht jeden Zweck der Zuwendung setzen darf, so könnte man fragen, was passiert, wenn er über die Grenzen der Ermächtigung hinausgeht. Denn aus bereicherungsrechtlicher Sicht könnte es dann sein, dass keine Leistung vorliegt. 263 Dasselbe gilt für das Recht der typischen Garantie auf erstes Anfordern. Beim Akkreditiv ist die Rolle dieses Einwands wohl etwas geringer, weil die bei Akkreditiven vor261 Siehe
H. Der Missbrauchseinwand
265
struktion des formellen Anspruchs: da für die Geltendmachung dieses Anspruchs in den meisten Fällen nur wenige Voraussetzungen erfüllt sein müssen und diese Voraussetzungen zudem von anderen Rechtsverhältnissen typischerweise nicht abhängen, kann der formelle Anspruch ohne Rücksicht auf die übrige Rechtslage bestehen und durchsetzbar sein. Dem Versprechenden stehen dann keine Einwendungen oder Einreden außer dem Missbrauchseinwand zu. Insbesondere ist – wie die vorstehenden Kap. 6, A.- Kap. 6, G. zeigen – der Eintritt des materiellen Anspruchsfalls für das Bestehen und die Durchsetzbarkeit des formellen Anspruchs unerheblich; nur über den Missbrauchseinwand kann der Eintritt des materiellen Anspruchsfalls im Erstprozess erheblich werden. Trotz der besonderen Bedeutung des Missbrauchseinwands bei Leistungsversprechen auf erstes Anfordern wird in der vorliegenden Arbeit von einer ausführlichen Erörterung dieses Einwands abgesehen. Denn die Rechtsprechung und das Schrifttum zu diesem Einwand sind so umfangreich, dass eine detaillierte Auseinandersetzung mit ihm die Grenzen der vorliegenden Arbeit über die Maßen ausdehnen würde. Deshalb soll an dieser Stelle nur auf einige wichtigste Elemente dieses Einwands hingewiesen werden. Unter den Gründen, die die Annahme eines Missbrauchs des formellen Anspruchs seitens des Begünstigten rechtfertigen können, gibt es sowohl solche, die für das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern spezifisch sind, als auch Gründe allgemeiner Natur. Im Rahmen der ersten Gruppe kann sich der Versprechende auf den Missbrauchseinwand berufen: 1. wenn die Geltendmachung des formellen Anspruchs nicht dem dem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern innewohnenden Zweck 264 dienen kann, dem Begünstigten zu einer schnellen Durchsetzung des materiellen Anspruchs – wenn dieser besteht und fällig ist – zu verhelfen, 2. wenn der Begünstigte an dem dem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern innewohnenden Zweck, dem Begünstigten zu einer schnellen Durchsetzung des materiellen Anspruchs – wenn dieser besteht und fällig ist – zu verhelfen, kein schützenswertes Interesse mehr hat, oder 3. wenn der Begünstigte selbst zu erkennen gibt, dass er an seine materielle Berechtigung nicht glaubt. Somit bestehen im Rahmen dieser Gruppe zumindest drei typische Formen des Missbrauchs des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern: 1. die Geltendmachung des formellen Anspruchs, obwohl ohne Weiteres festgestellt werden kann, dass der materielle Anspruch nicht besteht oder nicht durchsetzbar ist, zulegenden Dokumente häufig enger an andere Rechtsverhältnisse gekoppelt sind (so beispielsweise Konnossamente und Verladedokumente). 264 Zum Zweck des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern siehe Kap. 4, A.
Kap. 6: Der Erstprozess
266
2. die Geltendmachung des formellen Anspruchs, obwohl der Begünstigte sich in einer solchen wirtschaftlichen Situation befindet, dass er kein Interesse daran hat, zunächst die Leistung zu bekommen und erst dann die Frage klären zu lassen, ob sie ihm auf Grund des materiellen Anspruchs zusteht, 3. die Geltendmachung des formellen Anspruchs, obwohl der Begünstigte selbst zu erkennen gegeben hat, dass er nicht glaubt, dass der materielle Anspruch ihm zusteht und durchsetzbar ist. Diese drei Formen des Missbrauchs werden im Folgenden näher diskutiert.265 Zum Schluss wird dann die zweite Gruppe, d.h. Einwände, die allgemeinerer Art sind und nicht direkt mit dem Zweck des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern im Zusammenhang stehen, erörtert.266
I. Missbrauch wegen ohne Weiteres feststellbaren Nichteintritts des materiellen Anspruchsfalles Wie bereits in Kap. 4, A. dargelegt, dient das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern der schnellen Durchsetzung des materiellen Anspruchs, soweit dieser besteht und im Übrigen durchsetzbar ist. Zur Erreichung dieses Zwecks vereinbaren der Versprechende und der Begünstigte, dass der Begünstigte, ohne dass damit die materielle Rechtslage geändert werden soll, einen formellen Anspruch auf die Leistung schon nach der Erfüllung der formellen Voraussetzungen haben soll. Dieser Anspruch ermöglicht es dem Begünstigten, sich die Leistung grundsätzlich ohne Rücksicht auf das Vorliegen des materiellen Anspruchsfalles zu verschaffen. Dies ist aber nur das formelle Mittel, das zur Erreichung des Zwecks verwendet wird. Denn in der realen Welt ist es unmöglich, einerseits zu gewährleisten, dass der Begünstigte die ihm materiell gebührende Leistung sofort bekommt, und andererseits zugleich zu verhindern, dass er eine ihm materiell nicht zustehende Leistung erhalten kann. Bei einem Streit über die materielle Berechtigung wird nämlich regelmäßig ein langwieriger Prozess notwendig, weil das Ergebnis von der Beantwortung vieler tatsächlicher und rechtlicher Fragen abhängig sein kann. Bei dem Versprechen auf erstes Anfordern wird der Zweck also dadurch erreicht, dass dem Begünstigten vorläufig mehr zugesprochen wird, als ihm materiell zusteht. Dieses „mehr“ soll dem Begünstigten aber nur wegen des Zwecks zustehen; beruft er sich auf dieses „mehr“, obwohl keine Zweifel an dem Fehlen seiner materiellen Berechtigung bestehen, so handelt er missbräuchlich. Denn der formelle Anspruch ist nur deshalb notwendig, weil eine Auseinandersetzung über tatsächliche und rechtliche Fragen, die den Eintritt des materiellen Anspruchsfalls betreffen, andauern kann; deshalb und nur deshalb wird diese Auseinandersetzung in die Zukunft verschoben, und es wird zunächst nur auf den formellen Anspruchsfall abgestellt. Bedarf es keiner langwierigen Auseinandersetzung über tatsächliche und 265 Siehe 266
die Kap. 6, H., I. und Kap. 6, H., III. Siehe dazu Kap. 6, H., IV.
H. Der Missbrauchseinwand
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rechtliche Frage betreffend den materiellen Anspruch, so gibt es keinen Grund, diese Auseinandersetzung schon im Erstprozess zu versäumen. In einem solchen Fall ist deshalb die Berufung auf den formellen Anspruch missbräuchlich – sie wird vom Zweck dieses Anspruchs nicht gedeckt. Im Ergebnis ist anzunehmen, dass Missbrauch vorliegt, wenn der Begünstigte aus dem formellen Anspruch vorgeht, obwohl ohne Verzögerung des Erstprozesses vom Gericht festgestellt werden kann, dass der materielle Anspruchsfall nicht eingetreten ist. Dieser Grundsatz kann in Einklang mit Rechtsprechung und Lehre dahin formuliert werden, dass dem Versprechenden im Erstprozess der Missbrauchseinwand zusteht, wenn liquide beweisbar oder offensichtlich ist, dass der materielle Anspruch dem Begünstigten nicht zusteht oder dass er gerichtlich nicht durchsetzbar ist.267 Er wird gelegentlich damit begründet, dass derjenige, der etwas verlangt, was er sofort zurückerstatten müsste, missbräuchlich handelt (dolo facit qui petit quod statim redditurus est).268 267 In diesem Sinne BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93, BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95, OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. 4. 1999, 15 U 176/98, BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98, BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00, OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. 12. 2001, 11 W 81/01 (obwohl hier die schiefe Formulierung „offensichtlich und liquide beweisbar“ verwendet wurde), BGH, Urteil vom 5. 3. 2002, XI ZR 113/01, OLG Celle, Beschluss vom 30. 4. 2002, 6 W 56/02, LG Osnabrück, Urteil vom 16. 12. 2003, 7 O 1615/03, OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. 3. 2004, 8 U 5/04, OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 7. 2004, I-23 U 172/03, LG Köln, Urteil vom 31. 1. 2006, 27 O 232/05, OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06, OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. 4. 2012, I-16 U 34/11 (die Verlagerung in den Rückforderungsprozess gelte nicht für „offensichtlich begründete Einwendungen“ – wobei das Gericht in der Praxis bei der Prüfung dieser Einwendungen hier sehr weit gegangen ist). Im Schrifttum in diesem Sinne beispielsweise Schlenzig, S. 60, Arnold, S. 203, Bankrechts-Handbuch/Nobbe, § 92, Rn. 498. A.A. vor allem Weth, Bürgschaft, S. 340 f. (für die typische Garantie auf erstes Anfordern), Weth, Das wirksame, S. 978 ff. Die Offensichtlichkeit oder liquide Beweisbarkeit ist dagegen in Bezug auf die formale Berechtigung ohne Bedeutung; diese muss vom Begünstigten insgesamt bewiesen werden; die dem entgegenstehenden Formulierungen in BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95, OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. 1. 1999, 5 U 128/98, und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01 („sofern nicht ausnahmsweise klar auf der Hand liegt, dass der Gläubiger schon formal nicht berechtigt ist“), sind wohl nichts mehr als offenbare Irrtümer; dasselbe gilt für OLG Köln, Beschluss vom 9. 2. 1998, 7 W 58/97 („offensichtlich oder mindestens liquide für jedermann beweisbar ist, daß trotz Vorliegens der materiellen Voraussetzungen der Bürgschaftsfall nicht eingetreten ist“). 268 BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00, OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. 12. 2001, 11 W 81/01, BGH, Urteil vom 28. 6. 2007, VII ZR 199/06, OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. 4. 2012, I-16 U 34/11 (der Gläubiger verlange etwas, was er sofort erstatten müsste). Für typische Garantien vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 6. 7. 2001, 1 U 55/99 -13. Im Schrifttum so vor allem Hein, Der Zahlungsanspruch, S. 98 f. Dagegen Mülbert, Mißbrauch, S. 51 ff., und für die Bürgschaft auf erstes Anfordern Schlenzig, S. 58 f., die darauf hinweist, dass dann das Bestehen dilatorischer Einreden einen Missbrauch nicht zu begründen vermögen würde. Vgl. dazu auch Kupisch, Bona fides, S. 1627. Vgl. auch LG Potsdam, Urteil vom 7. 7. 2010, 8 O 245/09, wo das Gericht (unzutreffend) meinte, dass bei
268
Kap. 6: Der Erstprozess
Der Missbrauchseinwand berechtigt den Versprechenden zur Verweigerung der an sich geschuldeten Leistung aus dem formellen Anspruch.269 Die Beschränkung auf Fälle, in denen das Fehlen der materiellen Berechtigung offensichtlich ist oder liquide bewiesen werden kann, ist materiellrechtlicher Natur und ergibt sich aus dem Zweck des Versprechens auf erstes Anfordern.270 Dabei geht es nicht darum, a priori liquide und nicht liquide Beweismittel zu unterscheiden.271 Vielmehr ist anzunehmen, dass alle Argumente, die zur Annahme des Missbrauchseinwands in diesem Sinne führen sollen, so ausgestaltet sein müssen, dass ihre Prüfung keine Verzögerung des Verfahrens mit sich bringt. Denn nur dann, wenn ohne Verzögerung festgestellt werden kann, dass der Begünstigte materiell nicht berechtigt ist, ist die Geltendmachung des formellen Anspruchs vom Zweck des Versprechens auf erstes Anfordern nicht mehr gedeckt. Ist zur Klärung der materiellen Rechtslage einige Zeit notwendig, so kann der formelle Anspruch seinem Zweck vereinbarungsgemäß dienen; deshalb liegt in diesem Fall kein Missbrauch vor. Aus diesen Gründen muss bei der Prüfung des Missbrauchseinwands ausschlaggebend sein, ob die vom Versprechenden vorgebrachten Argumente zu keiner Verzögerung des Erstprozesses führen. Es ist ohne Belang, ob es sich um tatsächliche oder rechtliche Argumente handelt. Die Beschränkung auf offensichtliche oder liquide beweisbare Umstände betrifft genauso tatsächliche Behauptungen wie rechtliche Auffassungen. Auch die rechtliche Argumentation des Versprechenden muss offensichtlich oder liquide nachvollziehbar sein.272
einer Zahlungsverpflichtung auf erstes Anfordern der Grundsatz, wonach nichts verlangt werden kann, was gleich zurück geleistet werden muss, gerade durchbrochen wird. Gelegentlich wird der Einwand auch auf § 162 Abs. 2 BGB gestützt (vgl. Auhagen, S. 59, Pleyer, Die Bankgarantie, S. 19, von Mettenheim, S. 583). Dagegen Oettmeier, S. 91. 269 So fürs Akkreditiv bereits RG, Urteil vom 16. 2. 1923, II 24/22. 270 Der Annahme eines Beweismittelvertrages, wie das zum Beispiel Oettmeier, S. 99 f., vorschlägt, bedarf es daher nicht. 271 A.A. Oettmeier, S. 97. Skeptisch zum Begriff „liquider Beweise“ OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 27. 4. 1987, 4 W 17/87. Der Zeugenbeweis wurde in BGH, Urteil vom 10. 10. 2000, XI ZR 344/99, schriftliche Erklärungen von Zeugen in OLG Köln, Urteil vom 7. 8. 1986, 7 U 146/86, als unliquid abgelehnt. Dagegen wurden in OLG München, Urteil vom 2. 2. 2005, 27 U 146/04, Zeugen vernommen, damit festgestellt werden könnte, ob die Sicherungsabrede formularmäßig und somit unwirksam vereinbart wurde, was den Missbrauchseinwand begründen könnte – ein Fall, in dem kaum noch von „liquiden Beweisen“ gesprochen werden konnte. Zur Frage, ob eine einstweilige Verfügung liquides Beweismittel sei, siehe BGH, Urteil vom 10. 10. 2000, XI ZR 344/99 (kritisch zu dieser Entscheidung Hahn, Rechtsmissbrauch, S. 2450 f., der eine solche Verfügung generall als liquides Beweismittel ansieht) und Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 204 f. Ob die Einholung eines Gutachtens nach § 293 ZPO im Erstprozess möglich ist, wurde in OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06, offen gelassen. Eleftheriadis, S. 129 f., meint, der Sachverständigenbeweis sei zulässig (so auch Arnold, S. 214), und auch der Zeugenbeweis sei nicht grundsätzlich auszuschließen (a.A. Arnold, S. 214). Nach Graf von Westphalen/ZöchlingJud, S. 203, ist eine eidesstattliche Versicherung jedenfalls kein liquides Beweismittel.
H. Der Missbrauchseinwand
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Zusammenfassend kann somit Folgendes festgestellt werden: präsentiert der Versprechende eine Argumentation und Beweise, die ohne Weiteres, insbesondere ohne Verzögerung des Erstprozesses, darauf schließen lassen, dass der Begünstigte mit dem materiellen Anspruch nicht durchdringen würde, so ist der Versprechende zur Leistungsverweigerung wegen Missbrauchs berechtigt und die Klage muss abgewiesen werden. Diese Auffassung wird von der Rechtsprechung geteilt. Insbesondere wird in der Rechtsprechung immer wieder darauf hingewiesen, dass der Bürge grundsätzlich sofort zu zahlen hat und dass alle Streitfragen tatsächlicher oder rechtlicher Art, deren Beantwortung sich nicht von selbst ergibt, erst nach der Zahlung in einem etwaigen Rückforderungsprozess auszutragen sind.273 Hingegen muss betont werden, dass es entgegen einiger Aussagen nicht darauf ankommt, ob der Missbrauch als solcher offensichtlich ist.274 272
272 In diesem Sinne BGH, Urteil vom 21. 4. 1988, IX ZR 113/87, BGH, Urteil vom 13. 7. 1989, IX ZR 223/88, OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. 12. 1996, 8 U 98/96, OLG München, Urteil vom 23. 7. 1997, 7 U 2697/97, BGH, Beschluss vom 25. 10. 2001, IX ZR 65/00, BGH, Urteil vom 24. 1. 2002, IX ZR 204/00, OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. 3. 2004, 8 U 5/04, LG Köln, Urteil vom 31. 1. 2006, 27 O 232/05, OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06 (Notwendigkeit der Anwendung ausländischen Rechts). Vgl. aber BGH, Urteil vom 9. 12. 2004, VII ZR 265/03, wo der BGH eine offene Rechtsfrage im Erstprozess zuungunsten des Begünstigten entschieden und im Ergebnis den Missbrauchseinwand als begründet erachtet hat (dieselbe Frage wurde in OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18. 12. 2003, 21 U 24/03, noch anders beantwortet); ähnlich wohl OLG Celle, Beschluss vom 6. 6. 2000, 16 U 36/00, OLG Düsseldorf, Urteil vom 4. 11. 2003, I-21 U 36/03. Ausdrücklich a.A. Döhler, S. 58 („Allerdings gilt das Erfordernis der liquiden Beweisbarkeit nur für den Tatsachenvortrag. Die Klärung von Rechtsfragen – seien sie auch kompliziert – muss schon im Anforderungsprozess erfolgen“). 273 Siehe Kap. 1, Fn. 2. 274 Trotzdem werden die Formulierung „offensichtlicher Missbrauch“ oder ähnliche immer wieder verwendet: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 3. 3. 1983, 10 U 244/82, BGH, Urteil vom 21. 4. 1988, IX ZR 113/87, BGH, Urteil vom 17. 1. 1989, BGH, Urteil vom 27. 2. 1992, IX ZR 57/91, BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93, XI ZR 65/88, BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95, BGH, Urteil vom 17. 10. 1996, IX ZR 325/95, OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. 12. 1996, 8 U 98/96, OLG München, Urteil vom 23. 7. 1997, 7 U 2697/97, OLG Köln, Urteil vom 24. 10. 1997, 19 U 38/97, BGH, Urteil vom 2. 4. 1998, IX ZR 79/97, OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. 1. 1999, 5 U 128/98, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 8. 2. 2000, 5 U 152/98, OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99, BGH, Urteil vom 10. 10. 2000, XI ZR 344/99, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00, BGH, Urteil vom 5. 3. 2002, XI ZR 113/01, BGH, Urteil vom 18. 4. 2002, VII ZR 192/01, BGH, Urteil vom 10. 9. 2002, XI ZR 305/01, OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. 3. 2004, 8 U 5/04, OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 7. 2004, I-23 U 172/03, OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06, KG, Urteil vom 1. 4. 2008, 14 U 211/07. Im Schrifttum so beispielsweise Zahn/Ehrlich/Haas, S. 443 f. und 469, Schütze, Einstweilige Verfügungen, S. 1438, Lukas, S. 71. Ausdrücklich so Panagiotopoulos, S. 230 f., der meint, Rechtsmissbrauch liege auch dann vor, wenn die Nichtberechtigung nicht liquide beweisbar ist, Voraussetzung der Erhebung des Rechtsmissbrauchseinwands sei aber, dass dieser offensichtlich oder liquide beweisbar sei. Vgl. die in Kap. 6, Fn. 304 referierte Auffassung von Koziol.
270
Kap. 6: Der Erstprozess
Wie zuvor erläutert, kann es nicht Zweck dieser Arbeit sein, sich ausführlich mit dem Missbrauchseinwand zu beschäftigen. Deshalb sollen vorliegend nur ein paar Bemerkungen dazu gemacht werden. Vor allem ist darauf hinzuweisen, dass der hier besprochene Einwand strukturell nicht mit dem Missbrauchseinwand im Rahmen einer typischen Garantie auf erstes Anfordern identisch ist. Zwar wird dem Garanten auf erstes Anfordern ein ähnlicher Missbrauchseinwand zugebilligt.275 Von der Struktur her ist dieser aber von dem hier besprochenen verschieden; denn die Grundlage des hier besprochenen Einwands ist ein Vergleich des formellen Anspruchs mit dem zwischen denselben Parteien bestehenden (oder eben nicht bestehenden) materiellen Anspruch; dieser materielle Anspruch gilt hier also gewissermaßen als Maßstab. Einen solchen Maßstab gibt es bei der typischen Garantie auf erstes Anfordern nicht. Strukturell sind deshalb beide Einwände vollkommen verschieden. Trotzdem können unter Umständen die bei der typischen Garantie auf erstes Anfordern für den Einwand geltenden Regeln auch auf den in diesem Kap. 6, H., I. besprochenen Einwand Anwendung finden; deshalb wird in einigen Fällen in diesem Kapitel auch auf die zur typischen Garantie auf erstes Anfordern ergangene Rechtsprechung bzw. auf das sie betreffende Schrifttum verwiesen. Die Berechtigung des Missbrauchseinwands in dem hier diskutierten Sinne ist von subjektiven Aspekten unabhängig.276 Denn es geht hier nicht darum, ob 275 Darauf
werden wir noch in Kap. 6, H., IV. zurückkommen. bedeutet nicht, dass subjektive Elemente den Missbrauchseinwand in keinem Fall begründen können, sondern dass sie für die in diesem Kap. 6, H., I. diskutierte Form des Missbrauchseinwands gleichgültig sind; für die in Kap. 6, H., IV. erörterte Missbrauchsform könnten sie dagegen erheblich sein. Im Schrifttum gibt es sowohl Stimmen, die subjektive Elemente beim Missbrauchseinwand für erheblich halten (für die typische Garantie auf erstes Anfordern: Nielsen, Rechtsmißbrauch, S. 259, Nielsen, Ausgestaltung, S. 153 f., von Mettenheim, S. 583, Kleiner, Die Zahlungspflicht, S. 356), als auch solche, die ihre Erheblichkeit leugnen (Oettmeier, S. 100 f., Lukas, S. 79 f.; für die typische Garantie auf erstes Anfordern: Hein, Der Zahlungsanspruch, S. 117, Mülbert, Neueste, S. 1109, Gruel, S. 104 ff., Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 211 f., in diese Richtung geht wohl auch Coing, S. 133, wohl auch Nielsen, Gefährdung, S. 503; einschränkend H. Schmidt, S. 343); vgl. dazu auch Mülbert, Mißbrauch, S. 57 f.; unklar Panagiotopoulos, S. 231 f. (missbräuchliches Verhalten erfordere kein Verschulden, ein solcher Fall sei aber schwer vollstellbar). Zu beachten ist, dass bei indirekten Garantien subjektive Elemente betreffend die auszahlende Zweitbank Einfluss auf die Missbräuchlichkeit der Ziehung einer Rückgarantie auf erstes Anfordern der Erstbank durch diese Zweitbank haben können; dies ist aber eine besondere Konstellation, da das subjektive Element hier den Anspruch aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Erstbank und Zweitbank beeinflusst, und erst dadurch (indirekt) auf die Rückgarantie und derer Missbrauch durchgreift (vgl. BGH, Urteil vom 10. 10. 2000, XI ZR 344/99, Moritz, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 10. 10. 2000, S. 1254, sowie beispielsweise Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 297 ff.). Im Zusammenhang damit steht auch das Problem, inwiefern bei der Beurteilung der Ziehung einer ausländischem Recht unterliegenden Garantie der Zweitbank die Missbrauchsproblematik unter Berufung auf den ordre public im Rahmen deutschen Rechts gelöst werden kann, vgl. dazu LG Frankfurt am 276 Dies
H. Der Missbrauchseinwand
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der Begünstigte wider besseres Wissen oder gar betrügerisch handelt. Vielmehr ist notwendig und ausreichend, dass seine fehlende materielle Berechtigung ohne Weiteres festgestellt werden kann; ob diese fehlende Berechtigung ihm bewusst ist, ist dagegen ohne Belang.277 Damit der Versprechende mit dem Missbrauchseinwand Erfolg hat, muss dieser Einwand im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung begründet sein. Es kommt also nicht auf die materielle Rechtslage im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Versprechens auf erstes Anfordern an.278 Es ist etwa möglich, dass eine zunächst nicht zu beanstandende Inanspruchnahme erfolgt und erst später die Verfolgung des formellen Anspruchs missbräuchlich geworden ist (weil sich die materielle Rechtslage geändert hat oder weil potenzielle Streitfragen inzwischen ausgeräumt wurden).279 Es ist aber ebenso denkbar, dass bei der Inanspruchnahme Missbrauch vorlag, sich aber die materielle Rechtslage nachträglich änderte, so dass der Klage im Erstprozess doch stattzugeben ist. Die Umstände, die den Missbrauchseinwand begründen können, sind vielfältig. Missbrauch liegt nicht nur dann vor, wenn ohne Weiteres festgestellt werden kann, dass der materielle Anspruch nicht besteht,280 sondern auch dann, wenn er verjährt281 Main, Urteil vom 11. 12. 1979, 3/10 O 123/79, LG Dortmund, Urteil vom 9. 7. 1980, 10 O 9/80, Heinsius, Zur Frage, S. 249 f., Nielsen, Rechtsmißbrauch, S. 259, Coing, S. 137, Heldrich, S. 191 f., Bark, Rechtsfragen, S. 413, von Mettenheim, S. 584, Oettmeier, S. 104 f., Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 300 ff. 277 OLG Köln, Urteil vom 7. 8. 1986, 7 U 146/86. A.A. OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99 („der Einwand des Rechtsmißbrauchs stets auch ein subjektives Element beinhaltet in dem Sinne, dass der Rechtsinhaber wissen muss, dass er sein Recht nur formell ohne materielle Berechtigung in Anspruch nimmt“). 278 A.A. BGH, Urteil vom 25. 9. 1996, VIII ZR 76/95, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 9. 2001, 3 U 99/00 („Die Inanspruchnahme der Bürgin am 21. 10. 1999 war nicht rechtsmissbräuchlich. Es war nämlich zu diesem Zeitpunkt nicht offensichtlich oder mindestens liquide für jedermann beweisbar, dass der Bürgschaftsfall nicht eingetreten sei“), OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. 3. 2004, 8 U 5/04. A.A. ausdrücklich auch von Mettenheim, S. 583, Mülbert, Neueste, S. 1109, Panagiotopoulos, S. 229, Gruel, S. 103 f. (Gruel, S. 104, verlangt darüber hinaus, dass der Garant die den Missbrauch begründenden Umstände unverzüglich geltend macht) und wohl auch Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 229 f. (die wohl auf den Zeitpunkt, in dem der Garant seine Prüfung abschließen sollte, abstellen); diese Auffassung steht häufig mit der Auffassung im Zusammenhang, dass Missbrauch nur vorliegt, wenn dem Begünstigten ein Vorwurf in subjektiver Hinsicht gemacht werden kann, vgl. Kap. 6, Fn. 276. 279 So in dem Fall OLG Hamm, Urteil vom 24. 6. 1986, 21 U 150/85, wo der Begünstigte dem durch eine Erledigungserklärung Rechnung getragen hat. 280 Der Einwand kann auch in Bezug auf einen Teil des Anspruchs berechtigt sein, wenn offensichtlich ist, dass dieser Teil nicht besteht. Für die typische Garantie auf erstes Anfordern so auch Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 210; a.A. Mülbert, Mißbrauch, S. 79. 281 Für einen Fall der Geltendmachung der Verjährung der Hauptforderung gemäß § 768 BGB siehe KG, Urteil vom 20. 11. 1986, 22 U 122/86, BGH, Urteil vom 27. 2. 1992, IX ZR 57/91, LG Berlin, Urteil vom 13. 4. 2000, 9 O 313/99. A.A. OLG Düsseldorf, Beschluss vom
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Kap. 6: Der Erstprozess
oder nicht fällig ist282 oder einer Durchsetzungssperre unterliegt.283 Dasselbe gilt, wenn ihm eine andere Einrede entgegengehalten werden kann. So ist es ständige Rechtsprechung, dass dann, wenn dem Hauptschuldner gegen den Gläubiger ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Verzicht auf die Rechte aus der (gewöhnlichen) Bürgschaft zusteht, der Bürge auf erstes Anfordern diesen Anspruch gemäß § 768 BGB als Einrede gegen den Bürgschaftsanspruch geltend machen kann284 und dass – wenn die Erhebung dieser Einrede offensichtlich oder liquide beweisbar berechtigt ist – dem Bürgen auf erstes Anfordern der Missbrauchseinwand zusteht.285
9. 8. 2001, 23 W 46/01, wo die Möglichkeit der Geltendmachung der Verjährung der Hauptforderung als Grundlage eines Missbrauchseinwands wegen der vielfältigen gesetzlichen Hemmungs- und Unterbrechungsgründe generell abgelehnt wurde, sowie Nielsen, Anmerkung zum LG Berlin vom 13. 4. 2000, S. 160. 282 BGH, Beschluss vom 12. 9. 2002, IX ZR 497/00, OLG Braunschweig, Beschluss vom 3. 3. 2004, 8 U 5/04, BGH, Urteil vom 28. 6. 2007, VII ZR 199/06, so auch Fischer, Schutz, S. 532. Die frühere Ansicht, wonach Fehlen der Fälligkeit nicht zum Missbrauch führen kann (so BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93), ist eindeutig überholt. Auch die Auffassung von BGH, Urteil vom 28. 10. 1993, IX ZR 141/93, dass Missbrauch nicht vorliegen kann, wenn lediglich die Höhe des materiellen Anspruchs streitig ist, ist unzutreffend und überholt. 283 LG Osnabrück, Urteil vom 16. 12. 2003, 7 O 1615/03, LG Köln, Urteil vom 31. 1. 2006, 27 O 232/05, OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. 4. 2012, I-16 U 34/11. 284 Für die gewöhnliche Bürgschaft siehe dazu grundlegend BGH, Urteil vom 20. 4. 1989, IX ZR 212/88, sowie BGH, Urteil vom 9. 4. 1992, IX ZR 145/91, BGH, Urteil vom 13. 11. 2003, VII ZR 57/02, BGH, Urteil vom 12. 2. 2009, VII ZR 39/08, BGH, Urteil vom 16. 6. 2009, XI ZR 145/08, OLG Hamm, Urteil vom 2. 3. 2010, 21 U 139/09, BGH, Urteil vom 5. 5. 2011, VII ZR 179/10 (wo zwar eine Bürgschaft auf erstes Anfordern vorlag, sie aber als eine gewöhnliche Bürgschaft geltend gemacht wurde), BGH, Urteil vom 28. 7. 2011, VII ZR 207/09, sowie beispielsweise Tiedtke, Aus dem Hauptschuldverhältnis, S. 942. Vgl. aber BGH, Urteil vom 30. 9. 2004, VII ZR 458/02. A.A. Becker-Eberhard, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 23. 1. 2003, S. 691 f. Vgl. dazu Felke, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 8. 3. 2001, S. 1003. 285 OLG München, Urteil vom 23. 7. 1997, 7 U 2697/97, BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98, OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99, BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00, BGH, Beschluss vom 25. 10. 2001, IX ZR 65/00, OLG Köln, Beschluss vom 14. 1. 2002, 11 U 96/01, BGH, Urteil vom 24. 1. 2002, IX ZR 204/00, BGH, Urteil vom 5. 3. 2002, XI ZR 113/01, OLG Celle, Beschluss vom 30. 4. 2002, 6 W 56/02, BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99, BGH, Urteil vom 23. 1. 2003, VII ZR 210/01, BGH, Urteil vom 3. 4. 2003, IX ZR 287/99, OLG Hamm, Urteil vom 1. 7. 2003, 19 U 38/03, OLG Celle, Urteil vom 13. 11. 2003, 13 U 136/03, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18. 12. 2003, 21 U 24/03, OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 7. 2004, I-23 U 172/03, BGH, Urteil vom 9. 12. 2004, VII ZR 265/03, OLG München, Urteil vom 2. 2. 2005, 27 U 146/04, OLG Celle, Urteil vom 7. 7. 2005, 14 U 23/05, OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. 9. 2005, I-5 U 91/04, BGH, Urteil vom 20. 10. 2005, VII ZR 153/04, OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06, BGH, Beschluss vom 28. 2. 2008, VII ZR 51/07. Im Schrifttum so auch Fischer, Schutz, S. 532, Schlenzig, S. 104 ff. Unzutreffend wird diese Auffassung aber von Fischer, Die Bürgschaft, S. 414 f., in einem Fall angewandt, in dem die Sicherungsabrede nur teilweise unwirksam ist, d.h. in dem eine gewöhnliche Bürgschaft geschuldet ist; denn dann steht dem Hauptschuldner kein Einwand zu, den der Bürge geltend machen könnte. Aus demselben Grunde
H. Der Missbrauchseinwand
273
Dagegen ist zu beachten, dass dies nicht zutreffen kann, wenn § 768 BGB in der Bürgschaft auf erstes Anfordern wirksam abbedungen wurde oder sich der Verzichtsanspruch nicht gegen den materiellen, sondern gegen den formellen Anspruch richtet.286 Bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ist das Bestehen bzw. die gerichtliche Durchsetzbarkeit der Bürgschaftsforderung ausschlaggebend; deshalb können nicht nur Einreden und Einwendungen, die sich gegen die Hauptforderung richten, sondern auch solche, die sich direkt gegen die Bürgschaftsforderung richten, über den Missbrauchseinwand erhoben werden.287 Die Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf den Missbrauchseinwand liegt grundsätzlich beim Versprechenden.288 Zu beachten ist allerdings, dass die Rechtsprechung – ohne dies ausdrücklich zu sagen – zutreffend davon ausgeht, dass die Darlegungslast (nicht die Beweislast!289) in Bezug auf solche Umstände, die im Prozess über den materiellen Anspruch durch den Begünstigten bewiesen werden unzutreffend ist die Schilderung bei Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 216. Ausdrücklich a.A. LG München I, Urteil vom 6. 4. 2009, 2 O 23094/07. 286 So für den Ausschluss von § 768 BGB ausdrücklich BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00, offen gelassen vom OLG Hamm, Urteil vom 5. 11. 1999, 25 U 64/99, offenbar a.A. OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99, und OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. 9. 2005, I-5 U 91/04, jedoch ohne Begründung, sowie Beyer/Knauer, Anmerkung zum OLG Hamm, S. 518. Unverständlich ist die Auffassung von LG München I, Urteil vom 15. 9. 2008, 14 HKO 13891/08, wonach auch dann, wenn die Sicherungsabrede von einem vom Hauptschuldner verschiedenen Auftraggeber abgeschlossen wurde, der Bürge sich über § 768 BGB auf den Einwand, die Bürgschaft auf erstes Anfordern sei über die Sicherungsabrede hinaus gestellt worden, berufen kann. Siehe dazu auch Kap. 6, H., IV. 287 BGH, Urteil vom 31. 1. 1985, IX ZR 66/84, BGH, Urteil vom 27. 2. 1992, IX ZR 57/91, BGH, Urteil vom 14. 12. 1995, IX ZR 57/95, OLG Oldenburg, Beschluss vom 19. 12. 1996, 8 U 98/96, OLG München, Urteil vom 23. 7. 1997, 7 U 2697/97, BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01. Dies übersieht Schlenzig, S. 60, die Missbrauch einer Bürgschaft auf erstes Anfordern (nur) dann annimmt, wenn „akzessorische Einwendungen und Einreden gegen die gesicherte Bürgenverpflichtung offensichtlich oder liquide beweisbar sind“. Einwendungen, die sich direkt gegen die Bürgschaftsforderung richten, können hingegen – außer in den in der Rechtsprechung entwickelten und in Kap. 6, G. diskutierten, kontroversen Situationen – nicht unmittelbar, ohne Vermittlung über den Missbrauchseinwand, im Erstprozess geltend gemacht werden; BGH, Urteil vom 9. 3. 1989, IX ZR 64/88. Dies wird nicht immer beachtet: OLG Düsseldorf, Urteil vom 4. 11. 2003, I-21 U 36/03. 288 So für die typische Garantie auf erstes Anfordern OLG Köln, Urteil vom 7. 8. 1986, 7 U 146/86. 289 Eine Ausnahme bildet hier BGH, Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 198/82, wo dem Begünstigten aus einer typischen Garantie auf erstes Anfordern auch die Beweislast auferlegt wurde; zu dieser Entscheidung und der Kritik Kleiners an ihr siehe Kap. 3, D., II. und Kap. 3, Fn. 88. Offenbar a.A. und unzutreffend OLG Celle, Urteil vom 13. 11. 2003, 13 U 136/03, OLG Celle, Urteil vom 7. 7. 2005, 14 U 23/05, und OLG Düsseldorf, Urteil vom 1. 9. 2005, I-5 U 91/04, wo dem Gläubiger die volle Beweislast in Bezug auf das Vorliegen einer individuellen Aushandlung im Sinne des § 1 Abs. 2 AGBG (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB) auferlegt wurde.
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Kap. 6: Der Erstprozess
müssten, grundsätzlich beim Begünstigten liegt. Diese Auffassung lässt sich am besten anhand eines Beispiels erläutern:290 Ein Bürge auf erstes Anfordern könnte im Erstprozess wie folgt argumentieren: Die gewöhnliche Bürgschaft sei auf Grund einer Sicherungsabrede im Vertrag zwischen Hauptschuldner und Gläubiger geleistet worden. Diese Sicherungsabrede sei AGB und nach AGB-Recht unwirksam gewesen. Deshalb stehe dem Hauptschuldner gegenüber dem Gläubiger ein Anspruch auf Verzicht auf die Rechte aus der gewöhnlichen Bürgschaft zu. Diesen Anspruch könne der Bürge gemäß § 768 BGB dem (materiellen) Bürgschaftsanspruch entgegenhalten. Deshalb sei der Gläubiger im Ergebnis materiell unberechtigt.291 Der Bürge müsste für alle seine Behauptungen liquide Argumente vorbringen; dies gilt sowohl für die behaupteten Tatsachen als auch für die rechtliche Einordnung, beispielsweise dass die Sicherungsabrede den Hauptschuldner unangemessen benachteiligt. In Bezug auf die AGB-Eigenschaft der Sicherungsabrede braucht der Bürge allerdings nicht zu beweisen, dass die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht vorliegen. Es genügt, wenn er liquide beweist, dass die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB erfüllt sind, und behauptet, dass eine Ausnahme gemäß § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht durchgreift. Es ist jetzt Sache des Gläubigers, sich gegen diesen Vortrag zu verteidigen. Der Gläubiger muss allerdings nicht beweisen, dass er die Klausel im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB ausgehandelt hat. Er muss aber, wenn er mit seiner Klage nicht abgewiesen werden will, solche Tatsachen behaupten, aus denen geschlossen werden könnte, dass er die Klausel ausgehandelt hat.292 Mit solchem Vortrag kann er den Einwand des Bürgen erfolgreich entkräften, wenn dieser keine liquiden Argumente dem entgegenhalten kann. Äußert sich aber der Gläubiger zu diesem Einwand nicht oder sind seine Behauptungen nicht geeignet, eine Ausnahme nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB zu begründen, so ist der Missbrauchseinwand als bewiesen zu betrachten. Dieser Position der Rechtsprechung293 ist, auch wenn die Darlegungslast des Begünstigten nicht überspannt werden sollte,294 grundsätzlich zuzustimmen.295 Denn 290 Siehe auch LG Berlin, Urteil vom 13. 4. 2000, 9 O 313/99, wo offensichtliche Verjährung angenommen wurde, da der Gläubiger nicht behauptet hat, verjährungsunterbrechende Maßnahmen eingeleitet zu haben. 291 A.A. und entgegen der ständigen BGH-Rechtsprechung LG München I, Urteil vom 5. 5. 2010, 2 O 14011/05, wo das Gericht meint, dass das AGB-rechtliche Benachteiligungsverbot nicht bezweckt, den Hauptschuldner vor der Inanspruchnahme der Bürgschaft auf erstes Anfordern, sondern nur vor ihren hohen Kosten zu schützen. 292 So auch Schmitz/Vogel, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 18. 4. 2002, S. 1204. 293 Siehe BGH, Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99, und OLG Hamm, Urteil vom 27. 10. 2006, 12 U 76/06, wo der Gläubiger behauptete, eine mündliche Sicherungsabrede geschlossen oder nachträglich geändert zu haben, OLG München, Urteil vom 23. 7. 1997, 7 U 2697/97, BGH, Urteil vom 5. 3. 2002, XI ZR 113/01, und OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. 7. 2004, I-23 U 172/03, wo er behauptete, die Sicherungsabrede individuell ausgehandelt zu haben, OLG Hamm, Urteil vom 15. 3. 2000, 25 U 130/99, OLG Düsseldorf, Urteil vom 4. 11. 2003, I-21 U 36/03, und BGH, Beschluss vom 23. 6. 2005, VII ZR 277/04, wo er dies
H. Der Missbrauchseinwand
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sonst wäre die schlüssige Darlegung des Missbrauchseinwands unmöglich; es ist kaum vorstellbar, dass der Versprechende alle nur potenziellen Zweifel liquide würde ausräumen können, wenn das Schweigen des Begünstigten keine negativen prozessualen Folgen für den letzten hätte. 294
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II. Missbrauch wegen schlechter wirtschaftlicher Lage des Begünstigten Unter Umständen kann die wirtschaftliche Situation des Begünstigten dazu führen, dass er kein schützenswertes Interesse an der schnellen Durchsetzung des materiellen Anspruchs hat. In solchen Fällen soll er sich auf die Geltendmachung des materiellen Anspruchs beschränken und auf die dank des formellen Anspruchs ermöglichte Beschleunigung seiner Durchsetzung verzichten. Die erste Entscheidung, die auf das Problem zumindest hingedeutet hat, war ein eine typische Garantie auf erstes Anfordern betreffendes Urteil des OLG Frankfurt am Main aus dem Jahre 1984.296 Das Gericht hat darin entschieden, dass der Garant gegen den Garantieanspruch mit eigenen Gegenansprüchen aufrechnen kann, wenn die Durchsetzung des Rückforderungsanspruchs an einer bereits bei Garantieinanspruchnahme bestehenden Insolvenz des Begünstigten scheitern würde. Diese Entscheidung betrifft zwar an sich nur das Entfallen eines Aufrechnungsverbots; ihr könnte aber analog zu entnehmen sein, dass die Geltendmachung des formellen Anspruchs generell in einem solchen Fall unzulässig ist. Das Gericht hat die Entscheidung unter anderem damit begründet, dass die für den aktiven Kaufmann entscheidende Liquiditätsfunktion der Garantie bei dessen Zahlungsunfähigkeit keine Rolle mehr spielt; zusammenfassend bedeutet dies: dem „erst zahlen“ schließt sich in einem solchen Fall kein „dann prozessieren“ mehr an. Auf den formellen Anspruch aus einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern ist dieser Gedanke etwas später angewandt worden. So hat das OLG Brandenburg entschieden, dass, nachdem sich der Gläubiger in Liquidation befindet, der Bürge auf erstes Anfordern nicht mehr gehindert ist, Einwendungen gegen die Hauptschuld geltend zu machen.297 Dies wurde aber vom Gericht dahingehend präzisiert, dass ein Missbrauch dann vorliegt, wenn liquide eben nicht schlüssig dargelegt hat. Unklar insofern OLG Hamm, Urteil vom 5. 11. 1999, 25 U 64/99, wo der Klage wegen der Nichtoffensichtlichkeit des Fehlens der Sicherungsabrede stattgegeben wurde, aus dem Tatbestand aber nicht hervorgeht, ob der Gläubiger sich zu diesem Einwand des Bürgen geäußert hat oder nicht. 294 Überspannt wurde sie beispielsweise wohl in OLG Hamm, Urteil vom 23. 5. 2000, 24 U 19/00. 295 Allerdings hat sich das OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01, gegen die Möglichkeit der Anwendung des Anscheinsbeweises zugunsten des Bürgen ausgesprochen. 296 OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26. 6. 1984, 5 U 221/83. 297 OLG Brandenburg, Beschluss vom 27. 12. 2001, 11 W 81/01.
276
Kap. 6: Der Erstprozess
beweisbar und offenkundig ist, dass der Bürge auf erstes Anfordern auf Grund des zwischenzeitlich eingetretenen vollständigen Vermögensverfalls des Gläubigers nicht mehr in der Lage sein wird, sein im Rückforderungsprozess materiell erstrittenes Recht auch wirtschaftlich durchzusetzen. Begründet worden ist diese Auffassung vor allem damit, dass dem Bürgen ansonsten zugemutet würde, den Verlust der Bürgschaftssumme ohne rechtliche Prüfung endgültig zu tragen; auch hier ging es somit darum, dass sich wirtschaftlich dem „erst zahlen“ kein „dann prozessieren“ mehr anschließen würde. Diese Auffassung ist vom BGH mit Urteil vom 4. 7. 2002 bestätigt worden.298 Er hat festgestellt, dass der Bürge auf erstes Anfordern zwar grundsätzlich auch bei Liquiditätsschwierigkeiten des Gläubigers auf erstes Anfordern zu zahlen hat. Ausnahmsweise sei die Geltendmachung des formellen Anspruchs durch den Gläubiger gemäß § 242 BGB aber missbräuchlich, wenn ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen mangels Masse nicht eröffnet oder Masseunzulänglichkeit angezeigt worden ist; die Voraussetzungen des Missbrauchseinwandes – d.h. die wirtschaftliche Lage des Gläubigers – habe der Bürge darzulegen und zu beweisen. In der Begründung der Entscheidung setzt sich der BGH vor allem mit Meinungen auseinander, die dem Bürgen schon bei Liquiditätsschwierigkeiten des Gläubigers eine Einwendung geben wollen. Diese Auffassung wird abgelehnt: nur dadurch, dass der Bürge auf erstes Anfordern grundsätzlich auch dann zur Zahlung verpflichtet ist, wenn sich der Gläubiger in Liquiditätsschwierigkeiten befindet, könne die Bürgschaft auf erstes Anfordern ihrem Zweck gerecht werden. Davon sei aber eine Ausnahme dann zuzulassen, wenn das Insolvenzverfahren mangels Masse nicht eröffnet oder die Masseunzulänglichkeit angezeigt worden ist. Denn in diesen Fällen sei der Gläubiger auf die Liquidität nicht mehr angewiesen, weil mangels oder wegen unzulänglicher Masse eine weitere wirtschaftliche Tätigkeit seinerseits nicht erfolgen werde. Es genüge jedoch für den Missbrauchseinwand nicht alleine, dass ein Rückforderungsprozess für den Bürgen voraussichtlich wirtschaftlich aussichtslos wäre.299 Denn insolvente Unternehmen können zu Sanierungszwecken fortgeführt werden und Liquidität benötigen. Diese Auffassung ist auch später von der Rechtsprechung angewandt worden.300 Sie ist an sich ohne Weiteres zu akzeptieren301 und auf alle Versprechen auf erstes 298 BGH,
Urteil vom 4. 7. 2002, IX ZR 97/99. dazu Dieckmann, S. 184; nach seiner Auffassung ist der BGH hier zu streng, wenn er dem Bürgen nur dann den Missbrauchseinwand gibt, wenn „ganz sicher jede Hoffnung auf Rückzahlung vergebens ist“. Auch Schlenzig, S. 110 f., scheint viel liberaler als der BGH zu sein, wenn sie nur eine „substantiierte Darlegung“ der Befürchtungen des Bürgen verlangt. Liberaler äußern sich auch Clemm, S. 127, der meint, Missbrauch liege vor, wenn eine Rückforderung zumindest mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmöglich sein wird, sowie Lukas, S. 82, der hier noch verlangt, dass dies auf Umständen beruht, die sich erst nach Vertragsschluss ergeben haben. Vgl. dazu auch von Mettenheim, S. 584. 300 BGH, Urteil v. 3. 4. 2003, IX ZR 287/99, OLG Düsseldorf, Urteil v. 10. 4. 2003, 5 U 129/02. 299 Kritisch
H. Der Missbrauchseinwand
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Anfordern anzuwenden. In der Tat verliert der Begünstigte, der sich in masseloser Insolvenz befindet, jedes berechtigte Interesse daran, die Leistung ohne Prüfung des materiellen Anspruchsfalles zu erhalten. Der formelle Anspruch dient nur der schnelleren Durchsetzung des materiellen Anspruchs; hat der Begünstigte an dieser Beschleunigung kein schützenswertes Interesse, so sollte er sich – angesichts der potenziell gravierenden Folgen für den Versprechenden – auf die Geltendmachung des materiellen Anspruchs beschränken. Steht ihm der materielle Anspruch zu, so wird er die Leistung ohnehin erhalten. Fraglich könnte nur sein, ob ihm unter Umständen nicht das Recht zugesprochen werden sollte, vom Versprechenden Sicherheit wegen des materiellen Anspruchs verlangen zu können. Denn sonst kann ein späterer Vermögensverfall des Versprechenden die Lage des Begünstigten in unberechtigter Weise verschlechtern. 301
Die Beweislast betreffend die wirtschaftliche Lage des Begünstigten liegt selbstverständlich beim Versprechenden. Dabei ist zu beachten, dass nur die offensichtliche oder liquide beweisbare masselose Insolvenz den Missbrauchseinwand begründen kann. Ist die Frage streitig, so liegt kein Missbrauch vor, denn der formelle Anspruch dient eben der Sicherung des Begünstigten vor der Verzögerung der Realisierung des materiellen Anspruchs. Dieser Zweck wäre aber gefährdet, wenn die wirtschaftliche Lage des Begünstigten auch in sonstigen Fällen entscheidungserheblich wäre. Ist diese Lage unklar, so ist die Geltendmachung des formellen Anspruchs nicht zweckwidrig und verstößt somit nicht gegen Treu und Glauben.
III. Missbrauch wegen widersprüchlichen Verhaltens des Begünstigten Bereits in Kap. 4, A. ist darauf hingewiesen worden, dass der Zweck des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern dadurch erreicht werden soll, dass der Begünstigte – nach Erfüllung der formellen Voraussetzungen – die Leistung sofort bekommen soll, wenn er, der Begünstigte, der Meinung ist, er habe auf sie einen materiellen Anspruch. Gibt der Begünstigte selbst zu erkennen – beispielsweise in der Zahlungsaufforderung – dass er an seine Berechtigung nicht glaubt und dass die Inanspruchnahme aus sachfremden Gründen erfolgt, so ist das Anfordern missbräuchlich. Ein solches Anfordern braucht vom Versprechenden nicht honoriert zu werden.302 301 So auch Fischer, Schutz, S. 531 und 536. Schlenzig, S. 104 f., ist einerseits für den Bürgen großzügiger (siehe Kap. 6, Fn. 299), andererseits gibt sie ihm nur eine Einrede, die es ihm ermöglichen soll, Zahlung zu verweigern, solange ihm keine Sicherheit gewährt wird. A.A. Oettmeier, S. 101 ff., und Arnold, S. 286, die ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Vermögenverfalls des Gläubigers überhaupt ablehnen. 302 So wie hier jetzt Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 196 (entgegen der früher vertretenen Auffassung). Im Übrigen scheint die hier vorgeschlagene Form des Missbrauchs bisher in der Rechtsprechung und im Schrifttum nicht anerkannt worden zu sein. Allerdings wurde das hier beschriebene widersprüchliche Verhalten unter Umständen als zur Unwirk-
278
Kap. 6: Der Erstprozess
IV. Andere Fälle des Missbrauchs Außer den für das Leistungsversprechen auf erstes Anfordern spezifischen und mit ihrem Zweck im Zusammenhang stehenden Formen des Missbrauchseinwands kann die Geltendmachung des formellen Anspruchs auch aus anderen, allgemeineren Gründen als missbräuchlich eingestuft werden. So ist wohl anzunehmen, dass die Geltendmachung des formellen Anspruchs unter Umständen missbräuchlich sein kann, wenn sie betrügerischen Charakter hat, selbst wenn der Betrug nicht offensichtlich oder liquide beweisbar ist (und somit nicht schon Missbrauch nach Kap. 6, H., I. vorliegt). In der deutschen Rechtsprechung scheint es zwar keine Entscheidungen zu geben, die dem Versprechenden bzw. dem Garanten einer typischen Garantie auf erstes Anfordern einen solchen Einwand ohne Rücksicht auf das Kriterium der Offensichtlichkeit bzw. der liquiden Beweisbarkeit zubilligten, und zwar selbst dann nicht, wenn Betrug vorliegen sollte.303 Im Schrifttum wird aber nicht selten geäußert, dass dieses Kriterium nicht unbedingt als Voraussetzung des Missbrauchseinwands gelten soll.304 samkeit der Aufforderung aus formalen Gründen führend betrachtet; siehe dazu Kap. 5, A., I., 3., d). Für einen Fall solchen widersprüchlichen Verhaltens siehe Wittmann, S. 483, und den dort beschriebenen Fall des OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. 11. 1996, 22 U 83/96. Nicht ganz klar war die Lage in BGH, Urteil vom 29. 5. 2008, IX ZR 45/07, wo der (atypische) Garant auf erstes Anfordern sich auf Missbrauch berufen und dem Begünstigten vorgeworfen hat, dass seine Tochtergesellschaften selbst die Wirksamkeit der garantierten Verträge in anderen Rechtsstreitigkeiten leugneten; der BGH wies dieses Vorbringen als unerheblich zurück. 303 Auch wenn zum Beispiel der eine typische Garantie auf erstes Anfordern betreffende Fall OLG Celle, Urteil vom 18. 3. 2009, 3 U 167/08, in Wirklichkeit eher an den offensichtlichen Betrug des Begünstigten als an die offensichtliche Nichtberechtigung anknüpft (und übrigens die Anforderungen an die Garantiebank wohl überspannt). Für eine wohl unter die hier erwähnte Beschreibung fallende Konstellation aus dem Bereich der typischen Garantie auf erstes Anfordern siehe das Urteil des polnischen Obersten Gerichts OG, Urteil vom 25. 1. 1995, III CRN 70/94, wo offenbar angenommen wurde, dass der Begünstigte mit dem Hauptschuldner kollusiv die garantierende Bank betrügen wollten: der Hauptschuldner hat bei der begünstigten Bank zum Schein einen Kredit aufgenommen, für den die garantierende Bank eine typische Garantie erteilte. Der Kredit wurde ausgezahlt und an mit dem Eigentümer der begünstigten Bank verbundene Gesellschaften im Ausland weitergeleitet. Die begünstigte Bank nahm dann die garantierende (staatliche) Bank in Anspruch. Das Oberste Gericht hat den durch die Garantin erhobenen Missbrauchseinwand berücksichtigt (kritisch dazu – mit meines Erachtens unzutreffender Argumentation – Litwińska, S. 33, und Tracz, Glosa, S. 81). Der Fall zeigt, dass Mülbert nicht Recht hatte, als er sagte: „Und der Ausnahmefall eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen Begünstigten und Auftraggeber zur Schädigung der Bank wird in der Realität praktisch nie vorliegen“ (Mülbert, Mißbrauch, S. 58); hier lag ein solcher Fall sehr wohl vor. 304 Mülbert, Neueste, S. 1108, Heinsius, Zur Frage, S. 233 und 250, Bydlinski, Moderne, S. 179. Ausdrücklich a.A. Eleftheriadis, S. 128 ff., Arnold, S. 212 f. Im Ergebnis wie hier Koziol, Der Garantievertrag, S. 63 f., der darauf aufmerksam macht, dass jeder Rechtsmissbrauch als Einwendung erhoben werden kann und zwar ohne Rücksicht auf die Beweislage,
H. Der Missbrauchseinwand
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Gelegentlich wird die Frage gestellt, ob im Allgemeinen der Missbrauchseinwand beim Leistungsversprechen (der Bürgschaft) auf erstes Anfordern nicht unabhängig vom Maßstab des materiellen Anspruchs zugelassen werden sollte.305 Die Frage stellt sich unter anderem im Zusammenhang mit folgender Überlegung: Besteht die Hauptschuld offensichtlich nicht, so steht dem Bürgen der Missbrauchseinwand zu. Dies soll aus dem Akzessorietätsgrundsatz folgen; denn besteht die Hauptschuld nicht, so besteht auf Grund der Akzessorietät auch die Bürgenschuld nicht; dann aber ist eine Inanspruchnahme aus der Bürgschaft auf erstes Anfordern missbräuchlich. Dass hier über den Akzessorietätsgrundsatz argumentiert wird, zeigt sich an der Behandlung von Einreden des Hauptschuldners. Steht dem Hauptschuldner offensichtlich eine Einrede gegen die Hauptforderung zu, so begründet auch dies den Missbrauchseinwand seitens des Bürgen auf erstes Anfordern, aber – wie der BGH feststellt – ausschließlich wenn § 768 BGB in der Bürgschaft nicht wirksam ausgeschlossen wurde.306 Aber auch dem Garanten aus einer typischen Garantie auf erstes Anfordern steht unstreitig der Missbrauchseinwand zu. Zwar neigt die englische und amerikanische Rechtsprechung dazu, ihn auf Fälle des Betrugs zu beschränken.307 In Deutschland wird aber mehrheitlich angenommen, dass der Einwand schon dann begründet ist, wenn der materielle Garantiefall offensichtlich oder liquide beweisbar nicht eingetreten ist.308 Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die gesicherte Forderung offensichtlich oder liquide beweisbar nicht besteht. Dem Garanten steht also beim offensichtlichen Nichtbestehen der gesicherten Forderung (der „Hauptschuld“) der Missbrauchseinwand zu, obwohl die typische Garantie ja unstreitig nichtakzessorisch ist. Somit stellt sich die Frage, wie es sein kann, dass der Missbrauchseinwand dem Bürgen auf erstes Anfordern wegen der Akzessorietät der Bürgschaft zusteht, dass aber Umstände, die das Valutaverhältnis betreffen, grundsätzlich nur dann zum Missbrauch führen, wenn der Begünstigte trotz eindeutiger Beweislage seinen Anspruch geltend macht; darauf, ob der Missbrauch selbst offensichtlich oder liquide beweisbar ist, kommt es also nicht an – vgl. Kap. 6, H., I. und Kap. 6, Fn. 274. 305 Vgl. Beyer/Knauer, Anmerkung zum OLG Hamm, S. 518, Beyer/Knauer, Anmerkung zum BGH, S. 1085 f., Kupisch, Bona fides, S. 1630 ff., Nielsen, Gefährdung, S. 499. In dieser Richtung auch Hadding, Zum Rückforderungsrecht, S. 266. 306 So ausdrücklich BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00. Anders scheinen dieses Urteil Hadding/Welter, S. 1552, zu verstehen, wenn sie meinen, Akzessorietät sei hier nur „einleitend und beiläufig“ vom BGH angeführt. 307 Teilweise in dieser Richtung fürs Akkreditiv und für die typische Garantie auch RG, Urteil vom 16. 2. 1923, II 24/22, OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12. 2. 1974, 5 W 4/74, LG Düsseldorf, Beschluss vom 17. 12. 1974, 37 O 433/74. Dazu, dass internationale Unterschiede im Begriff des Missbrauchs keinen ordre public Verstoß begründen müssen, siehe OGH, Urteil vom 10. 7. 1986, 7 Ob 600/86. Ferner siehe dazu Kap. 6, Fn. 276 am Ende. 308 Vgl. in der neueren Rechtsprechung BGH, Urteil vom 20. 9. 2011, XI ZR 17/11. A.A. und für einen sehr engen Begriff des Missbrauchs Schönle, S. 74 f. (für das schweizerische Recht), Kleiner, Die Zahlungspflicht, S. 356, und Kleiner, Die Garantie, S. 206 ff.
280
Kap. 6: Der Erstprozess
derselbe Einwand aber dem Garanten auf erstes Anfordern trotz Nichtakzessorietät der Garantie zusteht.309 Im Zusammenhang mit dieser Frage scheint es unausweichlich anzuerkennen, dass dem Bürgen der Missbrauchseinwand einerseits wegen des Nichtbestehens bzw. der Nichtdurchsetzbarkeit des (materiellen) Anspruchs aus der Bürgschaft zustehen kann,310 wie dies in Kap. 6, H., I. dargestellt worden ist, andererseits aber auch wegen anderer mit der unzulässigen Verwertung der Bürgschaft verbundener Umstände, wie es bei der typischen Garantie auf erstes Anfordern der Fall ist. Die Umstände, unter denen dieser Einwand auf der zweiten dieser Grundlagen zugebilligt werden kann, sollten einheitlich für die typische Garantie auf erstes Anfordern und für die Bürgschaft auf erstes Anfordern (und möglicherweise auch für gewisse andere Sicherheiten) definiert werden; sie könnten unter anderem Betrug und die offensichtlich zweckwidrige Verwendung einer Sicherheit umfassen.311 Dabei ist nicht auszuschließen, dass diese Umstände relativ eng definiert werden könnten, so wie dies im angelsächsischen Raum gehandhabt wird.312 Im Ergebnis würde dann dem Bürgen auf erstes Anfordern der Missbraucheinwand sowohl in den relativ engen, auch für die typische Garantie auf erstes Anfordern geltenden Grenzen der zweiten der oben genannten Grundlagen, als auch in den breiteren für Leistungsversprechen auf erstes Anfordern geltenden Grenzen der ersten dieser Grundlagen (somit in den in Kap. 6, H., I. erörterten Fällen) zustehen. 309 Aus praktischer Sicht stellt sich diese Frage vor allem dann, wenn in einer Bürgschaft auf erstes Anfordern § 768 BGB abbedungen wird und somit Einreden des Hauptschuldners nicht wegen des Grundsatzes der Akzessorietät vom Bürgen geltend gemacht werden können. Vgl. dazu Beyer/Knauer, Anmerkung zum OLG Hamm, S. 518. Die Frage wird im Allgemeinen von Kopp, Die Bürgschaft, S. 190 f., aufgeworfen; allerdings ist seine These, dass die Verjährung der Hauptforderung im Rahmen des Missbrauchseinwands sowohl im Falle der Garantie, als auch im Falle der Bürgschaft auf erstes Anfordern von Amts wegen zu berücksichtigen ist (und somit nicht auf § 768 BGB beruht) zu weitgehend; grundsätzlich ist die Geltendmachung eines Sicherungsrechts wegen einer verjährten Forderung nämlich gar nicht missbräuchlich. Vgl. auch Hadding/Welter, S. 1552. Auf den Unterschied zwischen dem Ursprung des Einwandes bei Garantie und bei Bürgschaft weist auch Oettmeier, S. 92, hin. 310 Also im Zusammenhang mit das Hauptschuldverhältnis betreffenden Umständen auf Grund des Akzessorietätsprinzips. 311 Vgl. Schütze, Zur Geltendmachung, S. 84 f. („Jede Inanspruchnahme einer Garantie für andere als die vertraglich vereinbarten Zwecke ist mißbräuchlich“). Döhler, S. 57, meint sogar, dass Missbrauch auch dann vorliegt, wenn die in Anspruch genommene Sicherheit dem Gläubiger nicht zusteht. So auch ausdrücklich Oepen, S. 1113, der meint, dass die Inanspruchnahme einer typischen Garantie auf erstes Anfordern, die auf Grund einer offensichtlich unwirksamen Sicherungsabrede gestellt wurde, rechtsmissbräuchlich ist; indessen ist diese Auffassung gar nicht zwingend; sie wurde beispielsweise von OLG Stuttgart, Urteil vom 1. 12. 2010, 9 U 89/10, abgelehnt – das Gericht stellte fest, dass die Nichtigkeit der Sicherungsabrede über eine typische Garantie auf erstes Anfordern im Erstprozess irrelevant ist. 312 Vgl. dazu Arnold, S. 206 ff. und 253.
Kapitel 7
Der Rückforderungsprozess Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
A. Einleitung Das Wesen des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern liegt darin, dass die Bewirkung der Leistung auf das erste Anfordern des Begünstigten nicht endgültig ist. Der formelle Anspruch soll den materiellen nur verstärken, die materielle Rechtslage aber nicht ändern. Deshalb soll der Begünstigte die Leistung nur dann behalten dürfen, wenn der materielle Anspruch besteht und gerichtlich durchsetzbar ist. Ansonsten steht dem leistenden Versprechenden ein Rückforderungsanspruch zu. Dieser Rückforderungsanspruch, dessen (vertragliche oder bereicherungsrechtliche) Natur streitig ist, ist ein unentbehrliches Korrelat der vorläufigen Leistungspflicht des Versprechenden, die so leicht vom Begünstigten im Erstprozess durchgesetzt werden kann. Ohne ihn lässt sich von einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern im Sinne der vorliegenden Arbeit nicht reden. Dieser Rückforderungsanspruch wird in Kap. 7, B. näher analysiert. Außer dem Rückforderungsanspruch des Versprechenden gibt es auch andere Ansprüche, die unter Umständen verschiedenen Personen gegen den Begünstigten, der die Leistung auf sein erstes Anfordern erhalten hat, aus diesem Grunde zustehen können. Diese werden in den folgenden Kapiteln erörtert: Schadensersatzansprüche des Versprechenden in Kap. 7, C., vertragliche und bereicherungsrechtliche Ansprüche des Hauptschuldners bzw. Auftraggebers bei einer atypischen Garantie oder Bürgschaft auf erstes Anfordern in Kap. 7, D., sonstige Ansprüche in Kap. 7, E. Bevor auf diese Ansprüche näher eingegangen wird, ist allerdings nochmals hervorzuheben, dass die nachfolgenden Ausführungen nur auf Leistungsversprechen auf erstes Anfordern im Sinne der vorliegenden Arbeit und nicht auf typische Garantien auf erstes Anfordern anwendbar sind. Die Lage bei typischen Garantien auf erstes Anfordern ist vor allem deshalb von der hier diskutierten Lage völlig verschieden, weil bei ihnen kein materieller Anspruch besteht und dem Garanten grundsätzlich kein Rückforderungsanspruch zusteht.1 Diese Tatsache hat zudem weitere Folgen. Zum einen dürfte bei typischen Garantien anzunehmen sein, dass dann, wenn die formellen Garantievoraussetzungen nicht gegeben waren, die Zahlung aber trotzdem erfolgt ist, dem Garanten die Leistungskondiktion grundsätzlich zusteht, ohne Rücksicht darauf, wie die materielle Rechtslage aussieht. Inso-
1 Siehe
dazu die Kap. 3, C.- Kap. 3, F.
Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
282
fern liegen die Dinge anders als bei Leistungsversprechen auf erstes Anfordern.2 Zum anderen kommt bei typischer Garantie vor, dass die Garantie nicht zugunsten des Gläubigers im Valutaverhältnis, sondern zugunsten eines Dritten, beispielsweise der Bank dieses Gläubigers oder einer mit ihm verbundenen Gesellschaft, gestellt wird.3 In solchen Fällen ergeben sich bei der Haftung für eine materiell unberechtigte Inanspruchnahme zusätzliche Schwierigkeiten. Im Ergebnis kann es sodann dazu kommen, dass dem Schuldner des Valutaverhältnisses wegen des Vermögensverfalls seines Vertragspartners wirtschaftlich nur ein potenzieller Anspruch aus Delikt gegen diesen Dritten zusteht. Dieser Anspruch kann nach deutschem Recht grundsätzlich nur unter den engen Voraussetzungen des § 826 BGB geltend gemacht werden.4 Auf die Besonderheiten der Rückforderung bei typischen Garantien auf erstes Anfordern soll in der vorliegenden Arbeit aber nicht weiter eingegangen werden; im Folgenden wird nur die Lage bei Leistungsversprechen auf erstes Anfordern diskutiert.
B. Der Rückforderungsanspruch des Versprechenden Wie bereits erläutert, liegt das Wesen des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern darin, dass der Versprechende die auf den formellen Anspruch hin bewirkte Leistung vom Begünstigten zurückfordern kann, wenn ihm diese Leistung unter dem materiellen Anspruch nicht gebührt, wenn er folglich den materiellen Anspruch nicht hätte gerichtlich durchsetzen können. Dieser nach dem Wesen des Leistungsversprechens erforderliche Rückforderungsanspruch ist von dem Anspruch zu unterscheiden, der dem Versprechenden zustehen kann, wenn das Versprechen überhaupt nicht bestanden hat oder wenn es nichtig war. Hat der Versprechende wegen eines nicht existenten oder unwirksamen Versprechens an den (vermeintlichen) Begünstigten geleistet, so steht ihm ohne Weiteres die Leistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB zu. Dasselbe gilt, wenn das Versprechen als Ganzes unter einer aufschiebenden Bedingung erteilt wurde und diese Bedingung nicht eingetreten ist.5 In solchen Fällen kann das spezifische Recht des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern nur insoweit von Bedeutung sein, als das Vorliegen einer Rückforderungssperre 2 Siehe
dazu Kap. 7, B., I. LG München, Urteil vom 30. 1. 1981, 10 HKO 989/81, OLG Celle, Urteil vom 25. 11. 1981, 3 U 25/81, BGH, Urteil vom 12. 3. 1984, II ZR 10/83, BGH, Urteil vom 16. 10. 1984, VI ZR 14/83, OLG München, Urteil vom 31. 10. 1984, 7 U 5190/83, BGH, Urteil vom 25. 9. 1996, VIII ZR 76/95, BGH, Urteil vom 10. 11. 1998, XI ZR 370/97. 4 Siehe dazu Kap. 7, E. 5 So lagen die Sachen möglicherweise im Fall BGH, Urteil vom 15. 3. 2001, IX ZR 273/98, wo allerdings nicht klar war, ob die Bedingung nur den materiellen Anspruch oder das ganze Versprechen umfasste; zu dieser Unterscheidung siehe Kap. 5, B., I. 3 Vgl.
B. Der Rückforderungsanspruch des Versprechenden
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gemäß § 814 BGB vom Wissen des Versprechenden über die Voraussetzungen einer Leistung aus einem solchen Versprechen abhängig sein kann.
I. Das Wesen des Rückforderungsanspruchs Liegt ein wirksames Leistungsversprechen auf erstes Anfordern vor und hat der Versprechende wegen dieses Versprechens geleistet, so stellt sich die Frage nach der Rechtsgrundlage und den Voraussetzungen eines möglichen Rückforderungsanspruchs. Um diese Frage zu beantworten, muss aber zunächst eine Vorfrage behandelt werden, nämlich die nach den Rechtsfolgen der Leistung des Versprechenden. Unter der Formulierung, dass der Versprechende auf den formellen Anspruch hin oder wegen des Versprechens leistet, ist gemeint, dass er eine Leistung erbringt mit dem Zweck, den formellen Anspruch damit durch Erfüllung zum Erlöschen zu bringen (causa solvendi). Bestand der formelle Anspruch, so erlischt dieser mit der Leistung. Bestand der Anspruch nicht, so könnte dem Versprechenden die Leistungskondiktion zustehen; ob diese ihm tatsächlich zusteht, ist aber streitig und wird vom BGH unter Umständen verneint; dieses Problem wird im Folgenden näher erörtert werden. Zunächst ist aber eine andere Frage zu stellen, nämlich ob die Erfüllung des formellen Anspruchs irgendeinen Einfluss auf den materiellen Anspruch hat. Dem ersten Anschein nach gibt es keinen Grund, warum die auf den formellen Anspruch bewirkte Leistung auf den Bestand des materiellen Anspruchs Einfluss haben sollte. Leistet der Versprechende auf den formellen Anspruch hin, so bleibt der materielle Anspruch davon unberührt. Folge dessen wäre es, dass der Begünstigte auch dann aus dem materiellen Anspruch gegen den Versprechenden vorgehen kann, wenn er die Leistung schon einmal auf Grund des formellen Anspruchs erhalten hat. Dieses Ergebnis ist offensichtlich inakzeptabel.6 Zwar könnte man meinen, dem Versprechenden stehe in jedem Fall ein Rückforderungsanspruch zu und er könne sich deshalb gegen den materiellen Anspruch mit dem Einwand der Aufrechnung verteidigen. Eine solche Lösung wäre aber einerseits künstlich, andererseits würde sie scheitern, wenn der materielle Anspruch aufrechnungsfeindlich ist.
6 Ähnliche Probleme stellen sich bei typischen Garantien auf erstes Anfordern, bei gewöhnlichen Bürgschaften und bei Dokumentenakkreditiven, vgl. Castellvi, S. 871 (für die typische Garantie auf erstes Anfordern), Eberl, S. 58 ff. (für alle drei Rechtsinstitute). Die Lage bei Versprechen auf erstes Anfordern ist aber mit diesen Fällen nicht vergleichbar, weil bei solchen Versprechen beide Ansprüche zwischen denselben Parteien bestehen, während beispielsweise bei einer gewöhnlichen Bürgschaft der Bürge und der Hauptschuldner verschiedene Personen sind. Vgl. auch Eleftheriadis, S. 140, der meint, es sei unstreitig, dass der Gläubiger einer Garantie oder Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht doppelt befriedigt werden dürfe, eine dogmatisch überzeugende Begründung dafür aber bisher fehle.
284
Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
Um diesem unvernünftigen Ergebnis zu entgehen, muss angenommen werden, dass eine Leistung auf den formellen Anspruch zugleich auf den materiellen Anspruch angerechnet wird. Dogmatisch lässt sich dies dadurch erreichen, dass man im Wege der ergänzenden Auslegung dem Versprechen auf erstes Anfordern entnimmt, dass jede auf den formellen Anspruch bewirkte Leistung zugleich als Leistung auf den materiellen Anspruch betrachtet werden soll.7 Eine Leistung causa solvendi wegen des formellen Anspruchs wird damit auf Grund eines Vertrags zugleich als Leistung causa solvendi wegen des materiellen Anspruchs angesehen. Diese Auslegung entspricht fast ausnahmslos dem Willen der Parteien; sie trägt dem Umstand Rechnung, dass der formelle Anspruch den materiellen nur sichern und zu keiner Veränderung der materiellen Rechtslage führen soll. Geht man davon aus, dass auf den formellen Anspruch hin bewirkte Leistungen gemäß dem Versprechen auf den materiellen Anspruch angerechnet werden, so ergibt sich die Folge, dass durch die Erfüllung des formellen Anspruchs auch der materielle Anspruch durch Erfüllung erlischt.8 Bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern hat dies desweiteren zur Folge, dass die von § 774 BGB angeordnete cessio legis zu diesem Zeitpunkt erfolgt.9 Die verbürgte Hauptforderung geht also von Gesetzes wegen an den auf den formellen Anspruch zahlenden Bürgen auf erstes Anfordern über, selbstverständlich nur insofern als sie überhaupt exis7 So auch Schlenzig, S. 46 ff. Zu einer Kritik der konkreten Ausgestaltung ihrer Lösung siehe Kap. 2, C. 8 So für die Bürgschaft auf erstes Anfordern im Ergebnis auch Eleftheriadis, S. 137 (der zwischen dem formellen und dem materiellen Anspruch nicht unterscheidet, jedenfalls aber annimmt, dass die Bürgenschuld – also der materielle Anspruch – erlischt und dass die Zahlung nicht als Zahlung unter Vorbehalt anzusehen ist). 9 So auch Eleftheriadis, S. 139 f., Oettmeier, S. 137, und wohl Schlenzig, S. 148 f. (die allerdings § 774 Abs. 1 BGB bei einer einredebehafteten Hauptforderung als abbedungen betrachtet, Schlenzig, S. 149 ff.). Wohl a.A. OLG Köln, Urteil vom 16. 1. 2002, 13 U 52/01, wonach der Übergang auf den Bürgen auf erstes Anfordern nach § 774 BGB erst dann stattfinden soll, wenn das Bestehen des (materiellen) Bürgschaftsanspruchs des Gläubigers „feststeht“. Ob bei der Garantie § 774 BGB anwendbar ist, ist dagegen streitig, wird aber mehrheitlich bejaht: für seine Anwendung Pleyer, Die Bankgarantie, S. 21, Berensmann, S. 145, Auhagen, S. 77, Liesecke, Rechtsfragen, S. 28, Henssler, S. 386, dagegen Boetius, S. 120, Kupisch, Die Bankgarantie, S. 2389, Horn, Der Rückforderungsanspruch, S. 629, Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 246, für die typische Garantie auf erstes Anfordern dagegen auch OLG Koblenz, Urteil vom 21. 2. 2005, 12 U 1347/03; es wird auch die Ansicht vertreten, § 774 BGB sei zwar nicht anwendbar, dem Garanten stehe aber ein Anspruch auf Abtretung der gesicherten Forderung samt Sicherheiten zu – so Kleiner, Die Garantie, S. 247, Eberl, S. 85 und 87; zu beachten ist, dass diese Frage für den Garantievertrag und für die typische Garantie auf erstes Anfordern nicht unbedingt einheitlich beantwortet zu werden braucht. Sie ist dagegen einheitlich für den Garantievertrag und die atypische Garantie auf erstes Anfordern zu behandeln. Bei Bankgarantien ist die Frage selten von großer Bedeutung, denn den Banken steht typischerweise ohnehin ein Anspruch aus § 670 BGB gegen den Garantieauftraggeber zu (siehe aber Eberl, S. 52, Castellvi, S. 868).
B. Der Rückforderungsanspruch des Versprechenden
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tiert10 und im Übrigen die Anrechnung zum Erlöschen der Bürgenschuld führt.11 Dagegen kann nicht angenommen werden, dass eine Zahlung auf den formellen Anspruch zur Heilung eines Formmangels der (gewöhnlichen) Bürgschaft gemäß § 766 Satz 3 BGB führt.12 Denn damit wäre dem Bürgen der Einwand des Formmangels insgesamt genommen, wenn er nicht offensichtlich oder liquide beweisbar ist: der Bürge müsste zunächst auf den formellen Anspruch zahlen, hätte aber keine Möglichkeit, sich danach auf den Formmangel zu berufen. Die These des Verfassers, wonach das auf den formellen Anspruch Geleistete auf Grund einer Vereinbarung auf den materiellen Anspruch angerechnet wird, hat auch für den Rückforderungsanspruch Bedeutung. In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist streitig, ob der Rückforderungsanspruch vertraglicher oder bereicherungsrechtlicher Natur ist. Es kommen Leistungsversprechen vor, in denen dieser Anspruch ausdrücklich von den Parteien vorgesehen ist,13 wobei dies unter Umständen als Verweis auf § 812 BGB angesehen wird.14 In den meisten Fällen aber wird die Rückforderung gar nicht erwähnt. In der Rechtsprechung wird vor allem die bereicherungsrechtliche Theorie vertreten; als Anspruchsgrundlage des Rückforderungsanspruchs wird § 812 Abs. 1 BGB15, oder präziser § 812 Abs. 1
10 So ausdrücklich Dieckmann, S. 181. So auch BGH, Urteil vom 10. 2. 2000, IX ZR 397/98: „Der Anspruch aus § 774 setzt vielmehr voraus, dass tatsächlich eine Hauptschuld besteht“. Zahlt der Bürge auf erstes Anfordern auf Grund eines Vorbehaltsurteils im Urkundenverfahren, so geht die Hauptforderung erst nach dem Abschluss des Nachverfahrens über; so für die gewöhnliche Bürgschaft BGH, Urteil vom 19. 1. 1983, VIII ZR 315/81, wobei die Feststellung des BGH, § 774 Abs. 1 BGB begründe eine Ausnahme von der Regel des § 362 BGB, indem die Hauptforderung statt zu erlöschen an den Bürgen übergehe, Bedenken begegnet. 11 Dieser Vorbehalt scheint für die von Dieckmann, S. 180 f., erörterten „pathologischen“ Fälle zu sorgen, bei denen nach seiner Ansicht die Anwendung des § 774 Abs. 1 BGB zu keinen sachgerechten Folgen führen soll. Denn alle diese Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass der Bürgschaftsanspruch zwar besteht, aber nicht durchsetzbar ist. Im Übrigen scheint Eleftheriadis, S. 140, entgegen Dieckmann, S. 180, Fn. 39, nicht ausdrücklich dafür zu plädieren, den § 774 BGB auch dann anzuwenden, wenn der (materielle) Bürgschaftsfall gar nicht eingetreten ist. 12 Vgl. RG, Urteil vom 24. 10. 1932, VIII 310/32, wo die Leistung eines Schuldanerkenntnisses auf die Bürgschaftsforderung als nicht hinreichend betrachtet wurde. 13 So in den Kap. 1., B. und 1, C. diskutierten Beispielen. 14 So der BGH in BGH, Urteil vom 5. 7. 2005, X ZR 60/04. 15 So schon die grundlegende Entscheidung BGH, Urteil vom 2. 5. 1979, VIII ZR 157/78. Weiter BGH, Urteil vom 24. 11. 1983, IX ZR 2/83, BGH, Beschluss vom 23. 2. 1984, III ZR 220/82, OLG Hamburg, Urteil vom 10. 10. 1985, 6 U 90/85, OLG Hamm, Urteil vom 24. 6. 1986, 21 U 150/85, BGH, Urteil vom 26. 2. 1987, IX ZR 136/86, BGH, Urteil vom 21. 4. 1988, IX ZR 113/87, BGH, Urteil vom 9. 3. 1989, IX ZR 64/88, BGH, Urteil vom 27. 2. 1992, IX ZR 57/91, OLG Oldenburg, Urteil vom 28. 5. 1998, 1 U 21/98, OLG Köln, Urteil vom 31. 3. 2000, 19 U 186/98, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. 8. 2001, 23 W 46/01, OLG Köln, Beschluss vom 2. 4. 2004, 19 W 11/04. Generell auf § 812 BGB verweisen OLG
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Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
Satz 1 BGB16 bzw. § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB17 angesehen. Es gibt aber auch abweichende Entscheidungen.18 Im Schrifttum wird sowohl diese Theorie19 als auch die Vertragstheorie20 vertreten. Die bereicherungsrechtliche Theorie ist zwar verbreitet, sie ist aber deshalb problematisch, weil sie dem Versprechenden, der eine unter dem formellen Anspruch tatsächlich geschuldete Leistung bewirkt, die condictio indebiti zusprechen will, wenn ein anderer Anspruch, nämlich der materielle, nicht besteht. Wieso aber sollte die Leistung kondizierbar sein, wenn sie tatsächlich geschuldet und im Übrigen erzwingbar war? In der Rechtsprechung wird gelegentlich angedeutet, dass der formelle Anspruch nur einen „vorläufigen Rechtsgrund“ darstellt.21 Dem wird entgegengehalten, das München, Urteil vom 15. 10. 1991, 9 U 2951/91, und OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. 4. 2012, I-16 U 34/11. 16 BGH, Urteil vom 5. 7. 2005, X ZR 60/04. 17 OLG Hamm, Urteil vom 21. 4. 1994, 21 U 215/93, LG Berlin, Urteil vom 13. 4. 2000, 9 O 313/99, BGH, Urteil vom 25. 10. 2000, XII ZR 136/98, OLG Celle, Beschluss vom 27. 9. 2002, 6 W 118/02. 18 Für die atypische Garantie auf erstes Anfordern beispielsweise BGH, Urteil vom 16. 12. 1960, II ZR 137/59, wo ausdrücklich festgestellt wurde, dass der Rückforderungsanspruch vertraglich ist und dass es auf den § 812 BGB nicht ankomme. Zu dieser Entscheidung siehe aber Panagiotopoulos, S. 94 f., der leugnet, dass hier eine Garantie auf erstes Anforden vorlag. 19 Hadding/Häuser/Welter, S. 699 (§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB), Horn, Bürgschaften und Garantien zur Zahlung, S. 2155, Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 37, Heinsius, Bürgschaft, S. 179, Wilhelm, Die Kondiktion, S. 3524, Schlenzig, S. 129, Oettmeier, S. 118 ff. („Richtige Anspruchsgrundlage ist daher § 812 I S. 1, 1. Alt. BGB“ – S. 120), Lukas, S. 135 („condictio indebiti des § 812 Abs. 1, S. 1, 1. Alt. BGB“), Gruel, S. 200, Clemm, S. 129; in diese Richtung auch Arnold, S. 302. 20 Bydlinski, Die Bürgschaft auf erstes Anfordern, S. 1402, Eleftheriadis, S. 153 f., Fischer, Rückforderung, S. 544 ff. (der meint, der BGH vermeide jetzt die Frage), Hadding, Zum Rückforderungsanspruch, S. 258 ff., Kopp, Die Bürgschaft, S. 202 ff., wohl auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1148a, und Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 254 f. (dafür sprechen „die sauberen Argumente“), MüKo/Habersack6, § 765, Rn. 104, Becker-Eberhard, Die Forderungsgebundenheit, S. 12, Fn. 25, Hadding/Welter, S. 1548 ff. Eine Vertragstheorie besonderer Art vertritt Dieckmann, S. 182 f., der die Bürgschaft auf erstes Anfordern als eine Art Darlehen zugunsten des Gläubigers auffasst, unter Anderem mit der Folge, dass der Gläubiger dem Bürgen Zinsen zu zahlen hat (sehr kritisch dazu Kopp, Die Bürgschaft, S. 104 f. und 196 ff., kritisch auch Arnold, S. 36 f.). 21 So OLG Hamm, Urteil vom 21. 4. 1994, 21 U 215/93: „Das bedeutet, dass die Bürgschaft auf erstes Anfordern nur einen vorläufigen Rechtsgrund für die Leistung des Bürgen darstellt“, LG München I, Urteil vom 5. 5. 2010, 2 O 14011/05 (die Verpflichtung aus § 765 Abs. 1 BGB stelle „den vorläufigen Rechtsgrund für das Behaltendürfen“ dar). Vgl. auch Oettmeier, S. 19 („bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern werden zwei Berechtigungen des Gläubigers, die des ,Fordernkönnens‘ und die des ,Behaltendürfens‘ unterschiedlich behandelt“) und S. 119 („Die Zahlungsverpflichtung stellt nur einen vorläufigen Rechtsgrund zum Behaltendürfen dar“). In diesem Sinne auch Gruel, S. 42 f. („Während bei der einfachen
B. Der Rückforderungsanspruch des Versprechenden
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bürgerliche Recht kenne einen solchen Begriff nicht.22 Dieser letzte Einwand ist jedoch nicht überzeugend. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb eine Vereinbarung dahingehend, dem Begünstigten solle der formelle Anspruch zustehen, er entfalle aber rückwirkend in dem Zeitpunkt, in dem die unter ihm geschuldete Leistung erbracht wird, unzulässig sein sollte.23 Es handelt sich hier um nichts anderes als eine rückwirkende auflösende Bedingung, die von den Parteien konkludent vereinbart wird. Im Ergebnis ist anzunehmen, dass der formelle Anspruch mit der Bewirkung der Leistung entfällt, so dass er nicht mehr das Behaltendürfen dieser Leistung rechtfertigen kann.24 Mit dem rückwirkenden Entfallen des formellen Anspruchs nach der Bewirkung der Leistung durch den Versprechenden wird der Bereich der Leistungskondiktion eröffnet. Die Leistung ist zurückzuerstatten, wenn sie von keinem anderen Rechtsgrund gerechtfertigt ist, d.h. wenn kein anderer mit ihr erstrebter Zweck erreicht worden ist. Hätte es die Vereinbarung, wonach das auf den formellen Anspruch Geleistete automatisch auf den materiellen Anspruch angerechnet werden soll, nicht gegeben, so stünde dem Versprechenden in allen Fällen – unabhängig von der materiellen Rechtslage – ein Rückforderungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB zu. Zu betonen ist, dass es insoweit nicht darauf ankäme, ob der formelle Anspruch überhaupt bestanden hat oder nicht. In allen Fällen hätte der Versprechende die Leistung zurückfordern können. Da aber zwischen dem Versprechenden und dem Begünstigten im Rahmen des Versprechens auf erstes Anfordern vereinbart worden ist, dass eine Anrechnung auf den materiellen Anspruch stattfinden soll, so kann auch dieser Anspruch einen Rechtsgrund für die bewirkte Leistung darstellen.25 Die „Anrechnung“ ist nämlich dahin zu verstehen, dass jede Leistung, die zu dem Zweck erbracht wurde, den formellen Anspruch zum Erlöschen zu bringen, für den Fall der Nichterreichung dieses Zweckes (und dieser Fall ist vorprogrammiert, weil der formelle Anspruch Bürgschaft das Recht des ,Fordernkönnens‘ der Leistung aus der Bürgschaft akzessorisch geführt wird, geschieht dies bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern hinsichtlich des Rechts des ,Behaltendürfens‘.“) und Arnold, S. 302 („[e]in endgültiger Rechtsgrund dafür, die Leistung behalten zu dürfen, liegt nur vor, wenn der materielle Bürgschaftsfall eingetreten ist“). 22 Kopp, Die Bürgschaft, S. 199 („Die Figur des vorläufigen Rechtsgrundes stellt eine Erfindung eigens für die Bürgschaft auf erstes Anfordern dar […]. […] Einen vorläufigen Rechtsgrund, wie ihn Rechtsprechung und Teile der Literatur postulieren, kennt das Gesetz nicht.“), Schlenzig, S. 17 („die […] vorläufige Trennung der Frage des Fordernkönnens vom Behaltendürfen [ist] mit den Grundsätzen des Bereicherungsrechts der §§ 812 ff. BGB nicht vereinbar“). Dagegen ausdrücklich auch Schnauder, Zahlungsversprechen, S. 2079, Eleftheriadis, S. 152, Dieckmann, S. 178 („Durchbrechung der allgemeinen bereicherungsrechtlichen Regel, dass ein Rechtsgrund, der die Leistung rechtfertigt, zugleich auch das Recht zum Behaltendürfen des Leistungsgegenstandes begründe“). 23 Die diesbezüglichen Einwände von Hadding, Zum Rückforderungsrecht, S. 260, und Hadding/Welter, S. 1549, sind nicht überzeugend. 24 Ähnlich Wilhelm, Die Kondiktion, S. 3524. 25 So auch Schlenzig, S. 120.
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Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
rückwirkend wegfällt) so betrachtet wird, als wenn sie zu dem Zweck bewirkt wurde, den materiellen Anspruch zum Erlöschen zu bringen. Im Ergebnis ist jede Leistung auf den formellen Anspruch so zu betrachten, als hätte sie der Versprechende (auch) causa solvendi wegen des materiellen Anspruchs erbracht. Die Folge ist: dem Versprechenden, der eine Leistung auf den formellen Anspruch erbracht hat, steht die Leistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB dann zu, wenn im Zeitpunkt der Bewirkung dieser Leistung der materielle Anspruchsfall nicht eingetreten ist, d.h wenn der materielle Anspruch nicht bestanden hat oder gerichtlich undurchsetzbar war. Tritt der materielle Anspruchsfall später ein, so erlischt in diesem Zeitpunkt der Rückforderungsanspruch. Anders ist es nur dann, wenn der materielle Anspruchsfall zwar im Zeitpunkt der Leistung noch nicht eingetreten ist, wenn aber feststeht, dass er eintreten wird; in solchen Fällen entsteht der Rückforderungsanspruch nicht (§ 813 Abs. 2 BGB).26 Die hier befürwortete Konstruktion hat zur Folge, dass es im Rückforderungsprozess nicht darauf ankommt, ob der formelle Anspruch überhaupt bestanden hat. Dies mag unerwartet sein: Soll die Frage, ob der Versprechende das auf den formellen Anspruch hin Gezahlte zurückfordern kann, nicht davon abhängen, ob er überhaupt zur Zahlung verpflichtet war? In der Tat ergibt sich aus den obigen Ausführungen, dass einzig ausschlaggebend der materielle Anspruch sein soll. War dieser durchsetzbar oder ist dieser inzwischen durchsetzbar geworden, so kann der Begünstigte die Leistung behalten, auch wenn die formellen Voraussetzungen nicht gegeben waren (anders liegen die Dinge dann, wenn das Versprechen überhaupt nicht erteilt wurde oder wenn es nichtig ist; denn dann fehlt es an der Anrechnungsvereinbarung). Diese möglicherweise unerwartete Folge27 ist aber – ohne das der BGH detailliert die seiner Ansicht nach richtige dogmatische Konstruktion erörtert hätte – ständig in der Rechtsprechung des BGH vertreten. Nach dieser Rechtsprechung ist es ohne Belang, ob die formellen Voraussetzungen gegeben waren oder nicht. Wird auf den formellen Anspruch hin gezahlt, so hängt der Ausgang des Rückfor-
26 A.A. OLG Schleswig, Urteil vom 30. 3. 2006, 5 U 122/05, in Analogie zur Lage bei der Verjährung (siehe Kap. 7, B., II.). Allerdings war dieser Fall, in dem die fehlende Fälligkeit Folge der Erteilung einer nicht prüffähigen Abschlussrechnung war, in doppelter Hinsicht besonders: einerseits nahm das Gericht an, dass der Bürge sich zwar generell auf die fehlende Fälligkeit berufen könne, dass aber hier eine Ausnahme gemacht werden müsse, weil er auf die Erteilung einer prüffähigen Rechnung hätte hinwirken können; andererseits war hier, wegen des Fehlens einer prüffähigen Rechnung, die Höhe des Anspruchs des Gläubigers überhaupt nicht feststellbar. Wegen der den Gläubiger treffenden Beweislast für das Bestehen des Bürgschaftsanspruchs hätte deshalb das Gericht den Rückforderungsanspruch für begründet erachten sollen. 27 Skeptisch insoweit Nielsen, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 26. 2. 2004, S. 474. Diese Folge scheint Schütze, Kurzkommentar zum BGH, S. 132, nicht zu berücksichtigen, wenn er dem Bürgen einen Rückforderungsanspruch immer dann geben will, wenn der formelle Bürgschaftsfall nicht eingetreten ist. So wie hier Schlenzig, S. 120.
B. Der Rückforderungsanspruch des Versprechenden
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derungsprozesses ausschließlich von der materiellen Rechtslage ab.28 Ohne Bedeutung ist es zudem, ob im Zeitpunkt der Zahlung auf den formellen Anspruch hin diesem der Missbrauchseinwand entgegengehalten werden konnte. Selbst wenn zu diesem Zeitpunkt der materielle Anspruch offensichtlich nicht bestand, kann die Zahlung nicht zurückgefordert werden, wenn der Anspruch inzwischen doch entstanden und fällig geworden ist.29 Der bereicherungsrechtlichen Theorie steht die vertragliche Theorie gegenüber.30 Diese Theorie konstruiert im Wege der ergänzenden Auslegung eine Vereinbarung zwischen den Parteien des Versprechens auf erstes Anfordern, wonach das auf den formellen Anspruch Geleistete zurückgegeben werden muss, wenn es dem Begünstigten gemäß der materiellen Rechtslage nicht gebührt. Diese Theorie ist dogmatisch nicht zu beanstanden; was ihr vorgeworfen werden kann, ist nur, dass sie ohne Not den Weg über eine ergänzende Auslegung geht, obwohl dazu kein Bedürfnis besteht, weil keine Lücke vorliegt.31 Damit werden Fragen, die nach den Vorschriften der §§ 812 ff. BGB beantwortet werden können, nach dem mutmaßlichen Parteiwillen beantwortet, ohne dass dies notwendig ist. Deshalb wird in der vorliegenden Arbeit der bereicherungsrechtlichen Theorie der Vorzug gegeben. Dabei ist nicht zu verkennen, dass die Parteien immer vertraglich (sei es auch konkludent) bestimmte Folgen dieser Theorie abweichend regulieren können. So steht es ihnen offen, zu bestimmen, dass dem Versprechenden ein Rückforderungsanspruch immer zustehen soll, wenn der formelle Anspruch nicht bestanden hat, auch wenn die bewirkte Leistung dem Begünstigten materiell gebührt.
II. Einzelheiten der Rückforderung Wie im vorherigen Kapitel ausgeführt, steht dem Versprechenden ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch insoweit zu, als der materielle Anspruchsfall nicht eingetreten ist. Weshalb der materielle Anspruchsfall nicht eingetreten ist, ist ohne Belang. Der Versprechende kann im Rückforderungsprozess nicht erst dann obsiegen, wenn der materielle Anspruch nicht besteht, sondern auch dann, wenn ihm eine Einrede entgegengehalten werden kann. Bei Bürgschaften auf erstes Anfordern ist dies von besonderer Bedeutung: Ist der Gläubiger gemäß der Sicherungsabrede dem Haupt28 BGH, Urteil vom 24. 10. 2002, IX ZR 355/00, BGH, Urteil vom 23. 1. 2003, VII ZR 210/01, OLG Schleswig, Urteil vom 30. 3. 2006, 5 U 122/05, BGH, Urteil vom 28. 6. 2007, VII ZR 199/06. In diesem Sinne auch BGH, Urteil vom 26. 2. 2004, VII ZR 247/02. 29 So auch Fischer, Rückforderung, S. 546 f. 30 Siehe die Nachweise in Kap. 7, Fn. 20. 31 Freilich ist auch im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Konstruktion des Verfassers eine ergänzende Auslegung erforderlich (nämlich in Form der Anrechnung der Zahlung des Versprechenden), doch ist der Umfang dieser Auslegung ein engerer als bei der vertraglichen Theorie. Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 253 f., weisen darauf hin, dass es keinen Unterschied macht, welche der beiden Theorien man wählt.
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Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
schuldner gegenüber verpflichtet, die Bürgschaft nur unter gewissen Bedingungen oder wegen gewisser Forderungen zu verwerten, so kann nach der Rechtsprechung des BGH der Bürge dies gemäß § 768 BGB als Einrede erheben.32 Diese Einrede kann einen Rückforderungsanspruch des Bürgen auf erstes Anfordern rechtfertigen.33 Auf die Verjährung des materiellen Anspruchs kann sich der Versprechende ebenfalls berufen, allerdings nur, wenn sie schon im Zeitpunkt der Leistung eingetreten war.34 Denn die Leistung des Versprechenden berührt sein Recht, sich auf die Verjährung zu berufen, nicht; insofern ist § 214 Abs. 2 BGB nicht anwendbar, weil seine Anwendung dem Sinn des Versprechens auf erstes Anfordern widerspräche.35 Wird der Rückforderungsanspruch – wie vorliegend – als ein Anspruch bereicherungsrechtlicher Natur konstruiert, so stellt sich die Frage nach der Anwendung anderer bereicherungsrechtlicher Vorschriften, wie beispielsweise der §§ 814, 818, 820 BGB. Was eine Rückforderungssperre nach § 814 BGB anbelangt, so kann die Tatsache allein, dass der Versprechende weiß, der formelle Anspruch bestehe nicht, die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs nicht ausschließen. Ist der Versprechende der Meinung, der materielle Anspruch bestehe, so darf er auf Anforderung auf den formellen Anspruch leisten, ohne den Rückforderungsanspruch für den Fall, dass beide Ansprüche nicht bestanden, zu verlieren. Dies ergibt sich daraus, dass seine Leistung hilfsweise auf den materiellen Anspruch angerechnet wird, so dass er vom Fehlen auch dieses Anspruchs positiv Kenntnis haben müsste, wenn die Voraussetzungen des § 814 BGB erfüllt sein sollten. Weiß der Versprechende hingegen, dass der materielle Anspruchsfall nicht eingetreten ist, so schadet es seinem Rückforderungsanspruch nicht, wenn er auf den formellen Anspruch leistet, es sei denn, dass er zugleich davon Kenntnis hat, dass auch die32 Siehe
dazu die Ausführungen in Kap. 6, H., I. die Sachverhalte von OLG Köln, Urteil vom 22. 10. 1997, 11 U 16/97, wo die Verwendung der Bürgschaft in der Sicherungsabrede unter Bedingungen gestellt wurde, und BGH, Urteil vom 28. 9. 2000, VII ZR 460/97, wo die Nichtauszahlung eines durch die Bürgschaft abgelösten Einbehalts dazu geführt hat, dass der Gläubiger die Bürgschaft nicht verwerten durfte. 34 Dagegen kann die Auffassung von Fischer, Rückforderung, S. 546, nicht akzeptiert werden, wonach dem Bürgen auf erstes Anfordern im Rückforderungsprozess auch Einwendungen zustehen, die „erst nach der Zahlung entstanden sind, etwa ein Erlöschen der Hauptschuld oder deren Verjährung“ (diese Auffassung betrifft zwar nicht das Erlöschen oder die Verjährung des materiellen Anspruchs, sondern der Hauptschuld, ist aber an dieser Stelle erwähnenswert). 35 OLG Hamm, Urteil vom 21. 4. 1994, 21 U 215/93 (entgegen Oettmeier, S. 122 f., scheint das Gericht in dieser Entscheidung vom Bürgen keine zusätzliche Erklärung über Zahlung unter Vorbehalt verlangt zu haben; vielmehr ging es wohl davon aus, dass Zahlung aus einer Bürgschaft auf erstes Anfordern in jedem Fall unter Vorbehalt erfolgt), Schlenzig, S. 145 f., Oettmeier, S. 122 f., und Eleftheriadis, S. 112, für § 222 Abs. 2 BGB a.F. (nicht eindeutig dagegen Fritzsche, Anmerkung zum OLG Hamm Urteil vom 21. 4. 1994, S. 595 f.). Im Ergebnis so auch Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, S. 108. 33 Vgl.
B. Der Rückforderungsanspruch des Versprechenden
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ser Anspruch nicht besteht. Zwar ist es der materielle Anspruchsfall, der über eine Rückforderung entscheidet und deshalb für § 814 BGB von Bedeutung sein sollte; allerdings kann der Versprechende beim bestehenden formellen Anspruch seine Leistung nicht verweigern, weil ihm ansonsten droht, dass er im Erstprozess unterliegt. Deshalb kann die Rückforderungssperre grundsätzlich nur dann eingreifen, wenn der Versprechende davon Kenntnis hat, dass weder der formelle, noch der materielle Anspruchsfall eingetreten ist.36 Leistet er trotzdem an den Begünstigten, so ist ihm eine Rückforderung verwehrt. Wegen des automatischen Wegfalls des formellen Anspruchs nach Leistung und der Tatsache, dass das Bestehen des materiellen Anspruchs ungewiss ist, folgt aus § 820 Abs. 1 BGB, dass der Begünstigte für die bewirkte Leistung so haftet, wie wenn der Rückforderungsanspruch im Zeitpunkt des Empfangs der Leistung rechtshängig wäre.37 Deshalb sind auf ihn nicht die § 818 Abs. 1 – 3 BGB, sondern die allgemeinen Regel (§ 818 Abs. 4 BGB) anzuwenden.38 Der Rückforderungsanspruch entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Leistung bewirkt wurde, obwohl der materielle Anspruchsfall nicht eingetreten war. Er ist auch, wie der BGH zutreffend entschieden hat, sofort fällig (§ 271 Abs. 1 BGB).39 Der im Rückforderungsprozess verklagte Begünstigte kann sich mit den allgemeinen Einreden und Einwendungen verteidigen.40 Eine in diesem Zusammenhang 36 Dies wäre auch dann der Fall, wenn der Versprechende wüsste, dass der materielle Anspruch offensichtlich oder liquide beweisbar nicht besteht; denn dann würde er zugleich wissen, dass dem formellen Anspruch der Missbrauchseiwand entgegengehalten werden kann. Ähnlich Oettmeier, S. 121 f. Für die typische Garantie auf erstes Anfordern vgl. insoweit Schnauder, Zahlungsversprechen, S. 2081, und Wilhelm, Die Kondiktion, S. 3525 f. Für die grundsätzliche Unanwendbarkeit von § 814 BGB auch Kopp, Die Bürgschaft, S. 200. In dem Fall OLG Schleswig, Urteil vom 30. 3. 2006, 5 U 122/05, scheint das Gericht – wenn auch indirekt – dem Bürgen vorzuwerfen, geleistet zu haben, obwohl er hätte wissen müssen, dass die Hauptforderung wegen fehlender Prüffähigkeit der Schlussrechnung nicht fällig war. Zu diesem Fall siehe auch Kap. 7, Fn. 26. 37 Siehe BGH, Urteil vom 24. 2. 2003, II ZR 385/99, und B. Schröder, S. 135, sowie Gruel, S. 202. 38 So auch Gröschler, S. 825, Fn. 25, und B. Schröder, S. 135. A.A. Dieckmann, S. 178, der unter Anderem deshalb die bereicherungsrechtliche Theorie ablehnt (nach der von ihm befürworteten Vertragstheorie kommt eine Anwendung von § 818 Abs. 3 BGB nicht in Frage – Dieckmann, S. 183; im Übrigen ist nach der auf der Basis eines Darlehensvertrages gebauten Konstruktion Dieckmanns – vgl. dazu Kap. 7, Fn. 20 – der Rückforderungsanspruch ein Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta, der unter Umständen von einer Kündigung nach § 488 Abs. 3 BGB abhängt). A.A. auch Kopp, Die Bürgschaft, S. 200 f., der dies ebenfalls als Beweis der Unzulänglichkeit der Bereicherungstheorie ansieht, und wohl Hadding/Welter, S. 1550. 39 BGH, Urteil vom 28. 9. 2000, VII ZR 460/97, so auch Hellner, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 28. 9. 2000, S. 527. Nach OLG Celle, Urteil vom 15. 1. 2003, 7 U 64/00, ist er aber erst seit Rechtshängigkeit zu verzinsen. A.A. Gröschler, S. 825, Fn. 25. 40 In BGH, Urteil vom 15. 3. 2001, IX ZR 273/98, wurde ihm sogar der Missbrauchseinwand zugebilligt. In diesem Fall hat der Bürge auf erstes Anfordern den Rückforderungsan-
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Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
gewisse Besonderheiten aufweisende Einrede ist die Einrede der Aufrechnung. Erklärt der Begünstigte dem Versprechenden gegenüber die Aufrechnung seines Anspruchs gegen den Versprechenden mit dem Rückforderungsanspruch, so erstreckt er damit im Ergebnis die durch das Versprechen auf erstes Anfordern gewährleistete Verstärkung des materiellen Anspruchs auf den zur Aufrechnung gestellten Anspruch. Damit werden die ohnehin starken Rechte des Begünstigten aus dem Versprechen ohne jede Beschränkung auf alle ihm zustehenden Ansprüche erweitert. Steht dem Begünstigten ein von dem Versprechen nicht gedeckter Anspruch zu, so könnte er das Versprechen trotzdem anfordern und daraufhin diesen Anspruch zur Aufrechnung mit dem Rückforderungsanspruch stellen. Um eine solche Situation auszuschließen, ist anzunehmen, dass das Versprechen konkludent ein Aufrechnungsverbot mit dem Rückforderungsanspruch beinhaltet.41 Die Berufung auf dieses Verbot kann allerdings missbräuchlich sein, wenn der zur Aufrechnung gestellte Anspruch unstreitig oder rechtskräftig festgestellt wurde oder wenn der Versprechende für ihn eine andere Sicherheit zu stellen hatte, dies aber unterlassen hat.42 Eine weitere wichtige Frage betrifft die Folgen der Erfüllung des Rückforderungsanspruchs. Sicher ist, dass damit die Möglichkeit, dass in Zukunft der materielle Anspruch doch entstehen wird, nicht berührt wird; die in der Bürgschaft auf erstes Anfordern enthaltene gewöhnliche Bürgschaft besteht also danach grundsätzlich weiterhin. Es fragt sich aber, ob das Versprechen auf erstes Anfordern selbst mit der Erfüllung des Rückforderungsanspruchs wiederbelebt wird, ob also der Begünstigte dieses Versprechen ein zweites Mal in Anspruch nehmen darf.43 Im Schrifttum ist diese Frage nicht eindeutig beantwortet worden.44 Es wird allerdings die Auffassung vertreten, dass die Rückzahlung des Bürgschaftsbetrages spruch an einen Dritten abgetreten; der BGH hat wegen des früheren Verhaltens des Dritten gegenüber dem Gläubiger die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs durch diesen Dritten als missbräuchlich angesehen. 41 In diese Richtung, auch wenn in anderen Konstellationen, OLG Köln, Urteil vom 22. 10. 1997, 11 U 16/97, BGH, Urteil vom 24. 9. 1998, IX ZR 371/97. A.A. OLG Celle, Urteil vom 15. 1. 2003, 7 U 64/00, jedenfalls im Ergebnis wohl auch OLG Oldenburg, Urteil vom 30. 9. 2004, 8 U 86/01, OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. 3. 2005, I-21 U 195/03. 42 Im Ergebnis ähnlich Schlenzig, S. 138 (es müsse „eine Aufrechnung ausgeschlossen sein, sofern die Forderung des Gläubigers nicht unbestritten bzw. rechtskräftig festgestellt“ sei). Vgl. BGH, Urteil vom 24. 9. 1998, IX ZR 371/97, Fischer, Rückforderung, S. 554 f., Döhler, S. 53 f., und Mertins, S. 495, die allerdings den Rückforderungsanspruch des Hauptschuldners und somit die Sicherungsabrede zwischen Hauptschuldner und Gläubiger betreffen. 43 Die Frage mag zwar praktisch nicht bedeutend sein, weil der Rückforderungsprozess Jahre dauern kann, so dass der materielle Anspruch nach dem rechtskräftigen Abschluss dieses Prozesses und einem Unterliegen des Begünstigten in vielen Fällen offensichtlich nicht mehr wird entstehen können. Anders könnte es aber dann sein, wenn der Begünstigte den Rückforderungsanspruch freiwillig erfüllt. 44 Für das Recht erneuter Inanspruchnahme wohl Hellner, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 28. 9. 2000, S. 527. In der Rechtsprechung scheint OLG Schleswig, Urteil vom
B. Der Rückforderungsanspruch des Versprechenden
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bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nur Zug um Zug gegen die Wiederherstellung einer der ursprünglichen Bürgschaft entsprechenden neuen Bürgschaft auf erstes Anfordern zu erfolgen hat.45 Nach Ansicht des Verfassers ist diese Frage dahingehend zu beantworten, dass das Wiederbeleben eines einmal erloschenen formellen Anspruchs nicht möglich ist. Es steht dem Begünstigten zwar immer offen, eine zweite Leistungsaufforderung an den Versprechenden zu stellen, und zwar unabhängig davon, ob die erste materielle berechtigt war oder nicht; der Begünstigte darf das Versprechen schließlich in Teilen ziehen. Ist aber ein Höchstbetrag des Versprechens vereinbart und hat der Begünstigte einen Teil dieses Betrages bereits verwendet, so kann die Erfüllung des Rückforderungsanspruchs nicht dazu führen, dass die „Verwendung“ dieses Teiles rückgängig gemacht wird.46 Es fehlt schon an einer dogmatischen Begründung einer solchen Rechtsfolge. Unabhängig davon führte dies dazu, dass der Betrag ständig zwischen den Parteien an- und zurückgefordert werden könnte.47 Die Interessen des Begünstigten werden dadurch nicht unangemessen berührt; denn ihm steht auch der materielle Anspruch zu, den er weiterhin geltend machen kann.
III. Die Beweislast Die Beweislast im Rückforderungsprozess ist ein strittiges Thema. Die Rechtsprechung spricht sich entschieden dafür aus, dass dieser Prozess genau so ausgestaltet ist, wie wenn der Begünstigte den materiellen Anspruch gegen den Versprechenden klageweise durchsetzen wollte.48 Der Begünstigte soll also seine materielle Berechtigung beweisen müssen. Das Versprechen auf erstes Anfordern 30. 3. 2006, 5 U 122/05, offenbar davon ausgegangen zu sein, dass eine erneute Inanspruchnahme möglich ist. 45 So Lang, S. 2335, und Schmitz/Vogel, Der Verzug, S. 569. Aus dieser Auffassung würde im Übrigen indirekt folgen, dass die Rückzahlung an sich keinen Wiederbelebungseffekt hat. Zu beachten ist allerdings, dass Lang seine Auffassung mit der (vom BGH nicht akzeptierten) Ansicht verbindet, der Urkundenprozess stehe bei der Rückforderung offen (vgl. dazu Kap. 7, B., IV.), und dass fraglich ist, ob sowohl er, als auch Schmitz/Vogel hier vom Rückforderungsanspruch des Bürgen oder nur des Hauptschuldners sprechen; denn nach den letztgenannten Autoren soll die Wiederherstellung der Bürgschaft nur insoweit Bedingung der Rückzahlung sein, als dem Gläubiger noch ein Recht auf eine Sicherheit zusteht; dies hängt aber von der Lage ab im Verhältnis Hauptschuldner-Gläubiger und nicht im Verhältnis Bürge-Gläubiger. 46 Ob der Gläubiger dagegen vom Hauptschuldner eine neue Sicherheit fordern kann (vgl. die vorstehende Fußnote), ist ausschließlich auf Grund einer Auslegung der Sicherungsabrede festzustellen. Mit dem Versprechen auf erstes Anfordern hat dies nichts zu tun. 47 In diesem Sinne schon BGH, Urteil vom 12. 7. 2001, IX ZR 380/98, allerdings im Zusammenhang mit der Zulässigkeit des Urkundenprozesses bei der Rückforderung. 48 BGH, Urteil vom 9. 3. 1989, IX ZR 64/88, BGH, Urteil vom 13. 7. 1989, IX ZR 223/88, OLG Köln, Urteil vom 30. 10. 1997, 12 U 40/97, BGH, Urteil vom 12. 7. 2001, IX ZR 380/98, OLG Celle, Beschluss vom 27. 9. 2002, 6 W 118/02, BGH, Urteil vom 24. 10. 2002, IX ZR
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Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
und die Leistung auf den formellen Anspruch sollen zu keiner Beweislastumkehr führen. Der BGH hat dies ursprünglich damit begründet, dass, da der Versprechende von vornherein auf die Rückforderung verwiesen ist, in seiner Leistung keine Schuldanerkennung liegt.49 Im Urteil vom 5. 7. 2005 hat der BGH diese Begründung vertieft: die Klausel auf erstes Anfordern erwähne die Beweislast nicht; ihr Zweck werde durch den Rückforderungsprozess realisiert, sie bezwecke aber keine materiellrechtliche Verschlechterung der Position des Versprechenden; es entspreche deshalb ihrem Sinn und Zweck, die Beweislast im Rückforderungsprozess genauso zu handhaben, wie sie im Zahlungsprozess ohne die Klausel gehandhabt würde; wenn eine Zahlung lediglich als Abschlag oder Vorauszahlung in Erwartung einer noch festzustellenden Schuld erfolgt sei, so habe bei der Rückforderung der Empfänger das Bestehen der Forderung zu beweisen; da auch die Zahlung des Versprechenden konkludent unter Vorbehalt erfolge, müsse dies auch in dem Fall einer Klausel auf erstes Anfordern gelten.50 Dagegen äußert sich die Lehre zur Frage der Beweislast uneinheitlich. So hat Bertrams gemeint, es könne hier nicht anders als bei der (typischen) Garantie auf erstes Anfordern sein, bei der es anerkannt sei, dass eine Beweislastumkehr stattfinde.51 In der Tat wird im Schrifttum im Falle einer typischen Garantie auf erstes Anfordern die Beweislast dem Sicherungsgeber (dem „Hauptschuldner“) auferlegt.52 Ob diese Auffassung richtig ist, ist allerdings gar nicht so offensichtlich.53 Darauf, wie die Frage für die Bürgschaft auf erstes Anfordern und im Allgemeinen für das Versprechen auf erstes Anfordern zu beantworten ist, sollte die Lage bei der typischen Garantie auf erstes Anfordern aber entgegen Bertrams sowieso keinen Einfluss haben. Eine Minderheit im Schrifttum bürdet die Beweislast im Rückforderungsprozess dem Bürgen auf. Dazu gehören sowohl Autoren, die dem Rückforderungsanspruch einen vertraglichen Charakter zusprechen,54 als auch Befürworter der 355/00, OLG Oldenburg, Urteil vom 30. 9. 2004, 8 U 86/01, OLG Köln, Urteil vom 1. 10. 2004, 20 U 85/03, BGH, Urteil vom 5. 7. 2005, X ZR 60/04. 49 BGH, Urteil vom 9. 3. 1989, IX ZR 64/88. 50 BGH, Urteil vom 5. 7. 2005, X ZR 60/04. 51 Bertrams, S. 64 (Beweislast bei Bürgschaft auf erstes Anfordern) und 332 (Beweislast bei typischer Garantie auf erstes Anfordern). 52 Pleyer, Die Bankgarantie, S. 9, Mülbert, Mißbrauch, S. 11 und 154 f., Heldrich, S. 178, Panagiotopoulos, S. 143 f., Gruel, S. 197. Indirekt so auch Heinsius, Bürgschaft, S. 188, Rüßmann/Britz, S. 1827. 53 Vgl. Gröschler, S. 826 (der allerdings in Wirklichkeit über die atypische Garantie spricht, bei der die Sachen in der Tat genauso wie bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern liegen müssen). 54 So vor allem Eleftheriadis, S. 155 ff., der das „Vorbehaltsargument“ des BGH kritisiert und für eine die Beweislastumkehr anordnende ergänzende Vertragsauslegung keine zwingenden Gründe findet (S. 160). So auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 1148a, der zur Vertragstheorie neigt.
B. Der Rückforderungsanspruch des Versprechenden
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Bereicherungstheorie.55 Die herrschende Meinung vertritt den Standpunkt des BGH.56 Sie wird teilweise mit dem Argument über die fehlende Anerkennung der Schuld durch Zahlung begründet.57 Teilweise wird auf den Willen der Parteien und gegebenenfalls eine ergänzende Vertragsauslegung abgestellt; vor allem Bydlinski vertritt die Auffassung, dass an sich der Bürge beweispflichtig wäre, dass dies aber dem Willen der Parteien nicht entspricht, so dass der Vertrag im Ergebnis dahin ergänzend auszulegen ist, dass die Beweislast dem Gläubiger auferlegt wird.58 Es gibt auch Autoren, die die Beweislast bei der Rückforderung im Falle der Bürgschaft auf erstes Anfordern dem Gläubiger, im Falle einer atypischen Garantie auf erstes Anfordern aber dem Garanten aufbürden.59 Der Auffassung des BGH, der die Beweislast dem Gläubiger (dem Begünstigten aus dem Versprechen) auferlegt, ist uneingeschränkt zuzustimmen.60 Dies folgt schon aus dem Zweck des Versprechens auf erstes Anfordern. Sein Zweck besteht nämlich nicht darin, die materielle Rechtslage – und zu ihr gehört auch die Frage der Beweislast – zu verändern, sondern ausschließlich darin, den Zugriff des Be55 Clemm,
S. 129 ff. Bürgschaft, S. 188, Lang, S. 2332 f., Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, S. 105, Fischer, Rückforderung, S. 547, Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 37, Schlenzig, S. 133 ff., Oettmeier, S. 126 f., Lukas, S. 141 und 143, Gruel, S. 208 f., Graf von Westphalen/Zöchling-Jud, S. 255. So auch Arnold, S. 309, der aber für den Rückforderungsanspruch des Hauptschuldners diesem die Beweislast auferlegt. 57 So Lang, S. 2332 f., Reinicke/Tiedtke, Bürgschaftsrecht, S. 105, Oettmeier, S. 126 ff. (die dogmatisch aber ihre Auffassung mit der richterlichen Rechtsfortbildung begründet, S. 127 f.), wohl auch Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 37 („daß der Bürge bereits gezahlt hat, verändert die Beweislast nicht“). Unklar in dieser Hinsicht Lukas, S. 140 f. 58 Bydlinski, Die Bürgschaft auf erstes Anfordern, S. 1402 ff., Schlenzig, S. 133 ff. (konkludenter Beweislastvertrag), Hadding/Welter, S. 1549. Unklar Fischer, Rückforderung, S. 547 („Der Rückforderungsprozess soll die wahre Rechtslage klären. […] Folglich greifen die für einen vertraglichen Rückforderungsanspruch im Allgemeinen geltenden Regeln zur Darlegungs- und Beweislast nicht ein. […] [Der Gläubiger] hat folglich Entstehung und Fälligkeit der Hauptforderung zu beweisen.“). 59 So Panagiotopoulos, S. 104 ff. Die fehlende Einheitlichkeit seiner Auffassung ist aber kaum befriedigend. 60 Freilich ist zuzugeben, dass diese Ausgestaltung der Beweislast zu Problemen führt, wenn der Begünstigte sich vor dem Rückforderungsprozess weigert, die Gründe für die Inanspruchnahme zu nennen. Seitens des OLG Celle, Beschluss vom 27. 9. 2002, 6 W 118/02, wurde deshalb entschieden, dass wenn der Begünstigte in einem solchen Fall nachträglich seine materielle Berechtigung im Rückforderungsprozess doch beweist und der Rechtsstreit deshalb als erledigt erklärt wird, die Kosten gemäß § 91a ZPO ihm aufzuerlegen sind. Dies wird mit der bedenklichen Auffassung begründet, den Begünstigten treffe materiellrechtlich eine Verpflichtung, seine Berechtigung nachzuweisen; der Versprechende sei auch nicht gehalten, zuerst eine Klage auf Auskunft zu erheben (vgl. LG Lübeck, Urteil vom 27. 6. 1977, 11 O 73/77, wonach dem im Erstprozess verklagten Bürgen auf erstes Anfordern kein Anspruch auf prüffähige Unterlagen zustehe). 56 Heinsius,
Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
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günstigten auf die Leistung unter Vorbehalt einer späteren endgültigen Klärung vorläufig zu erleichtern.61 Damit unvereinbar wäre es, wenn die Beweislast dem Versprechenden und nicht dem Gläubiger des materiellen Anspruchs auferlegt würde. Eine Änderung dieser Beweislast bedeutete, dass das Versprechen den materiellen Anspruch nicht nur verstärkt, sondern auch materiell verändert. Die dogmatische Erklärung dieses Ergebnisses hängt ersichtlich von der vertretenen Theorie über die rechtliche Natur des Rückforderungsanspruchs ab. Akzeptiert man die Vertragstheorie, so folgt die Beweislast direkt aus dem Vertrag und dem Willen der Parteien, die materielle Rechtslage nicht zu ändern. Damit wird entgegen Eleftheriadis der Grundsatz, dass der Kläger alle anspruchsbegründenden Tatsachen zu beweisen hat, nicht berührt.62 Dies liegt daran, dass vereinbarungsgemäß der Nichteintritt des materiellen Anspruchsfalles nicht zu den anspruchsbegründenden Tatsachen gehört, sondern der Eintritt dieses Anspruchsfalles zu den anspruchsvernichtenden Tatsachen gehört. Natürlich kann man diesen Parteiwillen und damit auch die hier zugrunde gelegte Vereinbarung leugnen. Eine „Bürgschaft auf erstes Anfordern“ mit umgekehrter Beweislast ist sicherlich auch möglich. Allerdings wäre sie nicht mehr unter den in der vorliegenden Arbeit verwendeten Begriff eines Versprechens auf erstes Anfordern zu subsumieren und zwar auch deshalb, weil sie keine gewöhnliche Bürgschaft enthielte (denn bei einer gewöhnlichen Bürgschaft muss die Beweislast beim Gläubiger liegen). Akzeptiert man hingegen – wie der Verfasser – die bereicherungsrechtliche Theorie, so ist auf den ersten Blick ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch des Versprechenden ohne Weiteres gegeben, wenn der Versprechende auf den formellen Anspruch geleistet hat. Denn da der formelle Anspruch rückwirkend zum Zeitpunkt der Bewirkung der Leistung wegfällt, steht dem Versprechenden die condictio indebiti zu. Allerdings ist zu beachten, dass vorliegend eine Vereinbarung der Parteien des Versprechens dahingehend angenommen wird, dass die bewirkte Leistung hilfsweise auf den materiellen Anspruch angerechnet werden soll. Die dann wesentliche Frage lautet somit, ob dieser Zweck verfehlt wurde und wen insoweit die Beweislast trifft. Hier ist aus denselben Gründen, die oben für die Vertragstheorie bereits diskutiert wurden, anzunehmen, dass es vereinbarungsgemäß dem Begünstigten zu beweisen obliegt, dass durch die Leistung dieser hilfsweise vereinbarte Zweck erreicht wurde.
IV. Der Urkundenprozess Nach der im Rückforderungsprozess geltenden Beweislastverteilung hat der klagende Versprechende zunächst grundsätzlich nur darzulegen und zu beweisen, dass ein Versprechen auf erstes Anfordern erteilt worden ist und dass er die Leistung auf den formellen Anspruch aus diesem Versprechen erbracht hat. Es ist dann 61 Siehe
dazu Kap. 4, A. S. 156.
62 Eleftheriadis,
B. Der Rückforderungsanspruch des Versprechenden
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Sache des Begünstigten, vorzutragen, dass der materielle Anspruch bestanden hat und dass er, der Begünstugte, deshalb die Leistung behalten darf. Diese Beweislastverteilung ermöglicht es in den meisten Fällen dem Versprechenden, im Urkundenprozess zu klagen. Denn die Erteilung des Versprechens und die Bewirkung der Leistung sind typischerweise ohne Weiteres urkundlich belegbar (und übrigens auch unstreitig). Klagt der Versprechende im Urkundenprozess, so ist der Begünstigte mit allen Tatsachen, die den Eintritt des materiellen Anspruchsfalles beweisen können, auf das Nachverfahren verwiesen, wenn er diese Tatsachen nicht urkundlich belegen kann, was selten der Fall sein wird. Im Ergebnis kann der Versprechende leicht ein rechtskräftiges Vorbehaltsurteil erstreiten, das grundsätzlich vollstreckt werden kann. Diese Situation kann kaum als befriedigend bezeichnet werden. Denn im Ergebnis muss dann der Begünstigte, dem die Leistung im Erstprozess zugesprochen wurde, diese Leistung auf Grund eines leicht zu erstreitenden Vorbehaltsurteils wieder herausgeben; er kann erst im Nachverfahren seine materielle Berechtigung beweisen, um diese Leistung zurückzuerhalten. Eine solche Situation führt dazu, dass die Erreichung des Zwecks des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern unmöglich wird. Der BGH hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass der Urkundenprozess für den Rückforderungsprozess grundsätzlich unstatthaft ist.63 Nach Auffassung des BGH wäre die übliche Folge der Statthaftigkeit des Urkundenprozesses in einem solchen Verfahren wegen einer Bürgschaft auf erstes Anfordern nur die, dass auf Grund der Erstanforderungsklausel einerseits und des auflösend bedingten Vorbehaltsurteils andererseits die Bürgschaftsvaluta zwischen den Beteiligten einmal hin- und herbewegt wird, ohne dass für die eigentliche und endgültige Streitentscheidung irgendetwas gewonnen würde; dies widerspreche, so der BGH, auch materiell dem Sinn einer Bürgschaft auf erstes Anfordern. Zugleich hat der BGH festgestellt, dass der Urkundenprozess trotzdem statthaft sein kann, wenn der Versprechende in der Lage ist, abweichend von der Beweislastverteilung mittels Urkunden zu belegen, dass der materielle Anspruchsfall nicht eingetreten ist. Die Auffassung des BGH wird in der Literatur unterschiedlich gewürdigt. Teilweise wird ihr zugestimmt.64 Teilweise aber wird geäußert, dass die Führung des Rückforderungsprozesses als Urkundenprozess grundsätzlich zulässig sein sollte und dass dadurch die ohnehin starken Rechte des Begünstigten zum Schutz des Versprechenden gewissermaßen beschränkt werden könnten.65 63 BGH, Urteil vom 12. 7. 2001, IX ZR 380/98; vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 16. 1. 2002, 13 U 52/01. 64 Fischer, Rückforderung, S. 548 (der Urkundenprozess ist jedenfalls in der Regel unstatthaft), Schlenzig, S. 137 f. (die darauf hinweist, dass dies aber für eine Rückforderung nach missbräuchlicher Inanspruchnahme nicht gilt), Arnold, S. 305 f., Mertins, S. 496. 65 Lang, S. 2335, im Anschluss an ihn auch Schmitz, Kurzkommentar zum BGH-Urteil vom 12. 7. 2001, S. 1134. So auch Horn, Bürgschaftsrecht 2000, S. 98. In diesem Sinne auch LG München I, Urteil vom 23. 5. 2000, 16 HKO 2217/00.
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Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
Der Auffassung des BGH ist beizupflichten. Die fehlende Statthaftigkeit des Urkundenprozesses ergibt sich aus einer stillschweigenden Vereinbarung, die Teil des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern ist. Denn es macht keinen Sinn anzunehmen, dass der Begünstigte auf Grund des Versprechens zunächst den Erstprozess (endgültig) gewinnen kann, im Anschluss daran aber den erhaltenen Betrag sofort auf Grund eines im Urkundenprozess vom Versprechenden erstrittenen Vorbehaltsurteils herausgeben soll, auch wenn er im Ergebnis im Nachverfahren diesen Prozess gewinnen könnte. Die Absicht, ein solches Ergebnis mittels des von ihnen abgeschlossenen Vertrages erreichen zu wollen, kann man den Parteien vernünftigerweise nicht unterstellen. Dabei erstreckt sich die stillschweigende Vereinbarung über die Unstatthaftigkeit des Urkundenprozesses nur auf Fälle, in denen der Versprechende die für ihn günstige Beweislastverteilung ausnutzen will. Ist er im Stande, die Nichtberechtigung des Begünstigten urkundlich zu beweisen, obwohl ihm dieser Beweis ja nicht obliegt, so ist seine Klage im Urkundenprozess statthaft.
C. Nichtdeliktische Schadensersatzansprüche des Versprechenden Neben dem Rückforderungsanspruch können dem Versprechenden bei einer materiell unberechtigten Inanspruchnahme auch Schadensersatzansprüche gegen den Begünstigten zustehen. Denn dem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern ist zu entnehmen, dass der Begünstigte das Versprechen zwar schon nach Eintritt des formellen Anspruchsfalles in Anspruch nehmen kann,66 dass er dies aber erst dann tun darf, wenn der materielle Anspruchsfall eingetreten ist. Tut er dies, obwohl diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, so macht er sich schadensersatzpflichtig. Dabei ist ohne Bedeutung, ob der materielle Anspruchsfall nachträglich doch eingetreten ist. Denn die verfrühte Ziehung des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern kann auch Schäden herbeiführen, die vom Begünstigten zu ersetzen sind. Zu beachten ist jedoch, dass der Begünstigte dann nicht haftet, wenn ihn kein Verschulden trifft. Ihm steht es folglich offen zu beweisen, dass er weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt hat; gelingt ihm dieser Beweis, so braucht er den durch die unberechtigte Inanspruchnahme des Versprechens verursachten Schaden nicht zu ersetzen. Darüber hinaus haftet der Begünstigte auf Schadensersatz auch dann, wenn er wahrheitswidrige Erklärungen abgegeben hat, um den formellen Anspruchsfall herbeizuführen, auch wenn der materielle Anspruchsfall eingetreten ist. Denn das Versprechen ist nach Treu und Glauben so auszulegen, dass es dem Begünstigten verwehrt ist, falsche Erklärungen abzugeben oder sich falscher Erklärungen Drit66 Strikt gesagt: dass er den formellen Anspruch geltend machen kann, wenn der formelle Anspruchsfall eingetreten ist. Denn die Inanspruchnahme des Versprechens ist strikt gesagt Element des formellen Anspruchsfalles.
C. Nichtdeliktische Schadensersatzansprüche des Versprechenden
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ter zu bedienen. Allerdings greift auch hier die Haftung dann nicht ein, wenn den Begünstigten kein Verschulden trifft. Hat der Begünstigte gute Gründe gehabt, davon auszugehen, dass die Erklärungen richtig sind, so braucht er den Schaden nicht zu ersetzen. In der Praxis werden die hier besprochenen Schadensersatzansprüche kaum geltend gemacht.67 In der Rechtsprechung scheinen sie auch nicht erörtert worden zu sein; die Rechtsprechung erkennt zwar ähnliche Schadensersatzansprüche an, jedoch nur als Ansprüche des Hauptschuldners gegen den Gläubiger bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern, die sich aus der Sicherungsabrede zwischen Hauptschuldner und Gläubiger ergeben sollen.68 Im Schrifttum hat sich Gruel gegen einen Schadensersatzanspruch des Bürgen ausgesprochen.69 Im Übrigen wird die Frage soweit ersichtlich ebenfalls nur für das Valutaverhältnis, also als eine die Sicherungsabrede betreffende Frage, erörtert.70 Horn hat sich zwar für einen Schadensersatzanspruch des Garanten auf erstes Anfordern wegen positiver Vertragsverletzung ausgesprochen, dies aber nur für den besonderen Fall einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Garantie formuliert.71 Nach Ansicht des Verfassers sind Schadensersatzansprüche wegen materiell unberechtigter Inanspruchnahme auch im Verhältnis zwischen dem Versprechenden (gegebenenfalls dem Bürgen auf erstes Anfordern) und dem Begünstigten anzuerkennen. Sie ergeben sich direkt aus dem Versprechen auf erstes Anfordern und nicht nur aus der Sicherungsabrede. Denn der Zweck des Versprechens liegt darin, für jeden Fall und ausnahmslos zu gewährleisten, dass der Begünstigte, wenn er einen materiellen Anspruch auf die Leistung hat, die Leistung auch sofort erhält.72 Steht ihm der materielle Anspruch nicht zu und nimmt er trotzdem das Versprechen schuldhaft in Anspruch, so ist sein Handeln von diesem Zweck nicht mehr gedeckt. 67 Vgl. aber BGH, Urteil vom 16. 10. 1984, VI ZR 14/83, wo es allerdings um solche Ansprüche bei einer typischen Garantie auf erstes Anfordern ging. 68 Siehe dazu den folgenden Kap. 7, D. 69 Gruel, S. 199 f. 70 Die Frage, ob solche Ansprüche überhaupt bestehen, ob also der Begünstigte tatsächlich das Versprechen bzw. die typische Garantie beim Nichteintritt des materiellen Anspruchsfalles bzw. des materiellen Garantiefalles nicht in Anspruch nehmen darf, ist im Schrifttum streitig. Siehe dazu Kap. 7, D. 71 Horn, Der Rückforderungsanspruch, S. 630 (so auch Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 337, wo klargestellt wird, dass der Garant im Missbrauchsfall in der Tat dem Zahlungsverlangen eine Einwendung aus § 826 BGB entgegensetzt). Horn scheint hier von einer engen Definition des Missbrauchs ausgezugehen, denn er meint, der Schadensersatzanspruch ergebe sich zugleich aus § 826 BGB. Im Übrigen geht er davon aus, dass dem Garanten bei materiell unberechtigter Inanspruchnahme generell ein Rückzahlungsanspruch zusteht; somit gilt seine Meinung eigentlich für das, was in der vorliegenden Arbeit atypische Garantie auf erstes Anfordern genannt wird. 72 Siehe dazu Kap. 4, A.
300
Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
D. Nichtdeliktische Ansprüche des Hauptschuldners oder Auftraggebers Grundsätzlich steht das Rückforderungsrecht bei materiell unberechtigter Inanspruchnahme dem Versprechenden, der die Leistung bewirkt hat, zu. Allerdings gibt es – besonders bei Bürgschaften auf erstes Anfordern – Konstellationen, in denen auch Dritten Ansprüche im Zusammenhang mit einer solchen Inanspruchnahme zustehen können. Außer deliktischen Ansprüchen, zählen hierzu auch Ansprüche aus Vertrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung.73 In der Rechtsprechung wurde ursprünglich angenommen, dass ein Rückforderungsrecht, dessen Voraussetzung der Nichteintritt des materiellen Bürgschaftsfalles ist, nur dem Bürgen auf erstes Anfordern zusteht und gegebenenfalls von diesem an den Hauptschuldner oder Auftraggeber des Bürgen erst abgetreten werden muss. So hat der BGH einen Fall behandelt, in dem ein Rückforderungsanspruch des Hauptschuldners aus eigenem Recht rechtskräftig abgewiesen worden war und sich im Anschluss daran der Hauptschuldner den Rückforderungsanspruch vom Bürgen hat abtreten lassen, um ihn sodann gegenüber dem Gläubiger geltend zu machen.74 Auch das OLG München hat in einem Urteil aus dem Jahre 1987 festgestellt, dass ein Bürge auf erstes Anfordern zwar seinen Anspruch aus §§ 670, 675 BGB gegen den ihn beauftragenden Hauptschuldner geltend machen kann, ohne zuerst seinen Rückforderungsanspruch gegen den Gläubiger verfolgt zu haben, dass der Bürge aber verpflichtet ist, diesen Anspruch an seinen Auftraggeber abzutreten; dabei ging das Gericht offenbar davon aus, dass dem Auftraggeber kein eigener Rückforderungsanspruch zusteht.75 In der späteren Rechtsprechung wurde dem Hauptschuldner ein eigener Rückforderungsanspruch zugesprochen, jedoch nur dann, wenn dieser dem von ihm beauftragten Bürgen auf erstes Anfordern den ausgezahlten Bürgschaftsbetrag nach §§ 670, 675 BGB erstattet hat.76 73 Ansprüche
aus Delikt werden im folgenden Kap. 7, E. behandelt. Urteil vom 25. 10. 2000, XII ZR 136/98. 75 OLG München, Urteil vom 6. 5. 1987, 7 U 1661/87. Im Schrifttum so Schlenzig, S. 7 (der Schuldner könne nur als Zessionar den Rückforderungsanspruch geltend machen). Am Rande ist zu bemerken, dass in LG München I, Urteil vom 5. 5. 2010, 2 O 14011/05, das Recht des Bürgen, den Anspruch aus §§ 670, 675 BGB geltend zu machen, in Frage gestellt wird; das Gericht erwägt vielmehr, dass der Bürge entweder einen Anspruch auf Rückzahlung gegen den Gläubiger, oder einen auf ihn gemäß § 774 BGB übergangenen Anspruch gegen den Hauptschuldner geltend machen sollte; sonst sei nicht verständlich, wofür der Bürge einen Avalzins fordere. 76 OLG Köln, Urteil vom 22. 10. 1997, 11 U 16/97, BGH, Urteil vom 24. 9. 1998, IX ZR 371/97, OLG Köln, Urteil vom 31. 3. 2000, 19 U 186/98, BGH, Urteil vom 8. 3. 2001, IX ZR 236/00, BGH, Urteil vom 24. 10. 2002, IX ZR 355/00, OLG Celle, Urteil vom 15. 1. 2003, 7 U 64/00, OLG Köln, Urteil vom 1. 10. 2004, 20 U 85/03. So auch Fischer, Die Bürgschaft, S. 417 f., der in einem solchen Fall den Hauptschuldner und den Bürgen als Gesamtgläubiger ansieht. Vgl. auch OLG Oldenburg, Urteil vom 30. 9. 2004, 8 U 86/01, wo das Gericht 74 BGH,
D. Nichtdeliktische Ansprüche des Hauptschuldners oder Auftraggebers
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Auf diese Voraussetzung hat die neueste Rechtsprechung verzichtet. Heute wird dem den Bürgen auf erstes Anfordern beauftragenden Hauptschuldner ein Anspruch gegen den Gläubiger, der die Bürgschaft materiell zu Unrecht in Anspruch genommen hat, ohne weitere Voraussetzungen zugebilligt. Dieser Rückforderungsanspruch ist zunächst darauf gerichtet, dass der Gläubiger die Leistung, auf die er materiell keinen Anspruch hat, dem Bürgen zurückerstattet bzw. den Hauptschuldner in anderer Weise von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Bürgen befreit. Hat der Hauptschuldner dem Bürgen den Bürgschaftsbetrag bereits erstattet, so richtet sich sein Rückforderungsanspruch nunmehr darauf, dass an ihn selbst gezahlt wird.77 Die Natur des Rückforderungsanspruchs des Hauptschuldners ist in der Rechtsprechung nicht ganz unstrittig. Das OLG Celle hat die Frage, ob dieser Anspruch vertraglichen oder bereicherungsrechtlichen Charakter hat, ausdrücklich offen gelassen.78 Die Grundlage des Anspruchs wird vor allem in der Sicherungsabrede zwischen dem Hauptschuldner und dem Gläubiger gesehen.79 Ursprünglich wurde argumentiert, aus der Sicherungsabrede folge die Verpflichtung des Gläubigers, die Sicherheit zurückzugewähren, sobald feststeht, dass der Sicherungsfall nicht mehr eintreten kann.80 Auf diese Begründung wird in der neueren Rechtsprechung nicht mehr zurückgegriffen; im Übrigen könnte sie den Eindruck erwecken, der Rückforderungsanspruch stehe dem Hauptschuldner erst dann zu, wenn der materielle Anspruch nicht besteht und in der Zukunft nicht mehr entstehen kann. Dies wäre aber wohl nicht richtig. Außer Rückforderungsansprüchen des den Bürgen auf erstes Anfordern beauftragenden Hauptschuldners erkennt die neuere Rechtsprechung des BGH auch Schadensersatzansprüche des Hauptschuldners an. Bereits in einem eine typische Garantie auf erstes Anfordern betreffenden Urteil aus dem Jahre 1996 hat der BGH entschieden, dass dem Sicherungsgeber, der eine solche Garantie gestellt hat, Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung gegen den Begünstigten zustehen können, wenn dieser als Sicherungsnehmer gegen die Sicherungsabrede feststellte, dass der Hauptschuldner wegen der früheren Abtretung des Rückforderungsanspruchs des Bürgen nicht zu beweisen brauchte, dass er mit dem Bürgschaftsbetrag von diesem rückbelastet wurde. Vgl. auch den Nachweis in Kap. 7, Fn. 87. Ausdrücklich a.A. LG München I, Urteil vom 5. 5. 2010, 2 O 14011/05, wonach dem Hauptschuldner in keinem Fall ein eigener Rückzahlungsanspruch zustehen soll. 77 BGH, Urteil vom 24. 10. 2002, IX ZR 355/00, OLG Köln, Urteil vom 1. 10. 2004, 20 U 85/03. 78 OLG Celle, Urteil vom 15. 1. 2003, 7 U 64/00. 79 OLG Köln, Urteil vom 22. 10. 1997, 11 U 16/97, wo die Sicherungsabrede allerdings besonders ausführlich war, BGH, Urteil vom 24. 9. 1998, IX ZR 371/97, OLG Köln, Urteil vom 31. 3. 2000, 19 U 186/98, BGH, Urteil vom 24. 10. 2002, IX ZR 355/00, OLG Köln, Urteil vom 1. 10. 2004, 20 U 85/03. 80 BGH, Urteil vom 24. 9. 1998, IX ZR 371/97, OLG Köln, Urteil vom 31. 3. 2000, 19 U 186/98.
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Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
verstoßen hat, es sei denn, dass ihn kein Verschulden trifft.81 Im Jahre 2002 hat der BGH dann entschieden, dass dies auch für die Bürgschaft auf erstes Anfordern gilt.82 Danach kann dem Sicherungsgeber ein Schadensersatzanspruch aus Verletzung der Sicherungsabrede bei verfrühter Ziehung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern gegen den Gläubiger zustehen. Dagegen führe die verfrühte Inanspruchnahme nicht dazu, dass der Gläubiger den Bürgschaftsbetrag ohne Rücksicht auf die materielle Rechtslage zurückgeben müsse. Diese Auffassung wurde später vom BGH bestätigt: die schuldhafte und abredewidrige Inanspruchnahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern könne zu Schadensersatzansprüchen des Sicherungsgebers gegen den Sicherungsnehmer (d.h. den Gläubiger) führen.83 Im Schrifttum hat für die Bürgschaft auf erstes Anfordern vor allem Fischer die Auffassung des BGH geteilt.84 Rigol hingegen spricht dem Hauptschuldner einen eigenen Rückforderungsanspruch aus der Eingriffskondiktion zu, jedoch nur für den Fall, dass er dem Bürgen Aufwendungsersatz geleistet hat.85 Darüber hinaus könne dem Schuldner ein Schadensersatzanspruch aus Vertrag zustehen, wenn die Bürgschaft auf erstes Anfordern schuldhaft zu Unrecht in Anspruch genommen wurde; eine verschuldensunabhängige Haftung scheide hier aus.86 Im Übrigen gibt es für die Bürgschaft nur wenige Aussagen zu diesem Problem.87 Panagiotopoulos 81 BGH,
Urteil vom 25. 9. 1996, VIII ZR 76/95. Urteil vom 24. 10. 2002, IX ZR 355/00. 83 BGH, Urteil vom 23. 1. 2003, VII ZR 210/01. So auch LG München I, Urteil vom 5. 5. 2010, 2 O 14011/05. Sehr streng dazu OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 11. 1998, 4 U 87/98, wo eine verschuldensunabhängige Haftung analog zu § 717 Abs. 2 ZPO befürwortet wird und darüber hinaus im Rahmen der Verschuldenshaftung angenommen wird, dass Verschulden schon dann vorliegt, wenn der Gläubiger bei der Inanspruchnahme nicht mit größter Wahrscheinlichkeit ausschließen kann, dass sie sich als unbegründet erweist, oder wenn er andere ihm zumutbare Möglichkeiten nicht nutzt, wie zum Beispiel das selbständige Beweisverfahren. Gegen diese viel zu strenge Auffassung zutreffend Rigol, S. 306 ff. 84 Fischer, Der Rückforderungsanspruch, S. 552 f. Er weist auch ausdrücklich darauf hin, dass die Beweislast und die Statthaftigkeit des Urkundenprozesses in diesem Prozess genauso wie im gewöhnlichen Rückforderungsprozess ausgestaltet sind (Fischer, Der Rückforderungsanspruch, S. 553 f.). Ähnlich Hahn, Die Bürgschaft, S. 843 (der Hauptschuldner habe einen eigenen Rückforderungsanspruch aus der Sicherungsabrede, die Beweislast sei dem Gläubiger aufzubürden). Arnold, S. 309, bürdet dagegen die Beweislast im Rückforderungsprozess dem Hauptschuldner auf. 85 Rigol, S. 306 (wobei sie diese Aufwendungen nicht ganz verständlich „Avalprovision“ zu nennen scheint). 86 Rigol, S. 306 ff. (insofern kritisch zu OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13. 11. 1998, 4 U 87/98). 87 Ausdrücklich gegen einen eigenen Rückforderungsanspruch des Hauptschuldners Schlenzig, S. 141 ff. und 157, und Eleftheriadis, S. 145 f. (der dem Hauptschuldner nur einen Anspruch aus gemäß § 667 BGB abgetretenem Recht gibt). Kritisch, jedoch unklar, wohl auch Gruel, S. 198 f. Staudinger/Horn97, Vorbem. zu §§ 765 ff., Rn. 33, billigte dem Hauptschuldner, der die Bürgschaftssumme dem Bürgen erstattet hatte, einen Anspruch gegen den Gläubiger aus Eingriffskondiktion und gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch 82 BGH,
D. Nichtdeliktische Ansprüche des Hauptschuldners oder Auftraggebers
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vertritt allerdings eindeutig die Auffassung, es handele sich hier keinesfalls um einen Rückforderungsanspruch, sondern um eine Art vertraglichen Schadensersatz anspruch.88 Für die typische Garantie auf erstes Anfordern (bei der grundsätzlich nur ein eigener Anspruch des Garantieauftraggebers in Frage kommt) sind die Meinungen geteilt. Unstreitig ist, dass dem Garantieauftraggeber ein Rückforderungsanspruch zusteht, wenn der sogenannte materielle Garantiefall nicht eingetreten ist.89 Ob dem Garantieauftraggeber ein über die Rückzahlung des Garantiebetrages hinausgehender Schadensersatzanspruch schon dann zugebilligt werden soll, wenn die Ziehung der Garantie materiell unberechtigt war und den Begünstigten insofern ein Verschulden trifft, ist aber streitig. Dies wird mehrheitlich bejaht, es gibt aber auch andere Stimmen.90 So vertritt Mülbert die Auffassung, dass dies mit dem Zweck der Garantie auf erstes Anfordern unvereinbar und dass ein Schadensersatz anspruch erst bei missbräuchlicher Ziehung der Garantie begründet ist.91 aus positiver Vertragsverletzung (auch aus § 826 BGB) zu; in der Nachauflage wird nun aber nur allgemein festgestellt, der Hauptschuldner könne in einem solchen Fall „den Gläubiger wegen unberechtigter Einforderung der Bürgschaft in Anspruch nehmen“ (Staudinger/ Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 37, wonach in diesem Fall betreffend die Beweislast dieselben Regeln gelten wie im Falle der Rückforderung durch den Bürgen). 88 Panagiotopoulos, S. 122 ff. 89 Die Beweislast ist aber streitig, siehe die Diskussion in Kap. 7, B., III. Streitig ist auch, ob der Anspruch bereicherungsrechtlicher (so Panagiotopoulos, S. 139 ff.) oder vertraglicher Natur ist, und ob er dann ein Fall positiver Vertragsverletzung ist (so Hadding/Häuser/ Welter, S. 728 f., kritisch dazu Mülbert, Mißbrauch, S. 38, Fn. 39; so wohl auch Heermann, Rückabwicklung, S. 240 f.; im Ergebnis auch Melzer, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 25. 9. 1996, S. 503 f., der die Entscheidung BGH, Urteil vom 25. 9. 1996, VIII ZR 76/95, zwar kritisiert, die Annahme, dem Garantieauftraggeber könne generell ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Sicherungsabrede zustehen, aber wohl akzeptiert; so wohl auch Pleyer, Die Bankgarantie, S. 26). Es kann auch die Auffassung vertreten werden, dass der Anspruch sich zugleich aus § 812 BGB und aus Vertrag ergibt. 90 Dafür wohl diejenigen, die schon die Rückzahlung mit einem Schadensersatzanspruch rechtfertigen (siehe vorstehende Fußnote). So wohl auch schon von Caemmerer, Bankgarantien, S. 299. 91 Mülbert, Mißbrauch, S. 154 f. So auch Panagiotopoulos, S. 126. Für weitere Nachweise siehe Mülbert, Neueste, S. 1113, Fn. 100 (Mülbert knüpft diese Frage zutreffend an das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs des Garantieauftraggebers gegen den Begünstigten an; entgegen Mülbert kann aber aus Hadding/Häuser/Welter, S. 721 und 723, nicht gefolgert werden, dass Hadding die Auffassung Mülberts teilt – aus Hadding/Häuser/Welter, S. 728 f., scheint eher das Gegenteil zu folgen; auch OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12. 2. 1974, 5 W 4/74, spricht nicht für die Auffassung Mülberts – das OLG hat dort zwar eine einstweilige Verfügung abgelehnt, über das Fehlen eines materiellen Unterlassungsanspruchs sich aber nicht eindeutig geäußert; entgegen Mülbert spricht sich Pleyer, Die Bankgarantie, S. 26, ausdrücklich dafür aus, dass dem Garantieauftraggeber generell ein vertraglicher Anspruch auf Unterlassung einer unberechtigten Inanspruchnahme zusteht – eben deshalb konstruiert er für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ein pactum de non petendo; auch die Aussage von Nielsen, Rechtsmißbrauch, S. 261, scheint eigentlich nur in Bezug auf das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bedacht zu werden; Canaris, Bankvertragsrecht,
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Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
Die in der Rechtsprechung vertretene Auffassung, wonach dem Hauptschuldner bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern unter Umständen ein eigener Rückforderungsanspruch, sowie Schadensersatzansprüche zustehen können, ist grundsätzlich zu billigen. Ihre dogmatischen Grundlagen bedürfen aber der Präzisierung. Voraussetzung des Bestehens der oben genannten Ansprüche ist, dass ein Sicherungsgeber (typischerweise der Hauptschuldner) einem Sicherungsnehmer (typischerweise dem Gläubiger) eine Bürgschaft auf erstes Anfordern als Sicherheit übergibt. Dabei sind zwei Fälle zu unterscheiden. Der erste Fall besteht darin, dass eine Sicherungsabrede zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer wirksam abgeschlossen wurde und nachher nicht entfallen ist. Aus der Sicherungsabrede folgt dann, zur Befriedigung welcher Forderungen und unter welchen Voraussetzungen der Sicherungsnehmer die Bürgschaft verwerten darf und dass er sie, wenn keine solche Forderungen mehr entstehen können, „zurückgeben“ (also auf sie verzichten) muss. Verwertet der Sicherungsnehmer die Sicherheit, obwohl keine gesicherten Forderungen bestehen oder obwohl die übrigen vereinbarten Voraussetzungen der Verwertung nicht erfüllt sind, so ist er nach der Sicherungsabrede zur „Rückgabe“ des Erlöses verpflichtet; hat er darüber hinaus schuldhaft gehandelt, so ist er auch zum Schadensersatz verpflichtet.92 Möchte man diese allgemeinen Regeln auf den Fall der Bürgschaft auf erstes Anfordern anwenden, so gilt es vor allem den Begriff der „Rückgabe“ zu präzisieren. Hat der Gläubiger die Bürgschaft auf erstes Anfordern erfolgreich in Anspruch genommen, so besteht die Rückgabe in der Rückgängigmachung der negativen Folgen dieses Ereignisses, jedoch nur in den Grenzen der Bereicherung des Gläubigers. In der Praxis bedeutet dies, dass der Gläubiger im Umfang der erhaltenen Bürgschaftssumme den Sicherungsgeber von den Verbindlichkeiten, die in Folge der Verwertung der Bürgschaft entstanden sind, freistellen muss. Bestehen solche Verbindlichkeiten nicht, weil der Sicherungsgeber sie bereits erfüllt hat, so ist die Bürgschaftssumme an ihn selbst auszuzahlen. Etwaige Kosten und Gebühren, die infolge der unberechtigten Inanspruchnahme entstanden sind, sind im Rahmen der Rückgabe nicht erstattungsfähig, weil dies den Betrag des Erlöses aus der Verwertung der Sicherheit überstiege. Solche Kosten sind nur im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs erstattungsfähig, der allerdings voraussetzt, dass der Sicherungsnehmer schuldhaft gehandelt hat. Das zuvor Gesagte könnte mit der Auffassung der Rechtsprechung und insbesondere des BGH insoweit als in Widerspruch stehend erscheinen, als die RechtRn. 1135, bejaht das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs ausdrücklich und befürwortet Beschränkungen nur für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes). 92 Entgegen den oben erörterten Zweifeln Mülberts gefährdet dies den Zweck des Versprechens auf erstes Anfordern nicht. Denn die Haftung des Begünstigten ist verschuldensabhängig (das weitere Problem des einstweiligen Rechtsschutzes wird in dieser Arbeit nicht behandelt, ist aber auch dann lösbar, wenn man das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs des Versprechenden im Allgemeinen akzeptiert), vgl. Rigol, S. 306 ff.
D. Nichtdeliktische Ansprüche des Hauptschuldners oder Auftraggebers
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sprechung dem Hauptschuldner kein Rückforderungsrecht zubilligt, wenn der Gläubiger die Bürgschaft auf erstes Anfordern zwar abredewidrig angefordert hat, ihm die Leistung aus der Bürgschaft aber materiell im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung im Rückforderungsprozess zusteht. Tatsächlich liegt hier aber kein Widerspruch vor; es muss nur sauber zwischen den Voraussetzungen der Verwertung des bürgschaftsbezogenen Versprechens auf erstes Anfordern und denen der in der Bürgschaft auf erstes Anfordern enthaltenen gewöhnlichen Bürgschaft unterschieden werden. Wurde in der Sicherungsabrede vereinbart, dass der Gläubiger die gewöhnliche Bürgschaft nur unter gewissen Voraussetzungen verwerten darf, so ist er bei Verstoß gegen diese Vereinbarung in der Tat zur Rückgabe des Erlöses verpflichtet, auch wenn eine gesicherte Forderung besteht. Dies stellt auch die Rechtsprechung nicht in Frage. Wurden aber – und dies ist der häufigste Fall – in der Sicherungsabrede zusätzliche Voraussetzungen der Verwertung der Sicherheit nur in dem Sinne vereinbart, dass der Gläubiger von dem bürgschaftsbezogenen Versprechen auf erstes Anfordern nur unter diesen Voraussetzungen Gebrauch machen darf (die gewöhnliche Bürgschaft dagegen ohne Rücksicht auf sie geltend machen darf), so liegen die Dinge anders.93 Verstößt der Gläubiger gegen diese Vereinbarung, indem er die Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch nimmt, ohne dass diese zusätzlichen Voraussetzungen eingetreten sind, so ist er zur Rückerstattung nicht unbedingt verpflichtet und zwar deshalb, weil die Bürgschaftssumme auf die gewöhnliche Bürgschaft angerechnet wird.94 Der Gläubiger ist in diesem Fall so zu behandeln, wie wenn er die gewöhnliche Bürgschaft verwertet hätte. Dies hat zur Folge, dass nur die materielle Rechtslage und die Erfüllung der betreffend die Verwertung der gewöhnlichen Bürgschaft vereinbarten Voraussetzungen erheblich sind. Die Tatsache, dass der Gläubiger gegen die Voraussetzungen der Verwertung des bürgschaftsbezogenen Versprechens auf erstes Anfordern verstoßen hat, ist dagegen mit Rücksicht auf eine etwaige Rückerstattungspflicht ohne Belang. Von Bedeutung ist sie nur für die potenzielle schadensersatzrechtliche Haftung des Gläubigers, wenn diesen ein Verschulden trifft. Im Ergebnis steht die hier vertretene Auffassung mit den Ansichten der Rechtsprechung somit völlig im Einklang. Von der bereits erörterten Konstellation, dass die Sicherungsabrede wirksam abgeschlossen wurde, sind darüber hinaus Fälle zu unterscheiden, in denen eine solche Abrede unwirksam war oder später entfallen ist, oder aber eine Sicherheit über den Umfang der Sicherungsabrede hinaus gestellt wurde. In solchen Fällen kommt ein bereicherungsrechtlicher Anspruch desjenigen, der die Bürgschaft auf erstes Anfordern gestellt hat, auf „Rückgabe“ der Bürgschaft in Betracht. Verstößt der Gläubiger gegen seine Verpflichtung, auf die Bürgschaft auf erstes Anfordern zu verzichten und ihre Inanspruchnahme zu unterlassen, so ist er zur Rückgabe des Erlöses und, bei schuldhaftem Verstoß, zum Schadensersatz verpflichtet. Insoweit bestehen kei93 Die Unterscheidung entspricht der Unterscheidung zwischen formellen, materiellen und materiell-formellen Voraussetzungen. Siehe dazu unter anderem Kap. 5, B., I. 94 Betreffend die Anrechnung siehe Kap. 7, B.
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Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
ne Unterschiede zwischen der Rechtslage in einem solchen Fall und der Rechtslage bei wirksamer Sicherungsabrede. Zu beachten ist lediglich, dass auch der bereicherungsrechtliche Anspruch auf „Rückgabe“ der Bürgschaft verschiedene Inhalte haben kann: soll die Bürgschaft auf erstes Anfordern inklusive der gewöhnlichen Bürgschaft zurückgegeben werden, so muss jeder Erlös aus der Verwertung der Bürgschaft zurückgezahlt werden; soll hingegen nur das bürgschaftsbezogene Versprechen auf erstes Anfordern zurückgegeben werden, so ist der Gläubiger, der die Bürgschaft verwertet hat, nur dann zur Rückzahlung des Erlöses verpflichtet, wenn er auch auf Grund der gewöhnlichen Bürgschaft und der sie betreffenden (insoweit wirksamen) Sicherungsabrede keinen Anspruch auf die Bürgschaftssumme hat.
E. Deliktische Ansprüche Die unberechtigte Inanspruchnahme eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern oder einer typischen Garantie auf erstes Anfordern kann jedenfalls dann, wenn der Begünstigte von dem Fehlen der materiellen Berechtigung weiß oder wenn er wissentlich falsche Erklärungen abgibt, als widerrechtlich angesehen werden. Sie kann deshalb deliktische Ansprüche der Betroffenen mit sich bringen. Freilich ist die deliktische Haftung für die unberechtigte Ziehung insbesondere von Garantien auf erstes Anfordern ein Bereich, der trotz des internationalen Charakters der Garantie auf erstes Anfordern keinen einheitlichen Regeln unterliegt. Während in vielen Ländern Schadensersatz auch bei allgemeinem Vermögensschaden zu leisten ist, stellt sich in Deutschland die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein deliktischer Anspruch nach §§ 823 ff. BGB zu konstruieren ist. Anwendbar in Fällen der unberechtigten Zahlungsaufforderung kann vor allem § 826 BGB sein. Für die Bürgschaft auf erstes Anfordern hat der BGH entschieden, dass die unberechtigte Einforderung der Bürgschaftssumme eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung darstellen kann; auch ein Dritter, der an der unberechtigten Inanspruchnahme mitgewirkt und von ihr profitiert hat, kann für den entstandenen Schaden nach § 826 BGB haften.95 Für die typische Garantie auf erstes Anfordern hat bereits im Jahre 1984 das OLG München entschieden, dass die unberechtigte Inanspruchnahme einer solchen Garantie sittenwidrig ist und zur Haftung gemäß § 826 BGB führt, wenn der Begünstigte eine Schädigung des Schuldners, der die Stellung der Garantie veranlasst hat, zumindest billigend in Kauf nimmt.96 Dies wird im Schrifttum gebilligt.97 95 BGH,
Urteil vom 24. 2. 2003, II ZR 385/99. München, Urteil vom 31. 10. 1984, 7 U 5190/83. Siehe auch BGH, Urteil vom 16. 10. 1984, VI ZR 14/83. 97 Pleyer, Die Bankgarantie, S. 19, Staudinger/Horn13, Vorbem. zu §§ 765 – 778, Rn. 384 und 387 (in der Vorauflage hatte Horn darüber hinaus gemeint, es reiche für eine Anwendung von § 826 BGB grobe Fahrlässigkeit auf Seiten des Begünstigten aus: Staudinger/Horn97, Vorbem. zu §§ 765 ff., Rn. 351 und 354). Siehe dazu auch Gruel. S. 213 ff., der über Ansprüche sowohl des Schuldners als auch des Bürgen oder Garanten aus § 826 BGB spricht. 96 OLG
E. Deliktische Ansprüche
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Als zweite Möglichkeit kommt in Betracht, den Begünstigten, der ein Leistungsversprechen auf erstes Anfordern unberechtigt in Anspruch genommen hat, aus § 823 BGB in Haftung zu nehmen. Zum einen erscheint hier ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB denkbar, sofern man die unberechtigte Inanspruchnahme als einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ansieht. Soweit ersichtlich ist eine solche Möglichkeit in der Rechtsprechung aber bislang nicht einmal diskutiert worden. Zum anderen kann auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB zurückgegriffen werden. Denn in der Abgabe einer wissentlich falschen Erklärung über den Eintritt des materiellen Anspruchsfalles oder (bei der typischen Garantie) des materiellen Garantiefalles liesse sich die Erfüllung des Tatbestandes des § 263 Abs. 1 StGB erblicken. Auch in Fällen, in denen eine solche ausdrückliche Erklärung entbehrlich ist, kommt die Anwendung von § 263 StGB ebenfalls in Betracht, wenn man die Lehre vertritt, wonach in der Anforderung des Begünstigten an den Versprechenden eine konkludente Wissenserklärung über den Eintritt des materiellen Anspruchsfalls enthalten ist; dann könnte die Inanspruchnahme eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern durch einen die Tatsache des Nichteintritts des materiellen Anspruchsfalles kennenden Begünstigten als Abgabe einer wissentlich falschen Erklärung bewertet werden. Die Behauptungstheorie ist aber abzulehnen, so dass eine Anwendung von § 263 StGB in solchen Fällen ausscheidet.98 Ob jedenfalls dann, wenn der Begünstigte eine wissentlich falsche Erklärung abgibt oder wissentlich falsch behauptet, der materielle Anspruchsfall sei eingetreten, der Tatbestand des Betruges tatsächlich verwirklicht ist, mag streitig sein. Im Schrifttum wird diese Auffassung gelegentlich vertreten.99 Die Rechtsprechung hat sich, soweit ersichtlich, bisher in diesem Sinne nicht geäußert und das OLG Celle hat dies für den Fall einer typischen Garantie auf erstes Anfordern sogar grundsätzlich verneint.100 Das Gericht hat schon in Bezug darauf, ob die falsche Erklärung des Begünstigten in einem solchen Fall einen Irrtum des Garanten erregen kann, Zweifel geäußert: Dem Garanten seien die Einwendungen des Hauptschuldners gegen den Eintritt des materiellen Garantiefalles regelmäßig wohl bekannt. Vor allem aber hat das Gericht ausgeführt, dass es an einer Kausalität zwischen der möglichen Täuschungshandlung und der durch den Garanten vorgenommenen Vermögensverfügung fehlt. Denn der Garant habe der Anforderung keine Einwendungen materieller Art entgegensetzen dürfen und hätte daher auf jeden Fall gezahlt, auch wenn ihm die Einwendungen des Hauptschuldners bekannt gewesen sein sollten. In der Tat können Zweifel bestehen, ob in solchen Fällen der Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB erfüllt ist. Denn bei einer unberechtigten Inanspruchnahme 98 Zur Behauptungstheorie und zu den Gründen ihrer Ablehnung siehe Kap. 5, A., I., 3., d). 99 So ausdrücklich Pleyer, Die Bankgarantie, S. 19, offenbar auch Schütze, Zur Geltendmachung, S. 84. „Auf den ersten Blick“ für strafbar hält dies auch Bydlinski, Moderne, S. 175, Fn. 45, und zwar sowohl für das deutsche als auch das österreichische Strafrecht. 100 OLG Celle, Urteil vom 25. 11. 1981, 3 U 25/81.
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Kap. 7: Der Rückforderungsprozess
eines Leistungsversprechens auf erstes Anfordern liegt die Bedeutung der Vorspiegelung falscher Tatsachen nicht darin, dass sie einen Irrtum des Versprechenden in Bezug auf die Richtigkeit dieser Tatsachen erregt. Es geht vielmehr darum, dass die Behauptung dieser Tatsachen – unabhängig von dem Wissen des Versprechenden – formelle Voraussetzung und damit Voraussetzung der Schädigung ist. Deshalb dürfte die Anwendung des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB in der Regel ausscheiden. Freilich entfällt damit der deliktische Schutz des Versprechenden nicht. Denn die Rechtsprechung sieht, wie bereits geschildert, § 826 BGB in solchen Fällen regelmäßig als anwendbar an.101 Zu bemerken ist, dass die Frage einer deliktischen Haftung bei einer unberechtigten Inanspruchnahme für den Bereich der Leistungsversprechen auf erstes Anfordern von geringer praktischer Bedeutung ist. Denn dem Versprechenden stehen in solchen Fällen ohnehin vertragliche Schadensersatzansprüche zu. Ähnliche Ansprüche aus der Sicherungsabrede oder aus der Verletzung einer bereicherungsrechtlichen Unterlassungspflicht werden bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern regelmäßig auch dem Hauptschuldner zustehen. Das Problem ist in der Praxis vor allem bei einigen typischen Garantien auf erstes Anfordern von Bedeutung und zwar bei solchen, bei denen der Begünstigte nicht Vertragspartner des Hauptschuldners ist.102 Fungiert als Begünstigter aus einer typischen Garantie auf erstes Anfordern beispielsweise die Hausbank des Vertragspartners des Hauptschuldners, so kann der Hauptschuldner aus der Sicherungsabrede nur gegen seinen Vertragspartner, der möglicherweise inzwischen insolvent geworden ist, vorgehen.103 Bei einer typischen Garantie sind auch vertragliche Schadensersatzansprüche des Garanten gegen die begünstigte Hausbank zweifelhaft. In solchen Fällen wird sich der Hauptschuldner, der dem Garanten die Garantiesumme erstattet hat, an die begünstigte Hausbank mit deliktischen Ansprüchen wenden müssen.104 Dasselbe gilt für Fälle, in denen der Begünstigte insolvent geworden ist, ein Dritter aber nach Deliktrecht für die Inanspruchnahme zusätzlich haftet.105
101 In Rechtsordnungen, denen eine deliktische Generalklausel bekannt ist, ist die Abgabe einer wissentlich falschen Erklärung im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme einer Garantie auf erstes Anfordern ohne Weiteres als Delikt anzusehen. Siehe beispielsweise OGH, Urteil vom 8. 7. 1993, 8 Ob 587/93. 102 Siehe dazu Kap. 3, D. in principio und insbesondere Kap. 3, Fn. 63. 103 Es sei denn, dass angenommen wird, dass die Bank den Verpflichtungen des Gläubigers aus der Sicherungsabrede (unter Umständen stillschweigend) beigetreten ist. Dies hat der BGH im Fall BGH, Urteil vom 25. 9. 1996, VIII ZR 76/95, angenommen (allerdings war in diesem Fall Begünstigter aus der Garantie ursprünglich der Gläubiger; die Garantie wurde dann an die Bank abgetreten); kritisch dazu Melzer, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 25. 9. 1996, S. 503 f. 104 So in den Fällen OLG Celle, Urteil vom 25. 11. 1981, 3 U 25/81, BGH, Urteil vom 16. 10. 1984, VI ZR 14/83, OLG München, Urteil vom 31. 10. 1984, 7 U 5190/83. 105 So in den Fällen OGH, Urteil vom 8. 7. 1993, 8 Ob 587/93, BGH, Urteil vom 24. 2. 2003, II ZR 385/99.
Kapitel 8
Ergebnisse Kap. 8: Ergebnisse Kap.8: Ergebnisse
Die in den vorstehenden Kapiteln vorgenommene Analyse hat unter anderem zu folgenden Feststellungen geführt: • Es lässt sich relativ einfach ein Rechtsinstitut des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern konstruieren, das der erleichterten vorläufigen Durchsetzung eines im Versprechen bestimmten Anspruchs dient. • Die Bürgschaft auf erstes Anfordern lässt sich mühelos als gewöhnliche Bürgschaft in Verbindung mit einem auf die Bürgschaftsforderung Bezug nehmenden Versprechen auf erstes Anfordern verstehen. • Auch viele andere in der Praxis vorkommenden Fälle, in denen Leistung auf erstes Anfordern versprochen wird, lassen sich unter den allgemeinen Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern subsumieren. • Die Garantie auf erstes Anfordern ist hingegen kein einheitliches Rechtsinstitut. Es kommen – wenn auch relativ selten – Fälle von Garantien auf erstes Anfordern vor, die als Garantieverträge in Verbindung mit einem auf die Garantieforderung Bezug nehmenden Versprechen auf erstes Anfordern zu verstehen sind. Die typische Garantie auf erstes Anfordern ist aber als zweckneutrales reines Zahlungsversprechen aufzufassen, das weder mit dem Garantievertrag noch mit einem Leistungsversprechen auf erstes Anfordern etwas zu tun hat. • Die Subsumption der Bürgschaft auf erstes Anfordern unter den allgemeinen Begriff des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern ist juristisch fruchtbar. Sie ermöglicht es insbesondere, die dogmatisch nicht immer klar begründete und unter Umständen von der Literatur angegriffene Rechtsprechung des BGH zur Bürgschaft auf erstes Anfordern zu erklären. • Insbesondere ergibt sich aus der auf Grund dieser Subsumption durchgeführten Analyse, dass der Hauptunterschied zwischen der Bürgschaft auf erstes Anfordern und der Garantie auf erstes Anfordern nicht nur – wie im Schrifttum zum großen Teil behauptet – darin besteht, dass der Rückforderungsanspruch im ersten Fall dem Bürgen, im zweiten dem Garantieauftraggeber zusteht. Vielmehr besteht er auch darin, dass dem Gläubiger einer Bürgschaft auf erstes Anfordern neben dem Anspruch aus dem Versprechen auf erstes Anfordern zugleich auch der Anspruch aus der gewöhnlichen Bürgschaft, dem Begünstigten aus einer Garantie hingegen ausschließlich der Anspruch aus der Garantie auf erstes Anfordern zustehen kann. • Daraus, dass dem Gläubiger einer Bürgschaft auf erstes Anfordern zugleich auch ein Anspruch aus der gewöhnlichen Bürgschaft zustehen kann, ergeben
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Kap. 8: Ergebnisse
sich erhebliche Folgen betreffend die Auslegung der Bürgschaft auf erstes Anfordern. Denn es muss dann entschieden werden, ob gewisse in der Bürgschaft auf erstes Anfordern enthaltene Bestimmungen – etwa betreffend die Befristung oder betreffend aufschiebende bzw. auflösende Bedingungen – nur auf den Anspruch aus dem Versprechen auf erstes Anfordern, nur auf den Anspruch aus der gewöhnlichen Bürgschaft, oder auf beide anzuwenden sind. Den damit im Zusammenhang stehenden Problemen wird in der Rechtsprechung des BGH Rechnung getragen. Die allgemeine Konstruktion des Leistungsversprechens auf erstes Anfordern ermöglicht es aber, dieser Rechtsprechung eine klare und solide dogmatische Grundlage zu geben.
Verzeichnis der zitierten Entscheidungen Verzeichnis der zitierten Entscheidungen Verzeichnis der zitierten Entscheidungen
Wenn keine Quelle angegeben ist, stammt die Entscheidung aus der Entscheidungsdatenbank des BGH, des entsprechenden deutschen Bundeslandes bzw. des österreichischen Justizministeriums. Entscheidungen des Reichsgerichts: RG, Urteil vom 29.6.1905, VI 531/04 = RGZ 61, 157. RG, Urteil vom 23.11.1906, II 200/06 = RGZ 64, 318. RG, Urteil vom 3.5.1909, VI 250/08 = RGZ 71, 113. RG, Urteil vom 28.9.1917, III 150/17 = RGZ 90, 415. RG, Urteil vom 16.2.1923, II 24/22 = RGZ 106, 304. RG, Urteil vom 7.11.1927, IV 303/27 = RGZ 118, 358. RG, Urteil vom 25.2.1932, VI 503/31 = JW 1932, 1552. RG, Urteil vom 27.6.1932, VIII 194/32 = HRR 1933, Pos. 1002. RG, Urteil vom 28.6.1932, III 291/31 = RGZ 137, 83. RG, Urteil vom 24.10.1932, VIII 310/32 = HRR 1933, Pos. 1003. RG, Urteil vom 11.12.1934, VII 240/34 = RGZ 146, 120. RG, Urteil vom 4.11.1938, VII 83/38 = JW 1939, 38. Entscheidungen des Bundesgerichtshofes: BGH, Urteil vom 28.10.1954, IV ZR 122/54 = WM 1955, 265. BGH, Urteil vom 24.3.1955, IV ZR 236/54 = WM 1955, 765. BGH, Urteil vom 14.4.1956, IV ZR 9/56 = WM 1956, 1293. BGH, Urteil vom 22.10.1957, VIII ZR 408/56 = BB 1957, 1195. BGH, Urteil vom 23.5.1958, VIII ZR 126/57 = WM 1958, 993. BGH, Urteil vom 18.9.1958, VII ZR 170/57 = BGHZ 28, 129. BGH, Urteil vom 13.4.1959, III ZR 144/57 = WM 1959, 881. BGH, Urteil vom 13.4.1959, III ZR 145/57 = WM 1959, 884. BGH, Urteil vom 5.5.1960, III ZR 85/59 = NJW 1960, 1567. BGH, Urteil vom 23.5.1960, VII ZR 41/59 = WM 1960, 879. BGH, Urteil vom 16.12.1960, II ZR 137/59 = WM 1961, 204. BGH, Urteil vom 31.1.1962, VIII ZR 207/60 = BB 1962, 234. BGH, Urteil vom 22.2.1962, VII ZR 262/60 = WM 1962, 576. BGH, Urteil vom 15.11.1963, Ib ZR 206/62 = WM 1964, 61. BGH, Urteil vom 19.10.1964, VIII ZR 20/63 = NJW 1965, 148. BGH, Urteil vom 8.3.1967, VIII ZR 285/64 = NJW 1967, 1020. BGH, Urteil vom 21.2.1968, Ib ZR 132/66 = WM 1968, 680. BGH, Urteil vom 8.2.1973, VII ZR 209/70 = WM 1973, 411. BGH, Urteil vom 21.3.1973, VIII ZR 228/71 = NJW 1973, 899.
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Verzeichnis der zitierten Entscheidungen
BGH, Urteil vom 3.3.1976, VIII ZR 209/74 = WM 1976, 422. BGH, Urteil vom 20.5.1976, III ZR 156/74 = WM 1976, 977. BGH, Urteil vom 19.1.1977, VIII ZR 319/75 = WM 1977, 365. BGH, Urteil vom 7.3.1979, VIII ZR 306/77 = WM 1979, 457. BGH, Urteil vom 2.5.1979, VIII ZR 157/78 = NJW 1979, 1500. BGH, Urteil vom 12.2.1981, IVa ZR 103/80 = NJW 1981, 2295. BGH, Urteil vom 29.3.1982, II ZR 39/81 = WM 1982, 924. BGH, Beschluss vom 30.3.1982, III ZR 144/81 = WM 1982, 632. BGH, Beschluss vom 14.10.1982, III ZR 14/82 = WM 1982, 1324. BGH, Urteil vom 19.1.1983, VIII ZR 315/81 = JZ 1983, 446. BGH, Urteil vom 24.11.1983, IX ZR 2/83 = WM 1984, 44. BGH, Urteil vom 16.2.1984, IX ZR 45/83 = NJW 1984, 1622. BGH, Beschluss vom 23.2.1984, III ZR 220/82 = WM 1984, 633. BGH, Urteil vom 12.3.1984, II ZR 10/83 = NJW 1984, 2037. BGH, Urteil vom 12.3.1984, II ZR 198/82 = NJW 1984, 2030. BGH, Urteil vom 2.7.1984, II ZR 160/83 = WM 1984, 1214. BGH, Urteil vom 16.10.1984, VI ZR 14/83 = WM 1984, 1563. BGH, Urteil vom 31.1.1985, IX ZR 66/84 = NJW 1985, 1694. BGH, Urteil vom 22.4.1985, II ZR 180/84 = WM 1985, 684. BGH, Urteil vom 11.7.1985, IX ZR 11/85 = NJW 1985, 2941. BGH, Urteil vom 19.9.1985, IX ZR 16/85 = NJW 1986, 310. BGH, Urteil vom 29.9.1986, II ZR 220/85 = WM 1986, 1429. BGH, Urteil vom 11.12.1986, IX ZR 165/85 = WM 1987, 367. BGH, Urteil vom 18.12.1986, IX ZR 62/86 = NJW 1987, 1760. BGH, Urteil vom 26.2.1987, IX ZR 136/86 = NJW 1987, 2075. BGH, Urteil vom 19.3.1987, IX ZR 159/86 = WM 1987, 618. BGH, Urteil vom 19.10.1987, II ZR 256/86 = WM 1987, 1455. BGH, Urteil vom 21.4.1988, IX ZR 113/87 = NJW 1988, 2610. BGH, Urteil vom 17.1.1989, XI ZR 65/88 = NJW 1989, 1480. BGH, Urteil vom 9.3.1989, IX ZR 64/88, NJW 1989, 1606. BGH, Urteil vom 20.4.1989, IX ZR 212/88 = NJW 1989, 1853. BGH, Urteil vom 13.7.1989, IX ZR 223/88 = WM 1989, 1496. BGH, Urteil vom 5.7.1990, IX ZR 294/89 = WM 1990, 1410. BGH, Urteil vom 27.2.1992, IX ZR 57/91 = NJW 1992, 1881. BGH, Urteil vom 12.3.1992, IX ZR 141/91 = WM 1992, 854. BGH, Urteil vom 9.4.1992, IX ZR 145/91 = WM 1992, 1016. BGH, Urteil vom 28.10.1993, IX ZR 141/93 = WM 1994, 106. BGH, Urteil vom 26.4.1994, XI ZR 114/93 = WM 1994, 1063. BGH, Urteil vom 14.12.1995, IX ZR 57/95 = WM 1996, 193. BGH, Urteil vom 23.1.1996, XI ZR 105/95 = WM 1996, 393. BGH, Urteil vom 12.3.1996, XI ZR 108/95 = WM 1996, 770. BGH, Urteil vom 13.6.1996, IX ZR 172/95 = ZIP 1996, 1291. BGH, Urteil vom 25.9.1996, VIII ZR 76/95 = WM 1997, 13.
Verzeichnis der zitierten Entscheidungen BGH, Urteil vom 17.10.1996, IX ZR 325/95 = WM 1996, 2228. BGH, Urteil vom 23.1.1997, IX ZR 297/95 = WM 1997, 656. BGH, Urteil vom 6.5.1997, IX ZR 136/96 = WM 1997, 1242. BGH, Urteil vom 5.6.1997, VII ZR 324/95 = WM 1997, 1675. BGH, Urteil vom 2.4.1998, IX ZR 79/97 = WM 1998, 1062. BGH, Urteil vom 24.9.1998, IX ZR 371/97 = WM 1998, 2363. BGH, Urteil vom 10.11.1998, XI ZR 370/97 = WM 1998, 2522. BGH, Urteil vom 24.11.1998, XI ZR 327/97 = WM 1999, 72. BGH, Urteil vom 10.12.1998, IX ZR 262/97 = ZIP 1999, 234. BGH, Urteil vom 10.2.1999, VIII ZR 70/98 = ZIP 1999, 607. BGH, Urteil vom 25.2.1999, IX ZR 24/98 = WM 1999, 895. BGH, Urteil vom 10.2.2000, IX ZR 397/98. BGH, Urteil vom 2.3.2000, VII ZR 475/98. BGH, Urteil vom 28.9.2000, VII ZR 460/97. BGH, Urteil vom 10.10.2000, XI ZR 344/99. BGH, Urteil vom 25.10.2000, XII ZR 136/98. BGH, Urteil vom 14.12.2000, IX ZR 300/98. BGH, Urteil vom 8.3.2001, IX ZR 236/00. BGH, Urteil vom 15.3.2001, IX ZR 273/98. BGH, Urteil vom 26.4.2001, IX ZR 317/98. BGH, Urteil vom 18.6.2001, II ZR 248/99 = ZIP 2001, 1496. BGH, Urteil vom 12.7.2001, IX ZR 380/98. BGH, Beschluss vom 25.10.2001, IX ZR 65/00. BGH, Urteil vom 22.11.2001, VII ZR 208/00. BGH, Urteil vom 24.1.2002, IX ZR 204/00. BGH, Urteil vom 5.3.2002, XI ZR 113/01. BGH, Urteil vom 18.4.2002, VII ZR 192/01. BGH, Urteil vom 16.5.2002, VII ZR 494/00. BGH, Urteil vom 4.7.2002, VII ZR 502/99, berichtigt durch Berichtigungsbeschluss vom 24.10.2002. BGH, Urteil vom 4.7.2002, IX ZR 97/99. BGH, Beschluss vom 17.7.2002, IX ZR 469/00. BGH, Urteil vom 10.9.2002, XI ZR 305/01. BGH, Beschluss vom 12.9.2002, IX ZR 497/00. BGH, Urteil vom 24.10.2002, IX ZR 355/00. BGH, Urteil vom 23.1.2003, VII ZR 210/01. BGH, Urteil vom 24.2.2003, II ZR 385/99. BGH, Urteil vom 3.4.2003, IX ZR 287/99. BGH, Urteil vom 10.4.2003, VII ZR 314/01. BGH, Urteil vom 13.11.2003, VII ZR 57/02. BGH, Beschluss vom 13.11.2003, VII ZR 371/01. BGH, Urteil vom 27.1.2004, XI ZR 111/03. BGH, Urteil vom 26.2.2004, VII ZR 247/02. BGH, Urteil vom 25.3.2004, VII ZR 453/02.
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Verzeichnis der zitierten Entscheidungen
BGH, Urteil vom 30.9.2004, VII ZR 458/02. BGH, Urteil vom 9.12.2004, VII ZR 265/03. BGH, Urteil vom 14.4.2005, VII ZR 56/04. BGH, Beschluss vom 23.6.2005, VII ZR 277/04. BGH, Urteil vom 5.7.2005, X ZR 60/04. BGH, Urteil vom 20.10.2005, VII ZR 153/04. BGH, Urteil vom 26.10.2005, VIII ZR 48/05. BGH, Beschluss vom 10.11.2005, VII ZR 11/04. BGH, Urteil vom 21.9.2006, I ZR 2/04. BGH, Urteil vom 10.5.2007, VII ZR 226/05. BGH, Urteil vom 28.6.2007, VII ZR 199/06. BGH, Beschluss vom 28.2.2008, VII ZR 51/07. BGH, Urteil vom 29.5.2008, IX ZR 45/07. BGH, Urteil vom 8.7.2008, XI ZR 230/07. BGH, Urteil vom 12.2.2009, VII ZR 39/08 = WM 2009, 643. BGH, Urteil vom 16.6.2009, XI ZR 145/08 = WM 2009, 1643. BGH, Urteil vom 5.5.2011, VII ZR 179/10 = WM 2011, 1125. BGH, Urteil vom 28.7.2011, VII ZR 207/09 = WM 2011, 1697. BGH, Urteil vom 20.9.2011, XI ZR 17/11 = WM 2011, 2216. BGH, Urteil vom 13.3.2012, II ZR 50/09 = ZIP 2012, 1197. Entscheidungen der Oberlandesgerichte: KG, Urteil vom 20.11.1986, 22 U 122/86 = WM 1987, 129. KG, Urteil vom 1.4.2008, 14 U 211/07 = BauR 2009, 674. OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.12.2001, 11 W 81/01 = WM 2002, 2160. OLG Braunschweig, Beschluss vom 3.3.2004, 8 U 5/04. OLG Bremen, Urteil vom 14.6.1990, 2 U 44/90 = WM 1990, 1369. OLG Celle, Urteil vom 25.11.1981, 3 U 25/81 = WM 1982, 777. OLG Celle, Beschluss vom 6.6.2000, 16 U 36/00. OLG Celle, Urteil vom 18.12.2001, 16 U 111/01. OLG Celle, Beschluss vom 30.4.2002, 6 W 56/02. OLG Celle, Beschluss vom 27.9.2002, 6 W 118/02. OLG Celle, Urteil vom 15.1.2003, 7 U 64/00. OLG Celle, Urteil vom 13.11.2003, 13 U 136/03. OLG Celle, Urteil vom 11.11.2004, 5 U 107/04. OLG Celle, Urteil vom 7.7.2005, 14 U 23/05. OLG Celle, Urteil vom 18.3.2009, 3 U 167/08 = WM 2009, 1408. OLG Dresden, Urteil vom 25.10.1915, 50 105/15 = DJZ 1916, 448. OLG Dresden, Urteil vom 3.11.2010, 12 U 782/10 = WM 2011, 65. OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.12.1976, 5 U 167/76 = BauR 1978, 228. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.11.1996, 22 U 83/96 = NJW-RR 1998, 776. OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.1.1999, 5 U 128/98 = ZIP 1999, 1521. OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.4.1999, 15 U 176/98 = ZIP 1999, 1518.
Verzeichnis der zitierten Entscheidungen OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9.8.2001, 23 W 46/01 = WM 2001, 2294. OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.7.2002, 24 U 163/01. OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.4.2003, 5 U 129/02. OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.6.2003, 23 U 234/02. OLG Düsseldorf, Urteil vom 4.11.2003, I-21 U 36/03. OLG Düsseldorf, Urteil vom 2.7.2004, I-23 U 172/03. OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.1.2005, I-15 U 35/04. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.3.2005, I-21 U 195/03. OLG Düsseldorf, Urteil vom 1.9.2005, I-5 U 91/04. OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.4.2012, I-16 U 34/11 = BauR 2012, 1261. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 12.2.1974, 5 W 4/74 = WM 1974, 956. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.10.1974, 5 U 6/74 = DB 1974, 2245. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.11.1977, 3 U 11/77 = WM 1978, 1188. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.9.1982, 5 U 14/82 = WM 1983, 516. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 3.3.1983, 10 U 244/82 = WM 1983, 575. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26.6.1984, 5 U 221/83 = WM 1984, 1021. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 27.4.1987, 4 W 17/87 = WM 1988, 1480. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 31.5.1996, 24 U 248/94 = OLG Report Frankfurt 14/96, 162. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18.3.1997, 5 U 229/95 = ZIP 1997, 1782. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.11.1997, 18 U 75/96 = ZIP 1998, 148. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13.11.1998, 4 U 87/98 = BauR 1999, 928. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 8.2.2000, 5 U 152/98. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 13.9.2001, 3 U 99/00 = ZIP 2002, 659. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18.12.2003, 21 U 24/03. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23.4.2004, 21 W 46/03 = WM 2004, 2389. OLG Hamburg, Urteil vom 12.1.1934, Bf IV 609/33 = JW 1934, 1924. OLG Hamburg, Urteil vom 7.7.1977, 6 U 172/76 = WM 1978, 260. OLG Hamburg, Urteil vom 4.11.1977, 14 U 65/77 = RIW/AWD 1978, 615. OLG Hamburg, Urteil vom 18.12.1981, 11 U 102/81 = WM 1983, 188. OLG Hamburg, Urteil vom 10.10.1985, 6 U 90/85 = NJW 1986, 1691. OLG Hamburg, Urteil vom 28.6.2000, 8 U 109/99 = WM 2002, 1547. OLG Hamm, Urteil vom 19.6.1970, 4 U 268/69 = BB 1970, 1193. OLG Hamm, Urteil vom 24.6.1986, 21 U 150/85 = WM 1986, 1503. OLG Hamm, Urteil vom 21.4.1994, 21 U 215/93 = WM 1995, 745. OLG Hamm, Urteil vom 5.11.1999, 25 U 64/99. OLG Hamm, Urteil vom 15.3.2000, 25 U 130/99. OLG Hamm, Urteil vom 23.5.2000, 24 U 19/00. OLG Hamm, Urteil vom 1.7.2003, 19 U 38/03. OLG Hamm, Urteil vom 24.7.2003, 23 U 16/03. OLG Hamm, Urteil vom 14.7.2005, 21 U 130/04. OLG Hamm, Urteil vom 27.10.2006, 12 U 76/06. OLG Hamm, Urteil vom 2.3.2010, 21 U 139/09 = NJW 2010, 2737. OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.7.1992, 18a U 39/92 = WM 1992, 2095.
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Verzeichnis der zitierten Entscheidungen
OLG Karlsruhe, Urteil vom 26.11.2003, 7 U 135/00. OLG Karlsruhe, Urteil vom 2.7.2004, 1 U 12/04. OLG Koblenz, Urteil vom 28.1.1986, 3 U 1528/84 = NJW 1986, 2511. OLG Koblenz, Urteil vom 21.2.2005, 12 U 1347/03 = NJW-RR 2005, 1491. OLG Köln, Urteil vom 7.8.1986, 7 U 146/86 = WM 1988, 21. OLG Köln, Urteil vom 26.3.1996, 22 U 204/95 = WM 1996, 1679. OLG Köln, Urteil vom 20.3.1997, 12 U 189/96. OLG Köln, Urteil vom 22.10.1997, 11 U 16/97. OLG Köln, Urteil vom 24.10.1997, 19 U 38/97 = WM 1998, 1443. OLG Köln, Urteil vom 30.10.1997, 12 U 40/97 = WM 1998, 707. OLG Köln, Beschluss vom 9.2.1998, 7 W 58/97. OLG Köln, Beschluss vom 27.1.2000, 3 W 6/00. OLG Köln, Urteil vom 31.3.2000, 19 U 186/98. OLG Köln, Beschluss vom 14.1.2002, 11 U 96/01. OLG Köln, Urteil vom 16.1.2002, 13 U 52/01. OLG Köln, Urteil vom 9.1.2004, 19 U 130/03. OLG Köln, Beschluss vom 2.4.2004, 19 W 11/04. OLG Köln, Urteil vom 1.10.2004, 20 U 85/03. OLG München, Urteil vom 31.10.1984, 7 U 5190/83 = WM 1985, 189. OLG München, Urteil vom 6.5.1987, 7 U 1661/87 = WM 1988, 1554. OLG München, Urteil vom 15.10.1991, 9 U 2951/91 = NJW-RR 1992, 218. OLG München, Urteil vom 21.10.1994, 23 U 3264/94 = WM 1994, 2108. OLG München, Urteil vom 23.7.1997, 7 U 2697/97 = WM 1998, 342. OLG München, Urteil vom 23.6.1999, 7 U 6189/98 = WM 1999, 2456. OLG München, Urteil vom 2.2.2005, 27 U 146/04 = WM 2005, 931. OLG München, Urteil vom 18.10.2005, 25 U 4903/04 = NJW-RR 2005, 1697. OLG München, Urteil vom 17.11.2008, 17 U 4220/08 = WM 2009, 742. OLG Oldenburg, Beschluss vom 19.12.1996, 8 U 98/96. OLG Oldenburg, Urteil vom 28.5.1998, 1 U 21/98. OLG Oldenburg, Urteil vom 15.2.2000, 12 U 42/99 = WM 2001, 732. OLG Oldenburg, Urteil vom 30.9.2004, 8 U 86/01. OLG Saarbrücken, Urteil vom 6.7.2001, 1 U 55/99-13 = WM 2001, 2055. OLG Schleswig, Urteil vom 6.12.1983, 3 U 70/82 = WM 1984, 651. OLG Schleswig, Urteil vom 30.3.2006, 5 U 122/05 = WM 2006, 1294. OLG Schleswig, Urteil vom 2.3.2011, 9 U 22/10 = ZIP 2011, 517. OLG Stuttgart, Urteil vom 8.9.1976, 13 U 60/76 = WM 1977, 881. OLG Stuttgart, Urteil vom 25.1.1979, 3 U 119/78 = WM 1979, 733. OLG Stuttgart, Urteil vom 11.6.1981, 10 U 202/80 = WM 1981, 1265. OLG Stuttgart, Urteil vom 20.12.2000, 9 U 183/00 = WM 2001, 1335. OLG Stuttgart, Urteil vom 19.2.2004, 13 U 118/03. OLG Stuttgart, Urteil vom 1.12.2010, 9 U 89/10 = WM 2011, 691. OLG Stuttgart, Urteil vom 14.11.2012, 9 U 134/12 = ZIP 2012, 2388. OLG Zweibrücken, Urteil vom 5.6.1985, 2 U 25/84 = WM 1985, 1291. OLG Zweibrücken, Urteil vom 14.4.2005, 4 U 132/04 = NJW-RR 2005, 1652.
Verzeichnis der zitierten Entscheidungen
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Entscheidungen der Landgerichte: LG Berlin, Urteil vom 13.4.2000, 9 O 313/99 = WM 2000, 2378. LG Dortmund, Urteil vom 9.7.1980, 10 O 9/80 = WM 1981, 280. LG Duisburg, Urteil vom 27.11.1987, 12 O 143/87 = WM 1988, 1483. LG Düsseldorf, Beschluss vom 17.12.1974, 37 O 433/74 = WM 1975, 67. LG Essen, Urteil vom 1.7.1998, 41 O 227/97 = WM 1999, 178. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.10.1962, 3/4 O 155/61 = NJW 1963, 450. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 30.11.1977, 3/11 O 120/77 = WM 1978, 442. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 11.12.1979, 3/10 O 123/79 = WM 1981, 284. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 21.9.1983, 3/13 O 115/82 = WM 1984, 86. LG Köln, Urteil vom 27.6.2003, 32 O 61/03 = ZIP 2003, 1648. LG Köln, Urteil vom 10.1.2006, 87 O 77/05. LG Köln, Urteil vom 31.1.2006, 27 O 232/05. LG Lübeck, Urteil vom 27.6.1977, 11 O 73/77 = MDR 1978, 53. LG München, Urteil vom 30.1.1981, 10 HKO 989/81 = WM 1981, 416. LG München I, Urteil vom 23.5.2000, 16 HKO 2217/00 = Informationsdienst des Bayerischen Industrieverbandes e.V. 2001(9), 13 (nur kurze Mitteilung). LG München I, Urteil vom 15.9.2008, 14 HKO 13891/08 = WM 2009, 548. LG München I, Urteil vom 6.4.2009, 2 O 23094/07 = ZIP 2009, 1902 (nur kurze Mitteilung). LG München I, Urteil vom 5.5.2010, 2 O 14011/05 = ZIP 2010, 2088. LG Osnabrück, Urteil vom 16.12.2003, 7 O 1615/03 = ZIP 2004, 307. LG Potsdam, Urteil vom 7.7.2010, 8 O 245/09 = WM 2011, 71. LG Stuttgart, Urteil vom 15.6.1978, 1 KfH O 194/77 = WM 1978, 1056. Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes: OGH, Urteil vom 10.7.1986, 7 Ob 600/86 = IPRax 1988, 33. OGH, Urteil vom 3.12.1986, 1 Ob 686/86 = IPRax 1988, 244. OGH, Urteil vom 8.7.1993, 8 Ob 587/93 = IPRax 1995, 116. OGH, Urteil vom 16.12.2003, 10 Ob 51/03b. Entscheidungen schweizerischer Gerichte: Appellationshof des Kantons Bern, Entscheidung vom 6.7.1933 = SJZ 1933/34, 331. Zivilgericht Glarus, Entscheidung vom 7.3.1984 = SJZ 1986, 374. Handelsgericht Sankt Gallen, Entscheidung vom 10.4.1984 = SJZ 1986, 338. Kantonsgericht von Graubünden, Entscheidung vom 22.6.1951 = SJZ 1952, 224. Entscheidungen des polnischen Obersten Gerichts: OG, Urteil vom 25.1.1995, III CRN 70/94 = Przegląd Prawa Handlowego 1996(3), 29. OG, Urteil vom 25.6.1999, II CKN 402/98 = OSNC 2000(1), Pos. 16. Entscheidungen des englischen House of Lords: House of Lords, Urteil vom 28.6.2001 Shanning International Ltd v Rasheed Bank, [2001] UKHL 31.
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Sachverzeichnis Sachverzeichnis Sachverzeichnis
Abfallentsorgungsvertrag – Bürgschaft auf erstes Anfordern 24, 230 – Klausel auf erstes Anfordern 82, 230 Abnahme 149 Abnahmeschein 154 – 155, 184 Abrechnung 149 Abschlusszahlung 141 Abtretung – Bürgschaft auf erstes Anfordern 114 – 115 – Versprechen auf erstes Anfordern 114 – 115 AGB-Kontrolle – Bürgschaft auf erstes Anfordern 19, 199, 225 – 230 – Garantie auf erstes Anfordern, atypische 228 – 229 Akzessorietätsprinzip – Bürgschaft 218 – 219, 256 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 219 – 220, 256, 279 – 280 Anfordern, einfaches 109 – 113; siehe auch Leistungsaufforderung; Zahlungsaufforderung – Abtretung 112 – 113 – Anspruchsbestimmung 120 – Anspruchsfall, materieller 132 – 134 – Befristung 123 – 124 – Bezifferungsrecht 123 – 124 – Empfangsstelle 118 – 120 – Schlüssigkeit 131 – Umschreibung der Leistung 122 – 123 – Willenserklärung, empfangsbedürftige 110 – Zugang 118 – 120 Anspruch, formeller 30, 81, 91, 93 – 95, 109 – 116, 153 – 154, 266
– – – – – – – – – – – –
Aufrechnung 239, 246 – 247 Bedingung, auflösende 287 Befristung 173, 177 – 181, 239 Bestehen 200 Beweislast 296 – 297 condictio indebiti 286, 296 Durchsetzbarkeit 200 Effektivklausel 182 – 183 Erfüllung 239 – 240, 283 – 285 Erstprozess 194, 196 – 200, 260 Fälligkeit 200, 250 Garantie auf erstes Anfordern, typische 77, 173 – 174 – Geltendmachung 121 – 122 – Leistung causa solvendi 283 – 285, 288 – Leistungsgegenstand 90 – 91 – Leistungsverweigerungsrecht 268 – 269 – Missbrauch 89, 264, 266 – 267 – Missbrauchseinwand 264 – 266, 278, 289 – Rechtsgrund, vorläufiger 286 – 287 – Rückforderungsanspruch 282 – Schuldversprechen, erfüllungshalber erteiltes abstraktes 35 – 36 – Unzulässigkeit 214 – Urkundenprozess 201 – Zahlungsanspruch 91, 93 Anspruch, materieller 27, 29 – 31, 81, 89 – 90, 153, 216 – Anrechnung der Leistung auf den formellen Anspruch 284 – 288, 290 – Aufrechnung 246 – 247 – Aufrechnungseinwand 283 – Aufrechnungsverbot 246 – 248 – Bedingung, auflösende 172
336
– – – –
Sachverzeichnis
Befristung 173, 177 – 181, 239 Begründetheit 129 Beweislast 293 – 294 Bürgschaft auf erstes Anfordern 83, 90, 121, 161, 163 – 164, 224, 251, 253 – Bürgschaftsanspruch 216, 253 – Bürgschaftsforderung 33 – Dienstleistung 92 – Durchsetzbarkeit 30, 129, 281 – Durchsetzungserleichterung 30 – 31, 88 – 89, 108, 151, 266, 309 – Durchsetzungssperre 272 – Einrede des Bürgen 272 – 274 – Einwendungen 92, 204 – 206 – Erfüllung 92, 240, 284 – 285 – Erfüllung des formellen Anspruchs 283 – 284 – Erklärung des Begünstigten 132 – 135 – Erstprozess 199 – 201, 204 – 205 – Fälligkeit 30, 272 – Geltendmachung 121 – 122 – Geltendmachung, hilfsweise 200 – 201, 205 – Gläubigerstellung 209 – Herausgabeanspruch 91 – Leistungsgegenstand 90 – Missbrauchseinwand 266 – Nichtbestehen 271 – Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts 212 – Parteien 34 – Schlüssigkeit 129 – 130, 132 – Sicherung 82 – 83 – Unmöglichkeit 92 – Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts 212 – Vereinbarung 31 – Verjährung 248, 271 – 272, 290 – Willenserklärung, Abgabe einer 92 – Zahlungsanspruch 89, 91, 93 Anspruchsfall, formeller 30, 81, 93, 152, 191, 267, 298 – Dokumentenstrenge 97 – 100, 103 – Einwendungen 234
– Entscheidungserheblichkeit 197 – Inanspruchnahme, Unwirksamkeit 236 – 237 Anspruchsfall, materieller 30, 81, 88, 94, 132 – 133, 152, 265, 298 – Behauptungstheorie 132 – 137, 307 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 82 – Effektivklausel 183, 186 – Erstprozess 265 – Kenntnis der Nichtschuld 290 – Nachverfahren 297 – Nichteintritt 266 – 267, 288 – 291, 296 – 297, 307 – Schlüssigkeit 124 – 125, 131 – Substantiierung 124 – Wissenserklärung, konkludente 307 Anzahlungsbürgschaft 166 Anzahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern 19 – 20, 153, 183 Anzahlungsgarantie 166 Arbeitnehmerbürgschaft auf erstes Anfordern 230 Aufrechnung – Anspruch, formeller 246 – 247 – Anspruch, materieller 246 – 247, 283 – Bürgschaft 246 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 246 – Dokumentenakkreditiv 240 – 242 – Garantie auf erstes Anfordern, typische 240 – 246 – Leistungsversprechen auf erstes Anfordern 240, 245 – 248 – Rückforderungsanspruch 292 – Valutaverhältnis 240, 243 – 245 Aufrechnungsausschluss 242 – 243, 245 – 246 – Anspruch, materieller 246 – 248 – Bürgschaft, gewöhnliche 248 – Rückforderungsanspruch 292 Ausführungsbürgschaft 20 Ausschlussfrist – Versprechen auf erstes Anfordern 24 – 25
Sachverzeichnis Ausschüttungsbürgschaft auf erstes Anfordern 22 Außenhandelsverkehr 210 Bankbürgschaft 38 Bankgarantie 37 – Polen 70 Bankgeschäfte 225 – 226 Bardepot 83 – 85, 242 Bareinbehalt 83 – 85 Bauhandwerkersicherung – Bürgschaft auf erstes Anfordern 161 – 162 Bauvertrag – Bürgschaft auf erstes Anfordern 19, 21, 225, 232 – Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern 25 – Zahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern 25 – 26 Bedingung, auflösende 170 – Anspruch, formeller 287 – Dokumentenakkreditiv, Verweis auf 172 – Reduktionsklauseln 171 – 172 Bedingung, aufschiebende 153, 165 – 170, 183, 282 Befristung 170, 173 – 180 – Fristversäumung 175 – 176 – Inanspruchnahme der Garantie 174 – 175 – materiell-formelle Befristung 180 – 181 Begünstigter 27 – 30 – Leistungsaufforderung 110 – 111 Behauptungstheorie 132 – 137 – Betrug 307 „bei uns“ Klausel 166 – 169, 183 Betrug – Anspruch, formeller 278 – Anspruchsfall, materieller 307 – 308 – Behauptungstheorie 307 – Deliktshaftung 307 – 308 – Missbrauchseinwand 279
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Beweisbeschränkungen 257 – 258, 260 – 262 Bürgschaft 76, 78 – Akzessorietät 218 – 219, 256 – Aufrechnung 246 – Bedingung, auflösende 310 – Bedingung, aufschiebende 310 – Befristung 176 – 178, 180, 310 – Bestimmtheitsgrundsatz 254 – Beweislast 258, 296 – einredefreie Bürgschaft 33 – Erlöschen 176 – 177, 180 – Formmangel 285 – gewöhnliche Bürgschaft 32 – 34, 154 – 157, 159 – 165, 183 – 184, 196, 198, 213, 220, 246, 248, 274, 284, 296, 305 – 306, 309 – 310 – Klausel auf erstes Anfordern 34, 36 – Nachbürgschaft auf erstes Anfordern 22 – Rückbürgschaft auf erstes Anfordern 22 – Sicherungsabrede 274 – Stundung 35 – Verwertung 305 – 306 – Verzichtsanspruch des Hauptschuldners 272 – 274 Bürgschaft auf erste Anforderung 32 – 33 Bürgschaft auf erstes Anfordern 15 – 19, 32, 37 – 38, 49 – Abfallentsorgungsvertrag 24, 230 – AGB-Kontrolle 19, 199, 225 – 230 – Akzessorietätsprinzip 219 – 220, 256, 279 – 280 – Anfordern, schriftliches 30 – Anfordern, vertragsgemäßes 255 – 256 – Anspruch, formeller 163 – 164 – Anspruch, materieller 83, 90, 121, 161, 163 – 164, 224, 251, 253 – Ansprüche des Hauptschuldners, bereicherungsrechtliche 281 – Ansprüche des Hauptschuldners, vertragliche 281 – Anspruchsfall, materieller 82
338
Sachverzeichnis
– Arbeitnehmerbürgschaft auf erstes Anfordern 230 – Aufrechnung 246 – Auslegung 210 – 212, 217, 227, 309 – 310 – Ausschlussfrist 24 – 25 – Bauvertrag 19, 21, 225, 232 – Bedingung, auflösende 310 – Bedingung, aufschiebende 157, 162 – 163, 310 – Befristung 173, 176 – 180, 239, 310 – Begriff 29, 33, 35, 155, 309 – Begünstigter 27 – 28 – Bereicherungsanspruch 222 – Bestimmtheitsgrundsatz 254 – Beweislast 116, 211 – 212, 258, 294 – Beweislastumkehr 296 – Beweismittel 259 – 260 – Bürgenhaftung 250 – Deliktshaftung 306, 308 – den Gläubiger privilegierende Bürgschaft 155, 159 – 160 – Dokumentenstrenge 97, 104, 161 – Effektivklauseln 182, 185, 188 – 189 – Einrede der Vorausklage 224 – Einrede des Bürgen 272 – 274, 290 – Einreden 18, 24 – Einwendungen 18, 24, 195 – 196, 250 – Einwendungsdurchgriff 213 – 214 – Erfüllung 284 – Erlöschen 180 – 181 – Erstprozess 194 – 197, 208, 212 – 213, 248 – 253 – Fälligkeit 133, 248 – Forderung, nicht verbürgte 255 – 256 – Garantievertrag 221, 223 – gewöhnliche Bürgschaft 292; siehe auch Bürgschaft – Gläubigeridentität 213 – Haftungshöchstbetrag 215 – 216 – Hauptforderung 253 – Hauptforderung, cessio legis 284
– Hauptforderung, Schlüssigkeit 125 – 126, 130 – Hauptschuld 224, 250 – Hinweispflicht 211, 238 – 239 – Höchstbetrag 30 – Inanspruchnahme, unberechtigte 308 – Inhaltskontrolle 225 – 226, 229 – Insolvenz, masselose 158, 164 – Kondiktion 164 – Leistung, rechtsgrundlose 158 – 159, 164 – 165, 232 – Leistungsaufforderung 141 – 142, 145 – 146, 149 – Leistungsversprechen auf erstes Anfordern 222, 309 – Leistungsversprechen auf erstes Anfordern, bürgschaftsbezogenes 213; siehe auch Versprechen auf erstes Anfordern, bürgschaftsbezogenes – Liquiditätsfunktion 85 – 87, 126 – 127 – Missbrauchseinwand 128, 197 – 198, 224, 234, 248 – 251, 254 – 255, 272, 276, 279 – Nachbürgschaft auf erstes Anfordern 22 – Nichtkaufleute 227 – Parteien 27 – Rechtsmissbrauch 128, 164 – Risiko, nicht gesichertes 250 – 263 – Rückforderung 29, 36 – Rückforderungsanspruch 295, 300, 309 – Rückforderungsanspruch des Hauptschuldners 304 – 305 – Rückforderungsprozess 18, 24, 195 – 196, 250 – 251 – Rückforderungsrecht 53 – Rückgabe 304 – 306 – Rückgarantie 188 – Schadensersatzanspruch des Bürgen 299 – Schädigung, sittenwidrige vorsätzliche 306 – Schlüssigkeit 125 – 128
Sachverzeichnis – – – – – – – – –
Schuld, eigene 25 – 26 Sicherung, doppelte 83, 87, 219 Sicherungsabrede 158, 232 Sicherungsfunktion 86 – 87 Sicherungszweck 262 – 263 Stellungnahme, gutachterliche 165 Totalnichtigkeit 213 – 214 Umdeutung 25 – 27, 77, 156, 162 unbefristete Bürgschaft auf erstes Anfordern 181 – Unwirksamkeit 213 – Urkundenbeweis 163 – Urkundenprozess 297 – Versprechen auf erstes Anfordern 220 – Versprechender 27 – 28 – Vertrag, einheitlicher 221 – 222 – Vertragsfreiheit 227 – Voraussetzungen, formelle 155 – 156, 158 – 159, 162 – 163 – Voraussetzungen, materiell-formelle 162 – 163 – Voraussetzungen, materielle 162 – 163 – Werkvertrag 19, 21 – Wiederherstellung 292 – Zahlungsaufforderung 118, 256 – Zahlungsaufforderung, Abtretung 114 – Zahlungsversprechen 223 – Zahlungsversprechen, selbständiges 220 – 221 – Zulässigkeit 216 – 221 – Zweck 82 – 83 Bürgschaft auf erstes Verlangen 33 Bürgschaft ohne Vorbehalt 33 Bürgschaftsanspruch – Anspruch, materieller 216, 247 – Schlüssigkeit 126 Bürgschaftsfall 82 Bürgschaftsfall, formeller 33 Bürgschaftsfall, materieller 33, 82, 87 – Schlüssigkeit 125 – Zahlungsaufforderung 263 Bürgschaftsforderung – Anspruch, materieller 33, 198 – 199
339
– Bestehen 273 – Durchsetzbarkeit 273 – Einwendungen 197 Bürgschaftsurkunde 258 – 260 Bürgschaftsvoraussetzung, formelle 33 Bürgschaftsvoraussetzung, materielle 33 Causa 71 – 73 Chartervertrag – Leistungsaufforderung
150 – 151
Darlehensvertrag – Bürgschaft auf erstes Anfordern 23 – Leistungsaufforderung 146, 148 Deliktshaftung 90, 306 – 308 – Betrug 307 – 308 – Gewerbebetrieb, Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten 307 – Inanspruchnahme, unberechtigte 306 – 308 – Schädigung, sittenwidrige vorsätzliche 306 – Schutzgesetzverletzung 307 – 308 Dienstleistung 92 – Leistungsaufforderung 140 Dienstvertrag – Parteien 27 Dokumentenakkreditiv 74 – 75, 77, 103, 188 – Abstraktheit 241 – Aufrechnung 242 – Aufrechnung mit abgetretener Forderung 241 – Auslegung 106 – Einwendungen 240 – 241 – Hinweispflicht 236, 238 – Zahlungsfunktion 75 Dokumentenstrenge 96 – 101, 169, 187 – 188 – Auslegung, ergänzende 101, 103 – Auslegungsregel 104 – 108 – Benachrichtigungspflicht 101 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 161 – Durchsetzungserleichterung 108 – Leistungsaufforderung 145
340
Sachverzeichnis
– Leistungsversprechen auf erstes Anfordern 98 – 100, 103 – Treu und Glauben 101 – 103 – Umstände außerhalb der Urkunde 105 – 107 – Zahlungsanforderung, formalisierte 104 – 105 Effektivklauseln 140 – 141, 152, 181 – 193 – Anspruch, formeller 182 – 183 – Anspruchsfall, materieller 183, 186 – Auslegung 191 – 192 – Begriff 181 – 182 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 182, 185 – Garantie auf erstes Anfordern, typische 190 – neben Klausel auf erstes Anfordern 192 – 193 – Nichtanerkennung 183, 186 – Treu und Glauben 193 – Umdeutung 190 Einrede des Bürgen – Verzichtsanspruch des Hauptschuldners 272 – 274 Einstehen 42, 44 – 45, 61, 68 – 69 Einwendungen 116 – 117 – Anspruch, materieller 92, 233 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 18, 24 – Embargo 235 – Erstprozess 233 – Leistungsversprechen, Erlöschen 233 – 235 – Leistungsversprechen auf erstes Anfordern 215 – Missbrauchseinwand 233 – 234 – Rechtsverhältnis, materielles 233 Embargo – Rückgarantie auf erstes Anfordern 235 Erbbauzins – Bürgschaft auf erstes Anfordern 23 Erbfall 112 Erfüllungsbürgschaft 20
Erklärung des Begünstigten siehe Leistungsaufforderung Erklärungen, wahrheitswidrige 298 – 299, 306 – 307 Erlassvertrag 171 Erstanforderungsklausel 204, 297 Erstprozess 194 – AGB-Kontrolle 231 – Anspruch, formeller 194, 196 – 200, 260 – Anspruch, materieller 199 – 201, 204 – Anspruchsfall, materieller 265 – Aufrechnungseinwand 239 – 245, 247 – Beweisbeschränkungen 205 – 206, 233 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 194 – 197, 212 – 213, 233 – 234, 248 – 253, 256 – Einreden 248 – Einwendungen 197, 201, 206 – 208, 233 – 235, 245, 248, 250, 260 – Erfüllungseinwand 239 – 240 – Hauptforderung 260 – 261 – Hauptschuld 195 – Missbrauchseinwand 240 – 241, 248, 250 – 251, 254 – 255, 267 – Prozessarten 201 – Risiko, nicht gesichertes 261 – Urkundenprozess 200 – 201, 257 – 258 – Verjährungseinrede 248 – Vollstreckungsgegenklage 204 – Zurückbehaltungsrecht 249 Factoring – Garantie auf erstes Anfordern, atypische 46 – 47 Fälligkeit – Anspruch, materieller 272 Forderungsgarantie 190 Formstrenge 96 – 97; siehe auch Dokumentenstrenge Garantie 157 – Ausstellung 51 – 52 – direkte Garantie 52 – indirekte Garantie 52, 60 – Sicherungsfunktion 75
Sachverzeichnis Garantie auf erstes Anfordern 15, 17, 37 – 40, 45, 48 – 49, 309 – Auslegung 105 – 106 – Beschaffung 51 – Deliktshaftung 306 – Haftungshöchstbetrag 215 – 216 – Leistungsaufforderung 141 – 142, 149 – Missbrauch 49, 57 – 58 – Rechtsnatur 49 – 50, 309 – Rückforderungsanspruch 309 – Rückforderungsrecht 50 – 56 – Schuldversprechen, abstraktes 67 – Vertrag sui generis 66 – Zahlungsaufforderung, Abtretung 113 Garantie auf erstes Anfordern, atypische 45 – 48, 64, 76, 78, 157, 163 – AGB-Kontrolle 228 – 229 – Anspruch, formeller 199 – Anspruch, materieller 90 – Ansprüche des Hauptschuldners, bereicherungsrechtliche 281 – Ansprüche des Hauptschuldners, vertragliche 281 – Aufhebung 235 – Rückforderungsanspruch 295 Garantie auf erstes Anfordern, typische 15, 45, 48 – 51, 56, 68, 309 – Anspruch, formeller 77, 173 – 174, 231 – Anspruch, materieller 132 – Aufhebung 235 – Aufrechnung 240 – 243, 245 – 246 – Auslegung 217 – Bedingung, aufschiebende 165 – 166 – Befristung 170, 173 – 174, 176 – Bestimmbarkeit 120 – Betrug 307 – Beweislast 116 – Beweislastumkehr 294 – Deliktshaftung 308 – Dokumente, erforderliche 149 – Dokumentenstrenge 97, 103 – 104 – Effektivklauseln 190 – Erlöschen 171
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
341
Fristablauf 237 Fristversäumung 176 Garantiefall 61 – 62, 64, 67 – 69 Garantievertrag 60 – 64, 67 – 70 Hinweispflicht 236 – 238 Inanspruchnahme, unberechtigte 308 Inanspruchnahme vor Endtermin 174 – 175 Inhaltskontrolle 230 – 231 Insolvenz des Begünstigten 275 Insolvenzrisiko 242 Leistung, rechtsgrundlose 232 Leistungskondiktion 281 Leistungsversprechen auf erstes Anfordern 63 Liquiditätsfunktion 242, 244, 275 Missbrauchseinwand 270, 279 Nichtakzessorietät 279 – 280 Rechtsnatur 60 – 61, 70 Risiko, nicht gesichertes 261, 263 Rückforderungsanspruch 64 – 65, 76, 282 Rückforderungsanspruch des Auftraggebers 303 Rückforderungsanspruch des Hauptschuldners 301 Schadensersatz 308 Schädigung, sittenwidrige vorsätzliche 306 Schlüssigkeit 124 – 125, 127, 131 Sicherungsfunktion 243 Substantiierung 124 Termin 165 – 166 Valutaverhältnis 282 Vertrag, einheitlicher 222 Vertrag sui generis 70 Zahlungsaufforderung 61 Zahlungsversprechen 77, 309 Zahlungsversprechen, selbständiges 220 Zahlungszusage, bedingte 70, 72, 74 – 77 Zulässigkeit 222 Zweck 73
342
Sachverzeichnis
Garantiefall 186 – 187 Garantiefall, formeller 52, 56 Garantiefall, materieller 33, 57, 307 – Nichteintritt 49, 54, 69 – Schlüssigkeit 124 – 125 – Substantiierung 124 Garantiefrist; siehe auch Befristung – Fristversäumung 175 Garantiegeschäft 225 – 226 Garantiestrenge 96 – 97, 257; siehe auch Dokumentenstrenge Garantieverhältnis 52, 56 Garantievertrag 39 – 42, 45, 78, 186 – 187, 309 – Ausfall 42 – 43 – bedingter Garantievertrag 69 – Eigeninteresse 78 – Einstehen siehe dort – Haftung, verschuldensunabhängige 43 – 44 – Nichtakzessorietät 41, 58 – 60 – normaler Garantievertrag 46 – 47 – Rückgarantie auf erstes Anfordern 22 – Schadensersatz 42 – 43, 45 – Selbständigkeit 39, 41 Gesellschaftsfinanzierung 22 – 23 Getränkebezugsvertrag – Bürgschaft auf erstes Anfordern 23 Gewährleistungsbürgschaft 17, 178 Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern 19 – 21, 124, 178 – Aufrechnung 248 – Effektivklauseln 182 Gewährleistungsgarantie auf erstes Anfordern – Aufrechnung 243 Gewalt, höhere 57, 103 – Fristversäumung 175 – 176 Haftungshöchstbetrag 215 Handel, internationaler 19, 231 Hinterlegung 249 – Nachbürgschaft auf erstes Anfordern 22
Hinweispflicht – Bürgschaft auf erstes Anfordern 238 – 239 – Dokumentenakkreditiv 236, 238 – Garantie auf erstes Anfordern, typische 236 – 238 – Inanspruchnahme, Unwirksamkeit 236 – 237 – Leistungsversprechen auf erstes Anfordern 238 – 239 Inanspruchnahme; siehe auch Leistungsaufforderung – Deliktshaftung 306 – 308 – Leistungsversprechen auf erstes Anfordern 292 – 293, 298 – Schadensersatzanspruch 299 – zweite Inanspruchnahme 292 – 293 Inhaltskontrolle – Bürgschaft auf erstes Anfordern 225 – 226, 229 – Garantie auf erstes Anfordern, typische 230 – 231 – Klausel auf erstes Anfordern 46, 229, 231 In-Kraft-Treten 165 – 170 Insolvenz – Garantie auf erstes Anfordern, atypische 47 – 48 Insolvenzeröffnung, Ablehnung mangels Masse – Missbrauchseinwand 276 – 277 Kaufvertrag – Anspruchsfall, materieller 142 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 23 – Garantie auf erstes Anfordern 171 – 172 – Leistungsaufforderung 145, 147 – 148 Klausel auf erstes Anfordern 34, 36, 38, 64, 82, 192 – 193 – Abfallentsorgungsvertrag 82, 230 – Auslegung 212 – Beweislastumkehr 221 – Garantie 217 – Inhaltskontrolle 46, 229, 231
Sachverzeichnis – Liquiditätsfunktion 87 – Schuldversprechen 220 – überraschende Klausel 228 – 229 Konzernfinanzierung 19, 22 – 23, 210 – 211 Kreditsicherung 210 Leasingvertrag – Leistungsaufforderung 143 – Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern 21 – 22 Leistungsaufforderung 109 – 112; siehe auch Anfordern, einfaches – Abschlusszahlung, Unterlassung 141 – Anspruchsfall, materieller 132 – 135 – Behauptungstheorie 132 – 137, 307 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 256 – Erklärung des Begünstigten 140 – 148, 181, 238 – Erklärung des Begünstigten, Form 143 – 146 – Fernschriftlichkeit 137 – 138 – Form 137 – 138, 140 – Gestaltungsrecht 134 – 135 – Haftung 135, 147 – 149 – Hinweispflicht 236 – Höchstbetrag 240 – Nichterfüllung von Verpflichtungen, Rüge 141 – 142 – Rechnung 140 – Schiedsspruch, Vorlage 150 – 151, 153 – 154 – Schlüssigkeit 131 – 132 – Schriftform 137 – 138 – Sprache 139 – 140 – Stellungnahmen, gutachterliche 149, 159 – SWIFT 137 – Teilanforderung 239, 293 – Telex 137 – Übereinstimmung, wörtliche 145, 147 – 148 – Übermittlungsweg 137 – Unterschrift, Bestätigung der Echtheit 138
343
– Unwirksamkeit 236 – Urteil, Vorlage 150 – 151 – Vertretung des Begünstigten, Bestätigung 138 – Voraussetzungen, nichtdokumentarische 152 – Widersprüchlichkeit 136 – 137 – Wissenserklärungen 150 – Zeitpunkt 174 – 175 – zweite Leistungsaufforderung 293 Leistungskondiktion – Garantie auf erstes Anfordern, typische 281 – Leistungsversprechen auf erstes Anfordern 282 – 283, 287 – 288 Leistungsversprechen auf erstes Anfordern 15 – 16, 25 – 26, 79 – 80, 309 – Anfordern, einfaches 109 – 112 – Anspruchsgeltendmachung 194 – Aufhebung 235 – Aufrechnung 240, 245 – 248 – Auslegung 81, 105 – 106, 130, 209 – 210, 214 – Bedingung, aufschiebende 165 – 166, 282 – Befristung 170, 173, 239 – Bereicherungseinwand 207 – Bestimmbarkeit 120 – Beweislast 209, 296 – 297 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 222, 309 – Definition 29 – Deliktshaftung 306 – 308 – Dokumentenstrenge 98 – 99 – Durchsetzungserleichterung 309 – Einwendungen 206 – 207, 209, 215 – Entscheidungserheblichkeit 197 – Erklärung des Begünstigten 140 – 141 – Erlöschen 170, 233 – 235 – Garantie auf erstes Anfordern, typische 63 – Geldleistung 30 – Haftungshöchstbetrag 215 – 216 – Hinweispflicht 238 – 239
344
Sachverzeichnis
– – – – –
Höchstbetrag 293 Inanspruchnahme 298 Inanspruchnahme, unberechtigte 308 Inanspruchnahme, zweite 292 – 293 Lage des Begünstigten, schlechte wirtschaftliche 275 – 276 – Leistungskondiktion 282 – 283, 287 – 288 – Liquiditätsfunktion 89 – Missbrauch 81 – Missbrauchseinwand 264 – 265, 275 – 276, 279 – Nichtbestehen 282 – Nichterteilung 208 – 209 – Nichtigkeit 207, 212, 214, 282 – Parteien 34 – Rechtsübergang 208 – 209 – Rückforderungsanspruch 281 – 283 – Rückforderungsanspruch, Erfüllung 292 – 293 – Schadensersatzanspruch des Versprechenden 281, 298 – 299 – Schlüssigkeit 124, 131 – Substantiierung 124 – 125 – Termin 165 – 166 – Unwirksamkeit 207, 212, 214 – Unzulässigkeit 214 – Wegfall der Geschäftsgrundlage 235 – 236 – Zahlungsaufforderung, Abtretung 114 – Zweck 15, 81, 88 – 89, 92 – 93 Leistungsversprechen auf erstes einfaches Anfordern – Anfordern, einfaches siehe dort Mängelliste 129 Masseunzulänglichkeit – Missbrauchseinwand 276 – 277 Mietgarantie – Bürgschaft auf erstes Anfordern 22 – Garantie auf erstes Anfordern, atypische 47 Mietvertrag – Leistungsaufforderung 143
– Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern 21 – 22 Missbrauchseinwand 264 – 267 – Anspruch, formeller 266, 278, 289 – Anspruch, materieller 266 – Beweisbarkeit, liquide 267 – 269, 272, 274, 276 – 277, 279 – Beweislast 273, 276 – 277 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 128, 197 – 198, 224, 233 – 234, 248 – 251, 254 – 255, 272, 276, 279 – Darlegungslast 273 – 276 – dolo facit 267 – Garantie auf erstes Anfordern, typische 270, 279 – Hauptschuld, Nichtbestehen 279 – Inanspruchnahme des Versprechens 271 – Insolvenzeröffnung, Ablehnung mangels Masse 276 – 277 – Lage des Begünstigten, schlechte wirtschaftliche 275 – 276 – Leistungsversprechen auf erstes Anfordern 264 – 265, 275 – 276, 279 – Leistungsverweigerungsrecht 268 – 269 – Liquiditätsschwierigkeiten des Gläubigers 276 – Masseunzulänglichkeit 276 – 277 – Nachverfahren 203 – Offensichtlichkeit 267 – 269, 272, 276 – 277, 279 – Risiko, nicht gesichertes 257 – Verhalten, widersprüchliches 277 – Vermögensverfall 276 – Zahlungsunfähigkeit 275 Nachbürgschaft auf erstes Anfordern Nachunternehmervertrag 17 Nachverfahren 202, 207, 297 – 298 – Anspruch, materieller 205 – Anspruchsfall, materieller 297 – Missbrauchseinwand 203 Pachtvertrag
22
Sachverzeichnis – Anspruchsfall, materieller 142 – Garantie auf erstes Anfordern 171 – Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern 21 – 22 Polen – Bankgarantie 70 Rechnung 30 – Leistungsaufforderung 140, 142, 144, 150 Rechtsmissbrauch 128 Rechtsschutz, einstweiliger – Gläubigerstellung 208 Reduktionsklauseln 171 – 172 Risiko, nicht gesichertes – Beweisbeschränkung 257 – 258, 260 – 262 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 250 – 263 – Erstprozess 261 – Garantie auf erstes Anfordern, typische 261, 263 – Hauptforderung, geltend gemachte 258, 263 – 264 Rückbürgschaft auf erstes Anfordern 22, 217 Rückforderungsanspruch – Ansprüche des Hauptschuldners, bereicherungsrechtliche 281 – Ansprüche des Hauptschuldners, vertragliche 281 – Bereicherungstheorie 285 – 286, 289 – 290, 295 – 296 – Beweislast 294 – 296 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 295, 300, 309 – Entstehung 291 – Erfüllung 292 – Fälligkeit 291 – Garantie auf erstes Anfordern 309 – Garantie auf erstes Anfordern, atypische 295 – Garantieauftraggeber 303 – Hauptschuldner 300 – 302, 304 – 305 – Kenntnis der Nichtschuld 290 – 291
345
– Leistungsversprechen auf erstes Anfordern 281 – 283 – Rechtshängigkeit 291 – Rechtsnatur 285 – 286, 289 – 290, 294 – 296, 301 – Schadensersatzanspruch des Hauptschuldners 301 – 303 – Schadensersatzanspruch des Versprechenden 281, 298 – 299 – Sicherungsabrede 301 – Vertragstheorie 285 – 286, 289, 294, 296 Rückforderungsprozess 28, 82, 128, 202, 269 – Anspruch, formeller 288 – Anspruch, materieller 250 – 251, 288 – Berechtigung, materielle 203 – Beweislast 81, 293 – 294, 296 – 297 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 18, 24, 250 – 251, 289 – Einrede der Aufrechnung 292 – Einrede der Verjährung 290 – Einrede des Bürgen 290 – Einrede gegen den materiellen Anspruch 289 – Einreden 291 – 292 – Einwendungen 195 – 196, 204 – 205, 291 – Leistungsversprechen auf erstes Anfordern 281 – 282 – Urkundenprozess 297 – 298 – Urkundenverfahren 81 Rückforderungsrecht – Garantie auf erstes Anfordern 50 – 54, 56, 64 – 65 Rückgabe – Bürgschaft auf erstes Anfordern 304 Rückgarantie auf erstes Anfordern 22, 60 – Embargo 235 Schadensersatz – Inanspruchnahme, Unwirksamkeit 237 Schlussabnahme 154 – 155, 184 Schlüssigkeit 125 – 132
346
Sachverzeichnis
Schuldversprechen, erfüllungshalber erteiltes abstraktes 35 – 36 Schutzgesetzverletzung 307 Sicherungsabrede 51 – 52, 56 – 59, 232 – AGB-Kontrolle 274 – Rückforderungsanspruch des Hauptschuldners 301, 304 – 305 – Schadensersatzanspruch 299 Standby Letter of Credit 74 – 75 – Auslegung 106 Teilanforderung 239 Termin 165 – 166 – Inanspruchnahme vor Endtermin 174 – 175 Termin, aufschiebender 169 – 170 Umwandlung 112 UNCITRAL-Abkommen über unabhängige Garantien 53 Unternehmenskaufvertrag 186 URDG 53 Urkundenprozess 77, 117, 297 – Anspruch, formeller 201 – Beweisbeschränkungen 207 – Bürgschaft, gewöhnliche 203 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 297 – Einwendungsausschluss 203 – 204 – Erstprozess 200 – 201, 257 – 258 – Nachverfahren 202, 205, 297 – 298 – Rückforderungsprozess 297 – 298 – Statthaftigkeit 297 – 298 – Vorbehaltsurteil 201 – 202, 297 – 298 Urkundenrückgabe 170 – 171 Vergleich – Bürgschaft auf erstes Anfordern 23, 184 – 185 Verhalten, widersprüchliches – Missbrauchseinwand 277 Verjährung – Anspruch, materieller 271 – 272 Verjährungseinrede 248 Vermögensschadensersatz 306 Vermögensverfall
– Missbrauchseinwand 276 Versanddokumente 150 Verschmelzung 112 Versicherungen – Bürgschaft auf erstes Anfordern 226 Versprechen auf erstes Anfordern – Ausschlussfrist 24 – 25 – Dokumente, erforderliche 149 Versprechen auf erstes Anfordern, bürgschaftsbezogenes 33, 35, 114, 159, 161, 213, 309 – Anspruch, formeller 161 – Erstprozess 197 – Zahlungsversprechen, selbständiges 220 Versprechen auf erstes einfaches Anfordern 110 Versprechender 27 – 30 Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern 19 – 21, 23, 25, 166 Vertragserfüllungsgarantie auf erstes Anfordern 166 Vertragsfreiheit – Bürgschaft auf erstes Anfordern 227 Vertragsstrafe 187 Vollmacht – Zahlungsaufforderung 115 Vollstreckungsgegenklage 204 Voraussetzungen, formelle 154 – 155, 162 – 163 Voraussetzungen, materielle 30, 154 – 156, 162 – 163 Voraussetzungen, materiell-formelle 152 – 155, 162 – 163 Vorauszahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern 19 – 20 Vorbehaltsurteil 297 – Bedingung, auflösende 297 Warenlieferung 91 Wegfall der Geschäftsgrundlage 235 – 236 Werklohn – auf erstes Anfordern 23 – 24 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 184 – 185
Sachverzeichnis – Leistungsaufforderung 140 Werkvertrag – Bürgschaft auf erstes Anfordern 19, 21, 23 – Parteien 27 – Versprechen auf erstes Anfordern 188 Zahlungsanforderung, formalisierte 104 – 105 Zahlungsaufforderung; siehe auch Anfordern, einfaches – Abtretung 113 – Bevollmächtigung 115 – Bürgschaft auf erstes Anfordern 263 – Bürgschaftsfall, materieller 263 – Deliktshaftung 306 – Nachweis, liquider 117 – 118 – Vollständigkeit 175 Zahlungsbürgschaft auf erstes Anfordern 21, 23, 25 Zahlungsgarantie auf erstes Anfordern 171 – 172
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– Aufrechnung 243 – Sicherungsfunktion 243 Zahlungsplan 141 Zahlungsunfähigkeit – Missbrauchseinwand 275 Zahlungsversprechen auf erstes Anfordern 25 – 27, 80, 220, 222 – 223; siehe auch Leistungsversprechen auf erstes Anfordern – Forderungen, Feststellungsfähigkeit 26 – Garantie auf erstes Anfordern, atypische 47 – Teilbetrag 123 Zahlungsvoraussetzungen, formelle 49 Zahlungszusage 70, 75 – 76, 255 – causa 71 – 72 Zeugenbeweis 205 Zurückbehaltungsrecht 249 – Anspruch, formeller 249 Zweitprozess siehe Rückforderungsprozess