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German Pages [272] Year 1999
V&R
Hans- Christian Diedrich gewidmet
HENRIK PFEIFFER
Das Heiligtum von Bethel im Spiegel des Hoseabuches
VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN
Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Wolfgang Schräge und Rudolf Smend 183. Heft der ganzen Reihe
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Pfeiffer, Henrik: Das Heiligtum von Bethel im Spiegel des Hoseabuches / Henrik Pfeiffer. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1999 (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments; H. 183) Zugl.: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 1997 ISBN 3-525-53867-7
Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft D 11/133
© 1999 Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen Printed in Germany. - Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Satzspiegel, Nörten-Hardenberg Druck- und Bindearbeiten: Hubert & Co., Göttingen
Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde im Juni 1997 abgeschlossen und im selben Jahr von der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen. Der Text ist für den Druck nur geringfügig überarbeitet worden. Herr Prof. Dr. Matthias Köckert hat die Arbeit angeregt und stets wohlwollend wie kritisch begleitet. Ihm sei an erster Stelle herzlich gedankt. Die Einrichtung eines Doktorandenkolloquiums an seinem Lehrstuhl gab mir die Möglichkeit, erste Ergebnisse in kleinem Kreise zur Diskussion zu stellen. Allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern gilt ebenfalls mein Dank. Das Lesen der Korrekturen haben Frau cand. theol. Christina Knospe, Frau stud, theol. Birgit Christiansen und meine Frau Claudia Pfeiffer übernommen. Schließlich bin ich Herrn Prof. Dr. D. D. Rudolph Smend und Herrn Prof. Dr. Wolfgang Schräge für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe „Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments" zu Dank verpflichtet. Das Buch ist dem Freund Pfr. i. R. Dr. Hans-Christian Diedrich gewidmet. Berlin, im Juli 1998
Henrik Pfeiffer
Inhalt Einleitung
9
1. Fragestellung 2. Das entstehungsgeschichtliche Problem
9 15
3. Aufbau und Vorgehensweise der Untersuchung
24
1. Religionsgeschichtliche Voraussetzungen: Aspekte der Theologie des israelitischen Reichskultes
26
1.1. Die alttestamentliche Uberlieferung von der Einsetzung des israelitischen Staatskultes I Reg 12,26-33 1.2. Eine altvorderorientalische Parallele: Der Bericht von der Einsetzung des urartäischen Reichskultes von Musasir . . . 1.3. Dynastiegott und sakrale Königsinvestitur 1.4. „... dein Gott, der dich aus dem Lande Ägypten heraufgeführt hat" 1.5. Die Stierbilder Jerobeams
31 33 35 42
1.5.1. Die Gottespräsenz im Bild 1.5.2. Zur Theologie der Stiersymbolik 2. Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
26
43 48 . .
2.1. Beth-El/Beth-Aven
65 65
2.1.1. „Zieht nicht nach Beth-Aven": Hos 4,15 2.1.2. „In Bethel . . . redet er mit uns": Hos 12,3-5.7.11.13 f.
65 68
2.2. Anspielungen auf das Betheler Stierbild 2.2.1. Das „Kalbszeug von Beth-Aven": Hos 10,5-6a im Kontext von Hos 10,1-8 2.2.2. Der Jungstier Samariens": Hos 8,5 f. im Kontext von Hos 8,1-14 2.2.3. „Sie küssen Kälber": Hos 13,2 im Kontext von Hos 13,1-3 2.3. Anspielungen auf den Exodus
101
164 171
2.3.1. „Ich bin Jahwe, dein Gott, vom Lande Ägypten her": Hos 12,10a und Hos 13,4a
171
101 129
8
Inhalt
2.3.2. „Zurück nach Ägypten": Hos 9,3b-4a; 8,13bß . . . 178 2.3.3. „Aus Ägypten rief ich meinen Sohn": Hos 11 . . . . 186 2.3.4. Der „Tag ihres Heraufziehens aus dem Lande Ägypten": Hos 2,16 f. 202 3. Das Heiligtum von Bethel im Spiegel des Hoseabuches
. . .
209
3.1. Der Betheler Kult im prophetischen Spruchgut
209
3.2. Die Bethel-Kritik der vor-dtr. Hoseatradenten
226
3.3. Die dtr. (post-dtr.?) inspirierte Bethel-Kritik im Hoseabuch
227
3.4. Die exilische Bethel-Theologie
229
3.5. Das Stierbild in den nachexilischen Bilderpolemiken
. . .
3.6. „Beth-Aven" in der Amos-/Dodekaprophetonredaktion des Hoseabuches
230 230
Abkürzungsverzeichnis
232
Literaturverzeichnis
235
Bibelstellenregister
256
Thesen
267
Exkurse 1: Zur These eines Bethel-spezifischen Jahwe-El-Synkretismus .
49
2: Die Ba'alsamem-Konzeption
57
3: Samaria - ein Stadtstaat?
117
4: Spuren eines Samarischen Heiligtums
142
5: Zum Alter der ,Jahwe-allein-Theologie" im Hoseabuch . .
210
Einleitung 1.
Fragestellung
Die theologische Geschichtsschreibung des Alten Testamentes führt in II Reg 17,7-23 das Ende des israelitischen Nordreiches (720 v.Chr. 1 ) auf dessen Jahwe-Ferne zurück. Die hier genannten kultischen Verfehlungen finden ihre sachliche Mitte in folgender Anklage:2 16
Sie verließen alle Gebote Jahwes, ihres Gottes, und machten sich zwei gegossene Kälber und machten eine Aschera und beteten das ganze Heer des Himmels an und dienten dem Baal. Denn als sich Israel losgerissen hatte vom Hause David und Jerobeam, den Sohn Nebats, zum König eingesetzt hatte, da machte Jerobeam Israel abwendig von Jahwe und verführte sie zu großer Sünde. Und die Israeliten wandelten in allen Sünden Jerobeams, die er getan hatte. Nicht ließen sie von ihr.
21
22
Daß Israel seit seiner Staatsgründung unter Jerobeam wegen dessen „Abfall" von Jahwe, wie er im Kult an den Reichsheiligtümern von Bethel und Dan seinen Ausdruck fand, unweigerlich auf sein Ende zusteuern mußte, wird dem Leser des deuteronomistischen Geschichtswerkes bereits bei der Lektüre des Abschnittes über die Einsetzung des Reichskultes I Reg 12,28-33 (vgl. I Reg 13,33 f.; 14,9) suggeriert. Fortan erscheint die gesamte Geschichte des Nordreiches nach dtr. Sichtweise als durch die „Sünde Jerobeams" infiziert (vgl. I Reg 15,26.30.34; 16,2.19.26.31; 22,53; II Reg 3,3; 10,29.31; 13,2.6; 14,24; 15,9.18.24.28). Erst dem Kultreformer Josia komme das Verdienst zu, den abgöttischen Betheler Kult mit Stumpf und Stiel ausgerottet zu haben (II Reg 23,15-20; vgl. I Reg 13,2). In Ex 32 (vgl. Dtn 9,7-29; Neh 9,18; Ps 106,19) wird der Sündenfall Jerobeams in die Ursprungsgeschichte des Gottesvolkes verlegt, um den Staatskult des Nordreiches als die Ursünde Israels schlechthin zu qualifizieren. Folgt man der traditionellen Sicht, so liefert das Hoseabuch (namentlich an den Stellen 8,5 f.; 10,5 f.; 13,2) den entscheidenden Ausgangspunkt dieser allgemein-alttestamentlichen Polemik. Nach vorherrschender Meinung hätte Hosea erstmalig den Stier von Bethel als Ausdruck einer ka1
2
V g l . B. BECKING, Fall.
Zur literarischen Schichtung von II Reg 17,7-23 vgl. E. WÜRTHWEIN, Könige II, 395-397.
10
Einleitung
naanäischen Überfremdung des Jahwe-Glaubens verworfen und als illegitimen Fremdgötter- und Bilderdienst stigmatisiert 3 Ohne bislang grundsätzlich hinterfragt worden zu sein, hat dieses Bild in den letzten eineinhalb Jahrzehnten allerdings einige, nicht unwesentliche Modifikationen erfahren. H. Utzschneider sucht in seiner Hoseastudie (1980) die Polemiken gegen das Heiligtum von Bethel vor dem Hintergrund des vom Propheten bereits antizipierten Unterganges des Nordreiches zu verstehen.4 Die „Illegitimität des Kultes, insbesondere des Jungstiers im Heiligtum in Bet-ΕΓ kommt dabei neben einer „weitgehende(n) Funktionsunfähigkeit der Herrschaftsinstitutionen Israels, besonders des Königtums" und der Bedrohung Israels durch die Assyrer als einer der bestimmenden Faktoren für die Zeit vor dem Ende zu Gesicht (S. 126). Dabei gehe Hosea von einem grundsätzlichen „Bruch zwischen Gott und Volk" aus, der sich mit dem „Handeln und Ergehen Israels" wechselseitig verknüpfe (ebd.). Für den Betheler Kult heiße dies: „Der Gott Israels, der Gott des Exodus hat Bet-El verlassen. Diejenigen, die ihm zugehörig sind, haben ihn vergessen. Die legitime Beziehung zwischen Staatsgott und Staatsvolk ist zerbrochen. In Bet-El zurückgeblieben ist der Götze Stier" (S. 104). Von seiten des Volkes verdankt sich die Gotdosigkeit des Betheler Kultes der Tatsache, „daß die Repräsentanz an die Stelle des Repräsentierten getreten ist. Der Stier hat aufgehört, als theologisches Epitheton und kultische Repräsentanz des Gottes vom Exodus zu dienen. Er ist selbst Gegenstand des ,Gottes-Dienstes' geworden" (S. 102). Dieser Vorgang ist aber erst als Folge des grundsätzlichen Zerwürfnisses zwischen Jahwe und Israel zu verstehen: „Was Hosea gegen das ,Kalb' vorbringt, ist wesentlich die Bestreitung seiner Gottheit (Hos 8,5; 10,5) . . . (Das Bilderverbot scheint demgegenüber sekundär, d. h. es steht im Dienste dieser Bestreitung)" (S. 127). Die Frage, warum Hosea überhaupt die Gottheit des Stierbildes problematisiert, beantwortet Utzschneider mit einem Hinweis auf den „Geschichtsentwurf" des Propheten. Jahwe werde vom Betheler Heiligtum quasi „abgezogen", um ihn über die Zeit der Katastrophe hinaus als Israels Gott zu erhalten (S. 127 f.). Demgegenüber erscheint für Utzschneider das Problem, inwiefern Hosea auf den Vorwurf einer illegitimen Baalisierung Jahwes im Kontext der Stierbildverehrung abziele, als kaum mehr entscheidbar: „Angesichts der Polyvalenz des Stiersymbols - es war eben auf Jahwe und Baal anwendbar - dürfte es nicht leicht fallen, zu entscheiden, bis zu welchem Grad dieses Symbol die , Baalisierung' der bet-eler Theologie signalisiert" (S. 104). Hinzu kommen religionsgeschichtliche Vorbehalte: „Es ist nicht wahrscheinlich, daß in Bet-El ein Baal verehrt wurde, jedenfalls nicht in dem Sinne, wie etwa in Samaria zur Zeit der Omriden" (S.127). Allerdings: „Wie sich dieser
3
Vgl. ζ. B. J. PEDERSEN, Israel III/IV, 537; F. F. HVIDBERG, Weeping, 87-89. 98-100;
Κ. GALLING, Bethel, 43; H . W . WOLFF, H o s e a , 1 8 0 f . 228; W . RUDOLPH, H o s e a , 163; A. WEISER, P r o p h e t e n , 9 6 ; J . L . MAYS, H o s e a ,
1 7 2 ; F. I. A N D E R S E N / D . N . FREEDMAN,
Hosea,
243. 631; W. ZIMMERLI, Bilderverbot, 253; J. HAHN, Kalb, 351 f.; F.-L. HOSSFELD, D e k a l o g , 271 f.; B. SEIFERT, Reden, 247; E. BONS, Buch, 110 f. 4
Vgl. Hosea, 88-104.126-128; Zitatnachweise im folgenden im Haupttext.
Einleitung
11
Sachverhalt zu den expliziten Vorwürfen Hoseas, Israel verehre Baale (Hos 2,15; 13,1)(>) verhält, ist schwer aufzuklären" (S. 127). Zieht man ein Fazit, so fällt auf, daß Utzschneider die Angriffe Hoseas auf das Betheler Stierbild nicht mehr vor dem Hintergrund eines Antagonismus zwischen kanaanäischer Religion und Jahweglauben erklärt. Der hermeneutische Punkt, von dem aus er die Stierbildpolemiken rekonstruiert, ist die an sich „legitime (!) Beziehung zwischen Staatsgott und Staatsvolk", also das Phänomen des israelitischen Staatskultes als einer spezifischen Dimension kultischer Gottesnähe. Weil Israel in seinem Staatskult den Exodusgott ,verfehlt' und vice versa Jahwe diesem Kult seine Präsenz versagt, degeneriert das Stierbild zum ,leeren' Gottessymbol. Von hier aus ergibt sich dann ein Anknüpfungspunkt für die Argumentation im Sinne des Bilderverbotes. Das Stierbild erscheint nicht mehr als reales Gottessymbol, sondern als Mir-Bild, mithin als toter Götze. Das Problem, inwiefern der Prophet Israels Stierbildverehrung als eine verwerfliche kanaanäische Adaption betrachtet, ist demgegenüber von untergeordneter Bedeutung. Alles in allem liegt Utzschneiders Deutung der Bethel-Polemiken inhaltlich auf der Linie von Hos 8,6a. Zu fragen bleibt allerdings, ob die Vorstellung eines , leeren' Gottesbildes in der vorgetragenen Weise wirklich in das 8. Jh. v. Chr. gehört Die Interpretation Utzschneiders bereits im Rücken, versucht J. Jeremias in seinem Hosea-Kommentar (1983),5 das traditionelle Verständnis der Stierbildpolemiken Hoseas als Angriff auf ein „baalistische(s) Fruchtbarkeitsdenken" (S. 107) und die von Utzschneider in den Mittelpunkt der Interpretation gestellte staatsoffizielle Dimension des Betheler Kultes miteinander zu vermitteln. Anders als Utzschneider deutet Jeremias die hoseanischen Stierbildpolemiken aber mit der exegetischen Tradition grundsätzlich von der Vorstellung einer dem Jahweglauben inkompatiblen Fremdgottkonzeption her. Eine solche diagnostiziere der Prophet zum einen dadurch, daß er in 10,5 auf die mit der Stiersymbolik verbundene Vorstellung des sterbenden und wieder auferstehenden Baal anspiele,6 zum andern aber auch in der Staatsgott-Konzeption selbst, die nichts weiter als eine sublimierte Form des „baalistische(n) Fruchtbarkeitsdenken(s)" darstelle: „Israel hat Jahwe mit einem Staatsgott verwechselt, und das Gottesvolk ist darüber zum ,Volk des Kalbes' (10,5) geworden" (S. 107)7 In seiner neueren Studie „Der Begriff ,Baal* im Hoseabuch und seine Wirkungsgeschichte" (1994),8 die allerdings die Stierbildthematik nicht eingehender behandelt, wird der „Baal" des Hoseabuches in noch differenzierterer Weise erfaßt. Entgegen der von M. Weippert geäußerten Auffassung, Hosea greife „die Vielzahl der verehrten Gottheiten" an, 9 vermutet Jeremias: „,Baal' repräsentiert im Hoseabuch nicht die Vielzahl der Götter, sondern Israels kanaanaisierten Gottesdienst" (S. 89). Der „Baal" des Hoseabuches sei letztlich kein Fremdgott mehr, sondern 5
Vgl. Prophet; Zitatnachweise im folgenden im Haupttext. Vgl. a.a.O., 130; zu diesem in der exegetischen Tradition des öfteren bemühten Verständnis von 10,5 s.u. S. 122 f. 7 Hervorhebung v. Vf. 8 Zitatnachweise im folgenden im Haupttext 9 Synkretismus, 162 f. 6
12
Einleitung
„Chiffre für ein verfehltes Gottesverhältnis" (S. 90) resp. eine „Konstante der Anthropologie" (S. 95). Freilich setze Hosea dabei eine durch den Terminus „Baal" zum Zuge gebrachte Fremdgötterpolemik voraus. Sein eigentliches Verdienst bestehe darin, die frühere Baals- ( = Fremdgott-) Polemik durch Abstraktion aufgeweitet zu haben. Einen ähnlichen Gebrauch für „Baal", wie er nach Jeremias bei Hosea vorliegt, vermutet der Autor auch in der jeremianischen Verkündigung (vgl. S. 97 f.). Erst die dtr. Redaktion des Jeremiabuches und das DtrG kehrten wieder zur Verwendung des Begriffes „Baal" im Sinne einer Fremdgottbezeichnung zurück (vgl. S. 98-100). Versucht man diese Sicht auf den Zusammenhang von Baals- und Stierbildpolemik zu übertragen (vgl. 13,1 f.), so ergibt sich zunächst, daß Hosea das Stierbild nicht als Repräsentanten eines Fremdgottes, sondern als Ausdruck eines verfehlten Gottesdienstes gesehen hätte. „Verfehlt" ist der Gottesdienst in hoseanischer Sicht nach Jeremias aber dort, wo sich in ihm eine Mentalität zeigt, die „dadurch geprägt (ist), daß ein möglichst häufiger Vollzug des Opferritus als die Praxis eines glükkenden Gottesverhältnisses gilt, für Hosea aber die Reflexion über rechtes Handeln ersetzt" (S. 93). Entsprechend gelte: „Die ,Bilder', die ,den Baalen' zugeordnet sind und . . . (4,17; 8,4; 14,9) die Baale vertreten können, dienen in Gestalt von kleinen (Stier-) Figurinen der Vergewisserung des funktionierenden Ritus auch für den Alltag . . . " (S. 93). Kennzeichnend für die Position Jeremias' ist der Umstand, daß er den in der Forschung schon seit langem entdeckten „Gegensatz zwischen Ritus und Ethik" (S. 93)'° konsequent vor dem Hintergrund eines „baalisierten Jahweglaubens" sieht (S. 88, Anm. 7). M.a.W.: Die Mentalität, das Ethos durch den Kult zu ersetzen, ist ein dem Jahweglauben ursprünglich fremdes Phänomen und verdankt sich erst kanaanäischem Einfluß. Jeremias' Erklärungsversuch läuft somit auf eine Rückkehr zur These eines , ethischen Monotheismus' hinaus. Eine eigenwillige Deutung der hoseanischen Bethelkritiken hat W. I. Toews in seiner Monographie „Monarchy and Religious Institution in Israel under Jerobeam I" (1993) vorgetragen.11 Was die religionsgeschichtlichen Voraussetzungen betrifft, so hält er - anders als Jeremias - dafür, „that Hosea did not accuse Israelites of having forsaken Yahweh in order to worship Baal-Haddu in place of Yahweh or alongside Yahweh in some sort of syncretistic cult. Rather, it appears probable that Hosea objected to the cult which Israelites offered to the host of heaven, that is, to the deities in Yahweh's entourage" (S. 154).12 Damit würden auch die Rekonstruktionsversuche der hoseanischen Stierbildpolemiken auf der Basis der Annahme eines „baalisierten" Jahwekultes hinfällig. Seine alternative Erklärung gewinnt Toews aus der im Hoseabuch breit entfalteten Ehebruchs-Metaphorik. Diese indiziere vor allem Vergehen politischer Natur (vgl. 1,2-4: Revolution Jehus; 8,9 [vgl. 7,8.11; 8,8.10]: Bündnispolitik; 7,4-7: Revolten; 6,7-9 [vgl. V10]: Gewalttaten). In diesem Sinne interpretiert er die als cri'yin bezeichneten „Liebhaber" 10
Vgl. z.B. J. WELLHAUSEN, Geschichte, 109. Vgl. a.a.O., 151-172; Zitatnachweise im folgenden im Haupttext. 12 Bei der Annahme, hinter den Baalen des Hoseabuches stehe das „Heer des Himmels", beruft sich der Autor auf eine unveröffentlichte Studie B. HALPERNS. 11
Einleitung
13
von Hos 2 als „nations and their gods . . . whom Israel pursued in its political machinations and in its cultic observances, seeking from them the support and sustenance it required" (S. 165). Der Umstand einer Hinwendung zu den „nations and their gods" und der Anspruch des Betheler Kultes, den Exodusgott Jahwe zu verehren (I Reg 12,28), hätten die Kritik des Propheten auf den Plan gerufen: „But now Hosea may have perceived that the significance of the symbol had been fundamentally compromised and contradicted by Israel's foreign policy. The policy of alliance with foreign nations implied that Israel could not rely fully and absolutely on the liberator symbolized by the calf iconography" (S. 165). Nicht der Stierkult ist verdeckter Baalskult, sondern der Baalskult Israels konterkariert die Ansprüche seines Stierkultes. Damit erscheint zwar das Stierbild nicht mehr als Repräsentant eines Fremdgottes. Die Verehrung der n-byan bleibt aber dennoch Verstehensvoraussetzung für die Attacken gegen das Stierbild. Allerdings sieht Toews die hoseanischen Bethelpolemiken nicht allein durch den Widerspruch zwischen dem in der Exodusformel I Reg 12,28 kanonisierten Anspruch des Betheler Kultes und der gelebten kultischen Wirklichkeit motiviert. Neben der Verehrung der crbjan habe der Prophet bei seinen Angriffen auch eine Diskrepanz zwischen den sozialen Mißständen der letzten drei Jahrzehnte des Bestehens des Nordreiches und der im Stierbild symbolisierten Integrität Israels im Auge (vgl. 10,4 im Kontext von 10,5 f.). Letztlich sei es demnach der Widerspruch zwischen dem faktischen Tun Israels überhaupt und dem Anspruch des Betheler Kultes, der die Kritik des Propheten am Betheler Kult auf den Plan gerufen habe. Damit aber rücke die hoseanische Polemik in eine auffällige Nähe zur Kultkritik des Arnos. Ahnlich wie Utzschneider rekonstruiert Toews die -Bz/i/erpolemik im Zusammenhang der Jungstier-Thematik aus der faktischen Inkompatibilität von ExodusgottKonzeption und kultischer Beanspruchung Jahwes. Trifft Israel im Stierbild nicht mehr Jahwe, den Exodusgott, so verehrt es in diesem Bild nichts weiter als ein gotdoses Menschenwerk „to which Israel sought to manipulate the divine world to bring about a desirable outcome" (S. 166). Zwar lasse sich bei Hosea eine Affinität zur Anikonizität wahrnehmen, „but the reason for the iconoclasm does not appear to lie in some philosophically grounded rejection of the symbols and icons in themselves, nor in the notion that they are illegitimate in terms of tradition or that they are un-Yahwistic, un-Israelite, and foreign" (S. 168). Alles in allem rekonstruiert auch Toews noch die Stierpolemiken Hoseas auf der Basis eines Gegensatzes zwischen Jahwe und Baal. Er belastet diesen aber nicht mehr mit einem kulturgeschichtlichen Hiatus Israel-Kanaan. Die Deutung der hoseanischen Kritik am Betheler Stierkult im Sinne einer Fremdgötter- und Bilderpolemik fügt sich mutatis mutandis in ein Gesamtverständnis der Prophetie Hoseas, das den Propheten als (Vor-) Kämpfer für einen , reinen', von jedem , Kanaanismus' freien Jahwe-Glauben sieht. 13 Wie immer es auch um das Recht dieser weitgehend akzep13 Vgl. etwa das Hosea-Bild in den großen „Überblickswerken" zur Prophetie und zur Theologie des Alten Testaments: ζ. B. G. v. RAD, Theologie II, 149-157; ZIMMERLI, Grundriß, 166 f.; K. KOCH, Profeten I, 149-179; W. H. SCHMIDT, Einführung, 207; wesentlich
14
Einleitung
tierten Vorstellung über die theologische Mitte der hoseanischen Prophetie bestellt sein mag,14 im konkreten Falle der Bethelpolemiken erscheint die Textbasis für eine diesbezügliche Interpretation jedenfalls äußerst schmal. Einzig 13,2 im Kontext von 13,1 und 13,4 behandelt den „Stierkult" eindeutig als illegitime Fremdgötterverehrung.15 Inwiefern wir es hier mit älterem Überlieferungsgut zu tun haben, bedarf jedoch einer kritischen Nachfrage. 16 Nicht anders steht es um die Verknüpfung von JungstierThematik und Bilderverehrung im Hoseabuch. Zwar stellen 8,4b.6a und 13,2 ausdrücklich einen Zusammenhang von „Stierkult" und Bilderdienst her. Doch ist 8,6a in literarischer Hinsicht nicht weniger problematisch als 13,2.17 Diese Hinweise genügen, um zu verdeudichen, daß die auf das Heiligtum von Bethel bezogenen Hoseatexte einer bis jetzt in der Forschung noch nicht geleisteten detaillierten Analyse bedürfen. Fiele die Fremdgötter- und Bilderpolemik aus dem Grundbestand der Bethelkritiken heraus, so wäre nach alternativen Interpretationen der Prophetenworte zu suchen. Dann ist auch die Frage nach dem Verhältnis der hoseanischen Bethelkritiken zur dtr. Polemik gegen den offiziellen Nordreichskult noch einmal neu zu stellen. Die Aufgabe der vorliegenden Arbeit besteht deshalb darin, Inhalt und literarisches Werden der hoseanischen Kritik am Betheler Heiligtum, seiner Kulttheologie und -praxis zu untersuchen. Die Kultkritik des Hoseabuches spielt für das Verständnis des Werdens der dtn./dtr. Theologie und darüber hinaus für das religionsgeschichtliche Bild Israels im 8. Jh. v. Chr. nach wie vor eine kaum zu überschätzende Rolle. Im Falle der Bethelbewertungen wird ihre Bedeutung schon daran ersichtlich, daß die später allgemein gewordene Polemik gegen den offiziellen Nordreichskult im Hoseabuch offenbar Anknüpfungspunkte finden konnte.
differenzierten R. ALBERTZ, Religionsgeschichte I, 269-275; im Rahmen der MonotheismusD e b a t t e : z . B . B. LANG, J a h w e - a l l e i n - B e w e g u n g , 6 6 ; WEIPPERT, S y n k r e t i s m u s , 162F.; i n n e r h a l b n e u e r e r H o s e a s t u d i e n : ζ . B. D . KLNET, Ba'al, 2 0 9 - 2 2 7 ( Z u s a m m e n f a s s u n g ) ; H . BALZCOCHOIS, G o m e r , p a s s i m ; H . - D . NEEF, H e i l s t r a d i t i o n e n , 5; SEIFERT, R e d e n , 2 4 7 - 2 5 0 ; E . K . HOLT, P r o p h e s y i n g , p a s s i m , bes. 1 4 0 - 1 4 6 , Ε . HAAG, E h e b u n d , u . v . a . 14 15 16
Dazu s.u. S.210ff. Vgl. aber auch 10,8 (s.u. S. 109f. 128 f.). Dazu s.u. S. 164ff., vgl. bereits HAHN, Kalb, 357f. (Ausscheidung von 13,2c); I. WIL-
LI-PLEIN, V o r f o r m e n , 2 1 9 - 2 2 ; C . DOHMEN, B i l d e r v e r b o t , 1 4 8 - 1 5 0 , A n m . 243; JEREMIAS,
Prophet, 162 f. (Ausscheidung von 13,2aß); G. A. YEE, Composition, 248-259 (Ausscheidung v o n 1 3 , 1 - 1 1 . 1 4 als d t r . [ = R 2 : s . u . S . 2 0 ] ) . 17
S.u. S. 136; vgl. Z . B . B. DUHM A n m e r k u n g e n , 2 7 f . ; WILLI-PLEIN, V o r f o r m e n , 1 6 4 f . ; LANG, J a h w e - a l l e i n - B e w e g u n g , 6 6 ; JEREMIAS, P r o p h e t , 108.
15
Einleitung
2. Das entstehungsgeschichtliche
Problem
Die vorliegende Studie stellt die Frage nach der Entstehungsgeschichte der für das Thema relevanten Hoseatexte. Eine ausdrückliche diachrone Analyse mag vor dem Hintergrund des dominierenden Bildes vom Werden des Hoseabuches zunächst überflüssig erscheinen. Folgt man der klassischen Sicht, wie sie sich seit dem Beginn unseres Jahrhunderts etabliert hat,18 so umfaßt das Hoseabuch in seinem überwiegenden Teil Material, das auf den Propheten selbst zurückgeht.19 Nach der gängigen Meinung sei die Hoseaüberlieferung nach dem Untergang des Nordreiches von Flüchtlingen nach Juda gebracht und dort redigiert worden.20 Dieser Vorgang habe zu einigen wenigen judäischen Zusätzen sowie zu einer (bzw. mehreren) heilseschatologischen Bearbeitung(en) geführt, deren Umfang und innere Schichtung im einzelnen naturgemäß unterschiedlich bewertet werden. Jenseits dieser Redaktionen sei dann nur noch mit wenigen Bearbeitungen zu rechnen.21 Insgesamt wird der Anteil sekundären Gutes allgemein als marginal eingeschätzt.22
18
Ausführliche Forschungsberichte finden sich bei YEE, Composition, 1-25, und M. NLSProphetie, 1 7 - 4 3 . 19 Singular innerhalb der ad. Forschung nimmt sich die Behauptung E . DAYS aus, das Hoseabuch sei als ein pseudepigraphisches exilisches Werk zu verstehen (vgl. Book, 105-132). 20 So nach dem Referat NISSINENS (vgl. Prophetie, 1 7 ) erstmalig J. C . STUCK ( 1 8 2 8 ) . Zum gegenwärtigen Forschungsstand vgl. bes. Th. NAUMANN, Erben. 21 Vgl. aus neuerer Zeit ζ. B. WOLFF, Hosea, XXVI f. Der Autor rechnet mit folgenden Nachträgen: „redaktionelle Beigaben der anfänglichen Tradenten" in 8,14 und 11,10, Glossierungen „in wörtlicher oder sinngemäßer Aufnahme anderer Hoseaworte" in 2,10bß; 4,9; 6,10b; 7,10a und 14,5b, eine „recht frühe judäische Redaktion", die „judäische Heilseschatologie" aufgreife, in 1,7; 3,5*; 9,4bß (?), Zusätze einer „späteren judäischen Redaktion, die Hoseas Anklage und Drohungen gegen das Nordreich im gleichen Sinne in Juda verkündet haben will", in 4,5aß; 4,15 (Juda"); 5,5bß; 6,11a, kleinere Wortglossen sowie einer Endredaktion aus dem 6. Jh. (?) in 1,1 (dtr. beeinflußt!) und 14,10. Für 8,14 und 11,10 wird immerhin ein „Zusammenhang mit der judäischen Redaktion des Amosbuches" in Rechnung gestellt; ähnlich MAYS, Hosea, 16 f., der allerdings innerhalb der judäischen Zusätze nicht weiter differenziert. RUDOLPH, Hosea 25-27, zählt zum sekundären Gut eine judäische Redaktion in 1,7; 2,3; 3,5; 4,15, weitere „spätere Zusätze" in 5,5b.9b; 6,11-7,lad; 9,4b; 10,4bß; 11,10b; 12,5aa und die Schlußbemerkung 14,10. Nach JEREMIAS, Hosea, 591-593 (vgl. Prophet, 18-20), gehen neben der Buchüberschrift und der weisheitlichen Schlußsentenz folgende Stücke auf spätere Bearbeitimg zurück: 1,2*, die „späteren nachexilischen Heilsworte" 1,5.7; 2,1-3.20.23-25; 3,5 (als ältere Zusätze in Kap. 1-3 werden 2,18f.21f.; 3,5* angesehen), „eine Fülle kleinerer Einschübe, die in der Zeit des Exils bzw. kurz davor und danach Hoseaworte judäischen Lesern aktualisierend nahebringen wollen" (Hosea, 592) in 4,5aß.l0.15; 5,5bß; 6,10-lla; 7,10; 8,lb.6a.l4; 9,4b; 10,15a; ll,5b.6b.l0; 12,lb.2aY.3a*. 5a*.6; 13,2aß.ba.3 sowie der „längste Zuwachs 14,2-9, der Hosea zeitlich noch sehr nahe steht" (ebd.). SINEN,
22
Vgl. RUDOLPH, Hosea, 26; MAYS, H o s e a , 16; JEREMIAS, H o s e a , 593, u . a .
16
Einleitung
Die Problematik dieses Bildes ist teilweise von den Vertretern eines solchen Modells selbst empfunden worden. 23 So beschreibt Wolff in seinem 1965 erschienenen Hoseakommentar die literarische Eigenart namentlich der Kap. 4-11 wie folgt: „Im Unterschied zu Kap. 1-3 fehlen alle Rahmenformeln . . . Jedoch sind an einigen Stellen Redeeinsätze festzustellen. Ihre Merkmale sind vor allem die Nennung des vom Spruch Betroffenen, der klare Einsatz eines neuen Themas und das Fehlen einer Kopula-Partikel, die den Sprucheinsatz mit dem Voraufgehenden verbindet... Den so eröffneten Sprüchen sind meist mehrere andere zugeordnet. Sie sind einerseits als neue rhetorische Einheiten zu erkennen am Übergang zu einer anderen Person des Sprechers . . . oder des Betroffenen . . . Andererseits zeigen sie sich der voraufgehenden Einheit dadurch zugeordnet, daß sie mit einer Kopula-Partikel... einsetzen, den Betroffenen nur mit einem Pronomen . . . oder Pronominalsuffix bezeichnen und die alte Thematik fortsetzen."24 Für die so diagnostizierte Disparatheit des Stoffes bietet Wolff jedoch keine literargeschichtliche, sondern eine formgeschichtliche Lösung an, indem er folgert, „daß die so verbundenen Spruchreihen dem gleichen Verkündigungsvorgang entstammen, also eine kerygmatische Einheit darstellen. Zwischen den rhetorischen Einheiten sind entweder Einwürfe von Hörern oder der Blickwechsel des Sprechers zu einer anderen Gruppe der Anwesenden zu denken .. ."25 Diese „kerygmatischen Einheiten" will Wolff als „Auftrittsskizzen, die alsbald nach dem Verkündigungsvorgang angefertigt wurden",26 verstanden wissen. Deren Verfasserschaft und Komposition weist er dem Tradentenkreis zu. Wiewohl das Problem der literarischen Eigenart des Hoseabuches von Wolff durchaus richtig gesehen wurde, muß doch ernstlich gefragt werden, ob sein formgeschichtliches Modell wirklich geeignet ist, die Inkohärenzen zu erklären. Gewöhnlich greift die Formgeschichte erst dort, wo die literarische Einheitlichkeit des Stoffes außer Frage steht. Andernfalls würde man methodisch von vornherein die Möglichkeit eines literarischen Wachstums ausblenden. Aber auch die von Wolff postulierte Gattung einer „Auftrittsskizze" überzeugt in dem beschriebenen Gattungsmuster kaum. Dieses lebt von dem, was gerade nicht im Text steht, nämlich von den nicht notierten „Einwürfe(n) von Hörern" resp. „Blickwechsel(n) des Sprechers zu einer anderen Gruppe der Anwesenden".27 So verwundert es 23 Bereits im Jahre 1935 hat H . S. NYBERG auf das Problem der Überlieferung der Hoseaworte aufmerksam gemacht Er bestreitet überhaupt die Möglichkeit, die ipsissima vox des Propheten noch erreichen zu können, weil die Prophetenworte zunächst nur mündlich überliefert wurden, was „nicht ohne Veränderungen des Stoffes abging" (vgl. Studien, 8). Der alttestamentlichen Forschung legt der Semitist deshalb ans Herz, „sich einmal über ihre Möglichkeiten, die ipsissima verba der at. Persönlichkeiten wiederzugewinnen, ernsdich zu besinnen. Gegeben ist uns nur die Tradition jener Worte, und es ist . . . im höchsten Masse zweifelhaft, ob andere Quellen für sie als die mündliche Uberlieferung je existiert haben" (a. a. O., 9). Alles in allem fühlt sich NYBERG „berechtigt, das Hoseabuch als den Divati Hoseas in jerusalemischer Überlieferung zu bezeichnen. Eine andere Hoseaüberlieferung kennen wir nicht" (a. a. O., 19). 24 25 26
A. a. Ο., XXIV. A. a. Ο., X X I V f . Vgl. a.a.O., XXV.
Einleitung
17
kaum, wenn sich die Forschung bei der Rezeption des Wölfischen Erklärungsmodells eher zurückhaltend zeigt.28 Jeremias, der ebenfalls auf die von Wolff beschriebenen Unregelmäßigkeiten aufmerksam macht, verabschiedet sich ausdrücklich von dessen formgeschichdichen Erklärungsversuch und plädiert statt dessen für eine kompositionsgeschichtliche Lösung.29 „Die schnelle Katastrophe des Nordreichs und die eigene Flucht nach Juda haben die Schüler (sie!) Hoseas zu einer frühen Niederschrift der Prophetenworte veranlaßt".30 Jene hätten (namentlich in den Kap 4—11 )31 „die ihnen wichtigsten Hoseaworte, aufs Wesentliche verdichtet und verkürzt, zusammengestellt".32 Dieses Urteil verbindet sich mit einer ernüchternden Konsequenz: „In all diesen Spruchkompositionen üben die einst mündlich verkündeten Einzelworte Hoseas nur noch eine dienende Funktion innerhalb der Gesamtdarstellung der Botschaft aus . . . Für den Ausleger der Worte heißt all dies, daß er nur in seltenen Fällen unmittelbaren Zugang zur mündlichen Verkündigung des Propheten besitzt, sie zumeist allenfalls mit einem gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit rekonstruieren kann. Aber nicht solche Rekonstruktionen, die nur heuristische Funktion haben, sind seine eigentliche Aufgabe, sondern die Deutung des überlieferten Hoseawortes, wie es die Schüler tradieren: als von der Geschichte schon bestätigtes, zugleich aber weit über den konkreten Geschichtsabschnitt hinaus wahres und gültiges Gotteswort." 33 Das Hoseabuch liefert damit schon in seiner Grundschicht weitgehend das ausgelegte Prophetenwort. Immerhin gelingt es Jeremias durch die Annahme, der Grundbestand des Hoseabuches verdanke sich der Arbeit eines Schülerkreises, die Deutung der prophetischen Verkündigung noch in der unmittelbaren Nähe Hoseas zu situieren. Freilich bleibt zu fragen, ob die Unebenheiten des Textes allein auf die Kompositionstechnik der Hoseaschüler zurückgeführt werden können oder ob es nicht Indikatoren gibt, die vielmehr für einen literarisch geschichteten Text sprechen. Solche Indikatoren scheinen uns insbesondere dort vorzuliegen, wo den syntaktischen Unebenheiten disparate theologische Profile entsprechen. D a s Verständnis des Hoseabuches als eines im wesentlichen auf den Propheten selbst resp. sein unmittelbares Umfeld zurückgehenden Werkes findet sich in allen bis dato erschienenen Hoseakommentaren. Untersu-
27 28
A. a. Ο., XXIV f. Von RUDOLPH wird es zugunsten der älteren Annahme von Spruchkompositionen wieder
völlig f a l l e n g e l a s s e n (vgl. H o s e a , 2 5 - 2 7 ) . MAYS, H o s e a , 1 5 - 1 7 , d e r WOLFF i n s g e s a m t s e h r
nahe steht, rechnet mit „larger units", die dem Redaktor bereits vorliegen, läßt Art und Autorenschaft derselben aber bezeichnenderweise offen. Durchgesetzt hat sich die Auftrittsskizzen-Hypothese eigentlich nur für 9,1-9 (dazu s.u. S. 179f.). 29 Vgl. Hosea, 593, und zuvor bereits WILLI-PLEIN, Vorformen, 247. 30 Vgl. Prophet, 18. 31 Vgl. Hosea, 593. 32 Prophet, 18; vgl. DERS., Hosea 4-7; zusammenfassend: DERS., Hosea, 593. 33 Vgl. Prophet, 19.
18
Einleitung
chungen, die sich ausdrücklich mit den sekundären Bearbeitungen unseres Buches beschäftigen, haben diese Sicht weitgehend erhärtet. Der Studie Willi-Pleins zu den „Vorformen der Schriftexegese innerhalb des Alten Testaments" (1971) zufolge enthält das Hoseabuch zum überwiegenden Teil „echtes" hoseanisches Spruchgut.34 Immerhin wird das Bearbeitungsmaterial als in sich sehr viel differenzierter beurteilt35 als noch in den Kommentaren von Wolff und Rudolph. Die gesamte Buchwerdung erstrecke sich auf sieben Stufen, die bis in die nachexilische Zeit hineinreichten. 36 Materialiter wesentlich geringer als Willi-Plein schätzt G. I. Emmerson (1984) den Beitrag späterer Bearbeiter ein. Für die von ihr untersuchten Bereiche der Heilsverheißungen, der Judastellen und der Kultkritik rechnet sie lediglich in den letztgenannten Stücken mit einem über die bloße Spruchkomposition hinausgehenden judäischen Einfluß. Letzterer beschränke sich auf einige wenige Umvokalisierungen. 37 In strikter Anlehnung an das Jeremiassche Kompositionsmodell postuliert Naumann 38 in seiner 1991 erschienenen Studie zu den „Strukturen der Nachinterpretation im Buch Hosea" ebenfalls ein - von minimalen späteren Bearbeitungen abgesehen 39 - ,fertiges' Hoseabuch be-
M
Vgl. Vorformen, 115-253. Nach äußeren Kriterien geordnet wäre mit folgendem Sekundärgut zu rechnen: „Bezugnahmen auf Juda": 1,7; 4,15; 5,5; 6,11a; 8,14; 10,11; 12,1.3, „theologische Exegese zum vorliegenden Text": 2,10b; 6,11b; 8,5 f. (?); 9,4b.l0; 10,8; 12,5aa.l3.14; 14,5.10 (als „Glosse sui generis"), „stark musivische . . . Eintragungen": 1,7 (?); 2,1-3; 3,5; 4,16; 5,15b-6,3; 7,10; 8,14 (?); 10,10b.l2aßb; 11,10 f.; 12,6.7; 14,3-4, „Ergänzungen im Lichte eines oder mehrerer Amosworte": 4,15; 7,10; 8,14; 11,10, „freie, aktualisierende Ergänzung im Blick auf das noch existierende Südreich": 4,15; 6,11a; 12,1.3 (5,5; 10,11 ?); „Ergänzungen ..., die nur aus Hoseaworten, nicht aber aus anderen Propheten- oder sonstigen Schriftworten gewonnen sind": 9,9; 13,1-3 (vgl. a.a.O., 244-247). 36 Vgl. a.a.O., 152f. 37 Vgl. Hosea, 117-155. Im Gegenzug zu der schon Anfang unseres Jh.s üblichen Ausscheidung der auf Juda bezogenen und der heilseschatologischen Stellen (WELLHAUSEN, Pro35
p h e t e n , 9 6 - 1 3 4 [ p a s s i m ] ; G . HÖLSCHER, P r o f e t e n , 4 2 3 - 4 3 0 ; K . MARTI, D o d e k a p r o p h e t o n ,
8-10, u.a.) hielt bereits E. SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 21-22, letztere sämtlich und erstgenannte fast durchgängig für hoseanisch. 38 Vgl. Erben, 14 f. 39 NAUMANN beschränkt seine Untersuchung auf die Kap. 4-14. Dabei seien als „vorexilische(n) Nachinteipretationen" das „Kommentarwort" 7,10, eine „priesterliche Mahnung" 4,15, eine „priesterliche Einladung zur Umkehr" 14,2-9 und „judäische(n) Aktualisierungen" 4,5; 5,5; 6,11a; 8,14; 10,11; 12,1.3 zu betrachten. „Exilisch-nachexilische(n) Nachinterpretationen" lägen in einer „prophetische(n) Hoffnung auf Wiederherstellung und Heilung" 6,1 lb, einer „,kultprophetische(n)' Aufweitung der hoseanischen Anklage" 4,3, einer „deuteronomistische(n) Nachinterpretation" 8,1b, einer „doxologische(n) Erweiterung" 12,6, einer „Verstärkung der Heilshoffnung" 11,10, „priesterlichen Nachinterpretationen" 9,4.10, einem „Vertrauensbekenntnis zum barmherzigen Gott" 14,4b sowie dem „weisheitliche(n) Schluß" 14,10 vor (vgl. a.a.O., 168-183). Dabei seien die „judäischen Aktualisierungen" 4,5; 5,5; 6,11a; 8,14; 10,11; 12,13 nicht als eine einheitliche RedaktionsicAicAi, wohl aber als eine „Bearbeitungsfenyn ds!» an eingetragen worden. Das Suff. 3. pl. masc. erklärt sich als constructio ad sensum mit Bezug auf das Volk. V30a durchbricht als vordergründig wertende Aussage den berichtenden Stil von V25.28* und gehört auf eine Ebene mit V26 f.28aa.ba. In V30b bereitet der Subjektwechsel von Jerobeam zum Volk Probleme, da in den V31-33 wie selbstverständlich wieder von Jerobeam die Rede ist. V30b ist der einzige Satz innerhalb des gesamten Abschnittes V25-33, in dem das Volk als handelnde Größe begegnet. Man wird wohl auch hier einen Bearbeiter am Werke sehen dürfen. V31-33 sind schon wegen des dreimaligen »jri (V31.32.33b) und der dreimaligen Wiederholung von πιτηπ by by-i (V32.33 [bis]) späterer Nacharbeit verdächtig. V31 zeigt mit der Erwähnung des „Höhenhauses" und der Priester, „die keine Leviten waren"14, eine dtr. - polemische Ausrichtung. Entsprechendes gilt für V32, der Jerobeam eines Verstoßes gegen die Bestimmungen des Festkalenders15 und der Einsetzung von „Höhen13
Zu I Reg 12,28bß ausführlich S. 35. Vgl. Dtn 18,1-8. 15 Die Angabe argumentiert auf der Grundlage einer erst in späterer Zeit üblichen Datierung des Herbstfestes auf den 15. Tag des 7. Monats (Lev 23,34 u. ö.) - in älterer Zeit war das Herbstfest wahrscheinlich noch gar nicht terminiert (Ex 23,16: vgl. WORTHWEIN, Könige I, 166). S. TALMON, Divergences, 56-58, hält die kalendarische Angabe von 12,32 für historisch und nimmt an, Jerobeam habe entsprechend den im nördlichen Palästina vorherrschenden klimatischen Bedingungen einen neuen Kalender eingeführt. 14
I Reg 12,26-33
29
priestern" bezichtigt. Die Behauptung nwy nwx tr^as^ πητί> i»x iran nwy ρ steht zu V29 in Widerspruch. Dort war die Rede davon, daß Jerobeam eines von zwei Kälbern in Bethel installiert. V33a verschärft den Vorwurf eines illegitimen Festes von V32 noch durch die Feststellung, der dafür bestimmte Termin verdanke sich einer eigenmächtigen Neuerung Jerobeams. V31-33a sind also in Gänze als dtr. zu betrachten. Anders verhält es sich mit V33b. Nur an dieser Stelle wird unpolemisch von der Einsetzung des Festes berichtet. V33b dürfte also noch zum Grundbestand der V25-33 gehören. Insgesamt liegt I Reg 12,25.26-33 folgender älterer Bericht zugrunde: 25
Und Jerobeam baute Sichern auf dem Gebirge Ephraim und ließ sich dort nieder. Und er zog aus von dort und erbaute Pnuel. 28* Und er machte zwei goldene Jungstiere: Siehe, dein Gott, Israel, der dich aus dem Lande Ägypten heraufgeführt hat. 29 Und er setzte den einen nach Bethel, den anderen aber gab er nach Dan. 33b Und er machte ein Fest für die Israeliten und stieg hinauf zum Altar, um zu räuchern. Eine Entscheidung, ob man in diesem Bericht eine ältere, annalistische Quelle vermuten darf, hängt wesentlich davon ab, ob der Bericht als polemisch-tendenziös zu betrachten ist. Der Text könnte für eine diesbezügliche Vermutung zwei Anhaltspunkte liefern. Zum einen wird gelegentlich darauf verwiesen, daß der Begriff biy bereits ein polemisches Moment in sich berge.16 Zum andern hat man in der pluralischen Formulierung V28b "ji^yn ^xur "ρη^κ immer wieder eine polemische Wendung sehen wollen. Beide Annahmen sind jedoch nicht zwingend. Das nur im Nordwestsemitischen belegte Primärnomen biy zur Bezeichnung eines jungen Rindes ist im Alten Testament 35 mal belegt (Ex 32,4.8.19.20.24.35; Lev 9,2.3.8; Dtn 9,16,21; I Sam 28,24; I Reg 12,28.32; II Reg 10,29; 17,16; Jes 11,6; 27,10; Jer 31,18; 34,18.19; 46,21; Ez 1,7; Hos 8,5.6; 13,2; Am 6,4; Mi 6,6; Mal 3,20; Ps 29,6; 68,31; 106,19; Neh 9,18; II Chr 11,15; 13,8).17 Die davon abgeleitete Femininform ni»ay findet 12 atl. Belege (Gen 15,9; Dtn 21,3.4 [bis].6; Jdc 14,18; I Sam 16,2; Jes 7,21; Jer 46,20; 50,11; Hos [10,5]18.11). Im Kontext von Opferbestimmungen begegnet für das mit !>jy bezeichnete Tier eine Altersangabe von einem Jahr (Lev 9,3; Mi 6,6), während im Zusammenhang eines Vertragsschlusses (Gen 15,9-11) ein Alter von drei Jahren genannt wird.
16
Vgl. HAHN, Kalb, 17, Anm. 28. Teilweise wird ein polemisches Verständnis aufgrund der geringen Größe des HY unterstellt: z.B. K.-H. BERNHARDT, Kalb, 921. v
V g l . H . RINGGREN, H ? ,
18
Dazu s.u. S. 103.
1057.
30
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
Wenn der hy in den Texten, die auf den , Stierkult' des Nordreiches anspielen (Ex 32,4.8.19.20.24.35; Dtn 9,16.21; I Reg 12,28; II Reg 10,29; 17,16; Ps 106,19; Neh 9,18; II Chr 11,15; 13,8), durchgängig in polemischen Kontexten begegnet, so muß deshalb die Polemik noch nicht im Begriffselbst liegen. Daß dies eher unwahrscheinlich ist, ergibt sich schon aus dem Gebrauch von ^jy/n^jy zur Bezeichnung von Opfertieren, die für Jahwe bestimmt sind (Lev 9,3; Mi 6,6; vgl. das Vertragsritual Gen 15,9-11).19 In Ez 1,7 ist mit ^jy ein Aspekt der den Thronwagen Jahwes begleitenden Wesen benannt. Schließlich lassen sich als Belege für einen unpolemischen Sprachgebrauch unter Voraussetzung einer ursprünglichen Lesart i'i? statt Vw (vgl. LXX) I Reg 10,19 und der auf dem Ostrakon Sam(8):1.41,l20 erwähnte Personenname riny Jungstier Jahwes" 21 (8. Jh. v. Chr.) anführen. Die pluralische Formulierung I Reg 12,28b läßt zunächst grundsätzlich offen, ob "ρπ^κ mit „dein Gott" oder „deine Götter" zu übersetzen ist. Im letztgenannten Falle legte sich nahe, die Wendung als Polemik im Sinne des Fremdgötterverbotes (Polytheismus) oder des Kultzentralisationsgesetzes („Polyjahwismus"22) zu verstehen. Beide Ansichten sind in der Forschung reichlich vertreten.23 Sprachlich ist kaum eine Entscheidung herbeizuführen, da crn^x sowohl pluralische als auch singularische Verben bzw. Prädikatsnomen an sich binden kann.24 Man ist somit auf „äußere" Bezugsmomente angewiesen. Ein solches hat Donner, der für eine pluralische Ubersetzung plädiert, in den vielen Stellen finden wollen, in denen „das Fundamentalbekenntnis Israels, Jahwe habe es aus Ägypten herausgeführt", eine Rolle spielt und die „in der 3. Person Jahwes mit Perfekta der Wurzel ni>y Hif. oder KS*
19
Zur Verwendung von !>jy im Zusammenhang von Opfer und Vertragsschluß im aramäischen Raum vgl. KAI 69,5; 222 A 40. 20 Zitation, Numerierung und Ubersetzung der althebräischen Inschriften erfolgen nach J. RENZ/W. RÖLLIG, Handbuch I. Gelegentliche Abweichungen in der Übersetzung werden jeweils durch Fußnoten eigens ausgewiesen. 21 So zuletzt wieder RENZ/RÖLLIG, Handbuch I, 100; vgl. DIES., Handbuch 11,1, 78. Gegen die Interpretation als Nominalsatz („Ein Jungstier ist Jahwe" [vgl. ζ. B. A. LEMAIRE, Inscriptions, 51; M.S. SMITH, History, 51; G.W. AHLSTRÖM, Picture, 11]) und für die Deutung als Konstruktusverbindung spricht die analoge akkadische Namensbildung A-gaal-Marduk, bei der agalu als Namenselement ebenfalls im stat. es. erscheint (vgl. NOTH, Personennamen, 151). - NOTH, a.a.O., 151 f., ordnet i-hy einer Namensgruppe zu, in welcher der Namensträger als Sprößling einer Gottheit bezeichnet wird. Inwiefern die dabei verwendete Tiermetaphorik auf ein bestimmtes Gottessymbol oder eine konkrete Tiergestaltigkeit der Gottheit schließen läßt, bleibt offen. Vermutlich ist hier metaphorisch zu verstehen. 22 So DONNER, Götter, passim. 23 Vgl. den forschungsgeschichtlichen Überblick bei HAHN, Kalb, 304-309. 24 Belege bei DONNER, Götter, 70.
Eine altvorderorientalische Parallele
31
Hif. formuliert" worden sind.25 Diesen stünden die Formulierungen mit D"ni»x in I Reg 12,28b par. einsam gegenüber, was für eine sekundäre Ersetzung Jahwes durch ο-π^κ spräche. Und hier sei es nun „in hohem Grade unwahrscheinlich, daß in einer festen, geprägten Formel der Gottesname durch das Appellativum hätte ersetzt und dabei der Numerus des Prädikates mit der relativen Beliebigkeit hätte gebraucht werden können, wie es für α*πί>κ charakteristisch ist".26 Allerdings will nicht so recht einleuchten, warum nicht auch bei einer geprägten Formel der Austausch des Gottesnamens durch das Appellativum eine Änderung im Numerus des Verbs hätte nach sich ziehen sollen, wenn dies dem Sprachgebrauch desjenigen entspricht, der diese Änderung vornimmt. Überhaupt ist die Annahme, der Gottesname sei hier durch das Appellativum ersetzt worden, nicht zwingend (vgl. Num 21,5; Hos 12,10; 13,4). Lassen sich keine von I Reg 12,28b unabhängigen Kotexte für das Verständnis der pluralischen Formulierung heranziehen, so bleibt als einzige Bezugsgröße nur noch der unmittelbare Kontext. Dieser ist zwar in der vorliegenden Form zutiefst polemisch gehalten. Der ursprüngliche Kontext weist jedoch keine weiteren polemischen Züge auf. Dann aber dürfte auf der Ebene des älteren Berichtes einer singularischen Ubersetzung von crni>N der Vorzug zu geben sein. Ist der Bericht I Reg 12,25.28*.29.33b demnach insgesamt als unpolemisch einzustufen, so liegt es nahe, in ihm älteres annalistisches Material aus dem Nordreich zu sehen. Er liefert damit eine ernstzunehmende Quelle für das Verständnis des israelitischen Reichskultes.
1.2. Eine altvorderorientalische Parallele: Der Bencht von der Einsetzung des urartäischen Reichskultes von Musasir Bevor wir näher auf die rekonstruierte Grundschicht von I Reg 12,25-33 eingehen, sei auf ein Zeugnis aus Urartu, dem nördlichen Nachbarn des Assyrerreiches, verwiesen, das diesem Text in gewisser Weise vergleichbar ist. Es handelt es sich um die sog. Stele von Kelisin (9. Jt. v. Chr). Der Text ist in urartäischer und assyrischer Sprache abgefaßt. In der assyrischen Fassung heißt es:27 25
A.a.O., 71. Es handelt sich im einzelnen um folgende Stellen: n!»y (Hif.): Jdc 6,13; I Sam 12,6*; II Reg 17,36*; Jer 16,14 f.*; Jer 23,7 f.; x r (Hif.): Ex 16,6; Dtn 1,27; Dtn 6,12*; Dtn 6,23; Dtn 7,8.19; I Reg 9,9*; II Chr 7,22*. 26 Ebd. 27 Bearbeitet und übersetzt von W. C. BENEDICT, Inscription, 382 f. (engl.), zitiert nach SALVINI, Geschichte, 43.
32
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen Als Ispuini, Sohn des Sarduri, großer König, mächtiger König, König der Gesamtheit, König von Nairi, Herr der Stadt Tuspa, und Minua, Sohn des Ispuini, vor Haldi nach Musasir kamen, errichteten sie28 einen Kultsockel 29 für Haldi auf der Hauptstraße (?)30. Ispuini, Sohn des Sarduri, stellte vor dem Kultsockel eine Inschrift auf. Er brachte schöne Waffen . . . Kupferstandarten . . . eine Kupfervase . . . Er stellte ein tum vor den Haldi-Toren auf, er gab es dem Haldi für sein Leben. Er brachte 1112 Rinder, 9120 Ziegen (?) und Schafe als Opfergabe . . .
Ispuini ist der Sohn und Thronfolger des urartäischen Königs Sarduri I., dem - läßt man die Reihe der urartäischen Könige mit dem Aramäer (?) Aramu beginnen - „zweite(n) Gründer des urartäischen Staates".31 Die Inschrift berichtet von einer Kultreise jenes Königs mit seinem Erbsohn und späteren Mitregenten 32 Minua nach Musasir, dem Hauptheiligtum des Gottes Haldi, der Errichtung eines Kultsockels für diesen Gott, der Hinterlegung verschiedener Weihegeschenke und einem mehr als großzügigen Opfer. Vergleicht man das Zeugnis mit den Schriftdenkmälern aus der Zeit Sarduris I., 33 so fällt innerhalb der Titulatur die Nennung des Herrschaftsgebietes mit der einheimischen Bezeichnung „Biainili" (so in der urartäischen Fassung) und die Einbeziehung der unter Sarduri errichteten Hauptstadt Tuspa auf. Die Inschrift zeigt demzufolge im Vergleich zur Zeit der Regentschaft Sarduris ein fortgeschrittenes nationales und dynastisches Selbstbewußtsein des urartäischen Königtums. Welcher Art ist nun der in der urartäischen Inschrift erwähnte kultische Vorgang? Bemerkenswert erscheint die erstmalige Erwähnung Haldis in einem urartäischen Schriftdenkmal. 34 Fortan begegnet er als Nationalgott der Urartäer, obwohl eine hurritisch-urartäische Herkunft dieses Gottes auszuschließen ist.35 Dem entspricht, daß Musasir außerhalb des urartäischen Reichsgebietes gelegen war. Bezieht man eine Stelle aus dem Bericht Sargons II. über seine achte Kampagne, in der die Funktion des Heilig28
[us\-tu-bu (tiäbu, S - S t a m m ) : vgl. BENEDICT, Inscription, Errichtung von Kultgegenständen vgl. etwa Hos 10,1. 29
362
f.; zum Terminus für die
pdr-t[ak-kü\.
30
Der Text ist an dieser Stelle stark verderbt Gegen die übliche Rekonstruktion ina mubbi ( U G U ) - [ I « ] („vor ihm") erwägt BENEDICT, Inscription, 3 6 3 , ina muffhi hat[räni] (GI[R-ni]). 31
SALVINI, G e s c h i c h t e , 3 4 .
32
V g l . SALVINI, G e s c h i c h t e , 4 8 f.
33 Es handelt sich hier vor allem um die Inschriften der „Sardursburg" am Fuße des Van-Felsens (vgl. SALVINI, Geschichte, 3 4 ) . In dieselbe Zeit dürfte auch eine Felsinschrift am Südhang von Van Kalesi gehören (vgl. SALVINI, Geschichte, 37). 34 Der Gottesname Haldi ist in Nordmesopotamien als theophores Element von Personennamen auch der nicht-urartäischen Bevölkerung bereits in mittelassyrischer Zeit belegt
(vgl. SALVINI, G e s c h i c h t e , 3 7 ) . 35
Vgl.
SALVINI,
Geschichte, passim, bes.
183-192.
Dynastiegott und sakrale Königsinvestitur
33
turns von Musasir als Ort der Königsinvestitur bezeugt wird,36 mit in die Beobachtungen ein, so wirkt die Annahme Salvinis, die Inschrift von Kelisin schildere eine entscheidende Etappe bei der Einführung des HaldiKultes als Nationalkult Urartus, durchaus überzeugend.37 Der zitierte Abschnitt berichtet demnach von einem dem Vorgang Jerobeams analogen Ereignis. Angesichts der Tatsache, daß die Quellen, die den israelitischen Reichskult thematisieren, insgesamt spärlich fließen und auch weiteres altvorderorientalisches Vergleichsmaterial fehlt, das unsere Vorstellungen über die Einsetzung eines Staatskultes in diesen Gebieten bereichern könnte, bietet das urartäische Zeugnis einen willkommenen Vergleichstext zu I Reg 12,26-33. Im folgenden werden wir deshalb gegebenenfalls einen Blick auf die urartäischen Verhältnisse werfen.
1.3. Dynastiegott und sakrale
Königsinvestitur
Wie bereits angemerkt, nennt der Text aus Kelisin neben dem König noch dessen Erbsohn als Akteur in Musasir. Dieser Zug macht deutlich, daß Ispuini nicht nur sich selbst („er gab es dem Haldi für sein Leben"), sondern die auf seinen Vater zurückgehende Dynastie überhaupt dem Schutz Haldis unterstellte. Mit der Einsetzung des Reichskultes avancierte das Heiligtum von Musasir „zur heiligen Stätte der urartäischen Dynastie".38 Dementsprechend diente die Kultstätte bis zu ihrer Plünderung durch die Truppen Sargons II. als Ort der sakralen Königsinvestitur der urartäischen Könige. Dies geht aus dem Bericht Sargons II. über seine achte Kampagne hervor,39 welcher exkursartig auch auf das Krönungszeremoniell der urartäischen Könige zu sprechen kommt:40 338 339 340
341
36 37
... ohne dessen (sc. Haldis) Mitwirkung Zepter und Tiara nicht getragen werden, der Zubehör des Hirten[tums], [·..]·. der Fürst, der Hirte der Leute von Ur[artu, ] .. bringen sie ihm, und einen von seinen Söhnen, der seinen Thron besteigen soll, lassen sie [mi]t Gold und Silber, allerlei Kostbarkeiten aus dem Schatz seines Palastes in der Stadt Musasir vor den Gott Haldi treten und überreichen ihm sein Geschenk, starke [Ochsejn, fette Schafe ohne Zahl opfern sie vor ihm und veranstalten für seine ganze Stadt ein Opfermahl-Fest. Dazu s. i. f. Vgl. a. a. O., 43 f.
38
SALVINI, G e s c h i c h t e ,
39
F. THUREAU-DANGIN, R e l a t i o n .
40
183.
Vgl. E. F. WEIDNER, Bruchstücke, 146 f. - Z. 338: KAH II, Nr. 141; Z. 339-342: THUREAU-DANGIN, Relation, 50-53, Tf. XVII.XXIX.
34
342
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen [Vor] Haidia, seinem Gotte, setzen sie ihm die Tiara der Herrschaft auf und lassen ihn das Zepter der Königsherrschaft von Urartu ergreifen, und seine Leute r[ufe]n seinen Namen.
E i n e i n d e u t i g e r H i n w e i s d a r a u f , d a ß J e r o b e a m in A n a l o g i e z u Ispuini d i e E i n s e t z u n g d e s R e i c h s k u l t e s m i t d e m G e d a n k e n einer g l e i c h s a m sakram e n t a l e n S i c h e r u n g seiner D y n a s t i e v e r b a n d , ist I R e g 1 2 , 2 6 - 3 3 * n i c h t zu entnehmen. A l s s i c h e r darf allerdings gelten, d a ß auch J e r o b e a m d i e G r ü n d u n g einer D y n a s t i e anstrebte. D i e s g e h t aus I R e g 1 4 , 2 0 hervor, w o es heißt: 20b
Und er (sc. Jerobeam) legte sich zu seinen Vätern, und sein Sohn Nadah wurde König an seiner Statt.
E n t g e g e n d e r T h e s e Alts, w o n a c h d a s N o r d r e i c h sein K ö n i g t u m auf d a s a n t i d y n a s t i s c h e Ideal eines „ c h a r i s m a t i s c h e n K ö n i g t u m s " b e g r ü n d e t hätte, ist d a v o n a u s z u g e h e n , d a ß d a s israelitische w i e d a s j u d ä i s c h e K ö n i g t u m d e n D y n a s t i e g e d a n k e n implizierte. 4 1 B e d e n k t m a n , d a ß das H i r t e n a m t i m A l t e n O r i e n t prinzipiell sakraler N a t u r w a r , s o darf für Israel w i e f ü r d i e a n d e r e n orientalischen K ö n i g t ü m e r inclusive Juda 4 2 t r o t z d e s Fehlens positiver H i n w e i s e m i t einer sakralen K ö n i g s i n v e s t i t u r als kultischem Ausdruck für das Exklusiwerhältnis zwischen Reichsgott und D y nastie g e r e c h n e t w e r d e n . Als O r t eines s o l c h e n V o r g a n g e s k o m m e n d a n n aber nur d i e R e i c h s h e i l i g t ü m e r v o n D a n u n d Bethel in Frage. 4 3
41 Die auf ALT, Königtum, zurückgehende Annahme einer fundamentalen Differenz der ideologischen Grundlagen des Königtums zwischen Nord- und Südreich ( F . M. CROSS, Myth, 219-273; J.P.J. O L I V I E R , Search, 117-132) dürfte sich kaum bewähren. A L T unterscheidet zwischen einem dynastisch verfaßten Königtum in Juda und einem „charismatischen", sich je und je vermittels „gottgewollter Revolutionen" beförderten Königtum in Israel. G. BUCELLATI, Cities, 11-135, greift diese Unterscheidung auf, beschreibt die ideologische Grenze zwischen beiden Reichen aber mit den Kategorien .Territorialstaat' (Juda) und .Nationalstaat' (Israel). - Daß der Jerobeam-Dynastie keine längere Dauer beschieden war (vgl. I Reg 15,24) und erst Omri und später wieder Jehu als Dynastiegründer auftreten, mag indes weniger mit einer antidynastischen Königsideologie als vielmehr mit den - zugegebenermaßen im einzelnen kaum mehr rekonstruierbaren - politischen Gegebenheiten in Israel zusammenhängen. Zu möglichen politischen Ursachen für die zahlreichen Usurpationsversuche im Nordreich vgl. T. ISHIDA Dynasties, 171-182; T O E W S , Monarchy, 76-80. a Vgl. II Sam 7; vgl. Ps 89,20-38; Ps 132,11 ff. 43 Uber das Krönungszeremoniell der Nordreichkönige erfährt man nur aus II Reg 9,5-6.12b-13 Genaueres. Paradigmatisches kann dieser Episode jedoch nicht entnommen werden. Im ganzen wird sich das Krönungszeremonie// der Nordreichkönige nicht wesentlich von dem in Juda geübten unterschieden haben. Letzteres hat in I Reg 1,32 ff.; II Reg 11,4-20 (vgl. Jes 9,5 f.; Ps 2,6 f.; 21,4) Spuren hinterlassen, wenngleich auch hier jeweils Ausnahmesituationen geschildert werden - vgl. S. M O W I N C K E L , Psalmenstudien II, 6-8; v. R A D , Königsritual; G. W L D E N G R E N , Königtum, 44-61; T. N. D. M E T T I N G E R , King, bes. 142-145.201203; C . L E V I N , Sturz, 91-94, der allerdings die in II Reg 11 anzutreffende Lokalisierung des Zeremoniells am Tempel einer „priesterlichen Bearbeitung" zuschreibt (vgl. a.a.O.,
. dein Gott, der dich aus dem Lande Ägypten heraufgeführt hat"
35
1.4. „... dein Gott, der dich aus dem Lande Ägypten heraufgeführt hat" Als Dynastiegott war Jahwe zugleich Reichsgott Israels. Damit kam ihm zum einen die Funktion des Landesgottes zu. Zum andern war er auch Gott des Volkes Israel. Beiden Gesichtspunkten hat Jerobeam nach dem Bericht von I Reg 12,26-33* Rechnung getragen. Die ausdrücklich auf das Territorium des Nordreiches bezogene Herrschaft Jahwes findet ihren Ausdruck in der Wahl der beiden Heiligtümer von Bethel und Dan. An diesem Phänomen ist viel herumgerätselt worden. Der radikalste Lösungsvorschlag sieht in der Erwähnung des Daner Stierbildes lediglich ein Mißverständnis von I Reg 12,29 f. 44 resp. eine polemische Überhöhung seitens der Dtr. ohne Anhalt in der historischen Wirklichkeit. 45 Zur Begründung dieser These wird auf das Schweigen der atl. Überlieferung über einen Staatskult in Dan hingewiesen, während umgekehrt für Bethel durch Am 7,13 der Status eines Reichsheiligtums noch außerhalb von I Reg 12 bezeugt ist (-|>n βπρη/π^ηη m ) . Freilich sollte man vorsichtig sein, bei der insgesamt ungünstigen Quellenlage zum Thema mit Schlüssen e silentio zu operieren. 46 Auch der gelegentlich ins Feld geführte Hinweis darauf, daß I Reg 12,26 ff. den König eigentlich nur in Bethel agierend zeigen, verfängt nach unserer literarischen Analyse kaum. Der Text läßt in der Grundschicht Bethel in keiner Weise gegenüber Dan hervortreten. Die Konzentration der dtr. Zusätze in I Reg 12,26 ff. und I Reg 13 auf Bethel erklärt sich aus dem Verlust Dans im Zuge der assyrischen Gebietsannektionen in den Wirren der Jahre 733/32. 4 7 Freilich erscheint es im Gegenzug ebensowenig angebracht, die
29-57); vorsichtiger äußerst sich WÜRTHWEIN, Könige II, 347-351.352. Zur dtr. Herkunft der Investiturberichte I Sam 9-10,16 (Salbung Sauls) und I Sam 16,1-13 (Salbung Davids) vgl. z.B. LEVIN, a.a.O., 91, Anm.2. 44
V g l . R . H . KENNET, O r i g i n s ,
1 6 6 - 1 6 8 ; Ε . NIELSEN, S h e c h e m , 195 f., n a c h d e m im
ursprünglichen Text von V29 f. („And he placed the calf [i»ayn] of Bethel, and the people went in procession before it even into Dan") lediglich von einer Prozession mit dem (Betheler) Stierbild nach Dan die Rede sei. Erst die spätere Textüberlieferung habe Dan ein eigenes Stierbild zugedacht Die Zweifel an der Ursprünglichkeit von Dan ergeben sich bei NIELSEN bes. aus V27. Tatsächlich vermag das in V27 mitgeteilte Motiv kaum die Errichtung eines Heiligtums in dem weit ab von Jerusalem gelegenen Dan zu erklären. Doch scheint uns eher die Ursprünglichkeit von V27 fraglich als die der Notiz über Dan. 45
Vgl. J . A . MONTGOMERY, B o o k , 2 5 5 ; Η . MOTZKI, S t i e r k u l t , 4 7 3 - 4 7 7 ; WÜRTHWEIN,
Könige I, 164; DoHMEN, Heiligtum, 17-21, u.v.a. DoHMEN, a.a.O., sieht in Jdc 17 f. eine Polemik gegen das Heiligtum von Dan aus der Jerobeamzeit vor dem Hintergrund einer Konkurrenzstellung gegenüber Bethel. Die dtr. Redaktion hätte dann durch die Einfügung von Dan in I Reg 12 Jerobeam „mit seinen eigenen Waffen geschlagen", indem sie den Apostaten einen bis in die Richterzeit zurückreichenden illegitimen Kult in Dan fortsetzen läßt. 46 Zur Argumentation im Sinne der Historizität der Dan-Notiz vgl. auch Η. M. NIEMANN, Herrschaft, 208 f.
36
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
spärlichen Hinweise aus der atl. Dan-Überlieferung 48 und dem archäologischen Befund im Sinne von I Reg 12 auszuwerten. Die als Bamah gedeutete Anlage (Stratum II, Areal T) 49 kann im Grunde genommen weder für 50 noch gegen 51 die Historizität eines .Rei'cMieiligtums von Dan angeführt werden. In jedem Falle gilt es festzuhalten, daß sich die Erwähnung Dans in I Reg 12,29 literarkritisch nicht wegoperieren läßt.
Die Erhebung der beiden Heiligtümer Dan und Bethel zu Reichsheiligtümern erklärt sich nach wie vor am besten aus dem auffälligen Umstand, daß mit Dan und Bethel in etwa die nördlichen und südlichen
47
Vgl. II Reg 15,29; TGI Nr. 26; N o r a , Geschichte, 236; DONNER, Geschichte II,
337-339. 48 Jdc 17 f. läßt sich nicht zugunsten der Historizität der Dan-Notizen in I Reg 12,25-33* beanspruchen. Zwar scheinen Sod bzw. roDa/I>OD (π3θπ/od: 18,20.30.31) auf das Jungstierbild in Dan zu weisen. Doch dürfte dieser Sprachgebrauch dtr. Bilderpolemik entstammen (vgl. DOHMEN, Bilderverbot, 34-63), d. h. Jdc 17 f. ,berichtet' polemisch über die Herkunft des Stier-Kultbildes von Dan und ist in der vorliegenden Form von vornherein auf I Reg 12,25 ff. hin entworfen. Damit ist freilich noch nicht die Frage berührt, inwiefern Jdc 17 f. ältere Uberlieferungselemente enthält - Der Analyse Niemanns zufolge (vgl. Danken, 61-147) reicht die Grundschicht von Jdc 17 f. (17,1.5.7.8-10a.l 1-13; 18,2a*.ba.3-7.8*.9.10aß.llaaa.b.l3*.14*.15*.16.18*.19.20.21-26.27aa.28*.29aa [?].30a [?]) bis in das 12.Jt v. Chr. In ihr sei in unpolemischer Weise von einem !>od die Rede, das noch nicht das Stierbild Jerobeams meine. Erst eine aus dem Umkreis des Reichsheiligtums Jerobeams I. stammende Bearbeitung (17,2-4 [außer room in V3 und 4].6; 18,la.l7*. 29aa[?]. aß[?].30a.31b) hätte diesem durch die Einfügung der V2-4 (ohne njon) eine schimpfliche Herkunft angedichtet, um es zugunsten des Stierbildes Jerobeams abzuwerten. Auf das Konto einer zweiten, in die Zeit nach 733 v. Chr. zu datierenden, möglicherweise aber erst dtr. Redaktion (18,1b. 19*. 29aa[?].aß[?]. 30b.31a. Zufügung von hdodi in 17,3.4; 18,14 bzw. TiDon-Tim in 18,17. Zufügung von nronn-JWT D-Dinn-nw iidkπ in 18,18) gehe dann - durch Eintrag von nson - die Identifizierung des !>od mit dem Stierbild Jerobeams. - Folgt man diesem Verständnis, dann liegt in der 1. Bearbeitung tatsächlich ein von I Reg 12,26-33 unabhängiger Hinweis auf ein Stierbild in Dan vor. Im Ergebnis der Analyse fragt man sich allerdings, weshalb die Jerobeamkreise eigentlich die politische Dummheit hätten begehen und das ältere Daner Kultbild desavouieren sollen. In dieser Hinsicht ist es aufschlußreich, daß der Autor in seiner neueren Monographie dem Daner Heiligtum eine „herrschaftlich integrierende Funktion" (Herrschaft, 210) zuschreibt Ein solch integrierendes Interesse dürfte doch wohl Polemik gegen das Überkommene ausschließen. - Zur Kritik an Niemanns Analyse vgl. DOHMEN, Bilderverbot, 146, Anm.232; S. SCHROER, Bilder, 100, Anm. 145. Eine spät-dtr. Ansetzung der Grunderzählung von Jdc 17 f. ist von U. Becker, Richterzeit, 226-256, vorgeschlagen worden. 49
Zusammenfassend H. Weippert, Dan, 55 f.; Niemann, Daniten, 265; A. Biran, Dan, Hahn, Kalb, 343 f.; W . ZWICKEL, Tempelkult, 254 ff. - Die Deutung der fraglichen Plattform als Bamah ist indes nicht gesichert Es könnte sich auch um den Unterbau eines Palastes handeln (vgl. WEIPPERT, Palästina, 540). 50 Vgl. Biran, Dan, 327; Hahn, Kalb, 346 f.; SCHROER, Bilder, 99, Anm. 145. 51 MOTZKI, Stierkult, 475 f., Anm. 25, denkt aufgrund des Heiligtumstyps grundsätzlich ausschließen zu können, daß Dan als Reichsheiligtum hätte dienen können. Dem wäre entgegenzuhalten, daß in Urartu mit Meher Kapisi (dazu s. S. 37, Anm. 52) ebenfalls ein Freilichtheiligtum zum Staatsheiligtum avancierte (vgl. SALVINI, Geschichte, 44 f. 143-147). 327-329;
„. . . dein Gott, der dich aus dem Lande Ägypten heraufgeführt hat"
37
Grenzpunkte des Nordreichterritoriums beschrieben werden. Hinter der Entscheidung Jerobeams, gerade diese beiden Heiligtümer für d e n Reichsk u l t in d e n D i e n s t z u n e h m e n , heiligen
Geographie
dürfte demnach die K o n z e p t i o n
einer
stehen, der daran gelegen war, den Herrschaftsbereich
d e s S t a a t s g o t t e s u n d s e i n e s k ö n i g l i c h e n R e p r ä s e n t a n t e n a u c h in k u l t i s c h e r H i n s i c h t zur G e l t u n g z u bringen.52 D a s Interesse Jerobeams, d e n Staatskult nicht nur über eine auf das K ö n i g t u m b e z o g e n e J a h w e - K o n z e p t i o n z u profilieren, sondern auch die Vo/^sgott-Konzeption
ausdrücklich
in d e n
Staatskult
zu
integrieren,
s p r i c h t s i c h z u n ä c h s t in d e r W a h l B e t h e l s aus. D i e V e r b i n d u n g B e t h e l s m i t J a k o b , d e m pater
eponymos
Israels, in G e n 2 8 , 1 0 - 2 2 * r e i c h t ü b e r l i e -
ferungsgeschichtlich sicherlich hinter die Zeit Jerobeams zurück.53 A b e r 52 Vgl. TOEWS, a. a. O., 86: „Royal sanctuary cities served the purpose of representing the power of both god and king in the area within which they lay." Allerdings relativiert TOEWS die Rolle von Dan und Bethel zugunsten der Annahme eines kultischen Zentrums in Sichern aus der allgemeinen Überlegung heraus, die Residenzstadt Jerobeams (I Reg 12,25) könne nicht ohne ein kultisches Zentrum gewesen sein (vgl. a. a. O., 84). Doch von den fehlenden Belegen für ein Staatsheiligtum in Sichern abgesehen, bleibt zu erklären, warum die atl. Überlieferung dann ausgerechnet den kultischen Mittelpunkt des Reiches mit Schweigen straft, während sie zwei Heiligtümer untergeordneter Bedeutung beim Namen nennt. Problematisch erscheint ebenfalls der Versuch, Dan und Bethel als „Grenzheiligtümer" zu beschreiben (vgl. Y. AHARONI, Arad, 29 f.; GALLING, Bethel, 27; K . D . SCHUNCK, Zentralheiligtum, 136 f.; HAHN, Kalb, 345; NIEMANN, Herrschaft, 206-216), wenn damit ein eigener Heiligtumstyp gemeint sein soll. Welche Merkmale außer der geographischen Lage sprechen für dieses Verständnis?
Wenig wahrscheinlich ist die Annahme, dem ersten Nordreichkönig sei an einer bewußten Gegenkonzeption zu judäischen Kultzentralisationsbestrebungen gelegen gewesen (zuletzt wieder ALBERTZ, Religionsgeschichte I, 220). Der Gedanke einer programmatischen Dezentralität des israelitischen Staatskultes in Opposition zu Juda wird nirgends wirklich greifbar. Die Trennung von Residenz und nationaler Kultstätte erklärt sich ganz einfach aus dem Umstand, daß der Staatskult an den Reichsheiligtümern von Bethel und Dan vor einer endgültigen Residenz (Samaria!) existierte. In diesem Zusammenhang dürfte es von Interesse sein, daß auch der von Ispuini in Urartu eingeführte Reichskult neben Musasir über ein zweites Reichsheiligtum in Meher Kapisi verfügte. Dieses Freilichtheiligtum (!) war in der Nähe der Residenzstadt Tuspa gelegen. Doch diente es nicht den spezifisch staatsbezogenen Aspekten des Kultes. Wie eine dort angebrachte Inschrift lehrt (Hehl, Nr. 10, vgl. SALVINI, Geschichte, 44.188), galt der Kult vielmehr den auf den Jahreszyklus bezogenen Festen. Diesem Zweck entsprechend war die Nische des Heiligtums nach Süden hin ausgerichtet, so daß sie sich zu den Feldern und Weinbergen der Umgebung der Hauptstadt hin öffnete (vgl. SALVINI, Geschichte, 44). 53 Zur Grundschicht in Gen 28,10ff. s.u. S.51. Ähnlich wie Jerobeam hat auch Ispuini mit Musasir auf ein äußerst populäres Heiligtum für die Einrichtung des Staatskultes zurückgegriffen. Dafür sprechen jedenfalls die in Nordmesopotamien bereits in mittelassyrischer Zeit bezeugten Personennamen mit dem theophoren Element „Haldi", obwohl dieser Gott in den hurritischen Lokalpanthea des 2. Jt.s keine Rolle spielt (vgl. SALVINI, Geschichte, 37.39), sowie die hurritische Etymologie der urartäischen Bezeichnung „Ardini" für die Stadt Musasir, was soviel bedeutet wie „die Stadt" (vgl. SALVINI, Geschichte, 47). Hinter der Erhebung gerade dieses Heiligtums zur reichsoffiziellen Kultstätte dürfte die Absicht ge-
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Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
nicht die Jakob-Bethel-Tradition war es, die Jerobeam zur tragenden Kulttheologie des offiziellen Staatskultes erhob, sondern die Tradition von der Heraufführung Israels aus Ägypten (I Reg 12,28b). In der „Heraufführungsformel" scheint sich die gesamte Reichstheologie zu verdichten.54 Vergleicht man I Reg 12,28b mit den sonstigen Belegen für die Heraufführungsformel, so besteht ein wesendicher Unterschied zu diesen darin, daß die Formel hier nicht absolut gebraucht, sondern über die deiktische Partikel run bezüglich der von Jerobeam gefertigten Jungstiere gesprochen wird. Ahnliche Formulierungen finden sich nur noch an zwei weiteren Stellen: Ex 32,4.8: Neh 9,18:
cnxn ρκη n-iitnn
-pi>yn itw !>intr ^yn
-ρηΪΉ n!>x -pni»« πτ
Anders als I Reg 12,28b verbinden Ex 32,4.8 die Formel mit dem von Aaron am Fuße des Sinai fabrizierten Idol. Auf dieses Ereignis nimmt auch Neh 9,18 Bezug. Beide Stellen unterscheiden sich von I Reg 12,28b vor allem dadurch, daß sie die Relation von Gott und Bild nicht über die deiktische Partikel nan herstellen, sondern über das Demonstrativpronomen. Fragen wir nach dem literarischen Verhältnis von I Reg 12,28b zu diesen beiden Belegen, so dürfte zunächst die Herkunft von Neh 9,18 kaum zu Zweifeln Anlaß geben. Die Stelle kommt von Ex 32 her. Das legt sowohl der Kontext von Neh 9,18 als auch die Verwendung des Demonstrativpronomens πτ nahe. Da der Plural ni>x in Ex 32,4.8 als sperrig empfunden werden kann, verwundert es nicht, wenn Neh 9,18 in den Singular ändert. Das Verhältnis zwischen Ex 32,4b.8b und I Reg 12,28b ist in der Forschung kontrovers diskutiert worden.55 Ex 32,8b gehört zu dem weitgehend als von Dtn 9 f. abhängig erkannten Abschnitt 32,7-14, ist also in jedem Falle jünger als I Reg 12,28b. Es fragt sich, ob Ex 32,4b ein höheres Alter als I Reg 12,28b beanspruchen kann. Der Versuch, die Exodusprädikation wegen des Plurals literarkritisch aus V4 zu isolieren, 56 überzeugt nicht, 57 da der Plural im Verb und Pronomen nach D-Π^Κ durchaus möglich und zudem (jedenfalls was das Verb betrifft) in VI (ra^-) auch fest verankert ist. Vielmehr bieten Ex 32,1-6 einen einheitlichen Text. 58 Allerdings standen haben, angesichts der drohenden assyrischen Gefahr „die unter der neuen Dynastie vereinigten Bergstämme ideologisch zusammenzuschmieden" (SALVINI, Geschichte, 4 0 ) . 54 Ob die in dem Zeugnis von Kelisin erwähnte „Inschrift" (tuppic. s. o. S. 32) ebenfalls der Prädikation des Nationalgottes diente? 55 Zu den unterschiedlichen Positionen und Argumenten vgl. HAHN, Kalb, 308 f. 56
Vgl. ζ. Β. MOTZKI, Stierkult, 477 f.
57
So auch E. AURELIUS, Fürbitter, 62. P. WEIMAR, Kalb, 118 f., betrachtet Via als „redaktionelle Überleitung". Dies wird
58
. dein Gott, der dich aus dem Lande Ägypten heraufgeführt hat"
39
ist er wesentlich jüngeren Datums als I Reg 12,25-33*. Wie Aurelius gezeigt hat, 59 sind V I - 6 auf die Fortsetzung in V30-34 6 0 hin angelegt. 61 Denn erst jetzt erfährt das in V l - 6 aufgeworfene Problem des Verhältnisses von Landbesitz (Vlbß: irxn •"ixn ρ κ π u!>yn um) und Stierkult (V4a) seine eigentliche Lösung. Mose wird (erneut) zum Führer des Volkes bestellt, und er soll es führen η!» - r m i τ®χ !>κ (V34aa). Kompositorisch wird mit dem Thema „Berg" (VI) nach vorn hin bereits 19,2b und damit mindestens der Gesamtzusammenhang von Theophanie (19,2b.3a.l0.11.13b. 16-19) und Opfer (24,4b-5) literarisch vorausgesetzt. Das „goldene Kalb" macht die in Ex 19*.24* begründete Gottesgemeinschaft zunichte. Die „Kalbsgemeinde" wird ausgerottet (32,33). Dieser Beschluß rekurriert unverkennbar auf den Untergang des Nordreiches 720 v. Chr. Auffällig ist in 32,33 die präzise Unterscheidung zwischen denen, die „gesündigt" haben, und dem Rest des Volkes. Aurelius hat Ex 32* deshalb noch vor 587 v. Chr. datieren wollen. 62 Doch ist auch eine spätere Ansetzung nicht ausgeschlossen. Das Problem, das die Geschichte reflektiert, betrifft die Frage, unter welchen Bedingungen das Volk (wieder) in das Land hineinkommt. Die Lösung lautet: Nach Ausrottung der Schuldigen. Das könnte heißen: Juda wird zurückgeführt - Israel bleibt auf der Strekke. 63 In diesem Falle käme eher eine Datierung in die Exilszeit in Frage.
jedoch unnötig, wenn man Ex 24,12*.13b/15a.l8b als Exposition zu Ex 32 liest (vgl. bereits N o r a , Überlieferungsgeschichte, 33, Anm. 115, und 196, Anm. 501). Auch die von WEIMAR angeführte doppelte Nennung des Subjektes oyn in Vlaa.bß stellt kaum eine solche Härte dar, die eine literarkritische Scheidung erzwingt. - DOHMEN, Bilderverbot, 68-74, scheidet zunächst Vlba* als P-Zusatz aus (vgl. nyn und by [em.]). Die nächste Fuge vermutet er nach V4aa2 (anna). Während man sich als Objekt in V3b und V4aa' noch ιπτπ -πτι aus V3a zu denken habe, signalisiere die suffigierte nota accusativi in V4aa 2 einen Objektwechsel nach ΗΠΤ hin. Die Wurzel BIN sei im Sinne von „ziselieren" zu verstehen. Das Nomen habe die Bedeutung „Skulptur/plastisches Gebilde" (vgl. a. a. Ο., 73). V4aa 2 übersetzt DOHMEN mit „dann arbeitete/schmiedete er es (das Gold) aus als Ziseliertes (Skulptur/plastisches Gebilde)" (ebd.). V4aß sei als Dublette zu V4aa 2 anzusehen und, da er viel allgemeiner formuliere als V4aa 2 , als sekundär (JE-Bearbeitung wie die Erwähnung des i>jy in VI9.24.35). Doch bleibt die Bedeutung „Skulptur/plastisches Gebilde" für BIN umstritten (vgl. SCHROER, Bilder, 87). S. GEVIRTZ, BIN, versteht das Nomen als adaptierten Singular von D-ΕΓΊΠ (vgl. II Reg 5,23; Jes 3,22) in der Bedeutung „Mantel", "ιϊί ist dann von I im „einbinden" her zu deuten. Ein analoger Vorgang ist in Jdc 8,24 ff.; Jes 46,6 beschrieben (vgl. SCHROER, Bilder, 87; AURELIUS, Fürbitter, 63 f.). 5
' Fürbitter, 67 f. ηπτ -πί>κ onS> iBy-1 (V31) hält AURELIUS allerdings für einen Zusatz nach Ex 20,23. Dies ist jedoch unnötig, da bereits VI vor dem Hintergrund von Ex 20,23 formuliert worden ist (s.u. S. 169). 61 Vgl. jedoch WEIMAR, Kalb. 62 Vgl. Fürbitter, 76. Ähnlich bereits L. PERLITT, Bundestheologie, 211. Für ihn sind Ex 32 und 34 „in einem Griff komponiert". „Ex 32 zeigt, was aus der Geschichte des Abfalls seit Jerobeam I. aus Israel werden mußte, Ex 34 zeigt, was aus dem verbliebenen ,Israel', nämlich dem zeitgenössischen Juda, werden kantf. 63 Stimmen die Erwägungen bei E. OTTO, Pentateuchredaktion, 84-91, wonach Ex 32 erst auf die nachpriesterschriftliche Pentateuchredaktion zurückgeht, dann steht eine vorexilische Herkunft ohnehin außer Frage. 60
40
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
Damit erweist sich I Reg 12,28b als der literarisch älteste Beleg für die Verbindung von Heraufführungsformel und Stierbild. Die Stelle braucht aber auch den Vergleich mit allen anderen Belegen für die Heraufführungsformel 64 nicht zu scheuen. I Reg 12,28b repräsentiert mithin das älteste Vorkommen der n^y-Formel überhaupt. 65 Fragt man nach Herkunft und Sitz im Leben der Formel, so ist man bei I Reg 12,28 f.* ebenfalls an der richtigen Adresse. Die Formel will nach I Reg 12,28b auf die Kultbilder hin gesprochen sein. Sie ist von daher nicht zu Unrecht als „Kultruf" bezeichnet worden, dessen Rezitation man sich bei der Präsentation des Kultbildes vorzustellen hat.66 Der Autor hat also mit der Heraufführungsformel ein aus dem Kult erwachsenes Traditionsstück aufgenommen und dieses Jerobeam in den Mund gelegt, um die Erhebung der Exodustradition zur offiziellen Reichstheologie unter Jerobeam zu dokumentieren. Was läßt sich der in I Reg 12,28 f.* zitierten Kultformel für die Theologie des Staatskultes entnehmen? Der Schlüssel des Verständnisses liegt bei dem in der Formel benützten Verb rby (Hif.). Im Gegensatz zu der mit KS" (Hif.) gebildeten »Hemmführungsformel" verrät die mit rby (Hif.) formulierte „//eraw/führungsformel" nämlich nicht nur etwas über die Herkunft Israels, sondern vor allem das Ziel des Heraufführens. „Herauf - das meint nichts anderes als „hinein" in das Land, das Israel bewohnt. Die Heraufführungsformel vereinigt in sich demnach die Tradition vom AuSLMg aus Ägypten und vom Einzug in das Land.67 Diese Perspektive tritt deutlich in der späteren, um eine Zielangabe (... bx: vgl. Gen 50, 24; Ex 3,8.17; 33,1 bzw. κ a [Hif.] mit . . . bx: vgl. Num 16,13 f.; 20,5; Jdc 2,1; Jer 2,6 f.) erweiterten Form der Heraufführungsformel zu Tage. Das in der erweiterten Formel expressis verbis Gesagte interpretiert nur, was
64 Im Blick auf die Verbkonstruktionen lassen sich folgende Formationen unterscheiden: 1) rby Hif. perf. mit göttlichem Subjekt (in der 1. oder 3. Person): Ex 32,4.7.8; Num 14,13; Jdc 6,8.13; I Sam 10,18; 12,6; II Reg 17,36; Jer 16,14; 23,7; Hos 12,14; Am 2,10; 3,1; 9,7; Mi 6,4; Neh 9,18; 2) n>y Hif. perf. mit menschlichem Subjekt: Ex 17,3; 32,1.23; 33,1; Num 20,5; 3) n!>y Hif. perf. mit göttlichem und menschlichem Subjekt: Num 21,5; 4) n!>y Hif. ptc. mit göttlichem Subjekt: Lev 11,45; Dtn 20,1; Jos 24,17; II Reg 17,7; Jer 2,6; Ps 81,11; 5) ni>y Hif. inf. mit göttlichem Subjekt: Ex 3,8; I Sam 8,8; II Sam 7,6; Jer 11,7. In Anlehnung an die Heraufführungsformel sind diejenigen formelhaften Wendungen gebildet, die vom Heraufzug Israels aus Ägypten sprechen: 1) n^y Qal perf.: Ex 13,18; 2) ni>y Qal ptc.: Num 32,11; 3) ni>y Qal inf.: Jdc 11,13.16; 19,30; I Sam 15,2.6; Jes 11,16; Hos 2,17 zu weiteren Differenzierungen vgl. W. GROSS, Herausführungsformel. 65
Vgl. J . WIJNGAARDS, Κ-ΪΊΠ a n d n!>yn, 100; E . ZENGER, F u n k t i o n , 3 4 1 ; G . WEHMEIER,
ni>y, 288; anders etwa W. RICHTER, Beobachtungen, 178-188; GROSS, Herausführungsformel, p a s s i m , b e s . 4 5 0 f.; H . F. FUHS, N^Y, 9 3 - 9 7 . 66
Vgl. ZLMMERLI, B i l d e r v e r b o t , 2 5 0 ; IJTZSCHNEIDER, H o s e a , 9 0 ; ALBERTZ, R e l i g i o n s g e -
schichte I, 223. 67
V g l . WEHMEIER, n!>y, 2 9 0 .
dein Gott, der dich aus dem Lande Ägypten heraufgeführt hat"
41
in der Kurzformel ohne konkrete Zielangabe schon impliziert ist. Nicht etwa die Befreiung von ägyptischer Fronherrschaft68, sondern die Existenz Israels im Lande dank der Aktivitäten seines Gottes bestimmt thematisch die in I Reg 12,28b zitierte Kultformel. 69 Dabei dürfte die Formel kaum allein aus dankbarer Rückschau auf das Exodusereignis gesprochen worden sein. Allgemein gehört zum Prinzip des Kultes ein immer wieder neu in Gang gesetztes korrelatives Zusammenspiel göttlichen und menschlichen Handelns. Auf den Kult des Exodusgottes bezogen heißt das: Der immer wieder neu sich vollziehenden kultischen Aneignung der Heraufführung aus Ägypten entspricht auf göttlicher Seite eine immer wieder neu ergehende Bewahrheitung dieses heilsgeschichtlichen Urdatums. Diese schließt das Versprechen ein, daß es kein Zurück hinter das m x a p x n mehr geben kann. Dabei dürfte freilich mehr im Blick sein als das bloße Verbleiben der einstmals „Heraufgeführten" im Lande. Mit einem König als oberstem Kultherrn im Rahmen eines Startiikultes zielt D-nsn p x n ηι^π auch auf den Fortbestand der politischen Existenz des Reiches und seines Königs. Der Rezitation der Heraufführungsformel im Kontext des Kultes kommt somit die Funktion zu, die faktische Existenz Israels als eines politisch selbständigen Königreiches durch rituelle Wiederholung des grundlegenden heilsgeschichtlichen Urereignisses kultisch zu sichern.
68
Diese wird vielleicht durch die mit Hü" (Hif.) gebildete Exodusformel thematisiert: P.
HUMBERT, D i e u ; H . J . BOECKER, B e u r t e i l u n g , 3 9 - 4 3 ; WEHMEIER, NI>Y, 2 9 0 ; S. HERRMANN,
Exodusmotiv, 733; vgl. dagegen aber RICHTER, Beobachtungen, 178-188; ZENGER, Funktion; GROSS, H e r a u s f ü h r u n g s f o r m e l , 4 5 1 f. 69 Überhaupt ist die Annahme problematisch, der Jerobeamaufstand sei „unter Berufung auf die Befreiung der Väter von der ägyptischen Fron geführt worden" (ALBERTZ, Religionsgeschichte I, 219; vgl. CRÜSEMANN, Widerstand, 121 f.). Μ. E. unzutreffend an der Sicht ALBERTZ' ist bereits die Charakterisierung der Separation des Nordens als „soziale Revolte gegen staatliche Fronarbeit" (a.a.O., 215). Nicht die staadiche Fronarbeit als solche steht in Frage, sondern die (wohl übermäßige) Beteiligung des (wirtschaftlich potenteren) Nordens an diesen Leistungen (vgl. I Reg 4,7aa.8-19a; 9,15.17-19a*.23). Den einzigen Bezug zur Exodustradition bietet I Reg 12,28b. Hier aber ist nach unserer Auffassung nicht von „Befreiung" die Rede. Aus den von ALBERTZ, a . a . O . , 217-219, ins Feld geführten motivlichen Berührungen mit der Moseerzählung (Ex 1-14*) lassen sich über mögliche theologische Hintergründe der Jerobeamrevolte keine Rückschlüsse ziehen. Die entstehungsgeschichdichen Verhältnisse der vor-dtr. Moseerzählung liegen weitgehend im Dunkeln. Literarisch wird man kaum hinter die spätere Königszeit zurückkommen (vgl. BLUM, Studien, 217). Vage bleibt die Annahme, in Ex 5* liege ein „Propagandatext aus dem Arbeitskampf gegen Salomo bzw. Rehabeam" vor (ALBERTZ, a . a . O . , 219). Insgesamt markieren die expliziten ,befreiungstheologischen' Impulse der Exodustradition (vgl. ζ. Β. Ex 5; 22,20; 23,9; Dtn 15,15 und oben Anm. 68) ein späteres Stadium der traditionsgeschichdichen Entwicklung und stehen nicht an deren Anfang.
42
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
Dies erklärt den Sachverhalt, daß Jerobeam gerade den Exodus zur tragenden Tradition des offiziellen Staatskultes erhob und nicht etwa die Jakob-Bethel-Überlieferung. Indem die Kultformel I Reg 12,28b Jahwe als den Begründer der Existenz Israels im Lande feiert, thematisiert sie den territorialen Aspekt des Staatskultes, der sich auch in der Installation dieses Kultes gerade an den Heiligtümern von Dan und Bethel ausdrückt. Wenn sie aber das Handeln Jahwes an Israel betont, so bringt sie den Aspekt der Volksgott-Konzeption, wie er in der Jakob-Bethel-Tradition bereits gegeben war, zur Geltung. Daß Jerobeam gerade den territorialen Aspekt der Herrschaft Jahwes und die VbZ&sbindung dieses Gottes in seiner Staatstheologie so explizit hervorhebt, dürfte sich bis zu einem gewissen Grade als Gegenentwurf zu der Jerusalemer Konzeption des Weltenherrschers auf dem Zion, der sich weniger an das Volk denn an den König bindet, erklären. Grundsätzlich ist der Tradition von der Heraufführung Israels aus Ägypten dieselbe existenzbegründende und -sichernde Funktion zuzuschreiben wie der Tradition vom Kerubenthroner im offiziellen Kult des Südreiches.
1.5. Die Stierbilder Jerobeams Wie in dem oben angeführten Zeugnis aus Urartu verbindet sich auch in I Reg 12,26-33 die Einführung des Staatskultes mit der Stiftung eines Präsenzsymbols für die designierte Staatsgottheit durch den König. Dem von Ispuini für Haldi errichteten Kultsockel entsprechen in dem Bericht von der Einsetzung des israelitischen Reichskultes die von Jerobeam in Bethel und Dan installierten goldenen Jungstierbilder. Suggeriert die atl. Überlieferung, Jerobeams Tun sei eine illegitime kultische Neuerung, so scheint der archäologische Befund Gegenteiliges nahezulegen. A. Mazar hat in der Nähe vom Teil Dothan eine von ihm als open-air-Heiligtum interpretierte, in die Eisen-I-Zeit datierende Anlage freilegen können, auf deren Areal sich ein kleiner Bronzestier fand. Den Bau dieser Anlage schreibt er Israeliten (Manassiten) zu.70 Sollte sich diese Interpretation bestätigen, so wäre ein Beweis dafür erbracht, daß die Stierbildverehrung in Israel bereits vor Jerobeam eine Tradition hatte. Aber auch wenn die Deutung Mazars sich nicht bewahrheitet,71 bleibt zu 70 Vgl. Bronze Bull, 36.39 f.; Bull Site, 27.37 f. Ließ MAZAR die den Stier betreffenden religionsgeschichdichen Fragen noch offen, so glauben R. WENNING/E. ZENGER, Baal-Heiligtum, als Tragerkreis dieses von ihnen als nan resp. „kultische Tenne" interpretierten Heiligtums einen Clan (nna»n) des uor-jahwistischen Israel bestimmen zu können, der eine Frömmigkeit im Sinne des von Hosea verworfenen Baalkultes gepflegt hätte. 71 Vgl. etwa die von M. D. COOGAN, Cults, 1-8, geäußerte Skepsis gegenüber der von
Die Stierbilder Jerobeams
43
vermuten, daß Jerobeam den „Stierkult" Israel nicht einfach als einen Fremdkörper aufoktroyiert hat, wenn diesem Kult eine legitimierende Funktion für das Königtum zukommen soll. Schließlich weist eine ganze Reihe weiterer ikonographischer Belege von der Frühbronzezeit bis in die Eisen-II-B-Zeit die Verhaftung der Stierikonographie im palästinischen Raum aus.72 Daß es erst der kultpolitischen Maßnahme eines Apostaten bedurfte, um Jahwe mit der Stiersymbolik in einen Zusammenhang zu bringen, ist schon von daher kaum zu erwarten. Dem Umstand, daß im offiziellen Nordreichskult Jahwe vor Jungstierbildern verehrt wurde, wird wegen deren Erwähnung in Hos 8,5 f.; 10,5 f. und 13,2 in der Hoseaexegese allgemein eine große Bedeutung zugemessen. Das Hoseabuch sieht in dem „Stierdienst" Israels eine illegitime Bilder- und Fremdgötterverehrung. Beide Vorwürfe gilt es im folgenden mit den religionsgeschichtlich feststellbaren Sachverhalten zu konfrontieren.
1.5.1.
Die Gottespräsenz im Bild
Grundsätzlich lassen sich in der ikonographischen Tradition des syrischanatolischen und mesopotamischen Raumes drei Modelle unterscheiden, nach denen teriomorphes Bild und Gottheit in ein syntaktisches' Verhältnis zueinander treten.73 Der wohl verbreitetste Typ zeigt eine anthropomorph dargestellte Gottheit auf einem Trägertier.74 Die ebenfalls des öfteren belegte anthropomorphe Gottheit mit einem Begleittier - ζ. B. das Tier am Halfter 75 - stellt eine Variante dieser Syntax dar. Daneben findet sich der Typ der anthropomorphen Gottheit, die als Epitheta signifikante Elemente des Symboltieres an sich zieht. Im Falle des Stieres kann als prominentes Beispiel auf die Darstellung des thronenden El mit der Hör-
MAZAR gegebenen Deutung und die von MAZAR gegebene Antwort in: DERS., Cult Places, 45. COOGAN selbst verortet den Bronzestier im Hauskult. - Problematisch ist in jedem Falle eine allzu selbstverständliche Charakteristik der Kultstätte als ,israelitisch': vgl. P.J. KING, Hosea, 95. W. ZWICKEL, Tempelkult, 212-214, verzichtet auf eine entsprechende Zuordnung. 72
V g l . z u s a m m e n f a s s e n d SCHROER, B i l d e r , 9 1 - 9 5 ; TOEWS, M o n a r c h y , 4 9 - 5 1 ; Ο . K E E L / C .
UEHLINGER, G ö t t i n n e n , p a s s i m ; ZWICKEL, T e m p e l k u l t , 73
V g l . UTZSCHNEIDER, H o s e a ,
212-214.
91-96.
74 Unter den aus Palästina bekannten Stierdarstellungen folgen diesem Modell das bei KEEL/UEHLINGER, Göttinen, 59, Abb. 44, abgebildete Stierfragment mit einem dazugehörigen Torso einer menschengestaltigen Figur aus dem spätbronzezeitlichen Hazor (Str. IB, Eingangsbereich zum Tempel H ) und zwei Skaraboiden mit der Darstellung des anthropomorphen Gottes auf dem Stier aus der Eisen-II-B-Zeit (vgl. a. a. O., 216 f. mit Abb. 207a-b). 75 Vgl. das bei UTZSCHNEIDER, Hosea, 95, Abb. 6, aufgenommene syrische Rollsiegel aus
d e m 2 . J L v. C h r . , vgl. H . EL SAFADI, E n t s t e h u n g , T f . X X I I * , 1 5 5 ; A . MOORTGART, R o l l s i e g e l ,
Tf. 6 2 , 5 2 3 .
44
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
nerkrone aus Ugarit verwiesen werden.76 Neben diesen beiden Typen begegnet aber auch die Darstellung lediglich einer teriomorphen Figur.77 Nach W. F. Albright wären solche Darstellungen zwar grundsätzlich nicht als Symboltiere einer Gottheit interpretierbar.78 Doch hat Weippert genügend Belegmaterial für eine entsprechende Deutung zusammengestellt.79 Als Interpretationshorizont für die von Jerobeam angefertigten Stierbilder kommen sinnvollerweise nur das erste und das dritte Modell in Frage. Dabei rangiert in der Forschung das Modell ,anthropomorphe Gottheit auf dem Trägertier' auf Platz Eins.80 Nach H. Th. Obbink, der dieses Modell ins Gespräch brachte,81 stellen Jerobeams Stierbilder keine Jahwebilder sensu stricto dar, sondern lediglich das Piedestal des auf dem Stier unsichtbar thronenden (!) Jahwe.82 Vor dem Hintergrund dieses Modells ließen sich nun auch die atl. Bilderpolemiken gegen die Stierbilder Jerobeams wünschenswert einfach verstehen. Blieb der Theorie nach die grundsätzliche Differenz zwischen unsichtbarem Gott und Bild noch gewahrt, so drohten sich in der Praxis die Grenzen zwischen Gott und Bild zu verwischen. Das Stierbild konnte im „Volksbewußtsein" an die Stelle Jahwes treten.83 Trotz des nahezu ungebrochenen Beifalls, den dieses Modell in der Forschung fand, lassen sich fundamentale Schwächen kaum übersehen. Das Obbinksche Verständnis der Stierbilder Jerobeams stellt im Prinzip eine Kontraktion aus zwei voneinander völlig unabhängigen Traditionen dar, dem ikonographischen Modell des Gottes auf dem Stier und der Jerusalemer Tradition vom leeren Kerubenthron. Beide Traditionen sind aber nur schwerlich miteinander vermittelbar. Der allein auftretende Stier
76
ANEP, Abb. 493. Unter den Stierdarstellungen Palästinas ist dieser Typ vor allem durch eine Stierstatuette aus Kalkstein vom Teil Arad aus der Frühbronzezeit (vgl. K. JAROS, Stellung, 1974, 361, Anm. 4), eine in die Mittelbronzezeit datierende silberbeschlagene Stierbronze aus Askelon (vgl. L. E. STAGER, Canaanites and Philistines, 24-28; KEEL/UEHUNGER, Göttinnen, 42, Anm. 19, 529.550, Abb. 384), drei Stierbronzen aus dem spätbronzezeitlichen Megiddo (vgl. JAROS, Stellung, 1974, 217; SCHROER, Bilder, 93) und die berühmte Stierbronze aus der Nähe vom Teil Dothan (Eisen-I-Zeit - vgl. KEEL/UEHLINGER, Göttinnen, 135, Abb. 142) vertreten. 78 Stone Age, 299; vgl. ΝΟΊΉ, Geschichte, 212 f. 77
79
Vgl. Gott,
80
Vgl. die Liste der Autoren bei HAHN, Kalb, 333, Anm. 140, und darüber hinaus ZLM-
97-103.
MERLI, Bilderverbot, 251; P. WELTEN, Götterbild, 100; METTINGER, Graven Image, 19.137; WOLFF, H o s e a , 181; JEREMIAS, Prophet, 107, KING, H o s e a , 96; BONS, H o s e a , 109, u . a . 81 82
Vgl. Jahwebilder, 267 ff. A. a. O., 268; zur Parallelisierung von Lade/Kerubenthron und Stierbildern im Sinne
OBBINKS v g l . b e s . ALBRIGHT, S t o n e A g e , 2 9 9 ; BERNHARDT, G o t t , 83
Vgl. a. a. Ο., 269.
94.
45
D i e Stierbilder Jerobeams
als Postamenttier ist ikonographisch nirgends als Gottes thron belegt.84 Grundsätzlich ist an die von Obbink unterstellte Konstellation eines unsichtbaren Gottes auf dem Trägertier die Frage zu richten, ob diese überhaupt jemals auch nur die Chance gehabt hätte, im „Volksbewußtsein" verstanden zu werden. Leere 7rageHfiguren kamen weder in Israel noch in seiner Umwelt vor. Nach dem Modell Obbinks wäre die hinter den Stierbildern Jerobeams stehende bildtheologische Konzeption eigentlich nur mit Gebrauchsanweisung zu begreifen. Eissfeldt führt die Stierbilder von Dan und Bethel auf eine Stier Standarte zurück, die einstmals Israel während der Wüstenzeit als Führungssymbol (Ex 32,1.5; I Reg 12,28) gedient hätte.85 Ex 32 enthalte im Kern eine alte nordisraelitische Erzählung, „die jenes Symbol positiv gewertet und es voller Stolz auf Aaron oder vielleicht ursprünglich auf Mose zurückgeführt hat".86 Damit aber käme das Stiersymbol in eine gewisse Analogie mit der Lade (nicht mit dem Jerusalemer Kerubenthron!) zu stehen.87 Wie Jerusalem seine eigentliche religiöse Dignität aus der letzteren bezog, so hätte Jerobeam bei der Gründung des israelitischen Reichskultes das andere Führungssymbol aus der Wüstenzeit neu zu Ehren gebracht.88 Die These ist mit erheblichen Schwierigkeiten belastet. Die Vermutung, Jerobeams Stierbilder ließen sich von einem „vorkanaanäischen" israelitischen Kult her verstehen, hat zu Recht nur wenige Anhänger gefunden.89 Eine Stiersymbolik wäre im Raum der Wüste kulturgeschichtlich völlig unverständlich. Ebensowenig wird die Annahme, bei den Stierbildern Jerobeams habe es sich um Standarten gehandelt, durch positive Anhaltspunkte gestützt.90 Ganz im Gegenteil: Die Funktion der Symbole als Kultbilder des offizi-
84 Zwar sind in Mesopotamien durchaus tauromorphe Thronträger belegt, d o c h übernehmen sie diese Funktion in der Regel als Zweier- oder Vierergruppe: vgl. O. REEL, JahweVisionen, 1 6 9 . 1 7 2 f . 1 7 5 mit Abb. 108-112.114; SCHROER, Bilder, 1 0 0 f . , Anm. 147; TOEWS, Monarchy, 53. 85 Vgl. EISSFELDT, Lade, 296 ff.; ähnlich GAI.IJNG, Bethel, 27.39. D a ß es sich bei den Stierbildern Jerobeams um tragbare Elemente gehandelt haben müsse, schließt EISSFELDT aus der Funktion des ,dargestellten' Gottes als Führungsgott sowie aus I Reg 12,30b, was er unter Mutmaßung eines Tiqqün söpherim mit „und das andere ging vor dem V o l k e her bis Dan" übersetzt (vgl. a. a. O., 294, Anm. 1). D e r Autor verweist als Beleg für stierbildgekrönte Standarten auf ein Muschelmosaik aus Mari (3. Jt.; vgl. a. a. O., 299 f.). Als atl. Parallelen für die Verwendung von Standarten werden N u m 2 1 , 4 - 9 ; II Reg 18,4; Ex 1 7 , 8 - 1 6 (a. a. O., 297 f.) angegeben. 86 87
A. a. O., 296. Zur Parallelisierung von Lade und Stierbild in der Forschungsgeschichte allgemein vgl.
H A H N , K a l b , 3 5 9 - 3 6 2 , Literatur: 3 6 0 , A n m . 118. 88
Vgl. a. a. O., 282.
89
V g l . J . D E B U S , S ü n d e , 3 9 , A n m . 2 5 ; JAROS, S t e l l u n g ,
90
2
1982,
224.
SCHROER, Israel, 101, macht zudem darauf aufmerksam, daß Prozessionen in Ägypten und Mesopotamien mit „großen Kultbildern" durchgeführt wurden.
46
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
eilen Reichskultes macht eine solche Beschaffenheit eher unwahrscheinlich.91 Trotz dieser Bedenken markiert die Position Eissfeldts einen entscheidenden und grundsätzlich zu begrüßenden Einschnitt. Anders als Obbink (re-)konstruiert er kein eigens mehr auf das vermeintliche Spezifikum einer grundsätzlichen Bilderlosigkeit Jahwes zugeschnittenes bildtheologisches Modell. Sein Erklärungsversuch setzt voraus, daß die „Verbildlichung" Jahwes ebenso funktionierte wie in dem von ihm als Vergleichsmaterial beigebrachten Beleg aus Mari. 92 Nach der eingangs beschriebenen ikonographischen Typologie der Verhältnisbestimmung von Tiersymbol und Gottheit wäre seine Interpretation wohl dem dritten Modell zuzuordnen, auch wenn Eissfeldt sich dazu nicht präzise äußert.93 Folgt man dem alles in allem mageren Textbefund zu den Stierbildern in Dan und Bethel, so läßt sich dieser am ehesten mit der Vorstellung einer goldüberzogenen Stierplastik ohne anthropomorph dargestellter Gottheit vermitteln.94 Wie sich dabei das Verhältnis zwischen Gott und Stierbild gestaltet, ist von Utzschneider anschaulich anhand einer Siegelabrollung vom Teil Mardlh beschrieben worden.95 Die Darstellung zeigt den Wettergott mit Hörnerkrone und Keule. Ihm gegenüber steht eine weitere, der Gottheit zugewandte Gestalt, vermutlich ein Adorant. Zwischen den beiden Figuren befindet sich eine kleine, auf einem Podest ruhende Tierfigur, die offensichtlich als Stier zu deuten ist. Die Bildkomposition ist wohl so zu verstehen, daß sich in dem Kultsymbol irdische und transzendent-göttliche Wirklichkeit treffen. Der Beter erfährt die Gottheit durch das Stiersymbol. Die Gottheit vermittelt sich dem Adoranten umgekehrt über das Bild. Eine vergleichbare Konstellation zeigt ein ebenfalls von Utzschneider angeführter anatolischer Beleg. Auf einem Orthostatenrelief aus Aladscha Hüyük 96 nimmt ein leerer Kultsockel die Funktion ein, die bei der Siegelabrollung vom Teil Mardlh dem Stier auf dem Podest zukommt. Vor dem Kultsockel steht wiederum ein Adorant, hinter dem man einen Stier auf einem Podest statt eines menschengestaltigen Gottes sieht.
91
V g l . SCHROER, a . a . O . ,
1 0 1 , A n m . 149. JAROS, S t e l l u n g , * 1 9 8 2 , 2 2 4 , n i m m t a n ,
ein
ehemaliges Führungssymbol aus der Wüstenzeit sei mit den festen Kultbildem der Tempel von Bethel und Dan identifiziert worden. 92 S . o . S. 45, Anm. 85. 93 Der vor-Jerusalemischen Tradition entsprechend, versteht EISSFELDT die Lade als „reales Substrat", an das der Führungsgott bzw. sein Engel gebunden ist ( a . a . O . , 283f.). Hätte nach seiner Interpretation auch Analoges von den Stierbildern Jerobeams zu gelten? 94 SCHROER, a. a. O., 101, Anm. 148, verweist als Anschauungsmaterial auf den Kupferstier der Ninbursag vom Teil Obed (2600 v.Chr.) - einer Tierplastik von ungefähr 7 0 - 8 0 c m H ö h e mit einem Bitumen-Holz-Kern. 95
UTZSCHNEIDER, H o s e a , 9 4 , A b b . 1; vgl. K E E L , B i l d s y m b o l i k , 1 9 2 , A b b . 2 9 0 .
96
UTZSCHNEIDER, e b d . , A b b . 2 ; vgl. K E E L , a . a . O . , 2 1 2 , A b b . 3 1 8 .
Die StieAilder Jerobeams
47
Die beiden Beispiele - besonders das vom Tell Mardih - legen nahe, die Stierbilder Jerobeams als Präsenz- bzw. Vermittlungssymbole zu interpretieren, über die Jahwe und seine Verehrer kultisch miteinander kommunizieren. Jahwe teilt sich der Kultgemeinde als hinter den Stierbildem stehende transzendente Wirklichkeit durch das Bild mit. Die Kultteilnehmer ihrerseits erfahren über dieses Symbol die Gottheit.97 In der Forschung ist nun wiederholt die Annahme vertreten worden, das Verhältnis von Gott und Bild sei zwar von Jerobeam ,richtig' gedacht gewesen, das Volksbewußtsein habe aber die Differenz zwischen beiden Größen nivelliert. Ihre Basis fand die genannte Erklärung zunächst anhand der Obbinkschen Postamentenhypothese.98 Allein schon unter der Prämisse dieses Modells erscheint die Annahme einer Verwechslung von Gott und Bild jedoch kaum plausibel. Ist sie vielleicht noch insofern verständlich, als die Singularität der Konstruktion einer l e e r e n Tragerfigur zu Mißverständnissen hätte Anlaß geben können, so fragt man sich, aufgrund welcher Indizien jemand ein solches Mißverständnis hätte diagnostizieren sollen. Noch unwahrscheinlicher aber wirkt die These einer Verwechslung von Gott und Bild unter der Voraussetzung einer präsenztheologischen Deutung.99 Daß die Gottheit, wo sie selbst nicht bildlich dargestellt wird, sich am teriomorphen Bild manifestiert, ohne zugleich in diesem aufzugehen, war für jeden Orientalen eine schlichte Selbstverständlichkeit.100 Dies jedenfalls legt nicht nur der allgemeine Menschenverstand nahe, sondern wird wesentlich durch den oben genannten Beleg aus Ebla gestützt,101 der so etwas wie den Normalfall altorientalischer Bildtheorie repräsentieren dürfte.102 Die Rekonstruktion der Stierbildpolemiken im Hoseabuch wird sich demnach auch nicht auf die Annahme einer Verwechslung von Gott und Bild vor dem Hintergrund der , Bildsyntax' der Jahwe-Stierbilder zurückziehen können. 97 Zu dieser präsenztheologischen Deutung der Stierbilder vgl. neben UTZSCHNEIDER, a.a.O., 92, noch SCHROER, Bilder, 100f.; TOEWS, Monarchy, 53f. 98 Vgl. neben OBBINK selbst ζ. B. NOTH, Geschichte 212 f.; E. L. EHRLICH, Kultsymbolik, 19; HOFFMANN, Reform, 66, Anm. 29; JEREMIAS, Prophet, 106; BONS, Hosea, 110 f. " So UTZSCHNEIDER, a. a. O., 102. 100 Vgl. JAROS, Stellung, 2 1982, 218.221; WEIPPERT, Gott, 106 f.; T. JACOBSEN, Graven Image, 16-18; TOEWS, Monarchy, 54. 101 Vgl. weiterhin die von JACOBSEN, Graven Image, 16-18, beigebrachten Textbelege. 102 Diese Erwägungen kollidieren mit der von METTINGER, Graven Image, begründeten These eines „general West-Semitic-aniconism" (vgl. bes. a.a.O., 191-197), in dessen Sog Israel von Anfang an (vgl. a.a.O., 195) einen faktisch anikonischen Kult ausgebildet habe. Methodisch macht METTINGER die anikonischen Präsenzsymbole zur Basis seiner Bildtheorie. Aber mit welchem Recht? Im Blick auf die Stierbilder „funktioniert" sein Erklärungsmodell nur unter Voraussetzung der OßBlNKschen Postamentenhypothese (vgl. a. a. O., 19.137), die ihrerseits die Annahme grundsätzlicher Anikonizität des israelitischen Kultes zur Prämisse hat
48
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
1.5.2. Stiersymbolik
und
Zur Theologie
der
Stiersymbolik
Wettergott-Konzeption
D i e E x o d u s f o r m e l v o n I R e g 12,28b läßt keinen Zweifel daran a u f k o m men, d a ß in d e n Stierbildern J e r o b e a m s J a h w e verehrt wurde. D e s h a l b stellt sich auch nicht die Frage, o b die Stierbilder überhaupt als J a h w e S y m b o l e z u gelten haben. 1 0 3 Diskutieren kann m a n aber, o b durch die Stierbilder eine J a h w e - f r e m d e G o t t e s k o n z e p t i o n sekundär an J a h w e herangetragen wurde. Eine E n t s c h e i d u n g in dieser Sache h ä n g t wesentlich d a v o n ab, v o n w e l c h e r t h e o l o g i s c h e n R a h m e n k o n z e p t i o n her die G o t t h e i t J a h w e verstanden w i r d u n d aus w e l c h e r T r a d i t i o n m a n die Jahwe-Stierbilder v o n Bethel und D a n herleitet. N u n herrscht w e i t g e h e n d Einigkeit darüber, d a ß J a h w e namentlich in der älteren Ü b e r l i e f e r u n g des A l t e n T e s t a m e n t e s als eine G o t t h e i t v o m T y p d e s vorderorientalischen Wettergottes a n z u s e h e n ist. 104 S o h e i ß t es in der T h e o p h a n i e s c h i l d e r u n g des D e b o r a l i e d e s (Jdc 5), das überlieferungsgeschichtlich sicherlich n o c h bis in die vorstaatliche Zeit zurückreicht: 4
Jahwe, als du auszogst von Seir, als du einherschrittest vom Gefilde Edoms, da bebte die Erde, auch die Himmel troffen, auch die Wolken troffen von Wasser. Die Berge wankten vor Jahwe - das ist der (vom) Sinai vor Jahwe, dem Gott Israels.
5
103
Der Vorschlag von L. R. BAILEY, Calf, die Stierbilder Jerobeams vor dem Hintergrund eines bereits von den Patriarchen aus Mesopotamien importierten Lunatkultes zu verstehen, kommt über reine Vermutungen nicht hinaus. Ε. A. KNAUF, Herkunft, 155 f., hat die Stierbilder mit den in den Elefantine-Papyri bezeugten Gottheiten Jahwe, 'Anat-Jaho und HirnBethel, die er als eine Göttertriade zusammengefaßt sehen will, in einen Zusammenhang gebracht (vgl. H.-P. MÜLLER, Probleme, 62 f., Anm. 40; DERS., Gott, 129). Ist jedoch schon zweifelhaft, ob die genannten Gottheiten überhaupt als Triade zu interpretieren sind, so bleibt deren Bezug zum Betheler Heiligtum noch hypothetischer, einmal davon abgesehen, daß in der alttestamentlichen Tradition immer nur von einem oder zwei Jungstieren die Rede ist Uberhaupt ist über eine Affinität von 'Anat-Jaho und Isim-Bethel zur Stiersymbolik nichts Weiteres bekannt (zur Kritik an KNAUF vgl. KEEL/UEHLINGER, Göttinnen, 219 f.). 104 Im Unterschied zu dieser beinahe allgemein akzeptierten Sicht (vgl. ζ. B. SCHMIDT, Glaube, 227; WEIPPERT, Jahwe, 252; DERS., Synkretismus, 157f.; P.E. DION, YHWH, 48-58; KNAUF, Yahwe, 469 f.; DERS., Midian, 48.51; H. NIEHR, Gott, 44; DERS., Rise, 52; ALBERTZ, Religionsgeschichte I, 85 mit Anm. 56) sehen P. D. MILLER, Warrior, 60 f.162-165; CROSS, Myth, 44-75; J. C. DE MOOR, God, 59-64; vgl. DERS., Rise; TOEWS, Monarchy, 5-22, u. a. in Jahwe eine El-Gottheit. Nach METTINGER, Essence, 411 (vgl. JEREMIAS, Begriff, 442, Anm. 3), vereinigt Jahwe von Anfang an El- und Baal-Aspekte auf sich.
Die Stierbilder Jerobeams
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Als Wettergott verläßt Jahwe seinen Aufenthaltsort im Süden - wohl im edomitischen Gebirge - , um für die (nunmehr) Seinen - die Israeliten - im Kampfe zu streiten und zu siegen (vgl. noch Dtn 33,2 f.26-29; Hab 3,3; Ps 68,8 f.; KAgr(9): 7; 10,2 [vgl. 9,5?]).105 Ist Jahwe seiner Herkunft nach ein Wettergott, so hat die inzwischen schon klassisch gewordene Ableitung der Jahwe-Stierbilder von Dan und Bethel aus der Tradition des Wettergottes106 nach wie vor die größte Plausibilität auf ihrer Seite. Der Stier als Symboltier des Wettergottes ist spätestens seit dem 2. Jt. v. Chr. belegt. Allerdings ist ein Verständnis der Jahwe-Stierbilder aus der Wettergott-Tradition in den letzten Jahren zugunsten einer Ableitung derselben aus El teilweise wieder verdrängt worden.107 Dabei geht man davon aus, daß Jerobeam ein altes, El-konnotiertes Kultbild neu zu Ehren gebracht hätte.
Exkurs 1: Zur These eines Bethel-spezifischen Jahwe- El- Synkretismus Diese These stützt sich auf die Vermutung, daß Bethel in vor-jahwistischer Zeit108 ein El-Heiligtum gewesen sei, auf eine vermeintlich ältere Kultätiologie in Ex 32, die bereits eine vorisraelitische Stierbildverehrung bezeuge, sowie auf die Verbindung von El, Exodus und Stiersymbolik in Num 23,22; 24,8. Religionsgeschichtlich wird auf das Epitheton „Stier" (tr) verwiesen, das in Ugarit allein El vorbehalten ist.109 105 Vgl. AHLSTRÖM, Picture, 18-21; DERS., Israelites; J. A. EMERTON, Light, 9 f.; M. GÖRG, Jahwe. 106 Vgl. ζ. B. J. I. BENZINGER, Könige, 90; MARTI, Geschichte, 101; S. OETTLI, Geschichte, 337; W. F. BADE, Monojahwismus, 84; A. SANDA, Könige, 343; v. RAD, Theologie I, 229; W. V. SODEN, Stierdienst, 373; A. S. KAPELRUD, Ras-Schamra-Funde, 82; ZIMMERLI, Bilderverbot, 257; WENNING/ZENGER, Baal-Heiligtum, 32; vgl. zusammenfassend HAHN, Kalb, 332, Anm. 134. 107 So bes. MOTZKI, Stierkult; vgl. CROSS, Myth, 74 f.; A.W. JENKS, Elohist, 51; KEEL/UEHLINGER, Göttinnen, 219; ALBERTZ, Religionsgeschichte I, 223; TOEWS, Monarchy, 41-46. 10β Nach Meinung der in Betin/Bethel tätigen Ausgräber reicht die Geschichte des Heiligtums von Bethel mindestens bis in die Mittelbronze-I-Zeit zurück: vgl. J. L. KELSO, Excavation (1968), 22; zusammenfassend: DERS., Bethel, 193. Diese im allgemeinen akzeptierte Sicht (vgl. ζ. B. GÖRG, Bet-El, 282; NIEMANN, Herrschaft, 206) wird durch ZWICKEL, Tempelkult, 20, mit beachtenswerten Hinweisen in Frage gestellt Der Befund stützt sich vor allem auf als Blutspuren gedeutete Farbflecken, die man auf einem Felsen entdeckt hatte, und einige Tierknochen. Doch ist zu fragen, ob sich durch chemische Analyse Jahrtausende alte Blutspuren überhaupt zweifelsfrei identifizieren lassen. Die Tierknochen sind ebenfalls keiner besonderen species zugeordnet worden. Das über dem Felsen errichtete Gebäude aus der Mittelbronze-I-Zeit muß nach ZWICKEL nicht zwingend als Tempel gedeutet werden. lc * Vgl. beispielhaft MÖTZKI, Stierkult.
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Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
Dabei ist zunächst die Kompatibilität von El und Stiersymbolik unstrittig. Allerdings ist außerhalb der Ugarit-Texte die Stiersymbolik ebenfalls für den Wettergott breit bezeugt. Die Annahme, Bethel sei ursprünglich ein El-Heiligtum gewesen, versteht sich keineswegs von selbst. Ein wirkliches Indiz liefert allenfalls der Name !>» rrn. Doch muß gerade hier offen bleiben, ob als Eigenname oder als Appellativum aufzufassen ist. Für ein Verständnis als Eigenname spricht die gebräuchliche Formation bit GN. 110 Doch begegnet diese auch mit Gottes appellativ. In dem hethitischen Ritualtext KBo XII 15 Vs. (?) 13' ist von einem si-ü-na-as Ε („Haus des Siun") die Rede.111 Der Kontext läßt keinen Zweifel daran, daß es sich um einen Kultraum in Hattusa handelt. Außerhalb des Anitta-Textes, wo Siun- „der ererbte indoeuropäische Licht- und Himmelsgott" ist,112 spielt Siu(n)nur noch im dynastischen Ahnenkult eine Rolle. Ein Siu(n)-Tempel aus Hattusa ist nicht bekannt. Wahrscheinlich ist si-ύ-ηα-αϊ Ε in einem Zusammenhang mit dem in Vs.(?) Z. 14\23' genannten A«iä-Haus (dem Totentempel der Lewanni?) zu sehen.113 Haas übersetzt si-ύ-ηα-αΐ Ε deshalb mit „Haus der Gottheit", was sich bestens zu den späteren, etymologisch mit Siu(n)- verwandten Appellativen θεός und deus fügt.114 In Mesopotamien ist bit ili (E DINGIR) als Terminus für ,Tempel' ohnehin zahlreich belegt.115 Fraglich ist auch, ob die Gottesbezeichnung ,E1-Bethel' in Gen 31,13 und 35,7 für eine ältere El-Verehrung in Bethel beansprucht werden darf. Alt interpretierte ,E1-Bethel' noch als kanaanäisches Lokalnumen.116 Erst der Einfluß der Ugarit-Texte auf die atl. Forschung führte zu einem Verständnis als verselbständigtem El-Aspekt.117 In Gen 31,13 ist !>x jedoch determiniert und appellativisch zu übersetzen. Die ausdrückliche Bezugnahme auf Gen 28,20-22 einem schon in Gen 28,10 ff. sekundären Stück - läßt vorisraelitische Provenienz ohnehin nicht erwarten. Gen 35,1-7 ist literargeschichtlich ebenfalls jung und datiert nicht in vor-dtr. Zeit.118 Die Vermutung, Gen 35,6 f. enthalte alte Überlieferung,119 bleibt vage. 110 111
Vgl. CAD 2, sub bltu 1. c) 1'. Dazu V. HAAS/M. WÄFLER, Bemerkungen.
112
HAAS, G e s c h i c h t e ,
113
V g l . HAAS, G e s c h i c h t e ,
114
V g l . HAAS/WÄFLER, B e m e r k u n g e n ,
188. 245.
115
83.
Vgl. CAD 2, sub bltu 1. c) 2'. 116 Vgl. Gott der Väter, 6 f. El sei dabei als Appellativum zu fassen, „während das zweite, . . . genitivisch untergeordnete Element die Individualität des . . . Numens charakterisiert und so den ganzen Ausdruck wenigstens zu einem Surrogat für den fehlenden Eigennamen macht". 117 Vgl. H. GESE, Religionen, 106.113. Die später belegte Gottheit ,Bethel', die religionsgeschichtlich vermudich als El-Hypostase abzuleiten ist (vgl. GESE, Religionen, 113), steht sicherlich in keinem genuinen Zusammenhang mit dem israelitischen Bethel. 118
V g l . E . BLUM, K o m p o s i t i o n ,
35-45.
Die Stierbilder Jerobeams
51
D e r Hieros Logos G e n 28,10-22 bietet ebenfalls keine Anhaltspunkte f ü r eine El-Prägung Bethels. Dies gilt zunächst für die literargeschichtliche Ansetzung des Textes. Blum hat überzeugend dargelegt, daß sich eine vorisraelitische (literarische) Grundschicht methodisch ausweisbar kaum eruieren läßt. Er rechnet mit einem ältesten Bestand, der Vll-13aa.l6-19 umfaßt. 120 Gegen eine vor-jahwistische Ansetzung dieser Schicht steht schon mrr in VI 6. Hinsichtlich einer vorisraelitischen Uberlieferung in Gen 28* gibt Blum mit Recht zu bedenken: „Zwar besteht zweifellos die Möglichkeit, daß nicht nur Vorstellungen und Konzepte in den kanaanäischen Kontext zurückreichen, sondern auch die Substanz dieser Erzählung, doch sehe ich nicht, wie dies bei Gen 28 methodisch ausgewiesen zu zeigen wäre. Der Text bietet schlechterdings keinen Anhaltspunkt für die Annahme, er sei in seinem Handlungsgerüst und seiner Ausdrucksgestalt nicht von (einem) israelitischen Erzählern) konzipiert worden" (Hervorhebung v. Vf.). 121 Und: „Sollten tatsächlich so vielschichtige theologische Konzeptionen lediglich über einen Text in Israel rezipiert worden sein? Ist es sinnvoll anzunehmen, daß über die Bedeutung, das ,Wesen' des Heiligtums in Bethel . . . unter Kanaanäern oder Israeliten lediglich eine Uberlieferung umlief? M.a.W.: die oft sehr weitgehenden überlieferungsgeschichdichen Rekonstruktionen . . . schließen von den iradtoomgeschichtlichen Voraussetzungen der Erzählung unmittelbar auf ihre Überlieferungsgeschichte. Darin sehe ich in diesem Fall einen vereinfachenden Kurzschluß" (Hervorhebungen v. Vf.).122 Aber auch traditionsgeschichdich zeigt der Text kein El -typisches Kolorit. Die Himmelsleiter ist m. W. im Zusammenhang mit El an keiner Stelle belegt. Das „Tor des Himmels" gehört motivgeschichdich eher in den Zusammenhang der Sonnengottheiten. Möglicherweise ist das kosmische Himmelstor, das vom Sonnengott des Morgens geöffnet wird, um hernach am Gewölbe des Himmels zu erscheinen, auf das Heiligtum übertragen worden. Die in Gen 28,12 genannten Gottesboten sind in der ugaritischen Literatur ebenfalls nicht an El gebunden.123 Daß sich schließlich die fragliche Gottheit im Traum offenbart, 124 darf, wie die zahlreichen aus dem Alten Orient bekannten Traumprotokolle ausweisen, keinesfalls als ein Charakteristikum Eis angesehen werden. N o c h weniger als eine ursprüngliche El-Prägung Bethels läßt sich ein £/-haltiges Stierbild von Bethel belegen. Ex 32 und N u m 23,22; 24,8 vermögen die ihnen zugeschriebene Beweislast nicht zu tragen. So BLUM, Komposition, 64. Der vorliegende Text bezieht !>xna i>* auf das Heiligtum (oipan). Da das Heiligtum aber nicht den Namen !>Κίη ί>κ trug, sondern nach Ausweis von Gen 28,19 nur !>κηι hieß, vermutet BLUM eine ältere Tradition, die S>xm t>K mit dem Altar verband. 120 Vgl. BLUM, Komposition, 19-34. m Komposition, 25, Anm. 69. m Ebd. m Vgl. z.B. mlak ym in KTU 1.2 I 22.26.28.30.44; zusammenfassend zu ηχί>η in der ugaritischen Literatur: D. N. FREEDMAN/B. E. WILLOUGHBY/H.J. FABRY, ηκ^η, 888 f. m
Vgl. TOEWS, M o n a r c h y , 16.
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Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
Was Ex 32125 betrifft, so genügt der Hinweis auf die späte Herkunft von Vl-6, 126 ohne die eine sinnvolle erzählerische Substanz nicht zu denken ist.127 Eine ältere Kultätiologie läßt der Text jedenfalls nicht erkennen. Das zweifache Vorkommen des El-Spruches Num 23,22; 24,8 verdankt sich nicht voneinander unabhängiger Überlieferung. Im Rahmen des Quellenmodells gilt 23,19-24 allgemein als die jüngere Variante (E) zu 24,5-9 (J).128 24,5-9 gehört frühestens in die Zeit des Nordreiches (vgl. Jakob/Israel" [V5] und das Thema ,Königtum' [V7]). Die Frage ist, wie es um die von Motzki behauptete Nähe von 24,8 (23,22) zu der Kultformel I Reg 12,28b (par) bestellt ist129 und ob der Spruch ein älteres, möglicherweise bis in die vorstaatliche Zeit zurückreichendes überlieferungsgeschichdiches Stadium repräsentiert. Nun ergibt ein Vergleich zwischen Num 24,8 (23,22) und der Kultformel I Reg 12,28b (par) neben der motivlichen Verbindung Gott-Exodus-Stier eine ganze Reihe wesentlicher Unterschiede. Die Gottesbezeichnung lautet in I Reg 12,28b Ernbx, in Num 24,8 (23,22) ^x. Die Exodusprädikation erfolgt dort über einen Relativsatz, hier über ein Partizip. Dort ist sie mit nby (Hif.), hier mit xx- (Hif.) gebildet. Die Stierthematik kommt innerhalb des Kultrufes I Reg 12,28b (par) expressis verbis nicht vor. Sie ist vielmehr in dem erzählenden Teil verankert. Zu bedenken ist weiterhin, daß das Thema ,Stier' in Num 24,8 (23,22) lediglich in einem Vergleich aufgenommen wird. Zudem liegt mit nm ein anderer Sprachgebrauch als in I Reg 12,26-28; Ex 32 vor. Die Metaphorik geht in V9 sogleich in die eines Löwen über. Die Stierhaltigkeit Eis ist demnach nicht übermäßig betont. Ein möglicher Zusammenhang von I Reg 12,28 (par.) mit Num 24,8 (23,22) rückt gänzlich in die Ferne, wenn man nach dem sonstigen Vorkommen der hier gebrauchten Exodusterminologie fragt. Exodusprädikationen mit ptc. Hif. von XX" finden sich noch Ex 6,7; Dtn 8,14; 13,6.11; Jdc 2,12; Jes 43,17, sämdich Texte, die kaum vorexilischer Provenienz sind. Es legt sich von daher nahe, auch D"Txnn (ox-xia) ix'xm in Num 24,8 (23,22) nicht vorexilisch zu datieren. Somit ist entweder der ganze Spruch frühestens exilisch anzusetzen oder eine exilische Redaktion anzunehmen. In jedem Fall gehören El, Stier und Exodus nicht auf eine literarische Ebene. Tatsächlich wäre eine Vorlage ohne •"ixnn (nx'xm) ix-xm denkbar. Der El von Num 24,8 trüge dann aber eher, wie V8 zeigt, die Stigmata des Wettergottes. Fehlt es der Ableitung der Jahwe-Stierbilder aus der El-Tradition an durchschlagenden Belegen, 130 so kommt erschwerend hinzu, daß sich mit 125 Neuere Analysen zu Ex 32 finden sich bei PERLITT, Bundestheologie, 203-216; HAHN, Kalb, 20-217 (Forschungsgeschichte: S. 142 f.); DOHMEN, Bilderverbot, 34-147; J. VERMEYLEN, L' affaire; AURELIUS, Fürbitter, 57-90; WEIMAR, Kalb, und HOFFMANN, Reform, 307 f.; vgl. jetzt auch OTTO, Pentateuchredaktion, 84-91. 126 S. o. S. 38 f. 127 Vgl. jedoch VERMEYLEN, L'affaire, 2. 128 Vgl. EISSFELDT, Komposition, passim; NOTH, Numeri, 151 ff.; DERS., Überlieferungs-
geschichte, 129
35.39.
MOTZKI, Stierkult, 484. 130 Der Hinweis auf die Stierprädikate Josephs in Dtn 33,17 kann freilich ebensowenig wie der in Gen 49,24 genannte apy Tax einen Bethel-spezifischen Jahwe-El-Synkretismus belegen (so MOTZKI, a. a. O., 284; F. DUMERMUTH, Kulttheologie, 83 ff.). Für den vermeint-
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dieser Annahme bestenfalls die Herkunft des Betheler Stierbildes erklären ließe, über das Stierbild von Dan aber noch nichts gesagt wäre.13' Die Behauptung Motzkis, das Daner Stierbild sei nur ein Phantasiegebilde dtr. Polemik, hat, wie oben gezeigt wurde, die Literarkritik gegen sich. Welche Gottheit im vor-jahwistischen Bethel verehrt wurde, läßt sich nicht abschließend beantworten. Was aber spräche dagegen, Bethel von vornherein als ein Wettergott-WeWipnm zu interpretieren? Ein appella-
lichen „Stier Jakobs" von 49,24 ist zunächst festzustellen, daß τ ι κ kaum mit Notwendigkeit durch ,Stier' wiederzugeben ist (vgl. KAPELRUD, ΤΙΚ; bereits ALT, Gott der Väter, 24 f., hat auf die Problematik der Ubersetzung von ipy- τ ι κ mit „Stier Jakobs" aufmerksam gemacht). Von den 23 atl. Belegen für Tax ist die Bedeutung ,Stier' lediglich für eine Stelle (Jer 46,15) einigermaßen gesichert Das Wort hat die Grundbedeutung „stark, mächtig", was in gleicher W e i s e f ü r M e n s c h e n (I S a m 2 1 , 8 ; J e s 10,13; 4 6 , 1 2 ; P s 7 6 , 6 ; H i 2 4 , 2 2 ; 3 4 , 2 0 ; T h r 1,15), T i e r e (Jdc 5 , 2 2 ; J e s 3 4 , 7 ; J e r 8 , 1 6 ; 4 6 , 1 5 ; 4 7 , 3 ; 5 0 , 1 1 ; P s 2 2 , 1 3 ; 5 0 , 1 3 ) , h i m m l i s c h e M ä c h t e ( P s 6 8 , 3 1 ; 7 8 , 2 5 ; 1 0 5 , 4 0 ) u n d e b e n a u c h f ü r G o t t ( G e n 4 9 , 2 4 ; J e s 1,24; 4 9 , 2 6 ; 6 0 , 1 6 ; P s
132,2.5) gebraucht werden kann. Die Verwendung des Ausdrucks für starke Tiere teilt das AT dabei mit dem ugaritischen Ihr „starkes Tier", das in der Bedeutung „Stier, Wildrind" belegt ist, nicht aber mit dem verwandten akkadischen Nomen abämm. Die Annahme KAPELRUDs, daß die Masoreten durch Weglassung des Dagesch im a die Bedeutung „Stier" für die Gottesepitheta ausgeschlossen wissen wollten, erklärt zwar das auffällige Phänomen, d a ß τ ι κ n u r in G e n 4 9 , 2 4 ; J e s 1,24; 4 9 , 2 6 ; 6 0 , 1 6 ; P s 132,2.5 o h n e D a g e s c h g e s c h r i e b e n
ist Doch besagt das noch nicht, daß auch der Konsonantentext ursprünglich diese Bedeutung intendierte. Aber selbst wenn van hier mit „Stier" zu übersetzen wäre - einen eindeutigen Hinweis, daß dieses Gottesepitheton bis in vorstaadiche Zeit hinaufreichte, hätte man dennoch nicht (BLUM, Komposition, 179, Anm. 22: „Die seit Alt . . . verbreitete Deutung als Vätergott-Bezeichnung steht und fällt mit dessen religionsgeschichtlicher Hypothese"). Auch ist ein Zusammenhang mit Bethel allein aufgrund des Vorkommens dieser Gottesbezeichnung innerhalb eines Josephspruches keineswegs evident. Auch Dtn 33,17 wirft nichts für eine Bethel-spezifische „Stierhaltigkeit" Jahwes ab, da das Prädikat „Stier" hier Joseph zugeschrieben wird und nicht einer Gottheit. Wahrscheinlich greift die Stiermetaphorik an den genannten Stellen einfach auf ein allgemein kulturell bedingtes „Metaphernrepertoire" zurück. - Das von KEEL/UEHLINGER, Göttinnen, 219, aufgrund des nahezu negativen archäologischen Befundes zu Stierdarstellungen in der Eisen-II-B-Zeit gegebene Placet zu der These MOTZKIs besagt positiv freilich noch nichts über ein bronzezeitliches Betheler Stierbild. 131 Ohne die leftover-These MOTZKIS direkt zu rezipieren, hat sich jüngst TOEWS, Monarchy, 41-51, wieder für eine El-Prägung der Stierbilder Jerobeams ausgesprochen. Als Kronzeugen für eine vor- bzw. ,neben'-jahwistische Verbindung von Exodustradition und El-Konzeption treten auch bei ihm die in dieser Hinsicht problematischen Texte Num 23,22 und 24,8 f. auf (vgl. a. a. O., 45 f.). Weiterhin verweist er auf die forschungs geschichtlich wirkmächtige Annahme einer generellen El-Prägung der Religion des frühen Israel (mit SMITH, Early History, 7f.; DE MOOR, Rise, 10-41; N.K. GOTTWALD, Tribes, 493-497; AHLSTRÖM, Israelites, 7f.83), die er besonders durch die Heiligtümer Silo (vgl. auch C. L. SEOW, Myth, 11-54; METRINGER, YHWH SABAOTH, 130 f.), Sichern und Bethel, also jene Kultorte, die auch in der Jerobeam-Überlieferung eine Rolle spielen, befördert sieht (vgl. a. a. O., 5-22). Schließlich nimmt TOEWS für seine Argumentation die Konzeption von DtrH in Anspruch, die den Baalsdienst erst mit Ahab (und nicht mit Jerobeam) habe beginnen lassen. Doch wäre in methodischer Hinsicht zu diskutieren, inwiefern diese Konstruktion für die religionsgeschichdiche Fragestellung überhaupt relevant ist
54
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
tivisches Verständnis von ί>κ in der Bethel-Tradition ließe eine solche Deutung durchaus zu. Sicherlich war Jahwe nicht erst seit Jerobeam in Bethel ansässig. Den Einzug Jahwes in Bethel hätte man sich dann als einen fließenden Übergang von einem Baalkult hin zur Verehrung Jahwes zu denken, der seinen Ursprüngen nach ein Wettergott war. Ob dieser Baal bereits durch ein Stierbild repräsentiert war, muß wiederum offen bleiben. In jedem Falle empfiehlt es sich, wieder an die forschungsgeschichtlich ältere Erklärung aus der vorderorientalischen Wettergott-Tradition anzuknüpfen.132 Die Deutung der Stierbilder als Wettergott-Symbole fügt sich nicht nur zu der These, daß Jahwe seinem Ursprung nach eine Wettergottheit war, sondern auch zu den oben angestellten Beobachtungen, wonach Jahwe im Rahmen der offiziellen Reichstheologie Israels als Staats-, Dynastie-, Landes- und Volksgott zu gelten hat. Die genannten Aspekte lassen sich sieht man einmal vom Moment des Volksgottes ab - in der WettergottKonzeption der Panthea Syrien-Anatoliens wiederfinden. Erstmals greifbar wird die Funktion des Wettergottes als Staats-, Dynastie- und Landesgott bereits im hethitischen Staatspantheon des 2.Jt.s v. Chr. 133 Man kann fragen, ob die hethitische Wettergott-Tradition des 2.Jt.s geeignet ist, die religionsgeschichtlichen Verhältnisse im eisenzeitlichen Israel aufzuhellen. Der zeitliche und räumliche Abstand ist beachtlich. Anderseits kann darauf verwiesen werden, daß die geo-ökonomischen Bedingungen der Wettergott-Konzeption in Anatolien und Palästina durchaus vergleichbar waren. Hier wie dort handelt es sich um Regenfeldbaukulturen. Außerdem läßt sich, wie noch zu zeigen sein wird, eine traditionsgeschichtliche Linie von der bronzezeitlichen anatolischen zur syrischen Wettergott-Konzeption des 1. Jt.s über die Baalsamem-Konzeption ziehen.
Die hervorragende Stellung des Wettergottes in der hethitischen Staatstheologie mag folgender Text veranschaulichen: Wenn der [Kö]nig sich vor den Göttern verneigt, rezitiert der tazzili-Beschwörungspriester in dieser Weise: ,Möge Tabarna, der König, den Göttern angenehm sein. Das Land gehört nur dem Wettergott; Himmel und Erde mitsamt der Armee/Bevölkerung gehören nur dem Wettergott. Er machte Labarna, den König, zu (seinem) Verwalter und gab ihm das ganze Land Hattusa. [Und] Labarna soll nun durch seine Hände das ganze Land ständig ve[rwal]ten. Wer 132 Zu weiteren Ableitungsversuchen der Stierbilder und zu deren Erklärung vor dem Hintergrund ägyptischer Tradition (so bis in das 19. Jh. hinein - in neuerer Zeit wieder E. DANELIUS, Sins, 9 5 - 1 1 4 ; 204-223) vgl. HAHN, Kalb, 314-337. 131 Vgl. HAAS, Geschichte, passim, bes. 336-339.
55
Die Stierbilder Jerobeams
immer der Person und dem Bereich [des] Labarna [zu nahe kommt, den möge] der Wettergott vernichten'. 134
Die Beziehung des hethitischen Wettergottes zum Königtum wird auch aus Epitheta wie „Wettergott des Palastes (des Labarna)", „Wettergott des Hauses", „Wettergott des Riegels", „Wettergott des Hauptes (des Königs)", „Wettergott des Heerlagers" ersichtlich.135 Damit eng verbunden tritt er als Wahrer des Rechts (vgl. die Wendungen „Wettergott der Gerechtigkeit", „Wettergott des Friedens/Bündnisses", „Wettergott des Eides") auf.136 Als Landesgott ist er der „Wettergott des Hatti-Landes". 137 Innerhalb des Pantheons präsidiert er als „Wettergott der Ratsversammlung" dem Rat der Götter.138 Hinweise auf eine herausgehobene Funktion des Wettergottes für das Staatswesen finden sich für das 2.Jt. v.Chr. außerhalb des anatolischen Bereiches noch in der Korrespondenz des mittanischen Königs Tusratta mit Amenophis III./IV. Der Wettergott ( d IM) wird hier parallel zu Amon genannt und damit als mittanischer Staatsgott ausgewiesen. Gleichzeitig ist er persönlicher Gott des Königs.139 In Ugarit ist der Wettergott Baal ebenfalls Staatsgott.140 Die Stellung des höchsten Gottes im Pantheon nimmt aber nicht Baal, sondern El ein. Dieser gilt als „Vater der Götter" und Herr der Götterversammlung.141 Deudich wird die niedrigere Stellung Baals gegenüber El auch dort, wo er sich zum Bau seines Königspalastes erst die Genehmigung Eis einholen muß.142 Strittig ist, ob die Ugarit-Texte bereits eine Verdrängung Eis durch Baal und damit eine Konkurrenz zwischen den Königtümern Eis und Baals zumindest in der Spätzeit Ugarits signalisieren.143 134 IBoT 1.30 Vs. 1-8 (Duplikat: KUB 48.13). Zitiert nach HAAS, Geschichte, 189 f.; zu Bearbeitungen und Literatur vgl. DERS., a.a.O., 190, Anm.40. 135 Vgl. HAAS, Geschichte, 337 f. (Belege ebd.). 136 Vgl. HAAS, a. a. O., 338 (Belege ebd.). 137 Vgl. HAAS, a. a. O., 339. Der „Wettergott des Hatti-Landes" stellt wahrscheinlich eine Axt Ubersumme verschiedener Wettergottheiten dar. 138 Vgl. HAAS, a.a.O., 338 mit Anm. 198, unter Bezugnahme auf KUB 52.102 Vs. II 5. 139
E A 17,33; 1 9 , 1 5 . 7 5 ; 2 0 , 6 1 . 7 4 ; 2 7 , 8 7 : vgl. R. S. HESS, N a m e s , 160, sub T e s s u b ,
D
IM.
140
In KTU 2.23 erscheint Ba'al Sapon in Parallele zu Amon und damit als Staatsgott Ugarits (vgl. GESE, Religionen, 124; NIEHR, Gott, 18, Anm. 4; zur Literatur ebd.). Zu Ba'al Sapon vgl. zusammenfassend GESE, a.a.O., 123-128. 141 Vgl. z.B. KTU 1.2. I 13-32, vgl. auch Wendungen wie „Versammlung Els" (dr it), „Versammlung der Söhne Eis" (dr bn il, p/fr bn ilm, mphr bn it); vgl. O. LORETZ, Ugarit, 60. 142
KTU 1.1. III 1-32; 1.3 IV 47-55; V 1-44; NIEHR, Gott, 17 f. mit Anm. 3. Vgl. NIEHR, Gott, 18 f. mit Anm. 9 (Literatur). Für die These einer in den Ugarit-Texten erkennbaren El-Polemik im Dienste der Beförderung Baals nimmt man vor allem die wenig freundliche Darstellung Eis in KTU 1.114, aber z.B. auch den Umstand des Sieges Baals gegen Jamm in Anspruch, „da Jammu als sein (sc. des El) Günstling gilt und von El nach 143
56
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
Als Indiz für die große Bedeutung des Wettergottes seit dem 2. Jt. v. Chr. kann ebenfalls dessen Bezeichnung als Baal („Herr") gelten, wie sie vor allem in Ugarit, aber ζ. B. auch in den Amarnabriefen144 bezeugt ist. Zunächst sind es ganz verschiedene, für den Menschen in religiöser Hinsicht bedeutsame Phänomene, denen innerhalb der syrischen Religionen mit „Baal" der Status göttlicher Dignität verliehen wird.145 Daß dieser Terminus aber auch auf den semitischen Wettergott Adad/Hadad übergeht und quasi eine Umbenennung des Gottes herbeiführt, dürfte wohl als Ausdruck ganz besonderer Wertschätzung desselben zu verstehen sein. Dieser Tendenz entsprechen Bezeichnungen wie aliyn („der sehr Starke, Mächtige, Sieghafte"), aliy qrdm („Mächtigster der Helden") und zbl („Fürst").146 Die zunehmende Bedeutung des Wettergottes seit der Spätbronzezeit wird auch durch das Onomastikon bestätigt. Um die Mitte des 2.Jt.s v. Chr. ist der ursprünglich hurritische Wettergott Tessop als theophores Namenselement anzutreffen.147 Im phönizisch-punischen Onomastikon des l.Jt.s dominieren baal-haltige Namen.148 Dem entspricht bis zu einem gewissen Grade, daß in den aramäischen Staaten des 1. Jt.s v. Chr. zumeist der semitische Wettergott Hadad an der Spitze der lokalen Panthea steht und als persönlicher Gott des Königs fungiert.149
dessen Niederlage betrauert wird" (NIEHR, a . a . O . , 18); zu einer entsprechenden Deutung von K T U 1.114 vgl. vor allem Μ. H . POPE, Banquet, 182-190; DE MOOR, Crisis, 6 f. - In methodischer Hinsicht ist allerdings anzumerken, d a ß K T U 1.114 seinen Skopus eindeutig in der Anweisung Rs. 28-31 findet, also nicht davon isoliert als mythologische Darstellung des Niederganges Eis interpretiert werden darf (vgl. S. E. I.ÖWENSTAMM, Trinkburleske; M. DIETRICH/O. LORETZ/J. SANMARTIN, Aufbau, 114; KINET, Ugarit, 107 f.). Schwierigkeiten bereitet weiterhin die Annahme, der Sieg Baals über J a m m beträfe auch El. Immerhin darf sich nicht nur J a m m , sondern auch Baal der Gunst Eis erfreuen (vgl. K T U 1.5 VI 11 ff.; 1.6 III 14 ff. und GESE, Religionen, 96 mit Anm. 18). 144 D a ß die Wiedergabe des Sumerogramms d I M zumindest an einigen Stellen ba'lu gelautet haben muß, zeigen die entsprechenden phonetischen Komplemente; vgl. weiterhin die Formulierung ina 7 ana sepi b\et\ija\\addija amkut in EA 52,3 f., vgl. H . GRESSMANN, H a d a d , 191 ff.; GESE, Religionen, 120. 145 Zur Bezeichnung von Lokalnumina mit „Baal" vgl. ζ. B. Ba'al Lebanon (KAI 31), Ba'al P^or ( N u m 25,3.5; D t n 4,3 [bis]; H o s 9,10; Ps 106,28), Ba'al B'rit von Sichern Qdc 8,33; 9,4) - vgl. GESE, Religionen, 120; J. C. DE MOOR/M. J. MULDER, !>JO, 719 f., binden allerdings auch diese Numina stärker an den Wettergott Baal. 146 Vgl. zusammenfassend GESE, Religionen, 121 f. 147 Vgl. G. WILHELM, Grundzüge, 70; HAAS, Geschichte, 330. 148 NIEHR, Gott, 21; F. L. BENZ, Personal Names, 266F.288-290. 149 So in der Inschrift vom Tell Fekherye (A. ABOU-ASSAF U. a., Statue, 23 f., vgl. NLEHR, Gott, 30 mit Anm. 80), den Sfire-Verträgen (KAI 222 Α 10 f. [ „ H a d a d von Aleppo"]; vgl. NIEHR, ebd.) und im Pantheon von Sam'al (KAI 214, 1.2.8.11.13 f.16.18.21-23; 215,2.22, vgl. NIEHR, ebd. mit Anm. 84).
Die Stierbilder Jerobeams
57
Bei den Phöniziern drängt eine neuerdings weithin als theologische Neukonzeption des l.Jt.s 1 5 0 eingestufte Gottheit unter dem Namen Ba'alsamem 151 an die Spitze der örtlichen Panthea. Die Ba'alsamem-Tradition nimmt in Phönizien ihren Ausgang, erstreckt sich von hier aus auf die punischen Kolonien 152 und greift teilweise auch auf die aramäischen Staaten über. Die Streuung der Belege für Ba'alsamem reicht in hellenistisch-römischer Zeit schließlich bis in das Gebiet jenseits des Euphrat und nach Süden bis zu den Nabatäern. 153 Über die Herkunft dieses Gottes besteht bislang kaum eine befriedigende Vorstellung. Weder kommt eine Ableitung aus babylonischer Tradition in Frage, 154 noch kann die in der Amarnakorrespondenz belegte Wendung d IM ina same155 als traditionsgeschichtliche Wurzel in Anspruch genommen werden, da der Ausdruck nicht titular gebraucht wird und eine vergleichbare Formulierung auch in Verbindung mit dem Sonnengott auftritt.156 Der Versuch, Ba'alsamem mit El oder Eljon zu identifizieren,157 hat ebenfalls mit Recht Ablehnung erfahren.158 Wahrscheinlich ist die genannte Gottheit aus der Tradition des Wettergottes zu verstehen.159
Exkurs 2: Die
Ba'alsamem-Konzeption
Nach Eissfeldt besteht das spezifische theologische Profil Ba'alsamems darin, „daß dieser Gott, Herr des Universums einerseits und Erbarmer des Individuums anderseits, weniger als andere an politische Größen -
150 ELSSFELDT, Ba'alsamem, 173.183, suchte - wohl zu Recht (s.u.) - die Wurzeln der Ba'alsamem-Verehrung bereits im 2. J t v. Chr. 151 Vgl. EISSFELDT, Ba'alsamem; R. HILLMANN, Wasser, 90-94; GESE, Religionen, passim (bes. 182 ff.); S. M. OLYAN, Asherah, 62-64; SMITH, History, 41-45; NIEHR, Gott, passim (bes. 18-41); KEEL/UEHLINGER, Göttinnen, 220-222. 296-298. 152 Vgl. GESE, Religionen, 205-215; NIEHR, Gott, 29 mit Anm. 76 und die dort angeführten Belege. 153 Zu weiteren Belegen vgl. KAI, Bd. 2, 6 f.; NIEHR, Gott, 34 f. mit der ebd., Anm. 119-121, angegebenen Literatur. Zu Ba'alsamem in der Spätzeit vgl. J. TUBACH, Schatten, passim. 154 Vgl. schon W. W. GRAF BAUDISSIN, Adonis, 26. 155 EA 149,7; vgl. GRESSMANN, Hadad, 191 ff.; HILLMANN, Wasser, 90 f. 156 Vgl. EA 108,10; GESE, Religionen, 183 mit Anm. 4, und zuletzt wieder NIEHR, Gott, 23. 157 Vgl. R. ODEN, Ba'al Samern, 458.470-473. 158 Vgl. OLYAN, Asherah, 61-64; NIEHR, Gott, 24 mit Anm. 41. 159 Vgl. KAI, Bd. 2, 6 f.; ALBRIGHT, Stone Age, 231; GESE, Religionen, 183; W. HELCK, Betrachtungen, 178; OLYAN, Asherah, 62, Anm. 1, und 64, Anm. 10; SMITH, History, 43; NIEHR, Gott, 23; KEEL/UEHLINGER, Göttinnen, 296 f.; RÖLLIG, Baal-Shamem, 298.
58
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
Stamm, Stadt, Volk - gebunden war und so leicht von einem Volk zum anderen wandern konnte".160 Die Annahme einer gewissen Abstinenz Ba'alsamems vom Bereich des Politischen wird freilich durch einen Text wie die Inschrift des Jehimilk von Byblos (10. Jh. v. Chr.) relativiert. Die Inschrift hat folgenden Wortlaut: 1 2
Gebäude, welches JHMLK, König von Byblos, errichtete. Er (war es, der) alles, (was von) diesem Gebäude (in) Ruinen lag, wiederherstellte. Mögen verlängern der , Himmelsherr' und die , Herrin von Byblos' und die Versammlung der heiligen Götter von Byblos die Tage des JHMLK und seine Jahre über Byblos. Denn ein gerechter König und ein rechtschaffener König vor den heiligen Göttern von Byblos [ist er] (KAI 4).
3 4 5 6 7
Der Umstand, daß Jehimilk an erster Stelle den „Himmelsherrn" anruft, seine Tage zu verlängern, legt nahe, daß Ba'alsamem persönlicher Schutzgott des Königs ist. Weiterhin ist schon seit langem aufgefallen, daß der König darauf verzichtet, auf seine Abstammung zu verweisen, und seinen Anspruch auf den Thron ausdrücklich betont. Daraus schließt man, daß Jehimilk durch Usurpation König geworden ist.161 Dann aber darf wohl in Ba'alsamem der göttliche Promotor des Königs gesehen werden. Ein ähnlicher Vorgang wie der von Byblos ist für die Zeit um 800 v. Chr. noch einmal in der Inschrift des Königs Zakir von Hamath belegt.162 Die immer wieder beobachteten universalistischen Züge Ba'alsamems rufen nach Erklärungsmodellen. So beschreibt Gese Ba'alsamem als eine „Zeuskonzeption", die sich einer Konvergenz von „El- und Baaltraditionen" verdanke163 - ein Modell, das zuvor Schmidt164 auf das Verständnis des Königtums Jahwes angewandt hat.165 Noch weiter geht Niehr, wenn er schreibt: „Die neu auftretende Gestalt des Ba'alsamem kann als eine Antwort auf die Krise des Polytheismus in der Spätbronzezeit aufgefaßt werden. Es liegt mit ihr eine eigenständige neue Gottheit vor; Identifikationsversuche mit bisherigen höchsten Göttern sind aus diesem Grund 160
Ba'alsamem, 183. Vgl. KAI, Bd. 2, 7; NIEHR, Gott, 26 f. Indes dürfte die Vermutung NIEHRS, Ba'alsamem habe die „Herrin von Byblos" verdrängt, kaum zutreffen. Das setzt voraus, daß die Stadtgottheiten zugleich oberste Götter des Pantheons sein müssen, wofür sich leicht Gegenbeispiele finden lassen: So ist ζ. B. Marduk der Stadtgott Babylons, höchster Gott des Pantheons bleibt aber der Himmelsgott Anu. Die Funktion des Stadtgottes von Ugarit hat Ba'al Saphon inne. Prinzipal der ugaritischen Götterversammlung ist aber El etc. 161
162
K A I 202.
165
Vgl. Religionen, 185. 161 Vgl. Königtum, 55-63. 165
Vgl. OLYAN, A s h e r a h , 6 2 - 6 4 ; SMITH, H i s t o r y , 4 1 - 4 5 .
Die Stierbilder Jerobeams
59
auch zum Scheitern verurteilt."166 Das Spezifikum Ba'alsamems sieht Niehr neben seinem Zug zum Universalismus vor allem in dessen Funktion als „höchster Gott" der Lokalpanthea und persönlicher Gott des Königs.167 Nach Keel/Uehlinger, die sich Gese ebenfalls grundsätzlich anschließen, „war dieser Gott zwar nach wie vor für den Regen zuständig, doch brachte er seine Hoheit und seinen Herrschaftsbereich nun zunehmend auch in uranischen und solaren Kategorien zum Ausdruck".168 Gegenüber allen Versuchen, eine ,Ba'alsamem-Konzeption' als grundsätzliches Novum der Eisenzeit zu behaupten, ist ausdrücklich auf die hethitische Wettergott-Konzeption hinzuweisen, nach welcher der Wettergott als höchster Gott des Staatspantheons und als Staats- und Dynastiegott auftritt. Daß der Wettergott eine urane Größe darstellt, ist schon mit seinem natürlichen Erscheinungsbereich gegeben und nicht etwa eine Novität späterer Entwicklung. Entsprechend gehört die Wendung „Wettergott des Himmels" (mit der sumerographischen Schreibweise d IM) zu den bevorzugten Bezeichnungen des hethitischen Wettergottes. Sie begegnet bereits im Anitta-Text, dem ältesten hethitischsprachigen Schriftdenkmal.169 Was die Solarisierung des Wettergottes betrifft - ein Aspekt, der von Niehr gerade als typisch für Ba'alsamem angesehen wird170 - , so dürfen deren Anfänge ebenfalls im hethitischen Staatspantheon gesucht werden. Bereits in althethitischer Zeit tritt der Wettergott zusammen mit der Sonnengöttin von Arinna an die Stelle des „altindoeuropäischen Lichtund Himmelsgott(es)" Siu-.171 Der in der Zeit des Mittleren Reiches aus Mitanni in das hethitische Pantheon importierte Sonnengott Simige172 legt sein bereits in Mari173 und in einem altassyrischen Vertragstext174 belegtes Attribut „Sonnengott des Himmels" im hethitischen Staatspantheon nicht ab. Fortan erscheinen sowohl der Wetter- als auch der Sonnengott unter dem Titel „N.N. des Himmels". Die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Gottheiten gestalten sich so, daß nach hethitischer Überlieferung der Wettergott zum „Vater der Sonne" wird.175 Inwiefern die oben bereits erwähnte Zuständigkeit des Wettergottes auch für den Bereich des Rechts mit dessen Solarisierung zusammenhängt, läßt sich allerdings kaum mit Sicherheit sagen. 166 167 168 169 170 171
Gott, 24. Vgl. Gott, 17-41; JHWH, 310. Göttinnen, 296 f. Vgl. E. NEU, Anitta-TexL Vgl. Gott, 141-147. Vgl. HAAS, Geschichte, 188 f.
172
Vgl. ebd.
173
Vgl. W . G . LAMBERT, Pantheon, 521 ff.; HAAS, Geschichte, 565. Vgl. J. EIDEM, Treaty, 205; HAAS, Geschichte, 379.
174
175
Vgl. HAAS, Geschichte, 377, mit Verweis auf KUB 36.44 Rs. IV 3.
60
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
Tendenzen, den Wettergott zu solarisieren, können auch in Palästina bereits seit der Spätbronzezeit beobachtet werden. In Hazor ist im Eingangsbereich zum Tempel Η ein in die Spätbronzezeit (Stratum IB) datierendes ca. 30 cm langes Stierfragment gefunden worden.176 Zu diesem Fragment gehört ein Torso einer menschengestaltigen Figur. Auf dem Rücken des Stieres sind noch die Füße dieser Gestalt zu sehen, so daß man sich die Figur als auf dem Stier stehend vorzustellen hat. Die Darstellung folgt der Konstellation des anthropomorphen Gottes auf dem Stier und ist vor dem Hintergrund der Wettergott-Ikonographie zu verstehen. Die anthropomorphe Gestalt trägt auf der Brust ein Sonnenemblem (Scheibe und Kreuz) anatolischer Provenienz. Alles in allem wird man in Ba'alsamem wohl eine Neuauflage der hethitischen Konzeption des (Reichs-)Wettergottes des 2.Jt.s im l.Jt. sehen dürfen.177 Bestätigung findet diese Annahme in der durch die hieroglyphenluwisch-aramäische Bilingue vom Karatepe (8. Jh. v. Chr.) vollzogenen Gleichung Dnwi»y2 = Tipassas dTarhifiu-i-s4 (Ba'alsamem = „ Tarhunt des Himmels").178 Was die theologische Profilierung Ba'alsamems im Unterschied zu Hadad angeht, so dürfte diese am ehesten in der Affinität Ba'alsamems zu den solaren Gottheiten und damit verbunden in einem gewissen Zug zum Universalismus zu suchen sein.179 Insgesamt läßt sich für die Zeit seit dem 2. Jt. v. Chr. eine herausgehobene Stellung der Wettergottheiten auch hinsichtlich der Zuständigkeit für Staat und König im syrisch-anatolischen Raum beobachten.180 Der Jahwe des israelitischen Staatskultes stellt die israelitische Variante dieses religionsgeschichtlichen Phänomens dar.
176 Vgl. Y. YADIN U. a., Hazor III-IV, PI. 324 f.; KEEL/UEHLINGER, Göttinnen, 57, dazu 59 mit Abb. 44. 177 Diese Möglichkeit erwägt bereits HELCK, Betrachtungen, 178, spricht sich dann aber doch dafür aus, Ba'alsamem als eine theologische Neukonzeption des l . J t s v.Chr. aufzufassen. - NIEHR, Gott, 24; vgl. JHWH, 308, Anm. 8, will offensichtlich das Ergebnis der religionsgeschichdichen Arbeit schon vor der Analyse der Belege festschreiben, wenn er die Frage nach der Identität Ba'alsamems mit der Begründung, es handle sich um „einen neuen höchsten Gott", als „falsch gestellt" (JHWH, ebd.) zurückweist 178
V g l . WEIPPERT, E l e m e n t e , 1 9 7 . 2 0 8 ; HELCK, B e t r a c h t u n g e n , 1 7 8 ; NIEHR, J H W H ,
309.
Wie in der hethitischen Reichszeit begegnet auch hier wieder neben dem Wettergott „N.N. des Himmels" der „Sonnengott des Himmels" (Tipassas d UDU-s < = tby tav). 179
V g l . KEEL/UEHLINGER, G ö t t i n n e n , 2 9 6 ; vgl. OLYAN, A s h e r a h , 6 2 - 6 4 ; SMITH, H i s t o r y ,
4 4 ; NIEHR, G o t t , 180
141-147.
Freilich dürfen die jeweils lokalen Traditionen der einzelnen Panthea nicht aus dem Blick geraten. Darauf hat mit Recht K. ENGELKEN, Ba'alsamem, in der Auseinandersetzung mit NIEHR hingewiesen. Die besondere Bedeutung der Wettergottheiten sollte indes nicht bestritten werden.
Die Stierbilder Jerobeams
61
Aufgeworfen, aber nicht eindeutig beantwortet werden kann die Frage, ob der in den Stierbildern von Dan und Bethel verehrte Jahwe eher in einer traditionsgeschichtlichen Linie mit der Ba'alsamem- und der mit ihr mutmaßlich verbundenen hethitischen (Reichs-)Wettergott-Konzeption oder der Hadad-Konzeption zu sehen ist. An einer Entscheidung hängt bis zu einem gewissen Grade die Frage, inwiefern der Jahwe des Nordreiches schon als allzuständiger Gott profiliert ist. Immerhin wird, wie Keel/Uehlinger anhand ikonographischen Materials zeigen konnten, die Ba'alsamem-Tradition seit der Eisen-II-B-Zeit in Palästina greifbar.181 Sähe man den Jahwe des Nordreiches vor dem Hintergrund der Ba'alsamem-Tradition, so wäre es möglich, nicht nur dem Jerusalemer, sondern auch dem in Israel verehrten Jahwe bereits einen Zug zum Universalismus und damit eine Tendenz zum inkludierenden Monotheismus zuzuschreiben.182 Die bisherigen Überlegungen zur Theologie der Stiersymbolik führen im Blick auf die Frage nach dem religionsgeschichtlichen Fundament der stierbildspezifischen Fremdgötterpolemik zu einem ähnlichen Ergebnis wie
181
V g l . G ö t t i n n e n , 2 2 0 - 2 2 3 m i t A b b . 2 1 0 - 2 1 3 . ELSSFELDT, B a ' a l s a m e m , 186 ff., s i e h t die
Gottheit spätestens in der Omriden-, möglicherweise aber schon in der Richterzeit (Jdc 6,25-32) in Palästina bezeugt. Die Gründe, die er namentlich für die Identifikation des von den Omriden aus Tyrus importierten Gottes mit Ba'alsamem nennt, überzeugen allerdings kaum. Dieser Gott trete nicht als „Exponent des politischen Bündnisses" hervor - wie es bei der üblichen Deutung auf Melkart hätte der Fall sein sollen - , sondern als „Gott des persönlichen Kultes der beiden Königinnen (sc. Isebel und Athalja)" (a.a.O., 187) - zur Identifikation des tyrischen Baal mit Ba'alsamem vgl. aus neuerer Zeit SMITH, History, 44; R.J. CLIFFORD, Religion, 60. Weiterhin spreche die Affinität des fraglichen Gottes zu den Propheten für eine Deutung auf Ba'alsamem (I Reg 18,17-40; 19,1; II Reg 18-27 [mit Verweis auf die Zakir-Stele: jetzt KAI 202A, 11-13]). Schließlich sei aus II Reg 23,5 (Baal in Begleitung von Sonne, Mond und Tierkreiszeichen), einer Stelle, die den von Ahab eingerichteten Kult anspreche, auf die Identität des tyrischen Baal mit Ba'alsamem zu schließen. Zu den ersten beiden Indizien ist zu sagen, daß die persönliche Gottesverehrung und die Verbindung eines Kultes mit der Prophetie nicht an bestimmte Gottheiten gebunden sind. Zudem schließen persönliche Gotteskonzeption und Staatsgottkonzeption keineswegs einander aus - schon gar nicht in der königlichen Familie. Was II Reg 23,5 betrifft, so mag es durchaus sein, daß der dtr. Autor die Zeit Ahabs mit im Blick hat (vgl. II Reg 21,3.4). Die hinter dem Text stehende Gotteskonzeption liefert aber eher Aufschlüsse über das Bild, das sich die Deuteronomisten von den kultischen Verhältnissen im Nordreich gemacht haben, als etwas über die Nordreichsreligion des 9.Jh.s. - Nach NIEHR, J H W H , 314 (vgl. Rise, 55-58), trug bereits der in Samaria (!) verehrte Staatsgott Jahwe seit der Zeit Ahabs Züge Ba'alsamems (anders noch in DERS., Gott, passim, wo Jahwe erst in exilisch-nachexilischer Zeit ein Ba'alsamem-Profil zugeschrieben wird). - Zur Frage eines Jahweheiligtums in Samaria s.u. S. 142 ff. 182
Eine solche wird innerhalb der prophetischen Nordreichtradition ζ. B. in der Sorge Jahwes für den na®a spürbar, die sich in Hos 6,5 mit solaren Aspekten Jahwes verbindet. Freilich bedürfte es einer eingehenderen Klärung, wie es um die „Hoseanizität" von Hos 6,5 bestellt ist
62
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
die Behandlung der Bilderproblematik. Die Stiersymbolik erweist sich unter der Voraussetzung, daß Jahwe seinem Wesen nach eine Gottheit vom Typ des Wettergottes ist, für seine Repräsentanz in keiner Weise als inkompatibel. Man müßte eher umgekehrt sagen: Mit dem Stier hat Jahwe sein kongeniales Präsenzsymbol gefunden. Durch ihn erscheint er als Gott, der nicht nur in den kosmischen Phänomenen von Sturm und Gewitter erfahrbar wird, sondern auch als Herr von Staat, König und Land. Stiersymbolik und
Fruchtbarkeitskonzeption
Eine für das Verstehen der Bethel-Polemiken des Hoseabuches zentrale Frage betrifft - zumindest im Blick auf die forschungsgeschichtliche Situation - das Verhältnis der Stiersymbolik zur Fruchtbarkeitskonzeption. Der Stier als Symbol einer numinosen Macht ist bereits für das Neolithikum bezeugt.183 Bis in das 3. Jt. v. Chr. scheint er den Typos einer eigenständigen, das kosmische Prinzip der Virilität verkörpernden und Fruchtbarkeit spendenden Gottheit zu repräsentieren. Spätestens im 2. Jt. wird diese vom Wettergott verdrängt.184 Der Wettergott zieht sowohl die tauromorphe Gestalt des Stiergottes als auch dessen Kult auf sich. Mit der Stiersymbolik scheint die Wettergott-Konzeption zunächst insofern kompatibel, als die in den atmosphärischen Erscheinungen von Gewitter, Sturm und Regen manifeste Gewalt des Wettergottes in der Kraft eines Stieres ihren adäquaten Ausdruck zu finden vermochte. Anders als in den Gebieten der Flußrand- und Kanalbewässerung Südmesopotamiens,185 wo das Auftreten des Wettergottes durchaus als eine verheerende Erscheinung erfahren werden konnte, legte sich für die Regenfeldbaugebiete Anatoliens und Nordsyriens von vornherein eine Verbindung der Wettergott- mit einer Fruchtbarkeitskonzeption nahe, die wiederum schon in der für den Wettergott adaptierten Stiersymbolik präfiguriert war. Daher verwundert es nicht, wenn sich die Konzeptionen des Wetterund des Vegetationsgottes in Syrien und Anatolien zunächst überlagern,186 bis der Wettergott schließlich an die Stelle des Vegetationsgottes tritt. Dieser Vorgang läßt sich für das 2.Jt. v.Chr. am hurritischhethitischen Kumarbi-Mythos 187 und am ugaritischen Baal-Mythos 188 183
Vgl. die Stierdarstellungen von £atal Hüyük bei J. MELLAART, £atal Hüyiik, Tf. 86-91. HAAS, Geschichte, 321, sieht das Ende des Stiergottkultes in Uruk in der im Gilgames-Epos (Tf. VI, 92 ff.) dokumentierten Tötung des Himmelsstieres durch Gilgames und Enkidu und erwägt in diesem Zusammenhang, ob in der hethitischen Fluchformel KBo 6.28, Rs. 42 („Und er soll dem Wettergott der Stier sein, und er soll ihn (zu Tode) hetzen"; vgl. IBoT 3.131, 5-7) der Wettergott „die Rolle des Stiertöters Gilgames" übernommen hat. 184
185
V g l . HAAS, G e s c h i c h t e , 3 2 4 f.
186
V g l . GESE, R e l i g i o n e n ,
187
Vgl. bes. das Ullikummi-Lied (CTH 345, bearbeitet von Η. G. GÜTERBOCK, Song, 1951,
121.
Die Stierbilder Jerobeams
63
beobachten. Entsprechend kann der hethitische Wettergott auch als „Wettergott des Wachstums", „Wettergott des Grünens des Weingartens", „Wettergott des Grünens des Ackerlandes", „Wettergott der Wiese", „Wettergott der Flur" bezeichnet werden.189 Als Folge der Uberlagerung von Wettergott- und Vegetationsgott-Konzeption tritt der Wettergott in eine engere Beziehung zu den chthonischen Mächten, 190 was im ugaritischen Baal-Mythos wie in der hethitischen Tradition 191 zur Konzeption des sterbenden und wiederauferstehenden Wettergottes führt. Im Blick auf die Stierbilder von Bethel und Dan hat man gerade in der Exegese von Hos 10,5 die Konzeption des sterbenden und wiederauferstehenden Gottes vom Typ Baal wiederfinden wollen.192 Ob diese Deutung in exegetischer Hinsicht berechtigt ist, wird noch an anderer Stelle zu untersuchen sein.193 Aus religionsgeschichtlicher Perspektive ist jedoch schon vorab anzumerken, daß etwa in der philistäischen Ebene der Getreide- und Vegetationsgott Dagan durchaus noch seine Eigenständigkeit bewahrt hat. In Ägypten, wo Baal seit der Hyksoszeit bekannt war, ist es ebenfalls nicht zu einer Integration der Vegetations- in die Wettergottkonzeption gekommen.194 Dies läßt den Schluß zu, daß die Überlagerung von Wettergott- und Vegetationsgott-Konzeption zunächst auf den Norden Syriens beschränkt blieb. Inwieweit der Wettergott Jahwe bereits im 8. Jh. v. Chr. Aspekte des Vegetationsgottes integriert hat, ist eine schwer zu beantwortende Frage. Einerseits muß er sich in einem Text wie Hos 2,4-15, der sicherlich nicht in vor-dtr. Zeit zu datieren ist,195 erst noch die Zuständigkeit für die Vegetation erobern. Anderseits belegen 136-151; DERS., Song, 1952, 8-42), in dem die Ablösung des Getreidegottes Kumarbi durch den Wettergott Tessop erzählt wird: dazu GÜTERBOCK, Kumarbi; GESE, Religionen, 63; WILHELM, G r u n d z ü g e , 6 9 - 7 1 ; HAAS, Geschichte, 8 6 - 9 7 ( z u m K u m a r b i - M y t h e n z y k l u s überhaupt vgl. DERS., a . a . O . , 8 2 - 9 9 ) . 188 Obwohl Baal grundsätzlich als Sohn Eis gilt, kann er doch an einigen Stellen bn dgn „Sohn Dagans" genannt werden, was wohl als Integration der Dagan- in die Baal-Konzeption zu verstehen ist Dem entspricht, daß Dagan in der ugaritischen Mythologie keine weitere Rolle spielt, obwohl Ugarit über einen dem Dagan geweihten Tempel verfügte: vgl. GESE, Religionen, 75 f.108 f.123. m
Vgl. HAAS, Geschichte, 3 2 7 mit Anm. 9 8 - 1 0 2 (Belege).
1.0
Vgl. HAAS, a.a.O., 327f. 1.1 Vgl. den Mythos vom Wettergott und der Schlange Illuyanka (CTH 321: vgl. E. LAROCHE, Textes, 65-72 [Transkription]; zu Ubersetzungen vgl. HAAS, Geschichte, 103, Anm. 77), der traditionsgeschichtlich bis in die althethitische Zeit zurückreicht (vgl. HAAS, a.a.O., 104). m Vgl. HVIDBERG, Weeping, 9 8 - 1 0 0 ; WOLFF, H o s e a , 2 2 8 ; MAYS, H o s e a , 141; JEREMIAS, Prophet, 130; ANDERSEN/FREEDMAN, H o s e a , 555.557.
m m m
S.u. S. 122f. Vgl. GESE, Religionen, 128 f. Dazu s.u. S.21 Off.
64
Religionsgeschichtliche Voraussetzungen
etwa Dtn 33,26-29; Ps 68,8-11 die Zusammengehörigkeit von Wetterund Vegetationsgott. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auf die von Keel/Uehlinger mitgeteilte Beobachtung hinzuweisen, wonach in den Darstellungen des Stieres „in der SB II Β und in der EZ I—II A . . . nicht seine Fruchtbarkeit, sondern - offenbar den Prioritäten der Zeit entsprechend - seine Kampfkraft im Vordergrund" steht.196
m
Göttinnen, 134.
2. Einzeluntersuchungen zur Bethel- Thematik im Hoseabuch 2.1. Beth-EU Beth-Aven 2.1.1. „Zieht nicht nach Beth-Aven":
Hos 4,15
Übersetzung und Text
Wenn du, Israel, hurerisch bist,a) soll sich Juda nicht verschulden. Und kommt nicht nach Gilgal, und zieht nicht nach Beth-Aven hinauf,b) und schwört nicht: So wahr Jahwe lebt! a) G zieht die ersten beiden Worte (μετά πόρνης = Π:Τ •?) zu V14b, gleicht die 3. Ps. von ox»· an den Kontext an und postuliert in VI 5 eine andere Satzabgrenzung als MT: Σύ δέ, Ισραήλ, μή όγνόει, και Ιούδα, μή είσπορεύεσθε εις Γαλγαλα . . . Juda und Israel erscheinen damit nicht mehr innerhalb eines Gegensatzes (vgl. 1,7). μετά dürfte sich dem Einfluß des voranstehenden zweimaligen n? in VI4a (vgl. DJ in V14b) verdanken, ist also kaum ursprünglich. Anders Budde, Text, 292 f.: Er vermutet hinter μετά ein von G nicht verstandenes = n» und übersetzt: „Ein hurerisches Volk bist du, Israel". Unnötig ist die Konjektur QN (Sellin, Zwölfprophetenbuch, 58). Die folgenden Änderungen erklären sich aus dieser Verlesung (vgl. Rudolph, Hosea, 107; G. Warmuth, Mahnwort, 42; Emmerson, Hosea, 79; Naumann, Erben, 34; Nissinen, Prophetie, 116, Anm. 126). - b) Mit einem Ausfall von j?a® ixaa (Am 5,5) wegen Homoioteleuton (vgl. Wellhausen, Propheten, 112; Rudolph, ebd., Willi-Plein, Vorformen, 135) muß nur rechnen, wer px rra nicht für ursprünglich hält.
Auf das Proömium (4,1-3) zum zweiten Hauptteil des Hoseabuches Kap. 4—111 folgt mit 4,4-19 eine Einheit, die wesentlich durch das Stichwort Π3Τ (V10.12.13.14.15.18) zusammengehalten wird. Dabei bilden die V4-10 unter der Thematik „Priester" (V4.6.9) einen ersten Teilabschnitt. VI 1-14 werden durch die beiden stichwortartigen Sätze VI 1.14b gerahmt. V16-19 weisen sich durch die Assonanzen ΊΊΟ (V16)/ms (V19; vgl. ΊΟ: VI 8) als ein eigenständiger Unterabschnitt aus. VI 5 kann dann zwischen VI 1-14 und VI 6-19 nur als eine eigenständige kleinere Einheit aufgefaßt 1
Vgl.
JEREMIAS,
Prophet, 59.
66
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
werden. Sprachlich fällt VI 5 auch durch seine betonte Anrede an Israel aus dem Rahmen. Brücken zum Kontext ergeben sich über das bereits erwähnte Stichwort rm, über das Thema , Heiligtümer' (vgl. bes. VI 3) und möglicherweise auch über px i n , da die in VI7 erwähnten D-nxy in 8,4b2 im Umfeld der Bethel-Thematik wieder auftauchen. Auf die in V4-10 angesprochene Priester-Thematik rekurriert VI 5 insofern, als er sich sprachlich an die „priesterliche Toravermahnung" anlehnt.3 Trotz dieser Verklammerungen steht VI 5 in seinem Kontext relativ isoliert. Weiterhin fällt auf, daß VI5 aus dem Gegensatz Israel - Juda lebt (vgl. 1,7). J u d a " literarkritisch einfach zu eliminieren,4 gibt es keinen hinreichenden Anlaß, zumal die Satzstruktur von VI 5a erheblich in Mitleidenschaft gezogen würde.5 Man möchte meinen, der Vers sei für Judäer geschrieben, denen das Beispiel , Israel' warnend vor Augen geführt wird. Dann aber verwundert sowohl die Anrede an Israel als auch das Verbot, sich an den Nordreichsheiligtümern aufzuhalten, während Juda zunächst als besprochene Person in Erscheinung tritt. Auch die umgekehrte Lösung, die mit einem Wort des Propheten an das Nordreich rechnet, 6 überzeugt nicht, da undeudich bleibt, warum der Prophet vor dem Forum der Nordreichbewohner eine theologisch so zentrale Aussage über Juda treffen sollte. Die genannten Eigentümlichkeiten erklären sich, wenn man hinter dem angesprochenen Israel nicht ein reales Gegenüber sieht, sondern ein Israel, das seine Heimat in dem bereits vorliegenden Text won 4,4-19 resp. einem Grundbestand dieser Einheit hat. Dem entspricht, daß die Größe Israel gerade über das die gesamte Einheit beherrschende Leitwort π:τ prädiziert wird. Der Autor tritt also mit dem „imaginären" Israel des Textes ins Gespräch. VI 5 ist mithin nicht als ein mündlich tradiertes Prophetenwort, sondern von vornherein als literarisches Produkt anzusprechen.7 Über die judäische Herkunft des Vf.s. von VI 5 kann es dann keinen Zweifel mehr geben. Bestätigt wird diese Annahme durch den schon oft beobachteten Umstand, daß in Hos 4,15 Am 4,4; 5,5 und 8,14 anklingen.8 Der Vers ist somit einer im Hoseabuch mehrfach vernehmbaren Redaktion zuzuschreiben, der daran gelegen war, das Hoseabuch durch Querver1
Dazu: s.u. S. 158 ff.
3
V g l . NAUMANN, E r b e n , 38.
4
M.J. Buss, Word, 12; WOLFF, Hosea, 112; A. DEISSLER, Propheten I, 26; K.A. TANG-
BERG, M a h n r e d e , 51. 5
V g l . RUDOLPH, H o s e a , 1 0 7 ; WARMUTH, M a h n w o r t , 4 2 ; NAUMANN E r b e n , 34.
6
Vgl. z.B. MAYS, Hosea, 77, und vorsichtig A.V. HUNTER, Seek the Lord, 137-140. So auch die meisten Exegeten: vgl. BUDDE, Text, 292; RUDOLPH, Hosea, 113 f.; WARMUTH, Mahnwort, 41-44; JEREMIAS, Prophet, 71, u.a. 7
8
V g l . z . B . WILLI-PLEIN, V o r f o r m e n , 1 3 5 f . ; JEREMIAS, P r o p h e t , 7 1 ; BONS, B u c h , 7 8 ; b e s .
NAUMANN, E r b e n ,
35-37.
Beth-El/Beth-Aven
67
weise enger in den Zusammenhang des Amosbuches,9 wenn nicht gar des gesamten Dodekapropheton einzubinden (vgl. 7,1010; 8,14" und 4,6b12). Von dem redaktionsgeschichtlichen Befund unberührt bleibt die Frage, ob hinter 4,15 reale kultische Begehungen an den genannten Heiligtümern stehen. Im Vergleich der Stelle mit den Parallelen bei Arnos fällt auf, daß in Hos 4,15 nur Gilgal und „Beth-Aven" erwähnt werden. Bei „ B e t h - A v e n " ist n i c h t an d i e n a h e d e s h e u t i g e n Geba' ( G e b a ) g e l e g e n e O r t s c h a f t 1 3 , s o n d e r n an B e t h e l z u d e n k e n , d a s hier in einer p o l e m i s c h - v e r b a l l h o r n t e n F o r m erscheint. 1 4 Ein ähnlicher S p r a c h g e b r a u c h f i n d e t sich n o c h in 5 , 8 ; 10,5 u n d 1 2 , 5 ( G ) . In 10,5 spricht mi-jy (vgl. I R e g 1 2 , 2 6 f f . ) e n t s c h i e d e n f ü r die Identität v o n „ B e t h - A v e n " mit Bethel. D i e ironisierende V e r z e r r u n g d e s N a m e n s f ü g t sich hier g u t z u d e n e b e n f a l l s p o l e m i s c h e n B e g r i f f e n jnbjy u n d • - i n D . 1 5 - D i e provokante Umdeutung von m in ρκ m klingt bereits in A m 5 , 5 an.
Nun entspricht Hos 4,15 zwar in der Erwähnung von Gilgal und Bethel Am 4,4. Bei Arnos werden darüber hinaus aber noch Dan (8,14) und Beerscheba (5,5; 8,14) genannt, während Gilgal in 8,14 fehlt. Das Heiligtum von Dan ging bereits in den Wirren des syrisch-ephraimitischen Krieges verloren und kommt schon wegen der weiten Entfernung als Wallfahrtsheiligtum für Judäer kaum in Betracht. Beerscheba ist wohl seit dem 7. Jh. v. Chr. nicht mehr genutzt worden.16 Ist die Nennung von Gilgal und Bethel in Hos 4,15 so zu verstehen, daß nur die Heiligtümer angesprochen werden, die auch ζ. Z. der Abfassung des Verses noch in Betrieb waren? In diesem Falle reflektiert Hos 4,15 tatsächlich reale kultische Begehungen der Judäer an den Nordreichsheiligtümern.17 Jene können ' V g l . J E R E M I A S , A n f ä n g e , b e s . 3 8 f. 10
Vgl. W I L L I - P L E I N , Vorformen,
159.
11
Dazu s.u. S. 138. u Vgl. Mal 2,7f.; dazu s.u. S . 2 1 3 f . 13 Vgl. dazu: R . H E N T S C H K E , Beth-Aven, 227; S C H M I T T , Beth-Aven, 51-58; K N A U F , Beth Aven. 14 E M M E R S O N , Hosea, 1 3 6 - 1 3 8 , führt den polemischen Sprachgebrauch erst auf dtr. Kreise oder gar die Masoreten zurück. Auf der Ebene des hoseanischen Spruches sei vielmehr ein I'm m (.house of wealth'; vgl. 4,15; 5 , 8 [G]) - eine Art offizieller Nebenbezeichnung für n-n !>x - zu lesen (so im Anschluß an J. B R I G H T , Joshua, 1 1 0 ) . K N A U F , Beth Aven, sieht in der fraglichen Bezeichnung ursprünglich einen „dritten Ortsnamen" neben Luz und Bethel. Nur leite sich dieser nicht aus ρκ („Unheil, Bosheit"), sondern aus arab. awwän „Zufluchtstätte" ab. 15
Zu den Einzelheiten s. u. S. 112 f. Dies schließt man aus der sekundären Verbauung eines Hörneraltars in Str. I I von Tel Beer-Sheba. Die Möglichkeiten, diesen Befund mit der hiskijanischen (AHARONI, Altar; 16
DERS., E x c a v a t i o n s , 1 5 4 - 1 5 6 ; Ζ . HERZOG/Α. F. R A I N Y / S I I . M O S H K O V I T Z , S t r a t i g r a p h y , 5 7 f.; O. K E E L / C .
U E H L I N G E R / M .
KÜCHLER,
Orte I , 2 0 5 - 2 0 8 ) o d e r dtn. Kultreform
(YADIN,
Beer-Sheba) zu korrelieren, scheinen indes gering (vgl. WEIPPERT, Palästina, 623). v So z.B. J E R E M I A S , Prophet, 71. W O L F F hingegen hält nur J u d a " für sekundär und bezieht VI 5b demzufolge auf Israel.
68
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
allerdings wegen der redaktionsgeschichtlichen Verortung des Verses in einer Mehrprophetenredaktion nicht in vorexilische Zeit fallen. Anderseits darf nicht außer acht gelassen werden, daß es sich in Hos 4,15 um eine literarische Adaption der genannten Amosstellen handeln könnte und - gerade im Blick auf Am 8,14 - ganz allgemein vor Abgötterei gewarnt werden soll,18 ohne daß dabei konkrete kultische Begehungen an diesen Heiligtümern vorausgesetzt werden müßten. 19 Der Autor hätte dann freilich bei seinen Reminiszenzen an Am 5,5 und 8,14 auf Beerscheba verzichtet und sich dadurch das Wortspiel mit der Wurzel yn» entgehen lassen.
2.1.2. „In Bethel...
redet er mit uns": Hos
12,3-5.7.11.13/.
Hos 12,3-5.7.11.13 f . als eigenständige Einheit Hos 12,1 signalisiert nach der Gottesspruchformel 11,11 den Beginn einer neuen Einheit.20 Zu dem nachfolgenden Abschnitt markiert 13,1 eine Zäsur. Zwar könnte die Nennung Ephraims in 13,1 als Weiterführung von 12,1-15 (vgl. VI.2.9.15) verstanden werden. Doch wird im Unterschied zu 12,1-15 in 13,1 von „Ephraim" innerhalb eines Geschichtsrückblickes gehandelt, während in 12,1-15 „Ephraim" gerade für das gegenwärtige Israel steht und der Rückblick in die Vergangenheit über die Größe Jakob/Israel (V4f.l3) erfolgt. Ein kompositorischer Einschnitt zwischen 12,15 und 13,1 ist somit kaum zu übersehen.21 12,1 und 12,15 halten das gesamte Kapitel durch die Stichwortassonanz nmn (VI; vgl. V8) - Erannn (VI 5) zusammen. Mit dem Vorwurf, Ephraim resp. das „Haus Israel" habe Jahwe mit „Lüge" und „Betrug" „umzingelt", 22 steht V i a dem Folgenden als eine Art
18 NlSSINEN, Prophetie, 221 f., sieht das Anliegen des Verses mehr bei der Einschärfung der Kultzentralisation. 19 Vgl. WILLI-PLEIN, Vorformen, 136; vgl. NISSINEN, Prophetie, 219: „Mit Gilgal und Bet-Awen sind nicht notwendig konkrete zeitgenössische Ortschaften gemeint. Die Namen sind traditionsbezogen, wie ihre Entlehnung aus dem Amosbuch zeigt, und als solche können sie auf jede Stätte hinweisen, wo das Schwören bei Jahwe nicht wünschenswert ist". 20 Anders H. MCKEATING, Hosea, 140. 21 Für eine Abgrenzung von 12,1 ff. über 12,15 hinaus plädieren u.a. SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 118.121 (bis 13,1); H. FREY, Aufbau, 95 (bis 13,1); F. DIEDRICH, Anspielungen, 92.103 (bis 13,3); BONS, Buch, 149.160 (bis 13,2). 22 Das Suff. -J- an -:aao weist auf Jahwe als Sprecher; anders WOLFF, Hosea, 270 f., der VI „als Klage des von Verrätern bedrängten Propheten verstanden" wissen will (S. 271). Dagegen spricht jedoch die Stichwortassoziation zu π-ιππη in VI5, wo das nichtgenannte Objekt der dort konstatierten Kränkung nur Jahwe sein kann (vgl. WOLFF, Hosea, 281).
Beth-El/Beth-Aven
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Überschrift voran. Vlb durchbricht mit der Nennung Gottes in der 3. Person die Gottesrede. Die Erwähnung Judas stört den Zusammenhang zwischen VI a und V2 und weist auf V3 voraus. V2aa.b überführt die allgemeine Anklage von Via in eine konkrete des Betruges auf der Ebene der Außenpolitik. V2aß fällt aus dem Kontext dieses Vorwurfes insofern heraus, als hier von einem „täglichen" (orn !>d) Betrug die Rede ist.23 Damit kann schwerlich die Bündnispolitik Ephraims gemeint sein. Man versteht Vlb und V2aß am besten als spätere Zusätze. Die Reihe konkreter Anklagen gegen Ephraim wird in V8 unter Aufnahme des Stichwortes nmn aus Via fortgesetzt: Betrug im wirtschaftlich-sozialen Bereich. V3-7 unterbrechen mit der Retrospektive und der Einführung der Größe Juda den Zusammenhang von VI-2* und V8. Ebenfalls kaum zu übersehen ist die parallele Formulierung von V3a und 4, Iba. Das beiden Teilen gemeinsame Stichwort m begegnet noch in 2,4. Diesem kommt offensichtlich eine buchgliedernde Funktion zu. Dann hat 12,3a die Aufgabe, einen sich an Kap. 4-11 anschließenden dritten Buchteil einzuleiten. Zwischen 12,1-2* und 12,8 wirkt ein solcher Einschnitt jedoch irritierend.24 Für V3a kann das nur bedeuten, daß er nicht auf derselben Ebene wie Vl-2* und V8 liegt. Da V3b-7 aber nicht von V3a isoliert werden können, sind V3-7 insgesamt auf einer anderen entstehungsgeschichtlichen Ebene als Vl-2* und V8 anzusiedeln. Innerhalb der V3-7 stellt allerdings V6 nochmals vor Probleme.25 Zu der Ebene V3-5.7 ist wegen der gemeinsamen Jakob-Thematik auch VI 3 zu rechnen. Weiterhin suggeriert die parallele Struktur von VI 3 und VI 4 deren ursprüngliche Zusammengehörigkeit VI 4 aber bindet über das Thema Prophetie V l l in die Ebene V3-5.7.13-14 ein. In summa führen diese Beobachtungen zu einer Sonderung der V3-5.7.11.13-14 in ihrem gegenwärtigen Zusammenhang.26 Diese sollen im folgenden in das Blickfeld der Untersuchung treten. Allerdings ist der präzise Sinn von V l b wegen der schwierigen Ausdrücke 0"«rrp und i n kaum mehr zu erhellen: zu den Einzelheiten vgl. NAUMANN, Erben, 1 0 4 - 1 0 7 . 24 BONS, Buch, 147 f., versucht die Schwierigkeit einer doppelten Überschrift in H o s 12 (sc. 12,1a und 12,3) so zu lösen, daß er 12,1-2 als Uberschrift über den Buchteil Hos 12-14, 12,3 aber als Einleitung in die Einheit 12,3-13,2 versteht Gegen diese Lösung spricht sowohl die Rahmung 12,1.15 als auch die Verknüpfung der Betrugs-Thematik von 12,1 mit 12,9 f. 12. 23
25 24
S.u. S.72f.
Die Passagen über den Erzvater Jakob sind in der Auslegungstradition zu Hos 12 des öfteren teilweise oder ganz als sekundär angesehen worden. Bereits DUHM, Anmerkungen, 37, vermutet in V4-7.13.14 ein „jüngeres" Gedicht, das - einmal „an den Rand geschrieben" - für „einige Verwirrung" gesorgt hat. W. NOWACK, Propheten, 71, hält V 5 a a für eine Glosse zu V4b. V5aß.b-7 stammten von anderer Hand als V4, da in der Anspielung auf die Theophanie in Bethel Jakob „in anderer Beleuchtung" erscheine „als durch den Kampf mit Elohim". Ahnlich W. R. HARPER, Commentary, 380-383, der einen „unnatural contrast be-
70
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Das komplexe literarische Gebilde Hos 12 ist demnach entstehungsgeschichtlich aus einer Verschmelzung der Einheiten 12,1 -2 ( * ) .8-9.10.12.15 und 12,3-5.(6.)7.11.13-14 zu erklären.27 12,1-2.8-9.10.12.15 enthält im Kern die drei auf Ephraim bezogenen Anklagen .Betrug in der Außenpolitik' (V2aa.b), ,Betrug im wirtschaftlich-sozialen Bereich' (V8 f.) und ,Betrug im Kult' (VI2). Die Einheit ist von einer Überschrift V i a und einer abschließenden Strafandrohung (V15) gerahmt. 12,3-5.(6.)7.11.13-14 hebt sich von dieser Einheit thematisch durch den expliziten Bezug auf Juda und den Erzvater Jakob ab. Text und Übersetzung von Hos 3
4 5
7
11
12,3-5.7.11.13f.
Jahwe*1 hält einen Rechtsstreit mit Juda, Jakob zu strafen nach seinen Wegen. Nach seinen Taten vergilt er ihm. Griff er doch im Mutterleib nach der Fersea) seines Bruders und stritt in seiner Manneskraftb) gar gegen Gott. Er stritt"' gegenb) einen Engel und behielt die Oberhand. Der weinte und flehte ihn an. In Bethelc) findet er ihn. Und dort redet er mit unsd): Du wirst mittels deines Gottes a) zurückkehren1^. Hingabe und Recht bewahre, und hoffe allzeit auf deinen Gott! Ich redete zua) den Propheten,
tween jaaa and υικη" (S. 383) feststellt und dementsprechend einen bis V7 reichenden Einschub bei V4b beginnen läßt In neuerer Zeit sind von WLLLI-PLEIN, Vorformen, 210-217, V5aa.7.13 f. für sekundär erklärt worden. J. VOLLMER, Rückblicke, 106, sieht die V5-7.13 f. als Nachtrag an; vgl. auch J. MAUCHLINE/H. C. PHILUPS, Hosea, 695-697.698.703. KÜMPEL, Berufung, 61-70, beschreibt die V3-7.13-15 als eigenständige Einheit. DIEDRICH, Anspielungen, passim, isoliert V3-5.7.10.13.14. JEREMIAS, Prophet, 150, vermutet einen älteren Kern in V3-5.7.13f. YEE, Composition, 229-248, schreibt Vlb.5-7.10.12.14 ihrem exilischdtr. Redaktor R2 zu, während sie Vla.2-4.8-9.13.15 für hoseanisch hält - Andere Exegeten versuchen den Schwierigkeiten des Textes durch Umstellungen zu begegnen: RUDOLPH, Hosea, 220-225, vermutet den ursprünglichen Sitz von V13f. hinter V10. Nach H. L. GINSBERG, Ephraim, 341 f., wäre V7 als ursprünglicher Abschluß zu betrachten, V13 f. käme nach V6 zu stehen. 27 Damit ist noch kein Urteil über die diachronen Verhältnisse innerhalb von 12,1-2.8-9.10.12.15 getroffen. Mit Vlb und V2aß wurden bereits spätere Zusätze erkennbar, von denen im Rahmen der bisherigen Überlegungen allerdings nicht gesagt werden kann, ob sie vor oder nach der Verschmelzung der beiden Großeinheiten entstanden sind. Entsprechendes gilt für V6. Auch V10 scheint einer jüngeren Wachstumsstufe anzugehören: dazu s.u. S. 176ff. Inwieweit 12,1-2.8-9.10.12.15 auf eine Kompilation älterer Prophetenworte zurückgeht, wäre im Rahmen einer Gesamtanalyse der Einheit ebenfalls zu erörtern.
Beth-El/Beth-Aven
13 14
71
war ich es doch, der Schauung zahlreich werden ließ. Und durch die Propheten vernichtete ich fortwährendb). Da entfloh Jakob in das Gefilde Arams. Und Israel diente um ein Weib - und um ein Weib hütete er. Und durch einen Propheten führte Jahwe Israel herauf aus Ägypten und durch einen Propheten wurde es behütet.
3 a) Das ι verdankt sich hier wie in den V7.ll der redaktionellen Verknüpfung mit der Einheit 12,la.(b.)2aa.(ß.)8-10.12.15. 4 a) So mit G und V; vgl. Gen 25,26. - b) G: έν κόποις denkt an JIIJ statt an ]'IN. 5 a) Die Vokalisierung in BHS ist unverständlich: Ist ein isri von der Wurzel n® gemeint? Immer noch am wahrscheinlichsten ist der Konsonantentext mit G und α' in Entsprechung zu V4 von der Wurzel m® her zu verstehen: s. u. S. 85. - b) i>K wie by: vgl. P. R. Ackroyd, Hosea, 248; Gese, Jakob, 44; vgl. V l l . - c) G: έν τφ οϊκφ Ων setzt offensichdich ρκ na voraus und gleicht somit an 4,15; 5,8; 10,5 an. J. Ziegler, Septuaginta, 130, hält ]ix für ursprünglich, da G in Am 3,14; 4,4; 5,6 [bis]; 7,10.13; Sach 7,2 Bethel einfach transkribiert. Aber warum hätte MT nachträglich nur an dieser Stelle |w na in bx na ändern sollen? - d) So mit V und Τ - ähnlich auch Good, Hosea, 146; W. L. Holladay, Chiasmus, 61. G und S lesen das Suff. 3. sg. masc. Eine Änderung in lay, die ebenfalls eine Angleichung an UKsn· nach masoretischer Vokalisierung mit sich bringt, erfreut sich in der kommentierenden Literatur zwar großer Beliebtheit (vgl. Wellhausen, Propheten, 129; Sellin, Zwölfprophetenbuch, 120; Wolff, Hosea, 266, u. a.), ist aber unnötig und bemüht die lectio facilior. 7 a) Die Konjektur -pi>nxa (vgl. BHS; Marti, Dodekapropheton, 95, u. a.) ist überflüssig. - b) :i»n ist futurisch und nicht Imperativisch zu übersetzen, sonst stünde imp. oder iuss. Wolff, Hosea, 268, sieht in a awn constructio praegnans (vgl. GK28 § 119ee-gg). Doch läßt sich das a auch einfach als ι,-instrumenti verstehen (so Utzschneider, Hosea, 192); vgl. jedoch E. Jenni, Präpositionen I, 95 (i-comitantiae). 11 n) by wie !>k: vgl. V5a und G: πρός. G hat bei der Wiedergabe von by - m im Hoseabuch offensichtlich vom Kontext her entschieden (vgl. 2,16: έπί; 7,13: κατά). Die Annahme Wolffs (Hosea, 268), by Tai wäre hier Ausdruck der „Überlegenheit des Redenden", geht sicherlich zu weit. - b) Lies πητκ (III nat): s.u. S.91 f. Analyse von Hos
12,3-7.11.13f.
V3a hat einleitenden Charakter. Auf der Ebene des Buches kommt ihm die Funktion einer buchgliedernden Überschrift zu (vgl. 4,1). 28 Auffällig sind weiterhin die bis in die Wortwahl hineinreichenden Parallelen zwischen V3b und 4,9: r n u apjr by ipubi (12,3ba) entspricht ri>y -rnpsi 1-3TT (4,9ba), ii> a'ir i-^ynD (12,3bß) der Formulierung i!> a-»K v ^ y m (4,9bß). V3b kann ohne V3a nicht bestehen. V4-5a hängen ihrerseits von
28
S.o. S.69
72
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
V3a ab, da dieser mit ipy" das notwendige Subjekt für das Folgende liefert. Es empfiehlt sich demnach nicht, den Abschnitt V3-5a durch literarkritische Operationen zu zerlegen.29 Die Perfekta npy und m» (V4) sowie die Narrativreihe fjniri · · · bs-i · · • (V5a) weisen V4-5a formal als Erzählung aus.30 Wie verhält sich V5b zu dem narrativen Teil V4-5a? Gewöhnlich liest man ihn als Fortsetzung von V4-5a. Auf die Problematik dieser Sicht hat Utzschneider hingewiesen.31 Die Imperfektformen uxsa- und m v lassen sich nur schwerlich als Erzähltempora auffassen. Auch der unterschiedliche Suffix-Bezug der Formen υκχη" und uny spricht gegen eine Fortsetzung des Handlungsteils V4-5a. Folgt man der masoretischen Punktierung, so ist das Suffix an UKsn- als 3. sg. masc. aufzufassen. Für uny ist ein solches Verständnis jedoch auszuschließen.32 Vielmehr liegt hier 1. pl. com. vor. Dann aber gewinnt der Vorschlag Utzschneiders an Plausibilität, V5b als Zitat der vox populi aufzufassen.33 Das Suff. 3. sg. masc. an uxxzr ist dennoch auf Jakob zu beziehen. Offensichtlich identifizieren sich die Sprecher des Zitates mit dem Erzvater.34 Der Bezug von V6-7.ll zum Voraufgehenden erhellt nicht ohne weiteres. Der Verheißung V7a folgt in V7b ein Mahnwort. Zwischen V5b und V7a ergibt sich ein Zusammenhang, wenn in V7a ein Zitat des in Bethel von Gott Gesprochenen (V5b: τ ι τ ) zu sehen ist.35 Freilich sprengt V6 den Konnex zwischen der Ankündigung des Redens Gottes in Bethel (V5b) und der Ausführung der Rede in V7a. Ihm kommt die Funktion
29 Entsprechendes gilt auch für die Annahme, mm· ny (V3a) habe ursprüngliches bx-m- ny verdrängt und wäre einer judäischen Aktualisierung zuzuschreiben (vgl. 4,15; 5,5; 6,11): für viele: WOLFF, Hosea, 267 - zuletzt wieder NAUMANN, Erben, 107-109; HOLT, Prophesying, 31, Anm. 3; BONS, Buch, 149 f. u. ö. GESE, Jakob, 40, erwägt wegen Juda" und der Verarbeitung von 4,9 für 12,3 redaktionelle Herkunft, zieht aber keine Konsequenzen für die von V3 abhängigen V4-5a. 30 Daß es sich dabei nicht einfach um eine durchlaufende Erzählung handelt, wird weiter unten noch zu zeigen sein. 31 Vgl. Hosea, 190 f. 32 Der Hinweis von M. DAHOOD, Philology, 32 (vgl. ACKROYD, Hosea, 252; DlEDRICH, Anspielungen, 33; W. D. WHITT, Traditions, 36, u. a.), uay in Analogie zu ugaritischem 'mn von einer mit η affigierten Präposition 'm herzuleiten und das w als Suffix der 3. sg. masc. zu lesen, hat gegen sich, daß affigiertes ny im AT sonst nicht belegt ist 33 Vgl. Hosea, 191. - Diese Deutung geht auf NYBERG, Studien, 95 f., zurück. Dessen Zuordnung von V5ba als Nominalsatz zu V4bß (vgl. ebd.) erscheint allerdings problematisch, da dann die Partikel OB ohne Bezug bliebe. Nach Th. C. VRIEZEN, Tradition, 71 f., reagiert das Volk in V5aa.b jeweils auf die Anschuldigungen des Propheten gegen den Erzvater in V4aa.b.5aß. 34 Vgl. GOOD, Hosea, 140.146; HOLT, Prophesying, 39. 35
V6).
V g l . F. HITZIG, Propheten, 58; RUDOLPH, H o s e a , 229; DLEDRICH, Anspielungen, 148 f. (ohne
Beth-El/Beth-Aven
73
zu, Jahwe als sprechendes Subjekt von V5b.7a zu sichern.36 Er wird zu Recht von den meisten Kommentatoren einer nacharbeitenden Hand zugeschrieben.37 Für das Mahnwort V7b stellt sich die Frage, ob es noch das Zitat der Gottesrede von V7a fortsetzt oder den Beginn eines neuen Redeganges markiert. Da der Halbvers keine direkten Hinweise auf einen Sprecherwechsel erkennen läßt, ist man zunächst geneigt, ihn tatsächlich als Fortführung von V7a zu lesen. Anderseits will die Ermahnung inhaltlich kaum zu der apodiktisch wirkenden Verheißung von V7a passen. Ein Vergleich von V5b.7.11 mit 6,1-6 stößt auf einige, nicht unwesentliche Übereinstimmungen: Wie in 12,5b.7a.b.l 1 findet sich in 6,1-6 zunächst ein Zitat der vox populi (6,1-3; vgl. 12,5b.7a). Hier wie dort artikuliert das Volk seine Gewißheit, Jahwe werde letztlich sein Geschick zum Guten wenden. In beiden Fällen steigert sich diese Hoffnung bis zu einem „Automatismus in der Heilserwartung".38 Wird diese Wende nach 6,2 in „zwei . . . drei Tagen" und nach 6,3 „so sicher wie die Morgenröte" ersehnt, so berufen sich die Sprecher der V5b.7a auf die Verheißung: „Du wirst mit Hilfe deines Gottes zurückkehren." In 6,1-6 folgt auf das Zitat des Volkes eine Gegenrede Jahwes (6,4-6). Diese kreist um die Termini τοπ (V4.6) und α-κυ (V5). Beide Begriffe begegnen in 12,7b.11 wieder. Besteht das Handeln Jahwes durch die Propheten nach 6,5 im ,Niederhauen' (asn: vgl. Jes 51,9) und ,Töten' (nn), so nach 12,11b im ,Vernichten' (III πατ).
Bei Betrachtung der genannten Parallelen im Zusammenhang mit den Beobachtungen zu 12,3a.b legt sich der Schluß nahe, daß Hos 12,35.7.11.13-14 teilweise auf schon vorhandenes hoseanisches Schriftgut Bezug nimmt. Dies berechtigt dazu, 12,5b.7.11 auf dem Horizont von 6,1-6 zu lesen.39 Dann aber werden die Begriffe τοπ und crm: wie in 6,4-6 so auch in 12,7b.11 in den Mund Jahwes und nicht des Volkes gehören. 12,7b.11 wären demnach wie 6,4-6 als bestreitende göttliche Rede zu verstehen. Hinzu kommt, daß Gen 28,15 - ein Text, der, wie noch zu zeigen sein wird, im Hintergrund von 12,5b.7a steht - zwar eine Verheißung, nicht aber eine Mahnung Jahwes kennt. Das Thema ,Jakob" verbindet VI 3 mit dem vorangehenden Abschnitt (vgl. V3-5a). VI4 läßt sich schwerlich von VI 3 abkoppeln. In formaler Hinsicht ist die Zusammengehörigkeit der beiden Verse kaum zu über36
Möglicherweise hat V6 auch noch eine liturgische Funktion im Rahmen der Verlesung des Hoseabuches im Gottesdienst - vgl. ausfuhrlich zu V6: NAUMANN, Erben, 109-116. 37 Vgl. für viele WOLFF, Hosea, 276. 38
39
V g l . JEREMIAS, P r o p h e t ,
85.
Freilich sind auch die Differenzen zwischen 6,1-6 und H o s 12,5b.7a.b.l 1 nicht zu übersehen. Anders als in 6,6 wird in 12,7b die Forderung nach τοπ nicht ausdrücklich mit der Ablehnung des Opferkultes verbunden. Opfer spielen in 12,7b auffälligerweise keine Rolle.
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
sehen. Als gemeinsames Element ist zunächst der Schlußsatz eines jeden Verses festzuhalten, der das zuvor Gesagte offensichtlich nicht nur repetieren, sondern dessen Pointe eigens hervorheben will (V13bß: in® πβκπ; V14b: m&3 *ra:m). Die beiden Nachsätze sind parallel strukturiert. Nach einleitendem ι steht an erster Position jeweils ein mit a verbundenes Nomen, das dem vorderen Teil des Verses entnommen worden ist (V13bß: n&Kai; VI4b: K-ajai). Es folgt eine Perfektbildung des Verbes na® (V13bß: na®; VI4b: natu). Bei den beiden Nomina handelt es sich um schon in den vorderen Teilen beider Verse (V13a.ba; VI4a) kompositorisch bewußt herausgehobene Elemente. So findet sich nt?xa am Ende des Teiles V13a.ba, icnaa am Anfang des Teiles VI 4a. Weiterhin entsprechen sich V13a.ba und VI 4a darin, daß sie je eine Ortsbestimmung enthalten (V13a.ba: D I K TTW; V14a: D - Ί Χ Β Β ) . Trotz des parallelen Aufbaus ist die Art der inhaltlichen Verknüpfung der beiden Verse nicht eindeutig. Man hat deshalb zuweilen VI 4 literarisch von VI 3 trennen wollen.40 Jedoch wird sich bei näherem Hinsehen ein konsistenter inhaltlicher Zusammenhang ergeben, der zugleich die in V3 beginnende Einheit pointiert zum Abschluß bringt. Ein offenkundiges syntaktisches Problem stellt der abrupte Einsatz mit einem Narrativ in VI 3 dar. Ungewöhnlich mutet auch die Tempusfolge in beiden Versen an: V13: Narrativ (rna-i) - Narrativ ("rajri) - Perfekt (in®) V14: Perfekt (n!>yn) - Perfekt (ia®j)
Utzschneider deutet diesen eigentümlichen Tempusgebrauch als Hinweis auf verarbeitete Traditionsstücke. Dabei sei V13a.ba als „ein kurzes Zitat aus einer nicht weiter bekannten Jakobserzählung" aufzufassen. 41 In V14a werde die „traditionelle ,Heraufführungsformel'" zitiert - und zwar in Anlehnung an die Formulierungen, die statt Jahwe Mose bzw. Mose und Aaron als herauffiihrendes Subjekt benennen (vgl. Ex 17,3; 32,1.7.23; 33,1; Num 20,5). 42 Die beiden Nachsätze (V13bß.l4b) versteht Utzschneider als kommentierende Hervorhebungen, Allerdings macht sich die von ihm gewählte Kategorie des Zitates für V13a.ba dadurch verdächtig, daß er die Zitatvorlage in „einer nicht weiter bekannten Jakobserzählung" sucht. Hinzu kommt, 40 So ζ. B. HARPER, Commentary, 380; MAUCHLINE/PHILLIPS, Hosea, 703. Die Autoren sehen in der vorliegenden Gestalt von Hos 12 den ursprünglichen Zusammenhang von V4a und VI3 zerrissen. NOWACK, Propheten, 75, hält VI3 f. insgesamt für einen Einschub. RUDOLPH, Hosea, 227.231, betrachtet V13 als Fortführung von V7 und V14 als Einleitung eines Abschnittes VI 4.11 f. 15. VOLLMER, Rückblicke, 110, sieht VI 3 ebenfalls ursprünglich auf V7 folgen und erklärt beide für sekundär. Bei VI 4 handle es sich ohnehin um ein späteres Stück, da Mose in der Rolle des Propheten erst seit dem Dtn nachweisbar ist. 41 Hosea, 188 (Hervorhebung v. Vf.). 42 Vgl. ebd.
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daß der von ihm unterstellte Zusammenhang von Ex 17,3; 32,1.7.23; 33,1; Num 20,5 mit VI 4a ebenfalls Fragen aufwirft.43 Der Vorschlag Utzschneiders läßt sich aber durchaus aufgreifen, wenn man für VI 3 f. statt mit kommentierten Zitaten mit kommentierten Traditionsverweisen rechnet.44
Die bisherigen Beobachtungen erlauben nunmehr eine Gliederung der V3-5.7.11.13-14. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Stilebenen ergibt sich eine Dreiteilung der Einheit: V3 steht der Einheit als Überschrift voran. Mit V4 beginnt ein Handlungsteil, der zunächst bis V5a läuft. V5b unterbricht zwar durch das Zitat der vox populi die Erzählung. Anderseits erscheint Jakob in V5ba noch immer als Objekt, was eine narrative Fortsetzung suggeriert. V5bß behält das Subjekt von V5ba bei, führt also V5ba weiter. V7a liefert die Ausführung der Redeankündigung von V5bß, gehört also (als Zitat im Zitat)45 noch zur Erzählung. Somit bilden nicht nur V4-5a, sondern V4-5.7a einen geschlossenen Handlungsteil: V4a: V4b-5a: V5b.7a:
Jakob im Mutterleib Jakobs Streit mit Gott Jakob/,Wir' in Bethel
V7b.ll bieten hingegen Redestoff jenseits der Handlungsebene. VI 3-14 kehren in den Erzählduktus zurück, durchbrechen diesen aber durch reflektierende Zusätze. Damit ergibt sich folgende Gliederung: V3: Überschrift V4-5.7a: Handlungsteil V7b.ll Redeteil VI3-14: kommentierter Handlungsteil
Die einzelnen Teile sind durch verschiedene Stichwort- und Themenbezüge miteinander verklammert: 1) Die Uberschrift (V3) nennt drei Akteure: Jahwe, Juda und Jakob. Die Beziehung von Jakob und Juda ist in der Uberschrift nicht eindeutig festgelegt. Zunächst hat es den Anschein, als seien beide Größen identisch. Dennoch erweisen sie sich im parallelismus membrorum von V3b nicht einfach als synonyme Größen. Diesem Oszillieren zwischen Identität und Nichtidentität entspricht auch der Fortgang der Einheit V5b identifiziert Jakob mit einem plötzlich auftauchenden ,Wir', das ansonsten keinen Ort in den erzählerischen Partien hat. Hinter diesem ,Wir' dürfte niemand anderes als Juda' von V3 stehen. Der Autor unterscheidet erzähltechnisch
43
Dazu s. u. Wir lassen zunächst noch offen, ob es sich hier um mündliche oder bereits um verschriftete Tradition handelt 45 Zu den Kommunikationsebenen s. u. 44
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
zwar zwischen Jakob und Juda, zielt aber sachlich durchaus auf eine Identität zwischen beiden Größen. 2) Das Verhältnis zwischen Jahwe und Jakob/Juda ist in der Überschrift durch das Nomen m sowie die Verben ιp*> und ai» beschrieben. Dabei kommt der 3-n deutlich in dem Dialog zwischen Jakob/Juda und Jahwe in den V5b.7a.7b.ll zum Zuge. "TfD und ai» beziehen sich auf die „Wege" bzw. „Taten" Jakobs. Was es mit diesen auf sich hat, berichten V4-5aoc sowie VI3. 3) Die Rede V7b.ll verklammert die beiden erzählerisch dominierten Passagen V4-5.7a und VI 3-14. Das Stichwort i"ni>Ki und die damit verbundene Anrede in V7b bindet diese an das Zitat (im Zitat) V7a zurück. Das Leitwort von V l l D-irajn weist auf V14 voraus. Im Vorgriff auf VI3-14 wechselt V l l von der Anrede (V7b) in die besprechende Rede. Da die gesamte Einheit in V3a mit überschrieben ist,46 bedarf die kommunikative Struktur des Textes einer eingehenderen Behandlung. Sie wirkt auf den ersten Blick verworren. V3 leitet als Uberschrift die Einheit auf der Grundebene besprechender Kommunikation ein: Der Autor teilt dem Leser etwas über die beteiligten Akteure mit. Auf dieser Ebene laufen zunächst V4 und V5a in dem sich anschließenden Handlungsteil weiter. V5b wechselt aber unvermittelt die Kommunikationsebene. Eine vorher nicht benannte ,Wir'-Gruppe, die schon oben mit der in V3 eingeführten Größe Juda identifiziert wurde, ergreift das Wort. Sie berichtet in V5ba über Jakob, in V5bß über sich selbst. Merkwürdigerweise spricht sie dabei nicht, wie man im Rahmen einer Erzählung erwarten möchte, einen der laut V3 beteiligten Akteure an. Vielmehr sucht sie das Gespräch mit dem Leser. Dennoch läuft die mit V4 beginnende Handlung weiter. Mit V7a wechselt nochmals die Kommunikationsebene. Die besprochene Person von V5b (Gott) tritt jetzt selbst als Sprecher auf und kommuniziert mit den ,Wir' von V5bß, allerdings im Munde der Sprecher von V5b. Im Blick auf V7a kommt V5bß die Funktion einer Redeeinleitung zu. In V7a selbst liegt ein Zitat im Zitat vor. V7b.ll scheinen ebenfalls Gott und die ,Wir' aus V5bß ins Gespräch bringen zu wollen. Unsere bisherigen Überlegungen haben jedoch gezeigt, daß V7b.ll nicht einfach als Fortsetzung der Rede V7a verstanden werden dürfen. Dann aber muß sich durch die 2. sg. von V7b der Leser angesprochen fühlen. D.h. auch V7b.ll verlassen die Struktur geradliniger narrativer Kommunikation. Die über -ρπϊ>κη hergestellte Stichwortbeziehung zwischen V7a und V7b suggeriert jedoch, 44 Dabei darf nicht voreilig an eine forensische Konnotation im Sinne der prophetischen Gerichtsreden, wie sie vor allem bei Deuterojesaja begegnen, gedacht werden, n-τ kann durchaus außergerichtliche Streitigkeiten bezeichnen (vgl. Ex 21,18; D t n 21,5; 25,1; Jes 57,16; Ps 5 5 , 1 0 - 1 2 u. ö. - dazu zusammenfassend: G. LlEDKE, 772 f.).
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daß V7b trotzdem auf V7a reagiert. Diese komplexe kommunikative Struktur evoziert eine Identifikation zwischen Leser und Juda. VI 3-14 kehren wieder auf die gleiche Ebene der Kommunikation wie V3 und 4-5aa zurück. Damit ergibt sich als weitere Gliederungsmöglichkeit: V3: V4-5a: V5b V7a: V7b.ll: VI3-14:
Autor - Leser Autor - Leser Juda - Leser Gott - Juda Gott-Leser Autor - Leser
Der Streit wird laut Überschrift (V3) von den beiden Parteien Jahwe - Juda/Jakob ausgetragen. Der Leser bleibt noch unbeteiligt. Das ändert sich mit V7b. Die unvermittelte Anrede an ihn durch Gott nötigt den Leser auf die Seite Judas/Jakobs. Entsprechend ist die Kommunikation zwischen den ,Wir' in V5b und dem Leser als eine Art Selbstgespräch zu verstehen. Aber auch der zunächst noch neutrale Berichterstatter wird in den Streit hineingezogen. Indem Gott in V7b.ll die Kommunikation mit dem Leser übernimmt, identifiziert er stillschweigend die Rolle des Autors mit der seinen. Vor dem Hintergrund dieses Rollenspiels lassen sich die verschiedenen Kommunikationsebenen jetzt als Signale der Dramaturgie des a-n verstehen: In den V4-5a trägt der Autor als Teil der streitenden Partei auf der Ebene narrativer Kommunikation mit dem der Partei der Streitgegner zugehörigen Leser seine Position vor. V5b.7a läßt den Streitgegner in einem innerparteilichen Selbstgespräch (,Wir - Leser) den eigenen Standpunkt offerieren. Im anschließenden Teil V7b.ll ergreift mit Gott wiederum die streitende Partei das Wort. Die Kommunikation erfolgt in V7b in direkter Anrede des Gegners (Juda), in V l l in besprechender Rede. Der Schlußabschnitt (V13-14) gehört ebenfalls der streitenden Partei. Diese wird wie im Eingangsabschnitt durch den Autor vertreten. Der Ablauf des I. II. III. IV.
V4-5ba: V5bß.7a V7b.ll: V13-14:
kann nunmehr wie folgt skizziert werden: 1. Redegang der streitenden Partei (Autor - Leser) Einziger Redegang der Streitgegner (,Wir' - Leser) 2. Redegang der streitenden Partei (Gott - Leser) 3. Redegang der streitenden Partei (Autor - Leser)
Interpretation
Eine Interpretation der V4-5.7a steht vor der Schwierigkeit, daß sich 12,3.4-5.7a in diesem Abschnitt zwei Ebenen miteinander verschränken. Zum einen
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
umschreiben sie einen durchgängigen Handlungsteil und sind insofern als eine Einheit aufzufassen. Nach der oben analysierten 3"i-Struktur finden sich jedoch in V4-5.7a bereits zwei Redegänge des in V3 angekündigten Streites. Da der Text über das Stichwort a-τ (V3) selbst die Leitkategorie benennt, unter der er primär verstanden werden will, empfiehlt es sich, die Interpretation aus der α·ι-Struktur heraus zu entwickeln. Dabei ist es dem Gesamtverständnis dienlich, zunächst etwas über die bestrittene Partei und ihre Position zu erfahren. Wir setzen deshalb entgegen der inneren Dramaturgie des Textes bei den V5b.7a an. 12,5b.7a Ein Blick auf die Verheißung V7a läßt im Kontext (V3-5a.l3) einen Zusammenhang mit der in Gen 28,10-22; 35,1-20 kanonisierten JakobBethel-Uberlieferung vermuten.47 Ein Vergleich von Hos 12,5b.7a mit Gen 28,10-22; 35,1-20 ergibt folgendes Bild: Die Mitteilung in 12,5b, derzufolge Jahwe in Bethel rede, erinnert an Gen 35,13-15, insofern hier in bezug auf die in V l O . l l f . wiedergegebene priesterschriftliche Version48 der Jakobsverheißung (vgl. Gen 28,13-15) Bethel gleich dreimal als wk i n ίβκ αψπ bezeichnet wird. Hos 12,7a ruft Erinnerungen an die vorpriesterschriftliche Form der Verheißung an Jakob (Gen 28,13-15) wach.49 Die Verheißung in Gen 28,13-15 ist wie folgt aufgebaut: (1) Selbstvorstellung Jahwes als Gott der Väter (VI 3a); (2) Land- (VI 3b), Mehrungs- (VI4a) und Segensverheißung (V14b); (3) Verheißung des göttlichen Beistandes (V15) mit besonderer Betonung des Zurückbringens in das Land (V15aß: bx "pm»m τπτπ ηητκπ). Der letztgenannte Aspekt erscheint in Hos 12,7a wieder. Mit Gen 28,15aß teilt Hos 12,7a die Anrede und die Verwendung des Verbum αϊ®, das hier allerdings im Qal und demzufolge in der 2. Person, also nicht wie in Gen 28,15aß im Hif. und der 1. Person begegnet. Über Gen 28,15aß hinaus hat Hos 12,7a noch das Syntagma γπ^κη. Der Ausdruck ηκτπ πηπκπ !>κ fehlt in Hos 12,7a. Die markanten Unterschiede könnten nun einen Anhaltspunkt für die spezifische Situation liefern, aus der heraus Hos 12,7a formuliert worden ist. Das in Hos 12,7a auffällige Syntagma -pnWa setzt voraus, daß sich die Sprecher in einer Situation befinden, die eine Vergewisserung des hel47
Wie das α® im Parallelstichos zeigt, ist ϊ>χ na in V5b als Orts-, und nicht als Gottesbezeichnung aufzufassen: Nyberg, Studien, 95 f., interpretiert !>κ na als den „Baitylos-Stein", auf den sowohl persönlich als auch unpersönlich Bezug genommen werden kann. P. A. DE BOER, Genesis XXXII23-33, 162, sieht ,Bethel' im Blick auf den hier verehrten Fremdgott El thematisiert; vgl. zu dieser Sicht weiterhin WHITT, Traditions, 25. 48 Vgl. NOTH, Überlieferungsgeschichte, 13.18. 49 M. GERTNER, Attempt, 70, vermutet eine Anspielung auf Gen 35,9-11. Wie sich seine Zuweisung des Hoseatextes an einen Propheten des 8.Jh.s allerdings mit der Rezeption dieses priesterschriftlichen Abschnittes vertragen soll, bleibt fraglich.
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fenden (a) Eingreifens Gottes erst erforderlich macht. Dies läßt auf eine religiöse Krise schließen, die in Gen 28,13-15 noch nicht zu spüren ist. In die gleiche Richtung könnte das Fehlen von ηκτπ nmxn ί>χ in Hos 12,7a weisen. Die Verheißung gewinnt ohne diese Zielangabe einen umfassenderen Sinn. Nicht mehr die Rückkehr in das Land ist Thema, sondern „Rückkehr" überhaupt. Worum es dabei geht, mag ein Text wie Thr 5,21 verdeutlichen: Bring uns, Jahwe, zu dir zurück, auf daß wir zurückkehren50; erneuere unsere Tage wie einst!
Der Vers gibt eine Bitte des Volkes aus der Zeit nach der Katastrophe von 587 v. Chr. wieder. Was in der ersten Vershälfte „zurückkehren" (nur Qal!) heißt, zeigt der Parallelstichos: „erneuere unsere Tage wie einst". „Rückkehr" bedeutet Wiederherstellung des früheren (politischen und religiösen) Zustandes.51 Voraussetzung dafür ist die Rückkehr zu Jahwe, die nur von diesem selbst her in Gang gesetzt werden kann (n® Hif.). Hos 12,7a liest sich wie eine göttliche Antwort auf die Bitte von Thr 5,21. Dabei findet die in Thr 5,21 von den Betern selbst anerkannte Voraussetzung „Bring uns, Jahwe, zu dir zurück" innerhalb der Verheissung Hos 12,7a mit η~π!>κη ein Äquivalent. Die auffälligen Parallelen zwischen Hos 12,7a und Thr 5,21 sprechen zwar in keiner Weise für literarische Abhängigkeit, wohl aber für das gleiche geistige Milieu exilischer Restitutionshoffnungen. Entsprechend wird der Rechtsstreit laut V3a nicht etwa mit dem Nordreich Israel, sondern mit Juda geführt. In die bisherigen Überlegungen fügt sich auch die Erwartung der Sprecher von Hos 12,5b.7a, diese würden in Bethel von Gott „gefunden" (V5b). κχη ist hier wie in 9,10 (vgl. Ps 89,21) Erwählungsterminus.52 Er ist im Gegensatz zu i n in der uns bekannten Jakob-Bethel-Uberlieferung nicht verankert, stellt also eine gewollte Akzentuierung innerhalb von Hos 12,5b dar. Die merkwürdige Suffigierung „er findet ihn" - „er redet mit uns" schließt die Sprechenden mit dem Erzvater Jakob im Sinne der „corporate personality"53 zusammen. Sich mit dem Erzvater eins wähnend, vergewis-
50
Lies TWJi (Ketib). Ähnlich etwa: Hos 6,11b; Jer 30,17 f.; 33,6 f.; Thr 2,13 f. - Dazu: NAUMANN, Erben, 55-58. - HOLT, Prophesying, 41, interpretiert I N im Sinne von „turn back/convert" und kommt zu der Erklärung: „The purpose of the indictment that Yahweh has against Israel (12.3; . . . ) is to bring the people of Israel to the point where they will convert." 51
52
53
Z u 9 , 1 0 v g l . R . BACH, E r w ä h l u n g ,
17.
Dazu Η. W. ROBINSON, Personality. - „The larger or smaller group was accepted without question as a unity . . . The whole group, including its past, present, and future members might function as a single individual through any one of those members conceived as a representative of it. Because it was not confined to the living, but included the dead and the unborn, the group could be conceived as living forever" (a.a.O., 25).
80
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sern sich die Sprechenden ihrer Erwählung und der an Jakob bzw. an sie ergangenen Verheißung einer Restitution vergangener heilvoller Existenz. Daß die Sprecher ihre Hoffnungen in Anlehnung an die Jakob-BethelUberlieferung formulieren, mag bei der hier vorgeschlagenen Situierung des Textes in die exilische Zeit verwundern. Immerhin kommt der exilisch-nachexilischen Theologie der Deuteronomisten für den Ruf des Betheler Heiligtums als Vehikel eines grundfalschen Gottesdienstes besondere Bedeutung zu. Spätestens nach der dtn. Reform mußte Bethel auch im Sinne von Dtn 12 als illegitim gelten. Doch fiel der Betheler Kult nicht unisono diesen Verwerfungen anheim. Bethel war - wie auch die anderen nördlich von Jerusalem gelegenen Ortschaften (Teil en-Nasbe, el-Gib, Teil el-Fül)54 - von den schweren Verwüstungen durch die Babylonier am Anfang des 6.Jh.s nicht betroffen.55 Um die Mitte des 6. Jh.s v. Chr. ist es allerdings zu einer Zerstörung der Stadt gekommen, von der sie sich offensichtlich recht bald wieder erholen konnte (Esr 2,28; Neh 7,31; 11,31).56 Fragt man nach Textzeugen für einen Kult in Bethel nach 720 v. Chr., so läßt sich für die Zeit bis zum Untergang Judas nichts wirklich Durchschlagendes erheben. II Reg 17,27 f. machen wahrscheinlich, daß der Kultbetrieb nicht auf Dauer zum Erliegen kam. II Reg 23,15.16-20 berichten von einem Ausgreifen des Königs Josia auf das Heiligtum von Bethel während seiner Kultreform. Was an diesem Bericht historisch ist und was nicht, läßt sich allerdings aus den bekannten Gründen schwer entscheiden.57 Für die exilische und fiühnachexilische Zeit kann aber dank Sach 7,2 f. doch Näheres gesagt werden:58 Es sandte Bethel 59 Sarezer und Regemmelech samt seinen Mannen, um Jahwe zu begütigen,
2
54
Vgl. WEIPPERT, Palästina, 698. ALBRIGHT, Archeology, 172 f., sieht in Bethel sogar eines der Zentren Palästinas im 6. Jh. v. Chr. 55
56
Vgl. KELSO, E x c a v a t i o n (1956), 41; DERS., E x c a v a t i o n ( 1 9 6 8 ) , 37.51; DERS., B e t h e l ,
192 f.; ALBRIGHT, Archeology, 172 f.; F. S. NORTH, Rise, 194; DUMERMUTH, Kulttheologie, 97; T. VEIJOLA, Verheißung, 197 - anders etwa E. JANNSEN, Juda, 95. 57 H. SPIECKERMANN, Juda, 112 ff., hält den Bericht überhaupt für unhistorisch; vgl. dagegen ζ. B. Donner, Geschichte II, 379 f. 58 Vgl. NORTH, Rise, 191 ff.; VEIJOLA, V e r h e i ß u n g , 1 9 4 - 1 9 7 ; T h . PODELLA, S ö m - F a s t e n , 2 7 7 ; W e i t e r e H i n w e i s e e n t h a l t e n J d c 1,1; 2 , 7 - 5 ; 2 0 , 1 8 . 2 3 f . 2 6 - 2 8 ; 2 1 , 2 - 4 .
59 Vgl. RUDOLPH, Sacharja, 136-138. G S Τ lesen „nach Bethel". Beliebt ist die Eliminierung des Ortsnamens durch Hinzuziehung von Bethel zum folgenden Personennamen als theophores Element (schon WELLHAUSEN, Propheten, 186). Begründet wird dies zum einen mit der fehlenden nota accusativi zur Kennzeichnung des Objektes vor den Personennamen, zum andern unter Hinweis auf Jer 39,3 (Nergalsarezer) mit dem Fehlen des theophoren Elementes vor Sarezer („Schütze den König!"). Eine Stütze könnte diese Annahme durch
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3
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(mit folgender Anfrage:) An die Priester, die am Hause Jahwes der Heerscharen sind, und an die Propheten: Soll ich im fünften Monat weinen (und) fasten, wie ich dies nun schon so viele Jahre getan habe?
Die Notiz gehört in den Kontext eines Spruches des Propheten Sacharja, der nach VI in das „vierte Jahr des Königs Darius", also in das Jahr 518 datiert. Die Verse berichten von der Aussendung einer offiziellen Betheler Abordnung (Bethel ist Subjekt!) an Priester und Propheten „im Hause Jahwes der Heerscharen", um dort Erkundigungen über die Regelung des Fastens einzuziehen. Die Datierung in den „fünften Monat" weist auf das Fasten im Gedenken an die Tempelzerstörung (II Reg 25,8 ff.). Die Unsicherheit wurde anscheinend durch den schon zwei Jahre währenden Neubau des Tempels (Hag 2,18; Sach 4,9) hervorgerufen. Nun wäre dieser Vorgang doch recht eigenartig, wenn mit dem „Haus Jahwes der Heerscharen" nicht das im Bau befindliche Jerusalemer, sondern das Betheler Heiligtum gemeint wäre. 60 Denn welchen Sinn sollte die in Sach 7,2 erwähnte Delegation haben, wenn nicht den, hinsichtlich der Fastenfrage die Praxis am eigenen Heiligtum mit den Jerusalemern abstimmen zu wollen? Der Text setzt demnach einen Kultbetrieb der Jahwegemeinde am Betheler Heiligtum nicht nur in der frühnachexilischen, sondern auch in der Exilszeit voraus. 61 Er zeigt ebenso, daß sich die Nutzer des Betheler Heiligtums keineswegs autark gegenüber Jerusalem wähnten. 62 Veijola ist wohl zuzustimmen, wenn er für den Kult von Bethel mit einem als Provisorium konzipierten Unternehmen rechnet. 63 Vor dem Hintergrund realer kultischer Vorgänge am Betheler Heiligtum in der Exilszeit gewinnt der Rückgriff auf die Jakob-Bethel-Uberlieferung in Hos 12,5b.7a an Profil. D a ß die Jakob-, statt der Exodustradition zur Artikulation der Restitutionshoffnungen diente, verwundert den aus neubabylonischer Zeit bekannten Personennamen Bit-ili-sar-usur erfahren (vgl. J. P. HYATT, Parallel, 3 8 7 - 3 9 4 ) . VEIJOLA, Verheißung, 195 f., macht demgegenüber z u Recht darauf aufmerksam, daß der n o c h in Jes 3 7 , 3 8 und II R e g 19,37 belegte Personenname nicht gleich an drei Stellen verderbt sein kann und daß diese N a m e n s b i l d u n g durchaus der im Akkadischen üblichen Verkürzung dreigliedriger Personennamen, bei der das theophore Element elidiert wird, entspricht. Schließlich verliert der T e x t durch den Wegfall von Bethel die keineswegs unwesentliche A n g a b e über die H e r k u n f t der Delegation. D a ß der O r t , Bethel' als Subjekt eines transitiven Verbs erscheint, wiegt demgegenüber nicht so schwer. 60
Vgl. im G e f o l g e von G S T: NORTH, Rise, 192 f. So auch ALBRIGHT, Archeology, 172 f.; NORTH, Rise, 194; DUMERMUTH, Kulttheologie, 97; WÜRTHWEIN, Erzählung, 188; VEIJOLA, Verheißung, 194 ff. 62 Ein etwas anderes Bild zeichnet NORTH, a. a. O. Er rechnet für die exilische Zeit mit einer regelrechten Ablösung Jerusalems in kultischer Hinsicht durch Bethel und in politischer durch Mizpa; ähnlich auch DUMERMUTH, Kultheologie, 97 f. 61
63 Vgl. a. a. O., 208. Außer in Bethel vermutet VEIJOLA, a. a. O., 190 ff., n o c h einen judäischen Kultbetrieb in M i z p a (vgl. Jer 4 1 , 4 - 9 [vgl. JOSEPHUS, Antiquitates X 9 , 4 ] und für die hellenistische Zeit in analoger Situation I M a k k 3 , 4 6 - 4 8 ) .
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ebenfalls wenig. In soziologischer Hinsicht stellt die Väterüberlieferung nach dem Wegfall aller staatlichen Ordnung in Israel/Juda für die in der Exilszeit lediglich in Familienverbände gefügte Gesellschaft eine hervorragende Möglichkeit zur Identifikation mit der eigenen Tradition bereit.64 Anderseits drohte der Untergang des Staates Juda alle Heilstraditionen (Exodus/Landgabe, König, Zion) bis auf die Väterüberlieferung außer Kraft zu setzen. Dieser Umstand erklärt, daß in der Exilszeit überhaupt verstärkt die Vätertradition bemüht wurde.65 Durch das sie konstituierende genealogische System war es möglich, die an die Väter ergangenen Verheißungen in die Gegenwart hinein zu verlängern. So erscheint der Rückgriff auf die alte Heiligtumslegende von dem Kultstifter Jakob im Rahmen des exilischen Betheler Kultes nur konsequent. Hinzu kommt, daß Jakob auch als der Stammvater Judas galt. Die Jakobtradition konnte auch Judäern zum Unterpfand der Gewißheit baldiger Errettung werden. 12,4-5a Nach der bestrittenen These (V5b.7a) kann der erste Argumentationsgang innerhalb des η*Ί nachgezeichnet werden. Er vollzieht sich als Destruktion der Erzvaterfigur, mit der sich die Sprecher von V5b im Sinne der corporate personality identifizieren. Der Autor bemüht dabei die markantesten Punkte der Jakob-Uberlieferung, nämlich die Etymologien des Jakob(V4a) und des Israel-Namens (V4b-5a). 12,4a Stellt man Hos 12,4a und die Uberlieferung von der Geburt Jakobs in Gen 25,20-26 gegenüber, so fällt die äußerste Knappheit auf, mit der Hos 12,4a formuliert. Gen 25,20-26 erzählt won der Geburt Jakobs und Esaus. Hos 12,4a nimmt einzig auf die etymologische Deutung des JakobNamens (Gen 25,26a) Bezug, auf die hin in Gen 25,20 ff. allererst erzählt wird. Das zeigt ein Vergleich von Hos 12,4a mit Gen 25,26a:66 ap>y in Hos 12,4a erinnert an die Formulierung apja ητπκ i n in Gen 25,26a. RNS HK (Hos 12,4a) steht anstelle (Gen 25,26a). Wir haben es in Hos 12,4a demnach nicht mit einer verkürzten Form der Erzählung von Jakobs Geburt zu tun, sondern lediglich mit einer Art Reminiszenz an die Jakobüberlieferung, die sofort zum Wesentlichen kommt. Woran will Hos 12,4a erinnern? Aufschluß gibt ein kleiner, aber nicht unwesentlicher Unterschied zwischen der Uberlieferung Gen 25,20 ff. und Hos 12. Nach der Uberlieferung Gen 25,20-26 findet das Festhalten der Ferse auffälligerweise nicht wie in Hos 12,4a „im Mutterleibe" (jiaaa), sondern erst während des Vorganges der Geburt statt. Will man diese 64
Vgl. zusammenfassend: ALBERTZ, Religionsgeschichte II, 419 ff. Vgl. Jes 41,8; 63,16; Ez 33,24 u. ö., zudem die D- und P-Bearbeitungen der Vätergeschichte: vgl. BLUM, Komposition, 362-458. 65
66
NEEF, Heilstraditionen, 36.
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Differenz nicht gleich durch eine von der Genesis-Überlieferung unterschiedene Vorlage für Hos 12,4a erklären, so wird man hinter ihr interpretatorische Absicht vermuten dürfen. Im Kontext der Erzählung von der Geburt der Isaaksöhne in Gen 25,20 ff. ist pan noch in 25,23.24 anzutreffen. Im Unterschied zu 25,24 ist dabei die Verheißung Jahwes an Rebekka in 25,23 für die Bedeutung der Etymologie in 25,26a von außerordentlichem Gewicht. Daß Jakob seinen Bruder an der Ferse festhält (25,26a), ihm also die Erstgeburt streitig machen will, ist nur deshalb über den Familienkreis Isaaks hinaus interessant und somit weiterer Tradierung wert, weil es sich bei den beiden Brüdern um „zwei Völker" handelt und der ältere dem jüngeren nach dem Willen Jahwes für immer „dienen" soll. Die Verheißung Gen 25,23 verleiht der Familienepisode von einer Zwillingsgeburt eine völkergeschichtliche Perspektive. Sie macht die Geschichte von der Geburt Jakobs und Esaus zu einer Geschichte von der Erwählung Jakobs und des Jakobvolkes. Die Etymologie vom „Fersenhalter" in Gen 25,26a wird auf dem Horizont der Verheißung von 25,23 zur Quintessenz dieser Geschichte. Und dieser Horizont ist es, den Hos 12,4a eingeblendet sehen will.67 „Im Mutterleibe hielt Jakob die Ferse seines Bruders" heißt: , Von Mutterleibe an ist Jakob erwählt'.68 Damit hat sich aber der Aussagewille von Hos 12,4a nicht erschöpft. Die vom Autor selbst getroffene Wortwahl npy (Gen 25,26a: ητπκ ττ-ι npya) verleiht der Reminiszenz an die Erwählung Jakobs noch einen ganz anderen Akzent. Innerhalb der Jakobüberlieferung der Genesis findet sich das Verb npy einzig in Gen 27,36 und ist hier eindeutig mit „betrügen" zu übersetzen. Aufgrund dieses Befundes ist im Anschluß an Vriezen wiederholt ein Zusammenhang von Hos 12,4a und Gen 27,36 festgestellt worden. Hosea trage so „die List Jakobs mit seiner kühnen Kontraktion in die Geburtsgeschichte" zurück.69 Allerdings wird bei einer solchen Interpretation die Intention des Hoseatextes nicht recht deutlich: „Wie sollte man sich einen solchen Betrug näher vorstellen? Wollte man wirklich von einem Betrug reden, so wäre er doch zumindest gescheitert, denn Esau - und nicht 67
Ähnlich bereits ACKROYD, Hosea, 248; vgl. NEEF, Heilstraditionen, 38. JBS findet als zeitlicher Bezugspunkt der Erwählung bzw. Berufung an mehreren Stellen Erwähnung. Nach Jdc 13,5.7; 16,17 ist Simson (im Unterschied zu den Anordnungen von Num 6,1 ff.) Juan jn resp. | i i n zum Nasirat bestimmt. Der Gottesknecht von Jes 49,1 ff. ist ebenfalls jeaa (Jes 49,1.5) zu seinem Amt „berufen" (fnp) resp. „gebildet" ("Ιϊ"). Gleich im ersten Jahwewort des Jeremiabuches spricht Jahwe zum Propheten: (!) ynjn- jiaaa -piSN m a i (Jer 1,5). Von dem „seit Mutterleibe (]Ban)" von Jahwe „gebildeten" (is-) Jakob schließlich heißt es in Jes 44,2, daß Jahwe ihn „erwählt" (iru) habe (vgl. 44,24). 68
" W O L F F , H o s e a , 2 7 4 ; vgl. RUDOLPH, H o s e a , 2 2 8 ; JEREMIAS, P r o p h e t , 1 5 2 f . ; HOLT,
Prophesying, 33, u. a.
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Jakob - wird als erster geboren."70 Freilich fällt es schwer, den Beleg für das im AT äußerst seltene und nur im Kontext der Jakobüberlieferung gebrauchte Verb apy in Gen 27,36 (neben Hos 12,4 nur noch Jer 9,3)71 für die Interpretation von Hos 12,4 als irrelevant zu erklären.72 Man wird von daher einerseits auf eine ,real' gedachte Verlagerung von Gen 27,26 in den vorgeburtlichen Zustand der beiden Brüder verzichten müssen, anderseits die Bedeutung „betrügen" bei apy als Konnotation durchaus mitzuhören haben. Der erwählte Jakob ist derjenige, der sich des „Betruges" schuldig machen wird Wiewohl erwählt, gehört er zu den „Frevlern" und „Lügnern" „von Mutterleibe an" (Ps 58,4). 12,4b-5a 12,4b Hos 12,4b-5a spielt auf die in Gen 32,23-33 geschilderten Begebenheiten an.73 V4b erinnert mit dem Verb m® und folgendem präpositional eingeleiteten Objekt DTT!»«74 an die Israeletymologie Gen 32,29. Der Bericht über das Geschehen, der den Erzähler zu dieser Etymologie veranlaßt, findet sich im Gegensatz zur Genesisüberlieferung erst in V5a nach der Etymologie. Diese Reihenfolge liegt sicherlich nicht in der Vorlage für Hos 12,4b begründet. Sie scheint vielmehr dem Versuch geschuldet zu sein, den Text in eine „homiletische Ordnung" zu bringen.75 Dem Autor kommt es - wie in V4a - offensichtlich darauf an, zunächst wieder auf das Fazit der von ihm ins Feld geführten Überlieferung zu verweisen. Gleichzeitig erreicht er einen nahtlosen Anschluß an die Jakobetymologie in V4a. Dabei setzt er durch die Voranstellung von i:iim die Israeletymologie (V4b) in ein chronologisches Verhältnis zu der Jakobetymologie: ,Im Mutterleibe . . . dann, in seiner Manneskraft'. Es entsteht der Eindruck eines durchlaufenden Erzählfadens von V4a nach V4b. Freilich kommt ιπκπ nicht nur eine stilistische Funktion zu. Klingt doch in das Unheil signalisierende fix an.76 Der Gotteskampf wird somit zu einem zwielichtigen Ereignis. Die Genesisüberlieferung unterstreicht Jakobs Stärke, die ihn sogar befähigt, gegen ein Gottwesen in
70
NEEF, Heilstraditionen, 37; ähnlich GESE, Jakob, 41. Jer 9,3 nennt zwar den Namen des Erzvaters nicht, spielt aber doch, wie das Motiv des Bmdefaetrugs zeigt, deutlich auf die Jakobüberlieferung an; anders: ACKROYD, Hosea, 71
2 5 4 ; GESE, J a k o b , 4 1 , A n m . 7. 72 Vgl. etwa DE BOER, Genesis XXXIl23-33,161; NEEF, Heilstraditionen, 37: „außer dem Namen npjr und dem Verb npy (Gen 27,36) lassen sich keine weiteren Beziehungen zu Hosea herstellen." 73
Z u d e n E i n z e l h e i t e n vgl. N E E F , H e i l s t r a d i t i o n e n ,
74
39-41.
Im Unterschied zu Gen 32,29, wo die Präposition oy Verwendung findet, gebraucht Hos 12,4b die Präposition ηκ. 75
V g l . GERTNER, A t t e m p t
76
So bereits G: s.o. S.71.
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den Ring zu treten. Im Anschluß an V4a könnte darin die Wirkung von Gottes Erwählungshandeln zu sehen sein: Was Jakob von Mutterleibe an war, beginnt sich nun, da er Mann geworden, zu realisieren. In diesem Kraftakt verwirklicht sich aber auch die andere, dunkle, für den Autor schon „im Mutterleibe" offenbare Seite des Wesens Jakobs: Der Gotteskämpfer wird zum Frevler - wodurch, das zeigt die erzählerische Ausführung in V5a. Uber Hos 12,5a gehen die Meinungen weit auseinander. Die Probleme 12,5a beginnen bei der Rekonstruktion der Wurzel von Ί«ΡΊ. In der Regel entscheidet man sich mit MT, σ' und V für i m ( = „er herrschte" [sc. „er obsiegte, erwies sich als Herr"]). 77 Eine Ableitung aus der Wurzel m» (vgl G und α') wird von denjenigen Exegeten verworfen, die sich für die Vokalisation des M T aussprechen, „da eine andere Präposition als in V4 (und Gen 32,29) verwendet wird".78 Tatsächlich könnte hierin der Grund für die Punktierung des M T liegen. Doch keiner der übrigen Belege für das Verb n ® gibt eine Bedeutung im Sinne von ,siegen' her. Entsprechend wird dieser Vorgang sowohl in Hos 12,5 als auch in Gen 32,26.29 durch das Verb i>3" ausgedrückt. Außerdem würde durch die Herleitung von URI aus TU; das folgende überflüssig.79 Eine Erklärung aus der Wurzel m® (vgl. G und α') bietet demgegenüber die bessere Lösung.80 Freilich wäre auch zu erwägen, ob der M T nicht ein Verb n ® in synonymer Bedeutung zu m» im Blick gehabt haben könnte.81 Einen weiteren Dissens innerhalb der Auslegungsgeschichte von 12,5a stellt die Bestimmung der Subjekte für icri, und p n m nsa dar. Dabei besteht einhelliger Konsens darüber, daß pniri r m Jakob zum Subjekt haben müsse.82 Die Bestimmung des Subjektes von nsri hängt vor allem an der entstehungsgeschichtlichen Bewertung von "|xi>n ί>κ. Gegen die Ursprünglichkeit von ηκ!>η wird einerseits geltend gemacht, daß nicht einsichtig sei, warum in V5a ein „Engel" statt wie in V4b „Gott" der Gegner 77
V g l . WOLFF, H o s e a , 2 6 7 f.; ANDERSEN/FREEDMAN, H o s e a , 6 0 7 f.; UTZSCHNEIDER, H O -
sea, 189 f.; JEREMIAS, Prophet, 153, u. a. RUDOLPH, Hosea, 222, beläßt MT: „aber er (Gott) war ausgewichen auf einen Engel". "JEREMIAS, Prophet, 153; vgl. schon NYBERG, Studien, 94. 79 So zu Recht MCKENZIE, Tradition, 313. 80 So a u c h T h . H . ROBINSON, Hosea, 46; D . STUART, Hosea, 185.191; NEEF, Heilstraditionen, 14.17; GESE, Jakob, 41; MCKENZIE, Tradition, 313; HOLT, Prophesying, 34 mit
Anm. 9, u. a. Der vermeintlich stilistisch harte Wechsel der Präposition von V4 zu V5 erklärt sich wohl aus der bedeutungsgleichen Verwendung von i>y und ^x. 81 Weitere verba mediae geminatae und tertiae infirmae in synonymer Bedeutung sind ζ. B. fip/nxp; n i / m i ; nbp. Es handelt sich vermutlich um ursprünglich bilitterale Wurzeln, die dann nach verschiedenen Prinzipien sekundär erweitert wurden (vgl. GK 28 § 30g). 82 Vgl. ζ. B. JEREMIAS, Prophet, 153: „Sicher i s t . . . , daß Jakob Subjekt des Weinens und Flehens in V5a ist".
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Jakobs sein soll.83 Zum andern ergeben die Bedenken gegen "|χϊ>η ein Folgeproblem der Übersetzung von i«ri mit „er erwies sich als Herr" und der Entscheidung für Jakob als Subjekt von μπίτι m i , „dann ist nämlich die Fortsetzung in V5aß unverständlich".84 In V5aß läge eine „psychological impossibility" vor.85 Als Lösung wird angeboten, ηκ^η als interpretierende Glosse zu D-ni>x in V4b zu streichen und statt der Präposition die Gottesbezeichnung !»x zu lesen.86 Letztere liefere das Subjekt zu i n , so daß man zu der Übersetzung käme: „Aber Gott erwies sich als Herr." wird im Rahmen dieser Deutung entweder als inhaltliche Wiederholung von nsn gesehen, 87 oder ein Subjektwechsel von „Gott" zu Jakob" wird unterstellt.88 Nun sind die gegen ηκ^α vorgebrachten Bedenken u. E. unzureichend fundiert. Der Auftritt eines Engels in V5a läßt sich aus der Überlieferung erklären. „Gott" in V4b verdankt sich, wie bereits gezeigt wurde, dem Rekurs auf die Namenetymologie Gen 32,29. Mit der Einführung des „Engels" in V5a trägt der Autor dem Umstand Rechnung, daß nach der Überlieferung „ein Mann" (trx: Gen 32,25) antritt, dessen göttliches Wesen sich erst im nachhinein (V29) offenbart. 89 Das ηκ!>η voranstehende α*π!>χ in Hos 12,4b begründet sich aus der Eigenart, mit der Hos 12 die Genesisüberlieferung rezipiert. Zunächst wird überschriftartig die Etymologie des Jakobnamens „zitiert", und hernach werden die Geschehnisse,
83 WOLFF, Hosea, 267 f.; außerdem: „von Engeln weiß Hosea selbst auch sonst nichts" (a.a.O., 268). 84 WOLFF, Hosea, 268. 85 GERTNER, Attempt, 273. 86 Erstmals NYBERG, Studien, 95. Nach GERTNER, Attempt, 277.281, sei ηκ!>η aus „dogmatischen" Gründen als interpretierende Glosse eingefügt worden, weil bei Annahme eines einzigen Subjektes für V5aa.ß die Schwierigkeit entstünde, daß entweder Jakob Gott besiegt habe oder Gott als Weinender aus dem Streit hervorgegangen wäre; HOLLADAY, Chiasmus, 56; vgl. WOLFF, Hosea, 268.275; L. RUPPERT, Herkunft, 495 f.; IJTZSCHNEIDER, Hosea, 189; JEREMIAS, Prophet, 153. 87 GERTNER, Attempt, 278. GERTNERS Interpretation von V5a mutet allerdings merkwürdig an: sei ein Spiel mit S>3im in Gen 32,29, wobei in Hos 12,5a eine in Anlehnung an das arab. wkl gewonnene synonyme Bedeutung zu ipv „suchen" (Rückbezug auf V3!) zukomme. Damit spiele V5aa auf Gen 35,1 an. V5b sei dann auf dem Horizont von Gen 35,9 ff. zu verstehen. 88 UTZSCHNEIDER, Hosea, 189; JEREMIAS, Prophet, 153. STUART, Hosea, 185.186 f., versucht diesen Subjektwechsel zu vermeiden, indem er !>3" mit,endure' wiedergibt - Um dem Ärgernis des Perfekts ma zwischen den beiden Narrativen zu entgehen, liest UTZSCHNEIDER, Hosea, 189, RM nicht als Qal perf. 3. sg. masc., sondern als Qal part act. JEREMIAS, Prophet, 154, faßt Π33 als asyndetischen verbalen Umstandssatz auf (vgl. GK 2! § 156d). 89 Der Einwand WOLFFS, Hosea, 275, diese Erklärung setze „fälschlich eine Bindung des Propheten an die Tradition voraus" und verkenne „die Freiheit und die Deutlichkeit des prophetischen Aussagewillens", verfängt natürlich nicht.
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die zu dieser Etymologie Anlaß geben, erzählt.90 Weiterhin ergibt V5aß sehr wohl einen brauchbaren Sinn, wenn man das Subjekt nicht in Jakob, sondern in dem „Engel" von V5aa sucht.91 V5a steht dann in folgendem Aussagegefälle: Jakob streitet mit einem Engel - Jakob siegt - der Engel weint und fleht. Wie verhält sich Hos 12,5a zu Gen 32,23-33?92 Hos 12,5aa' (i»x inri paßt motivlich - nicht terminologisch - zu der Erzählung des Angriffs des geheimnisvollen „Mannes" auf Jakob in Gen 32,25boc. Die Dauer des Kampfes wird in Gen 32,25bß, nicht aber in Hos 12,5a beschrieben. Gen 32,26aa konstatiert das Unvermögen des „Mannes", Jakob zu „besiegen". Diesem Zug entspricht in Hos 12,5aa2(i»3"i) die Feststellung, daß Jakob „siegte". Charakteristischerweise operieren sowohl Gen 32,26aoc als auch Hos 12,5aa2 mit dem Verb Gen 32,26aß.b teilt eine weitere Aktion des „Mannes" mit: er schlägt Jakob auf das Hüftgelenk, so daß es verrenkt wird. Dieser Erzählzug wird wiederum in Hos 12,5a nicht aufgenommen. Die Genesisversion fährt in 32,27a mit einer Bitte des „Mannes" fort, ihn zu entlassen. Nach 32,27b stellt ihm Jakob die Bedingung, ihn zuvor zu segnen. Ein Bezug von Hos 12,5aß auf Gen 32,27 ist in der Forschung immer wieder behauptet worden. Allerdings brachte man dabei Hos 12,5aß durchgängig mit der Segensbitte Jakobs (Gen 32,27b) in Verbindung. Das Weinen deutete man als Verstärkung dieser Bitte.93 Doch lassen sich der „bittflehende Stammvater" von Hos 12 und der „den Segen gleichsam erzwingende(n) Jakob der Genesis" wirklich auf einen gemeinsamen Nenner bringen?94 Bezieht man hingegen Hos 12,5aß auf Gen 32,27a, läßt sich diese Schwierigkeit umgehen. Nach Gen 32,26 f. ist Jakob der strahlende Sieger, der es versteht, aus diesem Sieg das nötige Kapital zu schlagen (Gen 32,27a). Der Unterlegene ist das mit Jakob ringende Wesen,95 90 Dieser Umstand erklärt auch die zweimalige Erwähnung des Kampfes Jakobs gegen das göttliche Wesen in V4b und V5aa. 91 So bereits H. GUNKEL, Genesis, 361. 92 Für HOLT, Prophesying, 35-37, stellt sich diese Frage nicht, da V5a den Abschnitt V3 f. nicht fortsetze. Die Autorin rechnet vielmehr mit „two abbreviated references to (presumably) two traditions, where Jacob either struggles with God or with his representative" (a. a. O., 36). Freilich: „We cannot know what shape and development the traditions have had" (ebd.). 93 So besonders A. BENTZEN, Weeping, 58, der eine Parallele zwischen dem Weinen Jakobs und dem Fasten Moses und Aarons in Dtn 9,18 sieht; vgl. MCKEATING, Hosea, 142 f.; J.
LIPPL/J. THEIS, P r o p h e t e n , 75; F. NÖTSCHER, Z w ö l f p r o p h e t e n b u c h , 34; ACKROYD, H o s e a , 2 5 1 ; RUDOLPH, H o s e a , 2 4 3 ; C. VAN LEEUWEN, H o s e a , 229; NEEF, Heilstraditionen, 40,
u. a. R. B. CooTE, Hosea XII, 395, versucht das Problem zu umgehen, indem er riDi in m (Wurzel: -pi) ändert. 94 Vgl. RUPPERT, Herkunft, 496. Er selbst deutet das Weinen als Ausdruck der „Niederlage Jakobs". Jakob stünde nunmehr „in seiner Armseligkeit vor Gott" (vgl. S. 497).
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das allein Grund zu weinen und zu flehen hat, denn „mit Sonnenaufgang muß die Gottheit verschwinden".96 Hos 12,5a sagt nach unserer oben zunächst rein textimmanent auf den Hoseatext bezogenen Deutung nichts anderes. Jakob ist der Sieger. Der „Engel" wird zum Bittgänger.97 Ein Vergleich von Hos 12,5a mit Gen 32,25b-27 kommt demnach zu folgendem Ergebnis: Hos 12,5a hat genau die Züge mit der Genesisüberlieferung gemeinsam, denen es darauf ankommt, Jakobs Unüberwindbarkeit hervorzuheben. Im Gegenzug fehlt in Hos 12,5a das Element der momentanen Schwäche des Erzvaters (Gen 32,26aß.b). Hos 12,5a verfolgt die Absicht, ein noch überzeugenderes Bild vom Sieg Jakobs über seinen Gegner zu malen. Dabei bedient sich der Autor nicht nur des literarischen Kunstgriffs des Verschweigens. Das zeigen zwei weitere feine, aber beredte Unterschiede zur Genesis. Nach Gen 32,25b ist der Gegner der Angreifer. Hos 12,5a läßt Jakob mit dem Engel „streiten". Nach Gen 32,27a drückt der Gegner lediglich sein Begehren nach Entlassung aus. In Hos 12,5a wird er zum Weinen gebracht. Die bewußte Heraushebung der Unüberwindbarkeit Jakobs entspricht genau den Intentionen, die den Autor zu einer Verknüpfung von V4a mit V4b durch uixi bewegten. Hier wie dort soll Jakobs Stärke herausgestellt werden. Gleichzeitig kommt der in px anklingende jiK-Aspekt zum Tragen. Das zeigt die Wahl des Terminus "|κί>η für den Gegner Jakobs, mit dem der Kontrahent des Erzvaters noch ganz anders als der STK der Genesis in die Nähe Gottes rückt. Jakob streitet nicht einfach gegen ein indefinites gottartiges Wesen wie in Gen 32. Er tritt gegen den Gott an, dem er Kraft der Erwählung überhaupt seine Unüberwindbarkeit verdankt. Somit aber gereicht der Sieg Jakobs zum Zeugnis seiner Hybris.
95
So schon die frühjüdische Exegese: vgl. bab.Hullin, 92a: „Er beherrschte den Engel, er kam ihm bei; er flehte ihn an-, ich würde nicht gewußt haben, wer Besiegter des anderen geworden war, wenn es aber heißt: denn du hast einen Engel Gottes beherrscht, so besagt dies, daß Jäkob Besieger des Engels geworden war. Er weinte und flehte ihn an\ ich würde nicht gewußt haben, wer vor wem weinte, wenn es aber heißt: er sprach: laß mich los, so b e s a g t d i e s , d a ß d e r E n g e l v o r J ä k o b w e i n t e " ; vgl. RASCHI u n d KIMCHI (S. A . WÜNSCHE,
Hosea, 523); in neuerer Zeit: DUHM, Anmerkungen, 39; GuNKEL, Genesis, 361; GINSBERG, Ephraim, 342. 96
97
GUNKEL, G e n e s i s , 3 6 1 .
Eine eigenartige Deutung für V5aß findet sich bei GOOD, Hosea, 144.148: Seinem Verständnis nach spiele Hosea hier auf eine Tradition an, die den Namen „Klageeiche" in Gen 35,8 erläutern will. HOLLADAY, Chiasmus, 56.63 f., und MCKENZIE, Tradition, 314 f., deuten V5aß auf die Begegnung Jakobs mit Esau in Gen 33. Diese Erkenntnis ergäbe sich aus einem durch einen insgesamt fünffachen Chiasmus innerhalb der V 3 - 6 (vgl. HOLLADAY, a. a. O., 64) bedingten Bezug von i!> (V5aß) auf τπχ (V4a) und der Verwurzelung von jn und nan in Gen 33 (jn: V8.10.15; naa: V4); vgl. auch ANDERSEN/FREEDMAN, Hosea, 613: „Either the ,angel', in fear of losing his anonymity, begs Jacob for release; or Esau and Jacob weep in their reconcilation".
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Damit spitzen sich die Reminiszenzen an die Jakobüberlieferung ihrem Höhepunkt zu und gelangen gleichzeitig an ihr vorläufiges Ende (vgl. V13). Was in V5b.7a folgt, markiert auf dem Horizont von V4-5a den Ausgang der doppelbödigen Geschichte Jakobs. Aber nicht mehr auf den Erzvater, sondern auf das Jakobsvolk werden nunmehr die Blicke gelenkt. Der Autor verlängert die Jakobsgeschichte - ganz wie es die Sprecher von V5b.7a für sich beanspruchen - in die Gegenwart hinein. Doch entgegen dem Selbstverständnis der hier Zitierten stehen sie nicht am Anfang einer notwendig heilvoll endenden Erwählungsgeschichte, sondern - und welch beredteres Zeugnis als deren gegenwärtige Situation könnte es dafür geben! - am definitiven Ende der Geschichte Jakobs mit seinem Gott. Das Gericht, welches das Jakobsvolk erfahren mußte, zeigt unmißverständlich, wer letztlich als „Sieger" aus dieser Geschichte hervorgegangen ist. Der „Sieg" Gottes kommt darin zum Ausdruck, daß aus der Erwählung eine definitive Verwerfung geworden ist. Eine in der Erzvaterfigur verbürgte Heilsgewißheit erweist sich als Illusion. Mit V7b setzt der zweite Redegang der streitenden Partei innerhalb des 12,7b. 11 ein. Der Sprechduktus ändert sich. Statt Verheißung erfolgt Ermahnung. Das Mahnwort V7b weist manche Gemeinsamkeiten mit 6,5b.6 auf, die sich aus literarischer Abhängigkeit erklären dürften. Hier wie dort wird dem Kult die Forderung nach τοπ, nach liebender Hingabe, entgegengestellt. Der in 6,5b genannte aawa wird in 12,7b mit in das Mahnwort einbezogen.98 Wenn die Annahme berechtigt ist, daß 12,7b.ll der Abschnitt 6,1-6 schon vorgelegen hat," dann kann die Einbeziehung des aa&n in das Mahnwort nicht ohne Absicht geschehen sein. Nun begegnet aa»n als Objekt zum Verb mw außer in Hos 12,7 noch an folgenden Stellen: Lev 18,5.26; 19,37; 20,22; 25,18; Dtn 7,11; 8,11; 11,1; 26,17; 30,16; I Reg 2,3; 8,58; 9,4; II Reg 17,37; Jes 56,1; Ez 18,9; 20,18.19.21; 36,27; Ps 119,106; Neh 1,7; II Chr 7,17. Auffällig ist, daß BD»n in der Regel im Plural steht und den t r a o w n als weitere Objekte noch np>r? (Lev 18,5.26; 19,37; 20,22; 25,18) bzw. mpn/ayπ und msa (Dtn 7,11; 8,11; 11,1; 26,17; 30,16; I Reg 2,3; 9,4; 8,58; II Reg 17,37; Neh 1,7; II Chr 7,17)100 zur Seite gestellt werden.101 All diese Belege 98 Die im AT insgesamt lediglich siebenmal belegte Paarung -ron und bd®d begegnet innerhalb des Hoseabuches nur noch 2,21, hier aber als (Braut-)Gabe Jahwes und nicht als Forderung an Israel. Am nächsten kommt Hos 12,7b noch Mi 6,8, wo -τοπ und aaira ebenfalls als Forderung an den Menschen herangetragen werden. 99 Diese Vermutung gewinnt freilich durch die hier vorgeschlagene Datierung von 12,3-5.7.11.13 f. in die Exilszeit an Wahrscheinlichkeit. 100 Dtn 7,11 und II Reg 17,37 haben statt des Plurals πΐϊη den Singular msn. In I Reg 2,3 begegnet zusätzlich noch nny, in II Reg 17,37 mm. I Reg 9,4 und II Chr 7,17 formulieren ohne nun.
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verdeutlichen: Mit dem „Bewahren" der „Rechte", „Gebote", „Satzungen" etc. ist nichts anderes denn der Gehorsam gegen das Gesetz gemeint. Als älteste Belege dürften dabei die Gesetzesparänesen des Dtn anzusehen sein (Dtn 7,11; 8,11; 11,1 [26,17; 30,16]). Aus dieser Reihe fallen nur Jes 56,1; Hos 12,7b und Ps 119,106 heraus. In allen drei Belegen fehlen die Ergänzungen von BD»n durch (weitere) Gesetzestermini. In Ps 119,106 fungieren die D-aown als nomen regens zu ρτϊ. Eindeutig handelt es sich bei den "|ρτϊ -ΒΟΒΠ um die „gerechten Ordnungen" des Gesetzes. Einzig in Hos 12,7b und Jes 56,1 steht aairn im Singular. Im Umfeld von aa»n begegnen keine Termini für Toragebote. Der Fortgang in Jes 56,2-7 zeigt allerdings, daß auch aa»n n a » in Jes 56,1 als Aufforderung zum Gesetzesgehorsam verstanden werden kann. Der Singular ao®n macht deutlich, worum es bei der Befolgung der einzelnen Gebote - in Jes 56,2-7 exemplarisch am Sabbatgebot erörtert eigentlich geht: um das Recht schlechthin, das jedem Einzelgebot zugrunde liegt. Deshalb kann der Ausländer, „der sich hütet (ia»), den Sabbat zu entweihen", zu den -jriaa α-ρ-τπη gezählt werden (Jes 56,6). Nicht grundsätzlich anders ist u.E. die Aufforderung in» aa»m -τοπ in Hos 12,7b zu verstehen.102 BD®n steht auch hier für die „Übersumme" der einzelnen Gebote, bezeichnet also das „Gesetz" wie andernorts die Termini mm und mxn. Gefordert wird der Gesetzesgehorsam, weil sich in ihm τοπ, die liebende Hingabe zu Gott, Raum verschafft. Die Mahnung zum Hoffen auf Gott lehnt sich, wie schon der erste Teil des Mahnwortes V7ba, an geprägten Sprachgebrauch an (vgl. Ps 27,14 [bis]; 37,34; Prv 20,22).103 Ps 27,14; 37,34 konstruieren mp wie Hos 12,7b mit der Präposition i>x, während Prv 20,22 das sonst übliche !> verwendet. Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen Ps 37,34 und Hos 12,7b besteht darin, daß beide unter Benutzung des Verbs in» zum Gesetzesgehorsam ermahnen. Eine literarische Abhängigkeit zwischen Ps 27,14/37,34 und Hos 12,7b läßt sich jedoch nicht nachweisen.104 Im Unterschied zu Ps 27,14/37,34 gebraucht Hos 12,7b nicht den Gottesnamen
101 Die Belege im Ezechielbuch nennen außer den π·Β3Βη ebenfalls nif>n/D"p(i)n, konstruieren diese aber nicht wie die O-BDM als Objekt zum Verb in®, sondern als Präpositionalobjekt mit der Präposition η zum Verb ·|!>π. 102 VOLLMER, Rückblicke, 107, sieht V7 dtn./dtr. beeinflußt Die von ihm als Indiz über die Verbindung von in» mit BDBD hinaus genannte Verknüpfung von na® mit "ton (Dtn 7,9.12; I Reg 3,6; 8,23) überzeugt allerdings nicht, da in den dtn./dtr. Stellen "τοπ ein Verhalten Gottes und nicht des Menschen wie in Hos 12,7b bezeichnet 103 Vgl. C. WESTERMANN, mp, 625 f. Nicht mit mp (Pi.), sondern mit !>N- (Hif. oder Pi.) formuliert, findet sich die Ermahnung zum Hoffen auf Gott noch in Ps 37,7 (em: s. BHS);
4 2 , 6 . 1 2 ; 4 3 , 5 ; 130,7; 1 3 1 , 3 ; H i 3 5 , 1 4 (em.: s. B H S ) . 104
Auf eine solche Vermutung zielen wohl die Beobachtungen bei WILLI-PLEIN, Vorformen, 213 f.
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mn-, sondern die Gottesbezeichnung π-ηϊ>κ. Was Hos 12,7b mit uswm ion zum Ausdruck bringen will, wird in Ps 37,34 mit l a n bezeichnet. Man wird die Gemeinsamkeiten zwischen Ps 27,14/37,34 und Hos 12,7b also weniger durch literarische Abhängigkeit als vielmehr von einer gemeinsamen inhaltlich geprägten ,Formel' „Hoffe auf Gott!" her zu erklären haben, wobei die konkrete Sprachform differieren kann.105 Eigentümlich an der , Zitation' der , Formel' in Hos 12,7b und deshalb für die Interpretation von Belang sind die Suffigierung von ο*π!»κ und die Einfügung von τ η η . Letzteres dürfte wiederum dem Eindruck von Hos 6,1-6 geschuldet sein. Der flüchtigen „Hingabe" ("τοπ) im Kult (6,4; [vgl. 12,5b.7a]) wird die beharrliche Hoffnung auf Gott entgegengestellt. Indem der Autor o-nb« mit dem Suffix der 2. Ps. versieht, betont er, daß trotz des scheinbaren Endes der Geschichte Gottes mit Jakob die Wege Jahwes mit seinem Volk noch nicht an ihr Ziel gekommen sind. Die Ermahnung zur Hoffnung birgt somit ein Moment der Verheißung in sich. Die Hoffnung auf Gott wird nicht vergeblich sein: „Hoffe auf Jahwe, er wird dir helfen" (Prv 20,22).106 Doch behält gegenüber jeglicher Hoffnung die Ermahnung zum Gehorsam gegen die Tora das erste Wort. Der sich ursprünglich an das Mahnwort V7b anschließende V l l ist schwer zu deuten. Probleme bereitet vor allem die Form na™. D a III nan nicht im Dopplungsstamm belegt ist, führt der M T zu I n m „vergleichen" (vgl. G: ώμοιώθην). D i e Auslegung folgt in der Regel M T . Buber versteht I n m an unserer Stelle als terminus technicus für die Gleichnisrede. 1 0 7 Jeremias denkt an die prophetische Zeichenhandlung, s o daß H o s 12,11 die drei prophetischen Aktionsarten „Wort . . . , Gesicht und Vorabbildung der Zukunft in symbolischer Handlung" im Blick habe. 1 0 8 Gegen diese Annahme spricht jedoch, d a ß von prophetischen Zeichenhandlungen sonst im Alten Testament zwar mannigfach berichtet bzw. zu solchen aufgefordert wird, sie aber im Gegensatz zu Wort und Vision nie als prophetische Tätigkeit kategorial erfaßt werden. Brauchbarer ist der Hinweis Rudolphs auf G (ώμοιώθην). 109 Er setzt ein Hitp. (nmx) als Denominativum von m m in der Bedeutung „Gestalt gewinnen, sich darstellen, in Erscheinung treten" an. V l l b be105 Die differenten Momente betreffen sowohl den Gebrauch der Präpositionen (i> oder )>*) als auch die Gottesbezeichnungen (mn- oder ο-τιί>κ [vgl. Ps 42,6.12; 43,5]). Bezieht man die Stellen Ps 37,7 (em.: s. BHS); 42,6.12; 43,5; 130,7; 131,3; Hi 35,14 (em.: s. BHS) mit ein, so ergibt sich eine Differenz hinsichtlich des benutzten Verbs. 106 Ahnlich, allerdings nicht als Ermahnung, Jes 40,31; Thr 3,25 f.; Ps 25,3; 69,7 u. ö. Die Vermutung WESTERMANNs, mp, 625 f., die Verbindung von Hoffnung und Verheißung habe in Deuterojesaja ihren Ursprung, fügt sich - wie auch die Datierung des terminus a quo für die Verbindung von na® mit aasn in die dtn. Zeit - ebenfalls gut zu unserem Datierungsvorschlag für Hos 12*. 107 Vgl. WOLFF, Hosea, 268. loe Hosea, 156. 109 Vgl. Hosea, 223.
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schreibt dann die Propheten ganz allgemein als repräsentative Instanz göttlichen Wirkens und nicht eine besondere Aktionsart ihres Auftretens. 110 Am ungezwungensten erscheint uns jedoch eine Ansetzung von III nm „vernichten" (HALAT, 216). 111 Auf die Parallelen zu 6,5 wurde bereits hingewiesen. 112 M T und G haben den Zusammenhang von 6,1-6 und 12,5b.7a.b.ll nicht mehr gesehen und 12,11 vor dem Hintergrund von 12,14 nach I nm vokalisiert.
Mit dem Verweis auf die Propheten wird die Instanz benannt, durch die Jahwe seinen aawn kundtut (vgl. 6,5). V14b mit seinem prononcierten Verweis auf die m®-Funktion der Propheten (vgl. die Stichwortassoziation m » j [V14b]/m® [V7b]) wird diesen Zusammenhang am Ende der Einheit nochmals aufnehmen. Offensichtlich hat V l l jene prophetischen Gesetzeslehrer im Auge,113 auf welche die Deuteronomisten hinzuweisen nicht müde werden. Eine sprachliche Eigentümlichkeit vermag die Bekanntschaft von VI 1 mit der dtr. Schultheologie noch zu erhärten. Die Bezeichnung der instrumentalen Funktion der Propheten durch τ ι findet sich abgesehen von drei Belegen in Hag, zwei Belegen in Sach und einem Beleg in Dan durchweg in der dtr. oder der von ihr abhängigen Literatur (I Sam 28,15; I Reg 14,18; 16,7.12; II Reg 17,13.23; 21,10; 24,2; Jer 37,2; 50,1; Esr 9,11; Neh 9,30; II Chr 29,25). 114
Die Anspielung auf die Unheilsprophetie in V l l b unterstreicht die Ernsthaftigkeit der Mahnung von V7b. Der göttliche laawn, beurkundet in der Tora, wird auch künftig Segen und Fluch wirken können. 12,13-14 VI 3-14 umreißen den letzten Redegang der streitenden Partei innerhalb des i - i . Man erwartet eine Art conclusio. Tatsächlich nimmt der Teil die beiden wesentlichen Leitworte der bisherigen Argumentation auf. Mit dem Thema Jakob (VI 3) wird auf den ersten Redegang (V4-5a) Bezug genommen. Die Themen ,Mose'und ,Prophet' sowie das Verb na«? (VI4) greifen auf den zweiten Anlauf (V7b. 11) zurück. 12,13 VI 3 spielt deutlich erkennbar auf die Brautwerbung Jakobs an. Hos 12,13a operiert wie Gen 27,43 mit dem Verb ma. V13ba kann als eine aufs äußerste verdichtete Zusammenfassung der in Gen 29,1-30 berich-
110 COOTE, HoseaXII, 397 ff., bezieht NMX auf die Komposition der VI 2-14. Nach seinem Verständnis folgen auf V l l „drei Einheiten des Vergleichs" (V12aa; V12aß.b; VI3 f.). 111
Vgl. E . BEER, H o s e a X I I , 2 9 1 ; WEISER, P r o p h e t e n , 9 0 , u . a .
112
S. o. S. 73. |ΐτη dürfte hier wie anderswo synonym für LR stehen (vgl. C. VETTER, ΓΤΤΓΤ, 536). II Reg 17,13 schließlich zeigt, daß der prophetische Gesetzeslehrer durchaus auch ein „Seher" sein kann. 113
114
Vgl. VOLLMER, R ü c k b l i c k e , 109.
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teten Ereignisse angesehen werden.115 Wie die Überlieferung der Genesis verwendet der Hoseatext das Verb n y zur Beschreibung des Dienstes Jakobs (vgl. Gen 29,15.18.20.25.27.30). Besonders auffällige Ähnlichkeiten hinsichtlich der Formulierung weist Hos 12,13ba zu Gen 29,18 auf.116 Mit der Anspielung auf die Brautwerbungsgeschichte kommt der Autor auf die dritte und letzte Israelätiologie der Genesis zu sprechen. Läuft doch
die Brautwerbung Jakobs auf nichts anderes hinaus als auf die Geburt der Ahnväter der nachmaligen Israelstämme (Gen 29,31-30,24). Der Autor nimmt demnach Israel nach seiner genealogischen Seite in den Blick.117 Bestätigung erfährt diese Vermutung durch die Wiederaufnahme der „Frau" (der Erzmutter) in der Kommentierung V13bß. Was soll die Anspielung auf die genealogische Verfaßtheit Israels? Die Antwort gibt ein Vergleich mit den anderen beiden Israelätiologien in V4a und V4b-5a. Diese kennzeichnet jeweils das Verhältnis Jakob/Israels zu seinem Gott. Die Israelgenealogie VI 3 aber zeigt ein rein „weltliches" Israel.118 Erst in VI 3 schürzt sich der Knoten der Geschichte zwischen Jakob/Israel und Gott, und zwar so, daß Jakob/Israel von einem Erwählten zu einem Gottesstreiter und schließlich zu einer „weltlichen" Größe geworden ist.119 Spätestens jetzt wird deutlich, was eine Berufung auf die Jakobtradition samt ihrer Verheißung im Sinne des Verfassers leistet. Insofern zieht VI 3 das Resümee aus der in V4-5.7a angesprochenen Jakobsgeschichte. Die Aussageabsicht des Autors führt über eine reine Polemik gegen die 12,14 Rezeption der Jakobsgeschichte hinaus. Das , Kontrastprogramm', das er
115 116
Vgl. NEEF, Heilstraditionen, 44 f. Vgl. NEEF, a. a. O., 44.
117 Auf diesen Gesichtspunkt hat vor allem A. DE PURY, O s e e 12, 2 0 0 - 2 0 2 . 2 0 6 f.; vgl. DERS., Erwägungen, 4 2 8 - 4 3 1 , aufmerksam g e m a c h t 118 119
So auch in G e n 2 9 , 3 1 - 3 0 , 2 4 .
Es erscheint d e m z u f o l g e abwegig, aus V I 3 einen H i n w e i s auf die Fürsorge Gottes w ä h rend der Flucht Jakobs nach Aram und seines dortigen Aufenthaltes sehen z u w o l l e n (so ACKROYD, H o s e a , 246, in Anlehnung an D t n 26,5; vgl. DLEDRICH, Anspielungen, 291; NEEF, Heilstraditionen, 48; GESE, Jakob, 46). Dieses Bild entspricht im wesentlichen d e m der H o s e a e x e g e s e des vergangenen Jahrhunderts: vgl. H . EWALD, Propheten, 242; C. F. KEIL, Propheten, 108, u . a . Aber auch die auf VRIEZEN, Tradition, 75 f., zurückgehende D e u t u n g (vgl. A. VAN HOONACKER, Prophetes, 1 1 3 - 1 1 8 ; RUDOLPH, H o s e a , 231; RUPPERT, Herkunft, 499), w o n a c h Jakob, der vermeindiche Gottesstreiter, sich u m einer Frau willen z u m M e n schenknecht gemacht habe, kann kaum befriedigen, denn sie verkennt, d a ß hier nicht von irgendeiner Frau die Rede ist, sondern von einer der Ahnmütter Israels (oder w o h l eher beiden Ahnmüttern! - so schon z u Recht ACKROYD, a . a . O . , 246). E. JACOB, La femme, 84 f.; WOLFF, H o s e a , 280; JEREMIAS, Prophet, 157; WHITT, Traditions, 2 7 . 2 8 - 4 1 , u . a . nehmen an, daß H o s 12,13 „auf die Kultpraktiken der Sexualriten" (WOLFF) anspiele.
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in V7b.ll entwickelt, ließe sich kurz auf den Nenner „Gesetz und Propheten" bringen. Beide Größen greift er in VI 4 wieder auf: Israel wird durch einen Propheten „behütet", insn weist unverkennbar auf na» (V7) zurück. Dort war es inhaltlich mit , Bewahren der Tora' zu füllen. Entsprechend dem prophetischen Amt von V l l meint das Passiv daß der Gesetzesgehorsam Israels von außen her ermöglicht wird, und zwar „durch einen Propheten". Daß mit diesem Propheten niemand anders als Mose gemeint sein kann, liegt auf der Hand. Freilich: an der Person des Mose ist dem Autor wenig gelegen. Warum sonst sollte er den Namen des Urbildes aller Prophetie (vgl. Dtn 18,15.18) verschweigen? VI4 hat vielmehr die in der Nachfolge des Erzpropheten wandelnden Toraprediger der Gegenwart des Verfassers im Blick. Nun zeichnet VI 4 den Propheten aber nicht nur in den Farben des dtr. Torapredigers (s. o. zu VI 1). Die erste Vershälfte läßt ihn vielmehr bei jenem, die Existenz Israels begründenden Geschehen des Exodus (vgl. 11,1) beteiligt sein. Die Verbindung von Mose, Prophet und Exodus ist indes, wie man Ex 3,1-4,18 entnehmen kann,120 nicht weniger deuteronomistischem Boden entsprossen als das Ideal des prophetischen Toralehrers in der successio mosaica. In Ex 3,10 ergeht an Mose der Befehl Jahwes: Nun aber geh! Ich sende dich zu Pharao, daß du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten herausführst121.
Der Vers signalisiert zwar zunächst nur eine Beziehung Moses zum Exodus. Mose wird während des gesamten Abschnittes 3,1-4,18 an keiner Stelle genannt. Doch zeigt der gesamte Bericht durchgängig Elemen-
120 Auf den Zusammenhang von Hos 12,14 mit Ex 3,1 ff. hat besonders PERLITT, Mose, 606, aufmerksam gemacht. Allerdings rechnet er noch mit einem alten, dem Propheten Hosea vorausliegenden Bestand von Ex 3,1 ff. Daß Ex 3,1-18 jedoch literarisch aus dem Erzählzusammenhang herausfallen und somit dem Kontext gegenüber sekundär sind (vgl. zuletzt BLUM, Studien, 20-22), zeigen die Nahtstellen: 4,19 kommt mit dem Gottesbefehl an Mose, nach Ägypten zurückzukehren, im Anschluß an 4,18 sichdich zu spät. Ein Bezug auf 3,1-4,18 fehlt. Umgekehrt schließt 4,19 gut an 2,23aa (zu 2,23aß-25[P]: vgl. WEIMAR, Untersuchungen, 60; BLUM, Studien, 239) an. In 2,18 heißt der Schwiegervater Moses noch „Reguel", in 3,1 wird er Jethro" genannt. Den Verdacht auf dtn./dtr. Herkunft hat erstmals H . H . SCHMID, Jahwist, 19 ff., geäußert. Das dtr. Profil zeigt sich sprachlich vor allem an Wendungen wie m m n:is p x (3,8), u m α Sri τπτ p x (3,8.17) als Beschreibung des gelobten Landes und der Völkerliste (3,8.17 - vgl. BLUM, a.a.O., 32). Darüber hinaus kann mit BLUM, a.a.O., 33-35, auf die Zusage Gottes in 3,21b (vgl. Dtn 15,13), auf die Verwandtschaft von Ex 3,16 f. mit Gen 50,24 (dtr: vgl. BLUM, Komposition, 255 f.) und die vergleichbare „logische Struktur" von 3,12 und Dtn 18,21 f. verwiesen werden, da in beiden Texten ein sonst im AT nicht mehr anzutreffendes „Zeichen post factum" vorliegt. m Em. s. BHS.
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te, wie sie in den späteren' Berufungsgeschichten bei Jer und Ez zu finden sind. Konstitutiv für diese Berufungsgeschichten sind nach D. Vieweger122 die Elemente „biographische Einleitungsnotizen"(Jer l,2aßb.4; Ez 1,3a), „Auftrag" (Jer l,5.7h.8a; Ez 2,3-5), „Einwand" (Jer 1,6; fehlt bei Ez, wird aber in 2,6 f. vorausgesetzt),123 „Überwindung des Einwandes" (Jer 1,7.8; Ez 2,6 f.) und „Zeichen" (Jer 1,9.10; Ez 2,8-3,3). Allerdings meint Vieweger, wegen des Fehlens der „biographischen Einleitungsnotizen" in Ex 3,1-4,18 die Berufung des Mose in einen engeren Zusammenhang mit den Bestallungen Gideons (Jdc 6) und Sauls (I Sam 9 f.) bringen zu können. Diese wiesen im Grunde dasselbe Schema auf,124 nur finde sich hier statt der „biographischen Einleitungsnotizen" eine „Andeutung der Not" (vgl. Jdc 6,13bx I Sam 9,16),125 die eine Parallele in Ex 3,7.9 habe. Man könnte daraus folgern, Ex 3,1-4,18 profiliere Mose einlinig nach denjenigen Gestalten, die „als politisch-militärische Führer ihres Volkes an die Spitze einer Menschengruppe" treten, „um in handgreiflicher Weise das Schicksal ihres Volkes zu beeinflussen".126 Doch ist Ex 3,18-22 so auffällig nach dem Muster von Am 3,7 (dtr.)127 gestaltet, daß die Berufung Moses zum Propheten in Ex 3,1 ff. kaum in Frage stehen kann, was allerdings Moses Rolle als Volksführer und Rettergestalt nicht nivelliert. Welche Absicht verfolgt Hos 12,14 mit dem Verweis auf den Exodus und die Verankerung des Propheten in dieses Geschehen? Die Funktion von VI 4 ergibt sich aus dem Kontrast zu VI 3. Dieser setzt den Schlußpunkt in der theologischen Destruktion der Jakobüberlieferung, welche ja nichts Geringeres als das theologische Fundament für den exilischen Betheler Kult liefert. VI 4 hingegen scheint die Exodustradition als die maßgebliche Ursprungsgeschichte Israels (vgl. Dtn 7,6 f.) im Verbund mit der Prophetie zur theologischen Leitvorstellung des Betheler Kultes (vgl. I Reg 12,28 par.!) erheben zu wollen. Daß es auch innerhalb des Deuteronomismus Kreise gegeben haben muß, die den exilischen Betheler Kult nicht einfach abstraften, belegt das Richterbuch:128 Hier finden sich in (1,1 f.;)129 2,1-5 ; 20,18-23.26-28 und 21,1-4 Hinweise auf kultische Begehungen am Heiligtum von Bethel. Zu diesen gehören Gottesbefra-
122
Vgl. Spezifik, 139-141 (tabellarische Zusammenfassung). Vgl. a. a. O., 73-75. 124 Vgl. a.a.O., 90-109; 139-141. 125 A.a.O., 139 (vgl. S.36). 126 A.a.O., 37. 127 Vgl. SCHMIDT, Redaktion, 183ff.; BLUM, Komposition, 33. D . U . ROTTZOLL, Studien, 118-122, sieht in Am 3,7 seinen „,priesterlich-dtr.' Redaktor" des Amosbuches aus „(spät)nachexilischer Zeit" am Werke. 123
m
V g l . NORTH, R i s e 1 9 4 ; VEIJOLA, V e r h e i ß u n g , 1 8 4 - 1 8 6 . 1 9 9 f.
129
V g l . VEIJOLA, V e r h e i ß u n g ,
186.
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gungen (20,18.23.27.28; vgl. 1,1 f.), Klage (20,23.26; 21,12), Fasten (20,26) und Opferhandlungen (20,26; 21,4). Nun ist die in Jdc 2,1-5 geschilderte Engelerscheinung zu „Bochim", wie der LXX-Version von VI zu entnehmen ist, ebenfalls in Bethel situiert.130 Der Abschnitt gliedert sich in eine knappe Exposition (Via) und eine Engelrede (Vlb-3), auf welche die Israeliten mit Weinen (V4) und Opfern (V5b) reagieren. V5a sieht in der Klage Israels den Ortsnamen Bochim begründet. Die in V4 und V5a genannten kultischen Handlungen verleihen Jdc 2,1-5 dasselbe Profil wie den in 20,18-23.26-28; 21,1-4 erwähnten Begehungen. Veijola hat deshalb den Verdacht geäußert, in Jdc 2,1-5 (vgl. 1,1 f.); 20,18-23.26-28; 21,1-4 handle es sich um eine Legitimation von Kultbegehungen am Betheler Heiligtum aus dtr. Feder.131 Eine solche Legitimation wird nur dann dringlich, wenn das zu Legitimierende selbst in seiner Problematik bewußt ist. Problematisch aber waren kultische Feiern an den Lokalheiligtümern vor dem Bau des einen „erwählten" Heiligtums in Jerusalem aus der Sicht der Deuteronomisten kaum.132 Für die Königszeit kann kein Deuteronomist ein Interesse daran gehabt haben, den Lokalkult im allgemeinen und den Betheler Kult im besonderen ideologisch zu stabilisieren. Anders verhalten sich die Dinge für die Zeit nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels, in der man sich zu einem Ausweichen auf Bethel genötigt sah (s.o.). Die in Jdc 1,1 f.; 20,18-23.26-28; 21,1-4 vorausgesetzte historische Situation erweist sich demnach als fiktiv: „Nolens volens nach Bethel umgezogen, wollen die Deuteronomisten durch diese Texte ihre eigenen provisorischen Gottesdienste legitimieren: Während der Richterzeit hat (auch) kein Tempel in Jerusalem gestanden, und damals war das Opfern an anderem Ort gestattet."133 Gleichzeitig konnte man durch den Rückgriff auf die Richterzeit noch hinter die Einsetzung des Staatskultes unter Jerobeam zurückgehen. Die Deuteronomisten mußten sich so nicht dem Verdacht ausliefern, sie führten den besonders in ihren Augen illegitimen Kult des Apostaten weiter. Jdc 2,1-5 verschafft nun den in Bethel stattfindenden Gottesdiensten durch die Angelophanie eine Kultätiologie. Diese offenbart wesendiche und für unseren Zusammenhang durchaus bedeutsame Züge einer dtr. Kulttheologie für das Betheler Heiligtum: 1) Zunächst zeigen V4 f., welche Art von Gottesdiensten legitimerweise in Bethel stattfinden dürfen. Bethel erscheint ausschließlich als Ort der Klage. Dieser Zug wird soweit gesteigert, daß die Kultstätte „Weinende" genannt werden kann. Wie aus V5b hervorgeht, war die Klage mit Opfern verbunden. 2) Die 130 Die LXX fügt der Ortsangabe έπί τόν Κλαύθμωνα noch έπί Βαιθηλ und έπί τόν οίκον Ισραήλ hinzu. Die Nennung Bethels ist nur dann sinnvoll, „wenn der sonst unbekannte Ort, Bokhim, durch den allbekannten näher bestimmt werden soll" (H. W. HERTZBERG, Bücher,
1 5 5 ; vgl. R . G . BOLING, J u d g e s , 6 2 ; GÖRG, R i c h t e r , 18). 131 Vgl. a. a. Ο., 184 ff. Gegen die Versuche einer literarkritischen Scheidung zwischen der Engelrede von 2 , l b - 2 und einem älteren Rahmen 2,la.4 f. vgl. J. HALBE, Privilegrecht, 346 ff. Allerdings sieht er in Jdc 2,1-5 insgesamt altes Lokalgut. Dagegen spricht die bezüglich des „negativen Besitzverzeichnisses" von Jdc 1 ergehende theologische Reflexion 2 , l b - 3 nach dem dtr. Richterschema (vgl. 2,6 ff.): Ungehorsam (V2b) - Not (V3) - Klage (V4). 132 Man bedenke nur, wie unbekümmert in I Sam 3 von Offenbarungen Samuels am Heiligtum von Silo berichtet wird. 133
AURELIUS, Fürbitter, 78 f.
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Klage soll offenbar, wie V2 wahrscheinlich macht, mit einer Unterweisung in der Tora und einer Deutung der Not als Schuld im Sinne der Tora - konzentriert im Fremdgötterverbot - einhergehen. 3) Von besonderem Interesse im Blick auf Hos 12,14 ist, daß sich der in „Bochim" erscheinende Engel als Führerpersönlichkeit bei der „Heraufführung aus Ägypten" ausweist.134 Im ganzen bezeugt Jdc 2,1-5, daß der exilische Kult am Heiligtum von Bethel auch seitens der Deuteronomisten theologisch reflektiert wurde, und zwar so, daß sie den Exodus als der für sie entscheidenden Ursprungsgeschichte Israels zur Mitte der Kulttheologie erklären. Die letzten beiden Elemente der dtr. Kulttheologie für den Betheler Kult aus Jdc 2,1-5 finden sich in Hos 12,14 wieder: Die Ursprungsgeschichte, die den Kult legitimieren soll, ist gleichfalls der Exodus. Die Torapredigt wird über den „Propheten", durch den ,Jahwe Israel heraufgeführt" hat, mit diesem Ursprungsgeschehen verbunden und gehört somit wesentlich zum Kult hinzu. Das Element der Klage fehlt in Hos 12,14. Dennoch läßt sich alles in allem sagen, daß Hos 12* die in Jdc 2,1-5 bezeugte dtr. Heiligtumstheologie für Bethel übernimmt. 135 Abschließend bleibt zu klären, inwiefern eine Kultkonzeption via Exodus eine sachliche Alternative zu der am Erzvater Jakob orientierten Betheler Theologie bietet, inwiefern sich also VI 3 und VI 4 e contrario zusammenfügen. Jakob erscheint in VI 3 als eine Λ-theologische Größe. Die für die Juda-Partei des i""i als selbstverständlich erachtete Position, wonach die genealogische Abkunft aus Jakob auch die Gültigkeit der Erzvaterverheißung impliziert, wird in Frage gestellt. Die Katastrophe von 587 hat eine Heilsvergewisserung über das genealogische Prinzip zunichte gemacht.136 Wenn sich der Autor von Hos 12* dagegen mit den Deuteronomisten auf den Exodus als die den Betheler Kult legitimierende Ursprungsgeschichte besinnt, so bemüht er eine Tradition, die von ,Ägypten' her kommt, d. h. die nicht den Graben zwischen Exil und vormaliger Existenz zu überspringen versucht. Doch drückt sich in ihr ebenfalls die Hoffnung auf eine Wende des Geschickes aus. Die in VI 4 zitierte Heraufführungsformel hat längst ihre alte Funktion als bloße Ätiologie für die Existenz Israels im Lande verloren (vgl. die Voranstellung von jrnji). Der Rückgriff auf Ex 3 zeigt deutlich, daß ni>y hier im Sinne von xx· (vgl. Ex 3,10) als 134
Zu dem Engel in dieser Rolle vgl. Ex 23,20; 33,2. Auf der literarischen Ebene der hier untersuchten Einheit ist Hos 12 weit davon entfernt, die Prophetie gegen den Kult auszuspielen: gegen CooTE, Hosea XII, 397; UTZSCHNEIDER, Hosea, 200 f. 136 Ein Gegenstück zu dieser Konzeption findet sich in dem Ez 18,2 zitierten Sprichwort: „Die Väter haben saure Trauben gegessen, aber den Kindern sind die Zähne stumpf geworden." In Auseinandersetzung mit dieser Position tritt in Ez 18 an die Stelle der Kollektivdie Individualhaftung (vgl. Gen 18,16 ff.). 135
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Terminus der Befreiung gebraucht ist, so wahr Mose in Ex 3,1-4,18 nicht „nur" zum Propheten, sondern zum Retter Israels in der Not berufen wird (s. o.).137 Allerdings ist nach dieser Konzeption die Befreiung aus der Not nicht mehr durch den Automatismus einer genealogischen Verwurzelung garantiert Vielmehr konzipiert Hos 12,14 die erhoffte Wende so, daß sie den Gehorsam gegenüber der Tora noch vor sich hat (vgl. auch V7b; Ri, 2,2).138 Ergebnis
12,3-5.7.11.13 f. läßt den Leser zum Zeugen eines in der Exilszeit geführten „Streites" um die „rechte" Kulttheologie des von Judäem am Heiligtum von Bethel ausgeübten Kultes werden. Die in den V5b.7a in einem Zitat der Gegner wiedergegebene Position, nach der die Jakobtradition im allgemeinen und die Verheißung an den Kultgründer Jakob im besonderen Anlaß zur Hoffnung auf baldiges Heil bot, wird durch sukzessive Destruktion der theologischen Ansprüche an die Jakobtradition bestritten:139 Als Erwählter trägt der Erzvater schon von Mutterleibe an das Verderben in sich (V4a). Mann geworden, begehrt er im Streit gegen Gott auf (V4b), behält vorerst die Oberhand (V5aa) und zwingt seinen göttlichen Gegner in die Unterwürfigkeit (V5aß). Daß dieser Triumph jedoch nur von ephemerer Dauer war, stellt die Erkenntnis dar, die dem Jakobsvolk durch seine gegenwärtige Situation aufgenötigt wird (V5b.7a). Für Gott selbst gibt es keine „Anknüpfung" an die Größe Jakob mehr.140 Entsprechend sucht Hos 12* eine Alternative bei der nunmehr als Befreiung aus der Not konzipierten Tradition von der Heraufführung Israels aus Ägypten (VI4). An diesem Ursprungsgeschehen war der Retter Israels par excellence und Erzprophet Mose maßgeblich beteiligt. Damit wird dem Kult von vornherein die Toraverkündigung inkorporiert, die nun von den 1,7 Der Engel von Jdc 2,1-5 scheint ebenfalls die Funktion eines „Retters" innezuhaben: vgl. Ex 33,2. Freilich kommt er nach Jdc 2,3 dieser Funktion willentlich nicht nach. 138 Eine an dieser Stelle offene Frage muß bleiben, ob sich in Gen 35,8 ein Theologe zu Wort meldet, der nach Ausgleich zwischen den unüberbrückbaren Gegensätzen der JakobBethel-Tradition und der dtr. Theologie des Klagegottesdienstes strebt. 139 Die Verweise auf die Jakobtradition in Hos 12 sind bereits von NYBERG, Studien, 96, als Entgegnung eines an die Jakobtradition anknüpfenden Orakels (V5bß) durch den Propheten interpretiert worden. 140 Diese Klimax der Destruktion Jakobs ist nochmals gegen alle Versuche herauszustellen, Jakob im Sinne des Autors als eine „positive" Gestalt resp. als Vorbild für Israel zu beschreiben, wie es im Anschluß an die Hoseaexegese des vergangenen Jahrhunderts (vgl. dazu den Überblick bei NEEF, Heilstraditionen, 25-28) auch in neuerer Zeit wieder zunehmend ge-
s c h i e h t : vgl. ACKROYD, H o s e a , 2 4 6 f.; C . T . FRANCISCO, E v i l , 3 4 f.; DLEDRICH, A n s p i e l u n g e n ,
331 f.; NEEF, Heilstraditionen, 48 f.; GESE, Jakob; HOLT, Prophesying, 30-51; BONS, Buch, 152 f.
Beth-El/Beth-Aven
99
in der successio mosaica stehenden Propheten vorgenommen wird. In dieser Konzeption wurzelt der Autor in der dtr. Theologie für den Kult am Heiligtum von Bethel während der Exilszeit (Jdc 2,1-5; vgl. 1,1 f.; 20,18-23. 26-28; 21,1-4). In literargeschichtlicher Hinsicht bleibt anzumerken, daß es keinen ernsthaften Grund für die Annahme gibt, der Autor habe bei seiner Auslegung der Jakobtradition eine andere Vorlage als die uns bekannte der Genesis benutzt.141 Natürlich zitiert er nicht wörtlich. Vielmehr modifiziert er den Wortlaut entsprechend seiner Aussageintention bzw. spielt auf eine ganze Geschichte innerhalb des Jakobszyklus lediglich an, indem er sie in einem „Schlagwort" zusammenfaßt (V13a.boc). Stellt man in Rechnung, daß innerhalb von Hos 12,3-5.7.11.13 f. letztlich kein Federstrich erfolgt ist, ohne daß dabei schrifdiche Überlieferung ausgelegt würde, so kann man diese Einheit, auch wenn es sich nicht um ein „bei exemple de l'exegese originale du prophete" handelt,142 als Zeugnis alttestamentlicher Schriftexegese bezeichnen. Daß sich dieses Kleinod einer aktuellen Auseinandersetzung verdankt, wird allerdings in nachexilischer Zeit durch die Aufspaltung der Einheit und Einbettung in 12,1-2*.8-10.12.15 wieder verdeckt, nachdem es um den Konflikt still geworden ist Was im Zuge dieser Zusammenarbeit entstanden ist, hat Gertner in seiner Studie zu Hos 12 (unter Annahme ursprünglicher Einheit und „Hoseanizität" des gesamten Kapitels) beeindruckend als einen „typological midrash" beschrieben:143 „Ancient legend is retold, reworked and rearranged so as to be applied to a later situation. The life of the patriarch and the events of the peoples Exodus from Egypt are skilfully related to the political happenings of the prophets time and to the moral conduct of his contemporaries."144 Dabei erreicht der Text vor allem durch die Entstehung von „word ,bridges', word plays and text blendings"145 eine bemerkenswerte Geschlossenheit. Die aus einer situationsbedingten Exegese her-
141 Daß dem Hoseatext die Genesis vorangeht, nehmen ebenfalls HOONACKER, Prophetes, 112; VRIEZEN, Tradition, 64; GERTNER, Attempt, passim; PEDERSEN, Israel III/IV, 716 f.;
HOLLADAY, C h i a s m u s , 6 4 ; L. M . ESLINGER, HOS 12:5a; NEEF, H e i l s t r a d i t i o n e n , 4 4 - 4 7 ; GESE,
Jakob, 40, u. a. an. MAUCHLINE/PHILLIPS, Hosea, 696 f., vermuten eine mündliche Vorlage. ROBINSON, Hosea, 48, rechnet mit „Fragment(en) einer poetischen Darstellung von Israels Vorgeschichte"; Buss, Word, 74, vermutet in den „difficult Jacob-passages" „actual quotations, perhaps slightly modified". MCKENZIE, Tradition, 319, interpretiert diese als „a quotation of or a parody on a piece of liturgical poetry used at the Bethel sanctuary" (möglicherweise mit Parallelen zu Ε: vgl. a.a.O., 321). OTTO, Jakob, 175-182, sieht nur die Jakob-Bethel-Passage Hos 12,5b.7 in einem engeren überlieferungsgeschichdichen (nicht literarischen!) Zusammenhang mit der Genesis, während er die Pnuelüberlieferung in Hos 12,4b.5a für eine Sondertradition hält (vgl. a. a. O., 176, Anm. 60). Nach WHITT, Traditions, passim, gehen Hos 12 und die Jakobüberlieferung der Genesis auf eine gemeinsame Quelle zurück. L. SCHMIDT, El, 162 f., betrachtet Hos 12,5b-7 als Nachtrag in Abhängigkeit von Gen 28,11-22. 142
VRIEZEN, T r a d i t i o n ,
143
Vgl. Attempt, 274. Ebd. Ebd.
144 145
76.
100
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
aus entstandenen V4-5a dienen der Illustration des Betruges Ephraims. Das Stichwort apy aus V4a verlängert die ,Sünde' Ephraims, wie sie für die Gegenwart in den Einzelvorwürfen V2a.8 f. 12 und innerhalb des Rahmens mit nam und •"innn beschrieben wird, bis in den vorgeburtlichen Zustand. Ahnliches wäre von dem in fix anklingenden jw-Charakter Jakobs zu sagen, der innerhalb der Einzelvorwürfe ebenfalls in V9 durchschimmert und in VI 2 sogar expressis verbis benannt wird. V8 f. assoziieren im Kontext von V4 f. Jakobs Herdenerwerb" (vgl. Gen 30,25-31,19). 146 „Gilead" (V12) bringt die „,alte' Geographie" von Gen 31 (vgl. V51f.) wieder zur Geltung,147 womit gleichzeitig eine Brücke zu V13 gebaut wird.148 V13 wird im Kontext von V12 jetzt sicherlich vor dem Hintergrund von Hos 2,4 ff.; 4 verstanden und bekommt eine kultische Dimension.149 Diesem als Götzendienst apostrophierten Kult kontrastiert in VI 4 die Prophetie, deren Amt es ist, dem Götzendienst zu wehren. Durch VI 1 erscheint der nunmehr wiederum „geschichtlich" fundierte Vorwurf kultischer Sünde (V12.13) in einem kompositioneilen Rahmen. Nicht anders als das in VI 2 erwähnte kultische Handeln wird der Kult von Bethel (V5b) bewertet.150 Bethel ist - das weiß der Leser des Hoseabuches - seinem Wesen nach „Beth-Aven" (vgl. 10,5).151 Der sich an Bethel knüpfende Erwählungsanspruch wirkt hybrid. Demgegenüber liest sich V6 wie eine Prädikation des „wahren" Gottes. Die beiden Hälften von V7 bilden auf der Ebene des gesamten Kapitels eine zusammengehörige Gottesrede (nun unabhängig von Bethel! [vgl. V6]) und sind über die Assonanz neu - "p'tnN sowie über das insgesamt dreimalige ynbx mit der Gottesrede V10 verklammert. Damit wird das ursprüngliche Drohwort V10 (vgl. V3.15a)152 letztlich auf einen heilvollen Neubeginn in der Wüste hin orientiert (vgl. 2,16 f.).153 In summa bringt die Letztbearbeitung wiederum ein literarisches Kleinod hervor, das zu würdigen allerdings nicht mehr unsere Aufgabe sein kann.
146
V g l . DE PURY, E r w ä g u n g e n ,
147
V g l . DE PURY, a. a. O . , 4 2 7 ; ä h n l i c h GERTNER, A t t e m p t , 2 7 6 .
148
GERTOER, e b d .
149
426.
Auf dieser literarischen Ebene ist wohl WOLFF, Hosea, 280, u. a. durchaus recht zu geben, daß Hos 12,13 „auf die Kultpraktiken der Sexualriten" anspielt. 150 Allerdings ist VI 2 kaum im Zusammenhang mit dem Betheler Stierkult zu sehen, wie COOTE, Hosea XII, 399, vermutet. Er übersetzt V12aß mit „In Gilaal (sic!) they sacrifice (to?) bulls" und sieht in n - i n das ugaritische El-Epitheton tr, womit eine „similitude" zum Betheler Stierkult hergestellt worden sei; ähnlich offensichdich schon V: „ bubus immolantes"·, zur Auseinandersetzung mit dieser These vgl. bereits NOWACK, Propheten, 73. 151 Anders viele Kommentatoren: Für sie erscheint Bethel als der Ort des Erwählens Gottes: vgl. z.B. WOLFF, Hosea, 276; JEREMIAS, Prophet, 154, u.a. Doch mutet diese Bewertung im Kontext des Hoseabuches (8,5 f.; 10,5) merkwürdig an, zumal wenn man 12,5 für „hoseanisch" hält. 152 Zu diesem Verständnis von VI 0 s. u. S. 176 ff. 153 Spiegelt sich in diesem Zug die Situation der nachexilischen Restauration wider?
101
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
2.2. Anspielungen
auf das Betheler
Stierbild
2.2.1. Das „Kalbszeug von Beth-Aven": Hos 10,5-6a im Kontext von Hos 10,1-8 Hos 10,1-8: Übersetzung und Text 1
2
3
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7 8
Ein verwüsteter3' Weinstockb) ist Israel, entsprechend bringt er Frucht0'. Als (noch) zahlreich war seine Fruchtd', machte er zahlreich die Altäree). Als (noch) schön war sein Land, machten sie schön (die) Mazzeben. Ihr Herz ist falsch*'. Jetzt sollen sie es büßenb). Er, er wird ihre Altäre zerbrechen. Er wird ihre Mazzeben verwüsten. Ja, jetzt sagen sie: Wir haben keinen König. Denn wir haben Jahwe nicht gefürchtet. Und der König - was könnte der schon für uns tun? Sie faßten Beschlüsse: Nichtiges schwören, Vertrag schließen, so daß das Recht wie Giftkraut sproßt auf den Furchen des Ackers. Beim Kalbszeuga) von Beth-Aven weiltb) die Bewohnerschaft Samariensc). Ja, seinetwegen ist verdorrt sein Volk. Und seine Pfaffen, seinetwegen, wegen seiner Pracht jauchzen sie. Ja, in die Verbannung ist es (sc. das Volk)d) gegangen weg von ihm (sc. dem Kalbszeug)d). Auch sie wird nach Assur gebracht2' als Geschenk für den Großkönigb'. Schmachc) trägt Ephraim davon. So wird Israel zuschanden an seinem Pland). Samaria (ist) vernichtet"'. Sein Königh' (treibt) wie ein Zweig0' auf der Wasserfläche (fort). Vernichtet werden die Höhen des Frevels - Israels Sünde. Dornen und Disteln steigen auf - über ihren Altären. Sie werden zu den Bergen sagen: Bedeckt uns! und zu den Hügeln: Fallt auf uns nieder!
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
1 a) ppa bereitet aus lexikalischen Gründen Schwierigkeiten. In Jes 24,1; Jer 19,7; 51,2; Nah 2,3 begegnet die Wurzel im Qal resp. Pol. in der Bedeutung „verheeren". Dem entspricht das Nif. „verheert werden" in Jes 19,3; 24,3 sowie das aus der Wurzel *pia gebildetete Nomen npia „öde; Verödung, Verheerung" (Nah 2,11; Q S 10,15; vgl. Ges 1 8 , 132 f.). Entsprechend gibt Τ ppa an unserer Stelle mit XT-Ta wieder; vgl. Luther „verwüstet". Diese Übersetzung bietet grammatisch keine Schwierigkeiten, wenn man die Form als Qal. ptc. act. in passivischer Bedeutung (vgl. Jes 27,13 von lax, ähnlich wohl auch Ez 34,4.16; Prv 31,6; Hi 29,13) oder als alte Adjektivform auffaßt, deren Bildung in Analogie zu den aktivischen Partizipien erfolgte (vgl. auch na „tot" [dazu G. Bergsträsser, Grammatik II, § 13c]). σ' (ύλομανοϋσα) und α' (ένδυρος) verstehen ppa intransitiv (vgl. Raschi, Aben Ezra und Kimchi [s. Wünsche, Hosea, 423]), was durch aram. xp'pa „morsch" (vgl. G. H. Dalman, Handwörterbuch, 62), syr. baq(q) „verfaulen", Af. „verzehren", mand. bqq „verfaulen" (vgl. Ges 1 8 ,169) gedeckt ist (vgl. in neuerer Zeit etwa die Übersetzungsvorschläge bei W. Kuhnigk, Studien, 117 [, watered'], und Stuart, Hosea, 156 f. [,spreading'/,barren']). Völlig anders übersetzen G (εύκληματοϋσα), S (dsbwq) und V (Jrondosa). In Anlehnung an die letztgenannten Versionen verweisen I. Eitan, Studies, 2 f.; Humbert, Marge, auf arab. bqq („spalten ausbreiten"; übertr.: „reichlich hervorbringen"). So auch in neuerer Zeit z.B. Wolff, Hosea, 221 f.; Rudolph, Hosea, 191; Utzschneider, Hosea, 111; Jeremias, Prophet, 126; G. Eidevall, Grapes, 156 mit Anm. 64; G. I. Davies, Hosea, 234. Allerdings läßt sich weder im Hebräischen noch - sieht man einmal von der mutmaßlichen arab. Parallele ab - in den benachbarten semitischen Sprachen eine analoge Bedeutung für die Wurzel pia/ppa namhaft machen. Man wird deshalb das arab. bqq als eigentümliche Sondertradition anzusehen haben. G und die von ihr inspirierten Versionen erklären sich wohl aus Verständnisschwierigkeiten. Offensichdich liegt hier der Versuch vor, Hos 10,1 an die übrigen Geschichtsrückblicke des Hoseabuches anzugleichen, die zunächst Israels Vergangenheit positiv zeichnen, um hernach den Abfall um so kontrastreicher zur Sprache zu bringen (vgl 9,10.13; 10,11; 11,1; 13,1.4). Das Weinstockbild ist dann der Tradition entsprechend positiv verstanden worden (vgl. Ps 80,9 ff.; Jes 5,1 f.). Der singulare intransitive Gebrauch von ppa (vgl. H. Torczyner, Bibelstellen, 278) stellt bei den wenigen Belegen, die diese Wurzel im A T hat, keine unüberwindliche Schwierigkeit dar. - b) Ein masc. für ]33 ist noch II Reg 4,39 belegt und muß nicht als dialektbedingte Eigentümlichkeit erklärt werden (vgl. Rudolph, Hosea, 191). Andersen/Freedman, Hosea, 547.549, übersetzen: „He (sc. Yahweh) made Israel, the vine, luxuriant . . . " . Doch ist von Jahwe in 10,1 gar nicht die Rede. Zudem sprechen die Wortstellung (ppa zwischen jdj und i>m«r) und die Spitzenstellung von ja: gegen diese Übersetzung. - c) Wörtlich: „Frucht machte er sich gleich" (I m» Pi.; vgl. Ps 18,34); ähnlich schon Kimchi (s. Wünsche, Hosea, 424): „Wie sollte es sich Frucht ansetzen?"; vgl. Wolff, Hosea, 222; Utzschneider, Hosea, 111; Stuart, Hosea, 156. - A. Moenikes, Ablehnung, 191, Anm. 66, verwirft diese Möglichkeit, allerdings ohne nähere Angabe von Gründen. Rudolph, Hosea, 191, übersetzt bei Ableitung von nur aus arab. sawwa „reif machen" (vgl. Nyberg, Studien, 71 f.): „der immer wieder Frucht reifen ließ" (vgl. Weiser, Propheten, 77; Jeremias, Prophet, 126 mit Anm. 2). Doch bleibt dabei ii> unberücksichtigt (so zu Recht Moenikes, ebd.). - d) Gewöhnlich gibt man den inf. es. mit a an dieser Stelle als Komparativsatz wieder. Die hier unterstellte negative Bedeutung
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führt jedoch zu der Frage, warum der verwüstete Weinstock auf einmal zahlreiche Früchte hervorbringen soll. Dieser Schwierigkeit entgeht man, wenn die Konstruktion als Temporalsatz aufgefaßt wird. - e) Möglich ist auch ein Verständnis von mnaTöfc als indirektes Objekt. 2 a) I pim „glatt, gleißnerisch sein" (vgl. Ps 12,3 [von der Zunge]; 55,22 [von der Rede]); die Versionen lesen II ρ irr, wobei G (έμέρισαν καρδίας αύτών) das Verb transitiv versteht, α' σ' (έμερίσθη) V (divisum est) Τ übersetzen intransitiv passiv. - b) Imperf. von ανκ und nicht von na®, wie G (άφανισθήσονται) und V (interibunt) voraussetzen, vgl. Wolff, Hosea, 222. 5 a) n'i!>jy („Färsen": so auch mit α' und V Andersen/Freedman, Hosea, 547.555; M.-Th. Wacker, Frau, 119; dies., Figurationen, 271-274) ist inhaltlich schwierig. G (vgl. Θ' und S) setzen i>jy voraus. Die Endung n'i- könnte sich durch Dittographie des folgenden rra erklären (vgl. H. Graetz, Emendationes, 13; A.B. Ehrlich, Randglossen, 196; Willi-Plein, Vorformen, 184 f.). Versteht man n'i- als Abstraktplural (BLe § 61 ti; D. Michel, Grundlegung, 88 f.), erübrigen sich Eingriffe in den Konsonantentext. In die gleiche Richtung weist bereits die Diskussion bei A. Scholz, Commentar, 131; Keil, Propheten, 92; vgl. Buber/Rosenzweig, Bücher, 609: „Kälberzeug"; ebenfalls als Abstraktplural deuten J. Knabenbauer, Commentarius, 131; C. v. Orelli, Propheten, 32; M. Hirsch, Propheten, 78, verstehen diesen aber im Sinne von „Kälberdienst". In jedem Fall bleibt die Möglichkeit einer Änderung in πι- (vgl. Rudolph, Hosea, 195; van Leeuwen, Hosea, 208; H. L. Ellison, Prophets, 128; Jeremias, Prophet, 127, Anm. 4; C. Frevel, Aschera, 323; Davies, Hosea, 237). Die oft diskutierte Schwierigkeit mit den folgenden maskulinen Suffixen läßt sich literarkritisch lösen (s.u. S. 106ff). - b) I t u „(Fremdling sein,) weilen" (vgl. G: παροικήσουσιν); Näheres: s.u. S. 113 f. - c) st. es. von ]?» („Bewohner"; vgl. Jes 33,24). G, S und V übersetzen pluralisch, doch liegt damit schwerlich ein anderer Text als M T zugrunde. Die singularische Form erklärt sich entweder als Kollektivum (so Nyberg, Studien, 73; Wolff, Hosea, 222; Jeremias, Prophet, 127) oder als „distributiver Singular" (vgl. Rudolph, Hosea, 196). Andersen/Freedman, Hosea, 556, vokalisieren unter Verweis auf Ps 135,21; Joel 4,17(.21) nach und verstehen das Wort in einem genuin theologischen Sinn als Verb, das die Gegenwart Gottes bezeichnet. Dabei bilde p® pm® eine Parallele zu px ira Als Übersetzung ergäbe sich dann: „About the heifers of Beth Aven they are excited and about the Resident of Samaria". Dieser geistreiche Vorschlag scheitert aber an dem fehlenden !> vor p». - d) Zu den Bezügen s.u. S. 126. 6 a) Vgl. GK 28 § 121a. - b) Lies an -?!>ni> (falsche Worttrennung, vgl. BHS). c) niea ist vermutlich Nomen zu Pia auf die seltene Bildung na- (anders G: έν δόματι): vgl. Ges18, 184. Unnötig ist die Umvokalisierung njea (vgl. G) „in dem Jahr" (Rudolph, Hosea, 196; Frevel, Aschera, 325). - d) vgl. G: έν τη βουλή, ray ist kaum als Femininum von py zu deuten (vgl. Rudolph, Hosea, 196; Andersen/Freedman, Hosea, 558; Wacker, Frau, 119; Jeremias, Prophet, 127, u.a.). Der einzig noch mögliche Beleg für ein feminines Nomen nxy „Holz" in Jer 6,6 ist textkritisch nicht gesichert (axy statt nxy? - vgl. Dtn 20,19; vgl. BHS; Rudolph, Jeremia, 42 [!]; J. A. Soggin, py, 356; R. P. Caroll, Jeremiah, 192; Holladay, Jeremiah, 203; Frevel, Aschera, 325-327, u. a.). Die beliebte Konjektur laxyn (Wellhausen, Propheten, 125, u. a.) ist ebenfalls unnötig.
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
7 a) nm III (vgl. 4,5 f.; 10,15; 12,11 [em.] und HALAT, 216). Zum wechselnden Genus von ]na® vgl. Hos 14,1. - b) Gegen die masoretische Texteinteilung, die erst bei nabn den Athnach setzt (vgl. BHS; Wellhausen, Propheten, 125; Wolff, Hosea, 222; Utzschneider, 119; Jeremias, Prophet, 127; Frevel, Aschera, 328). Moenikes, Ablehnung, 195, versucht die masoretische Texteinteilung zu halten und übersetzt: „Es wird ausgelöscht, Samaria, sein König, (er ist) wie Reisig auf dem Wasser", wobei der König und nicht Samaria Subjekt sein soll (vgl. schon Andersen/Freedman, Hosea, 548.558). Dann bleibt allerdings unklar, welche syntaktische Funktion pin® zukommen soll. - c) Mit G Θ' S. Das hap. leg. asp kann aus arab. qasafa („abbrechen") erklärt werden; α' σ' V Τ geben asp mit „Schaum" wieder, was sich ebenfalls aus qasafa ableiten ließe.
Analyse
Nach dem Resümee in 9,17 beginnt mit der Weinstockallegorie (10,1) unverkennbar ein neuer Abschnitt. 10,9 setzt mit einer Anrede (nxan) ein, die man in 10,1-8 vergeblich sucht, und markiert mit einer anderen Thematik („Gibea") den Beginn der folgenden Einheit. 10,1-8 ist konzentrisch aufgebaut:154 VI f.: Altäre/Mazzeben V3: König V4: Bündnispolitik V5-6a: , Kalbszeug' V6b: Bündnispolitik V7: König V8: Höhen/Altäre
Wolff hat den Abschnitt als „rhetorische Einheit" auffassen wollen, deren Adressaten im Schülerkreis des Propheten zu suchen wären: „Es entwickelt sich hier bei Hosea der Typos einer prophetischen Reflexionsoder Lehrrede. Darin wird zwar auch wie im Botenwort und im Disputationswort von Schuld und Strafe gesprochen, aber nicht in der Weise direkter Auseinandersetzung mit und vor den Betroffenen, sondern im geschlossenen Kreise derer, die dem Propheten zugetan (vgl. Jes 8,16) und ebenso wie er angefochten sind."155 Zu diesem Urteil gelangt er vor allem aufgrund des Fehlens der „Form der Botenrede" sowie „jede(r) Form einer Anrede der Hörer". 156 Die ausgefeilte Komposition spricht jedoch eher für ein Produkt literarischer Tätigkeit denn für eine mündliche adAoc-Bildung. Dementsprechend geht Jeremias davon aus, daß in „10,1-8 . . . mehrere Hoseaworte (drei oder vier) zu einer Überlieferungseinheit 154 155 156
Vgl. bereits JEREMIAS, Prophet, 127; NAUMANN, Erben, 86. Hosea, 223. Vgl. ebd.
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
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verbunden" sind.157 Doch läßt sich bei genauerem Hinsehen die Entstehungsgeschichte von 10,1-8 noch präziser erfassen: Vl-2 ergeben einen thematisch (Altäre/Mazzeben) wie formal geschlossenen Unterabschnitt. Die Verse sind metrisch gefügt (VI: 3 + 2; 2 + 2 ; 2 + 2 ; V2: 2 + 2 ; 3+2). V i a läßt sich stilistisch als synthetischer Parallelismus verstehen. V l b a und bß sind parallel aufgebaut. Beide Zeilen bilden je für sich wiederum einen synthetischen Parallelismus. In V2b liegt ein synonymer Parallelismus vor. V l - 2 sind bis auf V2a poetisch strukturiert. Der Abschnitt läßt sich als selbständiges Prophetenwort auffassen. V l - 2 a a kommt dabei die Funktion eines Lagehinweises zu. V i a bringt Israels Gegenwart unter dem Vorzeichen des schon begonnenen Gerichtes zur Sprache. V l b beschreibt Israels Vergangenheit als eine Zeit kultischer Verfehlungen. V2aoc kehrt wieder in die Gegenwart zurück und zieht ein Resümee. Daraufhin ergeht in V2aß.b eine Strafandrohung. Daß die ansonsten für die Prophetenworte so typischen Rahmenelemente (Botenformel; das Drohwort einleitende pi>; Gottesspruchformel u. ä.) fehlen, fällt dabei nicht allzu sehr ins Gewicht, da solche formelhaften Stücke ohnehin nur in den jüngeren Partien des Hoseabuches anzutreffen sind.158 Anhaltspunkte für eine historische Situierung von V l - 2 liefert die Metapher des ,verwüsteten Weinstocks', insofern diese einen bereits erfolgten Schlag gegen Israel voraussetzt. Damit kann nur die Amputation des Nordreiches im Gefolge des „syrisch-ephraimitischen Krieges" 733 v. Chr. oder die Eroberung Samarias im Jahre 720 v. Chr. gemeint sein. Im letztgenannten Falle fragt man sich, warum dann in einem Drohwort das Gericht erst angekündigt wird. Konturenreicher wird der Text, wenn VI auf die Situation nach 733 v. Chr. bezogen wird. V l b hat begründende Funktion sowohl für V i a als auch für das Drohwort V2aß.b. Israel hat aus den Folgen des „syrisch-ephraimitischen Krieges" nicht gelernt und seinen Kult beibehalten. Deshalb fallen Israels Kultstätten der Zerstörung anheim.
V3 führt mit der Größe „König" eine neue Thematik ein. Die innere Struktur des Verses ist relativ durchsichtig: Bei V3aß handelt es sich um ein Zitat der vox populi, V3aa bietet die dazugehörige Einleitung. Stilistisch hebt sich V3 deutlich gegenüber V2 durch seinen prosaisch anmutenden Charakter ab. Der VI.2b formal prägende Parallelismus fehlt gänzlich. Auch die Funktion des nny mit folgendem Imperfekt ist in V3 eine andere als in V2. Leitet es in V2 eine Strafandrohung ein, so dient es in V3 zur Einführung eines Zitates. VI f. und V3 stammen aufgrund der stilistischen Inkongruenzen kaum von einer Hand. Weiterhin kann V3 keine selbständige Einheit bilden, da ohne V l - 2 das Subjekt von nax157 158
Prophet, 127. Vgl. 2,8.11.16.20.23; 11,11.
106
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
bzw. die ab V3aß sprechenden Personen unbestimmt blieben. Aus alledem ist zu schließen, daß V3 die VI-2 nachträglich fortschreibt. In welchem inhaltlichen Zusammenhang stehen V I - 2 und V3? nny n a i c in V3 kann grundsätzlich präsentisch159 oder futurisch160 verstanden werden. Im letztgenannten Falle führte V3 die Strafandrohung von V2 zwar rein formal weiter, die inhaltliche Verbindung zwischen beiden Abschnitten wäre jedoch denkbar lose geknüpft. Anders verhält es sich, wenn man nax* nny präsentisch interpretiert. V3 wäre dann als Klage über den Verlust des Königtums anzusehen. Möglicherweise hat der Autor von V3 pp2 JDJ (VI) auf die Situation nach dem Fall Samarias (720 v.Chr.) bezogen. V4 schließt ohne Nennung eines neuen Subjektes an V3 an, kann also in der vorliegenden Form ebenfalls kaum je für sich bestanden haben. Die zweite Vershälfte erinnert an Am 5,7; 6,12. Die Wendung —rw -ni>n ^y begegnet inhaltlich prägnanter in Hos 12,12. Es dürfte vor allem das Stichwort κι» in V4a (vgl. 12,12) gewesen sein, das die Einfügung dieses Halbverses veranlaßt hat. Zudem stört V4b mit dem Thema ,Recht' die konzentrische Komposition von 10,1-8. Er ist demnach als Zusatz zu betrachten. V4a thematisiert die Außenpolitik Israels. Die Wendung m n ma steht hier wie in 12,2 für das Schließen von außenpolitischen Verträgen.161 ni>x Kit? bezeichnet vermutlich das meineidige Schwören bei der feierlichen Selbstverfluchung im Rahmen des Vertragsschlusses.162 Die Figur π π D ' i n dürfte wie "ui n n in Jes 8,10 im Sinne von „Beschlüsse fassen" zu verstehen sein. V4a zielt insgesamt auf die Wankelmütigkeit der israelitischen Außenpolitik (vgl. 5,11.12-14; 12,2). In V5 wird mit jnne ρ® erstmalig nach VI ein neues Subjekt eingeführt. Der bis V6a reichende Abschnitt stellt wiederum vor literarkritische Probleme. Die Satzeinteilung ist wie folgt vorzunehmen:163 Satz 1: Satz 2: Satz 3: 159
| n a » ]3® n i r px j r a nibayi»
my ri>y i>2x -3 vms !>y i!>-r rby
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So UTZSCHNEIDER, H o s e a , 112.
160
So WOLFF, Hosea, 2 2 7 ; R U D O L P H , Hosea, 1 9 4 ; JEREMIAS, Prophet, 1 2 9 ; MOENIKES, Ablehnung, 192, u. a. Auszuschließen dürfte die von SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 103, u. a. erwogene Ubersetzung im Vergangenheitstempus sein. Nach dieser Deutung wären V3 f. als Bezugnahme auf I Sam 8 , 2 . 4 - 9 zu verstehen. 161 Ebenfalls einen politischen Sachverhalt dürfte die Wendung m i nay in 6,7 ansprechen (vgl. JEREMIAS, Prophet, 93). In den sekundären Versen 2,20 und 8,1b (s.u. S. 134.204f.) steht Η" 12 für den Jahwebund. JEREMIAS, Prophet, 130, denkt weniger an außenpolitische Aktivitäten als an „innenpolitischen Wortbruch bei Verträgen zwischen König und Volk". 162 163
Vgl. ζ. B. JEREMIAS, Prophet, 129. Vgl. UTZSCHNEIDER, H o s e a , 115.
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
107
Satz 4: una nh -D Satz 5: ' π •άώ' nnao !>ar π®κ!> mix DJ Beachtung verdient zunächst der Gebrauch der Tempora. Imperfektformen (Satz 1, 3, 5) und Perfektformen (Satz 2 und 4) wechseln einander ab. Die beiden Perfekt-Sätze sind ähnlich strukturiert: -D - Verb - Präp. + Suff. In Satz 2 begegnet darüber hinaus mit iny noch ein suffigiertes Nomen als Subjekt am Satzende. In beiden Sätzen steht das Verb in der 3. sg. masc. Demgegenüber konstruieren die beiden imperfektisch formulierten Sätze 1 und 3 die Verben in der 3. pl. masc. Beide Sätze ordnen sich chiastisch zueinander: Satz 1 hat an erster Stelle eine Präpositionalkonstruktion und in letzter Position das Subjekt. Satz 3 setzt mit dem Subjekt ein und endet mit einer Präpositionalkonstruktion. Das finite Verb findet sich in beiden Fällen zwischen Subjekt und Präpositionalkonstruktion. Satz 5 weist keine strukturelle Verwandtschaft mit den Sätzen 1 und 3 auf. Literarkritisch relevant erscheint der Umstand, daß der Chiasmus der Sätze 1 und 3 durch die perfektisch formulierten Sätze 2 und 4 empfindlich gestört wird. Inhaltlich schließen die Sätze 1 und 3 auf der einen und die Sätze 2 und 4 auf der anderen Seite einander aus. Warum sollten die Priester auch „jubeln" (Satz 3), während der Gegenstand ihrer Freude resp. das Volk (?)164 schon im Exil weilt (Satz 4) und die „Bewohnerschaft Samarias" sich der Trauer hingibt bzw. „verdorrt" ist (Satz 2)?165 Der Schluß liegt nahe, daß hier ebenfalls eine zweite Hand am Werke war. Da die Sätze 2 und 4 nicht ohne die Sätze 1 und 3 bestehen können, umgekehrt aber die Sätze 1 und 3 sehr wohl ohne die Sätze 2 und 4 lebensfähig sind, schreibt man am besten die beiden -D- Sätze 2 und 4 einer Bearbeitung zu. Innerhalb des Satzes 3 fällt r!>y aus der chiastischen Struktur der Sätze 1 und 3 heraus. Dies läßt ebenfalls auf nachträgliche Bearbeitung schließen. Sie könnte von derselben Hand stammen, die auch Satz 2 eingefügt hat. Der Autor hätte durch die Wiederholung des ri»j? aus Satz 2 noch einmal unterstrichen, daß er die Wendung T T I M !>Y auf TIIBIY (vgl. schon Satz 2)166 bezogen wissen will,167 wodurch ein konzentrierterer Blick auf das „Kalbszeug von Beth-Aven" ermöglicht wird.168 Auf der Ebene der 164
Zu Subjekt und Suffix-Bezug in Satz 4 s.u. S. 126. Dazu s. u. S. 127. 166 Die Genusdifferenz zwischen Suffix und Bezugswort, die immer wieder Anlaß gegeben hat, niiny nach S>jy zu emendieren, tritt also erst bei der „zweiten Hand" auf und dürfte sich als constructio ad sensum erklären (vgl. RUDOLPH, Hosea, 195). 167 Verzichtete man auf eine Ausscheidung von T^y, so wäre die präpositionale Wendung als Vorverweis auf naa ^y zu deuten. 168 Die Alternative wäre, i"i>y rmDi als eigenständigen Stichos zu verstehen, bei dem entweder das fehlende Verb zu ergänzen oder mit elliptischer Formulierung zu rechnen wäre: so z.B. ROBINSON, Hosea, 38; MAUCHLINE/PHILUPS, Hosea, 672; STUART, Hosea, 156; KING, Hosea, 41; WACKER, Figurationen, 271. 165
108
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Grundschicht beziehen sich die maskulinen Suffixe von m u und r-inD allerdings auf pm» p». Satz 5 (V6a) bereitet weder in syntaktischer noch in literarkritischer Hinsicht nennenswerte Probleme. Die nota accusativi lmx nimmt m w (Satz 3) auf. Fraglich ist, ob das einleitende (unpoetische) oj auf das Konto einer späteren Bearbeitung geht. Der Redaktor hätte dann betonen wollen, daß es vor allem das Volk war, das in die Verbannung gehen mußte. Hingegen ist für ihn die Deportation des Kultbildes in der Rückschau zu einem mehr oder weniger ephemeren Ereignis geworden. Nach Ausscheidung aller Zusätze ergibt sich für V5-6a* folgender Grundbestand: 5 6a
pm® p® n r ρκ i r a m^ay!» vrna I^-J- r m a 'ai nmn b a r n®xi> im«
Der rekonstruierte Text läßt sich formgeschichtlich wie VI f. als ein prophetisches Gerichtswort verstehen. V5 kommt die Funktion eines Schuldaufweises, V6a die einer Strafandrohung zu.169 V6b kann zunächst als Weiterführung des Drohwortes V6a gelesen werden. Anderseits markiert die Einführung der beiden Subjekte „Israel" und „Ephraim" nach V5 einen gewissen Neueinsatz. Auch verwundert nach der konkreten Strafandrohung V6a die Allgemeinheit der Androhung von V6b („Schmach" und „Schande"). Eine pointierte Aussage ergibt sich 169
WACKER, Figurationen, 271, hat die Sprucheinheit auf V5 beschränken wollen, der sich „aus drei Bikola im Qina-Metrum" zusammensetze. Zusammengehalten werde der Vers durch „Klangspiele, die Häufung von Gutturalen im Anlaut" sowie „zahlreiche Labiale und Zischlaute". „Hos 10,6 fällt vom Klangbild und der Poetik her gegenüber 10,5 ab und wirkt wie eine glossierende Erläuterung der in 10,5 festgehaltenen ,Trauer'" (ebd., Anm. 29). V5 übersetzt WACKER wie folgt: „Für die Färsen von Beth-Aven fürchtet die Bewohnerschaft Samarias: Ja, sein Volk trauert über es und seine ,Schamanen' (trauern) über es, Sie ,klagen' wegen seiner Herrlichkeit, denn weggeführt ist sie/es von ihr." Allerdings ist der Inhalt des Spruches nach dieser Texteinteilung nicht homogen. Warum „fürchten" die Bewohner noch „für die .Färsen'" (sc. das Betheler Stierbild), wenn das Stierbild bereits deportiert worden ist (vgl. die perfektische Übersetzung der letzten Zeile!)? Weiterhin bereitet die Wiedergabe von V5 von der lexikalischen Seite her Probleme (zum Verständnis von !> t u und !>J> b-j s. u.). Zudem wird man kaum sagen können, daß V6a hinsichtlich des Klangbildes grundsätzlich von V5 abfällt Die von Wacker für V5 genannten Konsonantengruppen sind jedenfalls auch in V6a vertreten. - Scheidet man, wie hier vorgeschlagen wurde, die beiden -D-Sätze aus V5 aus und stellt damit (auch) die inhaltliche Homogenität des Spruches wieder her, so ist jedenfalls an V6a im Grundbestand festzuhalten, da sonst V5* zu einem pointenlosen Fragment verstümmelt würde.
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
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für V6b nur über die Begründung der Strafandrohung: uixyn. Auffälligerweise wird mit nsy („Plan") ein Terminus transportiert,170 der in dieser Weise im Hoseabuch keine Parallele hat, im Jesajabuch hingegen einen markanten theologischen Begriff darstellt (vgl. 5,19; 8,10; 14,26; 19,3.17; 25,1; 28,29; 29,15; 30,1) und dort u. a. zur Stigmatisierung der verfehlten, weil gotdosen Außenpolitik Judas/Jerusalems dient (30,5, vgl. 29,15). Hängt aber die Aussagekraft des Verses einzig an wxyn, so wird man den Rest des Verses nicht von insyn lösen können. M.a.W.: V6b ist redaktionell und wahrscheinlich jesajanisch inspiriert.171 Für V7 ergibt sich über das Stichwort |nn® ein loser Zusammenhang mit V5. Vom Ende des Königs war freilich nicht in V5-6a, sondern in dem bereits als Fortschreibungsstück erkannten V3 die Rede. Auch V7 gehört demnach nicht ursprünglich zu V5-6a*. In welcher Beziehung steht V8 zum Vorhergehenden? Funktional kann er als Strafandrohung betrachtet werden. Thematisch fügt er sich weder zu V7 noch zu V6b, wohl aber zu V5-6a (vgl. das Stichwort JIK). Allerdings handelt der Schuldaufweis V5 ausdrücklich von „Beth-Aven" und seinem „Kalbszeug". V8 jedoch kündigt die Verwüstung der „Höhen des Frevels" und Altäre an. Der sachliche Zusammenhang mit V5-6a ist also nur lose geknüpft. Stilistisch fällt V8 durch theologische Traditionssprache und durch eine gehäufte Verwendung stereotyper Parallelismen auf. Die Wendung p p τ π τι findet sich noch in Gen 3,18.172 Das Wortpaar in/njaa ist im Alten Testament 40* belegt.173 binar πχβπ steht den dtr./chr. Formulierungen bmtr -|ay ΤΙΚΒΠ (I Reg 8,34; II Chr 6,25), bmir -|njn η-iay nxiarr (I Reg 8,36; II Chr 6,27), bin®- rra mxan (Mi 1,5) und min- nxan (Jer 17,1; 50,20) nahe.174 In dieselbe Richtung weist der nur an dieser Stelle innerhalb des Hoseabuches belegte, im deuteronomistischen, jeremianischen und chronistischen Bereich aber als terminus technicus für illegitime Heiligtümer gebrauchte Begriff naa.175 In Verbindung mit πητη begegnet nna - sieht man einmal von Ez 6,1-10 ab - ausschließlich in den oben genannten Bereichen (vgl. I Reg 12,30-33; II Reg 18,22 [vgl. Jes 36,7; II Chr 32,12]; 21,3 [vgl. II Chr 33,1-3]; 23,15 [vgl. II Chr 34,2 f.]; 170
Zur Deutung von rtsy auf das Lavieren in der Außenpolitk vgl. auch WOLFF, Hosea,
224; UTZSCHNEIDER, Hosea, 118; WLLLI-PLEIN, Vorformen, 185; FREVEL, Aschera, 327. 171
Zur Verbindung von nsy und Bin vgl. Jes 30,1-5. Dergleichen botanische Erscheinungen heißen in Hos 2,8: D-TO; 2,14: I R und 9,6: Biap/nm. 173 Z.B. Dtn 12,2; Jes 2,2; 40,4; 55,12; Jer 50,6 u. ö. 174 Ahnlich auch Mi 3,8: ΙΗΚΥΠ; Lev 16,34: DUMM (beide mit Bezug auf !>IN«R) und Dan 9,20: !>xnr -ny iwan. 175 Von den insgesamt 103 alttestamentlichen Belegen für nna entfallen auf Dtn und DtrG 53, auf Jer 6 und auf I/II Chr 19 Belege. 172
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Jer 17,1 f.; II Chr 14,1; 28,23 f.; 31,1 f.).176 Das in der zweiten Vershälfte verwendete Wortpaar m/nyaj (vgl. Dtn 12,2; Jes 65,7; Jer 3,23; 50,6 [?]; Ez 6,3.13; Hos 4,13) kam ebenfalls frühestens seit dtr. Zeit für die Kennzeichnung illegitimer Kultstätten in Brauch.177 Objekt von in» sind die nina noch in Num 33,52 und Lev 26,30, beides Stellen, die in einem Kontext stehen, der sprachlich sowohl P- als auch D-Elemente aufgreift. Daß der Höhenkult schließlich rixan sei, liest man so nur noch in Jer 17,l-3. 1 7 8 Innerhalb der Gesamteinheit hat V8 die kompositorische Funktion, den Schlußteil über das Stichwort ηιπιτη an das Eingangsstück VI f. zurückzubinden. Für den schriftkundigen Leser bekommt die Weinstockmetaphorik aus VI f. auf dem Horizont von V8 zugleich eine eindrucksvolle Zuspitzung. Ps 80,9-15 beschreibt ähnlich wie die redaktionelle Einheit 10,1-8 die Unheilsgeschichte Israels mit dem Bild des Weinstocks. Dabei halten die V9-12 Rückschau auf die frühere Üppigkeit dieses Gewächses. VI 3 f. sprechen in Form der Klage die Gegenwart des verwüsteten, dem Wildgetier zum Fräße ausgelieferten Weinstockes an. VI 5 geht der Klage entsprechend in die Bitte auf die Wiederherstellung Israels über. Innerhalb der Rückschau auf die heilvolle Vergangenheit heißt es in VI 1 a von dem Weinstock: „Berge (••in) wurden von seinem Schatten bedeckt (103)." Darf man annehmen, daß Ps 80,9 ff. im Hintergrund von Hos 10,8 steht, so ergibt sich ein interessanter Zusammenhang. Der Autor von Hos 10,8 positionierte sich in der in Ps 80,13 f.; Hos 10,1a beklagten Gegenwart und deutete diese (ex eventu) vom Prophetenwort her. Das Einstürzen der Berge „auf uns" in Hos 10,8 erscheint in der Perspektive von Ps 80,11 als glatte Umkehrung des vormaligen Zustandes dieses Weinstockes, womit - freilich zwischen den Zeilen - eine Anbindung an die in Via eröffnete Metaphorik erreicht wird.
176 Für die Zeit vor der Errichtung des Jerusalemer Heiligtums scheint der Kult am Altar des Höhenheiligtums zu Gibeon noch nicht unter das Diktum der Illegitimität zu fallen: vgl. I Reg 3,4 (vgl. II Chr 1,3 f.); I Chr 16,38 f.; 21,27-29. 177 Zur literargeschichtlichen Einordnung von Hos 4,13aa s.u. S.216ff. 178 Ahnlich noch I Reg 13,33 f., wonach die Hohenpriester dem Hause Jerobeam zur Sünde gereichten. - Überhaupt zeigt sich in Hos 10,8 eine gewisse Nähe zu Jer 17,1-3. Die kumulative Aufzählung dem Jahwekult nicht angemessener Kultstätten mit den Termini Timm, myaa, ο·ιη und jiinn begegnet nur an diesen beiden Stellen (Jer 17,1-3 hat darüber hinaus o-iiMi und jjjn py). Der Ausdruck !>in«r nssn in Hos 10,8 findet seine Parallele in der Wendung min· ιικβπ (Jer 17,1). Möglicherweise liegt literarische Abhängigkeit vor, wobei an dieser Stelle offen bleiben kann, in welche Richtung die Abhängigkeitsverhältnisse verlaufen.
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
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So gibt sich die Einheit 10,1-8 als Produkt eines längeren Prozesses von Kompilation, Fortschreibung und Redaktion zu erkennen. Im Einzelnen wird man sich die Entstehung von 10,1-8 wie folgt vorzustellen haben: Die beiden Prophetenworte VI f. und V5-6a* sind durch eine Erstbearbeitung der prophetischen Uberlieferung wegen ihrer gemeinsamen kultischen Thematik zusammengestellt und (dabei?) um die V3-4a.7 erweitert worden. Dieser Schicht lassen sich auch die beiden "D-Sätze V5ba'.ß 2 sowie r!>y in Satz 3 von V5 zuweisen. Die genannten Erweiterungen bestimmen den Inhalt der V I - 2 in der oben beschriebenen Weise neu.179 V3-4a.5ba'.ß 2 .7 blicken bereits auf den Untergang des Nordreiches zurück. Die Bearbeitung wird von dem Zusatz V8 bereits vorausgesetzt. Sie muß demnach in die Zeit zwischen dem Untergang des Nordreiches und dem babylonischen Exil fallen. Der ursprüngliche Abschluß von 10,1 ff. mit V7 hat eine Parallele in 10,15b, dem Schlußsatz der Einheit 10,9-15. Im Kern liegt (auch) diesem Stück eine Spruchkompilation zugrunde. Das jedenfalls suggeriert die nur lose Verknüpfung der sehr verschiedenen Abschnitte V9-10.11-I3a.l3b-15. 1 8 0 V15b hebt sich wie V7 entstehungsgeschichdich von dem älteren Spruchgut ab. Der dritte Spruch endet in VI 4. Die nachklappende Begründung des Unheils in VI 5a wirkt gegenüber V13b stark verallgemeinernd. Die pluralische Anrede (vgl. V12a.l3 181 ) fällt aus der in VI 3b-15 vorherrschenden besprechenden Rede heraus. Das Perfekt n»y signalisiert, daß sich die Strafandrohung von VI 4 bereits erfüllt hat. Entsprechendes gilt für VI 5b. Das Thema , König' steht innerhalb der gesamten Einheit isoliert. Möglicherweise stammt V7 aus der gleichen Feder wie VI 5. Der Autor der V3-4*.5ba 1 .ß 2 .7 hätte dann über die unmittelbare Einheit 10,1 ff. hinaus gestaltgebend gewirkt.
V8 ist frühestens im Umfeld dtr. Theologie, möglicherweise aber erst in post-dtr. Zeit entstanden. In literarischer Hinsicht rundet er die Einheit konklusionsartig ab (vgl. mmm: VI f.). Schließlich zeichnet eine jesajanisch beeinflußte Bearbeitung für V6 verantwortlich. Der redaktionelle V4b hat den Hoseatext in eine Beziehung 179
Zur Funktion der -3-Sätze s. u. S. 126 ff. IM V9_io richten sich an „Israel". Auf einen als Geschichtsrückblick formulierten Schuldaufweis (V9a.ba) folgt eine Strafandrohung (V9bß.l0). Im Vordergrund steht das Thema , Krieg'. Mit V l l setzt ein zweiter Geschichtsrückblick ein. Statt des Namens „Israel" begegnen die Bezeichnungen „Ephraim"/Jakob" (Juda" in VI 1 ist nachträgliche Glossierung, möglicherweise unter dem Einfluß von 12,3). Der gesamte Abschnitt hat anklagenden Charakter. Das Metaphernrepertoire entstammt dem bäuerlich-agrarischen Bereich (vgl. SEIFERT, Reden, 193-198). V13b kehrt zur Kriegsthematik von V9-10 zurück. In V15 ist erneut von „Israel" die Rede. Es finden sich wiederum Schuldaufweis (V13b.[15a]) und Strafandrohung (V14). 181
Zu VI 2b als Bearbeitung vgl. SEIFERT, Reden, 195.
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
zum Amosbuch bringen wollen (vgl. 4,15; 8,14). Auf welche Hand die Ergänzung Di in V6a zurückgeht, läßt sich nicht mehr feststellen. Interpretation Der Prophetenspruch V5-6a* Die kleinere Einheit V5-6a* ist formal als ein aus Schuldaufweis (V5*) und Strafandrohung (V6a) bestehendes prophetisches Gerichtswort zu betrachten. V5a kommt auf einen Aufenthalt der „Bewohnerschaft Samarias" beim „Kalbszeug von Beth-Aven" zu sprechen, ρκ rra meint wie in 4,15 (vgl. 12,5[G]) Bethel.182 nihy steht für das von Jerobeam errichtete Betheler Jungstierbild. Die feminine Form hat nicht erst mit dem Aufkommen dezidiert feministischer Auslegungen dazu gereizt, einen Bezug zur Göttinverehrung herzustellen.183 Hvidberg setzte bei Streichung der mater lectionis ursprüngliches nioy an184 und bringt diese mit der in KTU 1.5 V 17 erwähnten Jungkuh 'Anat" in einen Zusammenhang.185 Andersen/Freedman hingegen belassen Jiibny, interpretieren die Form als pluralis majestatis und sehen in ihr die Parhedros des „Resident of Samaria", also des von Jahwe zu unterscheidenden Stadtbaals von Samaria.186 Bei dieser Lösung mutet es jedoch seltsam an, daß die bekämpfte Größe mit einer Majestätsbezeichnung belegt wird.187 Insgesamt ist jn!>jy kaum vor dem Hintergrund einer Göttinverehrung zu deuten. Die maskulinen Suffixe in V5 stehen einem solchen Verständnis zwar nicht im Wege,188 da deren Bezug auf m^sy auf der Ebene des ältesten Stratums fraglich ist. Doch ist von einer Betheler Göttin, die unter der Gestalt von , Färsen' verehrt wurde, nichts bekannt. Ob Anat in Ugarit jemals entsprechende Kultbilder besessen hat, ist ungewiß.189 Unsicher ist weiterhin, ob und inwiefern die ugaritischen Verhältnisse auf Israel übertragbar sind. So bleibt der Bezug von m!>jy auf den Jahwe von Bethel bei Annahme eines Abstraktfemininums190 nach wie vor die einfachere Möglichkeit.191 182
Zu Beth-Aven s. o. S. 67. Bereits in der Zeit um die Wende des 16. zum 17. Jh. hat man Hos 10,5 mit dem Isiskult in Verbindung gebracht: vgl. WACKER, Figurationen, 272. 184 So bereits NYBERG, Studien, 73. Der Autor faßt diese Form allerdings als Kollektivum auf („die Schar des Kalbes" = „die Gemeinde der Kalbsverehrer", „die Kalbsgemeinde") 183
vgl. a u c h OETTLI, Arnos, 37.94. 185 Vgl. Weeping, 99; WACKER dachte zunächst in dieselbe Richtung (vgl. Frau, 119), hat diese Vermutung aber in ihrer neuesten Monographie (1996) nicht weiter verfolgt. 186 Hosea, 555. 187 So zu Recht FREVEL, Aschera, 322 f. 188
S o einer der E i n w ä n d e bei FREVEL, Aschera, 322; vgl. WACKER, Figurationen, 272.
189
Zur Beziehung von Rindsymbolik und Anat vgl. zusammenfassend P. L. DAY, Anat, 64; zu den einschlägigen mythologischen Texten (KTU 1.5.V; 1.10; 1.11; 1.13) vgl. Ν. H. WALLS, G o d d e s , 1 2 2 - 1 4 4 ; weitere Literatur bei DAY, a . a . O . , 7 5 - 7 7 . l
*> S.o. S. 103. Wenig überzeugend ist der Vorschlag KNAUFS (vgl. Herkunft, 155 f.), den Plural nihy
1,1
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
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Die Konstruktion einer Abstraktform läßt die polemische Absicht des Autors deutlich hervortreten. Das ironische Moment besteht in der Reduktion des Kultbildes auf seine äußere Gestalt. Es ist nichts weiter denn „Kalbszewg" - ein Gegenstand ohne jede numinose Macht.192 Ein gewisses Verständnisproblem bereitet die Wendung !> n i r . Ges17 gibt die Wurzel TU in drei Grundbedeutungen wieder:193 I "ra „sich als Gast oder Schützling irgendwo niederlassen", II τη „angreifen" und TU III „sich fürchten".194 II τπ ist in der Auslegungsgeschichte von Hos 10, 5 zu Recht nie in Erwägung gezogen worden. Als klassische Lösung kann die Ansetzung von III TU gelten. Man übersetzt dabei !> TU in der Regel mit „fürchten für/um". 195 Ebenfalls von III na her, aber in einem andern als dem eben beschriebenen Sinne interpretiert Wolff.196 In Anlehnung an Ps 22,23 f.; 33,8, wo "m in Parallele zu Verben kultischer Verehrung (irr; ins Pi.; ^bn Pi.) begegnet, versteht er τπ in Hos 10,5 als Ausdruck der Gottesfurcht und übersetzt es mit „verehren" (vgl. α': έσεβάσθησαν; V: coluerunt).
Nun bleibt eine Ansetzung von III τπ in Hos 10,5 nicht ohne Probleme. Abgesehen von dieser Stelle findet sich III i n noch in folgenden Texten:197 1) Num 22,3: i m ayn -3aa axin i n 2) Dtn 1,17: "330 n u n k!> 3) Dtn 18,22: i3an τ π π xi> 4) Dtn 32,27: TUM a-IX OYD -BIB 3) I Sam 18,15: 1-33)2 IJ-1
U n d M o a b fürchtete sich sehr vor d e m Volk. Fürchtet euch nicht vor irgend jemandem! Fürchte dich nicht vor ihm! H ä t t e ich nicht den U n m u t des Feindes g e f ü r c h t e t , . . . D a fürchtete er sich vor ihm.
von der vermeintlichen Triade Jahwe, 'Anat-Jaho und Isim-Bethel her zu verstehen. Neben den bereits angesprochenen religionsgeschichdichen Schwierigkeiten (s. o. S. 48, Anm. 103) steht ihm die feminine Form entgegen. M WACKER, Figurationen, 273, sieht mit P. SCHEGG, Propheten, 118; WÜNSCHE, Hosea, 436, u. a. die polemische Spitze in einer „Effeminierung" des Betheler Stierbildes. Warum sich der Autor aber gerade eines solchen Mittels bedient, um das Stierbild anzugreifen, bleibt undeutlich. 193 A.a.O., 134f.; vgl. Ges' 8 , 207f. 1,4 III -m wäre dann Nebenform zu 13-, m Vgl. Ges17, 135; KEIL, Propheten, 92; WELLHAUSEN, Propheten, 17; SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 101; NÖTSCHER, Zwölfprophetenbuch, 29; LIPPL/THEIS, Propheten, 66; RUDOLPH, H o s e a , 195 f.; VAN LEEUWEN, H o s e a , 2 0 8 ; STUART, H o s e a , 1 5 6 . 1 6 1 ; DAVIES, H o s e a , 2 3 7 ; FREVEL, A s c h e r a , 3 2 1 ; WACKER, F i g u r a t i o n e n , 2 7 1 .
** Hosea, 222; vgl. UTZSCHNEIDER, Hosea, 116. 1,7
V g l . G . LLSOWSKY, K o n k o r d a n z ,
320.
114
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
6) Ps 22,24:
unn n m
Und fürchtet euch vor ihm!
7) Ps 33,8:
m i ' una 8) Hi
am "Jan na!» n « 9) Hi
Es fürchte sich vor ihm . . .
19,29:
Fürchtet euch vor dem Schwert
41,17:
o-!>x n n · wpn
Vor seinem Sich-Erheben fürchten sich die Gewaltigen.
Die angeführten Belege zeigen, daß III TU grundsätzlich nur in Verbindungen auftritt, bei denen auch der Gegenstand des Fürchtens angeführt wird. Der erscheint in Konstruktionen mit ja oder -aan resp. ohne Präposition als einfacher Akkusativ (Dtn 32,27). Damit wird zunächst die von Wolff u.a. bevorzugte Deutung von i n in Hos 10,5 als Ausdruck der Gottesfurcht unwahrscheinlich, denn der Gegenstand des Fürchtens wäre hier entgegen dem sonst feststehenden Sprachgebrauch mit i» eingeführt worden. Nicht anders verhalten sich die Dinge, wenn man für Hos 10,5 ein b TU in der Bedeutung „fürchten für" postuliert. Auch Hi 19,29 stellt keine Parallele zu Hos 10,5 in diesem Sinne bereit: Zwar begegnet an der genannten Stelle TU mit folgendem !». Das ^ signalisiert dort aber den dativus ethicus nach dem Typus der Imperativkonstruktionen, bei denen die Personen des Pronomens und der Verbalform übereinstimmen.198 Der für Hos 10,5 von manchen Exegeten supponierte Ausdruck „fürchten für/bangen um" heißt im Hebräischen nicht !> ms, sondern KT b (Jos 9,24; Prv 31,21). Scheidet III TU für Hos 10,5 aus philologischen Gründen aus, so bleibt nur noch I τ η „weilen".199 Zwar steht der Präpositionsgebrauch bei I τ η dort fest, wo es um das Weilen an einem Ort geht.200 Ist jedoch vom Weilen bei Personen die Rede, so begegnen neben dem am häufigsten belegten η im + Suff, noch ηκ (Ex 12,48; Lev 19,33.34; Num 9,14; 15,14; Jes 54,15; Jer 35,7) und oy (Jes 11,6 [im übertragenen Sinne von Tieren!]; Hi 28,4; II Chr 15,9; I Reg 17,20 [Hitpol.]). Der Sprachgebrauch ist hier offener als bei III TU. Daß eine Konstruktion mit !> neben Hos 10,5 nicht belegt ist, kann bei I τ η dem Zufall zugeschrieben werden. Was verbirgt sich hinter dem Ausdruck „Bewohnerschaft Samarias"? Bezeichnet „Samaria" die Hauptstadt des Nordreiches, oder steht der Name promiscue für das Nordreich als solches? In der Forschung sind bislang beide Meinungen vertreten worden. Während die ältere Hoseaexegese in der Regel für die zweite Möglichkeit votiert, 201 hat Wolff in m
Also in Analogie zu -|!> -]!> (Gen 12,1 u. ö.); i> m i (Gen 27,43) u. a.: vgl. GK28 § 119s.
199
Vgl. JEREMIAS, Prophet, 127.
200
Hier kommt grundsätzlich die Präposition 3 in Anwendung.
201
Vgl. WELLHAUSEN, Propheten, 120; A. v. GALL, Kultstätten, 122 f.; vgl. KEIL, Prophe-
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seinem Kommentar mit Nachdruck die Ansicht vertreten, „Samaria" sei im Hoseabuch ausschließlich der Nordreichs Hauptstadt vorbehalten.202 In der Auslegung zu 8,5 heißt es bei ihm: „Weder hier noch sonst . . . wird Hosea bei diesem Namen an die Landschaft Samarien denken. Erst seit der assyrischen Eroberung der Stadt im Jahre 722 ist diese Ausweitung nachzuweisen, entsprechend dem assyrischen Brauch, eine Provinz nach ihrer Hauptstadt zu benennen .. ."203 Tatsächlich hat sich bislang kein eindeutiger Beleg für ein regionales Verständnis der Bezeichnung „Samaria" aus der Zeit vor dem Untergang des Nordreiches beibringen lassen. Einen ausschließlichen Bezug der Samaria-Belege des Hoseabuches auf die Hauptstadt des Nordreiches hat u. W. erstmals Alt hergestellt: „Daß sie (sc. Samaria) ihre ausdrückliche Nennung (sc. im Hoseabuch) . . . ihrer Funktion als Sitz der Könige und Hauptstadt des Reiches Israel verdankt, liegt auf der Hand".204 Diese Sicht ist nicht aus den Hoseatexten selbst entwickelt. Sie verdankt sich vielmehr einem bestimmten, von Alt entworfenen Bild von der Entstehung und Geschichte der Stadt Samaria. Danach ist die Stadt von den Omriden als politisches und religiöses Zentrum des Nordreiches nach seiner kanaanäischen Seite hin geschaffen und später durch Jehu wieder beseitigt worden.205 Die omridischen Könige hätten zwei Staaten in Personalunion regiert, um so einem im Nordreich besonders ausgeprägten israelisch-kanaanäischen Dualismus (I Reg 4,7 ff.) Rechnung zu tragen.206 In Anlehnung an diese These sprach Wolff selbst für die Hoseazeit noch von „Samaria als selbständige(m) Stadtstaat".207 Stand Samaria staatsrechtlich von alters her neben dem übrigen Nordreich, so konnte der Stadtname in der israelitischen Königszeit nicht zur Bezeichnung des gesamten Nordreiches werden. Dies sollte in gleicher Weise für die Zeit nach der Jehu-Revolution gelten, sei es, weil Samaria nunmehr zur „reinen Königsstadt" (Alt) geworden war,208 sei es, weil es als „Königsstadt" dennoch ein „selbständiger Stadtstaat" (Wolff)209 blieb. ten, 81; WÜNSCHE, Hosea, 340; MARTI, Dodekapropheton, 66; NOWACK, Propheten, 51; SELLIN, Z w ö l f p r o p h e t e n b u c h , 8 7 , u. a. 202
Hosea, 228. Hosea, 179; ähnlich auch MAYS, Hosea, 141; JEREMIAS, Prophet, 130. 201 Stadtstaat, 300. 205 Vgl. ALT, Stadtstaat. 206 A. a. O . , 2 6 5 f. 207 Hosea, 157. Diese Behauptung geht noch weit über die ALTsche These hinaus. Für ALT gab es zwar eine „Nachwirkung dieser Schöpfung Omris, der sich . . . auch Jehu und seine Nachfolger nicht ganz hatten entziehen können" (a. a. O., 300). Grundsätzlich hätte Jehus rigides Vorgehen gegen Samaria aber „die Vernichtung der früheren stadtstaatlichen Einrichtungen und ihrer Träger" bewirkt (a. a. O., 294). Samaria „wurde jetzt vielmehr eine reine Königsstadt, die zwar durch die dauernde Anwesenheit der Könige, ihrer Beamten und Truppen über die anderen Städte im Reich hinausgehoben war, aber keine politische Eigenständigkeit dem Reich gegenüber besaß und besitzen sollte" (ebd.). 203
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Allerdings bereitet diese These im Blick auf Hos 10,5 und 8,5 f.210 Schwierigkeiten. Deutete man ]nn» in 8,5 f. auf die Nordreichshauptstadt, so hätte man nicht nur mit einer Stierbildverehrung in Samaria zu rechnen,211 sondern man müßte zudem erklären, weshalb die Bewohner Samarias sich ausgerechnet um das „Kalbszeug von Beth-Aven" versammelten. Wolff versucht den Problemen mit der Behauptung aus dem Wege zu gehen, „Samaria" bezeichne in Hos 8,5 f. und 10,5 „die repräsentativen Kreise der Königsstadt".212 Der Terminus „Samaria" stünde mithin für die politische Führungselite des Nordreiches. Doch wäre ein solcher Sprachgebrauch innerhalb des Hoseabuches völlig singulär. Der von Wolff u. a. in dem Ausdruck pint? pro geortete Personenkreis wird im Hoseabuch sonst nie nach seinem Wohnort benannt. Vielmehr erhält diese Gruppe durchweg die im AT übliche Bezeichnung D-IW (3,4 [sg.]; 5,10; 7,3.5.16; 8,10; 9,15; 13,10; vgl. 8,4) bzw. o-as® (7,7; vgl. 13,10).
208 ALT zieht wegen des von ihm postulierten offiziellen Jahweheiligtums in Samaria Parallelen zu Jerusalem ( a . a . O . , 295), schließt aber gleichzeitig einen staatsrechtlichen Dualismus zwischen Israel und Samaria, wie er f ü r J u d a und Jerusalem noch zu Zeiten eines Jesaja bestanden habe, f ü r das Israel nach der Jehu-Revolution aus (vgl. a . a . O . , 300). 209 Zur Bezeichnung „Königsstadt" bei WOLFF vgl. DERS., Hosea, 179. 210 Den übrigen Belegen f ü r Samaria im Hoseabuch (7,1; 10,7; 14,1) ist f ü r unsere Diskussion nicht viel zu entnehmen: 7,1 greift bewußt unter Aufnahme von Stichwörtern bzw. gleichbedeutenden Begriffen auf 6,7-9 zurück (die genannten Delikte [V7: Vertragsbruch; V8: Gewalttaten?; V9: Wegelagerei] beziehen sich vermutlich auf aktuelle Geschehnisse und sind f ü r uns nur noch unzureichend rekonstruierbar; vgl. JEREMIAS, Prophet, 93). Was in 6,7-9 als konkrete Vergehen konkret benannter Personenkreise (6,7: „[Leute aus] Adam", 6,8: „Gilead" als „Stadt von Übeltätern"; 6,9: „Rotte der Priester am Weg nach Sichern") aufgewiesen wird, radikalisieren 7,1 f. als Untaten Gesamtisraels (vgl. pj> [7,1], m j n [7,1] bzw. Djijn i>3 [7,2], Israel [7,1], Ephraim [7,2] und Samaria [7,2]). Dieser verallgemeinernde Zug ist literargeschichtlich kaum anders zu verstehen denn als nachträgliche Interpretation der vorangehenden Einheit. 7,1 f. gehört demnach einer späteren Bearbeitung an. Genauso verhalten sich die Dinge nach unserer Analyse in 10,7. 14,1 bildet den Abschluß einer in 13,1 beginnenden Einheit. Diese enthält im Kern eine Gottesrede (V4-15a), um die sich 13,1-3; 13,15b-14,l als Rahmen legen. Vorderer und hinterer Rahmenteil sind durch das T h e m a „Tod" (13,1: T o d „Ephraims"/,,Israels"; 14,1: T o d „Samarias") und das Stichwort D»X aufeinander bezogen. •«?» steht in 13,1 im Sinne von „sich verschulden", in 14,1 f ü r die Folge des Sich-Verschuldens, also in der Bedeutung „die Schuld büßen" (vgl. JEREMIAS, Prophet, 160). Die Gottesrede 13,4-15a (zur inneren Schichtung vgl. auch S. 173 f.) ist so kunstvoll in ein dramatisches Gefälle gestellt D e r vordere Rahmenteil 13,1 setzt schon den ,Tod Ephraims', also das J a h r 720, voraus (dazu s.u. S. 167). D a ß 14,1 älteres Spruchgut enthält, ist angesichts des Wortspiels mit Dirit (13,1) und der damit verbundenen literarischen Funktion des Verses sowie der allgemein gehaltenen Unheilsbegründung πτπα "D jnn® otfxn rrn^xa eher unwahrscheinlich. 211
Dazu ausführlich S. 114 f. Hosea, 179. JEREMIAS, Prophet, 130, schließt sich dieser Deutung an und denkt bei der „Bewohnerschaft Samarias" (10,5) an „die Einwohner der Hauptstadt als wesentliche Träger des Staatskultes in Bet-ΕΓ; ähnlich MAYS, Hosea, 141: „leading circles of the nation w h o live in the capital city of Samaria". 212
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Alles in allem erscheint uns die ältere Deutung von pm® in 10,5 auf das Nordreich wesentlich ungezwungener, zumal die Rahmenthese eines Stadtstaates Samaria, die einst den Impuls zu der gegenteiligen Annahme gab, ihrerseits wenig überzeugt.
Exkurs 3: Samaria - ein
Stadtstaat?
Alts These eines Samarischen Stadtstaates beruht auf folgenden Annahmen: a) Der Dualismus der beiden Residenzen Jesreel und Samaria erkläre sich am besten vor dem Hintergrund zweier verschiedener „Reiche", b) Der in I Reg 16,24 erwähnte Kauf des „Berges Samaria" durch Omri sei unter „der Voraussetzung des kanaanäischen Bodenrechts" vorzustellen, das im Gegensatz zum israelitischen Bodenrecht (Lev 25,23) erlaube, Grundbesitz - zumal dieser Größenordnung- zu veräußern. I Reg 21 demonstriere die Wirksamkeit israelitischen Bodenrechtes in einem durch israelitische Gesittung geprägten Territorium (Jesreel!).213 c) II Reg 10,1-11 könne als Beleg dafür in Anspruch genommen werden, daß die Stadt von Omri, spätestens aber von Ahab mit einem eigenen Rechtsstatus versehen worden wäre. Der diplomatische Briefwechsel zwischen Jehu und der samarischen Oberschicht lasse erkennen, daß Jehu nach dem Sturz des Königs von Israel Samaria noch als ein durchaus selbständiges Staatswesen anerkannt habe (vgl. S. 285-291). d) Das laut I Reg 16,32 unter Ahab errichtete Baalheiligtum gebe dem Kanaanäertum im Nordreich sein religiöses Zentrum. Der dort verehrte tyrische Hauptgott Melkart (S. 274) werde zum „Baal von Samaria" (S. 290), Samaria aber Ort der sakralen Investitur des kanaanäisch-samarischen Königs (II Reg 10; vgl. S. 289 f.). Mit der neuartigen Innenpolitik der Omriden sei somit letztlich „das alte Problem Israel - Kanaan jetzt politisch auf die Formel Israel - Samaria und religiös auf die Formel Jahwe - Baal gebracht" (S. 276). Allein die Voraussetzung, aus der heraus Alt seine These entwickelt, stimmt mißtrauisch.214 Sollte man für die Zeit nach der salomonischen Gliederung des nachmaligen Nordreichterritoriums (I Reg 4,7-19) mit einer derartigen Polarität von Kanaanäertum und Israeliten rechnen dürfen, die es erforderlich gemacht hätte, beiden Gruppen je in einem eigenen itartdichen Gebilde Recht zu verschaffen? Die Gründe, die Alt für diese Mutmaßung nennt, überzeugen kaum. Zunächst postuliert er aus der Manassiten-Genealogie Num 26,30-34 eine
214
Vgl. Stadtstaat, 264 f.: Zitatnachweise im folgenden im Haupttext. Zur Auseinandersetzung vgl. vor allem M . KöCKERT, Samaria, 744-746.
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„kanaanäisch-israelitische Symbiose, . . . wie man sie in der Zeit vor der israelitischen Staatenbildung bei kaum einem anderen Stamm beobachten kann" (S. 262). Für den Talkessel von Samaria im speziellen behauptet er aufgrund der günstigen landwirtschaftlichen Ausgangsbedingungen in diesem Gebiet das Vorhandensein einer vorisraelitischen Bevölkerung (S. 263). Abgestützt wird diese Vermutung durch die weitere Annahme, daß mit der „Möglichkeit seiner (sc. des Talkessels) politischen Unterordnung unter Sichern oder einen anderen Stadtstaat der näheren oder ferneren Umgebung" zu rechnen sei (S. 263). Die Beziehung zu Sichern legt sich für Alt aus zweierlei Gründen nahe. Zum einen gab es vom samarischen Talkessel zum Tal von Sichern einen natürlichen Zusammenhang, von dem zu erwarten wäre, daß er auch siedlungsgeschichtlich nicht unberücksichtigt geblieben sei (S. 263). Zum andern glaubt Alt, in einigen atl. Texten Spuren freilegen zu können, die auf eine israelitisch-kanaanäische Symbiose in dieser Region hindeuteten (vgl. Gen 34; Jdc 9). Aber selbst wenn man die Argumentation bis zu diesem Punkte gelten ließe, will sich der zeitliche Graben zwischen der vorstaatlichen Zeit und der Zeit Omris nicht ohne weiteres schließen. Zwar legt der archäologische Befund die Annahme einer Besiedlung sowohl des Stadthügels selbst215 als auch des Talkessels von Samaria216 in vor-omridischer Zeit nahe. Zu maßgeblichen Siedlungen, welche die These einer bedeutenden kanaanäischen Enklave in der Eisen-I-Zeit rechtfertigen könnten, ist es aber, sieht man einmal von einem Beispiel am Südwestrand des Kessels ab,217 auch hier nicht gekommen.218 Daß der Kauf des Hügels p m » durch Omri (I Reg 16,24) nur vor dem Hintergrund eines „kanaanäischen Bodenrechtes" (Lev 25,23) verständlich sei, muß ebenfalls bezweifelt werden. Die redaktionsgeschichtlichen Verhältnisse in I Reg 16,24 erweisen sich insgesamt als kompliziert.219 Der 215 Darauf deuten ein Grab, Ölpressen und Zisternen sowie Keramikfunde (vgl. R. E. TAPPY, Archaeology) aus vor-omridischer Zeit. WEIPPERT, Palästina, 514, rechnet damit, „daß auf dem Hügel von Samaria im 10.Jh. v.Chr. ein Dorf oder zumindest ein paar Gehöfte standen, die völlig abgeräumt wurden, als man Omris neue Hauptstadt zu bauen begann." Vermutlich diente Samaria als Patrimonium der Familie Semer (vgl. L. E. STAGER, Estate). ALT (vgl. Stadtstaat, 263) orientiert sich noch an den Ergebnissen der Joint Expedition, die eine Nutzung des Hügels lediglich für die Frühbronzezeit nahelegen (vgl. SS I, 91 ff.). 216
217
V g l . BACH, S i e d l u n g s g e s c h i c h t e .
Vgl. BACH, a.a.O., 49-51. Die betreffende Siedlung erlosch mit der Gründung der Stadt Samaria. 218 Eine rein kanaanäische Prägung Samarias wird ebenfalls durch die Personennamen der Empfänger von Lieferungen in den Samaria-Ostraka in Frage gestellt Der Verwalter des Krongutes Ahabs, Obadja (I Reg 18,3 ff.), war ebenfalls kein Kanaanäer: vgl. KÖCKERT, Samaria. 219 I Reg 16,24 insgesamt für redaktionell zu erklären (vgl. WüRTHWEIN, Könige I, 198),
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Vers besteht aus einer Kaufnotiz (V24a), einer Notiz über die Bebauung des Berges (V24ba) und einer Ätiologie (V24bß). V24bß zufolge sei der Berg nach dem Namen des Besitzers benannt worden. Doch bereitet diese Annahme Schwierigkeiten, da der Berg nach Auskunft von V24a schon vor dem Kauf jnn» mn geheißen haben muß.220 Die beste Lösung besteht darin, V24bß als Zusatz zu betrachten. Der Name „Samaria" für die Stadt leitet sich dann vom Namen des Berges her. Aus dem Namen allein läßt sich natürlich nichts über die ethnische Identität Semers sagen. Im Gegensatz zu den sonst im A T bezeugten Grundstückstransaktionen vermißt man in I Reg 16,24 eine Angabe über die ethnische Herkunft des Verkäufers.221 Die Behauptung, Semer sei Kanaanäer gewesen, beruht somit auf reiner Spekulation. Nicht viel anders verhält es sich mit der Annahme, hinter der Erzählung von Nabots Weinberg (I Reg 21) stehe ein Grundkonflikt zwischen einer kanaanäischen und einer „genuin israelitischen" Bodenrechtstradition. Wie immer es sich mit der Existenz eines spezifisch israelitischen Bodenrechts verhalten mag222 - das Problem von I Reg 21 reflektiert sicher nicht divergierende Rechtsauffassungen über die Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit der Veräußerung von Erbbesitz. Ja, die Geschichte verlöre geradezu an Verständlichkeit, wollte man wie Alt (u. a.) die Kenntnis eines Rechtsgrundsatzes, der die Veräußerung väterlichen Erbbesitzes verböte, bei Ahab voraussetzen.223 Das Problem der Erzählung liegt eher in der Frage,
ist problematisch. Zu Recht verweist S. TIMM, Dynastie, 42 f., Anm. 18, auf die ,Unerfindbarkeit' des hinter V24a stehenden Kaufvertrages. 220 Nicht völlig auszuschließen ist, daß sich die Bezeichnung pm» inn in V24a schon der Existenz der Stadt verdankt. Doch wäre auch in diesem Falle zu bedenken, daß V24bß in einer Reihe mit den literarkritisch ebenfalls problematischen Namensätiologien I Reg 9,13 und II Reg 14,7 stünde (so mit Recht TIMM, Dynastie, 42 f.). 221 Vgl. Gen 23,10; 33,19; II Sam 24,18 ff. In diese Kategorie von Landveräußerungen gehören jedoch nicht Jer 32,6 ff. und Ruth 4, da hier Transaktionen genannt werden, die den familienrechtlichen Bereich betreffen. 222 Außer Lev 25,23 ist kein eindeutiger Beleg für einen Rechtsgrundsatz beizubringen, der die Veräußerung von Erbbesitz verbietet. Lev 25,23 gehört literarisch in die nachexilische Zeit. Alte Tradition läßt sich für diese Stelle zwar nicht sicher ausschließen. Nicht minder wahrscheinlich ist aber, daß hier jüngere Tradition oder eine auf das Halljahr hin konstruierte Bestimmung vorliegt (vgl. V l l ) . Num 27,1-11 (vgl. Num 36,1-12) thematisiert das Erbrecht weiblicher Nachkommen aufgrund des Fehlens männlicher Erben, nicht die Verkäuflichkeit des Erbbesitzes als solche. Belege für die Veräußerung von Familiengut finden sich in Lev 27,22 (ms); Prv 17,2 (n!>nj); 27,23-27 (me); 31,16 (mp); vgl. R BOHLEN, Fall, 340 f. Grundsätzlich war auch im Alten Orient der Immobilienhandel durch Familien- und Erbrecht begrenzt (vgl. J. A. DEARMAN, Rights, 70-77). Aus dem Schutz des familiären Erbbesitzes kann also kein besonderes israelitisches Bodenrecht abgeleitet werden. 223 Vgl. H. SEEBASS, Fall, 475 ff. Die Abweisung des Anliegens Ahabs durch Nabot unter Verweis auf die -mx πί>π: (V3.4) kann durchaus in einer ethischen Norm wurzeln, die den Verkauf väterlichen Erbbesitzes nicht duldet. Denkbar wäre auch, daß -nax als Hinweis auf
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wie weit der König seine Machtbefugnisse gegenüber einem freien Bürger geltend zu machen berechtigt ist (vgl. V7!). 224 Hinsichtlich einer historischen Bewertung von II Reg 10,1-11 ist größte Vorsicht geboten. Die dtr. Darstellung von der „Eroberung" Samarias durch Jehu (I Reg 10) weist sich zuerst als ein Kleinod atl. Erzählkunst aus. Gerade das macht es jedoch schwierig, die res fictae von den res factae zu scheiden. 225 Was den Bericht über die schriftlichen Verhandlungen Jehus mit den Notablen Samarias (II Reg 10,1-11) angeht, so muß der diplomatische Verkehr keineswegs als implizite Anerkennung eines besonderen staatsrechtlichen Status' seitens Jehu betrachtet werden. Natürlich interessiert sich Jehu zuerst für denjenigen Personenkreis, aus dem der legitime Thronfolger hervorgehen sollte - immerhin regierte Joram schon als viertes Glied der omridischen Dynastie. 226 Das gänzliche Schweigen der Tradition von einem Jahweheiligtum in Samaria227 erklärt sich schließlich daraus, daß sich die Reichsheiligtümer seit dem Vorgang Jerobeams I. in Bethel und Dan befanden. Damit erweisen sich sowohl die Voraussetzungen als auch alle tragenden Argumente der Altschen Stadtstaatenhypothese als hinfällig. Der U m stand, der Alt zu seinen phantasievollen Überlegungen veranlaßte, nämlich die zwei von den Omriden unterhaltenen Residenzen Samaria und Jesreel, erklärt sich immer noch am besten, wenn man mit der Existenz einer Sommer- und einer Winterresidenz rechnet. 228 -
die Begräbnisstätte der Familie zu verstehen ist (vgl. Jos 24,30.32 f.; I Reg 2,34; Jdc 2,9; I Sam 25,1). In diesem Falle ließe sich die Verweigerung Nabots gleichermaßen ohne die Annahme eines solchen Grundsatzes verstehen. 224 In jüngerer Zeit hat das Verständnis von I Reg 21 vor dem Hintergrund der Bodenrechtsproblematik wiederholt Ablehnimg erfahren: vgl. ζ. B. WÜRTHWEIN, Naboth-Novelle, 380; TIMM, Dynastie, 124 f. 225 Zur literarischen Schichtung vgl. die Analysen von Y. MINOKAMI, Revolution, bes. 124-166 (Grundschicht), und M. MULZER, Jehu, bes. 281-286. 298 f. (Grundschicht). 226 Die Notiz, derzufolge die Stadtaristokraten sich nach V3 den „Besten und Geeignetsten" unter den Prinzen „ausersehen" sollen, um gegen Jehu aufzustehen, und nicht den nach der Reihe der Dynastiefolge nächsten Thronprätendenten, ist natürlich als erzählerisches Stilmittel zur Unterstreichung der unbesiegbaren Macht Jehus zu betrachten. 227 Zur Frage eines Jahwe-Heiligtums in Samaria: s.u. S. 142ff. 228 Im Rahmen seiner Kritik an ALT hat TIMM, Dynastie, 151, auf ein interessantes assyrisches Zeugnis aufmerksam gemacht Es handelt sich um eine 1967 auf dem Teil er-Rimäh gefundene Inschrift Adadniraris III. (Text bei S. PAGE, Stela). In ihr werden die während der nach Westen ausgreifenden Expeditionen des Assyrerkönigs tributpflichtig gewordenen Vasallen aufgezählt, unter ihnen in Z. 8 auch lJa-'a-su KURSa-me-ri-na-a-a (= J o a s von Samaria"). KURSa-me-ri-na-a-a steht parallel zu den Herkunftsbezeichnungen der anderen Tributäre (KURAnse-s'u [Aram?], KVRSur-a-a [Tyrus] und KURSi-du-na-a-a [Sidon]). TIMM hat diesen Beleg als Argument gegen ALTS Hypothese eines Stadtstaates Samaria vorgebracht Doch ist der Text bei genauerem Hinsehen für unsere Problematik leider nicht allzu aussagekräftig. Zwar erscheint vor Sa-me-ri-na-a-a das Determinativ für Land/Staat KUR,
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Satz 1 will zunächst nicht mehr sagen, als daß sich die Nordreichbewohner am Heiligtum von Bethel aufhalten. Auf dem Horizont von V6a gewinnt diese Aussage sofort ein konkretes Profil. V6a steht bereits im Eindruck des baldigen Erscheinens der Assyrer. Das ,Weilen' der „Bewohnerschaft Samariens" ist nicht anders zu verstehen denn als Schutzsuche der Nordreichbewohner bei dem Stierbild resp. bei dem dadurch repräsentierten Gott. Dieser Aussageabsicht wird sich auch die Wahl der Wurzel TU verdanken, die in Kontexten begegnen kann, in denen das Moment der Schutzbedürftigkeit eine Rolle spielt.229 Der ursprünglich an Satz 1 anschließende Satz 3 kommt auf die Tätigkeit der Priester am Betheler Heiligtum zu sprechen. Der Terminus D'-ins ist wahrscheinlich polemisch konnotiert.230 Die Suffixe 3. sg. masc. beziehen sich auf |nn» pw (Satz 1). )>y führt den Gegenstand des Jubeins' (Vi) ein (vgl. Zeph 3,17). ,Bejubelt' wird die „Pracht" der „Bewohnerschaft Samariens".231 Zur Interpretation von naa erweist sich vor allem I Sam 4,21 f. als hilfreich.232 Dort wird der Name des Eliden Ikabod aus dem Verlust der Lade an die Philister mit den Worten erklärt: |πκ πρί>π bx !>inrn naa ni»i •-nbxn (V21) bzw. D'n^xn jnx nph Wnsra naa (V22). Utzschneider, der diese Stelle ebenfalls zur Deutung von naa in Hos 10,5 heranzieht, will allerdings einen Zusammenhang zwischen dem naa (V21) und dem •-man a«r von V4 herstellen und jenen als Ausdruck der Präsenz des Kerubenthroners auffassen, naa bezeichne demnach in I Sam 4,21 f. die „machtvolle Gegenwart Gottes".233 Analog sei das Wort auch in Hos 10,5 zu verstehen. Allerdings bedürfen I Sam 4,21 f. gar nicht der Interpretation durch I Sam 4,4. Im unmittelbaren Kontext erfährt naa seine Auslegung bereits durch O'nbxn jnx. Die „Pracht Israels" ist das Präsenzsymbol seines Gottes. Entsprechend verhalten sich die Dinge in Hos 10,5. Der von den
doch kann dies, worauf auch TIMM hinweist, promiscue für das eher zu erwartende URU stehen (vgl. S. PARPOLA, Toponyms, XVI und 302 f. [Belege!]). Letztlich ist nicht deutlich, KlJR ob Sa-me-ri-na-a-a regional zu verstehen ist oder die Residenzstadt des israelitischen Königs bezeichnen soll. 229
Vgl. R . MARTIN-ACHARD, TU.
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In Zeph 1,4 und II Reg 23,5 zur Bezeichnung der Baalspriester. Hos 10,5 ist allerdings älter: Ob die negative Konnotation in einen Zusammenhang mit dem Götzendienst zu bringen ist, entscheidet sich nicht am Begriff selbst, sondern am Kontext seiner Verwendung. 231 Damit erübrigt sich sowohl eine Deutung von TUD auf den Tempelschatz des Betheler Heiligtums (vgl. HITZIG, Propheten, 48; NOWACK, Propheten, 61; ROBINSON, Hosea, 40, u.a.) als auch auf den Goldüberzug des Stierbildes (vgl. SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 104; WOLFF, Hosea, 228; RUDOLPH, Hosea, 197; JEREMIAS, Prophet, 130; MAYS, Hosea, 141; FREVEL A s c h e r a , 3 2 4 , u . a.). 232 233
Vgl. WELLHAUSEN, Propheten, 125; UTZSCHNEIDER, Hosea, 117. Ebd.; vgl. neuerdings wieder ELDEVALL, Grapes, 157.
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Priestern ,umjubelte' TO3 ist das Präsenzsymbol Jahwes - genauer: das Stierbild von Bethel.234 Die entscheidende Frage für das Verständnis von Satz 3 ist, welche Tätigkeit mit ib-r beschrieben wird. Das Verb !>-J bezeichnet im atl. Sprachgebrauch ausnahmslos eine Äußerung der Freude.235 Häufig vollzieht sich diese - wie auch in Hos 10,5 (vgl. Hos 9,1) - im Zusammenhang des Kultes.236 In Hos 10,5 bereitet ein Verb solcher Bedeutung zunächst wegen i>nx in Satz 2 Schwierigkeiten. Man hat aus diesem Grunde versucht, durch Emendation von i^-r in eine Form von bb-237 bzw. in i^-rr238 Abhilfe zu schaffen. Anderseits wollte man dem Problem durch inhaltliche Angleichung von an ^ix begegnen. So gibt HALAT aufgrund des wurzelverwandten arab. gala (bzw. gwt) „sich umdrehen, umkreisen"239 als Grundbedeutung von i>~J ein „von ekstatischem Rufen begleitetes Kreisen von Kultteilnehmern" an und hält die affektive Ebene dieses Vorganges grundsätzlich unbestimmt. In Hos 10,5 könne das Verb deshalb mit „kreischen, heulen" übersetzt werden. In der kommentierenden Literatur fand diese Auffassung durchaus Nachfolger. 240 Die notwendige Belegbasis fehlt freilich.241 Entsprechend spielt diese Lösung in den neueren Abhandlungen zum Verb keine Rolle mehr.242 Ehrlich hat an unserer Stelle ironisch verstehen wollen.243 Aber mehr als eine Verlegenheitslösung dürfte auch dieser Vorschlag nicht bieten. Einen anderen Weg ging die religionsgeschichtliche Schule. Sie beließ in der Bedeutung „sich freuen, jubeln" und interpretierte den Gegensatz von und bnx kultdramatisch vor dem Hintergrund des Baalmythos.244 Dabei stehe bax für die kultische Klage über Baals Tod, bezeichne den Jubelritus bei dessen Auferstehung.
234 Eine Deutung des TUD auf den Jungstier von V5a ist bereits im vergangenen Jahrhundert erwogen worden: vgl. EWALD, Propheten, 231; F.W. C. UMBREIT, Commentar, 70. Aus neuerer Zeit vgl. EMMERSON, Hosea, 127, die das Suffix auf ny bezieht. 235 Eine Ausnahme bildet Ps 2,11, w o der Text des M T allerdings zu emendieren ist. 236 Nach WESTERMANN, b-i, 415, handelt es sich bei i>"3 überhaupt um einen kultischen Terminus. 237 WELLHAUSEN, Propheten, 125; H . GUTHE, Prophet, 16; VAN HOONACKER, Prophetes, 98 (i!>-!>" oder i!>-n-); LIPPL/THEIS, Propheten, 66; MAUCHLINE/PHILLIPS, Hosea, 672. 238 NÖTSCHER, Zwölfprophetenbuch, 29; VAN HOONACKER, Prophetes, 98 oder i!>-rr); ROBINSON, Hosea, 38, u.a. 239 A. a. Ο., 182, mit Verweis auf HUMBERT, Laetari, 213; ähnlich auch MAYS, Hosea, 141. 240 Vgl. RUDOLPH, Hosea, 196; WILLI-PLEIN, Vorformen, 185; MAYS, Hosea, 141; ANDERSEN/FREEDMAN, Hosea, 556. 241 Hos 9,1, die einzige Stelle innerhalb des Hoseabuches, an der außer in 10,5 noch belegt ist, gebraucht im Parallelstichos das Verb nn®. 242 Vgl. WESTERMANN, 415; C. BARTH, !>-J II, 1013. 243 Randglossen, 196; vgl. S. M . LEHRMANN, Hosea, 38; WILLI-PLEIN, Vorformen, 185; WACKER, Figurationen, 271 f. 244 Vgl. HVIDBERG, Weeping, 100; PEDERSEN, Israel III/TV, 713; WIDENGREN, Königtum, 63; VAN LEELTWEN, Hosea, 208.
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
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Gegen diese Deutung ist zunächst mit Rudolph 245 auf das Perfekt i>nx aufmerksam zu machen, das nicht an eine stets wiederholbare Klage über den Tod eines Gottes denken läßt.246 Die Textstruktur sperrt sich ebenfalls gegen diese Interpretation. Man müßte Satz 2 (ί>3κ) und Satz 3 (ib-r) der gleichen Strukturebene zuordnen. Folglich würde die Tempusdifferenz zwischen den Verbformen eingezogen.247 Folgt man der Interpretation Jeremias', so spielt der Prophet nicht auf eine direkte Verehrung Baals, sondern auf eine schleichende Aufnahme kanaanäischer Riten in den Jahwekult an.248 Dabei wende er die Beschreibung des Kultes - besonders durch das Wortspiel ^-j/nbj - in bittere Ironie: „Die Trauer des Volkes gilt schon dem Ende des Kalbes, während dessen Pfaffen noch immer jubeln, aber sie ,jubeln' (git) unwissend darüber, daß die , Pracht' des Stierbildes . . . in die Gefangenschaft wandert (gäla) .. ."249 Diese Interpretation vermag zwar den unterschiedlichen Tempusgebrauch zwischen ii>-r in Satz 3 und nh in Satz 4 zu erklären. Die Differenz zwischen dem Perfekt ί>ηκ (Satz 2) und ii»":r (Satz 3) bleibt aber unberücksichtigt. Zudem bekommt der zweite "D-Satz (Satz 4) einen grundsätzlich anderen Charakter als der erste "D-Satz (Satz 2). Dieser wäre noch Schilderung eines real ablaufenden Geschehens: Das Volk trauert um das Kalbszeug. Jener aber unterstellte einen vom Propheten erst aufgedeckten Zusammenhang, wäre also nicht „Bericht" über ein tatsächliches Geschehen, sondern prophetische Deutung des Tuns der „Pfaffen" resp. prophetischer Kommentar. Die strukturelle Verwandtschaft der beiden "D-Sätze spricht m. E. gegen einen Unterschied der Sprechebenen. Eine weitere Deutungsmöglichkeit ergibt sich, wenn man sich wieder stärker auf den spezifisch atl. Sinn von besinnt. Die Mehrzahl der atl. Belege verwendet dieses Wort im Kontext des Gotteslobes.250 In diesem Sinne wird 5>"j auch in Hos 10,5 zu verstehen sein. Folgt man Westermann, so bezeichnet das Verb „die freudige jubelnde Reaktion auf ein Ereignis, in der Mehrzahl der Stellen auf eine rettende oder befreiende Tat Gottes".251 Dabei kann S>"3 durchaus das erst noch ausstehende rettende Ein245
Hosea, 197. RUDOLPH versucht dieses Argument freilich durch die Konjektur 'wl „weinen, klagen" (eine vom arab. abgeleitete Wurzel !>iy: vgl. M. TSEVAT, Notes, 111) statt r!>y (vgl. Hosea, 196) zu untermauern. 247 In KTU 1.6 III 14 ist vom Jubel Eis über das Wiederaufleben Baals die Rede. Auffälligerweise steht an dieser Stelle nicht das Verb gU, sondern stnh in Gebrauch. 248 Prophet, 130. 249 Ebd.; ähnlich WOLFF, Hosea, 228. 246
250
251
WESTERMANN,
416.
WESTERMANN, a.A.O., 417. Die Not, aus der Gott heraus rettet und die dann durch beantwortet wird, kann individueller (Ps 9,12-15; 21,2; 35,9) wie kollektiver Natur (Ps 14,17 = 53,7 u. ö.) sein. In Hos 10,5 jubeln die Priester n i u ( = jw jra nihy !>y) wie der Psalmbeter in Ps 9,15; 21,2; 35,9 l/ynyw-a.
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
greifen Gottes schon preisend vorwegnehmen (vgl. Jes 49,13252 und Jes 66,10-14). Ein entsprechendes Verständnis des Verbs fügt sich ohne Schwierigkeiten in den Kontext von Hos 10,5-6a*. V6a setzt voraus, daß V5-6a* eine Situation reflektiert, in der sich das durch die Assyrer heraufgeführte Ende schon abzeichnete. Angesichts dieser Situation begibt sich das Volk an das Staatsheiligtum von Bethel (Satz 1). Die Priester feiern - die kommenden Ereignisse bereits vorwegnehmend - das rettende Eingreifen Jahwes. V5* hätte dann kultische Feiern am Staatsheiligtum von Bethel angesichts dieser Gefahr im Blick. Wir haben abschließend zu fragen, welche Intention sich mit der Kultpolemik von 10,5-6a* verbindet. Folgt man den gängigen Deutungen, so hat der Prophet einen von ihm als „kanaanaisiert" empfundenen Kult angreifen wollen. mi»3y diente der Repräsentation entweder eines Fremdgottes/einer -göttin oder eines „baalisierten" Jahwe. Der Text gibt ein solches Aussagegefälle jedoch an keiner Stelle zu erkennen. Methodisch läßt sich die eigentliche Intention am besten fassen, wenn man den Blick zunächst auf die polemischen Momente des Textes konzentriert. Der Spruch enthält drei ironisch gefärbte Begriffe: „BethAven", „Kalbszeug", „Pfaffen". Es sind demnach Heiligtum, Kultbild und Kultpersonal - und zwar alle drei Größen zusammen - , die dem Verdikt des Propheten verfallen.253 Heiligtum, Kultbild und Kultpersonal beschreiben die conditio sine qua non jeder kultischen Kommunikation. Dem Kultbild als unmittelbarem Repräsentanten der Gottheit kommt dabei eine herausgehobene Rolle zu. Dementsprechend genügt es, wenn die Strafandrohung nur noch das Kultbild thematisiert. Ohne Kultbild keine Gottespräsenz! Die im Schuldaufweis genannten Handlungen weisen in eine ähnliche Richtung. Es ist einzig vom ,Weilen' am Heiligtum und vom Jubel' angesichts des Stierbildes die Rede. Damit aber ist in wenigen Worten der Kult als ein Gesamtzusammenhang angesprochen und durch seine Thematisierung innerhalb des Scheltwortes als Schuld stigmatisiert. 252
Das Perfekt απ: ist, wie die Parallele α π τ zeigt, futurisch zu übersetzen. WACKER, Figurationen, 271-274, erwägt, ob V5 nicht erst nachträglich polemisch .umgebogen' worden sei. Sie läßt offen, ob das Wort m s bei Hosea schon pejorativ besetzt ist (a. a. O., 271, Textanm. 2). px zra habe möglicherweise ein älteres !>* rra, m^jy ein ursprüngliches verdrängt (a.a.O., 273). Erst durch nachträgliche „,Effeminierung' des Abzulehnenden" habe der Text seine polemische Note erhalten. Bei dieser Annahme kann es sich wirklich nur um eine Vermutung handeln. Ob ina an unserer Stelle negativ besetzt ist, läßt sich natürlich nicht mit letzter Gewißheit sagen. Das Wort ist innerhalb des gesamten Alten Testaments nur dreimal bezeugt (vgl. Anm. 494). Hos 10,5 bietet den ältesten Beleg. Wie man allerdings methodisch ausweisbar noch zu einem ursprünglichen !>κ n-a vordringen will, bleibt unklar. Auch die Rekonstruktion eines mi-ay zugrunde liegenden wird schwierig, wenn man wie WACKER die Erklärung der Form durch aberratio oculi (s. o. S. 103, Textanm. 5a]) zurückweist (vgl. a.a.O., 273, Anm. 38). 253
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
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Worum geht es konkret? Nach den oben angestellten Überlegungen hat der Text gottesdienstliche Handlungen angesichts der drohenden Assyrergefahr - zu denken ist an die Zeit kurz vor 720 (möglicherweise auch an 732 v. Chr.) - am Heiligtum von Bethel im Blick. Der Betheler Jungstier gilt nach der in I Reg 12,28 zitierten Kultformel als der Repräsentant des Gottes, der Israel von „Ägypten heraufgeführt hat". Heraufführung von Ägypten heißt: Zuspruch des Landes, Sicherung des Königtums und damit (Fort-)Bestand der politischen Größe Israel.254 Indem die Priester den Jungstier ,umjubeln', beanspruchen sie, das heilsgeschichtliche Urdatum Israels - die Heraufführung aus Ägypten - nicht nur zu vergegenwärtigen, sondern es vor allem zu reproduzieren. Die über das Stierbild als Präsenzsymbol vermittelte kultische Begegnung mit dem Exodusgott soll Israel letztlich in gleicher Weise unangreifbar machen, wie es sein südlicher Nachbar dank des Kerubenthroners auf dem Zion war. Indem der Prophet den Kult als einen Gesamtzusammenhang in den Schuldaufweis verankert, gibt er zu erkennen, daß er nicht einen falschen (ζ. B. „baalisierten") Kult vor Augen hat, sondern den Kult überhaupt, genauer: die für den antiken Menschen selbstverständliche Logik der „Fortsetzung früherer Regelmäßigkeiten"255, wie sie in den Erzählungen von den urzeitlichen, daseinsgründenden Taten der Gottheiten in der gesamten alten Welt manifest ist und in die sich auch die kultische Beanspruchung der Exodustradition mühelos einordnen läßt. Was der Prophet diesem Denken entgegenzusetzen hat, ist seit langem bekannt und erhellt wesentlich aus der Gattung der in Schuldaufweis und Strafandrohung gegliederten Unheilsprophezeiung: Jahwe bindet das Geschick „der Bewohnerschaft Samariens" nicht an seine, die Existenz Israels eröffnende Exodustat, sondern an die Taten des Volkes. So heißt es in den jüngeren Partien des Hoseabuches: 5,4
Ihre Taten erlauben (ihnen) nicht, zu ihrem Gott zurückzukehren; denn ein Geist der Unzucht wirkt in ihnen, Jahwe aber kennen sie nicht. 256
7,2
Aber sie machen sich nicht klar, daß ich all ihrer Bosheit gedenke. Jetzt umzingeln sie ihre Taten, vor mein Angesicht sind sie gekommen. 257
254 255
256 257
S. o. S. 35 ff. E. BRUNNER-TRAUT, Frühformen, 107.
Übersetzung von JEREMIAS, Prophet, 73 (Hervorhebung v. Vf.). Übersetzung von JEREMIAS, a. a. O., 90 (Hervorhebung v. Vf.).
126
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
In der prophetischen Kultkritik, wie sie Hos 10,5-6a* vorführt, stehen sich zwei Formen der Antizipation des Zukünftigen diametral gegenüber: eine kultisch-mythische und eine ethisch orientierte.258 Die ganze Härte kommt erst dort voll zum Tragen, wo sich das Volk (gemäß der kultischen Konzeption des Gottesverhältnisses) anschickt, Jahwe im Namen seiner Exodustat gegen seinen eigenen, durch den Mund des Propheten verkündeten Vernichtungsbeschluß aufzurufen. Dem Volk muß der Prophet als „Tor" und „verrückt" (Hos 9 , 7)259 erscheinen. Die kultische Beanspruchung Jahwes bekommt umgekehrt aus der Perspektive des Propheten den Charakter der Schuld Konsequenterweise verfällt das Betheler Heiligtum dem Gericht (Beth-yl^en). Das Jungstierbild, weit davon entfernt, Jahwes machtvolle Präsenz zu symbolisieren, wandert als „Kalbszeug" in die Verbannung, und Israel geht darüber zugrunde. 260 Die 'D-Sätze V5ba'.ß 2 Die Deutung der beiden nachträglich in den Spruch V5-6a* eingetragenen "D-Sätze 5ba\ß 2 hat das Problem der intendierten grammatischen Bezüge zu klären. Steht im ersten "D-Satz das Subjekt mit my fest, so läßt der Bearbeiter das Subjekt für den zweiten "D-Satz unbestimmt. Grammatisch am präzisesten wäre ein Bezug der Verbform auf niD im vorhergehenden Satz.261 Doch ist dies nicht die einzig mögliche Lösung. Das Verb im ersten "D-Satz ist singularisch konstruiert. Stammen nun beide "D-Sätze von derselben Hand, so ist nicht auszuschließen, daß auch im zweiten "D-Satz das Volk als Subjekt gedacht ist (constructio ad sensum). Der zweite "D-Satz würde sich dann nicht auf eine Verbannung des Kultbildes, sondern auf die des Volkes beziehen. Für die letztgenannte Variante spricht auch, daß ni»j den üblichen Ausdruck für die Exilierung des Volkes darstellt, während das Kultgerät „weggenommen" (II Reg 25,13: «®3; II Reg 25,15: π o d e r „weggetragen" (Hos 10,6: !»a") wird. Innerhalb des Berichtes vom Untergang des Nordreiches II Reg 17 findet sich eigenartigerweise keine Nachricht über die Wegführung des Stierbildes. Einen solchen Vorgang zu verschweigen, hätte gewiß nicht im Interesse der Deuteronomisten gelegen.262 258
So die fundamentale und nach wie vor richtige Erkenntnis der durch die liberale Theologie geprägten Exegeten um die Jahrhundertwende: vgl. bes. DUHMS grundsätzliche Erwägungen zu einer „Religion der Propheten" (Propheten, 7 f.); WELLHAUSEN, Geschichte, 1 0 4 - 1 1 5 ; HÖLSCHER, Profeten, 1 8 8 ; dazu s.u. S. 2 2 3 ff. 259 So zumindest bei synchroner Lesart des Hoseabuches. 260 Daß die Strafexpedition der Assyrer sich nicht auf die Deportation von Götterbildern beschränken würde, dürfte dem Propheten wie seinen Adressaten klar gewesen sein. 261
262
Vgl. WOLFF, Hosea, 228; RUDOLPH, Hosea, 197; JEREMIAS, Prophet, 130.
Wenn II Reg 2 3 , 4 - 1 5 . 1 9 f. nichts von einem Vorgehen Josias gegen das Stierbild wissen (vgl. HAHN, Kalb, 358), so muß dies nicht zwingend mit dessen Abtransport durch die Assyrer erklärt werden.
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
127
Für den ersten -D-Satz besteht die Schwierigkeit, den mit dem Verb bezeichneten Vorgang oder Zustand zu erfassen. Die Bedeutung des Verbs im Qal „reicht von ,vertrocknen' über ,verkommen, trostlos daliegen' o. ä. bis zu ,trauern'".263 Gewöhnlich versteht man wegen des Zusammenhanges mit im folgenden Satz das Verb als Ausdruck der Trauer innerhalb eines kultischen Vorganges. Belege wie Jes 3,26; 19,8; 24,7 u. ö. lassen eine solche Interpretation grundsätzlich zu.264 Sollte diese Deutung trotz Zuweisung von V5ba' an die Redaktion zutreffend sein? Dann läge in V5ba' ein Hinweis auf Klagegottesdienste am Betheler Heiligtum in der Zeit nach 720 v. Chr. vor. Gegenstand der Klage wäre der Verlust des Jungstierbildes (r!>y).265 Ein solcher Vorgang hat wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Außerdem diente das Perfekt bnx anders als η in in V5bß2 zur Wiedergabe einer Handlung der Gegenwart. Eher wird den geminderten Zustand des Volkes beschreiben und damit parallel zu zu verstehen sein. Möglicherweise besteht ein Bezug zur Weinstockmetaphorik von VI f.266 Interpretiert man die beiden -3-Sätze in dem eben beschriebenen Sinne, so läßt sich von den Verben i>ax und n!»j her unschwer die Situation identifizieren, aus der heraus der Bearbeiter tätig geworden ist. Das Volk ist bereits exiliert, es hat keine Lebenskraft mehr, es ist „verdorrt". Der Bearbeiter ist historisch demnach in die Zeit nach dem Untergang des Nordreiches zu verorten. In den beiden der Sache nach auf den Jungstier zu beziehenden präpositionalen Wendungen ri>y und liaa gibt er zu erkennen, worin er die Ursache dieses Geschickes sieht. Das Volk ist „seinetwegen", also wegen des Stierbildes zu Fall gekommen. Die Zeit des kultischen Jubels (V: - man beachte das Wortspiel mit ni>j!) angesichts des Stierbildes und der mit ihm sich verbindenden Heils- und Rettungsgewißheit ist vorbei. Das Volk mußte in die Verbannung „weg von ihm (sc. dem Stierbild)". Der Ausdruck una signalisiert somit die genaue Umkehrung dessen, was die kultische Exodusformel versprach. Statt Heraufführung: Verbannung - statt die im Präsenzsymbol verbürgte Gottesnähe: Bild- und Gottesferne („weg von ihm"). Damit hat sich die vom Propheten angekündigte Unwirksamkeit des Kultes nicht nur bestätigt. Sie ist von der Wirklichkeit noch übertroffen worden. Statt des Stierbildes (V6a)267 mußte das Volk selbst den Weg ins Exil antreten.
263
F. STOLZ,
264
Vgl. STOLZ, a. a. O . , 29.
265
28.
Das Subjekt für ni>3 müßte dementsprechend n a s sein. Zu ^ηκ „verdorren" vgl. Hos 4,3. 267 So jedenfalls ist dem Wortsinne nach V5-6a* zu verstehen. Der Prophet freilich dürfte mehr intendiert haben als den bloßen Abtransport des Stierbildes. 266
128
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Hinter den beiden "D-Sätzen verbirgt sich die Absicht, den vorgegebenen Prophetenspruch V5-6a* so auf die Gegenwart zu beziehen, daß diese vor dem Hintergrund desselben verstehbar wird.268 Das Anliegen einer grundlegenden Uminterpretation des vorliegenden Spruches läßt sich jedoch nicht erkennen. Blickt man von hier aus auf das Ganze der Einheit 10,1 f.3-4a.5-6a.7, so zeigt sich, daß die Deutung der mit der Katastrophe von 720 v. Chr. eingetretenen Lage im Lichte der prophetischen Verkündigung das leitende Interesse der Bearbeitung darstellt. Gleich der erste Satz (ppa |35 als „verwüsteter Weinstock") führt den Leser überschriftartig in die Situation ein, auf die hin die Einheit durch die Bearbeitung konzipiert worden ist. Auf der Ebene von 10,1 f.3-4a.5-6a.7 ist die Metapher spätestens durch den Schlußvers (V7) unmißverständlich auf die Katastrophe von 720 v. Chr. zu beziehen: Samaria ist vernichtet Der letzte Nordreichkönig Hosea ben Ela befindet sich in assyrischer Gefangenschaft. 269 In V3 läßt der Bearbeiter das Volk den Verlust des Königtums beklagen. 270 Insgesamt hat die Einheit 10,1 f.3-4a.5-6a.7 die Funktion, den Leser über die (religiösen) Ursachen des Unterganges Israels aufzuklären. Die Misere erscheint insgesamt als Konsequenz der in Kult (Lokalkult: VI £[?]; Staatskult: V5-6a) und Königtum (V3-4a) 271 praktizierten Gottesferne (vgl. V3ba) Israels. So entsteht eine Art Kompendium der Verschuldungen Israels, die zu dessen Untergang führten, wie es in späteren geschichtstheologischen Reflexionstexten wie I Reg 17,1-23 in seinen hauptsächlichen Momenten noch erhalten ist. Die Bearbeitung
V8
V8 ist oben einer dtr./post-dtr. inspirierten Bearbeitung zugewiesen worden. Der Vers sagt den „Höhen des Frevels" die Vernichtung an. Die 268
Die "D-Sätze haben nicht von ungefähr ihren jetzigen Platz gefunden. Kompositorisch sind sie durchaus geschickt in die Vorlage eingearbeitet worden. Zwar durchbrechen sie den Chiasmus der beiden imperfektisch formulierten Sätze in V5. Doch entsteht nun den verwendeten Tempora nach eine Doppelperiode Imperfekt/Perfekt und dem Inhalt nach ein Wechsel einander kontrastierender Vorgänge: „vertrocknen" (ί·ηκ) - „jubeln" (!>":•) - „in die Verbannung gehen" (n!>j). Die letztgenannten Verben bilden darüber hinaus ein Wortspiel. 269 Zum Bild des Wassers für die assyrische Heeresmacht vgl. Jes 8,6-8 und SAA III, 13 (zitiert bei NLSSINEN, Prophetie, 281). Man hat immer wieder hinter dem "|i>n von V7 eine götdiche Größe sehen wollen. Der König sei der im Stierbild von V5 f. verehrte Gott (RUDOLPH, Hosea, 197 f.; vgl. ANDERSEN/FREEDMAN, Hosea, 558; MAYS, Hosea, 142). Gegen diese Annahme spricht aber schon die auf eine geschichtliche Größe bezogene Metaphorik von V7b. Entstehungsgeschichdich kann man gegen diese Deutung geltend machen, daß V7 nicht von V5 f., sondern von V3 her verstanden werden will, wo ebenfalls von einem irdischen König die Rede ist (so auch RUDOLPH, a. a. O., 193 f.; MAYS, Hosea, 139 f.; anders ANDERSEN/FREEDMAN, Hosea, 553). 270 S.o. S.105f. 271 Der Angriff auf die Bündnispolitik der Könige (V4a) ist in V6b von der jesajanisch geprägten Redaktion dann als Betätigung eines widergöttlichen „Planes" aufgefaßt worden.
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Anspielungen auf das Betheler Stierbild
„Altäre" werden nicht mehr Opfer, sondern „Dornen und Disteln" aufsteigen lassen. Der Weinstock Israel wird ersehnen, daß die (ebenfalls als Kultorte vorzustellenden) „Berge" und „Hügel" auf ihn herabstürzen. 272 Über das Stichwort px ist ein loser Bezug zu V5-6a gegeben (vgl. V5a: ρκ ira). Offensichtlich soll das Betheler Heiligtum mit unter die „Höhen des Frevels" subsumiert werden - eine Vorstellung, die durchaus auf der Linie dtr. Denkungsart liegt. Innerhalb des dtr. Berichtes von den Kultmaßnahmen Jerobeams findet sich eine Notiz darüber, daß Jerobeam ein „Höhenheiligtum" (man rra) errichtet habe (I Reg 12,31). Nach I Reg 12,32 hat er gar „Höhenpriester" (maan "ins) für das Heiligtum von Bethel bestellt. In II Reg 23,15 erhält „Bethel" die Apposition naan. Auch die vor allem im dtr. Bereich zu beobachtende Verbindung von naa und M T B 2 7 3 läßt sich in den dtr. Bethel-Passagen in besonders pointierter Weise wiederfinden (vgl. I Reg 12,31-33; 13,2; II Reg 23,15). Als naa ist Bethel wie jedes nicht in Jerusalem gelegene Heiligtum eine Kultstätte außerhalb des von Jahwe erwählten kultischen Bezirkes (I Reg 3,3; 14,23; 15,14; 22,44; II Reg 12,4; 14,4; 15,4.35; 16,4; 18,4; 21,3; 23,5.8.13.15 u.ö.) und Ort des Götzendienstes (I Reg 14,23; II Reg 21,1-7; 23,5.13; Jer 7,31; 17,1 f.; 19,5 f.; 32,33-35 u. ö.). Es ist demnach erst die späte Bearbeitung in V8, die das Staatsheiligtum von Bethel als Ort der Verehrung fremder Götter desavouiert.
2.2.2. Der „Jungstier Samariens": Hos 8,5f. im Kontext
von Hos
8,1-14
Hos 8,1-14: Übersetzung und Text 1
2
An deinen Mund das Horn! (Etwas) wie der Adler (kommt) über das Haus Jahwes, weil sie meinen Bund brachen und gegen mein Gesetz frevelten. Zu mir schreien sie: Mein Gott, wir, Israel, a) kennen dich doch!
272 Wie hat man sich das Gericht gegen die Kultstätten genauerhin vorzustellen? Während bei der Zerstörung der „Höhen des Frevels" noch an eine gewaltsame Vernichtung durch menschliches Eingreifen gedacht werden könnte (vgl. V6a), scheinen die Altare der Verödung anheimzufallen (nach der Verwüstung der Höhen?). „Berge" und „Höhen" können verständlicherweise nicht mehr durch eine menschliche Größe vernichtet werden. Sie zerbersten in einer kosmischen Katastrophe (vermutlich einem Erdbeben [vgl. Hi 14,18: !>31J -in]), von der Israel mitbetroffen ist Warum Israel sich dieses Inferno selbst herbeisehnen wird, bleibt allerdings unverständlich.
273
S.o. S. 109f.
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3
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Israel hat das Gute verworfen, ein Feind wird es verfolgen"'. 4 Sie waren es, die Könige einsetzten, doch ohne mich. Beamte setzten sie ein, 3 ' doch ohne daß ich es (an)erkannte. (Aus) ihrem Silber und ihrem Gold b ' fertigten sie sich Gottesbilder - auf daß c) es zerstört wird d) . 5 Er hat verworfen"' deinen Jungstier, Samarien. Entbrannt ist mein Zorn wider sie. Wie lange noch sind sie unfähig 1 '' zur Reinheit? 6 Denn was hat Israel mit ihm zu schaffen ?"' Ein Handwerker hat ihn gemacht, also ist er kein Gott. Fürwahr: Zu Splittern b ' wird der Jungstier Samariens. 7 Fürwahr, Wind säen sie und Sturm werden sie ernten. Getreide, das kein Sprossen hat, bringt auch kein Mehl. Vielleicht bringt es (doch) welches Fremde"' verschlingen es (dann). 8 Israel ist verschlungen. Jetzt sind sie unter den Völkern geworden wie ein Gerät, das man nicht begehrt. 9 Fürwahr: sie zogen nach Assur herauf, obwohl ein Wildesel einsam bei sich bleibt, Ephraim spendete"' Liebesgaben. 10 Auch wenn sie unter den Völkern spenden,"' jetzt sammle ich sie ein. Noch zu wenig ,wanden' b) sie sich unter der Last des Königs der Fürsten 0 '. 11 Fürwahr: mehrte Ephraim Altäre zum ,Sühnen' a) , so wurden sie ihm Altäre zum Sündigen. 12 Als ich ihm die Menge"' meines Gesetzes b ' aufschrieb, wurde sie als etwas Fremdes geachtet. 13 Opfer - ,schnapp! schnapp!'"' - schlachten sie, Fleisch, ,um es zu essen'b'. Jahwe hatte keinen Gefallen an ihnen. Jetzt gedenkt er ihrer Schuld und ahndet ihre Sünden. Sie müssen nach Ägypten zurückkehren. 14 Israel vergaß seinen Schöpfer und baute Paläste/Tempel. Und Juda vermehrte befestigte Städte.
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
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Ich werde Feuer in seine Städte senden, so daß es ihre Wohnburgen verzehrt. 2 a) Apposition zum Subjekt von ipyT-, was von G und S nicht mehr verstanden worden ist. 3 a) Zur Form vgl. GK28 § 60d. 4 a) Hif. 3. pl. masc. perf. von n p (vgl. GK28 § 67v). Der Gebrauch eines Hif. von n® wie dessen Bildung nach der Konjugation der II-i-Verben sind allerdings auffällig. Die mittelalterlichen Rabbinen (vgl. Wünsche, Hosea, 337) haben entsprechend die Form teilweise als Hif. 3. pl. perf. von no gedeutet (vgl. auch Rudolph, Hosea, 157.163; R. Gelston, Kingship, 83; Stuart, Hosea, 126.128) vgl. das ο in einigen Mss. Eine Ableitung aus der Wurzel n » wird jedoch sowohl durch die Versionen als auch durch den Parallelismus ia-S>an gestützt. G. R. Driver, Problems, 50, liest das erste Verb von V4a als II η!>η „beraten" und n-cn in Anlehnung an arab. 'sära „Ratschläge geben". II -^n ist innerhalb der atl. Literatur sonst aber nur noch an der wesendich jüngeren Stelle Neh 5,7 im Nif. belegt. b) Die Streichung von Dann metri causa (F. Praetorius, Gedichte, 22) ist überflüssig. - c) |yni> als Einleitung eines Konsekutivsatzes: vgl. Wolff, Hosea, 179, unter Verweis auf D. Michel, Tempora, 173 f. - d) Subjekt ist Dann oaoa. G S V Τ L (vgl. Marti, Dodekapropheton, 66; Nowack, Propheten, 51; Praetorius, Gedichte, 24; Sellin, Zwölfprophetenbuch, 87; Lippl/Theis, Propheten, 57; Jacob, Osee, 65, u. a.) sehen in den o-asy den Gegenstand der Zerstörung (vgl. Mi 5,12; Nah 1,14 und Sach 13,2 - wo ma freilich im Hif. steht). 5 a) So mit MT (lectio difficilior). Das Problem besteht darin, daß Jahwe in der 3. Ps. aus der Gottesrede (vgl. V5aß) herausfällt, -dr steht zu weit vom Verb entfernt, als daß es Subjekt sein könnte (so J. R. Lundbom, Subject, 229 f.). G a' Θ' setzen imp. voraus (vgl. Graetz, Emendationes, 13; Wolff, Hosea, 169, u.a.). Dann aber hätte wegen pm» wohl die feminine Form -γητ stehen müssen. Ein intransitiver Gebrauch von π:τ (so wieder R. Gnuse, Calf, 83.86: „Your calf stinks, Samaria!") ist sonst im AT nicht belegt. Die besonders bei den älteren Kommentatoren beliebte Änderung in die 1. sg. com. impf. (ζ. B. Wellhausen, Propheten, 120) oder perf. (Marti, Dodekapropheton, 66; neuerdings wieder Davies, Hosea, 200) muß in den Konsonantentext eingreifen. Noch weiter entfernt sich Guthe, Prophet, 13, mit seinem Konjekturvorschlag nnaT („Samaria opfert einem Kalbe"). Konstruiert wirkt auch die Umvokalisierung in den inf. abs. oder in das ptc. act. als Umschreibung der 1. Ps. (vgl. Stuart, Hosea, 126.128). Die passivischen Übersetzungen in σ' ε' V versuchen, MT zu glätten. - b) !>a- ist hier mit reinem Akkusativ statt mit!», wie nach 5,13 vielleicht zu erwarten wäre (in 12,5 steht baintransitiv), konstruiert. Moenikes, Ablehnung, 188, übersetzt: „Verworfen hat (mich) dein Kalb, Samaria!", doch bleibt auch diese Deutung hypothetisch, da das von ihr unterstellte Objekt nicht im Text steht. 6 a) Wörtlich: „Wer ist Israel und er?" a mit folgendem Dages forte steht als proklitische Form für -a oder nn (vgl. Jes 3,15; vgl. Nyberg, Studien, 62). Wolff übersetzt gegen die masoretische Satzabteilung: „Sie sind doch aus Israel!" (vgl. Hosea, 168), was aber wegen des dann fehlenden Satzsubjektes Schwierigkeiten bereitet. Konjekturen wie ton»· D-sa j-pj ii>ai- κϊ> -na (Texteinteilung nach G - vgl. Willi-Plein, Vorformen, 165) in Anlehnung an den üblichen Sprachgebrauch
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•-03 ppj (anders nur noch Am 4,6) und !>κ ί® la? ( = „Sie halten das Stierbild für einen Gott": so Torczyner, Bibelstellen, 278; vgl. M. Weinfeld, Inscriptions, 129, Anm. 31) sind ebenfalls unnötig. - b) Hap. leg. Man leitet n"aa® wie üblich am besten mit Τ von »a® „Span, Splitter" ab (vgl. aa® [neuhebräisch]: Pi. „behauen"; vgl. HALAT; Dalmann, Handwörterbuch, 412). G (πλανών) σ' (ακατάστατος) ε' (ρεμβεύων) sind von ai® Pol. her zu deuten (vgl. Rudolph, Hosea, 158). Zu V (in amearium telas) vgl. Rudolph, Hosea, 158. 7 a) Eine Änderung in cnp, Rudolph, Hosea, 158 (in Anlehnung an O. Proksch), ist unnötig. 9 a) Das hier vorausgesetzte I nan (Hif.) begegnet noch einmal in V10 im Qal und an der textkritisch unsicheren Stelle Ps 8,2. Ges17, 883, gibt I n:n mit „dingen" wieder. Dabei dürfte es sich allerdings um eine auf Hos 8,9.10 bezogene ad-hocÜbersetzung handeln. Die Versionen sehen wohl richtig eine Verwandtschaft mit jna (vgl. G: δώρα ήγάπησαν [V10: παραδοθησονται] V: munera dederunt [V10: mercede conduxerint]); so auch Jeremias, Prophet, 102 f., Anm. 5. Dann sind allerdings Qal und Hif. ohne Bedeutungsunterschied. 10 a) Vgl. Textanm. 9 a). - b) Die Vokalisierung nach ^ n (MT) ist schwierig. Am einleuchtendsten erscheint nach wie vor der Vorschlag Ewalds, die Wurzel anzusetzen (vgl. Wolff, Hosea, 170; Rudolph, Hosea, 159 f.; Jeremias, Prophet, 103, Anm. 6). Die Deutung der Verbform als Narrativ (so MT) könnte indes gegenüber den Versionen eine ältere Tradition bewahrt haben (s. u.). - c) Die hier singulare Bezeichnung des assyrischen Königs als „König der Fürsten" war den Versionen („König und Fürsten") unverständlich. 11 a) Um einer Streichung von xani> ninain als Glosse zu entgehen, ist der Vorschlag unterbreitet worden, «an am Schluß von V i l a mit „Sündopfer bringen" (= „sühnen") wiederzugeben (vgl. Nyberg, Studien, 65). xan!> wäre dementsprechend in Pi. inf. es. umzuvokalisieren oder, wenn man eine Konstruktion des inf. abs. mit !> für möglich hält, ein Dages forte in das a einzufügen, wodurch ein Reim entstünde (vgl. Rudolph, Hosea, 160). G ([τά] ήγαπημένα) dürfte durch Angleichung an das Ende von VI 2 (G) zu erklären sein. Wolff, Hosea, 170, beläßt den Text, rechnet allerdings gegen die masoretische Texteinteilung mit einer dreireihigen Periode. 12 a) Lies das Ketib lan - b) Problematisch ist eine Umvokalisierung in die lectio facilior "min (so mit G S α' σ' V ζ. Β. Wolff, Hosea, 170; Rudolph, Hosea, 160; Jeremias, Prophet, 103, Anm. 8; Crüsemann, Tora, 28, u. a.). Der Plural des folgenden Verbs scheint weniger durch -min als vielmehr durch iai veranlaßt worden zu sein. Die Genitiwerbindung "min i n mutet wegen des Singulars -nnn nach iai zwar merkwürdig an, doch ist in 9,7 in vergleichbarer Weise von der -piy ai die Rede. Der Singular -min läßt sich auch als elliptischer Ausdruck für "min " i n verstehen. 13 a) "anan (MT) ist unverständlich. Ein Sinn ergibt sich, wenn man " als Dittographie des folgenden Buchstabens erklärt und mit α' σ' θ' getrenntes an an liest (vgl. Rudolph, Hosea, 160), was dann allerdings nicht wie bei α' (θυσίας φέρε φέρε) und θ' (θυσίας μεταφορών) mit an" in einen Zusammenhang zu bringen, sondern als onomatopoietischer Ausruf zu deuten wäre. Rudolph, ebd., verweist auf arab. habba („wehen, atmen, schnappen, gieren"). Auch in Prv 30,15 könnte an an mit lautmalendem „schnapp! schnapp!" übersetzt werden (vgl. Rudolph,
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ebd.). Dann bedarf es allerdings der Ansetzung eines Substantivs arart („gieriges Schnappen", so Rudolph, ebd.) nicht mehr. Gegen Ableitungsversuche des MT von 2ΓΤΚ (vgl. G S) s. Rudolph, Hosea, 161. Bedenkenswert erscheint ebenfalls eine Erklärung der MT-Lesart aus der im Neuhebräischen belegten Wurzel anin (vgl. J. J. Glueck, Proverbs xxx 15a, 369 f.; Jeremias, Prophet, 103, Anm. 9). - b) Der Narrativ an zweiter Position ist syntaktisch problematisch. Er verdankt sich vermutlich einem Einfluß von VI 4. Man ändert am besten in ibjK'-i (vgl. Nyberg, Studien, 67; Jeremias, Prophet, 103, Anm. 10). Analyse Eine Abgrenzung der Einheit 8,1-14 nach oben ergibt sich durch das Gelenkstück 7,13-16, das die vorhergehende Einheit 5,8-7,16 abschließt.274 Wie in 5,8 eröffnet auch in 8,1 der Aufruf zum Blasen des Signalhorns eine eigenständige Komposition. 275 Nach unten wird 8,1-14 durch die Anrede der Größe ,Volk' in 9,1 (innerhalb von 8,1-14 nur in V5aa) und die neue Thematik , Festfreude' begrenzt.276 Orientiert man sich bei dem Versuch einer Gliederung an den zumeist imperfektisch formulierten Strafandrohungen277 V3b.6b.10a.13b.14b 278 , so ergibt sich folgende Grobeinteilung:279 8,1 -3.4-6. 280 7-10a 281 .b 282 .11-13.14. Hos 8 ist kaum aus einem Guß gearbeitet. Die jetzt vorliegende Einheit weist eine Reihe literarkritisch relevanter Spannungen auf, die auf einen längeren Wachstumsprozeß schließen lassen.283 274
Vgl. JEREMIAS, Prophet, 99 f. HARPER, Commentary, 299, zieht V I - 3 noch zur vorhergehenden Einheit. MARTI, Dodekapropheton, 64 f., erklärt 8,1-2 sogar als späteren Zusatz und sieht in 8,3 den Abschluß der Einheit 7,8 ff.; ähnlich NOWACK, Propheten, 59 f., u.a. Dann aber fehlt on in V4 der notwendige Bezug. 276 Dazu S. 178 ff. 277 Die in der kommentierenden Literatur zu beobachtenden starken Divergenzen bei der Beschreibung der Textstruktur des Abschnittes verdanken sich dem Umstand, daß vor allem nach inhaldichen Gesichtspunkten und nicht nach formalen Kriterien gegliedert wird. 278 In VI 4b erfolgt die Strafandrohung im perf. cons. m Vgl. JEREMIAS, Prophet, 102-104. 280 Sieht man in den Strafandrohungen die hervorragenden Gliederungssignale der Gesamtkomposition, so schließt dies sowohl die Zusammengehörigkeit der zuweilen auseinanderdividierten Teile V4a und V4b (vgl. SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 84) als auch eine Verbindung zwischen V4 und V5 f. (anders bspw. MARTI, Dodekapropheton, 65 f.; WOLFF, Hosea, 171 f.) ein. 281 Die beiden Sprichwörter V7a.ba ließen sich nach rein inhaltlichen Gesichtspunkten sowohl auf V4-6 (vgl. RUDOLPH, Hosea, 158.165, u.a.) als auch auf V8-10 beziehen. Die Zugehörigkeit zu V8-10 ergibt sich aus der Weiterführung von V7bß durch yi>3J und o-ua in V8. 282 VI Ob fällt durch den Narrativ i!>rri (ähnlich VI 4a) stilistisch aus dem Zusammenhang heraus. Er gehört weder zur Strafandrohung (VlOa) noch zum Schuldaufweis (VI 1) und ist am besten als eine eigene kleinere Einheit aufzufassen. 283 Abgesehen von kleineren Zusätzen (bes. VI 4, aber auch V l b und V6a: dazu s. die 275
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Auf den sekundären Charakter von Vlb 284 deutet schon das dramatische Gefälle innerhalb der Vi-3. Mit dem Bilde des Adlers tritt in V i a eine nahe bevorstehende (immerhin gilt es schon, das Signalhorn zu blasen!) Gefahr in den Blick. V l b begründet in theologisch reflektierender Sprache („Bund", „Gesetz"), warum es zu dieser Gefahr kommen mußte. V2 liest sich nach V l b als Fortführung dieser Begründung. V3a nennt wiederum einen Grund für die entstandene Notlage - diesmal allerdings ohne theologische Kategorien wie m a und min zu benutzen. Ohne V l b ergäbe sich ein stringenterer dramatischer Ablauf. V i a kündigt die bevorstehende Not an. In V2 reagiert das Volk. Erst V3a stellt dann die Not in den Horizont der Verschuldung Israels, woraufhin in V3b (Via der Sache nach aufnehmend) eine Strafandrohung folgt. Für sich genommen weist V l b in die von den Dtr. bediente Begriffswelt.285 Sowohl - m a als auch "min mit Suffix-Bezug auf Jahwe sind fest im dtr. Bereich verwurzelt. In der vor-jeremianischen/vor-dtr. Literatur ist " Ι Γ Ί Ι überhaupt nicht, - n i n bzw. mrr mir lediglich in den redaktionellen Stücken Hos 8,12286; Am 2,4; Jes 5,24; 30,9 belegt.287 Als dtr. kann außerdem die Wendung nay ιγίι 2 8 8 sowie die Parallelität von - m a und - m m gelten.
folgende Diskussion) sieht man in Hos 8 zumeist eine Spruchkomposition (WEISER, Propheten, 67; MAYS, Hosea, 114 f., u. a.) oder eine auf die prophetische Verkündigung (WOLFF, Hosea, 170-175; RUDOLPH, Hosea, 161) bzw. die Hoseatradenten (JEREMIAS, Prophet, 103 f.; NAUMANN, Erben, 63 f.) zurückgehende ursprüngliche Einheit. Die Frage nach der Einheitlichkeit von Hos 8,1-13 diskutiert GNUSE, Calf, mit der Absicht, „to demonstrate the original unity of the chapter . . . by recourse to stylistic structures, vocabulary, and thematic constant" (a.a.O., 84). Der Text gliedere sich in die Unterabschnitte VI-3.4-7 (!).8-10.11-13. Der Gebrauch der Partikel -A (3* in V4-7, 2* in V8-10, 1* in V l l - 1 3 davon 1 * in V4-7, 2* in V8-10, lx in V l l - 1 3 in deiktischer Funktion) erweise zunächst die Zusammengehörigkeit von V6-11. V6 setze notwendig V5 voraus. Ein Zusammenhang von V5ff. mit V l - 3 ergebe sich über das Stichwort rm (V3). Die Einheit von V l l - 1 3 signalisiere die conclusio über die Wurzel κ»π (VI 1.13). Weitere Verknüpfungen stellten die Stichwörter -min (VI.12), yi>a (V7.8), die Assonanz nam ( V l l ) und -an (V12 [Qere]), der Stichwortbezug lwn (V9) und w r (V10) sowie ein ironisierendes Spiel mit dem Suff. 1. sg. com. in VI (-min) und V2 (-π1>κ) her. Thematisch werde die Einheit vor allem über die Entfaltung des Vorwurfes des Bundesbruches von V l b in den folgenden Unterabschnitten zusammengehalten. Ohne die strukturellen und inhaltlichen Beziehungen im einzelnen bestreiten zu wollen, muß der Versuch, der Frage nach dem literarischen Werden durch Synchronbetrachtungen entgehen zu wollen, doch als problematisch angesehen werden. 2,4 Vgl. NOWACK, P r o p h e t e n , 53; PERLITT, B u n d e s t h e o l o g i e , 1 4 6 - 1 4 9 ; JEREMIAS, P r o p h e t , 104; NAUMANN, E r b e n , 6 5 - 7 3 , u . a . 285 Vgl. PERLITT, B u n d e s t h e o l o g i e , 146 f.; NAUMANN, E r b e n , 6 5 - 7 3 .
m
288
Dazu s.u. S. 137f. Zu den letzten drei Belegen vgl. zusammenfassend PERLITT, a . a . O . , 147. Vgl. bes. Jdc 2,20: -n-ia rat . . . n a y IBK JJT. n n a n a y in Hos 6,7 bezieht sich nicht
auf d e n J a h w e - B u n d (WOLFF, H o s e a , 155; H . LUBSCYK, B u n d , 88 f.; ZLMMERLI, G o t t e s r e c h t ,
226 f.; J. DAY, Allusions, 2-6; NEEF, Heilstraditionen, 144 f.), sondern spielt auf ein im einzelnen nicht mehr zu erhellendes Vergehen im politischen Raum an (vgl. ALT, Hosea,
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Als äußerst kompliziert stellen sich die entstehungsgeschichtlichen Verhältnisse in V4-6 dar. Der Abschnitt gliedert sich in zwei größere Teile: V5 f. muß man im Rahmen der vorliegenden Einheit als Drohwort gegen den jnn® biy verstehen. V4a.b liefern den dazugehörigen Schuldaufweis. Ein erstes Indiz für redaktionelle Tätigkeit läßt der Umstand erkennen, daß V4-6 formal wie inhaltlich einen überladenen Eindruck hinterlassen. Der Abschnitt verhandelt in konzentrierter Dichte drei Themen: Königtum/Beamtentum (V4a), Bilderdienst (V4b.6a) und Stierdienst (V5a.6b). Was aber haben Könige und Beamte mit π-asy zu schaffen? Fehlplaziert erscheint auch der Klageruf (V5b) innerhalb eines Drohwortes. Nun schließt V4a gut an den vorhergehenden Abschnitt V l - 3 an. VI-3 sind als Gottesrede konzipiert (vgl. V2 und den sekundären Vlb). απ bezieht sich zurück auf (V3). bx-inr (V3) liefert ein notwendiges Korrelat zu απ (V4a), V4a setzt mithin V l - 3 - zumindest im Grundbestand - voraus. Aus V4b erfährt man nichts über das sprechende Subjekt. Im Zusammenhang mit V4a ist V4b demnach ebenfalls der in VI anhebenden Gottesrede zuzurechnen. V5aa fällt allerdings aus dieser heraus. Als Subjekt von Π3Τ ist sinnvollerweise nur Jahwe zu denken. Ausgesprochen wird die Verwerfung vom Propheten. Nur an dieser Stelle innerhalb von V4-6 wird die besprechende Rede verlassen und in die Anrede übergegangen. In V5aß wechselt das Subjekt erneut -DX nimmt die Gottesrede von V4a(.b) wieder auf. V5aa wird somit schlichtweg übergangen. Man kann dem abrupten Wechsel von der Gottes- (VI-4) zur Propheten- (V5aa) und wieder zurück zur Gottesrede (V5aß) entnehmen, daß V5aoc sekundär in die Gottesrede eingefügt wurde. Damit sind noch nicht alle Probleme beseitigt, bliebe doch der Suffix-Bezug von α a in V5aß offen. Zwar bietet sich als nächstes Bezugswort o'ixy an. Aber warum sollte Jahwe das Entbrennen seines Zornes über die Bilder noch kundtun, nachdem er bereits deren Zerstörung resp. die der Edelmetalle, aus denen sie gefertigt worden sind, in Aussicht gestellt hat (V4bß)? Die noch verbleibende Möglichkeit, das Suffix auf einer Ebene mit den Suffixen in V4ba zu lesen, widerstrebt dem Akzent von V4b, der, wie V4bß deutlich macht,289 auf den Gottesbildern liegt und nicht auf den „sie". Dann aber bleibt nur ein Bezug des Suffixes α- in V5aß auf απ in V4a. Dies macht allerdings die Annahme wahrscheinlich, daß nicht nur V5aa, sondern auch V4b dem Grundbe-
186; G. FOHRER, Vertrag, 15-17; PERLITT, Bundestheologie, 141-144; JEREMIAS, Prophet, 93; NAUMANN, Erben, 65). 289 Die letzten beiden Worte von V4b werden gern metri causa als Glosse gestrichen (vgl. NOWACK, Propheten, 51; WEISER, Dodekapropheton, 67; WlLLI-PLEIN, Vorformen, 164). Doch erübrigt sich eine solche Annahme bei einem poetisch so schwach strukturierten Satz wie V4b.
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stand der Einheit abzusprechen ist. Gestützt wird diese Vermutung durch die inhaltliche Sprödigkeit, die im Übergang von V4a zu V4b zu beobachten ist. Der folgende Fragesatz V5b läßt sich als Fortführung der Gottesrede verstehen.290 V6a bezieht sich insgesamt auf den bjy von V5aa zurück (vgl. κιπ [V6aa], inwy [V6aß], x w [V6ay]). Er setzt den innerhalb der Komposition sekundären V5aa voraus. V6b gehört ebenfalls thematisch in einen Zusammenhang mit V5aa.6a. V5a(X.6a.b sind demnach durch die ^jy-Thematik miteinander verknüpft. Doch zeigt auch dieser Abschnitt redaktionelle Tätigkeit. Die Frage, was Israel mit dem Jungstierbild zu tun habe, und die Belehrung über dessen 5i7dbharakter sprengen ebenso wie die Klage in V5b formal den Rahmen eines Drohwortes (vgl. V5aa.6b). V5aa.6b lassen sich mit der Verbindung von biy und pna® dem älteren prophetischen Gut zuordnen (vgl. 10,5). V6a weist hingegen terminologisch wie inhaltlich in das Umfeld nachexilischer Bildeipolemik, wie sie in der dtjes. und spät-dtr. Literatur anzutreffen ist. Der Ausdruck m»y Ein findet mit seiner Verbindung von snrr und dem Verb nwy im Kontext atl. Bilderpolemik Parallelen in Dtn 27,15 und Jes 44,13. Als Bin wird der Götzenbildner noch in Jes 40,19 f.; 41,7; 45,16; Jer 10,3 bezeichnet. Sachliche Parallelen bieten zudem all die Belege, in denen die Bilder als -Τ nwyn (mit folgendem Suff.) resp. DTK -T- ;r»yn/(cr)tnn n»yn betrachtet werden (Dtn 4,28; 28,36.64; 31,29; II Reg 19,18; 22,17; Jes 2 , 8291; Jer 1,16b; 25,6 f.; Hos 13,2292; 14,4; Mi 5,12293 u.ö. 294 - vgl. Dtn 27,15). V6a wird man demzufolge als sekundäre Erweiterung zu betrachten haben.295 290
Von vielen unnötigerweise als Glosse gestrichen: vgl. MARTI, Dodekapropheton, 66;
HARPER, Commentary, 315; SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 88; WEISER, Propheten, 67, u . a . 2.1 2.2 2.3
2.4
Zur dtr. Prägung vgl. ζ. B. O. KAISER, Jesaja, 70. Dazu s. u. S. 164 ff. V g l . WILLI-PLEIN, V o r f o r m e n ,
95-97.
II Reg 22,17, w o ebenfalls a m - nvya im Kontext der Bilderpolemik begegnet, gehört nicht in die Reihe dieser Belege, da die Wendung DTTT ntryn hier nicht die Bilder qualifiziert, sondern als Ausdruck für das Tun Israels verwendet wird (vgl. Dtn 2,7; 14,29; 16,15; 24,19 u. ö.). 295 Für redaktionell halten 8,6a auch MARTI, Dodekapropheton, 66; NOWACK, Propheten, 51; R . H . PFEIFFER, Polemic, 232, und in jüngerer Zeit z.B. HAHN, Kalb, 354; JEREMIAS, Prophet, 108. Hingegen spricht sich NAUMANN, Erben, 73-76, ausdrücklich gegen eine Ausscheidung von V6a aus dem hoseanischen Grundbestand aus. Dabei bestreitet er, daß V6a aus dem Geist der aufklärerischen Bilderpolemik geboren ist. Das Fehlen der für ihn (in Anschluß an JEREMIAS) als typisch hoseanisch geltenden Verbindung von Baal und Bilderpolemik in 8,6a führt er auf die „thetische Kürze" der Formulierung zurück (a. a. O., 74). Die Neigung zu einer grundsätzlichen Unterscheidung von Gott und Bild glaubt NAUMANN auch in 4,12.17; 13,2 zu erkennen. Als weitere Parallele aus der Prophetie des 8.Jh.s für „Vorstellung und Begrifflichkeit" von Hos 8,6a verweist er vor allem auf Jes 2,8 und Mi 5,12. Schließlich sei H o s 8,6a als „eine wörtliche Antithese zu dem Bekenntnisruf von l K ö n
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Damit können lediglich V4a und V5aß.b dem Grundbestand der V4-6 zugeschrieben werden. Funktional ist V4a als Schuldaufweis, V5aß als Strafansage zu verstehen. V7-10a führen die Gottesrede von Vla.2-3.4a.5aß.b weiter. V7-9 stellen wieder ein Scheit-, VlOa ein Drohwort dar. VI Ob bereitet in seiner vorliegenden Gestalt aufgrund des Narrativs (ii>rn) und der Position zwischen einem Droh- (VlOa) und einem Scheltwort (Vll) Probleme. Vi 1-13 weisen ebenfalls Kohärenzstörungen auf. Während in VI 2 noch Jahwe sprechende Person ist, verläßt VI 3b die Gottesrede. Stilistisches Unbehagen verursachen in VI 3 weiterhin die Sätze Dsn x!> π ι τ (V13aß) und n u r a n s a ππη (V13bß), weil sie jeweils aus dem durch die beiden vorhergehenden Glieder 13aa 13ba
ifcjK'-i -i®a II w a v 'an an' -naT ΠΠΊΧΒΠ I P O - I
II ONY N A R NNY
beschriebenen Parallelismus herausfallen. Sie werden kaum mit V13aa.ba auf einer literarischen Ebene liegen. Der verbleibende Rest von VI 3 kann wegen des Sprecherwechsels von VI 2 zu VI 3 nicht von der gleichen Hand wie VI2 stammen. Damit stellt sich des weitern die Frage nach der Einordnung von V l l . Gehört V l l derselben Schicht wie VI2 an? In diesem Falle wäre VI 3 sekundär. Oder liegen VI 3* und VI 1 auf einer literarischen Ebene, so daß VI 2 als redaktionell anzusehen ist? Die letztgenannte Möglichkeit hat alle Wahrscheinlichkeit für sich. Im Unterschied zu VI 2 sind VI 1 und VI3* stilistisch durch den parallelismus membrorum geprägt. "Tinn (VI 2) als Begriff für die Willensoffenbarung Gottes ist in vor-jeremianischer Zeit nicht in Gebrauch.296 Gegen die theoretisch mögliche Annahme, mit Hos 8,12 werde man gerade des ältesten Beleges für diesen Sprachgebrauch ansichtig,297 spricht die ebenfalls nicht in vor-dtr. Zeit anzutreffende Vorstellung Jahwes als des Schreibers des Gesetzes (vgl. Ex 24,12b; II Reg 17,37; Jer 31,33; vgl. Ex 31,18; 32,15 f.; 34,1.28; Dtn 5,22; 9,10; 18,39" (ebd.) zu verstehen. - Die von NAUMANN beigebrachten Argumente für die Hoseanizität von Hos 8,6a überzeugen jedoch in keinem Punkte. Ob es in Hos 4,12 überhaupt um die Bilderproblematik geht, ist zumindest zweifelhaft - der Vers kann ebensogut auf mantische Praktiken anspielen (vgl. Z.B.JEREMIAS, Prophet, 69). 4,17 gehört ebenso wie 13,2 nicht zum Grundbestand des Hoseabuches (zu 4,17 s. u. S. 160 f.; zu 13,2 s. u. S. 164 ff.). Vergleichbares gilt für Jes 2,8 und Mi 5,12 (s. o.). Was die Beziehung zu I Reg 18,39 angeht, so ist gegen NAUMANN darauf hinzuweisen, daß es in I Reg 18,39 nicht D-n^x HM nm- (so der Autor) heißt, sondern ••πί'Χπ «m mir. Die Determination vor o-n^t sagt, worauf es ankommt: Nicht Baal, sondern Jahwe ist „der Gott" (schlechthin). Anders liegen die Dinge in Hos 8,6a, wo die Determination fehlt. Hier wird gesagt, daß der Stier («in) nicht gottartig ist 2.6 S.o. S. 134. 2.7 CROSEMANN, Tora, 2 7 - 3 0 , hält Hos 8 , 1 2 für den „älteste(n) Hinweis auf schriftlich vorliegende göttliche Weisungen".
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10,2.4)298 und die Verwendung des sonst nur in sehr jungen Texten belegten Aramaismus i n (Jon 4,11; Ps 68,18; Dan 11,12; Esr 2,64.69; Neh 7,66.70.71; I Chr 29,7 [bis]). V14 geht zumindest im Grundbestand auf das Konto späterer, am Amosbuch orientierter Bearbeitung.299 Formal fällt er dadurch auf, daß er im Scheltwort (VI 4a) mit Narrativen operiert. VI 4b lehnt sich sprachlich an die Strafandrohungen aus dem Fremdvölkerzyklus Am 1 f. an (vgl. bes. 1,4.7.10; vgl. 2,5).30° M a n kann fragen, o b zwischen V 1 4 a a und d e m Rest v o n V I 4 nochmals literargeschichtlich gesondert werden muß. D i e Narrative w e r d e n in V 1 4 a ß . b nicht f o r t g e f ü h r t V14a)· Ebenso kann V13aß erst nach V13aa entstanden sein. Anders verhält es sich mit V13bß. Dieser Satz ist als ursprüngliche Fortsetzung von VI Ob denkbar. V10b.l3bß markierten dann den Abschluß der Gottesrede 8,1-13*. Der Zusammenhang von VI Ob und 13bß wäre erst sekundär durch die Einfügung des versprengten Wortes V11.13aa.ba unterbrochen worden, wodurch einerseits
Nach DOHMEN, Tafeln, sind die Tafeln in den ältesten Bezeugungen (Ex 24,12b*; 31,18*; 32,19; vgl. S. 18-21) noch unbeschriftet. Sie dienen hier als „Urkunde des Sinaigeschehens" (S. 21) und „Symbol der Theophanie" (S. 27) des unsichtbaren Gottes und liefern das „Verbindungsstück zwischen den Wurzeln des Bilderverbotes und dessen späterer, vor allem von Je motivierten und vorangetriebenen Entstehung dieser Forderung nach bildloser JHWH-Verehrung" (S. 27). w Vgl. JEREMIAS, Prophet, 112; DERS., Anfänge, 39-41; NAUMANN, Erben, 76-79. 300 Die Stellung von V14b zwischen 8,l-13.(14a?) und 9,1-6.7-9 ist geschickt gewählt: Offensichtlich sollen 9,1 ff. in der Perspektive der Israelstrophe (Am 2,6-16) gelesen werden, dafür jedenfalls sprechen die motivlichen Verbindungen zwischen Am 2,6-16 und Hos 9,1-6.7-9 (vgl. Hos 9,1 [rm] mit Am 2,7 [my:]; Hos 9,1 mit Am 2,9 [Völkerthematik]; Hos 9,3 mit Am 2,10 [Exodus] und Hos 9,1-6.7-9 mit Am 2,11 f. [Propheten]). Wie in der Israelstrophe Am 2,6-16 erscheint auch Israel/Ephraim in Hos 9,1-6.7-9 in der Perspektive von 8,14b als Fremdvolk. Damit aber kann 9,1-6.7-9 auf synchroner Ebene gar nicht mehr anders wahrgenommen werden denn als Explikation dessen, was schon durch den schicksalsträchtigen Symbolnamen -ay κ!> in 1,9 vorweggenommen worden ist.
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noch eine Klimax von VI Ob nach V13aoc erreicht wäre, zum andern aber ein sauberer Abschluß der Einheit gewahrt bliebe. Wie ist diese Gottesrede zu datieren? Folgt man der dargestellten Situation, so zeigen Vl-3, daß unmittelbar mit der bevorstehenden Invasion einer feindlichen Macht gerechnet wird. Weiterhin reflektieren V7-10 Bemühungen um eine außenpolitische Absicherung. Im ganzen läßt dies an die Zeit vor 720 v. Chr. denken. Allerdings gibt es äußere, literargeschichtliche Indizien, die für eine Datierung nach 720 v. Chr. sprechen. Jeremias301 hat auf wesentliche inhaltliche Entsprechungen zwischen 8,1-14 und der unmittelbar vorangehenden Einheit 5,8-7,16 aufmerksam gemacht: vgl. 8,1a mit 5,8 (Stichwort ~ια©[ι]), 8,2 mit 6,1-3 (Gebet; vgl. 7,14a), 8,3 mit 6,4-6 (Verwerfung des „Guten"), 8,4a mit 6,7a (Einsatz mit dem distanzierenden [n]an[i]; vgl. 8,9.13), 8,4a mit 7,3-7 (Innenpolitik/Königtum), 8,7b-10 mit 7,8-12 (Außenpolitik), 7,16b mit 8,13bß (Ägypten). Wie - mutatis mutandis - 8,1-14, so ist auch die Komposition 5,8-7,16 in ihrer vorliegenden Gestalt als Gottesrede stilisiert. Jeremias zieht aus diesen Beobachtungen den Schluß, daß es sich bei 8,1-13 um eine bewußt gestaltete Parallelkomposition zu 5,8-7,16 handeln muß. Auffällig ist allerdings, daß die als sekundär identifizierten Stücke 8,4a.5-6 (Bilder und Stierbild) ohne Parallelen in 5,8-7,16 sind. Auch das Thema Altäre (8,ll-13ba) findet sich nicht in 5,8-7,16. Daraus ist zu folgern, daß lediglich die als Grundgerüst von 8,1-14 erkannte Gottesrede Vla.2-3.4a.5aß.b.7-10a.b.l3bß als Parallelkomposition zu 5,8-7,16 konzipiert worden ist. Entstehungsgeschichtlich ist 8,la.2-3.4a.5aß.b.7-10a.b. 13bß mehr als literarisches Werk denn als Produkt ursprünglich prophetischer Inspiration zu betrachten. Dieser Umstand führt in jedem Falle in die Zeit nach 720 v. Chr. Da jedoch Indizien für eine spätere Entstehungszeit fehlen, kommt als Autor der Gottesrede am ehesten der unmittelbare Tradentenkreis hoseanischer Prophetie in Frage. Der Einheit 8,la.2-3.4a.5aß.b.7-10a.b.l3bß ist durch spätere Nacharbeit versprengtes Spruchgut zugewachsen. V11.13aa.ba waren oben schon als zweiteiliger Prophetenspruch beschrieben worden. Ebenso dürfte es sich bei den hier besonders interessierenden Stücken V5aa.6b um originäres Spruchgut handeln. Beide Zeilen bilden zusammen ein Drohwort gegen den Jungstier von Samaria" (V6b), das durch die Einfügung in die Gottesrede und die nachfolgende Bearbeitung (V6a) erst nachträglich aufgesprengt wurde. Das am Anfang von V6b geht dann auf die Redaktion zurück. Wahrscheinlich ist der Spruch V5aa.6b nur fragmentarisch überliefert. Darauf deutet der fehlende Subjektbezug der Verbform rm in V5aa, wenngleich der Leser auch ohne ausdrückliche Nennung des Subjektes weiß, daß nur Gott Subjekt von V5aa sein kann. 301
Prophet, 103 f.
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Blickt man auf die Entstehungsgeschichte des gesamten Buches, so könnte hinter der Einfügung von V5aa.6b und V11.13aa.ba das Bestreben stehen, die Gottesrede Vla.2-3.4a.5aß.b.7-10a.b.l3bß auch an 10,1-8 anzugleichen. Jedenfalls weist die nunmehr entstandene Einheit 8,la.2-3.4a.5.6b.7-10a.b.ll.l3aa.ba.ß frappierende thematische Parallelen zu 10,1-8 auf: vgl. 8,4a mit 10,3.7 (Königtum), 8,5.6b mit 10,5-6a (Jungstier), 8,7-10 mit 10,4.6b (Außenpolitik), 8,11-13 mit 10,2.8 (Kult/Altäre). 302
Die nächste Wachstumsphase der um V5aa.6b und V11.13aa.ba erweiterten Gottesrede Vla.2-3.4a.5aß.b.7-10a.b.l3bß repräsentiert der noch nicht am dekalogischen Bilderverbot orientierte V4b.303 Für Vlb zeichnet, wie bereits gezeigt, eine dtr. inspirierte Redaktion verantwortlich. V6a geht auf eine nachexilische götzenpolemische Redaktion zurück. Dieselbe Redaktion war in 13,2304 und 14,4 produktiv. Eine Datierung von VI2 fällt schwer, da sich hier keine theologische „Schulsprache" identifizieren läßt. Die Vorstellungswelt und der Sprachgebrauch sind u.E. insgesamt jung.305 Vermutlich stammt VI2 aus nachdtr. Zeit. Das Alter von V13aß kann ebenfalls nicht mehr bestimmt werden. V14aß.b wird, wie die Verbindung zu Am 1 f. zeigt, einer das Amosbuch einbeziehenden bzw. das Dodekapropheton übergreifenden Redaktion angehören.306 Vl4aa ist möglicherweise einer Dtjes nahestehenden Bearbeitung zuzuweisen. Interpretation Das Drohwort Hos 8,5aoc.6b Das Hauptproblem bei der Deutung des Drohwortes 8,5aa.6b ergibt sich aus der Frage, ob pmw hy (V6b) resp. der Ausdruck |naw -|!>:iy auf das Betheler Kultbild307 oder auf ein Jungstierbild in der Hauptstadt des Nordreiches308 zu beziehen sei. Der Terminus „Samaria" konnte nach obigen 302
Da 10,8 nach unserer Analyse unter dtr./post-dtr. Einfluß steht, die Einfügung von originärem Spruchgut aus dem 8. Jh. v. Chr. in dtr. Zeit aber nicht mehr wahrscheinlich ist, wird man sich 8,11-13* als von 10,1 f. her beeinflußt zu denken haben. 8,11 hat dann seinerseits auf 10,8 gewirkt. 303 Dazu s.u. S. 158ff. 304 Dazu s. u. S. 164 ff. 305 S.o. S. 137f. 306 Anders PERLITT, Bundestheologie, 147, Anm. 4: Er erwägt, V14 und Vlb einer gemeinsamen Bearbeitungsschicht zuzuschreiben. 307 Vgl. MARTI, D o d e k a p r o p h e t o n , 6 6 ; WOLFF, H o s e a , 179 f.; RUDOLPH, H o s e a , 163 f.; KENNET, Origins, 166, A n m . 1; JEREMIAS, P r o p h e t , 1 0 6 - 1 0 8 ; EMMERSON, H o s e a , 133; NIEMANN, H e r r s c h a f t , 215; ALBERTZ, Religionsgeschichte, I, 271 f., u . a .
306
So HARPER, Commentary, 315, der darüber hinaus mit der Verehrung eines Stierbildes
in Gilgal rechnet; NOTH, G e s c h i c h t e , 212; DEBUS, S ü n d e , 46, A n m . 49; H . J . KRAUS, G o t tesdienst, 179; ROBINSON, H o s e a , 33; MCKEATING, H o s e a , 120 f.; TIMM, D y n a s t i e , 149;
AHLSTRÖM, Administration, 18, Anm. 50, u.a. ALT rechnet mit einem Jahweheiligtum in
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
141
Überlegungen nicht nur für die Residenzstadt, sondern für das Nordreich insgesamt Anwendung finden. In diesem Falle wäre mit dem Ausdruck ,Jungstier von Samaria" das Kultsymbol des Staatsheiligtums bezeichnet, was nach unserer Kenntnis über den israelitischen Reichskult eine Deutung auf Bethel nahelegte. Liest man Hos 8,5 f.* zunächst auf dem Horizont des Hoseabuches, so möchte man wegen 10,5-6a einer Interpretation im Sinne des Betheler Stierbildes den Vorzug geben. Hinzu kommt, daß die gesamte atl. Überlieferung nichts von einem tauromorphen Kultbild in der Nordreichshauptstadt weiß. Dies läßt sich auch durch marginale archäologische Zeugnisse einer Präsenz der Stierthematik kaum relativieren: An tauro- resp. bovinomorphen ikonographischen Objekten sind u. W. aus dem eisenzeitlichen Samaria bislang 83 Bovinenfigurinen309 aus einem von den Ausgräbern als „Israelite Shrine" gedeuteten „curious rock-cut trench" (Ε 207)310 jenseits des Bereiches der Akropolis,311 zwei Stierköpfe aus dem Zitadellenbereich,312 ein nicht ganz sicher als Bovinenkopf zu identifizierendes Fragment aus demselben Areal,313 zwei Skaraboiden, die den Stier als Postamenttier zeigen,314 ebenfalls aus dem Zitadellenbereich ein kalbsgestaltiger Lapislazuliskaraboid,315 ein Stempelsiegel mit Stier und waagerecht darüber liegender Figur316 sowie fünf bovinengestaltige Terrakottafiguren317 bekannt. Hinzu kommt als epigraphisches Zeugnis die auf dem Samaria-Ostrakon 41318 belegte und als Personennamen319 zu deutende Buchstabenfolge r^iy. Alles in allem kann man aus diesen Zeugnissen keine ,external evidence' für Hos 8,5 f.* gewinnen. Die Funktion der Terrakottafiguren läßt sich kaum mehr erhellen. Gleiches gilt für die Stier- bzw. Bovinenköpfe und den kalbsgestaltigen Lapislazuliskaraboiden aus dem Zitadellenareal. Die beiden Skaraboiden mit Bovinen
Samaria für die Zeit nach der Jehurevolution, hält aber im Anschluß an DUHMS literarische Analyse von Hos 8,4-6 (Anmerkungen, 27.32 f.) das „,Kalb von Samaria'" für „eine sekundäre literarische Nachbildung" (vgl. Stadtstaat, 295; ähnlich MARTI, Dodekapropheton, 66 f.; F. E. PEISER, Hosea, 33; PFEIFFER, Polemic, 230-232; WOLFE, Editing, 110 f.). ANDERSEN/FREEDMAN, Hosea, 556, parallelisieren den p-in® !>jy von 8,6b mit dem von ihnen durch Emendation erzeugten pm» ]DB aus 10,5 (s.o. S. 103, Textanm. 5b) und dem als Gottheit verstandenen „König Samarias" von 10,7b. 309
Vgl. SS III, 76.81 f. Vgl. SS I, 23 f., PI. I, Nr. 27. 311 Vgl. KEEL/UEHLINGER, Göttinnen, 219, Anm. 137. 312 Vgl. HES I, 384, PI. 75; SS III, 81, Nr. 34, PI. 12,1. 313 Vgl. SS III, 81, Nr. 37. 314 HES II, PI. 56, e4; SS III, PI. 15,23; vgl. KEEL/UEHLINGER, Göttinnen, 216 f. mit Abb. 207a-b. 510
315
S S III, PI. 2 6 , 8 ; vgl. KEEL/UEHLINGER, a. a. O . , 2 1 9 , A n m . 1 3 7 .
316
S S III, PI. 1 5 , 2 4 ; vgl. KEEL/UEHLINGER, a . a . O . , 2 1 8 m i t 2 1 7 , A b b . 2 0 8 .
317
V g l . KEEL/UEHLINGER, a. a. O . , 2 1 9 .
318
Vgl. RENZ/RÖLLIG, Handbuch I, 100, Sam (8): 1.41. Vgl. N o m , Personennamen, 150-152; RENZ/RÖLLIG, Handbuch 11,1, 78.
319
142
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
als Postamenttier eines Gottes und das Stempelsiegel mit Stier und waagerecht darüber liegender Gestalt 320 weisen zwar in einen religiösen Kontext. Über Besitzer und konkreten Verwendungszweck dieser Exemplare weiß man jedoch nichts. Der Personenname r!>jy (Jahwes Jungstier") prädiziert nicht Jahwe, sondern den Namensträger als Jungstier.321 Es bleiben als einziger ikonographischer Bezugspunkt zu Hos 8,5 f.* die 83 bovinengestaltigen Figurinen, die im Umfeld der als Kultstätte gedeuteten Anlage jenseits der Akropolis gefunden wurden. Allerdings gesellen sich zu diesen allein an zoomorphen Figurinen noch 34 Equiden und 1 Schaf-, 1 Kamel- und 1 Eselfigurine. Hinzu kommen 23 Frauen- und 2 Männergestalten. 322 Sagen die Figurinen etwas über die Gestalt der an dem fraglichen Heiligtum verehrten Gottheiten resp. deren Kultsymbole aus, wie die Ausgräber meinten? 323 Dann bliebe in bezug auf Hos 8,5aa.6b immer noch zu klären, warum der Prophet bei der großen Auswahl an tiergestaltigen Objekten ausgerechnet den Stier in den Mittelpunkt seiner Polemik stellt.
Deutet man Hos 8,5aa.6b auf einen Samarischen Kult, dann stellt sich die Frage nach der Existenz eines Heiligtums, das zum Gegenstand der prophetischen Kritik hätte werden können.
Exkurs 4: Spuren eines Samarischen
Heiligtums
Neben der oben angesprochen Anlage Ε 207324 könnte als weiterer archäologischer Hinweis auf ein Samarisches Heiligtum während der Ei320
Von KEEL/UEHLINGER, Göttinnen, 218, als Verehrer gedeutet. S.o. S. 30 mit Anm. 21. 322 Vgl. SS III, 82. 323 SS III, 78. 324 Im einzelnen handelt es sich um einen sich nach unten hin verjüngenden Graben (6-4 m) in 3,30-3,75 m Tiefe, der eine trapezförmige Fläche von 26 χ 26 resp. 30 m beschreibt Die Funktion der Anlage als Kultstätte ist nicht ganz eindeutig. Die Archäologen sahen in ihr zunächst einen Begräbnisplatz, worauf besonders Grabanlagen späterer Zeiten auf dem fraglichen Areal schließen ließen, doch führten „immense quantities of pottery, ..., coupled with the extraordinary lay-out of the whole structure and the absence of any regular burials of the early period" zu einer Deutung als Kultstätte. Ein Bezug auf die atl. Überlieferung legte sich für die Ausgräber sofort nahe: „How this illuminates the books of Amos and Hosea with their denunciations of Samaria!" (SS III, 78). Ähnlich glaubt auch Ν. AVIGAD, Samaria, 1306, „a connection with one of the cults at Samaria the prophets so strongly denounced" namhaft machen zu können. TIMM, Dynastie, 148 f., stellt einen Bezug zu dem von Ahab errichteten Baalstempel (I Reg 16,32) her. Der Nordreichkönig habe die Stätte für seine tyrische Gemahlin einrichten lassen. Vorsichtiger rechnet WEIPPERT, Palästina, 622 f., die Anlage unter die in ihrer Deutung als Kultstätten unsicheren Belege für Heiligtümer in der Eisen-II-C-Zeit, ohne eine Verbindung zur ad. Überlieferung herzustellen. ZWICKEL, Tempelkult, 248, lehnt eine kultische Interpretation der Anlage überhaupt ab: „Der Befund an diesem Ort ist ein typisches Beispiel für die beliebte Praxis der Archäologen, alles nicht Erklärbare als kultisch zu bezeichnen." Zur Kritik vgl. auch NIEMANN, Herrschaft, 215, Anm. 175. 321
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
143
sen-II-Zeit der römische Augustustempel herhalten, sofern man mit der Voraussetzung einer lokalen Kontinuität heiliger Stätten operiert.325 Innerhalb der atl. Überlieferung hat man neben Hos 8,5aa.6b und 10,5.7326 noch Am 6,1 (vgl. 4,1);327 8,14 und I Reg 16,32; Mi 1,6 f.328 ins Gespräch gebracht. Die epigraphische Tradition liefert in dem Bericht Sargon II. über die Eroberung Samarias329 und in den Inschriften von Kuntillet Agrud330 entsprechende Anhaltspunkte. a) I Reg 16,32 In I Reg 16,32 heißt es im Rahmen des dtr. redigierten Berichtes über den Regierungsantritt Ahabs (I Reg 16,29-33), 331 der König habe im „Hause des Baal, das er zu Samaria gebaut hatte", einen „Altar für den Baal" errichtet. Dabei ist es durchaus zweifelhaft, ob der Vers überhaupt dem urkundlichen Material zugerechnet werden darf. Was hätte man in den Annalen festhalten wollen? Die Errichtung eines dem Baal geweihten Altars in einem Baalheiligtum dünkt einen so abweg nicht, daß es eigens einer Erwähnung in den offiziellen Urkunden des Königshauses würdig gewesen wäre. Um der Tautologie von V32a und V32b zu entgehen, bezweifelt man ζ. T. die Ursprünglichkeit der Lesart !»yan ira. Timm hat in diesem Zusammenhang auf die LXX-Lesart έν οϊκω των προσοχθισμάτων verwiesen. Da προσόχθισμα in der LXX (neben βδέλυγμα und εϊδωλον) sonst für die Übersetzung mit der Wurzel γρν gebildeter Fremdgötterbezeichnungen Verwendung finde (I Reg 11,5.7.33; II Reg 23,12 f.), a-sip» aber im M T teilweise α-ηϊ>κ verdrängt habe, sei in I Reg 16,32 in Analogie zur Ersetzung von α-ηϊ>κ durch G-sipw das Gottesapellativum durch byn verdrängt worden. Als ursprüngliche Lesart zieht Timm deshalb Ο'π^κ ira in Erwägung, was dann als Zeugnis für die Existenz eines Jahwetempels in Samaria gelten könne.332 Tatsächlich ergäbe V32 so einen viel besseren Sinn. Ahab hätte einen Baals.ltar in einem Jahwetempel errichtet. Doch stellt schon die Annahme, crni>x sei in I Reg 11,5.7 und II Reg 23,13 durch a-sip® ersetzt worden, eine kaum zu beweisende Vermutung dar. Die Argumentation Timms wäre nur dann plausibel, wenn im M T nicht 325
Vgl. TIMM, Dynastie, 148.
326
V g l . ANDERSEN/FREEDMAN, H o s e a ,
327
V g l . ANDERSEN/FREEDMANN, e b d .
328
V g l . TIMM, D y n a s t i e ,
329
V g l . T U A T I, 3 8 2 = T G I N r . 3 0 ; vgl. TIMM, D y n a s t i e , 1 5 4 f.
330
OLYAN, A s h e r a h , 3 4 f.; KEEL/UEHLINGER, G ö t t i n n e n , 2 5 9 .
331
556.
151-155.
Als dtr. Zutaten wird man auf alle Fälle die Bewertungen V30.31a.bß.33b ansehen müssen. Evtl. geht auch noch V33a mit der für den Vorwurf der Apostasie typischen Anklage, der König habe eine „Aschera" errichtet, auf die dtr. Redaktion zurück. 332 Vgl. Dynastie, 32 f. Diesem Urteil hat sich jüngst wieder NIEHR, Rise, 56, angeschlossen.
144
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
!>yan ira, sondern α-χιρ&π ira stünde.333 Im übrigen ist von einem n-a i>yan noch in den textkritisch unbedenklichen Stellen II Reg 10,21.23.27 die Rede. Alles in allem liefert I Reg 16,32 kein gesichertes historisches Hintergrundmaterial für Hos 8,5aa.6b. Nach II Reg 10,18 ff. ist das genannte Heiligtum ohnehin von Jehu entweiht und in Latrinen umfunktioniert worden. Von einer Wiederinbetriebnahme des Tempels erfährt man aus der Überlieferung nichts. b) Am 6,1 Sowohl die Parallelität von und ] N N » I N als auch der Ausdruck D T T B I fnat? "im334 könnten dafür sprechen, daß in Am 6,1 die Existenz eines Heiligtums in der Stadt Samaria vorausgesetzt wird, das in seiner Bedeutung Jerusalem in nichts nachstünde. Die Parallelität von frx und Jim® in ist freilich erst sekundär hergestellt worden. In dem Weheruf 5,18 folgt auf das "in ein Partizip. Eine adäquate Form findet sich auch in 6,1, wenn man ι p-sa π·::κ»π als judäische Redaktion betrachtet.335 Der Ausdruck ]nn® nna trrnaa kann ebenfalls nicht für ein Heiligtum in Samaria reklamiert werden. Thema des Kontextes336 ist nicht die religiöse Selbstsicherheit Samarias, sondern, wie man V3-6a entnehmen kann, der luxuriöse Lebensstil, der die Bewohner des Samariaberges den Unheilstag vergessen läßt. Soll a naa überhaupt transitiv verstanden werden, so gilt das Vertrauen nicht dem Heiligtum (vgl. Jer 7,14), sondern der die Sicherheit der Bewohner verbürgenden Lage der Stadt.337 Doch muß man a naa gar nicht im Sinne von „vertrauen a u f verstehen.338 naa kann auch intransitiv in der Bedeutung „sich sicher fühlen" verwendet werden.339 333
Um der Tautologie in I Reg 16,32 zu entgehen, bewertet man am besten !>ya!> in V32a und π in !>yan rra von V32b als dtr. Polemik. V32* teilt dann mit, daß Ahab einen Altar für den von ihm errichteten Baaltempel gestiftet hat 334 Die Präposition a dient häufig der Einführung des Objektes von naa (vgl. Dtn 28,52; Jdc 9,26; II Reg 19,10; Jes 26,4; Jer 5,17; 7,14; Ps 9,11; 21,8, 37,3; 125,1 u.ö.). Die Mehrzahl der Belege nennt Gott als den Gegenstand des Vertrauens (ζ. Β. II Reg 19,10; Jes 26,4; Ps 9,11; 21,8). In Jer 7,14 gar gilt das Vertrauen des Volkes „dem Hause, das nach meinem Namen genannt wurde". 335
V g l . MARTI, D o d e k a p r o p h e t o n ,
1 9 8 ; WOLFF, A m o s , 3 1 4 f.; ROTTZOLL, S t u d i e n ,
154-
156. „Zion" begegnet im Amosbuch sonst nur noch innerhalb des redaktionellen Verses 1,2. ,Juda" ist ebenfalls nicht im genuin amosischen Spruchgut beheimatet (nur 2,4 f.; 7,12). 336 Vlbß-2.6b und R N : in V5b sind redaktionell; vgl. WOLFF, Amos, 314-318. 337 Vgl. Dtn 28,52; Jer 5,17. 338 Vgl. WOLFF, Arnos, 318. 339 Vgl. die bei Ges17, sub naa, Kai 2., 92, angegebenen Stellen. Der Redaktor, der für ι |vsa Ο'υκΒΠ verantwortlich ist, hat, wie die Parallele naa II puts zeigt, naa ebenfalls intransitiv verstanden (die Paarung naa II jaro begegnet in demselben Sinne wie in Am 6,1 noch in Jes 32,9.11).
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
145
]nn» i m wäre dann wie in Am 4,1 (vgl. 3,9: G) als Ortsangabe zu deuten.340 c) Am 8,14 Am 8,14 bildet mit VI3 zusammen ein Gerichtswort über die „schönen Mädchen" und „die Jünglinge" (VI 3), also über den „in kräftiger Jugendfülle stehende(n) Teil des Volkes".341 Ihnen wird das Schwören bei (i •-ja»]) der Jim» na»K bzw. der Schwur vor Wesen, die mit ρ und yi® -wn i m benannt werden, zur Last gelegt. Daß es sich bei diesen Größen um göttliche Wesen handeln muß, zeigt einerseits ρ η-π!»κ,342 anderseits aber auch die Einleitung der Schwurformeln in VI 4b mit "Π, das in der Regel der Eröffnung eines Schwurs bei einer Gottheit dient (vgl. I Sam 19,6; Hos 4,15; Jer 5,2; 12,16; 23,7 f. u.ö.). Weist die hier genannte pm» mux auf kultische Aktivitäten in der Nordreichshauptstadt? Eine Entscheidung in dieser Sache wird weniger von dem nahezu ausweglosen Versuch abhängen, die Wendungen Jim» nn»x, ρ η-η!>κ und η-π yiw 1X3 zu rekonstruieren, als vielmehr davon, wie man den Akzent innerhalb des Scheltwortes VI4a setzen will. Ist der beklagte Umstand in der Vielzahl der Heiligtümer (Samaria, Dan und Beerscheba) als Orte der Eidesleistung zu sehen oder liegt die Betonung eher auf den Größen, bei denen geschworen wird? Im erstgenannten Falle wären die Adressaten eines Verstoßes gegen den Gedanken der Einheit Jahwes sowie der damit korrespondierenden Einheit des Heiligtums und folglich eines falschen Jahwekultes bezichtigt worden, 343 im zweiten einer Nivellierung des Grundsatzes der exklusiven Verehrung Jahwes.344 Dabei sprechen für die letztgenannte Möglichkeit nicht nur die Vermeidung des Jahwe-Namens und das distanzierende „dein Gott, Dan", sondern auch die Tatsache, daß das Schwören bei fremden Göttern seit dem 7. Jh. v. Chr. als theologischer Topos der Prophetie hinlänglich bekannt ist (Jer 5,7; 12,16; Zeph 1,5).345 In Jos 23,7 ist die Kritik am Tatbestand des Schwörens bei fremden Göttern in ein Verbot der Eides340 In Am 4,1 einen Hinweis auf ein samarisches Heiligtum zu erblicken, so offenbar ANDERSEN/FREEDMAN, Hosea, 556, gibt es keinen ernstzunehmenden Anlaß. 341 KEIL, Propheten, 229. 342 Der Ausdruck wird von K N A U F / D E PURY, *BaytDawid, UEHLINGER, Kultstatue, in Beziehung zu der auf dem 1993 publizierten Stelenfragment vom Tel Dan (BIRAN/NAVEH, Stele Fragment) bezeugten Wendung bytdwd mit der Lesung *baytdöd gebracht. Död sei dabei als Gottesname zu deuten. 343 So etwa KEIL, Propheten, 229; PROKSCH, Schriften, 95; WOLFF, Amos, 382; RUDOLPH, Amos, 269 f.; GESE, Frevel, 60 f.; R o n ZOLL, Studien, 268. 344
S o WEISER, P r o p h e t e n , 1 9 9 ; WILLI-PLEIN, V o r f o r m e n , 5 1 f.
345
V g l . WILLI-PLEIN, V o r f o r m e n , 5 1 f.
146
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
leistung bei fremden Göttern übergegangen. Dtn 6,13 nennt positiv das Gebot, (ausschließlich) bei Jahwe zu schwören. Am 8,14 wäre innerhalb dieser Entwicklung auf einer Ebene mit Jer 5,7 und Zeph 1,5 zu sehen.346 Die Ortsbezeichnungen Dan, Beerscheba und Samaria wird man also nicht sensu stricto verstehen dürfen. Sie haben vielmehr idealtypischen Charakter. Das wird allein daran deutlich, daß so bedeutende Heiligtümer wie Bethel und Gilgal hier nicht genannt werden (vgl. Am 4,4; 5,5). Dan und Beerscheba stehen für die äußersten Begrenzungen des Landes (Jdc 20,1; I Sam 3,20; II Sam 3,10; 17,11; 24,15 u. ö.). Samaria benennt entweder das Zentrum des Fremdgötterdienstes für die Zeit nach der assyrischen Eroberung (I Reg 17,24 ff.)347 oder das Nordreich in Gänze. Die Ortsbezeichnungen wollen demnach die totale Verfallenheit des ganzen Landes an den Götzendienst in der Zeit nach 720 v. Chr. zum Ausdruck bringen.348 Die Frage, welche Gottheiten konkret im Hintergrund der prophetischen Polemik stehen, ist aufgrund des mangelnden Vergleichsmaterials kaum zu beantworten.349 Deutlich ist, daß sich auch Am 8,14 nicht als religionsgeschichtlicher Hintergrund für Hos 8,5aa.6b auswerten läßt.
344 Diese Annahme setzt freilich voraus, daß Am 8,14 dem Grundbestand des Amosbuches abzusprechen ist. Das spätere redaktionelle Stadium von Am 8,13 f. signalisieren, wie bereits WOLFF, Amos, 372-374, herausgearbeitet hat, schon die Sprucheinführungen χίπη nra (vgl. Kinn a n n-m [V9] und α·κι n-n- run [Vll]), die sich in den älteren Spruchkompositionen des Amosbuches sonst nicht finden (nur noch 9,11 [redaktionell]; in 2,16; 8,3 als Abschluß eines Spruches mit nm~ [-NX] DXJ [ebenfalls redaktionell]). In 4,2 begegnet D"XA Π-Η- n:n als Einleitung eines Schwures, aber nicht als Sprucheinführung. - Aufs Ganze gesehen geben sich 8,8.9-14 als redaktionelle Arbeit zu erkennen, die sich dem Interesse verdankt, die mit 5,1 beginnende Einheit unter Rückbindung an 5,1.2 konklusionsartig abzuschließen (vgl. die Stichwortaufnahme: na-p!> [8,10], n^wnn [8,13] und ny imp- xS>i i!>sn [8,14b]). 8,14 setzt mit seinem genuinen Kontext demnach bereits die Überschrift 5,1 voraus. Dabei wird das in 5,1.2 noch unmittelbar für die Gegenwart erwartete Gericht (vgl. 5,2: ni>DJ [perf., vgl. 8,2!] in die weitere Zukunft hinein verlängert (vgl. 8,14b: i!>aji [w-perf.] und die Sprucheinführungen). - Zur Spätansetzung von 8,14 vgl. weiterhin: RUDOLPH, Arnos, 269; WILLIPLEIN, Vorformen; 52, ÜEISSLER, Propheten I, 130; JEREMIAS, Arnos, 118-122; ROTTZOLL, Studien, 266-269, u. a.). 347 So mit Recht WILLI-PLEIN, Vorformen, 51 f. jna® nasx kann auf das Stierbild von Bethel gedeutet werden: vgl. KEIL, Propheten, 2 2 9 ; WELLHAUSEN, Propheten, 9 3 f., der allerdings den Ausdruck |πη® ηηβχ nicht für amosisch hält, u.a.; NOWACK, Propheten, 163, vermutet ursprüngliches iwra !>xa. 548 ROTTZOLL, Studien, 266-269, nimmt für Am 8,14 sogar nach-dtr. Herkunft an. 349 Man hat sich wegen der Unverständlichkeit der Ausdrücke jnair nnsx und yio nxa i m immer wieder mit Textänderungen zu helfen versucht (vgl. WOLFF, Arnos, 372). Dabei kandidieren Jim® na®* (vgl. II Reg 17,30); msx (vgl. I Reg 16,33; II Reg 17,16); !>xrra !>xn. Gegen alle Textänderungen ist der Vorschlag Η. M. BARSTADs, Polemics, 143 ff., zu bedenken, daß sich hinter )nnu nnsx eine bewußte Verballhornung einer Gottesbezeichnung in Analogie zu - n®2 verbergen könnte. Zu alternativen Lesarten für ya» nxs "|"n vgl. WOLFF, Arnos, 372. Die von SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 262, angeregte Einfügung von η^η vor
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
147
d) Mi 1,6 f. Nach der Buchüberschrift (1,1), einer einleitenden Theophanieschilderung (1,2-4) und einer Überleitung (1,5) 350 präsentieren 1,6 f. den ersten Prophetenspruch des Michabuches. Er kündet Samaria die vollständige Zerstörung. Die Stadt wird bis auf ihre Fundamente abgetragen, das Steinmaterial den Felshang hinabgestürzt (V6). V7a gibt, indem er die Zerstörung des Kultinventars der Stadt ansagt, dem Spruch über die Verwüstung der Stadt hinaus noch einen weiteren Akzent. Samaria erscheint - gerade im Zusammenhang mit dem allerdings redaktionellen V5 - 351 als kultisches Zentrum Israels. Dabei bezeichnen die •"^"DD plastische Götterbilder als Kultbilder.352 Abgesehen von Jdc 3,19.26 353 wird das Nomen JOD354 im atl. Sprachgebrauch durchgehend polemisch verwendet. Ebenso stehen hinter •-asy plastische Darstellungen von Gottheiten.355 5,12, die einzige Stelle, an der D'^OS neben 1,7 im Michabuch noch genannt werden, beschreibt diese zusammen mit masn als γ τ nwyn (als Bezeichnung für Fremdgötter Dtn 4,28; 27,15; II Reg 19,18 [Jes 37,19]; 22,17; Jer 1,16; 10,3; Hos 14,4; Ps 115,4; 135,15; II Chr 32,19; 34,25). 356 5,13 stellt ihnen noch •""IBX zur Seite.357 Die ERB-OD weisen hier also ebenfalls auf Fremdkulte. Betrachtet man Mi 1,6 f. durch die Brille der Literar- und Redaktionskritik, so wird deutlich, daß diese Stelle nichts über die kultischen Verhältnisse im Samaria des 8. Jh.s aussagt. V6 droht Samaria die totale Vernichtung an. V7a schränkt diese Androhung sofort wieder ein. Nicht die Stadt, sondern die Kultgegenstände fallen der Zerstörung anheim. V7b handelt wieder wie selbstverständlich von der Stadt und ihren Bewohnern. Hinzu kommt, daß ρηκ in 1,7a (Plural!) eine andere Bedeutung hat als in 1,7b. Meint es dort brennbare Gegenstände (offensichtlich Kultsymbole), so steht es hier für den „Hurenlohn". 358 Demnach dürfte sich V7a einer späteren Bearbeitung verdanken, die kaum mehr in die Zeit vor 720 fällt, jar* von V7b wird aber nicht mit Götzendienst in Verbindung zu bringen sein. Vielmehr spricht die Fortführung i i w hjit μηκ Tjn dafür, sie als eine Art Entlohnung für die Unterwürfigkeit gegenüber Assyrien zu verstehen.359 S a m a r i a ist bloße Vermutung. Sie setzt außerdem ein noch intaktes K ö n i g t u m f ü r die Zeit der A b f a s s u n g des T e x t e s voraus. 350 351 352 353 354 355 356 357 358
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Zur
Woi-FF, M i c h a , 16. WOLFF, a . a . O . , 1 5 . 2 0 f . DOHMEN, Bilderverbot, 4 1 - 4 8 ; SCHROER, Bilder, 3 0 4 - 3 0 7 . d a z u SCHROER, Bilder, 3 0 7 - 3 1 0 . Herleitung des Plurals D^-DD aus I>0D vgl. DOHMEN, !>-DD* - !>OD.
Vgl. SCHROER, Bilder, 3 1 5 - 3 1 7 . Vgl. WILLI-PLEIN, V o r f o r m e n , 96. Evtl. ist -|-n-x zu konjizieren: vgl. WOLFF, M i c h a , 132. Vgl. WOLFF, M i c h a , 11.
148
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
e) „die Götter, auf die sie vertrauten" In dem Bericht Sargons II. auf dem Kalah-Prisma heißt es in bezug auf die Eroberung Samarias: „27.280 Einwohner nebst Streitwagen und den Göttern, auf die sie vertrauten, rechnete ich als Beute." 360
Timm hat diesen Text für die Frage nach einem Heiligtum in Samaria in die Waagschale geworfen.361 Allerdings ist die Wendung ilani tiklisu{nu) fester Topos assyrischer Eroberungsberichte.362 Uber die tatsächlichen Verhältnisse in Samaria ist ihm nichts zu entnehmen. f) pn» mrr Neben den oben besprochenen Zeugnissen ist nun auch das in einer Pithosinschrift aus Kuntillet Agmd}63 belegte Syntagma pn® mrr als Indiz für die Existenz eines Jahwe-Tempels in Samaria angeführt worden. Die Inschrift hat folgenden Wortlaut: KAgr(9):8 D3jix: r m a [ ]v npyrin [•φπ-^: ιηκ: ·|[ ]η[ ]x: i n « n m w ^ i : pnw: πιη-ϊ>
2 1 2
Gesagt hat [..]: Sprich zu [..] und zu Yau'asa und zu [..] Ich segne euch gegenüber Jahwe smmiM und seiner Aschera.
Der Gattung nach handelt es sich bei diesem epigraphischen Zeugnis um eine „Briefeinleitungsformel mit Grußformel", 365 bestehend aus einer „verbal konstruierten Anrede mit Botenübermitdungsformel" ("][··]η[··]χ ι η κ [· ]ι nwyrh [••Jbn-^ m«)366 und einer „Grußformel" in Form eines „Segensgrußes" (nmiM^i inn» mn-i» ddhx n s - n ) . 3 6 7 359 Vgl. WOLFF, Micha, 27. V. FRITZ, Wort, vollzieht keine literarkritische Scheidung zwischen V6 und V7, ordnet aber den Text insgesamt der exilischen Zeit zu. 360 Zitiert nach TUAT I, 382, 31-34 ( = TGI Nr. 30). 361 Vgl. Dynastie, 154 f. 362 Belege bei BECKING, Fall, 31, Anm. 48. 363 Die von Z. MESHEL zunächst als Heiligtum gedeutete Anlage (vgl. dazu KEEL/UEHLINGER, Göttinnen, 281) wird heute zumeist als Karawanenserei (so P. BECK, Drawings, 61 f.; J. M. HADLEY, Drawings, u. a., zuletzt KEEL/UEHLINGER, Göttinnen, 238. 280 f.) interpretiert. Nach WEIPPERT, Palästina, 618, diente die Anlage als „Wegstation" und „Pilgerheiligtum" zugleich. Auf keine breitere Akzeptanz konnte die Deutung LEMAIREs als Schule stoßen:
vgl. DERS., E c o l e s , 2 5 - 3 3 ; z u r Kritik: P . H Ö F K E N , B i O r 4 1 , 364
449-453.
Bei RENZ/RÖLLIG, 61, mit „(?) von Samaria" wiedergegeben.
365
Vgl. RENZ/RÖLLIG, H a n d b u c h I, 62.
366
V g l . R E N Z / R Ö L L I G , H a n d b u c h I I / L , 9.
367
Vgl. RENZ/RÖLLIG, a . a . O . ,
14.
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
149
Für unseren Zusammenhang kommt der Frage, was man sich unter der Wendung p a » mrr vorzustellen hat, eine besondere Bedeutung zu. Zunächst wurde sie von Meshel in seinem 1978 für das Israel-Museum erstellten Katalog mit „our guardian" wiedergegeben.368 Hinter dieser Ubersetzung steht die Deutung von paw als na» Qal part. act. mit defektiv geschriebenem Suff. 1. pl. com. Schon ein Jahr später brachte M. Gilula369 den Vorschlag auf, pa® als Toponym für die Hauptstadt des Nordreiches zu lesen. Ihm folgten zunächst Emerton370 und Weinfeld371. Freilich hat es von Anfang an auch Skepsis gegen diese Interpretation gegeben. So plädierte J. Naveh weiterhin für die Übersetzung „our guardian"372 und zog eine Parallele von paw zu dem Ausdruck m x a i der Inschrift Kom(8):3 , 3373 - allerdings in der Lesung " α : („mein Beschützer").374 Die Deutung von pa® als Toponym wurde durch zwei weitere Inschriften auf einem anderen Pithos aus Kuntillet Agrud angeregt: 1 2
KAgr(9):9,l-9 κ r-inx -rw: !> τη
3 4 5
[n]x: o^wn ·)> ηιΐ3Ί3 [ . . . π]ιπ
6
A-: ΠΙΠΒΧΪΊ
7 8
T i n t n : "p [J]*TX: ay:
9
-N-I
[...]-
1 2
'Amaryau Sprich z u meinem Herrn
3 4 J 6 7
G e h t es di[r] gut? Ich segne dich gegenüber Jahw [ e . . .] 3 7 5 und durch seine Aschera. Er segne dich und behüte dich
8 9
und sei mit meinem Her[r]n . . . 368
Vgl. HADLEY, Drawings; zum folgenden Forschungsrückblick vgl. DIES., a. a. O. Vgl. Yahweh Shomeron, XV-XVI (engl, summary). 370 Vgl. Light, passim. 371 Vgl. Inscriptions. 372 Vgl. Graffiti, 29, Anm 9. 373 Vgl. RENZ/RÖLLIG, Handbuch I, 202-213. 374 Zu Schwierigkeiten dieser Lesung und Alternativdeutungen vgl. RENZ/RÖLLIG, Handbuch I, 209, Anm. 2. 375 Bei RENZ/RÖLLIG, Handbuch I, 62, als zerstörter Text ausgewiesen. Die Herausgeber füllen die Lücke in Anlehnung an WEINFELD und HADLEY mit „(?) von Teman" (Literatur ebd.). 369
150
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
KAgr(9):10 1
rrai!>3 in- :τί>
2
[· πηχ] jan vxa i>x«r ι»κ !>3
πιπ»κ!>ι: jnnn: mrr!>
1
Mit allem, was er erbat von irgendjemandem, hat [man ihn] gnädig bedacht [..], und Jahwe hat ihm gemäß seinem Wunsche gegeben (?) durch 376 Jahwe von Teman und seine Aschera.
2
Wiederum liegt eine „Briefeinleitungsformel mit Grußformel" vor.377 Gegenüber KAgr(9):8 fällt sie vor allem durch eine Erweiterung in der Grußformel auf: Bestand diese dort nur aus dem Segensgruß, so finden sich hier neben dem Segensgruß eine Segensformel ("pnsri "pi") und eine Beistandsformel ([.. .]~[j]"tn -n-i).378 KAgr(9):10 ist formgeschichtlich schwieriger einzuordnen. Vermutlich handelt es sich ebenfalls um ein Fragment aus einem Briefformular.379 Auf jeden Fall findet sich wie in KAgr(9):8 f. auch hier (zumindest torsohaft) der Segensgruß (jnnn mn-S» Π7Π®ΚΪ>ΐ).380
Letzterer war es, der der Deutung von pnp in KAgr(9):8,2 auf Samaria den entscheidenden Impuls gab. Die Buchstabenfolge pnn in KAgr(9):10,2 ließ sich mit dem in Hab 3,3 als Ursprungsort der Theophanie Gottes (πι5»κ) erwähnten Teman identifizieren. Dieser Schritt erlaubte es, nicht nur die Lücke in KAgr(9):9,5 zu schließen,381 sondern vor allem pnn mrr und pn» mrr als parallele Ausdrücke zu verstehen. Nachdem schließlich Lemaire382 pn» mn- und pnn mrr mit dem in den Funden von Hirbet Beit Lei belegten Ausdruck „Gott Jerusalems" (•bwr -nbx)383 in Beziehung brachte,384 konnte die Interpretation von pn® als nomen proprium der Nordreichshauptstadt für gesichert gelten.385 Unter diesen Prämissen schien es dann auch „ein für allemal geklärt, daß Jahwe in der Hauptstadt des Nordreichs einen Tempel besaß".386 Fraglich muß jedoch bleiben, ob das die ratio cognoscendi leitende Analogon pnn mn- (KAgr[9]:10,2) wirklich mit J a h w e von Teman" wieder376
b instrumenti wäre an dieser Stelle allerdings singular.
377
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
378 379 380
381
RENZ/RÖLUG, RENZ/RÖLLIG, RENZ/RÖLUG, RENZ/RÖLUG,
Handbuch Handbuch Handbuch Handbuch
I, 62. I I / l , 14. I, 63 f. I I / l , 14.
So zuletzt auch wieder in RENZ/RÖLLIG, Handbuch I, 62.
382 Vgl, D a t e et origin, p a s s i m . 383
Vgl. BLay(7):l,2. Vgl. KAI 50,2 f.: brktyk. Ib'l Spn. wlkl Ί thpnhs („Ich segne dich gegenüber Baal Zaphon und allen Göttern von Tahpanhes"). 385 Auch MESHEL hat sich später dieser Deutung angeschlossen (vgl. HADLEY, Drawings, 384
193); vgl. w e i t e r h i n KEEL/UEHLINGER, G ö t t i n n e n , 255 ff.; MÜLLER, K o l l o q u i a l s p r a c h e , 26;
NLEHR, Rise, 57.59; vorsichtig auch RENZ/RÖLLIG, Handbuch I, 61, Anm.2. 386
KEEL/UEHLINGER, a. a. O . , 258 f.
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
151
zugeben ist. Der dritte Buchstabe, der gewöhnlich als a gelesen wird, ist korrupt. 387 Das π am Anfang des zweiten Wortes sperrt sich gegen die Lesung „Teman", weil dann der unwahrscheinliche Fall eines determinierten Toponyms vorläge. Es lassen sich demnach von den insgesamt vier Buchstaben | (?)n η rr gerade zwei sicher für die Deutung „Teman" beanspruchen. Die Ubersetzung von jnnn mrr mit J a h w e von Teman" kann also bestenfalls als Verlegenheitslösung in Ermangelung überzeugenderer Interpretationen gelten. Um eine im wissenschaftlichen Sinne gesicherte Lesart handelt es sich indes kaum.388 Hinzu kommt, daß bei keiner der sonst atl. wie epigraphisch belegten Segensgrüße Jahwe mit folgendem Toponym auftritt. 389 Überhaupt ist die Formation Jahwe + Toponym weder in der Epigraphik noch in der atl. Überlieferung bezeugt. Der im Kontext eines Lobpreises in BLay(7):l,2 erwähnte Ausdruck „Gott Jerusalems" 'πί>κ)390 verbindet nicht einen Gottesnamen, sondern ein Gottes appellativum mit einem Ortsnamen.391 Die Genitiwerbindung von Gottesnamen und Toponym ist - sieht man einmal von den hier in Frage stehenden Texten KAgr(9):10,2 und KAgr(9):8,2 ab - bislang nur aus der Umwelt Israels bekannt.392 Angesichts dieser Unsicherheit in bezug auf die Deutung von pnn m r in KAgr(9):10,2 erscheint es methodisch geraten, auf diesen Beleg für die Interpretation von p n » mrr in KAgr(9):8,2 zu verzichten. Dann aber spricht zumindest nichts gegen die Übersetzung mit „unser Beschützer". 393 Für eine Deutung als suffigiertes Partizip von ΊΠ® bietet die Segensformel in KAgr(9):9,6 f. einen gewissen Anhalt. Hier steht ebenfalls das Verb τη® in Gebrauch. Stellt man in Rechnung, daß sowohl KAgr(9):8 als auch KAgr(9):9,l-9 von derselben Hand stam-
Der Buchstabe ist in RENZ/RÖLLIG, Handbuch I, 64, mit einem circellus gekennzeichnet Vgl. WEIPPERT, Synkretismus, 171, Anm.40. D. CONRAD, TUAT I, 563, hält dagegen eine Verbform jtmn zu lesen für möglich. Tatsächlich können sich • und π paläographisch sehr nahe kommen (vgl. RENZ/RÖLLIG, Handbuch III, Tf. 3). Doch wie wäre diese Form zu deuten? 389 Die Parallelen sind Arad(8):40,3; Arad(6); 16,2 f.; 21,2 (vgl. RENZ/RÖLLIG, Handbuch II/l, 14.30). 3.0 Vgl. II Chr 32,19. 3.1 Darauf machen zu Recht RENZ/RÖLLIG, Handbuch I, 61, Anm. 2, aufmerksam. Sprachlich am nächsten käme einem Jahwe von Samaria/Teman" der Ausdruck -3-D πτ („dieser ist Sinait") mit Bezug auf Jahwe in Jdc 5,5. 392 Vgl. „Baal Zaphon", „Athirat von Tyrus", „Ischtar von Arbela", „Hadad von Sikani" u. a. 3,3 Daß bei letztgenannter Möglichkeit das Suffix in einer Defektivschreibung trotz ijatri (KAgr[9]:6,l) und uir (KAgr[9]:6,a) anzunehmen wäre, braucht nicht als Hindernis empfunden zu werden, „da die genannten Bspp. betontes /ü/plene schreiben, für das unbetonte /ü/ des Personalsuffixes zu dieser Zeit Vergleichbares nicht belegt ist" (RENZ/RÖLLIG, Handbuch I, 61, Anm. 2). 387 388
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
men,394 so könnte sich die Form pn» vom Fehlen der Segensformel in KAgr(9):8 her erklären. Der Schreiber hätte diese nicht der Form, wohl aber der Sache nach, in verdichteter Weise im Segensgruß von KAgr(9):8 verankert. Alles in allem läßt sich nicht ein positiver Beleg für die Existenz eines Heiligtums in Samaria für die Zeit nach der Jehurevolution beibringen. Aus diesem auffälligen Befund wird man aber nicht e silentio folgern dürfen, daß die Residenzstadt der Nordreichkönige zur Zeit des Auftretens Hoseas gänzlich ohne Kultstätte gewesen wäre.395 Dies ist schon aus allgemeinen Erwägungen heraus eher unwahrscheinlich. Eine andere Frage aber ist, ob man angesichts des Schweigens der atl. Tradition wie der „external evidences" über eine Stierbildverehrung in Samaria, die Anlaß zu der hoseanischen Polemik hätte geben können, den .Jungstier Samarias" in Hos 8,5aa.6b mit einem Kult in der Nordreichshauptstadt in Verbindung bringen sollte. Ein Bezug von Hos 8,5aa.6b auf das Betheler Heiligtum bietet nach wie vor die methodisch bessere Lösung. In Hos 8,5aa.6b liegt somit wie in 10,5-6a* ein Wort gegen den Betheler Kult vor. Entsprechend der Ankündigung von 10,6a wird in 8,5aa.6b dem Betheler Jungstierbild das Ende angesagt. Der Grund für diese Drohung ist auf der Ebene des älteren Hoseawortes nicht mehr zu erhellen. Daß der Jungstier als Repräsentant eines Fremdgottes dem Gericht verfällt, läßt sich 8,5aa.6b jedenfalls genauso wenig entnehmen wie 10,5-6a*.396 Das Drohwort Hos 8,5aa.6b im Kontext der Gottesrede Hos 8,la.2-3.4a.5aß.b.7-10a.b.l3bß Hos 8,5aa.6b hat, wie sich aus der literarkritischen und redaktionsgeschichtlichen Analyse von 8,1-14 ergab, nachträglich Aufnahme in die Gottesrede 8,la.2-3.4a.5aß.b.7-10a.b.l3bß gefunden. Es besteht nunmehr die Aufgabe, danach zu fragen, wie sich das Wort gegen den ,Jungstier Samarias" in der Perspektive seines neuen Kontextes liest resp. wie es seinerseits auf das Sinnprofil dieses Kontextes einwirkt.
394
m
Vgl. RENZ/RÖLLIG, H a n d b u c h I, 60.
Vgl. z . B . NIEMANN, Herrschaft, 2 1 3 - 2 1 5 : Er rechnet mit einem auf den Königshof beschränkten Kult in Samaria. m Auffällig ist auch die unterschiedliche Art der Vernichtung des Stierbildes inl0,6a und 8,5aa.6b. Während es dort von den Assyrern abtransportiert wird, soll es hier der Zerstörung preisgegeben werden. Oder ist ein gemeinsamer Nenner zwischen beiden Ansagen darin zu sehen, daß nur die Goldhaut des Bildes nach Assur wandert und der Holz- (oder Bronze-?) Kern im Lande verbleibt oder zerstört wird?
Anspielungen auf d a s Betheler Stierbild
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Das inhaltliche Gefälle der Gottesrede - zunächst noch ohne V5aa.6b - läßt sich wie folgt beschreiben: Via signalisiert das Heranrücken einer feindlichen Macht.397 Israel wendet sich daraufhin hilferufend an Jahwe (V2).398 Der Hilferuf bleibt jedoch ungehört, da Israel „das Gute" „verworfen" hat (V3a). „Ein Feind" wird Israel „verfolgen" (V3b). Die beiden sich anschließenden Abschnitte V4a.5aß.b und V7-10a konkretisieren den Generalvorwurf, Israel habe „das Gute" „verworfen", durch den Hinweis auf dessen eigenmächtiges Königsküren (V4a) und seine Bündnispolitik (V7-9). Die Strafandrohungen V5aß und VlOaß (oxnpx nny) geben als theologische Dimension zu erkennen, daß es Jahwe selbst ist, der hinter dem „Feind" von V3b steht. V10b.l3bß bringen die Rede wirkungsvoll zum Abschluß: Die (Tribut-) Last, unter der Israel zu leiden hat, reicht als Ziel der Verfolgung nicht aus (VI Ob). Israel muß „zurück nach Ägypten" (V13bß).399 Im Blick auf die Einfügung von V5aa.6b fällt auf, daß der Bearbeiter diese bewußt mit dem Wort gegen die Einsetzung der Könige (V4a.5aß.b) verzahnt. V4a weist phänomenologisch in den Kontext der Königsinvestitur.400 Den von Israel eingesetzten Königen fehlt es an göttlicher Legitimität. Dieser Mangel ist, wie das betonte απ am Anfang und der kompositorische Ort von V4a im Schuldaufweis zeigen, nicht auf Jahwe, sondern auf Israel selbst zurückzuführen. Durch die Einfügung von V5aa.6b erhält nun das -::nn xi> aus V4a ein Interpretament. „Nicht von mir" heißt positiv: „vom Jungstier Samarias". Israel ist von Königen regiert worden, die nicht von Gnaden Jahwes, sondern von Gnaden des Jungstiers existierten. Was jedoch in V4a und V5aa.6b als äußerster Kontrast formuliert ist, gehörte im Bewußtsein Israels aufs engste zusammen. Der König empfing selbstverständlich seine sakrale Würde und göttliche Legitimation von dem im Stierbild manifesten Gott. Genau dieser Zusammenhang wird aber durch V4a.5aa.6b bestritten. Auch bei scheinbarer (sc. rituell vermittelter) Sakralität der in Bethel eingesetzten Könige entbehren diese in Wirklichkeit der göttlichen Legiti-
3,7 D e n Ί » ] ( V I ; vgl. i - i x V 3 ) v e r s t e h t m a n a m b e s t e n als M e t a p h e r f ü r d a s s c h l a g k r ä f t i g v o r d r i n g e n d e A s s y r e r h e e r . M i t mn- 71-3 ist h i e r wie in 9 , 1 5 ( n u r r r n ; vgl. J e r 12,7; S a c h 9 , 8 ) d a s L a n d g e m e i n t E n t g e g e n d e r ü b l i c h e n D e u t u n g v o n V i a v e r s t e h t EMMERSON, S t r u c t u r e (vgl. DIES., H o s e a , 133), diesen n i c h t als Signalruf angesichts einer b e v o r s t e h e n d e n militärischen Invasion (vgl. WOLFF, H o s e a , 176; RUDOLPH, H o s e a , 161 f.; JEREMIAS, P r o p h e t , 104, u . a . ) , s o n d e r n n a c h (willkürlicher!) Ä n d e r u n g von I t h in ii»j als Bestandteil einer k u l t i s c h e n Z e r e m o n i e , w o b e i sich m n · i r n s t a t t auf d a s L a n d (vgl. 9, 8 [ ? ] . 1 5 ) auf d e n B e t h e l e r T e m p e l beziehe. 398 pyi s t e h t f ü r d e n H i l f e r u f d e s d u r c h die F r e m d v ö l k e r b e d r ä n g t e n Israel (vgl. J d c 3,9.15; 6,6; 10,10.14; I S a m 7,8 f.; I I C h r 3 2 , 1 9 u. ö.). 399 D a z u s . u . S. 1 8 5 f . 405
Z u Bethel als O r t d e r s a k r a l e n K ö n i g s i n v e s t i t u r s. o. S. 33 f.
154
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
mation. Das Gottessymbol des Reichsheiligtums repräsentiert nicht den Reichsgott Jahwe, weil die Möglichkeit einer kultischen Repräsentanz Gottes grundsätzlich in Frage steht. Die sakrale Königsinvestitur ist unfähig, dem König wirklich göttliche Legitimation zu verschaffen. Der genannte Sachverhalt gewinnt dadurch an Profil, daß V4a dem Königtum als solchem die göttliche Legitimität gar nicht streitig macht. Der Halbvers ergibt nur dann einen Sinn, wenn man unterstellt, daß der Autor grundsätzlich mit einem legitimen Königtum ,νοη Jahwe her' rechnet. Es wird ja nicht bemängelt, daß Israel überhaupt Könige eingesetzt hat, sondern daß „sie" (an) es - jenseits von Jahwe (-jjnn κί>) - taten. Worin die Legitimität der Könige sich hätte äußern können, wenn nicht in einer sakralen Investitur, läßt sich allerdings nur via negativa aus dem Erscheinungsbild des Königtums erschließen: 1,4b
Noch kurze Zeit, dann suche ich heim die Blutschulden von Jesreel am Hause Jehu . . .
7,3-7
Mit ihrer Bosheit beglücken sie den König, mit ihrer Falschheit Beamte. ,Sie' gleichen einem brennenden Ofen, dessen Bäcker das Schüren einstellt vom Kneten des Teigs bis zu seiner Durchsäuerung. Am Tag ,ihres' Königs schwächten sie die Beamten mit der Glut vom Wein; dessen Gewalt riß die Großspurigen hin. Ja, sie hatten sich genaht wie ein Ofen, ihr Herz voller Hinterlist: Die ganze Nacht schlief ihre , Leidenschaft', am Morgen brannte sie auf wie loderndes Feuer. Sie alle glühen wie ein Ofen und fressen ihre Richter. Alle ihre Könige sind gestürzt keiner von ihnen ruft mich an.401
9,15bß
All ihre Beamten sind aufrührerisch
Die realpolitischen Erfahrungen, die in diesen Versen angesprochen werden, lassen sich in einem Satz zusammenfassen: „... von den fünf Königen, die zwischen 747 und 732 den Thron bestiegen, starb nur einer eines natürlichen Todes .. ."402 Diese „Abfolge blutiger Revolutionen"403 401
Übersetzung nach JEREMIAS, Prophet, 90; zum Text vgl. ebd.
402
JEREMIAS, Prophet, 31.
403
Vgl. JEREMIAS, ebd. Auch 1,4 fügt sich in diesen Zusammenhang, sofern der Vers „zwar
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
155
ist das innenpolitische Markenzeichen des Königtums in den letzten Jahrzehnten des Nordreiches. Nach außen macht es keineswegs eine bessere Figur: 7,11
Ägypten riefen sie, (nach) Assur gingen sie.
Weit entfernt, Quelle göttlichen Segens zu sein (vgl. Ps 21,7) und Gerechtigkeit (pis) und Heil (m!>©) „sprossen" zu lassen (Ps 72,7 m ), herrschen die Könige innen durch Mord und Totschlag und gebärden sich nach draußen wie ein schwankendes Schilfrohr. Es ist demnach das faktische Erscheinungsbild des Königtums, das die Hoseatradition zu dem Urteil der Jahwe-losigkeit des israelitischen Königtums führt resp. es zum Ausdruck des Zornes Jahwes über Israel werden läßt. Damit aber wird ein Kriterium erkennbar, nach dem sich hoseanischen Maßstäben zufolge beurteilen läßt, ob ein König ,νοη Jahwe' ist oder nicht. Die Legitimität der Könige entscheidet sich an ihren Taten.m Blickt man aus dieser Perspektive auf den Zusammenhang von Königsinvestitur und Bethelthematik in Hos 8,4a.5.6b, so läßt sich die hier manifeste Bestreitung der sakralen Würde der in Bethel eingesetzten Könige theologisch präziser erfassen. Der Redaktor stellt letztlich die Legitimität des Königtums allein auf der Grundlage einer sakralen Königsinvestitur in Frage.406 Jene ist vielmehr an die konkreten Taten des Königs gebunden und - wie die Gottesgegenwart in hoseanischer Konzeption überhaupt ethisch dimensioniert. Der Bearbeiter führt somit die Logik der im vorigen Kapitel beschriebenen Kultkritik gegen die Königstheologie ins Feld - und zwar an einem Punkt, wo das Ineinander von Kult und Königtum als ein reales Phänomen mit Händen zu greifen war.407 Eine ähnliche Tendenz wie in 8,4a.5.6b zeigt sich auch in 13,9-11:
vordergründig auf die Revolution Jehus abzielt, diese aber nicht um ihrer selbst willen nennt, sondern als Ausgangspunkt bzw. Modell eines Blutvergießens, das die Gestalt des Königtums in Hoseas eigener Zeit prägt" (JEREMIAS, ebd.). 404 Zum Text vgl. BHS. 405 Zur Königskritik im Hoseabuch insgesamt s.u. S. 158, Anm.420. 406 Daß in 8,4a nicht nur von einer Königs-, sondern auch von einer Beamteneinsetzung die Rede ist, stellt den hier rekonstruierten Zusammenhang nicht in Frage, wenn man annimmt, daß V5aa.6b weniger auf V4aß als vielmehr auf V4aa hin eingefügt wurden. 407 Auf die Verflechtung von Kult und Königtum hat vor allem UTZSCHNEIDER, Hosea, 66 ff., mit Nachdruck hingewiesen. Er betont dabei besonders die „Komplexität der geschichtlichen und institutionalen Sachverhalte" (a. a. O., 68). Uns kam es in diesem Abschnitt darauf an, daneben auf die vergleichbare „Logik" der von der Hoseatradition attackierten impliziten Kult- und Königstheologie aufmerksam zu machen.
156 9 10
11
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Deine Vernichtung, Israel, ja durch mich, deine Hilfe, (geschieht sie).a) Wo a) (wird dann) dein König (sein), wo, daß er dich rette in all deinen Städten, [und deine Richter, von denen du sagtest: Gib mir einen König und Beamte?] Gab ich dir einen König in meinem Zorn, so nahm ich ihn wieder in meinem Grimm.
9 a) Vgl. V: perditio tm Israhel tantummodo in me auxilium tuum. Die 3. sg. in M T rührt von V8 her. Die nominale Deutung von -|iiro wird durch G (xfj διαφτορα) und "inya im Parallelstichos gestützt, was gegen eine Punktierung nach S in die 1. sg. com. spricht (Wolff, Hosea, 285.287; Rudolph, Hosea, 236.238; Jeremias, Prophet, 159, u. a.). Unnötig ist die beliebte Änderung von "3 in -a (vgl. G und S). 10 a) Dialektbedingte Variante zu rrx (vgl. GK 28 § 1501)? Die Bedeutung „wo" wird durch 13,14 und G S Τ V gestützt. 13,9-11 bilden zwischen 13,4- 8408 und 13,12-15 einen eigenständigen Abschnitt. Formal ergibt sich durch die Einführung der Größe „Israel" in V9 (vgl. VI 2: „Ephraim") eine Zäsur. Israel erscheint durchgehend in der Anrede, während in V5-6 und VI2-15 vom Volk in der 3.Ps. gehandelt wird. Inhaltlich kreisen V9-11 um das Thema ,Königtum', das sonst in 13,1-14,1 keine weitere Rolle spielt. VI Ob stellt vor literarkritische Probleme. Der Halbvers läßt sich fast wörtlich auf I Sam 8,6 zurückführen. Die Nähe zwischen beiden Textstellen spricht für literarische Abhängigkeit. Dabei bietet I Sam 8,6 die Vorlage für Hos 13,10b. Während I Sam 8,6 in seinen Kontext integriert ist, fällt Hos 13,10b durch seinen prosaischen Charakter aus seiner unmittelbaren Umgebung heraus. Im Blick auf I Sam 8,6 (vgl. V5) kann kein Zweifel bestehen, daß mit den O~BDP in Hos 13,10 die Könige gemeint sind.409 Dann aber verwundert der Plural bei dem sonstigen Gebrauch von ηί>η im Singular. Hinzu kommt, daß im Gegensatz zu I Sam 8,6 für Hos 13,10b ein erzählerischer Kontext fehlt. Hos 13,10b ist demnach als spätere Bearbeitung zu betrachten.410 V9-10a.ll stellen vermutlich ein Einzelwort dar. Der Spruch gliedert sich in drei Teile: V9 droht Israel den Untergang an, VI 0a verweist auf die Ohnmächtigkeit des Königs zum Zeitpunkt des Eintreffens der Katastrophe, VI 1 begründet, warum der König das Geschick nicht zu wenden vermag. Das Wort datiert in eine Zeit, in der das Königtum noch bestand, das Ende des Reiches sich aber schon abzeichnete. Unter Voraussetzung der Annahme Rudolphs, wonach die Verwendung der Wurzel yv- in V10 mit dem Namen des Königs Hosea ben Ela spiele,411 datiert der Text in die Zeit der Regentschaft des letzten Nordreichkönigs (731-723).
*» Vgl. zu 13,1-14,1 insgesamt S. 173 f. Entsprechend heißen die Beamten in Hos 13,10 wie fast durchgängig im Hoseabuch Ü-IB; D-BDB n u r n o c h in 7 , 7 . 410 411
So schon MARTI, Dodekapropheton, 102; vgl. BHS. Vgl. Hosea, 245.
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
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VI 1 hat nicht einen bestimmten König, sondern das Königtum im Blick, erscheint indeterminiert. Die Imperfektformen lassen an eine iterative Aussage denken. 412 Uber V l l gehen die Meinungen weit auseinander. Während Sellin den Satz auf das Königtum Sauls bezogen wissen will,413 sieht Wolff alle Könige von Saul bis zu Hosea ben Ela angesprochen.414 Rudolph wiederum klammert David aus dieser Reihe aus und bezieht V l l auf die Könige des Nordreiches.415 Nach Utzschneider stehen das frühere, von Jahwe eingesetzte Königtum und „das Handeln Jahwes am Königtum zur Zeit Hoseas in ,antithetischer Parallele'".416 Jeremias sieht in 13,9-11 das Königtum grundsätzlich verworfen: „Im Königtum wird der Untergang Israels vorweg erfahren. Allerdings bezeugen die Verben , geben' und ,nehmen' in V l l , daß Hosea bei aller Grundsätzlichkeit des Urteils das Königtum im Blick hat, wie es von seiner historischen Gestalt, d. h. besonders von den blutigen Revolutionen der letzten Jahrzehnte, unablösbar ist."417 Das , Geben' des Königs hat man sich wiederum im institutionellen Rahmen der Königsinvestitur in Bethel vorzustellen. In Entsprechung zu 8,4a steht das Königtum dennoch unter Jahwes Zorn. Dabei darf man die beiden widerstrebenden Aspekte in VI 1 nicht streng kontradiktorisch verstehen. Schon gar nicht ist das Königtum als , Strafgabe' Jahwes im Blick.418 Daß Hosea in V i l a Jahwe trotz seines „Zornes" als Geber des Königtums erkennt, verwundert indes nicht Ein rein profanes Königtum ist für den alten Orient unvorstellbar. Hosea argumentiert von den Voraussetzungen der geistigen Welt her, in der er lebt.419 Die Aussage, daß Jahwe das von ihm eingesetzte Königtum unter seinen Zorn stellt, versteht man am besten als theologischen Reflex auf die realen Zustände des Nordreichkönigtums in den letzten Jahren seiner Existenz. Das real existierende Königtum erscheint damit paradoxerweise zwar als theonom, aber dennoch als von Jahwe nicht gewollt. Es ist de iure von ia
413
Vgl. ζ. B. RUDOLPH, H o s e a , 245.
Vgl. Zwölfprophetenbuch, 132; neuerdings wieder STUART, Hosea, 206. 411 Vgl. Hosea, 295 f. 415 Hosea, 244. 416 Hosea, 125. 417 Prophet, 1 6 5 ; ähnlich auch wieder MOENIKES: „ J H W H gab das Königtum im Zorn, weil er es . . . gegen seinen Willen gab" (Ablehnung, 198 f.). 418 Vgl. CRÜSEMANN: „Das Königtum k o m m t . . . nicht einfach ohne Jahwes Willen zustande, . . . sondern wird von ihm selbst errichtet, muß aber als Ausdruck einer strafenden Haltung gegen Israel angesehen werden" (Widerstand, 91). Dann wäre, wie MOENIKES, Ablehnung, 198, Anm. 93, bemerkt, „die (sc. in V l l b angesagte) Beseitigung des Königtums die Aufhebung der Strafe". 419 Anders UTZSCHNEIDER, Hosea, 1 2 3 - 1 2 8 . Doch schließen die von ihm konstatierte Bindung des Königs an das Volk und eine „unmittelbare Interaktion zwischen Jahwe und dem König" (a.a.O., 134) einander nicht aus.
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Jahwe gesetzt, de facto aber von ihm verworfen. Dementsprechend kann Jahwe seinen Repräsentanten das Königtum entziehen, wann immer er will.420 Die Bearbeitung Hos 8,4b Veranschlagt man für 8,4b nachträgliche Redaktion, liegt die Annahme nahe, daß der Halbvers im Blick auf die i»jy-Problematik von V5a.6b hin eingetragen wurde. Die Kritik am Betheler Staatskult wird auf die Bilderproblematik zugespitzt. Der (V5a.6b) soll in eine Reihe mit den crnxy gestellt und somit als nxy diffamiert werden. Die Formulierung von V4b steht der mutmaßlich ursprünglichen Fassung des dekalogischen Bilderverbotes (Ex 20,4; Dtn 5,8), als dessen Grundform der Prohibitiv 420
Es ist immer wieder die Frage gestellt worden, ob Hosea das Königtum generell verworfen habe (so ζ. B. WOLFF, Hosea, 295; neuerdings wieder MOENIKES, Ablehnung, 206-208) oder ob sich seine Kritik nur auf die Mißstände des Königtums seiner Zeit beziehe (so CROSEMANN, Widerstand, 89-94; UTZSCHNEIDER, Hosea, 125). Die einschlägigen Stellen zum Thema finden sich außer in 13,9-11 in 1,4; 3,4; 7,3-7; 8,4a; 9,15; 10,3 f.7.15. 7,3-7 hat die Hofrevolten unter den Nachfolgern Jerobeams II. im Blick, 10,3 f. deren außenpolitisches Agieren (10,3f. gehören nicht zum originären Spruchgut: s.o. S. 105f.). Entsprechend verhalten sich die Dinge im Grundbestand von 13,9-11. 10,7.15 beziehen sich auf das Ergehen des Königs und tragen f ü r die Frage nach der Bewertung des Königtums nichts aus. D e r späte Vers 8,4a läßt offen, ob er nur über die letzten Könige oder über das gesamte Königtum urteilt. Eine Königskritik grundsätzlicher Art zeigt die Interpolation 13,10b, insofern sie bis in die Zeit Sauls zurückgreift und 13,9-11* im Sinne der grundsätzlichen Königskritik von I Sam 8 liest Eine ähnliche Tendenz zeigt möglicherweise 9,15 bei Bezug auf den Gilgal bei Sichern (vgl. I Sam 11,14 f. - vgl. ζ. B. SELLIN, Gilgal, 11 f.; DERS., Zwölfprophetenbuch, 100 f.; WOLFF, Hosea, 217; JEREMIAS, Prophet, 124; MOENIKES, Ablehnung, 189-191, u.a.), w o f ü r besonders 0"tt> am Schluß des Verses spricht. Grundsätzlich ist auch eine Anspielung auf aktuelle Ereignisse wie in 6,7-9 (vgl. RUDOLPH, Hosea, 188) nicht auszuschließen. H i n z u kommt ein literarkritischer Vorbehalt. D e r Schlußsatz D m ® D"-NO, der wegen ARR-IB wesentlich zu einer Deutung von 9,15 auf die Einsetzung Sauls beiträgt, klappt nach der verkappten Unheilsandrohung nrurw ηοικ x!> merkwürdig nach und erinnert an Jes 1,23. 1,4 versteht das Königtum des Nordreiches paradigmatisch von Jehu her (vgl. JEREMIAS, Prophet, 30 f.). Eine prinzipielle Kritik läßt sich, einmal davon abgesehen, wie es um die H e r k u n f t von 1,4 bestellt ist, aus dieser Stelle nicht ableiten. In 3,4 ist ausgerechnet die Zeit des Gerichtes (nicht des Heils!) eine Zeit ohne König. Aus den genannten Beobachtungen ist zu schließen, daß für das ältere prophetische Spruchgut im H o seabuch nicht mit einer grundsätzlichen Ablehnung des Königtums zu rechnen ist. Schon gar nicht steht die Institution des Königtums in Frage (vgl. A. CAQUOT, Osee, 138; SCHMIDT, Kritik, 450; CRÜSEMANN, Widerstand, 89 ff.; GNUSE, Calf, 89, Anm. 20; ALBERTZ, Religionsgeschichte I, 166 f., u. a.). Eindeutig greifbar wird eine grundsätzlich ablehnende Tendenz gegenüber dem Königtum nur in 13,10b. Hier hat ein späterer Bearbeiter der prophetischen Uberlieferung die prophetische Kritik am Königtum des 8.Jh.s v . C h r . in die Vergangenheit bis auf Saul hin verlängert und im Eindruck von I Sam 8 das Königtum postum verworfen. - Versuche, die Königskritik im Hoseabuch von einem charismatischen (so im Anschluß an ALTS Erwägungen: J. DE FRAINE, L'aspect, 147-153; WOLFF; Hosea, 178; MAYS, Hosea, 117) oder theokratischen (vgl. JACOB, Osee, 62; G. ÖSTBORN, Yahwe, 55) Ideal her zu verstehen, vermögen kaum zu überzeugen.
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Anspielungen auf das Betheler Stierbild
-|!> n»jm κί> anzusetzen ist,421 auffallend nahe. Hier wie dort findet sich das Verb n»y mit folgendem durch !> + Suff, ausgedrücktem dativus commodi und anschließendem Kultobjekt, dessen Herstellung verboten wird. Daraus ergibt sich die Frage, ob Hos 8,4b vor dem Hintergrund des dekalogischen Bilderverbotes formuliert worden ist.422 Neben den Gemeinsamkeiten von Hos 8,4b zum dekalogischen Bilderverbot sind jedoch die gravierenden Unterschiede kaum zu übersehen. Der hier verwendete Terminus asy als Bezeichnung des hergestellten Kultobjektes gehört nicht in das Umfeld des dekalogischen Bilderverbotes. Auch erscheint in Hos 8,4b in auffälliger Weise das Material akzentuiert, aus dem die Bilder gefertigt werden, was im Bilderverbot des Dekalogs aber überhaupt keine Rolle spielt. Es dürften demnach diejenigen Exegeten im Recht sein, die Hos 8,4b zur Vorgeschichte des Bilderverbotes rechnen.423 Worauf zielt Hos 8,4b? Gewöhnlich sieht man die polemische Spitze in der Wahl des Terminus D-axy (vgl. 4,17; 13,2; 14,9) für die Gottesbilder. Dabei sei craxy, wie in jüngerer Zeit besonders im Anschluß an Dohmen angenommen wird, „Sammelbegriff für die Götterbilder der nichtisraelitischen (!) Religionen".424 Für diese Diagnose spräche die Mehrzahl der insgesamt 17 Belege für craxy, die explizit einen Bezug auf fremde Gottheiten erkennen lasse (vgl. I Sam 31,9; II Sam 5,21; Jes 46,1; 50,2; Ps 106,36.38; 115,4; 135,15; I Chr 10,9), zum andern aber die Homonymität der Wurzeln I axy ,bilden, gestalten' und II axy ,kränken, betrüben', die beide in dem Nomen axy mitzuhören wären.425 Bei dem letztgenannten Gesichtspunkt handelt es sich allerdings um eine Behauptung, die sich nur schwerlich wird nachweisen lassen. Die Homonymität zweier Wurzeln begründet noch nicht deren sachlichen Zusammenhang. Auch das mehrheitliche Vorkommen von O'axy im Kontext der Fremdgötterpolemik kann für das Verständnis der (mutmaßlich älteren) hoseanischen Belege nicht ohne weiteres herangezogen werden. S»OD
421
V g l . DOHMEN, B i l d e r v e r b o t , 2 2 3 f.
422
S o RUDOLPH, H o s e a , 1 6 3 ; vgl. ROBINSON, H o s e a , 3 2 , d e r E x 3 4 , 1 7 (J); 2 0 , 4 ( E ) als
Hintergrund angibt Vorsichtig unkonkret WOLFF, Hosea, 179: „Darin, daß die Herstellung der Götterbilder im Widerspruch zum Willen Gottes steht, stimmt Hosea mit dem apodiktischen Gottesrecht überein (Ex 20 3 f. [sie!] 34 17 Lev 19 4) ..JEREMIAS, Prophet, 107, denkt an den „Bruch des l.(!) Gebotes". 423
V g l . HOSSFELD, D e k a l o g , 2 7 2 ; DOHMEN, B i l d e r v e r b o t , 2 5 9 f. NEEF,
Heilstraditionen,
192-194, rechnet dagegen damit, daß Hosea bereits auf eine „Dekalogtradition zurückgreifen" (S.193) konnte. 424
425
B i l d e r v e r b o t , 2 5 9 ; vgl. SCHROER, B i l d e r , 3 1 5 ; A . GRAUPNER, i s y , 3 0 2 .
Vgl. DOHMEN, Bilderverbot, 259; auf die Homonymität von I ,bilden, gestalten' und II aüy ,kränken, betrüben' im Zusammenhang der o-asy hat schon C. R NORTH, Idolatry, 154, aufmerksam gemacht; vgl. WOLFF, Hosea, 178; GRAUPNER, a . a . O . , 303.
160
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Die Stellen, an denen der Ausdruck D-asy explizit als Fremdgötterterminus Verwendung findet (s. o.), fallen sämtlich in dtr. und nach-dtr. Zeit. Von den verbleibenden Belegen (Jes 10,11; Hos 4,17; 8,4; 13,2; 14,9; Mi 1,7; Sach 13,2; II Chr 24,18) ließen sich den literarischen Bereichen nach, innerhalb derer sie anzutreffen sind, die Stellen Jes 10,11; Hos 4,17; 8,4; 13,2; 14,9 und Mi 1,7 einer vom Geist der Deuteronomisten unberührten Zeit zuweisen. Doch ist auch für Jes 10,11 und Mi 1,7 eine vor-dtr. Herkunft bezweifelt worden.426 Wie sich noch ergeben wird, läßt Hos 13,2 ebenfalls dtr. Einfluß erkennen. In 4,17 liegt ein späterer Zusatz innerhalb des ohnehin kaum „hoseanischen" Stückes 4,16-19 vor.427 Blickt man in die kommentierende Literatur, so stellt man für 4,16a fest, daß dieser Vers in der Regel präsentisch übersetzt wird. 428 Das Perfekt n o legt aber eher eine präteritale Ubersetzung nahe. VI 6a wäre dann als Rückblick in die Vergangenheit Israels zu verstehen. 429 Eine weitere Schwierigkeit besteht in der Übersetzung von VI 6b. Beliebt ist die Wiedergabe als rhetorische Frage.430 Eine solche Übersetzung ist zwar grammatisch grundsätzlich möglich. 431 Ein stärker akzentuiertes dramatisches Gefälle ergibt sich aber, wenn man V16b indikativisch-präsentisch 432 und Ί Ί Ϊ in V19a als resultatives Perfekt übersetzt. Funktional wäre VI 6a dann als Schuldaufweis zu verstehen, VI 6b wie VI 9a als Schilderung der gegenwärtigen Gerichtssituation. 433
426
Zu Mi 1,7 vgl. WOLFF, Micha, 11, und oben S. 147; zu Jes 10,11 vgl. B. S. CHILDS, Isaiah, 42; H. BARTH, Jesaja-Worte, 23; KAISER, Jesaja, 220. 427 Dazu ausführlich: NISSINEN, Prophetie, 1 1 8 - 1 2 8 . 1 3 3 , sowie F. G A N G L O F F / J . - C . HAELEWYCK, Osee 4,17-19; H. PFEIFFER, Zechen; zum Folgenden DERS., a.a.O., 500f. 428
Vgl. ζ. B. SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 58; WOLFF, Hosea, 88; WEISER, Propheten,
4 9 ; ROBINSON, H o s e a , 2 0 ; JEREMIAS, P r o p h e t , 6 4 . 429
Vgl.
430
V g l . HITZIG, P r o p h e t e n , 2 2 ; WELLHAUSEN, P r o p h e t e n , 1 1 2 ; SELLIN, Z w ö l f p r o p h e t e n -
NISSINEN,
Prophetie,
119.
buch, 6 1 ; RUDOLPH, Hosea, 1 0 7 ; WOLFF, Hosea, 114f.; JEREMIAS, Prophet, 7 2 , u. a. 431 Vgl. GK28 § 150a. 432 Zu nny mit folgendem Imperfekt nach einem Geschichtsrückblick in präsentischer Bedeutung vgl. Hos 10,2.3; 13,2. 433 Zu dieser Deutung von VI 6b vgl. NISSINEN, Prophetie, 222 f. Eine gewisse Schwierigkeit dieser Interpretation besteht natürlich darin, daß das Bild von Jahwe als dem Hirten sonst positiv besetzt ist. Entsprechendes gilt für das Nomen nmn. Im Gegensatz zu diesem Sprachgebrauch ist in Hab 1,6 allerdings von den fηκη -ama als den „Enden der Erde", dem Operationsgebiet der Chaldäer, die Rede. An unserer Stelle dürfte amn Ausdruck für die Diaspora sein, nyn wird in Stellen wie Jer 2,16 und 22,22 als Terminus für das Gericht über Israel (2,16) bzw. seine Hirten (22,22) gebraucht. Wenngleich hier die Fremdvölker (und nicht Jahwe selbst) das Subjekt von rtjn stellen, so ist dieses Geschehen dennoch „theonom" gedacht In Ps 49,15 weidet der Tod das Kleinvieh „Mensch" (|Kis). Die Assyrer erscheinen in Mi 5,5 als Objekt des Weidens „mit dem Schwert". Hos 4,16b ist alles in allem wohl so zu verstehen, daß Jahwe die Schafe nunmehr so weidet, daß sie sich notwendig in der Ferne verirren. Das Gegenbeispiel eines solchen Hirten liefert der gute Hirte von Mt 18,12-14 par. - Zum „Wind" als Metapher für die Fremdvölker vgl. z.B. Hos 12,2.
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
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Blickt man von hier aus auf die V17.18a.ba.ß', so leuchtet deren Funktion sofort ein: sie sollen die Begründung des Gerichtes von VI 6a kommentieren, indem sie dessen Metaphorik mittels Nennung der Vergehen Götzendienst, Saufen und Huren konkret füllen. In jedem Falle werden durch VI 7 f. die Gerichtsaussagen von VI 6b und VI 9a massiv unterbrochen. Daraus darf der Schluß gezogen werden, daß V17f. von einer anderen Hand stammen müssen als V16.19a.434 Zweifelhaft ist aber auch die Ursprünglichkeit von VI 9b. Das Tempus wechselt vom Perfekt (V19a) zum Imperfekt. Dem Halbvers kommt - wie auch V17.18a.ba.ß' - die Funktion zu, n o von V16a auszulegen. 435 Als Grundschicht von 4,16-19 ergibt sich somit folgende geschichtstheologische Reflexion: 16
Wie eine störrische Jungkuh war Israel störrisch. Nun weidet sie Jahwe wie Lämmer in der Ferne. 19a Ein Wind hat sie in seine Hügel gewickelt. Die Grundschicht in 4,16-19 setzt mindestens das Ende des Nordreiches, wenn nicht gar das Datum 587 v.Chr. voraus. 436 Die Bilderpoemik in 4,17 ist entsprechend später anzusetzen. 14,9 ist kaum jünger als 4,17. Über innere Schichtung und Datierung von 14,2-9 besteht in der Forschung nach wie vor ein Dissens. Während die ältere Exegese V2-9 insgesamt als nachhoseanisch (meist exilisch oder nachexilisch) einstuft, 437 neigt man in jüngerer Zeit dazu, wenn nicht die gesamte Einheit, 438 so doch wenigstens Teile derselben für „hoseanisch" zu halten. So rechnet Emmerson mit einer Komposition dreier, von einem judäischen Redaktor zusammengestellter Einzelworte (2-4.5-8.9). 439 Bei Naumann schmilzt der hoseanische Grundbestand schon auf die Einzelworte V5.6-8.9 zusammen, während die V2-4 sowie die gesamte Komposition V2-9 den Hoseatradenten zuzuschreiben wären. 440 Seifert schließlich begrenzt das hoseanische Gut auf V5.441 V2-9 ist jedoch kaum aus V5-9 herausgewachsen, wie die Autorin vermutet. V5 kann nie isoliert gestanden haben, da den Plural-Suffixen
434
V g l . NlSSINEN, P r o p h e t i e ,
118-128.133.
435
Möglicherweise steht die Ergänzung in VI 9b im Eindruck von Jer 22,22 (vgl. ~®3Ji), wo sich eine ähnliche Metaphorik wie in Hos 4,19a findet 436 Neben Hos 4,16 bietet Jeremia die ältesten Belege für njn als Gerichtsterminus (s. Anm. 433). 437 Vgl. WELLHAUSEN, Propheten, 20; DUHM, Anmerkungen, 42; MARTI, Dodekapropheton, 105; NOWACK, Propheten, 79. 438
SELLIN, Z w ö l f p r o p h e t e n b u c h , 1 3 8 ; RUDOLPH, H o s e a , 2 5 0 ; WEISER, P r o p h e t e n , 101 f.;
KINET, Ba'al, 121 mit 304, Anm. 103. 439
Vgl. H o s e a ,
46-55.151-155.
440
Vgl. Erben,
122-147.
441
Vgl. Reden, 230-234. V2-4 führt die Autorin auf Hoseaschüler zurück, die „in Verbindung mit Kreisen um Jesaja standen" (a. a. O., 234).
162
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
ohne V2-4 der notwendige Bezug fehlte. D. h.: V5 setzt - unter Aufnahme von Kap. 1 1 - 442 V2-4 fort. Für die Rekonstruktion der Genese von 14,2-9 sind vor allem folgende Beobachtungen relevant: 14,2-9 bringt das Hoseabuch (vorläufig: vgl. 14,10) zum Abschluß, behauptet also eine kompositorische Extremstellung, die geradezu zu Bearbeitungen einlädt. Der gesamte Abschnitt gliedert sich grob in zwei Teile. V2-4 rufen als Prophetenrede Israel zur Umkehr auf. Die Verheißung V5-9 ist auf der Ebene der Letztgestalt als Reaktion auf die Umkehr gedacht Daß dieser Zusammenhang nicht ursprünglich sein kann, 443 ist in der neueren Diskussion wiederholt festgestellt worden.444 Im Gegensatz zu V2-4 erscheint Israel in V5-9 nicht mehr in der Anrede, sondern in der besprochenen Person. Grund der göttlichen Heilsmitteilung in V5-9 ist nicht die Buße Israels, sondern der alleinige Heilswille Gottes (V5). Wörtliche Berührungen zwischen V2-4 und V5-9 beschränken sich auf 3iv (V2.5). Thematisch sind V4 und V9 lose über die in beiden Versen verhandelte Bilderproblematik verbunden. Eine eigenartige Stellung im Ganzen nimmt der hier interessierende V9445 ein. Die Erhörungszusage in V9b kommt nach der Heilsverheißung (V5-8) zu spät. V5-8 unterbrechen die Bilderthematik von V4a und V9a. Aus diesen Beobachtungen ist zu schließen, daß die V5-8 den Zusammenhang von V2-4.9 sekundär zerstören. V9 folgte also einmal auf V4a.446 Während die Literargeschichte von V5.6-8 hier nicht weiter verfolgt zu werden braucht, ist die Frage nach der Herkunft von V9 für unsere Diskussion von Bedeutung. In V9 liegt Gottes-, in V2-4a Prophetenrede vor. Beide Teile gehören also kaum ursprünglich zusammen. Gegen die Annahme, hinter V9 verberge sich ein selbständiges Prophetenwort, spricht der Umstand, daß eine formgeschichdiche Zuordnung zur prophetischen Rede nicht gelingen will.447 V9 ist vielmehr von vornherein als literarisches Produkt zu betrachten. In diesem Zusammenhang fällt die Nennung von „Ephraim" im Kontext der n-asy in V9 auf. Sie weckt eindeutig Assoziationen an den erst aus nachexilischer Zeit stammenden Vers 4,17.448 Dies läßt den Schluß zu, daß 14,9 entweder unter dem Eindruck von 4,17 verfaßt worden ist oder von demselben (nachexilischen) Verfasser stammt. Die relative Chronologie innerhalb von 14,2 ff. vermag die Spätdatierung von 14,9 zu stützen. V2-4a sollten - trotz des Numeruswechsels - nicht auseinandergerissen werden.449 Spätestens V4a signalisiert mit der Wendung neya U-T", daß V2-4a nicht aus vor-dtr. Zeit stammen.450 V2-4a aber markieren nach unserer Analyse den terminus a quo für V9. 442
Vgl. dazu im einzelnen SEIFERT, a. a. O., 233. So noch SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 137; RUDOLPH, Hosea, 250; WEISER, Propheten, 101 f. 443
444
Vgl. JEREMIAS, Prophet, 169; NAUMANN, Erben, 122 f.; WACKER, Figurationen, 251; SEIFERT, Reden, 230. 445
Lies mit G und S i!> statt ·*> (Verschreibung). Zu der Glossierung V4b vgl. zusammenfassend NAUMANN, Erben, 144-147. 447 So auch NAUMANN, Erben, 131, Anm. 42, - freilich ohne die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. 448 Zu 4,17 s.o. 449 So SEIFERT, Reden, 231 f. mit Anm. 36, zu Recht gegen JEREMIAS, Prophet, 169. 450 Dazu s.u. S. 170. 446
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
163
Die Interpretation von trasy in 8,4b hat somit keinen weiteren Anhalt als den genuinen Kontext dieser Stelle selbst. Dieser signalisiert in keiner Weise Fremdgötterproblematik. Die Vermutung, der Terminus craxy sei erst nachträglich zu einem götzenpolemischen Begriff geworden, läßt sich demnach nicht von vornherein von der Hand weisen. Den Schlüssel für die Deutung des Halbverses dürfte der syntaktisch auffällige Schluß ms- jyni» liefern. Bemerkenswert an dieser Formulierung ist, daß nicht etwa D-isy, wie man zunächst erwarten möchte,451 sondern onrm naoa Subjekt des Nebensatzes ist. Der (göttliche?) Angriff auf die Gottesbilder erfolgt als Angriff auf deren Material Dieser Vorgang leuchtet nur dann ein, wenn man die Bedeutung der beiden Edelmetalle insbesondere des Goldes - für die Bildtheologie innerhalb der vorderorientalischen Religionen bedenkt. Gerade Gold garantiert hier die numinose Macht des Gottesbildes.452 Neben ästhetischen Gesichtspunkten sind es die Eigenschaften der Reinheit und Unzerstörbarkeit, die dieses Metall zur Manifestation des Numinosen geeignet erscheinen lassen. In Ägypten ist sogar die Rede davon, daß Gold die Materie des Re und darüber hinaus die aller Götter sei.453 Die mythisch-numinose Dimension der Edelmetalle Gold und Silber ist auch im AT präsent.454 Die in Hos 8,4b angekündigte Zerstörung von Gold und Silber an den Gottesbildern gemeint sind wohl gold- oder silberbeschlagene Figuren - ist damit als Angriff auf die numinose Macht der Bilder zu verstehen. Um dies zum Ausdruck zu bringen, wird dann auch die umständlichere Formulierung ma- |yni> mit Bezug auf Darm ddds statt des einfacheren irna- ]yai> mit Bezug auf craxy in Kauf genommen. Die Eigenart des Sprachgebrauchs läßt vermuten, daß der Autor von V4b gerade in dem die Numinosität der Götterbilder bewirkenden Material das Anstößige an den Bildern sieht. Vor dem Hintergrund der Kritik am Betheler Staatskult, wie sie in der ihm vorliegenden Einheit 8,4-6* und in 10,5 f. zu Tage tritt, wird ein solcher Vorbehalt insofern verständlich, als die Bilder die Präsenz der Gottheit in Gold und Silber zu bannen versprechen. Sie wollen somit die Anwesenheit Gottes garantieren. Genau 451
Vgl. G S V Τ L.
452
V g l . L. STORK, G o l d , 7 2 5 - 7 3 1 ; J. B O E S E / W . F. L E E M A N S / H . V. Ο Τ Γ Ε Ν / U . RÜSS, G o l d ;
B. KEDAR-KOPFSTEIN, ANI, 5 3 4 f f . 453
Vgl. D. ARNOLD, Goldverkleidung, 755; STORK, Gold, 729 f. Vgl. etwa die „goldenen Schellen" (Ex 28,33b-35), die Aaron vor dem Tode aufgrund der Begegnung mit dem Heiligen schützen sollen, oder das Jahwe geweihte goldene Stirnblatt (Ex 28,36-38), das vor Jahwe angesichts kultischer Verfehlungen wohlgefällig ( ] i n ) macht Weitere Beispiele: I Sam 6,4; evtl. Ex 32,20: dazu: KEDAR-KOPFSTEIN, A TIT, 542. Zu Gold und Silber als Weihegaben für Jahwe vgl. Jos 6,19; I Reg 15,15; I Chr 29,3-9; Esr 8,25; Num 31,52 u. ö.; zur Bedeutung von Gold und Silber für die Ausstattung des Jerusalemer Tempels: I Reg 6; 7,13 ff. (vgl. Ex 25-31; 35-39). 454
164
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
dies macht sie dem Verfasser von V4b in dem Maße suspekt, wie der Autor von 10,5 f.* den Betheler Kult für fragwürdig erachtet, weil der Kult die Rettung durch Jahwe zu garantieren versprach, und wie den Bearbeitern, die im Anschluß an 10,5 f.* das Drohwort 8,5aa.6b in 8,4a.5aß.b einbringen, weil sie in Bethel ein Unterpfand illegitimer politischer Sicherheit wittern. Bei der Bilderpolemik von 8,4b handelt es sich demnach nicht um einen Spezialfall des Alleinverehrungsanspruches Jahwes. Der Vers zeigt vielmehr eine Bilderkritik, die die Kultkritk des Propheten auf die Präsenzsymbole der Gottheit zuspitzt. Jahwe hat mit den Bildern, die seine Gegenwart ,herbeizwingen' wollen, nichts gemein. Das Material, das die Gottheit anziehen soll, ist in Wirklichkeit nichts anderes als „ihr Silber" und „ihr Gold" (anders 2,10b,455 wo Jahwe als Geber von Silber und Gold erscheint) und fällt der Zerstörung anheim.456 Die Bearbeitung Hos 8,6a Bereits der vor-dtr. Zusatz 8,4b lehrt das Wesen der Gottesbilder in ihrer conditio humana zu sehen („ihr Silber"/„ihr Gold"). Der nachexilische Eintrag 8,6a macht sich diese Sicht ebenfalls zu eigen: Der Betheler Jungstier ist reine Handwerkerarbeit und als solche selbstverständlich „kein Gott". Gott und Bild gehören keinesfalls zuhauf. 8,6b wurzelt traditionsgeschichtlich in der nachexilischen Götzenpolemik. Diese entzündet sich, wie die einschlägigen Belege zeigen, an den Götterbildern der Fremdvölker (Dtn 4,28; II Reg 19,18; Jes 40,19 f.; 41,7; 44,13; 45,16; Jer 1,16b). Ist Hos 8,6a von diesem Hintergrund her zu lesen, so dürfte der Redaktor das Betheler Jungstierbild als Repräsentanten eines Fremdgottes verstanden haben, der ernstlich freilich keine Göttlichkeit beanspruchen kann.
2.2.3. „Sie küssen Kälber*: Hos 13,2 im Kontext von Hos 13,1-3 Hos 13,1-3: Übersetzung und Text 1
2
455 456
Als Ephraim redete, (entstand) Schrecken*'. Er erhob (die Stimme)b) in Israel. Da wurde er straffällig^ durch den Baal und starbd). Und nun fahren sie fort zu sündigen. Sie machten sich Gegossenes, aus ihrem Silber Götzenbilder nach ihrer Kunstfertigkeit*' - Handwerkerarbeit ist es gänzlichb). Vgl. JEREMIAS, Prophet, 44, Anm. 10. i m - ist wohl als passivum divinum gemeint.
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
3
165
„Ihnen"c), sagen sie, d) „(gelten) Menschenopfer*'". Sie küssen Kälber. Deshalb sollen sie werden wie Morgengewölk, wie Tau, der frühe schwindet, wie Spreu, die von der Tenne verweht3', wie Rauch aus der Luke.
1 a) nm ist hap. leg. G liest δικαιώματα (vgl. BHS: "mw/mmn). Dagegen ist zu Recht der Einwand erhoben worden, daß der Singular von min im Dodekapropheton von der LXX durchgängig mit νόμος, der Plural mit νόμιμα (Hos 8,12) übersetzt wird (vgl. Willi-Plein, Vorformen, 219). Umgekehrt steht δικαίωμα in den beiden Belegen des Zwölfprophetenbuches für mpn (Mi 6,16) und n-aapn (Mal 4,4). Mit α' (φρίκην) σ' θ' (τρόμον) und V (horror) ist am ehesten die Bedeutung „Zittern, Schrecken" anzusetzen, welche durch 1QH IV 33 sowie durch das aramäische und syrische Äquivalent für nm gestützt wird. - b) Ein intransitiver Gebrauch von κνι im Qal ist im AT nicht weiter belegt. Das folgende xm verlangt möglicherweise einen Nominalsatz in Parallele zu Vlaa. Dann wäre in das ptc. Nif. (xsr?) umzupunktieren (Wolff, Hosea, 286; Jeremias, Prophet, 158, u.a.). Möglich wäre auch, in Anlehnung an S xir: zu vokalisieren (Wellhausen, Propheten, 19; Robinson, Hosea, 48; Rudolph, Hosea, 237, u. a.). Eine Änderung der Punktation erübrigt sich, wenn man ΜΠ als elliptischen Ausdruck für χιπ K»J !>'ip (πκ) („er erhob seine Stimme") auffaßt. Die Wendung Hp (ηκ) x®: verbindet sich zwar häufig mit dem Verb nai (Gen 27,38; Jdc 2,4; I Sam 11,4 u. ö.). Doch ist eine entsprechende Konnotation, wie Jes 24,14 und Ps 93,3 zeigen, nicht zwangsläufig mit dieser Wendung gegeben. - c) G: και έθετο αύτά (Da-sri) geht wohl auf einen Lese- resp. Schreibfehler zurück. - d) Der Konjekturvorschlag rnn inn~i: „da starben seine Mannen" (Rudolph, Hosea, 237) ist unnötig. Die von Rudolph richtig erkannten inhaltlichen Probleme, die sich aus dem Ubergang von VI (Ephraim ist gestorben) zu V2 (Ephraim sündigt weiter) ergeben, provozieren eine literarkritische Lösung (s.u.). 2 a) Im Anschluß an G (κατ' εικόνα) und V (quasi similitudinem) schlägt BHS Tr:aii3 vor. i r j a m wird von der LXX jedoch nie mit είκών übersetzt (vgl. Neef, Heilstraditionen, 188). Eine Erklärung durch dialektbedingte Eigentümlichkeit des Nordreiches (Rudolph, Hosea, 237) befriedigt nicht. Wahrscheinlich liegt eine fehlerhafte Form (GK28 § 91e) für nnrnna vor. - b) Zur Form vgl. GK28 § 91d. - c) crrri>x (BHS, seit Stade) hat keinen Anhalt in den Versionen. - d) Zur Parenthese vgl. Ex 5,16 (s. Rudolph, Hosea, 237). - e) Der Sinn des MT ist seit jeher strittig. Will MT sagen „Menschenopferer küssen Kälber" (schon Raschi: s. Wünsche, Hosea, 553; vgl. Wolff, Hosea, 285, u. a.)? In welcher Beziehung steht dieser Satz dann aber zum vorhergehenden? Oder ist der Genitiv cnx -Π3Τ als genitivus explicativus zu verstehen im Sinne von „Opfernde der Gattung Mensch" (schon Kimchi: s. Wünsche, Hosea, 552 f.; vgl. Wellhausen, Propheten, 19)? Aber wer sollte sonst opfern, wenn nicht der Mensch? G liest Θύσατε ανθρώπους, sieht also in qin das Objekt und suggeriert statt des Partizips -Π2Τ den Imperativ inii oder das Perfekt ιπατ. In der Regel folgen die Ausleger entweder G ganz (vgl. Weiser, Propheten, 97; Robinson, Hosea, 48) oder übernehmen i n a T (Imperativ), ziehen jedoch üix als Subjekt zum nächsten Satz (Guthe, Prophet, 20; Rudolph,
166
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Hosea, 237; Jeremias, Prophet, 159). Doch erübrigt sich ein Eingriff in den Konsonantentext, wenn man nach -rm umpunktiert (vgl. Neef, Heilstraditionen, 188). Die Genitiwerbindung wäre dann als genitivus objectivus zu deuten. Daß der Prophet nach dieser Lösung Menschenopfer nur beiläufig erwähnte (so der Einwand Wellhausens: vgl. Propheten, 131), bliebe zwar auffällig, kann aber kaum ein ernstzunehmendes philologisches Hindernis darstellen. 3 a) iyo Po. begegnet nur an dieser Stelle. Man vokalisiert gewöhnlich nach dem sich besser fügenden Pu. (Ί?Ο;; vgl. BHS) „verweht, hinweggetrieben werden" um.
Analyse 13,1-3 präsentiert sich als Eingangsstück der größeren Einheit 13,1-14,1. 12,15 schlägt über die Assonanz von D " i n n n und n n m (VI) einen Bogen zu 12,1 zurück und beschließt 12,1-15. 457 Mit dem Ruf zur Rückkehr leitet 14,2 die auf 13,1 ff. folgende Einheit ein. 13,1 und 14,1 halten über das Stichwort das gesamte Stück 13,1-14,1 zusammen. Die Selbstvorstellung Jahwes und der Wechsel von der besprechenden Rede in die Anrede (V4) markieren zunächst eine Zäsur nach V3, so d a ß 13,1-3 einen Unterabschnitt innerhalb der Einheit 13,1-14,1 bilden. Dieser gliedert sich auf der Ebene des vorliegenden Textes in einen Geschichtsrückblick (VI), einen Schuldaufweis (V2) und eine Straf ansage (V3). D e r Abschnitt 13,1-3 weist zahlreiche Spannungen auf, die wiederum ein literarisches Wachstum signalisieren: VI steht der gesamten Einheit 13,1-14,1 als Uberschrift voran. 458 Er beschreibt aufs kürzeste gedrängt die Vergangenheit „Ephraims" in dem dreitaktigen Schema: Glorreicher Anfang 459 (Via) - Verschuldung ( V l b a ) - T o d (Vlbß). Welchen Vorgang V i a konkret im Auge hat, läßt sich kaum eindeutig erhellen. „Ephraim" steht - wie die Differenzierung zwischen „Ephraim" und „Israel" zeigt f ü r den dominierenden Stamm des Nordreiches (vgl. Gen 48,17-19; 49,26; Dtn 33,16; I Reg 11,26; 12,20; Jer 31,9). 460 Der Überschriftcharakter von 13,1 macht anderseits aber wahrscheinlich, d a ß „Ephraim" als metaphorischer Ausdruck f ü r das Nordreich insgesamt gebraucht ist.461 „Israel" meint dann die Summe der Einzelstämme (vgl. ζ. Β. II Sam 2,9; 5,1), also den Stämmeverband. 457 458 459
460
Dazu s.o. S.68. Dazu s.u. S. 173f. Vgl. JEREMIAS, Prophet, 1 6 t .
Anders WOLFF, Hosea, 292: „ . . . in Hoseas Sprache meint,Ephraim' längst nicht mehr den Stamm, sondern den Bezirk des Gebirges Ephraim . . . , in dem die Residenz Samaria liegt, ..."JEREMIAS, Prophet, 161, erinnert zu Recht an die in 13,1 zu beobachtende Anlehnung an „traditionelle Sprache von Stammessprüchen". 461 Insofern ist auch WOLFF Recht zu geben (vgl. Anm. 460).
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
167
V l a a und VI aß bilden zwei inhaltlich parallele Glieder. Dem „Schrekken" von V l a a entspricht das , Erheben (der Stimme)'462 in VI aß.463 D e r Ausdruck nn-i ( V l b ß ) ist erklärungsbedürftig. M a n denkt einerseits an Ereignisse aus der Frühgeschichte Israels. 464 Anderseits wird die ganze Geschichte Israels post lapsum als ein Sterben gesehen. 4 6 5 D i e neuere Auslegung deutet nn-i meist zeitgeschichtlich. Dabei stehen sowohl die seitens der Assyrer 733 v. Chr. erfolgte Abtrennung der transjordanischen und galiläischen Gebiete sowie der Jesreelebene v o m Nordreich Israel 466 als auch der völlige Untergang Israels im Jahre 720 4 6 7 zur Debatte. Gegen die erste Variante spricht, daß gerade das ephraimitische Gebiet von den assyrischen Annektionen verschont geblieben ist. 468 D e r zweiten Möglichkeit versucht man durch den Einwand zu begegnen, V 2 bezeuge die Weiterexistenz Ephraims in der Gegenwart des Sprechers. 469 D o c h nivelliert dieser Vorbehalt das literarische Verhältnis zwischen V I und V2.
V2aa 1 (»ani> ioor nnyi)470 verläßt die Perspektive des Rückblickes in die Vergangenheit und leitet in die Gegenwart über. V2aa 2 (naoa απί> i&>n 1 D - A X Y O [ N ] M N D D D O D H ) wendet ohne erkennbaren Anschluß an V2aa den Blick wieder in die Vergangenheit zurück (iwjri). Der Verdacht, daß beide Sätze nicht auf einer literarischen Ebene liegen können, ist kaum von der Hand zu weisen. Dabei dürfte, da V2aa 2 wegen des Narrativs als Fortsetzung von V2aa' eigentlich unmöglich ist, V2aa' den jüngeren Teil bieten. V2aa' läßt sich nur dann wirklich ein Sinn abgewinnen, wenn man ihn als nachträgliche Aktualisierung des Folgenden betrachtet. Geht V2aa' auf das Konto späterer Bearbeitung, so steht der Deutung von VI auf den Untergang des Nordreiches nichts mehr im Wege. VI will dann besagen, daß das Nordreich an seinem Baalsdienst zugrunde gegangen ist. V2* (ohne V2aa') bereichert diese Erklärung durch den Vorwurf des illegitimen Bilderdienstes. 462
S.o. S. 165, Textanm. lb). Zu inp> als Ausdruck der Mächtigkeit vgl. Ps 93,3. 464 RUDOLPH, Hosea, 242, hat Num 25,9 im Auge: „unter den 24000, die damals starben . . . , waren sicherlich nicht wenige Ephraimiten". Jedoch erfährt man aus Num 25 nichts von einer maßgeblichen Beteiligung Ephraims. - Nicht ganz so weit geht WELLHAUSEN, Propheten, 130 f., in die Frühzeit zurück: „Untergegangen ist Ephraims Macht und Herrlichkeit nur einmal in der alten Geschichte, durch die Philister" (ähnlich NOWACK, Propheten, 75). Doch wirkt auch diese Vermutung nicht überzeugend. Das Hoseabuch kommt an keiner Stelle auf die Zeit der philistäischen Bedrohung zu sprechen. 445 Z.B. KEIL, Propheten, 109. NEEF, Heilstraditionen, 189f., denkt darüber hinaus noch an die Unmöglichkeit, Jahwe kultisch oder auf andere Weise zu dienen", da durch den Fremdkult „das Gespräch mit Jahwe unterbunden" worden war. 463
466
V g l . WOLFF, H o s e a , 2 9 2 ; MAYS, H o s e a ,
467
V g l . ROBINSON, H o s e a , 4 9 ; WILLI-PLEIN, V o r f o r m e n ,
468
Vgl. WILLI-PLEIN, Vorformen, 220; HAHN, Kalb, 357. Vgl. HAHN, Kalb, 357.
449
470
1 7 2 ; ÜEISSLER, P r o p h e t e n I, 5 7 .
Zur Formulierung vgl. Ex 9,34; Ps 78,17.
220.
168
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Allerdings gehört auch V2* nicht mit VI auf eine entstehungsgeschichtliche Ebene. Wäre dies der Fall, so bedürfte es der Klärung, warum der Verfasser die Herstellung von Gegossenem erst nach der Feststellung des Todes Ephraims zur Anklage erhebt. Einen sprachlichen Anhalt für die Annahme sekundären Zuwachses bietet der Numeruswechsel von Vi (sg.) zu V2 (pl.). V3 erweist sich als von V2 abhängig. Das mit p!> eingeleitete Drohwort471 gilt sicherlich nicht - wie zuweilen angenommen - den Bildern von V2,472 sondern den Götzendienern selbst.473 Das Metaphernrepertoire von V3a stammt aus 6,4, wo mit den gleichen Bildern die Flüchtigkeit des Umkehrwillens Israels beschrieben wird. Da Ephraim nach VI bereits tot ist, kann V3 nur auf Juda bezogen werden. Dann aber ist es sinnvoll, V3 auf einer Ebene mit der Aktualisierung V2aa' zu sehen. 13,1-3 hat demnach folgende Wachstumsphasen durchlaufen: Die Grundschicht bildet der Geschichtsrückblick VI. V2aa 2 ß.b ist sekundär als Exkurs zu DWtri (VI) eingebracht worden. Ein späterer Bearbeiter schließlich hat durch die Einfügung von V2aa'.3 aus diesem ein Unheilswort gestaltet.474 Die Anspielung auf den Stierkult verdankt sich somit erst redaktioneller Arbeit. Interpretation: Hos 13,2*
Für die hier zu diskutierende Bethelthematik ist einzig der Grundbestand von 13,2 ( = 2aa 2 ß.b) von Interesse. Wir beschränken uns deshalb im folgenden auf dieses Textsegment.
471
Innerhalb des Hoseabuches finden sich mit pi> eingeleitete Drohworte nur noch an den ebenfalls jüngeren Stellen 2,8.11.16. 472
V g l . EHRLICH, R a n d g l o s s e n , 2 0 7 ; SELLIN, Z w ö l f p r o p h e t e n b u c h , 1 3 0 ; RUDOLPH, H o s e a ,
243. 473 Vgl. WOLFF, Hosea, 293; JEREMIAS, Prophet, 163, u. a. DEISSLER, Propheten I, 58, sieht Götzenverehrer und Götzenbilder zugleich bedroht 474 13,1-3 sind literargeschichtlich bislang auf die unterschiedlichste Weise beurteilt worden. Zunächst war es V3a, der aufgrund seiner Nähe zu 6,4 auffällig geworden war (vgl.
WELLHAUSEN, P r o p h e t e n ,
1 3 1 ; MARTI, D o d e k a p r o p h e t o n ,
1 0 0 ; EHRLICH,
Randglossen,
207). In bezug auf V2 hat bereits MOTZKI, Beitrag, 483, den Verdacht dtr. Herkunft geäussert. HAHN, Kalb, 357, betrachtet lediglich V2b als Glosse. JEREMIAS, Prophet, 162 f., sieht in V2aß.ba.3 - wie in 8,6a - einen Redaktor deuterojesajanischer Schule am Werk. DOHMEN, Bilderverbot, 149, schreibt die Stücke V2aa 2 ß.by einem dtr. Redaktor zu. LANG, Jahwe-allein-Bewegung, 66, hält V2 insgesamt für redaktionell. NAUMANN, Erben, 120, Anm. 12, klagt gegenüber allen bisherigen Skeptikern „zureichende literarkritische Argumentationen" ein (Subjektwechsel [vgl. ebd.] und dtr./chr. profilierte Sprache [vgl. S. 121 mit Anm. 14 und 15] gelten ihm nicht als solche!) und erklärt V l - 3 insgesamt für hoseanisch (vgl. a. a. O., 118-121).
Anspielungen auf das Betheler Stierbild
169
Einen ersten Hinweis auf die geistige Heimat von V2aa 2 ß.b kann man dem Satz mon ΑΠΊ> IBJTI entnehmen. Die Formulierung erinnert an Dtn 9,12; II Reg 17,16; Ps 106,19: Hos 13,2 Dtn 9,12 II Reg 17,16 D'hy N-I© Ps 106,19 naoni> nmnri
naon πη> it>$n naon απ!» wy naon art IBJTI a-ma i®y-i
Den genannten Stellen ist gemeinsam, daß sie das Herstellen des Bildes nach der Struktur b nwy ( + Suff.) beschreiben. Diese Konstruktion liegt auch dem dekalogischen Bilderverbot zugrunde.475 Dtn 9,12 und II Reg 17,16 betonen ausdrücklich den Gesetzesbruch Israels. In keinem anderen Licht erscheint der späte Beleg Ps 106,19. Auch diejenigen Stellen, bei denen naon als nomen rectum der Konstruktus-Verbindung naon i>iy begegnet (Ex 32,4.8; Dtn 9,16; Neh 9,18), haben das Bilderverbot bereits im Rücken. Für Ex 32,8; Dtn 9,16; Neh 9,18 bereitet diese Annahme bereits aufgrund ihrer anerkannt späten Herkunft keine Schwierigkeiten. Im Unterschied zu diesen Stellen formuliert Ex 32,4 nicht mit !> n®y (+ Suff.). Doch sind VI-6, wie oben gezeigt,476 gut vor dem Hintergrund der Exilssituation verständlich. Dann aber liegt es nahe, π"ηί>χ u!> nvy oip in VI als kompositorischen Rückgriff auf Ex 20,23 (vgl. 32,31) zu verstehen.477 naon i>iy ist auf dem Horizont der Wendung naon -ni>K (Ex 34,17; Lev 19,4)478 zu interpretieren und bezeichnet demzufolge mehr als nur einen Jungstier in Schmiedearbeit"479. Hierzu passen sowohl die motivlichen Verbindungen zu Jdc 8,24 ff. und Jes 46,6 als auch die Destruktion der Numinosität des Stierbildes durch den Hinweis auf die profane Herkunft des Goldes, aus dem es gefertigt wurde (V2-4a). Der Eindruck einer Verwurzelung von Hos 13,2* in exilisch-nachexilischer Tradition und Sprache läßt sich durch weitere Gesichtspunkte erhärten. Betrachtet man den gesamten Teil V2aa 2 ß, so erinnert dieser an die Terminologie der nachexilischen Götzenpolemik, wie sie in Ps 115,4 und Ps 135,15 zu lesen ist: Hos 13,2n-vm n&yn π-asy a(ii):naiia nnoan . . . αηί> wy-i Ps 115,4 ms - τ n»yn ann ioa on-asy Ps 135,15 DTK - τ n&yn ann ·)03 O'un -axy 475 Dieses hat seine älteste Fassung erst durch die Deuteronomisten erfahren: vgl. zusammenfassend DOHMEN, Bilderverbot, 262-273. 476 S. o. S. 38 f. 477 Vgl. OTTO, Pentateuchredaktion, 85. 478 nnoa -ni>K in Ex 34,17 verdrängt im Einfluß von Ex 20,23 (~n!>x) das !>oo des dekalogischen Bilderverbotes (Dtn 5,8; Ex 20,4): vgl. DOHMEN, Bilderverbot, 180-184. Es sind also nicht, wie häufig angenommen (vgl. NoTH, Exodus, 217; F.-E. WLLMS, Bundesbuch, 161; HALBE, Privilegrecht, 216), Gußbilder als eine besondere Form von Götterbildern gemeint. 479 Vgl. DOHMEN, nnon, 1010f.l014; DERS., Bilderverbot, 53 f.; SCHROER, Bilder, 312.
170
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Der Ausdruck D-ιηκ (n)nn kommt ausschließlich in späteren Texten vor, namentlich bei Jer (vgl. Jer 14,15; 17,15; 27,9; Ez 21,5; vgl. an« D-mx: Jer 32,36.43; 33,10; Ez 20,32; II Chr 28,10.13).4SO Die Wendung |ΐρβτ läßt Assoziationen an I Reg 19,18 aufkommen.481 Aufgrund des stark literaturbezogenen Charakters von Hos 13,2 erklärt sich der Plural D'^y eher durch Abhängigkeit von I Reg 12,28 f. resp. II Reg 17,16 als durch eine Anspielung auf stiergestaltige Devotionalien in Form von Plaketten, Amuletten oder Statuetten.482 o-tnn npyn erinnert an nirya D-«nn - τ in Dtn 27,15 (vgl. tnn n®yn [Jer 10,9]; DTK -V niryn [Dtn 4,28; II Reg 19,18] und ηπ-v nwyn [Jer 1,16b]). Mit dem späten Text Dtn 27,15483 verbindet Hos 13,2 darüber hinaus die nur an diesen beiden Stellen belegte Verbindung von naon484 und D"tnn ( - τ ) neyn. Es ist anzunehmen, daß dem Autor von Hos 13,2 schon Dtn 27,15 vorgelegen hat. Bestätigung findet die Annahme nachexilischer Provenienz durch eine redaktionsgeschichtliche Überlegung. Liest man 13,2aa2ß.b im Kontext des Hoseabuches, so sind die Beziehungen zu 8,4b-6a bis in den Sprachgebrauch hinein unübersehbar (vgl. o-axy . . . ddddq . . . nn^ iwjn [13,2] mit D-ASY απ!> wy ... DDOD [8,4b]; a-mn nwya [13,2] mit inwy tnn [8,4b]). Eine literarische Abhängigkeit kann schwerlich bezweifelt werden. Da der bilderpolemische Abschnitt 8,4b-6a seine Entstehung schrittweise vorgehender Bearbeitung verdankt, 13,2aa2ß.b jedoch literarisch aus einem Guß ist, eine stufenweise Angleichung an 13,2* über drei verschiedene redaktionelle Arbeitsschritte hinweg aber unwahrscheinlich ist, bietet 13,2* den jüngeren Beleg. 13,2* repräsentiert somit ein sehr spätes literargeschichtliches Stadium des Hoseabuches. Es setzt mit 8,6a schon nachexilische Götzenpolemik voraus. Die o-axy von 13,2 sind dementsprechend - anders als noch in 8,4b als Repräsentanten fremder Götter zu verstehen.485 Wie sehr sich der Geist von 8,4b nach 13,2 geändert hat, zeigt die „Zitation" von 8,4b in 13,2: 13,2 n-axy n(n)jiana oaoan ... on^ l&jn a-asy wy Darm DODD
8,4b
Der Bearbeiter hat zwar n a o j übernommen, nariT aber ausgelassen und dafür D(r):iana eingesetzt. Sein Interesse galt offensichtlich weniger dem 480
Vgl. NEEF, Heilstraditionen, 151, Anm. 55. Ein ironisierter kultischer Lehrsatz (so WOLFF, Hosea, 292) läßt sich freilich nicht nachweisen. 482 Vgl. ζ. B. WOLFF, Hosea, 292 f. HAHN, Kalb, 358, denkt an „eine Art ,Souvenir'", das vom Betheler Heiligtum aus in Umlauf gesetzt wurde; ähnlich JEREMIAS, Prophet, 162. 483 Vgl. DOHMEN, Bilderverbot, 232-234. 484 In Dtn 27,15 allerdings innerhalb des Hendiadyoin mom ί>οο (dazu: DOHMEN, Bilderverbot, 59-62). 485 Zu den jüngeren Belegen von D~My im Hoseabuch s.o. S. 160ff. 481
Anspielungen auf den Exodus
171
Material der Bilder als vielmehr dem Umstand, daß sie eben nur Produziertes entsprechend dem geistigen und handwerklichen Vermögen ihrer Hersteller waren. Daß für die Herstellung von Kultgerät nmn erforderlich ist, wird im AT mehrfach bezeugt: vgl. Ex 31,3; 35,31; 36,1; I Reg 7,14. In den mutmaßlich Ρ zugehörenden Stücken Ex 31,3; 35,31; 36,1 erscheint Jahwe selbst als Geber der notwendigen nmn. Wenn nach Hos 13,2 die Herstellung der Götzenbilder auf eigener Kunstfertigkeit beruht, so soll klargestellt werden, daß dieser jedwede göttliche Inspiration fehlt. Insofern sind Götzenbilder nichts als „Handwerkerarbeit". Muß es (im Sinne der nachexilischen Götzenpolemik) schon als völlig unbegreiflich erscheinen, solchen Gebilden überhaupt Opfer darzubringen (vgl. Jes 44,19), so übertrifft der Autor von Hos 13,2 die sonstigen atl. Attacken gegen den Stierkult noch mit der - historisch sicherlich unzutreffenden - Behauptung, den o-asy (= cri>iy) wären Menschenopfer dargebracht worden. 486
2.3. Anspielungen auf den Exodus 2.3.1. „Ich bin Jahwe, dein Gott, vom Lande Ägypten her": Hos 12,10a und Hos 13,4a An zwei Stellen des Hoseabuches wird Jahwe mit den Worten zitiert: •"ixn ρ κ η "]-πί>κ mrr "awi (12,10a; 13,4a). Formgeschichtlich liegt eine explizierte Selbstvorstellung der Gottheit vor. Die Explikation erfolgt über den Verweis auf Jahwes vormaliges Handeln in Ägypten. Hos 12,10a; 13,4a erinnern damit an die Dekalogpräambel (Ex 20,2; Dtn 5,6). Dementsprechend werden die Stellen in der Regel mit dieser in einen Zusammenhang gebracht, sei es, daß Hos 12,10a; 13,4a als direkt von der Dekalogpräambel abhängig beurteilt werden, 487 sei es, daß man in den Hoseatexten das Vorbild für die Dekalogformulierung sucht.488 Die Frage, ob Hos 12,10a; 13,4a traditionsgeschichtlich in der Kultformel von I Reg 12,28b wurzeln, ist u. W. jedoch noch nicht ausdrücklich gestellt worden. 486 Unserer Analyse zufolge hat ein späterer Bearbeiter durch Einfügung V2aa' es für nötig erachtet, V2* durch nachträgliche Aktualisierung auf seine Gegenwart zu beziehen. Der historische Hintergrund dieses Vorganges läßt sich nicht mehr aufhellen. Möglicherweise liegt ein Reflex auf die spätestens im 3. Jh. v. Chr. einsetzenden Hellenisierungstendenzen vor. 487 Vgl. z.B. WOLFF, Wissen, 195; RUDOLPH, Hosea, 154; NEEF, Heilstraditionen, 2 0 6 -
2 0 9 ; NISSINEN, P r o p h e t i e , 1 6 0 f. 488
V g l . ζ . B. LANG, J a h w e - a l l e i n - B e w e g u n g , 6 4 ; HOSSFELD, D e k a l o g , 2 6 4 ; Y . HOFFMANN,
Myth, 172 f. mit Anm. 10.
172
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Hos 13,4a. 5
Analyse: Hos 13,4a.5 als Einzelwort Das betonte "DJX(I) und die direkte Anrede an Israel weisen V4 als Beginn eines neuen Abschnittes nach 13,1—3489 aus. Obwohl in V6.7-8 Israel wieder in der 3. Ps. erscheint, wollen V4-8 auf der Ebene des vorliegenden Textes als ein eigenständiger Abschnitt gelesen werden. V4-6 sind als Schuldaufweis in Form eines Geschichtsrückblickes formuliert. V7-8 liefern das dazugehörige Drohwort. V9-1 1490 kehren zwar wieder zur Anrede von V4 f. zurück. Thematisch bilden sie aber keinen engeren Zusammenhang mit V4-8. Vom Königtum ist in 13,1-14,1 nur in V9-11 die Rede. Die Erwähnung „Israel(s)" in V9 markiert formal eine Zäsur. V4-8 stammen schwerlich von einer Hand. Die literarkritischen Probleme beginnen bei V4b. Stilistisch wirkt er zwischen V4a und V5 störend. V4a und V5 entsprechen sich am Anfang II und am Ende ( p x a •"ixn II mi«i»n ρικι). Beide Verse sind metrisch gleich gefügt (3+2), während in V4b ein Doppeldreier vorliegt. Den synonymen Parallelismus von V4b vermißt man in V4a und V5. Terminologisch erinnert V4a an Deuterojesaja (Jes 43,10b; Jes 45,5.11.21b).491 Die Gemeinsamkeiten beziehen sich auf die Verwendung der Präposition -π^ττ, der Negationspartikel sowie des Wortes jrma.492 V4b scheint also jünger zu sein als V4a und V5.493 Aber auch V4a.5-8 bilden keine ursprüngliche Einheit. Dagegen spricht schon der Wechsel von der Anrede (V4-5) zur 3. Ps. (V6.7 f.). Stilistisch fallen die Narrative in V6 und V7 auf. V6 zeigt zudem Berührungen mit Dtn 6,10-12 und 8,7-14.494 Sowohl die Dtn-Stellen als auch Hos 13,6 beschreiben den Abfall von Jahwe in der Trias: Sattwerden (yn®)495 Überheben des Herzens (AB Α Π ) 4 9 6 - Jahwe vergessen (ITDW)497. Vor allem 489 490 4.1
Dazu s.o. S. 164ff. Dazu s.o. S. 155ff. Vgl. VOLLMER, R ü c k b l i c k e , 68 f.; H . VORLÄNDER, M o n o t h e i s m u s , 96; NISSINEN, P r o -
phetie, 164 f. 4.2 Formulierungen mit ρκ finden sich innerhalb des dtr. Literaturbereiches in den späten Stellen Dtn 4,35.39; 32,12.39 und II Sam 7,22 (letztere Stelle auch mit -ϊΐίητ) - sämtlich Belege, die nach VORLÄNDER, Monotheismus, 95 f., bereits unter dem Eindruck Deuterojesajas stehen, y-ein begegnet in dieser Konstellation nur in Hos 13,4 und Jes 43,10; 45,21. 4.3 Damit erweist sich auch die für die historische Rekonstruktion des 1. Gebotes folgenschwere Annahme, Hosea habe im 8.Jh. v. Chr. erstmalig den Ausschließlichkeitsanspruch Jahwes in einer dem dekalogischen Fremdgötterverbot verwandten Form ausgesprochen (vgl. ζ . B. LANG, J a h w e - a l l e i n - B e w e g u n g , 64 f.; HOSSFELD, D e k a l o g , 266; KÖCKERT, J a h w e , 56 f.; MOENIKES, A b l e h n u n g , 205 [vgl. 161]; SEIFERT, R e d e n , 172), als hinfällig. 494
Vgl. YEE, C o m p o s i t i o n , 253; NLSSINEN, P r o p h e t i e , 1 6 2 - 1 6 4 .
4,5
Vgl. Dtn 6,11; 8,10,12. Vgl. Dtn 8,14. Vgl. Dtn 6,12; 8,11.14.
496 4,7
Anspielungen auf den Exodus
173
die prägnante Kürze des Hoseatextes gegenüber Dtn 8,7-14 spricht für die Ursprünglichkeit der Dtn-Stellen. V6 stellt demnach bewußt eine Korrespondenz von 13,4a.5 mit der mahnenden Vorausschau von Dtn 6,10-12; 8,7-14 her. Motivliche Anknüpfungspunkte für diesen Eintrag bot 13,4a.5 bereits durch den Exodusverweis (vgl. Dtn 6,12; 8,14) und das Wüstenmotiv (8,15).498 Mit V6 scheiden ebenfalls V7-8 aus dem Grundbestand aus. Wie in V6 erscheint auch in V7 Israel in der 3. Ps.499 V7 f. beschreiben Jahwes Reaktion auf den in V6 geschilderten Abfall Israels. Liegt in V4a.5 ein Einzelwort vor? In der vorliegenden Form wäre die Pointe eines solchen Wortes natürlich fraglich. Eine andere Hinsicht ergibt sich jedoch, wenn man die Textzeugen zu V5 vernimmt. Statt der im masoretischen Text überlieferten Wurzel y~r setzt G (έποίμαινόν σε) rrjn („weiden") voraus (ähnlich auch S). Die Auslegungstradition ist dieser Lesart mit Recht weitgehend gefolgt.500 Eine Verschreibung von t nach τ läßt sich von V4b (jnn) her gut begründen. Ändert man mit der LXX in die 1. sg. imperf. von njn, so ist V5 als eine Aussage über die Zukunft zu verstehen. V4a.5 kann dann als Einzelwort gelten. Erst der in V6 tätige Bearbeiter hat V5 als Schilderung der Vergangenheit verstanden und einen Geschichtsrückblick nach dem Muster , Exodus - Wüstenwanderung Abfall' gestaltet.501 Nach den bisherigen Überlegungen zu Hos 13,1-14,1 hat man sich den literarischen Werdegang dieser Großeinheit in groben Zügen wie folgt vorzustellen: Den Grundstock der Einheit bildet eine auf Kompilation beruhende Komposition, bestehend aus den Einzelsprüchen V4a.5, V 9 - 1 0 a . l l , V12-14a.ba 5 0 2 und VI5b 503 . Zunächst dürfte 14,1 als eine Art Unterschrift dieser Einheit zugewachsen sein, durch die sich die Thematik des Untergangs Israels/Ephraims/Samarias 504 wie ein roter Faden zieht. 505 1 3,4a.5.9-10a.ll.12-14.15b; 14,1 ist von einem späteren
NLSSLNEN, Prophetie, 162-164, sieht 13,4-6 insgesamt in Abhängigkeit von den DtnStellen. Die relevanten sprachlichen Parallelen beschränken sich jedoch auf V6. Zudem nivelliert NISSINEN den Wechsel von der Anrede (V4-5) zur 3. Ps. (V6). m Ob zwischen V6 und V7 nochmals eine literargeschichdiche Zäsur zu setzen ist, kann hier dahingestellt bleiben. 500 V g l . z . B . WELLHAUSEN, P r o p h e t e n , 13.132; MARTI, D o d e k a p r o p h e t o n , H o s e a , 2 8 5 . 2 8 6 ; RUDOLPH, H o s e a , 2 3 5 . 2 3 8 ; JEREMIAS, P r o p h e t , 159.
101; WOLFF,
501 In diesem Zuge ist dann auch die ursprungliche Imperfektform "15HK in das Perfekt -pn-jn geändert worden, bevor aus diesem unter Einfluß von V4b bei Dittographie des - von das jetzt vorliegende -pnjn" werden konnte. 502 Mit VI 4bß dürfte ein Reflex auf das bereits geschehene Ende vorliegen. Der Satz fällt aus der von Parallelismen geprägten Struktur von VI 4 heraus. 503 VI 5a greift mit Kin exkursartig auf mn in VI 4a zurück und gehört nicht zum älteren Spruchgut. 504 Die drei Größen finden sich in der gleichen Reihenfolge in 7,1 f., einem Stück, das die voraufgehende Einheit 6,7-11 interpretiert.
174
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Bearbeiter (dtr.?) mit 13,1 (unter Bezugnahme auf DBX 14,1) überschrieben worden. Die allgemein gehaltene Begründung der Katastrophe von 720 v. Chr. in 14,1 wird nun durch das Stichwort „Baal" konkretisiert. Damit war ein hinreichender Anlaß für den Nachtrag von V4b und schließlich auch von V2aa 2 ß.b 506 gegeben. Die Einfügung von V2aa 1 .3 ließ aus V l - 3 ein begründetes Drohwort entstehen. Die Isolation von V5 aus dem Zusammenhang mit V4a hat vielleicht zur Fortschreibung durch V6 und V 7 - 8 geführt. Kleinere, nicht mehr datierbare Zusätze liegen in V14bß.l5a und VI Ob vor.
Als ursprünglicher Wortlaut ergibt sich für 13,4a.5: 4a 5
Ich507 bin Jahwe, dein Gott a) , vom Lande Ägypten her. Ich ,werde dich weiden' 1 ' in der Wüste, in ausgedorrtem Lande.
4 a) G fügt hinzu: στερεών ούρανόν και κτίζων γήν, ού αί χείρες έκτισαν πάσαν την στρατιάν τοϋ ουρανού και οϋ παρέδειξά σοι αύτά τοΰ πορεύεσθαι όπίσω αύτών. καϊ έγώ άνήγαγόν σε. 4Q XIIC (ma q - t -ι®κ p x naipi α-n® u a n3-mi>K mn- -auKi D-Ίχπ fnxTa na-n^yn "auxi πηπ--ιπκ nai>!> οτγιππ n-n&rr xas i>ia) erklärt sich seinerseits aus G: vgl. R. Fuller, Note. 5 a) s. o.
Formal besteht der Spruch 13,4a.5 in seinem ersten Teil aus der durch die Exodusformel erweiterten Selbstvorstellungsformel 508 (V4a) und einer Weissagung (V5). Beide Glieder sind metrisch gefügt (3+2). Interpretation Der Spruch V4a.5 gliedert sich in zwei Teile. Voran steht eine ausgeführte Selbstvorstellung Jahwes (V4a). Es folgt eine Ansage über das Ergehen Israels. Die Selbstvorstellung expliziert Jahwe als „dein Gott vom Lande Ägypten her". Hos 13,4a ist jedoch keineswegs eindeutig formuliert. Entgegen der üblichen kausalen und temporalen Interpretation von p x a D-nsa509 ließe sich 13,4a auch mit „Ich bin Jahwe, dein Gott, aus Ägypten" übersetzen. 510 Daß dies nicht der intendierte Sinn ist, liegt auf der Hand - allerdings nur für denjenigen, der zumindest mit der Exodusthematik Zu V4a.5 als Drohwort s. die folgende Interpretation. Dazu s. o. S. 168 ff. 507 Das einleitende ι ist der Redaktion zuzuschreiben. 508 Zur Verbindung von Selbstvorstellungsformel und Weissagung vgl. die AsarhaddonOrakel (ANET, 449 f.), aber auch Jes 41,13; 43,3; 45,3; 49,23.26 u.ö. 505 506
509
Vgl. bes. H. W . JÜNGLING, Aspekte, 3 4 2 .
Vgl. NLSSINEN, Prophetie, 160 f. Die Septuaginta hat immerhin um des besseren Verständnisses willen sowohl 12,10a (s.u. S. 176, Textanm. 10a]) als auch 13,4a (s.o. Textanm. 4a]) für ergänzungsbedürftig gehalten. 510
Anspielungen auf den Exodus
175
vertraut ist. Doch setzt Hos 13,4a mehr als nur eine Kenntnis des Exodusmotivs voraus. Sowohl γη!>κ als auch D-nsn ρ κ η erinnern an die ExodusformeL Genaugenommen liegt in 13,4a eine elliptische Zitation dieser Formel vor, bei der die Relativpartikel und das Verb ausgelassen wurden. Der poetische Charakter von Hos 13,4a vermag diese Art der Rezeption zu erklären. Allerdings fragt sich, welchem Kontext die Exodusformel in Hos 13,4a entnommen wurde. Gewöhnlich denkt man wegen der Verbindung von Selbstvorstellungsformel511 und Exodusformel an die DekalogpräambeL Doch nivelliert diese Sicht die literargeschichtlichen Verhältnisse in 13,4 ff. In 12,10 ist die Exodusformel ohne den Verweis auf Jahwes Einzigkeit zitiert. Hinzu kommt, daß der Dekalog erst in nachhoseanische Zeit datiert.512 Dann aber liegt es nahe, das sprachliche Vorbild für Hos 13,4a in der Kultformel I Reg 12,28b zu suchen.513 V5 weissagt Israel die Rückführung in die Wüste. Wie aus η·αχί>7ΐ p x hervorgeht,514 kann damit schwerlich ein heilvolles Geschehen gemeint sein. In rnaxi>n (nur Hos 13,5) liegt vermutlich eine Nominalbildung aus der Wurzel *ax!> vor, die etymologisch mit *an!> zusammenzustellen ist.515 Für nni» kann die Bedeutung „verbrennen, lodern, aufflammen" als gesichert gelten. Entsprechend ist das „Weiden" Jahwes nicht als ein Akt der Fürsorge, sondern als Ausdruck des Gerichts zu fassen.516 Das Weiden in der Wüste517 stellt die schroffe Antithese zur Kulturlandexistenz Israels dar, die durch die Heraufführung aus Ägypten ermöglicht wurde. Israel fällt hinter die Zeit des Exodus zurück. Bedenkt man, daß die ,Heraufführung aus Ägypten' im offiziellen Staatskult des Nordreiches die Funktion hatte, den Ubergang vom Chaos in das geordnete Sein zu beschreiben, so bekommt der Wüstenaufenthalt die Dimension eines Rückfalls in a-geschöpfliche, chaotische Zustände.518 Ob bei der „Wüste" an das verwüstete Kulturland (vgl. ζ. B. Jer 4,26) oder an eine Exilierung zu denken ist, muß offen bleiben. In jedem Falle ist deutlich, daß Hos 13,4a.5 gegen 511
Vgl. dazu ausführlich ZIMMERLI, Jahwe. Vgl. PERLITT, Bundestheologie, 83-102; DERS., Dekalog I, 411 f.; HOSSFELD, Dekalog, 283 f. 513 H o s 13,4a (vgl 12,10a) übernimmt also die Exodusformel aus der alten Kultformel, verbindet diese mit der traditionellen Selbstvorstellung, woran später die Dekalogpräambel anknüpfen kann. - Für die Selbstvorstellungsfoimel bietet Hos 13,4 (12,10) ebenfalls den ältesten ad. Beleg. Allerdings hat sie Hosea nicht erfunden. Vielmehr handelt es sich bei ihr um einen gemeinorientalischen Topos religiöser Sprache: vgl. ζ. B. die Selbstvorstellung Ischtars in dem berühmten Orakel an Asarhaddon: „Ich bin Ischtar von Arbela . . . " (ANET, 450). 514 Vgl. dazu bes. SEIFFERT, Reden, 174 f. 515 Vgl. HALAT, sub ax!>, 487, und sub an!>, 494. 516 Vgl. Jer 2,16; 22,22; Mi 5,5 und der Tendenz nach auch Ps 49,15. 517 Zur Wüste als Ort des Weidens vgl. Ex 3,1; I Sam 25,21; Jes 27,10. 518 Zur Wüste als Grenzbereich zwischen Welt und Unterwelt vgl. N. WYATT, Sea. 512
176
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
die Möglichkeit formuliert worden ist, den Jahwe „von Ägypten her" kultisch-rituell zu aktivieren. Entgegen den Erwartungen der Kultgemeinde von Bethel (vgl. 10,5*) tritt er gegen Israel auf den Plan. Hos
12,10
Übersetzung und Text Ich aber bin Jahwe, dein Gott, vom Lande Ägypten her3. Ich werde dich wieder in Zelten wohnen lassen wie an den Tagen des Festes. a) G ergänzt ά ν η γ α γ ό ν σε und gleicht die schwierige Formulierung einerseits V I 4 und anderseits Ex 3 2 , 4 ; I R e g 12,28 an (vgl. W o l f f , H o s e a , 268).
Analyse: Hos 12,10 als Einzelwort 12,10 ist nach der oben vorgetragenen Analyse519 von Hos 12 Bestandteil der älteren Komposition Vl-2*.8-10.12.15. Allerdings gehört V10 nicht zum Grundbestand dieser Komposition. Zunächst schließt sich die Rede Ephraims in V9520 thematisch gut an V8 an und darf von diesem nicht getrennt werden. Für V10 ergibt sich jedoch bestenfalls ein loser thematischer Bezug zu V8 f., sofern man den Vers als Androhung einer (Rück-)führung in das Zeltleben (VIOb) und damit eines Abbruches der von Jahwe eröffneten Kulturlandexistenz (VlOa) liest, die ihrerseits zum Selbstruhm Ephraims (V9) führte.521 Doch liegt hier eher sekundäre kompositorische Verknüpfung vor. In V10 wird Ephraim direkt angesprochen. V8 f. lassen Ephraim jedoch als besprochene Person erscheinen. In V10 ist Jahwe sprechendes Subjekt. Sollten V8 f. jenseits des redaktionellen Zusammenhanges mit V7 als Gottesrede zu verstehen sein, so kann V10 gleichwohl nicht einfach als Fortsetzung von V8 f. gelten, markiert doch die Selbstvorstellung Jahwes eine deutliche Zäsur. V10 muß mithin eine eigenständige kleinere Einheit bilden. Da Indizien späterer Herkunft nicht erkennbar sind, kann V10 als ein versprengtes Einzelwort betrachtet werden, das sekundär als Strafandrohung zu V8 f. in die Komposition Vla.2*.8 f.12.15 Aufnahme gefunden hat.522 Der Spruch gleicht in Aufbau und Metrum 13,4a.5. Interpretation 12,10a nimmt wie 13,4a auf die Betheler Kultformel Bezug. Nicht ganz 519 520
S.o. S.68 ff. Der Relativsatz ΚΒΠ ΊΒΧ (V9) legt das voranstehende JIY aus und ist sekundär: vgl.
NAUMANN, Erben,
102-104.
521
Vgl. WOLFF, H o s e a , 278 f.; JEREMIAS, Prophet, 155.
522
Das ι vor
ist wie in 13,4a als redaktionell zu betrachten.
177
Anspielungen auf den Exodus
deutlich ist, ob 12,10b als Verheißung 523 , als Drohwort 524 oder als Ansage, in der Gericht und Heil zugleich beschlossen liegen, 525 zu verstehen ist. Die Parallele 13,4a.5 spricht für ein Drohwort Das künftige Wohnen in Zelten ist dann als Ankündigung des Exils zu verstehen, sei es, daß mit den Zelten hier direkt die Wohnungen der Deportierten im Blick sind, 526 sei es, daß der Prophet an eine Wiederholung der Wüstenexistenz 527 denkt. Ein Problem stellt die Wiedergabe der Wendung -rjnn -n-3 dar. Zwar heißt iym „Begegnung/Versammlung". Doch hat die aus dem Eindruck von 2,16 f. gespeiste Deutung von lyin -a~ als „Tage der Begegnung" im Sinne einer Erstbegegnung zwischen Jahwe und Israel am Sinai bzw. in der Wüste528 ihre Probleme. Sellin verweist auf den in Dtn 9,10; 18,16 erwähnten irtpn n r am Sinai, „wo das Zelt der Begegnung aufgeschlagen wurde Ex 33,7".529 Doch verliert dieser Bezug schon wegen der terminologischen Unterschiede zur Hoseastelle (lyrn -n-) an Evidenz. Vor allem kann nicht übersehen werden, daß lyrn o r in Hos 9,5; Thr 2,7.22 sicher die Bedeutung „Festtag" hat. Die traditionelle Ubersetzung der Wendung in Hos 12,10 mit „Festtage" wäre demnach zu belassen.530 Dabei braucht weder an das Laubhüttenfest531 noch an das Passah als das „alte Wüstenfest"532 und schon gar nicht an ein amphiktyonisches Zeltfest mit dem -ryw i>nx als Mittelpunkt533 gedacht zu werden. Vielmehr dürfte überhaupt das Zeltleben während der Feste (ζ. B. Pilgerzelte) im Blick sein. Dabei ist der Verweis auf die Feste sicherlich ironisch gemeint.534 Jedenfalls droht VI Ob den Verlust des Landes und der staatlichen Existenz an. Wie 13,4a.5 will 12,10 die Ansprüche der Betheler Theologie 523
Jahwe stellt die Situation seiner Erstbegegnung mit Israel in der Wüste wieder her: so
s c h o n HIERONYMUS, KIMCHI, IBN EZRA, RASCHI, CALVIN (vgl. WÜNSCHE, H o s e a , 5 3 7 ) ; in
jüngerer Zeit etwa SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 124. - Zur Interpretation als Heilswort vgl. auch MARTI, Dodekapropheton, 96; FOHRER, Umkehr, 235; VOLLMER, Rückblicke, 97 f.; BONS, Buch, 154f., u.A. GERTNER, Attempt, 280, sieht in Π-Ί>ΠΚ (V10) wegen IJNN -Η-D eine Anspielung auf den IJNN VTIK; ähnlich GESE, Jakob, 44, der in VI Ob einen Hinweis auf ein „zukünftiges Begegnungsgeschehen im heiligen Lager entsprechend dem Sinaivorgang" vermutet 524
S o s c h o n THEODORET (vgl. WÜNSCHE, H o s e a ,
5 3 6 ) ; v g l . HITZIG, P r o p h e t e n ,
WELLHAUSEN, P r o p h e t e n , 1 2 9 f.; WOLFF, H o s e a , 2 7 8 f.; RUDOLPH, H o s e a , 525
5 3 f.;
234.
S O J . L . MCKENZIE, P a s s i o n , 2 9 3 ; vgl. ROBINSON, H o s e a , 4 8 ; JEREMIAS, P r o p h e t , 155 f.;
HOFFMANN, M y t h , 1 7 2 , A n m . 9. 526
V g l . RUDOLPH, H o s e a , 2 3 4 .
527
WOLFF, Hosea, 278 f.; JEREMIAS, Prophet, 155f., u.a. Vgl. SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 124; ROBINSON, Hosea, 47 f.; WOLFF, Hosea, 279;
528
JEREMIAS, P r o p h e t , 1 5 5 f. 529
Zwölfprophetenbuch, 124. Vgl. bereits G: ήμερα έορτης; WÜNSCHE, Hosea, 537; HITZIG, Propheten, 53; KEIL, Propheten, 107; RUDOLPH, Hosea, 234; KRAUS, Gottesdienst, 156f., u.a. 530
531
V g l . RUDOLPH, H o s e a , 2 3 4 .
532
WELLHAUSEN, P r o p h e t e n ,
129.
533
V g l . KRAUS, G o t t e s d i e n s t ,
155-159.
534
V g l . RUDOLPH, H o s e a ,
234.
178
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
destruieren. Der Prophet läßt das Vernichtungswerk gerade von dem Gott ausgehen, der im Reichskult als Garant der Integrität Israels gefeiert wird.
2.3.2. „Zurück Hos 9,3b-4a
im Kontext
nach Ägypten": von Hos
Hos 9,3b-4a;
8,13bß
9,1-6
Hos 9,1-6: Übersetzung und Text 1 Freue dich nicht, Israel, juble nicht wie die Völker1'. Denn du hast weggehurt von deinem Gott. Du hast Dirnenlohn geliebt, auf allen Tennen Kornb). 2 Tenne und Kelter werden keinen Umgang mit ihnen pflegen*1. Und der Most wird sieb) betrügen. 3 Nicht können sie wohnen bleiben im Lande Jahwes. Ephraim muß nach Ägypten zurückkehren^. Und in Assur werden sie Unreines essen. 4 Nicht mehr werden sie Wein für Jahwe libieren. Und nicht mehr werden ihm ihre Schlachtopfer angenehm seina). Wie Trauerbrot (sind sie) für sie. Alle, die von ihm essen, verunreinigen sich. Ja, ihr Brot (dient nur) ihrem Schlund. Nicht kommt es in Jahwes Haus. 5 Was werdet ihr dann mit dem Feiertag machen und mit dem Tag des Jahwe-Festes? 6 Ja, siehe: Der Verwüstung sind sie (zwar) entgangen. Ägypten wird sie (jedoch) einsammeln. Memphisa) wird sie begraben. Die Kostbarkeit ihres Silbersb) Unkraut wird sie beerben, Dornen (werden) in ihren Zelten (wachsen)c). 1 a) Die beliebte Änderung in ban !>x (so mit den Versionen BHS, vgl. Wolff, Hosea, 193; Willi-Plein, Vorformen, 172; Jeremias, Prophet, 112, u.a.) kann entfallen, wenn man i>x in Analogie zu II Sam 1,21 als mit i>x verneintes Nomen versteht (vgl. Eitan, Studies, 2; Rudolph, Hosea, 171; Wacker, Figurationen, 161). Die Versionen hätten ihre Übersetzung dann der verbalen Aussage des vorangehenden Stichos angeglichen. Ebenfalls unnötig ist die Streichung des bx als Dittographie (Rudolph, ebd.). Ein verneinter inf. es. liegt kaum vor (Andersen/Freedman, Hosea, 522), da in diesem Falle xi> als Negation zu erwarten wäre (vgl. Wacker, ebd.). - b) Zu dieser Übersetzung vgl. Wacker, Figurationen, 160 f. Das fehlende ρτ in S dürfte sich aus einer aberratio oculi (vgl. p i V2a) erklären (vgl. Wolff, Hosea, 193). 2 a) Die Ableitung von II njn (vgl. Nyberg, Studien, 68; Wolff, Hosea, 193;
Anspielungen auf den Exodus
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Utzschneider, Hosea, 155 f.; Jeremias, Prophet, 112; Wacker, Figurationen, 162) ist einer Ansetzung von I njn wegen des folgenden Parallelstichos (Bna~) vorzuziehen. - b) Zum Feminin-Suffix in na s. u. 3 a) κατφκησεν (G) ist als sekundäre Angleichung an V3a ( u t r ) nicht ursprünglich. 4 a) III any Qal. Rechnet man für any mit der Bedeutung „darbringen" (vgl. Driver, Problems, 158 f.; Rudolph, Hosea, 172; Willi-Plein, Vorformen, 172; Mays, Hosea, 124; Andersen/Freedman, Hosea, 526; Jeremias, Prophet, 112; Wacker, Figurationen, 162, u. a.), so kann „Ephraim" als Subjekt beibehalten werden. 6 a) Zu inn statt ηυ an dieser Stelle vgl. Harper, Hosea, 334. - b) Zum st. es. vor Präpositionen vgl. GK28 § 130a. - c) Oder ist mn als zweites Subjekt zu nn— zu verstehen (so Wacker, Figurationen, 161.163)? Analyse Nach der Gottesrede 8,1-13.(14) markiert die in 9,1 anhebende Prophetenrede den Beginn einer neuen Einheit. Die Abgrenzung nach unten bereitet Schwierigkeiten. Erst in 9,9 kommt die Prophetenrede zum Abschluß. Ab 9,10 begegnet Jahwe wieder als sprechendes Subjekt. Strukturell ähneln sich 9,1-6 und 9 , 7 - 9 durch den Wechsel zwischen ansprechender (V1.5+V7bß) und besprechender Rede (V2-4.6+V7a. ba.8f.). Von daher ist es zunächst wahrscheinlich, daß 9,1-6 und 9,7-9 auf der Ebene des vorliegenden Textes eine Einheit bilden. Allerdings geht die Hoseaexegese in der Regel über die Behauptung einer bloß kompositorischen Zusammengehörigkeit beider Abschnitte hinaus und postuliert eine Einheit beider Teile bereits für die Ebene mündlicher Verkündigung. Nahezu klassisch ist die Sicht Wolffs geworden. 9,1-9 stelle formgeschichtlich eine „Auftrittsskizze" dar.535 Der Wechsel zwischen 2. und 3. Person erkläre sich durch verschiedene Adressaten. Mit der direkten Anrede wende sich der Prophet als „Ankläger oder Richter" den Beschuldigten zu.536 In der 3. Person spreche er zum „Gerichtsforum ..., für das hier der engere Kreis um Hosea, der zugleich der Tradentenkreis ist, stehen könnte".537 Die „harten Ubergänge" erklären sich durch „abwehrende Einwürfe der Hörer als Rechtsgegner",538 wie sie zumindest einmal in V7ba belegt seien. So könne „man sich nach der Beschuldigung in direkter Anrede (1) den Hinweis auf eine gute Ernte als Beweis für den rechten Gottesdienst denken, der vom Propheten mit der Androhung bevorstehender Enttäuschung (2 ff.) im neutralen Stil der Strafverkündigung beantwortet wird. Zwischen 6 und 7 ist eine entrüstete optimistische Abweisung der prophetischen Dro535
Hosea, 196. Der „rechtliche" Charakter der Auseinandersetzung zwischen Prophet und Volk wird im Gefolge WOLFFS für UTZSCHNEIDER, Hosea, 159 f.161-186, geradezu zum Schlüssel der Interpretation. 537 A.a.O., 195. 538 Ebd. 536
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
hung mit jener leidenschaftlichen Beschimpfung anzunehmen, die in 7ba aufgenommen ist".539 Freilich: „Die Tradenten haben nur Hoseas Worte überliefernswert gefunden." 540 Als Ort des prophetischen Auftrittes vermutet Wolff wegen mrri> in in V5 (vgl. Lev 23,39; Jdc 21,19) das „siebentägige Herbstfest am Ende der Weinlese . . . , das durch besondere Fröhlichkeit (Ri 21,21; Lev 23,40; Dtn 16,14) ausgezeichnet war",541 ja genauer noch: das „Herbstfest des Jahres 733 oder doch eines der unmittelbar folgenden Jahre".542 Die von Wolff vorgetragene Deutung hat sich bis in die Gegenwart hinein weitgehend als konsensfähig erwiesen. 543 Dennoch halten wir sie nicht für wirklich überzeugend. Zwar gibt der Terminus mrr^ in inV5 besonders in Verbindung mit dem Verb na® (vgl. Lev 23,40; Dtn 16,14) und dem Wortpaar p i / a p - in V2 (vgl. Dtn 16,13) die Assoziation an ein Herbstfest frei. 544 Über die Teilnahme des Propheten an einem solchen Fest sagt der Text jedoch nichts. Auch die postulierten Einwürfe der Rechtsgegner lassen sich, sieht man einmal von V7ba ab, im Text nicht finden. So steht die gesamte von Wolff entworfene Szenerie allenfalls zwischen den Zeilen. Betrachtet m a n das Verhältnis z w i s c h e n V 7 - 9 u n d V I - 6 genauer, d a n n fragt m a n sich, w o r i n ein inhaltlicher B e z u g z w i s c h e n d e n beiden T e i l e n bestehen soll. V I - 6 sind aus sich heraus voll und g a n z verständlich. U m gekehrt setzen V 7 - 9 die V I - 6 nicht n o t w e n d i g voraus. 5 4 5 D i e schwierigen V 7 - 9 w e r d e n auch durch einen prononcierten B e z u g auf V I - 6 nicht verständlicher. Syntaktisch besteht kein Verweis v o n V 7 - 9 auf V I - 6 . In summa: V l - 6 bilden o h n e V 7 - 9 eine eigenständige Einheit. 5 4 6 Bei näherem H i n s e h e n stellt m a n fest, d a ß V l - 6 eine R e i h e v o n U n ebenheiten aufweisen. D e r eingliedrige 'D-Satz in V I aß fällt z w i s c h e n d e n 559
Ebd. Ebd. (Hervorhebung v. Vf.). 541 A. a. O., 196. (Hervorhebung v. Vf.). 542 A.A.O., 197; vgl. UTZSCHNEIDER, Hosea, 161. Die Datierung ergibt sich für WOI.FF daraus, daß der Text einerseits noch nichts von einer offiziellen Kontaktnahme mit Ägypten (727 unter Hosea ben Ela; vgl. II Reg 17,3 f.), anderseits aber nichts mehr von dem Assyrereinfall des Jahres 733 spüren läßt (vgl. ebd). 543 Vgl. z.B. RUDOLPH, Hosea, 174f.; JEREMIAS, Prophet, 114; NAUMANN, Erben, 80. 544 Beide Wortpaare begegnen in der Verheißung neuer Fruchtbarkeit Joel 2,23 f., die ebenfalls als Aufruf zur Festfreude im Rahmen eines Herbstfestes verstanden werden kann (vgl. 540
WOLFF, Joel, 74 f.). 545 Der präzise Sinn von V7 f. ist aufgrund syntaktischer Schwierigkeiten kaum mehr zu erhellen. Deutlich ist aber, daß es in den beiden Versen um das Verhältnis zwischen Ephraim und den Propheten geht - In V7ba begegnet der Prophet als besprochene Person. Man versteht den Teilvers am besten als Zitat der vox populi. Die plötzliche Anrede in V7bß gilt vermutlich wieder dem Volk. Der Sinn von V8 bleibt völlig dunkel. Bezeichnet nos das „Amt" des Propheten oder eine Tätigkeit Ephraims (so Z.B.JEREMIAS, Prophet, 118)? Was meint die Wendung κ·ι: -π!>ν ay? Wer ist der „Vogelsteller" - Ephraim (JEREMIAS, ebd.) oder der dem Volk nachstellende Prophet (vgl. 6,5)? 546 Ähnlich WACKER, Figurationen, 165, während NAUMANN, Erben, 80, von „nicht sinnvoll weiter teilbaren Einheiten" spricht.
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poetischen Distichoi V l a a und Vlb stilistisch aus dem Rahmen. Die Formulierung erinnert an 1,2 und 4,12. Offensichtlich will VI aß das „Huren" auf den Tennen von Vlb in das Licht der Fremdgötterverehrung rücken - eine Deutung, die sicherlich durch pnx aus 9,1b motiviert ist (vgl. 2,14: η:ηκ und 2,7). V2 nimmt p i aus Vlb auf und ist als Unheilsweissagung zu Vlaa.b interpretierbar. Die Produkte von Tenne und Kelter werden Israel entzogen, sei es durch Mißernten547, sei es, weil Tenne und Kelter den plündernden Feinden anheimfallen (vgl. 7,9; 8 , 7).548 Allerdings stellt auch V2 vor syntaktische Schwierigkeiten. Dem m am Versende fehlt im Kontext von Vlaa.b.2 der erforderliche Bezug. Wie das Suffix 3. pl. masc. im Parallelstichos zeigt, kann na nur auf das Volk weisen. In Gestalt einer Frau begegnet Israel noch in 2,4-25 (vgl. aber 3,l-5) 549 . Das FemininSuffix in der Form na läßt sich nur dann wirklich verstehen, wenn man es auf diese Stellen zurückbezieht.550 D. h.: V2 setzt in seiner vorliegenden Form bereits 2,4-25 (zumindest im Grundbestand) literarisch voraus. Man kann fragen, ob das Suff. 3. sg. fem. in na ursprünglich ist. G S Τ V lesen offensichtlich Da. Die Lesart ist schwer zu bewerten. Einerseits bieten die Versionen die lectio facilior, die sich leicht als Angleichung an ay-r aus dem Parallelstichos erklären ließe. Anderseits wäre eine Änderung von Da in na auf dem Horizont von Vlaß ebenfalls einleuchtend.551 Von einer Entscheidung in dieser Sache hängt ab, ob man Vlaa.b.2 im prophetischen Spruchgut verorten kann oder für eine spätere literarische Bildung halten muß. V3-4 vermitteln den Eindruck einer Fortsetzung von V2. Doch sind sie thematisch völlig anders gelagert als V2. V2 kündigt den Entzug der Kulturlandgaben an. V3-4 hingegen zielen auf den Verlust des Landes und die Revozierung der Heilsgeschichte, gehen also weit über V2 hinaus. VI-2* und 3-4 stehen mithin nicht in einem ursprünglichen Zusammenhang. Innerhalb des Abschnittes V3-4 fällt der eingliedrige V3a aus dem poetischen Gefüge. Möglicherweise wird an dieser Stelle der in 4,1 eröffnete Prozeß gegen die ρ-ικπ -ιε>γ zum Abschluß gebracht. Der "3-Satz V4b reflektiert nicht mehr den Verlust des Landes und den damit notwendig verbundenen Genuß unreiner Speisen, sondern die „Unmöglichkeit einer Erstlingsgabe am Jerusalemer Tempel", also „eines der wichtigsten Pro-
547
548
S o WACKER, F i g u r a t i o n e n ,
164.
Zu dieser Deutung vgl. WOLFF, Hosea, 198; JEREMIAS, Prophet, 116. 549 Die Hure von V I - 3 wird in V4 auf Israel gedeutet. 550 So mit gutem Recht auch WACKER, Figurationen, 163 f. JEREMIAS, Prophet, 112, Anm. 3, sieht in dem Feminin-Suffix einen Vorverweis auf p « von V3a. Dagegen spricht jedoch der Parallelismus na ®Π3- II Gyn- κ!>. 551 WACKER, Figurationen, 164, hält das Feminin-Suffix für eine „nachträgliche ,Genderisierung'".
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
bleme der späteren Diaspora". 552 V4b liegt nicht auf einer Ebene mit V3b4a.553 Die rhetorische Frage V5 paßt funktional weder zu der Unheilsweissagung V3-4a noch zu dem Schuldaufweis V4b. Inhaltlich nimmt sie das Thema Fest aus V l a a wieder auf. V6 blickt, wie das Perfekt i3i>n zeigt, bereits auf die Vernichtung zurück. Als Begründung ("D) ZU V5 ist der Vers zumindest in seiner ersten Hälfte untauglich. Als ältester Bestandteil kommen somit nur Vlaa.b.2.3b-4a in Betracht. Der Text wirkt auf den ersten Blick wie ein aus Schuldaufweis (Vlaa.b) und Unheilsansage (V2.3b-4a) bestehendes zusammenhängendes Wort. Doch nimmt nur V2 mit dem Entzug der Kulturlandgaben thematisch auf die Scheltrede (Vlaa.b) Bezug. V3b-4a radikalisieren hingegen V2, wenn sie eine Exilierung unter dem Vorzeichen des Abbruchs der Heilsgeschichte ankündigen. Syntaktisch können V3b-4a für sich bestehen. Demnach dürften sie als Einzelwort aufzufassen sein. Die Form n»i in V3b ist entweder als perfection consecutivum oder als Qal ptc. von ai® („wenn Ephraim nach Ägypten zurückkehrt...") mit Kopula zu verstehen. Im letztgenannten Falle ginge ι auf das Konto der Bearbeitung, die a® in das perfectum consecutivum umgestaltet hätte, um es an iatr (V3a) grammatisch korrekt anzuschließen. Funktional liegt in V3b-4a eine Unheilsweissagung vor. Ob Vlaa.b.2 ein Einzelwort darstellen, wurde oben noch offengelassen. Da 9,1-6 aber schwerlich nur aus V3b-4a herausgewachsen sein können, liegt es nahe, Vlaa.b.2 ebenfalls als älteren Prophetenspruch zu deuten. 9,1-6 liegt dann eine aus Kompilation der beiden Sprüche Vlaa.b.2 und V3b-4a erwachsene Kurzkomposition zugrunde. Diese ist in einem ersten Schritt um VI aß erweitert worden. Im Zuge der Bearbeitung VI aß dürfte auch aus dem ursprünglichen na. in V2 ein na geworden sein. In jedem Falle setzt πι bereits 2,4-15* voraus. Ob V3a von der gleichen Hand wie VI aß stammt, läßt sich nicht sicher entscheiden. V3a vermittelt zwischen dem Verlust der Kulturlandgaben (V2) und der Exilierung (V3b-4a) und deutet das Gericht auf dem Horizont von 4,1 als Ergebnis von Jahwes Rechtsstreit mit den „Bewohnern des Landes". Wie sich V4b.5 und 6 zur Bearbeitung Vlaß.3a verhalten, läßt sich nicht mehr klären. Mit einiger Sicherheit kann aber der sukzessive Zuwachs jener Partien rekonstruiert werden. V5 reflektiert die Exilssituation (V4a) auf dem Horizont der Festthematik von VI a a und war sicherlich einmal als abschließender Rahmenteil der Einheit gedacht. V4b unterbricht dann sekundär den Zusam552
NAUMANN, E r b e n ,
553
V g l . WOLFF, H o s e a , 2 0 0 ; RUDOLPH, H o s e a , 1 7 6 ; JEREMIAS, P r o p h e t , 1 1 6 ; NAUMANN,
E r b e n , 8 1 - 8 3 , u. a.
82.
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menhang von V4a und V5. Der Halbvers schreibt V4a unter Aufnahme des Stichwortes oni» aus der Perspektive der Diasporasituation fort. V6 setzt bereits eine Verwüstung des Landes voraus (ίνα i3i>n). Fluchtbewegungen nach Ägypten folgen (vgl. 7,16)554. Die Kultstätten werden veröden. Für eine kultische Deutung von V6b spricht vor allem die Erwähnung des „Silbers",555 das in 8,4b und 13,2 im Zusammenhang der Bilderthematik begegnet.556 Mit ηπ-!>πκ557 sind entsprechend die Zelte der Festpilger558 oder Heiligtümer gemeint.559 Im letztgenannten Falle richtete sich V6b gegen den Götzendienst (•D03i> tnnn) und eine Mehrzahl von Heiligtümern. Wie in 10,8 werden die Kultstätten vom Wildwuchs überwuchert werden. Damit entsteht wiederum ein thematischer Bezug zu V l a a . V6 muß aber dennoch jünger als V5 sein, da die Frage von V5 an die ,Todgeweihten' von V6 keinen Sinn ergibt. Interpretation des Drohwortes Hos 9,3b-4a Der Spruch droht Ephraim, dem Staatsvolk des Nordreiches, eine R ü c k kehr nach Ägypten' an. Die Fortsetzung in der zweiten Hälfte von V3b gibt unmißverständlich zu erkennen, daß „Ägypten" hier anderes ist als eine geographische Bezeichnung. Mit „Assur" ist das Geschick Ephraims nach seiner historisch-empirischen Hinsicht bezeichnet. „Ägypten" steht hingegen als theologische Chiffre für den hinter der Exilierung nach Assur stehenden metahistorischen Sachverhalt. Nach „Ägypten" kann Ephraim nur „zurückkehren". Es besteht kein Zweifel, daß Ephraim hinter die Begründung des Gottesverhältnisses im Ägyptenexodus zurückgerufen wird.560 Damit aber verliert es alles, was es diesem Verhältnis verdankt: das Land, seine staatliche Existenz und vor allem seinen Gott. 554
Zu 7,16 vgl. jedoch JEREMIAS, Prophet, 101. Nach HIERONYMUS und RASCHI handelt es sich um die von den Exilierten zurückgelassenen Reichtümer (vgl. WÜNSCHE, Hosea, 390). 556 Zu -rann im Zusammenhang mit kultischen Dingen vgl. Ez 24,21; Joel 4,5; H a g 2,17; 555
T h r 1 , 1 0 ; I I C h r 3 6 , 1 9 u n d WELLHAUSEN, P r o p h e t e n ,
1 2 3 ; SELLIN, Z w ö l f p r o p h e t e n b u c h ,
9 4 ; WOLFF, H o s e a , 2 0 1 , u . a . 557
JEREMIAS, Prophet, 117, u.a. denken an die von den Flüchdingen zurückgelassenen Wohnungen - RUDOLPH, Hosea, 178, hat die Behausungen der Flüchtlinge im Auge. 558 Vgl. z.B. SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 94; WOLFF, Hosea, 201; JEREMIAS, Prophet,
117. 559 Zum „Zelt" als Kultstätte vgl. neben dem priesterschriftlichen Terminus tjnn ϊ>ηκ ζ. Β. II Sam 7,6 f.; Ps 15,2; 27,5; 61,5; 78,60; zur Bezeichnung von Heiligtümern, an denen Götzenkult betrieben wird, vgl. die Namen Ohola und Oholiba für Samaria und Jerusalem in Ez 23,4.11.36.44 sowie Am 5,26 (G), vgl. Act 7,43. 540 Vgl. UTZSCHNEIDER, Hosea, 174f.; JEREMIAS, Prophet, 101.lll.116f.; SEIFERT, Reden, 147. Anders jetzt wieder R . G . KRATZ, Erkenntnis, 15; „,Rückkehr' nach Ägypten (swb) in 9,3 und 8,13 bedeutet . . . zunächst nicht mehr als dies, daß Israel sich (wieder) an die
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Sind V3b-4a vor dem Hintergrund der Exodustradition formuliert, so erhebt sich für unseren Zusammenhang wieder die Frage, ob und inwiefern die Betheler Kulttheologie hinter diesem Drohspruch steht. Nun unterstützen zunächst 12,10 und 13,4a eine entsprechende Annahme. Tatsächlich erschließen sich V3b-4a am besten, wenn man sie vor dem Hintergrund der Exodus-Kultformel liest. Der Spruch thematisiert die Exilierung nach Assur gerade unter dem Gesichtspunkt der Konsequenzen, die dieser Vorgang für Ephraims kultisches Jahwe-Verhältnis hat. Für Jahwe kann man in Assur weder libieren noch schlachten. Assur gleicht einem Trauerhaus, in dem „Trauerbrot" genossen wird.561 Jahwekult ist in fremdem Lande nicht mehr möglich, weil er an Jahwes Land" (vgl. V3a und 8,1a; 9,15: ,Jahwes Haus") gebunden ist. Fremdes Land ist im Blick auf Jahwe per se unreines resp. verunreinigendes Land.562 Der Spruch Hos 9,3-4a insistiert demnach auf das definitive Ende der Kultgemeinschaft mit Jahwe. Im Lichte der Betheler Kultformel gewinnt die Rückrufung nach Ägypten an theologischem Profil, da die Formel das kultische Verhältnis zwischen Jahwe und Israel gerade im Exodus aus Ägypten begründet. Auf dem Horizont der Betheler Kultformel muß dann eine , Rückkehr nach Ägypten' zwangsläufig auch Ende des Jahwekultes bedeuten. Nichts anderes aber führt der Fortgang des Drohwortes in V4a aus. Ein Vergleich von 9,3b-4a mit 12,10; 13,4a.5 ergibt eine geringfügige Akzentverschiebung. 12,10; 13,4a.5 lassen die Vernichtung Israels vom Exodusgott ausgehen und wenden sich damit gegen den Versuch einer kultischen Aktivierung des Exodusgeschehens. 9,3b-4a geht einen kleinen, aber entscheidenden Schritt weiter, indem der Spruch nunmehr das Vernich tungswer& Jahwes selbst mit den Mitteln der Exodustheologie beschreibt. Damit aber ist die Verarbeitung der Betheler Kulttheologie über eine bloße Bestreitung des „Heilsautomatismus" hinausgewachsen. Die Exodustheologie stellt nicht nur für die Adressaten der prophetischen Verkündigung die Quelle ihres kultischen Jahweverständnisses bereit, sondern gibt für den Propheten selbst das theologische Rahmenparadigma ab, nach dem er seine Botschaft entfaltet.
Macht wenden muß, an die es sich - statt sich an J H W H zu wenden (vgl. 5,4; 6,1; 7,10) - schon einmal gewendet hat, daß es (wieder) dorthin muß, w o es - analog dem , Laufen nach Assur' in 5,13; 7,11 f.; 8,9 - zuvor schon (durch Gesandtschaften) vergeblich um Hilfe gebeten hat" Ist damit der Gebrauch von ai® wirklich ausreichend erklärt? 561 Vgl. Num 19,14; auf einen entsprechenden Ritus spielt möglicherweise Dtn 26,14 an. 362 Vgl. KöCKERT, Jahwe, 50.60 f.63.
Anspielungen auf den Exodus
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Hos 8,13bß im Kontext von Hos 8,1a. 2-3.4a. 5aß. b. 7-1 Oa. b.l3bß Hos 8,13bß markiert nach der oben erarbeiteten Analyse563 den Abschluß der Gottesrede 8,la.2-3.4a.5aß.b.7-10a.b.l3bß. Die Einheit datiert in die Zeit nach 720 v. Chr. und ist von den Hosea-Tradenten geschaffen worden. Wie in 9,3b-4a wird in 8,13bß die Aufkündigung des Gottesverhältnisses als „Rückkehr nach Ägypten" unter Verwendung der Wurzel am beschrieben. Anders als in 11,5, wo ebenfalls das Motiv der Umkehr nach Ägypten begegnet, erfolgt in 8,13bß wie in 9,3b-4a die Zielangabe des Ägypten-Eishodos ohne den Gebrauch einer Präposition. Insgesamt läßt sich aus diesen Beobachtungen schließen, daß 8,13bß eine verkürzende Wiederauf- (resp. auf der Ebene des vorliegenden Hoseabuches Vorweg-) nähme des Spruches 9,3b-4a darstellt. Dabei hat der Autor von 8,13bß lediglich das heilsgeschichtliche , Substrat' des Prophetenspruches übernommen. Die in 9,3b-4a noch ausdrücklich akzentuierten Konsequenzen für Ephraims Kult spielen in 8,13bβ hingegen keine Rolle mehr. Die Funktion von 8,13bß innerhalb der Einheit 8,la.2-3.4a.5aß.b.710a.b.l3bß ergibt sich in erster Linie von deren Proömium Vla.2-3 her. Dort ist in V2 von einem „Schreien" zu Jahwe angesichts einer drohenden militärischen Expedition die Rede. Dieses „Schreien" ist nicht anders denn im Rahmen eines kultischen Begängnisses denkbar. Der Autor hat offensichtlich reichsoffizielle („Israel"!) Bittgottesdienste in der Zeit der assyrischen Intervention nach der Konspiration des letzten Nordreichkönigs Hosea ben Ela gegen Assur vor Augen. Innerhalb dieser Gottesdienste beruft sich Israel nach V2 darauf, Jahwe zu kennen. Auf welche Kenntnis der Autor dabei anspielt, teilt er nicht direkt mit, kann aber dem Kontext entnommen werden. Aus V3 geht zunächst hervor, daß Israel zu Unrecht Jahwe-Erkenntnis beansprucht. V13bß formuliert dann eindeutig, wenn auch antithetisch, welch fundamentales Wissen um Jahwe in V2 im Blick ist. Israel erhofft in seinen Bittgottesdiensten das helfende Eingreifen des Jahwe von Ägypten her. Der Umstand, daß in V2 der offizielle Reichskult angesprochen und mit der erwähnten Jahwe-Erkenntnis die Exodustradition im Blick ist, läßt vermuten, daß auch diese Stelle auf kultische Handlungen am Betheler Heiligtum Bezug nimmt. V2 spielt damit auf einen kultischen Vorgang an, der schon im Spruch 10,5-6a* den Protest des Propheten herausgefordert hatte. Der Akzent, der in 8,la.2-3.4a.5aß.b.7-10a.b.l3bß gesetzt wird, liegt in der Differenz zwischen der im Sinne des Autors angemaßten Jahweerkenntnis Israels (V2) und Jahwes tatsächlichem Handeln (V13bß). Im Gefälle dieser Spannung kann die gesamte Einheit als Gegenentwurf zur Betheler Exodustheologie interpretiert werden. Israel hat sich auf der Ba563
S.o. S. 133ff.
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
sis der in Bethel gepflegten offiziellen Kulttheologie ein rettendes Eingreifen Jahwes in der Stunde äußerster Bedrohung erhofft. Nach den Leitvorstellungen der hoseanischen Tradition wurde ein solcher Befreiungsschlagjahwes durch Israels eigenmächtiges Handeln im Umkreis des Königtums (V4a) und der Außenpolitik (V7-10a) nicht nur verhindert, sondern eine Beendigung seines Verhältnisses zu Jahwe allererst provoziert. Die Gottesrede 8,la.2-3.4a.5aß.b.7-10a.b.l3bß führt damit in größerem Stile das aus, was bereits in den Prophetensprüchen zur Bethelthematik angelegt war. Die Ankündigung „sie müssen nach Ägypten zurückkehren" will allerdings ex eventu verstanden werden. Im Gegensatz zu 9,3b-4a besteht ihre Funktion nicht darin, die Zukunft vorherzusagen, sondern die Gegenwart zu deuten. Die Möglichkeit einer Wende des Geschickes Israels bleibt dieser Gegenwart verschlossen, da die Geschichte zwischen Jahwe und Israel zu ihrem Ende gelangt ist. Hoffnungen, die sich auch nach der Katastrophe von 720 v. Chr. auf der Basis der Betheler Exodustheologie an Jahwe geheftet haben mögen,564 wird durch V13bß grundsätzlich eine Absage erteilt.
2.3.3. „Aus Ägypten rief ich meinen Sohn": Hos 11 Hos 11,1-11: Übersetzung und Text 1 2
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4
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Als Israel ein Knabe war, da liebte ich ihn. Und aus Ägypten riefa) ich meinen Sohnb). Riefen siea) sie, so liefen sie weg von ,mir'b). Den Baalen schlachteten sie, und den Bildern räucherten sie. Und ich war es, der Ephraim großgezogen hata). Er nahm sieb) auf seine Armec). Aber nicht erkannten sie, daß ich sie heilte. An menschlichen Seilen zog ich sie, an Stricken der Liebe. Ich wurde ihnen wie die, die ein Joch/eine Fessela) emporhoben15' zu ihren Kinnbacken. Ich neigte michc) zu ihm und gab (ihm) zu essen.
D a ß die Exodustradition noch im 6. Jh. v. Chr. als tragende Tradition der Kulttheologie Bethels bekannt ist, geht ζ. B. aus Hos 12 hervor (dazu s. o. S. 68 ff.).
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Zurückkehren^ muß er in das Land Ägypten, und Assur, der wird sein König sein. Denn sie haben sich geweigert umzukehren.
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Das Schwert wird seine Städte treffen, vertilgen seine Mantiker 0 , fressen wegen ihrer Pläne. U n d mein Volk ist aufgehängt an Abtrünnigkeit von mir. Und zum , Hohen' rufen sie, ,er' wird sie nicht erhöhen.^ Wie könnte ich dich preisgeben, Ephraim, dich ausliefern, Israel? Wie könnte ich dich hingeben wie Adma, dich zurichten wie Zeboim? Umgestürzt ist gegen mich mein Herz, ganz und gar entbrannt ist mein Mitleid a) . Nicht will ich meinen glühenden Zorn vollstrecken, nicht will ich umkehren, Ephraim zu vernichten. Denn G o t t bin ich und nicht ein Mensch, in deiner Mitte heilig, und nicht mehr will ich in Erregung a ) geraten. Hinter Jahwe werden sie herziehen, wie ein Löwe brüllt er. Wenn er brüllt, so beben heran die Söhne aus dem Westen. Wie Vögel beben sie heran aus Ägypten und wie eine Taube aus dem Lande Assur, ich werde sie in ihren Häusern wohnen a ) lassen Spruch Jahwes.
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1 a) Zu !> »np s.u. S. 191 f. - b) -Jii· wird durch a' und Mt 2,15 gestützt. In G (τά τέκνα αύτοϋ) und Τ (qr'ty Ihwn bnyn) dürfte sekundäre Angleichung an den Sprachgebrauch von 9,13 vorliegen (vgl. Willi-Plein, Vorformen, 196). Möglich ist auch die Erklärung der Versionen als „antichristliche Korrektur, um der christologischen Verwendung (Mt 2,15) den Boden zu entziehen" (Rudolph, Hosea, 209). 2 a) Wer ist das Subjekt von imp? Bach, Erwählung, 65, Anm. 76; Vollmer, Rückblicke, 57 f.; R D. Daniels, Hosea, 62 f.; Nissinen, Prophetie, 240-242, interpretieren die Form unpersönlich („Man rief sie . . . " ) . Damit wird aber das inhaltliche Problem nicht beseitigt. Erwogen wird weiterhin ein Zusammenhang mit der Tradition von Num 25,1 ff., so daß imp auf die moabitischen Frauen zu beziehen wäre (vgl. A. Szabo, Problems, 518; Andersen/Freedman, Hosea, 577 f.; Yee, Composition, 217). Nyberg, Studien, 84 f.; C. van Gelderen/W. H. Gispen, Hosea, 381; Zenger, Menschen, 194, denken in Anlehnung an Τ und die mittelalterlichen Rabbinen (vgl. Wünsche, Hosea, 481 f.) an die Propheten. Doch ist im Text von Propheten nicht die Rede (Zenger, ebd., vermutet diese freilich auch
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Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
hinter der Metaphorik von V4). Will man auf eine Textänderung verzichten, so bietet sich an, n'bya von V2bß bereits als Subjekt von V2a aufzufassen. Anderseits bliebe natürlich, mit G (καθώς μετεκάλεσα) in -in pa (vgl. Sellin, Zwölfprophetenbuch, 111; Jeremias, Prophet, 138; Neef, Heilstraditionen, 84 f.; Kinet, Ba'al, 97; Willi-Plein, Vorformen, 196; Seifert, Reden, 184, u.a.) oder K'np (vgl. Rudolph, Hosea, 209) zu ändern. - b) nn-:an ergibt keinen brauchbaren Sinn. Man emendiert am besten mit der Mehrzahl der Exegeten in Anlehnung an G (έκ προσώπου μου. αύτοί ...) in Drt "33η. 3 a) -ni>5nn wird in der Regel als seltenes Tif'el in Kausativfunktion betrachtet (vgl. GK 28 § 55h). Möglich wäre auch eine Interpretation als t-präfigiertes Denominativum des Substantivs b n (vgl. ebd; P. Joiion/T. Muraoka, Grammar, § 59e; zuletzt wieder unter Infragestellung einer Tif'el-Stammesmodifikation Nissinen, Prophetie, 142). Vergleichbare Formen finden sich in Jer 12,5; 22,15; Esr 4,7. Die Verbindung zu i>:n „Fuß" ist indes kaum zu bestreiten, so daß als Bedeutung des Verbum im Grundstamm „laufen" und als Kausativ „laufen lehren" vorausgesetzt werden darf, wobei „das Hauptgewicht... nicht spezifisch auf dem Laufen, sondern überhaupt auf dem Großziehen liegen" dürfte (Nissinen, Prophetie, 242; vgl. arab. ragül: „Mann"). Die im Interesse einer feministischen Exegese von H. Schüngel-Straumann, Gott, 123 f. (vgl. Rudolph, Hosea, 209), unter Hinzuziehung arabischer Parallelen supponierte Bedeutung der Verbalwurzel „säugen, stillen" ist letztlich nicht nachweisbar: zur Kritik vgl. S. Kreuzer, Gott, 128 f. - b) np!> Qal perf. 3. sg. masc. mit Suff. 3. pl. masc.: vgl. Ez 17,5. Zwar gilt Aphaeresis eines schwachen Konsonaten mit vollem Vokal allgemein nach GK 28 § 19g—i als problematisch, doch wird man kaum die ebd. zitierten Sonderfälle sämdich als „alte Textfehler" abtun können. Textänderungen im Sinne von S (wqblt 'nwn 7 dr'y), G (άνέλαβον αύτόν έπί τον βραχίονα μου), α' σ' θ' (άνέλαβον αύτόν έπΐ τούς βραχίονας) und V (portabam eos in brachiis meis) - so ζ. B. Wolff, Hosea, 247; Vollmer, Rückblicke, 58; Jeremias, Prophet, 138; Neef, Heilstraditionen, 85 - erübrigen sich demnach genauso wie der Vorschlag Nybergs, ein suffigiertes Substantiv *rrpo (Ausfall des a durch Haplographie) anzusetzen (vgl. Studien, 85; ähnlich Rudolph, Hosea, 209). Andersen/Freedman, Hosea, 580, fassen np als Qal inf. abs. auf und ziehen das suffigierte d- zur folgenden Präposition wobei sie dtk -S>nn(a) (V4) als Objekt betrachten. Als Übersetzung ergibt sich dann: „I took from his arms the bonds of men", was die Errettung Israels aus Ägypten assoziieren soll. Die weitreichenden Textumstellungen sprechen eher gegen diese Deutung. - c) Das Suff. 3. sg. masc. an r n y m ist durch •np gesichert. G S Τ V bieten mit -Jiym die lectio facilior, insofern sie an die Gottesrede des Kontextes angleichen (gegen BHS; Wolff, Hosea, 247; Jeremias, Prophet, 138; Seifert, Reden, 185, u.a.). 4 a) Zur Bedeutung von i>y an dieser Stelle und zur Konjektur !»y s.u. S. 193ff. - b) Möglicherweise ist -n-ia? {•-compaginis) zu lesen (vgl. Nyberg, Studien, 85; Vollmer, Rückblicke, 58; Kuhnigk, Studien, 133; Daniels, Hosea, 63, u.a.). In diesem Fall erübrigt sich eine Änderung in n-ms (vgl. Harper, Hosea, 361; Sellin, Zwölfprophetenbuch, 111; Robinson, Hosea, 42, u.a.). - c) Die masoretische Punktierung unterstellt na: impf. Hif. Das fehlende n läßt aber eher an einen Narrativ, also bki (vgl. Harper, Hosea, 364; Nyberg, Studien, 86; Vollmer, Rückblicke, 59; Seifert, Reden, 186) oder Bio (vgl. BHS; Sellin, Zwölfprophetenbuch, 113; Weiser, Propheten, 84; Rudolph, Hosea, 210; Daniels, Hosea, 64), denken.
Anspielungen auf den Exodus
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5 a) Auf der Ebene des vorliegenden Textes ist das einleitende x!> als Bekräftigungspartikel resp. im Sinne von xirt als Einleitung einer rhetorischen Frage zu deuten (vgl. I Sam 20,9 und HALAT, 485 f.; Duhm, Anmerkungen, 36; Nyberg, Studien, 86; van Gelderen/Gispen, Hosea, 385; R. Gordis, Text, 89; Soggin, Hosea, 135; Kuhnigk, Studien, 134; Andersen/Freedman, Hosea, 583 f.; Yee, Composition, 359; Nissinen, Prophetie, 233.250). Unnötig ist der Änderungsvorschlag ii> nach G (δυνησομαι αύτφ). 6 a) V (HALAT, 105): vgl. Jes 44,25; Jer 50,36; dazu: Jeremias, Prophet, 143; Nissinen, Prophetie, 251 f.; Seifert, Reden, 186. 7 a) Die eklatanten Textschwierigkeiten (zu den mannigfachen Verstehensversuchen vgl. bereits Harper, Hosea, 368) haben teilweise dazu geführt, gänzlich auf eine Rekonstruktion zu verzichten (so Wellhausen, Propheten, 127; Vollmer, Rückblicke, 60). - Die Form o-mbn versteht man am besten als Qal ptc. pass, von xVn (G: έπικρεμάμενος): vgl. Ε. A. Speiser, Hosea 11,7, 190; Robinson, Hosea, 42; Wolff, Hosea, 248; Kinet, Ba'al, 341, Anm. 163; Andersen/Freedman, Hosea, 586; Jeremias, Prophet, 138; Neef, Heilstraditionen, 84.86 f.; Daniels, Hosea, 62; Seifert, Reden 186 f., u. a. Alternative Ableitungsversuche aus der Wurzel xbri (vgl. BHS; Donner, Israel, 86; Weiser, Propheten, 84; Rudolph, Hosea, 211; Willi-Plein, Vorformen, 201-203, u.a.), nxb (Kuhnigk, Studien, 136) oder ni>n (vgl. Sellin, Zwölfprophetenbuch, 111) müssen Textänderungen in Kauf nehmen. Anders als in M T tritt in der G-Version von V7a Gott nicht als sprechende, sondern als besprochene Person auf. Hier könnte sekundäre Angleichung an V7b (G) vorliegen. - by in V7b kann unmöglich Präposition sein. Rudolph, Hosea, 211 f.; Willi-Plein, Vorformen, 202 f.; Nissinen, Prophetie, 255, vokalisieren mit V α' σ' θ' Vv, können dann aber nicht die Entstehung der Punktierung in M T erklären. Schwierig erscheint auch das traditionelle adverbielle Verständnis von by (vgl. die mittelalterlichen Rabbinen: dazu Wünsche, Hosea, 496, der ebenfalls adverbiell übersetzt). So empfiehlt es sich trotz aller Probleme immer noch, mit Nyberg, Studien, 89; Jeremias, Prophet, 138; Seifert, Reden, 187, in Anlehnung an ug. 'ly (KTU 1.16, III, 5-8) b? als Gottesepitheton oder Eigennamen („der Hohe/der Höchste": ähnlich wie in 7,16? - vgl. aber HALAT, 780) zu interpretieren. Damit würde gleichzeitig die Konjektur bya (vgl. Sellin, Zwölfprophetenbuch, 114; Robinson, Hosea, 42; Donner, Israel, 86; Wolff, Hosea, 248; Kinet, Ba'al, 342, Anm. 177; Neef, Heilstraditionen, 87, u. a.) hinfällig. - Die Worteinteilung in V7b (MT) ist ebenfalls unverständlich. Man hilft sich in der Regel mit (•nn;) k> irr sin x^jr by-bio weiter (vgl. Wolff, Hosea, 248; Jeremias, Prophet, 138; Neef, Heilstraditionen, 87, u.a.). Causa metri wäre auch xb irri w i j r by-bxi naiv zu erwägen (Daniels, Hosea, 65, Anm. 7c; Seifert, Reden, 187). Das fehlende Objekt zu ann; berechtigt kaum zu der Änderung in na-v bzw. Daa'Tr (vgl. Nyberg, Studien, 89; Wolff, Hosea, 248; Kinet, Ba'al, 342, Anm. 179; JEREMIAS, Prophet, 138, u. a.). Einerseits darf mit elliptischer Formulierung gerechnet werden, anderseits könnte eine kontrahierte Polel-Form (vgl. GK 28 § 72cc; Daniels, Hosea, 65, Anm. 7d; Seifert, Reden, 187) vorliegen. 8 a) Jeremias sieht in dem Abstraktplural eine „Selbstbeherrschung" Gottes ausgedrückt (vgl. Eschatologie, 231), die als „die Kraft, die Jahwes Zorn nicht zur Entfaltung kommen läßt", fungiert (Reue, 54). Zu der unnötigen Änderung in -nrn vgl. zusammenfassend Nissinen, Prophetie, 258 f., Anm. 127.
190
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
9 a) II v y (zur Bedeutung „Erregung" vgl. Jer 15,8; HALAT, 777, und Seifert, Reden, 218). 11 a) Der Gebrauch der Präposition !>y verwundert auf den ersten Blick, doch könnte hier das Vogelbild aus V i l a nachwirken (vgl. Sellin, Zwölfprophetenbuch, 117). Ansonsten wäre mit den meisten Auslegern nach G S Τ in •-rnaern zu ändern. Analyse
Die Einheit Hos 11,1-11 würdigt das Exodusmotiv gleich dreimaliger Erwähnung. Dabei thematisiert VI den Exodus als ein vergangenes Geschehen aus Israels „Kinderzeit". V5 spricht wie auch 8,13 und 9,3 von einer zukünftigen Rückkehr nach Ägypten (aiü-: impf.), während VI Of. einen „neuen Exodus" aus Ägypten/Assyrien verheißen. Die Abfolge: aus Ägypten - nach Ägypten - aus Ägypten verleiht der gesamten Einheit 11,1-11 ein spezifisches, an der Heilsgeschichte orientiertes Gefälle und wirkt so auf jene strukturbildend. Dieser Umstand zeigt zunächst, daß 11,1-11 in der vorliegenden Form als zusammengehörige Einheit gelesen werden will. Anderseits läßt er die Vermutung redaktioneller Arbeit aufkommen. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, daß VI eine inhaltliche Entsprechung in 12,10; 13,4 findet und V5 in 9,3; 8,13bß. Sind in Hos 11 die beiden Weisen der Rede vom Exodus des Hoseabuches bewußt in ein dramatisches Gefälle gebracht und um eine weitere Variante bereichert worden? Hos 11,1-11 stellt sich als zweiteilige Gottesrede dar. Dabei ist die Position von V7 umstritten. Die Bezeichnung könnte nach *jn in VI den Beginn eines neuen Abschnitts markieren.565 Anderseits signalisiert die Kopula am Anfang von V7 die Zusammengehörigkeit des Verses mit dem Vorhergehenden.566 VI-7 zielen auf die Strafandrohungen V5a.6a.7bß, V8-11 auf die Heilsweissagung VI Of. Innerhalb der Vi-7 kommt den VI-4 die Funktion einer Scheltrede zu. Der heilvollen Zuwendung Jahwes zu seinem Sohn Israel/Ephraim (V1.3a.4b) kontrastiert dessen Abfall von Jahwe (V2.3b). Auf die Anklage folgt in V5a ein Drohwort. Der sich an V5a anschließende -D-Satz (V5b) markiert als „abschließende Charakteristik"567 formgeschichtlich das Ende der in Via anhebenden Rede. In V6a liegt eine isolierte Strafandrohung vor. V6b begründet V6a nachträglich. V7 gliedert sich in einen Schuldaufweis (V7a) und eine Strafandrohung (V7b) und bildet insgesamt wiederum ein zusammengehöriges Stück. Im Blick auf VI-5 spricht manches dafür, die jetzt vorfindliche Struktur ,Schuldaufweis (VI-4) - Strafandrohung (V5a) - abschließender 'D-Satz 565
566 567
Vgl. ζ. B. JEREMIAS, Prophet, 139. Vgl. z.B. WOLFF, Hosea, 250; SEIFERT, Reden, 188. V g l . KOCH, F o r m g e s c h i c h t e ,
236F.252.
Anspielungen auf den Exodus
191
(V5b)' nachträglicher Bearbeitung zuzuschreiben. Das Problem läßt sich an V5a verdeutlichen. Das oben vorausgesetzte Verständnis des Halbverses als Strafandrohung kann durch das einleitende xb in Frage gestellt werden. Isoliert man V5a von seinem Kontext, so ist folgende Übersetzung möglich: Er wird nicht nach Ägypten zurückkehren, auch wenn Assur sein König ist.568 Der Satz besagt dann: Zwar mag das Subjekt (Israel/Ephraim) unter der Herrschaft Assurs stehen. Eine Rückkehr nach Ägypten bedeutet dieser Umstand aber noch nicht. Der Sinn dieser Aussage leuchtet auf der Ebene von Hos 9,3b und 8,13bß sofort ein. Beide Stellen propagieren die Exilierung Israels als Rückkehr nach Ägypten, d. h. als Aufkündigung des besonderen Jahwe-Verhältnisses Israels.569 Der Satz Hos 11,5a wäre als Widerspruch gegen diese geschichtstheologische Deutung des Exils zu verstehen.570 Einer solchen Interpretation laufen natürlich die Schuldaufweise V2.3b und der abschließende -D-Satz V5b zuwider. Die Aussagen über Jahwes Zuwendung zu dem Knaben Israel/Ephraim in V1.3a.4b wären hingegen geeignet, ein Verständnis von V5a im Sinne eines verhaltenen Heilswortes zu befördern. Betrachtet man vor diesem Hintergrund VI genauer, so fällt eine gewisse grammatische Doppelbödigkeit auf. V {et ex Aegypto vocavi filium meum) und α' (και άπό αϊγύπτου έκάλεσα τόν υίόν μου) - analog auch G - verstehen als direktes Objekt zu -run ρ (zum Sprachgebrauch vgl. Gen 12,18; Ex 10,16 u. ö.). S (wmn msrym qryth bry) und Τ (wmmsrym qr'ty Ihwn bnyn) deuten -Jai> prädikativ. Im Sinne der letztgenannten Versionen wäre V l b mit „aus Ägypten (be)rief ich (ihn) zu meinem Sohn" bzw. „aus Ägypten nannte ich (ihn) meinen Sohn" zu übersetzen. Im erstgenannten Falle bezeichnete b in ρ den Ruf in eine bestimmte Tätigkeit (vgl. Gen 31,54; Num 24,10; Jdc 12,1; I Sam 28,15, Hi 1,4),571 im zweiten Falle eine Analogie zur Namensgebung (vgl. Gen 1,5.8.10; 16,14; 21,31 u. ö.).572 Der grammatischen Zweigipfligkeit korrespondiert eine inhaltliche. Bei einer Deutung von als direktem Objekt liegt der Akzent auf dem Ort, aus dem „mein Sohn" gerufen wurde, also auf der Wendung 568 Zum Verständnis des mit w-copulativum eingeleiteten Nominalsatzes als konzessivem Nebensatz vgl. GK 28 § 141e. Eine ähnliche Übersetzung hat bereits N. LOHFINK, Hos xi, 5, 227, vorgeschlagen: „Zwar wird es nicht zurückkehren ins Land Ägypten - aber Assur, der ist sein König, . . . " 569 S.o. S. 178ff. 570 Anders LOHFINK, ebd.: „Es geht um die Rückkehr nach Ägypten, die als Strafe eigentlich fällig wäre, . . . , aber durch eine andere ersetzt wird". 571
V g l . NlSSINEN, P r o p h e t i e , 2 3 8 , A n m . 2 8 .
572
V g l . NLSSINEN, a . a . O . , 2 3 7 , A n m . 2 7 .
192
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
α'Ίχαη. Bei prädikativer Übersetzung verlagert sich das Gewicht der Aussage auf die Sohnschaft des Knaben Israel. Diese Doppelbödigkeit findet ihr Pendant in der Fortsetzung V2 und V3a. Im Kontext von V2 möchte man in VI eher die Wendung D—isna betont wissen. Wie immer V2a.ba zu verstehen sein mag, V2bßy stellt den Abfall Israels zumindest der Sache nach als Bruch des ersten und zweiten Dekaloggebotes dar. Der Ruf aus Ägypten in VI entspricht nach dieser Lesart funktional der Dekalogpräambel. Anders verhalten sich die Dinge, wenn VI von V3a her gelesen wird. V3a führt das Moment der Gottessohnschaft Israel/Ephraims aus VI weiter. Das Ägyptenmotiv findet hingegen keine Fortsetzung. Man kann also sagen: Im Horizont von V2 will -JI!> (VI) als direktes Objekt, auf dem von V3a prädikativ übersetzt werden. Für die diachrone Wahrnehmung wird dieser Befund dadurch relevant, daß V2 den durch die Sohnesmetaphorik hergestellten Zusammenhang von VI und V3a unterbricht. Entsprechend wird die Größe Israel in V2 pluralisch, in V3aa aber singulansch wie in VI fortgeführt. V3aß durchbricht in der vorliegenden Form des MT die Gottesrede, da der göttliche Sprecher hier in der 3. Ps. erscheint. Dieser Umstand spricht für eine nachträgliche Glossierung, deren Sinn allerdings nicht mehr aufzuhellen ist.
Schließlich macht sich V2 nicht nur hinsichtlich seiner Thematik (Fremdgötter- und Bilderverehrung), sondern auch aufgrund seines Sprachgebrauchs dtr. Herkunft verdächtig. Darauf hat in jüngster Zeit wieder Nissinen aufmerksam gemacht. Er verweist 1) auf die Paarung nap ( Ρ ϊ . ) / Π 3 Τ (Pi.), welche abgesehen von Hab 1,16 (allerdings von Aktionen des babylonischen Königs) und Jes 65,3 (mit MT ptc. Qal) sonst nur noch in den dtr. Stücken I Reg 22,44; II Reg 12,4; 14,4; 15,4.35; 16,4 ( = II Chr 28,4); Hos 4,13573 und in abgewandelter Form in I Reg 3,3; 11,8 (mit nap Hif.)574 zu finden ist, 2) auf die Wendung -Jan η^η (em.), die sich semantisch an Phrasen wie "irm η^π/πατ mit dem Objekt ••irw D-rt^x (u. ä.) anschließt, als Gegensatz zu den Formeln -p-RA - | I > N / M N - -JD!> Η ^ Η mn-575, 3) auf die Fremdgötterbezeichnung a-i>ya576 und 4) auf den Terminus (tr)iO3, der vorwiegend in den späteren Teilen des Dtn anzutreffen ist (Dtn 4,16.23.25; 5,8; 7,5.25; 12,3; 27,15), vor allem aber den zentralen Begriff des dekalogischen Bilderverbotes (Ex 20,4; Dtn 5,8) liefert.577
573 574 575 576 577
Dazu a.a.O., 213-215. Vgl. a. a. O., 317. 213 mit Anm. 242. Vgl. dazu die a. a. O., 317, Anm. 146, aufgeführte Literatur. Vgl. a.a.O., 317f. Vgl. a.a.O., 318.
Anspielungen auf den Exodus
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Nimmt man die genannten Gesichtspunkte zusammen, so spricht alles dafür, V2 zusammen mit D'ixnn (VI) als dtr. beeinflußte Bearbeitung aus dem Grundbestand von 11,1-5 auszuscheiden.578 Dann aber liegt es nahe, auch V3b und V5b dieser dtr. inspirierten Schicht zuzuschreiben. Beide Halbverse verlassen die Sohnesmetaphorik und führen die Größe Israel/Ephraim im Plural. Im Hintergrund von V3b579 könnte die dtr. Stelle Ex 15,26 stehen.580 V5b ist schon seit langem sekundärer Bearbeitung verdächtig.581 Er wirkt wie ein Zitat aus Jer 5,3; 8,5. Ein Problem besonderer Art stellen Verständnis und entstehungsgeschichtliche Einordnung von V4 dar. Die Schwierigkeit hängt vor allem an bs in V4aß. Gewöhnlich gibt man das Wort mit J o c h " wieder und sieht die Vater-Sohn-Metaphorik zugunsten eines neu eingeführten Gleichnisses durchbrochen. So vermutet etwa Jeremias in „V.4 das noch einmal andere Bild des Bauern, das sich eng mit 10,11 berührt; es zielt ab auf die gütige, verständnisvolle Erziehung Israels durch Gott. Er hat das junge Rind Israel, wie kein irdischer Bauer es tun würde, für die Arbeit auf dem Feld zugerichtet. Es waren nicht Wunden und Striemen scheuernde Seile, sondern ,menschliche Seile' und ,Stricke der Liebe', insofern alle Erziehung nur dem einen Ziel diente, Israel zum Heil zu führen . . . Alles Anlernen des Tieres war von steter Fürsorge des Bauern begleitet; er befreite das Tier vom Joch, damit es leichter fressen konnte - das Joch verbindet das Rind mit einem zweiten Tier und erschwert sein Bücken und Kauen (daher die Erwähnung der Kinnbacken; ...). Das Futter wurde ihm nicht hingeworfen, sondern in freundlicher Zuneigung dargereicht."582 Diese Deutung hat den unbestrittenen Vorteil, daß sie die drei tragenden Motive von V4 - Ziehen mit „menschlichen Seilen"/„Stricken der Liebe" (V4aa), Heben des Joches (V4aß) und Nähren (V4b) - in einen einheitlichen Zusammenhang zu bringen vermag. Allerdings ist sie auch mit er578 NlSSINEN, der 237 f.), spricht sich postuliert hingegen Ägyptenmotiv n o c h d e m Einzelnen die meinen Sohn."
die hier angeführten syntaktischen Probleme gesehen hat (vgl. a. a. O., d e n n o c h gegen eine literarkritische Eliminierung des Syntagmas aus. Er auf der Ebene der Überlieferung „ein Vorbild . . i n d e m sich das nicht befand und w o auch nicht notwendig von d e m V o l k , sondern von Rede war: Ein Knabe w a r N N , und ich liebte ihn, N N berief ich als
579
Z u u m im H o s e a b u c h vgl. allerdings 5,13; 6,1; 7,1; 14,5. Vgl. NlSSINEN, Prophetie, 321 - für E x 15,26 mit Verweis auf NOTH, Exodus, 102 f.; R. SMEND, Entstehung, 66. 581 Vgl. MARTI, D o d e k a p r o p h e t o n , 88; VOLLMER, Rückblicke, 57.60; JEREMIAS, Eschatologie, 7 9 f . ; DERS., Prophet, 143; NISSINEN, Prophetie, 321; anders z . B . WILLI-PLEIN, Vorformen, 200 f.; NAUMANN, Erben, 9 2 - 9 6 ; SEIFERT, Reden, 189 f. 580
582 Prophet, 142, mit Verweis auf DALMAN, A u S II, 99 f.; vgl. RUDOLPH, H o s e a , 215 f.; VOLLMER, Rückblicke, 59; DEISSLER, Propheten I, 51; STUART, H o s e a , 179; NEEF, Heilstraditionen, 92 f.; BONS, Buch, 136 f.; ELDEVALL, Grapes, 173 f., u . a .
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heblichen Schwierigkeiten belastet. So hat zuletzt Seifert folgende Einwände erhoben: „1.) Ein Joch liegt normalerweise auf dem Nacken des Pflugtieres, nicht auf den Kinnbacken. 2.) Für die 3. Ps. Singular in V4b fehlt der Bezug. Es müßte Ephraim von V3a sein, doch der wird dort im Bild des kleinen Jungen gesehen."583 Und: „es ist eigentlich selbstverständlich, daß ein Bauer seine Pflugtiere ordentlich versorgt! Schließlich liegt das in seinem eigenen Interesse."584 Ein weiterer Einwand läßt sich hinzufügen: Die Wendung by Ys (Hif.) α π steht den Formulierungen (Hif.) vby i»? !>y in Num 19,2 und I Sam 6,7 nahe. An diesen Stellen ist aber nicht, wie man durchweg für Hos 11,4 unterstellt,585 vom Abnehmen des Joches, sondern vom Anschirren des Tieres die Rede. Bedenkt man, daß !>? o n „sich erheben über/gegen" (z.B. Mi 5,8; Ps 13,3; 27, 6; 57,6 [Qal]; vgl. Pol. Neh 9,5) oder - für unseren Zusammenhang brauchbarer- „(sich) erheben zu" (Qal: Ez 10,4; Hif.:Jos 4,5; Jes 62,10) heißt, so würde sich bei der Interpretation von b» i>y (Hif.) a n in Hos 11,4 tatsächlich eher das Bild vom Anschirren eines Tieres als das der Befreiung vom Joch anbieten.586 Die Alternativlösung verläßt die Vokalisation des M T und liest i>y („Säugling") statt ^y.587 Tatsächlich scheinen so die wesentlichen Schwierigkeiten des Textes wie mit einem Schlage behoben: Die Lesart fügt sich grundsätzlich in die Metaphorik von Vi und V3a ein. War in V3a vom Aufziehen des Knaben die Rede, so äußert sich die göttliche Zuwendung zum Kinde nunmehr darin, daß Jahwe das Kind herzt (V4aß) und nährt (V4b). Freilich: Die Versionen lesen durchgängig J o c h " ! Auch lassen sich die in V4aa erwähnten ••bin und mnay besser mit der Joch-Metaphorik (vgl. Jes 5,18; Jer 2,20; 5,5; Hi 39,10) als mit dem Bild des Kindes vermitteln.588
583 584 585
Reden, 192. A . a . O . , 193. Vgl. b e r e i t s RASCHI u n d IBN EZRA (S. WÜNSCHE, H o s e a , 487).
586
a n (Hif.) im Sinne von „etwas wegnehmen" wird mit der Präpositionalkontraktion !>yn gebildet (vgl. Gen 7,17; Ez 45,9). 587
Vgl. B H S ; VAN HOONACKER, P r o p h e t e s , 106; SELLIN, Z w ö l f p r o p h e t e n b u c h , 111; DON-
NER, Israel, 86; WOLFF, Hosea, 247; MAYS, Hosea, 150; SCHÜNGEL-STRAUMANN, Gott, 124; SEIFERT, Reden, 19; DAVIES, Hosea, 256f., u.a. Die Konjektur ist inzwischen sogar in die Einheitsübersetzung eingegangen. 588 SEIFERT, Reden, 191, die sich die Konjektur !>y zu eigen macht, sieht in V4aa „einen sehr schönen sprachlichen Ausdruck für J H W H s pädagogisches Handeln an Israel". Dabei räumt sie ein: „Freilich entsteht dadurch eine recht komplizierte metaphorische Struktur, sozusagen eine ,Metapher in der Metapher'" (ebd.). - Jedoch: „Dieses Problem verliert . . . dadurch an Gewicht, daß schon ab V3b von den Israeliten im Plural die Rede ist. Das bedeutet, der Sekundärgegenstand (Verhältnis Eltern - Sohn) tritt in den Hintergrund zugunsten des Primärgegenstandes. Dadurch wird Raum geschaffen für die neue Metapher" (ebd.).
Anspielungen auf den Exodus
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Die letztgenannten Gesichtspunkte nötigen dazu, wenigstens den Versuch zu unternehmen, V4a im Sinne der masoretischen Lesart zu verstehen. Da D'^an und nuuy zumindest der Sache nach in das Umfeld der ,Joch"-Metaphorik gehören, 589 empfiehlt es sich weiterhin, V4aa und V4aß aus einem einheitlichen metaphorischen Zusammenhang heraus zu interpretieren. Allerdings steht hinter V4aß kaum das Bild des Abschirrens. !>y a n kann an dieser Stelle nur „erheben z u / a u f heißen (s.o). V4aß spricht dann vom Anlegen des Joches. 590 Mit diesem Verständnis deckt sich V4aa, insofern sich das Verb "|®n auf das Tragen des Joches" beziehen muß (vgl. Dtn 21,3). Eine nicht bis ins letzte zu klärende Schwierigkeit stellt nach wie vor der Umstand dar, daß das Joch zu den Kinnbacken erhoben wird. Vielleicht muß aber Vv terminologisch nicht streng auf die Jochstange begrenzt werden.591 Hinsichtlich der Etymologie von Ys bestehen Unklarheiten. Ges17 und KBL leiten das Nomen aus dem Verb III i>i>y „hineinstecken, senken" (vgl. Pol. Hi 16,15) ab. HALAT setzt hingegen ein gemeinsemitisches Primärnomen an. Für unsere Stelle könnte das arab. gullu „Halsring von Gefangenen" von Interesse sein. Der im vorderen Orient übliche metaphorische Gebrauch von !>y als Bild der Unterwerfung und Gefangenschaft592 ist hier in die allgemeinere Bedeutung eines Fesselungswerkzeuges übergegangen. In Jer 2,20; 5,5 steht )>y in Parallele zu den zum Joch dazugehörigen nnoin (vgl. 27,2) - ein Terminus, der ebenfalls auch im Sinne von „Fessel" gebraucht werden kann (vgl. Jes 28,22; 52,2; Hi 39,5; Ps 2,3; 116,16). Sieht man in Yv von Hos ll,4aß weniger die Jochstange als vielmehr allgemeiner ein Utensil der Fesselung, dann ließe sich unsere Stelle in die Nähe einer besonders grausamen Praxis rücken. So rühmt sich Assurbanipal, mit einem aufsässigen arabischen Führer namens Uaite wie folgt verfahren zu sein:593 „Unter Erhebung meiner Hände, die ich zur Besiegung meiner Feinde vom Gotte Assur empfangen hatte, durchbohrte ich auf Befehl des Gottes Assur und der Göttin Ninlil mit der Deichselspitze meines Wagens seine Kinnbakken594, durch den Kiefer seines Antlitzes zog ich einen Strick, legte ihm eine Hundekette an " Ein vergleichbares Malträtieren der Kinnbacken mittels ,Haken' (π-ππ) scheint Ez 38,4 vorauszusetzen. 589
Terminologisch wäre eher ioin zu erwarten (vgl. Jer 2,20; 5,5; 27,2; 30,8). Mit dieser Möglichkeit spielt auch NLSSINEN, Prophetie, 247. Die syntaktische Schwierigkeit dieses Lösungsversuches besteht darin, daß sich das Suffix an οπ-πί» dann nicht auf •anaD, sondern auf απ!> und damit auf Israel/Ephraim zurückbeziehen muß. 5.1 Vgl. bereits NISSINEN, Prophetie, 247 f.: „Möglicherweise bedeutet !>y hier im breiteren Sinne die ganze Vorrichtung, die dem Tier angelegt worden ist Dazu mag auch ein mit Lenkseil versehener Zaum gehört haben." m Vgl. H. SCHMOLDT, Ys, 79 f. 5,3 M. STRECK, Assurbanipal, 80, IX, 106; Übersetzung nach H. KLENGEL, Zelt, 96; vgl. HAAS, Magie, 25. 594 *">me-si-fu, dazu: STRECK, a. a. O., 80, Anm. 3). 5.0
196
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Hilfreich für das, was in V4 der Sache nach gemeint ist, erweist sich vor allem die Verknüpfung von V4 und VI über das Stichwort nrw. Auf der Ebene der dtr. Bearbeitung stellt VI die Gottesliebe in den Kontext von Exodus, Bund und Gesetz. Auf diesem Horizont ließen sich auch die „Stricke der Liebe" im Sinne von Jer 2,20; 5,5 (vgl. Act 15,10; Gal 5,1) auf das Gesetz beziehen.595 V4a käme dann die Funktion zu, die gegensätzlich erscheinenden Handlungsweisen Jahwes (Heil und Gericht) über die Kategorie ,Gesetz' zu vermitteln, insofern das Gesetz Segen und Fluch wirkt. Sieht man dabei die Metaphorik in V4aß von einem ähnlichen Vorgang bestimmt, wie ihn der oben erwähnte assyrische Text überliefert, so wäre das Gesetz hier besonders nach seiner Fluchwirkung hin thematisiert. Diese Denkungsart fügt sich weniger zu der Grundschicht von V I - 5 als vielmehr in das Vorstellungsgebäude der dtr. inspirierten Bearbeitungsstücke des Textes. In diesem Zusammenhang fällt wiederum auf, daß V4a die Größe Israel/Ephraim im Plural führt.596 V4a schließt damit auch sprachlich gut an V2.3b.V5b an. Die bisherigen literarkritischen Erwägungen haben gezeigt, daß die eingangs lediglich als Möglichkeit diskutierte Interpretation des xi» von Via als reine Negation keinesfalls abwegig ist. Vielmehr legt der durch die Analyse gewonnene genuine Kontext Vl*.3aa.4b eine solche Deutung nahe. VI-4* beschreiben im Bild des sich seinem Sohn liebend zuwendenden Vaters das fürsorgliche Verhältnis Jahwes zu Israel/Ephraim. V5a betont, daß dieses Verhältnis durch die Herrschaft „Assurs" über Israel/Ephraim nicht einfach außer Kraft gesetzt ist. V6 schließt weder an die Grundschicht von VI-5 noch an deren Bearbeitung direkt an. Das Suffix 3. sg. masc. dürfte am ehesten auf „Israel/Ephraim" (vgl. V5a: iD^n) zu beziehen sein. Der Angriff auf die „Mantiker" sprengt inhaltlich den Rahmen des Voranstehenden und erinnert an Jes 44,25; Jer 50,36.597 Das Stichwort „Pläne" könnte jesajanisches Kolorit verraten (vgl. 10,6b).598 n a und nrrmxynn literarkritisch zu isolieren, um ein älteres Drohwort zu gewinnen,599 ist methodisch proble-
595 Vgl. bereits WÜNSCHE, Hosea, 487: „Die Worte gehen nicht nur auf die Befreiung Israels aus dem Diensthause Aegyptens, sondern auch auf die Liebe und Menschenfreundlichkeit, mit welcher Jahve die Erfüllung des Gesetzes ihm erleichtert hat" Immerhin erwogen wird eine Deutung auf das Gesetz auch von HENTSCHKE, Joch, 869. 5.6 Daß der Plural erst sekundär durch V2.3b evoziert worden sei (so NLSSINEN, Prophetie, 266), kann natürlich bestenfalls vermutet werden. 5.7 Dort sind allerdings die mesopotamischen Vertreter der Zunft gemeint. 5.8 Ähnlich JEREMIAS, Prophet, 143. 599 Vgl. z.B. JEREMIAS, Prophet, 143; KÖCKERT, Prophetie, 6; ähnlich SEIFERT, Reden,
190.
Anspielungen auf den Exodus
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matisch.600 Eher wird man den gesamten Vers einer späteren, vielleicht am Jesajabuch geschulten Bearbeitung zuschreiben müssen. Wie immer V7b im einzelnen zu verstehen sein mag, für den gesamten V7 kann festgehalten werden, daß ihm eine über Hos 11 hinausreichende kompositorische Funktion eignet. Erstmalig seit Kap. 4 und 6,11 begegnet das Stichwort ~ny wieder. Dem entspricht, daß am Ende von Kap. 11 die Gottesspruchformel (sonst nur Kap. 2) auftaucht. Kap. 4-11 erscheinen damit als ein separater Buchteil. Offensichtlich soll schon -ny von V7 diese buchgliedernde Funktion von Kap. 11 markieren. Die in V7a wiederkehrende Wurzel aw erinnert in ihrer Verwendung an V5b. Deutet man i>y als Gottesbezeichnung,601 so zeigt V7b enge Berührungen mit V2. Die Wurzel a n weist auf V4aß.602 Insgesamt entsteht der Eindruck, daß V7 bewußt die durch die dtr. geprägte Bearbeitung von VI-5 eingebrachten Stücke bündelt. In V8f. werden „Ephraim" und „Israel" in den Verbformen und Suffixen wiederum singularisch fortgeführt. Von daher legt sich die Vermutung nahe, daß V8 f. ursprünglich an V5a anschlossen. Inhaltlich wären V8 f. dann als Motivation des Heilswortes V5a zu verstehen. Allerdings ist dieses schon hinreichend durch Jahwes Zuwendung an Israel/Ephraim von Kindesbeinen an in den VI-4* begründet. V8 f. dürften somit als Reaktion auf den im Laufe des Redaktionsprozesses zum Unheilswort umgestalteten Abschnitt V I - 7 konzipiert worden sein und von einer anderen Hand stammen als VI-5a*. V10 durchbricht als einziger Teil der Einheit 11,1-11 die Gottesrede. Entsprechend wird er von den meisten Exegeten als sekundär betrachtet. VI 1 schließt inhaltlich gut an V8 f. an. Auf den Herzensumsturz Jahwes folgt nun - als Pointe - eine Verheißung der Rückführung aus der Gola. Die Größe ,Volk' wird allerdings wieder im Plural konstruiert. Statt Anrede herrscht besprechende Rede vor. Doch reichen diese alles in allem „leichten" stilistischen Unebenheiten nicht aus, um V l l entstehungsgeschichtlich von V8 f. abzukoppeln. Entsprechend den analytischen Beobachtungen kann der Entstehungsprozeß von Hos 11 wie folgt beschrieben werden: Den ältesten Bestand liefern Vl*(ohne :nxnn).3aa.4b.5a. 603 Eine Datierung der Grundschicht wird vor allem durch VI ermöglicht.604 Nissinen hat überzeugend dargeDas Suff. 3. pl. masc. an D n - m s y a a bezieht sich auf D"ra. S. o. Textanm. 7a). 602 Konjiziert man in Vs (Joch'), so rückt V7b in Wort- und Motivrepertoire noch enger an V4aß. 603 Ahnlich vermutet ZENGER, Menschen, 194, einen Grundbestand, der V1.3a.4b.5a.6a umfaßt 604 Dem Begriff „Assur" in V5a ist für die Datierung nicht allzuviel abzugewinnen. Er findet in der atl. Uberlieferung sowohl für das neuassyrische als auch für das neubabylonische und persische Reich (Esr 6,22) Anwendung. 600 601
198
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im H o s e a b u c h
legt, daß die Sohnesmetaphorik in V I - 4 * traditionsgeschichtlich in der Königsideologie wurzelt. 605 Er verweist dabei auf den ikonographischen Topos der dea nutrix, die ein Gotteskind oder den König stillt, vor allem aber auf die Königsorakel an Asarhaddon und Assurbanipal, in denen der König als Pflege- oder Adoptivkind einer Göttin erscheint. Im ganzen sei hier mit einer für die Königsprophetie „gattungsspezifischen Bildsprache" zu rechnen.606 Allerdings ist die Vorstellung des Königs als Gotteskind in H o s 11 auf das Volk übergegangen. Es handelt sich also nicht um ein Stück authentischer Königsprophetie. Vielmehr liefert die Königsprophetie nur noch den traditionsgeschichtlichen Hintergrund für H o s 1 1 *. 6 0 7 Die hier vollzogene „Demokratisierung" des Königtums setzt den Untergang des realexistierenden Königtums voraus. Der theologischen Tendenz nach gehört sie auf eine Linie mit Jes 41,8-13. Der Text datiert demnach nicht vor 587 v. Chr. 608 Er ist von vornherein als literarische Bildung anzusprechen. Welches Interesse wird in der Grundschicht verfolgt? Auffällig ist, daß ο-Ίχη ρ χ !>κ aitr ( l l , 5 a a ) nahezu wörtlich mit D"isn π-τακ a n (9,3ba; vgl. 8,13bß) übereinstimmt. ΐ3Ϊ>η κιπ tiwki ( l l , 5 a ß ) erinnert an »na n e u n (9,3bß). 11,5a läßt also bewußt die älteren Stellen 9,3b und 8,13bß anklingen. Dann aber fällt alles Gewicht auf das V5a einleitende κί>. Offensichtlich sollen am Zielpunkt der kompositorischen Sequenz 8,13bß9,3-11,5a die voranstehenden Unheilsansagen 9,3b und 8,13bß wieder rückgängig gemacht werden. 609 Entgegen der älteren Hoseatradition bedeutet für den Autor von 11,1 - 5 a * die bereits Realität gewordene Exilierung Israel/Judas nicht die Aufkündigung des Gottesverhältnisses. Erst die V2.3b.4a.5b haben, die deuteronomistische Theologie bereits im Rücken, das Heilswort Vl*.3aa.4b.5a in ein Gerichtswort umgewandelt und dabei den innerhalb des Hoseabuches singulären - weil einzig an der Zuwendung Jahwes orientierten - Geschichtsrückblick Vla.3aot.4b in die Fa^on der übrigen Geschichtsrückblicke des Hoseabuches gebracht (vgl. 2,4ff.; 9,10.15.17; 10,1 f.; 12; 13,1 [dtr.? - s.o.]). Ebenfalls auf das
Vgl. Prophetie, 2 6 9 - 2 9 4 . Vgl. Prophetie 303. Z u Parallelen der neuassyrischen K ö n i g s p r o p h e t i e im Alten T e s t a ment vgl. a . a . O . , 301, und WEIPPERT, Prophetien, 1 0 4 - 1 1 1 ; DERS., H e r k o m s t . 6 0 7 N a c h NlSSINEN, Prophetie, 303, hat der A u t o r von H o s 1 1 * allerdings „ein Stück israelitischer K ö n i g s p r o p h e t i e zu seinen Zwecken wiedergebraucht". 6 0 8 Anders NlSSINEN, Prophetie, 2 9 8 - 3 0 0 . 3 0 2 - 3 0 9 : E r sieht in H o s 1 1 * „ A n f ä n g e der f o r m geschichtlichen Entwicklung, deren Ergebnis die eigentlichen Klagelieder des Volkes s i n d " (Prophetie, 300), und interpretiert die G r u n d s c h i c h t von H o s 11 wie den G r u n d b e s t a n d von H o s 4 - 1 1 überhaupt vor d e m Hintergrund von K l a g e n über den U n t e r g a n g des Nordreiches. D i e formgeschichtlichen Anhaltspunkte f ü r diese A n n a h m e sind allerdings äußerst rar. 605 606
6 0 9 E s liegt d e m n a c h ein ähnlicher V o r g a n g wie bei der U m d e u t u n g der Unheilsnamen in 2 , 1 - 3 . 2 5 bzw. des A c h o r - T a l e s ( 2 , 1 7 ) vor.
Anspielungen auf den Exodus
199
Konto dieser Bearbeitung geht die Eintragung von o"ixnn in VI. 610 Der Bearbeiter erreicht damit nicht nur eine dem Deuteronomismus willkommene Verbindung von Exodus und Gottesliebe (vgl. Dtn 4,37; 7,7 f.; 10,15), sondern im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Fremdgötterdienstes (V2a.bocß) und Bilderdienstes (V2by) auch eine Assoziation an die Präambel des Dekalogs, 611 womit er die Gescholtenen des Gesetzesund Bundesbruchs bezichtigt. Wenn Jahwe seinen Sohn in Zucht nimmt (vgl. Dtn 8,5), so erscheint das vor diesem Hintergrund nur konsequent. V4a begründet die Notwendigkeit solchen Handelns durch die Kategorie des Gesetzes, die schon im Zusammenhang von VI und V2 die Lesart des Textes bestimmte. Eine durch die V 8 - 9 . l l beschriebene weitere Bearbeitung sah deshalb die Bedingung der Möglichkeit (des nunmehr widerfahrenen) neuen Heils in einem Herzensumsturz Jahwes. Indem sie das Heil in den Farben der Exodusmotivik malt, schlägt sie einen kompositorischen Bogen über V5a nach VI zurück und läßt die gesamte Heilsgeschichte Israels in dem Dreitakt Herausführung aus Ägypten, Umkehr nach Ägypten und Rückkehr aus Ägypten erscheinen. Zu einer theologiegeschichtlichen Einordnung von V 8 f . l l verhelfen die motivlichen Berührungen zwischen Hos 11 und Jer 31,15-22. 6 1 2 Wie Hos 11,1 spricht auch Jer 31,20 von Ephraim als dem Sohn Jahwes. Ebenso realisiert sich das ,Erbarmen' Jahwes über dessen ,Herz' (vgl. Jer 31,20 mit Hos 11,8). In beiden Texten steigert sich Jahwes erneuter Heilserweis bis zur Rückführung der Exilierten (vgl. Jer 31,16 f.21 f. mit Hos 11,10 f.). Diese Berührungen suggerieren
610 Vgl. YEE, Composition, 216. Gegen eine dtr. Prägung von VI hat sich zuletzt NISSINEN, Prophetie, 297 f., ausgesprochen. Im einzelnen führt er folgende vier Gesichtspunkte an: 1) Das für den dtr. Liebesgedanken konstitutive Theologumenon der göttlichen Erwählung wird in Hos 11,1 nicht durch den Terminus "im, sondern durch das Verb mp zum Ausdruck gebracht. 2) „Ägypten" in Hos 11,1 sei nicht primär in einem Zusammenhang mit dem Liebesgedanken, sondern in Antithese zu (dem als Drohwort verstandenen) V5a zu sehen. 3) Die für die dtr. Liebesvorstellung ebenfalls konstitutive Gegenseitigkeit von Gottes- und Menschenliebe fehle in Hos 11,1 resp. in der Grundschicht von Hos 11, der VI vollständig zuzurechnen sei, gänzlich. 4) Das Vater-Sohn-Verhältnis gestaltet sich nach dtr. Konzeption besonders in der Zeit der Wüstenwanderung aus (unter Verweis auf Dtn 1,31), während Hos 11 seine Sohnesvorstellung über die Königsideologie aufbaue. - Nun stehen und fallen die genannten Gegenargumente mit der Annahme, D""ISNN gehöre zum Grundbestand von VI. Betrachtet man D"IXNN hingegen als redaktionell, so bietet sich eine Zuweisung an die Bearbeitungsschicht V2.3b.4a.5b geradezu an. Daß die „Deuteronomisten" von Hos 11,1 in ihrer Konzeption der Gottesliebe nicht mit dem Terminus i m , sondern mit x"ip operieren, wäre in der Vorlage VI * begründet Ebenso läßt sich auch das Moment der Gegenseitigkeit der Liebe zwischen Gott und Israel in VI -2 wiederfinden: Indem Israel sich gegenüber dem Gesetz ungehorsam zeigt, vergeht es sich an der Liebe Jahwes. 611 612
So auch DEISSLER, Propheten I, 51; NISSINEN, a. a. O., 321 f. Vgl. CAROLL, Jeremiah, 598; NISSINEN, a. a. O., 330-332.
200
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
literarische Abhängigkeit, wenngleich die gegenwärtige Forschungslage kaum ein Urteil über die Frage des älteren Textes erlaubt.613 Nissinen macht über Jer 31,15-22 hinaus noch auf Jes 12 und Jes 31 als Bezugstexte aufmerksam. Im einzelnen benennt er folgende Vergleichsmomente:614 1) die stark an Jes 12,6 erinnernde Formulierung tmp "pipa in Hos 11,9; 2) sprachliche Parallelen zwischen Jes 12,1 und Hos 11,8 f. (Verwendung der Wurzeln nr», ai® und des Substantivs ηκ); 3) die Umkehrformulierung von Hos 11,9: -jux !>k -a v x K!>I in Jes 31,3: bx xh n-rn n-nxm615 und das in Jes 31,8 enthaltene Implikat der grundsätzlichen Nicht-Menschlichkeit Gottes616; 4) eine vergleichbare Bildsprache in Hos 11,10 und Jes 31,4 und 5) die Jes 11,16 entsprechende Verheißung der Heimkehr in Hos 11,11 („Ägypten" und „Assyrien"). Als weiteren, Hos 11 prägenden nachexilischen Bezugstext verweist Nissinen auf Dtn 29,22. Zwar findet sich das Paar Adma/Zeboim neben Hos 11,8 und Dtn 29,22 noch in Gen 10,19; 14,2.8. Doch weist einzig Dtn 29,22 mit Hos 11,8 sprachliche Parallelen auf (vgl. neben dem auch sonst in der Sodom-Tradition verankerten Verb ηαπ [Gen 19,21.25.29 u. ö.] das nur in Dtn 29,22 und Hos 11,8 anzutreffende ηχ), was auf literarische Dependenz schließen läßt. Die Abhängigkeit des Hoseatextes vom Deuteronomium617 ergibt sich daraus, daß in Hos 11,8 im Gegensatz zu Dtn 29,22 die Sodom-Tradition in einer spiritualisierten - sprich interpretierten - Form vorliegt.618 Summa summarum meldet sich in V8-9.ll ein Autor zu Wort, der sich aufs beste mit der theologischen Literatur der nachexilischen Zeit vertraut zeigt.619 Geschickt zieht er die Fäden dtr., jeremianischer und jesajanischer Tradition zusammen. Wir haben es demnach mit einem Zeugnis nachexilischer Schriftgelehrsamkeit zu tun. V7 und die Gottesspruchformel von V l l stellen den inzwischen vorliegenden geschichtstheologischen Traktat so in den Kontext des gesamten 613 Die Literargeschichte des Trostbüchleins J e r 30 f. wird nach wie vor kontrovers diskutiert: vgl. f ü r die neuere Zeit LOHHNK, Gotteswortverschachtelung; LEVIN, Verheißung, 178-187; G. Fischer, Trostbüchlein; K. SCHMID, Buchgestalten, bes. 110-196. 6,4 Vgl. a. a. O., 326. 328. 615 Ahnlich auch Ez 28,2 von Tyrus. 616 N u m 23,19; I Sam 15,29 könnten dabei allenfalls „antithetisch mitspielen" (vgl. a. a. O.,
3 2 7 ) . - N a c h SCHÜNGEL-STRAUMANN, G o t t , 1 2 9 - 1 3 1 (vgl. s c h o n BUBER/ROSENZWEIG,
Bü-
cher, 612, und vorsichtig neuerdings wieder WACKER, Figurationen, 293-395), wäre freilich nicht im Sinne von „Mensch", sondern geschlechtsspezifisch zu verstehen, so d a ß Jahwe in H o s 11 einem typisch männlichen Gebaren den Abschied gegeben hätte - zur Kritik vgl. KREUZER, G o t t ; SEIFERT, R e d e n , 1 9 9 f. 617 So auch YEE, Composition, 225. Anders ζ. B. WOLFF, Hosea, 260, der lediglich mit einer Traditionsverwandtschaft rechnet. 618 Vgl. NISSINEN, Prophetie, 329 f. - EIDEVALL, Grapes, 182, sieht in Am 3,4-6 einen weiteren Bezugstext zu H o s 11,10-11 und verweist dabei auf den gleichen Bestand in den Lexemen jk®, Π 3 ϊ und Tin. D e r grundverschiedene Inhalt beider Texte spricht eher gegen diese Annahme. 619 11,9 wird auch von WACKER, Figurationen, 253, mit Anm. 102, und S. 296, f ü r „jesajanisch" gehalten. YEE, Composition, 214-249, rechnet H o s 11 insgesamt zur exilischen Bearbeitung.
Anspielungen auf den Exodus
201
Hoseabuches, daß sie Hos 11 als abschließende Heilskundgabe des Buchteiles Kap. 4-11 ausweisen. Uber die genannten Bearbeitungen hinaus finden sich in V3aß.6.10 weitere kleinere Zusätze, deren relative redaktionsgeschichtliche Einordnung nicht mehr genau aufzuhellen ist.
7.ur Exodusmotivik in Hos 11 - Gibt es eine Verbindung zur Betheler Kulttheologie? Liest man Hos 11 in der hier vorgeschlagenen Weise diackron, so zeigt der Text ein vielfaches Spiel mit dem Exodusmotiv. Ein direkter Zusammenhang mit der Betheler Theologie wird an keiner Stelle deutlich. Bereits die älteste Verarbeitung des Exodusmotivs in Hos 11,5a verdankt sich einer Auseinandersetzung mit der schon vorliegenden hoseanisch-prophetischen Tradition bzw. Literatur. Der Halbvers ist als Einspruch gegen 9,3 (und 8,13bß) formuliert. Die Exilierung Israel/Judas ist zwar eingetreten. Doch soll diese Katastrophe nicht mehr - wie noch im prophetischen Spruchgut (9,3b) und dessen schrifdicher Rezeption durch die frühen Tradenten (8,13bß) - als „Rückführung nach Ägypten" qua Ende der Heilsgeschichte verstanden werden. Diese Art der Anknüpfung an die Exodustradition kann nicht aus einem unmittelbaren Umgang mit der Betheler Kulttheologie erwachsen sein. Hos 11,5a gibt vielmehr Zeugnis von einer theologischen Kontroverse im Binnenraum der Hoseatradenten. Ein Bezug zur Exodustheologie des Betheler Staatskultes liegt bestenfalls indirekt vor, insofern die bekämpfte ,These' „Zurück nach Ägypten" gerade aus der Polemik gegen die Betheler Theologie erwachsen war. Die weiteren Anspielungen auf den Exodus in Hos 11 führen nicht näher an die Betheler Theologie. Die Einfügung von crnxnn in VI folgt, indem sie die Liebe Jahwes zu Israel in einen Zusammenhang mit der Ägypten-Thematik stellt, der dtr. Konzeption der Gottesliebe. Durch die gleichzeitige Einfügung von V2 und V4a werden die Theologumena ,Bund' und ,Gesetz' eingebracht. V5a wird auf dem Horizont von V5b (aber auch von V2.3b) den vorliegenden Strafandrohungen 9,3 und 8,13bß gleichgeschaltet. Israel hat seine Erwählung im Exodus durch Gesetzesund Bundesbruch selbst verspielt. Nirgends ist dabei ein Interesse an der Bethel-Thematik spürbar. Entsprechend verhält es sich mit den noch späteren Zusagen eines neuen Exodus in V l l und V10. „Assyrien" und „Ägypten" erscheinen in V l l jeder geographischen Konkretion beraubt als „eine traditionsbezogene Bezeichnung für alle Winde, in die die nachexilische Diaspora zerstreut worden ist (vgl. Jes 11,16; 19,23-25; Mi 7,11 f.)".620 Demgemäß ist in 620
NISSINEN,
Prophetie,
332.
202
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
dem jüngeren V10 von der Rückführung „der Söhne des Westens" (vgl. Joel 4,6) die Rede.621 Jedoch zeigt sich in diesen späten Formulierungen eine sachliche Gemeinsamkeit mit der älteren ni>y-Formel der Betheler Theologie. Hier wie dort erreicht der Exodus in der (neuen) Landgabe seinen Kulminationspunkt. Allerdings bedarf die Landgabe nun nicht mehr einer ,kultischen' Sicherung, d. h. der ,neue Exodus' bedarf des Vehikels des Ritus nicht mehr, um wirkmächtig zu werden. Die Exodustradition ist zum Gegenstand schriftgelehrter Theologie geworden.
2.3.4. Der „Tag ihres Heraufziehens
16
17
aus dem Lande Ägypten":
Hos 2,16 f .
Deshalb: Siehe, ich bin im Begriff, sie ansprechbar zu machena). Ich werde sie in die Wüste führen. Ich werde ihr zu Herzen reden. Ich werde ihr ihre Weinberge von dort her geben und das Achor-Tal als Tal der Hoffnung. Sie wird dorthin willig folgena) wie in den Tagen ihrer Jugend und wie am Tag ihres Heraufziehens aus dem Lande Ägypten.
16 a) Die Grundbedeutung von nra im Qal dürfte in etwa lauten „empfänglich/ansprechbar sein" (Wünsche, Prophet, 76; vgl. R. Mosis, nna; ders., Wiederherstellung, 126 f.; Wacker, Figurationen, 76, Anm. 51; Haag, Ehebund, 27). Das Pi. ist entsprechend faktitiv zu fassen. 17 a) I nay ,antworten, willig sein': vgl. Wolff, Hosea, 36 f.; Rudolph, Hosea, 72.74; Jeremias, Prophet, 37; Mosis, Wiederherstellung, 127 f.; Seifert, Reden, 93.112. Abwegig erscheint eine Ableitung von IV n:y ,singen': so schon Luther; vgl. Ibn Esra und Kimchi (s. Wünsche, Hosea, 75); D. Deden, Kleine Profeten, 31; van Gelderen/Gispen, Hosea, 56.61, u.a.
Auf der Ebene des vorliegenden Textes bilden 2,16 f. einen selbständigen Abschnitt innerhalb der großen Streitrede 2,4-25. Diese Rede fällt zunächst durch ihre grobe Zweiteilung auf. Während V4-15 einer als „Mutter" der Adressaten (vgl. V4.7) und (ehemaligen?) Frau des göttlichen Sprechers (vgl. V4.9.15) bezeichneten Person ein Strafgericht ankündigen, gehen die VI6-25 in eine Heilsansage über. Beide Teile sind kompositionstechnisch durch die Gottesspruchformel (VI 5) voneinander abgesetzt. Die Heilsankündigung selbst ist durch die Rahmenelemente Kinn n r a r r m πιπ" πκ: (VI8), χίπη a r a (V20), mrr dkj . . . Kinn nra rrm (V23) in die drei Teile V16-17.18-22.23-25 gegliedert.
621
Das Motiv des ,Heranbebens' begegnet ebenfalls in der späten Stelle 3,5 (inn) und Ex 19,6 (nn). Inhaltlich dürfte die Reaktion auf die Gegenwart Gottes angesprochen sein.
Anspielungen auf den Exodus
203
VI 6-17 nehmen kompositorisch eine Sonderposition innerhalb des heilsweissagenden Teiles ein. Das V16 einleitende pl> läßt im Kontext des Voranstehenden (vgl. V8.ll) eher eine Strafandrohung denn eine Heilsweissagung erwarten. Dennoch ist der heilsverheißende Charakter von VI6 f. evident: Blickt man in den Kontext der Rede 2,4-15, so dient in V5 (vgl. VI4) der Terminus „Wüste" als Metapher für das verwüstete Kulturland. Dabei ist die Frau, die den Gegenstand der gesamten Rede liefert, mit dem Kulturland identisch. Dies kann in 2,16 f. nicht der Fall sein, denn die Frau wird hier in die Wüste geführt (τπηη rrna^m). Offensichtlich verkörpert sie Israel. Im Kontext von 2,4-15 bietet sich dann an, die Wüste als das verwüstete Kulturland zu deuten.622 Nach der Rückführung in das Land erlebt Israel „von dort her" die Verwandlung dieser Wüste in „blühende Landschaften".623 Fraglich ist allerdings, ob der in VI 6 beginnende Abschnitt ursprünglich bereits mit VI 7 abschloß, wie es die jetzt vorliegende Form suggeriert. Betrachtet man die folgenden VI 8-25 in diachroner Perspektive, so fallen zahlreiche Inkohärenzen auf, die eine mehrfache literarische Bearbeitung wahrscheinlich machen: Zunächst setzt wegen des sonst fehlenden Subjektbezuges von -xipn VI 8 den voraufgehenden VI 7 voraus. Innerhalb des Unterabschnittes VI 8 f. besteht zwischen VI 8 und VI 9 eine syntaktische Spannung durch den unmotivierten Ubergang von der Anrede an die Frau in die 3. Person (rran). Ebenfalls hart erscheint durch die 3. pl. masc. in den Formen Dni> und o - r u s w m in V20 der Übergang in den Abschnitt V20-22. Daß V20 und V21 f. nicht ursprünglich zusammengehören, lehrt wiederum der Wechsel zur 2. sg. fem. mit Verweis auf die Frau. Auch V23-25 sind literarisch geschichtet. Dem Suff. 3. sg. fem. in der Form n-njnn fehlt in den vorhergehenden V23 f. der nötige Bezug. V23 nimmt zwar das Stichwort nay aus VI 7 auf. Auf die dort genannte Frau kommt er aber nicht zu sprechen.
622
So KöCKERT, Jahwe, 62. Traditionell versteht man die Rückführung in die Wüste als Metapher für das Exil (vgl. WELLHAUSEN, Propheten, 102; NOWACK, Propheten, 21; RUDOLPH, H o s e a , 7 5 ; JEREMIAS, P r o p h e t , 4 7 ; SEIFERT, R e d e n , 110, u . a . - MARTI, D o d e k a -
propheton, 28, denkt an die „ Wüste der Völker" [Ez 20,35; vgl. 1QM 1,2 f.]) andere an den Beginn einer erneuten Nomadenexistenz (vgl. RUDOLPH, ebd.; JEREMIAS, ebd.) oder die Wiedererwählung Israels (vgl. ζ. B. HAAG, Ehebund, 27). 623 WACKER, Figurationen, 212 f.249 f., betrachtet p!>, die Ankündigung ιζπηη N-NDL>ni (V16) sowie die von innrr abhängigen Adverbien Den und na» aus V17 als sekundär. Die Autorin schreibt die ausgeschiedenen Segmente einer im Hoseabuch auch andernorts produktiven nachexilischen „samariakritischen Bearbeitung" zu, die „dem heilvollen Ausblick in Hos 2,16ff. einen Gegenakzent hinzufügen wollte" (a.a.O., 250). Leider sind die literarkritischen Indizien zu schwach, um dieser Hypothese folgen zu können. Immerhin würde sich das einleitende ]a!> als Element der Drohung auf diese Weise gut erklären lassen.
204
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Die literarische Genese der V I 6 - 2 5 erschließt sich am besten von V25 her. Der Vers kann wegen des Suff. 3. sg. fem. nicht auf einer Ebene mit V23 f. liegen. Er stellt, wie der fehlende Suffixbezug in der Form n-njrm und die ausdrückliche Nennung zweier der drei in Hos 1 genannten Hurenkinder (1,6.8 f.) ausweisen - Jesreel" (1,4) klingt in rniy-m an - , weder einen Einzelspruch dar, noch kann er als sekundärer Anhang an V23 f. verstanden werden, da bei dieser Annahme das Suff. 3. sg. fem. kaum zu erklären wäre.624 Es bleibt dann aber zu vermuten, daß V25 ursprünglich an VI 9 oder VI 7 anschloß. Inhaltlich fügt er sich besser zu V17: Thema der V16-17 ist die Restitution der im Sinne von V5.11-12 bereits als ,geschändet' erachteten Frau von V4-15. Jahwe wird sie erneut für sich „ansprechbar machen", ihr nach dem harten Gericht nunmehr freundlich redend625 begegnen und ihr „ihre Weinberge" „geben". Ungeachtet der Tatsache, daß mit dem letztgenannten Aspekt auf der Sachebene eine Wiederherstellung des verwüsteten Kulturlandes (vgl. V5.14) im Blick ist, kommt, worauf Wacker aufmerksam gemacht hat, den „Weinbergen" auch auf der Bildebene eine spezifische Funktion zu.626 Eine demgemäße Deutung wird durch Cant 1,6 ermöglicht, 627 wo der Weinberg als Metapher für den erotisch anziehenden weiblichen Körper erscheint. Offensichtlich gehört der Weinberg zum Bildrepertoire der Liebessprache. Entsprechend ist er in Jdc 21,19-21 als Ort sexueller Wohllebe zu finden.628
624 Das Problem dieses Feminin-Suffixes hat in der Auslegungsgeschichte verschiedene Lösungsversuche erfahren. WELLHAUSEN, Propheten, 104, und in seinem Gefolge GUTHE, Pro-
p h e t , 6; SELLIN, Z w ö l f p r o p h e t e n b u c h , 3 9 ; ROBINSON, H o s e a , 14; WEISER, P r o p h e t e n , 2 2 ,
vorsichtig auch SEIFERT, Reden, 115, Anm. 76, u.a. ändern in das Suff. 3. sg. masc. Die feminine Form wird jedoch durch G gestützt WOLFF, Hosea, 57, rechnet mit dem Ausfall eines Vordersatzes vor V25, der das notwendige Bezugswort enthalten hätte. RUDOLPH, Hosea, 83, übersetzt: „Und ich besame sie mir im Lande" und sieht in dem Femininum quasi eine biologische Notwendigkeit. Wie RUDOLPH hört JEREMIAS, Prophet, 51, in 2,25 einen Nachklang des Ehegleichnisses, will aber zugleich den Bezug zum Jesreel' von 1,4 nicht missen. WACKER, Figurationen, 84, betont vor allem die Aufnahme des Jesreel' aus Kap. 1 und erklärt das Feminin-Suffix als Verschmelzung Jesreels' mit der Frau Israel, hält sich aber auch für den Lösungsvorschlag RUDOLPHS offen. 625 Zum Verständnis von ai> by na-r im Sinne eines freundlich-werbenden Sprechens des Mannes zur Frau vgl. Gen 34,3; Jdc 19,3 und Rt 2,13; zur Wendung allgemein: Gen 50,21; I Sam 1,13; II Sam 19,8; II Chr 30,22. Daß einem mit i!> i>y i n eingeleiteten Sprechakt grundsätzlich gewalttätige Aktionen Vorausgängen (so A. NEHER, Symbolisme, 32, Anm. 5), wird man angesichts der Belege genauso wenig behaupten können wie einen Sitz der Wendung in der „Liebessprache" (so wieder SEIFERT, Reden, 111; vgl. dagegen G. FISCHER, Redewendung; Mosis, Wiederherstellung, 126, und zuletzt WACKER, Figurationen, 76 f. mit Anm. 54). 626 Vgl. Figurationen, 77. 627 Vgl. KEEL, Hohelied, 56 f. 628
Vgl. A . BRENNER/F. VAN DIJK-HEMMES, T e x t s , 71 ff.; WACKER, F i g u r a t i o n e n , 77.
Anspielungen auf den Exodus
205
Die Gabe „ ihrer Weinberge" in Hos 2,17 wird auf der Bildebene dann am ehesten als eine Art Restitution des Sex-Appeals der geschändeten Frau zu verstehen sein. In diese Sicht ordnet sich bis zu einem gewissen Grade auch die Ankündigung, Jahwe wolle das „Achortal" zum „Tal der Hoffnung" machen (VI7), sofern man mpn in eine Verbindung mit der Nachkommenschaft bringt (vgl. Rt 1,12; Jer 31,16). 629 Auf der Sachebene ist dabei eine Neubesiedlung des Landes mit Israeliten, „die nun keine ο t u t - n mehr sein werden",630 anvisiert. Warum sich dieser Vorgang gerade an das „Achortal" bindet, ist nicht mehr ganz aufzuhellen.631 Er findet aber eine Analogie in Jes 65,9 f., wo „das Achortal mit der Scharonebene zusammen in einer ,Art geographischen Merismus' den besonderen Reichtum und die besondere Fruchtbarkeit des Landes illustrieren".632 Auf die in VI 7a geschilderte Restitution der Geschändeten folgt in VI7b die Reaktion der Frau. Sie „antwortet" Jahwe „wie in den Tagen ihrer Jugend", d. h., sie läßt sich auf das Werben des göttlichen Liebhabers ein. Blickt man auf 2,25, so ist kaum zu übersehen, daß dieser Vers bestens an V17 anschließt. V25aa berichtet das, was nach menschlichen Maßstäben nicht anders zu erwarten wäre: Jahwe „besamt" die Frau.633 V25 führt damit den in VI6 (bzw. V4) begonnenen Zusammenhang seinem dramatischen Höhepunkt zu. Gehört V25 auf eine entstehungsgeschichtliche Ebene mit VI 6-17, 634 so geht es kaum mehr an, VI 6 f. dem Propheten selbst zuzuschreiben.635 Die
629
Vgl. WACKER, Figurationen, 77, mit Verweis auf ANDERSEN/FREEDMAN, Hosea, 276,
u n d M . J . W . LEITH, V e r s e , 107, A n m . 2 9 . 630
WACKER, e b d .
631
Die übliche Deutung von Jos 7 f. her (vgl. neuerdings wieder HAAG, Ehebund, 28) hilft an dieser Stelle auch nicht weiter (zu dieser Interpretation: Mosis, Wiederherstellung, 132). 632
WACKER, F i g u r a t i o n e n , 77.
633
Zur Übersetzung von JHT mit „besamen" vgl. Num 5,28; Jer 31,27 und RUDOLPH, Hosea, 83. - Religionsgeschichtlich steht im Hintergrund wohl die Vorstellung von der Gottheit, die den als Frau vorgestellten Acker besamt - vgl. dazu die sumerische Hymne auf die Spitzhacke (vgl. G. ΡΕΤΠΝΑΤΟ, Menschenbild, 82-85). Seine Pointe findet dieses Mythologem in der Erschaffung der Menschen. Entsprechend zielt die Besamung der Frau in Hos 2,25 auf die erneute Bevölkerung des Landes. 634 So bereits LEVIN, Verheißung, 241 f.; vgl. jetzt auch HAAG, Ehebund, der in V8f.16f.25aa eine Bearbeitungsschicht aus der Josiazeit (S. 29 f.) sieht 635 Die „Hoseanizität" von 2,16 f. gilt bis in die Gegenwart als weitgehender Konsens innerhalb der Hoseaexegese: vgl. ζ. B. WOLFF, Hosea, 39; VOLLMER, Rückblicke, 93; RUDOLPH, H o s e a , 7 5 ; JEREMIAS, P r o p h e t , 4 0 ; NEEF, H e i l s t r a d i t i o n e n ,
1 0 8 - 1 1 1 ; KÖCKERT,
Jahwe, 61 f.; SEIFERT, Reden, 97. Bestritten wurde sie z.B. von NOWACK, Propheten, 21; LEVIN, V e r h e i ß u n g , 2 4 1 - 2 4 3 ; WACKER, F i g u r a t i o n e n , p a s s i m , b e s . 2 4 7 ; HAAG, E h e b u n d ,
passim. - Gegen die Deutung von 2,16 f. als isoliertes Prophetenwort sprechen bereits die Feminin-Suffixe, die zumindest einen Grundbestand von 2,4-15 voraussetzen. JEREMIAS, ebd., trägt diesem Umstand insofern Rechnung, als er 2,16 f. von vornherein als Bestandteil einer schriftlichen Komposition 2,4-17 versteht, die er aber auf den Propheten selbst zurückführt.
206
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Formulierungen nnm κί> und -ny x!> (V25) weisen auf die Unheilsnamen in Hos 1,6.8 f. zurück und bleiben ohne die Kenntnis von Hos 1 unverständlich. Der Ausdruck rrnyn bezieht sich am Anfang von V25 auf den ersten Sohn der ainigmatischen Frau von Hos 1, also auf 1,3 f. zurück. Der in 2,25 angesprochenen Bundesvorstellung korrespondiert 1,9b. Damit ist in 2,16-17.25 insgesamt der große literarische Zusammenhang von 1,2-9 und 2,4-15 bereits vorausgesetzt. Dem entspricht, daß die in V25 mitklingende Bundesformel als „nachhoseanisch" zu gelten hat. Hinterfragt man von hier aus die theologische und sprachliche Topik von VI 6 f., so findet die Vermutung einer späteren Entstehung ihre Bestätigung. Die Ankündigung einer erneuten Zuwendung Jahwes zu der von ihm verworfenen Frau (2,4) erinnert motivgeschichtlich an die sich von Jahwe verlassen wähnende, nun aber wieder angenommene Frau Jerusalem/Zion der deuterojesajanischen Verheißungen (vgl. Jes 40,1-2.9-11; 49,14f.; 50,1-2; 54).636 Wie in Jes 40,1 „redet" Jahwe in Hos 2,16 der Frau „zu Herzen". Der in Hos 2,17a beschriebenen Restitution des Sex-Appeals und der Gebärfähigkeit läuft in Jes 54 der Triumph der „Unfruchtbaren" über die „Vermählte" parallel. t r n y : (Jes 54,6) entspricht in Hos 2,17 n—ny: -n- (mit Suffix-Bezug auf die Frau).637 Liest man 2,16 f. im Kontext von V4, wo die Ehe zwischen beiden Partnern als aufgelöst gilt, so verfährt Jahwe in Hos 2,16 f. mit der Frau Israel ähnlich wie in Jes 50,1 mit der Frau Jerusalem.638 Im ganzen ist somit dem Urteil Wackers beizupflichten, daß Hos 2,16 f.* mit der Wiederannahme der verstoßenen Frau eine der deuterojesajanischen Literatur vergleichbare Vorstellung bedienen und vom Geist derselben Hoffnung wie die deuterojesajanische Prophetie beseelt sind. Fragt man von hier aus nach dem Verhältnis der Exodus-Erwähnung von 2,17b zur Betheler Kulttheologie, so muß der Befund negativ ausfallen. Anders als in der Betheler Kultformel ist nicht Jahwe, sondern die Frau Israel Subjekt von ni>y, das nicht im Hif., sondern im Qal erscheint. Funktional hängt die Heilshoffnung nicht an der Exodustradition, sondern an einer umfassenden Restitution der Frau (Israel). Der Verweis auf den
Dabei hätte Hosea zunächst die älteren Einzelsprüche V4f.7.10-15 zu einer Einheit verarbeitet und später VI 6 f. zusammen mit dem Einzelspruch V8 f. eingetragen: „Als Zielgruppe eines solchen aktualisierenden Rückblicks auf die Frühzeitverkündigung kommt wie für Kap. 11 zuerst der Schülerkreis in Frage". 636 Vgl. WACKER, Figurationen, 246 f. 637 In Jes 54,7 f. wird die Frau Jerusalem/Zion von Jahwe mit „großem Erbarmen" (α-am) und „ewiger Güte" (ton) beschenkt, was wiederum dem Erwerbspreis für die Frau Israel in Hos 2,21 korrespondiert WACKER, a.a.O., 247, sieht in Hos 2,21 f. die gleiche Bearbeitungstendenz wie in 2,16 f., ohne freilich von einer ,gleichen Hand' zu sprechen. 638 Wie in 2,4 bringt Jahwe auch in Jes 50,1 das Verhältnis zu seiner Frau vor den Kindern derselben zur Sprache.
Anspielungen auf den Exodus
207
Exodus in VI 7 dient lediglich einer näheren Situierung der „Tage der Jugend". Er hat demnach weniger eine heilsbegründende als vielmehr eine illustrierende Funktion. Inwiefern dabei - zwischen den Zeilen - das erhoffte Heil die Qualität eines neuen Exodus bekommt, ist eine andere Frage. Ein Zusammenhang mit der Betheler Kulttheologie ließe sich aber auch auf diesem Wege nicht herstellen. Neben den diskutierten Stellen mag zunächst auch die Wendung p x n ja ibyi in 2,2 an den Exodus erinnern, was eine ganze Reihe von Auslegern dazu veranlaßt, p x n auf das Exilsland zu beziehen und 2,2 entsprechend als Verheißung eines erneuten Exodus zu interpretieren.639 Doch wird eine Deutung von ja i^yi p x n durch zwei Gesichtspunkte erschwert: Zum einen käme die Verheißung eines neuen Exodus nach der Zusage einer Vereinigung von Judäern und Israeliten unter „einem Haupt" zu spät. Zum andern läßt die Formulierung p x a weniger an das „Land der Gefangenschaft" als vielmehr an Palästina denken.640 Die neuere Exegese stellt folgende Alternativlösungen bereit:641 1) Die Wendung sei als Wallfahrtsterminus aufzufassen.642 - Dieser Versuch hat gegen sich, daß gerade das Entscheidende, nämlich das Zielheiligtum der Wallfahrt, nicht genannt wird. 2) p x n stehe hier für die „ Unterwelt",643 - Die Frage, warum die Verheißung |a i^yi f ΊΚΠ erst nach der Ankündigung einer Versammlung von Judäern und Israeliten unter dem einen Haupt ergeht, bleibt auch bei dieser Lösung unbeantwortet. 3) Man verweist auf die Parallele Ex 1,10 und interpretiert p x n ja n^y im Sinne von „sich des Landes bemächtigen",644 - Diese Auffassung beruht, wie K. Rupprecht gezeigt hat,645 auf einem problematischen komparativischen Verständnis des ja. Zu beachten bleibt, daß die Wendung p x n ja ni>y keineswegs einen bestimmten Vorstellungskomplex assoziiert. In Gen 2,6 wird durch sie das Aufsteigen des IN (,Wasserstrom'?646) beschrieben, in I Sam 28,13 das Auffahren eines Totengeistes aus der Unterwelt. Jes 53,2 ( p x ist hier allerdings indeterminiert) verwendet sie für das Aufbrechen einer Pflanze aus dem Erdboden. Im letztgenannten Sinne deutet im Anschluß an E. Reuss647 u. a. Rudolph: „wie im Frühling gleichsam über Nacht das Wachsen anhebt und das junge Grün mit einem Schlag weite Flächen bedeckt, so überraschend vollzieht sich das Wachstum des Volkes."648 Tatsächlich wird dieses Verständnis am ehesten dem inneren Gefälle von Hos 2,2 gerecht.
639 So schon die Targumüberlieferung und KIMCHI (s. WUNSCHE, Prophet, 40); vgl. ROBINSON, H o s e a , 7; JEREMIAS, Prophet, 35, u. a. 640
Vgl. RUDOLPH, H o s e a , 57. Vgl. die Aufstellung bei WACKER, Figurationen, 51. 642 Z . B . H . SCHMIDT, Ehe, 258; WOLFF, Jesreeltag, 1 6 9 f . ; FREY, Buch, 30; WILLI-PLEIN, V o r f o i m e n , 119 f. 641
643
Vgl. HOLLADAY, 'ERES; KUHNIGK, Studien, 8 f.; STUART, H o s e a , 36.39. So im Anschluß an M . LAMBERT, N o t e s , 300; GRESSMANN, Messias, 235 mit Anm. 1; G. BEER, Exodus, 14; H A L A T , sub NI>Y 4.; WOLFF, H o s e a , 32. 644
645 646 647 648
Vgl. p x n ja ni»y. Vgl. WESTERMANN, Genesis, 273 f. D a s Alte Testament, 90. H o s e a , 58.
208
Einzeluntersuchungen zur Bethel-Thematik im Hoseabuch
Ob dabei das Überraschende einer erneuten Bevölkerung des Landes betont werden soll, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls scheint die Vereinigung der beiden Reiche Juda und Israel unter einem König wie zu Zeiten Davids und Salomos als die Voraussetzung eines gedeihlichen Wachstums des Volkes angesehen zu werden. Zu dieser Interpretation fügt sich auch die in Jesreel" enthaltene Etymologie „El sät" (vgl. 2,25).
3. Das Heiligtum von Bethel im Spiegel des Hoseabuches Nach den bisherigen Ergebnissen erscheint die Kritik am Heiligtum von Bethel und seiner Theologie als Säule hoseanischer Kultpolemik. Gegenüber der traditionellen Sicht ist besonders darauf hinzuweisen, daß auch die Anspielungen auf den Ägypten-Exodus wenigstens z.T. im Kontext der Bethel-Thematik zu verstehen sind. Weiterhin verdient die literarische Schichtung für die Interpretation der Bethel-Texte eine weitaus größere Beachtung als bisher. Die Frage, inwiefern der Prophet Hosea als geistiger Vater der dtr. Bethel-Polemik angesehen werden darf, ist vor diesem Hintergrund erneut zu diskutieren. Im folgenden wird der Versuch unternommen, ein literar- und theologiegeschichtlich differenziertes Gesamtbild der Bethelkritiken des Hoseabuches zu zeichnen.
3.1. Der Betheler Kult im prophetischen Spruchgut Die Kritik am Heiligtum von Bethel und seinem Kult reicht bis in das prophetische Spruchgut des Hoseabuches zurück. 8,5aa.6b und 10,5-6a* künden vom Ende des Stierbildes. Soweit sich erkennen läßt, begründen sich beide Gerichtsworte aber weder aus der Vorstellung einer exklusiven Jahwe-Monolatrie noch aus einer anikonischen Kultkonzeption. Dieses Ergebnis mag auf den ersten Blick verwundern, gehört doch die Forderung nach einer Alleinverehrung Jahwes in polemischer Abgrenzung gegen den „Baal" zu den zentralen Themen des Hoseabuches. Anderseits führen die erarbeiteten Analysen zu dem auffälligen Ergebnis, daß überall dort, wo der Alleinverehrungsanspruch Jahwes laut wurde, spätere, zumeist dtr. oder noch jüngere Bearbeitung1 vorliegt (vgl. bes. zu 2,16 ff.; 9,1 aß; 11,2; 13,1.4). Damit erhebt sich generell die Frage, wie es um Alter und Herkunft der monolatrischen Tendenzen des Hoseabuches bestellt ist. 1
Eine Ausnahme bildet bisher nur 13,1, ein Vers, der mindestens den Untergang des Nordreiches voraussetzt, der aber ansonsten keine Indizien für eine halbwegs sichere Datierung liefert.
210
Das Heiligtum von Bethel im Spiegel des Hoseabuches
Exkurs 5: Zum Alter der „Jahwe-allein-Theologie" im Hoseabuch Neben den bislang bearbeiteten Stellen findet sich die Tendenz einer polemischen Jahwe-Monolatrie noch in 1,2b; 2,4-15; 4,4-19; 5,3-4 und 9,10b.2 Um zu einer letzten Gewißheit über ihr Alter zu gelangen, wäre es erforderlich, die genannten Texte einer detaillierten entstehungsgeschichtlichen Analyse zu unterziehen. Diese Arbeit kann hier nicht in extenso geleistet werden. Im folgenden wird aber wenigstens ein grober Uberblick über die entstehungsgeschichtlichen Verhältnisse an den genannten Stellen gegeben. a) 1,2b: Innerhalb des Fremdberichtes über Hoseas „Familiengründung" (l,2b-9) liefert 1,2b mit seinem prononcierten Bezug der Wurzel -rr auf das Gottesverhältnis des Landes und seiner Bewohner ein deutliches Indiz für einen Alleinverehrungsanspruch Jahwes. Auffälligerweise findet die ·:τSymptomatik aber außerhalb von V2b im Rahmen des weiteren Berichtes keinen Widerhall. Die Konstruktion von π:τ mit "inx begegnet im Alten Testament sonst nur noch an späten, zumeist dtr. Stellen (Ex 34,15; Lev 20,5; Dtn 31,16; Jdc 2,17; 8,33; Ez 6,9; I Chr 5,25). Dieser Befund läßt zunächst den 'D-Satz V2bß als späteren Nachtrag erscheinen. Die Wendungen D - J U T NCX und Q - : I : T - J A in V2ba dürften dann von V2bß (vgl. 4,12)3 her beeinflußt sein. Anderseits ist V2ba als Einleitung des Berichtes unverzichtbar. Man behilft sich am besten mit der Annahme eines Grundbestandes ohne O'JUT, dessen präzise Form sich aber nicht mehr rekonstruieren läßt.4 b) 2,4-15: Die auf 2,4a folgenden Teile hängen, wie der durchgängige Suffix-Bezug auf die hier genannte Frau zeigt, sämtlich von 2,4a ab. Insofern wird man 2,4a auf keinen Fall aus dem Grundbestand der Einheit herauslösen können. Die in V4 angesprochenen Kinder der Mutter erscheinen in V6-7a in der 3. Person. Nicht mehr die Mutter, sondern die Söhne sind - völlig singulär im Kontext von 2,4-15 - Gegenstand von Anklage und Verur2 Zu dem ebenfalls in diese Reihe gehörigen offenkundigen Einschub 6,10-IIa vgl. JEREMIAS, Prophet, 94; kritisch allerdings NAUMANN, Erben, 50 f. 3 Dazu S.u. S. 216 ff. 4 Während der ursprüngliche Wortlaut des Einleitungssatzes V2ba in der Forschung kontrovers diskutiert wird, besteht doch weitgehende Einigkeit über die Eliminierung von V2bß und D-JUT: vgl. zusammenfassend JEREMIAS, Prophet, 26 f., und zuletzt wieder WACKER, Figurationen, 192 f.
Der Betheler Kult im prophetischen Spruchgut
211
teilung. V6-7a gehören sicherlich nicht zum Grundbestand. V8 f. und VI 1-15 geben zwei entgegengesetzte Urteile Jahwes über die Frau wieder. Nach VI 1-15 liefert Jahwe die Frau der völligen „Verwüstung" aus, V8 f. zielen hingegen auf die Umkehr der Frau; die Strafmaßnahme ist mithin pädagogisch motiviert. Die beiden Verse unterbrechen die Anklage V7b.l0a. VI Ob ist ebenfalls sekundär.5 Er sprengt durch eigentliche Rede den Rahmen der Allegorie und findet im Unterschied zu VlOa in der Strafandrohung V l l kein Korrelat. Anders als in V15 (vgl. V18.19) steht „Baal" im Singular. Als Grundbestand von 2,5-15 können somit nur V4-5.7b.l0a.ll-15 angesehen werden.6 Nun setzt 2,4a mit den Akteuren „Mutter" und Kinder bereits die gesamte Szenerie von Hos 1 (zumindest im Grundbestand) voraus. Daß ausgerechnet die Kinder die Mutter verklagen sollen (und nicht der gehörnte Ehemann), läßt aufhorchen. Einzig l,2bff. liefert ein handfestes Motiv für den Streit, begründet der Abschnitt doch die Unheilsnamen der Kinder aus der , Hurerei' der verklagten Frau. Thematisch schließt 2,4 an 1,9 an, insofern das Motiv der Scheidung nun „auf andere Weise" fortgesetzt wird.7 Das Stichwort Ι-Ί setzt möglicherweise 4,1 voraus.8 Dann wäre 2,4-15* bewußt als Brücke zwischen Hos 1 und dem mit Hos 4,1 beginnenden zweiten Buchteil konzipiert. In jedem Falle benutzt 2,4-15* schon l,2b-9 in der Form der späteren Bearbeitung (1,2b). Der unterschiedliche Charakter der beiden Einheiten ist deutlich zu spüren: „Die Zeichenhandlung wird von einer Bildrede abgelöst. In ihr steht die hurerische Frau, deren Rolle in Hos 1 lediglich gewesen ist, die hurerischen Kinder zu gebären, damit diese ihre Drohnamen erhalten konnten, im Mittelpunkt. Aus der Ehe des Propheten aber ist die Ehe Jahwes geworden. Dieser allegorische Zug lag der Zeichenhandlung fern - nichts deutet in Hos 1 darauf, daß der Prophet beauftragt war, die Rolle seines Gottes darzustellen. Die Bildrede setzt ein damit, daß das Drohwort über Nicht-mein-Volk, das dritte der drei Kinder, auf die Mutter Anwendung findet" 9 Vor dem Hintergrund dieser Beobachtungen wiegen die motivlichen und terminologischen Berührungen von Hos 2,4 ff. mit Ez 16; 23 besonders schwer. In den Ezechiel texten werden die „Buhlen" ebenfalls •-anxa genannt (vgl. Ez 16,33.36.37; 23,5.9.22).10 Die Formulierung Hos 5
V g l . JEREMIAS, P r o p h e t , 4 4 , A n m . 10.
6
YEE, Composition, 122-125, begrenzt die Grundschicht auf 2,4aA.4b-5.7b.l2 ( = H ) ; WACKER, Figurationen, 253-259, auf 2,4a-d.7*. 10f.* (Versangaben laut Vfn.). 7 Levin, Verheißung, 239. 8 Vgl. ebd. ' LEVIN, a. a. Ο . , 2 4 0 . 10
Vgl. noch Jer 22,20.22; 30,14; Thr 1,19 und Sach 13,6, den einzigen Beleg, der unmetaphorisch von D-ANXN spricht Außer in Thr 1,19 oszilliert der Sinngehalt von D'ANXN zwischen den politischen Bündnispartnern und den „Götzen". Ahnlich scheint H o s 2,12 die
212
Das Heiligtum von Bethel im Spiegel des Hoseabuches
2,12 erinnert an Ez 16,37." Das demütigende Entkleiden der Frau wird wie in Hos 2,5 so auch in Ez 16,39; 23,26 mit der Wurzel a®3 (Hif.) zum Ausdruck gebracht.12 V4b bewegt sich terminologisch und inhaltlich in auffälliger Nähe zu der dtr./chr. Forderung des Entfernens (no Hif.) „fremder Götter" (Gen 35,2; Jos 24,23; Jdc 10,16; I Sam 7,3; II Chr 33,15; vgl. II Reg 18,4.22; 23,29; Jes 36,7; II Chr 14,4; 17,6; 32,12 u. ö.).13 Auch die Wendung • ί π κ β "inn (V7b.l5) wird man am ehesten als Adaption der dtr. Formel πτιπκ π-ntot "im? i^n (vgl. Dtn 8,19; 11,28; 13,3; 28,14; Jdc 2,12.19; I Reg 11,10; Jer 7,9; 11,10; 13,10; 16,11; 35,15) bzw. D-i»yirt "ins -|i>n (I Reg 18,18; Jer 9,13) und deren Varianten zu verstehen haben. Im ganzen erscheint somit die Annahme unausweichlich, daß Hos 2,4-15 bereits auf der Ebene des ältesten Textbestandes aus dem Geist exilisch-frühnachexilischer Rückschau auf die vorexilischen Verhältnisse geboren ist. c) 4,4-19: Die Einheit gliedert sich in drei größere Teile: V4-10 werden durch das Thema „Priester" zusammengehalten. Die zitathaft wirkenden Sentenzen V l l und 14b (vgl. Prv 10,8) legen sich als Rahmen um den Abschnitt VI 1-14. Eine Inklusion entsteht ebenfalls durch die Assonanz n o (V16)/nx (VI9; vgl. το: V18), die V16-19 zu einem eigenen Unterabschnitt zusammenbindet.14 Die einzelnen Gliederungsteile sind nur lose aneinandergefügt. Der Eindruck einer relativen Geschlossenheit wird lediglich durch die immer wieder bemühte Wurzel -ίτ erzeugt (vgl. VI 0.11.12.13.14.15.18). V4-10 heben sich durch die Priester-Thematik gegenüber VI 1-14.1619 ab. Literarkritisch stellt der Abschnitt vor immense Probleme: V4 richtet sich in direkter Anrede gegen einen Priester (sg.!).15 V5aa setzt V4 fort, V5aß führt als neue Größe einen Propheten ein, der sonst allerdings politischen Verbündeten im Blick zu haben, während 2,15a die D-inxn mit den D-byi identifiziert - WACKER, Figurationen, 254 f., gewichtet die Belege etwas anders. Sie konstatiert einen „alles in allem recht eindeutigen Befund(..), dementsprechend mit der Bezeichnung D-anun durchweg politisch-militärische Verbündete gemeint sind" (a. a. O., 255). Infolge rechnet sie damit, „daß in Hos 2,4 ff.* eine eigenständige Tradition der Kultkritik mit dem Stichwort D-inxn vorliegt, die erst sekundär dem dtr-jer Konzept der Baalim angeglichen wurde" (ebd.). 11
V g l . WACKER, a . a . O . , 2 5 5 .
12
V g l . WACKER, a . a . O . , 2 5 9 .
13
V g l . WACKER, a . a . O . , 2 5 8 m i t A n m . 1 1 2 .
14
Zu V15 als späteren Zusatz nach Am 5,5; 8,14 s. o. S. 65 ff. In V4b ist der Text in JHD ηηϊι zu ändern (vgl. BHS; JEREMIAS, Prophet, 63, Anm. 2, u. a.). Die Buchstaben DD erklären sich wohl als Wahllesart zum Suff. 2. sg. 15
Der Betheler Kult im prophetischen Spruchgut
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innerhalb der gesamten Einheit V4-19 keine weitere Rolle spielt, was V5aß als nachträgliche Glossierung ausweist.16 V5b dürfte als ursprüngliche Fortsetzung von V5aoc zu lesen sein. In V6a wird als weitere Größe das Volk genannt, das im Unterschied zum Propheten aus V5 in der Einheit V4-19 einen festen Sitz hat (vgl. zu ay V8.9.12). Die AnreAe wechselt allerdings in die besprechende Rede. V6b wendet sich wieder in direkter Anrede an den Priester. Dies läßt zunächst V6a als Nachtrag erscheinen, der den zu V4-5* gehörigen Schuldaufweis liefert. Dabei wird der Vorwurf durch den Terminus njn in einer solchen Grundsätzlichkeit geführt, daß daneben die Strafhandlung Jahwes gegen die Mutter des Priesters vergleichsweise milde anmutet. V6b ist vom „Paritätsstil" geprägt.17 Bereits Lohfink hat ihn deshalb von der Bundestradition her deuten wollen, 18 ohne freilich seine prophetische Herkunft in Zweifel zu ziehen. Nissinen hingegen vermutet dtr. Kolorit. 19 Tatsächlich thematisiert Hos 4,6b einen Bundesbruch.20 Die Zuweisung an die dtr. Bundestradition überzeugt aber nicht.21 Sprachlich lassen sich keine präzisen Parallelen in der dtr. Literatur nachweisen. 22 Die Verbindung von jnD (Pi.) mit ^ ist im Deuteronomismus nicht beheimatet.23 Sie behauptet vielmehr einen festen Sitz in der priesterschriftlichen Literatur,24 begegnet aber ausnahmsweise auch in anderen Bereichen.25 Als alternative Formulierung für den Tatbestand des Priesterseins für jeman-
16
Vgl. z . B . BUDDE, Text, 2 8 4 F . ; WOLFF, Hosea, 8 8 ; JEREMIAS, Prophet, 6 6 . Vgl. LOHFINK, Text, 311-328, bes. 316 ff. 18 Vgl. Text, 316-320. 19 Vgl. Prophetie, 180 ff. 20 Das Hos 4,6b einleitende "3 hat innerhalb der Vertragstexte seine funktionale Entsprechung in den Bedingungssätzen, welche die Wirksamkeit der Flüche für den Fall der Vertragsverletzung festschreiben (vgl. NISSINEN, a.a.O., 175f. - Belege ebd.). Besondere Beachtung verdient in diesem Zusammenhang der von NISSINEN, a. a. Ο., 177, beigebrachte Beleg Ash. A, I I 4 0 - 4 2 , 5 5 - 5 7 : Durch einen in funktionaler Entsprechung zu den summaSätzen stehenden mit assu (vgl. hebr.: ·3) eingeleiteten Satz wird ein Vertragsbruch festgestellt, um so das Eintreten bestimmter Fluchwirkungen zu begründen. 21 Diese ergäbe sich zum einen aus sprachlichen Bezugspunkten zur dtr. Literatur (vgl. „oxn mit Gott oder göttlichen Dingen als Objekt" (a.a.O., 189); vgl. ns» und n y / t o b in dem von NISSINEN zur selben Schicht wie V6 gezählten V I 0 mit entsprechenden Objekten), zum andern aber aus einer literarischen Abhängigkeit von I Sam 15,23b. 22 n$H als Objekt zu οκη begegnet nur an unserer Stelle, π3® mit dem Objekt min hat Parallelen in Ps 119,61.109.153; Prv 3,1, aber nicht in der dtr. (!) Literatur. Und selbst die in Anm. 21 genannten Verben „mit Gott oder götdichen Dingen als Objekt" sind, wie NISSINEN selbst zugibt, „nicht ausschließlich dtr bezeugt" (a.a.O., 190). 23 Der einzige Beleg von p s (Pi.) in der dtr. Literatur findet sich in Dtn 10,6, hier aber ohne die Präposition !>. 24 Vgl. Ex 28,1.3.41; 29,1.44; 30,30; 40,13.15; Lev 7,35; vgl. Ez 44,13; vgl. jns (Pi.) ohne !>: Ex 31,10; 35,19; 39,41; Lev 16,32; Num 3,3 f. 25 II Chr 11,14; vgl. jna (Pi.) ohne !»: Dtn 10,6; Jes 61,10; I Chr 5,36; 24,2. 17
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den hält das AT die Wendung V ]nb rrn bereit. Diese ist im Unterschied zu ]Π3 (Pi.) + )> ausnahmslos im dtr./chr. Bereich anzutreffen. 26 Gerade die Verwendung von !> jm (Pi.) in der priesterlichen Tradition liefert das entscheidende Indiz für eine literargeschichtliche Einordung von 4,6b. Worum es in Hos 4,6b genauerhin geht, signalisiert Mal 2,7, die einzige Stelle, an der njn und mm noch als Parallelbegriffe genannt werden. Mal 2,7 beklagt die Verletzung des Levibundes (vgl. V4.8). Eine entsprechende Annahme für Hos 4,6b fügt sich glänzend in den Kontext von 4,4-7. Inwiefern literarische Abhängigkeit von Mal 2,1-9 angenommen werden darf, ist freilich eine andere Frage. Mit V7 wird endgültig die Anrede verlassen. Das Subjekt bleibt noch unbestimmt. Da V8 letzteres aber in den Verbformen ιί>3Χ- und uwr weiterführt, zugleich aber voraussetzt, daß es sich um eine vom Volk unterschiedene Größe handelt, dürfte das Subjekt in den Priestern - nun im Plural! - zu suchen sein. In V9a ist vom Priester wiederum im Singular die Rede, der freilich nunmehr kollektiv verstanden werden will. Neben der Priesterschaft tritt das Volk wieder in Erscheinung (vgl. V7). Nicht ganz deutlich ist die Sinnrichtung von V9b. Ergeht es dem Priester wie dem Volk oder dem Volk wie dem Priester? Klar ist in jedem Falle, daß V9a und V9b nicht voneinander isoliert werden können. VlOa setzt erneut ein pluralisches Subjekt voraus und schließt somit syntaktisch an V7f. besser als an V9 an. V9 hat zwischen V7f. und VlOa die Funktion, zwischen dem Schuldaufweis (V7f.) und der Strafankündigung (VlOa) zu vermitteln. Das verknüpfende rrm begegnet noch in den redaktionellen Stücken 1,5; 2,1.18.23.27 V9b weist so enge Parallelen zu 12,3b auf, daß literarische Abhängigkeit mehr als wahrscheinlich ist. Da sich 12,3b kaum aus 12,3-5 herauslösen läßt, 4,9 stilistisch aber durch den Wechsel in die з. Person aus seinem Kontext herausfällt, ist die literarische Ursprünglichkeit bei 12,3b zu suchen.28 VI Ob durchbricht die seit V4 vorherrschende Gottesrede und ist Zusatz zu V7 f. 10a. Deutlich vernehmbar klingt die Formel mn- jik aTy (vgl. Jos 24,16.20; Jdc 2,12.13; 10,6.10; I Sam 12,10 и. ö.) an.29 26
Vgl Jdc 18,19.30; II Sam 20,26; I Reg 2,27; II Chr 13,9. Es geht demnach nicht an, Hos 4,6b (-!> jnjn) auf einer Linie mit I Reg 2,27 (mrr!> jns nrna) zu sehen, wie NlSSINEN, a. a. O., 204, vorschlägt 27 Zu diesen Stellen vgl. die Kommentare. 28 Die Parallele Wyn II -|Π begegnet außerhalb der beiden Stellen gehäuft im Jeremiabuch (vgl. 4,18; 7,3.5; 17,10; 18,11; 23,22; 25,11; 26,3.13; 32,19; 35,15), daneben noch an den jungen Stellen Jdc 2,19; Ez 36,21; Sach 1,4.6 und signalisiert theologische Traditionssprache. Die konkrete Ausformulierung von Hos 4,9b/12,3b ist jedoch nicht durch die Tradition geprägt: -p-r als Objekt zu if>D begegnet nur noch einmal in Hi 36,23. !>!>jrn in Verbindung mit π® hat keine weitere Parallele. 29 In der Forschung wird diskutiert, ob m3T aus VI 1 nicht in Anlehnung an G und S zu
D e r Betheler Kult im prophetischen Spruchgut
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Der Abschnitt V4-10 verdankt seine gegenwärtige Form einem langen literarischen Wachstumsprozeß. Der älteste Kern ist in der vermutlich bis in die mündliche Verkündigung des Propheten zurückreichenden Strafandrohung gegen einen einzelnen Priester in V4.5aa.b zu suchen. Diese ist (vielleicht noch in vor-dtr. Zeit) zunächst in V7f.l0a als Wort gegen die Priesterschaft im allgemeinen fortgeschrieben worden. Damit war zum einen das Signal für eine weitere Fortschreibung in V6b gegeben. Zum andern aber bot der in V8 manifeste Zusammenhang zwischen der Sünde des Volkes und der der Priesterschaft einen Anhalt, beide Größen in V9 nunmehr auch in eine Schicksalsgemeinschaft zu stellen. Eine ähnliche Tendenz dürfte der V6b schon voraussetzende (vgl. das aus V6b stammende Stichwort njn) Zusatz V6a verfolgen. In VI Ob liegt ein dtr. beeinflußter Nachtrag vor. Eine relative literargeschichtliche Einordnung von V5aß scheint kaum mehr möglich und ist für unsere Fragestellung auch unerheblich. Weder das mutmaßliche Prophetenwort gegen den Priester (V4.5aa.b) noch die ältere Fortschreibungsschicht (V7f.l0a) berühren die Fremdgötterproblematik. Zwar begegnet in VlOa das Stichwort π:τ, doch ist dieses nicht figural gebraucht. Die beiden Unheilsansagen von VlOa „behandeln . . . die gewöhnlichsten Themen des altorientalischen Fluchschrifttums, nämlich den Hunger und den Verlust der Nachkommenschaft". 30 Subjekt von υτπ sind auf der Ebene V7f.l0a die Priester. Wahrscheinlich ist rm, wie die Fortführung κ in zeigt, nicht einmal im Sinne von „huren" zu verstehen. Jedenfalls wäre der Wunsch nach Sicherung der Nachkommenschaft ein merkwürdiges Motiv für den Umgang mit Prostituierten.31 VI Ob zu ziehen wäre, um für in»!> in VI Ob ein Objekt zu gewinnen (vgl. SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 52.57; WOLFF, Hosea, 89; ANDERSEN/FREEDMAN, Hosea, 363; JEREMIAS, Prophet, 63.68; YEE, Composition, 163, u. a.). D o c h spricht das Fehlen des Objektes gerade f ü r die masoretische Satzeinteilung. Es ist nämlich kaum einsichtig, warum man in®!> nachträglich des Objektes beraubt haben sollte. Für die syntaktischen Verhältnisse in VI Ob liefert Ps 119,4 ein gutes Lehrbeispiel: η—τρπ n m s njix Du hast deine Befehle erlassen, "τκΏ m®!> damit man (sie) wohl halte. - | " T j ? D ist sowohl Objekt zu n n - i ü als auch zu -wb!>. Ähnlich dürften die Dinge in H o s 4,10b liegen: mn- rw ist zugleich Objekt zu iary und zu in»!> (zu G o t t als Objekt zu nno vgl. Sach 11,11). VI Ob ist dann wie folgt zu übersetzen: Denn Jahwe haben sie verlassen, (nämlich ihn) zu bewahren. 30 NISSINEN, Prophetie, 177; vgl. die Belege a . a . O . , 177f., Anm. 126. 31 Vgl. RUDOLPH, Hosea, 105. Die Annahme, VlOa spiele auf „Kultprostitution" als sympathetischen Ritus an (vgl. z.B. WOLFF, Hosea, 101), bewegt sich religionsgeschichtlich in einer Grauzone (s. i. f.). Sie ist auch deshalb unwahrscheinlich, weil V l O a a von einem alltäglichen Vorgang ohne besondere kultische Bindung („essen") spricht, dem die natürliche Folge („satt werden") versagt bleibt, was einen entsprechenden Vorgang im Parallelstichos erwarten läßt.
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Π3Τ wird in VlOa vielmehr die allgemeinere Bedeutung „Geschlechtsverkehr haben" zukommen.32 Die Perspektive der Alleinverehrung Jahwes wird erst durch die späten Nachträge V6a und VI Ob unter den Stichwörtern „Erkenntnis" (vgl. 13,4a) und ,Jahwe verlassen" eingebracht. Beide Stellen datieren in die exilisch-nachexilische Zeit. 4,11-14 berührt die Fremdgötterthematik zunächst in dem Satz υτ-ι mim (V12bß). Aber auch VI 3 bewegt sich in diesem Problemfeld. Die letztgenannte der drei Baumbezeichnungen in V13aß assoziiert möglicherweise auf sprachlicher Ebene unterschwellig die Verehrung einer Göttin, insofern ni>x auch als Femininum zu S>K gelesen werden kann. Im Sinne dieser Deutung wären die Bäume von VI 3 aß der Sphäre der Göttin zuzuordnen.33 Betrachtet man den Aufbau des Herzstücks von 4,11-14 näher, so geben sich VI2a-13a als eine wohlgeformte konzentrische Figur zu erkennen:34 12ba 12bß 13aa 13aß' 13 aß2
nynn
nn •π-πϊ·χ πππη υ π
ü'JUT
w a r
D-ΊΠΠ - Ρ Κ Ί !>Y
nap- inyajn i>yi πί>ΚΊ rmH ππτι 2113 "3
Allerdings hebt sich das zentrale Bikolon VI 3aa durch seine poetische Gestalt gegenüber den ihn umgebenden mehr oder weniger prosaischen Sätzen deutlich ab. Dabei unterbricht es das Wortspiel ϊίππη/ηπη zwischen V12bß und V13aß'. V13aa ist demzufolge erst sekundär in den gegenwärtigen Kontext eingefügt worden. Der verbleibende Teil von 4,11-14 stellt sich immer noch als ein Gemisch von prosaischen und poetischen Stücken dar. V l l und VI 4b wirken wie sprichwortartige Sentenzen. Poetologisch lassen sie sich jeweils als Monokola verstehen. In VI2a liegt ein durch den parallelismus membrorum geprägtes Bikolon vor. Entsprechendes gilt für VI 3b und V14aß, wenn man die einleitenden Konjunktionen als sekundär betrachtet. In V14aß wirkt freilich noch das prononciert vorangestellte απ störend. V12bß.l3aß' 32 So schon T: „Sie werden sich Frauen nehmen, aber keine Kinder zeugen"; vgl. NLSSINEN, Prophetie, 112, Anm. 108. Das Hif. ist hier - genausowenig wie in V18b und 5,3 - kausativ zu verstehen (so SELLIN, Zwölfprophetenbuch, 58; RUDOLPH, Hosea, 105); vgl. Ges' 7 , sub η:τ Hif. 2. 33
V g l . B . MARGALIT, M e a n i n g 2 8 1 , A n m . 2 7 ; WACKER, S p u r e n , 3 3 4 f . ; DIES., F i g u r a t i o n e n ,
278 f.; kritisch allerdings FREVEL, Aschera, 293. 34 Vgl. WACKER, Spuren, 334, und (etwas abweichend) JEREMIAS, Prophet, 68; YEE, Composition, 1 6 4 - 1 6 7 ; NISSINEN, Prophetie, 110; FREVEL, Aschera, 276.
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und V14aa hingegen sind als Prosasätze anzusprechen. Der 'D-Satz VI 3aß2 führt das Prosastück V12bß.l3aß' weiter und kommt als eigenständige poetische Einheit nicht in Frage. V12ba hingegen könnte ohne die einleitende Konjunktion wiederum als Monokolon betrachtet werden. Inmitten der besprechenden Rede befremdet die Anrede V13b-14aa. Kohärenzstörungen ergeben sich zudem von der inhaltlichen und semantischen Seite her. Inhaltlich sprengt vor allem VI2a den Zusammenhang zwischen V l l und V12ba. VI 2a thematisiert vermutlich mantische Praktiken.35 Ganz anders V l l und V12ba: Hier geht es um den für den ,Verstand' abträglichen Sinnenrausch bei Wein (vgl. Prv 23,29-35; 21,17) und „Weib". VI2a wirkt zwischen V l l und V12ba völlig fehlplaziert. Semantisch muß der unterschiedliche Gebrauch der Terminologie um auffallen. Während VI 1.13b und 14a Η:τ bzw. T I H T / D - J U T unmetaphorisch verwenden, liegt in V12bß figuraler Sprachgebrauch vor. Die genannten Kohärenzstörungen lassen sich am besten beheben, wenn man zunächst die unpoetischen Stücke V12bß.l3aß und V14aa aus dem Grundbestand der Einheit herauslöst. Vermutlich ist aber auch VI2a als Nacharbeit zu betrachten. Für sich genommen könnte das Bikolon freilich als Zitat aus einem anderen Kontext bewertet werden.36 Der älteste Kern von 4,11-14 wird dann durch V11.12ba (ohne "D).14aß (ohne "D • rt).14b beschrieben. 11 12ba* 14aß* 14b
Hurerei, Wein und Most nehmen das Herz (weg). Hurengeist führt in die Irre. Mit Huren gehen sie beiseite, und mit Qedeschen opfern sie. Ein 37 Volk, das keinen Verstand hat, kommt zu Fall.
Das Stück wird inhaltlich durch das Thema ,Prostitution' beherrscht.38 Man hat VI 3 f. in der Regel mit Initiationsriten der Defloration in Verbindung gebracht.39 Die mangelnde religionsgeschichtliche Plausibilität dieser Sicht beruht im wesentlichen auf der stark eingeschränkten Glaub35
Zu dieser Interpretation und zu Alternativdeutungen vgl. zusammenfassend FREVEL, Aschera, 280-290. 36 Diese Annahme wäre schwieriger, wenn man gegen die masoretische Satzabgrenzung -ny mit G noch zu VI 1 zu rechnen hätte. Der allgemein lebensweltlich-weisheidiche Charakter von VI 1 spricht aber gegen die Lesart der Septuaginta, wenngleich -ny das poetische Gefüge von VI 2a stört 37 Das einleitende ι dürfte redaktionell sein. 38 Hos 4,12ba* liefert somit wahrscheinlich den ältesten Beleg für den Ausdruck O-JUT. Die späteren, dtr. beieinflußten Hoseatradenten greifen diesen Begriff auf (1,2; 2,4; 5,4) und prägen ihn um zum Terminus für die Untreue gegenüber Jahwe. Die wenigen außerhoseanischen Belege (Gen 38,24; II Reg 9,22; Ez 23,11.29; Nah 3,4) erklären sich am besten durch Einfluß der Hosea-Tradition. 39 Zur Diskussion vgl. FREVEL, Aschera, 293-298; R.A. HENSHAW, Female, 191 ff.
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Würdigkeit der Mitteilungen Herodots 40 über die „häßliche Sitte der Babylonier", wonach sich jede Babylonierin einmal im Leben im Heiligtum der Aphrodite „Männern aus der Fremde" hätte hingeben müssen.41 Die literarkritische Reduktion des Grundbestandes von VI 3 f. auf V14aß* erleichtert die Interpretation bis zu einem gewissen Grade. Das Stichwort „Qedeschen" verweist in den kultischen Bereich. Wahrscheinlich handelt es sich um Prostituierte im Umfeld der Heiligtümer. Dabei ist weniger an einen sympathetischen Fruchtbarkeitskult42 als vielmehr an umherschweifende (vgl. Hos 4,14: n a ) Hierodulen vom Typ der Tamar (Gen 38,21 )43 zu denken.44 Möglicherweise gehören auch die I Sam 2,22 genannten Frauen45 zu dieser Prostituiertenklasse. Ein von Wilhelm beigebrachtes Beispiel aus Nuzi belegt, daß sich Tempel aus Gründen der wirtschafdichen Prosperität Prostituierte hielten.46 In diesem Beleg handelt es sich freilich um Prostituierte am Heiligtum der Ischtar. Inwiefern die Göttin der Sexualität auch in Hos 4,14bß im Spiel ist, läßt sich bei dem postulierten Grundbestand von VI 3 f. nicht mehr sagen.47 Auszuschließen ist ein Bezug auf die Göttin jedoch nicht, zumal in der Bezeichnung „Qedesche" noch der Name der Qadesch nachklingen könnte.48 Eine Polemik gegen diese Göttin läßt sich aber aus 4,11-14* nicht entnehmen. Erst die späteren V12bß.l3aß tragen das Moment der Fremdgötterpolemik in 4,11-14* ein. Die Terminologie um "JT wird aus VI 1.12ba.l4aß übernommen und auf das Gottesverhältnis Israels übertragen. Die Formulierung von V12bß steht 9, laß nahe und dürfte aus dem gleichen Milieu 40
Historien I, 199. Zur kritischen Bewertung dieses Berichtes vgl. vor allem WILHELM, Marginalien. 42 Vgl. ζ. B. WOLFF, Hosea, 110 f.; RUDOLPH, Hosea, 112; JEREMIAS, Prophet, 70 f., u. a. 43 Vgl. WACKER, Figurationen, 289. 44 FREVEL, Aschera, 667-671, sieht in den Qedeschen „beim Schlachtopfer assistierende Kultangestellte" (a. a. O., 670). Gegen diese Auffassung spricht schon die Parallelität von main und msnp in Hos 4,14. Lehrreich ist weiterhin das Beispiel der Tamar: In Gen 38,15 tritt sie als rm, in Gen 38,21 als n«np auf (vgl. WACKER, Figurationen, 289 - HENSHAW, Female, 220, sieht allerdings keinen Bedeutungsunterschied zwischen rm und ntnp in Gen 38,15.21). Zu verweisen ist auch auf die altbabylonische Prostituiertenklasse der qadistu. 45 Vgl. WACKER, Figurationen, 289, Anm. 5. 46 Vgl. Marginalien, 517 ff. Auf dieses Zeugnis macht auch WACKER, Figurationen, 289, aufmerksam. 47 WACKER, Figurationen, 282-290, die auf weitere literarkritische Operationen in 4,11-14 verzichtet, den ganzen Text jedoch für ,spät' hält (vgl. S. 293 mit Anm. 84), denkt gerade im Kontext von VI 3 an „Frauen im ,Schatten' der Göttin" (vgl. bereits ANDERSEN/FREEDMAN, Hosea, 370). 48 Vgl. WACKER, Figurationen, 290. - Darüber, warum Hos 4,14bß gegen die Prostitution an den Heiligtümern zu Felde zieht, läßt sich nur spekulieren. Interessant ist aber, daß die Kritik an den Prostituierten im Umfeld der Heiligtümer in der altorientalischen Welt eine lange Tradition hat, die sich bis in das Gilgamesch-Epos verfolgen läßt: vgl. die Verfluchungen Ischtars in Tf. VI, 24-79. 41
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wie die Konstruktion "irrx rm mit folgender Fremdgottbezeichnung (Ex 34,15; Lev 20,5; Dtn31,16;Jdc 2,17; 8,33; Ez 6,9; I Chr 5,25) erwachsen sein.49 V12bß.l3aß sind somit kaum vor-dtr. zu datieren. V13aa ist noch später anzusetzen. Terminologisch weisen die Paarungen ίβρ II rm und nyaj II m in die dtr. Literatur.50 Der durch V14aß vorgegebene Zusammenhang von Hurerei und Opfer wird nunmehr auf den Höhenkult Israels bezogen. Zugleich wird eine terminologische Annäherung an kultpolemische Stellen wie Dtn 12,2; II Reg 16,4; Jer 2,20; 3,6(.13) erreicht. Insgesamt kann also auch Hos 4,11-14 nicht für eine ältere, prophetische Fremdgötterpolemik beansprucht werden.51 Entsprechendes gilt natürlich auch für den Nachtrag 4,1 J.52 Zur Spätdatierung von V16-19 hat vor allem Nissinen das Nötige gesagt.53 d) 5,3-4: 5,3-4 beschreiben einen Unterabschnitt innerhalb der Einheit 5,1-7. Der Vorwurf einer Hinwendung zu anderen Göttern klingt wiederum im übertragenen Gebrauch der Wurzel 'jt für das Gottesverhältnis Israels (V3.4) an. Dem entspricht der über das Verb jn" geschaffene Rahmen, der das Ungleichgewicht der reziproken Erkenntnis von Jahwe und Israel zum Ausdruck bringt. Wie 4,11-14 stellt sich auch 5,3-4 als konzentrisch angelegte Komposition dar: 3
-:nn -rnaa xi> 5>jn«ri π-ίβχ -nyv -ix ^mir kbü3 D-nax ττιτη rwiy ^ Dn-ni>N i>x orrWya υ ι τ ι ό Danpa d ' j h t n n
4
iyv ιό mn- nxi Vgl. NISSINEN, Prophetie, 212. 50
S.o. S. 109.192. Die Motive, die zu den Nachträgen VI 2a und 13b-14aa geführt haben, lassen sich nicht mehr vollständig aufhellen. VI 3b ist vielleicht durch Lev 19,29 angeregt worden (vgl. WACKER, Figurationen, 286). Damit wäre gleichzeitig die Verunreinigung des Landes im Blick und eine Konkretion der generalisierenden Aussage von 1,2 erreicht. V14aa steht deutlich im Zeichen des Nachtrags VI 3b. Die „Töchter" und „Schwiegertöchter" erscheinen zwar wie in VI 3b als Subjekte der Prostitution. Bestraft wird aber nun nicht der Ehebruch der Frauen, sondern der Umgang mit Prostituierten seitens der Männer. Möglicherweise steht hinter dieser, für die ad. Tradition erstaunlichen Aussage wiederum Lev 19,29, sind es hier doch die Väter, die ihre Töchter der Hurerei allererst preisgeben. Auf das Konto der Fortschreibung von V14aa geht sicherlich auch die Einfügung von on in V14aß. 51
52
Dazu s. o. S. 65 ff. Vgl. Prophetie, 118 ff.; PFEIFFER, Zechen. Bereits YEE, Composition, 265-267, beschränkt den hoseanischen Grundbestand auf VI 8* (π-jjn p!>p)-19a. 53
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Das Heiligtum von Bethel im Spiegel des Hoseabuches
Mit π-JUT ππ erscheint in V4 ein markantes Stichwort aus 4,12ba wieder, α-ηαχ ηπτπ (V3) erinnert an 4,12bß. Strukturelle Analogien begegnen aber nicht nur zwischen 5,3-4 und 4,11-14. Vielmehr kann 5,1-7 überhaupt als „kürzere Parallele zu 4,4-19" aufgefaßt werden.54 Wie 4,4-10 richten sich 5,1-2 gegen die Priesterschaft. Das in 4,6 dominante Thema der Gotteserkenntnis findet sich in 5,3-4 an exponierter Stelle wieder. Der für 5,1-7 zentrale Begriff •rri>i>yn (5,4) begegnet bereits in 4,9. 5,7b entspricht inhaltlich 4,19b. 5,1-7 setzt demnach 4,4-19 schon auf der Ebene der exilischen und möglicherweise späteren Bearbeitungen voraus. Andere Bezüge zu Texten des Hoseabuches außerhalb von 4,4-19 ließen sich mühelos aufzählen.55 Fragt man nach Parallelen im weiteren atl. Kontext, so liegt die resignative Anthropologie von V4 auf einer Linie mit Texten wie Jer 17,1; 31,31; Ez 36,26 (vgl. Gen 6,5; 8;21 f.). Die Rede vom „Suchen" und „Finden" Jahwes weist nach Dtn 4,29. Insgesamt jedenfalls wird man Hos 5,3-4 schwerlich in vorexilische Zeit datieren können. e) 9,10b: Auch die Reminiszenz an die Baal-Peor-Episode (vgl. Num 25) in 9,10b geht kaum auf Hosea oder dessen unmittelbaren Tradentenkreis zurück. Die Gründe für diese Annahme hat bereits Nissinen genannt.56 Der Wechsel von dem wohlgeformten Tetrakolon 9,10a zu der Kurz erzählung7 muß als stilistischer Bruch gelten und signalisiert sicher einen literarischen Bruch. Die Bezeichnung n»i für Baal findet frühestens in der jeremianischen Tradition Parallelen (Jer 3,24; 11,13). trxip® gehört zum typischen Vokabular exilisch-nachexilischer Götzenpolemik. Wie immer man sich auch das literarische Verhältnis zu Num 25 vorstellen mag, ältere Hoseatradition ist in Hos 9,10b kaum zu vermuten. In summa erweisen sich alle Stellen, die eine polemische Jahwe-Monolatrie im Hoseabuch bezeugen, als „nachhoseanisch". Vermutlich ist dieses Gedankengut erstmalig durch die dtr. inspirierten Bearbeitungen in das Prophetenbuch eingetragen worden. Die neuere Forschungsgeschichte scheint diesen Befund alles in allem zu bestätigen.58 Eine Begründung erfährt die angedrohte Vernichtung des Betheler Stierbildes auf der Ebene des prophetischen Spruchgutes einzig in 10,5*. Auf54 55
56 57 58
Vgl. JEREMIAS, Prophet, 74. Vgl. NISSINEN, Prophetie, 149, Anm. 44.
Vgl. Prophetie, 314-316. Vgl. die Tempusfolge: Perfekt-Narrativ-Narrativ. Vgl. bes. YEE, Compostion; NISSINEN, Prophetie; WACKER, Figurationen; KRATZ, Er-
kenntnis.
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fällig genug wird hier nicht nur das Stierbild (m^ay), sondern auch das Kultpersonal (cnnD) und das Heiligtum (px jrn) selbst mit polemischironischer Begrifflichkeit belegt. Die im Schuldaufweis genannten Tätigkeiten („weilen" am Heiligtum/kultisches „jubeln") fassen das gesamte Spektrum kultischer Handlungen zusammen. Beide Beobachtungen rechtfertigen die Annahme, daß Hos 10,5* nicht einzelne Aspekte des Staatskultes, sondern den Staatskult überhaupt als ein schuldhaftes Verhalten begreift.59 Vor dem Hintergrund der Bethel-Kritik sind auch die Bezugnahmen auf den Exodus in 12,10; 13,4a.5 und 9,3b-4a zu beurteilen. In 12,10a und 13,4a liegen poetisch umformulierte ,Zitate' der Betheler Kultformel I Reg 12,28b vor, die sich jeweils mit der Selbstvorstellungsformel Jahwes verbinden. Sinn der kultischen Zitation dieser Formel war es, die Heraufführung aus Ägypten je und je zu reproduzieren. In der kultischen Feier des Exodusgottes holt die Kultgemeinde dessen urzeitliche, die Existenz Israels eröffnende Tat in die Gegenwart hinein. Mit diesem Denken bewegt sich Israel im Rahmen eines allgemein altvorderorientalischen religiösen Paradigmas. Um so gewichtiger erscheint es, wenn Hosea dieser Mentalität den Kampf ansagt. In Hos 12,10; 13,4a.5 leitet die Selbstvorstellung Jahwes als des Exodusgottes jeweils Drohworte ein, die Israel den Verlust der staatlichen Existenz und des Landes weissagen. Der im Staatskult von Bethel gefeierte Jahwe „von Ägypten her" wird genau das Gegenteil dessen tun, was nach Maßgabe einer kultischen Antizipation des Zukünftigen zu erwarten wäre.
59 Nach N. P. LEMCHE, God, gehört die Kultpolemik des Hoseabuches insgesamt in das 6. oder 5. Jh. v. Chr. Ahnlich KRATZ, Erkenntnis: Er rekonstruiert vier verschiedene Konzeptionen der Gotteserkenntnis im Hoseabuch, die den entstehungsgeschichtlichen Prozeß des Buches widerspiegeln: „So steht am Anfang die aus der assyrischen Bedrohung geborene prophetische Erkenntnis, daß sich die israelitische Außen- und Innenpolitik des ausgehenden 8.Jahrhunderts v. Chr. von Gott entfernt hat und Israel dies nicht erkennt Aus der geforderten Gotteserkenntnis ist sodann die Alternative in der Gotteserkenntnis selbst erwachsen, ob Israel im JHWH-Kult JHWH oder ,Baal' erkennt. Und aus der Vergessenheit im Kult ist die Erinnerung an den JHWH der Frühzeit Israels geworden, der seinerseits Israel im Exodus ,erkannt' und damit das exklusive Verhältnis zwischen J H W H und Israel gestiftet hat Schließlich ist aus der Gotteserkenntnis in Politik, Kult und Geschichte Israels die Erkenntnis des schriftgelehrten Weisen geworden, der das Hoseabuch nach Hinweisen auf die geraden Wege Gottes erforscht, den Gerechten zum Heil, den Frevlern zum Unheil" (S. 18). Dabei sei die „unbedingte Gerichtsprophetie ein literarisches Phänomen . . . Sie hat ihren Ort nicht in der mündlichen Verkündigung, sondern in der theologischen Reflexion im Rahmen des werdenden Prophetenbuchs" (S. 19). Dieses Modell beruht in der Hauptsache auf ideengeschichtlichen Erwägungen und bedarf noch der überlieferungs- und literargeschichtlichen Verifizierung.
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Das Heiligtum von Bethel im Spiegel des Hoseabuches
9,3b-4a führen die Destruktion der kultischen Exodustheologie auf ihren Höhepunkt. Der Exodusgott wird Israel nicht nur vernichten. Er widerruft vielmehr die Heraufführung aus Ägypten als heilsgeschichtliches Urdatum überhaupt - eine Vorstellung, die unter dem Paradigma einer kultischen Rezeption des Exodus schlechterdings undenkbar ist. Wie die kultische Konzeption des Exodusgottes unterwirft der Prophet auch die Vorstellung eines allein durch die sakrale Investitur legitimierten Königtums der Kritik (13,9—lOa.l 1). Der als vicarius dei rite eingesetzte König vermag Israel genausowenig vor dem Untergang zu bewahren wie der kultische „Jubel" am Betheler Heiligtum. Im ganzen läuft die Behandlung des Betheler Kultes und seiner Theologie im hoseanischen Spruchgut auf eine Kritik an der kultisch-mythologischen Antizipation des Zukünftigen hinaus. Das Ergehen des (Staats-) Volkes bindet sich nicht an die ,urzeitliche' Heilstat der Staatsgottheit, sondern an die Taten des Volkes. Dies erhellt bereits aus der genuin prophetischen Gattung des begründeten Drohwortes. Stellen wie 9,15; 5,4 und 7,2 führen das Unheil ausdrücklich auf a r r a y s zurück.60 Entsprechend wird das Erscheinungsbild der Könige (vgl. 1,4b; 7,3-7.11; 9,15*61) zum Gradmesser ihrer Legitimität vor Jahwe. Die Bindung des Ergehens an das Tun begründet auch die Stellung der kultischen Thematik im Schuldaufweis (vgl. 10,5*). Israels Taten sind es allererst, die Jahwes Gericht heraufbeschwören. Israel jedoch spielt im Staatskult den Jahwe „vom Lande Ägypten her" gegen den Jahwe, der fortan „Eiter und Knochenfraß" (5,12) sein will, aus. Mit seinem Fundamentalangriff auf den Staatskult übernimmt Hosea im Konzert der klassischen Prophetie des 8. Jh.s v. Chr. keineswegs den Part eines Solisten. Bereits Arnos kündet vom Ende Bethels: Ich sah den H e r r n stehend auf d e m Altar. D a sprach er: Zerschlage das Kapital (?), d a ß die Schwellensteine beben! Ihr G e w i n n (?) auf ihr H a u p t , und ihren Rest töte ich mit d e m Schwert. Keiner v o n ihnen kann entfliehen, und keiner v o n ihnen, der entkommt, kann sich retten (9,1 ). 62 60
Zumindest 9,15* dürfte von diesen Belegen dem älteren Spruchgut angehören. Eine entstehungsgeschichtlich orientierte Analyse dieser Texte konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht erfolgen. Wir gehen davon aus, daß zumindest die Tendenz dieser Kritik ihre Wurzeln in der prophetischen Verkündigung hat; zu 9,15* vgl. zudem die vorige Anm. 62 Zum Bezug auf Bethel vgl. Am 3,13 f.; 7,10-17 sowie JEREMIAS, Heiligtum, 244, Anm. 1 (Literatur!) und S. 256. Nach JEREMIAS, a. a. O, bes. 251-254, zielt Am 9,1 nicht auf eine Zerstörung des Tempels, sondern auf die „Gegenwart des richtenden Jahwe als Feind" (S. 254). 61
Der Betheler Kult im prophetischen Spruchgut
223
In vergleichbarer Weise erhebt Micha im Südreich seine Stimme gegen das Jerusalemer Heiligtum. So heißt es in Mi 3,9-12 im Blick auf den Zion: Höret doch dies, Häupter des Hauses Jakob, Fürsten des Hauses Israel, die ihr das Recht verabscheut und das Gerade krumm macht, die ihr Zion mit Blut baut und Jerusalem mit Unrecht! Ihre Häupter sprechen Recht um Bestechung, ihre Priester geben Weisung um Lohn, und ihre Propheten weissagen um Silber, und auf Jahwe verlassen sie sich, (indem sie) folgendermaßen (sprechen): Ist nicht Jahwe in unserer Mitte? Es kann kein Böses über uns kommen. Deshalb: um euretwillen wird Zion zum Wildfeld umgepflügt, und Jerusalem wird zum Trümmerhaufen, und der Berg des Hauses (Jahwes) wird zu Waldeshöhen. Die Argumentationsmuster ähneln sich: Es sind allenthalben die „Taten" Israels, die Verletzung des „Rechts", die jede Hoffnung auf den an den Staatsheiligtümern von Bethel und Jerusalem ansässigen Jahwe zunichte machen. Die Kritik am offiziellen Reichskult ist ein übergreifendes Thema der Prophetie des 8.Jh.s v.Chr. Die Begründungsstruktur erweist sich als relativ stabil. Die prophetische Kritik an der mythisch-kultischen Antizipation der Geschichte im Namen des Ethos bedarf, gerade weil hier ein gemeinorientalisches Denkparadigma durchbrochen wird, einer eingehenden Erklärung. Daß sich Ritus und Ethos in der ad. Prophetie als Antipoden verhalten, ist seit langem erkannt und wird bis in die Gegenwart hinein immer wieder betont.63 Hat sich mit der Prophetie aber ein neuer, vom Bodensatz der Volksfrömmigkeit grundsätzlich zu unterscheidender Religionstyp herausgebildet? Diese Auffassung kristallisierte sich im 19. Jh. heraus und beruht vor allem auf dem Ideal der gottunmittelbaren religiös-sitdichen Persönlichkeit, deren Verkörperung man in den Propheten zu finden glaubte. Duhm spitzte dieses Prophetenbild soweit zu, daß er die Propheten für Repräsentanten eines eigenen Religionstyps hielt. Die Entwicklung einer „Religion der Propheten" versucht er mit einer soziologisch orientierten kuturgeschichtlichen Theorie zu erklären: „Wie im Fluß das Wasser in der Mitte und oben viel schneller strömt als unten am Boden und an den Ufern, so bilden sich auch in jedem Volk, dessen Entwicklung in Fluß kommt, verschiedene Schichten, bewegliche obere und beharrliche untere. Jene erleben und machen die Geschichte, diese bleiben untergeschichdich und sind zwar auch nicht ohne Än63
Vgl. neuerdings wieder JEREMIAS, Begriff, 449.
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Das Heiligtum von Bethel im Spiegel des Hoseabuches
derung und Wandelung, aber wissen wenig davon oder mögen nicht davon wissen."64 Dabei bilde eine „dämonistische" Schicht den Boden einer jeden Religion: „Auf dieser Stufe sieht der Mensch alles, was sich in der Welt regt und bewegt, als die Lebensäußerungen von Geistern an, . . . " (S. 5). Soziologisch wird diese Schicht in der Sippe verortet. Die „Sippenreligion der kleinen Gottheiten" gehe dann mit der Jahwereligion des Volkes in die nächst höhere Schicht der „dynamistische(n)" Periode über. Nunmehr trete Jahwe als „der eigendiche Führer der Geschichte" auf den Plan: „Nicht selten greift er mit der eigenen Person ein, vor allem dann, wenn es sich um das Sein oder Nichtsein seines Volkes handelt. Im übrigen bedient er sich menschlicher Werkzeuge. Das sind in der alten Zeit die Propheten und die Helden, auch diese von prophetischer Art. Gott, Prophet und Volk handelten in vollem Einklang, wenn es galt, die , Schlachten Jahwes' zu schlagen" (S. 6). Doch mit der Seßhaftwerdung „kam es zum Stillstehen, das Heldenzeitalter war vorüber" (S. 7). Einmal Staat geworden, wollte Israel nur noch „das Bestehende erhalten" (ebd.). „Führung in höherem Sinn" und „Fortschritt" muß das Volk unter diesen Bedingungen entbehren. Dieser Zustand der Stagnation sei es gewesen, der die Propheten auf den Plan rief als „eine dritte, höchste Schicht im Leben Israels, die nur eine geringe Zahl der Besten im Volke umfaßte und meist gegen die Masse isoliert war" (ebd.). „Sie waren dazu berufen, die Führung in der inneren Geschichte der Menschheit zu übernehmen und eine Aufgabe Israels zu erfüllen, von der das Volk selber sich nichts träumen ließ" (ebd.) Die Propheten hätten Jahwe als „Leiter" „der inneren Geschichte" gesehen, welche eben nicht „auf irgendein abgeschlossenes System, auf absolute Wahrheiten, Theorien, Dogmen" ausgehe (S. 7 f.). Vielmehr seien sie „die Männer des ewig Neuen" (S. 8). Das Eigentliche und Neue der Prophetie des 8. Jh.s v. Chr. besteht darin, die natürlich-kultische Religion Israels in eine religiös-sitdiche überführt zu haben.65 Zu Ende gedacht ist es der religiös-sittliche Gott, der sich in der religiös-sitdichen Persönlichkeit des Propheten gegenüber dem ganz und gar nicht religiös-sitdichen Volk Geltung verschafft. Es ist offensichtlich, daß dieses
M
Propheten, 4 f.; Zitatnachweise im folgenden im Haupttext. Vgl. HÖLSCHER, Profeten, 188: „So wird hier (sc. in der Prophetie) erstmalig eine einheitliche und rationale Einsicht in das Wesen Gottes und der Welt gegeben. Gewonnen ist sie im enthusiastischen Schauen, in der Einigung mit der Gottheit selbst, aber rational wird sie ausgebaut als eine umfassende Welt- und Lebensanschauung. Vor den Filosofen Griechenlands haben die israelitischen Profeten das Gesetz der die Welt einheitlich beherrschenden moralischen Kausalität entdeckt Indem sie den Gedanken von der Einheit Gottes und dem sitdichen Sinn des Weltgeschehens, vor allem der Geschichte, klar formulierten, haben sie die Kultusreligion zur sitdichen Religion, die Naturreligion zur Geschichtsreligion erhoben." An DUHM erinnert auch noch die Bewertung prophetischer Kultkritik bei HENTSCHKE, Stellung, 123: „Die Polemik der Propheten galt nicht den Formen des gemeinschaftlichen, gottesdienstlichen Handelns an sich, sondern dem Kultus, sofern er die willensbestimmte, sitdiche Person und Souveränität Jahwes verdunkelte und beeinträchtigte, d. h. sofern er Naturkult war, denn er stand offensichtlich der unmittelbaren Konfrontierung des Menschen mit Gott im Wege. Sie aber und die tatsächliche Anerkennung des unbedingten Herrschaftsanspruchs Jahwes auf das Bundesvolk waren das Hauptziel des prophetischen Wirkens." 65
Der Betheler Kult im prophetischen Spruchgut
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Prophetenbild an den Leitvorstellungen der Romantik (Vorstellung des „religiösen Genies") und der liberalen Theologie des 19. Jh. orientiert ist. Anders Wellhausen: „Sie (sc. die klassischen Propheten) gleichen den bisherigen Propheten nicht bloß in der allgemeinen Form ihres Auftretens und im Stil ihrer Rede, sondern auch darin, daß sie keine Prediger, sondern Seher sind. Nicht die Sünde des Volkes, an der es ja nie fehlt und deretwegen man in jedem Augenblick den Stab über dasselbe brechen kann, veranlaßt sie zu reden, sondern der Umstand, daß Jahwe etwas tun will, daß große Ereignisse bevorstehen. In ruhigen Zeiten, seien sie auch noch so sündig, verstummen sie . . . , um sofort ihre Stimme zu erheben, wenn eine Bewegung eintritt. Sie erscheinen als Sturmboten, wenn ein geschichdiches Gewitter aufzieht; sie heißen Wächter, weil sie von hoher Zinne schauen und melden, wenn etwas Verdächtiges am Horizont sich sehen läßt."66
Die Assyrergefahr konnte dem wachen Geist in Israel bereits seit der Tributleistung Jehus (845-811 v.Chr.) nicht verborgen bleiben. Wie Jehu war auch J o a s von Samarien" (802-787 v. Chr.) assyrischer Vasall.67 Selbst die Blütezeit unter Jerobeam II. (787-747 v. Chr.) ist dem Erstarken der Großmacht aus dem Osten geschuldet. Einem Arnos dämmert erstmalig das Ende unter den Vorzeichen des assyrischen Expansionsdranges herauf: Fürwahr: Siehe, ich bin im Begriff gegen euch aufstehen zu lassen, Haus Israel, - Spruch Jahwes, des Gottes der Heerscharen - ein Volk. Es wird euch bedrängen von Lebo-Hamath bis ins Tal der Araba (6,14).
Fortan künden die Propheten vom Ende. Das eigentlich Neue und Unerhörte ist dabei, daß sie das Vernichtungswerk der Assyrer als ein Werk Jahwes begreifen lehrten. „Die Gegenwart, die sie erlebten, wurde ihnen zum Mythus eines göttlichen Dramas, dem sie mit vorausempfindendem Verständnis zuschauten. Uberall dieselben Gesetze, überall das gleiche Ziel der Entwicklung. Die Völker sind die agierenden Personen, Israel der Held, und Jahve der Poet der Tragödie."68 Ist aber Jahwe selbst die geheime Macht, die in den geschichtlichen Gewitterstürmen agiert, so mußte die Logik der kultisch-rituellen Existenzsicherung zerbrechen. Die Geschichte überholt den im Kult rezitierten , Mythos'. Dennoch bedarf das Kommende einer Begründung. Die Propheten lieferten sie, indem sie das traditionelle Paradigma des „TunErgehen-Zusammenhanges" konsequent auf die Geschicke des Volkes anwandten.69 66
Geschichte, 107.
67
S . o . S. 120, A n m . 2 2 8 . WELLHAUSEN, Geschichte, 106 f.
68
69
Eine andere Frage ist, inwiefern die Prophetie nicht auch auf weisheitliche Traditionen zurückgreifen konnte, in denen eine gewisse Uberordnung des Ethischen gegenüber dem
226
Das Heiligtum von Bethel im Spiegel des Hoseabuches
Fazit Der Bethelkritik Hoseas kommt keine Sonderposition innerhalb der Prophetie des 8. Jh.s v. Chr. zu. Sie lebt aus derselben Geistigkeit, die Arnos vom Ende Bethels weissagen und die Micha den Zion als „Trümmerhaufen" sehen ließ. Was in dieser Studie für Bethel gezeigt werden konnte, dürfte für die ältesten kultkritischen Stellen des Hoseabuches überhaupt gelten. Die prophetische Kultkritik des 8.Jh.s v. Chr. stellt sich somit als ein sehr viel einheitlicheres Phänomen dar als bisher angenommen.
3.2. Die Bethel-Kritik
der vor-dtr.
Hoseatradenten
Die vor-dtr. Hoseatradition schließt sich, wie nicht anders zu erwarten, in ihrer Bewertung des Betheler Kultes eng an das prophetische Spruchgut an. Allerdings formuliert sie ihre Aussagen nicht auf das Ende hin. Ihr geht es vielmehr darum, den Untergang vor dem Hintergrund der prophetischen Botschaft zu deuten. Die beiden 'D-Sätze in 10,5 führen den Zusammenbruch des Nordreiches direkt auf den im Stier verehrten Gott zurück. Dies erklärt sich aber nicht aus einer wie auch immer gearteten Bilderpolemik, sondern daraus, daß das Kultbild schlechterdings den Exponenten des kulttheologischen Denkens bildet. Israel hat sich von dem im Stierbild verehrten Exodusgott in der Not ein rettendes Eingreifen erwartet und dieses kultisch vorweggefeiert. Das Volk ist jedoch in die Verbannung gegangen - „weg von ihm." Das Vernichtungswerk hat der Gott in Gang gesetzt, von dem sich Israel „Hilfe" erhofft hat. Die Vorstellung einer im Kultbild verbürgten Gottesnähe muß absurd erscheinen. Die Formulierungen der 'D-Sätze in 10,5 bewegen sich damit konzeptionell auf der gleichen Ebene wie Hos 12,10 und 13,4a.5. Stärker als die -D-Sätze in 10,5 spitzt das Fortschreibungsstück 8,4b die Stierpolemik auf die Bilderproblematik zu. Erstmalig erscheint im Zusammenhang mit dem ein Kultbildterminus (crasy). Allerdings gibt es keine eindeutigen Hinweise darauf, daß die D-nsy in 8,4b als Götzenbilder verstanden werden müssen. Das Problematische an den Bildern ist deren Eigenschaft, die Gottheit in Gold und Silber bannen und so im Kult verfügbar machen zu können. Damit wird nicht weniger als ein Kultischen zu spüren ist Jedenfalls hat sich ein späterer Weiser mit der Prophetie eines Hosea identifizieren können (vgl. 14,10). Hos 6,6 bemüht altes weisheitliches Gut. So heißt es in der Lehre für Merikare, 129: „Die Sinnesart des Rechtschaffenen nimmt Gott lieber entgegen als den Ochsen dessen, der Unrecht tut. Handle für Gott, daß er ebenso für dich handle." Im AT ist diese Anschauung etwa in Prv 21,3 und I Sam 15,22 präsent; zur Rezeption weisheitlicher Kultkritik bei den vorexilischen Propheten vgl. Α. B. ERNST, Kultkritik, 97-186 (bes. 178 ff. zu Hos 6,6).
Die dtr. inspirierte Bethel-Kritik im Hoseabuch
in
Grundaxiom altvorderorientalischer Bildtheologie in Frage gestellt. Mit Fremdgötterpolemik hat dies jedoch nichts zu tun. Die Bilderpolemik ergibt sich vielmehr als Konsequenz aus der Destruktion des kultisch-rituellen Denkens. Ebenfalls fortgesetzt wird in der vor-dtr. Hoseatradition die Kritik am sakralen Verständnis des Königtums (8,4a). Durch die Einfügung von 8,5aa.6b in den Zusammenhang von 8,4a gerät die Königsinvestitur vor dem Stierbild in das Blickfeld. Diese allein garantiert noch nicht die Legitimität des Königs vor Jahwe. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Verarbeitung des Exodusmotivs bei den vor-dtr. Hoseatradenten und ihren Nachfahren. Die ältesten Spuren der Prädikation Jahwes als des Exodusgottes führen zu den Staatsheiligtümern von Bethel und Dan (I Reg 12,28b). Der Untergang des Nordreiches macht eine weitere Rezitation der Kultformel von I Reg 12,28b sinnlos. Damit ist erstmalig die Möglichkeit einer Rede vom Exodus jenseits des Kultes gegeben. Mental vorbereitet wurde sie ganz sicher durch die Auseinandersetzung mit der kultischen Exodusprädikation im hoseanischen Spruchgut. Auch das Zitat von 9,3ba in 8,13bß reflektiert im Kontext der Gottesrede 8,la.2-3.4a.5aß.b.7-10a.b.l3bß noch die Betheler Verhältnisse. 11,5a zeugt indes von einer literarischen Verwertung des Exodusmotivs, das nichts mehr von einer kultischen Verhaftung der Exodustradition weiß. Die dtr. beeinflußte Redaktion von Hos 11, die das Exodusmotiv in VI einträgt, sowie die späteren heilstheologischen Ausblicke in 11,10.11 entwickeln mit ihrer Konzeption eines dreifachen Exodus schließlich so etwas wie einen heilsgeschichtlichen Fahrplan. In 2,16-17.25 hat das Exodusmotiv vor allem illustrierende Funktion.
3.3. Die dtr. (post-dtr. ?) inspirierte im Hoseabuch
Bethel-Kritik
Die Fremdgötterpolemik ist erst im Zuge einer späteren, dtr. beeinflußten Bearbeitung in das Hoseabuch eingewandert. Spuren dieser Bearbeitung ließen sich im Rahmen unserer Untersuchung in 2,4-15; 4,1-19; 5,1-8; 8,1b; 9,1b und 11 namhaft machen. Der gesamte israelitische Kult wird als Abfall von Jahwe qua Hinwendung zu fremden Göttern desavouiert. 10,8 schließt an diese Konzeption an. Möglicherweise ist der Vers aber, sofern sich D- und P-Elemente mischen, 70 erst post-dtr. Herkunft. Er subsumiert das Betheler Heiligtum unter die „Höhen des Frevels" und schließt über maa an die Terminologie von I Reg 12,31 f. und II Reg 70
S . o . S. 109f.
228
Das Heiligtum von Bethel im Spiegel des Hoseabuches
23,15 an. Der Begriff nnn impliziert im dtr. Sprachgebrauch ein breitgefächertes Spektrum von kultischen Vergehen, das von der Nivellierung des Kultzentralisationsgesetzes bis zur illegitimen Fremdgötterverehrung reicht. Die im Namen des Ausschließlichkeitsanspruchs Jahwes geführte Polemik gegen Bethel kann demnach nicht Hosea zugeschrieben werden. Die hoseanische Kritik betrifft den Staatskult als ganzen. Sie greift den Kult als ein spezifisches System der Kommunikation mit dem Göttlichen an. Mit Fremdgötterpolemik hat dies nichts zu tun. Warum auch hätte Hosea das Jungstierbild als einen problematischen Kanaanismus betrachten sollen? Religionsgeschichtliche Erwägungen im Sinne einer Polyvalenz des Stierbildes führen, wie in Teil 1 dieser Studie gezeigt wurde, kaum weiter. Die Stiermotivik bot eine kongeniale Verbildlichung Jahwes, sofern dieser seiner Herkunft nach eine Wettergottheit war. Das Bewußtsein für eine intolerante Jahwe-Monolatrie bildete sich erst im Zuge der dtn. Reform heraus.71 Als ältester literarischer Niederschlag dieses Gedankens dürfte Dtn 6,4 zu werten sein.72 Er ist von vornherein mit einer exklusiven Verehrung Jahwes am Jerusalemer Heiligtum verbunden (Dtn 12*). Aus dieser Perspektive mußte jeglicher Kult an anderen Heiligtümern zugleich den Eindruck eines illegitimen Fremdgötterdienstes erwecken. Im Falle Bethels kommt hinzu, daß die Gottesverehrung über ein Kultbild realisiert wurde, während in Jerusalem Jahwe über dem leeren Kerubenthron kultisch präsent war. Fremdgötter- und Bilderdienst mußten somit aus dem Blickwinkel des (deuteronomisch) reformierten Jerusalem als zwei Seiten einer Medaille erscheinen (vgl. Dtn 5,7-9a). Wenn die Deuteronomisten sich mit ihrer Rede von der „Sünde Jerobeams" auf die prophetische Tradition berufen (vgl. I Reg 13 f.; II Reg 17,13.23), so erscheint dies für den Historiker nur im Blick auf das „Daß", nicht aber auf das „Wie" der prophetischen Bethel-Kritik gerechtfertigt.
71 Die für die Frage nach der Entstehung einer offiziellen intoleranten Jahwe-Monolatrie immer wieder bemühte Elia-Tradition liefert indes keine Spuren eines vor-dtn. Exklusivitätsanspruches Jahwes. Der Name „Mein Gott ist Jahu" weist in die Schutzgottvorstellung und gehört in den Bereich der persönlichen Frömmigkeit. Diskutieren kann man, inwiefern er im Umfeld des Königtums nicht einen offizielleren Charakter bekommt. D o c h zeugt der N a m e des Propheten auch in diesem Falle kaum von einem allgemein verbindlichen Exklusivanspruch Jahwes. Was die Karmelerzählung (I Reg 18,19-40) betrifft, so läßt sich V39 nicht aus dem Grundbestand der Erzählung eliminieren, es sei denn, man wollte sie zu einem pointenlosen Torso verstümmeln. Die geistige Heimat von I Reg 18,39 wird jedoch durch spät-dtr. Stellen wie D t n 4,35.39; 7,9 beschrieben. Der Opferprobe auf dem Karmel vergleichbare Entscheide zwischen Jahwe- oder Fremdgottverehrung finden sich in Jdc 6 , 2 5 - 3 2 und Jos 24 (vgl. auch I Sam 5,6). Keiner der Texte stammt aus vor-dtr. Zeit. 72 Vgl. K ö c k e r t , Gott, 174. Zur neueren Diskussion des Monotheismusproblems und der Destruktion des klassischen Bildes vgl. zusammenfassend DERS., a. a. O. Zu Vorgeschichte und Argumentationsstruktur von Dtn 6,4 vgl. jetzt L o r e t z , Einzigkeit.
Die exilische Bethel-Theologie
3.4. Die exilische
229
Bethel-Theologie
Hos 12,3-5.7-11.13-14 führen in die Zeit des babylonischen Exils. Die Zerstörung des Jerusalemer Tempels hatte eine teilweise Nutzung Bethels durch die Judäer zur Folge.73 Die Kultgemeinde suchte in der alten Jakob-Bethel-Überlieferung ihr Heil. Die Jakobüberlieferung bot für Hoffnungen auf eine Wende insofern einen geeigneten Anknüpfungspunkt, als ihre Gültigkeit durch den Untergang Judas kaum in Frage gestellt wurde. Der Staat mochte untergegangen, die zentrale Kultstätte Jahwes zerstört und die Oberschicht deportiert worden sein. Die genealogische Identität der verbleibenden Familienverbände mit dem Erzvater war dadurch nicht berührt. Es mag verwundern, daß der Gegenentwurf zu dieser populären BethelTheologie aus dem geistigen Milieu des Deuteronomismus erwachsen ist.74 Anderseits waren die Begehungen Bethels sicherlich eine Realität, auf die man theologischerseits bestenfalls reagieren konnte. Das dtr. Kontrastprogramm orientierte sich an den Größen Exodus und Gesetz. Eine Restitution Israels erscheint nur unter der Bedingung des Gehorsams gegenüber der Tora möglich. Hos 12,3-5.7-11.13-14 wird man in literarischer Hinsicht zwar nicht ohne weiteres als dtr. bezeichnen können. Es ist aber offenkundig, daß die dtr. Kulttheologie für Bethel in diesem Text anklingt. Sukzessive wird mit einem hohen Maß an exegetischem Aufwand die Jakobsfigur der Uberlieferung als Hoffnungsträger destruiert. Nicht der Erzvater, sondern die p r o p h e t i s c h e n T o r a p r e d i g e r in d e r successio mosaica weisen d e n W e g
zum Heil. Aus der Hoseatradition werden damit die Größen „Recht" und „Prophetie" (vgl. 6,5) neu zu Ehren gebracht. Strukturell wiederholt sich in gewisser Weise der Konflikt zwischen der hoseanischen Prophetie und der von ihr bekämpften kultisch-rituell geprägten Mentalität, insofern in beiden Fällen der Versuch unternommen wird, mittels einer Konditionierung des Ergehens durch das Tun dem populären „Heilsautomatismus" entgegenzuwirken.75 73
Vgl. S. 80 f. Vgl. S. 95 ff. 75 Eine Schwierigkeit bereitet auf den ersten Blick das Nebeneinander der ,dtr. (post-dtr.?) inspirierten Bethelkritik' (3.3) und der .exilischen Bethel-Theologie' von Hos 12. Hinsichtlich der zeitlichen Ansetzung der beiden theologischen Strömungen ist mit Überschneidungen zu rechnen. Dabei läßt sich die ,exilische Bethel-Theologie' streng auf die Exilszeit bis maximal auf die Inbetriebnahme des zweiten Tempels (515 v.Chr.) begrenzen. Die ,dtr. (post-dtr.?) inspirierte Bethelkritik' hat hingegen mit aller Wahrscheinlichkeit noch weiter in die nachexilische Zeit hinein gewirkt. Sachlich unterscheiden sich beide Theologien vor allem dadurch, daß die ,dtr. (post-dtr.?) inspirierte Bethelkritik' den Kult von Bethel ab ovo verwirft, die ,exilische Bethel-Theologie' sich aber auf eine Auseinandersetzung mit der Betheler Theo74
230
Das Heiligtum von Bethel im Spiegel des Hoseabuches
3.5. Das Stierbild in den späteren nachexilischen Bilderpolemiken Darf als Kennzeichen der dtr. Bilderpolemik die Einheit von Fremdgötterund Bilderpolemik gelten, so verlagert sich in nachexilischer Zeit der polemische Akzent der Bilderkritik mehr auf den Charakter des Bildes als einer weltlich-menschlichen Wirklichkeit. Dieses Genus der Bilderpolemik hat im Blick auf das Betheler Stierbild im Hoseabuch in 8,6a und 13,2aa 2 ß.b + 2aa 1 .3 seinen Niederschlag gefunden, wobei literargeschichtlich 8,6a der Stelle 13,2aa 2 ß.b vorausliegt. Der Stier ist wie jedes Gottesbild reine „Handwerkerarbeit", dem jede göttliche Inspiration mangelt (vgl. Ps 106,20). 13,2ba spitzt die Polemik sogar bis zum Vorwurf von Menschenopfern vor den (Stier-)Bildern zu, was jeglichen Bilderkult als besondere Perversion stigmatisiert. Auf den ersten Blick scheint diese Art der Bilderkritik mit der älteren Hoseatradition kompatibel. Auch sie behauptete auf ihre Weise die ,Gottlosigkeit' der Bilder resp. des Stierbildes. Nicht umsonst kann 13,2 explizit auf Hos 8,4b Bezug nehmen. Die Differenz zwischen beiden Konzeptionen erhellt aber aus deren unterschiedlichen theologischen Hintergründen. Die nachexilische Bilderpolemik erwächst wesentlich aus dem Gedanken der Transzendenz Gottes (Dtn 4,12). Die Bilderkritik in Hos 8,4b wurzelt in einer antikultischen Konzeption der Gottesnähe.
3.6. „Beth-Aven" in der Arnos-/Dodekaprophetonredaktion des Hoseabuches Hos 4,15 kommt unter der Bezeichnung „Beth-Aven" auf das Betheler Heiligtum zu sprechen, ohne dabei in irgendeiner Weise das Stierbild zu thematisieren. Beth-Aven erscheint in Parallele zu Gilgal. Die Besonderheit Bethels als Reichsheiligtum des Nordreiches spielt keine Rolle. Literargeschichtlich verarbeitet Hos 4,15 die Stellen Am 4,4; 5,5 und 8,14. Dies führt zu einer Datierung frühestens in die dtr. Zeit (vgl. Am 8,14). Inwiefern der Vers reale kultische Begehungen in Bethel (und Gilgal) reflektiert, muß offenbleiben. Grundsätzlich ist damit zu rechnen, daß logie (sc. der populären Jakob-Bethel-Theologie) beschränkt, den Kult als solchen aber gelten läßt. Dieser sachliche Unterschied ist dadurch begründet, daß die ,dtr. (post-dtr.?) inspirierte Bethelkritik' den Kult des untergegangenen Nordreiches zum Gegenstand hat und mit diesem die Katastrophe von 720 v. Chr. zu begründen sucht, während die ,exilische Bethel-Theologie' in Hos 12 sich mit einer aktuellen Kultpraxis und ihrer Theologie auseinanderzusetzen hatte, die offensichdich viel zu gewichtig war, um sie einfach perhorreszieren zu können.
„Beth-Aven" in der Amos-/Dodekaprophetonredaktion
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sich die Erwähnung der beiden Heiligtümer einem rein literarischen Interesse verdankt und daß hier allgemein vor Abgötterei gewarnt werden soll.
Abkürzungsverzeichnis Die Abkürzungen der biblischen Bücher und die literaturbezogenen Abkürzungen richten sich in der Regel nach S. Schwertner, Abkürzungsverzeichnis, TRE, Berlin/New York 21994. Nur dort nicht erwähnte Kürzel oder abweichende Zitationsweisen können über das nachstehende Verzeichnis aufgeschlüsselt werden.
1. Literaturbezogene
Abkürzungen
Ash. BIS
BORGER, R., Die Inschriften Asarhaddons, AfO.B 9, 1956. Biblical Interpretation Series, Leiden/New York/Köln.
BLe
BAUER, H./LEANDER, P . , H i s t o r i s c h e G r a m m a t i k d e r h e b r ä i s c h e n
CAD CTH DDD
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2. Textkritische α' ε' θ' G L MT S σ' Τ V
Sigla
Aquila Quinta Theodotion Septuaginta Vetus Latin a Masoretischer Peschitta Symmachus Targum Vulgata
3. Sigla für Zeugnisse der althebräischen BLay KAgr Sam 1
Hirbet Beit Lei Kuntillet Agrud Samaria
S. ο. S. 30, Anm. 20.
Epigraphikx
234
Abkürzungsverzeichnis
4. Sonstige act. Af. akkad. Anm. arab. aram. com. em. fem. hap. leg. heth. Hif. Hitp. Hitpol. Hof. imp. imperf. inf. abs. inf. es. iuss. luw. mand. masc. Nif. perf. Pi. pl. Pol. ptc. Pu. QS sg. st. es. Str. Suff. syr. Textanm. übertr. ug. zit.
Abkürzungen
aktiv Afel akkadisch Anmerkung arabisch aramäisch genus commune emendiert genus femininum hapax legomenon hethitisch Hif'il Hitpa'el Hitpolel Hof'al Imperativ Imperfekt infinitivus absolutus infinitivus constructus Iussiv luwisch mandäisch genus masculinum Nifal Perfekt Pi'el Plural Polel Partizip Pu'al Sektenregel (Qumran) Singular status constructus Stratum Suffix syrisch Textanmerkung übertragen ugaritisch zitiert
Literaturverzeichnis Abgekürzt zitierte Quellen und Hilfsmittel, die über S. Schwertner, Abkürzungsverzeichnis, TRE, Berlin/New York 21994 bzw. das voranstehende Abkürzungsverzeichnis aufgeschlüsselt werden können, sind im Literaturverzeichnis nicht eigens vermerkt. Die Zitation der Sekundärliteratur erfolgt durch einen Kurztitel, der in der Regel aus einem signifikanten Wort des Haupttitels besteht. Der Eindeutigkeit halber sind in Zweifelsfällen die Kurztitel im Literaturverzeichnis angegeben. Die Vornameninitialen der Autoren erscheinen im Text nur in der Ersterwähnung.
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Bibelstellenregister Gen 10,19 14,2.8 18,16 ff. 25,20 ff. 25,20-26 25,23 25,24 25,26a 27,36 27,43 28* 28,10 ff. 28,10-22 28,10-22* 28,11-I3aa.l6-19 28,13-15 28,13a 28,13b 28,14a 28,14b 28,15 28,15aß 28,20-22 28,25b 29,1-30 29,18 29,31-30,24 30,25-31,19 31 31,13 31,51 f. 32 32,23-33 32,25b-27 32,25ba 32,25bß 32,26 f. 32,26 32,26.29
200 200 97 83 82 83 83 82 f. 83 f. 92 51 37.50 51.78 37.99 51 78 f. 78 78 78 78 73.78 78 50 88 93 93 93 100 100 50 100 88 84.87 88 87 87 87 86 85
32,26aa 32,26aß.b 32,27 32,27a 32,27b 32,29 33 35,1 35,1-20 35,1-7 35,6 f. 35,7 35,8 35,9 ff. 35,9-11 35,10.11 f. 38,15 38,21 49,24
87 87 87 87 f. 87 84.86 88 86 78 50 50 50 88.98 86 78 78 218 218 52 f.
Ex 1-14* 41 1,10 207 3,1-4,18 94 f.98 3,1-18 94 3,10 94 5* 41 15,26 193 74 f. 17,3 19*.24* 39 19,2b.3a. 10.11.13b. 16-19 39 19,2b 39 20,2 171 20,23 169 20,4 158.169.192 22,20 41 41 23,9 97 23,20 39 24,4b-5 24,12*.13b/15a.l8b 39
Bibelstellenregister
32 32* 32,1-6 32,1.5 32,1.7.23 32,1 32,1a 32,laa.bß 32, I b a * 32, l b ß 32,2-4a 32,3a 32,3b 32,4.8 32,4 32,4aa 32,4aa' 32,4aa2 32,4aß 32,4b.8b 32,4b 32,7-14 32,30-34 32,33 33,1 33,2 34 34,17 Lev 19,4 19,29 25,23 Num 20,5 22,3 23,19-24 23,22 24,5-9 24,8 f. 24,8 25 26,30-34 Dtn 1,17
9.39.45.49.51 f. 39 38 f. 45 74 f. 39 38 f. 39 39 39 169 39 39 38.169 38.169 39 39 39 39 38 38 38 39 39 74 f. 97 39 169
4,35.39 5,6 5,8 6,10-12 6,4 6,13 7,9 8,7-14 9 f. 9,12 9,16 10,6 12 12* 15,15 18,15.18 18,22 27,15 29,22 32,12.39 33,2 f.26-29 33,17 33,26-29 33,27 Jos 7 f. 24
257
172.228 171 158.169.192 172 f. 228 146 228 172 f. 38 169 169 213 80 228 41 94 113 170 200 172 49 52 f. 64 113
205 228
Jdc 169 219 117 ff.
74 f. 113 52 49.51.53 52 53 49.51 f. 220 117
113
1,1 2,1-5 2 , l a . 4 f. 2,lb-2 2,3 2,20 5,4-5 5,5 6,25-32 8,24 ff. 17 f. 20,18.23.26-28 21,2-4 21,19-21 I Sam 2,22
80.95 f.99 80.96.98 f. 96 96 98 134 48 151 228 169 35 f. 80.95 f.99 80.95 f.99 204
218
258
Bibelstellenregister
4,4 4,21 f. 5,6 8,6 9-10,16 15,22 15,23b 16,1-13 18,15
121 121 228 156 35 226 213 35 113
II Sam 7,22
172
I Reg 1,32 ff. 4,7 ff. 4,7-19 4,7aa.8-19a 9,15.17-19a*.23 ll,29aß.b-31.36a.ba.37 12 12,1-33 12,1-20 12,1-20.26-31 12,20a 12,21-24 12,25-13,34 12,25 ff. 12,25-33 12,25-33* 12,25-32 12,25.26-33 12,25.28.29.33b 12,26-33 12,26-33* 12,26-30 12,26-29 12,26-28.32* 12,26-28 12,26 f.28aa.ba 12,26 f. 12,26a-29*.30b-32a 12,26b.31a 12,27 12,28-33 12,28-30 12,28aß.29.30b.32aa.ba
34 115 117 41 41 26 36 27 27 26 28 27 27 36 27 ff. 36.39 27 29 31 26ff.ybA2 34 f. 27 27 27 52 28 28 27 27 35 9.28 28 26
12,28aß.bß.29.30b.32aa' 27 12,28 f.* 40 12,28 13.28.45.125 12,28* 28 12,28a 28 12,28b 29 ff.38.40 ff.48.52. 171.175.221.227 12,28ba' 28 12,28ba 2 28 12,28bß 28 12,29 f. 35 12,29 29.36 12,30b 28.45 12,31-33 28 12,31-33a 29 12,31.32.33b 28 12,31 f. 227 12,32.33 28 12,32 29 12,33 27 12,33a 29 12,33b 29 13 35 13,1 ff. 27 13,33 f. 110 14,1-18 26 14,20 34 16,24 117.118f. 16,29-33 143 16,32 142.143f. 17,1-23 128 18,19-40 228 18,39 136 f.228 21 117 ff. II Reg 9,5-6.12b-l 3 10 10,1-11 10,18 ff. 11,4-20 17 17,7-23 17,16 17,27 f. 19,37 23,4-15.19 f.
34 117 120 144 34 126 9 169 80 81 126
Bibelstellenregister
23,15.16-20 23,15 Jes 12 23,7 31 37,38 40,1 41,8-13 43,10 45,21 46,6 50,1 54 54,6 54,7 f. 56,1 56,2-7 56,6 65,9 f. Jer 2,16 5,3 8,5 9,3 17,1-3 22,22 30 f. 30,17 f. 31,15-22 33,6 f. 39,3 Ez 16 18,2 23 Hos 1-3 1-3* 1 1,1 1,2-9 1,2-4
80 227 f. 200 144 200 81 206 198 172 172 169 206 206 206 206 90 90 90 205 160 183 193 84 110 160 f. 200 79 199 f. 79 80 211 97 211 15 f. 22 206.211 15 206 12
259
217.219 1,2 1,2* 15 211 l,2bff. l,2b-9 211 210.211 1,2b 206 1,3 f. 158 1,4 154.222 1,4b 1,5.7 15 19 l,5.7bc 214 1,5 l,6e-7a 19 15.18.22 1,7 138.211 1,9 206 1,9b 13.197 2 22 2,1-3.16-25 2,1-3.20.23-25 15 18 2,1-3 2,lb-3 19 2,1.16-17c.19.21-•22.25 19 214 2,1.18.23 207f. 2,2 15 2,3 2,4 ff. 100.211 f. 2,4-25 181.202 2,4-17 205 63.202ii.210ff.227 2,4-15 182.211 2,4-15* 2,4 f.7.10-15 206 2,4-5.7b.l0a.ll-15 211 69.211.217 2,4 2,4a-d.7*.10 f.* 211 2,4a 210 20.211 2,4aA.4b-5.7b.l2 212 2,4b 203.212 2,5 210 f. 2,6-7a 211 2,7b.l0a.l0b 2,7b.15 212 2,8 f. 16 f.25aa 205 206.211 2,8 f. 2,8.11.16 168 18.164 2,10b 15 2,10bß 19 2,10e 2,11-15 211
260 2,11 2,12 2,15 2,15a 2,16-25 2,16-17.25 2,16 f. 2,16 f.* 2,18-25 2,18 f.21 f. 2,18 f. 2,18.20.23-24 2,18 2,19 2,20-22 2,20 2,21 2,23-25 2,23 f. 2,23 2,25 2,25aa 3,1-5 3,4 3,5 3,5* 4-11 4 4,1-19 4,1-3 4,1-3*
Bibelstellenregister
211 211 f. 211 212 202.204 206.227 177.202 ff.209 206 203 15 203 19 202 f. 203 f. 203 202 f. 206 203 203 f. 202 204 ff. 205 19.22.181 158 15.18.202 15 16 f.21.65.69.197.201 21.100.197 227 65 21 21f.181.211 4,1 4,lb*-2a.[3aß.b.]4.[5*.]6b.9 f. 22 4,1 b.9bc. 10c. 12d. 16a. 18 19 69 4,Iba 18 f. 4,3 21 4,3a 4,3aß.b.5.15.16 + 19.17.18 22 66.210.272 ff. 4,4-19 bb.212ff.il 0 4,4-10 212 4,4-7 215 4,4.5acc.b 4,4 212.220 4,4*.5b.l2bA.18*.19a 20 212 4,4b 18 4,5 212 f. 4,5aa
4,5aß.l0.15 15 4,5aß 15.212 f.215 4,6 220 4,6a 213.215 f. 4,6b 67.213 ff. 4,7 f.lOa 214 f. 4,7 f. 214 214 4,7 214 f. 4,8 4,9 15.71.214 f.220 4,9a 214 214 4,9b 4,10 213 214 ff. 4,10a 4,10aa 215 4,10b 215 f. 4,11-14 65.212 ff.110 4,11-14* 218 4,11.12ba*.14aß*.b 217 4,11.12ba.l4aß 218 4,11.12c.l4e 19 217 4,11.13b 4,11.14b 65 4,11 212.216 f. 4,12a-13a 216 4,12a 216 f.219 4,12b2X vertrocknen' weist auf die Metaphorik von VI: „Ein verwüsteter [!] Weinstock ist [!] Israel"). Israel ist in die Verbannung gegangen - »weg von ihm (sc. dem Stierbild)". Das Gegenteil dessen, was der Kult um den Jahwe-Stier versprach, ist eingetreten. Erst die dtr. oder post-dtr. Bearbeitung 10,8 läßt Bethel unter dem Stichwort ρκ Jima zu einem Ort des illegitimen Fremdgötter- und Bilderkultes jenseits des von Jahwe erwählten kultischen Bezirkes werden. Das Drohwort 8,5aa.6b ist zusammen mit dem Einzelwort 8,11.13aa.ba nachträglich in die Gottesrede Vla.2-3.4a.5aß.b.7-10a.b.l3bß (nach 720 v. Chr.) eingebracht worden. Die so gewachsene Gottesrede hat in V4a (vor-dtr.), Vlb (dtr.), V6a (post-dtr.), V14aß.b (Arnos-/Dodekaprophetonredaktion) und in den kleineren Zusätzen V12.13aß.l4aa eine mehrfache Bearbeitung erfahren. Das Drohwort 8,5aa.6b ist nicht auf ein Kultbild der Haupt- und Residenzstadt Samaria, sondern auf den Jungstier von Bethel zu beziehen. „Samaria" bezeichnet wie in 10,5 das Nordreich. Die Existenz eines maßgeblichen Heiligtums in der Stadt Samaria aus der Zeit nach Jehu bis zum Ende des Nordreiches läßt sich nicht belegen. Durch die Einarbeitung von 8,5aa.6b in die Gottesrede 8,la.23.4a.5aß.b.7-10a.b.l3bß kommt das Drohwort gegen den Jungstier unmittelbar nach 8,4a zu stehen. Beschränkte sich 8,4a auf die Aussage, daß die Könige nicht durch Jahwe legitimiert waren, so besagt 8,5aa.6b in Anspielung auf die sakrale Investitur in Bethel (vgl. These 2.3), daß sie von Gnaden des der Zerstörung preisgegebenen Stierbildes waren. Nicht an der sakralen Investitur (vgl. 13,9-10a.l 1), sondern an den Taten der Könige (vgl. 1,4b; 7,3-7.11; 9,15bß) entscheidet sich die Legitimität der Könige vor Jahwe. Die vor-dtr. Bearbeitung 8,4b konzentriert die Bilderpolemik auf das Material und damit auf die Vorstellung der Numinosität der Bilder. Silber und Gold vermögen die Gegenwart Gottes nicht zu garantieren. Die Kultpolemik des Propheten wird auf die Präsenzsymbole zugespitzt. Der auf dem Hintergrund der nachexilischen Götzenpolemik entstandene Vers 8,6a zielt auf die grundsätzliche Unterscheidung von Gott und Bild. Dem Abschnitt Hos 13,1-3 liegt ein Rückblick in die Vergangenheit Israels (VI) zugrunde (nach 720 v. Chr.). Die Bearbeitung V2aa2ß.b (postdtr.) legt die ,Verschuldung' am Baal (VI) nachträglich aus. Eine zweite Bearbeitung V2aa'.3 transformiert den Text in ein begründetes Drohwort gegen die Götzendiener. 13,2aa2ß.b verarbeitet nicht nur 8,4-6, sondern zeigt auch Anklänge an götzenpolemische Stellen wie Ps 115,4 und 135,15. Der Plural n-i»ay in 13,2aa2ß.b erklärt sich vermutlich durch literarische Abhängigkeit von I Reg 12,28; II Reg 17,16. Inhaltlich übertrifft 13,2aa2ß.b alle Bilderpolemiken des Alten Testaments durch die Behauptung, vor den Gottesbildern ( = Stierbildern) wären Menschen geopfert worden (lies: οιχ · Γ Π Τ ) .
Thesen
271
3.3.
Die breite Bezeugung des Exodusmotivs im Hoseabuch verdankt sich der langen Entstehungsgeschichte des Prophetenbuches. Die ältesten Bezugnahmen auf den Exodus finden sich bereits im prophetischen Spruchgut und wurzeln traditionsgeschichdich in der Betheler Exodusformel. 3.3.1. In Hos 12,10 und 13,4a.5 liegen zwei parallel strukturierte Drohworte vor, die jeweils im ersten Teil die Kultformel I Reg 12,28b verarbeiten. Die Verwüstung des Landes und die Exilierung der Bevölkerung werden gerade durch den Gott in Gang gesetzt, der nach den Maßstäben des Betheler Kultes für die Integrität von Land und Volk Sorge trägt. 3.3.2. Der Einheit 9,1-6 liegt neben Vlaa.b mit V3b-4a ein Einzelwort zugrunde, das in Anlehnung an die Kultformel I Reg 12,28 die Exilierung nach Assur als Abbruch des in der Heraufführung aus Ägypten begründeten kultischen Gottesverhältnisses ansagt. 3.3.3. Die Gottesrede 8,la.2-3.4a.5aß.b.7-10a.b.l3bß (vgl. These 3.2.2) übernimmt aus 9,3b-4a das Motiv von der Rückkehr nach Ägypten. In seinen Bittgottesdiensten angesichts der assyrischen Bedrohung beruft sich Israel auf die im Exodus gründende Jahwe-Erkenntnis (V2 im Zusammenhang mit V13bß). Israels faktisches Handeln im Umfeld des Königtums (V4a) und der Außenpolitik (V7-10a) provozieren jedoch eine Rückführung nach Ägypten. 3.3.4. Die Anspielungen auf den Exodus in Hos 11 stehen in keinem Zusammenhang mit der Betheler Kulttheologie. 3.3.4.1. Die Grundschicht VI*(ohne D*-nnn).3a.4b.5a (nach 587 v.Chr.) rekurriert in V5a (xi> als Negation!) bereits auf 9,3b-4a und 8,13bß. 3.3.4.2. π-ηχηη in VI ist zusammen mit V2.3b.4a.5b einer dtr. beeinflußten Bearbeitung zuzuschreiben, die in VI*.3a.4b.5a das Moment der Verschuldung Israels einträgt, um so V5a nachträglich zu motivieren. Durch die Einfügung von n—isnn gerät VI in das Gefälle der dtr. Konzeption der mit dem Exodus verbundenen Gottesliebe. Im Blick auf V2 (Fremdgötterund Bilderdienst) weckt VI Assoziationen an die Dekalogpräambel. 3.3.4.3. Die Ankündigung eines neuen Exodus in V l l (vgl. Jes 11,16; 19,23-25; Mi 7,11 f.) hat wie der noch jüngere V10 (vgl. Joel 4,6) bereits die nachexilische Diasporasituation vor Augen. 3.3.5. Hos 2,16 f. gehören ursprünglich mit 2,25 auf eine literarische Ebene und sind schon deshalb dem Propheten abzusprechen. Mit der Wiederaufnahme der verstoßenen Frau wird dt.-jes. Motivik bedient (vgl. Jes 40,1-2.9-11; 49,14f.; 50,1-2; 54). Die Rede vom Exodus begegnet als literarischer Topos, der nichts mehr von seinem ursprünglichen Sitz in der Betheler Theologie erkennen läßt. 4.
4.1.
Die Fremdgötter- und Bilderpolemik ist nicht Thema der älteren prophetischen Bethel-Kritik des Hoseabuches. Die Jahwe-allein Theologie" im Hoseabuch ist überhaupt nach-hoseanischer Provenienz und vermutlich erst durch eine dtr. inspirierte Bearbeitung in das Hoseabuch eingetragen worden. Das prophetische Spruchgut kritisiert nicht einzelne Aspekte des Staatskultes. Vielmehr erscheint der Staatskult insgesamt als ein schuldhaftes Verhalten (10,5*).
272
4.1.1.
4.1.2. 4.2.
4.3. 4.4.
4.5.
4.6.
Thesen
Die Botschaft des von Jahwe herbeigeführten Endes erfordert ein Verständnis von Jahwes Handeln jenseits der traditionellen Staatsgott-Konzeption (Exodus, sakrales Königtum). Das Ergehen Israels bindet sich nicht an die kultisch ,reaktivierbaren' Heilstaten Jahwes, sondern an das Verhalten des Volkes bzw. des Königs. Die Kritik Hoseas am offiziellen Staatskult entspricht inhaltlich der des Arnos (9,1) und des Micha (3,9-12). Die vor-dtr. Hoseatradenten (,Hoseaschüler') spitzen in 8,4b (vgl. aber auch die •s-Sätze in 10,5) die prophetische Kultkritik auf die Bilderproblematik zu. Die Bilder werden als Mittel, die Gottheit kultisch verfügbar zu machen, nicht aber als Repräsentanten eines Fremdgottes verworfen. Erst auf dem Horizont des dtr. (post-dtr.?) Verses 10,8 begegnet Bethel als Stätte einer illegitimen Fremdgötterverehrung. Dem Betheler Kult während der Exilszeit steht das Hoseabuch nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. Sich an die Jakobverheißung (Gen 28,15) knüpfende Heilserwartungen werden aber durch die Forderung des Gehorsams gegenüber der Tora relativiert (Hos 12,3-5.7-11.13-14). Die nachexilischen Bilderpolemiken (8,6a und 13,2aa 2 ß.b+2aa 1 .3) betrachten das Betheler Stierbild als weltlich-menschliche Wirklichkeit ohne göttliche Inspiration. Im Unterschied zu 8,4b wurzeln sie im Gedanken der Transzendenz Gottes und nicht in einer grundsätzlich antikultischen Konzeption der Gottesnähe. Im Zuge der Arnos- bzw. Dodekapropheton-Redaktion erscheint „BethAven" neben Gilgal vermudich nur noch als literarisches Paradigma der Abgötterei.