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German Pages 217 [219] Year 2017
Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 378 Herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:
Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann
Jacqueline Päßler
Das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes im Kapitalgesellschaftsrecht Verstoßfolgen und kollisionsrechtliche Anknüpfung
Mohr Siebeck
Jacqueline Päßler, geboren 1989; Studium der Rechtswissenschaft an der Friedrich-SchillerUniversität Jena und der Università Cattolica del Sacro Cuore in Mailand; seit 2013 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht, Internationales Privat- und Prozessrecht, Europäisches Privatrecht und Rechtsvergleichung in Jena; seit 2015 Referendarin am Hanseatischen Oberlandesgericht; 2016 Promotion.
e-ISBN PDF 978-3-16-155164-2 ISBN 978-3-16-155122-2 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2017 Mohr Siebeck, Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.
Vorwort Diese Arbeit wurde im Sommersemester 2016 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena als Dissertation angenommen. Sie entstand während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht, Internationales Privat- und Prozessrecht, Europäisches Privatrecht und Rechtsvergleichung (Professorin Dr. Giesela Rühl). Die berücksichtigte Literatur befindet sich auf dem Stand von Anfang Oktober 2016. Vornehmlich danke ich meiner überaus geschätzten Doktormutter, Frau Professorin Dr. Giesela Rühl, die mich schon zu Studienzeiten für das Internationale Privatrecht begeistert hat. Insbesondere danke ich ihr für die anregenden Gespräche, für ihre wertvollen Impulse und dafür, dass sie mir trotz der Einbindung in interessante Lehrstuhlprojekte genügend Freiräume ließ, damit ich mein Dissertationsvorhaben zügig abschließen konnte. Schließlich hat sie das Erstgutachten innerhalb weniger Wochen erstellt, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Bei Herrn Professor Dr. Walter Bayer bedanke ich mich für die sehr rasche Erstellung des Zweitgutachtens sowie dafür, dass er bereits im Studium mein Interesse am Gesellschaftsrecht, neben Vorlesungen auch durch spannende Veranstaltungen außerhalb des klassischen juristischen Curriculums, geweckt hat. Ferner danke ich dem Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg für die Möglichkeit, unter hervorragenden Bedingungen als Gast einen Monat zu forschen, sowie Herrn Professor Dr. Dr. h.c. mult. Jürgen Basedow für die Aufnahme in diese Schriftenreihe. Von ganzem Herzen bedanke ich mich zudem bei meiner Familie und meinen Freunden. Sie haben mich – jeder auf seine Weise – stets unterstützt und für eine unvergessliche Zeit gesorgt. Meine Eltern danke ich für ihre stetige Unterstützung während meines gesamten Studiums, insbesondere auch meines Auslandsaufenthaltes, und der Anfertigung meiner Dissertation. Der allergrößte Dank gilt meinem Freund, Dr. Philipp Scholz. Er hat nicht nur mit seiner erfrischenden Diskussionsbereitschaft einen unverzichtbaren Beitrag für das Gelingen der vorliegenden Arbeit geleistet, sondern gerade auch mit seinem bedingungslosen Rückhalt, seinem unermesslichen Verständnis und seiner Liebe
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Vorwort
stets dafür gesorgt, dass ich keinen Tag die Überzeugung und Freude verloren habe. Hamburg, im Oktober 2016
Jacqueline Päßler
Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. IX
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. XXI
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 1
B. Der Normzweck des Gebots zur Führung des Rechtsformzusatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes nach materiellem deutschen Recht . . . . . .
. 21
D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze . . .
. 97
E. Vereinbarkeit mit der Niederlassungsfreiheit bei der Anwendung der Vertreterhaftung auf europäische Auslandsgesellschaften . . . . 151 F. Gesamtfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 163
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Entscheidungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 187
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXI A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
B. Der Normzweck des Gebots zur Führung des Rechtsformzusatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 I. Gesellschaft mit beschränkter Haftung . . . . . . . . . . . . . . . 8 II. Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) . . . . . . . . . . 10 III. Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 IV. Europäische Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 V. Das Rechtsformgebot der Publizitätsrichtlinie . . . . . . . . . . . 16 VI. Internationale Regelungen des Rechtsformgebots . . . . . . . . . 17 VII. Das handelsrechtliche Rechtsformgebot für Kaufleute und Personenhandelsgesellschaften gemäß § 19 Abs. 1 HGB . . . . . . 18 VIII. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes nach materiellem deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I.
Rechtsprechungsgrundsätze zur Haftung bei reinen Inlandssachverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1. Weglassen des Rechtsformzusatzes . . . . . . . . . . . . . . . 22
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Inhaltsverzeichnis
a) Überblick über die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 aa) Vertragsschluss mit der Gesellschaft nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts . . 22 bb) Zusätzliche Haftung des die Rechtsform verschweigenden Stellvertreters . . . . . . . . . . . . . 22 cc) Rechtsdogmatische Anknüpfung der Vertreterhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 dd) Tatbestandsvoraussetzungen der Vertreterhaftung . . . 25 b) Zum Vertragsschluss mit der Gesellschaft über die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts . . . . . 25 aa) Die „Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts“ als Auslegungsregel . . . . . . . . . . . . . 26 bb) Zur Anwendung der Grundsätze auf den Vertragsschluss unter Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 (1) Unbeachtlichkeit der Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts für die Feststellung des Handelns „im fremden Namen“ . . 27 (2) Differenzierung zwischen der Feststellung des Handelns „im fremden Namen“ und der Frage, „in wessen Namen“ gehandelt wird . . . . . . . . . 28 (3) Kein Vertragsschluss mit der Gesellschaft nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts als Auslegungsregel . . . . . . . . . . . . 29 (4) Abgrenzung zur Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums und arglistiger Täuschung . . . . . . . . . . 31 (5) Nachteile für den Vertragspartner bei Verneinung eines Vertragsschlusses mit der Gesellschaft . . . . 32 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 c) Zur Haftung des Vertreters . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 aa) Keine „Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB“ . . . . 34 bb) Keine Rechtsscheinhaftung im eigentlichen Sinne . . . 36 cc) Analoge Anwendung von § 179 BGB . . . . . . . . . . 38 (1) Voraussetzungen für die Analogiebildung im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 (a) Gesetzeslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 (b) Lückenfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Inhaltsverzeichnis
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(2) Gesetzeslücke: Keine effektive Absicherung der Rechtsformgebote durch zivilrechtliche Haftungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 (a) Gebotsnormen zur Führung des Rechtsformzusatzes ohne Verstoßfolgennormen . . . . . . . 40 (b) Kein hinreichender Schutz durch allgemeinzivilrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . 41 (aa) Ansprüche gegen die Gesellschaft . . . . . 41 (bb) Haftung des Vertreters gemäß § 179 BGB (Vertreter ohne Vertretungsmacht) . . . . . 41 (cc) Haftung des Vertreters aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3 BGB (culpa in contrahendo) . . . . . . . . . . . 42 (dd) Haftung des Vertreters aus § 823 Abs. 2 BGB (Verstoß gegen Verbotsgesetz) . . . . . . . . . . . . . . . . 44 (ee) Haftung des Vertreters aus § 37 Abs. 2 Satz 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 (c) Zwischenfazit: Gesetzeslücke . . . . . . . . . . 44 (3) Lückenfüllung: Vertreterhaftung analog § 179 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 (a) Normzweck des § 179 BGB . . . . . . . . . . . 46 (b) Ähnlichkeit der Täuschung über die Vertretung einer Kapitalgesellschaft . . . . . . . 47 (c) Unbeachtlichkeit der Kumulativhaftung von Vertretenem und Vertreter . . . . . . . . . . . . 48 (d) Wertungsmäßige Kongruenz auf Rechtsfolgenseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 (e) Haftungsbegrenzung nach § 179 Abs. 2 BGB und Haftungsausschluss nach § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 d) Anwendungszweifel bei bloßem Weglassen des Rechtsformzusatzes wegen der nach § 19 Abs. 1 HGB gebotenen Firmenzusätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 aa) Veränderte Ausgangslage: Firmenzusätze für alle Kaufleute gemäß § 19 Abs. 1 HGB . . . . . . . . . . . . 53 bb) Fehlen eines „Rechtsformgebots“ für Nichtkaufleute als Anknüpfungstatsache des Vertrauens bei Weglassen des Rechtsformzusatzes . . . . . . . . . . . 54
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cc) Kein Firmenzusatz für nicht eingetragene Kaufleute? . . 56 dd) Wertung von § 1 HGB: Kaufmannseigenschaft auch ohne Firma und Handelsregistereintragung . . . . . . . 56 ee) Normative Absicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 ff) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 2. Verwendung eines falschen Rechtsformzusatzes . . . . . . . . 59 a) BGH, Urteil vom 12.06.2012: Vertreterhaftung auch bei Auftreten für eine Unternehmergesellschaft unter Verwendung des GmbH-Zusatzes . . . . . . . . . . . . . . 60 aa) Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 bb) Die Argumentation des BGH und offengelassene Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 (1) Normzweck des Rechtsformgebotes der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) gemäß § 5a Abs. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . 61 (2) Unbeachtlichkeit einer fehlenden Garantie für das Nochvorhandensein des Stammkapitals bei Vertragsschluss mit einer GmbH . . . . . . . . . . 61 (3) Unbeachtlichkeit des Hinweises auf die „beschränkte Haftung“ durch die Verwendung des GmbH-Zusatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (4) Unbeachtlichkeit des zusätzlichen Zusatzes „u.G.“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (5) Keine Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft . . . 62 (6) Keine Entscheidung über eine Begrenzung des Haftungsumfangs auf die Stammkapitaldifferenz zum Mindeststammkapital der GmbH . . . . . . . . 63 b) Zur Übertragung der Vertreterhaftung analog § 179 BGB auf die Vertretung einer Unternehmergesellschaft unter Verwendung des GmbH-Zusatzes . . . . . . . . . . . . . . 63 aa) Kritische Rezeption im Schrifttum . . . . . . . . . . . 64 bb) Maßstab der Übertragbarkeit: normative Vergleichbarkeit mit dem Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 cc) Vergleichbarkeit des Rechtsverstoßes . . . . . . . . . . 65 dd) Vergleichbarkeit des Rechtsscheins . . . . . . . . . . . 66 (1) Grundsätzliche Vergleichbarkeit . . . . . . . . . . . 66
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(2) Keine durchgreifenden Bedenken wegen Vertretung einer Gesellschaft „mit beschränkter Haftung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (a) Unbeachtlichkeit der Ausgestaltung der Unternehmergesellschaft als Rechtsformvariante der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . 68 (b) Unbeachtlichkeit der Offenbarung der „beschränkten Haftung“ bei Vertretung als GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (c) Unbeachtlichkeit der Möglichkeit des Stammkapitalverbrauchs in der GmbH . . . . . 70 (3) Unbeachtlichkeit fehlender Vertreter- und Gesellschafterhaftung bei der GmbH . . . . . . . . 71 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 ee) Zum Haftungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 (1) Keine Beschränkung auf die Stammkapitaldifferenz zu 25.000 Euro . . . . . . . . . . . . . . . 72 (a) Grundsätzliche Bedenken gegen eine Haftungsbeschränkung mit Blick auf die Rechtsgrundlage der Vertreterhaftung . . . . . . 72 (b) Keine Beschränkung gegenüber dem einzelnen Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . 72 (c) Keine Beschränkung gegenüber der Gläubigergesamtheit . . . . . . . . . . . . . . . 73 (d) Generelle Unbeachtlichkeit der tatsächlichen Stammkapitaldifferenz . . . . . . . . . . . . . . 74 (2) Außenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 ff) Zwischenergebnis: Übertragbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze auf die Vertretung einer Unternehmergesellschaft unter Verwendung des GmbH-Zusatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 c) Übertragbarkeit der Vertreterhaftung analog § 179 BGB auf die grundsätzliche Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 aa) Verwendung eines einer anderen Gesellschaftsform vorbehaltenen Rechtsformzusatzes . . . . . . . . . . . . 77 (1) Anmaßung einer Rechtsform mit höherem Stammkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 (2) Anmaßung einer Rechtsform mit geringerem Stammkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
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bb) Verwendung eines generell unzulässigen Rechtsformzusatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 d) Ergebnis: Übertragbarkeit der Rechtsprechungsregeln bei Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes . . . . . 79 II. Übertragbarkeit der Rechtsprechung auf Auslandsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 1. Motive für das Auftreten von Auslandsgesellschaften unter falscher Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. Vorhandene Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 a) OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.04.2004 . . . . . . . . . . . 82 b) OLG Köln, Urteil vom 04.02.2005 . . . . . . . . . . . . . . 82 c) BGH, Urteil vom 05.02.2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 d) OLG Schleswig, Urteil vom 24.10.2008 . . . . . . . . . . . 83 e) OLG Rostock, Urteil vom 05.10.2010 . . . . . . . . . . . . . 84 f) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 aa) Klare Konturierung der Vertreterhaftung bei Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes . . . . . 84 bb) Keine Rechtsprechung zur Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes . . . . . . . . . . . . . 85 3. Meinungsstand im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 4. Übertragung im Wege der Substitution . . . . . . . . . . . . . 86 a) Grundsätzliche Anforderungen an die Substitution . . . . . 87 b) Vertreterhaftung bei Verschweigen der Rechtsform . . . . . 88 aa) Grundsätzliche Substituierbarkeit der Vertreterhaftung bei Weglassen des Rechtsformzusatzes . . . . 88 bb) Substitutierbarkeit von Gesellschaftsform und Rechtsformgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 c) Vertreterhaftung bei Anmaßung einer deutschen Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 d) Über das ausländische Rechtsformgebot hinausgehende Anforderungen an die Offenbarung der Rechtsform . . . . . 90 aa) Kein inländisches Rechtsformgebot für ausländische Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 bb) Aber: Erforderlichkeit der Angaben zu Register und Satzungssitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 5. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 III. Fazit zu den Rechtsfolgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes nach materiellem deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 I.
Anwendbares Haftungsrecht bei Täuschung des Geschäftsgegners durch Verstöße gegen das Rechtsformgebot bei Vertragsabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 1. Methodische Vorfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 a) Funktional-teleologische Qualifikation . . . . . . . . . . . . 99 b) Gegenstand der Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . 101 2. Rechtsscheinanknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .102 a) Rechtsscheinanknüpfung in der Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 b) Art. 12 Abs. 3 EGBGB-E im Referentenentwurf für IntGesR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .104 c) Keine Rechtsscheinanknüpfung unter der Geltung der Rom-Verordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .105 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .107 3. Vollmachtsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .108 4. Verschulden bei Vertragsverhandlungen . . . . . . . . . . . .111 a) Eröffnung des Anwendungsbereichs von Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 aa) Konkretisierung durch Erwägungsgrund 30 Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .112 bb) Kein Ausschluss wegen Verletzung des Integritätsinteresses entsprechend Erwägungsgrund 30 Satz 4 Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .112 cc) Verletzung einer Offenlegungspflicht im Sinne von Erwägungsgrund 30 Satz 2 Rom II-VO . . . . . . . . .113 dd) Unmittelbarer Zusammenhang mit Verhandlungen vor Vertragsschluss im Sinne von Erwägungsgrund 30 Satz 3 Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . .114 (1) Erfordernis des unmittelbaren Zusammenhangs auch bei Verletzung einer Offenlegungspflicht im Sinne von Erwägungsgrund 30 Satz 2 Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .114 (2) Anforderungen an den unmittelbaren Zusammenhang mit Verhandlungen vor Vertragsschluss im Sinne von Erwägungsgrund 30 Satz 3 Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . 114
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(3) Offenlegung der Rechtsform durch den Stellvertreter einer Kapitalgesellschaft als unmittelbar verhandlungsbezogene Pflicht . . . . . 115 (a) Tatsächliche Verhandlungen über einen Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (b) Offenlegung des Rechtsformzusatzes als transaktionsbezogene Pflicht . . . . . . . . . . 115 (c) Verletzung vertragsbezogener Interessen . . . .116 ee) Unbeachtlichkeit des möglicherweise fehlenden Vertragsschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 ff) Unbeachtlichkeit der Haftung eines Dritten . . . . . . 116 gg) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Bestimmung des anwendbaren Rechts gemäß Art. 12 Abs. 1, Abs. 2 Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . 118 aa) Keine vertragsakzessorische Anknüpfung nach Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . .118 bb) Deliktsähnliche Anknüpfung nach Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .120 (1) System der Anknüpfung nach Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .120 (2) Ort des Schadenseintritts im Sinne von Art. 12 Abs. 2 lit. a) Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . 121 (a) Bestimmung des konkreten Schadens . . . . . 121 (b) Anknüpfung bei reinen Vermögensschäden . . 122 (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . .123 (3) Kein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne von Art. 12 Abs. 2 lit. b) Rom II-VO . . . .124 (4) Offensichtlich engere Verbindung zu dem Recht eines Staates im Sinne von Art. 12 Abs. 2 lit. c) Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .124 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 5. Gesellschaftsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .125 a) Grundsätze der Anknüpfung nach dem Gesellschaftsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .126 aa) Umfang des Gesellschaftsstatuts . . . . . . . . . . . .126 bb) Anwendbares Recht nach dem Gesellschaftsstatut . . .126 b) Keine gesellschaftsrechtliche Qualifikation der Vertreterhaftung wegen unterlassener Offenlegung der Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .129
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XVII
aa) Ausgangspunkt: Rechtsformgebot als Teil des Gesellschaftsstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 bb) Aber: Nicht alle Haftungstatbestände mit gesellschaftsrechtlichem Bezug als Gegenstand des Gesellschaftsstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 (1) Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 lit. d) Rom II-VO . . . . 129 (2) Sinn und Zweck eines einheitlichen Gesellschaftsstatuts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .130 (3) Binnenrechtsvergleich: Differenzierte Behandlung von Gebot und Verstoßfolgen im Immaterialgüterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .130 cc) Kein hinreichender Gesellschaftsbezug . . . . . . . . .131 (1) Vertreter als Adressat der gesellschaftsrechtlichen Gebotsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (2) Keine Anknüpfung an die Organstellung; keine Verletzung spezifischer Organpflichten . . . . . . .132 (3) Kein Rechtsverhältnis zur Gesellschaft . . . . . . .133 (4) Abtrennbarkeit ohne Anpassungsprobleme . . . . .133 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .134 6. Exkurs: Deliktische Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . .134 a) Ausgangspunkt: Allgemeines Deliktsstatut . . . . . . . . .135 b) Unlauterer Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .135 aa) Dogmatischer Gehalt von Art. 6 Rom II-VO: Wettbewerbsspezifische Konkretisierung des Erfolgsortes im Sinne von Art. 4 Rom II-VO . . . . . .136 bb) Bestimmung des Anwendungsbereichs von Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .137 (1) Keine Definition unlauteren Wettbewerbsverhaltens in der Rom II-Verordnung . . . . . . . .137 (2) Marktbezogenheit des Verhaltens als Grundvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 (3) Anlehnung an die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken . . . . . . . . . . . . . . . . . .141 (4) Spürbare Beeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . 142 cc) Keine Qualifikation der Vertreterhaftung als unlauteres Wettbewerbsverhalten . . . . . . . . . . . .143 (1) Firmenrechtliche Irreführung als grundsätzlich unlauteres Wettbewerbsverhalten . . . . . . . . . .143 (2) Fehlender Marktbezug der Vertreterhaftung . . . . 143 dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
XVIII
II.
Inhaltsverzeichnis
(1) Keine Anknüpfung gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .144 (2) Bestätigung der Anknüpfung als Verschulden bei Vertragsverhandlungen gemäß Art. 12 Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .145 (3) Hypothetische Anknüpfung: Anwendung inländischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . .145 7. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .146 Anwendbarkeit der im materiellen Recht entwickelten Anforderungen an die Offenlegung durch Auslandsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .147
E. Vereinbarkeit mit der Niederlassungsfreiheit bei der Anwendung der Vertreterhaftung auf europäische Auslandsgesellschaften . . . . . . . . . . . . .151 I.
Grundsätzliche Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .151 1. Bedenken gegen eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit auf gesellschaftsrechtliche Regelungen im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .151 2. Gründe gegen einen Vorbehalt der Niederlassungsfreiheit bei Anwendung nationalen Rechts gemäß dem europäischen Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .152 II. Das EuGH-Urteil vom 10.12.2015 – C-594/14 . . . . . . . . . . .153 III. Konsequenzen für die hiesige Betrachtung . . . . . . . . . . . . 154 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
F. Gesamtfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .157 Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .171 Entscheidungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .187 A. B.
Europäischer Gerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Deutsche Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 I. Bundesverfassungsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .187 II. Bundesgerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .187
Inhaltsverzeichnis
XIX
III. Bayerisches Oberstes Landesgericht . . . . . . . . . . . . . 188 IV. Oberlandesgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .188 V. Landgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .189
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .191
Abkürzungsverzeichnis a. A. andere Ansicht ABl. Amtsblatt Abs. Absatz Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch ADHGB AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung a. F. AG Aktiengesellschaft AktG Aktiengesetz Alt. Alternative Anh. Anhang Art. Artikel Aufl. Auflage B2C Business-to-Consumer Bayerisches Oberstes Landesgericht BayObLG BayObLGZ Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivil sachen BB Betriebs-Berater Bd. Band BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BReg Bundesregierung Brüssel I- Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über Verordnung die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen BT-Drucksache Bundestag-Drucksache B.V. Besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid (niederländische Gesellschaft mit beschränkter Haftung) BVerfG Bundesverfassungsgericht bzw. beziehungsweise Ch. Chapter culpa in contrahendo c.i.c. CNS Konsultations- oder Anhörungsverfahren COM Commission DB Der Betrieb DNotZ Deutsche Notar-Zeitschrift d. h. das heißt
XXII
Abkürzungsverzeichnis
DJT Deutscher Juristentag DRS Drucksache DStR Deutsches Steuerrecht Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht DZWiR ECFR European Company and Financial Law Review Ed. Edition EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Europäische Gemeinschaft EG EGV Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft (konsolidierte Fassung) Einl. Einleitung endg. endgültig et cetera etc. EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof EuInsVO Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren The European Legal Forum EuLF EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWiR Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht EWS Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht f./ff. folgende/folgenden FGPrax Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Fn. Fußnote FS Festschrift GbR Gesellschaft bürgerlichen Rechts GesR Gesellschaftsrecht GG Grundgesetz GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbHR GmbH-Rundschau Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht GPR GRUR Int Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil GWR Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht HandelsR Handelsrecht Hdb Handbuch HGB Handelsgesetzbuch HJ Halbjahr h.M. herrschende Meinung HRefG Handelsrechtsreformgesetz Hrsg. Herausgeber IHR Internationales Handelsrecht InsO Insolvenzordnung IntGesR Internationales Gesellschaftsrecht IPR Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts IPRax i. V. m. in Verbindung mit
Abkürzungsverzeichnis
XXIII
JA Juristische Arbeitsblätter JBl Juristische Blätter JIPLP Journal of Intellectual Property Law & Practice Journal of Private International Law J Priv Int L JR Juristische Rundschau Jura Juristische Ausbildung juris Praxiskommentar BGB juris-PK JuS Juristische Schulung JZ JuristenZeitung KG Kommanditgesellschaft KOM Kommission lit. littera LG Landgericht LMK Lindenmaier-Möhring – Kommentierte BGH-Rechtsprechung MDR Monatsschrift für Deutsches Recht MoMiG Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen MünchKomm Münchener Kommentar m. w. N. mit weiteren Nachweisen Neubearb. Neubearbeitung n. F. neue Fassung NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-Spezial Neue Juristische Wochenschrift-Spezial Nr. Nummer NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht NZI Neue Zeitschrift für Insolvenzrecht öAktG österreichisches Aktiengesetz österreichisches Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter öGmbHG Haftung Offene Handelsgesellschaft OHG ÖJZ Österreichische Juristen-Zeitung OLG Oberlandesgericht Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe PartGG Publizitäts-RL Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.09.2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht RegE Regierungsentwurf Riv. DIPP Rivista di diritto internazionale privato e processuale RIW Recht der Internationalen Wirtschaft Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rom I-VO Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) Rom II-VO Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II)
XXIV
Abkürzungsverzeichnis
Rn. Randnummer S. Seite S.à r.l. Società a responsabilità limitata (italienische Gesellschaft mit beschränkter Haftung) Schuldrechtsmo- Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts dernisierungsG SE Societas Europaea Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001
über SE-VO das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) SE-VOV Vorschlag einer Verordnung des Rates vom 30. Juni 1970 über das Statut für Europäische Aktiengesellschaften Slg. Sammlung sog. sogenannte SPE Societas Privata Europaea Sp. z o.o. Spółka z ograniczoną odpowiedzialnością (polnische Gesellschaft mit beschränkter Haftung) st. Rspr. ständige Rechtsprechung SUP Societas Unius Personae SUP-RL Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des (Vorschlag) Rates vom 9. April 2014 über Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter SZW Schweizerische Zeitschrift für Wirtschafts- und Finanzmarktrecht unter anderem / und andere u. a. UG Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) UGP-Richtlinie Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/ EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) UmwG Umwandlungsgesetz v. vom VersR Versicherungsrecht vgl. vergleiche WM Wertpapier-Mitteilungen WPg Wirtschaftsprüfung WRP Wettbewerb in Recht und Praxis WuB Wirtschafts- und Bankrecht Yale L.Y. Yale Law Journal YPIL Yearbook of Private International Law z. B. zum Beispiel ZBJV Zeitschrift des bernischen Juristenvereins ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZfRV Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht ZGR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht
Abkürzungsverzeichnis ZHR ZIP ZPO ZVglRWiss
XXV
Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessordnung vom 30. Januar 1877 in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft
A. Einleitung I. Problemaufriss Nichts setzt einen stärkeren Anreiz für sorgfältige – d. h. behutsamere und weniger risikoreiche – Vermögensverwaltung als die persönliche Haftung des Unternehmers.1 Kapitalgesellschaften ermöglichen es ihren Gesellschaftern hingegen, das Risiko des persönlichen Verlustes auf die von ihnen geleistete Einlage zu begrenzen. Diese Haftungsbeschränkung bringt erhebliche Risiken für die Gläubiger der Gesellschaft mit sich.2 Durch die Trennung von Gesellschaftsund Gesellschaftervermögen und den Ausschluss einer persönlichen Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft werden nicht nur die Gesellschaftsgläubiger vor dem Zugriff der Privatgläubiger der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen geschützt, sondern es wird gerade auch das Privatvermögen der Gesellschafter vor dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger abgeschirmt.3 Insofern wird das Risiko des Scheiterns der Unternehmung teilweise auf die Gesellschaftsgläubiger verschoben. Kapitalgesellschaften genießen daher im Rechtsverkehr nicht die gleiche Reputation wie ein persönlich haftender Unternehmer. Idealtypisch lassen sich die Gesellschaftsgläubiger dementsprechend das übernommene Risiko durch Abschläge beim Vertragsschluss mit einer Kapitalgesellschaft entgelten.4 Dies setzt für die Kapitalgesellschaften einen erheblichen Anreiz, ihre Rechtsform zu verschleiern. Das gilt umso mehr für den immer stärker zunehmenden grenzüberschreitenden Verkehr: Ist der potentielle Kontrahent mit einer ausländischen Rechtsform nicht vertraut, so steht zu befürchten, dass er ungeachtet der Wettbewerbsfähigkeit von Produkt und Unternehmen vom Vertragsschluss Abstand nimmt. Für grenzüberschreitend agierende Gesellschaften liegt es daher besonders nahe, 1 BGH, Urteil v. 03.02.1975 – II ZR 128/73, NJW 1975, 1166 (1167); Klein, NJW 2015, 3607 (3607). 2 BGH NJW 1975, 1166 (1167); Klein, NJW 2015, 3607 (3607). 3 Eidenmüller, RabelsZ 70 (2006), 474 (487); hierzu ausführlich Hansmann/Kraakman, Yale L.Y. 110 (2000), 387 (393–405). 4 Ausführlich Roth, ZGR 1986, 371 (374); Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 716.
2
A. Einleitung
ihre Rechtsform zu verbergen oder sich sogar als im jeweiligen Markt anerkannte Rechtsform auszugeben. Dabei sind in den letzten Jahren immer mehr europäische Auslandsgesellschaften auch in Deutschland tätig geworden, nachdem es ihnen durch die Rechtsprechung des EuGH zur europarechtlich verbürgten Niederlassungsfreiheit erleichtert wurde, sich am europäischen grenzüberschreitenden Rechtsverkehr zu beteiligen.5 Gerade wegen möglicherweise geringerer Anforderungen an die Arbeitnehmermitbestimmung6 und etwaiger steuerlicher Erleichterungen7 kann es beispielsweise für Kapitalgesellschaften attraktiv sein, sich nach ausländischem Recht zu gründen und gleichwohl am deutschen Markt aufzutreten. Der – ungeachtet fortbestehender Informationsdefizite – gesteigerten grenz überschreitenden Aktivität von Kapitalgesellschaften ist der Europäische Gesetzgeber noch nicht dadurch begegnet, dass er eine europäische Gesellschaftsform für kleine und mittelgroße Unternehmungen geschaffen hätte. Die bereits existierende Societas Europaea (SE) kommt wegen ihres hohen Mindeststammkapitals von 120.000 Euro vor allem für große Unternehmungen in Betracht. Auf die Schaffung der Societas Privata Europaea (SPE) hat man sich wegen Unstimmigkeiten hinsichtlich Mindeststammkapital und Mitbestimmung noch nicht einigen können. Zwar hatte das Europäische Parlament bereits am 10. März 2009 mit großer Mehrheit das Statut der Europäischen Privatgesellschaft befürwortet8 und auch Vorschläge der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Rates im Jahr 20089 sowie des Rates der Europäischen Union im Jahr 201110 sahen explizit vor, dass Gründung und Betrieb eines solchen Unternehmens im Binnenmarkt erleichtert werden sollten.11 Gleichwohl blieben die gesetzgeberischen Bemühungen erfolglos. Die Europäische Kom-
Siehe nur Rehm, LMK 243100 (2007). Weller, Europäische Rechtsformwahlfreiheit und Gesellschafterhaftung, 2004, S. 3. 7 Weller, Europäische Rechtsformwahlfreiheit und Gesellschafterhaftung, 2004, S. 3. 8 Fischer zu Cramburg, NZG 2009, 217 (217); Lehne, GmbHR 2009, R145 (R145); Philipp, EuZW 2009, 277 (277). 9 Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft, KOM(2008) 396 endg. 10 Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Europäische Privatgesellschaft – Politische Einigung 2011, 2008/0130 (CNS), 10611/11, DRS 84, SOC 432. 11 Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Privatgesellschaft, KOM(2008) 396 endg., S. 2; Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Europäische Privatgesellschaft – Politische Einigung 2011, 2008/0130 (CNS), 10611/11, DRS 84, SOC 432, S. 1. 5 6
I. Problemaufriss
3
mission hat den SPE-Verordnungsvorschlag vielmehr zwischenzeitlich wieder zurückgezogen.12 Auch die stattdessen ins Spiel gebrachte Societas Unius Personae (SUP)13 ist noch nicht beschlossene Sache14 und würde über die oben skizzierten Probleme im Umgang mit ausländischen Kapitalgesellschaften wohl auch nicht hinweghelfen. Denn im Gegensatz zur SPE ist die SUP nicht als autonome supranationale Rechtsform entworfen, sondern als eine Unterform der jeweiligen nationalen Privatgesellschaftsform – wie etwa der deutschen GmbH oder der englischen Limited – konzipiert, die sich lediglich bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen mit dem europäischen „SUP-Gütesiegel“ schmücken darf.15 Für die Fälle, in denen der Kontrahent einer ausländischen Kapitalgesellschaft bei Vertragsschluss über deren Rechtsform getäuscht wird, gibt es zwar auf den ersten Blick ein einschlägiges Judikat des BGH.16 Danach haftet der Vertreter der Gesellschaft gesamtschuldnerisch neben dieser. Dieses Urteil erging sogar zur Täuschung über die Rechtsform einer europäischen Auslandsgesellschaft17 und zudem im Nachgang zur Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit. Indes datiert diese Leitentscheidung, in welcher der BGH die Vertreterhaftung nach dem Rechtsscheinstatut anknüpfte, auf das Jahr 2007 und damit noch auf einen Zeitpunkt vor Vereinheitlichung des Internationalen Privatrechts der vertraglichen und außervertraglichen Schuldverhältnisse in der Europäischen Union durch die Rom I- und Rom II-Verordnung.
12 Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, COM(2014) 212 final, S. 3; zuvor schon angekündigt im Anhang zur Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT): Ergebnisse und Ausblick, COM(2013) 685 final. 10; dazu Bayer/Schmidt, BB 2014, 1219 (1219 f.); zu den Aussichten für eine „Wiederbelebung der SPE“ noch Hommelhoff/ Teichmann, GmbHR 2014, 177 (177 ff.). 13 Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, COM(2014) 212 final. 14 Vielmehr scheint eine Zustimmung des Europäischen Parlaments auch hierzu vor dem Scheitern zu stehen: Hommelhoff, ZIP 2016, Beilage zu Heft 22, 31 (31). 15 Bayer/Schmidt, BB 2014, 1219 (1222); Schmidt, GmbHR 2014, R129 (R129); Wicke, ZIP 2014, 1414 (1414); vgl. Drygala, EuZW 2014, 491 (491); vgl. Art. 6 Abs. 1 SUP-RL (Vorschlag). 16 BGH, Urteil v. 05.02.2007 – II ZR 84/05, NJW 2007, 1529 (1529 ff.). 17 Nämlich einer niederländischen „B.V.“.
4
A. Einleitung
Doch nicht nur deshalb muss die Rechtslage „derzeit als offen betrachtet werden“.18 Zu dem Mangel an Rechtsprechung kommt hinzu, dass sich auch im rechtswissenschaftlichen Schrifttum keine klare Antwort auf die Frage nach der kollisionsrechtlichen Anwendbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze finden lässt. Schlimmer noch: Bis dato fehlt es überhaupt an einer eingehenden Aus einandersetzung mit der Problematik. Ebenso mangelt es an einer monografischen Aufarbeitung der Konsequenzen einer Täuschung über die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft im Zuge eines Vertragsschlusses. All das führt zu erheblicher Rechtsunsicherheit über das anwendbare Recht und wird die Betroffenen in vielen Fällen davon abhalten, gegen derartige Täuschungen gerichtlich vorzugehen. Die skizzierten Rechtsprobleme bilden dementsprechend nicht nur bis heute einen weißen Fleck auf der Landkarte der wissenschaftlichen Aufbereitung von Fragestellungen an der Schnittstelle von Gesellschaftsrecht und Internationalem Privatrecht. Sie sind vor allem in ihren praktischen Auswirkungen nicht zu unterschätzen.
II. Gang der Untersuchung Ziel und Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist es daher, zu untersuchen, aufzuarbeiten und aufzuzeigen, wie das deutsche Zivilrecht auf Verschleierungen der Rechtsform durch ausländische Gesellschaften reagiert und ob diese Mechanismen nach Maßgabe des Internationalen Privatrechts – insbesondere bei europäischen Auslandsgesellschaften – auch zur Anwendung gelangen. Dabei gliedert sich die Arbeit wie folgt: Zunächst sind als Fundament der Arbeit die Normzwecke der verschiedenen in- und ausländischen Gebote zur Offenbarung der Rechtsform durch Führung eines Rechtsformzusatzes zu bestimmen (B.). Sodann sind die Folgen von Verstößen gegen das Rechtsformgebot im Zuge eines Vertragsschlusses nach materiellem deutschen Recht zu beleuchten (C.). Hierbei soll der Umgang mit Täuschungen über die Rechtsform ausländischer Gesellschaften Schritt für Schritt entwickelt werden: So ist ausgehend von den Fällen, in denen der Vertragspartner durch Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes über die Rechtsform inländischer Kapitalgesellschaften getäuscht wird, zunächst die Übertragung auf die Fälle des Firmierens deutscher Gesellschaften unter falscher Rechtsform zu prüfen. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse ist sodann zu untersuchen, ob die entwickelten Grundsätze Altmeppen/Ego, in: MünchKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, B. Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 557; in diesem Sinne auch Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 1 Rom II-VO Rn. 38. 18
II. Gang der Untersuchung
5
auch auf die unrichtige Verwendung des Rechtsformzusatzes durch Vertreter ausländischer Gesellschaften übertragbar sind. Im Anschluss daran setzt sich die Arbeit mit der kollisionsrechtlichen Anwendbarkeit der materiell-rechtlich entwickelten Haftungskonzeption auseinander (D.). Dabei ist insbesondere die Rechtsprechung aus dem Jahr 2007 und der von ihr beschrittene Weg einer Anknüpfung nach dem Rechtsscheinstatut auf ihre Fortgeltung unter der Rom Iund Rom II-Verordnung hin zu untersuchen. Darüber hinaus gilt es jedoch, zwischen Vollmachtsstatut, Gesellschaftsstatut, der Anknüpfung als Verschulden bei Vertragsverhandlung, dem allgemeinen Deliktsstatut und dem Statut für unlauteres Wettbewerbsverhalten abzugrenzen sowie zusätzlich zwischen der Anknüpfung der Anforderungen an die Offenbarung der Rechtsform und den Folgen von Verstößen gegen das Rechtsformgebot zu differenzieren. Schließlich soll im Zuge der kollisionsrechtlichen Betrachtung das nach Internationalem Privatrecht anwendbare Recht auch im Hinblick auf seine unionsrechtliche Unbedenklichkeit gegenüber europäischen Auslandsgesellschaften validiert werden (E.). Die Arbeit endet mit einem Gesamtfazit (F.) sowie der Zusammenfassung in Thesen (G.).
B. Der Normzweck des Gebots zur Führung des Rechtsformzusatzes Das Fundament der Arbeit bildet die Untersuchung des Normzwecks des Gebots, den Rechtsformzusatz zu führen. Denn sowohl die Begründung der Haftung für das Auftreten ohne den gebotenen Rechtsformzusatz nach deutschem Recht als auch deren kollisionsrechtliche Anknüpfung bedürfen eines ausführlichen Rekurses auf den Normzweck des Rechtsformgebots. Indes lässt sich schwerlich von dem Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes sprechen. Gebote zur Führung des Rechtsformzusatzes finden sich schließlich u. a. in § 4 Satz 1 und § 5a GmbHG, § 4 AktG, § 19 Abs. 1 und Abs. 2 HGB, Art. 11 I SEVO und Art. 5 lit. b der Publizitäts-RL. Außerdem adressieren die unterschiedlichen Gesellschaftsformen verschiedene Bedürfnisse des Rechtsverkehrs. Sie unterscheiden sich in ihren rechtlichen Strukturen und Gründungsvoraussetzungen. Das gilt insbesondere für die Personen(handels)gesellschaften auf der einen und die Kapitalgesellschaften auf der anderen Seite. Doch unterscheiden sich auch GmbH und Aktiengesellschaft in ihrer Grundkonzeption derart erheblich, dass rechtspolitisch schon länger über eine stärkere Anlehnung der GmbH an das Haftungsmodell der Kommanditgesellschaft nachgedacht wird.19 Dementsprechend erscheint es durchaus nicht fernliegend, dass den einzelgesetzlichen Pflichten zur Führung eines bestimmten Rechtsformzusatzes teilweise verschiedene Regelungsabsichten zugrunde liegen. Die einheitliche Ratio bzw. die verschiedenen Normzwecke der Rechtsformgebote herauszuarbeiten, ist Aufgabe des ersten Teils der Arbeit.
19 So wurde das KG-Modell bereits im Vorfeld des GmbHG 1892 diskutiert (vgl. nur Schubert, in: FS GmbH-Gesetz, 1992, S. 1 (6 ff.)). Auch der 67. Juristentag 2008 in Erfurt hatte sich im Kontext der Frage, ob sich eine stärkere Differenzierung zwischen börsen notierten und nichtbörsennotierten Gesellschaften empfiehlt, mit einer stärkeren Anlehnung an das Recht der KG beschäftigt (siehe nur Bayer, Gutachten E für den 67. DJT, 2008, S. E 118 f.). Heute wird die Diskussion um das KG-Modell vor allem im Kontext der Forderung nach einer grundlegenden Reform des seit dem MoMiG inkonsistenten GmbH-rechtlichen Kapitalschutzes geführt (Stichwort: „MoMiG II“, vgl. etwa Bayer, GmbHR 2010, 1289 (1295 ff.); zuvor auch schon Bayer, ZGR 2007, 220 (234 ff.)).
8
B. Der Normzweck des Gebots zur Führung des Rechtsformzusatzes
I. Gesellschaft mit beschränkter Haftung § 4 GmbHG statuiert für die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach dem GmbH-Gesetz die Pflicht, den Rechtsformzusatz „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ oder eine allgemein verständliche Abkürzung dieses Zusatzes (etwa GmbH) zu führen. Nach herrschender Meinung ist dieser obligatorische Rechtsformzusatz notwendig, um auf die rechtliche Gestaltung dieser Gesellschaftsform 20 hinzuweisen, weil sich dies aus dem allgemeinen Teil der Firma nicht ergibt.21 Der Rechtsformzusatz sichert demgemäß zugunsten potentieller Vertragspartner der Gesellschaft ein Mindestmaß an Information und Transparenz in Hinblick auf deren besondere rechtliche Verfassung.22 In diesem Sinne dient das Rechtsformgebot des § 4 GmbHG nach der heute ganz herrschenden Meinung vor allem dem Schutz des Rechtsverkehrs,23 weil der Rechtsformzusatz darauf aufmerksam mache, dass gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG nur die Gesellschaft haftet, nicht aber deren Gesellschafter persönlich.24 Dieses Verständnis entspricht auch der Rechtsprechung des BGH: Jaeger, in: Ziemons/Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, § 4 Rn. 20; Michalski, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 39; Heidinger, in: Heckschen/Heidinger, 3. Aufl. 2014, § 4 Rn. 19, 20; Mayer, in: MünchKomm, GmbHG, 1. Aufl. 2010, § 4 Rn. 11; Emmerich, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012, § 4 Rn. 51a; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 4 Rn. 25. 21 So Mayer, in: MünchKomm, GmbHG, 1. Aufl. 2010, § 4 Rn. 11; Michalski, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 39. Grund dafür ist das Aufgeben der Unterscheidung zwischen Personen- und Sachfirma seit dem Inkrafttreten des HRefG: Während man früher anhand des allgemeinen Firmenteils zumindest erkennen konnte, ob keine Kapitalgesellschaft vorliegt, ergibt sich dies heute nicht mehr allein aus der allgemeinen Firma. Zum Informationsdefizit auch Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 4 Rn. 25; in diesem Sinne auch Heinrich, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 4 Rn. 36; insofern weist die separat vom allgemeinen Firmenrecht geregelte Führung des Rechtsformzusatzes bei der GmbH auf dessen Verbindlichkeit hin, Kögel, BB 1998, 1645 (1646). 22 Heinrich, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 4 Rn. 4; Heidinger, in: Heckschen/Heidinger, 3. Aufl. 2014, § 4 Rn. 20. 23 Schubert, in: FS GmbH-Gesetz, 1992, S. 1 (12); Mayer, in: MünchKomm, GmbHG, 1. Aufl. 2010, § 4 Rn. 1, 11; Michalski, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 1, 39; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 4 Rn. 15; Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 4 Rn. 24; allgemein zum Rechtsformzusatz Ammon, DStR 1998, 1474 (1479); Kögel, BB 1998, 1645 (1645); vgl. auch Heidinger, in: Heckschen/ Heidinger, 3. Aufl. 2014, § 4 Rn. 16. 24 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 4 Rn. 25; Canaris, HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 6 IV Rn. 45; Heidinger, in: Heckschen/Heidinger, 3. Aufl. 2014, § 4 Rn. 19, 20; Jaeger, in: Ziemons/Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, § 4 Rn. 20; Mayer, in: MünchKomm, GmbHG, 1. Aufl. 2010, § 4 Rn. 11; Michalski, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 20
I. Gesellschaft mit beschränkter Haftung
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„Dieses Fehlen der persönlichen Einstandspflicht, die einen Kaufmann im allgemeinen in erhöhtem Maße zu einer vorsichtigen, die Belange der Gläubiger hinreichend berücksichtigenden Geschäftsführung veranlaßt, stellte den Gesetzgeber vor die Aufgabe, einerseits die ungenügende persönliche Kreditgrundlage nach Möglichkeit durch besondere Gläubigerschutzbestimmungen auszugleichen […], andererseits aber dafür zu sorgen, daß das Fehlen der persönlichen Haftung im Geschäftsverkehr in ausreichender Weise offengelegt wird.“25
Die Gesetzesmaterialien aus der Entstehungszeit der Norm bestätigen, dass dem Rechtsformzusatz bei der GmbH in erster Linie eine Warnfunktion in Hinblick auf die Haftungsverhältnisse zukommt. So heißt es schon in der Begründung des Gesetzesentwurfs zum GmbHG von 1892, dass es, „um Mißverständnissen hinsichtlich der Kreditgrundlage der Gesellschaft vorzubeugen, […] angezeigt [erscheint], die beschränkte Haftung der Theilnehmer für jeden, der mit der Gesellschaft in Verbindung tritt, schon in der Firma erkennbar zu machen.“26 Es sollte mit der GmbH eine haftungsbeschränkte Gesellschaftsform geschaffen werden, „welche bei ausreichendem Schutze des mit den Gesellschaften verkehrenden Publikums genügend Biegsamkeit besitzt, um für sehr verschiedene Verhältnisse und Zwecke und bei einem sehr verschiedenen Umfange des Mitgliederkreises Verwendung finden zu können.“27 Im Ergebnis lässt sich also konstatieren, dass der Rechtsformzusatz bei der GmbH in erster Linie dazu dient, die Gläubiger vor der Haftungsbeschränkung auf die Gesellschaft zu warnen.
2010, § 4 Rn. 39, 109; vgl. auch Schmidt, NJW 1998, 2161 (2168); Wellkamp, DB 1994, 869 (869); ein Durchgriff auf die Gesellschafter findet nur ganz ausnahmsweise statt, vgl. hierzu Westermann, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012, Einleitung Rn. 10 ff. 25 BGH, Urteil v. 18.03.1974 – II ZR 167/72, NJW 1974, 1191 (1193). 26 Begründung zum GmbHG-Entwurf 1892, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 8. Legislaturperiode, 1. Session 1890/92, 5. Anlageband, Drucksache Nr. 660, S. 3733. So ergibt sich auch aus dem Bericht der Kommission zum GmbHG-Entwurf 1892, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 8. Legislaturperiode, 1. Session 1890/92, 6. Anlageband, Drucksache Nr. 744, S. 4007, dass die „Bezeichnung ,mit beschränkter Haftung‘ die beschränkte Haftung der Gesellschafter erkennbar [...] macht und damit dem praktischen Bedürfnisse genügt sei“; die Kommentarliteratur aus dieser Epoche verliert hierzu gleichwohl kein Wort, vgl. hierzu etwa Staub, GmbHG, 1. Aufl. 1903, § 4 Rn. 4, sowie nach Bearbeiterwechsel Hachenburg, in: Staub, GmbHG, 4. Aufl. 1913, § 4 Rn. 6. 27 Begründung zum GmbHG-Entwurf 1892, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 8. Legislaturperiode, 1. Session 1890/92, 5. Anlageband, Drucksache Nr. 660, S. 3728.
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B. Der Normzweck des Gebots zur Führung des Rechtsformzusatzes
II. Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) § 5a Abs. 1 GmbHG sieht vor, dass die Unternehmergesellschaft – eine Ge sellschaft nach dem GmbHG, die mit einem Stammkapital von weniger als 25.000 Euro gegründet wird – die Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ führen muss. Dabei ist mit dem im Gesetz verwendeten Begriff der „Bezeichnung“ nach einhelliger Ansicht keine inhaltliche Unterscheidung zum „Rechtsformzusatz“ verbunden.28 Gleichzeitig zielt die Regelung darauf ab, es der Unternehmergesellschaft strikt zu verbieten, eine Abkürzung oder gar einen anderen Zusatz wie beispielsweise „GmbH haftungsbeschränkt“ zu führen.29 Dadurch soll sichergestellt werden, dass potentielle Kontrahenten die UG und deren rechtliche Verhältnisse30 zweifelsfrei an ihrem Namen erkennen können.31 Denn im Vergleich zur „klassischen“ GmbH,32 müssen die Gläubiger vor dem möglicherweise sehr geringen
28 Beschlussempfehlung
und Bericht des Rechtsausschusses MoMiG, BT-Drucksache 16/9737, S. 55; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 5a Rn. 3, 9; Schäfer, in: Bork/Schäfer, GmbHG, 3. Aufl. 2015, § 5a Rn. 4, 15; Westermann, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012, § 5a Rn. 14; vgl. Weber, BB 2009, 842 (843); Wicke, GmbHG, 3. Aufl. 2016, § 5a Rn. 6; Lutter/Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl. 2012, § 5a Rn. 56; Paura, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 5a Rn. 6; Miras, in: Ziemons/ Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, § 5a Rn. 6. 29 Paura, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 5a Rn. 29; Wicke, GmbHG, 3. Aufl. 2016, § 5a Rn. 6; Miras, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 5a Rn. 7; Begr. RegE MoMiG, BT-Drucksache 16/6140, S. 31. 30 So auch Heinrich, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 4 Rn. 7 sowie Wilhelm, DB 2007, 1510 (1513). 31 Nach Miras, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 5a Rn. 6 4 kann man von den Marktteilnehmern zwar erwarten, dass sie sich zumindest grob über die Einführung der neuen GmbH-Variante informieren, nicht aber, dass sie eine Unternehmergesellschaft in jeder maskierten Form erkennen; laut Goette, WPg 2008, 231 (236) ist es das Ziel, „den Gläubiger mit der Nase darauf [zu] stoßen [...], dass er es mit einem ,Habenichts‘ zu tun hat“; ebenso Miras, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 5a Rn. 51; Tamm, MDR 2010, 1025 (1028); Weber, BB 2009, 842 (844); von Transparenz sprechen auch Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 5a GmbHG Rn. 3 sowie Paura, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 5a Rn. 29; ähnlich Gegenäußerung zum Gesetzesentwurf BReg MoMiG, BT-Drucksache 16/6140, S. 75. 32 Zum Zweck der Abgrenzung der UG von der „klassischen“ GmbH Gesetzesentwurf BReg MoMiG, BT-Drucksache 16/6140, S. 31, 74; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 5a Rn. 9; Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 5a GmbHG Rn. 13.
II. Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
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Stammkapital33 gewarnt werden.34 Spiegelbildlich soll durch die präzise Vorgabe des Rechtsformzusatzes sichergestellt werden, dass der gebührende Abstand zum GmbH-Zusatz gewahrt und das Ansehen der GmbH im Rechtsverkehr nicht geschmälert wird.35 Der obligatorische Rechtsformzusatz der UG soll also den Rechtsverkehr davor warnen, dass die Gesellschaft keine „normale“ GmbH ist. Das heißt jedoch nicht, dass sich die Ratio des UG-Rechtsformgebots darin erschöpfte. Die zum GmbH-Zusatz angeführten Überlegungen beanspruchen hier vielmehr erst recht Geltung, da es der Rechtsverkehr hier nicht einmal mit einer „normalen“ GmbH zu tun bekommt. Dementsprechend dient auch der UG-Zusatz der Warnung potentieller Gläubiger, dass diese im Haftungsfall keine natürliche Person in Anspruch nehmen können. 33 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucksache 16/6140, S. 31; Paura, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 5a Rn. 1, 29; Schäfer, in: Bork/Schäfer, GmbHG, 1. Aufl. 2010, § 5a Rn. 16; Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 5a GmbHG Rn. 13; Rieder, in: MünchKomm, GmbHG, 1. Aufl. 2010, § 5a Rn. 14; Gehrlein, Der Konzern 2007, 771 (780); Weber, BB 2009, 842 (844); Wilhelm, DB 2007, 1510 (1512); Mayer, in: MünchKomm, GmbHG, 1. Aufl. 2010, § 4 Rn. 17; Miras, in: Ziemons/Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, § 5a Rn. 6; Miras, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 5a Rn. 7; Wicke, GmbHG, 3. Aufl. 2016, § 5a Rn. 1 spricht von der „Kehrseite“ der kennzeichnenden Firma für den geringen Kapitaleinsatz; teilweise wird sogar vertreten, der Rechtsformzusatz kompensiere das fehlende Mindestkapital, so Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 5a Rn. 5, 9; Rieder, in: MünchKomm, GmbHG, 1. Aufl. 2010, § 5a Rn. 1; Goette, WPg 2008, 231 (236); kritisch Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 5a GmbHG Rn. 2; nach Veil, GmbHR 2007, 1080 (1082) „vermag [die Publizität] keinen verlässlichen Beitrag zu einem wirksamen Gläubigerschutz zu leisten“. 34 Nach Tamm, MDR 2010, 1025 (1028) soll die Aufmerksamkeit der Gläubiger darauf gelenkt werden, dass es in ihrem Interesse liegt, andere Sicherheiten zur Flankierung ihrer Forderungen aufzutreiben; von einer „Warnfunktion“ sprechen Hecht, in: Gehrlein/Ekkenga/Simon, GmbHG, 1. Aufl. 2012, § 4 Rn. 18; Paura, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 5a Rn. 7; Schäfer, in: Bork/Schäfer, GmbHG, 1. Aufl. 2010, § 5a Rn. 16; Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 5a GmbHG Rn. 13; Schäfer/Hemberger, Ad Legendum 2014, 329 (330); Westermann, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012, § 5a Rn. 6, 14; Beck/Schaub, GmbHR 2012, 1331 (1332); Miras, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 5a Rn. 51, 64 spricht sogar von einer „deutlichen Warnfunktion“; ebenso Miras, GWR 2010, 14 (14); Miras, NZG 2012, 1095 (1096); nach Seibert, GmbHR 2007, 673 (675) ist der Rechtsformzusatz ein „Warnschild“; dem schließt sich Paura, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 5a Rn. 29 an; in diesem Sinne auch Tamm, MDR 2010, 1025 (1028), die vom „Warnschild“ spricht, „das die Gesellschaft mit der Firmierung ,um den Hals‘ trägt“; ähnlich auch Rieder, in: MünchKomm, GmbHG, 1. Aufl. 2010, § 5a Rn. 14 zum „Informationsmodell“ des Gesetzgebers. 35 Schäfer, in: Bork/Schäfer, GmbHG, 1. Aufl. 2010, § 5a Rn. 16; Begr. RegE MoMiG, BT-Drucksache 16/6140, S. 74; bezweifelnd, ob dies genügt, Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 5a Rn. 5.
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B. Der Normzweck des Gebots zur Führung des Rechtsformzusatzes
III. Aktiengesellschaft § 4 AktG statuiert die Pflicht der Aktiengesellschaft, die Bezeichnung „Aktiengesellschaft“ oder eine allgemein verständliche Abkürzung hierfür (etwa AG) in die Firma der Gesellschaft aufzunehmen. Auch bei der AG soll der Rechtsformzusatz nach allgemeiner Auffassung dem Schutz der Gläubiger der Gesellschaft dienen.36 Indem die Gesellschaft zur Offenlegung ihrer rechtlichen Verhältnisse gezwungen wird,37 werde der Rechtsverkehr davor gewarnt, dass keine natürliche Person haftet, sondern ausschließlich die Gesellschaft, beschränkt auf das Gesellschaftsvermögen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AktG).38 Diese mit der Ratio des GmbH-rechtlichen Rechtsformzusatzes korrespondierende Sichtweise entspricht auch der des historischen Gesetzgebers. Denn in den Gesetzesmaterialien zu § 20 HGB 1900 – der Vorgängernorm des heutigen § 4 AktG – heißt es, dass „nach dem Vorgange [...] des Gesetzes, betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, [...] die Aktiengesellschaft [...] sich in der Firma ausdrücklich als solche bezeichnen [muss].“39 Gegen eine dem GmbH-Zusatz entsprechende Warnfunktion könnte indessen das mit 50.000 Euro gemäß § 7 AktG im Vergleich deutlich höhere Mindest-
36 Drescher, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 4 Rn. 1; Solveen, in: Hölters, AktG, 2. Aufl. 2014, § 4 Rn. 1; Langhein, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 5; Lange, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 4 AktG Rn. 1. 37 Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. 2016, § 4 Rn. 1; Drescher, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 4 Rn. 1; Vedder, in: Grigoleit, AktG, 1. Aufl. 2013, § 4 Rn. 5; Heider, in: MünchKomm, AktG, 4. Aufl. 2016, § 4 Rn. 18; Lange, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 4 AktG Rn. 1; Solveen, in: Hölters, AktG, 2. Aufl. 2014, § 4 Rn. 1, 6; Langhein, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 1 spricht von „Rechtsform-Transparenz“; so auch Bydlinski, ZIP 1998, 1169 (1175), der die Bedeutung für die Rechtsklarheit betont; ähnlich Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, 3. Aufl. 2014, § 4 Rn. 7 sowie Dauner-Lieb, in: KölnKomm, AktG, 3. Aufl. 2010, § 4 Rn. 3. 38 Heider, in: MünchKomm, AktG, 4. Aufl. 2016, § 4 Rn. 18, 20; Vedder, in: Grigoleit, AktG, 1. Aufl. 2013, § 4 Rn. 5; Solveen, in: Hölters, AktG, 2. Aufl. 2014, § 4 Rn. 6; Lange, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 4 AktG Rn. 1; Dauner-Lieb, in: KölnKomm, AktG, 3. Aufl. 2010, § 4 Rn. 3; Canaris, HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 6 IV Rn. 45; in diesem Sinne auch Westermann, in: Bürgers/Körber, AktG, 3. Aufl. 2014, § 4 Rn. 7; K. Schmidt, ZIP 1997, 909 (915). 39 Hahn/Mugdan, Denkschrift zum Entwurf eines Handelsgesetzbuchs. Die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, Band 6 HGB, Neudruck der Ausgabe Berlin 1897, 1983, S. 217, Rn. 35; im ADHGB gab es noch keine vergleichbare Regelung, Art. 18 ADHGB sah lediglich vor, dass die Aktiengesellschaft sich einer Sachfirma bedienen muss, was nach Lutz, Protokolle, Band 1, 1958, S. 37 „zur Vermeidung von Täuschungen durch den Namen der Aktiengesellschaften deutlich ihr Wesen bezeichnet [...], welches darin bestehe, daß keine Person mit ihrem Vermögen, sondern nur das Aktienkapital hafte“.
IV. Europäische Aktiengesellschaft
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stammkapital der Aktiengesellschaft sprechen.40 Die AG ist jedoch als Gesellschaftsform für größere Unternehmungen mit entsprechend größerem Kapitalbedarf konzipiert,41 sodass sich die Situation für die Gläubiger der Gesellschaft mit derjenigen bei der GmbH vergleichen lässt.42 Außerdem bedeutet ein höheres Stammkapital freilich nur, dass am Anfang der Tätigkeit der Gesellschaft mehr Geld aufzubringen ist, nicht aber, dass dieses auch tatsächlich noch vorhanden ist, wenn die Gläubiger hierauf zugreifen wollen.43 Selbst wenn das Mindestkapital verfügbar wäre, sind 50.000 Euro für die geschäftlichen Risiken vieler Aktiengesellschaften außerdem zu gering.44 Daher macht das höhere Stammkapital der AG die Warnung vor der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung nicht obsolet. Im Ergebnis ist mithin in Übereinstimmung mit dem historischen Gesetzgeber und der herrschenden Auffassung im Schrifttum auch § 4 AktG eine Warnfunktion vor der beschränkten Haftung zu attestieren.
IV. Europäische Aktiengesellschaft Auch für die Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea, SE) ist das Führen des Rechtsformzusatzes gemäß Art. 11 Abs. 1 der SE-VO obligatorisch. Auch dieses Rechtsformgebot soll nach herrschender Auffassung dem Schutz 40 In praxi ist die Stammkapitalausstattung sogar regelmäßig noch höher, vgl. Eidenmüller/Engert, AG 2005, 97 (98, 101); Drescher, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 7 Rn. 1; Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl. 2010, § 7 Rn. 5; Heider, in: MünchKomm, AktG, 4. Aufl. 2016, § 7 Rn. 12, 13; Solveen, in: Hölters, AktG, 2. Aufl. 2014, § 7 Rn. 2; Brändel, in: Großkomm, AktG, 4. Aufl. 2004, § 7 Rn. 7; Eidenmüller/Grunewald/Noack, in: Lutter, Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, 1. Aufl. 2006, S. 17, 21 mit Fn. 16. 41 Nach Heider, in: MünchKomm, AktG, 4. Aufl. 2016, § 7 Rn. 7 ist diese Gesellschaftsform für große und mittelständische Unternehmen reserviert; vgl. auch Heider, in: MünchKomm, AktG, 4. Aufl. 2016, § 7 Rn. 10 sowie Fleischer, in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl. 2010, § 7 Rn. 1 zur Sperrfunktion gegenüber Klein- bzw. Kleinstunternehmen; vgl. auch Reichert, in: FS Gruson, 2009, S. 321 (322), der davon spricht, dass sich „[d]er Schwerpunkt des öffentlichen Interesses [auf] die großen Unternehmensgruppen [konzentriere]“. 42 So belegt eine Studie der Creditreform, Insolvenzen in Deutschland, 1. HJ 2013, S. 9, dass zwar von allen Rechtsformen prozentual sehr wenige Insolvenzen (0,7 %) solche von Aktiengesellschaften sind, gleichwohl ist die Insolvenzquote je 10.000 der jeweiligen Rechtsform bei der AG am höchsten und zahlenmäßig sind am meisten Aktiengesellschaften betroffen. 43 Vgl. Heider, in: MünchKomm, AktG, 4. Aufl. 2016, § 7 Rn. 8; Heider, in: MünchKomm, AktG, 4. Aufl. 2016, § 1 Rn. 93, 95. 44 Drescher, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 7 Rn. 1; Lange, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 7 AktG Rn. 1.
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B. Der Normzweck des Gebots zur Führung des Rechtsformzusatzes
des Rechtsverkehrs dienen, da es sicher stelle, dass die Gesellschaft ihre Rechtsform offenbare.45 Potentiellen Kontrahenten solle so vor Augen geführt werden, dass ihr Vertragspartner eine juristische Person ist und gerade keine natürliche Person haftet.46 Kurzum: Auch der Rechtsformzusatz der Europäischen Aktiengesellschaft soll eine Warnfunktion erfüllen. Dieses Ergebnis erscheint auf den ersten Blick überzeugend. Schließlich sind die Parallelen zwischen SE und Aktiengesellschaft groß. In diesem Sinne lässt sich auch – wie bei der AG47 – gegen die Annahme einer Warnfunktion des Rechtsformgebots nicht die Höhe des Mindeststammkapitals der SE anführen. Zwar beträgt dieses gemäß Art. 4 Abs. 2 SE-VO 120.000 Euro und soll damit – wenngleich die Vorentwürfe zur SE-Verordnung deutlich höhere Beträge vorsahen48 – den Eindruck einer ernsthaften und seriösen Unternehmung unterstreichen49. Indes korreliert das Mindestkapital auch bei der SE mit dem Umfang der geschäftlichen Betätigung. Denn die SE ist als Rechtsform für grenzüberschreitende Unternehmungen konzipiert,50 welche typischerweise einen größeren finanziellen Aufwand erfordern.51 Insofern macht das vergleichsweise hohe Mindeststammkapital – eben45 Begr.
des Rats der Europäischen Gemeinschaften, SE-VOV 1970, BT-Drucksache VI/1109, Art. 13, S. 11; Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 2010, Art. 11 SE-VO Rn. 2; Langhein, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar, 1. Aufl. 2008, Art. 11 SE-VO Rn. 1; Kiem, in: KölnKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, Art. 11 SE-VO Rn. 1; Schwarz, SE-VO, 1. Aufl. 2006, Art. 11 Rn. 1. 46 Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 2010, Art. 11 SE-VO Rn. 2; in diesem Sinne auch Langhein, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar, 1. Aufl. 2008, Art. 11 SE-VO Rn. 1; Schwarz, SE-VO, 1. Aufl. 2006, Art. 11 Rn. 1 sowie Kiem, in: KölnKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, Art. 11 SE-VO Rn. 1. 47 Siehe oben B. III. 48 Casper, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, Art. 4 SE-VO Rn. 2; Oechsler, in: MünchKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, Art. 4 SE-VO Rn. 2. Der Vorentwurf von Sanders hatte noch ein Mindestkapital von 1.000.000 Rechnungseinheiten vorgesehen; zum Entwurf von 1979/1975 vgl. Martens, in: Lutter, Die Europäische Aktiengesellschaft. Eine Stellungnahme zur Vorlage der Kommission an den Ministerrat der Europäischen Gemeinschaften über das Statut für Europäische Aktiengesellschaften vom 30. April 1975, 1978, S. 165 (168 f.). 49 Vgl. Oechsler, in: MünchKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, Art. 4 SE-VO Rn. 2. 50 Die SE ist eine supranationale Aktiengesellschaft, Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 5. Aufl. 2012, § 41 Rn. 10; das ergibt sich bereits aus der Gründungsvoraussetzung des Mehrstaatlichkeitserfordernisses gem. Art. 2 Abs. 1 SE-VO. 51 Eidenmüller/Engert/Hornuf, AG 2009, 845 (853), nach denen die Gesellschaftsform wegen der Mindestkapitaleinlage von 120.000 Euro nur für vergleichsweise große Unternehmen in Betracht kommt; nach Gutsche, Die Eignung der Europäischen Aktiengesellschaft für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland, 1994, S. 24 ist die SE als europäische Rechtsform für Großunternehmen konzipiert. Denn unabhängig davon, dass die SE auch als Gesellschaftsform für kleine und mittlere Unternehmen gewählt wird, so Lutter/Bayer/ J. Schmidt, EuropUR, 5. Aufl. 2012, § 41 Rn. 9, soll nach Erwägungsgrund 13 der SE-VO eine sinnvolle Unternehmensgröße mit einer hinreichenden Solidität gewährleistet werden.
IV. Europäische Aktiengesellschaft
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so wie bei der Aktiengesellschaft – die Warnung des Rechtsverkehrs vor der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung nicht überflüssig. Die Annahme einer Warnfunktion begegnet jedoch mit Blick auf Art. 11 Abs. 2 SE-VO Bedenken. Denn hiernach darf ausschließlich eine SE ihrer Firma den Zusatz „SE“ beifügen. Der Rechtsformzusatz ist mithin gleichsam für die Europäische Aktiengesellschaft „reserviert“.52 Dahinter steht die Überlegung, dass die Gesellschaftsstruktur der SE besser geeignet sei, grenzüberschreitende Unternehmungen zu handhaben,53 weshalb das positive Prestige der europäischen Gesellschaftsform der SE vorbehalten bleiben soll.54 Andere Gesellschaftsformen sollen den Rechtsverkehr hingegen nicht mit dem positiven Image der SE täuschen.55 Diese Tatsache lässt aber noch keinen Rückschluss auf die Haftungsverhältnisse der Europäischen Aktiengesellschaft zu; vielmehr ändert sie nichts daran, dass den Gläubigern keine natürliche Person haftet.56 Inso-
52 Casper, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, Art. 11 SE-VO Rn. 3; Schäfer, in: MünchKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, Art. 11 SE-VO Rn. 1; Kiem, in: KölnKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, Art. 11 SE-VO Rn. 15; vgl. auch Schwarz, SE-VO, 1. Aufl. 2006, Art. 11 Rn. 1, 18; Langhein, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar, 1. Aufl. 2008, Art. 11 SE-VO Rn. 8; Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 2010, Art. 11 SE-VO Rn. 7. 53 Schwarz, ZIP 2001, 1847 (1859); vgl. ebenso Erwägungsgrund 13 SE-VO, S. 1; ausführlich zum Vorteil der Entbehrlichkeit einer Entscheidung bzgl. der Anwendbarkeit eines bestimmten nationalen Rechts Hommelhoff/Teichmann, SZW 2002, 1 (2 f.); in diesem Sinne auch Eidenmüller/Engert/Hornuf, AG 2009, 845 (845); zur supranationalen Herkunft auch Grote, Das neue Statut der Europäischen Aktiengesellschaft zwischen europäischem und nationalem Recht, 1990, S. 126. 54 Ebenso Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 5. Aufl. 2012, § 41 Rn. 12; Eidenmüller/Engert/Hornuf, AG 2009, 845 (847); Langhein, in: Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar, 1. Aufl. 2008, Art. 11 SE-VO Rn. 1; Schröder, in: Manz/Mayer/Schröder, Europäische Aktiengesellschaft, 2. Aufl. 2010, Art. 11 SE-VO Rn. 2; Schwarz, SE-VO, 1. Aufl. 2006, Art. 11 Rn. 1; Hommelhoff/Teichmann, SZW 2002, 1 (3); Jannott/Frodermann, in: Hdb SE, 1. Aufl. 2005, Einleitung Rn. 7; Gutsche, Die Eignung der Europäischen Aktiengesellschaft für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland, 1994, S. 47; Kallmeyer, AG 1990, 103 (104); Schäfer/ Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 724; Reichert, in: FS Gruson, 2009, S. 321 (326); dies anerkennt auch Kiem, in: KölnKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, Art. 11 SE-VO Rn. 1, wenngleich er postuliert, dass „dieser Nebeneffekt nicht Hauptzweck der Norm“ sei; ausführlich zu den Vorteilen der Europäischen Aktiengesellschaft im Vergleich zur nationalen Aktiengesellschaft Schwarz, ZIP 2001, 1847 (1859 f.) sowie Eidenmüller/Engert/Hornuf, AG 2009, 845 (846 ff.). 55 In diesem Sinne wohl Kiem, in: KölnKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, Art. 11 SE-VO Rn. 1, nach dem „[...] die Verkehrskreise vor einer Verwendung des auf die Europäische Aktiengesellschaft hinweisenden Rechtsformzusatzes durch Gesellschaften anderer Rechtsform [geschützt werden]“. 56 So wohl auch Kiem, in: KölnKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, Art. 11 SE-VO Rn. 1, der
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B. Der Normzweck des Gebots zur Führung des Rechtsformzusatzes
fern dient der obligatorische Rechtsformzusatz auch bei der SE der Warnung des Rechtsverkehrs vor der Haftungsbeschränkung. In summa kommt dem Rechtsformzusatz damit auch bei der SE eine Warnfunktion bezüglich der auf das Stammkapital beschränkten Haftung zu, auch wenn dieser potentielle Kontrahenten der Gesellschaft zugleich auf das positive Image der Europäischen Aktiengesellschaft aufmerksam macht.
V. Das Rechtsformgebot der Publizitätsrichtlinie Die vorstehenden Überlegungen zu den Normzwecken der Rechtsformgebote werden mit Blick auf Art. 5 lit. b) der Publizitätsrichtlinie57 (Art. 4. Publizitätsrichtlinie a. F.58) bestätigt. Danach müssen Kapitalgesellschaften im Sinne von Art. 1 Publizitätsrichtlinie auf Briefen und Bestellscheinen u. a. die Rechtsform ihrer Gesellschaft angeben. Deutschland ist seiner Pflicht zur Umsetzung aus Art. 288 Abs. 3 AEUV nachgekommen, indem es § 80 Abs. 1 Satz 1 AktG für Aktiengesellschaften und § 35a Abs. 1 Satz 1 GmbHG für die GmbH geschaffen hat. Ziel der Richtlinie – und mithin auch der ins nationale Recht umgesetzten Normen – ist es, für Rechtssicherheit zwischen der Gesellschaft und möglichen Kontrahenten zu sorgen.59 Der europäische Gesetzgeber bezweckte, die wesentlichen rechtlichen Verhältnisse gegenüber dem Rechtsverkehr offenzulegen, weil Kapitalgesellschaften häufig grenzüberschreitend tätig werden60 und ihren Gläubigern lediglich mit dem Gesellschaftsvermögen haften61. Insofern bezweckt auch die Publizitätsrichtlinie, die Gläubiger der Kapitalgesellschaften vor deren auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung zu warnen. darauf hinweist, dass „dieser Nebeneffekt [der Marketingvorteil einer europäischen Rechtsform] nicht Hauptzweck der Norm“ sei. 57 Richtlinie 2009/101/EG vom 16.09.2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. EU L 258/11. 58 Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 09.03.1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. L 65/8. 59 Erwägungsgrund 10 Publizitäts-RL; so schon Erwägungsgrund 7 Publizitätsrichtlinie a. F.; ebenso Heckschen, in: Heckschen/Heidinger, 3. Aufl. 2014, § 1 Rn. 35. 60 Erwägungsgründe 1, 4 Publizitätsrichtlinie a. F.; so auch Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 5. Aufl. 2012, § 19 Rn. 9. 61 Erwägungsgrund 3 Publizitätsrichtlinie a. F.; so auch Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 5. Aufl. 2012, § 19 Rn. 9.
VI. Internationale Regelungen des Rechtsformgebots
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VI. Internationale Regelungen des Rechtsformgebots Auch außerhalb der Europäischen Union haben zahlreiche Rechtsordnungen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes für Kapitalgesellschaften gesetzlich statuiert. So findet sich ein solches Gebot in den Vereinigten Staaten beispielsweise in den Gesetzen der Bundesstaaten New York62 und Delaware63. Außerdem enthalten die nationalen Gesetze von China64, Kanada65, Indien66, Australien67, Südafrika68 und Brasilien51 entsprechende Regelungen. Insofern 62
Vgl. § 301 (a) (1) New York Business Corporation Law: „Except as otherwise provided in this chapter, the name of a domestic or foreign corporation: Shall contain the word ,corporation‘, ,incorporated‘ or ,limited‘, or an abbreviation of one of such words; or, in the case of a foreign corporation, it shall, for use in this state, add at the end of its name one of such words or an abbreviation thereof.“ 63 Vgl. § 102 (a) (1) Delaware Generals Corporation Law: „The certificate of incorporation shall set forth: The name of the corporation, which (i) shall contain 1 of the words ,association‘, ,company‘, ,corporation‘, ,club‘, ,foundation‘, ,fund‘, ,incorporated‘, ,institute‘, ,society‘, ,union‘, ,syndicate‘, or ,limited‘, (or abbreviations thereof, with or without punctuation), or words (or abbreviations thereof, with or without punctuation) of like import of foreign countries or jurisdictions (provided they are written in roman characters or letters); [...].“ 64 Vgl. Art. 8 Companies Law of the People’s Republic of China: „A company with limited liability incorporated according to this Law shall have the words ,company with limited liability‘ or ,limited company‘ indicated in its name. A company limited by shares incorporated according to this Law shall have the words ,company limited by shares‘ or ,company by shares‘ indicated in its name.“ 65 Vgl. Art. 10 (1) Canada Business Corporations Act: „The word or expression ,Limited‘, ,Limit‘, ,Incorporated‘, ,Incorporate‘, ,Corporation‘ or ,Société par actions de régime federal‘ or the corresponding abbreviation ,Ltd.‘, ,Ltée‘, ,Inc.‘, ,Corp.‘ or ,S.A.R.F.‘ shall be part, other than only in a figurative or descriptive sense, of the name of every corporation, but a corporation may use and be legally designated by either the full or the corresponding abbreviated form.“ sowie Art. 10 (6) Canada Business Corporations Act: „Subject to subsections (5) and 12 (1), a corporation may carry on business under or identify itself by a name other than its corporate name if that other name does not contain, other than in a figurative or descriptive sense, either the word or expression ,Limited‘, ,Limitée‘, ,Incorporated‘, ,Incorporée‘, ,Corporation‘ or ,Société par actions de régime fédéral‘ or the corresponding abbreviation.“ 66 Vgl. Sec. 5 (1) (a) Indian Companies Act 2013: „The memorandum of a company shall state – the name of the company with the last word ,Limited‘ in the case of a public limited company, or the last words ,Private Limited‘ in the case of a private limited company.“ 67 Vgl. Sec. 148 (2) Australian Corporations Act 2001: „A limited public company must have the word ,Limited‘ at the end of its name unless section 150 or 151 applies. A limited proprietary company must have the words ,Proprietary Limited‘ at the end of its name.“ 68 Vgl. Sec. 11 (3) (c) South Africa Companies Act 2008: „In addition to complying with the requirements of subsections (1) and (2) – […] a company name, irrespective of its form or language, must end with one of the following expressions, as appropriate for the category of the particular company: (i) The word ,Incorporated‘ or its abbreviation ,Inc.‘, in the case of a personal liability company. (ii) The expression ,Proprietary Limited‘ or its abbreviation,
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B. Der Normzweck des Gebots zur Führung des Rechtsformzusatzes
lässt sich im Rechtsformgebot jedenfalls bei Kapitalgesellschaften ein global gültiges Prinzip erblicken.
VII. Das handelsrechtliche Rechtsformgebot für Kaufleute und Personenhandelsgesellschaften gemäß § 19 Abs. 1 HGB § 19 Abs. 1 HGB statuiert seit Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes 1998 auch für Kaufleute und Personenhandelsgesellschaften die Pflicht, die Rechtsform in die Firma aufzunehmen. Damit soll nach der Regierungsbegründung dem Interesse des Rechtsverkehrs an der Ersichtlichkeit der Kaufmannseigenschaft und der Gesellschafts- und Haftungsverhältnisse bei Personenhandelsgesellschaften Rechnung getragen werden.70 Allerdings war sich der Gesetzgeber bei der Einführung dieses Rechtsformgebots sehr wohl darüber im Klaren, dass es bei Kaufleuten und Personenhandelsgesellschaften – im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften – eigentlich nichts gibt, vor dem gewarnt werden müsste.71 Denn hier haftet stets mindestens eine natürliche Person unbeschränkt, welche die Gläubiger unmittelbar und unbegrenzt in Anspruch nehmen können; die Haftung ist im Unterschied zu den Kapitalgesellschaften nicht auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt. In diesem Sinne zielt das handelsrechtliche Rechtsformgebot vor allem auf Transparenz um ihrer selbst willen sowie die klare praktische Grenzziehung zwischen den Firmen von Einzelkaufleuten und den Geschäfts- oder Etablissementsbezeichnungen von Kleingewerbetreibenden.72 Eine Warnfunktion kommt der Regelung des § 19 Abs. 1 HGB dagegen nicht zu. ,(Pty) Ltd.‘, in the case of a private company. (iii) The word ,Limited‘ or its abbreviation, ,Ltd.‘, in the case of a public company. (iv) The expression ,SOC Ltd.‘ in the case of a state-owned company. (v) The expression ,NPC‘, in the case of a non-profit company.“ 69 Vgl. Art. 3. Brazilian Corporations Law (Law no. 6.404 of December 15, 1976): „A corporation shall be designated by a corporate name accompanied by the expression ,compendia‘ or ,sociedade anônima‘, either in full or abbreviated. ,Compendia‘ may not be used at the end of a corporate name.“ 70 RegE HRefG, BT-Drucksache 13/8444, S. 54; in diesem Sinne auch Schlingloff, in: Oetker, HGB, 3. Aufl. 2013, § 19 Rn. 1; Heidinger, in: MünchKomm, HGB, 4. Aufl. 2016, § 19 Rn. 2; Ries, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl. 2014, § 19 Rn. 1, 34, 39; Zimmer, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2014, § 19 Rn. 1; der Rechtsformzusatz stellt zugleich ein notwendiges Korrelat für die Liberalisierung des Firmenrechts durch das HRefG dar, siehe statt aller Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 19 Rn. 1. 71 Vgl. die Diskussion um die Neufassung des § 19 Abs. 2 HGB: RegE HRefG, BT-Drucksache 13/8444, S. 56. 72 Vgl. RegE HRefG, BT-Drucksache 13/8444, S. 54.
VIII. Fazit
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Eine Ausnahme zu § 19 Abs. 1 HGB statuiert dagegen § 19 Abs. 2 HGB für Personenhandelsgesellschaften, in denen keine natürliche Person haftet.73 Diese müssen in ihrer Firma auf die beschränkte Haftung hinweisen, weil sie zwar kraft Rechtsform Personenhandelsgesellschaften sind, wegen der besonderen Haftungskonstellation jedoch den Kapitalgesellschaften ähneln.74 Denn ebenso wie bei Kapitalgesellschaften steht den Gläubigern hier nur eine limitierte Haftungsmasse zur Verfügung – nämlich das Gesellschaftsvermögen der an der Personenhandelsgesellschaft beteiligten Kapitalgesellschaft(en).75 An § 19 Abs. 2 HGB tritt die Warnfunktion als einheitliche Ratio der kapitalgesellschaftsrechtlichen Rechtsformgebote somit offen zu Tage.
VIII. Fazit Die Gebote zur Führung des Rechtsformzusatzes verfolgen bei allen Gesellschaftstypen – unabhängig davon ob Kapital- oder Personengesellschaft – das Ziel, dem Rechtsverkehr und insbesondere den Gläubigern der Gesellschaften die Gesellschafts- und Haftungsverhältnisse transparent zu machen. Bei Kapitalgesellschaften geht der Normzweck der Rechtsformgebote indes noch darüber hinaus: Angesichts der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung soll der Rechtsverkehr nicht nur informiert, sondern eben auch gewarnt werden, dass die zur Verfügung stehende Haftungsmasse a priori – bereits durch die rechtliche Gestaltung der Unternehmung – limitiert ist. Insofern lässt sich von einer im Grundsatz einheitlichen Ratio der kapitalgesellschaftsrechtlichen Rechtsformgebote sprechen. Mit dem Rechtsformzusatz der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) verfolgt der Gesetzgeber explizit das weitergehende Ziel, den Rechtsverkehr vor dem geringeren Stammkapital dieser Rechtsformvariante der GmbH zu warnen. Auch hierin lässt sich indes ein verallgemeinerungsfähiger Rechtsgedanke des deutschen Gesellschaftsrechts erkennen: Nicht nur die unterschiedliche Ausgestaltung der Organisationsverfassung von GmbH und AG, sondern allen voran das divergierende Mindest73 Ebenso K. Schmidt, NJW 1998, 2161 (2168), nach dem das Gesetz „immer noch zwischen der bloßen Rechtsformangabe und dem besonderen warnenden Firmenzusatz bei beschränkter Haftung [unterscheide]“; nach RegE HRefG, BT-Drucksache 13/8444, S. 56 muss die Haftungsbeschränkung immer nur dann zum Ausdruck gebracht werden, wenn bei Vorliegen einer mehrstöckigen Gesellschaft auf keiner Ebene ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. 74 Ebenso BGH NJW 1974, 1191 (1193); Ries, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl. 2014, § 19 Rn. 45. 75 RegE HRefG, BT-Drucksache 13/8444, S. 56.
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B. Der Normzweck des Gebots zur Führung des Rechtsformzusatzes
stammkapital beider Gesellschaftsformen gebietet auch hier eine unterschiedliche Firmierung. In diesem Sinne fügt sich auch Art. 11 Abs. 2 SE-VO in die kapitalgesellschaftsrechtliche Rechtsformsystematik ein, wonach der Rechtsformzusatz „SE“ explizit der Europäischen Aktiengesellschaft vorbehalten ist. Eine rechtsvergleichende Umschau hat schließlich gezeigt, dass das Gebot, einen die Haftungsbeschränkung kennzeichnenden Rechtsformzusatz zu führen, ein über die Grenzen Europas hinausgehendes allgemein gültiges Prinzip darstellt.
C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes nach materiellem deutschen Recht Das deutsche Recht statuiert zwar – wie soeben aufgezeigt – Rechtsformgebote für die unterschiedlichen Gesellschaftsformen. Indes fehlt es an speziellen zivilrechtlichen Verstoßfolgennormen, welche den Fall regeln, dass eine Kapitalgesellschaft am Rechtsverkehr teilnimmt, Verträge schließt und dabei der Pflicht zur Führung des Rechtsformzusatzes nicht nachkommt. Wie das Zivilrecht in diesen Situationen reagiert, soll im Folgenden untersucht werden. Den Ausgangspunkt sollen dabei aus rechtspraktischen Gesichtspunkten die von der Rechtsprechung entwickelten Vertragsschluss- und Haftungsgrundsätze bilden. Diese sind zunächst in Bezug auf Inlandssachverhalte bei Weglassen des gebotenen sowie bei Verwendung eines unzulässigen Rechtsformzusatzes auszuwerten und auf ihre Schlüssigkeit hin zu überprüfen. Im Anschluss ist sodann die Übertragbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze auf Auslandssachverhalte – d. h. das Auftreten ausländischer Gesellschaftsformen ohne den gebotenen Rechtsformzusatz – auszuloten.
I. Rechtsprechungsgrundsätze zur Haftung bei reinen Inlandssachverhalten Zunächst soll der Blick also auf die Rechtsprechung zu reinen Inlandssachverhalten geworfen werden. Hierbei ist der Fokus zunächst auf das Weglassen des Rechtsformzusatzes, also das Auftreten ohne irgendeinen Rechtsformzusatz, zu richten. Im Anschluss soll sodann untersucht werden, ob die zugrunde liegenden Wertungen auch auf Fälle übertragbar sind, in denen eine Gesellschaft unter einem falschen Rechtsformzusatz auftritt. Mit diesem Vorgehen wird der Rechtsprechungsentwicklung – soviel sei vorweggenommen – sowohl chronologisch als auch argumentativ Rechnung getragen.76
76 Vgl. BGH, Urteil v. 12.06.2012 – II ZR 256/11, NJW 2012, 2871 (2871 ff.), Rn. 9 –11 zur st. Rspr. hinsichtlich der Haftung wegen Weglassens des GmbH-Rechtsformzusatzes, Rn. 12 hinsichtlich der Übertragung auf Fälle des Weglassens des UG-Rechtsformzusatzes sowie Rn. 13 ff. hinsichtlich der Übertragung der Rechtsprechung auf Fälle des Führens eines falschen Rechtsformzusatzes.
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C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes
1. Weglassen des Rechtsformzusatzes a) Überblick über die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Der BGH hatte sich in der Vergangenheit mit verschiedenen Fällen zu beschäftigen, in denen ein Vertreter der Gesellschaft in deren Namen im Rechtsverkehr aufgetreten ist, Verträge jedoch ohne Angabe des obligatorischen Rechtsformzusatzes geschlossen hat. aa) Vertragsschluss mit der Gesellschaft nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts Die Beurteilung des BGH findet dabei ihren Ausgangspunkt in der Feststellung, dass durch das Zeichnen im Namen der Firma auch ohne Rechtsformzusatz hinreichend kenntlich gemacht werde, dass der Vertreter den Vertrag nicht für sich privat, sondern für das Unternehmen, dem er angehört, schließen will.77 Darauf aufbauend, nimmt der II. Zivilsenat in ständiger Rechtsprechung an, dass ungeachtet des Verschweigens der Rechtsform nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts ein Vertrag mit der Gesellschaft zustande komme.78 bb) Zusätzliche Haftung des die Rechtsform verschweigenden Stellvertreters Zusätzlich soll jedoch der den Formzusatz verschweigende Vertreter nach den Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung79 als Gesamtschuldner mit der Gesellschaft haften80. Bei der Begründung dieser Rechtsscheinhaftung beruft sich der BGH darauf, dass bei Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes der Eindruck erweckt werde, der Unternehmensträger sei eine mit ihrem Privatvermö77 BGH NJW 1974, 1191 (1191); BGH NJW 1975, 1166 (1166); BGH, Urteil v. 01.06.1981 – II ZR 1/81, NJW 1981, 2569 (2569); BGH, Urteil v. 15.01.1990 – II ZR 311/88, NJW 1990, 2678 (2678); BGH, Urteil v. 24.06.1991 – II ZR 293/90, NJW 1991, 2627 (2627). 78 Mit der Bezeichnung „Grundsatz über unternehmensbezogenes Handeln“ erstmals BGH NJW 1990, 2678 (2678); später ebenso BGH NJW 1991, 2627 (2627); BGH, Urteil v. 08.07.1996 – II ZR 258/95, NJW 1996, 2645 (2645); BGH NJW 2007, 1529 (1530, Rn. 12). 79 BGH NJW 1975, 1166 (1167); BGH, Urteil v. 03.02.1975 – II ZR 142/73, WM 1975, 742 (743); mit ausführlicher Begründung auch BGH NJW 1990, 2678 (2679); so auch für die Vor-GmbH BGH NJW 1996, 2645 (2645); in entsprechender Anwendung des § 4 GmbHG für die GmbH & Co. KG ebenso BGH, Urteil v. 08.05.1978 – II ZR 97/77, NJW 1978, 2030 (2030); vgl. auch BGH NJW 1974, 1191 (1192 f.), der zwar die Rechtsscheinhaftung schon anerkennt, diese mangels Erfüllung der Voraussetzungen gleichwohl ablehnt; für eine Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB auch BGH NJW 1991, 2627 (2628). 80 BGH NJW 1990, 2678 (2679); BGH NJW 1991, 2627 (2628); BGH NJW 2012, 2871 (2873, Rn. 24).
I. Rechtsprechungsgrundsätze zur Haftung bei reinen Inlandssachverhalten
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gen haftende natürliche Person und eben keine Kapitalgesellschaft.81 Derjenige, der einen solchen zurechenbaren Rechtsschein setze, müsse sich gegenüber einem gutgläubig Vertrauenden so behandeln lassen, als entspräche dieser Schein der Wirklichkeit.82 Dabei argumentiert der Senat, dass potentielle Kontrahenten der Gesellschaft über die Haftungsbeschränkung in Kenntnis zu setzen seien, weil für diese eine über das Gesellschaftsvermögen hinausgehende Haftungsmasse relevant sein könne oder sie angesichts der Haftung einer natürlichen Person für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft von einer bedachtsameren und weniger risikoreichen Leitung des Unternehmens ausgehen könnten.83 cc) Rechtsdogmatische Anknüpfung der Vertreterhaftung Während der BGH seine Entscheidungen anfangs allgemein damit begründet hatte, dass der ohne den Rechtsformzusatz auftretende Vertreter einen Rechtsscheintatbestand verwirkliche,84 rekurrierte er in späteren Urteilen häufig auf den Rechtsgedanken des § 179 BGB85. Eine klare Entwicklung der Rechtsprechung ist dabei gleichwohl nicht zu verzeichnen. So führte der II. Zivilsenat bereits in einem Urteil aus dem Jahre 1981 zur Begründung der Haftung aus, dass der Vertreter „ähnlich dem im § 179 BGB zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken“ dafür einstehen müsse, den Anschein erweckt zu haben, der Firmeninhaber sei eine natürliche Person und hafte unbeschränkt,86 nur um im folgenden Urteil die Vertreterhaftung wieder allein auf den Gedanken der Rechtsscheinhaftung – ohne Rückgriff auf § 179 BGB – zu stützen87. Im Jahre 81
BGH NJW 1975, 1166 (1167); BGH WM 1975, 742 (743); BGH NJW 1981, 2569 (2569); BGH NJW 1991, 2627 (2627 f.); BGH NJW 2007, 1529 (1530 f., Rn. 14, 17); BGH NJW 2012, 2871 (2871, Rn. 10); ebenso für die Vor-GmbH BGH NJW 1996, 2645 (2645) sowie für die GmbH & Co. KG BGH NJW 1978, 2030 (2030); vgl. hierzu grundlegend auch BGH NJW 1974, 1191 (1192 f.), der eine Rechtsscheinhaftung jedoch ablehnte, weil die Verpflichtung bei der GmbH & Co. KG, den Rechtsformzusatz zwingend zu führen, nicht ohne Weiteres ersichtlich war und nicht davon ausgegangen werden konnte, der Rechtsverkehr werde dies berücksichtigen. 82 BGH NJW 1990, 2678 (2679); vgl. auch BGH NJW 1991, 2627 (2628) sowie BGH NJW 2012, 2871 (2871, Rn. 10). 83 BGH NJW 1975, 1166 (1167); BGH WM 1975, 742 (743). 84 BGH NJW 1974, 1191 (1192), der eine Rechtsscheinhaftung im Ergebnis aber mangels Erfüllung der Voraussetzungen noch abgelehnt hat; BGH NJW 1975, 1166 (1167); BGH WM 1975, 742 (743); BGH NJW 1978, 2030 (2030); BGH NJW 1990, 2678 (2679); BGH NJW 1996, 2645 (2645). 85 Erstmals in BGH NJW 1981, 2569 (2570); später in analoger Anwendung BGH NJW 1991, 2627 (2628); BGH NJW 2007, 1529 (1530 f., Rn. 9, 14); BGH NJW 2012, 2871 (2871, Rn. 9). 86 BGH NJW 1981, 2569 (2570). 87 BGH NJW 1990, 2678 (2679).
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C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes
1991 führte er sodann die „entsprechend[e] Anwendung des § 179 BGB“ ins Feld,88 was in der Literatur als Zäsur in der Begründung der Haftung des Vertreters wahrgenommen wurde.89 Mit einer Ausnahme90 führte der II. Zivilsenat diese Rechtsprechung dann auch bis zur letzten Entscheidung aus dem Jahre 2012 fort.91 Doch spricht der BGH nunmehr von einer „Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB“ und zitiert hierfür auch frühere Urteile,92 in welchen er § 179 BGB gar nicht zur Haftungsbegründung herangezogen hatte. Der BGH geht mithin augenscheinlich davon aus, die „Rechtsscheinhaftung“ unterscheide sich nicht von der analogen Anwendung des § 179 BGB beziehungsweise der Heranziehung des hierin verkörperten Rechtsgedankens. Neben diesem Aspekt der Austauschbarkeit der Begründung fällt auf, dass sich der BGH bis dato nicht mit den Voraussetzungen einer Analogie zu § 179 BGB auseinandergesetzt hat. Das argumentative Fundament der Vertreterhaftung ist somit zwar gefestigt, aber vergleichsweise dünn – die Haftungskonzeption des BGH dementsprechend umstritten.93 88
BGH NJW 1991, 2627 (2628). Canaris, NJW 1991, 2628 (2628), der die Bedeutung des Urteils in erster Linie in der klaren Verknüpfung der „Rechtsscheinhaftung“ mit der Analogie zu § 179 BGB sieht. 90 BGH NJW 1996, 2645 (2645). 91 Vgl. BGH NJW 2007, 1529 (1530 f., Rn. 9, 14, 17); BGH NJW 2012, 2871 (2871, Rn. 9); vgl. ebenso OLG Düsseldorf, Urteil v. 18.02.2011 – I-17 U 50/10, GmbHR 2011, 767 (769); LG Düsseldorf, Urteil v. 16.10.2013 – 9 O 434/12, GmbHR 2014, 33 (34). 92 BGH NJW 2007, 1529 (1530, Rn. 9); BGH NJW 2012, 2871 (2871). 93 Der Rechtsprechung folgend: Canaris, NJW 1991, 2628 (2627 ff.); Canaris, HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 6 IV Rn. 48; Derleder, in: FS Raisch, 1995, S. 25 (40 ff.); Heinrich, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 4 Rn. 39; Meckbach, NZG 2011, 968 (971); Miras, NZG 2012, 1095 (1096); Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 4 Rn. 27; Emmerich, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012, § 4 Rn. 54b; Fastrich, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 4 Rn. 15; Heidinger, in: MünchKomm, HGB, 4. Aufl. 2016, § 19 Rn. 35; Heidinger, in: Heckschen/Heidinger, 3. Aufl. 2014, § 4 Rn. 43; Jaeger, in: Ziemons/Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, § 4 Rn. 22; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 5a Rn. 57; Mayer, in: MünchKomm, GmbHG, 2. Aufl. 2015, § 4 Rn. 146c; Michalski, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 111; Miras, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 5a Rn. 55; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 4 Rn. 49; Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 5a GmbHG Rn. 15; SchmidtLeithoff, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl. 2013, § 4 Rn. 56; Wicke, GmbHG, 3. Aufl. 2016, § 4 Rn. 11. Kritisch gegenüber der Analogie zu § 179 BGB, im Ergebnis jedoch zustimmend Brinkmann, IPRax 2008, 30 (30 ff.); bzw. gegenüber der Einordnung als Rechtsscheinhaftung K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, S. 153 ff., § 4 VII 2; Oechsler, JA 2007, 650 (650 f.). Die Rechtsprechung ablehnend: Altmeppen, ZIP 2007, 889 (889 ff.); Alt meppen, NJW 2012, 2833 (2835); Beurskens, NZG 2016, 681 (681 ff.); Beuthien, GmbHR 2013, 1 (9); Haas, NJW 1997, 2854 (2854 ff.); Heinrich, BB 1975, 760 (760 f.); Klein, NJW 2015, 3607 (3607 ff.); Römermann, GmbHR 2007, 595 (593 ff.); Schanze, NZG 2007, 533 (533 ff.). 89 So
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dd) Tatbestandsvoraussetzungen der Vertreterhaftung Tatbestand und Rechtsfolgen dieser Vertreterhaftung sind gleichwohl mittlerweile klar konturiert: Die Haftung trifft (nur) denjenigen Vertreter, der auch selbst rechtsgeschäftlich handelt.94 Dies kann neben dem Geschäftsführer auch jeder andere Vertreter – beispielsweise ein Prokurist oder ein Handlungsbevollmächtigter – sein.95 Wie im originären Anwendungsbereich des § 179 BGB sowie der allgemeinen Rechtsscheinhaftung handelt es sich um eine Haftung, die kein Verschulden voraussetzt.96 Auch steht im Regelfall der an sich ordnungsgemäßen Firmierung der Gesellschaft die positive Publizität des Handelsregisters (§ 15 Abs. 2 HGB) der Vertreterhaftung nicht entgegen, da der mit dem in die Firma aufzunehmenden Rechtsformzusatz verfolgte Zweck, die Haftungsbeschränkung ohne Einsichtnahme in das Handelsregister erkennbar werden zu lassen, insoweit Vorrang genieße.97 Allerdings setzt die Haftung voraus, dass der Geschäftsgegner – was vermutet wird – die wahren Verhältnisse weder gekannt hat noch kennen musste und dass weiterhin die Tatsache, dass der Firma kein die Kapitalgesellschaft ausweisender Zusatz angefügt war, für seine Entschließungen auch ursächlich gewesen ist.98 Zudem soll die Haftung bei bloß mündlichen Geschäftsabschlüssen grundsätzlich keinen Platz greifen, vielmehr regelmäßig ein Zeichnen ohne Rechtsformzusatz voraussetzen.99 b) Zum Vertragsschluss mit der Gesellschaft über die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts Eine kritische Reflexion der Rechtsprechung des BGH zum Umgang mit der Situation des Vertragsschlusses unter Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes muss ihren Ausgangspunkt beim Vertragsschluss mit der Gesellschaft nehmen. Zur Erinnerung: Der II. Zivilsenat bejaht in ständiger Rechtsprechung in den Fällen, in denen der rechtsgeschäftliche Vertreter zwar im Namen der Gesellschaft, indes ohne den Rechtsformzusatz mit Dritten kontrahiert, unter Anwendung der Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts einen Vertragsschluss mit der Gesellschaft. Das ist prima vista jedenfalls nicht ganz 94 BGH NJW 1991, 2627 (2627); BGH NJW 1996, 2645 (2645); BGH NJW 2007, 1529 (1531, Rn. 14). 95 BGH NJW 1991, 2627 (2627). 96 BGH NJW 2007, 1529 (1531, Rn. 17). 97 BGH NJW 1978, 2030 (2030); ebenso BGH NJW 1981, 2569 (2569); BGH NJW 1990, 2678 (2679); BGH NJW 1981, 2569 (2569); BGH NJW 2012, 2871 (2871, Rn. 11). 98 BGH NJW 1975, 1166 (1168); BGH NJW 1981, 2569 (2570); BGH NJW 2012, 2871 (2873, Rn. 27); siehe auch BGH NJW 1990, 2678 (2679), wo der BGH auf seine vorigen Urteile verweist, indes den Ausschluss wegen fahrlässiger Unkenntnis nicht explizit anspricht. 99 BGH NJW 1981, 2569 (2570); BGH NJW 1996, 2645 (2645).
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C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes
selbstverständlich. Denn letztlich kommt so ein Vertrag mit einer Gesellschaft zustande, von deren Existenz der Vertragspartner bei Vertragsschluss nichts wusste. Daher soll zunächst ein genauer Blick auf die „Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts“ geworfen werden. aa) Die „Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts“ als Auslegungsregel Die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts sind eine Auslegungsregel, die von der Rechtsprechung entwickelt wurde und heute allgemein anerkannt ist.100 Gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB wirkt eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Dabei macht es nach § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder sich dies aus den Umständen ergibt. Dementsprechend ist es nicht erforderlich, dass der Vertretene ausdrücklich mit Namen bezeichnet wird.101 Davon ausgehend nimmt die Rechtsprechung an, der Wille der Beteiligten gehe im Zweifel dahin, dass nicht der Vertreter, sondern der Inhaber des Unternehmens, in dessen Tätigkeitsbereich das Rechtsgeschäft fällt, Vertragspartner werden soll, sofern sich aus den Umständen nicht etwas anderes ergibt.102 Diese Auslegungsmaxime basiert auf der Annahme, dass der Rechtsträger eines Unternehmens auf Grund der ihm gehörenden Betriebsmittel am ehesten in der Lage sein wird, einen Vertrag zu erfüllen, sodass dem Geschäftsgegner ein Interesse an der Verpflichtung des Unternehmensträgers
100 Vgl. st. Rspr., BGH NJW 1974,1191 (1191); BGH, Urteil v. 12.12.1983 – II ZR 238/82, ZIP 1984, 293 (294); BGH NJW 1990, 2678 (2678); BGH, Urteil v. 13.10.1994 – IX ZR 25/94, NJW 1995, 43 (44); BGH, Urteil v. 04.04.2000 – XI ZR 152/99, NJW 2000, 2984 (2985); BGH, Urteil v. 25.02.2016 – ZIP 2016, 682 (684); Bork, BGB AT, 4. Aufl. 2016, § 33 Rn. 1390; Dageförde, in: MünchKomm, VVG, 2. Aufl. 2016, § 43 Rn. 39; Klein, NJW 2015, 3607 (3609); Leuering/Nießen, NJW-Spezial 2007, 411 (411); Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2012, § 164 Rn. 23; vgl. auch K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, S. 142 ff., 146 (§ 4 VI 1, 2); K. Schmidt, JuS 1987, 425 (428); Bitter/Röder, BGB AT, 3. Aufl. 2016, § 10 Rn. 51, 53; Frensch, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, § 164 Rn. 33. 101 BGH NJW 2000, 2984 (2985); BGH, Urteil v. 16.03.2006 – III ZR 152/05, NJW 2006, 1971 (1972); Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2012, § 164 Rn. 18; Schilken, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 164 Rn. 5; Schäfer, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2016, § 164 Rn. 22; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 164 Rn. 1. 102 St. Rspr., zuletzt BGH, Urteil v. 31.07.2012 – X ZR 154/11, NJW 2012, 3368 (3369, Rn. 10); BGH, Teilurteil v. 18.12.2007 – X ZR 137/04, NJW 2008, 1214 (1214, Rn. 11) jeweils m. w. N.
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unterstellt werden kann.103 Demgemäß greift die Auslegungsregel, sofern der Unternehmensbezug klar erkennbar ist, auch dann, wenn der Vertreter nicht kenntlich macht, nicht im eigenen Namen zu kontrahieren.104 bb) Zur Anwendung der Grundsätze auf den Vertragsschluss unter Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes Ob die Gesellschaft in den oben geschilderten Fällen tatsächlich über die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts verpflichtet werden kann, wird im Schrifttum nicht diskutiert. Lediglich vereinzelt werden Bedenken erhoben, ohne diesen jedoch weiter nachzugehen.105 (1) Unbeachtlichkeit der Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts für die Feststellung des Handelns „im fremden Namen“ Richtig ist jedenfalls im Ausgangspunkt, dass der Vertreter, der zwar den Rechtsformzusatz unterschlägt, davon abgesehen jedoch explizit im Namen der Gesellschaft handelt, zumindest nicht den Eindruck erzeugt, den Vertrag für sich selbst schließen zu wollen. Dass der Wille des Geschäftspartners in dieser Situation dahin geht, den Firmeninhaber zu verpflichten, lässt sich nicht ernsthaft bezweifeln. Allerdings müssen die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts hierfür nicht herangezogen werden. Der Vertretene wird schließlich durch die angegebene – wenngleich objektiv unzureichende – Firma explizit bezeichnet. Auf die den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts zugrunde liegenden Wertungen, also die Frage, ob es für den Kontrahenten in 103
Vgl. BGH NJW 2012, 3368 (3369, Rn. 10). NJW 1974, 1191 (1191); BGH NJW 1990, 2678 (2678); OLG Köln, Urteil v. 27.08.1999 – 19 U 26/99, GmbHR 2000, 383 (384); Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2012, § 164 Rn. 23; Bork, BGB AT, 4. Aufl. 2016, § 33 Rn. 1390; Leuering/Nießen, NJW-Spezial 2007, 411 (411); in diesem Sinne auch Schmidt, JuS 1987, 425 (428), demzufolge es irrelevant ist, ob der Vertreter darauf hinweist, nicht Einzelkaufmann zu sein; Larenz/Wolf, BGB AT, 9. Aufl. 2004, § 46 Rn. 77; Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil des BGB, 11. Aufl. 2016, S. 402, Rn. 915 ff.; K. Schmidt, JuS 1987, 425 (428). 105 Exemplarisch Römermann, GmbHR 2012, 955 (956); siehe auch Schmidt-Leithoff, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl. 2013, § 4 Rn. 56, der davon spricht, dass „in der Regel“ die Gesellschaft über die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts verpflichtet werde; so wohl auch Ellenberger, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 164 Rn. 2. Nach Klein, NJW 2015, 3607 (3609) ist durch Auslegung über den Grundsatz des unternehmensbezogenen Geschäfts zu ermitteln, ob ein Vertrag mit der Gesellschaft zustande kommt oder nicht; nur in letzterem Fall komme eine Vertreterhaftung analog § 179 BGB in Betracht, was „wegen des Grundsatzes des unternehmensbezogenen Rechtsgeschäfts [...] jedoch in aller Regel nicht der Fall [ist]“. 104 BGH
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dieser Situation vernünftiger oder günstiger wäre, mit dem Firmeninhaber statt dem Vertreter zu kontrahieren, kann es damit nicht mehr ankommen. (2) Differenzierung zwischen der Feststellung des Handelns „im fremden Namen“ und der Frage, „in wessen Namen“ gehandelt wird Mit der Feststellung, dass der Vertreter im fremden Namen handelt, wenn er die Firma der Gesellschaft ohne Rechtsformzusatz als Vertragspartner nennt, ist das Problem jedoch nicht gelöst. Aus dem explizit hergestellten Unternehmensbezug folgt nämlich nicht zwangsläufig, dass die Identität des Unternehmensträgers unbeachtlich ist. Vielmehr muss differenziert werden, ob ein Vertreter eine Willenserklärung lediglich im fremden Namen abgibt und in wessen Namen er das tut. Das folgt aus dem Zweck des – in der Privatautonomie und letztlich in der Selbstbestimmungsfreiheit des Einzelnen wurzelnden106 – Offenkundigkeitsprinzips, wonach dem Erklärungsempfänger vor Augen zu führen ist, wer sein Vertragspartner wird107. Denn auch der Vertragsschluss im Wege der Stellvertretung wird vom Willen der Parteien bestimmt. Der Grundsatz, dass jeder die Freiheit besitzt, selbst darüber zu entscheiden, ob – und wenn ja mit wem – er Verträge schließt,108 gilt auch für die Stellvertretung.109 Folglich darf dem Vertragspartner auch im Wege der Stellvertretung kein ersichtlich unerwünschter Vertragspartner aufgedrängt werden.110 Legt man diese Grundsätze für die Beurteilung der Fälle zugrunde, in denen ein Vertreter für eine Gesellschaft ohne deren Rechtsformzusatz zeichnet, lässt sich schwerlich in Abrede stellen, dass der Geschäftsgegner gerade nicht davon ausgeht, mit einer Kapitalgesellschaft zu kontrahieren.111 Er nimmt vielmehr an, Singer, Selbstbestimmung und Verkehrsschutz im Recht der Willenserklärungen, 1995, S. 45; Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, 1999, S. 13; vgl. auch BVerfG, Beschluss v. 19.10.1993 – 1 BvR 567/89 u. a., NJW 1994, 36 (38); BVerfG, Beschluss v. 05.08.1994 – 1 BvR 1402/89, NJW 1994, 2749 (2750); Bork, BGB AT, 4. Aufl. 2016, § 2 Rn. 99. 107 Brox/Walker, BGB AT, 40. Aufl. 2016, § 24 Rn. 524; Bitter/Röder, BGB AT, 3. Aufl. 2016, § 10 Rn. 29; vgl. auch Bork, BGB AT, 4. Aufl. 2016, § 33 Rn. 1378. 108 Bork, BGB AT, 4. Aufl. 2016, § 2 Rn. 100; Bitter/Röder, BGB AT, 3. Aufl. 2016, § 2 Rn. 18. 109 OLG München, Urteil v. 07.06.2002 – 21 U 5500/01, juris, Rn. 41; Bitter/Röder, BGB AT, 3. Aufl. 2016, § 10 Rn. 29. 110 Bitter/Röder, BGB AT, 3. Aufl. 2016, § 10 Rn. 29; vgl. auch Lüderitz, JuS 1976, 765 (766), nach dem der positive Wille, gerade mit einem bestimmten vertretenen Unterneh mensinhaber zu kontrahieren, im Einzelfall ermittelt werden muss. 111 Vielmehr dürfen sich Unklarheiten hinsichtlich der Haftungsverhältnisse nicht negativ für vertrauende Dritte auswirken, K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, S. 147 (§ 4 VI 2 c); wenn man zudem wie K. Schmidt, JuS 1987, 425 (429) fordert, dass dem Geschäftspartner die 106
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die Firma identifiziere – als Name des Kaufmanns (§ 17 Abs. 1 HGB) – eine natürliche Person oder Personengesellschaft als Unternehmensträger.112 Wenn ihm stattdessen eine Kapitalgesellschaft mit lediglich ähnlicher Firma als Vertragspartner präsentiert wird, steht dies qualitativ auf einer Stufe mit der Annahme, dass bei der Vertretung einer explizit mit bürgerlichem Namen bezeichneten natürlichen Person der Vertrag mit einer anderen Person, deren Name ähnlich klingt, zustande kommen könnte. Das mag es zwar ausnahmsweise auch geben. Allerdings muss sich dann – wenn nicht ein Fall der „falsa demon stratio“ vorliegt – aus den Umständen (§ 164 Abs. 1 Satz 2 BGB) ergeben, dass der Vertretene nicht maßgeblich über seinen Namen identifiziert werden sollte. (3) Kein Vertragsschluss mit der Gesellschaft nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts als Auslegungsregel Die Grundsätze des unternehmensbezogenen Handelns helfen als bloße Auslegungsregel hierüber nicht hinweg.113 Eine Auslegungsregel darf nur im Zweifelsfall herangezogen werden, wenn der Wille der Vertragsparteien nicht eindeutig ermittelt werden kann.114 Zuvor ist indes gemäß §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln, wobei auch § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB heranzuziehen ist, wen der Vertreter konkret verpflichten wollte, wer also Vertretener sein soll.115 Der Vertragspartner muss sich nur dann an einem Vertrag mit einem ihm unbekannten Kontrahenten festhalten Identität des Unternehmensinhabers subjektiv gleichgültig sein muss, so scheidet eine Anwendung der Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts aus, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die beschränkte Haftung des Unternehmensinhabers für den Vertragspartner irrelevant ist. 112 Dazu noch unten C. I. 1. d). 113 Vgl. BGH, Urteil v. 28.01.1992 – XI ZR 149/91, NJW 1992, 1380 (1381): „keine Beweis-, sondern eine Auslegungsregel“; Beck, GmbHR 2014, 402 (402); Bork, BGB AT, 4. Aufl. 2016, § 33 Rn. 1392; Bitter/Röder, BGB AT, 3. Aufl. 2016, § 10 Rn. 53; Medicus/Petersen, Allgemeiner Teil des BGB, 11. Aufl. 2016, S. 402, Rn. 917; K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, S. 146 (§ 4 VI 2 b): „die Lehre vom unternehmensbezogenen Handeln ist keine eisern zu befolgende Doktrin, sondern nur eine Auslegungsregel“ (Hervorhebung im Original). 114 Larenz/Wolf, BGB AT, 9. Aufl. 2004, § 46 Rn. 21; vgl. auch K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, S. 143 f. (§ 4 VI 1 b), der bemerkt, dass Grundlage dieser Zurechnung der rechtsgeschäftliche Wille der Parteien ist und der Grundsatz des unternehmensbezogenen Geschäfts gerade nicht zwingend ist; außerdem weist auch Bork, BGB AT, 4. Aufl. 2016, § 33 Rn. 1394 darauf hin, dass sich aus den Umständen ergeben kann, dass diese Auslegungsregel nicht passt. 115 Bork, BGB AT, 4. Aufl. 2016, § 33 Rn. 1382; Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2012, § 164 Rn. 18; vgl. zur Erheblichkeit der Konkretisierung des Vertretenen auch Lüderitz, JuS 1976, 765 (766).
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lassen, wenn er dies in Kauf genommen hat.116 Auch dürfen Zweifel hinsichtlich der Identität des Unternehmensinhabers nicht zu Lasten des Vertragspartners gehen.117 Zeichnet der Vertreter im Namen der Firma, aber ohne den die Kapitalgesellschaft kennzeichnenden Rechtsformzusatz, ist der Vertretene aus der maßgeblichen Perspektive des Geschäftsgegners als Erklärungsempfänger klar und eindeutig bestimmt. Dass es den Vertretenen so möglicherweise gar nicht gibt, sondern lediglich eine Kapitalgesellschaft mit ähnlicher Firma, ändert daran nichts. Die Erklärung des Vertreters muss auch nicht zwingend irgendeiner tatsächlich existenten Person als Vertretenem zugerechnet werden. Das Risiko der fehlenden Vertretungsmacht trägt – auch für den Fall der Nichtexistenz des Vertretenen – gemäß § 179 BGB der Vertreter.118 Ein solcher Vertragsschluss lässt sich schließlich auch nicht darauf reduzieren, dass der Vertrag trotz der expliziten schriftlichen Bezeichnung des Vertragspartners mit dem „wahren Unternehmensinhaber“ – wer dieser auch sein und in welcher Rechtsform er auch immer verfasst sein mag – geschlossen werden sollte. Zum einen dient das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes im Kapitalgesellschaftsrecht gerade dazu, den anderen Vertragsteil davor zu warnen, dass auf der Gegenseite keine natürliche Person unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen haftet.119 Dem Geschäftsgegner kann also in der Regel nicht unterstellt werden, dass es ihm gleichgültig sei, ob sein Vertragspartner eine Kapitalgesellschaft oder eine natürliche Person ist. Zum anderen greift insofern das Argument nicht durch, der Rechtsträger eines Unternehmens werde auf Grund der ihm gehörenden Betriebsmittel am ehesten in der Lage sein, einen Vertrag zu erfüllen. Denn bei einer expliziten Bezeichnung und namentlichen Identifikation des (scheinbaren) Unternehmensträgers liegt dies dem Vertragsschluss zwar – gleichsam als Geschäftsgrundlage oder verkehrswesentliche Eigenschaft – zu Grunde. Der Vertragspartner wird in dieser Situation aber gerade nicht allein durch den Unternehmensbezug bestimmt, sondern konkret individualisiert. Da eine Auslegungsregel nur so lange Geltung beansprucht, wie die tatsächlichen Interessen das Ergebnis tragen, also nur typisiert und keine normative
Brox/Walker, BGB AT, 40. Aufl. 2016, § 24 Rn. 524. K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, S. 147 (§ 4 VI 2 c); K. Schmidt, JuS 1987, 425 (432 f.). 118 Siehe nur BGH, Urteil v. 2.2.2000 – VIII ZR 12/99, NJW 2000, 1407 (1408); Ellenberger, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 179 Rn. 2. 119 Siehe hierzu ausführlich oben B. VIII. 116 117
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Wirkung entfaltet,120 werden die Grenzen der Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts überschritten, wenn die Rechtsprechung unter Rekurs auf diese stets und ohne Weiteres in den hier interessierenden Fallkonstellationen das Zustandekommen eines Vertrages mit einer bei Vertragsabschluss noch unbekannten Kapitalgesellschaft annimmt. (4) Abgrenzung zur Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums und arglistiger Täuschung In der Literatur wird auch vorgetragen, der Vertragspartner habe unter Umständen die Möglichkeit, sich im Wege der Anfechtung gemäß § 119 Abs. 2 BGB – bzw. nach § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB, sofern der Vertreter arglistig handelte – von dem Vertrag zu lösen.121 Wenngleich diese Überlegungen nicht im Kontext des Vertragsschlusses angestellt werden, scheint damit doch ein alternativer Weg eröffnet, um dem wahren Willen des Kontrahenten Rechnung zu tragen. Tatsächlich mag es prima vista naheliegen, die „beschränkte Haftung“ selbst oder doch zumindest die Kreditwürdigkeit der Kapitalgesellschaft als verkehrswesentliche Eigenschaft der Person zu qualifizieren.122 Allerdings setzt ein Rekurs auf die §§ 119 ff. BGB einen zunächst einmal geschlossenen Vertrag voraus, wobei insofern auch keine Interdependenzen zwischen § 119 Abs. 2 BGB und den Anforderungen an den Vertragsschluss bestehen. Die Anfechtungsregeln greifen vielmehr erst auf zweiter Ebene. Sie in die Betrachtung einzubeziehen, ändert folglich nichts an den soeben angestellten Überlegungen zum Vertragsschluss. In den hier interessierenden Fällen greifen die Anfechtungsgründe der § 119 Abs. 2 BGB und § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB indes schon deshalb nicht durch, weil der Geschäftsgegner objektiv das von ihm Gewollte erklärt: Zur Anfechtungsfrage gelangte man nur, wenn man auf erster Ebene den objektiven erklärten Vertragsschluss mit einer natürlichen Person im Hinblick auf das unternehmensbezogene Geschäft nach dem Willen des Geschäftsgegners für unbeachtlich erklärte. Dann kann aber ebenjener Wille keinesfalls herangezogen werden, um zu begründen, dass der Vertragsschluss mit der Kapitalgesellschaft nicht 120 Vgl. K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, S. 147 (§ 4 VI 2 c), der darauf hinweist, dass es in erster Linie auf den Willen der Parteien ankomme. 121 So Stieper, NJW 2013, 2849 (2851), demzufolge dem Mangel an Selbstbestimmung dadurch Rechnung getragen wird, dass der Erklärende sich im Wege der Anfechtung vom Vertrag lösen kann; für die Fälle des Kontrahierens einer UG mit dem Rechtsformzusatz „GmbH“ auch Meckbach, NZG 2011, 968 (969), die davon ausgeht, dass neben dem Vertreter die Gesellschaft aus c.i.c. haftet; ebenso Römermann, GmbHR 2012, 955 (956) sowie Rieder, in: MünchKomm, GmbHG, 1. Aufl. 2010, § 5a Rn. 15. 122 Meckbach, NZG 2011, 968 (969).
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gewollt war. Unter der Prämisse des Vertragsschlusses nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts müsste eine Anfechtung also konsequenterweise ausscheiden. (5) Nachteile für den Vertragspartner bei Verneinung eines Vertragsschlusses mit der Gesellschaft In Ermangelung eines Vertragsschlusses mit der Gesellschaft läge eigentlich ein Fall der Vertretung einer nicht existierenden Person vor. Denn eine der vertraglichen Bezeichnung als Vertragspartner entsprechende natürliche Person oder Personengesellschaft ist als Unternehmensinhaber nicht vorhanden.123 In der Konsequenz müsste dann allein der Vertreter nach bzw. analog § 179 BGB als Vertreter ohne Vertretungsmacht haften.124 Doch wäre auch das nicht wirklich im Interesse des Geschäftsgegners. Denn das Unternehmen, mit dessen Inhaber er kontrahieren wollte, existiert ja tatsächlich. Dass dieser nicht wie erwartet rechtlich verfasst ist, wird sich daher regelmäßig nicht alsbald erschließen, was die Situation wesentlich von den sonstigen Fällen der Vertretung einer nicht existenten Person unterscheidet. Sonst dürfte dem Geschäftsgegner nämlich schon beim ersten Versuch der Durchführung des Vertrages klar werden, dass keine wirksame Stellvertretung vorgelegen hat. Ginge der Geschäftsgegner in Unkenntnis des fehlenden Vertragsschlusses in Vorleistung, so trüge er für den Rückforderungsanspruch – die Leistung erfolgte ja ohne Rechtsgrund – letztlich doch das Insolvenzrisiko der Kapitalgesellschaft. Zudem ändert die abweichende Verfassung des Unternehmensträgers nichts daran, dass sich dieser in Besitz des betrieblichen Kapitals befindet und daher möglicherweise doch besser geeignet ist, den Vertrag zu erfüllen. Umgekehrt garantiert die „beschränkte Haftung“ des Unternehmensträgers keine größere Solvenz des Vertreters. Der mangelnde Vertragsschluss mit der Kapitalgesellschaft schützt den Geschäftsgegner mithin in der Regel nicht vor der Durchführung des Vertrags und somit auch nicht vor der Übernahme des Insolvenzrisikos. 123 So auch Derleder, in: FS Raisch, 1995, S. 25 (43); vgl. auch Schilken, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 179 Rn. 22, der auf den Fall der Vertretung einer angeblichen OHG statt Einzelfirma verweist. 124 Allgemeine Meinung bei Vertretung nicht existenter Personen: BGH in st. Rspr., BGH, Urteil v. 08.07.1974 – II ZR 180/72, BGHZ 63, 45 (48 f.); BGH, Urteil v. 07.05.1984 – II ZR 276/83, NJW 1984, 2164 (2165); BGH, Urteil v. 20.10.1988 – VII ZR 219/87, NJW 1989, 894 (894); BGH, Urteil v. 12.11.2008 – VIII ZR 170/07, NJW 2009, 215 (215); Ellenberger, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 177 Rn. 3; Maier-Reimer, in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 179 Rn. 4; Schilken, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 179 Rn. 22; Schäfer, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2016, § 179 Rn. 17.
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cc) Fazit In summa begegnet die Lösung des BGH, die Gesellschaft über die Anwendung der Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts zum Vertragspartner zu machen, somit einigen Bedenken. Denn letztlich wird so der explizit objektiv erklärte Wille des Geschäftsgegners überspielt, ohne dass diesem regelmäßig ein entsprechender innerer Wille unterstellt werden kann. Das ergibt sich auch genau so aus der Rechtsprechung des BGH. Die flankierende Vertreterhaftung gründet nämlich letztlich auf der Einsicht, dass dem Geschäftsgegner die fehlerhafte Identifikation des Vertragspartners eben nicht gleichgültig ist und es ihm somit gerade nicht ausschließlich darauf ankommt, unter allen Umständen mit dem Unternehmensinhaber zu kontrahieren. In diesem Sinne hat sich auch gezeigt, dass für eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder Eigenschaftsirrtums unter der Prämisse des Vertragsschlusses mit der Gesellschaft kein Raum wäre, wenn man den objektiven Erklärungsgehalt beim Zeichnen (!) ohne Rechtsformzusatz unter Rekurs auf den angeblich unbedingten Willen, mit dem Unternehmensträger zu kontrahieren, überwinden wollte. Auf der anderen Seite ist nicht von der Hand zu weisen, dass dem Geschäftsgegner mit der Versagung des Vertragsschlusses mit der Kapitalgesellschaft oftmals nicht geholfen sein wird. Denn die wahre Identität des Unternehmensträgers wird sich in den Fällen der Täuschung über die Rechtsform regelmäßig erst offenbaren, wenn der Vollzug des Vertrages ins Stocken gerät. Ist der Geschäftsgegner da bereits in Vorleistung gegangen, hat er letztlich doch das Insolvenzrisiko der Gesellschaft zu schultern. Daher lässt sich bereits an dieser Stelle erahnen, dass die Verpflichtung der Gesellschaft in Verbindung mit einer gesamtschuldnerischen Haftung des über die Rechtsform täuschenden Vertreters unter rechtspraktischen Gesichtspunkten wohl überzeugt. Hierauf ist im Folgenden zurückzukommen. Für den Moment lässt sich jedoch festhalten, dass der schlichte Hinweis auf die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts die Verpflichtung der Gesellschaft als Vertragspartnerin nicht zu begründen vermag. c) Zur Haftung des Vertreters Das zweite – deutlich mehr beachtete und diskutierte – Standbein der Rechtsprechungsgrundsätze in den Fällen des Vertragsschlusses unter Verschweigen des Rechtsformzusatzes ist die Haftung des Vertreters der Gesellschaft, welche der BGH zunächst als Rechtsscheinhaftung herleitete, später in Analogie zu § 179 BGB begründete und mittlerweile als „Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB“ qualifiziert. Dabei handelt es sich auch um den weitaus bedeutsameren Aspekt der BGH-Rechtsprechung. Denn die Kapitalgesellschaft wird im prakti-
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C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes
schen Regelfall keine Zweifel am Vertragsschluss anmelden, während dem Geschäftsgegner die Täuschung über den Rechtsformzusatz erst offenbar wird, wenn die Gesellschaft als Schuldnerin ausfällt und daher auch keine Chance mehr auf Rückgewähr bereits erbrachter Leistungen besteht. Praktisch relevant wird damit regelmäßig allein die Haftung des für die Gesellschaft im Rechtsverkehr auftretenden Vertreters. Im Folgenden soll daher untersucht werden, ob die vom II. Zivilsenat entwickelte – und in der Literatur teils scharf kritisierte125 – Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB, auch und insbesondere im Zusammenspiel mit der Annahme eines wirksamen Vertragsschlusses mit der Gesellschaft, ein schlüssiges Haftungskonzept darstellt. aa) Keine „Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB“ In der Literatur wird die Annahme einer Vertreterhaftung nicht nur im Hinblick auf das praktische Ergebnis kritisiert.126 Streit entzündet sich bereits am dogmatischen Konstrukt einer „Rechtsscheinhaftung entsprechend § 179 BGB“.127 Tatsächlich sind die Vertreterhaftung des § 179 BGB und das Institut der Rechtsscheinhaftung zwei grundverschiedene Haftungsinstrumente. Charakteristisch für eine Rechtsscheinhaftung ist, dass derjenige, der einen Rechtsschein zurechenbar gesetzt hat, sich gegenüber einem gutgläubigen Dritten aus Gründen des Verkehrsschutzes 128 – nach dessen Wahl – so behandeln lassen muss, als entspräche der Schein der Wirklichkeit.129 Nach Rechtsscheinsgrundsätzen muss der Schuldner also für das gesetzte Vertrauen in die eigene Haftung einstehen. Die Regelung des § 179 BGB statuiert hingegen eine Garantiehaftung des Vertreters für das von ihm veranlasste und infolge des Fehlens der Vertretungsmacht enttäuschte Vertrauen, mit Vertretungsmacht zu han-
insbesondere Altmeppen, NJW 2012, 2833 (2838) „Konzept [...] dogmatisch und wertungsmäßig nicht schlüssig“; zum Meinungsstand insgesamt oben Fn. 93. 126 Dazu noch unten C. I. 1. c) cc) (3) (c). 127 Beuthien, GmbHR 2013, 1 (9); Beck, GmbHR 2014, 402 (406); Beck/Schaub, GmbHR 2012, 1331 (1333); Beurskens, NZG 2016, 681 (684); Haas, NJW 1997, 2854 (2855); Oechsler, JA 2007, 650 (651); Paulus, Außervertragliche Gesellschafter- und Organwalterhaftung im Lichte des Unionskollisionsrechts, 2013, S. 177, Rn. 321; so auch Altmeppen, NJW 2012, 2833 (2838): „Konzept wertungsmäßig und dogmatisch nicht schlüssig“; a. A. der Verknüpfung der „Rechtsscheinhaftung“ mit der Analogie zu § 179 BGB zustimmend Canaris, NJW 1991, 2628 (2628). 128 Siehe nur Selter, Die Entstehung und Entwicklung des Rechtsscheinsprinzips im deutschen Zivilrecht, 2006, S. 8. 129 Kren Kostkiewicz, ZBJV 137 (2001), 161 (162 f.); vgl. zum Scheinkaufmann Körber, in: Oetker, HGB, 4. Aufl. 2015, § 5 Rn. 55. 125 So
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deln.130 Nach § 179 BGB muss der Schuldner für das gesetzte Vertrauen in die Haftung eines Dritten einstehen. Damit schließen sich § 179 BGB und allgemeine Rechtsscheinhaftung bereits auf Definitionsebene aus.131 Das liegt auch für die hier interessierenden Fälle der Vertreterhaftung auf der Hand: Gibt der Vertreter vor, einen Einzelkaufmann oder eine Personengesellschaft statt einer Kapitalgesellschaft mit Vertretungsmacht vertreten zu haben, wäre er auch auf Grundlage des gesetzten Rechtsscheins Stellvertreter. Vertragspartner würde der vertretene Kaufmann bzw. die Personengesellschaft. Auch wenn sich der Vertreter an dem von ihm gesetzten Rechtsschein festhalten lassen müsste, käme seine Inanspruchnahme somit nicht in Betracht. Die analoge Anwendung des § 179 BGB eröffnete dagegen ohne Weiteres seine Haftung. Dessen Rechtsfolgenanordnung ist insofern eindeutig: „Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist […] dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet […].“ Doch nicht nur im Hinblick auf den Haftungsadressaten gehen § 179 BGB und die allgemeine Rechtsscheinhaftung auseinander. Das gilt ebenso für den Inhalt der Haftung. Gemäß § 179 Abs. 1 BGB ist der Vertreter dem anderen Teil nämlich nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet. Demgegenüber führt die Rechtsscheinhaftung lediglich zur Wahl zwischen Rechtsschein und Wirklichkeit. Käme nach dem Rechtsschein ein Vertrag zustande, hafteten sowohl der Einzelkaufmann als auch die Gesellschaft und deren Gesellschafter ausschließlich auf Erfüllung.132 Ein Wahlrecht zum Schadensersatz eröffnet die Rechtsscheinhaftung nicht. Vielmehr würde der Einzelkaufmann bzw. die Personengesellschaft bei Vorliegen einer Rechtsscheinvollmacht selbst Vertragspartner, während der Vertreter nach § 179 BGB selbst
130 BGH,
Urteil v. 05.05.1960 – III ZR 83/59, BGHZ 32, 250 (254); BGH, Urteil v. 25.05.1977 – VIII ZR 18/76, NJW 1977, 1535 (1535); BGH NJW 2000, 1407 (1408); BGH, Urteil v. 09.11.2004 – X ZR 101/03, NJW-RR 2005, 268 (268); Mansel, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, § 179 Rn. 3; Schilken, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 179 Rn. 2; Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2012, § 179 Rn. 1; Schäfer, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2016, § 179 Rn. 1; Larenz/Wolf, BGB AT, 9. Aufl. 2004, § 49 Rn. 17; auf den Unterschied zur Rechtsscheinhaftung hinweisend auch Beuthien, GmbHR 2013, 1 (9). 131 Ähnlich auch Oechsler, JA 2007, 650 (651). 132 Zur mittlerweile ganz herrschenden sog. Erfüllungstheorie für die Haftung der Gesellschafter nach § 128 HGB eingehend K. Schmidt, in: MünchKomm, HGB, 4. Aufl. 2016, § 128 Rn. 24. Nach der sog. Haftungstheorie haften die Gesellschafter zwar auf Schadensersatz. Allerdings tritt diese Schadensersatzhaftung ipso iure ein, sodass auch insofern kein Wahlrecht besteht.
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dann nicht zur Vertragspartei wird, wenn der Geschäftsgegner nach Erfüllung wählt.133 Eine „Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB“ kann es mithin nicht geben. bb) Keine Rechtsscheinhaftung im eigentlichen Sinne Das vom BGH entwickelte Konzept zur Haftung des Vertreters bei Weglassen des Rechtsformzusatzes stellt entsprechend den vorstehenden Erwägungen auch keine Rechtsscheinhaftung134 im eigentlichen Sinne dar.135 Zwar mag man die Vertreterhaftung noch mit den Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsscheinhaftung in Einklang bringen können: Ein zurechenbar gesetzter Rechtsschein136 lässt sich durchaus in dem durch das Auftreten des Vertreters ohne Rechtsformzusatz erweckten Anschein der Vertretung einer natürlichen Person oder Personengesellschaft erblicken. Auch die Voraussetzungen der Gutgläubigkeit und Kausalität für den Geschäftsabschluss137 finden sich in den Rechtsprechungsgrundsätzen. Auf Rechtsfolgenseite weist die vom BGH entwickelte Vertreterhaftung dagegen nicht die Charakteristika einer Rechtsscheinhaftung auf. Denn im Rahmen der Rechtsscheinhaftung ist der Vertrauenstatbestand nicht nur Tatbestandsvoraussetzung, sondern determiniert auch die Rechtsfolgen.138 Dementsprechend muss sich derjenige, der den Rechtsschein gesetzt hat, zwar so
133 BGH, Urteil v. 20.11.1970 – IV ZR 1188/68, NJW 1971, 429 (430); Schilken, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 179 Rn. 12. 134 Die Rechtsscheinhaftung ist gesetzlich nicht geregelt, ihre Existenz und Tatbestandsvoraussetzungen sind jedoch allgemein anerkannt, vgl. nur BGH, Urteil v. 11.03.1955 – I ZR 82/53, BGHZ 17, 13 (13 ff.); Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971; Schubert, in: MünchKomm, BGB, 7. Aufl. 2016, § 242 Rn. 333 ff. 135 So i.E. auch Haas, NJW 1997, 2854 (2855); Canaris, NJW 1991, 2628 (2628); Canaris, HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 6 IV Rn. 48; Canaris, NJW 1991, 2628 (2628); Oechsler, JA 2007, 650 (651); Weber, JA 2012, 868 (870); a. A. Beck/Schaub, GmbHR 2012, 1331 (1333); für die Rechtsscheinhaftung, aber mit Hinweis auf Erforderlichkeit der Kausalität Altmeppen, ZIP 2007, 889 (894, 895); lediglich behauptend, jedoch ohne genauere Prüfung Meckbach, NZG 2011, 968 (971). 136 Schubert, in: MünchKomm, BGB, 7. Aufl. 2016, § 242 Rn. 334; Bork, BGB AT, 4. Aufl. 2016, § 34 Rn. 1539, 1541; Canaris, HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 6 IV Rn. 68 f.; Meckbach, NZG 2011, 968 (970); Weber, JA 2012, 868 (870); Bitter/Röder, BGB AT, 3. Aufl. 2016, § 10 Rn. 129. 137 Schubert, in: MünchKomm, BGB, 7. Aufl. 2016, § 242 Rn. 334; Bork, BGB AT, 4. Aufl. 2016, § 34 Rn. 1543 f.; Canaris, HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 6 IV Rn. 71 ff.; Meckbach, NZG 2011, 968 (970); Weber, JA 2012, 868 (870); Bitter/Röder, BGB AT, 3. Aufl. 2016, § 10 Rn. 129. 138 Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S. 521; Heinrich, BB 1975, 760 (760).
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behandeln lassen, als entspräche dieser Schein der Wirklichkeit.139 Der Dritte darf durch die Rechtsscheinhaftung aber auch nicht mehr Rechte erlangen, als ihm zustünden, wenn der Rechtsschein der tatsächlichen Rechtslage entspräche.140 Diesen Anforderungen genügen die Rechtsprechungsregeln in zweierlei Hinsicht nicht. Zum einen setzt der seine Vertretungsmacht behauptende Vertreter selbst dann nicht den Anschein, persönlich für die Verbindlichkeit einzustehen, wenn er den auf die beschränkte Haftung hinweisenden Rechtsformzusatz der von ihm vertretenen Gesellschaft unterschlägt. Es wurde bereits darauf hingewiesen,141 dass der Anschein der Vertretung einer natürlichen Person oder Personengesellschaft nichts daran änderte, dass der Vertrag nicht mit dem Vertreter zustande käme. Zum anderen stellt die vom BGH entwickelte „Rechtsscheinhaftung“ dem Getäuschten den Vertreter neben der Gesellschaft als Haftungsschuldner zur Verfügung, obwohl eine Vertreterhaftung auf das positive Interesse stets nur anstelle des Vertretenen in Betracht kommt.142 Somit wird dem Vertragspartner eine Rechtsposition zuerkannt, auf die er zu keinem Zeitpunkt vertrauen konnte.143 Denn eine Verpflichtung des Vertreters lässt sich dem geschlossenen Vertrag gerade nicht entnehmen.144
139 BGH NJW 1990, 2678 (2679); BGH NJW 2012, 3368 (3369); Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S. 521; Canaris, HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 6 IV Rn. 39, 80; Bork, BGB AT, 4. Aufl. 2016, § 34 Rn. 1546; Haas, NJW 1997, 2854 (2855); Heinrich, BB 1975, 760 (760); Weber, JA 2012, 868 (870); Meckbach, NZG 2011, 968 (971); Röhricht, in: Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl. 2008, Anh. § 5 Rn. 35; Kindler, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2014, § 5 Rn. 50; Schubert, in: MünchKomm, BGB, 7. Aufl. 2016, § 242 Rn. 333. 140 St. Rspr., BGH, Urteil v. 20.01.1954 – II ZR 155/52, BGHZ 12, 105 (109); BGHZ 17, 13 (17); BGH NJW 2012, 3368 (3370); Schäfer, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2016, § 164 Rn. 25; Canaris, HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 6 IV Rn. 82; Canaris, NJW 1974, 455 (455); Kindler, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2014, § 5 Rn. 80; Roth, in: Koller/Kindler/Roth/Morck, HGB, 8. Aufl. 2015, § 15 Rn. 58; Röhricht, in: Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl. 2008, Anh. § 5 Rn. 42; Meckbach, NZG 2011, 968 (971); vgl. auch Oechsler, JA 2007, 650 (651). 141 Soeben oben C. I. 1. c) aa). 142 Ebenso Haas, NJW 1997, 2854 (2855); vgl. auch Weber, JA 2012, 868 (870) sowie Pöschke, DStR 2012, 1817 (1817) zum Fall des Firmierens einer UG (haftungsbeschränkt) als GmbH. 143 Haas, NJW 1997, 2854 (2855); vgl. auch Canaris, NJW 1991, 2628 (2628); Oechsler, JA 2007, 650 (651); Weber, JA 2012, 868 (870). 144 Siehe soeben C. I. 1. c) aa); auch Haas, NJW 1997, 2854 (2855) geht davon aus, dass der Vertragspartner nicht mit dem Vertreter selbst kontrahieren wollte.
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cc) Analoge Anwendung von § 179 BGB Bei genauer Betrachtung bleibt von der „Haftung des Handelnden kraft Rechtsscheins entsprechend § 179 BGB“ im Ergebnis somit lediglich die Analogie zu § 179 Abs. 1 BGB. Die entscheidende Frage lautet also, ob der durch die vermeintliche Vertretung einer natürlichen Person oder Personengesellschaft hervorgerufene Rechtsschein, eine natürliche Person würde auf Seiten des Vertretenen für dessen Verbindlichkeiten einstehen, ausreicht, um die analoge Anwendung von § 179 BGB zu rechtfertigen.145 (1) Voraussetzungen für die Analogiebildung im Allgemeinen Um diese Frage beantworten zu können, sind zunächst in gebotener Kürze die methodischen Voraussetzungen für einen Analogieschluss in Erinnerung zu r ufen. (a) Gesetzeslücke Von einer Analogie wird gesprochen, wenn die Rechtsfolge einer kodifizierten Rechtsnorm auf einen im Gesetz nicht geregelten Sachverhalt angewandt wird.146 Damit ein solches Vorgehen der Gerichte nicht die grundgesetzlich verbürgte Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) und Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3 GG) sprengt, bedarf auch ein solcher Akt „kleiner“ richterlicher Rechtsfortbildung der methodengeleiteten Begründung.147 Deswegen vermag allein die Feststellung, dass die betreffende Norm den in Rede stehenden Fall nicht regelt, einen Analogieschluss noch nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss 145 Diese
Wertung lässt sich schon BGH NJW 1981, 2569 (2570) entnehmen; so auch Schäfer/Hemberger, Ad Legendum 2014, 329 (333); ebenso geht auch Haas, NJW 1997, 2854 (2855) von einer Vermischung von Garantiehaftung i. S.v. § 179 BGB mit Elementen der Rechtsscheinhaftung aus; für eine rechtsscheinähnliche Vertrauenshaftung spricht sich Canaris, HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 6 IV Rn. 48 aus; nach Derleder, in: FS Raisch, 1995, S. 25 (44) ist die analoge Anwendung des § 179 BGB als Einstandshaftung für unklaren Unternehmensbezug zu begreifen; a. A. Römermann, GmbHR 2007, 595 (595), der davon ausgeht, die Konzeption des BGH entspreche einer allgemeinen Rechtsscheinhaftung, die keine Verankerung in § 179 BGB habe. Zur Geläufigkeit des Heranziehens eines Rechtsscheins zur Begründung einer Analogie Selter, Die Entstehung und Entwicklung des Rechtsscheinsprinzips im deutschen Zivilrecht, 2006, S. 7. 146 Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, 9. Aufl. 2016, § 23 Rn. 889; Kramer, Juristische Methodenlehre, 2. Aufl. 2005, S. 176; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 202; vgl. auch Canaris, Die Feststellung von Lücken im Gesetz, 2. Aufl. 1982, S. 25; Honsell, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2013, Einleitung zum BGB Rn. 61. 147 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 190.
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sich das „Schweigen des Gesetzes“ insofern nicht nur als rechtspolitischer Fehler, sondern als Gesetzeslücke erweisen.148 Letzteres ist der Fall, wenn das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig ist.149 Die Unvollständigkeit muss somit von dem Standpunkt des Gesetzes selbst, der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht und der mit ihm verfolgten Zwecke beurteilt werden.150 In diesem Sinne ist also eine gleichsam „planwidrige Unvollständigkeit“ des Gesetzes erforderlich.151 Aus diesen Erwägungen erschließt sich auch, dass eine Analogie nicht nur dann in Betracht kommt, wenn das Gesetz ohne diese überhaupt keine Antwort auf eine bestimmte Fallfrage gäbe. Maßstab für die Gesetzeslücke ist vielmehr zum einen das gesamte Recht, zum anderen die konkrete Rechtsfolgenanordnung im Hinblick auf die spezifische Fallkonstellation.152 Ein Gesetz ist dementsprechend bereits dann „lückenhaft“, wenn eine bestimmte, nach dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes zu erwartende, sachgerechte Regelung fehlt.153 (b) Lückenfüllung Dabei ergibt sich die Regelungslücke oftmals daraus, dass der Normzweck einer speziellen Regelung in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG es erfordert, die Rechtsfolgenanordnung dieser Norm auf den gesetzlich nicht unmittelbar geregelten Fall zu erstrecken: Ist zwar nicht der Wortlaut des Gesetzes erfüllt, aber die diesem zugrundeliegende Wertung ebenso wie im unmittelbaren Anwendungsbereich der Norm betroffen, gebietet der Gleichheitssatz die analoge Anwendung der Vorschrift.154 Bei solchen „teleologischen Lücken“ fallen die Denkschritte für die Feststellung der Gesetzeslücke und deren Ausfüllung weithin zusammen.155 Indes muss sich die Lückenhaftigkeit des Gesetzes freilich nicht zwingend daraus ergeben, dass der Gesetzgeber es bei Erlass einer Norm lediglich „vergessen“ hat, den Wortlaut auf weitere Fallkonstellationen zu erstrecken, denen die zu Grunde gelegte Interessenlage ebenfalls immanent ist. Das krasse Gegenbeispiel sind die sogenannten „logischen“ oder „echten“ Lücken, bei denen
Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 195. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 195. 150 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 194. 151 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 194. 152 Vgl. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl. 1991, S. 473. 153 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 196. 154 Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl. 1991, S. 474. 155 Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl. 1991, S. 474, vgl. auch Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 220. 148 149
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eine gesetzliche Regelung ohne Ergänzung überhaupt nicht anwendbar wäre.156 Hier fallen Lückenfeststellung und Lückenfüllung auseinander. Das heißt aber nicht, dass das Gericht aus diesem Grund bei der Lückenfüllung gänzlich frei wäre: Zum einen ist ein Gesetz nur insoweit „lückenhaft“, als es nach seinem Gesamtzusammenhang einer sachgerechten Regelung ermangelt.157 Die Lücke selbst begrenzt also die Spielräume bei der Ausfüllung. Zum anderen gebietet wiederum die grundgesetzlich verankerte Gesetzesbindung der Gerichte ebenso wie die Gewaltenteilung eine möglichst gesetzesnahe Rechtsfortbildung.158 Auch „echte“ Lücken und erst recht sonstige Gesetzeslücken sind daher, um der Rechtsetzungsprärogative des Gesetzgebers gerecht zu werden, vorrangig durch die analoge Anwendung gesetzlicher Vorschriften statt im Wege freier Rechtsfortbildung aufzufüllen.159 Das heißt aber auch, dass eine Analogie – freilich unter der Prämisse, dass eine Gesetzeslücke festgestellt ist – eben nicht nur in Betracht kommt, wenn der Telos der Norm eine Gleichbehandlung mit den vom Wortlaut erfassten Fällen zwingend erfordert. Liegt keine „teleologische Lücke“ im beschriebenen Sinne vor, genügt bereits die Ähnlichkeit im Hinblick auf die Grundgedanken, Interessenbewertungen und Schutzüberlegungen der herangezogenen Vorschrift.160 (2) Gesetzeslücke: Keine effektive Absicherung der Rechtsformgebote durch zivilrechtliche Haftungstatbestände (a) Gebotsnormen zur Führung des Rechtsformzusatzes ohne Verstoßfolgennormen Was die Lückenfeststellung betrifft, liegt die Sache augenscheinlich klar: Der Gesetzgeber hat den Kapitalgesellschaften zwar auferlegt, den entsprechenden Rechtsformzusatz ihren Firmen anzuhängen. Es fehlen aber durchweg zivilrechtliche Rechtsfolgennormen für Verstöße gegen diese Gebote. Gesetzlich verankert ist als Sanktionsmechanismus lediglich die Möglichkeit zur Verhängung von Zwangsgeldern durch das Registergericht gegen die Geschäftsführungsorgane von GmbH (§ 79 Abs. 1 GmbHG) und AG (§ 407 Abs. 1 Satz 1 Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl. 1991, S. 473. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 196. 158 Ausführlich Fischer, Topoi verdeckter Rechtsfortbildungen im Zivilrecht, 2007, S. 493 f.; siehe auch BVerfG, Beschluss v. 28.08.2000 – 1 BvR 1821/97, NJW 2000, 3635 (3636). 159 Vgl. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl. 1991, S. 474, 475, 481; siehe auch Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 245 f. 160 Vgl. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl. 1991, S. 475; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 202 f. 156 157
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AktG) für den Fall, dass diese gegen die Pflicht zur Führung der Rechtsform auf Geschäftsbriefen verstoßen (vgl. § 35a Abs. 1 Satz 1 GmbHG, § 80 Abs. 1 Satz 1 AktG). Diese Regelungen sind offensichtlich unzureichend, um den mit den Rechtsformgeboten bezweckten Schutz des Rechtsverkehrs effektiv zu sanktionieren. Das gilt sogar unabhängig vom öffentlich-rechtlichen Charakter dieser Eingriffsbefugnisse und ihrer Beschränkung des Adressatenkreises auf die Geschäftsleitungsorgane. Allen voran sind diese Sanktionsnormen nämlich sachlich auf die Geschäftsbriefe der Gesellschaften beschränkt und erfassen somit nicht die Fälle des Zeichnens ohne Rechtsformzusatz auf sonstigen Urkunden. (b) Kein hinreichender Schutz durch allgemein-zivilrechtliche Ansprüche Angesichts der für die Lückenfeststellung erforderlichen funktionalen Betrachtung des Gesamtzusammenhanges161 wäre es indes zu kurz gegriffen, allein auf das Fehlen spezieller Rechtsfolgennormen für den Verstoß gegen das Rechtsformgebot abzustellen. Richtigerweise kann von einer Gesetzeslücke nur dann ausgegangen werden, wenn der durch die Rechtsformgebote bezweckte Schutz des Rechtsverkehrs nicht anderweitig gewährleistet wird. (aa) Ansprüche gegen die Gesellschaft Das gilt jedenfalls für alle Ansprüche gegen die Gesellschaft, gleichviel ob auf Erfüllung des (vermeintlich) geschlossenen Vertrages oder Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB und § 823 Abs. 2 BGB, sowie die etwaige Möglichkeit der Anfechtung des Vertrags. Denn typischerweise wird sich die Täuschung über die Rechtsform erst offenbaren, wenn die Gesellschaft nicht mehr in der Lage ist, ihre Ansprüche aus dem Vertrag zu erfüllen, und das Rechtsformgebot soll den Verkehr gerade davor schützen, unbewusst in eine Geschäftsbeziehung mit einer Kapitalgesellschaft zu treten. (bb) Haftung des Vertreters gemäß § 179 BGB (Vertreter ohne Vertretungsmacht) Geht man mit der ganz herrschenden Auffassung im Schrifttum sowie dem BGH davon aus, dass die Gesellschaft ungeachtet der Täuschung über die Rechtsform nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts vertreten und Vertragspartner wird, ist für eine Haftung des Vertreters in direkter Anwendung von § 179 BGB kein Raum. Schließlich handelte der Vertreter dann als Vertreter mit Vertretungsmacht. 161
Dazu oben C. I. c) cc) (1) (a).
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Richtigerweise können jedoch die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts als bloße Auslegungsregel nicht darüber hinweghelfen, dass zwischen Geschäftsgegner und Vertreter explizit vereinbart wurde, in wessen Namen der Vertrag geschlossen werden sollte.162 In der Konsequenz läge – wie bereits oben dargelegt163 – in Ermangelung eines Vertragsschlusses mit der Gesellschaft eigentlich ein Fall der Vertretung einer nicht existierenden Person vor, sodass allein der Vertreter nach § 179 BGB als Vertreter ohne Vertretungsmacht haftete. Indes wäre auch dies nicht sachgerecht: Zum einen schützt der mangelnde Vertragsschluss mit der Kapitalgesellschaft den Geschäftsgegner in der Regel nicht vor der Durchführung des Vertrags und somit auch nicht vor der Übernahme des Insolvenzrisikos der Gesellschaft. Zum anderen ist die Gesellschaft als Trägerin des Unternehmens Inhaberin des Betriebsvermögens und wird daher möglicherweise doch eher in der Lage sein, den Vertrag zu erfüllen. In dieser Hinsicht eröffnet der Verstoß gegen das Rechtsformgebot letztlich sogar der Gesellschaft die Möglichkeit, sich zu Lasten des Geschäftsgegners von dem (vermeintlich geschlossenen) Vertrag zu lösen. Denn die Gesellschaft wird regelmäßig wissen, wie der Vertrag zu Stande gekommen ist. Letztlich garantiert die „beschränkte Haftung“ des Unternehmensträgers auch nicht die Solvenz des Vertreters. Dem mit dem Rechtsformgebot verfolgten Schutz des Rechtsverkehrs wird daher nicht entsprochen, wenn dem Geschäftsgegner der vermeintliche Vertragspartner entzogen wird, er gleichwohl das Insolvenzrisiko der Kapitalgesellschaft zu tragen hat und zum Ausgleich auf die Haftung des Vertreters der Gesellschaft verwiesen wird. (cc) Haftung des Vertreters aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 3 BGB (culpa in contrahendo) Eine Eigenhaftung des Vertreters aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen kann freilich nur unter der Prämisse des Vertragsschlusses mit der Gesellschaft eine Rolle spielen. Denn haftete er bereits aus § 179 Abs. 1 BGB auf Erfüllung oder Schadensersatz auf das positive Interesse, hätte eine auf das negative Interesse gerichtete Haftung aus c.i.c. keine Bedeutung mehr. Gemäß § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB kann ein Schuldverhältnis zu Personen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen, insbesondere entstehen, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber die in der Rechtsprechung des BGH 162
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Dazu ausführlich oben C. I. 1. b) bb) (1). C. I. 1. b) bb) (5).
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entwickelten Grundsätze zur Eigenhaftung nicht am Vertrag beteiligter Dritter kodifizieren und deren Weiterentwicklung ermöglichen.164 Daher ist die Regelung zwar nicht abschließend, muss aber gleichsam als Regelbeispiel verstanden werden.165 Eine Eigenhaftung des Vertreters setzt daher unstreitig voraus, dass dieser entweder in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen oder ein besonderes eigenes wirtschaftliches Interesse am Vertragsschluss hat.166 Damit lässt sich eine c.i.c.-Haftung nach allgemeinen Grundsätzen jedenfalls nicht allein auf den Verstoß gegen das Rechtsformgebot stützen.167 Vielmehr haftet der Vertreter nur in ganz besonderen Ausnahmefällen neben der Gesellschaft wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen. Unter der Prämisse des Vertragsschlusses mit der Gesellschaft nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts wäre eine c.i.c.-Haftung außerdem mangels Kausalität des Schadens ausgeschlossen. Denn zum Vertragsschluss mit der Gesellschaft gelangt man nur, wenn man den objektiv erklärten Vertragsschluss mit einer natürlichen Person im Hinblick auf das unternehmensbezogene Geschäft nach dem Willen des Geschäftsgegners für unbeachtlich erklärte. Dann kann aber ebenjener Wille für die Haftung aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB ebensowenig wie für eine Anfechtung herangezogen werden, um zu begründen, dass der Vertragsschluss mit der Kapitalgesellschaft gerade nicht gewollt war. Schließlich wäre eine Haftung des Vertreters nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB auch schon deswegen nicht geeignet, den mit den Rechtsformgeboten bezweckten Schutz effektiv zu garantieren, weil diese Haftung lediglich auf das negative Interesse gerichtet ist. Kann der Geschäftsgegner nämlich nur verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er den Vertrag mit der Gesellschaft niemals geschlossen, ist die Haftung des Vertreters zwangsläufig subsidiär und folglich davon abhängig, dass die Gesellschaft nach erfolglosem Vollstrecken eines vorher gegen sie erlangten Titels zur Leistung nicht imstande ist. Die c.i.c.-Haftung des Vertreters wäre also nicht nur nachrangig und in der Höhe auf das negative Interesse begrenzt, sondern auch umständlich und kostenintensiv durchzusetzen.
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Gesetzesentwurf SchuldrechtsmodernisierungsG, BT-Drucksache 14/6040, S. 163. Gehrlein/Sutschet, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2016, § 311 Rn. 114. 166 Gehrlein/Sutschet, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2016, § 311 Rn. 114. 167 Zu Unrecht daher Freitag/Korch, GmbHR 2013, 1184 (1184 ff.). 165
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(dd) Haftung des Vertreters aus § 823 Abs. 2 BGB (Verstoß gegen Verbotsgesetz) Die Ausführungen zur culpa in contrahendo-Haftung des Vertreters lassen sich weithin auf eine deliktische Haftung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 4 Satz 1 GmbHG, § 4 AktG etc. übertragen. Auch diese Haftung vermag die Rechtsformgebote nicht effektiv abzusichern, da auch sie auf das negative Interesse gerichtet wäre und sich ebenfalls die Problematik der Kausalität des Schadens stellte. Darüber hinaus wäre eine Lösung ausschließlich über das Deliktsrecht angesichts des offensichtlichen Vertragsschlussbezuges auch systematisch unstimmig. (ee) Haftung des Vertreters aus § 37 Abs. 2 Satz 2 HGB Schließlich wird der durch die Rechtsformgebote bezweckte Schutz des Rechtsverkehrs auch nicht durch § 37 Abs. 2 Satz 2 HGB gewährleistet.168 Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 HGB kann derjenige, der in seinen Rechten dadurch verletzt wird, dass ein anderer eine Firma unbefugt gebraucht, von diesem die Unterlassung des Gebrauchs der Firma verlangen. Gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 HGB bleibt ein nach sonstigen Vorschriften begründeter Anspruch auf Schadensersatz unberührt. Der für die Gesellschaft auftretende Vertreter dürfte indes per se aus dem Anwendungsbereich des § 37 Abs. 2 HGB herausfallen. Denn die Vorschrift richtet sich gegen falsch firmierende Kaufleute und gegen Nichtkaufleute, die zu Unrecht wie Kaufleute eine Firma führen.169 Anspruchsgegner ist mithin der (scheinbare) Firmeninhaber, nicht jedoch dessen Vertreter. Überdies gewährt § 37 Abs. 2 Satz 2 HGB nach ganz herrschender Auffassung keinen Schadensersatzanspruch und macht die Vorschrift auch nicht zu einem Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.170 (c) Zwischenfazit: Gesetzeslücke Es lässt sich also festhalten: Der Befund des Fehlens von zivilrechtlichen Sanktionsnormen für Verstöße gegen das Rechtsformgebot wird auch unter Rekurs auf das allgemeine Zivilrecht nicht widerlegt. Nach allgemeinen Grund
Zu diesem Ergebnis gelangen auch Schäfer/Hemberger, Ad Legendum 2014, 329 (331). Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl. 2016, § 37 Rn. 9. 170 Krebs, in: MünchKomm, HGB, 4. Aufl. 2016, § 37 HGB Rn. 55; Reuschle, in: Eben roth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2014, § 37 Rn. 31; Schlingloff, in: Oetker, HGB, 4. Aufl. 2015, § 37 Rn. 16; fälschlicherweise gehen daher Schäfer/Hemberger, Ad Legendum 2014, 329 (331) von einer Schadensersatzregelung aus. 168
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sätzen lässt sich eine effektive Vertreterhaftung neben der Gesellschaft nicht begründen: Auf der einen Seite scheitert die Verpflichtung der Gesellschaft im Grunde schon daran, dass der Vertreter, der ohne Rechtsformzusatz zeichnet oder die Rechtsform der Gesellschaft explizit verleugnet, nicht in deren Namen auftritt. Auf der anderen Seite lässt sich unter der Prämisse des Vertragsschlusses mit der Gesellschaft weder eine Haftung des Vertreters aus culpa in contrahendo noch wegen Schutzgesetzverletzung begründen. Doch selbst wenn man die Kausalitätsproblematik außer Betracht ließe, gewährleisteten diese Haftungsinstitute keinen effektiven Verkehrsschutz bei Verstößen gegen die Rechtsformgebote. Denn sowohl die c.i.c als auch § 823 Abs. 2 BGB ermöglichten lediglich eine subsidiäre Haftung des Vertreters auf das negative Interesse. Derjenige, der infolge der Ausdehnung der Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts über eine einfache Auslegungsregel hinaus ungewollt in einen Vertrag mit einer Kapitalgesellschaft geraten ist, würde so gezwungen, sich primär an diese Gesellschaft zu halten. Die Warnfunktion des Rechtsformzusatzes wäre mithin auf Ebene der sekundären Rechtsbehelfe ausgehebelt. Eine Gesetzeslücke lässt sich auch nicht unter Hinweis darauf negieren, dass in den Fällen des Zeichnens ohne Rechtsformzusatz oder bei explizitem Verleugnen der Rechtsform eigentlich kein Vertrag mit der Kapitalgesellschaft zustande kommt. Zwar wäre der Rechtsverkehr so vor einem ungewollten Vertragsschluss mit der Kapitalgesellschaft geschützt. Da das Unternehmen, mit dessen Inhaber der Geschäftsgegner kontrahieren wollte, tatsächlich existiert, wird regelmäßig nicht bereits beim ersten Versuch der Durchführung des scheinbar geschlossenen Vertrages klar, dass keine wirksame Stellvertretung vorgelegen hat. Vor der Übernahme des Insolvenzrisikos der Kapitalgesellschaft bewahrt der fehlende Vertragsschluss somit nicht. Vielmehr wird die Gesellschaft so sogar noch in die Lage versetzt, gegen den Willen des Geschäftsgegners die Durchführung des (vermeintlich geschlossenen) Vertrags zu verweigern. Denn diese könnte sich auch selbst darauf berufen, dass sie durch den Vertreter nicht verpflichtet wurde. Hinzu kommt zuletzt, dass für den Geschäftsgegner nichts gewonnen ist, wenn ihm – mangels Vertragsschluss – der Unternehmensträger und so das Betriebsvermögen als Haftungsmasse entzogen wird. Die im Gesamtzusammenhang sachgerechte und nach den Wertungen der Rechtsformgebote konsequente Lösung wäre es mithin, die Gesellschaft als Vertragspartner zu erhalten und dem gesetzten Rechtsschein der Haftung einer natürlichen Person dadurch Rechnung zu tragen, dass eine solche tatsächlich neben der Gesellschaft als Gesamtschuldner in die Haftung genommen wird. Insoweit besteht folglich eine ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke.
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(3) Lückenfüllung: Vertreterhaftung analog § 179 BGB Vergleicht man die vom BGH entwickelten Haftungsregeln mit der herausgearbeiteten Gesetzeslücke, so lässt sich nicht von der Hand weisen, dass die Rechtsprechungsgrundsätze im praktischen Ergebnis das Richtige treffen. Tatsächlich reduziert sich die Frage der Zulässigkeit dieser Art der Lückenfüllung letztlich auf die Frage, ob die Analogie zu § 179 BGB zulässig ist. Auf der Grundlage einer zusätzlichen Haftung des über die Rechtsform täuschenden Vertreters analog § 179 BGB begegnet die Ausdehnung der Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts nämlich keinen Bedenken. Denn der Geschäftsgegner stünde durch die Annahme des Vertragsschlusses mit der Gesellschaft so im Ergebnis nicht schlechter. Die letztlich entscheidende Frage lautet daher, ob die § 179 BGB zu Grunde liegenden gesetzlichen Wertungen und Schutzüberlegungen bei der Täuschung über die Rechtsform in ähnlicher Weise tangiert sind. (a) Normzweck des § 179 BGB Um einen Vergleich zwischen dem Fall des klassischen falsus procurator und der Täuschung über die Rechtsform anstellen zu können, ist zunächst – als tertium comparationis – zu ermitteln, welche ratio legis der Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht zu Grunde liegt. Nach § 179 Abs. 1 BGB haftet der Vertreter für die Wahrheit seiner Behauptung, Vertretungsmacht zu besitzen.171 Insofern normiert § 179 BGB eine Haftung für enttäuschtes Vertrauen.172 Bei dieser handelt es sich im Grundsatz um eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung, da der Vertreter den Mangel seiner Vertretungsmacht naturgemäß eher erkennen kann als der Geschäftsgegner.173 Der historische BGB-Gesetzgeber hat sich seinerzeit bewusst dagegen entschieden, im Auftreten ohne Vertretungsmacht lediglich eine culpa in con trahendo zu erblicken und so die Haftung des Vertreters von einem Verschulden 171 BGHZ 32, 250 (254); BGH NJW 2000, 1407 (1408); Schilken, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 179 Rn. 2; Schäfer, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2016, § 179 Rn. 1; Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2012, § 179 Rn. 2; Dörner, in: Schulze u. a., BGB, 8. Aufl. 2014, § 179 Rn. 1; Mansel, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, § 179 Rn. 4; Bork, BGB AT, 4. Aufl. 2016, § 34 Rn. 1619. 172 BGH, Urteil v. 08.02.1979 – VII ZR 141/78, BGHZ 73, 266 (269 f.); Haase, GmbHR 2000, 382 (382); Dörner, in: Schulze u. a., BGB, 8. Aufl. 2014, § 179 Rn. 1; Schäfer, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2016, § 179 Rn. 1. 173 BGH NJW 2000, 1407 (1408); Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S. 535; Crezelius, ZIP 1984, 791 (794); Larenz/Wolf, BGB AT, 9. Aufl. 2004, § 49 Rn. 24; Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2012, § 179 Rn. 2; vgl. Haase, GmbHR 2000, 382 (382).
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abhängig zu machen und in jedem Fall auf das negative Interesse zu begrenzen.174 Auch wenn der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt hat, wird er demgemäß nicht aus der Haftung entlassen. Vielmehr reduziert § 179 Abs. 2 BGB – als schlichte Konzession an die ausgleichende Gerechtigkeit175 – den Haftungsumfang lediglich auf das negative Interesse. In diesem Sinne trägt der Vertreter, der seine Vertretungsmacht behauptet, das Risiko, dass der Vertrag mit dem Vertretenen nicht zustande kommt,176 während der Vertragspartner der Behauptung, der Vertreter handle mit Vertretungsmacht, auch grundsätzlich Glauben schenken darf.177 (b) Ähnlichkeit der Täuschung über die Vertretung einer Kapitalgesellschaft Ansatzpunkt für die analoge Anwendung von § 179 BGB ist freilich nicht das Handeln ohne Vertretungsmacht, sondern die Täuschung über die Identität des Unternehmensträgers. Handelt der Vertreter zusätzlich ohne Vertretungsmacht für die Gesellschaft, kann – selbst bei weitester Ausdehnung der Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts – ein Vertrag mit der Gesellschaft nicht zustande kommen.178 Indes ergibt sich die Ähnlichkeit zu den § 179 BGB zu Grunde liegenden Wertungen bereits daraus, dass das Weglassen an sich zur Vertretung einer nicht existierenden Person führte und damit eigentlich einen anerkannten Anwendungsfall der Vertreterhaftung nach § 179 BGB begründete. In diesem Sinne berührt die Täuschung über die Rechtsform selbstverständlich das Zustandekommen des Vertrages, sodass sich auch in der Haftung für das Zeichnen ohne Rechtsformzusatz das Risiko realisiert, „ob“ der Vertragsschluss mit dem Vertretenen wirksam wird.179 Im Ergebnis geht es somit sowohl im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 179 BGB als auch in den hier interessierenden Konstellationen um Zweifel der Vertretungsmacht, welche nach der gesetz geberischen Wertentscheidung zu Lasten des Handelnden gehen180 und dabei gerade nicht den allgemeinen Grundsätzen der culpa in contrahendo unterworfen werden, sondern in der speziellen Regelung des § 179 BGB aufgehen sollen. Überdies muss nach dem Schutzzweck der Rechtsformgebote der Vertreter ebenso das Risiko dafür tragen, die Rechtsform der Gesellschaft zu offenbaren, Mugdan, Die gesammten Materialien zum BGB. Band 1, 1899, S. 487. Mugdan, Die gesammten Materialien zum BGB. Band 1, 1899, S. 751. 176 Haas, NJW 1997, 2854 (2856); Crezelius, ZIP 1984, 791 (794). 177 Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2012, § 179 Rn. 1; Haase, GmbHR 2000, 382 (382). 178 So Altmeppen, NJW 2012, 2833 (2836). 179 Aus diesem Grund eine Analogie indes ablehnend Haas, NJW 1997, 2854 (2856). 180 Derleder, in: FS Raisch, 1995, S. 25 (41). 174
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wie er für die Behauptung einzustehen hat, mit Vertretungsmacht zu handeln.181 Denn der Rechtsverkehr darf auf die Offenlegung der Rechtsform im Grundsatz genauso vertrauen wie auf das Bestehen der behaupteten Vertretungsmacht. Insofern lässt sich nicht von der Hand weisen, dass die Fälle des Handelns ohne Vertretungsmacht und des Auftretens unter Verschweigen des Rechtsformzusatzes im Hinblick auf die für § 179 BGB maßgeblichen Wertungen einander ähneln. (c) Unbeachtlichkeit der Kumulativhaftung von Vertretenem und Vertreter Der Lösung des BGH, die Vertreterhaftung über die analoge Anwendung von § 179 BGB herzuleiten, wird häufig entgegengehalten, sie widerspreche dem Prinzip des § 179 BGB, dass der Vertreter nur hafte, sofern der Vertretene gerade nicht in Anspruch genommen werden könne.182 Denn die Rechtsprechungsgrundsätze aus Vertreterhaftung und Verpflichtung der Gesellschaft nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts würden zu einer Kumulativhaftung von Vertreter und Vertretenem führen. Daher stehe die Lösung des BGH gerade nicht im Einklang mit dem System der falsus procurator-Haftung183 und überschreite die Grenzen zulässiger Analogiebildung184. Dass eine Haftung des Vertreters neben dem Vertretenen im unmittelbaren Anwendungsbereich nicht zulässig ist, ergibt sich freilich aus der gesetzlichen Systematik.185 Denn § 179 BGB kommt nur zum Zuge, wenn der Vertreter denjenigen, in dessen Namen er gehandelt und dessen Bevollmächtigung er behauptet hat, mangels ausreichender Vertretungsmacht nicht wirksam verpflichten konnte. Daraus wird wiederum in der Diskussion um die Anscheinsvollmacht abgeleitet, auch hier könne dem Geschäftsgegner allenfalls ein Wahlrecht zustehen, ob er (mangels tatsächlicher Bevollmächtigung) den Vertreter oder
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Vgl. BGH NJW 1978, 2030 (2030); siehe auch BGH NJW 1974, 1191 (1193). Altmeppen, NJW 2012, 2833 (2836); Altmeppen, ZIP 2007, 889 (894); Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl. 2012, § 13 Rn. 71; Beck/Schaub, GmbHR 2012, 1331 (1332); Beurskens, NZG 2016, 681 (682); Beuthien, GmbHR 2013, 1 (9); Brinkmann, IPRax 2008, 30 (32); Schmidt, in: FS Gernhuber, 1993, S. 435 (439, 448). 183 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl. 2012, § 35 Rn. 36; Altmeppen, ZIP 2007, 889 (894); a. A. Beuthien, GmbHR 2013, 1 (9), der davon ausgeht, dass das Handeln des Vertreters zwar grundsätzlich von § 179 Abs. 1 BGB erfasst wäre; eine Analogiebildung lässt er lediglich daran scheitern, dass die Gesellschaft wirksam verpflichtet wird und somit kein Handeln für eine nicht bestehende Person vorliege. 184 Brinkmann, IPRax 2008, 30 (32); Haas, NJW 1997, 2854 (2856); so i.E. auch Beuthien, GmbHR 2013, 1 (9). 185 So in der Tat zutreffend Altmeppen, NJW 2012, 2833 (2836). 182
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(wegen der Rechtsscheinvollmacht) den Vertretenen in Anspruch nehme.186 Dies ist jedoch einzig dem Umstand geschuldet, dass es dem anderen Teil bei Rechtsscheintatbeständen grundsätzlich frei steht, sich auf den Rechtsschein zu berufen. Im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 179 BGB stellt sich die Problematik mangels jedweder Vertretungsmacht allerdings gerade nicht. Unbestritten wird jedoch aus der Garantiefunktion der Vertreterhaftung im bürgerlich-rechtlichen Schrifttum die Wertung abgeleitet, dass der Vertragspartner durch diese nicht mehr erlangen soll, als ihm infolge eines wirksamen Vertragsabschlusses mit dem Vertretenen zugestanden hätte.187 Das ist freilich etwas ganz anderes als das in der hiesigen Diskussion angeführte Dogma der unzulässigen Kumulativhaftung von Vertreter und Vertretenem. Der Ansatz, der Geschäftsgegner dürfe durch die Vertreterhaftung nicht besserstehen, ist auch präziser. Das zeigt sich insbesondere, wenn es dem Vertreter nicht nur an Vertretungsmacht mangelt, sondern den Vertretenen zugleich eine Haftung nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo trifft. Hier wäre es sachlich durch nichts zu rechtfertigen, dem Geschäftsgegner den Anspruch gegen den Vertretenen zu versagen. Richtigerweise bejaht auch die herrschende Auffassung im Schrifttum in dieser Konstellation ohne Bedenken die gesamtschuldnerische Haftung von Vertreter (§ 179 BGB) und Vertretenem (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB).188 Das ist auch in der Tat unbedenklich, da die Kumulativhaftung aus § 179 BGB und c.i.c. im Vergleich zu der beabsichtigten vertraglichen Verpflichtung des Vertretenen kein „Mehr“, sondern etwas gänzlich anderes darstellt. Genauso läge die Sache, wenn man die Vertreterhaftung analog § 179 BGB auch auf den Vertragsschluss durch Zeichnen ohne Rechtsformzusatz erstrecken wollte. Freilich wäre die Gesamtschuld von Gesellschaft und Vertreter auf das positive Interesse gerichtet und die Gesellschaft würde – in Erweiterung der Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts – tatsächlich Vertragspartner werden. All dies ändert jedoch nichts daran, dass der Geschäftsgegner die Haftung des Vertreters nicht zusätzlich zur Haftung des in Aussicht gestellten Vertretenen erhielte. Auf Grund der expliziten Zeichnung ohne Rechtsformzusatz ging der Geschäftspartner nämlich davon aus, dass der Vertreter eine unbe186 Dazu Lieb, in: FS Hübner, 1984, S. 575 (577); Schmidt, in: FS Gernhuber, 1993, S. 435 (443 ff.); hierauf im hiesigen Kontext verweisend Altmeppen, NJW 2012, 2833 (2836); Brinkmann, IPRax 2008, 30 (32). 187 Schramm, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2012, § 179 Rn. 32; Schäfer, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2016, § 179 Rn. 22; Schilken, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 179 Rn. 15. 188 Schilken, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 179 Rn. 4; Schäfer, in: Bamberger/ Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2016, § 179 Rn. 32; Steffen, in: BGB-RGRK, 12. Aufl. 1982, § 177 Rn. 16; Frensch, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, § 177 Rn. 16; Bork, BGB AT, 4. Aufl. 2016, § 34 Rn. 1618, 1638.
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schränkt haftende natürliche Person oder Personengesellschaft und eben nicht eine Kapitalgesellschaft vertreten würde.189 Deswegen würde ein Vertragsschluss mit der Gesellschaft nach allgemeinen Grundsätzen scheitern: Denn der Vertreter hat zwar Vertretungsmacht für die Kapitalgesellschaft, tritt aber nicht für diese auf. Da er durch Zeichnen ohne Rechtsformzusatz explizit unter anderer Firma handelt, helfen auch die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts nicht weiter, solange man diese lediglich als Auslegungsregel versteht. Wenn der Geschäftsgegner weder mit dem Vertreter noch mit der Gesellschaft kontrahieren wollte, so erhielte er durch deren kumulative Haftung kein „Mehr“, sondern ebenfalls ein aliud. Die in der Konsequenz der analogen Anwendung des § 179 BGB auftretende Kumulativhaftung von Vertreter und Gesellschaft widerspricht folglich nicht der ratio legis des § 179 BGB. (d) Wertungsmäßige Kongruenz auf Rechtsfolgenseite Dass der Vertreter im Ergebnis neben der Gesellschaft haftet, ist aber nach den vorstehenden Überlegungen nicht nur unbedenklich, sondern folgerichtig und vor allem interessengerecht. Ausgangspunkt der Haftungskonzeption ist schließlich die Missachtung des Rechtsformgebots, welches den Rechtsverkehr davor warnen soll, dass die zur Verfügung stehende Haftungsmasse a priori – bereits durch die rechtliche Gestaltung der Unternehmung – limitiert ist. Das führt letztlich dazu, dass der Geschäftsgegner das Insolvenzrisiko der Kapitalgesellschaft ungewollt übernimmt. Dieses spezifische Risiko wird durch die Haftung analog § 179 BGB auf den Vertreter verlagert. Denn im Innenverhältnis zwischen Vertreter und Gesellschaft trifft die Haftung freilich nach § 426 BGB letztere. Bezieht man den Gesamtschuldnerausgleich in die Betrachtung mit ein, ist die Vertreterhaftung folglich auf Tatbestands- und Rechtsfolgenseite wertungsmäßig kongruent: Der Vertreter hat nur für das Risiko einzustehen, über welches er durch Verschweigen der Rechtsform des Unternehmensträgers getäuscht hat. Die Kumulativhaftung von Vertreter und Kapitalgesellschaft führt also nicht nur zu einem sachgerechten Schutz des über die Rechtsform getäuschten Geschäftsgegners, sondern begrenzt zugleich das Haftungsrisiko des Vertreters im Vergleich zum „klassischen“ Fall der Haftung nach § 179 BGB wegen fehlender Vertretungsmacht bzw. Vertretung einer nicht existenten Person. Diese Erwägungen legt mit Recht auch der BGH seiner Rechtsprechung zugrunde, wenn er bereits in seinem Urteil vom 15.01.1990 formuliert: 189 Siehe hierzu ausführlich oben C. I. 1. b) bb) (2); ausführlich zum Rechtsschein der Vertretung einer natürlichen Person (bzw. Personengesellschaft) unten C. I. 1. d).
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„Bei Inanspruchnahme des Handelnden ist es dessen Sache, im Innenverhältnis Ausgleich von dem wirklichen Rechtsträger zu verlangen, was zugleich bedeutet, daß er – vor allem wenn dieser nur eine beschränkte Haftungsmasse besitzt – auch dessen Insolvenzrisiko zu tragen hat. Diese Risikoverteilung ist angemessen.“190
(e) Haftungsbegrenzung nach § 179 Abs. 2 BGB und Haftungsausschluss nach § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB Ob sich die Erwägungen zur Analogiefähigkeit des § 179 BGB in den vorstehenden Überlegungen zur Ähnlichkeit der Täuschung, zur Unbeachtlichkeit der Kumulativhaftung und zur wertungsmäßigen Kongruenz auf Rechtsfolgenseite erschöpfen können, ohne zugleich die Begrenzungen nach § 179 Abs. 2 BGB und § 179 Abs. 3 BGB in die Betrachtung einzubeziehen, ist fraglich. Denn die § 179 BGB zugrunde liegenden Wertungen werden nicht zuletzt auch über die Grenzen der Haftung des falsus procurator auf das positive Interesse definiert. Umgekehrt müsste man zumindest im Grundsatz anerkennen, dass die analoge Anwendung von § 179 Abs. 1 BGB erfordert, auch § 179 Abs. 2, Abs. 3 BGB entsprechend anzuwenden. Indes ergeben sich hieraus keine bislang unerkannten Probleme. Gemäß § 179 Abs. 2 BGB ist der Vertreter nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, welchen der andere Teil dadurch erleidet, dass er auf die Vertretungsmacht vertraut, wenn der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt hat. Münzt man dies auf die Situation des Handelns unter Miss achtung des Rechtsformgebots, wäre die Haftung in den Fällen auf das negative Interesse zu begrenzen, in denen der Vertreter selbst die Rechtsform des Rechtsträgers nicht gekannt hat. Eine solche Einschränkung der Vertreterhaftung wird man ohne Bedenken anerkennen können.191 Dieses Zugeständnis an den in Unkenntnis handelnden Vertreter lässt sich hier wie im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 179 BGB als Interessenausgleich rechtfertigen. Zudem dürften Fälle, in denen der Vertreter über die wahre Rechtsform des Rechtsträgers in Unkenntnis ist, praktisch kaum einmal vorkommen. Dafür spricht nicht zuletzt, dass diese Konstellation in mehr als 40 Jahren die Rechtsprechung nicht beschäftigt hat. Dagegen ist in der Rechtsprechung des BGH als Voraussetzung der Vertreterhaftung wegen Täuschung über die Rechtsform anerkannt, dass der Geschäftsgegner die wahren Verhältnisse weder gekannt haben darf noch gekannt haben musste und sich im Vertrauen auf die unbeschränkte Haftung seines Vertrags-
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BGH NJW 1990, 2678 (2679); ebenso BGH NJW 2012, 2871 (2873, Rn. 25). Derleder, in: FS Raisch, 1995, S. 25 (44 f.); Beurskens, NZG 2016, 681 (684).
191 A.A.
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C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes
partners auf das Rechtsgeschäft eingelassen haben muss.192 Das entspricht der Regelung in § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB, wonach der Vertreter nicht haftet, wenn der andere Teil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste. Auch insoweit ergeben sich also keine Bedenken, die Rechtsprechungsgrundsätze auf eine Analogie zu § 179 BGB zu gründen. Dieser Ausschluss der Vertreterhaftung ist auch in der Sache überzeugend: Wenn der Geschäftsgegner nämlich die wahre Rechtsform des Vertretenen gekannt hat oder diese ihm egal war, bestehen schon bezüglich des Vertragsschlusses mit der Kapitalgesellschaft keinerlei Bedenken. Die Haftung überdies bei fahrlässiger Unkenntnis über die wahre Rechtsform auszuschließen, ist dann eine Folge des konsequenten Wertungstransfers, welcher seine Rechtfertigung wiederum in dem Gebot möglichst gesetzesnaher Rechtsfortbildung findet. (4) Zwischenergebnis Damit bleibt festzuhalten, dass die in der Rechtsprechung des BGH entwickelte Vertreterhaftung bei Weglassen des Rechtsformzusatzes zwar keine Rechtsscheinhaftung und erst recht keine „Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB“ darstellt. Sie lässt sich indes unmittelbar auf die analoge Anwendung des § 179 BGB stützen und verdient auch im Ergebnis Zuspruch. Allen voran erlaubt die grundsätzlich auf das positive Interesse gerichtete Vertreterhaftung, einen Vertragsschluss mit der Gesellschaft anzuerkennen, obwohl über deren Identität gerade kein Einvernehmen geschlossen wurde. Darüber bewirkt die Kumulativ haftung von Gesellschaft und Vertreter, dass letzterer lediglich für das Risiko einstehen muss, worüber er tatsächlich getäuscht hat – nämlich das Insolvenz risiko der Kapitalgesellschaft. d) Anwendungszweifel bei bloßem Weglassen des Rechtsformzusatzes wegen der nach § 19 Abs. 1 HGB gebotenen Firmenzusätze Bislang wurden die Rechtsprechungsgrundsätze als gleichsam abstrakte Konstruktion diskutiert. Dabei wurde die Annahme zu Grunde gelegt, dass der Verstoß gegen das Rechtsformgebot den Anschein der Haftung zumindest einer natürlichen Person auf Seiten des Vertretenen erweckt. Das ist freilich ohne Weiteres der Fall, wenn der Vertreter ausdrücklich gegenüber dem Geschäftsgegner behauptet, er vertrete einen Einzelkaufmann, einen Nichtkaufmann, eine Personenhandelsgesellschaft oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. 192 BGH
NJW 1975, 1166 (1168); BGH NJW 1981, 2569 (2570); BGH NJW 2012, 2871 (2873, Rn. 27); siehe auch BGH NJW 1990, 2678 (2679), wo der BGH auf seine vorigen Urteile verweist, indes den Ausschluss wegen fahrlässiger Unkenntnis nicht explizit anspricht.
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In der Rechtsprechung des BGH spielten Fälle, in denen statt des Rechtsformzusatzes der Kapitalgesellschaft ein falscher, auf die Haftung einer natürlichen Person hindeutender Firmenzusatz verwendet wurde, allerdings keine Rolle.193 Vielmehr lag ihr stets die Konstellation zu Grunde, dass der Vertreter beim Vertragsschluss den Rechtsformzusatz verschwieg, respektive ohne Rechtsformzusatz zeichnete. Während dies nach altem Firmenrecht unbedenklich erschien, wurden nach Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes im Jahre 1998194 Zweifel an der vom BGH entwickelten Vertreterhaftung analog § 179 BGB laut.195 Der BGH selbst hat in späteren Urteilen an seiner Rechtsprechung festgehalten, ohne dabei auf die geänderte Rechtslage – geschweige denn die darauf gründende Kritik – auch nur mit einer Silbe einzugehen.196 aa) Veränderte Ausgangslage: Firmenzusätze für alle Kaufleute gemäß § 19 Abs. 1 HGB Durch die HGB-Novelle wurde zwar die Unterscheidung zwischen Sach- und Personenfirmen aufgegeben,197 sodass bei Weglassen des Rechtsformzusatzes im Grundsatz die Vermutung der Verpflichtung einer natürlichen Person oder Personengesellschaft naheliegt, auch wenn die Firma keinen Hinweis auf den Inhaber enthält.198 Jedoch sind nunmehr wegen der Neufassung von § 19 Abs. 1 HGB auch Einzelkaufleute sowie OHG und KG verpflichtet, ihrer Firma einen die Rechtsform angebenden Zusatz beizufügen,199 was bis dahin nach alter Rechtslage den Kapitalgesellschaften vorbehalten war. 193 Zu Verwendung des Rechtsformzusatzes einer anderen Kapitalgesellschaft ausführlich noch unten C. I. 2. b) und c). 194 Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften (Handelsrechtsreformgesetz – HRefG) vom 22.06.1998, BGBl. I S. 1474. 195 Canaris, HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 6 IV Rn. 42 ff.; Heinrich, in: Ulmer/Habersack/ Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 4 Rn. 40; Altmeppen, NJW 2012, 2833 (2837 f.); Brinkmann, IPRax 2008, 30 (32); Lamsa, EWiR 2007, 513 (514); vgl. auch Michalski, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 110. 196 BGH NJW 2007, 1529 (1529 ff.); BGH NJW 2012, 2871 (2871 ff.). 197 Vgl. HRefG, Art. 3 Nr. 11, BGBl. I S. 1474 (1475) hinsichtlich der Änderung des § 18 HGB; Körber, Jura 1998, 452 (455); Emmerich, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012, § 4 Rn. 54a; Michalski, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 110. 198 Michalski, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 110, der diese Ansicht vertritt, weil die Kenntlichmachung der beschränkten Haftung bei Kapitalgesellschaften doch eine Ausnahme darstelle; einschränkend Heinrich, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 4 Rn. 40. 199 HRefG, Art. 3 Nr. 12, BGBl. I S. 1474 (1475); vgl. auch Michalski, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 110.
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Vor diesem Hintergrund wird angezweifelt, dass durch das bloße Weglassen des Rechtsformzusatzes nach neuer Rechtslage noch der Anschein der Haftung einer natürlichen Person erzeugt werden kann.200 In der Tat stellt sich die Frage, ob bei fehlendem Rechtsformzusatz nicht lediglich der Anschein einer irgendwie unzulässigen Firmierung entsteht.201 Dementsprechend ist zu klären, ob das für die Analogie zu § 179 BGB maßgebliche Vertrauen nach geltendem Recht durch Weglassen des Rechtsformzusatzes überhaupt entstehen kann bzw. ob die Haftung nicht zumindest stets analog § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB ausgeschlossen sein müsste. bb) Fehlen eines „Rechtsformgebots“ für Nichtkaufleute als Anknüpfungstatsache des Vertrauens bei Weglassen des Rechtsformzusatzes Die unter Hinweis auf § 19 Abs. 1 HGB vorgebrachten Bedenken greifen allerdings zu kurz. Ein fehlender Rechtsformzusatz impliziert nicht zwingend einen Verstoß gegen die Rechtsformgebote, sondern weist vielmehr auf das zulässige Tätigwerden einer GbR oder eines Nichtkaufmanns im Rechtsverkehr hin.202 Nichtkaufleute dürfen keine Firma, sondern nur eine Geschäftsbezeichnung führen.203 Sie trifft also nicht nur wegen der fehlenden Nennung in § 19 Abs. 1 HGB keine Pflicht zur Offenlegung der Rechtsform. Da § 19 HGB verlangt, dass die Firma einen entsprechenden Zusatz enthält, fehlt es nach der gesetzlichen Systematik auch an einer tauglichen Anknüpfungsgrundlage für ein Rechtsformgebot der Nichtkaufleute. Dementsprechend war für den Gesetzgeber im Rahmen der Handelsrechtsreform 1998 maßgeblich, dass „Nicht-Kaufleute [...] alle Bezeichnungen als Geschäftsbezeichnungen verwenden können, solange diese nur keinen Rechtsformzusatz oder Zusatz über die Kaufmannseigenschaft enthalten.“204
Deutlicher konnte der Gesetzgeber nicht zum Ausdruck bringen, dass aus der Nichtverwendung eines § 19 HGB, § 4 GmbHG etc. entsprechenden Firmenzusatzes auf das Vorliegen eines Nichtkaufmannes geschlossen werden kann und muss. 200 So Canaris, HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 6 IV Rn. 42, 45; Altmeppen, NJW 2012, 2833 (2837 f.); Lamsa, EWiR 2007, 513 (514). 201 Vgl. auch Altmeppen, NJW 2012, 2833 (2837). 202 Dies – zwar nur, aber immerhin – für Nichtkaufleute annehmend Jaeger, in: Ziemons/ Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, § 4 Rn. 22. 203 RegE HRefG, BT-Drucksache 13/8444, S. 54; Bokelmann, Das Recht der Firmen und Geschäftsbezeichnungen, 5. Aufl. 2000, S. 24 Rn. 2, S. 27 Rn. 3a; Bokelmann, GmbHR 1998, 57 (58); K. Schmidt, NJW 1998, 2161 (2163). 204 RegE HRefG, BT-Drucksache 13/8444, S. 55.
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Konsequenterweise ist für die GbR ein Auftreten unter einem Gesamtnamen zulässig.205 Indes existiert keine gesetzliche Regelung, die die GbR dazu verpflichtet, im Rechtsverkehr mit einem die Rechtsform bezeichnenden Zusatz zu firmieren. Zwar ist eine freiwillige Firmierung nach ganz herrschender Ansicht zulässig und auch sinnvoll.206 Daraus kann aber noch keine Pflicht zur Führung eines Rechtsformzusatzes abgeleitet werden.207 Dagegen wird zwar eingewandt, § 19 HGB stelle ein allgemein geltendes Prinzip dar.208 Dem ist indes nicht zuzustimmen. Zwar lässt sich mangels seinerzeitiger Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR schwerlich einwenden, der Gesetzgeber hätte das Rechtsformgebot für die GbR doch im Zuge des HRefG regeln können. Doch ist § 19 HGB, wie die soeben zitierte Passage aus der Regierungsbegründung belegt, auf die Kaufmannseigenschaft zugeschnitten. Außerdem wäre es widersprüchlich, dass eine GbR zwar keine Firma führen darf,209 aber einen Rechtsformzusatz führen soll – ist doch der Rechtsformzusatz Teil der Firma210. Darüber hinaus stehen die gesetzlichen Rechtsformgebote im engen Zusammenhang mit der registerrechtlichen Kontrolle (vgl. etwa § 37 Abs. 1 HGB, § 2 Abs. 2 PartGG), an der es bei der GbR offensichtlich fehlt. Ungeachtet dessen bliebe es jedenfalls dabei, dass ein Zeichnen ohne Rechtsformzusatz zumindest auf die Vertretung eines Nichtkaufmannes hinweist. Darüber hinaus wird man aber angesichts der fehlenden Normierung eines Rechtsformgebotes für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts davon ausgehen können, dass ein Verstoß gegen dieses ungeschriebene Rechtsformgebot deutlich näher liegen würde als ein Verstoß gegen die gesetzlich normierten Rechtsformgebote. 205 Siehe hierzu ausführlich Habermeier, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2003, Vorbemerkungen zu §§ 705–740 Rn. 23; Ulmer/Schäfer, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2013, § 705 Rn. 270. 206 Habermeier, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2003, Vorbemerkungen zu §§ 705–740 Rn. 23. 207 Vgl. auch Heidinger, in: MünchKomm, HGB, 3. Aufl. 2010, § 19 Rn. 45; Schöne, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2016, § 705 Rn. 149; a. A. Ulmer/Schäfer, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2013, § 705 Rn. 274, die im obligatorischen Rechtsformzusatz des § 19 HGB ein allgemeines Prinzip sehen. 208 Ulmer/Schäfer, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2013, § 705 Rn. 274. 209 Gemäß § 17 Abs. 1 HGB ist die Firma der Name des Kaufmanns, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. Insofern ist die Firma Kaufleuten vorbehalten. 210 Vgl. Wortlaut der §§ 19 Abs. 1, 2 HGB, 4 Satz 1 GmbHG, 4 AktG; ebenso Sternberg, Der Gesellschaftszusatz in der Handelsfirma, 1975, S. 20; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 4 Rn. 15; Michalski, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 37; Rieder, in: MünchKomm, GmbHG, 1. Aufl. 2010, § 5a Rn. 43; vgl. auch Drescher, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 4 Rn. 4; Solveen, in: Hölters, AktG, 2. Aufl. 2014, § 4 Rn. 3.
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Bereits unter diesem Blickwinkel lässt sich also festhalten, dass die Handelsrechtsreform den Rechtsprechungsgrundsätzen zum Weglassen des Rechtsformzusatzes nicht den Boden entzogen hat. cc) Kein Firmenzusatz für nicht eingetragene Kaufleute? Darüber hinaus ist bis heute nicht abschließend geklärt, ob auch der nicht eingetragene Kaufmann zur Führung des Rechtsformzusatzes gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 HGB verpflichtet ist.211 Bestünde für ihn keine entsprechende Pflicht, so wäre eine Firmierung ohne den Rechtsformzusatz schon gar nicht unzulässig, der Rechtsverkehr würde insofern nicht getäuscht. Und selbst wenn man von einer Pflicht zum Hinzufügen des nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 HGB gebotenen Firmenzusatzes bzw. eines auf die Kaufmannseigenschaft hinweisenden Zusatzes ausgehen wollte, wäre die Wahrscheinlichkeit für eine fehlerhafte Firmierung insofern wiederum deutlich größer als für einen Verstoß gegen die expliziten und tradierten Rechtsformgebote des Kapitalgesellschaftsrechts. dd) Wertung von § 1 HGB: Kaufmannseigenschaft auch ohne Firma und Handelsregistereintragung Doch selbst wenn man die vorstehenden Überlegungen zum fehlenden Rechtsformgebot für Nichtkaufleute sowie zur Anwendung von § 19 Abs. 1 Nr. 1 HGB auf nicht eingetragene Kaufleute außen vor ließe, vermochte der Verweis auf § 19 Abs. 1 HGB die Rechtsprechungsgrundsätze nicht zu erschüttern. Die Kritik verkennt nämlich einen ganz gravierenden Unterschied zwischen den kapi talgesellschaftsrechtlichen Rechtsformgeboten und den nach § 19 HGB zu führenden Firmenzusätzen. Eine Kapitalgesellschaft entsteht nämlich erst durch entsprechende Registereintragung, während nach § 1 Abs. 1 HGB Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt, und eine Offene Handelsgesellschaft gemäß § 105 Abs. 1 HGB entsteht, sobald der Zweck einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist. In diesen Fällen ist die Eintragung in das Handelsregister lediglich deklaratorisch. Dementsprechend besitzt etwa eine GmbH zwingend eine Firma, wohingegen Kaufleute – der Einzelkaufmann wie die OHG – lediglich befähigt sind, eine Firma zu führen. Selbstverständlich gibt es daher nach der Logik des HGB Kaufleute, die nicht als solche, sondern 211 In der Literatur ist dies strittig: dafür Heidinger, in: MünchKomm, HGB, 4. Aufl. 2016, § 19 Rn. 11; Ries, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl. 2014, § 19 Rn. 36; Schlingloff, in: Oetker, HGB, 4. Aufl. 2015, § 19 Rn. 3; Bömeke, in: Häublein/Hoffmann- Theinert, BeckOK, HGB, 12. Ed. 2015, § 19 Rn. 5; dagegen Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl. 2016, § 19 Rn. 4; Zimmer, ZIP 1998, 2050 (2051).
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scheinbar als GbR oder Nichtkaufmann, im Rechtsverkehr auftreten. Vor diesem Hintergrund versteht sich auch die Vermutungsregel des § 1 Abs. 2 HGB, wonach ein Handelsgewerbe jeder Gewerbebetrieb ist, es sei denn, das Unternehmen erfordert nach Art oder Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Der Einwand, ein Verstoß gegen § 19 Abs. 1 HGB sei nicht wahrscheinlicher als beispielsweise ein Verstoß gegen § 4 GmbHG,212 verkennt folglich die gesetzlichen Grundgegebenheiten. In der Konsequenz liegt auf der Hand, dass der vom BGH gezogene Schluss vom Zeichnen ohne Rechtsformzusatz auf die Vertretung eines Nichtkaufmannes sehr wohl tragfähig ist. ee) Normative Absicherung Zuletzt kann nicht außer Acht gelassen werden, dass die Rechtsprechung zum Zeitpunkt des Erlasses des HRefG schon seit über 20 Jahren die Vertreterhaftung bei Weglassen des gebotenen kapitalgesellschaftsrechtlichen Rechtsformzusatzes befürwortete.213 Dementsprechend erscheint es fernliegend, dass der Gesetzgeber diese ohne ein Wort der Begründung214 abschaffen wollte.215 Hinzu kommt, dass § 19 Abs. 1 HGB lediglich der Transparenz und Information des Rechtsverkehrs dient, während § 19 Abs. 2 HGB, § 4 GmbHG, § 5a Abs. 1 GmbHG sowie § 4 AktG eine darüber hinausgehende Warnfunktion erfüllen.216 Mit diesem Stufenverhältnis wäre es schwerlich vereinbar, dass gerade § 19 Abs. 1 HGB einer effektiven Absicherung der kapitalgesellschaftsrechtlichen Rechtsformgebote im Wege stehen sollte. Mithin kann die Abschaffung der Vertreterhaftung auch nicht als Nebenfolge der HGB-Reform hingenommen werden.217 ff) Zwischenergebnis In summa begegnet die Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze zur Haftung des Vertreters einer Kapitalgesellschaft bei Weglassen des Rechtsformzusatzes auch nach der Handelsrechtsreform im Jahre 1998 und der damit einhergehenden Neufassung von § 19 Abs. 1 HGB keinen durchgreifenden Bedenken. Heinrich, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 4 Rn. 40. Siehe ausführlich oben B. I. 1. a) bb); erstmals BGH NJW 1974, 1191 (1192). 214 Vgl. RegE HRefG, BT-Drucksache 13/8444, in dem die Haftung gar nicht erwähnt ist. 215 Zum gleichen Ergebnis gelangt auch Canaris, HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 6 IV Rn. 46. 216 Canaris, HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 6 IV Rn. 45 f.; ähnlich Schmidt, NJW 1998, 2161 (2168); vgl. zur Warnfunktion der § 19 Abs. 2 HGB, § 4 Satz 1 GmbHG, § 5a Abs. 1 GmbHG und § 4 AktG ausführlich oben B. I., II., III., VII. 217 Ebenso Canaris, HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 6 IV Rn. 46. 212 So 213
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Zum einen lässt es sich teleologisch nicht rechtfertigen, von der analogen Anwendung des § 179 BGB abzuweichen. Zum anderen hat sich auch die in der Literatur vermehrt vorgetragene Kritik, durch die Erneuerung des § 19 Abs. 1 HGB könne gar kein Anschein der Haftung einer natürlichen Person mehr entstehen, nicht bestätigt. Das Fehlen eines Rechtsformzusatzes taugt dementsprechend weiterhin als Anknüpfungspunkt für den Anschein der unbeschränkten Haftung zumindest einer natürlichen Person. Es lässt auch nicht per se Zweifel aufkommen, welche eine Nachforschungsobliegenheit und so einen Haftungsausschluss analog § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB begründen könnten. Wenngleich eine Auseinandersetzung mit dieser Problematik in den Urteilen des BGH aus Gründen der Rechtsklarheit und argumentativen Überzeugungskraft wünschenswert gewesen wäre, kann der Rechtsprechung des II. Zivilsenats somit auch nach der Handelsrechtsreform die Aktualität nicht abgesprochen werden. e) Ergebnis Der Bundesgerichtshof hat über die vergangenen mehr als 40 Jahre die Rechtsfolgen einer Täuschung über die Rechtsform der Kapitalgesellschaft, insbesondere durch Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes, klar konturiert: Zwar soll der Vertrag mit der unbekannten Kapitalgesellschaft selbst bei einer Verschriftlichung der Vertragspartnerwahl nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts zu Stande kommen, doch muss dafür der die Rechtsform verschweigende Vertreter neben der Gesellschaft als Gesamtschuldner auf das positive Interesse haften. Tatsächlich vermag diese Rechtsprechung im Ergebnis ohne Abstriche zu überzeugen. Allerdings überdehnt der BGH bereits bei der Annahme eines Vertragsschlusses mit der Gesellschaft die Grenzen der Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts als Auslegungsregel. Auch soweit der BGH von einer „Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB“ spricht, ist dem entschieden zu widersprechen. Überhaupt überzeugt die Annahme einer Rechtsscheinhaftung nicht als tragfähiges Konzept. Indes liegen sehr wohl die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung von § 179 BGB vor. Diese erscheint gleichsam als fehlendes Mosaikstück, um einerseits den Vertragsschluss mit der Gesellschaft begründen zu können und andererseits den Vertreter für genau das Risiko einstehen zu lassen, über welches er getäuscht hat. Dabei begründet die Kumulativ haftung von Gesellschaft und Vertreter allenfalls eine scheinbar unüberwindbare Hürde. Denn wenn der Geschäftsgegner weder mit der Gesellschaft noch mit dem Vertreter kontrahieren wollte, so erhält er durch die gesamtschuldnerische
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Haftung beider nicht mehr, als er ursprünglich erwarten konnte, sondern etwas gänzlich anderes. Schließlich hat auch die Neufassung von § 19 Abs. 1 HGB und die Einführung eines gleichsam allgemeinen Rechtsformgebots für Kaufleute im Zuge der Handelsrechtsreform von 1998 nichts an der grundsätzlichen Richtigkeit der Rechtsprechungsregeln geändert. Nach wie vor kann und darf der Geschäftsgegner ohne Bedenken vom Zeichnen ohne Rechtsformzusatz auf die unbeschränkte Haftung zumindest einer natürlichen Person schließen.
2. Verwendung eines falschen Rechtsformzusatzes Der BGH hat seine Rechtsprechung zur Vertreterhaftung analog § 179 BGB wegen Weglassens des kapitalgesellschaftsrechtlichen Rechtsformzusatzes mit Urteil vom 12. Juni 2012 nicht nur bestätigt und auf die mit dem MoMiG neu eingeführte GmbH-Rechtsformvariante der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) übertragen.218 Diese Erkenntnis wäre kaum erwähnenswert. Denn die im vorigen Abschnitt angestellten Überlegungen gelten freilich ohne Unterschied für jede Kapitalgesellschaft. Beachtlich ist vielmehr, dass auch der BGH seine Rechtsprechungsregeln auf einen Fall der Verwendung eines falschen kapitalgesellschaftsrechtlichen Rechtsformzusatzes übertragen hat.219 Diese Entscheidung ist für die hiesige Betrachtung von ganz besonderer Bedeutung, da sie gleichsam den Zwischenschritt zu grenzüberschreitenden Sachverhalten markiert, in denen ausländische Kapitalgesellschaften unter dem Rechtsformzusatz einer inländischen Kapitalgesellschaft auftreten. Dementsprechend ist diese Rechtsprechung im Folgenden nicht minder kritisch zu untersuchen als die Rechtsprechung zum Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes. Da die UG keine separate Rechtsform, sondern nur eine Rechtsformvariante der GmbH darstellt, die im Wesentlichen mit geringerem Stammkapital gegründet werden kann, muss indes nochmals differenziert werden: Zunächst ist der Richtigkeit der Vertreterhaftung für den Fall nachzugehen, dass eine Unternehmergesellschaft fälschlich unter dem der klassischen GmbH vorbehaltenen Rechtsformzusatz vertreten wird. Erst auf dieser Grundlage ist zu erörtern, ob die Rechtsprechungsgrundsätze weitergehend auch auf die Verwendung des Rechtsformzusatzes einer gänzlich anderen Rechtsform – beispielsweise das Auftreten einer GmbH als Aktiengesellschaft – übertragen werden können. In einem ersten Schritt sollen jedoch noch einmal die Entscheidung und Argumentation des BGH in Erinnerung gerufen werden. 218
219
BGH NJW 2012, 2871 (2871, Rn. 12). BGH NJW 2012, 2871 (2871, Rn. 13).
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a) BGH, Urteil vom 12.06.2012: Vertreterhaftung auch bei Auftreten für eine Unternehmergesellschaft unter Verwendung des GmbH-Zusatzes aa) Sachverhalt Dem Urteil des BGH vom 12. Juni 2012 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer mit einem Stammkapital von 100 Euro gegründeten Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) bot dem Kläger unter der mit dem Zusatz „GmbH.u.G.“ versehenen Firma der UG Fassadenarbeiten an. Dieses und weitere Angebote unter identischer Bezeichnung der Gesellschaft nahm der Kläger telefonisch an. Er zahlte auch Vorschüsse. Die Arbeiten wurden begonnen, aber nicht zu Ende geführt, und die Gesellschaft kündigte den Werkvertrag später überdies mit sofortiger Wirkung. Daraufhin verlangte der Kläger sowohl von dem Geschäftsführer der Unternehmergesellschaft als auch von dieser selbst Schadensersatz in Höhe von ca. 14.600 Euro. Das Landgericht verurteilte die Gesellschaft zur Zahlung von ca. 12.450 Euro, wies indes die Klage gegen deren Gesellschafter-Geschäftsführer ab. Dagegen erachtete das Berufungsgericht die sodann auf Zahlung des ausgeurteilten Betrags beschränkte Klage gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer dem Grunde nach für gerechtfertigt. Gegen dieses Urteil richtete sich sodann der Gesellschafter-Geschäftsführer der Unternehmergesellschaft mit der Revision. bb) Die Argumentation des BGH und offengelassene Fragen Der BGH hat die Revision zurückgewiesen. Wie bereits eingangs erwähnt, hat der BGH das Berufungsgericht in der Annahme bestätigt, „dass eine Rechtsscheinhaftung nicht nur in Fällen eingreift, in denen der Rechtsformzusatz einer Kapitalgesellschaft ganz weggelassen wird, sondern auch dann, wenn für eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit dem unrichtigen Zusatz ,GmbH‘ gehandelt wird.“220
Da diese Frage unmittelbar nach Inkrafttreten des MoMiG umstritten war,221 begründete der BGH die Erstreckung der Haftungsgrundsätze ausführlich.
220
BGH NJW 2012, 2871 (2871, Rn. 8). etwa Gehrlein, Der Konzern 2007, 771 (780); Römermann, NJW 2010, 905 (907); Veil, GmbHR 2007, 1080 (1082). Der BGH zeigt den Streitstand auch selbst auf, vgl. BGH NJW 2012, 2871 (2871 f., Rn. 14). 221 Siehe
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(1) Normzweck des Rechtsformgebotes der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) gemäß § 5a Abs. 1 GmbHG Dabei stützte er sich maßgeblich auf den Normzweck des in § 5a Abs. 1 GmbHG verankerten Rechtsformgebotes. Das von vornherein (stark) verminderte Stammkapital der Unternehmergesellschaft als Variante der GmbH stelle eine Information dar, die dem Rechtsverkehr zwingend offenzulegen sei.222 Der spezielle Rechtsformzusatz sei darüber hinaus ein unverzichtbarer Bestandteil des Gläubigerschutzes der Unternehmergesellschaft.223 Insofern strahle die Seriositätsschwelle, die in einem angemessenen Mindeststammkapital liege, auch eine gewisse Seriosität auf die Rechtsform der GmbH insgesamt aus.224 Durch die Verwendung des Zusatzes „GmbH“ für eine Unternehmergesellschaft werde so im Ergebnis durch den falschen Eindruck, der Vertragspartner habe mit einem Stammkapital von mindestens 25.000 Euro ausgestattet werden müssen, zugleich auch über die geringere Kreditwürdigkeit der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) getäuscht.225 (2) Unbeachtlichkeit einer fehlenden Garantie für das Nochvorhandensein des Stammkapitals bei Vertragsschluss mit einer GmbH Der BGH führt weiter aus, dass der Erstreckung der Vertreterhaftung nicht erfolgreich mit dem Einwand begegnet werden könne, auch bei einer regulären GmbH sei das Mindeststammkapital lediglich bei der Gründung aufzubringen, so dass ein Gläubiger, welcher mit einer regulären GmbH kontrahiere, bei Vertragsschluss keineswegs mit einem vorhandenen Haftungsfonds in Höhe von 25.000 Euro rechnen könne.226 Denn die Benutzung des Rechtsformzusatzes „GmbH“ schaffe den Rechtsschein, dass ein solcher Haftungsfonds zumindest einmal bestand.227 Der Gläubiger sei zwar nicht davor geschützt, dass die GmbH ihr Stammkapital verwirtschafte; die gegenüber der Unternehmergesellschaft höhere Kapitalgrundlage der eingetragenen GmbH begründe aber eine entsprechend höhere Soliditätsgewähr.228 Überdies verhalte sich eine als reguläre GmbH firmierende Unternehmergesellschaft widersprüchlich, wenn sie einerseits die Aufbringung des regulären Haftungsfonds vermeiden wolle, anderer-
222
BGH NJW 2012, 2871 (2872, Rn. 16). BGH NJW 2012, 2871 (2872, Rn. 17). 224 BGH NJW 2012, 2871 (2872, Rn. 17). 225 BGH NJW 2012, 2871 (2872, Rn. 18). 226 BGH NJW 2012, 2871 (2872, Rn. 19). 227 BGH NJW 2012, 2871 (2872, Rn. 19). 228 BGH NJW 2012, 2871 (2872, Rn. 19). 223
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seits aber im Rechtsverkehr den Eindruck erwecke, jenen regulären Haftungsfonds – zumindest in der Vergangenheit schon einmal – aufgebracht zu haben.229 (3) Unbeachtlichkeit des Hinweises auf die „beschränkte Haftung“ durch die Verwendung des GmbH-Zusatzes Diesen Erwägungen folgend, weist der BGH auch die Argumentation zurück, es fehle bereits an einem Rechtsschein, weil der Vertragspartner auf die beschränkte Haftung hingewiesen werde. So sei nach dem Willen des Gesetzgebers auf das gegenüber der GmbH von vornherein (stark) verminderte Stammkapital zwingend hinzuweisen.230 Aus Sicht des Gesetzgebers und auch des Rechtsverkehrs sei es für die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft zudem von erheblicher Bedeutung, ob diese von vornherein mit dem gesetzlichen Mindeststammkapital der GmbH bzw. sogar darüber hinaus ausgestattet oder mit einem beliebig geringeren Stammkapital gegründet wurde.231 Schließlich spiegele die Eigenkapitalausstattung einer Gesellschaft auch das Vertrauen der Gesellschafter in das eigene Geschäftsvorhaben wider.232 (4) Unbeachtlichkeit des zusätzlichen Zusatzes „u.G.“ Da die Unternehmergesellschaft im zu entscheidenden Fall nicht lediglich den Zusatz „GmbH“ führte, sondern als „GmbH.u.G.“ auftrat, hatte der BGH darüber zu entscheiden, ob der durch die Verwendung des Rechtsformzusatzes „GmbH“ gesetzte Rechtsschein hierdurch zerstört wurde. Dies verneinte der II. Zivilsenat, da der Zusatz „u.G.“ in diesem Zusammenhang unverständlich und auch nach § 5a Abs. 1 GmbHG unzulässig sei.233 (5) Keine Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft Der BGH hat weiter klargestellt, dass auch, wenn eine Unternehmergesellschaft sich des GmbH-Zusatzes berühmt, keine als Innenhaftung ausgestaltete Unterbilanzhaftung, sondern eine Außenhaftung analog § 179 BGB Platz greife.234 Die Rechtsscheinhaftung sei keine subsidiäre Ausfallhaftung für den wirklichen Unternehmensträger, sondern bedeute, dass nach Maßgabe des zurechenbar verursachten Rechtsscheins gehaftet werde.235 Setze der Handelnde zure229
BGH NJW 2012, 2871 (2872, Rn. 19). BGH NJW 2012, 2871 (2872, Rn. 20). 231 BGH NJW 2012, 2871 (2872, Rn. 20). 232 BGH NJW 2012, 2871 (2872, Rn. 20). 233 BGH NJW 2012, 2871 (2872, Rn. 21). 234 BGH NJW 2012, 2871 (2873, Rn. 23). 235 BGH NJW 2012, 2871 (2873, Rn. 24). 230
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chenbar den Rechtsschein einer potentiell günstigeren Haftungssituation auf Grund einer besseren Kreditwürdigkeit der Gesellschaft, müsse er daher gegenüber dem Vertragspartner, der hierauf gutgläubig vertraut habe, neben dem Unternehmensträger als Gesamtschuldner haften.236 Dementsprechend reiche es nicht aus, dass der Handelnde die Unternehmergesellschaft dadurch in die Lage versetzt, die eingegangene Verbindlichkeit zu erfüllen, dass er das Stamm kapital bis zur Höhe des Mindeststammkapitals einer GmbH von 25.000 Euro auffüllt.237 Vielmehr begründe § 179 BGB eine schuldunabhängige Garantiehaftung, die allein auf dem Umstand basiere, dass die unmittelbar auftretende Person durch die dem Vertragspartner gegenüber abgegebene sachlich unzutreffende Erklärung einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe.238 Der BGH verwies insoweit auch auf die bereits in einer früheren Entscheidung angestellte Erwägung, dass der Handelnde durch die gesamtschuldnerische Außenhaftung nicht in unangemessener Weise belastet werde, da er im Innenverhältnis Ausgleich von dem wirklichen Rechtsträger verlangen könne und deshalb nur das Insolvenzrisiko der Unternehmergesellschaft zu tragen habe.239 (6) Keine Entscheidung über eine Begrenzung des Haftungsumfangs auf die Stammkapitaldifferenz zum Mindeststammkapital der GmbH Obschon die Analogie zu § 179 BGB befürwortend, ließ der BGH die Frage offen, ob die Haftung gegenüber dem einzelnen Gläubiger oder gegenüber der Gläubigergesamtheit auf die Differenz zwischen der Stammkapitalziffer der Unternehmergesellschaft und dem Mindeststammkapital der GmbH zu begrenzen ist.240 Dies war möglich, da die Unternehmergesellschaft über ein Stammkapital von 100 Euro verfügte, der Kläger lediglich Schadensersatz in Höhe von 12.450 Euro verlangte und weder vorgetragen noch sonst ersichtlich war, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer auch noch von anderen Gläubigern auf Grund der Rechtsscheinhaftung in Anspruch genommen wurde. b) Zur Übertragung der Vertreterhaftung analog § 179 BGB auf die Vertretung einer Unternehmergesellschaft unter Verwendung des GmbH-Zusatzes Im Folgenden soll nun der Frage nachgegangen werden, ob diese Übertragung der Vertreterhaftung analog § 179 BGB bei Weglassen des kapitalgesellschafts236
BGH NJW 2012, 2871 (2873, Rn. 24). BGH NJW 2012, 2871 (2873, Rn. 24). 238 BGH NJW 2012, 2871 (2873, Rn. 24). 239 BGH NJW 2012, 2871 (2873, Rn. 25). 240 BGH NJW 2012, 2871 (2873, Rn. 26). 237
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C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes
rechtlichen Rechtsformzusatzes auf Fälle, in denen eine Unternehmergesellschaft unzulässigerweise unter Verwendung des GmbH-Zusatzes vertreten wird, gerechtfertigt erscheint und zu überzeugen vermag. aa) Kritische Rezeption im Schrifttum Jedenfalls im Schrifttum ist die Erstreckung der – weitgehend anerkannten 241 – Rechtsprechungsgrundsätze für das Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes auf die Vertretung einer Unternehmergesellschaft unter Verwendung des GmbH-Zusatzes durchaus kritisch rezipiert worden. So wird die Übertragbarkeit nicht nur vereinzelt grundsätzlich in Frage gestellt.242 Zudem lehnt der Großteil der Literaturstimmen mit Blick auf die offene Vertretung eines haftungsbeschränkten Rechtsträgers zumindest die – vom BGH freilich offengelassene – Konsequenz einer unbeschränkten Vertreterhaftung ab.243 Dabei soll die Haftung entweder auf die Stammkapitaldifferenz zu 25.000 Euro gegenüber dem einzelnen Gläubiger244 oder gegenüber der Gesamtheit der Gläubiger245 begrenzt sein. Lediglich vereinzelt wird die Rechtsprechung zum Weglassen des Rechtsformzusatzes uneingeschränkt übertragen.246 241
Siehe die Nachweise in Fn. 93. Altmeppen, NJW 2012, 2833 (2833 ff.); Beuthien, GmbHR 2013, 1 (10); Lutter/Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl. 2012, § 5a Rn. 59; Paura, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 5a Rn. 31; Römermann, GmbHR 2012, 955 (955 ff.); Westermann, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012, § 5a Rn. 14. 243 Beck/Schaub, GmbHR 2012, 1331 (1331 ff.); Heckschen, DStR 2009, 166 (170); Meckbach, NZG 2011, 968 (968 ff.); Miras, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 5a Rn. 59; Miras, NZG 2012, 1095 (1097); Miras, in: Ziemons/Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, § 5a Rn. 58, 58a; Pöschke, DStR 2012, 1817 (1817); Rieder, in: MünchKomm, GmbHG, 2. Aufl. 2015, § 5a Rn. 16; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 5a Rn. 11; Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 5a GmbHG Rn. 15; Schäfer/Hemberger, Ad Legendum 2014, 329 (334); Weber, JA 2012, 868 (870); Wicke, GmbHG, 3. Aufl. 2016, § 5a Rn. 6. 244 Beck/Schaub, GmbHR 2012, 1331 (1334); Miras, NZG 2012, 1095 (1097); Miras, in: Ziemons/Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, § 5a Rn. 58, 58a; wohl auch Miras, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 5a Rn. 59; Rieder, in: MünchKomm, GmbHG, 2. Aufl. 2015, § 5a Rn. 16; Wicke, GmbHG, 3. Aufl. 2016, § 5a Rn. 6, die keine Einschränkung hinsichtlich der Gesamtheit der Gläubiger vornehmen. 245 Beck/Schaub, GmbHR 2012, 1331 (1334); Meckbach, NZG 2011, 968 (970 f.); Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 2. Aufl. 2014, § 5a GmbHG Rn. 15; Schäfer/Hemberger, Ad Legendum 2014, 329 (334); Weber, JA 2012, 868 (870); vgl. bereits vor Inkrafttreten des MoMiG Veil, GmbHR 2007, 1080 (1082); siehe auch Pöschke, DStR 2012, 1817 (1817), der gerade wegen der Schwierigkeiten der Begrenzung gegenüber der Gläubigergesamtheit für eine Innenhaftung plädiert. 246 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 5a Rn. 9; K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, S. 158, § 4 VII 2 d. 242
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bb) Maßstab der Übertragbarkeit: normative Vergleichbarkeit mit dem Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes Gegen die Entscheidung ist jedenfalls anzuführen, dass es hier wie auch beim Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes keine „Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB“ geben kann und bei der Haftung eines Vertreters, der behauptet, mit Vertretungsmacht zu handeln, überhaupt keine Rechtsscheinhaftung in Betracht kommt.247 Ebenso geht der Begründungsansatz über den Einwand widersprüchlichen Verhaltens fehl. Das gilt zum einen für die vom BGH herangezogene „als reguläre GmbH firmierende Unternehmergesellschaft“248. Denn nicht diese, sondern ihre Gesellschafter haben den Haftungsfonds aufzubringen. Zum anderen kann weder ein widersprüchliches Verhalten der Gesellschaft noch ein widersprüchliches Verhalten ihrer Gesellschafter die Haftung des die Gesellschaft Vertretenden rechtfertigen. Selbst wenn man insofern eine Zurechnung des treuwidrigen Verhaltens erwägen wollte, ließe sich diese allenfalls umgekehrt begründen, also von der Person des einfachen Vertreters hin zu den im Hintergrund agierenden Gesellschaftern. Vielmehr kann Ansatzpunkt auch insoweit nur eine analoge Anwendung der Haftungsregelung für den Vertreter ohne Vertretungsmacht gemäß § 179 BGB sein. Indes bedarf es hier keiner nochmals grundlegenden Erörterung der Analogievoraussetzungen. Vielmehr ist lediglich die Frage zu beantworten, ob die Verwendung des GmbH-Zusatzes im Zuge der Vertretung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – im Hinblick auf die für die Analogie zu § 179 BGB maßgeblichen Wertungen – von der Konstellation des Weglassen des kapitalgesellschaftsrechtlichen Rechtsformzusatzes abweicht. Für Letztere wurde schließlich bereits nachgewiesen, dass die analoge Anwendung des § 179 BGB gerechtfertigt und geboten ist.249 cc) Vergleichbarkeit des Rechtsverstoßes Im Hinblick auf die Fälle des Weglassens des gebotenen kapitalgesellschaftsrechtlichen Rechtsformzusatzes ist zunächst festzustellen, dass sich die Normverstöße gleichen. Zum einen steht – das liegt auf der Hand – in beiden Fällen der Verstoß gegen ein kapitalgesellschaftsrechtliches Rechtsformgebot in Rede. Zum anderen erfüllt der nach § 5a Abs. 1 GmbHG für die Unternehmergesellschaft geltende Rechtsformzusatz eine § 4 GmbHG entsprechende Warnfunktion: So wie der 247
Siehe hierzu ausführlich oben C. I. 1. c) aa), bb). BGH NJW 2012, 2871 (2872, Rn. 19). 249 Siehe hierzu ausführlich oben C. I. 1. e). 248
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GmbH-Zusatz den Rechtsverkehr auf die „beschränkte Haftung“ im Vergleich zu einer unbeschränkt haftenden natürlichen Person aufmerksam machen soll, bezweckt der UG-Zusatz die Warnung, dass die Haftung bei der Unternehmergesellschaft im Vergleich zu einer klassischen GmbH noch „beschränkter“ ist.250 Das Auftreten einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) unter Verwendung des Rechtsformzusatzes „GmbH“ läuft den gesetzgeberischen Wertungen von § 5a Abs. 1 GmbHG folglich ebenso diametral zuwider wie das Auftreten einer GmbH unter Weglassen des Rechtsformzusatzes den Wertungen des § 4 GmbHG. dd) Vergleichbarkeit des Rechtsscheins Mit der Feststellung, dass sich das Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes und die Verwendung des GmbH-Zusatzes durch eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) im normativen Ausgangspunkt decken, ist zugleich der Grundstein für die Erstreckung der Vertreterhaftung analog § 179 BGB gelegt. Denn auch mit Blick auf § 5a Abs. 1 GmbHG kann konstatiert werden, dass der gesetzgeberisch hoch gehangenen Gebotsnorm ansonsten die effektive Sanktionierung durch eine Verstoßfolgennorm fehlte.251 An dieser Stelle kann die Untersuchung jedoch nicht Halt machen. Schließlich normiert § 179 BGB eine Haftung für enttäuschtes Vertrauen.252 Würde letztlich kein entsprechender Vertrauenstatbestand geschaffen, könnte § 179 BGB nicht herangezogen werden. Dementsprechend ist die Frage zu beantworten, ob bei der Vertretung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) unter Verwendung des GmbH-Zusatzes ein mit den Fällen des Weglassens des Rechtsformzusatzes vergleichbarer Rechtsschein gesetzt wird. (1) Grundsätzliche Vergleichbarkeit Dabei gilt im Grundsatz das Gleiche wie für den Rechtsverstoß: Bei der Verwendung eines der GmbH vorbehaltenen Rechtsformzusatzes durch eine Unternehmergesellschaft wird ebenso über die rechtliche Verfassung und Identität des Unternehmensträgers getäuscht wie in den Fällen, in denen die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft gänzlich verschwiegen und so der Rechtsschein der Vertretung einer natürlichen Person oder Personengesellschaft gesetzt wird. Zudem wird durch die Anmaßung der Rechtsform der klassischen GmbH durch eine Unternehmergesellschaft gleichermaßen über den rechtsformbedingten 250
Dazu bereits ausführlich oben B. II. dieser Überlegung im Rahmen der Vertreterhaftung bei Weglassen des Rechtsformzusatzes oben C. I. 1. c) cc) (2). 252 Zum Normzweck des § 179 BGB oben C. I. 1. c) cc) (3) (a). 251 Zu
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Reputationsmalus hinweggetäuscht, wie wenn bei der Vertretung einer GmbH der Anschein erweckt wird, es handele sich tatsächlich gar nicht um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Dementsprechend ist dem II. Zivilsenat uneingeschränkt beizupflichten, wenn er ausführt, die Seriositätsschwelle, die in einem angemessenen Mindeststammkapital liege, strahle auch eine gewisse Seriosität auf die Rechtsform insgesamt aus, weshalb durch die Verwendung des Zusatzes „GmbH“ für eine Unternehmergesellschaft über deren geringere Kreditwürdigkeit hinweggetäuscht werde.253 Vor diesem Hintergrund erschließt sich auch, dass sich bei der Vertretung einer als GmbH verschleierten Unternehmergesellschaft die – für den Analogieschluss grundlegende, indes im Schrifttum bislang äußerst stiefmütterlich behandelte – Vertragsschlussproblematik in unverminderter Schärfe stellt: Wer auf ein schriftliches Angebot einer GmbH einen Vertrag schließt, nach dem er möglicherweise, wie im Fall des BGH, sogar vorleistungspflichtig ist, dem kann nicht unterstellt werden, dass er denselben Vertrag zu denselben Konditionen auch mit einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit schlimmstenfalls lediglich 1 Euro Stammkapital geschlossen hätte. Dementsprechend vermögen auch hier die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts die durch die grundgesetzlich verankerte Privatautonomie anzuerkennende explizite Vertragspartnerwahl nicht zu überspielen,254 solange dem Geschäftsgegner nicht – in Gestalt der Vertreterhaftung analog § 179 BGB – ein Ausgleich für den quasi aufgezwungenen Vertragspartner gewährt wird.255 Dementsprechend spricht sehr viel dafür, dass es richtig und geboten ist, die Vertreterhaftung analog § 179 BGB auf die Fälle der Vertretung einer Unternehmergesellschaft unter Verwendung des GmbH-Zusatzes zu erstrecken. (2) Keine durchgreifenden Bedenken wegen Vertretung einer Gesellschaft „mit beschränkter Haftung“ Mithin bleibt als Ansatzpunkt gegen die Übertragung der Rechtsprechungsgrundsätze zum Weglassen des Rechtsformzusatzes nurmehr der Umstand, dass bei der Vertretung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) unter Verwendung des GmbH-Zusatzes explizit eine Kapitalgesellschaft – sogar
253
BGH NJW 2012, 2871 (2872, Rn. 17 f.). Ausführlich zur unzureichenden Erklärung des Vertragsschlusses mit der Kapitalgesellschaft im Falle des Zeichnens ohne Rechtsformzusatz oben C. I. 1. b) bb). 255 Eingehend zur Gesetzeslücke und zur Lückenfüllung durch die Vertreterhaftung analog § 179 BGB in den Fällen des Weglassens des Rechtsformzusatzes oben C. I. 1. c) cc) (2), (3). 254
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eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter dem GmbHG – vertreten wird. Hieraus lassen sich letztlich drei verschiedene Argumentationslinien gegen die Annahme eines relevanten Rechtsscheins ableiten: Erstens, könnte man überlegen, dass bereits kein unzutreffender Rechtsschein entsteht, weil die Unternehmergesellschaft ja selbst eine Rechtsformvariante der GmbH darstellt, für die weithin das GmbHG zur Anwendung gelangt.256 Zweitens, könnte die Vergleichbarkeit des Rechtsscheins daran scheitern, dass dem Rechtsverkehr durch die Bezeichnung als GmbH die „beschränkte Haftung“ offengelegt wird und insofern gerade nicht der Anschein der unbeschränkten Haftung einer natürlichen Person entsteht.257 In diesem Sinne könnte es drittens bedeutsam sein, dass auch das Stammkapital einer GmbH im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht mehr zwingend vorhanden sein muss und der Geschäftsgegner somit auch nicht auf die Solvenz der GmbH hätte vertrauen können.258 Diesen Überlegungen ist im Folgenden nachzugehen. (a) Unbeachtlichkeit der Ausgestaltung der Unternehmergesellschaft als Rechtsformvariante der GmbH In der Tat ist die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) nach der gesetzlichen Konzeption keine separate Rechtsform, sondern lediglich eine Rechtsformvariante der GmbH.259 Das kann indes für die hiesige Betrachtung keine Rolle spielen. Denn ob ein die analoge Anwendung von § 179 BGB rechtfertigender Rechtsschein gesetzt wurde, ist eine Wertungsfrage. Der Gesetzgeber hat mit dem separaten Rechtsformgebot in § 5a Abs. 1 BGB hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass für die Offenlegung dieser Rechtsformvariante dasselbe Bedürfnis und dieselbe Notwendigkeit besteht wie für eine andere Rechtsform.260 Das ist auch in der Sache offensichtlich berechtigt, weil ein Gesellschafter, der in seine Gesellschaft schlimmstenfalls nicht mehr als Beck/Schaub, GmbHR 2012, 1331 (1332). Altmeppen, NJW 2012, 2833 (2835); Meckbach, NZG 2011, 968 (971); Pöschke, DStR 2012, 1817 (1817); vgl. Römermann, GmbHR 2012, 955 (957). 258 So Altmeppen, NJW 2012, 2833 (2835); Miras, NZG 2012, 1095 (1096); Römermann, GmbHR 2012, 955 (957); Weber, JA 2012, 868 (870). 259 RegE MoMiG, BT-Drucksache 16/6140, S. 31; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 5a Rn. 7; Miras, NZG 2012, 1095 (1096); Schäfer/Hemberger, Ad Legendum 2014, 329 (333). 260 Zur Bedeutung des Rechtsformzusatz siehe vor allem RegE MoMiG, BT-Drucksache 16/6140, S. 74; außerdem Miras, in: Ziemons/Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, § 5a Rn. 6; Rieder, in: MünchKomm, GmbHG, 2. Aufl. 2015, § 5a Rn. 14; Westermann, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012, § 5a Rn. 14. 256 So 257 So
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1 Euro zuzüglich Notarkosten investiert hat, nicht denselben Anreiz zum sorgsamen Umgang mit dieser hat wie derjenige, dessen Investitionsentscheidung sich auf 25.000 Euro beläuft.261 (b) Unbeachtlichkeit der Offenbarung der „beschränkten Haftung“ bei Vertretung als GmbH Es ist ebenfalls richtig, dass der Geschäftsgegner über die grundsätzlich „beschränkte Haftung“ der Gesellschaft ins Bild gesetzt wird, wenn der Vertreter der Unternehmergesellschaft vorgibt, eine GmbH zu vertreten. Allerdings kann auch aus diesem Umstand kein maßgeblicher Unterschied zu den Fällen des Weglassens des Rechtsformzusatzes erblickt werden. Denn die Bezeichnung „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ ist bekanntlich missverständlich: Eine GmbH haftet als juristische Person selbstverständlich mit ihrem Vermögen ebenso unbeschränkt wie eine natürliche Person.262 Ihr Vermögen ist auch nicht auf das Stammkapital beschränkt, sondern kann freilich ebenso weit darüber wie darunter liegen. Dementsprechend kann eine GmbH auch im Einzelfall solventer sein als eine natürliche Person. Die „beschränkte Haftung“ bedeutet lediglich, dass die von der GmbH getragene Unternehmung von dem Privatvermögen ihrer Gesellschafter getrennt ist, die Gesellschaftsgläubiger also nur auf das Gesellschaftsvermögen und nicht auch auf das Privatvermögen der Gesellschafter zugreifen können. Diese Vermögens- und zugleich Risikoabschirmung (das sogenannte „defensive asset partitioning“263 bzw. „owner shielding“264) schlägt sich zwar in der Kreditwürdigkeit – oder in den Worten des BGH: der Solidität – der Gesellschaft nieder. Deswegen ist der Geschäftsgegner beim Weglassen des Rechtsformzusatzes schutzwürdig, obwohl auch eine GmbH unbeschränkt haftet und im Einzelfall vermögender als eine natürliche Person sein kann. Doch kommt es insofern wiederum auf den Grad der Abschirmung an und genau hierin liegt der bereits
So auch Miras, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 5a Rn. 58; vgl. allgemein zum Einfluss des Mindestkapitals auf verantwortungsbewusstes Wirtschaften der Gesellschafter Kleindiek, ZGR 2006, 335 (343). 262 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 13 Rn. 66; Hecht, in: Gehrlein/Ekkenga/Simon, GmbHG, 1. Aufl. 2012, § 4 Rn. 28; Wilhelmi, in: Ziemons/Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, § 13 Rn. 49; im Kontext der Diskussion um den Rechtsformzusatz der Unternehmergesellschaft im Vorfeld des MoMiG auch Veil, GmbHR 2007, 1080 (1082). 263 Hansmann/Kraakman, Yale L.Y. 110 (2000), 387 (395 f.). 264 Kraakman/Armour/Davies/Enriques/Hansmann/Hertig/Hopt/Kanda/Rock, The Anatomy of Corporate Law, 2. Aufl. 2009, S. 9 f. 261
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dargestellte Ansatzpunkt für die Übertragung der Rechtsprechungsgrundsätze. Denn durch das noch geringere Stammkapital der Unternehmergesellschaft gehen deren Gesellschafter nahezu überhaupt kein persönliches Risiko ein. Andernfalls müsste man sich schließlich auch wundern, dass der separate Rechtsformzusatz für die Unternehmergesellschaft rechtspolitisch einhellig als geboten anerkannt ist und selbst in der Diskussion um die Vertreterhaftung analog § 179 BGB noch niemand vorgeschlagen hat, die Regelung in § 5a Abs. 1 GmbHG abzuschaffen. In summa kann daher keine Rede davon sein, dass der Geschäftsgegner auf Grund des Hinweises auf die „beschränkte Haftung“ nicht mehr schutzbedürftig sei oder gar genau wisse, worauf er sich einlässt. Denn durch die Verwendung des GmbH-Zusatzes weist der Vertreter eben nicht lediglich darauf hin, dass er einen Rechtsträger mit irgendwie beschränkter Haftung vertritt, sondern auf die Vertretung einer GmbH, welche nicht zuletzt auf Grund der gesetzlichen Anforderungen an das Stammkapital ein spezifisches Risikoprofil aufweist, hinter dem die Rechtsformvariante der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) deutlich zurückbleibt. (c) Unbeachtlichkeit der Möglichkeit des Stammkapitalverbrauchs in der GmbH In diesem Sinne ist es zwar ebenfalls nicht falsch, dass auch das im Vergleich zur Unternehmergesellschaft höhere Stammkapital einer GmbH bereits verbraucht sein könnte. Doch liegt auch dieser Einwand – aus den im Wesentlichen gleichen Überlegungen – neben der Sache. Das illustriert wiederum der Vergleich mit der Fallkonstellation, in welcher der Vertreter einer GmbH ohne Rechtsformzusatz zeichnet und daher den Anschein der Vertretung einer natürlichen Person oder Personengesellschaft erweckt. Eine natürliche Person hat nämlich überhaupt kein Stammkapital, das sie aufbringen müsste, um am Rechtsverkehr teilnehmen zu dürfen. Sie kann sogar vermögenslos sein. Die Rechtsprechungsgrundsätze gründen denn auch nicht auf der Prämisse, dass bei einer natürlichen Person stets ausreichend Vermögen vorhanden wäre. Das wäre auch offensichtlich unzutreffend. Vielmehr geht es – und das hat der BGH in seinem Urteil zur Übertragbarkeit der Vertreterhaftung erkannt – um Kreditwürdigkeit, Insolvenzrisiko und Solidität. Für das Verhältnis von Unternehmergesellschaft und GmbH spielt das aufzubringende Stammkapital insofern zwar eine bedeutende Rolle – aber eben nicht als Garantiekapital, das jederzeit vorhanden sein müsste. Dass auch das Stammkapital einer GmbH bereits verbraucht sein könnte, stellt die Rechtsprechungsgrundsätze folglich ebensowenig in Frage wie der Einwand gegen die Vertreter-
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haftung bei Weglassen des Rechtsformzusatzes, eine natürliche Person müsse überhaupt kein Stammkapital aufbringen. (3) Unbeachtlichkeit fehlender Vertreter- und Gesellschafterhaftung bei der GmbH Noch abseitiger ist es, der Übertragung der Rechtsprechungsgrundsätze entgegenzuhalten, auch bei der klassischen GmbH könnte der Gläubiger nicht auf eine für sie auftretende Person Rückgriff nehmen.265 Auch das ist sicherlich zutreffend, aber eben auch keine Grundlage für die Vertreterhaftung bei Weglassen des Rechtsformzusatzes. Denn diese setzt nicht voraus, dass gerade der Vertreter – als Inhaber des Einzelunternehmens oder Gesellschafter einer Personengesellschaft – selbst für die begründete Verbindlichkeit einstehen müsste.266 (4) Zwischenergebnis Aus dem Umstand, dass der Vertreter den GmbH-Zusatz verwendet und den Geschäftsgegner dementsprechend auf die „beschränkte Haftung“ hinweist, lassen sich keine durchgreifenden Bedenken gegen die Übertragung der Vertreterhaftung analog § 179 BGB ableiten. Im Übrigen ist der durch die Anmaßung der Rechtsform der GmbH geschaffene Rechtsschein vergleichbar mit den Fällen des Weglassens des Rechtsformzusatzes, weil der Vertreter der Unternehmergesellschaft gleichermaßen über deren rechtsformbedingten Reputationsmalus hinwegtäuscht wie der Vertreter einer GmbH, der den Anschein erweckt, er vertrete eine natürliche Person oder Personengesellschaft. In summa ist es dementsprechend überzeugend und geboten, die Vertreterhaftung analog § 179 BGB auf die Fälle zu übertragen, in denen der Vertreter einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) den Anschein erweckt, eine GmbH zu vertreten. ee) Zum Haftungsumfang Damit bleibt zuletzt noch die vom BGH offengelassene Frage zu beantworten, ob die Vertreterhaftung auf die Differenz zwischen dem tatsächlichen Stammkapital der Unternehmergesellschaft und dem Mindeststammkapital einer GmbH – 25.000 Euro gemäß § 5 Abs. 1 GmbHG – zu beschränken ist. Darüber hinaus ist in der Diskussion um die Rechtsfolgen die vom II. Zivilsenat zurückgewiesene Forderung nach einer Innenhaftung anstelle der bei Weglassen des Römermann, NJW 2010, 905 (907). BGH NJW 1981, 2569 (2570), wonach der Anschein genügt, „der Inhaber der Firma, wer auch immer das sei, hafte [...] unbeschränkt“. 265 So
266 Vgl.
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Rechtsformzusatzes eingreifenden Außenhaftung aufzugreifen und zu überprüfen. (1) Keine Beschränkung auf die Stammkapitaldifferenz zu 25.000 Euro Die herrschende Auffassung im Schrifttum plädiert dafür, die Vertreterhaftung – gegenüber dem einzelnen Gläubiger oder der Gläubigergesamtheit – auf die Stammkapitaldifferenz zu 25.000 Euro begrenzen, damit der Geschäftsgegner am Ende nicht besser steht, als wenn der Vertrag tatsächlich mit einer GmbH zustande gekommen wäre.267 Eine solche Beschränkung mag zwar auf den ersten Blick plausibel erscheinen. Sie lässt sich indes nicht überzeugend begründen. (a) Grundsätzliche Bedenken gegen eine Haftungsbeschränkung mit Blick auf die Rechtsgrundlage der Vertreterhaftung Dabei begegnet die Idee einer Haftungsbeschränkung bereits mit Blick auf die Rechtsgrundlage der Vertreterhaftung ganz erheblichen Bedenken. Der historische BGB-Gesetzgeber hatte sich nämlich ganz bewusst sogar dazu entschieden, die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht nicht auf das negative Interesse zu begrenzen.268 Dementsprechend kann der Geschäftsgegner nach § 179 Abs. 1 BGB nicht nur Schadensersatz verlangen, sondern – nach seiner Wahl – eben auch Erfüllung. Insofern könnte eine grundsätzliche Beschränkung der Vertreterhaftung nur schwerlich mit § 179 BGB in Einklang gebracht werden, da sie nicht selten zum Ausschluss des Erfüllungsanspruchs führen dürfte. (b) Keine Beschränkung gegenüber dem einzelnen Gläubiger Jedenfalls eine Beschränkung auf die Stammkapitaldifferenz zu 25.000 Euro gegenüber dem einzelnen Gläubiger wäre völlig aus der Luft gegriffen. Denn dahinter stünde offensichtlich die Vorstellung, jeder einzelne Gläubiger dürfte 267 Beck/Schaub, GmbHR 2012, 1331 (1334); Meckbach, NZG 2011, 968 (968 ff.); Miras, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 5a Rn. 59; Miras, NZG 2012, 1095 (1097); Miras, in: Ziemons/Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, § 5a Rn. 58, 58a; Pöschke, DStR 2012, 1817 (1817); Rieder, in: MünchKomm, GmbHG, 2. Aufl. 2015, § 5a Rn. 16; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 5a Rn. 11; Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 5a GmbHG Rn. 15; Schäfer/Hemberger, Ad Legendum 2014, 329 (334); Weber, JA 2012, 868 (870); Wicke, GmbHG, 3. Aufl. 2016, § 5a Rn. 6; a. A. Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 5a Rn. 9; K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl. 2014, S. 158, § 4 VII 2 d. 268 Vgl. Mugdan, Die gesammten Materialien zum BGB. Band 1, 1899, S. 487.
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sich darauf verlassen, dass für ihn allein das Stammkapital der Gesellschaft reserviert wäre. Das ist jedoch natürlich nicht der Fall. (c) Keine Beschränkung gegenüber der Gläubigergesamtheit Demgegenüber wird der hinter einer Beschränkung auf die Stammkapitaldifferenz gegenüber der Gläubigergesamtheit stehende Gedanke zwar klar. Denn der Gläubiger einer GmbH kann sich nur darauf verlassen, dass das Mindeststammkapital einmal aufgebracht wird. Unter Anreizgesichtspunkten wäre eine solche Lösung indes geradezu katastrophal. Zum einen bliebe ab dem Zeitpunkt, in dem die Vertreterhaftung einmal – gegenüber welchem Geschäftsgegner auch immer – in Höhe der Stammkapitaldifferenz entstanden ist, jede weitere Täuschung über die Rechtsform praktisch sanktionslos.269 Von einer effektiven Sanktion des Verstoßes gegen das Rechtsformgebot des § 5a Abs. 1 GmbHG ließe sich somit nicht mehr sprechen. Zum anderen stellt sich die Frage, wie eine solche Haftungsbegrenzung praktisch funktionieren sollte:270 In jedem Fall müsste der Anspruch des Gläubigers wohl summenmäßig auf die Stammkapitaldifferenz beschränkt sein, da er mehr unter keinen Umständen verlangen kann. Darüber hinaus müsste der Vertreter jedoch konsequenterweise einwenden können, an einen anderen Gläubiger wegen eines in der Täuschung über die Rechtsform begründeten Anspruchs gezahlt zu haben. Denkt man die Begrenzung auf die Stammkapitaldifferenz zu Ende, so müsste dies sogar für eine Leistung an die Unternehmergesellschaft selbst gelten. Denn das Stammkapital der GmbH müsste schließlich auch an diese geleistet werden. Für den Geschäftsgegner wäre es dementsprechend nahezu unmöglich, zu erahnen, in welchem Umfang er den Vertreter in Anspruch nehmen kann. Selbst wenn er ein Urteil gegen diesen erstritten hätte, könnte der Vertreter die nachträgliche Zahlung an einen anderen Gläubiger oder die Gesellschaft immer noch im Wege der Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO geltend machen. Hinzu kommt, dass die verschiedenen Gläubiger noch nicht einmal Gesamtgläubiger im Sinne des § 428 BGB (mit der Folge einer Ausgleichspflicht nach § 430 BGB) sein dürften, weil die verschiedenen Forderungen auf unterschiedlichen Vertragsschlüssen beruhen und daher schwerlich „eine Leistung“ im Sinne von § 428 BGB darstellen. Dementsprechend wäre die Durchsetzung des Anspruchs des Geschäftsgegners mit so viel Rechtsunsicherheit und Rechtsrisiko verbunden, dass er vernünftigerweise von einer gerichtlichen Geltendmachung Abstand nehmen müsste. Die Begrenzung der Vertreterhaftung auf die Differenz zum Mindeststammkapital einer GmbH würde die Miras, NZG 2012, 1095 (1097). Kritisch hierzu auch Pöschke, DStR 2012, 1817 (1817).
269 Vgl. 270
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C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes
Erstreckung der Rechtsprechungsgrundsätze auf die Fälle des Auftretens für eine Unternehmergesellschaft unter Verwendung des GmbH-Zusatzes mithin nahezu vollständig unterminieren. Damit liegt aber zugleich auf der Hand, dass eine so konzipierte Vertreterhaftung nicht im Ansatz ihrer lückenfüllenden Funktion 271 gerecht würde. Denn einem Geschäftsgegner, der schriftlich einen Vertrag mit einer GmbH schließt, kann auf Grund eines solchen Haftungsausgleiches nicht unterstellt werden, dass es ihm gleichgültig sei, wenn der Vertrag doch zu denselben Konditionen mit einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) zustande kommt. (d) Generelle Unbeachtlichkeit der tatsächlichen Stammkapitaldifferenz Darüber hinaus wurde bereits bei der Frage des Rechtsscheins dargelegt, dass das tatsächlich vorhandene Stammkapital keine Rolle spielt:272 Eine GmbH kann ebenso vermögenslos sein wie eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) und das gilt ganz genauso für natürliche Personen und Personengesellschaften. Auch die Insolvenzfähigkeit ist bekanntlich nicht an die Verfassung als Gesellschaft mit beschränkter Haftung geknüpft. Nach § 11 Abs. 1 InsO kann ein Insolvenzverfahren vielmehr über das Vermögen jeder natürlichen und jeder juristischen Person eröffnet werden, ferner gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit. Hinzu kommt, dass ein Stammkapital für natürliche Personen und Personengesellschaften nicht existiert. Diese können vielmehr am Rechtsverkehr teilnehmen, ohne dass zuvor geprüft wurde, dass ein Mindestkapital zur Verfügung steht. Würde man den Gedanken einer Haftungsbegrenzung auf die Stammkapitaldifferenz zu Ende denken, käme man so zwangsläufig zu der Erkenntnis, dass die Haftung bei Weglassen des Rechtsformzusatzes – wegen des Rechtsscheins der Vertretung einer Person mit 0 Euro Stammkapital – auf Null begrenzt sein müsste. Das ist freilich verfehlt. Doch lässt sich eben auch kein Unterschied darin erblicken, dass in dem einen Fall der Anschein einer „unbeschränkten Haftung“ und in dem anderen Fall der Anschein „beschränkter Haftung“ entsteht. Denn eine GmbH haftet ebenso unbeschränkt wie eine natürliche Person. Vor diesem Hintergrund wird auch deutlich, dass die unbeschränkte Vertreterhaftung bei Weglassen des Rechtsformzusatzes auf dem Umstand der grundsätzlich größeren Reputation, Solidität, Kreditwürdigkeit und Seriosität einer Unternehmung gründet, die durch eine Privatperson oder Personengesellschaft betrieben wird. Das liegt auch auf der Hand, weil das Schicksal des Unterneh271
272
Ausführlich zur Gesetzeslücke oben B. I. 1. c) cc) (2). Vgl. oben C. I. 2. b) dd) (2) (c).
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mensinhabers bzw. der Gesellschafter in dieser Situation untrennbar mit dem Schicksal der Unternehmung verbunden ist. Im Falle des Scheiterns droht auch der private Totalverlust. Aus diesem Grund kann jemandem, der explizit einen Vertrag mit einer natürlichen Person oder Personengesellschaft geschlossen hat, nicht einfach nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts eine GmbH als Vertragspartner vorgesetzt werden. Erkennt man diese Erwägungen als tragend an, so kann es auf die Stammkapitaldifferenz bei Vertretung einer Unternehmergesellschaft unter Verwendung des GmbH-Zusatzes nicht ankommen. Denn die Funktion des Stammkapitals besteht eben nicht darin, als eine Art Garantiekapital bis zuletzt für die Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung zu stehen.273 Es dient vielmehr insoweit als Kompensation für die fehlende persönliche Haftung der Gesellschafter274, als es die Gründer zwingt, einen Preis für das Haftungsprivileg aufzubringen 275. Dementsprechend sendet auch das Stammkapital ein Seriositätssignal.276 Dieses ist freilich bei Weitem nicht so stark wie die unbeschränkte persönliche Gesellschafterhaftung bei der Personengesellschaft. Doch macht es sehr wohl einen Unterschied, ob das Stammkapital 1 Euro oder zumindest 25.000 Euro beträgt. Selbst wenn heutzutage selbst das Mindeststammkapital der GmbH kaum mehr als echte Hürde aufgefasst wird,277 so geht doch wiederum ein Signal in die umgekehrte Richtung davon aus, wenn sich die Gründer nicht einmal hierzu entschließen können.278 Die mit dem Stammkapital verbundene Reputation, Solidität, Kreditwürdigkeit und Seriosität der Unternehmung lässt sich daher nicht durch eine Differenzhaftung im Einzelfall kompensieren. Dementsprechend ist noch nicht einmal entscheidend, dass die Kapitalaufbringung im Vorhinein wohl ein deutlich stärkeres Signal an den Markt senden dürfte als das bloße Versprechen, das Kapital notfalls später zu leisten. Denn die in Rede stehenden Fälle der Vertretung einer Unternehmergesellschaft unter Verwendung des GmbH-Zusatzes können nicht – und erst recht nicht allesamt – als planmäßiges Vorgehen einer gleichsam gestreckten GmbH-Gründung verstanden werden, bei der die Gesellschafter das Mindeststammkapital nur notfalls aufbringen wollen. Schließlich knüpft die Haftung nicht daran an, dass ein Schwandtner, in: MünchKomm, GmbHG, 2. Aufl. 2015, § 5 Rn. 29. Schwandtner, in: MünchKomm, GmbHG, 2. Aufl. 2015, § 5 Rn. 27. 275 Veil, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012, § 5 Rn. 8. 276 Veil, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012, § 5 Rn. 8. 277 So etwa Kleindiek, ZGR 2006, 335 (344); Veil, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2012, § 5 Rn. 8; siehe auch Rieder, in: MünchKomm, GmbHG, 2. Aufl. 2015, § 5a Rn. 58: „eine (wenn auch geringfügige) Seriositätsschranke“. 278 Vgl. in diesem Sinne etwa Miras, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 5a Rn. 58; Beck/Schaub, GmbHR 2012, 1331 (1333). 273 274
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Gesellschafter selbst für die Unternehmergesellschaft unter falscher Rechtsform aufgetreten wäre. Sie nimmt auch nicht die Gesellschafter in die Haftung und setzt schließlich nicht voraus, dass die Unternehmergesellschaft im Rechtsverkehr fortlaufend als GmbH auftritt. Überhaupt setzt die Haftung bei den Vertretern der Gesellschaft und nicht bei ihren Gesellschaftern an. Für die Annahme, dass hinter einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), welche als GmbH vertreten wird, stets eine der ordentlichen GmbH-Gründung vergleichbare Selbstverpflichtung der Gesellschafter steht, ist daher nicht einmal im Ansatz Raum. (2) Außenhaftung Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass die Vertreterhaftung auch im Falle des Auftretens für eine Unternehmergesellschaft eine Außenhaftung sein muss. Eine Innenhaftung wäre ohnehin gedanklich mit der Beschränkung auf die Stammkapitaldifferenz zu 25.000 Euro verbunden und eine solche lässt sich, wie dargelegt, nicht rechtfertigen. Darüber hinaus ist dem Geschäftsgegner freilich mit einer Innenhaftung nicht geholfen und eine solche würde sich offensichtlich auch nicht mehr mit dem normativen Ausgangspunkt, nämlich § 179 BGB, vereinbaren lassen. ff) Zwischenergebnis: Übertragbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze auf die Vertretung einer Unternehmergesellschaft unter Verwendung des GmbH-Zusatzes Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der BGH gut daran getan hat, die von ihm für die Fälle des Weglassens des gebotenen Rechtsformzusatzes entwickelte Vertreterhaftung auf die Vertretung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) unter Verwendung des GmbH-Zusatzes zu übertragen. Schon im Ausgangspunkt sind die Fälle vergleichbar: Jemandem, der explizit – und nach den Anforderungen des BGH regelmäßig sogar schriftlich – einen Vertrag mit einer GmbH schließt, kann ebenfalls nicht unterstellt werden, dass er den selben Vertrag zu gleichen Bedingungen auch mit einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) geschlossen hätte. In diesem Sinne soll das in § 5a GmbHG verankerte Rechtsformgebot den Rechtsverkehr davor warnen, dass es sich bei der Unternehmergesellschaft nicht um eine klassische GmbH handelt, wie der Rechtsverkehr durch das Rechtsformgebot des § 4 GmbHG davor gewarnt werden soll, dass er nicht mit einer natürlichen Person kontrahiert. Auch im Übrigen konnte gezeigt werden, dass die Offenbarung der „beschränkten Haftung“ durch die Verwendung des GmbH-Zusatzes nichts an der Schutzbedürftigkeit des Gegenübers ändert und es insbesondere weder gerechtfertigt noch mit den
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Wertungen des § 179 BGB vereinbar wäre, die Haftung auf die Differenz zwischen dem tatsächlichen Stammkapital der Unternehmergesellschaft und dem Mindeststammkapital einer GmbH zu begrenzen. c) Übertragbarkeit der Vertreterhaftung analog § 179 BGB auf die grundsätzliche Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes Auf Grundlage der vorstehenden Überlegungen zur Behandlung der Fälle, in denen eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) fälschlich unter Verwendung des GmbH-Zusatzes vertreten wird, lassen sich nunmehr ohne Weiteres grundsätzliche Aussagen zur Übertragbarkeit der Vertreterhaftung analog § 179 BGB auf die Fälle der Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes treffen. aa) Verwendung eines einer anderen Gesellschaftsform vorbehaltenen Rechtsformzusatzes (1) Anmaßung einer Rechtsform mit höherem Stammkapital Das gilt zuvorderst für die Verwendung eines einer anderen Gesellschaftsform vorbehaltenen Rechtsformzusatzes. Hier stehen in praktischer Hinsicht etwa die Verwendung des AG-Zusatzes für eine GmbH oder Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) in Rede oder auch die Verwendung des SE-Zusatzes durch eine Aktiengesellschaft unter dem AktG. Der einzige qualitative Unterschied zu der zuvor erörterten Konstellation der Verwendung des GmbH-Zusatzes beim Auftreten für eine Unternehmergesellschaft liegt insoweit darin, dass die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) nach der Konzeption des GmbH-Gesetzes keine separate Rechtsform, sondern eine Rechtsformvariante der GmbH darstellt. Indes wurde bereits darauf hingewiesen, dass diesem formalen Unterschied keine maßgebliche Bedeutung beigemessen werden kann.279 Außerdem stand allenfalls im Raum, die Vertreterhaftung – in Ermangelung eines unzutreffenden Rechtsscheins – nicht übertragen zu können, weil die Unternehmergesellschaft nur eine Rechtsformvariante der GmbH, also in der Sache eine GmbH ist. Umgekehrt kann der Umstand, dass der Rechtsschein der Vertretung einer anderen Rechtsform und nicht lediglich einer anderen Rechtsformvariante gesetzt wurde, erst recht nicht einer Übertragung der Vertreterhaftung entgegenstehen. Folglich kann festgehalten werden, dass die vom BGH entwickelten Vertreterhaftung analog § 179 BGB grundsätzlich auch dann greift, wenn der Vertreter eine Gesellschaft unter Verwendung eines einer anderen Gesellschaftsform 279
Oben C. I. 2. b) dd) (2) (a).
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C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes
vorbehaltenen Rechtsformzusatzes vertritt. Auf Grundlage des BGH-Urteils zur Haftung bei Vertretung einer Unternehmergesellschaft unter Verwendung des GmbH-Zusatzes kann hieran nicht gezweifelt werden. (2) Anmaßung einer Rechtsform mit geringerem Stammkapital Das gilt indes dann nicht, wenn eine Gesellschaft unter Verwendung eines Rechtsformzusatzes vertreten wird, der für eine Gesellschaftsform mit niedrigerem Stammkapital vorbehaltenen ist. Dabei streitet gegen die Anwendung der Haftungsgrundsätze, dass im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht ein höheres Stammkapital grundsätzlich mit einer auch darüber hinausgehenden Verbesserung des Gläubigerschutzes einhergeht. Das lässt sich insbesondere am Vergleich zwischen AG und GmbH belegen. Jedenfalls hat ein erhöhtes Stammkapital im deutschen Gesellschaftsrecht nicht die Funktion, einen im Vergleich zu anderen Gesellschaftsformen geringeren Gläubigerschutz zu kompensieren. Dementsprechend kann man dem Geschäftsgegner ohne Bedenken unterstellen, dass er bspw. einen mit einer GmbH geschlossenen Vertrag zu denselben Konditionen auch mit einer AG geschlossen hätte. Freilich genügt diese Überlegung noch nicht, um die explizite Vertragspartnerwahl zu überspielen. Indes kommen hier die Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts als Auslegungsregel zum Zuge. Denn in dieser Situation steht der Erwägung, dass der Rechtsträger eines Unternehmens auf Grund der ihm gehörenden Betriebsmittel am ehesten in der Lage sein wird, einen Vertrag zu erfüllen, weshalb dem Geschäftsgegner ein Interesse an der Verpflichtung des Unternehmensträgers unterstellt werden kann,280 nichts entgegen. Dagegen lässt sich auch nicht die Wertung von § 204 UmwG einwenden. Danach ist zwar bei einem Formwechsel auf den Schutz der Gläubiger § 22 UmwG entsprechend anzuwenden, weshalb etwa die Gläubiger einer GmbH auch bei einem Formwechsel in eine Aktiengesellschaft einen Anspruch auf Sicherheitsleistung haben können. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 UmwG steht dieses Recht jedoch unter der Voraussetzung, dass die Gläubiger glaubhaft machen, dass durch den Formwechsel die Erfüllung ihrer Forderung gefährdet wird. Daran wird ein Anspruch auf Sicherheitsleistung bei einem Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft mit einem höheren Mindeststammkapital grundsätzlich scheitern. Ungeachtet dessen dürfte die Vertretung einer GmbH unter Verwendung des UG-Zusatzes oder einer Aktiengesellschaft unter Verwendung des GmbH-Zusatzes praktisch niemals vorkommen. 280 Ausführlich zu den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts oben C. I. 1. b) aa).
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bb) Verwendung eines generell unzulässigen Rechtsformzusatzes Von den soeben diskutierten Fallgruppen zu unterscheiden ist die Konstellation der Verwendung eines generell unzulässigen Rechtsformzusatzes. Tatsächlich wird sich diese Problematik wohl nur bei der Unternehmergesellschaft stellen, weil für diese nach § 5a Abs. 1 GmbHG die Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)” oder „UG (haftungsbeschränkt)” strikt vorgegeben ist, während bei GmbH und AG jeweils eine allgemein verständliche Abkürzung der Bezeichnungen „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ bzw. „Aktiengesellschaft“ als Rechtsformzusatz genügt. Dabei stellt sich indes nicht die Frage, welchen Rechtsschein der gesetzlich unbekannte Rechtsformzusatz begründet. Vielmehr wird man insofern von der Fallgruppe des Weglassens des gebotenen Rechtsformzusatzes ausgehen müssen. So dürften auch die Ausführungen des BGH in seinem Urteil zur Übertragbarkeit auf die Verwendung des GmbH-Zusatzes zu verstehen sein. Dort verneinte der II. Zivilsenat eine Zerstörung des durch die Verwendung des Rechtsformzusatzes „GmbH“ gesetzten Rechtsscheins durch den weiteren Zusatz „u.G.“, da dieser Zusatz im Zusammenhang unverständlich und auch nach § 5a Abs. 1 GmbHG unzulässig sei.281 Diese Erwägungen hat der BGH zwar im Kontext der Verwendung des Rechtsformzusatzes „GmbH“ angestellt. Sie treffen aber den richtigen Punkt. Der Senat diskutiert den unzulässigen Rechtsformzusatz nämlich unter dem Gesichtspunkt der Zerstörung des Rechtsscheins. In der Tat wird man angesichts der strengen Formulierung des Rechtsformgebotes in § 5a Abs. 1 GmbHG davon ausgehen müssen, dass jede Abweichung von den gesetzlich vorgegebenen Bezeichnungen nicht mehr als Führen des gebotenen Rechtsformzusatzes qualifiziert werden kann. Die eigentliche Frage lautet dann, ob die Vertreterhaftung analog § 179 Abs. 3 Satz 1 GmbHG ausgeschlossen ist, weil der Geschäftsgegner gleichwohl erkennen musste, dass der Vertreter für eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) auftritt.282 Hierfür muss nach der Wertung des § 5a Abs. 1 GmbHG und angesichts der vergleichsweise jungen Rechtsform der UG jedenfalls ein strenger Maßstab gelten. d) Ergebnis: Übertragbarkeit der Rechtsprechungsregeln bei Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass die Erstreckung der Vertreterhaftung analog § 179 BGB auf die Fälle der Vertretung einer Unternehmergesell-
281 282
Dazu oben C. I. 2. a) bb) (4). So zutreffend LG Düsseldorf, Urteil v. 16.10.2013 – 9 O 434/12, GmbHR 2014, 33 (35).
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C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes
schaft (haftungsbeschränkt) in der Sache nicht nur Zustimmung verdient. Sie ist zudem vollständig übertragbar, weil sich auch eine Begrenzung der Haftung auf die Stammkapitaldifferenz zum Mindeststammkapital der GmbH nicht rechtfertigen lässt. Darüber hinaus ist die von der Rechtsprechung entwickelte Vertreterhaftung grundsätzlich auf die Fälle der Verwendung von Rechtsformzusätzen auszudehnen, welche anderen Rechtsformen vorbehalten sind. Eine Ausnahme bildet lediglich der Lehrbuchfall, in dem eine Gesellschaft mit dem Formzusatz einer Rechtsform geringeren Stammkapitals vertreten wird. Die Verwendung eines gänzlich unzulässigen Rechtsformzusatzes – wie bspw. „u.G.“ – ist dagegen sogar unmittelbar unter dem Gesichtspunkt des Verschweigens der wahren Rechtsform durch Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes zu diskutieren.
II. Übertragbarkeit der Rechtsprechung auf Auslandsgesellschaften Mit den vorstehenden Überlegungen und Auseinandersetzungen zur Vertreterhaftung bei Weglassen des Rechtsformzusatzes einer deutschen Kapitalgesellschaft sowie bei Verwendung eines einer anderen Kapitalgesellschaft vorbehaltenen Rechtsformzusatzes ist nunmehr der Boden bereitet, um die Frage nach der Übertragbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze auf die Vertretung von Auslandsgesellschaften zu beantworten.
1. Motive für das Auftreten von Auslandsgesellschaften unter falscher Rechtsform Insoweit ist indes zunächst zu rekapitulieren, warum es überhaupt zu besagten Verstößen gegen das Rechtsformgebot kommen sollte. Für die bislang diskutierten Sachverhalte liegt dies auf der Hand: Je günstiger eine Rechtsform die „beschränkte Haftung“ – also die Abschirmung des Privatvermögens von den Risiken der Unternehmung – bietet, desto geringer ist die Reputation und Kreditwürdigkeit dieser Gesellschaftsform im Rechtsverkehr. Denn je geringer das persönliche Investment der Gesellschafter in die Unternehmung ausfällt, desto geringer ist der Anreiz, diese mit der selben Hingabe und der selben Sorgfalt wie ein einzelkaufmännisches Unternehmen zu führen. Die Täuschung über die Rechtsform geriert insoweit den Anschein einer höheren Reputation.
II. Übertragbarkeit der Rechtsprechung auf Auslandsgesellschaften
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Für ausländische Rechtsformen gelten diese Erwägungen nur eingeschränkt. Freilich gibt es auch einen Wettbewerb der Rechtsformen und möglicherweise ist die Haftungsbeschränkung im Ausland teilweise noch günstiger zu erhalten als in Deutschland. Diese Motivation dürfte allerdings in den Hintergrund getreten sein, seitdem § 5 GmbHG die Rechtsformvariante der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) bereit hält, welche bereits mit einem 1 Euro Stammkapital gegründet werden kann.283 Allerdings sind trotz des zunehmenden grenzüberschreitenden Waren-, Dienstleistungs- und Rechtsverkehrs längst nicht alle ausländischen Rechtsformen hierzulande bekannt und geläufig. Die Unkenntnis über das Gläubigerschutzniveau mag daher nicht wenige von einem Vertragsschluss mit ausländischen Kapitalgesellschaften abschrecken.284 Hinzu dürfte sich nicht nur vereinzelt die Befürchtung gesellen, dass die Rechtsdurchsetzung auf Grund von Zweifeln über das anwendbare Recht einerseits und Zweifeln über die gerichtliche Zuständigkeit andererseits erschwert sei. Diese Bedenken mögen zwar in vielen Fällen unberechtigt sein. Fehlt dem Geschäftspartner aber das nötige Wissen, wäre es in der Tat töricht, hierüber hinwegzusehen. Auch um diese Hemmnisse zu überwinden, wurde die SE konzipiert,285 und weil die SE auf große Unternehmen zugeschnitten ist, sollte die SPE geschaffen werden, um auch kleineren und mittleren Unternehmen die grenzüberschreitende Tätigkeit zu erleichtern 286. Die Widrigkeiten, mit denen vor allem solche Unternehmen ob ihrer ausländischen Rechtsform zu kämpfen haben, sind mithin allgemein anerkannt. Deren Überwindung dürfte denn auch die praktisch bedeutsamste Triebfeder für eine Täuschung über die Rechtsform ausländischer Gesellschaften darstellen.
2. Vorhandene Rechtsprechung Da die Rechtsprechung seit jeher selbst ein Motor für die Fortentwicklung der Vertreterhaftung gewesen ist, soll auch im Hinblick auf die Vertretung von Aus283 Zum Rückgang der Zahl der „deutschen“ Limiteds siehe nur Fleischer, in: MünchKomm, GmbHG, 2. Aufl. 2016, Einleitung Rn. 220. 284 Vgl. Ringe, ECFR 2013, 230 (266) zur Limited in Deutschland: „high acceptance and reputation costs“; vgl. auch Franz, BB 2009, 1250 (1252); hinsichtlich hoher Informationskosten auch Roth, IPRax 2003, 117 (124); Teichmann, KSzW 2014, 77 (78); Weller, Europäische Rechtsformwahlfreiheit und Gesellschafterhaftung, 2004, S. 103 f. 285 Vgl. Erwägungsgrund 3 Satz 1 SE-VO: „Die Verwirklichung der Umstrukturierungsund Kooperationsmaßnahmen, an denen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten beteiligt sind, stößt auf rechtliche, steuerliche und psychologische Schwierigkeiten.“ Siehe auch Casper, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, Vor Art. 1 SE-VO Rn. 20. 286 Vgl. Erwägungsgründe 2, 3 des Kommissionsentwurfs für eine SPE-VO, KOM(2008) 396, 12 f.
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C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes
landsgesellschaften zunächst das vorhandene obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechungsmaterial zu Tage gefördert werden. Anschließend gilt es, die Rechtsfolgen der für das Auftreten in Deutschland maßgeblichen Rechtsformverstöße – das Verschweigen der eigenen Rechtsform einerseits, die Anmaßung einer deutschen Rechtsform andererseits – materiell-rechtlich aufzuarbeiten. Dabei soll die Frage, ob diese Haftungsgrundsätze überhaupt nach den Vorschriften des internationalen Privatrechts zur Anwendung gelangen können, fürs Erste außen vor bleiben. Ihr ist der zweite Teil Arbeit gewidmet. Die Rechtsprechung zur Vertreterhaftung wegen einer wie auch immer gearteten Täuschung über die Rechtsform einer ausländischen Kapitalgesellschaft ist übersichtlich. Genau genommen finden sich lediglich vier obergerichtliche Urteile und ein Urteil des BGH. a) OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.04.2004 Als erstes hatte das OLG Karlsruhe im Jahr 2004 über die Frage zu befinden, ob die Rechtsprechung zur Vertreterhaftung bei Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes auch dann anwendbar ist, wenn bei Vertretung einer ausländischen Kapitalgesellschaft – hier: einer „private limited“ maledivischen Rechts – der Anschein erweckt wird, dass eine unbeschränkt haftende Person Inhaber des Unternehmens sei. Dies bejahte der Senat auf der Grundlage einer Rechtswahlvereinbarung der Parteien.287 Dabei ging er auf den Umstand, ob auch nach maledivischem Recht ein Gebot zur Führung eines kennzeichnenden Rechtsformzusatzes bestehe nicht ein, sondern ließ „allgemein die Begründung eines Vertrauens darauf, der Vertragspartner hafte unbeschränkt“288, als Voraussetzung für die Vertreterhaftung analog § 179 BGB genügen. b) OLG Köln, Urteil vom 04.02.2005 Auch das OLG Köln sprach sich kurz darauf für eine entsprechende Anwendung der Vertreterhaftung bei Weglassen des Rechtsformzusatzes einer ausländischen Gesellschaft, konkret: einer niederländischen „Besloten Vennootschap“, aus.289 Der hierfür betriebene Begründungsaufwand umfasste indes nicht einmal die Klärung des anwendbaren Rechts, sondern beschränkte sich darauf, mit einem Satz auf die Kommentierung im Palandt zu verweisen.290 Gleichwohl ließ es sich das OLG Köln nicht nehmen, unter Rekurs auf die „Verantwortlichkeit für eine § 4 GmbHG entsprechende ordnungsgemäße Firmie287
OLG Karlsruhe, Urteil v. 07.04.2004 – 7 U 189/03, GmbHR 2004, 1016 (1017). OLG Karlsruhe GmbHR 2004, 1016 (1017). 289 OLG Köln, Urteil v. 04.02.2005 – 20 U 78/04, juris, Rn. 39. 290 OLG Köln, Urteil v. 04.02.2005 – 20 U 78/04, juris, Rn. 39. 288
II. Übertragbarkeit der Rechtsprechung auf Auslandsgesellschaften
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rung im Rechtsverkehr“ nicht nur die korrekte Firmierung, sondern darüber hinaus außerdem zu verlangen, dass der Vertreter spätestens bei Vertragsschluss die haftungsbeschränkende Bedeutung des Zusatzes „B.V.“ erläutern müsse.291 c) BGH, Urteil vom 05.02.2007 Über dieses Urteil des OLG Köln hatte zwei Jahre später der BGH zu befinden. Dieser bestätigte die Rechtsauffassung, dass die „Rechtsscheinhaftung entsprechend § 179 BGB“ wegen fehlenden Firmenzusatzes auch für ausländische Gesellschaften gelte, weil für die internationalprivatrechtliche Anknüpfung der Rechtsscheinhaftung der Ort, an dem der Rechtsschein entstanden ist und sich ausgewirkt hat, entscheidend sei.292 Da die durch Verletzung der Pflicht zur Führung des Firmenzusatzes begründete Rechtsscheinhaftung nicht an die Verletzung spezifischer Organpflichten anknüpfe, unterstehe sie schon aus diesem Grund nicht dem Gesellschaftsstatut.293 Bereits aus diesem Grund sei die seinerzeit in Art. 43, 48 EGV – heute in Art. 49, 54 AEUV – europarechtlich verbürgte Niederlassungsfreiheit insoweit nicht berührt. Die Niederlassungsfreiheit werde aber auch nicht dadurch unzulässig tangiert, dass die drohende Rechtsscheinhaftung indirekt zur Beachtung deutschen Firmenrechts zwingen würde, weil ein dem deutschen Recht entsprechender, auf die Haftungsbeschränkung hinweisender Firmenzusatz in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Publizitätsrichtlinie auch nach niederländischem Recht in vergleichbarer Form („B.V.”) zwingend vorgeschrieben sei.294 Die vom OLG Köln geforderte Erläuterung des ausländischen Rechtsformzusatzes griff der BGH nicht auf. Er lehnte diese Forderung so zwar auch nicht explizit ab. In den weiteren Erläuterungen bezieht sich der II. Zivilsenat des BGH jedoch allein auf den Umstand, dass die „wirksam bevollmächtigte Zeugin B, die den schriftlichen Generalunternehmervertrag mit den Klägern […] abgeschlossen und dabei durch Weglassung des B.V.-Zusatzes den Anschein erweckt hat, deren Inhaber (wer immer dies sei) hafte den Klägern unbeschränkt.“295
d) OLG Schleswig, Urteil vom 24.10.2008 Das OLG Schleswig schloss sich im folgenden Jahr der Rechtsprechung des BGH an und führte aus, dass keine Bedenken bestünden, die Grundsätze der Vertreterhaftung bei Zeichnen ohne Rechtsformzusatz auch bei einer französi291
OLG Köln, Urteil v. 04.02.2005 – 20 U 78/04, juris, Rn. 40. BGH NJW 2007, 1529 (1530, Rn. 9). 293 BGH NJW 2007, 1529 (1530, Rn. 10). 294 BGH NJW 2007, 1529 (1530, Rn. 11). 295 BGH NJW 2007, 1529 (1531, Rn. 15). 292
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schen Kapitalgesellschaft anzuwenden, weil ein dem deutschen Recht entsprechender, auf eine Haftungsbeschränkung hinweisender Firmenzusatz zwingend durch unmittelbar geltendes Europarecht vorgeschrieben sei.296 e) OLG Rostock, Urteil vom 05.10.2010 In der jüngsten verfügbaren Entscheidung hat sich schließlich das OLG Rostock für eine englische „private company limited by shares“ der Rechtsprechung des BGH angeschlossen. 297 Auf den ersten Blick fällt an dieser Entscheidung auf, dass das OLG Rostock – wie vor dem Urteil des BGH noch das OLG Karlsruhe und das OLG Köln – weder auf das Rechtsformgebot der Publizitätsrichtlinie einging noch auf die entsprechende Regelung im englischen Gesellschaftsrecht (Section 59 Abs. 1 Companies Act). Allerdings hatte das OLG Rostock die Rechtsprechungsgrundsätze fälschlicherweise in einem Fall zur Anwendung gebracht, in dem auf Grund der Gestaltung des schriftlichen Vertragsangebots der Rechtsschein entstanden war, der in Anspruch genommene director habe dem Kläger neben der Gesellschaft persönlich haften wollen.298 Richtigerweise war in dieser Situation nach allgemeinen Grundsätzen der Vertragsschlussdogmatik der director unmittelbar selbst – neben der Gesellschaft – Vertragspartner geworden, weil das von diesem abgegebene Angebot nach §§ 133, 157 BGB dahingehend verstanden werden musste. f) Zwischenfazit aa) Klare Konturierung der Vertreterhaftung bei Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes In der Rechtsprechung ist mittlerweile anerkannt, dass die für das nationale Kapitalgesellschaftsrecht entwickelte Vertreterhaftung bei Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes grundsätzlich auch auf Auslandsgesellschaften übertragbar ist. Dabei stellt der BGH in seiner Entscheidung zur niederländischen B.V. explizit darauf ab, dass der nach dem Heimatrecht der Gesellschaft zu führende Rechtsformzusatz nicht offenbart wird. Nach der Rechtsprechung des BGH knüpft die Vertreterhaftung also unmittelbar an den Verstoß gegen das nach ausländischem Recht geltende Rechtsformgebot an, während das deutsche Recht insofern keine erhöhten Anforderungen stellt. In dieser Hinsicht hebt sich der BGH – und ihm folgend das OLG Schleswig – von den vorherigen Entscheidungen der Oberlandesgerichte Karlsruhe und Köln ab, denn dort war die Ver296
OLG Schleswig, Urteil v. 24.10.2008 – 14 U 4/08, GmbHR 2009, 666 (666, Leitsatz 3). OLG Rostock, Urteil v. 05.10.2010 – 4 U 139/08, GmbHR 2010, 1349 (1350). 298 Vgl. OLG Rostock GmbHR 2010, 1349 (1350). 297
II. Übertragbarkeit der Rechtsprechung auf Auslandsgesellschaften
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treterhaftung jeweils noch ohne Rekurs auf das Heimatrecht der Gesellschaft begründet worden, wobei das OLG Köln überdies gefordert hatte, der Vertreter müsse dem Geschäftsgegner die Bedeutung des ausländischen Rechtsformzusatzes und die Haftungsbeschränkung im Vorfeld des Vertragsschlusses erläutern. bb) Keine Rechtsprechung zur Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes Demgegenüber findet sich bis dato keinerlei Rechtsprechung zum Verwenden eines unrichtigen Rechtsformzusatzes, erst recht nicht zur Verwendung eines Rechtsformzusatzes, welcher einer deutschen Kapitalgesellschaft vorbehalten ist.
3. Meinungsstand im Schrifttum Die Erstreckung der vom BGH entwickelten Haftungsgrundsätze auf den Fall des Auftretens einer ausländischen Gesellschaft ohne Rechtsformzusatz ist im Schrifttum grundsätzlich positiv aufgenommen worden.299 Soweit Kritik geäußert wurde, bezog sich diese lediglich auf die grundsätzliche dogmatische Verankerung der Vertreterhaftung bei falscher Firmierung.300 Mit der fehlenden Rechtsprechung zur Anmaßung einer deutschen Rechtsform geht allerdings auch ein entsprechender Mangel an wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit dieser Problematik einher. Hierzu finden sich, soweit ersichtlich, bislang keine Stellungnahmen in der Literatur. Es gilt daher im Folgenden kritisch zu hinterfragen, ob die Übertragung der Rechtsprechungsgrundsätze zum Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes auf Auslandsgesellschaften zu überzeugen vermag. Angesichts der einleiAltmeppen, ZIP 2007, 889 (890 ff.); Brinkmann, IPRax 2008, 30 (30 ff.); Oechsler, JA 2007, 650 (651); Kindler, NJW 2007, 1785 (1786); Lamsa, EWiR 2007, 513 (514); Paulus, Außervertragliche Gesellschafter- und Organwalterhaftung im Lichte des Unionskollisionsrechts, 2013, S. 179, Rn. 324; Römermann, GmbHR 2007, 595 (596); Schanze, NZG 2007, 533 (535 f.); siehe weiter Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl. 2012, § 35 Rn. 37; in der Altauflage Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl. 2012, Anhang II zu § 4a Rn. 36; Leonhard, WuB II C. § 4 GmbHG 1.07 (2007); Roth, in: Koller/Kindler/Roth/Morck, HGB, 8. Aufl. 2015, § 15 Rn. 49 f.; Schubert, in: MünchKomm, BGB, 7. Aufl. 2015, § 164 Rn. 123. 300 Altmeppen, ZIP 2007, 889 (894 f.) (für c.i.c. statt Rechtsscheinhaftung und Analogie zu § 179 BGB); Brinkmann, IPRax 2008, 30 (30 ff.) (kritisch hinsichtlich Voraussetzungen der Analogie); Oechsler, JA 2007, 650 (651) (für Analogie zu § 179 BGB statt Rechtsscheinhaftung); Römermann, GmbHR 2007, 595 (596) (für Analogie zu § 179 BGB statt Rechtsscheinhaftung); Schanze, NZG 2007, 533 (535 f.) (für c.i.c. statt Analogie zu § 179 BGB). 299
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tend beschriebenen Anreizlage301 ist zudem – ungeachtet der bislang fehlenden Judikatur und wissenschaftlichen Aufarbeitung – zu erörtern, ob die Vertreterhaftung auch auf die Fälle übertragbar ist, in denen eine ausländische Gesellschaft unter Verwendung eines deutschen Rechtsformzusatzes vertreten wird.
4. Übertragung im Wege der Substitution Da die Anwendung nationalen Rechts auf grenzüberschreitende Sachverhalte – gleich einem Kommunikationsprozess zwischen verschiedenen Rechtsordnungen – spezifische Kompatibilitäts- und Übertragungsprobleme aufwerfen kann,302 hat die international-privatrechtliche Dogmatik das Institut der Substitution entwickelt. Dieses tritt eigenständig neben die allgemeinen Regeln der methodengeleiteten Rechtsfortbildung, um – auf der Ebene des nationalen Rechts303 – zu bestimmen, ob der ausländische Sachverhalt unter die inländische Sachnorm subsumiert werden kann.304 Im hiesigen Kontext ist freilich zu bemerken, dass es an einer solchen expliziten Sachnorm fehlt, da die Vertreterhaftung ihrerseits auf Rechtsfortbildung – namentlich auf einer Analogie zu § 179 BGB – gründet. Anders als eine gesetzlich fixierte Haftungsnorm ist die vom BGH entwickelte Vertreterhaftung tatbestandlich gerade nicht trennscharf umrissen und auf spezielle Kapitalgesellschaften begrenzt. Daher erscheint es fraglich, ob es des Rückgriffs auf die spezifischen Instrumente der international-privatrechtlichen Methodik überhaupt bedarf. Indes macht es funktional betrachtet keinen Unterschied, ob unter eine Rechtsnorm oder eine Rechtsfortbildung subsumiert wird. Versteht man die Substitution als spezielles Instrument der Rechtsfortbildung im Hinblick auf Auslandssachverhalte, spricht daher viel dafür, deren Maßstäbe auch für die Erstreckung von Richterrecht zumindest vorrangig zur Anwendung gelangen zu lassen. Dementsprechend kommt es für die Übertragung der Rechtsprechungsgrundsätze auf Auslandsgesellschaften vorrangig auf deren Substituierbarkeit an. 301
Oben C. II. 1. von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 215. 303 Scholz, ZEuP 2016, 959 (974); vgl. auch von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 241; Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 233 f. 304 Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 231; Rauscher, IPR, 4. Aufl. 2012, § 5 C Rn. 536; Rehm, RabelsZ 64 (2000), 104 (106); Rehberg, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 1. Aufl. 2004, § 5 Rn. 14; Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 766; von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 227; vgl. hierzu ausführlich Hug, Die Substitution im IPR, 1983, S. 1, 23 ff., 110 ff.; Schulz, Die Subsumtion ausländischer Rechtstatsachen, 1997, S. 52 ff.; Mansel, in: FS Lorenz, 1991, S. 689 (689 ff.). 302
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a) Grundsätzliche Anforderungen an die Substitution In einem ersten Schritt muss die Substitution nach Bedeutung und Regelungsumfang der nationalen Sachnorm305 überhaupt zulässig, d. h. nach deren Normzweck muss ausländisches Recht überhaupt subsumierbar sein.306 Dies ist zu verneinen, wenn die Sachnorm ihren Anwendungsbereich explizit oder teleologisch von vornherein auf das eigene Recht begrenzt.307 Privatrechtliche Vorschriften können jedoch tendenziell substitutionsfreundlich ausgelegt werden, da sie insoweit regelmäßig einen „offenen“ Charakter haben.308 Weil die parallele Anwendbarkeit verschiedener Rechte auf unterschiedliche Ausschnitte desselben Lebenssachverhalts dem kollisionsrechtlichen Denken entspricht,309 wird man sogar soweit gehen können, dass die Substituierbarkeit den Grundsatz darstellt und für die Untersagung der Subsumtion mit einem ausländischen Sachverhalt eine positive Begründung erforderlich ist.310 In einem zweiten Schritt verlangt die Substitution, dass das ausländische Rechtsinstitut dem inländischen in seinen wesentlichen Grundzügen gleichwertig ist.311 Das bedeutet nicht, dass beide Rechtsinstitute gleich bezeichnet oder inhaltlich identisch sein müssen.312 Maßgeblich ist vielmehr, ob die Rechtserscheinungen bei funktionaler Betrachtung gleichwertig erscheinen.313 Hug, Die Substitution im IPR, 1983, S. 110. Bernitt, Die Anknüpfung von Vorfragen, 2009, S. 25; Hug, Die Substitution im IPR, 1983, S. 110 ff.; Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 231; Mansel, in: FS Kropholler, 2008, S. 353 (367); Rauscher, IPR, 4. Aufl. 2012, § 5 C Rn. 540 ff.; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, 2. Aufl. 2015, § 15 Rn. 143; von Bar/Mankowski, IPR, Bd. 1, 2. Aufl. 2003, § 7 Rn. 243. 307 Hug, Die Substitution im IPR, 1983, S. 110 ff.; Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 231; Rauscher, IPR, 4. Aufl. 2012, § 5 C Rn. 540 ff.; von Bar/Mankowski, IPR, Bd. 1, 2. Aufl. 2003, § 7 Rn. 243; Mansel, in: FS Kropholler, 2008, S. 353 (367); Rehm, RabelsZ 64 (2000), 104 (106); von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 232. 308 Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 231; Rauscher, IPR, 4. Aufl. 2012, § 5 C Rn. 541; Mansel, in: FS Kropholler, 2008, S. 353 (367); Rehm, RabelsZ 64 (2000), 104 (107); von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 232; vgl. auch Bernitt, Die Anknüpfung von Vorfragen, 2009, S. 25. 309 Mansel, in: FS Kropholler, 2008, S. 353 (367). 310 Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 231; Rauscher, IPR, 4. Aufl. 2012, § 5 C Rn. 541; von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 232. 311 Hug, Die Substitution im IPR, 1983, S. 117; Rehberg, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 1. Aufl. 2004, § 5 Rn. 14; Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 204; Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, 2. Aufl. 2015, § 15 Rn. 143; von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 235. 312 Reichert/Weller, in: MünchKomm, GmbHG, 2. Aufl. 2015, § 15 Rn. 143. 313 Rehm, RabelsZ 64 (2000), 104 (107); ausführlich hierzu Mansel, in: FS Lorenz, 1991, S. 689 (698); vgl. auch Bernitt, Die Anknüpfung von Vorfragen, 2009, S. 25. 305 Vgl. 306
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b) Vertreterhaftung bei Verschweigen der Rechtsform aa) Grundsätzliche Substituierbarkeit der Vertreterhaftung bei Weglassen des Rechtsformzusatzes Was das Verschweigen der ausländischen Rechtsform betrifft, spricht nichts gegen die Substituierbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze zur Vertreterhaftung bei Weglassen des Rechtsformzusatzes.314 Tatsächlich ist die Übertragung der Vertreterhaftung insoweit sogar im Wege eines Erst-recht-Schlusses angezeigt. Denn die Vertragsschlussproblematik stellt sich hier gleichermaßen, wenn nicht gar noch einmal deutlich verschärft: Ist aus den sonstigen Umständen erkennbar, dass der Vertreter ein ausländisches Unternehmen vertritt, bleibt es bei dem grundsätzlichen Anschein der Vertretung einer natürlichen (ausländischen) Person. Darüber hinaus wird durch das Weglassen bei einem Vertragsschluss auf deutschem Boden und insbesondere, wenn die Gesellschaft in Deutschland eine Zweigniederlassung und Adresse besitzt, oftmals zugleich über den Umstand getäuscht, dass der Vertreter eine ausländische Gesellschaft vertritt. Deren Rechtsform wird dem Geschäftsgegner nicht selten unbekannt sein, sodass es ihm erst recht nicht unterstellt werden kann, es sei ihm egal, wenn der Vertrag mit dieser zustande käme. Der Geschäftsgegner ist im Falle der Täuschung über die Rechtsform einer ausländischen Gesellschaft also mindestens ebenso schutzwürdig ist wie bei reinen Inlandssachverhalten. bb) Substitutierbarkeit von Gesellschaftsform und Rechtsformgebot Auch im zweiten Schritt bereitetet die Substituiertbarkeit keine Probleme. Für die Anwendung des vom BGH entwickelten Haftungsinstituts auf ausländische Gesellschaften ist nach dessen Zwecksetzung maßgeblich, ob es sich bei diesen um Kapitalgesellschaften im Sinne von Gesellschaften mit einer Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen handelt. Die Haftung erfasst insofern die Vertreter aller Kapitalgesellschaften, welche den Rechtsformzusatz, der auf die beschränkte Haftung der vertretenen Gesellschaft hinweist, nicht ordnungsgemäß offenlegen. Daher können unter das vom BGH entwickelte Rechts institut jedenfalls alle ausländischen Kapitalgesellschaften subsumiert werden, die einen Rechtsformzusatz führen müssen. Dahingehend wurde bereits im ersten Kapitel der Arbeit ausführlich erörtert, dass dies auf Grund der Umsetzungspflicht der Publizitätsrichtlinie alle europäischen Kapitalgesellschaften auch Heinrich, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 4 Rn. 39; Kindler, NJW 2007, 1785 (1785 ff.); Miras, in: Ziemons/Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, § 5a Rn. 54b. 314 So
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betrifft315 und dass das Rechtsformgebot als Säule des Kapitalgesellschaftsrechts weltweit anerkannt ist.316 Als Folge der Substitution wird demnach im Rahmen der Tatbestandsvoraussetzungen der Vertreterhaftung bei Verschweigen des Rechtsformzusatzes einer Kapitalgesellschaft das deutsche Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes – wie es sich aus § 4 Satz 1 und § 5a GmbHG, § 4 AktG, § 19 Abs. 2 HGB ergibt – durch die jeweilige Regelung des ausländischen Rechts ersetzt.317 c) Vertreterhaftung bei Anmaßung einer deutschen Rechtsform Nach den vorstehenden Erwägungen ist die Vertreterhaftung auch auf die Fälle der Verwendung eines deutschen Rechtsformzusatzes durch Auslandsgesellschaften zu erstrecken. Das ergibt sich letztlich aus einem Zusammenspiel der vorstehenden Erwägungen zum Auftreten von Auslandsgesellschaften ohne Rechtsformzusatz und den weiter oben angestellten Überlegungen zur Verwendung eines anderen Gesellschaftsformen vorbehaltenen Rechtsformzusatzes. Allen voran bestehen auch im Hinblick auf die Vertreterhaftung wegen Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes keine Bedenken gegen deren Substituierbarkeit. Denn bei der Anmaßung einer deutschen Rechtsform setzt der Vertreter ganz offensichtlich einen falschen Rechtsschein. Wird auf dieser Grundlage ein Vertrag geschlossen, ist der Vertretene explizit bestimmt, der Vertragspartner also ausdrücklich vereinbart. Diese explizite Vertragspartnerwahl lässt sich ob der fehlenden Kenntnisse um das Gläubigerschutzniveau in der Auslandsgesellschaft und der sonstigen Gründe für die nachvollziehbare Zurückhaltung gegenüber einem Vertragsschluss mit Gesellschaften ausländischer Rechtsform318 auch nicht einfach vom Tisch wischen. Sinn und Zweck der Vertreterhaftung gebieten insofern geradezu die Substitution. Den Tatbestand erfüllen nach der Konzeption des Haftungsinstituts wiederum nur Kapitalgesellschaften. Dabei spielt deren Stammkapital sowohl im Hinblick auf die Voraussetzungen als auch die Rechtsfolgen der Vertreterhaftung keine Rolle. Denn auf Grund der grundsätzlich divergierenden Gläubigerschutzmechanismen griffe ein einfacher Stammkapitalvergleich als Grundlage 315 Siehe oben B. V. Art. 1 der Publizitäts-RL zählt diejenigen Kapitalgesellschaftsformen der einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf, die einander und damit auch mit den deutschen vergleichbar sind. 316 Siehe oben B. VI. 317 So schon ausdrücklich zu BGH NJW 2007, 1529 hinsichtlich einer Substitution des § 4 GmbHG durch eine entsprechende niederländische Norm; Brinkmann, IPRax 2008, 30 (33 f.) sowie Lorenz, Anmerkung zu BGH Urteil v. 05.02.2007 – II ZR 84/05, abrufbar unter: http:// lorenz.userweb.mwn.de/urteile/iizr84_05.htm, zuletzt aufgerufen am 16.05.2016. 318 Dazu eingehend oben C. II. 1.
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für ein typisierendes Reputationsranking der Gesellschaftsformen bei weitem zu kurz. Auf der anderen Seite wäre die Haftung praktisch nicht mehr handhabbar, wenn man von den Gerichten verlangen wollte, einen umfangreichen Rechtsformvergleich vorzunehmen. Insofern kann schlicht nicht davon gesprochen werden, dass eine Auslandsgesellschaft als Vertragspartner ein bezifferbares „Mehr“ oder „Weniger“ gegenüber einer deutschen Gesellschaft darstellt. Vielmehr muss die Auslandsgesellschaft gleichsam als etwas grundsätzlich anderes begriffen werden und unter dieser Prämisse kann von einer Überkompensation des Geschäftsgegners nicht gesprochen werden. d) Über das ausländische Rechtsformgebot hinausgehende Anforderungen an die Offenbarung der Rechtsform aa) Kein inländisches Rechtsformgebot für ausländische Gesellschaften Im Einklang mit den bis hierher erarbeiteten Grundsätzen hat auch der BGH ausschließlich auf die Angabe des zwingenden Rechtsformzusatzes rekurriert. Es ist zu begrüßen, dass sich der BGH mit dem Rückgriff auf das Rechtsformgebot der Heimatrechtsordnung der ausländischen Gesellschaft begnügt und nicht der Versuchung erlegen ist, aus den vorhandenen Rechtsformgeboten des deutschen Rechts ein gleichsam national-autonomes Rechtsformgebot für ausländische Gesellschaften – z. B. durch Benennung, Übersetzung und Erläuterung – zu erschaffen. Für diese Zurückhaltung sprechen nicht nur offensichtliche unionsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) und das Diskriminierungsverbot (Art. 18 Abs. 1, 54 AEUV). Allen voran ist es einem Geschäftsgegner, der sich einem ihm unbekannten Rechtsformzusatz gegenübersieht, durchaus zumutbar, nachzufragen bzw. sich anderweitig über die Rechtsform seines Gegenübers zu informieren.319 Zudem gibt auch das deutsche Recht keine Veranlassung zu einer groß angelegten Rechtsneuschöpfung. Im Wege der Substitution ließe sich eine solche ohnehin nicht rechtfertigen. Es bliebe nur die offene Rechtsfortbildung. Indes 319 So zu Recht Altmeppen, ZIP 2007, 889 (891). Dass der Hinweis auf die ausländische Rechtsform einen ausreichenden Schutz gewährt, ist im Grundsatz auch allgemein anerkannt, vgl. EuGH, 09.03.1999, Rs. C-212/97 – Centros, Slg. 1999, I-1459, Rn. 36; EuGH, 30.09.2003, Rs. C-167/01 – Inspire Art, Slg. 2003, I-10155, Rn. 135; Altmeppen/Ego, in: MünchKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 549; Brand, JR 2004, 89 (92); Clausnitzer, DNotZ 2008, 484 (493); Paefgen, DB 2003, 487 (490); Schanze/ Jüttner, AG 2003, 661 (663); Ulmer, JZ 1999, 662 (663); Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 237; Lutter/Bayer/J. Schmidt, EuropUR, 5. Aufl. 2012, § 6 Rn. 29; Spahlinger/Wegen, in: Spahlinger/Wegen, IntGesR, 1. Aufl. 2005, C Rn. 561.
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sind die geschriebenen Rechtsformgebote sehr ausdifferenziert und auf verschiedenste Gesetze verteilt. Eine über die Verwendung des anerkannten Formzusatzes hinausgehende Erläuterung der Rechtsform verlangt das deutsche Recht an keiner Stelle, noch nicht einmal bei der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), die freilich selbst unbeschränkt haftet.320 Schon aus diesem Grund liegt die Annahme eher fern, der Gesetzgeber habe eine Regelung für ausländische Gesellschaften gleichsam vergessen. Wenn überhaupt, ließe sich jedenfalls aus den vorhandenen Rechtsformgeboten keine Verpflichtung zur Erläuterung ableiten. Tatsächlich muss insofern auch von einem bewussten Schweigen der Gesetze ausgegangen werden. Denn das deutsche Recht befasst sich durchaus explizit mit dem Auftreten ausländischer Kapitalgesellschaften. So regeln § 80 Abs. 4 AktG sowie § 35a Abs. 4 GmbHG inhaltlich übereinstimmend, dass auf allen Geschäftsbriefen und Bestellscheinen, die von einer Zweig niederlassung einer ausländischen Gesellschaft verwendet werden, u. a. Rechtsform und Sitz der Gesellschaft selbst, das Registergericht des Sitzes der Gesellschaft und das Register, bei dem die Zweigniederlassung geführt wird, angegeben werden müssen. Selbst für Gesellschaften mit Zweigniederlassung verlangt das Gesetz mithin nur die Angabe der Rechtsform, keine Übersetzung. Gerade weil auf Grund der übrigen Angaben – allen voran des Gesellschaftssitzes und des Registergerichtes – erkennbar ist, dass es sich um eine ausländische Gesellschaft handelt, ist der Rechtsverkehr insoweit ausreichend informiert, um sich weitere Informationen selbst zu verschaffen. Daher verlangt denn auch die ganz herrschende Auffassung im GmbH-rechtlichen Schrifttum zu Recht keine erläuternden Zusätze, sondern lässt die Führung des nach ausländischem Recht gebotenen Rechtsformzusatzes und auch im Ausland zugelassene Abkürzungen genügen.321 Dies wird zwar von der wohl herrschenden Auffassung im Aktienrecht – und auch von einigen Vertretern im international-privatrechtlichen Schrifttum322 – ohne Begründung anders gesehen und insofern ein erläuternder
Vgl. in diesem Sinne auch Altmeppen, ZIP 2007, 889 (891). U. H. Schneider/S. H. Schneider, in: Scholz, GmbHG, 11. Aufl. 2013, § 35 Rn. 27; Stephan/Tieves, in: MünchKomm, GmbHG, 2. Aufl. 2016, § 35a Rn. 50; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 35a Rn. 14; a. A. Heidinger, in: Heckschen/Heidinger, 3. Aufl. 2014, § 4 Rn. 42. 322 Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 244 (keine Abkürzung); Kindler, NJW 2003, 1073 (1079) (Hinweis auf das Herkunftsland); Weller, Europäische Rechtsformwahlfreiheit und Gesellschafterhaftung, 2004, S. 103 f. (Hinweis auf das Herkunftsland); Roth, IPRax 2003, 117 (125) (gesonderter Hinweis); dagegen aber Rehberg, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 1. Aufl. 2004, § 5 Rn. 52 ff. 320 321
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Klammerzusatz im Sinne von „AG nach spanischem Recht“ gefordert.323 Diese Auffassung findet aber letztlich keine Stütze im Gesetz, zumal der Gesetzgeber Auslands- und Inlandsgesellschaften im Rahmen von § 80 Abs. 4 AktG und § 35a Abs. 4 GmbHG explizit gleich behandeln wollte.324 Dass ein solcher Ansatz vielleicht nicht effizient ist, weil sich ein Gläubiger möglicherweise nicht schnell und kostengünstig über die ausländische Rechtsform informieren kann oder können wird,325 begründet allenfalls rechtspolitischen Handlungsbedarf. Denn das Ziel des Gläubigerschutzes wird auch mit dem einfachen ausländischen Rechtsformzusatz erreicht: Kennt der potentielle Kontrahent die Rechtsform nicht und meint auch, sich das erforderliche Wissen nicht mit angemessenem Aufwand verschaffen zu können, kann und wird er vom Vertrag Abstand nehmen. Es liegt dann an der Gesellschaft ausländischen Rechts, Aufklärung zu betreiben. bb) Aber: Erforderlichkeit der Angaben zu Register und Satzungssitz Auf Grund der vorstehenden Erwägungen wird allerdings unmittelbar einsichtig, dass die Führung des nach dem Heimatrecht der Gesellschaft gebotenen Rechtsformzusatzes nur genügen kann, wenn zugleich die Angaben über den Gesellschaftssitz und das Registergericht gemacht werden. Denn nur so kann verhindert werden, dass ausländische Rechtsformzusätze mit sonstigen Abkürzungen im Rahmen einer zulässigen Firmenbildung verwechselt werden. Gerade weil auch deutsche Gesellschaften verpflichtet sind, entsprechende Angaben zu machen (§ 80 Abs. 1 AktG, § 35a Abs. 1 GmbHG), ließe sich dies jedenfalls weitgehend im Wege der Substitution erreichen und begründete kein Fremdenrecht326. Denn gemäß Art. 5 Publizitätsrichtlinie sind zu diesen Angaben alle europäischen Kapitalgesellschaften verpflichtet. Dass die Vertreterhaf323 Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 80 Rn. 16; Seibt, in: K. Schmidt/ Lutter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 80 Rn. 6; Spindler, in: MünchKomm, AktG, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 25; Weber, in: Hölters, AktG, 2. Aufl. 2014, § 80 Rn. 11; zurück geht diese Auffassung wohl auf Bärwaldt/Schabacker, AG 1996, 461 (462), die seinerzeit wenig überzeugend und ausschließlich auf die Wertungen von § 12 HGB abstellten. 324 RegE MoMiG, BT-Drucksache 16/6140, S. 43, 52. 325 So die Argumentation von Weller, Europäische Rechtsformwahlfreiheit und Gesellschafterhaftung, 2004, S. 104; in diesem Sinne auch Roth, IPRax 2003, 117 (124 f.). 326 Als solches bezeichnet man nämlich diejenigen Rechtssätze, die Ausländer – auch ausländische juristische Personen (Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 10; von Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, 9. Aufl. 2007, § 1 Rn. 130) – anders behandeln als Inländer (Kegel/Schurig, IPR, 9. Aufl. 2004, S. 64; Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 10; Melchior, Die Grundlagen des deutschen internationalen Privatrechts, 1932, S. 1, Fn. 1; von Bar/Mankowski, IPR, Bd. 1, 2. Aufl. 2003, Rn. 213 (§ 4 Rn. 28); von Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, 9. Aufl. 2007, § 1 Rn. 130).
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tung bei reinen Inlandssachverhalten an die unterlassene Offenlegung von Satzungssitz und Registergericht nicht anknüpft, steht dem nicht entgegen, da es bei deutschen Gesellschaften niemals zu der Fehlvorstellung kommt, mit einer natürlichen Person zu kontrahieren, solange der Rechtsformzusatz ordnungsgemäß offenbart wird. Im Übrigen kann angesichts der nationalen Regelung für deutsche Gesellschaften und Auslandsgesellschaften mit Zweigniederlassung in Deutschland durchaus von einem verallgemeinerungsfähigen Rechtsgrundsatz gesprochen werden. Neben der separaten international-privatrechtlichen Anknüpfung eines solchen zusätzlichen Erfordernisses327 verbleibt unter materiell-rechtlicher Perspektive letztlich nurmehr die Frage, wie man diese Anforderungen in die Rechtsprechungsgrundsätze integriert. Der BGH musste sich hiermit nicht befassen, weil es in dem zu Grunde liegenden Fall bereits an der Führung des Rechtsformzusatzes fehlte. Als klare und im Hinblick auf die expliziten gesetzlichen Gebote auch angemessene Lösung erscheint es dabei, die Angaben über Gesellschaftssitz und Register gleichsam als Teilaspekt des Rechtsformgebots zu betrachten. Denn auf dieser Grundlage würde es dem Vertreter analog § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB obliegen, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass ungeachtet des Fehlens der Angaben zu Satzungssitz oder Registergericht die Vertretung einer ausländischen Kapitalgesellschaft erkennbar war. So würden denn auch die Fälle einer befriedigenden Lösung zugeführt, in denen der ausländische Rechtsformzusatz mit dem deutschen übereinstimmt, wie das etwa bei der österreichischen GmbH gemäß § 5 Abs. 1 öGmbHG oder der öster reichischen AG gemäß § 4 öAktG der Fall ist. Das gilt gleichermaßen für solche ausländischen Rechtsformzusätze, welche in Gestalt ihrer anerkannten Abkürzung im deutschen Geschäftsverkehr als einfache Bestandteile einer Geschäftsbezeichnung wahrgenommen werden könnten, wenn für die Gesellschaft ausschließlich eine inländische Geschäftsanschrift angegeben wird (z. B. bei dem niederländischen Zusatz „B.V.“). e) Zwischenergebnis Dem BGH ist in seiner Entscheidung, die Rechtsprechungsgrundsätze zur Vertreterhaftung bei Weglassen des Rechtsformzusatzes auf ausländische Gesellschaften zu übertragen, zuzustimmen. Den Zugang hierfür bildet das auf materiell-rechtlicher Ebene angesiedelte international-privatrechtliche Institut der Substitution. 327 Siehe in diesem Sinne die international-privatrechtliche Anknüpfung des Haftungstatbestandes selbst unter D. I. sowie des Offenlegungserfordernisses unter D. II.
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C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes
Wenngleich das Weglassen des Rechtsformzusatzes danach per se die Haftung begründet, genügt umgekehrt die Verwendung des Rechtsformzusatzes allein nicht in jedem Fall dazu, den Rechtsschein der Vertretung einer natürlichen Person oder Personengesellschaft und so die Haftung zu vermeiden. Vielmehr muss der Vertreter gegenüber dem Geschäftsgegner klarstellen, dass er für eine ausländische Gesellschaft handelt, wofür im Schriftverkehr die Angabe von Satzungssitz und Registergericht erforderlich sind. Ungeachtet dieser strengen Anforderungen muss eine Vertreterhaftung analog § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB ausscheiden, wenn dem Geschäftsgegner bekannt sein musste, dass der verwendete Rechtsformzusatz eine ausländische Gesellschaftsform repräsentiert. Das wird in aller Regel bei geläufigen Formzusätzen wie „Ltd.“ oder „S.à r.l.“ ebenso der Fall sein wie bei langen, unbekannten Abkürzungen wie „sp. z o.o.“ für die polnische GmbH. Dagegen kann etwa bei einer österreichischen „GmbH“ und unter Umständen auch bei der Verwendung des Zusatzes „B.V.“ ohne Angabe von Satzungssitz und Registergericht nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Geschäftsgegner wusste oder wissen musste, dass der Vertreter für eine ausländische Gesellschaft handelt. Über die Angabe von Satzungssitz und Registergericht hinausgehende Anforderungen zur Erläuterung der ausländischen Rechtsform bestehen dagegen richtigerweise nach deutschem materiellen Recht nicht.
5. Fazit Die Vertreterhaftung analog § 179 BGB ist also uneingeschränkt auch auf die Vertretung von Auslandsgesellschaften zu erstrecken. Das gilt sowohl für das Verschweigen der eigenen Rechtsform als auch für die Anmaßung einer deutschen Rechtsform. Nach dem hier und wohl auch vom BGH vertretenen zurückhaltenden – substitutionsorientierten – Ansatz bezüglich der Anforderungen an die Offenbarung der Rechtsform genügt hierfür die Einhaltung des Rechtsformgebots des Heimatrechts der Gesellschaft. Allerdings müssen im Einklang mit der Publizitätsrichtlinie im schriftlichen Verkehr zugleich der Satzungssitz der Gesellschaft sowie das zuständige Registergericht offengelegt werden, damit erkennbar ist, dass es sich tatsächlich um einen Rechtsformzusatz handelt.
III. Fazit zu den Rechtsfolgen von Verstößen
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III. Fazit zu den Rechtsfolgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes nach materiellem deutschen Recht Zusammenfassend bleibt somit festzuhalten, dass sich die Rechtsfolgen einer Täuschung des Vertreters über die Rechtsform der von ihm vertretenen Kapitalgesellschaft ohne Ausnahme in analoger Anwendung von § 179 BGB bestimmen. Der BGH entwickelte dieses Haftungskonzept zwar bereits Anfang der 1970er Jahre für die Vertretung von Kapitalgesellschaften durch Zeichnen ohne Rechtsformzusatz und hat es bis heute sowohl auf die Vertretung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) unter Verwendung des GmbH-Zusatzes als auch auf die Fälle des Weglassens des Rechtsformzusatzes durch Auslandsgesellschaften erstreckt. Dabei blieb das dogmatische Fundament dieser Haftung allerdings stets erstaunlich nebulös. Die vorstehenden Ausführungen haben gleichwohl gezeigt, dass diese Rechtsprechung in der Sache überzeugt und sich dogmatisch durchaus überzeugend aus einer Analogie zu § 179 BGB begründen lässt. Der wesentliche und bis heute oftmals übersehene Ausgangspunkt ist dabei allerdings die Frage, ob ein Vertrag mit einer Kapitalgesellschaft überhaupt zustande kommen kann, wenn sich Vertreter und Geschäftsgegner explizit auf eine genau bezeichnete natürliche Person oder andere Gesellschaftsform geeinigt haben. Nimmt man die grundgesetzlich verankerte Privatautonomie ernst, lässt sich dies nicht behaupten. Dementsprechend würde nach allgemeinen Grundsätzen der Vertragsschluss scheitern. Die Regelungsbedürftigkeit der Situation ergibt sich indes aus dem Umstand, dass das Unternehmen tatsächlich existiert, während in den klassischen Fällen der Vertretung einer nicht existierenden Person regelmäßig bereits beim ersten Versuch der Durchführung des scheinbar geschlossenen Vertrages klar wird, dass keine wirksame Stellvertretung vorgelegen hat. Daher bewahrt der fehlende Vertragsschluss nicht vor der Übernahme des Insolvenzrisikos der an sich nicht wirksam vertretenen Kapitalgesellschaft. Das letztlich ungewollt übernommene Insolvenzrisiko wird durch die Haftung analog § 179 BGB auf den Vertreter verlagert, da dieser durch den gerade durch diese Haftung ermöglichten Vertragsschluss im Innenverhältnis zur Gesellschaft nach § 426 BGB Regress nehmen kann. Insofern führt die unbeschränkte Vertreterhaftung zu angemessenen Ergebnissen und zwar auch in den Fällen der Verwendung eines einer anderen Rechtsform vorbehaltenen Rechtsformzusatzes. Denn das Stammkapital einer Gesellschaft reflektiert letztlich die Seriosität der Unternehmung, mithin die Reputation der Rechtsform. Dem-
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C. Folgen von Verstößen gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes
entsprechend führte die nachträgliche Haftung eines Nicht-Gesellschafters auf die Stammkapitaldifferenz nicht zu einer adäquaten Kompensation des unfreiwillig übernommenen Insolvenzrisikos. Dass die Haftung dabei unter Umständen ein äußerst scharfes Schwert darstellt, ist bereits in Anbetracht der Alternative – Haftung nach § 179 BGB infolge fehlender Vertretungsmacht für die vorgeblich vertretene, nicht existente Person – unbedenklich und nicht zuletzt unter Präventionsgesichtspunkten gerechtfertigt. All diese Erwägungen lassen sich unbedenklich auf die Täuschung über die Rechtsform von Auslandsgesellschaften übertragen. Doch während die Gestaltung der materiell-rechtlichen Haftungskonzeption letztlich in den Händen des BGH liegt, ist es ganz allein eine Frage des internationalen Privatrechts, ob die Vertreterhaftung insoweit tatsächlich zur Anwendung gelangen kann.
D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze Zwei Aspekte der im vorigen Teil angestellten Überlegungen sind für die weitere Betrachtung von zentraler Bedeutung: Das ist zum einen die Einsicht, dass es in einer Zeit, in der der grenzüberschreitende Handel stetig zunimmt, sehr wohl denkbar ist, dass ausländische Kapitalgesellschaften am deutschen Markt auftreten und dabei den nach ihrem Heimatrecht gebotenen Rechtsformzusatz nicht oder zumindest nicht richtig führen, um gegenüber deutschen Gesellschaften keinen – vermuteten oder befürchteten – Wettbewerbsnachteil zu erleiden. Das hat materiellrechtlich die Frage aufgeworfen, ob die BGH-Grundsätze zur Vertreterhaftung bei Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes und bei Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes auf die Vertretung ausländischer Gesellschaften übertragbar sind. Das wurde zwar bejaht. Diese Überlegungen sind bislang freilich unvollständig, weil sie die international-privatrechtliche Perspektive vermissen lassen. Es ist also im Folgenden der Frage nachzugehen, ob die vom BGH entwickelten Haftungsgrundsätze nach den Regeln des Internationalen Privatrechts überhaupt zur Anwendung gelangen können. Hier kommt die zweite zentrale Erkenntnis der vorstehenden Überlegungen ins Spiel: Es ist nämlich bereits auf Ebene des materiellen Rechts nicht ganz einfach, die Haftung für Verstöße gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes einzuordnen. Denn diese oszilliert in ihrer Ausgestaltung durch den BGH zwischen Rechtsscheinhaftung, allgemeinem Firmenrecht, Gesellschafts- und Stellvertretungsrecht: Mit dem Rechtsformgebot ist sie unzweifelhaft gesellschaftsrechtlich, aber eben auch firmenrechtlich verankert. Gleichwohl wird sie vom BGH in ständiger Rechtsprechung als Rechtsscheinhaftung begriffen und zugleich auf eine analoge Anwendung der Haftung des falsus procurator gemäß § 179 BGB gestützt. Die Einordnung im deutschen Recht lässt nach der funktional-teleologischen Methode des IPR selbstverständlich keinen Schluss auf die international-privatrechtliche Qualifikation zu. Nichtsdestotrotz lassen die Schwierigkeiten auf Ebene des materiellen Rechts erah-
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
nen, dass die Schnittstellenproblematik es auf Ebene des internationalen Privatrechts nicht leichter machen wird. In der Tat hält das Kollisionsrecht keine Anknüpfungsregel bereit, die explizit auf den Fall abhebt, dass ein Vertreter einer Kapitalgesellschaft im Zuge des Vertragsschlusses den Kontrahenten über die Rechtsform des Prinzipals durch fehlerhafte Verwendung des Rechtsformzusatzes in die Irre führt. Hinzu kommt, dass die im deutschen internationalen Privatrecht in der Vergangenheit stets angewandte Regel, wonach der Rechtsschein dort angeknüpft wird, wo er sich ausgewirkt hat,328 unter Geltung der Rom-Verordnungen jedenfalls kritisch reflektiert werden muss.329 Darüber hinaus bereitet die Anwendung nationaler Rechtsvorschriften auf EU-Auslandsgesellschaften und deren Vertreter bekanntlich ganz eigene Probleme. International-privatrechtlich ist die Problematik somit ähnlich unklar wie im materiellen Recht. Dieses Kapitel ist daher vor allem der kollisions-, aber auch der europarechtlichen Anwendbarkeit der in der nationalen Rechtsprechung entwickelten Haftungsgrundsätze gewidmet. Es umfasst in diesem Sinne nicht nur die Bestimmung des anwendbaren Rechts nach den Vorschriften des Interna tionalen Privatrechts, sondern auch die hiermit verbundene Frage nach dem Verhältnis zur Niederlassungsfreiheit von EU-Auslandsgesellschaften gemäß Art. 49, 54 AEUV.
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BGH NJW 2007, 1529 (1529, Leitsatz 2; 1530 Rn. 9); bereits BGH, Teilurteil v. 09.12.1964 – VIII ZR 304/62, NJW 1965, 487 (489); Kindler, NJW 2007, 1785 (1786); Lang/ Orttmann, in: Ziemons/Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, IntGesR Rn. 114; Leonhard, WuB II C. § 4 GmbHG 1.07 (2007); Michalski, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 114; Rauscher, IPR, 4. Aufl. 2012, § 7 B Rn. 637; Rauscher/Pabst, NJW 2007, 3541 (3547); Servatius, in: MünchHdb, GesR, 4. Aufl. 2013, § 11 Rn. 43; Spahlinger/Wegen, in: Spahlinger/Wegen, IntGesR, 1. Aufl. 2005, C Rn. 345; Rehberg, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 1. Aufl. 2004, § 5 Rn. 102 ff.; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl. 2015, Rn. 7168; Spahlinger/Wegen, in: Spahlinger/Wegen, IntGesR, 1. Aufl. 2005, C Rn. 345; Tersteegen, Ausländische Kapitalgesellschaften, 2002, S. 238; vgl. allgemein zur Rechtsschein- oder Vertrauenshaftung Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl. 2012, § 4a Rn. 37. 329 Nach Altmeppen/Ego, in: MünchKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 557 muss die Frage nach der kollisionsrechtlichen Anknüpfung in diesen Fällen „derzeit als offen betrachtet werden“; siehe auch Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 1 Rom II-VO Rn. 38: „Ob eine solche Qualifikation auch unter der Geltung der Rom II-VO Platz greift, bleibt abzuwarten“.
I. Anwendbares Haftungsrecht bei Täuschung des Geschäftsgegners
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I. Anwendbares Haftungsrecht bei Täuschung des Geschäftsgegners durch Verstöße gegen das Rechtsformgebot bei Vertragsabschluss Welches Recht für die Folgen eines Verstoßes gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes durch Vertretung einer Kapitalgesellschaft bei Vertragsschluss unter Täuschung über die Rechtsform330 zur Anwendung gelangt, liegt keineswegs auf der Hand. Denn die Haftung weist Berührungspunkte zu verschiedenen Statuten auf, was eine Einordnung erschwert.331 Es ist Ziel des Kollisionsrechts, das Recht derjenigen Rechtsordnung zur Anwendung zu bringen, mit der der Sachverhalt die engste Verbindung aufweist.332 Dazu bedient sich das europäische Kollisionsrecht – wie auch das nationale IPR – solcher Rechtsbegriffe, die nicht mit denen des materiellen Rechts kongruent sind.333 Die ihrerseits nicht einfache Einordnung der Haftung nach deutschem Recht determiniert folglich das kollisionsrechtliche Ergebnis nicht. Für die Anknüpfung der Verstoßfolgen ist eine autonome Auslegung der international-privatrechtlichen Begrifflichkeiten also unabkömmlich.334 Im Folgenden gilt es daher – nach einer knappen Darstellung der methodischen Grundlagen – die in Betracht kommenden Statute für die international-privatrechtliche Anknüpfung der Vertreterhaftung zu erörtern.
1. Methodische Vorfragen a) Funktional-teleologische Qualifikation Um nicht an nationalen Kategorisierungen zu haften und somit in der Lage zu sein, auch dem eigenen Sachrecht unbekannte Rechtsinstitute international-privatrechtlich zu qualifizieren335, bedient sich das deutsche wie europäische Kollisionsrecht der funktional-teleologischen Qualifikation.336 Nach dieser Metho330 Konkret durch Weglassen des Rechtsformzusatzes (dazu oben C. I. 1.) oder Anmaßung eines fremden, v. a. inländischen, Rechtsformzusatzes (dazu oben C. I. 2.). 331 Dazu bereits einleitend zu D. 332 Vgl. nur Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Einl. vor Art. 3 EGBGB Rn. 1 m. w. N. 333 Bach, IPRax 2011, 116 (117); Kindler, in: FS Jayme, 2004, S. 409 (410). 334 Mistelis, Charakterisierungen und Qualifikation, 1999, S. 182; Bach, IPRax 2011, 116 (117); Rabel, RabelsZ 5 (1931), 241 (282 f.). 335 Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 127; von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 118. 336 Mistelis, Charakterisierungen und Qualifikation, 1999, S. 182 ff.; Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 126 ff.; Kegel/Schurig, IPR, 9. Aufl. 2004, S. 346 ff.; Nehne, Methodik und
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
de bestimmt sich die kollisionsrechtliche Einordnung einer strittigen Rechtsfrage im Einzelfall danach, welche Funktion dem jeweiligen Rechtsinstitut im Gesamtgefüge der zugehörigen Privatrechtsordnung zukommt.337 Die Ordnungsziele der entsprechenden Kollisionsnorm werden mit der Funktion bzw. dem Zweck des in Rede stehenden materiellen Rechtsinstituts verglichen.338 In diesem Sinne ist es nach dem BGH erforderlich, „die Vorschrift des ausländischen Rechts nach ihrem Sinn und Zweck zu erfassen, ihre Bedeutung vom Standpunkt des ausländischen Rechts zu würdigen und sie mit Einrichtungen der deutschen Rechtsordnung zu vergleichen. Auf der so gewonnenen Grundlage ist sie den aus den Begriffen und Abgrenzungen der deutschen Rechtsordnung aufgebauten Merkmalen der deutschen Kollisionsnorm zuzuordnen.“339
Im Unterschied zum nationalen Recht, gibt es jedoch (noch) kein vereinheitlichtes europäisches Sachrecht. Folglich fehlt es oftmals an materiellen Systembegriffen, mit denen das jeweilige Rechtsinstitut verglichen werden könnte.340 Das führt indes nicht zu einem „Rückfall“ auf die Einordnung nach dem Standort im materiellen Recht des jeweiligen Mitgliedstaates (Qualifikation nach der lex causae), wodurch die Vereinheitlichung des internationalen Privatrechts in Europa offensichtlich konterkariert würde. Vielmehr ist dem EuGH mit der Letztentscheidungskompetenz über die Auslegung des europäischen Kollisionsrechts sowohl die Definition europäischer Systembegriffe für die Zwecke des IPR 341 als auch die Beantwortung der Frage anvertraut, nach welchen Grundsätallgemeine Lehren, 2012, S. 178 ff. bevorzugt die Bezeichnung „dreifach funktionale Auslegung“; Eidenmüller, in: Sonnenberger, Vorschläge und Berichte zur Reform des europäischen und deutschen internationalen Gesellschaftsrechts, 2007, S. 469 (475 ff.); Eidenmüller, RabelsZ 70 (2006), 474 (483 ff.); von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 118. 337 Mistelis, Charakterisierungen und Qualifikation, 1999, S. 182. 338 Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 127; Mistelis, Charakterisierungen und Qualifika tion, 1999, S. 182; Eidenmüller, RabelsZ 70 (2006), 474 (483). 339 BGH, Urteil v. 19.12.1958 – IV ZR 87/58, BGHZ 29, 137 (139); seither ähnlich BGH, Urteil v. 12.01.1967 – III ZR 25/66, NJW 1967, 1177 (1177); BGH, Urteil v. 22.03.1967 – IV ZR 148/65, NJW 1967, 2109 (2111); BGH, Versäumnisurteil v. 24.06.2014 – VI ZR 347/12, IPRax 2015, 423 (Rn. 58); OLG Frankfurt, Urteil v. 05.04.2006 – 4 U 153/02, juris, Rn. 62. 340 von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 127. Hierzu bereits Bariatti, Riv. DIPP 2006, 361 (363); Sonnenberger, in: FS Kropholler, 2008, S. 227 (240); ebenso Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Brauchen wir eine Rom 0-Verordnung?, 2013, S. 181 (192); Nehne, Methodik und allgemeine Lehren, 2012, S. 187; Lüttringhaus, RabelsZ 77 (2013), 31 (33); ebenso Hellner, in: Dutta/Herrler, Die Europäische Erb rechtsverordnung, 2014, S. 107 (108, Rn. 4) zum europäischen Erbrecht. 341 Von „gewissermaßen eine[r] materielle[n] lex fori auf supranationaler Ebene“ sprechen Heiss/Kaufmann-Mohi, in: Leible/Unberath, Brauchen wir eine Rom 0-Verordnung?, 2013, S. 181 (191 f.); von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 127;
I. Anwendbares Haftungsrecht bei Täuschung des Geschäftsgegners
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zen die Qualifikation zu erfolgen hat342. Aus Ersterem folgt, dass das europäische Recht etwa auch für „unerlaubte Handlungen“ im Sinne von Art. 4 Rom IIVO oder ein „Verschulden bei Vertragsverhandlungen“ im Sinne von Art. 12 Rom II-VO eigene Begriffe bilden kann und muss. Aus Letzerem ergibt sich, dass der EuGH – im Rahmen der Qualifikation – bei der Ermittlung von Sinn und Zweck eines Rechtsinstituts des nationalen Rechts nicht an die Zweckbestimmung durch das nationale Recht gebunden ist, sondern Sinn und Zweck auch (ergänzend) objektiv-systematisch ermitteln kann.343 Das muss gleichermaßen für die Systembegriffe gelten, für die zwar kein europäisches Kollisionsrecht existiert, die aber als Ausnahmetatbestände gleichsam aus dem europäischen Kollisionsrecht herausgeschnitten sind. Denn wollte man dies den Mitgliedstaaten bzw. deren Gerichten überlassen, hätten diese es in der Hand, über die Reichweite des europäischen Rechts zu befinden, was dem aus Art. 288 Abs. 2 AEUV abgeleiteten Anwendungsvorrang der Rom-Verordnungen offensichtlich zuwiderliefe.344 Es gilt also, bei den im Folgenden für den Vergleich zugrunde zu legenden Systembegriffen genau darauf zu achten, ob die anzuknüpfende Rechtsmaterie durch die Rom-Verordnungen geregelt ist. b) Gegenstand der Qualifikation Zudem ist vorab zu präzisieren und klarzustellen, was genau im Folgenden qualifiziert werden soll. Insofern entspricht es der heute herrschenden Auffassung, dass es zu kurz griffe, den Gegenstand der Qualifikation schlicht in einem Lebenssachverhalt zu erblicken, weil ein- und derselbe Lebensvorgang diverse Fragen unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten aufweisen kann.345 Umgekehrt geht es auch nicht um die Qualifikation einer bestimmten Sachnorm, da die Qualifikation den Anwendungsbereich einer Kollisionsnorm absteckt und diese erst über das anwendbare Sachrecht entscheidet.346 Nach herrvgl. auch Bariatti, Riv. DIPP 2006, 361 (371); a. A. Nehne, Methodik und allgemeine Lehren, 2012, S. 187 f., der seine Ansicht darauf stützt, dass die EU keine Kompetenz zur umfassenden Vereinheitlichung des Zivilrechtssystems habe. 342 Dazu Scholz, ZEuP 2016, 959 (973). 343 So etwa EuGH, 10.12.2015, C-594/14 – Kornhaas/Dithmar, ECLI:EU:C:2015:806, Rn. 18 f., der den Normzweck von § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG a. F. explizit anders, nämlich weiter, begreift als zuvor der BGH in seinem Vorlagebeschluss (vgl. BGH, Vorlagebeschluss v. 02.12.2014 – II ZR 119/14, NZI 2015, 85 (86, Rn. 8). Dazu Scholz, ZEuP 2016, 959 (973). 344 Allgemein zum Anwendungsvorrang von Verordnungen Schroeder, in: Streinz, EUV/ AEUV, 2. Aufl. 2012, Art. 288 AEUV Rn. 59. 345 von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 112 m. w. N. 346 von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 112 m. w. N.
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
schender Auffassung bildet daher ein Rechtsverhältnis im Sinne eines auf eine bestimmte Rechtsfrage, respektive einen bestimmten Anspruch, vorstrukturierten Lebenssachverhalts den Gegenstand der Qualifikation.347 Dementsprechend wäre es im hier interessierenden Kontext der falsche Ansatz, von der Qualifikation der „Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB“ (bzw. eines von beidem) zu sprechen. Doch wäre es nicht minder unzutreffend, die „Verstöße gegen das Rechtsformgebot“ oder die „Vertreterhaftung bei falscher Firmierung“ qualifizieren zu wollen, weil hierdurch wesentliche Aspekte außer Betracht gelassen würden. Das zu qualifizierende Rechtsverhältnis ist vielmehr von folgenden – kumulativ vorliegenden – Aspekten geprägt: (1) Vertragsschluss mit einer Kapitalgesellschaft unter Einschaltung eines Vertreters mit Vertretungsmacht auf deren Seite, (2) Hervorrufen eines falschen Rechtsscheins über die Rechtsform der Kapitalgesellschaft durch Verschweigen des Rechtsformzusatzes bzw. Verwenden eines unrichtigen Rechtsformzusatzes, (3) Anspruch gegen den Vertreter als jedermann, also nicht notwendigerweise als Gesellschaftsorgan. Demgegenüber spielt es für die Qualifikation keine Rolle, dass dieser Anspruch im deutschen Recht analog § 179 BGB auf das positive Interesse gerichtet ist. Denn damit würde man wiederum den systematischen Kategorien einer der potentiell berufenen Rechtsordnungen vorgreifen.348
2. Rechtsscheinanknüpfung a) Rechtsscheinanknüpfung in der Rechtsprechung des BGH In der Vergangenheit haben deutsche Gerichte in Fällen der Rechtsscheinhaftung, in denen also ein Beteiligter einen Rechtsschein gesetzt hatte, stets das Recht desjenigen Staates zur Anwendung gebracht, in dem sich der Rechtsschein ausgewirkt hat.349 Nach diesen Grundsätzen hat der BGH auch die Vertreterhaftung bei Weglassen des Rechtsformzusatzes angeknüpft, welche er materiellrechtlich bekanntlich als „Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB“ qualifiziert.350 Diese Rechtsprechung stieß auch in der Literatur auf Zustimmung.351 347 Eingehend von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 113; siehe auch EuGH, 13.03.2014, C-548/12 – Marc Brogsitter/Fabrication de Montres Normandes EURL u. a., NJW 2014, 1648, Rn. 18 („Rechtsverhältnis“), Rn. 21 („Ansprüche“). 348 Zur Unzulässigkeit eines solchen Vorgehens von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 113. 349 BGH NJW 1965, 487 (489); BGH NJW 2007, 1529 (1529, Leitsatz 2; 1530 Rn. 9). 350 BGH NJW 2007, 1529 (1530, Rn. 9); BGH NJW 2012, 2871 (2871); dazu oben C. I. 1. a) cc). 351 Kindler, NJW 2007, 1785 (1786); ebenso auch nach Inkrafttreten der Rom I- sowie der Rom II-VO Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 242; Lang/Ortt-
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Der augenscheinliche Vorteil einer gesonderten Anknüpfung der Rechtsscheinhaftung offenbart sich gerade in den hier in Rede stehenden Fällen. Wird für den Geschäftsgegner nicht deutlich, dass er mit einer ausländischen Gesellschaft kontrahiert, weil diese ihren ausländischen Rechtsformzusatz gar nicht oder zumindest nicht ordnungsgemäß führt bzw. sich einer nationalen Rechtsform berühmt, kann er nicht erkennen, dass der Sachverhalt einen Auslandsbezug aufweist.352 Daher bleibt ihm auch die Möglichkeit verborgen, dass ein anderes als sein Heimatrecht zur Anwendung gelangen könnte. Auch wenn der allgemeine Teil der Firma der ausländischen Gesellschaft erkennbar einer anderen Sprache entstammen würde, genügt dies noch nicht, um das Vertrauen zu zerstören, dass es sich um einen reinen Inlandssachverhalt handele. Denn in Zeiten zunehmender Globalisierung ist es nicht unüblich, dass sich auch inländische Unternehmen ausländischer Namen bedienen. Wenn die ausländische Kapitalgesellschaft mit deutschen Vertragspartnern in Deutschland Verträge schließt, befindet sich der Ort, an dem sich der Rechtsschein der unwahren Rechtsform auswirkt, mithin in Deutschland. Deutsches Recht anzuwenden, wäre auch sachgerecht. Es entspräche jedenfalls dem Interesse des gutgläubigen Vertragspartners, sein Heimatrecht anzuwenden.353 Zwar hätte der Vertreter im Zweifel auch ein Interesse daran, das Recht seines Herkunftslandes zur Anwendung zu bringen. Aus Gründen des Verkehrsschutzes wird dieses jedoch zurücktreten müssen.354 Die Anknüpfung an das Recht des Landes, in dem sich der Rechtsschein auswirkt, gewährleistet somit den Schutzstandard, auf den sich der Vertrauende wegen des geschaffenen Vertrauens eingestellt hat und an dem sich der Verursacher des Rechtsscheins festhalten lassen muss.355
mann, in: Ziemons/Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, IntGesR Rn. 114; Michalski, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 114; Rauscher, IPR, 4. Aufl. 2012, § 7 B Rn. 637; Servatius, in: MünchHdb, GesR, 4. Aufl. 2013, § 11 Rn. 43; Bollacher, RIW 2008, 200 (203 f.), der offenlässt, ob die kollisionsrechtliche Behandlung eines Rechtsscheintatbestandes ggfs. als Unterfall des Deliktsstatuts zu qualifizieren ist. 352 Dazu, dass in dieser Konstellation ein Vertrauenstatbestand vorliegt, Grolimund, Vertrauensanknüpfung, 2008, S. 12. 353 Vgl. Kegel/Schurig, IPR, 9. Aufl. 2004, S. 135. 354 Kegel/Schurig, IPR, 9. Aufl. 2004, S. 136, 138. 355 Vgl. Lorenz, NJW 2000, 3305 (3308); auch nach Fischer, IPRax 1989, 215 (216) entspricht diese Anknüpfung den Interessen der Parteien sowie dem Verkehrsschutz; vgl. auch Fischer, Verkehrsschutz im internationalen Vertragsrecht, 1990, S. § 11 V 4, 5 d).
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b) Art. 12 Abs. 3 EGBGB-E im Referentenentwurf für IntGesR Ganz im Sinne der BGH-Rechtsprechung sollte auch nach dem am 8. Januar 2008 vom Bundesministerium der Justiz vorgelegten – und durch die vorangegangene Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit angestoßenen356 – Referentenentwurf für ein deutsches Gesetz zum Internationalen Gesellschaftsrecht357 „eine Vertrauensschutzregelung für das ,Handeln unter falschem Recht‘“358 getroffen werden. Konkret lautete der Entwurf für einen neu gefassten Art. 12 EGBGB: „Tritt eine Gesellschaft, ein Verein oder eine juristische Person unter einem anderem als dem nach Artikel 10 anzuwendendem Recht [Recht des Gründungsstaates] auf, können sich Dritte, die die Anwendbarkeit des Rechts nach Artikel 10 nicht kannten oder kennen mussten, auf dieses andere Recht berufen.“
Ausweislich der Regierungsbegründung sollte diese Regelung insbesondere die Fälle erfassen, „in denen eine Gesellschaft einen unzutreffenden Rechtsformzusatz aus einer anderen Rechtsordnung verwendet, zum Beispiel wenn eine ausländische Gesellschaft sich in Deutschland als deutsche Gesellschaft ausgibt“, da es in diesen Fällen nicht sachgerecht erscheine, einen gutgläubigen Dritten auf das tatsächliche Gesellschaftsstatut zu verweisen.359 Dieser Normvorschlag hatte seinerzeit durchweg positive Resonanz erfahren.360 Wenngleich gute Gründe für eine gesonderte Rechtsscheinanküpfung sprechen, offenbart doch gerade der Regelungsvorschlag im Referentenentwurf für 356
Dazu ausführlich unten D. I. 5. a) bb). Referentenentwurf für ein Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen vom 08.01.2008. 358 Begründung zum Referentenentwurf für ein Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen, S. 15. 359 Begründung zum Referentenentwurf für ein Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen, S. 15; zustimmend Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zum Referentenentwurf für ein Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen, März 2008, S. 7; Franz, BB 2009, 1250 (1258). 360 Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins zum Referentenentwurf für ein Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen, März 2008, II. 2.; Stellungnahme des Deutschen Notarvereins zum Referentenentwurf eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen, März 2008, S. 20 f.; Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Referentenentwurf eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen, Februar 2008; Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zum Referentenentwurf für ein Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen, März 2008, S. 7 f.; Franz, BB 2009, 1250 (1258); a. A. Bollacher, RIW 2008, 200 (203 f.). 357
I. Anwendbares Haftungsrecht bei Täuschung des Geschäftsgegners
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ein deutsches Gesetz zum Internationalen Gesellschaftsrecht, dass die international-privatrechtliche Qualifikation der in der Rechtsprechung des BGH ent wickelten Vertreterhaftung als „Rechtsscheinhaftung“ nicht ohne Zweifel ist. Denn bekanntlich verbietet sich der Schluss von der materiell-rechtlichen auf die international-privatrechtliche Qualifikation. Hier kommt überdies hinzu, dass es bereits auf Ebene des materiellen Rechts nicht überzeugt, die Vertreterhaftung als Rechtsscheinhaftung einzuordnen.361 Das legt den Schluss auf die Qualifikation als „Rechtsscheinhaftung“ im IPR zumindest nicht näher. c) Keine Rechtsscheinanknüpfung unter der Geltung der Rom-Verordnungen Hinter der Verbindlichkeit der dargestellten Rechtsprechungsgrundsätze steht jedoch noch ein anderes, erheblich größeres Fragezeichen. Namentlich geht es um die Frage, inwiefern sich die separate Anknüpfung der Rechtsscheinhaftung in der Gegenwart überhaupt noch behaupten kann.362 Denn der am 5. Februar 2007 ergangenen BGH-Entscheidung lag ein Sachverhalt aus dem Jahr 2000 zu Grunde und in der Folgezeit hat sich die kollisionsrechtliche Rechtslage in Europa massiv verändert: Seit 2009 bestimmen die Rom I-Verordnung363 sowie die Rom II-Verordnung364, welches Recht auf vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbar ist. Dabei rühren die Zweifel an der Fortgeltung der BGH-Grundsätze aus der Tatsache, dass diese Verordnungen das schuld rechtliche Kollisionsrecht für die Mitgliedstaaten der EU einheitlich regeln,365
361
Dazu ausführlich oben C. I. 1. c) bb). Dieses Problem ebenfalls erkennend Altmeppen/Ego, in: MünchKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, B. Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 557; ebenso Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 1 Rom II-VO Rn. 38 („Ob eine solche Qualifikation auch unter der Geltung der Rom II-VO Platz greift, bleibt abzuwarten“). 363 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), in Kraft getreten am 24.7.2008, gültig gemäß Art. 29 seit 17.12.2009. 364 Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II), in Kraft getreten am 20.8.2007, gültig gemäß Art. 32 seit 11.01.2009. 365 Leible, Rom I und Rom II: Neue Perspektiven im Europäischen Kollisionsrecht, 2008, S. 43; Kieninger, in: Ferrari/Kieninger/Mankowski u. a., Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 1 Rom I-VO Rn. 2; Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 1 Rom II-VO Rn. 5; Martiny, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 1 Rom I-VO Rn. 5; in diesem Sinne auch Bach, IPRax 2011, 116 (117). 362
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
eine Kollisionsnorm für die Anknüpfung von Rechtsscheintatbeständen jedoch nicht enthalten.366 Freilich: Der europäische Gesetzgeber könnte die Rechtsscheinanknüpfung absichtlich nicht geregelt haben, was zur Folge hätte, dass das autonome Internationale Privatrecht der Mitgliedstaaten anwendbar wäre367. Hierfür sind indes keine Anhaltspunkte ersichtlich: Beide Verordnungen schließen die Rechtsscheinhaftung in Art. 1 Rom I-VO bzw. Art. 1 Rom II-VO nicht explizit aus ihrem Anwendungsbereich aus. Auch ist weder den Erwägungsgründen noch den Gesetzesmaterialien ein Hinweis auf die separate Anknüpfung einer Vertrauenshaftung zu entnehmen. Gegen die Annahme, es sei lediglich vergessen worden, die Rechtsscheinhaftung auszuschließen, streitet schon der Befund, dass das Rechtsinstitut als solches weder in allen Mitgliedstaaten noch in der Rechtsprechung des EuGH allgemein anerkannt, geschweige denn klar konturiert ist,368 was es zugleich ausschließt, die Rechtsscheinanknüpfung als gewohnheitsrechtliche Kollisionsregel zu begreifen und anzuwenden369. Ungeachtet dessen wäre es systematisch ein Leichtes gewesen, die Rechtsscheinhaftung in die Ausschlusstatbestände der Art. 1 Rom I- bzw. Rom II-VO aufzunehmen. Denn diese sind ganz unterschiedlicher Natur und gründen nicht nur darauf, dass die Normen der Rom-Verordnungen ungeeignet sind, gewisse Fallkonstellationen zu lösen, sondern etwa auch auf der Überlegung, dass bereits genügend spezielle kollisionsrechtliche Regelungen für die aufgezählten Materien existieren.370 Da der europäische Gesetzgeber mit der Schaffung der Rom-Verordnungen das europäische Internationale Privatrecht der vertraglichen und außervertraglichen Schuldverhältnisse gerade vereinheitlichen
366 Dies auch feststellend Siehr, in: FS Canaris, 2007, S. 815 (827); Altmeppen/Ego, in: MünchKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 557; siehe auch Paulus, Außervertragliche Gesellschafter- und Organwalterhaftung im Lichte des Unionskollisionsrechts, 2013, S. 178, Rn. 322. 367 Vgl. allgemein Martiny, RIW 2009, 737 (740). 368 In diesem Sinne auch schon im Vorfeld der Rom-Verordnungen Siehr, in: FS Canaris, 2007, S. 815 (827): „Im Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrecht hat sich noch keine Kollisionsnorm herausgebildet, welche die Vertrauenshaftung gesondert anknüpft und dadurch einem Statut der Vertrauenshaftung unterwirft. Im zukünftigen europäischen IPR zeichnet sich noch keine Entwicklung ab, welche die Vertrauenshaftung gesondert regelt.“ 369 Allgemein zur Anwendung gewohnheitsrechtlich anerkannter Kollisionsregeln Weller, IPRax 2009, 202 (203). 370 Kieninger, in: Ferrari/Kieninger/Mankowski u. a., Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 1 Rom I-VO Rn. 1; Martiny, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 1 Rom I-VO Rn. 20; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2013, Art. 1 Rom I-VO Rn. 20.
I. Anwendbares Haftungsrecht bei Täuschung des Geschäftsgegners
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wollte,371 bestehen darüber hinaus ganz grundsätzliche Bedenken dagegen, Ausschlusstatbestände außerhalb von Art. 1 Rom I-VO bzw. Art. 1 Rom II-VO anzuerkennen.372 Wechselt man die Perspektive, so lässt sich nicht leugnen, dass das europäische internationale Vertragsrecht einen so umfassenden Anwendungsbereich besitzt, dass nur sehr selten die Notwendigkeit besteht, nationales Kollisionsrecht anzuwenden.373 Die Verordnungen sind zudem differenziert genug, um grundsätzlich zu praktisch angemessenen Lösungen zu kommen. Anders gewendet kann die Tatsache allein, dass eine separate Rechtsscheinanknüpfung zu brauchbaren Ergebnissen führen würde, nicht als Beleg für die Notwendigkeit ihrer Anerkennung herhalten. In summa ist somit festzuhalten, dass für die Anknüpfung von Tatbeständen der Rechtsscheinhaftung nicht auf mitgliedstaatliche kollisionsrechtliche Regeln zurückzugreifen, sondern das anwendbare Recht in den Rom I- und Rom II-Verordnungen zu suchen ist.374 Dass einer separaten Rechtsscheinanknüpfung im deutschen Schrifttum – insbesondere für die hier in Rede stehenden Fallgestaltungen – bis heute das Wort geredet wird, verdeutlicht die von Zweigert/Kötz konstatierte Gefahr, gerade des deutschen Juristen, die eigene Systematik und Denkmethode für geradezu naturrechtlich vorgegeben zu halten.375 d) Fazit Auch wenn die Motive für eine Anknüpfung an den Ort, an dem sich ein Rechtsschein ausgewirkt hat, plausibel erscheinen, kann die vom BGH für die Fälle des Vertragsschlusses unter fehlerhafter Verwendung des Rechtsformzusatzes entwickelte Vertreterhaftung de lege lata nicht international-privatrechtlich als Rechtsscheinhaftung angeknüpft werden. Vielmehr ist die Lösung in den allgemeinen Regelungen, allen voran des Vollmachts- und Gesellschaftsstatuts sowie der Rom I- und der Rom II-Verordnung, zu suchen. 371 Vgl. nur Erwägungsgrund 1 der Rom I- sowie der Rom II-Verordnung; Bach, IPRax 2011, 116 (117); Leible, Rom I und Rom II: Neue Perspektiven im Europäischen Kollisionsrecht, 2008, S. 43; Kieninger, in: Ferrari/Kieninger/Mankowski u. a., Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 1 Rom I-VO Rn. 2; Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 1 Rom II-VO Rn. 5; Martiny, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 1 Rom I-VO Rn. 5; in diesem Sinne auch Bach, IPRax 2011, 116 (117). 372 In diesem Sinne weist auch Freitag, IPRax 2016, 418 (419 f.) auf die Lückenhaftigkeit des europäischen Kollisionsrechts hin. 373 Martiny, RIW 2009, 737 (740); von Hein, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 1 Rom I-VO Rn. 3; vgl. Heiss, JBl 2006, 750 (753). 374 Vgl. Martiny, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 1 Rom I-VO Rn. 7; ähnlich zur Rechtsscheinvollmacht Bach, IPRax 2011, 116 (118). 375 Vgl. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 34.
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
3. Vollmachtsstatut Lässt man den materiell-rechtlich vom BGH hervorgehobenen Aspekt eines erzeugten Rechtsscheins außer Betracht, liegt eine Qualifikation nach dem Vollmachtsstatut nahe. Schließlich steht die Haftung eines Stellvertreters wegen Verfehlungen im Zuge des Vertragsschlusses im Raum. Nach Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom I-VO ist „die Frage, ob ein Vertreter die Person, für deren Rechnung er zu handeln vorgibt, Dritten gegenüber verpflichten kann“, vom Anwendungsbereich der Rom I-VO ausgenommen. Dementsprechend bestimmt sich nach ganz herrschender Ansicht das auf die Vertretungsmacht an sich anzuwendende Recht nicht nach der Rom I-Verordnung – und freilich auch nicht nach der Rom II-Verordnung über die gesetzlichen Schuldverhältnisse –, sondern nach dem autonomen Kollisionsrecht der Mitgliedstaaten.376 Im deutschen Interna tionalen Privatrecht ist das Vollmachtsstatut nicht explizit geregelt. Allerdings wird nach ganz herrschender Auffassung an das Wirkungsstatut angeknüpft: Das heißt, es kommt das Recht des Landes zur Anwendung, in dem die Vollmacht Wirkung entfalten, also das Geschäft vorgenommen werden soll.377 Demgemäß käme bei einem in Deutschland geschlossenen Vertrag eines Vertreters einer ausländischen Gesellschaft deutsches Recht zur Anwendung. Indes enthält Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom I-VO keinen umfassenden Ausschluss für das Recht der Stellvertretung und alle damit zusammenhängenden Fragen. Daher ist zwischen dem Statut, das der Vollmachtserteilung im Innenverhältnis zugrunde liegt (beispielsweise Auftrag oder Arbeitsverhältnis), dem Statut, welchem das Hauptgeschäft unterliegt, das der Bevollmächtigte mit einem Dritten abschließen soll, sowie dem Statut, das die Vollmachtserteilung selbst regiert, zu unterscheiden: Nur für letzteres gilt Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom I-VO, während Grundverhältnis und Hauptgeschäft den Kollisionsnormen der Art. 3 ff. Rom I-VO unterfallen.378 Das hier interessierende Rechtsverhältnis ist aller376 Siehe hierzu und insbesondere zu den Argumenten, warum auch die Rom II-VO nicht einschlägig ist, ausführlich Behnen, IPRax 2011, 221 (223–226); dem im Ergebnis auch zustimmend Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 1 Rom II-VO Rn. 24; Weller/ Nordmeier, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, Art. 1 Rom I-VO Rn. 11; Mankowski, IHR 2008, 133 (134); ähnlich Bach, IPRax 2011, 116 (117 f.). 377 BGH, Urteil v. 03.02.2004 – XI ZR 125/03, NJW 2004, 1315 (1316); Hausmann, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2013, Art. 4 EGBGB Rn. 190; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl. 2015, Rn. 7370; Hohloch, in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, Anhang I zu Art. 12 EGBGB Rn. 4; Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Anh Art. 10 EGBGB Rn. 1; Süß, in: juris-PK, BGB, 7. Aufl. 2014, Anhang zu Art. 11 EGBGB Rn. 15. 378 Kieninger, in: Ferrari/Kieninger/Mankowski u. a., Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 1 Rom I-VO Rn. 25 m. w. N.
I. Anwendbares Haftungsrecht bei Täuschung des Geschäftsgegners
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dings keines der Genannten. Denn es geht um Ansprüche des Geschäftsgegners gegen den Vertreter. Insofern drängt sich die Parallele zur Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht auf. Ob diese Haftung unter Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom I-VO fällt, ist umstritten.379 Während einige das Geschäftsstatut des Hauptvertrages380 für maßgeblich halten, knüpfen andere an das Vollmachtsstatut381 an. Überdies wird vertreten, die Genehmigung des vollmachtlosen Handelns und dessen Rechtsfolgen unterschiedlich anzuknüpfen.382 Dabei ist die Problematik allerdings vielschichtig und beschränkt sich nicht auf die Frage, ob die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht gleichsam als Annex ebenfalls von dem Ausnahmetatbestand des Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom I-VO erfasst ist. Denn wenn ein Vertreter fälschlicherweise seine Vertretungsmacht behauptet und dem Geschäftsgegner, der hierauf vertraut, dadurch ein Schaden entsteht, könnte dies durchaus auch im Grundsatz als Fall der in Art. 12 Rom II-Verordnung geregelten culpa in contrahendo statt als vertragliches Schuldverhältnis im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Rom I-VO qualifiziert werden.383 Für die Anwendung der Rom I-VO wäre dies zwar unbeachtlich, weil diese für Schuldverhältnisse aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. i) Rom I-VO ebenfalls keine Anwendung findet. Allerdings sucht man in Art. 1 Abs. 2 Rom II-VO einen Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom I-VO vergleichbaren Ausschluss für das Stellvertretungsrecht vergeblich. Demgemäß setzt eine EinordVgl. zur ganzen Problematik nur Behnen, IPRax 2011, 221 (221 ff.). Urteil v. 22.06.1965 – V ZR 55/64, WM 1965, 868 (869); BGH, Urteil v. 08.10.1991 – XI ZR 64/90, NJW 1992, 618 (619); BGH, Urteil v. 17.11.1994 – III ZR 70/93, IPRax 1996, 342 (343 f.); Rinne, Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen, 1998, S. 156 f.; Hohloch, in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, Anhang I zu Art. 12 EGBGB Rn. 10; Schubert, in: MünchKomm, BGB, 7. Aufl. 2015, § 164 Rn. 252; von Bar, IPR, Bd. 2, 1. Aufl. 1991, Rn. 593; von Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, 9. Aufl. 2007, § 7 Rn. 49. 381 OLG Hamburg, Urteil v. 27.05.1987 – 6 U 272/86, VersR 1987, 1216 (1216); Fischer, IPRax 1996, 332 (335); Kegel/Schurig, IPR, 9. Aufl. 2004, S. 624; Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 307 f.; Kieninger, in: Ferrari/Kieninger/Mankowski u. a., Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 1 Rom I-VO Rn. 28; Leible, IPRax 1998, 257 (259); Looschelders, IPR, 1. Aufl. 2004, Anhang zu Art. 12 Rn. 14; Steding, ZVglRWiss 86 (1987), 25 (47); Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Anh Art. 10 EGBGB Rn. 3; Weller/Nordmeier, in: Spindler/ Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, Art. 1 Rom I-VO Rn. 11. 382 Für Mäsch, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2013, Anhang Art. 10 EGBGB Rn. 94 ist das Vollmachtsstatut für die Genehmigung maßgeblich und das Geschäftsstatut für die Folgen des vollmachtlosen Handelns. Genau umgekehrt will Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl. 2015, Rn. 7440 ff. hinsichtlich der Auswirkungen auf den geschlossenen Hauptvertrag das Geschäftsstatut entscheiden lassen und hinsichtlich der Haftung des vollmachtlosen Vertreters das Vollmachtsstatut. 383 Dazu auch Behnen, IPRax 2011, 221 (224 ff.). 379
380 BGH,
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
nung der Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht unter das dem nationalen Recht unterfallende Vollmachtsstatut kumulativ voraus, dass diese Vertreterhaftung (1) nicht ohnehin als vorvertragliches Schuldverhältnis der Rom IIVO unterfällt und (2) der Ausnahmetatbestand des Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom I-VO entsprechend weit ausgelegt werden kann. Beides erscheint zweifelhaft. Gegen die Annahme, dass es sich überhaupt um ein vertragliches Schuldverhältnis im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Rom I-VO handelt, spricht der Umstand, dass der EuGH in ständiger Rechtsprechung die Annahme eines vertraglichen Schuldverhältnisses ablehnt, wenn es an einer von einer Partei gegenüber einer anderen freiwillig eingegangenen Verpflichtung fehlt.384 Denn zwischen Geschäftsgegner und Vertreter mangelt es hieran ganz offensichtlich. Gegen die Erweiterung von Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom I-VO sprechen zudem die bereits im Kontext der Diskussion um die Existenz einer Rechtsscheinanknüpfung unter Geltung der Rom-Verordnungen vorgetragenen Bedenken gegen die Annahme ungeschriebener Ausnahmetatbestände.385 Für die hiesige Betrachtung kann die Frage der Qualifikation der Haftung des falsus procurator indes im Ergebnis dahinstehen. Denn das maßgebliche Argument für die Erstreckung des Vollmachtsstatuts auf die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht trägt im hiesigen Kontext nicht. Die Ausdehnung von Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom I-VO wird nämlich mit dem engen Zusammenhang zwischen den Wirkungen der Vollmacht und den Folgen fehlender Vertretungsmacht sowie (angeblichen) Abgrenzungs- und Anpassungsproblemen im Falle der Aufspaltung begründet.386 Tatsächlich besteht dieser Zusammenhang im Falle der Vertreterhaftung wegen unrichtiger Verwendung des Rechtsformzusatzes jedoch nicht, da der „Mangel der Stellvertretung“ hier nicht in einer unzureichenden Vollmacht, sondern in einem sonstigen Gebaren des Vertreters bei Vertragsschluss gründet. Insofern liegt gerade keine klassische falsus procurator-Situation vor und das eigentliche Vollmachtsstatut spielt überhaupt keine Rolle. Die gefühlte Nähe zur Haftung des falsus procurator ist daher wohl eher der materiell-rechtlichen Verankerung der vom BGH entwickelten Vertreterhaftung 384 EuGH, 22.03.1983, Rs. 34/82 – Peters, Slg. 1983, 987, Rn 9 f.; EuGH, 08.03.1988, Rs. 9/87 – Arcado Slg. 1988, 1539 Rn 10 f.; EuGH, 17.06.1992, Rs. C-26/91 – Handte, Slg. 1992 I-3967, Rn. 10; EuGH, 27.10.1998, Rs. C-51/97 – Réunion européenne, Slg. 1998 I-6511, Rn. 15; siehe auch Bitter, IPRax 2008, 96 (97); Dutta, IPRax 2009, 293 (295); Martiny, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 1 Rom I-VO Rn. 7; Sachse, Der Verbrauchervertrag im internationalen Privat- und Prozessrecht, 2006, S. 143; ausführlich Stadler, in: FS Musielak, 2004, S. 569 (580 ff.). 385 Dazu oben D. I. 2. c). 386 Siehe nur Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl. 2015, Rn. 7444.
I. Anwendbares Haftungsrecht bei Täuschung des Geschäftsgegners
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geschuldet und diese ist für die international-privatrechtliche Qualifikation nun einmal unbeachtlich.387 Die Anknüpfung nach dem Vollmachtsstatut muss somit im Ergebnis ausscheiden. Die Vertreterhaftung wegen unrichtiger Verwendung des Rechtsformzusatzes bzw. Verschweigens der Rechtsform ist somit nicht nach dem Vollmachtsstatut anzuknüpfen.388
4. Verschulden bei Vertragsverhandlungen Nach den vorstehenden Erwägungen liegt nunmehr eine Anknüpfung der Vertreterhaftung nach Art. 12 Rom II-VO, also eine Qualifikation als Verschulden bei Vertragsverhandlungen nahe. a) Eröffnung des Anwendungsbereichs von Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO Die culpa in contrahendo ist im europäischen Kollisionsrecht in Art. 12 Rom II-VO geregelt („Verschulden bei Vertragsschluss“). Mit der Verortung in der Rom II-Verordnung hat sich der Gesetzgeber ganz klar dafür entschieden, die c.i.c. nicht vertraglich zu qualifizieren.389 Konkret stellt die Vorschrift auf „außervertragliche Schuldverhältnisse aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags“ ab. Nach Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO ist auf diese vorvertraglichen Schuldverhältnisse grundsätzlich das Recht anzuwenden, das auf den Vertrag anzuwenden ist oder anzuwenden gewesen wäre, wenn er geschlossen worden wäre. Wie weit der Anwendungsbereich des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen nach der Rom II-VO reicht, liegt indes nicht auf der Hand. Erwägungsgrund 30 Satz 1 Rom II-VO weist insofern (freilich deklaratorisch) darauf hin, dass der Begriff des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen für die Zwecke der Verordnung als autonomer Begriff zu verstehen ist und daher nicht zwangsläufig im Sinne des nationalen Rechts ausgelegt werden kann. Daher muss zunächst der Anwendungsbereich von Art. 12 Rom II-VO gegenüber dem allge387 Vgl. Kren Kostkiewicz, ZBJV 137 (2001), 161 (198); Paulus, Außervertragliche Gesellschafter- und Organwalterhaftung im Lichte des Unionskollisionsrechts, 2013, S. 178, Rn. 322; ähnlich schon Behrens, RabelsZ 46 (1982), 308 (344) in Bezug auf die grenzüberschreitende Durchgriffshaftung; auch Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 34 weisen auf die Gefahr, gerade des deutschen Juristen hin, seine eigene Systematik und Denkmethode für geradezu naturrechtlich vorgegeben zu halten. 388 So im Ergebnis auch Paulus, Außervertragliche Gesellschafter- und Organwalterhaftung im Lichte des Unionskollisionsrechts, 2013, S. 178, Rn. 323. 389 Vgl. auch Erwägungsgrund 10 der Rom I-VO. Bis zu dieser Entscheidung des europäischen Gesetzgebers war die Qualifikation der c.i.c. im Internationalen Privatrecht höchst umstritten. Zum früheren Meinungsstand mit weiteren Nachweisen ausführlich Hocke, IPRax 2014, 305 (305); Kren Kostkiewicz, ZBJV 137 (2001), 161 (177); zum Ausschluss durch Art. 1 Abs. 1 lit. i) Rom I-VO siehe auch schon oben D. I. 3.
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
meinen und subsidiär anwendbaren390 Deliktsstatut gemäß Art. 4 Rom II-VO abgegrenzt werden. aa) Konkretisierung durch Erwägungsgrund 30 Rom II-VO Was im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO unter einem außervertraglichen Schuldverhältnis aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags zu verstehen ist, konkretisiert Erwägungsgrund 30 der Rom II-Verordnung. Dieser kann und muss als Teil der Verordnung vornehmlich für die Auslegung herangezogen werden.391 Erwägungsgrund 30 Satz 2 Rom II-VO stellt explizit klar, dass sowohl die Verletzung von Offenlegungspflichten als auch der Abbruch von Vertragsverhandlungen von Art. 12 Rom II-VO erfasst werden sollen. Außerdem gibt Erwägungsgrund 30 Satz 3 Rom II-VO vor, dass nur diejenigen außervertraglichen Schuldverhältnisse unter Art. 12 Rom II-VO fallen sollen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit Verhandlungen vor Vertragsschluss stehen. Schließlich stellt Erwägungsgrund 30 Satz 4 Rom II-VO klar, dass Personenschäden dem Deliktsstatut unterfallen und somit vom Anwendungsbereich von Art. 12 Rom II-VO ausgenommen sein sollen. Am Maßstab der auf dieser Grundlage entwickelten Voraussetzungen für die Annahme einer culpa in contrahendo ist im Folgenden zu untersuchen, ob die Vertreterhaftung wegen Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes als außervertragliches Schuldverhältnis aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags qualifiziert werden kann. bb) Kein Ausschluss wegen Verletzung des Integritätsinteresses entsprechend Erwägungsgrund 30 Satz 4 Rom II-VO Die überwiegende Ansicht zieht aus Erwägungsgrund 30 Satz 4 Rom II-VO die Konsequenz, dass die Anwendung von Art. 12 Rom II-VO insgesamt für Verletzungen des Integritätsinteresses ausgeschlossen sein soll, weil insofern kein qualitativer Unterschied zwischen Personen- und Sachschäden besteht.392 DieSiehe nur Rühl, in: BeckOGK, BGB, Stand 15.02.2016, Art. 4 Rom II-VO Rn. 1. Hess, IPRax 2006, 348 (357); Hocke, IPRax 2014, 305 (306); Lüttringhaus, RIW 2008, 193 (195); Köndgen, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, 3. Aufl. 2015, § 6 Rn. 48 ff.; so im Ergebnis auch Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 12; vgl. auch Rebhahn, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, 3. Aufl. 2015, § 18 Rn. 34. 392 Kurt, Culpa in Contrahendo, 2009, S. 60 f., 78; Dickinson, Rome II-Regulation, 1. Aufl. 2008, Art. 12 Rn. 12.06; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1 (64); Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 552 f.; Lüttringhaus, RIW 2008, 193 (197 f.); Ofner, ZfRV 2008, 13 (20 f.); Rudolf, ÖJZ 2010, 300 (307); Staudinger, AnwBl 2008, 8 (13); Volders, YPIL 9 (2007), 127 390 391
I. Anwendbares Haftungsrecht bei Täuschung des Geschäftsgegners
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ses gleichsam negative Tatbestandsmerkmal steht der Qualifikation der in Rede stehenden Vertreterhaftung als culpa in contrahendo nicht entgegen. Denn die Täuschung über die Rechtsform verleitet allenfalls zum Vertragsschluss oder resultiert in sonstigen Vertrauensdispositionen des Geschäftsgegners. Die Verursachung eines Personen- oder Sachschadens durch fehlerhafte Firmierung ist dagegen unvorstellbar. cc) Verletzung einer Offenlegungspflicht im Sinne von Erwägungsgrund 30 Satz 2 Rom II-VO Nach ganz herrschender Auffassung werden ob der ausdrücklichen Erwähnung in Erwägungsgrund 30 Satz 2 Rom II-VO auch Offenlegungspflichten, d. h. Aufklärungs- und Informationspflichten, von Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO erfasst.393 Das Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes begründet insofern – ebenso wie die Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes – eine (potentielle394) Verletzung von Offenlegungspflichten im Sinne von Erwägungsgrund 30 Satz 2 Rom II-VO. Denn das Rechtsformgebot erfüllt sowohl eine Informationsfunktion als auch – bei Kapitalgesellschaften – eine Warnfunktion: Der Rechtsformzusatz beim Zeichnen für die Gesellschaft soll den potentiellen Geschäftsgegner auf die „beschränkte Haftung“ hinweisen, damit dieser sich hierauf bewusst einlassen, sich entsprechend absichern oder vom Vertrag Abstand nehmen kann.395
(131 f.); von Hein, VersR 2007, 440 (450); von Hein, GPR 2007, 54 (59); in der Altauflage Spellenberg, in: MünchKomm, BGB, 5. Aufl. 2010, Art. 12 Rom II-VO Rn. 8, 10 f.; ähnlich Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 13; andeutungsweise schon Junker, NJW 2007, 3675 (3676); mit Kritik, dem gleichwohl im Ergebnis zustimmend Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 3, 10 ff. 393 H.M. Kurt, Culpa in Contrahendo, 2009, S. 100; Dickinson, Rome II-Regulation, 1. Aufl. 2008, Art. 12 Rn. 12.05; Fischer, in: FS Kühne, 2009, S. 689 (690); Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 48; Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 12; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1 (64); Rudolf, ÖJZ 2010, 300 (307); Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 2; Wagner, IPRax 2008, 1 (13); vgl. auch Heiss/Loacker, JBl 129 (2007), 613 (640); a. A., indes ohne Auseinandersetzung mit Erwägungsgrund 30 Satz 2 Rom II-VO: Leible/Lehmann, RIW 2007, 721 (733); Lehmann, in: Ferrari/Leible, Ein neues Internationales Vertragsrecht für Europa – Der Vorschlag für eine Rom I-Verordnung, 2007, S. 17 (38); Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 2. 394 Darüber muss freilich zuletzt das anwendbare nationale Recht entscheiden. 395 Siehe oben B. VIII.
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dd) Unmittelbarer Zusammenhang mit Verhandlungen vor Vertragsschluss im Sinne von Erwägungsgrund 30 Satz 3 Rom II-VO (1) Erfordernis des unmittelbaren Zusammenhangs auch bei Verletzung einer Offenlegungspflicht im Sinne von Erwägungsgrund 30 Satz 2 Rom II-VO Nach dem Wortlaut von Erwägungsgrund 30 Rom II-VO bedarf es, sofern einer der in Satz 2 genannten Fälle – wie beispielsweise eine Verletzung von Offenlegungspflichten – vorliegt, an sich keiner weiteren Prüfung, ob das außervertragliche Schuldverhältnis im Sinne von Satz 3 in unmittelbarem Zusammenhang mit Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags steht. Indes ist nicht ausgeschlossen, dass sich unter Umständen auch Offenbarungspflichten finden lassen, die einen entsprechenden Zusammenhang zu Vertragsverhandlungen vermissen lassen. Gleichzeitig erschiene es auch kaum nachvollziehbar, auch solche Offenlegungspflichten unter Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO zu fassen, die nicht in Schuldverhältnissen gründen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags stehen. Richtigerweise setzt die Anknüpfung als culpa in contrahendo daher stets voraus, dass das außervertragliche Schuldverhältnis in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags steht. (2) Anforderungen an den unmittelbaren Zusammenhang mit Verhandlungen vor Vertragsschluss im Sinne von Erwägungsgrund 30 Satz 3 Rom II-VO Wann der erforderliche unmittelbare Zusammenhang mit Vertragsverhandlungen vorliegt, ist nicht ganz einfach zu beurteilen. Im Ausgangspunkt steht jedoch fest, dass der Begriff der Unmittelbarkeit erfordert, dass die Pflicht, deren Verletzung im Raum steht, in einem so engen Verhältnis zu dem geschlossenen oder intendierten Vertrag steht, dass sie als vertragsnah bezeichnet werden kann.396 In diesem Sinne wird teilweise danach abgegrenzt, ob allgemeine Verkehrspflichten (dann Art. 4 ff. Rom II-VO) oder spezielle, auf den Vertragsschluss bezogene Sorgfaltspflichten (dann Art. 12 Rom II-VO) verletzt werden.397 Andere umreißen die von der culpa in contrahendo erfassten Pflichten als transaktionsbezogene Pflichten398, als Aufklärungs- und BeratungspflichJunker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 13; Magnus, IPRax 2010, 27 (29). 397 Weller/Nordmeier, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 4; Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 2; vgl. Fawcett/Carruthers/North, Cheshire, North & Fawcett. Private International Law, 14. Aufl. 2008, S. 834; wohl auch Wagner, IPRax 2008, 1 (12). 398 Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1 (64); Lüttringhaus, RIW 2008, 193 (199); Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 5, 10, 13. 396
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ten399 oder als rechtsgeschäftsbezogene Pflichten400. Wiederum andere heben – in Anlehnung an Erwägungsgrund 30 Satz 4 Rom II-VO – auf das verletzte Interesse ab und wollen Art. 12 Rom II-VO nur bei zerschlagener Leistungserwartung401 bzw. der Verletzung vertragsbezogener Interessen402 zur Anwendung bringen.403 (3) Offenlegung der Rechtsform durch den Stellvertreter einer Kapitalgesellschaft als unmittelbar verhandlungsbezogene Pflicht Nach diesen Maßstäben kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Vertreterhaftung wegen Verwenden eines unrichtigen Rechtsformzusatzes in unmittelbarem Zusammenhang mit Verhandlungen vor Vertragsschluss steht. (a) Tatsächliche Verhandlungen über einen Vertragsschluss Hierfür spricht zuvorderst, dass die zu qualifizierende Vertreterhaftung gerade voraussetzt, dass es zu einem durch den Vertreter vermittelten Vertragsschluss mit dem Geschäftsgegner gekommen ist.404 Ob dieser Vertrag wirksam ist, mag insofern dahinstehen.405 (b) Offenlegung des Rechtsformzusatzes als transaktionsbezogene Pflicht Darüber hinaus dient die Pflicht zur Offenbarung der Rechtsform der Kapitalgesellschaft dem Schutz potentieller Vertragspartner.406 Indem der Vertreter den Rechtsformzusatz fehlerhaft führt, wird es dem Geschäftsgegner nämlich erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht, sich über die Haftungsverfassung zu informieren. Mithin wird ihm der Zugang zu Informationen verwehrt, die für ihn ausschlaggebend für den Vertragsschluss sein können. Dagegen ist Zwangsgläubigern von Kapitalgesellschaften – z. B. den Geschädigten in jeder Hinsicht unfreiwilliger Eigentumsverletzungen – mit der Verwendung des
Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2013, Art. 12 Rom II-VO Rn. 4; Wagner, IPRax 2008, 1 (13); Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1 (64) konkretisiert transaktionsbezogene Pflichten dadurch. 400 Lüttringhaus, RIW 2008, 193 (199). 401 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2013, Art. 12 Rom II-VO Rn. 4. 402 In der Altauflage Spellenberg, in: MünchKomm, BGB, 5. Aufl. 2010, Art. 12 Rom IIVO Rn. 10. 403 Ähnlich auch der Ansatz von Hocke, IPRax 2014, 305 (308 f.). 404 Zum Gegenstand der Qualifikation oben D. I. 1. b). 405 Dazu noch sogleich unter D. I. 4. a) ee). 406 Ausführlich oben B. VIII. 399
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Rechtsformzusatzes im Rechtsverkehr nicht geholfen. Damit handelt es sich eben nicht um eine allgemeine Verkehrspflicht, sondern um eine spezifisch transaktionsbezogene, respektive rechtsgeschäftsbezogene Aufklärungspflicht. Das ergibt sich nicht nur aus einer objektiven-funktionalen Betrachtung des Rechtsformgebots,407 sondern entspricht auch erkennbar der Perspektive des europäischen Rechts. Denn das in Art. 5 Abs. 1 lit. b) Publizitätsrichtlinie verankerte Rechtsformgebot stellt keine Anforderungen an die Firmenbildung oder ähnlich Grundlegendes. Es verlangt vielmehr die Angabe der Rechtsform dezidiert lediglich auf Briefen und Bestellscheinen, mithin im rechtsgeschäftlichen Kontakt. (c) Verletzung vertragsbezogener Interessen Zuletzt führt die Missachtung der Pflicht zur Offenbarung der Rechtsform auch dazu, dass vertragsbezogene Interessen des Geschäftsgegners verletzt bzw. Leistungserwartungen zerschlagen werden. Durch die Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes wird nämlich ein unzutreffender Rechtsschein über die Rechtsform der Kapitalgesellschaft gesetzt und hierdurch der Geschäftsgegner über die rechtliche Verfassung, die Kreditwürdigkeit und Solidität seines Vertragspartners getäuscht. ee) Unbeachtlichkeit des möglicherweise fehlenden Vertragsschlusses Gemäß Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO ist die kollisionsrechtliche Anknüpfung wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen nicht davon abhängig, ob der Vertrag tatsächlich geschlossen wurde oder nicht. Insofern ist es für die Qualifikation der Vertreterhaftung nicht von Belang, ob nach dem – gemäß den Vorschriften der Rom I-Verordnung – anwendbaren Recht für den Vertragsschluss tatsächlich ein Vertrag mit der Gesellschaft zustande kommt oder nicht. ff) Unbeachtlichkeit der Haftung eines Dritten Nach Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO ist auf ein als culpa in contrahendo qualifiziertes Schuldverhältnis das Recht anzuwenden, das auf den Vertrag anzuwenden ist oder anzuwenden gewesen wäre, wenn er geschlossen worden wäre. Das legt die Annahme nahe, dass Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO weiterhin voraussetzt, dass das vorvertragliche Schuldverhältnis zwischen den Personen besteht, die auch Parteien des verhandelten Vertrages hätten werden sollen. Dafür spricht auch, dass die Norm die Inanspruchnahme Dritter nicht explizit regelt.408 Wäre dies 407
Zur Methode der Qualifikation oben D. I. 1. Bach, IPRax 2011, 116 (119).
408 Ebenso
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der Fall, müsste eine Qualifikation der Vertreterhaftung als culpa in contrahendo letztlich doch scheitern. Die aufgezeigten Bedenken greifen indes nicht durch. Schon die Annahme, Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO impliziere die Identität der Parteien der c.i.c. und des verhandelten Vertrages, ist nicht haltbar. Denn es wäre ohne Weiters denkbar und nicht unplausibel, das Recht, dem der verhandelte Vertrag letztlich unterlegen hätte, auch auf das vorvertragliche Schuldverhältnis mit einem an den Vertragsverhandlungen beteiligten Dritten anzuwenden. Denn die Nähe zwischen dem Schuldverhältnis aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags und jenem Vertrag lässt sich nicht von der Hand weisen. Selbst wenn man sich auf das Argument einließe, Art. 12 Abs. 1 Rom IIVO setze mit seiner Anknüpfung an das Vertragsstatut die Identität von Verhandlungs- und Vertragsparteien voraus, würde dieser Ausschluss der Dritthaftung letztlich doch kompensiert. Denn Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO regelt gerade den Fall, dass „das anzuwendende Recht nicht nach Absatz 1 bestimmt werden“ kann. Auf dieser Grundlage ist es dann freilich unbeachtlich, dass Art. 12 Rom IIVO die Inanspruchnahme Dritter nicht explizit regelt. Vielmehr ist umgekehrt zu konstatieren, dass weder Art. 12 Rom II-VO noch die Erwägungsgründe es explizit ausschließen, das c.i.c.-Statut auf an den Vertragsverhandlungen beteiligte Dritte anzuwenden.409 Zuletzt begründet die mangelnde Identität mit den potentiellen Vertragsparteien unter teleologischen Gesichtspunkten keinen Unterschied für die Anwendung von Art. 12 Rom II-VO, wenn das Verhältnis – wie hier – alle in der Verordnung verankerten Anforderungen an die Annahme eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses erfüllt.410 Das muss insbesondere gelten, wenn das Verhalten des Dritten gemäß Erwägungsgrund 30 Satz 3 Rom II-VO in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags steht 411.
Lüttringhaus, RIW 2008, 193 (198). auch die herrschende Meinung: Bach, IPRax 2011, 116 (119); Lüttringhaus, RIW 2008, 193 (198); Fischer, in: FS Kühne, 2009, S. 689 (698); Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 17; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 55; Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 2; so wohl auch Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2013, Art. 12 Rom II-VO Rn. 6. 411 Vgl. Lüttringhaus, RIW 2008, 193 (198). 409
410 So
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gg) Zwischenergebnis Somit bleibt festzuhalten, dass die Vertreterhaftung wegen unrichtiger Verwendung des Rechtsformzusatzes als Verschulden bei Vertragsschluss im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO qualifiziert werden kann. b) Bestimmung des anwendbaren Rechts gemäß Art. 12 Abs. 1, Abs. 2 Rom II-VO Nachdem soeben festgestellt wurde, dass die Vertreterhaftung wegen unrichtiger Verwendung des Rechtsformzusatzes die Tatbestandsvoraussetzungen der c.i.c.-Anknüpfung erfüllt, stellt sich nun die Frage, welches Recht gemäß Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO zur Anwendung gelangt. Dabei ist nach Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO grundsätzlich das hypothetische Vertragsstatut anwendbar. Kann dieses jedoch nicht bestimmt werden, wird das anwendbare Recht nach Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO deliktsähnlich412 angeknüpft. aa) Keine vertragsakzessorische Anknüpfung nach Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO Gemäß Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO ist das Recht anzuwenden, das auf den Vertrag anzuwenden ist oder anzuwenden gewesen wäre, wenn er geschlossen worden wäre. Die Anknüpfung folgt somit dem hypothetischen Vertragsstatut.413 Sie greift in den meisten Fällen, da auf den ersten Blick kaum Konstellationen vorstellbar sind, in denen das Vertragsstatut nicht zu ermitteln ist.414 Auch bei einem Vertragsschluss unter unrichtiger Verwendung des Rechtsformzusatzes der Kapitalgesellschaft kann das Vertragsstatut nach den Artikeln 3 ff. Rom I-VO mühelos bestimmt werden.
412 Zur Terminologie siehe nur Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 8. 413 Dies stößt auf Zustimmung, weil so Abgrenzungsprobleme vermieden werden (Beig, in: Beig/Graf-Schimek/Grubinger/Schacherreiter, Rom II-VO. Neues Kollisionsrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse, 2008, S. 37 (49)) und der Wille zu kontrahieren somit schon Vorwirkung entfalten kann (Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 7). In der Altauflage betrachtete Spellenberg, in: MünchKomm, BGB, 5. Aufl. 2010, Art. 12 Rom II-VO Rn. 10 die außervertragliche Qualifikation der c.i.c. noch als leere Formel, weil anschließend doch das Statut des zukünftigen oder beabsichtigten Vertrages gelte. 414 Heiss/Loacker, JBl 129 (2007), 613 (640); Lüttringhaus, RIW 2008, 193 (198); Volders, YPIL 9 (2007), 127 (134); Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 23; ähnlich Dickinson, Rome II-Regulation, 1. Aufl. 2008, Art. 12 Rn. 12.14; Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 7 spricht von Ausnahme- und Regelfall.
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Wie bereits angedeutet,415 bestehen jedoch Bedenken, das vorvertragliche Schuldverhältnis zwischen Geschäftsgegner und Vertreter akzessorisch zu dem hypothetischen Vertrag zwischen Geschäftsgegner und Vertretenem anzuknüpfen. Für eine solche Anknüpfung spricht, dass der Vertrag auch für die Eröffnung des Anwendungsbereichs von Art. 12 Rom II-VO einen maßgeblichen Bezugspunkt darstellt – allen voran hinsichtlich der Frage, ob eine transaktionsbezogene Pflicht vorliegt.416 Gegen eine gemeinsame Anknüpfung von Vertrag und Verhältnis zwischen Drittem und Vertragspartner spricht indes, dass der Dritte gerade nicht personenidentisch mit dem potentiellen Vertragspartner ist417 und für den Geschäftsgegner zwei außervertragliche Schuldverhältnisse im Sinne der Rom II-VO mit verschiedenen Beteiligten entstehen. Beide Schuldverhältnisse haben zwar ihren Ursprung in demselben Sachverhalt, sind aber rechtlich selbständig. Insofern liegt es nahe, dieser Individualität der Schuldverhältnisse auch bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts Rechnung zu tragen.418 Dieses Ergebnis legt auch die Systematik nahe: Da sich in aller Regel das auf den Vertrag anwendbare Recht im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO bestimmen lassen wird, verbliebe für Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO praktisch kein Anwendungsbereich, wenn man auch die Fälle unter Abs. 1 fassen wollte, in denen sich zwischen den Parteien des c.i.c.-Verhältnisses selbst kein Vertrag angebahnt hat. Somit unterfällt die kollisionsrechtliche Anknüpfung der Haftung Dritter – und damit auch der Vertreter der Kapitalgesellschaft, die im Rechtsverkehr den Rechtsformzusatz unrichtig führen – nicht Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO, sondern sie erfolgt gesondert nach Abs. 2.419 415 Vgl. oben die Diskussion um die Anwendung von Art. 12 Rom II-VO für die Fälle der Haftung Dritter, D. I. 4. a) ff). 416 Vgl. Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 56. 417 Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 56; Weller/Nordmeier, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 5. 418 Vgl. Lüttringhaus, RIW 2008, 193 (198); Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 56; Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 17 sowie im Ergebnis auch Kurt, Culpa in Contrahendo, 2009, S. 189 ff., die für den Fall der Sachwalterhaftung einen eigenen Hauptvertrag zwischen Sachwalter und Drittem annehmen. 419 Dem zustimmend Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2013, Art. 12 Rom II-VO Rn. 6; Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 32; Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 5; Schaub, in: Prütting/ Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 6; Dörner, in: Schulze u. a., BGB, 8. Aufl. 2014, Art. 12 Rom II-VO Rn. 5; Weller/Nordmeier, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 5; Kurt, Culpa in Contra-
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bb) Deliktsähnliche Anknüpfung nach Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO Die Bestimmung des anwendbaren Rechts nach Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO erfolgt – anders als bei Abs. 1 – in Anlehnung an die allgemeine deliktische Regel des Art. 4 Rom II-VO.420 (1) System der Anknüpfung nach Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO Konkret ist gemäß Art. 12 Abs. 2 lit. a) Rom II-VO das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eingetreten ist, nach Art. 12 Abs. 2 lit. b) Rom IIVO das Recht des Staates des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Parteien im Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses und nach Art. 12 Abs. 2 lit. c) Rom II-VO das Recht des Staates einer offensichtlich engeren Verbindung. Diese Alternativen sind sprachlich jeweils durch ein „oder“ verknüpft, wohingegen nach Art. 4 Rom II-VO das Recht des Schadenseintritts (Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO) durch das Recht des gemeinsamen Aufenthalts verdrängt wird (Art. 4 Abs. 2 Rom II-VO) und auch diese Anknüpfung hinter dem Recht des Staates einer offensichtlich engeren Verbindung zurücktritt (Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO). Wegen dieser strukturellen Divergenzen zwischen Art. 4 Rom II-VO und Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO wird vereinzelt die Auffassung vertreten, Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO bestimme das anwendbare Recht nicht definitiv, sondern eröffne dem angerufenen Gericht ein Wahlrecht, welche Anknüpfungsregel es heranziehen will.421 Ein solches Verständnis stünde indes in eklatantem Widerspruch zu den Zielen der Rom II-Verordnung, insbesondere der Absicht, Rechtsstreitigkeiten vorhersehbarer zu machen und die Sicherheit in Bezug auf das anzuwendende Recht zu fördern (Erwägungsgrund 6 Rom IIVO). In diesem Sinne formuliert auch Erwägungsgrund 14 den Anspruch der Verordnung, dass sie die Anknüpfungskriterien, die zur Erreichung dieser Ziele am besten geeignet sind, bestimmt. Deshalb muss die Auslegung von Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO im Ergebnis dem Stufenverhältnis von Art. 4 Rom II-VO fol-
hendo, 2009, S. 197 f.; Fischer, in: FS Kühne, 2009, S. 689 (698 ff.); Lüttringhaus, RIW 2008, 193 (198); früher bereits zum Verschulden eines Dritten bei Vertragsschluss OLG Frankfurt, Urteil v. 11.07.1985 – 1 U 134/84, IPRax 1986, 373 (378); OLG München, Urteil v. 24.02.1983 – 24 U 141/79, WM 1983, 1093 (1097). 420 Fischer, in: FS Kühne, 2009, S. 689 (699); Volders, YPIL 9 (2007), 127 (134); Dickinson, Rome II-Regulation, 1. Aufl. 2008, Art. 12 Rn. 12.22; Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 25; vgl. Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 31. 421 Lüttringhaus, RIW 2008, 193 (197); Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 30 f.
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gen.422 Der missverständliche Wortlaut von Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO muss insofern als unglückliche Verkürzung des in der Verordnung anerkannten Stufensystems begriffen werden. Auch für Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO gilt mithin: Im Grundsatz kommt das Recht des Staates, in dem der Schaden eingetreten ist, zur Anwendung (Art. 12 Abs. 2 lit. a) Rom II-VO). Haben jedoch die Parteien zum Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat, ist dessen Recht anwendbar (Art. 12 Abs. 2 lit. b) Rom II-VO). Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass das vorvertragliche Schuldverhältnis eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als einem der vorbezeichneten Staaten aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden (Art. 12 Abs. 2 lit. c) Rom II-VO). (2) Ort des Schadenseintritts im Sinne von Art. 12 Abs. 2 lit. a) Rom II-VO Gemäß Art. 12 Abs. 2 lit. a) Rom II-VO ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eingetreten ist. Was dabei unter einem Schaden zu verstehen ist, bestimmt sich nach der Haftungsverantwortlichkeit und den konkreten Umständen des Einzelfalls.423 Dabei ist der Schadensbegriff im Interesse der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit424 ohne Rücksicht auf das Sachrecht – und freilich ohne Präjudiz für die sachlich-rechtliche Schadensbestimmung – europäisch-autonom weit auszulegen.425 Insofern stellt Art. 2 Abs. 3 lit. b) Rom II-VO explizit klar, dass auch Schäden, deren Eintritt wahrscheinlich ist, vom Schadensbegriff der Verordnung erfasst werden. (a) Bestimmung des konkreten Schadens In den beschriebenen Konstellationen schließt der Geschäftsgegner auf Grund des Anscheins, den der Vertreter erweckt hat, einen – möglicherweise sogar 422 Dörner, in: Schulze u. a., BGB, 8. Aufl. 2014, Art. 12 Rom II-VO Rn. 5; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 31; Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 25; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721 (733); Plender/Wilderspin, The European Private International Law of Obligations, 4. Aufl. 2015, Ch. 26 Rn. 26–029; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 3; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2013, Art. 12 Rom II-VO Rn. 9; Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 4; von Hein, RabelsZ 73 (2009), 461 (501). 423 Plender/Wilderspin, The European Private International Law of Obligations, 4. Aufl. 2015, Ch. 26 Rn. 26-028. 424 Siehe nur Rühl, in: BeckOGK, BGB, Stand 15.02.2016, Art. 4 Rom II-VO Rn. 49. 425 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2013, Art. 2 Rom II-VO Rn. 1; Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 2 Rom II-VO Rn. 3 ff.
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unwirksamen – Vertrag mit einer Gesellschaft, mit der er gar nicht kontrahieren wollte. Der Schaden des Geschäftsgegners besteht in dieser Situation typischerweise im Ausfall der Forderung gegen die Gesellschaft. Vor allem erleidet er einen Vermögensschaden, wenn er ganz oder teilweise mit der ihm vermeintlich oder tatsächlich obliegenden Leistungspflicht in Vorleistung geht und die Gesellschaft dann ihrerseits nicht zur Leistung imstande ist. Nimmt man die konkrete Pflichtverletzung des Vertreters in den Blick, wird man den Schaden weitergehend sogar darin erblicken müssen, dass dem Geschäftsgegner keine Forderung gegen die vorgeblich vertretene Person entsteht. (b) Anknüpfung bei reinen Vermögensschäden Der Schaden, den der Vertragspartner erleidet, ist somit ein reiner Vermögensschaden. Auch solche sind vom Schadensbegriff der Verordnung erfasst.426 Dabei ist – bei klar abgrenzbaren Vermögensmassen wie beispielsweise der unberechtigten Abbuchung von Konten – das Recht des Staates anwendbar, in dem der konkrete Vermögenswert belegen ist.427 Wo das jeweilige Vermögen belegen ist, stellt dabei eine Tatfrage dar. Eine unerfüllte Forderung ist dagegen nicht greifbar. Sie ist vielmehr eine rein rechnerische Position im abstrakten Vermögen des Gläubigers, sodass ein Belegenheitsort nicht bestimmt werden kann.428 In der Konsequenz müsste der Wohn- bzw. Geschäftssitz des Gläubigers den Ort des Schadenseintritts begründen.429 Rühl, in: BeckOGK, BGB, Stand 15.02.2016, Art. 4 Rom II-VO Rn. 61; Volders, YPIL 9 (2007), 127 (135); vgl. auch Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 34. Ed. 2013, Art. 4 Rom II-VO Rn. 7; Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 4 Rom II-VO Rn. 21; Fischer, in: FS Kühne, 2009, S. 689 (699 f.). 427 Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 34. Ed. 2013, Art. 4 Rom II-VO Rn. 7; Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 4 Rom II-VO Rn. 21; Fischer, in: FS Kühne, 2009, S. 689 (700). 428 Lehmann, J Priv Int L 7 (2011), 527 (537) „economic loss can only be proven mathematically or statistically“. 429 Vgl. Rühl, in: BeckOGK, BGB, Stand 15.02.2016, Art. 4 Rom II-VO Rn. 68.1; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, Art. 4 Rom II-VO Rn. 7; Unberath/ Cziupka/Pabst, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 4 Rom II-VO Rn. 42; von Hoffmann, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2001, Art. 40 EGBGB Rn. 282; so schon Lorenz, in: von Caemmerer, Vorschläge und Gutachten zur Reform des deutschen internationalen Privatrechts der außervertraglichen Schuldverhältnisse, 1983, S. 97 (112); Fischer, in: FS Kühne, 2009, S. 689 (700); zurückhaltend Lehmann, J Priv Int L 7 (2011), 527 (537 ff., insb. 540) „that the domicile of the plaintiff is normally not to be considered the place where economic loss is suffered“; krit. allgemein zu Beeinträchtigungen von Vermögensinteressen Odendahl, Internationales Deliktsrecht der Rom II-VO und die Haftung für reine Vermögensschäden, 2012, S. 255 ff. 426
I. Anwendbares Haftungsrecht bei Täuschung des Geschäftsgegners
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Indes ist angesichts der nach wie vor bestehenden rechtlichen Unsicherheiten über die Bestimmung des Schadensortes430 nicht ausgeschlossen, dass der EuGH – statt auf die unerfüllte Forderung abzustellen – weniger differenziert auf die Vorleistung des Geschäftsgegners abheben und insofern das Bankkonto, von dem die Vorleistung abgegangen ist, als Ort des Schadenseintritt verstehen könnte. (c) Zwischenergebnis Täuscht der Vertreter über die Rechtsform der von ihm vertretenen ausländischen Kapitalgesellschaft, wird der Geschäftsgegner typischerweise aus dem Inland kommen. Das liegt schon angesichts der schieren Mehrheit potentieller Vertragspartner aus dem Inland nahe. Hinzu kommt, dass das typische Motiv für eine Täuschung über die Rechtsform darin liegen dürfte, die fehlende Akzeptanz von Auslandsrechtsformen im inländischen Rechtsverkehr und das damit korrelierende mangelnde Vertrauen in den Vertragsschluss mit einem unvertrauten Rechtsträger zu überwinden.431 Insofern spricht viel dafür, dass der Vertreter der Gesellschaft gerade Repräsentanten des inländischen Rechtsverkehrs täuscht, denen er eine Vertrautheit mit dem inländischen Recht zutraut. Das wird in aller Regel jemand sein, der auch seinen Wohn- bzw. Geschäftssitz im Inland hat. Demgemäß wird der für Art. 12 Abs. 2 lit. a) Rom II-VO maßgebliche Ort des Schadenseintritts für den absoluten Regelfall im Inland liegen. Das gilt selbst dann, wenn man nicht mit Blick auf die unerfüllte Forderung auf das abstrakte, an den Wohn- bzw. Geschäftssitz anknüpfende Vermögen des Geschäftsgegners, sondern mit Blick auf eine etwaige Vorleistung auf das Bankkonto, von dem der Geschäftsgegners die Überweisung getätigt hat, abstellen wollte. Denn typischerweise werden die Repräsentanten des inländischen Rechtsverkehrs auch Konten bei inländischen Banken bzw. inländischen Zweigniederlassungen ausländischer besitzen. Wird eine ausländische Kapitalgesellschaft unter Weglassen des Rechtsformzusatzes bzw. Verwendung eines unzulässigen Rechtsformzusatzes in Deutschland vertreten, kommt mithin über Art. 12 Abs. 2 lit. a) Rom II-VO grundsätzlich deutsches Recht zur Anwendung.
430 431
Siehe nur Rühl, in: BeckOGK, BGB, Stand 15.02.2016, Art. 4 Rom II-VO Rn. 68.1 f. Zu den Motiven ausführlich oben C. II. 1.
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
(3) Kein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne von Art. 12 Abs. 2 lit. b) Rom II-VO Nach der – richtig verstandenen432 – Systematik des Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO hat ein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthaltsort der Parteien allerdings Anknüpfungsvorrang vor dem Ort, an dem der Schaden eingetreten ist.433 Typischerweise haben die Beteiligten in den beschriebenen Konstellationen jedoch keinen vom Inland abweichenden gemeinsamen Aufenthaltsort: Zwar mag der Vertreter einer ausländischen Gesellschaft seinen Aufenthaltsort im Ausland haben. Entsprechend der Ausführungen zum Schadensort wird indes der Geschäftsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort regelmäßig im Inland haben. Demgemäß kommt eine die Inlandsanknüpfung nach Art. 12 Abs. 2 lit. a) Rom II-VO verdrängende Anknüpfung nach Art. 12 Abs. 2 lit. b) Rom IIVO in den allermeisten Fällen nicht in Betracht. (4) Offensichtlich engere Verbindung zu dem Recht eines Staates im Sinne von Art. 12 Abs. 2 lit. c) Rom II-VO Auch eine vorrangige Anknüpfung wegen einer offensichtlich engeren Verbindung zu dem Recht eines anderen Staates im Sinne von Art. 12 Abs. 2 lit. c) Rom II-VO wird sich im Regelfall bei einem Vertragsschluss im Inland mit einem Inländer nicht finden lassen. Umgekehrt wird man jedoch in den Ausnahmefällen, in denen der Wohn- bzw. Geschäftssitz des Geschäftsgegners im Ausland liegt, eine offensichtlich engere Verbindung zum inländischen Recht annehmen können, sofern der Vertreter einen Rechtsformzusatz verwendet, der einer inländischen Rechtsform vorbehalten ist. c) Ergebnis Die Vertreterhaftung wegen Verschweigens der Rechtsform der vertretenen Kapitalgesellschaft bzw. Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes ist als außervertragliches Schuldverhältnis aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO zu qualifizieren. Gleichwohl scheidet eine vertragsakzessorische Anknüpfung über Art. 12 Abs. 1 Rom IIVO wegen der Selbständigkeit und vor allem der Unabhängigkeit der beiden 432
Dazu eingehend oben D. I. 4. b) bb) (1). Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2013, Art. 12 Rom II-VO Rn. 9; Dörner, in: Schulze u. a., BGB, 8. Aufl. 2014, Art. 12 Rom II-VO Rn. 5; Junker, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 12 Rom II-VO Rn. 27; Plender/Wilderspin, The European Private International Law of Obligations, 4. Aufl. 2015, Ch. 26 Rn. 26–029; Jakob/Picht, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 12 Rom II-VO Rn. 31. 433
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Schuldverhältnisse – zwischen dem Geschäftsgegner und der Gesellschaft einerseits sowie dem Geschäftsgegner und dem Vertreter andererseits – aus. Vielmehr ist Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO zur Bestimmung des anwendbaren Rechts für die Vertreterhaftung einschlägig. Weil der Schaden des Geschäftsgegners als reiner Vermögensschaden an seinem Wohn- bzw. Geschäftssitz eintritt, kommt bei einer Täuschung über die Rechtsform durch den Vertreter typischerweise inländisches Recht zur Anwendung. Auf die Fälle der Vertretung einer ausländischen Gesellschaft unter unzureichender Offenlegung der ausländischen Rechtsform ist mithin regelmäßig deutsches Recht anwendbar.
5. Gesellschaftsstatut Die Erörterung der Qualifikationsfrage kann bei der Einordnung als culpa in contrahendo im Sinne von Art. 12 Rom II-VO indes nicht Halt machen. Immerhin geht es um die Qualifikation der Haftung des Vertreters einer Gesellschaft wegen unzureichender Offenbarung der Rechtsform. Insofern liegt es auf der Hand, dass auch eine kollisionsrechtliche Anknüpfung über das Gesellschaftsstatut in Betracht zu ziehen ist. Dabei impliziert auch nicht die Annahme eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO die Verneinung der Qualifikation als Gesellschaftsrecht. Denn gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. d) Rom II-VO sind vom Anwendungsbereich der Verordnung „außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus dem Gesellschaftsrecht […] ergeben, wie die Errichtung durch Eintragung oder auf andere Weise, die Rechts- und Handlungsfähigkeit, die innere Verfassung und die Auflösung von Gesellschaften […], die persönliche Haftung der Gesellschafter und der Organe für die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft […] sowie die persönliche Haftung der Rechnungsprüfer gegenüber einer Gesellschaft oder ihren Gesellschaftern bei der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen“
ausgenommen. Die Materie des Gesellschaftsrechts wird mithin im europäischen Internationalen Privatrecht gesondert behandelt.434 Allein das Vorliegen irgendeines Bezugs zum Gesellschaftsrecht genügt aber noch nicht, damit das kollisionsrechtlich auf das zu qualifizierende Rechtsverhältnis anwendbare Recht nach dem Gesellschaftsstatut beurteilt wird.435 Im Folgenden sind daher zunächst die Grenzen des Gesellschaftsstatuts abzustecken. Anschließend ist zu prüfen, ob die Haftung des Vertreters, der den Rechtsformzusatz der ausländischen Kapi talgesellschaft nicht oder unrichtig führt, unter dieses fällt. 434 Vgl. nur Kieninger, in: Ferrari/Kieninger/Mankowski u. a., Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 1 Rom I-VO Rn. 20. 435 So explizit Bollacher, RIW 2008, 200 (204); vgl. auch Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 650 f.
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
a) Grundsätze der Anknüpfung nach dem Gesellschaftsstatut aa) Umfang des Gesellschaftsstatuts Da die Regelungen des Gesellschaftsrechts funktional zusammenhängen, ist ein einheitliches Gesellschaftsstatut erforderlich, um Anpassungsprobleme zu vermeiden, die sich aus einer Aufspaltung des Gesellschaftsstatuts ergeben würden.436 Das Gesellschaftsstatut bestimmt insofern, nach dem Recht welches Staates alle Innen- und Außenverhältnisse der Gesellschaft beurteilt werden.437 Es ist zugleich für deren gesamten „Lebenszyklus“438 maßgeblich, dafür wie sie „entsteht, lebt und vergeht“439. In diesem sind von der Rom II-Verordnung – ebenso wie von der Rom I-Verordnung – alle typischen Fragen des Gesellschaftsrechts ausgenommen, von denen die wichtigsten beispielhaft in Art. 1 Abs. 2 lit. d) Rom II-VO aufgezählt sind.440 bb) Anwendbares Recht nach dem Gesellschaftsstatut Zwar gilt in Deutschland grundsätzlich immer noch die Sitztheorie.441 Danach bestimmt sich das anwendbare Recht – insbesondere auch die Beantwortung der Frage, ob eine ordnungsgemäße Gründung vorliegt – nach der Rechtsordnung des Staates, in dem sich der effektive Verwaltungssitz der Gesellschaft befin-
436 Großfeld, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 1998, IntGesR Rn. 249; Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 521; kritisch hierzu Schanze, in: FS Thue, 2007, S. 423 (427), der bemerkt, dass „[wir b]ei natürlichen Personen [...] seit langem gewohnt [sind], kollisionsrechtlich einzelne Merkmale zur Anknüpfung herauszugreifen.“ 437 Jahn, Die Anwendbarkeit deutscher Gläubigerschutzvorschriften bei einer EU-Kapi talgesellschaft mit Sitz in Deutschland, 2014, S. 151; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl. 2015, Rn. 7116; ähnlich Heider, in: MünchKomm, AktG, 4. Aufl. 2016, § 5 Rn. 22. 438 Jahn, Die Anwendbarkeit deutscher Gläubigerschutzvorschriften bei einer EU-Kapi talgesellschaft mit Sitz in Deutschland, 2014, S. 151; vgl. auch Brödermann/Wegen, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, IntGesR Rn. 9. 439 BGH, Urteil v. 11.07.1957 – II ZR 318/55, BGHZ 25, 134 (144); ebenso Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 581 m. w. N.; vgl. Großfeld, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 1998, IntGesR Rn. 255 ff. 440 So zur Parallelregelung in Art. 1 Abs. 2 lit. f ) Rom I-VO Kieninger, in: Ferrari/Kieninger/Mankowski u. a., Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 1 Rom I-VO Rn. 20. 441 BGH, Urteil v. 27.10.2008 – II ZR 158/06, NJW 2009, 289 (290 f., Rn. 21 f.) – Trabrennbahn; BGH, Urteil v. 12.07.2011 – II ZR 28/10, NJW 2011, 3372 (3373, Rn. 16); Servatius, in: MünchHdb, GesR, 4. Aufl. 2013, § 10 Rn. 15; Lutter/Bayer/Schmidt, EuropUR, 5. Aufl. 2012, § 6 Rn. 52; Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 5, 420; Brödermann/ Wegen, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, IntGesR Rn. 40; Rauscher, IPR, 4. Aufl. 2012, § 7 B. Rn. 635.
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det.442 Für innerhalb der Europäischen Union gegründete Gesellschaften hat sich die Bestimmung des Gesellschaftsstatus jedoch seit der Jahrtausendwende grundlegend geändert. Im Gefolge einer Reihe von Leitentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in den Jahren zwischen 1999 und 2003443 wendet der BGH444 – und mit ihm die ganz herrschende Auffassung im deutschen Schrifttum445 – nunmehr auf europäische Gesellschaften die Gründungstheorie an. Nach dieser bestimmt sich das Gesellschaftsstatut nach dem Recht desjenigen Staates, in dem die Gesellschaft gegründet wurde, also typischerweise ihren satzungsmäßigen Sitz hat.446 Dahinter steht die aus der Niederlassungsfreiheit abgeleitete Erwägung, dass es europäischen Gesellschaften – ganz genau so wie natürlichen Personen – möglich sein muss, sich ohne Einschränkungen am europäischen Binnenmarkt zu beteiligen.447 Auf dieser Grundlage müsse es res442 Brödermann/Wegen, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, IntGesR Rn. 2; Eidenmüller, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, 1. Aufl. 2004, § 1 Rn. 4; Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 420; Lutter/Bayer/ Schmidt, EuropUR, 5. Aufl. 2012, § 6 Rn. 5; Servatius, in: MünchHdb, GesR, 4. Aufl. 2013, § 10 Rn. 15; Servatius, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, IntGesR Rn. 5. 443 EuGH, 09.03.1999, Rs. C-212/97 – Centros, Slg. 1999, I-1459, Rn. 27; EuGH, 05.11.2002, Rs. C-208/00 – Überseering, Slg. 2002, I-9919; EuGH, 30.09.2003, Rs. C-167/01 – Inspire Art, Slg. 2003, I-10155, Rn. 135; vgl. Lutter/Bayer/Schmidt, EuropUR, 5. Aufl. 2012, § 6 Rn. 2 EuGH als „Motor der Integration“. 444 BGH, Urteil v. 13.03.2003 – VII ZR 370/98, BGHZ 154, 185 (185); BGH NJW 2011, 3372 (3373, Rn. 17). 445 Siehe nur jeweils m. w. N. Behrens, IPRax 2003, 193 (206); Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 571; Lutter/Bayer/Schmidt, EuropUR, 5. Aufl. 2012, § 6 Rn. 30; Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 358; Rauscher, IPR, 4. Aufl. 2012, § 7 B. Rn. 627, 629. 446 Brödermann/Wegen, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, IntGesR Rn. 2; Eidenmüller, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, 1. Aufl. 2004, § 1 Rn. 2; Lutter/Bayer/Schmidt, EuropUR, 5. Aufl. 2012, § 6 Rn. 6; Servatius, in: Henssler/ Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, IntGesR Rn. 5; Weller, in: MünchKomm, GmbHG, 2. Aufl. 2015, Einleitung Rn. 333. 447 EuGH, 09.03.1999, Rs. C-212/97 – Centros, Slg. 1999, I-1459, Rn. 27; EuGH, 05.11.2002, Rs. C-208/00 – Überseering, Slg. 2002, I-9919, Rn. 56; Behrens/Hoffmann, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, Einl. B Rn. 7 ff.; Brödermann/Wegen, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, IntGesR Rn. 11; zur Förderung des Binnenmarktes auch Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. März 2009 mit Empfehlungen an die Kommission zur grenzüberschreitenden Verlegung von eingetragenen Gesellschaftssitzen (2008/2196(INI)), ABl. EU CE 87/5, Erwägungsgrund A: „Gesellschaften [sollten] gemäß dem EG-Vertrag und der Auslegung des Gerichtshofs innerhalb des Binnenmarkts Niederlassungsfreiheit genießen“ sowie Erwägungsgrund B: „Verlagerung von Gesellschaften über Grenzen hinweg [ist] einer der Kernbestandteile der Vollendung des Binnenmarktes“; Mörsdorf, EuZW 2009, 97 (97); Lutter/Bayer/Schmidt, EuropUR, 5. Aufl. 2012, § 6 Rn. 1.
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pektiert werden, wenn eine Gesellschaft nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaates wirksam gegründet wurde.448 In der Konsequenz richtet sich das Gesellschaftsstatut europäischer Kapitalgesellschaften, die am inländischen Rechtsverkehr teilnehmen, somit stets nach deren Gründungsrecht. Daher ist es den deutschen Gerichten bei allen Materien, die unter das Gesellschaftsstatut fallen, grundsätzlich verwehrt, deutsches Recht anzuwenden. Für die hiesige Betrachtung ist dies von ganz erheblicher Relevanz. Anders als bei der Anknüpfung nach Art. 12 Rom II-VO449 – aber auch in Abweichung von der Rechtsscheinanknüpfung450 und der Anknüpfung nach dem Vollmachtsstatut451 – käme bei einer gesellschaftsrechtlichen Qualifikation der Vertreterhaftung nämlich jedenfalls bei europäischen Auslandsgesellschaften, respektive ausländischen Gesellschaften, die innerhalb der Europäischen Union gegründet wurden, deutsches Recht nicht zur Anwendung. Auch in den Fällen, in denen der Vertreter einer nach drittstaatlichem Recht gegründeten Kapitalgesellschaft in Deutschland über die Rechtsform täuscht, kann nach den vorstehend skizzierten Grundsätzen nicht von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgegangen werden. Insoweit gilt zwar die Sitztheorie. Diese führte indes nur dann zur Anwendung deutschen Rechts, wenn die vertretene Kapitalgesellschaft ihren effektiven Verwaltungssitz in Deutschland hat. Damit scheiden a priori die Fälle aus, in denen die Gesellschaft lediglich am inländischen Rechtsverkehr teilnimmt, ohne überhaupt eine Niederlassung in Deutschland zu besitzen. Darüber hinaus führt aber eine Zweigniederlassung in Deutschland allein noch nicht dazu, deutsches Recht anwenden zu können. Vielmehr müsste diese Niederlassung zugleich den effektiven Verwaltungssitz der Gesellschaft darstellen.
448 EuGH,
05.11.2002, Rs. C-208/00 – Überseering, Slg. 2002, I-9919, Leitsatz 2 und Rn. 95; andeutungsweise schon EuGH, 27.09.1988, Rs. C-81/87 – Daily Mail, Slg. 1988, 5483, Rn. 21: „In Artikel 220 EWG-Vertrag ist, soweit erforderlich, der Abschluß von Übereinkommen unter den Mitgliedstaaten vorgesehen, um unter anderem die Beibehaltung der Rechtspersönlichkeit bei Verlegung des Sitzes von einem Mitgliedstaat in einen anderen sicherzustellen“; sowie EuGH, 09.03.1999, Rs. C-212/97 – Centros, Slg. 1999, I-1459, Rn. 27: „Das Recht, eine Gesellschaft nach dem Recht eines Mitgliedstaates zu errichten und in anderen Mitgliedstaaten Zweigniederlassungen zu gründen, folgt nämlich im Binnenmarkt unmittelbar aus der vom EG-Vertrag gewährleisteten Niederlassungsfreiheit.“; vgl. auch Lutter/Bayer/Schmidt, EuropUR, 5. Aufl. 2012, § 6 Rn. 20; Spahlinger, in: Spahlinger/Wegen, IntGesR, 1. Aufl. 2005, B Rn. 195. 449 Oben D. I. 4. 450 Oben D. I. 2. 451 Oben D. I. 3.
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b) Keine gesellschaftsrechtliche Qualifikation der Vertreterhaftung wegen unterlassener Offenlegung der Rechtsform aa) Ausgangspunkt: Rechtsformgebot als Teil des Gesellschaftsstatuts Da Art. 1 Abs. 2 lit. d) Rom II-VO explizit die Errichtung und die innere Verfassung der Gesellschaft dem Gesellschaftsstatut zurechnet, ist heute unstreitig, dass dieses auch die Regelungen zur Firmenbildung sowie zur Firmenführung452 und somit auch das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes umfasst. Denn die Firma macht die Gesellschaftsform erkennbar und ist deshalb mit der Identität der Gesellschaft untrennbar verknüpft. bb) Aber: Nicht alle Haftungstatbestände mit gesellschaftsrechtlichem Bezug als Gegenstand des Gesellschaftsstatuts Indes wäre die Annahme verfehlt, aus der gesellschaftsrechtlichen Qualifika tion des Rechts der Firmenbildung und Firmenführung könne ohne Weiteres auf die gesellschaftsrechtliche Qualifikation der Vertreterhaftung bei Verstößen hiergegen geschlossen werden. (1) Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 lit. d) Rom II-VO Dieses Verständnis legt bereits der Blick auf Art. 1 Abs. 2 lit. d) Rom II-VO nahe. Denn nach der dortigen Aufzählung werden Haftungstatbestände nicht grundsätzlich erfasst. Vielmehr wird dort lediglich „die persönliche Haftung der Gesellschafter und der Organe für die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft […] sowie die persönliche Haftung der Rechnungsprüfer gegenüber einer Gesellschaft oder ihren Gesellschaftern bei der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen“
dem Gesellschaftsstatut unterstellt. Das soll nicht heißen, dass die gesellschaftsrechtliche Qualifikation anderer Haftungstatbestände ausgeschlossen wäre. Denn Art. 1 Abs. 2 lit. d) Rom II-VO enthält freilich keine enumerative Auf zählung.
452 BGH, Urteil v. 02.04.1971 – I ZR 41/70, NJW 1971, 1522 (1523); BayObLG, Beschluss v. 21.03.1986 – BReg 3 Z 148/85, NJW 1986, 3029 (3029); OLG München, Beschluss v. 07.03.2007 – 31 Wx 92/06, ZIP 2007, 1949 (1950); Rauscher, IPR, 4. Aufl. 2012, § 7 B. Rn. 640; Servatius, in: MünchHdb, GesR, 4. Aufl. 2013, § 11 Rn. 7; Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159 (183); Süß, in: Süß/Wachter, Handbuch des internationalen GmbH-Rechts, 3. Aufl. 2016, § 1 Rn. 85; Großfeld, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 1998, IntGesR Rn. 319; Geyrhalter/Gänßler, NZG 2003, 409 (412); Leible/Hoffmann, EuZW 2003, 677 (680).
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(2) Sinn und Zweck eines einheitlichen Gesellschaftsstatuts Für eine Differenzierung zwischen Rechtsformgebot und Verstoßfolgen spricht auch der Sinn und Zweck des einheitlichen Gesellschaftsstatuts. Denn dessen innere Rechtfertigung liegt im funktionalen Zusammenhang sowie der Vermeidung von Anpassungsproblemen, die bei einer Aufspaltung des Gesellschaftsstatuts auftreten würden.453 Insofern muss stets die spezifische Haftungsnorm in den Blick genommen werden. (3) Binnenrechtsvergleich: Differenzierte Behandlung von Gebot und Verstoßfolgen im Immaterialgüterrecht Die aufgezeigte Differenzierung zwischen der Begründung eines Gebots und den Folgen eines Verstoßes hiergegen ist auch nicht ungewöhnlich. So wird etwa im kollisionsrechtlichen Immaterialgüterrecht eine solche Trennung weithin akzeptiert und auch gefordert. So muss nach der herrschenden Meinung bei der kollisionsrechtlichen Behandlung zwischen der Inhaberschaft eines Immaterialgüterrechts einerseits und den Verstoßfolgen hiergegen auf der anderen Seite unterschieden werden.454 Ausgehend von dem nicht eindeutigen Wortlaut der in Art. 15 lit. a Rom II-VO getroffenen Grundsatzbestimmung, wonach das nach den Vorschriften der Rom II-Verordnung anzuwendende Recht „den Grund und den Umfang der Haftung“ regelt, stellt sich die Frage, ob Art. 8 Rom II-Verordnung, welcher die „Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums“ regelt, auch die Inhaberschaft sowie den Bestand eines Immaterialgüterrechts erfasst.455 Für die differenzierte kollisionsrechtliche Betrachtung von Inhaberschaft und Bestand auf der einen sowie Verletzungen dieser Rechte auf der anderen Seite sprechen dabei im Wesentlichen zwei Argumente: Nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers sollen von der Rom II-Verordnung ausschließlich außervertragliche Schuldverhältnisse geregelt werden. Für die Frage, wer Inhaber eines Immate 453 Großfeld, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 1998, IntGesR Rn. 249; Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 521. 454 Heiss/Loacker, JBl 129 (2007), 613 (636); Leistner, in: Leible/Ohly, Intellectual Property and Private International Law, 2009, S. 97 (103 f.); Schack, in: FS Kropholler, 2008, S. 651 (652 f.); Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntImmaterialgüterR Rn. 165 ff., 174; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, Art. 8 Rom II-VO Rn. 3; Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 8 Rom II-VO Rn. 9; Spickhoff, in: Bamberger/ Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2013, Art. 8 Rom II-VO Rn. 3; Unberath/Cziupka/Pabst, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 8 Rom II-VO Rn. 8; a. A. Grünberger, ZVglRWiss 108 (2009), 134 (158); Obergfell, IPRax 2005, 9 (12); Sack, WRP 2008, 845 (1409 f.). 455 Ausführlich hierzu Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntImmaterialgüterR Rn. 165 ff., insb. 166.
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rialgüterrechts ist, sind aber nicht zuletzt vertragliche Aspekte ausschlaggebend.456 Überdies würde eine Anwendung von Art. 8 Rom II-VO, wonach das Recht des Staates anzuwenden ist, für den der Schutz beansprucht werden soll, einen Statutenwechsel für diejenigen Länder zur Folge haben, die für die Frage der originären Inhaberschaft an ihr Ursprungsland anknüpfen.457 Weil die Rom II-Verordnung hierfür keine Übergangsvorschrift beinhaltet, hätte dies den – vom europäischen Gesetzgeber ungewollten – Entzug geschützter Eigentumspositionen zur Folge.458 In diesem Fall ist es mehr als nur sachdienlich, die Begründung des Rechts und die Verstoßfolgen kollisionsrechtlich getrennt zu behandeln. Daher ist nach ganz herrschender Meinung Art. 8 Rom II-VO zwar für die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums, inklusive Anspruchsvoraussetzungen und Schutzumfang, maßgeblich.459 Die Frage, wer Inhaber dieser Rechte ist, wird dagegen als Vorfrage gesondert angeknüpft.460 Insofern ist die unterschiedliche Beurteilung der Pflicht zur Führung des Rechtsformzusatzes im Kapitalgesellschaftsrecht und der daran anknüpfenden Verstoßfolgen kein Novum, sondern steht sogar im Einklang mit dem Meinungsstand zur ebenfalls in der Rom II-Verordnung geregelten Anknüpfung des Rechts des geistigen Eigentums. cc) Kein hinreichender Gesellschaftsbezug Die vorstehenden Überlegungen haben verdeutlicht, dass die gesellschaftsrechtliche Qualifikation der Vertreterhaftung voraussetzt, dass die aus dem Missachten der Vorschriften zur ordnungsgemäßen Firmenführung resultierenden Verstoßfolgen gleichfalls zu den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften zählen.
456 Schack, in: FS Kropholler, 2008, S. 651 (652); Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntImmaterialgüterR Rn. 172. 457 Zur Problematik ausführlich Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntImmaterialgüterR Rn. 172. 458 Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntImmaterialgüterR Rn. 172. 459 Schack, in: FS Kropholler, 2008, S. 651 (655); Leistner, in: Leible/Ohly, Intellectual Property and Private International Law, 2009, S. 97 (103 f.); Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntImmaterialgüterR Rn. 174; Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, Art. 8 Rom II-VO Rn. 3; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2013, Art. 8 Rom II-VO Rn. 3. 460 Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntImmaterialgüterR Rn. 174; Schack, in: FS Kropholler, 2008, S. 651 (653); Leistner, in: Leible/Ohly, Intellectual Property and Private International Law, 2009, S. 97 (103 f.); Schaub, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, Art. 8 Rom II-VO Rn. 3; vgl. auch Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2013, Art. 8 Rom II-VO Rn. 3.
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(1) Vertreter als Adressat der gesellschaftsrechtlichen Gebotsnorm Gegen die gesellschaftsrechtliche Qualifikation lässt sich jedenfalls nicht einwenden, der Vertreter als Rechtsscheinveranlasser sei nicht Normadressat der Gebotsnormen.461 Selbstverständlich lässt sich nicht von der Hand weisen, dass sich die Gebotsnormen der § 4 GmbHG, § 4 AktG, § 19 Abs. 2 HGB an die Gesellschaft, respektive deren (Gründungs-)Gesellschafter richten. Denn diese Vorschriften statuieren schließlich nur, wie die Gesellschaft ordnungsgemäß zu firmieren hat. Indes hat der deutsche Gesetzgeber mit den § 37a HGB, § 35a GmbHG, § 80 AktG Normen geschaffen, die die Gesellschaft und alle für sie auftretenden Personen dazu anhalten, im Geschäftsverkehr auch ordnungsgemäß, also der Firma entsprechend, aufzutreten. Diese Vorschriften sind unmittelbar mit den jeweiligen Rechtsformgeboten verbunden und treffen als Norm adressaten jeden, der für die Gesellschaft handelt und nach außen in Erscheinung tritt. Sie sind auch teleologisch verknüpft, weil erst durch die entsprechende Verwendung im Rechtsverkehr die Warnfunktion des Rechtsformzusatzes effektiv verwirklicht wird. (2) Keine Anknüpfung an die Organstellung; keine Verletzung spezifischer Organpflichten Gleichwohl verneinen bedeutende Stimmen eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation, weil die Vertreterhaftung nicht an die Organstellung462 und erst recht nicht an die Verletzung spezifischer Organpflichten,463 die im Gesellschaftsverhältnis wurzeln, anknüpfe.464 Dem wird man nicht widersprechen können. Denn der rechtsgeschäftlich auftretende Vertreter ist gerade kein Organ der Kapitalgesellschaft. Zwar kann es sein, dass Organ und Vertreter einmal personenidentisch sind. Davon hängt die Vertreterhaftung aber gerade nicht ab. Sie zielt vielmehr darauf, eine Lösung auch für die Fallkonstellationen zu finden, in denen der Vertreter nicht zugleich auch Geschäftsführungsorgan der Gesellschaft So aber zu § 4 GmbHG ausdrücklich Kindler, NJW 2007, 1785 (1786). Kindler, NJW 2007, 1785 (1786). 463 BGH, NZG 2007, 426, 426 (Rn 10); BGH NJW 2007, 1529, 1530 (Rn 10); Kindler, NJW 2007, 1785 (1786); Lang/Orttmann, in: Ziemons/Jaeger, BeckOK, GmbHG, 28. Ed. 2016, IntGesR Rn. 114; Paulus, Außervertragliche Gesellschafter- und Organwalterhaftung im Lichte des Unionskollisionsrechts, 2013, S. 178, Rn. 323; so im Ergebnis auch Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 634; vgl. auch Eidenmüller, in: Sonnenberger, Vorschläge und Berichte zur Reform des europäischen und deutschen internationalen Gesellschaftsrechts, 2007, S. 469 (481); in diesem Sinne auch Schanze, NZG 2007, 533 (536). 464 Für die Haftung von Gesellschaftern und Organen bestimmt das Gesellschaftsstatut zweifelsohne das anwendbare Recht, vgl. nur Eidenmüller, RabelsZ 70 (2006), 474 (502). 461
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I. Anwendbares Haftungsrecht bei Täuschung des Geschäftsgegners
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ist. Die zu qualifizierende Vertreterhaftung ist insofern eine Jedermannshaftung ohne spezifischen Organbezug.465 Ohne einen solchen Organbezug liegt es eher fern, die Haftung als ähnlich grundlegend für die Verhältnisse der Gesellschaft zu beschreiben wie die in Art. 1 Abs. 2 lit. d) Rom II-VO genannten Fallkonstellationen der Errichtung, der Rechts- und Handlungsfähigkeit, der inneren Verfassung und Auflösung, der persönlichen Haftung der Gesellschafter und der Organe für die Gesellschaftsverbindlichkeiten. (3) Kein Rechtsverhältnis zur Gesellschaft Hinzu kommt, dass die Vertreterhaftung auch nicht aus einem Schuldverhältnis zur Gesellschaft selbst oder zu deren Gesellschaftern resultiert. Das hätte – in der Gesamtschau mit anderen Aspekten wie der Anknüpfung an das Rechtsformgebot – möglicherweise entsprechend der von der von Art. 1 Abs. 2 lit. d) Rom II-VO ebenfalls erfassten „persönlichen Haftung der Rechnungsprüfer gegenüber einer Gesellschaft oder ihren Gesellschaftern bei der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen“
für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation genügt. So ist dagegen zu konstatieren, dass die Vertreterhaftung aus einem Schuldverhältnis zwischen einem gesellschaftsfremden Dritten und einer Person ohne Organbezug erwächst, mithin einem gleichsam alltäglichen Lebenssachverhalt im Wirtschaftsverkehr. (4) Abtrennbarkeit ohne Anpassungsprobleme In einer solchen Situation eines Schuldverhältnisses, an dem weder ein Gesellschaftsorgan noch die Gesellschaft selbst beteiligt ist, bestehen auf den ersten Blick keine Zweifel, dass die Rom-Verordnungen Regelungen bereithalten, um das anwendbare Recht sachgemäß zu ermitteln. In diesem Sinne lässt sich auch kein funktionaler Zusammenhang zu anderen Regelungen begründen, welcher gedanklich der einheitlichen Anknüpfung des Gesellschaftsstatuts zu Grunde liegt.466 Denn die Frage nach dem im Heimatrecht der Gesellschaft gebotenen Rechtsformzusatz lässt sich ohne Weiteres im Wege der Substitution in die Ver465 Siehe auch Paulus, Außervertragliche Gesellschafter- und Organwalterhaftung im Lichte des Unionskollisionsrechts, 2013, S. 178, Rn. 323. Ähnlich will auch Eidenmüller, in: Sonnenberger, Vorschläge und Berichte zur Reform des europäischen und deutschen internationalen Gesellschaftsrechts, 2007, S. 469 (475 f.) zwischen Gesellschaft- und Deliktsstatut danach abgrenzen, ob ein Fall der Gesellschafter- bzw. Geschäftsführerhaftung oder einer Jedermannshaftung vorliegt. 466 Vgl. dazu oben D. I. 5. a) aa).
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treterhaftung integrieren und die spezifischen Offenlegungspflichten lassen sich klären, ohne dass hier Friktionspotential – etwa zwischen Tatbestands- und Rechtsfolgenseite der Haftung – bestünde. Aus der separaten Anknüpfung der Voraussetzungen des Rechtsformgebots und seiner Verstoßfolgen resultieren mithin keine Abgrenzungsprobleme. c) Ergebnis Das Gesellschaftsstatut erfasst zwar alle Rechtsverhältnisse einer Gesellschaft.467 Die Vertreterhaftung wegen unrichtiger Verwendung des Rechtsformzusatzes kann indes nicht als ein solches begriffen werden. Denn sie begründet weder ein Rechtsverhältnis zu der Gesellschaft noch setzt sie die Organstellung des Vertreters, geschweige denn die Verletzung spezifischer Organpflichten, voraus. Insofern besteht auch kein hinreichend funktionaler Zusammenhang zu den Regelungen, die für das Innen- und Außenverhältnis der Gesellschaft maßgeblich sind. Insbesondere lässt sich die Vertreterhaftung abtrennen, ohne dass dies zu Anpassungsproblemen führen würde. Für eine solche Jedermannshaftung besteht folglich kein Anlass, die Haftung via Gesellschaftsstatut anzuknüpfen. Vielmehr halten für solche Regelungen die Rom-Verordnungen eine sachgerechte Ermittlung des anwendbaren Rechts bereit. Im Ergebnis scheidet eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation somit aus.
6. Exkurs: Deliktische Anknüpfung Angesichts der Tatsache, dass die kollisionsrechtliche Behandlung der Vertreterhaftung wegen fehlerhafter Verwendung des Rechtsformzusatzes von Auslandsgesellschaften bis dato noch gänzlich ungeklärt ist468 und bislang auch überhaupt noch nicht diskutiert wird, erscheint es sinnvoll, auch diejenigen (naheliegenden) Anknüpfungsmöglichkeiten zu erörtern, die nach Ansicht der Verfasserin nicht einschlägig sind. Namentlich geht es dabei um die deliktische Anknüpfung, welche infolge der Qualifikation als vorvertragliches Schuldverhältnis im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO ausscheiden musste.
467 Siehe nur Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl. 2015, Rn. 7.1; Brödermann/Wegen, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. 2016, IntGesR Rn. 1. 468 Siehe nur Altmeppen/Ego, in: MünchKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, B. Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 557.
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a) Ausgangspunkt: Allgemeines Deliktsstatut Wenn man bei der Frage der Abgrenzung zwischen c.i.c.- und Deliktsstatut zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass das streitige Verhalten nicht unter Art. 12 Rom II-VO fiele, käme allen voran eine Anknüpfung nach dem allgemeinen Deliktsstatut gemäß Art. 4 Rom II-VO in Betracht. Diesbezüglich ist noch einmal an die Anknüpfung als vorvertragliches Schuldverhältnis gemäß Art. 12 Rom II-VO zu erinnern: Während die gleichsam vertragsnahe culpa in contrahendo nach Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO vertragsakzessorisch angeknüpft wurde, war die Anknüpfung der gleichsam vertragsfernen culpa in contrahendo nach Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO dem allgemeinen Deliktsstatut gemäß Art. 4 Rom IIVO nachgebildet. Da bei der hier in Rede stehenden Vertreterhaftung das c.i.c.Verhältnis nicht aus einer Vertragsanbahnung zwischen den Parteien selbst resultiert, schied eine vertragsakzessorische Anknüpfung nach Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO aus. In der Konsequenz liegt auf der Hand, dass eine Anknüpfung nach dem allgemeinen Deliktsstatut stets zur Anwendung desselben Rechts wie bei einer Qualifikation als culpa in contrahendo führte. Dementsprechend wäre bei der Täuschung über die Rechtsform ausländischer Gesellschaften in Deutschland regelmäßig deutsches Recht anwendbar, da ein reiner Vermögensschaden durch einen Forderungsausfall stets am Wohn- bzw. Geschäftssitz des Geschädigten eintritt. Mithin wäre das Recht des Schadensortes gemäß Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO das Heimatrecht des Geschädigten. Auch eine deliktische Qualifikation brächte somit die Grundsätze der im materiellen Recht entwickelten Vertreterhaftung zum Tragen. b) Unlauterer Wettbewerb Unter der Prämisse einer deliktischen Qualifikation der Vertreterhaftung griffe es indes zu kurz, es bei der Anknüpfung nach Art. 4 Rom II-VO zu belassen. Da die Täuschung über die Rechtsform der Auslandsgesellschaft dazu dient, einen – zumindest befürchteten – Wettbewerbsnachteil zu überwinden,469 ist nämlich prima vista nicht auszuschließen, dass das Vertreterhandeln als unlauteres Wettbewerbsverhalten im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO qualifiziert werden könnte. In der Konsequenz wäre gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehung oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden.
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Siehe oben C. I. 1.
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aa) Dogmatischer Gehalt von Art. 6 Rom II-VO: Wettbewerbsspezifische Konkretisierung des Erfolgsortes im Sinne von Art. 4 Rom II-VO Der potentielle Wettbewerbsbezug drängt allerdings zunächst die Frage auf, ob der Anwendungsbereich von Art. 6 Rom II-VO nicht auch zur culpa in contrahendo im Sinne von Art. 12 Rom II-VO – statt nur zum allgemeinen Deliktsstatut – abgegrenzt werden müsste. Dies ist nach der Systematik der Rom II-VO indes ganz klar zu verneinen. Denn Art. 6 Rom II-VO stellt keine Ausnahme von der allgemeinen Anknüpfungsregel des Art. 4 Rom II-VO und damit eine separate Qualifikationsnorm dar, sondern konkretisiert lediglich wettbewerbsspezifisch den Erfolgsort der unerlaubten Handlung im Sinne von Art. 4 Rom IIVO.470 Das ergibt sich zum einen aus der Systematik der Verordnung, weil Art. 6 Rom II-VO unter das Kapitel II „Unerlaubte Handlungen“ gefasst ist, während Art. 1 Abs. 1 Rom II-VO zwischen unerlaubter Handlung und Verschulden bei Vertragsverhandlungen differenziert und auch Kapitel III der Verordnung „Ungerechtfertigte Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag und Verschulden bei Vertragsverhandlungen“ von den unerlaubten Handlungen separiert. Zum anderen sind die Erwägungsgründe insofern eindeutig: So heißt es in Erwägungsgrund 19 Rom II-VO, dass „[f]ür besondere unerlaubte Handlungen, bei denen die allgemeine Kollisionsnorm nicht zu einem angemessenen Interessenausgleich führt, […] besondere Bestimmungen vorgesehen werden“471
sollten. Daran schließt sich Erwägungsgrund 21 Satz 1 Rom II-VO an: „Die Sonderregel nach Artikel 6 stellt keine Ausnahme von der allgemeinen Regel nach Artikel 4 Absatz 1 dar, sondern vielmehr eine Präzisierung derselben.“472
Mithin ist Art. 6 Rom II-VO lediglich als Präzisierung der allgemeinen Deliktsnorm zu verstehen, dessen Anwendung mit dem Ausschluss der deliktischen Qualifikation ebenfalls ausgeschlossen ist. Nichtsdestotrotz ist Art. 6 Rom II-VO, sofern in einem ersten Schritt die Entscheidung für die deliktische Qualifikation im Sinne von Art. 4 Rom II-VO ge470 Vgl. auch De Miguel Asensio, in: Leible/Ohly, Intellectual Property and Private International Law, 2009, S. 137 (160); Grubinger, in: Beig/Graf-Schimek/Grubinger/Schacherreiter, Rom II-VO. Neues Kollisionsrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse, 2008, S. 55 (56); Leible/Lehmann, RIW 2007, 721 (729); Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 1; in diesem Sinne auch Wadlow, JIPLP 4 (2009), 789 (791); Erwägungsgrund 21 Rom II-VO; Unberath/Cziupka/Pabst, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 3; missverständlich aber Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntLautR Rn. 131 („funktionale Betrachtung“ im Hinblick auf das Vertragsrecht). 471 Hervorhebung durch die Verfasserin. 472 Hervorhebungen durch die Verfasserin.
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fallen ist, gegenüber dem allgemeinen Deliktsstatut vorrangig. Unter der Prämisse, dass die Vertreterhaftung entgegen der hier vertretenen Auffassung nicht als Verschulden bei Vertragsschluss, sondern deliktisch zu qualifizieren wäre, käme es mithin maßgeblich darauf an, ob ein Handeln zu Wettbewerbszwecken im Sinne des Art. 6 Rom II-VO vorliegt. bb) Bestimmung des Anwendungsbereichs von Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO Um zu beurteilen, ob das Firmieren mit falschem Rechtsformzusatz in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO fallen würde, ist zu allererst zu klären, was die Rom II-VO unter unlauterem Wettbewerbsverhalten versteht. (1) Keine Definition unlauteren Wettbewerbsverhaltens in der Rom II-Verordnung Die Verordnung selbst definiert unlauteres Wettbewerbsverhalten nicht.473 Der Verordnungsvorschlag der Kommission474 sah zwar noch vor, dass Handlungen, die auf die Nachfrage Einfluss zu nehmen trachten (z. B. Täuschung und Zwang), Handlungen, die das Angebot von Wettbewerbern behindern sollen (z. B. Störung der Zulieferung, Abwerbung von Angestellten oder Boykott), oder Handlungen, mit denen Vorteile eines Mitbewerbers missbraucht werden (z. B. Schaffung einer Verwechselungsgefahr oder Ausnutzung seines Bekanntheitsgrades) unter die wettbewerbsrechtliche Anknüpfung fallen.475 Eine solche Aufzählung findet sich im geltenden Verordnungstext indes nicht wieder. Insofern muss – unionsrechtlich autonom – ausgelegt werden, was die Rom II-Verordnung unter dem Begriff des unlauteren Wettbewerbsverhaltens versteht.476
473 Wadlow, JIPLP 4 (2009), 789 (790); vgl. zum Hintergrund auch Handig, GRUR Int 2008, 24 (26) mit Fn. 47, der dies mit politischen Differenzen zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten begründet. 474 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), KOM(2003) 427 endg. 475 KOM(2003) 427 endg. 17; Handig, GRUR Int 2008, 24 (26). 476 Hellner, YPIL 9 (2007), 49 (67); Wadlow, JIPLP 4 (2009), 789 (790); Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntLautR Rn. 109; Hausmann/Obergfell, in: Fezer/ Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl. 2016, Internationales Wettbewerbsprivatrecht Rn. 157; Plender/Wilderspin, The European Private International Law of Obligations, 4. Aufl. 2015, Art. 6 Rom II-VO Rn. 20-011; Unberath/Cziupka/Pabst, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 20.
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
(2) Marktbezogenheit des Verhaltens als Grundvoraussetzung Das heißt allerdings nicht, dass die Verordnung gar keine Anhaltspunkte für den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO enthielte. So bestimmt Erwägungsgrund 21 Satz 2 Rom II-VO ausdrücklich den Normzweck für die separate Anknüpfung unlauteren Wettbewerbsverhaltens: „Im Bereich des unlauteren Wettbewerbs sollte die Kollisionsnorm die Wettbewerber, die Verbraucher und die Öffentlichkeit schützen und das reibungslose Funktionieren der Marktwirtschaft sicherstellen.“477
Bereits der Schutz der im Plural formulierten „Wettbewerber“ und „Verbraucher“ sowie der abstrakten „Öffentlichkeit“ legt nahe,478 dass das schädigende Verhalten einen über den Einzelfall hinausgehenden Bezug zum Markt erfordert. Dafür spricht auch die Zielsetzung, „das reibungslose Funktionieren der Marktwirtschaft“ sicherzustellen. Dieses Verständnis spiegelt sich auch – auf Rechtsfolgenseite – im Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO wider. Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerb ist nämlich das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet „die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden.“479
Dies impliziert, dass ein unlauteres Wettbewerbsverhalten „die Wettbewerbsbeziehungen“ als solche oder „die kollektiven Interessen der Verbraucher“ beeinträchtigen muss. Denn das anwendbare Recht wäre danach schlicht nicht be477 Zu diesem „Schutzzwecktrias“ als Grundlage für die lauterkeitsrechtliche Anknüpfung: Baetzgen, Internationales Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht im EG-Binnenmarkt, 2007, S. 81; Hausmann/Obergfell, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl. 2016, Internationales Wettbewerbsprivatrecht Rn. 158, 177; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2013, Art. 6 Rom II-VO Rn. 1; Grubinger, in: Beig/Graf-Schimek/ Grubinger/Schacherreiter, Rom II-VO. Neues Kollisionsrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse, 2008, S. 55 (56); Handig, GRUR Int 2008, 24 (26); Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 2; Unberath/Cziupka/Pabst, in: Rauscher, EuZPR/ EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 13; Wadlow, JIPLP 4 (2009), 789 (791); siehe ausdrücklich auch schon KOM(2003) 427 endg. 17. 478 Vgl. auch die anderen Sprachfassungen: „competitors, consumers and the general public“ (englisch); „les concurrents, les consommateurs et le public en général“ (französisch); „concorrenti, i consumatori e il pubblico in senso lato“ (italienisch); „concurrenten, consumenten en het publiek in het algemeen“ (niederländisch). 479 Siehe insofern auch Erwägungsgrund 21 Satz 3 Rom II-VO: „Durch eine Anknüpfung an das Recht des Staates, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder beeinträchtigt zu werden drohen, können diese Ziele im Allgemeinen erreicht werden.“
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stimmbar, wenn etwa ausschließlich das individuelle Interesse nur eines Verbrauchers beeinträchtigt würde. Für die Notwendigkeit des Marktbezugs spricht auch der Ausschluss der Möglichkeit einer Rechtswahl im Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO durch Art. 6 Abs. 4 Rom II-VO.480 Hierdurch wird den Parteien des Rechtsstreits nämlich die Disposition über das anwendbare Recht entzogen. Das rechtfertigt sich nur, wenn man annimmt, dass das Wettbewerbsdelikt immer auch Dritte betrifft.481 Das wäre bei der Annahme eines notwendigen Wettbewerbsbezugs der Fall, weil das unlautere Wettbewerbsverhalten dann immer auch die anderen Marktteilnehmer betreffen würde. Insofern erscheint der Ausschluss der Rechtswahl auch ohne Weiteres überzeugend: Der einzelne Anspruchsteller kann nicht über das Recht disponieren, das auf einem bestimmten Markt für alle Marktteilnehmer gilt.482 Demgemäß setzt ein unlauteres Wettbewerbsverhalten nach ganz herrschender Meinung einen Marktbezug voraus, d. h. es muss sich jedenfalls mittelbar auf die Wettbewerbsverhältnisse auswirken.483 In diesem Sinne ist das Wettbewerbsstatut auf alle Rechtsnormen anwendbar, die primär die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs im kollektiven Interesse aller Marktteilnehmer schützen und allenfalls als Rechtsreflex die subjektiven Rechte des Einzelnen schützen (sog. Marktordnungsrecht).484 Demgegenüber regelt das Recht der vertraglichen und vorvertraglichen Schuldverhältnisse die individuellen Rechtsbeziehungen zwischen den Marktteilnehmern.485 Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 14; Spickhoff, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2013, Art. 6 Rom II-VO Rn. 8; zur teleologischen Reduktion für die Fälle des Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO siehe Leible/Lehmann, RIW 2007, 721 (730 f.); Rühl, in: FS Kropholler, 2008, S. 187 (202); Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 19; Wagner, IPRax 2008, 1 (8); gegen eine Rechtswahl auf Grund des Wortlauts jedoch von Hein, RabelsZ 73 (2009), 461 (500). 481 Vgl. Rühl, in: FS Kropholler, 2008, S. 187 (202). 482 Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntLautR Rn. 238; siehe auch Rühl, in: FS Kropholler, 2008, S. 187 (202). 483 Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntLautR Rn. 110; Lindacher, GRUR Int 2008, 453 (453); Sack, WRP 2008, 845 (854 in Fn. 92); vgl. auch Baetzgen, Internationales Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht im EG-Binnenmarkt, 2007, S. 92; Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 17. 484 Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntLautR Rn. 112; Mankowski, in: MünchKomm, Lauterkeitsrecht, 2. Aufl. 2014, IntWettbR Rn. 11. 485 Vgl. Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, BGB, Stand 15.02.2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 66, die indes – ob des Vorrangs der vertraglichen (Rom I-VO) und vorvertraglichen Anknüpfung (Art. 12 Rom II-VO, dazu oben D. I. 4) zu Unrecht – davon ausgehen, es bedürfe insofern einer Abgrenzung des Anwendungsbereichs von Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO zum Vertragsstatut. 480
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
Gegen die Notwendigkeit des Marktbezugs spricht auch nicht Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO. Danach ist die allgemeine deliktische Anknüpfungsregel des Art. 4 Rom II-VO anwendbar, wenn ein unlauteres Wettbewerbsverhalten ausschließlich die Interessen eines bestimmten Wettbewerbers beeinträchtigt. Nimmt man lediglich den Wortlaut in den Blick, wäre Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO tatsächlich nicht mit der Annahme vereinbar, unlauteres Wettbewerbsverhalten müsse stets marktbezogen sein. Denn ein marktbezogenes Wettbewerbsverhalten wirkt sich stets auf den Markt insgesamt und somit auch auf die übrigen Marktteilnehmer aus, auch wenn es sich lediglich gegen einen bestimmten Konkurrenten richtet.486 Ein unlauteres Wettbewerbsverhalten, das ausschließlich die Interessen eines bestimmten Wettbewerbers beeinträchtigt, könnte es daher an sich nicht geben. Wollte man für ein Wettbewerbsverhalten im Sinne von Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Rom II-VO einen Marktbezug verlangen, hätte Art. 6 Abs. 2 Rom IIVO mithin eigentlich keinen Anwendungsbereich. Gleichwohl ist von der Notwendigkeit des Marktbezugs nicht abzurücken. Der Wortlaut von Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO ist insofern lediglich unglücklich gewählt. Der Anwendungsbereich der Vorschrift liegt vielmehr dort, wo anerkannte Rechtspositionen eines Konkurrenten – wie beispielsweise bei Sabotageakten – abseits des Marktes isoliert verletzt werden, wodurch der Wettbewerb lediglich mittelbar und nicht publikumswirksam beeinträchtigt wird.487 In dieser Konstellation besteht in der Tat keine Veranlassung, von der allgemeinen deliktischen Anknüpfung an das Recht des Schadensortes abzuweichen und stattdessen an das Recht des Staates anzuknüpfen, in dem letztlich der Wettbewerb möglicherweise beeinträchtigt worden sein könnte.488 Dieses Festhalten an der Anknüpfung für das Zwei-Personen-Verhältnis rechtfertigt sich vor allem deshalb, weil es in diesen Fällen an der unmittelbaren Einwirkung auf die geschäftlichen Entscheidungen der Abnehmer fehlt und der Angriff auf den Konkurrenten weder auf dem Markt noch über den Markt erfolgt.489 Gerade wegen der Art. 6 Abs. 2 Rom II-VO zu Grunde liegenden Wertungen muss es dann aber erst recht bei der Anknüpfung nach Art. 4 Rom II-VO bleiben, wenn ein schädigendes Verhalten lediglich das Individualinteresse eines
Urteil v. 11.02.2010 – I ZR 85/08, NJW 2010, 3780 (3782); Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 17. 487 Mankowski, in: MünchKomm, Lauterkeitsrecht, 2. Aufl. 2014, IntWettbR Rn. 243. 488 Ausführlich Mankowski, in: MünchKomm, Lauterkeitsrecht, 2. Aufl. 2014, IntWettbR Rn. 243; vgl. auch Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 17; Lindacher, GRUR Int 2008, 453 (457). 489 BGH NJW 2010, 3780 (3782); siehe auch Mankowski, in: MünchKomm, Lauterkeitsrecht, 2. Aufl. 2014, IntWettbR Rn. 243. 486 BGH,
I. Anwendbares Haftungsrecht bei Täuschung des Geschäftsgegners
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einzelnen Verbrauchers beeinträchtigt, ohne überhaupt einen mittelbaren oder unmittelbaren Marktbezug aufzuweisen. (3) Anlehnung an die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken Mit der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie)490 hat der europäische Gesetzgeber für das Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis (B2C) das materielle Lauterkeitsrecht auf europäischer Ebene geregelt. Daher kann für die weitere Ausformung des Begriffs des unlauteren Wettbewerbsverhaltens im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO auf die Begriffsbildung in der UGP-Richtlinie zurückgegriffen werden.491 Dies gilt zuvorderst für die Definition von „Geschäftspraktiken“ in Art. 2 lit. d) UGP-Richtlinie. Diese umfasst alle Handlungen, Unterlassungen, Verhaltensweisen oder Erklärungen, kommerzielle Mitteilungen einschließlich Werbung und Marketing eines Gewerbetreibenden, die unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts an Verbraucher zusammenhängen. Allerdings lässt sich die Beschränkung auf Beziehungen zwischen Unternehmer und Verbraucher nicht auf die Rom II-Verordnung übertragen: Da der Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO hierfür keine Anhaltspunkte hergibt, erfasst er unter anderem auch den Wettbewerb um Unternehmenskunden.492 Festzuhalten bleibt damit zum einen, dass der Begriff des unlauteren Wettbewerbsverhaltens im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO weit zu verstehen ist.493 490
Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken). 491 Dafür insbesondere De Miguel Asensio, in: Leible/Ohly, Intellectual Property and Private International Law, 2009, S. 137 (165); Mankowski, in: MünchKomm, Lauterkeitsrecht, 2. Aufl. 2014, IntWettbR Rn. 13 ff.; siehe auch Dickinson, Rome II-Regulation, 1. Aufl. 2008, Art. 6 Rn. 6.22 f., 6.35; Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntLautR Rn. 111; Handig, GRUR Int 2008, 24 (26); Plender/Wilderspin, The European Private International Law of Obligations, 4. Aufl. 2015, Art. 6 Rom II-VO Rn. 20-025 ff. 492 Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntLautR Rn. 111; Mankowski, in: MünchKomm, Lauterkeitsrecht, 2. Aufl. 2014, IntWettbR Rn. 13, 13a; siehe auch Dickinson, Rome II-Regulation, 1. Aufl. 2008, Art. 6 Rn. 6.23; De Miguel Asensio, in: Leible/Ohly, Intellectual Property and Private International Law, 2009, S. 137 (165). 493 Ganz h.M., siehe etwa De Miguel Asensio, in: Leible/Ohly, Intellectual Property and Private International Law, 2009, S. 137 (159); von einem „umfassenden Verständnis“ spricht Handig, GRUR Int 2008, 24 (26); Schünemann, Die Firma im internationalen Rechtsverkehr, 2016, S. 212; Unberath/Cziupka/Pabst, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 6
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
Zum anderen erfüllen die in der UGP-Richtlinie explizit aufgeführten unlauteren Geschäftspraktiken jedenfalls auch den Begriff des unlauteren Wettbewerbsverhaltens im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO.494 Das heißt jedoch nicht, dass sich die Qualifikation als unlauteres Wettbewerbsverhalten im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO auf einen flüchtigen Blick in die UGP-Richtlinie reduziert. Der Begriff einer unlauteren Geschäftspraktik nach der UGP-Richtlinie verlangt nämlich einen vergleichbaren Marktbezug, denn auch die Richtlinie hat nicht die subjektive Rechtsstellung des Einzelnen im Blick, sondern die „Lauterkeit des Geschäftsverkehrs“ innerhalb des europäischen Binnenmarktes.495 (4) Spürbare Beeinträchtigung Die Verordnungsvorschläge von 2003 und 2006 sahen noch die Anwendung des Rechts desjenigen Staates vor, „in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher unmittelbar und wesentlich beeinträchtigt worden sind oder beeinträchtigt werden könnten.“496 In der Literatur wird unterschiedlich beurteilt, ob auch im geltenden Recht eine gewisse Spürbarkeit des unlauteren Wettbewerbsverhaltens Voraussetzung für die Anwendung von Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO ist. Während eine Ansicht davon ausgeht, dass die Abkehr von der Formulierung der „unmittelbaren und wesentlichen Beeinträchtigung“ eine klare Entscheidung des Gesetzgebers gegen dieses Erfordernis widerspiegele,497 hält die Gegenmeinung einen gewissen Schwellenwert der Intensität der Wettbewerbsbeeinträchtigung auch unter Art. 6 Rom II-VO für unabkömmlich.498 Rom II-VO Rn. 21; ebenso Hellner, YPIL 9 (2007), 49 (68) „relatively wide meaning is intended“; Wadlow, JIPLP 4 (2009), 789 (790) „was intended to be very widely understood“. 494 Drexl, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntLautR Rn. 111. 495 Siehe nur Erwägungsgrund 2 UGP-Richtlinie. 496 KOM(2003) 427 endg. 38 (Art. 5 des Entwurfs). Ebenso Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), KOM(2006) 83 endg. 16 (Art. 7 des Entwurfs). Hervorhebung durch die Verfasserin. 497 Sack, WRP 2008, 845 (854); Koos, EuLF 2006, II-73 (II-76); Hellner, YPIL 9 (2007), 49 (61 f.); Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 13; Unberath/Cziupka/Pabst, in: Rauscher, EuZPR/EuIPR, 4. Aufl. 2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 38; Wurmnest, in: juris-PK, BGB, 7. Aufl. 2014, Art. 6 Rom II-VO Rn. 22; so de lege lata auch Handig, GRUR Int 2008, 24 (28), der aber bemerkt, dass die Rechtsprechung ein solches Kriterium auf Grund der Vermeidung der Kumulation verschiedener anwendbarer Rechte einführen könnte. 498 Hausmann/Obergfell, in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl. 2016, Internationales Wettbewerbsprivatrecht Rn. 162 f.; ausführlich Leible/Lehmann, RIW 2007, 721 (729);
I. Anwendbares Haftungsrecht bei Täuschung des Geschäftsgegners
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cc) Keine Qualifikation der Vertreterhaftung als unlauteres Wettbewerbsverhalten Auf die Frage, ob die Anwendung von Art. 6 Rom I-VO eine spürbare Beeinträchtigung der Wettbewerbsbeziehungen oder kollektiven Verbraucherinteressen erfordert, kommt es mangels Marktbezogenheit der Vertreterhaftung allerdings letztlich nicht an. (1) Firmenrechtliche Irreführung als grundsätzlich unlauteres Wettbewerbsverhalten Zwar mögen Verstöße gegen das firmenrechtliche Irreführungsverbot im Sinne eines Auftretens am Markt unter falscher Firma ein unlautereres Wettbewerbsverhalten begründen, sodass etwa der Unterlassungsanspruch wegen des Verstoßes gegen firmenrechtliche Regelungen wettbewerbsrechtlich zu qualifizieren sein dürfte.499 Denn die Firma ist dazu geeignet, die Entscheidungen von Marktteilnehmern zu beeinflussen,500 und das Firmenrecht dient eben nicht nur dem Schutz einzelner Marktteilnehmern, sondern auch der Marktordnung als solcher.501 In diesem Sinne erfasst auch Art. 6 Abs. 1 lit. f ) UGP-Richtlinie die Täuschung über „die Eigenschaften oder die Rechte des Gewerbetreibenden […], wie Identität und Vermögen, seine Befähigungen, seinen Status, seine Zulassung“, als unlautere Geschäftspraktik. (2) Fehlender Marktbezug der Vertreterhaftung Die Vertreterhaftung wegen Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes bzw. Weglassens des gebotenen Rechtsformzusatzes setzt indes keineswegs voraus, dass die jeweilige Kapitalgesellschaft werbend unter falscher Firma aufgetreten ist. Die konkrete Vertragsschlusssituation, bei welcher der Vertreter – möglicherweise auch nur fahrlässig – über die Rechtsform täuscht, kann vielmehr ihren Ursprung durchaus auch im ordnungsgemäßen Geschäftsgang haben. Abgesehen davon mag es zwar sein, dass die Gesellschaft durch eine Täuschung über ihre Rechtsform häufig eine Besserstellung ihrer eigenen Position Fezer/Koos, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung. 2015, Internationales Wettbewerbsprivatrecht Rn. 523; ebenso vor Inkrafttreten der Rom II-VO Koos, IPRax 2007, 414 (415). 499 So Rödter, Das Gesellschaftskollissionsrecht im Spannungsverhältnis zur Rom I- und II-VO, 2014, S. 175 ff., 213 ff.; Schünemann, Die Firma im internationalen Rechtsverkehr, 2016, S. 225 f. 500 Schünemann, Die Firma im internationalen Rechtsverkehr, 2016, S. 215; vgl. auch Lamsa, Die Firma der Auslandsgesellschaft, 2011, S. 397. 501 Schünemann, Die Firma im internationalen Rechtsverkehr, 2016, S. 215.
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
am Markt erstrebt.502 Für die Vertreterhaftung ist dies jedoch keine Voraussetzung. Die Haftung setzt noch nicht einmal voraus, dass das Vertreterhandeln überhaupt als eine Geschäftspraktik der Gesellschaft zugerechnet werden kann. Für die Zwecke der Qualifikation kann mithin die – keineswegs atypische – Fallkonstellation nicht ausgeblendet werden, dass die Täuschung keinen über die Person des konkreten Geschäftsgegners hinausgehenden Personenkreis erreicht. Dann kann aber von einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsbe ziehungen oder der kollektiven Verbraucherinteressen und somit im Ergebnis auch von einem marktbezogenen Verhalten nicht die Rede sein. Folglich begründet die Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes durch einen Vertreter einer Kapitalgesellschaft im Zuge des Vertragsschlusses kein Wettbewerbsverhalten im Sinne von Art. 6 Rom II-VO.503 Die Vertreterhaftung stellt auch unter teleologischen Gesichtspunkten kein Wettbewerbsrecht im Sinne eines Marktordnungsrechts dar. Sie findet ihre normative Grundlage nämlich in den Wertungen der für Kapitalgesellschaften geltenden Rechtsformgebote und diese schützen wiederum nicht vorrangig die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs im kollektiven Interesse aller Marktteilnehmer. Sie dienen vielmehr dem Schutz des einzelnen potentiellen Vertragspartners vor der unfreiwilligen Übernahme des Insolvenzrisikos einer „haftungsbeschränkten“ Rechtsform.504 Dementsprechend dient auch die Vertreterhaftung wegen Täuschung über die Rechtsform allen voran der Kompensation des enttäuschten Vertrauens. dd) Fazit (1) Keine Anknüpfung gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO Im Ergebnis kann die Vertreterhaftung wegen unrichtiger Verwendung des Rechtsformzusatzes nicht als unlauteres Wettbewerbsverhalten im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO qualifiziert werden. Denn ein Verstoß gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes im Zuge eines konkreten Vertragsschlusses beeinträchtigt lediglich das Individualinteresse des Geschäftsgegners und 502 Rödter, Das Gesellschaftskollissionsrecht im Spannungsverhältnis zur Rom I- und IIVO, 2014, S. 188; Schünemann, Die Firma im internationalen Rechtsverkehr, 2016, S. 215. 503 Anders aber wohl noch Brand, JR 2004, 89 (95), der davon ausgeht, dass das kollisionsrechtliche Lauterkeitsrecht der Firmenbildung und -benutzung Grenzen setzen wird. Für das deutsche Sachrecht ebenfalls abweichend und ein unlauteres Wettbewerbsverhalten im Sinne des UWG bejahend: Rödter, Das Gesellschaftskollissionsrecht im Spannungsverhältnis zur Rom I- und II-VO, 2014, S. 187 ff.; Hirsch/Britain, NZG 2003, 1100 (1104); Römermann, NJW 2010, 905 (907). 504 Ausführlich oben B. VIII.
I. Anwendbares Haftungsrecht bei Täuschung des Geschäftsgegners
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nicht die Wettbewerbsbeziehungen oder kollektiven Interessen der Verbraucher. Auch teleologisch zielt die Haftung des Vertreters gegenüber dem Geschäftsgegner nicht auf einen Schutz der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs im Kollektivinteresse, sondern der Kompensation für enttäuschtes Vertrauen. (2) Bestätigung der Anknüpfung als Verschulden bei Vertragsverhandlungen gemäß Art. 12 Rom II-VO Gleichwohl ist nicht zu verhehlen, dass jede Täuschung bei Vertragsverhandlungen im weitesten Sinne „unlauter“ und typischerweise geeignet ist, dem Täuschenden einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Das macht die Qualifikation der Vertreterhaftung auf den ersten Blick so schwierig. Indes zeigt sich gerade hieran, dass mit der deliktsrechtlichen Qualifikation der falsche Weg beschritten wäre: Was die unrichtige Verwendung des Rechtsformzusatzes in den hier interessierenden Konstellationen von der Anknüpfung unrichtiger Firmierung im Allgemeinen unterscheidet, ist der Bezug zu einem konkreten Vertragsschluss. Für solche Verhältnisse sind aber nun einmal die Rom I-Verordnung und die Anknüpfung wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen nach der Rom II-Verordnung vorrangig. Deshalb wird auch sonst im Schrifttum die Anknüpfung und Abgrenzung „vertragsnahen“ unlauteren Wettbewerbsverhaltens nicht weiter diskutiert.505 (3) Hypothetische Anknüpfung: Anwendung inländischen Rechts Schließlich würde aber auch die Anknüpfung nach Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO im Ergebnis nicht zu einer abweichenden Bestimmung des anwendbaren Rechts führen. Selbst wenn man den Anwendungsbereich von Art. 6 Rom II-VO als eröffnet ansehen würde, wäre nämlich das Recht des Staates anwendbar, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden, mithin das Recht des Ortes, um dessen Marktanteile gekämpft wird.506 Damit wäre wiederum auf das Recht des Ortes abzustellen, an dem durch die Täuschung über die Rechtsform auf den Markt eingewirkt wird. Bei Weglassen des gebotenen Rechtsformzusatzes bzw. bei Verwendung eines inländischen Rechtsformzusatzes im inländischen Rechtsverkehr wäre damit inländisches Recht anwendbar. 505 Klarstellend aber Poelzig/Windorfer, in: BeckOGK, BGB, Stand 15.02.2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 66: „Das Vertragsrecht regelt die individuellen Rechtsbeziehungen zwischen den Marktteilnehmern.“ 506 Siehe nur Thorn, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, Art. 6 Rom II-VO Rn. 9.
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
Auch die Anknüpfung nach Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO führte somit zur Anwendung deutschen Rechts, wenn bei der Vertretung ausländischer Gesellschaften in Deutschland über deren Rechtsform getäuscht wird.
7. Fazit Die Vertreterhaftung bei Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes bzw. bei Verschweigen der Rechtsform ist als außervertragliches Schuldverhältnis aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO zu qualifizieren. Da sich lediglich zwischen dem Geschäftsgegner und der vertretenen Gesellschaft ein Vertrag anbahnte, nicht aber ein Vertrag mit dem Vertreter selbst, bestimmt sich das anwendbare Recht nach Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO. Danach ist grundsätzlich das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eingetreten ist (Art. 12 Abs. 2 lit. a) Rom II-VO). Das führt bei der Täuschung über die Rechtsform im deutschen Rechtsverkehr in aller Regel zur Anwendung deutschen Rechts. Denn ein durch einen Forderungsausfall bedingter reiner Vermögensschaden entsteht stets in der Person des Geschädigten, mithin an dessen Wohn- bzw. Geschäftssitz. Allerdings führte auch die Anknüpfung nach dem – unter den Rom-Verordnungen richtigerweise nicht mehr anwendbaren – Rechtsscheinsstatut, dem gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom I-VO von der Rom I-Verordnung ausgeschlossenen Vollmachtsstatut, dem allgemeinen Deliktsstatut gemäß Art. 4 Rom II-VO sowie dem Statut für unlauteres Wettbewerbsverhalten gemäß Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO in dieser Konstellation zur Anwendung deutschen Rechts.507 Lediglich bei einer Anknüpfung nach dem Gesellschaftsstatut wäre das Recht derjenigen Rechtsordnung anwendbar, die auch das Gesellschaftsrecht der Auslandsgesellschaft bestimmt. Allerdings kann die Vertreterhaftung nicht gesellschaftsrechtlich qualifiziert werden, da sie weder ein Rechtsverhältnis zu der Gesellschaft begründet noch die Organstellung des Vertreters, geschweige denn die Verletzung spezifischer Organpflichten, voraussetzt.
die Anwendung des Ortsrechts spricht sich auch Paulus, Außervertragliche Gesellschafter- und Organwalterhaftung im Lichte des Unionskollisionsrechts, 2013, S. 180, Rn. 325 aus. 507 Für
II. Anwendbarkeit der im materiellen Recht entwickelten Anforderungen
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II. Anwendbarkeit der im materiellen Recht entwickelten Anforderungen an die Offenlegung durch Auslandsgesellschaften Nachdem das anwendbare Sachrecht bestimmt ist, bestehen keine Zweifel mehr, dass deutsches Recht für die Vertreterhaftung bei Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes zur Anwendung gelangt. Soweit danach auf das ausländische Rechtsformgebot im Wege der Substitution zurückgegriffen wird,508 ist dies international-privatrechtlich freilich unbedenklich. Soweit das deutsche Recht indes die Angabe von Satzungssitz und Registergericht auf Geschäftsbriefen verlangt, um dem Geschäftsgegner die Vertretung einer ausländischen Kapitalgesellschaft vor Augen zu führen,509 ist dies jedoch nicht mehr der Fall. Hier geht es namentlich um die Frage, ob Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO die Anwendung deutschen Rechts auch dann noch legitimiert, wenn dieses für die Offenlegung der Rechtsform weitergehende Anforderungen als das Heimatrecht der Gesellschaft verlangt. Die Pflicht zur Führung des Rechtsformzusatzes unterliegt – im Gegensatz zur Vertreterhaftung bei Täuschung über die Rechtsform510 – dem Gesellschaftsstatut.511 Denn das Firmenrecht, dem eine Ordnungsfunktion zukommt, unterliegt dem Recht des Herkunftslandes der Gesellschaft.512 Hiervon wird auch der Rechtsformzusatz als Teil der Firma umfasst.513 Somit bemisst sich 508
Dazu oben C. II. 4. b) aa). Vgl. dazu oben C. II. 4. d) aa), insb. Fn. 321, 322. 510 Siehe hierzu oben D. I. 4. c). 511 Siehe nur Altmeppen/Ego, in: MünchKomm, AktG, 3. Aufl. 2012, Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 536; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl. 2016, § 19 Rn. 42; Rehberg, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 1. Aufl. 2004, § 5 Rn. 54; Spahlinger/Wegen, in: Spahlinger/Wegen, IntGesR, 1. Aufl. 2005, C Rn. 345; a. A. Bollacher, RIW 2008, 200 (204), der zumindest für Pflichtangaben auf Geschäftsbriefen eine Anknüpfung an das Recht des Wirkungsortes vorschlägt. 512 Vgl. BayObLGZ NJW 1986, 3029; OLG München, ZIP 2007, 1949 (1950); OLG Frankfurt, FGPrax 2008, 165 (166); Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159 (183); Leible/Hoffmann, EuZW 2003, 677 (680); Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl. 2016, § 19 Rn. 42; Müller, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 30; Rehberg, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 1. Aufl. 2004, § 5 Rn. 28; Spahlinger/Wegen, in: Spahlinger/Wegen, IntGesR, 1. Aufl. 2005, C Rn. 554; a. A. Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 236; Leonhard, WuB II C. § 4 GmbHG 1.07 (2007). Ebenso Rödter, Das Gesellschaftskollissionsrecht im Spannungsverhältnis zur Rom I- und II-VO, 2014, S. 172, der jedoch für das firmenrechtliche Irreführungsverbot nach § 18 Abs. 2 HGB eine Ausnahme macht und dieses dem Lauterkeitsstatut nach Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 Rom II-VO unterstellen will. 513 Vgl. Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 4 Rn. 15; Michalski, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 4 Rn. 37; Rieder, in: MünchKomm, GmbHG, 1. Aufl. 509
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D. Kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
auch nach diesem Sachrecht, welche speziellen Anforderungen an die Offenlegung der Rechtsform sich aus dem Rechtsformgebot ergeben. Sofern nach dem Recht des Herkunftslandes eine Abkürzung der Rechtsform ausreichend ist, muss diese folglich als ausreichend anerkannt werden. Durch den ausländischen Rechtsformzusatz sind mögliche Vertragspartner im Grundsatz auch hinreichend geschützt.514 Eine Übersetzungspflicht515 oder eine weitergehende Informationspflicht hinsichtlich der Nationalität der Gesellschaft516 lässt sich dagegen über den Anwendungsbefehl für nationales Recht nicht legitimeren. Zwar könnte man formal argumentieren, solche Weiterungen wären kein Bestandteil der Firma mehr, sondern ihre Offenlegung eine gleichsam allgemeine vorvertragliche Pflicht. Indes sind derlei Erläuterungspflichten offensichtlich auf das Rechtsformgebot bezogen und lassen sich insofern nur als Ergänzungen verstehen. Damit ist aber wiederum die Grenze zum Gesellschaftsstatut überschritten. Die daraus resultierenden Friktionen zwischen materiell-rechtlichem Anspruch der Vertreterhaftung und kollisionsrechtlicher Zulässigkeit sind indes – wie bereits angedeutet517 – überschaubar. Denn europäische Kapitalgesellschaften sind auf Grund von Art. 5 Publizitätsrichtlinie518, respektive der daraufhin erlassenen Umsetzungsgesetze, verpflichtet, auf Briefen und Bestellscheinen sowie auf den von ihnen geführten Websites nicht nur die Rechtsform, sondern auch das Registergericht und den satzungsmäßigen Sitz der Gesellschaft anzu2010, § 5a Rn. 43; Drescher, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 4 Rn. 4; Solveen, in: Hölters, AktG, 2. Aufl. 2014, § 4 Rn. 3. 514 EuGH, 09.03.1999, Rs. C-212/97 – Centros, Slg. 1999, I-1459, Rn. 36; EuGH, 30.09.2003, Rs. C-167/01 – Inspire Art, Slg. 2003, I-10155, Rn. 135; Brand, JR 2004, 89 (92); Clausnitzer, DNotZ 2008, 484 (493); Paefgen, DB 2003, 487 (490); Schanze/Jüttner, AG 2003, 661 (663); Ulmer, JZ 1999, 662 (663); Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 237; Lutter/Bayer/Schmidt, EuropUR, 5. Aufl. 2012, § 6 Rn. 29; Spahlinger/Wegen, in: Spahlinger/Wegen, IntGesR, 1. Aufl. 2005, C Rn. 561. 515 Altmeppen, ZIP 2007, 889 (891); Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl. 2012, § 4 Rn. 55. 516 Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl. 2016, § 19 Rn. 42; G. H. Roth, in: Roth/ Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl. 2012, § 4 Rn. 55; für die englische Limited ausdrücklich in der Altauflage Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl. 2012, Anhang II zu § 4a Rn. 21; a. A. Roth, IPRax 2003, 117 (125); Weller, Europäische Rechtsformwahlfreiheit und Gesellschafterhaftung, 2004, S. 103 f. 517 Siehe oben C. II. 4. d) bb). 518 Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. EU v. 01.10.2009, L258/11.
II. Anwendbarkeit der im materiellen Recht entwickelten Anforderungen
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geben. Dieselben Anforderungen gelten gemäß Art. 10 Zweigniederlassungsrichtlinie für Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus Drittstaaten. Jedenfalls insoweit ist es folglich unbedenklich, die Vertreterhaftung an das Unterlassen der entsprechenden Offenlegung anzuknüpfen. Bei Gesellschaften aus Drittstaaten ohne Zweigniederlassung in der Europäischen Union ist dagegen im Einzelfall zu untersuchen, ob die Offenlegungspflichten aus § 80 Abs. 1 AktG, § 35a Abs. 1 GmbHG substituiert werden können.
E. Vereinbarkeit mit der Niederlassungsfreiheit bei der Anwendung der Vertreterhaftung auf europäische Auslandsgesellschaften Von der kollisionsrechtlichen Anwendbarkeit ist jedoch die Frage zu trennen, ob die Anwendung der Vertreterhaftung auf die Vertreter europäischer Auslandsgesellschaften auch mit der in Art. 49 und 54 AEUV verbürgten Niederlassungsfreiheit in Einklang steht.
I. Grundsätzliche Erwägungen Teile der Literatur meinen, dass auch aus einer Anwendung nicht-gesellschaftsrechtlicher Normen ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit folgen könne.519 Würde man dem zustimmen, hätte dies zur Folge, dass Auslandsgesellschaften selbst dann durch die Anwendung eines bestimmten nationalen Rechts in ihrer Niederlassungsfreiheit verletzt sein können, wenn dieses Recht durch die Normen des europäischen Kollisionsrechts zur Anwendung gelangt ist.
1. Bedenken gegen eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit auf gesellschaftsrechtliche Regelungen im Schrifttum Vertreter dieser Auffassung begründen eine über den Umfang des Gesellschaftsstatuts hinausgehenden Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit damit, dass teilweise Haftungsansprüche nach nationalem Recht nicht als gesellschaftsrechtlich, sondern beispielsweise deliktsrechtlich qualifiziert würden und dennoch immense Konsequenzen für die betroffenen Gesellschaften haben Brand, JR 2004, 89 (89); Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159 (166); Schanze, NZG 2007, 533 (536); Kuntz, NZI 2005, 424 (427); Zimmer, NJW 2003, 3585 (3591 f.); Behrens/ Hoffmann, in: Ulmer/Habersack/Löbbe, GmbHG, 2. Aufl. 2013, Einl. B Rn. B 73; Eidenmüller, in: Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 1. Aufl. 2004, § 3 Rn. 8 f., § 4 Rn. 31; vgl. auch Bitter, WM 2004, 2190 (2191 f.); kritisch auch Schmidt, ZHR 168 (2004), 493 (499). 519
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E. Vereinbarkeit mit der Niederlassungsfreiheit
könnten.520 Die nationale Etikettierung sei insofern jedoch irrelevant; maßgeblich sei ausschließlich, ob sich die entsprechende Regelung rechtlich oder tatsächlich, direkt oder indirekt auf die Niederlassungsfreiheit auswirke.521 Die Vertreter dieser Auffassung befürchten, dass die international-privatrechtliche Qualifikation missbräuchlich verwendet werden könne, indem das Gesellschaftsstatut „gezielt vereng[t]“522 oder eine „formale Flucht in Inspire Art-freie Zonen“ mit den Instrumenten der „begriffsjuristischen Methode“ angestrebt werde523.
2. Gründe gegen einen Vorbehalt der Niederlassungsfreiheit bei Anwendung nationalen Rechts gemäß dem europäischen Kollisionsrecht Diese Stimmen verkennen jedoch, wie die international-privatrechtliche Qualifikation vonstatten geht.524 Sie orientiert sich nicht an der Etikettierung nationaler Regelungen, sondern verläuft autonom525 und funktional526.527 Die international-privatrechtliche Methodik lässt insoweit keinen Raum für Missbräuche.528 Denn für die Bestimmung des anwendbaren Rechts ist es irrelevant, wo die nationalen Gesetzgeber der entsprechenden Sachnorm im Gefüge der jeweiligen nationalen Regelungen ihren Platz zuweisen.529 Maßgeblich ist allein, welchen Normzweck die jeweiligen Sachnormen haben und inwiefern sie damit unter die kollisionsrechtlich autonom definierten Anknüpfungsgegenstände passen.530
Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159 (166). Eidenmüller/Rehm, ZGR 2004, 159 (166). 522 Hoffmann, in: NK-BGB, 3. Aufl. 2016, Anhang zu Art. 12 EGBGB Rn. 115. 523 Schmidt, ZHR 168 (2004), 493 (499). 524 Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 436. 525 Mistelis, Charakterisierungen und Qualifikation, 1999, S. 182, 188; Lorenz, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2015, EGBGB: Einleitung zum Internationalen Privatrecht Rn. 58; Paulus, Außervertragliche Gesellschafter- und Organwalterhaftung im Lichte des Unionskollisionsrechts, 2013, S. 178, Rn. 322. 526 Kropholler, IPR, 6. Aufl. 2006, S. 126 ff.; Lorenz, in: Bamberger/Roth, BeckOK, BGB, 40. Ed. 2015, EGBGB: Einleitung zum Internationalen Privatrecht Rn. 58; Mistelis, Charakterisierungen und Qualifikation, 1999, S. 182, 188; Paulus, Außervertragliche Gesellschafter- und Organwalterhaftung im Lichte des Unionskollisionsrechts, 2013, S. 178, Rn. 322; von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 118; Weller/Hübner, NJW 2016, 223 (225). 527 Dazu bereits oben D. I. 1. 528 Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 436. 529 Vgl. Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 436; anders aber wohl Bitter, WM 2004, 2190 (2192). 530 Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 436. 520 521
II. Das EuGH-Urteil vom 10.12.2015 – C-594/14
153
Zudem würde das System der kollisionsrechtlichen Bestimmung des anwendbaren Rechts nicht unerheblich konterkariert, wenn das anwendbare Recht im Anschluss an die Qualifikation bei der Anwendung auf Auslandsgesellschaften stets anhand der Niederlassungsfreiheit überprüft werden müsste. Es kann auch nicht im Sinne des Europäischen Gesetzgebers sein, das Ergebnis des im Einklang mit dem europäischen Primärrecht erlassenen europäischen Kollisionsrechts unter den Generalvorbehalt der Niederlassungsfreiheit zu stellen und insofern eine zweite Ebene der Bestimmung des anwendbaren Rechts für europäische Auslandsgesellschaften zu verlangen. Vielmehr zeigt der EU-Gesetzgeber gerade durch den Verweis auf innerstaatliches Recht der Mitgliedstaaten als Resultat der sekundärrechtlichen Kollisionsnormen, dass Rechtsunterschiede auf Ebene des nationalen Rechts im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit grundsätzlich unbedenklich sind.531 Auf der anderen Seite würde es ganz erhebliche Probleme nach sich ziehen, wenn das nach den Rom-Verordnungen anwendbare Recht wegen Art. 49, 54 AEUV nicht zur Anwendung gelangte. Denn die stumpfe Anwendung des Heimatrechts der Gesellschaft konterkarierte offensichtlich die Wertungen des europäischen Kollisionsrechts. Auch die Annahme, für den Sachverhalt fehle es nunmehr gänzlich an einer Regelung, wäre ebenso offensichtlich nicht sachgemäß. Ob insofern über die Rom-Verordnungen ein gleichsam subsidiär anwendbares Recht bestimmt werden könnte bzw. müsste, ist völlig ungeklärt.532 Insofern verwundert es auch nicht, dass der BGH es ursprünglich als selbstverständlich angenommen hat, dass der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit nicht weiter reicht als das Gesellschaftsstatut.533
II. Das EuGH-Urteil vom 10.12.2015 – C-594/14 Ganz im Sinne der vorstehenden Erwägungen hat jüngst der EuGH in seinem viel beachteten Urteil in der Rechtssache Kornhaas/Dithmar als Insolvenzverwalter judiziert.534 Dort ging es um die Anwendung der in § 64 Abs. 2 Satz 1 Kindler, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rn. 390. Zur unklaren Rechtslage bezüglich des insofern womöglich heranzuziehenden Instruments der Anpassung siehe nur von Hein, in: MünchKomm, BGB, 6. Aufl. 2015, Einleitung IPR Rn. 254 ff. 533 Vgl. BGH NJW 2007, 1529 (1530, Rn. 10). 534 EuGH, 10.12.2015, C-594/14 – Kornhaas/Dithmar, ECLI:EU: C: 2015:806, Leitsatz 2; dazu Böcker, DZWiR 2016, 174 (174 ff.); Kindler, EuZW 2016, 136 (136 ff.); Mankowski, NZG 2016, 281 (281 ff.); Römermann, GmbHR 2016, 24 (24 ff.); Schall, ZIP 2016, 289 (289 ff.); Scholz, ZEuP 2016, 959 (970 ff.); Schulz, EWiR 2016, 67 (67 f.); Swierczok, NZI 2016, 50 531
532
154
E. Vereinbarkeit mit der Niederlassungsfreiheit
GmbHG a. F. (§ 64 Satz 1 GmbHG n. F.) verankerten Geschäftsführerhaftung für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife auf den director einer private company limited by shares walisischen Rechts, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren in Deutschland eröffnet wurde. Diese Geschäftsführerhaftung qualifizierte der Gerichtshof – in Übereinstimmung mit dem Vorlagebeschluss des BGH und der herrschenden Auffassung im deutschen Schrifttum535 – als Insolvenzrecht im Sinne von Art. 4 Abs. 1 EuInsVO. In der Konsequenz stellte sich die Frage, ob die Anwendung einer speziell an die Organe einer Kapitalgesellschaft adressierten Haftungsnorm auf EU-Auslandsgesellschaften gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt.536 Um diese zu beantworten, rekurrierte der EuGH auf seine Rechtsprechung in den Rechtssachen Überseering537 sowie Inspire Art538 und führte sodann aus, dass eine Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit nur in Betracht komme, wenn sich ein Mitgliedstaat entweder weigere, die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft anzuerkennen, die nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats gegründet wurde und ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in das Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats verlegt hat, oder eine persönliche Haftung der Geschäftsführer für den Fall anordne, dass das Kapital dieser Gesellschaft nicht den im nationalen Recht vorgeschriebenen Mindestbetrag erreiche.539 Regelungen, welche nur nach der Gründung der Gesellschaft im Rahmen ihrer Tätigkeit Anwendung finden, könnten die Niederlassungsfreiheit folglich nicht beeinträchtigen.540
III. Konsequenzen für die hiesige Betrachtung Nach den Vorgaben der jüngsten EuGH-Rechtsprechung bleibt kein Zweifel, dass die Anwendung der vom BGH entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze zur Vertreterhaftung mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar ist. Denn die Vertreterhaftung negiert weder die Rechtsfähigkeit der Auslandsgesellschaft noch knüpft sie an ein Unterschreiten der nach deutschem Recht maßgeblichen Stammkapitalziffer an. Sie sanktioniert lediglich im Sinne einer (50 f.); von Wilcken, DB 2016, 225 (225 f.); Stiegler, GWR 2016, 39 (39); Wansleben, EWS 2016, 72 (72 ff.); Weller/Hübner, NJW 2016, 223 (223 ff.). 535 BGH NZI 2015, 85 (86, Rn. 8) m. w. N. zum gesamten Streitstand in Rn. 15 f. 536 BGH NZI 2015, 85 (Vorlagefrage 2). 537 EuGH, 05.11.2002, Rs. C-208/00 – Überseering, Slg. 2002, I-9919. 538 EuGH, 30.09.2003, Rs. C-167/01 – Inspire Art, Slg. 2003, I-10155. 539 EuGH, 10.12.2015, C-594/14 – Kornhaas/Dithmar, ECLI:EU:C:2015:806, Rn. 25. 540 EuGH, 10.12.2015, C-594/14 – Kornhaas/Dithmar, ECLI:EU:C:2015:806, Rn. 28.
IV. Ergebnis
155
gesellschaftsunspezifischen541 Tätigkeitsregelung die unterlassene Offenbarung der Rechtsform im Vorfeld des Vertragsschlusses, wobei sie – anders als § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG a. F. – nicht einmal zwingend an die Stellung als Gesellschaftsorgan geknüpft ist. Wollte man am Ende dennoch anzweifeln, dass für die Folgen gegen Verstöße des Gebots zur Führung des Rechtsformzusatzes nicht das Gesellschaftsstatut, sondern Art. 12 Rom II-VO das anwendbare Recht bestimmt, ist folglich zumindest die Überprüfung anhand der Niederlassungsfreiheit die falsche Stelle zur Korrektur. Ein anderes Ergebnis könnte lediglich auf Grund einer weitergehenden Auslegung des Gesellschaftsstatuts erreicht werden.
IV. Ergebnis Wenngleich die Anwendung nationalen Haftungsrechts im Kontext der grenz überschreitenden Tätigkeit von europäischen Auslandsgesellschaften fast schon reflexhaft Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der Niederlassungsfreiheit aufkommen lässt, wirft die Vertreterhaftung insoweit keine Probleme auf. Denn zum einen handelt es sich bei dieser um eine im Sinne der EuGH-Rechtsprechung unbedenkliche Tätigkeitsregelung. Zum anderen knüpft die Haftung noch nicht einmal an die Organstellung in der Gesellschaft an.
Ob in den von Kornhaas gesteckten Grenzen auch die Anwendung materiellen Gesellschaftsrechts auf Auslandsgesellschaften zulässig ist, wird höchst streitig diskutiert (dafür Schall, ZIP 2016, 289 (292); wohl auch Kindler, EuZW 2016, 136 (139)). Angesichts des dadurch entstehenden „Patchwork-Gesellschaftsrechts“ und den konkreten Umständen des Falles – es ging um die Anwendung deutschen Insolvenzrechts gemäß Art. 4 EuInsVO – spricht jedoch viel dafür, die Entscheidung nicht vorschnell als Abkehr von der in Centros, Überseering und Inspire Art entwickelten Rechtsprechung zu erblicken (dezidiert Scholz, ZEuP 2016, 959 (971 f.); so auch Wansleben, EWS 2016, 72 (77 f.)). 541
F. Gesamtfazit Ziel der vorliegenden Arbeit war es, aufzuarbeiten, wie das deutsche Zivilrecht auf Verschleierungen der Rechtsform durch ausländische Gesellschaften reagiert und ob diese Mechanismen nach Maßgabe des internationalen Privatrechts – insbesondere bei europäischen Auslandsgesellschaften – auch zur Anwendung gelangen. Dementsprechend hatte sie zur Aufgabe, (i) den Sinn und Zweck der kapitalgesellschaftsrechtlichen Rechtsformgebote zu bestimmen542 , (ii) die Folgen von Verstößen gegen jene Rechtsformgebote im Zuge eines Vertragsschlusses mit ausländischen Kapitalgesellschaften nach materiellem Recht herauszuarbeiten543, (iii) die kollisionsrechtliche Anwendbarkeit der materiellrechtlich entwickelten Haftungskonzeption zu erörtern544 und schließlich (iv) hinsichtlich europäischer Auslandsgesellschaften die Vereinbarkeit mit der unionsrechtlich verbürgten Niederlassungsfreiheit zu prüfen.545
Einheitliche Warnfunktion der kapitalgesellschaftsrechtlichen Rechtsformgebote Insofern konnte im ersten Teil gezeigt werden, dass der Normzweck der Rechtsformgebote bei Kapitalgesellschaften – einheitlich – über die Transparenz der Gesellschaftsverhältnisse hinausreicht: Angesichts der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung soll der Rechtsverkehr nicht nur informiert, sondern auch gewarnt werden, dass die verfügbare Haftungsmasse bereits durch die rechtliche Gestaltung der Unternehmung limitiert ist. Das heißt indes nicht, dass die unterschiedlichen Rechtsformzusätze der unterschiedlichen Kapitalgesellschaftsformen überflüssig wären und ein einziger „mbH“-Zusatz den gleichen Zweck erfüllte. Die verschiedenen Rechtsformzusätze repräsentieren nämlich zugleich Unterschiede in der Ausgestaltung der Organisationsverfassung der Gesellschaften, vor allem unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes. 542
Kapitel B. Kapitel C. 544 Kapitel D. 545 Kapitel E. 543
158
F. Gesamtfazit
Das Gebot, einen die Haftungsbeschränkung kennzeichnenden Rechtsform zusatz zu führen, stellt ein über die Grenzen Deutschlands wie Europas hinausgehendes, weltweit allgemein gültiges Prinzip dar. Dementsprechend ist die effektive – zivilrechtliche – Sanktionierung einer Täuschung über die Rechtsform nicht nur rechtsökonomisch angezeigt, sondern auch normativ indiziert.
Haftung des Vertreters der Kapitalgesellschaft analog § 179 BGB neben der Gesellschaft als zivilrechtliche Verstoßfolge Im zweiten Teil wurde sodann dargelegt, dass das deutsche Zivilrecht die Konsequenzen von Verstößen gegen das Rechtsformgebot nicht speziell regelt. Gleichwohl bestimmen sich die Rechtsfolgen einer Täuschung über die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft bei Vertragsschlüssen einheitlich – auch für ausländische Gesellschaften – in analoger Anwendung der Vorschrift über die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht (§ 179 BGB). Danach haftet der Vertreter der Kapitalgesellschaft neben dieser gesamtschuldnerisch auf das positive Interesse gegenüber dem Geschäftsgegner. Der BGH hatte dieses Haftungskonzept zwar bereits Anfang der 1970er Jahre für die Vertretung von Kapitalgesellschaften durch Zeichnen ohne Rechtsformzusatz entwickelt und es bis heute sowohl auf die Vertretung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) unter Verwendung des GmbH-Zusatzes als auch auf die Fälle der Vertretung einer Auslandsgesellschaft unter Weglassen des Rechtsformzusatzes erstreckt. Dabei blieb das dogmatische Fundament dieser Haftung allerdings stets nebulös. Es konnte gleichwohl gezeigt werden, dass diese Rechtsprechung in der Sache überzeugt und sich auch dogmatisch konsistent auf eine Analogie zu § 179 BGB gründen lässt. Der maßgebliche und bis heute oftmals übersehene Ausgangspunkt ist dabei allerdings die Frage, ob ein Vertrag mit einer Kapitalgesellschaft überhaupt zustande kommen kann, wenn sich Vertreter und Geschäftsgegner explizit auf eine genau bezeichnete natürliche Person oder eine andere ebenso genau bezeichnete Gesellschaft geeinigt haben. Nimmt man die Privatautonomie der Vertragsparteien ernst, lässt sich dies nicht behaupten. Dementsprechend würde nach allgemeinen Grundsätzen der Vertragsschluss scheitern. Dabei ergibt sich der Regelungsbedarf in dieser Situation aus dem Umstand, dass das Unternehmen tatsächlich existiert. Anders als in den klassischen Fällen der Vertretung einer nicht existierenden Person wird regelmäßig nicht bereits beim ersten Versuch der Durchführung des scheinbar geschlossenen Vertrages klar, dass keine wirksame Stellvertretung vorgelegen hat. Der
Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze
159
fehlende Vertragsschluss bewahrt daher nicht vor der Übernahme des Insolvenzrisikos der an sich nicht wirksam vertretenen Kapitalgesellschaft. Das letztlich ungewollt übernommene Insolvenzrisiko wird durch die Haftung auf den Vertreter verlagert, da dieser durch den gerade durch diese Haftung ermöglichten Vertragsschluss im Innenverhältnis zur Gesellschaft nach § 426 BGB Regress nehmen kann. Insofern führt die unbeschränkte Vertreterhaftung zu angemessenen Ergebnissen – und zwar auch in den Fällen der Verwendung eines einer anderen Rechtsform vorbehaltenen Rechtsformzusatzes. Denn das Gläubigerschutzniveau einer Gesellschaftsform, allen voran das Stammkapital, reflektiert letztlich die Seriosität der Unternehmung, mithin die Reputation der Rechtsform. Dementsprechend führte die nachträgliche Haftung eines Nicht-Gesellschafters auf die Stammkapitaldifferenz nicht zu einer adäquaten Kompensation des unfreiwillig übernommenen Insolvenzrisikos. Dass die Vertreterhaftung auf das positive Interesse dabei unter Umständen ein äußerst scharfes Schwert darstellt, ist zum einen unter Präventionsgesichtspunkten gerechtfertigt und zum anderen auch in Anbetracht der Alternative unbedenklich: Der Vertreter würde nämlich andernfalls – ohne die Möglichkeit des Gesamtschuldnerregresses bei der Gesellschaft – nach § 179 BGB wegen fehlender Vertretungsmacht für die vorgeblich vertretene, tatsächlich aber nicht existente Person bzw. Gesellschaft haften. All diese Überlegungen greifen auch für die Täuschung über die Rechtsform von Auslandsgesellschaften, wobei deren gesetzliches Mindeststammkapital nicht einmal bei Anmaßung einer deutschen Rechtsform eine Rolle spielt: Denn auf Grund der grundsätzlich divergierenden Gläubigerschutzmechanismen griffe ein einfacher Stammkapitalvergleich als Grundlage für ein typisierendes Reputationsranking der Gesellschaftsformen bei weitem zu kurz. Zudem wäre die Haftung praktisch nicht mehr handhabbar, wenn man von den Gerichten verlangen wollte, einen umfangreichen Rechtsformvergleich vorzunehmen. Für den Rechtsformzusatz kann insofern auf die Vorgaben des ausländischen Rechts zurückgegriffen werden.
Anwendbarkeit der Haftungsgrundsätze infolge Anknüpfung als Verschulden bei Vertragsverhandlung gemäß Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO Der dritte Teil war anschließend der Frage gewidmet, ob diese Haftungsgrundsätze auch zur Anwendung gelangen, wenn der Vertreter einer ausländischen Kapitalgesellschaft bei einem Vertragsschluss im deutschen Rechtsverkehr de-
160
F. Gesamtfazit
ren Rechtsformzusatz unrichtig verwendet bzw. weglässt. Dies konnte im Grundsatz bejaht werden. Denn die Vertreterhaftung bei Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes bzw. bei Verschweigen der Rechtsform ist als außervertragliches Schuldverhältnis aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO zu qualifizieren. Da sich lediglich zwischen dem Geschäftsgegner und der vertretenen Gesellschaft ein Vertrag anbahnt, nicht aber ein Vertrag zwischen Geschäftsgegner und Vertreter selbst, bestimmt sich das anwendbare Recht nach Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO. Hiernach ist grundsätzlich das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eingetreten ist, was bei der Täuschung über die Rechtsform im deutschen Rechtsverkehr in aller Regel zur Anwendung deutschen Rechts führt. Denn ein durch einen Forderungsausfall bedingter reiner Vermögensschaden entsteht stets in der Person des Geschädigten, mithin an dessen Wohn- bzw. Geschäftssitz. Auch die Anknüpfung nach dem – unter den Rom-Verordnungen richtigerweise nicht mehr anwendbaren – Rechtsscheinstatut führte zur Anwendung deutschen Rechts. Das gilt ebenso für das von der Rom I-Verordnung ausgeschlossene Vollmachtsstatut, obschon dieses unanwendbar ist, weil die Vertreterhaftung nicht aus einem Mangel der Vollmacht resultiert. Auch das allgemeine Deliktsstatut sowie das Statut für unlauteres Wettbewerbsverhalten nach der Rom II-Verordnung, die beide durch die Qualifikation als culpa in contrahendo verdrängt werden, führten in dieser Konstellation zur Anwendung deutschen Rechts. Lediglich bei einer Anknüpfung nach dem Gesellschaftsstatut wäre das Recht derjenigen Rechtsordnung anwendbar, die auch das Gesellschaftsrecht der Auslandsgesellschaft bestimmt. Allerdings kann die Vertreterhaftung nicht gesellschaftsrechtlich qualifiziert werden, da sie weder ein Rechtsverhältnis zu der Gesellschaft begründet noch die Organstellung des Vertreters, geschweige denn die Verletzung spezifischer Organpflichten, voraussetzt. Insofern bestehen für den Regelfall – nämlich bei einem Vertragsschluss in Deutschland gegenüber Personen mit Wohn- bzw. Geschäftssitz in Deutschland – keine Zweifel an der Anwendung deutschen Rechts. Nichtsdestotrotz rechtfertigt die Bestimmung des anwendbaren Rechts nach den Rom-Verordnungen es nicht, über das Heimatrecht der Gesellschaft hinausgehende Anforderungen an die Offenlegung der ausländischen Rechtsform aufzustellen. Dementsprechend kann die Vertreterhaftung insbesondere nicht an die unterlassene Erläuterung oder Übersetzung des Rechtsformzusatzes angeknüpft werden. Auf Grund der weitreichenden Regelungen der Publizitätsund Zweigniederlassungsrichtlinie ist es aber zumindest gegenüber europäischen Auslandsgesellschaften und Gesellschaften aus Drittstaaten mit Zweigniederlassung in der Europäischen Union unbedenklich, neben der Offenlegung
Europarechtliche Unbedenklichkeit
161
des Rechtsformzusatzes einen Hinweis auf Satzungssitz und Register zu verlangen. Im Ergebnis bestehen daher unter kollisionsrechtlichen Gesichtspunkten grundsätzlich keine Bedenken gegen die Anwendung der materiell-rechtlich konzipierten Vertreterhaftung wegen unrichtiger Verwendung oder Weglassens des gebotenen Rechtsformzusatzes.
Europarechtliche Unbedenklichkeit der Anwendung der Haftungsgrundsätze auf Vertreter europäischer Auslandsgesellschaften Nachdem der EuGH jüngst in der Rechtssache Kornhaas den Schutzbereich der unionsrechtlich in Art. 49, 54 AEUV verbürgten Niederlassungsfreiheit präzisiert hat, bestehen schließlich auch keine Bedenken dagegen, die Haftungsgrundsätze auf die Vertreter europäischer Auslandsgesellschaften anzuwenden. Denn die Vertreterhaftung sanktioniert lediglich im Sinne einer gesellschaftsunspezifischen Tätigkeitsregelung die unterlassene Offenbarung der Rechtsform im Vorfeld des Vertragsschlusses, wobei sie nicht einmal zwingend an die Stellung als Gesellschaftsorgan geknüpft ist.
Zusammenfassung in Thesen 1. Die kapitalgesellschaftsrechtlichen Rechtsformgebote dienen neben der Information des Rechtsverkehrs auch der Warnung, dass die zur Verfügung stehende Haftungsmasse auf Grund der rechtlichen Gestaltung der Unternehmung limitiert ist.546 1.1. Die verschiedenen Rechtsformzusätze repräsentieren zugleich Unterschiede in der Ausgestaltung der Organisationsverfassung der Gesellschaften, vor allem unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes.547 1.2. Die Warnfunktion gilt für das deutsche Recht und entspricht auch den europäischen Vorstellungen.548 1.3. Das Gebot, einen die Haftungsbeschränkung kennzeichnenden Rechtsformzusatz zu führen, ist ein weltweit anerkanntes Regelungsmuster.549 2. Das deutsche Zivilrecht regelt die Konsequenzen von Verstößen gegen das Rechtsformgebot nicht speziell. Gleichwohl bestimmen sich die Rechtsfolgen einer Täuschung über die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft bei Vertragsschlüssen einheitlich – auch für ausländische Gesellschaften – in analoger Anwendung von § 179 BGB. Danach haftet der Vertreter der Kapitalgesellschaft neben dieser gesamtschuldnerisch auf das positive Interesse gegenüber dem Geschäftsgegner.550 2.1. Der BGH hat dieses Haftungskonzept bereits Anfang der 1970er Jahre für die Vertretung von Kapitalgesellschaften durch Zeichnen ohne Rechtsformzusatz entwickelt. Dabei blieb das dogmatische Fundament dieser Haftung allerdings unklar. Tatsächlich ist es in der Sache richtig und lässt sich überzeugend auf die analoge Anwendung von § 179 BGB gründen.551
546 B. 547
B. II., B. VIII. B. I.–III., B. IV.–V. 549 B. VI. 550 C. 551 C. I. 1. 548
164
Zusammenfassung in Thesen
2.1.1. Ausgangspunkt der Problematik ist dabei allerdings – was bis heute oftmals übersehen wird – die Frage, ob ein Vertrag mit einer Kapitalgesellschaft überhaupt zustande kommen kann, wenn sich Vertreter und Geschäftsgegner explizit auf eine genau bezeichnete natürliche Person geeinigt haben. Nimmt man die Privatautonomie der Vertragsparteien ernst, lässt sich dies nicht behaupten. Daran kann auch die Auslegungsregel des sogenannten unternehmensbezogenen Geschäfts nichts ändern.552 2.1.2. Die Vertreterhaftung kann schon begrifflich keine „Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB“ sein. Sie ist auch keine Rechtsscheinhaftung im eigentlichen Sinne. Grundlage kann lediglich eine Analogie zu § 179 BGB sein.553 2.1.3. Ansatzpunkt hierfür ist das Problem, dass das vertretene Unternehmen tatsächlich existiert, während in den klassischen Fällen der Vertretung einer nicht existierenden Person regelmäßig bereits beim ersten Versuch der Durchführung des scheinbar geschlossenen Vertrages klar wird, dass keine wirksame Stellvertretung vorgelegen hat. Der fehlende Vertragsschluss bewahrt daher nicht vor der Übernahme des Insolvenzrisikos der an sich nicht wirksam vertretenen Kapitalgesellschaft. Allgemeine zivilrechtliche Haftungsansprüche gewähren hier keinen hinreichenden Schutz. Insbesondere fehlt es insofern an einer effektiven Durchsetzung des Normzwecks der Rechtsformgebote.554 2.1.4. Das letztlich ungewollt übernommene Insolvenzrisiko wird durch die Haftung analog § 179 BGB interessengerecht auf den Vertreter verlagert, da dieser durch den gerade durch diese Haftung ermöglichten Vertragsschluss im Innenverhältnis zur Gesellschaft nach § 426 BGB Regress nehmen kann. Da die Gesellschaft gerade nicht gewählter Vertragspartner des Geschäftsgegners ist, wird diesem durch die Kumulativhaftung von Vertreter und Gesellschaft auch nicht ein Mehr, sondern ein aliud gewährt.555 2.1.5. An der Richtigkeit der Rechtsprechungsgrundsätze bei Zeichnen ohne Rechtsform hat sich auch durch die Einführung eines verpflichtenden „Rechtsformzusatzes“ für alle Kaufleute nach § 19 Abs. 1 HGB nichts geändert. Die These, durch das gänzli552
C. I. 1. b). C. I. 1. c) aa)–bb). 554 C. I. 1. c) cc) (2). 555 C. I. 1. c) (3). 553
Zusammenfassung in Thesen
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che Fehlen eines Zusatzes werde lediglich der Anschein irgendeines Rechtsformverstoßes erweckt, ist nicht haltbar.556 2.2. Die Vertreterhaftung analog § 179 BGB ist auch auf die Fälle der Vertretung einer Kapitalgesellschaft unter Verwendung eines einer anderen Gesellschaftsform vorbehaltenen Rechtsformzusatzes zu erstrecken.557 2.2.1. Der BGH hat seine Rechtsprechungsgrundsätze bereits auf die Vertretung einer Unternehmergesellschaft unter Verwendung des GmbH-Zusatzes erstreckt, dabei jedoch offengelassen, ob die Haftung auf die Stammkapitaldifferenz zum Mindeststammkapital einer GmbH zu begrenzen ist.558 2.2.2. Diese Übertragung der Haftungsgrundsätze überzeugt. Aus dem Umstand, dass der Vertreter auf die „beschränkte Haftung“ hinweist, lassen sich keine durchgreifenden Bedenken gegen die Übertragung der Vertreterhaftung analog § 179 BGB ableiten. Der durch die Anmaßung der Rechtsform der GmbH geschaffene Rechtsschein ist auch mit den Fällen des Weglassens des Rechtsformzusatzes vergleichbar, weil der Vertreter gleichermaßen über deren rechtsformbedingten Reputationsmalus hinwegtäuscht wie der Vertreter einer GmbH, der den Anschein erweckt, er vertrete eine natürliche Person oder Personengesellschaft.559 2.2.3. Die Vertreterhaftung ist auch in diesen Fällen unbeschränkt. Eine Beschränkung auf die Stammkapitaldifferenz gegenüber dem einzelnen Gläubiger wäre ohne jeden normativen Anhaltspunkt, wohingegen eine Beschränkung gegenüber der Gläubigergesamtheit die Haftung völlig funktionslos machte. Auch wertungsmäßig überzeugte eine solche Beschränkung der Vertreterhaftung nicht.560 2.2.4. Darüber hinaus ist die Vertreterhaftung analog § 179 BGB grundsätzlich auf die Fälle der Verwendung von Rechtsformzusätzen auszudehnen, welche anderen Rechtsformen vorbehalten sind.561
556
C. I. 1. c) (4). C. I. 2. 558 C. I. 2. a). 559 C. I. 2. b) aa)–dd) 560 C. I. 2. b) ee). 561 C. I. 2. c). 557
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2.3. Die Vertreterhaftung ist aber auch auf Fälle der Vertretung ausländischer Gesellschaften zu erstrecken.562 2.3.1. Das Hauptmotiv für das Auftreten von Auslandsgesellschaften unter falscher Rechtsform dürfte die Überwindung von Wettbewerbsnachteilen im inländischen Rechtsverkehr sein.563 2.3.2. In der Rechtsprechung ist die Anwendung der Vertreterhaftung auf die Fälle des Zeichnens ohne jeglichen Rechtsformzusatz anerkannt. Zur Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes, namentlich eines deutschen Gesellschaften vorbehaltenen Rechtsformzusatzes, fehlt es indes bislang an Rechtsprechung sowie Stellungnahmen des Schrifttums.564 2.3.3. Die Vertreterhaftung ist im Wege der Substitution auf die Fälle des Verschweigens der Rechtsform zu erstrecken. Insofern greifen die bei der Täuschung über die Rechtsform inländischer Gesellschaften angestellten Erwägungen erst recht.565 2.3.4. Die Vertreterhaftung ist schließlich ebenso auf die Fälle der Vertretung ausländischer Gesellschaften unter Anmaßung einer deutschen Rechtsform zu erstrecken. Dabei kommt es auf das Mindeststammkapital der ausländischen Rechtsform ebensowenig an wie auf das tatsächliche Stammkapital der Auslandsgesellschaft. Auf Grund der grundsätzlich divergierenden Gläubigerschutzmechanismen griffe ein einfacher Stammkapitalvergleich als Grundlage bei weitem zu kurz.566 2.3.5. Entgegen teilweise vertretener Auffassung genügt für die Offenbarung der Rechtsform im Grundsatz die Einhaltung des Rechtsformgebots des Heimatrechts der Gesellschaft. Weitergehende Anforderungen (etwa eine Übersetzung oder Erläuterung) lassen sich materiell-rechtlich nicht begründen. Allerdings hat die Gesellschaft entsprechend § 80 Abs. 4, Abs. 1 AktG und § 35a Abs. 4, Abs. 1 GmbHG ihr Register und ihren Satzungssitz auf Geschäftsbriefen zu offenbaren. Fehlt es hieran, kommt bei verwechselbaren Rechtsformen (Beispiel: GmbH österreichischen Rechts) trotz Offenbarung des Rechtsformzusatzes eine Vertreterhaftung analog § 179 BGB in Betracht.567 562
C. II. C. II. 1. 564 C. II. 2., 3. 565 C. II. 4. b). 566 C. II. 4. c). 567 C. II. 4. d). 563
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3. Unter kollisionsrechtlichen Gesichtspunkten bestehen grundsätzlich keine Bedenken gegen die Anwendung der materiell-rechtlich konzipierten Vertreterhaftung wegen unrichtiger Verwendung oder Weglassens des gebotenen Rechtsformzusatzes.568 3.1. Im praktischen Regelfall der Täuschung über die Rechtsform einer Auslandsgesellschaft im inländischen Rechtsverkehr kommt deutsches Recht zur Anwendung.569 3.1.1. Die Vertreterhaftung kann nicht nach dem Rechtsscheinsstatut angeknüpft werden. Der BGH hatte die Vertreterhaftung zwar in einer Entscheidung international-privatrechtlich als Rechtsscheinhaftung qualifiziert und angeknüpft. Dem folgte auch der Referentenentwurf für ein Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen. Unter Geltung der Rom-Verordnungen ist jedoch kein Raum mehr für eine ungeschriebene Rechtsscheinanknüpfung.570 3.1.2. Auch eine Anknüpfung nach dem Vollmachtsstatut im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. g) Rom I-VO scheidet aus, weil der „Mangel der Stellvertretung“ nicht in einer unzureichenden Vollmacht, sondern auf einer anderen Behauptung des Vertreters bei Vertragsschluss gründet. Insofern besteht auch ein maßgeblicher Unterschied zur (umstrittenen) Anknüpfung der Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht.571 3.1.3. Die Vertreterhaftung ist vielmehr als culpa in contrahendo gemäß Art. 12 Rom II-VO mit der Folge der Anwendung deutschen Rechts zu qualifizieren.572 3.1.3.1. Die Vertreterhaftung wegen Verschweigens der Rechtsform der vertretenen Kapitalgesellschaft bzw. Verwendung eines unrichtigen Rechtsformzusatzes ist als außervertragliches Schuldverhältnis aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO zu qualifizieren. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Vertreter nicht selbst Partei des verhandelten Vertrages werden sollte.573
568 D. 569
D. I. D. I. 2. 571 D. I. 3. 572 D. I. 4. 573 D. I. 4. a). 570
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Zusammenfassung in Thesen
3.1.3.2. Aus diesem Grund scheidet indes eine vertragsakzessorische Anknüpfung über Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO aus.574 3.1.3.3. Dementsprechend ist Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO für die Bestimmung des anwendbaren Rechts einschlägig. Da der Schaden des Geschäftsgegners als reiner Vermögensschaden an dessen Wohn- bzw. Geschäftssitz eintritt, kommt bei einer Täuschung über die Rechtsform durch den Vertreter typischerweise inländisches Recht zur Anwendung.575 3.1.4. Die Vertreterhaftung wegen unrichtiger Verwendung des Rechtsformzusatzes wird auch nicht vom Gesellschaftsstatut erfasst. Denn sie begründet weder ein Rechtsverhältnis zu der Gesellschaft noch setzt sie die Organstellung des Vertreters, geschweige denn die Verletzung spezifischer Organpflichten, voraus. Insofern besteht auch kein hinreichend funktionaler Zusammenhang zu den Regelungen, die das Innen- und Außenverhältnis der Gesellschaft bestimmen.576 3.1.5. Wollte man die Qualifikation als Verschulden bei Vertragsverhandlungen verneinen, käme über das allgemeine Deliktsstatut gemäß Art. 4 Rom II-VO ebenfalls regelmäßig deutsches Recht zur Anwendung. Die Vertreterhaftung könnte indes nicht als unlauteres Wettbewerbsverhalten im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO qualifiziert werden. Denn ein Verstoß gegen das Gebot zur Führung des Rechtsformzusatzes im Zuge eines konkreten Vertragsschlusses beeinträchtigt lediglich das Individualinteresse des Geschäftsgegners und nicht die Wettbewerbsbeziehungen oder kollektiven Interessen der Verbraucher. Auch teleologisch zielt die Haftung des Vertreters gegenüber dem Geschäftsgegner nicht auf einen Schutz der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs im Kollektivinteresse, sondern der Kompensation für enttäuschtes Vertrauen.577 3.2. Für die Anwendung der Vertreterhaftung auf ausländische Kapitalgesellschaften ist es unbedenklich und sogar geboten, auf das Rechtsformgebot des Heimatrechts der Gesellschaft zurückzugreifen.578 574
D. I. 4. b) aa). D. I. 4. b) bb). 576 D. I. 5. 577 D. I. 6. 578 D. II. 575
Zusammenfassung in Thesen
169
3.3. Allerdings rechtfertigt die Anwendung deutschen Rechts nach Art. 12 Abs. 2 Rom II-VO es nicht, über das Heimatrecht der Gesellschaft hinausgehende Anforderungen an die Offenlegung der ausländischen Rechtsform aufzustellen. Danach kann die Vertreterhaftung insbesondere nicht an die unterlassene Erläuterung oder Übersetzung des Rechtsformzusatzes angeknüpft werden. Ob der weitreichenden Regelungen der Publizitäts- und Zweigniederlassungsrichtlinie ist es aber zumindest gegenüber europäischen Auslandsgesellschaften und Gesellschaften aus Drittstaaten mit Zweigniederlassung in der Europäischen Union unbedenklich, die Offenlegung von Rechtsformzusatz, Satzungssitz und Register zu verlangen.579 4. Es bestehen schließlich auch keine Bedenken dagegen, die Haftungsgrundsätze auf die Vertreter europäischer Auslandsgesellschaften anzuwenden.580 4.1. Im Schrifttum wird zum Teil vertreten, dass der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit der Gesellschaften gemäß Art. 49, 54 AEUV über gesellschaftsrechtliche Regelungen hinausreicht. 581 4.2. Es sprechen indes sehr gute Gründe gegen einen Vorbehalt der Niederlassungsfreiheit bei Anwendung nationalen Rechts gemäß europäischem Kollisionsrecht.582 4.3. Ganz in diesem Sinne hat der EuGH jüngst in der Rechtssache Kornhaas/Dithmar als Insolvenzverwalter judiziert, dass Regelungen, welche nur nach der Gründung der Gesellschaft im Rahmen ihrer Tätigkeit Anwendung finden, die Niederlassungsfreiheit nicht beeinträchtigen können.583 4.4. Danach bleibt kein Zweifel, dass die Vertreterhaftung mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar ist. Denn die Vertreterhaftung sanktioniert lediglich im Sinne einer gesellschaftsunspezifischen Tätigkeitsregelung die unterlassene Offenbarung der Rechtsform im Vorfeld des Vertragsschlusses, wobei sie nicht einmal zwingend an die Stellung als Gesellschaftsorgan geknüpft ist.584
579
D. II.
580 E. 581
E. I. 1. E. I. 2. 583 E. II. 584 E. III. 582
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Entscheidungsverzeichnis A. Europäischer Gerichtshof EuGH, 22.03.1983, Rs. 34/82 – Peters, Slg. 1983, 987 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 EuGH, 08.03.1988, Rs. 9/87 – Arcado Slg. 1988, 1539 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 EuGH, 27.09.1988, Rs. C-81/87 – Daily Mail, Slg. 1988, 5483 . . . . . . . . . . . . . . 128 EuGH, 17.06.1992, Rs. C-26/91 – Handte, Slg. 1992 I-3967 . . . . . . . . . . . . . . . . 110 EuGH, 27.10.1998, Rs. C-51/97 – Réunion européenne, Slg. 1998 I-6511 . . . . . . . . . 110 EuGH, 09.03.1999, Rs. C-212/97 – Centros, Slg. 1999, I-1459 . . . . . . . . . 90, 127 f., 148 EuGH, 05.11.2002, Rs. C-208/00 – Überseering, Slg. 2002, I-9919 . . . . . . . . 127 f., 154 EuGH, 30.09.2003, Rs. C-167/01 – Inspire Art, Slg. 2003, I-10155 . . . . . 90, 127, 148, 154 EuGH, 13.03.2014, C-548/12 – Marc Brogsitter/Fabrication de Montres Normandes EURL u. a., NJW 2014, 1648 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 EuGH, 10.12.2015, C-594/14 – Kornhaas/Dithmar, ECLI:EU:C:2015:806 . . . . . 101, 153 f.
B. Deutsche Gerichte I. Bundesverfassungsgericht BVerfG, Beschluss v. 19.10.1993 – 1 BvR 567/89 u. a., NJW 1994, 36 . . . . . . . . . . . 28 BVerfG, Beschluss v. 05.08.1994 – 1 BvR 1402/89, NJW 1994, 2749 . . . . . . . . . . . 28 BVerfG, Beschluss v. 28.08.2000 – 1 BvR 1821/97, NJW 2000, 3635 . . . . . . . . . . . 40
II. Bundesgerichtshof BGH, Urteil v. 20.01.1954 – II ZR 155/52, BGHZ 12, 105 . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 BGH, Urteil v. 11.03.1955 – I ZR 82/53, BGHZ 17, 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 f. BGH, Urteil v. 11.07.1957 – II ZR 318/55, BGHZ 25, 134 . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 BGH, Urteil v. 19.12.1958 – IV ZR 87/58, BGHZ 29, 137 . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 BGH, Urteil v. 05.05.1960 – III ZR 83/59, BGHZ 32, 250 . . . . . . . . . . . . . . . 35, 46 BGH, Teilurteil v. 09.12.1964 – VIII ZR 304/62, NJW 1965, 487 . . . . . . . . . . 98, 102 BGH, Urteil v. 22.06.1965 – V ZR 55/64, WM 1965, 868 . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 BGH, Urteil v. 12.01.1967 – III ZR 25/66, NJW 1967, 1177 . . . . . . . . . . . . . . . . 100 BGH, Urteil v. 22.03.1967 – IV ZR 148/65, NJW 1967, 2109 . . . . . . . . . . . . . . . 100 BGH, Urteil v. 02.04.1971 – I ZR 41/70, NJW 1971, 1522 . . . . . . . . . . . . . . . . 129 BGH, Urteil v. 20.11.1970 – IV ZR 1188/68, NJW 1971, 429 . . . . . . . . . . . . . . . . 36
188
Entscheidungsverzeichnis
BGH, Urteil v. 18.03.1974 – II ZR 167/72, NJW 1974, 1191 . . . . . . 9, 19, 22 f., 27, 48, 57 BGH, Urteil v. 08.07.1974 – II ZR 180/72, BGHZ 63, 45 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 BGH, Urteil v. 03.02.1975 – II ZR 128/73, NJW 1975, 1166 . . . . . . . . . . . 1, 22 ff., 52 BGH, Urteil v. 03.02.1975 – II ZR 142/73, WM 1975, 742 . . . . . . . . . . . . . . . . 22 f. BGH, Urteil v. 25.05.1977 – VIII ZR 18/76, NJW 1977, 1535 . . . . . . . . . . . . . . . 35 BGH, Urteil v. 08.05.1978 – II ZR 97/77, NJW 1978, 2030 . . . . . . . . . . . . . 22 ff., 48 BGH, Urteil v. 08.02.1979 – VII ZR 141/78, BGHZ 73, 266 . . . . . . . . . . . . . . . . 46 BGH, Urteil v. 01.06.1981 – II ZR 1/81, NJW 1981, 2569 . . . . . . . . . . 22 ff., 38, 52, 71 BGH, Urteil v. 12.12.1983 – II ZR 238/82, ZIP 1984, 293 . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 BGH, Urteil v. 07.05.1984 – II ZR 276/83, NJW 1984, 2164 . . . . . . . . . . . . . . . . 32 BGH, Urteil v. 20.10.1988 – VII ZR 219/87, NJW 1989, 894 . . . . . . . . . . . . . . . . 32 BGH, Urteil v. 15.01.1990 – II ZR 311/88, NJW 1990, 2678 . . . . . . . . . . 22 ff., 37, 51 f. BGH, Urteil v. 24.06.1991 – II ZR 293/90, NJW 1991, 2627 . . . . . . . . . . . . . . 22 ff. BGH, Urteil v. 08.10.1991 – XI ZR 64/90, NJW 1992, 618 . . . . . . . . . . . . . . . . 109 BGH, Urteil v. 28.01.1992 – XI ZR 149/91, NJW 1992, 1380 . . . . . . . . . . . . . . . . 29 BGH, Urteil v. 13.10.1994 – IX ZR 25/94, NJW 1995, 43 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 BGH, Urteil v. 17.11.1994 – III ZR 70/93, IPRax 1996, 342 . . . . . . . . . . . . . . . . 109 BGH, Urteil v. 08.07.1996 – II ZR 258/95, NJW 1996, 2645 . . . . . . . . . . . . . . 22 ff. BGH, Urteil v. 02.02.2000 – VIII ZR 12/99, NJW 2000, 1407 . . . . . . . . . . . 30, 35, 46 BGH, Urteil v. 04.04.2000 – XI ZR 152/99, NJW 2000, 2984 . . . . . . . . . . . . . . . 26 BGH, Urteil v. 13.03.2003 – VII ZR 370/98, BGHZ 154, 185 . . . . . . . . . . . . . . 127 BGH, Urteil v. 03.02.2004 – XI ZR 125/03, NJW 2004, 1315 . . . . . . . . . . . . . . 108 BGH, Urteil v. 09.11.2004 – X ZR 101/03, NJW-RR 2005, 268 . . . . . . . . . . . . . . 35 BGH, Urteil v. 16.03.2006 – III ZR 152/05, NJW 2006, 1971 . . . . . . . . . . . . . . . 26 BGH, Urteil v. 05.02.2007 – II ZR 84/05, NJW 2007, 1529 . . . 3, 22 ff., 53, 83, 89, 98, 102, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .132, 153 BGH, Teilurteil v. 18.12.2007 – X ZR 137/04, NJW 2008, 1214 . . . . . . . . . . . . . . 26 BGH, Urteil v. 27.10.2008 – II ZR 158/06 – Trabrennbahn, NJW 2009, 289 . . . . . . . 126 BGH, Urteil v. 12.11.2008 – VIII ZR 170/07, NJW 2009, 215 . . . . . . . . . . . . . . . 32 BGH, Urteil v. 11.02.2010 – I ZR 85/08, NJW 2010, 3780 . . . . . . . . . . . . . . . . 140 BGH, Urteil v. 12.07.2011 – II ZR 28/10, NJW 2011, 3372 . . . . . . . . . . . . . . . . 126 BGH, Urteil v. 12.06.2012 – II ZR 256/11, NJW 2012, 2871 . . . . . 21 ff., 51 ff., 59 ff., 102 BGH, Urteil v. 31.07.2012 – X ZR 154/11, NJW 2012, 3368 . . . . . . . . . . . . . 26 f., 37 BGH, Versäumnisurteil v. 24.06.2014 – VI ZR 347/12, IPRax 2015, 423 . . . . . . . . 100 BGH, Vorlagebeschluss v. 02.12.2014 – II ZR 119/14, NZI 2015, 85 . . . . . . . . .101, 154
III. Bayerisches Oberstes Landesgericht BayObLG, Beschluss v. 21.03.1986 – BReg 3 Z 148/85, NJW 1986, 3029 . . . . . .129, 147
IV. Oberlandesgerichte OLG Düsseldorf, Urteil v. 18.02.2011 – I-17 U 50/10, GmbHR 2011, 767 . . . . . . . . . 24 OLG Frankfurt, Urteil v. 11.7.1985 – 1 U 134/84, IPRax 1986, 373 . . . . . . . . . . . 120 OLG Frankfurt, Urteil v. 05.04.2006 – 4 U 153/02, juris . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 OLG Frankfurt, Beschluss v. 19.02.2008 – 20 W 263/07, FGPrax 2008, 165 . . . . . . . 147 OLG Hamburg, Urteil v. 27.05.1987 – 6 U 272/86, VersR 1987, 1216 . . . . . . . . . . 109
B. Deutsche Gerichte
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OLG Karlsruhe, Urteil v. 07.04.2004 – 7 U 189/03, GmbHR 2004, 1016 . . . . . . . . . . 82 OLG Köln, Urteil v. 27.08.1999 – 19 U 26/99, GmbHR 2000, 383 . . . . . . . . . . . . . 27 OLG Köln, Urteil v. 04.02.2005 – 20 U 78/04, juris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 f. OLG München, Urteil v. 24.02.1983 – 24 U 141/79, WM 1983, 1093 . . . . . . . . . . 120 OLG München, Urteil v. 07.06.2002 – 21 U 5500/01, juris . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 OLG München, Beschluss v. 07.03.2007 – 31 Wx 92/06, ZIP 2007, 1949 . . . . . .129, 147 OLG Rostock, Urteil v. 05.10.2010 – 4 U 139/08, GmbHR 2010, 1349 . . . . . . . . . . . 84 OLG Schleswig, Urteil v. 24.10.2008 – 14 U 4/08, GmbHR 2009, 666 . . . . . . . . . . . 84
V. Landgerichte LG Düsseldorf, Urteil v. 16.10.2013 – 9 O 434/12, GmbHR 2014, 33 . . . . . . . . . 24, 79
Stichwortverzeichnis Aktiengesellschaft 12 f., 40, 77 ff. Analogievoraussetzungen 38 ff. – Gesetzeslücke 38 f., 40 ff. – Lückenfüllung 39 f., 46 ff. – Vergleichbarkeit 46 ff., 65 ff. Anfechtung 31 f., 41, 43 Auslandsgesellschaften – Anmaßung einer inländischen Rechtsform 80 ff., 85 f., 89 f. – Motive für fehlerhaftes Firmieren 80 f. – Substitution (siehe Substitution) – Übertragung der Rechtsprechung 80 ff., 94 – zwingend erforderliche Angaben 92 f. beschränkte Haftung (siehe Haftungsbeschränkung) culpa in contrahendo – im deutschen Recht 42, 44 f., 47, 49 – im Kollisionsrecht 109, 111 ff., 125, 135 Deliktsstatut 112, 134 ff., 146 Europäische Aktiengesellschaft 13 ff., 20, 77, 81 falsus procurator 30, 32, 35, 41 f., 46 ff., 65, 72, 97, 109 ff. gesamtschuldnerische Haftung 22, 33, 45, 49 f., 58 f., 63 Gesellschaft mit beschränkter Haftung 8 ff., 19, 40, 56, 59 ff. Gesellschaftsstatut 125 ff. – Gesellschaftsbezug 129 ff. – Gründungstheorie 127 – Sitztheorie 126 ff.
– Umfang 126 Gläubigerschutz 9 ff., 61, 69, 78, 81, 89, 92, 115 Grundsätze des unternehmensbezogenen Geschäfts (siehe unternehmensbezogenes Geschäft) Gründungstheorie (siehe Gesellschaftsstatut) Haftungsbegrenzung – nach § 179 Abs. 2, 3 BGB 51 f. – auf Stammkapitaldifferenz 63, 72 ff. Haftungsbeschränkung – im Kollisionsrecht 113, 144 – Relevanz für Vertreterhaftung 23, 29, 31 f., 37, 42, 51, 53, 58, 60, 62, 64, 66 ff., 80 f., 84 f., 88 – Sinn und Zweck 8 ff. Handelsrechtsreformgesetz 18 f., 53 ff. Informationsfunktion 8, 10, 18, 57, 61, 90 ff., 113, 115, 148 Inlandssachverhalte 21 ff., 93, 103 Interesse – negatives Interesse 42 ff., 47, 51, 72 – positives Interesse 37, 42, 49, 51 f., 58 Kumulativhaftung 48 ff. negatives Interesse (siehe Interesse) Nichtkaufleute 52 ff. Niederlassungsfreiheit 83, 90, 98, 104, 127 f., 151 ff. Normzweck 7 ff., 39, 46, 61, 138, 152 Offenlegungspflicht 48, 54, 112 ff., 129, 134, 147 ff. offensichtlich engere Verbindung 120 f., 124
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Stichwortverzeichnis
Ort des Schadenseintritts 121 ff. Parteiwille 28 f., 31, 67, 95 Personenhandelsgesellschaften 18 f. persönliche Haftung 9 ff., 23, 31 f., 37 f., 45, 50, 52 ff., 58 f., 66, 69, 74 f., 129, 133, 154 positives Interesse (siehe Interesse) Privatautonomie 28, 67, 95 Publizitätsrichtlinie 16, 83 f., 88, 92, 94, 116, 148 Qualifikation (im kollisionsrechtlichen Sinne) 99 ff. Rechtsformzusatz – Anforderungen an Offenlegung bei Auslandsgesellschaften 147 ff. – Anforderungen an Offenlegung bei Inlandsgesellschaften 8 ff., 40 f. – kollisionsrechtliche Anknüpfung 97 ff. – Normzwecke 7 ff. – Verstoßfolgen 21 ff. Rechtsprechungsentwicklung 21 ff., 81 ff., 102 f. Rechtsschein – bei bloßem Weglassen des Rechtsformzusatzes 52 ff. – persönliche Haftung 23, 37 f., 45, 50, 52, 54, 58, 66, 71, 74, 82 f., 88 – (un-)beschränkte Haftung 61 ff., 66 ff., 71, 74, 77 Rechtsscheinanknüpfung 102 ff., 128 Rechtsscheinhaftung 22 ff., 33 ff., 52, 58, 60, 62 ff., 83, 97, 102, 105 ff. Reputationsmalus 67, 80 f. SE (siehe Europäische Aktiengesellschaft) Sitztheorie (siehe Gesellschaftsstatut) Stammkapital – Differenz zum Mindeststammkapital (Stammkapitaldifferenz) 63 f., 71 ff., 80, 96
– Mindeststammkapital 14, 61, 63, 67, 71, 75 – Stammkapitalverbrauch 70 f. Substitution 86 ff. Transparenzfunktion (siehe Informationsfunktion) UGP-Richtlinie (siehe Wettbewerbsstatut) unbeschränkte Haftung 51, 58, 68, 75 unternehmensbezogenes Geschäft 22, 25 ff., 29, 32 f., 41 ff., 67, 75, 78 Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) 10 f., 59 ff., 91 Vermögensschadensanknüpfung 121 ff. Verschulden bei Vertragsverhandlungen (siehe culpa in contrahendo) Verstoßfolgen 21 ff., 130 f., Verstoßfolgennorm 21, 40 f., 66 Vertragsakzessorische Anknüpfung 118 f., 124 f., 135 Vertragsschluss 22, 25 ff., 42 f., 45 f., 52 f., 58, 61, 67 f., 81, 83, 88 f., 95, 98, 155 Vertreter ohne Vertretungsmacht (siehe falsus procurator) Vertreterhaftung 23 ff., 33 ff., 46 ff., 57, 59 ff., 63 ff., 77, 81 ff., 94 ff., 99, 105, 107, 111 ff., 124 f., 129 ff., 134 ff., 143 ff., 151 ff. Vollmachtsstatut 108 ff., 146 Warnfunktion 9 ff., 19, 45, 57, 65 f., 113, 132 Wettbewerbsstatut 135 ff., 144 f. – Marktbezogenheit 138 ff., 143 f. – unlauteres Wettbewerbsverhalten 135, 137 ff. – UGP-Richtlinie 141 ff.