Das Denken von Kindern [Reprint 2015 ed.] 9783486806427, 9783486255942

Bis in die jüngste Vergangenheit blieb uns der Zugang zu vielen der interessanten Aspekte des Denkens von Kindern verweh

188 31 32MB

German Pages 560 [564] Year 2001

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Vorwort
Danksagung
1 Einführung in das Denken von Kindern
1.1 Was bedeutet das Denken von Kindern
1.2 Schlüsselfragen zum Denken von Kindern
Welche Fähigkeiten sind angeboren?
Vollzieht sich Entwicklung in Stadien?
Wie vollziehen sich Veränderungen?
Wie unterscheiden sich Individuen?
Wie beeinflussen Veränderungen des Gehirns die kognitive Entwicklung?
Wie beeinflußt das soziale Umfeld die kognitive Entwicklung?
1.3 Der Aufbau des Buches
Der Aufbau der Kapitel
Die zentralen Themen
1.4 Zusammenfassung
Literaturempfehlungen
2 Piagets Entwicklungstheorie
2.1 Überblick über Piagets Theorie
Die Theorie als Ganze
Die Entwicklungsstadien
Der Entwicklungsprozeß
Richtungweisende Annahmen
2.2 Das Stadienmodell
Die sensumotorische Phase
Die präoperationale Phase
Die konkret operationale Phase
Die formal operationale Phase
2.3 Die Entwicklung einige entscheidender Begriffe
Erhaltung
Klassen und Relationen
2.4 Eine Bewertung von Piagets Theorie
Wie exakt beschreibt die Theorie charakteristische Aspekte des kindlichen Denkens?
Wie sehr entwickelt sich kindliches Denken in Stadien?
Wie zutreffend sind Piagets allgemeine Charakterisierungen des Denkens von Kindern?
Der aktuelle Status von Piagets Theorie
2.5 Zusammenfassung
Literaturempfehlungen
3 Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung
3.1 Überblick über das System der Informationsverarbeitung
Strukturelle Merkmale
Prozesse
3.2 Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung
Neo-Piaget-Theorien
Psychometrische Theorien
Produktionssystemtheorien
Konnektionistische Theorien
Theorien kognitiver Evolution
3.3 Zusammenfassung
Literaturempfehlungen
4 Die Entwicklung der Wahrnehmung
4.1 Sehen
Beachten von Objekten und Ereignissen
Identifizieren von Objekten und Ereignissen
Lokalisieren von Objekten
4.1 Hören
Beachten von Tönen
Identifizieren von Tönen
Lokalisation mittels Gehör
4.3 Intersensorische Integration
Beachten
Identifizieren
Lokalisieren
4.4 Zusammenfassung
Literaturempfehlungen
5 Die Entwicklung der Sprache
5.1 Phonologie
Wie Menschen sprechen
Die Entwicklung der Phonologie
5.2 Bedeutung
Frühe Wörter und Wortbedeutungen
Weitere Entwicklung
5.3 Grammatik
Frühes grammatikalisches Verständnis
Spätere grammatikalische Entwicklung
Erklärungsversuche für die grammatikalische Entwicklung
5.4 Kommunikation
Kommunikation durch die gesprochene Sprache
Kommunikation durch Gestensprache
5.5 Sprache und Denken
5.6 Zusammenfassung
Literaturempfehlungen
6 Die Entwicklung des Gedächtnisses
6.1 Zeugenaussagen von Kindern
Kodierung
Speichern
Aus dem Gedächtnis abrufen
Schlußfolgerungen hinsichtlich der Zeugenaussagen von Kindern
Was entwickelt sich bei der Entwicklung des Gedächtnisses?
6.2 Grundlegende Prozesse und Kapazitäten
Explizites und implizites Erinnern
Assoziation
Wiedererkennen
Nachahmung und Erinnerung
Einsicht, Generalisierung und Zusammenfügen von Erfahrungen
Hemmung und Widerstand gegen Schlußfolgerungen
Infantile Amnesie
Verarbeitungskapazität
Verarbeitungsgeschwindigkeit
Evaluation
6.3 Strategien
Objektsuche
Wiederholen (rehearsing)
Ordnen
Selektive Aufmerksamkeit
Alternative Erklärungsansätze strategischer Veränderungen
Evaluation
6.4 Metakognition
Explizites metakognitives Wissen
Implizites metakognitives Wissen
Evaluation
6.5 Inhaltswissen
Auswirkungen darauf, an wieviel sich Kinder erinnern
Auswirkungen darauf, woran sich Kinder erinnern
Skripten
Inhaltswissen als Erklärung für weitere Veränderungen des Gedächtnisses
Wie unterstützt Inhaltswissen das Gedächtnis?
Evaluation
6.6 Was entwickelt sich wann bei der Gedächtnisentwicklung?
6.7 Zusammenfassung
Literaturempfehlungen
7 Die Entwicklung des Begriffevermögens
7.1 Begriffliche Vorstellungen im Allgemeinen
Merkmaldefinierte Repräsentationen
Probabilistische Repräsentationen
Theoriegestützte Repräsentationen
Zusammenfassung
7.2 Entwicklung einiger besonders wichtiger Begriffe
Zeit
Raum
Zahl
Verstand
7.3 Zusammenfassung
Literaturempfehlungen
8 Problemlösung
8.1 Überblick über die Problemlösung
Zentrale Themen
Ein Beispiel für die Entwicklung von Problemlösung
8.2 Einige wichtige Problemlösungsprozesse
Planen
Kausalschluß
Analogieschluß
Der Gebrauch von Werkzeugen
Wissenschaftliches und logisches Denken
Gemeinschaftliche Problemlösung
8.3 Zusammenfassung
Literaturempfehlungen
9 Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten
9.1 Mathematik
Rechnen mit einstelligen Zahlen
Komplexe Rechenaufgaben
Algebra
Computerprogrammierung
9.2 Lesen
Der typische chronologische Verlauf
Fähigkeiten, die dem Lesen vorausgehen
Das Erkennen einzelner Wörter
Verständnis
Pädagogische Implikationen
9.3 Schreiben
Der Prozeß des Aufsetzens
Der Prozeß des Überarbeitens
9.4 Zusammenfassung
Literaturempfehlungen
10 Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft
10.1 Aktueller Wissensstand darüber, was sich entwickelt und wie sich Entwicklung vollzieht
Zukünftige Fragen
10.2 Aktueller Wissensstand über Veränderungsprozesse
Zukünftige Fragen
10.3 Aktueller Wissensstand über frühe Kompetenz
Zukünftige Fragen
10.4 Aktueller Wissensstand über Unterschiede in Altersgruppen
Zukünftige Fragen
10.5 Aktueller Wissensstand über die Wirkungen bereits existierenden Wissens
Zukünftige Fragen
10.6 Aktueller Wissensstand über die Entwicklung der Intelligenz
Zukünftige Fragen
10.7 Aktueller Wissensstand über die sozialen Einflüsse auf das Denken von Kindern
Zukünftige Fragen
10.8 Aktuelle Beiträge der Forschung über das Denken von Kindern für die Praxis
Zukünftige Fragen
Zusammenfassung
Literaturempfehlungen
Literaturverzeichnis
Autorenverzeichnis
Sachverzeichnis
Recommend Papers

Das Denken von Kindern [Reprint 2015 ed.]
 9783486806427, 9783486255942

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Edition Psychologie Herausgegeben von

Dr. Arno Mohr Bisher erschienene Werke: Güttier, Sozialpsychologie, 3. Auflage Mayer, Einfuhrung in die Wahrnehmungs-, Lern- und Werbe-Psychologie Sarins · Schuchmann, Lineare und loglineare Modelle in Psychologie und Sozialwissenschaften Schuchmann, Probabilistische Testtheorie Siegler, Das Denken von Kindern, 3. Auflage

Das Denken von Kindern Von

Robert S. Siegler Professor an der Carnegie Mellon University Aus dem Englischen übersetzt von

Dr. Jutta Schmidt

3. Auflage

ROldenbourg Verlag München Wien

Original englischsprachiger Titel: Children's Thinking, 3rd edition by Robert S. Siegler. © 1998. All Rights Reserved. Published by arrangement with the original publisher, Prentice Hall Inc., A Pearson Education Company.

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Siegler, Robert S.: Das Denken von Kindern / von Robert S. Siegler. Aus dem Engl, übers, von Jutta Schmidt. - 3. Aufl.. - München ; Wien : Oldenbourg, 2001 (Edition Psychologie) Einheitssacht.: Children's Thinking ISBN 3-486-25594-0

© 2001 der deutschsprachigen Ausgabe Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Druck: R. Oldenbourg Graphische Betriebe Druckerei GmbH ISBN 3-486-25594-0

INHALTSVERZEICHNIS Vorwort IX Danksagung XIII 1 Einführung in das Denken von Kindern 1 1.1 Was bedeutet das Denken von Kindern 2 1.2 Schlüsselfragen zum Denken von Kindern 4 Welche Fähigkeiten sind angeboren? 4 Vollzieht sich Entwicklung in Stadien? 6 Wie vollziehen sich Veränderungen? 9 Wie unterscheiden sich Individuen? 12 Wie beeinflussen Veränderungen des Gehirns die kognitive Entwicklung? 15 Wie beeinflußt das soziale Umfeld die kognitive Entwicklung? 1.3 Der Aufbau des Buches 25 Der Aufbau der Kapitel 25 Die zentralen Themen 27 1.4 Zusammenfassung 28 Literaturempfehlungen 29 2 Piagets Entwicklungstheorie 31 2.1 Überblick über Piagets Theorie 34 Die Theorie als Ganze 34 Die Entwicklungsstadien 35 Der Entwicklungsprozeß 36 Richtungweisende Annahmen 39 2.2 Das Stadienmodell 41 Die sensumotorische Phase 41 Die präoperationale Phase 46 Die konkret operationale Phase 52 Die formal operationale Phase 56

II

Inhaltsverzeichnis 2.3 Die Entwicklung einige entscheidender Begriffe 57 Erhaltung 58 Klassen und Relationen 61 2.4 Eine Bewertung von Piagets Theorie 67 Wie exakt beschreibt die Theorie charakteristische Aspekte des kindlichen Denkens? 68 Wie sehr entwickelt sich kindliches Denken in Stadien? 72 Wie zutreffend sind Piagets allgemeine Charakterisierungen des Denkens von Kindern? 76 Der aktuelle Status von Piagets Theorie 77 2.5 Zusammenfassung 78 Literaturempfehlungen 81

3 Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung 83 3.1 Überblick über das System der Informationsverarbeitung 86 Strukturelle Merkmale 86 Prozesse 91 3.2 Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung 94 Neo-Piaget-Theorien 96 Psychometrische Theorien 102 Produktionssystemtheorien 107 Konnektionistische Theorien 115 Theorien kognitiver Evolution 121 3.3 Zusammenfassung 129 Literaturempfehlungen 131 4 Die Entwicklung der Wahrnehmung 133 4.1 Sehen 137 Beachten von Objekten und Ereignissen 139 Identifizieren von Objekten und Ereignissen 147 Lokalisieren von Objekten 157 4.1 Hören 163 Beachten von Tönen 163 Identifizieren von Tönen 164 Lokalisation mittels Gehör 168

Inhaltsverzeichnis

III

4.3 Intersensorische Integration 171 Beachten 172 Identifizieren 173 Lokalisieren 174 4.4 Zusammenfassung 179 Literaturempfehlungen 181

5 Die Entwicklung der Sprache 183 5.1 Phonologie 191 Wie Menschen sprechen 191 Die Entwicklung der Phonologie 191 5.2 Bedeutung 195 Frühe Wörter und Wortbedeutungen 195 Weitere Entwicklung 200 5.3 Grammatik 206 Frühes grammatikalisches Verständnis 207 Spätere grammatikalische Entwicklung 209 Erklärungsversuche für die grammatikalische Entwicklung 212 5.4 Kommunikation 215 Kommunikation durch die gesprochene Sprache 215 Kommunikation durch Gestensprache 218 5.5 Sprache und Denken 220 5.6 Zusammenfassung 223 Literaturempfehlungen 225

6 Die Entwicklung des Gedächtnisses 227 6.1 Zeugenaussagen von Kindern 229 Kodierung 229 Speichern 231 Aus dem Gedächtnis abrufen 232 Schlußfolgerungen hinsichtlich der Zeugenaussagen von Kindern 233 Was entwickelt sich bei der Entwicklung des Gedächtnisses? 234

IV

Inhaltsverzeichnis

6.2 Grundlegende Prozesse und Kapazitäten 234 Explizites und implizites Erinnern 236 Assoziation 237 Wiedererkennen 237 Nachahmung und Erinnerung 239 Einsicht, Generalisierung und Zusammenfügen von Erfahrungen 240 Hemmung und Widerstand gegen Schlußfolgerungen 241 Infantile Amnesie 244 Verarbeitungskapazität 246 Verarbeitungsgeschwindigkeit 247 Evaluation 249 6.3 Strategien 249 Objektsuche 251 Wiederholen (rehearsing) 252 Ordnen 252 Selektive Aufmerksamkeit 253 Alternative Erklärungsansätze strategischer Veränderungen 256 Evaluation 258 6.4 Metakognition 258 Explizites metakognitives Wissen 259 Implizites metakognitives Wissen 260 Evaluation 262 6.5 Inhaltswissen 264 Auswirkungen darauf, an wieviel sich Kinder erinnern 264 Auswirkungen darauf, woran sich Kinder erinnern 266 Skripten 267 Inhaltswissen als Erklärung für weitere Veränderungen des Gedächtnisses 268 Wie unterstützt Inhaltswissen das Gedächtnis? 270 Evaluation 271 6.6 Was entwickelt sich wann bei der Gedächtnisentwicklung? 271 6.7 Zusammenfassung 273 Literaturempfehlungen 275

Inhaltsverzeichnis 7 Die Entwicklung des Begriffsvermögens 277 7.1 Begriffliche Vorstellungen im Allgemeinen 280 Merkmaldefinierte Repräsentationen 282 Probabilistische Repräsentationen 285 Theoriegestützte Repräsentationen 291 Zusammenfassung 295 7.2 Entwicklung einiger besonders wichtiger Begriffe 296 Zeit 296 Raum 299 Zahl 305 Verstand 310 7.3 Zusammenfassung 319 Literaturempfehlungen 322 8 Problemlösung 325 8.1 Überblick über die Problemlösung 327 Zentrale Themen 327 Ein Beispiel für die Entwicklung von Problemlösung 332 8.2 Einige wichtige Problemlösungsprozesse 344 Planen 344 Kausalschluß 348 Analogieschluß 350 Der Gebrauch von Werkzeugen 353 Wissenschaftliches und logisches Denken 358 Gemeinschaftliche Problemlösung 364 8.3 Zusammenfassung 368 Literaturempfehlungen 371 9 Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten 373 9.1 Mathematik 376 Rechnen mit einstelligen Zahlen 376 Komplexe Rechenaufgaben 388 Algebra 391 Computerprogrammierung 392

V

VI

Inhaltsverzeichnis 9.2 Lesen 394 Der typische chronologische Verlauf 394 Fähigkeiten, die dem Lesen vorausgehen 395 Das Erkennen einzelner Wörter 398 Verständnis 404 Pädagogische Implikationen 406 9.3 Schreiben 409 Der Prozeß des Aufsetzens 410 Der Prozeß des Überarbeitens 414 9.4 Zusammenfassung 416 Literaturempfehlungen 418

10 Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft 419 10.1 Aktueller Wissensstand darüber, was sich entwickelt und wie sich Entwicklung vollzieht 421 Zukünftige Fragen 423 10.2 Aktueller Wissensstand über Veränderungsprozesse 426 Zukünftige Fragen 428 10.3 Aktueller Wissensstand über frühe Kompetenz 431 Zukünftige Fragen 432 10.4 Aktueller Wissensstand über Unterschiede in Altersgruppen 435 Zukünftige Fragen 437 10.5 Aktueller Wissensstand über die Wirkungen bereits existierenden Wissens 439 Zukünftige Fragen 440 10.6 Aktueller Wissensstand über die Entwicklung der Intelligenz 443 Zukünftige Fragen 445 10.7 Aktueller Wissensstand über die sozialen Einflüsse auf das Denken von Kindern 449 Zukünftige Fragen 451 10.8 Aktuelle Beiträge der Forschung über das Denken von Kindern für die Praxis 458 Zukünftige Fragen 459

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung 461 Literaturempfehlungen 463

Literaturverzeichnis 465 Autorenverzeichnis 525 Sachverzeichnis 541

VII

VORWORT Das Denken von Kindern ist von Natur aus faszinierend. Wir alle waren einmal Kinder; die meisten von uns haben entweder oder möchten eines Tages Kinder haben. Die Art und Weise wie Kinder denken, ist uns sowohl vertraut als auch fremd. Wir erinnern uns zum Teil daran, wie wir in jüngeren Jahren gedacht haben und wir haben auch eine Vorstellung vom Denken vieler anderer Kinder. Als Erwachsene beobachten wir, daß das Denken von Kindern im allgemeinen vernünftig erscheint und manchmal erstaunlich einsichtig. Andererseits verblüffen uns die Gedankengänge von Kindern. Warum beispielsweise wird ein ansonsten vernünftiges 5jähriges Kind darauf bestehen, daß sich die Wassermenge verändert, wenn Wasser in ein anders geformtes Behältnis umgeschüttet wird, auch wenn ein Erwachsener dem Kind gerade erklärt hat, daß die Wassermenge gleich bleibt? Bis in die jüngste Vergangenheit blieb uns der Zugang zu vielen der interessantesten Aspekte des Denkens von Kindern verwehrt. Philosophen haben sich Jahrhunderte lang darum gestritten, ob Säuglinge die Welt als "strahlendes und dröhnendes Durcheinander" sehen oder ganz ähnlich wie ältere Kinder und Erwachsene. Erst mit der Entwicklung aufschlußreicher experimenteller Methoden in den vergangenen Jahren wurde die Antwort deutlich. Sogar Neugeborene sehen bestimmte Aspekte der Welt recht klar und mit 6 Monaten ähnelt die Wahrnehmung von Säuglingen der von Erwachsenen. Dies und andere Erkenntnisse über das Denken von Kindern sind Gegenstand dieses Buches. Für wen wird das vorliegende Buch von Interesse sein? Jeder der neugierig auf Kinder ist, dürfte darin interessante Beobachtungen und Gedanken finden. Jeder, der entsprechend motiviert ist, um dieses Fach zu studieren, wird darin eine Menge finden, was sein Vorstellungsvermögen anregt und weiteres Interesse am Denken von Kindern bewirkt. Ein Grund, warum es so erfreulich ist, über dieses Gebiet zu schreiben, ist die Tatsache, daß die Erkenntnisse in vielen grundlegenden Fragen rasch wachsen. Dieser rasche Wissenszuwachs machte eine umfassende Überarbeitung des Buches gegenüber seinen früheren Ausgaben notwendig. Eine wichtige Veränderung ist die beträchtliche Ausweitung der Frage, inwieweit die Entwicklung des Gehirns zur kognitiven Entwicklung beiträgt. Das Gewicht des Gehirns vervierfacht sich zwischen Geburt und Erwachsenenalter; gleichermaßen erstaunliche Veränderungen werden bei der Entwicklung unterschiedlicher Hirnteile und der Fähigkeit des Gehirns beobachtet, seine Wirkungsweise als Reaktion auf Erfah-

χ

Vorwort

rungen zu verändern. Diese neuronalen Veränderungen beeinflussen die Wahrnehmung, die Sprache, das Gedächtnis und alle anderen Aspekte der kognitiven Entwicklung. Eine weitere wichtige Veränderung betrifft die verstärkte Diskussion über den Einfluß des sozialen Umfeldes auf das Denken von Kindern. In der diesem Buch vorausgehenden Ausgabe wurde die Behandlung dieser Frage weitgehend auf den Bereich "Tendenzen in der Zukunft" im Schlußkapitel begrenzt. Weil sich jedoch die Erkenntnisse, die die Art und Weise betreffen, in der Eltern, Geschwister, andere Kinder, Lehrer und das weitere soziale Umfeld die kognitive Entwicklung beeinflussen, so stark vermehrt haben, wurde das Thema nun durchgängig im Buch behandelt. Die sozialen Einflüsse, die diskutiert werden, beziehen sich nicht nur auf die direkten Wirkungen anderer Menschen auf Kinder, sondern auch auf die Wirkungen der Instrumente, die die entsprechenden Kulturen zur Verfügung stellen (Alphabete, Zahlensysteme, Kalender, etc.), die Werte und Interessen, die sie entwickeln und die grundsätzliche menschliche Neigung, andere Menschen zu unterrichten und von anderen Menschen zu lernen. Eine dritte wichtige Veränderung betrifft die stärkere Hervorhebung von Forschungsbeiträgen über das Denken von Kindern für die Praxis. Dies umfaßt Methoden, um Wahrnehmungsstörungen, wie Blindheit im Säuglingsalter zu diagnostizieren, Techniken, um Kindern, die vor Gericht aussagen müssen, genaue Erinnerungen an die Ereignisse zu entlocken und Lerntechniken, um Lesen, Schreiben und mathematischen Fähigkeiten zu verbessern. In der Zeit, in der ich dieses Buch geschrieben habe, hat die Carnegie Mellon Universität eine einzigartige, intellektuell herausfordernde Atmosphäre geschaffen, um kognitive Entwicklung zu reflektieren und zu erforschen. Eine Konsequenz der intellektuellen Atmosphäre war die große Zahl hochqualifizierter Anregungen und Kommentare, die ich erhielt, während ich dieses Buch schrieb. Zhe Chen, Bethany Johnson und Doug Thompson äußerten besonders hilfreiche und konstruktive Kritik zu Teilen des Buches oder zu dem gesamten Buch. Natürlich sind großzügige Kollegen nicht auf eine bestimmte Universität begrenzt. Henry Wellman, Elyse Lehman, Eric Amsel und Harriet Waters lieferten mir ebenso nützliche Kommentare wie einige hier nicht namentlich genannte Kritiker. Ich bin davon überzeugt, daß ihre Anregungen das Buch in die richtige Richtung gelenkt haben, jedoch können letztlich nur die Leser beurteilen, wie sehr es sich tatsächlich in die richtige Richtung entwickelt hat. Mein besonderer Dank gilt meiner Sekretärin Theresa Treasure. Sie arbeitete mit mir zusammen während das Buch entstand und tat alles, daß die Arbeit rechtzeitig beendet wurde. Eine andere Art des Dankes gebührt meinen Kindern Aaron,

Vorwort

XI

Beth und Todd, die mein Verständnis für das Denken von Kindern in hohem Maße bereichert haben und eine Vielzahl bunter, lebhafter Kommentare lieferten, die ich an verschiedenen Stellen des Buches zitiert habe. Außerdem möchte ich meiner Frau Alice dafür danken, daß sie die Dinge an der Heimatfront in den vielen Momenten am Laufen hielt, in denen ich mit dem Buch beschäftigt war. Ich hoffe das Buch wird all dem Vertrauen gerecht, das sie und die Kinder in mich gesetzt haben. Robert S. Siegler

DANKSAGUNG Ich möchte mich bei einigen Personen und Verlagen für die Erlaubnis bedanken, Material in diesem Buch abzudrucken. Abbildung 1.1 Aslin, R. N. & Dumais S. T. (1980). Biocular vision of infants: A review and theoretical framework. In L. P. Lipsitt & H. W. Reese (Hrsg.), Advances in child development and behavior. New York: Academic Press. Abbildung 2.7 Baillargeon, R. (1987). Object permanence in 3 V2- and 4 !/2month-old infants. Development Psychology, 23, S. 655-664. Abbildung 3.6 MacWhinney, B. Leinbach, J., Taraban, R. & McDonald, J. (1989). Language learning: Cues or rules? Journal of Memory and Language, 28, S. 255-277. Abbildung 4.5 Abdruck des Photos mit Genehmigung von Dr. Martin Banks. Abbildung 4.10 Abdruck des Photos mit Genehmigung von Dr. Joseph Campos. Abbildung 4.12 Abdruck des Photos mit Genehmigung von Dr. G. Keith Humphrey. Abbildung 6.1 Abdruck des Photos mit Genehmigung von Dr. Carolyn RoveeCollier. Abbildung 6.3. Dempster, F. N. (1981). Memory span: Sources of individual and development differences. Psychological Bulletin, 89, S. 63-100. Abbildung 6.5 Abdruck des Photos mit Genehmigung von Dr. Patricia Miller. Abbildung 6.6 Vurpillot, E. (1968). The development of scanning strategies and their relation to visual differentiation. Journal of Experimental Child Psychology, 6, S. 632-650. Abbildung 7.2. Bomba, P. C. & Siqueland, E. R. (1983). The nature and structure of infant from categories. Journal of Experimental Child Psychology, 35, S. 294-328. Abbildung 8.1. Vosniadou, S. & Brewer, W. (1992). Mental models of the earth: A study of conceptual change in childhood. Cognitive Psychology, 24, S. 535585.

XIV

Danksagung

Abbildung 8.6. Karmiloff-Smith, A. (1986). Stage/structure versus phase/process in modelling linguistic and cognitive development. In I. Levin (Hrsg.), Stage and structure: Reopening the debate. Norwood, NJ: Ablex.

Kapitel 1

EINFÜHRUNG IN DAS DENKEN VON KINDERN W a n n ist die Sonne entstanden? Als die Menschen anfingen zu leben. Wer machte das? Gott. W i e hat Gott das gemacht? Er hat eine Menge

Glühbir-

nen hineingetan. Sind die Glühbirnen noch in der Sonne? Nein. W a s ist mit ihnen passiert? Sie sind ausgebrannt.

Nein, sie halten ziemlich lange. Dann

sind die Glühbirnen also noch drin? Nein, ich glaube er hat sie aus Gold gemacht.

Und er hat sie mit Feuer erleuchtet.

(Unterhaltung mit meinem

Sohn,1985)

Ich stellte meinem jüngeren Sohn diese Fragen eine Woche vor seinem fünften Geburtstag. Was sagen uns seine Antworten darüber, wie er die Welt zu diesem Zeitpunkt sah? Reflektieren sie einfach einen Mangel an Wissen über Astronomie und Physik? Oder deuten sie auf einen fundamentalen Unterschied im Denken von kleinen Kindern und älteren Kindern und Erwachsenen hin? Ein Erwachsener, der den Ursprung der Sonne nicht kennt, würde ihn niemals einem Gott zuschreiben, der Glühbirnen in die Sonne stellt. Ein Erwachsener würde den Ursprung der Sonne auch nicht mit der Tatsache in Verbindung bringen, daß die Menschen zu leben begannen. Bedeuten diese Unterschiede, daß Kinder im allgemeinen wörtlicher und ichbezogener denken als Erwachsene? Oder reflektieren sie nur, daß sich ein Kind an einen Strohhalm klammert, wenn es mit einer Frage konfrontiert wird, für die es nicht einmal eine plausible Antwort finden kann? Jahrhunderte lang haben sich Menschen über diese und damit zusammenhängende Fragen den Kopf zerbrochen. Sehen Säuglinge die Welt auf dieselbe Weise wie Erwachsene? Warum schicken Gesellschaften auf der ganzen Welt Kinder erst zwischen 5 und 7 Jahren zur Schule? Warum ist es so viel wahrscheinlicher, daß Jugendliche leidenschaftlich an Dinge wie vegetarische Lebensweise und Umweltschutz glauben als 10jährige? Vor einem Jahrhundert konnten Menschen über diese Fragen nur Vermutungen anstellen. Heutzutage haben wir hingegen Begriffe und Methoden, die unsere Möglichkeiten erweitern, den Entwicklungsprozeß zu beobachten, zu beschreiben und zu erklären. Als Konsequenz wächst unser Wissen über das Denken von Kindern rasch.

2

Kapitel 1

Das Ziel dieses Kapitels ist es, einige Grundfragen und Vorstellungen, die das Denken von Kindern betreffen, darzustellen. Der erste Abschnitt konzentriert sich auf das, was das Denken von Kindern bedeutet. Der nächste Abschnitt stellt einige der bleibenden Fragen, die Menschen dazu motivieren, sich mit kognitiver Entwicklung zu beschäftigen. Schließlich liefert der letzte Abschnitt einen Überblick über den Aufbau des Buches. Die Grundzüge des Kapitels liefert Tabelle 1.1.

TABELLE 1.1 Kapitelaufbau 1.1

Was bedeutet das Denken von Kindern?

1.2

Schlüsselfragen zum Denken von Kindern A. Welche Fähigkeiten sind angeboren? B. Vollzieht sich Entwicklung in Stadien? C. Wie vollziehen sich Veränderungen? D. Wie unterscheiden sich Individuen? E. Wie beeinflussen Veränderungen des Gehirns die kognitive Entwicklung? F. Wie beeinflußt das soziale Umfeld die kognitive Entwicklung?

1.3

Der Aufbau des Buches A. Der Aufbau der Kapitel B. Die zentralen Themen

1.4

Zusammenfassung

1.1 WAS BEDEUTET DAS DENKEN VON KINDERN? Das Denken von Kindern umfaßt das Denken, das vom Augenblick der Geburt an bis zum Ende der Adoleszenz stattfindet. Zu definieren, was Denken bedeutet, erweist sich als äußerst schwierig, weil keine scharfe Grenze die Handlungen, die das Denken miteinschließen, von denen trennt, die dies nicht tun. Denken umfaßt offensichtlich höhere geistige Prozesse: Problemlösung, Schlußfolgerung, Kreativität, Begriffsbildung, Erinnerung, Klassifizierung, Versinnbildlichung, Planung etc. Andererseits umfaßt das Denken grundlegendere Prozesse, Prozesse zu denen sogar kleine Kinder fähig sind: die Sprache zu gebrauchen und Objekte und Ereignisse im äußeren Umfeld wahrzunehmen, um zwei zu nennen. Auch andere

Einführung in das Denken von Kindern

3

Handlungen werden manchmal zum Denken gerechnet: etwa gewandtes Sozialverhalten, ein ausgeprägtes Moralgefühl, das Empfinden angemessener Gefühle usw. Die Fähigkeiten in dieser letzten Gruppe betreffen Denkprozesse, sie betreffen aber auch viele nicht intellektuelle Eigenschaften. In diesem Buch werden auch diese Grenzbereiche betrachtet, aber der Schwerpunkt liegt auf Problemlösung, Begriffsverständnis, Schlußfolgerung, Erinnerung, der Fähigkeit, Sprache hervorzubringen und zu verstehen und anderen im eigentlichen Sinne rein intellektuellen Vorgehensweisen. Ein besonders wichtiges Charakteristikum des Denkens von Kindern ist die Tatsache, daß es sich permanent verändert. Wie Kinder zu bestimmten Zeiten ihrer Entwicklung denken, ist an sich schon interessant, noch entscheidender für das Verständnis kognitiver Entwicklung sind jedoch die Fragen, warum die Veränderungen stattfinden und wie sie stattfinden. Wenn man einen Säugling mit einem 2jährigen Kind, ein 2jähriges mit einem 6jährigen und ein 6jähriges Kind mit einem Heranwachsenden vergleicht, ist es leicht, den Grad dieser Veränderungen richtig einzuschätzen. Doch welche Prozesse können den Verstand eines Neugeborenen in den Verstand eines Heranwachsenden verwandeln? Das ist die entscheidende Frage der kognitiven Entwicklung. Betrachten wir ein Beispiel für die drastischen Veränderungen, die sich während der Entwicklung vollziehen. DeVries (1969) interessierte sich dafür, wie 3- bis 6jährige den Unterschied von Schein und Wirklichkeit begreifen. Sie zeigte Kindern in diesem Alter einen außergewöhnlich gutmütigen Kater namens Maynard und erlaubte ihnen, ihn zu streicheln. Dann schauten die Kinder zu, wie die Versuchsleiterin die Maske eines wilden Hundes über Maynards Gesicht zog. Die Versuchsleiterin fragte: "Schaut, er hat ein Gesicht wie ein Hund. Was für ein Tier ist er jetzt?" Viele der 3jährigen glaubten, daß sich Maynard in einen Hund verwandelt hätte. Sie weigerten sich, ihn zu streicheln und sagten, daß er unter seinem Fell die Knochen und den Magen eines Hundes hätte. Im Gegensatz dazu wußten die meisten 6jährigen, daß aus einem Kater kein Hund werden kann und daß die Maske die Identität des Tieres nicht verändert. Wie kann ein menschliches Wesen, auch ein sehr junges, glauben, daß aus einem Kater ein Hund wird? Und wie wird aus dem 3jährigen Kind, das dies glaubt, das 6jährige, das sich über eine so dumme Vorstellung lustig macht? Wir wissen, daß sich die Veränderung vollzieht; die Frage ist, wie sie sich vollzieht.

4

Kapitel 1

1.2 SCHLÜSSELFRAGEN ZUM DENKEN VON KINDERN Was sind die wichtigsten Fragen bei der Beschäftigung mit dem Denken von Kindern? Viele Antworten sind möglich, aber es herrscht große Einigkeit darüber, daß die folgenden sechs zu den wichtigsten gehören. Welche Fähigkeiten sind angeboren? Verändert sich das Denken von Kindern in qualitativ unterschiedlichen Stadien? Wie vollziehen sich die Veränderungen im Denken von Kindern? Warum unterscheiden sich individuelle Kinder so stark voneinander in ihrem Denken? Wie beeinflußt die Entwicklung des Gehirns die kognitive Entwicklung? Inwieweit beeinflussen die Kulturen, in denen sich Kinder entwickeln, ihr Denken? Diese Fragen werden in den folgenden Abschnitten dargestellt.

Welche Fähigkeiten sind angeboren? Wie erfahren Kinder die Welt, wenn sie geboren werden? Was genau sehen sie, wenn sie einen Stuhl sehen oder Menschen, die miteinander sprechen, oder einen bellenden Hund? Was wissen sie, was wissen sie nicht und über welche Lernfähigkeiten verfugen sie? Wenn wir davon ausgehen, daß Kinder mit geringem Wissen und geringem Lernvermögen ausgestattet zur Welt kommen, stellt sich die Frage: wie können sie sich so schnell entwickeln? Wenn wir davon ausgehen, daß Kinder reich ausgestattet zur Welt kommen, stellt sich die Frage: warum dauert die Entwicklung so lange? Die Frage über die anfängliche Ausstattung von Kindern hat viele Spekulationen ausgelöst. Drei der bekanntesten kommen aus der Assoziationspsychologie, der konstruktivistischen Psychologie und der Theorie des kompetenten Säuglings (Competent-Infant-Ansatz). Der Assoziationsansatz wurde von englischen Philosophen des 18. und 19. Jahrhunderts wie John Locke, David Hume und John Stuart Mill entwickelt. Sie gingen davon aus, daß Kinder nur mit geringfügigsten Vermögen, vor allem mit der Fähigkeit, Erfahrungen gegenseitig auszutauschen, zur Welt kommen. So müßten sich Kinder im Grunde alle Fähigkeiten und Vorstellungen durch Lernen aneignen. Der konstruktivistische Ansatz, der von Jean Piaget zwischen 1920 und 1970 entwickelt wurde, geht davon aus, daß Kinder nicht nur über dieses assoziative Vermögen verfugen, sondern auch über verschiedene wichtige Wahrnehmungsfähigkeiten und motorische Fähigkeiten. Obwohl diese Fähigkeiten in Zahl und Reichweite begrenzt sind, erlauben sie Kindern, ihre Umwelt zu erforschen und immer anspruchsvollere Begriffe und Vorstellungen zu konstruieren. Man nimmt an, daß Kinder bis zu 6 Monaten nicht in der Lage sind, sich Objekte und Ereignisse gedanklich vorzustellen, daß sie aber später in ihrem ersten Lebensjahr fä-

Einführung in das Denken von Kindern

5

hig sind, solche Vorstellungen zu bilden, indem sie sich aktiv mit Objekten beschäftigen und sie erforschen. Der Competent-Infant Ansatz, der auf jüngeren Forschungen basiert (z. B. Carey & Gelman, 1991), geht davon aus, daß beide Auffassungen die Fähigkeiten von Kindern stark unterschätzen. Dieser Blickrichtung zufolge haben sogar Säuglinge ein sehr viel breiteres Spektrum an Wahrnehmungsfähigkeiten und begrifflichem Verständnis als man bis vor kurzem annahm. Diese Fähigkeiten erlauben es Kindern, die Welt auf rudimentäre Weise wahrzunehmen und ihre Erfahrungen vielfach in denselben Dimensionen zu klassifizieren wie ältere Kinder und Erwachsene. Die beeindruckenden Fähigkeiten, die in jüngsten Forschungen entdeckt wurden, können anhand des räumlichen Wahrnehmungsvermögens von Kindern illustriert werden. Philosophen haben lange Zeit darüber spekuliert, wie Menschen in der Lage sind, die Entfernung zwischen sich selbst und einem Objekt einzuschätzen. Einige von ihnen, so etwa George Berkeley, ein Assoziationsphilosoph des 18. Jahrhunderts, kamen zu dem Schluß, daß der einzige Weg, der Kinder in die Lage versetzt, Entfernungen richtig einzuschätzen, darin bestünde, daß sie sich in der Welt bewegen und assoziieren, wie Objekte aussehen und wieviel Bewegung nötig ist, um sie zu erreichen. Doch am Tag nachdem Säuglinge geboren werden, können sie bereits wahrnehmen, welche Objekte näher und welche weiter entfernt sind (Granrud, 1987; Slater, Mattock & Brown, 1990). Offensichtlich existiert bereits ein gewisses räumliches Vorstellungsvermögen, bevor Säuglinge durch Krabbeln und Laufen in ihrer Umgebung Erfahrungen sammeln. Säuglinge verfugen auch über erstaunliches Wissen hinsichtlich der Eigenschaften von Objekten. So zeigen Säuglinge mit 3 Monaten, dem frühesten Alter, in dem solches Wissen erfolgreich gemessen werden konnte, ein gewisses Verständnis dafür, daß Objekte weiterhin existieren, wenn sie hinter anderen Objekten versteckt werden und nicht gesehen werden können, daß Objekte herunterfallen, wenn sie nicht festgehalten werden, daß sich Objekte in räumlich fortlaufenden Bahnen bewegen und daß sich feste Körper nicht durcheinander hindurch bewegen können (Baillargeon, 1994; Spelke, 1994). Dieses Wissen ist nicht identisch mit dem von Erwachsenen; 3 Monate alte Säuglinge scheinen beispielsweise zu glauben, daß jedweder Kontakt zwischen einem Objekt und einer Stütze genügt, um das Objekt zu halten, auch wenn nur ein Bauklötzchen mit der linken Kante auf der rechten Kante eines darunterliegenden Bauklötzchens auf dem Boden liegt. Mit 6 Monaten zeigen Säuglinge ein differenzierteres Verständnis, nämlich das der Halt nur dann effektiv ist, wenn das Verhältnis zwischen dem Bauklötzchen auf dem Boden und dem Bauklötzchen darauf ein substanzielles ist (Baillargeon, 1994).

6

Kapitel 1

Neben der Tatsache, daß Säuglinge eine erste Vorstellung von grundlegenden Begriffen besitzen, verfügen sie auch über allgemeine Lernmechanismen, die ihnen helfen, eine breites Spektrum an neuem Wissen zu erlangen. Einer dieser Lernmechanismen ist Nachahmung. Wenn 2 Tage alte Säuglinge einen Erwachsenen sehen, der seinen Kopf in einer bestimmten Art bewegt, neigen sie dazu, den ihren in ähnlicher Weise zu bewegen; wenn 2 Wochen alte Säuglinge sehen, daß ein Erwachsener seine Zunge herausstreckt, neigen sie dazu, umgekehrt ihre Zunge herauszustrecken (Meltzoff, 1990; Meltzoff & Moore, 1983; 1989). Diese Nachahmungen geben Säuglingen die Möglichkeit, neue Verhaltensweisen zu erlernen und auch die Verbindung zu denjenigen zu stärken, die sie nachahmen, im besonderen zu ihren Eltern. Erkenntnisse wie diese haben zu der Auffassung geführt, daß Säuglinge kognitiv äußerst kompetent sind. Doch wie frühere Ansätze, wirft auch dieser neue Ansatz ebenso viele Fragen wie Antworten auf. Wenn Säuglinge grundlegende Begriffe verstehen, warum haben dann viel ältere Kinder solche Schwierigkeiten mit eben diesen Begriffen? Wenn Säuglinge beispielsweise verstehen, daß ein Spielzeug weiterhin existiert, wenn es zugedeckt wird, warum verstehen dann 3jährige immer noch nicht, daß eine Katze nicht in einen Hund verwandelt werden kann, indem ihr einfach eine Maske übergezogen wird? Die Stärken, die in der frühen Entwicklung vorhanden sind, mit den ebenfalls vorhandenen Schwächen in Einklang zu bringen, ist eine der größten Herausforderungen für das Verständnis von kindlichem Denken. Vollzieht sich Entwicklung in Stadien? Wenn sich ein Mädchen schlecht benimmt, mögen sich ihre Eltern trösten, indem sie sagen, "sie macht nur eine Phase durch". Wenn es einem Jungen absolut nicht gelingt, etwas zu lernen, mögen seine Eltern feststellen, "ich denke, er hat noch nicht das Stadium erreicht, in dem er das verstehen kann". Die Vorstellung, daß sich Entwicklung, kognitive Entwicklung mit eingeschlossen, in Stadien vollzieht, ist unter Psychologen wie unter Eltern weitverbreitet. Aber was genau bedeutet es zu sagen, ein Kind ist in einem bestimmten Stadium und entwickeln sich Kinder tatsächlich in qualitativ unterschiedlichen Denkstadien? Und warum sollte sich die Entwicklung eher in Stadien als kontinuierlich vollziehen? Die Auffassung von der Entwicklung in Stadien wurde teilweise von den Ideen Charles Darwins (1877) beeinflußt. Darwin wird im allgemeinen nicht als Entwicklungspsychologe betrachtet, aber in mancher Hinsicht war er einer. In seinem Buch The Descent of Man erörtert Darwin die Entwicklung von Verstand, Neugierde, Nachahmung, Aufmerksamkeit, Vorstellungsvermögen, Sprache und

Einführung in das Denken von Kindern

7

Selbstbewußtsein. Es erstaunt nicht, daß er am evolutionären Verlauf dieser Kompetenzen höchstes Interesse zeigte, d.h. wie sie sich im Laufe der Evolution von frühen Lebewesen bis zum Menschen entwickelt haben. Jedoch können und wurden viele seiner Ideen in Konzepte über die Entwicklung, die sich im Laufe eines individuellen menschlichen Lebens vollzieht, übersetzt. Vielleicht war die einflußreichste Beobachtung Darwins auch seine grundlegendste: daß sich die Lebewesen in der gewaltigen Zeitspanne, in der sie die Erde bevölkern, in einer Reihe von qualitativ unterschiedlichen Formen entwickelt haben. Diese Beobachtung ließ vermuten, daß die Entwicklung innerhalb eines einzelnen Lebens ebenfalls in unterschiedlichen Formen oder Stadien fortschreitet. Im Gegensatz zu Darwin selbst nahmen Entwicklungstheoretiker, die einen evolutionistischen Ansatz anwandten, auch an, daß Kinder den Übergang von einem Stadium in das nächste recht plötzlich machen würden. Dieser Stadienansatz stand im direkten Widerspruch zu der Annahme von Assoziationsphilosophen wie John Locke, daß sich das Denken von Kindern durch die allmähliche Zunahme unzähliger Einzelerfahrungen entwickeln würde. Assoziationstheoretiker verglichen den Entwicklungsprozeß mit einem Gebäude, das Stein für Stein gebaut wird. Stadien-Theoretiker verglichen ihn mit der Metamorphose der Raupe zum Schmetterling. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellte James Mark Baldwin Hypothesen über eine Reihe von plausiblen Stadien geistiger Entwicklung auf. Er ging davon aus, daß sich Kinder von einem sensumotorischen Stadium, in dem sensorische Beobachtungen und motorische Interaktionen mit der physischen Umwelt die dominierende Denkweise darstellten, in ein quasi-logisches, ein logisches und schließlich in ein hyperlogisches Stadium entwickeln würden. Die Vorstellung, daß sich Kinder in diesen Stadien entwickeln, wird bis zu einem gewissen Grad durch alltägliche Beobachtungen von Kindern belegt. Die Interaktion von Säuglingen mit ihrer Umwelt scheint zumindest auf den ersten Blick sensorischen Input und motorische Handlungen zu betonen. Erst in der Adoleszenz verbringen Kinder viel Zeit damit, über rein logische Fragen nachzudenken, so etwa darüber, ob für sie geltende Gesetze, wie die, die das Autofahren, Wählen und den Konsum von Alkohol betreffen, logisch konsistent sind. Baldwins Stadientheorie wurde von den meisten seiner Zeitgenossen ignoriert, doch übte sie zumindest auf einen späteren Denker starken Einfluß aus: auf Jean Piaget. Piaget bereicherte unser Wissen über das Denken von Kindern zweifellos mehr als irgend jemand sonst. Er machte eine enorme Zahl faszinierender Beobachtungen über die Art und Weise, in der Kinder in unterschiedlichem Alter denken. Der Grund etwa, warum ich meinen Sohn nach dem Ursprung der Sonne fragte (die Anekdote zu Beginn dieses Kapitels), war, daß ich von Piagets Beschreibun-

g

Kapitel 1

gen der Antworten fasziniert war, die Kinder in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts auf diese Frage gaben, und ich neugierig war, ob Kinder von heute ähnlich antworten würden (sie tun es). Zu Piagets weiteren Beiträgen gehört die weit über Baldwin hinausreichende Ausarbeitung der Theorie der Entwicklungsstadien und die allgemeine Verbreitung der Vorstellung, daß sich geistige Entwicklung in Stadien vollzieht. Was genau meinen wir, wenn wir sagen, das Denken von Kindern entwickelt sich in bestimmten Stadien? Flavell (1971) lieferte die entscheidenden Implikationen für das Stadienkonzept. Erstens implizieren Stadien qualitative Veränderungen. Wir behaupten nicht, daß sich ein Junge in einem neuen Stadium arithmetischen Verständnisses befindet, wenn er seine Kenntnisse über die Multiplikation von 50 Prozent auf das gesamte Wissen erweitert. Statt dessen behalten wir uns den Begriff fur Situationen vor, in denen das kindliche Denken nicht nur besser, sondern anders erscheint. Beispielsweise dann, wenn ein Mädchen seinen ersten im eigentlichen Sinne unterhaltenden Witz macht, nachdem es mehrere Jahre lang Geschichten erzählt hat, die es selbst als Witze bezeichnen mochte, die für Erwachsene aber nicht einmal Sinn machten. Dann erscheint dies als qualitative Veränderung. Beachten Sie jedoch die Mehrdeutigkeit des Ausdrucks erscheint. Vielleicht haben die Bemühungen des Mädchens über lange Zeit langsam Fortschritte gemacht, aber noch nicht die Schwelle dessen erreicht, was ein Erwachsener als Witz anerkennt. Bis zu einem gewissen Grad liegt das, was eine qualitative Veränderung ausmacht, im Auge des Betrachters. Eine zweite Implikation der Stadientheorie, die Flavell Gleichzeitigkeitsannahme (concurrence assumption) nannte, besteht darin, daß Kinder den Übergang von einem Stadium in das andere hinsichtlich vieler begrifflicher Vorstellungen gleichzeitig vollziehen. Wenn sie sich im Stadium 1 befinden, legen sie hinsichtlich all dieser Begriffe für Stadium 1 typische Denkweisen an den Tag, wenn sie sich im Stadium 2 befinden, für Stadium 2 typische Denkweisen. Als Konsequenz dieser gleichzeitigen Veränderungen weist das Denken von Kindern in vielen Bereichen abstrakte Ähnlichkeiten auf. Wenn ein Elternteil in dem obigen Beispiel sagt, "er ist noch nicht in dem Stadium, in dem er das verstehen kann," ist die natürliche Schlußfolgerung, daß die grundsätzliche Schwäche das Kind nicht nur daran hindern wird, diesen besonderen Begriff zu verstehen, sondern auch Begriffe vergleichbarer Komplexität. Das Denken von Kindern als einen Prozeß zu betrachten, der eine Reihe von Stadien durchläuft, hat noch zwei weitere Implikationen. Eine, die Flavell die Plötzlichkeitsannahme (abruptness assumption) nannte, bedeutet, daß Kinder eher plötzlich als allmählich von einem Stadium in das nächste kommen. Kinder befinden sich während eines längeren Zeitraums in Stadium 1, kommen kurz in eine

Einfuhrung in das Denken von Kindern

9

Übergangsphase, sind dann für einen längeren Zeitraum in Stadium 2 usw. Die vierte Annahme der Stadientheorie ist die eines kohärenten Systems. Das Verständnis des Kindes wird mehr als sinnvoll strukturiertes Ganzes betrachtet, denn aus vielen unabhängigen Wissensteilen zusammengesetzt. Stadientheorien beschreiben Entwicklung also als qualitative Veränderungen, die sich für viele begriffliche Vorstellungen gleichzeitig vollziehen, die sich plötzlich vollziehen und die einen Übergang von einer kohärenten Denkweise zu einer anderen kohärenten Denkweise implizieren. Zweifelsohne ist dies eine elegante und ansprechende Darstellung. Doch wie gut läßt sie sich auf die Realitäten kindlichen Denkens anwenden? Diese Frage wird in Kapitel 2 eingehender betrachtet. Wie vollziehen sich Veränderungen? Entwicklung bedeutet Veränderung. Verschiedene Arten der Veränderung, die sich im Laufe einer Entwicklung vollziehen, werden in Abbildung 1.1 dargestellt. Ursprünglich wurde das Schema entworfen, um Veränderungen in der Entwicklung der Wahrnehmung zu beschreiben (Aslin & Dumais, 1980), aber die Kategorien lassen sich auf alle Veränderungen im Denken von Kindern anwenden. Die linke Seite der Abbildung illustriert drei Veränderungsmuster, die in der pränatalen Phase (vor der Geburt) stattfinden können: eine bestimmte Fähigkeit kann sich voll, teilweise oder gar nicht entwickeln. Die rechte Seite stellt die sich nach der Geburt vollziehenden Veränderungen dar. Eine bereits entwickelte Fähigkeit kann entweder erhalten bleiben oder sich zurückbilden, eine teilweise entwickelte Fähigkeit kann wachsen, gleichbleiben oder sich zurückbilden und eine unentwickelte Fähigkeit kann wachsen oder unentwickelt bleiben. Das Spektrum möglicher Muster nimmt weiter zu, wenn wir uns bewußt machen, daß jede Fähigkeit viele Komponenten umfaßt, die recht unterschiedlichen Entwicklungsverläufen folgen. So können Säuglinge beispielsweise unabhängig davon, wo sie geboren werden, jeden Laut hervorbringen, der in jeder auf der Welt gesprochenen Sprachen benutzt wird. Im Laufe der Kindheit verlieren sie jedoch die Fähigkeit, viele Laute hervorzubringen, die nicht Teil ihrer Muttersprache sind. Andererseits fällt es ihnen immer leichter, willentlich die Laute hervorzubringen, die Teil ihrer Muttersprache sind. Nach dem Säuglingsalter schwindet und wächst also die Fähigkeit, Sprachlaute hervorzubringen, je nachdem von welchen Lauten wir sprechen.

10

Kapitel 1

Pränatal

Postnatal Altpr

ABBILDUNG 1.1 Darstellung unterschiedlicher Pfade der Veränderungen in der Entwicklung (nach Aslin & Dumais, 1980).

Wie können Veränderungen im Denken von Kindern erklärt werden? Die Antwort von Piaget und die der Informationsverarbeitungsansätze gehören zu den einflußreichsten Versuchen, diese Frage zu beantworten. Piaget ging davon aus, daß die grundlegenden Mechanismen, die alle kognitiven Veränderungen bewirken, Assimilation und Akkomodation sind. Assimilation ist der Prozeß, durch den sich Menschen Erfahrungen entsprechend ihres existierenden Verständnisses vorstellen. Ein einjähriges Mädchen, dem von ihrer Mutter eine runde Kerze gegeben wurde, könnte sie für einen Ball halten, wenn sie Bälle kennt, aber keine Kerzen. Akkomodation ist der entgegengesetzte Prozeß; in ihm wird das existierende Verständnis durch neues Wissen verändert. Das einjährige Mädchen, dem die runde Kerze gegeben wurde, könnte erkennen, daß dieser "Ball" anders ist als andere, weil er einen dünnen Gegenstand (den Docht) hat, der aus ihm herausragt. Diese Entdeckung könnte das Fundament für späteres Lernen legen, daß es in der Welt auch runde Kerzen gibt.

Einfuhrung in das Denken von Kindern

11

Forscher, die den Informationsverarbeitungsansatz auf das Denken von Kindern anwenden, sind besonders an dem Veränderungsprozeß interessiert. Sie richten ihr Augenmerk auf vier Veränderungsmechanismen, die eine große Rolle in der kognitiven Entwicklung zu spielen scheinen: Automatisierung, Kodierung, Generalisierung und Strategieentwicklung. Automatisierung bedeutet geistige Prozesse immer effizienter auszufuhren, damit sie immer weniger Aufmerksamkeit erfordern. Je älter und erfahrener Kinder sind, desto mehr erfolgt die Informationsverarbeitung bei vielen Aufgaben automatisch, was ihnen erlaubt, Verbindungen zwischen Vorstellungen und Ereignissen zu erkennen, die ihnen sonst entgehen würden. Ein 5jähriges Mädchen muß beispielsweise in den ersten Wochen, in denen sie von der Schule nach hause geht, ihre Aufmerksamkeit ganz der Aufgabe widmen, den Weg zu finden. Später wird sich die Handlung automatisieren und sie wird den Weg nach hause finden, auch wenn sie ihre Aufmerksamkeit dem widmet, was andere Menschen sagen und tun, während sie mit ihnen läuft. Kodierung bedeutet die informativsten Eigenschaften von Objekten und Ereignissen zu erkennen und diese Eigenschaften zu nutzen, um sich ein gedankliches Bild von ihnen zu machen. Die Bedeutung differenzierter Kodierung bei wachsendem kindlichen Verständnis für die Umwelt wird im Kontext des Lernens evident, etwa um Textaufgaben im Rechnen und in Algebra zu lösen. Oftmals enthalten solche Textaufgaben irrelevante und relevante Informationen. Der Trick, um Aufgaben zu lösen, besteht darin, die relevanten Informationen zu kodieren und die irrelevanten Teile zu ignorieren. Der dritte und der vierte Veränderungsmechanismus sind Generalisierung und Strategieentwicklung. Generalisierung ist die Übertragung von in einem Kontext erlangtem Wissen auf andere Kontexte. Strategieentwicklung ist die Entdeckung einer neuen Vorgehensweise, um ein Problem zu lösen. Die Wirkungsweise von Generalisierung und Strategieentwicklung kann an einem einzigen Beispiel illustriert werden. Nach wiederholter Erfahrung mit plötzlich nicht mehr funktionierenden Computern, Lampen, Toastern und Radios wird ein Kind verallgemeinernd schließen, daß Geräte häufig nicht funktionieren, weil sie nicht angeschlossen sind. Weil das Kind diese Schlußfolgerung zieht, wird es die Strategie entwickeln, immer den Stecker zu überprüfen, wenn sich beim Einschalten eines Geräts keine Wirkung zeigt. Die Strategieentwicklung des Kindes zeigt, daß Veränderungsprozesse eher zusammen als isoliert voneinander wirken. Die Entwicklung der Strategie, den Stecker zu überprüfen, war davon abhängig, die Wahrnehmung der Geräte so zu automatisieren, daß die Stecker als separate Teile der Geräte kodiert wurden und

12

Kapitel 1

verallgemeinert wurde, daß Geräte, die Stecker haben, im allgemeinen nicht angehen, wenn der Stecker herausgezogen ist. Wie im Verlauf des Buches offenkundig wird, spielen diese vier Veränderungsprozesse - Automatisierung, Kodierung, Generalisierung und Strategieentwicklung - in allem, vom Erlernen der Sprache eines 2jährigen bis zum Programmieren eines Computers eines Heranwachsenden, eine zentrale Rolle bei der Verbesserung des kindlichen Denkens.

Wie unterscheiden sich Individuen? So wie sich Kinder in unterschiedlichem Alter voneinander unterscheiden, so unterscheiden sich Kinder auch in einem bestimmtem Alter voneinander. Individuelle Unterschiede sind in allen Aspekten der Entwicklung vorhanden, von der Größe und dem Gewicht bis hin zu der Persönlichkeit und der Kreativität. Allerdings wurden Unterschiede in der Intelligenz besonders eingehend untersucht. Diese Untersuchungen begannen ernsthaft in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, als Frankreich ein Programm für das staatliche Schulwesen initiierte. Weil man erkannte hatte, daß nicht alle Kinder von demselben Unterricht profitierten, beauftragte der französische Erziehungsminister Alfred Binet und Theophile Simon einen Test zu entwickeln, um Kinder zu erkennen, die Lernschwierigkeiten im normalen Unterrichtsverfahren hatten und deshalb einen besonderen Unterricht benötigten. Der erste Binet-Simon Test wurde 1905 freigegeben. Er enthielt Fragen, die unmittelbar mit vielen Aspekten der Intelligenz verknüpft waren: Sprache, Gedächtnisleistung, Denkvermögen und Problemlösung. 1916 überarbeitete Lewis Terman, Professor in Stanford, den Test für die Anwendung in den Vereinigten Staaten und nannte ihn Stanford-Binet-Test. Auf den neusten Stand gebrachte Versionen sind bis heute weitverbreitet. Der Stanford-Binet-Test und andere Intelligenztests basieren auf der Annahme, daß nicht alle Kinder in einem bestimmten Alter auf demselben Niveau denken und argumentieren. Manche 7jährige argumentieren so gut wie der durchschnittliche 9jährige; andere argumentieren nicht besser als der durchschnittliche 5jährige. Um diese individuellen Unterschiede von Kindern zu erkennen, unterscheiden Intelligenztests zwischen dem Lebensalter (LA) eines Kindes und seinem Intelligenzalter (IA). Das Lebensalter reflektiert die Zeit von der Geburt des Kindes an; wenn ein Mädchen also vor 60 Monaten geboren wurde, ist ihr Lebensalter 5 Jahre. Hinter dem Intelligenzalter steht eine komplexere Idee, insofern als es die Leistung eines Kindes in einen Intelligenztest in Relation zu der Leistung anderer Kinder reflektiert. Exakt definiert ist das Intelligenzalter eines Kindes das Alter, in dem 50 Prozent aller Kinder so viele Fragen des Tests rieh-

Einfuhrung in das Denken von Kindern

13

tig beantworten wie ein bestimmtes Kind. Wenn zum Beispiel das durchschnittliche 5jährige Kind 20 Fragen im Test richtig beantwortet, dann hat ein Kind, das 20 Fragen richtig beantwortet, ein Intelligenzalter von 5 Jahren, unabhängig davon, ob das Kind 4, 5 oder 6 Jahre alt ist. Terman erkannte, daß die Implikationen für ein 4, 5 oder 6 Jahre altes Kind mit einem Intelligenzalter von 5 Jahren sehr unterschiedlich sind. Für ein 4jähriges Kind ist dieses Leistungsniveau verfrüht, für ein 5jähriges durchschnittlich und für ein 6j ähriges unterdurchschnittlich. Um diese Implikationen in Zahlen auszudrücken, verband Terman das Konzept von Intelligenz- und Lebensalter, um den Begriff des Intelligenzquotienten oder IQ zu formulieren. Der IQ eines Kindes bildet den Quotienten aus dem Intelligenz- und Lebensalter eines Kindes. Der Quotient wird mit 100 multipliziert, so daß der IQ, wie unten gezeigt, als ganze Zahl ausgedrückt werden kann: IQ =

mentales Alter chronologisches Alter

χ 100

In Termans Beispiel hätte also das 6jährige Kind mit einem Intelligenzalter von 5 einen IQ von 83 (5/6 χ 100). Der durchschnittliche IQ-Wert ist 100, weil das durchschnittliche Intelligenzalter jeder Gruppe per definitionem das Lebensalter ist. Ob der IQ-Wert über oder unter 100 (ob also das Intelligenzalter des Kindes sein Lebensalter übertrifft oder unterschreitet) liegt, zeigt, ob das Kind über oder unter dem Durchschnitt seiner Altersgruppe liegt; der Abstand des Wertes zu 100 zeigt, wie weit der Wert über oder unter dem Durchschnitt liegt. Ein Grund, warum IQ-Werte so breite Anwendung gefunden haben, liegt darin, daß sie Leistungen in der Schule recht gut vorhersagen können. Ein anderer Grund ist ihre Stabilität über lange Zeiträume. Der IQ eines 6jährigen Kindes beispielsweise sagt recht gut den IQ des Kindes mit 16 voraus. Der Zusammenhang ist nicht absolut zu sehen; manche Kinder zeigen mit der Zeit eine starke Zunahme des IQ und andere eine starke Abnahme. Es gibt außerdem eine beachtliche Kontroverse darüber, was Intelligenz ist und wie gut dieser oder andere Tests sie messen können. Offensichtlich sind jedoch Testergebnisse tendenziell von der ersten Klasse bis zum Erwachsenenalter recht stabil und erlauben relativ genaue Aussagen über die schulischen Leistungen. Bis in die jüngste Vergangenheit ist keine vergleichbare Aussagerelation zwischen früher und späterer Leistung für sehr junge Kinder entwickelt worden. Die Ergebnisse von Intelligenztests, die für Kinder unter 4 Jahren entwickelt wurden, hatten im wesentlichen keinen Bezug zu den IQ-Werten derselben Kinder, wenn sie älter waren. Dies läßt vermuten, daß individuelle Unterschiede in der Intelli-

14

Kapitel 1

genz von Säuglingen möglicherweise nicht in Beziehung zu individuellen Unterschieden in der späteren Intelligenz stehen. Jedoch hat vor kurzem eine Messung der Informationsverarbeitung von Säuglingen eine beachtliche Kontinuität zwischen der Intelligenz im Säuglingsalter und der Intelligenz in der späteren Kindheit gezeigt. Die Messung ist erstaunlich einfach. Wenn Säuglingen wiederholt ein Stimulus gezeigt wird, etwa ein Gegenstand oder ein Bild, verlieren sie das Interesse und schauen es seltener an. Das bedeutet, daß sie sich daran gewöhnen. Die Habituierung vollzieht sich bei Säuglingen mit unterschiedlichem Tempo; einige schauen recht schnell weniger, während andere dazu viel länger brauchen. Die Schlüsselerkenntnis ist, daß die IQ-Werte von 7 Monate alten Kindern 4 bis 10 Jahre später dazu tendieren, dann um so höher zu sein, je früher sich die Kinder an etwas gewöhnt haben (und nicht mehr schauen) und je größer ihre Präferenz für ein neues Bild ist (oft als "Präferenz für das Neue" bezeichnet), nachdem sie sich an das alte gewöhnt haben (Columbo, 1993; Fagan & Singer, 1983; McCall & Carriger, 1993; Rose & Feldman, 1995; Rose, Feldman & Wallace, 1992; Sigman, Cohen, Beckwith & Parmalee, 1986). Das Habituierungstempo steht auch in Beziehung zu den Ergebnissen späterer Leistungstests im Lesen und in Mathematik und dem grundlegenden Sprachvermögen. Des weiteren liegt der Anteil an Kindern mit Lernbehinderungen im Alter von 6 Jahren bei den Kindern höher, deren Habituierungstempo mit 7 Monaten am langsamsten ist (Rose et al., 1992). Warum sollte das Habituierungstempo mit 7 Monaten den IQ und die Ergebnisse von Leistungstests in späteren Jahren vorhersagen? Eine Erklärung ist, daß sowohl die frühe als auch die spätere Leistung die Effektivität der Kodierung des Kindes widerspiegelt (Bornstein & Sigman, 1986; Columbo, 1993; 1995). Mit anderen Worten: intelligentere Säuglinge kodieren schneller alles Interessante eines Bildes, was dazu führt, daß sie die ersten sind, die das Interesse daran verlieren. Sie werden munterer, wenn ein neues Bild gezeigt wird, weil sie die Unterschiede zwischen ihm und dem alten schneller kodieren. Man hat auch herausgefunden, daß eine Beziehung zwischen differenziertem Kodieren und der Fähigkeit begabter älterer Kinder und Heranwachsender besteht, Probleme zu lösen und schnell zu lernen (Davidson, 1986). Die Qualität des Kodierens könnte möglicherweise frühe und spätere intellektuelle Fähigkeiten miteinander verbinden. Die große Mehrzahl der Untersuchungen von Intelligenz und anderer Bereiche kognitiver Entwicklung konzentriert sich auf das individuelle Verhalten von Kindern. Um jedoch größere Einblicke zu erlangen, haben Forscher in der jüngsten Vergangenheit die Untersuchungen nach innen und nach außen ausgedehnt. Die nach innen gerichteten Arbeiten untersuchen, inwieweit die Entwicklung des Ge-

Einführung in das Denken von Kindern

15

hirns mit den Veränderungen im Denken von Kindern in Zusammenhang steht. Die nach außen gerichteten Arbeiten ziehen nicht nur das individuelle Kind heran, sondern auch die prägenden Einflüsse anderer Menschen und kultureller Einrichtungen. Der erste Ansatz baut also auf Erkenntnissen und Einsichten aus den Nachbardisziplinen Biologie und Neurologie auf, der zweite auf Erkenntnissen und Einsichten aus der Soziologie und der Anthropologie. Diese Ansätze zur Erklärung kindlichen Denkens werden in den nächsten beiden Abschnitten vorgestellt. Wie beeinflussen Veränderungen des Gehirns die kognitive Entwicklung? Je größer das Gehirn einer Spezies, desto wahrscheinlicher ist es im allgemeinen, daß die Lebewesen dieser Spezies um so intelligenter sind. Zweifelsohne tragen Veränderungen in Größe, Struktur und Verknüpfungsmustern des Gehirns im Lauf der kindlichen Entwicklung in hohem Maße zur Veränderung des kindlichen Denkens bei. Diese sowohl quantitativen als auch qualitativen Veränderungen finden auf drei Ebenen statt: (1) Veränderungen im Gehirn als Ganzem, (2) Veränderungen in besonderen Strukturen des Gehirns und (3) Veränderungen in den Millionen von Hirnzellen (Neuronen). Veränderungen im Gehirn als Ganzem. Die Veränderungen, die im Gehirn als Ganzem stattfinden, werden durch die massive Zunahme seines Gewichts von der Geburt bis zum Erwachsenenalter offensichtlich. Bei der Geburt wiegt das Gehirn etwa 400 Gramm, 850 Gramm mit 11 Monaten, 1100 Gramm mit 3 Jahren und 1450 Gramm bei einem Erwachsenen (Kolb & Whishaw, 1996). Das Gehirn eines Erwachsenen wiegt also fast viermal mehr als das Gehirn eines Neugeborenen. Diese Veränderung in der Größe macht ein wesentlich differenzierteres Denken möglich. Veränderungen in den Strukturen des Gehirns. Die relative Größe und das Aktivitätsniveau der meisten Hirnteile verändern sich ebenfalls im Laufe der Entwicklung. Das Gehirn kann in 2 Hauptteile unterteilt werden: in subkortikale Strukturen und den Kortex. Die subkortikalen Strukturen sind Areale oberhalb des Rückenmarks wie der Thalamus, die Medulla und die Pons (Abbildung 1.2). Sie sind in den Gehirnen von Menschen und anderen Säugetieren, besonders anderer Primaten wie Menschenaffen und anderen Affen sehr ähnlich.

16

Kapitel 1

Kortex

Tectum

Ephitalamus

Kortex

Colliculus superior laminae tecti

Ventriculus lateralis

Colliculus inferior laminae tecti

Dritter Ventrikel Thalamus

Vierter Ventrikel Hypothalamus Cerebellum (Kleinhirn) Chiasma opticum Medulla Wirbelsäule

Tegmentum Aquaeductus cerebri Pons

Formatio reticularis

ABBILDUNG 1.2 Die Struktur des Gehirns. Einige der subkortikalen Areale sind benannt. Bei dem gewundenen Areal darüber handelt es sich um den Kortex.

Wie diese subkortikalen Areale enthält der Kortex einige Strukturen, die bei Menschen und anderen Primaten ähnlich sind, unter anderen den Thalamus und den Hypothalamus. Zusätzlich dazu enthält der Kortex jedoch eine große Struktur, die bei Menschen weit höher entwickelt ist als bei jedem anderen Lebewesen: der Kortex cerebralis oder die Großhirnrinde (in der Abbildung als "Kortex" bezeichnet). Diese große Struktur, die auf dem Rest des Gehirns sitzt, befähigt zu hochentwickelten kognitiven Fähigkeiten, wie Sprache und komplexer Problemlösung und ist einzigartig beim Menschen. Bei der Geburt und einige Jahre danach ist die Großhirnrinde im Vergleich zu anderen Hirnteilen unterentwickelt. Das wird sowohl durch ihren im Vergleich zum Erwachsenen geringeren Gewichtsanteil deutlich als auch dadurch, daß sie, was die Bildung und die Muster ihrer elektrischen und chemischen Aktivität betrifft, noch nicht ihr vollentwickeltes Stadium erreicht hat. Die Tatsache, daß die

Einführung in das Denken von Kindern

17

Großhirnrinde relativ unentwickelt ist, hat wichtige Konsequenzen fur die kognitiven Funktionen. Es führt dazu, daß einige Arten der Kognition in der Frühphase der Entwicklung nicht möglich sind und daß andere zuerst von bereits stärker entwickelten Teilen des Gehirns ausgeübt werden, auch wenn der Kortex dabei später eine dominante Rolle spielt.

Frontallappen

Sulcus centralis Frontallappen

Parietallappen

Parietallappen Okzipitallappen Okzipitallappen

Fissura horiziontalis

Temporallappen

Temporallappen

MEDIAL

LATERAL Fissura longitudinalis cerebri Frontallappen Frontallappen Sulcus centralis Parietallappen Temporallappen

Okzipitallappen

DORSAL

VENTRAL

ABBILDUNG 1.3 Vier Abbildungen des Kortex. Links oben von links gesehen, links unten von oben, oben rechts von links auf die innere Oberfläche der rechten Hirnhemisphäre und unten rechts von unten gesehen.

18

Kapitel 1

Wie in Abbildung 1.3 gezeigt wird, enthält der Kortex vier Hauptlappen: den Frontallappen an der Stirnseite des Gehirns; den Parietallappen auf seinem Scheitel; den Okzipitallappen an der Hinterseite und den Temporallappen am Hemisphärenboden. Jeder Bereich bewirkt besonders aktiv bestimmte Formen kognitiver Aktivität. Der Okzipitallappen beispielsweise ist besonders stark in die Verarbeitung visueller Information involviert, wohingegen der Frontallappen besonders für das Bewußtsein und bei der Planung und Regulierung kognitiver Aktivität eine Rolle spielt. Der Frontallappen ist, was nicht erstaunt, wenn man sich vor Augen führt, bei welchen Arten der Aktivität er besonders beteiligt ist, bei der Geburt im Vergleich zu anderen Teilen des Gehirns und auch anderen Teilen der Großhirnrinde besonders unentwickelt. Seine völlige Ausprägung während des Säuglingsalters und der frühen Kindheit scheint entscheidend für die rasche Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten zu sein, die in dieser Phase stattfinden (eine gute Darstellung der unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Entwicklung der verschiedenen Hirnteile bieten Chugani & Phelps, 1986). Veränderungen der Neuronen. Die dritte und entscheidende Stufe der Veränderung, die im Gehirn stattfindet, betrifft bestimmte Neuronen (Nervenzellen). Neuronen existieren in großer Zahl in allen Teilen des Gehirns - insgesamt zwischen 100 und 200 Millionen. Alle Neuronen existieren von Geburt an. Die weitreichenden Veränderungen, die stattfinden, sind darauf zurückzuführen, daß die Neuronen immer stärker miteinander verknüpft werden. Jedes Neuron hat drei Hauptteile: einen Zellnukleus, den Kern der Nervenzelle, eine Reihe von Dendriten, Fasern, die Informationen von anderen Zellen zum Zellkern transportieren und einen oder manchmal mehrere Neuriten, längere Fasern, die Informationen vom Zellkern zu anderen Neuronen leiten (Abbildung 1.4). Neuronen transportieren Informationen sowohl auf elektrischem als auch auf chemischem Wege. Innerhalb eines bestimmten Neurons ist die Übertragung elektrisch. Elektrische Signale wandern von den Dendriten zum Zellkern und weiter zu dem oder den Neuriten. Zwischen Neuronen ist die Übertragung chemisch. Neuronen sind nicht direkt miteinander verknüpft, statt dessen gibt es kleine Spalten, Synapsen genannt, die den Neuriten eines Neurons von dem Dendriten eines anderen trennen. Das elektrische Signal, das entlang des Neuriten verläuft, führt zur Ausschüttung von chemischen Neurotransmittern, die vom Ende des Neuriten über die Synapse an den Anfang der Dendriten angrenzender Neuronen wandern. Wenn die Neurotransmitter an den Dendriten der empfangenden Neuronen ankommen, wird die Information in elektrische Impulse zurückverwandelt. Bei einem Erwachsenen hat ein einziges Neuron oft mehr als 1000 Synapsen mit anderen Neuronen. Diese multiplen Verschaltungen erlauben

Einführung in das Denken von Kindern

19

es, daß Informationen gleichzeitig in unterschiedliche Hirnareale übertragen werden (Thompson, 1985).

Dendritische Dornen

Mitochondrion

ABBILDUNG 1.4 Struktur eines typischen Neurons (links) mit oben liegenden Dendriten, dem Zellkörper im Quadrat und dem Neuriten darunter. Der erste Teil des Neuriten, an der Stelle, an der er den Zellkörper verläßt, ist nicht ummantelt; die Ovale um den Neuriten darunter stellen Myelin dar, ein Isolierstoff, der die Geschwindigkeit elektrischer Übertragung verbessert. Wie in der Zeichnung unten rechts dargestellt, befinden sich die Synapsen an den Enden des Neuriten eines Neurons, die an den Anfang eines Dendriten eines anderen Neurons angrenzen. Chemische Stoffe, als Neurotransmitter bekannt, fließen vom Ende des Neuriten durch die Synapsen zum Anfang der Dendriten eines anderen Neuriten und leiten somit Informationen von einem Neuron zum anderen.

20

Kapitel 1

Synaptogenese. Die Bildung von Synapsen zwischen Neuronen (Synaptogenese) ist bei der Geburt bei weitem noch nicht beendet. In vielen Hirnteilen folgt sie einem unterschiedlichen Entwicklungsverlauf von Überproduktion und Absterben. In der frühen Entwicklung gibt es eine explosionsartige Bildung von Synapsen, was dazu führt, daß die Zahl der Synapsen im Gehirn eines Kleinkindes die Zahl bei einem Erwachsenen weit übersteigt. Im Lauf der Kindheit verringert sich dann die Zahl der Synapsen auf das Niveau eines Erwachsenen. In einen Teil des Frontallappens beispielsweise erhöht sich die Dichte synaptischer Verschaltungen zwischen der Geburt und dem 13. Lebensmonat um das zehnfache (Huttenlocher, 1979). Mit 2 Jahren ist dort die Verschaltungsdichte fast zweimal größer als beim Erwachsenen. Nach diesem Zeitpunkt geht sie allmählich zurück, um etwa im Alter von 7 Jahren das Niveau eines Erwachsenen zu erreichen. In anderen Teilen des Gehirns folgen Überproduktion und Absterben demselben Grundmuster, aber in einem anderen zeitlichen Verlauf. Im optischen Kortex wird die höchste Synapsendichte im allgemeinen früher erreicht als im Frontallappen - etwa ein Jahr zuvor - und das Absterben dauert länger - bis zum Alter von 11 Jahren (Huttenlocher, 1990). Dennoch scheint der Grundzyklus von schneller anfänglicher Synapsenbildung, dem ein verlängerter Prozeß des Absterbens der Synapsen folgt, im allgemeinen beibehalten zu werden. Was bestimmt, welche Synapsen erhalten bleiben und welche absterben werden? Erfahrung scheint eine der wichtigsten Determinanten zu sein. Wenn Erfahrung zur Aktivierung der Synapsen fuhrt, so daß Neurotransmitter ausgeschüttet werden, scheinen die Synapsen erhalten zu bleiben. Wenn nicht, sterben sie in der Regel ab (Greenough, Black & Wallace, 1987). Im Gehirn wie im Verhalten vollzieht sich Entwicklung also als komplexes Zusammenspiel von genetischer Prägung und Erfahrung. Einige Forscher vermuten, daß der frühe Überschuß an Synapsen darauf zurückzuführen ist, daß Säuglinge und Kleinkinder bestimmte Fähigkeiten effektiver erlangen als Erwachsene (ζ. B. Bjorklund & Green, 1992; Fischer, 1987). Säuglinge und Kleinkinder sind beispielsweise besonders gut in der Lage, die Laute und die Grammatik ihrer Muttersprache aufzunehmen. Sie erlernen eine Sprache wesentlich effektiver als Erwachsene, die in ein anderes Land emigrieren und dessen Sprache zu erlernen versuchen (Johnson & Newport, 1989). Dies liegt nicht nur daran, daß Kinder ihre erste Sprache erlernen und Erwachsene ihre zweite; kleine Kinder lernen auch dann Phonetik und Syntax effektiver, wenn sie eine zweite Sprache erlernen (etwa wenn ein 5j ähriges Kind in ein anderes Land kommt). Die zusätzlichen Synapsen im Gehirn kleiner Kinder sind möglicherweise besonders hilfreich, um das äußerst komplexe System von Bedingungen, das

Einführung in das Denken von Kindern

21

die Phonetik und Grammatik von Sprachen wie etwa dem Englischen umfaßt, zu erlernen. Wie beeinflußt das soziale Umfeld die kognitive Entwicklung? Von dem Tag an, an dem Kinder den Mutterleib verlassen, leben sie in einem durch und durch sozialen Umfeld. Es ist nicht nur insofern sozial, als in ihm andere Menschen leben, die auf das Kind einwirken - Eltern, Geschwister, andere Erwachsene und andere Kinder - , es ist auch insofern sozial, als es viele Artefakte umfaßt - die vielen Gegenstände, die nur aufgrund menschlicher Anstrengungen und Schöpferkraft existieren (Bücher, Fernseher, Computer, Autos, etc.), die vielen Kenntnisse, die unser kulturelles Erbe widerspiegeln (Lesen, Schreiben, Mathematik, Computerprogrammierung, Videospiele, etc.) und das Wertesystem, das Strategien und Problemlösungen in eine bestimmte Richtung lenkt (Geschwindigkeit, Genauigkeit, Ordnung, Wahrheitsliebe, etc.). Zweifellos haben all diese Manifestationen des sozialen Umfelds einen tiefgreifenden Einfluß auf das, was Kinder darüber und wie sie darüber denken. Wie Gauvain (1995, S.41) bemerkt, liefert die Kultur "den die kognitive Entwicklung überwölbenden Kontext." So wie Piaget der Ahnherr der Stadientheorie der Entwicklung ist, so ist Lev Vygotsky der Ahnherr soziokultureller Theorien. Diese soziokulturellen Theorien betonen den Einfluß des sozialen Umfeldes auf das Denken von Kindern. Obwohl Piaget und Vygotsky Zeitgenossen waren, zielten ihre Theorien in unterschiedliche Richtungen. Während Piaget Kinder als kleine Wissenschaftler darstellte, die versuchen, die Welt weitgehend alleine zu begreifen, zeichnete Vygotsky von ihnen ein Bild inmitten von anderen Menschen, die bemüht sind, ihnen bei der Aneignung der Kenntnisse zu helfen, die sie benötigen, um in ihrer Kultur zu leben. Während sich Piaget weitgehend mit den Entwicklungsaspekten beschäftigte, die bei Kindern aller Gesellschaften und in allen historischen Epochen anzutreffen sind, betonte Vygotsky Faktoren, die sich bei Kindern unterscheiden, die zu unterschiedlichen Zeiten unter unterschiedlichen Umständen aufwachsen. Die Ansätze sind komplementär, insofern als für das Verstehen der kognitiven Entwicklung das Verstehen sowohl der universellen als auch der variierenden Aspekte erforderlich ist. Vygotskys Begriffe von der Entwicklung des Denkens. Vygotsky entwickelte einige Schlüsselbegriffe für das Verständnis der Art und Weise, in der das soziale Umfeld das kindliche Denken beeinflußt. Drei der wichtigsten sind: Bereich der nächsthöheren Entwicklung (zone of proximal development, ZPD), soziales Gerüst und kulturelle Werkzeuge.

22

Kapitel 1

Der Begriff Zone of proximal development (ZPD) basiert auf der Erkenntnis, daß dann, wenn andere Menschen Lernende in Teilen einer schwierigen Aufgabe steuern und unterstützen, die Lernenden oftmals auf differenziertere Weise denken können als dann, wenn sie die ganze Aufgabe alleine bewältigen müssen. Für jedes Kind ist die ZPD definiert als die Distanz zwischen dem, was das Kind durch eigenständige Problemlösung leistet und dem, was dieses Kind mit substanzieller Hilfe zu leisten vermag (Vygotsky, 1978). Wie in Abbildung 1.5 dargestellt; kann eines von 2 Kindern, die über identische Fähigkeiten verfügen, um ohne Hilfe eine Aufgabe zu lösen, möglicherweise viel mehr leisten, wenn ihm geholfen wird, während das andere von der Hilfe kaum profitiert. Die Information, wieviel ein Kind mit bestimmter Hilfe leisten kann, liefert ein vollständigeres Bild des kindlichen Denkens als die bloße Untersuchung der kindlichen Problemlösung ohne Hilfe von außen.

Kind Β

Kind A höher

höher

Ν

Ν

niedriger ohne Hilfe

mit Hilfe

niedriger ohne Hilfe

mit Hilfe

ABBILDUNG 1.5 Die Bereiche der nächsthöheren Entwicklung (zones of proximal development, ZPD) bei 2 Kindern. Die Leistung der Kinder ohne Hilfe ist vergleichbar, aber Kind Β kann stärker von der Hilfe einer anderen Person profitieren.

Der soziokulturelle Ansatz unter besonderer Berücksichtigung der ZPD konzentriert sich also auf die Art und Weise, in der andere Menschen Kinder bei der Problemlösung steuern und unterstützen. Eine Art der Unterstützung, die sie liefern, ist das soziale Gerüst, das darin besteht, Kindern zu helfen, über Aufgaben angemessen nachzudenken, Wege für Problemlösungen zu entwerfen und Hinweise zu geben, die das Kind in eine sinnvolle Richtung lenken. Die Idee des so-

Einführung in das Denken von Kindern

23

zialen Gerüsts basiert auf einer Analogie zu der Vorgehensweise, in der Gebäude errichtet werden. Gerüste sind Metallgestelle, die es Bauarbeitern erlauben, hoch über dem Boden zu arbeiten, während sie die Grundmauern von Gebäuden errichten. Sind die Grundmauern erst einmal errichtet, stützen sie die Arbeiter, was es ihnen erlaubt, das Gerüst zu entfernen. In ähnlicher Weise liefert das Handeln kompetenterer Menschen in sozialen Gerüsten ein vorübergehendes Stützwerk, das es Kindern erlaubt, in differenzierterer Weise zu denken als sie es sonst könnten. Nachdem Kinder eine Zeitlang auf diesem höheren Niveau gearbeitet haben, können sie auf demselben Niveau ohne externe Unterstützung arbeiten. Eltern neigen dazu, ihren Kindern Dinge auf eine Weise beizubringen, die in das Gerüstmodell paßt, indem sie eine aktive Rolle spielen, wenn Kinder gerade erst beginnen, sich eine Fähigkeit anzueignen, und sich allmählich zurückziehen, wenn die Kinder die Fähigkeit besser beherrschen (Pratt, Kerig, Cowan & Cowan, 1988; Wood, 1986). Erwachsene sind im allgemeinen besser dazu in der Lage, ein solches Gerüst zu liefern als andere Kinder. Sie neigen dazu, Kinder stärker in den Entscheidungsprozeß einzubinden und ihnen zu helfen, Strategien zur Lösung zukünftiger Probleme zu erlernen. Im Gegensatz dazu erzählen andere Kinder, auch solche, die für bestimmte Probleme ebenso viele Kenntnisse mitbringen wie Erwachsene, den Lernenden oft nur, was zu tun ist, ohne viel Aufmerksamkeit darauf zu verwenden, ihnen beim Lernen zu helfen. Es erstaunt nicht, daß Kinder, die zuvor bestimmte Probleme mit ihren Eltern gelöst haben, darin fähiger sind als Kinder, die sie zuvor mit Gleichaltrigen gelöst haben (Ellis & Rogoff, 1986; Radiszewska & Rogoff, 1988). Der Begriff der kulturellen Werkzeuge umfaßt ein weit größeres Spektrum an Gegenständen als Hammer, Sägen und Schraubenzieher, die wir im allgemeinen als Werkzeuge betrachten. Er umfaßt die gesamte Bandbreite an Gegenständen und Ideen, die es Menschen erlauben, ihre Ziele zu erreichen: Geräte wie Taschenrechner und Computer, Erfindungen wie Bücher und Landkarten; Möglichkeiten, die Welt zu erkennen, wie Mathematik und Naturwissenschaft, Zeichensysteme wie Zahlen und Buchstaben und abstrakte Ideen wie Ernsthaftigkeit und Tüchtigkeit (Rogoff, 1990). Die Interaktion selbst mit den profansten kulturellen Werkzeugen hilft Kindern, das soziale Umfeld und die physische Welt besser zu verstehen. Denken Sie beispielsweise an Kalender und Uhren. Etwas über sie zu lernen, bedeutet viel mehr als die Zeit zu bestimmen. Es bedeutet auch, etwas über die Überzeugung unserer Kultur zu lernen, daß es sinnvoll ist, Zeit in kleinere Einheiten von Jahren, Monaten, Tagen, Stunden, Minuten und Sekunden aufzuspalten. Die Art und Weise, wie Menschen mit diesen Werkzeugen umgehen, ist auch aufschlußreich. Wir sagen Kindern, sie sollen um 6.00 Uhr oder 6.15 Uhr

24

Kapitel 1

zu hause sein oder um 8.05 Uhr oder auch um 8.07 Uhr, aber niemals, daß sie um 8.07 Uhr und 30 Sekunden zuhause oder in der Schule sein sollen und noch viel weniger um 8.07 Uhr 30 und 7/10 Sekunden. Wir betrachten es als sinnvoll, Zeit bis zu einem bestimmten Grad aufzuspalten, aber im allgemeinen nicht darüber hinaus. Zahllose solcher Erfahrungen prägen die Art und Weise, in der Kinder über selbst so grundlegende Begriffe wie Zeit nachdenken. Das soziale Umfeld beeinflußt die kognitive Entwicklung nicht nur durch direkte Interaktion mit anderen Menschen, sondern auch indem sie Kinder in die Lage versetzt, an Aktivitäten teilzuhaben, die von der Gesellschaft hochgeschätzt werden. Einige dieser Aktivitäten wie Schul- und Musikunterricht sind speziell dafür gedacht, besondere Fähigkeiten und Kenntnisse zu lehren. Allerdings sind viele andere Aktivitäteiräuch ohne formalen Unterricht sehr lehrreich. Ein gutes Beispiel für diese letztere Art der Aktivität ist der Verkauf von Plätzchen bei Pfadfindern. Das Hauptziel eines solchen Verkaufs ist es, Geld für die Gruppe einzunehmen. Wenn die Pfadfinder jedoch daran teilnehmen, lernen sie eine Vielzahl von Werten und Fähigkeiten (Rogoff, 1995). Das Lernen geschieht durch die direkte Interaktion mit Gruppenleitern, Eltern, Kunden und anderen Kindern, durch von anderen entwickelte Werkzeuge, wie bunte Bestellzettel, die dazu dienen anzuzeigen, wie viele Plätzchen von jeder Sorte bestellt und wieviel Geld verdient wird, durch die Planung von Routen, um die Plätzchen auszuliefern, dadurch daß errechnet werden muß, wieviel Wechselgeld benötigt wird, wenn die Kunden für ihre Bestellungen bezahlen, dadurch, daß verschiedene Verkaufsstrategien ausprobiert werden und so weiter. Während Kinder mit diesen Aktivitäten beschäftigt sind, erlangen sie nicht nur Fähigkeiten, sondern auch Werte: etwa Verantwortung, Höflichkeit, Tüchtigkeit, Genauigkeit und Pünktlichkeit. Ebenso wie die Fähigkeiten sind die Werte keine expliziten Ziele des Verkaufs der Plätzchen. Sie sind vielmehr nützliche Nebenprodukte, die man sich aneignet während das eigentliche Ziel, Geld zu verdienen, verfolgt wird. Unterschiedliche Kulturen stellen unterschiedliche Lernbeschäftigungen zur Verfügung, aber in allen Kulturen erlernen Kinder durch die Teilhabe an Aktivitäten, die die Werte ihrer entsprechenden Gesellschaften widerspiegeln, ein breites Spektrum an Werten und Fähigkeiten. Warum verkaufen Affen keine Plätzchen? Menschen unterscheiden sich von anderen Lebewesen nicht nur durch die Großhirnrinde, sondern auch durch ihre Neigung, Kultur hervorzubringen. Es ist nicht einfach, sich Affen vorzustellen, die Plätzchen oder irgend etwas anderes verkaufen. Sie entwickeln einfach keine solchen kulturelle Einrichtungen und auch nicht die Werkzeuge, die diesen Einrichtungen unterliegen. Was ist es, daß Menschen dazu bewegt, Kultur zu entwickeln, die sich so sehr von der anderer Spezies unterscheidet?

Einführung in das Denken von Kindern

25

Zwei grundlegende menschliche Neigungen scheinen dafür ausschlaggebend zu sein (Tomasello, 1995; Tomasello, Kruger & Ratner, 1993). Eine davon ist die Neigung zu lehren, die andere ist die Fähigkeit von solchen Lehren zu lernen. Menschen in aller Welt geben den Kindern in ihrer Mitte die Traditionen und Entdeckungen weiter, die sich in ihrer Gruppe entwickelt haben und die sie und andere in ihrer Gruppe in der Vergangenheit gemacht haben. Dies versetzt die neue Generation in die Lage, am Werk ihrer Vorfahren anzuknüpfen, statt von Neuem zu beginnen. Im Gegensatz dazu beschäftigen sich Affen in ihren natürlichen Lebensräumen nicht einmal mit den rudimentärsten Formen des Lehrens, was jedes 2jährige Kind tut. Sie zeigen nicht spontan auf Gegenstände, um die Aufmerksamkeit anderer auf sie zu lenken. Sie halten auch keine Gegenstände hoch, um sie anderen zu zeigen, ganz zu schweigen von differenzierteren Lehrmethoden menschlicher Lehrer. Entwickelte soziale Lernkompetenz ist auch für die Fähigkeit des Menschen zu raschem kulturellen Wandel von zentraler Bedeutung. Auch wenn Menschen Affen in ihren Familien aufziehen, zeigen sie nichts der sozialen Lernkompetenz von Kindern Vergleichbares. Teilweise ist dies auf die wesentlich stärker entwickelte Sprache von Kindern zurückzuführen, was das Lernen von anderen erheblich erleichtert. Einer der größten Vorteile der menschlichen Sprache ist gewiß die Tatsache, daß sie uns erlaubt, unsere Kinder rasch zu sozialisieren, indem wir das in der Vergangenheit akkumulierte Wissen jeder neuen Generation übermitteln und sie dadurch auf eine sich ständig verändernde Zukunft vorbereiten.

1.3 DER AUFBAU DES BUCHES Der Aufbau des Buches kann entweder anhand der einzelnen Kapitel dargestellt werden oder mit Blick auf seine zentralen Themen, die in vielen Kapiteln wiederkehren. Im folgenden Abschnitt wird das Buch aus beiden Perspektiven dargestellt.

Der Aufbau der Kapitel Das Buch ist in drei Teile unterteilt. Der erste Teil, der Kapitel 1 bis 3 umfaßt, untersucht grobe Richtungen hinsichtlich des Denkens von Kindern, wie die Theorie von Piaget und den Informationsverarbeitungsansatz der Entwicklung. Der zweite Teil, der die Kapitel 4 bis 9 umfaßt, konzentriert sich auf spezifischere Aspekte des Denkens von Kindern, etwa wie sie die Welt wahrnehmen, wie sie die Sprache benutzen, um zu kommunizieren und wie sie Lesen, Schreiben und

26

Kapitel 1

Rechnen erlernen. Der dritte Teil umfaßt nur ein einziges Kapitel, das zehnte. Es ist eine Zusammenfassung des Vorangegangenen und ein Ausblick auf die Fragen, von denen zu erwarten ist, daß sie in der Zukunft besonders wichtig sein werden. Das erste Kapitel, das Sie gerade beenden, ist ein Versuch, das Feld zu umschreiben, das in diesem Buch thematisiert wird und wichtige Ideen darzustellen. Das zweite Kapitel ist der Arbeit Piagets gewidmet, von dessen Forschungen über das Denken von Kindern - will man ihnen gerecht werden - gesagt werden muß, daß sie das moderne Feld der kognitiven Entwicklung erst begründet haben. Über Themen, wie Kinder den Ursprung der Sonne herleiten bis zu der Frage, wie sie das Gewicht verschiedener Gegenstände schätzen, beobachtete Piaget Vieles, das anderen Menschen entging. Außerdem beobachtete Piaget Kinder eines äußerst breiten Altersspektrums, das von den ersten Tagen des Säuglingsalters bis zur späten Adoleszenz reicht. Deshalb vermitteln seine Beobachtungen ein Gefühl fur viele Aspekte der Entwicklung im Säuglingsalter, der Kindheit und der Adoleszenz. Kapitel 3 untersucht die zweite dominierende Theorie über das Denken von Kindern, den Informationsverarbeitungsansatz. In mancher Hinsicht stellt dieser Ansatz die moderne Erweiterung von Piagets Theorie dar, in anderer Hinsicht eine Alternative. Die Grundannahmen des Informationsverarbeitungsansatzes sind, daß die geistigen Aktivitäten des Kindes, die Informationen verändern, als Prozesse zu bewerten sind, daß die Verarbeitungskapazitäten begrenzt sind und daß die Interaktion zwischen individuellem Verarbeitungssystem und der Umgebung zu kognitivem Wachstum fuhrt (Klahr, 1989). Der Informationsverarbeitungsansatz hat sich als besonders nützlich erwiesen, um Entwicklung zu untersuchen, weil er genaue Vorstellungen von den Mechanismen liefert, die kognitive Veränderungen bewirken. Mit Kapitel 4 beginnt der zweite Hauptteil des Buches, der sechs spezifische Aspekte des kindlichen Denkens untersucht: Wahrnehmung, Sprache, Gedächtnisleistung, Begriffsverständnis, Problemlösung und schulische Fähigkeiten. Das vierte Kapitel konzentriert sich auf die Entwicklung der Wahrnehmung. Die Betonung liegt auf der erstaunlichen Zahl von visuellen und auditiven Fähigkeiten, über die Kinder vom Säuglingsalter an verfugen. Im Alter von 6 Monaten scheint ihre visuelle und auditive Welt weitgehend mit der von Erwachsenen übereinzustimmen. Kapitel 5 untersucht die Entwicklung der Sprache. Die zentralen Fragen sind, welche Arten von Wörtern Kinder zuerst benutzen, wann und wie sie Grammatik

Einführung in das Denken von Kindern

27

erlernen, wie sie die Bedeutung von Wörtern begreifen und wie sie ihr Wissen nutzen, um mit anderen zu kommunizieren. Kapitel 6 behandelt die Entwicklung des Gedächtnisses. Es konzentriert sich auf die Frage, wie die Entwicklung der grundlegenden Fähigkeiten, Strategien und des Inhaltswissens zur wachsenden Gedächtnisleistung des Kindes beitragen. Das Kapitel spricht auch Fragen aus der Praxis an, ob vor Gericht der Erinnerung von Kindern an das, was passiert ist, Vertrauen geschenkt werden kann und ob die Genauigkeit ihrer Zeugenaussage mit dem Alter zunimmt. Kapitel 7 beschäftigt sich mit der Entwicklung des Begriffsvermögens. Der erste Teil des Kapitels untersucht, ob sich Kinder Begriffe gedanklich vor allem in Form von Definitionen ähnlich wie im Wörterbuch vorstellen, in Form von locker miteinander verbundenen charakteristischen Merkmalen oder in Form von kausal miteinander verknüpften Theorien. Der zweite Teil des Kapitels untersucht die Entwicklung einiger besonders wichtiger Begriffe, nämlich Zeit, Raum, Zahl und Verstand. Kapitel 8 nimmt die Problemlösung eingehender unter die Lupe. Jeder von uns löst täglich Probleme, aber solche Aktivitäten spielen eine besonders große Rolle im Leben kleiner Kinder. Der Grund dafür liegt darin, daß viele Aufgaben, die ältere Menschen als Routine empfinden, für kleine Kinder neue Herausforderungen darstellen. Die Problemlösungsprozesse, die untersucht werden, sind Planung, Kausalschluß, Analogieschluß, der Gebrauch von Werkzeugen und logische Deduktion. Kapitel 9 beschäftigt sich mit der Entwicklung von Lesen, Schreiben und Rechnen. Die Fähigkeiten, deren Entwicklung in den vorhergehenden Kapiteln beschrieben werden - Wahrnehmung, Sprache, Gedächtnis, Begriffsverständnis und Problemlösung - , kommen alle im Schulunterricht zur Anwendung. Die Aneignung dieser schulischen Fähigkeiten illustriert, wie unterschiedliche Denkprozesse zusammenwirken, um das Lernen komplexer Materien zu ermöglichen. Der dritte Hauptteil dieses Buches ist das zehnte Kapitel. Es faßt die wesentlichen Schlußfolgerungen zusammen, die in verschiedenen Bereichen des Denkens von Kindern Anwendung finden und benennt die Schlüsselfragen für zukünftige Untersuchungen. Die zentralen Themen Der Aufbau nach Kapiteln bietet eine Möglichkeit über die im Buch behandelten Fragen nachzudenken. Eine andere betrachtet die Themen, die in vielen Kapiteln zur Sprache kommen. Die folgenden 8 sind immer wiederkehrende Themen.

28

Kapitel 1 1. Die grundsätzlichsten Fragen über das Denken von Kindern sind: "was entwickelt sich" und "wie vollzieht sich Entwicklung?" 2. Vier Veränderungsprozesse, die besonders stark zur kognitiven Entwicklung beitragen sind Automatisierung, Kodierung, Generalisierung und Strategieentwicklung. 3. Säuglinge und Kleinkinder sind kognitiv weit kompetenter als es den Anschein hat. Sie verfügen über eine Vielzahl von Fähigkeiten, die es ihnen ermöglichen, rasch zu lernen. 4. Unterschiede in den Altersgruppen sind tendenziell eher graduelle Unterschiede als Unterschiede in der Art und Weise. Kleinkinder sind kognitiv nicht nur kompetenter als es den Anschein hat, sondern ältere Kinder und Erwachsene sind auch weniger kompetent als wir glauben mögen. 5. Veränderungen im kindlichen Denken finden nicht in einem Vakuum statt. Das, was Kinder bereits über die Dinge wissen, denen sie begegnen, beeinflußt nicht nur wie sie lernen, sondern auch was sie lernen. 6. Die Entwicklung der Intelligenz reflektiert Veränderungen in der Struktur und Wirkungsweise des Gehirns ebenso wie eine zunehmend effektivere Verteilung kognitiver Ressourcen. 7. Das Denken von Kindern entwickelt sich im sozialen Kontext. Eltern, Gleichaltrige, Lehrer und die Gesellschaft als solche beeinflussen das, worüber Kinder nachdenken, und wie und warum sie auf eine bestimmte Art und Weise denken. 8. Das wachsende Verständnis für das Denken von Kindern liefert sowohl Nutzen für die Praxis als auch theoretische Erkenntnisse.

Eine einfache Übung, um Ihr Verständnis für die Inhalte dieses Buches zu verbessern, besteht darin, nun einige Minuten damit verbringen, diese 8 Themen nochmals zu lesen und zu überdenken. Wenn Sie eines der folgenden Kapitel lesen, versuchen Sie, darauf zu achten, in welcher Weise diese Fragen unterschiedliche Aspekte des Denkens von Kindern miteinander verbinden.

1.4 ZUSAMMENFASSUNG Jahrhunderte lang haben sich Menschen, die Kontakt zu Kindern hatten, über bestimmte Fragen den Kopf zerbrochen, etwa woher die kindlichen Ideen kommen und ob Säuglinge die Welt in derselben Weise wahrnehmen wie Erwachsene. Konzeptuelle und methodologische Fortschritte haben in der jüngsten Vergan-

Einführung in das Denken von Kindern

29

genheit unsere Möglichkeiten, diese und viele andere Fragen zum Denken von Kindern zu erforschen, enorm verbessert. Viele der wichtigsten Fragen zum Denken von Kindern haben eine lange Geschichte. Welche Fähigkeiten sind angeboren? Entwickeln sich Kinder in qualitativ unterschiedlicher Stadien oder ist Entwicklung kontinuierlich? Wie vollziehen sich Veränderungen im Denken von Kindern? Wie unterscheiden sich Individuen in Eigenschaften wie Intelligenz und wieviel Kontinuität gibt es zwischen frühen und späteren Fähigkeiten? In welcher Weise formt das Innenleben des heranreifenden Gehirns und die Umwelt die Entwicklung? Diese Fragen sind auch weiterhin die grundlegendsten zum Denken von Kindern. Einige Themen, kommen im Buch immer wieder zur Sprache. Dazu gehört die erstaunliche kognitive Kompetenz von Säuglingen und Kleinkindern, die kontinuierliche Weiterentwicklung des kindlichen Denkens über diese anfängliche Kompetenz hinaus, die Herausforderung, komplexe Aufgaben zu bewältigen, der Kinder gegenüberstehen, solange sie nur begrenzte Verarbeitungsressourcen zur Verfügung haben, die Art und Weise, in der existierendes Wissen das Lernen beeinflußt und der Einfluß der Entwicklung des Gehirns und des sozialen Umfeldes auf das Denken von Kindern.

LITERATUREMPFEHLUNGEN Flavell, J. H. (1971). Stage-related properties of cognitive development. Cognitive Psychology 2, 421-453. Eine klassische Analyse der Stadientheorien der Entwicklung. Johnson, Μ. H. (Hrsg.). (1993). Brain development and cognition: A reader. Oxford, GB: Blackwell. Dieses Buch enthält viele der wichtigsten jüngsten Artikel über die Verbindung von Hirnentwicklung und kindlichem Denken. Meltzoff, A. (1990). Toward a developmental cognitive science. Annuals of New York Academy of Sciences, 608, 1-31. Säuglinge zeigen in

den ersten Monaten nach ihrer Geburt gewisse Fähigkeiten, die Handlungen von anderen Menschen nachzuahmen; dieser Artikel faßt einige Beispiele für diese erstaunliche Fähigkeit zusammen. Tomasello, M., Kruger, A. C. & Ratner, Η. H. (1993). Cultural learning. Brain and Behavioral Sciences, 16, 495-511. Dieser Artikel untersucht die faszinierende Frage, warum sich das menschliche Denken sogar von dem der mit uns am nähesten verwandten Primaten, der Menschenaffen und Schimpansen, stark unterscheidet. Er nennt die

30

Kapitel 1

Neigung des Menschen zu lehren und zu lernen als entscheidende Ur-

sache für die Unterschiede,

Kapitel 2

PIAGETS ENTWICKLUNGSTHEORIE Als er 7 Monate und 28 Tage alt ist, halte ich ihm ein Glöckchen hin, das hinter einem Kissen versteckt war. Solange er das Glöckchen sieht, so klein es auch ist, versucht er nach ihm zu greifen. Wenn das Glöckchen aber verschwindet, hört er ganz auf zu suchen. Ich führe das Experiment fort, indem ich meine Hand als Schirm benutze. Laurents Arm ist ausgestreckt und im Begriff nach dem Glöckchen zu greifen in dem Moment, in dem ich es hinter meiner offenen Hand verschwinden lasse, die etwa 15 cm von ihm entfernt ist. Er zieht seinen Arm sofort zurück, so als ob das Glöckchen nicht mehr existieren würde. Dann schüttle ich meine Hand.... Laurent schaut aufmerksam, sehr verwundert darüber, daß er das Klingeln des Glöckchens wieder hört, aber er versucht nicht, nach ihm zu greifen. Ich drehe meine Hand um und er sieht das Glöckchen; dann streckt er seine Hand nach ihm aus. Ich verstecke das Glöckchen wieder, indem ich die Position meiner Hand verändere; Laurent zieht seine Hand zurück. (Piaget, 1954, S. 39)

Was sagt uns das merkwürdige Verhalten des Säuglings? Piaget (1954) brachte eine kühne Interpretation vor, nämlich daß Laurent nicht nach der Glocke suchte, weil er nicht wußte, daß sie noch existierte. Mit anderen Worten war die Tatsache, daß er die Glocke nicht suchte, Folge seiner Unfähigkeit, sich ihr Vorhandensein geistig vorzustellen. Es war, als ob das Denken des Säuglings die stärkst mögliche Version des Sprichwortes "aus den Augen, aus dem Sinn" verkörperte. Dieses Kapitel ist das einzige im Buch, dessen Überschrift den Namen einer Person enthält. Das ist kein Zufall. Jean Piagets Beitrag zur Erforschung der kognitiven Entwicklung ist ein Beweis dafür, wieviel eine Person zu leisten vermag. Bevor Piaget sein Werk begann, existierte kein als solches erkennbares Feld zur Erforschung der kognitiven Entwicklung. Doch obwohl in der Zwischenzeit Tausende von Studien über das Denken von Kindern durchgeführt wurden, sind selbst die ersten Forschungsarbeiten von Piaget noch aufschlußreich. Was begründet die Langlebigkeit von Piagets Theorie? Der vielleicht naheliegendste Grund ist, daß Piagets Theorie ein geradezu spürbares Gefühl dafür vermittelt, wie man sich das Denken von Kindern vorzustellen

32

Kapitel 2

hat. Seine Beschreibungen fühlen sich gut an. Viele seiner Einzelbeobachtungen sind recht überraschend, aber die grundlegenden Tendenzen, die er beschreibt, wenden sich an unsere Intuition und unsere Erinnerungen aus der Kindheit. Ein zweiter wichtiger Grund ist, daß die Theorie Themen behandelt, die seit Jahrhunderten das Interesse von Eltern, Lehrer, Wissenschaftler und Philosophen erregen. Auf der allgemeinsten Ebene spricht die Theorie Fragen an wie: was ist Intelligenz und woher kommt Wissen? Auf einer spezifischeren Ebene untersucht die Theorie Entwicklung anhand der Begriffe von Zeit, Raum, Zahl und anderen Ideen, die zu den grundlegensten intellektuellen Errungenschaften der Menschheit gehören. Die Tatsache, daß Piagets Theorie die Entwicklung solch fundamentaler Begriffe in ein einziges kohärentes System integriert hat, macht sie zu einer der signifikantesten intellektuellen Leistungen unseres Jahrhunderts. Ein dritter Grund für die Langlebigkeit der Theorie ist ihr außergewöhnlich weites Spektrum. Sie deckt eine ungewöhnlich breite Altersspanne ab - vom Säuglingsalter bis zur Adoleszenz. Man kann sehen, wie sich das kindliche Verständnis für Begriffe wie Ursache und Wirkung von rudimentären Formen im Säuglingsalter über komplexere Formen in der frühen Kindheit zu noch komplexeren Formen in der mittleren Kindheit bis hin zu noch komplexeren Formen in der Adoleszenz entwickelt. Die Theorie umfaßt außerdem eine ungewöhnlich große Leistungsbreite für jede Altersstufe. Zum Beispiel verbindet sie das wissenschaftliche und mathematische Denken 5jähriger Kinder mit ihren moralischen Urteilen, ihren Zeichnungen, ihren Vorstellungen von Ursache und Wirkung, ihrem Gebrauch der Sprache und ihrer Erinnerung an vergangene Ereignisse. Ein Ziel wissenschaftlicher Theorien ist es, Gemeinsamkeiten scheinbar zusammenhangloser Fakten herauszustellen. Piagets Theorie ist in dieser Hinsicht besonders überzeugend. Ein vierter Grund, warum die Theorie weiterhin Bestand hat, liegt darin, daß Piaget, das entsprechende Gegenstück zum "grünen Daumen" eines fähigen Gärtners hatte, das Geschick, interessante Beobachtungen zu machen. Eine dieser Beobachtungen wurde zu Beginn dieses Kapitels zitiert: daß Säuglinge daran scheitern, nach Gegenständen zu suchen, wenn sie sie nicht sehen können. Viele seiner verblüffenden weiteren Beobachtungen werden in diesem Kapitel beschrieben. Wegen ihres Umfangs und ihrer Komplexität erscheint es sinnvoll, sich der Theorie Piagets zuerst in ihren Grundzügen und dann im Detail zu nähern. Der erste Abschnitt dieses Kapitels liefert einen Überblick über Piagets Theorie. Der zweite Abschnitt beschreibt das Denken von Kindern in den vier Entwicklungsstadien. Der dritte konzentriert sich auf seine Beschreibung der Entwicklung von verschiedenen besonders wichtigen Begriffen von der Geburt bis zur Adoleszenz.

Piagets Entwicklungstheorie

33

Der vierte bietet eine Bewertung seiner Theorie. Tabelle 2.1 stellt diesen Aufbau dar. TABELLE 2.1 Kapitelübersicht 2.1

2.2

2.3

2.4

2.5

Überblick über Piagets Theorie A.

Die Theorie als Ganze

B.

Die Entwicklungsstadien

C.

Der Entwicklungsprozeß

D.

Richtungsweisende Annahmen

Das Stadienmodell A.

Die sensumotorische Phase (von der Geburt bis zum Alter von etwa zwei Jahren)

B.

Die präoperationale Phase (etwa ab dem 3. bis zum 7. oder 8. Lebensjahr)

C.

Die konkret operationale Phase (etwa ab dem 7. oder 8. Lebensjahr bis zum Alter von 11 oder 12 Jahren)

D.

Die formal operationale Phase (etwa ab dem Alter von 11 oder 12 Jahren

Die Entwicklung einiger entscheidender Begriffe A.

Erhaltung

B.

Klassen und Relationen

Eine Bewertung von Piagets Theorie A.

Wie exakt beschreibt die Theorie charakteristische Aspekte des kindlichen Denkens?

B.

Wie sehr entwickelt sich kindliches Denken in Stadien?

C.

Wie zutreffend sind Piagets allgemeine Charakterisierungen des Denkens von Kindern?

D.

Der aktuelle Status von Piagets Theorie

Zusammenfassung

34

Kapitel 2

2.1 ÜBERBLICK ÜBER PIAGETS THEORIE Piagets Theorie ist so umfassend und komplex, daß man leicht den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Dieser Abschnitt bietet einen Überblick.

Die Theorie als Ganze Um die Theorie Piagets richtig zu beurteilen, ist es unbedingt erforderlich seine Motivation, sie zu entwickeln, zu kennen. Diese Motivation erwuchs aus Piagets frühem Interesse an der Biologie und der Philosophie. Mit 11 Jahren veröffentlichte er seinen ersten Artikel, in dem er einen Albino-Spatzen beschrieb, den er beobachtet hatte. Zwischen 15 und 18 veröffentlichte er eine Reihe weiterer Artikel, die meisten über Mollusken. Als Piaget 18 war, schrieb ihm der Direktor eines naturhistorischen Museums, der ihm nie begegnet war, aber seine Artikel gelesen hatte, einen Brief, in dem er ihm die Position des Kurators der Molluskensammlung im Museum anbot. Piaget lehnte das Angebot ab, um die Schule zu beenden. Neben seinem frühen Interesse an der Biologie, war Piaget äußerst interessiert an der Philosophie. Er war besonders fasziniert von der Epistemologie, dem Bereich der Philosophie, der sich mit den Ursprüngen des Wissens befaßt. Die Ideenlehre des Philosophen Immanuel Kant aus dem 18. Jahrhundert, der wie Piaget höchstes Interesse an den Ursprüngen des Wissens zeigte, faszinierte ihn besonders. Die Verbindung von philosophischem und biologischem Interesse beeinflußte Piagets spätere theoretische Arbeit in verschiedener Hinsicht. Sie führte zu der fundamentalen Frage, die seiner Theorie zugrunde liegt: woher stammt das Wissen? Sie beeinflußte auch die besonderen Probleme, mit denen sich Piaget befaßte. Er folgte Kant darin, Raum, Zeit, Klassen, Kausalität und Relation als grundlegende Kategorien des Wissens zu betrachten. Gleichzeitig verneinte er Kants Position, daß diese grundlegenden Kategorien des Wissens dem Menschen angeboren seien. Er glaubte statt dessen, daß Kinder diese Begriffe im Laufe des Säuglingsalters, der Kindheit und der Adoleszenz immer besser erfassen würden. Die vielleicht wichtigste Schlußfolgerung aus dem gleichzeitigen Interesse an Philosophie und Biologie fur Piaget war, daß andauernde philosophische Kontroversen nur durch die Anwendung wissenschaftlicher Methoden gelöst werden können. So wie Darwin versuchte, die Frage zu beantworten, wie sich die Menschheit entwickelt hat, versuchte Piaget die Frage zu beantworten, wie sich Wissen entwickelt. Vor diesem Hintergrund können wir uns nun der Theorie zuwenden. Piaget interessierte sich auf der grundlegendsten Analyseebene für Intelligenz. Darunter

Piagets Entwicklungstheorie

35

verstand er eine weitreichendere Eigenschaft als das, was in Intelligenztests gemessen wird. Er betrachtete Intelligenz als die Fähigkeit, sich allen Aspekten der Wirklichkeit anzupassen. Er glaubte außerdem, daß sich Intelligenz im Laufe eines Lebens durch eine Reihe qualitativ unterschiedlicher Stadien entwickelt. Diese Stadien und der Entwicklungsprozeß, der den Übergang von einem Stadium ins nächste bewirkt, werden in den folgenden beiden Abschnitten dargestellt. Die Entwicklungsstadien Wie im ersten Kapitel erwähnt, machen Stadientheoretiker wie Piaget bestimmte charakteristische Annahmen. Sie nehmen an, daß sich das Denken von Kindern in früheren Stadien qualitativ von ihrem Denken in späteren Stadien unterscheidet. Sie nehmen außerdem an, daß Kinder an einem bestimmten Punkt der Entwicklung über viele Probleme ähnlich denken. Schließlich nehmen sie an, daß Kinder, nachdem sie einen längeren Zeitraum "in" einem Stadium waren, abrupt in das nächste Stadium übergehen. Piaget setzte voraus, daß alle Kinder vier Stadien durchlaufen und daß alle dies in derselben Reihenfolge tun: zuerst durchlaufen sie die sensumotorische Phase, dann die präoperationale Phase, dann die konkret operationale Phase und schließlich die formal operationale Phase. Die sensumotorische Phase umfaßt normalerweise die Zeitspanne zwischen der Geburt und etwa dem zweiten Geburtstag, die präoperationale Phase dauert in etwa vom 2. Lebensjahr bis zum Alter von 6 oder 7 Jahren, die konkret operationale Phase reicht vom 7. oder 8. Lebensjahr bis zum 12. oder 13. und die formal operationale Phase umfaßt die gesamte Adoleszenz und das Erwachsenenalter. Betrachten wir zunächst Piagets Charakterisierung der sensumotorischen Phase, die von der Geburt bis zum Alter von 2 Jahren dauert. Piaget glaubte, daß bei der Geburt das kognitive System eines Kindes auf die motorischen Reflexe beschränkt ist. Innerhalb weniger Monate jedoch bauen Kinder auf diese Reflexe auf, um differenziertere Vorgehensweisen zu entwickeln. Sie beginnen anfangs unbeabsichtigtes Verhalten systematisch zu wiederholen, ihre Handlungen auf ein breiteres Spektrum an Situationen auszuweiten und sie in immer längeren Verhaltensketten zu koordinieren. Die physische Interaktion der Kinder mit Objekten liefert den Impetus für diese Entwicklung. Das zweite Entwicklungsstadium, die präoperationale Phase, umfaßt das Alter von 2 bis 6 oder 7 Jahren. Die größte Leistung in dieser Phase ist es, Möglichkeiten zu erlernen, die Welt symbolisch darzustellen: mit Hilfe von gedanklichen Bildern, dem Zeichnen und besonders der Sprache. Der Wortschatz nimmt zwischen dem 19. und dem 61. Lebensmonat um das hundertfache zu (McCarthy,

36

Kapitel 2

1954) und die Muster für Grammatik und Satzkonstruktionen entwickeln sich von Einwort- und Zweiwortsätzen zu Sätzen mit unbestimmter Länge. In Piagets Sichtweise können präoperationale Kinder diese darstellenden Fähigkeiten jedoch nur dazu nutzen, die Welt aus ihrer eigenen Perspektive zu betrachten. Ihre Aufmerksamkeit ist zu begrenzt und ignoriert oftmals wichtige Informationen. Außerdem können sie Veränderungen nicht exakt darstellen, statt dessen sind sie nur in der Lage, statische Situationen darzustellen. Kinder in der konkret operationalen Phase (von 6 oder 7 bis 11 oder 12 Jahren), also dem dritten Stadium, können andere Standpunkte einnehmen, sie können gleichzeitig mehr als eine Perspektive in Betracht ziehen und sowohl Veränderungen als auch statische Situationen exakt darstellen. Dies erlaubt es ihnen, viele Probleme zu lösen, die konkrete Objekte oder physikalisch mögliche Situationen betreffen. Jedoch ziehen sie nicht alle logisch möglichen Schlüsse in Betracht und verstehen noch keine hochgradig abstrakten Begriffe. Das vierte Entwicklungsstadium, das formaler Operationen, wird ungefähr mit 11 oder 12 Jahren erreicht. Es ist der krönende Abschluß der Stadienentwicklung. Kinder, die es erreicht haben, können in Theorien und Abstraktionen ebenso denken wie in konkreten Realitäten. Mit dieser breiteren Perspektive haben Kinder potentiell die Möglichkeit, viele Problemarten zu lösen, die für Kinder in früheren Stadien unlösbar sind. Obwohl Piaget erkannte, daß sich spezifisches Wissen und Überzeugungen weiterhin ändern, glaubte er, daß die grundsätzliche Wirkungsweise des Denkens, die das formal operationale Stadium charakterisiert, stark genug sei, um ein Leben lang fortzubestehen. Der Entwicklungsprozeß Wie entwickeln sich Kinder von einem Stadium in das nächste? Piaget betrachtete drei Prozesse als ausschlaggebend: Assimilation, Akkomodation und Äquilibration.

Assimilation. Assimilation ist die Art und Weise, in der Menschen neue Informationen so transformieren, daß sie in ihre existierende Denkweise passen. Um dies zu veranschaulichen: als mein älterer Sohn 2 Jahre alt war, traf er einen Mann, der oben auf dem Kopf eine Glatze und seitlich langes krauses Haar hatte. Zu meiner Verlegenheit rief er, als er den Mann sah, belustigt, "Clown, Clown" (tatsächlich klang es mehr wie "Kown, Kown"). Der Mann hatte offensichtlich die Eigenschaften, von denen mein Sohn glaubte, sie würden Clowns von anderen Menschen unterscheiden, und deshalb wurde er ein "Kown".

Piagets Entwicklungstheorie

37

Assimilation ist während des ganzen Lebens wichtig, nicht nur in der frühen Kindheit. Betrachten wir die Erfahrung eines Musikkritikers, Bernard Levin. Levin schrieb, daß weder er noch andere Kritiker, als sie die Erstaufführung von Bartoks Konzert für Violine und Orchester aus der Frühphase von Bartoks Karriere hörten, etwas damit anfangen oder sich später an irgendein Detail erinnern konnten. Es war schlechterdings verwirrend und unangenehm zu hören. Als er das Stück aber fast 20 Jahre später wieder hörte, erschien es ihm äußerst musikalisch. Levins Erklärung war, daß er in der folgenden Phase "gelernt hatte, die Welt mit anderen Ohren zu hören" {London Daily Telegraph, 8.Juni 1977). In Piagets Worten war er anfangs unfähig, das Stück von Bartok an sein Verständnis von Musik anzupassen. 20 Jahre später war er dazu in der Lage. Ein interessanter Typus der Assimilation, den Piaget beschrieb, ist die funktionale Assimilation, die Neigung eine gedankliche Struktur, sobald sie verfugbar ist, anzuwenden. Als beispielsweise mein älterer Sohn begann, sprechen zu lernen, verbrachte er zahllose Stunden damit, in seinem Kinderbett zu sprechen, obwohl sonst niemand anwesend war. Einige Jahre später sollte er immer wieder Purzelbäume schlagen, obwohl ihn seine Eltern ermunterten, damit aufzuhören. Piaget verglich diese Quelle der Motivation mit der behavioristischen Betonung externer Verstärker als Verhaltensmotivatoren. Bei der Verstärkung ist der Grund, sich mit etwas zu beschäftigen, die externe Belohnung, die man erhält. Bei der funktionalen Assimilation ist der Grund sich mit etwas zu beschäftigen, das bloße Vergnügen, eine neue Fähigkeit zu beherrschen. Akkomodation. Akkomodation ist die Art und Weise, in der Menschen ihr Denken an neue Erfahrungen anpassen. Um auf die Geschichte mit dem "Kown" zurückzukommen: nachdem ich mir ein Lächeln verbissen hatte, sagte ich meinem Sohn, daß der Mann, den wir gesehen hatten, kein Clown war und daß er, obwohl er Haare wie ein Clown hatte, kein lustiges Kostüm trug und nicht versuchte, Menschen zum Lachen zu bringen. Meine Absicht war es, ihm zu helfen, seine Vorstellung von "Clown" an die normale Bedeutung des Begriffs anzupassen. Assimilation und Akkomodation beeinflussen sich gegenseitig; Assimilation existiert nicht ohne Akkomodation und umgekehrt. Wenn ein Säugling ein neues Objekt sieht, versucht er vielleicht nach ihm zu greifen, so wie er nach anderen Objekten gegriffen hat (er paßt also das neue Objekt an eine bereits existierende Form der Annäherung an). Allerdings muß er auch sein Greifen an die Form des neuen Objekts anpassen (also ebenfalls seine Annäherung anpassen). Der Extremfall von Assimilation ist das So-tun-als-ob-Spiel, in dem Kinder die physischen Eigenschaften von Objekten ignorieren und so tun, als ob sie etwas anderes wären. Der Extremfall von Akkomodation ist Nachahmung, wenn Kinder ihre Deutungen auf ein Minimum reduzieren und einfach durch Gebärden nachahmen,

38

Kapitel 2

was sie sehen. Aber auch in den Extremfällen sind Elemente beider Prozesse vorhanden. Kinder ignorieren beim Spielen physische Eigenschaften nicht vollkommen (Betten werden fast nie mit Teetassen gleichgesetzt, auch nicht im Sotun-als-ob-Spiel). Auf der anderen Seite ist Nachahmung oft unvollkommen, wenn wir nicht verstehen, was wir tun (versuchen Sie einen arabischen Satz aus 10 Wörtern Wort für Wort zu wiederholen). Äquilibration. Äquilibration ist der Prozeß, in dem Kinder ihre vielen einzelnen Wissensteile über die Welt zu einem Ganzen zusammenfugen. Dies erfordert also Assimilation und Akkomodation ins Gleichgewicht zu bringen. Sie ist auch des Fundament der Veränderung in der Entwicklung in Piagets System. Piaget betrachtete Entwicklung als Bildung eines immer stabiler werdenden Gleichgewichts zwischen dem kognitiven System des Kindes und der Außenwelt. Das bedeutet, daß sich das kindliche Modell der Welt immer stärker der Realität anpaßt. Piaget nahm außerdem an, daß Äquilibration, unabhängig davon wann sie im Leben stattfindet, drei Phasen umfaßt. Zuerst begnügen sich Kinder mit ihrer Art zu denken und sind deshalb in einem Zustand des Gleichgewichts. Dann werden sie sich der Unzulänglichkeiten ihres existierenden Denkens bewußt und sind unzufrieden. Das heißt, sie befinden sich in einen Zustand des Ungleichgewichts. Schließlich entwickeln sie eine differenziertere Denkweise, die die Unzulänglichkeiten der alten eliminiert. Das bedeutet, daß sie ein stabileres Gleichgewicht erreichen. Um diesen Prozeß der Äquilibration zu verdeutlichen, stellen Sie sich ein 6 Jahre altes Mädchen vor, daß glaubt, Tiere seien die einzigen Lebewesen (tatsächlich glauben dies die meisten Kinder zwischen 4 und 7 Jahren; vgl. Hatano, Siegler, Richards, Inagaki, Stavy & Wax, 1993). Irgendwann wird das Mädchen realisieren, daß Pflanzen wie Tiere wachsen und sterben. Dieser Gedanke kann einen Zustand des Ungleichgewichts verursachen, in dem das Mädchen unsicher ist, ob Pflanzen lebendig sind und was es bedeutet, lebendig zu sein. Schließlich wird es lernen, daß die entscheidenden Attribute des Lebens Wachstum und Reproduktion sind, daß sowohl Pflanzen als auch Tiere über diese Attribute verfügen und daß demzufolge beide lebendig sind. Das neu erworbene Verständnis erzeugt ein stabileres Gleichgewicht, weil weitere Beobachtungen es nicht mehr in Frage stellen (außer das Mädchen interessiert sich später fur bestimmte Viren und Bakterien, deren Status als Lebewesen von Biologen weiterhin diskutiert wird). Dieser Überblick über Assimilation, Akkomodation und Äquilibration mag den Eindruck erwecken, daß sich diese Veränderungsprozesse nur auf spezifische, kurzfristige kognitive Veränderungen beziehen. Tatsächlich war Piaget besonders an ihrer Fähigkeit interessiert, weitreichende, längerfristige Veränderungen zu

Piagets Entwicklungstheorie

39

bewirken, wie etwa den Wechsel von einem Entwicklungsstadium in das nächste. Die besonderen Erkenntnisse, wie etwa, daß krauses Haar, das wie das eines Clowns aussieht, seinen Träger nicht zum Clown macht, daß Pflanzen leben, auch wenn sie sich nicht fortbewegen und daß die Tatsache, daß die Sonne wie Gold aussieht, nicht bedeutet, daß sie aus Gold ist, sind Teil einer grundlegenderen Entwicklung vom präoperationalen zum konkret operationalen Denken. Piaget glaubte, daß Kinder die Assimilationen, Akkomodationen und Äquilibrationen, die diese besonderen Veränderungen betreffen, verallgemeinern, was zu einem weitreichenden Wechsel von der Betonung äußerer Erscheinungen zur Betonung tieferer, anhaltender Eigenschaften fuhrt.

Richtungweisende Annahmen Das Kind als wissenschaftlicher Problemlöser. Piaget verglich das Denken von Kindern oft mit dem von Wissenschaftlern bei der Lösung von Problemen, die die grundlegenden Fragen über das Wesen der Welt betreffen. Er wandte die Metapher sogar auf das Denken von Säuglingen an. Piaget erkannte die Anfänge wissenschaftlicher Experimente darin, daß ein Säugling die Höhe, aus der er aus seinem Sitzchen Essen fallenläßt, verändert und beobachtet, wie sich das Resultat verändert. Mindestens drei Überlegungen veranlaßten Piaget dazu, sich auf wissenschaftliches Denken und Problemlösung zu konzentrieren. Eine davon war sein Verständnis von Entwicklung. Ein Problem kann als kleines Modell der Wirklichkeit betrachtet werden. Die Art und Weise in der Kinder Probleme lösen, könnte deshalb zu Einsichten fuhren, die sich auf jede Art der Herausforderungen, die das Leben stellt, anwenden lassen. Ein zweiter Grund für Piagets Betonung der Problemlösung ist seine Betrachtung der Frage, wie und warum sich Entwicklung vollzieht. Äquilibration findet nur dann statt, wenn ein Problem auftaucht, das das existierende Gleichgewicht des Kindes stört. Deshalb haben Probleme, die schon ihrem Wesen nach das existierende Verständnis bedrohen, das Potential, die kognitive Entwicklung zu stimulieren. Wenn Probleme die kognitive Entwicklung stimulieren, dann führt das Interesse an kognitiver Entwicklung natürlicherweise zum Interesse an Problemlösung. Ein dritter Grund für Piagets Fokussierung der Problemlösung, sind die Erkenntnisse, die man erhält, wenn man die Reaktion von Kindern auf unbekannte Situationen beobachtet. Piaget stellte fest, daß alltägliche Handlungen routinemäßig ausgeführt werden; wenn das der Fall ist, verraten sie wenig über das kindliche Denken. Wenn wir beispielsweise einen Jungen auffordern, die Hauptstadt von

40

Kapitel 2

Frankreich zu nennen und er "Paris" sagt, erfahren wir wenig über sein Denken. Wir erfahren nur, daß er dieses besondere Faktum kennt. Wenn Kinder jedoch nicht mit Problemen vertraut sind, verraten ihre Lösungsstrategien die dem Kind eigene Logik. Die Rolle der Aktivität. Piaget hob die kognitive Aktivität als Mittel, durch das Entwicklung stattfindet, hervor. Assimilation, Akkomodation und Äquilibration sind aktive Prozesse, durch die der Verstand neue Informationen verändert und durch sie verändert wird. Wie Gruber und Voneche (1977) beobachteten, ist es bezeichnend, daß Piaget eines seiner bekanntesten Bücher La construction du r4el chez l'enfant (Der Aufbau der Wirklichkeit beim Kinde) nannte. In Piagets Ansatz wartet die Realität nicht darauf, entdeckt zu werden; Kinder müssen sie aus ihren eigenen geistigen und körperlichen Aktivitäten konstruieren. Diese Unterscheidung einer vorgefundenen Realität und einer konstruierten Realität ist analog zu der Unterscheidung zwischen dem Bild einer Brücke und dem technischen Modell der an einer Brücke wirkenden Kräfte. Das Bild reflektiert nur die oberflächliche Erscheinung der Brücke, wohingegen das technische Modell die Relation zwischen den Komponenten und der Druckverteilung der Struktur betont. Piaget glaubte, daß die gedanklichen Vorstellungen von Kindern wie das technische Modell strukturelle Relationen und Ursachen hervorheben würden. Er glaubte außerdem, daß der einzige Weg, daß Kinder solche Vorstellungen entwickeln könnten, darin bestünde, daß sie ihre Erfahrung an ihr existierendes Wissen anpassen. Auch wenn ihnen ein Zusammenhang erklärt wird, müssen sie ihn aktiv in ihr eigenes allgemeines Verständnis integrieren, um sich ihn einzuprägen. Methodologische Annahmen. Bereits zu Beginn seiner Laufbahn registrierte Piaget einen Zielkonflikt zwischen der Exaktheit und Replizierbarkeit, die standardisierte experimentelle Verfahren begleiten, und den wertvollen Darstellungen und Erkenntnissen, die bestimmte Methoden, die für ein einzelnes Kind maßgeschneidert wurden, an den Tag bringen. Er erkannte auch den Zielkonflikt zwischen unerwarteten Informationen, die an den Tag kommen können, wenn man mit Kindern redet und sie Ihre Argumentation erklären läßt, und der Möglichkeit, die Qualität ihrer Argumentation wegen ihrer mangelnden Ausdrucksfähigkeit zu unterschätzen. Weil Piaget diese Zielkonflikte erkannte, wandte er unterschiedliche Methoden an, um unterschiedliche Themenkomplexe zu untersuchen. Seine Untersuchungen über Säuglinge, die er zu Beginn seiner Laufbahn durchführte, basierten auf Beobachtungen seiner eigenen Kinder Jacqueline, Laurent und Lucienne in alltäglichen Situationen und in einfachen informellen Experimenten, die er sich aus-

Piagets Entwicklungstheorie

41

dachte. Seine frühen Untersuchungen über Moralvorstellungen, Kausalzusammenhänge, Spiel und Traum stützten sich fast ausschließlich auf die Antworten von Kindern auf hypothetische Fragen. Seine späteren Untersuchungen über Zahl, Zeit, Geschwindigkeit und Proportionalität stützten sich auf eine Kombination aus kindlicher Interaktion mit gegenständlichen Arbeitsmaterialien und den Erklärungen ihres Denkens. Grundsätzlich läßt sich sagen, daß sich Piaget dann, wenn zwischen standardisierten Methoden und flexibel auf die Handlungen und Äußerungen des einzelnen Kindes zugeschnittenen Aufgaben und Fragen zu wählen war, für Flexibilität entschied. Diese Entscheidung mag ihn manchmal in die Irre geführt haben. Einige seiner Schlüsse zog er möglicherweise, weil seine Methoden das Wissen von Kindern unterschätzten. Allerdings erlaubten ihm die flexiblen Methoden auch, unerwartete Beobachtungen weiterzuverfolgen, die zu bemerkenswerten Entdeckungen und Erkenntnissen führten, die wohl nie zum Vorschein gekommen wären, hätte er standardisierte Verfahren benutzt. Nach diesem Überblick über Piagets Theorie, können wir nun die wichtigsten Tendenzen untersuchen, die seine vier hypothetisch angenommenen Entwicklungsstadien charakterisieren. Um sie so deutlich wie möglich zu beschreiben, werde ich im allgemeinen auf Sätze wie "Piaget sagte", "Piaget glaubte" und "Piaget argumentierte" verzichten. Diese näher bestimmenden Sätze sollten als implizit verstanden werden, weil viele seiner Behauptungen kontrovers diskutiert werden. Bevor wir jedoch zu den Kontroversen kommen, müssen wir erfahren, was Piaget behauptet hat.

2.2 DAS STADIENMODELL Die sensumotorische Phase (von der Geburt bis etwa zum Alter von zwei Jahren) Als ich vor einigen Jahren einen Kurs in Entwicklungspsychologie gab, bat ich alle Studenten in der ersten Stunde, die fünf wichtigsten Aspekte von Intelligenz im Säuglingsalter, in der frühen und der späteren Kindheit und in der Adoleszenz zu benennen. Die mit Abstand am häufigsten genannten Merkmale der Intelligenz von Säuglingen waren körperliche Koordination, Wachsamkeit und die Fähigkeit, Menschen und Gegenstände zu erkennen. Ein Teil der Genialität von Piaget war, daß er viel mehr als das wahrnahm. Er sah in der Art, wie Säuglinge mit den Ar-

42

Kapitel 2

men schlagen und greifen, den Beginn einiger der differenziertesten Denkprozesse der Menschheit. Piagets Beitrag zur Entwicklung der sensumotorischen Intelligenz besteht in einer Theorie innerhalb einer Theorie. Er ging davon aus, daß Säuglinge in einer Phase von zwei Jahren sechs Stadien intellektueller Entwicklung durchlaufen (der Deutlichkeit halber werde ich sie als "Substadien" bezeichnen, um sie von den umfassenderen Stadien wie dem sensumotorischen und dem präoperationalen Stadium zu unterscheiden). Es mag den Anschein haben, als handle es sich dabei um eine zu große Zahl von Substadien fur eine so kurze Zeitspanne. Wenn wir uns jedoch bewußt machen, daß das Gehirn eines 2jährigen Kindes fast dreimal soviel wiegt wie das eines Neugeborenen, erscheint die Zahl nicht übertrieben. Im Regelfall wächst die kognitive Kompetenz in den ersten Jahren ebenso wie das Gehirnvolumen besonders schnell. Substadium 1: Modifikation der Reflexe (von der Geburt bis etwa zum Alter von einem Monat). Neugeborene kommen mit vielen Reflexen zur Welt. Sie saugen, wenn man ihnen Gegenstände in den Mund gibt, sie schließen ihre Finger um Gegenstände, die mit ihren Händen in Berührung kommen, sie fixieren die Ränder von Gegenständen mit ihren Augen, drehen ihren Kopf Geräuschen zu, usw. Piaget glaubte, daß diese Reflexe das Fundament der Intelligenz bilden. Bereits während des ersten Lebensmonats beginnen Säuglinge ihre Reflexe zu modifizieren, um sie anpassungsfähiger zu machen. In den ersten Tagen saugen sie recht ähnlich, unabhängig davon, was fur eine Art Gegenstand in ihrem Mund ist. Später jedoch saugen sie an einer Brustwarze nach Milch anders als an einem härteren, trockeneren Finger und sie saugen an beiden anders als an ihrer Hand. Man kann also Akkomodation bereits im ersten Lebensmonat beobachten. Substadium 2: Primäre Zirkulärreaktionen (etwa ab dem 2. bis zum 5. Lebensmonat). Im ihrem 2. Lebensmonat zeigen Säuglinge primäre Zirkulärreaktionen. Der Ausdruck zirkulär wird hier im Sinne von sich wiederholenden Ereigniszyklen gebraucht. Diese Zyklen umfassen die Handlungen der Säuglinge, die Wirkung dieser Handlungen auf die Umwelt und den Einfluß der Wirkung der früheren Handlungen auf die Umwelt auf die nachfolgenden Handlungen der Säuglinge. Piaget (1954) nennt als Beispiel Säuglinge, die in ihren ersten Lebensmonaten versuchen, an jeder Art von Gegenstand, den sie zufällig berühren, zu kratzen und nach ihm zu greifen: die nackte Schulter der Mutter, das über ihre Decke gelegte Laken, die Faust des Vaters, usw. Wenn Säuglinge in primären Zirkulärreaktionen unabsichtlich eine interessante Wirkung erzielen, versuchen sie, sie zu duplizieren, indem sie die Handlung wiederholen. Wenn es ihnen gelingt, löst das erneute Eintreten des interessanten Re-

Piagets Entwicklungstheorie

43

sultats einen ähnlichen Zyklus aus, der wiederum einen anderen Zyklus auslöst, usw. Diese primären Zirkulärreaktionen sind möglich, weil Säuglinge im Substadium 2 beginnen, Handlungen zu koordinieren, die ursprünglich Einzelreflexe waren. Im Substadium 1 greifen Säuglinge nach Gegenständen, die mit ihren Handflächen in Berührung kommen. Sie saugen an Gegenständen, die in ihren Mund kommen. Während des Substadiums 2 verbinden Säuglinge diese Handlungen. Sie fuhren Gegenstände zu ihrem Mund, die ihre Hände umgreifen und sie greifen mit ihren Händen nach Gegenständen, an denen sie saugen. Die Reflexe sind also bereits zur Grundlage noch komplexerer Handlungen geworden. Primäre Zirkulärreaktionen sind flexibler als die früheren Reflexe und erlauben Säuglingen eine Menge über die Welt zu lernen. Allerdings sind sie mindestens in dreifacher Hinsicht begrenzt. Erstens versuchen die 1 bis 4 Monate alten Säuglinge nur genau das Verhalten zu reproduzieren, das das ursprünglich interessante Ereignis bewirkt hat. Zweitens sind ihre Handlungen sehr uneinheitlich und sie haben eine hohe Fehlerquote beim Ausprobieren. Drittens versuchen sie nur Handlungen zu wiederholen, in denen das Ergebnis der Handlung ihren eigenen Körper betrifft, wie dann, wenn sie an ihrem Finger saugen. Substadium 3: Sekundäre Zirkulärreaktionen (etwa ab dem 5. bis zum 9. Lebensmonat). In diesem Stadium entwickeln Säuglinge immer stärkeres Interesse an Folgen, die über ihren Körper hinausgehen. Beispielsweise interessieren sie sich dafür, Bälle mit ihren Händen anzustoßen und zuzusehen, wie sie rollen. Piaget nannte diese Handlungen sekundäre Zirkulärreaktionen. Wie alle Zirkulärreaktionen werden diese Handlungen immer wieder wiederholt. Im Gegensatz zu den primären Zirkulärreaktionen betrifft jedoch das interessante Ergebnis (wie etwa der wegrollende Ball) Gegenstände der Außenwelt. Im Alter von 4 bis 8 Monaten systematisieren Säuglinge die Komponenten ihrer Zirkulärreaktionen stärker. Piaget beschrieb Fälle, in denen seine Kinder, nachdem er ein Mobile zum Schwingen gebracht hatte, es mit ihren Beinen anstießen, damit es sich weiter bewegte. Wie in primären Zirkulärreaktionen versuchten die Säuglinge nur, das ursprüngliche interessante Ereignis wiederherzustellen. Allerdings konnten sie dies nun effizienter tun. Sie reagierten schneller auf das ursprüngliche Geschehen und setzten ihre Bewegungen effektiver ein. An diesem Punkt ist man versucht zu folgern, daß Säuglinge den Kausalzusammenhang zwischen ihren Handlungen und den Wirkungen ihrer Handlungen begreifen. Piaget widerstrebte es allerdings, ihnen dieses Verständnis zuzuerkennen. Er glaubte vielmehr, daß die Handlungen von Säuglingen nicht in ausreichendem Maße freiwillig seien, um als eigenständige Ziele bezeichnet zu

44

Kapitel 2

werden. Seiner Ansicht nach entwickelten sie im ersten Lebensmonat überhaupt keine Ziele und zwischen dem 2. und dem 8. Lebensmonat nur Ziele, zu denen ihnen die unmittelbare Situation Anlaß gibt. Erst nach dem 9. Lebensmonat entwickelten sie echte, vom Geschehen in der unmittelbaren Umgebung unabhängige Ziele. Substadium 4: Koordination sekundärer Reaktionen (etwa vom 9. bis zum 13. Lebensmonat). Säuglinge, die das erste Lebensjahr beenden , sind vermehrt in der Lage, zwei oder mehr sekundäre Zirkulärreaktionen zu effizienten gewohnheitsmäßigen Abläufen zusammenzufassen. Als Piaget (1952) ein Kissen vor eine Streichholzschachtel legte, die seinem Sohn Laurent gefiel, schob der Säugling das Kissen weg und griff nach der Schachtel. In früheren Stadien wäre der Säugling nicht in der Lage gewesen, die beiden Handlungen, nämlich das Hindernis aus dem Weg zu schieben und die Streichholzschachtel zu ergreifen, zu verbinden. Dieses Beispiel verdeutlicht auch eine andere wichtige Entwicklung, die sich vollzieht, wenn Kinder ihr 1. Lebensjahr vollenden. Sie realisieren, daß auf eine bestimmte Handlung eine bestimmte Wirkung folgt. Laurent begriff demnach, daß er nach der Streichholzschachtel greifen könnte, wenn er das Kissen wegnehmen würde. Besonders wichtig ist, daß Substadium 4 die Fähigkeit mit sich bringt, relativ dauerhafte geistige Vorstellungen von der Welt zu entwickeln. Aus den Augen bedeutet nicht mehr vollkommen aus dem Sinn. Wenn also Gegenstände aus dem Blickfeld verschwinden, wie etwa dann, wenn ein Ball hinter einen Stuhl rollt, folgen ihnen Säuglinge eher, als daß sie so tun, als ob die Gegenstände aus der Welt verschwunden wären. Die Fähigkeit zu geistiger Vorstellung ist eine besonders wichtige Entwicklung, weil sie die Grundlage für jedes weitere kognitive Wachstum legt. Substadium 5: Tertiäre Zirkulärreaktionen (etwa ab dem 12. bis zum 18. Monat). Mit dem Beginn tertiärer Zirkulärreaktionen kurz vor dem ersten Geburtstag überschreiten Säuglinge die noch existierenden Grenzen ihrer Zirkulärreaktionen. Sie suchen aktiv nach neuen Wegen um mit Gegenständen zu interagieren und erforschen die potentiellen Gebrauchsmöglichkeiten von Gegenständen. Wie es den Zirkulärreaktionen eigen ist, wiederholen sie ihre Handlungen immer wieder. Nun verändern sie jedoch bewußt sowohl ihre eigenen Handlungen als auch die Gegenstände, mit denen sie sich beschäftigen. Deshalb haben die Handlungen eher ähnliche als identische Verhaltensmuster. Die folgende Beschreibung von Piagets Sohn Laurent vermittelt einen Eindruck von diesen neuen Kompetenzen.

Piagets Entwicklungstheorie

45

Er greift nacheinander nach einem Plastikschwan, einer Schachtel, etc., streckt seinen Arm aus und läßt sie fallen. Er variiert eindeutig die Position beim Fallenlassen. Manchmal streckt er seinen Arm vertikal aus, manchmal hält er ihn geneigt, manchmal vor, manchmal hinter seinen Augen, etc. Dann fällt der Gegenstand auf eine andere Stelle (etwa auf sein Kissen), er läßt ihn zwei- oder dreimal auf dieselbe Stelle fallen, als wolle er die räumliche Relation untersuchen; dann verändert er die Situation. (Piaget, 1951, S. 269)

Diese Übergänge von primären zu sekundären und schließlich zu tertiären Zirkulärreaktionen zeigen wie stark sich Säuglinge in ihren ersten 1 'Δ Lebensjahren entwickeln. Wie in Abbildung 2.1 gezeigt wird, beinhalten primäre Zirkulärreaktionen, die zum ersten Mal im Alter von einem bis zu 4 Monaten auftreten, Wiederholungen von Ereignissen, deren Folgen sich auf den Körper des Säuglings konzentrieren, wie etwa, wenn er seinen Finger in den Mund steckt. Bei sekundären Zirkulärreaktionen, die zu ersten Mal im Alter von 4 bis 8 Monaten beobachtet werden, handelt es sich um die Wiederholung eines Ereignisses, das zufälligerweise ein interessantes Ergebnis hervorbringt, aber dieses interessante Ergebnis findet zumindest etwas räumlich entfernt vom Körper des Säuglings statt (ζ. B. der von ihm wegrollende Ball). Tertiäre Zirkulärreaktionen, die zum ersten Mal im Alter von 12 bis 18 Monaten beobachtet werden, sind von dem Säugling bewußt veränderte Verhaltensweisen, die ein interessantes Ergebnis bewirkt hatten. Die Veränderungen, die von diesen drei Arten von Zirkulärreaktionen verkörpert werden, sind nützlich, um über ein breites Spektrum an Entwicklungen im Säuglingsalter nachzudenken. Zuerst konzentrieren sich die Handlungen von Säuglingen auf ihren eigenen Körper, später immer mehr auf die Außenwelt. Ziele beginnen auf einer konkreten Stufe (das Fallenlassen eines Gegenstandes) und werden immer abstrakter (die Höhe, aus der Gegenstände fallengelassen werden, wird verändert). Die Übereinstimmung von Absicht und Verhalten wird immer präziser und die Erforschung der Welt immer gewagter. Substadium 6: Die Anfänge begrifflichen Denkens (etwa im Alter von 18 bis 24 Monaten). Entwicklungen in diesem Alter sind Übergänge von der sensumotorischen in die präoperationale Phase. In der sensumotorischen Phase können Kinder nur agieren; sie können keine gedanklichen Vorstellungen von Gegenständen und Ereignissen bilden. In der präoperationalen Phase sind Kinder zu solchen geistigen Denkprozessen in der Lage. Substadium 6 ist der Zeitpunkt, an dem zum ersten Mal intemalisierte Repräsentationen entstehen. Betrachten Sie die folgende Szene, in der Piaget mit seiner Tochter Lucienne spielt. Piaget versteckt eine Uhrkette in einer sonst leeren Streichholzschachtel. Zuvor hatte er die Streichholzschachtel so weit offengelassen, daß Lucienne an die Kette kommen

46

Kapitel 2

konnte, indem sie die Streichholzschachtel umdrehte, nun macht er sie jedoch zu weit zu, als daß die Kette herausfallen könnte. Lucienne schaut gespannt auf den Schlitz [in der Streichholzschachtel]; dann macht sie mehrmals hintereinander ihren Mund auf und zu, erst nur ein bißchen und dann immer weiter! Offensichtlich weiß Lucienne um das Vorhandensein eines Hohlraums unter dem Schlitz [in der Streichholzschachtel] und will den Hohlraum vergrößern. Ihr Versuch, die Situation darzustellen, ist plastisch, d.h. wegen ihrer Unfähigkeit, sich die Situation in Worten oder eindeutigen visuellen Bildern vorzustellen, benutzt sie einen einfachen motorischen Hinweis [ihren geöffneten Mund] als Zeichen oder Symbol. (Piaget 1951, S. 338)

Als Lucienne ihren Mund öffnet, was ihren Wunsch symbolisiert, die Öffnung der Streichholzschachtel solle größer werden, können wir beinahe sehen, wie sie sich die Situation innerlich vorstellt. Es bedeutet, daß ihre Vorstellung von ihren äußeren Handlungen in ihren Verstand vordringt. Solche internalisierten Repräsentationen sind das Merkmal der präoperationalen Phase. Die präoperationale Phase (etwa ab dem dritten bis zum siebten oder achten Lebensjahr) Miller (1993) beschrieb recht treffend die Situation von Kindern bei der Vollendung der sensumotorischen Phase, indem er sie mit Bergsteigern verglich, die nach einem anstrengenden Aufstieg erkennen, daß das, was sie erklommen haben, lediglich ein Vorgebirge des Mount Everest ist. Am Ende des sensumotorischen Stadiums werden aus Säuglingen Kleinkinder. Sie interagieren reibungslos mit Gegenständen und Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung. Ihr geistiges Vorstellungsvermögen ist jedoch noch stark begrenzt. Das Wachstum des Vorstellungsvermögens ist die entscheidende Entwicklung in der präoperationalen Phase. Frühes symbolisches Vorstellungsvermögen. Piaget vermutete, daß das früheste Zeichen für geistige Vorstellungen verzögerte Nachahmung sei, die Nachahmung einer Handlung, Stunden oder Tage nachdem sie stattfand. Damit Kinder solche verzögerte Nachahmung an den Tag legen können, müssen sie eine stabile Vorstellung der ursprünglichen Handlung entwickelt haben. Wie könnten sie sie sonst so viel später nachahmen?

Piagets Entwicklungstheorie

47

ABBILDUNG 2.1 Das sich erweiternde Universum des Kindes: primäre ( ), sekundäre ( ) und tertiäre ( ) Zirkulärreaktionen. Man liest das Diagramm am besten, indem man bei jedem Kreis oben beginnt und ihm im Uhrzeigersinn folgt.

48

Kapitel 2

Kinder zeigen erst am Ende der sensumotorischen Phase verzögerte Nachahmung. Betrachten Sie die folgende Beschreibung von Piagets Tochter Jacqueline, wie sie in ihrem Laufställchen herumstrampelt und schreit. Mit 1;4(3) [Piagets Kürzel für 1 Jahr, 4 Monate und 3 Tage] wurde Jacqueline von einem kleinen Jungen (1;6) besucht, den sie von Zeit zu Zeit sah und der im Laufe des Nachmittags schrecklich üble Laune bekam. Er schrie, als er versuchte, aus einem Laufställchen herauszukommen und es nach hinten drückte, indem er mit seinen Füßen dagegen strampelte. Jacqueline schaute ihn erstaunt an, weil sie nie zuvor eine solche Szene beobachtet hatte. Am nächsten Tag schrie sie selbst in ihrem Laufställchen und versuchte es zu bewegen, indem sie mehrmals in Folge leicht mit ihrem Fuß dagegen strampelte. (Piaget 1951, S. 63)

Jacqueline hatte sich, soweit ihr Vater wußte, niemals zuvor so benommen. Die geistige Vorstellung des Wutanfalles ihres Spielkameraden mußte ihr also geholfen haben, dieses Verhalten zu reproduzieren. Piaget unterschied zwei Arten von geistigen Vorstellungen: Symbole und Zeichen. Die Unterscheidung ist nicht identisch mit der gängigen sprachlichen Unterscheidung der beiden Begriffe. Die Unterscheidung liegt vielmehr in der idiosynkratischen, nur für den eigenen Gebrauch bestimmten Vorstellung (Symbole) und der konventionellen für die Kommunikation beabsichtigte Vorstellung (Zeichen). In der Frühphase der Bildung geistiger Vorstellungen benützen Kinder häufig Symbole (ihre persönlichen Vorstellungen). Sie wählen etwa ein besonderes Kleidungsstück, das ihr Kissen, oder einen Eisstiel, der ein Gewehr darstellt. Normalerweise ähneln diese persönlichen Symbole in ihrer Form oder Beschaffenheit den Gegenständen, die sie darstellen. Das Material von Kleidung ist dem eines Kissens ähnlich und beide sind angenehm. Die Form und die Beschaffenheit eines Eisstiels hat eine gewisse Ähnlichkeit mit denen eines Gewehrlaufs. Im Gegensatz dazu ähneln Zeichen häufig nicht den Gegenständen und Ereignissen, für die sie stehen. Das Wort Kuh sieht nicht wie eine Kuh aus und die Ziffer 6 hat an sich keine Ähnlichkeit mit sechs Objekten. Im Laufe der Entwicklung benützen Kinder immer seltener idiosynkratische Symbole und immer mehr konventionelle Zeichen. Dieser Wechsel ist eine wichtige Errungenschaft, weil sie ihre Fähigkeit zu kommunizieren, stark erweitert. Allerdings ist der Übergang von persönlichen zu allgemein akzeptierten Vorstellungen nicht einfach. Diese Schwierigkeit wird in Piagets Beschreibung von egozentrischer Kommunikation deutlich. Piaget wandte den Begriff egozentrisch auf Kinder im Vorschul-

Piagets Entwicklungstheorie

49

alter an, nicht um sie zu tadeln, weil sie rücksichtslos seien, sondern vielmehr in einem wörtlicheren Sinne. Sie denken über die Außenwelt immer aus ihrer eigenen Perspektive nach. Der Gebrauch der Sprache reflektiert diese Egozentrik, im besonderen der Gebrauch idiosynkratischer Worte, die für andere Menschen bedeutungslos sind. Auch wenn bereits sehr kleine Kinder sowohl Zeichen als auch Symbole benützen, tun sie es zuerst nicht konsequent, so daß andere Menschen sie verstehen könnten. Abbildung 2.2 stellt einen Fall dar, der diesen Aspekt in der Konversation kleiner Kinder zeigt. Kinder im Vorschulalter sprechen oft nur hintereinander, ohne daß sie auf das zu achten scheinen, was andere sagen. Oftmals können auch einfühlende Erwachsene nicht erkennen, was die Kinder meinen. Im Alter von 4 bis 7 wird die Sprache weniger egozentrisch. Ein frühes Anzeichen dieses Fortschritts wird in Auseinandersetzungen von Kindern deutlich. Die Tatsache, daß die Äußerung eines Kindes den Widerspruch eines Spielkameraden hervorruft, deutet darauf hin, daß der Spielkamerad zumindest einem Standpunkt Beachtung schenkt, der nicht sein eigener ist. Manche Kinder sind sich auch des Symbolisierungsprozesses bewußt und finden ihn um seiner selbst willen interessant. Als meine Tochter 4 war, bereitete es ihr größtes Vergnügen, Dinge zu sagen wie: "wenn ich 'Stuhl' sage, meine ich 'Milch'; gibst Du mir bitte ein Glas Stuhl". Piaget wies daraufhin, daß gedankliche Bilder ebenso wie Sprache ein Weg sind, Gegenstände und Ereignisse darzustellen. Er nahm auch an, daß die Entwicklung gedanklicher Bilder der von Sprache ähnelt. Wenn Kinder in der Lage sind, Situationen verbal zu beschreiben, sind sie auch in der Lage, sie sich als Bilder vorzustellen. Außerdem glaubte er, daß die anfänglichen Vorstellungen in beiden Bereichen durch die dem Kind eigene Perspektive begrenzt sind. Das bedeutet, sie sind egozentrisch.

50

Kapitel 2

ABBILDUNG 2.2 Zwei kleine Kinder, die mehr oder weniger ein Gespräch führen - ein Beispiel für egozentrische Kommunikation.

Obwohl sich Sprache, bildliches Vorstellungsvermögen und andere Fähigkeiten in der präoperationalen Phase stark entwickeln, hob Piaget hervor, was Kinder in dieser Phase nicht können. Er hielt sie für unfähig, viele Probleme zu lösen, die entscheidende Indikatoren für logisches Denken sind. Auch die Bezeichnung "preoperational" deutet eher auf Schwächen denn auf Stärken hin. Eine Grenze im Denken von Kindern im Vorschulalter wurde bereits erwähnt: ihre Egozentrik. Dieser Zug wird in ihrer Unfähigkeit, unterschiedliche räumliche Perspektiven einzunehmen ebenso deutlich wie in ihrer Konversation. Piaget ließ 4jährige um einen Tisch vor einem Modell mit 3 verschieden hohen Bergen sitzen oder stehen (Abbildung 2.3). Die Aufgabe der Kinder war es, aus verschiedenen Photographien auszuwählen, die mit dem übereinstimmten, was die Kinder, die auf Stühlen an unterschiedlichen Punkten um den Tisch saßen, sahen. Um das Problem zu lösen, mußten die Kinder erkennen, daß ihre eigene Perspektive nicht die einzig mögliche war und in ihrer Vorstellung die Anordnung, die sie sahen, so verändern, daß sie mit dem Blickwinkel aus einer anderen Perspektive übereinstimmte. Dies war für die meisten 4jährigen unmöglich; sie konnten sich den Blick aus einer anderen Position nicht vorstellen. Das Denken von Kindern im Vorschulalter ist auch insofern begrenzt, als es auf einzelne, für die Wahrnehmung auffällige Merkmale von Objekten fixiert ist und

Piagets Entwicklungstheorie

51

andere, weniger auffällige Merkmale ausschließt. Ein gutes Beispiel für diese Fixierung findet man in Piagets Untersuchung des kindlichen Verständnisses für den Begriff der Zeit. Piagets Interesse an diesem Begriff hat eine interessante Geschichte. 1928 stellte Albert Einstein Piaget eine scheinbar einfache Frage: In welcher Reihenfolge eignen sich Kinder die Begriffe von Zeit und Geschwindigkeit an? Einsteins Frage war durch ein Problem aus der Physik motiviert. In der Newtonschen Theorie ist Zeit eine grundlegende Eigenschaft und Geschwindigkeit wird in Zeit ausgedrückt (Geschwindigkeit = Entfernung/Zeit). Im Gegensatz dazu werden in der Relativitätstheorie Zeit und Geschwindigkeit durch den jeweils anderen Begriff bestimmt, ohne daß ein Begriff grundlegender wäre. Einstein wollte wissen, ob das Verständnis von einem oder von beiden Begriffen von Geburt an vorhanden ist oder ob Kinder den einen Begriff vor dem anderen verstehen. ABBILDUNG 2.3 Drei-Berge-Versuch. Die Aufgabe des Kindes besteht darin zu zeigen, wie die Anordnung für jemanden aussieht, der sie aus einer anderen Perspektive als der des Kindes betrachtet (nach Piaget & Inhelder, 1969).

Fast 20 Jahre später (1946a, 1946b) veröffentlichte Piaget eine zweibändige, fünfhundert Seiten starke Antwort auf Einsteins Frage. Die Kernaussage von Piaget war, daß die Beherrschung aller drei Begriffe zeitgleich während der konkret operationalen Phase erfolgt. Um dies zu untersuchen, entwickelte Piaget eine Aufgabe, in der zwei Spielzeugzüge auf parallelen Gleisen in dieselbe Richtung fuhren. Nachdem die Wägen zum Stillstand gekommen waren, fragte Piaget, "welcher Zug fuhr länger (oder schneller oder weiter)"? Die meisten 4- und 5jährigen konzentrierten sich ganz auf ein einziges Merkmal, in der Regel auf den Punkt, an dem der Zug zum Halten kam. Sie wählten den

52

Kapitel 2

Zug als den schnelleren aus, der länger unterwegs war und der eine größere Distanz zurückgelegt hatte als derjenige, der auf dem Gleis weiter hinten zum Stehen kam. Um es anders auszudrücken, sie ignorierten, wann die Züge abfuhren, wann sie hielten und die gesamte Zeitspanne, die sie unterwegs waren. Erst mit etwa 9 Jahren antworteten sie richtig. Das Beispiel veranschaulicht eine weitere grundlegende Eigenschaft im kindlichen Denken der präoperationalen Phase. Kinder neigen dazu, sich mehr auf statische Zustände denn auf Veränderungen zu konzentrieren. Der Punkt, an dem jeder Zug zum Halten kommt, konstituiert eine statische Position, die ohne weiteres bei wiederholten Überprüfungen wahrnehmbar und verfügbar ist. Die zurückgelegte Zeit, Geschwindigkeit und Entfernung sind eher vorübergehend. Die Dimensionen, auf die sich Kinder in der präoperationalen Phase konzentrieren sind eher statische Zustände; die von ihnen ignorierten Größen beziehen sich in der Regel auf Veränderungen. Piaget sah also, daß 2- bis 6jährige Schwierigkeiten haben, eine andere als die eigene Perspektive einzunehmen, daß sie zu viel Aufmerksamkeit auf die für die Wahrnehmung leicht erkennbaren Größen legen und weniger leicht erkennbare ignorieren und sich statische Zustände, nicht aber Veränderungen vorstellen. All diese Darstellungen deuten darauf hin, daß sich so junge Kinder die Welt zu einfach und starr vorstellen. Sie überwinden diese Grenzen jedoch in der nächsten Entwicklungsphase. Die konkret operationale Phase (etwa ab dem 7. oder 8. Lebensjahr bis zum Alter von elf oder zwölf Jahren) Die zentrale Entwicklung in der konkret operationalen Phase ist das Erlernen von Denkprozessen. Bei diesen Prozessen handelt es sich um geistige Vorstellungen sowohl von dynamischen als auch von statischen Aspekten der Umwelt. Alle Entwicklung bis zu diesem Zeitpunkt ist nur ein Vorspiel für diese Leistung. In der sensumotorischen Phase lernen Kinder physisch mit der Umwelt umzugehen. In der präoperationalen Phase lernen sie, sich statische Zustände geistig vorzustellen. In der konkret operationalen Phase sind sie schließlich in der Lage sich sowohl Veränderungen als auch statische Zustände vorzustellen. Die Bedeutung von Denkprozessen kann besonders einfach im Kontext von Problemen der Erhaltung dargestellt werden. Betrachten wir das Verständnis für drei interessante Arten der Erhaltung: Flüssigkeitsmenge, Masse und Anzahl. Auch wenn sich die Aufgabenstellungen hinsichtlich der Erhaltung in mancherlei Hinsicht voneinander unterscheiden, liegt ihnen doch allen ein grundlegendes Drei-Phasen-Verfahren (Abbildung 2.4) zugrunde. In der ersten Phase sehen

Piagets Entwicklungstheorie

53

Kinder zwei oder mehr Gegenstände oder eine Menge von Gegenständen: zwei identische Reihen von Spielsteinen, zwei identische Gläser mit Wasser, zwei identische Tonzylinder usw. Erst wenn die Kinder zustimmen, daß beide in irgendeiner Größe gleich sind, wie etwa in der Anzahl der Gegenstände, beginnt die zweite Phase. Jetzt wird ein Gegenstand oder eine Menge von Gegenständen so verändert, daß sich das Aussehen verändert, nicht aber die betreffende Größe. Kinder sehen, daß die Reihe mit den Spielsteinen in die Länge gezogen wird, daß das Wasser von einem Glas in ein anders geformtes geschüttet wird, daß der Tonzylinder zu einer Kugel geformt wird, usw. Schließlich werden die Kinder in der dritten Phase gefragt, ob die betreffende Größe, von der sie zuvor gesagt haben, sie sei für beide gleich, auch nach der entsprechenden Veränderung gleich bleibt. Die richtige Antwort ist konstant "ja". Diese Probleme erscheinen Erwachsenen und älteren Kindern trivial. Dennoch beantworten sie fast alle 5jährigen falsch. Wenn sie mit Problemen der Erhaltung von Zahlen konfrontiert werden, behaupten sie, daß die längere Reihe mehr Spielsteine habe (unabhängig von der tatsächlichen Anzahl in jeder Reihe). Wenn sie mit Problemen der Erhaltung von Flüssigkeitsmengen konfrontiert werden, behaupten sie das Glas mit der höheren Flüssigkeitssäule enthalte mehr (unabhängig vom Flächenquerschnitt der Gläser). Wenn sie mit Problemen der Erhaltung von Masse konfrontiert werden, glauben sie, daß die längere Wurst mehr Ton enthalte (unabhängig vom Querschnitt der Flächen).

54

Kapitel 2

Periode 1

Mengenerhaltung

» · · · · · ·

„Schau, was ich jetzt tue" (die Spielsteine werden verteilt)

„Haben beide gleich viel Tonmasse oder nicht?"

„Schau, was ich jetzt tue" (der Ton wird in die Länge gezogen)

CD

m Erhaltung der Flüssigkeitsmenge

„Haben sie gleich viel oder unterschiedlich viel Wasser"

Periode 3 · · · · · · ·

· · · · · · ·

„Ist die Anzahl gleich oder verschieden?"

CH) Ο Erhaltung der Masse

Periode 2

· · · · · · „Ist die Anzahl gleich oder verschieden?"

CD „Haben beide gleich viel Tonmasse oder nicht?"

AM „Schau, was ich jetzt tue" (das Wasser wird umgeschüttet)

„Haben sie gleich viel oder unterschiedlich viel Wasser?"

ABBILDUNG 2.4 Verfahren um das kindliche Verständnis für die Erhaltung von Anzahl, Masse und Flüssigkeitsmenge zu testen. Wenn man bedenkt, was Kinder tun müssen, um Probleme der Erhaltung zu lösen, werden die Schwierigkeiten von 5jährigen verständlich. Sie müssen sich geistig die Veränderung durch das Erweitern, Umschütten und Verändern der Form, das die jeweilige Aufgabe betrifft, vorstellen. Und sie dürfen nicht all ihre Aufmerksamkeit auf die für die Wahrnehmung leicht zu erkennenden Größen wie Höhe und Länge richten, sondern sie müssen auch Querschnitt und Dichte berücksichtigen. Schließlich müssen sie auch realisieren, daß auch dann, wenn der veränderte Gegenstand mehr von der betreffenden Größe hinzugewonnen zu haben scheint, dem nicht so ist. Das bedeutet, daß sie verstehen müssen, daß ihre

Piagets Entwicklungstheorie

55

eigene Perspektive in die Irre fuhren kann. All dies ist für ein 5j ähriges Kind schwierig. Im konkret operationalen Stadium beherrschen Kinder alle drei Aufgaben der Erhaltung. Sie beherrschen auch die schwierige Aufgabenstellung mit den Zügen, die angewandt wurde, um das Verständnis von Zeit, Entfernung und Geschwindigkeit zu messen. Piaget erklärte die Beherrschung dieser und anderer Begriffe mit den Denkprozessen, über die die Kinder nun verfugen. Diese Denkprozesse erlauben es ihnen, sich Veränderungen ebenso wie statische Zustände vorzustellen. Die Erklärungen der Kinder für ihre Schlußfolgerungen in Bezug auf die Aufgaben der Erhaltung sind besonders aufschlußreich. Wenn 5jährige aufgefordert werden zu erklären, warum sich die Wassermenge verändert hat, sagen sie in der Regel, weil das Wasser in dem neuen Glas höher ist. Wenn 8jährige aufgefordert werden zu erklären, warum sich die Wassermenge nicht verändert, weisen sie auf die Art der Veränderung hin ("du hast es nur umgegossen"), auf Veränderungen in der weniger auffälligen Größe, die die Veränderungen in der auffälligeren ausgleichen ("das Wasser in diesem Glas ist höher, aber in dem anderen ist es breiter"), darauf, daß das Wasser anders aussieht, aber dasselbe ist und darauf das der Vorgang wieder rückgängig gemacht werden kann ("du kannst es zurückschütten und es ist gleich"). Interessanterweise erkennen 5jährige viele dieser Punkte, begreifen aber nicht, daß sie implizieren, daß in beiden Gläsern dieselbe Wassermenge ist. Auch wenn Kinder in der konkret operationalen Phase in der Lage sind, viele Probleme zu lösen, gehen bestimmte abstrakte Denkformen über ihr Vermögen. Einige dieser Problemen erfordern das Nachdenken über Behauptungen, die im Widerspruch zur Realität stehen ("wenn die Menschen die Zukunft kennen würden, wären sie dann glücklicher als jetzt?"). Andere machen es nötig, daß eigene Denken als etwas zu betrachten, über das man nachdenken muß. Um einen Heranwachsenden zu zitieren: "Ich dachte über meine Zukunft nach und dann fing ich an, darüber nachzudenken, warum ich über meine Zukunft nachdachte und dann dachte ich darüber nach, warum ich darüber nachdachte, über meine Zukunft nachzudenken" (Müssen, Conger, Kagan & Geiwitz, 1979). Wieder andere betreffen das Denken in abstrakten wissenschaftlichen Begriffen wie Kraft, Trägheit, Drehmoment und Beschleunigung. Diese Art von Vorstellungen wird in der formal operationalen Phase möglich.

56

Kapitel 2

Die formal operationale Phase (etwa ab dem Alter von elf oder zwölf Jahren) Die vielleicht auffälligste Entwicklung in der formal operationalen Phase ist es, daß Heranwachsende anfangen, ihre besondere Realität, in der sie leben, als nur eine von unendlich vielen vorstellbaren Realitäten zu betrachten. Das führt zumindest bei einigen von ihnen dazu, über alternative Organisationsstrukturen der Welt und tiefschürfende Fragen, die Sinn, Wahrheit, Gerechtigkeit und Moral betreffen, nachzudenken. Wie Inhelder und Piaget (1958) es formulierten: "Jeder hat seine eigenen Vorstellungen (und im allgemeinen glaubt man, es wären die eigenen), die ihn von der Kindheit befreien und es ihm erlauben, sich mit Erwachsenen gleichzusetzen" (S. 340-1). Aus dieser Perspektive ist es kein Zufall, daß viele Menschen erst in der Adoleszenz Gefallen an Science Fiction finden. Viele Unterschiede im formal und konkret operationalen Denken werden in den Beschreibungen der Herangehensweise von Kindern und Heranwachsenden an die Aufgabe mit chemischen Verbindungen von Inhelder und Piaget (1958) ersichtlich. In der Aufgabe gab es vier Bechergläser, jedes mit einem bestimmten chemischen Stoff und ein "spezielles" Becherglas mit einer unbekannten Mischung aus zwei oder mehreren der anderen Stoffe. Wenn man eine andere Chemikalie in das spezielle Glas gab, wurde die Lösung gelb. Die Kinder wurden aufgefordert zu bestimmen, welche der vier Chemikalien in der Lösung war, die gelb wurde und welche Rolle jede einzelne spielte. Kinder in der konkret operationalen Phase mischten in der Regel mehrmals zwei Chemikalien, mischten dann alle vier Chemikalien und probierten danach einige Mischungen mit drei Chemikalien aus. Sie wiederholten häufig Verbindungen, die sie bereits ausprobiert hatten und ließen andere Verbindungen völlig aus. Im Gegensatz dazu machten sich die Kinder in der formal operationalen Phase zuerst einen Plan, um systematisch alle möglichen Verbindungen der Chemikalien auszuprobieren. Dann nutzten sie den Plan, um ohne Wiederholungen und Auslassungen alle möglichen Verbindungen auszuprobieren. Die systematischere Herangehensweise der Kinder in der formal operationalen Phase half ihnen auch, eine sinnvollere Schlußfolgerung zu ziehen, wann und warum die Lösung gelb wurde. Kinder in der konkret operationalen Phase hörten häufig auf, nach Beweisen zu suchen, nachdem sie eine einzige Kombination gefunden hatten, die die Lösung gelb färbte. Sie schlossen daraus, daß es sich dabei um die ursprüngliche Lösung handeln müßte und daß alle Chemikalien in ihr notwendig wären, um die Reaktion auszulösen. Im Gegensatz dazu lernten die Kinder in der formal operationalen Phase, die alle 16 möglichen Kombinationen ausprobierten, daß zwei verschiedene Kombinationen die gelbe Farbe bewirkten.

Piagets Entwicklungstheorie

57

Was diese Kombinationen gemein hatten, war das Vorhandensein von zwei Chemikalien und das Fehlen einer dritten (das Fehlen der dritten Chemikalie war die Ursache, warum sich die beiden Fälle, in denen sich die Lösung gelb färbte, von den beiden anderen unterschieden, in denen beide notwendigen Chemikalien enthalten waren, sich die Lösungen aber nicht gelb färbten). Deshalb kamen die formal operational denkenden Kinder zu dem richtigen Schluß, daß zwei der Chemikalien notwendig waren, um die Veränderung der Farbe zu bewirken, daß eine dritte dies verhindern würde, auch wenn die beiden ersten vorhanden waren, und daß die vierte keine Wirkung hatte. Die Tatsache, daß sie sich systematisch auf alle möglichen Kombinationen konzentrierten, ermöglichte ihnen die notwendigen Versuchsergebnisse zu erhalten und sie entsprechend zu interpretieren. Einige der stärksten Veränderungen im Denken während der formal operationalen Phase betreffen die logische und wissenschaftliche Beweisführung (Moshman, in Druck). Das abstrakte und systematische Denken, das sich besonders stark während der formal operationalen Phase entwickelt, ist in diesem Kontext von entscheidender Bedeutung. Wissenschaftliche und logische Beweisführung erfordern häufig, die abstraktesten Denkweisen auf die schwierigsten Probleme anzuwenden. Es ist nicht erstaunlich, daß Piaget solche formalen Denkoperationen als Kulmination des kognitiven Entwicklungsprozesses betrachtete, das Ergebnis all dessen, was sich zuvor entwickelt hatte.

2.3 DIE ENTWICKLUNG EINIGER ENTSCHEIDENDER BEGRIFFE Das breite Spektrum von Piagets Beschreibungen des kindlichen Denkens wird an seinem Beitrag zur Entwicklung einzelner Begriffe am deutlichsten. Einige Begriffe, in denen seine Beschreibungen besonders interessant sind, sind Erhaltung, Klassen und Relationen. Er verfolgte ihre Entwicklung zurück von ihren Ursprüngen in der sensumotorischen Phase über höherentwickelte Ausprägungen in der präoperationalen und der konkret operationalen Phase bis hin zu einem äußerst differenzierten Verständnis in der formal operationalen Phase. Normalerweise glaubt man, das Denken von Säuglingen habe nichts mit dem von Heranwachsenden zu tun. Ein Teil der Genialität von Piaget war es, daß er den Zusammenhang erkannte.

58

Kapitel 2

Erhaltung Erhaltung in der sensumotorischen Phase. In der sensumotorischen Phase lernen Kinder einen einfachen, aber entscheidenden Teil der begrifflichen Vorstellung von Erhaltung. Dieser Teil könnte "Existenzerhaltung" genannt werden, Plaget nannte ihn allerdings Objektpermanenz. Erwachsene wissen, daß Gegenstände nicht einfach aus der Welt verschwinden (auch wenn es manchmal so scheint). Wenn wir einen Ball haben wollen und er hinter einen anderen Gegenstand rollt, dann suchen wir nach ihm und entfernen, wenn nötig, Hindernisse, um an ihn zu kommen. Piaget beobachtete, daß Säuglinge, die jünger als 8 Monate alt sind, nicht in dieser Weise suchen; sie lenken ihre Aufmerksamkeit einfach auf etwas anderes. Er schrieb dies nicht mangelndem Interesse oder einer zu geringen Koordinationsfähigkeit zu, um den Gegenstand zurückzuholen. Statt dessen gab er eine grundlegendere Erklärung, nämlich daß sie nicht begreifen würden, daß die Gegenstände noch existierten. Er behauptete außerdem, daß das vollentwickelte Verständnis für Objektpermanenz die gesamte sensumotorische Phase beanspruchen würde. Im Substadium 1 von der Geburt bis zu 2. Lebensmonat schauen Säuglinge auf Gegenstände, die sich direkt vor ihnen befinden. Wenn jedoch ein Gegenstand von ihnen wegbewegt wird, folgen sie ihm nicht mit den Augen. Säuglinge schauen also in das Gesicht ihrer Mutter, wenn es direkt über ihnen ist, aber sie hören auf zu schauen, wenn sich die Mutter wegdreht. Im Substadium 2 zwischen dem 2. und 5. Lebensmonat, schauen Säuglinge länger an die Stelle, von der ein Gegenstand verschwindet, aber sie verfolgen seine Bewegung nicht. Wenn sie mit einem Spielzeug spielen und es fallenlassen, schauen sie eher länger auf ihre Hand als auf den Boden. Im Substadium 3 im Alter von etwa 4 bis 8 Monaten antizipieren sie, wohin Gegenstände bewegt werden und suchen nach ihnen, wenn sie teilweise sichtbar sind. Wenn der Gegenstand jedoch völlig verdeckt ist, versuchen sie nicht, ihn zurückzuholen (wie in dem Zitat zu Beginn des Kapitels dargestellt wurde). Im Substadium 4 im Alter von 8 bis 12 Monaten fangen Säuglinge an, nach Gegenständen hinter oder unter Hindernissen zu suchen. Das deutet darauf hin, daß sie realisieren, daß Gegenstände dauerhaft vorhanden sind. Unter bestimmten Umständen machen 8 bis 12 Monate alte Kinder jedoch einen interessanten Fehler. Wenn sie beobachten, daß ein Gegenstand zweimal in Folge unter demselben Behältnis versteckt wurde, holen sie den Gegenstand jedesmal von dort zurück. Wenn sie beobachten, daß derselbe Gegenstand unter einem anderen Behältnis versteckt wird, suchen sie ihn trotzdem eher unter dem Behältnis, unter dem sie ihn zuvor gefunden hatten, als unter dem Behältnis, unter dem er sich jetzt befin-

Piagets Entwicklungstheorie

59

det. Es scheint, als ob das ursprüngliche Behältnis einen selbständigen Status als Versteck angenommen hat, an dem man Gegenstände findet. Im Substadium 5 etwa mit 12 bis 18 Monaten machen Säuglinge diesen Fehler nicht mehr und suchen dort, wo der Gegenstand zuletzt versteckt wurde. Allerdings sind sie nach wie vor nicht in der Lage, effizient mit Veränderungen umzugehen, wenn der gewünschte Gegenstand nicht direkt wahrgenommen werden kann. Wenn ein Spielzeug zuerst unter einer Decke versteckt wird und das Spielzeug und die Decke dann zusammen unter einem Kissen versteckt werden und dann die Decke entfernt wird, so daß das Spielzeug unter dem Kissen bleibt, suchen 8 bis 12 Monate alte Kinder nicht unter dem Kissen. Im Substadium 6 im Alter von 18 bis 24 Monaten begreifen Babys allerdings auch diese Art komplexer Verlagerung und suchen sofort an der richtigen Stelle. Ich erinnere mich daran, als ich zum ersten Mal über Piagets Theorie der Objektpermanenz gelesen habe. Ich fand seine Darstellung phantastisch, sowohl im Sinne von äußerst interessant als auch im Sinne von äußerst unwahrscheinlich. Mir erschien es wesentlich wahrscheinlicher, daß es Säuglingen unter 8 Monaten nicht gelingt, Gegenstände zu suchen, weil sie entweder nicht über genügend Koordinationsvermögen verfügen oder weil sie das Interesse verlieren. Ein Versuch von Bower und Wishart (1972) ließ meine beiden ursprünglichen Vermutungen jedoch als unwahrscheinlich erscheinen. 5 Monate alte Kinder beobachteten, wie ein Spielzeug unter einer durchsichtigen Tasse versteckt wurde. Die große Mehrheit der Säuglinge fand es wieder. Dann beobachteten die Säuglinge, wie dasselbe Spielzeug unter einer undurchsichtigen Tasse versteckt wurde. Nur 2 der 16 fanden es wieder. Dieser Versuch Schloß sowohl motorische Unreife als auch mangelndes Interesse als Erklärung dafür aus, daß die Säuglinge nicht in der Lage waren, unter der undurchsichtigen Tasse zu suchen. Wenn ihnen das entsprechende Interesse gefehlt hat, das Spielzeug wiederzufinden oder sie nicht dazu in der Lage waren, weil ihnen die notwendige Koordinationsfähigkeit fehlte, warum waren sie dann interessiert und hatten genügend Koordinationsfähigkeit, um dasselbe Objekt wiederzufinden, als es unter der durchsichtigen Tasse versteckt war? Erhaltung in der präoperationalen und der konkret operationalen Phase. In der sensumotorischen Phase beginnen Säuglinge zu realisieren, daß Objekte bei bestimmten Arten der Veränderung weiterhin vorhanden sind, insbesondere wenn die Objekte versteckt werden. In der präoperationalen und der konkret operationalen Phase realisieren Kinder, daß bestimmte Eigenschaften von Objekten auch dann erhalten bleiben, wenn Umwandlungen ihr Aussehen verändern. Wenn man Objekte mit größerem Abstand in einer Reihe verteilt, verlängert sich die Reihe,

60

Kapitel 2

aber die Anzahl der Objekte bleibt unberührt. Wenn man Wasser aus einem normalen Glas in ein hohes dünnes umschüttet, verändert sich die Höhe der Flüssigkeitssäule, läßt aber die Wassermenge unverändert. Am Ende der konkret operationalen Phase realisieren Kinder, daß auch dann, wenn Umwandlungen das Aussehen verändern, viele wahrnehmbaren Größen erhalten bleiben: Anzahl, Menge, Länge, Gewicht, Umkreis, Fläche, etc. Erhaltung in der formal operationalen Phase. In der formal operationalen Phase beginnen Heranwachsende komplexe Formen der Erhaltung zu begreifen, die die Umwandlung von Umwandlungen betrifft. Eine solche begriffliche Vorstellung ist die Erhaltung von Bewegung. Inhelder und Piaget (1958) untersuchten das Verständnis dieser Vorstellung bei Kindern und Heranwachsenden, indem sie sie mit einer federbetriebenen Auswurfmaschine konfrontierten, die Bälle unterschiedlicher Größe auswarf. Ihre Aufgabe bestand darin vorherzusagen, wohin die Bälle springen würden, zu erklären, warum einige Bälle früher als andere aufsprangen und warum Bälle überhaupt aufsprangen. Das Leistungsvermögen bei solchen Aufgabenstellungen in unterschiedlichen Altersstufen macht deutlich, welche Denkweise Piaget für die entsprechende Altersstufe für grundlegend hielt. Kinder in der präoperationalen Phase konzentrieren sich nur auf eine Größe und nehmen nur eine Perspektive ein. Sie können durchwegs vorhersagen, daß ein großer Ball weiter springt, weil er schwerer ist. Kinder in der konkret operationalen Phase erkennen, daß unterschiedliche Größen wichtig sind und sie nehmen verschiedene Perspektiven ein. Sie können die Bedeutung der Beschaffenheit der Oberfläche, auf der der Ball rollt und die des Balles selbst erkennen. Sie können auch erkennen, daß das Problem aus zwei Perspektiven betrachtet werden kann: was fuhrt dazu, daß der Ball aufspringt und was führt dazu, daß er sich bewegt. Deshalb sind sie in der Lage sich vorzustellen, daß größere Bälle weiter springen, aber auch, daß rauhere Oberflächen dazu führen, daß die Bälle weniger weit springen. Im formal operationalen Stadium überdenken Kinder das Problem vom Standpunkt differenzierter wissenschaftlicher begrifflicher Vorstellungen aus, wie Bewegungserhaltung. Das bedeutet, sie erfassen das Problem unter idealen Bedingungen ("wenn es keinen Luftwiderstand oder Reibung gäbe..."). Diese Art des Denkens ist eine für die formalen Denkprozesse charakteristische Leistung, da sie die Erhaltung einer Größe - der Bewegung - betrifft, der selbst eine Veränderung - die Bewegung im Raum - widerfährt. Außerdem verdeutlicht es, wie Heranwachsende vom Tatsächlichen zum Möglichen übergehen, hat doch noch niemand eine physische Welt ohne Luftwiderstand und Reibung erfahren.

Piagets Entwicklungstheorie

61

Klassen und Relationen Eine weitere Leistung von Piaget war es, die Verbindung des kindlichen Verständnisses von Klassen und Relationen zu erkennen. Diese Verbindung kann anhand von Zahlen verdeutlicht werden. Was bedeutet es, wenn wir sagen ein Mädchen versteht den Begriff "drei"? Ein Teil des Verstehens besteht darin zu erkennen, was drei Bälle, drei Autos und drei Löffel gemeinsam haben, nämlich daß sie alle Elemente der Klasse von Mengen mit drei Elementen sind. Sie sollte auch die Relation dieser Klasse zu anderen Klassen verstehen - Größer-alsMengen mit zwei und Kleiner-als-Mengen mit vier Elementen. Piaget glaubte, daß sich Kinder Klassen und Relationen anfangs als Einzelideen denken, sie aber schließlich zu einem Verständnis integrieren. Verständnis von Klassen und Relationen in der sensumotorischen Phase. Piaget behauptete, daß Säuglinge und Kleinkinder Gegenständer hinsichtlich ihrer Funktion klassifizieren. Er veranschaulichte diesen Aspekt an der Beschreibung der Reaktion seiner Tochter Lucienne auf einen Papagei, der auf ihrer Wiege saß. Lucienne gefiel es, den Papagei in Bewegung zu versetzen, indem sie in der Wiege liegend mit ihren Beinen strampelte. Mit 6 Monaten machte sie ähnliche Strampelbewegungen, auch wenn sie nicht in der Wiege lag, den Papagei aber immer noch sehen konnte. Für Piaget bedeutete dies, daß Lucienne den Papagei als "etwas das sich bewegt, wenn ich mit den Beinen strampele" klassifizierte. Man kann weit differenziertere Kategorien erkennen, die sich aus so einfachen Klassifizierungen entwickeln. Man geht davon aus, daß sich das Verständnis für Relationen wie das für Klassen aus sensumotorischen Handlungen entwickelt. Piaget beschrieb, wie sehr sich seine drei Kinder im Alter von 3 und 4 Monaten an dem Zusammenhang zwischen der Stärke ihrer Handlungen und dem Grad der Reaktion, die sie damit auslösten, ergötzen. Je stärker sie strampelten, desto mehr versetzten sie die Gegenstände auf der Wiege in Bewegung; je stärker sie eine Rassel schüttelten, desto lautere Geräusche machte sie, etc. Sie verstanden also den Zusammenhang: "je stärker ich etwas tue, desto größer ist der Effekt". Verständnis von Klassen und Relationen in der präoperationalen Phase. In der präoperationalen Phase entwickeln Kinder ihre Fähigkeit zu klassifizieren auf erstaunliche Weise. Diese Entwicklung wird deutlich, wenn sie aufgefordert werden, in Größe, Farbe und Form unterschiedliche Bauklötzchen zu Gruppen zusammenzustellen. In der frühen präoperationalen Phase wird ein Junge vielleicht versuchen, alle kleinen Klötzchen zu gruppieren und deshalb ein kleines rotes quadratisches, dann ein kleines blaues quadratisches und dann ein kleines rotes dreieckiges Klötzchen auswählen. Die Tatsache, daß der letzte Gegenstand drei-

62

Kapitel 2

eckig ist, könnte allerdings seine Aufmerksamkeit erregen und dazu fuhren, daß er ein großes rotes dreieckiges und dann ein großes grünes dreieckiges Klötzchen hinzufügt und so eine Menge ohne irgendein einheitliches Merkmal zusammenstellt. Erst später in der präoperationalen Phase etwa mit 4 bis 5 Jahren beginnen Kinder auf einer konsistenten Grundlage zu klassifizieren. Zu diesem Zeitpunkt bilden sie für alle kleinen Gegenstände und für alle großen eine Menge. Auch wenn Kinder diese Art der Probemlösung in der präoperationalen Phase erlernen, bleiben andere Klassifikationsaufgaben schwierig. Die Grenzen ihres Denkens werden besonders deutlich, wenn sie gleichzeitig konkurrierende Klassifikationsgrundlagen wie in Piagets Kategorieninklusionsaufgabe beachten müssen. Bei dieser Aufgabe werden Kindern ζ. B. acht Spielzeugtiere vorgelegt, etwa sechs Katzen und zwei Hunde. Dann werden sie gefragt, "sind es mehr Katzen oder mehr Tiere"? Die meisten Kinder unter 7 oder 8 Jahren antworten, daß es mehr Katzen sind, auch wenn die Anzahl der Katzen an sich schon geringer oder gleich der Anzahl der Tiere ist. Piaget glaubte, daß dieses Verhalten auf die Neigung von Kindern in der präoperationalen Phase zurückzufuhren sei, sich auf eine einzelne Größe zu konzentrieren und andere auszuschließen. Um dieses Problem zu lösen, müssen Kinder sich bewußt machen, daß ein Gegenstand (zum Beispiel Garfield) gleichzeitig zu einer Untergruppe (Katzen) und zu einer Übergruppe (Tiere) gehören kann. Sie empfinden dies als schwierig. Deshalb deuten sie die Frage in einer Weise um, die es ihnen erlaubt, ein Problem zu lösen, das sie verstehen: ob es mehr Katzen oder andere Tiere als Katzen sind. Das führt dazu, daß sie die Anzahl der Katzen mit der Anzahl der Hunde vergleichen und deshalb sagen, daß es mehr Katzen als Tiere sind. Das kindliche Verständnis für Relationen entwickelt sich zwar erstaunlich schnell im präoperationalen Stadium, allerdings bleibt ihre Fähigkeit, sich auf die Relation zu konzentrieren, die in der bestimmten Situation relevant ist und die irrelevanten auszublenden, begrenzt. Um sowohl die Entwicklung als auch die verbleibenden Schwächen zu verdeutlichen, konfrontierte Piaget (1952) Kinder im präoperationalen Stadium mit dem in Abbildung 2.5 dargestellten Aufgabe serieller Anordnung. Er forderte sie auf, die Stäbe in einer Reihe vom kürzesten bis zum längsten anzuordnen. Wenn sie mit dieser Aufgabe zurechtkamen, stellte er sie vor ein zweites Problem. Sie sollten einen weiteren Stab mittlerer Länge an der entsprechenden Stelle in der Reihe einordnen. Im frühen präoperationalen Stadium im Alter von 2 bis 4 Jahren haben Kinder große Schwierigkeiten, die richtige Reihenfolge zu finden. Wie in der ersten Reihe der Abbildung 2.5 gezeigt, ordnen sie etwa die Stäbe in zwei korrekten Unter-

Piagets Entwicklungstheorie

63

gruppen, fugen die beiden jedoch nicht zu einer einzigen Gesamtordnung zusammen. Die wechselnde Fixierung ist vergleichbar mit der bereits dargestellten, als sie zuerst verschiedene keine Gegenstände zusammenlegten und dann, nachdem sie ein kleines Dreieck entdeckt hatten, anfingen alle Dreiecke der Menge hinzuzufügen. Später im präoperationalen Stadium sind Kinder in der Lage, die Stäbe der ursprünglichen Menge richtig der Länge nach zu ordnen. Allerdings gelingt es ihnen häufig nicht ohne wiederholtes Probieren, den richtigen Platz zu finden, um einen zusätzlichen Stab einzuordnen. Piaget schrieb dieses verbleibende Problem der Schwierigkeit von Kindern in der präoperationalen Phase zu, gleichzeitig zu erkennen, daß der neue Stab kaum kleiner als ein bestimmter Stab und kaum größer als ein anderer ist. Verständnis von Klassen und Relationen in der konkret operationalen Phase. Piaget glaubte, daß Kinder in der konkret operationalen Phase beginnen würden, Klassen und Relationen als ein einziges, einheitliches System zu behandeln. Ihre Versuche, multiple Klassifikationsprobleme zu lösen, verdeutlichen diese Entwicklung. Betrachten Sie die Problemstellung in Abbildung 2.6. Kindern werden in Quadrate unterteilte Reihen mit Stimuli, die in zwei Größen variieren, in diesem Fall in Form (quadratisch, rund oder länglich) und Farbe (schwarz, weiß oder gestreift), gezeigt. Die Aufgabe besteht darin, ein Objekt auszuwählen, um es an der leeren Stelle einzufügen, so daß alle neun Objekte hinsichtlich der beiden Größen angeordnet sind. Das erfordert, die zwei relevanten Kategorien (Form und Farbe) zu erkennen und ein Objekt auszuwählen, das die Relation zwischen den bereits existierenden Objekten in den Reihen und Spalten des Gitters beibehält.

• •/ ο

64

Kapitel 2

Inhelder und Piaget (1964) berichteten, daß 4 bis 6jährige in 85 Prozent Objekte auswählten, die mindestens eine der zwei notwendigen Größen umfaßten. Allerdings wählten sie nur in 15 Prozent das einzige Objekt aus, das beide verlangten Größen umfaßte. Die große Mehrheit der 9 bis 10jährigen Kinder wählte das Objekt aus, das beide Größen umfaßte, was die Fähigkeit erkennen ließ, Klassen und Relationen gleichzeitig zu berücksichtigen.

1 · Kinder in der Fnihphase des präoperaiionalen Studiums werden aufgefordert, die Stäbe der Größe nach zu ordnen

Ergebnis

2. Kinder werden zu einem späteren Zeitpunkt im präopcrationalen Stadium aufgefordert, die Stäbe der Größe nach zu ordnen

Ergebnis

3· Wenn Kinder aber aufgefordert werden, einen Stab einzuordnen

probieren sie

verschiedene Möglichkeiten aus

Piagets Entwicklungstheorie

65

ABBILDUNG 2.5 (Seite 64) Typische Antworten von Kindern im frühen und späten präoperationalen Stadium bei der Aufgabe serieller Anordnung.

Verständnis von Klassen und Relationen in der formal operationalen Phase. Formal operationales Denken befähigt Heranwachsende über Relationen von Relationen und Klassen von Klassen nachzudenken. Beispielsweise unterteilen sie die Schüler ihrer Klasse zuerst in unterschiedliche Gruppen (Nerds, Jocks, Skaters, Preppies, Druggies, etc.) und konstruieren dann höhere Ordnungskategorien aus den Gruppen, deren Mitglieder in der Regel miteinander befreundet sind (ζ. B. Preppies und Jocks). Formal operationales Denken führt auch dazu, daß Heranwachsende die beobachteten Ergebnisse im Kontext logisch möglicher Ergebnisse interpretieren. Diese Art des Denkens wurde anhand der Beschreibung der Problemstellungen mit chemischen Verbindungen in diesem Kapitel bereits verdeutlicht. Formal operational Denkende planten nicht nur eine Möglichkeit, alle möglichen Verbindungen der chemischen Stoffe herzustellen, sondern interpretierten auch alle Resultate, also nicht nur diejenigen, in denen das gewünschte Ereignis (die gelbe Farbe) eintrat. Dies führte dazu, daß sie erkannten, daß das Vorhandensein von zwei chemischen Stoffen, die immer dann vorhanden waren, wenn sich eine Lösung gelb färbte, nicht ausreichte, um die Veränderung der Farbe zu bewirken, denn in zwei Fällen waren beide vorhanden und die chemische Lösung blieb klar. Daraus schlossen sie, daß die Veränderung der Farbe sowohl im Nichtvorhandensein einer dritten Chemikalie als auch im Vorhandensein der beiden anderen ihren Niederschlag fand. Eine chronologische Zusammenfassung. Es ist relativ einfach, sich von den zahlreichen Entwicklungsveränderungen, die Piaget beschrieb, verwirren zu lassen. Tabelle 2.2 stellt einige der wichtigsten Veränderungen in Relation zueinander dar und kann vielleicht ein besseres Gefühl dafür vermitteln, welche Arten von Veränderungen zu welchen Zeitpunkt in der Entwicklung stattfinden.

66

Kapitel 2

TABELLE 2.2 Das Denken von Kindern in unterschiedlichen Altersstufen: Piagets Modell

ENTWICKLUNGSSTADIUM Sensumotorische Phase (Geburt bis zum Alter von 2 Jahren)

RELEVANTE ALTERSSPANNE

TYPISCHE LEISTUNGEN UND GRENZEN

Von der Geburt Modifikation von Reflexen, um sie effekbis zu einem tiver zu gestalten Monat 1. bis 4. Monat

Primäre Zirkulärreaktionen und Handlungskoordination

4. bis 8. Monat

Sekundäre Zirkulärreaktionen und Handlungskoordination

8. bis 12. Monat

Koordination sekundärer Zirkulärreaktionen. Baby findet versteckte Gegenstände wieder, sucht Gegenstände aber eher dort, wo sie zuvor versteckt wurden, als dort, wo sie zuletzt versteckt wurden.

12. bis 18. Monat

Tertiäre Zirkulärreaktionen. Baby variiert systematisch die Höhe, aus der es Gegenstände fallen läßt.

18. bis 24. Monat

Beginn echter gedanklicher Vorstellungen. Verzögerte Nachahmung.

Präoperationale Phase 3. bis 5. (von 2 bis 7 Jahren) Lebensjahr

Entwicklung symbolischer Fähigkeiten. Zunahme der sprachlichen und geistigen Darstellungsformen. Egozentrische Kommunikation.

5. bis 8. Lebensjahr

Gute sprachliche und geistige Darstellungsformen. Unfähigkeit, Veränderungen darzustellen. Das Kind fixiert sich bei Aufgaben auf Erhaltung, der Kategorieninklusion, der Zeit, der seriellen Anordnung und anderen auf eine einzige wahrnehmbare Größe.

Piagets Entwicklungstheorie

67

Konkret operationale Phase (von 7 bis 12 Jahren)

Während der Das Kind kann echte Denkprozesse durchgesamten Phase führen, sowohl Veränderungen als auch statische Zustände darstellen und Aufgaben der Erhaltung, Kategorieninklusion, Zeit und viele andere lösen. Das Kind hat noch Schwierigkeiten, alle möglichen Kombinationen wie in der chemischen Aufgabe und Veränderungen von Veränderungen zu begreifen.

Formal operationale Phase (ab 12 Jahren bis zum Lebensende)

Während der Heranwachsende können alle möglichen gesamten Phase Ergebnisse nachvollziehen, einzelne Ergebnisse in Relation zu hypothetischen Ereignissen interpretieren und abstrakte Vorstellungen wie Bewegungserhaltung und chemische Prozesse begreifen.

2.4. EINE BEWERTUNG VON PIAGETS THEORIE Wie können wir diese reiche und vielschichtige Theorie über kognitive Entwicklung bewerten? Einige der Stärken der Theorie wurden zu Beginn des Kapitels angeführt. Sie vermittelt uns ein gutes Gefühl dafür, wie wir uns kindliches Denken zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Entwicklung vorzustellen haben. Sie stellt Fragen, die Eltern, Lehrer, Philosophen und Wissenschaftler Jahrhunderte lang beschäftigt haben. Sie überblickt ein erstaunlich breites Entwicklungsspektrum des kindlichen Denkens und deckt die gesamte Altersspanne vom Säuglingsalter bis zur Adoleszenz ab. Sie umfaßt zahllose erstaunliche Beobachtungen darüber, wie Kinder denken. Mit diesen grundsätzlichen Stärken vor Augen können wir uns drei spezifischeren Fragen zuwenden. Wie exakt beschreibt die Theorie die Eigenheiten kindlichen Denkens in unterschiedlichen Altersstufen? Wie sinnvoll sind ihre Stadien als Beschreibung und Erklärung kindlichen Denkens? Wie stichhaltig sind die Eigenschaften, mit denen sie das kindliche Denken grundsätzlich charakterisiert, wie etwa daß Kinder in der präoperationalen Phase egozentrisch sind?

68

Kapitel 2

Wie exakt beschreibt die Theorie charakteristische Aspekte des kindlichen Denkens Piagets Theorie macht viele spezifische Aussagen darüber, wie Kinder in unterschiedlichem Alter denken und argumentieren. Haben diese Aussagen späteren Forschungen standgehalten? Die grundlegendste Frage fur jede wissenschaftliche Theorie ist, ob andere Menschen die Ergebnisse, auf denen die Theorie basiert, replizieren können. Piagets Beobachtungen waren so erstaunlich, daß viele frühe Experimente nur durchgeführt wurden, um sie zu replizieren. Diese Replikationsexperimente führten breitere, repräsentativere Erhebungen an Kindern durch und benutzten standardisiertere Versionen von Piagets Aufgabenstellungen, waren aber ansonsten seinem Ansatz sehr ähnlich. Im allgemeinen waren die Replikationsversuche erfolgreich. Größere Erhebungen an amerikanischen, britischen, kanadischen, chinesischen und australischen Ureinwohnerkindern, die in den 60er und 70er Jahren getestet wurden, zeigten dieselbe Art des Denkens wie Piagets kleine Erhebungen an Schweizer Kindern es fast ein halbes Jahrhundert zuvor getan hatten (Corman & Escalona, 1969; Dasen, 1973; Dodwell, 1960; Elkind, 1961a, 1961b; Goodnow, 1962; Lovell, 1961; Uzgiris, 1964). Kinder in nicht-westlichen Gesellschaften erreichten die Stadien in höherem Alter, dann zeigten sie aber die erwartete Art des Denkens. Dies traf besonders auf das sensumotorische, das präoperationale und das konkret operationale Stadium zu. Einige Heranwachsende zeigten formal operationales Denken, allerdings auch in hochentwickelten Gesellschaften nur eine Minderheit, zumindest bei der Argumentation in wissenschaftlichen Aufgabenstellungen, die im allgemeinen herangezogen werden, um formale Denkprozesse zu bewerten (Byrnes, 1988; Kuhn et al., 1995). Können wir diese Replikationen für bare Münze nehmen? Vielleicht ist das unreife Denken, das Kinder in vielen Situationen an den Tag legen, nicht darauf zurückzufuhren, daß ihr Denken unreif ist, sondern vielmehr darauf, daß die sprachlichen Methoden, die sowohl Piaget als auch die Replikationsstudien anwandten, ihr Wissen unterschätzten. Kritiker solcher Methoden argumentieren, daß der Mangel an sprachlichem Ausdrucksvermögen von kleinen Kindern oftmals zu Unrecht einen pessimistischen Eindruck ihrer kognitiven Fähigkeiten liefert (ζ. B. Brainerd, 1978). Die Tatsache, daß Kinder ihr Denken nicht erklären können, bedeutet noch nicht, daß ihr Denken selbst unzureichend ist. Allerdings scheint es, daß Kinder auch ein ähnliches Denkvermögen zeigen, wenn sie mit nonverbalen Varianten von Piagets Aufgaben getestet werden. Ich war an einer solchen Versuchsreihe beteiligt, in der ich nonverbale Methoden

Piagets Entwicklungstheorie

69

anwandte, um einige von Piagets Aufgabenstellungen zu untersuchen, u.a. Probleme mit Waagen, Probleme zu Zeit, Geschwindigkeit und Entfernung und Probleme zur Erhaltung von Flüssigkeit, Masse und Anzahl (Siegler, 1976, 1978, 1981; Siegler & Richards, 1979). Bei all diesen Aufgaben dachten Kinder ganz ähnlich wie Piagets Darstellungen es vermuten ließen. Eine dritte Frage ist, ob Kinder über ein begriffliches Vorstellungsvermögen verfugen, das durch Piagets Versuche nicht aufgedeckt wird. Die Situation ist in diesem Falle eine andere. Während der Entwicklung scheinen Kinder ein grundlegendes Verständnis zu haben, das in ihren Leistungen in Piagets Aufgaben nicht deutlich wird. Viele der Demonstrationen frühen kindlichen Verständnisses waren außerordentlich klug. Betrachten wir Baillargeons (1987) Versuch zur Objektpermanenz. Piaget behauptete, Säuglinge unter 8 Monaten würden nicht erkennen, daß Gegenstände weiterhin existieren, wenn sie aus ihrem Blickfeld verschwinden. Baillargeon entwickelte eine empfindlichere Meßmethode, die zeigte, daß selbst für 4 Monate alte Säuglinge aus den Augen nicht gleich völlig aus dem Sinn bedeutet. In ihrem Versuch stellte sie eine Schachtel hinter eine Wand (Abbildung 2.7). Eine Achse ging horizontal durch die Mitte der Wand, so daß die Wand schwang, wenn sie angestoßen wurde. Zu Beginn war die Wand in einer Position, in der die Schachtel deutlich zu sehen war. Dann brachte die Versuchsleiterin die Wand zum Schwingen, so daß die Schachtel aus dem Blickwinkel des Kindes verschwand. Unter den physikalisch möglichen Bedingungen erreichte die schwingende Wand die Schachtel, die ohnehin nahe dem Scheitelpunkt der Schwingung war und schwang dann in die andere Richtung. Unter physikalisch unmöglichen Bedingungen hatte es den Anschein, als schwinge die Wand durch die Stelle, an der die Schachtel stand (diese Wirkung wurde durch Lichteffekte und Spiegel erreicht). Obwohl die Schachtel nicht mehr sichtbar war, schienen die 4 Monate alten Kinder erstaunt zu sein, als sie das scheinbar unmögliche Ereignis sahen. Sie schauten viel länger als dann, wenn das physikalisch mögliche Ereignis eintrat. Offenbar dachten sie, das Schwingen der Wand würde durch die Schachtel verhindert werden, auch wenn sie es nicht sehen konnten.

70

Kapitel 2

Versuchsbedingungen (mit Schachtel)

Kontrollbedingungen (ohne Schachtel)

Testergebnisse Unmögliches Ereignis

180" Drehung

Mögliches Ereignis

112 Drehung

ABBILDUNG 2.7 Die Objektpermanenz-Aufgabe von Baillargeon. Nachdem die Säuglinge an die Schwenkwand, die um 180 Grad schwingt, gewöhnt werden und das Hindernis sehen, das ihr in den W e g gestellt wird, beobachten sie das unmögliche Ereignis länger, bei dem die Schwenkwand durch die Stelle mit dem nun versteckten Hindernis zu schwingen scheint, als das mögliche Ereignis, bei dem sie an der Stelle mit dem Hindernis stoppt (nach Baillargeon, 1987). Copyright © 1987 by the American Psychological Association

Die Ergebnisse mit dieser besonderen Methode sind nicht die einzigen. Baillargeon zeigte, daß 3 1/2 Monate alte Säuglinge ähnlich erstaunt waren, als die obere Hälfte eines Hasen zu verschwinden schien, als der Hase an einem Fenster vorbeiging, an dem sie ohne optische Täuschung zu sehen hätte sein müssen. In anderen Versuchen hat sie gezeigt, daß sich Säuglinge drei versteckte Gegenstände gleichzeitig vorstellen können und daß sie sich nicht nur die Tatsache vorstellen können, daß ein Gegenstand weiterhin vorhanden ist, sondern auch seine

Piagets Entwicklungstheorie

71

ungefähre Höhe und seinen Standort. 4 Monate alte Säuglinge verfugen also bereits über ein gewisses Verständnis von Objektpermanenz. Die Beweise von früher als erwarteter kognitiver Kompetenz beschränken sich nicht auf sensumotorische Leistungen. Kinder im Vorschulalter zeigen bereits rudimentäres Verständnis für Begriffe, von denen Piaget glaubte, sie seien zu kompliziert für sie. Die Erhaltung von Geschmack und Gewicht etwa hielt Piaget für Kinder im präoperationalen Stadium für zu schwierig. Wenn aber 3 bis 5 Jahre alte Kinder sehen, daß Zucker in einer Tasse Wasser aufgelöst wird, glauben die meisten, auch wenn der Zucker nicht mehr sichtbar ist, daß das Wasser süß schmeckt, daß es auch in Zukunft süß schmecken wird und daß es mehr wiegt als ohne Zucker in der Tasse (Au, Sidle & Rollins, 1993). Um ihre Ansicht zu erläutern, gaben die 3- bis 5jährigen Erklärungen, die besagten, daß der Zucker noch in kleinen unsichtbaren Teilchen existieren würde, die den Geschmack und das Gewicht der Lösung beeinflußten, auch wenn die Lösung identisch aussähe wie die Lösung ohne Zucker. Kinder im präoperationalen Stadium haben also bereits ein gewisses Verständnis für die Erhaltung von Geschmack und Gewicht. Die Entdeckung unerwarteter kognitiver Stärken von Säuglingen und Kleinkindern war eines der herausragenden Themen neuerer Studien über kognitive Entwicklung. Es ist interessant, sich zu überlegen, warum diese Kompetenzen gerade jetzt entdeckt werden. Ein Grund ist die Entwicklung raffinierter neuer Methoden, um herauszufinden, was Kinder verstehen. Ein anderer Grund ist, daß ein weiteres Spektrum des kindlichen Denkens ins Auge gefaßt wird. Die Forschungen von Gelman und ihren Kollegen illustrieren diesen Trend (Gelman, 1990; Gelman & Gallistel, 1978; Miller & Gelman, 1983). Piaget konzentrierte sich auf die Schwächen von Kindern im Vorschulalter bei Aufgaben der Erhaltung von Mengen und schloß daraus, daß sie nicht in der Lage wären, den Begriff Zahl zu verstehen. Gelmans Forschungen weisen daraufhin, daß Kinder im Vorschulalter unabhängig davon, ob sie in der Lage sind, den Begriff Zahl zu verstehen oder nicht, sehr viel über Zahlen wissen. Sie zählen richtig und in einer Weise, die vermuten läßt, daß sie die dem Zählen unterliegenden Prinzipien verstehen; sie kennen die Wirkung, die Addition und Subtraktion auf kleine Objektmengen haben; sie wissen welche Zahlen größer und welche kleiner sind, etc. Die Zahl aufschlußreicher Beweise früher Kompetenz ist zu groß, um sie hier im Detail aufzuführen. Beispiele sind das kindliche Verständnis für Kausalität (Ahn, Kalish, Medin & Gelman, 1995; Leslie, 1988; Oakes & Cohen, 1995), Klassifizierung (Gelman & Coley, 1990; Waxman, 1990; Waxman & Hatch, 1992), Raum (Blades & Spencer, 1994; Huttenlocher, Newcombe & Sandberg, 1994), Zeit (Bauer & Mandler, 1992; Friedman, 1990; 1995; Levin, 1989) und für Eigenschaften von Objekten (Kotovsky & Baillargeon 1994; Spelke, Breinlinger, Macomber &

72

Kapitel 2

Jacobson, 1992). Obwohl Piagets Beobachtungen also eine Menge darüber aufzeigen, wie kleine Kinder denken und obwohl sie sowohl mit verbalen als auch mit nonverbalen Methoden repliziert werden können, tendieren sie dazu, die kindliche Kompetenz zu unterschätzen. Wie sehr entwickelt sich kindliches Denken in Stadien? Stadienmodelle wie das von Piaget implizieren, daß sich das Denken von Kindern von einem Stadium zum anderen ändert, daß ihr Denken in Bezug auf unterschiedliche Probleme innerhalb eines Stadiums ähnlich ist und daß Kinder nicht in der Lage sind, auf eine Weise denken zu lernen, die mit dem nächsthöheren Stadium verbunden ist, bis sie diesem Stadium nahe sind oder es erreicht haben (Brainerd, 1978; Flavell, 1971). Wie sehr stimmt diese Charakterisierung mit dem überein, was wir heute über kindliches Denken wissen? Qualitative Veränderungen. Ob das Denken von Kindern qualitative Veränderungen erfährt, hängt in großem Maße davon ab, von wie nahe aus es betrachtet wird. Wenn es von weitem betrachtet wird, erscheinen viele Veränderungen als diskontinuierlich, wenn man sie aus der Nähe betrachtet, erscheinen dieselben Veränderungen als Teil einer kontinuierlichen schrittweisen Entwicklung. Es ist wiederum die Entwicklung der Objektpermanenz, die herangezogen werden kann, um den entscheidenden Aspekt zu verdeutlichen. Wie bereits erwähnt, suchen Säuglinge, die jünger als 7 oder 8 Monate alt sind, häufig nicht nach Objekten, wenn sie sehen, daß diese versteckt werden. Unter denselben Bedingungen suchen ältere Säuglinge fast immer nach den Objekten. Piaget deutete diese Ergebnisse dahingehend, daß ältere Säuglinge begreifen würden, daß Gegenstände permanent existieren und jüngere nicht. Neuere Forschungsergebnisse legen eine andere Interpretation nahe, daß sich nämlich die Veränderungen nicht so plötzlich vollziehen, wie Piaget glaubte. 6 Monate alten Säuglingen gelingt Piagets klassische Objektpermanenzaufgabe, wenn ihnen erlaubt wird, nach dem Objekt zu greifen, unmittelbar nachdem es versteckt wurde. Je länger Säuglinge warten müssen, um zu versuchen, das Objekt zu bekommen, desto älter müssen sie sein, um es zu finden (Diamond, 1985). Die schrittweise Verbesserung der Erinnerung an das Versteck des Objekts scheint eher als die plötzliche Einsicht, daß Gegenstände weiterhin existieren, die Ursache für diese Veränderung zu sein. Auch wenn wir glauben, daß Säuglinge eine Art von Einsicht erfahren, die ihr Verständnis für das weitere Vorhandensein versteckter Objekte fördert, ist es klar, daß sie nach dieser Einsicht ihre Fähigkeit, solche Objekte zu lokalisieren, weiter ausbauen. Objekte zu suchen, die unter ein undurchsichtiges Behältnis

Piagets Entwicklungstheorie

73

gelegt wurden, ist Teil einer grundlegenderen kognitiven Entwicklung - der verbesserten Fähigkeit, in ihrer physischen Umgebung nach verlorenen oder versteckten Objekten zu suchen. Diese Suchfähigkeiten entwickeln sich über eine lange Periode: sogar 4jährige machen bei einigen Aufgaben mit versteckten Objekten Fehler. Wenn ältere Kinder Fehler machen, ähneln diese überdies denen von kleineren Kindern. Wenn Säuglinge, Einjährige und 4jährige mit drei statt mit zwei potentiellen Verstecken konfrontiert werden, machen sie fast immer dieselben Fehler. Sie suchen eher an Stellen, an denen sie zuvor die Objekte gefunden haben, als an Stellen, an denen sie sie niemals gefunden haben. Die Fehlerquote geht zurück, aber die Art der Fehler bleibt gleich (aufschlußreiche Artikel über die Fähigkeiten von kleinen Kindern, ihre physische Umgebung zu durchsuchen und nicht sichtbare Objekte zu finden, liefern Baker-Ward & Ornstein, 1988; DeLoache, 1987; 1991; 1993; Wellman, 1988; Wellman, Cross & Bartsch, 1986). Ein Teilbereich der Mathematik, als Katastrophentheorie bekannt, liefert Rechtfertigungen, um die Entwicklung sowohl als kontinuierlich als auch als diskontinuierlich zu betrachten. Die Katastrophentheorie untersucht plötzliche Veränderungen wie etwa den Einsturz von Brücken. Die Kräfte, die dazu fuhren, daß Brücken einstürzen, entstehen häufig langsam über einen Zeitraum von Jahren. Der sichtbare Einsturz kann jedoch atemberaubend plötzlich stattfinden. Trotz des scheinbar abrupten Fortschritts, mit dem ein Junge ein Problem eines Tages löst, das er tags zuvor noch nicht lösen konnte, bauen seine Fortschritte analog möglicherweise auf jahrelangem schrittweise sich verbessertem Verständnis auf. Bei dem Jungen wie bei der Brücke kann die Veränderung entweder als kontinuierlicher Prozeß kleiner unsichtbarer Veränderungen betrachtet werden oder als diskontinuierlicher Wechsel von einem Zustand in einen anderen. Vergleichbare Denkweise bei unterschiedlichen Problemen. Zu sagen, daß Kinder sich in einem bestimmten Denkstadium befinden, impliziert, daß ihr Denkvermögen in Bezug auf viele Problemstellungen die Charakteristika des entsprechenden Stadiums aufvveist. In Piagets Theorie wird ein 8jähriges Kind im Idealfall alle begrifflichen Vorstellungen der konkret operationalen Stufe beherrschen - Erhaltung der Flüssigkeitsmenge, Kategorieninklusion, serielle Anordnung, etc. - und unfähig sein, alle begrifflichen Vorstellungen der formal operationalen Stufe zu erfassen - sich alle mögliche Kombinationen vorzustellen, Bewegungserhaltung, etc. Es wurde jedoch immer deutlicher, daß diese Auffassung das kindliche Denken nicht richtig charakterisiert. Betrachten wir drei begriffliche Vorstellungen des konkret operationalen Niveaus, Erhaltung einer Menge, Erhaltung der Masse und Erhaltung des Gewichts. Theoretisch müßten alle gleichzeitig beherrscht werden;

74

Kapitel 2

ein Kind müßte alle oder keinen der Begriffe verstehen. Tatsächlich jedoch beherrschen die meisten Kinder Piagets Aufgabe der Mengenerhaltung im Alter von etwa 6 Jahren, die Aufgabe der Massenerhaltung mit etwa 8 Jahren und die Aufgabe der Erhaltung des Gewichts mit etwa 10 Jahren (Elkind, 1961a; Katz & Beilin, 1976; Miller, 1976). Diese Ergebnisse belegen nicht die Vorstellung gleichzeitiger Entwicklung, nicht einmal innerhalb des Begriffs der Erhaltung. Trotz der Beweise gegen den Standpunkt, daß Kinder im allgemeinen in Bezug auf viele Probleme ähnlich denken, sind Gemeinsamkeiten im Urteilsvermögen quer durch unterschiedliche Problemstellungen weiterhin von größtem Interesse. Die Motivation dafür basiert auf der alltäglichen Beobachtung kindlichen Denkvermögens. Es scheint etwas Charakteristisches im Denken von 2jährigen zu geben, das es vom Denken 5j ähriger unterscheidet; etwas im Denken 5jähriger, was es vom Denken lOjähriger unterscheidet, etc. Das bedeutet, daß Kinder in einem bestimmten Alter scheinbar in einer charakteristischen Art und Weise in unterschiedlichen Kontexten denken. Ein Versuch, sich dieser strittigen Frage anzunähern, war Flavells (1982) Vermutung, daß der Grad der Übereinstimmung des Denkvermögens quer durch unterschiedliche Problemstellungen davon abhängt, wann wir das Denkvermögen beobachten. Kinder scheinen hinsichtlich unterschiedlicher Begriffe ähnlicher zu denken, wenn sie gerade anfangen, sie zu verstehen als dann, wenn sie sie besser verstehen. Beispielsweise lösen 5jährige ein großes Spektrum an Aufgaben, die sie gerade anfangen zu verstehen, indem sie eine einzige relevante Größe der Aufgabe identifizieren und sich auf sie konzentrieren. Bei der Erhaltung der Flüssigkeitsmenge sagen sie unabhängig von der Fläche des Querschnitts, daß jedes Glas, daß eine höhere Flüssigkeitssäule hat, auch mehr Wasser enthalte. Bei der Erhaltung der Masse sagen sie von derjenigen Tonwurst, die länger ist, sie hätte auch mehr Ton, wiederum unabhängig von der Fläche des Querschnitts. Bei der Einschätzung welcher Waagarm nach unten kippt, stützen sie sich ganz auf die Gewichtsmenge und ignorieren den Abstand der Gewichte vom Hebepunkt. Sie zeigen ein ähnliches Denkvermögen bei so unterschiedlichen Begriffen wie Temperatur, Glück und Moral (Case, 1985; 1992a; Ferretti, Butterfield, Cahn & Kerkman, 1985; Levin, Wilkening & Dembo, 1984; Siegler, 1981; Strauss, 1982). Im Gegensatz dazu variiert das Alter, in dem Kinder solche Aufgaben lösen, sehr stark. Sogar 9jährige können im allgemeinen Aufgaben lösen, die die Erhaltung von Flüssigkeitsmenge und Masse betreffen, doch selbst Studenten können häufig Aufgabenstellungen mit Waagen nicht lösen. Unterschiedliche Erfahrung mit den Problemen, Unterschiede in der Fähigkeit, Analogieschlüsse zu bilden, um Probleme besser zu verstehen und Unterschiede in der Komplexität der schwie-

Piagets Entwicklungstheorie

75

rigsten Lösungsformeln tragen zu diesen Altersunterschieden, wann etwas beherrscht wird, bei. Eine andere potentielle Quelle der Übereinstimmung im Denkvermögen von Kindern ist das Niveau ihres höchsten Denkvermögens (Fischer, 1980; Fischer & Bidell, 1991; Haiford, 1982; 1993). Beispielsweise kann sich das höchste Denkvermögen 9jähriger Kinder auf bestimmte Denkoperationen beziehen. Das bedeutet, daß ihr Denken keine Denkprozesse über Denkprozesse umfaßt (wie in der formal operationalen Phase). Das bedeutet jedoch nicht, daß sie alle Probleme richtig lösen, die mit einem einzigen Denkvorgang gelöst werden können. Ob sie ein bestimmtes Problem richtig lösen, hängt davon ab, wieviel Erfahrung sie damit hatten, ob sie mit ähnlichen Problemen vertraut waren, ob es in einem vertrauten Kontext stattfindet, etc. Insgesamt läßt sich sagen, daß Übereinstimmung in kindlichen Denkvorgängen in ihren frühen Denkvorgängen dann am wahrscheinlichsten ist, wenn sie über wenig Wissen hinsichtlich der betreffenden Begriffe verfugen und in den differenziertesten Denkvorgängen, zu denen sie fähig sind. Kann Entwicklung beschleunigt werden? Piagets Ansicht, kognitive Entwicklung könne durch Training beschleunigt werden, wird häufig widersprochen. Einige seiner Kritiker weisen daraufhin, daß Training nie zum Erfolg führen kann. Andere vermuten, daß Training zeitweise effektiv sein kann, aber nur dann, wenn das Kind bereits eine gewisse Vorstellung von dem entsprechenden Begriff hat und das Trainingsverfahren die aktive Interaktion mit den Lehrmaterialien umfaßt. Tatsächlich können kleine Kinder mehr lernen als Piaget dachte und sie können aus einem größeren Spektrum an Lerntechniken Nutzen ziehen (Beilin, 1977; Field, 1987). Die Erkenntnisse passen zu der unerwartet frühen Kompetenz, die für Kinder auch ohne Training nachgewiesen wurde. Kinder verstehen nicht nur mehr, als man früher dachte, sie können auch mehr lernen. Es ist dennoch wichtig, das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten. Obwohl kleine Kinder lernen können, diese Probleme zu lösen, empfinden sie sie häufig als außergewöhnlich schwierig. Ältere Kinder, die noch nicht in der Lage sind, diese Probleme zu lösen, lernen es normalerweise wesentlich leichter. Es steht heute außer Frage, daß kleine Kinder Begriffe erlernen können, von denen man früher geglaubt hat, sie seien "zu fortgeschritten" für ihre Altersgruppe. Was wir noch nicht wissen, ist warum das ältere Kind, wenn zwei Kinder einen Begriff nicht verstehen, ihn so oft so viel leichter erlernen kann.

76

Kapitel 2

Wie zutreffend sind Piagets allgemeine Charakterisierungen des Denkens von Kindern? Neben der Darstellung kindlichen Denkens in Form von Einzelbeispielen ihres Denkvermögens in einem bestimmtem Alter (ζ. B. "Kinder im präoperationalen Stadium glauben, daß das Glas mit der höheren Flüssigkeitssäule mehr Wasser enthalten muß"), charakterisierte Piaget kindliches Denken auch in Form von intellektuellen Merkmalen. Er beschrieb Kinder im präoperationalen Stadium ζ. B. als egozentrisch, präkausal, semilogisch und wahrnehmungsorientiert. Diese Begriffe sind in mancher Hinsicht zutreffend, nicht aber in jeder. Die Charakterisierung von Kindern in der präoperationalen Phase als egozentrisch illustriert viele dieser strittigen Punkte. Wir erinnern uns aus der Darstellung egozentrischer Kommunikation und aus der Karikatur mit den beiden Kindern, die nacheinander sprechen, daß 2 bis 4jährige keine sehr geschickten Gesprächspartner sind. Sie ignorieren häufig, was andere zu ihnen sagen und haben Schwierigkeiten, den Standpunkt anderer Menschen zu begreifen. Diese Beobachtung veranlaßte Piaget dazu, ihr Denken als "egozentrisch" zu bezeichnen. In anderen Situationen kommunizieren kleine Kinder allerdings nicht egozentrisch. Wenn wir 3jährige auffordern, uns ihre Zeichnungen zu zeigen, halten sie uns die Seite mit der Zeichnung hin. Wenn sie völlig egozentrisch wären, würden sie die Zeichnung sich selbst zugewandt halten, weil sie annehmen würden, daß das, was sie sehen, auch wir sehen. Außerdem täuschen bereits 2- bis 3jährige etwas vor. Sullivan & Winter (1993) beschrieben beispielsweise einen 2jährigen, der Tränen vortäuschte, weil seine Tante nicht mit ihm spielte; als die Tante zu ihm kam, sagte das Kind zu seiner Mutter, "ich habe sie ausgetrickst. Sie hat gedacht, ich bin traurig" (S. 160). Wenn der 2jährige geglaubt hätte, daß seine Tante genau gewußt hätte, was er wußte, wie hätte er sie dann "austricksen" können? Ähnliche Beweise haben gezeigt, daß die Vorstellungen vom Raum von Kindern im Vorschulalter nicht vollkommen egozentrisch sind. Um räumliche Egozentrik zu messen, benützte Piaget Problemstellungen wie die in Abbildung 2.3 gezeigte Aufgabe mit drei Bergen. Derartige Problemstellungen erfordern nicht nur, eine andere Perspektive als die eigene einzunehmen, sondern auch aus konkurrierenden Bezugspunkten auszuwählen: denjenigen, den Kinder tatsächlich sehen und denjenigen, den sie sich aus der anderen Perspektive vorstellen sollen. Selbst Erwachsene finden es schwierig, aus konkurrierenden Bezugspunkten auszuwählen (Rieser & Garing, 1991). Wenn jedoch der konkurrierende Referenzpunkt eliminiert wird (indem man die ursprüngliche Anordnung zudeckt) und Kindern die

Piagets Entwicklungstheorie

77

Möglichkeit gegeben wird, die Vorstellung von "links" und "rechts" auszudrücken (indem man eine ihrer Hände markiert und sich auf die markierte bzw. die nicht markierte Hand bezieht), können sogar 3jährige andere räumliche Perspektiven als die eigene einnehmen (Newcombe & Huttenlocher, 1992). Das bedeutet nicht, daß sie die Perspektive von anderen Menschen ebenso gut einnehmen können wie ältere Kinder. Denn ältere Kinder lösen die Drei-Berge-Aufgabe auch dann, wenn ein konkurrierender Bezugspunkt vorhanden ist. Diese Erkenntnis bedeutet jedoch, daß 3jährige unter weniger schwierigen Bedingungen in der Lage sind, eine andere als die eigene Perspektive einzunehmen. Auf der anderen Seite sind Menschen weit nach der präoperationalen Phase noch immer dem "Risiko" der Egozentrik ausgesetzt (Flavell, Miller & Miller, 1993). Eine klassische Demonstration dafür lieferte eine Situation analog zu einem Telefonat. Zwei Kinder saßen sich an einem Tisch gegenüber, zwischen ihnen eine Wand; sie konnten sich also nicht sehen. Jedem Kind wurde eine identische Bilderserie vorgelegt, wobei jedes Bild eine Unregelmäßigkeit enthielt. Der Sprechende mußte eines der Bilder beschreiben, so daß der Zuhörende erkennen konnte, welches beschrieben wurde (Krauss & Glucksberg, 1969). Es erstaunt nicht, daß ältere Kinder besser vermitteln können, welches Bild sie im Kopf haben als jüngere. Erstaunlicher ist, daß selbst 8 und 9jährige häufig Schwierigkeiten haben, ihr Wissen hinsichtlich dessen, was sie beschreiben, zu zügeln, um eine Beschreibung zu liefern, die es ermöglicht, daß das andere Kind sie begreift. Auch Kinder nach der präoperationalen Phase haben Schwierigkeiten zu wissen, wer für die mißlungene Kommunikation verantwortlich gemacht werden muß - ob die Mitteilung unpassend war oder ob es dem Zuhörenden nicht gelang, richtig darauf zu antworten (eine genaue Darstellung egozentrischer Kommunikation liefern Beal, 1988; Beal & Belgrad, 1990; Robinson & Robinson, 1981; Sodian, 1988; Waters, Tinsley, 1985 und Whitehurst & Sonnenschein, 1981). Es gibt kaum einen Zweifel daran, daß sich kleinere Kinder häufiger egozentrisch verhalten als ältere. Eine Altersgruppe jedoch als "egozentrisch" zu bezeichnen, ist übertrieben. Das führt dazu, daß wir sowohl die nicht egozentrische Denkweise kleiner Kinder als auch die egozentrische älterer Kinder ignorieren. Der aktuelle Status von Piagets Theorie Wenn Piagets Theorie das Denkvermögen von kleinen Kindern unterschätzt, das Denkvermögen älterer Kinder überschätzt und kindliches Denken sowohl in irreführender als auch in aufschlußreicher Form beschreibt, warum wird ihr dann soviel Beachtung geschenkt? Der einfache Grund liegt darin, daß uns die Theorie mit all ihren Unzulänglichkeiten ein gutes Gefühl für kindliches Denken vermit-

78

Kapitel 2

telt. Sie lenkt uns auch in die richtige Richtung, um mehr über das Denken von Kindern zu erfahren. Piaget erkannte die Intelligenz in den frühen Aktivitäten von Säuglingen. Weil er diese Beobachtungen machte, stellte er die Frage, welche weiteren Fähigkeiten Säuglinge haben könnten, eine Frage, die zu vielen weiteren Beobachtungen über das Denken von Säuglingen führte. Er überschätzte den Grad an Übereinstimmung im Denken von Kindern, aber er entdeckte einige wichtige Gemeinsamkeiten und unterstrich die Bedeutung, nach weiteren zu suchen. Schließlich sind Piagets Fragen die richtigen. Welche Fähigkeiten besitzen Säuglinge bei der Geburt? Welche Fähigkeiten besitzen sie zu späteren Zeitpunkten ihrer Entwicklung? Welche Prozesse fuhren zu dem erstaunlichen Wachstum in ihrem Verständnis, das während ihrer Entwicklung stattfindet? Der Rest dieses Buches ist ein Versuch, diese Fragen zu beantworten.

2.5 ZUSAMMENFASSUNG Piagets Theorie ist weiterhin eine bestimmende Kraft in der Entwicklungspsychologie, trotz der Tatsache, daß vieles vor einem halben Jahrhundert formuliert wurde. Einige der Gründe für ihre immer noch bestehende Anziehungskraft sind die wichtigen Entwicklungen, die sie beschreibt, die breite Spanne der Kindheit, die sie umfaßt und die Verläßlichkeit und der Charme vieler ihrer Beobachtungen. Auf der allgemeinsten Ebene konzentriert sich Piagets Theorie auf die Entwicklung der Intelligenz. Der Zweck intellektueller Entwicklung ist, daß sich Kinder an ihre Umgebung anpassen können. Diese Anpassung erreichen Kinder dadurch, daß sie allmählich immer exaktere und umfassendere Vorstellungen der Realität entwickeln. Piagets allgemeine Darstellung umfaßt vier Entwicklungsstadien: die sensumotorische, die präoperationale, die konkret operationale und die formal operationale Phase. Die sensumotorische Phase umfaßt die Spanne von der Geburt bis zum Alter von 2 Jahren, die präoperationale Phase das Alter von 2 bis 6 oder 7 Jahren, die konkret operationale Phase reicht von 6 oder 7 bis 11 oder 12 Jahren und die formal operationale Phase von der frühen Adoleszenz bis zum Ende des Lebens. In jeder Phase finden weitreichende Veränderungen des Verständnisses für so wichtige Begriffe wie Erhaltung, Klassifizierung und Relationen statt. Piaget wies auch drei grundlegende Entwicklungsprozesse aus: Assimilation, Akkomodation und Äquilibration. Assimilation bezieht sich auf die Art und Weise, mit der Kinder neue Informationen interpretieren, um sie für ihre bereits existie-

Piagets Entwicklungstheorie

79

renden geistigen Strukturen verständlich zu machen. Akkomodation bezieht sich auf die Art und Weise, in der sich das gegenwärtige Verständnis von Kindern als Reaktion auf neue Erfahrungen verändert. Äquilibration ist ein dreistufiger Prozeß, der Assimilation und Akkomodation umfaßt. Zuerst befinden sich Kinder in einem Gleichgewichtszustand. Dann fuhrt ihre Unfähigkeit, neue Informationen zu assimilieren dazu, daß sie sich der Unzulänglichkeiten ihres gegenwärtigen Verständnisses bewußt werden. Schließlich paßt sich ihre geistige Struktur den neuen Informationen so an, daß ein fortgeschritteneres Gleichgewicht entsteht. In der sensumotorischen Phase entwickeln Säuglinge primäre, sekundäre und tertiäre Zirkulärreaktionen, in denen ihre Handlungen überlegter und systematischer werden und sich über ihren Körper hinaus erstrecken. Sie entwickeln auch ein Vorgefühl für Erhaltung - für die begriffliche Vorstellung von Objektpermanenz - , das sie erkennen läßt, daß Gegenstände weiterhin existieren, auch wenn sie nicht mehr zu sehen sind. Sie entwickeln außerdem ein einfaches Verständnis für Klassen und Relationen. In der präoperationalen Phase sind Kinder langsam in der Lage, ihre Ideen in Sprache und geistigen Bildern darzustellen. Trotz dieser Entwicklung betonte Piaget vor allem, was Kinder in der präoperationalen Phase nicht können. Er beobachtete, daß 5jährige im allgemeinen an Problemen der Erhaltung, der Kategorieninklusion und der seriellen Anordnung scheitern. Er schrieb das Scheitern der Kinder vor allem ihrer Fixierung auf wahrnehmbare Eigenschaften statt auf Veränderungen zu, ihrer Egozentrik und ihrer Konzentration auf eine einzige Größe, statt mehrere Größen gleichzeitig zu berücksichtigen. In der konkret operationalen Phase beherrschen Kinder diese und viele andere Begriffe. Sie lernen Veränderungen darzustellen und multiple Informationsquellen zusammenzufügen. Diese Fortschritte erlauben es Kindern begriffliche Vorstellungen wie Erhaltung von Flüssigkeit und Masse, Zeit, serielle Anordnung und Kategorieninklusion zu beherrschen. Die formal operationale Phase bringt laut Piaget die Fähigkeit mit sich, alle möglichen Ergebnisse zu überdenken und tatsächliche Ergebnisse innerhalb dieses Rahmens logischer Möglichkeiten zu beurteilen. Kinder in diesem Stadium können systematische Versuche durchführen, eine Fähigkeit, die durch ein differenziertes Verständnis von Klassen und Relationen möglich wird. Kurz gesagt, ihr Denkvermögen wird dem von Wissenschaftlern ähnlich. Piaget machte einige strittige Aussagen darüber, was Kinder an unterschiedlichen Zeitpunkten ihrer Entwicklung wissen, über die Entwicklungsstadien, die sie durchlaufen und über grundsätzliche Merkmale ihres Denkens. Wenn Kinder entweder mit den ursprünglichen oder den nonverbale Versionen von Piagets

80

Kapitel 2

Aufgaben konfrontiert werden, denken sie normalerweise so, wie Piaget es beschrieb. Sie scheinen aber wichtige kognitive Fähigkeiten zu haben, die Piaget nicht entdeckt hatte. Piagets Darstellung der Stadien besagt, daß Kinder in unterschiedlichen Entwicklungsperioden in qualitativ unterschiedlicher Weise denken, daß sie über unterschiedliche begriffliche Vorstellungen ähnlich denken und daß sie keine wesentlich differenziertere Denkweise erlernen können als diejenige, die ihr gegenwärtiges Stadium charakterisiert. All diese Ansichten umfassen gewisse Wahrheiten, aber auch gewisse Probleme. Viele Entwicklungen scheinen aus der Ferne betrachtet qualitative Veränderungen darzustellen. Wenn dieselben Veränderungen jedoch aus der Nähe betrachtet werden, scheinen sie häufig Teil einer graduellen Progression mit wichtigen Vorläufern, die sich früher entwickeln und Feinheiten und Ausweitungen erfahren, die jahrelang anhalten. Grundsätzlich läßt sich die Übereinstimmung im Denken quer durch verschiedene Aufgaben, von der Piaget sprach, nicht bestätigen. Allerdings wird eine erstaunliche Übereinstimmung im frühen Begriffsverständnis von Kindern deutlich. Kleine Kinder lernen nicht so schnell wie ältere Kinder, dennoch ist es für sie möglich, sich eine Vorstellung von vielen Begriffen zu machen, die normalerweise weit über dem Verständnis von Kindern ihres Alters liegen. Piaget beschrieb Kinder auch mit Hilfe von allgemeinen intellektuellen Merkmalen wie etwa ihrer Egozentrik. Diese Beschreibung mit Hilfe von Merkmalen ist für das Denken kleiner Kinder in vieler Hinsicht sehr zutreffend, aber nicht in jeder. Obwohl beispielsweise 5jährige in vielen Situationen egozentrisch sind, verhalten sie sich und sogar noch jüngere Kinder in anderen Situationen nicht egozentrisch. Außerdem verhalten sich auch ältere Kinder und Erwachsene manchmal egozentrisch. Die Darstellung anhand von Merkmalen scheint also die richtige "Spielwiese" zu sein, aber Ausnahmen zu ignorieren. Ganz allgemein gesagt ist Piagets Theorie weiterhin aufschlußreich, weil sie ein gutes Gefühl für das Denken von Kindern vermittelt und weil sie die richtigen Fragen stellt.

Einführung in das Denken von Kindern

81

LITERATUREMPFEHLUNGEN Baillargeon, R. (1994). How do infants learn about the physical world? Current Directions in Psychological Science, 5, 133-39. Dieser Artikel bietet eine klare und interessante Darstellung neuerer Forschung über die eindrucksvolle kognitive Kompetenz von Kleinkindern. Carey, S. & Gelman, R. (Hrsg.) (1991). The epigenesis of mind: Essays on biology and cognition. Hillsdale, NJ: Erlbauxn. Eine Gruppe führender Studenten im Bereich der kognitiven Entwicklung untersuchte eine der Fragen, die Piagets Forschungen motivierte - inwiefern Biologie und Erfahrung zusammenwirken, um kognitives Wachstum zu bewirken allerdings mit stärkerer Betonung des angeborenen und früh entwickelten Wissens als in Piagets Theorie. Flavell, J. H. (1963). The developmental psychology of Jean Pia-

get. New York: Van Nostrand. Die klassische Zusammenfassung von Piagets Arbeiten zwischen 1925 und 1960. Moshman, D. (in Druck). Cognitive Development beyond childhood. Erscheint bei D. Kuhn & R. S. Siegler (Hrsg.), W. Damon (Hrsg. der Reihe). Handbook of child psychology (5. Aufl.): Bd. 2: Cognition, perception, and language. New York: Wiley. Dieser Artikel liefert einen verständlichen und aktuellen Überblick über die vielen Veränderungen im wissenschaftlichen und logischen Denken, die sich während der Adoleszenz und danach vollziehen. Piaget, J. (1952). The child's concept of number. New York: W. W. Norton. In diesem Buch beschreibt Piaget seine klassischen Versuche über Kategorieninklusion, serielle Anordnung, Erhaltung der Flüssigkeitsmenge und Erhaltung von Zahlenmengen.

Kapitel 3

INFORMATIONSVERARBEITUNGSTHEORIEN DER ENTWICKLUNG Szene: Tochter und Vater in ihrem Hof. Eine Spielkameradin kommt auf ihrem Fahrrad hereingefahren. Kind: Papa sperrst Du bitte die Kellertür auf. Vater: Warum? K.: Weil ich mit dem Fahrrad fahren will. V.: Dein Fahrrad ist in der Garage. K.: Aber meine Socken sind im Trockner. (Klahr, 1978, S. 181f.)

Was für eine Art des Denkens liegt den rätselhaften Äußerungen des Mädchens zugrunde? Klahr, ein wichtiger Theoretiker des Informationsverarbeitungsansatzes, entwickelte das folgende Modell für das Denken, das zu ihrer ursprünglichen Bitte führte, die Kellertür aufzusperren: Oberstes Ziel: Ich will radfahren. Beschränkung: Ich brauche Schuhe, um bequem radzufahren. Faktum: Ich bin barfuß. 1. Unterziel: Ich brauche meine Turnschuhe. Faktum: Die Turnschuhe sind im Hof. Faktum: Sie sind ohne Socken unbequem. 2. Unterziel: Ich brauche meine Socken. Faktum: Die Schublade mit den Socken war heute morgen leer. Schlußfolgerung: Die Socken sind wahrscheinlich im Trockner. 3. Unterziel: Ich muß sie aus dem Trockner holen. Faktum: Der Trockner ist im Keller. 4. Unterziel: Ich muß in den Keller. Faktum: Es geht schneller durch die Türe im Hof. Faktum: Die Türe vom Hof ist immer abgesperrt. 5. Unterziel: Ich muß die Kellertüre aufsperren. Faktum: Väter haben Schlüssel für alles. 6. Unterziel: Ich muß Papa bitten, die Tür aufzusperren.

84

Kapitel 3

Wie dieses Beispiel vermuten läßt, spricht der Informationsverarbeitungsansatz der Entwicklung das grundlegende Spannungsverhältnis im Denken von Kindern an, das Spannungsverhältnis, das dadurch bewirkt wird, daß Kinder unaufhaltsam bemüht sind, trotz bruchstückhaften Wissens, begrenzter Verarbeitungsleistung und Hindernissen, die ihnen die Außenwelt in den Weg stellt, ihre Ziele zu erreichen. Die besondere, in der Geschichte angewandte Strategie ist die Ziel-MittelAnalyse, die darin besteht, daß eine Person wiederholt ihren gegenwärtigen Zustand mit ihrem Ziel vergleicht und dann Schritte unternimmt, damit sich beide annähern. In anderen Situationen wenden Kinder andere Strategien an. Um ihre begrenzte Gedächtnisleistung zu kompensieren, wenden sie Strategien wie Wiederholung (rehearsal) an (das dauernde Wiederholen von bestimmten Dingen, bevor man sie behalten kann, wie etwa dann, wenn man sich eine Telefonnummer einzuprägen versucht). Um ihr begrenztes Wissen zu kompensieren, wenden sie die von der Kultur, in der sie leben, zur Verfügung gestellten Werkzeuge an: ältere Kinder und Erwachsene, die ihre Fragen beantworten, Wörterbücher, Lexika, Taschenrechner und andere Hilfsmittel. Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung unterscheiden sich voneinander, aber sie teilen einige grundlegende Annahmen. Die wesentlichste Annahme besteht darin, daß Denken Informationsverarbeitung ist. Sie konzentrieren sich nicht auf Entwicklungsstadien, sondern auf die Informationen, die Kinder darstellen, die Prozesse, die sie für die Informationen anwenden und die Gedächtnisgrenzen, die die Informationsmenge, die sie darstellen und verarbeiten können, beschränken. Kognitive Entwicklung wird in Form von altersabhängigen Veränderungen dieser Leistungen analysiert. Informationsverarbeitungsanalysen sind im allgemeinen exakter als die von Stadienmodellen; die detaillierte Analyse von Zielen, Unterzielen, Wissen und Schlußfolgerungen in Klahrs Modell des Denkens seiner Tochter ist dafür charakteristisch. Ein zweites Charakteristikum der Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung ist ihre Betonung exakter Analyse der Veränderungsmechanismen. Zwei entscheidende Ziele sind, die Veränderungsmechanismen zu erkennen, die am meisten zur Entwicklung beitragen und exakt zu spezifizieren, wie diese Veränderungsmechanismen zusammenwirken, um kognitives Wachstum zu bewirken. Die Kippseite der Betonung darauf, wie Entwicklung stattfindet, ist die Betonung der kognitiven Grenzen, die die Entwicklung daran hindern, sich schneller zu vollziehen als sie es tatsächlich tut. Informationsverarbeitungstheorien versuchen also sowohl zu klären, warum Kinder eines bestimmten Alters soweit kommen wie sie kommen, als auch warum sie nicht weiter kommen. Eine dritte Annahme der meisten Informationsverarbeitungstheorien besteht darin, daß Veränderungen durch einen Prozeß kontinuierlicher Selbstmodißzie-

Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung

85

rung bewirkt werden. Das bedeutet, daß die Ergebnisse, die durch die eigenen Handlungen des Kindes hervorgerufen werden, die Art und Weise, in der das Kind in Zukunft denken wird, verändern. In Sieglers und Shipleys (1995) Modell der Strategiewahl etwa bewirkt die Anwendung alternativer Strategien vermehrtes Wissen hinsichtlich der Effektivität der jeweiligen Strategie, das umgekehrt wiederum die angewandten Strategien verändert. Solche selbstmodifizierenden Prozesse eliminieren die Notwendigkeit besondere altersabhängige Übergangsphasen zu definieren, so wie in dem von Piaget formulierten Übergang vom konkret operationalen Stadium zum formal operationalen Stadium etwa im Alter von 12 Jahren. Statt dessen wird das Denken von Kindern als sich kontinuierlich in jedem Alter verändernd betrachtet. Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Informationsverarbeitungsansätzen und alternativen Positionen wie etwa dem Ansatz von Piaget? Die beiden Ansätze haben eine Menge gemeinsam. Beide zielen darauf ab, dieselben fundamentalen Fragen zu beantworten: "was entwickelt sich?" und "wie vollzieht sich Entwicklung?" Beide versuchen die kognitiven Fähigkeiten und Grenzen von Kindern an bestimmten Punkten der Entwicklung aufzudecken. Beide versuchen zu erklären, wie späteres reiferes Verständnis aus früherem primitiveren erwächst. Die beiden Ansätze unterscheiden sich allerdings auch in wichtigen Punkten. Informationsverarbeitungsansätze legen größeren Wert auf die Rolle der Verarbeitungsgrenzen, auf Strategien, um diese Grenzen zu kompensieren und auf besondere Wissensinhalte. Sie legen auch größeren Wert auf die präzise Analyse von Veränderungen und auf den Einfluß laufender kognitiver Aktivität auf diese Veränderungen. Diese Unterschiede haben zu einer verstärkten Anwendung formaler Methoden, wie Computersimulationen und Leistungsdiagrammen geführt, die es Theoretikern der Informationsverarbeitung erlauben, im Detail zu beschreiben, wie Denken funktioniert. Ein letzter Unterschied besteht darin, daß Informationsverarbeitungstheorien davon ausgehen, daß das Verständnis dafür, wie Kinder denken, stark durch das Wissen darüber, wie Erwachsene denken, bereichert werden kann. Der Grundgedanke besteht darin, daß wir sowohl unser Denken als Erwachsene dann um so besser verstehen, wenn wir richtig einzuschätzen wissen, wie es sich entwickelt, als auch die Entwicklung kindlichen Denkens besser verstehen können, wenn wir wissen, wohin diese Entwicklung fuhrt. Dieses Kapitel ist in zwei Hauptabschnitte unterteilt. Im ersten untersuchen wir die Grundlagen der Informationsverarbeitung. Diese Grundlagen liefern eine Möglichkeit, das kognitive System sowohl von Kindern als auch von Erwachsenen zu beurteilen. Im zweiten Abschnitt betrachten wir fünf Informationsverarbeitungstheorien, die sich auf Entwicklung konzentrieren. Keine dieser Theorien

86

Kapitel 3

deckt ein so breites Spektrum an Themen und Altersstufen ab wie Piagets Theorie. Andererseits liefert jede einzelne präzisere und vollständigere Charakterisierungen besonderer Aspekte der Entwicklung als Piaget es tat. Der Aufbau des Kapitels ist in Tabelle 3.1 dargestellt. TABELLE 3.1 Kapitelübersicht 3.1

3.2

3.3

Überblick über das System der Informationsverarbeitung A. Strukturelle Merkmale B. Prozesse Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung A. Neo-Piaget-Theorien B. Psychometrische Theorien C. Produktionssystemtheorien D. Konnektionistische Theorien E. Theorien über kognitive Evolution Zusammenfassung

3.1 ÜBERBLICK ÜBER DAS SYSTEM DER INFORMATIONSVERARBEITUNG Jede kognitive Theorie muß sich mit zwei grundlegenden Merkmalen menschlicher Kognition auseinandersetzen. Zum einen ist unser Denken begrenzt, sowohl hinsichtlich der Informationsmenge, die wir gleichzeitig aufnehmen können, als auch hinsichtlich der Geschwindigkeit, mit der wir Informationen verarbeiten können. Zum zweiten ist unser Denken flexibel, fähig, sich an konstant wechselnde Ziele, Umstände und Anforderungen anzupassen. Informationsverarbeitungstheorien versuchen sich mit dieser dualen Natur der Kognition auseinanderzusetzen, indem sie sich sowohl auf die strukturellen Merkmale konzentrieren, die die Grenzen bestimmen, innerhalb derer unser Denken stattfindet, als auch auf die Prozesse, die die Mittel für flexible Anpassung an eine sich konstant verändernde Umwelt liefern. Strukturelle Merkmale Die strukturellen Merkmale des Informationsverarbeitungssystems liefern seinen grundlegenden Aufbau. Manchmal werden sie als kognitive Architektur bezeichnet, die Analogie ist die zu einem Bauplan für ein Gebäude, der seine Hauptmerkmale spezifiziert, nicht aber die Details. Strukturelle Merkmale des kogniti-

Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung

87

ven Systems sind in der Regel relativ dauerhaft; man geht davon aus, daß der gleiche grundlegende Aufbau während der gesamten Entwicklung beibehalten wird. Strukturelle Merkmale sind auch universell; alle Kinder haben den gleichen grundlegenden kognitiven Aufbau, auch wenn die Effizienz, mit der die unterschiedlichen Teile arbeiten, bei Individuen und Altersgruppen variiert. Der grundlegende Aufbau wird häufig als ein dreiteiliges Gefüge betrachtet: Ultrakurzzeitgedächtnis, Kurzzeitgedächtnis und Langzeitgedächtnis. Ultrakurzzeitgedächtnis. Menschen verfügen über eine spezielle Fähigkeit, um sich kurzzeitig relativ große Informationsmengen, mit denen sie gerade konfrontiert werden, einzuprägen. Diese Fähigkeit wird häufig als Ultrakurzzeitgedächtnis (sensorischer Speicher) bezeichnet. Sperling (1960) formulierte verschiedene Merkmale des sensorischen Gedächtnisses, die die Verarbeitung visueller Information beeinflussen. Er legte Studenten eine Buchstabenmatrix aus drei Spalten und vier Zeilen für eine Zwanzigstelsekunde vor. Als die Studenten unmittelbar danach aufgefordert wurden, die Buchstaben zu nennen, erinnerten sie sich normalerweise an vier oder fünf, also etwa an 40 Prozent der Matrix. Dann veränderte Sperling das Verfahren geringfügig, aber in einem wichtigen Aspekt. Die Studenten sollten sich nicht alle Buchstaben einprägen, sondern nur die Buchstaben einer Reihe. Weil es unmöglich war, die Identität der Reihe zu antizipieren, mußten die Studenten wie in der ursprünglichen Aufgabenstellung alle 12 Buchstaben verarbeiten. Allerdings mußten sie, als von ihnen verlangt wurde, nur den Inhalt der ersten Reihe zu nennen, nicht alle Informationen behalten. Sperling fand heraus, daß die Studenten dann, wenn ihnen der Versuchsleiter unmittelbar nachdem die Anzeige verschwand, mitteilte, an welche Reihe sie sich erinnern sollten, 80 Prozent der Buchstaben behielten. Wenn ihnen eine Drittelsekunde nachdem die Anzeige verschwand, gesagt wurde, um welche Reihe es sich handelte, ging ihre Erinnerung auf 55 Prozent zurück. Wenn die Reihe nach einer Sekunde angegeben wurde, ging die Leistung auf die ursprünglichen 40 Prozent zurück. Sperlings Interpretation war, daß eine Zwanzigstelsekunde ausreichen würde, damit Buchstaben ein visuelles Ikon (eine wirklichkeitsgetreue Abbildung des ursprünglichen Stimulus) hervorrufen würden, daß aber das Ikon nach einer Drittelsekunde verblassen und nach einer Sekunde verschwinden würde. Diese Einschätzung erscheint auch im Lichte späterer Forschungen sinnvoll. Sperlings raffinierte Methode führte zu erstaunlichen Erkenntnissen hinsichtlich des Ultrakurzzeitgedächtnisses von Kindern: das Ultrakurzzeitgedächtnis eines 5jährigen Kindes ist genauso groß wie das eines Erwachsenen. In einer Studie (Morrison, Holmes & Haith, 1974) wurden 5jährige und Erwachsene mit einer Anordnung aus sieben geometrischen Figuren konfrontiert. Dann wurde der Bildschirm geleert und nach einer Zwanzigstelsekunde zeigte ein Pfeil auf eine der

88

Kapitel 3

sieben Positionen. Die Kinder oder die Erwachsenen mußten das Objekt nennen, das an der entsprechenden Stelle war. Das Erinnerungsvermögen der 5jährigen war so gut wie das der Erwachsenen, was vermuten läßt, daß ihr Ultrakurzzeitgedächtnis dem von Erwachsenen gleichwertig ist Kurzzeitgedächtnis. Im Kurzzeitgedächtnis findet das aktive Denken statt: die Entwicklung neuer Strategien, Lösungen für Rechenprobleme, das Verständnis fur das, was wir lesen, etc. Es arbeitet, indem es Informationen aus dem Ultrakurzzeitgedächtnis mit Informationen, die im Langzeitgedächtnis gespeichert sind, verknüpft und diese Informationen in neue Formen transformiert. Wenn wir beispielsweise ein Buch lesen, verbindet das Kurzzeitgedächtnis die sensorischen Informationen der Wörter und nutzt die Daten, um die Bedeutung des gesamten Textes darzustellen. Die Arbeitsweise des Kurzzeitgedächtnisses ist in verschiedener Hinsicht begrenzt. Zum einen in seiner Leistungsfähigkeit, in der Anzahl der Symbole, die es gleichzeitig verarbeiten kann. Die Zahl ist nicht groß; sie wird im allgemeinen auf 3 bis 7 Einheiten geschätzt. Hierbei exakter zu sein ist schwierig, denn die genaue Anzahl hängt von den Besonderheiten der Aufgabenstellungen ab, bei denen das Leistungsvermögen gemessen wird. Beispielsweise sind Schätzungen des Leistungsvermögens dann tendenziell größer, wenn sie auf der Anzahl von Zahlen basieren, die im Gedächtnis behalten werden können, als auf der Anzahl von Buchstaben, die behalten werden können (Dempster, 1981). Das Leistungsvermögens des Kurzzeitgedächtnisses wird eher durch die Anzahl sinnvoller Einheiten (Chunks) begrenzt, die verarbeitet werden können, als durch die Anzahl physischer Einheiten. Ein Buchstabe, eine Zahl, ein Wort oder ein vertrauter Satz kann als Chunk fungieren, weil alle einzelne Bedeutungseinheiten sind. Deshalb ist es genauso leicht, sich eine Reihe aus drei unzusammenhängenden Wörtern mit neun Buchstaben zu merken (ζ. B. hit, red, foot) wie drei unzusammenhängende Buchstaben (ζ. B. q, f, r) (Miller, 1956). Die Geschwindigkeit, mit der Informationen aus dem Kurzzeitgedächtnis verlorengehen begrenzt ebenfalls die kognitive Wirkungsweise. Inhalte gehen normalerweise innerhalb von 15 bis 30 Sekunden verloren. Allerdings kann das Wiederholen Informationen zumindest mit verbalen Inhalten wie Wörtern und Zahlen länger im Kurzzeitgedächtnis erhalten. Ältere Kinder können wesentlich mehr Informationen im Kurzzeitgedächtnis speichern als kleinere Kinder. Großen Anteil daran scheint die Tatsache zu haben, daß ältere Kinder eine schnellere Geschwindigkeit beim Wiederholen haben. Grundsätzlich können sowohl Erwachsene als auch Kinder dann um so mehr Inhalte im Kurzzeitgedächtnis behalten, je schneller sie verbale Inhalte wieder-

Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung

89

holen können (Baddeley & Hitch, 1974; Baddeley, 1986). Schnelleres Wiederholen bedeutet weniger Zeit zwischen dem Aufsagen bestimmter Wörter und deshalb eine geringere Wahrscheinlichkeit, das Wort zu vergessen, bevor es wiederholt wird. Wie in Abbildung 3.1 gezeigt, ist die Aussprachegeschwindigkeit eng mit der Anzahl der Wörter verknüpft, die im Kurzzeitgedächtnis behalten werden können. Die schnellere Aussprachegeschwindigkeit älterer Kinder scheint einen großen Anteil daran zu haben, daß sie mehr Inhalte in ihrem Kurzzeitgedächtnis behalten können (Hitch & Towse, 1995). Das Kurzzeitgedächtnis scheint getrennte Speicherkapazitäten für verbale und räumliche Information zu umfassen, neben einer Steuereinheit, die ihre Verarbeitung koordiniert und dabei hilft, die beiden Informationsarten voneinander zu trennen. (Baddeley, 1986). Die Entwicklung des Kurzzeitgedächtnisses scheint sowohl Veränderungen in der gespeicherten Informationsmenge beider Informationsarten als auch ihre immer effektivere Trennung zu bedeuten. Beweise dafiir liefert eine Studie, in der 8jährigen, 10jährigen und Studenten entweder eine Reihe von Ziffern vorgelegt wurde, die im allgemeinen verbal kodiert wurde, oder X-Reihen auf einem Tic-tac-toe-Gitter, die im allgemeinen räumlich kodiert wurden (Hale, Bronik & Fry, 1996). Die Hauptaufgabe bestand darin, sich an die Ziffern oder die X-Reihen, in der Reihenfolge, in der sie vorgelegt wurden, zu erinnern. Allerdings mußten die Versuchsteilnehmer auch eine zweite Aufgabe lösen, die entweder eine verbale Antwort erforderte (die Farbe der Ziffern oder der Xe zu nennen) oder eine räumliche (auf die Farbe jeder Ziffer oder jedes X innerhalb einer räumlichen Farbanordnung zu zeigen). Es ist nicht erstaunlich, daß die Studenten mehr Informationen behielten als die 10jährigen und die 10jährigen mehr als die 8jährigen. Interessanter ist, daß die räumliche Sekundärleistung hochgradig mit der Erinnerung der räumlichen Information interferierte und die verbale Sekundärleistung stark mit der verbalen Primärleistung. Diese Erkenntnis stützt die Ansicht, daß räumliche und verbale Informationen getrennt voneinander im Kurzzeitgedächtnis dargestellt werden. Besonders interessant ist es, daß im Alter von 8 Jahren, nicht jedoch danach, die räumliche Sekundärleistung auch mit der Fähigkeit interferierte, verbale Inhalte zu behalten, und die verbalen Sekundärleistungen mit der Fähigkeit, räumliche Inhalte zu behalten. Das läßt vermuten, daß Kinder erst mit 10 Jahren im Kurzzeitgedächtnis verbale und räumliche Informationen klar voneinander trennen.

90

Kapitel 3

Wörter pro Sekunde

ABBILDUNG 3.1 Gedächtnisspanne von 5-, 8- und 11jährigen für unzusammenhängende, mündlich vorgetragene Wörter als Funktion der Artikulationsgeschwindigkeit und der Silbenzahl der Wörter (die Ziffern an der Längsachse bedeuten die Silbenzahl pro Wort). 11jährige konnten beispielsweise 2,8 einsilbige Wörter pro Sekunde aussprechen und etwa 5 dieser Wörter behalten. Ältere Kinder sprechen Wörter in der Regel schneller aus und behalten mehr Wörter (aus Hitch & Towse, 1995). Langzeitgedächtnis. Sogar kleine Kinder sind in der Lage, sich an eine Vielzahl von Erlebnissen und Fakten über ihre Umwelt zu erinnern. Ein Teil ihres Wissens bezieht sich auf besondere Erlebnisse, etwa auf ihre Gefühle, als sie an ihrem ersten Schultag über den Schulhof schlenderten. Anderes Wissen bezieht sich auf andauernde Merkmale der Umwelt, etwa daß ein Nickel 5 Pennies wert ist. Wieder anderes Wissen bezieht sich auf Handlungsweisen, etwa wie man radfährt. Diese Arten des Wissens sind der Inhalt des Langzeitgedächtnisses. Im Gegensatz zum sensorischen und zum Kurzzeitgedächtnis gibt es beim Langzeitgedächtnis weder Grenzen dafür, wieviel Informationen gespeichert werden können, noch wie lange die Informationen dort bleiben können. Betrachten wir einen Versuch über das Wiedererkennen von Gesichtern in Schuljahrbüchern (Bahrick, Bahrick & Wittlinger, 1975). Einige Personen wurden 35 Jahre nach ihrem Schulabschluß aufgefordert, anhand von Photographien aus Schuljahrbüchern die Personen zu erkennen, die in ihrer Klasse waren und diejenigen aus einer anderen Schule. Trotz der langen Zeit wurden 90 Prozent der Bilder richtig erkannt. Die Bezeichnung Langzeitgedächtnis ist also ausgesprochen zutreffend.

Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung

91

Eine interessante Eigenart, wie Menschen Informationen im Langzeitgedächtnis speichern, besteht darin, daß ihre Erinnerung nicht in der Alles-oder-Nichts-Form besteht. Vielmehr speichern Menschen Information in teilbaren Einheiten und können sich an einige Einheiten erinnern ohne sich jedoch an andere zu erinnern. Diese Eigenschaft wurde in Versuchen bei Erwachsenen anhand des Es-liegt-mirauf-der-Zunge-Phänomens demonstriert. Wenn sich Erwachsene fast, aber nicht ganz an ein Wort erinnern können, dann erinnern sie sich häufig an einige seiner Merkmale: den ersten Buchstaben, die Silbenzahl, ein ähnlich klingendes Wort, etc. (ζ. B. Brown & McNeil, 1966). Ich kenne keine formale Forschung zu diesem Thema, aber die alltägliche Beobachtung meiner eigenen Kinder läßt mich vermuten, daß die Darstellung auch fur die Informationsspeicherung im Langzeitgedächtnis von Kindern Gültigkeit hat. Meine 6jährige Tochter sagte beispielsweise, als sie versuchte, sich an eine Freundin zu erinnern, die weggezogen war, "sie war aus Südamerika, hatte schwarzes Haar und war so verrückt wie ich, warum kann ich mich nicht an ihren Namen erinnern". Ein paar Minuten später fiel ihr der Name ihrer Freundin Gabriella wieder ein. Prozesse Prozesse werden angewandt, um im Ultrakurzzeit-, im Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis aktiv Informationen zu steuern. Zwei Prozesse, die eine besonders wichtige Rolle in der kognitiven Entwicklung spielen, sind Automatisierung und Kodierung. Die Rolle der Automatisierung. Prozesse variieren beträchtlich hinsichtlich der Aufmerksamkeit, die sie verlangen. Diejenigen, die besondere Aufmerksamkeit erfordern, werden häufig als kontrollierte Prozesse bezeichnet, während diejenigen, die keine oder wenig Aufmerksamkeit erfordern als automatische Prozesse bezeichnet werden. Der Grad an notwendiger Aufmerksamkeit wird sowohl von der Art der zu verarbeitenden Informationen beeinflußt, als auch von dem Erfahrungsschatz, über den das Kind in der Verarbeitung dieser Art von Inhalten verfugt. Einige Arten der Information verlangen schon an sich weniger Aufmerksamkeit als andere. Allerdings verringert die Übung auch bei Prozessen, die anfangs eine Menge Aufmerksamkeit erfordern, das notwendige Maß. Automatische Verarbeitung ist wichtig während der Entwicklung, in der sie eine erste Basis schafft, die Umwelt zu begreifen. Ein Beispiel dafür sind Informationen über die Häufigkeit, also Daten darüber, wie häufig man mit unterschiedlichen Objekten und Ereignissen konfrontiert wird. Menschen behalten diese Informationen auch denn, wenn sie versuchen, es nicht zu tun. Wir haben also ein gutes Gefühl für die Häufigkeit, mit der Buchstaben aus dem Alphabet erschei-

92

Kapitel 3

nen, auch wenn niemand versucht, sich solche Banalitäten einzuprägen. Das Abrufen solcher Informationen wird weder durch Lernen noch durch Übung beeinflußt. Das Niveau des Erinnerungsvermögens bleibt auch über eine große Alterspanne gleich. 5 Jahre alte Kinder sind ebenso leistungsfähig im Behalten von Informationen über die Häufigkeit wie Studenten (Hasher & Zacks, 1984). Das automatische Behalten von Informationen über die Häufigkeit scheint die kognitive Entwicklung in vielerlei Hinsicht zu beeinflussen. Wenn Kinder Begriffe bilden, müssen sie lernen, welche Eigenschaften am häufigsten zusammengehören. Den Begriff "Vogel" zu erlernen, erfordert beispielsweise zu lernen, daß eben diese Tiere im allgemeinen fliegen, Federn und Schnäbel haben und in den Bäumen leben. Subtileres Lernen etwa über Geschlechterrollen kann auch von dem automatischen Verarbeiten von Häufigkeitsinformationen abhängen. Nur dann, wenn Kinder einen starken Unterschied in der Häufigkeit wahrnehmen, mit der Männer oder Frauen sich mit einer Aktivität beschäftigen, ahmen sie gleichgeschlechtliche Modelle häufiger nach als die des anderen Geschlechts (Perry & Bussey, 1979). Kinder sind sich fast nie bewußt, Informationen darüber zu sammeln, wie oft sich Männer und wie oft sich Frauen mit einer Handlung beschäftigen. Sie scheinen diese Informationen vielmehr automatisch zu erlangen und stützen ihr Verhalten auf das, was sie beobachtet haben. Die Verarbeitung von Häufigkeitsinformationen scheint also von der frühesten Entwicklung an, vielleicht von Geburt an, automatisch zu verlaufen. Andere Prozesse hingegen können sich von kontrollierten in automatische verwandeln, wenn mit ihnen Erfahrung gesammelt wird. Dieser Prozeß ist als Automatisierung bekannt. Der Begriff Automatisierung ist gut gewählt. Sind Fähigkeiten erst einmal in ausreichender Weise erlernt, sind sie schwer zurückzuhalten, auch wenn es vorteilhaft wäre. Die Addition einzelner Zahlen zu lernen, liefert ein Beispiel dieses Phänomens, wie die Studie von LeFevre, Bisanz und Mrkonjic (1988) deutlich macht. In ihrem Versuch wurden Aufgaben wie 4 + 5 gestellt und den Bruchteil einer Sekunde später tauchte eine einzelne Zahl, etwa die 9, gleich rechts neben den beiden ersten Zahlen auf. Die Aufgabe bestand darin zu sagen, ob die Zahl rechts einer der Summanden der Rechenaufgabe war. Die Antwort in dem oben genannten Beispiel wäre also "nein", weil 9 keiner der beiden Summanden in 4 + 5 ist. Allerdings interferiert automatisiertes Wissen rechnerischer Fakten mit der Leistung in dieser Aufgabe, was dazu führt, daß Kinder entweder "ja" sagen oder länger brauchen, um "nein" zu sagen, wenn die Zahl rechts die Lösung des Additionsproblems ist, als wenn sie weder die Lösung noch eine der beiden Zahlen ist.

Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung

93

Studien über dieses Problem zeigen, daß die einfachsten Additionsaufgaben einstelliger Zahlen sehr früh im Lernprozeß automatisiert werden, es aber mehrere Jahre braucht, bis schwierigere automatisiert werden (LeFevre et al., 1991; LeFevre & Kulak, 1994; Lemaire, Barret, Fayol & Abdi, 1994). Bei Zweitkläßlern zeigen sich die Interferenzeffekte, die mit der automatischen Verarbeitung verbunden sind, nur bei Problemen mit kleinen Zahlen (beide Summanden sind 5 oder kleiner). Bei Drittkläßlern zeigen sich die Wirkungen sowohl bei Problemen mit kleinen als auch mit mittleren Zahlen (ein Summsind ist 6 oder größer), jedoch nicht bei Problemen mit großen Zahlen (beide Summanden sind 6 oder größer). Bei Viert- und Fünftkläßlern und Erwachsenen zeigt sich eine automatische Verarbeitung von Additionen kleiner, mittlerer und großer einstelliger Zahlen. Wie dieses Beispiel vermuten läßt, ist Automatisierung grundsätzlich nützlich, denn sie setzt geistige Ressourcen frei, um andere Probleme zu lösen. Beispielsweise vereinfacht die Automatisierung von Additionen Multiplikationsprobleme im Kopf. Wenn jedoch die Situation wie ein typisches Problem aussieht, aber eine andere Verarbeitung erfordert, dann kann Automatisierung nachteilig sein. Die Rolle der Kodierung. Menschen können sich nicht alle Merkmale ihrer Umgebung vorstellen; die Welt ist einfach zu komplex. Kinder sind oft nicht in der Lage, wichtige Merkmale von Objekten und Ereignissen zu kodieren, manchmal weil sie nicht wissen, welches die wichtigen Merkmale sind und manchmal, weil sie nicht wissen, wie man sie effizient kodiert. Diese Unfähigkeit entscheidende Elemente zu kodieren, kann die Wirkung potentiell nützlicher Erfahrung einschränken; wenn Kinder relevante Informationen nicht aufnehmen, können sie nicht von ihnen profitieren. Kaiser, McCloskey und Proffitt (1986) lieferten einen Beweis dafür, wie unzweckmäßige Kodierung das Lernen behindern kann. Sie zeigten 4- bis 11jährigen und Studenten einen fahrenden elektrischen Zug, der einen Ball auf einem Plattformwagen mitführte. An einem vorher bestimmten Punkt fiel der Ball durch ein Loch in den fahrenden Plattformwagen und dann auf den Boden. Die Aufgabe bestand darin, die Flugkurve des fallenden Balles vorherzusagen. Mehr als 70 Prozent der Kinder und eine nicht unbeträchtliche Minderheit der Studenten sagten voraus, daß der Ball gerade nach unten fallen würde. Nachdem sie diese Hypothese vorgebracht hatten, demonstrierte der Versuchsleiter, was tatsächlich geschehen würde (der Ball bewegte sich in einer Kurvenbahn sowohl nach vorne als auch nach unten). Die Kinder und die Studenten wurden damit konfrontiert, ihre Voraussagen mit dem tatsächlichen Ergebnis in Einklang zu bringen. Ihre Erklärungen deckten auf, wie ihre Erwartungen die Kodierung,

94

Kapitel 3

dessen was zu sehen war, beeinflußten. Einige sagten, daß der Ball tatsächlich gerade nach unten gefallen wäre, er aber später vom Zug herunterfiel, als der Versuchsleiter angekündigt hatte. Andere sagten, der Zug hätte den Ball, in dem Moment als er fiel, nach vorne geschubst. Interessanterweise hatten einige der Studenten, die den Ball so kodierten, als würde er gerade nach unten fallen, zuvor Physikkurse absolviert, in denen die entsprechenden begrifflichen Repräsentationen gelehrt wurden. Diese Erfahrung war jedoch entweder nicht ausreichend, um ihre Erwartungen zu verändern oder die Kodierung dessen, was sie sahen. Kodierung spielt sowohl in den Unterschieden der Entwicklung als auch in den individuellen Unterschieden bereits im ersten Lebensjahr eine wichtige Rolle (Colombo, 1993; 1995). Beweise für ihre Bedeutung liefern Studien über die Geschwindigkeit, mit der Säuglinge alle wichtigen Informationen aufnehmen und es sie deshalb langweilt, ein Objekt anzuschauen, und sie statt dessen etwas anderes anschauen. Die Zeit, die nötig ist, daß Säuglinge aufhören, ein bestimmtes Objekt anzuschauen, geht im Alter von 3 und 7 Monaten auf mehr als die Hälfte zurück. Erinnern wir uns auch aus Kapitel 1, daß der IQ von 7 Monate alten Kindern 7 oder 8 Jahre später dann um so höher ist, je schneller sie sich an wiederholt gezeigte Objekte gewöhnen. Wahrscheinlich sind intelligentere Säuglinge schneller im Kodieren aller interessanten Merkmale eines Bildes, was dazu fuhrt, daß sie als erste das Interesse an ihm verlieren. Sie werden munterer, wenn ein neues Bild gezeigt wird, weil sie die Unterschiede zwischen ihm und dem alten deutlicher kodieren.

3.2 INFORMATIONSVERARBEITUNGSTHEORIEN DER ENTWICKLUNG Im Rest dieses Kapitels betrachten wir fünf Theorietypen, die sich mit der Frage beschäftigen, wie sich die Kapazitäten der Informationsverarbeitung entwickeln: Neo-Piaget-Theorien, psychometrische Theorien, Produktionssystemtheorien, konnektionistische Theorien und evolutionistische Theorien. Jede dieser Theorien ist am besten als Theoriegruppe zu betrachten, wobei die einzelnen Theorien jedes Typs die grundlegenden Prinzipien teilen, aber auch besondere Merkmale haben. Die Diskussion jeder Theoriegruppe umfaßt die Bestimmung der gemeinsamen grundlegenden Prinzipien und die Darstellung einer besonderen Ausprägung dieser Prinzipien. Der Anspruch besteht darin, die zentralen Merkmale des Ansatzes ebenso zu vermitteln wie die spezielle Bedeutung, warum der Ansatz für das Verständnis kindlichen Denkens nützlich ist.

Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung

95

T A B E L L E 3.2 Überblick über Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung

Theorietyp

Repräsentativer Theoretiker

Ziel der Theorie

Wichtigste Entwicklungsmechanismen

NeoPiaget

Case

Piagets Theorie mit 1 nformationsverarbeitungstheorien der Entwicklung zu verbinden.

Automatisierung, biologisch fundiertes Wachstum des Kurzzeitgedächtnisses und Strategieentwicklung.

Psychometrisch

Sternberg

Eine Informationsverarbeitungsanalyse der Entwicklung von Intelligenz zu liefern.

Strategieentwicklung, Kodierung und Automatisierung.

Produktionssystem

Klahr

Via Computersimulation zu demonstrieren, wie das kognitive System seine eigenen Operationen modifiziert.

Generalisierung, basierend auf der Aufdeckung von Regelmäßigkeiten, der Eliminierung von Redundanzen und der Zeitlinie. Auch Kodierung und Strategieentwicklung.

Konnektio MacWhinney nistisch

Zu erklären, wie Kinder aus den ihnen zu Verfügung stehenden Daten Sprache erlernen.

Assoziativer Wettbewerb einzelner Verarbeitungseinheiten.

Evolutionistisch

Zu verstehen, wie Prozesse der Veränderung und Selektion kognitive Entwicklung formen.

Assoziativer Wettbewerb von Strategien. Auch Strategieentwicklung und Generaiisierung.

Siegler

All diese Theorien reflektieren sowohl die Beiträge von Piagets Theorie und den Ansätzen der Informationsverarbeitung bei Erwachsenen als auch eine Reihe anderer Einflüsse. Tabelle 3.2 listet einige von ihnen auf. Sie faßt auch die Ziele

96

Kapitel 3

der Theorien und die Entwicklungsmechanismen, die sie unterstreichen, zusammen. Neo-Piaget-Theorien Das Ziel der Neo-Piaget-Theorien ist es, die Stärken von Piagets Ansatz zu erhalten und sie mit den Stärken der Informationsverarbeitungsansätze zu verbinden. Typischerweise umfassen sie Stadien, die denen von Piaget ähneln, mit der Betonung auf Zielen, Grenzen des Kurzzeitgedächtnisses und den für Informationsverarbeitungsansätze typischen Problemlösungsstrategien. In der Regel betonen sie am meisten, daß das biologisch fundierte Wachstum des Kurzzeitgedächtnisses und der Automatisierung von Verarbeitung es Kindern ermöglicht, allmählich Verarbeitungsgrenzen zu überwinden. Zu den bekanntesten NeoPiaget-Theorien gehören die von Haiford (1993), Fischer (ζ. B. Fischer & Farrar, 1988), van der Maas und Molenaar (1992), van Geert (1994) und Demetriou und Efklides (ζ. B. Demetriou, Efklides & Platsidou, 1993). Die wahrscheinlich einflußreichste neopiagetische Theorie ist die von Robbie Case. Diese Theorie kann in zwei Hauptteile gegliedert werden: die Entwicklungsstadien selbst und die Übergangsprozesse zwischen den Stadien (Abbildung 3.2). Case (1985) stellte wie Piaget die Hypothese auf, daß Kinder vier Entwicklungsstadien durchlaufen. Er charakterisierte diese Stadien durch die Art der geistigen Repräsentationen und Denkprozesse, die Kinder entwickeln können, wenn sie sich in dem entsprechenden Stadium befinden. Das erste Stadium umfaßt sensumotorische Operationen. Die Repräsentationen von Kindern in diesem Stadium setzen sich aus sensorischem Input zusammen. Die Handlungen, die sie als Reaktion auf diese Repräsentationen hervorbringen, sind Körperbewegungen. Im Stadium begrifflicher Operationen beinhalten die kindlichen Repräsentationen konkrete innere Bilder und ihre Handlungen können zusätzliche geistige Repräsentationen bewirken. Im Stadium logischer Operationen stellen sich Kinder Stimuli abstrakt vor. Sie können auf diese Repräsentationen mit einfachen Transformationen einwirken. Im formal operationalen Stadium stellen sich Kinder Stimuli ebenfalls abstrakt vor, sie sind jedoch in der Lage, komplexe Transformationen der Information vorzunehmen (beachten Sie, daß Kinder in allen Stadien Repräsentationen bilden und Handlungen ausführen können, die bereits früher möglich waren).

97

Informationsverarbeitungstheorien der Entwicklung

α) OT (0 Ο cο > 0) 'C ο φ φ

Ό

0) Μ < Νυ Ο If)

ευ Crt Ε>. Λ (UΛ >

•σ c 3 C

Ll ι_ ν C φ CO •C φ -Q •Ε Φ 5 φ φ c Ε

7 6 5 • Δ

4

Kinder

Schachfiguren Zahlen

Erwachsene

ABBILDUNG 6.7 Anzahl der Schachfiguren und Anzahl der Positionen, an die sich 8 bis 10jährige Schachexperten und erwachsene Schachanfänger, unmittelbar nachdem sie ihnen präsentiert wurden, erinnerten (nach Chi, 1978). Die kindlichen Schachexperten prägten sich mehr Positionen der Schachfiguren ein als die Erwachsenen, nicht aber mehr Zahlen.

Auswirkungen darauf, woran sich Kinder erinnern Wie in der Darstellung der Zeugenaussagen von Kindern beschrieben, hat das, was Kinder vor einem bestimmten Erlebnis wissen, großen Einfluß darauf, woran sie sich erinnern. Deshalb "erinnerten sich" Kinder im Vorschulalter, die bereits wußten, daß es sich bei Sam Stone um einen tolpatschigen Dummkopf handelte, daran, daß er derjenige war, der den Teddybär bei seinem Besuch im Klassenzimmer schmutzig machte. In ähnlicher Weise kann das "Wissen", das Kinder durch Suggestivfragen erlangen ("Mochtest du es, als sie dich mit dem Löffel berührte"), dazu fuhren, daß sie sich später daran erinnern, daß das implizierte Ereignis stattgefunden hat. Auch wenn diese Beispiele illustrieren, wie Wissen dazu führen kann, daß Kinder sich nicht richtig erinnern, hilft es ihnen doch häufiger, sich richtig zu erinnern. Wesentlichen Anteil daran hat das Wissen, das Kindern erlaubt, richtige Schlüsse zu ziehen. Deshalb erinnern sich Kleinkinder, die eine Geschichte über eine hilflose Kreatur mit gebrochenem Flügel hören, daß es in der Geschichte um einen Vogel geht, auch wenn diese Tatsache nicht explizit erwähnt wird (Paris, 1975). In ähnlicher Weise hilft Wissen Kindern sich an das zu erinnern, was nicht ge-

Die Entwicklung des Gedächtnisses

267

schehen ist. Denken wir daran, daß 7jährige, nicht aber 3jährige wußten, daß die Krankenschwester in der Arztpraxis nicht an ihren Knien leckte. Inhaltswissen hilft also sowohl sich an das zu erinnern, was geschehen ist, als auch daran was nicht geschehen ist. Skripten Viele Ereignisse wiederholen sich häufig in ähnlicher Form. Wenn Kinder Plätzchen backen, zu Geburtstagspartys gehen, essen oder zu einem Arzttermin gehen, verändern sich die Einzelheiten von Fall zu Fall, aber die Grundstruktur bleibt gleich. Wenn man beispielsweise in eine Arztpraxis geht, bedeutet dies im allgemeinen, daß man in die Praxis geht, der Arzthelferin sagt, daß man da ist, im Wartezimmer sitzt, aufsteht, wenn der eigene Name genannt wird, mit der Schwester in einen anderen Raum geht und darauf wartet, daß der Arzt oder die Schwester kommt und tut, was sie tun werden. Mit 3 Jahren stellen Kinder solche Routineabläufe in Form von Skripten dar, Wissensstrukturen, die die Art beschrieben, wie Ereignisse normalerweise ablaufen. Bereits Kinder im Vorschulalter verfugen über Skripten für das Essen in der Kindertagesstätte und im Restaurant (Nelson, 1978), für die Geburtstagsparty (Nelson & Hudson, 1988), den Ablauf ihrer täglichen Routine (Fivush & Hammond, 1990) und andere Aktivitäten in der Familie. Diese Skripten werden besonders in falschen Erinnerungen an Ereignisse deutlich, die größtenteils mit den Skripten übereinstimmen, aber in bestimmten Besonderheiten abweichen (Fivush & Hammond, 1990; Nelson & Hudson, 1988). Wenn beispielsweise Vorschulkinder in einem feinen Restaurant essen, erinnern sie sich oft daran, daß sie vor dem Essen zahlen müssen, wie sie es in einem Fast-food Restaurant getan hätten. Solche Verwirrungen zwischen dem Skript und dem besonderen Ereignis dominieren im Vorschulalter. Mit 7 Jahren unterscheiden Kinder deutlicher zwischen dem, was im allgemeinen geschieht und dem, was bei einem besonderen Anlaß geschehen ist (Farrar & Goodman, 1992). Welche Erfahrungen führen dazu, daß Kinder Skripten erstellen? Ein Einflußfaktor scheinen die Geschichten zu sein, die ihnen ihre Eltern erzählen und die Fragen, die die Eltern nach Ereignissen in der Vergangenheit stellen. Hudson (1990) beobachtete zum Beispiel, daß sich in den meisten Familien die elterlichen Aufforderungen an die Kinder, sich Informationen einzuprägen, um das Einprägen von Ereignissen aus der Vergangenheit zentrieren. Eltern neigen dazu, Fragen in einer Reihenfolge zu stellen, die der normalen Reihenfolge der Aktivitäten gleicht: "Gab es auf der Party etwas zu Essen, was hast Du Billy gegeben, als du hinkamst, hast du auf der Party etwas gegessen?" Die Reihenfolge der Fra-

268

Kapitel 6

gen hilft den Kindern sowohl zu erkennen, was wichtig ist, als auch die Reihenfolge, in der die wichtigen Ereignisse gewöhnlich stattfinden (Nelson, 1993). Kinder benutzen Skripten nicht nur, um sich an ihre eigenen Erlebnisse zu erinnern, sondern auch, um sich an Geschichten über andere Menschen zu erinnern, wie etwa Märchen. Viele Geschichten, die Kindern erzählt oder vorgelesen werden, folgen einer Standardform, in der die Rahmenhandlung beschrieben wird, ein Ereignis stattfindet, die Figuren eine innere Reaktion zeigen, sich ein Ziel setzen, das Ziel zu erreichen versuchen und das Ziel erreichen (oder nicht) (Trabasso, van den Broek & Suh, 1989). Häufig finden mehrere solcher Sequenzen statt, in denen frühere Konsequenzen neue Ziele schaffen und Versuche der Figuren, diese Ziele zu erreichen. Im allgemeinen lassen 3jährige beim Nacherzählen solcher Geschichten die Hauptziele der Figuren und ihre inneren Reaktionen aus und sie fügen Details an, die in keinem Zusammenhang mit der Haupthandlung stehen (Trabasso & Nickels, 1992; Trabasso & Stein, 1995). Die Nacherzählungen von 4jährigen konzentrieren sich mehr auf die relevante Handlung, aber auch sie lassen oftmals die Ziele und Absichten der Figuren aus. Erst wenn Kinder 5 Jahre alt sind, enthalten ihre Nacherzählungen immer alle Schlüsselpassagen der Geschichte. Demnach begrenzen Kinder zwischen 3 und 5 ihre Skripten für Märchen, so daß sich die Skripten auf die wichtigsten Ereignisse konzentrieren, und sie erweitern sie, um die psychologischen Zustände einzubeziehen, die die Handlungen der Figuren bewirken.

Inhaltswissen als Erklärung für weitere Veränderungen des Gedächtnisses Veränderungen der grundlegenden Fähigkeiten, der Strategien und der Metakognition tragen zu aggregierten Verbesserungen der kindlichen Gedächtnisleistung bei spezifischen Inhalten bei. Allerdings trifft auch das Gegenteil zu: Vermehrtes Inhaltswissen verbessert die Effizienz der Grundlagenprozesse, der Aneignung und Ausführung von Strategien und des metakognitiven Wissens. Betrachten wir zuerst die Auswirkungen von vermehrtem Inhaltswissen auf die Effizienz der Grundlagenprozesse. Spätestens im Alter von 5 Jahren kodieren Kinder automatisch die relative Häufigkeit von Ereignissen und das recht genau. Allerdings ist das Kodieren von Häufigkeitsinformationen bei 5jährigen noch genauer, wenn sie mit dem Inhalt vertraut sind (Bilder von Klassenkameraden), als wenn dies nicht der Fall ist (Bilder von unbekannten Kindern) (Harris, Durso, Mergler & Jones, 1990). In ähnlicher Weise kann man um so mehr Fakten im

Die Entwicklung des Gedächtnisses

269

Kurzzeitgedächtnis behalten, je mehr man über den Inhalt weiß, an den man sich zu erinnern versucht (Huttenlocher & Burke, 1976). Nun betrachten wir, welchen Einfluß Inhaltswissen auf die Anwendung und Effizienz von Gedächtnisstrategien hat. Kinder wenden Strategien wie das Ordnen häufiger an, um sich an Mengen vertrauter Gegenstände zu erinnern, als um sich an Mengen weniger vertrauter Gegenstände zu erinnern (Bjorklund, MuirBroaddus & Schneider, 1990). Wenn Strategien mit vertrauten Inhalten umgesetzt werden, reicht außerdem ihre größere Effizienz aus, daß sich 8jährige, die ihnen vertraute Punkte wiederholen, später an ebensoviel erinnern wie 11jährige, die ihnen nicht vertraute Punkte wiederholen (Zember & Naus, 1985). Vertraute Inhalte erleichtern auch das Lernen neuer Strategien. Chi (1981) untersuchte, wie ein 5jähriges Kind eine alphabetische Erinnerungsstrategie für die Namen seiner Klassenkameraden lernte (Erstens, gibt es einen Namen der mit A anfängt? Überlege Dir dann, ob ein Name mit Β anfängt, etc.). Obwohl die Strategie neu war, lernte sie das Mädchen und wandte sie an, um sich die Namen ihrer Klassenkameraden besser einzuprägen. Allerdings konnte dasselbe Mädchen die alphabetische Strategie, die sie bereits in einem vertrauten Kontext gelernt hatte, nicht anwenden, um sich eine neue Namensliste mit Menschen, denen sie nie begegnet war, zu merken. Diese Ergebnisse enthalten möglicherweise eine wichtige Implikation, wie Kinder neue Strategien erlernen. Frühzeitig im Aneignungsprozeß können sie Strategien nur bei vertrauten Inhalten effektiv anwenden. Wenn sie in der Anwendung der Strategien mit vertrauten Inhalten geübt sind, kann dies dazu fuhren, daß die Ausführung der Strategien automatisiert wird und geringere Anforderungen an die Verarbeitungsressourcen der Kinder stellt. Diese Automatisierung wiederum erlaubt es Kindern, die Strategien auf stärker fordernde, unbekannte Inhalte anzuwenden. Dadurch kann der vertraute Inhalt als eine Art Übungsfeld dienen, auf dem Kinder sich entwickelnde Gedächtnisstrategien praktizieren. Schließlich beeinflußt Inhaltswissen die Metakognition. Kindliche Schachexperten erinnern sich nicht nur besser an die Positionen der Schachfiguren, die sie sehen, als erwachsene Anfänger, sie sagen auch genauer voraus, wie oft sie auf das Schachbrett schauen müssen, bevor sie in der Lage sind, die Positionen aus dem Gedächtnis vollständig auf dem Schachbrett zu rekonstruieren. Es wird deutlich, daß alle Aspekte des Gedächtnisses vom Inhaltswissen beeinflußt werden.

270

Kapitel 6

Wie unterstützt Inhaltswissen das Gedächtnis? Inhaltswissen unterstützt das Gedächtnis durch verschiedene Mechanismen. Einer ist das Kodieren von Unterscheidungsmerkmalen. Wenn Kinder ihre Aufmerksamkeit auf Unterscheidungsmerkmale fokussieren, hilft ihnen Inhaltswissen sich an unterschiedliche Einheiten zu erinnern. Eine Art wie Skripten dem Gedächtnis helfen, ist beispielsweise, daß sie Kindern anzeigen, was sie kodieren müssen. Wenn sie zu einer Geburtstagsparty gehen, zeigen ihnen die Skripten an, daß sie sicher gehen sollten, das Geschenk, das sie dem Geburtstagskind geben, zur Kenntnis zu nehmen, die Geschenke der anderen Kinder, die Spiele die gespielt werden, die Art von Kuchen, der angeboten wird und alle Partygeschenke, die sie mit nach hause bringen. In ähnlicher Weise profitieren Schachexperten von ihren Sachkenntnissen, die ihnen sagen, welche Informationen kodiert werden sollten. Schachexperten können sich die Konstellationen auf dem Schachbrett vor allem deshalb so gut einprägen, weil sie Gruppen von Figuren mit bestimmten Funktionen - den König schützen, den Läufer angreifen usw. - kodieren und sie mit der Gesamtsituation verbinden. Wenn man Experten eine Zufallskonstellation von Schachfiguren präsentiert, erinnern sie sich nicht besser als Anfänger an die Konstellation (Chi, 1978). Ein Teil, wie Inhaltswissen das Gedächtnis unterstützt, ist also die Verbesserung des Kodierens. Ein anderer Schlüsselmechanismus, durch den Inhaltswissen seine Wirkungen erzielt ist die Streuungsaktivierung. Wenn man über ein Thema nachdenkt, wird das Thema aktiviert, insofern als man sich rasch Informationen zu diesem Thema aus dem Gedächtnis wachrufen kann. Die Aktivierung weitet sich automatisch von den Themen, denen man Aufmerksamkeit schenkt, auf andere mit ihnen assoziierten Themen aus und erleichtert es dadurch, sich Informationen über diese Themen aus dem Gedächtnis wachzurufen. Wenn Kinder zu Beispiel über ihre Sommerferien nachdenken, erinnern sie sich vielleicht daran damals Hummer gegessen zu haben, was sie daran erinnern kann, bei anderen Gelegenheiten Hummer gegessen zu haben, bei wieder anderen Gelegenheiten Miesmuscheln und Venusmuscheln usw. Wenn sie jemand unmittelbar nachdem sie diesen Gedanken hatten, fragen würde, ob Miesmuscheln Schalen haben, würden sie wahrscheinlich schneller in der Lage sein, dies zu bejahen als gewöhnlich. Wenn Kinder etwas über ein bestimmtes Thema lernen, hilft ihnen die Streuungsaktivierung sich immer effektiver zu erinnern. Überlegen wir uns, warum Kinder, die zu einem Thema viele Kenntnisse haben, Ordnungsstrategien effektiver und häufiger anwenden könnten (Rabinowitz & Chi, 1987). Stellen wir uns zwei 8jährige Jungen vor, die sich in ihrem Wissen über Vögel unterscheiden. Beide sollen sich eine Wortreihe merken, die Falke, Pinguin und Huhn umfaßt. Der Junge mit mehr Sachkenntnis würde wahrscheinlich wissen, daß alle drei

Die Entwicklung des Gedächtnisses

271

Vögel sind, während es der Junge mit geringerer Sachkenntnis wahrscheinlich nur von den Falken wlißte. Bei dem Jungen mit mehr Sachkenntnis würde sich die Aktivierung auf alle drei Begriffe und die allgemeine Kategorie Vögel ausweiten, während sich bei dem Jungen mit geringerer Sachkenntnis die Aktivierung nur auf Falke und Vogel erstrecken würde. Dies würde dazu führen, daß der Junge mit mehr Sachkenntnis die Kategorie Vögel mit größerer Wahrscheinlichkeit nutzen würde, um in seinem Gedächtnis die drei Beispiele zu ordnen, und es würde seine Erinnerung in einem größeren Maße unterstützen, wenn er es täte (weil die Kategorie Vögel alle drei ursprünglichen Begriffe aktivieren würde). Die Streuungsaktivierung kann also dazu führen, daß Kinder mit mehr Sachkenntnis Strategien häufiger anwenden und daß die Strategien ihre Erinnerung stärker unterstützen.

Evaluation Jede Erklärung für die Entwicklung des Gedächtnisses muß einen großen Platz für große Kenntnisse mit speziellen Inhalten reservieren. Inhaltswissen nimmt vom Säuglingsalter bis ins Erwachsenenalter stetig zu. Es steht eindeutig damit in Zusammenhang, wie gut sich Kinder erinnern, wie sich in den Gedächtnisstudien über Schachpositionen, Fußball und Märchen gezeigt hat. Es liefert Skripten, in denen Kinder neue Informationen anordnen können, erlaubt ihnen ihre Erinnerung auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen , erleichtert es ihnen, Schlüsse zu ziehen und hilft ihnen Unterscheidungsmerkmale von Objekten und Ereignissen zu kodieren. Es trägt auch zur Entwicklung anderer Kompetenzen bei, die als Erklärungen für Gedächtnisentwicklung propagiert wurden, wie etwa grundlegende Fähigkeiten, Strategien und Metakognition. Zweifelsohne ist größeres Inhaltswissen ein Teil der Ursache, warum sich ältere Kinder an mehr erinnern können als jüngere.

6.6 WAS ENTWICKELT SICH WANN BEI DER GEDÄCHTNISENTWICKLUNG Unterschiedliche Aspekte des Gedächtnisses tragen nicht nur in unterschiedlichem Ausmaß zur Gedächtnisentwicklung bei, sondern auch zu unterschiedlichen Zeiten. Tabelle 6.2 faßt den Einfluß der grundlegenden Prozesse und Fähigkeiten, der Strategien, der Metakognition und des Inhaltswissens in verschiedenen Lebensphasen zusammen.

Kapitel 6

272

TABELLE 6.2 Einflußfaktoren von vier Aspekten des Gedächtnisses in unterschiedlichen Entwicklungsphasen ALTER Entwicklungsquelle

0-5

5-10

10-Erwachsenenalter

Grundlegende Fähigkeiten

Vorhandensein vieler Fähigkeiten: Assoziation, Genferalisierung, Wiedererkennen, etc. Mit 5 Jahren, wenn nicht früher, absolute Kapazität des Ultrakurzzeitgedächtnisses auf dem Niveau von Erwachsenen.

Verarbeitungsgeschwindigkeit nimmt zu.

Verarbeitungsgeschwindigkeit nimmt weiter zu.

Strafegien

Wenige rudimentäre Strategien wie Benennen, Hindeuten und selektive Aufmerksamkeit

Aneignung und häufige Anwendung vieler Strategien: Wiederholen, Ordnen, etc.

Weitere Qualitätsverbesserung aller Strategien.

Metagedächtnis

Geringes Inhaltswissen über das Gedächtnis. Gewisse Leistungskontrolle.

Wachsendes Sachwissen über das Gedächtnis. Verbesserte Leistungskontrolle.

Weitere Verbesserungen des expliziten und impliziten Wissens.

Inhaltswissen

Stetig anwachsendes Inhaltswissen hilft dem Gedächtnis in Bereichen, in denen entsprechendes Wissen existiert.

Stetig anwachsendes Inhaltswissen hilft dem Gedächtnis in Bereichen, in denen das entsprechendes Wissen existiert. Es hilft auch neue Strategien zu erlernen.

Weitere Verbesserungen.

Viele grundlegende Prozesse, wie etwa die Fähigkeit, Objekte miteinander zu assoziieren und vertraute Objekte wiederzuerkennen, sind bei der Geburt vorhanden. Diese Prozesse sind entscheidend, um Kinder in die Lage zu versetzen, von den ersten Lebenstagen an zu lernen und sich zu erinnern. Es ist nicht geklärt, ob die absolute Gedächtniskapazität mit dem Alter zunimmt. Die Verarbeitungsgeschwindigkeit nimmt jedoch von der Geburt bis in die späte Adoleszenz zu und hilft der funktionalen Gedächtniskapazität zuzunehmen, unabhängig davon, ob die absolute Kapazität zunimmt.

Die Entwicklung des Gedächtnisses

273

Gedächtnisstrategien beginnen etwas später als die grundlegenden Prozesse zur Entwicklung des Gedächtnisses beizutragen. Die ersten Strategien tauchen im zweiten Lebensjahr auf, aber viele andere wichtige Strategien wie Wiederholen, Ordnen und Ausarbeitung werden im Alter von 5 bis 7 dominierend. Die Qualität der Strategien, die Häufigkeit ihrer Anwendung und die Flexibilität, mit der sie für die Anforderungen der spezifischen Situationen zugeschnitten werden, entwickelt sich bis in die späte Kindheit und Adoleszenz weiter. Die beiden Arten metakognitiver Fähigkeiten, nämlich explizites, Sachwissen über das Gedächtnis und implizites prozessuales Wissen, scheinen unterschiedliche Entwicklungsverläufe zu nehmen. Implizites metakognitives Wissen wird recht früh sichtbar. Bereits Kleinkinder kontrollieren manchmal ihr Verständnis und entwickeln ein Gefühl von Wissen, auch wenn das Spektrum an Situationen, in denen sie das tun, danach viele Jahre lang weiter zunimmt. Im Gegensatz dazu scheint sich explizites Wissen über das Gedächtnis vornehmlich im Alter von 5 bis 15 zu entwickeln, vielleicht als Reaktion auf den Schulunterricht und die Notwendigkeit eine Menge willkürlicher Informationen zu behalten. Inhaltswissen trägt vom Säuglingsalter an zur Entwicklung des Gedächtnisses bei. Es hat sowohl Einfluß darauf, wieviel und was Kinder behalten. Es beeinflußt auch die Effizienz der Ausführung grundlegender Prozesse, das Erlernen neuer Strategien und metakognitives Wissen über das Gedächtnis. Zusammen sind grundlegende Fähigkeiten, Strategien, Metakognition und Inhaltswissen für die beiden essentiellen Merkmale der Gedächtnisentwicklung verantwortlich: erstens, daß bereits Säuglinge in den ersten beiden Lebenswochen die Fähigkeit haben zu lernen und sich an das Gelernte zu erinnern und zweitens, daß sich die Effektivität des Gedächtnisses während der frühen und mittleren Kindheit und der Adoleszenz weiter verbessert.

6.7 ZUSAMMENFASSUNG Kinder werden immer öfter als Zeugen vor Gericht geladen. Forschungen über die Richtigkeit ihrer Zeugenaussagen weisen darauf hin, daß die Erinnerung bereits von Kindern im Vorschulalter dann, wenn ihnen unvoreingenommene Fragen gestellt werden, genau und relevant ist. Wenn ihnen allerdings Suggestivfragen gestellt und Stereotypen präsentiert werden, kann dies dazu führen, daß Kinder, vor allem im Vorschulalter, von Ereignissen berichten, die niemals stattgefunden haben. Aus diesem Grund müssen neutral formulierte, spezifische Fragen gestellt werden, damit man präzise Erinnerungen erhält.

274

Kapitel 6

Man hat der Entwicklung des Gedächtnisses vier unterschiedliche Ursachen zugeschrieben: Veränderungen in den grundlegenden Prozessen und Kapazitäten, in den Strategien, in der Metakognition und im Inhaltswissen. Grundlegende Kapazitäten und Prozesse, wie etwa das Assoziieren und Wiedererkennen, existieren bereits bei Neugeborenen. Mit 3 Monaten zeigen Säuglinge viele andere grundlegende Prozesse. Sie verallgemeinern, erinnern sich an das Wesentliche von Ereignissen und zeigen sogar Einsicht. Die Verarbeitungsgeschwindigkeit nimmt während der Kindheit und der Adoleszenz zu. Die Zahl von Symbolen, die im Kurzzeitgedächtnis behalten werden können, verbessert sich in dieser Zeit ebenfalls allmählich, es ist aber unklar, ob dies an der Veränderung der absoluten Gedächtniskapazität liegt oder an anderen Verbesserungen. Der Gebrauch von weitreichend anwendbaren Strategien, wie etwa dem Wiederholen, dem Ordnen und der selektiven Aufmerksamkeit nimmt ab dem 5. Lebensjahr bis in die Adoleszenz rasch zu. Kinder, die solche Strategien anwenden, erinnern sich in der Regel an mehr als diejenigen, die es nicht tun. Veränderungen in der Qualität der Strategien und dem Spektrum der Situationen, in denen sie angewendet werden, setzen sich weit über das Alter hinaus fort, in dem sie zu ersten Mal angewendet werden. Man kann Kindern Strategien früher beibringen als sie sie normalerweise anwenden würden. Allerdings gelingt es Kindern, die ein solches Training erfahren haben, häufig nicht, die Strategien auf nachfolgende Situationen zu übertragen, und sie nutzen sie weniger effektiv als ältere Kinder. Das mag daran liegen, daß die Kinder geringeren Nutzen daraus ziehen und höhere Kosten erfahren, wenn sie die Strategien anwenden, und daran, daß es ihnen nicht gelingt, die Verbindung zwischen der Anwendung der Strategie und besserer Erinnerung zu realisieren. Grundsätzlich scheint das Erlernen dieser Strategien einen wichtigen Anteil an der Entwicklung des Gedächtnisses zu haben, besonders in der mittleren Kindheit und danach. Metakognition umfaßt zwei Arten von Wissen: explizites und implizites. Explizites Wissen über das Gedächtnis ist bewußt und verbalisierbar. Es umfaßt gewöhnlich Sachwissen über Strategien, Aufgaben und Fähigkeiten. Implizites Wissen ist dagegen unbewußt und nicht verbalisierbar; es umfaßt Prozesse wie die Kontrolle des eigenen Verständnisses und "ein Gefühl zu wissen". Implizites Wissen über das Gedächtnis ist bereits bei Kleinkindern sichtbar. Explizites Wissen wird nicht so früh sichtbar, aber im Alter von 5 bis 10 ist es auch recht umfassend. Die Entwicklung beider Arten metakognitiven Wissens setzt sich ein Leben lang fort. Wissen mit zusammenhängenden Inhalten beeinflußt das Gedächtnis in jedem Alter. Inhaltswissen erlaubt es Kindern, sich an mehr zu erinnern, als sie es sonst täten, es beeinflußt ihre Fähigkeit, Strategien zu erlernen, hilft ihnen, plausible

Die Entwicklung des Gedächtnisses

275

Schlüsse zu ziehen und erlaubt ihnen, Skripte zu erstellen, um sich an die Abfolge von Ereignissen zu erinnern. Unter bestimmten Umständen können Unterschiede im Inhaltswissen alle anderen Veränderungen im Gedächtnis ausgleichen, die mit zunehmendem Alter und zunehmender Erfahrung erfolgen. Kinder, die Experten für bestimmte Themen sind, wie etwa Schach oder Fußball, stellen wirklich beeindruckende Gedächtnisleistungen in ihren Sachgebieten unter Beweis, auch wenn ihre Gedächtnisleistung in anderen Bereichen nicht außergewöhnlich ist. Das Kodieren von Unterscheidungsmerkmalen und die Streuungsaktivierung scheinen zwei Mechanismen zu sein, die Kindern mit großem Inhaltswissen helfen, sich besser an neue Informationen zu erinnern.

LITERATUREMPFEHLUNGEN Ceci, S. J. & Bruck, M. (1993). The Suggestibility of the child witness: An historical review and synthesis. Psychological Bulletin, 113, 403-39. Ein lesbarer Überblick über die Forschungsarbeiten hinsichtlich der Richtigkeit von Zeugenaussagen von Kindern und den Bedingungen, die sie mehr oder weniger genau werden lassen. Kail, R. (1991). Developmental changes in speed of processing during childhood and adolescence. Psychological Bulletin, 109, 490-501. Hier werden interessante Beweise dafür geliefert, daß die Grundgeschwindigkeit in der Informationsverarbeitung mit dem Alter während der gesamten Phase der Kindheit bis in die Adoleszenz zunimmt. Miller, P. & Seier, W. (1994). Strategy utilization deficiencies in children: When, where, and why. In H. Reese (Hg.) Advances in

child development and behavior. (Bd. 25, S. 107-56). New York: Academic Press. Dieser Überblick präsentiert umfassende Beweise, die die überraschende Beobachtung dokumentieren, daß Kinder häufig Strategien anwenden, bevor ihre Erinnerung davon profitiert, und er liefert verschiedene mögliche Erklärungsansätze dafür, warum sie dies tun. Rovee-Collier, C. (1995). Time windows in cognitive development. Developmental Psychology, 31, 147-69. In diesem Artikel stellt Rovee-Collier das Konstrukt des Zeitfensters vor, der Phase, in der Erfahrungen zusammengefügt werden können, um die Erinnerung an das ursprüngliche Erlebnis zu verbessern. Sie stellt die Anwendbarkeit der Konstruktion des Zeitfensters auf die Sprachentwicklung, Zeugenaussagen und andere Bereiche dar.

276 Schneider, W. & Pressley, M. (1989). Memory development between 2 and 20. New York: Springer-Verlag. Dieses Büch liefert eine verständliche Zusammen-

Kapitel 6

fassung dessen, was über die Gedächtnisentwicklung, speziell Uber Strategien und Metakognition, bekannt ist.

Kapitel 7

DIE ENTWICKLUNG DES BEGRIFFSVERMÖGENS Versuchsleiter: Es ist zwölf Uhr mittags und die Sonne scheint strahlend hell. Ihr habt heute schon etwas gegessen, seid aber noch immer sehr hungrig, deshalb entschließt Ihr Euch, Pfannkuchen mit Sirup zu essen, Orangensaft, Müsli und Milch. Könnte das das Mittagessen sein? Kindergartenkind: Nein ... weil man zum Mittagessen belegte Brote und so was ißt. V: Kann es zum Mittagessen Müsli geben? K: Nein. V: Kann es zu Mittag Pfannkuchen geben? K: Nein ... nein. V: Wie weiß man, daß etwas das Mittagessen ist oder nicht? K: Wenn es 12 Uhr mittags ist. V: Es war 12 Uhr mittags. K: Das glaube ich nicht. V: (Wiederholt die Geschichte) Ist das das Mittagessen? K: Ich weiß ..., daß das nicht das Mittagessen ist.... Zu Mittag gibt es belegte Brote. V: Kann es sonst noch etwas geben? K: Es kann etwas zu trinken geben, aber kein Frühstück. (Keil, 1989, S. 77, 291)

Die begriffliche Vorstellung des Kindes vom Mittagessen unterscheidet sich deutlich von der von älteren Kindern und Erwachsenen. Aber was können wir aus diesem Unterschied schließen? Ist es einfach eine alleinstehende Verwechslung von typischen und essentiellen Merkmalen des Mittagessens? Oder ist es symptomatisch für eine grundlegendere Tendenz von jüngeren Kindern, Begriffe oberflächlich zu erfassen und ihre Kernbedeutung nicht zu begreifen? Begriffe zu bilden bedeutet, verschiedene Einheiten auf der Basis von gewissen Ähnlichkeiten zusammenzufassen. Die Ähnlichkeit kann entweder recht konkret sein (die begriffliche Vorstellung von Bällen) oder recht abstrakt (die begriffliche Vorstellung von Gerechtigkeit). Begriffe erlauben es uns, unsere Erfahrungen in

278

Kapitel 7

kohärenten Mustern zu ordnen und Schlüsse in Situationen zu ziehen, in denen uns die unmittelbare Erfahrung fehlt. Wenn man einem Kind sagt, daß Malamuten Hunde sind, dann weiß es sofort auch, daß sie vier Beine haben, einen Schwanz und Fell, daß es Tiere sind, daß sie wahrscheinlich dem Menschen freundlich gesinnt sind usw. Begriffe ersparen uns auch geistige Anstrengungen, weil sie uns erlauben, früheres Wissen auf neue Situationen zu übertragen. Haben wir erst einmal die begriffliche Vorstellung "Kätzchen", müssen wir nicht mehr angestrengt über dieses besondere magere, kaffeebraune Kätzchen nachdenken, um zu erraten, was es wohl fressen möchte. Die Neigung, Begriffe zu bilden, ist für Menschen grundlegend. Säuglinge bilden sie bereits in ihren ersten Lebensmonaten (Haith & Benson, in Druck; Quinn & Eimas, 1995). Innerhalb weniger Jahre eignen sich Kinder eine Vielzahl von Begriffen an. Betrachten wir einige Begriffe, über die die meisten 5jährigen in den USA verfügen: Tische, Gold, Tiere, Bäume, Nintendo, schmutzige Fahrräder, Rennen, Geburtstage, Winter, Fairneß, Zeit und Zahl. Einige dieser Begriffe beziehen sich auf Objekte, andere auf Ereignisse, auf Ideen, auf andere Aktivitäten und noch andere auf Bestandsgrößen. Einige der Objekte sind Teil der Natur, andere sind künstliche Schöpfungen des Menschen, die einem bestimmten Zweck dienen. Einige begriffliche Vorstellungen haben Kinder in der ganzen Welt und hatten sie immer in der Vergangenheit. Andere sind spezifisch für Kinder in hochentwickelten Industriegesellschaften des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Einige sind umfassend anwendbar; andere sind sehr begrenzt. In diesem Kapitel werden wir die Entwicklung begrifflicher Vorstellungen aus zwei Perspektiven betrachten. Die eine konzentriert sich auf begriffliche Vorstellungen im allgemeinen, die andere auf die Entwicklung einiger weniger besonders wichtiger Begriffe (Tabelle 7.1). Der Ansatz, der die Entwicklung begrifflicher Vorstellungen im allgemeinen hervorhebt, basiert auf der Annahme, daß das Wesen des menschlichen Verstandes dazu führt, daß man sich die meisten oder alle Begriffe auf besondere Weise vorstellt. Das Wesen dieser Vorstellung ist von vorrangigem Interesse; die Details der einzelnen Begriffe sind sekundär. Dieser Ansatz ist der häufigste bei der Untersuchung von Begriffen wie Werkzeug, Möbel und Fahrzeuge, bei denen die Details weniger wichtig sind als der repräsentative Charakter des Begriffs an sich.

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

279

TABELLE 7.1 Kapitelübersicht 7.1

7.2

7.3

Begriffliche Vorstellungen im allgemeinen A.

Merkmaldefinierte Repräsentationen

B.

Probabilistische Repräsentationen

C.

Theoriegestützte Repräsentationen

D.

Zusammenfassung

Die Entwicklung einiger besonders wichtiger Begriffe A.

Zeit

B.

Raum

C.

Zahl

D.

Verstand

Zusammenfassung

Wenn das Wesen des menschlichen Verstandes dazu führt, daß man sich eine bestimmte Art von Vorstellung macht, und wenn sich ein junger Verstand fundamental von dem älterer Menschen unterscheidet, dann könnten auch die begrifflichen Vorstellungen kleiner Kinder grundsätzlich anders sein. Ihre begrifflichen Vorstellungen können beispielsweise konkret sein, wohingegen die von älteren Kindern abstrakt sein können. Viele der bedeutendsten Entwicklungstheoretiker befürworteten diese Hypothese repräsentationaler Entwicklung. Tabelle 7.2 führt einige der Unterschiede der begrifflichen Vorstellungen von jüngeren und älteren Kindern auf. Der zweite Hauptansatz hebt die Entwicklung einiger von Natur aus wichtiger Begriffe hervor. Bestimmte Begriffe wie Zeit, Raum, Zahl und Verstand sind in unserem Verständnis der Welt so grundlegend, daß ihre Entwicklung schon um ihrer selbst willen wichtig ist. Diese Begriffe spielten in den Theorien von Philosophen wie Kant und Psychologen wie Piaget eine zentrale Rolle. Anders als die meisten Begriffe sind sie kultur- und geschichtsübergreifend, sie sind in rudimentärer Form vom Säuglingsalter an vorhanden und werden ständig benutzt. Es ist schwer vorstellbar, wie man solche Begriffe erlernen kann, wenn es für sie nicht eine relativ spezifische biologische Grundlage gäbe. Wenn man beispielsweise Ereignisse nicht als vor- oder nacheinander stattfindend kodieren würde,

280

Kapitel 7

welche Erfahrungen könnten dann dazu führen, daß man dies tut? Das Verständnis für diese grundlegenden Begriffe verändert sich häufig dramatisch während der Entwicklung, aber ihr Kern scheint Teil unseres Erbes als menschliche Wesen zu sein (Spelke, 1994). In den folgenden Abschnitten betrachten wir zuerst die Entwicklung begrifflicher Vorstellungen im allgemeinen und dann die Entwicklung einiger weniger besonders wichtiger Begriffe. TABELLE 7.2 Klassische Charakterisierung der begrifflichen Vorstellungen von älteren und jüngeren Kindern Beschreibung der begrifflichen Vorstellungen von kleinen Kindern

Beschreibung der begrifflichen Vorstellungen von älteren Kindern

Theoretiker

Konkret Wahrnehmend

Abstrakt Begrifflich

Piaget (1951) Bruner, Goodnow & Aus-

Analytisch

tin (1956) Werner & Kaplan (1963)

Taxonomisch Spezifisch

Vygotsky (1934, 1962) InhelderÄ Piaget (1964)

Holistisch Thematisch Global

7.1 BEGRIFFLICHE VORSTELLUNGEN IM ALLGEMEINEN Wie stellt man sich Begriffe vor? Im wesentlichen wurden drei Möglichkeiten vorgeschlagen: Merkmaldefinierte Repräsentationen, probabilistische Repräsentationen und theoriegestützte Repräsentationen. Die Unterschiede der einzelnen Vorstellungen werden anhand des in Abbildung 7.1 dargestellten Begriffs "Onkel" deutlich. Merkmaldefinierte Repräsentationen (deflning-features representations) sind wie Definitionen im Wörterbuch. Sie umfassen nur die notwendigen und hinreichenden Merkmale, die bestimmen, ob ein Wort ein Beispiel für einen Begriff ist oder nicht. Probabilistische Repräsentationen (probabilistic representations) sind eher wie Stichworte im Lexikon. Statt sich nur einige wenige Merkmale vorzustellen, die immer vorhanden sein müssen, kann man sich Begriffe unter einer Vielzahl von Eigenschaften vorstellen, die in gewisser Weise, aber nicht vollkommen mit dem Begriff korrelieren. Demnach sind Onkel in der Regel freundlich zu ihren Neffen und Nichten, auch wenn sie dies nicht notwendigerweise sind. Schließlich sind theoriegestützte Repräsentationen (theory-based re-

281

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

presentations) wie Kapitel in wissenschaftlichen Lehrbüchern, insofern als sie Kausalzusammenhänge zwischen den Elementen eines Systems herausstellen. Die begrifflichen Vorstellungen von Kindern können Erklärungen umfassen, warum ihre Onkel in der Regel freundlich sind, warum sie im allgemeinen so alt sind wie ihre Eltern, etc. Repräsentation

Beispiel

definierende Merkmale

Bruder des Vaters oder der Mutter oder Ehemann der Tante

Bruder des Vaters oder der Mutter oder Ehemann der Tante

probabilistische Merkmale

-Nichte

Onkel

etwa im Alter der eigenen Eltern

Theoriegestützt

^

Onkel

0,7

0,5 utaussehend

^

ist

0

Bruder des Vaters oder der Mutter oder Ehemann der Tante

deshalb

/ etwa im Alter der Λ V eigenen Eltern J

^deshalb

f V

mager Μ ami undPapi

Adeshalb / ^ er mich I J l magermic j

ABBILDUNG 7.1 Arten, wie man sich den Begriff "Onkel" unter merkmaldefinierten, probabilistischen und theoriegestützen Ansätzen vorstellen kann.

282

Kapitel 7

Sind Kleinkinder in der Lage, all diese Vorstellungen zu entwickeln? Wie bereits erwähnt, waren einige der bedeutendsten Entwicklungstheoretiker - u.a. Piaget, Vygotsky, Werner und Bruner- davon überzeugt, daß sie nicht dazu in der Lage sind. Auch wenn sie eine unterschiedliche Terminologie benutzten, nahmen sie alle an, daß Kleinkinder nicht das bilden können, was wir merkmaldefinierte Repräsentationen nennen. Wir betrachten im folgenden die Beweise, auf denen ihre Ansicht beruht, und ob sie damit Recht hatten. Merkmaldefinierte Repräsentationen Was bedeutet es, sich Begriffe merkmaldefiniert vorzustellen? Erstens kennt man die notwendigen und hinreichenden Merkmale von Begriffen. Zweitens nutzt man diese Merkmale, um zu bestimmen, ob bestimmte Exemplare Beispiele für einen Begriff sind. Piaget, Bruner und andere gründeten ihre Überzeugung, daß Kleinkinder kleine merkmaldefinierten Repräsentationen bilden können, größtenteils auf Beobachtungen von Kindern, die mit Objekten spielten. Sie präsentierten Kindern verschiedene Arten von Objekten, etwa Stofftiere, Fahrzeuge und Möbel und beobachteten, welche Objekte Kinder zusammenlegten. Sie fanden heraus, daß ältere Kinder normalerweise Objekte in merkmaldefinierte Kategorien einteilen: Sie legen Tiere zu Tieren, Fahrzeuge zu Fahrzeugen und so weiter. Im Gegensatz dazu wird ein typisches Vorschulkind etwa einen Hund zu einem Auto legen (weil Hunde gerne Auto fahren), eine Katze zu einem Stuhl (weil sich Katzen gerne auf Stühlen zusammenrollen) und ein Spiel zu einem Brett (weil Spiele auf ein Brett gehören). Solches Anordnen in Gruppen veranlaßte Inhelder und Piaget (1964) zu der Schlußfolgerung, daß die begrifflichen Vorstellungen von Kindern in der präoperationalen Phase tendenziell thematisch sind (geordnet nach einer gemeinsamen Aktivität oder einem gemeinsamen Thema), wohingegen die Begriffe von Kindern in der konkret operationalen Phase taxonomisch sind (geordnet in hierarchisch strukturierten Kategorien, wie diejenigen, die in der Biologie benutzt werden, um Pflanzen oder Tiere zu klassifizieren). Vygotsky (1932, 1964) wendete eine ähnliche Aufgabenstellung an. Er präsentierte Kindern einige Bauklötzchen, die sich in Größe, Farbe und Form unterschieden, und forderte sie auf, diejenigen, die zusammengehörten, zusammenzulegen. 6jährige und ältere Kinder, denen diese Anordnungsaufgabe gestellt wurde, wählten normalerweise eine einzige Größe als definierendes Merkmal. Sie wählten etwa die Farbe als notwendig und hinreichend für die Zugehörigkeit zu einer Gruppe aus und legten alle roten Bauklötzchen zusammen, alle grünen usw. Vorschulkinder schienen jedoch das zu bilden, was Vygotsky Kettenbegriffe

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

283

nannte. Dabei handelt es sich um Begriffe, bei denen die Grundlage der Klassifikation von Exemplar zu Exemplar wechselt. Sie legten zum Beispiel einige rote Bauklötzchen zusammen, dann legten sie einige Dreiecke, rote und grüne, zusammen und dann legten sie einige grüne Bauklötzchen zusammen. Diese Beobachtungen führten zu Vygotskys Annahme, daß Kinder drei Phasen begrifflicher Entwicklung durchlaufen. Sehr früh bilden sie thematische Begriffe, die die Relation bestimmter Objektpaare betont. Später bilden sie Kettenbegriffe, indem sie vorübergehend auf der Basis abstrakter Größen wie Farbe und Form klassifizieren, dabei jedoch oft vergessen, was sie tun, und zu einer anderen Kategorisierungsgrundlage überwechseln. Noch später, während ihrer Grundschulzeit bilden sie echte Begriffe, die auf stabilen notwendigen und hinreichenden Merkmalen beruhen. Evaluation. Der merkmaldefinierte Ansatz der Begriffsbildung hat zu einer Vielzahl von Erkenntnissen über das begriffliche Verständnis von Vorschulkindern gefuhrt: daß sie Objekte häufig nicht auf der Grundlage einer einzigen konsistenten Größe ordnen; daß sie dazu neigen, Objekte danach anzuordnen, wie die Objekte miteinander interagieren und nicht entsprechend ihrer kategorialen Relation und daß sie andere Relationen interessieren als Erwachsene. Aber sollten wir der weitreichenderen theoretischen Aussage Glauben schenken, daß sich die begrifflichen Vorstellungen von Kleinkindern fundamental von denen älterer Kinder und Erwachsener unterscheiden? Wahrscheinlich nicht. Untersuchungen, die durchgeführt wurden, um zu testen, ob Kleinkinder für ältere Kinder typische Begriffsformen bilden können, haben durchwegs gezeigt, daß sie es können. Bauer und Mandler (1989a) etwa haben herausgefunden, daß bereits Einjährige taxonomische Begriffe bilden. Sie präsentierten Kindern in diesem Alter Mengen mit drei Objekten. Das Zielobjekt wurde in der Mitte piaziert und die Kinder wurden gefragt: "Siehst du das hier? Kannst du einen anderen Gegenstand finden, der genauso ist wie dieser?" Von den verbleibenden beiden Objekten war eines thematisch und eines taxonomisch mit dem Zielobjekt verbunden. In einer Aufgabenstellung beispielsweise war das Objekt in der Mitte ein Affe, das taxonomisch mit ihm verbundene Objekt war ein Bär, das thematisch mit ihm verbundene eine Banane. Die einjährigen Kinder wählten die taxonomisch miteinander in Beziehung stehenden Objekte (den Affen und den Bären) in mehr als 85 Prozent der Fälle als gleiche Objekte aus. Wenn bereits Einjährige taxonomische Beziehungen verstehen, warum entstand dann der Eindruck, daß 4- und 5jährige sie nicht verstehen könnten? Ein Grund dafür mag sein, daß das Interesse der Kinder mit ihren Fähigkeiten verwechselt wurde. Kleinkinder legen vielleicht Hunde und Frisbeescheiben zusammen, statt

284

Kapitel 7

Hunde und Bären, weil sie die Beziehung von Hunden und Frisbeescheiben interessanter finden. Diese Interpretation stützt, was Smiley und Brown (1979) herausgefunden haben: Vorschulkinder, die Objekte thematisch anordneten, konnten, als sie gefragt wurden, auch die taxonomische Beziehung perfekt erklären. Cole und Scribner (1974) berichteten von ähnlichen Beobachtungen bei Stammesangehörigen in Afrika. Die Versuchsleiter konnten den Stammesangehörigen die scheinbar geistig anspruchsvollere taxonomische Anordnung durch die bloße Frage entlocken: "Wie würde es ein dummer Mensch tun?" Sowohl die Kinder als auch die Stammesangehörigen verfugten über die relevanten begrifflichen Vorstellungen, aber sie entschieden sich dafür, sie in der bestimmten Situation nicht anzuwenden. Zu dem falschen Eindruck trug auch die unterschätzte Rolle des bereichsspezifischen Wissens für das begriffliche Verständnis bei. Auch wenn sich Kleinkinder einige Begriffe hinsichtlich definierender Merkmale vorstellen, kennen sie die definierenden Merkmale für viele andere Begriffe nicht. Betrachten wir einen Versuch, in dem 5 und 9jährige zwei Geschichten hörten, in denen ein bestimmtes Objekt beschrieben und dann gefragt wurde, ob dieses Objekt ein Beispiel finden Begriff sein könnte (Keil & Batterman, 1984). Wie in Tabelle 7.3 dargestellt, zeigte eine Geschichte, daß das Objekt viele Merkmale umfaßte, die man mit dem Begriff assoziiert, aber sie zeigte auch, das es kein definierendes Merkmal hatte. Die andere Geschichte zeigte, daß das Objekt ein definierendes Merkmal hatte, ihm aber viele assoziierte Merkmale fehlten. TABELLE 7.3 Geschichten von Keil und Batterman (1984) CHARAKTERISTISCHE, NICHT ABER DEFINIERENDE MERKMALE

Insel Es gibt diesen Ort, der aus dem Land ragt wie ein Finger. Kokosbäume und Palmen wachsen dort und die Mädchen tragen manchmal Blumen im Haar, weil es immer so warm ist. Es gibt überall, außer an einer Seite, Wasser. Könnte das eine Insel sein? DEFINIERENDE, NICHT ABER CHARAKTERISTISCHE MERKMALE In diesem Landstrich gibt es Apartmenthäuser, Schnee und es wächst nichts Grünes. Dieser Landstrich ist an allen Seiten von Wasser umgeben. Könnte das eine Insel sein?

Die 9jährigen hoben im allgemeinen die definierenden Merkmale hervor; sie sagten gewöhnlich, die Geschichte am Anfang der Tabelle 7.3 würde keine Insel beschreiben, wohl aber die Geschichte am Ende. Die Ausführungen der 5jährigen

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

285

waren in bestimmten Aspekten anders und in anderen ähnlich. Die 5jährigen vertrauten bei nicht so vielen Begriffen auf das definierende Merkmal wie die 9jährigen. Bei bekannten Begriffen allerdings, wie etwa "Räuber", vertrauten die 5jährigen auf die definierenden Merkmale. Und bei relativ unbekannten Begriffen wie etwa "Taxis" taten es die 9jährigen nicht durchwegs (die Tatsache, daß die Studie in einer Kleinstadt durchgeführt wurde, hatte wahrscheinlich viel damit zu tun, daß der Begriff "Taxi" unbekannt war). Demnach können sowohl jüngere als auch ältere Kinder merkmaldefinierte Repräsentationen bilden, aber das Wissen über die definierenden Merkmale von bestimmten Begriffen nimmt mit dem Alter zu.

Probabilistische Repräsentationen Seit den Zeiten von Aristoteles bis in die jüngste Vergangenheit glaubte man, daß die meisten Begriffe definierende Merkmale hätten. Kinder und Erwachsene mögen diese definierenden Merkmale kennen oder nicht, aber sie würden existieren, um gewußt zu werden. Heute allerdings ist die dominierende Ansicht unter Philosophen, daß die meisten Begriffe keine definierenden Merkmale haben. Nehmen wir den Begriff Stuhl. Auf den ersten Blick scheint ein Stuhl folgende definierenden Eigenschaften zu haben: "ein Objekt mit vier Beinen, das dazu dient, daß man darauf sitzt". Wie aber steht es mit ßeawfeag-Stühlen, die keine Beine haben? Wie steht es mit Stühlen in modernen Museen, die nie dafür konzipiert wurden, daß man auf ihnen sitzt? Die Situation ist noch komplizierter bei komplexeren Begriffen, wie etwa Spiel oder Mitleid. Es ist schwierig, sich nur vorzustellen, was die definierenden Attribute solcher Begriffe sein könnten. Die Schwierigkeit, definierende Merkmale zu erkennen, eröffnet die Möglichkeit, daß wir uns alle, Kinder ebenso wie Erwachsene, die meisten Begriffe als probabilistische Relation zwischen dem Begriff und verschiedenen Merkmalen und nicht unter einigen wenigen definierenden Merkmalen vorstellen. Eleanor Rosch, Carolyn Mervis und ihre Kollegen haben auf der Basis dieser Betrachtung von Begriffen eine attraktive Theorie entwickelt. Der Grundtenor ist, daß Beispiele für die meisten Begriffe aufgrund von Familienähnlichkeiten und nicht aufgrund von definierenden Merkmalen miteinander verbunden werden. Der Grad und die Art der Ähnlichkeit der Beispiele variiert, vergleichbar mit unterschiedlichen Mitgliedern einer Familie, aber es gibt keine Menge von Merkmalen, die alle besitzen. Die Theorie von Rosch und Mervis baut auf vier überzeugenden Ideen auf: Schlüsselmerkmale mit hohem Gültigkeitsgrad (cue validities), Grundlagenkategorien, eine nicht zufälligen Verteilung von Merkmalen und Prototypen.

286

Kapitel 7

Schlüsselmerkmale mit hohem Gültigkeitsgrad. Wie entscheiden Kinder, ob Objekte Beispiele für einen Begriff sind oder für einen anderen? Rosch und Mervis (1975) vermuteten, daß sie dazu Schlüsselmerkmale mit hohem Gültigkeitsgrad miteinander vergleichen. Der Grundgedanke besteht darin, daß der Grad, mit dem das Vorhandensein eines Merkmals es wahrscheinlich macht, ob ein Objekt ein Beispiel für einen Begriff ist, von der Häufigkeit abhängt, mit der das Merkmal diesen Begriff begleitet und von der Seltenheit, mit der das Merkmal andere Begriffe begleitet. Das Merkmal, "in der Lage sein zu fliegen", beispielsweise macht es wahrscheinlich, daß ein Objekt ein Vogel ist, in Abhängigkeit von der Häufigkeit, mit der Vögel fliegen können und von der Seltenheit, mit der andere Dinge es nicht können. Weil die meisten (wenngleich nicht alle) Vögel fliegen können und weil die meisten (wenngleich nicht alle) anderen Dinge nicht fliegen können, ist Fliegen ein hochgradig gültiger Schlüssel dafür, daß das Objekt ein Vogel ist. Die Idee der Schlüsselmerkmale hilft dem probabilistischen Ansatz, ein Phänomen zu erklären, das sich für den merkmaldefinierten Ansatz als schwierig erweist: daß nämlich einige Beispiele eines Begriffs als bessere Beispiele für einen anderen erscheinen. Wenn innerhalb des merkmaldefinierten Ansatzes ein Rotkehlchen und ein Strauß beide die notwendigen und hinreichenden Merkmale von Vögeln haben, warum erscheinen dann Rotkehlchen als bessere Beispiele für Vögel als Strauße? Der probabilistische Ansatz geht davon aus, daß Objekte, die als bessere Beispiele wahrgenommen werden, solche sind, deren Merkmale höhere Gültigkeit für einen Begriff haben. Rotkehlchen werden deshalb als bessere Beispiele für Vögel betrachtet als Strauße, weil die Farbe, Größe, Form und Fähigkeit zu fliegen der Rotkehlchen gültigere Schlüsselmerkmale dafür sind, daß es sich um Vögel handelt. Die Schlüssel, die bei der Begriffsbildung berücksichtigt werden, verändern sich im Laufe der Entwicklung erheblich. Säuglinge sind bereits in ihren ersten Lebensmonaten für Schlüsselmerkmale empfanglich, aber die Art der Schlüssel, auf die sie sich konzentrieren, verändert sich mit dem Alter und der Erfahrung. Säuglinge schenken anfangs sieht- und hörbaren Merkmalen die größte Aufmerksamkeit, aber mit wachsender Erfahrung schenken sie abstrakteren Merkmalen wachsende Aufmerksamkeit (ζ. B. Eimas & Quinn, 1994; Madole & Cohen, 1995). Es gibt also einen Grund, warum Säuglinge Kategorien wie Hunde und Rennen bilden, nicht aber solche wie Werkzeuge und Fairneß. Grundlagenkategorien. Rosch, Mervis, Gray, Johnson und Boyes-Braem (1976) erkannten, daß viele Kategorien hierarchisch aufgebaut sind, insofern als alle Beispiele einer Kategorie notwendige Beispiele einer anderen sind. Sie schlugen vor, daß diese Hierarchien in der Regel mindestens drei Ebenen umfassen wür-

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

287

den (Tabelle 7.4): eine allgemeine (die übergeordnete Ebene), eine spezifische (idie untergeordnete Ebene) und eine Ebene vermittelnder Generalisierbarkeit (die grundlegende Ebene). Die grundlegende Ebene ist diejenige, auf der die Schlüsselmerkmale maximiert werden. "Stuhl" beispielsweise ist eine grundlegende Kategorie, weil er hochgradig gültige Schlüsselmerkmale hat, darunter Beine, einen Rücken und einen Sitz. Übergeordnete Kategorien wie etwa "Möbel" haben keine Merkmale mit vergleichbar hohem Gültigkeitsgrad. Einige Möbel haben Beine, andere nicht; einige sind Sitzmöbel andere nicht. Umgekehrt teilen untergeordnete Kategorien, wie etwa "Küchenstühle", alle Merkmale der grundlegenden Kategorie, ihnen fehlen aber Merkmale, die sie eindeutig von anderen Beispielen der grundlegenden Kategorie unterscheiden. Welche Merkmale unterscheiden Küchenstühle eindeutig von Eßzimmerstühlen? Rosch et al. schlossen daraus, daß grundlegende Kategorien fundamentalere Klassifikationen sind sowohl als übergeordnete als auch als untergeordnete Kategorien. Wenn die Kategorien der grundlegenden Ebene wirklich grundlegend sind, dann sollten Kinder sie vor den über- und untergeordneten Kategorien lernen. Diese Folgerung wird getestet, indem man Säuglinge einem Gewöhnungsverfahren unterzieht. Zuerst werden den Säuglingen wiederholt Exemplare einer grundlegenden Kategorie gezeigt, bis sie das Betrachten der Objekte reduzieren. Dann wird ihnen entweder ein neues Exemplar derselben grundlegenden Kategorie gezeigt oder ein Exemplar einer anderen grundlegenden Kategorie innerhalb derselben übergeordneten Kategorie. Man zeigt ihnen zum Beispiel wiederholt Pferde und dann wird ihnen entweder eine Giraffe oder ein weiteres Pferd gezeigt. Die Ergebnisse von 3 bis 9 Monate alten Kindern haben durchwegs gezeigt, daß sich Säuglinge entwöhnen, wenn ihnen Exemplare einer anderen grundlegenden Kategorie gezeigt werden (Colombo, O'Brien, Mitchell, Roberts & Horowitz, 1987; Quinn, Eimas & Rosenkrantz, 1993; Roberts, 1994). Nachdem Säuglingen zum Beispiel wiederholt Bilder von Pferden gezeigt wurden, entwöhnten sie sich, als ihnen Bilder gleicher Größe von Giraffen, Zebras oder Katzen gezeigt wurden (Eimas & Quinn, 1994). Allerdings zeigten Säuglingen jüngst unter der Anwendung derselben Methoden, daß sie auch allgemeinere Kategorien bilden (BehlChadha, in Druck). Als 3 und 4 Monate alten Babys beispielsweise unterschiedliche Säugetiere gezeigt wurden, entwöhnten sie sich, als ihnen Vögel, Fische oder Möbel gezeigt wurden, nicht aber als ihnen andere Tiere gezeigt wurden. Säuglinge sind demnach in der Lage, grundlegende Kategorien zu bilden, aber auch noch allgemeinere.

288

Kapitel 7

TABELLE 7.4 Beispiele für übergeordnete, grundlegende und untergeordnete Exemplare einer Kategorie. ÜBERGEORDNETE EBENE Möbel Tiere Essen Werkzeug Fahrzeug

GRUNDLEGENDE EBENE Tisch Vogel Gemüse Hammer Auto

UNTERGEORDNETE EBENE Couchtisch Kanarienvogel Spargel Vorschlaghammer Mercedes

Auch wenn grundlegende Kategorien eine vorrangige Rolle im frühen begrifflichen Verständnis spielen, unterscheiden sich einige Kategorien beträchtlich von dem, was Erwachsene als grundlegend betrachten. Die Objekte etwa, die Einjährige als "Bälle" bezeichnen, umfassen häufig Objekte wie runde Kerzen, runde Sparbüchsen und Perlen. Ihre Kategorie "Bälle" scheint der Kategorie von Erwachsenen, "Dinge, die rollen können", zu entsprechen. Mervis (1987) bezeichnete solche Begriffe als kindliche Grundlagenkategorien (child-basic categories). Die Eigenschaften von kindlichen Grundlagenkategorien und Standardgrundlagenkategorien unterscheiden sich häufig, aber Mervis argumentierte, daß die ihnen zugrundeliegenden Prinzipien dieselben seien. Die grundlegenden Kategorien sowohl von Kindern als auch von Erwachsenen umfassen Objekte, die benutzt werden können, um ähnliche Funktionen auszuführen, und die ein ähnliches Aussehen haben. Unterschiedliche Sichtweisen, was eine interessante Funktion darstellt, fuhren zu den Unterschieden in den Kategorien, die in unterschiedlichem Alter gebildet werden. Wie bewegen sich Kinder von kindlichen Grundlagenkategorien hin zu Standardgrundlagenkategorien? Die Rolle von für die Wahrnehmung insignifikanten, aber funktionell wichtigen Attributen zu erfassen, ist vielleicht ausschlaggebend für diesen Übergang (Tversky & Hemenway, 1984). Kleinkinder ignorieren zum Beispiel anfangs die Schlitze in runden Sparbüchsen und den Docht an runden Kerzen und konzentrieren sich auf die für die Wahrnehmung auffälligere runde Form. Hat das Kind einmal den Zweck des Schlitzes und des Dochts verstanden, wird es einfacher auch die begrifflichen Unterschiede zu verstehen. Dieser Interpretation entsprechend können sich 2jährige von der kindlichen Grundlagenkategorie hin zur Standardgrundlagenkategorie bewegen, wenn ein Versuchsleiter schwer wahrnehmbare subtile Attribute, die für die Zugehörigkeit zu einer Kate-

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

289

gorie ausschlaggebend sind, benennt und die Bedeutung dieser Attribute erklärt (Banigan & Mervis, 1988). Korrelationen von Merkmalen. Begriffe zu verstehen ist mehr als das Erfassen des hohen Gültigkeitsgrades individueller Merkmale. Korrelationen von Merkmalen sind mindestens ebenso wichtig. Merkmale von Objekten sind nicht zufällig verteilt, sondern tendieren eher dazu, Gruppen zu bilden. Etwas, was sich über den Boden schlängelt, hat in der Regel auch Schuppen, ist lang und dünn und kaum in seiner natürlichen Umgebung zu sehen usw. Glücklicherweise sind bereits 10 Monate alte Kinder fähig, Korrelationen von Merkmalen wahrzunehmen und die Korrelationen dazu zu benutzen, neue Begriffe zu bilden (Younger, 1990; 1993). Prototypen. Ein vierter von Rosch und ihren Kollegen eingeführter Begriff sind Prototypen. Prototypen sind die repräsentativsten Beispiele für Begriffe - das heißt die Beispiele mit den gültigsten Schlüsselmerkmalen. Lassie war der Prototyp des Hundes, weil sie Eigenschaften hatte (ζ. B. Größe, Form und Bellen), die für Hunde im allgemeinen repräsentativ sind. Bereits 3 Monate alte Säuglinge abstrahieren prototypische Formen. Bomba und Siqueland (1983) zeigten 3 und 4 Monate alten Kindern einige Pünktchenmuster, die durch zufällige Transformation einer "prototypischen" Form entstanden, wie etwa ein gleichschenkeliges Dreieck (Abbildung 7.2). In der Anfangsphase dieses Versuchs sahen die Säuglinge den Prototyp nicht. Allerdings führte das Zeigen von Beispielen, die aus dem Prototyp herrührten (wie die Formen in den drei rechten Säulen der Abbildung 7.2), dazu, daß die Säuglinge später so agierten, als ob sie den Prototypen ebenfalls gesehen hätten. Als ihnen der Prototyp zusammen mit einem unbekannten Muster gezeigt wurde, schauten sie lieber das andere Muster an; sie agierten so, als hätten sie den Prototypen häufig gesehen und wären von ihm gelangweilt. Nach einer gewissen Zeit, als die Erinnerung an das besondere Pünktchenmuster nachließ, die allgemeine Vorstellung aber erhalten blieb, zeigten die 3 und 4 Monate alten Kinder tatsächlich mehr Interesse an den Formen, die sie gesehen hatten, an die sie sich aber offensichtlich nicht erinnerten, als an dem Prototypen, den sie nicht gesehen hatten, sich aber an ihn "erinnerten". Ältere Kinder und Erwachsene zeigen ähnliche Muster, insofern als sie überzeugter sind, Prototypen gesehen zu haben, die tatsächlich niemals gezeigt wurden, als Formen, die aus dem Prototypen entstanden, die sie gesehen haben (Bransford, 1979).

290

Kapitel 7

®

» Φ

®Φβ

®

®® β Φ β

#

9



®Φ

·

Φ β ·

«

#

# #

β β • •

β ·

·

•® · · ®•



·

·

·

«

« Α

·

®

·

• · •

· «·

·

ABBILDUNG 7.2 Auf der linken Seite sind von oben nach unten die Prototypen eines Dreiecks, einer Raute und eines Quadrats dargestellt. In jeder Reihe sind von links nach rechts immer verzerrtere Varianten der Prototypen dargestellt (nach Bomba & Siqueland, 1983). Copyright© 1983 by Academic Press, Inc.

Evaluation. Die Betrachtung begrifflicher Vorstellungen hinsichtlich probabilistisch miteinander verknüpfter Merkmale ist äußerst empfehlenswert. Bereits im ersten Lebensjahr abstrahieren Säuglinge prototypische Muster, bilden grundlegende Kategorien und erkennen Schlüsselmerkmale mit hohem Gültigkeitsgrad und Korrelationen von Merkmalen. Im Laufe der Entwicklung bilden sie vermehrt übergeordnete und untergeordnete Kategorien, bewegen sich von kindlichen Grundlagenkategorien hin zu Standardgrundlagenkategorien und werden für komplexere und subtilere Korrelationsmuster empfänglich. Der Ansatz probabilistischer Merkmale hat jedoch auch einige Schwächen. Eine Schwäche, die er mit dem merkmaldefinierten Ansatz teilt, ist die Unbestimmtheit dessen, was ein Merkmal ausmacht. Welche Merkmale machen zu Beispiel die begriffliche Vorstellung "ein schönes Gesicht" aus? Die Merkmale sind eindeutig komplexer als eine bestimmte Haarfarbe, eine bestimmte Augenform, Lippen, die in einem bestimmten Winkel geschwungen sind, eine bestimmte Nasen-

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

291

form usw. Viel wichtiger als diese greifbaren Attribute sind die Relationen der Merkmale, d.h. wie sie zusammenpassen. Allerdings ist unklar, ob Relationen wie "zusammenpassend" als Merkmale betrachtet werden können; angesichts der Tatsache, daß viele der schönsten Gesichter uns deshalb auffallen, weil sie einzigartig sind, ist auch unsicher, ob sie überhaupt auf probabilistischen Relationen basieren. Eine andere Schwäche, die mit der vorhergehenden zusammenhängt, ist, daß der Ansatz nicht spezifiziert, wie Kinder bestimmen, welche Merkmale von unbekannten Objekten und Ereignissen sie kodieren und welche sie ignorieren sollten. Wie in Kapitel 3 angemerkt, ist es oft recht schwierig zu bestimmen, welche Merkmale kodiert werden sollten. Und solange Kinder nicht die wichtigen Merkmale und Relationen kodieren, können sie nicht ihre Schlüsselmerkmale lernen. Einige Forscher gehen davon aus, daß Säuglinge und Kinder durch implizite Theorien, die aussagen, was wichtig ist, dazu geführt werden, relevante Merkmale zu kodieren (Wellman & S. Gelman, 1992; in Druck). Die Rolle solcher Theorien wird im nächsten Abschnitt untersucht. Theoriegestützte Repäsentationen Welcher Begriff hat die folgenden Elemente: Kinder, tragbare Fernsehgeräte, Schmuck und Photoalben? Die Frage wirkt merkwürdig, bis wir die Antwort hören: Dinge, die wir bei Feuer zuerst aus dem Haus bringen würden. Ganz plötzlich verschwindet die Eigenartigkeit des Begriffs (Barsalou, 1985). Wie dieses Beispiel vermuten läßt, gibt es bei Begriffen mehr als Korrelationen von Merkmalen und definierende Merkmale. Begriffe verkörpern auch theoretische Überzeugungen über die Welt und die Relationen von Entitäten. Diese theoretischen Überzeugungen beeinflussen unsere Reaktion auf neue Informationen. Um diesen Einfluß zu verstehen, wollen wir unsere Reaktion auf die Aussage, "heute habe ich ein Auto mit orangefarbenen Rädern gesehen", mit der Aussage, "heute habe ich ein Auto mit quadratischen Rädern gesehen", vergleichen. Beide Situationen sind neu; es gibt weder die Möglichkeit, für die orangefarbenen noch für die quadratischen Räder Schlüsselmerkmale oder Korrelationen von Merkmalen herzustellen. Sie sind beide nicht im mindesten Prototypen. Dennoch veranlassen uns unsere theoretischen Überzeugungen auf die beiden Aussagen unterschiedlich zu reagieren. Wenn wir hören, daß ein Auto orangefarbene Räder hat, leiten wir daraus ab, daß der Besitzer entweder ein Witzbold oder ein Hippie ist, daß auch der Rest des Autos bunt bemalt sein könnte und daß das Auto wahrscheinlich normal funktioniert. Wenn wir hören, daß ein Auto quadratische Räder

292

Kapitel 7

hat, schließen wir daraus, daß es nicht fahren kann, daß es nicht dazu gedacht ist, normal zu funktionieren und daß es vielleicht als Skulptur gedacht ist, um Aufsehen zu erregen. Solche Schlußfolgerungen spiegeln unsere informellen Theorien darüber wider, wie Autos funktionieren und warum Menschen merkwürdige Dinge tun. Keil (1989; 1994) schlug eine einleuchtende Theorie vor, die die Rolle, die solche informellen Theorien in der begrifflichen Entwicklung spielen, beleuchtet. Im folgenden werden die wichtigsten seiner Grundsätze benannt: 1. Die meisten Begriffe sind partielle Theorien, insofern als sie Erklärungen für die Relationen ihrer Teile und für die Relationen zu anderen Begriffen umfassen. 2. Theorien sind in komplexer Weise an assoziatives Wissen gebunden; sie sind nicht von ihm isoliert. 3. Kausalzusammenhänge sind innerhalb dieser Theorien grundlegend; sie sind nützlicher als andere Relationstypen. 4.

Hierarchische Relationen sind ebenfalls äußerst informativ.

Die Bedeutung dieser Annahmen kann anhand einer hypothetischen Situation erläutert werden. Stellen wir uns vor, daß ein Mädchen gefragt wird: "Warum haben Yaks vier Beine und nicht drei oder fünf?" Sie antwortet vielleicht, daß vier Beine paarweise bewegt werden können, was es den Yaks erlaubt, relativ schnell zu rennen und dennoch ihr Gleichgewicht zu halten. Diese Antwort läßt vermuten, daß das Kind ein theoretisches Verständnis besitzt, daß es ihm erlaubt, über definierende Merkmale und probabilistisch verknüpfte Merkmale hinaus zu gehen, um zu erklären, warum die Welt so ist, wie sie ist. Die Antwort illustriert auch die Relation von assoziativem Wissen und theoretischen Überzeugungen, insofern als sie sowohl spezifische Erinnerungen daran, wie vierbeinige Tiere rennen, widerspiegelt, als auch eine informelle Theorie darüber, wie Rennen an sich funktioniert. Die Rolle der Kausalzusammenhänge wird daran deutlich, wie das Kind Vierbeinigkeit unter dem Gesichtspunkt erklärt, was sie dem Yak ermöglicht. Schließlich attestiert die Tatsache, daß das Kind weiß, daß es mit seinem Wissen über Tiere im allgemeinen auf das besondere Tier - den Yak schließen kann, die Nützlichkeit von hierarchisch strukturierten Begriffen. Theoretisches Wissen ist im Begriffsverständnis von sehr kleinen Kinder ebenso wie in dem von älteren Kindern und Erwachsenen vorhanden. Das bedeutet nicht, daß das Verständnis in jedem Alter dasselbe wäre. Die Exaktheit und Verknüpfung theoretischer Überzeugungen nimmt ebenso wie die Häufigkeit, mit der man auf sie vertraut, mit der Entwicklung zu. Keil (1989) nahm an, daß begriffliche

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

293

Vorstellungen in jedem Alter sowohl theoretische Verknüpfungen als auch isolierte Sachkenntnisse umfassen. Je differenzierter die Theorien jedoch werden, desto stärker erklären sie ein immer breiteres Spektrum an Sachwissen. Auch wenn Menschen viele informelle Theorien hervorbringen, sind einige wenige "Kerntheorien" besonders wichtig (Wellman & S. Gelman, 1992; in Druck). Vor allem Wellman und Gelman nahmen an, daß Kinder eine Disposition besitzen würden, um drei Kerntheorien zu entwickeln: eine, die sich auf leblose Objekte bezieht (naive Physik), eine, die sich auf lebendige Wesen bezieht {naive Biologie) und eine, die sich auf den menschlichen Verstand bezieht (naive Psychologie). Von diesen Kerntheorien wird angenommen, daß sie einen Großteil des Wissens über die Welt strukturieren und helfen, sich zusätzliches Wissen einzueignen. Wie Wellman und Gelman (in Druck) erklärten, umfassen diese Bereiche begrifflich einen Großteil der Umwelt, mit der sie interagieren. Denken wir an Menschen in der Frühzeit. Es ist schwer, sich eine fundamentalere kognitive Aufgabe vorzustellen, als das Lernen über den Menschen, über Pflanzen und Tiere und über die Welt der physischen Objekte. Wissen über andere Menschen befähigt dazu, soziale Interaktionen zustande zu bringen und wichtige Aufgaben wie die Paarung und das Aufziehen der Kinder zu bewerkstelligen; Wissen über Pflanzen und Tiere begünstigt das Sammeln der Nahrung, das Meiden von Raubtieren und die Bewahrung der Gesundheit: Wissen über physische Objekte erlaubt Vorhersagen, über die Wirkungen der eigenen physischen Handlungen und die von anderen, das Hervorbringen von Werkzeugen und ihren Gebrauch usw. (Wellman & Gelman, in Druck)

Eines der entscheidenden Charakteristika dieser Kerntheorien ist, daß sie sich in der Art der wirksamen Kausalzusammenhänge unterscheiden. Überlegen wir, wie wir eine einzige Frage beantworten können - "warum hat sich X bewegt?" je nachdem, ob wir über einen Kieselstein sprechen, einen Fisch oder einen Menschen. Wenn wir von einem Kieselstein oder irgendeinem anderen leblosen Objekt sprechen, würden wir die Bewegung durch den physischen Kontakt mit einem anderen sich bewegenden Objekt erklären wie etwa, "der Kieselstein schoß über die Straße, weil ein Lastwagen über ihn rollte". Die Bewegung eines Fisches oder eines anderen Lebewesens würden wir mit Hinblick auf die für die Spezies notwendige Funktion erklären wie etwa, "Vögel fliegen in den Süden, um den Winter im Warmen zu verbringen". Die Bewegung eines Menschen würden wir unter Berücksichtigung der persönlichen Ziele erklären wie etwa, "der Junge ging in den Laden, um eine CD zu kaufen". Kinder unterscheiden bereits mit 7 Monaten zwischen Objekten dieser Kategorien. Sie imitieren beispielsweise die Bewegungen von Menschen in einem Zei-

294

Kapitel 7

chentrickfilm, nicht aber dieselbe Bewegung eines leblosen Objekts in einem Zeichentrickfilm (Legerstee, 1991). Sie zeigen auch Erstaunen, wenn sich leblose Objekte, ohne daß eine äußere Kraft auf sie einwirkt, zu bewegen beginnen, nicht jedoch bei Menschen (Spelke, Phillips & Woodward, 1995). Ab wann verfügen Kinder über solche Kerntheorien? Spelke (1994) vermutete, daß Säuglinge ihr Leben mit einer primitiven Theorie über leblose Objekte beginnen, die sie als Theorie der Physik bezeichnete. Diese Theorie umfaßt das Wissen, daß die Welt aus physischen Objekten besteht, die zusammenhängen, Grenzen und Substanz haben, sich nur bewegen, wenn sie von einem anderen Objekt berührt werden und sich kontinuierlich durch Raum und Zeit bewegen. Als eine Beweisquelle schilderte sie Baillargeons (1987; 1994) Beobachtungen, daß 4 Monate alte Kinder, erstaunt sind, wenn sich eine Zugbrücke scheinbar durch ein anderes festes Objekt hindurch bewegt (Kapitel 2). Sie schilderte auch ihre eigenen Beobachtungen (Spelke, Breilinger, Macomber & Jacobson, 1992), daß 4 Monate alte Kinder erstaunt sind, wenn Objekte von einem Punkt zu einem anderen zu springen scheinen, ohne zwischengeschaltete Positionen zu passieren, oder wenn sich scheinbar voneinander unabhängige Objekte zu bewegen beginnen und nacheinander aufhören sich zu bewegen. Wellman und Gelman (in Druck) nahmen an, daß die erste psychologische Theorie etwa mit 18 Monaten auftaucht und die erste biologische Theorie mit etwa 2 oder 3 Jahren. Allerdings haben bereits Säuglinge ein gewisses Gespür für die Unterschiede zwischen leblosen Objekten, Menschen und anderen Lebewesen, wie Studien über die Reaktionen von Säuglingen auf Menschen und leblose Objekte vermuten lassen (Legerstee, 1991; Spelke et al., 1995). Evaluation. Der theoriegestützte Ansatz der Entwicklung begrifflicher Vorstellungen ist gewagt und vielversprechend. Begriffe sind in ihrem Kern relational; Kausalzusammenhänge sind häufig besonders wichtig. Kinder scheinen sich bereits sehr früh auf diese Kausalzusammenhänge zu konzentrieren. Kausalzusammenhänge zu erkennen hilft Kindern, die relevantesten Informationen in einer Situation zu kodieren. Das kausale Wissen hilft ihnen auch, Schlüsse zu ziehen, zu verallgemeinern und ihre Erlebnisse zu verstehen. Allerdings wirft der Ansatz mindestens ebenso viele Fragen auf, wie er beantwortet. Eine seiner Grenzen ist die vage Definition dessen, was sich als Theorie qualifiziert. Die Theorie über die Materie eines Physikers unterscheidet sich grundlegend von der eines typischen Erwachsenen, viel weniger als von der eines Säuglings. In wissenschaftlichen Theorien sind innere Konsistenz, Knappheit und Formalisierung wichtige Eigenschafen. Keine dieser Eigenschafen wird von den begrifflichen Vorstellungen von Säuglingen und Kleinkindern erfüllt. Ähnliche

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

295

Probleme treten auf, wenn man versucht, Keratheorien von anderen Theorien zu unterscheiden. Die Unbestimmtheit dessen, was eine Theorie als solche qualifiziert und was eine Kerntheorie als solche qualifiziert, hat dazu geführt, daß der Begriff Theorie in sehr unterschiedlicher Weise gebraucht wird. Carey (1985) nahm an, daß Kleinkinder nur über zwei Theorien verfugen: eine Theorie der Physik und eine Theorie der Psychologie. Sie vermutete, daß sich diese beiden schließlich in etwa ein Duzend Theorien aufteilen, die den an Universitäten gelehrten Hauptdisziplinen entsprechen: Physik, Chemie, Biologie, Psychologie, Wirtschaftswissenschaften etc. Im Gegensatz dazu argumentierte Keil (1989), daß Begriffe im allgemeinen theoretisch sind und daß Kleinkinder über unzählige Theorien verfugen können. Ohne eindeutige Spezifikation, wann Verständnis als Theorie zählt und wann als Kerntheorie sind solche Meinungsverschiedenheiten unvermeidlich. Trotz dieser Schwierigkeiten ist die Betrachtung von Begriffen als theoriegestützten Vorstellungen ein vielversprechender Ansatz für die begriffliche Entwicklung. Viele Fragen bleiben unbeantwortet, aber die Hervorhebung der Rolle der Kausalzusammenhänge beim begrifflichen Verständnis scheint eine besonders wichtige Beobachtung zu sein. Die Neigung, die Ursachen unserer Erfahrungen zu klären, ist eine grundlegende menschliche Eigenschaft. Sie spielt eine zentrale Rolle sowohl in den weit- als auch den enger gefaßten Begriffen, die wir bilden. Zusammenfassung Was können wir aus den begrifflichen Vorstellungen von Kindern schließen? Bereits in sehr frühem Alter scheinen Kinder in der Lage zu sein, sich Begriffe auf allen drei dargestellten Arten vorzustellen: mit Hilfe von definierenden Merkmalen, probabilistisch verknüpften Merkmalen und informellen Theorien. Die Bedeutung der Vorstellungen im Begriffsverständnis von Kindern kann sich jedoch verändern. Vor allem dann, wenn Kinder gerade erst anfangen, sich eine begriffliche Vorstellung zu bilden, können probabilistische Vorstellungen zwischen den Merkmalen und dem Begriff eine besonders umfassende Rolle spielen. Kinder bilden für einige Begriffe bereits sehr früh, für andere später, einfache Theorien, die Kausalzusammenhänge sowohl zwischen unterschiedlichen Aspekten des Begriffs als auch zwischen dem Begriff und mit ihm verknüpften Ideen aufweisen. Schließlich unterscheiden Kinder bei Begriffen, die dem Modell der definierenden Merkmale entsprechen, zwischen den Merkmalen, die definitorisch sind und solchen, die nur charakteristisch sind.

296

Kapitel 7

7.2 ENTWICKLUNG EINIGER BESONDERS WICHTIGER BEGRIFFE Einige Begriffe sind so wichtig und so vorherrschend, daß sie Beachtung verdienen. Diese Begriffe entwickeln Kinder in allen Kulturen und wahrscheinlich in allen historischen Epochen. Alle haben ihren Ursprung in der frühen Entwicklungsphase. Außerdem entwickeln sich alle auf eine Art, die den Einfluß der sie umgebenden Kultur widerspiegelt. Zu diesen besonders wichtigen Begriffen gehören Zeit, Raum, Zahl und Verstand. Zeit Der Begriff der Zeit umfaßt sowohl Erfahrungsaspekte als auch logische Aspekte. Erlebte Zeit bezieht sich auf die subjektive Erfahrung der Abfolge und Dauer von Ereignissen. Logische Zeit umfaßt Eigenschaften, die durch Schlußfolgern abgeleitet werden können. Ein Ereignis, das früher beginnt und später endet als ein anderes, muß weniger lang dauern. Erlebte Zeit. Ohne ein Gefühl für die Abfolge, in der Ereignisse stattfinden, wäre die Welt ein äußerst schwer zu verstehender Ort. Es sollte deshalb nicht verwundern, daß Säuglinge bereits in ihrem ersten Lebensjahr diese zeitliche Abfolge wahrnehmen. Wenn beispielsweise wiederholt interessante Photos in der Reihenfolge, "Photo rechts, Photo rechts, Photo links" gezeigt werden, entdecken 3 Monate alte Kinder das Muster und beginnen noch bevor das Photo erscheint, auf die entsprechende Seite zu schauen (Haith, Wentworth & Cranfield, 1993). Sie hätten nicht gewußt, wohin sie schauen mußten, wenn sie die Reihenfolge der Ereignisse nicht kodiert hätten. In ähnlicher Weise unterscheiden 8 Monate alte Säuglinge (nicht jedoch 4 Monate alte) zwischen vorwärts und rückwärts laufenden Filmen, die ein Bauklötzchen zeigen, das hinuntergeworfen wird und auf den Boden fällt (Friedman, 1995). Weil die Ereignisse in dem Film, abgesehen von der Abfolge, in der sie stattfinden, identisch sind, müssen die Säuglinge kodieren, daß Bauklötzchen normalerweise zu einem früheren Zeitpunkt höher und zu einem späteren Zeitpunkt tiefer sind und nicht umgekehrt. Mit 12 Monaten ahmen Säuglinge die Abfolge von zwei Handlungen im allgemeinen in der richtigen Reihenfolge nach (Bauer, 1995). Ein Aspekt erlebter Zeit, der sich später entwickelt, ist die Fähigkeit, die Dauer von Ereignissen zu schätzen. Mit 5 Jahren können Kinder Zeitstrecken von 3 bis 30 Sekunden recht genau schätzen, besonders dann, wenn sie hinsichtlich der richtigen Schätzungen bestärkt werden (Fraisse, 1982). Ältere Kinder sind vermehrt in der Lage, das Zählen als Hilfe beim Schätzen der Intervalle zu nutzen.

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

297

Allerdings bewirkt das Zählen nur richtige Schätzungen, wenn die gezählten Zeiteinheiten gleich lang sind; wenn man schnell bis 10 zählt, braucht man weniger Zeit, als dann, wenn man langsam bis 10 zählt. Viele 5- bis 7jährige zählen mit unterschiedlich langen Zeiteinheiten, was dazu führt, daß die Zeiträume ungenau geschätzt werden, wenn sie die Zählstrategie anwenden (Levin, 1989). Noch später entwickelt sich ein Gefühl für Zeiträume, die sich über Wochen oder Monate erstrecken. Mit 4 Jahren beginnen Kinder diese Kompetenz zu erlangen. Sie glauben durchwegs, daß ein Ereignis, das eine Woche zuvor stattfand, weniger lange zurückliegt als eine Ereignis, das 7 Wochen zuvor stattfand (Friedman, 1991). Kinder in diesem Alter schätzen auch richtig ein, ob ihr Geburtstag oder Weihnachten weniger lange zurückliegt als eine Ereignis, das kurz zuvor (höchstens 60 Tage) stattfand (Friedman, Gardner & Zubin, 1995). Allerdings schätzen Kinder erst mit 9 Jahren richtig ein, welches Ereignis früher stattfand, wenn beide mehr als 60 Tage zurückliegen. Logische Zeit Um das logische Verständnis für Zeit zu messen, zeigte Piaget (1969) Kindern zwei Züge, die auf parallelen Schienen in dieselbe Richtung fuhren; die Frage war, welcher Zug länger unterwegs sein würde. Obwohl die Züge gleichzeitig anfuhren und anhielten, sagten Kinder, die jünger als 6 oder 7 Jahre alt waren, im allgemeinen, daß derjenige Zug, der weiter hinten auf den Schienen anhielt, länger unterwegs gewesen wäre, die längere Distanz zurückgelegt und die schnellere Geschwindigkeit gehabt hätte. Piaget Schloß daraus, daß Kinder in der präoperationalen Phase kein logisches Verständnis für Zeit, Geschwindigkeit und Entfernung hätten. Spätere Studien haben Piagets Beobachtungen repliziert, aber Zweifel an seinen Interpretationen aufkommen lassen. Wenn zum Beispiel 5jährige Autos beobachten, die sich auf Kreisbahnen und nicht auf geraden Strecken bewegen, haben sie geringe Schwierigkeiten aus den Start- und Stoppzeiten zu schließen, welches Auto die längere Gesamtzeit unterwegs war (Levin, 1977). Sie zeigen auch Verständnis für diese logischen Eigenschaften, wenn sie die Schlafzeiten von zwei Puppen vergleichen, von denen gesagt wird, daß sie zur selben Zeit oder zu unterschiedlichen Zeiten einschlafen und aufwachen (Levin, 1982). In diesen Fällen gibt es keine stark interferierenden Schlüsselreize, wie etwa unterschiedliche Haltepunkte, auf denen Kinder ihre falschen Urteile errichten können. Deshalb scheint es, daß 5jährige die logischen Zusammenhänge von Anfang, Ende und Gesamtzeit verstehen, daß ihr Verständnis jedoch so fragil ist, daß interferierende Schlüsselreize dazu führen, daß sie sich nicht auf sie verlassen. Kleine Kinder sind nicht die einzigen, die nicht immer das logische Verständnis von Zeit, Geschwindigkeit und Entfernung, über das sie verfugen, anwenden.

298

Kapitel 7

Ältere Kinder und Erwachsene haben dasselbe Problem. Denken wir an folgende Situation: Wenn ein Rennwagen auf einer ovalen Bahn unterwegs ist, bewegen sich dann beide Türen mit derselben Geschwindigkeit? Die meisten Erwachsenen glauben es, aber tatsächlich ist dies nicht der Fall. Die Tür zur Außenseite der Bahn legt in derselben Zeit eine größere Distanz zurück und bewegt sich deshalb schneller. Der Grund, warum das Problem so schwierig ist, ist das es ins Herz dessen trifft, was Levin, Siegler und Druyan (1990) als ein Objekt/eine Bewegungswahrnehmung (single-object/'single-motion intuition) bezeichneten. Dabei handelt es sich um die Überzeugung, daß sich alle Teile eines einzigen Objekts mit derselben Geschwindigkeit bewegen müssen. Kleine Kinder, ältere Kinder und Studenten teilen diese Wahrnehmung. Sie alle sagen durchgängig, daß alle Teile eines einzigen Objekts mit derselben Geschwindigkeit unterwegs sind. Obwohl die Wahrnehmung eines Objekts und einer Bewegung normalerweise mindestens von der dritten Klasse bis in die Studienzeit anhält, kann sie durch physische Erfahrungen, die ihr einschneidend widersprechen, überwunden werden. Levin et al. zeigten Sechstkläßlern einen knapp zwei Meter langen Stab, der an einem Ende an einem Drehpunkt befestigt war. Das Kind und der Versuchsleiter hielten beide die Stange während sie bei vier Versuchen um den Drehzapfen gingen. Bei zwei Versuchen hielt das Kind die Stange nahe am Drehpunkt und der Versuchsleiter am äußersten Ende; bei den beiden anderen Versuchen wurden die Positionen umgekehrt. Die unterschiedliche Geschwindigkeit, mit der die Kinder gehen mußten, während sie den inneren oder den äußeren Teil der Stange festhielten, war für sie so einschneidend, daß sie nicht nur lernten, daß sich der äußere Teil schneller bewegte, sondern auch die Erkenntnis auf andere Probleme zu übertragen, bei denen sich unterschiedliche Teile eines einzigen Objekts mit unterschiedlicher Geschwindigkeit bewegten. Die physische Erfahrung brachte das zustande, was Jahre informeller Erfahrung und formalen naturwissenschaftlichen Unterrichts im allgemeinen nicht schaffen. Ein Junge formulierte es folgendermaßen: "Bislang habe ich das nicht erfahren. Ich habe nicht darüber nachgedacht. Weil ich jetzt diese Erfahrung habe, weiß ich, daß ich dann, als ich auf dem äußeren Kreis war, schneller sein mußte, um an derselben Stelle zu sein wie Sie" (Levin et al., 1990). Derartige physische Erfahrungen können Kindern helfen, Begriffe gründlicher zu verstehen als dies der Schulunterricht normalerweise erreicht.

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

299

Raum Bereits sehr früh im Leben kodieren Menschen und andere Lebewesen nicht nur wann Ereignisse stattfinden, sondern auch wo sie stattfinden. Unter idealen Bedingungen sind diese Kodierungen bereits in jungen Jahren sehr genau. Wenn Einjährige beispielsweise wie in Abbildung 7.3 dargestellt, sehen, daß eine Spielzeugpuppe aus der Sesamstraße in einem langen, dünnen Sandkasten direkt vor ihnen vergraben wird und dann warten bis der Versuchsleiter den Sand darüber glättet, wissen sie sehr genau, wo sie nach der Spielzeugpuppe graben müssen (Huttenlocher, Newcombe & Sandberg, 1994).

tatsächlicher Ort in Inches ABBILDUNG 7.3 Graphische Darstellung des Ortsmittels, an dem Einjährige Objekte suchten, die in einem Sandkasten vergraben wurden im Vergleich zu der richtigen Stelle. Beachten Sie, wie nahe die Suchenden den richtigen Stellen waren (nach Huttenlocher et al., 1994). Diese grundsätzliche Fähigkeit, den Raum zu kodieren, läßt uns die Dinge angehen, aber sie löst nicht die vielen komplexen Probleme, die die Notwendigkeit verursacht, uns und Objekte im Raum zu lokalisieren. Wir können uns räumliche Orte und Entfernungen auf mindestens drei Arten vorstellen: in Relation zu unserer eigenen Position, in Relation zu äußeren Orientierungspunkten oder in Relation zu einem abstrakten Rahmen (Huttenlocher & Newcombe, 1984). Egozentrische Repräsentation bedeutet, Objekte in Relation zu uns selbst zu lokalisieren.

300

Kapitel 7

Eine Zielposition kann demnach mit "10 Schritte zu meiner Linken" dargestellt werden. Auf äußeren Orientierungspunkten basierende Repräsentationen lokalisieren Ziele in Relation zu andere Objekten im Raum. Wir könnten uns also einen Ort vorstellen, indem wir denken: "Ich parkte den Wagen auf der gelben Ebene nahe dem Zeichen für den Abschnitt B". Allozentrische Repräsentationen lokalisieren Ziele in Relation zu einem abstrakten Bezugssystem, wie es etwa eine Landkarte oder ein Koordinatensystem liefert. Die Bezeichnung allozentrisch reflektiert die Tatsache, daß innerhalb solcher Repräsentationen jede Position als Zentrum oder Bezugspunkt dienen kann, um über den umliegenden Raum nachzudenken. Egozentrische Repräsentationen. Piaget (1971) nahm an, daß Säuglinge in ihrem ersten Lebensjahr eine Art sensumotorische Egozentrik an den Tag legen würden. Erinnern wir uns aus Kapitel 2, daß sich Egozentrik auf die Neigung von Kleinkindern bezieht, die Welt ausschließlich aus ihrer eigenen Perspektive zu betrachten. Piaget behauptete, daß die Egozentrik im Säuglingsalter recht wörtlich sei, und daß Säuglinge sich die Orte von Objekten nur in Relation zu sich selbst vorstellten. Sie würden sich zum Beispiel ein Objekt weiterhin rechts von sich vorstellen, auch wenn sie sich später auf die andere Seite des Objekts bewegt haben, was zur Folge hat, daß es nun zu ihrer Linken ist. Piagets Hypothese wurde durch nachfolgende Beobachtungen gestützt, daß 6 und 11 Monate alte Säuglinge häufig nicht in der Lage sind, Veränderungen in ihrer eigenen räumlichen Position in Relation zu einem Spielzeug abzugleichen (Acredolo, 1978). Bei diesen Versuchen wird ein Kind in ein t-förmiges Labyrinth postiert und findet beim Vorwärtskrabbeln und dann beim Abbiegen in eine bestimmte Richtung am Kreuzungspunkt (ζ. B. nach links) wiederholt ein Spielzeug. Dann wird das Kind an das andere Ende des t-förmigen Labyrinths gebracht und zum Zurückgehen bis zur Mitte veranlaßt, was ein Abbiegen in die andere Richtung erfordert (ζ. B. nach rechts), um das Spielzeug zu finden. Die meisten 6 und 11 Monate alten Säuglinge biegen weiterhin in die Richtung ab, die zuvor zu dem Spielzeug führte. Erst mit 16 Monaten gleichen sie die Veränderung in ihrer Position aus. Diese sensumotorische Egozentrik ist nicht absolut zu sehen, auch nicht in so jungem Alter. Die Schwierigkeit von Säuglingen, sich Veränderungen in der räumlichen Position anzupassen, kann dadurch abgeschwächt werden, daß charakteristische äußere Orientierungspunkte Schlüsselreize für die Stelle des Objekts liefern (Rieser, 1979). Unter solchen Bedingungen wenden sich 6 Monate alte Kinder im allgemeinen in die richtige Richtung, auch wenn es sich um eine andere Richtung handelt als diejenige, die zuvor zu dem Spielzeug führte.

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

301

Wie lernen Säuglinge sich den Raum nicht aus Sicht ihrer eigenen Position im Raum vorzustellen? So wie das Erleben selbständiger Fortbewegung Säuglingen hilft, die Raumtiefe so gut zu erfassen, daß sie den visuellen Abhang (vgl. Kapitel 4) nicht überschreiten, so scheint es auch ausschlaggebend dafür zu sein, Grundsätzlicheres über den Raum zu erfahren. 8 Monate alten Kindern, die krabbeln oder ausgiebige Erfahrungen in einem Gehwagen gemacht haben, gelingt es wesentlich öfter, die räumliche Position von Objekten zu lokalisieren, als Säuglingen im gleichen Alter, die weder gut krabbeln noch Erfahrungen mit Gehwagen haben (Bai & Bertenthal, 1992; Bertenthal, Campos & Kermoian, 1994). Je länger sich Kinder selbständig fortbewegt haben, desto größer ist ihr Nutzen (Kermoian & Campos, 1988). Woran liegt es, daß selbständige Fortbewegung zu der Fähigkeit fuhrt, die egozentrische Perspektive zu überwinden? Bertenthal et al. (1994) vermuteten, daß Säuglinge dann, wenn sie krabbeln, die Repräsentationen, wo sie sich in Relation zu ihrer Umwelt befinden, ständig anpassen müssen. Damit stimmt überein, daß 12 Monate alte Kinder dann, wenn sie auf die andere Seite einer Anordnung laufen und die Möglichkeit haben, jederzeit an die Stelle mit einer Belohnung zu schauen, öfter darauf schauen als Kinder, die getragen werden, und nachfolgend besser abschneiden, wenn es darum geht, sich dem Objekt von einer neuen Position aus zuzuwenden (Acredolo, Adams & Goodwyn, 1984). Selbständig bewirkte Fortbewegung kann die kindliche Repräsentation des Raumes auch dann fördern, wenn der Raum, den Kinder sich vorstellen, nicht derjenige ist, durch den sie laufen. Man fand dies in einem raffinierten Experiment über das räumliche Vorstellungsvermögen von 5jährigen heraus (Rieser, Garing & Young, 1994). Die Kinder gingen gemeinsam in den Kindergarten, wurden aber zu hause untersucht. Einige Kinder wurden aufgefordert sich vorzustellen, daß sie sich in ihrem Klassenzimmer befänden, zum Stuhl ihres Kindergärtners gingen und sich mit dem Gesicht zur Gruppe drehen würden. Dann wurden sie aufgefordert, vom Ausgangspunkt gesehen auf die Position verschiedener Objekte im Raum zu deuten. Einige Kinder waren dazu in der Lage. Die Tatsache, daß sie in ihrem Zuhause herumliefen, einem Ort, der weit entfernt war von dem Ort, den sie sich vorstellten, behinderte ihre Handlungen nicht darin, ihrem Vorstellungsvermögen zu helfen. Ähnliche Beobachtungen wurden bei 4- und 9jährigen gemacht und an anderen Orten als dem Zuhause der Kinder (im Forschungslabor). Die Beobachtungen weisen darauf hin, daß selbständige Fortbewegung das räumliche Vorstellungsvermögen aktiviert, auch wenn man sich nicht in dem Raum befindet, den man sich vorstellt. Grundsätzlich legen sie nahe, daß die Systeme, die motorische Aktivitäten und Raumvorstellung bewirken, eng miteinander verknüpft sind (Rieser et al., 1994).

302

Kapitel 7

Orientierungspunkte. Wir geben Richtungen häufig in Form von Orientierungspunkten an, wie etwa, "du gehst durch den Fort Pitt Tunnel, biegst am Ausgang zur Banksville Road ab und gehst nach Süden bis du auf die MacFarlane Road stößt". Wir tun dies, weil Orientierungspunkte uns eine Möglichkeit bieten, die Umgebung in leicht zu handhabende Segmente aufzuteilen. In gewisser Weise erlauben sie es uns, eine Divide-et-impera-Strategie anzuwenden, um das immerwährende Problem, wie man von hier nach dort kommt, zu lösen. Die räumliche Vorstellung mit Hilfe von Orientierungspunkten beginnt im ersten Lebensjahr. Wie bereits erwähnt, überlebt die Repräsentation der Position eines Objekts eine Veränderung der Perspektive, wenn ein charakteristischer äußerer Orientierungspunkt in der Nähe des Objekts ist (Rieser, 1979). Menschen können ebenso wie Objekte als Orientierungspunkte dienen; 9 Monate alte Kinder benutzen manchmal den Standort ihrer Mutter als Orientierungspunkt, um interessante Objekte in ihrer Nähe zu lokalisieren (Presson & Ihrig, 1982). Der Gebrauch von Orientierungspunkten erfährt nach dieser ersten Phase eine erstaunliche Entwicklung (Huttenlocher & Newcombe, 1984; Newcombe, 1989). Vor dem ersten Geburtstag eines Kindes führen nur unmittelbar an das Ziel angrenzende Orientierungspunkte zur genauen Lokalisierung des Zieles. Wenn das Kind 2 Jahre alt ist, helfen auch weiter vom Ziel entfernte Orientierungspunkte. Mit 5 Jahren können sich Kinder die Position eines Objekts in Relation zu multiplen Orientierungspunkten vorstellen, ein sehr viel effektiveres Verfahren, um etwas exakt zu lokalisieren. Sie können sich beispielsweise ein Objekt als in der Mitte von zwei anderen Objekten vorstellen. Obwohl Orientierungspunkte kleinen Kindern helfen, Objekte im Raum zu lokalisieren, können sie ihre Vorstellungen von den Entfernungen, die die Objekte voneinander trennen, auch verzerren. Piaget, Inhelder und Szeminska (1960) berichteten davon, daß Kinder in der präoperationalen Phase die Entfernung zwischen zwei Objekten dann als geringer einschätzen, wenn ein Orientierungspunkt (ein anderes Objekt) zwischen ihnen war, als dann, wenn kein solcher Orientierungspunkt vorhanden war. Nachfolgende Studien haben bestätigt, daß die meisten 4jährigen und etwa die Hälfte der 5- und 6jährigen dieses Muster an den Tag legen (Fabricius & Wellman, 1993; Miller & Baillargeon, 1990). Wie Piaget vermutete, besteht ihr Hauptproblem darin, daß sie sich nur auf eines der Segmente konzentrieren und seine Entfernung für die gesamte Entfernung halten. Allozentrische Repräsentationen. Oftmals halten uns Hindernisse oder die bloße Entfernung davon ab, unser anvisiertes Ziel zu sehen. Solche Situationen erfordern das Zusammenfugen räumlicher Informationen aus multiplen Perspektiven zu einer normalen abstrakten Repräsentation. Dies sind von allen drei Arten

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

303

vielleicht die reinsten räumlichen Repräsentationen. Egozentrische und auf Orientierungspunkten basierende Repräsentationen können leicht in eine verbale Form umgewandelt werden (ζ. B. das Restaurant ist zu meiner Linken; das Restaurant ist in der Nähe des DuPont Circle). Im Gegensatz dazu sind allozentrische Repräsentationen, die alle Relationen realer Entitäten im Raum umfassen, sehr schwer verbal zu umschreiben. blaue Wand

alle Wände sind weiß ABBILDUNG 7.4 Graphische Darstellung des von Hermer und Spelke (1994) benutzten Raumes, um das Suchen von Säuglingen zu untersuchen. Das X markiert den Punkt, an dem das Objekt versteckt wurde; der einzige Unterschied in den Versuchsanordnungen bestand darin, daß in dem rechts dargestellten Raum eine Wand neben dem Versteck blau war und damit einen Orientierungspunkt zur Lokalisierung des versteckten Objekts lieferte.

Obwohl uns die unmittelbare Wahrnehmung vermuten läßt, daß die Bildung solcher allozentrischer Repräsentationen eine größere Herausforderung darstellt als sich auf Orientierungspunkte zu verlassen, stützen sich Einjährige in einigen Situationen, in denen sie keine Orientierungspunkte benutzen, auf allozentrische Repräsentationen. Dies wurde in einer Studie von Hermer und Spelke (1994) demonstriert, in der die in Abbildung 7.4 graphisch dargestellten Räume benutzt wurden. Die Versuchsteilnehmer befanden sich in einem rechtwinkeligen Raum mit einer roten Barriere vor jeder Ecke. Sie sahen, wie ein Spielzeug in einer Ecke des Raumes versteckt wurde, dann wurden ihnen die Augen verbunden und sie wurden 10 Sekunden lang gedreht; danach mußten sie das versteckte Objekt lokalisieren. Manchmal waren alle vier Wände des Raumes weiß; unter dieser Bedingung mußten sich die Versuchsteilnehmer auf allozentrische Repräsentationen verlassen, weil es keine Orientierungspunkte gab und weil die Drehung um die eigene Achse mit verbundenen Augen und das Stehenbleiben an einem unbekannten Punkt ihre ursprüngliche egozentrische Orientierung gestört hatte. Die unter diesen Bedingungen beste Möglichkeit war es, eine Vorstellung etwa in Form von "das Spielzeug ist in der Ecke mit der langen Seite zur Linken und der

304

Kapitel 7

kurzen Seite zur Rechten" zu bilden. Der Anwendung solcher Repräsentationen führte dazu, daß gleich häufig in den beiden Ecken gesucht wurde, die dieser Beschreibung entsprachen (Abbildung 7.4). Dies tun sowohl Einjährige als auch Erwachsene. In einer anderen Versuchsanordnung wurde ein Orientierungspunkt eingeführt, entweder indem eine blaue Leinwand auf eine der Wände neben dem versteckten Objekt gespannt wurde oder indem man einen Teddybär dorthin legte. Erwachsene nutzten diese Orientierungspunkte, um ihr Suchen durchwegs in die Ecke zu lenken, in der das Objekt versteckt war. Im Gegensatz dazu beachteten die Einjährigen den Orientierungspunkt nicht. Wie zuvor suchten sie vor allem in einer der beiden Ecken mit der langen und der kurzen Seite jeweils auf der richtigen Seite, aber sie suchten gleich häufig in den beiden Ecken, die auf die Beschreibung paßten. Diese Beobachtungen lassen vermuten, daß Babys bereits früh in ihrer Entwicklung ein grundlegendes allozentrisches Raumgefühl besitzen und es selbst in Situationen nutzen, in denen sie als Ergänzung keine Orientierungspunkte nutzen können. Studien über die räumlichen Vorstellung von Menschen, deren Sehkraft geschädigt ist, verdeutlichen die Langzeitfolgen der selbständigen Fortbewegung bei der Weiterentwicklung dieses grundlegenden allozentrischen Gespürs (Rieser, Hill, Talor, Bradfield und Rosen, 1992). Rieser et al. verglichen die räumlichen Vorstellungen von Erwachsenen, die schwerwiegende Sehstörungen entweder sehr früh (fast immer vor der Geburt) oder im späteren Leben (im allgemeinen nach dem 10. Lebensjahr) entwickelt hatten. Die Aufgabe bestand darin, sich vorzustellen, an einem bestimmten Orientierungspunkt zu stehen, der in eine bestimmte Richtung auf eine vertrauten Stelle in der Nachbarschaft gerichtet war und auf andere imaginierte Orientierungspunkte zu zeigen. Diejenigen, bei denen die Sehstörungen frühzeitig eingesetzt hatten und deren peripheres Sehen beeinträchtigt war, stellten sich die räumliche Umgebung wesentlich weniger genau vor, als diejenigen, bei denen die Sehstörungen später einsetzten und deren peripheres Sehen intakt war. Diese Beobachtung läßt vermuten, daß frühzeitiges perzeptorisches Lernen ausschlaggebend für richtige räumliche Vorstellungen ist. Die Bedeutung des räumlichen Wissens in der eigenen Kultur beeinflußt ebenfalls das Niveau, auf dem Kinder räumliche Vorstellungskraft entwickeln. Beweise dafür lieferte eine einzigartige Studie über in der Wüste im westlichen Australien lebende Aborigines (Kearins, 1981). Die Aborigines führen seit Tausenden von Jahren ein Nomadenleben als Jäger und Sammler. Ihre Kinder besuchen keine konventionellen Schulen. Bei den meisten Tests der kognitiven Funktionen

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

305

schnitten die Kinder wesentlich schlechter ab als Kinder im selben Alter in Europa oder Nordamerika. Kearins argumentierte allerdings, daß sich ein anderes Bild ergeben könnte, wenn man Denkweisen fokussieren würde, die in der Kultur der Aborigines eine wichtige Rolle spielen. Räumliches Denken entspricht diesem Kriterium. Einen Großteil ihres Lebens verbringen die Aborigines damit, zwischen weit auseinander liegenden Quellen und Wasserläufen hin- und herzuziehen. Ob es an einer bestimmten Stelle Wasser gibt, hängt von launischen Niederschlagsmustern ab. In der steinigen Wüste existieren wenige eindeutige Orientierungspunkte, die auf die Stellen der Quellen und Wasserläufe hindeuten; deshalb ist hochdifferenziertes räumliches Denken überlebenswichtig. Diese Schlußfolgerung veranlaßte Kearins dazu, das räumliche Erinnerungsvermögen von Aborigines-Kindern, die in der Wüste aufwuchsen, mit dem von weißen australischen Kindern, die in der Stadt aufwuchsen, zu vergleichen. Ein Versuchsleiter präsentierte 20 Objekte, die sich in einem in fünf mal vier Reihen angeordneten Rechteck befanden. Nach 30 Sekunden nahm sie die Objekte weg und forderte die Kinder auf, sie wieder so anzuordnen, wie sie vorher waren. Das Erinnerungsvermögen der Aborigines-Kinder erwies sich als überlegen. Sie unterschieden sich auch in ihren Erinnerungsstrategien von den Stadtkindern. Die Aborigines-Kinder prägten sich die Objekte still ein. Als sie anschließend gefragt wurden, wie sie sich eingeprägt hätten, wo die Objekte waren, sagten sie häufig, sie prägten sich "ihr Aussehen" ein. Im Gegensatz dazu wiederholten die in der Stadt groß gewordenen Kinder die Objekte verbal; man konnte hören, wie sie die Namen der Objekte flüsterten oder laut sagten, während sie sie sich einprägten. Die Strategie der Stadtkinder ist effektiv, um sich verbale Sachverhalte einzuprägen, wie sie in der Schule gefordert werden, aber die Strategie der AboriginesKinder ist nützlicher, um sich räumliche Informationen einzuprägen. Jede Gruppe verließ sich also auf Strategien, die für die Aufgaben in ihrem täglichen Leben von größter Bedeutung sind. Zahl Das Verstehen von Zahlen umfaßt zwei grundlegende Arten des Wissen: das Verstehen der Kardinalzahlen und das Verstehen der Ordinalzahlen. Der Kardinalzahlbegriff bezieht sich auf die absolute numerische Größe. Eine Eigenschaft der Arme, Beine, Augen und Füße des Menschen ist, daß es zwei davon gibt. Die kardinale Eigenschaft der Zweiheit ist es, die diese Mengen miteinander teilen. Der Ordinalzahlbegriff beschreibt das Verhältnis von Zahlen. Daß ein Mädchen

306

Kapitel 7

das drittgrößte in der Klasse und die 5 die fünfte Zahl der Zahlenreihe ist, sind ordinale Eigenschaften. Verständnis kardinaler Eigenschaften. Das Verständnis für Kardinalzahlen beginnt im frühsten Säuglingsalter. In den ersten 6 Lebensmonaten können Säuglinge ein Objekt von Zweien unterscheiden, und zwei Objekte von dreien (Anteil & Keating, 1983; Starkey, Spelke & Gelman, 1990; van Loosbroek & Smitsman, 1990). Dies wurde durch Anwendung des Habituierungsparadigmas beobachtet. Man zeigte Säuglingen eine Folge von Bildern, die jeweils eine kleine Menge von Objekten, ζ. B. drei Kreise, enthielten. Die Mengen unterschieden sich von Versuch zu Versuch in der Größe der Objekte, der Helligkeit, ihrer Entfernung untereinander und anderen Eigenschaften, aber sie hatten immer dieselbe Anzahl von Objekten. Hatten sich die Säuglinge an eine bestimmte Anzahl von Objekten gewöhnt, dann wurde ihnen eine Menge gezeigt, die in bestimmten Aspekten mit den zuvor gezeigten Bildern vergleichbar war, aber eine andere Anzahl von Objekten hatte. Die Tatsache, daß sie erneut schauten, bewies, daß sie die Anzahl der Objekte der vorherigen Menge abstrahiert hatten. Zwischen größeren Mengen von Objekten zu unterscheiden ist wesentlich schwieriger. Erst mit 3 oder 4 Jahren unterscheiden Kinder zwischen 4 Objekten und 5 oder 6 (Starkey & Cooper, 1980; Strauss & Curtis, 1984). Diese Erkenntnis legt nahe, daß Säuglinge Kardinalzahlen durch plötzliches, unmittelbares Erfassen erkennen, ein schneller und müheloser perzeptorischer Prozeß, den Menschen nur auf Mengen von 1 bis 3 oder 4 Objekten anwenden können. Wenn wir eine Reihe aus 1 bis 4 Objekten sehen, haben wir das Gefühl, daß wir sofort wissen, wie viele es sind; im Gegensatz dazu fühlen wir uns bei größeren Mengen von Objekten weniger sicher und müssen häufig zählen. Erwachsene und 5jährige ähneln Säuglingen darin, daß sie in der Lage sind, den kardinalen Wert von 1 bis 3 oder 4 Objekten durch unmittelbares Erfassen rasch zu erkennen, jedoch nicht bei größeren Mengen (Chi & Klahr, 1975). Die Fähigkeit zwischen kleinen Mengen zu unterscheiden, erstreckt sich sowohl auf Ereignisabfolgen als auch auf statische Objektmengen (Canfield & Smith, 1996; Starkey, Spelke & Gelman, 1990). Wenn beispielsweise 6 Monate alte Kinder mehrfach sehen, wie eine Marionette zweimal hintereinander springt, bis sie sich langweilen und dann sehen, wie die Marionette dreimal oder einmal springt, dann zeigen sie erneut Interesse, was darauf hindeutet, daß sie zwischen der Anzahl der Sprünge unterscheiden (Wynn, 1995). Dieses im Entstehen begriffene Verständnis für die Kardinalzahlen ermöglicht es Säuglingen auch die Konsequenzen des Addierens und Subtrahierens bei kleinen Objektmengen zu erkennen (Simon, Hespos & Rochat, 1995; Wynn, 1992a). In

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

307

einer Aufgabe sahen 5 Monate alte Säuglinge ein oder 2 Objekte, dann sahen sie, wie ein Schirm vor ihnen heruntergelassen wurde, danach wie eine Hand ein weiteres Objekt hinter dem Schirm piazierte und dann sahen sie, wie sich der Schirm wieder hob. Manchmal war das Resultat das zu erwartende, wenn man ein neues Objekt zu dem einen oder den beiden bereits hinter dem Schirm vorhandenen hinzufügte; manchmal (durch einen Trick) war dem nicht so. Die Säuglinge schauten länger, wenn die Anzahl der Objekte nicht der zu erwartenden entsprach. Trotz dieses beeindruckenden Beginns, verstehen Kinder die Konsequenzen des Addierens von nur geringfügig größeren Zahlen, wie 2 + 2, erst mit 4 oder 5 Jahren (Huttenlocher, Jordan & Levine, 1994; Starkey, 1992). Der Grund ist, daß das einzige Verfahren, das Säuglinge anwenden können, um die Anzahl von Objekten zu bestimmen, das unmittelbare Erfassen ist. Dieses Verfahren ist bei sehr kleinen Mengen effektiv, nicht jedoch um mit Mengen von 4 oder mehr Objekten umzugehen. Diese Tatsache macht eines deutlich: um das Denken von Kindern zu verstehen, muß man das Verfahren verstehen, das sie zur Problemlösung anwenden. Die Beobachtungen von Säuglingen mögen zu der Schlußfolgerung führen, daß Säuglinge Addition "verstehen". Das ist in gewisser Weise richtig, es bleibt aber völlig unklar, warum sie dies nur auf Mengen von ein bis 3 Objekten anwenden können. Die Beobachtung, daß Säuglinge Problemstellungen mit kleinen Mengen mit einem Verfahren lösen, das nicht auf größere Mengen angewendet werden kann, und daß das Verfahren, das auf größere Mengen angewendet werden kann (Zählen), wesentlich später entwickelt wird, macht sowohl ihre Kompetenz als auch ihre Inkompetenz deutlich. Zählen. Mit 3 oder 4 Jahren sind Kinder in der Lage, ein anderes Mittel zur Bestimmung des Kardinalwertes einer Menge einzusetzen - das Zählen. Dies erlaubt es ihnen, Zahlen größeren Mengen zuzuordnen als durch unmittelbares Erfassen. Gelman und Gallistel (1978) erkannten die Schnelligkeit, mit der Kinder lernen zu zählen und vermuteten, daß das schnelle Lernen möglich ist, weil es vom Wissen über die Zählprinzipien gesteuert wird. Im einzelnen vermuteten sie, daß kleine Kinder folgende Prinzipien kennen: 1. Das Eins-zu-eins-Prinzip: Ordne jedem Objekt ein und nur ein Zahlwort zu. 2. Das Prinzip der unveränderlichen Reihenfolge: Ordne Zahlen immer in derselben Reihenfolge. 3. Das Kardinalzahlprinzip·. Der letzte Zählschritt gibt die Anzahl der Objekte der Menge an. 4. Das Prinzip der Irrelevanz der Reihenfolge: Die Reihenfolge, in der Objekte gezählt werden, ist irrelevant. 5. Das Abstraktionsprinzip:

Die anderen Prinzipien gelten für jede Objektmenge.

308

Kapitel 7

Verschiedene Beweise deuten daraufhin, daß Kinder mit 5 Jahren und einige mit 3 all diese Prinzipien verstehen (Gelman & Gallistel, 1978). Auch wenn Kinder sich verzählen, zeigen sie Kenntnisse des Eins-zu-eins-Prinzips, weil sie den meisten Objekten exakt ein Zahlwort zuordnen. Sie zählen beispielsweise alle bis auf ein Objekt, weil sie es auslassen, oder sie zählen ein Objekt zweimal. Diese Fehler scheinen jedoch eher Fehler in der Ausführung zu sein als fehlgeleitete Versuche. Kinder demonstrieren Kenntnisse des Prinzips der unveränderlichen Reihenfolge, weil sie die Zahlwörter fast immer in einer konstanten Reihenfolge aufsagen. Im allgemeinen ist dies die konventionelle Reihenfolge, aber gelegentlich ist es eine idiosynkratische Reihenfolge wie etwa "1, 3, 6". Ein wichtiges Phänomen ist, daß Kinder auch dann, wenn sie eine idiosynkratische Reihenfolge benutzen, bei jedem Zählschritt dieselbe idiosynkratische Reihenfolge benutzen. Vorschulkinder demonstrieren Kenntnisse des Kardinalzahlprinzips, indem sie die letzte Zahl mit besonderer Betonung sagen. Sie zeigen Verständnis für das Abstraktionsprinzip, indem sie nicht zögern, Mengen, die andere Arten von Objekten enthalten, zu zählen. Schließlich scheint das Prinzip der Irrelevanz der Reihenfolge das schwierigste zu sein, allerdings zeigen auch hier 5jährige bereits Verständnis. Viele erkennen, daß man in der Mitte einer Objektreihe zu zählen beginnen kann, solange nur alle Objekte gezählt werden. Auch wenn nur wenige Kinder die Prinzipien erklären können, läßt ihr Zählen doch vermuten, daß sie sie kennen. Gelman und Gallistel (1978) argumentierten, daß ein Grund, warum die Prinzipien so wichtig seien, darin läge, daß von ihrem Verständnis die kindliche Aneignung der Zählfähigkeiten gesteuert werde. Dieses Argument beruht auf der Annahme, daß Kinder die Prinzipien verstehen, bevor sie richtig zählen. Allerdings haben eine Reihe späterer Beobachtungen gezeigt, daß Kinder tatsächlich zählen können, bevor sie die dem Zählen unterliegenden Prinzipien verstehen (Bermejo, 1996; Briars & Siegler, 1984; Frye, Braisby, Lowe, Maroudas & Nicholls, 1989; Wynn, 1992a). Wachsende Erfahrung beim Zählen kann Kindern eine Datengrundlage bieten, mit deren Hilfe sie die ausschlaggebenden Merkmale des üblichen Zählverfahrens (ζ. B. jedes Objekt einmal und nur einmal zu zählen) von zufalligen (ζ. B. am linken oder rechten Ende einer Reihe zu beginnen) unterscheiden können. Neben den Prinzipien, die das Zählen von Objekten betreffen, müssen Kinder auch die Prinzipien lernen, die dem Zahlensystem ihrer Muttersprache unterliegen. Interkulturelle Studien deuten darauf hin, daß das Lernen des Zählens mit dem erlernten Zahlensystem variiert (Miller, Smith, Zhu & Zhang, 1995; Miller & Zhu, 1991). Das Chinesische etwa hat wie die meisten ostasiatischen Sprachen eine regelmäßigere Folge von Zahlwörtern als das Englische. In beiden Sprachen

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

309

sind die Zahlen von 1 bis 10 willkürlich und die Zahlen nach 20 folgen einem regelmäßigen Muster, wobei zuerst die Bezeichnung der Zehnergruppe und dann die Ziffer genannt wird (ζ. B. "twenty-one"). Allerdings folgen im Chinesischen auch die Zahlen zwischen 11 und 20 einem regelmäßigen Muster (vergleichbar mit 10-1, 10-2, etc.), während dies im Englischen nicht der Fall ist. Die offensichtliche Wirkung dieses Unterschiedes im Zahlensystem ist in Abbildung 7.5 dargestellt. 100 China USA 80

3

CO (!) >

c 60 .c C :B Ν w £φ 40 c 'E 20

Alter in Jahren ABBILDUNG 7.5 Zählleistung von 3-, 4- und 5jährigen Kindern in China und den USA (Miller et al., 1995). Die Ergebnisse zeigen das Mittel der höchsten Zahl in jedem Alter. Bis zum 4. Lebensjahr, dem Zeitpunkt, an dem Kinder in beiden Ländern die Zahlen bis 10 beherrschten, war das Zählen vergleichbar. Ab dem 5. Lebensjahr, als die Kinder die Zahlen zwischen 11 und 20 erlernen mußten, divergierten die Leistungen.

Bis zum Alter von 3 Jahren, solange sich das Lernen auf die Aneignung der willkürlich gesetzten Zahlenmenge zwischen 1 und 10 konzentriert, ist die Leistung der Kinder beider Kulturen vergleichbar. Danach jedoch beschleunigt sich das Zählen der Kinder, die das auf Regeln basierende chinesische System erlernen, während Kinder, die die willkürlich gesetzten englischen Begriffe von 11 bis 20 lernen, weiterhin langsame Fortschritte machen. Die Komplexität des englischen

310

Kapitel 7

Zahlensystems ist offenkundig nicht der einzige Grund, warum Kinder in den USA in Mathematik hinter Kindern in China und anderen ostasiatischen Ländern zurückbleiben, aber sie ist ein Faktor, der das frühe Lernen des Zählens verlangsamt. Angesichts der Bedeutung des Zählens, um spätere Fertigkeiten wie Addition und Subtraktion zu erlernen, könnte die Komplexität des Zahlensystems das Lernen in solchen Bereichen ebenfalls verlangsamen (Miller et al., 1995). Ordnende Eigenschaften von Zahlen. Die Ordnungsfunktion bezieht sich auf die relative Stellung oder Größe von Zahlen. Eine Zahl kann in einer Reihe an erster oder an zweiter Stelle sein oder sie kann größer oder kleiner als eine andere Zahl sein. Die Beherrschung ordnender Eigenschaften von Zahlen beginnt wie die Beherrschung kardinaler Eigenschaften im Säuglingsalter. Allerdings scheint sie später zu beginnen, zwischen dem 13. und dem 19. Lebensmonat. Die grundlegendsten Ordnungsbegriffe sind mehr und weniger. Um zu testen, wann Säuglinge verstehen, wie diese Begriffe auf Zahlen angewendet werden, legten Straus und Curtis (1984) 16 bis 18 Monate alten Säuglingen wiederholt zwei Felder mit einem bzw. zwei Punkten vor. Sie bekräftigten die Babys darin, das Feld mit den zwei Punkten auszuwählen, unabhängig davon, auf welcher Seite es war und unabhängig davon, wie groß oder hell die Punkte waren. Dann präsentierten sie zwei neue Felder (ζ. B. ein Feld mit vier und eines mit drei Punkten). Die Babys wählten häufiger die Felder mit mehr Punkten aus und zeigten damit Verständnis für die ordnende Eigenschaft "mehr". Wie in Bezug auf den Kardinalzahlbegriff braucht die Übertragung dieses frühen Verständnisses des Ordinalzahlbegriffs auf Mengen mit mehr als einigen wenigen Objekten einige Jahre. Die am häufigsten angewandte Aufgabenstellung, um das spätere Verständnis für das Ordnungsprinzip zu testen, umfaßt Fragen wie, "was ist mehr: 6 oder 4 Orangen?" Erst im Alter von 4 oder 5 können Kinder solche Probleme des Ordnungsprinzips für Zahlen von 1 bis 9 durchwegs korrekt lösen (Siegler & Robinson, 1982). Die größten Schwierigkeiten bei der Bestimmung der größeren Zahl haben Kinder bei Zahlen die relativ groß sind und nahe beieinander liegen (ζ. B. 7 und 8). Zählfähigkeiten können sowohl bei der Entwicklung dieser Kenntnisse des Ordinalzahlbegriffs als auch beim Rechnen von Bedeutung sein; die Zahl, die bei den Zählschritten als letzte auftaucht, ist immer die größere Zahl und es ist leichter, sich zu merken, welche Zahl später kommt, wenn die Zahlen weiter auseinander liegen. Verstand Wir leben in einer Welt, die nicht nur aus leblosen Objekten, Pflanzen und Tieren besteht, sondern auch aus anderen Menschen. Um diese anderen Menschen

Die Entwicklung des Begriffsvermögens

311

zu verstehen und vorherzusagen, was sie als nächstes tun, brauchen wir ein grundlegendes Verständnis dafür, wie ihr Verstand arbeitet. Wie könnten wir nur annähernd verstehen, was Menschen tun, wenn wir nicht erkennen würden, daß sie Ziele haben, Absichten und Erwartungen, daß sie bestimmte Dinge wissen, andere aber nicht und daß die Tatsache, daß wir etwas wissen, nicht bedeutet, daß sie es wissen? Einfach gesagt, es ist schwer vorstellbar, andere Menschen zu verstehen, ohne die grundlegenden Eigenschaften ihres Verstandes zu verstehen. Das Bewußtsein hilft uns, dieses Verständnis zu erlangen; wir sind uns einiger der Mechanismen unseres Verstandes bewußt und dies liefert uns eine Basis, um auf den Verstand von andern zu schließen (Harris, 1992; Johnson, 1988; Smiley & Huttenlocher, 1989). Wie jedoch geschieht es, daß wir verstehen, Ziele, Meinungen, Wissen, Absichten und Wünsche zu haben? Schließlich hat niemand jemals ein Ziel oder eine Meinung gesehen und wir schreiben diese Ziele und Meinungen nicht Autos, Bäumen oder den meisten anderen Lebewesen zu. Und doch sind sich bereits Kleinkinder solch mentaler Prozesse bewußt, wie ihre tagtägliche Sprache vermuten läßt (Bartsch & Wellman, 1995): Ross (2; 10): Mami kann es nicht singen. Sie kennt es nicht. Sie versteht es nicht. (S. 41) Naomi (2; 11): Ich träume von Blumen und Wauwaus. (S. 41) Adam (2; 11): Ich glaube, es sind Gummibonbons ... Nein. (S. 46)

Wie diese Bruchstücke aus Gesprächen mit Kleinkindern offenbaren, denken Kinder mit 3 Jahren bereits darüber nach, was Menschen denken, wissen, träumen und verstehen. Aber wie entwickeln sie dieses Wissen so schnell, besonders wenn die Verstandesinhalte so schwer faßbar sind. Kindliche Verstandestheorien. Wie bereits an früherer Stelle in diesem Kapitel angeführt, vermuten einige Forscher, daß Psychologie ein Kerngebiet ist und daß Kinder mit einer Disposition auf die Welt kommen, vernünftige Theorien darüber zu bilden, wie der Verstand arbeitet (Gopnik & Meltzoff, 1994; Leslie, 1994; Wellman & S. Gelman, 1992, in Druck). Wellman und seine Mitarbeiter haben eine besonders einflußreiche Version dieser Vorstellung formuliert. Sie vermuteten, daß Kinder etwa ab dem 4. Lebensjahr eine einfache Theorie besitzen, wie der Verstand arbeitet. Sie nannten sie Meinung-Wunsch-Theorie (belief-desire theory), weil ihre zentrale Lehre darin besteht, daß Meinungen und Wünsche zu Handlungen führen. Der grundlegende Aufbau der Theorie ist in Abbildung 7.6 dargestellt.

312

Kapitel 7

(Ο ω •σ c (0

>α> (Λ

α) Ό Φ ίΟ 0)

u - 1c 25 ο μ ,2 ® e I qε j s ö

ο (Ο C 3

Iι σ> c 3 C ω

I

ω f ο

g 8 § S · · • ·

i

α>

Ό

σ> c _3 εο

Q

BD

-

JS

Β V)

ι 03 Q ο Ο) σ>

t

m

C J(0 c £ ä 2 •ε2 a « ^00 c

Μ» 5 ω Μ ε - •" ΰ « S -- c S s •2-£| 8 g» J g ? - s s | ·§ U a. · · · ·

α> (Ο

Ο Ζ

Q ^ m ω
kippt nach untvn. M e h r Gewicht »

kippt nach unten Mehr Gewicht auf der Seite mit größerer Entfernung''

Ja Mehr Gewicht u n d größere Entfernung >

kippt nach unten

Abbildung 8.3 (Seite 334 und 335), Regeln zur Lösung von Problemen mit der Waage (aus Siegler, 1976)

337

Problemlösung

Gewicht gleich?

D. Modell für Regel IV Entfernung gleich?

Balance

Entfernung gleich?

Größere Entfernung :

>

kinnt nach nnten Mehr Gewicht > kinnt nach nnten

Mehr Gewicht auf der Seite mit größerer Entfernung?

Ja Mehr Gewicht und größere Entfernung > kinpt nach unten

Vektorprodukt gleich?

Balance

Größeres Produkt » kinnt nach nnten

338

Kapitel 8

>

ο ο

ο

ο

ο ο

ο ο

Ο Ο

C ω Ι ο •SB ΓΟ 3 c ηη Ν (0

ο ο

ο ο

Ο Ο

1 ä

cΦ Ο

•2 Β m 3C γο Ν (β Q. Q. !2 c Φ φ σ> Φ cφ (0 οι c/i c C Φ Φ χ: 3 ο .c ο Ö φ (0 3 c

φ σ> φ £Γ

—-

ο ο

ο ο

ο ο

Ο Ο

Q. CL

ο ο

ÜCO ? m c® c_ = φ ο σ> as

ο ο

Ο.

εφ

•Ο ο

σ>c C' ®

(0 ' ω.

Ι

δ . t= LU .

α

5

φ σ>.·Φ =ν s^I

Iii

ο ο

C

ο ο ϊ φ

(3

οc . 3C k- — φ i-Hj Hi

TABELLE 8.2 Vorausgesagter Prozentsatz richtiger Antworten auf jeden Problemtypus bei der Anwendung der jeweiligen Regel.

Problemlösung

339

In Übereinstimmung mit dieser Analyse antworteten 89 Prozent der 5jährigen bei Siegler (1976), die am häufigsten Regel I anwendeten, bei Gewichtskonfliktproblemen richtig, während nur 51 Prozent der 17jährigen, die am häufigsten Regel III anwendeten, darin richtig antworteten. Verschlechterungen in der Leistungsentwicklung sind so selten, daß diese Ergebnisse die Regelanalyse enorm stützt, die vorhersagt, daß dies geschehen wird. Die Entwicklung der Fähigkeit, Problemstellungen mit Waagen zu lösen, beginnt tatsächlich bereits lange vor dem 6. Lebensjahr. Einige dieser Fähigkeiten tauchen bereits im Säuglingsalter auf. Case (1985) zeigte Säuglingen eine Waage mit einer Glocke unter einem Ende. Wenn man diese Seite herunterdrückte, klingelte die Glocke. Säuglinge zwischen 4 und 8 Monaten, die sahen, wie der Versuchsleiter das klingende Geräusche erzeugte, indem er auf das entsprechende Ende der Waage schlug, reagierten, indem sie dieses Ende selbst anzuschlagen oder zu berühren versuchten. Mit 12 bis 18 Monaten imitierten die Säuglinge die Lösung des Versuchsleiters für ein schwierigeres Problem: sie drückten ein Ende der Balkenwaage nach unten, damit das andere Ende nach oben ging und eine Glocke darauf zum Klingeln brachte. Kinder zwischen 2 und 3 Vi kamen selbst auf die Lösung dieses Problems, ohne daß sie zuvor gesehen hatten, wie der Versuchsleiter es gelöst hatte. Kinder mit 4 oder 5 Jahren konnten die Glocke sogar zum Klingeln bringen, als man ihnen ein schweres und ein leichtes Klötzchen gab, die sie so auf das jeweilige Ende der Waage legen mußten, daß die Glocke darüber klingelte. Wenn wir uns viel älteren Kindern zuwenden, kann uns eine Anekdote vielleicht vermitteln, wie spezifisch Problemlösungsfahigkeiten häufig sind. In der ursprünglichen Studie von Siegler (1976) hatte ich mich beinahe entschlossen, 16und 17jährige nicht zu untersuchen. Die Direktorin der Schule sagte mir, daß die Schüler keine Fehler machen würden, weil sie zuvor in zwei naturwissenschaftlichen Kursen die Problematik der Waage durchgenommen hatten. Sowohl sie als auch ich waren überrascht, als weniger als 20 Prozent Regel IV anwendeten. Ein Gespräch mit einem naturwissenschaftlichen Lehrer der Schule brachte Aufschluß. Der Lehrer erläuterte, daß es sich bei der Waage im Versuch um eine Balkenwaage handelte, während die im Unterricht benutzte Waage eine Schalenwaage war, bei der Schalen mit unterschiedlichen Gewichtsmengen in unterschiedlicher Entfernung vom Hebegelenk an Haken aufgehängt werden konnten. Als einige Schüler erneut getestet wurden, zeigte sich, daß sie tatsächlich vergleichbare Problemstellungen mit einer Schalenwaage lösen konnten! Diese begrenzte Generalisierung ist leider eher die Regel als die Ausnahme bei der Problemlösung.

340

Kapitel 8

Lernen und Kodieren. Eine Prämisse, um sowohl die typische Entwicklungsabfolge von Regeln als auch die von einzelnen Kindern angewendeten Regeln zu erkennen, ist es vorherzusagen, welche Lehrmethoden dem einzelnen Kind beim Lernen helfen. Um diesen Aspekt zu klären, machte Siegler (1976) diejenigen 5und 8jährigen aus, die bei den Aufgabenstellungen mit der Waage Regel I anwendeten. Dann wurde den Kindern die Möglichkeit gegeben, eine FeedbackErfahrung zu machen. Bei dieser Feedback-Erfahrung wurden die Kinder zuerst vor ein Problem gestellt und gefragt, welche Seite der Waage nach unten kippen würde. Dann wurde der Hebel, der den Arm fixierte, gelöst und die Kinder sahen, ob ihre Vorhersage richtig war. Jedes Kind bekam dieses Feedback jeweils bei einem von drei Problemtypen. Einigen wurden Balance- und Gewichtsaufgaben gestellt, Aufgaben, die ihre existierende Methode (Regel I) richtig lösen würde. Andere bekamen Aufgaben, die die Entfernung betrafen, welche durch die existierende Regel nicht gelöst werden würden, die die Kinder aber würden lösen können, wenn sie sich die nächste Regel in der typischen Entwicklungsabfolge aneignen würden. Wieder andere bekamen Konfliktaufgaben, die sie nicht einmal qualitativ verstehen würden, solange sie nicht Regel III erreicht hatten. Die moderate Diskrepanzhypothese legte die Vermutung nahe, daß die effektivsten Problemstellungen, um das Lernen voranzutreiben, etwas, aber nicht stark über dem anfänglichen Niveau des Kindes liegen würden. Für Kinder, die Regel I anwendeten, wären demnach Aufgaben, die die Entferriung betreffen, am nützlichsten, weil sie mit Hilfe von Regel II lösbar sind, der nächsten Regel, die sich Kinder, die Regel I beherrschen, normalerweise aneignen. In Übereinstimmung mit dieser Hypothese rückten sowohl 5 und 8jährige, denen Aufgaben, die die Entfernung betrafen, gestellt wurden, zur Regel II vor. Ebenfalls wie erwartet, wendeten 5- und 8jährige, denen bei Aufgaben, die das Gewicht betrafen, Feedback gegeben wurde, die mit ihrer existierenden Methode (Regel I) bereits gelöst wurden, weiter Regel I an. Die Reaktionen auf die Aufgaben mit einem Konflikt wichen jedoch etwas von den Vorhersagen ab. Wie erwartet machten die meisten 5jährigen keine Fortschritte. Unerwarteterweise profitierten jedoch die 8jährigen stark von der Erfahrung mit diesen Aufgaben. Die 8jährigen rückten häufig zur Regel III vor, was qualitatives Verständnis für die Rolle von Gewicht und Entfernung bei allen Problemstellungen zur Folge hatte. Warum reagierten 5- und 8jährige, die anfänglich alle Regel I anwendeten, unterschiedlich auf die Erfahrung mit Problemstellungen, in denen ein Konflikt auftauchte? Untersuchungen der Videoaufnahmen einiger Kinder beim Lösen dieser Aufgaben ließen vermuten, daß das Kodieren der Konstellation auf der Waage eine entscheidende Rolle beim Lernen spielte. Die 8jährigen schienen sowohl Informationen über das Gewicht auf jeder Seite des Hebepunktes als auch über die

Problemlösung

341

Entfernung zwischen den Gewichtsstapeln und dem Hebepunkt zu kodieren. Die 5jährigen hingegen schienen jede Konstellation nur als zwei Gewichtsstapel, jeder auf einer Seite des Hebepunktes, zu betrachten. Sie schienen die Entfernungen der Gewichte vom Hebepunkt nicht zu kodieren. Wenn das Kodieren der 5jährigen in dieser Weise eingeschränkt war, wäre ihre Unfähigkeit, aus den Aufgaben zu lernen, in denen ein Konflikt auftauchte, nicht erstaunlich. Sie hätten die relevante Information hinsichtlich der Entfernung einfach nicht aufgenommen. Um festzustellen, ob das verbesserte Kodieren tatsächlich mit dem Lernen in Verbindung stand, wurde 5- und 8jährigen, die Regel I anwendeten, ein Kodierungstest vorgelegt. Ihnen wurde eine Anordnung von Gewichten auf Stiften 10 Sekunden lang gezeigt. Dann wurde die Anordnung hinter einer Wand versteckt und sie wurden aufgefordert, das Problem auf einer identischen Waage, auf der keine Gewichte lagen, zu rekonstruieren. Die richtige Anzahl an Gewichten auf jede Seite zu legen, bedeutete Kodieren von Gewicht; die Gewichte auf den entsprechenden Stiften zu piazieren, bedeutete Kodieren der Entfernung. Die 8jährigen piazierten gewöhnlich die richtige Anzahl an Gewichten auf den richtigen Stiften und zeigten damit, daß sie Gewicht und Entfernung richtig kodierten. Die 5jährigen hingegen piazierten gewöhnlich die richtige Anzahl an Gewichten auf jeder Seite des Hebepunktes, aber im allgemeinen auf dem falschen Stift. Sie zeigten, daß sie die Entfernung der Gewichte vom Hebepunkt wenig oder gar nicht kodierten. Um weiter festzustellen, ob das begrenzte Kodieren damit in Verbindung stand, daß die 5jährigen nicht von der Erfahrung mit Aufgaben, in denen ein Konflikt auftauchte, profitieren konnten, wurde anderen 5jährigen, die Regel I anwendeten, beigebracht, sowohl Entfernung als auch Gewicht zu kodieren. Dann bekamen sie bei denselben Problemstellungen, die zuvor bei Kindern im selbem Alter keinen Lerneffekt bewirkt hatten, Feedback. Die Tatsache, daß ihnen das Kodieren beigebracht worden war, machte einen großen Unterschied. Obwohl keines der Kinder, die nicht trainiert wurden, von dem Feedback bei diesen Konfliktproblemen profitiert hatte, war dies bei 70 Prozent der Kinder, die im Kodieren trainiert wurden, der Fall. Insofern scheint das Kodieren stark mit dem Lernen verknüpft zu sein. Allgemeine Prinzipien. Kinder nähern sich vielen Problemen in ähnlicher Weise an wie der Waage. Betrachten wir die Fähigkeit Problemstellungen zu lösen, die den Schattenwurf betreffen (Siegler, 1981). Bei dieser Aufgabe (Abbildung 8.4) wurden zwei t-förmige Stäbe jeweils zwischen eine Lichtquelle und eine Leinwand piaziert. Die Frage war, welches Objekt den längeren Schatten auf der

342

Kapitel 8

Leinwand werfen würde, wenn die Lichtquellen angeschaltet wurden. Normalerweise basierten die Urteile von 5jährigen auf einer einzigen Größe; sie urteilten, daß das größere Objekt immer den größeren Schatten werfen würde. Dies läßt sich damit vergleichen, daß sie ihre Urteile über die Waage auf eine einzige Größe stützten, nämlich auf die Gewichtsmenge auf jeder Seite. Bei 8 und 9jährigen war der häufigste Ansatz Regel II, bei der sich die Kinder auf die dominante Größe verließen (hier die Größe der Objekte), außer ihr Wert für die beiden Alternativen war gleich; wenn dem so war, betrachteten sie eine zweite Größe, die Entfernung der Objekte von der Lichtquelle. Bei 12- und 13jährigen und Erwachsenen dominierte Regel III; sie zogen durchwegs beide Größen in Betracht, kannten aber nicht die Formel für das Verhältnis, um sie zusammenzufügen. Schließlich kannten ebenso wie bei der Waage wenige Menschen unabhängig vom Alter Regel IV, die Proportionalitätsregel, mit der alle Probleme richtig gelöst werden. Ähnliche Regelabfolgen wurden für eine Reihe von Problemstellungen gefunden, u.a. für Aufgaben, die Temperatur und Süße (Strauss, 1982), Glück und Fairneß (Marini, 1992), die Beurteilung der Persönlichkeit (Marini & Case, 1994), Ausdehnung (Bruner & Kenney, 1966) und die schiefe Ebene (Ferretti et al., 1985; Zelazo & Shultz, 1989) betrafen.

ABBILDUNG 8.4 Von Siegler (1981) verwendeter Apparat zum Schattenwurf. Das Anschalten der punktförmigen Lichtquellen führte zu unterschiedlich großen Schatten auf der Leinwand, wobei die Größe der Schatten von der Länge der tförmigen Stangen und ihrer Entfernung von der Lichtquelle und der Leinwand abhingen.

Problemlösung

343

Eine besonders häufige Beobachtung war, daß 4- bis 6jährige viele ihrer Lösungsansätze bei Aufgaben, bei denen zwei oder mehrere Größen relevant waren, auf nur einer Größe aufbauten. Dies trifft nicht nur für die gerade aufgeführten Aufgaben zu, sondern auch für Probleme der Erhaltung der Flüssigkeitsmenge und der Masse; Probleme der Zeit, Geschwindigkeit und der Entfernung; Probleme der Wahrscheinlichkeit; Probleme des räumlichen Denkens; das Verstehen von Geschichten, sozialen Zwangslagen, des Geldwertes, emotionaler Reaktionen; das Notenlesen und quantitative Adjektive (Bruchkowsky, 1992; Capodilupo, 1992; Case & Okamoto, 1996; Dean, Chabaud & Bridges, 1981; Dennis, 1992; Griffin, Case & Sandieson, 1992; Levin, Wilkening & Dembo, 1984; Marini & Case, 1989; McKeough, 1992; Siegler, 1981; Siegler & Richards, 1979; Surber & Gzesh, 1984). Diese Beobachtungen bedeuten nicht, daß 4- bis 6jährige bei der Lösung eines Problems nicht mehr als eine Größe betrachten können. Sie können es und sie tun es häufig. Es trifft auch nicht zu, daß sich nur kleine Kinder in Situationen, in denen mehr als eine Größe relevant ist, auf eindimensionale Regeln verlassen. Auch Erwachsene tun dies häufig (ζ. B. Neisser & Weene, 1962). Allerdings scheinen Kinder in diesem Alter eine besonders starke Präferenz für eindimensionale Regeln zu haben; es kann sehr schwierig sein, sie davon zu überzeugen, daß solche Regeln falsch sind. Die Beobachtung von Unterschieden in der Lernentwicklung bei der Waage ist auch typisch für das Lernen in vielen anderen Situationen. Eine Reihe der bewundernswertesten Konstrukte, die die kognitive Entwicklung betreffen, basieren auf Beobachtungen von Unterschieden in der Lernentwicklung: u.a. Stadien, kritische Phasen, Abstimmugsprobleme und Schnelligkeit. Betrachten wir beispielsweise die folgende Beobachtung aus dem ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts über die Lesegeschwindigkeit: Viel wofür nun in diesen ersten Jahren des primären Lesens mühsam gekämpft und was methodisch geordnet wurde, kommt im Laufe der Entwicklung und wenn die Sinnesorgane und das Nervensystem des Kindes stärker sind, aus ihnen selbst.... Lesen wird schnell erlernt, wenn die Zeit dafür gekommen ist. In den frühen Jahren wird darauf wertvolle Zeit verschwendet. (Huey, 1908, S. 303 und 309)

Die Sprache ist seltsam, aber die grundlegende Beobachtung - daß ältere Kinder schneller lernen als jüngere - , bleibt richtig. Wie können wir solche Unterschiede im Lernen erklären, die auch dann auftauchen, wenn die anfängliche Leistung von jüngeren und älteren Kindern identisch ist? Wir haben bereits gesehen, wie Unterschiede in einem Prozeß der Problemlösung, dem Kodieren, zur größeren

344

Kapitel 8

Fähigkeit von älteren Kindern beitragen, etwas über Waagen zu lernen. Wir untersuchen nun die Beiträge einer Reihe von Prozessen, die für viele andere Arten der Problemlösung von entscheidender Bedeutung sind.

8.2 EINIGE WICHTIGE PROBLEMLÖSUNGSPROZESSE Planen Planen ist zukunftsorientiertes Problemlösen (Haith, 1994). Es wird am häufigsten in komplexen und neuen Situationen angewendet, in denen wir keine ausgetretenen Pfade haben, denen wir folgen können, und es wahrscheinlicher ist, daß wir Fehler machen, wenn wir nicht planen. Auch in solchen neuen Situationen agieren Menschen jedoch häufig ohne zu planen, manchmal zu ihrem eigenen Bedauern (Friedman, Scholnick & Cocking, 1987). Das Fehlen von Planung ist häufig beklagt worden, es ist aber verständlich. Betrachten wir nur einige wenige Gründe, warum Kinder nicht planen, obwohl es ihnen helfen würde, wenn sie es täten (Ellis & Siegler, 1997): 1. Planen erfordert es, die Neigung spontan zu agieren zu unterdrücken. Die Fähigkeit, Handlungen zu unterdrücken, entwickelt sich langsam im Laufe der Kindheit (Dempster, 1993). 2. Kinder sind oft überoptimistisch, was die Wahrscheinlichkeit betrifft, daß etwas ohne Planung gelingt (Stipek, 1984). 3. Planen birgt das Risiko in sich, Anstrengungen zu vergeuden; wenn ein Kind beispielsweise daran scheitert, einen Plan auszuführen oder die Aufgabe die Fähigkeit des Kindes übersteigt, sie zu lösen (Berg, 1989). 4. Planen erfordert häufig Abstimmung mit anderen Menschen; dies ist eine Herausforderung für jeden, aber besonders für Kinder, die häufig streiten, den ursprünglichen Faden einer Aufgabe verlieren und sich weigern zu kooperieren (Baker-Sennet, Matusov & Rogoff, 1992). 5. Wenn Kinder nicht planen, können sie andere Menschen, besonders ihre Eltern vor den entsprechenden Konsequenzen bewahren. Wenn sie beispielsweise nicht genügend Zeit für ihre Hausaufgaben einplanen, können ihnen ihre Eltern helfen (Ellis, Dowdy, Graham & Jones, 1992).

Problemlösung

345

Aufgrund all dieser Hindernisse und Gründe nicht zu planen, ist es reichlich überraschend, daß Kinder es jemals tun. Und doch tun sie es recht häufig vom Säuglingsalter an. Ziel-Mittel-Analyse. Die Ziel-Mittel-Analyse ist eine besonders nützliche und umfassend anwendbare Form des Planens. Wie in der Episode mit den Socken im Trockner in Kapitel 3 dargestellt, bedeutet es, das Ziel, das wir erreichen möchten, mit der augenblicklichen Situation zu vergleichen und die Unterschiede zwischen beiden so zu reduzieren, daß das Ziel erreicht werden kann. Der Prozeß erfordert es, daß Unterziele, Verfahren, um die Unterziele zu erreichen und Diskrepanzen zwischen dem augenblicklichen Zustand und dem übergeordneten Ziel gleichzeitig berücksichtigt werden. Säuglinge am Ende ihres ersten Lebensjahres wenden bereits die Ziel-MittelAnalyse an. Willatts (1990) konfrontierte 12 Monate alte Säuglinge mit einer Schaumstoffbarriere, hinter der ein Tuch, an dem eine Schnur angebracht war, und ein Spielzeug lagen, das manchmal an der Schnur festgemacht war und manchmal daneben lag. Als das Spielzeug an der Schnur festgemacht war und nicht nur daneben lag, entfernten die Babys die Barriere schneller, berührten schneller das Tuch und zogen schneller die Schnur zu sich heran. Die 12 Monate alten Säuglinge schienen also einen Dreistufenplan zu entwickeln und auszuführen: Entfernen der Barriere, Heranholen des Tuchs und der Schnur, um das Spielzeug zu bekommen. Die Entwicklung der Ziel-Mittel-Analyse in den folgenden Jahren erfährt große Veränderungen hinsichtlich der Anzahl und Komplexität der Unterziele, die Kinder sich gleichzeitig einprägen können und in ihrer Fähigkeit, der Versuchung zu widerstehen, kurzfristige Ziele statt langfristiger Ziele zu verfolgen. Die Veränderungen werden in der Annäherung von 3- bis 6jährigen an das Problem des Turms von Hanoi (Abbildung 8.5) deutlich. Das Spiel besteht darin, Dosen in so wenig Zügen wie möglich in derselben Anordnung zu stapeln wie der Versuchsleiter. Es gibt nur zwei Regeln: Bewege nur eine Dose gleichzeitig und lege nie eine kleinere Dose auf eine größere (weil sie herunterfallen würde). Um die zur Lösung derartiger Probleme notwendige Planung entsprechend zu würdigen, sollten sie versuchen, die optimale Lösung (7 Züge) für das Problem in Abbildung 8.5 zu finden.

346

Kapitel 8

ABBILDUNG 8.5 Problem des Turms von Hanoi. Das Ziel ist es, die 3 Dosen so auf die Seite des Kindes zu bewegen, daß sie im gleichen Aufbau gegenüber denen des Versuchsleiters gestapelt sind. Das Problem kann in 7 Zügen gelöst werden (aus Klahr, 1989).

Es ist nicht erstaunlich, daß ältere Kinder längere Aufgaben lösen können. Die meisten 3jährigen lösen Aufgaben mit 2 Zügen (d.h. Aufgaben, die 2 Züge erfordern, um von der ursprünglichen Anordnung zum Ziel zu gelangen); die meisten 4jährigen lösen Aufgaben mit 4 Zügen und die meisten 5- und 6jährigen lösen Aufgaben mit 5 oder 6 Zügen (Klahr & Robinson, 1981; Welsh, 1991). Interessanter als diese Veränderungen in der Länge der Problemstellungen, die Kinder lösen können, sind Veränderungen in den Strategien, die sie zur Planung der Züge anwenden. Die Strategien der 3jährigen sind auf das unmittelbare Bemühen beschränkt, Spielsteine an ihr Ziel zu bewegen. Wenn sie eine Dose nicht an ihr Ziel bewegen können, weil eine andere Dose darüber ist, brechen sie häufig die Regeln und setzen die Dose dennoch darauf. Ältere Kinder reagieren auf solche Situationen, indem sie Unterziele planen, die sie in die vielversprechende Lage versetzen, ihr eigentliches Ziel zu erreichen. Beim Planen ihrer Züge schauen sie auch weiter nach vorne. Allerdings haben Kinder noch mit 6 Jahren Schwierigkeiten, Probleme zu lösen, die es erfordern, einen Zug weg vom Erreichen eines

Problemlösung

347

kurzfristigen Ziels zu machen, dieselbe Schwierigkeit, der Kinder in diesem Alter bei der Hund-Katze-Maus-Aufgabe begegnen, die an früherer Stelle in diesem Kapitel beschrieben wurde. Routenplanung. Eine Art zu planen ist es, die effizienteste Route zur Erreichung eines Ziels zu wählen. Wenn Kindern beispielsweise gesagt wird, sie sollen ihre im Haus verstreuten Sachen wegbringen, versuchen sie die zurückzulegende Entfernung zu minimieren. Sie stapeln etwa Kleidung, Spiele, Bücher und Kassetten, die im ersten Stock herumliegen, bevor sie den Stapel in ihr Zimmer im zweiten Stock tragen. Die Fähigkeit, Routen zu planen, beginnt früh. Kinder laufen um ihren ersten Geburtstag herum häufig in Zimmer, die sie am Anfang ihrer "Reise" nicht sehen können, um Spielsachen zu holen, die sie ebenfalls am Anfang nicht sehen können (Benson, Areghart, Jennings, Boley & Kearns, 1989). Es erstaunt nicht, daß sich die Fähigkeit, Routen zu planen, nach dieser ersten Phase beträchtlich weiterentwickelt. Bereits in dem kurzen Zeitraum zwischen dem 5. und 6. Lebensjahr wächst die Fähigkeit von Kindern zu planen beträchtlich. 5jährige ziehen mehr Routen in Betracht, bevor sie beginnen, schlagen seltener die umgekehrte Richtung ein und korrigieren Fehler schneller als 4jährige (Fabricius, 1988). Ältere Kinder passen Strategien auch genauer an die jeweiligen Umstände an. In einer Studie über 4- bis 10jährige (Gardner & Rogoff, 1990) wurde einigen Kindern gesagt, daß sie planen sollten, wie sie von einem Punkt zum anderen kämen und daß sowohl die Geschwindigkeit als auch das Vermeiden des falschen Weges von Bedeutung wären. Anderen 4- bis 10jährigen wurde gesagt, daß es nur von Bedeutung wäre, den falschen Weg zu vermeiden. Unter beiden Bedingungen planten 4- bis 7jährige einen Teil der Route im voraus und den Rest, als sie an Abzweigungen kamen. Die 7- bis 10jährigen verhielten sich gleich, als sowohl Geschwindigkeit als auch das Vermeiden falscher Wege von Bedeutung waren. Wenn allerdings nur zählte, den direktesten Weg zu nehmen, planten die älteren Kinder häufig die gesamte Abfolge der zu treffenden Entscheidungen, bevor sie losliefen, was dazu führte, daß sie die Anzahl falscher Abzweigungen reduzierten. Die älteren Kinder erkannten also die Vorteile des Planens, als die Geschwindigkeit nicht von Bedeutung war und vermieden den Zeitverlust durch das Planen, als die Geschwindigkeit zählte. Die Tatsache hingegen, daß die jüngeren Kinder nicht planten, als die Geschwindigkeit irrelevant war, führte dazu, daß sie genauso viele Fehler machten wie dann, als die Geschwindigkeit zählte.

348

Kapitel 8

Kausalschluß Wie im letzten Kapitel angemerkt, wird das Wissen von Kausalzusammenhängen als zentralem Aspekt für das Begriffsverständnis hervorgehoben, wenn Begriffe als implizite Theorien verstanden werden. Kausalzusammenhänge sind für das Zusammenfügen unseres Wissens so wichtig, daß der Philosoph David Hume sie als "Bindemittel des Universums" bezeichnete. Es erstaunt deshalb nicht, daß Problemlösung häufig in dem Bemühen besteht, Ursachen von Ereignissen zu bestimmen. Wenn beispielsweise ein Kind eine Wanduhr abnimmt, um zu sehen, wie sie funktioniert, versucht das Kind herauszufinden, was die Bewegung ihrer Teile bewirkt. Die endlosen "Warum-Fragen" von 2jährigen, wie etwa, "warum bellen Hunde", sind ebenfalls manchmal Versuche, Ursachen zu verstehen (Manchmal sind sie auch nur Versuche, die Eltern zu ärgern). Warum Menschen Schlußfolgerungen über Kausalzusammenhänge von Ereignissen ziehen, hat Philosophen und Psychologen lange Zeit beschäftigt. Es gibt nichts in der äußeren Welt, was solche Schlüsse erzwingen würde. Es mag uns offensichtlich erscheinen, daß dann, wenn ein Billardball einen andern anstößt, der zweite Ball zu rollen beginnt, daß der erste Ball das Rollen des zweiten verursachte. Aber ist der Schluß logisch? Könnte der zweite Ball nicht einfach aus einem anderen Grund zu rollen begonnen haben? Würden wir denselben Schluß ziehen, wenn wir den Kofferraum eines Wagens öffiien würden und das Autoradio plötzlich anginge? Die Humeschen Variablen. Der britische Philosoph David Hume (17391740/1911) nahm an, daß drei Merkmale Menschen veranlassen zu folgern, daß Ereignisse kausal miteinander verknüpft sind: Die Ereignisse finden zeitlich und räumlich nahe beieinander statt (Kontiguität)·, das als "Ursache" bezeichnete Ereignis geht dem als "Wirkung" bezeichneten Ereignis voraus (Präzedenz) und Ursache und Wirkung fanden bei früheren Gelegenheiten durchwegs zusammen statt {Kovarianz). Im Einklang mit Humes Hypothese beeinflußt jede dieser Variablendie kausalen Schlüsse von Kindern (und Erwachsenen). Säuglinge nutzen bereits im ersten Lebensjahr sowohl zeitliche als auch räumliche Kontiguität, um auf Kausalzusammenhänge zu schließen. In den Experimenten, die diesen Aspekt zu Tage treten ließen (Leslie, 1982; Oakes, 1994; Oakes & Cohen, 1990; 1995), wurden 6 bis 10 Monate alten Säuglingen wiederholt Filme mit sich bewegenden Objekten gezeigt, die mit festen Objekten kollidierten und diese in Bewegung versetzten. Danach sahen die Säuglinge Sequenzen, die entweder die räumliche Kontiguität verletzten (das zweite Objekt bewegte sich, obwohl es vom ersten nicht berührt wurde) oder die zeitliche (das erste Objekt schlug an das zweite, aber das zweite bewegte sich erst eine Dreiviertelsekunde

Problemlösung

349

nach der Kollision). Ereignisse, die die räumliche oder zeitliche Kontiguität verletzten, führten dazu, daß die Säuglinge länger schauten als bei Ereignissen, die sie einhielten, was nahelegt, daß die Verletzungen die Säuglinge in Erstaunen versetzten. Mit 5 Jahren, vielleicht früher, nutzen Kinder auch die Abfolge von Ereignissen, um zu schließen, daß ein Ereignis ein anderes verursacht. Wenn 3 und 4jährigen drei Ereignisse in der Abfolge A-B-C gezeigt und sie dann gefragt werden, "was verursachte B", wählen sie in der Regel Ereignis A, das dem Ereignis Β vorausging und nicht Ereignis C, das ihm folgte (Bullock & Gelman, 1979; Kun, 1978). Man sollte allerdings hinzufügen, daß 3jährige dieses Verständnis für Präzedenz in weniger Situationen an den Tag legen als ältere Kinder. In einer Reihe von Situationen sagen genauso viele 3jährige, daß das zweite Ereignis das erste verursachte wie umgekehrt (Corrigan, 1975; Kuhn & Phelps, 1976; Shultz, Altman & Asselin, 1986; Sophian & Huber, 1984). In allen Studien wurde jedoch beobachtet, daß Kinder mit 5 Jahren durchwegs das frühere Ereignis als Ursache bestimmen. Die Bedeutung konstanter Kovarianz von Ereignissen scheint als letzte der Humeschen Variablen verstanden zu werden. Es ist besonders wahrscheinlich, daß kleine Kinder diese Variabel ignorieren, wenn sie mit der Kontiguität in Widerspruch steht. 5jährige beispielsweise schreiben einen Kausalzusammenhang selten einer Ereignisfolge zu, in der ein Ereignis immer 5 Sekunden nach dem anderen Ereignis folgt (Mendelson & Shultz, 1976). 8jährige und Erwachsene hingegen sehen den verzögerten, aber konstanten Zusammenhang als Indiz dafür, daß die beiden Ereignisse kausal miteinander verknüpft sind. Zusammenfassend kann man sagen, daß Kontiguität bereits im Säuglingsalter einen Einflußfaktor darstellt, Präzedenz von 3jährigen manchmal und von 5jährigen durchwegs in Betracht gezogen wird, um Ursachen zuzuschreiben, und Kovarianz nach dem 5. Lebensjahr immer mehr an Einfluß gewinnt. Jenseits der Humeschen Variablen. Die kausalen Schlußfolgerungen von Kindern gehen in einigen Aspekten über die Humesche Analyse hinaus. Vom Säuglingsalter an begreifen sie, daß der Grad einer Wirkung mit dem Grad der Ursache in Zusammenhang steht. In einem Experiment wurden 11 Monate alte Säuglinge an ein mittelgroße Objekt gewöhnt, das mit einem feststehenden Objekt kollidierte, was dazu führte, daß es sich über eine bestimmte Strecke hinweg bewegte (Kotovsky & Baillargeon, 1994). Dann sahen sie entweder, daß ein größeres sich bewegendes Objekt die Ursache dafür war, daß sich das feststehende Objekt weiter bewegte oder daß ein kleineres Objekt die Ursache dafür war, daß sich das feststehende Objekt weiter bewegte. Sie schauten länger, als das kleinere Objekt eine größere Bewegung des feststehenden Objekts verursachte, was na-

350

Kapitel 8

helegt, daß sie vermuteten, daß das kleinere Objekt die geringere Wirkung auslösen würde. Kinder verstehen auch von früh in ihrer Entwicklung an, daß unterschiedliche Arten kausaler Erklärungen für unterschiedliche Entitäten geeignet sind. Bereits Vorschulkinder erkennen, daß etwas in Tieren sie dazu veranlaßt, sich zu bewegen, wenn sie es wollen (Simons & Keil, 1995; Gelman & Kremer, 1991). Sie wissen nicht genau, was dieses Etwas ist, aber sie haben keine vergleichbaren kausale Ansichten darüber, was die Bewegung lebloser Objekte verursacht. Diese grundsätzliche Unterscheidung fuhrt wahrscheinlich dazu, daß sie nach den spezifischen Gründen der Bewegung von lebendigen und leblosen Objekten in anderen Richtungen suchen. Diese beiden Beispiele illustrieren ein grundlegenderes Prinzip: Kinder beginnen sehr früh in ihrem Leben, die Bedeutung von Kausalmechanismen vor allen anderen Anhaltspunkten für die Ursache von Ereignissen hervorzuheben. Wenn sie einen Kausalmechanismus verstehen, erwarten sie, daß Ereignisse mit ihm übereinstimmen. Der für kollidierende Objekte relevante Kausalmechanismus beispielsweise ist Kraft. Wenn die anderen Bedingungen gleich sind, übt das kleinere sich bewegende Objekt geringere Kraft auf das feststehende Objekt aus, was eine kleinere Bewegung bewirkt. Bereits Säuglinge scheinen eine Verletzung dieser Relation als erstaunlich zu empfinden. Unterschiedliche Situationen bieten unterschiedliche Arten von Informationen, um zu folgern, was ein Ereignis verursacht hat. Manchmal fuhren diese Informationsquellen zu derselben Schlußfolgerung, manchmal nicht. Die Schwierigkeit bei der Entscheidung zwischen alternativen potentiellen Ursachen von Ereignissen besteht zu einem großen Teil darin zu entscheiden, welche Art der Information am schwersten wiegt. Spätestens ab dem 4. Lebensjahr scheinen Kinder über einen Satz von Strategieauswahlregeln zu verfugen, um diese Entscheidungen zu treffen (Shultz, Fisher, Pratt & Rulf, 1986). Wenn Informationen über Kausalmechanismen verfugbar sind, werden sie von Kindern genutzt. Wenn dies nicht der Fall ist, stützen sie sich in der Regel auf zeitliche und räumliche Kontiguität und andere auffällige wahrnehmbare Ereignisse. Nur dann, wenn keine dieser Informationsarten verfügbar ist, ziehen Kinder weniger auffällige Faktoren in Betracht, die mit dem Auftreten der Wirkung korreliert sind, wie etwa verzögerte, aber regelmäßige Kovarianz von Ursache und Wirkung. Analogieschluß Analoges Denken ist ein überall vorhandener und hochwirksamer Prozeß. Es bedeutet, Probleme zu lösen, indem man entsprechende Strukturen und Funktionen

Problemlösung

351

bei den zu vergleichenden Objekten oder Ereignissen erkennt (Gentner, Ratterman, Markman & Kotovsky, 1995; Haiford, 1993). Um etwa die metaphorische Aussage, "eine Kamera ist wie ein Videorekorder", zu verstehen, muß man die Funktion kennen, die beide Geräte haben - das Gegenwärtige für zukünftige Untersuchungen aufzunehmen. Die Entwicklung des analogen Denkens ähnelt der des kausalen Denkens. Das Spektrum an Analogien, die Kinder verstehen und hervorbringen, nimmt mit dem Alter enorm zu. Wenn 6jährige beispielsweise mit der Kamera/VideorekorderAnalogie konfrontiert werden, fuhren sie in der Regel so oberflächliche Ähnlichkeiten an wie die Tatsache, daß beide schwarz sind, während 9jährige sich auf ihre gemeinsamen Funktionen konzentrieren (Gentner et al., 1995). Andererseits ziehen bereits Säuglinge und Kleinkinder unter bestimmten Umständen erfolgreich Analogieschlüsse und unter anderen Umständen scheitern selbst akademisch gebildete Erwachsene daran. Die Ähnlichkeit von kausalem und analogem Denken ist kein Zufall. Richtige Analogieschlüsse zu ziehen, hängt häufig in entscheidender Weise davon ab, ob die verglichenen Kausalzusammenhänge verstanden und Parallelen in ihnen entdeckt werden (ζ. B. warum Videorekorder und Kameras benutzt werden). Ähnlichkeiten in der Entwicklung des analogen Denkens. Eine frühe Fähigkeit, Analogieschlüsse zu ziehen, existiert bereits am Ende des ersten Lebensjahres. Chen, Campell und Polley (in Druck) konfrontierten 10 und 13 Monate alte Säuglinge mit drei Problemen, in denen verlockendes Spielzeug hinter einer Barriere lag. Die Probleme ähnelten denen von Willatts (1990); die Säuglinge mußten eine Barriere entfernen und das Tuch mit der Schnur, an der das Spielzeug befestigt war, heranziehen und nicht das Tuch mit der Schnur, die nicht am Spielzeug befestigt war. Bei Chen et al. versuchten die Kinder jedoch das Problem zuerst alleine zu lösen, sahen dann wie ihr elterliches Vorbild das Problem löste und wurden danach mit konzeptionell identischen Problemen konfrontiert, die in oberflächlichen Merkmalen anders waren, wie etwa den entsprechenden Objekten, ihrer Farbe und Größe und darin, ob das Kind versuchte, das Spielzeug aus dem Sitzen oder Stehen zu erreichen. Nachdem die 13 Monate alten Kinder die Lösung ihrer Eltern gesehen hatten, waren sie in der Lage, nachfolgende Probleme immer effizienter zu lösen, auch wenn die Problemstellungen dem ursprünglichen nicht besonders ähnlich waren. Die 10 Monate alten Säuglinge konnten auch richtige Analogieschlüsse ziehen, aber nur wenn die nachfolgenden Probleme dem ähnlich waren, das sie gelöst hatten. Im Vorschulalter bilden Kinder komplexere Analogien. In einer Studie hörten 3bis 5jährige eine Geschichte, in der ein Geist Schmuck über eine Wand in eine Flasche transportieren mußte (Brown, Kane & Echols, 1986). Der Geist löste das

352

Kapitel 8

Problem, indem er ein Poster zu einer Röhre zusammenrollte, die Röhre so piazierte, daß sie in den Flaschenhals führte und dann den Schmuck durch die Röhre in die Flasche rollen ließ. Nachdem die Kinder die Geschichte gehört hatten, wurde ihnen ein Problem vorgelegt, in dem ein Osterhase Eier über einen Fluß in einen Korb auf der anderen Seite befördern mußte. Die Kinder sollten zeigen, wie sie ein Poster benutzen konnten, um die Eier in den Korb zu befördern, der sich auf der anderen Seite eines auf den Boden gemalten Flusses befand. Einige 5jährige, aber nur wenige 3jährige lösten das Problem mit dem Osterhasen, indem sie eine zu der Geistergeschichte analoge Strategie benutzten. Sowohl die 3 als auch die 5jährigen lösten das Problem durchwegs, wenn ihnen Fragen zu den zentralen Fakten beider Geschichten gestellt wurden (Welches Ziel die Hauptfigur zu erreichen versuchte, welches Hindernis dies erschwerte, was die Hauptfigur tat, um das Hindernis zu überwinden). 3jährige konnten also den entsprechenden Analogieschluß ziehen, aber sie mußten an die Schlüsselelemente erinnert werden, um die entsprechenden Parallelen zu ziehen. Auch wenn Säuglinge und Kinder im Vorschulalter einige Analogien bilden können, scheitern doch ältere Kinder und Erwachsene daran, viele andere zu erkennen. Ebenso wie die 3jährigen Kinder in Brown et al. (1986) scheiterten Studenten häufig daran, Analogien zu erkennen, die sie problemlos verstanden, als sie auf die Parallele aufmerksam gemacht wurden (Holyoak & Thagard, 1995). Wie dieses Beispiel nahelegt, beeinflussen im allgemeinen dieselben Variablendas analoge Denken von kleinen Kindern, älteren Kindern und Erwachsenen. Es ist dann am wahrscheinlichsten, daß Menschen jeden Alters analoge Situationen erkennen, wenn oberflächliche Eigenschaften (wie der Name von Figuren) ebenso wie wichtigere Eigenschaften (wie Ziele, Hindernisse und potentielle Lösungen) gleich sind (Goswami, 1992; 1995a). Es ist auch wahrscheinlicher, daß sie Analogien bilden, wenn sie zuvor einigen Problemen mit ähnlichen Lösungsprinzipien begegnet sind und nicht erst einem (Crisafi & Brown, 1986; Gholson, Emyard, Morgan & Kamhi, 1987). Das vollständige Kodieren von relevanten Strukturmerkmalen ist für das analoge Problemlösen in jedem Alter gleich wichtig (Chen et al., in Druck; Gentner et al., 1995). Die Wahrscheinlichkeit Analogieschlüsse zu ziehen, verändert sich mit dem Alter, aber die Variablen, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen oder verringern bleiben tendenziell die gleichen. Unterschiede in der Entwicklung. Die Ähnlichkeiten in den Variablen, die die Wahrscheinlichkeit, entsprechende Analogien zu bilden, beeinflussen, sollten nicht die tiefgreifenden Veränderungen verdunkeln, die sich mit zunehmendem Alter in diesem Bereich vollziehen. Kleine Kinder brauchen explizite Hinweise, um Analogieschlüsse zu ziehen, die ältere Kinder ohne derartige Hinweise ziehen (Crisafi & Brown, 1986; Brown et al., 1986). Ihr analoges Denken wird auch

Problemlösung

353

durch wahrnehmbare oberflächliche Ungleichheiten und Assoziationen behindert, die wesentlich weniger Einfluß auf das analoge Denken von älteren Kindern und Erwachsenen ausüben (Chen, 1996; Chen, Yanowitz & Daehler, 1995; Goswami & Brown, 1990). Ähnliche Entwicklungstrends werden bei der Interpretation von Metaphern deutlich (Gentner, 1988; Winner, 1988). Als 6- und 7jährigen die Metapher, "der Gefängniswärter war ein harter Brocken", präsentiert wurde, deuteten sie dies oft wörtlich oder märchenhaft, wie etwa, "der Wärter arbeitete in einem Gefängnis mit harten Steinmauern", oder "der Wärter hatte harte, kräftige Muskeln" (Winner; Rosenstiel & Gardner, 1976, S. 293). Die 13- und 14jährigen hoben hingegen durchwegs den Zusammenhang von psychologischen und physischen Eigenschaften hervor, wie in der Erklärung, "der Wächter war boshaft und kümmerte sich nicht um die Gefühle der Gefangenen" (Winner et al., 1976; S. 293). Im allgemeinen deuten Kinder Metaphern richtig, die auf dem Aussehen der zu vergleichenden Objekten basieren, bevor sie Metaphern richtig deuten, in denen nur relationale Strukturen vergleichbar sind. Je älter Kinder werden, desto wahrscheinlicher ist es, daß sie diejenigen Metaphern relational deuten, die entweder als Ähnlichkeiten von Objekten oder Ähnlichkeiten von Relationen betrachtet werden können (Gentner, 1988). Warum verbessert sich das analoge Denken mit zunehmendem Alter? Ein Grund ist das größere Inhaltswissen. Wenn sich Kinder mehr Wissen aneignen, verstehen sie immer häufiger die zentrale Bedeutung von Eigenschaften, die nicht auf den ersten Blick auffallen. Im Falle des Beispiels mit der Kamera und dem Videorekorder, lernen Kinder, daß das Schlüsselmerkmal dieser Geräte die Erhaltung von Informationen ist und nicht Farbe, Größe oder andere offensichtliche Merkmale. Eine zweite Quelle der Entwicklung des analogen Denkens ist Sprache (Gentner et al., 1995). Wie in Kapitel 5 erörtert, beeinflußt die Sprache das Denken, indem sie Bezeichnungen für abstrakte Relationen liefert, die sonst nicht als ähnlich erkannt werden würden. Wenn man sich sowohl auf Kameras als auch auf Videorekorder als "informationserhaltende Geräte" bezieht, weckt dies die Aufmerksamkeit für die Ähnlichkeit, die sie miteinander teilen und mit weiteren oberflächlich andersartigen Objekten wie Büchern und Portraits. Der Gebrauch von Werkzeugen Kinder lösen Probleme nicht in einem Vakuum. Sie nützen verfügbare Werkzeuge als Hilfe. Für ein bestimmtes Problem kann fast alles als Werkzeug dienen: Stöcke, Rechen, gesprochene und geschriebene Sprache, Landkarten, mathematische Ausdrücke, sogar andere Menschen. Werkzeuge variieren in ihrer Anwen-

354

Kapitel 8

dungsbreite und darin, wie direkt sie zur Lösung fuhren, aber alle bieten Kindern die Möglichkeit, Probleme zu lösen, die sonst ihre Fähigkeiten übersteigen würden. Zu den ersten Werkzeugen, die Kinder gebrauchen, gehört ihre Mutter (Mosier & Rogoff, 1994). 6 bis 13 Monate alte Kinder instrumentalisieren ihre Mütter, wenn interessante Spielsachen außerhalb ihrer Reichweite piaziert werden, um die Spielsachen zu bekommen. Sie schauen flehentlich zwischen ihrer Mutter und dem Spielzeug hin und her, machen "Gib-mir-Gesten" mit ihren Händen und Fingern, beugen sich in Richtung des Spielzeugs und geben Laute von sich. Andere Menschen verbreitern wie jedes gute Werkzeug das Spektrum der Probleme, die Kinder lösen können. Kinder lassen nicht lange auf sich waren, um auch leblose Objekte als Werkzeuge zu benutzen. In einer Studie sahen 1 lA- und 2jährige, wie der Versuchsleiter ein interessantes Spielzeug mit Hilfe eines Rechens zu sich heranholte (Brown, 1989). Dann wurden die Kleinkinder aufgefordert, sich selbst das Spielzeug zu beschaffen. Sie wurden auf einem Sitz festgeschnallt, so daß sie sich nicht bewegen konnten, aber ihnen stand eine Reihe potentieller Werkzeuge zur Verfugung. Einem Kind, das gesehen hatte, wie das Spielzeug mit einem langen Rechen herangeholt wurde, standen beispielsweise ein langer Stab, ein kurzer Rechen, ein langer gerader Stock, der dieselbe Farbe hatte wie der ursprüngliche Rechen und ein langes gewundenes bewegliches Objekt zur Verfugung. Die Kleinkinder entschieden sich rasch und ihre Entscheidungen waren fast immer die richtigen. Sie wählten Werkzeuge aus, die nicht biegsam waren, die ein entsprechendes Ende hatten, um etwas zu sich heranzuziehen und die lang genug waren, um das Spielzeug zu erreichen. Es war ihnen egal, ob die Farbe des Werkzeuges dieselbe war, wie bei dem, das ursprünglich benutzt wurde. Sie waren außerdem bereit, Rechen durch Stöcke zu ersetzen. Demnach verstanden sie die kausalen Eigenschaften, die ein Werkzeug für die Lösung des Problems geeignet machten. Symbolische Darstellungen als Werkzeuge. Symbolische Darstellungen wie Landkarten, maßstabgetreue Modelle und Bilder sind als Werkzeuge zur Problemlösung ebenfalls von weitreichendem Nutzen. Mit 3 Jahren demonstrieren Kinder eine erstaunliche Geschicklichkeit im Umgang mit dieser Art von Werkzeugen. In einer klassischen Demonstration dieser Fähigkeit zeigte DeLoache (1987) 30 und 36 Monate alten Kindern, wie ein kleines Spielzeug in einem maßstabsgetreuen Modell eines Raumes versteckt wurde. Dann wurde das Kind aufgefordert, das Spielzeug in der lebensgroßen Version des Raumes zu suchen. Als das Spielzeug im Modell unter einem Miniaturstuhl versteckt war, konnte man es unter dem entsprechenden lebensgroßen Stuhl im Zimmer finden. Der Versuchsleiter gab Anweisungen wie: "Schau zu! Ich verstecke den kleinen Snoopy hier.

Problemlösung

355

Und ich werde den großen Snoopy an derselben Stelle im großen Raum verstekken" (DeLoache, 1994, S. 110). Trotz des geringen durchschnittlichen Altersunterschiedes (7 Monate) der Kinder in den beiden Gruppen, unterschieden sie sich stark in ihrer Fähigkeit, mit dem Modell umzugehen. Die 3jährigen fanden das versteckte Objekt in mehr als 70 Prozent der Versuche ohne Fehler; die 2/4jährigen fanden es in weniger als 20 Prozent ohne Fehler. Man konnte dies nicht fehlendem Verständnis der Situation zuschreiben oder der Unfähigkeit, sich die Demonstration am Modell einzuprägen. Die Kinder beiden Alters merkten sich durchwegs, wo das Miniaturobjekt im Modell versteckt war, als sie danach gefragt wurden. Vielmehr bestand der Unterschied in der Unfähigkeit, daß Modell zu nutzen, um auf die Stelle des Objekts in dem großen Raum zu schließen. Warum war es für 2 Vij ährige so schwierig, das maßstabsgetreue Modell zur Lösung der Probleme zu nutzen? Eine Möglichkeit ist, daß sie nicht verstanden, wie jegliche Art von Darstellung als Werkzeug benutzt werden kann, um derartige Probleme zu lösen. Um diese Deutung zu untersuchen, zeigte DeLoache (1987) 2'/2jährigen Grundrißzeichnungen oder Photos des größeren Raumes und forderte die Kleinkinder auf, sie zu benutzen, um das Objekt zu finden. Dieselben Kinder, die mit dem maßstabgetreuen Modell scheiterten, waren mit den Grundrißzeichnungen und Photos erfolgreich. Demnach waren sie in der Lage, bestimmte symbolische Darstellungen als Werkzeuge zu nutzen, um Probleme zu lösen. DeLoache vermutete, daß die Ursache für die Schwierigkeit der 2jährigen mit den maßstabsgetreuen Modellen ein Konflikt war, sie einerseits nämlich als um ihrer selbst willen interessante Objekte zu betrachten und andererseits als Darstellungen für andere Objekte. In Einklang mit dieser Deutung erhöhte es den späteren Erfolg der Kinder, das Modell zu nutzen, um versteckte Objekte zu finden, wenn man sie erst mit dem Modell spielen ließ - was dazu führte, daß sie es als Objekt für sich betrachteten. Umgekehrt erlaubte das Unterbinden jeder potentiellen Interaktion mit dem Modell - es wurde in einen Glaskasten gestellt, in dem es gesehen, nicht aber berührt werden konnte - den 2'/2jährigen das versteckte Objekt erfolgreicher als gewöhnlich zu finden (DeLoache, 1989). Diese Interpretation macht auch verständlich, warum Bilder und Photographien früher als Hilfsmittel zur Problemlösung benutzt werden können als maßstabsgetreue Modelle: sie sind als Objekte nicht besonders interessant und deshalb tritt der Konflikt erst gar nicht auf (DeLoache & Burns, 1994; Troseth & DeLoache, 1996). Es ist ein glücklicher Umstand, daß Kinder symbolische Darstellungen bereits früh in ihrem Leben als Werkzeuge nutzen können, denn so viele der Werkzeuge,

356

Kapitel 8

die im modernen Leben wichtig sind, umfassen Symbole: gesprochene und geschriebene Sprache, Zahlensysteme, Meßinstrumente und natürlich Computer. Kinder begnügen sich jedoch nicht mit der Anwendung der symbolischen Werkzeuge, die ihnen ihre Kultur bietet; sie schaffen sich auch ihre eigenen. Selbstgeschaffene Werkzeuge. Eine Art Werkzeug, das sich Kinder schaffen, um Probleme zu lösen, sind informelle Landkarten. Bei Karmiloff-Smith (1979; 1986; 1992) spielten 7- bis 11jährige die Rolle von Sanitätern, die einen kranken Patienten ins Krankenhaus transportieren mußten. Das Zuhause des Patienten stellte ein Bild am Ende einer etwa 12 Meter langen Papierrolle dar, das Krankenhaus ein Bild am anderen Ende. Dazwischen lagen 20 Wahlpunkte. Jeder Wahlpunkt umfaßte zwei Möglichkeiten, wobei eine in die Sackgasse führte. Den Kindern wurde gesagt, sie sollten die Fahrt einmal ohne den Patienten machen, um den schnellsten Weg zu finden. Sie wurden auch ermuntert, sich auf dem Papier Markierungen zu machen, die ihnen helfen sollten, sich später an den Weg zu erinnern. Während der einstündigen Sitzung änderten die Kinder ihre Markierungen häufig, auch wenn die ursprünglichen Markierungen optimal waren. Die Markierungen einer 7jährigen sind in Abbildung 8.6 dargestellt. Anfangs markierte sie die Sackgasse nur durch einen Querstrich auf dem Pfad. Dann erweiterte sie die Darstellung, indem sie den falschen Pfad sowohl mit einem Querstrich als auch einem X und den richtigen mit einem Pfeil markierte. Schließlich kehrte sie zu der ursprünglichen prägnanteren Markierung zurück. Warum gaben die Kinder einen richtigen Ansatz auf, der es ihnen erlaubte, effektiv zu sein? Die Frage stellt sich nicht nur beim Zeichnen von Karten; dasselbe Phänomen taucht bei Kindern bei der Mengenerhaltung, bei Kategorieninklusionsstrategien und bei der Anwendung von Vergangenheitsformen und kausalen Verben auf (Bowerman, 1982; Markman, 1979). Karmiloff-Smith (1986; 1992) nahm an, daß der Prozeß eine Tendenz widerspiegelt, daß Kinder verstehen müssen, warum ihre Strategie funktioniert. Das erste Ziel von Kindern scheint es zu sein, etwas richtig zu machen. Dieses Ziel zu erreichen befriedigt sie jedoch nicht immer. Wenn sie nicht verstehen, warum ein Ansatz funktioniert oder vermuten, daß ein anderer Ansatz effektiver, effizienter oder eleganter sein könnte, geben sie zumindest temporär die ursprüngliche Methode auf. Diese Art der kognitiven Motivation zu verstehen und die Art und Weise, in der Kinder entscheiden, wann sie mit alternativen Ansätzen experimentieren, ist eine der großen Herausforderungen, mit der sich gegenwärtige Theorien kognitiver Entwicklung konfrontiert sehen.

Problemlösung

357

ABBILDUNG 8.6 Die von einer 7jährigen zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten während einer Sitzung gezeichneten Karten. Beachten sie, daß in der 2. Darstellung überflüssige Merkmale hinzugefügt und in der 3. wieder eliminiert wurden (nach Karmiloff-Smith, 1986; 1992). Am Anfang der Sitzung im Versuch

Zu einem späteren Zeitpunkt im Protokoll desselben Kindes

Zu einem noch späteren Zeitpunkt im Protokoll desselben Kindes

Meßinstrumente. Meßverfahren wie Zählen, Wiegen und der Gebrauch von Linealen sind besonders nützliche Werkzeuge zur Lösung vieler Probleme. Wie alle anderen Techniken zur Problemlösung sind aber auch sie zweischneidige Angelegenheiten. Wenn sie richtig angewendet werden, fördern sie das Lösen von Problemen. Wenn sie falsch angewendet werden, führen sie in die Irre. Betrachten wir, wie unzweckmäßige Anwendung von Meßtechniken - im besonderen das Zählen - Kinder in die Irre führen kann. Miller (1989) forderte 3- bis 10jährige auf, zwei Schildkröten dieselbe Menge Futter zu geben (das Futter stellten unterschiedlich große Tonklumpen dar). Die meisten Kinder wendeten eine Zählstrategie an, bei der sie einer Schildkröte ein Stück gaben, das nächste der anderen Schildkröte usw. Das Resultat war eine gleiche Aufteilung der Futterstücke, jedoch gewöhnlich nicht der Futtermenge, weil einige Stücke größer als andere waren. Der Glaube an die Effektivität des Zählverfahrens war stark genug, daß einige Vorschulkinder, als sie bemerkten, einer der Schildkröten ein Stück Futter mehr gegeben zu haben, einfach ein Stück teilten und beiden Schildkröten die Hälfte gaben und damit die Anzahl ausglichen. Mit zunehmendem Alter versuchten die Kinder häufiger gleich große Stücke zu machen, aber sie zählten immer noch die gleiche Anzahl für jede Schildkröte ab, auch wenn der Versuch, ihre Größe zu vereinheitlichen, scheiterte. Erst mit 9 Jahren verteilten die meisten Kinder das Futter zu gleichen Teilen und nicht die gleiche Anzahl der Stücke. Die Schwierigkeit erinnert an das falsche Einschätzen von Zeitspannen

358

Kapitel 8

bei den 5- bis 9jährigen, die in Einheiten unterschiedlicher Länge zählten (Levin, 1989). Meßinstrumente können die kindlichen Kapazitäten erweitern, aber sie können auch dazu verleiten, Fehler zu machen. Wissenschaftliches und logisches Denken Wissenschaftliches Denken. Kinder sind oft mit Forschern verglichen worden. Beide stellen grundlegende Fragen zur Natur des Universums. Beide stellen auch unzählige Fragen, die für andere recht trivial erscheinen. Schließlich wird beiden von der Gesellschaft die Zeit zugestanden, ihren Grübeleien nachzugehen. Diese Metapher des "Kindes als Forscher" hat viele Untersuchungen dahingehend motiviert, wie Kinder Hypothesen bilden, experimentieren und ihre Ergebnisse interpretieren. Trotz einiger globaler Ähnlichkeiten zwischen dem Problemlösen von Kindern und dem von Forschern, gibt es auch große Unterschiede. Einige betreffen die Qualität der Experimente. Es ist unwahrscheinlich, daß Kinder Experimente entwerfen, bei denen alle Variablen konstant bleiben, außer derjenigen, deren Wirkung untersucht wird; deshalb haben ihre Experimente häufig multiple Interpretationen (Klahr, Fay & Dunbar, 1993; Kuhn, Schäuble & Garcia-Mila, 1992). Sie fuhren außerdem häufig zu wenige Experimente durch, um den notwendigen Beweis zu erhalten (Klahr et al., 1993; Kuhn, Garcia-Mila, Zohar & Andersen, 1995). Das Verständnis der Logik des Experimentierens fehlt in der Kindheit nicht gänzlich. Wenn Erst- und Zweitkläßlern zwei potentielle Experimente vorgelegt werden, um eine einfache Frage zu lösen, ziehen sie das Experiment vor, das einen schlüssigen Beweis liefert (Sodian, Zaitchik & Carey, 1991). Allerdings ist die Fähigkeit von Kindern, Experimente zur Überprüfung einer Hypothese zu machen und Wege zu finden, zwischen alternativen Hypothesen zu entscheiden, recht begrenzt. Eine weitere wichtige Schwäche im wissenschaftlichen Denken von Kindern besteht im Trennen von Theorie und Beweis. Kinder sind oft nicht in der Lage, Schlußfolgerungen, die auf Beobachtungen basieren, von solchen zu unterscheiden, die auf ihren vorangegangenen Überzeugungen basieren (Dunbar & Klahr, 1988; Kuhn, Amsel & O'Loughlin, 1988; Kuhn et al., 1992; Metz, 1985). Sie haben besondere Schwierigkeiten damit, Experimente zu interpretieren, die Resultate an den Tag bringen, die mit ihren vorausgegangenen Überzeugungen nicht übereinstimmen. Die Fähigkeit, eine Überzeugung als Reaktion auf unerwartete Beobachtungen zu ändern, ist im wissenschaftlichen Kontext besonders wichtig, weil eine neue Beweislage häufig unerwartete Schlußfolgerungen nahelegt.

Problemlösung

359

Schäuble (1990) führte eine besonders interessante Studie hinsichtlich des Zusammenspiels von vorausgehenden Überzeugungen, dem Experimentieren ilnd dem Interpretieren von Versuchsergebnissen durch. Kindern zwischen 9 und 11 Jahren wurde ein Computerspiel vorgelegt, in dem Spielzeugrennwägen eine Rolle spielten. Die Aufgabe bestand darin, den kausalen Einfluß von fünf Faktoren auf die Geschwindigkeit der Rennwägen zu bestimmen: die Größe des Motors und der Reifen, das Vorhandensein von Seitenflossen und eines Auspuffs und die Farbe. In dem Spiel machten ein großer Motor und mittelgroße Reifen den Wagen schneller, Auspuff und Farbe waren irrelevant und das Nichtvorhandensein von Seitenflossen erhöhte die Geschwindigkeit des Wagens, wenn der Motor groß war und hatte keine Wirkung, wenn der Motor klein war. Die Kinder hatten acht Sitzungen, in denen sie die Wirkungen der fünf Eigenschaften lernten. In jeder Sitzung konnten sie die Wägen mit allen ausgewählten Eigenschaften ausstatten und dann die Geschwindigkeit der Wägen mit den entsprechenden Eigenschaften vergleichen. Die Aufgabe war an sich nicht schwierig. Wenn man eine Eigenschaft variierte und die anderen konstant hielt, konnten die Kinder rasch die Wirkung jeder Variabel erkennen. Legte man einem erwachsenen Wissenschaftler die Aufgabe vor, er würde die kausale Rolle aller Eigenschaften in einer einzigen Sitzung erkennen. Die 9- bis 11jährigen erkannten die Kausalzusammenhänge wesentlich langsamer. Ein Grund dafür war, daß mehr als die Hälfte ihrer Versuche ungültig waren. Bei diesen ungültigen Versuchen variierten die von den Kindern entworfenen Wagen oft in zwei oder mehr Aspekten, so daß es unmöglich war zu bestimmen, welcher Faktor die Unterschiede in der Geschwindigkeit verursachte. Auch als die Kinder gültige Versuche durchführten, zogen sie oft Schlüsse, die nicht mit den Beweisen übereinstimmten, aber mit ihren zugrundeliegenden Überzeugungen. Darüber hinaus schwankten sie auch, nachdem sie die Rolle einer Variabel zum ersten Mal richtig eingeschätzt hatten und mit der Hypothese übereinstimmende Beweise erhielten, zwischen der richtigen neuen Hypothese und der falschen Erwartung, die die ihr zugrundeliegende Überzeugung bewirkt hatte. Das Bild über das wissenschaftliche Denken der 9- bis 11jährigen war nicht ganz düster. Die Kinder zeigten während der acht Sitzungen substantielle Lernerfolge. Der Anteil der gültigen Versuche stieg, sie zogen vermehrt die richtigen Schlußfolgerungen und ihre Vorhersagen hinsichtlich der Geschwindigkeit der Rennwägen wurde genauer. Das Üben wissenschaftlichen Denkens verbessert demnach die experimentellen Methoden von Kindern und ihre Fähigkeit, richtige Schlüsse zu ziehen, beträchtlich.

360

Kapitel 8

Auch Erwachsene entsprechen häufig nicht den Idealen wissenschaftlicher Problemlösung. Sie deuten Ergebnisse so um, daß sie mit ihren zugrundeliegenden Überzeugungen übereinstimmen, vertrauen weiterhin auf falsche alte Hypothesen, nachdem sie bereits neue richtige gebildet hatten und verändern in Experimenten mehr als eine Variabel (Kuhn et al., 1995; Oaksford & Chater, 1994; Shaklee & Elek, 1988). Auch sie bauen ihre Experimente selten auf einem grundlegenden Plan auf, was dazu führt, daß die Experimente häufig keine eindeutigen Schlußfolgerungen zulassen (Schäuble, 1996). Allerdings sind die Experimente von Erwachsenen geschickter und ihre Interpretation der Ergebnisse etwas weniger mit Vorurteilen belastet. In einer Studie etwa, in der Aufgaben, vergleichbar mit dem Problem der Rennwägen gestellt wurden, veränderten die Erwachsenen in 56 Prozent ihrer Versuche jeweils nur eine Variabel, gegenüber 34 Prozent bei den 11jährigen, und die Erwachsenen zogen in 72 Prozent der Fälle gültige Schlüsse, gegenüber 43 Prozent der 11jährigen (Schäuble, 1996). Demnach verbessert sich wissenschaftliches Denken substanziell mit zunehmendem Alter, allerdings bleibt das Erkennen von Ursachen durch gültiges Experimentieren und die Interpretation der Ergebnisse für Erwachsene wie für Kinder eine schwierige Aufgabe. Deduktives Denken. Betrachten wir die folgende fehlerfreie Logik eines 4jährigen:"Wenn es nicht kaputtgeht, wenn ich es fallenlasse, ist es ein Stein.... Es ist nicht kaputtgegangen: es muß ein Stein sein" (Scholnick & Wing, 1995, S. 342). Und betrachten wir nun den Kommentar einer 3jährigen gegenüber ihrer Mutter über eine bereits geöffnete Dose Mineralwasser im Kühlschrank: "Wessen Dose ist das? Es ist nicht deine, weil sie keinen Lippenstift am Rand hat" (DeLoache, Miller & Pierroutsakos, in Druck). Die 3jährige scheint zu denken: "Meine Mutter macht immer Lippenstift auf die Dosen, wenn sie aus ihnen trinkt; auf dieser Dose ist kein Lippenstift, deshalb hat sie nicht daraus getrunken". Diese Äußerungen sind alltägliche Beispiele für deduktives Denken, ein Prozeß, der zur Lösung von Problemen herangezogen werden kann, immer dann, wenn die in einer ersten Äußerung zu einem Problem gelieferte Information ausreicht, um sicher zu gehen, daß eine bestimmte Lösung richtig ist. Wenn in der deduktiven Beweisführung die Prämissen stimmen, sind die Schlußfolgerungen zwingend notwendig. Der Deduktion wir häufig die induktive Beweisführung gegenübergestellt, die bedeutet, aus Beobachtungen verallgemeinernde Schlüsse zu ziehen. Die durch induktive Beweisführung gezogenen Schlüsse sind hochgradig wahrscheinlich, aber nicht sicher. Die folgenden Beispiele von Galotti, Komatsu und Voelz (1997) verdeutlichen den Unterschied:

361

Problemlösung

Deduktives Problem

Induktives Problem

Alle Poggops tragen blaue Stiefel. Tombor ist ein Poggop. Trägt Tombor blaue Stiefel?

Tombor ist ein Poggop. Tombor trägt blaue Stiefel. Tragen alle Poggops blaue Stiefel?

In dem deduktiven Problem können wir mit 100 Prozent Gewißheit schlußfolgern, daß Tombor blaue Stiefel trägt. Schließlich ist er ein Poggop und alle Poggops tragen blaue Stiefel. In dem induktiven Problem können wir nicht mit Gewißheit schlußfolgern, daß alle Poggops blaue Stiefel tragen. Wir können diese Schlußfolgerung auch dann nicht ziehen, wenn wir 1000 Poggops gesehen haben, die alle blaue Stiefel trugen. Es kann immer irgendwo einen Poggop geben, den wir nicht gesehen haben und der rote Stiefel trägt; wenn dem so ist, tragen nicht alle Poggops blaue Stiefel. Deshalb ist die beste Antwort auf das induktive Problem, daß wir nicht sagen können, ob alle Poggops blaue Stiefel tragen. Obwohl kleine Kinder sowohl deduktive als auch induktive Beweise anführen, ist unklar, ob sie den Unterschied verstehen (Cauley, 1985; Gellatly, 1987; Markovits, 1993; Murray, 1987; Murray & Armstrong, 1976). Betrachten wir die Antworten von Kindergartenkindern und Viertkläßlern auf die Fragen nach Tombor und andere vergleichbare. Kindergartenkinder reagierten auf die induktiven und die deduktiven Probleme ähnlich; sie glaubten mit der gleichen Wahrscheinlichkeit, daß beide Arten der Aussage stimmen würden. Viertkläßler hingegen hielten den deduktiven Schluß häufiger für richtig, hatten mehr Zutrauen, daß sie richtig liegen würden und zogen ihre Schlüsse schneller als bei den induktiven Problemen. Diese Ergebnisse legen nahe, daß die Viertkläßler im Gegensatz zu den Kindergartenkindern verstanden, daß deduktive und induktive Beweisführung unterschiedlich ist (Galotti, Komatsu & Voelz, 1997). Diese und andere Beispiele lassen vermuten, daß kleine Kinder wie die Kindergartenkinder bei Galotti et al. ihre deduktiven Ableitungen nicht als anders wahrnehmen als andere Ableitungen, so wie etwa, daß es zu Mittag kein Müsli und keinen Orangensaft gibt. Dieses Unvermögen zwischen logisch zwingenden und empirisch wahrscheinlichen Ergebnissen zu unterscheiden, könnte den Eifer kleiner Kinder erklären, Zusammenhänge mit empirischen Mitteln zu verifizieren, die ältere Kinder und Erwachsene als bloße logische Relationen betrachten ( Effklides, Demetriou & Metallidou, 1994; Galotti & Komatsu, 1989; Kuhn 1989; Overton, Ward, Noveck, Black & O'Brien, 1987). 7jährige insistierten beispielsweise häufig, die Versuchsleiterin sollte ihre Hand öffnen, bevor sie die Aussage, "der Spielstein, den ich in der Hand habe, ist entweder blau oder nicht", als wahr akzeptierten (Osherson & Markman, 1975).

362

Kapitel 8

Das Unvermögen zwischen empirisch wahrscheinlichen und logisch zwingenden Ergebnissen zu unterscheiden, würde auch die scheinbar gegenläufige Tendenz kleiner Kinder verständlicher machen, Schlüsse zu ziehen, wenn die Beweislage es ihnen logischerweise nicht erlaubt (Acredolo & Horobin, 1987; Byrnes & Overton, 1986). In einem Spiel beispielsweise, in dem nacheinander vier Schachteln geöffnet wurden, mußten die Kinder immer, nachdem eine Schachtel geöffnet wurde, sagen, ob sie mit Sicherheit sagen könnten, in welcher Schachtel rote Spielsteine wären. Die meisten 5jährigen entschieden sich fur die erste Schachtel, in der sie rote Spielsteine entdeckten, auch dann, wenn ihnen die Frage gestellt wurde: "Könnten sie auch in einer der anderen (ungeöffneten) Schachteln sein?" (Fay & Klahr, 1996). Warum brauchen Kinder so lange, um den Unterschied zwischen deduktiver und induktiver Beweisführung zu verstehen, denken sie doch von sehr frühem Alter an deduktiv? Haiford (1993) schlug drei Einflußfaktoren vor: Verständnis der grundlegenden Logik der Deduktion, Entscheidung zwischen alternativen Strategien und Grenzen der Informationsverarbeitung. In Haifords Theorie hat deduktive Beweisführung ihren Ursprung im Verständnis konkreter Situationen. Dies kann im Kontext transitiver Schlußfolgerung (wenn Α > Β und Β > C, dann ist A > C) illustriert werden. Haiford nahm an, daß Kinder solche Beweisführungen zum ersten Mal im Kontext alltäglicher Aktivitäten an den Tag legen, wie etwa dann, wenn sie mit Bauklötzchen spielen. Im besonderen stellen sie etwa fest, daß dann, wenn Klötzchen Α größer ist als Klötzchen Β und Klötzchen Β größer als Klötzchen C, dann muß auch Klötzchen Α zwingend größer sein als Klötzchen C. Dieses frühe Verständnis könnte als gedankliches Modell dienen, das nützlich ist, um zu entscheiden, wie andere Anordnungen dargestellt werden können. In Einklang mit dieser Ansicht können 4jährige von der Geschichte Goldlocke und die drei Bären - in der die Attribute von Papibär immer die größten sind und die von Babybär immer die kleinsten und die von Mamibär dazwischen - Analogien bilden, um Probleme transitiver Schlußfolgerung zu lösen, die sie sonst wahrscheinlich nicht gelöst hätten (Goswami, 1995b). In Haifords Modell sind bessere Entscheidungen bei alternativen Strategien eine zweite Ursache der Entwicklung logischer Deduktion. Kinder kennen normalerweise verschiedene Strategien, um Probleme zu lösen und kleine Kinder wählen vielleicht andere Strategien als die Deduktion, auch wenn sie ihre grundlegende Logik verstehen. Transitive Schlußfolgerung kann wiederum als Illustration dienen. Unter gewissen Umständen lösen selbst 5jährige derartige Probleme mit logischen Mitteln (Trabasso, Riley & Wilson, 1975), aber sie kennen und verwenden auch alternative Strategien, um sie zu lösen. Eine solche Alternative ist es,

363

Problemlösung

einfach zu vermuten, daß das zuletzt genannte Objekt bei jedweder zu vergleichender Eigenschaft das größte ist (Haiford, 1984). Diese Vereinfachungsstrategie reduziert die zu verarbeitenden Informationen, aber sie tut dies mit dem Risiko, hinsichtlich der Reihenfolge falsch zu liegen (wie in Abbildung 8.7 dargestellt). Eine andere Strategie, die dieselben Ziele erreicht - und dieselben Nachteile hat -, ist es, sich die Essenz der Prämissen, nicht aber ihre Details einzuprägen; zum Beispiel indem man vermutet, daß auf einen bestimmten Stock immer Bezug genommen wird, wenn er länger als andere ist (Brainerd & Reyna, 1990). Weil diese Strategien häufig zu falschen Antworten führen, stützen sich Kinder immer öfter auf den alternativen Ansatz der Deduktion. Hypothetische Repräsentation: größer als

I

t klüger als

Problem transitiver Schlußfolgerung: Prämissen: Bill ist klüger als Tom Tom ist weniger klyg als Mike Schlußfolgerung: Bill ist klüger als Mike

ABBILDUNG 8.7 Haifords (1990) Analyse der möglichen Irrtümer eines Kind bei Problemen transitiver Schlußfolgerung durch Analogien aus früherem Wissen auf Bauklötzchen. Bill ist vielleicht tatsächlich klüger als Mike oder auch nicht. Schließlich nehmen auch die Informationsverarbeitungskapazitäten während der Entwicklung zu: diese Zuwächse erlauben es Kindern, sich alle relevanten Informationen auch in komplexeren Situationen einzuprägen und ermöglichen es ihnen deshalb sowohl in solchen als auch in weniger fordernden Situationen deduktive Schlüsse zu ziehen.

364

Kapitel 8

Haifords Theorie impliziert, daß sich die Leistung von Kindern bei deduktiven Problemen verbessert, wenn man ihnen Strategien beibringt, die die logischen Relationen der Prämissen richtig darstellen, aber die zu verarbeitenden Informationen reduzieren. Für Syllogismusprobeme (ζ. B. "Alle As sind Bs, alle Cs sind Bs, sind dann alle As auch Cs?") bieten Venn-Diagramme eine solche Strategie. Erwachsene wenden häufig spontan Venn-Diagramme bei solchen Problemen an (Oakhill, 1988), aber Kinder wissen selten, wie sie dies tun können. Allerdings hilft es Sechst- und Achtkläßlern, denen man den Umgang mit VennDiagrammen beigebracht hat, logische Fehler zu vermeiden, wie etwa, daß es im Sommer mehr gebräunte Frauen am Strand gibt als Frauen am Strand (Agnoli, 1991). Es sind also mindestens vier Verbesserungen, die zur Entwicklung deduktiver Beweisführung beitragen: verbessertes Verständnis der grundlegenden Logik der Deduktion, bessere Entscheidungen bei alternativen Strategien, größere Informationsverarbeitungskapazität und das Erlernen neuer Möglichkeiten, um die Prämissen deduktiver Probleme darzustellen. Gemeinschaftliche Problemlösung In den vorangegangenen Abschnitten dieses Kapitels wurde beschrieben, wie Kinder Probleme alleine lösen. Viele Problem von Kindern (und Erwachsenen) müssen jedoch mit anderen Menschen gelöst werden: mit Gleichaltrigen, jüngeren oder älteren Kindern und Erwachsenen. In diesem Abschnitt untersuchen wir die sich entwickelnde Fähigkeit, Probleme gemeinsam mit anderen Menschen zu lösen und die Faktoren, die den Erfolg derartiger Zusammenarbeit bestimmen. Es sind meist Erwachsene, die kleinen Kindern Gelegenheiten zu gemeinschaftlicher Problemlösung liefern. Das ist an sich nicht schlecht, weil Erwachsene Kindern im allgemeinen effektiver helfen, Probleme zu lösen als andere Kinder. Die Überlegenheit der Erwachsenen als Lehrer ist nicht nur darauf zurückzufuhren, daß sie mehr über die zu lösenden Probleme wissen; auch wenn kindliche und erwachsene Lehrer eine Aufgabe gleich gut verstehen, lehren die Erwachsenen doch effektiver (Ellis & Rogoff, 1986; Lacasa & Villuendas, 1989; Radziszewska & Rogoff, 1988). Diese Überlegenheit scheint großenteils auf ihren Interaktionsstil zurückzuführen zu sein. Es ist wahrscheinlicher, daß Erwachsene die Ziele einer Aufgabe umreißen, Strategien erörtern, um die Ziele zu erreichen und die Lernenden in die Entscheidungsprozesse miteinbeziehen. Im Gegensatz dazu vertrauen 5- bis 9jährige, wenn sie anderen etwas beibringen, mehr darauf, den Lernenden ohne die Gründe zu erklären, einfach zu sagen, was sie tun sollen. In Einklang mit dieser Interpretation, warum Erwachsene effektiver sind, fordern Erwachsene, die die Verantwortung in größerem Maß mit den Lernenden teilen,

Problemlösung

365

effektiveres Lernen als Erwachsene, die das Kind weniger einbeziehen (Gauvain & Rogoff, 1989). Wie steht es mit der Zusammenarbeit von Gleichaltrigen? Wenn Kinder beim Lösen von Problemen zusammenarbeiten, hat dies viele potentielle Vorteile. Es kann sie dazu motivieren, schwierige Aufgaben anzugehen, Möglichkeiten liefern, die Fähigkeiten des anderen nachzuahmen und zu lernen, ihr Verständnis aufeinander abzustimmen, indem sie erklären, was sie wissen, und an Diskussionen teilhaben, die ihr eigenes und das Verständnis ihrer Partner vergrößern (Azmitia, 1996). Diese potentiellen Vorteile haben dazu geführt, daß Gruppenarbeit in vielen Schulsystemen weitreichende Anwendung findet. Aber hat die Zusammenarbeit von Gleichaltrigen die gewünschte Wirkung auf das Lernen? Die Antwort scheint "manchmal ja, manchmal nein" zu sein. Einige Studien haben herausgefunden, daß das Lösen von Problemen mit anderen Kindern größere Lerneffekte bewirkt als dann, wenn Probleme allein gelöst werden (Blaye, Light, Joiner & Sheldon, 1991; Perret-Clermont & Schubauer-Leoni, 1981); andere nicht (Russell, 1982; Tudge, 1992). Wieder andere haben herausgefunden, daß, abhängig von den Anweisungen für die Aufgabe und von der Art der Interaktion von Kindern, beide Ergebnisse eintreten können (Glachan & Light, 1982; Levin & Druyan, 1993). Die Effizienz der Zusammenarbeit verändert sich mit dem Alter von Kindern, ihrer entsprechenden Sachkenntnis, ihrem kulturellen Hintergrund und den zu lösenden Problemen. Betrachten wir zunächst, wie sich die Wirkung der Zusammenarbeit mit dem Alter verändert. Die Fähigkeit, mit Gleichaltrigen effektiv zusammenzuarbeiten, ist eine relativ späte Entwicklung. Noch 5jährige, in vielen Situationen kompetente Problemloser, haben Schwierigkeiten mit anderen zusammenzuarbeiten, um selbst einfachste und vertrauteste Probleme zu lösen (Tomasello, Kruger & Ratner, 1993). Die begrenzte Fähigkeit, Ablenkungen zu ignorieren, die Aufmerksamkeit so zu koordinieren, daß beide Partner über denselben Aspekt des Problems nachdenken, sprachlich präzise genug zu sein, um Ideen zu vermitteln und zu kooperieren, sind alles Einflußfaktoren dieser Schwierigkeiten. Zu kooperieren ist häufig für kleine Kinder besonders schwierig. Betrachten wir die folgende Episode zweier Vorschulkinder. Einem von beiden wurde beigebracht, wie man ein Lego-Haus baut, weshalb er ein "Experte" auf diesem Gebiet war. Die Kinder wurden aufgefordert, zusammen ein weiteres Lego-Haus zu bauen, aber der Experte war nicht im geringsten daran interessiert, daß der Anfänger ihm dabei half: Anfanger: Du mußt mich helfen lassen. Du hast gesagt, daß du es tust. Experte: Wenn ich damit fertig bin (der Tür).

366

Kapitel 8

Α: (Seufzt, lehnt sich zurück, verschränkt die Arme und runzelt die Stirn. 22 Sekunden später nimmt er einige Legosteine und beginnt einen Teil des Modells zu bauen - richtig. Als das Teil fertig ist, gibt er es dem Experten.) Ich habe das für unser Haus gebaut. E: Ich baue das Haus, du sucht Legosteine, wenn ich es dir sage, ok? Gib mir einen gelben mit zwei Steckpunkten. A: Ich will auch bauen. Sie (die Versuchsleiterin) hat gesagt, arbeitet zusammen. Mein Fenster ist gut... E: Also, es paßt nicht in mein Haus (schiebt das Modell des Hauses außer Reichweite des Anfängers). A: (Fängt an, am Tisch zu rütteln, so daß der Experte nicht mehr weiterbauen kann.) E: Laß das! Wenn du nicht damit aufhörst, kriegen wir es nicht fertig. Ich bin fast fertig mit der Tür. A: (Hört auf am Tisch zu rütteln, beobachtet den Experten, bis er die Tür fertig hat) Jetzt bin ich dran! Jetzt bin ich dran! (Azmitia, 1996, S. 142)

Der Anfänger rächte sich schließlich für die im angetanen Kränkungen. Als der Experte sich weiterhin weigerte, ihm eine größere Rolle zuzugestehen, fing er an, ihn mit Legosteinen zu bewerten. Als der Experte seine Hände hochhob, um sich zu schützen, zerschlug der Anfänger das Legohaus. Dies beendete die Zusammenarbeit. Auch dann, wenn Kinder in der Lage sind, gut genug zusammenzuarbeiten, um sich während der Zusammenarbeit nicht gegenseitig zu attackieren, variiert das Ausmaß, mit dem sie sich gedanklich miteinander befassen, beträchtlich. Wie sehr sie sich miteinander befassen, beeinflußt die Effektivität der Zusammenarbeit in hohem Maße. Es ist wahrscheinlicher, daß Kinder, die die Gedanken des anderen verstehen und diskutieren, Probleme lösen und aus ihren Erfahrungen lernen als diejenigen, die dem Denken des anderen weniger Beachtung schenken (Azmitia, 1996; Azmitia & Montgomery, 1993; Berkowitz & Gibbs, 1985; Forman & MacPhail, 1993; Kruger, 1992; Tolmi, Howe, Mackenzie & Greer, 1993). Diejenigen, die sich gleichzeitig auf dieselben Fragen konzentrieren, werden mit größerer Wahrscheinlichkeit ihre unterschiedlichen Ideen zu neuen Theorien oder Regeln zusammenfügen, die Stärken und Schwächen des jeweiligen Ansatzes erkennen und die Vorstellungen des anderen nutzen, um die eigenen Schwächen zu erkennen. Solche transaktiven Dialoge werden sowohl von Kindern im Grundschulalter als auch von Jugendlichen geführt, allerdings ist es wahrschein-

Problemlösung

367

licher, daß die Diskussionen der Jugendlichen auch Analysen des Denkens des Partners und Einwende dagegen umfassen (Berkowitz & Gibbs, 1985; Dimant & Bearison, 1991). Reden allein verbessert nicht das Lösen von Problemen; Kinder, die alleine Probleme lösen, laut sagen zu lassen, was sie tun, ist demnach nicht nützlich (Teasley, 1995). Vielmehr scheint der Schlüssel der Grad zu sein, bis zu dem die Teilnehmer aktiv über die Vorstellungen des anderen nachdenken. Ein weiterer Einflußfaktor auf die Effektivität der Zusammenarbeit von Gleichaltrigen ist ihre entsprechende Sachkenntnis. In Situationen, in denen die Zusammenarbeit nicht von externem Feedback begleitet wird, treten durchwegs drei Beobachtungen zu Tage (Ellis & Siegler, 1994): (1) wenn keines der beiden gleichaltrigen Kinder vor der Zusammenarbeit den relevanten Begriff versteht, ist der Lerneffekt gering, (2) wenn Kinder mit relativ geringem Wissen und Kinder mit relativ großem Wissen gepaart werden, eignen sich die Kinder mit dem relativ geringen Wissen häufig differenziertere Regeln an, während die Kinder mit dem relativ großen Wissen weiterhin dieselben Ansätze anwenden wie zuvor und (3) wenn Kinder mit relativ geringem Wissen und Kinder mit relativ großem Wissen gepaart werden, ist die höchste Regel, die beide Partner erreichen können, diejenige mit der das Kind mit dem relativ großen Sachwissen beginnt. Wenn andererseits externes Feedback gegeben wird, lernt ein Partner oder beide Partner sehr häufig Regeln, die differenzierter sind, als die von beiden zu Beginn angewandten (Ellis, Klahr & Siegler, 1993). Der Schwierigkeitsgrad der Aufgabe beeinflußt ebenfalls die Wirkung der Zusammenarbeit. Bei Aufgaben, die entweder bereits von einem der Partner verstanden werden oder von denen zu erwarten ist, daß sie relativ bald beherrscht werden, fordert Zusammenarbeit tendenziell erfolgreiches Problemlösen und Lernen (Ames & Murray, 1982; Perret-Clermont & Schubauer-Leoni, 1981). Bei Aufgaben, die keines der Kinder versteht und die weit über ihrem existierenden Wissen liegen, bewirkt Zusammenarbeit häufig Rückschritte oder keine Verbesserung im Verständnis (Levin & Druyan, 1993; Tudge, 1992). Das entsprechende Zutrauen der Partner in ihr Denken scheint mit dieser Wirkung verknüpft zu sein. Bei den einfacheren Aufgaben tendieren Kinder, die richtig antworten, dazu, zuversichtlicher zu sein als diejenigen, die falsch antworten. Dies kann den Partner, der falsch antwortet, ermuntern, ihrer Führung zu folgen. Bei schwierigen Problemen hingegen, tendieren Kinder, deren Argumentation weniger differenziert ist, dazu, zuversichtlicher zu sein, weil sie die Plausibilität alternativer Perspektiven nicht erkennen können (Levin & Druyan, 1993). Das hat manchmal den nachteiligen Effekt, daß sich Kinder, deren Argumentation differenzierter ist, der weniger differenzierten Argumentation ihrer zuversichtlicheren Partner zuwenden.

368

Kapitel 8

Kulturelle Normen beeinflussen ebenfalls den Stil und die Ergebnisse der Zusammenarbeit von Kindern. Eine Studie, die dieses Phänomen dokumentiert, verglich gemeinschaftliche Problemlösung von Navajo und euroamerikanischen Kindern (Ellis & Schneiders, 1989). Die Aufgabe betraf ein Brettspiellabyrinth. Weil das Labyrinth viele Sackgassen hatte, war es sinnvoll eine Route zu planen, bevor es durchquert wurde. Die Kinder, denen ein Teil des Problems erklärt wurde (die "Lehrer"), arbeiteten mit jüngeren Kindern zusammen, die keinerlei Einweisung in das Problem erhalten hatten (die "Lernenden"). Weil die NavajoKultur Schnelligkeit nicht so hoch bewertet wie die durchschnittliche amerikanische Kultur und weil die Navajo-Kultur sowohl individuelle Autonomie als auch Kooperation hoch bewertet, wurde erwartet, daß die Navajo-Lehrer und -Lernenden so interagieren würden, daß die Lernenden mehr Zeit fur das Planen aufbringen würden, ohne daß die Lehrer sie dazu antreiben würden, Züge zu machen. Beide Voraussagen erwiesen sich als richtig. Im besonderen bei den schwierigsten Problemen (die die meiste Planung erforderten) planten die Navajo-Kinder länger als ihre euroamerikanischen Pendants. Sie machten auch weniger Fehler beim Lösen der Probleme im Labyrinth. Demnach beeinflussen kulturelle Werte ebenso wie Alter, Sachkenntnis, der Grad des Engagements bei der Aufgabe und der Schwierigkeitsgrad der Aufgabe selbst gemeinschaftliches Problemlösen.

8.3 ZUSAMMENFASSUNG Problemlösung umfaßt die Bemühungen von Kindern eine große Zahl von Prozessen zu orchestrieren, um Hindernisse zu überwinden und Ziele zu erreichen. Sie wird in großem Maße von der Struktur der Aufgabe beeinflußt; deshalb ist eine genaue Problemanalyse für das Verständnis sowohl erfolgreicher als auch erfolgloser Versuche, Probleme zu lösen, von entscheidender Bedeutung. Das Kodieren der kritischen Informationen der Aufgabe, die Bildung zweckmäßiger gedanklicher Modelle aus den kodierten Informationen, das Zusammenfügen von bereichsspezifischem und bereichsübergreifendem Wissen und die Auswahl zweckmäßiger Problemlösungsstrategien gehören zu den wichtigsten Determinanten für erfolgreiche Problemlösung. Jüngste Forschungen haben gezeigt, daß jüngere Kinder kompetentere und ältere Kinder weniger kompetente Problemloser sind als früher angenommen. Allerdings gibt es auch eine substantielle Entwicklung in der Bandbreite der Probleme, die Kinder lösen können. Diese allgemeinen Muster werden in der Leistung der Kinder bei Problemstellungen mit Waagen deutlich. Die Problemanalyse ließ vermuten, daß Kinder eine

Problemlösung

369

von vier Lösungsregeln anwenden würden, um Problemstellungen mit Waagen zu lösen. Diese Regeln reichten von Urteilen, die sich alle auf die Gewichtsmenge auf einer Seite stützten, bis zum Berechnen des Kippmoments, wenn nötig. Die Anwendung der Regelfestlegungsmethode zeigte, daß Kinder diese Regeln benutzten. Einige der Ansätze, im besonderen die Tendenz von 4 bis 6jährigen, ihre Urteile auf eine einzige, auffällige Größe zu stützen, haben sich bei vielen Aufgabenstellungen als allgemeingültig erwiesen. Unterschiede in der Lernentwicklung bei Problemstellungen mit Waagen sind zu einem großen Teil auf die begrenzten Kodierungsfähigkeiten kleiner Kinder zurückzufuhren. Es hilft Kindern, effektiver zu lernen, wenn man ihnen hilft, relevante Informationen zu kodieren. Zu den wichtigsten Problemlösungsprozessen gehören Planen, analoges Denken, Kausalschluß, der Gebrauch von Werkzeugen, wissenschaftliche Beweisführung und deduktives Denken. Planen ist zukunftsorientiertes Problemlösen. Es wird meist in komplexen und neuen Situationen angewendet. Eine häufige Art der Planung ist die Ziel-Mittel-Analyse, die bedeutet, Unterschiede zwischen dem gegenwärtigen Zustand und dem Ziel schrittweise zu reduzieren. Einfache Formen dieses Ansatzes werden sowohl bei der Lösung von Aufgabenstellungen mit Waagen als auch beim Erreichen weiter entfernter Spielsachen bereits im ersten Lebensjahr eines Kindes deutlich. Entwicklung beim Planen findet vor allem in der Anzahl und Komplexität von Unterzielen statt, die sich Kinder einprägen können und in ihrer Fähigkeit, der Versuchung zu widerstehen, kurzfristige Ziele auf Kosten langfristiger Ziele zu erreichen. Viele kausale Rückschlüsse basieren auf drei Variablen, deren Bedeutung von dem im 18. Jahrhundert lebenden Philosophen David Hume erkannt wurde: Kontiguität, Präzedenz und Kovarianz. Bereits Säuglinge werden von der Kontiguität beeinflußt. Präzedenz übt manchmal bereits mit 3 Jahren, durchwegs aber mit 5 Jahren einen Einfluß aus. Kovarianz wird bei gleichzeitiger Abwesenheit von Kontiguität nach dem 5. Lebensjahr immer wichtiger. Allerdings wird einer vierten Variabel noch mehr Gewicht zugeschrieben als diesen dreien: der Existenz von Mechanismen, die plausiblerweise die Wirkung erzielen könnten. Die Entscheidungen von Vorschulkindern zwischen potentiellen alternativen Ursachen spiegeln primäre Aufmerksamkeit für Mechanismen wider, die die Wirkungen erzielen könnten, sekundäre Aufmerksamkeit für perzeptorisch auffällige Informationen und tertiäre Aufmerksamkeit für andere Schlüsselreize wie konsistente Kovarianz. Bereits sehr kleine Kinder können in einfachen Situationen Analogien bilden, aber sogar Erwachsene scheitern häufig daran, andere potentiell wichtige Analogien zu erkennen. Viele derselben Variablenbeeinflussen bei Kindern und Erwachsenen den Erfolg von Analogieschlüssen. Allerdings erkennen ältere Kinder

370

Kapitel 8

und Erwachsene wesentlich mehr Analogien als kleine Kinder, besonders dann, wenn oberflächliche Merkmale eines Problems den Zusammenhang der alten und der neuen Situation verdunkeln. Der Gebrauch von Werkzeugen zur Lösung von Problemen zeigt sich ebenfalls bereits bei sehr kleinen Kindern. Einige dieser Werkzeuge, wie etwa Stöcke und Rechen, können genutzt werden, um Ziele direkt zu erreichen. Andere wie Landkarten und maßstabsgetreue Modelle sind in weniger direkter Weise effektiv. Werkzeuge sind jedoch nicht immer von Vorteil. Ihre Verfügbarkeit kann Kinder zu Fehlern verleiten, ihnen aber auch helfen ansonsten zu schwierige Probleme zu lösen. Wissenschaftliches und logisches Denken sind Fähigkeiten, die sich erst relativ spät entwickeln. Kinder empfinden es als besonders schwierig, Experimente zu entwerfen, die eindeutige Schlüsse hinsichtlich ihrer Hypothesen zulassen. Sie finden es auch schwierig, Theorie und Beweislage zu trennen; häufig beeinflussen ihre anfänglichen Annahmen sowohl die von ihnen gestalteten Experimente als auch die Schlußfolgerungen, die sie aus den Beweisen ziehen. Erwachsene haben ebenfalls diese Schwierigkeiten, aber in geringerem Ausmaß. Was die logische Deduktion betrifft, leiten bereits kleine Kinder einige Schlußfolgerungen ab, aber der Unterschied zwischen induktiver und deduktiver Beweisführung wird im allgemeinen erst in der späten Kindheit oder der Adoleszenz verstanden und manchmal nicht einmal dann. Ein Großteil der Schwierigkeiten liegt in der Unterscheidung von zwingenden Schlüssen, wenn die Prämissen bestimmt sind, und solchen, die bloß wahrscheinlich sind. Viele Probleme werden in Zusammenarbeit mit anderen Menschen gelöst. Vor dem 6. Lebensjahr beschränkt sich diese Zusammenarbeit meist auf die Hilfe der Erwachsenen beim Lernen. Dies hat Vorteile, weil Kinder durch die Zusammenarbeit mit Erwachsenen besser lernen, Probleme zu lösen als mit anderen Kindern. Die Erwachsenen beziehen sie mehr in den Problemlösungsprozeß mit ein und außerdem wissen sie häufig mehr über die entsprechenden Probleme. In der späten Kindheit und Adoleszenz sind Kinder immer besser in der Lage, effektiv zusammenzuarbeiten. Die Wahrscheinlichkeit, daß solche Zusammenarbeit erfolgreich ist, ist dann am größten, wenn die Partner sich auf das Denken des anderen konzentrieren und es aktiv analysieren. Weitere Faktoren, die die Zusammenarbeit von Gleichaltrigen beeinflussen, sind Alter, Sachkenntnis, kultureller Hintergrund und der Schwierigkeitsgrad der Probleme.

Problemlösung

371

LITERATUREMPFEHLUNGEN DeLoache, J. S. (1994). Early understandig and use of symbols: The model model. Current Directions in Psychological Science, 4, 109-113. DeLoache faßt ihre einnehmenden Forschungsergebnisse hinsichtlich der Veränderungen in der frühen Kindheit in der Fähigkeit, symbolische Darstellungen zur Problemlösung heranzuziehen, kurz zusammen. Haiford, G. S. (1993). Children's understanding: The development of mental models. Hillsdale, NJ: Erlbaum. Dieses Buch liefert einen integrativen Beitrag zu der Frage, wie Veränderungen gedanklicher Modelle, der Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses und der Erfahrungen bei der Problemlösung kognitive Entwicklung formen. Kuhn, D. Garcia-Mila, M., Zohar, A. & Andersen, C. (1995). Strategies of knowledge acquisition. Monographs of the Society for research in Child Development, 60 (Nr.245). Eine ungewöhnlich

präzise Beschreibung, wie sich Kinder und Erwachsene neues Wissen aneignen. Rogoff, B. (1990) Apprenticeship in thinking. New York: Oxford University Press. Vielleicht die differenzierteste Auswertung der Ergebnisse zu der Frage, wie Kinder und Erwachsene gemeinsam die Bedingungen schaffen, unter denen kognitives Wachstum stattfindet. Vosniadou, S. & Brewer, W. (1992). Mental models of the earth: Α study of conceptual change in childhood. Cognitive Psychology, 25, 535-85. Zu deuten, was Erwachsene meinen, ist nicht einfach, besonders dann, wenn ihre Behauptungen scheinbar offensichtlichen Wahrheiten widersprechen. Die gedanklichen Modelle von Kindern hinsichtlich der Form der Erde verdeutlichen sowohl die kindliche Naivität als auch die Zweideutigkeit selbst der einfachsten Äußerungen, wie etwa, daß die Erde rund ist.

Kapitel 9

DIE ENTWICKLUNG SCHULISCHER FÄHIGKEITEN Ich kämpfte mich durch das Alphabet als wäre es ein Brombeerbusch, recht besorgt und von jedem Buchstaben zerkratzt. Danach fiel ich unter die Räuber, diese neun Gesellen, die jeden Abend etwas anderes zu tun schienen, um sich zu tarnen und ein Wiedererkennen zu vereiteln. Aber schließlich begann ich ungeschickt und unsicher auf der untersten Stufe zu lesen, zu schreiben und zu entziffern. (Pip, in Dickens' Große Erwartungen)

Die kognitive Entwicklung ist nicht unterbrochen während Kinder in die Schule gehen. Was sie dort lernen, beeinflußt ihre grundlegenden kognitiven Fähigkeiten ebenso wie ihr spezifisches Wissen und ihre spezifischen Fähigkeiten. Der Einfluß geht auch in die umgekehrte Richtung; die grundlegenden kognitiven Fähigkeiten beeinflussen in hohem Maße, was im Unterricht gelernt wird. Praktische Entscheidungen, die die Erziehung von Kindern betreffen, hängen ebenso wie Theorien kognitiver Entwicklung von dem wechselseitigen Einfluß der Faktoren innerhalb und außerhalb der Schule ab. Eltern müssen beispielsweise entscheiden, ob ihre Kinder so früh wir möglich mit der Schule beginnen oder erst ein Jahr später eingeschult werden. In vielen Gemeinden in den USA ist es üblich, Kinder, besonders Jungen, ein Jahr zurückzustellen. Die Logik dahinter ist, daß sie dann, wenn sie älter sind, reifer und fähiger sind zu lernen. Um zu testen, ob Kinder dann, wenn sie ein Jahr später eingeschult werden, in der ersten Klasse mehr lernen, untersuchte ein Forscherteam Kinder in einem Ort, in dem 95 Prozent der Kinder immer noch so früh wie möglich eingeschult werden (Bisanz, Morrison & Dunn, 1995; Morrison, Smith & Dow-Ehrenberger, 1995; Varnhagen, Morrison & Everall, 1994). Diese Studie benutzte das Cutoff Design, bei dem Kinder miteinander verglichen wurden, deren Geburtsdatum kurz vor dem Stichtag für den Eintritt in die Vorschule lag und solchen, deren Geburtsdatum kurz danach lag, die also etwas zu jung waren, um zugelassen zu werden. Die beiden miteinander verglichenen Gruppen lagen durchschnittlich nur einen Monat auseinander, aber die eine Gruppe wurde ein ganzes Jahr vor der

374

Kapitel 9

anderen eingeschult. Die Frage war, ob Kinder die später eingeschult wurden, mehr lernen würden. Die Ergebnisse waren eindeutig: Trotz der 11 Monate Altersunterschied machten die Kinder, die den Stichtag gerade noch erreicht hatten, im ersten Schuljahr genauso große Fortschritte beim Lesen und Rechnen, wie die Kinder, die den Stichtag knapp verpaßt hatten. Als beide Gruppen das erste Schuljahr beendet hatten, waren ihre Leistungen nicht voneinander zu unterscheiden. Das Ergebnismuster war nicht darauf zurückzuführen, daß die Kinder, die dea Stichtag gerade noch erreichten und denen, die ihn knapp verpaßten, ungewöhnlich waren. Bei Aufgabenstellungen wie der Erhaltung von Mengen, wo der Einfluß der Schule nicht sonderlich hoch eingeschätzt wurde, wohl aber der des Alters, schnitten die Kinder, die fast ein Jahr älter waren, wesentlich besser ab (Bisanz et al., 1995). Die IQ-Werte und der familiäre Hintergrund der Kinder in beiden Gruppen war im übrigen ähnlich. Es mag andere Gründe geben, warum Kinder später eingeschult werden, wie manuelle Geschicklichkeit, sportliche Fertigkeiten und soziale Reife. Was jedoch das Lesen und Rechnen betrifft, scheint es keinen triftigen Grund zu geben. TABELLE 9.1 Kapitel 9.1

9.2

9.3

IV.

Mathematik A.

Rechnen mit einstelligen Zahlen

B.

Komplexes Rechnen

C.

Algebra

D.

Computerprogrammierung

Lesen A.

Der typische chronologische Verlauf

B.

Fähigkeiten, die dem Lesen vorausgehen

C.

Erkennen einzelner Wörter

D.

Verständnis

E.

Pädagogische Implikationen

Schreiben A.

Der Prozeß des Aufsetzens

B.

Der Prozeß des Überarbeitens

Zusammenfassung

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

375

Auflau des Kapitels. Dieses Kapitel konzentriert sich darauf, wie Kinder Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Der erste Abschnitt beginnt mit der Untersuchung der Rechenfähigkeiten, die im Vorschulalter und in den ersten Klassen der Grundschule erlernt werden, und geht dann über zu komplexerem Rechnen, Algebra und Computerprogrammierung. Der nächste Abschnitt beginnt mit der Untersuchung der Lesefähigkeiten, die sich Kinder vor dem formalen Schulunterricht aneignen, dann des Prozesses, einzelne Wörter zu lesen und schließlich der Entwicklung des Verständnisses größerer Einheiten, wie etwa Geschichten. Der letzte Abschnitt beschreibt, wie Kinder ihre ersten Aufsätze und Geschichten schreiben und beschreibt danach weiter, wie sie ihre Arbeiten überarbeiten (oder versäumen, es zu tun). Tabelle 9.1 faßt den Aufbau des Kapitels zusammen. Grundlegende Fragen ZJU den schulischen Fähigkeiten. Wenn wir über Schule und Psychologie nachdenken, beziehen sich die ersten Gedanken, die uns normalerweise durch den Kopf gehen, auf standardisierte Tests. Pädagogen nutzen IQ-Werte und Ergebnisse von Leistungstests als Hilfe für eine Reihe wichtiger Entscheidungen, wie etwa für die Aufnahme in die Begabtenförderung oder in die Sonderschule und für die Zulassung zum Studium. Solche Tests sind für Vorhersagen zukünftiger Schulleistungen und als Meßlatte dafür, wieviel Kinder zu bestimmten Themen wissen, hilfreich. Allerdings sagen sie uns relativ wenig über die Prozesse, durch die Kinder lernen, und auch nichts darüber, wie wir Kinder effektiver unterrichten. Wegen der großen Bedeutung dieser Themen sowohl, um Kinder zu verstehen als auch um ihnen zu helfen, hat sich die Forschung über das Denken von Kindern immer stärker auf die am Lernen beteiligten Prozesse konzentriert. Diese Lernprozesse stehen im Mittelpunkt dieses Kapitels. Unabhängig davon, ob wir vom Rechnen, Lesen oder Schreiben sprechen, einige Fragen über spezifische Lernprozesse und pädagogische Streitfragen sind von zentraler Bedeutung: 1. Wie verteilen Kinder ihre Aufmerksamkeit, um miteinander konkurrierende Anforderungen an die Verarbeitung von Informationen zu bewältigen? 2.

Wie entscheiden sich Kinder aus den ihnen zur Verfugung stehenden Ansätzen für eine Strategie?

3.

Sollten Pädagogen direkt die von Experten eines bestimmten Bereichs angewendeten Techniken lehren oder sind indirekte Unterrichtsmethoden effektiver?

4. Was bewirken individuelle Unterschiede im Wissen und beim Lernen?

376

Kapitel 9

Diese Fragen haben zur Aufdeckung einiger auffälliger Gemeinsamkeiten im Denken von Kindern in unterschiedlichen Fächern gefuhrt. Betrachten wir zum Beispiel die Strategieentscheidungen von Kindern im Rechnen, Lesen und Buchstabieren. In allen drei Fächern müssen Kinder entscheiden, ob sie Antworten aus dem Gedächtnis geben oder sich zeitaufwendigeren Alternativen zuwenden. Um Zahlen zu addieren, müssen Kinder entscheiden, ob sie eine Antwort aus dem Gedächtnis abrufen (und sagen) oder durch Zählen zu einer Antwort kommen. Wenn sie Wörter lesen, müssen sie entscheiden, ob sie ein Wort so aussprechen, wie sie es im Gedächtnis haben oder das Wort phonologisch ausloten. Um zu buchstabieren, müssen sie entscheiden, ob sie eine Buchstabenfolge aus dem Gedächtnis aufschreiben oder das Wort im Wörterbuch suchen. Trotz der Unterschiede in den Fächern, scheinen Kinder all diese Entscheidungen mit Hilfe desselben Strategieauswahlprozesses zu treffen. In diesem Kapitel betrachten wir sowohl spezifische Erkenntnisse für Mathematik, Lesen und Schreiben aus auch allgemeine Muster.

9.1 MATHEMATIK Wie in Kapitel 7 dargestellt, haben Kinder bevor sie zur Schule gehen ein grundlegendes Verständnis für Zahlen. Die meisten 5jährigen können mindestens bis 20 zählen, wissen, daß Zählen bedeutet, jedem Objekt ein und nur ein Zahlwort zuzuordnen, erkennen, daß unterschiedliche Mengen von η Objekten die gleiche Anzahl an Elementen besitzen und kennen die Größen von 1 bis 10. Da bleibt jedoch noch eine Menge zu lernen: Rechnen, Algebra, Geometrie usw.

Rechnen mit einstelligen Zahlen Das Rechnen mit einstelligen Zahlen scheint die einfachste Fähigkeit zu sein, die nur danach verlangt, Antworten aus dem Gedächtnis abzurufen. Dieser Eindruck ist jedoch falsch. In den ersten Jahren der Grundschule wenden Kinder ein breites Spektrum von Strategien an, um Probleme wie 3 + 6 und 8 + 5 zu lösen. Sie rufen die Antworten nicht nur aus dem Gedächtnis ab, sondern zählen auch an ihren Fingern von eins beginnend ab, zählen von dem größeren der beiden Summanden beginnend (bei 3 + 6 zählen sie "6, 7, 8, 9 " ) und schließen von ähnlichen Aufgaben auf die Antwort (ζ. B., "6 + 5, hmm, ich weiß, 5 + 5 = 10, dann muß 6 + 511 sein") (Fuson & Kwon, 1992; Geary, Fan & Bow-Thomas, 1992). Auch Studenten wenden andere Strategien als das Abrufen aus dem Gedächtnis erstaunlich häufig an - bei etwa 30 Prozent der Aufgaben mit einstelligen Zahlen (Geary, 1996; LeFevre, Sadesky & Bisanz, 1996). Im besonderen zählen sie vom größe-

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

377

ren Summanden weiter und teilen schwierige Probleme in zwei leichtere auf (ζ. B. 9 + 6 = 10 + 6 - 1). Das Rechnen beansprucht auch unterschiedliche Teile des Gehirns. Computertomographien von Menschen beim Lösen von Rechenaufgaben zeigen, daß der Stirnkortex, der motorische Kortex, der Parietallappen und einige andere Areale beider Hirnhemisphären beteiligt sind (Rueckert et al., 1996). Rechnen ist also komplexer als es den Anschein hat. Die Entwicklung des Rechnens mit einstelligen Zahlen. Die meisten Kinder lernen heute recht früh zu rechnen. Wenn sie in die Vorschule kommen, können viele bereits einige Additions- und Subtraktionsaufgaben mit einstelligen Zahlen lösen. Das Lernen solcher Aufgaben kann durch Lernprogramme im Fernsehen wie die Sesamstraße beschleunigt werden. Studien, die vor dem Fernsehzeitalter durchgeführt wurden (z. B. Ilg & Ames, 1951) haben ähnliche Fähigkeiten bei Kindern erst ab der ersten Klasse beobachtet. Die Anwendung unterschiedlicher Rechenstrategien beschränkt sich nicht auf die Addition. Beim Multiplizieren addieren Zweit- bis Viertkläßler beispielsweise einen der Multiplikatoren so oft wie durch den anderen Multiplikator angegeben (um 6 χ 8 zu lösen, addieren sie 8 Sechsen oder 6 Achten), manchmal ziehen sie Linien und zählen oder addieren sie (sie lösen 3 x 4 , indem sie drei Gruppen mit jeweils vier Linien ziehen und sie zählen oder addieren), manchmal rufen sie die Antwort aus dem Gedächtnis ab und manchmal stützen sie ihre Antworten auf die von verwandten Problemen (Cooney, Swanson & Ladd, 1988; Lemaire & Siegler, 1995). Mit zunehmender Erfahrung ändern Kinder ihre Strategien. Die auffälligste Veränderung ist das häufigere Abrufen aus dem Gedächtnis. Nachdem Kinder ein paar Jahre addiert und subtrahiert haben und etwa ein Jahr lang multipliziert und dividiert, rufen die meisten Kinder die meisten grundlegenden Rechenfakten aus dem Gedächtnis ab. Neben dem Abrufen von Fakten aus dem Gedächtnis ändert sich auch die Anwendung anderer Strategien. Wenn Kinder anfangen zu addieren, vertrauen sie am häufigsten darauf, ihre Hände nach oben zu nehmen und von eins weiterzuzählen. Mit wachsenden Fähigkeiten und zunehmender Erfahrung wenden sie vermehrt differenziertere Strategien an, wie etwa vom größeren Summanden weiterzuzählen oder ein relativ schwieriges Problem in zwei leichtere aufzuteilen (um 9 + 7 zu lösen, denken sie sich etwa "10 + 7 = 17; 1 7 - 1 = 16").

In dieser Phase lösen Kinder Rechenaufgaben auch schneller und genauer. Die Veränderungen in der Geschwindigkeit und der Genauigkeit sind sowohl darauf zurückzuführen, daß sie die angewendeten Strategien verändern, als auch darauf, daß die jeweilige Strategie effizienter ausgeführt wird. Die in der späteren An-

378

Kapitel 9

wendung dominierenden Strategien, wie das Abrufen aus dem Gedächtnis und vom größeren Summanden weiterzuzählen, sind an sich schneller, als die Strategien, die anfangs am häufigsten angewendet werden, wie etwa von eins weiterzuzählen. Außerdem nimmt bei jeder Strategie die Geschwindigkeit und die Genauigkeit zu. Dieselben Entwicklungen können trotz auffälliger Unterschiede in den jeweiligen Schulsystemen bei Kindern in Europa, Nordamerika und Ostasien beobachtet werden (Fuson & Kwon, 1992; Geary, Bow-Thomas, Fan & Siegler, 1993; Lemaire & Siegler, 1995). Allerdings wenden Kinder in Europa und Ostasien differenziertere Strategien früher an als Kinder in den USA und ihre Geschwindigkeit und Genauigkeit nimmt schneller zu. Kinder in Ostasien rufen sich beispielsweise bereits in einem Alter Antworten aus dem Gedächtnis ab, zählen vom größeren Summanden weiter und vertrauen auf miteinander verwandte Rechenfakten, in dem Kinder in den USA im allgemeinen noch von eins aus weiterzählen. Strategieentscheidungen. Eines der auffälligsten Merkmale beim Rechnen von Kindern ist, wie anpassungsfähig sie bei der Auswahl alternativer Strategien sind. Diese Anpassungsfähigkeit wird offensichtlich, wenn Kinder entscheiden, ob sie eine Antwort aus dem Gedächtnis geben oder eine Backup-Strategie (eine andere Strategie als Abrufen aus dem Gedächtnis) anwenden. Bereits 4- und 5jährige Kinder lösen dann Additionsaufgaben um so häufiger via Backup-Strategie - sie zählen entweder von eins beginnend oder vom größeren Summanden weiter - , je schwieriger die Aufgabe (entweder gemessen an der hohen Fehlerzahl bei der Aufgabe oder an der für sie benötigten langen Lösungszeit) (Siegler & Shrager, 1984). Die Anwendung von Backup-Strategien ist häufig bei den schwierigsten Aufgaben adaptiv, weil sie Kindern hilft, die Bedeutung der Geschwindigkeit und der Genauigkeit im Gleichgewicht zu halten. Betrachten wir die Möglichkeit eines Erstkläßlers, eine Additionsaufgabe zu lösen, indem er sich entscheidet, ob er die Antwort aus dem Gedächtnis abruft oder zählt. Wenn er sie aus dem Gedächtnis abruft, geht es schneller, aber Zählen ist bei schwierigen Aufgaben im allgemeinen genauer. Kleine Kinder bringen diese Ziele in Einklang, indem sie bei leichteren Aufgaben primär aus dem Gedächtnis antworten, bei denen diese Strategie richtige Antworten liefern kann, und bei den schwierigeren Aufgaben primär Backup-Strategien anwenden, bei denen solche Strategien für die richtige Lösung notwendig sind. Mit anderen Worten, Kinder neigen dazu, den schnellsten Ansatz zu wählen, den sie richtig ausführen können. Wie in Abbildung 9.1 gezeigt, treffen Kinder bei der Subtraktion und der Multiplikation ähnlich adaptive Strategieentscheidungen zwischen Backup-Strategien und dem Abrufen der Antwort aus dem Gedächtnis (Siegler, 1986).

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

379

% Prozentualer Anteil offener Strategien A. Addition

45 40 35 30 25 20 15 10

5

_L

0 0

J

I

L

10 20 30 40 50 60 70 80 . Prozentualer Anteil offener Strategien B. Subtraktion

ABBILDUNG 9.1 Je schwieriger Rechenaufgaben sind, gemessen an der Fehlerquote, desto häufiger wählen Kinder offene Strategien (Angaben aus Siegler & Shrager, 1984; Siegler, 1987a; 1988b). Die Bezeichnung "% offener Strategien" in der Abbildung, wird deshalb gebraucht, weil in diesen Experimenten die Anwendung von Backup-Strategien durch Videoaufnahmen des offenkundigen Verhaltens der Kinder beim Lösen der Aufgaben erfaßt wurde.

380

Kapitel 9

90 80 r = .83

70

60 50 7x5

40

4x4



30

4x3·

9x2



1 7x3

iS;*·,*

ΘΧ4*7Χ

3 5 4·3χ7 ·5χ8 99x5 ι 3x4· / / 4 ? 4 x*6 9 .ft 3x5 ^νί 8x2 Ηχ? ·4χ5,5χ5 2x5 2x6 20 8x2» · 9 ·7χ2 2 x 4 · / ·2χβ 10 3x3.2x7^6x2. 2χ

Ι ι

10

J 20

30

40

I

I

L

50

60

70

80

90

% Prozentualer Anteil offener Strategien C. Multiplikation

ABBILDUNG 9.1 (Fortsetzung)

Modell einer Strategieentscheidung. Wie kommt es, daß Kinder aus den ihnen bekannten Strategien so adaptiv auswählen? Das Strategieentscheidungsmodell von Siegler und Shipley (1995), das in Kapitel 3 beschrieben wurde, konzentriert sich auf diese Frage. Hier untersuchen wir die Art und Weise, wie das Modell die gerade beschriebene Entscheidung trifft: ob eine Antwort aus dem Gedächtnis abgerufen wird oder eine Backup-Strategie zur Lösung einer Additionsaufgabe angewendet wird. Der Mechanismus, mit dem das Modell die Entscheidung trifft, umfaßt zwei miteinander interagierende Elemente: die Darstellung von Wissen über bestimmte Aufgaben und einen Prozeß, der auf die Darstellung einwirkt, um die Leistung zu bewirken. Die Darstellung umfaßt Assoziationen variierender Stärke zwischen den einzelnen Aufgaben und potentiell sowohl richtigen als auch falschen Antworten für die Aufgabe. In Abbildung 9.2 ist beispielsweise die Antwort 6 für die Aufgabe "3 + 4" mit einer Stärke 0,12 verknüpft, die Antwort 7 mit einer Stärke 0,29 usw.1

Die geschätzten assoziativen Stärken basieren auf der Leistung von Kindern in einem anderen Versuch. 4jährigen wurden einfache Additionsaufgaben gestellt und sie wurden aufgefordert, so schnell wie möglich zu antworten: "Was glaubst du, was die richtige Antwort ist, ohne die Finger zu benutzen oder zu zählen?" Der Zweck dieser

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

381

Darstellungen von unterschiedlichen Aufgaben kann man sich als entlang des Scheitelwertes variierend vorstellen. In Abbildung 9.2 ist die Darstellung von 2 + 1 eine steile Verteilungskurve, weil sich die größte assoziative Stärke in einer einzigen Antwort konzentriert (dem Scheitelpunkt der Verteilungskurve). Die Darstellung von 3 + 4 hingegen ist eine flache Verteilungskurve, weil sich die assoziative Stärke auf eine Reihe von Antworten verteilt, von denen keine eine ausgeprägte Spitze bildet. Der Prozeß funktioniert bei dieser Darstellung folgendermaßen: Zuerst legt das Kind ein Vertrauenskriterium fest. Dieses Vertrauenskriterium bildet die Schwelle, die von der assoziativen Stärke einer aus dem Gedächtnis abgerufenen Antwort überschritten werden muß, damit die Antwort gegeben wird. Ist das Vertrauenskriterium einmal festgelegt, ruft das Kind die Antwort aus dem Gedächtnis ab. Die Wahrscheinlichkeit, daß eine bestimmte Antwort bei einem Versuch aus dem Gedächtnis abgerufen wird, ist proportional zu der assoziativen Stärke dieser Antwort in Abhängigkeit von der assoziativen Stärke aller Antworten auf das Problem. Weil also die assoziative Stärke, die 2 + 1 mit 3 verbindet, 0.79 ist und weil die gesamte assoziative Stärke, die 2 + 1 mit allen Antworten verbindet 1,00 ist, beträgt die Wahrscheinlichkeit, mit der 3 als Antwort auf 2 + 1 aus dem Gedächtnis gegeben wird, 0,79. Wenn die assoziative Stärke jeder Antwort, die aus dem Gedächtnis abgerufen wird, das Vertrauenskriterium erreicht, gibt das Kind die Antwort. Im umgekehrten Fall wird das Kind entweder erneut eine Antwort aus dem Gedächtnis abrufen und prüfen, ob sie das Vertrauenskriterium erreicht, oder nicht weiter im Gedächtnis nach einer Antwort suchen und statt dessen eine Backup-Strategie anwenden, um das Problem zu lösen. Im Modell werden Antworten auf ein Problem dann um so öfter aus dem Gedächtnis abgerufen und keine Backup-Strategien herangezogen, je steiler die Verteilungskurve des Problems ist (denn je mehr sich die assoziative Stärke auf eine Antwort konzentriert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß die Antwort, die die stärkste Assoziation auslöst, aus dem Gedächtnis abgerufen wird

Anweisungen war es, die unverfälschteste Schätzung der Assoziationsstärken zwischen Aufgabe und Antwort zu erhalten. Die Werte in Abbildung 9.2 zeigen den Anteil der Versuche, bei denen Kinder in diesem Experiment, in dem Antworten nur aus dem Gedächtnis abgerufen wurden, eine bestimmte Antwort auf eine bestimmte Aufgabe gaben. Als den Kindern also die Aufgabe 3 + 4 gestellt wurde, antworteten sie in 12 % der Versuche mit 6. Ähnliche Schätzungen für einzelne Kinder ergab eine Studie, in der einzelnen Kindern dieselben Aufgaben zehnmal vorgelegt wurden.

382

Kapitel 9

und desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß die assoziative Stärke der Antwort das Vertrauenskriterium erreicht und es deshalb erlaubt, daß die aus dem Gedächtnis abgerufene Antwort gegeben wird). Weil die Antwort mit der größten assoziativen Stärke im allgemeinen die richtige Antwort ist, ist es gleichzeitig um so wahrscheinlicher, daß die aus dem Gedächtnis abgerufene Antwort richtig ist, j e größer die Konzentration assoziativer Stärke in der Antwort ist. Die hohe Korrelation zwischen der Fehlerquote und dem Prozentsatz von Backup-Strategien bei einer Aufgabe (Abbildung 9.1) taucht also deshalb auf, weil sowohl Fehler als auch Strategieentscheidungen bei jedem Problem die steile Verteilungskurve der Assoziationen des Problems widerspiegeln.

0,8 3+4 0,7 0,6 Φ 53 0,5 55 Φ > 0,4 w "N (0 0,3 CD

< Vertrauenskriterium

Vertrauenskriterium

0,2 0,1

2

3

4

Antwort

5

2

3

4

5

6

7

Antwort

A B B I L D U N G 9.2 Eine steile und eine flache Verteilungskurve der Assoziationen. Die steile Verteilungskurve führt dazu, daß Kinder seltener auf offene Strategien zurückgreifen müssen, weniger Fehler machen und kürzere Lösungszeiten benötigen (aus Siegler, 1986). Wie kommt es, daß einige Aufgaben eine steile und andere eine flache Verteilungskurve haben? Eine grundlegende Annahme des Strategieentscheidungsmodells ist, daß Kinder die Antworten, die sie geben mit den Aufgaben assoziieren, für die sie die Antworten geben. Weil Kinder zu unterschiedlichen Zeitpunkten

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

383

unterschiedliche Antworten für eine Aufgabe geben, assoziieren sie all diese Antworten bis zu einem gewissen Grad mit der Aufgabe. Je öfter eine Antwort für eine Aufgabe gegeben wird, desto wahrscheinlicher ist es, daß die Aufgabe diese Antwort bei zukünftigen Präsentationen auslösen wird. Eine Aufgabe wie 2 + 1 hat also deshalb eine steilere Verteilungskurve der Assoziationen als 3 + 4, weil es wahrscheinlicher ist, daß Kinder drei Finger richtig abzählen können und deshalb die Antwort 3 mit 2 + 1 assoziieren, als daß sie sieben Finger richtig abzählen und die Antwort 7 mit 3 + 4 assoziieren. In Übereinstimmung mit dieser Ansicht rufen Kinder, die Backup-Strategien in der ersten Klasse am genauesten anwenden, die Antworten in der zweiten Klassen am häufigsten aus dem Gedächtnis ab (Kerkman & Siegler, 1993). Diese letzte Beobachtung und das Modell als Ganzes haben eine interessante pädagogische Implikation: Die gängige Praxis, Kinder davon abzuhalten, ihre Finger zum Addieren zu benutzen ist falsch. Viele Lehrer bringen ihren Schülern immer wieder bei, ihre Finger nicht zu benutzen. Sie haben eine gewisse Logik auf ihrer Seite. Ein Ziel des Unterrichts ist es, kleine und weniger geschickte Kinder älteren und geschickteren Kindern anzugleichen. Ältere und geschicktere Kinder benutzen ihre Finger nicht; wenn man diese Logik unterstellt, sollten es auch jüngere und weniger fortgeschrittene Kinder nicht tun. Das Strategieentscheidungsmodell läßt allerdings vermuten, daß der Lernprozeß tatsächlich verzögert werden kann, wenn man Kinder dazu drängt, ihre Fingern nicht zu benutzen. Kinder mit größeren Kenntnissen über Rechenprozesse haben eine steilere Verteilungskurve der Assoziationen; sie benutzen ihre Finger nicht, weil sie auf die Probleme richtige Antworten aus dem Gedächtnis geben können. Jünger Kinder mit einem geringeren Wissensstand wenden jedoch BackupStrategien richtig an, weil ihnen die steile Verteilungskurve der Assoziationen fehlt. Wenn man sie dazu zwingt, Antworten aus dem Gedächtnis zu geben, hat dies viele Fehler zur Folge, was falsche Antorten auf die Aufgabe verstärkt, da jede Antwort der assoziativen Stärke dieser Antwort hinzugefügt wird. Wenn man Kinder dazu drängt, ihre Finger nicht zu benutzen, kann es deshalb paradoxerweise dazu führen, daß sie sie länger benutzen müssen, als dann, wenn man sie nicht dazu gedrängt hätte. Häufig ist die direkteste Methode, um ein pädagogisches Ziel zu erreichen nicht zwingend auch die effektivste. Individuelle Unterschiede. Ein Zweck dieses Modells ist es, verständlich zu machen, warum Kinder sich voneinander unterscheiden. Das Modell legt zwei Größen nahe, in denen sich Kinder voneinander unterscheiden können: den unterschiedlich steilen Verlauf der Verteilungskurve ihrer Assoziationen und die Stringenz des Vertrauenskriteriums, das sie festlegen. Die erste Größe spiegelt Unterschiede wider, wie gut Kinder die richtigen Antworten für eine Aufgabe

384

Kapitel 9

kennen; die zweite, wie sicher Kinder sein müssen, bevor sie eine Antwort aus dem Gedächtnis geben. Untersuchungen der Addition und Subtraktion von Erstkläßlern haben gezeigt, daß ihre Leistung entlang beider Größen variiert. (Kerkman & Siegler, 1993; Siegler, 1988). Die Kinder können in drei Gruppen klassifiziert werden: gute Schüler, nicht so gute Schüler und Perfektionisten. Der Leistungsunterschied von guten und nicht so guten Schülern war bei allen zu erwartenden Größen offensichtlich. Die guten Schüler waren sowohl bei den Antworten aus dem Gedächtnis als auch bei den Versuchen mit BackupStrategien schneller und genauer und antworteten häufiger aus dem Gedächtnis. Sie schnitten auch bei standardisierten Leistungstest besser ab. Der Leistungsunterschied von guten Schülern und Perfektionisten war interessanter. Die beiden Gruppen waren gleich genau und schnitten bei Leistungstests gleich gut ab. Allerdings unterschieden sie sich in ihrer Strategiewahl. Die guten Schüler gaben mehr Antworten aus dem Gedächtnis als die Schüler in beiden anderen Gruppen; die Perfektionisten gaben weniger Antworten aus dem Gedächtnis als die Schüler in beiden anderen Gruppen, auch seltener als die meisten nicht so guten Schüler. Im Modell waren die guten Schüler diejenigen, deren Verteilung der Assoziationen sehr steil verlief und die moderat stringente Vertrauenskriterien festlegten. Die nicht so guten Schüler waren diejenigen, deren Verteilungskurve flach verlief und die niedrige Vertrauenskriterien festlegten. Die Perfektionisten waren Kinder, deren Verteilungskurve steil verlief, die aber sehr stringente Vertrauenskriterien festlegten. Um diese Interpretation zu testen, wurden drei Varianten des Modells von Siegler und Shipley (1995) gebildet. Die Varianten waren identisch bis auf die zwei Variabein, von denen angenommen wurde, daß sie sich in den drei Gruppen unterscheiden würden: die Steigung der Verteilungskurve der Assoziationen und die Stringenz des Vertrauenskriteriums. Die Simulationen bewirkten die fur jede Gruppe typischen Stratgieentscheidungen und Exaktheitssmuster und zeigten damit an, daß die Variabein, von denen angenommen wurde, daß sie wichtig seien, die vorhergesagte Wirkung hatten. Das Beispiel macht einen Aspekt deutlich, der zu Beginn dieses Kapitels angesprochen wurde, daß nämlich die heutige Forschung ein größeres Verständnis des Denkens vermittelt, weil vermehrt spezifische kognitive Prozesse untersucht werden als bloß die Werte standardisierter Test. Der Unterschied zwischen guten Schülern und Perfektionisten einerseits und der nicht so guten Schüler anderer-

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

385

seits wurde auch in ihrem Abschneiden bei Standardleistungstests deutlich. Der Unterschied spiegelte den jeweiligen Wissensstand beim Rechnen wider. Allerdings wurde der Unterschied zwischen den guten Schülern und den Perfektionisten durch die Leistungstests nicht aufgedeckt und konnte nicht aufgedeckt werden. Diese Kinder hatten einen verhältnismäßig hohen Wissensstand, aber einen anderen kognitiven Stil. Ihre Leistungsmuster stellten eher eine andere Art dar, gut im Rechnen zu sein als eine bessere oder schlechtere Art. Indem das Modell vorhergesagte, daß sich diese Kinder entlang der entsprechenden Größen unterscheiden würden, leistete es über die Erkenntnisse aus Leistungstests hinaus einen Beitrag für das Verständnis früher individueller Unterschiede. Mathematische Schwächen. Etwa 6 Prozent der Kinder in den USA wird aufgrund ihrer schwachen schulischen Leistungen und ihrem schwachen Abschneiden bei Standardtests das Etikett mathematischer Schwäche aufgedrückt (Badian, 1983). Ebenso wie die nicht so guten Schüler in der vorangegangenen Darstellung haben diese Kinder sowohl Schwierigkeiten bei der Anwendung der Backup-Strategien als auch beim Abrufen der richtigen Antwort aus dem Gedächtnis (Geary, 1994). In der ersten Klasse benutzen sie häufig unausgereifte Zählverfahren (sie zählen eher von eins beginnend als vom größeren Summanden aus weiter), führen Backup-Strategien langsam und ungenau aus und rufen Antworten selten und ungenau aus dem Gedächtnis ab. In der zweiten Klassen benutzen sie etwas ausgereiftere Zählverfahren, wie etwa das Weiterzählen vom größeren Summanden aus und ihre Geschwindigkeit und Genauigkeit verbessert sich. Jedoch haben sie weiterhin Probleme, richtige Antworten aus dem Gedächtnis zu geben und das noch jahrelang (Geary, 1990; Geary & Brown, 1991; Goldman, Pellegrino & Mertz, 1988; Jordan, Levine & Huttenlocher, 1995). Im Laufe der Schulzeit stoßen diese Kinder noch auf weitere Probleme bei vielen Fertigkeiten, die auf grundlegenden Rechenfähigkeiten, wie etwa dem Rechnen mit mehrstelligen Zahlen oder Algebra, fußen. (Zawaiza & Gerber, 1993; Zentall & Ferkis, 1993). Warum stellt das Rechnen für einige Kinder ein so großes Problem dar? Ein Grund ist fehlender Umgang mit Zahlen vor der Schulzeit. Viele Kinder mit mathematischen Schwächen kommen aus sozial schwachen Familien mit geringer formaler Bildung. Wenn Kinder aus solchen Verhältnissen in die Schule kommen, liegen sie bereits weit hinter anderen Kindern, was ihre Zählfähigkeiten, ihr Wissen über numerische Größen und ihr Wissen über Rechenfakten anbelangt. Ein weiterer entscheidender Unterschied betrifft die Kapazität ihres Kurzzeitgedächtnisses. Um Rechnen zu lernen braucht man genügend Kapazität im Kurzzeitgedächtnis, um sich das ursprüngliche Problem einzuprägen während man die Antwort errechnet, so daß das Problem und die Antwort miteinander assoziiert

386

Kapitel 9

werden können. Kinder mit mathematischen Schwächen können jedoch nicht so viele Zahleninformationen im Gedächtnis behalten wie Gleichaltrige (Geary, Bow-Thomas & Yao, 1992; Koontz & Berch, 1996). Außerdem behindert diese Kinder ihr eingeschränktes Begriffsverständnis für Rechenvorgänge und für das Zählen dabei, Rechnen zu lernen (Hitch & McAuley, 1991; Geary, 1994). Mathematische Schwächen spiegeln demnach sowohl begrenztes Hintergrundwissen als auch begrenzte Verarbeitungskapazitäten und begrenztes Begriffsverständnis wider. Das Verständnis für die Grundprinzipien. Wenn die Fähigkeiten im Rechnen zunehmen, nimmt auch das Verständnis für die Grundprinzipien, auf denen das rechnen basiert, zu. Ein solches Grundprinzip ist das Inversionsprinzip - die Vorstellung das die ursprüngliche Menge unverändert bleibt, wenn gleichviel addiert und subtrahiert wird. Die Entwicklung im Verständnis dieses Prinzips kann anhand von Aufgabenstellungen wie a + b - b = ?(z. B. 5 + 8 - 8 = ?) dargestellt werden. Kinder, die solche Aufgaben durch Anwendung des Inversionsprinzips lösen, antworten unabhängig von der Größe von b immer in derselben Zeit, weil sie b nicht addieren und subtrahieren müssen. Kinder hingegen, die die Aufgabe durch Addition und Subtraktion von b lösen, brauchen dann um so länger je größer b, weil es länger dauert größere Zahlen zu addieren und zu subtrahieren als kleinere. Zwischen 6 und 9 Jahren wird das Lösen aller Aufgaben der Art a + b - b schneller. Allerdings brauchen 9jährige ebenso wie 6jährige bei Aufgaben länger, in denen b größer ist als in solchen, in denen b kleiner ist (Bisanz & LeFevre, 1990; Stern, 1992). Die höhere Geschwindigkeit bei allen Aufgaben scheint ein Resultat der verbesserten Kompetenz, Additionen und Subtraktionen auszuführen. Daß weiterhin ein Unterschied in der Lösungszeit besteht, wenn b groß und wenn b klein ist, legt nahe, daß weder 6 noch 9jährige über genügend begriffliche Kompetenz verfügen (ζ. B. das Verständnis des Inversionsprinzips), um solche Aufgaben durchwegs ohne Addition und Subtraktion zu lösen. Erst mit 11 Jahren ignorieren die meisten Kinder wie die meisten Erwachsenen den Wert von b und lösen alle Aufgaben gleich schnell und demonstrieren damit die entsprechende begriffliche Kompetenz. Ein verwandter Ausdruck für den Kinder erstaunlich lange brauchen, um ihn zu verstehen, ist mathematische Gleichheit. Noch Dritt- und Viertkläßler verstehen häufig nicht, daß das Gleichheitszeichen bedeutet, daß die Werte auf beiden Seiten gleich sein müssen. Statt dessen glauben sie, daß das Gleichheitszeichen nur ein Signal ist, um einen Rechenvorgang durchzuführen. Bei typische Aufgaben wie 3 + 4 + 5 = , verursacht diese Fehlinterpretation keine Schwierigkeiten. Bei atypischen Aufgaben hingegen, wie etwa 3 + 4 + 5 = + 5, bewirkt sie,

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

387

daß die meisten Dritt- und Viertkläßler einfach die Zahlen auf der linken Seite addieren und 12 antworten oder alle Zahlen auf beiden Seiten addieren und 17 antworten (Alibali & Goldin-Meadow, 1993; Goldin-Meadow, Alibali & Church, 1993; Perry, Church & Goldin-Meadow, 1988; 1992). Bei Aufgaben wie 3 + 4 + 5 = + 5 gestikulieren Kinder häufig, um Wissen anzudeuten, daß in ihren verbalen Äußerungen nicht deutlich wird. Einige Kinder beispielsweise, die 12 antworten und erklären, daß sie einfach 3 + 4 + 5 addieren, machen auch mit ihren Händen Bewegungen in Richtung auf die Zahl auf der rechten Seite des Gleichheitszeichen. Kinder, die bei einem Vortest solche Diskrepanzen in ihrer Sprache und Gestik zeigen, lernen nachfolgend mehr aus den Anweisungen, wie diese Aufgaben zu lösen sind, als Kinder, deren Sprache und Gestik bei Vortests dasselbe Verständnis widerspiegelt (Alibali & GoldinMeadow, 1993; Goldin-Meadow et al., 1993; Perry et al., 1988; 1992). In ähnlicher Weise lernen Kinder, deren sprachliche Erklärungen in Vortests vage und falsch sind, mehr aus den Anweisungen als diejenigen, deren Erklärungen eindeutig, aber falsch sind (Graham & Perry, 1993). Diese Beobachtung ist beispielhaft für ein Resultat, das man in unterschiedlichem Kontext erhalten hat: hohe Variabilität in Denken und Handeln begleitet in der Regel eine hohe Lernbereitschaft (Goldin-Meadow et al., 1993; Siegler, 1994; Thelen, 1992). Kontextwirkungen. Gary Larson sprach für viele, als er in einem seiner "Far Side" Comics die Bibliothek der Hölle voller Bücher mit Rechen- und Algebratextaufgaben schilderte. Ein Großteil der Probleme, die in solchen Aufgaben auftauchen, wird durch ihre gewundene Sprache hervorgerufen (ζ. B. Joe hat 23 Murmeln, er hat 7 mehr als Bill gestern hatte, bevor er Joe die Hälfte seiner Murmeln gab; hat Bill keine Murmeln mehr?). Solche Formulierungen belasten das Kurzzeitgedächtnis und Kinder können sie häufig nicht deuten (Mayer, Lewis & Hegarty, 1992; Stern, 1993; Verschaffel, De Corte & Pauwels, 1992). Die Erkenntnis, daß solche Formulierungen das Gedächtnis belasten, haben zu der Empfehlung geführt, kleine Zahlen zu benutzen, wenn Textaufgaben zum ersten Mal gelehrt werden (ζ. B. Lesgold, Ivill-Friel & Bonar, 1989). Die Logik dahinter besagt, daß kleinere Zahlen die Belastung für das Gedächtnis reduzieren. Der Schwachpunkt in dieser Logik ist jedoch, daß man normalerweise eine solche Aufgabe erst interpretiert, bevor man zu Rechnen beginnt; die beiden Prozesse wirken also zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Es hilft Kindern wahrscheinlich aus diesem Grund nicht, Textaufgaben zu interpretieren, wenn kleinere Zahlen benutzt werden (Rabinowitz & Wooley, 1995). Auch wenn Textaufgaben nicht kompliziert formuliert sind, bewirkt der unbekannte Kontext häufig, daß Kinder Verfahren, die sie in einem anderen Kontext

388

Kapitel 9

erfolgreich anwenden, nicht benutzen. Dies wurde in einer Studie über 9 bis 15jährige brasilianische Kinder aus armen Familien in Großstädten deutlich (Carraher, Carraher & Schliemann, 1985). Die Kinder trugen finanziell zum Unterhalt ihrer Familien bei, indem sie Kokosnüsse, Popcorn, Maiskolben und andere Lebensmittel in Straßenständen verkauften. Für ihre Arbeit mußten sie im Kopf addieren, subtrahieren, multiplizieren und manchmal dividieren (eine Kokosnuß kostet χ Dollar, 5 Kokosnüsse kosten ....). Obwohl sie wenig formalen Unterricht hatten, konnten die Kinder den Kunden den Preis sagen und wieviel Wechselgeld sie zurückbekommen. In der Studie von Carraher et al. wurden die Kinder mit drei Aufgabenstellungen konfrontiert. Einerseits handelte es sich um Aufgaben, die im Kontext von Transaktionen zwischen dem Kunden und dem Verkäufer auftreten ("Wieviel schulde ich dir für eine Kokosnuß, die 85 Cruzeiros kostet und einen Maiskolben, der 63 Cruzeiros kostet?"). Andere Aufgaben betrafen ähnliche Situationen, aber mit Waren, die es nicht auf dem Stand des Kindes gab ("Wenn eine Banane 85 Cruzeiros kostet und eine Zitrone 63 Cruzeiros, was kosten sie dann zusammen?"). Wieder andere waren zahlenmäßig identische Aufgaben, aber nicht im Kontext des Verkaufens (ζ. B. "wieviel ist 85 + 63?"). Die Kinder lösten fast alle Aufgaben, die Waren betrafen, die an ihrem Stand verkauft wurden und die meisten Aufgaben, bei denen es um den Verkauf von unbekannten Waren ging. Allerdings lösten die Kinder nicht einmal die Hälfte der Aufgaben ohne den Kontext des Verkaufens. Die Kinder wußten eindeutig, wie man addiert, wußten aber nicht immer, wann diese Fähigkeit angewendet werden muß. Komplexe Rechenaufgaben Beherrschen Kinder erst einmal grundlegende Rechenregeln, lernen sie Rechenvorgänge zur Lösung von Aufgaben mit mehrstelligen Zahlen. Allerdings scheitern viele Kinder daran, den Zusammenhang zwischen dem Vorgehen zur Lösung des Problems und dem hinter diesem Vorgehen stehenden theoretischen Konzept zu begreifen. Die Folge ist, daß Kinder sich Vorgehensweisen einprägen, ohne sie zu verstehen, was einen fruchtbaren Boden für Mißverständnisse schafft. Diese Mißverständnisse werden an den Fehlern deutlich, die beim Lernen langer Subtraktionsaufgaben auftreten. Fehler bei Subtraktionen mit mehrstelligen Zahlen. Brown und Burton (1978) untersuchten wie Kinder lernen, Subtraktionen mit mehrstelligen Zahlen durchzufuhren. Sie benutzten eine Methode zur Fehleranalyse vergleichbar dem Regelfestlegungsansatz, der der Untersuchung von Problemstellungen mit Waagen zugrunde liegt. Zuerst wurden Probleme präsentiert, bei denen bestimmte falsche

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

389

Regeln zu spezifischen Fehlern führten und dann wurden die individuellen Lösungsmuster richtiger und falscher Antworten untersucht, um zu sehen, ob sie auf das Muster passen würden, das die fehlerhafte Regel bewirkt. Viele falsche Lösungen der Kinder spiegelten solche Fehler wider. Betrachten sie das Lösungsmuster in Tabelle 9.2. Auf den ersten Blick ist es schwierig, irgendeine Schlußfolgerung aus den Antworten des Jungen zu ziehen, außer daß er nicht sehr gut subtrahieren kann. Eine eingehendere Analyse macht jedoch seine Antworten verständlich. Seine drei Fehler traten alle bei Aufgaben auf, in denen der Minuend (die obere Zahl) eine Null enthielt. Das läßt vermuten, daß sein Problem dadurch verursacht wurde, daß er nicht wußte, wie man von der Null subtrahiert. TABELLE 9.2 Beispiel eines Subtraktionsfehlers 307 -182 285

856 -699 157

606 -568 168

308 -287 181

835* -217 618

Eine Analyse der Aufgaben, bei denen der Junge Fehler machte (die erste, dritte und vierte Aufgabe von links) und seiner Antworten läßt auf zwei Fehlerquellen schließen, die zu seinen Antworten führten. Immer dann, wenn in einer Aufgabe von Null subtrahiert werden mußte, wechselte er die beiden Zahlen in der Spalte mit der Null aus. In der Aufgabe 307 - 182 beispielsweise, behandelte er 0 - 8 wie 8 - 0 und schrieb 8 als Antwort. Der zweite Fehler des Jungen bestand darin, daß er die Zahl links neben der 0 nicht verringerte (in der Aufgabe 307 - 182 reduzierte er 3 nicht auf 2). Daß der Junge die Zahl nicht um 1 verringerte, ist nicht erstaunlich, weil er, wie der erste Fehler andeutet, nichts aus dieser Spalte entlieh. Die drei falschen Antworten können also ebenso wie die beiden richtigen erklärt werden, indem man ein grundsätzlich richtiges Vorgehen beim Subtrahieren unterstellt, jedoch mit zwei besonderen Fehlern. Solche Fehler sind bei amerikanischen Kindern gängig, bei koreanischen Kindern jedoch wesentlich seltener (Fuson & Kwon, 1992). Ein Hauptgrund scheint zu sein, daß koreanische Kinder das grundlegende Zehnersystem besser begreifen und seinen Zusammenhang zum Entleihen. Der transparentere Zusammenhang in ostasiatischen Sprachen zwischen den Namen mehrstelliger Zahlen und ihrer Stelle im Zehnersystem, von dem in Kapitel 7 die Rede war, macht es ihnen leichter, sich das nötige Verständnis anzueignen (Miller et al., 1995). Der koreanische Ausdruck für 57 etwa ist "5 Zehner und 7 Einer". Diese Formulierung erleichtert es zu verstehen, warum es vernünftig ist, in einer Aufgabe wie 57 - 29 5 Zehner und 7 Einer in 4 Zehner und 17 Einer zu verwandeln. Solches Verstand-

390

Kapitel 9

nis macht es wahrscheinlicher, daß Kinder den Wert der ursprünglichen Zahl beibehalten, wenn sie eine Zahl entleihen. Brüche. Wenn Kindern die Aufgabe 1/2 + 1/3 vorgelegt wird, antworten viele 2/5. Sie kommen zu dieser Antwort, indem sie die beiden Zähler addieren und so den Zähler der Summe erhalten und die Nenner addieren, um den Nenner zu erhalten. Das Mißverständnis ist alles andere als vorübergehend. Viele Erwachsene, die Mathematikkurse etwa an der Volkshochschule besuchen, machen die gleichen Fehler (Silver, 1983). Viele der Probleme von Kindern beim Bruchrechnen rühren daher, daß sie nicht über die Größe nachdenken, die der jeweilige Bruch darstellt. Dies wird an den Fehlern deutlich, die Kinder machen, wenn sie die Aufgabe 12/13 + 7/8 (Tabelle 9.3) zu lösen versuchen. In einem nationalen Leistungstest beantworteten weniger als ein Drittel der 13 bis 17jährigen Kinder aus den USA diese einfache Aufgabe richtig (Carpenter et al., 1981). Denn wie könnte die Addition von zwei Zahlen, die beide nahe 1 sind, eine Summe von 1,19 oder 21 ergeben? Ein ähnliches Mißverständnis im Zusammenhang mit Symbolen und Größen wird in den Versuchen von Kindern, mit Brüchen im Dezimalbereich umzugehen, deutlich. Betrachten wir, wie sie das Größenverhältnis von zwei Zahlen, ζ. B. 2,86 und 2,357 beurteilen. Der gängigste Ansatz von Viert- und Fünftkläßlern bei solchen Aufgaben ist es zu sagen, daß die Zahl mit mehr Stellen hinter dem Komma die größere ist (Ellis et al., 19993; Resnick et al., 1989). Sie glauben also, 2,357 sei größer als 2,86. Solche Einschätzungen scheinen auf einer Analogie von Dezimalbrüchen und ganzen Zahlen zu beruhen. Weil eine ganze Zahl mit mehr Ziffern immer größer ist als eine Zahl mit weniger Ziffern, nehmen einige Kinder an, dies wäre auch bei Dezimalbrüchen der Fall. Eine andere Gruppe von Kindern gab die umgekehrte Antwort. Sie nahmen immer an, daß die größere Zahl diejenige mit weniger Ziffern hinter dem Komma sei. Demnach wäre 2,43 größer als 2,897. Viele der Kinder argumentierten, daß sich ,897 auf Tausend beziehen würde, ,43 auf Hundert, Hundert größer sei als Tausend und demnach ,43 größer als ,897.

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

391

TABELLE 9.3 Schätzungen der Summe von zwei Brüchen * SCHÄTZE die Antwort für 12/13 + 7/8. Du hast nicht genügend Zeit, um die Aufgabe mit Papier und Bleistift zu lösen. PROZENTUALER ANTEIL DER ANTWORTEN ANTWORT 1 2 19 21

ALTER: 13 7 24 28 27

Ich weiß nicht

14

ALTER: 17 8 37 21 15 16

'Angaben vom National Assessment of Educational Progress (Carpenter, Corbitt, Kepner, Lindquist & Reys, 1981).

Die Schwierigkeit, Dezimalbrüche zu verstehen, verschwindet nicht schnell. Zuker (1985, zitiert in Resnick et al., 1989) hat herausgefunden, daß ein Drittel der Sieben- bis Neuntkläßler weiterhin einen der beiden oben beschriebenen Fehler machen. Wenn Kinder daran scheitern, das Zahlensystem zu verstehen, führt dies demnach bei Dezimalbrüchen ebenso wie bei der Subtraktion zu systematischen und nachhaltigen Fehlern.

Algebra Wenn Kinder Algebra lernen, stärkt dies ihr mathematisches Verständnis enorm. Eine einzige algebraische Gleichung genügt, um eine Unzahl von Situationen darzustellen und zu durchdenken. Diese Stärke wird jedoch nicht häufig erkannt. Sogar Schüler, die gut im Algebraunterricht sind, behandeln Gleichungen als Übungen im Austausch von Symbolen, ohne jegliche Verbindung zu ihrem Kontext zur Realität. Dieses oberflächliche Verständnis schafft eine Situation, in der häufig Mißverständnisse entstehen. Viele dieser Mißverständnisse entstehen, weil korrekte Regeln in falscher Weise übertragen werden (Matz, 1982; Sleeman, 1985). Ζ. B.: Weil das Distributivgesetz festlegt, daß a · (b + c) = (a · b) + (a • c), ziehen einige Schüler oberflächlich ähnliche Schlüsse wie a + (b · c) = (a + b) · (a + c).

392

Kapitel 9

Die Schüler wenden verschiedene Verfahren an, um zu bestimmen, ob Umformungen algebraischer Gleichungen richtig sind. Bei 11 bis 14jährigen ist es die häufigste Strategie, Zahlen in die ursprüngliche und die umgeformte Gleichung einzusetzen, um zu sehen, ob sie zu dem gleichen Ergebnis führen (Resnick, Cauzinille-Marmeche & Mathieu, 1987). Dieses Verfahren zeigt, ob die Umformung zulässig ist, selten jedoch auch warum. Ein weiterer gängiger Ansatz ist es, die Umformung durch eine Regel zu rechtfertigen. Einige Schüler führen sinnvolle Regeln an, viele fuhren jedoch verzerrte Regelvarianten an, wie etwa eine falsche Variante des oben genannten Distributivgesetzes. Diese Schwierigkeiten werden nicht schnell überwunden. Noch Studenten haben Probleme mit ihnen. 37 Prozent der Studenten der Ingenieurswissenschaften im ersten Semester an einer größeren staatlichen Universität in den USA waren beispielsweise nicht in der Lage, die richtige Gleichung zu schreiben, um die einfache Aussage, "es gibt an der Universität sechs mal so viele Studenten wie Professoren", darzustellen (Clement, 1982). Die meisten schrieben 6S = P. Auf den ersten Blick scheint dies logisch. Dieser Eindruck geht jedoch verloren, wenn man erkennt, daß 6S = Ρ bedeutet, daß das Produkt aus der Multiplikation des größeren Wertes (der Anzahl der Studenten) mit 6 den kleineren Wert (der Anzahl der Professoren) ergibt. Ebenso wie bei den langen Subtraktionen und den Dezimalbrüchen rühren diese algebraischen Probleme daher, daß die entsprechenden Verfahren (in diesem Falle das Verfahren, wie Gleichungen geschrieben werden) nicht mit den ihnen zugrundeliegenden Regeln verknüpft wird. Ohne solche Verknüpfungen wird Algebra zu einer bedeutungslosen Übung, welche willkürlichen Veränderungen von Symbolen erlaubt sind und welche nicht. Auch wenn die Stärke der Algebra letztlich aus Gleichungssystemen herrührt, die Abstraktionen hinsichtlich bestimmter Situationen erlauben, ist es für die Beherrschung der Materie essentiell, von der bestimmten Situation der Gleichung und von den Gleichungen auf bestimmte Situationen zu schließen. Computerprogrammierung Die Schüler von heute machen wesentlich mehr Erfahrungen mit dem Programmieren von Computern als irgendeine frühere Generation. Befürworter dieser Erfahrungen haben angeführt, daß dadurch nicht nur Fertigkeiten für das Programmieren vermittelt werden, sondern auch allgemeine Problemlösungsfähigkeiten. In einem bemerkenswerten Vorstoß in diese Richtung, entwickelte Papert (1980) die LOGO-Sprache mit dem Ziel, Kindern zu helfen, sich weitreichend nützliche Fähigkeiten anzueignen, wie etwa das Aufspalten von Problemen in ihre Haupt-

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

393

komponenten, das Erkennen logischer Fehler im Denken und das Entwickeln gut durchdachter Pläne. Wenn LOGO auf dem Standardweg erlernt wird, hat es sich als unzureichend erwiesen, um diese Ziele zu erreichen. Vermittelnder Unterricht jedoch, in dem Logo unter Berücksichtigung übertragbarer Fähigkeiten gelehrt wird, hat sich dabei als recht erfolgreich erwiesen (Carver & Klahr, 1987; Klahr & Carver, 1988; Lehrer & Littlefield, 1991; 1993; Littlefield, Declos, Bransford, Clayton & Franks, 1989). Wie bei herkömmlichem Unterricht im Programmieren von Computern demonstrieren die Lehrer beim vermittelnden Unterricht ihren Schülern, wie Befehle und Begriffe anzuwenden sind und geben ihnen bei ihren Versuchen, sie anzuwenden, Feedback. Allerdings bedeutet vermittelnder Unterricht auch, daß die Lehrer explizit darauf aufmerksam machen, wenn bestimmte Befehle und Programme als Beispiel fur allgemeine Programmierungsbegriffe dienen und explizite Analogieschlüsse von den zum Programmieren angewendeten Argumenten zu Problemlösungen in anderem Kontext ziehen. Diese Art des vermittelnden Unterrichts hat eine Reihe von wünschenswertem Transfer bewirkt. Klahr und Carver (1988) demonstrierten beispielsweise, daß vermittelnder Unterricht in LOGO Debugging-Fähigkeiten (Fähigkeiten zur Fehlerbeseitigung) bewirken kann, die sowohl im als auch außerhalb des LOGOKontextes nützlich sind. Ihr Lernprogramm basierte auf einer DebuggingProblemanalyse. In der Analyse beginnt der Debugging-Prozeß damit, daß der Debugger das Ergebnis festlegt, daß bei einem Verfahren herauskommt und beobachtet, ob und wie das Ergebnis von der Planung abweicht (ζ. B. indem er ein Computerprogramm in Betrieb setzt und seinen Output untersucht). Wenn der Debugger dies befolgt, beschreibt er die Diskrepanz zwischen erwünschtem und tatsächlichem Ergebnis und den Fehlertypen, von denen theoretisch angenommen wird, daß sie dafür verantwortlich sein können. Im nächsten Schritt identifiziert er die Teile des Programms, von denen denkbar ist, daß sie die beobachteten Fehler bewirken könnten. Für diesen Schritt muß das Programm in seine Komponenten zerlegt werden, damit spezifische Teile des Programms mit spezifischen Funktionen identifiziert werden. Wenn der Debugger dem folgt, kontrolliert er die relevanten Teile des Programms, um zu beobachten, welcher Teil, wenn überhaupt einer, nicht das beabsichtigte Ergebnis bewirkt. Dann schreibt er die fehlerhafte Komponente um und setzt das Programm, in dem der Fehler beseitigt wurde, neu in Gang, um festzustellen, ob es nun den gewünschten Output bewirkt. 8- bis 11jährige, die so geschult wurden, benötigten nicht einmal halb soviel Zeit, um LOGO-Debugging-Probleme zu lösen wie Kinder, die diese Instruktionen nicht bekamen. Sie verbesserten auch ihre Fehlerbeseitigung bei Instruktionen in

394

Kapitel 9

Standardenglisch, um Aufgaben zu lösen, bei denen sie zu einem bestimmten Ziel reisen mußten. Die Verbesserung schien darauf zurückzuführen zu sein, daß die Kinder die im Programm geschulten Fähigkeiten anwendeten: sie analysierten das Wesen der ursprünglichen Diskrepanz aus den antizipierten Ergebnissen, stellten Hypothesen über mögliche Gründe auf und konzentrierten sich bei der Suche mehr auf relevante Teile der Instruktionen, statt sie Zeile für Zeile zu kontrollieren. Auch jüngere Kinder können sich Fähigkeiten zur Problemlösung aus den in LOGO enthaltenen vermittelnden Instruktionen aneignen. Als Zweitkläßler mit derartigen Instruktionen konfrontiert wurden, hatte das zur Folge, daß sie bei standardisierten Tests über analoges Denken bessere Leistungen erbrachten und es forderte auch ihre Fähigkeit, geometrische Formen hinsichtlich ihrer Ähnlichkeiten und Unterschiede zu analysieren (Lehrer & Littlefield, 1993). Diese Ergebnisse zeigen, daß LOGO dann, wenn es via vermittelnder Instruktionen gelehrt wird, die von seinen Urhebern beabsichtigten übertragbaren Fähigkeiten zur Problemlösung bewirken kann.

9.2 LESEN Die Entwicklung des Lesens kann entweder chronologisch (was in bestimmten Altersstufen passiert) betrachtet werden oder thematisch (wie entwickelt sich Fähigkeit X). Dieser Abschnitt bietet zuerst eine kurze chronologische Zusammenfassung darüber, wie Kinder sich das Lesen aneignen und dann nimmt er einige besonders wichtige Themen in diesem Bereich etwas ausführlicher unter die Lupe, wie etwa Lesefähigkeiten, Worterkennung und Textverständnis. Der typische chronologische Verlauf Chall (1979) stellte die Hypothese auf, daß sich das Lesen in fünf Stadien entwickelt. Die Stadien lassen das Lernen des Lesens systematischer und geordneter erscheinen als es tatsächlich ist, aber sie vermitteln auch einen Überblick über die wichtigsten Leistungen und die Reihenfolge, in der sie stattfinden. Im Stadium 0, das von der Geburt bis zum Beginn der ersten Klasse dauert, beherrschen Kinder einige Voraussetzungen für das Lesen. Viele lernen, die Buchstaben des Alphabets zu erkennen, ihre Namen zu schreiben und einige wenige Wörter zu lesen. Wie beim Rechnen scheinen die Lesekenntnisse von kleinen Kindern heute wesentlich größer zu sein als vor 50 Jahren. Diese Verbesserungen können vielleicht auf Lernprogramme wie die Sesamstraße und die sich häufig

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

395

wiederholenden, Aufmerksamkeit erhaschenden Werbespots im Fernsehen zurückgeführt werden. Im Stadium 1, das normalerweise die erste und zweite Klasse umfaßt, eignen sich Kinder phonologische Rekodierungsfähigkeiten an, das heißt die Fähigkeit, Buchstaben in Laute zu übersetzen und die Laute in Worte einzupassen. Außerdem erlernen Kindern in diesem Stadium die Namen der Buchstaben und Laute vollständig. Im Stadium 2, das sich im allgemeinen in der zweiten und dritten Klasse abspielt, beginnen Kinder flüssig zu lesen. Sie erkennen einzelne Wörter schneller. Allerdings wies Chall daraufhin, daß das Lesen noch nicht dem Lernen dient. Die Anforderungen bei der Worterkennung sind für die kindlichen Verarbeitungsressourcen noch immer sehr hoch, so daß die Aneignung neuer Informationen durch das Lesen schwierig bleibt. Im Stadium 3, das Chall zwischen der vierten und achten Klasse ansetzte, sind Kinder in der Lage, neue Informationen aus dem Gedruckten zu ziehen. Sie sagt: "In den ersten Klassen lernen Kinder lesen, in den höheren Klassen lesen sie, um zu lernen" (S. 24). Allerdings können die meisten Leser zu diesem Zeitpunkt nur Informationen aus einer einzigen Perspektive verstehen. Im Stadium 4, den Jahren an der High School, verstehen Kinder schließlich Informationen, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln dargestellt werden. Dies ermöglicht ein differenzierteres Verständnis der Geschichte, Wirtschaft und Politik als zuvor. Es erlaubt auch die Feinheiten bedeutender Werke der Literatur zu würdigen, die in dieser Phase der Schulzeit häufiger gelesen werden als zuvor. Dieser Verlauf deutet die zwei Hauptthemen an, wie sich Kinder LesefMhigkeiten aneignen: die zentrale Bedeutung des Textverständnisses als eigentlichem Zweck des Lesens und die Notwendigkeit effizienter Worterkennung, damit das Verstehen schwieriger Materien möglich wird. Bevor Kinder jedoch lernen, Wörter zu erkennen, brauchen sie bestimmte Fähigkeiten, die dem vorausgehen. Sie werden im nächsten Abschnitt erörtert. Fähigkeiten, die dem Lesen vorausgehen Einige der Fähigkeiten, die dem Lesen vorausgehen, eignen sich Kinder mühelos an - beispielsweise, das Wissen, daß Texte (im Englischen) von links nach rechts geschrieben werden, daß sie sich vom äußersten rechten Punkt einer Zeile zum äußersten linken Punkt der nächsten fortsetzen und daß Zwischenräume zwischen den Buchstabenfolgen Trennungen zwischen Wörtern bedeuten. Dieses Wissen wird deutlich, wenn sie nachahmen zu schreiben; noch bevor sie wissen, wie

396

Kapitel 9

Buchstaben geschrieben werden, "schreiben" sie in horizontalen Linien und ihr Gekritzel ist unterteilt in Einheiten von etwa der Länge eines Wortes mit kleinen Zwischenräumen (Levin & Korat, 1993; Teale & Sulzby, 1986). Zwei weitere Voraussetzungen sind allerdings für das Lesen wesentlich schwieriger: das Erkennen von Buchstaben und das Auseinanderhalten von unterschiedlichen Lauten in Wörtern. Wahrnehmung von Buchstaben. Um zu lesen, müssen Kinder die eindeutige Kombination aus horizontalen und vertikalen Segmenten, Kurven und Diagonalen erlernen, die den jeweiligen Buchstaben definieren. Auch nach diesem anfanglichen Lernen, verwechseln Kinder noch häufig Buchstaben, die sich nur in ihrer Ausrichtung unterscheiden - z. B. b und d und ρ und q (Adams, 1990). Diese Verwechslungen mögen dadurch Zustandekommen, daß in einem anderem Kontext als dem Lesen die Ausrichtung selten einen Einfluß auf die Gleichheit hat. Der Hund eines Jungen ist sein Hund, unabhängig davon in welche Richtung er schaut. In der zweiten oder dritten Klasse verwechselt die große Mehrheit der Kinder in jedem Fall Buchstaben nicht mehr. Viele Eltern und Lehrer haben sich ebenso wie Forscher gefragt, ob es Kindern hilft, Lesen zu lernen, wenn sie, bevor sie in die Schule kommen, das Alphabet lernen. Es ergibt sich ein komplexes Bild, aber eine zumindest vorläufige Schlußfolgerung ist möglich. Die Fähigkeit von Kindern in der Vorschule, Buchstaben zu benennen, sagt etwas über ihre späteren Leistungswerte beim Lesen voraus, zumindest bis zur siebten Klasse (Vellutino & Scanion, 1987). Auf den ersten Blick scheint dies darauf hinzudeuten, daß Kinder dann, wenn sie früh das Alphabet erlernen, besser lesen können. Allerdings erleichterte es das Lesen von zufällig ausgewählten kleinen Kindern nicht, als man ihnen die Namen von Buchstaben beibrachte (Adams, 1990; Venezky, 1978). Beide Tatsachen zusammen legen nahe, daß das Erlernen des Alphabets nicht dazu führt, daß Kinder besser lesen. Vielmehr sind wahrscheinlich andere Variabein, wie etwa das Interesse am Geschriebenen, die allgemeine Intelligenz, perzeptorische Fähigkeiten und das Interesse der Eltern am Lesen der Kinder sowohl dafür verantwortlich, daß Kinder das Alphabet früh lernen als auch dafür, daß diese Kinder später in der Regel gut lesen. Phonetisches Bewußtsein. Eine andere Voraussetzung für das Lesen ist es zu erkennen, daß Wörter aus trennbaren Lauten bestehen. Diese Erkenntnis wird als phonetisches Bewußtsein bezeichnet. Wenn Kinder bereits einige Jahre eine Sprache sprechen, scheinen sich die meisten nicht bewußt zu sein, daß sie einzelne Laute verbinden, um Wörter hervorzubringen. Liberman, Shankweiler, Fischer und Carter (1974) stellten diesen Aspekt bei 4- und 5jährigen dar. Den Kindern wurde gesagt, sie sollten bei jedem Laut in einem kurzen Wort einmal klopfen.

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

397

Das heißt, sie sollten bei dem Wort it zweimal und bei hit dreimal klopfen. Die Ergebnisse dabei und bei anderen Messungen des phonetischen Bewußtseins erwiesen sich als ausgezeichnete Indikatoren für die Leistungen beim Lesen in den ersten Schuljahren (Bruck, 1992; Olson, Fronsber & Wise, 1994). Besonders wichtig ist, daß das Trainieren von Fähigkeiten des phonetischen Bewußtseins (z. B. zu erkennen, welches von drei Wörtern nicht den gleichen Laut enthält) noch 4 Jahre später zu besseren Leistungen beim Lesen und Buchstabieren führte (Bradley & Bryant, 1983; Byrne & Fielding-Barnsley, 1995; Vellutino & ScanIon, 1987). Warum fördert phonetisches Bewußtsein die Leseleistung? Wenn wir über den Prozeß nachdenken, durch den Kinder lesen lernen, liegt die Antwort nahe. Wenn Kinder lesen lernen, werden ihnen die Laute beigebracht, die typischerweise zu jedem Buchstaben gehören. Solange sie diese Laute nicht in ein Wort einpassen können, sind Kenntnisse über die Entsprechungen von Laut und Symbol jedoch nicht hilfreich. Die Fähigkeit, Lautkomponenten in Wörtern auseinanderzuhalten, die bei Aufgaben über das phonetische Bewußtsein gemessen wird, scheint dafür ausschlaggebend zu sein, Laute einpassen zu können, um Wörter zu bilden und damit auch zu lesen. Das phonetische Bewußtsein scheint seinen Ursprung darin zu haben, daß Eltern ihren Kindern Kinderreime vorlesen. Je nachdem wie gut Kinder mit 3 Jahren Kinderreime kennen, läßt auf ihr späteres phonetisches Bewußtsein und ihre Lesefähigkeiten schließen, auch dann, wenn der Einfluß des Bildungsniveaus der Mutter, das Alter und der IQ des Kindes statistisch kontrolliert werden (Maclean, Bryant & Bradley, 1987). Die minimalen Unterschiede der Wörter am Ende einer Zeile eines Kinderreimes (z. B. horn und corn, muffet und tuffet), können Kindern helfen, die einzelnen Laute zu isolieren, die die jeweilige Silbe enthält, und zu erkennen, daß Wörter aus solchen trennbaren Lauten bestehen. Auch der Leseunterricht in der Schule fördert diese Fähigkeiten; Kinder, die aufgrund ihres Alters gerade noch eingeschult wurden, zeigten am Ende des ersten Schuljahres ein größeres phonetisches Bewußtsein als fast gleichaltrige Kinder, die noch nicht eingeschult wurden und deshalb das Jahr in der Vorschule verbrachten (Bentin, Hammer & Cahan, 1991). Phonetisches Bewußtsein fördert demnach das Lesen und wird vom Lesen gefördert. Frühreife Leser. Manche 2- und 3jährigen können lesen. Im allgemeinen haben sie dafür keinen speziellen Unterricht erhalten; vielmehr brechen sie den alphabetischen Code selbst. Was unterscheidet diese frühreifen Leser von anderen Kindern? Als Gruppe haben sie tendenziell einen überdurchschnittlich hohen, wenngleich nicht außerge-

398

Kapitel 9

wohnlich hohen IQ (Jackson, 1988). Andererseits beginnt die Hälfte der Kinder mit einen sehr hohen IQ mit 5 Jahren zu lesen, die andere Hälfte jedoch nicht (Roedell, Jackson & Robinson, 1980). Frühreife Leser unterscheiden sich von den meisten Kindern in verschiedener Hinsicht (Jackson, Donaldson & Cleland, 1988; Jackson, Donaldson & Mills, 1993), teilweise durch ihr intellektuelles Vermögen. Kinder, die sehr frühzeitig zu lesen beginnen, verfügen in der Regel über ungewöhnlich viel sprachliches Wissen und ein leistungsfähiges Kurzzeitgedächtnis. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, daß sie Fähigkeiten, die dem Lesen vorausgehen, früh beherrschen. Viele dieser Kinder können noch bevor sie 3 Jahre alt sind das Alphabet aufsagen und einige Großbuchstaben erkennen. Ein weiteres ungewöhnliches Merkmal ist ihr Interesse am Lesen. Solche Kinder zeigen in der Regel mehr Interesse am Lesen als die meisten anderen. Im Gegensatz zu den Befürchtungen vieler Pädagogen beeinflußt verfrühtes Lesen die spätere schulische Leistung nicht negativ. Kinder die lesen können, wenn sie eingeschult werden, bleiben mindestens bis zum Ende der sechsten Klasse überlegene Leser (Durkin, 1966; Jackson et al., 1993). Man kann jedoch nicht darauf schließen, daß die frühe Fähigkeit zu lesen für eine spätere Überlegenheit verantwortlich ist. Zufällig ausgewählte Kinder, die 2 Jahre vor der ersten Klasse im Lesen unterrichtet wurden, lasen am Ende der dritten Klasse nicht besser als andere Kinder (Durkin, 1974/75). Zumindest beeinträchtigt frühes Lesen Kinder nicht und läßt spätere gute Leseleistungen vorausahnen. Das Erkennen einzelner Wörter Das schnelle und mühelose Erkennen von Wörtern ist nicht nur für ein gutes Textverständnis entscheidend, sondern auch dafür, daß wir das Lesen genießen können. Die Folgen, wenn diese Fähigkeiten nicht vorhanden sind, werden in einer bemerkenswerten Statistik von Juel (1988) deutlich: 40 Prozent der Viertkläßler, die bei der Worterkennung schwach abschnitten, sagten sie würden lieber ihr Zimmer aufräumen als lesen. Einer sagte: "Ich würde eher den Schimmel um die Badewanne wegputzen als lesen". Solche Einstellungen sind nicht nur für das Lesen an sich verheerend, sie führen auch zu schlechteren Leistungen in anderen Fächern, weil alle gutes Lesen erfordern, damit der Stoff beherrscht wird (Stanovich, 1986). Schwache Fähigkeiten bei der Worterkennung führen auch dazu, daß die Kinder nur das für den Unterricht geforderte Minimum lesen, was das Problem noch verschlimmert. Wie Adams (1990, S. 5) bemerkte: "Wenn wir Kinder dazu bewegen wollen, viel zu lesen, müssen wir ihnen beibringen, gut zu lesen".

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

399

Kinder nutzen im wesentlichen zwei Verfahren zur Worterkennung: phonologisches Rekodieren (manchmal auch Dekodieren genannt) und visuell gestütztes Abrufen aus dem Gedächtnis. Bei beiden Verfahren betrachten Kinder erst das gedruckte Wort und lokalisieren dann den Zugang für das Wort im Langzeitgedächtnis. Der Unterschied besteht in dem, was dazwischen passiert. Wenn Kinder ein Wort phonologisch rekodieren, übersetzen sie die visuelle Form in eine sprachähnliche und benutzen diese sprachähnliche Darstellung, um das Wort zu erkennen. Wenn sie ein Wort visuell aus dem Gedächtnis abrufen, machen sie diesen Zwischenschritt nicht. Die beiden Ansätze sind nicht so verschieden, wie es ihre Beschreibung nahelegt; Kinder rekodieren zum Beispiel manchmal den ersten Buchstaben oder die ersten beiden und rufen dann das Wort aus dem Gedächtnis ab. Trotz dieser Mischungen scheint die Unterscheidung einem echten Unterschied in Worterkennungsstrategien zu entsprechen. Der Unterschied in den beiden Worterkennungsprozessen spiegelt sich in dem Unterschied in den beiden wesentlichen Lehrmethoden, das Lesen zu unterrichten, wider. Die Ganzwortmethode betont das Abrufen aus dem Gedächtnis; die phonetische Methode betont das phonologische Rekodieren. Historisch gesehen schwankte die pädagogische Praxis unstet zwischen beiden hin und her. Zu Beginn dieses Jahrhunderts setzten die meisten Lehrer in den USA auf die Phonetik. Zwischen 1920 und 1960 setzten die meisten auf visuelles Abrufen aus dem Gedächtnis. In den letzten 40 Jahren setzten die meisten wiederum auf die Phonetik. Zwei Gründe sind wahrscheinlich für dieses Schwanken verantwortlich: mit beiden Methoden wird den meisten Kindern schließlich das Lesen beigebracht und keine der beiden Methoden ist in der Lage, jedem Kind beizubringen, gut zu lesen. Außerdem muß keine der beiden Methoden in ihrer reinen Form betrieben werden. Die meisten Lehrer wenden beide an. Die Frage ist nicht, ob Kinder Zusammenhänge aus Buchstaben und Lauten lernen sollten oder ob sie Wörter schnell aus dem Gedächtnis abrufen sollten, sondern wie früh und bis zu welchem Grade die jeweiligen Fähigkeiten betont werden sollten. Ein weiter Grund, den die Debatte nicht aus der Welt geschafft hat, ist, daß für beide Positionen plausible Argumente angeführt werden können. Das Argument für die Ganzwortmethode: geübte Leser vertrauen auf visuell gestützte Erinnerung; das Ziel des Leseunterrichts ist es, geübt Leser hervorzubringen; deshalb sollte Anfängern beigebracht werden, wie geübte Leser zu lesen. Das Argument für die phonetische Methode: damit Kinder lesen lernen können, müssen sie in der Lage sein, unbekannte Wörter zu erkennen; die Fähigkeit, phonologisch zu rekodieren, erlaubt es ihnen; deshalb sollte Anfängern beigebracht werden, selbständig zu lesen.

400

Kapitel 9

Wenn Kinder die Prozesse verstehen, durch die sie lernen zu lesen, verfügen sie über die notwendige Basis, um aus diesen Argumenten auszuwählen. Im nächsten Abschnitt untersuchen wir die Prozesse der Zweiworterkennung und wie Kinder auswählen, welchen Prozeß sie benutzen müssen, um ein bestimmtes Wort zu erkennen. Die Analyse legt eine Erklärung nahe, warum sich eine der beiden Lehrmethoden als effektiver erwiesen hat als die andere. Phonologisches Rekodieren. Phonologisches Rekodieren erlaubt es Kindern, Wörter zu lesen, die sie sonst nicht kennen würden. Die Analyse eines Lesebuchs macht deutlich, warum diese Fähigkeit so wichtig ist für Menschen, die zu lesen beginnen. Firth (1972) untersuchte fast 3000 Wörter, die in einem Lesebuch für Erst- und Zweitkläßler auftauchten. Mehr als 70 Prozent der Wörter tauchten fünfmal oder seltener auf und 40 Prozent der Wörter nur einmal. In einigen Lesebüchern werden die Wörter häufiger wiederholt, aber repetitivere Unterrichtsmaterialien neigen dazu, zu einem verdummenden Stil zu degenerieren, bei dem immer sofort mit dem Finger auf den wunden Punkt gezeigt wird, und der jedem, der ihm begegnet, im Gedächtnis haften bleibt. Deshalb ist das frühe Lernen der Fähigkeit, phonologisch zu rekodieren, entscheidend, damit Kinder, die zu lesen beginnen, die vielen Wörter erkennen können, denen sie selten oder noch gar nicht begegnet sind. Geschicktes phonologisches Rekodieren erlaubt es Kindern nicht nur selbständig zu lesen, sondern es hat auch Einfluß auf eine effiziente visuell gestützte Erinnerung. Jorm und Share (1983) und Share und Stanovich (1995) beschrieben, wie dies geschehen könnte. Ihre grundlegende Annahme war, daß Kinder die Antworten lernen, die sie geben; Siegler und Shipley (1995) gingen beim Lernen des Rechnens von derselben Annahme aus. Wenn Kinder nicht über gute Fähigkeiten verfugen, um phonologisch zu rekodieren, sind sie gezwungen, sich häufiger auf den Kontext zu verlassen, um auf Wörter zu schließen. Der Kontext ist jedoch häufig ein unzuverlässiger Leitfaden und sich auf ihn zu verlassen, zieht viele Fehler nach sich. Im Gegensatz dazu erhöht das genaue Ausloten des Lautes die Assoziation zwischen dem geschriebenen und dem gesprochenen Wort und damit die Wahrscheinlichkeit, daß das Kind in der Lage ist, das Wort durch visuelle Erinnerung aus dem Gedächtnis abzurufen. Visuell gestützte Erinnerung. Es ist verlockend, die Entwicklung der Fähigkeiten zur Worterkennung folgendermaßen zu beschreiben: zuerst loten Kinder die Laute von Wörtern aus und später rufen sie sich die Wörter mit Hilfe visuell gestützter Erinnerung aus dem Gedächtnis ab. Tatsächlich ist der Verlauf komplexer. Viele Kinder können die Identität einiger weniger Wörter aus dem Gedächtnis abrufen, noch bevor sie irgendwelche Entsprechungen von Lauten und Symbolen kennen. Gough und Hillinger (1980) lieferten das Beispiel eines Vor-

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

401

schulkindes, das lernte zwei Wörter zu lesen: Budweiser und Stop. Der Junge lernte das erste Wort von Bierdosen, das zweite von Straßenschildern. Der Kontext lieferte ihm die Anhaltspunkte für die Identität der Wörter. Viele Vorschulkinder können jedoch einige wenige Wörter auch ohne Anhaltspunkte aus dem Zusammenhang lesen, beispielsweise wenn sie auf einer Karteikarte geschrieben sind. Ein Mädchen kann wissen, daß sie zwei Wörter weiß und daß Budweiser das lange und Stop das kurze Wort ist. Als nächstes lernt sie das Wort Coke. Weil Coke und Stop beide vier Buchstaben haben, braucht sie ein weiteres Merkmal neben der Wortlänge, um sie auseinanderzuhalten. Vielleicht bemerkt sie, daß die ersten Buchstaben unterschiedlich sind, und schließt daraus, daß das Wort dann, wenn es kurz ist und mit einem Buchstaben beginnt, der eine Rundung hat, Coke ist, wenn es aber kurz ist und mit einem Buchstaben beginnt, der zwei Rundungen hat, Stop ist. Auch wenn die ersten Versuche visuell gestützter Erinnerung auf einem oder zwei Merkmalen basieren können, umfaßt der Erinnerungsprozeß schließlich die parallele Verarbeitung vieler weiterer Informationsquellen (Seidenberg & McClelland, 1989). Zu ihnen gehören Informationen aus den jeweiligen Buchstaben, aus dem Wort als Ganzem und aus dem dazugehörigen Kontext. Der Gebrauch multipler Schlüsselreize, auch der Buchstaben eines Wortes und der dazugehörige Kontext, beginnt bereits in der ersten Klasse. Wenn Erstkläßler ein Wort durch ein anderes ersetzen, hat das Wort, das sie wählen im allgemeinen denselben Anfangsbuchstaben wie das ursprüngliche Wort und paßt auch in den dazugehörigen Kontext (Weber, 1970). Die visuell gestützte Erinnerung wird also vom Beginn des Lesens an von multiplen Informationsquellen beeinflußt. Strategieentscheidungen bei der Worterkennung. Wie beim Rechnen wählen Kinder adaptiv zwischen alternativen Lesestrategien aus. Sie wenden die schnelle Erinnerungsmethode aus, wenn mit ihr richtige Antworten gegeben werden und greifen bei schwierigeren Wörtern auf Backup-Strategien zurück, wie etwa das Ausloten des Lautes (Abbildung 9.3). Diese Beobachtung wirft die Frage auf, wie Kinder wissen, ob sie die phonologische Rekodierung oder die visuell gestützte Erinnerung anwenden müssen, um ein bestimmtes Wort zu erkennen. Der Entscheidungsprozeß scheint derselbe zu sein wie beim Rechnen. Mittels ihrer Erfahrung assoziieren sie das Aussehen des Wortes mit seiner Identität (um welches Wort es sich handelt). Wenn sie einem Wort begegnen, versuchen sie seine Identität aus dem Gedächtnis abzurufen. Wenn das gewählte Worte, das sie sich ins Gedächtnis zurückrufen genügend assoziative Stärke hat, sagen sie es. Wenn nicht, greifen sie auf eine Backup-Strategie zurück, sie loten ζ. B. den Laut aus oder fragen ein älteres Kind oder einen Erwachsenen nach dem Wort.

402

Kapitel 9

_

Lesen r = .86

_

Dig·

· Now· · »Cootoe^ Hand· ·Purp4e · People· *Pet . Horse· «Ride »Buck . _ AppleeSandwch Maher^ JT,· «Foot



— _

Ran · ·Puppy ·«& Eght· / ·Seven Ρ» Little· »HateTeneDo eOvef B^r «YoureWe 1 ΙΑβ Green· ·ΒΙυβ Not· «Her

«U "·

»IrH 0

10

L

I

20

30

_L 40

50

60

_L

J

1

70

80

90

% Prozentualer Anteil offener Strategien

100 r 90 80 70

Buchstabieren r = .87

60 50 40 30

% P r o z e n t u a l e r Anteil offener Strategien

ABBILDUNG 9.3 Wie beim Rechnen ist es dann um so wahrscheinlicher, daß Kinder offene Strategien anwenden, um ein Wort zu lesen und zu buchstabieren, je schwieriger das Wort gemessen an der Fehlerquote ist (aus Siegler, 1986).

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

403

In Verbindung mit Jorms' und Shares' (1983) Position, daß Kinder in der Lage sind, visuell gestützte Erinnerung durch vorangegangene exakte Anwendung phonologischer Rekodierung zu nutzen, impliziert diese Perspektive, daß auf Phonetik basierender Unterricht der Ganzwortmethode überlegen ist, um Kindern zu helfen, Wörter schnell und exakt zu erkennen. Die Logik dahinter ist, daß die exakte Anwendung von Backup-Strategien starke Assoziationen zwischen dem Wort und seiner geschriebenen Form herstellt und damit schnelle und exakte Erinnerung ermöglicht. Diese Vorhersage hat sich als richtig erwiesen. Sowohl in Tests im Unterricht als auch im Labor haben sich Methoden, die auf der Phonetik basieren, zur Förderung der Leseleistung als überlegen erwiesen (Adams, 1990). Dyslexie. Einige Kinder haben trotz normaler Intelligenz außerordentliche Schwierigkeiten lesen zu lernen. Man hat zwei unterschiedliche Probleme entdeckt, die den beiden wesentlichen, in diesem Abschnitt beschriebenen Worterkennungsprozessen entsprechen. Das häufigere Problem, die phonologische Dyslexie, bezieht sich auf die besonderen Schwierigkeiten beim phonologischen Rekodieren. Das weniger häufige, die oberflächliche Dyslexie, bezieht sich auf die Schwierigkeiten bei der visuell gestützten Erinnerung (Rack, Snowling & Olson, 1992; Wagner & Torgeson, 1987). Diese Formen der Dyslexie können unterschieden werden, wenn man Kinder auffordert, Ausnahmewörter (Wörter mit einer unregelmäßigen Entsprechung von Symbol und Laut, wie etwa Yacht) und aussprechbare NichtWörter (Buchstabenreihen, die keine Wörter sind, aber phonologisch ausgelotet werden können, wie etwa thack) zu lesen. Kinder mit oberflächlicher Dyslexie, deren Hauptschwierigkeit die visuell gestützte Erinnerung ist, haben größere Probleme mit den Ausnahmewörtern, die andere Menschen aus dem Gedächtnis abrufen können (Castles & Coltheart, 1993; Manis, Seidenberg, Doi, McBride-Chang & Peterson, 1996). Kinder mit phonologischer Dyslexie, deren größtes Problem das Erkennen der Laute darstellt, haben größere Schwierigkeiten mit den aussprechbaren NichtWörtern, die, weil sie neu sind, phonologisch dekodiert werden müssen. In Übereinstimmung mit den Modellen von Jorm und Share (1983) und Share und Stanovich (1995) haben die meisten Kinder, die Schwierigkeiten mit aussprechbaren NichtWörtern haben, auch Probleme mit Ausnahmewörtern und umgekehrt. Deshalb ist die Unterscheidung von phonologischer und oberflächlicher Dyslexie im allgemeinen eine Frage des Grades der Beeinträchtigung der beiden Fähigkeiten. Allerdings liegen 25 Prozent der Kinder bei dem einen Problem im Normbereich, bei dem anderen jedoch darunter (Manis et al., 1996). Kinder bei denen Dyslexie diagnostiziert wurde, sind in der Regel auch als Erwachsene schlechte Leser. Auch in den Fällen, in denen das Lesen von Kindern

404

Kapitel 9

ein fast normales Niveau erreicht, haben diese Kinder weiterhin Schwierigkeiten, NichtWörter zu lesen, bei denen sie sich auf ihr phonologisches Rekodierungsvermögen stützen müssen, und ihr phonologisches Bewußtsein bleibt weiterhin schwach (Bruck, 1990; 1992). Wahrscheinlich erlaubt es ihnen ihre Erfahrung beim Lesen, häufig Wörter aus dem Gedächtnis abzurufen, aber die Schwierigkeit, die Laute in unbekannten Wörtern zu erkennen bleibt bestehen (Manis, Custodio & Szeszulsky, 1993). Glücklicherweise ist die Situation nicht hoffnungslos. Wenn man schlechten Lesern Strategien beibringt, um Schwierigkeiten bei der phonologischen Rekodierung zu umgehen, oder intensiv daran arbeitet, das phonologische Rekodierungsvermögen selbst zu verbessern, kann dies substantielle positive Effekte haben. Lovett et al. (1994) untersuchten beispielsweise die Wirkungen eines Strategietrainings, das schlechten Lesern beibrachte, Analogieschlüsse zwischen den neuen und bereits bekannten Wörtern zu ziehen, alternative Aussprachen bei den Vokalen zu versuchen, wenn sie beim ersten Versuch scheiterten und bekannte Wortteile zu erkennen und dann die Aufmerksamkeit auf das restliche Wort zu lenken. 35 Stunden Unterricht in diesen Strategien führten bei den Kindern im Vergleich zu anderen schlechten Lesern, die gleich viel Unterricht in Problemlösung und Lernfähigkeiten erhielten, in standardisierten Tests zu signifikanten Verbesserungen bei der Worterkennung und beim Buchstabieren. Auch wenn Dyslexie ein anhaltendes und schwer zu behebendes Problem ist, kann das Training, das Wege, sie zu umgehen aufzeigt, helfen. Verständnis Das Leseverständnis ist vielleicht von allen schulischen Fähigkeiten, die sich Kinder aneignen, die wichtigste. Es erlaubt ihnen zu lernen, ihren Interessen nachzugehen und der Langeweile zu entfliehen. Der Prozeß des Leseverständnisses kann in vier Komponenten aufgeteilt werden: lexikalischer Zugang, Satzkonstruktion, Satzintegration und Textmodellierung. Lexikalischer Zugang ist eine andere Bezeichnung für Worterkennung. Es ist der Prozeß, in dem Kinder die Bedeutung eines gedruckten Wortes aus dem Langzeitgedächtnis abrufen. Satzkonstruktion bedeutet Wörter zu sinnvollen Einheiten zu verknüpfen. In dem Satz, "der kranke Junge ging nach hause", beispielsweise würde der Leser die Sätze konstruieren, "da war ein Junge", "der Junge war krank" usw. Satzintergration bedeutet einzelne Sätze zu größeren sinnvollen Einheiten zusammenzufügen. Textmodellierung bezieht sich schließlich auf den Prozeß, durch den Kinder Rückschlüsse ziehen und das, was sie bereits wissen, mit dem Gelesenen verknüpfen. Die Leser könnten beispielsweise ihr Wissen

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

405

über kranke Kinder und die Entfernung zwischen der Schule und dem Zuhause heranziehen, um zu folgern, daß ein Elternteil des Jungen ihn abgeholt und nach hause gefahren haben könnte, auch wenn dies im Satz nicht erwähnt wird. Die Analyse von Perfetti hilft, den Zusammenhang von Leseverständnis und Hörverständnis zu klären. Für beide ist es notwendig, Sätze zu bilden, sie zusammenzufügen und eine allgemeine Form der Situation zu konstruieren. Allerdings unterscheiden sich die Prozesse des lexikalischen Zugangs. Beim Lesen erfordert der lexikalische Zugang eine Übersetzung der geschriebenen Wörter in ihre Bedeutung; beim Hören erfordert der lexikalische Zugang eine Übersetzung der gesprochenen Wörter in ihre Bedeutung. Die größere Kompetenz von Kindern, die mit dem Lesen beginnen, beim Übersetzen von gesprochenen Wörtern in ihre Bedeutung spricht dafür, daß ihr Hörverständnis ihr Leseverständnis übertrifft. Erst in der siebten oder achten Klasse schließen die meisten Kinder diese Lücke, so daß sich ihr Lese- und Hörverständnis angleicht (Sticht & James, 1984). Was entwickelt sich beim Leseverständnis? Was wir verstehen ist eng verknüpft mit dem, woran wir uns erinnern. Deshalb ist es nicht erstaunlich, daß die wichtigsten Einflußfaktoren der Gedächtnisentwicklung - Grundlagenprozesse, Strategien, metakognitives Verständnis und Inhaltswissen - auch das Leseverständnis beeinflussen. Zwei grundlegende Prozesse, deren Entwicklung zur Verbesserung des Leseverständnisses beiträgt, sind die Automatisierung der Worterkennung und eine immer effizientere Wirkungsweise des Kurzzeitgedächtnisses. Die Automatisierung der Worterkennung unterstützt das Leseverständnis in derselben Weise, in der die Automatisierung des Rechnens das Lernen fortgeschrittenerer Mathematik unterstützt: es setzt kognitive Ressourcen frei. In Übereinstimmung mit dieser Sichtweise sagt der Grad der Automatisierung der Worterkennung zu Beginn der ersten Klasse nicht nur etwas über das Leseverständnis zu diesem Zeitpunkt aus, sondern bis zum Ende der dritten Klasse (Lesgold, Resnick & Hammond, 1985). Die effizientere Wirkungsweise des Kurzzeitgedächtnisses unterstützt das Verständnis aus ähnlichen Gründen. Kinder, die mehr im Gedächtnis behalten können, haben mehr Chancen, frühere und neue Ideen zusammenzufügen und ihre Zusammenhänge zu verstehen. Eine große Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses scheint besonders hilfreich, um mit unklaren Formulierungen umgehen zu können, bei denen es für das Verständnis notwendig ist, mehr als eine Interpretation zu behalten bis die Unklarheit bereinigt ist (Daneman & Tardif, 1987). Die Aneignung von Strategien beeinflußt ebenfalls die Entwicklung des Leseverständnisses. Oftmals wird bei diesen Strategien die Geschwindigkeit und die

406

Kapitel 9

Sorgfalt des Lesens dem Schwierigkeitsgrad der Materie und den Zielen beim Lesen angepaßt. Gute Leser beispielsweise lesen Groschenromane viel schneller als Lehrbücher. Allerdings entwickelt sich diese Art flexibler Strategie erstaunlich spät. 10jährige überfliegen einen Text beispielsweise selten, wenn ein detailliertes Verständnis zur Beantwortung von Fragen überflüssig ist; erst ab 14 Jahren überfliegen Kinder Texte häufig (Kobasigawa, Ransom & Holland, 1980). Das Leseverständnis wird auch vom metakognitiven Verstehen der Leseprozesse beeinflußt. In jedem Alter vom Erstkläßler bis zu Erwachsenen kontrollieren bessere Leser ihr Verständnis fiir das, was sie lesen genauer als schlechte Leser (Baker, 1994). Die Verständniskontrolle verbessert sich sowohl bei guten als auch bei schlechten Lesern mit zunehmendem Alter, aber der Unterschied zwischen guten und schlechten Lesen bleibt ebenfalls bestehen. Verständniskontrolle führt bei älteren und besseren Lesen dazu, daß sie eine Reihe von Strategien anwenden, um mit Verständnisproblemen umzugehen: sie gehen an den Punkt zurück, an dem die Verwirrung begann, sie lesen langsamer bis das Verständnis wiederhergestellt ist, sie versuchen sich die Szene bildlich vorzustellen und sie bilden für Abstraktionen konkrete Beispiele. Eine weitere Ursache altersabhängiger Verbesserungen des Leseverständnisses ist schließlich wachsendes Inhaltswissen. Kinder, die über solches Wissen verfügen, können die Plausibilität der Interpretation für das, was sie lesen, mit dem vergleichen, was sie bereits wissen. Außerdem können sie vernünftige Rückschlüsse hinsichtlich der eher impliziten als geäußerten Motivationen, Ereignisse und Folgen ziehen. Auch wenn jegliche relevanten früheren Kenntnisse das Verständnis unterstützen können, ist doch das Wissen über Kausalzusammenhänge besonders hilfreich. Je mehr die Leser sich auf Kausalzusammenhänge konzentrieren, desto mehr behalten sie (Trabasso, Suh, Payton & Jain, 1994). Mit zunehmendem Alter stellen Kinder ein weiteres Spektrum kausaler Verbindungen her, was ihr Verständnis verbessert. 8jährige konzentrieren sich beispielsweise hauptsächlich auf kausale Zusammenhänge innerhalb einer Episode, während 14jährige auch Zusammenhänge zwischen einzelnen Episoden betonen (van den Broek, 1989). Zusammenfassend kann man sagen, daß Verbesserungen in der Effizienz der Ausführung der grundlegenden Prozesse, der Anwendung von Strategien, der Metakognition und des Inhaltswissens alle zu altersabhängigen Verbesserungen im Leseverständnis beitragen.

Pädagogische Implikationen Die Bedeutung adäquaten Hintergrundwissens. Eine Implikation dieser Erkenntnisse für den Leseunterricht ist, daß alle Lehrer sicher gehen sollten, daß

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

407

ihre Schüler über genügend Vorkenntnisse verfugen, um zu verstehen, was sie lesen. Die Probleme, die entstehen, wenn Kinder nicht über die entsprechenden Sachkenntnisse verfügen, werden an der Erzählung, "Der Waschbär und Mrs. McGinnis", deutlich, einer Geschichte aus einem Lehrbuch der zweiten Klasse. Mrs. McGinnis, eine gute, aber arme Farmersfrau fleht einen Stern um einen Stall für ihre Tiere an. Statt dessen kommen Banditen und stehlen ihr Vieh. Ein Waschbär, der gewöhnlich nachts an der Türschwelle von Mrs. McGinnis nach Futter sucht, folgt den Banditen und klettert dann auf einen Baum, um vor ihnen sicher zu sein. Die Banditen sehen das maskenhafte Gesicht des Waschbären und halten ihn für einen anderen Banditen. Aus Angst lassen sie die Tiere frei und versehentlich eine Tasche mit Geld fallen, das sie gestohlen hatten. Der Waschbär hebt die Tasche mit dem Geld auf, kehrt zur Türschwelle von Mrs. McGinnis Haus zurück, um weiter nach Futter zu suchen und läßt die Tasche dort stehen. Am nächsten Morgen findet Mrs. McGinnis das Geld und schreibt den glücklichen Umstand ihrem flehentlichen Wunsch aus der Nacht zuvor zu. Auch wenn die meisten Erwachsenen diese Geschichte recht charmant finden, ging der Charme für Zweitkläßler, die sie lasen, verloren. Sie hat sie einfach verwirrt. Beck und McKeown (1984) nahmen an, daß das Problem daran lag, daß den Kindern zwei für das Verständnis der Abfolge der Ereignisse entscheidende Begriffe fehlten: Zufall und Gewohnheit. Deshalb erzählte ein Versuchsleiter einer zweiten Gruppe von Zweitkläßlern, bevor sie die Geschichte lasen, daß Zufall bedeutet, daß zwei Ereignisse zufällig zur selben Zeit geschehen, ohne daß eines das andere bewirkt, und das Gewohnheiten oft dazu führen, daß Menschen oder Tiere sich wiederholt mit denselben Dingen beschäftigen. Der Versuchsleiter stellte außerdem einige nützliche Hintergrundfakten dar: daß die dunklen Ringe um die Augen von Waschbären wie Masken aussehen, daß Waschbären gewöhnlich nachts nach Futter suchen und daß Waschbären häufig Dinge aufheben und sie an eine andere Stelle tragen. Dieses Hintergrundwissen half den Kindern, die Geschichte zu verstehen. Die Erklärung des Begriffs "Zufall" steigerte die Zahl der Kinder, die verglichen, was Mrs. McGinnis dachte, was geschehen wäre und das, was tatsächlich geschehen war. Außerdem folgerten die Kinder, die die Hintergrundinformationen erhalten hatten, nicht wie viele Gleichaltrige, daß der Waschbär Mrs. McGinnis helfen wollte. Im Besitz von relevantem Hintergrundwissen zu sein, scheint also entscheidend für gutes Leseverständnis. Die Bedeutung der Metakognition für das Verständnis. Eine weitere effektive Lehrmethode, der reziproke Unterricht, basiert auf Erkenntnissen hinsichtlich der Rolle der Metakognition beim Leseverständnis. Diese von Palincsar und Brown

408

Kapitel 9

(1984) entwickelte Methode, zielte ursprünglich darauf ab, das Lesen einer Gruppe von Siebtkläßlern aus benachteiligten sozialen Verhältnissen zu verbessern. Auch wenn die Fähigkeiten zur Worterkennung bei diesen Schülern auf dem ihnen entsprechenden Niveau waren, lag ihr Textverständnis 2 bis 3 Jahre zurück. Palincsar und Brown vermuteten, daß der Kern ihrer Schwierigkeiten mangelhafte Verständniskontrolle war. Im besonderen plädierten sie dafür, daß die Schüler die Ausführung von vier die Verständniskontrolle betreffenden Prozessen verbessern müßten: das Zusammenfassen, Klären, Hinterfragen und Antizipieren späterer Fragen. Um den Kindern diese Fähigkeiten einzuschärfen, arbeiteten die Lehrer mit kleinen Schülergruppen. Nachdem sowohl Schüler als auch Lehrer einen Absatz gelesen hatten, faßte ihn der Lehrer zusammen, wies auf Sätze hin, die der Klärung bedurften, antizipierte wahrscheinliche Fragen und sagte, was als nächstes in der Geschichte passieren würde. Beim nächsten Anschnitt mußte ein Schüler oder mehrere diese Aufgaben übernehmen. Dann war wieder der Lehrer an der Reihe. Dieses Abwechseln war ausschlaggebend, denn anfangs waren die Schüler recht ungeschickt in diesen Fähigkeiten. Am Anfang des Trainings erfaßten beispielsweise nur 11 Prozent der Zusammenfassungen der Schüler die Kernpunkte des Absatzes. Am Ende von mehr als 20 Sitzungen waren es 60 Prozent. Der Unterricht hatte viele positive Wirkungen auf das Leseverständnis der Siebtkläßler. Nach dem täglichen Unterricht lasen sie neue Abschnitte und beantworteten 10 Fragen darüber aus dem Gedächtnis. Bevor das Trainingsprogramm begann, gaben durchschnittlich 20 Prozent der Kinder bei einem Vortest richtige Antworten. Am Ende des Programms waren es mehr als 80 Prozent. Das verbesserte Verständnis für solche Abschnitte war auch noch 6 Monate nach dem Programm offensichtlich, als die Siebtkläßler nochmals getestet wurden. Noch beeindruckender war, daß sich die geschulten Kinder bei regulären Klassenarbeiten in den natur- und sozialwissenschaftlichen Fächern vom 20. Perzentil ihrer Schule auf das 56. Perzentil verbesserten. Nachfolgende Beobachtungen waren ebenfalls ermutigend. Ein Bericht über 16 Studien mit reziprokem Unterricht hat positive Wirkungen bei Schülern ab der 4. Klasse bis ins Erwachsenenalter an den Tag gebracht und zwar für leistungsschwache und für durchschnittliche Schüler, in Gruppen von 2 bis 23 Schülern und sowohl im Versuch als auch im normalen Schulunterricht (Rosenshine & Meister, 1994). Die Leistungsverbesserungen hielten außerdem mindestens 6 Monate bis ein Jahr nach dem Unterricht an (Palincsar, Brown & Campione, 1993).

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

409

Was können wir aus dieser Erfolgsgeschichte für Lehren ziehen? Eine Lehre ist der Wert, Fähigkeiten in einem Kontext zu vermitteln, der so exakt wie möglich dem Kontext angepaßt ist, in dem die Fähigkeiten Anwendung finden. Im reziproken Unterricht, werden im Kontext des Lesens sinnvoller Texte Fähigkeiten vermittelt, das Textverständnis zu kontrollieren, also in demselben Kontext, in dem Verständniskontrolle im Unterricht Anwendung findet. Eine andere Lehre ist die Bedeutung der aktiven Einbindung der Schüler in den Lernprozeß. Erinnern wir uns aus Kapitel 8, daß die Effektivität der Zusammenarbeit davon abhängt, daß der erfahrenere Partner den weniger erfahrenen aktiv in den Problemlösungsprozeß einbezieht. Diese Einbindung ist ein integraler Bestandteil des reziproken Unterrichts. Von Anfang an werden die Schüler ermutigt, die relevanten Prozesse auszuprobieren (zusammenzufassen, nachzufragen etc.) und ihre Rolle nimmt mit ihrer wachsenden Kompetenz stetig zu. Die Effektivität des reziproken Unterrichts hängt also zumindest teilweise davon ab, daß er Fähigkeiten in einem Kontext vermittelt, der vergleichbar mit dem ist, in dem sie angewendet werden, und davon, daß die Schüler im Unterricht aktiv in den Lernprozeß eingebunden werden.

9.3 SCHREIBEN Ein verständlicher Kummer der Lehrer ist, wie schlecht Schüler schreiben. Das Problem ist mit der Kindheit nicht zu Ende. Computerfirmen produzieren Maschinen, die in der Lage sind, Millionen von Befehlen pro Sekunde auszuführen, aber selten ein Handbuch, daß klar und deutlich erklärt, wie sie zu bedienen sind. Das Fehlen von entsprechenden Schreibfähigkeiten ist besonders bedauerlich, weil das Schreiben im modernen Leben eine so immense Rolle spielt. Angestellte von Unternehmen verbringen beispielsweise 19 Prozent ihrer Arbeitszeit damit, Notizen, Briefe und technische Berichte zu schreiben (Klemmer & Snyder, 1972). Das Schreiben kann in zwei Prozesse zerlegt werden: Aufsetzen und Überarbeiten. Beide erfordern es, daß die Schreibenden eine Vielzahl von Problemen überwinden: die formalen Anforderungen der Zeichensetzung, der Rechtschreibung und der Grammatik, die den Aufbau betreffenden Anforderungen, um den Inhalt verständlich zu machen und die Anforderungen, um dem Zweck des Autors gerecht zu werden, sei der Zweck zu überzeugen, zu beschreiben oder einen Standpunkt zu vermitteln (Boscolo, 1995). Angesichts der Tatsache, daß so viele Ziele gleichzeitig berücksichtigt werden müssen, ist es kein Wunder, daß es die meisten Menschen schwierig finden zu schreiben.

410

Kapitel 9

Der Prozeß des Aufsetzens Wenige Menschen außer Lehrern haben ein Gespür für die Aufsätze von Kindern. Der folgende Versuch eines 8jährigen, der besser ist als der Durchschnitt, vermittelt einen Eindruck: I have not got a bird but I know some things about them. They have tow nostrils and They clean Ther feather and They eat seeds, worms, bread, cuddle firs, and lots of other things. And they drink water. When he drinks he Puts his head up and it gose down. A budgie (birdie) cage gets very dirty and peopel clean it. (Kress, 1982, S. 59f.)

Der Text spiegelt drei Problemquellen wider, denen Kinder beim Schreiben begegnen: die zu erörternden Themen, die Notwendigkeit, gleichzeitig multiple Ziele zu verfolgen und die mechanischen Anforderungen des Schreibens (Bereiter & Scardamalia, 1987). Die Anforderungen unbekannter Themen. Um einen Aufsatz zu schreiben, müssen Kinder zuerst die relevanten Informationen im Langzeitgedächtnis aktivieren. Vielfach stellt das ein Problem dar, weil die Themen Themen sind, über die Kinder normalerweise niemals nachdenken (ζ. B. "Was ich über Vögel weiß"). Unter solchen Voraussetzungen müssen sie Fakten aus verschiedenen Teilen ihres Gedächtnisses abrufen und ein System schaffen, um über sie nachzudenken. Der Aufsatz des 8jährigen über Vögel stellt beispielhaft dar, was häufig geschieht: es werden viel mehr Fakten über ein Thema aufgeführt, statt systematisch erörtert. Die Anforderungen durch multiple Ziele. Menschen schreiben mit unterschiedlichen Zielen: um zu unterhalten, Interesse zu erwecken, zu informieren, um aufzurütteln und um genügend Fakten zusammenzubringen, um Lehrer zufriedenzustellen. Intonation und nonverbale Gesten, die einige dieser Ziele in der gesprochenen Sprache erreichen können, stehen beim Schreiben nicht zur Verfügung. Außerdem ist das Feedback, das der Schreibende beim Prozeß des Aufsetzens bekommt, im allgemeinen auf die eigenen Reaktionen auf das, was man geschrieben hat, beschränkt. Das unterscheidet sich stark von einer Gesprächssituation, in der die Fragen und Kommentare von anderen häufig neue Ziele und einzuschlagende Pfade nahelegen. Das Schreiben erfordert es also, Ziele mit geringer Stimulation von außen zu formulieren, sie lange zu behalten und sie selbständig zu beurteilen, wenn man sie erreicht hat. Wie gehen Kinder mit der Notwendigkeit um, multiple Ziele verfolgen zu müssen? Scardamalia und Bereiter (1984) bezeichneten den für Kinder typischen Ansatz als wissenserzählende Strategie. Diese Strategie vereinfacht das Schreiben

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

411

solange, bis nur noch ein Ziel zur selben Zeit in Betracht gezogen werden muß. Die Strategie kann in Form von zwei Geboten zusammengefaßt werden: (1) beantworte direkt die gestellte Frage und (2) schreibe die relevanten Informationen so auf, wie du dich an sie aus dem Gedächtnis erinnerst. Die "Budgie"Geschichte stellt beispielhaft die Resultate der Anwendung dieser Methode dar. Zuerst beantwortete das Kind die grundlegende Frage: "Ich habe keinen Vogel, aber ich weiß einiges über Vögel". Dann führte es einige Fakten über Vögel auf, an die es sich erinnerte. Die Einfachheit dieses Aufbaus ist für eines der auffalligsten Merkmale der Aufsätze von Kindern verantwortlich: ihre Kürze. In den Grundschuljahren haben Aufsätze in der Regel einen Umfang von einer halben Seite oder weniger. Mit zunehmender Erfahrung im Schreiben systematisieren Kinder Ziele in standardisierter Form, was ihnen hilft, mit den Anforderungen des Schreibens an das Gedächtnis umzugehen. Ein ausgesprochen ungekünstelter Versuch, von dem Waters (1980) berichtet, demonstriert, wie sich die Fähigkeit, multiple Ziele zu koordinieren, mit der Übung entwickelt. Waters analysierte 120 Aufsätze, die von einem Mädchen (Waters selbst) in der zweiten Klasse geschrieben wurden. Die Aufgabe in allen Aufsätzen war es, die "Neuigkeiten aus der Klasse" aufzuschreiben. Die Schüler mußten täglich die Ereignisse des Tages aufschreiben. Waters untersuchte eingehend fünf Aufsätze, die sie an fünf aufeinanderfolgenden Tagen am Anfang des Schuljahres geschrieben hatte, fünf in der Mitte des Jahres und fünf am Ende des Jahres. Wie Tabelle 9.4 zeigt, war der Inhalt am Anfang auf das Datum, das Wetter und die Aktivitäten in der Klasse beschränkt. Später umfaßten sie auch Informationen über Klassenkameraden, Aufgaben und Materialien, die mit in die Schule gebracht wurden. Allgemeiner ausgedrückt zeigten die späteren Aufsätze eine größere Anzahl und Bandbreite von Zielen als die früheren. In vielen der späteren Aufsätze schien Waters jedesmal, wenn sie sich an ein Ereignis erinnerte, das Ziel zu formulieren, die Zeit aufzuschreiben, wann das Ereignis stattfand und dann ihre Reaktion auf das Ereignis zu beschreiben. Diese im Vorhinein bestimmte Zielabfolge reduzierte die Anforderungen an die Verarbeitung, obwohl sie Inhalte über das bloße Eintreten von Ereignissen andeutete. Allerdings waren auch ihre längeren Aufsätze nicht länger als ein Drittel einer getippten Seite. Wenn man Kindern in den ersten Jahren der Grundschule hilft, zwei oder mehr Ziele gleichzeitig zu berücksichtigen und diese Ziele miteinander zu verknüpfen, kann das für ihr Schreiben nutzbringend sein. Bereiter und Scardamalia (1987) fanden heraus, daß ein erstaunlich einfaches pädagogisches Hilfsmittel diesem Ziel dient. Sie gaben Kindern einen Stapel Karten mit gängigen Satzeinleitungen wie "in ähnlicher Weise", "zum Beispiel", "andererseits" usw. Die Kinder wur-

412

Kapitel 9

den aufgefordert, eines dieser Stichwörter auszuwählen, wenn sie nicht wußten, was sie als nächstes sagen sollten. Die Logik dahinter war, daß diese Satzanfänge die Kinder dazu bewegen würden, den Zusammenhang vorhergehender Sätze zu beachten und die Perspektive des Leser zu berücksichtigen, ebenso wie das, was sie als Schreibende sagen wollten. Die Stichwörter führten dazu, daß die Kinder Aufsätze mit mehr Inhalt schrieben und mit mehr miteinander verknüpftem Inhalt, obwohl die Stichwörter den Inhalt nicht spezifizierten. TABELLE 9.4 Am Anfang, in der Mitte und am Ende eines Schuljahres geschriebene Aufsätze über die "Neuigkeiten in der Klasse" 24.SEPTEMBER 1956 Heute ist Montag, der 24. September 1956. Es regnet. Wir hoffen, daß die Sonne scheinen wird. Wir haben neue Rechtschreibbücher. Wir haben unsere Bilder abgehängt. Wir haben "Happy Birthday" für Barbara gesungen. 22. JANUAR 1957 Heute ist Dienstag, der 22. Januar 1957. Es ist nebelig. Wir müssen aufpassen, wenn wir über die Straße gehen. Heute morgen hatten wir Musik. Wir haben ein neues Lied gelernt. Linda fehlt. Wir hoffen, daß sie bald wieder kommt. Wir hatten Rechnen. Wir haben so getan, als würden wir Süßigkeiten kaufen. Es hat Spaß gemacht. Wir arbeiten in unseren Englischbüchern. Wir lernen, wann man is und are benutzt. 27. MAI 1957 Heute ist Montag, der 27 Mai 1957. Es ist warm und wolkig. Wir hoffen, daß die Sonne herauskommt. Heute nachmittag hatten wir Musik. Es hat uns gefallen. Wir gingen nach draußen, um zu spielen. Carol fehlt. Wir hoffen, daß sie bald wieder kommt. Wir hatten Schreibunterricht, wir lernten etwas über das Duzend. Morgen haben wir "Zeig und erzähle". Einige von uns müssen als Hausaufgabe Sätze richtig schreiben. Danny hat einen Kokon mitgebracht. Aus ihm wird ein Schmetterling. Quelle: Walters, 1980.

Wenn Menschen mehr Erfahrung mit dem Schreiben haben, gehen sie von der wissenserzählenden Strategie zur wissenstransformierenden Strategie über (Bereiter & Scardamalia, 1987). Diese Strategie ist dadurch definiert, daß der Schreibende versucht, gleichzeitig zwei Ziele zu erreichen: zu entscheiden, welche Informationen transportiert werden sollen und zu entscheiden, wie sie transportiert werden sollen, um zu antizipieren, ob sie verständlich sind. Professionelle Schreiber wenden diese Strategie permanent an; viele andere Erwachsene wenden sie bei Gelegenheiten an, in denen sie das Thema ihres Aufsatzes gut kennen. Die Strategie beginnt mit einer Analyse des Aufsatzthemas und der Umsetzung eines Standpunktes. In den nachfolgenden kognitiven Aktivitäten bewegt

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

413

man sich zwischen den Kenntnissen in dem zu erörternden inhaltlichen Bereich und den Kenntnissen über rhetorische Hilfsmittel, die angewendet werden können, um den Inhalt in die gewünschte Form zu bringen, hin und her. Die Methode umfaßt auch häufige Vergleiche zwischen dem, was der Schreibende sagen möchte und dem, was er zu Papier gebracht hat. Ein nützliches Nebenprodukt der wissenstransformierenden Strategie ist, daß der Schreibprozeß das Wissen des Schreibenden häufig vermehrt. Wenn man versucht den Lesern eine Position zu vermitteln, zwingt dies dazu, Lücken und Widersprüche im eigenen Denken zu erkennen. Wenn die Schreibenden diese Lücken und Widersprüche schließen, fuhrt dies häufig dazu, daß sie ihr Verständnis für eine Thema vertiefen. Die Neigung zu häufigerer Anwendung wissenstransformierender Strategien kann man daran erkennen, wieviel Zeit für die Planung aufgewendet wird, bevor man zu schreiben beginnt. Im allgemeinen brauchen Studenten mehr Zeit, bevor sie mit dem Schreiben beginnen als Fünftkläßler (Zbrodoff, 1984). Sie planen in dieser Zeit ihren Standpunkt, wie sie ihn vertreten und welche rhetorischen Mittel sie dafür anwenden. Die Flexibilität, mit der Schreibende sich solchen Aufgabenbeschränkungen anpassen, nimmt mit dem Alter zu. Fünftkläßler brauchen unabhängig von Zeit- und Längenbeschränkungen dieselbe (minimale) Zeit, um zu beginnen. Dies würde man von der Anwendung der wissenserzählenden Strategie erwarten; man beginnt zu schreiben, sobald eine direkte Antwort auf die Frage gegeben werden kann. Im Gegensatz dazu veranschlagen Studenten mehr Zeit zum Planen, wenn die Aufgabe einen längeren Aufsatz verlangt und sie mehr Zeit haben, ihn abzufassen (Bereiter & Scardamalia, 1987). Mechanische Erfordernisse. Eine dritte Schwierigkeit beim Schreiben sind die mechanischen Erfordernisse beim Schreiben von Buchstaben, der richtigen Schreibweise von Wörtern und der korrekten Setzung von Großbuchstaben und Zeichen. Diese mechanischen Anforderungen zwingen viele Kinder so langsam vorzugehen, daß sie vergessen, was sie zu sagen versuchen. Um zu testen, wie mechanische Anforderungen und langsames Vorankommen das Schreiben von Kindern beeinflussen, forderten Bereiter und Scardamalia (1982) Viert- und Sechstkläßler auf, Aufsätze in einer von drei Situationen abzufassen. In der typischen Schreibsituation schrieben Kinder wie sie es gewohnt waren und wurden deshalb sowohl mit den mechanischen Anforderungen als auch mit dem langsamen Vorankommen konfrontiert. In der langsamen Diktiersituation diktierten sie ihre Aufsätze einem Schreiber, der trainiert worden war, in der Geschwindigkeit des Kindes zu schreiben. Dies befreite die Kinder von den mechanischen Anforderungen des Schreibens, nicht aber von dem langsamen Tempo. In der Standarddiktiersituation diktierten die Kinder in einen Kassettenrecorder in ihrer

414

Kapitel 9

normalen Sprechgeschwindigkeit. Dies befreite sie sowohl von den mechanischen Anforderungen als auch von dem langsamen Tempo, in dem sie normalerweise schrieben. Die Kinder in der Standarddiktiersituation, die weder von den mechanischen Anforderungen noch von dem langsamen Tempo belastet wurde, schrieben die besten Aufsätze. Die Kinder in der langsamen Diktiersituation, denen das langsame Tempo, nicht aber die mechanischen Anforderungen aufgebürdet wurden, schrieben die nächstbesten Aufsätze. Die Kinder in der typischen Schreibsituation, die sowohl durch das langsame Tempo als auch durch die mechanischen Anforderungen belastet waren, schrieben die schlechtesten Aufsätze. Diese Beobachtungen legen nahe, daß Kinder die Qualität ihres Schreibens verbessern können, wenn man ihnen beibringt, zu tippen und Textverarbeitungsprogramme zu verwenden, da ihnen dies erlaubt, schneller zu arbeiten, sich keine Sorgen um ihre Handschrift zu machen und ihre Aufmerksamkeit auf die Rechtschreibung zu beschränken. Eine Analyse von 32 Studien aus jüngster Zeit über die Wirkungen der Textverarbeitung zeigt, daß sie die gewünschte Wirkung hat. Der Zugang zur Textverarbeitung hatte gewöhnlich zur Folge, daß das Geschriebene eine höhere Qualität hatte (Bangert-Downs, 1993). Die Wirkung war bei Schülern, die unter anderen Umständen schlecht schrieben, am größten. Positive Wirkungen hat man auch entdeckt, wenn Schüler, die zuvor einen Aufsatz mit einem Textverarbeitungsprogramm geschrieben hatten, später wieder mit der Hand schrieben. Die Verbesserungen in der Schreibqualität waren nicht enorm, aber sie waren relativ konstant. Wenn man also die mechanischen Anforderungen des Schreibens mit der Hand eliminiert, kann Textverarbeitung dazu beitragen, daß Schüler ihr Schreiben verbessern. Der Prozeß des Überarbeitens Wenn ein Text aufgesetzt wird, ist er selten gut geschrieben. Unglücklicherweise überarbeiten Schüler, deren aufgesetzter Text nach Änderungen schreit, ihn selten; sie geben einfach den aufgesetzten Text ab. Noch schlimmer ist, daß die Änderungen überarbeiteter Texte nicht zwingend eine höhere Qualität bedeuten (Fitzgerald, 1987). Damit stellt sich die Frage, warum Überarbeitungen in der Regel so unbefriedigend sind. Das Überarbeiten kann in zwei wesentliche Prozesse unterteilt werden: das Erkennen von Schwächen und ihre Korrektur (Baker & Brown, 1984). Um Schwächen zu erkennen, müssen Texteinheiten, wie etwa ein Satz oder ein Absatz, mit der gedanklichen Vorstellung der Eigenschaften, die der Text haben soll, verglichen werden. Ein solcher Vergleich macht es notwendig, daß sich der Schreiben-

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

415

de über das Ziel, dem der Text dienen soll, im klaren ist, auch dann wenn die Wörter auf der Seite verwirrend sind oder ablenken. Kinder haben ebenso wie Erwachsene Schwierigkeiten, Schwächen in Texten zu erkennen. In einer Studie von Beal (1990) mußten Kinder beispielsweise Aufsätze korrigieren, in denen Sätze fehlten, Sätze standen, die nicht zu deuten waren und eindeutige Widersprüche standen. Viertkläßler entdeckten nur 25 Prozent dieser auffälligen Fehler, Sechstkläßler nur 60 Prozent. In dem gängigeren Fall, in dem Kinder ihre eigenen Aufsätze überarbeiten müssen, verschlimmert die Egozentrik das Problem. Kinder haben Schwierigkeiten das auseinanderzuhalten, was sie selbst wissen und das, was man vernünftigerweise vom Leser erwarten kann. Um diesen Aspekt zu verdeutlichen, forderte Barlett (1982) Kinder auf, entweder ihren eigenen Aufsatz oder den eines Klassenkameraden zu überarbeiten. Im Zentrum des Interesses stand dabei, wie gut Kinder zwei Arten von Fehlern erkennen würden: Grammatikfehler und unklare Bezüge (ζ. B. "Der Polizist und der Dieb kämpften miteinander. Er wurde getötet."). Falls die Egozentrik Einfluß auf das Erkennen der Schwächen hätte, würden Kinder wahrscheinlich größere Schwierigkeiten haben, unklare Bezüge in ihren eigenen Texten zu korrigieren, in denen sie den beabsichtigten Bezug kannten, als in denen von anderen Kindern. Andererseits würde Egozentrik nicht dazu führen, daß sie größere Schwierigkeiten hätten, ihre eigenen Grammatikfehler zu korrigieren als die von anderen Kindern. Wie antizipiert, bemerkten die Kinder Unklarheiten in den Bezügen andere Kinder recht gut, in den eigen aber weniger gut. Das Entdecken von Grammatikfehlern, bei denen die Egozentrik ein geringeres Problem darstellte, war bei ihren eigenen und den Aufsätzen der anderen Kinder ähnlich. Demnach hängt die Fähigkeit zu überarbeiten, stark davon ab, die eigene Perspektive von der des Lesers zu trennen. Eine Schlußfolgerung, die aus diesen Beobachtungen gezogen werden könnte, ist, daß die Schreibenden abwarten sollten, bevor sie einen Text überarbeiten. Die Logik dahinter ist, daß psychologische und zeitliche Nähe zu dem Aufsatz die Egozentrik in der Zeit, unmittelbar nachdem ein Text geschrieben wurde, steigert und deshalb mit dem Bemühen den Text zu überarbeiten kollidiert. Nach einer gewissen Zeit ist mehr Objektivität möglich. Solche Ratschläge treffen jedoch nicht den Kern des Problems. Die Qualität der Überarbeitungen von Viert- bis Zwölftkläßlern ist nicht höher, wenn sie einen Aufsatz eine Woche, nachdem sie ihn geschrieben haben, überarbeiten oder sofort (Bereiter & Scardamalia, 1982). Deshalb scheint es, daß Schüler mit der

416

Kapitel 9

Überarbeitung auch sofort nach dem Aufsetzen beginnen können. Zu warten an sich und nur zu warten hilft nicht. Auch wenn Kinder ein Problem in ihren Texten entdecken, müssen sie es immer noch lösen. Darin sind Kinder glücklicherweise recht effektiv, zumindest dann, wenn sie das Problem spontan erkennen. Sowohl Viert- als auch Sechstkläßler in der Studie von Beal (1990) korrigierten beispielsweise effektiv die Probleme, die sie selbst entdeckten. Der Fall lag jedoch bei Schwachstellen anders, auf die die Kinder von Erwachsenen aufmerksam gemacht wurden, nachdem sie ihnen selbst entgangen waren. Die älteren Schüler waren recht effektiv darin, diese Probleme auszumerzen, aber die jüngeren Schüler waren relativ uneffektiv darin. Der Schlüssel zum Erfolg scheint wiederum die Fähigkeit zu sein, sich multiplen Perspektiven anzupassen. Das hilft sowohl Probleme in dem aufgesetzten Text wahrzunehmen, als auch Probleme zu korrigieren, auf die andere Menschen aufmerksam machen. Für den Erfolg beim Schreiben ist es also ebenso wie für das Lesen und die Mathematik essentiell, unterschiedliche Arten des Wissens zu koordinieren und die Aufmerksamkeit für dieses Wissen flexibel zu behandeln.

9.4 ZUSAMMENFASSUNG Wenn Kinder in die Schule kommen, bauen sie auf ihrem frühen Zahlenverständnis auf, um sich eine Vielzahl neuer Fähigkeiten und Begriffe anzueignen: u.a. einfaches und komplexes Rechnen mit ganzen Zahlen, Brüche, Algebra und Computerprogrammierung. Die Entwicklung einfacher Rechenvorgänge umfaßt die Aneignung fortgeschrittenerer Strategien und höherer Geschwindigkeit und Exaktheit. Dasselbe Entwicklungsmuster findet sich in Nordamerika, Europa und Ostasien, wobei jedoch die Entwicklungsgeschwindigkeit beim Rechnen bei Kindern in Ostasien schneller ist. Individuelle Unterschiede bei den Kindern werden sowohl in der Wissensmenge als auch in den von ihnen bevorzugten Strategietypen deutlich. Kinder verstehen häufig nicht die Begriffe, die der Mathematik jenseits des einfachen Rechnens unterliegen. Dies führt zu einer Reihe von Mißverständnissen und Verzerrungen, etwa fehlerhaften Subtraktionsregeln, Mißverständnissen bei Dezimalbrüchen und beim Gleichheitszeichen und unsinnigen algebraischen Formeln. Vermittelnder Unterricht, der nicht nur auf die Begriffe und Befehle beim Computerprogrammieren abzielt, sondern auch auf ihre Anwendbarkeit in anderen Situationen, kann die allgemeine Problemlösungskompetenz ebenso wie die Programmierungsfähigkeiten verbessern.

Die Entwicklung schulischer Fähigkeiten

417

Lesen zu lernen umfaßt die Aneignung dem Lesen vorausgehender Fähigkeiten, von Worterkennungsverfahren und Textverständnis. Zu den wichtigsten dem Lesen vorausgehenden Fähigkeiten gehört das Erkennen von Buchstaben und das phonetische Bewußtsein. Wenn Vorschulkindern phonetisches Bewußtsein beigebracht wird, hat dies anhaltende Leistungssteigerungen beim Lesen zur Folge. Kinder wenden zwei wesentliche Methoden zur Worterkennung an: phonologisches Rekodieren und visuell gestütztes Abrufen aus dem Gedächtnis. Beide Methoden beginnen mit einer Prüfung des gedruckten Wortes und enden mit dem Zugang zu der Bedeutung und der Aussprache des Wortes im Langzeitgedächtnis. Phonologisches Rekodieren umfaßt noch einen Zwischenschritt, in dem das Geschriebene in Laute übersetzt wird. Die beiden Fähigkeiten sind insofern miteinander verknüpft, als exaktes phonologisches Rekodieren die Entwicklung starker Assoziationen zwischen dem gedruckten Wort und seinem Eingang in das Langzeitgedächtnis erleichtern kann und damit das visuell gestützte Abrufen aus dem Gedächtnis erleichtert. Das Leseverständnis wird von denselben Faktoren beeinflußt wie die Gedächtnisentwicklung: Verbesserungen in den grundlegenden Prozessen, den Strategien, im Inhaltswissen und im metakognitiven Verständnis. Wenn man Kindern hilft, entscheidende Hintergrundinformationen zu verstehen und ihre metakognitive Verarbeitung zu verbessern, führt dies zu substantiellen Verbesserungen im Leseverständnis. Schreiben ist für die meisten Kinder ein Problem. Sie haben Schwierigkeiten eindeutige Ziele zu formulieren, wenn die Stichworte und das Feedback, die Gespräche liefern, fehlen. Sie haben auch Schwierigkeiten, die miteinander konkurrierenden Anforderungen in Einklang zu bringen, die in dem mechanischen Vorgang des Schreibens bestehen, darin, grammatikalisch richtige Sätze zu bilden, einen Sinnzusammenhang auszudrücken und die Reaktion des Lesers zu antizipieren. Als Reaktion darauf wenden sie zuerst die wissenserzählende Strategie an, die darin besteht, eine Antwort auf eine gestellt Frage zu äußern und dann stützende Beweise in der Reihenfolge aufzufuhren, in der sie aus dem Gedächtnis abgerufen werden. Die Strategie führt zu kurzen, listenähnlichen Aufsätzen. Eine wichtige Veränderung, die mit zunehmendem Alter und zunehmender Erfahrung im Schreiben eintritt, ist die Fähigkeit, Ziele zu koordinieren und ausführlichere und interessantere Aufsätze zu schreiben. Das befähigt die Schreibenden schließlich zu der wissenstranformierenden Strategie überzugehen, einer Strategie, die mehr Planung erfordert, aber auch zu besserer Qualität führt. Auch die Fähigkeit zu überarbeiten, verbessert sich mit zunehmendem Alter und zunehmender Erfahrung. Die größten Leistungssteigerungen sind dann zu verbu-

418

Kapitel 9

chen, wenn Probleme im Text erkannt werden. Haben Kinder die Probleme erst einmal erkannt, sind sie geschickt genug, um sie zu lösen. Mit den Verbesserungen beim Erkennen von Problemen ist die wachsende Fähigkeit verknüpft, die eigenen Kenntnisse von denen des Lesers zu trennen. LITERATUREMPFEHLUNGEN Adams, M. J. (1990). Beginning to read: Thinking and learning about print. Cambridge, Ma: MIT Books. Eine lebendige, gut geschriebene und verständliche Darstellung der Fragen, die das Lernen des Lesens betreffen. Bereiter C., & Scardamalia, M. (1987). The psychology of written composition. Hillsdale, NJ: Erlbaum. Eine exzellente Zusammenfassung der Erkenntnisse, wie Kinder schreiben und wie ihr Schreiben verbessert werden kann. Geary, D. C. (1994). Children's mathematical development: Research and practical implications. Washington, DC: American Psychological Association. Dieses Buch integriert Themen, die von der Frage, welche mathematischen Kompetenzen dem Menschen inhärent sind bis zu der Frage, wie mathematische Schwächen entstehen, reichen.

Goldin-Meadows, S., Alibali, M. W. & Church, R. B. (1993). Transitions in concept aquisition: Using the hand to read the mind. Psychological Review, 100, 27997. Eine interessante Darstellung, wie uns die Beobachtung kindlicher Gesten mit den Händen ebenso wie das was sie sagen, helfen kann, ihr Denken zu verstehen. Palincsar, A. S. & Brown, A. L. (1984). Reciprocal teaching of composition-monitoring activities. Cognition and Instruction, 1, 11775. Eine der erfolgreichsten Anwendungen psychologischer Prinzipien auf das Problem verbesserten Lernens in der Schule. Siebtkläßler mit gravierenden Verständnisschwierigkeiten beim Lesen konnten durch ihre Teilnahme an diesem Programm ihr Leseverständnis auf ein überdurchschnittliches Niveau steigern.

K a p i t e l 10

SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE GEGENWART; HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT "Wie denken Kinder also?" (Reaktion eines 7jährigen, als sein Vater ihm beschrieb, worum es in diesem Buch geht).

Die vorangegangenen Kapitel haben Wahrnehmung, Sprache, Gedächtnisleistung, Begriffsverständnis, Problemlösung und schulische Fähigkeiten getrennt voneinander unter die Lupe genommen. Die Trennung hat es erleichtert, die Besonderheiten des kindlichen Denkens in dem jeweiligen Bereich zu betrachten. Allerdings kann eine solche Trennung verwischen, daß die sich fortsetzenden Themen unterschiedliche Aspekte kognitiver Entwicklung miteinander verbinden. Die beiden Hauptziele dieses abschließenden Kapitels sind es, diese verbindenden Themen darzustellen und die Fragen herauszuarbeiten, die in Zukunft wahrscheinlich von zentraler Bedeutung sein werden. In dem einleitenden Kapitel dieses Buches wurden acht Themen aufgeführt, die allgemein auf das Denken von Kindern übertragbar sind. Diese Themen bilden auch den Rahmen für dieses abschließende Kapitel. Das Kapitel ist in acht Abschnitte unterteilt, in denen jeweils eines dieser Themen näher betrachtet wird. Der erste Teil der einzelnen Erörterungen faßt die für das jeweilige Thema relevanten Erkenntnisse zusammen. Im zweiten Teil werden jeweils die Fragen dargestellt, die man gerade erst zu stellen beginnt. Zu diesen "Herausforderungen für die Zukunft" gehören einige der umfassendsten und interessantesten Fragen zum Denken von Kindern, wie etwa die Frage, ob Lernen und Entwicklung gleich oder unterschiedlich sind, und warum Kinder über das nachdenken, worüber sie nachdenken. Der Aufbau des Kapitels ist in Tabelle 10.1 zusammengefaßt.

420

Kapitel 10

Tabelle 10.1 Kapitelübersicht 10.1

Die grundlegendsten Fragen hinsichtlich des Denkens von Kindern sind: Was entwickelt sich und wie vollzieht sich Entwicklung? A. Aktueller Wissensstand darüber, was sich entwickelt und wie sich Entwicklung vollzieht B.

Zukünftige Fragen

10.2 Vier Veränderungsprozesse, die besonders starken Einfluß auf die kognitive Entwicklung zu haben scheinen, sind Automatisierung, Kodierung, Generalisierung und Strategieentwicklung. A. Aktueller Wissensstand über Veränderungsprozesse B.

Zukünftige Fragen

10.3 Säuglinge und sehr kleine Kinder sind kognitiv wesentlich kompetenter als es scheint. Sie verfügen über ein umfangreiches Set von Fähigkeiten, das ihnen erlauben, rasch zu lernen. A. Aktueller Wissensstand über frühe Kompetenz B.

Zukünftige Fragen

10.4 Altersgruppen unterscheiden sich in der Regel eher graduell als prinzipiell. Kleine Kinder sind kognitiv nicht nur kompetenter als sie wirken, sondern ältere Kinder und Erwachsene auch weniger kompetent als wir denken mögen. A. Aktueller Wissensstand über Unterschiede in Altersgruppen B. Zukünftige Fragen 10.5 Veränderungen im Denken von Kindern finden nicht in einem Vakuum statt. Was Kinder bereits über eine bestimmte Materie wissen, der sie begegnen, beeinflußt nicht nur wieviel sie lernen, sondern auch was sie lernen. A.

Aktueller Wissensstand über die Wirkungen bereits existierenden Wissens

B.

Zukünftige Fragen

10.6 Die Entwicklung der Intelligenz spiegelt Veränderungen in der Struktur und Wirkungsweise des Gehirns ebenso wie eine effektivere Verteilung kognitiver Ressourcen wider. A.

Aktueller Wissensstand über die Entwicklung der Intelligenz

B.

Zukünftige Fragen

Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

421

10.7 Das Denken von Kindern entwickelt sich im sozialen Kontext. Eltern, Gleichaltrige, Lehrer und die Gesellschaft im allgemeinen beeinflussen, worüber Kinder nachdenken und wie und warum sie in einer bestimmten Weise denken.

10.8

A.

Aktueller Wissenstand über die sozialen Einflüsse auf das Denken von Kindern

B.

Zukünftige Fragen

Das wachsende Verständnis für das Denken von Kindern liefert sowohl praktischen Nutzen als auch theoretische Erkenntnisse. A. Aktuelle Beiträge der Forschung über das Denken von Kindern für die Praxis B.

10.9

Zukünftige Fragen

Zusammenfassung

10.1 Die grundlegendsten Fragen hinsichtlich des Denkens von Kindern sind: Was entwickelt sich und wie vollzieht sich Entwicklung? Wenn Wissenschaftler, die das Denken von Kindern untersuchen, in Zeitschriften ihre Artikel mit, "der Zweck dieser Untersuchung ist...", beginnen, dann vervollständigen sie den Satz fast nie mit, "um herauszufinden, was sich entwickelt" oder "um herauszufinden, wie sich Entwicklung vollzieht". Bescheidenheit und die Erkenntnis, daß wahrscheinlich keine einzige Studie diese Ziele erreichen wird, hält Forscher davon ab, diese Fragen zu erwähnen. Nichtsdestotrotz sind sie die stärkste Motivation für Forschungen über das Denken von Kindern. Um zu verstehen, worum es in der Forschung geht, ist es entscheidend, diese Fragen immer präsent zu haben.

Aktueller Wissensstand darüber, was sich entwickelt und wie sich Entwicklung vollzieht Bei einer der wenigen Gelegenheiten, als Forscher ihre Ansichten darüber, "was sich entwickelt" äußerten, nahmen Brown und DeLoache (1978) an, daß es im Bereich der Gedächtnisentwicklung vier wesentliche Quellen des Wachstums gäbe: grundlegende Prozesse, Strategien, Metakognition und Inhaltswissen. Diese Quellen der Gedächtnisentwicklung bieten nützliche Anhaltspunkte, um auch darüber nachzudenken, was sich in anderen Bereichen der Kognition entwickelt.

422

Kapitel 10

Viele Beispiele aus den vorangegangenen Kapiteln sprechen für den umfassenden Einfluß, den Veränderungen in diesen vier Arten von Fähigkeiten, auf die kognitive Entwicklung ausüben. Verbesserungen in den Grundlagenprozessen werden nicht nur angeführt, um Verbesserungen in der Wirkungsweise des Ultrakurzzeit-, des Kurzzeit- und des Langzeitgedächtnisses zu erklären (z. B. Haie et al., in Druck; Kail, 1991). Sie werden auch herangezogen, um Veränderungen in der Komplexität der Stimuli zu erklären, die Säuglinge bevorzugt betrachten (McCall et al., 1977), den Grad der Verläßlichkeit der Disjunktionsbeschränkung, wenn sich Kleinkinder Sprache aneignen (Markman, 1989), bei erfolgreichen transitiven Schlußfolgerungen von Vorschulkindern (Haiford, 1993) und beim Lesen und Rechnen von Kindern im Schulalter (Adams, 1990; Geary, 1994). In ähnlicher Weise werden Strategieveränderungen in anderen Zusammenhängen als nur der Wiederholung, dem Ordnen und den anderen mnemonischen Strategien betrachtet. Verbesserte Strategien helfen Kindern auch, eine größere Anzahl von Kategorieninklusions- und Meßaufgaben zu lösen (Miller, 1989; Trabasso et al., 1978), die Endung -ed anzufügen, um Verben in der Pasttense-Form zu bilden (Marcus et al., 1992), um ihre Aufmerksamkeit immer systematischer zu verteilen (Miller & Seier, 1994) und um differenziertere Darstellungen des Tagesgeschehens für die Klassenbücher abzufassen (Waters, 1980). Verbesserte Metakognition erhöht nicht nur die Gedächtnisleistung (Schneider & Pressley, 1989), sie erlaubt Einjährigen auch zu verstehen, daß sich die Worte ihrer Mutter auf das beziehen, was sie anschaut (Baldwin, 1993a; Tomasello & Barton, 1994), 4jährigen zu verstehen, daß andere Menschen etwas glauben können, wovon das Kind weiß, daß es nicht wahr ist (Astington & Gopnik, 1991), Schulkindern, ihr Leseverständnis immer besser zu kontrollieren (Baker, 1994) und Erwachsenen, Routenplanung anderen effizienter beizubringen als Viertkläßler, weil sie stärker die Notwendigkeit erkennen, Kinder in den Lemprozeß einzubeziehen (Gauvin & Rogoff, 1989). Schließlich führt umfassenderes Inhaltswissen nicht nur zu genauerer Erinnerung an Arztbesuche, Märchen und Fußballspiele. Es führte auch dazu, daß 4 Monate alte Säuglinge, die mit zwei voneinander getrennten Objekten spielten, später erstaunt waren, als sie sahen, wie sich die Objekte zusammen bewegten (Needham & Baillargeon, 1995); daß 3 und 4jährige aus Großfamilien das Denken anderer Menschen besser verstanden als Gleichaltrige aus kleinen Familien (Jenkins & Astington, 1996); daß 5jährige Probleme transitiver Schlußfolgerung dann besser lösten, als sie die Zusammenhänge in der Bärenfamilien in Goldlocke und die drei Bären berücksichtigten (Goswami, 1995) und daß 14jährige Geschichten besser verstanden, weil sie sowohl Zusammenhänge zwischen als auch innerhalb der einzelnen Episoden herstellten (van den Broek, 1989).

Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

423

Hypothesen darüber, wie sich Entwicklung vollzieht und was sich entwickelt, spiegeln den inneren Zusammenhang kognitiver Entwicklung wider. Erinnern wir uns an einige unterschiedliche Kontexte, in denen Veränderungen im kindlichen Denken scheinbar auf verbessertes Kodieren zurückzuführen sind: die stärkere Neigung von Säuglingen, Kategorien auf der Basis abstrakter Merkmale zu bilden (Eimas & Quinn, 1994; Madole & Cohen, 1995), der Übergang von Kleinkindern von kindlichen Grundlagenkategorien zu Standardgrundlagenkategorien, wenn sie beginnen, funktional wichtige Merkmale, wie etwa den Docht bei runden Kerzen, zu kodieren (Tversky & Hemenway, 1984), die Tatsache, daß Kinder im Vorschulalter Wörter wie Coke und Budweiser auf der Basis der Kodierung charakteristischer Merkmale wie etwa ihrer Länge und ihrer Anfangsbuchstaben lesen (Gough & Hillinger, 1980) und die verbesserte Fähigkeit von Schulkindern, Waagen zu begreifen, wenn sie die Entfernung ebenso wie das Gewicht kodieren (Siegler, 1976). Zukünftige Fragen Um substantielle Fortschritte bei der Beantwortung so schwieriger Fragen zu machen, wie der, was sich entwickelt und wie sich Entwicklung vollzieht, müssen in Zukunft sowohl Fortschritte in den Theorien als auch in den Methoden der Erforschung der Entwicklung gemacht werden. Theorien müssen sowohl weitreichend anwendbar als auch präzise formuliert sein. Solche Theorien könnten ihr Augenmerk auf kritische Fragen richten, Fragen aufwerfen, die bislang nicht berücksichtigt wurden und als Ausgangspunkt für die Formulierung neuer Ideen dienen. Jahrelang bediente Piagets Theorie diese integrativen und die Themen bestimmenden Funktionen. Argumente von Piaget-BefÜrwortern und Gegnern bestimmten die Fachzeitschriften, Bücher und Kongresse. Aber diese Tage sind vorbei. Sehr wenige Menschen würden heute behaupten, Säuglinge unter 8 Monaten hätten kein Verständnis für Objektpermanenz, 5jährige seien völlig unfähig, Transformationen zu verstehen oder daß die kognitive Entwicklung eindeutig und systematisch in Stadien eingeteilt werden könne. Ebensowenig würde heute noch behauptet werden, daß die Schwierigkeiten, die Kinder mit den Standardversionen der Aufgabenstellungen von Piaget haben, nur auf methodologische Instrumente zurückzuführen seien oder daß es keine Gemeinsamkeiten im Denken von Kindern unterschiedlichen Alters gäbe. Vielmehr werden sich die meisten Studenten der Entwicklungspsychologie der moderateren Position verschreiben, daß Säuglinge und Kleinkinder tatsächlich Schwierigkeiten haben, die von Piaget hervorgehobenen Fähigkeiten und Begriffe zu verstehen, daß sie jedoch, was diese Fähigkeiten und Begriffe betrifft, über ein gewisses frühes Verständnis

424

Kapitel 10

verfügen, sich allmählich ein größeres Verständnis aneignen und ihr Denken auf kohärente, aber komplexe Weise systematisieren. Gemäßigte Positionen haben viele Vorteile, aber auch Nachteile. Piaget lag mit einigen seiner Ansichten richtig, mit andern nicht; aber falsch oder richtig, seine Theorie brachte viele Erkenntnissen über Aspekte des kindlichen Denkens in einen logischen Zusammenhang. Was wir heute brauchen, ist eine Theorie, die die Vorteile von Piagets Theorie hat und gleichzeitig wenigstens einige ihrer Nachteile überwindet. Das heißt wir brauchen eine Theorie, die wie die von Piaget das gesamte Altersspektrum vom Säuglingsalter bis in die Adoleszenz umfaßt, so unterschiedliche Bereiche wie Problemlösung, Begriffsverständnis, Gedächtnisleistung und Moralvorstellungen anspricht und bislang unbekannte Veränderungen im Denken von Kindern aufdeckt. In den vorangegangenen Kapiteln begegneten wir einer Reihe von Ansätzen, eine derart weitgefaßte und doch detaillierte Theorie zu formulieren. All diese Ansätze haben etwas zu unserem Verständnis der kognitiven Entwicklung beigetragen, aber keiner war in der Lage, das Vorstellungsvermögen in diesem Feld so zu fesseln, wie es Piagets Theorie tat. Nun stellt sich die Frage, wie wir auf eine solche Theorie hinarbeiten können. Eine Möglichkeit für einen solchen Vorstoß im theoretischen Bereich wäre, das Denken von Kindern mit Methoden zu messen, die Veränderungen dann untersuchen, wenn sie stattfinden. Eine präzise und plausible Darstellung der Veränderungen zu liefern, war sowohl der Schwachpunkt der Theorie von Piaget als auch der neueren Theorien der kognitiven Entwicklung. Veränderungen zu erklären ist an sich schon schwierig, aber das Problem wurde scheinbar durch die traditionell angewandten Methoden zur Untersuchung des kindlichen Denkens noch verschärft. Diese Methoden vergleichen die Leistungen von Kindern in relativ unterschiedlichem Alter; wenn Unterschiede beobachtet werden, versucht der Forscher Rückschlüsse auf das zu ziehen, was in der Zwischenzeit geschehen ist. Unglücklicherweise läßt diese Strategie, die Rückschlüsse darüber, wie Veränderungen stattgefunden haben müssen, aus Beobachtungen zieht, die zeitlich weit auseinanderliegen, viele Möglichkeiten, wie sich Veränderungen vollziehen, offen, besonders deshalb, weil sich Veränderungen im Denken von Kindern häufig nicht auf dem direktesten Wege vollziehen, den wir uns vorstellen. Der nicht direkte Weg, den Veränderungen häufig einschlagen, wurde in einer der wenigen Studien deutlich, die Veränderungen dann untersuchten, als sie stattfanden: Karmiloff-Smiths (1992) Studie über Kinder, die Karten für einen Krankenwagenfahrer zeichneten, denen er folgen mußte, um einen Patienten ins Krankenhaus zu fahren (Kapitel 8). Indem Karmiloff-Smith die Reihenfolge der

Schlußfolgerungen fur die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

425

Karten untersuchte, die die Kinder zeichneten, entdeckte sie, daß die anfangs effizienten und informativen Karten später häufig überflüssige Wiederholungen aufwiesen, um dann wieder in ihre frühere effizientere und informativere Form gebracht zu werden. Ohne die Untersuchung der Veränderungen beim Zeichnen der aufeinanderfolgenden Karten, hätte Karmiloff-Smith diese Rückschritte wahrscheinlich nicht entdeckt. Allgemeiner ausgedrückt: solch detaillierte Untersuchungsergebnisse über Veränderungen zeigen den Theoretikern, was genau sie erklären müssen. Diese Studie über das Zeichnen von Karten stellt beispielhaft die mikrogenetische Methode dar, einen Ansatz, der sich gerade erst durchzusetzen beginnt, jedoch über das Potential verfügt, Veränderungen besser verständlich zu machen. Das entscheidende Charakteristikum der mikrogenetischen Methode ist es, eine Vielzahl von Ergebnissen aus Erhebungen über das Denken von Kindern zu erhalten, dann wenn sich das Denken verändert. Diese häufigen Erhebungen liefern präzisere Daten über den Veränderungsprozeß als sie sonst erhalten werden können. Ein ermutigender Aspekt der mikrogenetischen Studien, die bislang durchgeführt wurden, ist, daß sie hinsichtlich der Veränderungen ähnliche Erkenntnisse erbracht haben, obwohl die Studien von Forschern mit unterschiedlichen theoretischen Ausrichtungen durchgeführt wurden. Eine durchgängige Erkenntnis ist, daß Veränderungen im allgemeinen nicht dadurch charakterisiert sind, daß eine wenig differenzierte Methode einfach durch eine differenziertere ersetzt wird (Kuhn, 1995). Ältere, weniger zweckmäßige Methoden werden weiterhin angewendet, häufig über längere Zeiträume, bevor neue, bessere Methoden entwickelt werden. Das ist auch dann der Fall, wenn Kinder erklären können, warum die neue Methode überlegen ist (Siegler & Jenkins, 1989). Die Umsetzung neuer Wege des Denkens vollzieht sich also tendenziell eher zögerlich und schrittweise als plötzlich und vollständig. Eine zweite durchgängige Erkenntnis ist mit der ersten verknüpft. Kinder denken im allgemeinen in unterschiedlichster Weise gleichzeitig über ein Problem nach. Diese kognitive Variabilität wird vor Phasen rascher Veränderungen, in ihnen und nach ihnen deutlich, wobei sie in diesen Phasen wahrscheinlich am offensichtlichsten ist (Alibali & Goldin-Meadow, 1993). Die Variabilität wird in unterschiedlichen Populationen und Bereichen ebenso deutlich wie in den unterschiedlichen Entscheidungsstrategien von Säuglingen, um eine Rampe hinunter zu kommen (Adolph, 1995), dem Sprachgebrauch von Kleinkindern (Kuczaj, 1977), den Meinungen von Kindern im Vorschulalter über Erhaltung (Acredolo & O'Connor, 1991), den Gedächtnis- und Problemlösungsstrategien älterer Kin-

426

Kapitel 10

der (Alibali & Goldin-Meadow, 1993; Coyle & Bjorklund, 1997) und dem Bemühen Erwachsener, neue Technologien zu begreifen (Grannott, 1993). Eine dritte verallgemeinerbare Feststellung ist, daß Innovationen auf erfolgreiche ebenso wie auf gescheiterte Versuche folgen. Scheitern ist nicht zwingend notwendig, um Entdeckungen zu motivieren; Kinder entwickelten neue Denkweisen, wenn ältere Methoden zu richtigen Lösungen führten, aber auch wenn dies nicht der Fall war (Karmiloff-Smith, 1992). Manchmal entdeckten Kinder neue Strategien bei einem Problem, das sie kurz zuvor mit einer älteren Methode gelöst hatten (Siegler & Jenkins, 1989). Zusammenfassend kann man sagen, daß mikrogenetische Methoden, deshalb weil sie genaue Untersuchungsergebnisse über die Veränderungen erbringen, helfen können, die Grundlage zur Formulierung neuer weitreichender und umfassender Theorien zu liefern, die erkennen lassen, was sich entwickelt und wie sich Entwicklung vollzieht.

10.2 Vier Veränderungsprozesse, die besonders starken Einfluß auf die kognitive Entwicklung zu haben scheinen, sind Automatisierung, Kodierung, Generalisierung und Strategieentwicklung. Aktueller Wissensstand über Veränderungsprozesse Auch wenn das Verständnis für die Veränderungsprozesse im Denken von Kindern gerade erst zuzunehmen beginnt, wissen wir, daß vier Prozeßtypen zu den wichtigen Einflußfaktoren gehören: Automatisierung, Kodierung, Generalisierung und Strategieentwicklung. Automatisierung ist ein Verfahren, daß immer dann mit minimalem oder keinem Aufwand kognitiver Ressourcen zur Anwendung kommt, wenn die entsprechenden Reizbedingungen eintreten. Mit ihr verwandte Konzepte umfassen die Freisetzung kognitiver Ressourcen, den Wechsel von kontrollierter zu automatischer Informationsverarbeitung und von serieller zu paralleler Verarbeitung. Kodierung bedeutet, sich Objekte und Ereignisse als Set von Merkmalen und ihren Relationen vorzustellen. Konzepte, die sich teilweise mit Kodierung überschneiden, sind Assimilation, Unterscheidung, Differenzierung, die Identifikation entscheidender Merkmale und die Entwicklung gedanklicher Konstrukte. Generalisierung bedeutet, bekannte Relationen auf neue Fälle zu übertragen. Ähnliche Konstrukte sind Induktion, Abstraktion, Transfer, Aufdeckung von Regelmäßigkeiten und analoges Denken. Strategieentwicklung bedeutet schließlich, die anderen Prozesse zusammenzufügen, um sie den Anforderungen der Probleme anzupassen. Damit verwandte Mechanismen sind

Schlußfolgerungen fiir die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

427

Akkomodation, Strategieentdeckung und die Wirkungsweise der Metakomponenten und der zentralen Begriffsstrukturen. Auch wenn wir diese Mechanismen noch nicht annähernd vollständig verstehen, besteht doch kein Zweifel, daß jeder einzelne zu einem breiten Spektrum an Entwicklungen beiträgt. Einige sind in Tabelle 10.2 aufgeführt. TABELLE 10.2 Einige Darstellungen der Bedeutung von Automatisierung, Kodierung, Generalisierung und Strategieentwicklung. PROZESS Automatisierung

Kodierung

Generalisierung

StrategieentWicklung

BEREICH Mechanismen zum Schreiben von Aufsätzen Umsetzung von Gedächtnisstrategien Grundlagen des Rechnens Allgemeine Entwicklungstheorie Individuelle Unterschiede in der Intelligenz von Säuglingen Konzentration auf die Kernpunkte von Geschichten bei Vorschulkindern Linguistische Reanalyse bei älteren Kindern Allgemeine Entwicklungstheorie Begreifen von Mobiles bei Säuglingen Die übertriebene Vereinheitlichung der ed-Endung bei Kleinkindern Anwendung kausaler Begriffe Allgemeine Entwicklungstheorie Ziel-Mittel-Analyse von Säuglingen Routenplanung bei kleinen Kindern Wissenschaftliches Experimentieren von älteren Kindern Allgemeine Entwicklungstheorie

FORSCHER Bereiter & Scardamalia (1987) Guttentag (1985) Lemaire et al. (1994) Case (1992) Rose et al. (1992) Brainerd et al. (1990)

Bowerman (1982) Sternberg (1985) Rovee-Collier (1996) Marcus et al. (1992) Keil (1989) MacWhinney et al. (1989) Willatts (1990) Ellis & Schneiders (1989) Kuhn et al. (1995)

Siegler (1996) Die vier Prozesse sind sowohl wegen ihres gemeinsamen Beitrags zur Entwicklung wichtig, als auch wegen des Beitrags, den jeder einzelne leistet. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sie gemeinsam in einem bestimmten Bereich Ent-

428

Kapitel 10

wicklung bewirken, denken Sie an die Weiterzählstrategie beim Addieren von Zahlen (Kapitel 3). Diese Strategie bedeutet, zuerst den größeren Summanden zu identifizieren und dann von ihm aus solange weiterzuzählen, wie es der kleinere Summand vorgibt. Bei 2 + 5 und 5 + 2 beispielsweise würde ein Kind, das die Weiterzählstrategie anwendet, erkennen, daß 5 der größere Summand ist und "5, 6. 7" zählen und "7" antworten. Betrachten wir nun, wie die vier Prozesse zusammenwirken können, um diese Strategie zu bewirken. Die Strategieentwicklung ist davon abhängig, ob zuvor verallgemeinernd festgestellt wurde, daß die Addition von a + b immer dieselbe Antwort liefert wie die Addition von b + a. Sonst gäbe es keine Grundlage dafür, unabhängig von der Reihenfolge der Summanden in der Aufgabe, immer von dem größeren Summanden weiterzuzählen. Diese Verallgemeinerung wiederum hängt von der entsprechenden Kodierung ab. Um zu lernen, daß die Reihenfolge der Summanden irrelevant ist, müssen Kinder die Merkmale "erster Summand" und "zweiter Summand" ebenso kodieren wie die bestimmten Summanden in jeder Aufgabe. Schließlich ist für die Kodierung nicht nur der bestimmten Summanden, sondern auch der Kategorien "erster Summand" und "zweiter Summand" wahrscheinlich auch die Automatisierung anderer Prozesse notwendig, wie etwa das Zählen, so daß sie nicht die gesamten Verarbeitungsressourcen des Kindes beanspruchen. Zukünftige Fragen Der Einfluß von Automatisierung, Kodierung, Generalisierung und Strategieentwicklung ist nicht auf die kognitive Entwicklung beschränkt. Alle sind, unabhängig davon, wann im Leben wir lernen, für das Lernen im allgemeinen von wesentlicher Bedeutung. Das läßt jedoch eine entscheidende Frage unbeantwortet: gibt es Veränderungsmechanismen, die nur die Entwicklung betreffen, d.h. Mechanismen, die nur in bestimmten Lebensphasen wirksam werden? Eine Möglichkeit, sich diesem Thema zu nähern, besteht darin zu fragen, ob Lernen und Entwicklung identisch oder verschieden sind (Feldman, 1995; Fischer & Grannott, 1995; Haiford, 1995). Die Begriffe werden gewiß unterschiedlich verwendet. Aneignungen werden dann als "Entwicklungen" bezeichnet, wenn sie immer in einem bestimmten Alter stattfinden, wenn sie universell in allen Kulturen auftauchen und wenn sie bei Individuen einer Kultur universell sind. Aneignungen werden tendenziell dann als "Lernen" bezeichnet, wenn man sie sich in unterschiedlichem Alter aneignet, in bestimmten Kulturen, aber nicht in allen, und von einigen Individuen in einer Gesellschaft, aber nicht von allen. Diese sprachlichen Unterscheidungen lassen aber die grundlegende Frage offen, ob die-

Schlußfolgerungen fur die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

429

selben oder unterschiedliche Prozesse die als "Entwicklung" und als "Lernen" bezeichneten Resultate bewirken. Mit der Entwicklung befaßte Neurologen unterscheiden zwischen Prozeßarten, die Veränderungen im Gehirn bewirken: erfahrungsabwartende (experienceexpectant) und erfahrungsabhängige (experience-dependent) Prozesse (Greenough et al., 1987). Diese Unterscheidung erscheint auch dann sinnvoll, wenn wir über die neuralen Substrate des Lernens und der Entwicklung nachdenken und darüber, worin sich die Prozesses unterscheiden könnten. Erfahrungsabwartende Prozesse entsprechen dem Ende der "Entwicklung" des Kontinuums Entwicklung-Lernen. Von solchen Prozessen wird angenommen, daß sie auf der frühen synaptischen Überproduktion und dem Absterben in weiten Arealen des Gehirns basieren, was in Kapitel 1 beschrieben wurde. In erfahrungsabwartenden Prozessen wird die anfängliche Überproduktion der Synapsen ihrer Maturität entsprechend reguliert, welche Synapsen jedoch absterben, hängt von der Erfahrung ab. Normale Erfahrung zum normalen Zeitpunkt führt zu neuraler Aktivität, die typische Verknüpfungen beibehält; fehlende Erfahrung zum normalen Zeitpunkt führt zu atypischen Verknüpfungen. Es gibt also eine sensitive Phase (Bornstein, 1989), in der die entsprechenden Erfahrungen stattfinden müssen, damit sie einen normalen Effekt auf die Entwicklung des Gehirns haben. Die Art der Erfahrung, die für solche erfahrungsabwartenden Prozesse von Belang ist, ist Erfahrung, die während der Evolution der Spezies immer weitreichend zur Verfügung stand. Greenough et al. nahmen an, daß ein Vorteil solcher erfahrungsabwartender Prozesse darin besteht, daß sie sowohl effiziente Aneignung in normaler Umgebung erlauben wie auch zweckmäßige Anpassung an abnormale. Im besonderen liefern die Gene eine grobe Kontur der sich ergebenden Form der Prozesse, was die Aneignung unter normalen Umständen erleichtert. Ungewöhnliche Umgebungen oder physische Defekte führen jedoch zu anderer neuraler Aktivität, die alternative Strukturen der Hirnaktivität schafft, die unter der Voraussetzung atypischer Umstände adaptiv sind. Gestützt wird diese Darstellung durch Beobachtungen des Gehirns von tauben und blinden Kindern (Neville, 1995b). Kinder, die völlig taub sind, machen keinerlei Hörerfahrung. Als Folge sind bestimmte Hirnareale, die mit der Verarbeitung des Hörens betraut wären, wenn das Gehirn sowohl auditive als auch visuelle Stimulation erfahren würde, mit visueller Verarbeitung betraut. Blinde Kinder hingegen machen keinerlei visuelle Erfahrung. Als Folge sind einige Himareale, die mit visueller Verarbeitung betraut wären, wenn sie sowohl auditive als auch visuelle Stimulation erfahren würden, mit der Verarbeitung des Hö-

430

Kapitel 10

rens betraut. Die Gehirne von tauben und blinden Kindern weisen diese ungewöhnlichen Verarbeitungsmuster nicht bei der Geburt auf. Sie entstehen erst, wenn das Gehirn der Kinder in den Monaten nach der Geburt (der sensitiven Phase) nicht den typischen Input erhält. Das Gehirn hat also eine Disposition, bestimmte Areale mit der Verarbeitung bestimmter Reiztypen zu betrauen, wenn aber das erwartete Stimulationsmuster nicht existiert, nutzt das Gehirn die Areale, um Signale anderer Sinneswahrnehmungen zu verarbeiten. Die andere Seite der Dichotomie von Greenough et al. sind die erfahrungsabhängigen Prozesse. Sie sind das neurale Substrat dessen, was normalerweise als Lernen betrachtet wird. Bei den erfahrungsabhängigen Prozessen hängt die Bildung synaptischer Verknüpfungen von Erfahrungen ab, die sich von Individuum zu Individuum stark darin unterscheiden, ob und wann sie gemacht werden. Die erfahrungsabhängigen Prozesse scheinen durch Synapsenbildung als Reaktion auf spezifische neurale Aktivität, die durch teilweise oder völlig fehlgeschlagene Versuche, Information zu verarbeiten, entsteht, wirksam zu werden. Solche Synapsen können bereits 10 bis 15 Minuten nach einer neuen Erfahrung gebildet werden (Chang & Greenough, 1984). Die Synapsenbildung scheint unter solchen Umständen an der Stelle der vorangegangenen Informationsverarbeitung lokalisierbar zu sein. Jedoch werden wie bei den erfahrungsabwartenden Prozessen mehr Synapsen gebildet als später existieren. Die Synapsen, die erhalten bleiben, sind in nachfolgende neurale Aktivität involviert. Die Analyse legt sowohl Ähnlichkeiten als auch Unterschiede bei erfahrungsabwartenden und erfahrungsabhängigen Prozessen nahe. In beiden Fällen kommt es bei den Veränderungsmechanismen zu einem Zyklus synaptischer Überproduktion und des Absterbens. Ebenfalls bei beiden bestimmt die neurale Aktivität, welche Synapsen erhalten bleiben. Die Ereignisse, die die Synapsenbildung auslösen und der Grad ihrer Lokalisation im Gehirn unterscheidet jedoch die beiden Prozesse. Die Herausforderung besteht nun darin, ähnlich präzise Darstellungen der Veränderungsmechanismen auf einer kognitiven Ebene zu liefern, um die Ähnlichkeiten und Unterschiede bei der Entwicklung und beim Lernen besser zu verstehen.

Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

431

10.3 Säuglinge und sehr kleine Kinder sind kognitiv wesentlich kompetenter, als es scheint. Sie verfügen über ein umfangreiches Set von Fähigkeiten, das es ihnen erlaubt, rasch zu lernen. Aktueller Wissenstand über frühe Kompetenz Säuglinge besitzen tatsächlich vom Tag ihrer Geburt an eine Reihe perzeptorischer Fähigkeiten. Sie sehen die Welt in Farbe (Adams, 1987) und nehmen die Entfernung zwischen Objekten und sich selbst richtig wahr (Slater et al., 1990). Sie schauen in die Richtung, aus der Geräusche kommen (Morrongiello et al., 1994) und hören lieber Aufnahmen von Geschichten, die ihnen vor ihrer Geburt vorgelesen wurden (DeCasper & Spence, 1986). Mit 4 Monaten sehen und hören sie wesentlich besser. Sie schauen außerdem lieber Gesichter an als andere Objekte (Danemiller & Stevens, 1988), sie schauen lieber attraktivere als weniger attraktive Gesichter an (Langlois et al., 1994) und sie hören lieber ihren eigenen Namen als den eines anderen Menschen (Mandel et al., 1995). Das Zusammenfügen von Informationen aus unterschiedlichen Sinneswahrnehmungen ist ebenfalls bereits von Geburt an zu erkennen und noch mehr im Alter von 4 Monaten. Säuglinge nutzen Geräusche, um ihre Blicke zu steuern (Haith, 1980), das was sie sehen, um das, wonach sie greifen können, zu steuern (van Hofsten, 1993) und das Wissen, das sie durch manuelles Erforschen von Objekten erlangt haben, um ihre Blicke zu steuern (Needham & Baillargeon, 1995; Streri & Spelke, 1988). Die frühe Kompetenz ist nicht auf die Wahrnehmung beschränkt. Säuglinge unter einem Jahr besitzen ein rudimentäres Verständnis für eine Reihe von Begriffen, etwa den der Zeit (Friedman et al., 1995; Haith et al., 1993), des Raumes (Bai & Bertenthal, 1992), der Zahl (Wynn, 1992a) und der Kausalität (Oakes & Cohen, 1995). Sie sind in der Lage, Probleme via Ziel-Mittel-Analyse (Willatts, 1990) und analogem Denken (Chen et al., in Druck) zu lösen und dadurch, daß sie ihre Mutter wissen lassen, was sie wollen (Mosier & Rogoff, 1994). Ein Grund dafür, warum Säuglinge in der Lage sind, so viel so früh zu tun, ist, daß sie über eine Reihe von allgemein anwendbaren Lernprozessen verfugen. Von Geburt an richten Säuglinge ihre Aufmerksamkeit auf helles Licht, laute Geräusche, sich bewegende Objekte und andere potentiell informative Stimuli (Aslin, 1993; Cohen, 1972). Sie assoziieren, erkennen vertraute Objekte, verallgemeinern, was sie über ähnliche Objekte gelernt haben und imitieren einige Handlungen anderer Menschen (Meltzoff & Moore, 1989; Rovee-Collier, 1995; Siqueland & Lipsitt, 1966). Mit 2 bis 4 Monaten bilden sie Erwartungen und abstrakte prototypische Muster (Bomba & Siqueland, 1983; Haith et al., 1993).

432

Kapitel 10

Mit 10 Monaten entdecken sie Korrelationen von Merkmalen und benutzen sie, um neue Begriffe zu bilden (Younger, 1993). Diese allgemeinen Lernprozesse sind nicht der einzige Grund fur die frühe kognitive Kompetenz von Kindern. Das Denken von Säuglingen und Kleinkindern scheint auch in bestimmte Richtungen gelenkt zu sein, die ihnen helfen zu lernen. Die perzeptorische und begriffliche Entwicklung scheint durch gültige Annahmen hinsichtlich der Natur von Körpern unterstützt zu werden. Säuglinge unter 6 Monaten scheinen bereits zu erwarten, daß sich alle Teile eines Objekts zusammen bewegen, daß sich Objekte nicht durch andere Objekte im Raum bewegen können und daß sich Objekte kontinuierlich bewegen müssen (Baillargeon, 1994; Kellman & Spelke, 1983; Spelke et al., 1992). Mit 18 Monaten scheinen Kinder zu erwarten, daß sich neue Wörter auf alle Objekte innerhalb einer bestimmten Kategorie beziehen (die taxonomische Beschränkung) und daß sie nicht dasselbe bedeuten, wie bereits existierende Wörter (die Disjunktionsbeschränkung) (Markman, 1989; Merriman & Bowman, 1989). Säuglinge und Kleinkinder sind auch darauf ausgerichtet, Kausalzusammenhängen eine zentrale Bedeutung in ihren Begriffen zuzuweisen (Leslie, 1982) und darauf, die Kausalzusammenhänge zu nutzen, um ihre Erinnerung an Ereignisse zu steuern (Bauer & Mandler, 1989b). Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, daß diese frühen Kompetenzen Teil der kognitiven Entwicklung sind, aber eben nur eine Teil. Das Verständnis und die Fähigkeiten von Säuglingen und Kleinkindern unterscheiden sich fast immer stark von denen älterer Kinder. Wenn man jedoch die frühen Kompetenzen, die allgemein anwendbaren Lernmechanismen und die spezifischeren Ausrichtungen, über die Welt in einer bestimmten Weise nachzudenken, zusammennimmt, fuhren sie zu einer außergewöhnlich raschen Entwicklung in den ersten Lebensjahren. Zukünftige Fragen Die wahrscheinlich einzige große Frage hinsichtlich der Kognition von Säuglingen ist, wie man die Kompetenz, die sie unter bestimmten Umständen an den Tag legen mit der Inkompetenz in Einklang bringen kann, die sie unter anderen Umständen zeigen. Ein neues Modell von Munakata et al. (in Druck) ist ein Vorstoß in diese Richtung. Das Modell untersucht die Entwicklung der Objektpermanenz. Erinnern wir uns aus Kapitel 2, daß Piaget (1954) vermutete, daß Säuglinge unter 8 Monaten nicht in der Lage seien zu verstehen, daß Objekte weiterexistieren, wenn man sie nicht mehr sehen kann. Er stützte diese Interpretation auf Beweise, daß 6 und 7 Monate alte Säuglinge nicht nach Spielsachen greifen, die ihnen weggenommen und unter einem undurchsichtigen Behältnis piaziert wurden. Al-

Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderungen fur die Zukunft

433

lerdings demonstrierten nachfolgende Versuche von Baillargeon (1987) und anderen bei 3 Monate alten Säuglingen ein beginnendes Verständnis für Objektpermanenz. Wenn 3 Monate alten Säuglingen ein feststehendes Objekt auf einem Tisch gezeigt wird, ihnen dann der Blick darauf versperrt wird und sie danach ein Objekt sehen, daß scheinbar den Raum durchquert, an dem das feststehende Objekt war, schauen sie länger als dann, wenn sie dieselbe Bewegung sehen, jedoch ohne zuvor das feststehende Objekt gesehen zu haben. Diese Beobachtung legt nahe, daß sich die 3 Monate alten Säuglinge das nicht zu sehende Objekt vorstellen und deshalb so lange schauen, weil sie erstaunt sind, zu sehen, wie sich ein anderes Objekt scheinbar hindurchbewegt. Die Frage ist, warum Säuglinge Wissen über Objektpermanenz so lange vorher in ihren Blicken zeigen, bevor sie es in ihrem Greifen zeigen. Eine Möglichkeit besteht darin, daß Säuglinge das Prinzip der Objektpermanenz mit 3 Monaten verstehen, aber erst beträchtlich später verstehen, daß sie auf ein Objekt einwirken können (das undurchsichtige Behältnis), um ein anderes zurückzuholen (Baillargeon, 1994; Diamond, 1991). Gegen diese Möglichkeit und die mit ihr verwandte Möglichkeit, daß die Säuglinge das Spielzeug nicht zurückholen wollen, spricht, daß dieselben Säuglinge, die das undurchsichtige Behältnis nicht entfernen, um das Spielzeug zu bekommen, ein ansonsten identisches, aber durchsichtiges Behältnis wegnehmen, um das Spielzeug zu bekommen (Bower & Wishart, 1972; Munakata et al., in Druck). Sie drücken auch einen Knopf, um ein Spielzeug zu bekommen, das sie sehen, nicht jedoch, um ein Spielzeug zu bekommen, das sie nicht sehen (Munakata et al., in Druck). Munakata et al. schlugen eine andere Erklärung vor: daß Säuglinge in ihrem ersten halben Lebensjahr Vorstellungen vom weiteren Vorhandensein von versteckten Objekten haben, die stark genug sind, daß sie schauen, nicht aber, daß sie nach ihnen greifen. Studien über hirngeschädigte Erwachsene deuten darauf hin, daß die Schädigung häufig visuelle Vorstellungen zur Folge hat, die so stark sind, daß sie Verhaltensweisen aufrechterhalten, die den Vorstellungen nicht zuviel abverlangen, nicht jedoch Verhaltensweisen, die den Vorstellungen zuviel abverlangen (Farah, Monheit & Wallace, 1991). Nach etwas zu greifen verlangt wohl nach mehr als etwas anzuschauen; es erfordert nicht nur mehr Energieaufwand, sondern Säuglinge greifen auch erst mit 4 Monaten durchwegs nach interessanten Objekten, während sie sie bereits von Geburt an anschauen (von Hoisten, 1993). Die Vorstellungen von Säuglingen von versteckten Objekten können also ebenso wie die von hirngeschädigten Menschen so stark sein, daß sie in günstigen Situationen zum Erfolg führen, nicht aber in schwierigeren. Um zu überprüfen, ob dieser Gedanke die Kompetenz von Säuglingen bei bestimmten Problemstellungen über Objektpermanenz und ihre Inkompetenz bei

434

Kapitel 10

anderen erklären könnte, entwarfen Munakata et al. (in Druck) ein konnektionistisches Modell. Wie das konnektionistische Entwicklungsmodell von MacWhinney et al. (1989) über das System der Artikel im Deutschen umfaßte das Modell der Objektpermanenz von Munakata eine Input-Schicht, eine verborgene Schicht und eine Output-Schicht. Ebenfalls wie in dem anderen konnektionistischen Modell besaß jede Schicht eine Reihe von Verarbeitungseinheiten und es existierten viele Verknüpfungen zwischen den Verarbeitungseinheiten und den unterschiedlichen Schichten. Die im Modell von Munakata et al. empfangene Erfahrung hatte Codes, die einer Barriere und einem Ball entsprachen. Manchmal bewegte sich die Barriere vor den Ball und versperrte die Sicht und bewegte sich dann wieder weg, um sie freizugeben (Abbildung 10.1). Dem entspricht, wenn Säuglinge Objekte hinter anderen Objekten verschwinden und wieder auftauchen sehen, wenn die anderen Objekte wegbewegt werden.

Zeitpunkt 0

Zeitpunkt 1

Zeitpunkt 2

Zeitpunkt 3

Zeitpunkt 4

Zeitpunkt 5

Zeitpunkt 6

Zeitpunkt 7

ABBILDUNG 10.1 Repräsentation eines Balles und einer Barriere im Modell von Munakata et al. Zu Beginn (Zeitpunkt 0) ist die Barriere links vom Ball. Dann bewegt sie sich nach rechts bis sie vor dem Ball ist (Zeitpunkte 4-6). Dann bewegt sie sich nach links, wodurch offensichtlich wird, daß der Ball noch vorhanden ist (Zeitpunkt 7). Nachdem das Modell mit mehreren Ereignisabfolgen dieser Art konfrontiert wird, lernt es, daß der Ball weiterhin vorhanden ist, auch wenn er nicht sichtbar ist.

Als das Netzwerk Erfahrungen mit diesen Situationen gesammelt hatte, lernte es, sich das weitere Vorhandensein des Balles vorzustellen und vorherzusagen, daß der Ball dort wieder auftauchen würde, wo er vorher war, wenn die Barriere wegbewegt wurde. Anfangs hielt das Modell solche Repräsentationen nur über kurze Zeiträume der Okklusion, in denen die Sicht versperrt war, aufrecht; es lernte jedoch allmählich sie über längere Zeiträume aufrechtzuerhalten. Dies entsprach der Beobachtung von Diamond (1985), daß Säuglinge im Alter von 6 bis 12 Monaten allmählich lernen, die Okklusionszeiträume, in denen sie Objektpermanenz zeigen, zu verlängern. Für den vorliegenden Kontext ist besonders wichtig, daß das Modell demonstrierte, wie Messungen der Blicke Repräsentationen von okkludierten Objekten aufdeckten, lange bevor Messungen des Greifens ähnliches Wissen aufdeckten. Im Modell motivierte dieselbe Repräsentation des Objekts das Hinschauen und das Greifen. Allerdings wurde der Prozeß zur Stärkung der Verknüpfungen zwi-

Schlußfolgerungen fiir die Gegenwart; Herausforderungen ftir die Zukunft

435

sehen Repräsentationen und dem Greifsystem so programmiert, daß er später begann und langsamer voranschritt als das Lernen der Verknüpfungen, die zum Hinschauen führten. Wegen dieser langsameren Stärkung der Verknüpfungen von Repräsentationen des Objekts und dem Greifsystem an jedem gegebenen Zeitpunkt der Entwicklung war eine stärkere Repräsentation eines Objekts notwendig, um das Greifen auszulösen als das Hinschauen. Diese Simulation birgt interessante Implikationen für die grundsätzliche Frage, wie man die Kompetenz von Säuglingen in bestimmten Situationen und ihre Inkompetenz in anderen in Einklang bringen kann. Wenn Säuglinge in einer Situation Kompetenz zeigen, ist es verlockend ihnen die Art hochgradigen Verständnisses zuzuschreiben, die Erwachsene dazu veranlassen würde, sich in einer bestimmten Weise zu verhalten. Erwachsene kennen das grundlegende Prinzip, daß Objekte weiter vorhanden sind, auch wenn man sie nicht sehen kann. Vielleicht spiegelt die längere Zeit, die Säuglinge schauen, wenn Objekte zu verschwinden scheinen, dieselbe Art des Erstaunens wider, das ein Erwachsener empfinden würde. Allerdings könnte die Tatsache, daß die Säuglinge länger schauen, einfach ihre Neigung implizieren, ungewöhnliche Ereignisse anzuschauen. Wenn wir in einem Stau ungewöhnlich langsam vorankommen, sind wir nicht erstaunt, wenn wir später an einem Unfall vorbeifahren, aber wir neigen dazu, trotzdem hinzuschauen. Das Modell von Munakata et al. illustriert, wie die Entdeckung eines ungewöhnlichen Ereignisses längere Schauzeiten ohne Erstaunen und ohne die Prinzipien zu verstehen, auslösen könnte. Es deutet auch an, wie die Erfahrung, Objekte hinter Barrieren verschwinden und dann wieder auftauchen zu sehen, wenn die Barrieren sich wegbewegen, schließlich via Greif- und Schaumessungen zu Kompetenz führen könnte. Das Modell liefert damit einen Weg, die Kompetenz und die Inkompetenz von Säuglingen in Einklang zu bringen und eine Perspektive über das, was sie über Objektpermanenz wissen und warum sie es wissen. 10.4 Altersgruppen unterscheiden sich in der Regel eher graduell als prinzipiell. Kleine Kinder sind kognitiv nicht nur kompetenter als sie wirken, sondern ältere Kinder und Erwachsene oft auch weniger kompetent als wir glauben mögen. Aktueller Wissensstand über Unterschiede in Altersgruppen Wie im vorangegangenen Abschnitt erörtert, haben Säuglinge und Kleinkinder ein wesentlich reicheres kognitives Leben als wir bis vor kurzem dachten. Das gleiche gilt für Kinder im Vorschulalter. Denken wir nur an von Piaget verwen-

436

Kapitel 10

dete Aufgabenstellungen und Begriffe, von denen wir einmal glaubten, sie seien für Kinder unter 7 unmöglich zu lösen. Wenn man kennzeichnende Klebestreifen rechts und links der Drei-Berge-Vorrichtung anbringt, können 3jährige zwischen ihrer eigenen räumlichen Perspektive und der einer Person, die auf der anderen Seite der Berge sitzt, unterscheiden; sie sind also nicht immer egozentrisch (Newcombe & Huttenlocher, 1992). Wenn 3- bis 5jährige beobachten, wie sich Zucker in einer Tasse Wasser auflöst, glauben sie, daß das Wasser mehr wiegt als zuvor, obwohl keine Veränderung sichtbar ist; das deutet auf ein gewisses Verständnis hinsichtlich der Erhaltung des Gewichts hin (Au et al., 1993). Kinder im Vorschulalter haben auch ein größeres Verständnis für Zahlen als Piaget erkannte; sie können kleine Zahlen addieren und subtrahieren, die größere von zwei Zahlen erkennen und in einer Weise zählen, die Verständnis für die Struktur des Zahlensystems reflektiert (Geary, 1994). Am anderen Ende des Altersspektrums hat sich das Denken von Erwachsenen als weniger rational erwiesen, als wir einmal dachten. Ohne Training lösen sogar ältere Schüler und Studenten selten Piagets Aufgabenstellungen der formal operationalen Phase, wie etwa Aufgaben mit Waagen und dem Schattenwurf (Byrnes, 1988; Kuhn et al., 1995). Auch nachdem Studenten Physikkurse belegt haben, glauben viele, daß dann, wenn ein Wagen auf einem ovalen Kurs fährt, sich die Türe auf der Außenseite mit derselben Geschwindigkeit bewegt wie die Türe auf der Innenseite, obwohl die Tür auf der äußeren Seite in derselben Zeit eine größere Strecke zurücklegt (Levin et al., 1990). Diese Schwierigkeiten beschränken sich nicht auf wissenschaftliche Beweisführung. Shaklee (1979) berichtete von einer Unzahl solch irrationaler Aspekte im Denken von Erwachsenen. Erwachsene wetten beim Kartenspiel mehr, wenn sie gegen einen nervösen Gegner spielen als gegen einen entspannten. Sie sind sicherer ein reines Glücksspiel zu gewinnen, nachdem sie Zeit hatten, es zu üben. Wenn sie gefragt werden, welche Reihenfolge von zwei Zufallsereignissen wahrscheinlicher ist, ignorieren sie den Aspekt der Zufälligkeit, wenn eine Ereignisfolge repräsentativer klingt (sie sagen, daß es unwahrscheinlicher ist, daß ein verheiratetes Paar 6 Kinder in der Reihenfolge "Mädchen, Mädchen, Mädchen, Junge, Junge, Junge" bekommt als in der Reihenfolge "Mädchen, Junge, Junge, Mädchen, Junge, Mädchen"). Kurz gesagt, auch wenn kleine Kinder in manchen Kontexten wie angehende Wissenschaftler agieren, ignorieren andererseits gebildete Erwachsene in anderen die grundlegendsten logischen Überlegungen. Wie diese Erkenntnisse über die kognitive Kompetenz in der frühen Kindheit und das unlogische Denken im Erwachsenenalter implizieren, ist Entwicklung im allgemeinen ein Wachstumsprozeß, der sich allmählich im Laufe vieler Jahre vollzieht. Betrachten wir Beobachtungen, die das kindliche Verständnis des Verstan-

Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderangen für die Zukunft

437

des betreffen. Um ihren ersten Geburtstag herum zeigen Säuglinge ein gewisses Verständnis dafür, daß andere Menschen Absichten haben; wenn ein Erwachsener sagt, "das ist ein dax", dann schließen sie, daß sich das Phantasiewort dax auf das Objekt bezieht, das der Erwachsene anschaut, auch wenn sie selbst etwas anderes anschauen (Baldwin, 1993a). 2jährige verstehen, daß die Wünsche anderer Menschen ihr Verhalten beeinflussen, normalerweise aber nicht, daß auch die Meinungen von anderen Menschen einen Einfluß darauf ausüben (Wellman & Wooley, 1990). 4jährige verstehen, daß sowohl Meinungen als auch Wünsche das Verhalten anderer beeinflussen und unterscheiden außerdem zwischen Schein und Wirklichkeit (Astington & Gopnik, 1991; Flavell et al., 1983). Allerdings glauben sie sich an weit mehr erinnern zu können, als es tatsächlich der Fall ist (Flavell et al., 1970) und sehen oft nicht die Notwendigkeit, Strategien anzuwenden, die ihnen helfen, sich zu erinnern (Schneider & Pressley, 1989). Zu verstehen, wie das Leseverständnis zu kontrollieren ist, wie man Zeit auf Aufgaben verteilt und wie man die Absichten anderer bewertet, diese Fähigkeiten entwickeln sich während der Adoleszenz und im Erwachsenenalter weiter (Baker, 1994; Pressley, 1995). Lange und komplexe Entwicklungszeiträume wie etwa das Lernen über den eigenen Versand und den anderer, sind eher die Regel als die Ausnahme. Zukünftige Fragen Die Entdeckung früher nicht vermuteter Kompetenz kleiner Kinder und der früher nicht vermuteten Inkompetenz Erwachsener, hat viele Erklärungen der Entwicklung dem Untergang geweiht. Es ist nicht länger haltbar zu glauben, daß die Kindern im Vorschulalter inhärente Egozentrik es ihnen unmöglich macht, die Perspektive andere Menschen einzunehmen. Es ist auch nicht mehr haltbar zu glauben, daß ihre Vermittlungsdefizite es ihnen unmöglich machen, von Erinnerungsstrategien zu profitieren und daß ihr holistisches Denken sie daran hindert, Begriffe mit definierenden Merkmalen zu bilden. Diese fallenden Masken wiederum haben eine grundlegendere Auffassung hinsichtlich des Denkens von Kindern unhaltbar gemacht: daß es möglich ist, ein bestimmtes Alter zu benennen, in dem Kinder sich einen bestimmten Begriff aneignen. Das Alter, in dem Kinder einen Begriff verstehen, wurde oft gleichgesetzt mit dem Alter, in dem die meisten Kinder eine bestimmte Aufgabe lösen können, die diesen Begriff umfaßt. Jahre lang hat man etwa von Kindern behauptet, sie würden den Begriff Zahl verstehen, wenn sie Piagets Aufgabe der Mengenerhaltung lösen können. Als Forscher jedoch andere Aufgabenstellungen anwendeten, die demselben Begriff entsprachen, wurde klar, daß das Alter, in dem unterschiedli-

438

Kapitel 10

che numerische Probleme gelöst werden können, stark variiert. In welchem Alter verstehen sie dann diesen Begriff? Ein plausibler Ansatz, um diese Frage zu beantworten, ist es, wenn man Verständnis mit der frühesten Form von Verstehen gleichsetzt. Braine (1959) sprach sich dafür aus, als er schrieb, "wenn man versucht, ein bestimmtes Alter zu nennen, in dem sich eine bestimmte Antwort entwickelt, dann ist das einzige nicht völlig willkürliche Alter das früheste Alter, in dem diese Art der Antwort gegeben wird" (S. 16). Die Aussage von Braine ist soweit ganz und gar vernünftig. Wenn wir die lange Zeit berücksichtigen, die oftmals zwischen frühem und reifem Verständnis liegt, wird jedoch ein Paradoxon offensichtlich. Wenn wir das anfängliche Kompetenzkriterium anwenden, befinden wir uns in einer Situation, in der wir sagen müssen, daß viele Begriffe sehr früh verstanden werden und gleichzeitig müssen wir sagen, daß Kindern viele vernünftige Anzeichen dafür, daß sie verstehen, danach Jahre lang abgehen. Anders gesagt, wenn wir das anfängliche Kompetenzkriterium anwenden, entwickelt sich das meiste Verständnis für einen Begriff erst nachdem der Begriff verstanden wird. Brown (1976) plädierte für ein alternatives Kriterium für das Begriffsverständnis: das der konstanten Anwendung. Man könne erst dann davon sprechen, daß ein Kind einen Begriff versteht, wenn es ihn in allen oder fast allen Situationen, in denen er anwendbar ist, anwendet. Das Problem hier wird in Braines Kommentar deutlich. Was genau versteht ein Kind, wenn es eine Begriff in einigen Situationen anwenden kann, aber nicht in den meisten? Es scheint willkürlich, Verständnis mit irgend etwas anderem gleichzusetzen als mit der frühesten Form des Verstehens. Gleichwohl scheint es in die Irre zu führen, es mit dem frühesten Verständnis gleichzusetzen. Die Ergebnisse über Objektpermanenz, die im vorangegangenen Abschnitt angeführt wurden, illustrieren das Problem. Verstehen Säuglinge mit 3 Monaten Objektpermanenz, wenn ihre Schauzeiten ein solches Verständnis nahelegen? Oder verstehen sie Objektpermanenz mit 9 Monaten, wenn sie anfangen, nach versteckten Objekten zu greifen? Oder verstehen sie dies erst einige Zeit später, wenn sie das grundlegende Prinzip kennen, daß ein Objekt irgendwo weiterhin vorhanden sein muß, auch wenn sie keine Ahnung haben wo (wie dann, wenn ältere Kinder ihre Schlüssel verlegen)? Angesichts der Komplexität der kognitiven Entwicklung wird es sich fast immer als unmöglich erweisen, eine sinnvolle Aussage über das Alter abzugeben, in dem sich Kinder eine kognitive Fähigkeit aneignen. Modelle, die spezifizieren, wie Kinder unter bestimmten Bedingungen

Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

439

denken und warum sie so denken, sind notwendig, um mit dieser Komplexität umzugehen. 10.5 Veränderungen im Denken von Kindern vollziehen sich nicht in einem Vakuum. Was Kinder bereits über eine Materie wissen, der sie begegnen, beeinflußt nicht nur wieviel sie lernen, sondern auch was sie lernen. Aktueller Wissensstand über die Wirkungen bereits existierenden Wissens Menschen finden es fast immer einfacher in Bereichen etwas zu verstehen, zu lernen und sich etwas zu merken, in denen sie bereits gewisse Kenntnisse haben. Wenn Säuglinge bereits gewisse Erfahrungen mit Schachbrettmustern haben, schauen sie lieber komplexere Anordnungen an (DeLoache et al., 1978). Kleinkinder nutzen Wortbedeutungen als Hilfe, um Grammatik zu lernen (Corrigan, 1988). Vorschulkinder benutzen Skripten, die sie aus ihren Erfahrungen bei Geburtstagspartys und beim Essen im Restaurant abstrahiert haben, um sich neue Partys und Essen einzuprägen (Hudson, 1990; Nelson, 1993). Schulkinder mit gewissen Kenntnissen über Erhaltung und Kategorieninklusion beherrschen diese Begriffe leichter als Kinder mit weniger Sachkenntnis (Inhelder et al., 1974; Strauss, 1972). Älteres Inhaltswissen beeinflußt nicht nur was Menschen lernen, sondern auch wieviel sie lernen. Solche Auswirkungen werden besonders in den relativ seltenen Fällen deutlich, in denen Wissen mit Lernen und Erinnern kollidiert. Wenn Säuglinge und kleine Kinder , die Laute ihrer Muttersprache lernen, fuhrt das dazu, daß sie allmählich die Fähigkeit verlieren, Laute zu erkennen, die in ihrer Muttersprache nicht differenziert werden (Werker & Desjardins, 1995) und es fuhrt dazu, daß Kinder über 7 Jahre allmählich die Fähigkeit verlieren, die Grammatik einer anderen Sprache völlig zu beherrschen (Johnson & Newport, 1989). Wissen über die typischen Muster der Malzeiten fuhrt dazu, daß Vorschulkinder die Möglichkeit verwerfen, daß das Mittagessen aus Müsli und Orangensaft bestehen könnte (Keil, 1989). Negative Stereotypen, die auf der Tollpatschigkeit einer Person in einer vorausgegangenen Geschichte basieren, fuhren dazu, daß sich Kinder fälschlicherweise daran "erinnern", daß die Person andere Missetaten begangen hat (Leichtman & Ceci, 1995). Kinder im Schulalter filtern die Aussage von Erwachsenen, die Erde ist rund, durch ihr Wissen, daß sie flach aussieht und schließen daraus, daß die Erde eine abgeflachte Scheibe ist, vielleicht mit einer Kuppel darüber (Vosniadou & Brewer, 1992).

440

Kapitel 10

Früheres Wissen wirkt nicht wie ein von den bereits erwähnten Veränderungsprozessen isolierter Mechanismus. Vielmehr liefert früheres Wissen zusammen mit den neuen Informationen Daten, auf die die Veränderungsprozesse einwirken. Anders gesagt, das frühere Wissen hilft zu bestimmen, was die Veränderungsprozesse tun: welche Merkmale Kinder kodieren, welche allgemeinen Schlüsse sie ziehen, welche Strategien sie entwickeln, und welche Vorgehensweisen automatisiert werden. Das Wesen der Veränderungsprozesse bestimmt jedoch, wie sie es tun.

Zukünftige Fragen Einige der strittigsten Fragen über das Denken von Kindern betreffen das Vorhandensein hochgradig differenzierter Wissensstrukturen, wie Theorien über Physik und den Verstand. Existieren solche hochgradig differenzierten Strukturen, unterscheiden sie sich von anderen Wissensarten und was bedeuten sie für die kognitive Entwicklung im allgemeinen? Die Frage kann im Zusammenhang mit dem Wissen von Kindern über Biologie dargestellt werden. Wellman und Gelman (1992; in Druck) nahmen an, daß Biologie neben Physik und Verstandestheorien Kerntheorien sind. Substanzielle Beweise stützen ihre Überzeugung, daß das Verständnis von Kindern im Vorschulalter für Biologie, die vier Kriterien erfüllt, die sie für Kerntheorien aufstellten: Fundamentalkategorien und kausale Erklärungen, die nur für den jeweiligen Bereich gelten, nicht zu beobachtende Erklärungskonstrukte und ein kohärentes System. Betrachten wir einige Beweise für Kenntnisse über Fundamentalkategorien, die nur für die Biologie gelten. Zwei solcher Kategorien sind Pflanzen und Tiere. Mit einem Jahr wissen Säuglinge, daß sich Tiere dadurch von anderen Objekten unterscheiden, daß sie sich selbständig bewegen, trinken und schlafen können (Mandler & McDonough, 1996; Woodward, 1995). 3- und 4jährige wissen, daß auch Pflanzen eine eigene Kategorie bilden und wie Tiere wachsen (Hatano et al., 1993; Hickling & Gelman, 1995), nach Verletzungen heilen (Backschneider, Shatz & Gelman, 1993) und nach ihrem Absterben verwesen (Springer, Ngyuen & Samaniego, 1995). Kinder sind sich danach einige Jahre darüber im Unklaren, ob Pflanzen mit Tieren als Lebewesen zu kategorisieren sind (Hatano et al., 1993), aber sie sind sich ab dem Vorschulalter bewußt, daß Tiere und Pflanzen viele grundlegenden Eigenschaften teilen, die keine anderen Objekte besitzen. Kinder im Vorschulalter verstehen auch, daß die Handlungen von biologischen Entitäten kausale Prozesse widerspiegeln, die nur für diesen Bereich gelten, wie Wachstum und Vererbung, und unsichtbare Entitäten, die nur für diesen Bereich

Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

441

gelten, wie Keime. Sie wissen beispielsweise, daß biologisches Wachstum nur in eine Richtung verläuft, wobei Organismen nur größer werden und nicht umgekehrt. (Rosengren, Gelman, Kalish & McCormick, 1991). Sie wissen auch, daß die Vererbung dazu führt, daß aus jungen Tieren Wesen werden, die Erwachsenen in ihrer Spezies gleichen, auch wenn sie bei ihrer Geburt nicht wie sie aussehen, während mit Puppen oder anderen leblosen Objekten nicht dasselbe geschieht (Gelman & Wellman, 1991). Was die nicht sichtbaren Entitäten betrifft, wissen sie, daß Keime Krankheiten hervorrufen und glauben, daß eine unsichtbare und unveränderliche Substanz dazu führt, daß Organismen einer bestimmten Art ähnliche innere Teile und Verhaltensmerkmale haben, auch wenn sie unterschiedlich aussehen (Kalish, 1996; Gelman, Coley & Gottfied, 1994). All diese Beobachtungen lassen vermuten, daß Kinder im Vorschulalter über ein kohärentes Verständnis der Biologie verfugen. Ob diese vier Eigenschaften jedoch das Verständnis der Kinder für die Biologie von ihrem Verständnis für unzählige andere Bereiche unterscheiden, bleibt offen. Alle vier Eigenschaften charakterisieren auch Bereiche, die ganz offensichtlich keine Kerntheorien sind, wie Baseball. Wissen über Baseball umfaßt Kategorien, die nur für diesen Bereich gelten (ζ. B. Picher, Catcher, Home Run), eine besondere Art der Kausalität (wobei das Ziel im Mittelpunkt steht, nach neun Spielen mehr Runs erzielt zu haben), nicht sichtbare Erklärungskonstrukte (ζ. B. Baseball Savvy, Clutch Hitting) und ein kohärentes System. Wenn sich aber Wissen über Baseball als Kerntheorie qualifiziert, muß es Tausende davon geben. Wie Wellman und Gelman bemerkten, "ist noch nicht geklärt, wie viele Bereiche Kinder überhaupt unterscheiden und welche analytischen Kriterien grundlegende Denkbereiche als solche legitimieren" (S. 66 im Manuskript). Damit vergleichbar ist, daß trotz vielfacher Behauptungen, daß Theorien von bereichsspezifischen Lernmechanismen bewirkt werden (ζ. B. Keil, 1989; Leslie, 194; Spelke et al., 1992; Wellman & Gelman, in Druck), solche Mechanismen noch nicht im mindesten detailliert beschrieben wurden. Obwohl Befürworter des Ansatzes, Begriffsverständnis in Form von Theorien zu betrachten, den bereichsspezifischen Aspekt des Wissens und der Lemmechanismen hervorgehoben haben, könnte ihr wichtigster langfristiger Beitrag paradoxerweise eine für alle Bereiche anwendbare Erkenntnis sein. Traditionellerweise haben fast alle Analysen der Entwicklung angenommen, daß Wissen vom Konkreten zum Abstrakten übergeht. Dieser Ansicht nach lernen Kinder erst Aspekte der Welt kennen, die sie sehen, hören und fühlen können und später nicht sichtbare Aspekte, wie Kausalzusammenhänge, die diese greifbaren Objekte, Ereignisse und Eigenschaften miteinander verknüpfen. Befürworter des Kerntheorieansatzes haben jedoch hervorgehoben, daß bereits Säuglinge und kleine Kin-

442

Kapitel 10

der in grundlegenden Bereichen unter Berücksichtigung der ihnen zugrundeliegenden Ursachen und nicht sichtbaren Entitäten denken: Impuls, Kraft, Absichten, Sinnestäuschungen, Keime, Vererbung usw. Man geht davon aus, daß diese Art zu denken, Wissen der Kerntheorien von Wissen in anderen Bereichen unterscheidet (Wellman & Gelman, in Druck). Allerdings sollte die Tendenz, Ursachen und andere nicht sichtbare Erklärungskonstrukte von der Frühphase des Lernens an hervorzuheben, nicht auf Kernbereiche beschränkt werden: man kann sie wahrscheinlich auf alle Bereiche anwenden (Simons & Keil, 1995). Die nicht enden wollenden "Warum"-Fragen von Kleinkindern sind nicht auf Kernbereiche beschränkt, sie fragen nach den Ursachen aller möglichen Phänomene. In gleicher Weise scheint sich der häufige Gebrauch des Ausdrucks "weil" von kleinen Kindern auf alle Themen zu erstrecken, nicht nur auf einige wenige sehr spezielle. Vielleicht in Anerkennung der beständigen Suche nach Erklärungen von Kindern, beginnen Erwachsene, wenn sie ein neues Spiel oder einen neuen Begriff erklären, im allgemeinen damit, die grundlegenden Ziele und Kausalitäten darzustellen. Wenn sie beispielsweise das Spiel Tic Tac Toe erklären, beginnen sie im allgemeinen damit zu sagen, daß das Ziel des Spieles ist zu gewinnen und daß man gewinnt, wenn man drei X oder drei Ο in eine Reihe bekommt. Dieses Verständnis der Kausalität ist nützlich; im Zusammenhang mit dem Spiel Tic Tac Toe, hat man herausgefunden, daß Kinder über ein abstraktes Verständnis für die kausale Struktur des Spieles verfügen, was ihnen erlaubt, den Wert differenzierter Strategien zu erkennen, noch bevor sie sie anwenden (Siegler & Crowley, 1994). Die Disposition nach Ursachen zu suchen, darf also nicht auf Kerntheorien beschränkt werden: sie könnte ein Hauptmerkmal der Wissensaneignung in allen Bereichen sein. Diese Analyse schließt die Möglichkeit nicht aus, daß sich Lernen in den Bereichen, die als "Kerntheorien" bezeichnet werden, anders vollzieht als in anderen. In ihren ersten Lebensjahren eignen sich Kinder gewiß eine Menge Wissen über leblose Objekte, Menschen, Pflanzen und Tiere an. Dieses rasche Lernen legt nahe, daß Kinder auf spezielle Mechanismen zurückgreifen könnten, um zu lernen. Dann haben Kinder auch unzählige Möglichkeiten unbelebte Objekte, Menschen, Pflanzen und Tiere zu beobachten und über sie zu lernen. Vielleicht ist es die Zahl der Möglichkeiten zu lernen, die diese Bereiche von anderen unterscheidet, in denen Kinder sich Wissen langsamer aneignen. Wie bei vielen die Entwicklung betreffenden Fragen, wird die Lösung dieser Frage genaue Beobachtungen des Lernens, dann wenn es stattfindet, erfordern, so daß die Wissensaneignung in unterschiedlichen Bereichen verglichen werden kann. Dafür werden auch sehr spezifische Modelle der Mechanismen nötig sein, die Lernen in unterschiedlichen Bereichen bewirken.

Schlußfolgerungen fur die Gegenwart; Herausforderungen fur die Zukunft

443

10.6 Die Entwicklung der Intelligenz spiegelt Veränderungen in der Struktur und der Wirkungsweise des Gehirns ebenso wie eine effektivere Verteilung kognitiver Ressourcen wider. Aktueller Wissensstand über die Entwicklung der Intelligenz Intelligenz entwickelt sich durch die Interaktion von Heranreifen des Gehirns und Erfahrung. Veränderungen in der Größe des Gehirns alleine vermitteln ein Gefühl dafür, wieviel Entwicklung stattfindet. Das Gehirn eines Erwachsenen wiegt viermal soviel wie das eines Neugeborenen, wobei sich das Gehirn bis zum 6. Lebensjahr fast um die Hälfte vergrößert (Lemire et al., 1975). Teile des Kortex vergrößern sich um das Zehnfache ihrer Größe bei der Geburt. Nicht alle Veränderungen sind jedoch Vergrößerungen. Die Synapsendichte in vielen Teilen des Kortex erreicht in der frühen Kindheit ein Niveau, das höher ist als das im Gehirn eines Erwachsenen. Im Frontallappen beispielsweise ist die Synapsendichte mit 2 Jahren doppelt so groß wie beim Erwachsenen und sie verringert sich erst mit 7 Jahren auf die Dichte eines Erwachsenen (Huttenlocher, 1979). Diese hohe Dichte könnte umfassendes Lernen der Sprache und motorischer Fähigkeiten während dieser frühen Periode ermöglichen (Bjorklund & Green, 1992; Fischer, 1987). Die ungleiche Reifung unterschiedlicher Hirnteile führt dazu, daß eine bestimmte kognitive Funktion in unterschiedlichem Alter manchmal unterschiedliche neurale Basen hat. In den ersten Monaten nach der Geburt spielen subkortikale Areale, die relativ ausgereift sind, beim Sehen, Hören und bei der Verteilung der Aufmerksamkeit eine große Rolle (Bronson, 1974; Johnson, in Druck; Muir et al., 1979; Posner et al., in Druck). Mit 4 bis 10 Monaten übernehmen kortikale Areale, die sich später entwickeln, eine größere Rolle bei diesen Funktionen. Die frühe subkortikale Dominanz führt dazu, daß das kognitive System frühzeitig nützlichen Input erhält; die spätere Rolle des Kortex ermöglicht effektivere Verarbeitung, wenn die relevanten Areale erst einmal entsprechend ausgereift sind (Johnson & Morton, 1991). Die Entwicklung des Gehirns umfaßt eine Mischung aus anatomischer Spezifikation und Plastizität. Bei fast allen Rechtshändern und den meisten Linkshändern findet beispielsweise die Verarbeitung der Sprache in der Mitte der linken Seite des Gehirns statt. Die Spezifikation ist so groß, daß Wörter, deren Hauptfunktion eine grammatische ist, primär andere Areale der linken Hirnhemisphäre aktivieren als Wörter mit inhaltlichem Gehalt wie etwa Hund (Neville, 1995a). Wenn allerdings die linke Himhälfte im ersten Lebensjahr beschädigt oder operativ entfernt wird, lokalisiert sich Sprache in der rechten Hirnhälfte und entwickelt sich

444

Kapitel 10

auf einem fast normalen Niveau (Stiles & Thal, 1993). Wenn die Schädigung nach dem ersten Lebensjahr auftritt, wird Sprache ebenfalls in der rechten Hemisphäre dargestellt, doch je später die Schädigung auftritt, desto weniger effektiv ist die Sprachverarbeitung später (Maratsos & Matheney, 1994). Diese Veränderungen in der Struktur und Wirkungsweise des Gehirns sind jedoch nur ein Teil der Entwicklung von Intelligenz. Ein anderer Teil ist die Erfahrung, die zu einer effektiveren Anwendung der zur Verfugung stehenden kognitiven Ressourcen führt. Säuglinge zeigen zum Beispiel bereits in den ersten Lebensmonaten eine gewisse Fähigkeit, Verarbeitungsressourcen effektiv zu verteilen. Sie orientieren sich an den informativsten Teilen ihrer Umgebung, verfolgen sich bewegende Objekte mit den Augen und bilden Erwartungen hinsichtlich des Auftauchens interessanter Stimuli (Aslin, 1993; Haith et al., 1993). Es sollte allerdings nicht verwundern, daß sich diese anfänglichen Grundlagen noch beträchtlich weiterentwickeln. Mit wachsender Erfahrung bilden Kinder Repräsentationen, die vollständiger, flexibler und widerstandsfähiger sind. Betrachten wir die Tendenz von Repräsentationen, immer vollständiger zu sein. Wenn Einjährige Objekte untersuchen, tasten sie nur die Konturen ab, während 3 Monate alte Säuglinge auch das Innere abtasten (Salapatek, 1975). Wenn 5jährige mit Problemen der Erhaltung, der Kategorieninklusion und Problemstellungen mit Waagen konfrontiert werden, stellen sie sich nur eine einzige wichtige Größe vor; mit 8 Jahren stellen sich Kinder bei diesen Problemstellungen multiple relevante Größen vor (ζ. B. Case, 1992a; Haiford, 1993). Wenn 8jährige Geschichten lesen, konzentrieren sie sich auf Kausalzusammenhänge innerhalb einer Episode; 14jährige konzentrieren sich auch auf die Kausalzusammenhänge zwischen den einzelnen Episoden (van den Broek, 1989). Es gibt auch aus vielen Bereichen und für viele Altersstufen Beispiele für die Neigung, immer flexiblere Vorstellungen zu bilden. Bei Aufgabenstellungen, die falsche Meinungen betreffen, wechseln 4jährige flexibler als 3jährige von dem, was sie über eine Situation wissen zu dem, was andere Menschen darüber wissen (Astington & Gopnik, 1991; Perner, 1991). Mit zunehmender Erfahrung im Rechnen· wählen Kinder in der Grundschule Strategien so aus, daß sie den Anforderungen der Aufgaben immer genauer entsprechen (Lemaire & Siegler, 1995). Kinder vor der Adoleszenz und in der Adoleszenz passen ihre Lese- und Schreibstrategien als Reaktion auf Anweisungen und Zeitvorgaben flexibel an, was keine Wirkungen auf das Lesen und Schreiben jüngerer Kinder hat (Kobasigawa et al., 1980; Zbrodoff, 1984). Der dritte Aspekt, in dem Anpassungen an die Problemkonstellationen immer erfolgreicher werden, ist ihre Widerstandsfähigkeit. Das Verständnis von kleinen

Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

445

Kindern zeigt sich oft nur unter Idealbedingungen (Sophian, 1984). Mit zunehmendem Alter und zunehmender Erfahrung nützen Kinder ihre Kompetenzen in fordernden ebenso wie in erleichterten Situationen. Deshalb können Säuglinge und Kleinkinder wie ältere Kinder versteckte Objekte im Raum finden, nachdem sich ihre eigene Position in Relation zu dem Objekt verändert hat, aber im Gegensatz zu älteren Kindern benötigen sie dafür Orientierungspunkte (Acredolo, 1978; Huttenlocher & Newcombe, 1984). 2jährige können ein maßstabgetreues Modell nutzen, um Objekte in Räumen zu lokalisieren, wenn das Modell in einem Glaskasten ist, nicht aber wenn sie es anfassen können, während 3jährige das Modell unter beiden Bedingungen entsprechend nutzen können (DeLoache, 1994). 5jährige lösen Probleme transitiver Schlußfolgerung, syllogistischer und analytischer Beweisführung, wenn keine irreführenden visuellen Reize vorhanden sind oder wenn erleichternde Formulierungen verwendet werden. Allerdings lösen Kinder solche Aufgaben erst Jahre später unter schwierigeren Umständen (Brown et al., 1986; Byrnes & Overton, 1986; Goswami, 1995a).

Zukünftige Fragen Besseres Verständnis für die Entwicklung des Gehirns und die Verteilung kognitiver Ressourcen wirft die Frage auf, wie diese Faktoren miteinander interagieren, um individuelle Unterschiede in der Intelligenz zu bewirken. Zwei Standpunkte hinsichtlich der individuellen Unterschiede in der Intelligenz wurden bereits erörtert. Der psychometrische Ansatz betont Unterschiede in einer einzigen Größe - der allgemeinen Intelligenz. Unterschiede in den Intelligenzquotienten (IQ) werden als Indikatoren für Unterschiede in der allgemeinen Intelligenz betrachtet. Eine zweite Position ist Sternbergs (1985) triarchische Theorie. Hier werden individuelle Unterschiede in der Intelligenz auf Unterschiede in der Effizienz von drei Kategorien informationsverarbeitender Komponenten zurückgeführt: Leistungskomponenten, Lernkomponenten und Metakomponenten. Auch wenn sich diese beiden Ansätze in vielerlei Hinsicht unterscheiden, teilen sie doch die Annahme, daß es einen gemeinsamen Kern der Intelligenz gibt, der sich über unterschiedliche Bereiche hinweg selbst manifestiert. Eine Beweisart für die Existenz allgemeiner Intelligenz sind positive Korrelationen beim Abschneiden in unterschiedlichen Teilbereichen von Intelligenztests. Kinder, die beispielsweise in Fragekomplexen, in denen der Wortschatz gemessen wird, gut abschneiden, schneiden tendenziell auch in Fragekomplexen, in denen räumliches Denken, Rechnen und die Interpretation von Sprichwörtern gemessen wird, gut ab. Ein weiterer wichtiger Beweis ist, daß IQ-Testwerte über lange Zeitperioden hinweg recht stabil sind. Ein dritter wichtiger Beweis ist, daß die Werte in IQ-Tests die Schulzensuren recht genau vorhersagen. Wenn man

446

Kapitel 10

also den IQ-Wert eines Erstkläßlers kennt, kann man die späteren Zensuren des Kindes in höheren Klassen recht genau schätzen. Ein vierter Beweis ist, daß Kinder mit höherem IQ neuen Stoff tendenziell schneller lernen (Johnson & Mervis, 1994). Solche Beweise haben dazu geführt, daß vielfach gefolgert wurde, einige Kinder hätten eine höhere allgemeine Intelligenz als andere und daß Intelligenz über lange Zeitperioden stabil sei. Zahlreiche Kritiker haben diese Interpretationen jedoch in Frage gestellt (ζ. B. Ceci, 1990; Gardner,, Kornhaber & Wake, 1996; Resnick, Levine & Teasley, 1991). Die positiven Korrelationen in unterschiedlichen Fragekomplexen in IQTests reflektieren vielleicht mehr die Art, in der die Fragekomplexe ausgewählt werden als die Existenz einer allgemeinen Intelligenz. Neue Items in Intelligenztests werden teilweise ausgewählt, um mit den existierenden Items positiv zu korrelieren. Ganze Bereiche wie Kunst oder Musik, bei denen die Leistung nicht positiv korreliert mit der Leistung in den existierenden Items, bleiben ausgeschlossen. Was die Argumente der Stabilität der IQ-Werte über lange Zeiträume betrifft, die Relation früher IQ-Werte zu der späteren schulischen Leistung und die Relation von IQ und Lernen, ist eine wichtige Frage, ob die Stabilität die Intelligenz oder die Motivation oder beide umfaßt. Die Motivation in intellektuellen Bereichen erfolgreich zu sein, könnte das Abschneiden bei IQ-Test beeinflussen, die schulische Leistung und das Lernen ist der Versuchssituation. Wenn dem so ist und wenn die Motivation über die Zeit hinweg stabil bleibt, könnte dies zu den beobachteten Relationen von IQ-Testwerten, dem Lernen neuer Materien und späterer intellektueller Leistung führen. Grundsätzlichere Kritik an IQ-Tests wurde ebenfalls laut. Ein Kritikpunkt konzentriert sich auf die überzogene Vereinfachung, die zwangsläufig erfolgt, wenn individuelle Intelligenzunterschiede als Position entlang einer einzigen Größe (dem IQ-Wert) charakterisiert werden. Das Denken von Kinder unterscheidet sich in vielen, nicht nur in einer Größe. Die Tests wurden auch wegen ihrer ungleichen Implikationen kritisiert, einige Kinder allgemein als weniger intelligent als andere zu betrachten und die Ergebnisse intellektueller Aktivitäten mit den Prozessen, die sie hervorbringen, zu verwechseln. Die Tatsache, daß ein Kind bei einem Intelligenztest besser abschneidet als ein anderes, könnte unterschiedlich viel vorangegangene entsprechende Erfahrung reflektieren oder unterschiedliche Fähigkeiten bei Multiple-Choice-Tests und nicht Unterschiede einer angeborenen Eigenschaft. Diese und andere Überlegungen haben Gardner (1983; Gardner, Kornhaber & Wake, 1996) veranlaßt, den Ansatz multipler Intelligenzen zu formulieren. Gard-

Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

447

ners Grundidee ist, daß das, was normalerweise als Intelligenz bezeichnet wird, besser als sieben Intelligenzen gedacht werden sollte: linguistische, musikalische, logisch-mathematische, räumliche, körperlich-kinästhetische und das Selbstverständnis und das soziale Verständnis betreffende Intelligenz. Er schlug vor, daß jede Intelligenz auf einzelne (sich jedoch überlappende) Bereiche anwendbar ist, auf unterschiedlichen Symbolsystemen basiert und unterschiedliche Veränderungsmechanismen umfaßt. Gardner spezifizierte verschiedene Kriterien, um zu bestimmen, ob eine Art des Denkens eine einzelne Intelligenz ist. Eines bezieht sich auf die Lokalisation im Gehirn. Wenn eine Art zu Denken eine Einzelintelligenz darstellt, dann sollten Schädigungen einer spezifischen Hirnregion viel negativere Auswirkungen auf diese Denkweise haben als auf andere. Ein zweites Kriterium ist die Existenz von Fachidioten oder Wunderkindern in diesen Bereichen - Menschen, deren außergewöhnliche Fähigkeiten in einem Bereich bei weitem das überschreiten, was von anderen Aspekten ihrer Intelligenz zu erwarten ist. Die Existenz eines Mozarts also - der mit 5 Jahren Musik komponierte, obwohl er in anderer Hinsicht nicht ausgesprochen klug war - , ist ein Beweis für isolierte musikalische Intelligenz. Ein drittes Kriterium ist ein bestimmtes System, um sich den Bereich vorzustellen, wie etwa mathematische Formeln, gesprochene Sprache oder Tanzchoreographien. Ein viertes Kriterium ist vergleichbare Leistung in unterschiedlichen Aspekten des Bereichs; Kinder, die eine Fertigkeit in einem Bereich gut beherrschen, sollten auch andere in diesem Bereich gut beherrschen. Betrachten wir Beweise dafür, daß musikalische Intelligenz eine charakteristische Fähigkeit ist. Wie in Kapitel 4 erwähnt, bewirken musikalische Stimuli im Gegensatz zu Sprachstimuli, die vor allem Aktivität in der linken Hirnhälfte bewirken, vor allem Aktivität in der rechten Hirnhälfte. In Übereinstimmung mit dieser Analyse erkannte Gardner (1983), daß Schädigungen der Temporal- und Frontellappen auf der rechten Seite im allgemeinen die Musikperzeption beeinträchtigen und die Sprachperzeption relativ intakt lassen, während das Gegenteil eintritt, wenn also die Schädigung die entsprechenden Regionen auf der linken Hirnseite betrifft. Gardner führt auch Fälle von schwer retardierten Kindern an, die keinen formalen Unterricht in Musik erhalten hatten und in der Lage waren, Klavierstücke, die sie gerade zum ersten Mal gehört hatten, nachzuspielen. Dieselben Kinder wiesen in anderen Bereichen nur primitivste Lernfähigkeiten auf, was nahelegt, daß sie Musik durch andere Mechanismen lernen als andere Fähigkeiten. Musik hat eindeutig ein eigenes Begriffssystem und Menschen, die musisch begabt sind, können viele Instrumente spielen und sind in vielen musikalischen Ausdrucksformen versiert.

448

Kapitel 10

Gardner sah auch einen Beweis für die Wirksamkeit unterschiedlicher Intelligenzen in der ungewöhnlich starken Motivation einiger Kinder, bestimmte Talente umzusetzen. Als Kind verbot der Vater des großen Mathematikers Pascal seinem Sohn über Mathematik zu sprechen und entmutigte ihn ernsthaft, darüber zu lesen. Trotz dieser harschen Reaktion beschrieb Pascal die Wände seines Zimmers mit Zeichenkohle, weil er eine Möglichkeit finden wollte, gleichseitige und gleichschenkelige Dreiecke zu konstruieren. Er erfand Bezeichnungen für mathematische Begriffe, weil er die gängigen Ausdrücke nicht kannte. Er entwickelte ein axiomatisches System für die Geometrie und damit entdeckte er viel von Euklid neu. Er träumte sogar von Theoremen und Axiomen - und all dies im Angesicht einer feindseligen Umgebung. Die Idee von Einzelintelligenzen hat problematische Aspekte. Einige der Fähigkeiten, die Gardner als Einzelintelligenzen klassifizierte, scheinen miteinander verknüpft zu sein. Das Abschneiden von Kindern bei Tests über sprachliches, logisch-mathematisches und räumliches Denken korreliert durchgängig positiv. Dies mag darauf zurückzuführen sein, daß die Motivation in diesen Bereichen vergleichbar hoch ist, aber es könnte auch darauf zurückzufuhren sein, daß die allgemeine Intelligenz die Leistung in all diesen Bereichen beeinflußt. Außerdem könnte die Existenz von Wunderkindern und Fachidioten in einem bestimmten Bereich eher die Isoliertheit dieses Bereiches von anderen Lebensaspekten widerspiegeln als daß die Fähigkeit eine Einzelintelligenz ist. Es gibt Kinder mit der besonderen Begabung, schnell errechnen zu können, auf welchen Wochentag der 19. Januar 6593 fällt, und doch wäre es problematisch zu behaupten, die kalendarische Berechnung sei eine Einzelintelligenz. Trotz solch problematischer Aspekte, ist die Vorstellung von Einzelintelligenzen faszinierend. Die Leistung von Kindern differiert in unterschiedlichen Bereichen häufig enorm, besonders dann, wenn wir Intelligenzarten betrachten, die nicht von IQ-Tests gemessen werden, wie etwa künstlerische, sportliche und soziale Intelligenz. Wenn wir den Intellekt als Set verschiedener Vermögen betrachten und nicht als ein einziges, könnte dies präzisere Darstellungen der Unterschiede im kindlichen Denken ermöglichen. Und damit könnte es zu einem nuancierteren Verständnis des Denkens einzelner Kinder führen.

Schlußfolgerungen fur die Gegenwart; Herausforderungen fur die Zukunft

449

10.7 D a s Denken von Kindern entwickelt sich im sozialen Kontext. Eltern, Gleichaltrige, Lehrer und die Gesellschaft an sich beeinflussen, worüber Kinder nachdenken und wie und warum sie in einer bestimmten Weise denken. Aktueller Wissenstand über die sozialen Einflüsse auf das Denken von Kindern Menschen sind durch und durch soziale Wesen. Eltern in jeder Gesellschaft, nicht jedoch die erwachsenen Lebewesen irgendeiner anderen Spezies, bringen ihren Kindern die Fertigkeiten, Haltungen und Werte bei, von denen sie glauben, sie seien wichtig, um in der jeweiligen Gesellschaft erfolgreich zu sein. Kinder in jeder Gesellschaft, nicht jedoch die Jungen in irgendeiner anderen Spezies, erklären ständig jedem, der zuhört, Ereignisse von irgendwelchem Interesse. Diese Neigung zu lehren und zu lernen ist für die kognitive Entwicklung von entscheidender Bedeutung (Tomasello et al., 1993). Ein Kind, das andere ignorieren würde, oder in einer Welt aufwachsen würde, in der die Menschen um es herum nicht das Bedürfnis hätten zu kommunizieren, könnte sich nicht normal entwickeln. Glücklicherweise gibt es solche Situationen so gut wie nie. Ein prototypisches Beispiel für den sozialen Einfluß auf das Denken von Kindern sind die Interaktionen von Kind und Eltern. Wenn Eltern zu ihren Säuglingen sprechen, benutzen sie im allgemeinen die hohe Sing-Sang-Intonation der sogenannten Babysprache, eine Art sich mitzuteilen, die besonders effektiv ist, wenn man die Aufmerksamkeit von Säuglingen erregen und erhalten will (Fernald, 1992; Stern et al., 1982). Wenn Eltern Kleinkindern und Kindern im Vorschulalter helfen wollen, sich an zurückliegende Ereignisse zu erinnern, stellen sie Fragen in einer Reihenfolge, die Skripten vorschlagen, um die Aktivitäten in merkfähiger Weise zu systematisieren (Hudson, 1990). Wenn Eltern Kindern im Schulalter Fähigkeiten zur Problemlösung beibringen, beziehen sie die Kinder mit in den Lernprozeß ein, indem sie sie unterstützen, die Ziele zu erkennen, die erreicht werden müssen, indem sie ihnen Lösungsstrategien erklären und diese Strategien durchführen (Azmitia, 1996; Ellis & Rogoff, 1986). Eltern sind nicht die einzigen Erwachsenen, die den Verlauf der kognitiven Entwicklung beeinflussen. Wenn die Führer von Pfadfindergruppen den Verkauf von Plätzchen organisieren, unterstützen sie Kinder nicht nur darin, sich Fertigkeiten wie Verkaufsgeschick und Buchführung anzueignen, sondern auch Werte wie Höflichkeit und Pünktlichkeit (Rogoff, 1995). Beim reziproken Unterricht bieten Lehrer Kindern ein ähnliches Gerüst, indem sie sie am Anfang stark unterstützen und ihnen allmählich die Verantwortung übertragen (Palincsar & Brown, 1984).

450

Kapitel 10

Kinder sind keine passiven Empfänger dieser Bemühungen; vom ersten Tag an formen sie aktiv die Interaktion mit den Erwachsene. Ein wichtiger Grund, warum Erwachsene mit Säuglingen in der Babysprache reden, ist daß bereits Neugeborene aufmerksamer sind, wenn sie es tun (Cooper & Aslin, 1990). Mit 4 Monaten verbalisieren Säuglinge häufiger, daß Erwachsene zu ihnen sprechen sollen; dies fuhrt zu einer einfachen Form des Gebens und Nehmens, die sowohl Erwachsene als auch Säuglinge ermutigt, miteinander zu "sprechen" (Ginsburg & Kilbourne, 1988). Der wechselseitige Einfluß erstreckt sich nicht nur auf die Sprache. Indem Kinder Interesse oder Langeweile ausdrücken, an Ärmeln zerren, mit den Füßen schlurfen und Forderungen wie "will das" stellen, üben sie beträchtliche Kontrolle über ihre Eltern aus. Ältere Kinder und Jugendliche haben die unangenehme Eigenschaft, Eltern und Lehrer an völlig vernünftige Fragen, die die Erwachsenen ihnen gestellt haben, zu erinnern und die Fragen auf völlig unvernünftige Weise gegen diejenigen, die sie gestellt haben zu verwenden. Kurz gesagt, Kinder und Eltern lernen voneinander. Kinder beeinflussen auch gegenseitig ihre Entwicklung. Einjährige imitieren relativ lange nachdem bestimmte Verhaltensweisen aufgetreten sind, gegenseitig ihr Verhalten (Piaget, 1951). 4jährige passen ihre Sprache an, so daß 2jährige sie verstehen können (Shatz & Gelman, 1973). Kinder im Schulalter und Jugendliche arbeiten effektiv zusammen, wenn sie sich mit den Ideen des Partners befassen und ihre Ideen gegenseitig diskutieren (Berkowitz & Gibbs, 1985). Neben diesen Interaktionen einzelner Personen beeinflußt auch die soziale Welt durch Bereitstellung einer Reihe von Werkzeugen zur Problemlösung die kognitive Entwicklung. Einjährige können Rechen nutzen, um an Spielzeug zu gelangen (Brown, 1989). 3jährige können maßstabsgetreue Modelle nutzen, um versteckte Objekte zu finden (DeLoache, 1994). 7- bis 11jährige können Karten benutzen, um zu zeigen, wie ein Krankenwagen an sein Ziel gelangt (KarmiloffSmith, 1979). Und dann gibt es solch omnipräsente Werkzeuge wie gesprochene oder geschriebene Sprache oder mathematische Formeln. Schließlich vermittelt die Kultur als Ganze Haltungen und Werte, die die kognitive Entwicklung beeinflussen. Ostasiatische Sprachen machen es besonders leicht, daß Zehnersystem zu erlernen und fördern damit frühe mathematische Kenntnisse (Fuson & Kwon, 1992; Miller et al., 1995). Die Navajo-Kultur schätzt eigenständiges Denken; wahrscheinlich ist es kein Zufall, daß NavajoKinder sowohl länger planen als euroamerikanische Kinder, bevor sie versuchen, Rätsel zu lösen und weniger kenntnisreichen Kindern mehr Zeit geben zu planen, bevor sie ihnen sagen, was sie tun sollen (Ellis & Schneiders, 1989). In Deutschland ist Ordnung ein hochgeschätzter Wert; deutsche Lehrer legen im Unterricht mehr Wert auf die Vermittlung organisatorischer Strategien als Lehrer in den

Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

451

USA und deutsche Kinder wenden solche Organisationsstrategien häufiger an (Kurtz et al., 1990). Kurz gesagt, Eltern, andere Erwachsene, andere Kinder und die Gesellschaft als Ganze, alle formen die kognitive Entwicklung.

Zukünftige Fragen Eine Schlüsselfrage, mit der man gerade erst begonnen hat, sich zu beschäftigen, betrifft die Motivation von Kindern zu denken. Warum denken Kinder über die Dinge nach, über die sie nachdenken? Teilweise wird die Motivation, sich bestimmte Fähigkeiten und Kenntnisse anzueignen und nicht andere, durch das bestimmt, was in der Gesellschaft, in der die Kinder aufwachen, von Bedeutung ist. Wie Kinder lernen, mit dem Abakus umzugehen, illustriert diesen Aspekt. Der Abakus wird in Ostasien häufig benutzt, um Rechenaufgaben zu lösen. Auch wenn das Aufkommen von Taschenrechnern und Computern ihn scheinbar obsolet gemacht hat, ist er bei Kindern und Erwachsenen weiterhin sehr beliebt. In einigen asiatischen Ländern ist Unterricht im Umgang mit dem Abakus Teil des Lehrplans für jedes Schulkind. Viele Kinder nehmen nach der Schule Unterricht, um noch zusätzliche Fertigkeiten zu erlangen. Die Gewinner nationaler Abakus-Meisterschaften sind berühmt und werden hochgeachtet. Abbildung 10.2 stellt die am häufigsten benutzte Art des Abakus dar. Seine Reihen stellen ein Zehnersystem dar, wie es für Standardberechnungen benutzt wird. Die letzte Reihe auf einer Seite (egal an welchem Ende) ist die Einereihe, die nächste nach innen gerichtete Reihe die Zehnerreihe, die nächste die Hunderterreihe usw. Jede Reihe ist aufgeteilt in eine einzige Kugel oberhalb des Teilers und vier Kugeln darunter. Die Kugel über dem Teiler stellt den Wert 5 dar; jede der vier Kugeln darunter einen Wert von 1. Wenn der Wert einer Reihe 0 beträgt, ist die 5 er Kugel oben und die vier 1er Kugeln unten. Um Zahlen, die größer als 0 sind, darzustellen, werden die Kugeln zum Teiler in der Mitte geschoben. Wenn ein Mädchen also 4 + 3 addieren will, muß sie zuerst vier 1er Kugeln unterhalb des Teilers mit einer nach oben gerichteten Fingerbewegung nach oben zur Mitte schieben (um die 4 darzustellen). Wenn ihr Finger oben in der Reihe angekommen ist, muß sie mit einer nach unten gerichteten Bewegung die 5er Kugel nach unten zur Mitte schieben und zwei der 1er Kugeln, die sie nach oben in Richtung auf den Teiler geschoben hat, wieder in ihre ursprüngliche Position nach unten schieben. Dann bleiben die 5er Kugel und zwei 1er Kugeln in der Mitte, was bedeutet, daß die Antwort 7 ist.

452

Kapitel 10

ABBILDUNG 10.2 Die Zahl 123456789 dargestellt an einen Abakus. Die Ziffer 1 ist in der Reihe ganz links dargestellt, die Ziffer 9 in der Reihe ganz rechts (aus Stigler, 1984).

Zu lernen, wie man mit dem Abakus umgeht, könnte auch einen Einfluß darauf haben, wie sich Kinder Zahlen vorstellen. Um diesen Einfluß zu untersuchen, konfrontierte Stigler (1984) 11jährige taiwanesische Abakusexperten mit Aufgaben, die von recht einfachen (die Addition von zwei zweistelligen Zahlen) bis zu recht anspruchsvollen (die Addition von fünf fünfstelligen Zahlen) Problemen reichten. Die Kinder sollten die Aufgaben einmal im Kopf rechnen und einmal mit dem Abakus. Es war nicht erstaunlich, daß die Additionen der 11jährigen mit dem Abakus schnell und genau waren. Schließlich praktizierten sie das Rechnen mit dem Abakus täglich in der Schule und nach der Schule mindestens dreimal pro Woche. Ihre Rechenleistung im Kopf war allerdings erstaunlich. Sie lösten mehr als 90 Prozent der Aufgaben. Tatsächlich addierten sie sogar im Kopf schneller als mit dem Abakus. Wie könnten die Kennmisse der Kinder im Umgang mit dem Abakus mit ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten im Kopfrechen zusammenhängen? Einer Hypothese von Hatano, Miyake und Binks (1977) folgend, argumentierte Stigler überzeugend, daß sich die Kinder ein gedankliches Bild von dem Abakus machten und sich vorstellten, dieselben Fingerbewegungen darauf auszuführen wie auf einem echten Abakus. Die Fehlermuster der Kinder stützten diese Interpretation. Bei vielen Fehlern fehlte genau 5 in einer der Reihen. Dieser Fehler ist auf dem Abakus leicht zu machen, weil nur die 5er Kugel zwischen 2 und 7, 3 und 8 usw. unterscheidet. Außerdem war die Wahrscheinlichkeit bei taiwanesischen Kindern

Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

453

dreimal höher als bei amerikanischen Schülern der Unter- und Oberstufe, daß sie eine Stelle ganz ausließen. Wenn die Antwort auf eine Frage 43396 war, war ein häufiger Fehler der Taiwanesen 4396. Dieser Fehler entstand, wenn die taiwanesischen Kinder ihre Antworten aus einem gedanklichen Bild ableiteten, in dem eine Reihe des Abakus verschwunden war. Hatano und Osawa (1983) studierten japanische Abakus-Experten und demonstrierten einen anderen Vorteil durch diese Art des Sachwissens. Abakus-Experten verfügen über einen Zahlenumfang, der weit über dem von Nichtexperten liegt. Sie scheinen sich die Zahlen wiederum als gedankliches Bild des Abakus vorzustellen. Als sie aufgefordert wurden, sich gleichzeitig Zahlen zu merken und eine andere visuell-gedankliche Aufgabe zu lösen, reduzierte dies ihren Zahlenumfang merklich. Dieselbe visuell-gedankliche Aufgabe kollidierte nicht mit dem Zahlenumfang anderer Personen, die der typischen Strategie folgten, sich die Zahlen laut vorzusagen. Umgekehrt wurde der Zahlenumfang der Abakus-Experten nicht gemindert, als sie aufgefordert wurden, sich gleichzeitig Zahlen einzuprägen und eine Aufgabe durchzuführen, die das auditive Gedächtnis stark beanspruchte. Dies wiederum reduzierte den Zahlenumfang der anderen Personen, die die Zahlen eher laut wiederholten als sie sich visuell vorzustellen, um sie sich einzuprägen. Kinder denken über manche Themen mehr nach als über andere, weil sie die Themen interessieren (Renninger, Hidi & Krapp, 1992). In einer Studie über die Wirkungen des Interesses auf das Gedächtnis, wurden 3jährige beim Spielen in der Vorschule beobachtet (Renninger & Wozniak, 1985). Es ging darum herauszufinden, welches das Lieblingsspielzeug des jeweiligen Kindes war. Später legte der Versuchsleiter den Kindern Karten vor, auf denen in der Mitte ein farbiger Punkt abgebildet war und seitlich jeweils zwei Objekte und fragte sie nach der Farbe des Punktes. Was den Versuchsleiter wirklich interessierte, war, welches der beiden Objekte die Kinder anschauten, nachdem sie die Farbe bestimmt hatten. Immer dann wenn eines der Lieblingsspielzeuge der Kinder auf der Karte abgebildet war, schauten sie es durchgängig länger an. Danach wurde den Kindern ein Set von Bildern gezeigt, von denen ihnen gesagt wurde, sie stellten die Geschenke dar, die ein anderes Kind zu seinem nächsten Geburtstag bekommen würde. Dann gab der Versuchsleiter ihnen einen Stapel mit Bildern und forderte sie auf, die Bilder mit den Geburtstagsgeschenken von den anderen zu trennen. Die Kinder erinnerten sich häufiger, wenn ihr Lieblingsspielzeug ein Geburtstagsgeschenk war als an die anderen Spielsachen. Diese Erkenntnisse lassen die Möglichkeit zu, daß selbst geringe anfängliche Interessensunterschiede große Auswirkungen haben können. Kinder schenken Ob-

454

Kapitel 10

jekten, die sie interessieren, mehr Aufmerksamkeit und behalten mehr über sie. Größere Aufmerksamkeit und Erinnerung führen zu mehr Wissen über diese Objekte, was an sich schon lohnenswert ist. Das umfangreichere Wissen kann auch zu Belobigungen führen und wird weiteres Lernen zu dem Thema erleichtern. Deshalb können früh entwickelte, aus idiosynkratischen Ursachen entstehende Interessen zu signifikanten Faktoren im Leben von Kindern werden. Es beeinflußt die kognitive Entwicklung ebenso, Motivationen zu meiden wie sie anzustreben. Ein extremes Beispiel für Motivationsvermeidung ist "Mathephobie". Viele Menschen haben Angst davor, irgend etwas Mathematisches tun zu müssen. Diese Angst ist besonders bei Frauen weitverbreitet. In einer Zeit, in der mathematische und wissenschaftliche Sachkenntnis immer stärker gefordert wird, sind solche Ängste sowohl für die Person selbst als auch gesellschaftlich relevant. Analysen darüber, warum Kinder bestimmte Aktivitäten vermeiden, zeigen, daß ihre Aversionen häufig aus anfänglichem Scheitern erwachsen. Wenn Menschen mit einer Serie unlösbarer Aufgaben konfrontiert werden, reagieren die meisten damit, daß sie aufgeben (Dweck, 1991). Auch nachdem die Serie mit unlösbaren Aufgaben zu Ende ist, sind sie oft nicht in der Lage, leichtere Aufgaben zu lösen, die ihnen normalerweise keine besonderen Schwierigkeiten bereiten würden. Einige Kinder (und Erwachsene) entsprechen diesem Muster jedoch nicht. Wenn sie scheitern, bemühen sie sich weiter oder sogar mehr. Sie lösen Probleme mindestens genauso erfolgreich wie zuvor. Was unterscheidet diese hartnäckigen Kinder von anderen? Es ist nicht ihr IQ, der dem von andern Kindern vergleichbar ist (Dweck & Goetz, 1978). Vielmehr unterscheiden sie sich enorm darin, wem oder was sie das Scheitern zuschreiben. Wenn sie scheitern, glauben sie, der Grund dafür wäre, daß sie sich nicht genügend angestrengt hätten und das größere Anstrengungen wahrscheinlich zum Erfolg geführt hätten. Auf der anderen Seite neigen Kinder, die angesichts ihres Scheiterns hilflos sind, dazu, ihr Scheitern auf mangelnde Fähigkeiten zurückzuführen. Aus diesem Grunde halten sie nicht viel von größeren Anstrengungen. Jungen und Mädchen unterscheiden sich in ihren typischen Reaktionen, wenn sie scheitern. Mädchen neigen dazu, es auf ihre eigene Unfähigkeit zu schieben. Jungen neigen dazu, es für Pech zu halten oder es auf andere Menschen zu schieben, wie etwa auf unfaire Lehrer. Die Art Feedback, die Jungen und Mädchen im Unterricht bekommen, könnte zu den unterschiedlichen Reaktionen beitragen. Mädchen und Jungen bekommen gleich viele negative Bemerkungen, aber die jeweiligen Bemerkungen sind unterschiedlich (Dweck & Licht, 1980). Die Kritik von Lehrern an der Leistung von

Schlußfolgerungen fur die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

455

Mädchen konzentriert sich immer auf die intellektuelle Qualität ihrer Arbeiten. Ihre Kritik an der Leistung von Jungen konzentriert sich manchmal auf ihre intellektuelle Qualität und manchmal auf ihre Sorgfalt, auf ihr Verhalten oder ihre Anstrengungen. Dweck und Licht vermuteten, daß diese unterschiedlichen Kritiken dazu fuhren könnten, daß Mädchen ihr Scheitern ihren begrenzten Fähigkeiten zuschreiben und Jungen Faktoren, die ihre Fähigkeiten in keinem schlechten Licht erscheinen lassen. Jungen können die negativen Reaktionen von Lehrern ihrer Schlampigkeit, ihrem schlechten Benehmen oder mangelndem Bemühen zuschreiben, weil Lehrer sie für all dies rügen. Mädchen hingegen können sich nicht so leicht auf solche Faktoren berufen, weil die Lehrer sie selten aus diesen Gründen kritisieren. Neben diesem Ungleichgewicht glauben sowohl Jungen als auch Mädchen, daß die Lehrer Mädchen mehr mögen. Dies erlaubt Jungen eine weitere Schuldzuweisung, die Mädchen nicht möglich ist. Die unterschiedlichen Ursachen, denen die Schuld fur das Scheitern zugeschrieben wird, könnten besonders die Reaktionen auf Mathematik beeinflussen. Im Lesen, Sozialkunde und den meisten anderen Fächern machen Kinder schrittweise Fortschritte. Von Anfang an verstehen Kinder einige der gegebenen Informationen und die Menge, die sie verstehen, nimmt stetig zu. Deshalb versagen sie selten. Mathematik ist anders. Menschen reagieren häufig auf einen neuen mathematischen Begriff oder ein Verfahren mit völliger Verwirrung. Das könnte dazu führen, daß die Kinder, die auf Versagen mit einem Gefühl der Hilflosigkeit reagieren, in Mathematik aufgeben. Licht und Dweck (1984) überprüften die Interpretation, daß das Gefühl der Hilflosigkeit bei Mädchen dazu führt, daß sie nach anfänglichem Scheitern nachfolgend weiterhin schlecht abschneiden. Sie legten 10jährigen Mädchen und Jungen einen Fragebogen vor, der ihre wahrscheinlichen Reaktionen auf Versagen betraf, und klassifizierten sie in Abhängigkeit von ihren Antworten als hilflos oder als lernorientiert. Den Kindern wurde dann eine von zwei Bedingungen präsentiert. Einige Kinder erhielten zuerst eine verwirrende Aufgabe, die konzipiert war, um Reaktionen hervorzurufen, wie sie die Präsentation neuer mathematischer Begriffe begleitet. Die anderen Kinder erhielten diese anfängliche Aufgabe nicht. Dann wurde den Kindern beider Gruppen ein Set von leicht lösbaren Aufgaben präsentiert. Wie in Abbildung 10.3 dargestellt, wurde das Problemlösungsverhalten der lernorientierten Kinder, dadurch nicht nachteilig beeinflußt, daß ihnen zuvor die verwirrende Aufgabe gestellt wurde. Die Kinder allerdings, die auf Scheitern mit einem Gefühl der Hilflosigkeit reagieren, lösten die Aufgaben, wenn sie auf die verwirrende Aufgabe folgten, wesentlich weniger effektiv. Diese Beobachtungen galten unabhängig vom Geschlecht für alle als hilflos bzw. als lernorientiert klas-

456

Kapitel 10

sifizierten Kinder. Der Unterschied im Geschlecht lag in dem Anteil der Kinder, die in das jeweilige Muster paßten.

80 hilflose Kinder

70

lernorientierte Kinder

60 50

=

30

ü 20 10

verwirrende Aufgaben zuerst

keine verwirrenden Aufgaben Lernbedingung

ABBILDUNG 10.3 Anteil der hilflosen und der lernorientierten Kinder, die eine Testaufgabe bei Licht und Dweck (1984) lösten, nachdem bzw. bevor ihnen eine unlösbare Aufgabe gestellt wurde. Wenn den hilflosen Kindern die unlösbare Aufgabe gestellt wurde, beeinflußte dies die nachfolgende Leistung nachteilig, nicht jedoch die Leistung der lernorientierten Kinder.

Warum reagieren manche Kinder auf Versagen mit Resignation, während andere mit neuerlichen Anstrengungen reagieren? Ein Grund könnte darin liegen, daß sich die Ziele der Kinder unterscheiden. Dweck und Leggett (1988) vermuteten, daß die hilflose Reaktion auf Leistungszielen basiert, wobei das Hauptziel des Kindes darin besteht, günstige Beurteilungen für seine Kompetenz von anderen zu erhalten. Von den lernorientierten Kinder hingegen wurde angenommen, daß bei ihnen Lernziele im Vordergrund stehen, wobei ihr Hauptziel darin besteht, die Kompetenz zu steigern. Von den Unterschieden in den Zielen wiederum wurde angenommen, daß sie unterschiedliche, ihnen zugrundeliegende Intelligenztheorien reflektieren. Leistungsziele reflektieren eine Sichtweise, in der die Intelligenz grundsätzlich feststeht. Lernziele reflektieren eine Sichtweise, in der sich die Intelligenz mit wachsender Kompetenz verändert. Diese Standpunkte resultieren in unterschiedlichen Haltungen, wenn es darum geht, sich anstrengen zu müssen, um ein Problem zu lösen (Elliot & Dweck, 1988). Bei Kindern mit Leistungszielen wirkt sich die Notwendigkeit, sich anstrengen zu müssen, negativ auf

Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

457

ihr Vermögen aus; sie glauben von sich selbst, nicht genügend Intelligenz zu besitzen, um ohne große Anstrengungen ein Ziel zu erreichen. Bei Kindern mit Lernzielen wirken sich große Anstrengungen positiv auf ihr Vermögen aus, weil sie dann, wenn sie sich anstrengen, ihre Intelligenz steigern. Die eine Überzeugung fordert große Anstrengungen, die andere bremst sie. Die Ansicht, daß Phobie vor Mathematik bei Frauen auf motivationale Faktoren zurückzuführen ist, wurde direkt durch einen Vergleich begabter ostasiatischer und kaukasischer Kinder gestützt. Als Gruppe sind Ostasiaten in den USA außergewöhnlich stark in den Leistungen in Mathematik und den Naturwissenschaften. Obwohl die Ostasiaten in New York in den 70er und 80er Jahren nur 2 Prozent der Gesamteinwohnerzahl ausmachten, stammten fast 20 Prozent der Gewinner des regionalen Westinghouse Science Contest in dieser Zeit aus dieser Gruppe (Campell, Connoly, Bologh & Primavera, 1984). Von besonderem Interesse im vorliegenden Kontext ist, daß der Anteil der Gewinnerinnen in ethnischen Gruppen differiert. Unter den kaukasischen Gewinnern waren 27 Prozent weiblich, bei den Ostasiaten waren es 46 Prozent. Warum ist die Wahrscheinlichkeit größer, daß ostasiatische Mädchen ein hohes Leistungsniveau in Mathematik und Naturwissenschaften erreichen als ihre kaukasischen Pendants? Kulturelle Haltungen in Bezug auf Mathematik könnten dafür ausschlaggebend sein. Alle Kulturen betrachten es als essentiell, sich gewisses Kenntnisse und Fähigkeiten in diesem Bereich anzueignen, und andere Kenntnisse und Fähigkeiten als optional. Die meisten Menschen in den USA beispielsweise betrachten das Lesen als essentielle Fähigkeit für jeden und ein Musikinstrument zu spielen als wertvoll, wenn das Kind interessiert oder talentiert ist, nicht aber als essentiell für jeden. Ähnliche Ansichten dominieren in ostasiatischen Kulturen. Die Bewertungen der Mathematik unterscheiden sich jedoch enorm. In ostasiatischen Kulturen betrachtet man umfassende mathematische Kenntnisse über das Rechnen hinaus als essentiell für jeden, ähnlich wie das Lesen. In den USA hingegen scheinen die meisten Menschen mathematische Kenntnisse, die über das Rechnen hinausgehen, wie musikalischen Kenntnisse zu bewerten, das heißt wünschenswert, wenn ein Kind interessiert oder talentiert ist, nicht aber essentiell für jeden (Hatano, 1990). Der ostasiatische Standpunkt, in dem mathematische Kenntnisse auf hohem Niveau als essentiell für jeden betrachtet werden, unterstützt, daß diese Kulturen grundsätzlich eher das Bemühen als Schlüssel zu intellektuellen Erfolg hervorheben als das Vermögen (Lee, Stigler & Stevenson, 1984). Die grundsätzliche Botschaft ist, daß es für jeden wichtig ist, Mathematik zu lernen und das jeder mit den entsprechenden Bemühungen auch dazu in der Lage ist. Diese Haltung scheint von integraler Bedeutung für die außergewöhnlichen Leistungen von Kindern aus ostasiatischen Län-

458

Kapitel 10

dem bei internationalen Mathematikleistungstests zu sein und auch für den hohen Leistungsgrad ostasiatischer Kinder beiderlei Geschlechts in den USA. Kulturelle Überzeugungen und Wertvorstellungen darüber, was wichtig und was erreichbar ist, scheinen also ebenso wie die individuellen Unterschiede in den Interessen und Fähigkeiten Einfluß darauf zu haben, worüber Kinder nachdenken und wie gut sie darüber nachdenken.

10.8 Besseres Verständnis für das Denken von Kindern liefert sowohl praktischen Nutzen als auch theoretische Erkenntnisse. Aktuelle Beiträge der Forschung über das Denken von Kindern für die Praxis Die Forschung über das Denken von Kindern liefert bereits eine Menge praktischen Nutzen. Dieser Nutzen betrifft bei Säuglingen und Kleinkindern die Diagnose und Behandlung perzeptorischer Probleme. Die Tatsache, daß Säuglinge bevorzugt Streifen und nicht graue Flächen anschauen, liefert ein solches Mittel, um Blindheit im Säuglingsalter zu diagnostizieren (Dobson, 1983). Analysen für den richtigen Zeitpunkt, um das Schielen operativ zu korrigieren, haben gezeigt, daß die Operation wenn möglich vor dem 5. Lebensmonat durchgeführt werden sollte, aber definitiv nicht nach dem 4. Lebensjahr (Banks, Aslin & Letson, 1975). Sonarhilfen haben sich als effektiv erwiesen, um es blinden Kindern zu erleichtern, sich in ihrer Umgebung zu bewegen (Humphrey & Humphrey, 1985). Eine weitere große Gruppe praktischer Beiträge sind die Schlußfolgerungen darüber, wie man gültige Zeugenaussagen von Kindern vor Gericht erhält. Diese Studien deuten darauf hin, daß Kinder bereits mit 4 Jahren genaue, wenn auch unvollständige Aussagen liefern, wenn ihnen Fragen gestellt werden, die nicht die vom Fragenden bevorzugte Antwort implizieren (Ceci & Bruck, in Druck). Allerdings ist die Erinnerung von Kindern in diesem Alter besonders empfänglich für die Wirkung von Suggestivfragen, im besonderen solche, die häufig wiederholt werden (Clarke-Steward et al., 1989; Goodman & Clarke-Steward, 1991). Die Erinnerungen von Kindern im Vorschulalter sind auch ausgesprochen empfänglich für Stereotypen über Menschen, die in die Ereignisse involviert sind (Leichtman & Ceci, 1995). Die Empfänglichkeit für Suggestivfragen erstreckt sich auf Ereignisse im Zusammenhang mit dem eigenen Körper, insbesondere auf solche mit sexuellem Hintergrund (Bruck et al., 1995; Ornstein et al., 1992; Poole & Lindsey, 1995). Wenn Kinder auffordert werden, sich ein visuelles Bild eines vermeintlichen Verbrechens zu machen, das nicht stattgefunden hat, kann das dazu führen, daß sie glauben, die Ereignisse, die sie sich vorgestellt haben,

Schlußfolgerungen fur die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

459

wären tatsächlich eingetreten (Foley et al., 1994; Parker, 1995). Andererseits steigert es die Gültigkeit ihrer Aussagen, wenn man sie, ohne die Besonderheiten zu spezifizieren, zeichnen läßt, woran sie sich bei einem Ereignis erinnern (Butler et al., 1995). Diese Erkenntnisse liefern einen nützlichen Leitfaden dafür, wie vor Gericht Zeugenaussagen von Kindern ans Licht gebracht werden sollten. Eine letzte wesentliche Gruppe praktischer Beiträge betrifft die Schule. Studien, bei denen das Eintrittsalter für die Einschulungen die Grundlage bildet, haben demonstriert, daß ein Unterschied von einem Jahr bei der Einschulung keinen Einfluß daraufhat, wieviel Erstkläßler im Lesen oder Rechnen lernen (Bisanz et al., 1995; Morrison et al., 1996). Studien über mathematische oder naturwissenschaftliche Mißverständnisse haben gezeigt, daß Kinder häufig systematisch Fehler machen, die entkräftet werden müssen, damit Lernen stattfinden kann. Dies wurde für so unterschiedliche Bereiche gezeigt wie die Form der Erde (Vosniadou & Brewer, 1992), die Fallkurven von Objekten (Kaiser et al., 1986), die Geschwindigkeit bewegter Objekte (Levin et al., 1990), die Größe von Dezimalbrüchen (Resnick et al., 1989) und lange Subtraktionsaufgaben (VanLehn, 1990). Man hat herausgefunden, daß die Steigerung des phonologischen Bewußtseins, indem man Kindern beibringt, die einzelnen Phoneme zu erkennen, ihren späteren Erfolg beim Lesen fördert (Bradley & Bryant, 1983; Byrne & FieldingBarnsley, 1995; Vellutiono & Scanion, 1987), ebenso wie dann, wenn man ihnen phonologische Merkfähigkeiten beibringt (Adams, 1990; Lovett et al., 1994) und Fähigkeiten, ihr Leseverständnis zu kontrollieren (Palincsar et al., 1993; Rosenshine & Meister, 1994). Man hat herausgefunden, daß das Schreiben von der Anwendung von Textverarbeitungsprogrammen profitiert (Bangert-Downs, 1993) und Problemlösung von vermittelndem Unterricht, in dem die Anwendung von Begriffen aus der Computerprogrammierung auf andere Problemtypen hervorgehoben wird (Klahr & Carver, 1988; Lehrer & Littlefield, 1993). Kurz gesagt, die Forschung über das Denken von Kindern trägt ebenso zur Lösung praktischer Probleme bei wie auch zum theoretischen Verständnis der kognitiven Entwicklung. Zukünftige Fragen Wie kann das Verständnis für die normale Entwicklung genutzt werden, um Kindern zu helfen, deren Entwicklung abnormal ist? Eine neuere Studie läßt vermuten, daß zumindest in einem Fall, nämlich Lernschwächen bei der gesprochenen Sprache, Techniken, die darauf abzielen, die Kapazitäten der grundlegenden Informationsverarbeitung zu verbessern, hilfreich sein können.

460

Kapitel 10

Bei etwa 5 Prozent der Kinder entwickelt sich die gesprochene Sprache langsam, obwohl sich ihre nonverbalen IQ-Werte sich im normalen Bereich befinden. Die rasche Verarbeitung auditiver Informationen stellt für diese Kinder ein besonderes Problem dar. Sie werden dadurch daran gehindert, die normale gesprochene Sprache zu verstehen, die die rasche Unterscheidung von Lauten erfordert. Das Problem erstreckt sich nicht nur auf die gesprochene Sprache, sondern auch auf ihre Fähigkeit, andere Laute, wie etwa rasche Tonfolgen, zu unterscheiden (Merzenich, Schreiner, Jenkins & Wang, 1993; Tallad, Miller & Fitch, 1993). Tallad et al. (1993; siehe auch Merzenich et al., 1996) argumentierten, daß es für Kinder mit Lernschwächen bei der gesprochenen Sprache hilfreich für ihr Verständnis sein könnte, wenn man sie mit besonders leicht verständlicher gesprochener Sprache konfrontiert und sich dann allmählich der normalen gesprochenen Sprache annähert. Sie verwendeten einen Computeralgorithmus, um die modifizierte gesprochene Sprache zu entwickeln. Der Algorithmus verlängerte die Sprechlaute um 50 Prozent, allerdings so, daß sie relativ natürlich klangen. Er erhöhte auch die Lautstärke der sich am schnellsten verändernden Elemente in der gesprochenen Sprache (der Konsonantenlaute), um auf sie aufmerksam zu machen. In zwei Versuchen wurden 5- bis 10jährige, deren nonverbale IQ-Werte um 100 lagen, deren verbales Vermögen jedoch weit zurücklag, einem 4wöchigen Trainigsverfahren unterworfen (Tallad et al., 1996). Das Trainingsverfahren war intensiv: drei Stunden am Tag, fünf Stunden die Woche im Sprachlabor, ein bis zwei Stunden, sieben Tage die Woche Hausaufgaben. In dieser Zeit wurden die Kinder in Spielen und Geschichten durch Audiokassetten, Computersoftware und CD-ROMs intensiv der modifizierten Computersprache ausgesetzt. Die Spiele wurden entwickelt, um es den Kindern zu erleichtern, schnell zwischen Lauten zu unterscheiden. Von zentraler Bedeutung im Training waren zwei Computerspiele. In einem hörten die Kinder zwei kurze Töne in Folge und mußten dann entscheiden, ob die Tonhöhe beide Male stieg oder beide Male fiel, stieg und dann fiel oder fiel und dann stieg. In dem anderen wurde den Kindern eine Zielphonem (z. B. buh) präsentiert und sie mußten dann erkennen, ob es sich dabei um den ersten oder den zweiten der beiden in rascher Folge vorgespielten Laute (ζ. B. buh-duh) handelte. Als die Kinder in diesem Spiel besser wurden, verkürzte man die Länge der Konsonanten, die Zeit zwischen den beiden Stimuli und reduzierte die Ausdehnung der Konsonanten im Vergleich zu der der Vokale. Dieses intensive Training führte bei den Kindern mit der Lernschwäche zu deutlichen Verbesserungen in ihrer Fähigkeit, flüssige in normalem Tempo gesprochene Sprache zu verstehen. Sie lernten auch ähnlich klingende Wörter besser zu unterscheiden, längeren und grammatisch komplexeren auditiven Befehlen zu

Schlußfolgerungen fur die Gegenwart; Herausforderungen für die Zukunft

461

folgen und die grammatische Bedeutung von Aussagen zu beurteilen (wofür es notwendig ist, kurze Laute, wie die ed- und s- Endungen zu erkennen). Bei Sprachunterscheidungs- und Sprachverständnistests war ihre Leistung nach dem Training mit der von Kindern ohne Sprachschwächen vergleichbar. Die Verbesserungen waren wesentlich ausgeprägter als bei einer Kontrollgruppe sprachgeschwächter Kinder, die ein ähnliches Training erhielt, jedoch mit normaler, nicht modifizierter Sprache. Diese Forschungen sind neu und weitere Tests sind notwendig, bevor ihre Beiträge vollständig evaluiert werden können. Nichtsdestotrotz zeigen sie die Art praktischen Nutzens, die wir dann erhalten, wenn wir mehr über das Denken von Kindern erfahren. Zusammenfasst! ng Die Entwicklung von Wahrnehmung, Sprache, Gedächtnisleistung, Begriffsverständnis und schulischen Fähigkeiten haben viel gemeinsam. Mit Hinsicht auf die Fragestellungen, die empirischen Ergebnisse und Mechanismen, die Veränderungen in allen Aspekten des kindlichen Denkens bewirken, gibt es wichtige Gemeinsamkeiten. Die wichtigsten Fragen bei der Erforschung des kindlichen Denkens sind: was entwickelt sich und wie vollzieht sich die Entwicklung? Vier gängige Hypothesen dahingehend, was sich entwickelt sind: grundlegende Fähigkeiten, Strategien, Metakognition und Inhaltswissen. All diese Veränderungen haben Einfluß auf kognitive Verbesserungen in vielen Bereichen und vielen Altersstufen. Ein wichtiges Ziel der zukünftigen Forschung ist es, Daten zu liefern, die Veränderungen unmittelbar dann untersuchen, wenn sie stattfinden. Solche Daten sind von entscheidender Bedeutung, um bessere Theorien der kognitiven Entwicklung zu formulieren. Vier Veränderungsprozesse, die besonders wichtige Einflußfaktoren der kognitiven Entwicklung zu sein scheinen, sind Automatisierung, Kodierung, Generalisierung und Strategieentwicklung. Zu den größten Schwierigkeiten zur Erforschung dieser Veränderungsmechanismen gehört es zu bestimmen, ob bestimmte Veränderungsmechanismen nur in bestimmten Lebensperioden wirksam sind oder ob dieselben Mechanismen in jedem Alter Lernen bewirken. Säuglinge und Kleinkinder sind wesentlich kompetenter als unmittelbar ersichtlich wird. Eindrucksvolle perzeptorische und begriffliche Kompetenz wird bereits im ersten Lebensjahr deutlich, ebenso wie allgemeine zweckbestimmte Lernmechanismen. Ein Schlüsselziel ist es, Modelle zu entwickeln, die demonstrieren,

462

Kapitel 10

wie ein und dasselbe Kind sowohl eindrucksvolle Kompetenz und gleichzeitig eindrucksvolle Inkompetenz an den Tag legen kann, wie sie in der frühen Entwicklung vorherrschend sind. Unterschiede im Denken von kleinen Kindern und Erwachsenen erscheinen nicht länger so enorm wie man bislang gedacht hat. Die Annäherung kommt aus beiden Richtungen. Kleine Kinder verfügen über eine Reihe früher nicht vermuteter Fähigkeiten. Erwachsene denken weniger rational und wissenschaftlich als man geglaubt hatte. Grundsätzlich gibt es kein Alter, in dem sich Kinder eine bestimmte kognitive Fähigkeit aneignen. Vielmehr nimmt das Verständnis allmählich über einen längeren Zeitraum hinweg zu. Bereits existierendes Wissen zu einem Thema übt einen umfassenden Einfluß auf die Aneignung neuen Wissens aus. Es erhöht die Wissensmenge, die Kinder aus bestimmten Erfahrungen lernen und beeinflußt außerdem, was sie lernen, indem die Kinder dazu bewegt werden, sich auf die Themen zu konzentrieren, die sich als die wichtigsten erweisen. Eine wichtige aktuelle Herausforderung besteht darin, die Rolle von differenzierten Wissensstrukturen zu spezifizieren, wie etwa Theorien über Biologie und Psychologie, und zu bestimmen, ob sie sich in grundlegender Weise von anderem Wissen, etwa über Baseball, unterscheiden. Die Entwicklung der Intelligenz vollzieht sich sowohl durch Veränderungen der Struktur und der Funktionsweise des Gehirns als auch der Effizienz, mit der kognitive Ressourcen verteilt werden. Die neurale Entwicklung bewirkt eine substantielle Vergrößerung des Gehirns, Verschiebungen bei der Mitwirkung unterschiedlicher Hirnteile auf ein bestimmtes Verhalten und abnehmende Plastizität bei der Reaktion auf die Auswirkungen von Verletzungen in einem Hirnteil, indem typische Funktionen in den unbeschädigten Teilen lokalisiert werden. Verbesserungen bei der Verteilung kognitiver Ressourcen bedeutet, vollständigere, flexiblere und widerstandsfähigere Vorstellungen zu bilden. Die individuellen Unterschiede in der Intelligenz scheinen wesentlich komplexer zu sein, als es von dem traditionellen Intelligenzindex, dem IQ, reflektiert wird. Menschen scheinen über multiple Intelligenzen zu verfügen, wobei sie in einem Bereich überragend und in anderen unterdurchschnittlich sein können. Das Denken von Kindern entwickelt sich in einem sozialen Kontext mit Eltern, Gleichaltrigen, Lehrern und der Gesellschaft im allgemeinen. Diese sozialen Faktoren beeinflussen, worüber Kinder nachdenken, den Grad, bis zu dem sie sich bestimmte Fähigkeiten aneignen und ihre Haltungen und Wertvorstellungen. Das soziale Umfeld beeinflußt auch die Motivation, über bestimmte Dinge eher nachzudenken als über andere. Kulturelle Überzeugungen und Wertvorstellungen beeinflussen ebenso wie individuelle Begabungen und Interessen, über welche

Schlußfolgerungen für die Gegenwart; Herausforderungen fur die Zukunft

463

Inhalte Kinder nachdenken und die Art und Weise, in der sie über diese Inhalte nachdenken. Das bessere Verständnis für das kindliche Denken liefert sowohl praktische Anwendungsmöglichkeiten als auch theoretische Einsichten. Die praktischen Anwendungsmöglichkeiten implizieren die Diagnose und Behandlungsformen perzeptorischer Probleme, Möglichkeiten, genaue Zeugenaussagen ans Tageslicht zu fördern und Lehrmethoden, die das Lernen schulischer Fächer verbessern. Jüngst entwickelte Methoden zur Unterstützung von Kindern mit Lernschwächen beim Spracherwerb illustrieren, daß das bessere Verständnis für die kindliche Entwicklung sowohl praktischen Nutzen als auch ein tieferes Verständnis von Kindern liefert.

LITERATUREMPFEHLUNGEN Dweck, C. S. & Leggett, E. L. (1988). A sociocognitive approach to motivation and personality. Psychological Review, 95, 25673. Dieser Artikel stellt eine interessante Theorie dar, wie die Vorstellungen von Menschen über das Wesen der Intelligenz ihre Reaktionen auf Erfahrungen beeinflussen. Gardner, H. & Kornhaber, M. L. & Wake, W. K. (1996). Intelligence: Multiple perspectives. Fort Worth, TX: Harcourt Brace College Publishers. Ein inspirierender und gut geschriebener Überblick über die unterschiedlichen Ansätze über Intelligenz, mit besonderer Betonung auf Gardners Ansatz multipler Intelligenzen. Kuhn, D. (1995). Development and learning - Reconceptualizing the Intersection. Sonderheft von Hu-

man Development, (November/Dezember 1995), 38, 293379. Dieses Sonderheft der Zeitschrift Human Development stellt die Standpunkte von 10 fuhrenden Denkern hinsichtlich des Zusammenhangs von Lernen und Entwicklung dar. Die unterschiedlichen Standpunkte illustrieren auf beeindruckende Weise, wie sehr diese Frage "noch in den Kinderschuhen steckt". Munakata, Y., McClelland, J. L., Johnson, Μ. H. & Siegler, R. S. (in Druck). Rethinking infant knowledge: Toward an adaptive process account of successes and failures in object permanence tasks. Psychological Review. Die Kompetenz und Inkompetenz von Säuglingen miteinander in Einklang zu bekommen, ist eine der primären Notwendigkeiten, um das Verständnis für die Kognition

464

Kapitel 10

von Säuglingen voranzutreiben. Dieser Artikel illustriert eine Möglichkeit, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Renninger, Κ. Α., Hidi, S. & Krapp, A. (Hgs.). The role of interest in learning and development. Hillsdale, NJ: Erlbaum. Die Inte-

ressen von Kindern beeinflussen, was sie tun und wie gut sie es tun. Dieser Band umfaßt 17 Kapitel, in denen die Forschung darüber beschrieben wird, wie Interessen das Verhalten von Kindern und Erwachsenen beeinflussen und einige interessante Vorstellungen darüber, wie Interessen wirken.

LITERATURVERZEICHNIS ABBOTT, Κ . , LEE UND FLAVELL, J. H .

AHN, W . - K . , KALISH, C . W . , MEDIN, D . L .

(1996): Children's understanding of intention. Unveröffentlichtes Manuskript, Stanford University, Stanford, CA. ACREDOLO, C . UND HOROBIN, K . ( 1 9 8 7 ) :

Development of relational reasoning and avoidance of premature closure. Developmental Psychology, 23, 13-21. ACREDOLO, C . A . UND O'CONNOR, J. ( 1 9 9 1 ) :

On the difficulty of detecting cognitive uncertainty. Human Development, 34, 204-23. ACREDOLO, L. P. ( 1 9 7 8 ) : T h e d e v e l o p m e n t

of spatial orientation in infancy. Developmental Psychology, 14, 224-34. ACREDOLO, L. P., ADAMS, A . UND GOODWYN, S. W . ( 1 9 8 4 ) : T h e r o l e o f

self-produced movement and visual tracking in infant spatial orientation. Journal of Experimental Child Psychology, 38, 3 1 2 - 2 7 . ADAMS, M . J. ( 1 9 9 0 ) : Beginning

to

read:

Thinking and learning about print. Cambridge, MA: MIT Books. ADAMS R. J. (1987): An evaluation of color preference in early infancy. Infant Behavior and Development, 10, 143-50. ADOLPH, K.E. (1995): A psychophysical assessment of toddlers' ability to cope with slopes. Journal of Experimental Psychology: Human Perception and performance, 21, 734-50. AGNOLI, F. (1991): Development of judgmental heuristics: Training counteracts the representativeness heuristic. Cognitive Development, 6, 195-217.

UND GELMAN, S. A. (1995): The role of covariation versus mechanism information in causal attribution. Cognition, 54, 299-352. AITKEN, S. UND BOWER, T . G . R. ( 1 9 8 2 ) :

Intersensory substitution in the blind. Journal of Experimental Child Psychology, 33, 309-23. ALIBALI, Μ . W . UND GOLDIN-MEADOW, S.

(1993): Gesture-speech mismatch and mechanisms of learning: What the hands reveal about a child's state of mind. Cognitive Psychology, 25, 468-573. AMES, G. F. UND MURRAY, F. (1982): Whei

two wrongs make a right: Promoting cognitive change by social conflict. Developmental Psychology, 18, 894-897. AMSEL, Ε., GOODMAN, G., SAVOIE, D . UND

CLARK, Μ. (1996): The development of reasoning about causal and non-causal influences on levers. Child Development, 67, 1624-1646. ANDERSON, M. (1992): Intelligence and development: A cognitive theory. Oxford, England: Blackwell. ANGLIN, J. Μ . ( 1 9 7 7 ) : Word, object,

and

conceptual development. New York: W. W. Norton. ANGLIN, J. M. (1986): Semantic and conceptual knowledge underlying the child's words. In S. A. Kuczaj und Μ. D. Barrett (Eds.), The development of word meaning. New York: Springer Verlag. ANGLIN, J. Μ. (1993): Vocabulary development: A morphological analysis. Monographs of the Society for Research

466

Literaturverzeichnis

in Child Development, 58 (10, Serial No. 238).

ANISFELD, Μ. (1984): Language

develop-

ment from birth to three. Hillsdale, NJ: Erlbaum. ANTELL, S. E . UND KEATING, D . P. ( 1 9 8 3 ) :

Perception of numerical invariance in neonates. Child Development, 54, 695701. ARTERBERRY, Μ . E . , CRATON, L. G . UND

YONAS, A. (1993): Infants' sensitivity to

motion-carried information for depth and object properties. In C. E. Granrud (Ed.), Visual perception and cognition in infancy. Hillsdale, NJ: Erlbaum. ASHMEAD, D . H . , DAVIS, D . L., WHALEN, T .

UNDODOM, R. D. (1991): Sound local-

ization and sensitivity to interaural time differences in human infants. Child Development, 62, 1211-226. ASLIN, R. N. (1993): Perception of visual

direction in human infants. In C.E. Granrud (Ed.), Visual perception and cognition in infancy. Hillsdale, Ν J: Erlbaum. ASLIN, R . N.UND DUMAIS, S. T . ( 1 9 8 0 ) :

Binocular vision in infants: A review and a theoretical framework. In L. P. Lipsitt und Η. W. Reese (Eds.), Advances in child development and behaviour. New York: Academic Press. ASLIN, R . N . , JUSCYK, P . W . UNDPISONI, D .

P. (in press): Speech and auditory processing during infancy: Constraints on and precursors to language. In W. Damon (Series Ed.) und D. Kuhn und R. S. Siegler (Vol. Eds.), Handbook of child psychology: Vol. 2: Cognition, perception & language. (5th ed.). New York: Wiley.

Moore (Eds.), Child's theories of mind. Hillsdale, NJ: Erlbaum. ASTINGTON, J. W. (1993): The child's discovery of the mind. Cambridge, MA: Harvard University Press. ASTINGTON, J. W.UND GOPNIK, A . ( 1 9 8 8 ) :

Knowing you've changed your mind: Children's understanding of representational change. In J. W. Astington, P. L. Harris und D. R. Olson (Eds.), Developing theories of mind. New York: Cambridge University Press. ASTINGTON, J. W. und GOPNIK, A. (1991): Theoretical explanations of children's understanding of the mind. British Journal of Developmental Psychology, 9, 7-32. Au, Τ. K. UNDLAFRAMBOISE, D. E. (1990):

Acquiring color names via linguistic contrast: The influence of contrasting terms. Child development, 61, 1808-23. AU, Τ . K . , SIDLE, A . L . UND ROLLINS, Κ . B.

(1993): Developing an intuitive understanding of conservation and contamination: Invisible particles as a plausible mechanism. Developmental Psychology, 29, 286-99. Avis, J. UND HARRIS, P. L. (1991): Beliefdesire reasoning among Baka children: Evidence for a universal conception of mind. Child Development, 62, 460-67. AZMITIA, M. (1996): Peer interactive minds: Developmental, theoretical, and methodological issues. In P. B. Baltes und U. M. Staudinger (Eds.), Interactive minds: Life-span perspectives on the social foundations of cognition. New York: Cambridge University Press. AZMITIA, M . UND MONTGOMERY, R . ( 1 9 9 3 ) :

ASTINGTON, J. W. (1991): Intention in the child's theory of mind. In D. Frye und C.

Friendship, transactive dialogues, and the

Literaturverzeichnis development of scientific reasoning. Social development, 2, 202-21. BACKSCHEIDER, A . G., SHATZ, M . UND GELMAN, S. A . ( 1 9 9 3 ) : P r e s c h o o l e r s '

ability to distinguish living kinds as a function of regrowth. Child Development, 64, 1 2 4 2 - 5 7 .

BADDELEY, A. (1986): Working

memory.

Oxford: Oxford University Press. BADDELEY, A . D . UND HITCH, G. J. ( 1 9 7 4 ) :

Working memory. In G. Bower (Ed.), The psychology of learning and motivation: Advances in research and theory (Vol. 8). New York: Academic Press. BADIAN, N . A . ( 1 9 8 3 ) : D y s c a l c u l i a a n d

nonverbal disorders of learning. In H. R: Myklebust (Ed.), Progress in learning disabilities, Vol 5. New York: Stratton. BAHRICK, H . P., BAHRICK, P . O . UND

WITTLINGER, R. P. (1975): Fifty years of

memory for names and faces: A crosssectional approach. Journal of Experimental Psychology, 104, 54-75. BAI, D . UND BERTENTHAL, Β . I. ( 1 9 9 2 ) :

Locomotor status and the development of spatial search skills. Child Development, 63, 2 1 5 - 2 6 .

BAILLARGEON, R. (1987): Object perma-

nence in 3Ά- and 4'A-month-old infants. Developmental Psychology, 23, 655-64.

467

BAKER, L. (1994): Fostering metacognitive development. In H. Reese (Ed.), Advances in child development and behavior (Vol. 25). San Diego: Academic Press. BAKER, L. UND ANDERSON, R . L. ( 1 9 8 2 ) :

Effects of inconsistent information on text processing: Evidence for comprehension monitoring. Reading Research Quarterly, 17, 218-94. BAKER, L . UND BROWN, A . L . ( 1 9 8 4 ) :

Metacognitive skills and reading. In P. D. Pearson (Ed.),Handbook of reading research, Part 2. New York: Longman. BAKER-SENNET, J., MATUSOV, E . UND

ROGOFF, Β. (1992): Sociocultural processes of creative planning in children's playcrafting. In P. Light und G. Butterworth (Eds.), Context and Cognition: Ways of learning and knowing. New York: Harvester Wheatsheaf. BAKER-WARD, L . UND ORNSTEIN, P. A .

(1988): Age differences in visual-spatial memory performance: Do children really out-perform adults when playing Concentration? Bulletin of the Psychonomic Society, 26, 331-2. BAKER-WARD, L . , ORNSTEIN, P. A . UND

HOLDEN, D. J. (1984): The expression of memorization in early childhood. Journal of Experimental Child Psychology, 37, 555-75.

BAILLARGEON, R . ( 1 9 9 3 ) : T h e o b j e c t

concept revisited: New directions in the investigation of infants' physical knowledge. In C. E. Granrud (Ed.), Visual perception and cognition in infancy. Hillsdale, NJ: Erlbaum. BAILLARGEON, R . ( 1 9 9 4 ) : H o w d o i n f a n t s

learn about the physical world? Current Directions in Psychological Science, 3, 133-40.

BALDWIN, D. A. (1991): Infants' contribution to the achievement of joint reference. Child Development, 62, 875-90. BALDWIN, D. A. (1992): Clarifying the role

of shape in children's taxonomic assumption. Journal of Experimental Child Psychology,

54, 392-416.

BALDWIN, D. A. (1993a): Early referential understanding: Infants' ability to recog-

Literaturverzeichnis

468

nize referential acts for what they are. Developmental Psychology, 29, 832-43. BALDWIN, D. A. (1993b): Infants' ability to consult the speaker for clues to word meaning. Journal of Child Language, 20, 395-418. BALTES, P. B. (1997): On the incomplete architecture of human development: Selection, optimization, and compensation as foundation of developmental theory. American Psychologist, 52, 366380. BANGERT-DOWNS, R . L. ( 1 9 9 3 ) : T h e w o r d

processor as an instructional tool: A meta-analysis of word processing in writing instruction. Review of Educational Research, 63, 69-93. BANIGAN, R. L. UNDMERVIS, C. B . ( 1 9 8 8 ) :

Role of adult input in young children's category evolution: An experimental study. Journal of Child Language, 15, 493-504. BANKS, M . S., ASLIN, R . N . UNDLETSON, R .

D. (1975): Sensitive period for the development of human binocular vision. Science, 190, 675-77. BARON-COHEN, S. ( 1 9 9 1 ) : T h e d e v e l o p m e n t

of a theory of mind in autism: Deviance and delay? Psychiatric Clinics of North America,

14, 33-51.

BARON-COHEN, S. (1994): How to build a baby that can read minds: Cognitive mechanisms in mindreading. Cahiers de Psychologie Cognitive, 13, 513-52. BARON-COHEN, S., LESLIE, A . M . UND

FRITH, U. (1985): Does the autistic child

have a theory of mind? Cognition, 21, 37-46. BARSALOU, L. W. (1985): Ideals, central tendency and frequency of instantiation as determinants of graded structure in

categories. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory and Cognition, 11, 629-54. BARTLETT, E. J. (1982): Learning to revise: Some component processes. In M. Nystrand (Ed.), What writers know: The language, process, and structure of written discourse. New York: Academic Press. BARTSCH, Κ . UND WELLMAN, Η . M . ( 1 9 9 5 ) :

Children talk about the mind. New York: Oxford University Press. BAUER, P. J. (1995): Recalling past events: From infancy to early childhood. Annals of Child Development, 11, 25-71. BAUER P . J. UND MANDLER, J. Μ .

(1989a):Taxonomies and triads: Conceptual organization in 1- to 2-year-olds. Cognitive Psychologie, 21, 156-84. BAUER P . J. UND MANDLER, J. Μ . ( 1 9 8 9 b ) :

One thing follows another: Effects of temporal structure on 1- to 2-year-olds' recall of events. Development Psychology, 25, 197-206. BAUER P . J. UND MANDLER, J. Μ . ( 1 9 9 2 ) :

Putting the horse before the cart: The use of temporal order in recall of events by one-year-old children. Developmental Psychology,

28, 441-52.

BAYLEY, N. (1969): Bayley scales of infant development. New York: Psychological Corporation. BEAL, C. R. (1988): Children's knowledge about representations of intended meaning. In J. W. Astington, P. L. Harris und D. R. Olson (Eds.), Developing theories of mind. Cambridge: Cambridge University Press. BEAL, C. R. (1990): The development of text evaluation and revision skills. Child Development, 61, 247-58.

Literaturverzeichnis BEAL, C . R. UND BELGRAD, S. L. ( 1 9 9 0 ) :

The development of message evaluation skill in young children. Child Development, 61, 705-12. BECK, I. L. UND MCKEOWN, M . G . ( 1 9 8 4 ) :

Application of theories of reading to instruction. American Journal of Education, 93, 61-81. BEHL-CHADHA, G . , EIMAS, P . D . UND

QUINN, P. C. (1995, März): Perceptually driven superordinate categorization by young infants. Paper presented at the meeting of the Society for Research in Child Development, Indianapolis.

469

BEREITER, C. UND SCARDAMALIA, M .

(1982): From conversation to composition: The role of instruction in a developmental process. In R. Glaser (Ed.), Advances in instructional psychology (Vol. 2). Hillsdale, NJ: Erlbaum. BEREITER, C. UND SCARDAMALIA, M .

(1987): The psychology of written composition. Hillsdale, NJ: Erlbaum BERG, C. A. (1989): Knowledge of strate-

gies for dealing with everyday problems from childhood through adolescence. Developmental Psychology, 25, 607-18. BERKOWITZ, M . W . UND GIBBS, J. C.

BEILIN, H. (1977): Inducing conservation

through training. In G. Steiner (Ed.), Psychology of the 20th Century, (Vol. 7, Piaget and beyond). Zürich: Kindler. BEILIN, Η . ( 1 9 8 3 ) : T h e n e w f u n c t i o n a l i s m

and Piaget's program. In Ε. K. Scholnick (Ed.), New trends in conceptual representation: Challenges to Piaget's theory? Hillsdale, NJ: Erlbaum. BELL, M. A. UND Fox, N. A. (1992): The

relations between frontal brain electrical activity and cognitive development during infancy. Child Development, 63, 1142-63. BENSON, J. B., AREHART, D . Μ . , JENNINGS, T., BOLEY, S. UND KEARNS, L. ( 1 9 8 9 ,

April): Infant crawling: Expectation, action-plans, and goals. Paper presented at the biennial meeting of the Society for Research in Child Development, Kansas City, MO. BENTIN, S., HAMMER, R . UND CAHAN, S.

(1991): The effects of aging and first grade schooling on the development of phonological awareness. Psychological Science, 2, 271-74.

(1985): The process of moral conflict resolution and moral development. In M. W. Berkowitz (Ed.), New directions for child development: Peer conflict and psychological growth. San Francisco: Jossey-Bass. BERLIN, B . UND KAYE, P. ( 1 9 6 9 ) :

Basic

color terms: Their universality and evolution. Berkeley: University of California Press. BERMEJO, V. (1996): Cardinality develop-

ment and counting. Developmental Psychology, 32, 263-68. BERTENTHAL, Β. I. ( 1 9 9 3 ) : P e r c e p t i o n o f

biomechanical motions by infants: Intrinsic image and knowledge-based constraints. In C. E. Granrud, (Ed.), Visual perception and cognition in infancy, Hillsdale, NJ: Erlbaum. BERTENTHAL, Β. I., CAMPOS, J. J. UND KERMOIAN, R. ( 1 9 9 4 ) : A n e p i g e n e t i c

perspective on the development of selfproduced locomotion and its consequences. Current Directions in Psychological Science., 5, 140-45. BERTENTHAL, Β. I. UND CLIFTON, R . Κ. (in

press): Perception and action. To appear

470

Literaturverzeichnis

in W. Damon (Series Ed.) und D. Kuhn und R. S. Siegler (Vol. Eds.), Handbook of child psychology: Vol. 2: Cognition, perception & language (5th ed.). New York: Wiley. BERTENTHAL, Β . I. UND PINTO, J. ( 1 9 9 3 ) :

Complementary processes in the perception and production of human movements. In E. Thelen und L. Smith (Eds.), Dynamic approaches to development: Vol 2. Applications. Cambridge, MA: Bradford Books. BEST, C. T. (1995): Learning to perceive the

sound pattern of English. In C. RoveeCollier und L. Lipsitt (Eds.), Advances in Infancy Research. Norwood, NJ: Ablex. BEST, C . T . , HOFFMAN, H . UND GLANVILLE,

Β. B. (1982): Development of infant ear asymmetries for speech and music. Perception & Psychophysics, 31, 75-85. BIALYSTOK, E . UNDHAKUTA, K . ( 1 9 9 4 ) : In

other words: The science and psychology of second- language acquisition. New York: Basic Books. BILLMAN, D . UND SHATZ, M . ( 1 9 8 1 ) : A

longitudinal study of the development of communication skills in twins and unrelated peers. Unveröffentlichtes Manuskript, University of Michigan, Ann Arbor. BISANZ, G . L., VESONDER, G . T . UND VOSS,

J. F. (1978): Knowledge of one's own responding and the relation of such knowledge to learning. Journal of Experimental Child Psychology, 25, 11628. BISANZ, J. UND LEFEVRE, J. ( 1 9 9 0 ) : M a t h e -

matical cognition: Strategic processing as interactions among sources of knowledge. In D. P. Bjorklund (Ed.), Children's strategies: Contemporary views of

cognitive development. Hillsdale, NJ: Erlbaum. BISANZ, J., MORRISON, F. J. UND DUNN, M .

(1995): Effects of age and schooling on the acquisition of elementary quantitative skills. Developmental Psychology, 31, 221-36. BJORKLUND, D . F . UND COYLE, T. R.

(1995): Utilization deficiencies in the development of memory strategies. In F. E. Weinert und W. Schneider (Eds.), Memory performance and competencies: Issues in growth and development. Hillsdale, NJ: Erlbaum. BJORKLUND, D . F. UND GREEN, Β . L.

(1992): The adaptive nature of cognitive immaturity. American Psychologist, 47, 46-54. BJORKLUND, D . F., MUIR-BROADDUS, J. E.

UND SCHNEIDER, W. (1990): The role of knowledge in the development of strategies. In D. F. Bjorklund (Ed.), Children's strategies: Contemporary views of cognitive development. Hillsdale, NJ: Erlbaum. BLADES, M . UND SPENCER, C. ( 1 9 9 4 ) : T h e

development of children's ability to use spatial representations. Advances in child development and behavior, Vol. 25. New York: Academic Press. BLAYE, Α . , LIGHT, P . , JOINER, R . UND

SHELDON, S. (1991): Collaboration as a facilitator of planning and problem solving on a computer based task. British Journal of Developmental Psychology, 9, 471-83. BLEWITT, P. (1983): Dog vs. collie: Vocabulary in speech to young children. Developmental Psychology, 19, 601-609. BLOOM, K. (1990): Selectivity and early infant vocalization. In J. T. Enns (Ed.),

Literaturverzeichnis The development of attention: Research and theory. BV North-Holland: Elsevier Science Publishers. BLOOM, K . , RUSSELL, A. UND WASSNBERG,

K. (1987): Turn taking affects the quality of infant vocalizations. Journal of Child Language, 14, 211-27. BOHANNON, J. N . II. UND STANOWICZ, L.

(1988): The issue of negative evidence: Adult responses to children's language errors. Developmental Psychology, 24, 684-89. BOMBA, P . C. UND SIQUELAND, E . R.

(1983): The nature and structure of infant form categories. Journal of Experimental Child Psychology, 35, 294-328. BONVILLIAN, J. D., ORLANSKY, M . D . UND NOVACK, L. L . ( 1 9 8 3 ) : D e v e l o p m e n t a l

milestones: Sign language acquisition and motor development. Child Development, 54, 1435-45. BORKOWSKY, J. G., CARR, M . UND

PRESSLEY, M . (1987): Spontaneous strat-

egy use: Perspectives from metacognitive theory. Intelligence, 11, 61-75. BORKOWSKI, J. G., JOHNSTON, Ν . B. UND REID, Ν . K . ( 1 9 8 7 ) : M e t a c o g n i t i o n ,

motivation, and the transfer of control processes. In S. J. Ceci (Ed.), Handbook of cognitive, social, and neuropsychological aspects of learning disabilities, Vol. 2. Hillsdale, NJ: Erlbaum. BORNSTEIN, Μ . H. (1978): Chromatic vision

in infancy. In H. W. Reese und L. P. Lipsitt (Eds.), Advances in child development and behavior: Vol. 12. New York: Academic Press. BORNSTEIN, Μ. H. (1989): Sensitive periods

in development: Structural characteristics and causal interpretations. Psychological Bulletin, 105, 179-97.

471

BORNSTEIN, Μ . H . , SIGMAN, M . D . ( 1 9 8 6 ) :

Continuity in mental development from infancy. Child development, 57, 251-74. BOSCOLO, P. (1995): The cognitive approach to writing and writing instruction: A contribution to a critical appraisal. CPC, 14, 343-366. BOWER, T. G. R. UND WISHART, J. G.

(1972): The effects of motor skill on object permanence. Cognition, 1, 165-72. BOWERMAN, M. (1980). The structure and origin of semantic categories in the language-learning child. In M. Foster und S. Brandes (Eds.), Symbol as a sense: New approaches to the analysis of meaning. New York: Academic Press. BOWERMAN, M. (1982): Starting to talk worse: Clues to language acquisition from children's late speech errors. In S. Strauss (Ed.), U-shaped behavioral growth. New York: Academic Press. BRADLEY, L. UND BRYANT, P. E. (1983):

Categorizing sounds and learning to read—A causal connection. Nature, 301, 419-21. BRAINE, M . D . S. ( 1 9 5 9 ) : T h e o n t o g e n y o f

certain logical operations: Piaget's formulation examined by nonverbal methods. Psychological Monographs, 73, (Whole No. 475). BRAINE, M . D . S. ( 1 9 7 1 ) : T h e a c q u i s i t i o n o f

language in infant and child. In C. E. Reed (Ed.), The learning of language. New York: Appleton-Century- Crofts. BRAINE, M. D. S. (1976): Children's first

word combinations. Monographs of the Society for Research in Child Development, 41, (1). BRAINERD, C. J. (1978): The stage question in cognitive developmental theory. Behavioral and Brain Sciences, 1, 173-213.

472

Literaturverzeichnis

BRAINERD, C . UND ORNSTEIN, P . A . ( 1 9 9 0 ) :

Children's memory for witnessed events: the developmental backdrop. In J. Doris (Ed.), The suggestibility of children's recollections: Implications for eyewitness testimony. Washington, DC: American Psychological Association. BRAINERD, C . J. UND REYNA, V . F. ( 1 9 9 0 ) :

Gist is the grist: Fuzzy-trace theory and the new intuitionism. Developmental Review, 10, 3-47. BRAINERD, C . J. UND REYNA, V . F. ( 1 9 9 5 ) :

Learning rate, learning opportunities, and the development of forgetting. Developmental Psychology, 31, 251-62 BRAINERD, C . J. UND REYNA, V . F., HOWE,

BRIARS, D . UND SIEGLER, R . S. ( 1 9 8 4 ) : A

featural analysis of preschoolers' counting knowledge. Developmental Psychology, 20, 6 0 7 - 1 8 .

BRONSON, G. W . (1974): The postnatal

growth of visual capacity. Child Development, 45, 873-90. BROWN, A. L. (1976): Semantic integration

in children's reconstruction of narrative sequences. Cognitive Psychology, 8, 24762.

BROWN, A. L. (1989): Analogical learning

and transfer: What develops? In S. Vosniadou und A. Ortony (Eds.), Similarity and analogical reasoning. New York: Cambridge University Press.

M . L . UND KINGMA, J. ( 1 9 9 0 ) : T h e d e v e l -

opment of forgetting and reminiscence. Monographs of the Society for Research in Child Development, 55, (Serial No. 222) BRANSFORD, P. W. (1979): Human

cogni-

tion. Learning, understanding, and remembering. Belmont, CA: Wadsworth. BRENNAN, W . M . , AMES, E . W . UND MOORE, R . W . ( 1 9 6 6 ) : A g e d i f f e r e n c e s in

infants' attention to patterns of different complexity. Science, 151, 354-56.

BROWN, A . L., BRANSFORD, J. D., FERRARA, R . A . UNDCAMPIONE, J. C . ( 1 9 8 3 ) :

Learning, remembering, and understanding. In P. H. Müssen (Ed.), Handbook of child psychology: Cognitive development, Vol. 3. New York: Wiley. BROWN, A . L. UNDCAMPIONE, J. C . ( 1 9 7 2 ) :

Recognition memory for perceptually similar pictures in preschool children. Journal of Experimental Psychology, 95, 55-62. BROWN, A . L. UNDDELOACHE, J. S. ( 1 9 7 8 ) :

BRETHERTON, I. (1984): Representing the

social world in symbolic play: Reality and fantasy. In I. Bretherton (Ed.), Symbolic play: The development of social understanding. New York: Academic Press. BRETHERTON, I., MCNEWS, S. UND

BEEGHLY-SMITH, M. (1981): Early person

knowledge as expressed in gestural and verbal communication: When do infants acquire a "theory of mind"? In M. Lamb und L. Sherrod (Eds.), Social cognition in infancy. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

Skills, plans, and self-regulation. In R. S. Siegler (Ed.), Children's thinking: What develops? Hillsdale, NJ: Erlbaum. BROWN, A . L., KANE, M . J. UND ECHOLS, K .

(1986): Young children's mental models determine analogical transfer across problems with a common goal structure. Cognitive Development, 1, 103-22. BROWN, A . L . UND SCOTT, M . S. ( 1 9 7 1 ) :

Recognition memory for pictures in preschool children. Journal of Experimental Child Psychology, 77, 401-12.

Literaturverzeichnis BROWN, J. S. UND BURTON, R. B . ( 1 9 7 8 ) :

Diagnostic models for procedural bugs in basic mathematical skills. Cognitive Science, 2, 155-92. BROWN, R . UND MCNEILL, D . ( 1 9 6 6 ) : T h e

"tip of the tongue" phenomenon. Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior, 5, 3 2 5 - 3 7 . BRUCHKOWSKY, M . ( 1 9 9 2 ) : T h e d e v e l o p -

ment of empathic cognition in middle and early childhood. In R. Case (Ed.), The mind's staircase: Exploring the conceptual underpinnings of children's thought and knowledge. Hillsdale, NJ: Erlbaum. BRUCK, Μ. (1990): Word-recognition skills

of adults with childhood diagnoses of dyslexia. Developmental Psychology, 26, 439-54.

BRUCK, Μ. (1992): Persistence of dyslexics'

phonological awareness deficits. Developmental Psychology, 28, 874-86.

473

mother's face. British Journal of Developmental Psychology, 7, 3-15. BUTLER, S., GROSS, J. UND HAYNE, H .

(1995): The effect of drawing on memory performance in young children. Developmental Psychology, 37, 597-608. BUTTERWORTH, G. (1991): The ontogeny and phylogeny of joint visual attention. In A. Whiten (Ed.), Natural theories of mind: Evolution, development, and simulation of everyday mindreading. Oxford: Basil Blackwell. BYRNE, B. UND FIELDING-BARNSLEY, R.

(1995): Evaluation of a program to teach phonemic awareness to young children: A 2- and 3-year follow-up and a new preschool trial. Journal of Educational Psychology, 87, 488-503. BYRNES, J. P. (1988): Formal operations: A

systematic reformulation. Developmental Review, 8, 66-87.

BRUCK, Μ . , CECI, S. J., FRANCOEUR, E . UND

BYRNES, J.P. UND OVERTON, W. F. (1986):

RENICK, Α. (1995): Anatomically detailed dolls do not facilitate preschoolers' reports of a pediatric examination involving genital touching. Journal of Experimental Psychology: Applied, 1, 95-109.

Reasoning about certainty and uncertainty in concrete, causal and propositional contexts. Developmental Psychology, 22, 793-99. CAMPBELL, J. R., CONNOLLY, C., BOLOGH,

BRUNER, J. S„ KENNEY, Η. J. (1966): On

relational concepts. In J. S. Bruner, R. R. Olver und P. M. Greenfield (Eds.j, Studies in cognitive growth. New York: Wiley. BRUNER, J. S., OLVER, R. R . UND GREENFIELD, P . M . ( 1 9 6 6 ) : Studies

in

cognitive growth. New York: Wiley. BULLOCK, M . UND GELMAN, R . ( 1 9 7 9 ) :

Preschool children's assumptions about cause and effect: Temporal ordering. Child Development, 50, 89-96. BUSHNELL, I. W . R., SAI, F. UND MULLIN,

J.T. (1989): Neonatal recognition of the

R. UND PRIMA VERA, L. (1984, April):

Impact of ethnicity on math and science among the gifted. Paper presented at the annual meeting of the American Educational Research Association, New Orleans, LA. CAMPIONE, J. C . UND BROWN, A . L. ( 1 9 8 4 ) :

Learning ability and transfer propensity as sources of individual differences in intelligence. In P. H. Brooks, R. Sperber und C. McCauley (Eds.), Learning and cognition in the mentally retarded. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

474

Literaturverzeichnis

CAMPOS, J. J., BERTENTHAL, Β . I. UND

KERMOIAN, R. (1992): Early experiences and emotional development: The emergence of fear of heights. Psychological Science, 3, 61-64. CANFIELD, R . L. UND HAITH, Μ . M . ( 1 9 9 1 ) :

Young infants' visual expectations for symmetric and asymmetric stimulus sequences. Developmental Psychology, 27, 198-208. CANFIELD, R . L. UND SMITH, E . G . ( 1 9 9 6 ) :

Number-based expectations and sequential enumeration by 5-month-old infants. Developmental Psychology, 32, 269-79. CAPODILUPO, A . M . ( 1 9 9 2 ) : A n e o -

structural analysis of children's response to instruction in the sight- reading of musical notation. In R. Case (Ed.), The mind's staircase: Exploring the conceptual underpinnings of children's thought and knowledge. Hillsdale, NJ: Erlbaum. CAREY, S. (1978): The child as word learner. In M. Halle, J. Bresnan und A. Miller (Eds.), Linguistic theory and psychological reality. Cambridge, MA: MIT Press. CAREY, S. (1985): Conceptual change in childhood. Cambridge, MA: MIT Press. CAREY, S. UNDGELMAN, R. (Eds.) (1991):

The epigenesis of mind: Essays on biology and cognition. Hillsdale, NJ: Erlbaum. CARPENTER, T. P . , CORBITT, Μ . K . , KEPNER, H . S., LINDQUIST, Μ . M . UND

REYS, R. E. (1981): Results from the second mathematics assessment of the National Assessment of Educational Progress. Washington, DC: National Council of Teachers of Mathematics. CARR, M . , KURTZ, Β . E., SCHNEIDER, W . , TURNER, L. A . UND BORKOWSKI, J. G .

(1989): Strategy acquisition and transfer among American and German children: Environmental influences on metacognitive development. Developmental Psychology, 25, 765-71. CARRAHER, Τ. N . , CARRAHER, D. W . UND

SCHLIEMANN, A. D. (1985): Mathematics in the streets and in schools. British Journal of Developmental Psychology, 3, 21-29. CARVER, S. M . UNDKLAHR, D . ( 1 9 8 7 ) :

Assessing children's LOGO debugging skills with a formal model. Journal of Educational Computing Research, 2, 487-525. CASE, R. (1978): Intellectual development from birth to adulthood: A neo-Piagetian approach. In R. S. Siegler (Ed.), Children's thinking: What develops? Hillsdale NJ: Erlbaum. CASE, R. (1985). Intellectual development: A systematic reinterpretation. New York: Academic Press. CASE, R. (1989, April): A neo-Piagetian analysis of the child's understanding of other people, and the internal conditions which motivate their behavior. Paper presented at the biennial meeting of the Society for Research in Child Development, Kansas City, MO. CASE, R. (1992a): The mind's staircase: Exploring the conceptual underpinnings of children's thought and knowledge. Hillsdale, NJ: Erlbaum. CASE, R. (1992b): The role of the frontal lobes in the regulation of cognitive development. Brain and Cognition, 20, 5173. CASE, R. UND GRIFFIN, S. (1990): Child

cognitive development: The role of central conceptual structures in the develop-

Literaturverzeichnis ment of scientific and social thought. In C. A. Hauert (Ed.), Developmental psychology: Cognitive, perceptuomotor and neuropsychological perspectives. Amsterdam: North Holland. CASE, R . UND OKAMOTO, Y . ( 1 9 9 6 ) : T h e

role of central conceptual structures in the development of children's numerical, literacy, and spatial thought. Monographs of the Society for Research in Child Development (Serial No. 246). CASE, R . , SANDIESON, R. UND DENNIS, S.

(1987): Two cognitive developmental approaches to the design of remedial instruction. Cognitive Development, 1, 293-333. CASELLI, M . C., BATES, E., CASADIO, P., FENSON, J., FENSON, L., SANDERL, L. UND

WEIR, J. (1995): Cross- linguistic lexical

development. Cognitive Development, 10, 1 5 9 - 9 9 . CASTLES, A . UND COLTHEART, M . ( 1 9 9 3 ) :

Varieties of developmental dyslexia. Cognition,

47, 149-80.

CAULEY, K. (1985): The construction of logical knowledge: A study of borrowing in subtraction. Paper presented at the American Educational Research Association, Chicago, IL. CAVANAUGH, J. C. UND PERLMUTTER, Μ .

(1982): Metamemory: A critical examination. Child Development, 53, 11-28. CECI, S. J. (1989): On domain specificity ...

more or less general and specific constraints on cognitive development. Merrill-Palmer Quaterly, 35, 131-42. CECI, S. J. (1990): On intelligence

... more

or less: A bio-ecological treatise on intellectual development. Englewood Cliffs, NJ: Prentice Hall.

475

CECI, S. J. UND BRUCK, Μ . ( 1 9 9 3 ) : T h e

suggestibility of the child witness: A historical review and synthesis. Psychological Bulletin, 773,403-39. CECI, S. J. UND BRUCK, Μ. (in press): Child

psychology in practice: Children's testimony. In W. Damon (Series Ed.) und I. Sigel und Κ. Α. Renninger (Vol. Eds.), Handbook of child psychology, Vol. 4: Clinical psychology in practice. (5th ed.). New York: Wiley. CECI, S. J.,LOFTUS, E. W . , LEICHTMAN, M . UND BRUCK, Μ . ( 1 9 9 4 ) : T h e r o l e of

source misattributions in the creation of false beliefs among preschoolers. International Journal of Clinical and Experimental Hypnosis, 62, 304-20. CHALL, J. S. (1979): The great debate: Ten years later, with a modest proposal for reading stages. In L. B. Resnick und P. A. Weaver (Eds.), Theory and practice of early reading. Hillsdale, NJ: Erlbaum. CHANG, F. L. UND GREENOUGH, W . T.

(1984): Transient and enduring morphological correlates of synaptic activity and efficacy change in the rat hippocampal slice. Brain Research, 309, 35-46. CHANGEUX, J. P. UND DEHAENE, S. ( 1 9 8 9 ) :

Neuronal models of cognitive functions. Cognition,

33, 63-109.

CHEN, Z. (1996): Children's analogical problem solving: The effects of superficial, structural and procedural similarity. Journal of Experimental Child Psychology, 62, 410-31. CHEN, Z., CAMPELL, T. UND R . POLLEY ( i n

press): From beyond to within their grasp: Analogical problem solving in 10and 13-month-olds. Developmental Psychology.

476

Literaturverzeichnis

CHEN. Ζ . , YANOWITZ, Κ . L . UND DAEHLER,

M. W. (1995): Constraints on accessing abstract source information: Instantiation of principles facilitates children's analogical transfer. Journal of Educational Psychology, 87, 445-54. CHI, Μ. Τ. H. (1978): Knowledge structures and memory development. In R. S. Siegler (Ed.), Children's thinking: What develops? Hillsdale, NJ: Erlbaum. CHI, Μ. Τ. H. (1981): Knowledge development and memory performance. In J. P. Das und Ν. O'Conner (Eds.), Intelligence and learning. New York: Plenum Press. CHI, Μ. Τ. H. UND KLAHR, D. (1975): Span and rate of apprehension in children and adults. Journal of Experimental Child Psychology, 19, 434-39. CHOMSKY, N. (1972): Language and mind (enlarged edition). New York: Harcourt Brace Jovanovich. Η. T. UND PHELPS, Μ. E. (1986): Maturational changes in cerebral function in infants determined by 18FDG positron emission tomography. Science, 231, 84043.

CHUGANI,

CHUGANI, Η . T., PHELPS, Μ . E . UND

MAZZIOTTA, J. C. (1987): Positron emission tomography study of human brain functional development. Annals of Neurology, 22, 487-97. CLARK, Ε. V. (1973): What's in a word? On the child's acquisition of semantics in his first language. In Τ. E. Moore (Ed.), Cognitive development and the acquisition of language. New York: Academic Press. CLARK, Ε. V. (1978): Strategies for communication. Child Development, 49, 95359.

CLARK, Ε. V. (1993): The lexicon in acquisition. Cambridge: Cambridge University Press. CLARK, Ε. V. (1995): Later lexical development and word formation. In P. Fletcher und Β. MacWhinney (Eds.) The handbook of child language. Cambridge, MA: Blackwell. CLARKE-STEWART, Α . , THOMPSON, W . UND

LEPORE, S. (1989, Mai): Manipulating children's interpretations through interrogation. Paper presented at the Biennial Meeting of the Society for Research on Child Development, Kansas City, MO. CLAVADETSCHER, J. E . , BROWN, A . M . , ANKRUM, C . UND TELLER, D . Y . ( 1 9 8 8 ) :

Spectral sensitivity and chromatic discriminations in 3- and 7-week-old human infants. Journal of the Optical Society of America, 5, 2093-105. CLEMENT, J. (1982): Algebra word problem solutions: Thought processes underlying a common misconception. Journal for Research in Mathematics Education, 13, 16-30. CLIFTON, R . K., MUIR, D . W . , ASHMEAD, D . H. UND CLARKSON, M . G . ( 1 9 9 3 ) : Is

visually guided reaching in early infancy a myth? Child development, 64, 1099110. COHEN, L. B. (1972): Attention-getting and attention-holding processes of infant visual preference. Child Development, 43, 869-79. COLE, M., SCRIBNER, S. (1974): Culture

and thought. New York: Wiley. COLOMBO, J. (1993): Infant cognition: Predicting childhood intellectual function. Newbury Park, CA: Sage. COLOMBO, J. (1995): On the neural mechanisms underlying developmental and

Literaturverzeichnis individual differences in visual fixation in infancy: Two hypotheses. Developmental Review, 15,97-135. COLOMBO, J., O'BRIEN, M . , MITCHELL, D . W . , ROBERTS, K . UND HOROWITZ, F. D .

(1987): A lower boundary for category formation in preverbal infants. Journal of Child Language, 14, 383-85. COONEY, J. B . , SWANSON, H . L . , LADD, S.

F. (1988): Acquisition of mental multiplication skill: Evidence for the transition between counting and retrieval strategies. Cognition and Instruction, 5, 323-45 COOPER, R . P . UND ASLIN, R . N . ( 1 9 9 0 ) :

Preference for infant-directed speech in the first month after birth. Child Development, 61, 1584-95. CORMAN, Η . H . UND ESCALONA, S. K .

(1969): Stages of sensorimotor development: A replication study. Merill-Palmer Quarterly, 15, 351-61. CORRIGAN, R. (1975): A scalogram analysis of the development of the use and comprehension of "because" in children. Child Development, 46, 195-201. CORRIGAN, R. (1988): Children's identification of actors and patients in prototypical and non-prototypical sentence types. Cognitive Development, 3, 285-97. CORRIGAN, R . UND ODYA-WEIS, C . ( 1 9 8 5 ) :

The comprehension of semantic relations by two-year-olds: An exploratory study. Journal of Child Language, 12, 47-59. COURAGE, M . L . UND ADAMS, R . J. ( 1 9 9 0 ) :

Visual acuity assessment from birth to three years using the acuity card procedures: Cross-sectional and longitudinal samples. Optometry and Vision Science,

477

memory: A modified microgenetic assessment of utilization deficiencies. Cognitive Development, 11, 295-314. COYLE, T . R . UND BJORKLUND, D . F.

(1997): Age differences in, and consequences of, multiple- and variablestrategy use on a multitrial sort-recall task. Development Psychology, 33, 372380. CRISAFI, M . A . UND BROWN, A . L . ( 1 9 8 6 ) :

Analogical transfer in very young children: Combining two separately learned solutions to reach a goal. Child Development, 57, 953-68. CROWLEY, K . UND SIEGLER, R . S. ( 1 9 9 3 ) :

Flexible strategy use in young children's tic-tac-toe. Cognitive Science, 17, 53161. CULTICE, J. C., SOMERVILLE, S. C . UND WELLMAN, Η . M . ( 1 9 8 3 ) : P r e s c h o o l e r ' s

memory monitoring: Feeling-of-knowing judgements. Child Development, 54, 1480-86.

CziKO, G. (1995): Without miracles: Universal selection theory and the second Darwinian revolution. Cambridge, MA: MIT Press. DAMASIO, A . R . UND DAMASIO, H . ( 1 9 9 2 ) :

Brain and language. Scientific American, 117, 8 9 - 9 5 . DAMASIO, H . UND DAMASIO A . R . ( 1 9 8 9 ) :

Lesion analysis in neuropsychology. London: Oxford University Press. DAMON, W . UND PHELPS, E . ( 1 9 8 8 ) :

Strategic uses of peer learning in children's education. In T. Berndt und G. Ladd (Eds.), Children's peer relations. New York: Wiley.

67, 7 1 3 - 1 8 . DANEMAN, M . UNDTARDIF, T . ( 1 9 8 7 ) : COYLE, T . R . UND BJORKLUND, D . F.

(1996): The development of strategic

Working memory and reading skills reexamined. In M. Coltheart (Ed.), At-

478

Literaturverzeichnis

tention and performance XII: The psychology of reading. Hillsdale, NJ: Erlbaum. DANNEMILLER, J. L . UND STEPHENS, B . R .

(1988): A critical test of infant pattern preference models. Child Development, 59, 210-16. DARWIN, C. (1877): A biographical sketch of an infant. Mind, 2, 286-94. DASEN, P. R. (1973): Piagetian research in central Australia. In G. E. Kearney, P. R. deLacy und G. R. Davidson (Eds.), The psychology of aboriginal Australians. Sydney: Wiley. DAVIDSON, J. E. (1986): The role of insight in giftedness. In R. J. Sternberg und J. E. Davidson (Eds.), Conceptions of giftedness. New York: Cambridge University Press. DAVIDSON, J. E. UND STERNBERG, R . J.

(1984): The role of insight in intellectual giftedness. Gifted Child Quarterly, 28, 58-64. DEAN, A . L., CHABAUD, S. UND BRIDGES, E.

(1981): Classes, collections, and distinctive features: Alternative strategies for solving inclusion problems. Cognitive Psychology, 13, 84-112. DECASPER, A . J. UNDFIFER, W . P . ( 1 9 8 0 ) :

Of human bonding: Newborns prefer their mothers' voices. Science, 208, 117476. DECASPER, A . J. UND SPENCE, M . J. ( 1 9 8 6 ) :

Prenatal maternal speech influences newborns' perception of speech sounds. Infant Behavior and Development, 9, 133-50.

DELOACHE, J. S. (1987): Rapid change in

the symbolic functioning of young children. Science, 238, 1556-57.

DELOACHE, J. S. (1989): The development of representation in young children. In H. W. Reese (Ed.), Advances in child development and behavior, Vol. 22. New York: Academic press. DELOACHE, J. S. (1991): Symbolic func-

tioning in very young children: Understanding of pictures and models. Child Development, 62, 736-52. DELOACHE, J. S. (1995): Early understanding and use of symbols: The model model. Current Directions in Psychological Science, 4, 109-113. DELOACHE J. S. UND BURNS, Ν . M . ( 1 9 9 4 ) :

Early understanding of the representational function of pictures. Cognition, 52, 83-110 DELOACHE, J. S., CASSIDY, D . J. UND

BROWN, A. L. (1985): Precursors of mnemonic strategies in very young children's memory. Child Development, 56, 125-37. DELOACHE, J. S., MILLER, K . F. UND

PIERROUTSAKS, S. L. (in press): Reasoning and problem solving. In W. Damon (Series Ed.) und D. Kuhn und R. S. Siegler (Vol. Eds.), Handbook of child psychology: Vol. 2: Cognition, perception & language. (5th ed.) New York: Wiley. DELOACHE, J. S., RISSMAN, M . D . UND

COHEN, L. Β. (1978): An investigation of the attention-getting process in infants. Infant Behavior and Development, 1, 1125. DEMARIE-DREBLOW, D . UND MILLER, P. H .

(1988): The development of children's strategies for selective attention: Evidence for a transitional period. Child Development, 59, 1504-13.

Literaturverzeichnis DEMETRIOU, Α . , EFKLIDES, Α . UND PLATSIDOU, M . ( 1 9 9 3 ) : T h e a r c h i t e c t u r e

and dynamics of developing mind. Monographs of the Society for Research in Child Development, 58 (5-6),Serial No. 2 3 4 . DEMPSTER, F. N . ( 1 9 8 1 ) : M e m o r y s p a n :

Sources of individual and developmental differences. Psychological Bulletin, 89, 63-100.

DEMPSTER, F. N. (1992): The rise and fall

of the inhibitory mechanism: Toward a unified theory of cognitive development and aging. Development Review, 12, 4575. DEMPSTER, F. N . ( 1 9 9 3 ) : R e s i s t a n c e t o

interference: Developmentol changes in a basic processing mechanism. In R. Pasnak und Μ. L. Howe (Eds.), Emerging themes in cognitive development, (Vol. 1). New York: Springer. DENNIS, S. (1992): Stage and structure in

the development of children's spatial representations. In R. Case (Ed.), The mind's staircase: Exploring the conceptual underpinnings of children's thought and knowledge. Hillsdale, NJ: Erlbaum. DEVALOIS, R . L . UND DEVALOIS, Κ . K .

(1975): Neural coding of color. In E. C. Carterette und Μ. P. Freidman (Eds.), Handbook of perception, Vol. 5. New York: Academic Press. DE VILLIERS, J. (1995): Empty categories

and complex sentences: The case of whquestions. In P. Fletcher und Β. MacWhinney (Eds.), The handbook of child language. Cambridge, MA: Blackwell. DEVRIES, R . ( 1 9 6 9 ) : C o n s t a n c y o f g e n e r i c

identify in the years three to six. Monographs for the Society of Research in Child Development, 34 (Whole No. 127).

479

DIAMOND, A . ( 1 9 8 5 ) : D e v e l o p m e n t of t h e

ability to use recall to guide action as indicated by infants' performance on AB. Child Development, 56, 868-83. DIAMOND, A. (1990): Rate of maturation of

the hippocampus and the developmental progression of children's performance on the delayed non-matching to sample and visual paired comparison tasks. Annals of the New York Academy of Sciences, 608. DIAMOND, A . ( 1 9 9 1 ) : N e u r o p s y c h o l o g i c a l

insights into the meaning of object concept development. In S. Carey und R. Gelman (Eds.), The epigenesis of mind: Essays on biology and cognition. Hillsdale, NJ: Erlbaum DIMANT, R . J. UNDBEARISON, D . J. ( 1 9 9 1 ) :

Development of formal reasoning during successive peer interactions. Developmental Psychology, 27, 277-84. DOBSON, V. (1983): Clinical applications of

preferential looking measures of visual acuity. Behavioral Brain Research, 10, 25-38.

DODWELL, P. E. (1960): Children's under-

standing of number and related concepts. Canadian Journal of psychology, 14, 191-205.

DROMI, E. (1986): The one-word period as

a stage in language development: Quantitative and qualitative accounts. In I. Levin (Ed.), Stage and structure: Reopening the debate. Norwood, NJ: Ablex. DRUMMEY, A . B . UND NEWCOMBE, N .

(1995): Remembering versus knowing the past: Children's explicit and implicit memories for pictures. Journal of Experimental Child Psychology, 59, 54965. DUFRENSE, A . UND KOBASIGAWA, A .

(1989): Children's spontaneous allocation

480

Literaturverzeichnis

of study time: Differential an sufficient aspects. Journal of Experimental Child Psychology,

47, 274-96.

DUNBAR, K . UND KLAHR, D . ( 1 9 8 8 ) :

Developmental differences in scientific discovery strategies. In D. Klahr und Κ. Kotovsky (Eds.), Complex information processing: The Impact of Herbert A. Simon. Proceedings of the 21st CarnegieMellon Symposium on Cognition. Hillsdale, NJ: Erlbaum. DUNN, J. (1988): The beginnings

of social

understanding. Oxford: Basil Blackwell. DUNN, J., BROWN, J., SLOMKOWSKI, C., TESLA, C . UND YOUNGBLADE, L . ( 1 9 9 1 ) :

Young children's understanding of other people's feelings and beliefs: Individual differences and their antecedents. Child Development,

62, 1352-66.

DURKIN, D. (1966): Children who read

early. New York: Teachers College Press. DURKIN, D. (1974/75): A six-year study of

children who learned to read in school at the age of four. Reading Research Quarterly, 10, 9-61. DWECK, C . S. ( 1 9 9 1 ) : S e l f - t h e o r i e s a n d

goals: Their role in motivation, personality and development. In R. Dienstbier (Ed.), Nebraska symposium on motivation, 1990 (Vol. 36). Lincoln: University of Nebraska Press. DWECK, C . S. UND GOETZ, Τ . E . ( 1 9 7 8 ) :

Attributions and learned helplessness. In J. H. Harvey, W. Ickes und R. F. Kidd (Eds.), New directions in attribution research, Vol. 2. Hillsdale, NJ: Erlbaum. DWECK, C . S. UND LEGGETT, E. L . ( 1 9 8 8 ) :

A social-cognitive approach to motivation and personality. Psychological Review, 95, 256-73.

DWECK, C . S. UND LICHT, Β . G . ( 1 9 8 0 ) :

Learned helplessness and intellectual achievement. In J. Garber und Μ. Ε. P. Seligman (Eds.), Human helplessness: Theory and application. New York: Academic Press. EATON, W . O . UND RITCHOT, K . F . M .

(1995): Physical maturation and information processing speed in middle childhood. Developmental Psychology, 31, 967-72. ECHOLS, C. (1993): Attentional predispositions and linguistic sensitivity in the acquisition of object words. Paper presented at the Biennial Meeting of the Society for Research in Child Development, New Orleans, LA. EDELMAN, G. (1987): Neural Darwinism: The theory of neuronal group selection. New York: Basic Books. EFKLIDES, Α . , DEMETRIOU, A . UND

METALLIDOU, Y. (1994): The structure and development of propositional reasoning ability: Cognitive and metacognitive aspects. In A. Demetriou und A. Efklides (Eds.), Intelligence, mind, and reasoning: Structure and development. Amsterdam: North-Holland. EIMAS, P. D. UND QUINN, P. C. (1994):

Studies on the formation of perceptually based basic-level categories in young infants. Child Development, 65, 903-17. EIMAS, P . D . , SIQUELAND, E . R., JUSCZYK,

P. UND VIGORITO, J. (1971): Speech perception in infants. Science, 171, 3036.

ELKIND, D. (1961a): Children's discovery of the conservation of mass, weight, and volume: Piaget replications Study II. Journal of Genetic Psychology, 98, 21927.

Literaturverzeichnis ELKIND, D. (1961b): The development of quantitative thinking: A systematic replication of Piaget's studies. Journal of Genetic Psychology, 98, 37-46. ELLIOTT, E . S. UND DWECK, C . S. ( 1 9 8 8 ) :

Goals: An approach to motivation and achievement. Journal of Personality and Social Psychology, 54, 5-12. ELLIOTT-FAUST, D . J. ( 1 9 8 4 ) : T h e " d e l u s i o n

of comprehension" phenomenon in young children: An instructional approach to promoting listening comprehension monitoring capabilities in grade three children. Unpublished doctoral dissertation. London, Ontario: University of Western Ontario, Department of Psychology. ELLIS, S., DOWDY, B., GRAHAM, P . UND

JONES, R. (1992, April): Parental support ofplanning skills in the context of homework and family demands. Paper presented at the meeting of the American Education Research Association, San Francisco, CA. ELLIS, S., KLAHR, D . UND SIEGLER, R . S.

(1993, März): Effects of feedback and collaboration on changes in children's use of mathematical rules. Paper presented at the meeting of the Society for Research in Child Development, New Orleans, LA. ELLIS, S. UND ROGOFF, Β . ( 1 9 8 6 ) : P r o b l e m

solving in children's management of instruction. In E. Mueller und C. Cooper (Eds.), Process and outcome in peer relationships. Orlando, FL: Academic Press. ELLIS, S. UND SCHNEIDERS, B . ( 1 9 8 9 ,

April): Collaboration on children's instruction: A Navajo versus Anglo comparison. Paper presented at the biennial

481

meeting of the Society for Research in Child Development, Kansas City, MO. ELLIS, S. UND SIEGLER, R . S. ( 1 9 9 4 ) :

Development of problem solving. In R. J. Sternberg (Ed.), Handbook of perception and cognition: Vol. 12. Thinking and problem solving. New York: Academic Press. ELLIS, S. UNDSIEGLER, R. S. ( 1 9 9 7 ) :

Planning and strategy choice, or why don't children plan when they should? In S. L. Friedman und Ε. Κ. Scholnick (Eds.), Why, how, and when do we plan: The developmental psychology of planning. Hillsdale, NJ: Erlbaum. ELMAN, J. L. (1993): Learning and development in neural networks: The importance of starting small. Cognition, 48, 7199. ELY, R. UND GLEASON, J. B. (1995):

Socialization across contexts. In P. Fletcher und Β. MacWhinney (Eds.), The handbook of child language. Cambridge, MA: Blackwell. FABRICIUS, W. V. (1988): The development of forward search planning in preschoolers. Child Development, 59, 1473-88. FABRICIUS, W . V . UND HAGEN, J. W .

(1984): Use of causal attributions about recall performance to assess metamemory and predict strategic memory behavior in young children. Developmental Psychology, 20, 975-87. FABRICIUS, W . V . UND WELLMAN, Η. M .

(1993): Two roads diverged: Young children's ability to judge distance. Child Development, 64, 399-414. FAGAN, J. F. (1984): The intelligent infant: Theoretical implications. Intelligence, 8, 1-9.

Literaturverzeichnis

482

FAGAN, J. F. UND SINGER, L . T . ( 1 9 8 3 ) :

Infant recognition memory as a measüre if intelligence. In L. P. Lipsitt (Ed.), Advances in infancy research, Vol. 2. Norwood, NJ: Ablex. FANTZ, R . L . , FAGAN, J. F . UND MIRANDA,

S. B. (1975): Early perceptual development as shown by visual discrimination, selectivity, and memory with varying stimulus and population parameters. In L. B. Cohen und P. Salapatek (Eds.), Infant perception: From sensation to cognition. New York: Academic Press. FARAH, M . J., MONHEIT, M . A . UND WALLACE, M . A . ( 1 9 9 1 ) : U n c o n s c i o u s

perception of "extinguished" visual stimuli: Reassessing the evidence. Neuropsychologia,

29, 949-58.

FARRAR, M . J. UND GOODMAN, G . S.

(1992): Developmental changes in event memory. Child Development, 63, 173-87. FAY, A . L. UND KLAHR, D . ( 1 9 9 6 ) : K n o w -

ing about guessing and guessing about knowing: Preschooler's understanding of indeterminacy. Child Development, 67, 689-716.

FELDMAN, D. H. (1995): Learning and development in nonuniversal theory. Human development, 38, 315-21. FERNALD, A. (1992): Meaningful melodies

in mothers' speech. In H. Papousek, U. Jürgens und Μ. Papousek (Eds.), Origins and development of nonverbal vocal communication: Evolutionary, comparative, and methodological aspects. Cambridge: Cambridge University Press. FERNALD, Α . , TAESCHNER, T., DUNN, J., PAPOUSEK, M . , BOYSSON-BARDIES, B . D . UND FUKUI, I. ( 1 9 8 9 ) : A c r o s s - l a n g u a g e

study of prosodic modifications in mothers' and fathers' speech to preverbal in-

fants. Journal of Child Language, 16, 477-501. FERRETTI, R . P . UND BUTTERFIELD, E . D .

(1986): Are children's rule-assessment classifications invariant across instances of problem types? Child Development, 57,

1419-28.

FERRETTI, R . P . , BUTTERFIELD, E. C . , CAHN, A . UND KERKMAN, D . ( 1 9 8 5 ) : T h e classi-

fication of children's knowledge: Development on the balance-scale and inclined-plane tasks. Journal of Experimental Child Psychology, 39, 13160. FIELD, D. (1987): A review of preschool

conservation training: An analysis of analyses. Developmental Review, 7, 21051.

FIRTH, I. (1972): Components of reading

disability. Unpublished doctoral dissertation, University of New South Wales, Kensington, N. S. W., Australia. FISCHER, K . W . ( 1 9 8 0 ) : A t h e o r y o f

cognitive development: The control and construction of hierarchies of skills, Psychological Review, 87, 477-531. FISCHER, K. W. (1987): Relations between

brain and cognitive development. Child Development,

58, 623-32.

FISCHER, K . W . UND BIDELL, T . ( 1 9 9 1 ) :

Constraining nativist inferences about cognitive capacities. In S. Carey und R. Gelman (Eds.), The epigenesis of mind: Essays on biology and cognition. Hillsdale, Ν J: Erlbaum FISCHER, K . W . UND FARRAR, M . J. ( 1 9 8 8 ) :

Generalizations about generalization: How a theory of skill development explains both generality and specificity. In A. Demetriou (Ed.), The neo-Piagetian theories of cognitive development: To-

Literaturverzeichnis ward an integration. Amsterdam: NorthHolland (Elsevier). FISCHER, K . W . UND GRANNOTT, N . ( 1 9 9 5 ) :

Beyond one-dimensional change: Parallel, concurrent, socially distributed processes in learning and development. Human Development,

38, 302-14.

FISHER, C., HALL, D . G . , RAKOWITZ, S. UND

GLEITMAN, L. R. (1994): When is it better to receive than to give: Structural and conceptual cues to verb meaning. Lingua, 92, 3 3 3 - 7 5 . FITZGERALD, J. ( 1 9 8 7 ) : R e s e a r c h o n

revision in writing. Review of Educational Research, 57, 481-506. FIVUSH, R. UND HAMMOND, N . R . ( 1 9 9 0 ) :

Autobiographical memory across the preschool years: Toward reconceptualizing childhood amnesia. In R. Fivush und J. A. Hudson (Eds.), Knowing and remembering in young children. Cambridge: Cambridge University Press. FLAVELL, J. H. (1970): Developmental studies of mediated memory. In H. W. Reese und L. P. Lipsitt (Eds.), Advances in child development and behavior, Vol. 5. New York: Academic Press. FLAVELL, J. H . ( 1 9 7 1 ) : S t a g e - r e l a t e d

properties of cognitive development. Cognitive Psychology, 2, 421-53. FLAVELL, J. H. (1982): On cognitive development. Child Development, 53, 110. FLAVELL, J. H. (1984): Discussion. In R. J. Sternberg (Ed.), Mechanisms of cognitive development. New York: W. H. Freeman. FLAVELL, J. H . , BEACH, D . R. UND CHINSKY,

J. M. (1966): Spontaneous verbal rehearsal in a memory task as a function of age. Child Development, 37, 283-99.

483

FLAVELL, J. H . , FLAVELL, E . R. UND GREEN,

F. L. (1983): Development of the appearance-reality distinction. Cognitive Psychology, 15, 95-120. FLAVELL, J. H . , FLAVELL, E . R., GREEN, F. L. UND KOPFMACHER, J. Ε . ( 1 9 9 0 ) : D o

young children think of television images as pictures or as real objects? Journal of Broadcasting and Electronic Media, 34, 399-417. FLAVELL, J. H., FRIEDRICHS, A . G . UND

HOYT, J. D. (1970): Developmental changes in memorization processes. Cognitive Psychology, 1, 324-40 FLAVELL, J. H., GREEN, F. L . UND FLAVELL,

E. R. (1986): Development of knowledge about the appearance-reality distinction. Monographs of the Society for Research in Child Development, 51 (Serial No. 212). FLAVELL, J. UND MILLER, P . (in press):

Social cognition. In W. Damon (Series Ed.) und D. Kuhn und R. S. Siegler (Vol. Eds.), Handbook of child psychology: Vol. 2: Cognition, perception & language (5th ed.). New York: Wiley. FLAVELL, J. Η . , MILLER, P . H. UND MILLER,

S. A. (Eds.) (1993): Cognitive development (3rd ed.). Englewood Cliffs, NJ: Prentice Hall. FLAVELL, J. Η . , ZHANG, X . - D . , ZOU, H . , DONG, Q . UNDQI, S. ( 1 9 8 3 ) : A c o m p a r i -

son between the development of the appearance-reality distinction in the People's Republic of China and the United States. Cognitive Psychology, 15, 459-66.

FODOR, J. (1992): A theory of the child's theory of mind. Cognition, 44, 283-96. FOLEY, Μ . Α . , HARRIS, J. UND HERMAN, S.

(1994): Developmental comparisons of

Literaturverzeichnis

484

the ability to discriminate between memories for symbolic play enactments. Developmental Psychology, 30, 206-17. FORMAN, E. A . UNDMACPHAIL, J. ( 1 9 9 3 ) :

Vygotskian perspective in children's collaborative problem solving activity. In E. A. Forman, N. Minick und C. A. Stone (Eds.), Contexts for learning: Sociocultural dynamics in children's development. Oxford: Oxford University Press. FRAIBERG, S. ( 1 9 7 7 ) : Insights from

the

blind: Comparative studies of blind and sighted infants. N e w York: Basic Books.

FRIEDMAN, W . J., GARDNER, A . G . UND ZUBIN, N . R . E . ( 1 9 9 5 ) : C h i l d r e n ' s c o m -

parisons of the recency of two events from the past year. Child Development, 66,

970-83.

FRITH, U . ( 1 9 8 9 ) : Autism:

Explaining

the

enigma. Oxford: Basil Blackwell. FRY, A . F. UND HALE, S. ( 1 9 9 6 ) : P r o c e s s i n g

speed, working memory, and fluid intelligence: Evidence for a developmental cascade. Psychological Science, 7, 237241. FRYE, D . , BRAISBY, N . , LOWE, J.,

FRAISSE, P. (1982) : The adaptation of the child to time. In W. J. Friedman (Ed.), The development psychology of time. N e w York: Academic Press. FREUD, S. 1953): Three essays on theory of sexuality. In J. Strachey (Ed.), The standard edition of the complete psychological works of Sigmund Freud, Vol. 7. London: Hogarth. FRIEDMAN, S . L . , SCHOLNICK, Ε . K . UND

COCKING, R. R. (1987): Reflections on reflections: What planning is and how it develops. In S. L. Friedman, Ε. K. Scholnick und R. R. Cocking (Eds.), Blueprints for thinking: The role of planning in cognitive development. N e w York: Cambridge. FRIEDMAN, W . J. ( 1 9 9 0 ) : About

time:

Inventing the fourth dimension. Cambridge, MA: MIT Press.

MAROUDAS, C . UNDNICHOLLS, J. ( 1 9 8 9 ) :

Young children's understanding of counting and cardinality. Child Development, 60, 1 1 5 8 - 7 1 . FRYE, D . , ZELAZO, P . D . , BROOKS, P . J. UND SAMUELS, M . C . ( 1 9 9 6 ) : I n f e r e n c e a n d

action in early causal reasoning. Developmental Psychology, 32, 120-31. FUSON, K . C. ( 1 9 8 8 ) : Children's

counting

and concepts of number. New York: Springer-Verlag. FUSON, K . C . U N D K W O N , Y . ( 1 9 9 2 ) :

Korean children's understanding of multidigit addition and subtraction. Child Development,

63, 4 9 1 - 5 0 6 .

GALOTTI, Κ . M . UND KOMATSU, L . K .

(1989): Correlates of syllogistic reasoning skills in middle childhood and early adolescence. Journal of Youth and Adolescence,

18, 8 5 - 9 6 .

FRIEDMAN, W . J. ( 1 9 9 1 ) : T h e d e v e l o p m e n t

of children's memory for the time of past events. Child Development, 62, 139-55. FRIEDMAN, W. J. (1995): Arrows of time in infancy: The representation of temporal invariances. Unveröffentlichtes Manuskript, Oberlin College.

GALOTTI, Κ . M . , KOMATSU, L . K . UND

VOELZ, S. ( 1 9 9 7 ) : Children's differential

performance on deductive and inductive syllogisms. Developmental Psychology, 33,

70-78.

GARDNER, H. ( 1 9 8 3 ) : Frames

of mind:

theory of multiple intelligences. York: Basic Books.

New

The

Literaturverzeichnis GARDNER, Η. (1991): Assessment in context. In B. R. Gifford und Μ. C. O'Connor (Eds.), Changing assessments: Alternative views of aptitude, achievement, and instruction. Boston: Kluwer. GARDNER, H., KORNHABER, M . L . UND WAKE, W . K . ( 1 9 9 6 ) : Intelligence:

Mul-

tiple perspectives. Fort Worth, TX: Harcourt Brace College Publishers. GARDNER, W . UND ROGOFF, Β . ( 1 9 9 0 ) :

Children's deliberateness of planning according to task circumstances. Developmental Psychology, 26, 480-87. GARNER, R . UND REIS, R. ( 1 9 8 1 ) : M o n i t o r -

ing and resolving comprehension obstacles: An investigation of spontaneous text lookbacks among upper-grade good and poor comprehenders. Reading Research Quarterly,

16, 5 6 9 - 8 2 .

GAUVAIN, M. (1995): Thinking in niches: Sociocultural influences on cognitive development. Human Development, 38, 25-45. GAUVAIN, M . UND ROGOFF, Β . ( 1 9 8 9 ) :

Collaborative problem solving and children's planning skills. Developmental Psychology,

25,

139-51.

GEARY, D . C . ( 1 9 9 0 ) : A c o m p o n e n t i a l

analysis of an early learning deficit in mathematics. Journal of Experimental Child Psychology, 49, 363-83. GEARY, D . C . ( 1 9 9 4 ) : Children's

mathe-

matical development: Research and practical implications. Washington, DC: American Psychological Association. GEARY, D . C . ( 1 9 9 6 ) : T h e p r o b l e m - s i z e

effect in mental addition: Developmental and cross-national trends. Mathematical Cognition,

2, 63-93.

GEARY, D . C . , BOW-THOMAS, C . C . UND

YAO, Y. (1992): Counting knowledge

485

and skill in cognitive addition: A comparison of normal and mathematically disabled children. Journal of Experimental Child Psychology, 54, 372-91. GEARY, D . C . UND BROWN, S. C . ( 1 9 9 1 )

Cognitive addition: Strategy choice and speed-of-processing differences in gifted, normal, and mathematically disabled children. Developmental psychology, 27, 398-406. GEARY, D. C . , FAN, L. UND BOW-THOMAS,

C. C. (1992): Numerical cognition: Loci of ability differences comparing children from China and the United States. Psychological Science, 3, 180.85. GEARY, D. C . , FAN, L., BOW-THOMAS, C .

UND SIEGLER, R. S. (1993): Even before formal instruction, Chinese children outperform American children in mental addition. Cognitive Development, 8, 51729. GELLATLY, A. R. H. (1987): The acquisition of a concept of logical necessity. Human Development, 30, 32-41. GELMAN, R. (1982): Accessing one-to-one correspondence: Still another paper about conservation. British Journal of psychology, 73, 209-20. GELMAN, R. (1990): First principles organize attention to and learning about relevant data; Number and the animateinanimate distinction. Cognitive Science, 14, 79-106. GELMAN, R . UND GALLISTEL, C . R . ( 1 9 7 8 ) :

The child's understanding of number. Cambridge, MA: Harvard University Press. GELMAN, R . , MECK, E. UND MERKINS, S.

(1986): Young children's numerical competence. Cognitive Development, 1, 1-29.

486

Literaturverzeichnis

GELMAN, R . UND WILLIAMS, E . (in p r e s s ) :

Constraints on thinking and learning. In W. Damon (Series Ed.) und D. Kuhn und R. S. Siegler (Vol. Eds.), Handbook of child psychology: Vol. 2: Cognition, perception & language. (5th ed.). New York: Wiley:

GENTNER, D . , RATTERMAN, M . J., MARKMAN, A . UND KOTOVSKY, L.

(1995): Two forces in the development of relational similarity. In T. J. Simon und G. S. Halford (Eds.), Developing cognitive competence: New approaches to process modeling. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

GELMAN, S. A . UNDCOLEY, J. D . ( 1 9 9 0 ) :

The importance of knowing a dodo is a bird: Categories and inferences in 2lAyear-old children. Developmental Psychology, 26, 796-804. GELMAN, S. Α., COLEY, J. D . UND

GOTTFRIED, G. M. (1994): Essentialist beliefs in children: The acquisition of concepts and theories. In L. A. Hirschfeld und S. A. Gelman (Eds.), Mapping the mind: Domain specificity in cognition and culture. New York: Cambridge University Press. GELMAN, S. A . UND KREMER, Κ . Ε . ( 1 9 9 1 ) :

Understanding natural cause: Children's explanations of how objects and their properties originate. Child Development, 62, 3 9 6 - 4 1 4 . GELMAN S. A . UND TAYLOR, M . ( 1 9 8 4 ) :

How two-year-old children interpret proper and common names for unfamiliar objects. Child Development, 55, 1535-40. GELMAN, S. A . UND WELLMAN, Η . M .

(1991): Insides and essences: Early understandings of the non-obvious. Cognition, 38, 213-44.

GENTNER, D. (1988): Metaphor as structure mapping: The relation shift. Child Development, 59, 47-59. GENTNER, D . ( 1 9 8 9 ) : T h e m e c h a n i s m s o f

analogical transfer. In S. Vosniadou und A. Ortony (Eds.), Similarity and analogical reasoning. London: Cambridge University Press.

GENTNER, D . UND STEVENS, A . ( E d s . )

(1983): Mental models. Hillsdale, NJ: Erlbaum. GENTNER, D . UNDTOUPIN, C . ( 1 9 8 6 ) :

Systematicity and similarity in the development of analogy. Cognitive Science, 10, 277-300. GHOLSON, B., EMYARD, L. A , MORGAN, D.

UND KAMHI, A. G. (1987): Problem solving, recall, and isomorphic transfer among third grade and sixth grade children. Journal of Experimental Child Psychology, 43, 227-43. GIBSON, Ε. J. (1994); Has psychology a future? Psychological Science, 5, 76-92. GIBSON, J. J. (1966): The senses considered as a perceptual systems. Boston, MA: Houghton Mifflin. GIBSON, J. J. (1979): The ecological approach to visual perception. Boston: Houghton Mifflin. GINSBURG, A. (1978): Visual information processing based on spatial filters constrained by biological data. Unpublished doctoral dissertation. University of Cambridge, Cambridge, England. GINSBURG, G . P . UND KILBOURNE, Β . K .

(1988): Emergence of vocal alternation in mother-infant interchanges. Journal of Child Language, 15, 221-35. GINSBURG, H. P. (1989): Children's arithmetic: How they learn it and how

Literaturverzeichnis you teach it (2nd ed.)· Austin, TX: Pro Ed. GLACHAN, M. UND LIGHT, P. (1982): Peer

interaction and learning: Can two wrongs make a right? In G. Butterworth und P. Light (Eds.), Social cognition: Studies of the development of understanding. Chicago: University of Chicago Press. GLENBERG, A . M . UND EPSTEIN, W . ( 1 9 8 7 ) :

Inexpert calibration of comprehension. Memory & Cognition, 15, 84-93. GOLDBERG, B. UND REZNICK, J. S. ( 1 9 9 0 ) :

Early lexical acquisition: Rate, content, and the vocabulary spurt. Journal of Child Language, 77, 171-83. GOLDIN-MEADOW, S., ALIBALI, M . W . UND

CHURCH, R. B. (1993): Transitions in concept acquisition: Using the hand to read the mind. Psychological Review, 100, 279-97. GOLDIN- MEADOW, S. UND MORFORD, M .

(1985): Gesture in early child language: Studies of deaf and hearing children. Merrill-Palmer Quarterly, 31, 145-76. GOLDMAN, S. R., PELLEGRINO, J. W . UND

MERTZ, D. L. (1988): Extended practice

of basic addition facts: Strategy changes in learning disabled students. Cognition and Instruction,

5, 223-65.

GOLDMAN-RAKIC, P . S. ( 1 9 8 7 ) : D e v e l o p -

ment of cortical circuitry and cognitive function. Child Development, 58, 601-22. GOLEMAN, D. (1993, 6. April): Studying in

secrets of childhood memory. The New York Times, pp. CI, CI 1. GOLINKOFF, R . M . , HIRSH-PASEK, K . , LAVALLEE, A . UND BADUINI, C . ( 1 9 8 5 ) :

What's in a word? The young child's predisposition to use lexical contrast. Paper presented at the Boston University

487

Conference on child Language, Boston, MA. GOLINKOFF, R . M . , HIRSH-PASEK, K . , MERVIS, C. B., FRAWLEY, W . B. UND

PARILLO, Μ. (1995): Lexical principles

can be extended to the acquisition of verbs. In M. Tomasello und W. E. Merriman (Eds.), Beyond names for things: Young children's acquisition of verbs. Hillsdale, NJ: Erlbaum. GOLINKOFF, R . M . , SHUFF-BAILEY, M., OLGUIN, R. UND RUAN, W . ( 1 9 9 5 ) :

Young children extend novel word at the basic level: Evidence for the principle of categorical scope. Developmental Psychology, 31, 494-507. GOODALE, M . A . UND MILNER, A . D .

(1992): Separate visual pathways for perception and action. Trends in Neuroscience, 15, 20-25. GOODMAN, G . S. UND CLARKE-STEWART, A .

(1991): Suggestibility in children's testimony: Implications for child sexual abuse investigations. In J. L. Doris (Ed.), The suggestibility of children's recollections. Washington, DC: American Psychological Association. GOODMAN, G . S., HIRSCHMAN, J. E., HEPPS,

D. UND RUDY, L. (1991): Children's

memory for stressful events. Merrill Palmer Quarterly, 37, 109-58. GOODNOW, J. J. (1962): A test of milieu differences with some of Piaget's tasks. Psychological Monographs, 76 (Whole No. 5 5 5 ) . GOPNIK, A . UND ASTINGTON, J. W . ( 1 9 8 8 ) :

Children's understanding of representational change and its relation to the understanding of false belief and the appearance-reality distinction. Child Development, 59, 26-37.

Literaturverzeichnis

488

GOPNIK, Α . UND MELTZOFF, A . ( 1 9 9 4 ) :

Minds, bodies, and persons. In S. Parker, M. Boccia und R. Mitchell (Eds.), Selfawareness in animals and humans. New York: Cambridge University Press. GOPNIK. A . UND SLAUGHTER, V . ( 1 9 9 1 ) :

Young children's understanding of changes in their mental state. Child Development,

62, 98-110.

GORDON, B . , ORNSTEIN, P. Α., CLUBB, P. Α . , NIDA, R. E. UND BAKER-WARD, L. E .

(1991, Oktober): Visiting the pediatrician: Long term retention and forgetting. Paper presented at the annual meeting of the Psychonomic Society, San Francisco, CA.

GOSWAMI, U. (1992): Analogical

reasoning

in children. Hillsdale, NJ: Erlbaum. GOSWAMI, U. (1995a): Analogical reasoning and cognitive development. In H. Reese (Ed.), Advances in Child Development and Behavior, Vol. 26. New York: Academic Press. GOSWAMI, U. (1995b): Transitive relational mappings in 3- and 4-year-olds: The analogy of Goldilocks and the Three Bears. Child Development, 66, 877-92. GOSWAMI, U . UND BROWN, A . ( 1 9 9 0 ) :

Higher-order structure and relational reasoning: Contrasting analogical and thematic relations. Cognition, 36, 207-26. GOUGH, P . B . UND HILLINGER, Μ . L.

(1980): Learning to read: An unnatural act. Bulletin of the Orton Society, 30, 171-96. GRAHAM, F . K . , LEAVITT, L. Α . , STROCK, Β.

D. UND BROWN, J. W. (1978): Precocious cardiac orienting in human anencephalic infants. Science, 199, 322-24.

GRAHAM, T . UND PERRY, M . ( 1 9 9 3 ) :

Indexing transitional knowledge. Developmental Psychology, 29, 779-88. GRANNOTT, N. (1993): Patterns of interaction in the co-construction of knowledge: Separate minds, joint efforts, and weird creatures. In R. Wozniak und W. Fischer (Eds.), Development in context: Acting and thinking in specific environments, (Vol. 2). Hillsdale, NJ: Erlbaum. GRAY, E. (1993): Unequal justice: The prosecution of child sexual abuse. New York: MacMillan. GREENBERG, D . J. UND O'DONNELL, W . J.

(1972): Infancy and the optimal level of stimulation. Child Development, 43, 63945. GREENFIELD, P . M . UND SMITH, J. ( 1 9 7 6 ) :

The structure of communication in early language development. New York: Academic Press. GREENOUGH, W . T., BLACK, J. E. UND

WALLACE, C. S. (1987): Experience and brain development. Child Development, 58, 539-59. GRIFFIN, S. Α., CASE, R. UND SANDIESON, R.

(1992): Synchrony and asynchrony in the acquisition of children's everyday mathematical knowledge. In R. Case (Ed.), The mind's staircase: Exploring the conceptual underpinnings of children's thought and knowledge. Hillsdale, NJ: Erlbaum. GRUBER, Η . E. UND VONECHE, J. J. ( 1 9 7 7 ) :

The essential Piaget: An interpretive reference and guide. New York: Basic Books. GUTTENTAG, R. E. (1984): The mental effort requirement of cumulative rehearsal: A developmental study. Journal of Experimental Child Psychology, 37, 92-106.

Literaturverzeichnis GUTTENTAG, R. E. ( 1 9 8 5 ) : M e m o r y a n d

aging: Implications for theories of memory development during childhood. Developmental Review, 5, 56-82. HÄGEN, J. W., HARGROVE, S. UND ROSS, W .

(1973): Prompting and rehearsal in shortterm memory. Child Development, 44, 201-4. HAITH, Μ. M. (1980): Rules that infants look by. Hillsdale, NJ: Erlbaum. HAITH, Μ. M. (1993): Future-oriented processes in infancy: The case of visual expectations. In C. E. Granrud (Ed.), Visual perception and cognition in infancy. Hillsdale, NJ: Erlbaum. HAITH, Μ. M. (1994): Visual expectations as the first step toward the development of future-oriented processes. In Μ. M. Haith, J. B. Benson, R. J. Roberts, Jr., und Β. F. Pennington (Eds.), The development offuture-oriented processes. Chicago: University of Chicago Press. HAITH, M . UND BENSON, J. (in p r e s s ) : I n f a n t

cognition. In W. Damon (Series Ed.) und D. Kuhn und R. S. Siegler (Vol. Eds.), Handbook of child psychology: Vol. 2: Cognition, perception & language. (5th ed.). New York: Wiley. HAITH, Μ . M . , BERGMAN, T. UND MOORE,

M. J. (1977): Eye contact and face scanning in early infancy. Science, 198, 85355. HAITH, Μ . M . , HAZAN, C . UND GOODMAN,

G. S. (1988): Expectation and anticipation of dynamic visual events by 3.5month-old babies. Child Development, 59, 467-79. HAITH, Μ . M . , WENTWORTH, N . UND

CANFIELD, R. L. (1993): The formation of expectations in early infancy. In C. Rovee-Collier und L. P-.Lipsitt (Eds.),

489

Advances in infancy research. Norwood, NJ: Ablex. HALE, S. (1990): A global developmental trend in cognitive processing speed. Child Development, 61, 653-63. HALE, S., BRONIK, M . D . UND FRY, A. F.

(1997): Verbal and spatial working memory in school-age children. Developmental differences in susceptibility to interference. Developmental psychology. HALFORD, G. S. (1982): The development of thought. Hillsdale, NJ: Erlbaum. HALFORD G. S. (1984): Can young children integrate premises in transitivity and serial order tasks? Cognitive Psychology, 16, 65-93. HALFORD, G. S. (1993): Children's understanding: The development of mental models. Hillsdale, NJ: Erlbaum. HALFORD, G. S. (1995): Learning processes in cognitive development: A reassessment with some unexpected implications. Child Development, 38, 295-301. HARNISHFEGER, K . K . UND BJORKLUND, D .

F. (1994): Individual differences in inhibition: Implications for children's cognitive development. Learning and Individual Differences, 6, 331-55. HARRIS, J. F., DURSO, F. T., MERGLER, N .

L. UND JONES, S. K. (1990): Knowledge base influences on judgements of frequency of occurrence. Cognitive Development, 5, 223-33. HARRIS, P. L. (1991): The work of the imagination. In A. Whiten (Ed.), Natural theories of mind. Oxford, England: Basil Blackwell. HARRIS, P. L. (1992): From simulation to folk psychology: The case for development. Mind & Language, 7, 120-44.

490

Literaturverzeichnis

HASHER, L. UND ZACKS, R. T . ( 1 9 8 4 ) :

Automatic processing of fundamental information: The case of frequency of occurrence. American Psychologist, 39, 1372-88.

HATANO, G. (1989, April): Personal

communication. HATANO, G. (1990): Commentary: Toward

the cultural psychology of mathematical cognition. Monographs of the Society for Research in Child Development, 55 (1-2, Serial No. 221), 108-15. HATANO, G . , MIYAKE, Y . UND BINKS, M . G .

(1977): Performance of expert abacus calculators. Cognition, 5, 57-71. HATANO, G . UND OSAWA, K . ( 1 9 8 3 ) : D i g i t

memory of grand experts in abacusderived mental calculation. Cognition, 15, 9 5 - 1 1 0 . HATANO, G . , SIEGLER, R. S., RICHARDS, D . D . , INAGAKI, K . , STAVY, R . UND WAX, N .

(1993): The development of biological knowledge: A multi-national study. Cognitive Development, 8, 47-62. HEIBECK, Τ . H . UND MARKMAN, Ε . M .

(1987): Word learning in children: An examination of fast mapping. Child Development, 58, 1021-1034. HELD, R. (1993): What can rates of development tell us about underlying mechanisms? In C. E. Granrud (Ed.), Visual perception and cognition in infancy. Hillsdale, NJ: Erlbaum. HERMER, L. UND SPELKE, E. S. ( 1 9 9 4 ) : A

geometric process for spatial reorientation in young children. Nature, 370, 5759.

Hickling, A. K. und Gelman, S. A. (1995): How does your garden grow? Early conceptualization of seeds and their place in

the plant growth cycle. Child Development, 66, 856-76. HIRSH-PASEK, K . UND GOLINKOFF, R. M .

(1996): The origins of grammar: Evidence from early language comprehension. Cambridge, MA: MIT Press. HITCH, G . J. UND MCAULEY, E . ( 1 9 9 1 ) :

Working memory in children with specific arithmetical learning disabilities. British Journal of Psychology, 82, 37586. HitCH, G. J. UNDTOWSE, J. N. (1995): Working memory: What develops? In F. E. Weinert und W. Schneider (Eds.), Memory performance and competencies: Issues in growth and development. Mahwah, NJ: Erlbaum. HOLYOAK, K . J. UNDTHAGARD, P. ( 1 9 9 5 ) :

Mental leaps. Cambridge, MA: MIT Press. HOVING, K . L., SPENCER, T., ROBB, Κ. Y .

UND SCHULTE, D. (1978): Developmental

changes in visual information processing. In P. A. Ornstein (Ed.), Memory development in children. Hillsdale, NJ: Erlbaum. HUDSON, J. A. (1990): The emergency of

autobiographical memory in mother-child conversation. In R. Fivush und J. A. Hudson (Eds.), Knowing and remembering in young children. Cambridge: Cambridge University Press. HUEY, Ε. B . ( 1 9 0 8 ) : The psychology

and

pedagogy of reading. Cambridge, MA: MIT Press. HUME, D. (1911): A treatise on human

nature. (Original work published 17391740). London: Dent. HUMPHREY, G. K . , DODWELL, P. C . , MUIR, D . W . UND HUMPHREY, D . E. ( 1 9 8 8 ) : C a n

blind infants and children use sonar

Literaturverzeichnis sensory aids? Canadian Journal of Psychology, 42, 94-119. HUMPHREY, G . K . UND HUMPHREY, D . E.

(1985): The use of binaural sensory aids by blind infants and children: Theoretical and applied issues. In F. Morrison und C. Lord (Eds.), Applied developmental psychology, Vol. 2. New York: Academic Press. HUNT, J. M . ( 1 9 6 1 ) : Intelligence

and

experience. New York: Ronald Press. HUTTENLOCHER, J. UND BURKE, D. ( 1 9 7 6 ) :

Why does memory span increase with age? Cognitive Psychology, 8, 1-31. HUTTENLOCHER, J., JORDAN, N . C. UND

LEVINE, S. C. (1994): A mental model for

early arithmetic. Journal of Experimental Psychology: General, 123, 284-96. HUTTENLOCHER, J. UNDNEWCOMBE, N .

(1984): The child's representation of information about location. In C. Sophian (Ed.), Origins of cognitive skills. Hillsdale, Ν J: Erlbaum HUTTENLOCHER, J., NEWCOMBE, N . UND SANDBERG, Ε. Η . ( 1 9 9 4 ) : T h e c o d i n g o f

spatial location in young children. Cognitive Psychology, 27, 115-47. HUTTENLOCHER, P. R. (1979): Synaptic density in human frontal cortexdevelopmental changes and effects of aging. Brain Research, 163, 195-205. HUTTENLOCHER, P. R. (1990): Morphometric study of human cerebral cortex development. Neuropsychologia, 28, 51727. HUTTENLOCHER, P. R. ( 1 9 9 4 ) : S y n a p t o -

genesis, synapse elimination, and neural plasticity in human cerebral cortex. In C. A. Nelson (Ed.), Threats to optimal development. The Minnesota symposia on

491

child psychology, Vol. 27. Hillsdale, Ν J: Erlbaum. ILG, F. UND AMES, L. B. (1951): Develop-

mental trends in arithmetic. Journal of Genetic Psychology, 79, 3-28. IMAI, M . UND GENTNER, D . ( 1 9 9 3 ) : Lin-

guistic relativity vs. universal ontology: Cross-linguistic studies of the object/substance distinction. Paper presented at the Chicago Linguistic Society, Chicago, IL. IMAI, M . , GENTNER, D . UND UCHIDA, N .

(1994): Children's theories of word meaning: The role of shape similarity in early acquisition. Cognitive Development, 9, 4 5 - 7 5 . INAGAKI, K . UND HATANO, G . ( 1 9 8 7 ) :

Young children's spontaneous personification as analogy. Child Development, 58, 1 0 1 3 - 2 0 . INHELDER, B . UNDPIAGET, J. ( 1 9 5 8 ) : The

growth of logical thinking from childhood to adolescence. New York: Basic Books. INHELDER, B . UND PIAGET, J. ( 1 9 6 4 ) : The

early growth of logic in the child: Classification and seriation. London: Routledge. INHELDER, B., SINCLAIR, Η. UND BOVET, M .

(1974): Learning and the development of cognition. Cambridge, MA: Harvard University Press. JACKSON, Ν. E. (1988): Precious reading

ability: What does it mean? Gifted Child Quarterly,

32, 200-4.

JACKSON, Η . E., DONALDSON, G. W . UND CLELAND, L. N . ( 1 9 8 8 ) : T h e s t r u c t u r e o f

precocious reading ability. Journal of Educational Psychology, 80, 234-43.

Literaturverzeichnis

492

JACKSON, Ν . E., DONALDSON, G . W . UND MILLS, J. R . ( 1 9 9 3 ) : C o m p o n e n t s o f

reading skill in postkindergarten precocious readers and level-matched second graders. Journal of Reading Behavior, 25,

181-208.

JAKOBSON, R. (1981): Why "mama" and "papa"? Selected writings: Phonological studies. Paris: Mouton. JAMES, W . ( 1 8 9 0 ) : The principles

of

psychology. New York: Holt, Reinhart, and Winston. JENKINS, J. M . UND ASTINGTON, J. W .

(1996): Cognitive factors and family structure associated with theory of mind development in young children. Developmental Psychology, 32, 70-8. JENSEN, A. R. (1993): Test validity: g

versus "tactic knowledge". Current Perspectives in Psychological Science, 2, 910. JOHNSON, C. N. (1988): Theory of mind and the structure of conscious experience. In J. W. Astington, P. L. Harris und D. R. Olson (Eds.), Developing theories of mind. New York: Cambridge University Press. JOHNSON, J. S., LEWIS, L. B . UND HOGAN, J.

C. (1995, März): A production limitation in the syllable length of one child's early vocabulary: A longitudinal case study. Paper presented at the Biennial Meeting of Society for Research in Child Development, Indianapolis, IN. JOHNSON, J. S. UND NEWPORT, E. L. ( 1 9 8 9 ) :

Critical period effects in second language learning: The influence of maturational state on the acquisition of English as a second language. Cognitive psychology, 21, 6 0 - 9 9 .

JOHNSON, Κ . E. UND MERVIS, C . B . ( 1 9 9 4 ) :

Microgenetic analysis of first steps in children's acquisition of expertise on shorebirds. Developmental Psychology, 30, 4 1 8 - 3 5 .

JOHNSON, Μ. H. (in press): The neural basis of cognitive development. In W. Damon (Series Ed.) und D. Kuhn und R. S. Siegler (Vol. Eds.), Handbook of child psychology: Vol. 2: Cognition, perception & language. (5TH ed.). New York: Wiley. JOHNSON, Μ . H . UND GILMORE, R . O .

(1996): Developmental cognitive neuroscience: A biological perspective on cognitive change. In R. Gelman und Τ. Au (Eds.), Handbook of perception and cognition: Perceptual and cognitive development, (Vol. 13). Orlando, FL: Academic Press. JOHNSON, Μ . H . UND KARMILOFF-SMITH, A.

(1992): Can neural selectionism be applied to cognitive development and its disorders? New Ideas in Psychology, 10, 35-46. JOHNSON, Μ . H . UND MORTON, J. ( 1 9 9 1 ) :

Biology and cognitive development: The case of face recognition. Oxford, U. K.: Blackwell. JOHNSON, Μ . H . , POSNER, Μ . I. UND ROTHBART, Μ . Κ . ( 1 9 9 4 ) : Facilitation o f

saccades toward a covertly attended location in early infancy. Psychological Science, 5, 90-93. JOHNSON-LAIRD, P. N . ( 1 9 8 3 ) :

Mental

models: Towards a cognitive science of language, inference, and consciousness. Cambridge: Cambridge University Press. JOHNSON-LAIRD, P . N . , OAKHILL, J. V . UND

BULL, D. (1986): Children's syllogistic

reasoning. Quarterly Journal of Experimental Psychology, 38A, 35-38.

Literaturverzeichnis JORDAN, Ν . C . , LEVINE, S. C . UND

493

KAISER, Μ . K . , MCCLOSKEY, M . UND

HUTTENLOCHER, J. ( 1 9 9 5 ) : C a l c u l a t i o n

abilities in young children with different patterns of cognitive functioning. Journal of Learning Disabilities, 28, 53-64. JORM, A . F. UND SHARE, D . L . ( 1 9 8 3 ) :

Phonological recoding and reading acquisition. Applied Psycholinguistics, 4, 103-47.

JUEL, C. (1988): Learning to read and write: A longitudinal study of fifty-four children from first through fourth grade. Journal of Educational Psychology, 80, 437-47.

PROFFITT , D. R. (1986): Development of intuitive theories of motion: Curvilinear motion in the absence of external forces. Developmental Psychology, 22, 67-71. KALISH, C. W. (1996): Preschooler's understanding of germs as invisible mechanisms. Cognitive Development, 83-106.

11,

KARMILOFF-SMITH, A. (1979): Micro- and macro-developmental changes in language acquisition and other representational systems. Cognitive Science, 3, 91118.

JUSCZYK, P. W . , CUTLER, A . UND REDANZ,

N. (1993): Preference for the predominant stress patterns of English words. Child Development, 64, 675-87. JUSCZYK, P. W . , LUCE, P. A . UND CHARLES

LUCE, J. (1994): Infants' sensitivity to phonotactic patterns in the native language. Journal of Memory and Language, 33, 630-45. JUSCZYK, P. W . , ROSENER, B . S., CUTTING, J. W . , FOARD, F. UND SMITH, L. B .

(1977): Categorical perception of nonspeech sounds by two-month-old infants. Perception & Psychophysics, 21, 50-54. KAIL, R . ( 1 9 8 4 ) : The development

of

memory in children, 2nd edition. New York: Freeman. KAIL, R . ( 1 9 8 6 ) : S o u r c e s o f a g e d i f f e r e n c e s

in speed of processing. Child ment,

Develop-

KARMILOFF-SMITH, A . ( 1 9 8 6 ) :

Stage/structure versus phase/process in modelling linguistic and cognitive development. In I. Levin (Ed.), Stage and structure: Reopening the debate. Norwood, NJ: Ablex. KARMILOFF-SMITH, A. (1992): Beyond modularity: A developmental perspective on cognitive science. Cambridge, MA: MIT. KATZ, H. UND BEILIN, Η. (1976): A test of Bryant's claims concerning the young child's understanding of quantitative invariance. Child Development, 47, 87780.

KAY, D. A. UND ANGLIN, J. (1982): Overextension and underextension in the child's expressive and receptive speech. Journal of Child Language, 9, 83-98.

57, 9 6 9 - 9 8 7 .

KAIL, R. (1988): Developmental functions for speeds of cognitive processes. Journal of Experimental Child Psychology, 45, 339-64. KAIL, R . ( 1 9 9 1 ) : D e v e l o p m e n t a l c h a n g e s in

speed of processing during childhood and adolescence. Psychological Bulletin, 109, 490-501.

KEARINS, J. M . ( 1 9 8 1 ) : V i s u a l spatial

memory in Australian aboriginal children of desert regions. Cognitive Psychology, 13, 434-60. KEE, D. W. UND HOWELL, S. (1988, April): Mental effort and memory development. Paper presented at the meeting of the

Literaturverzeichnis

494

American Educational Research Association, New Orleans, LA.

(Eds.), The handbook of child language. Cambridge, MA: Blackwell.

KEENAN, E. O. (1977): Making it last: Uses of repetition in children's discourse. In S. Ervin-Tripp und C. Mitchell-Keman (Eds.), Child discourse. New York: Academic Press.

KERKMAN, D . D . UND SIEGLER, R . S.

KEIL, F. C. (1989): Concept, kinds,

KERMOIAN, R. UND CAMPOS, J. J. ( 1 9 8 8 ) :

and

cognitive development. Cambridge, MA. The MIT Press. KEIL, F. C. ( 1 9 9 4 ) : T h e birth a n d n u r -

turance of concepts by domains: The origins of concepts of living things. In L. A. Hirschfeld und S. A. Gelman (Eds.), Mapping the mind: Domain Specificity in cognition and culture. New York: Cambridge University Press. KEIL, F . C. UND BATTERMAN, N . ( 1 9 8 4 ) : A

characteristic-to-defining shift in the development of word meaning. Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior, 23, 2 2 1 - 3 6 .

KELLMAN, P. J. (1988): Theories of percep-

tion and research in perceptual development. In A. Yonas (Ed.), The Minnesota symposium on child psychology, Vol. 20:Perceptual development in infancy. Hillsdale, NJ: Erlbaum. KELLMAN, P . J. UND SHORT, K . R . ( 1 9 8 7 ) :

The development of three-dimensional form perception. Journal of Experimental Psychology: Human Perception & Performance,

13, 545-57.

KELLMAN, P . J. UND SPELKE, E. S. ( 1 9 8 3 ) :

Perception of partially occluded objects in infancy. Cognitive Psychology, 15,

(1993): Individual differences and adaptive flexibility in lower-income children's strategy choices. Learning and Individual Differences, 5, 113-36. Locomotor experience: A facilitator of spatial cognitive development. Child Development,

59, 908-17.

KLAHR, D. (1978): Goal formation, planning, and learning by preschool problem solvers or: "My socks are in the dryer." In R. S. Siegler (Ed.), Children's thinking: What develops? Hillsdale, NJ: Erlbaum. KLAHR, D. (1982): Nonmonotone assessment of monotone development: An information processing analysis. In S. Strauss (Ed.), U-shaped behavioural growth. New York: Academic Press. KLAHR, D. (1985): Solving problems with ambiguous subgoal ordering: Preschooler's performance. Child Development, 56, 940-52. KLAHR, D. (1989): Information-processing approaches. In R. Vasta (Ed.), Annals of child development, Vol. 6: Six theories of child development: Revised formulations and current issues. Greenwich, CT: JAI Press. KLAHR, D. (1992): Information processing approaches to cognitive development. In Μ. H. Bornstein und Μ. Ε. Lamb (Eds.), Developmental psychology: An advanced textbook (3rd ed.).Hillsdale, NJ: Erlbaum

483-524. KLAHR, D . UND CARVER, S. M . ( 1 9 8 8 ) : KENT, R. D . UND MIULO, G . ( 1 9 9 5 ) :

Phonetic abilities in the first year of life. In P. Fletcher und Β. MacWhinney

Cognitive objectives in a LOGO debugging curriculum: Instruction, learning, and transfer. Cognitive Psychology, 20, 362-404.

Literaturverzeichnis KL AHR, D . , FAY, A . L. UND DUNBAR, K .

(1993): Heuristics for scientific experimentation: A developmental study. Cognitive Psychology, 25, 11-46. KLAHR, D . UND ROBINSON, M . ( 1 9 8 1 ) :

Formal assessment of problem solving and planning processes in children. Cognitive Psychology, 13, 113-48. KLAHR, D . UND WALLACE, J. G . ( 1 9 7 6 ) :

Cognitive development: An information processing view. Hillsdale, NJ: Erlbaum. KLEMMER, Ε . T. UND SYNDER, F . W . ( 1 9 7 2 )

Measurement of time spent in communication. Journal of Communication, 22, 142-58. KOBASIGAWA, Α., RANSOM, C. C. UND HOLLAND, C. J. ( 1 9 8 0 ) : C h i l d r e n ' s

knowledge about skimming. Alberta Journal of Educational Research, 26, 169-82. KOLB, B . UND WHISHAW, I. ( 1 9 9 6 ) :

Funda-

mentals of human neuropsychology (3rd ed.). San Francisco: Freeman. KOONTZ, Κ . L. UND BERCH, D . B . ( 1 9 9 6 ) :

Identifying simple numerical stimuli: Processing inefficiencies exhibited by arithmetic learning disabled children. Mathematical Cognition, 2, 1-23. KOTOVSKY, L. UND BAILLARGEON, R.

(1994): Calibration-based reasoning about collision events in 11-month-old infants. Cognition, 51, 107-29. KRAUSS, R. M . UND GLUCKSBERG, S.

(1969): The development of communication: Competence as a function of age. Child Development, 40, 255-66. KRESS, G. (1982): Learning

to write.

Boston, MA:Routledge und Kegan, Paul. KREUTZER, Μ . Α . , LEONARD, C . UND

FLAVELL, J. H. (1975): An interview

495

study of children's knowledge about memory. Monographs of the Society for Research in Child Development, 40, (Whole No. 159). KRUGER, A. C. (1992): The effect of peer and adult-child transactive discussions on moral reasoning. Merrill-Palmer Quarterly, 38, 191-211. KUCZAJ, S. A. (1977): The acquisition of regular and irregular past tense forms. Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior, 16, 589-600. KUCZAJ, S. A. (1978): Why do children fail to overregularize the progressive inflection? Journal of Child Language, 5 16771. KUCZAJ, S. Α., II. (1983): "I Meli a Kunk!" Evidence that children have more complex representations of word pronunciations which they simplify. Journal of Psycholinguistic Research, 12, 69-73. KUCZAJ, S. Α., II. (1986): General development patterns and individual differences in the acquisition of copula and auxiliary be forms. First Language, 6, 111-17. KUCZAJ, S. Α . , II, BORYS, R . H . UND JONES,

M. (1989): On the interaction of language and thought: Some thoughts on developmental data. In A. Galletly, D. Rogers und J. A. Sloboda (Eds.), Cognition and the social world. New York: Oxford University Press. KUHN, D. (1989): Children and adults as intuitive scientists. Psychological Review, 96, 674-89. KUHN, D. (1995): Microgenetic study of change: What has it told us? Psychological Science, 6, 133-39. KUHN, D., AMSEL, Ε. UND O'LOUGHLIN, M .

(1988): The development of scientific

496

Literaturverzeichnis

thinking skills. Orlando, FL: Academic Press. KUHN, D . , GARCIA-MILA, M . , ZOHAR, A .

UND ANDERSEN, C.(1995): Strategies of knowledge acquisition. Monographs of the Society for Research in Child Development, 60, Serial No. 245. KUHN, D . UND PHELPS, E . ( 1 9 7 6 ) : T h e

development of children's comprehension of causal direction. Child Development, 47, 2 4 8 - 5 1 . KUHN, D., SCHÄUBLE, L. UND GARCIA-

MILA, M. (1992): Cross-domain development of scientific reasoning. Cognition and Instruction, 9, 285-327. KUN, A. (1978): Evidence for preschoolers' understanding of causal direction in extended causal sequences. Child Development, 49, 218-22. KUNZINGER, Ε . L. UND WITTRYOL, S. L .

(1984): The effects of differential incentives on second-grade rehearsal and free recall. The Journal of Genetic Psychology, 144, 19-30. KURTZ, Β. E . , SCHNEIDER, W . , CARR, M . , BORKOWSKI, J. G . UND RELLINGER, Ε .

(1990): Strategy instruction and attributional beliefs in West Germany and the United States: Do teachers foster metacognitive development? Contemporary Educational Psychology, 15, 268-83. LACASA, P . UND VILLUENDAS, D . ( 1 9 8 9 ) :

Adult-child and peer relationships: Action, representation, and learning process. In H. Mandl, Ε. de Corte, Ν. Bennett und Η. F. Friedrich (Eds.), European Research in an International Context, Vol. 2.1: Social and cognitive aspects of learning and instruction. Oxford: Pergamon Press. (Reprinted from Learning and Instruction).

LAMB, Μ . E . UND CAMPOS, J. J. ( 1 9 8 2 ) :

Development in infancy: An introduction. New York: Random House. LANDAU, B . , SMITH, L . B . UND JONES, S.

(1992): Syntactic context and the shape bias in children's and adults' lexical learning. Journal of Memory and Language, 31, 807-25. LANGE, G . UND PIERCE, S. H . ( 1 9 9 2 ) :

Memory-strategy learning and maintenance in pre-school children. Developmental Psychology, 28, 453-62. LANGLOIS, J. H., RITTER, J. M . , ROGGMAN, L. A . UND VAUGHN, L . S. ( 1 9 9 1 ) : Facial

diversity and infant preferences for attractive faces. Developmental Psychology, 27, 7 9 - 8 4 . LANGLOIS, J. H . , ROGGMAN, L . A. UND

MUSSELMAN, L. (1994): What is average

and what is not average about attractive faces? Psychological Science, 5, 214-20. LANGLOIS, J. H., ROGGMAN, L . Α . , CASEY, R . J., RITTER, J. M . , REISER-DANNER, L . A. UND JENKINS, V . Y . ( 1 9 8 7 ) : I n f a n t

preferences for attractive faces: Rudiments of a stereotype? Developmental Psychology,

23, 363-69.

LASKY, R . E . , SYRDAL-LASKY, A . UND

KLEIN, R. E. (1975): V O T discrimination

by four- to six-and a half-month-old infants from Spanish environments. Journal of Experimental Child Psychology, 20, 2 1 5 - 2 5 . LEBLANC, R . S., MUISE, J. G . UND

BLANCHARD L. (1992): Backward mask-

ing in children and adolescents: Sensory transmission, accrual rate and asymptotic performance. Journal of Experimental Child Psychology, 53, 105-14. LEE, S., STIGLER, J. W . UND STEVENSON, H .

W. (1984): Beginning reading in Chinese

Literaturverzeichnis and English. Unveröffentlichtes Manuskript. University of Michigan, Ann Arbor. LEFEVRE, J., BLSANZ, J. UND MLKRONJIC, J.

(1988): Cognitive arithmetic: Evidence for obligatory activation of arithmetic facts. Memory & Cognition, 16, 45-53. LEFEVRE, J. UND KULAK, A . G . ( 1 9 9 4 ) :

Individual differences in the obligatory activation of addition facts. Memory & Cognition,

22, 188-200.

LEFEVRE, J., KULAK, A . G . UND BISANZ, J.

(1991: Individual differences and developmental change in the associative relations among members. Journal of Experimental Child Psychology, 52, 25674. LEFEVRE, J. Α., SADESKY, G . S. UND

BISANZ, J. (1996): Selection of procedures in mental addition: Reassessing the problem-size effect in adults. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition, 22, 216-30. LERGERSTEE, M. (1991): The role of person and object in eliciting early imitation. Journal of Experimental Child Psychology, 51, 423-33. LEHRER, R. UND LITTLEFIELD, J. ( 1 9 9 1 ) :

Misconceptions and errors in LOGO: The role of instruction. Journal of Educational Psychology, 83, 124-33. LEHRER, R. UND LITTLEFIELD, J. ( 1 9 9 3 ) :

Relationships among cognitive components in LOGO learning and transfer. Journal of Educational Psychology, 85, 317-30. LEICHTMAN, M . D . UND CECI, S. J. ( 1 9 9 5 ) :

The effects of stereotypes and suggestions on preschoolers' reports. Developmental Psychology, 31, 568-78.

497

LEMAIRE, P., BARRETT, S. E:, FAYOL, M .

UND ABDI, H. (1994): Automatic activation of addition and multiplication facts in elementary school children. Journal of Experimental Child Psychology, 57, 22458. LEMAIRE, P. UND SIEGLER, R. S. ( 1 9 9 5 ) :

Four aspects of strategic change: Contributions to children's learning of multiplication. Journal of Experimental Psychology: General, 83-97. LEMIRE, R . J., LOESER, J. D . , LEECH, R. W :

UND ALVORD. E. C. (1975): Normal and abnormal development of the human nervous system. New York: Harper und Row. LENNEBERG, Ε. H. (1967): Biological foundations of language: New York: Wiley. Leonard, L. B. (1995): Phonological impairment. In P. Fletcher und Β. MacWhinney (Eds.), The handbook of child language. Cambridge, MA: Blackwell. LEPOVSKY, D. (1980, November): Consumer corner: Edited transcript from a speech. Wormald International, Sensory Aids Report. LESGOLD, Α . , IVILL-FRIEL, J. UND BONAR, J.

(1989): Toward intelligent systems for testing. In L. Β. Resnick (Ed.), Knowing, learning, and instruction: Essays in honor of Robert Glaser. Hillsdale, NJ: Erlbaum. LESGOLD, Α . , RESNICK, L. B. UND

HAMMOND, K. (1985): Learning to read:

A longitudinal study of work skill development in two curricula. Reading Research: Advances in Theory and Practice, 4, 107-38.

498

Literaturverzeichnis

LESLIE, Α. Μ. (1982): The perception of causality in infants. Perception, 11, 17386.

LESLIE, A. M. (1987): Pretense and representation: The origins of "theory of mind". Psychological Review, 94, 41226. LESLIE, A. M. (1988): Some implications of pretense for mechanisms underlying the child's theory of mind. In J. Astington, P. Harris und D. Olson (Eds.), Developing theories of mind. New York: Cambridge University Press. LESLIE, A. M. (1991): The theory of mind impairment in autism: Evidence for a modular mechanism of development? In A. Whiten (Ed.), Natural theories of mind: Evolution, development and simulation of everyday mindreading. Oxford: Basil Blackwell.

S. ( 1 9 9 3 ) : When sociocognitive transaction among peers fails: The case if misconception in science. Child Development, 63, 1 5 7 1 - 9 1 .

LEVIN, I, UND DRUYAN,

Sensitivity to phonological, Morphological, and semantic cues in early reading and writing in Hebrew. Merrill-Palmer Quarterly,

LEVIN, I, UND KORAT, O . ( 1 9 9 3 ) :

39, 2 1 3 - 3 2 . LEVIN, I., SIEGLER, R . S . UND DRUYAN, S . ( 1 9 9 0 ) : Misconception about motion: Development and training effects. Child Development, 61, 1 5 4 4 - 5 7 . LEVIN, I., WILKENTNG, F . UND DEMBO, Y . ( 1 9 8 4 ) : Development of time quantification: Integration and nonintegration of beginnings and endings in comparing durations. Child Development, 55, 216072.

Episodes, events, and narratives in the child's understanding of mind. In C. Lewis und P. Mitchell (Eds.), Children's early understanding of mind: Origins and development. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

LEWIS, C . ( 1 9 9 4 ) :

LESLIE, A. M. (1994): ToMM, ToBy, and agency: Core architecture and domain specificity in cognition and culture. In L. Hirschfeld und S. Gelman (Eds.), Mapping the mind: domain specificity in cognition and culture. New York: Cambridge University Press. (1977): The development of time concepts in children: Reasoning about duration. Child Development, 48, 435-44.

LEVIN, I.

The nature and development of time concepts in children: The effects of interfering cues. In W. J. Friedman (Ed.), The developmental psychology of time. New York: Academic Press.

LEVIN, I. ( 1 9 8 2 ) :

LEWIS, C . , FREEMAN, Η . H . , HAGESTADT, Ε .

Narrative access and production in preschoolers' false belief reasoning. Cognitive Development, 9, 3 9 7 - 4 2 4 . UND DOUGLAS, H . ( 1 9 9 4 ) :

LEWKOWICZ, D . J . UND TURKEWITZ, G .

Intersensory interaction in newborns: Modification of visual preferences following exposure to sound. Child Development, 52, 8 2 7 - 3 2 . (1981):

L. S. ( 1 9 8 7 ) : Information processing and Piagetian theory: Conflict or congruence? In J. S. Liben (Ed.), Development and learning: Conflict or congruence? Hillsdale, NJ: Erlbaum.

LIBEN,

LEVIN, I. (1989): Principles underlying time measurement: The development of children's constraints on counting time. In I. Levin und D. Zakay (Eds.), Time and human cognition: A life-span perspective. The Netherlands: Elsevier.

Literaturverzeichnis Liberman, I. Y., Shankweiler, D., Fischer, F. W. und Carter, B. (1974): Explicit syllable and phoneme segmentation in the young child. Journal of Experimental Child Psychology, 18, 201-12. LICHT, Β . G . UND DWECK, C . S . ( 1 9 8 4 ) :

Determinants of academic achievement: The interaction of children's achievement orientations with skill area. Developmental Psychology, 20, 628-36. LITTSCHWAGER, J. C . UND MARKMAN, Ε . M .

(1994): Sixteen- and 24-month-olds' use of mutual exclusivity as a default assumption in second label learning. Developmental Psychology, 30, 955-68. Pretend play skills and the child's theory of mind. Child

LILLARD, A . S. ( 1 9 9 3 ) :

Development,

64, 348-71.

499

Phonological acquisition and change. New York: Academic Press.

LOCKE, J. L . ( 1 9 8 3 ) :

LOCKE, J. L. (1995): Development of the capacity for spoken language. In P. Fletcher und Β. MacWhinney (Eds.), The handbook of child language. Cambridge, MA: Blackwell. LOCKE, J. L . UND PEARSON, D . M . ( 1 9 9 0 ) :

Linguistic significance of babbling: Evidence from a tracheostomized infant. Journal of Child Language, 17, 1-16. LOVELL, K. (1961): A follow-up study of Inhelder and Piaget's The growth of logical thinking. British Journal of Psychology, 52, 143-53. LOVETT, M . W . , BORDEN, S . L., DELUCA, T . , LACERENZA, L . , BENSON, J . J. UND

LILLARD, A . S . UND FLAVELL, J. H . ( 1 9 9 2 ) :

Young children's understanding of different mental states. Developmental Psychology, 28, 626-34.

A taxonomy of suggestibility and eyewitness memory: Age, memory process, and focus of analysis. In J. L. Doris (Ed.), The suggestibility of children's recollections. Washington, DC: American Pschological Association.

LINDBERG, Μ . ( 1 9 9 1 ) :

Μ. A. (1980): Is knowledge base development a necessary and sufficient condition for memory development? Journal of Experimental Child Psychology, 30, 401-10.

LINDBERG,

LITTLEFIELD, J., DELCLOS, V . R . , BRANSFORD, J . D . , CLAYTON, Κ . N . UND

Some prerequisites for teaching thinking: Methodological issues in the study of LOGO programming. Cognition and Instruction, 6, 33166. FRANKS, J. J . ( 1 9 8 9 ) :

(1994):Treating the core deficits of developmental dyslexia: Evidence of transfer of learning after phonologically- and strategy-based reading training programs. Developmental Psychology, 30, 805-22. BRACKSTONE, D .

LURA. A. R. (1973): The working brain. New-York: Basic Books. P. UND EILERS, R. Ε . (1992): A study of perceptual development for musical tuning. Perception and Psychophysics, 52, 599-608.

LYNCH, M .

MACLEAN, M . , BRYANT, P . UND BRADLEY,

L. (1987): Rhymes, nursery rhymes and reading in early childhood. MerrillPalmer Quarterly, 33, 255-81. Names for things: A study of human learning. Cambridge, MA: MIT Press.

MACNAMARA, J. ( 1 9 8 2 ) :

B. (1989): Competition and connectionism. In B. MacWhinney und Ε. Bates (Eds.), The crosslinguistic study

MACWHINNEY,

500

Literaturverzeichnis

of sentence processing. New York: Cambridge University Press. MACWHINNEY, B. (1996): Lexical connectionism. In P. Broeder und J. M. J. Murre (Eds.): Models of language acquisition: Inductive and deductive approaches. Cambridge, MA: MIT Press. MACWHINNEY, B . UND CHANG, F. ( 1 9 9 5 ) :

Connectionism and language learning: In C. Nelson (Ed.), Basic and applied perspectives on learning, cognition, and development: The Minnesota symposium on child psychology, Vol. 28. Mahwah, NJ: Erlbaum. MACWHINNEY, B . UND LEINBACH, A . J.

(1991): Implementations are not conceptualizations: Revising the verb learning model. Cognition, 29, 121-57. MACWHINNEY, B . , LEINBACH, J., TARABAN, R . UND MCDONALD, J. ( 1 9 8 9 ) : L a n g u a g e

learning: Cues or rules? Journal of Memory and Language, 28, 255-77. MADOLE, K . L . UND COHEN, L. B . ( 1 9 9 5 ) :

The role of object parts in infants' attention to form-function correlations. Developmental Psychology, 31, 637-48. MANDEL, D . R., JUSCZYK, P. W . UND

PISONI, D. B. (1995): Infants' recognition

of the sound of patterns of their own names. Psychological Science, 6, 314-17. MANDLER, J. M . UND MCDONOUGH, L.

(1996): Drinking and driving don't mix: Inductive generalization in infancy. Cognition, 59, 307-35. MANIS, F. R . , CUSTODIO, R. UND

SZESZULSKI, P. A. (1993): Development of phonological and orthographic skill: A 2-year longitudinal study of dyslexic children. Journal of Experimental Child Psychology, 56, 64-86.

MANIS, F . R., SEIDENBERG, Μ . S., DOI, L . M . , MCBRIDE-CHANG, C . UND PETERSON,

A. (1996): On the bases of two subtypes of developmental dyslexia. Cognition, 58, 157-95.

MARATSOS, M. (in press): Some problems in grammatical acquisition. In W. Damon (Series Ed.) und D. Kuhn und R. S. Siegler (Vol. Eds.), Handbook of child psychology: Vol. 2: Cognition, perception & language. (5TH ed.).New York: Wiley. MARATSOS, M. UND MATHENY, L. (1994):

Language specificity and elasticity: Brain and clinical syndrome studies. In L. W. Porter und Μ. R. Rosenzweig (Eds.), Annual Review of Psychology, Vol. 45. Palo Alto, CA: Annual Reviews Inc. MARCHMAN, V . ( 1 9 9 2 ) : C o n s t r a i n t s o n

plasticity in a connectionist model of the English past tense. Journal of Cognitive Neuroscience,

5, 215-34.

MARCHMAN, V . UND BATES, E . ( 1 9 9 4 ) :

Continuity in lexical and morphological development: A test of the critical mass hypothesis. Journal of Child Language, 21, 3 3 9 - 6 6 . MARCHMAN, V . , MILLER, R . UND BATES, E .

A. (1991): Babble and first words in children with focal brain injury. Applied Psycholinguistics, 12, 1-22. MARCUS, G . F., PINKER, S., ULLMAN, M . , HOLLANDER, M . , ROSEN, T . J. UND XU, F.

(1992): Over-regularization in language acquisition. Monographs of the Society for Research in Child development, 57 (4), Serial No. 228. MARINI, Z. (1984): The development of social and physical cognition in childhood and adolescence. Unpublished doctoral dissertation, University of Toronto.

Literaturverzeichnis MARINI, Ζ. A. (1992): Synchrony and asynchrony in the development of children's scientific reasoning. In R. Case (Ed.), The mind's staircase: Exploring the conceptual underpinnings of children's thought and knowledge. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

501

sivity to constrain the meaning of words. Cognitive Psychology, 20, 121-57. MERKOVITS, H. (1993): The development of conditional reasoning: A Piagetian reformulation of the mental models theory. Merrill-Palmer Quarterly, 39, 13158.

MARINI, Z . A . UND CASE, R . ( 1 9 8 9 ) :

Parallels in the development of preschoolers' knowledge about their physical and social worlds. Merril-Palmer Quarterly,

35, 63-88.

MARINI, Z . UND CASE, R . ( 1 9 9 4 ) : T h e

development of abstract reasoning about the physical and social world. Child Development,

65, 147-59.

MARKMAN, Ε. M. (1979): Realizing that you don't understand: Elementary school children's awareness of inconsistencies. Child Development, 50, 643-55. MARKMAN, Ε . Μ . ( 1 9 8 7 ) : H o w c h i l d r e n

constrain the possible meanings of words. In U. Neisser (Ed.), Concepts and conceptual development: Ecological and intellectual factors in categorization. Cambridge, MA: Cambridge University Press. MARKMAN, Ε. M . ( 1 9 8 9 ) :

Categorization

and naming in children: Problems of induction. Cambridge, MA: Cambridge University Press. MARKMAN, Ε. M. (1992): Constraints on word learning: Speculations about their nature, origins and domain specificity. In Μ R. Gunner und Μ. P. Maratsos (Eds.), Modularity and constraints in language and cognition: The Minnesota symposium on child psychology. Hillsdale, NJ: Erlbaum. MARKMAN, Ε . M . UND WACHTEL, G . F .

(1988):Children's use of mutual exclu-

MARR, D . B . UND STERNBERG, R . J. ( 1 9 8 6 ) :

Analogical reasoning with novel concepts: Differential attention of intellectually gifted and nongifted children to relevant and irrelevant novel stimuli. Cognitive Development, I, 53-72. MARSCHARK, M . UND WEST, S. H . ( 1 9 8 5 ) :

Creative language abilities of deaf children. Journal of Speech and Hearing Research, 28, 73-78. MARSCHARK, M . , WEST, S. Α., NALL, L .

UNDEVERHART, V. (1986): Development of creative language devices in signed and oral production. Journal of Experimental Child Psychology, 41, 534-50. MASATAKA, N. (1992): Pitch characteristics of Japanese maternal speech to infants. Journal of Child Language, 19, 213-24. MASUR, E . F., MCINTYRE, C . W . UND

FLAVELL, J. H. (1973): Developmental changes in apportionment of study time among items in a multitrial free recall task. Journal of Experimental Child Psychology, 15, 237-46. MATZ, M. (1982): Towards a process model for high school algebra errors. In D. Sleeman und J. S. Brown (Eds.), Intelligent tutoring systems. New York: Academic Press. MAURER, D . UND MAURER, C . ( 1 9 8 8 ) : The

•world of the newborn. New York: Basic Books. MAYER, R . E . , LEWIS, A . B . UND HEGARTY,

M. (1992): Mathematical misunder-

502

Literaturverzeichnis

standings: Qualitative reasoning about quantitative problems. In J. I. D. Campbell (Ed.), The nature and origins of mathematical skills. Amsterdam: NorthHollanf. MCCALL, R . B . , APPLEBAUM, Μ . I. UND HOGARTY, P . S. ( 1 9 7 3 ) : D e v e l o p m e n t a l

changes in mental performance. Monographs of the Society for Research in Child Development, 38 (Serial No. 150). MCCALL, R . B . UND CARRIGER, M . S.

(1993): A meta-analysis of infant habituation and recognition memory performance as predictors of later IQ. Child Development, 64, 57-79. MCCALL, R . B . , KENNEDY, C. B . UND

APPLEBAUM, Μ. I. (1977): Magnitude of discrepancy and distribution of attention in infants. Child Development, 48, 77286.

MCCARTHY, D. (1954): Language develop-

ment in children. In L. Carmichael (Ed.), Manual of child psychology. New York: Wiley. MCCLELLAND, J. L . ( 1 9 9 5 ) : A c o n n e c t i o n i s t

perspective on knowledge and development. In T. J. Simon und G. S. Halford (Eds.), Developing cognitive competence: New approaches to process modeling. Hillsdale, NJ: Erlbaum. MCCLOSKEY, Μ . UND KAISER, M . ( 1 9 8 4 ) :

The impetus impulse: A medieval theory of motion lives on in the minds of children. The Sciences. MCDONOUGH, L . UND MANDLER, J. Μ .

(1994): Very long-term recall infants: Infantile amnesia reconsidered. Memory, 2, 339-52. MCFADDEN, G . T . , DUFRENSE, A . UND

KOBASIGAWA, A. (1986): Young children's knowledge of balance scale prob-

lems. Journal of Genetic Psychology, 148, 79-94. MCGILLY. K . UND SIEGLER, R . S. ( 1 9 8 9 ) :

How children choose among serial recall strategies. Child Development, 60, 17282. MCGILLY, K . UND SIEGLER, R . S. ( 1 9 9 0 ) :

The influence of encoding and strategic knowledge on children's choices among serial recall strategies. Developmental Psychology, 26, 931-41. MCKEOUGH, A. (1992): A neo-Piagetian analysis of narrative and its development. In R. Case (Ed.), The minds staircase: Exploring the conceptual underpinnings of children's thought and knowledge. Hillsdale, NJ: Erlbaum. MELTZOFF, A. N. (1988): Infant imitation and memory: Nine-month-olds in immediate and deferred tests. Child Development, 59, 217-25. MELTZOFF, A. N. (1990): Towards a developmental cognitive science. Annals of the New York Academy of Sciences, 608, 1-37. MELTZOFF, A. N. (1995): What infant memory tells us about infantile amnesia: Long-term recall and deferred imitation. Journal of Experimental Child Psychology, 59, 497-515. MELTZOFF, A . N . UND MOORE, Μ . Κ .

(1983): Newborn infants imitate adult facial gestures. Child Development, 54, 702-9. MELTZOFF, A . N . UND MOORE, Μ . K .

(1989): Imitation in newborn infants: Exploring the range of gestures imitated and the underlying mechanisms. Developmental Psychology, 25, 954-62. MELTZOFF, A . N . UND MOORE, Μ . K .

(1994): Imitation, memory, and the repre-

Literaturverzeichnis sentation of persons. Infant Behavior and Development, 17, 83-99. MENDELSON, M . J. UND ΚΛΙΤΗ, Μ . M.

(1976): The relation between audition and vision in the human newborn. Monographs of the Society for Research in Child Development, 41 (Whole No. 167). MENDELSON, R . UND SHULTZ, T . R . ( 1 9 7 6 ) :

Covariation and temporal contiguity as principles of causal inference in young children. Journal of Experimental Child Psychology, 13, 89-111. MENN, L . UND STOEL-GAMMON, C . ( 1 9 9 5 ) :

Phonological development. In P. Fletcher und Β. MacWhinney (Eds.), The handbook of child language. Cambridge, MA: Blackwell. MERRIMAN, W . E . UND BOWMAN, L. L .

(1989): The mutual exclusivity bias in children's word learning. Monographs of the Society for Research in Child Development, 54, (Serial No. 220). MERRIMAN, W . E . , MARAZITA, J. UND

JAR VIS, L. (1993): Four-years-olds' disambiguation of action and object word reference. Journal of Experimental Child Psychology, 56, 412-30. MERRIMAN, W . E . , SCOTT, P. UND

MARAZITA, J. (1993): An appearancefunction shift in children's object naming. Journal of Child Language, 20, 101-18. MERVIS, C. Β. (1987): Child-basic object categories and early lexical development. In U. Neisser (Ed.), Concepts and conceptual development: Ecological and intellectual factors in categorization. Cambridge, MA: Cambridge University Press. MERVIS, C . B . UND BERTRAND, J. ( 1 9 9 3 ) :

Early language and cognitive development: Implications of research with

503

children who have Williams syndrome or Down Syndrome. Paper presented at the 60th Anniversary Meeting of the Society for Research in Child Development, New Orleans. MERZENICH, Μ . M . , JENKINS, W . M . , JOHNSTON, P . , SCHREINER, C . , MILLER, S.

L. UNDTALLAL, P. (1996): Temporal processing deficits of language-learningimpaired children amelio-rated by training. Science, 271, 77-81. MERZENICH, Μ . Μ . , SCHREINER, C . S., JENKINS, W . M . UND WANG, X . ( 1 9 9 3 ) :

Neural mechanisms underlying temporal integration, segmentation, and input sequence representation: Some implications for the origin of learning disabilities. In P. Tallal, A. M. Galaburda, R. R. Linas und C. von Euler (Eds.), Temporal information processing in the nervous system: Special reference to dyslexia and dysphasia. New York: New York Academy of science. METZ. Κ. (1985): The development of children's problem solving in a gears task: A problem space perspective. Cognitive Science, 9, 431-72. MILLER, G. A. (1956): The magical number seven, plus or minus two: Some limits on our capacity for processing information. Psychological Review, 63, 81-97. MILLER, J. (1992): Development of speech and language in children with Down syndrome. In I. Lott und Ε. McCoy (Eds.), Down syndrome: Advances in medical care. New York: Wiley: MILLER, K. (1989): Measurement as a tool for thought: The role of measuring procedures in children's understanding of quantitative invariance. Developmental Psychology, 25, 589-600.

Literaturverzeichnis

504

MILLER, Κ . UND GELMAN, R . ( 1 9 8 3 ) : T h e

child's representation of number: A multidimensional scaling analysis. Child Development,

54, 1470-79.

MILLER, S. A. (1976): Nonverbal assess-

ment of conservation of number. Child Development,

47, 722-28.

MOLFESE, D . L. UND MOLFESE, V . J. ( 1 9 7 9 ) :

MILLER, K . F . UND BAILLARGEON, R .

(1990): Length and distance: Do preschoolers think that occlusion brings things together? Developmental Psychology, 26, 103-14. MILLER, K. F. UND ZHU, J. (1991): T h e

trouble with teens: Accessing the structure of number names. Journal of Memory and Language, 30, 48-68.

Hemisphere and stimulus differences as reflected in the cortical responses of newborn infants to speech stimuli. Developmental Psychology, 15, 505-11. MORGAN, J. L. (1996): A rhythmic bias in

preverbal speech segmentation. Journal of Memory and Language, 35, 666-88. MORRISON, F. J., GRIFFITH, Ε . M . UND FRAZIER, J. A . ( 1 9 9 6 ) : S c h o o l i n g a n d t h e

MILLER, K . F . , SMITH, C . Μ . , ZHU, J. UND

ZHANG, H. (1995): Preschool origins of cross-national differences in mathematical competence: The role of numbernaming systems. Psychological Science, 6, 56-60. MILLER, L. T . UND VERNON, P . A . ( i n

press): Developmental trends in memory capacity and speed of information processing. Developmental Psychology. MILLER, P. UND SEIER, W . ( 1 9 9 4 ) : S t r a t e g y

utilization deficiencies in children: When, where, and why. In H. Reese (Ed.), Advances in child development and behavior, Vol. 25. New York: Academic Press.

5-7 shift: A natural experiment. A. Sameroff und Μ. Μ. Haith (Eds.), Reason and responsibility: The passage through childhood. Chicago, IL: University of Chicago Press. MORRISON, F. J., HOLMES, D . L . UND HAITH, Μ . M . ( 1 9 7 4 ) : A d e v e l o p m e n t a l

study of the effects of familiarity on short-time visual memory. Journal of Experimental Child Psychology, 18, 41225. MORRISON, F. J., SMITH, L . UND DOWEHRENBERGER, M . ( 1 9 9 5 ) : E d u c a t i o n a n d

cognitive development: A natural experiment. Developmental Psychology, 31, 789-99.

MILLER, P. H. (1990) The development of strategies of selective attention. In D. F. Bjorklund (Ed.), Children's strategies: Contemporary views of cognitive development. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

MORRONGIELLO, Β . Α . , FENWICK, K . D . ,

MILLER, P. H. (1993): Theories of

MORRONGIELLO, Β . Α . , HUMPHREY, G. K., TIMNEY, B., CHOI, J. UND ROCCA, P. T .

develop-

mental psychology. (3RD ed.). New York: W. H. Freeman and Company. MILLER P. H . , WOODY-RAMSEY, J. UND

ALOISE, P. A. (1991): The role of strategy effortfulness in strategy effectiveness. Developmental Psychology, 27, 738-45.

HILLIER, L . UND CHANCE, G . ( 1 9 9 4 ) :

Sound localization in newborn human infants. Developmental Psychology, 27, 519-38.

(1994): Tactual object exploration and recognition in blind and sighted children. Perception,

23, 833-48.

MORSE, P. A. (1972): T h e discrimination of

speech and nonspeech stimuli in early

Literaturverzeichnis infancy. Journal of Experimental Child Psychology, 14, 477-92. MOSHMAN, D. (in press): Cognitive development beyond childhood. To appear in W. Damon (Series Ed.) und D. Kuhn und R. S. Siegler (Vol. Eds.), Handbook of child psychology: Vol. 2: Cognition, perception & language. (5th ed.). New York: Wiley. MOSIER, C. E. UND ROGOFF, Β. (1994):

Infants' instrumental use of their mothers to achieve their goals. Child Development, 65, 70-79. MUIR, D . , ABRAHAM, W . , FORBES, B. UND

HARRIS, L. (1979): The ontogenesis of an auditory localization response from birth to four month of age. Canadian Journal of Psychology, 33, 320-33. MULLER, E . , HOLLIEN, H . UND MURRAY, T.

(1974): Perceptual responses to infant crying: Identification of cry. Journal of Child Language, 1, 89-95. MUNAKATA, Y . , MCCLELLAND, J. Α., JOHNSON, Μ . H . UND SIEGLER, R . S. (in

press): Rethinking infant knowledge: Toward an adaptive process account of successes and failures in object permanence tasks. Psychological Review. MURRAY, F. B . ( 1 9 8 7 ) : N e c e s s i t y : T h e

developmental component in school mathematics. In L. S. Liben (Ed.), Development and learning: Conflict or congruence. Hillsdale, NJ: Erlbaum. MURRAY, F. UND ARMSTRONG, S. ( 1 9 7 6 ) :

Necessity in conservation and nonconservation. Developmental Psychology, 12, 483-84. MÜSSEN, P . H . , CONGER, J. J., KAGAN, J. UNDGEIWITZ, J. ( 1 9 7 9 ) : Psychological

development: A life-span approach. New York: Harper und Row.

505

MYERS, Ν . Α . , CLIFTON, R. K . UND

CLARKSON, Μ. G. (1987): When they

were very young: Almost threes remember two years ago. Infant Behavior and Development, 10, 1 2 3 - 3 2 . NADEL, L . UND ZOLA-MORGAN, S. ( 1 9 8 4 ) :

Infantile amnesia: A neurobiological perspective. In Μ. Moscovitch (Ed.), Infant memory: Its relation to normal and pathological memory in humans and other animals. New York: Plenum. NAIGLES, L. G . UNDKAKO, Ε . T . ( 1 9 9 3 ) :

First contact in verb acquisition: Defining a role for syntax. Child Development, 64, 1665-87. NAUS, M . J. UND ORNSTEIN, P . A . ( 1 9 8 3 ) :

Development of memory strategies: Analysis, questions, and issues. In Μ. T. H. Chi (Ed.), Trends in memory development research. New York: Karger. NEEDHAM, Α . , BAILLARGEON, R. UND

KAUFMAN, L. (in press): Object segregation in infancy. In L. P. Lipsitt und C. Rovee-Collier (Eds.), Advances in infancy research Vol. II. Norwood, NJ: Ablex. NEISSER, U . UND WEENE, P . ( 1 9 6 2 ) :

Hierarchies in concept attainment. Journal of Experimental Psychology, 64, 64045.

NELSON, C. A. (1995): The ontogeny of

human memory: A cognitive neuroscience perspective. Developmental Psychology, 31, 7 2 3 - 3 8 . NELSON, Κ. (1973): Structure and strategy

in learning to talk. Monographs of the Society for Research in child Development, 38 (Whole No. 149). NELSON, K. (1978): H o w young children

represent knowledge of their world in and out of language. In R. S. Siegler (Ed.),

506

Literaturverzeichnis

Children's thinking: What develops? Hillsdale, NJ: Erlbaum. NELSON, K. (1993): The psychological and social origins of autobiographical memory. Psychological Science, 4, 1-8. NELSON, K . UND HUDSON, J. ( 1 9 8 8 ) : S c r i p t s

and memory: Functional relationship in development. In F. E. Weinert und Μ. Perlmutter (Eds.), Memory development: Universal changes and individual differences. Hillsdale, NJ: Erlbaum. NEVILLE, H. J. (1995a): Developmental specificity in neurocognitive development in humans. In M. S. Gazzaniga (Ed.), The cognitive neurosciences. Cambridge, MA: MIT Press. NEVILLE, H. (1995b, Juni): Brain plasticity and the acquisition of skill. Paper presented at the Conference, Eugene, OR. NEWCOMBE, Ν. (1989): The development of spatial perspective taking. In H. W. Reese (Ed.), Advances in child development and behavior, Vol. 22. New York: Academic Press. NEWCOMBE, N . UND FOX, N . A . ( 1 9 9 4 ) :

Infantile amnesia: Through a glass darkly. Child Development, 65, 31-40. NEWCOMBE, N . UND HUTTEHLOCHER, J.

(1992): Children's early ability to solve perspective-taking problems. Developmental Psychology, 28, 635-43. NEWELL, A . UND ROSENBLOOM, P. S.

(1981): Mechanisms of skill acquisition and the law of practice. In J. R. Anderson (Ed.), Cognitive skills and their acquisition. Hillsdale, NJ: Erlbaum NEWPORT, E. L. (1982): Task specificity in

language learning? Evidence from speech. In E. Wanner und L. R. Gleitman (Eds.), Language acquisition: The state

of the art. Cambridge, MA: Cambridge University Press. OAKES, L. M. (1994): The development of infants' use of continuity cues in their perception of causality. Developmental Psychology, 30, 869-79. OAKES, L. M . UND COHEN, L . B. ( 1 9 9 0 ) :

Infant perception of a causal event. Cognitive Development, 5, 193-207. OAKES, L . M . UND COHEN, L. B. ( 1 9 9 5 ) :

Infant causal perception. In C. RoveeCollier und L. P. Lipsitt (Eds.), Advances in infancy research, Vol. 9. Norwood, NJ: Ablex. OAKHILL, J. (1988): The development of children's reasoning ability: Informationprocessing approaches. In K. Richardson und S. Sheldon (Eds.), Cognitive development to adolescence. Hillsdale, NJ: Erlbaum. OAKSFORD, M . UND CHATER, Ν . ( 1 9 9 4 ) : A

rational analysis of the selection task as optimal data selection. Psychological Review, 101, 608-31. OCHS, E . UND SCHIEFFELIN, B . ( 1 9 9 5 ) : t h e

impact of language socialization on grammatical development. In P. Fletcher und Β. Mac Whinney (Eds.), The handbook of child language. Cambridge, MA: Blackwell. OKAMOTO, Y. (1992): A developmental analysis of children's processes for solving word problems. Unpublished doctoral dissertation, Stanford University. OLLER, D . K . UND EILERS, R . Ε . ( 1 9 8 8 ) : T h e

role of audition in babbling. Child Development, 59, 441-49. OLSON, D. R. (1993, März): What are beliefs and why can a four-year-old child but not a three-year-old child understand them? Paper presented at the biennial

Literaturverzeichnis meeting of the Society for Research in Child Development, New Orleans, LA. OLSON, R . K . , FORSBERG, Η . UND WISE, B.

(1994): Genes, environment, and the development of orthographic skills. In V. W. Berninger (Ed.), The varieties of orthographic knowledge I: Theoretical and developmental issues. Dordrecht, The Netherlands: Kluwer Academic Publishers. ORNSTEIN, P., GORDON, Β. N . UND LAURUS,

D. (1992): Children's memory for a personally experienced event. Implications for testimony, Applied Cognitive Psychology, 6, 49-60. ORNSTEIN, P. Α., MEDLIN, R. G . , STONE, B . P. UNDNAUS, M . J. ( 1 9 8 5 ) : R e t r i e v i n g

for rehearsal: An analysis of active rehearsal in children's memory. Developmental Psychology, 21, 635-41. ORNSTEIN, P. A. UNDNAUS, M. J. (1985):

Effects of the knowledge base on children's memory strategies. In H. W. Reese (Ed.), Advances in child development and behavior, Vol. 19. New York: Academic Press. OSHERSON, D. UND MARKMAN, E . ( 1 9 7 5 ) :

Language and the ability to evaluate contradictions and tautologies. Cognition, 3, 213-26. OVERTON, W . F., WARD, S. L., NOVECK, I. Α . , BLACK, J. UND O'BRIEN, D . P . ( 1 9 8 7 ) :

Form and content in the development of deductive reasoning. Developmental Psychology, 23, 22-30.

507

dialogues for knowledge acquisition and use. In E. A. Forman, Ν. Minick und C. A. Stone (Eds.), Contexts for learning: Sociocultural dynamics in children's development. New York: Oxford University Press. PANAGOS, J. M . UND PRELOCK, P. A .

(1982): Phonological constraints on the sentence productions of languagedisordered children. Journal of Speech and Hearing Research, 25, 171-77. PAPERT, S. (1980): Mindstorms: Children, computers, and powerful ideas. New York: Basic Books. PARIS, S. G. (1975): Integration and inference in children's comprehension and memory. In F. Restle, R. Shriffrin, J. Castellan, H. Lindman und D. Pisoni (Eds.), Cognitive theory. Vol. 1, Hillsdale, NJ: Erlbaum. PARKER, J. (1995): Age differences in source monitoring of performed and imagined actions on immediate and delayed tests. Journal of Experimental Child Psychology, 60, 84-101. PASCUAL-LEONE, J. A. (1970): A mathematical model for transition in Piaget's developmental stages. Acta Psychologica, 32, 301-45. PASCUAL-LEONE, J. A. (1989): Constructive problems for constructive theories: The current relevance of Piaget's work and a critique of information processing simulation psychology. In H. Spada und R. Kluwe (Eds.), Developmental models of thinking. New York: Academic Press.

PALINCSAR, A . S. UND BROWN, A . L.

(1984): Reciprocal teaching of comprehension-monitoring activities. Cognition and Instruction, 1, 117-75.

PERFETTI, C. A. (1984): Reading ability. New York: Oxford University Press. PERLMUTTER, Μ . UND LANGE, G . A . ( 1 9 7 8 ) :

PALINCSAR, A . S., BROWN, A . L. UND

CAMPIONE, J. C. (1993): First-grade

A developmental analysis of recallrecognition distinctions. In P. A. Ornstein

508

Literaturverzeichnis

(Ed.), Memory development in children. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

biological basis of language. Oxford: Oxford University Press.

PERNER, J. ( 1 9 9 1 ) :

Understanding the representational mind. Cambridge, MA: MIT Press.

PlAGET, J. (1946a): The development of children's concept of time. Paris: Presses Universitäres de France.

PERNER, J., RUFFMAN, T . UND LEEKAM, S.

PlAGET, J. (1946b): Les notions de mouvement et de vitesse chez Venfant. Paris: Presses Universitäres de France.

R. (1994): Theory of mind is contagious. You catch it from your sibs. Child Development, 65, 1228-38. PERRET-CLERMONT, A . N . UND SCHUBAUER-

LEONI, M. L. (1981): Conflict and cooperation as opportunities for learning. In W. P. Robinson (Ed.), European monographs in social psychology (Vol. 24). New York: Academic Press. PERRY, D . G . UND BUSSEY, K . ( 1 9 7 9 ) : T h e

social learning theory of sex differences: Imitation is alive and well. Journal of Personality and Social Psychology, 37, 1699-712. PERRY, M . , CHURCH, R . B . UND GOLDIN-

MEADOW, S. (1988): Transitional knowledge in the acquisition of concepts. Cognitive Development, 3, 359-400. PERRY, Μ . , CHURCH, R . B . UND GOLDIN-

MEADOW, S. (1992): Is gesture/speech mismatch a general index of transitional knowledge? Cognitive Development, 7, 109-22. Modularity and constraints in early lexical acquisition. Evidence from children's first words/signs and gestures. In M. Gunnar und Μ. Maratsos (Eds.), Modularity and constraints in language and cognition: The Minnesota symposia on child psychology. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

PETITTO, L. A . ( 1 9 9 2 ) :

In the beginning: On the genetic and environmental factors that make early language acquisition possible. In M. Gopnick und S. Davis (Eds.), The

PETITTO, L. A . ( 1 9 9 5 ) :

PlAGET, J. (1951): Plays, dreams, and imitation in childhood. New York: W. W. Norton. PlAGET, J. (1952): The child's concept of number. New York: W. W. Norton. PlAGET, J. (1954): The construction of reality in the child. New York: Basic Books. PlAGET; J. (1955): Die Bildung des Zeitbegriffs beim Kinde. Zürich: Rascher. PlAGET, J. (1969): The child's conception of time. New York: Ballantine. PlAGET, J.( 1969a): Nachahmung, Spiel und Traum. Stuttgart: Klett. PlAGET, J. (1970): Psychology and epistemology. New York: W. W. Norton. PlAGET, J. (1971): The construction of reality in the child. New York: Ballantine. PlAGET, J. (1974): Der Aufbau der Wirklichkeit beim Kinde. Stuttgart: Klett. PlAGET, J. UND INHELDER, B. ( 1 9 6 9 ) : The

psychology of the child (Η. Weaver, Trans.). London: Routledge und Kegan Paul. PlAGET, J., INHELDER, B . UND SZEMINSKA,

A. (I960): The child's conception of geometry. London: Routledge und Kegan Paul.

Literaturverzeichnis PLAGET, J . , INHELDER, B . UND SZEMINSKA,

A. (1971): Die natürliche Geometrie beim Kinde. Stuttgart: Klett. S. L . (1995, April): When do infants grasp the nature of pictures? Poster presented at the Biennial Meeting of the Society for Research in Child Development, Indianapolis, IN.

PFFIRROUTSAKOS,

PILLEMER, D . B . UND WHITE, S . H . ( 1 9 8 9 ) :

Childhood events recalled by children and adults. In H. W. Reese (Ed.), Advances in child development and behavior, Vol. 21. New York: Academic Press. The development of children's beliefs about the mental world. Merrill-Palmer Quarterly, 34, 1-32.

PILLOW, Β . H . ( 1 9 8 8 ) :

Language learnability and language development. Cambridge, MA: Harvard University Press.

PINKER, S . ( 1 9 8 4 ) :

PINKER, S . UND PRINCE, A . ( 1 9 8 8 ) : O n

language and connectionism: Analysis of a parallel distributed processing model of language acquisition. Cognition, 28, 73193. PLAUT, D . C . , MCCLELLAND, J . L., SEIDENBERG, Μ . S . UND PATTERSON, K .

(1995): Understanding normal and impaired word reading: Computational principles in quasi-regular domains. Psychological Review, 103, 56-115. Connectionism and development: Neural networks and the study of change. New York: Oxford University Press.

PLUNKETT, K . ( 1 9 9 6 ) :

PLUNKETT. K . UNDMARCHMAN, V . ( 1 9 9 3 ) :

From rote learning to system building: Acquiring verb morphology in children and connectionist nets. Cognition, 48, 21-69. PLUNKETT, K . UND SINHA, C . ( 1 9 9 2 ) :

Connectionism and developmental the-

509

ory. British Journal of Development Psychology, 10, 209-54. D. A. UND LINDSAY, D. S. (1995): Interviewing preschoolers: Effects of nonsuggestive techniques, parental coaching and leading questions on reports of nonexperienced events. Journal of Experimental Child Psychology, 60, 129-54.

POOLE

D. A. UND WHITE, L . (1993): Two years later: Effects of question repetition and retention interval on the eyewitness testimony of children and adults. Developmental Psychology, 29, 844-53.

POOLE,

POSNER, Μ . I., ROTHBART, Μ . K . , THOMAS-

(in press): Development of orienting to locations and objects. In R. Wright (Ed.), Visual attention. New York: Oxford University Press. THRAPP, L . UND GERARDI, G .

E. (1990): Young children understand that looking leads to knowing (so long as they are looking through a single barrel). Child Development, 61, 973-82

PRATT, C . UND BRYANT, P .

PRATT, M . W . , KERIG, P . , COWAN, P . A .

(1988): Mothers and fathers teaching 3-year-olds: Authoritative parenting and adult scaffolding of young children's learning. Developmental Psychology, 24, 832-39. UND COWAN, C . P .

(1995): What is intellectual development about in the 1990s? Good information processing. In F. E. Weinert und W. Schneider (Eds.), Memory performance and competencies: Issues in growth and development. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

PRESSLEY, M .

PRESSLEY, M . , LEVIN, J . R . UND GHATALA,

E. S. (1984): Memory strategy monitoring in adults and children. Journal of

510

Literaturverzeichnis

Verbal Learning and Verbal Behavior,

review. Reading Research Quarterly, 27,

23, 2 7 0 - 8 8 .

29-53.

PRESSON, C . G . UND IHRIG, L . H . ( 1 9 8 2 ) :

RADZISZEWSKA, B , UND ROGOFF, Β . ( 1 9 8 8 ) :

Using matter as a spatial landmark: Evidence against egocentric coding in infancy. Developmental Psychology, 18,

Influence of adult and peer collaborators on the development of children's planning skills. Developmental Psychology,

699-703.

24, 8 4 0 - 4 8 .

PYE, C. (1992): The acquisition of K'iche' Maya. In D. Slobin (Ed.), The crosslinguistic study of language acquisition, Vol. 3. Hillsdale, NJ: Erlbaum. QUINE, W. V. O. (1960): Word and

object.

Cambridge, MA: MIT Press. QUINN, P. C. UND EIMAS, P. D. (1995):

Perceptual organization and categorization in young infants. In C. Rovee-Collier und L. P. Lipsitt (Eds.), Advances in infancy research: Vol. 11. Norwood, NJ: Ablex. QUINN, P. C., EIMAS, P . D . UND

ROSENKRANTZ, S. L. (1993): Evidence for representations of perceptually similar natural categories by 3-month-old and 4month-old infants. Perception, 22, 46375. RABINOWITZ, M . UND CHI, Μ . Τ . H . ( 1 9 8 7 ) :

An interactive model of strategic processing. In S. J. Ceci (Ed.), Handbook of cognitive, social and neuropsychological aspects of learning disabilities, Vol. 2. Hillsdale, NJ: Erlbaum

RAIJMAKERS, Μ . E . J., KOTEN, S. V . UND MOLENAAR, P. C . M . ( 1 9 9 6 ) : O n t h e

validity of simulating stagewise development by means of PDP networks: Application of catastrophe analysis and an experimental test of rule-like network performance. Cognitive Science, 20, 10139.

REESE, H. W. (1962): Verbal meditation as

a function of age level. Psychological Bulletin, 59, 502-9.

REICH, P. A. (1986): Language

develop-

ment. Englewood Cliffs, NJ: PrenticeHall. RENNINGER, Κ . Α . , HIDI, S. UND KRAPP, Α .

(Eds.) (1992): The role of interest in learning and development. Hillsdale, NJ: Erlbaum. RENNINGER, K . A . UND WOZNIAK, R . H .

(1985): Effect of interest on attentional shift, recognition, and recall in young children. Developmental Psychology, 21, 624-32. RESNICK, L . B., CAUZINILLE-MARMECHE, E .

RABINOWITZ, M . UND WOOLEY, Κ . E .

(1995): Much ado about nothing: The relation among computational skill, arithmetic word problem comprehension, and limited attentional resources. Cognition and Instruction, 13, 51-71.

UND MATHIEU, J. (1987): Understanding

algebra. In J. A. Sloboda und D. Rogers (Eds.), Cognitive processes in mathematics. Oxford: Clarendon Press. RESNICK, L. B., LEVINE, Η . M . UND TEASLEY, S. D . ( 1 9 9 1 ) : Perspectives

RACK, J. P., SNOWLING, M . J. UND OLSON,

R. K. (1992): The nonword reading deficit in developmental dyslexia: A

on

socially shared cognition. Washington, DC: American Psychological Association.

Literaturverzeichnis RESNICK, L. B., NESHER, P., LEONARD, F., MAGONE, M . , OMANSON, S. UND PELED,

I. (1989): Conceptual bases of arithmetic errors: The case of decimal fractions. Journal of Research in Mathematics Education. J. (1979): Spatial orientation of sixmonth-old infants. Child Development, 50, 1078-87.

RIESER,

J. UND GARING, A. (1991, April): It is not being-there that counts, it is what one has in mind: Constraints on schoolage children's access to spatial knowledge. Paper presented at the meeting of the Society for Research in Child development, Seattle, WA.

RIESER,

RIESER, J. J., GARING, A . E. UND YOUNG,

M. F. (1994): Imagery, action, and young children's spatial orientation: It's not being there that counts, it's what one has in mind. Child Development, 65, 126278. RIESER, J. J., HILL, E. W . , TALOR, C. R., BRADFIELD, A . UND ROSEN, S. ( 1 9 9 2 ) :

Visual experience, visual field size, and the development of nonvisual sensitivity to the spatial structure of outdoor neighborhoods explored by walking. Journal of Experimental Psychology: General, 121, 210-21. Retrieval of a basiclevel category in prelinguistic infants. Developmental Psychology, 24, 2 1 - 2 7 .

ROBERTS, K . ( 1 9 8 8 ) :

ROBINSON, E . J. UND ROBINSON, W . P .

(1981): Egocentrism in verbal referential communication. In M. Cox (Ed.), Is the young child egocentric? London: Concord. ROEDELL, W . C., JACKSON Ν . E . UND

Gifted young children. New York: Teachers College Press. ROBINSON, Η . B. ( 1 9 8 0 ) :

511

Apprenticeship in thinking. New York: Oxford University Press.

ROGOFF, Β . ( 1 9 9 0 ) :

Β. (1995): Observing sociocultural activity on three planes: Participatory appropriation, guided participation, and apprenticeship. In J. V. Wertsch, P. d. Rio und A. Alvarez (Eds.), Sociocultural studies of mind. Cambridge, UK: Cambridge University Press.

ROGOFF,

ROSCH, E. UNDMERVIS, C. B . ( 1 9 7 5 ) :

Family resemblances: Studies in the internal structure of categories. Cognitive Psychology, 7, 5 7 3 - 6 0 5 . ROSCH, E., MERVIS, C . B., GRAY, W . D . , JOHNSON, D . M . UND BOYES-BREAM, P.

(1976): Basic objects in natural categories. Cognitive Psychology, 8, 382-439. S. A. UND FELDMAN, J. F. (1995): Prediction of IQ and specific cognitive abilities at 11 years from infancy measures. Developmental Psychology, 31, 685-96.

ROSE,

ROSE, S. Α . , FELDMAN, J. F. UND WALLACE,

I. F. (1992): Infant information processing in relation to six-year cognitive outcome. Child Development, 63, 1126-41. ROSENGREN, K. S., GELMAN, S. Α . , KALISH, C. W . UND MCCORMICK, M . ( 1 9 9 1 ) : A s

times goes by: Children's early understanding of growth in animals. Child Development, 62, 1 3 0 2 - 2 0 . ROSENSHINE, B. UND MEISTER, C. ( 1 9 9 4 ) :

Reciprocal teaching: A review of research. Review of Educational Research, 64, 4 7 9 - 5 3 0 . ROVEE, C . K . UND FAGEN, J. W . ( 1 9 7 6 ) :

Extended conditioning and 24-hour retention in infants. Journal of Experimental Child Psychology, 21, 1-11.

Literaturverzeichnis

512

ROVEE-COLLIER, C . ( 1 9 8 9 ) : T h e " m e m o r y

system" of prelinguistic infants. Paper presented at the Conference on the Development and Neural Bases of Higher Cognitive Functions, Chestnut Hill, PA. ROVEE-COLLIER, C. (1995): Time windows

in cognitive development. Developmental Psychology,

31, 147-69.

ROVEE-COLLIER, C . , ADLER, S. A. UND BORZA, M . ( 1 9 9 4 ) : S u b s t i t u t i n g n e w

details for old? Effects of delaying postevent information on infant memory. Memory & Cognition, 22, 644-56. ROVEE-COLLIER, C . , EVANCIO, S. UND

EARLEY. L. A. (1995): The time window hypothesis: Spacing effects. Infant Behavior & Development, 18, 69-78. RUECKERT, L . , LANGE, Ν . , PARTIOT, Α . , APPOLLONIO, I, LITVAN, I., LE BIHAN, D .

UND GRAFMAN, J. (1996): Visualizing cortical activation during mental calculation with functional MRI. Neuroimage, 3, 97-103. RUSSELL, J. (1982): Cognitive conflict,

transmission and justification: Conservation attainment through dyadic interaction. Journal of Genetic Psychology, 140, 283-97. RUSSELL, J., JARROLD, C . UND POTEL, D .

(1994): What makes strategic deception difficult for children - the deception or the strategy? British Journal of Developmental Psychology, 12, 301-14. SALAPATEK, P. (1975): Pattern perception in early infancy. In L. B. Cohen und P. Salapatek (Eds.), Infant perception: From sensation to cognition. New York: Academic Press. SAPIR, E. (1951): The psychological reality

of phonemes. In D. G. Mandelbaum (Ed.), Selected writings of Edward Sapir.

Berkeley: University of California Press. (Article originally published in French, 1933.) SAYWITZ, K . , GOODMAN, G., NICHOLS, G .

UND MOAN, S. (1991): Children's memory of a physical examination involving genital touch: Implications for reports of child sexual abuse. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 5, 682-91. SCARDEMALIA, M . UND BEREITER, C .

(1984): Written composition. In M. Wittrock (Ed.), Handbook of research on teaching, 3rd edition. SCHACTER, D. L. (1987): Implicit memory: History and current status. Journal of Experimental Child Psychology: Learning, Memory, and Cognition, 13, 501-18. SCHÄUBLE, L. (1990): Belief revision in children: The role of prior knowledge and strategies for generating evidence. Journal of Experimental Child Psychology, 49, 31-57. SCHÄUBLE, L. (1996): The development of scientific reasoning in knowledge-rich context. Developmental Psychology, 32, 102-19. SCHIEFFLEIN, Β. B. (1990): The give and take of everyday life: Language socialization of Kaluli children. Cambridge: Cambridge University Press. SCHLESINGER, I. M. (1982): Steps to language: Towards a theory of native language acquisition. Hillsdale, NJ: Erlbaum. SCHNEIDER, Β . Α . , TREHUB, S. E . UND BULL,

D. (1979): The development of basic auditory processes in infants. Canadian Journal of Psychology, 33, 306-19. SCHNEIDER, W. (1985): Developmental trends in the metamemory-memory behavior relationship: An Integrative re-

Literaturverzeichnis view. In D. L. Forrest-Pressley, G. E. MacKinnon und T. G. Waller (Eds.), Cognition, metacognition, and human performance Vol. 1. New York: Academic Press. SCHNEIDER, W . UND BJORKLUND, D. (in

press): Memory. In W. Damon (Series Ed.) und D. Kuhn und R. S. Siegler (Vol. Eds.), Handbook of child psychology: Vol. 2: Cognition, perception & language. (5th ed.). New York: Wiley. SCHNEIDER, W., GRUBER, H., GOLD, A . UND

OPWIS, K. (1993): Chess expertise and memory for chess positions in children and adults. Journal of Experimental Child Psychology, 56, 328-49. SCHNEIDER, W., KORKEL, J. UND WEINERT,

F. E. (1989): Domain-specific knowledge and memory performance: A comparison of high- and low-aptitude children. Journal of Educational Psychology, 81, 30612. SCHNEIDER, W. UND PRESSLEY, M . ( 1 9 8 9 ) :

Memory development between 2 and 20. New York: Springer-Verlag. SCHNEIDER, W. UND SODIAN, B. ( 1 9 8 8 ) :

Metamemory-memory relationship in preschool children: Evidence from a memory-for-location task. Journal of Experimental Child Psychology, 45, 20933. SCHOLNICK, Ε. K . UND WING, C . S. ( 1 9 9 5 ) :

Logic in conversation: Comparative studies of deduction in children and adults. Cognitive Development, 10, 31946. SEIDENBERG, Μ . S. UND MCCLELLAND, J. L.

(1989): A distributed, developmental model of word recognition and naming. Psychological Review, 96, 523-68.

513

SHAKLEE, H. (1979): Bounded rationality and cognitive development: Upper limits on growth? Cognitive Psychology, 11, 327-45. SHAKLEE, H. UNDELEK, S. ( 1 9 8 8 ) : C a u s e

and covariate: Development of two related concepts. Cognitive Development, 3, 1-13. SHARE, D . L. UND STANOVICH, Κ . E. ( 1 9 9 5 ) :

Cognitive processes in early reading development: A model of acquisition and individual differences. Issues in Education: Contributions from Educational Psychology, 1, 1-57. SHATZ, M . UND GELMAN, R. ( 1 9 7 3 ) : T h e

development of communication skills: Modifications in the speech of young children as a function of listener. Monographs of the Society for Research in Child Development, 38 (Whole No. 152). SHIMOJO, S., BAUER, J. Α., O'CONNELL, K.

M. UND HELD, R. (1986): Prestereoptic binocular vision in infants. Vision Research, 26, 501-10. SHULTZ, T. R., ALTMANN, E. UND ASSELIN,

J. (1986): Judging causal priority. British Journal of Developmental Psychology, 4, 67-74. SHULTZ, T. R., FISHER, G . W . , PRATT, C. C .

UND RULF, S. (1986): Selection of causal rules. Child Development, 57, 143-52. SHULTZ, T. R., SCHMIDT, W . C., BUCKINGHAM, D . UND MARESCHAL, D.

(1995): Modeling cognitive development with a generative connectionist algorithm. In T. Simon und G. Halford (Eds.), Developing cognitive competence: New approaches to process modeling. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

Literaturverzeichnis

514

SlEGAL, Μ. (1991): Knowing children: Experiments in conversation and cognition. Hove, England: Erlbaum. SlEGAL, M . UND PETERSON, C . C . ( 1 9 9 4 ) :

Children's theory of mind and the conversational territory of cognitive development. In C. Lewis und P. Mitchell (Eds.), Children's early understanding of mind: Origins and development. Hillsdale, NJ: Erlbaum. SIEGLER, R. S. (1976): Three aspects o f

cognitive development. Cognitive Psychology,

SIEGLER, R. S. (1994): Cognitive variability: A key to understanding cognitive development. Current Directions in Psychological Science, 3, 1-5. SIEGLER, R. S. (1996): Emerging minds: The process of change in children's thinking. New York: Oxford University Press. SIEGLER, R. S. UND CROWLEY, K. ( 1 9 9 4 ) :

Constraints on learning in non-privileged domains. Cognitive Psychology, 27, 194227.

8, 4 8 1 - 5 2 0 . SIEGLER, R. S. UND JENKINS, E. A . ( 1 9 8 9 ) :

SIEGLER, R. S. (1978): The origins of scientific reasoning. In R. S. Siegler (Ed.), Children's thinking: What develops? Hillsdale, NJ: Erlbaum. SIEGLER, R. S. (1981): Developmental sequences within and between concepts. Monographs of Society for Research in Child Development, 46, (Whole No. 189). SIEGLER, R. S. (1989): Unities in strategy choices across domains. In M. Perlmutter (Ed.); Minnesota symposium on child psychology, Vol. 19. Hillsdale, NJ: Erlbaum. SIEGLER, R. S. (1987a): Strategy choices in subtraction. In J. Sloboda und D. Rogers (Eds.), Cognitive processes in mathematics. Oxford: Clarendon. SIEGLER, R. S. (1987b): The perils of averaging data over strategies: An example from children's addition. Journal of Experimental Psychology: General, 116, 250-64.

SIEGLER, R. S. (1988): Individual differences in strategy choices: Good students, not-so-good students, and perfectionists. Child Development, 59, 833-51.

How children discover new strategies. Hillsdale, NJ: Erlbaum. SIEGLER, R . S. UND RICHARDS, D . D .

(1979): The development of speed, time, and distance concepts. Developmental Psychology, 15, 288-98. SIEGLER, R. S. UND ROBINSON, M . ( 1 9 8 2 ) :

The development of numerical understandings. In H. W. Reese und L. P. Lipsitt (Eds.), Advances in child development and behavior: Vol. 16. New York: Academic Press. SIEGLER, R . S. UND SHIPLEY, C. ( 1 9 9 5 ) :

Variation, Selection, and cognitive change. In T. Simon und G. Halford (Eds.), Developing cognitive competence: New approaches to process modeling. Hillsdale, NJ: Erlbaum. SIEGLER, R . S. UND SHRAGER, J. ( 1 9 8 4 ) :

staretgy choices in addition and subtraction: How do children know what to do? In C. Sophian (Ed.), The origins of cognitive skills. Hillsdale, NJ: Erlbaum. SIGMAN, ML, COHEN, S. E., BECKWITH, L .

UND PARMALEE, Α. Η. (1986): Infant attention in relation to intellectual abilities in childhood. Developmental Psychology, 22, 788-92.

Literaturverzeichnis SILVER, Ε. Α. (1983): Probing young adults' thinking about rational numbers. Focus on Learning Problems in Mathematics, 5, 105-17. SIMON, T . J., HESPOS, S . J . UND ROCHAT, P .

(1995): Do infants understand simple arithmetic? A replication of Wynn (1992). Cognitive Development, 10, 25369. T. UND KLAHR, D. (1995): A theory of children's learning about number conservation. In. T. Simon und G. Halford (Eds.), Developing cognitive competence: New approaches to process modeling. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

SIMON,

SIMONS, D . J. UND KEIL, F . C . ( 1 9 9 5 ) : A n

abstract to concrete shift in the development of biological thought. Cognition, 56, 129-63. SINGER, N . G . , BELLUGI, U . , BATES, E . , JONES, W . UND ROSSEN, Μ . ( 1 9 9 5 ) : C o n -

trasting profiles of language development in children with Williams and Down syndromes. In D. Thal und J. Reilly (Eds.), "Origins of Language Disorders." Developmental Neuropsychology. SIQUELAND, E . R . UND LIPSITT, L. P . ( 1 9 6 6 ) :

Conditioned head turning in human newborns. Journal of Experimental Child Psychology,

3, 356-76.

SLATER, Α . , MATTOCK, A . UND BROWN, E .

(1990): Size constancy at birth: Newborn infants' responses to retinal and real size. Journal of Experimental Child Psychology, 49, 314-22. SLEEMAN, D. H. (1985): Basic algebra revised: A Study with 14-year-olds. International Journal of Man-Machine Studies, 22, 127-49.

515

SLOBIN, D. I. (1986): Crosslinguistic evidence for the language-making capacity. In D. I. Slobin (Ed.), The crosslinguistic study of language acquisition. Hillsdale, NJ: Erlbaum. P. UND HUTTENLOCHER, J. (1989): Young children's acquisition of emotion concepts. In C. Saarni und P. L. Harris (Eds.), Children's understanding of emotion. Cambridge: Cambridge University Press.

SMILEY,

A. L . (1979): Conceptual preference for thematic or taxonomic relations: A nonmonotonic age trend from preschool to old age. Journal of Experimental Child Psychology, 28, 249-57.

SMILEY, S. S . UND BROWN,

SMITH, A. (1984): Early and long-term recovery from brain damage in children and adults: Evolution of concepts of localization, plasticity, and recovery. In C. R. Almli, S. Finger (Eds.), Early brain damage - Vol. 2. New York: Academic Press. SMITH, L . B . , JONES, S . S . UND LANDAU, B .

(1992): Count nouns, adjectives, and perceptual properties in children's novel word interpretations. Developmental Psychology, 28, 273-86. SMITH, Μ. E. (1926): A investigation of the development of the sentence and the extent of vocabulary in young children. University of Iowa Studies in Child Welfare, 3, (Whole No. 5). The acquisition of phonology: A case study. Cambridge: Cambridge University Press.

SMITH, Ν . V . ( 1 9 7 3 ) :

(1988): The linguistic socialization of Javanese children. Anthropological Linguistics, 30, 166-98.

SMITH-HEFNER, B .

Literaturverzeichnis

516

C. Ε. (1986): Conversations with children. In P. Fletcher und Μ. Garman (Eds.), Language acquisition: Studies in first language development. Cambridge: Cambridge University Press.

SNOW,

SNOW, C. E. UND HOEFNAGEL-HOHLE, M .

(1978): The critical period for language acquisition: Evidence from second language learning. Child Development, 49,

1114-28. B. (1988): Children's attributions of knowledge to the listener in a referential communication task. Child Development, 59, 378-85.

SODIAN,

SODIAN, B., ZAITCHIK, D . UND CAREY, S.

(1991): Young children's differentiation of hypothetical beliefs from evidence. Child Development, 62, 753-66. SOJA, Ν . N., CAREY, S. UND SPELKE, E. S.

(1991): Ontological categories guide young children's inductions of word meaning: Object terms and substance terms. Cognition, 38, 179-211. C. (1984): Developing search skills in infancy and early childhood. In C. Sophian (Ed.), Origins of cognitive skills. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

SOPHIAN,

C. (1987): Early developments in children's use of counting to solve quantitative problems. Cognition and Instruction, 4, 61-90.

SOPHIAN,

SOPHIAN,

C. UNDHUBER, A. (1984): Early

developments in children's causal judgements. Child DEVELOPMENT, 55, 512-26. SOPHIAN,

C. UND STIGLER, J. W. (1981):

Does recognition memory improve with age? Journal of Experimental Child Psychology, 32, 343-53.

Ν. E. (1984): Ecologically determined dispositions control the ontogeny of learning and memory. In R. Kail und

SPEAR,

Ν. Ε. Spear (Eds.), Comparative perspectives on the development of memory. Hillsdale, NJ: Erlbaum.

J. R. UND FLAVELL, J. H. (1979): Young children's knowledge of the relative difficulty of recognition and recall memory tasks. Developmental Psychol-

SPEER,

ogy, 15, 214-17. E. (1976): Infants' intermodal perception of events. Cognitive Psychol-

SPELKE,

ogy, 8, 553-60. E. S: (1994): Initial knowledge: Six suggestions. Cognition, 50, 431-45.

SPELKE,

SPELKE, E. S., BREINLINGER, K., MACOMBER, J. UND JACOBSON,

Κ. (1992):

Origins of knowledge. Psychological Review, 99, 605-32. SPELKE, E. S., PHILLIPS, A . UND WOODWARD, A. L. ( 1995): Infants'

knowledge of object motion and human action. In D. Premack, J. Premack und D. Sperber (Eds.), Causal cognition: A multidisciplinary debate. Oxford: Clarendon. SPELKE, E . S. UND VAN DE WALLE, G .

(1993): Perceiving and reasoning about objects: Insights from infants. In N. Eilan, W. Brewer und R. McCarthy (Eds.), Spatial representation. Oxford: Basil Blackwell.

G. (1960): The information available in brief visual presentation. Psychological Monographs, 74 (Whole No. 176).

SPERLING,

SPRINGER, K., NGYUEN, T. UND SAMANIEGO,

R. (1995): Early understanding of ageand environment-related noxiousness in biological kinds: Evidence for a naive theory. Cognitive Development, 11, 6582.

Literaturverzeichnis STANOVICH, Κ. E. (1986): Matthew effects

in reading: Some consequences of individual differences in the acquisition of literacy. Reading Research Quarterly, 21, 360-406.

STERNBERG, R. J. (1989): Domaingenerality versus domain-specificity: The life and impending death of false dichotomy. Merrill-Palmer Quarterly, 35, 11530.

STARKEY, P. (1992): The early development of numerical reasoning. Cognition, 43, 93-126. STARKEY, P. UND COOPER, R. S. ( 1 9 8 0 ) :

Perception of numbers by human infants. Science, 210, 1033-35. STARKEY, P., SPELKE, E. S. UND GELMAN,

R. (1990): Numerical abstraction by human infants. Cognition, 36, 97-128. STASZEWSKI, J. J. (1988): Skilled memory and expert mental calculation. In Μ. T. H. Chi, R. Glaser und Μ. J. Farr (Eds.), The nature of expertise. Hillsdale, NJ: Erlbaum. STERN, D . N . , SPIEKER, S. UND MACKAIN,

C. (1982): Intonation contours as signals in maternal speech to prelinguistic infants. Developmental Psychology, 18, 727-35. STERN, E. (1992): Spontaneous use of conceptual mathematical knowledge in elementary school children. Contempory Educational Psychology, 17, 266-77. STERN, E. (1993): What makes certain

arithmetic word problems involving comparison of sets so difficult for children? Journal of Educational Psychology, 85, 7 - 2 3 . STERNBERG, R . J. ( 1 9 8 4 ) : M e c h a n i s m s o f

cognitive development. A componential approach. In R. J. Sternberg (Ed.), Mechanisms of cognitive development. New York, Freeman. STERNBERG, R . J. ( 1 9 8 5 ) : Beyond

517

IQ: A

triarchic theory of human intelligence. New York: Cambridge Universitiy Press.

STERNBERG, R . J. UND RIFKIN, B. ( 1 9 7 9 ) :

The development of analogical reasoning processes. Journal of Experimental Child Psychology,

27, 195-232.

STICHT, Τ. G . UND JAMES, J. H . ( 1 9 8 4 ) :

Listening and reading. In P. D. Pearson (Ed.), Handbook of reading research, Part 2. New York: Longman. STIGLER, J. W. (1984): "Mental abacus": The effect of abacus training on Chinese children's mental calculation. Cognitive Psychology, 16, 145-576. STILES, J. UND THAL, D. (1993): Linguistic

and spatial cognitive development following early focal brain injury: Patterns of deficit and recovery. In M. Johnson (Ed.), Brain development and cognition: A reader. Oxford: Blackwell Publishers. STIPEK, D. J. (1984): Young children's performance expectations: Logical analysis or wishful thinking? In J. G. Nicholls (Ed.), Advances in motivation and achievement: Vol. 3, The development of achievement motivation. Greenwich, CT: JAI Press. STOKOE, W. C., JR. (1960): Sign language

structure: An outline of the visual communications system of the American deaf. Studies in linguistics, Occasional Papers, Vol. 8. STRAUSS, M . S. UND COHEN, L. P. ( 1 9 7 8 ) :

Infant immediate and delayed memory for perceptual dimensions. Unveröffentlichtes Manuskript. University of IllinoisUrbana.

518

Literaturverzeichnis

STRAUSS, Μ . S. UND CURTIS, L. Ε . ( 1 9 8 4 ) :

Development of numerical concepts in infancy. In C. Sophian (Ed.), The origins of cognitive skills. Hillsdale, NJ: Erlbaum. Inducing cognitive development and learning: A review of short-term training experiments. I: The organismic-developmental approach. Cognition, 1, 3 2 9 - 5 7 .

STRAUSS, S. ( 1 9 7 2 ) :

U-shaped behavioral growth. New York: Academic Press.

STRAUSS, S. ( 1 9 8 2 ) :

STRERI, A . UND SPELKE, E . S. ( 1 9 8 8 ) :

Haptic perception of objects in infancy. Cognitive Psychology, 20, 1-23. STRYKER, M . P . UND HARRIS, W . ( 1 9 8 6 ) :

Binocular impulse blockade prevents the formation of ocular dominance columns in cat visual cortex. Journal of Neuroscience, 6, 2 1 1 7 - 3 3 . SULLIVAN, K . UND WINNER, E. ( 1 9 9 3 ) :

Three-year-olds' understanding of mental states: The influence of trickery. Journal of Experimental Child Psychology, 56, 135-48. SURBER, C. F . UNDGZESH, S. M . ( 1 9 8 4 ) :

Reversible operations in the balance scale task. Journal of Experimental Child Psychology, 38, 2 5 4 - 7 4 . Autistic children's talk about psychological states: Deficits in the early acquisition of a theory of mind. Child Development, 63,

TAGER-FLUSBERG, H . ( 1 9 9 2 ) :

161-72. TALLAL, P., MILLER, S. L., BEDI, G . , BYMA, G., WANG, X . , NAGARAJAN, S. S., SCHREINER, C., JENKINS, W . M . UND

Μ. Μ. ( 1 9 9 6 ) : Language, comprehension in language-learning impaired children improved with acoustiMERZENICH,

cally modified speech. Science, 271, 8184. TALLAL, P., MILLER, S. UND FITCH, R. H .

(1993): Neurobiological basis of speech: A case for the preeminence of temporal processing. In P. Tallal, A. M. Galaburda, R. R. Linas und C. von Euler (Eds.), Temporal information processing in the nervous system: Special reference to dyslexia and dysphasia. New York: New York Academy of Sciences. E. (1986): Emergent literacy: A perspective for examining how young children become writers and readers. In W. H. Teale und Ε. Sulzby (Eds.), Emergent literacy: Writing and reading. Norwood, NJ: Ablex.

TEALE, W . H . UND SULZBY,

S. D. (1995): The role of talk in children's peer collaborations. Developmental Psychology, 31, 207-20.

TEASLEY,

TELLER, D . Y . , MCDONALD, Μ . Α . , PRESTON, K . , SEBRIS, S. L. UND DOBSON,

V. (1986): Assessment of visual acuity in infants and children: The acuity card procedure. Developmental Medicine & Child Neurology, 28, 779-89. (1992): Development as a dynamic system. Current Directions in Psychological Science, 1, 189-93.

THATCHER, R. W .

E. (1995): Motor development: A new synthesis. American Psychologist, 50, 79-95.

THELEN,

F. (1985): The brain: An introduction to neuroscience. New York: Freeman.

THOMPSON, R .

TOLMIE, Α . , HOWE, C., MACKENZIE, M . UND

K. (1993): Task design as an influence on dialogue and learning: Primary school work with object flotation. Social Development, 2, 183-201. GREER,

Literaturverzeichnis Commentary. Human Development, 38, 4 6 - 5 2 .

TOMASELLO, Μ . ( 1 9 9 5 ) :

TOMASELLO, M , UND BARTON, M . ( 1 9 9 4 ) :

Learning words in nonostensive contexts. Developmental Psychology, 30, 6 3 9 - 5 0 . TOMASALLO, Μ . , KRUGER, A . C . UND RATNER, Η. H. (1993): Cultural learning.

Behavioral and Brain Sciences, 16, 495511.

519

transitivity of causal relations in stories. Discourse Processes, 12, 1-25. TROSETH, G . L. UND DELOACHE, J. S.

April): The medium can obscure the message: Understanding the relation between video and reality. Poster presented at the Biennial Meeting of the International Conference on Infant Studies, Providence, RI. (1996,

Processes and consequences of peer collaboration: A Vygotskian analysis. Child Development, 63,

TUDGE, J. ( 1 9 9 2 ) : TRABASSO, T . , ISEN, A . M . , DOLECKI, P . , MCLANAHAN, A . G., RILEY, C . A . UND

(1978): How do children solve class-inclusion problems? In R. S. Siegler (Ed.), Children's thinking: What develops? Hillsdale, NJ: Erlbaum. TUCKER, T .

TRABASSO, T . UNDNICKLES, M . ( 1 9 9 2 ) : T h e

development of goal plans of action in narration of a picture story. Discourse Process, 15, 2 4 9 - 7 5 .

1364-79. TVERSKY, B . UND HEMENWAY, D . ( 1 9 8 4 ) :

Objects, parts, and categories. Journal of Experimental Child Psychology: General, 113, 1 6 9 - 9 3 . Uzgiris, I. C. ( 1 9 6 4 ) : Situational generality of conservation. Child Development, 35, 831-41.

TRABASSO, T., RILEY, C . A . UND WILSON, E .

G. (1975): The representation of linear order and spatial strategies in reasoning: A developmental study. In R. J. Falmagne (Ed.), Reasoning: Representation and process. Hillsdale, NJ: Erlbaum. T. UND STEIN, N . ( 1 9 9 5 ) : Using goal-plan knowledge to merge the past with the present and the future in narrating events on line. In M. M. Haith (Ed.), The development offuture oriented processes. Chicago, IL: The University of Chicago Press.

TRABASSO,

TRABASSO, T . , SUH, S., PAYTON, P. UND JAIN, R . (1994): Explanatory inferences

and other strategies during comprehension: Encoding effects on recall. In R. Lorch und Ε. O'Brian (Eds.), Sources of coherence in reading. Hillsdale, NJ: Erlbaum. TRABASSO, T . , VAN DEN BROEK, P . UND

SUH, S. (1989): Logical necessity and

VALENZA, E., SKIMON, F. UND UMILTA, C.

Inhibition of return in newborn infants. Infant Behavior and Development, 17, 2 9 3 - 3 0 2 . (1994):

Causal reasoning and inference making in judging the importance of story statements. Child Development, 60, 2 8 6 - 9 7 .

VAN DEN BROEK, P. ( 1 9 8 9 ) :

VAN DER MAAS, Η . UND MOLENAAR, P. ( 1 9 9 2 ) : Stagewise cognitive development: An application of catastrophe theory. Psychological Review, 99, 395417.

Dynamic systems of development: Change between complexity and chaos. Hemel Hempstead, Hertfordshe: Harvester Wheatsheaf.

VANGEERT, P. ( 1 9 9 4 ) :

VAN LOOSBROEK, E . UND SMITSMAN, A . W .

Visual perception of numerosity in infancy. Developmental Psychology, (1990):

26, 9 1 6 - 2 2 .

Literaturverzeichnis

520

VANLEHN, Κ. (1990): Mind bugs: The

origins ofprocedural misconceptions. Cambridge, MA: MIT Press. VARNHAGEN, C . K . , MORRISON, F. J. UND EVERALL, R . ( 1 9 9 4 ) : A g e a n d s c h o o l i n g

effects in story recall and story production. Developmental Psychology, 30, 969-79.

conceptual change in childhood. Cognitive Psychology, 24, 535-85. VURPILLOT, E . ( 1 9 6 8 ) : T h e d e v e l o p m e n t o f

scanning strategies and their relation to visual differentiation. Journal of Experimental Child Psychology, 6, 632-50. VYGOTSKY, L . S. ( 1 9 3 4 ) : Thought

and

language. New York: Wiley.

VELLUTINO, F . R . UND SCANLON, D . M .

(1987): Phonological coding, phonological awareness, and reading ability: Evidence from a longitudinal and experimental study. Merrill-Palmer Quarterly, 33, 321-64.

VENEZKY, R. (1978): Reading acquisition:

The occult and the obscure. In F. Murray, H. Sharp und J. Pikulski (Eds.), The acquisition of reading: Cognitive, linguistic, and perceptual prerequisites. Baltimore, MD: University Park Press. VERSCHAFFEL, L., D E CORTE, Ε. UND

PAUWELS, Α. (1992): Solving compare

problems: An eye movement test of Lewis and Mayer's consistency hypothesis. Journal of Educational Psychology,

VYGOTSKY, L . ( 1 9 6 2 ) : Thought

and

language. Cambridge, MA: MIT Press. VYGOTSKY, L. S. (1978): Mind in society:

The development of higher mental processes. Cambridge, MA: Harvard University Press (Original works published in 1930, 1933 and 1935.) WAGNER, R . K . UND TORGESON, J. K .

(1987): The nature of phonological processing and its causal role in the acquisition of reading skills. Psychological Bulletin,

101, 192-212.

WALTON, G . E . , BOWER, N . J. A . UND BOWER Τ . G . R . ( 1 9 9 2 ) : R e c o g n i t i o n o f

familiar faces by newborns. Infant Behavior and Development, 15, 265-69.

84, 8 5 - 9 5 .

WATERS, H. S. (1980): "Class news": A VIHMAN, Μ. M. (1992): Early syllables and

the construction of phonology. In C. A. Ferguson, L. Menn und C. StoelGammon (Eds.), Phonological development: Models, research, implications. Timonium, MD: York Press. VON HOFSTEN, C. (1982): Eye-hand

coordination in newborns. Developmental Psychology,

18, 450-61.

VON HOFSTEN, C . ( 1 9 9 3 ) : P r o s p e c t i v e

control: A basic aspect of action development. Human Development, 36, 25370. VOSNIADOU, S. UND BREWER, W . ( 1 9 9 2 ) :

Mental models of the earth: A study of

single-subject longitudinal study of prose production and schema formation during childhood. Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior, 19, 152-67. WATERS, H. S. (1989, April): Problem-

solving at two: A year-long naturalistic study of two children. Paper presented at the Society for Research in Child Development Conference, Kansas City, MO. WATERS, H . S. UND ANDREASSEN, C .

(1983): Children's use of memory strategies under instruction. In M. Pressley und J. R. Levin (Eds.), Cognitive strategies: Developmental, educational, and treatment-related issues. New York: SpringerVerlag.

Literaturverzeichnis WATERS, Η . S. UND TINSLEY, V . S. ( 1 9 8 5 ) :

Evaluating the discriminant and convergent validity of developmental constructs: Another look at the concept of egocentrism. Psychological Bulletin, 97, 483-96. WAXMAN, S. R. (1990): Linguistic biases

and the establishment of conceptual hierarchies: Evidence from preschool children. Cognitive Development, 5, 12350. WAXMAN, S. R . UND HATCH, T. ( 1 9 9 2 ) :

Beyond the basics: Preschool children label objects flexibly at multiple hierarchical levels. Journal of Child Language, 19, 1 5 3 - 6 6 .

WEBER, R. M. (1970): First graders' use of

grammatical context in reading. New York: Basic Books. WEINERT, F. E. (1986): Developmental variations of memory performance and memory related knowledge across the life-span. In A. Sorensen, F. E. Weinert und L. R. Sherrod (Eds.), Human development: Multidisciplinary perspectives. Hillsdale, NJ: Erlbaum. WEIR, R. W. (1962): Language

in the crib.

The Hague: Mouton und Company. WELLMAN, Η. M. (1988): The early development of memory strategies: In F. Weinert und Μ. Perlmutter (Eds.), Memory development: Universal changes and individual differences. Hillsdale, NJ: Erlbaum. WELLMAN, Η . M . ( 1 9 9 0 ) :

Children's

theories of mind. Cambridge, MA: MIT Press. WELLMAN, Η . M . UND BARTSCH, R . ( 1 9 8 8 ) :

Young children's reasoning about beliefs. Cognition,

30, 239-77.

WELLMAN, Η . M . , CROSS, D . UND BARTSCH,

Κ. (1986): Infant search and object per-

521

manence: A meta-analysis of the A-not-B error. Monographs of the Society for Research in Child Development, 51 (3, Serial No. 214): WELLMAN, Η . M . UND GELMAN, S. A .

(1992): Cognitive development: Foundation theories in core domains. Annual Review of Psychology, 43, 337-75. WELLMAN, Η . M . UND GELMAN, S. (in

press): Acquisition of knowledge. In W. Damon (Series Ed.) und D. Kuhn und R. S. Siegler (Vol. Eds.), Handbook of child psychology: Vol. 2: Cognition, perception & language. (5th ed.). New York: Wiley. WELLMAN, Η . M . , RITTER, R . UND FLAVELL,

J. H. (1975): Deliberate memory behavior in the delayed reactions of very young children. Developmental Psychology, 11, 70-87. WELLMAN, Η . M . UND WOOLEY, J. D .

(1990): From simple desires to ordinary beliefs: The early development of everyday psychology. Cognition, 35, 245-75. WELSH, M. C. (1991): Rule-guided behavior and self-monitoring on the Tower of Hanoi disk-transfer task. Cognitive Development, 4, 59-76. WERKER, J. F. (1989): Becoming a native listener. American Scientist, 77, 54-59. WERKER, J. F. UND DESJARDINS, R . N .

(1995): Listening to speech in the 1st year of life: Experiential influences on phoneme perception. Current Directions in Psychological Science, 4, 76-81. WERKER, J. F., GILBERT, J. Η . V . , HUMPHREY, K . UND TEES, R . C . ( 1 9 8 1 ) :

Developmental aspects of cross-language speech perception. Child Development, 52, 3 4 9 - 5 5 .

522

Literaturverzeichnis

WERNER, J. S. UND SIQUELAND, E . R.

(1978): Visual recognition memory in the preterm infant. Infant Behavior and Development, 1, 79-94. WERTHEIMER, Μ . ( 1 9 6 1 ) : P s y c h o m o t o r

coordination of auditory-visual space at birth. Science, 134, 1692. Intelligence can be taught. New York: Dutton.

WHIMBEY, A . ( 1 9 7 5 ) :

When the child is a victim (2ND ed.). Washington, DC: National Institute of Justice.

WHITCOMB, D . ( 1 9 9 2 ) :

WHITE, L. UND GENESEE, F. ( 1 9 9 2 , O k t o -

ber): How native is a near native speaker? Paper presented at the Boston University Conference on Language Development. WHITEHURST, G . J. UND SONNENSCHEIN, S.

(1981): The development of informative messages in referential communication. Knowing when vs. knowing how. In W. P. Dickson (Ed.), Children's oral communication skills. New York: Academic Press. WHITNEY, P. (1986): Developmental trends in speed of semantic memory retrieval. Developmental Review, 6, 57-79. WILLATTS, P . ( 1 9 9 0 ) : D e v e l o p m e n t o f

problem solving strategies in infancy. In D. F. Bjorklund (Ed.), Children's strategies. Hillsdale, NJ: Erlbaum. WILLIAMS, K . G . UND GOULET, L. R.

(1975): The effects of cueing and constraint instructions on children's free recall performance. Journal of Experimental Child Psychology, 19, 464-75. WIMMER, Η . UNDPERNER, J. ( 1 9 8 3 ) : B e l i e f s

about beliefs: Representation and constraining function of wrong beliefs in young children's understanding of deception. Cognition, 13, 1 0 3 - 2 8 .

E. (1988): The point of words: children's understanding of metaphor and irony. Cambridge, MA: Harvard University Press.

WINNER,

WINNER, E., ROSENSTEIL, A . K . UND

GARDNER, H. (1976): The development of metaphoric understanding. Developmental Psychology, 12, 289-97. WOOD, D. (1986): Aspects of teaching and learning. In M. Richards und P. Light (Eds.), Children of social worlds. Cambridge: Polity Press. A. (1995, März): Infant's reasoning about the goals of a human actor. Paper presented at the biennial meeting of the Society for Research in Child Development, Indianapolis.

WOODWARD,

WOODWARD, A . L., MARKMAN, Ε. M . UND

FITZSIMMONS, C. M. (1994): Rapid word learning in 13-and 18-month-olds. Developmental Psychology, 30, 553-66. WOOLLEY, J. D. (1995): The fictional mind: Young children's understanding of pretense, imagination, and dreams. Developmental Review, 15, 172-211. WOOLLEY, J. D . UND BRUELL, M . J. ( 1 9 9 6 ) :

Young children's awareness of the origins of their mental representations. Developmental Psychology, 32, 3 3 5 - 4 6 . WOOLLEY, J. D . UND WELLMAN, Η . M .

(1993): Origin and truth: Young children's understanding of imaginary mental representations. Child Development, 64, 1-17. WYNN, K. (1992a): Addition and subtraction by human infants. Nature, 358, 74950.

WYNN, K. (1992b): Children's acquisition of the number words and the counting system. Cognitive Psychology, 24, 22051.

Literaturverzeichnis WYNN, Κ. (1995): Infants posses a system

of numerical knowledge. Current Directions in Psychological Science, 4, 17277. YOUNGER, B . ( 1 9 9 3 ) : U n d e r s t a n d i n g

category members as "the same sort of thing": Explicit categorization in tenmonth infants. Child Development, 64, 309-20.

YOUNGER, B. A. (1990): Infant categoriza-

tion: Memory for category-level and specific item information. Journal of Experimental Child Psychology, 50, 13155. ZABRUCKY, K . UNDRATNER, Η . H . ( 1 9 8 6 ) :

Children's comprehension monitoring and recall of inconsistent stories. Child Development, 57, 1401-18. ZAITCHIK, D. (1991): Is only seeing really believing? Sources of true belief in the false belief task. Cognitive Development, 6, 91-103. ZAWAIZA, T. R. UND GERBER, Μ . ( 1 9 9 3 ) :

Effects of explicit instruction on math

523

word-problem solving by community college students with learning disabilities. Learning Disability Quarterly, 16, 64-79. ZBRODOFF, N. J. (1984): Writing stories under time and length constraints. Unpublished doctoral dissertation, University of Toronto, Toronto. ZELAZO, P . D . UND SHULTZ, T. R. ( 1 9 8 9 ) :

Concepts of potency and resistance in causal Prediction. Child Development, 60,

1307-15.

ZEMBER, M . J. UNDNAUS, M . J. ( 1 9 8 5 ,

April): The combined effects of knowledge base and mnemonic strategies on children's memory. Paper presented at the biennial meeting of the Society for Research in Child Development, Toronto, Ontario. ZENTALL, S. S. UNDFERKIS, M . A . ( 1 9 9 3 ) :

Mathematical problem solving for youth with ADHD, with and without learning disabilities. Learning Disability Quarterly, 16, 6-18.

AUTORENVERZEICHNIS A

Azmitia · 365, 366,449

Abbott-317 Abdi · 93 Abraham · 169, 170 Acredolo · 300, 301, 362,425, 445 Adams · 148, 152, 301, 396, 398, 403, 418,422, 431,459 Adler · 241 Adolph · 425 Agnoli · 364 Ahn-71 Aitken · 176

Β

Alibali · 387,418,425,426 Aloise · 257 Altman · 349 Ames • 145, 367, 377 Amsel • 335, 358 Andersen • 358, 371 Anderson · 103,260 Andreassen · 250 Anglin · 198, 200, 202 Anisfeld · 207, 208 Ankrum · 152 Anteil · 306 Applebaum · 145 Areghart · 347 Armstrong • 361 Arterberry • 158 Ashmead · 170, 174 Aslin · 9, 10, 150, 159, 164, 167, 431, 444, 450, 458 Astington • 314, 316, 317, 319, 322, 422, 437, 444 Au · 203, 436 Austin · 280

Backschneider · 440 Baddeley · 89 Badian · 385 Baduini · 203 Bahrick · 90 Bai · 301 Baillargeon · 5, 69-71, 81, 156, 294, 302, 349, 422, 431-433 Baker • 260, 262, 406, 414, 422, 437 Baker-Sennet · 344 Baker-Ward · 73, 230, 253 Baldwin · 7, 8, 202, 217, 422, 437 Baltes - 166 Bangert-Downs -414, 459 Banigan · 289 Banks · 159, 458 Baron-Cohen · 316, 317, 318 Barret · 93 Barsalou · 291 Barton -217,422 Bartsch-73, 311, 313, 314 Bates • 186, 196, 209 Batterman · 284 Bauer -71, 161,283,296,432 Bayley · 171 Beach · 252 Beal -77, 252,415,416 Bearison · 367 Beck ·407 Beckwith · 14 Beeghly-Smith -314 Behl-Chadha • 287

526

Autorenverzeichnis

Beilin · 74, 75, 115 Belgrad · 77 Bell · 242 Bellugi • 186 Benson · 278, 347 Bentin · 397 Berch · 386 Bereiter · 410- 413, 415, 418, 427 Berg · 344 Bergman • 143, 172 Berkeley · 5, 134 Berkowitz · 366, 367, 450 Berlin· 152 Bermejo · 308 Bertenthal · 135, 156, 161, 162, 171, 181,301 Bertrand· 186 Best • 165, 168 Bialystok -212 Bidell · 75 Billman -216 Binet · 12 Binks · 452 Bisanz · 92, 261, 373, 374, 376, 386, 459 Bjorklund · 20, 115, 243, 253, 257, 269, 426, 443 Black • 20, 361 Blades · 71 Blanchard · 248 Blaye · 365 Blewitt · 202 Bloom-208, 216 Bohannon · 204 Boley · 347 Bologh · 457 Bomba · 289, 290, 431 Bonar · 387 Bonvillian · 196,219 Borkowski · 250,253, 262, 263

Bornstein • 14, 151,429 Borys · 223,225 Borza · 241 Boscolo · 409 Bower · 59,155, 176,433 Bowerman · 199, 205, 356,427 Bowman · 204, 432 Bow-Thomas · 376, 386 Boyes-Braem · 286 Bradfield · 304 Bradley · 397,459 Brain · 208 Braine · 208, 438 Brainerd · 68, 72, 229, 232, 241, 363, 427 Braisby • 308 Bransford · 258, 289, 393 Breilinger · 294 Breinlinger · 71, 157 Brennan · 145 Bretherton -314 Brewer · 330, 371, 439, 459 Briars · 308 Bridges · 343 Brock · 233 Bronik · 89, 248 Bronson · 169,443 Brooks-317, 318 Brown · 5, 91, 107, 140, 141, 152, 234, 239, 251, 258, 262, 264, 284, 319, 351-354, 385, 388, 407,408, 414, 418, 421,438, 445, 449,450 Bruchkowsky · 100, 343 Bruck · 227,228, 231, 232, 275, 397, 404, 458 Bruell -313 Bruner · 243, 280, 282, 320, 342 Bryant -313, 397,459 Buckingham 117 Bull · 163

Autorenverzeichnis Bullock · 349 Burke · 269 Burns · 355 Burton · 388 Bushnell· 155 Bussey · 92 Butler · 233, 459 Butterfield • 74, 335 Byrne · 397, 459 Byrnes · 68, 362, 436, 445

c Cahan · 397 Cahn · 74 Campell • 351,457 Campione · 107, 239, 258, 408 Campos · 137, 161, 162, 301 Canfield • 146, 306 Capodilupo · 100, 343 Carey · 5, 81, 200, 201, 295,358 Carpenter • 390, 391 Carr · 250, 253, 263 Carraher • 388 Carriger · 14 Carter · 396 Carver · 393,459 Casadio · 196 Case · 74, 95, 96, 98-102, 130, 131, 317, 318, 339, 342, 343, 427, 444 Caselli · 196 Casey - 155 Cassidy · 251 Castles · 403 Cauley · 361 Cauzinille-Marmeche · 392 Cavnaugh · 260 Ceci · 103, 227, 228, 230-233, 275, 331,439,446,458 Chabaud · 343

527

Chall · 394, 395 Chance · 169 Chang • 120, 128, 214, 430 Changeux 121 Chater · 360 Chen · 351-353, 431 Chi · 107, 265,266,269, 270, 306, 331 Chinsky · 252 Choi · 173 Chromsky · 184 Chugani · 18, 144 Church • 387, 418 Clark · 198, 204, 205, 260, 335 Clarke-Steward -231, 233, 458 Clarkson · 174, 244 Clavadetscher · 152 Clayton · 393 Cleland · 398 Clement · 392 Clifton· 135,171, 174, 181,244 Clubb · 230 Cohen · 14, 71, 140, 145, 238, 286, 348, 423,431 Cole · 284 Coley · 71, 441 Colombo · 94,287 Coltheart · 403 Columbo · 14 Conger·55 Connoly · 457 Cooney ·377 Cooper · 167, 306, 450 Corbitt · 391 Corman · 68 Corrigan · 208, 349,439 Courage · 148 Cowan · 23 Coyle · 253,257, 426 Cranfield · 296 Cranton· 158

528

Autorenverzeichnis

Crisafi · 352 Cross · 73 Crowley · 122,442 Cultice · 260 Curtis · 306, 310 Custodio • 404 Cutler · 166 Cutting · 167 Cziko • 121

D Daehler · 353 Damasio · 187 Damon · 335 Dannemiller · 152, 153, 431 Darwin · 6, 34, 121 Dasen · 68 Davidson · 14, 105, 106 Davis · 170 de Boysson-Bardies · 167 De Corte · 387 de Villiers • 210 Dean · 343 DeCasper- 166,431 Declos · 393 Dehaene 121 DeLoache · 73, 145,234,251, 326, 329, 354, 355, 360, 371, 421, 439, 445, 450 DeMarie-Dreblow · 254, 257 Dembo · 74, 343 Demetriou · 96, 361 Dempster • 88,242, 243, 247, 344 Dennis · 100, 343 Desjardins · 165, 181, 439 DeValois • 152 DeVries · 3 Diamond · 72, 242, 243, 244, 433, 434 Dickens · 373

Dimant · 367 Dobson · 149, 150,458 Dodwell · 68, 176, 181 Doi · 403 Donaldson · 398 Dong-315 Douglas · 319 Dowdy · 344 Dow-Ehrenberger · 373 Dromi · 200 Drummey · 236 Druyan · 298, 365, 367 Dufrense · 261, 335 Dumais · 9, 10 Dunbar · 358 Dunn · 167,319, 373 Durkin · 398 Durso · 268 Dweck · 454-456,463

Ε Earley • 241 Eaton • 249 Echols · 196, 351 Edelman · 121 Effklides · 361 Efklides · 96 Eilers · 168, 194 Eimas · 164, 165, 278, 286, 287, 423 Einstein · 51 Elek · 360 Elkind · 68, 74 Elliot • 456 Ellis · 23, 344, 364,367,368,390, 427, 449, 450 Elman • 120, 214 Ely · 217 Emyard · 352 Epstein · 260

Autorenverzeichnis Escalona - 68 Evancio · 241 Everall • 373 Ε verhart -218

F Fabricius · 263, 302, 347 Fagan · 14, 238 Fan • 376 Fantz · 238 Farah · 433 Farrar · 96, 267 Fay · 358, 362 Fayol · 93 Feldman · 14,428 Fenson · 196 Fenwick · 169 Ferkis · 385 Fernald · 167, 216, 449 Ferrara · 258 Ferretti · 74,335,342 Field · 75 Fielding-Barnsley · 397,459 Fifer· 166 Firth · 400 Fischer · 20, 75, 96, 396,428, 443 Fisher · 204, 350 Fitch • 460 Fitzgerald -414 Fitzsimmons · 200 Fivush · 245, 267 Flavell · 8,29, 72, 74, 77, 81, 102, 251, 252, 256, 259, 261, 262, 314-317, 437 Fleisig · 252 Foard · 167 Fodor · 316, 317 Foley -231, 459 Forbes · 169, 170

529

Forman - 366 Fox · 236, 242 Fraiberg · 175 Fraisse · 296 Francoer · 231 Franks • 393 Frawley · 204 Freeman -319 Freud · 244 Friedman · 71,296, 297 Friedrichs · 259, 261 Frith-318 Fronsber · 397 Fry • 89, 248 Frye · 308, 317, 318 Fukui · 167 Fuson · 376, 389,450

G Gallistel -71, 307, 308 Galotti · 360,361 Garcia-Mila · 358, 371 Gardner · 103,297,347, 353, 446, 447, 448,463 Garing · 76, 301, 322 Garner· 261 Gauvain -21, 365 Gauvin • 422 Geary · 376, 385, 386, 418,422,436 Geiwitz · 55 Gellatly · 361 Gelman · 5, 71, 81,114, 204, 291, 293, 294, 306-308, 311, 323,349, 350, 440-442,450 Genesee -212 Gentner · 107, 128,201, 203, 329, 351, 352, 353 Gerber · 385 Ghatala · 263

530

Autorenverzeichnis

Gholson · 352 Gibbs · 366, 367, 450 Gibson - 134, 135, 151 Gilbert · 165 Gilmore 121 Ginsburg · 215, 450 Girardi · 144 Glachan · 365 Glanville · 168 Gleason -217 Gleitman • 204 Glenberg · 260 Glucksberg · 77 Goetz · 454 Gold · 265 Goldfield · 200 Goldin-Meadow -218, 220, 387, 418, 425, 426 Goldman · 385 Goldman-Rakic · 242 Golinkoff · 202-204, 207 Goodale · 135 Goodman · 146, 231-233, 267, 335, 458 Goodnow · 68, 280 Goodvvyn -301 Gopnik · 311, 314, 316,422,437, 444 Gordon-230, 231 Goswami · 352, 353, 362, 422, 445 Gottfied · 441 Gough · 400, 423 Goulet · 253 Graham· 140, 141,344 Grannott · 426, 428 Granrud · 5 Gray · 228, 286 Green · 20, 315, 443 Greenberg · 145 Greenfield · 196 Greenough · 20, 429, 430 Greer · 366

Griffin · 98, 343 Gross · 233 Gruber · 40, 265 Guttenberg · 256 Guttentag · 427 Gzesh · 335, 343

Η Hagen · 252, 263 Hagestadt -319 Haith · 87, 142, 143, 146, 172, 278, 296, 344, 431, 444 Hakuta · 212 Haie · 89, 248,422 Haiford · 75, 96, 317, 318, 329, 351, 362-364,371,422, 428,444 Hall · 204 Hammer · 397 Hammond · 245, 267, 405 Hargrove · 252 Harnishfeger · 243 Harris · 159, 169, 170, 231,268,311, 318 Hasher · 92, 112 Hatano · 38, 221, 440, 452, 453, 457 Hatch · 71 Hayne · 233 Hazan · 146 Hegarty · 387 Heibeck · 200 Held · 159, 161 Hemenway · 288, 423 Hepps·232 Herman · 231 Hermer · 303 Hespos·306 Hickling · 440 Hidi · 453, 464 Hill · 304

Autorenverzeichnis Hillier · 169 Hillinger · 400, 423 Hirschman • 232 Hirsh-Pasek · 203, 204, 207 Hitch • 89, 90, 248, 386 Hoefhagel-Hohle -210 Hoffman · 168 Hofsten · 135 Hogan ·196 Holden · 253 Holland · 406 Hollander · 209 Holmes · 87 Holyoak · 352 Horobin · 362 Horowitz · 287 Hoving · 247 Howe · 229, 366 Howell · 256 Hoyt • 259, 261 Huber · 349 Hudson · 245,267, 439, 449 Huey · 343 Hume · 4, 134, 348, 349, 369 Humphrey • 165, 173, 175, 176, 181, 458 Huttenlocher · 20, 71, 77, 188, 269, 299, 302, 307, 311, 385, 436, 443, 445

/ Ihrig · 302 Ilg · 377 Imai · 201, 203 Inagaki - 38 Inhelder · 51, 56, 60, 63, 280, 282, 302, 332, 439 Ivill-Friel · 387

531

J Jackson · 398 Jacobson · 72, 157, 294 Jain · 406 Jakobson · 193 James · 134,405 Jarrold -317 Jarvis · 204 Jenkins · 126, 155, 319, 422, 425, 426, 460 Jennings · 347 Johnson · 20, 29, 107, 120, 121, 128, 141, 154, 159, 169, 196, 210-212, 225, 265, 286, 311, 439, 443, 446, 463 Johnson-Laired · 329 Johnston - 262 Joiner • 365 Jones · 186, 202,223, 225,268, 344 Jordan · 307, 385 Jorm · 400, 403 Juel · 398 Jusczyk · 164, 166, 167

Κ Kabasigawa - 261 Kagan· 55 Kail · 248, 249,250,275,422 Kaiser · 93, 328, 459 Kako · 204 Kalish · 71,441 Kamhi · 352 Kane-351 Kant · 34, 279 Kaplan · 280 Karmiloff-Smith · 128, 356, 357,424, 425,426, 450 Katz · 74

532

Autorenverzeichnis

Kaufman · 156 Kay· 174, 198 Kaye·152 Kearins · 304, 305, 322 Kearns · 347 Keating · 306 Kee · 256 Keenan -216 Keil · 277, 284, 292, 295, 350,427, 439, 441,442 Kellman · 135, 151,432 Kennedy · 145 Kenney ·342 Kent·192 Kepner · 391 Kerig · 23 Kerkman · 74, 383, 384 Kermoian · 161, 301 Kilbourne -215, 450 Kingma · 229 Klahr · 26, 83, 84, 95, 108, 111, 1 Π Ι 15, 130, 131,306,327, 328, 346, 358, 362, 367, 393, 459 Klein · 165 Klemmer · 409 Kobasigawa -335, 406, 444 Kolb · 15, 188 Komatsu · 360, 361 Koontz • 386 Korat • 396 Korfmacher -315 Kornhaber · 446, 463 Koten 121 Kotovsky • 71, 107, 349, 351 Krapp · 453,464 Krauss · 77 Kremer · 350 Kress -410 Kreutzer · 259 Kruger • 25, 29, 185, 365, 366

Kuczaj · 194, 208, 209,223, 225, 425 Kuhn · 68, 349, 358, 360, 361, 371, 425, 427, 436,463 Kulak · 93 Kunzinger · 257 Kurtz · 250, 251, 253, 451 Kwon · 376, 389,450

L Lacasa · 364 Ladd · 377 Laframboise · 203 Lamb· 137 Landau • 202 Lange · 238, 253 Langlois· 155, 181,431 Larus · 231 Lasky • 165 Lavallee · 203 Lawson · 206 Leavitt · 140, 141 LeBlanc · 247 Lee · 457 Leekam -319 LeFevre · 92, 93, 376, 386 Legerstee · 294 Legge« • 456, 463 Lehrer • 393, 394, 459 Leichtman · 230, 231,233, 439, 458 Leinbach· 117,214 Lemaire · 93, 377,427,444 Lemire · 443 Lenneberg -210 Leonard · 194, 259 Lepofsky · 177 Lepore · 231 Lesgold · 387,405 Leslie · 71, 311, 314, 316, 317, 318, 348, 432, 441

Autorenverzeichnis Letson · 159,458 Levin · 37, 71, 74, 263, 297, 298, 343, 358, 365, 367, 396, 436, 459 Levine · 307, 385, 446 Lewis· 196,317,319,387 Lewkowicz • 144 Liben -115 Liberman • 396 Licht · 454, 455, 456 Light · 365 Liitschwager · 204 Lillard -314 Lindberg · 265 Lindquist -391 Lindsay • 231 Lindsey · 458 Lipsitt · 237 Littlefield • 393, 394, 459 Locke · 4, 7, 134, 192, 194, 216 Loftus · 233 Lovell · 68 Lovett · 404, 459 Lowe · 308 Luce · 166 Luria · 242 Lynch ·168

Μ MacDonald · 117 MacKain · 166 Mackenzie · 366 Maclean · 397 Macnamara - 204 Macomber · 71, 157, 294 MacPhail • 366 MacWhinney · 95, 117, 119, 120, 128, 131, 198,214, 427,434 Madole · 286,423 Mandel · 164,431

Mandler · 71,244, 283, 432, 440 Manis · 403,404 Maratsos · 185, 186, 187, 189, 215, 226, 444 Marazita · 203, 204 Marchman · 117, 120, 209, 214 Marcus · 209, 422, 427 Mareschal 117 Marini · 98, 100,335, 342, 343 Markman · 107, 200-204, 223, 226, 351,356,361,422,432 Markovits · 361 Maroudas · 308 Marr· 105 Marschark -218 Masataka · 216 Mascus · 209 Masur · 262 Matheney · 444 Matheny · 186,189 Mathieu · 392 Mattock · 5 Matusov · 344 Maurer · 144, 148, 181 Mayer • 387 Mazziotta · 144 McAuley · 386 McBride-Chang · 403 McCall · 14, 145,422 McCarthy • 35 McClelland • 117, 120, 401, 463 McCloskey · 93, 328 McCormick · 441 McDonald· 150 McDonough · 244,440 McFadden -335 McGilly · 252 Mclntyre · 262 McKeough · 98, 100, 343 McKeown · 407

533

534

Autorenverzeichnis

McNeil · 91 McNew -314 Medin · 71 Mediin · 257 Meister · 408, 459 Meltzoff · 6, 29,239,311,431 Mendelson · 172, 349 Menn · 194 Mergler · 268 Merriman · 203, 204, 432 Mertz · 385 Mervis · 107, 186, 204,222, 265, 285, 286, 288, 289, 446 Merzenich · 460 Metallidou • 361 Metz · 358 Mill · 4 Miller · 46, 71, 74, 77, 88, 186, 248, 249, 254, 257, 275, 302, 308-310, 316, 317, 322, 326, 329, 357, 360, 389, 422, 450, 460 Mills · 206, 398 Milner 135 Miranda · 238 Mitchell · 287 Miyake · 452 Moan · 232 Molenaar · 96, 121 Molfese· 168 Monheit · 433 Montgomery · 366 Moore · 6, 143, 145, 172, 239, 431 Morford -218, 220 Morgan · 166, 352 Morrison · 87, 373, 459 Morrongiello · 169, 173, 431 Morton · 154, 443 Moshman · 57, 81 Mosier • 354, 431 Mrkonjic · 92

Muilo · 192 Muir · 169, 170,174, 176, 181,443 Muir-Broaddus · 269 Muise · 248 Mullin · 155 Munakata · 120, 432, 433, 434, 435, 463 Murray · 361, 367 Musselman · 155 Müssen · 55 Myers · 244

Ν Nadel · 236 Naigles · 204 Nall · 218 Naus · 250, 257,269 Needham · 156, 157,422,431 Neisser • 343 Nelson · 196, 197, 198, 236,245, 267, 268 Neville · 206, 207, 429, 443 Newcombe • 71, 77,236, 299, 302,436, 445 Newell · 257 Newport · 20, 210, 211, 219, 220, 225, 439 Newton · 51 Ngyuen · 440 Nicholls · 308 Nichols · 232 Nickels · 268 Nida · 230 Novack · 196, 219 Noveck · 361

Autorenverzeichnis

Ο Oakes · 71, 348, 431 Oakhill · 364 Oaksford · 360 O'Brien · 287, 361 Ochs· 216 O'Connell 161 Odom • 170 O'Donnell · 145 Okamoto · 98, 100, 131, 343 Olguin · 202 Oiler · 194 O'Loughlin · 358 Olson-317, 318, 397,403 Opwis · 265 Orlansky · 196, 219 Ornstein · 73, 230,231, 241, 250, 253, 257,458 Osawa · 453 Osherson · 361 Overton · 361, 362, 445 Oyda-Weis · 208

Ρ Palincsar · 262, 264, 407, 408, 418, 449, 459 Panagos · 194 Papert · 392 Papousek · 167 Parillo · 204 Paris · 266 Parker-231,459 Parmalee · 14 Pascual-Leone · 246 Patterson · 120 Pauwels · 387 Payton · 406 Pearson · 194

535

Pellegrino · 385 Perfetti · 405 Perlmutter · 238, 260 Perner · 316, 319, 444 Perret-Clermont · 365, 367 Perry · 387 Perry · 92 Peterson · 316,403 Petitto · 220, 226 Phelps · 18, 144, 335, 349 Phillips · 294 Piaget · 4, 7, 26, 31, 34, 35, 51,56, 60, 63,81,95,96, 107, 130, 171,205, 212, 222, 239, 242, 253, 279, 280, 282, 297, 300, 302, 316, 320, 332, 423,424, 432, 435-437,450 Pierroutsakos · 326, 329, 360 Pillemer · 244 Pillow-313 Pinker · 121,209,213, 214, 215 Pinto · 156 Pisoni · 164 Platsidou · 96 Plaut · 120 Plukett · 120 Plunkett· 116, 117, 132,214 Polley · 351 Poole · 231, 232, 458 Posner · 141,144,443 Potel -317 Pratt-23, 313, 350 Prelock · 194 Pressley · 259-263, 276,422, 437 Presson · 302 Preston· 150 Primavera · 457 Prince • 121 Proffitt · 93 Pye · 216

536

Autorenverzeichnis

ß Qi 315 Quine · 200 Quinn · 278, 286,287, 423

R Rabinowitz · 270, 387 Rack ·403 Radziszewska · 23, 364 Raijmakers 121 Rakowitz · 204 Ransom • 406 Ratner · 25, 29, 185, 260, 365 Ratterman · 107, 351 Redanz · 166 Reese · 256 Reich-210 Reid · 262 Reis · 261 Reiser-Danner · 155 Rellinger · 250 Renick · 231 Renninger · 453, 464 Resnick · 390, 391, 392,405,446,459 Reyna · 229, 232, 363 Reys·391 Reznick · 200 Richards · 38,69, 343 Rieser · 76, 300, 301, 302, 304, 322 Rifkin · 104 Riley · 362 Rissman · 145 Ritchot · 249 Ritter· 155, 181,251,252 Robb · 247 Roberts · 287 Robinson · 77, 310, 346, 398 Rocca ·173

Rochat · 306 Roedell · 398 Roggman · 155, 181 Rogoff· 23, 24, 344, 347, 354, 364, 365, 371,422, 431,449 Rosch · 285-287, 289 Rose · 14, 238,427 Rosen · 209, 304 Rosengren · 441 Rosenkrantz · 287 Rosenshine · 408, 459 Rosenstiel · 353 Rosner • 167 Ross · 252 Rossen · 186 Roswnbloom · 257 Rothbart · 141, 144 Rovee•240 Rovee-Collier · 240, 241, 275, 427,431 Ruan · 202 Rudy · 232 Rueckert · 377 Ruffman · 319 Rulf · 350 Russell · 216, 317, 365

s Sadesky · 376 Sai · 155 Salapatek · 143, 444 Samaniego · 440 Samuels-317,319 Sandberg · 71, 299 Sanderl · 196 Sandieson · 98, 100, 343 Sapir · 221 Savoie · 335 Saywitz · 232 Scanion · 396, 397,459

Autorenverzeichnis Scardamalia · 410-413, 415, 418, 427 Schacter · 244 Schäuble · 358, 359, 360 Schieffelin -216 Schlesinger -217, 223 Schliemann - 388 Schmidt· 117 Schneider · 115, 163, 250, 251, 253, 259, 260, 261, 265, 269,276, 422, 437 Schneiders · 368, 427, 450 Scholnick · 360 Schreiner • 460 Schubauer-Leoni • 365, 367 Schulte · 247 Scott · 203, 239 Scribner · 284 Sebris· 150 Seidenberg · 120 Seidenberg -401, 403 Seier · 254, 257, 275,422 Shaklee · 360, 436 Shankweiler · 396 Share · 400, 403 Shatz · 216,440,450 Sheldon · 365 Shimojo 161 Shipley · 85, 125, 380, 384, 400 Short - 151 Shrager · 122, 125, 378, 379 Shuff-Bailey · 202 Shultz · 117, 120, 335, 342, 349, 350 Siegal · 316, 319 Siegler · 38, 69, 74, 85, 95, 120, 122, 123, 125, 126, 132, 252, 298, 308, 310, 333, 335, 339-343, 367, 377380, 382-384, 387, 400,423,425427,442, 444, 463 Sigman - 14 Silver · 390

537

Simon· 12, 114, 144, 306 Simons · 350, 442 Singer · 14, 186 Sinha· 120 Siqueland · 237, 238, 289, 290, 431 Slater · 5, 135, 157,431 Slaughter -314 Slobin· 186,212,215 Slomkowski -319 Smiley-284, 311 Smith · 167, 188, 196, 200, 202, 306, 308, 322, 373 Smith-Heffiier -216 Smitsman · 306 Snow · 185, 210 Snowling · 403 Snyder • 409 Sodian · 77,251, 358 Soja · 201 Somerville · 260 Sonnenschein · 77 Sophian· 115,239, 349, 445 Spear · 244 Speer · 259 Spelke · 5, 71, 151, 157, 172, 173, 201, 280, 294, 303, 306, 431, 432,441 Spence · 166,431 Spencer · 71, 247 Sperling · 87 Spieker · 166 Springer · 440 Stanovich · 398, 400, 403 Stanowicz · 204 Starkey · 306,307 Staszewski · 107 Stavy • 38 Stein · 268 Stephens · 152, 153 Stern · 166, 386, 387,449

538

Autorenverzeichnis

Sternberg · 95,103-107,130,132, 331, 427,445 Sternberger · 105 Stevens · 329. 431 Stevenson · 457 Sticht · 405 Stigler · 239,452,457 Stiles • 188, 444 Stipek · 259,344 Stoel-Gammon • 194 Stokoe -218 Stone · 257 Straus-310 Strauss · 74, 238, 306, 342, 439 Streri · 173,431 Strock · 140, 141 Stryker · 159 Suh · 268, 406 Sullivan · 76, 319 Sulzby · 3% Surber · 335, 343 Swanson · 377 Syrdal-Lasky • 165 Szeminska - 302 Szeszulsky · 404

Τ Taescher· 167 Tager-Flusberg -318 Tallad · 460 Talor · 304 Taraban 117 Taylor · 204 Teale · 396 Teasley · 367,446 Tees · 165 Teller· 150, 152 Terman · 12, 13 Tesla -319

Thagard · 352 Thal · 188,444 Thatcher • 100 Thelen · 128, 135, 387 Thomas-Thrapp · 144 Thompson · 19 Timney · 173 Tinsley · 77 Tolmi · 366 Tomasello · 25,29, 185,217,365,422, 449 Tompson · 231 Torgeson · 403 Towse · 89, 90, 248 Trabasso · 268, 362,406, 422 Trehub · 163 Troseth · 355 Tudge·365,367 Turkewitz · 144 Turner · 253 Tversky · 288, 423

u Uchida · 203 Ullman · 209 Umilta · 144 Uzgiris · 68

V Valenza · 144 van de Walle · 151 van den Broek · 268,406, 422, 444 van der Maas · 96 van Geert · 96 van Hoisten · 431 van Loosbroek · 306 VanLehn · 459

Autorenverzeichnis Varnhagen · 373 Vaughn· 155, 181 Vellutino · 396, 397,459 Venezky · 396 Vernon · 248, 249 Verschaffel · 387 Vesonder · 261 Vigorito · 164 Vihman · 194 Villuendas · 364 Voelz · 360, 361 von Hoisten · 433 Voneche · 40 Vosniadou · 330, 371, 439,459 Voss · 261 Vurpillot · 254, 255 Vygotsky · 21, 22, 222, 223, 280, 282, 283, 320

w Wachtel • 203 Wagner · 403 Wake · 446, 463 Wallace 14, 20, 111, 113, 115, 433 Walton · 155 Wang · 460 Ward · 361 Wasenberg - 2 1 6 Waters · 77, 250, 325, 411, 422 Wax-38 Waxman · 71 Weber · 401 Weene · 343 Weinert · 259 Weir · 183, 196 Wellman · 73 251, 260, 291, 293,294, 302, 311, 313, 314, 323, 437,440442 Welsh · 346

Wentworth · 2 % Werker 165, 181,439 Werner · 238, 280, 282, 320 Wertheimer · 168 West 218 Whalen· 170 Whimbey · 261 Whishaw· 15 White -212, 232,244 Whitecomb · 227 Whitehurst · 77 Whitney · 248 Wilkening · 74, 343 Willatts · 345, 351,431 Williams · 253 Wilson · 362 Wing · 360 Winner -319, 353 Winter · 76 Wise • 397 Wishart · 59, 433 Wishaw· 188 Wittlinger · 90 Wittryol · 257 Wood-23 Woodward · 200,294, 440 Woody-Ramsey · 257 Wooley · 387,437, 313, 314 Wozniak · 453 Wynn · 306, 308

X Xu-209

Y Yanowitz · 353 Yao 386

539

540 Yonas· 158 Young -301, 322 Youngblade -319 Younger · 289,432

Ζ Zabrucky · 260 Zacks · 92,112 Zaitchik -318, 358

Autorenverzeichnis Zawaiza - 385 Zbrodoff· 413,444 Zelazo · 317, 318, 335, 342 Zember · 269 Zentall · 385 Zhang · 308,315, 322 Zhu · 308, 315, 322 Zohar · 358, 371 Zola-Morgan · 236 Zubin · 297

SACHVERZEICHNIS

A

D

Äquilibration · 38, 78, 108 Akkomodation · 10, 37, 78, 108, 427 Assimilation · 10, 36, 78, 108 Assoziationspsychologie · 4

Denken · 2 ff. Abstraktes · 55 Analoges · 426, 431 Begriffliches · 45 Deduktives • 360, 361, 362 Induktives · 360, 361, 362 Räumliches · 305 Wissenschaftliches -39, 358-364, 436 Denkprozesse · 52 Automatisierung · 11, 91, 92, 99, 269, 426-428 Generalisierung · 11, 111-113, 117, 426, 427 Kodierung · 11, 93, 229, 268, 270, 423, 426, 427 Strategieentwicklung 11, 427, 428

Β Begriffsvermögen · 277 ff. Hypothese repräsentationaler Entwicklung · 279 Merkmaldefinierte Repräsentationen (defining-features representations) · 280, 282-285, 437 Probabilistische Repräsentationen (probabilistic representations) • 280, 285-291 Theoriegestützte Repräsentationen (theory-based representations) • 281, 291-295 Begriffsverständnis · 438 Bereich der nächsthöheren Entwicklung (zone of proximal development, ZPD) · 21, 22

c Competent-Infant-Ansatz · 4, 5,431 Computersimulation · 114, 115, 214

Ε Egozentrik · 48, 50, 66, 76, 77, 80,415, 436, 437 Entwicklung und Lernen · 428,429, 430, 442 Erfahrungsabhängige Prozesse · 430 Erfahrungsabwartende Prozesse · 429,430 Erhaltung · 52, 55, 58-60, 66, 71, 73, 74, 79, 109, 114, 425, 436, 437, 439, 444 Objektpermanenz · 5, 58, 59, 69-72, 79,432-435, 438

542

Sachverzeichnis

G Gedächtnis · 227 ff. Assoziation · 237-239, 272,431 Einsicht · 240 Entwicklung · 227, 271, 421 Explizites und implizites Erinnern · 236 Generalisierung · 240, 272,431 Grundlegende Prozesse und Kapazitäten · 234-249, 268, 421, 422 Infantile Amnesie · 244-246 Inhibition -241, 242 Kurzzeitgedächtnis · 88, 99, 422 Langzeitgedächtnis · 90, 422 Nachahmung · 6, 37, 46, 66, 217, 239,431 Ultrakurzzeitgedächtnis · 87, 422 Verarbeitungsgeschwindigkeit • 247, 272 Verarbeitungskapazität · 246, 272 Wiedererkennen · 90,237, 272, 431 Zeitfenster • 241 Gehirn · 15, 100, 116, 135, 159, 206, 210, 237, 242, 244, 377, 429, 443445 Kortex · 15, 16, 18, 140, 143, 443 Lateralisation · 167 Lokalisation · 187, 430, 443, 447 Plastizität · 187-189, 443 Subkortikale Strukturen · 15,16, 143, 443 Synapsen · 18, 20, 430, 443 Gleichzeitigkeitsannahme (concurrence assumption) • 8

Η Habituierung · 14, 306

Hören · 163-171, 177, 178, 443 Aufmerksamkeit · 163, 443 Babysprache · 166, 167, 449, 450 Lokalisation 168-171 Musik · 167 Sprache - 164

/ Informationsverarbeitungstheorien • 83 ff. Evolutionistische 121-129 Konnektionistische · 95, 115-121, 214,434 Neo-Piaget · 96-102 Produktionssystemtheorien · 95, 107115 Psychometrische · 95, 102-107,445 Inhaltswissen · 234, 264-273, 353,421, 422, 439 Skripten • 267,270, 271, 439,449 Streuungsaktivierung · 270 Intelligenz · 12, 102,443-448,456 Intelligenztest · 12, 102,445,446,448 Interkulturelle Studien · 457, 458 Intersensorische Integration · 171-179, 431 Aufmerksamkeit· 172 Identifizieren • 173 Lokalisieren · 174 Sonarhilfen · 174, 176, 178, 458 IQ · 13, 102,105, 265, 318, 375, 398, 445, 446

Κ Kemtheorien · 293, 294,440-442 Biologie · 293, 440, 441 Physik · 293,295,432

Sachverzeichnis Psychologie · 293, 295 Klassifikation · 61, 63, 283, 287 Grundlagenkategorien - 286 Kategorieninklusion · 62, 66, 79, 422, 439, 444 Kindliche Grundlagenkategorien (child-basic categories) • 288,423 Korrelationen von Merkmalen · 289 Prototypen · 289 SchlUsselmerkmale mit hohem GUltigkeitsgrad (cue validities) • 286 Serielle Anordnung · 62, 66, 79 Standardgrundlagenkategorien - 423 Konstruktivistische Psychologie - 4 Kulturelle Werkzeuge · 23

L Lesen · 394-409, 422 Buchstaben · 396 Dyslexie · 403 Fähigkeiten, die dem Lesen vorausgehen · 395-398 Frühreife Leser · 397 Ganzwortmethode · 399,403 Hintergrundwissen · 406 Inhaltswissen · 406 Kausalzusammenhänge - 406, 441, 444 Metakognition · 406,407 Phonetische Methode · 399,403 Phonetisches Bewußtsein · 396, 397, 404 Phonologisches Rekodieren · 395, 399, 400,403, 404 Reziproker Unterricht · 407-409, 449 Strategieentscheidungen · 401 Verständnis · 395,404- 408

543 Verständniskontrolle · 406, 408,409, 422,437 Visuell gestützte Erinnerung · 399401 Worterkennung · 395, 398, 404

Μ Mathematik · 376-394 Algebra · 391,392 Backup-Strategien · 378, 381, 383 Brüche • 390 Computerprogrammierung · 392 Individuelle Unterschiede - 383 Komplexe Rechenaufgaben · 388391 Kontextwirkungen · 387 LOGO · 392, 393 Mathematische Schwächen - 385 Rechnen mit einstelligen Zahlen · 376-388 Strategieentscheidungen · 377, 378, 380 Subtraktion • 388 Vermittelnder Unterricht · 393,459 Verstehen der Grundprinzipien · 386 Vertrauenskriterium -381, 383,384 Metakognition · 234,258-264, 269, 272, 421, 422 Explizites metakognitives Wissen · 259 Implizites metakognitives Wissen 260 Moderate Diskrepanzhypothese (moderate-discrepancy hypothesis) · 145, 340 Motivation und Interesse · 446, 448, 451,453-455, 457

544

Sachverzeichnis

Ο

R

Orientierungsreflex · 140, 141

Raumbegriff· 76, 299-305,431 Allozentrische Repräsentation · 300 Auf Orientierungspunkten basierende Repräsentation · 300, 302, 445 Egozentrische Repräsentation · 299, 300, 302 Räumliches Wissen · 304

Ρ Plötzlichkeitsannahme (abruptness assumption) • 8 Problemlösung · 22, 39, 104, 125, 325372, 449 Analogieschluß · 350-353 Bereichsübergreifendes und bereichsspezifisches Wissen -331, 441 Entwicklungsunterschiede · 332, 352 Gedankliche Modelle · 329 Gemeinschaftliche · 364-368 Kausalität · 350, 442 Kausalschluß · 348-350,431 Kodierung · 328, 340, 341 Kontiguität · 348 Kovarianz · 348, 349 Meßinstrumente · 357 Planen • 344-348 Präzedenz • 348, 349 Problemanalyse · 327, 333 Regelfestsetzungsmethode · 334 Routenplanung · 347, 422, 427 Symbolische Darstellung · 354 Transaktiver Dialog · 366 Transitive Schlußfolgerung · 362, 422, 445 Werkzeuge · 353-358, 450 Ziel-Mittel-Analyse · 328, 345, 431

s Schreiben · 409-416, 427 Aufsetzen • 409-414 Mechanische Erfordernisse -413 Überarbeiten · 409,414-416 Wissenserzählende Strategie -410 Wissenstransformierende Strategie · 412,413 Sehen · 137-163, 178, 443 Aufmerksamkeit · 139, 141, 143, 443 Bewegung · 150 Farbsehen 151 Habituierungsparadigma (habituation paradigm) · 139 Lokalisieren· 157-163 Okklusion · 434 Optisches System 137 Präferenzbetrachtungsparadigma (preferential-looking paradigm) • 139, 150 Sehschärfe · 147, 149 Sehstörungen · 149, 304,458 Soziale Wahrnehmung · 152 Stereoskopisches • 159 Stimuli · 144 Tiefenreize 158 Soziales Umfeld · 21-23, 449 Soziokulturelle Theorien · 21

Sachverzeichnis Sprache · 183 ff., 443 Ausweitungen (overextensions) • 197, 198, 203 Babysprache -216 Bedeutung · 195-206, 222 Beschränkungen (underextensions) · 197, 198 Disjunktionsbeschränkung (mutualexclusivity constraint)· 203, 204, 422, 432 Ganzheitsbeschränkung (wholeobject constraint)· 201 Gestensprache -218 Grammatik · 206-215 Holophrasen · 196 Kommunikation · 215-220 Lernschwäche · 459, 460 Phonologie · 191-195 Semantisches Programm (Bootstrapping) -213 Taxonomische Beschränkung (taxonomic constraint) · 202, 203, 432 Überschneidungen (overlaps) • 197, 198 und Denken • 220-223 Vergangenheitsformen · 209 Whorf-Hypothese · 221 Wortschatz · 195,200 Stadien · 6, 35,41 ff., 72 ff., 80 Formal operationales Stadium • 36, 56 ff., 60, 65,67, 78, 436 Konkret operationales Stadium - 36, 52 ff, 59, 63,67, 282 Modelle · 41 ff, 72, 96 Präoperationales Stadium · 35, 46 ff, 59, 61, 66, 282, 297 Sensumotorisches Stadium · 35, 41 ff, 58,61, 66, 78

545

Zirkulärreaktionen · 42-44, 47, 66, 79 Strategien · 100-102,122,216,234, 249-258, 263,269,273,405,421, 422, 425-427, 437, 442, 449 Objektsuche · 251 Ordnen · 252, 273 Planen · 56 Selektive Aufmerksamkeit · 253, 272 Strategieentscheidung - 124 Strategieentwicklung · 426, 428 Vermittlungsdefizit (mediational deficiency) · 256, 437 Verwertungsdefizit (utilization deficiency) • 257, 258 Wiederholung (rehearsing) · 84, 250, 252, 273 Ziel-Mittel-Analyse · 84,427 Symbole · 48

Τ Theoriebildung · 423 Mikrogenetische Methode · 425, 426 Triarchische Intelligenztheorie · 103, 445 Leistungskomponenten · 104,445 Metakomponenten · 107,427,445 Wissenserwerbskomponenten · 105, 445

U Überlappendes Wellenmodell {overlapping waves approach) 122

121,

546

Sachverzeichnis

V

Ζ

Veränderungen · 8, 9, 72,424-426,428, 430,440 Verstandestheorien • 310-319, 437 Falsche Meinung (false belief) -315319 Intentionalität - 314 Meinung-Wunsch-Theorie (beliefdesire theory) · 311, 313, 314 Schein und Wirklichkeit • 315, 318, 437

Zahlbegriff· 71, 305-310, 431, 436, 437, 452 Kardinalzahlen · 306 Ordinalzahlen - 305 Zählen · 307,308 Zeichen · 48 Zeitbegriff · 51, 66, 296-299, 431 Ein Objekt/eine Bewegungswahrnehmung (singleobject/single-motion intuition) · 298 Erlebte · 296 Logische · 297 Zentrale Begriffsstrukturen · 98,427 Zeugenaussagen von Kindern • 227234, 458 Aus dem Gedächtnis abrufen · 232 Stereotypen · 230, 233, 458 Suggestibility · 230, 231,233,458

w Wahrnehmung · 133 ff. und Handeln • 135 und menschliche Natur - 134