Das Christentum im Kreise der Weltreligionen: Grundsätzliches über das Verhältnis der Fremdreligionen zum Christentum [Reprint 2019 ed.] 9783111388069, 9783111026763


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German Pages 23 [28] Year 1928

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Einleitung: Luthers Stellung zur außerchriftlichen Religionswelt
I. Der Sondergeist des Hînanâna-Buddhismus
II. Der Sondergeist des japanischen Sukhâvatî-Buddhismus
III. Der Sondergeist des Hinduismus
IV. Der Sondergeist der chinesischen Religiosität
V. Das Verhältnis zum Christentum
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Das Christentum im Kreise der Weltreligionen: Grundsätzliches über das Verhältnis der Fremdreligionen zum Christentum [Reprint 2019 ed.]
 9783111388069, 9783111026763

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aus der Welt der Religion Rus dem Gedanken heraus, daß die Ungunst der gegenwärtigen Zeitverhältnisse die Verbindung zwischen den im Rmtc stehenden Pfarrern und Religionslchrern einerseits und der Universitätswissenschaft andererseits vielfach aufgehoben hat, wurde, um diesem Mißstand abzuhelfen, die oben genannte Sammlung gegründet. Vie in ihr erscheinenden hefte und Bücher sollen in der Zorm wissenschaftlich einwand­ freier Berichte über den neuesten Stand theologischer und religionswissenschaftlicher Spezialforschung, die der Einzelne nicht mehr zu überschauen vermag, unterrichten. In­ dessen sind bes. auch die Gebiete der probt. Theologie in den Kreis der Veröffentlichungen einbezogen, und hier vor allem das Gebiet der gottesdienstlichen Reformarbeil.

praktisch-theologische Reihe:

Moderne Evangelisation von

1924

Prof. D.

Zr. Niebergüll

70 pfge.

Marburg

Diese Schrift enthält moderne religiöse Vorträge über brennende fragen christ­ licher Lebens- und Weltanschauung.

2:

Sur Erneuerung und Ausgestaltung des Gottesdienstes von

1925

3.50Mk.

Prof.D.Dr. HUÖOlf ©ttO Marburg

Rudolf (Dito, berühmt durch sein bedeutendes Werk „Das heilige", wendet sich in diesem Buche der Reform des evangelischen Gottesdienstes zu und bietet die gottesdienstlichen Konsequenzen aus den im „heiligen" niedergelegten Er­ kenntnissen bis in konkrete Einzelheiten hinein. Eine Reihe verschiedenartiger liturgischer Entwürfe und ein Anhang mit Notenbeilagen erhöhen die praktische Verwendbarkeit des Buches.

3:

Ehorgebele zusammengestellt von

1925

R. Otto

und

G. Mensching

1.50Mk.

Ein sehr anregendes Büchlein zu schlichter, gemeinsamer Feier. (Es enthält außer je einer Anordnung für den Sonntagsdienst und einem Abendsegen eine sehr reichhaltige Auswahl bes. aus den Psalmen und dem N. T. wie auch mehr Be­ rücksichtigung des Kirchenjahres zu wechselweisem Sprechen. - (Es ist der erste Schritt, um im gottesdienstlichen Leben wieder zu einem wirklichen Kollektivgebet zu kommen, woraus sich dann das musikalische Psalmodieren entwickeln kann.

vom werden der neuen Gemeinde von

1925

Pastor

£UÖU>ifl l) C i t Ht Ö H tt Hamburg

80 pfge.

Diese eindrucksvoll geschriebene Arbeit behandelt die Voraussetzung der neuen Gemeinde, die Stadien des neuen werdens, ferner die gegenwärtig so lebendige Frage nach dem Objektiven und der Beziehung der Gemeinde zu ihm.

Das Christentum im Kreise bet Weltreligionen Grundsätzlicher über -ar Verhältnis derZremdreligionen zum Christentum von

Gustav Mensching

1928

Verlag von Alfred Töpelmann in Gießen

Bus der Welt der Religion Forschungen und Berichte, unter Mitwirkung von Rudolf Otto und Friedrich Niebergall herausgegeben von Gustav Mensching

Religionsgeschichtliche Reihe, heft 3.

Vorwort. Diese Schrift, die meine am 3. Oktober 1927 an der Universität Riga gehaltene Antrittsvorlesung bietet, erhebt in keiner Weise den Anspruch, prinzipiell Neues zu bringen. Auch ist es ihr nicht darum zu tun, das Wesen und die Erscheinungsformen der behandelten Reli­ gionen erschöpfend darzustellen. Die vorliegende Arbeit beabsichtigt nichts zu sein als die Darstellung des Problems des Verhältnisses -er autzerchristlichen Weltreligionen zum Christentum. Die Erörterung des konkreteren Problems der Absolutheit des Christentums dürfte von der Erkenntnis der Kompliziertheit der hier vorliegenden Ver­ hältnisse auszugehen haben. Nicht Probleme zu lösen, sondern sie auf­ zuzeigen und in konzentrierter weise zum Ausdruck zu bringen, ist der Sinn dieser Untersuchung. Sie ist somit der Art nach eine Fort­ setzung meiner Schrift „Die Bedeutung des Leidens im Buddhismus und Christentum" (1924). Riga, im Advent 1927. Gustav Menfching.

Inhalt. Einleitung: Luthers Stellung zur außerchriftlichen Veliglonrwelt... 1. 2. 3. 4. 5.

allgemeine und besondere Golteserkenntnis........................... Die Heilsidee.............................................................................. Der Maßstab der Wahrheit der Religion............................... Die Nützlichkeit der Gotteserkenntnis....................................... 3ur Beurteilung dieses Standpunktes...................................

I. Der Sondergeift des hrnaqLna-Vuddhismur............................... L Das Wesen der buddhistischen Erkenntnis............................... a) Der Inhalt...................................................................... b) Der Hfct.......................................................................... 2. Ethische Momente......................................................................

II. Der Sondergeift der japanischen SukhLvatt-Vuddhismus

....

1. Luther und Nmida Buddha....................................................... a) Das Problem der Werke............................................... d) Das Problem des Glaubens....................................... 2. Die katholisch-protestantische Spannung auf japanischem Boden

III. Der Sondergeift der Hinduismus................................................ 1. Das Glaubensleben................................................................... a) Sorglosigkeit................................................................... b) Bhakti.......................................................................... c) Göttliche Fürsorge....................................................... 2. Das Heilserleben................. •.................................................. a) Die numinose Ferne....................................................... b) Die Nähe...................................................................... c) Das Überschwängliche............................................... d) Der verborgene Heilspfad...........................................

IV. Der Sondergeift der chinesischen Religiosität............................... 1. Die Nächstenliebe bei Konfuzius............................................... 2. Das Wu-Wei der Taoisten....................................................... V. Dar Verhältnis zum Christentum ............................................ 1. Christliche Wahrheitsmomente außerhalb des Christentums . 2. Der Sondergeift des Christentums...........................................

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Einleitung: Luthers Stellung zur auherchristlichen Religionswelt. Vas naive religiöse Selbstbewußtsein hält unbedenklich die eigene Religion für die allein wahre. Ruch das christlich religiöse Selbst­ bewußtsein traditioneller Rrt erklärt das religiöse Leben und Den­ ken außerhalb des Christentums für Götzendienst und Phantasievor­ stellung ohne Realität. So wird hier die Religionswelt in Wahrheit und Lüge, in Offenbarung und wahn geschieden, wobei Wahrheit und Offenbarung ausschließlich auf der eigenen, Lüge und Wahn aber auf der anderen Seite zu finden sein sollen. Vas ist der Stand­ punkt naiver Gläubigkeit in jeder Religion. Rus dem lebendigen Bewußtsein des eigenen Wahrheitsbesitzes und der persönlich erleb­ ten Erlösung heraus vollzieht man a priori die Verurteilung derer, die den gleichen Anspruch Offenbarung zu bieten, erheben. Fragt man nach der dogmatischen Unterbauung des gekenn­ zeichneten Laienstandpunktes, so ist einerseits an Augustins Wort von den Tugenden der Heiden, die splendida vitia seien, zu erinnern und anderseits an Luthers Begründung der Überlegenheit des Christentums. Luther äußert an einer Stelle des Galaterbriefkom­ mentars von 1535 seine grundsätzliche Einstellung zur außerchrist­ lichen Religionswelt. Vie Ausführungen finden sich in Luthers Er­ klärungen zu Gal. 4,8.9. und lauten in Übersetzung folgendermaßen: „Eine zwiefache Erkenntnis Gottes gibt es, eine allgemeine und eine besondere. Vie allgemeine haben alle Menschen, nämlich daß Gott existiert, daß er Himmel und Erde geschaffen hat, daß er gerecht ist, daß er die Gottlosen straft etc. Aber was Gott über uns denkt (de nobis cogitat), was er schenken und tun will, damit wir von Sünden und Tod befreit und gerettet werden (welches die eigentliche und wahre Erkenntnis Gottes ist), das wissen die Men­ schen nicht, wie es geschehen kann, daß jemand mir dem Gesicht nach bekannt ist, den ich dennoch nicht eigentlich kenne, weil ich nicht sehe, welche Gesinnung (voluntas) er gegen mich hegt.... Was aber nützt es, wenn du weißt, -aß es einen Gott gibt und dennoch in Unkenntnis bist darüber, welches sein Wille gegen dich sei?" (Rus-

6

Einleitung: Luthers Stellung zur außerchristlichen Religionswelt.

gäbe des Textes von T. Irmischer. Erlanger klusg. 1843. exegetica doI. XII. 2,196.)

Gpera

wir versuchen die charakteristischen Elemente dieser Stellung Luthers zur außerchristlichen Religionswelt, die ja auch heute noch weithin wirksam ist, zu analysieren: 1. Luther unterscheidet zwischen allgemeiner und besonderer Gotteserkenntnis und gibt als Charakteristikum aller außerchristlichen Religion an, daß es hier sich um jene Gotteserkenntnis handele, die sich allein auf die Tatsache der Existenz Gottes richte. Diese Erkenntnis ist wesensmäßig nur eine Hrt von weltanschaulicher Ein­ sicht, weniger oder gar nicht eine innere herzensgewißheit. 2. Vas Wesen der besonderen Gotteserkenntnis, die nach Luthers Meinung den entscheidenden Gehalt der christlichen Religion aus­ macht, erblickt Luther in der Einsicht in das „quod deus de nobis cogitat“. Zwei Begriffe kennzeichnen in charakteristischer Weise das Verhalten Gottes: cogitatio und voluntas. Beide verhaltungswei­ sen haben zum Inhalt unser heil. Also besondere (und wir dürfen in Luthers Sinn hinzufügen) christliche Gotteserkenntnis bezieht sich nicht auf die Tatsache der Existenz Gottes, sondern auf sein der Menschenwelt zugewandtes Verhalten, auf seine Heils ge dank en und seinen diese Gedanken durchsetzenden Heils will en. Luther hat an anderer Stelle diesen Gedanken so ausgedrückt, daß er sagt: uns als Christen gehe nur der „deus pro nobis“ etwas an.

3. Interessant ist weiterhin, wie Luther den Begriff der Wahr­ heit der Religion faßt. Für ihn ist Wahrheit im Sinne der Religion noch durchaus nicht mit der richtigen Erkenntnis der göttlichen Exi­ stenz gegeben. Wahrheit ist erst da gegeben, wo jene soeben gekenn­ zeichnete Erkenntnis des Heilswillens Gottes vorliegt. Und das ist eben nur auf der Seite des Christentums der Fall. 4. Zu beachten ist ferner die von Luther in dem obigen Worte zum Maßstab der Wahrheit gemachte Frage nach der Nützlichkeit der Gotteserkenntnis. Er fragt: was nützt die Erkenntnis der bloßen Existenz Gottes? Der erwartete Nutzen liegt natürlich auf dem Ge­ biete des zu beruhigenden Gewissens. Rlso wahre Gotteserkenntnis ist „scientia eminens practica“. 5. Endlich ist hier die Frage nach der Beurteilung dieses Stand­ punktes zu stellen, um damit wieder überzuleiten zu unserer eigent­ lichen Rufgabe. a) Fraglos gibt Luther den richtigen Gesichtspunkt zur Beur­ teilung der Religionen an. Er meint, wahre Religion sei Heils­ religion. Damit ist das Prinzip der Vergeistigung der Religion zum Maßstab ihrer höhe und Wahrheit gemacht. (Es wird allerdings die

Frage sein, ob die früher übliche Trennung von Naturreligion und Heilsreligion zu Recht gemacht werden Kann. b) Jedenfalls aber ist die Scheidung: hier Christentum mit „be­ sonderer" Gotteserkenntnis — dort alle außerchristlichen Religionen im Besitze nur „allgemeiner" Gotteserkenntnis undurchführbar. Denn keine Hochreligion verzichtet auf die Erkenntnis des Heilswillens der Gottheit. Um das schon an dieser Stelle kurz nachzuweisen, sei eine Stelle aus Hsmuna-Muni's „Köstlichem Lobpreis" mitgeteilt: „(D Raghu-held, hast du Dich nicht der Krähe huldvoll einst erzeigt, hast du als Rrishna nicht Dem Cedi-Manne auch dich einst erbarmt, Beleidigung verziehn, D holder, und Gemeinschaft ihm verliehn? Sag an, war etwa nicht Bei dir zur Gnade Raum für sein vergehen? Wenn ich nun kurzer Hand Dir nahe, flehend: »Herr, dein bin ich', und Dich mahne deines Schwurs, versagst du mir alleine deine Treu?"

(Aus: R. Gtto, vishnu NLraqana. Jena 1923).

Gegen die soeben dargestellte Einseitigkeit der lutherischen Betrachtungsweise der außerchristlichen Religionswelt ist int Namen der Wahrhaftigkeit und der vergleichenden Religionsgeschichte zu prote­ stieren. Insbesondere ist die ungerechte Art des vergleichens der Schattenseiten der außerchristlichen Religionen mit den Idealen des Christentums zu beanstanden. Es muß Gleiches mit Gleichem verglichen werden. Unsere Aufgabe ist in erster Linie nicht die der Re­ ligionsmessung, sondern der Religionsvergleichung. Aber soviel ist jedenfalls schon hier zu sagen, daß eine Religions­ messung und -bewertung abhängen müßte wesentlich von zwei Mo­ menten, nämlich einerseits von der mehr oder minder großen Fülle religiöser Intuitionen in den zu vergleichenden Religionen und ande­ rerseits von der vorhandenen oder mangelnden Verbindung des reli­ giösen Lebens mit dem ethischen Tun. Unter diesen beiden Gesichts­ punkten wäre die Religionswelt zu durchforschen, um Überlegen­ heiten unter den Religionen zu erkennen. wir ziehen hier in den Ureis unserer Betrachtung von den Welt­ religionen außer dem Christentum den Buddhismus, den Hinduismus und die Religion Chinas, wir sprechen nicht vom Islam, da er außer seinem Fatalismus wenig Originelles uns zu sagen hat. Denn sein Entstehen und seine Wesensart wurde vom Christentum und von

israelitischer Religiosität entscheidend beeinflußt. Wir haben es je­ doch hier im Rahmen dieser grundsätzlichen Untersuchung nicht mit der Fülle der Einzelformen und -Vorstellungen der verschiedenen Religionen zu tun. Wir begnügen uns mit der Darstellung dessen, was in den Religionen ihren Sondergeist am deutlichsten und charakteristischsten erkennen läßt.

I. Der Zonder-eift des Hinaysna-Vuddhismus. Albert Schweitzer, der bekannte Theologe und Arzt, ließ 1924 eine Schrift erscheinen „Vas Lhristentum und die Weltreligionen" (Bern). Darin setzt er sich in der Weise mit dem Buddhismus aus­ einander, daß er das Charakteristikum des Buddhismus darin sieht „in Gedanken von der Welt frei zu kommen". Die Religion Jesu sage demgegenüber: werde von der Welt und dir selbst frei „um als eine wirkende Kraft Gottes dich in der Welt zu betätigen". (S. 31.) Zusammenfassend charakterisiert er den Gegensatz zwischen Buddhis­ mus und Lhristentum mit folgenden Worten: „Der Kampf zwischen Brahmanismus und Buddhismus und zwischen dem Lhristentum ist ein Kampf zwischen geistig und ethisch." (S. 31.) Diese Formulierung ist sowohl vom Buddhismus her als auch von der Religion Jesu aus entschieden anzufechten. (Es wird nachzu­ weisen sein, daß weder das Wesen des Buddhismus getroffen ist, wenn es mit rationaler Geistigkeit gleichgesetzt wird, noch das des Christentums, wenn es vorzugsweise als eine ethische Religion be­ zeichnet wird. Wir werden zu zeigen haben, daß einerseits die Er­ kenntnis im buddhistischen Sinne nichts mit rationaler Geistigkeit zu tun hat und daß andererseits auch der Buddhismus Anspruch da­ rauf hat, als ethische Religion angesehen zu werden. Denn es ist durchaus verfehlt, wenn von der Idee der mettä, des Wohlwollens, gesagt wird: „von dem intellektuellen Rlitleid kommen der Brahmans und der Buddhist nicht zum Rlitleid der Tat" ($. 32). Denn — um das schon an dieser Stelle zu sagen — einerseits ist mettä durch­ aus nichts Intellektuelles wie folgende Textstelle zeigt: „Was meinst du nun, vasettha? hat der Bhikkhu, der sich so verhält (d. h. der mettä hegt) Interesse für die kleinlichen Dinge des alltäglichen Lebens oder nicht?" „Nein, verehrter Gotama." „Ist er gehässig oder friedfertig?" „Friedfertig, verehrter Gotama." „Böswillig oder gutmütig?" „Gutmütig, verehrter Gotama." — „Unreinen oder reinen Herzens?" — „Reinen Herzens, verehrter Gotama." — „Stet oder unstet im Willen?" — „Steten Willens, verehrter Gotama."

(Dighaniksqa XIII, 80). Und auf der anderen Seite wird immer wieder eingeschärft, daß der Mönch in Taten seine liebevolle Ge­ sinnung zu zeigen habe. So heißt es z. B. vighaniksqa XVI, 11: „Solange die Bhikkhus ihren frommen Mitbrüdern Liebe erweisen in Werken, Worten und Gedanken, in der Öffentlichkeit und im Geheimen, ist für sie kein Niedergang abzusehen, sondern Gedeihen." Wir stellen also, um den Sondergeist des Buddhismus kennen zu lernen, zwei Fragen: 1. Was ist Erkenntnis im Buddhismus? — 2. Kennt und pflegt der Buddhismus die Verbindung des religiösen Lebens mit dem sittlichen? 1. Das Wesen der buddhistischen Erkenntnis. a) Zunächst gilt es negativ festzustellen, daß Erkenntnis im Sinne Buddhas nichts mit logischem und diskursivem Denken und Folgern zu tun hat, sondern völlig sui generis ist. Das beweisen die Text­ worte Dighaniksya I, 1, 34: „hier handelt es sich um den Fall, daß ein Brahmane sich einfach auf Logik und Nachdenken verläßt. Bei einem solchen stellt sich dann auf Grund logischen Folgerns und von selbst der Gedanke ein, dem er die Worte leiht: Ewig ist das Selbst und die Welt . . . Uber, Mönche, dem Tathagata ist offenbar: Diese Ansichten so gefaßt und eifrig gepflegt, werden dazu und dazu führen, solche und solche Konsequenzen haben. Das ist dem Tathagata offen­ bar. Uber auf solches wissen legt er keinen Wert, ein anderes wissen trägt er in seinem Innern, das Wissen von der Erlösung." Dieses Wort besagt deutlich die Ablehnung aller intellektuellen Erkenntnis sowohl nach ihrem In­ halt als auch nach ihrer Methode. Es handelt sich um das, was man schweigende Erkenntnis nennen kann. Die sorgsam gepflegte Ver­ senkung, die den Menschen stufenweis der heiligen Erkenntnis näher bringt, vermag selbst nicht das „Unheil" des Menschen, für das der Buddhist den Terminus „avijjä“ (Unwissenheit) hat, zu heilen. Wir übersetzten — um das hier noch einmal ausdrücklich zu begründen — avijjä mit „Unheil", „heil" und „Unheil" sind im religiösen Sprachgebrauch Prädikate, die eine „numinose" Bewertung eines Tat­ bestandes, nämlich der menschlichen Situation Gott gegenüber aus­ sprechen. Ist hier von Unheil die Rede, dann ist damit nicht irgendein Mangel oder Mißgeschick gemeint, das unter rationaler Betrachtung zu erkennen und so zu benennen wäre. „Unheil" ist hier vielmehr eine Situation des Menschen und zwar des uner­ lösten Menschen einer göttlichen Wesenheit gegenüber. Das, was unsere alten Dogmatiker „Verlorenheit" nannten, wird hier in dem Terminus avijjä zusammengefaßt, denn das heil liegt im te-vijjä, im heiligen wissen, dessen Charakter schon daraus erkannt werden

Kann, daß es seinen Gegenpol, das numinose Unheil, aufhebt. Die stufenweise, selbstgewirkte Versenkung aber bereitet die Erkenntnis nur vor, schafft sie nicht etwa selbst. Das deutet ein Spruch des Dhammapadam (372) an: „Nicht gibt es Versenkung (jhäna), wo nicht Weisheit (pannä) ist, und Weisheit gibt es nicht, wo nicht Versenkung ist, und in wem Versenkung und Weisheit ist, der ist dem Nirvana nahe." Der Inhalt dieses te-vijja (Erinnerung an die frühere Geburt, Erkenntnis des Karma-Gesetzes und das Auf­ leuchten der vier heiligen Wahrheiten) hat uns hier nicht zu be­ schäftigen (siehe: feiler, Die buddh. Versenkung. München 1922). 3n dem Augenblick, in dem jene religiösen Realitäten dem Menschen aufleuchten, ist seine Lösung von den Bindungen dieser Welt voll­ zogen. Jedenfalls ist es deutlich, daß der eigentliche und letzte Sinn dieser Erkenntnis nicht in den rational umschreibbaren Gedanken sich erschöpft. Ein formaler Unterschied der religiösen Erkenntnis von der wissenschaftlichen, der jedoch auf einen tiefliegenden Struk­ turunterschied hinweist, liegt schon darin, daß religiöse Erkenntnis nicht mitteilbar ist auf dem einfachen und bedingungslosen Wege ver­ standesmäßiger Darlegung. b) Deutlicher noch wird, was hier gemeint ist, wenn wir nach dem Prozeß der Erkenntnis, also nach dem Wesen der Erkenntnis nicht als Inhalt, sondern als Akt, fragen. Einerseits ist auch im Buddhismus mit der religiösen Erkenntnis das Empfinden des Gnadencharakters verbunden. Auch im Buddhis­ mus, dessen von Buddha ausgesprochene Mahnung an seine Jünger: „Seid euch selber Zuflucht, seid euch selber Leuchte!" (Dighanikaqa XVI, 2, 26) auf reinen Autosoterismus zu deuten scheint, lebt das starke Bewußtsein, die höchste erlösende Erkenntnis einer gnaden­ mäßigen Schenkung zu verdanken. Darauf weist die stille Feierlich­ keit der Texte, die von der Bekehrung eines Menschen reden: „Und als diese Lehrrede vorgetragen wurde, ging dem ehrwürdigen Rondaüna der Wahrheitsblick frei von Dunst und Unreinheit auf." . . „Der Erhabene tat diesen Ausspruch: Wahrlich, Rondaüüa hat er­ kannt! wahrlich, Konbanna hat erkannt!" (Mahsvagga 1,6).

Auf der anderen Seite ist diese religiöse Erkenntnis charakteri­ siert durch das Moment des Intuitiven. Zwei Verse aus den Theragätha und Therigatha deuten darauf hin: „Die höchste Weisheit ward mir hell, Das Ghr ist innen ruhig, rein, Drei wissen weiß ich, bin befreit, Gewahre herz und Herzensart." (Therägatha 1262.)

Und in einem anderen Verse berichtet eine Nonne von der ihr plötzlich zuteil gewordenen intuitiven Schau der Heilswahrheit: „Nm Nbend um die vämmerzeit Erkannt ich Sein und Wiedersein Um Nlitternacht ward himmlisch hell Mein Nntlitz innen abgeklärt Und als der junge Tag erschien war Nacht und Nebel fortgescheucht Drei Wissen weiß ich nun, getrost Getan ist, was getan du willst.(Therigüthä 179 f.) 2. Kennt und pflegt -er Buddhismus die Ver­ bindung des religiösen Lebens mit dem sittlichen? Eines der Grundprinzipien -er buddhistischen Sittlichkeit ist das grenzenlose Wohlwollen (mettä) gegen alle Wesen. 3m Sutta Nipäta (149) heißt es: „wie den einz'gen Sohn die Mutter Schützt selbst mit dem eignen Leben, So für alle Wesen weck' er 3n sich unbegrenztes Fühlen."

Und an anderer Stelle (Majjhima-Nikäqa 21) heißt es: . Selbst wenn, meine Bhikkhu, Kauber und Mörder mit einer doppelt gezähnten Säge euch ein Glied nach dem andern ab­ trennten und ihr ergrimmtet darob in eurem Gemüte, so würdet ihr nicht meine Weisung erfüllen. Auch in diesem Falle, meine Bhikkhu, müßt ihr euch also üben: .Nicht soll unser Gemüt voll Unmut werden, Kein böses Wort wollen wir ausstoßen, freundlich und mitleidig wollen wir bleiben, gütig ge­ sinnt, ohne heimlichen haß, und diesen Menschen wollen wir mit gütiger Gesinnung durchdringen, und von ihm ausgehend wollen wir die ganze Welt mit gütiger Gesinnung durchdringen, mit umfassen­ der, großer, unermeßlicher, friedfertiger, freundlicher Gesinnung.' So, meine Bhikkhu, müßt ihr euch üben." Diese buddhistische Liebesgesinnung ist ohne Frage ein wert­ volles sittliches Prinzip, wenngleich GIdenberg mit Kecht darauf auf­ merksam macht (Buddha, S. 335), daß die christliche Liebe (etwa die aus 1. Lor. 13) und auch die eigentliche Nächstenliebe wesentlich ver­ schieden sind von jener buddhistischen Haltung. Aber ein starkes sitt­ liches wollen ist darum doch dem Buddhismus nicht abzusprechen. 3n dieser Hinsicht ist insbesondere hinzuweisen auf die häufig wieder­ holte Mahnung zur sittlichen Zucht (sila), die eine überraschende Ahn-

lichkeit mit unseren Sittengesetzen hat. 3m Suite Hipäta heißt es — um nur die parallelen Gebote zu nennen —: „Er töte kein leben­ des Wesen und lasse nicht töten und wenn andere töten wollen, lasse er es nicht zu. Den Stab, mit dem man schlägt, lege er nieder gegen alle wesen . . . Weiter hüte sich der Jünger vor fremden Gute . . . vor Unkeuschheit nehme er sich in acht wie ein verständiger vor brennender Rohlenglut. vermag er die Keuschheit nicht zu wah­ ren, so berühre er doch keines anderen Weib. Wenn er im Ge­ richtshof oder in der Versammlung weilt, soll nie einer gegen den anderen Lügen reden oder reden lassen oder gestatten, daß andere lügen. Jede Unwahrheit soll er meiden. Berauschenden Trank ge­ nieße er nicht . . . Denn im Rausch tun die Toren Böses und machen, daß auch andere Berauschte Böses tun . . . Dann feiere er die halb­ monatliche Festzeit . . . Vater und Mutter soll er erhalten, wie die Pflicht gebietet." (Sutta Hipäta II, 14.) von hohem sittlichen Ernst zeugen auch die Texte, die sich mit der Beichtfeier der Mönchsgemeinde beschäftigen. (Es heißt dort (Mahävagga II, 3): „wer ein vergehen begangen hat, möge es bekennen ... (Ein Mönch, der auf dreimalige Frage ein vergehen, das er begangen hat und dessen er sich erinnert, nicht bekennt, ist einer wissentlichen Lüge schuldig. Wissentliche Lüge aber ist von dem Erhabenen für ein Hindernis geistlichen Lebens erklärt worden. Deshalb soll ein Mönch, der etwas begangen hat, sich dessen erinnert und danach trachtet, davon rein zu werden, sein vergehen bekennen. Denn was er bekennt, dessen wird er erleichtert werden." Danach wird die Beichtformel (pätimokkha) verlesen. Um wieder zu der eingangs zitierten Schrift Schweitzers zurückzukehren, ist zu bemerken, daß die Urteile, die der Verfasser über den Buddhismus fällt nach beiden Seiten hin, nach der Seite der Erkenntnis wie nach der Seite der Sittlichkeit durchaus unzu­ treffend sind. Denn es ist schlechterdings nicht wahr, daß „das 3ntellektualistische des indischen Denkens die Ethik aufzehre wie eine unheimliche Sonne die Wolke, von der Regen kommen sollte" (Schweitzer S. 32). Ruch trifft es nicht zu, daß der Buddhismus nur für den Mönch etwas bedeuten könne: „Das brahmanistische und buddhistische Denken kann nur denen etwas bieten, die in der Lage sind, sich von der Welt zurückzuziehen und der tatenlosen Selbst­ vervollkommnung zu leben" (S. 33). Diese Urteile sind oben als unbegründet nachgewiesen. Dabei aber wird, was der eigentliche positive Sinn dieser Untersuchung war, der Sondergeist des Buddhis­ mus in seiner Urgestalt deutlich geworden sein. Diese Urgestalt des Buddhismus ist indessen nicht seine einzige Erscheinungsweise. (Es kommt uns hier nicht darauf an, die Fülle

der verschiedenen Erscheinungsweisen des Buddhismus in seiner spä­ teren Entwicklung zu zeigen. Wir haben es hier mit dem Problem des Verhältnisses der außerchristlichen Religionen zum Christentum zu tun, und dies Problem kompliziert sich, wenn von dem eigentüm­ lichen Geist des japanischen LulckLvati-Buddhismus gesprochen wird.

II. Der Zondergelft des japanischen Lukhsvatl-Vuddhismus. 3n Japan begegnet uns eine eigene Form des sogenannten Mahaqäna-Buddhismus, die uns für unser Problem des Verhält­ nisses der außerchristlichen Weltreligionen zum Lhristentum zwei interessante Fragenkomplexe aufgibt. Einerseits nämlich wird uns unsere Frage nach dem Sondergeist dieser Form des Buddhismus eine Fülle naher Beziehungsmomente zur evangelischen Form des Chri­ stentums zeigen und damit wird anderseits die Frage akut, ob nicht auch die Polarität zwischen Katholizismus und Protestantismus auf eine letzte grundsätzliche Spannung innerhalb des religiösen Lebens überhaupt zurückzuführen ist. 1. Wir behandeln zunächst die Frage nach dem Sondergeist des Sukhävatl-Buddhismus in der weise, daß wir in kurzer Gegenüber­ stellung zu einzelnen zentralen Problemen innerhalb dieses Buddhis­ mus und des Christentums Quellenbelege aus beiden Religionen dar­ bieten. Über die Entwicklungsgeschichte des Sukhsvati-Buddhismus ist in unserem Zusammenhangs nicht zu reden. Man vergleiche dazu die Ausführungen von Hans Haas in seiner Textübersetzung „Rmida Buddha unsere Zuflucht. Urkunden zum Verständnis des japanischen SukhLvatl-Buddhismus" (1910), der die int folgenden zitierten Textpartien entnommen sind. Vie Problematik konzentriert sich in den Texten des Rmidabuddhismus ganz wesentlich um die beiden Fragen, die auch die Kernfragen des evangelischen Christen­ tums sind: Werke und Glaube und ihre Beziehung zum heil. a) wir sprechen zunächst von dem Problem der w e r k e im Rmi­ dabuddhismus und seinen Beziehungen zur christlichen Problematik. Die Apologie unterscheidet (Rrt. IV) zwischen dem moralischen und dem religiösen Sinn des Gesetzes: „Decalogus autem requirit non solum externa opera civilia, quae ratio utqunque efficere potest, sed etiamrequiritalia longesuprarationemposita, scilicet vere timere Deum, vere diligere Deum, vere invocare Deum“. Ganz die gleiche Problemstellung läßt sich in den buddhistischen Tex­ ten beobachten. Die Erlösung ist keine moralische, sondern eine reli­ giöse Angelegenheit, wobei es darum nicht auf moralische, sondern auf religiöse Qualitäten ankommt, mithin auf das, was in der oben

zitierten Stelle als „alia longe supra rationem posita“ bezeich­ net wurde. (Es heißt nämlich: „Daß man aber in dieses Land ge­ borenwird, das geschieht durch die eidliche Verheißung des Buddha Rmida, dabei die Auswahl unter den Menschen nicht danach getroffen wird, ob sie gut sind oder böse. Nein, worauf da einzig gesehen wird, das ist nur dies, ob einer Glauben hat an diese Verheißung Buddhas oder aber solchen vertrauens ermangelt" (Haas, 5. 38). Die lutherische Einstellung des „sola fide“ ist in folgenden Text­ worten erkennbar: „während also Erlösung durch unsere eigene Kraft etwas ist, daran überhaupt gar nicht zu denken ist, steht es ganz anders in diesem unserem Lehrtor des Reinen Landes, hier nämlich liegt die Sache so, daß wir, weil ja eben Midas vorzeitliches Gelöb­ nis schon kein verwerfen selbst der schlimmsten Sünder kennt, so, wie wir sind, an diesem Gelöbnis gemessen, alsbald als die rechte zur Erlösung tauglichen Zähigkeiten erscheinen, und zwar ohne daß vor­ her erst noch irgend etwas an uns gebessert werden müßte. Sodann aber wird, eben indem wir uns als solche ganz und gar unwerte Wesen wissen, ganz von selbst der rechte innere Sinn rege werden, da uns der Wunsch kommt: ®, daß mir Hilfe würde!" (Haas, S. 50.) Luther hat einmal von dem Gerechtfertigten, also von dem neuen Leben des Christen gesagt, er sei „simul iustus simul peccator“. Ganz ähnlich sagen auch die buddhistischen Texte, daß auch auf der Ebene des neuen Lebens der Mensch immer wieder in Sünde falle: „Ruf jeden Fall läßt sich, wie eben nun einmal die Neigung von uns Menschen gemeinen Schlages . . . ist, daran nichts ändern, daß wir immer wieder in Sünde fallen, mögen wir nun gehen oder stehen, oder sitzen oder liegen" (Haas, S .57). Über das kausale Verhältnis von Glaube und Werk schreibt Luthers (Freiheit eines Christenmenschen Weim. Rusg. VII, 26): „wenn man lehrt, die Gottesgebote mit werken zu erfüllen, so die Erfüllung vor allen Werken durch den Glauben muß geschehen sein und die Werke folgen nach der Erfüllung." Dieselbe Idee spricht, sich in folgendem Verse aus den Rmida-Texten aus: „3um Dank für Gnade, mir geworden, Selbst will ich wohltun allerorten." (Haas, S. 58.) In diesem Zusammenhang ist endlich daran zu erinnern, daß Luther als die Rufgabe jedes Christen bezeichnet hat, ein „Ehristus für die andern" zu werden. Eine ganz ähnliche Idee, die zugleich den Sondergeist des Mahayana im allgemeinen ausspricht, findet sich in folgendem Verse: „In Midas Land, das Land voll Frieden will gehen ich, um hernach hinieden

Der Sondergeist des japanischen SukhLvatl-vuddhismus.

15-

Zurückgekehrt, für Mensch und Götter — So sei's gelobt! — zu sein Erretter." (Haas, S. 58)

b) wir kommen zur Problematik des Glaubens im engeren Sinne. Wir stellen einige Äußerungen lutherischer (Quellen über das wesen des Glaubens und über die in ihm gegebene unmittelbare Heilsgewißheit nebeneinander, um dann zu den einzelnen Momenten die genauen parallelen auf der Seite des Amidabuddhismus anzu­ geben. Die Apologie grenzt den Glauben gegen die bloß rationale Überzeugung und historische Kenntnisnahme im 4. Artikel in folgen­ der Weise ab: „Illa fides quae iustificat, non est tantum notitia historiae sed est assentiri promissioni dei“. Auch Melanchthon weist immer wieder in seinen „Loci communes“ den Begriff des Glaubens als „frigida opinio“, als „opinio Deum esse“ ab. Glaube ist für ihn „fiducia bonae voluntatis“. Das Moment unmittelbarer und zweifelsfreier Gewißheit, das mit dem lebendigen Glauben ohne weiteres und notwendig gegeben ist, spricht Luther in folgenden Worten treffend aus: „Sprichst du aber, wie mag ich mich gewitz versehen, daß alle meine Werke Gott gefällig sind, so ich doch zu­ weilen falle . . . Antwort: diese Frage zeigt an, daß du noch den Glauben achtest wie ein ander werk und nicht über alle werke setz­ test. Denn eben darum ist er das höchste Werk, das er auch bleibet und tilget dieselben täglichen Sünden damit, daß er nicht zweifelt, Gott sei dir so günstig, daß er solchem täglichen Fall und der Ge­ brechlichkeit durch die Finger sieht." (Sermon von d. g. werken, w. A. 6, 215.)

Wir unterscheiden vier Momente, die in den oben zitierten Texten enthalten sind, zu denen wir nun nach parallelen in den AmidaTexten suchen:

a) Die Ablehnung der opinio, also der Fassung des Glaubens im Sinne rationaler Kenntnisnahme liegt in folgenden Worten: „wer da nun aber Glauben hat an die Kraft der Anrufung des Hamens Buddhas, der darf, und hätte er gleich alle Lehren, die Shaka wäh­ rend seines ganzen Lebens verkündigt hat, durchaus studiert, sich nicht anders gehaben wollen wie der einfache Mann aus dem Volke, der keinen Buchstaben zu lesen versteht" (Haas, S. 43). ß) Glaube ist eine objektive Gegebenheit transcendenter Art, die alle subjektiven Gedanken ausschließt. Die damit angedeutete Problematik: Zweifel an der Echtheit der Tradition, Diskrepanz der Lehre spiegelt sich in folgenden bezeichnenden Ausführungen der Texte: „... zu solchem Lehrwirrwarr ist es, will mir scheinen, ge­ wiß nur darum gekommen, weil jeder Tor meint, seinen subjektiven Gedanken freien Lauf lassen zu dürfen" (Haas, S. 45).

t) Vie Texte sprechen sich weiterhin gelegentlich aus über die subjektiven und objektiven Voraussetzungen der Erlangung der promissio: „Diese Verheißung (nämlich das sog. „vorzeitliche Gelübde", purvapraniddkna),recht zu verstehen, so ist da ein Doppeltes erfor­ derlich: von feiten der Individuen eine bestimmte seelische Verfassung und ein entsprechendes Tun, von feiten des Buddha aber der Vorsatz ihnen heil zu verschaffen." AIs diese seelische Verfassung nennen die Texte weiterhin die „herzensgetrostheit" und das äußere Tun sind nicht etwa ant heil mitwirkende Werke, sondern das Aussprechen des Heilsverlangens in -er Form der Anrufung -es Namens Buddhas .(Haas, S. 49). 8) Endlich weiß auch der Jünger flmiöa Buddhas von seiner Heilsgewißheit in eindrucksvoller Weise zu reden: „Ein Zweifel, in ben zu fallen dem Menschen immer nahe liegen wird, ist -er, daß einer denkt: möge allerdings Klugheit und Wissen nicht gerade er­ forderlich sein, so müßte doch der Wunsch: Herr, hilf!, solle er ver­ mögend sein, uns das Eingehen zum Leben zu gewährleisten, wirk­ lich ein tiefinnerlicher fein; da nun aber unser Sehnen keineswegs ein so tiefgründiges, sondern immer nur oberflächlicher Art sei, so könne es in uns gar nicht zu der Gewißheit kommen, daß wir wirklich zum Leben eingehen werden . . . Solche Zweifel sind ja nun zwar nicht durchaus verwerflich. Und doch, warum ihnen eigentlich Kaum in uns geben, wo doch des Buddha Urverheißung ein Schwur ist, daß eben selbst solche nicht von ihm verworfen sein sollten . . . Ist es schließlich doch Buddhas Kraft, dadurch wir wiedergeboren werden, nun so mag es um unser eigenes vermögen noch so arm­ selig bestellt sein, es braucht uns nichts auszumachen" (Haas, S. 66). Ls ist interessant zu sehen, daß hier dieselbe (Quelle der Zweifel aufgewiesen wird wie bei Luther: der Blick auf die menschliche Wirk­ lichkeit muß notwendig -en, der sie sub specie aeterni betrachtet, zum Zweifel und zur Verzweiflung führen. Es ist dieselbe Situation, von der die Apologie (Art. XX) redet: „Si propter nostra opera •daretur remissio peccatorum, quando sciremus eam nos consecutos esse, quando reperit opus conscientia territa, quod statueret ad placandam iram dei sufficere?“ hier liegt der religiöse Gedanke zu Grunde, daß die menschliche Wirklichkeit als Ergebnis sittlichen Bemühens wesensmäßig unfähig ist und bleibt die An­ sprüche der conscientia territa, d. h. des von Gott selbst (nicht nur durch abstrakte moralische Forderungen) erschrockenen Gewissens zu erfüllen. Dasselbe sagt auf seine Art der buddhistische Text. Endlich ist auf die interessante parallele aufmerksam zu machen, die zwischen der Wertung des Berufslebens bei Luther und im Amidabuddhismus besteht. „Nicht Mönch und Nonne nur gefallen Buddha,

auch Schmied und Zimmermann geh'n ein zum Leben" — so lautet die Unterschrift unter einem buddhistischen Bilde (Haas, S. 55). 2. Eingangs war davon die Rede, daß der japanische SukhävatiLuddhismus uns zwei Probleme aufgäbe: einerseits die Frage nach dem Verhältnis zum Christentum int allgemeinen und damit das For­ schen nach dem Sondergeist dieser Form des Buddhismus. Ruf diese Frage ist — soweit das hier, wo es uns wesentlich auf das Grund­ sätzliche der Sache ankommt, geschehen kann, — eine Antwort ge­ geben. Nun erhebt sich die zweite Frage, die das Verhältnis zum Christentum noch kompliziert: das Analogieverhältnis zum katholisch­ protestantischen Gegensatz. Venn der Sukhävati-Buddhismus hat einen „katholischen" Gegenpol, den sog. Zen-Buddhismus. (Man ver­ gleiche zu genauem Studium: Dhasama-Faust, „Zen, der lebendige Buddhismus in Japan", Gotha, 1925.) Diese Form des Buddhismus zeichnet sich aus durch Wertschätzung der Meditation (--Zen) als mitwirkendes Hilfsmittel zum heil. Durch diese Tatsache, daß die katholisch-protestantische Spannung auf japanischem Boden ein ge­ naues Analogon hat, wird die Frage akut, ob nicht die Polarität von Katholizismus und Protestantismus auf dem Loden des Christen­ tums auf eine tiefer liegende Urnotwendigkeit zurückgeht, die auch an anderen Stellen der Religionsentwicklung denselben Zwiespalt her­ vorruft. In der Tat läßt sich dieselbe Polarität auch auf indischem Boden konstatieren. (Es handelt sich — wir nehmen das hier vor­ weg, ehe wir unter anderem Gesichtspunkt hernach vom Hinduismus reden — um den Gegensatz der Nord- und Südschule innerhalb der Gemeinde des großen Kommentators Ramanuja, um die vadakalais (kathol. Nordschule) und die Tenkalais (prot. Südschule). Die einen lehren die menschliche Mitwirkung am heil und die anderen erklären die Glaubenshingabe für den einzigen weg. Und das geschieht in Formulierungen, die unmittelbar aus unserer Dogmatik genommen sein könnten. (Siehe R. Dtto, vischnu näräijana. Texte zur indischen Gottesmqstik. Jena 1923.) wir gehen an dieser Stelle auf die da­ mit umschriebene Frage nicht näher ein, sondern verweisen statt dessen aus Fricks Aufsatz: „Der katholisch-protestantische Zwiespalt als religionsgeschichtliches Urphänomen" in „Kairos", Hrsg, von Paul Tillich (Darmstadt 1926) und auf meine Ausführungen in meiner Schrift „Katholische Kultprobleme", Gotha 1927.

III. Der Sonbergeift bes Hinduismus. (Es ist schwer, eine kurze Antwort auf die Frage nach dem Sondergeiste dieser komplexen Religionserscheinung zu geben, v. (Bla«

senapp hat in einem umfassenden Merke (Der Hinduismus. Re­ ligion und Gesellschaft im heutigen Indien. Kurt Wolff Verlag, München 1922) ein Bitt) von der Vielgestaltigkeit des Hinduismus gegeben. Wir haben aus der Fülle verschiedenartigster und verschie­ denwertigster religiöser Intuitionen nur einige charakteristische her­ vorzuheben, um dar Problem des Verhältnisses zum Christentum deutlich zu machen. 1. In der Brihad-Brahma-SamhitL 4, 8 finden sich folgende Sätze, die einen wesentlichen Zug des hinduistischen Geistes uns offen­ baren: „Einspitzig, König, höre an, ist, der das Sorgen lassen kann, wie Kinder tun. Sie sorgen nicht um Leib und wohl. ,Die Mutter sorgt'. So wirft auf Väsudeva er, auf Bhagavant der Sorge Last, Den Hüter, den Versorger, und nur ihm zu dienen sorgt er sich. Ein treuer Diener sorgt allein, wie er des Herren Dienst nicht bricht. Für eigne Wohlfahrt sorgt er nicht. ,Er wirds versehen', traut er fest. So traun auf Vasudeva sie, zu Vasudeva hin sie fliehn, Stehn treu im Dienste Bhagavants und werfen alle Sorg' aus ihn. Er, der die Schwäne weiß gefärbt, Die Papageien grün geziert, Den Pfauen gab die bunte Pracht, Wird meine Sache wohl versehen." (R. Gtto, vischnu Naraqana, S. 42 f.) Untersucht man diesen Text auf seine Elemente, so kann man etwa drei religiöse Grundideen darin unterscheiden: a) Die Idee der Sorglosigkeit im Sinne kindlicher Rufgeschlossen­ heit gegen die Gottheit. (Es ist jene Sorglosigkeit, die uns bei Chri­ stus begegnet und von ihm in der Bergpredigt mit dem ganz paral­ lelen Hinweis auf die Lilien auf dem Felde gefordert wird. Man hat, um diesen Gedanken der Sorglosigkeit zu verstehen, scharf zu unter­ scheiden zwischen Sorglosigkeit und Sorgenlosigkeit. Das erstere ist eine innere Haltung religiöser Rrt. Das zweite eine sehr oberfläch­ liche Einstellung zum Leben, die Jesus natürlich nicht gefordert hat. b) Zwei Momente sind weiterhin als bestimmender Grund dieser Haltung der Sorglosigkeit zu nennen; nämlich einerseits vertrauen­ der Glaube zur Heilandgottheit. Der Dienst gegen Gott erscheint als einziger Gegenstand der Sorge. Bekanntlich ist eine der zentral-

ften Ideen des Hinduismus die Bhakti, die gläubige Liebeshingabe. Unter den erzählenden Werken des Hinduismus nimmt das Epos Mahäbharata die erste Stelle ein. Unter den Episoden dieses Werkes befindet sich ein 700 Verse umfassendes Gedicht, die Bhagavadgitä. Eine Fülle religiöser Intuitionen ist darin ausgesprochen. Uns in­ teressiert hier ihre Zentralidee. Sie ist enthalten in den Versen des berühmten 11. Kapitels (ü. 55): „Wer stets bei seinem Tun nur meiner denkt im Leben Mich über alles liebt, sich ganz mir hingegeben, wer niemand haßt und wer an keinem Ving mag hangen, Der wird, o pandusohn, dereinst zu mir gelangen."

Diese Verse geben die religiöse Idee der Bhakti in eindrucksvoller weise wieder. Sie bestimmt recht eigentlich das tiefere religiöse Leben des Hinduismus. Der Tamilmystiker Manikka Väshaga singt in seinen Hymnen immer wieder von der restlosen Hingabe an die Gott­ heit. c) Das zweite, die Sorglosigkeit motivierende Moment ist die Erfahrung des Frommen von der Fürsorge der Gottheit selbst. Er weiß sich selbst geborgen in der Sorge Gottes . „Alle Sorge werfet auf ihn, denn er sorget für euch." — 2. Und noch von einer anderen Seite her versuchen wir einen Blick in die Welt des Hinduismus zu tun. von tiefster Er­ griffenheit und seligster Entzückung durch die Gottheit zeugt Mänikka vashagas Hymnus:

„Er, der erkannt nicht werden kann von den Erdbewohnern allen, Buch von den himmlischen nicht, Noch auch von denen, die wohnen In der düsteren Unterwelt Mir ist der hohe Gebieter Mir ist er nicht ferne, noch fremd Mich hat von Sinnen gebracht Der Herr von peruntarai. . . Den Weg, der so schwer zu finden, Den Weg zur Erlösung, Mir hat er ihn gezeigt!" (Tiruväshaga VIII, 2). Es lohnt sich, diese Worte auf ihren religiösen Gehalt hin zu analysieren. Es ergeben sich dann folgende Momente:

a) Zunächst beobachtet man das in jeder echten Religiosität lebendige Gefühl der Unaussprechbarkeit Gottes und weltentzogenen Unerkennbarkeit. Es ist das Erlebnis des mysterium tremendum, das hier sich ausspricht, das Erlebnis der heiligen Ferne als Grund-

läge und Voraussetzung der Erfahrung der Gnadennähe der heilandgottheit. b) Denn der Kontrast wird sogleich deutlich betont: „Mir ist der hohe Gebieter nicht ferne." — Der Sänger darf sich erfahrener Gnadennähe rühmen. Die Nähe des Unnahbaren, die Aufhebung des Distanzgefühls hat er erfahren. Uber sogleich steigert sich dieses Moment als ein Beweis seiner Echtheit: c) „Mich hat von Sinnen gebracht der Herr." — hier begegnen wir in aller Reinheit dem Moment des Fascinosum, des Beseligen­ den, ja, des alle Sinne verwirrenden, (vgl. R. Gtto, Das heilige. Gotha 1926.) d) Für das Wesen der hier vorliegenden Religiosität ist weiter­ hin das Wort von Interesse: „der schwer zu findende Weg". Wir haben es also nicht mit einer autosoteristischen Religion zu tun, die den Heilsweg selbst sucht und findet, sondern ihn sich zeigen läßt. Ls dürfte somit auch für den Hinduismus deutlich geworden sein, daß das Problem des Verhältnisses zum Lhristentum nicht so glatt zu lösen ist wie z. V. Rlbert Schweitzer das zu tun sucht, wenn er als positiven Wert des Hinduismus das Bestreben angibt, „Religion der Tat" zu werden (S. 46). Schweitzer hat zur Bewertung der Re­ ligiosität offenbar nur den einen Maßstab des ethischen Gehaltes. Dieser Maßstab ist indessen ganz offenbar nicht ausreichend, um dem eigentlich Religiösen in der Religion gerecht zu werden. Es will uns überhaupt scheinen, als lasse es Schweitzer — und darin ähneln ihm die meisten Darstellungen unseres Problems von christlicher Seite — fehlen an der Liebe, die gerade der Religionsforscher gewisser­ maßen als methodologisches Prinzip und als Bedingung seiner Gbjektivität seinem Gbjekt gegenüber so dringend nötig hat. Es ist darum auch durchaus nicht unsere Absicht, Probleme hier lösen zu wollen, sondern vielmehr die ungeheure Kompliziertheit der Be­ ziehungen des Lhristentums zu den außerchristlichen Religionen nach­ zuweisen, zugleich als Warnung derer, die sich das Urteil darüber allzu leicht zu machen pflegen.

IV. vor Sondergeist der chinesischen Religiosität. Die chinesische Religiosität ist entscheidend charakterisiert durch die beiden großen Persönlichkeiten: Confucius und Laotse. Es kommt uns auch hier nicht darauf an, eine Darstellung des Lonfucianismus und Taoismus zu bieten. Wir fragen auch hier wieder nach den charakteristischen Wesensmomenten oder, wie wir uns ausdrückten, nach dem Sondergeist.

1. Der stark moralische Charakter des Lonfucianismus ist treff« send gekennzeichnet durch einige Gespräche aus dem Lun-yü: „Der Meister sprach (zu einem seiner Jünger): Du hältst wohl von mir, daß ich einer sei, der ein vieles gelernt hat und es in seinem Ge­ dächtnis aufbewahrt hält? — Dieser erwiderte: Jawohl, und ist er nicht etwa so? — Daraus er: Nein doch! Alles ist bei mir durch Lines zusammengehalten (XV, 2). — Der Meister sprach (einmal zu einem anderen seiner Jünger, Meister Dseng): Nicht wahr, Schen, meine ganze Lehre ist in Einem besaßt. — Dieser sprach: Ja. — AIs der Meister hinausgegangen war, fragten seine Schüler: Was bedeutet das? — Meister DsLng sprach: Unseres Meisters Lehre ist Treue gegen sich selbst und Gütigkeit gegen andere, darin ist alles befaßt (IV, 15). — Tszekung fragte: Gibt es wohl ein Wort, das das ganze Leben hindurch dem handeln als Direktive dienen kann? — Der Meister sprach: Allenfalls (tätige) Nächstenliebe. Was du selbst nicht wünschest, das tue nicht an anderen." (XV, 23.) — hier also begegnet uns die Idee der Nächstenliebe, für die auch sonst in den chinesischen Texten Beispiele leicht zu finden wären. Gelegentlich wird die Liebe abgeleitet aus dem verhalten des Him­ mels, der sich gleichmäßig freundlich gegen Gute und Böse verhält. Auch darin wieder eine interessante parallele zum Thristentum. Wie auch oben das Wort „Was du selbst nicht wünschest, das tue nicht an anderen" uns an die sog. „goldene Regel" aus Matth. 7,12 er­ innert. 2. Die anders geartete Frömmigkeit des Taoismus wird viel­ leicht am treffendsten charakterisiert durch die eigentümliche Lehre des „Wu-Wei“.

Das Gebot des Wu-Wei verlangt von den Frommen des Taois­ mus völlige Leidenschaftslosigkeit. „Der Edle wird darum, wenn möglich, die fünf in ihm verborgenen Tugenden nicht äußerlich ent­ falten und seiner Vernunft keine Vorzüge gönnen, er wird sich re­ gungslos verhalten ... Er wird in Schweigen versunken sein." (Tschuang-Tse, Buch IV bzw. Kap. 11). Das Eigentümliche dieses Gebotes liegt in der Forderung der Aufhebung alles bewußten Tuns. Man soll handeln als handelte man nicht: „Gebt auf die Heiligkeit, werft weg die Erkenntnis. Und das Volk wird hundertfach ge­ winnen! Gebt auf die Sittlichkeit, werft weg die Pflicht, und das Volk wird zurückkehren zu Familiensinn und Liebe." (Tao-te-king cap. 19). Und an einer anderen Stelle heißt es: „Der Berufene weilt im Wirken ohne handeln." (Tao-te-King cap. 63). Wu-Wei ist NichtTun, aber doch erlangt man auf dem Wege des Wu-Wei die Fähig­ keit zu allem Tun.

V. Vas Verhältnis zum Christentum. wir stehen nun an dem Punkte unserer Untersuchung, wo einer­ seits das Verhältnis -er außerchristlichen Religionen zum Christen­ tum grundsätzlich geklärt werden mutz und wo anderseits die $rage nach dem Sondergeist des Christentums zu stellen ist. 1. was zunächst das Verhältnis zum Christentum betrifft, so wird durch die vorangehende Untersuchung deutlich geworden sein, daß es eine äußerst schwierige Aufgabe ist, hier bewertend zu unter­ scheiden. Venn es gab Keine religiösen Momente außerhalb des Chri­ stentums, die nicht auch im Christentum vorhanden wären, wir suchen darum diese (Elemente in Rürze neben einander zu stellen: a) Das Heilsverlangen geht durch alle besprochenen Re­ ligionen. Sehr verschieden ist der Inhalt, aber es handelt sich doch im letzten Grunde allenthalben um dieselbe innere Richtung auf einen transcendenten und irrationalen wert. b) Damit ist schon gesagt, daß auch die Erfahrung der Über­ weltlichkeit dieses Heils allenthalben vorhanden ist. Das heil ist das Ganz Andere, das einen radikalen Bruch bedeutet mit dem Alten und Gewohnten. Und -er Fromme macht weithin die Erfahrung der persönlichen Heilszuwendung. c) Im Hinduismus beobachteten wir das Moment der Hingabe an die Gottheit und das Moment der veseligung durch die Gottheit.

d) Die Unfähigkeit des eigenen Findens des Heilsweges und die Unmöglichkeit am heil tätig mitzuwirken ist uns an verschie­ denen Stellen der Religionsgeschichte begegnet. e) Die Nächstenliebe als Forderung religiösen Lebens sahen wir im Confucianismus und in besonderer Form als mettä im Buddhis­ mus sich erheben. f) Der japanische Buddhismus wies in aller Reinheit die Reli­ giosität der reinen Gläubigkeit, des verdienstlosen Glaubens auf, mit ganz der gleichen Problematik des Luthertums und seiner Polemik gegen den katholischen Gegenpol.

2. Alle diese in den verschiedenen Religionen zerstreut vorkom­ menden Elemente sind im Christentum als Einheit vorhanden. Schon aus dieser Tatsache, daß das Christentum die Fülle dieses reli­ giösen Lebens und Erlebens enthält, ist die ungeheure Überlegen­ heit des Christentums zu entnehmen. Schon die Fülle dieser Ele­ mente bildet einen Sondergeist -es Christentums. Indessen wäre leicht zu zeigen, daß z. 8. die Erlebnisse von Sünde und Schuld im Christentum auf charakteristische Weise verschieden sind von denen außerhalb des Christentums. Doch soll uns das hier nicht weiter

beschäftigen. Wir betonen vielmehr auf der Seite des Christentums ein Wesensmoment, das auf der Seite -er außerchristlichen Reli­ gionen soweit wir sehen so gut wie keine Entsprechung hat: nämlich den kollektiven Charakter -er christlichen Heilsidee. Die christliche Heilsidee hat in aller Deutlichkeit zwei Seiten, eine persönlich individuelle und eine kollektive. Christentum und heil sind nicht nur Größen, die zwischen „Gott und der Seele" wirk­ sam sind. Aus der Bruderschaft mit Christus entspringt vielmehr die pneumatische Gemeinschaft. Das bedeutet, daß das Christentum selbst auf eine objektive Größe hin angelegt ist. Eine objektive Größe, nämlich der „neue Lund" ist der letzte Sinn des Christentums. 3u dieser objektiven Setzung sind alle subjektiven Heilserlebnisse nur Mittel der Realisierung. Der „Mensch Gottes" ist die subjektive Seite der christlichen Heilsidee, „das Volk Gottes" aber ist ihre ob­ jektive und kollektive Seite. Es handelt sich dabei um die Gesamt­ heit erlösten und geheiligten Lebens. Der Abschluß der Menschen­ geschichte ist für christliche Betrachtung die Verwirklichung eines ob­ jektiven göttlichen Zweckes, nämlich die Schaffung der göttlichen Ge­ meinschaft oder mit -em biblischen Ausdruck des „Reiches Gottes", wir stehen am Ende unserer grundsätzlichen Betrachtung. Ihr Sinn war weder eine erschöpfende Darstellung der außerchristlichen Religionen noch auch des Christentums zu geben. Ls kam uns allein an auf die Darstellung des Problems des Verhältnisses der Reli­ gionen zueinander und allenfalls auf eine grundsätzliche Andeutung, in welcher Richtung hier die Lösung zu suchen sei. Darum trat natür­ lich die Behandlung -er großen Unterschiede zwischen dem Christen­ tum und den außerchristlichen Religionen zurück. (Es wäre eine Auf­ gabe für sich zu zeigen, daß z. v. die christliche Idee der Nächstenliebe innerlich wesentlich verschieden ist von der Forderung der mettä im Buddhismus, daß unter Erlösung im Buddhismus und Christentum sehr verschiedenes verstanden wird, daß ihre Stellung zur Welt völlig verschieden ist ebenso wie ihre Stellung zum Leid. (vgl. dazu: Mensching, Die Bedeutung des Leidens im Buddhismus und Christentum. Gießen 1924). Indessen kam es in unserem Zusammenhang nur auf die p o s i t i v e n Beziehungen zu den außerchristlichen Religionen an.

Gustav Mensching:

Vie Bedeutung der Leidenr im vuddhirmur und Christentum 1925 — 30 pfg. Wie Misi.-Tir. S1. Witte über die Schrift urteilt, siehe auf der nebenstehenden 3. Uinfcfilagicite unten.

Var heilige Schweigen Line religionrgelchichtliche Untersuchung 1926 - Mk.7.50, gebunden Mk 10.—. Die Schrift führt in wissenschaftlicher Weise in die Fülle der Probleme, die sich nm das heilige Schweigen bilden, ein. Bei den heutigen liturg. Bestrebungen, Momente des Schweigens auch in die evangel. Gottes­ dienste einzuführen, ist die Arbeit des Verfassers doppelt wertvoll. Wir lernen aus den Ausführungen M's, daß das heilige Schweigen keineswegs ein eindeutiger Begriff ist, sondern daß es oft ganz entgegengesetzte Mo­ mente sind, die unter dem Begriff des Schweigens im religiösen Sinne znsammengefaßt werben. Wir danken dem Verfasser für seine Arbeit und wünschen dem Buch eine große Leserzahl. v. B.

Glaube und werk bei Luther Zugleich als Beitrag zur Wesensbestimmung des Gottesdienstes. 1926 — Mk. 2.80, gebunden INK. 4.50. M. stellt in vorzüglicher Weise die Grundgedanken der Theologie Luthers klar. Der 1. Teil gibt die Be­ gründung, der 2. Teil den Inhalt des guten „Werkes". Dem Schlüsse ist ein kurzer, sehr beherzigenswerter Abschnitt „Gottesdienstliche Konsequenzen" zugefügt. Die knapp und klar redende Schrift eignet sich wie kaum eine andere zur Besprechung in Pfarrkonferenzen. Es wäre mit Freuden zu begrüßen, wenn die­ selben allgemein auf sie aufmerksam würden. Kenntnis von Luthers Theologie ist heute wichtiger und nötiger denn je. D. Dr. Gg. Buchwald.

Vie liturgische Bewegung in der evangel. Mche ihre formen und ihre Probleme 1925 — Verlag Mohr Tübingen — Mb. 3.60. Das gegenwärtige kirchlich-religiöse Leben steht weithin im Zeichen gottesdienstlichen Neformverlangeus und mannigfaltiger gottesdienstlicher Gestaltungsversuche. Die Schrift möchte von Vieser bunten Vielgestaltigkeit gottesdienstlichen Lebens ein Bild zeichnen, indem sie versucht, in systematischer Weise die Formen, in denen die liturgische Bewegung innerhalb der evang. Kirche in die Erscheinung tritt, und die damit verbundenen grundsätzlichen Erwägungen darzustellen, und so zugleich die in den abweichendsten äußeren Formen dennoch vorhandenen und sich aussprechenden letzten großen Grundgedanken, die unser gegenwärtiges religiöses Leben bestimmen, aufzuzeigen.

katholische Kultptobkmc 1927 — Verlag Klotz Gotha - MK. 3.—. Auseinandersetzung des evangel. Christentums mit dem Katholizismus ist eine der großen Gegenwarts­ aufgaben. Sie hat auszugehen von den tiefsten und eigentlichsten Vorstellungen und Kräften der beiden Kon­ fessionen. Von einer Wesenserfassung des in beiden Religionsformen sich aussprechcudeir Frömmigkeitstypus ist fortzuschreiten zum Verständnis der konkreten Unterschiede. Einen Ausschnitt aus dieser großen und umfassenden Arbeit sucht diese Schrift zu bieten. Es wird versucht, auf dem Gebiete des Kultus zu einer Erkenittnis des innersten Wesens beider Konfessionen zu kommen. Bei diesem Bemühen werben die katholische Knltbewegnng und ihre Anschauungen insbesondere berücksichtigt.

aus der Welt der Religion 1927

5!

Var Religiöse in der neuesten lyrischen Sichtung von

2.70 Mk.

Lic. theol. W. KtttVtlS Heidelberg

Geb. 4 Mk.

hier Hal ein Theologe, der offenbar seinen Stoff ganz und gar beherrscht, eine Auswahl der neuesten Lyrik von 90 Dichtern gegeben oder sie doch in einem Knappen Zitat charakterisiert. Der literar. Renner setzt uns nicht allzu Bekanntes vor, sondern fast durchweg auch dem Gebildeten selten zu Gesicht Rammendes. Dies Buch ist das beste Geschenk für die religiösen Volksbildner, wie für alle ernsthaft interessierten Laien.

6: Religionswissenschaft und Psychanalyse 1927 Pfarrer vr. OsKük Pfister Zürich 1 Mk. von

Vas verlangen des Seelsorgers muß darauf gerichtet sein, eine Methode zu gewinnen, die ihm vergönnt, die Zusammenhänge der religiösen Prozesse bis unter die Schwelle des Bewußtseins zu verfolgen. Vas psychanalynsche Verfahren bietet sich diesem verlangen an. Die durch Sigmund Freud begründete, auf theologischem Gebiete zum ersten Male vom Verfasser der vorliegenden Schrift angewandte Tiefen­ psychologie setzt ein, wo die bisherige Neligionspsychologie stecken bleiben mußte.

z:

Der Gottesdienst der Synagoge

1927

Sein Aufbau und fein Sinn Mit ausgewählten Gebeten von

2.70mk.

Elfe Schubert-Lhristaller

Geb.4MK.

vielen find die Neligionsformen des mit ihnen zusammen lebenden heutigen Judentums unbekannt. Und doch ist hier eine religiöse Welt voll Rraft und Eigen­ art, aus dem Geist der Psalmen geboren, gestaltet durch die einzigartigen Schicksale des jüdischen Volkes.

Religionsgeschichtliche Reihe:

Die Bedeutung des Leidens im Buddhismus und Christentum von

1924

Gustav wenfching

30 Pfge.

Ein sehr interessantes Thema. Alles was der verf. darüber sagt, ist sehr gut. Er greift tiefer als die meisten Vergleichungen der beiden Religionen: dort ist das natürliche Menschenleid der Gegenstand, hier der Schmerz über das Böse mit seinem Fluch der Gottesferne. Im Buddhismus kommt es nur zu einer Negierung des Lebens als mit dem Leiden identisch. Im Christentum kommt es zu einer Über­ windung des Leidens unter Bejahung des Lebens trotz der Leiden und alles Sterbens. Diese Gedanken sind sehr klar herausgearbeitet. Man hörte vom Verfasser gern mehr darüber. (Missionsdir. Dr. Witte-Berlin).

Hus -er Welt der Religion

2:

Mission oder Propaganda? von

1927

Prof. D. Dr. H-lUkich Zkick Gießen

1 Mk.

Hm Schlüsse einer sehr empfehlenden Besprechung heißt es: Frick entwickelt sich immer mehr zu einem unserer besten und gediegensten Missionswissenschaftler.

Sltteftamentllche Reihe:

Var Such Daniel von 1926

Prof.D.Dr.

Walter vaumgartuer Marburg

1 Mk.

Die Schrift zeigt, wie das Buch Daniel von der neuesten Forschung im Zu­ sammenhang mit moderner Altertums- und Religionswissenschaft verstanden wird.

Reuteftamentliche Reihe:

'■ Die Erforschung der synoptischen Evangelien von

1925

Prof. D. RlldOlf VUltMaNN Marburg

70 pfge.

Eine ausführliche durch eine Fülle von Beispielen verdeutlichte Darstellung der modernen stilkritischen Fragestellungen und Forschungsmethoden.

1:

Religionsphilosophische Reihe:

Kiedrich Nietzsche und dar heutige Christentum von

1926

Priv.-Voz. Lic.

Th. Odenwald

Heidelberg

70 pfge.

hat Nietzsche zu dem heutigen Christentum, das um eine neue Sinngebung kämpft und sich neu auf seine Weltaufgabe besinnt, Beziehung? Diese Frage zu stellen und eine Antwort zu geben, ist der Zweck dieser Schrift.

2:

vom Gott im Menschen von

1926

Prof. D.

Wilhelm vruhn

Kiel

1.80 Mk.

Vie vorliegende Schrift wendet sich gegen den Pessimismus der dialektischen Theologie, welche mit ihrem logisch-dualistischen Distanzbegriff die Welt gott­ leer macht und den haltsuchenden Menschen auf das vielleicht verweist oder auf die garantierende Überlieferung. Sie zeigt dem gegenüber, daß die Im­ manenz eines Jenseitigen im Diesseitigen zwar für die Logik ein Absurdum ist, in der denkenden Besinnung auf das lebendige Menschsein aber, welches mehr ist als Logik, zur Grundwirklichkeit und -Wahrheit wird, die ein Menschenleben tragen kann.