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German Pages 144 [148] Year 1925
DAS BUCH HIOB NEU ÜBERSETZT UND AUFGEFASST
VON
Lic. DR. MARTIN THILO PRIVATDOZENT AN DER UNIVERSITÄT BONN
A. MARCUS UND E. WEBERS VERLAG • BONN DR. JUR. ALBERT AHN 1925
Alle Rechte vorbehalten.
Vorwort. Auch die vorliegende Schrift, die die ähnlichen Arbeiten über das Hohelied und den Kohelet fortsetzen will, kann ich nicht ausgehen lassen, ohne denen meinen aufrichtigen Dank auszusprechen, die unverdrossen tätig waren, den ersten Entwurf der Ubersetzung vom Standpunkt des Nichttheologen aus auf seine Verständlichkeit hin zu prüfen und durch eine Fülle von Korrekturen und Verbesserungsvorschlägen ihm zu der Gestalt zu verhelfen, die er nun gewonnen hat. Es wurde mir von neuem deutlich, wie wenig man als Exeget in der Lage ist, die Verständlichkeit eines deutschen Ausdrucks zu beurteilen. Man muß den Leser befragen, um festzustellen, ob die Übersetzung ihm den im Urtext gefundenen Sinn wirklich nahegebracht hat. "Was die Neuheit meiner Gesamtauffassung anlangt, so würde ich angesichts der Schwierigkeit, welche die Hiobdichtung den Auslegern allezeit geboten hat, den Gedanken nicht los werden, einem allzu kühnen Wagnis zum Opfer gefallen zu sein, wenn die besondere Art .ihres Zustandekommens mich nicht beruhigen müßte. Die Ubersetzung nämlich samt der Inhaltsangabe lag schon abgeschlossen vor mir, ohne daß ich für die Gesamtauffassung viel mehr gewonnen hatte als den Gedanken, daß ein besseres Verständnis des 28. Kapitels unbedingt nötig sei, wenn ein mehr befriedigendes Resultat für das Ganze erzielt werden solle. Ich arbeitete den systematischen Teil nun so aus, daß ich Seite für Seite gleich druckfertig machte, ohne zu wissen, wohin mich die folgende führen würde, um mich nur vom Gegenstande selbst leiten zu lassen, mit dem bestimmten Vornehmen, den ganzen Versuch aufzugeben, wenn ich mich festfahren würde. Indessen behielt ich das Gefühl, auf breitem geebnetem Wege durch einen Hochwald zu fahren, bis ich mich am Ende plötzlich an einem prächtigen Aussichtspunkt angelangt sah, von dem sich mir ein Ausblick über das Ganze bot. Ich hoffe, der Leser wird es für der Mühe wert halten, mich einmal auf diesem Wege zu begleiten. E i t o r f , im Herbst 1924.
Der Verfasser.
1. Einleitung. In der vorliegenden Arbeit handelt es sich darum, die im Buche Hiob enthaltenen religionsgeschichtlich bedeutsamen Gedanken systematisch darzustellen. Solche Darstellung kann aber erst versucht werden, nachdem die exegetisch - philologische Bearbeitung des Textes, in ihrer Art abgeschlossen ist, also nur auf Grund einer Ubersetzung, welche den exegetisch ermittelten Textsinn so klar und verständlich zum Ausdruck bringt, daß der Leser ihn ohne Zuhilfenahme einer ergänzenden Interpretation unzweideutig vor Augen hat 1 ). Diesem Erfordernis hat die vorliegende Übersetzung zu genügen versucht. Da schlichte Prosa dem hohen poetischen Schwung des Urtextes kaum gerecht geworden wäre und sehr leicht das Original entstellt zur Anschauung gebracht hätte, andererseits eine Ubersetzung in strengem Rhythmus und regelmäßiger Versabteilung einer genauen "Wiedergabe zu viel Schranken gezogen hätte, wurde die Form einer rhythmischen Prosa gewählt. Die durch diese Form bedingte Freiheit in der Wiedergabe des Textes ist nicht allzu weitgehend. Zu größerer Freiheit nötigte die anzustrebende Klarheit und Anschaulichkeit des Ausdrucks, sollte dem Leser der Ubersetzung eine scharfe Auffassung des hebräischen Grundsinnes ohne Erklärung vermittelt werden. Es war daher sehr häufig notwendig, in den exegetischen Noten die buchstäbliche Ubersetzung anzugeben, um den oben gebrauchten Ausdruck zu rechtfertigen. Ein ') Die Übersetzung ist daher so eingerichtet, daß auch der Nicht-Theologe sie ohne weiteres benutzen kann. Man wäre ihm nur noch die Erklärung schuldig, daß unter dem „Tore" in der Bibel häufig (z. B. 31, 21) der Ort des Gerichtes zu verstehen ist, und daß ßahab (9, 13; 26, 12) und Leviatan (3, 8) zu den Ungeheuern der altorientalischen Mythologie gehören. T h i l o , Das Buch Hiob.
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Einleitung.
anderer Teil der Noten wollte, wo es nötig schien, die Ermittlung des Sinnes noch einmal grammatisch genauer begründen 1 ). Da wo verschiedene Auffassungen möglich und in größeren Kommentaren vorgetragen waren, wurde in vielen Fällen auf eine Anmerkung verzichtet, da aus der Ubersetzung zu ersehen ist, welcher Meinung der Vorzug gegeben wurde, und ein auch nur annähernd vollständiger Kommentar weit über den Rahmen dieser Arbeit hinausgelegen hätte. Einige Anmerkungen tragen auch neue Auffassungen des "Verfassers vor 2 ). Außerhalb des Rahmens der Arbeit liegt auch eine Behandlung des textkritischen Problems, welches der hebräische Text des Hiobbuches aufgibt. Diese würde fast eine besondere Schrift erfordern. Was übersetzt wurde, ist lediglich der masoretische Text, wenn nicht, was aber der Kürze wegen nicht besonders angemerkt wurde,, die Uberlieferung ein besseres Qere bot, oder wenn die Annahme eines kleinen Schreibfehlers einen unklaren Yersteil sofort übersetzbar machte 3 ). Freilich nötigten diese textkritischen Schranken dazu, zwei Stellen unübersetzt zu lassen 4). Es unterliegt aber keinem Zweifel, daß diese Beschränkung den Vorzug vor unmethodischen Textänderungen verdient, wenn man nun einmal die textkritischen Probleme nicht erschöpfend behandeln will. Es kann aber auch nicht schaden, und es ist sogar ein Beitrag zur Textkritik, wenn man einmal wieder von der Höhe der jeweiligen Forschung aus den masoretischen Text daraufhin ansieht, was er eigentlich hergibt. Die sich auf den masoretischen Text stützende Darstellung gibt dann freilich, wie man annehmen kann, ein historisch getreues Bild nur in bedingter Weise. Das ist aber bei einem mit Konjekturen durchsetzten Text nicht anders, *) Die häutigen Zitierungen von Königs Syntax und Stilistik bedeuten fast jedesmal, daß sich dort eine erschöpfende Zahl von ATlichen Parallelstellen findet, die die Richtigkeit der grammatischen Auffassung stützen. 2 ) So z. B. Nt 17 (zu 2, 4) auch Nt 352, 354 u. 360 (zur Gewitterschilderung in Kap. 37), besonders aber die Noten 257 u. 258, denen allgemeinere Bedeutung für die ATliche Auslegung zukommen dürfte. 3 ) Punktationsänderung in 5, 7; 14, 4; 20, 22; 24, 9; 31, 32. Konsonantenänderung in 7, 15; 19, 29; 20, 10; 21, 23; 23, 2; 27, 9; 34, 14; 37, 13; 38, 10; 42, 10 (cf. die Noten dazu . 4 ) 15, 29 u. 20, 23.
Einleitung.
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wenigstens, solange die Kritik des Hiobtextes nicht auf festeren Grundlagen ruht, als es gegenwärtig noch der Fall ist ') Die neueste größere textkritische Arbeit zum Hiob, die von H. Torczyner: „Das Buch Hiob, eine krit. Analyse des überlieferten Hiobtextes (Wien 1920, 342 Seiten)" hat unstreitig das Verdienst, sämtliche exeg. Probleme des Hiobbuches neu aufgerollt und manches Brauchbare vorgebracht zu haben. Indessen hat der Verf. seiner Phantasie die Zügel zu weit schießen lassen und ist m. E. mit zu viel unbegründeten Postulaten an den Text herangetreten. Auch werde ich die Frage nicht los, ob wir auch bei der umfassendsten Kenntnis der hebr. Sprache, wie sie heute noch möglich ist, über die der Verf. zweifellos verfügt, in der Lage sind, mit viel Glück einen solch poesievollen Text, wie den des Hiobbuches, umfassend umzugestalten. Übrigens fehlt auch bei T. meines Wissens noch eine systematische Zusammenfassung des für die Gesamtauffassung gewonnenen, was für die Bewertung des Resultates der Untersuchung von entscheidender Bedeutung sein würde.
2. Übersetzung mit Inhaltsangabe.
1,1
A 1
(Prolog.)
(1) Es \v;ir einmal iin Lande Uz 1 ein Mann mit Namen Hiob'-'. Der war fronun und rechtschaffen, gottesfürchtig3 und allem Schlechten abgewandt. 2 (2) Ihm wurden sieben Söhne und drei Töchter 3 geboren, (3) und seine Habe bestand aus siebentausend Stück Kleinvieh, dreitausend Kamelen, fünfhundert .loch Rindern und fünfhundert Eselinnen bei zahllosem Gesinde. Unter allen Bewohnern des Ostlandes * war er der Reichste. Hiob, ein reicher Herdenbesitzer, wohnhaft in einem Lande, das nach seiner geographischen B e z e i c h n u n g wenig bestimmbar erscheint, immerhin aber wohl als ein, durch seine W e i s heit berühmtes, ostjordanisches (irenzland vorgestellt werden mußte, wird als ein Mann von ausgezeichneter F r ö m m i g k e i t besehrieben.
4
A -1
(4) Seine Söhne pflegten in ihren Häusern Festmähler zu veranstalten, in jedem Hause am bestimmten Tage, und ließen dann ihre drei Schwestern 5 laden, bei ihnen zu essen und zu trinken. (5) Aber so oft die Festmähler im Kreise sich folgten5, befahl ihnen Hiob eine Heiligung an e , stand frühe auf und brachte für einen jeden von ihnen ein Brandopfer d a r D e n n er dachte: vielleicht sündigten meine Söhne und wandten sich in ihrem Herzen von Gott ab 8. So tat Hiob allezeit.
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Dio Echtheit seiner Frömmigkeit wird im der Sorge cit'i'cnliar, seine Kinder möchten beim Genüsse der irdischen Güter das Band der Herzensgemeinschaft zerreilien, das sie mit dem himmlischen Spender der Gaben verbinden sollte.
A 3 0
(6) D:i geschah's eines T a g e s , daß die Engel kamen, sich zu versammeln vor dem Herrn. Auch 7 der Satan trat unter sie. (7) Der Herr aber sprach zum S a t a n : "Woher kommst d u ? Der Satan antwortete dem Herrn und sprach: Ich bin auf der 8 E r d e umhergezogen, bald hier bald d o r t ( 8 ) Der Herr sprach zum Satan: H a s t du auch auf Hiob acht gehabt, meinen K n e c h t ? N i e m a n d i n auf Erden ist so fromm und rechtschaffen, gottesfürchtig 9 und allem Schlechten abgewandt, wie er. (9) D a antwortete der Satan dem Herrn und sprach: Ist 10 Hiob denn gottesfürchtig ohne L o h n ? (10) Eist du es nicht, der rings umhegt hat ihn, sein Haus und alle seine H a b e ? Und seiner Hiinde Werk hast du gesegnet. Sein Vieh hast sich im L a n d e 11 ausgebreitet. (11) Doch strecke deine Hand nur aus und taste a n , was sein ist. W a s gilt's! Ins Angesicht hinein gibt er den Abschied d i r 1 1 ! 12(12) Der Herr aber sprach zum S a t a n : Siehe alles, was ihm gehört, sei in deiner H a n d ! Nur ihm selbst tue kein L e i d ! Alsbald ging der Satan hinweg vom Angesichte Gottes. Allein der Satan, welchen Gott in einer himmlischen Ratsverxammlung auf die ausgezeichnete Frömmigkeit Hiolis aufmerksam macht (ß—8), stellt diese als utilitaristisch dar (9—10), was, wie er versichert, sich zeigen werde, sobald Hiob seiner irdischen Güter verlustig gehen würde (11). Deshalb gibt Gott dem .Satan Macht, Hiob alles, was er hat, zu nehmen, jedoch mit der Maligabe, ihm selbst kein Leid zu tun (12,1.
A 4 13
(13) D a geschah es eines Tages, als Hiobs Söhne und Töchter im Hause ihres ältesten Bruders zu14sammen aßen und W e i n 1 2 tranken, (14) daß ein
1. 1 22.
6
Bote zu Hiob kam und sprach: Die Rinder pflügten 15 und die Eselinnen weideten neben ihnen. (15) Da machten die Sabäer einen Überfall, nahmen sie weg und schlugen die Leute mit der Schärfe des Schwertes. Ganz allein bin ich entronnen, dir's anzusagen. 16 (16) Der redete noch, da kam schon ein anderer und sprach: Feuer Gottes fiel vom Himmel herab. Das flammte auf unter der Herde und unter den Leuten und hat sie verzehrt. Ganz allein bin ich 17 entronnen, dir's anzusagen. (17) Als der noch redete, kam schon ein dritter 13 und sprach: Die Chaldäer kamen zu drei Haufen, fielen über die Kamele her, nahmen sie weg und schlugen die Leute mit der Schärfe des Schwertes. Ganz allein bin ich ent18 rönnen, dir's anzusagen. (18) Kaum 1 4 hatte der ausgeredet, da kam noch einer heran und sprach: Deine Söhne aßen und tranken W e i n 1 2 im Hause 19 ihres ältesten Bruders. (19) Da kam ein Sturmwind von jenseits der Trift, der rührte an die vier Ecken des Hauses. Da brach es zusammen über den Kindern, und sie sind ums Leben gekommen. Ganz allein bin ich entronnen, dir's anzusagen. Hiob empfängt vier hinter einander eintreffende Boten, durch die er schrittweise erfährt, daß er alle seine Güter samt seinen Kindern verloren hat.
A 5 20
(20) Da stand Hiob auf, zerriß sein Gewand und schor sein Haupt, fiel zur Erde, betete an und 21 sprach: (21) Nackt bin ich gekommen vom Leib meiner Mutter, nackt kehr' ich zum Schoß der Erde zurück 16 . Der Herr hat's gegeben, der Herr hat's genommen. Der Name des Herrn sei gelobt! 22 (22) In dem allem sündigte Hiob nicht und maß Gott kein Unrecht bei 1 4 . Er unterwirft sicli dem Walten Gottes (20—211, ohne zu murren (22).
2, 1 10.
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A 6 2, 1
(1) Eines Tages geschah's, daß die Engel kamen, sich zu versammeln vor dem Herrn. Auch der 2 Satan stellte sich vor den Herrn mit ihnen. (2) Der Herr aber sprach zum Satan: "Woher kommst du? Der Satan antwortete dem Herrn und sprach: Ich bin auf der Erde umhergezogen, bald hier bald 3 dort (B) Der Herr aber sprach zum Satan: Hast du auch auf Hiob acht gehabt, meinen Knecht? Niemand 1 0 ist auf Erden so fromm und rechtschaffen. gottesfürchtig und allem Bösen abgewandt und immer noch bleibt er bei seiner Frömmigkeit. Du hast mich gegen ihn gereizt, ihn zu verderben 4 ohne Grund. (4) Da antwortete der Satan dem Herrn und sprach: Geht's um die eigne Haut, dann gibt der Mensch für's Leben alles, was er hat 1 7 . 5 (5) Drum strecke deine Hand nur aus und rühre au sein Fleisch und Bein! Was gilt's! Ins An6 gesicht hinein gibt er den Abschied dir 1 1 ! (6) Der Herr sprach zum Satan: Siehe da, er ist in deiner 7 Hand. Sein Leben nur bewahre! (7) Alsbald ging der Satan hinweg vom Angesichte Gottes und schlug Hiob vom Scheitel bis zur Sohle mit bösem Aus8 satz. (8) Da nahm Hiob eine Scherbe 18, sich zu schaben, und saß im Staube. Bei einer zweiten Batsversammlung macht Gott den Satan darauf aufmerksam, daß Hiob die Probe bestanden habe (1—3). Da aber der Satan behauptet, Hiob würde versagen, wenn er körperlich leiden müsse, gibt Gott dem Satan Macht über Hiob selbst, jedoch mit der Maßgabe, sein Leben zu schonen (4—6). Hiob wird aussätzig (7—8).
A 7 9
(9) Aber sein Weib sprach zu ihm: Hältst du immer noch an deiner Frömmigkeit fest? Fluche 10 Gott, damit du stirbst 19 ! (10) Doch Hiob sprach zu ihr: Wie eine Närrin spricht, so redest du. Das Gute wollen wir von Gott annehmen, das Böse
2, 11—3, 0.
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a b e r 5 0 nicht? In alle dem versündigte sich Hiob mit keinem Worte 21 ). Hiob besteht abermals die Probe, obwohl ihn sein eigenes W e i b zum Abfall verleiten will. Der Satan hat also die W e t t e verloren.
X 8
(Dialog.)
(11) Da hörten die drei Freunde Hiobs von all dem Unglück, das über ihn gekommen war, und kamen ein jeder von seinem Ort: Elifas der Temaniter, Bildad der Schuchiter und Zofar der Naematiter 2 2 . Sie trafen zusammen und kamen, ihn zu 12 beklagen und zu trösten. (12) Als sie aber von ferne ihre Augen aufhoben und ihn nicht mehr erkannten, erhoben sie ihre Stimme und weinten, zerrissen ihre Kleider und streuten Staub zum Himmel empor auf 13 ihr Haupt (13) und saßen bei ihm auf der Erde sieben Tage und sieben Nächte. Doch keiner redete ein Wort zu ihm 2S , denn sie sahen, daß das Leid sehr groß war. 11
Drei F r e u n d e aus verschiedenen, vielleicht nicht fern gelegenen Ortschaften verabreden sich, Hiob z u trösten (11), und verharren, e n t s e t z t über das Unglück, das ihn getroffen, sieben T a g e und sieben N ä c h t e bei ihm, ohne ein W o r t des Trostes für ihn zu finden ( 1 2 — 1 3 ) .
A 9 3. 1 (1) Darnach 2 4 tat Hiol) seinen Mund auf und 2 verfluchte den Tag seiner Geburt. (2) Hiob hub an und sprach: 3 (H) Verloren der Tag, an dem ich geboren, und die Nacht, die verkündet h a t 2 6 eines Knaben Emp4 fängnis! (4) Finster sei jener Tag, nicht forsche Gott 5 droben nach ihm, ihn erhelle kein Strahl! (5) In grauses Dunkel sei er gebannt 2B , dichtes Gewölke lagre auf ihm, Tagesfinsternisse mögen ihn schrecken! 6 (6) J e n e Nacht versinke im Dunkel, sie freue sich nicht mit den Tagen des Jahres, rechne nicht mit
3, 7 - 2 4 .
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7 beim Zählen 2 7 des Monats! (7) J a diese Nacht bleibe 8 fruchtlos, kein Jubel soll sie erfüllen 28 . (8) Von Tages verwünschern sei sie verflucht, die es ver9 mögen. Leviatan zu wecken 2 0 ! (9) Ihrer Dämmerung Sterne mögen verlöschen! Sie warte vergeblich aufs Licht! Des Morgenrots "Wimpern schaue sie nicht! 10 (10) Denn sie verschloß nicht den Leib meiner Mutter, zu verbergen meinen Augen die Mühsal. A 10 11 (11) "Warum starb ich nicht in der Geburt 8 0 , 12 durfte verscheiden, da ich ans Licht kam? (12) AVarum nahmen Kniee mich auf, und Brüste zum Trinken? 13 (13) Im Frieden läge ich nun da und schliefe, dann 14 wäre mir wohl 3 1 . (14) Bei den Königen und Ratsherrn des Landes, den Erbauern der alten Ruinen 15 (15) bei den goldbesitzenden Fürsten, die mit Silber 16 die Ruhstatt 3 3 sich schmückten 3 '. (16) Oder war' ich nicht mehr, der Fehlgeburt gleich, die verscharrt wird, wie Kinder, die das Licht nicht gesehen! 17 (17) Drüben 1 , 5 lassen die Bösen das Toben, dort 18 ruhn, die sich müde geschafft. (18) Gefangene leben da sorglos beisammen, sie hören nicht mehr die lü Stimme des Treibers. (19) Klein und Groß ist dort gleich 8 6 , und der Knecht ist frei von dem Herrn. A 11 20 (20) "Warum gibt er Mühseligen Licht, und Leben 21 den bitter Betrübten, (21) die den Tod vergeblich erhoffen, die ihn suchen den Schatzgräbern gleich 37 , 22 (22) die sich freuen würden mit Jubel, frohlockten 23über das G r a b 3 8 ? — (23) "Warum denn dem Mann, dem sein Weg verborgen, dem Manne, den Gott rings umzäunt h a t 3 9 ? 24
A 12 (24) Denn Seufzen ward meine Speise 4 0 , mein Geschrei bricht hervor wie entfesselte* 1 "Wasser.
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3. 2") -4. 11.
25 (25) W o v o r mir gebangt. das traf mich, und über mich 26 kam, wovor mir gegraut hat. (26) Keinen Frieden, keine Bast, keine Ruhe läßt mir die Pein 4 2 . Darauf verflucht Hiob den T a g seiner Geburt und die Nacht des Empfängnisse* ( A U), wünscht, er •wäre gleich nach der Geburt gestorben, da ein Iladesleben seinem gegenwärtigen Zustand noch vorzuziehen sei ( A 10), und beklagt, dal) es ihm nicht vergönnt sei, jetzt zu sterben ( A 11). wo solch ruhelose Pein ihm zuteil geworden sei (A 12).
(Erster Gcspriichsganq.) A 13 4, 1 (1) Da antwortete E l i f a s der Temaniter und 2 sprach: (2) "Wir 4 3 sollten kein W o r t zu dir sagen, der du zermürbt bist 41 . Doch W o r t e zurückhalten, 3 wer kann das? (3) Siehe gar viele hast du belehrt, 4 erschlaffende Hände hast du gestärkt. (4) Deine Rede half Strauchelnden auf, du stärktest wankende 5 Kniee. (5) Nun wo's an dich kommt, entfällt dir der Mut. Da es dich selbst trifft, bist du entsetzt. Elifas, anscheinend auch im Namen seiner Freunde redend, hält ein Trostwort für schwierig (2), findet es aber verwunderlich, daß Hiob, der sonst andere zu trösten verstand, jetzt so v e r z a g t ist (3—5).
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A 14 (6) Siehe auf Frömmigkeit verließest du dich 4& . W a r deines Wandels Vollkommenheit nicht deine
7 H o f f n u n g 4 4 ? (7) Bedenke nun doch: wer kam je unschuldig um, wo wurden Rechtschaffene vertilgt"? 8 ( 8 ) Ich wenigstens sah, die Unheil gepflügt 4 7 und 9 Mühsal gesät, die haben es auch geerntet. (9) Vom Hauche Gottes kamen sie um, in der Glut seines 10 Zornes schwanden sie hin. (10) Des Löwen Brüllen, sein Knurren hört auf, die Zähne des Jungleus zer11 brachen. (11) Der Löwe kommt um bei mangelnder Beute. Seine Jungen irren verstreut. Unter dem Hinweis darauf, daß Hiob das Vertrauen auf die Beständigkeit seines Glückes immer auf seine Frömmigkeit gegründet habe (6), erinnert er ihn an die Tatsache, daß niemand
4, 12
;>, 4.
11
bisher unschuldig umgekommen sei. und jeder das ernte. u a s er gesät halle (7—11).
A 15 12 (12) Es stahl sich ein "Wort zu mir, davon mein 13 Ohr etwas 48 auffing, (13) zur Zeit, wenn Gesichte der Nacht die Gedanken bewegen 49 , wenn man in Schlaf 14zu sinken beginnt 50 . (14) Furcht ergriff mich und 15 Beben und fuhr mir durchs ganze Gebein. (15) Ein Geist111 geht an mir vorüber, mir sträubt sich das 16 Haar. (16) Er steht, ich erkenn' ihn nicht deutlich, jetzt nimmt er Gestalt an. Eine-Stimme höre ich 17 flüstern 6 2 : (17) Ist ein Mensch wohl gerecht vor 18 Gott, und rein vor dem Schöpfer ein Mann? (18) Sieh seinen Knechten trauet er nicht, selbst seine Engel 19 zeiht er des Irrtums. (19) Doch was sind wohl die, deren Leibeshüttc 63 aus Lehm, auf dem Staube erbaut 5 4 , die man zerdrückt wie 65 die Motte? 20 (20) Zwischen Abend und Morgen sind sie zer21 malmt, für ewig dahin! "Wer achtet's! (21) "Wenn ihr Zeltseil 56 zerrissen, so sterben sie hin und wissen nicht wie 57. Sodann fährt er in einer schönen, wenn aucli umständlichen, Schilderung sein Wissen um die allgemeine Sündhaftigkeit auf eine nächtliche Offenbarung zurück (12—17), indem er weiterhin die menschliche Sünde mit der Schwäche und Vergänglichkeit des Menschen in Verbindung bringt (18—21). [Offenbar will E. mit dieser Ausführung Hiob zum Nachdenken veranlassen, indem er voraussetzen zu müssen glaubt, Hiob fühle sich über die Notwendigkeit einer Selbstpriifung allzu erhaben.]
A 16 (1) Rufe doch nur, gibt einer dir Antwort? An wen von den Heiligen 68 willst du dich wenden 59 ? 2 (2) Der Frevler kommt um im Gram, an der Leiden3 schaft stirbt, wer leichtfertig ist. (3) Ich sah einen Frevler gedeihen. Da plötzlich verflucht ich den 4 Ort, da er stand 60 . (4) Seine Söhne riefen vergeblich um Hilfe 81 . Sie wurden am Ort des Gerichtes zer-
5, 1
12
:>, 5—21.
f> malmt, da war kein Erretter. (5) Seine Ernte verzehrte, wer hungrig war, aus den Dornen selbst holten sie sich's. Ihr Vermögen riß man gierig an sich. 6 (6) Denn nicht aus der Erde kommt Plage heraus. 7 Dem Boden entsprießt nicht die Trübsal. (7) Der Mensch ist's, der Mühsal zur AVeit bringt 92 , wie die Flamme die Funken nach oben muß sendenGS. Hiobs Unglück kann er nicht fiir zufällig halten (1) |so ilali ein heiliger Engel" befugt sein könnte, ihm zu helfen]: auf Frevel folgt ordnungsgeniäll Unglück (2), w e n n es auch vorkommt, wie an einem lieispiele g e z e i g t wird, (lall der Böse eine Zeitlang gedeiht (3—5). Lediglich vom Mensehen kommt alles Elend aut Erden her (6—7).
A 17 8 (8) Ich würde an Gott mich doch wenden und 9 ihm meine Sache vorlegen. (9) Denn große Dinge bewirkt er, die niemand ergründet, und Wunder gar 10 zahllos. (10) Da gießt er Regen über die Erde und 11 schüttet Wasser über die Fluren. (11) So kommen Geringe empor °4, Gedrückten wird herrlich ge12holfen°\ (12) Zunichte macht er der Schlauen 13 Gedanken, ihre Hände richten nichts aus. (13) In den eigenen Listen fängt er die Klugen. Überholt 14 werden Verschlagener Pläne °6. (14) Sie geraten am Tage ins Dunkle und tappen am Mittag wie in der 15 Nacht. (15) Vor ihrer scharfen Zunge hat er gerettet 47 , aus der Hand des Starken den Armen 16 befreit. (16) Und Hoffnung hat der Geringe gewonnen, die Bosheit den Mund geschlossen. 17 (17) 0 wohl dem Menschen, den Gott straft. Ver18 wirf doch nicht des Allmächtigen Zucht. (18) Denn er macht Schmerzen und er verbindet. Er schlägt, 19 und er ist's, der heilt. (19) In sechs Nöten rettet 20 er dich, in sieben berührt dich kein Übel. (20) In Hungersnöten erlöst er vom Tode, im Kriege von 21 Schwertes Gewalt. (21) Vor der Geißel der Zunge bist du geborgen. Wenn Verheerungen kommen,
ö, 2 2 - ß , 7.
22 banget dir nicht. (22) Du lachst der Verwüstung, des Hungers, du fürchtest dich nicht mehr 0 8 vor 23 wilden Tieren. (23) Mit den Ackersteinen stehst du iui Bunde 6 9 , mit den Tieren des Feldes stehst 24 du im Frieden. (24) Und wohl verwahret weißt du dein Zelt. Du musterst dein Heim, vermissest da 2ö nichts. (25) Du siehst deine Nachkommen zahlreich, 26 die dir entsprossen, wie Kräuter des Feldes. (26) Gereiften Alters gehst du zum Grabe, zur rechten Zeit wie die Garben. Hiob soll sich daher im Gott selbst wenden (8), der alles wunderbar ändern kann (9), der unversehens durch sein Walten in der Natur (10) den Geringen hilft (11), der böse Pläne vereitelt (12—14), und so Unterdrückte befreit (15—16). Wird Hiob sich unter Gottes Strafe beugen (17), dann wild er ihn erretten und ihm wieder beständiges Glück verleihen (18—2(i).
27
A 18 (27) Sieh dies ergründeten wir. So ist es. hör' es und merk* es dir wohl.
Du
Diese wohlerwogene und zweifellos richtige Lehre soll Hiob sich ernstlich zu Herzen nehmen.
A 19 (1) Da antwortete Hiob und sprach: (2) Ach wenn mein Kummer würde gewogen, mit meinem Unglück 3 zusamt auf die Wage gelegt, (3) dann wäre er schwer wie der Sand an den Meeren! Drum rede ich wahl4 lose Worte. (4) Denn des Allmächtigen Pfeile stecken in mir, ihr Gift trinkt meine Seele. Die Schrecknisse 5 Gottes fallen mich an ; o . (5) Kein Wildesel schreit vor Hunger auf saftiger Wiese. Vor seinem Futter 7 brüllt nicht das Bind. (6) Wird ungesalzen Fades gegessen? Ist schmackhaft flüssiges Eiweiß 7 1 ? (7) So ist die Krankheit, die mir zur Speise geworden 72 , mich ekelt's vor der Berührung.
(», 1/2
Hiob fühlt die Schwere seines Unglücks nicht genügend gewürdigt und seine K l a g e nicht verstanden.
14
Ii, S — 2 1 .
A 20 8 (8) "Wurde mir doch meine Bitte gewährt, er9 füllte doch Gott meine Hoffnung! (9) Täte es Gott, zermalmte mich nur, führe doch zu mit der Hand, 10 zerschnitte den Faden des Lebens, (10) so würde das noch mein Trost sein — wollt' hüpfen vor Freude 7 3 im grausigsten Schmerz — daß ich nicht verwarf des Heiligen "Worte. E r behauptet, wenn Gott, wie er es wünsche, seinem L e b e n ein E n d e machen würde, sich mit der G e w i ß h e i t seiner Unschuld trösten zu können.
A 21 (11) "Was läßt meine Kraft mich noch hoffen? Gebeut mir Geduld noch der Rest meines Lebens? 12 (12) Ist meine Kraft denn von Stein, mein Leib 13 denn von Erz, (13) da ich mir selbst nicht zu helfen mehr weiß' 4 ), mir keine Rettung geblieben? 11
S e i n e L a g e bietet ihm zu hoffen und auszuhalten.
keine Veranlassung
mehr,
noch
A 22 (14) Verzagte haben beim Freunde Anspruch auf L i e b e D o c h du scheust den Allmächtigen 15 nicht 7 6 . (15) Meine Brüder enttäuschen wie Bäche, 16 Rinnsalen gleich, welche schwellen, (16) die trübe werden vom Eis, wenn Schnee sich mit ihnen ver17 mischt 7 7 . (17) Wenn sie dann schmal werden, schwinden sie hin. Hinweg von der Stelle tilgt sie 18 die Hitze ' 8 . (18) Karawanen biegen vom Wege, 19 betreten die Ode und gehen verloren 7B . (19) E s schauen aus die Züge von Tema, Karawanen von 20 Saba hofften auf sie. (20) Sie werden zuschanden, da sie vertrauten, sie kommen dahin und werden 21 enttäuscht. (21) So seid ihr zunichte geworden 80 . Entsetzliches seht ihr, da graut euch. 14
D i e T r ö s t u n g der F r e u n d e e n t t ä u s c h t ihn j ä m m e r l i c h .
I), 22—7. Ii.
15
A 23 22 (22) Sagte ich etwa, o gebet, schenket mir etwas 23 von eurem Vermögen? (23) Rettet mich von Feindes Gewalt, entführt mich der Hand der Tyrannen 8 1 ? 2 4 I h r sollt mich l e h r e n , dann wollte ich schweigen. 25 W a s ich verfehlt, das tuet mir kund! (25) Gerade Worte kränken 8 2 ja nicht s a . Doch euer Tadel, was 2Gnützt der? (26) Gedenkt ihr Worte zu tadeln? 27 Verzweifelnder Worte sind nichts 8 4 . (27) Ihr würdet den Waisen verlosen, den Freund gar verhandeln. 28(28) Nun aber wendet euch zu mir! Ins Angesicht 29 lüg' ich euch nicht. (29) Kehret euch zu mir ohn' alle Falschheit! O tut's! Noch immer bin ich im SOßecht hier. (30) Nicht Bosheit bewegte die Zunge. Das Unglück mußte ich kundtun 8 3 . .Sie sollen ihm innerlich zurrchthelfen (22—24), dann wird aufrichtiger (25) und sachgemäßer (26) Tadel ihm willkommen sein. Aber die Freunde haben eine iibcle Gesinnung (27). Sie sollen sich aufrichtig zu ihm kehren, da er doch nicht aus Bosheit so geredet hat, wie er tat (28—80).
A 24 7, 1 (1) H a t nicht auf Erden Kriegsdienst der Mensch? 2 Sind nicht seine Tage wie die eines Söldners? (2) Wie der Knecht, der lechzt nach dem Schatten, wie 3 der Löhner harrt seines Lohnes, (3) so wurden Monde der Plage mein Teil, und Nächte der Mühsal sind 4 mir bestimmt. (4) Wenn ich mich lege, dann denk' ich, wann werde ich aufstehn? Unendlich dehnt sich der Abend, des Umherwälzens bin satt bis zum 5 Anbruch des Morgens 80 . (5) Mein Leib ist bekleidet mit Würmern und erdiger Kruste. Meine H a u t 6 schrumpft zusammen und fließt. (6) Meine Tage eilen wie das Schifflein des Webers und schwinden hoffnungslos hin. Sodann vergleicht er sein hoffnungsloses Leben mit Mühseligkeiten eines Sklavenlebens.
den
16
7, 7 - 2 1 .
A 25 7 (7) Gedenk', daß ein Hauch nur mein Leben 8 und keine Freude mir mehr bestimmt ist. (8) Des Ansehenden 87 Auge siehet mich nicht. Du blickst 9 zu mir hin, da bin ich nicht mehr. (9) Die Wolke schwand und ging hin. So kommt nicht zurück, 10 wer zum Hades hinabsteigt. (10) Nie wieder kehret er heim. Seine Stätte kennt ihn nicht mehr. Er bittet (¡Ott, wo er doch Gegenstand dessen liebender Fürsorge ist, seines hoffnungslosen Daliinfuhrens zum Hades zu gedenken.
A 26 (11) So s s will auch ich meinem Munde nicht wehren, will die Not meiner Seele bekunden, be12 klagen mein bitteres Leid. (12) Ich bin doch kein Meer, doch kein Untier, daß du mich hältst in Ge13wahrsam! (13) "Wenn ich denke, mein Bett wird mich trösten, meinen Gram mein Lager mittragen, 14 (14) dann machst du mich bange mit Träumen und 15 schreckst durch Traumgesichte mich auf 8 ". (15) Ich möchte den Strick 9 0 erwählen, statt dieser Qualen 91 16 den Tod. (16) Für immer mag ich nicht leben. Laß von mir ab, meine Tage sind nur ein Hauch! 11
Denn bleibt es so, dann muß er es frei heraus sagen (11), dali er bei seinem unerträglichen Leiden am liebsten freiwillig aus dem Leben schiede (12—14).
A 27 17 (17) "Was ist der Mensch, daß du ihn groß18 ziehst 92 und hast auf ihn acht? (18) Jeden Morgen suchst du ihn heim und prüfst ihn von Stunde zu 19 Stunde 9 3 ! (19) "Wann ist dein Blick nicht geheftet auf mich? Du läßt mich nicht los, den Speichel 20zu schlucken 94 . (20) Ich habe gesündigt 95 — nun wohl! "Was soll ich dir tun, du Hüter der Menschen ? "Warum hast du mich zum Zielpunkt genommen, so 21 daß ich mir selber zur Last ward? (21) Vergibst
8, 1-12.
17
du mir nicht meine Schuld und nimmst meine Sünde hinweg9®, dann 0 7 bett' ich mich jetzt in die Erde. Du suchst mich, dann bin ich nicht mehr. Nichts anderes bleibt ihm bei solch ruheloser P e i n mehr übrig (17—19), wenn (Sott sich nicht sündenvergebend seiner erbarmen will (20—21) | Iiier wird klar, daß Hiob sich seiner •Sündhaftigkeit wohl bewußt ist, die Üede des Elifas (A 15) also iiberfUissig war],
A 28 8. 1 (l) Da antwortete Bild ad der Schuchiter und 2 sprach: (2) "Wie lange noch redest du solches und 3 Sturmwind sind deines Mundes W o r t e ? (8) Gott beugt doch das Recht nicht! Biegt Gerechtigkeit 4 um der Allmächtige? (4) Wenn deine Söhne an ihm gesündigt, dann gab er sie preis ihres Frevels 5 unerbittlichen Folgen 0 8 . (5) Suchst du aber Gott 6 und flehst ihn an um Erbarmen, (H) bist lauter und w a h r d a n n wird er gew ß auf dich merken. E r stellt dein Heim wieder her, deinem Rechte gemäß. 7(7) Nur winzig war dann dein Anfang, und groß wird die Zukunft. Hildad erklärt den Tod der Söhne Hiobs für die gerechte •Strafe Gottes (2—4) und empfiehlt ihm, Gott aufrichtig anzuflehen, der dann eine herrliche Zukunft über ihn heraufführen werde (5—7).
A 29 8 (8) Vergangne Geschlechter befrage, was ihre 9 Lehrer 100 erforschten, dem wende dich zu! (9) Denn wir sind von gestern, wir wissen ja nichts und unsre 10 Tage auf Erden sind nur ein Schatten. (10) Die werden dich lehren, dir's sagen, nicht leere Worte hinreden , ü l . Er soll sich Weisheit holen bei den Weisheitslehreru der Vergangenheit.
A 30 11 (11) Schießt Ried ohne Sumpf in die Höhe. 12gedeiht das Schilf ohne Wasser? (12) Noch junp T h i l o , Das Buch Hiob.
2
8, 13—9, 8.
18
ist's, nicht schnittreif, und schneller verdorrt es als 13 Gras. (13) So geht es allen, die Gottes vergessen. 14 Des Ruchlosen Hoffnung zerrinnt. (14) Herbstfäden sind sein Vertrauen, seine Zuversicht Spinnengewebe. 15(15) Er stützt sich darauf 108 , und es hält nicht; er klammert sich dran, es zerreißt. 16 (16) Er grünt in der Sonne und beranket den 17 Garten, (17) im Geröll die Wurzeln verflochten, die 18 die Steine zerspalten 10: \ (18) Man rottet ihn aus, alsbald verleugnet sein Ort ihn: „Ich sähe dich nie". 19(19) Sieh das war der Ausgang der Freude; und andere entsprießen dem Boden. Die Gottlosen sprießen wie Ried ohne Wasser, das nicht groß wird (11—15). Sie gleichen einer üppigen Gartenpflanze, die plötzlich ausgerottet wird (16—19).
A 31 20 (20) Sieh Gott verwirft nicht den Frommen, 21 ergreift bei der Hand nicht die Bösen. (21) Macht deinen Mund voll Lachens zuletzt und deine Lippen 22 voll Jubel. (22) Schande bedeckt deine Hasser, der Gottlosen Zelt ist dahin. Gott hilft den Frommen und verwirft die Bösen.
A 32 9,1/2
(1) I)a antwortete Hiob und sprach: (2) Ja ja, ich weiß, daß es so ist; worin 82 auch sollte ein 3 Mensch recht behalten vor Gott? (3) Hätte er Lust zu rechten mit Ihm 1 " 4 , er könnte von tausend Vor4 würfen nicht einen auch nur widerlegen , 0 5 . (4) Sein Verstand ist groß, seine Kraft ist gewaltig. Kam 5 je einer heil davon ab, der ihm widerstrebte? (5) Berge versetzt er ganz unversehens. Im Zorne stürzt 6 er sie um. (6) Er erschüttert die Erde, ihre Säulen 7 erbeben, (7) befiehlt der Sonne, da strahlt sie nicht 8 auf, und um die Sterne legt er ein Siegel l0,, . (8) Den Himmel breitet er aus allein und schreitet einher
!), !)- 21.
19
9 auf den Höhen des Meeres. (9) E r schuf den Bären, den Orion, das Siebengestirn, die Sterne des Südens 1 0 7 . 10 (10) Große Dinge tut er, die niemand ergründet, und 11 Wunder gar zahllos. (11) Geht er vorüber, ich sehe es nicht. E r wandelt dahin,7 ich / nehm' ihn nicht
12 wahr. (12) E r entreißt, und wer will ihn hemmen 10!l , 13will zu ihm sagen, was tust du? (13) Vom Zorne läßt Gott nicht. Rahabs Helfer ducken sich vor ihm. Hiob weit davon entfernt, seinem V o r r e d n e r zuzugestehen i v g l . 8, iiff.), dall er selbst die .Schuld an seinem U n g l ü c k t r a g e , ifibt ironisch zu (vgl. 11,;>), daC der Mensch allerdings i m m e r im Unrecht blcihe, wenn e r nämlich mit (¡Ott rechten wolle (2—4), weil Gott, wie e r sieh in Naturkatastrophen ( 5 — 7 ) und in der grollen W e l t der Schöpfung ollenbart. ( 8 — ü) viel zu k l u g , g e w a l t i g (41 und unerforschlich ist (10—11), als da Ii j e m a n d ihn hemmen, oder zur R e c h e n s c h a f t ziehen künne, wenn er e i n g r e i f e (12—1;!).
A 33 14 (14) Und ich sollt vor ihm mich behaupten, und 15 wählt' ich auch schön meine Worte? (25) Hätt' ich auch recht, wie ihm das beweisen 1 0 "? Meinen 10 Widersacher müßte ich anflehn. (16) Riefe ich auch, und gab er mir Antwort — daß er mich anhört. 17 glaube ich nicht. (17) Stürmt daher und erhascht mich 1 1 0 und schlägt mir Wunde auf Wunde um 18 nichts. (18) Aufatmen gönnt er mir nicht. Mit 19 bitterem Leide sättigt er mich. (19) Kommt es auf Kraft an, sieh er ist stark — auf ßechtsentscheidung, 20 wer lädt mich vor? (20) Behauptete ich auch im Rechte zu sein 1 1 1 , er würd mich verdammen. Recht21 schaffen bin ich, doch er nennt mich falsch. (21) Unschuldig bin ich, doch will ich mein Leben nicht 22 ansehn und lasse es fahren. (22) Einerlei ist's mir. Drum sag ich's: Fromme und Böse rafft er zu28 sammen dahin. (23) Kommt unversehens tödliche 24 Geißel, er lacht über Schuldloser Zagen. (24) Das Land verfällt der Bösen Gewalt, seine Richter schlägt er mit Blindheit. Ist's nicht etwa so. wer sollte es sonst tun? 2*
20
0, 2 5 - 1 0 , 3. Vur solchem Gott kann er sein Recht nicht behaupten (14—16). V e r g e w a l t i g t doch Gott ihn, ohne ihn zur Ruhe kommen zu lassen (17—18). Bei einem Rechtsstreit m i t Gott, soweit der überhaupt möglich wäre (19), würde seine Unschuld einfach nicht anerkannt werden. Darum, weil sein Leben doch einmal verloren ist 120—21), muß er es frei heraus siiyen: Gott schlägt darauf los, ohne auf Recht oder Unrecht zu sehen (22—24).
A 34 25 (25) Meine Tage sind flink wie ein Läufer. Sie 26 fliehen dahin und sehen nichts Gutes. (26) Sie gleiten vorbei den Schilfkähnen gleich, wie der Adler, 27 der stürzt auf die Beute. (27) Denke ich dann: Vergiß doch den Gram und laß die traurige Miene, 28 sei heiter, (28) dann graut mir vor all meiner Pein, 29 ich weiß, du sprichst mich nicht frei. (29) Ich soll ein Schuldiger sein! Wozu denn mein eitles Be30 mühen? (30) Und wenn ich mich wasche in Schnee 31 und säubere die Hände mit Lauge, (31) du tauchst mich hinein in die Grube, daß meine Kleider sich 32 ekeln vor mir. (32) Denn er ist kein Mensch wie ich, ich kann ihn nicht widerlegen. Erscheinen wir 33 beide vor dem Gericht, (33) kein Schiedsrichter wäre 34 für uns da, der Gewalt hat über uns beide. (34) Seine Rute wende er von mir, sein Schrecken be35 täube mich nicht! (35) Dann will ich reden und werd ihn nicht fürchten, weil's also bei mir nicht bestellt ist 1 1 2 . Bei seinem hoffnungs- und ruhelosen Leiden hat er keine Aussicht auf Rechtfertigung (25—31), denn ein Gerichtsverfahren ist unmöglich (32—33). Würde Gott ihm eine Ruhepause gönnen, so wollte er wohl seine Unschuld darlegen (34-35).
A 35 10, 1 (1) Mich ekelt mein Leben, meiner Klage lasse 2 ich Lauf, rede über mein bitteres Leid, (2) spreche zu Gott, verdamme mich nicht, tue mir kund, wes3 halb du gegen mich streitest. (3) Ist dir's ein Ge-
10. 4
17.
21
winn 11 s , zu bedrücken, zu verwerfen das Werk deiner Hände und glänzen zu lassen der Gottlosen Rat? 4 (4) Du siehst nicht wie Sterbliche sehen, und schaust 5 nicht nach Menschenart drein. (5) Sind Menschentage die deinen, die Zahl deiner Jahre wie die eines G Mannes ? (6) Untersuchst meine Schuld, meine Sünde 7 erforschst du, (7) obwohl du weißt, ich bin nicht im Unrecht und mich dir niemand entreißt. Doch lim Ii Jliob seiner Verwunderung Ausdruck geben, dal; Gott, die Kosen begünstigend, ihn, das Werk seiner Hände, vernichten will ( 1 — 3 ) / S o l l t e Gott ihn verfolgen wie ein kurzsichtiger Mensch, der keine Zeit verlieren darf (4—5), um nach Menschenart seine Schuld festzustellen, w o er doch unschuldig ist. außerdem niemand seiner Allmacht entrinnen kann CO—7) ?
A 36 (8) Deine Hände bildeten mich und formten meine Gestalt 1 U . Und doch willst du mich vern i c h t e n 1 1 5 ? (9) Bedenk doch, dem Ton gleich formtest du mich. Nun machst du mich wieder zu lOStaub? (10) Du gössest mich hin wie Milch und 11 ließt mich gerinnen wie Sahne. (11) Du hast mich bekleidet mit Haut und mit Fleisch, durchflochten 12 mit Knochen und Sehnen. (12) Du schenktest mir Leben und Gnade. Deine Aufsicht bewahrt meinen 13 Odem. (13) Das aber bargst du im Herzen, ich 14 erkenne, so hattest du's vor: (14) Im Auge mich halten, und wenn ich gefehlt, die Schuld mir an15 rechnen 118 . (15) Bin ich im Unrecht, o weh mir! Bin ich im Recht, ich erheb nicht mein Haupt, ich bin mit Schande gesättigt; sieh da, meine N o t 1 1 7 ! 16 (16) Und tu ich's 118 , so jagst du mich dann wie ein 17 Löwe, bist wieder unbegreiflich mit mir, (17) stellst erneut deine Zeugen wider mich auf, noch mehr ergrimmt gegen mich, führst immer wieder zahllose Scharen gegen mich an 1 1 9 . 8
W i e unverständlich, daß derselbe Gott, der ihn geformt hat, ihn wieder zerschlägt (8—9), daß der Gott, der ihn liehe-
10. 18 -11, 7.
22
voll bildete und sein Leben bewahrte, nun sich als ein Wesen zeigt, das mir den Zweck zu verfolgen scheint, auf seine Sünde aufzupassen und sie dann nicht zu vergeben (10—14), ihn nicht hochkommen zu lassen (15), vielmehr ihn beim geringsten Rechtfertigungsversuch niederzuducken (16—17)!
A 37 (18) Ach hättst du mich nicht entführt dem Leib meiner Mutter, o war ich gestorben und hätt 19 mich kein Auge erblickt. (19) Ich wäre wie nie 20 gewesen, vom Mutterleibe zum Grabe geführt. (20) Meiner Tage sind wenig, laß ab, o steh von mir ab! 21 Will mich noch einmal freuen des Lichts 120 , (21) ehe ich gehe — und komme nicht wieder — ins finstere 22 und düstere Land, (22) ins Land des nächtlichen Dunkels, wo Grauen und "Wust, wo's wie Mitternacht hell wird m . 18
Noch einmal wünscht sich Hiob, das Licht der Welt nie gesehen zu haben (18—19). Wenn Gott doch wenigstens eine Zeit von ihm abließe, ehe er in den dunklen Hades kommt (20—22).
A 38 11, 1 (1) Da antwortete Zofar der Naematiter und 2sprach: (2) Darf Wortschwall ohne Entgegnung 3 bleiben, soll recht behalten der Maulheld? (3) Dein Schwätzen macht Männer verstummen. Du spottest 4 und niemand beschämt dich. (4) Du denkst: „Meine 5 Lehre ist richtig, rein bin ich vor dir". (5) J a wenn doch Gott mit dir spräche und täte vor dir 6 seinen Mund auf (6) und machte dir kund, wie verborgene Weisheit zwiefach bewährt ist, damit du erkenntest122, Gott zieht nicht mal all deine Sünde heran 188 ! Z., darUber erbost, wie Hiob seinen Gegner ironisch (vgl. 9, 2) abfertigt (2—3) und seine Unschuld aufrecht erhalten will (4), wünscht, Gott möchte tatsächlich mit Hiob reden, damit er erkenne, daß Gott noch nicht einmal seine ganze Schuld in Betracht zog (5—6).
7
A 39 (7) Kannst du Gott ergründen, den Allmäch-
11. 8 12. ü. 8tigen völlig erforschen? (8) Vor Himmelshöhen 121 9 stehest du ratlos, vor Hadestiefen unwissend. (9) Seine Weisheit überdauert die W e l t 1 2 5 und Meeres10 weiten umfaßt sie. (10) Da geht er vorüber, verhaftet und zieht vor Gericht. W e r will ihn da 11 hemmen? (11) E r weiß wohl, wer nichtswürdig ist. E r sieht den Frevel — erkennen sollt er ihn n i c h t 1 2 9 ? 12 (12) Der Hohlkopf werde verständig und aus dem Wildesel werde ein Mensch 1 2 7 ! Dann zieht üofar aus Gottes unfaßbarer Weisheit und Macht in der Natur (7—10), wie Hiob sie geschildert hat (vgl. 9, 4 ff.) die Folgerung, daO Gott alle Bosheit der Menschen kennt (11). W e r das bedenkt, der kommt zur Vernunft (12).
A 40 13 (13) Und du, wenn du zugerüstet dein Herz, 14 dann breite zu ihm aus die Hände — (14) ist Frevel an deiner Hand, so tue ihn fort, in deinen Zelten 16 laß Böses nicht wohnen — (15) denn dann erhebst du dein Antlitz, von Makel befreit, stehst fest wie 16 gegossen und fürchtest dich nicht. (16) Fürwahr, der Mühsal würdst du vergessen und gleich ent17 schwundenen Wassern ihrer gedenken. (17) Zur Mittagshöhe erhebt sich die Kraft deines Lebens, es wird wie der Morgen, wenn's noch so dunkel ge18 wesen. (18) Du vertraust, deine Hoffnung ist da. Du siehest dich um, ganz sicher ruhst du jedoch. 19 (19) Du läßt dich nieder, da niemand dich aufschreckt, und viele sind da, die dir schmeicheln. 2 0 ( 2 0 ) Der Gottlosen Augen verschmachten; der Zuflucht beraubt, ist Seufzen ihr Ausgang 1 2 8 . Wird Hiob aber sich von seiner Bosheit bekehren, dann wird eine herrliche Zukunft seiner warten.
A 41 12,1/2 (1) D a antwortete Hiob und sprach: (2) Wahrhaftig, ihr seid mir das Volk, mit euch stirbt die 3 Weisheit. (3) Verstand hab' auch ich, wie ihr habt,
24
12, 4 - 1 5 .
steh' nicht zurück hinter euch. Wer wüßte solches 4 denn nicht? (4) Ein Spott soll ich sein dem Freunde, ich, der ich Gott rief, und Antwort bekam?! Ein 5 Spott der Gerechte und Fromme ?! (5) Verhöhnen beim Unglück! So denkt der, dem's wohl geht 1 2 0 . 6 E i n Stoß ihm, wem wanken die F ü ß e 1 8 0 ! (6) Der Verderber Zelte liegen im Frieden. Die Gott erzürnen, fühlen sich sicher, die nur ihre Kraft noch vergöttern. Hiob, empört über Zofars Überhebung und Grobheit, findet in der Freunde Belehrung nichts Neues (2—3), vielmehr Verspottung eines Frommen (4), wie denn der, dem's gut geht, dem Unglücklichen gerne noch einen Stoß dazu gibt, während man dem reichen Gottlosen nichts zuzufügen wagt (5—6).
A 42 (7) So frage denn doch die Tiere, die werden's dich lehren, die Vögel des Himmels, die werden's 8 dir künden; (8) die Sträucher des Feldes 1 8 1 , die werden's dich weisen; die Fische des Meeres erzählen 9 es dir. (9) Wer sieht an dem allen denn nicht, daß 10 des Herrn Hand solches 182 geschaffen? (10) In seiner Hand steht aller Lebenden Seele und jedes Sterblichen Geist. 7
W e r nur einen Blick auf die Schöpfung wirft, weiß das, was Zofar gesagt hat.
A 43 11 (11) Es prüft ja Worte das Ohr, wie der Gaumen 12 kostet die Speise. (12) Bei den Greisen ist Weisheit, und Einsicht eignet Betagten. Als Erkenntnisquelle gelten Vernunft und tradierte Lehre.
A 44 13 (13) Bei i h m 1 8 8 ist Weisheit und Kraft, ihm 14 eignet Bat und Verstand. (14) Da reißt er nieder, es wird nicht gebaut. E r setzt einen Menschen ge15 fangen, da kommt er nicht los. (15) Die Wasser hält er zurück, sie vertrocknen. Er läßt sie frei,
12, 16—13, 0.
25
16 sie verwüsten das Land. (16) Bei i h m ist Stärke und Klugheit, und i h m gehört, der da irrt, und 17 ihm, der andre verführt, (17) der Ratgeber barfüßig 18 macht und Richter zu Toren, (18) der Herrschern die Zügel entwindet 1S4 , und ihnen die Lenden fesselt 19 mit Gürteln 135 , (19) der Priester beraubt des Ge20 wandes. und stürzt die, so sicher gestanden, (20) der die Rede entzieht den Bewährten und beraubt des 21 Verstandes die Alten, (21) der ausgießt Spott über 22 Fürsten und lockert die Dämme der Ströme, (22) der aufdeckt dunkle Tiefen, zum Licht zu bringen, 23 was finster, (23) der Völker hochbringt und stürzt, 24 sie groß macht und wegführt, (24) der Leiter des Volkes der Einsicht beraubt, sie irren zu lassen in 25 wegloser Öde. (25) Sie tappen im Dunkeln und haben kein Licht, wie trunkene läßt er sie irren. Aber des Menschen Erkenntnis ist der sich objektiv und kraftvoll auswirkenden Weisheit nicht adäquat (13), deren mannigfache Auswirkungen im Menschenleben H. ausführlieh schildert (14—25).
A 45 13, 1 (1) Alles das sah mein Auge und hörte mein 2 Ohr, auf daß ich's bedächte 184 . (2) Was i h r wißt, das weiß ich auch, steh' nicht zurück hinter euch l i 7 . Fall.
Die Weisheit der Freunde bringt nichts Neues für seinen
A 46 3 (3) Doch mit dem Allmächtigen red' ich, und 4 möchte rechten mit Gott. (4) Ihr aber wollt ver5 kleistern li8 , seid Pfuscher zusamt 189 . (5) "Wenn ihr doch nur schwieget, das würd' euch zur Weisheit 6 gerechnet. (6) 0 hört auf mein Rechten, und merkt 7 auf den Streit meiner Lippen! (7) Zu Gottes Gunsten wollt Falsches ihr reden und Trug vorbringen für 8ihn? (8) Wollt ansehen seine Person, parteiisch 9reden für ihn? (9) Würd' es euch gut gehn, so er
20
13, 10—23.
euch durchforscht? Wollt ihr ihn täuschen, wie 10 einen Menschen? (10) Er wird euch schelten, wollt 11 ihr im Geheimen ansehen seine Person. (11) Sein Aufstehn allein wird euch schrecken und Furcht 12 vor ihm euch befallen. (12) Eure Sprüche sind Asche, eure Brustwehren aus Lehm. Er will nämlich mit Gott streiten und über ihn zur Klarheit kommen (3), während die Freunde alle Fragen totschweigen wollen, eine Unaufriehtigkeit. die Gott nicht gefallen kann (4-12).
A 47 13 (13) O schweigt mal vor mir, dann red' ich mich 14 aus, und über mich komme, was kommt 14 °. (14) Wozu mich noch in Sicherheit bringen, mein Leben 16 zu retten versuchen 141 ? (15) Er will mich ja töten! Was hoffe ich noch ? Doch meinen Wandel möchte 16 ich noch frei heraus darlegen vor ihm. (16) Das würd' für mich sprechen , 4 2 . Denn Gottlose treten nicht vor ihn. Hiob möchte nur — auf die Gefahr hin, sein Leben zu verlieren, das er doch nicht retten kann — unbefangen seine Unschuld in dem Rechtsstreit vor Gott darlegen.
A 48 17 (17) 0 hört doch mein Wort, vernehmt die Be18 weise. (18) Ich hab' zur Verhandlung gerüstet 148 , 19 ich weiß, das ich recht behalte. (19) Er wird mich gewiß nicht bekämpfen, sonst schwieg ich bis an 20 den Tod. (20) Zwei Dinge nur tue an mir dann 21 werd ich dein Antlitz nicht fliehen! (21) Deine Hand laß fern sein von mir, und die Furcht vor dir 22 mich nicht fürderhin lähme! (22) Du rufe, ich antworte dir. Oder ich rede, du antwortest mir. Die Freunde sollen auf seinen ßechtsstreit hören, aus welchem er als Unschuldiger hervorgehen wird (17—19), wenn Gott ihm nur eine Ruhepause gönnen würde und ihn reden ließe ( 2 0 - 2 2 ) .
23
A 49 (23) Wieviel meiner Sünden und Fehler, meine
13. 28
14. 11.
27
24 Schuld und Sünde tue mir kund! (24) Warum verbirgst du dein Antlitz und siehst mich als Feind an? 25 (25) Ein verwehtes Blatt willst du schrecken, den 26 dürren Strohhalm verfolgen? (26) Schreibst gegen mich bittere Klagen. Meiner Jugend Sünden legst 27 du mir auf, (27) und tust in den Block meine Füße, gibst Obacht auf all meine Pfade und zeichnest dir 28 auf die Spur meiner Füße 14B , (28) bei dem, der vergeht wie in Fäulnis, wie ein Kleid, das die Motte vorzehrt. Aber vergeblich fleht Hioh, Gott mochte ihm seine Sünden vergeben und ihn nicht mehr vergewaltigen.
A 50 14, 1 (1) Der Mensch, vom Weibe geboren, hat wenig 2 Tage, jedoch der Unruhe viel, (2) geht auf wie die Blume und welkt. Er flieht wie der Schatten und 3 bleibt nicht. (3) Und solchen siebest du an, mich 4 ziehst du vor dein Gericht? (4) W e r fände bei 5 Unreinen einen, der rein ist14®? (5) Hast du seine Tage, die Zahl seiner Monde bestimmt, sein Ziel ihm 6 gesetzt, das er nicht wird überschreiten, (6) dann blick von ihm weg, daß er ruhe 1 4 ' dem Lohnknechte gleich, der froh seines Tages geworden. In einem beweglichen Klageliede gedenkt Hiob alsdann der Vergänglichkeit des Menschen und bittet Gott, nicht weiter mit ihm zu rechten, wo sein Leben doch hoffnunglos zu Ende gehe.
A 51 7 (7) Es hat der Baum eine Hoffnung. Man fällt 8 ihn, er sprießt noch und treibt immerfort (8) Wenn alt wird im Erdreich die Wurzel, und abstirbt im 9 Staube sein Stumpf, (9) vom Dunste des Wassers ergrünt er, bringt Zweige hervor wie ein Pflanzreis. 10(10) Der Mensch aber 148 stirbt und streckt sich, 11 der Mensch verhaucht, und wo ist er? (11) Wasser verlassen den See, Ströme versiegen, vertrocknen.
28
14, 12—22.
12 (12) Der Mensch aber legt sich 148. steht nicht wieder auf. Bis der Himmel vergeht, erwacht er nicht wieder. Vom Schlafe weckt niemand ihn auf. Wie befremdlich aber, daß zwar der Stumpf eines gefallenen Baumes wieder sprießt (7—9), daß alles in der Natur sich verändert, aber der Mensch hoffnungslos im Tode bleibt
(10—12)!
A 52 (13) 0 daß du mich doch im Hades verwahrtest, verbärgest mich dort, bis dein Zorn sich gelegt, eine 14 Zeit mir setztest und dann mein gedächtest! (14) Wenn der Mensch stirbt, lebt er dann wieder auf ? Meines Heerdienstes Tage ertrüg ich, bis meine Ablösung 15 käme. (15) Du riefest, ich antwortete dir. Nach dem "Werk deiner Hände würd'st du dich sehnen. 16 (16) Doch nun zählst du all meine Schritte. Hältst 17 im Gedächtnis all meine Sünde. (17) Meine Schuld ist im Beutel versiegelt, mein Vergehen verschlossen darin. 13
Hiob meint, wenn Gott für das Ende seines Hadeslebens einen Zeitpunkt festsetzte, im Blick auf seine erlösende Liebe aushalten zu können (13—15). Doch nun hält Gott seine Siinde versiegelt (16—17).
A 53 18 (18) Doch Berge stürzen zerstäubend, Felsen 19 werden versetzt, (19) Steine vom "Wasser zerrieben. Sturzregen schwemmt das Erdreich hinweg. Des Menschen Hoffnung aber 1 4 9 hast du vernichtet, 20 (20) du wirfst ihn für ewig darnieder, daß er dahinfährt, entstellst sein Antlitz und lassest ihn fahren. 21 (21) Ob seine Söhne geehrt sind, er merkt's nicht. 22 Ob sie gering sind, er achtet nicht drauf. (22) Sein eigener Leib nur bereitet ihm Schmerzen und seine Seele ist traurig. Aber während die scheinbar unbeweglichen Dinge in der Natur sich verändern, bleibt die Hoffnung des Menschen unverändert.
Ii"), 1—18.
29
(Zweiter Gesprächsgang.) Ä 54 1 5 , 1 (1) D a antwortete Elifas der Temaniter und sprach: 2 (2) Gibt der W e i s e 1 5 0 ein seichtes Urteil zur Antwort, 3 sich blähend mit Wind, (3) zu streiten mit wertlosen 4 Worten, mit Reden, welche nicht fördern 151 ? (4) Doch du tust der Ehrfurcht auch Abbruch, verscheuchst 5 alle Andacht vor Gott. (5) Dein Unrecht lehrt deinen 6 Mund, du wählst die Sprache der List 1 5 2 . (6) Dein Mund verdammt dich, nicht ich, deine eigenen Lippen wider dich zeugen. Elifas wirft Hiob seichte, frivule und verschmitzte Redeweise vor.
A 55 7 (7) Bist du als erster 1 5 3 zum Menschen geboren, 8 noch vor den Hügeln geworden ? (8) Hast du gehört, wie Gott sich beriet, und Weisheit an dich gerissen ? 9 (9) Was weißt du, das wir nicht auch wissen, er10 kennst du, das uns nicht bewußt? (10) Ein Greis, ein Ergrauter 1 5 1 ist auch unter uns; dein Vater ist 11 jünger als er. (11) Ist dir zu wenig der göttliche 12 Trost, das Wort, das sanft mit dir ist? (12) Wozu nur reißt dein Herz dich noch fort? Deine Augen. 13 wie rollen sie doch! (13) D u lehnst dich auf gegen 14 Gott 1 5 5 , bringst solche Worte hervor. (14) Was ist der Mensch, daß er rein sein könnte, gerecht, der 15vom Weibe geboren? (15) Sieh seinen Heiligen' trauet er nicht, vor ihm sind die Himmel nicht 16 rein, (16) geschweige ein greulich Verdorbener, ein Mensch, der Frevel trinkt wie das Wasser. Ferner wirft er ihm vor Anmaßung den bewährten Lehrern gegenüber (7—11) und Auflehnung gegen Gott (12—13). Wie kann ein Mensch vor Gott im Rechte sein (14—16)!
A 56 17 (17) Ich will dir kundtun, o höre, und was ich 18 schautc erzählen, (18) was Weise künden, von Lehrern
30
i:>, 19—3,-). 19 empfangen, wie sie es nicht leugnen. (19) Denn ihnen allein ward vertrauet das Land, und unter sie ist kein 20 Falscher 159 gekommen. (20) Der Böse verbringt seine Tage alle in Angst, nur wenige Jahre hat der 21 Gewaltmensch IB7. (21) Schreckenslaute vernimmt er. 22 Mitten im Frieden suchen Verwüster ihn heim. (22) Er verliert die Hoffnung, zu entfliehen dem Unglück; 23 ausersehen ist er fürs Schwert. (23) Da schweift er umher, nach Brot zu suchen. "Wo ist es ? Er merkt, 24 daß der finstere Tag ihm nahe bevorsteht. (24) Harte Not ihn beängstigt. AVie ein König wirft sie ihn 25 nieder, der auszieht zum Angriff. (25) Er hob gegen Gott seine Hand auf, und vor dem Allmächtigen 26 tat er sich groß. (26) Gereckten Halses rannte er gegen ihn an mit den dichten Buckeln der Schilde. 27 (27) Sein Fett entstellte sein Antlitz 158 . Es setzten 28 Schmer an die Lenden. (28) In vernichteten Städten hat er gehaust, in Häusern, die nicht bewohnt werden sollen, weil sie zu Trümmerhaufen bestimmt sind. 29 (29) Drum wird er nicht reich, sein Vermögen besteht 30 n i c h t . . . 150 . (30) Er entflieht nicht dem Unglück, die Flamme verdörrt seine Zweige. Vom Hauch des 31 göttlichen Mundes vergeht er. (31) Er traue doch nicht auf Trug, denn siehe er täuscht sich, und Trug 32 nur tauscht er sich ein. (32) Zur Unzeit erfüllt sich sein Schicksal, nicht kommt sein Palmzweig zum 33 Grünen. (33) Wie ein Weinstock wirft er Herlinge 34 ab, wie ein Ölbaum wohl 160 Blüten verliert. (34) Denn der Buchlosen Rotte erzeugt keine Frucht und Feuer 35 verzehrt die Zelte mit unrechtem Gut. (35) Von Mühsal schwanger gebären sie Unheil, ihr Schoß bereitete Trug. Dann zeigt er an einem Musterbeispiele der Weisheitslehrer (17—19), wie schlecht es mit dem Glück der Gottlosen bestellt ist (20—35).
16, 1 - 1 0 .
A 57 (1) Da antwortete Hiob und sprach: (2) Solcherlei hörte ich viel, leidige Tröster seid ihr alle zu3 sammen. (3) Sind zu Ende die nichtigen "Worte ? 4 "Was reizt dich noch weiter zu reden ? (4) Auch ich könnte sprechen wie ihr, wärt ihr nur an meiner Stelle. "Wollte Reden zusammenstellen für euch, teil5 nehmend das Haupt über euch schütteln, (5) mit meinem Munde euch stärken, daß meiner Lippen 6 Beileid Linderung brächte. (6) Rede ich aber, so bleibt mir der Schmerz. Und welche Linderung hätt ich, wenn ich es ließe!
16,1/2
Hiob findet den Trost der Freunde wertlos, weil sie sich nicht in seine Lage versetzen.
A 58 7 (7) Doch nun zermürbte er mich. Du hast meinen 8 ganzen Kreis mir verstört. (8) Du hast mich gepackt, das zeugt wider mich. Meine Abgezehrtheit spricht 9 gegen mich, verklagt mich ins Angesicht. (9) E r zerreißt mich im Zorne, er ward mir zum Feind. E r knirscht über mir mit den Zähnen. Seine feind10 liehen Augen blitzen mich an 1 0 1 . (10) Das Maul sperren sie auf gegen mich und geben mir Backenstreiche, o Schande! Zusammenrotten sie sich wider 11 mich. (11) Und Gott übergibt mich den Buben. Der 12 Gottlosen Hände müssen mich kneten 1 0 2 . (12) "Wohlgemut war ich, er bracht mich ins "Wanken, ergriff mich beim Nacken und schmettert mich nieder 1 4 3 . 13 E r stellt mich als Zielscheibe auf. (13) Seine Pfeile schwirren rings um mich her. Meine Nieren spaltet er, will mich nicht schonen, zur Erde schüttet er 14 aus meine Galle. (14) Riß über Riß bringt er bei meiner "Wehr und stürmt wie ein Held gegen mich 15 an. (15) Ich umgab meine Haut mit dem Sack und 16 und steckte mein Horn in den Staub. (16) Mein Gesicht ist vom "Weinen gerötet und über den
32
16, 1 7 - 1 7 , 8.
17 Wimpern liegt düstere Nacht, (17) obwohl meine Hände frei sind von Unrecht und rein mein Gebet. Gott ist's, der ihn befehdet, und mit ihm die Freunde, obwohl er unschuldig ist.
A 59 18 (18) Ach, Erde, bedecke mein Blut nicht! Keine 19 Ruhstatt finde mein Schreien! (19) Doch siehe, auch jetzt ist im Himmel mein Zeuge, und der für mich 20 bürgt in den Höhen. (20) Meine Freunde sind meine 21 Spötter. Es tränt zu Gott hin mein Auge. (21) Er schlichte den Streit zwischen Gott und dem Manne, 22 dem Menschen und seinem Nächsten. (22) Denn wenige Jahre noch kommen, dann geh' ich den Pfad ohne Rückkehr. Er müßte wünschen, daß das ihm angetane Unrecht unaufhörlich gen Himmel schriee (18), wenn er nicht einen göttlichen Zeugen für sich im Himmel wüßte, den Streit zu schlichten, den er mit Gott und Menschen hat, bevor er zum Hades geht (19—22).
A 60 17,1 (1) Mein Geist ist verstört Meine Tage ver2 löschen, in Grabesdunkel versunken ,ct . (2) Für wahr ihren Spott muß ich dulden, muß immer hören ihr 3 Zanken 165 . (3) Drum sei du selbst mein Bürge bei 4dir! "Wer sollte sonst für mich einstehn! (4) Verbargst ihrem Herzen die Einsicht, drum können sie nicht triumphieren l 6 0 . Gott möge sich doch selbst einsetzen für ihn in dem Hechtsstreit, wo seine Freunde mit ihm hadern. Hat doch auch Gott ihren Verstand verdunkelt.
A 61 (5) Die Gläubiger lädt man zum Teilen, den Söhnen des Schuldners verschmachten die Augen 1 6 7. 6 (6) Man macht mich zum Gespötto der Leute 1 6 8 , 7 bin einer, dem man ins Angesicht speit. (7) Da verlosch mein Auge vor Kummer. Meine Glieder 8 alle wurden zu Schatten. (8) Gerechte entsetzen 5
33
17, 9—18, 6.
sich darob und über den Frevler erregt sich der 9 Reine. (9) Seinen Weg hält ein der Gerechte, wer reine Hände hat, wird nur gefestigt. Das Unrecht der Freunde ist furchtbar (5—7), und Gerechte müssen es empörend linden (8—9).
A 62 10 (10) Jedoch noch einmal mögen sie kommen zu11 samt. Ich werde keinen als Weisen erfinden. (11) Meine Tage gehen vorüber, vernichtet sind meine Pläne, die 12 Wünsche des Herzens. (12) Sie machen die Nacht zum Tage, und Licht soll näher als Finsternis sein. 13(13) Warte ich drauf, im Hades zu wohnen und 14 breite im Dunkel das Bett mir, (14) sag ich zur Grube, mein Vater bist du, und nenne die Würmer 15 Mutter und Schwester, (15) wo ist denn dann meine 16Hoffnung, meine Hoffnung, wer sieht sie? (16) Zu des Hades Riegeln geht sie hinab 1 8 ", wenn a l l e s " 0 zur Ruh' kommt im Staube! Sie werden keine Weisheit zutage fördern, denn sie nennen, was Nacht ist, Tag, und wollen Hoffnung machen, wo keine ist, da er zum Hades geht.
A 63 18, 1 (1) Da antwortete Bildad der Schuchiter und 2 sprach: (2) Wie lange wollt ihr jagen 1 5 1 nach Worten? Kommt zu Verstände, und dann laßt uns 3reden! (3) Warum denn werden für Vieh wir gehalten und gelten in euren Augen als dumm 1 7 2 ? 4 (4) O du, der im Zorne sich selber zerreißt, wird deinetwegen die Erde geräumt, ein Felsen vom Platze gerückt? B. sieht in der ganzen Unterredung nur leeren Wortstreit.
A 64 5 (5) Jawohl 1 7 8 , es verlischt der Gottlosen Licht, 6 seines Feuers Flamme verliert ihren Schein. (6) In seinem Zelte wird dunkel das Licht, und seine T h i l o , Bas Bach Hloli.
3
34
18, 7 - 1 9 , 3.
7 Leuchte verlischt über ihm. (7) Seine starken Tritte werden gedämpft 174 , sein eigener Plan selbst bringt 8 ihn zu Fall. (8) Ihn führen die eigenen Füße ins 9 Netz. Er hat sich verflochten. (9) Der Fangstrick packt seine Ferse. Die Schlinge läßt ihn nicht los. 10 (10) Sein Seil war versteckt in der Erde, die Falle 11 für ihn auf dem Pfade. (11) Rings überfällt ihn Entsetzen und scheucht ihn, wo er auch geht. 12(12) Sein Unglück ist gierig nach ihm. Es steht 13 das Verderben bereit, daß er falle. (13) Seines eigenen Leibes Glieder werden verzehrt 1 7 \ Des Todes 14 Erstgeborener frißt sie. (14) Aus seinem Zelt, das ihm traulich 17fl), wird er gerissen, er muß zum König 15 der Schrecken hinschreiten 177 . (15) Fremde bewohnen sein Zelt 1 7 8 . Mit Schwefel bestreut wird 16 sein Gut. (16) Seine Wurzeln unten vertrocknen, 17 seine Zweige oben verwelken. (17) Sein Gedächtnis verschwindet auf Erden, und weit und breit ist er 18 zum Namenlosen geworden. (18) Man stößt ihn vom Lichte ins Dunkel. Vom Erdboden treibt man 19 ihn weg. (19) Ihm bleibt weder Sproß noch Schoß am Stamm seines Volkes und kein Entronnener, wo 20 er einst weilte. (20) Sein Unglückstag erschreckt die im Westen, und Schaudern ergreift die im 21 Osten 1 '». (21) So geht's mit dem Wohnplatz des Frevlers, dem Ort, wo man Gott nicht mehr kennt. Er stellt noch einmal als unzweifelhaft feststehend hin, daß Gott den Bösen straft (5), und zwar mit einer Schilderung des Schicksals, welches den gottlosen Beichen trifft (6—21). [Die Anspielung auf Eiobs Schicksal tritt besondere V. 13 u. 14 hervor, da „Erstgeborener des Todes"1 u. „Könige der Schrecken" nichts anderes bedeuten als eben jenen schrecklichen Aussatz, von dem Hiob befallen war.]
A «5 19,1/2 (1) Da antwortete Hiob und sprach. (2) Wie lange wollt ihr mich plagen, zermürbt mich mit 3 Reden?! (3) Zum zehnten Male schmäht ihr mich
35
11), 4-- Ii».
4 nun, mißhandelt mich schamlos! (4) Und hab ich wirklich geirrt, so trag ich doch selbst meinen Fehler. 5 (5) Könnt ihr in Wahrheit euch über mich stellen und mich einer Schmach überführen 180 ? H . fühlt sich von seinen Freunden mißhandelt und g e s c h m ä h t (2—3), wo er ihnen doch nichts Böses t a t (4) und sie bis j e t z t nicht haben beweisen können, dal! er im Unrecht sei (5).
A 66 (5 (6) (.) seht doch, daß Gott mir Unrecht getan, 7 sein Fangnetz gegen mich aufstellt! (7) Da schrei ich, bin überfallen —• bekomm keine Antwort; rufe 8 u m Hilfe, da ist kein Gericht. (8) E r Yerzäunt meinen Weg, da kann ich nicht weiter, und hüllt 9 meine Pfade in Finsternis ein. (9) Meiner Ehre entkleidet er mich und nimmt mir die Krone vom 10 Haupte, (10) entwurzelt mich ringsum, daß ich davon muß, entreißt mir die Hoffnung wie einem 11 Baume. (11) Sein Zorn entbrennt über mich, seinen 12 Feinden stellt er mich gleich. (12) Seine Scharen kommen zuhauf und schütten Dämme gegen mich auf, belagern mein Zelt. Sie sollen doch endlich erkennen, dalJ Gott ihn der Vergewaltigung; p r e i s g i b t , ihm seine E h r e genommen und ihn hoffnungslosem Verderben Uberläßt.
Ä 67 13 (13) Meine Brüder entfernte er mir, meine 14 Freunde sind mir entfremdet. (14) E s lassen meine Verwandten von mir, vergessen haben mich meine 15 Bekannten. (15) Meine Hausgenossen und Mägde sehen als Fremden mich an, ein Unbekannter ward 16 ich für sie. (16) Ich rufe den Knecht, er antwortet nicht, mit flehendem Munde muß ich ihn bitten17 (17) Meinem Weib ist mein Atem zuwider, meiner 18 Mutter Söhnen mein übler Geruch. (18) Die Kleinen verachten mich gar, und stehe ich auf, so spotten 19 sie mein. (19) Meine Busenfreunde wenden sich ab 3*
1!», 20-29.
3ö
und wider mich kehren sich, die ich geliebt. 20 (20) Es hängt mein Gebein in der H a u t 1 8 1 und nur mein Zahnfleisch rette ich noch 1 8 \ Sein Leiden hat ihn zum Fremdling gemacht unter seinen Genossen.
A 68 21 (21) Erbarmet euch, Freunde, erbarmet euch 22 mein! Denn Gottes Hand rührt mich an. (22) "Weswegen verfolgt ihr wie Gott mich, freßt unersättlich mein Fleisch? Möchten doch seine Freunde sich seiner erbarmen ihn nicht wie Ciott vergewaltigen.
und
A 69 23 (23) O würde mein Wort doch geschrieben, in 24 einem Buche verewigt 18S , (24) mit eisernem Griffel und, eingegossen mit B l e i 1 8 4 , dem Felsen eingemeißelt für ewig! E r miilite wünschen, «tali seine Gedächtnis aufgeschrieben würde.
Anklage
zu
ewigem
A 70 (25) Jedoch ich weiß, daß mein Erlöser 1 8 5 lebt 1 * 8 . Als letzter 1 8 7 wird er dastehn auf der 26 E r d e 1 8 8 (26) Und wenn dies alles 1 8 9 meine Haut zerreißt, in meinem Fleische 1 0 0 schau ich Gott noch. 27 (27) Ich schau ihn selbst 1 9 1 mit meinen Augen, den Ausgestoßene 1 0 2 nicht sehen. Ach meine Seele schmachtet mir im Busen. 25
Indessen weilJ er, daß der, der ihn vertritt, lebt, und dalJ er ihn schauen werde, es gehe, wie es gehe.
A 71 (28) Doch wenn ihr denkt, wie ihr mich 1 9 8 fassen werdet und sehn, daß Grund und Ursach 29liegt bei mir, (29) o fürchtet euch vor'm Schwert! Auf solche 1 9 4 Sünden steht das Schwert. Darum erkennt, es gibt noch ein G e r i c h t 1 9 8 ! 28
Darum sollen seine Freunde sich scheuen, ihm Unrecht zu tun.
20,
1-17.
37
A 72 1 (1) Da antwortete Z o f a r ' der Naematiter und 2 sprach: (2) Darum formt sich mein Denken zur 3 Anwort 1 0 B und deshalb arbeitets in mir 1 9 7 . (3) Ich höre verletzende Rüge und meiner Einsicht 1 6 8 wird Wind als Antwort zuteil. Z. will reden, da er sieb durch Hiobs Reden v e r l e t z t fiililt.
A 73 4 (4) "Weißt du auch wohl, daß schon immer 19I> , 5 seit Menschen auf Erden gewesen 2 0 0 , (5) der Bösen Gejubel nie lange gedauert, des Ruchlosen Freude 6 nur kurz war? (0) Sein Dünkel erhebt sich zum Himmel empor. Sein Haupt berührt gar die Wolken. 7 (7) Da schwindet er hin wie sein eigener Unrat für immer. Und die ihn gesehen, sprechen: wo ist er? 8 ( 8 ) Wie der Traum dahinfliegt, so ist er entschwunden 2 0 1 , verscheucht wie ein nächtlich Gesicht. 9 (9) Das Auge erblickt ihn nicht mehr, das ihn doch so deutlich gesehen 202 . Und seine Stätte kennt ihn 10 nicht mehr. (10) Seine Söhne tilgen die Schulden 11 an Arme 2 0 3 , erstatten zurück seine Habe. (11) Sein Gebein von Jugendkraft voll, ist mit ihm in die Erde gebettet. Auel) er muß dabei bleiben, d;i(i das (Hi'iok der Gottlosen k e i n e n B e s t a n d bat.
A 74 12 (12) Schmeckt süß ihm im Munde das Böse 13 und birgt er es unter der Zunge, (13) möcht sorgsam es länger bewahren und hält es zurück in dem 14 Gaumen, (14) so wird seine Speise im Bauch ihm verwandelt, und Otterngalle wird's ihm im Innern. 15 (15) E r schlang ein Vermögen und speit's wieder aus. Gott treibt's aus dem Leibe ihm aus. 16(16) Otteragift saugt er, ihn tötet die Zunge der 17 Viper. (17) E r darf nicht genießen die Bäche, die
•20, 18-21, 0.
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18 fließen von Honig und Milch *04. (18) Zurückgeben muß er, was er erwarb und kann's nicht verschlingen, er wechselt es um wie Tauschgut 205 , des er nicht 19 froh wird. (19) Denn Arme hat er bedrückt und sie im Stiche gelassen, riß Häuser an sich, die er 20 nicht gebaut hat 2 0 6 . (20) Keine Ruhe kannt er im Innern, darum rettet er nicht 207 , was köstlich ihm 21 ist. (21) Nichts ist seinem Pressen entronnen, drum 22 hat sein Gut nicht Bestand 2 0 S . (22) Mitten im Überfluß wird es ihm bang. Des Elends 2 0 * All23 gewalt überkommt ihn (23) 210 . (24) Er flieht vor dem eisernen Panzer. 24 25 Der eherne Bogen durchbohrt ihn. (25) Er zieht den Pfeil aus dem Rücken. In der Galle steckte 26 die Spitze 2 1 1 . Schrecken bedeckt ihn. (26) Finsternis nur ist seinen Schätzen bestimmt, Feuer verzehrt sie, das niemand entzündet, verschlingt, was im Zelte 27noch übrig 2 1 2 . (27) Seine Schuld offenbaren die 28 Himmel, es steht die Erde gegen ihn auf. (28) Der Ertrag seines Hauses wandert dahin, zeronnen am 29 Tag des Zornes. (29) Das ist das Schicksal 2 , 3 des Bösen und das ist's, was Gott ihm bestimmt hat. Er malt (las aus u. a. unter dem Bilde eines Feinschmeckers, dem der Genuß der Speisen iibel bekommt.
A 75 21,1/2 (1) Da antwortete Hiob und sprach: (2) O höret zu meiner Rede, das ihr daran 2 1 4 Trost habt. 3 (3) Laßt mich einmal sprechen und wenn ich ge4 redet, dann mögest du spotten. (4) Bin ich denn einer, der Menschen anklagt? Warum verlier ich 5 nicht die Geduld? (5) Wendet euch zu mir, entsetzt euch, und legt die Hand auf den Mund. 6 (6) Wenn ich des gedenke, bin ich erschrocken und Beben erfaßt mich. ein
H. fordert ironisch auf, auch mal von ihm (vgl. 16, 4f.) Trostwort anzunehmen (2 u. 3). Er klagt j a nicht
21. 7-21.
39
Menschen an, sondern Gott, und hat Entsetzen erregendes zu sagen (4—6).
A 76 7 (7) Warum denn leben die Bösen ? Sie werden 8 alt, ja mehren ihr Gut. (8) Ihre Nachkommen leben mit ihnen zusammen 215 . Sie sehen um sich, die 9 ihnen entsprossen. (9) In ihren Häusern ist Wohlfahrt und keinerlei Sorge 2 1 8 und Gottes Rute ver10 schont sie. (10) Es zeugt ihr Stier ohne Fehlschlag, 11 es kalbt ihre Kuh ohne Unfall. (IL) Sie selbst lassen aus ihre Buben wie Lämmer, ihre Kleinen hüpfen umher. 12(12) Sie singen zur Pauke und Zither. Es ergötzt 13 sie das Spiel der Schalmei. (13) Sie verbringen die Tage im Glück und steigen im Frieden zum Hades 14hinab (14) und sprachen zu Gott doch: Weiche von uns, deiner Wege Erkenntnis begehren wir nicht! 15(15) Was ist der Allmächtige, daß wir ihm dienen? 16 Was nützt es uns, ob wir ihn angehn! (16) Ihr Glück freilich haben sie nicht in der Hand. Der 17 Gottlosen Rat sei ferne von mir! (17) Wie oft verlischt der Gottlosen Leuchte. Ihr Verderben er18 eilt sie. Er gibt ihnen im Zorne ihr Teil. (18) Sie sind wie Häcksel vorm Winde, wie Spreu vom 19 Sturmwind entführt. (19) Seinen Söhnen aber spart Gott auf, was jener gefrevelt. Ihm s e l b e r mög' 20 er's vergelten, damit e r es fühle. (20) Er sehe mit e i g e n e n Augen das Unglück und trinke den Zorn 21 des Allmächtigen. (21) Was liegt ihm daran, wie es n a c h ihm geht seinem Hause, wenn die Zahl seiner Monde zu Ende. Kommt es doch vor, daß offenbare Gottesverächter herrlich nnd in Freuden leben und in Frieden sterben (7—16). H. will deswegen nicht die sittliche Weltordnung leugnen (16), da ja die Bösen oft genug von der Strafe ereilt werden. Aber wenn sie, wie es oft geschieht, erst die Kinder trifft, so muH man doch fragen, weswegen der Gottlose selbst sie nicht zu fühlen bekommt (17—21).
21. 22—34.
40
A 77 22 (22) Wer will Gott lehren, der richtet in himm23lischen H ö h e n 2 1 ' ? (23) Es stirbt der eine mitten im Glück, ist wohlgemut 218 , fühlt sich ganz sicher. 24(24) Seine Tröge sind voll von Milch, vom Mark 2 1 9 25 wird er satt. (25) Es stirbt ein anderer mit traurigem 26 Herzen und hat nichts Gutes genossen. (26) Sie ruhen im Staube zusammen, es bedeckt sie Gewürm. Warum hat denn der eine Glück, der andere nur Leid ?
A 78 27 (27) Ich verstehe eure Gedanken, die Bänke, 28 die ihr gegen mich schmiedet. (28) Ihr denkt, wo ist nun das Haus des Fürsten geblieben, wo ist nun das Zelt, da die Gottlosen wohnen? H. findet, daß nur sein Unglück den Freunden Anlaß gibt, ihn für einen Gottlosen zu halten.
A 79 (29) Seht doch auf die, die den Lauf des Lebens vollendet, ihr werdet wohl merken, worauf es hinaus30 g e h t ( 3 0 ) Am Tag des Verderbens werden die 31 Bösen geschont, am Zornestage bewahrt 221 . (31) Wer kann jemand ins Angesicht sagen, wie sein Wandel 2 2 2 gewesen, und was einer tut, wer wird's ihm vergelten? 32 (32) Er wird zur Grabstatt getragen, man ist auf 33 ein Grabmal 22 * bedacht"*. (33) Sanft liegen auf ihm die Schollen des Tales. Eine Welt 225 zieht ihm nach und zahllose schreiten voran 22°.
29
Aber sind dagegen alle, die glücklich lebten und friedlich starben, wirklich fromm gewesen ? Kann man also aus dem Schicksal, das jemand trifft, mit Bestimmtheit auf die sittliche Beschaffenheit des Betroffenen schließen?
A 80 34 (34) Was tröstet ihr mich so vergeblich! Nur Falschheit ist übrig geblieben von dem, was ihr mir geantwortet habt.
22, 1—13.
41
Es ist also klar, daß die Trostreden der Freunde wertlos sind, da min erwiesen ist, daß sie bei der Beurteilung seines Unglücks von der perfiden aber unbeweisbaren Grundvoraussetzung ausgehen, er sei ein Bösewicht.
(Dritter
Gesprächsgang.)
A 81 22, 1 (1) Da antwortete Elifas der Temaniter und 2 sprach: (2) H a t Gott denn Nutzen vom Menschen? N e i n 2 2 7 sich selbst nützt, wer klüglich gehandelt. 3 ( 3 ) W a s liegt dem Allmächtigen daran 228 , daß du gerecht bist ? H a t er davon Nutzen, daß deine "Wege unsträflich? Elifas erwidert, es sei Gott gleichgültig, ob ein Mensch gerecht sei oder nicht, der Mensch nütze sich selbst durch seine Gerechtigkeit.
4
A 82 (4) Tadelt er dich deiner Gottesfurcht wegen 229
5 und zieht dich vor das Gericht? (5) Deine Bosheit 6 ist groß, deine Sünden sind zahllos, (ü) Deine Brüder hast du ohn' Ursach' verpfändet. Halb nackte zogest 7 du aus.
(7) Dürstenden hast du kein Wasser ge-
8 geben, versagtest den Hungrigen Brot. (8) Dem Mann der Gewalt fiel das Land zu. Der Angesehne 9 mußte drauf wohnen. (9) Witwen schicktest du leer 10 fort. Der Waisen A r m e wurden zerschlagen. (10) Deshalb umgeben dich Schlingen, überfällt dich 11 plötzlicher Schrecken. (11) Oder siehst du die Finsternis nicht, den Wasserschwall, der dich bedeckt? Hiob leidet doch nicht seiner Gottesfurcht wegen. Seine •Sünden sind handgreiflich (4—9), und dafür ist sein Unglück die Strafe (10—11).
A 83 12 (12) Ganz oben im Himmel ist Gott, sieh doch, 13wie hoch sind die obersten Sterne! (13) Da hast du gedacht, Gott
merkt
nichts.
Wird
durch die
42
22. 14
23, 2.
14 Wolken er richten? (14) Eine Hülle sind ihm die Wolken, er sieht nichts, auf dem Himmelsbogen nur 15 wandelnd. (15) Willst du den Pfad einschlagen, den 16 alten, den Frevler betraten, (16) die erfaßt wurden zur Unzeit, deren Grundmauer zerfloß wie ein Strom, 17 (17) die da sprachen zu Gott: O bleibe uns fern, 18 was tut der Allmächtige uns, (18) wo er ihre Häuser doch füllte mit Gut? Der Gottlosen Rat sei ferne 19 von mir! (19) Das sehn die Gerechten voll Freude. 20 Der Unschuldige lacht über sie: (20) Fürwahr unser Feind ist vernichtet; was er übrig ließ, verzehret das Feuer. Hiob ist ein Beispiel für den Untergang der gewalttätigen Reichen, die sich in ihrem Glück vor Gott sicher fühlen. Das stimmt mit der sittlichen AVeltordnung.
A 84 21 (21) O suche Gemeinschaft und Friede 2 3 0 mit 22 ihm, das bringt dir guten Gewinn. (22) Aus seinem Munde nimm Weisung, seine Worte schließe ins 23 Herz. (23) Dem Allmächtigen kehre dich zu, dann wirst du gedeihen. Deinem Zelte laß fern sein den 24 Frevel (24) und wirf in den Staub das Gold, zu den 25 Steinen 2 3 1 des Tales das Ofir. (25) Dann wird der Allmächtige Gold- und Silberbarren für dich sein. 2 6 ( 2 6 ) Denn dann ist er deine Wonne. Zu ihm er27 hebst du dein Antlitz. (27) Du flehst ihn an, er erhört dich, du kannst deine Gelübde bezahlen. 28(28) Was du beschließt, das gelingt dir, und Licht 29 bestrahlt deine Wege. (29) Und gehn sie hinab, so sprichst du „Hinauf 1" und Niedergeschlagenen hilft 30 er. (30) E r rettet auch den, der nicht schuldlos. Durch deiner Hände Reinheit wird er gerettet 2 3 2 Würde Hiob aber sieh wieder an Gott wenden, dann würde alles wieder gut, ja er würde dann noch Schuldige mitretten.
A 85 23,1/2 (1) Da antwortete Hiob und sprach: (2) Toll
23, 3 - 2 4 ,
1.
43
Unwillen ist meine Klage auch heute. Seine 233 3 Hand drückt zu schwer auf mein Seufzen. (3) Ü daß ich wüßte, wo ich ihn fände, gelangte vor seinen Stuhl! 4 (4) Zur Verhandlung würde ich rüsten 234 und vor5 bringen genug der Beweise. (5) Möchte wohl wissen die Worte, die er zur Antwort mir gibt, erfahren, 6 was er mir sagt. (6) Wird er mit voller Stärke gegen mich kämpfen? 0 nein! Er wird auf mich 7 achten. (7) Ein Aufrichtiger rechtet mit ihm dann. Meinem Richter entkäme ich ruhmvoll , 3 S ! Hiob bleibt u n w i l l i g (2) und meint, wenn er nur Gottes Kicliterstulil f.inile. dann würde seine Unschuld offenbar werden Ci -7).
A 86
8 (8) Doch geh' ich nach vorn, so ist er nicht da, 9 nach rückwärts, ich nehm7 ihn nicht wahr. (9) Wirkt er zur Linken, ich schaue ihn nicht, und biegt er 10 nach rechts um, ich sehe ihn nicht. (10) Denn er weiß den Weg, den ich will 2 8 e . Doch würd' er mich 11 prüfen, ich ginge hervor wie das Gold. (11) Seinen Fußtapfen bin ich gefolgt. Seinen Weg hieit ich 12inne, obne zu weichen. (12) Vom Befehl seiner Lippen wich ich nicht ab. Seines Mundes Worte 13 stellte ich über den eigenen Willen. (13) Doch er bleibt sich gleich. Und wer will ihn ändern! Was 14 ihn gelüstet, das tut er. (14) Fürwahr, mein Recht gibt er preis und solcherlei hat er vieles im Sinn. 15 (15) Darum erschreckt mich sein Antlitz. Ich werde 16 des inne, es bangt mir vor ihm. (16) Gott macht 17 mich verzagt. Der Allmächtige schreckt mich. (17) Doch von dem Unglück 2 , 7 schweige ich nicht, noch von mir selbst, den Dunkel bedeckt 83 ". Docli er sucht Gott vergeblich. .Seine Unschuld kommt bei der ihm angetanen V e r g e w a l t i g u n g nicht an den Tag.
A 87
24, 1
(1) Warum setzt Gott keine Zeit fest, daß die, die ihn kennen, Gerichtstage sehen 2 3 9 ?
44
24, 2-10. (2) Grenzen verrückt man, Herden raubt man 2 3 und weidet sie dann. (3) Den Esel der Waisen ent4 führt man, verpfändet das Rind einer Witwe. (4) Arme drängt man vom Wege- Die Geringen im Lande verstecken sicli alle. (5) Da gehen sie aus in die Trift, wie Wildesel 5 tun 2 4 0 . Ihre Arbeit ist Ausgehn auf R a u b 2 4 1 . Ihre 6 Kinder soll die Wüste ernähren. (6) Auf dem Felde schneiden sie Futter für sich. Des Gottlosen 2 4 2 Wein7 berg suchen sie ab. (7) Sie nächtigen nackt, obne 8 Kleider und Decke im Kalten. (8) Vom Regen der Berge werden sie naß, ein Unterschlupf fehlt, sie 9nehmen vorlieb 2 4 ' mit dem Felsen. (9) Von der Brust weg reißen sie Waisen und verpfänden die 10 Armen 2 4 4 , (10) entbehren der Kleider, gehen nackend 11 umher und hungrig tragen sie Garben hinweg. (11) Auf Terrassen pressen sie Ol, sie treten die Kelter 12 und dürsten 24B . (12) In 2 4 8 der Stadt ächzen Männer, tödlich Getroffene rufen um Hilfe, Gott aber achtet 13nicht solcher Verkehrtheit 2 4 7 . (13) Solche sind zu Feinden des Lichtes geworden. Seine Wege kennen sie nicht. Auf seinen Pfaden blieben sie nicht. 14 (14) Beim Zwielicht erhebt sich der Mörder. E r tötet Geringe und Arme. Zur Nacht wird er 15 Dieb. (15) Nach der Dämmerung späht, wer den Ehebruch will. E r denkt, kein Auge soll mich ent16 decken und legt einen Schleier vor das Gesicht. (16) Im Düstern brechen sie ein in die Häuser. Am Tage verschließen sie sich und kennen das Licht 17 nicht. (17) Denn wie ein Morgen muß ihnen Finsternis gelten 2 4 8 . Sie sind vertraut mit dem Grauen des nächtlichen Dunkels. 18 (18) Flugs geht's über das Wasser hinweg. Ihr Ackerland gilt als verflucht. Den Weg zum Wein19 berg gehen sie nicht mehr. (19) Wie Dürre und Wärme entführt die Wasser des Schnees, so gehen
24, 2 0 - 26, 2.
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20 zum Hadea, welche gesündigt. (20) Der Leib der Mutter vergißt ihn. Die Würmer laben sich an ihm, und seiner wird nimmer gedacht. Wie ein 21 Baum wird die Bosheit zerbrochen. (21) Die Kinderlose nutzte er aus, der Witwe war er nicht gut. 22 (22) Doch E r verlieh den Starken die Kraft, und aufstehen darf, wer nicht mehr glaubte zu leben. 23 (23) E r macht ihn sicher und läßt ihn erstarken. 24 Und seine Augen ruhen auf ihren Wegen. (24) Hoch stehen sie wohl, doch plötzlich sind sie nicht mehr. Sie sinken dahin, wie alles sterben sie ab, wie die 25 Spitzen der Ähren welken sie hin. (25) Wenn's nicht etwa so ist, wer straft mich wohl Lügen, erweist meine Rede als nichtig? H. begreift nicht, warum Gott nicht richterlich eingreift (1). Schlechtes Volk darf die Gegend unsicher machen ('2—4). YViistenbewohner überfallen das Kulturland und rauben sinnund zwecklos (5—13). Lichtscheues Gesindel mordet, stiehlt, treibt Ehebruch (14—17), verschwindet und stirbt eines ganz natürlichen Todes (18—21). Dabei' ist's Gott, der sie selbst in Todesgefahr am Leben erhält, bis sie auf natürliche Art vergehen (22—25). Wo ist bei diesem naturhaften Verlauf etwas von richterlichem Eingreifen zu sehen (1)?
A 88 25, 1 (1) Da antwortete Bildad der Schuchiter und 2 sprach: (2) Macht und Schrecken umgibt ihn. Seine 3 Höhen erfüllt er mit Frieden. (3) W e r zählt seine Scharen, und wen bestrahlt nicht sein Licht 2 4 9 ? 4 (4) Wie sollte ein Mensch da recht behalten vor 5 Gott, ein Weibgeborener rein sein ? (5) Sieh', selbst der Mond ist kein Licht, vor ihm ist die Klarheit 6 der Sterne nicht rein, (6) geschweige der Mensch, das Gewürm, der Sohn des Menschen, der nur ein Wurm! B. schließt die Reden der Freunde mit einem pathetischen Hinweis auf den Vater alles Lichta, vor dem kein Mensch gerecht ist.
A 89 26,1/2 (1) Da antwortete Hiob und sprach: (2) Wie
2(i, ;>
27, (I.
hast du dem Schwachen geholfen, gestützt den kraft3 losen Arm! (3) Wie hast du den, dem Weisheit fehlte, beraten und brachtest Klugheit gewaltig viel 4 vor! (4) Wem trugst du vor eine Rede, und wessen Geist sprach aus dir? (5) Die Schatten erzittern drunten unter dem 5 6 Wasser mit seinen Bewohnern. (6) Nackt liegt der Hades vor ihm und ohne Decke der Toten Bereich. 7 (7) E r breitet den Norden aus über dem Leeren, 8 hängt auf die Erde über dem Nichts. (8) In Wolkendickicht ballt er Wasser zusammen, doch unter der 9 Last 2 6 0 zerreißt nicht die Wolke. (9) Zu seinem Thron verwehrt er den Zugang, seine Wolke breitet 10 er über ihm aus. (10) Über des Wassers Fläche zieht er den Grenzkreis bis da, wo Licht bei der 11 Finsternis endet. (11) Die Säulen des Himmels er12 zittern, sein Schelten läßt sie erbeben. (12) Seine Kraft regt das Meer auf, den Eahab zerschlägt seine 13 Weisheit. (13) Seine Winde klären den Himmel, seine 14 Hand durchbohrt die flüchtige Schlange. (14) Das ist seiner Wege Lauf und Z i e l 2 6 1 , wovon wir nur ein Flüstern 2 5 2 vernehmen. W e r wird seiner Stärke Donner aber begreifen? H. verspottet die Rede Bildads ( 2 — 4 ) und überbietet sie durch eine viel kräftigere Schilderung der Herrlichkeit Gottes, wie sie sich in der Schöpfung offenbart (5—14).
A 90 27, 1 (1) Und Hiob fuhr fort, seinen Spruch zu tun, 2 und sagte: (2) So wahr Gott lebt, der mein Recht hat vernichtet, und der Allmächtige, der mich ver3 bittert, (3) so lang ich noch voll bei Bewußtsein und 4 Gottes Hauch mich beseelt, (4) soll Falschheit die Lippe nicht reden und meine Zunge nicht Trug, 5 wenn ich spreche 2 8 3 : (5)Euch recht zu geben, sei ferne von mir bis hin zum Verscheiden. Meine Unschuld 6 werd' ich behaupten, (6) mein Recht halt' ich fest
27, 7—21.
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und lasse es nicht. Mein Herz verwirft meiner Tage 7 nicht einen. (7) Als Gottloser gelte, wer mich befeindet, als Bube, wer da wider mich ist. Er versichert, sich uie und nimmer seine Unschuld von seinen Freunden streitig machen zu lassen.
A 91 (8) Denn was ist des Ruchlosen Hoffnung, wenn er am Ende und Gott seine Seele hin wegnimmt? 9 (9) Hört Gott denn sein Schreien, wenn Not über 10ihn kommt? (10) Hat er am Allmächtigen Freude und ruft Gott an immerfort? 8
Er macht seine Freunde darauf aufmerksam, wie wenig er in seinem Leiden einem Frevler ähnlich sieht.
A 92 11 (11) Gottes Weise will ich euch lehren, was er 12 im Sinne hat, will ich nicht leugnen. (12) Ihr habt es doch selber geschaut. Warum denn habt ihr so eitle Gedanken? Deshalb braucht er nicht die sittliche Weltordnung zu leugnen und, daß der Frevler ein schreckliches Ende nimmt.
A 93 (13) Dies ist deren Teil, die im Unrecht vor Gott sind 254 , das gibt der Allmächtige denen, die 14 Gewalttat verüben. (14) Es mehren sich seine Kinder, doch nur für das Schwert, und Hunger leiden, die 15 ihnen entsprossen. (15) Und die noch entronnen, rafft Seuche ins Grab. Ihre Witwen beweinen sie 16 nicht. (16) Er häuft das Silber wie Staub und 17 schichtet Kleider auf wie den Lehm. (17) Allein 266 der Gerechte zieht sie sich an und Schuldlose teilen 18 das Silber. (18) Er baute sein Haus wie die Motte, 19 wie ein Wächter macht seine Hütte. (19) Als Reicher 20 legt er sich hin, zum letzten Male jedoch 2S8 . (20) Wie Gewässer überfallen ihn Schrecken. Über Nacht ent21 führt ihn der Sturm. (21) Ostwinde tragen ihn fort 13
27, 2 2 - 28, 1-1.
22 und fegen vom Platz ihn hinweg. (22) E r bewirft ihn, ohne zu schonen, vor seiner Gewalt muß er 23 fliehen. (23) Man schlägt die Hände zusammen darob 2 5 7 und pfeift entsetzt über ihn, wo sein Ort war 2 5 S . D a r a u f schildert er den U n t e r g a n g eines Menschen, der bei G o t t im Unrecht ist. [Offenbar, um die B e s c h u l d i g u n g des E l i f a s (22, 1 2 ff.) abzuweisen, er leugne, wie die Gottlosen es tun, die sittliche W e l t o r d n u n g (vgl. 21, 16 u. 22, 18).]
(Schlußreden Hiöbs.) A 94 28, 1 (1) Das Silber - 5 8 hat einen Fundort, das Gold, 2 das man läutert, hat eine Stätte. (2) Aus der Erde wird Eisen gewonnen, und der Stein wird umein Ziel, und bis zum tiefsten "Winkel durchforscht 4 man die Steine des nächtlichen Dunkels. (4) Man gräbt den Schacht da, wo niemand mehr wohnt. Wo der Fuß keinen Platz hat 2 0 0 , hängt und schwebt 5 man fern von den Menschen. (5) Aus der Erde heraus wächst das Brotkorn, doch unter ihr wird 6 wie mit F e u e r 2 6 1 gewühlt. (6) Dort bei den Steinen 7 ist Safir 2 0 2 , und Goldstaub findet man da 2 0 3 . (7) Der Geier kennt diesen Pfad nicht, das Auge des Habichts 8 erspähte ihn nie. (8) Kein stolzes Tier betrat ihn, 9 und Löwen durchschritten ihn nicht. (9) Man streckt seine Hand nach dem harten Gestein, durchwühlt 10 die Tiefen der Berge. (10) Man schlägt in die Felsen 11 Kanäle. Alles Kostbare schaut nun das Auge. (11) Die Rinnen verstopft man, damit sie nicht tropfen. Verborgenes bringt man ans Licht. 12 (12) Doch wo wird die Weisheit gefunden? Der 13 Ort des Verstandes, wo ist er? (13) Kein Mensch kann der Weisheit Wert schätzen. Sie ist im Land 14 der Lebendigen nicht. (14) Die Wassertiefe spricht, ich habe sie nicht. Bei mir ist sie nicht, spricht das
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28, 1 5 - 2 9 , 4.
15 Meer. (15) Für echtes Gold erlangt man sie nicht. 16 Man kauft sie nicht für aufgewogenes Silber. (16) Man wiegt sie nicht ab gegen Feingold aus Ofir, gegen 17 kostbaren Schoham und Safir. (17) Kein Gold und Glas kommt ihr gleich 2U1 . Man tauscht sie nicht ein 18 für güldne Gefäße. (18) Von Kristall und Korallen ist gänzlich zu schweigen. Der Weisheit Erwerb steht 19 höher als Perlen. (19) Topas von Kusch kommt ihr ja nicht gleich - ei , man wiegt sie nicht ab für lauteres 20 Feingold. (20) Woher kommt denn die Weisheit? Der Ort des Verstandes, wo ist er? 21 (21) Vor der Lebenden Augen ist sie verhüllt, 22 vor den Vögeln cles Himmels verborgen. (22) Es sprechen der Tod und der Hades, unsere Ohren 23 hörten von ihr. (23) Nur Gott weiß die Wege zu 24 ihr, nur er allein ihren Ort. (24) Denn er sieht hindurch zu den Enden der Erde, überschaut, was 25 unter dem Himmel. (25) Als 2 0 5 er dem Winde 26 Gewicht gab, den Wassern ein Maß, (26) als er dem Regen die Grenze, den Gewittern den Weg 27 wies, (27) da schaute er sie und machte sie offen28 bar, er setzte sie fest und ergründete sie, (28) und sprach zu den Menschen: „Den Herrn fürchten ist Weisheit und Weichen vom Bösen Verstand." Menschliche Kunst und Wissenschaft kann Gold und Kostbarkeiten in der Erde entdecken (1—11). Aber die viel kostbarere Weisheit entdeckt niemand darin (12—20). Nur der allsehende Schöpfer kennt sie, da er durch sie die Welt schuf. Und nur wer diesen fürchtet und das Böse meidet, hat sie.
A 95 29, 1 (I) Und Hiob fuhr fort in seinen Sprüchen und 2 sagte: (2) O daß ich noch hätte die Monde wie einst, 3 da Gott mich bewahrte, (3) da seine Leuchte über dem Haupte mir schien und sein Licht durchs 4 Dunkel mich führte, (4) als meiner Herbstzeit 2118 Tage noch waren und Gottes Freundschaft mein Thilo, Das Bach Hiob.
4
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29, 5-25. 5 Zelt überschwebte, (5) da der Allmächtige mit mir 6 und rings um mich her meine Knaben, (6) da ich netzte die Füße in Sahne und der Fels mir Ströme des Öls gab. 7 (7) Wenn ich hinausging zur Stadt durch das 8 T o r , mich niederließ auf dem Vorplatz 2 6 ', (8) versteckten die Knaben sich, so sie mich sahen, und 9 Greise erhoben sich, standen. (9) Fürsten hielten inne mit Reden und legten die Hand auf den Mund. 10 (10) Häuptlinge wurden kleinlaut, am Gaumen hing 11 ihre Zunge. (11) Denn selig pries, wer mich hörte; 12 und wer mich gesehen, der zeugte von mir. (12) Ich befreite ja Arme, welche um Hilfe gerufen und 13 Waisen, die ohne Helfer gewesen. (13) Segen Verlorener kam über mich, das Herz der Witwen er14 füllt ich mit Jubel. (14) Ich zog Gerechtigkeit a n 2 8 8 . Mein Recht bekleidete mich wie Obergewand und 15 wie Turban. (15) Augen war ich dem Blinden und 16 Füße dem Lahmen, (16) ein Vater den Armen. Den Rechtsstreit, den ich nicht kannte, mußt ich durch17 forschen. (17) Darauf zerbrach ich des Schurken Gebiß. Seinen Zähnen entriß ich den Raub. 18 (18) Im Neste gedacht ich zu sterben, wie ein 19 Phönix die Tage zu mehren. (19) Meine Wurzeln waren dem Wasser geöffnet, dem Tau die Zweige 20 zur Nacht (20) Die Ehre verjüngte sich allzeit bei mir, 60 wie in der Hand mir der Bogen. 21 (21) Sie hörten auf mich und warteten mein, 22 meinen Rat vernahmen sie schweigend. (22) Wenn ich geredet, so sagten sie nichts, und über sie ging 23 meine Rede hernieder. (23) Sie hofften auf mich, wie auf Regen, und lechzten nach mir, wie nach 24 Tropfen im Frühling. (24) Vertrauten sie nicht, ich lacht ihnen zu, sie konnten mein Antlitz nicht trüben. 25 (25) Ich machte die Wege zu ihnen mit Freuden. Ich saß an der Spitze und ließ in der Schar wie
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50, 1—15.
ein König mich nieder, wie einer, der tröstet, die traurig gewesen. 30, 1 (1) Doch nun spotten mein, die jünger denn ich, deren Väter mir wären zu schlecht noch gewesen, 2 meinen Herdenhunden sie beizugesellen. (2) W a s soll mir die Kraft ihrer Hände! Die Jugendkraft schwand ihnen hin 2 6 9 ! Nach dieser Zwischenrede f ä h r t H. w e i t e r fort (1) und b e k l a g t den V e r l u s t seines einstigen Glücks u n d Ansehens (2—25), w ä h r e n d er j e t z t zum Spott M i n d e r w e r t i g e r geworden ist (30, 1), und die eigenen Freunde ihm nicht mehr helfen können (2).
A 96 (3) Da sind von Mangel und Hunger Erschöpfte, die das Ödland benagen, das lange 27u schon wüste 4 und leer. (4) Sie rupfen Melde unterm Gesträuch 5 und Ginsterwurzeln sind ihre Speise. (5) Man treibt sie heraus aus der Menschen Gesellschaft. Man schreit über sie, wie man schreit über 2 7 1 Diebe, 6 (6) daß sie wohnen in grausigen Schluchten, in Höhlen 7 der Erde und Felsen. (7) Sie gröhlen zwischen den Sträuchern und sammeln sich unter Dornengestrüpp, 8 (8) als gottvergessenes Gesindel 2 , 2 gepeitscht aus dem Lande. 9 (9) J a deren Spottlied bin ich jetzt worden. 10 Zum Gerede ward ich für sie. (10) Sie verabscheuen mich und rücken mir fern. Ins Angesicht 11 speien sie mir. (11) Denn maßlos martert er mich 2 ' 3 . So lassen auch sie ihre Zügel gegen mich schießen 2 7 '. 12(12) Zur Rechten erhebt sich die Brut und jagt mich hinweg. Feindliche Dämme schüttet man gegen 13mich auf 2 7 6 . (13) Meine Wege reißen sie gegen mich auf. Die selbst keinen Helfer mehr haben, 14helfen zu meinem Verderben. (14) W i e durch 2 7 8 einen weiten Riß kommen sie gegen mich an. Ver15 wüstend wälzen sie sich herbei. (15) Es stürzen Schrecken über mich her, meine Hoheit verjagend 277 3
4*
iX), 1 6 - 3 0 .
gleich einem Winde. die Wolke.
Mein Heil fliegt dahin wie
Selbst aus «1er menschlichen Gesellschaft vertriebenes Gesindel verspottet ihn und füllt über ihn her, da Gott ihn v e r g e w a l t i g t und zur Hoffnungslosigkeit verdammt.
A 97 16 (16) Und nun zerfließt meine Seele. Mich er17 fassen die Tage der Not. (17) Die Nacht durchbohrt mein Gebein und trennt's von mir ab und 18unaufhörlich nagen die Schmerzen' 79 . (18) Mit großer Gewalt wird straff mein Gewand 2T9 , um19 schnürt wie der Halssaum mich ganz 280 . (19) Er wirft mich zum Kot. Ich bin wie Staub und wie 20 Asche geworden. (20) Ich rufe um Hilfe, du aber antwortest nicht. Ich erheb mich, da merkst du 21 auf mich, (21) verwandelst dich mir zum Tyrannen. 22 Mit aller Gewalt befehdest du mich. (22) Du hebst mich auf und läßt mit dem Winde mich fahren, 23 im Sturmgebraus 281 mich vergehen. (23) Ich weiß, du bringst mich zum Tode, ins Haus der Versammlung aller, die lebten. So ist sein Leid denn groß, da Hott ihn und ihn zum Hades herabfahren läßt.
vergewaltigt,
A 98 (24) Doch streckt jemand nicht beim Sturz noch die Hand aus und schreit nicht um Hilfe 8 8 2 beim 25Unglück? (25) Beweinte ich nicht vom Schicksal Gedrückte und fühlte ich nicht mit 2 8 8 den Armen? 26 (26) Ich hoffte auf Gutes, es kam aber Böses. Ich hab gewartet auf Licht, es kam aber Dunkel. 27 (27) Mein Inneres siedet und wird nicht mehr stille, 28 und über mich kamen die Tage der Not. (28) Geschwärzt, aber nicht von den Strahlen der Sonne, geh ich einher, erheb mich und schreie um Hilfe 29 in der Gemeinde. (29) Schakalen ward ich zum 30 Bruder, zum Genossen der Strauße. (30) Meine
24
r,0. 3t- 31. lfi.
53
Haut wird schwarz und fällt von mir ab, es glüht 31 mein Gebein in der Dürre. (31) Und Trauer ward meine Harfe und Weinen meine Schalmei. Und losigkeit!
wie
sollte
er n i c h t
klagen
über seine
Hoffnungs-
A 99 31, 1 (1) Mit meinen Augen schloß ich ein Bündnis. 2 Wie hätt ich nachgeblickt einer Jungfrau! (2) Was würde Gott droben mir geben, der Allmächtige aus 3 der Höhe über mich bringen! (3) Verderben nur ist dem Buben bestimmt, und Unglück denen, die 4 Frevel verüben. (4) Fürwahr er sieht meine Wege, zählt all meine Schritte. 5 (5) Wäre mein Wandel nicht lauter, und hätt' 6 ich gestürzt mich auf unrechtes Gut, (6) so möge Gott auf rechter Wage mich wiegen, er würd' meine 7 Unschuld erkennen. (7) Wäre mein Fuß vom Wege gewichen, mein Herz meinen Augen gefolgt, war an 8 den Händen ein Makel geblieben, (8) dann sollten andere essen, was ich gesät, entwurzelt werden, was mir gesprossen. 9 (9) Hätt' ein Weib mich betört, und hätt' ich 10 die Türe des Freundes belauert, (10) dann sollte mein Weib einem anderen mahlen die Mühle, zu 11 ihr sich andre gesellen. (11) Denn das ist Schand12 tat und Schuld, die vor den Richter gehört. (12) Denn die ist ein Feuer, das frißt bis zum Hades und all meine Ernte entwurzelt. 13 (13) Hätt' ich das Recht meines Knechtes ver14 achtet, meiner Magd beim Hader mit mir — (14) was sollte ich tun, wenn Gott sich erhöbe, und was ihm 15 entgegnen, wenn er es durchforscht? (15) Der mich im Leibe der Mutter erschaffen, der schuf ja auch ihn, im Leib hat uns beide der Eine geschaffen. 16 (16) Wenn mich nicht hätte gekümmert des Armen Verlangen und hätte verschmachten lassen
.-11. 17 .14.
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17 die Augen der Witwe (17) und meinen Bissen alleinc 18 gegessen, nichts abgegeben den "Waisen — (18) doch wie einem Vater wuchs er mir auf seit meiner Jugend, vom Leib meiner Mutter führte ich ihn 884 . 19 (19) Sah ich Verlorene ohne Bekleidung, die 20 Decke entbehren den Armen, (20) fürwahr seine Lenden mußten mich segnen, von der Schur meiner Schafe wurde ihm warm. 21 (21) "Wenn ich bedrohte den Waisen, weil ich Bei22 stand hatte im Tore, (22) dann soll meine Schulter dem Nacken entfallen und aus dem Gelenke gebrochen 23 werden der Arm. (23) Denn schrecklich erscheints mir, durch Gott zu verderben, vor seiner Hoheit weiß ich mich kraftlos. 24
(24) Hätt' ich auf Gold meine Hoffnung gesetzt, zum Feingold gesprochen, du bist mein Vertrauen, 25 (25) hätt' mich gefreut, wie viel mein Vermögen und 26 daß meine Hand so großes erlangt, (26) hätt' ich geschaut auf das Leuchten des Lichts, dem majes27tätisch wandelnden Mond, (27) verführt mein Herz im Geheimen und Kußhände ihm zugeworfen, 28 (28) auch das wäre Schuld vor dem Richter gewesen, weil ich Gott droben verleugnet. 29 (29) Wenn mich meines Feindes Unglück hätte gefreut und ich Triumphe gefeiert, da ihn das Ver30 derben ereilt — (30) allein vor der Sünde bewahrt ich den Gaumen, mit einem Fluch ihm den Tod anzu wünschen. (31) Fürwahr 284 meine Zeltgenossen haben gesagt: War je einer bei ihm nicht satt geworden 32 von Fleisch? (32) Der Fremdling nächtigte nicht auf der Straße, meine Tür war dem Wanderer 286 offen.
31
33 (33) Hätt' ich wie Adam 2 8 7 die Sünde bedeckt, 34 meine Schuld im Busen verborgen, (34) hätt' ich die
31. 35—32. 5.
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große Menge gefürchtet, Familienspott mich zaghaft gemacht, geschwiegen und nicht verlassen das Haus. 35
(35) 0 daß doch einer mich hörte — doch seht meine Unterschrift hier, der Allmächtige antworte mir! Und hätt' ich die Schrift, die mein 36 Gegner geschrieben — (36) fürwahr auf der Schulter würd ich sie tragen, sie um mich winden wie einen 37 Kranz. (37) Die Zahl meiner Schritte würd' ich ihm sagen, ihn vor mich lassen, als war ich ein Fürst. 38 (38) Wenn über mich schriee mein Acker, und 39 weinten zusamt seine Furchen, (39) wenn ich seine Kraft verzehrte, doch ohne Bezahlung, und hätt' den 40 Besitzer 4 8 9 ums Leben gebracht, (40) dann bringe er Dornen statt "Weizen und Unkraut 6tatt Gerste! — (Zu Ende sind die Worte Hiobs!) Dann schließt H. mit einer ausführlichen Verteidigung seines Lebenswandels, der gewissen Zuversicht Ausdruck gebend, daß sein Richter seine Unschuld anerkennen werde.
{Die Elihureden und die Gottesreden.) 32, 1 2
3 4 5
A 100 (1) Da hörten die drei Männer auf, dem Hiob zu antworten, denn er war j a in seinen Augen gerecht. (2) Elihn aber, der Sohn Baracheels, des Eusiters 2 8 9 , aus der Familie Ram, ward zornig. Sein Zorn entbrannte über Hiob, weil er Gott gegenüber im Rechte sein wollte 290 , (3) und über dessen Freunde, weil sie keine Antwort gefunden und Hiob nicht in's Unrecht gesetzt hatten. (4) Doch hatte Elihu mit seiner Rede erst Hiob abgewartet ' m , weil jene Männer älter waren als er. (5) Da nun Elihu in den Reden der drei Männer keine Widerlegung erblicken konnte, entbrannte sein Zorn. Elihu, der als ein junger Mann eingeführt wird, ärgert sich über die Unzulänglichkeit der Hiob gegebenen Antworten und über dessen Festhalten an seinem Recht Gott gegenüber.
56
32, 6—21.
A 101 6 (6) Elihu, der Sohn Baracheels, der Busiter, antwortete und sprach: Ich bin jünger als ihr, und ihr seid bejahrt, darum war ich scheu und fürchtete 7 mich, euch meine Meinung zu künden. (7) Die Tage reden, so dacht ich, es bringt die Fülle der Jahre 8 Weisheit an's Licht. (8) Allein der Geist, welcher im Menschen ist, tut's, der Hauch des Allmächtigen 9 ist's, der ihn belehrt. (9) Die Weisheit ist nicht bei den Großen, nicht Alte wissen, was recht ist. 10(10) Drum sag' ich, höre auf mich, auch ich will 11 kundtun mein Wissen. (11) Auf eure Worte hab ich gewartet und lauschte auf Einsicht bei euch, bis 12 daß ihr fändet die richtigen Worte. (12) Ich merkte auf euch, doch niemand hat Hiob gerichtet und niemand von euch seinen Worten treffend erwidert 2 " 2 . 13 (13) Behauptet nur nicht 2 B ä , die Weisheit gefunden zu haben, nun möge Gott ihn hinwegnehmen. 14(14) Gegen mich hat er keine Bede gerichtet, mit 15 euren Worten komm ich ihm nicht. (15) Sie sind vernichtet, antworten nicht mehr, und ausgegangen sind ihnen Worte. Indem er betont, daß der gesunde Menschenverstand hier urteilsfähig sei, zumal Alter und Erfahrung offensichtlich versagt habe, verspricht er, etwas Neues zu sagen.
A 102 (16) Ich sollte noch warten, wo sie nicht mehr reden, sie still sind und nichts mehr erwidern? 17 (17) Auch ich will entgegnen mein Teil, auch ich 18 will kundtun mein Wissen. (18) Denn voll von Worten bin ich, der Geist beklemmt mich im Innern. 19 (19) Seht wie Wein ist mein Inneres, der nicht geöffnet, wie Schläuche mit Neuwein will es zer20platzen. (20) Beden will ich, das soll mich er21 leichtern, meine Lippen öffnen zur Antwort. (21) Keines Mannes Person seh ich an, ich schmeichele niemand. 16
iS2. 22—33. 15.
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22 (22) Denn Schmeicheln verstehe ich nicht. Mein Schöpfer nahm' mich gar schnell wohl hinweg. Er bekennt, daß seine UngeduM auf's Höchste gestiegen und er des Sturmes und Dranges in seinem Innern nicht mehr Herr sei.
A 103 33, 1 (1) Meine Rede höre, o Hiob, merk' doch auf 2 all meine Worte! (2) Siehe, ich öffne den Mund, 3 meine Zunge redet am Gaumen. (3) Meine Worte kommen aus geradem Herzen heraus. Meine Lippen 4 reden die lautere Meinung 294 . (4) Mich schuf des Allmächtigen Geist, mich belebt des Allmächtigen 5 Hauch. (5) Vermagst du Antwort zu geben, so 6 rüste sie 2 9 6 , tritt vor mich hin. (6) Siehe vor Gott bin ich das 2 9 6 , was auch du bist; auch ich bin ge7nommen vom Lehm 297 . (7) Sieh, Angst einjagen will ich dir nicht, und werd' nicht lasten auf dir. Er fordert Hiob auf, seine Rede unbefangen zu hören, da er nicht als Lehrautorität auf ihm lasten wolle.
A 104 8 (8) Indessen du sagtest, ich hörte dich reden: 9 Rein ohne Sünde bin ich und lauter, Schuld habe 10 ich nicht; (10) doch Vorwände findet er gegen mich 11 auf und sieht mich als Feind an. (11) Er legt in den Block meine Füße, beobachtet all meine Pfade 298 . 12 (12) Sieh, darin hast du nicht recht, erwidre ich dir. 13 Denn Gott ist mehr als ein Mensch. (13) Warum willst du gegen ihn streiten? Er steht dem Menschen doch nicht auf jedes Wort Rede 2 9 9 . Er behauptet nun, Hiob sei im Unrecht, wenn er sich immer auf seine Unschuld beriefe und behaupte, daß Gott ihn gewaltsam behandle, wie es überhaupt verkehrt sei, mit dem großen Gott zu streiten.
A 105 14 (14) Gott redet einmal, auch zweimal, doch man 15 beachtet es nichts (15) im Traum und Gesichten der Nacht, wenn man in Schlaf zu sinken beginnt' 00
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3.1. 16—34. 1.
16 und man auf dem Lager schlummert. (16) Alsdann tut er dem Menschen das Ohr auf, macht ihm ge17 wiß, daß er ihn züchtigt, (17) damit der Mensch von einem Vorhaben lasse 301 und der Hochmut sich 181ege soa beim Manne, (18) vor der Grube bewahrt sei die Seele, vor dem Pfeil des Todes sein Leben. 19(19) Und ist er gestraft auf dem Lager, mit 20Schmerzen bei Vollkraft des Leibes 808 , (20) sein Leben verekelt das Brot ihm, die Lieblingsspeise 21 sein Odem804, (21) sein Leib verfällt8"6, das ver22 borgne Gebein tritt hervor 80a, (22) die Seele kommt nahe der Grube, zu den Boten des Todes sein Leben, 23 (23) wenn dann vor ihm steht 807 ein Engel, von den Tausend ein Mittler, von der Redlichkeit des Mannes 24zu zeugen 808 , (24) erbarmt sich seiner und spricht: errett' ihn vom Grabe, sein Leiden hab' ich als 25 Sühne erfunden 809 , (25) dann wird sein Leib wieder frisch wie die Jugend, zu den Tagen der Vollkraft 26 kehrt er zurück. (26) Er betet zu Gott, und der ist ihm gnädig, er schaut voll Jubel sein Antlitz, Gott gibt dem Menschen seine Gerechtigkeit wieder. 27(27) Er singt vor den Leuten und spricht: Ich hatte gesündigt und Unrecht getan, doch Gott ver28 galt es mir nicht. (28) Er hat die Seele vom Grabe 29 erlöst, und nun genieß ich das Licht. (29) Sieh, alles solches tut Gott, zwei-dreimal am Menschen, 30(30) zurückzuholen vom Grabe sein Leben, damit das Licht der Lebendigen ihm wieder strahle. Er macht on einem Beispiel klar, daß es auch Läuterungsleiden gibt.
A 106 (31) Merke, Hiob, und höre auf mich! Sei still, daß 31 32 ich rede! (32) Hast du nunWorte, erwidere mir doch und 33 rede! Gern geb ich dir recht (33) Wo nicht, so höre auf mich, sei still, ich lehre dich Weisheit — 34, 1 (34, 1) Darauf hub Elihu wieder an und sprach:
34. 2 - l ß .
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2 (2) Vernehmt meine Worte, ihr Weisen. Einsichtige 3 höret mir zu. (3) Das Ohr erprobt eine Rede 4 wie 810 der Gaumen 811 die Speise. (4) Was gerecht ist, wollen wir wählen, gemeinsam erkennen, was gut 5ist. (5) Denn Hiob sagte: im Rechte bin ich 818 , 6 Gott aber nimmt mir mein Recht, (6) und halt ich dran fest, so gelt ich als Lügner S18 . Schlimm ist der Pfeil, der mich traf, wiewohl ich frei bin von Schuld. Da Hiob darauf nichts zu erwidern hat (31—33), glaubt Klihu (mit der nochmaligen Aufforderung, alles vernünftig zu prüfen), nun eine Grundlage zu haben, seine Vorwürfe gegen Hiob bestimmter zu formulieren, in dem er zunächst noch einmal die Behauptung aufstellt, H. dürfe Gott nicht als den Vergewaltiger seines Rechts und seiner Unschuld hinstellen (34, 1 - 6 ) .
A 107 7 (7) Wo ist wie Hiob ein Mann, der den Spott 8 trinkt wie Wasser, (8) der sich zu Übeltätern gesellt und schließt sich zusammen mit gottlosen Leuten? 9(9) Denn er hat gesagt, es nützt dem Menschen ja nichts, mit Gott in Freundschaft zu leben. Weiter macht er Hiob zum Vorwurf, die sittliche Weltordnung geleugnet zu haben, und zwar mit der Behauptung, es nütze ihm nichts, mit Gott in Gemeinschaft zu leben (vgl. 9, 22 ff.).
A 108 (10) Drum hört, ihr verständigen Männer, fern sei es, daß Gott etwas Übeles täte, der Allmächtige 11 unredlich wäre! (11) Nein er vergilt dem Menschen, was er getan; wie jemand gewandelt, so läßt er's 12 ihn treffen. (12) Wahrhaftig, Gott handelt nicht 13 böse, der Allmächtige beugt nicht das Recht. (13) Wer hat denn ihm die Erde in Obhut gegeben? 14 Den ganzen Erdkreis, wer hat ihn gesetzt ? (14) Zog' er seinen Geist wieder ein und nähm seinen Odem 15zurück 814 , (15) es stürb' alles Fleisch miteinander, 16 der Mensch würd' wieder zu Staub. (16) Und bist 10
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34. 17- ;li>. du verständig, so hör' doch, und merk' auf das, was 17 ich sage! (17) Kann, wer das Recht haßt, die Herrschaft ausüben? "Willst du den Gerechten und 18 Starken für schuldig erklären, (18) der zum Fürsten spricht, du Bösewicht du! zu Fürsten, ihr Buben! 19 (19) der nicht ansieht der Fürsten Person, der Edelleute Geringen nicht vorzieht 816 ? Denn alle sind 20 sie das Werk seiner Hände. (20) Im Nu sind sie tot, in der Mitte der Nacht wird erschüttert das Volk. Sie gehen dahin. Von höherer Hand wird 21 der Starke beseitigt 316 . (21) Seine Augen ruhn auf den Wegen der Menschen, wahrnehmend all ihre 22 Schritte. (22) Nicht Dunkel noch Finsternis gibt's, 23 zu decken, die Böses verüben. (23) Nicht so ist's, daß Gott zunächst einen Fall untersucht 817 , damit dann der Mensch vor Gericht erscheine bei ihm. 24 (24) Die Starken zerbricht er — Untersuchungen finden nicht statt — setzt andere ein, wo jene ge25 standen. (25) Darum, weil ihm ihre Taten bekannt. Er hat sie gestürzt über Nacht, da sind sie zer26 malmt. (26) Er peitscht 818 sie als Böse am Pranger, 27 (27) weil sie wichen von ihm, nicht all seine Wege 28 erkannten, (28) auf daß des Armen Geschrei vor ihn 8 1 9 komme und er das Schreien Bedrückter er29höre. (29) Schafft er denn Ordnung 820 , wer will ihn verdammen? Wer will ihn schauen 821 , wenn er das Antlitz verbirgt, sowohl vor dem Volk, wie vor 30 dem einzelnen Menschen, (30) damit nicht die Ruchlosen herrschen, nicht solche, die Fallstricke sind 31 für das Volk. (31) Darf einer dann sagen, ich hab' 32 nichts verdorben und soll es doch tragen, (32) und was ich nicht sehe 8 2 2 , das zeige du mir? Hätt' ich 33 was Böses verübt, ich tat* es nicht wieder ? (33) Soll Gott nach deiner Meinung vergelten? Zur Begründung des ersten Vorwurfs (A 106) macht E. geltend, daß Gott der oberste Weltregierer sei, der von niemand zur Rechenschaft gezogen werden könne, die Welt also
34, 3 4 - 3 . " ) , 9.
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unaufhaltsam zusammenfallen würde, -wenn er Unrecht täte ( 1 0 — 1 5 ) . Der Allmächtige walte vielmehr nach den Gesetzen seines eigenen Geistes (1(5—28). W e n n er z. B . durch Bestrafung eines Volksleiters ein ganzes Volk erschüttere ( 2 9 — 3 0 ) , dann dürfe der Einzelne sich nicht über unschuldiges Mitleiden beklagen ( 3 1 — 3 3 a).
A 109 Wenn du dies verwirfst, dann mußt du was Besseres sagen 3 l S , nicht icb, und was du erkannt 34 hast, das künde. (34) Verständige Männer werden 35 mir sagen und Weise, welche mich hören: (35) Hiob redet ohne Erkenntnis, verfehlt ist, was er gesagt 36 hat. (36) O wenn doch Hiob endgültig würde ge37 prüft, wo er wie 8 2 4 Gottlose Einwände macht! (37) Denn er fügt zur Sünde noch Frevel hinzu, schlägt unter uns die Hände zusammen 825 und mehrt gegen 35, 1 Gott seine Reden. — (1) Da sprach Elihu weiter 2und sagte: (2) 0 meinst du. das wäre entscheidend 3 dafür, daß du Gott gegenüber im Recht seist, (3) wenn du sagst, es nütze dir nichts, ob du gerecht 4 seist, sprichst: (4) Was hab' ich für Vorteile, wenn 5 i c h nicht sündigen würde 3 2 8 ? (5) Ich gebe nun Antwort darauf, deinen Freunden samt dir. Da Hiob d a g e g e n nichts vorzubringen weiß (33 b—37), kommt E . auf den zweiten Vorwurf (A 107) g e g e n Hiobs Aufstellungen zurück, den er anders begründen will als seine Ferunde (22, 1).
A 110 6 (6) Blicke zum Himmel und siehe, schau auf 7 die Wolken hoch über . dir! (7) Hast du gefehlt, was tust du ihm an? Sind deiner Sünden gar viel, 8was willst du ihm machen? (8) Bist du gerecht, was willst du ihm geben? Was wird er nehmen 9 von dir? (9) Auf deines Gleichen bleibt es ja haften, wenn du im Unrecht, auf dir, dem Menschen, wenn du im Recht bist. E r begründet diesen Vorwurf mit dem Hinweis auf die Erhabenheit Gottes, auf dessen T u n man durcli seine mensch-
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35, 10-36. 10. liehen Werke, seien sie gut oder böse, keinen Einfluß gewinnen könne.
A 111 10 (10) Man schreit über große Bedrückung, um 11 Hilfe vor Ubergewalt, (11) 6agt aber nicht, wo ist nun mein Schöpfer und Gott, der mir 3 2 7 Lieder 12 schenkt in der Nacht, (12) der uns höher gelehrt denn die Tiere des Feldes und weiser gemacht als 13 die Vögel des Himmels? (13) Da schreien wir 8 2 8 auf, er antwortet nicht, obwohl die Bösen sich brüsten. 14 (14) Jedoch auf e i t e 1 e s Kufen hört Gott nicht, 15 auf solches schaut der Allmächtige nicht. (15) Nun gar, wo du sagst, du sehest ihn nicht — die Entscheidung bei ihm ist bereit 329 , du warte auf ihn! 16(16) Und nun, wo sein Zorn sich noch nicht offenbart 380 und die Verkehrtheit 331 noch nicht so beachtet, reißt Hiob vergeblich den Mund auf und macht viel Worte ohne Erkenntnis. Schreit man aber über Not und Unrecht, so wird dem Menschen häufig deswegen nicht geholfen, weil er nicht r e c h t betet. Hiob soll geduldig sein.
A 112 36,1/2 (1) Und Elihu fuhr fort und sprach: (2) Warte ein wenig auf mich, dann will ich dir kundtun, was 3 für Gott noch gesagt werden kann 332 , (3) will weit ausholen 833 und meines Schöpfers Gerechtigkeit 4 preisen 3S *. (4) Lüge ist meine Rede fürwahr nicht, mil klarer Erkenntnis steh ich vor dir. 5 (5) Gott ist groß, verschmäht aber niemand, 6 gewaltig an Kraft des Verstandes. (6) Er läßt den Bösen nicht leben und gibt den Bedrückten ihr 7 Recht, (7) wendet sein Auge nicht ab vom Gerechten, setzt sie auf Throne bei Königen hoch und er8haben 3 3 5 . (8) Doch sind sie gebunden in Fesseln, 9 gefangen in Stricken der Not, (9) und sagt er ihnen 10 ihr Tun, ihre Sünden und Hochmut, (10) tut das
36, 11—24.
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Ohr ihnen auf für die Zucht, ermahnt sie zur Um11 kehr vom Bösen, (11) wenn sie dann hören und dienen ihm wieder, bringen sie hin im Glück ihre 12 Tage, ihre Jahre in freundlichem Dasein. (12) Hören sie nicht, so rafft sie der Pfeil des Todes 8 8 8 hinweg, 13 sie sterben ohne Erkenntnis. (13) Aber die abtrünnigen Herzen werden voll Trotz, sie flelin nicht 14 um Hilfe, obwohl er sie bindet. (14) In der Jugendkraft sterben sie. Ihr Leben schwindet unter den 15 Buhlern. (15) Er rettet die Armen, wenn sie in Not. In Bedrängnissen tut er ihr Ohr auf. E. kommt noch einmal auf die Bedeutung des Länterungsleidens zurück und betont, daß man sich unter Gottes Zucht beugen müsse, um dadurch von der Sünde frei zu werden.
A 113 (16) Aus der Not in die Weite, wo die Bedrängnis verschwunden, lockt er auch dich nun, an einem 3 3 ' Tische zu ruhen, der reichlich und prächtig 17 gedeckt ist. (17) Wünschst du aber Gericht über die Bösen herbei 388 , so wird dich selber Gericht 18 und Gerechtigkeit treffen. (18) Dich reiße doch nicht deines Grimmes Ubermaß hin 839 , des sühnen19 den Leidens 8 4 0 Gewalt verwirre dich nicht. (19) Erweckt er dein Flehen wohl ohne die Not, ohn' 20all solchen Aufwand von Kraft 8 4 1 ? (20) O sehne dich nicht nach der Nacht, da Völker hinweggerafft 21 werden 842 . (21) 0 hüte dich wohl und fange nicht an zu freveln, was du lieber tätest als leiden. 16
Hiob soll sich hüten, gegen Gott zu eifern, vielmehr Gott lernen, dann würde es ihm wieder gut gehen. Dazu soll ihm das Läuterungsleiden verhelfen.
A 114 22 (22) Gott wirkt erhaben mit Macht. Und wer 23 lehrt wie er? (23) Wer schrieb ihm vor seinen W e g und wer sprach zu ihm, du tatest ein Unrecht ? 24(24) O denke daran, seine Werke zu preisen, die
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36, 26—SV, 11. '25 Menschen besingen. (25) Alle Welt schaut an ihm ihre Lust, der Sterbliche blickt von ferne ihm nach. 26 (26) Sieh, Gott ist größer als wir verstehen, die Zahl seiner Jahre ergründen wir nicht. Gutt ist grüßer als unser Herz.
A 115 27 (27) Wassertropfen zieht er empor, sie werden 28 im Nebel zu Regen verwandelt * 4 3 , (28) der strömt aus den Wolken hernieder 314 , weithin zu träufeln 29 über die Menschen. (29) Wenn aber erst der Himmel mit Wolken bedeckt ist, sein Zelt erbebt im Donner30 getöse 8 4 5 ! (30) Siehe mit Licht bekleidet er sich, 31 umhüllt sich mit dunkeln Wassern 81 ®. (31) Denn also richtet er Völker, gibt Speise die Fülle 3 1 7 , 32 (32) bedeckt seine Hände mit Licht, bestimmt, wo 33 es zünde 8 1 S . (3H) Sein Krachen kündet ihn an, die Herden erschrecken 34 9, wenn er heraufzieht. 37, 1 (1) Doch darob erschrickt mir mein Herz mit 2angstvollem Beben 3 5 0 . (2) O hört, o hört seines Donners Geroll, seines Mundes dumpfes Gemurmel! 3 (3) Unter dem ganzen Himmel verbreitet er es, sein 4 Licht über die Säume der Erde. (4) Hinter ihm her brüllt der Donner, majestätisch hallt seine Stimme, hält nicht zurück seine B l i t z e 3 5 w e n n gehört werden 5 soll sein Gedonner. (5) Wunderbarlich ist Gott im Gewitter. Großes tut er, doch wir verstehen es 6 nicht. (6) D a spricht er zum Schnee 8 6 2 , zur Erde falle herab, zum Regen, ströme hernieder mit all7 gewaltiger Kraft 3 6 8 ! (7) Die Hände versiegelt er allen, damit zur Erkenntnis kommen, die er ge8 schaffen 8 S 1 . (8) Das Tier verkriecht sich und bleibt 9 in den Höhlen. (9) Der Sturmwind verläßt seine 10 Kammer. Vom Norden 3 5 5 kommt Kälte. (10) Der Atem schafft Hagel 8 5 6 und feste Gestalt den sprü11 henden Wassern 8 5 7 . (11) Die Wolke belastet er
37, 12—38. 5.
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12 maßlos und jagt sein blitzend Gewölk. (12) Das wendet und dreht sich, wie er es gesteuert 868 , auf 13 daß es vollbringe, was er auf Erden befiehlt, (13) sei es zur Rute zugut seiner Erde, sei es zur Gnade 8M> . 14(14) Höre dies, Hiob! Sei still und merk' auf die 15göttlichen Wunder! (15) Weißt du, wie Gott ihnen befiehlt, aufleuchten läßt das Licht seiner Wolke? 16 (16) Verstehst du das Schweben der Wolke, des 17 Allwissenden Wunder? (17) Wenn deine Kleider zu wTarm sind, da er das Land beruhigt mit Süd18wind 8 6 0 ? (18) Willst du die Wolken wölben wie 1 9 e r zum festen gegossenen Spiegel 8 6 1 ? (19) W a s sollen wir sagen zu ihm ? O laß es uns wissen, wir 20briDgen nichts vor, so dunkel ist es in uns. (20) Soll man's ihm melden, ich wolle nun reden ? Vernichtet 21 werden will man doch nicht 8 8 3 . (21) Noch sah man nicht das weiß erglänzende Licht, das in den Wolken sich birgt 8 8 8 . Ein Wind geht vorüber und fegt sie 22 hinweg. (22) Vom Norden kommt Goldglanz 801 . 23 Vor Gott ist Ehrfurcht und Pracht : ! 6 5 . (23) Den Allmächtigen fanden wir nicht, der gewaltig an Kraft ' ist, und Wahrheit nicht unterdrückt noch das Recht. 2 4 ( 2 4 ) Drum sollen die Menschen ihn fürchten. Die sich weise dünken, sieht er nicht an. Daß wir dem großen Gott gegenüber uns nur als Lernende (V. 24) verhalten dürfen, wird besonders im Gewitter offenbar.
A 116 38,1 (1) Und der Herr antwortete dem Hiob aus 2 dem Wetter und sprach: (2) W e r da verdunkelt 3Ratschluß mit Worten ohne Erkenntnis? (3) Gürt' wie ein Mann deine Lenden, ich will dich fragen, du lehre mich dann. 4 (4) W o bist du gewesen, da ich den Grund der Erde gelegt? Wenn du es weißt, so tue es kund. 5 ( 5 ) W e r setzte fest ihre Maße, daß du es wüßtest, und wer hat die Meßschnur gespannt über sie? T h i l o , Das Bach Hiob.
5
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38, 6—26. 6 (6) Worauf denn ruht ihr tragender Grund 8 6 6 ? W e r 7 hat ihren Eckstein gelegt (7) unter der Morgensterne 8 Gejubel, da alle Kinder Gottes frohlockten, (8) als er das Meer mit Türen verschloß, da's aus dem Schöße 9 hervorbrach, (9) als ich zum Kleide die Wolken ihm 10 gab, das Gewölk ihm zu Windeln, (10) da ich ihm ausbrach die Grenzen 8 8 7 und setzte ihm Riegel und 11 Türen, da ich sprach: (11) Bis hierher kommst du, nicht weiter, hier legt sich der Stolz deiner Wellen 8 6 8 ? 12. (12) Hast du, seit du warst, dem Morgen be13 fohlen, der Morgenröte gewiesen den Ort, (13) zu fassen die Säume der Erde, daß abgeschüttelt werden 14 die Bösen von ihr, (14) daß sie verwandelt werde wie Ton unterm Siegel, Gestalt bekomme wie ein 15 Gewand 8 6 9 , (15) daß den Bösen das Licht verwehrt wird, zerbrochen werde erhobener Arm? 16 (16) Bist du zu den Brunnen des Meeres gekommen? Hast du die Tiefen des Meeres durch17 wandelt? (17) Hat dir sich das Tor des Todes geöffnet? Hast du der Finsternis Tore geschaut? 18(18) Hast du überblickt die Weiten der E r d e ? Sag an, wenn alles dieses du weißt! 19 (19) Wie kommt man dahin, wo das Licht 20 wohnt s , ° , und wo ist der Finsternis Ort, (20) daß du sie beide 3 7 1 führtest zu ihrem Bereich und 21 wüßtest den Pfad in ihr Haus? (21) Du weißt es, denn damals wardst du geboren, die Zahl deiner Tage ist groß. 22 (22) Bist du gelangt zu den Vorratskammern des Schnees, hast du die Kammern des Hagels ge23 schaut, (23) den ich verspart für Zeiten der Not, für 24 den Tag des Kampfes und Krieges? (24) Wie kommt man dahin, wo das Licht sich ergießt, von wo der 25 Ostwind über die Erde dahinbläst? (25) W e r schuf den Regengüssen den Abfluß und wies den Weg der 26 donnernden Wolke, (26) daß es regne im Lande, das
38, 2 7 - 3 9 , 7.
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niemand bewohnt, der Steppe, die leer ist von Menschen. 27 (27) zu tränken die Wüste und Ode, daß sprießt eine 28 grünende Matte ? (28) Hat einen Vater der Regen oder 29 wer hat die Tautropfen gezeugt? (29) Aus wessen Schoß kam der Hagel, der Keif des Himmels, wer 30 hat ihn gezeugt, (30) daß wie zum Stein sich dichtet das "Wasser, sich schließt die Fläche der Flut? 31 (31) Hältst du die Plejaden zusammen, löst des 32 Orion Bande du auf? (32) Bringst du zur rechten Zeit die Hyaden heraus und führst den Bären heraus 33 mit seinen T r a b a n t e n 3 " ? (33) Kennst du des Himmels Gesetze, bestimmst seine Herrschaft über die Erde, 34 (34) erhebst zur Wolke die Stimme, daß Wasserschwall 35 dich bedecke ? (35) Entsendest du Blitze, die ausgehn, 36 und sprechen, hier sind wir, zu dir? (36) W e r legte Weisheit ins Wolkendunkel hinein und in die Luft37 gebilde Verstand? (37) W e r zählt die Wolken mit 38 Weisheit und legt die Schläuche des Himmels, (38) zur festen Masse zu gießen den Staub, daß Schollen hängen zusammen ? 39 (39) Jagst du dem Löwen die Beute ? Stillst du 40 der Jungleuen Gier, (40) wenn sie sich im Winkel ¿ 1 ducken, im Dickicht bleiben zu lauern? (41) W e r schafft den Raben die Zehrung, wenn seine Jungen schreien zu Gott und irren umher ohne Nahrung? 39, 1 (1) Weißt du die Zeit, da die Felsenziegen gebären, überwachst du das Kreißen der Hindin? 2 (2) Zählst du die Monde, die sie voll machen müssen, 3 und weißt die Zeit, da sie werfen ? (3) Sie ducken sich nieder, pressen heraus ihre Jungen, der Wehen 4 entledigen sie sich. (4) Die Jungen gedeihen im Freien, sie gehen heraus • und kehren nicht wieder. 5 (5) W e r ließ den Wildesel schweifen so frei, wer 6löste die Bande des Wildfangs 8 7 8 , (6) dem ich die Steppe zur Heimat gemacht, zur Wohnung das Od71and? (7) E r lacht des Getümmels der Stadt und 5*
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r,9, 8—26. 8 hört nicht das Lärmen des Treibers. (8) Seine Weide erspäht er 8 7 4 im Bergland, nach grünen Halmen durchsucht cr's. 9 (9) "Will dir der Wildochse dienen, an deiner 10 Krippe nächtlich zu weilen? (10) Willst du ihn binden, das Seil längs der Furche 378 ? Eggt er den 11 Talgrund hinter dir her? (11) Willst du ihm trauen, weil seine Kraft groß ist und deine Ernte s 7 a ihm 12 überlassen? (12) Traust du es ihm zu, daß er dir einbringe die Saat und fülle die Tenne? 13 (13) Der Flügel des Straußes schlägt fröhlich. Ist aber auch sorgsam Schwungfeder und Fittich? 14 (14) Denn seine Eier gibt er dem Erdboden preis, 16 läßt auf dem Sande sie wärmen. (15) Ob ein Fuß sie zerdrücke, kümmert ihn nicht, ob sie ein Tier 16 des Feldes zertrete. (16) Lieblos ist er gegen die Jungen, gleich als wären sie nicht sein, sorglos, ob 17 seine Mühe vergeblich. (17) Denn Gott ließ ihn der Weisheit ermangeln und teilte ihm keinen Verstand 18 zu. (18) Peitscht er sich auf in die Höhe, dann lacht er des Rosses und Reiters. 19 (19) Gibst du dem Rosse die Stärke und schmückst 20seinen Hals mit der Mähne 3 7 7 ? (20) Lehrst du es springen der Heuschrecke gleich? Sein Schnauben 21 ist furchtbar und prächtig. (21) Die Hufe scharren 878 im Tale, es freut sich der Kraft, geht heraus dem 22 Panzer entgegen. (22) Es lacht der Furcht, es kennt kein Verzagen und kehrt nicht um vor dem Schwert. 23(23) Über ihm klirrt der Köcher, die Spitzen 87 * der 24 Speere und Lanzen. (24) Dröhnend rast es über die Erde 880 , läßt sich nicht halten beim Hall der Posaune. 25 (25) So oft erschallt die Posaune, ruft es: „Hui!", von ferne witternd den Kampf, das Donnern der Führer, des Krieges Geschrei. 26 (26) Gab dein Verstand dem Falken die Schwingen 881 , die Flügel zu breiten nach Süden*?
a9, 27—40, IC.
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27 (27) Erhebt sich der Adler nacli deinem Befehl. 28 sein Nest in der Höhe zu machen, (28) auf Felsen zu horsten, der Zacke des Felsens als Warte :i82 , 29 (29) von da er umherspäht nach Speise, den Blick HO in die Ferne? (30) Seine Jungen schlürfen das Blut. und wo Erschlagene sich finden, da ist er. Der Herr erscheint Hiob im W e t t e r und fragt ihn,_ ob er behaupten wolle, sein W a l t e n zu begreifen, da er nicht einmal die Schöpfung und sein Walten in der Tierwelt (vnn ;W. 3 9 an) verstehe.
A 117 40, 1 (1) Und der Herr antwortete dem Hiob weiter 2 und sprach: (2) Will mit dem Allmächtigen streiten der Tadler, beantworten dies, der da hadert mit 3 Gott? (3) Hiob antwortete dem Herrn und sprach: 4 (4) Sieh ich bin zu gering, was soll ich erwidern ? 5 Ich lege die Hand auf den Mund. (5) Einmal hab' ich geredet und beginne nicht wieder — zum zweiten 8 8 3 Mal tu ich's nicht mehr. 6 (6) Da antwortete der Herr dem Hiob aus dem 7 Wetter und sprach: (7) Gürt' wie ein Mann deine Lenden, ich will dich fragen, dann lehre du mich! 8 (8) Gar mein Recht vernichten willst du und mich 9 verdammen, um Recht zu behalten ? (9) Hast du wie Gott einen Arm und kannst du donnern wie 10 er? (10) Schmücke dich doch mit Würde und Höhe, bekleide dich doch mit Pracht und mit Hobeit. 11 (11) Gieße den Grimm deines Zorns aus! Sieh 12 allen Stolz und niedrige ihn. (12) Sieh allen Stolz und beuge ihn nieder! Zerbrich die Gottlosen, da 13 wo sie stehen! (13) Verbirg sie zusamt in den Staub 14 und leg sie in finsteren Kerker 8 S 4 ! (14) Dann lobe auch ich dich, weil deine Rechte dir half. 15 (15) Sieh doch das Nilpferd, das ich geschaffen, 16 wie dich. Gras frißt's wie Rinder. (16) Doch sieh seine Kraft in den Lenden, seine Macht in den
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40, 17-41, 5.
17 Sehnen des Bauches. (17) W i e eine Zeder streckt es den Schwanz aus, ein Flechtwerk sind die Sehnen 18 der Schenkel. (18) Seine Knochen sind eherne Röhren. 19 sein Gebein wie eiserne Stangen. (19) E s ist das höchste Erzeugnis des göttlichen Wirkens, und der 20 es schuf, der gab ihm das Schwert. (20) Denn B e r g e tragen ihm Kräuter, wo scherzen die Tiere des Feldes. 21 (21) Unter dem Lotos da liegt es, verborgen im R o h r 22 und im Sumpf. (22) Der Lotos deckt es mit Schatten, rings um es her stehn die Weidenbäume des Tales. 23 (23) Und schwillt der F l u ß 3 S 5 , so schreckt's nicht zurück, gelassen, ob auch ein Jordan zum Maule 24 ihm hinströmt. (24) W e r greift's von vorne wohl a n ' 8 0 , durchbohrt mit dem Wurfholz die Nase? 25 (25) Ziehst du mit Angeln ein Krokodil, drückst 26 mit dem Seil seine Zunge herunter? (26) Steckst eine Binse durch seine Nase, durchbohrst mit dem 27 Haken die Kinnlade ihm? (27) W i r d es dich an28 flehn gar viel, und weich mit dir reden ? (28) Macht es mit dir einen Bund, nimmst du es in dauernden 29 Dienst ? (29) Spielst du mit ihm, wie man spielt mit dem Vogel? Kannst du es binden für deine 3 0 M ä d c h e n ? (30) Verhandeln es wohl die Fischergenossen und teilt man es wohl unter Händlern? 31 (31) Willst du die Haut ihm spicken mit Häkchen, 32 mit Fischharpunen sein Haupt? (32) Leg mal die Hand an das T i e r ! E s noch zu bekämpfen, des 41, 1 möcht'st du nicht mehr gedenken. (41, 1) Jedem entfällt hier der Mut, zur Erde geschleudert bei 2seinem Anblicke schon 3 8 7 . (2) Niemand erdreistet sich 8 8 8 , es zu erwecken. AVer auch besteht denn 3 vor m i r ? (3) W e r gab zuvor mir, das ich ihm müßte erstatten? Mir gehört alles, das unter dem Himmel. 4 (4) Von seinen Gliedern will ich nicht schweigen, von seiner Stärke und seinem prächtigen B a u 8 8 9 . 5 (5) W e r will den Panzer ihm lüften ? W e r faßt ihn
41. (5-26.
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6 ins Doppelgebiß ? (6) W e r will auftun die Türen seines Gesichtes? Schrecken umgibt seine Zähne. 7 (7) Seiner Schilder Binnen sind prächtig, verschlossen 8 mit eng verschließendem Siegel. (8) Einer liegt eng an dem anderen, und zwischen ihnen kein Lüftchen. 9 (9) Einer liegt an dem andern, in einander greifen sie, 10 unzertrennlich zusamt. (1U) Licht strahlt es aus, wenn es nießt. Seine Augen sind gleich des Morgenrots 11 Wimpern. (11) Aus dem Maule kommen ihm Fackeln, 12 Feuerfunken entfahren ihm draus. (12) Rauch geht aus von den Nüstern, wie ein Kessel angeblasen auf 13 Binsen 3 8 0 . (13) Sein Atem entzündet Kohlen, seinem 14 Maule entfährt eine Flamme. (14) Auf seinem Halse wohnet die Stärke, und vor ihm tanzt das Verzagen. 15 (15) Seines Leibes Wampen schließen sich fest an, wie angegossen an ihm, und ohne zu schwanken. 16 (16) Hart wie ein Stein ist sein Herz, wie ein unterer 17 Mühlstein so fest. (17) Und steht es auf, so graut es dem Starken. Völlig zerbrochen, werden sie ratlos. 18 (18) Das Schwert, das es angreift, richtet nichts aus, 19 nicht Spieß, noch Geschoß, noch ein Panzer. (19) Eisen gilt ihm wie Stroh, wie Holz, das morsch ist, ein Erz. 20 (20) Kein Pfeil verjagt es. Die Steine der Schleuder 21 werden wie Stoppeln. (21) Ein Strohhalm ist ihm die 22 Keule. E s lacht des Schwirrens der Lanze. (22) Unten an ihm sind spitzige Scherben. Auf dem Schlamme drückt es sich ab, dem Dreschschlitten gleich 8 " 1 . 23 (23) Dem Topf gleich läßt es brodeln die Tiefe. W i e 24 einen Salbentopf sieht es den See an. (24) Hinter ihm her erglänzet ein Pfad, dem Silberhaar gleichen 2 5 die Fluten des Wassers s " a . (25) Nichts ist ihm gleich auf der Erde, das geschaffen wäre so frei von der 26 Furcht. (26) E s schaut über alles, was hoch ist, hinweg, ein König der stolzesten Tiere. Da Hiob dem Herrn verneinend antwortet, fragt der Herr ihn, ob er die W e l t richten könne, da er sich mit seiner Stärke,
.42, 1—9.
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wie sie in der Natur offenbar werde, docli nicht messen könne (Tgl. 34, 13 ff.).
A 118 42, 1 (1) Da antwortete Hiob dem Herrn und sprach: 2 (2) Ich weiß, daß du alles vermagst und nichts dir 3 verwehrt ist, was du dir vornimmst. (3) Wer da verdunkelt den Ratschluß ohne Erkenntnis ? So hab' ich denn Reden gehalten ohne Erkenntnis. Meinen 4 Verstand überstieg es, was ich gesprochen 398 . (4) Hör' 5 nun, ich frage dich, lehre du mich. (5) Eine Kunde 3 9 4 nur hatt' ich vernommen von dir. Nun habe ich 6 selbst dich gesehen. (6) Drum nehm ich's zurück und bereu' es in Asche und Staub. Hiob verneint auch die zweite Frage und bereut seine Yermessenheit, nachdem er den Herrn persönlich kennen gelernt habe, während er früher nur auf Grund der Lehre geurteilt habe.
A 119 7
(7) Als aber der Herr solche Worte zu Hiob geredet hatte, sprach er zu Elifas dem Temaniter: Mein Zorn ist entbrannt über dich und deine zwei Freunde, denn ihr habt nicht recht von mir geredet wie mein Knecht 8 Hiob. (8j Nun nehmet euch sieben Farren und sieben Widder, geht zu meinem Knecht Hiob und bringt ein Opfer dar für euch. Hiob aber, mein Knecht, soll für euch beten. Nur ihn sehe ich an 9 v i , daß ich euch die Torheit 8 9 6 nicht entgelten lasse, weil ihr nicht recht geredet habt von mir wie mein Knecht Hiob. 9 (9) Da gingen hin Elifas der Temaniter, Bildad der Schuchiter und Zofar der Naematiter und taten, wie ihnen der Herr befohlen hatte. Der Herr verurteilt die Freunde mit der Maßgabe, daß sie durch Hiobs Fürbitte, der ihnen gegenüber im Rechte sei, gerettet werden sollen (vergl. 22, 30).
42, 10—17.
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(Epilog.) A 120 10 (10) Der Herr aber sah Hiob gnädig an und stellte ihn wieder her 89 ', als er für seine Freunde 898 betete, ja 8 9 9 er gab Hiob alles, -was er gehabt hatte, 11 zwiefältig wieder40". (11) Da kamen alle seine Brüder zu ihm und alle seine Schwestern und alle, die mit ihm vorher bekannt gew esen waren, hielten ein Festmahl in seinem Hause mit ihm, beklagten und trösteten ihn über alles Unglück, das er über ihn hatte kommen lassen, und gaben ein jeder einen Sekel und einen goldenen Bing. 12 (12) Der Herr aber segnete die Endzeit Hiobs mehr als seinen Anfang. Er bekam vierzehntausend Stück Kleinvieh, sechstausend Kamele, tausend Ge13 spann Binder und tausend Eselinnen (13) und hatte 14 sieben Söhne und drei Töchter. (14) Die erste nannte er Jemima, die zweite Kezia und die dritte Keren15 Happuch. (15) Und es gab im ganzen Lande keine Frauen, die so schön waren wie die Töchter Hiobs. Ihr Vater gab ihnen ein Erbteil mitten unter ihren 16 Brüdern. (16) Danach lebte Hiob noch hundertundvierzig Jahre und sah Kinder und Kindeskinder, vier 17 Geschlechter. (17) Hiob aber starb alt und lebenssatt. Hiob wird eine herrliche Zukunft beschert.
3. Exegetische Anmerkungen. 1 Die Eigennamen sollen, dem Charakter der Übersetzung gemäß, nicht in Umschriften, die unserer Zunge unbequem sind, sondern in der deutschen Form, nämlich der der Lutheriibersetzung, wiedergegeben werden; ebenso soll Jahweh mit „Herr" ubersetzt werden, wobei „Herr" nur einmal, nämlich 28, 28, auch mit 'adonäj zusammenfällt. Zu 'üs cf. Nt 4. — 2 Der Name kommt im AT nur noch Ez 14, 14 u. 20 vor, wo Noah, Daniel u. Hiob als Männer genannt werden, die allem Volk als Muster der Gerechtigkeit bekannt sind. Aus jenen Stellen aber lassen sich über die Vorlage und die Zeit unserer Dichtung keine sicheren Schlüsse ziehen. Auf keinen Fall steht fest, daß Hesekiel den Hiob als Mann der grauen Vorzeit ansieht. Denn man kann Männer der verschiedensten Zeiten so zusammenstellen. Bezüglich Daniels ist es sehr unwahrscheinlich, daß ein späterer Schriftsteller (Dan 1) ihn ins Exil hineindatiert hätte, wenn die Allgemeinheit ihn wie Noah für einen Manji der Vorzeit ansah. — 3 Das w-cop. darf um so eher übergangen werden, als es sonst bei dieser Redensart, nämlich V. 8 u. 2, 3 im mas. T. bestimmt fehlt. — 4 Der Hiobdichter hat die Heimat H.'s mit Namen genannt, die für den Leser geographisch mehrdeutig und unbestimmt waren, ihm aber in einer Chokmadichtung um so passender erscheinen mußten, weil die Weisheit der ben6 qädäm sprichwörtlich war (cf. 1 Reg 5, 10). Wir werden diese bene qädäm (cf. 1 Reg 10, 1 ff. mit Hiob 1. 15 u. 17) am besten im Süden des Ostjordanlandes suchen, worauf auch die Mehrzahl der Stellen, an denen sie vorkommen (Gen 10, 30; 25, 6; Jud 6, 3; 7, 12; Jes 11, 14; Jer 49, 28; Ez 25, 4 u. 10), hindeuten (während nur Gen 29, 1 u. Num 23, 7 auf den aram. Norden weisen). Auch üs kann im Süden gelegen haben nach Gen 36, 28 (1 Chron 1, 42) u. Thren 4, 21 Jer 25, 20 (während Gen 10, 23 u. 22, 21 11 Chron 1, 17] wieder ins Aramäerland führt). Benz. Arch. S. 87: „ Die ostjordanischen Stämme, die auf der Grenze des bebauten Landes gegen die Steppe saßen, sind sehr lange Zeltbewohner geblieben. — Auf diesen Grenzgebieten findet sich zu allen Zeiten eine halb ansässige, halb nomadisierende Bevölkerung (S. 88 Anm. 1)." Die Bildsprache, bes. der häufige Zeltvergleich, in den Reden des Buches deutet auch auf solches Grenzland hin. (So verlegt der LXX-Zus. Hiobs Heimat auf die Grenze Idumäas u. Arabiens.) In ein Grenzland fühlte sich daher der hebr. Leser auf jeden Fall versetzt. — 5 D. h.: so oft wieder ein Festmahl stattfand (kaum : wenn der ganze Festkreis vollendet war), wobei unentschieden bleibt, ob die Weihung vor oder nach dem Mahle vorgenommen wurde. — 6 Der hebr. Ausdruck ist jedenfalls prägnant. ..Er sandte" also war er bei der
7—17.
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Heiligung nicht, gegenwärtig. — 7 Da die Söhne bei dem Opfer nicht gegenwärtig gedacht sind (cf. Nt6), war das ..Heiligen", das er seinen Söhnen anbefahl, wohl eine „Weihnng", die sein Opfer wirksam machen sollte. Vielleicht ist das wa-jeqaddesein gleichzeitig mit auf das Opfer zu beziehen. Indem er zu ihnen hinsandte, ihnen eine Weihung anbefahl und dann das Opfer darbrachte, heiligte er sie. Auf dem „Heiligen" liegt der Ton. Die vorbereitende Weihung ist durch das waj-jislah nur angedeutet. — 8 Hier kann berek 'elohim nicht Euphemism. für „Fluchen" sein, da ein Fluch „ausgesprochen" wird; vielmehr schimmert hier die wahrscheinlich ursprüngliche Bedeutung „Abschied geben" wieder durch. — 9 Die Verba sut „planlos umherstreifen" und hithallek „umherwandeln" werden am besten in einen Ausdruck verschmolzen. Das „min" ist durch das deutsche Perf. wiedergegeben. — 10 Übersetzt man ki mit „denn", dann wird angegeben, weshalb es sich lohnt, auf Hiob den Sinn zu richten (Budde). Auf dasselbe kommt's heraus, wenn man eine Antzipat. oder Satzverflechtung annimmt (Kö Sy 414f.) und mit „daß" übersetzt. Weniger gepreßt und deswegen gefälliger dürfte hier eine demonstrative Fassung des ki sein = „wahrlich", im Deutschen durch Asyndese wiedergebbar. — 11 Der euphem. Ausdruck des Textes wird in der Übers, beibehalten werden müssen, weil nach der Meinung des D.'s der Satan sich schwerlich anders ausdrücken wollte, cf. Nt 8. — 12 Das jajin soll an die Festlichkeit des Mahles erinnern und ist schwerlich späterer Zusatz. In V. 4 konnte es fehlen, weil der Ausdruck mistäh schon jajin involvierte. — 13 Die Gleichmäßigkeit der Form, in der die Unglücksboten ihre Meldungen machen, soll zur Darstellung bringen, wie Hiob Schlag auf Schlag trifft. Die Gleichmäßigkeit aber bei der Einführung ihrer Reden ist im Deutschen unerträglich. Wir können Tatsachen nicht berichten, ohne unsere Empfindung und Anteilnahme durchschimmern zu lassen. — 14 Vielleicht war auch im Hebr. eine Abwechselung beabsichtigt, denn das 'ad ist nicht sinnlos cf. Jon 4, 2. — 15 3, 17 bedeutet säm (ähnlicli unserem „drüben") den Hades. Hier denkt man besser an die Erde. Kö Sy S. 151 Anm. 1: sammah Hi 1, 21 geht indirekt auf bätän, den geheimnisvollen Ausgangspunkt der Menschen: „Zusammenschau der Entstehung des menschlichen Individuums mit dem ersten Menschenursprung Gen 2, 7" cf. Ps 139, 15. So wird auch dem äsüb sein Kecht belassen. — 16 tifläli „Abgeschmacktes" dann wohl „Ungereimtheit, Verkehrtheit". In letzterem Sinne jedenfalls 24, 12 u. •ler 23, 13. Das „nätan" dann wie Ps 68, 35 tenu 'oz lelohim, gebet Gott, messet ihm zu usw. cf. Dt 32, 3. — 17 Torcz. a. a. 0. vermutet, an sich gut, ursprüngliches 'or be'ad 'or jitten °is we-kol 'aser lö be'ad nafsö. Das ist aber, ebenso wie das zur Erklärung beigefügte, nur Phantasie. Mir scheint folgendes vulg.-arab. Sprichwort auf die bisher unverständliche Stelle Licht zu werfen: gihannam bi-gihannam, baq'ud fi-s-sadr. Das heißt: „Hölle? Ich will vorne an sitzen" oder • Sollte mein Los durchaus die Hölle sein, dann will ich usw." Diese I Versetzung habe ich mir von einem geborenen Araber geben lassen, der dies Wort erklärte als trotzige Antwort eines Menschen, den man vergeblich auf die Folgen seines bösen Verhaltens aufmerksam macht. Bei dieser Erklärung bleibt der Text unverwässert und wird doch verständlich. Daß die Entstehung solcher Ausdrucksweise dabei immer noch dunkel bleibt, tut nichts zur Sache. Übrigens finde ich jetzt diese Ausdrucksweise noch in anderen Sprichwörtern. Außerdem
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18- ;n.
schreibt, mir mein Gewährsmann während des Druckes auch folgendes: ,,Kürzlich sagte eine Frau meiner Frau: „ „bet bi-bet baq'ud bi-beti" ", weil meine Frau nicht mit ihr spazieren gehen sondern zu Hause bleiben wollte." Jene Frau wollte also sagen: Soll's absolut das Haus sein, dann will ich in m e i n e m Hause bleiben. - 18 Vielleicht weil die Finger zuerst angegriffen wurden und beim Gebrauch schmerzten cf. die näheren Ausführungen bei Schlottmann z. St. S. 217. 19 Hier ist natürlich ein ..Aussprechen" gemeint cf. Nt 8 u. 11 ein „Fluchen", das den Tod als erwünschte Befreiung vom Leben (cf. Budde) zur Folge haben mußte. — 20 gam — „wohl, etwa" (cf. 1 Sam 22, 7) wird am besten durch ein „aber" im zweitenSatz wiedergegeben. 21 Diese Bemerkung will wie die 1, 22 sagen, daß der Satan die Wette verloren hat, und war deswegen notwendig. Darum handelte es sich ja, ob Hiob fluchen wurde oder nicht. Mehr hineinzulegen, ist gewagt. Höchstens könnte man annehmen, der Dichter habe durch die Wahl des Ausdrucks den Leser auf den folgenden Seelenkampf vorbereiten wollen. Vollends unstatthaft ist der Schluß, in den Augen des Dichters habe Hiob später sich versündigt und sei gefallen. — 22 Da die Weisheit der Temaniter (in Edom) berühmt war Jer 49, 7 cf. Ob 8 ff., wie denn auch Elifas der erstgeborene Sohn Edoms ist (Gen 36, 4. 10—16), so stimmen diese Angaben zu dem, was in Nt 4 über die Heimat Hiobs gesagt ist. Süah ist nach Gen 25, 2 der jüngste Sohn Abrains von der Ketura, also arab. Stamm im äräs qädäm (Gen 25, 6). Na'ainäh ist eine unbestimmte Angabe, cf. Budde z. St. — 23 Darin liegt, daß die drei allerdings untereinander wohl geredet haben können. - 24 Der Ausdruck bezieht sich wohl nicht nur auf die 7 Tage des vorigen Verses, sondern auch auf die Zeit welche verstrich, bis die Freunde von dem Unglück hörten, zusammenkamen und die Reise zu Hiob machten. — 25 Das „Sprechen, Künden, oder Denken" der poet. personifizierten Nacht ist natürlich bildlich zu verstehen. — 26 In dem gä'al liegt die Vorstellung von einem zwangsläufigen Rechtsverfahren. — 27 Der V. gibt nur dann einen Sinn, wenn man misfär = Zählen faßt (cf. 25, 3 ha-jes m. können gezählt werden?) Denn man kann unter eine Zahl von Monaten keine einzelnen Nächte mischen. Wohl aber werden einzelne Nächte gezählt, wenn man Monatslängen abmessen will. Der Deutlichkeit wegen übers, man jerähim am besten singularisch. — 28 Gemeint ist der Jubel der Hochzeitsnacht cf. die Ausführungen von Torcz. z. St. — 2!) Nach Ges.-B. Lex (17) 'ätid hier: „fertig (in einem Geschäft)" — 30 Min temp. also eigentlich „seit Verlassen" Kö Sy 401 h. — 3t Freie Wiedergabe des jänuah „es wäre mir Ruhe". — 32 Vielleicht analog arabischem hirbe = Ruinen. Dem D. schwebten wohl alte Grabstätten oder ägypt. Pyramiden vor. Es war ihm wohl selbstverständlich, daß der Leser die Kürze des Ausdrucks nicht dahin mißverstehen würde! die alten Grabdenkmäler seien gleich als Ruinen gebaut worden. — 33 Der Zusammenh. fordert hier ebenso wie Jes 14, 18 für bajit die Bedeutung „Grabstätte". Denkt man an Wohnungen, so weiß man nicht, was der Satz bedeuten sollte. — 34 Dann aber muß mille' soviel wie „einfassen" bedeuten, wie es Ex 28, 17 u. ö. vom Einfassen der Edelsteine gesagt wird. Da die ägypt. Großen das Innere ihrer Grabstätten mit Edelmetallen schmückten, so kann das dem D. vorgeschwebt haben. — 35 Cf. Nt 15. — 30 Hü' in der Bedeutung „gleich, gleichgestellt" in präd. Stellung nur hier, in attributiver Jud 10, 8 (cf. m. Chronologie S. 13) u. ö. — 37 Wö: „die
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ihn suchen (oder graben] mehr als nach Schätzen-1. — 39 Das „umhegt" 1, 10 kehrt hier mit ähnlichem Verbum als „umzäunt" wieder, was offenbar beabsichtigt cf. auch Meinhold (Neue Jahrb. f. deutsche Theol. I S. 80 Anm.). — 40 Lifne, wie öfters = „statt" cf. Kö Sv 327 t y. — 41 Der D. dachte offenbar an Wasser, die, lange aufgehalten, mit Macht hervorbrechen, nachdem die Dämme eingerissen. — 42 Wö: „Ich habe keinen Frieden, keine Ruhe usw. — da kommt". Erträglich ist nur eine sinngem. Übers. — 43 5, 27 zeigt, daß E. auch im Namen und Sinne der anderen beiden spricht cf. Nt 24. 44 Am besten entscheidet man sich fiir die Annahme einer orthogr. Ungenauigkeit bei nissah (Samek pro Sin und He pro Alef), weil man dann den natürlichsten Sinn gewinnt. Dann wird til ah am besten als Rel-Stz gefaßt. — 45 Die vielen rhetor. Fragen unseres Buches ermüden im Deutschen und werden besser öfters affirrn. wiedergegeben. — 4(1 Die Stellung des präd. tiqwah vor der Kopula dient zur Hervorhebung, Kö 8}' 341 m, daher das w bei tom nicht zu streichen 415 z cf. 23, 12; 36, 26. tiqwah mit arab. taqwa, das eine ganz andere Wurzel repräsentiert, zusammenzubringen (Torcz) ist doch wohl zu gewagt! — 47 Anal. uns. „Korn pflügen" = „fürKorn pflügen" (Schlottm.) — 48 „Geflüster" auch 26, 14. Bequemer übers, man „etwas", eine Bedeutung, zu der das Wort im jüd.-aram. verblaßt ist. — 49 Wö: „bei Gedanken infolge von Gesichten der Nacht". — 50 Es entspricht vielfältiger Erfahrung, daß beim Einschlafen, wenn die Anstrengung, mit der man einer Frage nachdachte, aufzuhören beginnt, und das Geniusleben des Menschen sieh auswirken kann, die rechte Antwort sich plötzlich einstellt. Die Ausdrucksweise ist hiev etwas prägnant fiir „Nachtgesichte, wie sie sich einzustellen pflegen, wenn man (anäsim) . . . . " cf. 33,15. — 51 Rüah Wind kommt mascul. vor (8, 2 u. Jer 4, 11). Übers, man aber „Geist" (so persönlich gefaßt auch 1 Reg 22, 21 und dort masc., was natürlich), dann hat man den Vorteil, für das folgende ja'amed ein bestimmtes Subj. zu haben. Eine endgültige Entscheidung wird schwerlich möglich sein. — 52 Kö Stil S. 161: bedeutsame Zerlegung von „Geflüster einer Stimme". — 53 Wö: „die Bewohner von Lehmhütten". Lehmhütte muß hier Bild des schwachen Leibes sein, da nicht alle Menschen in wirklichen Lehmhütten wohnen. Dann aber muß interpretierend übers, werden. — 54 Das Suff, bezieht sich auf sokene. Das Bild wird weiter ausgemalt. — 55 Lifn6 3, 24 = „statt", dann hier = „wie" cf. Kö Sy 327 t y. — 56 Das Lehmhüttenbild ist verlassen. Ein Zelt fällt zusammen, wenn das Seil, über dem es ausgespannt ist, zerreißt, — 57 So übers, treffend Budde. — 58 Engel sind gemeint wie 15. 15 (Zach 14, 15; Ps 89, 6, 8; Dan 4, 14). Sie werden hier „Heilige" genannt, weil es sich hier um das Nicht-gemeinsameSache-machen mit der Sünde handelt. — 59 Offenbar setzt E. den möglichen Fall, daß einer „zufällig" in ein Unglück geraten kann, bei dessen Behebung ein heil. Engel helfen darf. — 60 Nach 27, 23 (eine Stelle, zu deren Erklärung aber Nt 258 heranzuziehen ist) ist der Platz des Frevlers als bereits verwüstet anzusehen. Damit fallen m. E. die bisherigen exeg. Schwierigkeiten. — 61 Of. Ps 22, 2 : r&höq misü'äti dibre sa'agäti. — 62 Die Lesung jolid ist sehr geschickt und, nach dem Zusammenh. zu urteilen, wahrscheinlich richtig. — 63 Eine parabol. Sentenz wie z. B. Qoh 5, 2. Das tert. compar. liegt in dem Begriff der Notwendigkeit, die eben nach dem vor. V. nicht in den Schöpfer zu verlegen ist, — 64 Das lä-süm leitet zu einer Anwendung
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65—95.
auf einen speziellen Fall über. Wö: „insofern als e r ' cf. V. I o n . 16 cf. Kö Sy 402 ct. — 65 Das Perf. blickt auf den besonderen Fall zurück cf. Kö Sy 368 m. — 66 So kann man vielleicht im Blick auf das vor. Versgl. übers. — 67 Wö: vom Schwert, das aus ihrem Munde kam...— 68 Nach Kö Sy 186 c: „Subjekt. Verneinung", der ich mit ob. Übers. Rechnung trage. — 69 Vielleicht: „so daß sie den Acker nicht unfruchtbar machen". — 70 Ps 89, 7 heißt 'ärak jedenfalls „gleichkommen, rivalisieren". Das paßt auch für 28, 17 u. 19 cf. Kö Sy 210 c. Hier aber ist doch wohl nach Jud 20, 30 u. 33 zu erkl., wo 'ärak ohne milbämah „Schlachtreihe aufstellen" heißt. — 71 Wö vielleicht: „Schleim des Dotters = Eiweiß". Es wird gut sein, der in dem rir liegenden Vorstellung von etwas „Fließendem", um so mehr Ekel erregenden, in der Ubers. Rechnung zu tragen. — 72 Sie sind (nämlich täfel und rir) wie die Unreinigkeiten (Plur. constr. von dawäh [abstr. Plur.]). So Kö Sy 13 u. 244 b. Dann aber müßte labmi als Gen. epexeg. = „worin mein Brot besteht" gefaßt werden. Denn Hiob ist das Leiden zur Speise geworden cf. 3, 24. — 73 Wenn es am Natürlichsten ist, das wa-asalledäh dem u-tehi zu koordinieren, so muß das sälad vom Hüpfen „vor Freude" verstanden werden. — 74 Wö „etwa wenn?" Kö Sy 353 h. — 75 Wö: „Dem Verzagten gebührt von seinem Freunde Liebe" (so auch Budde). Dann aber muß m. E. das folgende w advers. gefaßt werden (zum Gedanken cf. V. 27). — 76 Jedenfalls ist hier mit der 3. Person der Vorredner gemeint. Der Deutlichkeit wegen ist in 2. Person zu übersetzen. — 77 W ö : „in das Schneewasser sich niederbirgt" (ähnl. Budde, m. E. mit Unrecht von Torez. zurückgewiesen). — 78 Wö „wenn es heiß wird" masc. Neutr. Kö Sy 323 d. — 79 Eigentlich „sich verlieren" cf. die vorzügliche Bemerkung von Franz Del. zu Ps 1, 6. — 80 Nämlich jetzt (Kö Sy 373 a) seid ihr „nichts" (cf. Kö Lehrg. Ii 236f.) geworden (doch cf. Bu z. St.) — 81 Hiob will nicht „äußere" sondern „innere" Hilfe (so gut Meinhold S. 82 a. a. 0.). — 82 Nach Kö Sy 332 c (Kap. 9, 2) mäh = in wiefern ? Das paßt aber auch hier. — 83 Dann aber ist märas, geradeso wie Mi 2, 10 u. 1 Reg 2, 8 (cf. Hi Kap. 16, 13) = „schlimm sein", wogegen auch etymol. nichts einzuwenden ist. — 84 rüah bedeutet hier „gewichtslos" d. h. die Worte Hiobs sind (wie auch die vorhergeh. Vershälfte will) „nicht zu pressen". — 85 Vielleicht bedeutet hier hek doch „das Werkzeug der Rede" wie 31, 30; Prov 8, 7; HL 5, 16 nicht das des Geschmackes wie 12, 11; 34, 4. Dann kommt ein besserer Parallelismus heraus. Jäbin müßte Hifil sein, was nicht unmöglich. — 86 Mit näsäf wird auch hier der leichte Wind unmittelbar vor Anbruch des Morgens gem. sein cf. 1 Sam 30, 17 u. ö. — 87 Cf. Dillm. zu Gen 16, 13. — 88 Zur Übers, des „gam" cf. Ps 52, 7. — 89 Den Fieberkranken schrecken Träume aus dem Schlaf cf. die vorzügl. Bemerkung Buddes zur St. — 90 Der Deutlichkeit wegen ist diese drastischere Übers, unumgänglich. — 91 Die leichte Veränderung des Mem in Bet gibt einen vorzüglichen Sinn (so viele Ausl.) cf. 9, 28. — 92 Sinnvoller als die gewöhnl Übers, „groß machen, erheben" ist großziehen (Jes 1,'2), nach dem Folgenden nämlich: mit täglicher Mühe zu solch jämmerlichem Zwecke! — 93 M. E. bezeichnet dieser V. eben den jämmerlichen Zweck. — 94 Man dürfte hier nicht übersetzen „keinen Augenblick", weil die unverwässerte wörtl. Übers, dem Zusammenh. angemessener ist und auch unmittelbarer verstanden wird. — 95 Gut Kö Sy 390 r : real. Bed.-Satz durch Frage ausgedrückt — trotzig
96—120.
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konzedierend. — 96 Wieder Frage für ßed.-Satz. — 97 Diese kräftige Einführung des Nachsatzes auch 8, 6 u. ö. cf. 6, 3. Hier wird der furchtbare Gedanke von Y. 15 wieder aufgenommen. Der ganze V. ist genau so konstruiert wie 13, 19. — 98 So muß das „jad." in der Übers, interpretiert werden. — 99 Dies scheint mir auf das Flehen des vor. Verses bezogen werden zu müssen, nicht so sehr auf die Lauterkeit Hiobs v o r seinem Unglück. Denn nach B.'s Auffassung wäre dieses wohl kaum eingetreten, wenn er damals schon lauter gewesen wäre. Wie sein Leiden Strafe für Gottlosigkeit war, so wird nun die Wendung des Unglücks von der Lauterkeit seiner Sinnesänderung abhängig gemacht (cf. 11, 13). Zur Satzkonstr. cf. Nt 96. — 100 ab kann bek. „Lehrer" sein (cf. auch Ges.-B. Lex. s. v. Nr. 5). Diese Bed. paßt sehr gut in diesen Zusammenh., während die Annahme, B. habe durch den Ausdruck „Vorfahren der früheren Geschlechter" noch weiter in die Vergangenheit zurückgehen wollen, künstlich ist. Die Weisheit der drei Freunde stützt sich bewußt auf Lehrautoritäten und Tradition, wobei es vielleicht auf die aus der Erfahrung gesammelten Musterbeispiele besonders ankam, welche die Lehre stützen sollten cf. 5, 3; Ps 37, 35f.; Qoh 4, 13f.; 9, 13f. — Vielleicht stellte sich der D. Elifas als Lehrer der beiden anderen vor cf. 15, 10 und Hiob soll bei dieser Gelegenheit zu ihrer Lehre bekehrt oder richtiger (15,2) nicht von ihrer Lehre abfallen cf. 15,19. — 101 Kö Sy 293 d „nicht bloße Worte". — 102 Wö „auf sein Haus", womit das bet 'ak. gem. ist, welches Bild seines trügerischen Hoffnungsgewebes ist. — 103 Wö : „ein Haus der Steine sieht er", indem die Wurzeln sich durch den steinreichen palästinensischen Gartenboden durchzwängen, geraten sie vorübergehend gleichsam in Steinhäuser, steinerne Behälter. Die Vermutung Torcz.'s der ursprüngl. Text habe gelautet, ben 'abänim je'ähez ist sehr verführerisch, aber grundlos und verwässert den Text. — 104 Es ist natürlicher, 'enos als Subj. zu nehmen (cf. auch 13, 3) auch schon zur Vermeidung eines Subjektwechsels im Nachsatz. — 105 Nach 32, 12 und 33, 13 „Vorwürfe widerlegen" cf. auch V. 32. — 106 So übers. Dill. — 107 Nach den meisten Auslegern ist auch hier an „Sterne" zu denken. — 108 So muß nach Vergleichung mit 11, 10 und 23, 13 übers, werden. — 109 Wö: nach Nt. 105 „ihn widerlegen". — 110 süf — sä'af, so Di, Bu u. a. — I I I Schwerlich „mein Mund würde mich verdammen" (geg. Bu.), denn damit gäbe H. scheinbar zu, was er nicht will, daß das Recht gegen ihn spräche. Besser wohl: „würde ich mit m. Munde recht haben (Z. Konstr. cf. Ps. 66, 7) d. h. würde ich nach meiner Überzeug, gerecht sein. — 112 So übers, treffend Budde. — 113 Zur Übers, cf. 13, 9. — 114 Das jähad bez. sich wohl auf die Hände, und das säbib auf die zu bildende Gestalt. Wö: „bildeten und machten zusammen mich ringsum". Der gesteigerte Anthropomorphism. und die Anschaulichkeit des Ausdrucks soll die liebevolle Sorgfalt des Schöpfers vor Augen stellen. — 115 Kö Sy 369 f. „und doch verschlingst [gleichsam] du mich." — 116 W ö : „Wenn ich gesündigt, dann hast du mich im Auge und sprichst mich nicht los usw." — 117 Der mas. T. gibt einen vorziigl. Sinn, weil nichts mehr als der Hinweis auf seine Lage die Behauptg. begründet. — I I S Wö: u. erhöbe sich sc „mein Haupt". — 119 Wö: „Ablösungen" (cf. 14, 14) ( = neue Truppenabteilungen), „und sind ein Heer bei nur". — 120 In dem „hiblig" liegt die Vorstellung des lichtvollen Glanzes. Da dieser im Gegens. stehen soll zu dem Dunkel des Hades im
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121-145.
folg. Verse, so muß das in der Überstzg. zum Ausdr. kommen. 121 Zur Überstzg. der letzten Worte cf. Di z. St. — 122 Das da ist die Fortsetzung des juss. jaggäd. — 123 Wö: Vergessenheit eintreten lassen für. — 124 Wö: da sind Himmelshöhen! Di. — 125 Wö: „langdauernder als die Erde ist ihr Maß", da das Poss. auf die hokmäh V. 6 zurückgeht, muß es der Deutlichkeit wegen mit „Weish." übers, werden. — 126 Nur als Frage gibt der Versteil einen Sinn. 127 Nur bei juss. Fassung wird der V. m. E. verständl. Das jiwwäled wirkt wörtl. übersetzt zu schwerfällig. — 128 Genau genommen: „das worauf sie gehofft hatten, wurde". — 129 Wö: „aufs Unglück Spott, so gemäß den Gedanken des Wohllebenden". — 130 Wo: „ein Schlag (näkön von näkäh Di, Bu) denen, die wanken bezügl. der Füße". — 131 Diese trotz der fem. Konstr. und des folg. lö unsichere Übers, verdient m. E. als die glattere den Vorzug vor: „Sinne nach über die Erde, so wird". — 132 Das zo't nimmt das elläh des vor. Versgliedes noch mal auf. Die sonstigen Erklärungen erscheinen künstlich. — 133 Die betonte Voranstellung des 'immo und des folgenden lo ist sehr zu beachten, weil davon das Verständnis der ganzen folg. Rede abhängt. — 134 Mit müsar ist die Zucht gem., welche von den Königen ausgeht, also ihre Regierungsgewalt. — 135 Es ist nicht ersichtlich, wieso ein Umgürten der Lenden den Kön. kraftlos macht, worauf der D. nach dem vor. Versgl. und nach dem ganzen Zshg hinauswill. Es liegt nahe, mit der Kitteischen Textausg. esür Fessel nach Jud. 15,14 zu lesen. Wichtig ist aber auch die von Torcz. angeführte Par. Jes. 45, 1 ü-motne meläkini afatteatj, eine Redeweise, mit der dort eine Besiegung der Könige beschrieben werden soll: Torcz. begründet dann gut, in wiefern letzteres möglich ist. Daraufhin ändert er unsere Stelle: „wa-j-jäsor mi-in-motnehem", was aber unnötig. —- 136 „Und brachte sich's zum Bewußtsein" Kö Sy 36. — 137 Eine Wiederholung aus 12, 3, welche den Abschluß des Nachweises anzeigen will, daß Hiob die Wahrheit der gegnerischen Behauptungen ,.an sich" nicht leugnen will, um im folgenden darzutun, wie wenig diese für die ihm durch das Leiden aufgegebene Frage zu bedeuten haben. — 138 14, 17 bedeutet täfal sicher „durch Kleben verschließen". Und da „Lüge andichten" auf Grund Ps. 119, 69 in diesem Zshg. keinen klaren Sinn gibt, so ist die Bed. von 14, 17 vorzuziehen. Hier also analog unserem „verkleistern", das auch wir für das oberflächliche Verdecken eines Bruches gebrauchen. — 139 Dann sind rofe'e elil schlechte Arzte oder Pfuscher. — 140 Erwähnung verdient daß Kö Stil S. 164 zusammenzieht mäh 'al mäh und für möglich hält etwa „Katastrophe über Katstr." (cf. Ez. 7, 26). Aber auch im Arab. heißt „einfaches mä," „irgend etwas" oder „was auch immer". — 141 Das "al mäh läßt sich auch für diesen Fall nicht gut entbehren. Di. Wö: „Warum trag ich mein Fleisch mit den Zähnen hinweg (wie ein Tier, das seinen Raub oder seine Jungen in Sicherheit bringt.") Dann müßte 'äsim nafsi bekafii ähnliches bedeuten, was nach den Ausführungen Di's sehr gut möglich ist. „Sein Leben auf die Hand setzen" heißt doch auch: „es in Gefahr mit eigener Hand zu halten versuchen." — 142 Wö: auch das würde zu einein Vorteil für mich werden. — 143 Ahnlich übersetzt Budde. — 144 Will man den hebr. Sinn treffen, dann muß man die Neg. 'al übergehen. — 145 Die Wurzeln der Füße sind die Teile des Erdbodens, auf dem die Füße stehen resp. standen. Treffend Torcz. „Spuren". Hithaqqaq muß hier heißen „sich Auf-
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Zeichnungen machen" und l al „entsprechend, gemäß (cf. 'al fl = auf Grund, nach Maßgabe und ähnl. Redensarten). Jes. 30, 8 heißt Jiäqaq „aufschreiben" (bassefär). — 14« Kö Sy 355 u. lü' (statt lo') = „wenn auch nur einen". Man kann's im Deutsch, übergehen, ohne den Sinn abzuschwächen. — 147 Bu. liest erleichternd Impert. „und laß von ihm ab", doch scheint mir ob., Ubers, im Blick auf den Zshg. möglich. — 148 Daß wir es hier mit einem W-adv. zu tun haben, bezweifelt niemand. — 149 Es ist nicht erlaubt, wenn man in V. 10 und 12 das w advers. gefaßt hat (cf. vor Nt.j, dann das w in einer parallelen Gleichnisrede desselben Abschnittes nicht mehr adv. sondern comp, zu übersetzen, zu schweigen, daß man bei comp. Passung einen ganz matten Sinn gewinnt und das Grandiose in dem Ringen Hiobs nicht zur Geltung kommen läßt. Natürl. deutet die Empfindung eines Widerspruchs darauf hin, daß Hiob sich bei dem Glauben an solches Schicksal nicht beruhigen will. Und das aus dem Text zu entfernen, liegt kein Grund vor. Unleugbar kommt auch in Kap. 10, 8 ff. die Empfindung eines unerklärlichen Widerspruchs zum Ausdr. Der D. will den ringenden Hiob nach Auflösung der Widersprüche schreien lassen. — 150 Aus diesem Ausdr. kann man schließen, daß der D. sich Hiob als zu den berufsmäßigen Weisheitslehrern oder deren Schülern gehörig vorstellt cf. Nt. 100. — 151 Wö: mit denen er nichts nützt. — 152 Viell. noch auf 9, 2 ff. bezügl. Die Überstzg. „Sprache Verschmitzter" ist wohl treffend, für diese Übersetzg. zu vulgär. — 153 Wö.: als erster ( = zuerst) als Mensch cf. Kö Sy 337 g. — 154 Offenbar meint hier E. sich selbst. — 155 Zu rüah = Unmut cf. Qo. 10, 4. — 15« Zar kommt im Hiob nur noch 19, 27 vor, wo es nach Sellin (Das Probl. des HBuches S. 70 Anm. 5) „Abtrünniger" bedeutet. Hier: einer der heterodox lehrt. — 157 Die obere Überstzg. wird dem Zshg. am meisten gerecht, da so am besten zum folg. Verse übergeleitet wird. Die Fassung „und so viel Jahre als dem Wüterich bestimmt sind" ist als Fortsetzung der vor. Vershälfte fast ganz tautologisch. Zuzugeben ist freilich, daß für den Sinn: „wenige Jahre" entweder sene misfär oder (Bu) misfär, stat. abs. zu erwarten wäre. — 15S Eine buchstäbl. Überstzg. würde zu undeutsch sein. — 159 Dieser Versteil ist bisher noch nicht, auch nicht mit Hilfe von Emendationen, befriedigend erklärt worden. — 160 Zur Wiedergabe der Juss.-Form cf. Kö Sy 191. — 161 Wö.: „als sein Feind schärft er seine Augen gegen mich". 162 Faßt man jirtßni in der einzigen außerhalb dieses Zshg's. bezeugten Bedtg. = „wringen", dann muß man eine constr. praegn. annehmen „und den Händen der Gottlosen, sc. mich übergebend..(cf. Gen. 40, 11) wringt (knetet) er mich". — 163 Die gewöhnl. Überstzg. „zerschmettern" ist wohl zu stark. — 164 Eigentlich „Gräber." mir =-„Grabesdunkel" cf. Kö Sy 264 c. doch auch e. Eine wörtl. Überstzg. zu abrupt. — 165 Das „Auge" ruht auf ihrem Zanken, wohl wegen der heftigen Gebärden, mit denen es beim Morgenländer verb. ist. Im Deutschen muß man „hören" sagen. — 166 „Darum erhöhst du sie nicht", empfindet man im Deutschen als nicht ganz logisch. Man muß entweder „damit" statt „darum" übers, oder wie oben. — 167 Wö vielleicht: „zur Teilung!" verkiind. man den Genossen, da schmachten seiner (des Schuldners) Söhne Augen hin. — 168 Richtig Bu: 'am = Volksgenosse. — 169 Plural d. h. meine Hoffnung, die ich habe, nnd die mir zugemutet wird. Di. — 17« Wö: „zugleich", D i n ä m l . : wenn zugleich "damit, daß ich mit meiner Hoffnung in den Hades Thilo, Das Buch Hiob.
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171—191.
fahre, im Staube Ruhe meines Leibes ist. — 171 qinse wird am einfachsten mit dem arab. qans zusammengebracht. Die Redensart hier könnte dann „Schlingen legen" bedeuten ..und so wie ob. überstzt. werden. — 172 Viell. verdient die übl. Überstzg. (cf. arab. tamm) den Vorzug vor der.. „Unrein sein". Die treffende Überstzg. „vernagelt" ist für unsere Übersetzg. leider etwas burschikos. — 173 „gam" nach Neg. „gleichwohl" Kö Sy 373 n. — 174 „Gedämpft" Verdeutschung für „eingeengt". — 175 Er (näml. der im folg. Versglied genannte bekor) frißt die Glieder seiner Haut. — 176 Eig. „seinem Vertrauen" = „das ihm Vertrauen und Zuvers. gab". — 177 Das log. Subj. zu tas idehü ist das vorhin erwähnte Schicksal Kö Sy 323f. — 17S Wö vielleicht auch: „Es wohnt in seinem Zelt (sc. das Schicksal) Kö Sy 406 t, 323 i, so daß es ihm nicht gehört", wenn nicht: „es wohnen in seinem Zelt, die nicht seine Angehörigen sind". — 179 Ubers, man „Vorfahren", so müßte man annehmen, daß sie der Schauder „im Hades" ergreift, eine an sich mögliche Vorstellung, die aber von dem Leser bei so kurzem Ausdr. nicht verlangt werden kann. — ISO Wö: „mir meine Schmach beweisen" wohl prägnant für „mir beweisen, daß etwas Schmachvolles an mir ist, oder daß ich etwas Schmachvolles begangen habe". Der Satz kann nur übers, werden, wenn man das Suff, in härpäti übergeht. — 181 Da 'ör und bäsär ziemlich synonym sind, übergeht man bäsär am besten, wenn man nun einmal den mas. T. übersetzen will, ohne ihn außer in Notfällen zu ändern. — 182 Wö: „und ich entrinne also mit der Haut meiner Zähne". Das aber ist semitische, im Deutschen nicht nachzuahmende, Ausdrucksweise f ü r : „ich rette die Haut" (anal, bo be = bringen und ähnl. Redensarten). Das der V. verderbt ist, wie meist angenommen wird, dürfte nicht unwahrscheinlich sein. — 1H3 Jes. 30, 8 zeigt, daß häqaq auch von „Aufzeichnungen in ein Buch" gebraucht wird (cf. Nt. 145). Das im Deutschen wohl für „aufschreiben" gebräuchliche „verewigen" paßt hier um so mehr, da häqaq stärker ist als kätab bassefär cf. Ex. 17, 14 u. ö. — 1S+ Das b des et gilt auch für 'ofärät cf. Kö Sy 319 m. ß. Man denkt an ein für das Altertum nachgewiesenes Ausfüllen der Einritzungen mit Blei. Das muß in der Überstzg. angedeutet werden. — 185 Nach dem Zshg. = „Anwalt" cf. Budde, der auf Prov. 23, 11; Ps. 119, 154 und Jer. 50, 34 verweist. — 186 Budde interpretiert „in wirkungskräftigem Dasein", was nach dem Zshg. richtig. Indessen wird die Wahl des Ausdr.s haj doch auch durch den Blick auf die Möglichkeit des Sterbens Hiobs bedingt gewesen sein, so daß nun eine den Tod überdauernde Felseninschrift überflüssig ist. — 187 D. h. als der, der das letzte Wort hat (Bu) also die Entscheidung bringt. — 1S8 afär „Erde, Welt" cf. bes. 41, 25. Im Übr. Bu. z. St. — IS!) Will man den mas. Text übersetzen, so muß man mit Kö Sy 324 k. unter zo't die Krankheitsmächte verstehen. — 190 Kö Sy 401 f.: min. temp. Wegen des vorangehenden ahar „nach dem Dahinschwinden" cf. Nt. 30. Indessen gebietet der Zshg. an ein leibliches Schauen zu denken, namentlich wegen des 'äfär des vor. V.'s und besonders des folgenden. Unter dem mibbesäri muß man also „dieses kranke Leibesleben" verstehen, das überwunden werden wird bezügl. seines Krankseins. Wollte man das in der Übers, verständlich machen, so würde man sie überladen. Die obige greift daher dem Gedanken des folg. V.s in etwa_ vor. —191 Der Dat. 11 kann ausgelassen werden. Anderenfalls müßte er mit Bu nach dem Zshg. mit „mir günstig" wiedergegeben werden.
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192-220.
— 192 cf. Nt. 156. — 193 Die indir. Rede wird in der Übers, am besten schon hier begonnen. — 194 hemäh jedenf. Schreibfehler für hemmäh. — 1H5 Zu ergänz, ist wohl „dies sage ich, damit". Diese elliptische Ausdrucksweise erklärt sich wohl aus der, aus dem vulgären sa zu konstruierenden Tatsache, daß wir es hier mit einer landläufigen Redensart zu t u n haben, die auch ohne E i n f ü h r u n g verständlich war. — 196 W ö : darum geben mir meine Gedanken eine Antwort. — 197 ba'abür leitet hier einen Kausal- nicht einen Finalsatz ein. W ö : und deshalb ist meine innere Unruhe in mir. — 198 Eigentl. „für meine Einsicht" cf. Bu. z. St. — 199 Minni ad ist in den Satz mit ki zu ziehen gemäß der so häuf, vorkommenden Verpflechtung von Haupt- und Nebensatz. — 2C0 W ö : „seit gesetzt wurde (sim pass.)" oder „seit dem Setzen sc. Gottes". — 201 W ö : so findet man ihn nicht mehr. — 202 Nur noch 28, 7 und H L 1, 6, immer in der Bedtg. „scharf ansehen". — 203 Wö „begütigen". Der Vater hatte die Armen betrügerisch ausgenützt. Die Erben tragen die Schulden wieder ab. Diesen Sinn findet auch Torcz ef. V. 18/9. Die Änderung von j a d ä j w in jelädäjw entspricht dem Sinn. Aber dann müßte auch täsebnäh geändert werden. Viell. war wklehäin beabsichtigt. — 201- W ö : „die Bäche (die perennierenden), die Ströme (appos.) der Täler voll Honig und Milch". Der pleon. V. ist im Deutsch, zu kürzen. — 205 Des Tauschgutes wird man nicht froh, weil man es als Zahlungsmittel fortgibt. — 206 Das Impf. bez. einen Nebenumst. in der Vergangenh. cf. das letzte W o r t in..3, 11 und 12, viell. auch eine Wiederholg. in der Vergangenh. Die Überstzg. „und baut sie nicht auf" paßt nicht in den Parallelism. — 207 Das jemallet ist gebraucht wie das arab. 'ata bi = bringen und verwandte hebr. Wendungen wie bö' be usw. cf. Nt. 182. — 208 W i e es jedem geht, der Raubbau treibt. — 209 Liest man, wie allgem., 'amäl, so erleichtert man sich den T e x t wesentlich, wiewohl ämel im Blick auf V. 19 möglich ist. — 210 Da man nicht weiß, was lehüm ist, hat der mas. T. zu viel Unbekannte, um übersetzt werden zu können. Konjekturen haben bis jetzt nicht geholfen. Steckt in dem Text viell. ein spez. Zofar'sche Derbheit? — 211 W ö : „Er zog heraus = da kam heraus sc. der Pfeil aus dem Rücken und der Blitz = die Spitze (denn wie lahab Spitze des Speeres sein kann 39, 23 und 1. Sam. 17, 7, so auch bäräq die Spitze des Pfeiles, ja der Zshg. fordert es hier) aus seiner Galle". E r sieht also den Tod vor Augen. — 212 W ö : er weidet ab, was im Zelte noch übrig. — 213 Diese Überstzg. schließt d a s ' ä l o h i m ein. W ö : „das Teil des Gottlosen von Gott". Oder man müßte übersetzen „der im Unrecht ist vor Gott"' cf. Nt. 254. — 214 Das zo't bz. sich auf milläti. Die Rede ist offenbar sarkast. 215 W ö : I h r Same besteht vor ihnen. — 216 säloni subst. pro adj. Kö Sv 306 r. Das min bei fahad = „sodaß nicht" cf. Kö Sy 406 p. — 217 rämim bed. nicht „die Höhen" sondern „die Hohen, d. h. die in den himml. Höhen wohnenden" cf. Di. z. St. Das konnte aber nur durch die ob. scheinbar inkorrekte Überstzg. zum Ausdr. gebracht werden. — 218 Das Lamed beruht, wie allgem. anerkannt, auf einem Schreibfehler. — 219 W ö : „mit dem Mark der Knochen (d. h. der tierischen Knochen, die ihm zur V e r f ü g u n g stehen)", was man im Deutsch, ohne Sinnverkiirzg. übergehen kann. — 220 Die 'obere däräk sind solche, die des Weges vorüberziehen an etwas vorbei (cf. Ps. 80, 13, Thren. 2, 15 u. ö.). In dem vorliegenden Zshg. ist das, woran man vorbeizieht, eben die lebende Menschheit. Daher 6*
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221—248.
besser nicht an Wanderer zu denken, sondern an solche, die vorübergezogen sind, deren Lebensweg vollendet ist (cf. Y. 32,8), sodaß er zu allgem. Betrachtungen über den Sinn ihrer Lebensschicksale einlädt. So allein sind die, bei Wanderern ganz sinnlosen, J otöt verstände und zwar als das, was ihr Lebensweg den Überlebenden beweist. An ein buchstäbl. Befragen ist hier ebenso wenig gedacht wie 12, 7. — 221 Wö: „geführt", Bu. „schwimmen oben". —222 Zu däräk = Wandel cf. 13, 15. — 223 Eigentl.: „Anhäufung" cf. Kö Sy 261 c. — 224 Bu.: trägt man Sorge. —* 225 kol 'ädäm wohl wie Qoh. 4, 15 kol ha-hajjim = tout le monde. — 226 Bu.: „Es handelt sich hier nicht um den Leichenzug, sondern um den Lauf der Welt." Dann kann man nicht besser übers, als Bu.: „Und hinter ihm her zieht alle.Welt, wie vor ihm her ohne Zahl." Aber ist diese bestmögliche Überstzg. ohne weiteres verständlich ? Einfacher und natürlicher denkt man doch an den Leichenzug, mit dem das Ehrenvolle des Begräbnisses weiter ausgemalt werden soll, und wenn auch mit Di. dann diese Beschreibung etwas früher zu erwarten wäre. Übrigens in Ansehung heutiger pal. Leichenzüge ist ein teilweises Yoranziehen der Teilnehmer nichts Befremdliches. In ungeordnetem Schwärm umgeben Leidtragende die Bahre. — 227 Zu ki cf. Kö Sy 372 e (Gen. 18, 5). — 22S Zu häfäs cf. 21, 21. — 229 Offenbar soll in dieser Schlußrede des E. angedeutet werden, wie weit dieser von der Lösung des Problems entfernt geblieben ist, da nach dem Prolog Hiob eben um seiner Gottesfurcht willen zum Leidenden wurde. — 230 Wö: „und habe Friede mit ihm" cf. Kö Sy 364 k. — 231 sür = sor. — 232 Vom D. beabsichtigte Anspielung auf den Epilog cf. 42, '7 ff. cf. Nt. 229. — 233 jädi wohl Schreibf. für jädö, Sinn (Steuernagel): „Gottes schwer auf mir lastende Hand preßt mir Seufzer aus." — 234 cf. Nt. 143. — 235 näsah = Ruhm, Erhabenheit wie 1. Chron. 29, 11; 1. Sam. 15, 29. - 236 Wö: „der Weg, der bei mir ist" = „den ich vorhabe". Sinn: „er kann mir deswegen ausweichen, weil er schon vorher weiß, wohin ich mich wenden will". 237 Eigentl. wohl „infolge von". - - 238 Wö: „Infolge meines Antlitzes, das Dunkel bedeckt". Der Text wird verderbt sein. — 239 W ö : „warum sind von Gott nicht Zeiten aufgespart (vorbehalten Di.) lind sehen die, die ihn kennen (lieben) nicht seine Tage (Gerichtstage, Anlehnung an den Ausdr. jöm jahweli)?" — 240 Zu vgl. qarra zaidun 'asadan = Zaid stand als ein Löwe (Kö Sy 332 1.) — 241 Wö: .,in ihrem Tun (in der Sphäre ihres Tuns, was ihr Tun anlangt) sind sie". — 242 Warum auf dem Felde der „Gottlosen", ist nicht verständlich. Man müßte denn annehmen, der Abschnitt rede von den Frondiensten, die man dem armen Volk abverlangt. Aber dagegen spricht V. 5. Bu. liest 'asir, Torcz. ras. - 243 Wö: „umarmen" cf. Thren. 4, 5. 244 (1. sad statt sod). Genau wohl nach Di.: „und was der Elende an hat, nehmen sie als Pfand". — 245 Di.: „Zwischen ihren Ider reichen geizigen Dienstherrn) Mauern (also unter ihrer Aufsicht und für sie) müssen sie Öl machen". Aber die reichen Dienstherrn sind nicht mit Sicherheit aus dem Text herauszulesen. Gewißheit ist nicht zu erlangen, da das Suff, von sürötäm beziehungslos dasteht, auch die Wörter jashirü und sftröt schwer zu verstehen sind. Nur insofern scheint der Vers in den Zshg. zu passen, als die Erfolg- und Sinnlosigkeit ihres Tuns auch hier zum Ausdr. zu kommen scheint, wie im ganzen Abschnitt von V. 5 an. - - 246 Mem pro Bet, Kö Sy 330 m. — 247 cf. Nt. 16. — 248 Wö:
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„nebeneinander, in gleicher Linie (sind = stehen! ihnen" Kö Sv 3751. — 249 D. h. er gibt allem, was leuchtet, sein Licht. — 250 Wö': „unter ihnen" sc. den Wassern. - - 251 „Lauf und Ziel" zur Wiedergabe des qesöt. — 252 cf. Nt. 48. — 253 Mit einem Doppelpunkt kommt man hier nicht aus. — 254 'im auch 25, 4. Nach 20, 29 könnte auch min stehen. Aber rasa' = ..einer der sich im Unrecht befindet" cf. Ex. 2, 13 und ö. cf. Lex s. v. — 255 Wö „(16) wenn er aufhäuft — (17) dann tut er es, aber (doch so, (Uli) der Gerechte usw." — 256 Wö: „und tut es nicht wieder" wenn man die naheliegende Lesung jösef gutheißt. - 257 säfaq (sonst mit Samek), verbunden mit jad oder kaf, faßt man als Gebärde der Schadenfreude oder Verhöhnung auf. Das paßt aber nicht einmal 34, 37 (wo kaf fehlt) keinesfalls für Thren 2, 15. Man muß es vielmehr als Gebärde des Beklagens (cf. Num 24, 10) fassen und es wohl unterscheiden von dem mäbä' kaf, in die Hände klatschen vor Freude (möglicherweise auch bei Schadenfreude natürlich). L.„Bauer: Volksleb. im Lande d. Bib. schreibt S. 256 (und zwar in Übereinstimmung mit meinen Beobachtungen): „Das langsame, abwechselungsweise Ineinanderschlagen der Hände und Zwischeneinreiben der Finger geschieht als Zeichen der Trauer (Klagel. 2, 15; Nah 3, 19), das rasche starke Händeklatschen als Ausdruck der Freude Ps 47, 2. — 258 Mit Unrecht hat man bisher unter säraq „ein höhnendes Pfeifen" verstanden. Aber keine Stelle im AT legt das nahe, da das säraq meist ausdrücklich mit „Entsetzen" verbunden ist, bes. z. B. Ez 27, 36, wo die Trümmer von Tyrus als Gruseln erregende dargestellt werden. Mail darf bei der Erklärung von säraq nicht von unseren Gelegenheiten ausgehen. L. Bauer beschreibt a. a. 0. 50 Gesten des heutigen Palästinensers, unter denen aber die gerade hier in Betracht kommende fehlt und daher nun nachgetragen werden muß. Wenn nämlich der Palästinenser etwas Entsetzen Erregendes wahrnimmt, so runzelt er die Stirn in senkrechte Falten über der Nasenwurzel und zischt, indem er die Zungenspitze an den oberen Rand der unteren Schneidezähne legt und die Lippen derart zusammenkneift, daß sie nur in der Mitte noch mäßig geöffnet bleiben, um dann wiederholt leise zu blasen mit pfeifendem Nebenton. Unzähligemal habe ich das beobachtet. Eine ganze Schulklasse z. B., welche der Züchtigung eines Schülers beiwohnte, hörte ich so ihrem Entsetzen Ausdruck geben. Unter später noch befragten Zeugen hörte ich hernach in Berlin einen Bethlehemiten, dem ich einen Entsetzen erregenden arabischen Brief zu lesen gab, auf diese Art „pfeifen". So weit meine Erkundigungen reichen, ist diese Geste auf Syrien-Palästina beschränkt. Daß solcherlei Einzelheiten für Jahrtausende lokalisiert bleiben können, zeigt die merkwürdige Tatsache, daß noch heute die Einwohner von Nablus sin wie sin aussprechen cf. Jud 12,6 (cf. L. Bauer: Das Pal. Arabisch 3. Aufl. S. 8). Wö also: „Man pfeift über ihn infolge (beim Anblick) seines Ortes". — 259 kl hier, wie so oft, demonstrativ =- „zwar", im Blick auf das w-adv. von V. 12, kann in der Übers, übergangen werden. — 260 Wö: „die vergessen sind vom Fuß", d.h. die, welche der Fuß aufhört, zu tragen, weil er keinen Boden mehr hat. 261 Man liest wohl bemö. Aber auch hier muß, wie so häufig im AT, zu dem ke eine Präpos. ergänzt werden, Kö Sy 319 f. - - 262 W ö : der Ort des Safirs sind ihre (der Erde) Steine. — 263 D. h. der Bergmann, auf den sich das lö bezieht. — 264 Cf. Nt 70. — 265 Das 1 steht parallel zu b am Anfang des folgenden Verses und muß daher
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gerundiv gefaßt werden. — 266 Mit horäf ist hier die Zeit gemeint, da man geerntet hat und sich reich fühlt. — 267 Mit rehöb ist der Platz am Tore gemeint. Neh 8. 1. 3. 16; 2. Chron 32, 6. — 268 Wo: „Ich zog Gerechtigkeit an, und es bekleidete mein Recht mich wie Obergewand und wie Turban". Nicht: „da zog mich meine Ger. an", wie man nach hebr. Redeweise fälschlich erwarten konnte. Denn auch im Hebr. zieht niemanden ein Gewand an. Wohl kann der Geist Gottes jemanden anziehen, d. h. ihn als Manifestation benutzend Jud 6, 34 u. ö. Allerdings wäre bei der obigen Fassung Hifil zu erwarten, was vielleicht auch beabsichtigt war. Doch kommt das Part. pass. Q. öfters in der Bed. „bekleidet mit" vor cf Ges.-B. Lex (17) s. v. läbüs. — 269 In Y. 1 u. 2 stellt der D. sich eine größere Zahl von Zuhörern als anwesend vor (wie wohl schon 17, 6), die nach V. 1 spotten, obwohl sie jünger sind als er, während in Y. 2 im besonderen auf die älteren Freunde angespielt wird. — 270 ämäs muß hier eine weitere Bedeutung haben. — 271 Zu dem „wie über" cf. Nt 261. — 272 Eigentlich: „Gottlose und Namenlose". — 273 Wö: Er läßt los seinen Zaun und bedrückt mich. — 274 Wö: und den Zügel vor mir lassen sie schießen, d. h. benehmen sich zügellos gegen mich. — 273 Wö: schütten auf gegen mich die Pfade ihres Verderbens. — 276 Cf. Nt 271. — 277 Kö Sy 348 i: sing fem statt plur. — 278 Wö: „meineNager". — 279Wö: „mit großer Gewalt entstellt sich mein Gewand". Um des rob koah willen scheint das zu heißen: „es wird straff". — 280 Betr. dieser Vershälfte ist schwerlich eine Sicherheit zu gewinnen. Man kann übersetzen: „In dem Maße (der Weise) meines Untergewandes". In letzterem Falle wäre obige Übers, möglich. — 281 Das ketib ist aus tesü'ah verschrieben Di, Bu u. a. — 282 L. m. and. loh ( = lo"') jisawwea'. — 283 Eig. wohl „war traurig mit". — 284 Zu gedelani cf Ges gram 117 x, zum Suff, des letzten Verswortes Kö Sy 247 f. u. St 119: expliziertes Fem., das in jätöm liegt. — 285 'im lo' muß hier als Schwurpart. gef. werden, wie in V. 20. — 286 Sinnvoller punktiert man 'oreah cf. Di. — 287 Wie „ein Mensch" kann man nicht übersetzen. Hiob kann sich selbst nicht allgemein mit einem Menschen „vergleichen", weil er selbst einer ist. — 288 ba'al mit Suff. bek. immer Plur. — 289 Nach Gen 22, 21 zu Aram gehörig, nach Jer 25, 33 ein arab. Stamm. Dann wäre der Wohnort in der Heimat der Freunde zu suchen. Die Sprache Elihus weist aber vielleicht nach Aram. — 290 Bu. wö: weil er sich selbst Gott gegenüber das Recht zusprechen wollte. — 291 Di.: Der Ausdr. ist ungelenk, denn eigentl. hat er nicht nur den Hiob sondern auch die drei anderen abgewartet. Andere lesen: be-dabberam 'et 'ijjöb „hatte gewartet, solange sie mit H. sprachen". Indessen ist eine saloppe Ausdrucksweise wohl Elihus Art etwas entsprechend und darf durch die Übers, nicht verbessert werden. — 292 Cf. Nt 105. — 293 Zu fän cf. Nt 195. — 294 Wö: „und die Meinung reden meine Lippen als etwas Lauteres, Unentstelltes" so Kö Sy 332 g. — 295 Wohl miliin zu ergänzen nach 32, 14. — 296 Wö: Siehe, ich gelte vor Gott dir gemäß. — 297 Wö: Ich bin abgekniffen von Lehm, merkwürdige Parallele zum assyr. qarasu ttya, dem techn. Ausdr. für die Tätigkeit der Schöpfergottheit KAT 506. — 298 Zu V. 9 cf. 9, 21; 10, 7; 16, 17; 23, 10; 27, 2—7; zu V. 10 cf. 10, 13—17; 19, 11; 30, 21; 13, 24; zu V. 11 cf. 13, 27. — 299 Wö: „denn alle seine Worte (nämlich des Menschen cf. vor. V.) beantwortet er nicht". — 300 Cf. Nt 50. — 301 ma'asäh = facinus 1 Sam 20, 19. — 302 Wö:
303
342.
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und er den Hochmut vom Manne weg (d. h. daß er verschwinde) bedecke. — 303 Wö: während die Menge der Gebeine noch ganz lebenskräftig war. — 304 Wö Kö Sy 340 o: Und sein Lebenshauch macht übelriechend es, sein Brot, und sein Odem (näfäs wie 41, 13) [sogar seine] Lieblingsspeise. (Di Sinn: Die Seele hat den Trieb nach Lebensunterhalt verloren). — 305 W ö : vom Ansehen weg. — 306 Wö: und kahl hervortretend werden seine Gebeine, die nicht sichtbar waren. — .307 Das „jeä" ist hier konstr. wie nissab. — 308 Steuern, übers, (k. Ubers. 4 A): „Um für den Menschen Zeugnis von seiner Redlichkeit abzulegen". — 309 Die Krankheit ist's, die hier kofär, also ein Sühne-, Lösegeld oder Ausgleich genannt wird. Das bezeugt 36, 18. — 310 Wieder eine parab. Sentenz wie 5, 7. — 311 Wö: „beim Essen" (Gerund.). — 312 Cf. 9, 15,20; 13,18; 2 7 , 2 . — 3 1 3 Wö: „trotz meines Rechtes (cf. 10, 7) soll ich lügen". — 314 'im jäsim eläw libbo „dächt er an sich selber". Aber dieser Gedanke ist zu wenig durch den Zusammenh. vorbereitet. Budde: „Offenbar sind jäsim libbö und jäsib rühö Varianten, von denen die letztere vorzuziehen ist". — 315 nikkar hier: „ansehen, berücksichtigen". — 316 am hier koll. für Untertanen. Der zweite Versteil wö: „man tut den Starken hinweg ohne Hand" zu letzterem 20, 26. — 317 Wö: „denn nicht richtet er auf einen Menschen sein Augenmerk noch, daß", zum Gedank. bes. 10, 6. — 318 Wö: „klatschen"; tahat ist hier, ebenso gebraucht wie lifne 3, 24; 4, 19 Kön Sy 3, 27 y. — 319 Leichtere LA 'eläw, so verschieden Hss. — 320 Kö Sy 193 b : Äquivalent für Beding.-Satz bes. wenn jakt. elev. beabsichtigt sein sollte. — 321 Umstellung im Deutschen erforderl. — 322 Wö: „außer dem, was ich sehe". Das fehlende nom. rect. aus einem Teil des folgenden Satzes zu ergänzen, cf. Kö Sy 337 v. — 323 Das zweite ki leitet den Nachsatz ein, wie häufig cf. 8, 6. — 324 be = ke cf. Kö Sy 332 n. — 325 Cf. Nt 257. Auch hier liegt in der Gebärde weniger Spott als Bedauern und Entsetzen. — 32b Wö: „Hast du es für eine Rechtsentscheidung gehalten, (Kö Stil S. 211:) hast du damit ausgesprochen ( = dokumentiert) „ „meine Gerechtigkeit ist besser, als die Gottes" ", daß du sagtest usw.". — 327 Die Ergänzung „mir" ist wohl sinngemäß. — 328 Das unbest. Pron. können wir mit „wir" wiedergeben. — 329 Eigentlich wohl „steht zur Verfügung" = „ist in seiner Macht" (cf. m. HL Nt 141). — 330 Eigentlich „heimsucht" nicht als absol. im Deutschen gebräuchl. — 331 Das Hap-leg. fas wird als „Übermut" oder „Torheit" erklärt cf. Ges.-B. Lex. Dann wäre es wohl gleichbedeutend mit tifläh cf. Nt 247, was um so eher anzunehmen, da sich E. offenb. auf die Rede H.'s bezieht, in welcher er von der scheinbaren Verkehrung der sittl. Weltordnung (tifläh) spricht Kap. 24. — 332 Wö: daß -es für Gott noch Worte gibt. — 333 Wö: will mein Wissen von ferne her holen. — 334 Zu dem 'ätten cf. Nt 16. — 335 „Bei Königen" steht betont voran, deswegen auch vor dem w-consec. cf. Nt 46. — 336 Cf. 33, 18. — 337 Das pleonastische Suff, kann im Deutschen übergangen werden. — 338 Mit Recht wird der Satz condit. gef. Mäle'tä wö: „du bist erfüllt sc in deiner Seele, d. h. begehrst es leidenschaftlich" cf. Ex 15, 9; Qoh 8, 11. — 339 Wö: „wahrlich der Grimm verführe dich nicht im Übermaß" ( = allzu sehr). Spott kann sefäq nicht heißen cf. Nt 257, zu schweigen, daß „Spott" wenig in den Zusammenh. paßt und man le statt be erwarten müßte. — 340 Cf. Nt 309 zu 33, 24. — 341 welo'-be ist aus dem vor. Versglied zu ergänzen. — 342 Wö: „Lechze
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343—364.
nicht nach der Nacht, daß Völker auffahren, da wo sie stehen, d. h. von ihrem Platze d. h. unversehens". Dieser V. bezieht sich inhaltlich auf V. 17 und bürgt für die Richtigkeit unserer dort. Auff. — 348 Wö Di: daß sie Regen seihen (läutern) auf seinen Nebel hin. — 344- Wö „den (d. h. Regen) die Wolken fließen" anal, unserem „Wimpern strömen Wasser". — '345 Wö: „wer aber vollends versteht die Wolkenausbreitungen und das Tosen seiner Hütte (unter der nach Ps 18, 12 die Wolke zu verstehen ist)". — 346 Wö: „Siehe er breitet sein Licht über sich und deckt darüber (nämlich über das Licht) die Tiefen des Meeres (wohl des himmlischen Meeres)". Im Gewitter ist also Blitzlicht das Gewand Gottes und die Wolken der Mantel, unter dem das Licht verborgen ist. — 347 Das le ist le normae cf. Kö Sy 232 q. — 34S Zu be - „als" z. B. „als" Zeuge cf. Kö 332 m, also Wö: „befiehlt über ihm als ein treffendes". Hifll hier = Kai cf. Ges. Lex s. v. Nr. 3. — 349 Wö: „die Herde auch kündet den (im Gewitter) aufsteigenden". Annahme einer Textverderbnis liegt allerdings nahe. Aber befriedigende Korrekturen sind nicht vorhanden. — 350 Die wörtl. Übers, „und springt auf von seinem Platze" ist im Deutschen unmöglich. Für den Hebr. mag der Ausdr. erträglich gewesen sein. — 351 'iqqeb zurückhalten, weil in der Mischna 'aqqäbäh das Zurückhalten heißt. Das Suff. bez. sich dann auf ör = Blitze. Bu. korrig. ganz sinngemäß beräqim in den Text hinein. — 352 Die Ausleger glauben durchweg, die Gewitterschilderung werde hier aufgegeben. Da aber Gewitter in Pal. nur im Winter vorkommen, so sind sie nicht selten mit Schneefall und Hagelschlag zu gleicher Zeit verbunden. Zwei derartige Gewitter, eins mit Schnee und eins mit Hagelschlag „und" Schnee kommen in Zaidan's arabischem Roman (der entronnene Mameluck) vor, cf. meine Übers. S. 11 u. 14 u. S. 144. — 353 So wird der pleonastische Satz am besten umschrieben. — 354 Diese Aussage ist nicht mit den Auslegern auf die durch den Winter gebotene Untätigkeit, sondern auf die Gewitterstunden zu bez., von denen immer noch die Rede ist, cf. Nt 352. — 355 Eigentl. infolge der Nordwinde (?) kommt Kälte. — 356 qäraji muß hier wie 38, 29 u. Ps 147, 14 „Hagel" bedeuten, cf. Nt 352. — 357 Dann aber (cf. vor. Nt) ist die Weite des Wassers der sprühende Regen, der nun in die Enge kommt, d. h. komprimiert wird und nicht mehr in die Weite geht, sondern gradlinig und bekanntlich strichweise niederfällt. — 358 Wö: „und jenes in Kreisungen dreht sich durch seine Lenkung, damit sie (das Suff, kann auf mesibböt gehen), tuen alles usw.". — 359 Auch Di. meint, das zweite im im Satze könne Schreibfehler sein, obwohl er es als nicht ganz sinnlos anerkennt (wenn es für seine Erde gut ist). Das jamsi ehü heißt vielleicht „läßt er es finden" = „läßt es vorhanden sein". Es kann im Deutschen ohne Sinnverkürzung übergangen werden. — 360 Der Inhalt dieses Verses ist nur verständlich mit Anerkennung des in Nt 352 gesagten. Nach dem Gewitter kühlt es sich in Pal. nicht ab, wie bei uns, da es dann Winter ist; vielmehr wird es warm, weil nun die Sonne wieder scheinen kann. — 361 Gemeint ist natürlich das Ende des Gewitters, wo die weißen, scheinbar still stehenden, Wolken einem Gewölbe gleichen. — 362 Wo: oder sagt einer, daß er vernichtet werden will? — 363 Gemeint ist das Licht, welches weiß erscheint, weil es hinter den weißen Wolken steht, cf. vor. Nt. — 364 Am besten versteht man das Gold von den goldenen Sonnenstrahlen. Daß dieses von Norden her kommt, mag damit zusammenhängen, daß das Gewitter vielleicht als von Norden (V. 9?) her
365
400.
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kommend gedacht wird, wo deswegen auch die Aufklärung beginnen muß. — 365 Wö: „über den verehrungswürdigen Gott ist Pracht (ausgebreitet)", die eben durch das Sonnengold symbolisiert wird. 366 ädän sonst „Fußgestell der Säulen", hier, wo es sich um die ganze Erde handelt, „Grundmauern". — 367 Bei dieser, jetzt sehr beliebten Ubers, muß man huqqaw lesen. Das w könnte infolge Haplographie ausgefallen sein. — 38 Wö, wenn auch nicht ganz einwandfrei: „hier machts halt mit usw." cf. Jes 22, 7; Ps 3, 7 Di. — 369 Dem D. schwebte wohl als Subj. zu jitjassebü „Berge und Täler1' vor. — 370 Wö „wo ist der Weg (dahin), wo das Licht wohnt?" 371 „ B e i d e m u ß hinzugefügt werden. — :!7v! Seine „Jungen" ist im Deutschen unmöglich. Der Ausdr. „Trabanten" erweckt die vom D. beabsichtigte Vorstellung. Nur muß man den Ausdr. nicht astronom. verstehen. — 373 In dieser Wiedergabe des aramäis. Syonym. von färä' treffe ich mit Steuernagel zusammen. — 37+ jetür vielleicht st. constr. von jätür „das Erspähte". — 375 Wö: an die Furche seines Seiles. — 376 Eigentl. „Erarbeitetes". — 377 Die Bedeutung legt der Zusammenh. sehr nahe, obwohl sie nicht weiter zu belegen ist. — 378 Wö „Sie scharren im Tale (nat. mit den Hufen)", viell. schwebten dem D. bei dem Verb, häfar schon Hufe vor cf. arab. häfir „Huf". — 379 Cf. zu lahab in der"Bedeutung „Spitze" Jud 3, 22'; 1 Sam 17,7, auch Gen 3, 24 lahat cf. Nt 211. — 380 Wö: „schlürft den Boden", was im Deutschen nicht allgem. verständlich. — 381 Wö: schwingt sich durch deinen Verstand der Falke empor? — 382 Da mesudät mit süd „jagen, fangen" zusammenhängt, könnte es hier „Ort, an dem man Beute erspäht" bedeuten, was zur unmittelbaren Fortsetzung gut paßt. Die Zacke des Felsens ist gleichzeitig Spähort. — 383 Di.: ein-, zweimal steht nur der poet. Gliederung wegen für „mehrmals" (Ps 62, 12). Wö also: Einmal hah'.ich geredet und zweimal und tu es nicht wieder. — 38+ Wö: und verbinde ihr Angesicht am verborgenen Ort. — 385 Wö: bedrückt. — 3S6WÖ: „In seinen Augen" = „von ihm gesehen" = „von vorne" faßt einer es an? cf. Di. — 387 Wö: „Siehe seine Hoffnung erweist sich als trügerisch, wird er nicht (nicht: cf. 20, 4) geschleudert sogar auf seinen Anblick hin?" — 388 Wö: keiner ist so kühn, daß er. — 389 Diese Bedeutung ergibt nur der Zusammenh. für das sonst nicht zu erklärende Wort. — 390 Eigentlich: wie (aus) ein(em) Topf, der angeblasen ist, und Binsen. — 391 Wö: es breitet einen Dreschschlitten über den Schlamm. — 392 Wo: „man hält die Tiefe für graues Haar", nämlich um des glänzenden Pfades willen, den es beim Schwimmen hinter sich zurückläßt. — 393 Wö: „darum habe ich gekündet, und ich verstand's nicht, Dinge, die mir zu wunderbar waren, und ich erkannte nicht". — 394 Wö: nach Hörensagen hatte ich gehört von dir. — 395 Wö: „sondern sein Angesicht sehe ich an". Die negat. Voraussetzungliegt im Kontext Kö Sy 372 h. — 396 „Torheit" = „Strafe für Torheit" cf. Di. z. St. — 397 Dietrich wird demnächst eine Arbeit unter dem Titel: „Die endzeitliche Wiederherstellung bei den Profeten (süb sebüt)" erscheinen lassen, über deren Inhalt er mir freundlichst ausführliche briefl. Mitteilungen gemacht hat. Aus diesen geht hervor, daß unsere Stelle übers, werden kann „Jahwe stellte den Hiob wieder her". — 398 Man muß wohl Plural lesen, der vielleicht beabsichtigt war. Di. verteidigt den Sing, als möglich, weil es hier nicht auf die Zahl, sondern nur auf die Sache ankommt, daß er für seine Freunde betet (12, 4; 17, 21). — 399 Wö: und er gab. — 400 Wö: Jahwe verdoppelte Hiob alles, was er gehabt hatte.
4. Zusammenstellung der Inhaltsangaben nebst Konkordanz. In der vorliegenden Übersicht ist eine Konkordanz in der Weise enthalten, daß die Einzelthemen des Buches mit kleinen Buchstaben bezeichnet sind, denen jedesmal die Zahl desjenigen Abschnittes beigefügt ist, in w elchem das Thema zuletzt berührt Wirde (z. B. A 43 k heißt: das Thema k ist in Abschnitt 43 zuletzt vorgekommen). Man kann daher von jedem Abschnitt aus die Behandlung eines Unterthemas bis zum Anfang zurückverfolgen. Will man umgekehrt einem Thema vom Anfang an bis hin zum Ende nachgehen, so kann man sieh der vorstehenden Zahlenübersicht bedienen. a) b) c) d)
Hiobs Klage: 9—12, 19, 50, 57, 67, 98. Der Hades: 10, 25, 37, 52, 59, 62, 89, 94, 97. Des Leidens Ruhelosigkeit: 12, 27, 33, 34, 37, 48. Gottes Walten im Menschenleben: 14, 16, 17, 33, 35, 39, 44, 76, 79, 83, 87, 92, 94, 108, 111, 113. e) Die menschliche Sündhaftigkeit: 15, 27, 35, 36, 49, 52, 55, 88, 105, 112. f) Das Vergelten Gottes: 16, 17, 28, 38, 64, 74, 81, 82, 93. g) Musterbeispiele des Weisen: 16, 30, 56, 64, 74, 76, 79, 83, 93,105. h) Unbegreiflichkeit Gottes: 17, 32, 39, 44, 89, 94, 108,113, 114, 115, 116, 117, 118. i) Gottes Weisheit in der Natur: 17, 32, 39, 42 51, 53, 88, 89, 94, 115, 116, 117. k) Die Bedeutung der Lehre: 18, 29, 43, 55. 56, 101, 103, 118. 1) Hiobs Unschuld: 20, 32, 33, 34, 35, 38, 47, 48, 58, 59, 65, 85, 86, 90, 99, 100, 104, 106, 108, 119. m) Des Leidens Hoffnungslosigkeit: 21, 24, 25, 33, 34, 47, 50, 51, 53, 62, 66, 96, 98. n) Das Verhalten der Freunde: 22, 23, 41, 45, 46, 57, 58, 59, 60, 61, 62, 65, 68, 71, 78, 80, 90, 91, 95. o) Gottes Liebe: 25, 35, 36, 52, 59, 60, 70. p) Hiobs Rechtsstreit mit Gott: 32, 33, 34, 36, 46, 47, 48, 50, 55, 58, 59, 60, 75, 85, 99, 104, 108. q) Gott tut Hiob Unrecht: 33, 36, 49, 58, 66, 68, 86, 96, 97, 104, 106. r) Nutzen der Frömmigkeit: 33, 81, 107, 109, 110. s) Vernunft als Erkenntnisquelle: 43, 101, 106. t) Läuterungsleiden: 105, 112, 113.
Inhaltsnngiilii'.
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Prolog. 1 (I) Hiob, ein reicher Herdenbesitzer im Ostjordanland, wird als ein Mann von ausgezeichneter Frömmigkeit beschrieben (1—3). 2 Die Echtheit seiner Frömmigkeit wird an der Sorge offenbar, seine Kinder möchten beim Genüsse der irdischen Güter das Band der Herzensgemeinschaft zerschneiden, das sie mit dem himmlischen Spender der Gaben verbinden sollte (4—5). 3 Allein der Satan, welchen Gott in einer himmlischen Ratsversammlung auf die ausgezeichnete Frömmigkeit Hiobs aufmerksam macht (6—8), stellt diese als utilitaristisch dar (9—10), was, wie er versichert, sich zeigen werde, sobald Hiob seiner Güter verlustig gehen würde (11). Deshalb gibt Gott dem Satan Macht, Hiob alles, was er hat, zu nehmen, jedoch mit der Maßgabe, ihm selbst kein Leid zu tun (12). 4 Hiob empfängt nun vier hintereinander eintreffende Boten, durch die er schrittweise erfährt, daß er alle seine Güter samt seinen Kindern verloren hat (13—19). 5 E r unterwirft sich dem "Walten Gottes (20—21), ohne zu murren (22). 6 (II) Bei einer zweiten Ratsversammlung macht Gott den Satan darauf aufmerksam, daß Hiob die Probe bestanden habe (1—3). Da aber der Satan behauptet, Hiob würde versagen, wenn er körperlich leiden müsse, gibt Gott dem Satan Macht über Hiob selbst, jedoch mit der Maßgabe, sein Leben zu schonen (4—6). Hiob wird aussätzig (7—8). 7 Hiob besteht abermals die Probe, obwohl ihn sein eigenes Weib zum Abfall verleiten will. Der Satan hat also die "Wette verloren (9—10).
Dialog. 8 Drei Freunde Hiobs verabreden sich, ihn zu trösten (11), und verharren, entsetzt über das Unglück, das
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Inhaltsangabe.
ihn getroffen, sieben Tage und Nächte bei ihm, ohne ein Wort des Trostes für ihn zu finden (12—13). 9 (III) Darauf verflucht Hiob den Tag seiner Geburt und die Nacht des Empfängnisses (3—10) [a], 10 wünscht, er wäre gleich nach der Geburt gestorben, da ein Hadesleben [b] seinem gegenwärtigen Elend vorzuziehen sei (11—19), 11 und beklagt, daß es ihm nicht vergönnt sei, jetzt zu sterben (20—23), 12 wo solch ruhelose [c] Pein ihm zuteil geworden sei (24-26). Erster Gesprächsgang. 13 (IV) Elifas, anscheinend auch im Namen seiner Freunde redend, hält ein Trostwort für schwierig (2), findet es aber verwunderlich, daß Hiob, der einst andere zu trösten verstand, jetzt so verzagt ist ( 3 - 5 ) . 14 Unter dem Hinweis darauf, daß Hiob das Vertrauen auf die Beständigkeit seines Glückes immer auf seine Frömmigkeit gegründet habe (6), erinnert er ihn an die Tatsache, daß niemand bisher unschuldig umgekommen sei [d], und jeder das ernte, was er gesät habe ( 7 - 1 1 ) . 15 Sodann führt er in einer schönen, wenn auch umständlichen, Schilderung sein Wissen um die allgemeine menschliche Sündhaftigkeit auf eine nächtliche Offenbarung zurück (12—17), indem er weiterhin die menschliche Sünde mit der Schwäche und Vergänglichkeit des Menschen in Verbindung bringt ( 1 8 - 2 1 ) [e], 16 (Y) Hiobs Unglück kann er nicht für zufällig halten (1) [A 14 d], auf Frevel folgt ordnungsgemäß [f] Unglück (2), auch wenn es vorkommt, wie er an einem Beispiel [g] zeigt, daß der Böse eine Zeitlang gedeiht (3—5). Lediglich vom Menschen kommt alles Elend auf Erden her (6—7).
Inbrtltsangalje.
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17 Hiob soll sich daher an Gott selbst wenden (8), der alles wunderbar [h] ändern kann (9), der unversehens, durch sein Walten in der Natur [i] (10), den Geringen hilft (11), der böse Pläne vereitelt (12—14) und so Unterdrückte befreit (15—16) [ A 1 6 d ] . Wird Hiob sich unter Gottes Strafe [A 16 f] beugen (17), dann wird er ihn erretten und ihm wieder beständiges Glück verleihen (18—26). 18 Diese wohlerwogene und zweifellos richtige Lehre (k) soll Hiob sich ernstlich zu Herzen nehmen (27). 19 (VI) Hiob fühlt die Schwere seines Unglücks nicht genügend gewürdigt und seine Klage [ A 9 — 1 2 a] nicht verstanden (2—7). 20 E r behauptet, wenn Gott, wie er es wünsche, seinem Leben ein Ende machen würde, sich mit der Gewißheit seiner Unschuld [1] trösten zu können (8—10). 21 Seine Lage bietet ihm keine Veranlassung mehr, noch zu hoffen [m] und auszuhalten (11—13). 22 Die Tröstung der Freunde [n] enttäuscht ihn jämmerlich ( 1 4 - 2 1 ) . 23 Sie sollen ihm innerlich zurechthelfen (22—24), dann wird aufrichtiger (25) und sachgemäßer (26) Tadel ihm willkommen sein. Aber die Freunde [A 22 n | haben eine übele Gesinnung (27). Sie sollen sich aufrichtig zu ihm kehren, da er doch nicht aus Bosheit so geredet hat, wie er tat (28—30). 24 (VII) Sodann vergleicht er sein hoffnungsloses [A21 m] Leiden mit den Mühseligkeiten eines Sklavenlebens (1-6). 25 E r bittet Gott, wo er doch Gegenstand dessen liebender [o] Fürsorge ist, seines hoffnungslosen [ A 2 4 m ] Dahinfahrens zum Hades [ A 1 0 b] zu gedenken (7—10). 26 Denn bleibt es so, dann muß er es frei heraus sagen (11), daß er bei seinem unerträglichen Leiden am liebsten freiwillig aus dem Leben schiede (12—14). 27 Nichts arideres bleibt ihm bei solch ruheloser [A 12 c]
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Inhaltsangabe.
Pein mehr übrig (17—19), wenn Gott sich nicht sündenvergebend [A15 e] seiner erbarmen will (20—21). 28 (VIII) Bildad erklärt den Tod der Söhne Hiobs für die gerechte Strafe [A17 f] Gottes ( 2 - 4 ) und empfiehlt ihm, Gott aufrichtig anzuflehen, der dann eine herrliche Zukunft über ihn heraufführen werde (5-7). 29. Er soll sich Weisheit holen bei den Weisheitslehrern [A18 kj der Vergangenheit (8—10). 30 Die Gottlosen sprießen wie Ried ohne Wasser, das nicht groß wird (11—15). Sie gleichen einer üppigen Gartenpflanze, die plötzlich ausgerottet wird (16—19) [A16g]. 31 Gott hilft den Frommen und verwirft die Bösen (20-22). 32 (IX) HioK), weit davon entfernt, seinem Vorredner zuzugestehen (vgl. 8, 3 ff.), daß er selbst die Schuld [A 201] an seinem Unglück trage, gibt ironisch [vgl. 11, 3] zu, daß der Mensch allerdings immer im Unrecht bleibe, wenn er nämlich mit Gott rechten [p] wolle (2—4), weil Gott, wie er sich in Naturkatastrophen (5—7) und in der großen Welt der Schöpfung offenbart [A17i] (8—9), viel zu klug und gewaltig (4) und un er forschlich [A 17 hj ist (10—11), als daß jemand ihn hemmen oder zur Rechenschaft ziehen könne, wenn er eingreife (12—13). 33 Vor solchem Gott kann er sein Recht nicht behaupten (14—16). Vergewaltigt (19) doch Gott ihn, ohne ihn zur Ruhe [A 27 c] kommen zu lassen (17—18). Bei einem Rechtsstreit [A 32 p] mit Gott, soweit der überhaupt möglich wäre (9), würde seine Unschuld [A 321] einfach nicht anerkannt werden. Darum weil sein Leben doch einmal verloren ist [A25m] (20—21), muß er es frei heraussagen: Gott schlägt darauf los, ohne auf Recht oder Unrecht zu sehen [r] [A17d] (22-24).
Inhaltsangabe.
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34 Bei seinem hoffnungs- [A 33 m] und ruhelosen f A 33 c] Leiden hat er keine Aussicht auf Rechtfertigung (25—31), denn ein Gerichtsverfahren [ A 3 3 p ] ist unmöglich (32—33). Würde Gott ihm eine Ruhepause gönnen, so wollte er wohl seine Unschuld [A331J darlegen (34-35). 35 (X) Doch muß Hiob seiner Verwunderung Ausdruck geben, daß Gott, die Bösen begünstigend, ihn, das Werk seiner Hände [A 25 o], vernichten will (1—3). Sollte Gott ihn verfolgen wie ein kurzsichtiger Mensch, der keine Zeit verlieren darf (4—5), um nach Menschenart seine Schuld [A 27 e] festzustellen, wo er doch unschuldig ist [A 341], außerdem niemand seiner Allmacht entrinnen kann [A 33 d] (6—7)? 36 Wie unverständlich, daß derselbe Gott, der ihn geformt hat, ihn wieder zerschlägt (8—9), daß der Gott, der ihn liebevoll [A 35 o] bildete und sein Leben bewahrte, nun sich als ein Wesen zeigt, das nur den Zweck zu verfolgen scheint, auf seine Sünde [A 35 e] aufzupassen, und sie dann nicht zu vergeben (10—14), ihn nicht hochkommen zu lassen (15), vielmehr ihn beim geringsten Rechtfertigungsversuch [A 34 p] niederzuducken [ A 3 3 q ] (16—17)! 37 Noch einmal wünscht sich Hiob, das Licht der Welt nie gesehen zu haben (18—19). Wenn Gott doch wenigstens eine Zeit [A 34 c] von ihm abließe, ehe er in den dunklen Hades [A 25 b] kommt (20—22)! 38 (XI) Zofar, darüber erbost, wie Hiob seinen Gegner ironisch (vgl. 9,2) abfertigt (2—3) und seine Unschuld [A351] aufrecht erhalten will (4), wünscht, Gott möchte tatsächlich mit Hiob reden, damit er erkenne, daß Gott nicht einmal seine ganze Schuld in Betracht zöge [A 28 f] (5—6). 39 Dann zieht Zofar aus Gottes unfaßbarer fA 32 h] Weisheit und Macht in der Natur [A 32 i] (7—10), wie Hiob sie geschildert hat (vgl. 9, 4 ff.) die Folgerung,
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Inhaltsangabe.
daß Gott alle Bosheit der Menschen kennt [A 85 d] (11). Wer das bedenkt, kommt zur Vernunft (12). 40 Wird aber Hiob sich von seiner Bosheit bekehren, dann wird eine herrliche Zukunft seiner warten (13—20). 41 (XII) Hiob, empört über Zofars Uberhebung und Grobheit findet in der Freunde [A 23 n] Belehrung nichts Neues (2 - 3), vielmehr Verspottung eines Frommen (4), wie denn der, dem's gut geht, dem Unglücklichen gerne noch einen Stoß dazu gibt, während man dem reichen Gottlosen nichts zuzufügen wagt (5—6). 42 Wer nur einen Blick auf die Schöpfung [A 39 i | wirft, weiß das, was Zofar sagt (7—10). 43 Als Erkenntnisquelle gelten Vernunft (5) und tradierte Lehre [ A 2 9 k ] ( L I - 1 2 ) . 44 Aber des Menschen Erkenntnis ist der sich objektiv und kraftvoll auswirkenden göttlichen Weisheit nicht adäquat [A 39 h] (13), deren mannigfache Auswirkungen im Menschenleben [A 39 d] Hiob ausführlich schildert (14—25). 45 (XIII) Die Weisheit der Freunde [ A 4 1 n ] bringt nichts Neues für seinen Fall (1—2). 46 E r will nämlich mit Gott streiten ( A 3 6 p | und über ihn zur Klarheit kommen (3), während die Freunde [A 45 n] alle Fragen totschweigen wollen, eine Unaufrichtigkeit, die Gott nicht gefallen kann (4—12). 47 Hiob möchte nur — auf die Gefahr hin, sein Leben zu verlieren, das er doch nicht retten kann [A 34 m] —, unbefangen seine Unschuld [A 38 1] in dem Rechtsstreit [A 46 p] vor Gott darlegen (13—16). 48 Und die Freunde sollen auf seinen Rechtsstreit [A 47 pj hören, aus welchem er als Unschuldiger [A471J hervorgehen wird (17—19), wenn Gott ihm nur eine Ruhepause gönnen würde [A 37 c] und ihn reden ließe (20—22).
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Inhaltsangabe.
49 Aber vergeblich fleht Hiob, Gott möchte ihm seine Sünde [A 36 e] vergeben und ihn nicht mehr vergewaltigen [A 36 q] (23—28). 50 (XIV) In einem beweglichen Klageliede [A 19 a] gedenkt Hiob alsdann der Vergänglichkeit des Menschen und bittet Gott, nicht weiter mit ihm zu rechten [A 48 p], wo sein Leben doch hoffnungslos [A 47 m] zu Ende geht (1—9). 51 Wie befremdlich, daß zwar der Stumpf eines gefallenen Baumes wieder sprießt (7—9), daß alles in der Natur [A 42 i] sich verändert aber der Mensch hoffnungslos [ A 5 0 m ] im Tode bleibt (10—12). 52 Hiob meint, wenn Gott für das Ende seines Hadeslebens [A 37 b] einen Zeitpunkt festsetzte, ein Blick auf seine erlösende Liebe [A 36 o] alles aushalten zu können (13—15). Doch nun hält Gott seine Sünde [A 49 e] versiegelt (16-17). 53 Aber während die scheinbar unbeweglichen Dinge in der Natur [A 51 i] sich verändern, bleibt die Hoffnungslosigkeit [A 51 m] des Menschen unverändert (18—22). Zivciter
Gespriichsgang.
54 (XV) Elifas wirft Hiob seichte, frivole und verschmitzte Redeweise vor (2—6), 55 ferner Anmaßung gegenüber den bewährten Lehrern [A 43 k j (7—11) und Auflehnung gegen Gott [A50p] (12—13). Wie kann ein Mensch vor Gott im Rechte sein [A 52 e] ( 1 4 - 1 6 ) ! 56 Dann zeigt er an einem Musterbeispiel [A 30 g] der Weisheitslehrer [ A 5 5 k ] (17—19), wie schlecht es mit dem Glück der Gottlosen bestellt ist (20 — 35). 57 (XVI) Hiob findet den Trost der Freunde [ A 4 6 n ] wertlos, weil sie sich nicht in seine Lage [ A 5 0 a ] versetzen (1—6). 58 Gott ist's, der ihn befehdet [A 55.p], und mit ihm T h i l o , Das Bach Hiob.
7
98
Inhaltsangabe.
die Freunde [A 57 n], obwohl [A 49 q] er unschuldig ist [A. 481] (7—17). 59 E r müßte wünschen, daß das ihm angetane Unrecht unaufhörlich gen Himmel schriee (18), wenn er nicht einen göttlichen Zeugen für seine Unschuld [A 581] im Himmel wüßte, der für [A 52 o] ihn eintritt, den Streit [A 58 p] zu schlichten, den er mit Gott und Menschen [A 58 n] hat, bevor er zum Hades [A 52 b] geht (19—22). 60 (XVII) Gott möge doch selbst sich für [A 59 o] ihn einsetzen in dem Rechtsstreit [A 59 p], wo seine Freunde [A 59 n] mit ihm hadern. Hat doch auch Gott ihren Verstand verdunkelt (1—4). 61 Das Unrecht der Freunde [A 60 n] ist furchtbar (5 — 7) und Gerechte müssen es empörend finden (8—9). 62 Sie |A 61 n] werden keine "Weisheit zutage fördern, denn sie nennen, was Nacht ist, Tag, und wollen Hoffnung machen, wo keine [A 53 m] ist, da er zum Hades [ A 59 bj geht (10—16). 63 (XVIIIJ Bildad sieht in der ganzen Unterredung nur leeren "Wortstreit (2—4). 64 E r stellt noch einmal als unbezweifelbar feststehend hin, daß Gott den Bösen straft [A 38 f] (5), und zwar mit einer Schilderung [A 56 g] des Schicksals, das den gottlosen Reichen trifft (6—21). 65 (XIX) Hiob fühlt sich von seinen Freunden [A 62 n] mißhandelt und geschmäht (2—3), wo er ihnen doch nichts Böses tat (4) und sie bis jetzt nicht haben beweisen können, daß er im Unrecht sei [A 591] (5). 66 Sie sollen doch endlich erkennen, daß Gott ihn der Vergewaltigung [A 58 q] preisgibt, ihm seine Ehre genommen und ihn hoffnungslosem [A 62 m] Verderben überläßt ( 0 - 1 2 ) . 67 Hat sein Leiden ihn doch zum Fremdling gemacht unter seinen Genossen [ A 5 7 a ] (13—23). 68 Möchten doch seine Freunde [A 65 n] sich seiner
Iuhaltsangabe.
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erbarmen und ihn nicht wie Gott vergewaltigen [A 66 q] ( 2 1 - 2 2 ) . 69 E r müßte wünschen, daß seine Anklage zum ewigen Gedächtnis (vgl. 16,18) aufgeschrieben würde (23—24). 70 Indessen weiß er, daß der, der ihn vertritt [A 60 o], lebt und daß er ihn schauen werde, es gehe, wie es gehe (25—27). 71 Darum sollen seine Freunde . [A 68 n] sich scheuen, ihm Unrecht zu tun (28—29). 72 (XX) Zoiar will reden, weil er sich durch Hiobs Rede verletzt fühlt (2—3). 73 Auch er muß dabei bleiben, daß das Glück der Gottlosen nur kurzen Bestand hat (4—11), 74 und malt das aus [A 64 g] u. a. unter dem Bilde eines Feinschmeckers, dem der Genuß der Speisen übel bekommt [ A 6 4 f ] ( 1 2 - 2 9 ) . 75 (XXI) Hiob fordert ironisch auf, auch mal von ihm (vgl. 16, 4 f.) ein Trostwort anzunehmen (2—3). E r klagt ja nicht Menschen an sondern Gott [A 60 p] und hat Entsetzenerregendes zu sagen (4—6). 76 Kommt es doch vor, daß offenbare Gottesverächter herrlich und in Freuden leben und in Frieden sterben [A 74 g] (7—15). Hiob will deswegen nicht die sittliche TVeltordnung leugnen (16), da ja die Bösen oft genug von der Strafe ereilt werden. Aber wenn sie, wie es oft geschieht, erst die Kinder trifft, so muß man doch fragen, warum der Gottlose selbst sie nicht zu fühlen bekommt [A 44 d] (17—21). 77 Warum hat denn der eine nur Glück, der andere nur Leid (22—26)? 78 Hiob findet, daß nur sein Unglück den Freunden [A 71 n] Anlaß gibt, ihn für einen Gottlosen zu halten (27—28) (vgl. 12, 5 f.). 79 Aber sind dagegen alle, die glücklich lebten und friedlich starben, wirklich fromm gewesen [A 76 g] V Kann man also aus dem Schicksal, das einen Men7*
100
Inhaltsangabe.
sehen trifft, mit Bestimmtheit auf die sittliche Beschaffenheit des Betroffenen schließen [A 76 d] (29-33)? 80 Es ist also klar, daß die Trostreden der Freunde [A 78 n] wertlos sind, da nun erwiesen ist, daß sie bei der Deutung seines Unglücks Von der perfiden aber unbeweisbaren Grundvoraussetzung ausgehen, er sei ein Bösewicht (34). Dritter
Gesprächsgang.
81 (XXII) Elifas erwidert, es sei Gott gleichgültig, ob ein Mensch gerecht sei oder nicht, der Mensch nütze sich selbst durch seine Gerechtigkeit [A 74 f. A 33 r] (2—3). 82Hiob leidet doch nicht seiner Gottesfurcht wegen. Seine Sünden sind handgreiflich (4'—9) und dafür [A 81 f] ist doch sein Unglück die Strafe (10—11). 83 Hiob ist ein Beispiel [A 79 g] für den Untergang der gewalttätigen Reichen, die sich in ihrem Glück vor Gott sicher fühlen. Das stimmt mit der sittlichen Weltordnung [A 79 d] (12—20). 84 Würde aber Hiob sich an Gott wenden, dann würde alles wieder gut, ja er würde dann noch Schuldige mitretten (vgl. 42, 8) (21-30). 85 (XXIII) Hiob bleibt unwillig (2) und meint, wenn er nur Gottes Richterstuhl [A 75 p] fände (3), dann würde seine Unschuld [A 651] offenbar werden (3—7). 86 Doch er sucht Gott vergeblich. Seine Unschuld [A 85 1] kommt bei der ihm angetanen Vergewaltigung [A 68 q] nicht an den Tag (8—17). 87 (XXIV) Hiob begreift nicht, warum Gott nicht richterlich eingreift (1). Schlechtes Volk darf die Gegend unsicher machen (2—4). Wüstenbewohner überfallen das Kulturland und rauben sinn- und zwecklos (5—13). Lichtscheues Gesindel mordet, stiehlt, treibt Ehebruch (14—17), verschwindet und stirbt eines ganz natürlichen Todes (18—21), Dabei
Inlinltsniiifnbo.
101
ist's Gott, der sin selbst in Todesgefahr am Leben erhält, bis sie auf natürliche Art vergehen [A 83 d] (22—25). Wo ist bei diesem naturhaften Verlauf etwas von richterlichem Eingreifen zu sehen (1)? 88 (XXV) Bildad schließt die Reden der Freunde mit einem pathetischen Hinweis auf den Vater alles Lichtes [A 53 i], vor dem kein Mensch gerecht ist [A 55 ej. 89 (XXVIj Hiob verspottet die Kede Bildads (2—4) und überbietet [A 44 h] sie durch eine viel kräftigere Schilderung der Herrlichkeit Gottes, wie sie sich in der Schöpfung [A 88 i] [Hades V. 6 A 62 b] offenbart (5-14). ' 90 (XXVII) Er versichert, sich nie und nimmer von seinen Freunden [A 80 n] seine Unschuld [A 861] streitig machen zu lassen (2—7). 91 Er macht die Freunde [A 90 n] darauf aufmerksam, wie wenig er in seinem Leiden einem Frevler ähnlich sehe (8—10). 92 Deshalb braucht er nicht die sittliche Weltordnung [A 87 d] zu leugnen, und daß der Frevler ein schreckliches Ende nimmt (11—12). 93 Darauf schildert er [A 83 g] den Untergang eines Menschen, der bei Gott im Unrecht ist [A 82 f] (13—23) (vgl. 22, 12ff.; 21, 16; 22, 18). Schlußreden Hiobs. 94 (XXVIII) Menschliche Kunst und Wissenschaft kann Gold und Kostbarkeiten in der Erde entdecken (1—11). Aber die viel kostbarere Weisheit entdeckt niemand darin [A 89 h] (12—20). Nur der allsehende Schöpfer kennt sie [z. Hades A89b], da er durch sie die Welt schuf [A89i]. Und nur wer diesen fürchtet und das Böse meidet, hat sie [A92dJ. 95 (XXIX) Nach dieser Zwischenrede fährt Hiob weiter fort (1) und beklagt den Verlust seines einstigen Glückes und Ansehens (2—25), während er jetzt zum
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Inhaltsangabe.
Spott Minderwertiger geworden ist (XXX, 1), und die eigenen Freunde [A 91 n | ihm nicht mehr helfen können (2). 96 Selbst aus der menschlichen Gesellschaft vertriebenes Gesindel verspottet ihn und fällt über ihn her, da Gott ihn vergewaltigt [A 86 q] und zur Hoffnungslosigkeit [ A 6 6 m ] verdammt (3—15). 97 So ist sein Leid denn groß, da Gott ihn vergewaltigt [A 96 q] und ihn zum Hades [A 94 b] hinabfahren läßt (16—23). 98 Und wie sollte er nicht klagen [A 67 a] über seine Hoffnungslosigkeit [A 96 m] (24—31)! " 99 (XXXI) Alsdann schließt Hiob mit einer ausführlichen Verteidigung seines Lebenswandels, der gewissen Zuversicht Ausdruck gebend, daß sein Richter [A 85 p] seine Unschuld [A 90 1] anerkennen werde. Die Elihureden
und die
Gottesreden.
100 (XXXII) Elihu, der als ein junger Mann eingeführt wird, ärgert sich über die Unzulänglichkeit der Hiob gegebenen Antworten und über dessen Festhalten an seinem Recht Gott gegenüber [A 991] (1—5). 101 Indem er betont, daß der gesunde Menschenverstand [A 43 s] hier urteilsfähig sei, zumal da Alter und Erfahrung [A 56 k] offensichtlich versagt habe, verspricht er etwas Neues zu sagen (6—15). 102 Er bekennt, daß seine Ungeduld aufs Höchste gestiegen sei und er des Sturmes und Dranges in seinem Inneren nicht mehr Herr sei (16—22). 103 (XXXIII) Er fordert Hiob auf, seine Rede unbefangen zu hören und ihm gegebenen Falles zu erwidern, da er nicht als (Lehr)Autorität [A 101 k | auf ihm lasten wolle (1—7). 104 Er behauptet nun, Hiob sei im Unrecht, wenn er sich immer auf seine Unschuld [A 1001] beriefe, und behaupte, daß Gott ihn gewaltsam, behandle [A 97 q],
Inhaltsangabe.
103
wie es überhaupt verkehrt sei, mit dem großen Gott zu streiten [ A 9 9 p ] (8-13). 105 Dann macht er an einem Beispiel klar [A 93 g], daß es auch Läuterungsleiden [t] gibt [A 88 e] (14—30). 106 Da Hiob darauf nichts zu erwidern hat (31—33), glaubt Elihu (mit der wiederholten Aufforderung, alles Ternünftig zu prüfen [A 101 s]), nun eine Grundlage zu haben, seine Vorwürfe gegen Hiob bestimmter zu formulieren, indem er noch einmal behauptet, Hiob dürfe Gott nicht als den Unterdrücker [A 104 q] seiner Unschuld [A 1041] hinstellen (XXXIV 1—6). 107 Weiter macht er Hiob zum Vorwurf, die sittliche Weltordnung geleugnet zu haben und zwar mit der Behauptung, es nütze ihm nichts, mit Gott in Gemeinschaft zu leben [ A 8 1 r ] ( 7 - 9 ) (vgl. 9, 22 ff.). 108 Zur Begründung des ersten Vorwurfs [A 106] macht Elihu geltend, daß Gott der oberste Weltregierer sei, der von niemand zur Rechenschaft gezogen werden könne, die Welt also zusammenfallen würde, wenn er Unrecht täte (10—15). Der Allmächtige walte vielmehr nach den Gesetzen seines eigenen Geistes ohne gerichtliches Verfahren [A 104 p] (16—28). Wenn er z. B. durch Bestrafung eines Volksleiters ein ganzes Volk erschüttere [A 94 d] (29 —30), dann dürfe der einzelne sich nicht über unschuldiges [A 1061] Mitleiden beklagen ( 3 1 - 3 3 a ) [A 94 hj. 109 Da Hiob dagegen nichts vorzubringen weiß (33 b—37), kommt Elihu auf den zweiten Vorwurf [A107 r] gegen Hiob's Aufstellung zurück (XXXV 1—3), den er anders begründen will als die Freunde (4) (vgl. 22,1). 110 Er begründet diesen Vorwurf [ A 1 0 9 r ] mit dem Hinweis auf die Erhabenheit Gottes, dessen Tun man durch seine menschlichen Werke, seien sie böse oder gut, keinen Einfluß gewinnen könne (5—8). 111 Schreit man aber über Not und Bedrückung (vgl. besonders Kap. 30), so wird dem Menschen häufig
Inhaltsaugafoe.
104
deswegen nicht geholfen, weil er nicht r e c h t betet, Hiob soll geduldig sein [A 108 d] (9—15). 112 (XXXVI) Elihu kommt noch einmal auf die Bedeutung des Läuterungsleidens fA 1051] zurück und betont, daß man sich unter Gottes Zucht beugen müsse, lim dadurch von der Sünde [A 105 e] frei zu werden (2—15). 113 Hiob soll sich hüten, gegen Gott zu eifern, vielmehr Gott lernen [A 108 h], dann würde es ihm wieder gut gehen. Dazu soll ihm das Läuterungsleiden [A 112 t] verhelfen (16—21) fA 111 d]. 114 Denn Gott ist größer als unser Herz [ A l l 3 h ]
(22-26).
115 Daß wir dem großen Gott gegenüber uns nur als lernende verhalten dürfen [ A 1 1 4 h ] , wird besonders im Gewitter offenbar [ A 9 4 i ] ( 2 7 — X X X V I I , 24). 116 Der Herr erscheint Hiob im Wetter und fragt ihn, ob er behaupten wolle, sein Walten zu begreifen, da er nicht einmal die Schöpfung und sein Walten in der Tierwelt (von 38, 39 an) [A 115 i] verstehe
(XXXY1II u. XXXIX) [A 115 h].
117 D a Hiob das verneint, fragt er ihn, ob er die Welt richten könne, da er sich mit seiner Stärke, wie sie in der Natur [A 116 i] offenbar werde, doch nicht messen könne (vgl. 34, 23 ff.) ( X L u. X L I ) . 118 (XLII) Hiob verneint auch dies und bereut seine Vermessenheit [ A 1 1 7 h ] , nachdem er den Herrn persönlich kennen gelernt, während er früher nur auf Grund der Lehre [ A 1 0 3 k] geurteilt habe (1—6*.
Epilog. 119 Der Herr verurteilt die Freunde mit der Maßgabe^ daß sie durch Hiobs Fürbitte, der ihnen gegenüber im Rechte [A1081] sei, gerettet werden sollen (vgl 22, 30) ( 7 - 9 ) . 120 Hiob wird eine herrliche Zukunft beschert (10—17)
5. Zur Gesamtauffassung. Nachdem die Übersetzung versucht hat, die überwältigende Schönheit des großen Dichterwerkes, dessen Herrlichkeit von den Auslegern vielfältig bewundert und von nicht wenigen mit beredter Zunge gepriesen worden ist 1 ), von neuem zur Anschauung zu bringen, ist es nun unsere Aufgabe, einen Überblick über die Fülle der Gedanken zu gewinnen, welche dieses Riesenwerk in sich birgt. Denn es entspricht nicht nur einem ästhetischen Bedürfnis, ein Bauwerk, dessen einzelne Teile man sorgfältig betrachtet hat, von einem geeigneten Standort einheitlich zu überschauen, sondern auch einem wissenschaftlichen, weil man in der Lage sein will, das Werk als Ganzes mit verwandten Erscheinungen zu vergleichen, um ihm den rechten Platz in der Geistesgeschichte des Volkes zuweisen zu können, aus dem es hervorgegangen ist. Die Geschichte der Auslegung indessen erinnert an die Schwierigkeit dieser Aufgabe. Die alte, besonders von der Orthodoxie noch vertretene Auslegung sah das Hiobbuch überhaupt nicht als ein Kunstwerk an, sondern ließ seinen Inhalt in der genauen "Wiedergabe eines realen Vorgangs aufgehen, wobei die Möglichkeit, aus dem Stegreif zu dichten, mit dem Hinweis auf eine Gepflogenheit arabischer "Weisen verteidigt ') Besondere Beachtung verdient wohl der Versuch Duhms (KHK S. IX), die dichterische Schönheit des Buches auch in ihrer spezifischen Eigentümlichkeit zu charakterisieren: „sie läßt sich, wie es der nachklassischen Zeit und wohl dem höheren Alter des Dichters entspricht, von Längen und beschwerlichem Wortreichtum nicht überall freisprechen; aber sie reflektiert den kühnen Geist, die dramatische Energie, die schöpferische Phantasie eines großen Dichters, und findet zur rechten Zeit den erschütterndsten Ausdruck für das gewaltige Bingen eines Geistes, der sich in der Welt ganz allein weiß und um die höchsten Güter des Menschen, den Glauben an eine Gerechtigkeit in der Welt fast vergebens kämpft.
Zur (¡esanituiift'a-'siiun.
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wurde 1 ). Als diese Auslegung sich überlebt hatte, sah mau sich genötigt, nach einem schriftstellerischen Gedanken zu suchen, auf den der Dichter sein Werk aufgebaut habe. So meinte man, er habe beabsichtigt, den Sinn und Zweck des Leidens, den Gott mit der Exilierung Israels im Auge gehabt habe, an der Gestalt Hiobs zu illustrieren, oder aber das sühnende Straflciden, das der Knecht Jahwes im Deuterojesaja erduldet, zu versinnbildlichen *). Mehr Anklang als die nationaltypische, sich auf die Heilsgeschichte beziehende, Auslegung fanden diejenigen Auffassungen, nach denen der Dichter beabsichtigt habe, in Hiob ein Vorbild für gottergebenes Dulden zu zeichnen und vom Kampf und Sieg des Frommen, der auch in den schwersten Lagen nicht'vergeblich auf seinen Gott gehofft habe, zu erzählen 3 ). Dabei legten Ausleger das Hauptgewicht darauf, daß nur die göttliche Offenbarung dem Kämpfer den ersehnten Frieden gebracht habe, wie aus den Gottesreden am Schluß des Buches hervorgehe 4 ). Eine konkretere Gestalt nahm der Grundgedanke bei den Auslegern an, welche meinten, der Dichter habe dartun wollen, wie Hiob nicht nur im Glauben befestigt, sondern auch zu einem höheren religiösen Bewußtsein erhoben worden sei 5 ), oder wie Hiob durch das Leiden von der verborgenen Sünde der Selbstgerechtigkeit gereinigt worden sei, die eben im Leiden herausgekommen sei"). Die schärfste, und am meisten lehrhafte, Formulierung ergab sich bei der Meinung, der Dichter habe den Grundgedanken in der Beantwortung der Frage aufgehen lassen, ob der Egoismus die Wurzel der Frömmigkeit sei 7 ). Vielfach vertreten findet sich endlich die Auffassung, welche dem Buche eine lehrgeschichtliche Bedeutung sichert. Nach dieser handelt es sich darum, die Alleinherrschaft der Vergeltungstheorie zu verdrängen, der sich ein Fall wie der Hiobs nicht fügen kann *). Außerdem gibt es noch andere Auffassungen, von denen die meisten aber wohl als Variationen der bereits angegebenen angesehen werden können. ') ) ") *) »)
Cf. darüber bei Dillmann: Hiob (Knrzgef. ex. Handb.) S. X V I . Cf. darüber bei Laue: Die Kompoil des B. Hiob S. 128f. So Schlottmann u. a. So bes. Volck (Straek-Zücklers Komment.). So Ewald. »j So Budde. So Meinhold (Neue Jahrb. für deutsche Theologie I 63 ff.). •) Dillmann 11. a. 2
(iescliiclite (lev Auslegung.
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Wenn nun die augenblicklich vorherrschende Meinung dahin geht, das Buch wolle keine einheitliche Lösung des Leidensproblems bieten, es sei vielmehr als Dokument des Ringens mit dem Problem a n z u s e h e n s o wird damit der Dichtung der Charakter eines einheitlichen Kunstwerkes genommen, damit aber auch die schriftstellerische Einheit geleugnet, gleichgültig, ob man nun die einzelnen Teile verschiedenen Dichtern zuschiebt, oder ob man annimmt, der Dichter habe mehr oder weniger heterogene Stücke aus verschiedenen Perioden seiner Wirkungszeit zusammengestellt 2). Es ist begreiflich, daß die Verschiedenheit der Auffassungen, zu der die Vertreter der wesentlichen 3 ) schriftstellerischen Einheit gelangten, zu dieser Skepsis führten. Andererseits erweckt die Dichtung doch, und zwar schon auf den ersten Blick, den Eindruck, eine schriftstellerische Einheit sein zu wollen, weswegen die angestrengten Versuche, sie zu formulieren, verständlich bleiben. Es läßt sich daher die Frage nicht abweisen, ob nicht die neueste Auffassung Momente enthält, die nur weiter entwickelt werden müssen, um zu einer richtigeren Bestimmung des Grundgedankens zurückzugelangen. Eine neue Untersuchung ist also notwendig. Es kommt aber zunächst darauf an, sich über die Methode klar zu werden, deren Anwendung der Untersuchung ein scharf formuliertes Resultat verbürgen kann, gleichgültig, ob dieses positiv oder negativ ausfällt. Da es selbstverständlich ist, daß das Buch eine Einheit ist, und wenn es noch so verschiedenartige Teile in sich schlösse, so gilt es zunächst, diese aufzuzeigen und zu beschreiben, damit dann ersichtlich werde, ob die sich dabei zeigende Einheit nur ganz allgemeiner und abstrakter Natur ist, oder ob sie als eine schriftstellerische angesehen werden kann, indem sie auf eine geschlossene Persönlichkeit zurückweist, aus deren individuellen Geist das Ganze herausgewachsen ist. Es empfiehlt sich aber vom praktischen Standpunkt aus, diese beiden Betrachtungen nicht nach') Cf. Bala: Das Problem des Leidens im AT (Festschrift für (iunkel [1923] S. 248). 2 ) So Sellin: Das Problem des Hiobbuches (1919) S. 37f. u. ü. u. Einl. ins AT S. 149. 3 ) Von den Elihureden nämlich abgesehen, deren literar-kritische Beurteilung ein Kapitel für sich bildet.
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Zur (¡esuntauifassiinn.
einander anzustellen, sondern gleichzeitig, nämlich so, daß die gefundene Einheit von Anfang an hypothetisch als die vom Dichter gewollte hingestellt wird, wobei dann abgewartet werden muß, ob der Punkt kommt, wo es nicht mehr möglich ist, sie als solche anzusehen, weil sie sich in blasse Allgemeinheiten verliert. Überblicken wir die vorstehende Inhaltsübersicht, in welcher die Inhaltsangaben unter den einzelnen Abschnitten der Ubersetzung noch einmal zusammengestellt sind, so fällt uns sogleich das 28. Kapitel auf, weil es den Dialog offensichtlich mit einer allgemeinen, durch den unmittelbaren Zusammenhang in keiner Weise motivierten Rede unterbricht. In dem voraufgegangenen Abschnitt sind die Gedanken Hiobs noch mit der Enträtselung seines Schicksals beschäftigt. In dem, dem 28. folgenden, beklagt er wieder sein Los. Zwischen beiden steht das 28. Kapitel mit einer so allgemein gehaltenen Betrachtung über das Wesen der Weisheit, daß man dieses Kapitel auch in einem anderen Weisheitsbuche lesen könnte, ohne unbedingt entscheiden zu müssen, daß es der Hiobdichtung ursprünglich eigen gewesen wäre, während z. B . die allgemeiner gehaltenen Klagelieder in Kapitel 7 und 14 so aus dem Zusammenhang herausgewachsen und mit ihm verflochten sind, daß eine Verpflanzung mit ihnen nicht ohne weiteres vorgenommen werden könnte. Die bisherigen Versuche, die Stellung des 28. Kapitels unmittelbar aus dem Zusammenhang zu erklären, haben deswegen bei den neueren Auslegern Ablehnung erfahren. Durchweg wird gegenwärtig dieses Kapitel zu denjenigen Stücken gerechnet, welche später eingefügt sein sollen'). Denn wenn man zur Rettung dieses Kapitels für den unmittelbaren Zusammenhang gemeint hat, Hiob setze seine Klage dadurch fort, daß er sarkastisch 3 ) darlege, wie Gott dem Menschen die Weisheit vorenthalten habe, so widerspricht dem Form und Inhalt der Rede. Der ganze Schwung der begeisterten Rede ist von Sarkasmus weit entfernt, und nicht von Vorenthaltung der Weisheit ist die Rede, sondern davon, wie der Mensch in ihren Besitz gelangt. Denn wenn der ganzen Rede schöner Aufbau in dem ') Darüber, daß man aus dem Kl tun Anf. des Kap. Folgerungen ziehen kann cf. Nt 259. s ) Cf. Budde HK S. X X X V f. u. S. 162. 3 ) So Baetligen Hinb (Übersetzg.) S. 62.
keine
Das "28. Kapitel.
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Satze gipfelt; „Den Herrn fürchten ist "Weisheit und Weichen vom Bösen Verstand", so dient alles übrige eben nur dazu, die Frage nach dem ersehnten Besitz der Weisheit recht brennend zu machen. Dadurch, daß nun auf diese Weise der Schlußsatz als Antwort auf die tiefste das Menschenherz bewegende Frage dargestellt wird, soll er sich als die einzige wirklich befriedigende Antwort nur um so tiefer einprägen. Das ist der Bindruck, welchen man gewinnt, wenn man das grandiose, rhetorisch vollendete Kapitel unmittelbar auf sich wirken läßt. Und keine andere Wirkung hat der Dichter auch erzielen wollen. Findet die Stellung dieses Kapitels demnach ihre Erklärung nicht in dem unmittelbaren Zusammenhang, so muß nach einer anderen Motivierung gesucht werden. Da kein Grund besteht, dem Dichter dieses seiner ganz würdige Kapitel abzusprechen 1 ), so liegt die Annahme am nächsten, er habe es dem Schatze seiner sonstigen Spruchdichtungen entnommen, über die er zweifellos verfügt haben wird, und es gerade hier eingesetzt, weil er diesen Platz immer noch für den geeignetsten hielt. Ganz deutlich tritt auch hervor, daß die Rede nun von ihm auch als eine Abschweifung gedacht wurde. Denn die Fortsetzung der Rede nach Kapitel 28 wird mit der Wendung eingeführt: „Und Hiob fuhr fort, seinen Spruch zu tun und sagte", ebenso wie sich eine solche am Anfang des 27. Kapitels findet, und zwar ebenfalls nach einer Abschweifung, zu der die letzte Rede Bildads Hiob veranlaßt hatte. Es kommt aber darauf an, das Vorhandensein dieser Abschweifung selbst zu erklären. Indessen kann hier von einer Schwierigkeit nicht die Rede sein. Wenn, wogegen niemand etwas einzuwenden hat, das Buch Hiob der Weisheitsliteratur des ATs. zuzurechnen ist, so kann in einem solchen Buche eine allgemeine Rede über die Weisheit nicht befremden. Noch mehr! Sollte der Dichter, welcher den Inhalt seines Werkes in eine Diskussion über Weisheitsprobleme aufgehen läßt, nicht das Bedürfnis empfunden haben, einmal klar herauszusagen, worüber eigentlich nicht gestritten wurde, um die Voraussetzung klar zu machen, von der die streitenden Parteien ausgingen ? ') Selbst der hyperkritiscke Torczyner tritt für diese Meinung ein.
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Zur (iesuintauffassung.
E s ist bekannt, wie groß die Ähnlichkeiten sind, die unser Buch mit den Salomonischen Sprichwörtern aufweist, besonders mit Prov. 1—9. Man hat wegen der vielen Anklänge Hiobs an die Proverbien, sowohl bezüglich des Ausdrucks wie des Gedankens, so wenig an der Abhängigkeit der beiden Weisheitsdichtungen voneinander gezweifelt, daß man nur darüber verschiedener Meinung war, welche von beiden als Vorlage des anderen anzusehen sei. Während Struck') und Seyring 2 ) die Abhängigkeit der Sprüche Salomonis (1—9) aus stilistischen, der letztere auch aus realen Gründen, behaupteten, verfochten Merx 3 ) und L e y 4 ) die umgekehrte Meinung, indem der erstere sogar im Hiob eine „versteckte" Polemik gegen die Proverbien erblicken wollte. Diese Diskussion über das Abhängigkeitsverhältnis erinnert an die unbezweifelbare Tatsache, daß der Hiobdichter mit dem Verfasser der Proverbien auf einem gemeinsamen Boden stand, wie sehr auch Verschiedenheiten im einzelnen sich nachweisen lassen könnten. Eben dieser gemeinsame Boden wird offenbar, wenn man das 28. Kapitel mit den Proverbien vergleicht. Hier wie dort eine Personifikation der Weisheit, durch die alles geschaffen ist, mag sie in Hiob 28 auch mehr andeutungsweise vorhanden sein, in den Proverbien aber viel weiter ausgeführt 6 ) — hier wie dort der Lehrsatz, daß die Furcht Gottes in den Besitz der Weisheit führt 8 ). Der gemeinsame Lehrinhalt von Hiob 28 und Prov. 1—9 kann ganz kurz auf folgende Weise angegeben werden. Derjenige gelangt zur Weisheit, welcher das Sittengesetz respektiert. Die Furcht des Herrn ist Weisheit. Das muß aber so sein, weil der Sittengesetzgeber eben der Schöpfer ist, der die Welt in Weisheit, d. h. auf Beseligung der Kreaturen abzweckend geschaffen hat, so daß also der sittliche Mensch infolge seiner Willenseinheit mit dem Schöpfer den eigentlichen Lebenszweck erreichen muß, also..weise ist. Eine formale Ähnlichkeit mit dieser Lehre weisen offenbar die stoischen Grundsätze auf, nach denen das >) Theol. Stud. u. Krit. 1896 S. 609 ff. Die Abhängigkeit d. Spr. Sal. 1 — 9 vuii Hiob (Halle 1889). J ) B e i Seyring S. 53. •) Stud. u. K r . 1 8 9 8 S. 3 4 ff. ») Cf. Hiob 28, 2 5 mit Prov 1, 2 0 f f . ; 8, l f f . ; 2 2 — 3 6 u. Kay. 9. o) Cf. Hiob 28, 2 8 mit Prov 1. 7 ; 2, 1 íf.¡ 3, 5 u. 7 : 9, 10.
2)
Der Weisheitsbegriff des A T s .
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R e c h t v e r h a l t e n im n a t u r g e m ä ß e n L e b e n (o^iokoyov^fviog rfj cpvati £jjv) b e s t e h t , da j a der Mensch ein S t ü c k der N a t u r ist, nur mit dem fundamentalen Unterschiede, daß es sich innerhalb der S t o a bei der Physis um Naturgesetze h a n d e l t , während sich bei der A T l i c h e n L e h r e in der N a t u r der sittengesetzgebende S c h ö p f e r offenbart, den es zu fürchten gilt, womit der weitere Unterschied zusammenhängt, daß die Stoische E t h i k intellektualistisch begründet wird, weil das W e s e n der N a t u r auf philosophischem W e g e erkannt wird, während die A T l i c h e L e h r e die N a t u r als W e r k des persönlich gedachten S c h ö p f e r s a u f f a ß t , was nur auf dem W e g e des Glaubens möglich ist. D i e E t h i k der H e b r ä e r h a t also keine intellektualistische G r u n d l a g e , sondern r u h t auf dem G l a u b e n und f ü h r t zu einem V e r h a l t e n , das in A n s e h u n g des zu fürchtenden S c h ö p f e r s zu einem glücklichen Z i e l e führen m u ß , also weise genannt werden kann. D i e griechische E t h i k aber gründet sich auf den intellektuellen E i n b l i c k in die obersten Z w e c k e , wie sie sich bei Aristoteles im S t a a t e verkörpern. W e g e n ihrer intellektualistischen G r u n d l a g e ist das ethische R e c h t v e r h a l t e n daher nur dem Philosophen m ö g l i c h ; auch in der S t o a leistet nur der W e i s e die vollkommene P f l i c h t erfüllung. D i e E t h i k des A T s dagegen, weil sie sich auf den G l a u b e n gründet und an das Gewissen w e n d e t , ist volkstümlich gewesen und geblieben. H i e r h e i ß t es nicht „nur der W e i s e leistet die vollkommene P f l i c h t e r f ü l l u n g " , sondern umgekehrt „ d e r Sittliche ist der eigentlich W e i s e " . I s t aber bei dem H e b r ä e r der Sittliche w e i s e , dann verbindet er offenbar mit dem W o r t e W e i s h e i t (Hokmäh) einen anderen B e g r i f f als der G r i e c h e mit aocpia, einen B e g r i f f , der auch uns zunächst f r e m d a r t i g anmutet. W i r nennen einen intellektuell geringer begabten, der aber infolge seines sittlichen R e c h t v e r h a l t e n s zu einem glücklichen Z i e l e gelangt, nicht „weise", ohne uns b e w u ß t zu sein, daß wir dabei eine gewisse B e g r i f f s v e r s c h i e b u n g vornehmen. J e d e n f a l l s w ü r d e n ' w i r uns nicht ohne weiteres zu der B e h a u p t u n g versteigen „ F r ö m m i g k e i t ist W e i s h e i t " , sondern eher sagen „ F r ö m m i g k e i t ist besser als W e i s h e i t " . D a s aber hat darin seinen Grund, daß f ü r unser E m p finden W e i s h e i t und Sittlichkeit bzw. G o t t e s f u r c h t in etwa heterogene D i n g e sind, indem W e i s h e i t f ü r uns in erster L i n i e im Intellekt wurzelt, G o t t e s f u r c h t und Sittlichkeit dagegen am unmittelbarsten mit dem W i l l e n s l e b e n des
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Zur Gesamtauffassung.
Menschen in Zusammenhang steht. Es ist deswegen an sich nicht verwunderlich, daß man den Schlußsatz des 28. Kapitels „den Herrn fürchten ist Weisheit und Weichen vom Bösen Verstand" sarkastisch finden konnten. Denn ohne Berücksichtigung des hebräischen Weisheitsbegriffes erscheint er allerdings paradox wie eine Art von Oxymoron. Allein schon der erste und unmittelbare Eindruck, den die Rede in Kapitel 28 macht, hätte die Meinung nicht aufkommen lassen dürfen, Hiob wolle sich hier darüber beklagen, daß Gott dem Menschen die eigentliche Weisheit versagt habe, um ihn mit einem Surrogat, nämlich der Gottesfurcht und der Sittlichkeit, abzuspeisen, und das hätte zu weiterem Nachforschen veranlassen sollen. Der Hebräer kann eben Weisheit und Gottesfurcht ohne Nebengedanken miteinander identifizieren. Dies sieht man z. B. daran, daß es auch in den Proverbien einmal heißen kann: ,.So du neigst dein Ohr zur Weisheit usw. und sie suchst wie Silber usw., dann wirst du die Furcht Gottes finden" 1). Das soll doch heißen: Gottesfurcht ist diejenige Weisheit, die der aufrichtig nach ihr suchende, schließlich als solche findet. Das Wort in den Proverbien: „Sei nicht weise in deinen Augen, fürchte Gott und weiche vom Bösen" 2 ), soll doch bedeuten: Glaube doch nicht, daß das Weisheit sei, was du für Weisheit hältst, sondern die Furcht Gottes ist Weisheit 8 ). Diese Aussagen stimmen im wesentlichen genau mit dem Schlußsatz von Kapitel 28. Nun ist es aber unmöglich, diese Aussprüche in den Proverbien für sarkastisch oder beabsichtigte Paradoxien zu halten. Also konnte auch der Hiobdichter für seine gleichartigen Aussprüche dies nicht verlangen. Es handelt sich nun darum, die Möglichkeit der Gleichstellung von Gottesfurcht und Weisheit in der hebräischen Chokmaliteratur zu erklären, um dem hebräischen Weisheitsbegriff näher zu kommen. Zunächst ist daran zu erinnern, daß wir noch einen Unterschied machen zwischen Weisheit und Wissen und zwar, indem wir das Wissen mehr in die theoretische Sphäre unseres Geistes verlegen, Weisheit dagegen mit der Vorstellung einer praktischen Betätigung verknüpfen, insofern als sich Weisheit nach unseren Begriffen als eine Betätigung aus dem Wissen der Wahrheit entwickeln muß. Jene feste Ver2, 2 ff.
2
) 3, 7.
:!
) So mit Hecht Seyring a. a. 0. S. 27 f.
Der Weisheitsbegriff des ATs.
knüpfung aber von Weisheit und Wissen kennt die hebräische Vorstellungswelt nicht. Mag sie auch möglich und vollziehbar sein, unumgänglich nötig, wie bei uns, ist sie nicht. Das intellektuelle Moment kann bei der Weisheit ganz zurücktreten, ja fast ganz verschwinden, wie denn eben Furcht Gottes Weisheit sein kann. Furcht Gottes, die auch der schlichteste Geist besitzen kann. Diese Tatsache aber — und damit kämen wir auf das Eigentümliche des hebräischen Weisheitsbegriffes — hat darin ihren Grund, daß das Auge des Hebräers (vielleicht des Semiten überhaupt) bei der Beurteilung dessen, was weise ist, einseitig auf den faktischen Erfolg sieht. Ist dieser da, dann ist Weisheit da, gleichgültig an sich, ob der durch theoretisches Wissen oder durch religiös-sittliches Verhalten erzielt wurde. Der Grieche bestimmt das Maß der Weisheit nach der intellektuellen Leistung, der Hebräer nach dem praktischen Erfolge *). Sehr bezeichnend für diesen Begriffsunterschied ist die Tatsache, daß für den Hebräer auch die Handwerker als „"weise" gelten 2 ), eben weil sie imstande sind, etwas Brauchbares zu schaffen, während wir solche Bezeichnung als schief empfinden würden, weil das Theoretische beim Handwerker so zurücktritt, daß wir ihn nicht unter die Kopfarbeiter rechnen. In der Frage nun, ob Wissen oder Gottesfurcht zu der höchsten, alles umfassenden Lebensweisheit führe, entschied sich der Verfasser von Hiob 28 für das Letztere. Denn wie sehr man auch wie ein Bergmann die Erde erforschen mag, Weisheit findet man nicht auf intellektualistischenf Wege, wenigstens nicht die, welche mehr wert ist als Gold und Perlen. Man würde sie finden, wenn man das Wesen der sichtbaren Welt völlig erschaute. Dann könnte man als Stück der Natur, mit dem Stoiker zu reden, auch den von der Natur gesetzten Zwecken gemäß handeln, weil man sie erkannt hat. J e n e r Durchblick ist dem Schöpfer vorbehalten. Indem der Mensch ihn fürchtet und seine Gebote hält oder vom Bösen weicht, kommt er zu diesem Ziele, ist also weise. Vergleicht man die beiden Weisheitsbegriffe, den ') Sehr treffend scheint in diesem Zusammenhang das Paulinische Wort: „Sintemal die Juden Zeichen fordern und die Griechen nach Weisheit fragen 1 '. 1. Kor 1, 22. 2 ) Ex 28, 3; 30, 6; Jes 40, 20. T h i l o , Das Buch Hiob.
8
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Zur Gesamtauffassung.
hebräischen und den unsrigen, miteinander, so ist der erste Eindruck der, daß der hebräische der einfachere ist. F ü r uns ruht Weisheit, d. h. richtiges praktisches Verhalten, auf dem Wissen und der Einsicht. Indessen besteht bei uns dann ein Hiatus zwischen Weisheit und Wissen, weil man nicht ohne weiteres angeben kann, woher nun der Wille kommt, das Gewußte auch in die Tat umzusetzen. Dieser Hiatus fällt bei dem Hebräer fort. Denn der Sittliche ist weise. Dagegen ist nicht von vornherein klar, wieso der hebräische der idealere sein soll. Der Grieche , geht von Ideen aus, deren Verwirklichung er will, der Uberzeugung getreu. Der Hebräer hat den sichtlichen Erfolg vor Augen und scheint danach die Mittel zu bestimmen. Kein Wunder, wenn man die hebräische Weisheit des Utilitarismus verdächtigte. Indessen ist hier immer die Frage von entscheidender Bedeutung, ob die zum Erfolg führende Gottesfurcht oder Religion knechtische Furcht ist oder Hingabe des ganzen Menschen an den, dessen Güte und Wahrheit man durch sein Vertrauen die Ehre geben will. Eben jene Hingabe, wenn sie vorhanden ist, reduziert die Bedeutung des Erfolges lediglich auf eine selbstverständliche Bestätigung der Wahrhaftigkeit Gottes, deren Ausbleiben allerdings zu einer Glaubensanfechtung führen kann l ). Die hebräische Weisheit gründet sich auf die Religion. Ihre jeweilige Wertschätzung ist von der religiösen Tiefe des betreffenden Individuums abhängig, das die Weisheit zu besitzen vorgibt. Die griechische Weisheit will sich auf zwingende Verstandesgründe stützen. Erscheint sie auch der eines utilitaristischen Israeliten gegenüber idealer, so ist doch die hebräische weit erhabener, wenn man den Fall voraussetzt, daß ihr eine Religiosität zugrunde liegt, die unbedingte Glaubenshingabe an den heiligen Gott genannt werden kann. Der Verfasser des 28. Kapitels also entschied sich dafür, daß philosophische Spekulation nicht zur Weisheit führe, sondern Gottesfurcht. Und die neuere Auslegung hat Recht, wenn sie behauptet, daß er damit seinen ') Wellhausen schreibt in Kultur d. Gegenwart I, IV 1 S. 34 von der hebr. Individual-Rel.: „Die Frömmigkeit bedarf des Lohnes, nicht um des Lohnes willen, sondern um zu wissen, daß sie keine Illusion sei, daß sie ihre Hand nicht in die leere Luft strecke, sondern einem Arm vom Himmel entgegen."
Die Bedeutung des 28. Kap.*.
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Gegnern nicht widerspreche. Die Adresse an die Freunde fehlt in seiner Rede 1 ). Elifas betont j a gleich am Anfang, daß Gott wunderbar und unbegreiflich sei und zwar in seiner hilfreichen Güte •). Hiob legt dagegen Gewicht auf die Feststellung, daß er die Unerforschlichkeit und Allwissenheit Gottes nicht leugne, nur bekomme er von seiner Güte nichts zu spüren 8 ), was Zofar nun dem Hiob daraus erklären will, daß eben die Allwissenheit Gottes seine Bosheit durchschaut habe 4 ). Später schildert Hiob noch einmal, wie der menschliche Verstand zu schwach sei. Gottes Tun zu begreifen 6 ), ja er sucht seine Freunde in der Darlegung dieser Wahrheit zu überbieten 6 ). Suchen also die streitenden Parteien ihre Positionen eben dadurch zu halten, daß sie sich gegen die Verdächtigung, Gottes Unbegreiflichkeit geleugnet zu haben, verteidigen, so kann man sich keine größere Einigkeit vorstellen als die, welche zwischen Hiob und seinen Gegnern in diesem Punkte angestrebt wird. Ist somit die neuere Auslegung im Rechte, wenn sie meint, Kap. 28 könne nicht aus dem unmittelbaren Zusammenhang erklärt werden, so irrt sie auf der anderen Seite, wenn sie es befremdlich finden zu müssen glaubt, daß solch eine Rede überhaupt im Hiobbuche stehe, weil sich ihr Inhalt mit den sonstigen Gedankengängen des Buches stoße. So hat man gemeint, hier erkläre sich ein "Weisheitslehrer bankrott, es werde auf die Lösung des Problems verzichtet, oder aber es greife vor, indem es den Gottesreden am Schlüsse Luft und Licht nehme '). Nach unseren bisherigen Ausführungen kann von alledem keine Rede sein. Der Satz: „Den Herrn fürchten ist Weisheit und Weichen vom Bösen ist Verstand" bedeutet keinen Verzicht auf die Lösung eines Problems, sondern ist ein Glaubenssatz, der Probleme erzeugen kann. Das 28. Kapitel ist der Mutterschoß sämtlicher Probleme, die das Buch behandelt. Daß wir es im Schlußsatz des 28. Kapitels also mit einem Glaubenssatz zu tun haben, haben wir gesehen. Es läßt sich aber auch leicht zeigen, daß in ihm die im Hiobbuch behandelten Probleme wurzeln. Man darf sich nur ') So Sellin: Dus Probl. de« H.-Buckes S. 26 u. Einl. S. 147. 4 ) A 39. 6 ) A 43 n. 44. ) A 17. ») A 32. A 89. ') Cf. z. B. Laue a. a. 0 . S. 83 ff. 8*
2
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Zur üesamtauffassuug.
nicht durch die Tatsache, daß der Dichter hier die Spekulation ablehnt, zu der Meinung verführen lassen, er trete dadurch auf den Standpunkt der skeptischen Resignation. Im Gegenteil, dadurch, daß er die Spekulation ablehnt, kommt er gerade zu einer bestimmten Erkenntnis, die er klar und scharf formuliert und die deswegen einen durchaus lehrhaften Charakter tragen muß. Denn indem er sagt, daß die Gottesfurcht Weisheit ist, spricht er es auf das Bestimmteste aus, daß Gottesfurcht und Sittlichkeit zu einem glücklichen Ziele führt. Der Negierung der Spekulation tritt eine positive Behauptung gegenüber. Wir haben uns den Dichter daher als einen Mann vorzustellen, der sich deshalb lehrhaft, klar und bestimmt auszusprechen weiß, weil er die Antithesen kennt, mit denen er sich bei seinem Standpunkt auseinanderzusetzen hatte. Das schöne Pathos des ganzen Hymnus auf die Weisheit ist nur aus der Bewegung gegen eine Antithese hin zu verstehen, die er irgendwo vorfand, so daß es wohl der Mühe wert wäre, zu fragen, wo sie eigentlich zu suchen ist 1 ). Aber wie dem auch sei, wir haben es bei dem Schlußsatz von Kapitel 28 mit einem positiven Lehrsatz zu tun. Es wird, wenn man es umschreiben will, darin behauptet, daß es sich in der Dichtung nicht um einen Gott handelt, den der spekulierende Verstand entdeckt, d. h. nicht um eine prima causa, deren Zwecke in einer mechanisch abstrakt deistischen Teleologie aufgehen, die also an sich keine Weisheit erzeugt, weil kein Verhalten, das zu einem glücklichen Ziele führt, sondern daß es sich un^ den persönlich gedachten Schöpfer handelt, der sich in der Natur als ein nach sittlichen Grundsätzen waltender Gott offenbart. Denn in der Personifizierung derjenigen Weisheit, welche dem Menschen in der Natur entgegentritt, ist nicht mehr und nicht weniger ausgesprochen, als daß der Gott, welcher die Natur gesetzt hat. eben auch der persönliche ') Da es wohl ausgeschlossen ist, da Ii hier eine Auseinandersetzimg mit dem griechischen Denken vorliegt, da das, wie man an Qohelet sieht, einen ganz anderen Bedetypus erzeugt haben würde, die hebr. Cliokma auch nicht die Mittel hat, sie zu überwinden, wie das Buch Qohelet beweist, so würde hier wohl am ersten die Berücksichtigung der babylonischen Spekulation auf die richtige Fährte lenken, da auch das Buch Hiob seinen morgenländischen Typus in keinem Punkte verleugnet. Zur Ablehnung der Spekulation oder Philosophie cf. die Worte Agurs Prov 30, 1—(3.
T)ie Bedeutung- des 28. Kap.s.
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Sittengesetzgeber ist und daher Natur- und Menschenleben in gleicher Weise durchwaltende Willensmacht. Darum wird der, welcher sich dem Sittengesetz unterwirft, durch den Schöpfer auch zu einem Ziele geführt, das der Schöpfer bei der Schöpfung im Auge hatte. Der Schöpfer ist der Garant für die Erreichung des Zieles, das den sittlichen Menschen glücklich macht. Und das sind Gedanken, die keinem Leser des ATs unbekannt sein können. Schon in Gen. 1 ist dem Menschen mit der Schöpfung auch die sittliche Aufgabe gestellt 1 ). Das ganze Hexaemeron klingt, wenn man so will, paränetisch aus 2 ). Deswegen besteht nach der Genesis auch kein Hiatus zwischen dem Gott der Natur und dem der Geschichte, weil eben Gott der persönliche Schöpfer ist s ). In Gen. 3 aber kann der Verführer an die Bestimmung appellieren, die der Mensch als Werk des Schöpfers in sich spürt, nämlich die Gottebenbildlichkeit, um ihn auf dem Wege zur Verwirklichung dieser Bestimmung irrezuleiten 4 ). Solche und ähnliche Gedanken finden wir an zahllosen Stellen des ATs. 6 ). Enthält aber das 28. Kapitel das Grunddogma des ganzen Lehrgedichtes, von dem die streitenden Parteien wissen, daß sie daran nicht rütteln dürfen, ohne sich dadurch für besiegt zu erklären 8 ), so dürfen wir den Gedankeninhalt von Kapitel 28 mit den übrigen Reden nicht in eine Linie stellen, was nur Verwirrung erzeugt, sondern müssen es ihnen überordnen als den Obergedanken, von dem alles andere ausgeht. Hier liegt das wieder einzuholende Versäumnis der neueren Auslegung, durch das sie in den Bann unüberwindlicher Unklarheit geraten ist. Damit wären wir in die Sphäre eingetreten, inner]
2 ) Gen 1. 2 6 - 2 8 . ) 2, 3. ) Kap. 5 ist Fortsetzung von P Kap. 1 cf. dazu die vortreffliche Bemerkung von Smend S. 440 ATliche Religionsgeschichte. 4 ) V. 5. b ) Es wäre offenbar eine dankenswerte, hier nicht zu erledigende Aufgabe, zu untersuchen, worin eigentl. der Unterschied zwischen H 28 u. Prov 1—9 besteht, nachdem man sich klar gemacht hat. daß beider Stücke Verfasser dogmatisch auf dem gleichen Boden stehen und ferner, indem man bei der Vergleichung berücksichtigt, daß wir es im Hiob mit einer Disputation von Weisheitslehrern zu tun haben, die bis auf den heutigen Tag schwer populär zu machen ist, dagegen in den Prov. mit einem volkstümlichen Prediger. •) Cf. A 83 und A 92, 93. s
Zur Ciesanitiuiffassung.
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halb derer sich die Diskussion im Hiobbuche bewegt. Da die rein praktische Frage, welche sich aus dem Dogma, der Gottesfürchtige und Sittliche ist weise, ergibt, nämlich die Frage, wie soll man sich verhalten, wenn der Gottesfürchtige nicht zu einem glücklichen Ziele zu kommen scheint, die Kernfrage ist, aus der sich die Diskussion entwickelt, so handelt es sich im Hiobbuche nicht um Recht oder Unrecht des einmal feststehenden Dogmas von Kapitel 28, sondern darum, wie die Spannung zwischen Glauben und Schauen zu überwinden ist, die notwendig eintritt, wenn ein Gottesfürchtiger ins Unglück gerät. Nach diesen Vorbetrachtungen haben wir uns hoffentlich einen klaren Weg gebahnt, den Gedankengang des Buches zu verfolgen, um dann zu einer bestimmten Anschauung seiner Komposition zu gelangen, indem wir vorläufig hypothetisch behaupten, daß der Dichter es für nötig hielt, den Hymnus auf die Weisheit in den Dialog „einzuschieben". W a s nun zunächst den Prolog anlangt, so ist die Auffassung allgemein verbreitet, hier sei schon eine Lösung des Problems, weswegen ein Gerechter leiden könne, gegeben. Der Dichter sei, durch die Uberlieferung gebunden, von einem vorgefundenen Stücke ausgegangen, an das er den Dialog als sein eigenstes Werk angeschlossen habe. Daraus erkläre sich die Doppellösung, welche die Dichtung mindestens aufweise'). E s ist wahr, der Schleier, der die jenseitige Welt, den Hintergrund alles Geschehens, verhüllt, wird gelüftet eben durch die Szenen im Himmel, und ein rätselhafter Einzelfall des menschlich-geschichtlichen Lebens, wie das Unglück Hiobs, dadurch erklärlich gemacht. Sollte der Dichter nicht beabsichtigt haben, mit der Übernahme des Prologs ein auffallendes Ereignis seiner Zufälligkeit zu entkleiden, um es metaphysisch zu deuten und die Deutung ins Theologische zu übersetzen? Allein bei näherem Zusehen entdeckt man, daß die Erklärung durch himmlische Vorgänge, welche hier gegeben wird, vorläufig im Grunde doch nur einen Einzelfall auf Erden durch ein Einzelereignis im Himmel motiviert, das wiederum rätselhaft ist. Denn daß Gott keinen anderen Ausweg weiß, um seine E h r e , wahrhaftige Anhänger zu haben, zu retten, l
) Cf. König Einl. i. d. AT S. 415.
Der Prolog.
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als den, daß er einen, der ihm mit Leib und Seele ergeben ist, auf die grausamste Art leiblich und seelisch martert, das kann keine Erklärung sein, wie oft anerkannt ist. Der unbefangene Leser findet diese ganze Prologauffassung vorläufig als eine Störung, gegen die er sich mit dem Einwand wehrt, daß das Gedicht ja doch erst anfängt und nicht nur die Hiobgeschichte auf Erden sondern auch die Himmelsgeschichte eine Fortsetzung erwarten läßt — letzteres besonders auch deswegen, weil Hiob trotz der an den Tag gelegten Bewährung nicht sofort erlöst wird. Wenn nun der Dialog durch eine Rede Hiobs eröffnet wird, in welcher nach langem Schweigen dessen Klage wie ein aufgehaltener Strom hervorbricht'), so muß der unbefangene Leser das sehr natürlich finden. Hat er doch Hiob von vornherein als einen Mann kennen gelernt, der nur mit Unrecht vom Satan als Utilitarist verdächtigt werden konnte. Ein Utilitarist ist ein Mensch, welcher die sichtbaren Wohltaten Gottes ohne innere religiöse Empfindung genießt, indem er dieselben sozusagen materialistisch von Gott isoliert, ohne sie mit dessen gnädiger Gesinnung in Verbindung zu bringen. Wenn er nichtsdestoweniger rechtschaffen zu leben versucht, so steht er dabei Gott gegenüber lediglich auf gesetzlich juridischem Standpunkt, das Sittengesetz nur um des vermeintlichen Vorteils willen respektierend. Anders Hiob. Schon v o r der Wette im Himmel war die Echtheit seiner Frömmigkeit dadurch offenbar geworden, daß ihn nichts mit größerer Sorge erfüllte als die Möglichkeit, seine Kinder möchten die irdischen Gottesgaben ohne wirkliche Gottesgemeinschaft genießen 2 ), woraus doch folgt, daß ihm auch sein Besitz nichts anderes war als der lebendige Ausdruck der Güte, welche sein Schöpfer und Gott ihm bewies. E r muß deswegen im Unglück seinem Weibe mit eben den Worten entgegentreten: „Das Gute wollen wir von Gott annehmen, das Böse aber nicht 8 )?" Nichts anderes konnte man erwarten. Ebenso natürlich und notwendig erscheint dem Leser dann auch Hiobs Klage. Wäre Hiob Utilitarist gewesen, dann hätte er gleich seinem Unmut über die Enttäuschung, welche ihm für seine Frömmigkeit zuteil geworden wäre, Luft gemacht. E s ') 3, 24.
2
) A 2.
») 2, 10.
120
Zur Gesamtauffassung'.
hätte ihm sogar als das Gebotene erscheinen müssen, einen Fluch gegen Gott auszustoßen, damit er durch einen sofortigen Tod nur um so schneller von seinen Qualen erlöst worden wäre. Die Zerreißung aber einer inneren Verbindung mit Gott kam dabei nicht in Frage, weil solche bei seinem Utilitarismus gar nicht vorhanden gewesen wäre. Dem hatte der Dichter dadurch Ausdruck gegeben, daß er sein lästerliches Weib die Worte sprechen ließ: „Hältst du immer noch an deiner Frömmigkeit fest? Fluche Gott, damit du stirbst" '). Nun er aber fest entschlossen ist, an seinem Gotte festzuhalten, wie der Leser erwartet hat, müssen die inneren Kämpfe mit Notwendigkeit nachfolgen. Es ist ja eine Tatsache, daß fromme Menschen sich bei plötzlichen schweren Heimsuchungen zwar wunderbar gefaßt zeigen, nichtsdestoweniger aber auf die Länge der Zeit in große innere Anfechtung geraten und sich durch dunkle Stunden hindurchkämpfen müssen, während der Utilitarist nach anfänglichem Toben Sich bald beruhigt und zu einer frivolen Gleichgültigkeit gelangt. Sollte der Dichter diese tausendfach im Leben gemachte Erfahrung nicht auch bei seinen Lesern vorausgesetzt und hier auf ihr Verständnis wie auf eine Selbstverständlichkeit gerechnet haben? Vertiefen wir uns nun in die Klagereden Hiobs, so nehmen •wir wahr, daß er das eigentlich Furchtbare und Zermalmende seines Unglücks in der Hoffnungslosigkeit erblickt, die in seinem Leiden liegt. Zum Leiden und Dulden zwar ist er entschlossen2). Aber er muß ausrufen : „Was läßt meine Kraft mich noch hoffen ? Gebeut mir Geduld noch der Rest meines Lebens ? . . . da ich mir selbst nicht zu helfen mehr weiß, mir keine Rettung geblieben 8 ) ?" Haben wir recht gezählt, so erinnert er im Verlaufe seiner Reden dreizehnmal an seine Hoffnungslosigkeit4), angesichts des Todes, dem er unentrinnbar geweiht ist. Als Narren erscheinen ihm seine Freunde, die dagegen die Augen verschließen. „Ich werde keinen von ihnen als Weisen erfinden", schleudert er ihnen entgegen. „Sie machen die Nacht zum Tage und Licht soll näher als Finsternis sein. Warte ich drauf, im Hades zu wohnen, und breite im Dunkel das Bett mir, sag ich zur Grube, mein Vater bist du, und nenne die Würmer ») 2, 9.
2
) 2, 10.
3
) A 21.
") Cf. Konkord. m.
121
Die Religiosität Hiobs.
Mutter und Schwester — wo ist denn dann meine Hoffnung, meine Hoffnung, wer sieht sie? Zu des Hades Riegeln geht sie hinab, wenn alles zur Ruh kommt im Staube 1 )!" Hiob hat Recht. Sein Leiden ist unheilbar, er geht einem qualvollen Tode entgegen 2 ), Worauf sollte er auch noch hoffen? Etwa auf den Hades? Die im Hades sind, gehören zu den Toten. Leben in des Wortes ureigenster Bedeutung haben nach ATlicher Anschauung nur die, welche im Leibe sind. „Ein lebender Hund ist besser daran als ein Löwe, der tot ist," so spricht Qohelet :i ) unzweifelhaft auch im Namen aller Frommen, die in den kanonischen Büchern des ATs zu Worte kommen. Hiob nennt den Hades das finstere und düstere Land, das Land des nächtlichen Dunkels, wo Grauen und Wust, wo's wie Mitternacht hell wird 4 ). Anders wäre es mit der Hoffnungslosigkeit Hiobs bestellt, wenn es eine Erlösung aus dem Totenreiche gäbe, also Auferweckung ins leibliche Leben zurück. Einmal in der Dichtung beginnt Hiob diese Frage zu erwägen. E r sagt: „Wenn der Mensch stirbt, lebt er dann wieder auf?" Bedeutsam aber für das Verständnis dieser Frage ist der Zusammenlang, in welchem er sie stellt. Hiob, der entschlossen ist, das Leiden aus Gottes Hand hinzunehmen, versichert im Hades warten zu können, wenn er nur Hoffnung hätte, herauszukommen. Darum spricht er: „ 0 daß du mich doch im Hades verwahrtest, verbärgest mich dort, bis dein Zorn sich gelegt. Wenn der Mensch stirbt, lebt er dann wieder auf? Meines Heerdienstes Tage ertrüg ich, bis meine Ablösung käme. Du riefest, ich antwortete dir. Nach dem Werk deiner Hände würdst du dich sehnen" b ). Also wenn er nur wüßte, daß der Schöpfer ihn aus dem Hadesleben noch einmal erlöste, er würde dort aushalten. Aber von einer Auferstehung weiß er nichts. Seine Religion bot ihm dergleichen nicht. Die Lehre von einer Auferstehung des Leibes ist auch nur da möglich, wo man etwas von einem künftigen Aon weiß 6 ). Allein erst spät begann die weltgeschichtlich orientierte ..Predigt der Propheten die Lehre von einem künftigen Aon auszubilden, mit der sich gleichzeitig die Lehre, von der leiblichen Auferstehung zur Teilnahme an jenem Aon einstellte. Indessen dauerte ') A~62. •') 30, 23 u. ö. Konk. a. 5 ) A 52. 10, 22 cf. Konkord. b. 6 ) Jes 26, 19 u. Dan 12, 2. l)
3)
9, 4.
122
Zur Gesaintauffiissuug.
es noch lange, ehe die Auferstehung zum Trostgrunde für den einzelnen wurde und die Hiobdichtung ist sicher noch mindestens in die vorpersische Zeit zu setzen. So hat denn Hiob keine Hoffnung. Mußte hier nicht der Glaube an einen personlichen Schöpfer zur Illusion werden? Ist denn der Schöpfer, welcher sein Geschöpf nicht zu erhalten weiß und mit seinem Schöpfungssegen erquickt, noch wahrhaftiger Gott ? Und müßte der Mensch nicht aufhören wollen, Geschöpf zu sein, wollte er versuchen, sich von dem Angewiesensein auf leibliche Wohltaten zu emanzipieren in stolzem und dünkelhaftem Spiritualismus? „Deine Hände bildeten mich und formten meine Gestalt. Und doch willst du mich vernichten? Bedenk doch, dem Ton gleich formtest du mich. Nun machst du mich wieder zu Staub?", so muß Hiob rufen l ). Allein Hiob spricht es endlich aus: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt. Als letzter wird er dastehn auf der Erde" '), und legt damit gewaltig Zeugnis davon ab, daß die Realität der Gottesgemeinschaft, deren er sich bewußt ist, stärker ist als die Realität der in der sichtbaren Welt ihr widersprechenden Momente. Denn wenn, das ist ihm unvermeidliche Schlußfolgerung, seine Gottesgemeinschaft eine Realität ist, dann muß auch die leibliche Widerherstellung eine Realität werden, wie wenig auch in der Gegenwart davon zu sehen ist. Die Fortsetzung aber seines Glaubensbekenntnisses: „Und wenn dies alles meine Haut zerrissen usw." kann man zwar wegen der textlichen Schwierigkeiten nur problematisch übersetzen. Wenn aber scharfsinnige Textkritiker dennoch der Meinung sind, der Text sei verhältnismäßig gut erhalten 3 ), so dürften wir wohl mit der Annahme nicht irren, er sei wegen seines ekstatischen Charakters von Haus aus dunkel gewesen. Daß der Semite auf Deutlichkeit des Ausdrucks nicht in der Weise bedacht ist, wie wir es von der klassischen Antike des Abendlandes her gewohnt sind, ist eine bekannte Tatsache, die sich aus dem Wesen der semitischen Geistesstruktur leicht ableiten läßt. Hier nun, wo Hiob sich selbst überbieten zu wollen scheint, ist Dunkelheit des Ausdrucks vollends nicht befremdlich. Trotzdem aber ist es doch wohl möglich, die vielgequälte Frage, ») 10, 8 ff. cf. 10, 3 : 14, 15. s ) Cf. Budde z. St. S. 103.
2
) A 70.
Ich weiß, dal! 111. Erlös, lebt.
123
ob Hiob an ein Schauen Gottes post oder ante mortem denke, mit einiger Sicherheit zu beantworten. Man muß nur unter post mortem nicht den Hades, sondern die Auferstehung verstehen. Denn an der Erkenntnis führt kein Weg vorbei, daß der Schöpfer nur in der Wiederherstellung des Geschöpfes geschaut und als Erlöser erkannt werden kann. Hades ist Totenreich und bleibt es. Erwägt man nun, daß Hiob selbst einmal die Frage nach der Auferstehung aufgeworfen hat, freilich nur um sie als unbeantwortbar zu bezeichnen, so wird man sagen müssen, daß der Dichter hier ein Glaubenspostulat aufstellt, dem sich alle Wirklichkeit der Gegenwart zu unterwerfen hat und daß das „Wie" dem Dichter völlig gleichgültig ist. Er weiß, daß er den Schöpfer als seinen Erlöser schauen wird, es gehe wie es gehe. Mit unzweideutiger Klarheit versichert er, er werde seine Erlöser auf der Erde 1 ) stehen sehen, ob nun post oder ante mortem, was kümmert ihn das! In dem „er lebt" ist die Garantie für jeden Fall gesetzt. Dann aber ist's gewiß, daß wir das Schauen nicht als mystisches fassen dürfen. Es ist ein Schauen gemeint, wesensverwandt mit dem, welches im Schlußkapitel der Dichtung geschildert wird, ein Schauen freilich wie es nur der Glaubende vollziehen kann, nicht der Utilitarist. Aller Mystizismus liegt dem ATlichen Frommen fern, noch ferner jede Art von Spiritualismus sowohl in der Begründung und Darstellung der ethischen Pflichten wie in der Eschatologie. Will man Momente erkennen, die an Verwandtschaft mit dem Mystischen streifen, so könnte man sie höchstens in seinem Glauben finden, dem es gegeben war, einen Augenblick die Augen gegen die Wirklichkeit zu verschließen, um sich ew.igen Höhen entgegenzuschwingen. Denkt man nun an die absolute Hoffnungslosigkeit Hiobs, stellt man sich seine verfallene Martergestalt vor Augen, das abgezehrte, schmerzdurchfurchte Antlitz, das vom Weinen gerötet, die düstere Nacht, die über den Wimpern liegt, während das Auge zu Gott hin tränt 2 ), dann ergreift uns das Glaubenswort, das aus diesem Munde kommt, nicht nur, sondern wir fühlen auch seine Größe. Es ist uns zumute, als ständen wir vor einem Riesenberge, der •) Der derbere Ausdruck 2 N t 188. ) 16, 16 u. 20.
afär für Erde ist zu beachten,
cf.
124
Znr (Tesimitrtuffrtssuiig'.
mit seinem schneebedeckten Gipfel durch die Wolken ragt, mitten in dem Alpengebirge dieser grandiosen Dichtung, die des wild grotesken so wenig entbehren kann wie der elegischen Stimmung einsamer Täler, bis wir uns endlich an die trauten Ufer eines stillen freundlichen Sees versetzt fühlen durch jene idyllische Schilderung des Friedens, in welchem der müde Kämpfer am Ende der Dichtung ausruht nach seinen unaussprechlichen Leiden. Fragen wir aber, worin denn die Kraft wurzelte, die den Dichter befähigte, solche Bilder zu malen, mit denen er vor unsern Augen zu einem König wird im Reiche der Poesie 1), so finden wir, es ist die erhabene Leidenschaft, mit der er nach den höchsten Gütern rang in der vollendeten Hingabe seiner Person. Es kann daher, was jeder zugibt, keinem Zweifel unterliegen, daß wir es in unserer Dichtung im ganzen genommen, nicht mit einem reinen Phantasieprodukt zu tun haben. Wir werden vielmehr annehmen müssen, daß das Dichterwerk nicht eine reine Idee versinnbildlichen, sondern umgekehrt eine Wirklichkeit mit Hilfe einer künstlerischen Idee zur Darstellung bringen will. Die Seelengeschichte Hiobs bringt nichts anderes zur lebendigen Anschauung als das Werden und Wachsen des Verfassers selbst. Idealisierte Geschichte ist's also, die wir hier vor uns haben. Mit dieser Wahrheit ist Ernst zu machen, indem wir als Ausleger uns vor die Aufgabe gestellt sehen, die Dichtung in die geschichtliche Wirklichkeit zurückzuübersetzen. Zu dieser gelangt man nicht — das war der Fehler der Orthodoxie —, wenn man Dichtung und Wahheit vereinerleit. Beides ist auseinanderzuhalten. Wir hatten schon gesehen, daß der leidende Hiob im 28. Kapitel wie ein Weisheitslehrer redet, der es vermöge einer Auseinandersetzung mit weltlichen Weisheitslehrern zu einer präzisen Formulierung des Weisheitsdogmas gebracht hatte. Das Eingen und Leiden eines Weisheitslehrers ist's also, was die Hiobgestalt verkörpert. Dieser Weisheitslehrer aber ist der Dichter selbst. Indessen auch die drei Freunde Hiobs sind Weisheitslehrer, die mit Hiob auf demselben Boden stehen. Suchten doch die streitenden Parteien dadurch einander ad absurdum ') Diesen Ausdr. gebraucht Meinliold a. a. 0 .
Der geschichtl. Hintergr. des Hiobbuehes.
125
zu führen, daß sie dem Gegner nachzuweisen versuchen, er habe diesen Boden verlassen. Es ist auch nicht schwer zu zeigen, auf welcher Linie sich die ganze Diskussion bewegt. Denn stand das "Weisheitsdogma einmal fest, so blieb neben der Konstituierung des Dogmas vermöge Auseinandersetzung mit weltlicher "Weisheit, noch ein weites apologetisches Feld offen, auf dem es sich nun um den Nachweis handelte, wie es die Erfahrung bestätige und allezeit bestätigt habe, daß der Gottesfürchtige weise sei, nämlich Glück und Zufriedenheit erlange, während der Gottlosen Glück nur von kurzer Dauer sei. An diese Nachweisungen, die in Gestalt von Musterbeispielen') geliefert wurden, konnten dann die schönsten Paränesen geknüpft werden. Wiederum ein Beweis, daß das Dogma 28, 28 den "Weisheitslehrer als solchen alles andere eher machte als bankrott. Unermüdlich warten die Freunde dem Hiob mit solchen Musterbeispielen auf, die, so scheint es, durch traditionelle Sammlungen zu einem großen umfangreichen Schatz angewachsen waren. Ausdrücklich heben die Freunde es hervor, daß ihre Lehre alt und von den Vätern übernommen sei, jedenfalls um ihnen eine größere, Anerkennung fordernde, Autorität zu verschaffen. „Vergangene Geschlechter befrage, was ihre Lehrer erforschten, dem wende dich zu", mit diesen "Worten will Bildad den Lehren, welche der ehrwürdige Elifas in seiner ersten Rede vorgetragen hat, sekundieren, „denn wir sind von gestern und wissen ja nichts, und unsere Tage auf Erden sind nur ein Schatten. Die werden dich lehren, dir's sagen, nicht leere "Worte hinreden". Dann trägt er gleich ein solches Musterbeispiel vor 2J. Elifas aber spricht noch deutlicher von der Uberlieferung solcher Musterbeispiele, wenn er zur Einleitung eines solchen sagt: „Ich will dir kundtun, o höre, und was ich schaute erzählen, was "Weise künden, von Lehrern empfangen, wie sie es nicht leugnen. Denn ihnen allein ward vertrauet das Land und unter sie ist kein Falscher (heterodoxer) gekommen" 3). Tritt uns so in den drei Freunden Hiobs eine ganze Schule entgegen, die auf eine längere Vergangenheit zurückblicken konnte, so steht fest, daß es solche Schulen Kouliord. g u. Xt 100. *) A 29 u. 30. •1) 15, 17—19.
126
Zur Gesamtauffassung.
zur Zeit des Dichters auch wirklich gab. Denn er hätte sie nicht darstellen können, wenn ihre Existenz seinen Lesern nicht eine geläufige Sache gewesen wäre. Ob nun die Personen, welche diese Schule in der Hiobdichtung vertreten, samt ihren Namen, reine Erfindung sind, wird man schwerlich je ausmachen können; um so sicherer aber können wir annehmen, daß Weisheitslehrer, welche der Dichter persönlich kannte, bei seinen Darstellungen Modell gesessen haben. Die Unterscheidung der drei Freunde bezüglich ihrer Charaktereigenschaften, welche bis zu Ende durchgeführt scheint, deutet auch wohl darauf hin. Nimmt man nun noch hinzu, daß Hiob als ein derselben Schule angehöriger AVeisheitslehrer dasteht, was vorläufig schon daraus hervorgeht, daß die anderen seine Freunde genannt werden, so wird man sich folgendes Bild von der geschichtlichen Wirklichkeit machen müssen, die dem Gedicht zugrunde lag. Ein Weisheitslehrer mit tiefer religiöser Anlage, dialektisch und dichterisch gleich begabt, wird von einem rätselhaften schweren Geschick heimgesucht, das in Parallele gebracht werden konnte mit dem des Hiob einer älteren Erzählung — gerät bei der Ausdeutung seines Leidens in Konflikt mit den Genossen der Weisheitsschule, der er selbst angehört, und ringt sich zu einem neuen Standpunkt durch. Sein Schicksal ebenso wie sein inneres Werden und Wachsen stellte er dann in einem großartigen Gedichte, vielleicht am Ende seines Lebens, künstlerisch dar. Jedenfalls gehen wir mit der Annahme nicht fehl, daß die Ausfechtung jenes Streites lange Zeit, vielleicht Jahrzehnte, in Anspruch nahm. Denn je länger man sich mit dem Hiobgedicht beschäftigt, desto mehr hat man den Eindruck, eine enorme Gedankenverdichtung vor sich zu haben, deren Auflösung den Ausleger noch heute lange beschäftigen kann. — W i r gehen nun die Gesprächsgänge durch. Daß Hiob zusammen mit seinen Freunden auf dem Boden von 28, 28 steht, haben wir gesehen. Bedeutsam aber ist, daß sofort in der ersten Hede des Elifas offenbar wird, wie er mit ihnen auch ursprünglich derselben Meinung ist bezüglich der Anwendung dieses Dogmas aufs Leben. Elifas langer Eede kurzer Sinn ist der: W e r gerecht ist, gerät nicht ins Unglück. Geschieht es doch, dann hat er gesündigt. Tut er die Sünde aber wieder ab, dann wird das Straf- zum Züchtigungsleiden und er
Der erste Gesprächsgang.
127
kehrt zu dem alten sicheren Glück wieder zurück x ). (Anders die Gottlosen. Die können es zu Glück und Wohlstand bringen, jedoch nur um früher oder später für ewig vernichtet zu werden 2 ).) Genau so dachte Hiob. Denn Elifas glaubt geschickt sich auf Hiobs eigene Meinung berufen zu können, um seinen Rat ihm einleuchtend zu machen. „Siehe auf Frömmigkeit verließest du dich. W a r deines Wandels Vollkommenheit nicht deine Hoffnung 8 )?" spricht er, offenbar um zu sagen, du bautest das Vertrauen auf die Beständigkeit deines Glückes auf deine Gottesfurcht. Elifas ist der Meinung, Hiob müsse seine Trostrede annehmen, wenn er ihm rate, doch die Art, wie er früher andere getröstet habe, auf sich selbst anzuwenden. „Siehe gar viele hast du belehrt, erschlaffende Hände hast du gestärkt. Deine Rede half strauchelnden auf, du stärktest wankende Kniee. Nun wo's an dich kommt, entfällt dir der Mut. Da es dich selbst trifft, bist du entsetzt *)." Hiob also soll nur sich selbst getreu bleiben. Elifas hat demnach Grund, bei Hiob Ubereinstimmung vorauszusetzen und zu erwarten. Indessen Hiob muß anderer Meinung werden, weil er eben trotz seines Unglücks unschuldig ist. „Täte es Gott, zermalmte mich nur, führe doch zu mit der Hand, zerschnitte den Faden des Lebens, so würde das noch mein Trost sein — wollt' hüpfen vor Freude im grausigsten Schmerz — daß ich •nicht verwarf des Heiligen Worte" 5), muß er Elifas erwidern. Hiob erfährt es hier zum ersten Male, in welche Spannung Glauben und Schauen miteinander treten können. Die Freunde wollen es nicht sehen. Sie gleichen in Hiobs Augen solchen, die ein unbequemes Problem überwinden wollen, indem sie es leugnen. „Entsetzliches seht ihr, da graut euch 6 )." Lieber sind sie unbarmherzig gegen den Freund, als daß sie die Schwierigkeit der Frage anerkennen. Da aber die nur noch gröbere Rede Bildads'') dem Hiob offenbart, daß seine Gegenvorstellungen keinen Eindruck gemacht haben, drängt ihn eine unerbittliche Konsequenz zu der Behauptung, dann müsse Gott ungerecht sein, wo er einen Unschuldigen so martere. „Unschuldig bin ich, doch will ich mein Leben nicht ansehn und lasse es fahren. l ) 5, 20ff. ") 6, 21.
«) 5, 2ff. ») 4. 6. ') A 28—31.
4. 3.
s
) A 20.
128
Zur Gesamtauffassung.
Einerlei ist mir's. Drum sag ich's: Fromme und Böse rafft er zusammen dahin," muß er ausrufen 1 ). Als aber vollends Zofar 2 ) den Bildad an Grobheit noch überbietend, mit seinen Freunden in dasselbe Horn stößt, da kann es Hiob nicht unterlassen, ihnen verlogene Apologetik vorzuwerfen, wobei er energisch darauf hinweisen muß, daß Gott solche Verteidigung nicht gefallen könne. „Er wird euch schelten, wollt ihr im Geheimen ansehn seine Person," ruft er ihnen zu 8 ). Dieser letzte Satz Hiobs aber erinnert daran, daß der Dulder neben dem Gottesbilde, das die Freunde ihm aufdrängen, ein anderes hat. Und in der Tat zeigt schon der ganze erste Gesprächsgang, daß die Religiosität Hiobs im Grunde eine andere ist als die der Freunde trotz der Selbigkeit des Grunddogmas. Die Sache liegt nämlich in "Wirklichkeit so, daß man schon jetzt bei näherem Zusehn die Freunde von dem Verdachte nicht freisprechen kann, im Stillen einem Utilitarismus zu huldigen. Schon die Meinung, die sie vertreten, daß die Frömmigkeit unmittelbar und ohne einen zeitlichen Zwischenraum mit dem entsprechenden Lohn verknüpft sei, konnte leicht der Nährboden eines gesinnungslosen Nützlichkeitsprinzips werden. Vollends aber das fanatische Festhalten an ihrem Gottesbilde 4 ), welches sie auf so unlautere Weise verteidigen, daß sie die Unschuld des Freundes, die ihnen bekannt sein mußte, frivol dahinopfern mit einer Gesinnung, die den Waisen verlosen könnte, den Freund gar verhandeln 0 ) — wie ist das anders zu erklären als aus dem Grauen ®) vor einem Gotte, der auch einmal verlangen könnte, auf den Lohn vertrauensvoll zu warten und durch Leidenstiefen hindurchzugehen. Man behauptet in der Tat nicht zu viel, wenn man schon jetzt die Frömmigkeit der Freunde als eine in einer juridisch orientierten Religiosität wurzelnde bezeichnet. Schon der Sündenbegriff, den Elihu entwickelt, demgemäß die Sündhaftigkeit des Menschen nur in seiner kreatürlichen Schwäche liegt 7 ), steht mit seiner ethischen Flachheit in keinem Verhältnis zu dem Aufwand einer nächtlichen Offenbarung 8 ), den er nötig hat, ihn zu entwickeln, und läßt dann die Frömmigkeit um ') 9, 21 ff. ) 6, 27.
6
2 3 | A 38—42. ) 13, 10ff. ') A 4(i. 9 0) '6, 21. 'i 4, 19. ) A 15.
129
Der zweite Gesprächsgang.
«o mehr als Leistung des Menschen erscheinen, für die «er Lohn beanspruchen, auf die er stolz sein kann. Ganz anders steht's bei Hiob. Hier ist's das freie Erbarmen, welches das religiöse Verhältnis des Menschen zu Gott konstituiert, indem es durch die Vergebung der Sünden •ermöglicht wird'), die wiederum in der Liebe Gottes ihren Grund hat, welche das Geschöpf, das Werk ihrer Hände, nicht lassen kann und nicht lassen will. Wie rührend weiß Hiob von dieser Liebe Gottes zu reden! „Nach dem Werk deiner Hände wiirdst du dich sehnen" 2 ), kann er einmal sagen. Diese religiöse, ethisch ungleich tiefere Gesinnung schlummerte in ihm von Anfang an. Schon dem Hiob des Prologs trauen wir sie zu. Der •erste Gesprächsgang bringt sie zu Entfaltung und drängt Hiob zum Kampf mit dem von den Freunden entfalteten Gottesbilde, das ihm fremd erscheint, obwohl er noch nicht die Kraft gewinnt, es zu überwinden, weil ihm sein Leiden zu neu und noch zu rätselhaft ist. Und so müssen wir urteilen, daß die seelische Entwicklung, welche dieser erste Gesprächsgang vor Augen stellt, ein Bild ist, das mit einer unübertrefflichen psychologischen Feinheit gezeichnet ist; und erwartungsvoll wenden wir uns dem folgenden Gesprächsgang zu. Elifas eröffnet ihn. Da er aber mit seiner zweiten Rede seiner und seiner Genossen Standpunkt nur noch energischer geltend macht 3 ), muß Hiob den Kampf gegen die Gottesvorstellung, welche seine Freunde in ihm zu erwecken beginnen, von neuem aufnehmen. Mehrfach macht er ihnen nun klar, daß sie ihn wie Gott bekämpfen 4). Damit will er doch sagen, euer Gott ist •doch nicht der wahre Gott, denn er tut Unrecht wie ihr. Um so mehr dagegen muß er sich an den Gott anklammern, von dem er sich geliebt weiß. Er spricht die merkwürdigen Worte: „Doch siehe auch jetzt noch im Himmel mein Zeuge und der für mich bürgt in den Höhen. Meine Freunde sind meine Spötter. Es tränt zu Gott hin mein Auge. Er schlichte den Streit zwischen Gott und dem Manne, dem Menschen und seinem Nächsten" 5). Wer ist aber der Gott, vor dessen Feindschaft ') Cf. bes. 7, 20 u. 21 dazu sämtliche unter e in der Konkord, angeführten Stellen. -) 14, 15 ef. A 25. 3 4 5 ) A 54—56. ) A 58 u. 68. ) A 59. T h i l o , Das Buch Hiob.
9
130
Zur Gesanitauffassung-.
der Mensch durch den bürgenden und zeugenden Gott im Himmel erlöst werden soll anders als der falsche Gott der Freunde? Fährt doch Hiob weiter fort „und zwischen, dem Manne und seinem Nächsten". Hier wird's ganz klar r Erlösung von dem falschen Gott und Erlösung von den Freunden ist eins. Dann aber kann die folgende, ganz im Geist des Elifas gehaltene, Rede Bildads') Hiob nur auf diesem. Wege weitertreiben. Und in der Tat, indem er noch einmal seine Freunde warnt, ihn nicht wie Gott, d. h. nun wie ihr Gott zu verfolgen, ersteigt er die höchste Höhe des gläubigen Vertrauens zu „seinem" Gott und spricht das große Wort: „Jedoch ich weiß, daß mein Erlöser lebt 2 )." Dieser Erlöser aber ist der, welcher seinen Gegnern den Sieg entreißen wird. Deswegen sollen sie sich vor ihm fürchten s ). Hier könnte man allerdings, wie es so oft geschehen ist, die Frage aufwerfen, weswegen denn der Dichter seinen Helden nach diesem gewaltigen Glaubensaufschwung nicht zu dem ersehnten Frieden kommen und die Erlösung erleben läßt. Allein gegen diese Frage muß sich der unbefangene Leser mit dem Einwände wehren, daß der Dichter, wenn er sein Werk fortsetzte, noch Entwicklungsmomente im Auge haben muß, die bereits in dem Bisherigen liegen, aber erst später, wenn sie entfaltet sind, erkannt werden können. Festgestellt muß jedoch werden, daß der Dichter es nicht versäumt hat, wenigstens in etwa den Erwartungen des Lesers zu entsprechen. Denn einmal finden wir die Klagen Hiobs über die Ruhelosigkeit seines Leidens fortan nicht mehr, obwohl sie uns vorher immer wieder entgegentraten 4 ), und dies ist ein Zeichen, daß Hiob eine gewisse Fassung gewonnen hat. Zum anderen aber wendet er sich jetzt mit einer Wucht und Kraft gegen die Lehre seiner Freunde, über die er bisher noch nicht verfügt hatte. Holt er doch, nachdem Zofar noch einmal das alte Thema von dem kurzen Scheinglück der Gottlosen repetiert hat 6 ), zu einem Schlage aus, der die ganze Schulweisheit seiner Freunde in Trümmer schlägt. Mit einer schon im voraus triumphierenden Ironie verspricht l ) A 63 u. 64. *) 19, 25. *) A 12, 27, 33, 34, 37, 48.
5
3) A 71. ) A 73 u. 74.
Der dritte Gesprächsgang.
131
er ihnen, sie auch einmal zu trösten x). Dann dreht Hiob den Spieß um, daß die Freunde ihre eigenen Waffen gegen sich selbst gekehrt fühlen. Es ist wahr, der Gottlosen Glück ist kurz, aber es kann auch lang sein, beweist Hiob, indem er an die, die sich offen von Gott lossagen, erinnert, deren Gottlosigkeit also unbezweifelbar ist. Dennoch leben und sterben solche glücklich. Allerdings verwahrt sich Hiob dagegen, damit die sittliche Weltordnung geleugnet zu haben. Die Söhne der Gottlosen können die göttliche Strafe erleben 2 ). Aber es ist nun klar, daß man nicht aus dem Schicksal eines Menschen auf seinen Charakter schließen kann 8 ). Denn sonst müßte man die bis zum Ende wohllebenden Gottlosen für fromm erklären. Mit der Apologetik der Freunde also ist es nichts. Ihnen soll das Schicksal eines Menschen zum Beweis dafür dienen, wie Gott straft und belohnt, ohne zu bedenken, daß dies unmöglich bleibt, solange man nicht weiß, ob der, dessen Schicksal das Walten Gottes illustrieren soll, fromm oder gottlos ist. Hiobs Schicksal können die Freunde apologetisch nur verwerten, wenn es wahr ist, daß er gottlos ist. Weil sie aber ihren Standpunkt durchaus halten wollen, so erklären sie ihn gegen besseres Wissen einfach für gottlos, ein Benehmen, das in den Augen Hiobs nichts anderes ist als Perfidie 4 ). Die letzte Rede Hiobs scheint auf einen Bruch hinzudeuten, den unser Dichter wohl vollzogen hat, und zwar mit der Schule, zu der er sich einst bekannt hatte. Voller Spannung, was die Freunde erwidern werden, nachdem ihnen Hiob solch einen Hieb versetzt hat, wendet sich der Leser dem dritten Gesprächsgang zu. Da verraten ihm nun gleich die ersten Worte des Elifas, wie der Dichter der psychologischen Wahrheit Rechnung getragen hat, daß auch die schärfste Dialektik nie jemand in seinen Grundvoraussetzungen irre macht, von denen er einmal ausgeht, namentlich auf religiösem Gebiete. Als ob Elifas sich ins Innerste erschüttert fühlt, sieht er sich gerade jetzt veranlaßt, seinen abweichenden religiösen Standpunkt hervorzukehren. „Hat Gott denn Nutzen vom Menschen?" ruft er. „Nein, sich selbst nützt, wer klüglich gehandelt. Was liegt dem Allmächtigen daran, 2 ') 21, 2 u. 3. ) 21, 16 ff. *) A 80 cf. 12, 4—6.
3
) A 79. 9*
132
Zur ü e s a m t a u f f a s s u n g .
daß du gerecht bist? H a t er davon Nutzen, daß deine Wege unsträflich 1 )?" Hier tritt die kalte juridische Gottesauffassung des Elifas zutage, die im stärksten Gegensatz steht zu der warmen Religiosität Hiobs, die von einer Liebe des Gottes weiß, der für sein Geschöpf eintritt, wie schwach und sündig dies auch sei, einer Religiosität, die in Elifas Augen dem strafrichterlichen "Walten Gottes zu nahe tritt. Hiobs heftiger Angriff also hat nur den Erfolg gehabt, daß die religiösen Gegensätze nur um so schärfer hervorgetrieben werden. Gleichzeitig wird deutlich, wie Elifas keineswegs darauf verzichtet, den ihm versetzten Schlag zu erwidern. Mit gleichem Maße will er ihm wiedermessen. Hiob hatte auf eine Liicke hingewiesen, die die Offenbarung des straf richterlichen Waltens Gottes mitunter 2 ) offenzulassen scheine in Ansehung des ungestörten Glückes der Lästerer, eine Lücke, welche mit der Vergeltung, die deren Söhne treffe, keineswegs als geschlossen angesehen werden könne 3 ). Diese Äußerung Hiobs nun sucht Elifas bei Hiob dadurch zu motivieren, daß er sie auf dessen Gottlosigkeit zurückführt, die überhaupt nicht an ein strafrichterliches Walten Gottes glaube, um desto besser sündigen zu können. ,.Ganz oben im Himmel ist Gott, sieh doch wie hoch sind die obersten Sterne. Da hast du gedacht, Gott merkt nichts 4 )", so beginnt Elifas mit seinem Gegenschlag, nachdem er Hiob die gröbsten Sünden vorgeworfen hat. Und wenn er nun sagt: „der Gottlosen Rat sei ferne von mir 6 )", so liegt's am Tage, daß er Hiob, der dies W o r t in seiner letzten Rede auch gebraucht hat 6 ), das Recht absprechen will, solches W o r t für sich in Anspruch zu nehmen, daß er ihm also gerade auf seine letzten Worte erwidern will. Nachdem so Elifas Hiobs Aufstellungen, die ihm unbequem sein mußten, ein schlechtes Motiv untergeschoben hat, offenbar um sich dafür zu rächen, daß Hiob ein Gleiches tat, indem er den Freunden Motive der Unwahrhaftigkeit und Lieblosigkeit nachwies'), muß der versöhnliche Schluß der Rede verwundern, wenn man nicht annimmt, der Dichter habe auf die Möglichkeit der Versöhnung noch hinweisen wollen, wie sie am Schluß des Buches Wirklichkeit wird, wenn auch umgekehrt wie l ) 22, 2 u. 3. •v) 22, 18.
2 3 ) 21, 16. ) 21, 19—21. 21, 16. ') A 80.
*) 22. 12 ff.
Der Schluß der Diskussion.
133
Elifas sich das dachte, der ahnungslos seine Darlegungen mit der Hiob gegebenen Versicherung schließt: „Er (der Bußfertige) rettet auch den, der nicht schuldlos, durch deiner Hände Reinheit wird er gerettet')". Hiob kann in seiner Gegenrede nur dem Schmerze Ausdruck verleihen, daß Gott sich nicht aufmache, seine Unschuld zu bezeugen 2 ) und muß noch einmal in einer ausführlichen Rede auf allgemein bekannte Vorkommnisse im menschlichen Leben hinweisen, die auf die Brüchigkeit der von den Freunden angewandten Apologetik hinweisen 3). Allein Hiob hat sich bei dem allen noch vorbehalten, den Nachweis zu erbringen, daß er gar wohl an eine sittliche Weltordnung glaube. Muß er nicht Elifas Vorwürfe widerlegen wollen? W ü r d e Elifas nicht, wenn Hiob dazu schwiege, wenigstens dialektisch als der Sieger dastehen? Darum, nachdem er die kurze Rede Bildads, welche die von Hiob geltend gemachten Schwierigkeiten mit nichtssagendem Pathos abtun will 4 j, spöttisch zurückgewiesen hat 5 ), behauptet er noch einmal, sich nie seine Unschuld streitig machen zu lassen, von der die Freunde doch überzeugt sein müssen, weil doch ein gottloser Mensch im Unglück sich wahrhaftig anders benähme, als er es getan habe 6). Dann aber will er es nicht leugnen, daß Gottlose gestraft werden, denn er hat es nicht geleugnet 7 ) und braucht es nicht zu leugnen, weil er sich unschuldig weiß. So kommt er dazu, auch ein Musterbeispiel für den Untergang der Gottlosen vorzutragen 8 ). Damit schließt Hiob die Diskussion. Und es ist ganz klar, daß wir nun im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Auffassung diesen Schluß nicht als einen überflüssigen oder widerspruchsvollen und deswegen auszuscheidenden Teil anzusehen brauchen, weil Hiob mit dieser Schilderung in das Lager seiner Freunde überginge, sondern als einen Teil, der so integrierend ist, wie nur einer im ganzen Buch. Denn ohne diese Gegenerklärung würde Hiob nicht das letzte W o r t behalten haben und dialektisch als unterlegen dastehen. Ohne Zweifel würde, wenn Hiob klein beigegeben hätte, der grobe Zofar sich das nicht habe entgehen lassen. Aber sein Schweigen ist beredt. ') 22, 30. ») A 89.
6
2 ) A 85 u. 86. ) A 90 u. 91.
3 ) A 87. ") A 88. s '•) 21, 16—18. ) A 93.
134
Zur Gesamtauffassung.
Stellt uns so der Dialog eine lückenlos fortschreitende Entwicklung vor Augen, dann bezeichnen die folgenden Kapitel 28—31, welche wir die Schlußreden Hiobs nennen können, einen Ruhepunkt. Das Fazit der bisherigen Entwicklung liegt hier vor uns. Und es wird nun klar, weswegen der Dichter gerade hierin den Hymnus auf die Weisheit setzte. Den Herrn fürchten ist Weisheit. Hiob war gottesfürchtig. Aber wie steht er da? Er, der einst auf Höhen wandelte, ist ein Gegenstand allgemeinster Verachtung geworden 1 ). Hat er nicht allen Grund, über sein hoffnungsloses Leid zu klagen ? 2 ) Hat er nicht allen Grund von Gott eine Rechtfertigung zu verlangen, wo er einen Reinigungseid von solch unvergleichlicher Erhabenheit ablegen kann ? 8 ) Der Leser muß das vollste Verständnis für Hiob haben. Denn was hilft's ihm zu wissen, daß sein Erlöser lebt, wenn der nicht endlich durch einen Eingriff das Recht Hiobs offenbart, besonders vor seinen Widersachern, die seine Ehre in den Staub ziehen? Es kann nun nicht anders sein, sein Gott, den er im Glauben seinen Erlöser genannt hat, muß sich ihm verdüstern. Freilich kann er auch jetzt den Glauben nicht verlieren, daß es anders werden wird. Gott muß ihn rechtfertigen, denn er weiß sich unschuldig. Das ist sein letztes Wort. „Zu Ende sind die Worte Hiobs." Dennoch kommt Hiob nicht zur Ruhe. Dem Leser aber ist das Warum nicht verborgen. E r erinnert sich aus dem Prolog, daß es sich bei der ganzen Leidensverhängung ja gar nicht um eine sittliche Verschuldung von seiten Hiobs handelt und darum weiß er, daß alle Forderungen Hiobs, Gott möge in dem Rechtsstreit für ihn eintreten, vergeblich sein mußten 4 ). Der Widerstreit der seine Unschuld leugnenden Freunde hatte ihn auf eine falsche Bahn geführt. Hiob haften eben noch die Eierschalen seiner Schule mit ihrer juridisch orientierten Frömmigkeit an. Die müssen noch abgestreift werden. Hiobs Entwicklung ist daher noch nicht zu Ende. Jetzt entdecken wir das Moment, welches zu einer Fortsetzung der Seelengeschichte Hiobs führen muß. Deswegen hat er auch seinen Gegner noch nicht völlig überwinden können. Denn eine dialektische Widerlegung ist immer l
) A 95—97.
2
) A 98.
») A 99.
*) Cf. Konkord. p.
Die Elihureden.
135
nur negativ x). Indessen läßt die moralische und religiöse Überlegenheit, die er seinen Freunden gegenüber bewiesen hat 2 ), uns hoffen, daß er seinen Freunden auch eine positive Wahrheit entgegensetzen wird, wenn er nur erst mal eine neue Erkenntnis gewonnen hat. Aber woher soll er sie gewinnen ? Mit seiner Schule ist er fertig. Nur durch anderweitige Hilfe kann sie ihm zuteil werden. So muß denn Elihu, ein junger Mann, auftreten, der nachdem Alter und Erfahrung, also die Schule, positiv versagt haben, das Recht des gesunden Menschenverstandes, der, von keinem Vorurteil getrübt ist, geltend macht. Mit der ausdrücklichen Versicherung, nicht als Lehrautorität einen Druck ausüben zu wollen, tritt er Hiob gegenüber. So hat es sich der Dichter angelegen sein lassen, Elihu im Gegensatz zu dem autoritativen Auftreten der drei Schulmänner als jungen Mann darzustellen, was ihm vortrefflich gelungen ist. Die Jugend hat eine besondere Neigung, Traditionen abzulehnen und dem eigenen Urteil zu vertrauen, um sich durch künstliche Aufpeitschung des Bewußtseins, etwas Neues zu wissen, über die Unsicherheit des Ausdrucks hinwegzutäuschen, und dann sich mit dem Sturm und Drang im Inneren entschuldigend, den Verdacht der Anmaßung zu zerstreuen. Alles das kommt zum vollendeten Ausdruck 8 ), der des munteren humoristischen Anflugs nicht ganz entbehrt. Auch die Komposition der Elihurede soll offensichtlich an das jugendlich Stürmische des Elihu erinnern, der immer sich selbst vorgreift, in der Angst, nicht schnell genug zum Ziele zu kommen 4), nicht minder die Unfertigkeit des Ausdrucks, welche ans Saloppe streift 5 ). Es kann uns nun nicht wundern, wenn Elihu seine Darlegungen mit dem Tadel beginnt, Hiob habe von seiner Unschuld ausgehend mit Gott rechten wollen 6 ). Denn eben dies erkennt auch der Leser als Hiobs Fehler im Lichte des Prologs, der deutlich macht, daß das ganze Leidensverhängnis mit einer Verfehlung Hiobs nichts zu tun hat. l ) Riehm ATliche Theol. S. 360 ,,Die Autwort ist zunächst 2 ) Cf. Konkord. n. 3) A 100—103. eine negative." 4 ) Zweimal trägt er die Theorie des Läuterungsleidens vor A 105, 112, zweimal formuliert er die beiden Vorwürfe, welche er Hiob machen will A 104, 106, 107. s ) Cf. Nt 291. ") A 104. 105. 111.
136
Zur Gesamtauffassung'.
Wenn dann Elihu auf ein Leiden zu sprechen kommt, das dem Frommen zur Läuterung diene 1), so ist es natürlich, daß Hiob weder zustimmt noch widerspricht, sondern schweigt. Denn zustimmen durfte der Dichter ihn nicht lassen, weil er ihn zur Erkenntnis kommen lassen wollte, daß sein Leidensverhängnis mit keiner sittlichen Verfehlung zusammenhing. Widersprechen aber konnte Hiob nicht, da die Religiosität, welche sich in jener anziehenden Leidensschilderung aussprach, seinem nach Liebe schmachtenden Herzen wohltun mußte. Denn bei Läuterungsleiden schlägt das Moment der göttlichen, auf Förderung des Frommen bedachten, Liebe vor und das Strafrichterliche tritt zurück. Da Hiob schweigt, glaubt nun Elihu auch auf Geduld des Hörers rechnen zu können, wenn er ihm nun zwei besondere Vorwürfe macht 2 ). Daß es zunächst mal verkehrt sei, an eine Unterdrückung der Unschuld seitens Gottes zu glauben, begründet er mit dem Hinweis auf die Absolutheit Gottes, indem er geltend macht, daß die Welt zusammenfiele, wenn der Unrecht tue, über den es keinen Höheren gäbe, der dann dem Zusammenbruch der Welt Einhalt tun und den Fehler wiedergutmachen könne. Gott handele nach innerlich notwendigen Gesetzen, und es könne vorkommen, daß ein Einzelner mit der Gesamtheit unter der Sünde eines Volksleiters leide, damit an die Tatsache erinnernd, daß das Individuum keine augenblickliche Berücksichtigung verlangen könne, weil es nach Gottes Ordnung Glied einer Gemeinschaft sei:i). Ebenso geschickt begründet Elihu den zweiten Vorwurf. Um nachzuweisen, Hiob löse die sittliche Weltordnung auf, hatte Elifas gesagt: „Hat Gott denn Nutzen vom Menschen? Nein sich selbst nützt, wer klüglich gehandelt. Was liegt dem Allmächtigen daran, daß du gerecht bist ? Hat er denn Nutzen davon, daß deine Wege unsträflich?" 4 ) Elihu will Hiob anders widerlegen. Denn er sagt: „Ich gebe nun Antwort darauf, deinen Freunden und dir" 5 ). Dann fährt Elihu fort: „Blicke zum Himmel und siehe, schau auf die Wolken hoch über dir. Hast du gefehlt, was tust du ihm an? Sind deine Sünden gar viel, was willst du ihm machen? Bis du gerecht, was A 105. A 81.
2 ) A 106 u. 107. ") 35. 5
») A 108.
Die Elihuredeii.
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willst du ihm geben? Was wird er nehmen von dir? Auf deines Gleichen bleibt es ja haften, wenn du im Unrecht, auf dir dem Menschen, wenn du im Recht bist". Die Gegenüberstellung dieser beiden Äußerungen zeigt sowohl die Bezugnahme Elihus auf Elifas, wie den Unterschied der Meinungen. Elifas meint, der Mensch nütze sich selbst, da er an eine strikte Parallelität, von Tun und Vergeltung glaubt. Elihu löst beides voneinander, indem er der Meinung wehrt, der Mensch könne durch seine Gerechtigkeit einen Zwang auf das erhabene Walten Gottes ausüben. Demgemäß hätte Hiob den häufig vorkommenden Fehler gemacht, daß er meint, Gott sei genötigt, in seinen Maßnahmen auf das Tun der Menschen unmittelbar Rücksicht zu nehmen. Gott läßt eben in der Welt den Dingen einen solchen Lauf, daß auch ein Gerechter nicht gleich belohnt wird und der Schein der Ungerechtigkeit entsteht, weswegen Elihu sagt: „Und nun, wo sein Zorn sich noch nicht offenbart und die Verkehrtheit noch nicht so beachtet, reißt Hiob vergeblich den Mund auf und macht viel Worte ohne Erkenntnis" '). Einen ähnlichen Fehler hat Qohelet im Auge, wenn er zu bedenken gibt, daß ein Mensch Gerechtigkeit in einer Welt nicht unbedingt durchsetzen kann, über die ein Gott waltet, der auch das zeitweise Bestehenbleiben der Ungerechtigkeit auf Erden mit in seinen Regierangsplan aufgenommen hat'-). Wenn nun Elihu noch einmal auf die Bedeutung des Läuterungsleidens zurückkommt, um diese an dem Falle Hiobs darzustellen 3 ) und im besonderen nachweist, daß es das Ziel verfolge, den Menschen davon abzubringen. Gott Vorschriften zu machen 4 ), anstatt ihn zu lernen "), so beantwortet er damit zugleich die schwierige Frage, wie ein Mensch überhaupt zu neuen religiösen Erkenntnissen kommt, anstatt sich dogmatisch zu verkrusten und innerlich zu verarmen. Darauf kam's an, daß Hiob von der alten Schulweisheit frei wurde, und zwar nicht nur negativ, sondern durch positiv neue Erkenntnisse. Unzweifelhaft hat Elihu auf diese schwere Frage eine tiefsinnige Antwort gegeben, wenn er solche durch ein geduldiges Leiden bewirkt werden läßt. Denn wer in der Dunkelheit den ihm bestimmten Weg kaum ein paar ') 35, 15. ) A 112.
3
-) Cf. ni. Der Pred. Sal. zu 7. 13—22. ) A 113. •'') A 114.
4
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Zur Gesamtauffassung.
Schritte weit vor sich sieht, sich aber von Gottes Finger leiten läßt, der hat auf eigene Weisheit verzichtet und lernt Gehorsam, oder man kann sagen, er lernt das Lernen. Indessen hier entsteht die Frage, hing der Fehler Hiobs lediglich mit einer Unfertigkeit in seiner Entwicklung zusammen, oder lag hier ein sittlich religiöser Fehler vor, der eben die normale Entwicklung hemmte, und der durch ein Läuterungsleiden eben überwunden werden sollte. Es scheint so, als ob der Dichter das erstere gemeint habe. Denn im Sinne des Prologs lag eben mehr die völlige Loslösung des Leidensverhängnisses von der Sünde. Freilich wird — das darf man nicht vergessen — die Gerechtigkeit Hiobs von Gott doch nicht als eine absolute, sondern nur als eine relative hingestellt. Das liegt in dem Ausdruck „keiner ist auf Erden so fromm, wie er". Seine Frömmigkeit wird also an menschlichem Maßstabe gemessen. Aber wie dem auch sei, wir fühlen, daß wir ganz nahe vor der Lösung stehen. Nachdem Elihu der Erhabenheit des göttlichen Waltens mit seiner Gewitterschilderung einen grandiosen Ausdruck verliehen bat, und mit der Behauptung seine Rede geschlossen hat, daß alle Eigenweisheit Gott nicht schaue x ), erscheint Gott selbst im Gewitter. Hiob, der schweigend Elihu angehört hat, ist nun reif für die Belehrung. Er, der Gottes Walten in der Natur nicht einmal versteht, verzichtet nun darauf, von Gott zu verlangen, daß er nach seinen beschränkten Vorstellungen im geschichtlichen Leben der Menschheit walten solle. Gott bleibt der Absolute, er kann walten wie er will, ohne menschlichen Maßstäben unterworfen zu sein. Das war der Fehler, den er nun einsieht, daß er, auf seiner Unschuld fußend, meinte Gott zwingen zu können, nach seinen menschlichen Begriffen zu walten. Der Dichter, oder, was dasselbe ist, Hiob, war ein Weisheitslehrer und als solcher einer Schule angehörig. Da erlebte er ein schweres Unglück, wo die Schule keinen B,at mehr wußte. E r stritt mit ihr und überwand sie dialektisch, und schied sich von ihr, ohne sie positiv überwinden zu können. Da half ihm ein Mann zurecht, der außerhalb der Schule stand. Aber der konnte ihn auch nur bis an die Pforten des Heiligtums führen. Zu einer neuen ') A l l ö .
Die Gottesreden.
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Erkenntnis kam er erst, als ihm von innen heraus eine sittlich religiöse Erkenntnis zuteil wurde, deren Tiefe er nur noch durch die Schilderung einer Gotteserscheinung symbolisieren konnte. Ausdrücklich bezeichnet er sie als eine Erkenntnis, die ihm nicht durch Lernen in einer theoretischen Schule zuteil wurde, wenn er spricht: „Eine Kunde nur hatt' ich vernommen von dir. Nun hab ich selbst dich gesehen" 1). Von Gott auf solche Höhen des Innenlebens gehoben, kann er seinen Freunden, die ihn so befehdet haben, vergeben. Denn er hat sie nun in Wahrheit überwunden 2 ). Und sie müssen sich unter das Urteil beugen, daß sie nicht recht geredet haben wie Hiob s ). Denn Hiob war auf dem richtigen Wege, wenn er an Gott festhielt und •eine Antwort auf die schwere Frage suchte, deren Vorhandensein seine Freunde so hartnäckig leugneten. E r war unschuldig. Gott bezweifelt es nicht. Aber sein Fehler lag in dem anthropozentrischen 4 ) Standpunkt. Nun hat ihn Gott erleuchtet. Jetzt wird kein Zweifel mehr bei ihm laut, daß Gott ihn nicht wiederherstellen könne. E r ist geduldig geworden. Aber Gott läßt nicht auf sich warten. Hiob erfährt, daß sein Erlöser lebt und als •der letzte auf der Erde steht in dem Streit, den er mit seinen Freunden hat. Blicken wir zurück auf unsere Untersuchung, so können wir uns der Erkenntnis nicht verschließen, daß das Buch eine Seelengeschichte bietet, wie sie feiner durchdacht und bis ans Ende durchgeführt nicht vorgestellt werden kann. Allein die letzte und scheinbar schwerste Frage harrt noch ihrer Beantwortung. Es ist die Frage nach dem Grundgedanken der Dichtung überhaupt. Diese Frage fällt mit der anderen zusammen: welches ist dann inhaltlich die positive Erkenntnis, die Hiob, jetzt müssen wir sagen der Dichter, gewann und hat darstellen wollen? Man hat oft bedauert, daß er sie nicht mit kurzen Worten angegeben hat und ihn wohl damit entschuldigt, daß das Dichterwerk für solche Notiz keinen Raum bot. 2 ) 42, 8. s ) 42, 9. ') Cf. Nt 394. Weiser: Das Problem der sittlichen Weltordnung in Hiob (Theol. Blätter 1923, 7) kommt innerhalb ganz anderer Gedankengänge zu einem ähnlichen Resultat bezüglich der durch die Gottesreden bei Hiob bewirkten inneren Wendung. 4)
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Zur Gesamtauffassung.
Beide Annahmen aber sind unbegründet. Der Dichter hat eine Antwort gegeben und er hat sie als Dichter gegeben. "Wir müssen nur Ernst mit dem Gedanken machen, daß der Dialog nichts anderes ist als die dichterische Darstellung einer Wirklichkeit. Der Dialog stellt die inneren Erlebnisse des Dichters dar. Es ist seine Geschichte. Als er diese Geschichte bis zu Ende erlebt hatte, beschloß er, sie darzustellen. Und er tat das in doppelter Weise, einmal nach ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge, zum anderen im Lichte einer höheren Wirklichkeit, sub specie aeternitatis. Diese zweite Darstellung bot er in dem Rahmen, in die er seine Lebensgeschichte stellte. Das ist der Prolog und der Epilog 1 ). Dieser Kunstgriff, durch den er Geschichte und Lehre miteinander verband, zeigt die Größe des Dichters in ihrer Unvergleichlichkeit. Kein Exeget hat diesen Kunstgriff bisher bemerkt, nur der Dichtergenius eines Goethe hat ihn geahnt. Das wird an den Resultaten klar, zu welcher die neueste Faustforschung gekommen ist. Es ist ja bekannt, daß Goethes Faust zunächst keinen Prolog hatte. Auch Goethe stellte im Faust sich selbst dar, wie unser Dichter sich in Hiob darstellte, und erst in späteren Jahren rang Goethe mit der Frage, wie er das Ganze unter einen Gedanken bringen, und zu einer künstlerischen Einheit gestalten könne 2 ). Wer aber hat ihm anders auf ') Die Frage, was der Dichter aus der Uberlieferung übernahm, ob er und wieviel er umdichtete, hat nunmehr nicht sonderlich viel Bedeutung für das Verständnis des Ganzen. ä ) Gf. z. B. Witkowski: Die Handlung des zweiten Teiles von Goethes Faust (Leipz. 1906). Interessant ist hier der Brief Goethes an Schiller vom 22. Juni 1797: „Da es höchst nötig ist, daU ich mir in meinem jetzigen unruhigen Zustande etwas zu tun gebe, so habe ich mich entschlossen, an meinen Faust zu gehen und ihn, wo nicht zu vollenden, doch wenigstens um ein gut Teil weiterzubringen, indem ich das, was gedruckt ist, wieder auflöse und mit dem, was schon fertig oder erfunden ist, in große Massen disponiere, und so die Ausführung des Planes, der eigentlich nur eine Idee ist, näher vorbereite. Nun habe ich eben diese Idee und deren Darstellung wieder vorgenommen und hin mit mir selbst ziemlich einig. Nun wünschte ich aber, daß Sie die Güte hätten, die Sache einmal, in schlafloser Nacht, durchzudenken, mir die Forderungen, die Sie an das Ganze machen würden, vorzulegen und so mir meine eigenen Träume, als ein wahrer Prophet, zu erzählen und zu deuten." Schillers Antwort darauf lautete (23. Juni 1797): „Ihre Aufforderung an mich, Ihnen meine Erwartungen und Desideria mitzuteilen, ist nicht leicht
Das Werden des Buches.
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den rechten Weg geholfen als die Hiobdichtung, deren Prolog ihm zum Master diente für den seines Faust? Verhält sich aber die Sache so, dann ist es verständlich, wenn die Kritiker manchmal glaubten, einen festen Zusammenhang des einen Teils mit dem anderen zu vermissen. Ihre Bedenken sind tatsächlich nicht aus der Luft gegriffen. Halten wir aber' an dem Glauben fest, daß der Dichter nicht von einer Idee ausging und diese plastisch poetisch darstellte, wie ein Schiller es etwa getan hätte, sondern umgekehrt, eine Wirklichkeit nach einer Idee geordnet vorführte, wie es Goethe näher lag, dann ist es sehr verständlich, daß auch der Hiobdichter, je klarer ihm sein Leben wurde, das zu ordnen begann, was «r während seines Lebens gedacht und gedichtet hatte '), daß er mancherlei umstellte 2 ) und schöne Stücke wie den Hymnus auf die Weisheit an geeigneter Stelle einschob, auch manches Stück umdichtete 3 ), ein Verfahren, das zu erfüllen; aber soviel ich kann, will ich Ihren Faden aufzufinden suchen, und wenn auch das nicht geht, so will ich mir einbilden, als ob ich die Fragmente von Faust zufällig fände und solche auszuführen hätte. Soviel bemerke ich hier nur, daß der Faust, das Stück nämlich, bei aller seiner dichterischen Individualität die Forderung an eine symbolische Bedeutsamkeit nicht ganz von sich weisen kann, wie auch wahrscheinlich Ihre Idee ist. Die Duplizität der menschlichen Natur und das verunglückte Bestreben, das Göttliche und das Physische im Menschen zu vereinigen, verliert man nicht aus den Augen; und weil die Fabel ins Grelle und Formlose geht und gehen muß, so will man nicht bei dem Gegenstand stille stehen, sondern von ihm zu Ideen geleitet werden. Kurz die Anforderungen an den Faust sind zugleich philosophisch und poetisch, und Sie mögen sich wenden, wie Sie wollen, so wird Ihnen die Natur des Gegenstandes eine philosophische Behandlung aufgeben, und die Einbildungskraft wird sich zum Dienst einer Vernunftidee bequemen müssen". (Vgl. Borcherdt: Briefwechsel zwischen Schiller u. Goethe Bd. I S. 373ff.) ') Erinnert sei an Goethes Zueignung zum Faust: Ihr naht •euch wieder schwankende Gestalten. "') Kap. 12, 13 ff. scheint mir „ein wenig" der inneren Entwicklung Hiobs vorzugreifen. Erträglich wird der Abschnitt nur, wenn man ihn hernach als Beweis dafür ansieht, daß die späteren Daten des Seelenlebens Hiobs Momente enthalten, die bereits embryonal in ihm lagen. a ) Am deutlichsten scheint mir eine Umdichtung (abgesehen von der Beschreibung des Nilpferdes cf. 40, 19) vorzuliegen bei dem 24. Kapitel, da gewisse Unklarheiten nicht nur mit der Dunkelheit des Textes zusammenhängen können, sondern eher dadurch veranlaßt sein werden, daß ein älteres Stück in das deutlich hervortretende Thema des Kapitels ein wenig eingezwängt wurde. Auch im Faust liegen zweifelsohne solche Umdichtungen mitunter vor.
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Zur Gesamtauffassung-.
dann schließlich denselben Typus erzeugte, der auch der Faustdichtung eignet, in der sich mancherlei findet, dassich miteinander stößt und nicht ganz konzinn erscheint 1 ). Es kann nun nicht mehr schwer sein, den positiven. Lehrinhalt unseres Weisheitsbuches auf eine kurze Formel zu bringen. Der Leser, der den Epilog liest, erinnert sich sogleich des Prologs. Und nun versteht er ihn. denn er hat die Fortsetzung und den befriedigenden Schlußjener himmlischen Geschichte vor Augen, auf die er sehnsüchtig wartete. Gott wollte seine Ehre retten, darum muß er Hiob plagen. Aber wie rettet er sie? Es ist nun offenbar geworden, seine Ehre besteht nicht nur darin, daß er von den Frommen geliebt wird, vielmehr auch darin, daß er sie liebt. Denn Gott hilft Hiob nicht nur aus der Not, sondern fördert ihn, indem er ihn durch die Not zu Erkenntnissen führt, die ihm früher verschlossen waren, indem er ihn gleichzeitig stark macht zu einer Kraft des Vergebens seinen erbitterten Feinden gegenüber, im Vergleich zu der jenes Ansehen, dessen er sich als einstiger Helfer und Tröster rühmte 2 ), schwächlich erscheinen muß, wie groß es auch war. Eine doppelte Rückerstattung seiner früheren Güter muß den inneren. Gewinn, der ihm hernach zuteil wird, symbolisieren. Sein großer Reichtum an äußeren und inneren Gütern, den er einst hatte, erscheint ihm nun wie ein Bettel gegenüber dem, was er gewonnen hat. Das ist's, was Hiob, vielmehr der Dichter, erfahren hat. Indem er das anschaut, stellt er es in den Himmelsszenen des Prologs symbolisch dar und malt damit einen Gott vor Augen, der anders waltete als der platte Schulverstand sich das dachte, einen Gott, der das Böse nicht besiegt, indem er es gleich nieder') Sehr anregend erscheint es mir, wenn Sellin des öfteren (auch Einl. S. 150f.) an die Differenzen innerhalb der Faustdichtung erinnert. Unzweifelhaft hat er, wenn er die Möglichkeit zugibt, daß der D. an seinem Werk während verschiedener Perioden seines Lebens arbeitete, einen richtigen W e g gezeigt. Mir scheint die abweichende Sprache der Elihureden nicht einmal ein Wahrscheinlichkeitsbeweis für ihre Unechtheit zu sein. Wollte der D. in Blihu einen Mann darstellen, der ganz außerhalb der Schultradition stand, so lag es nahe, ihn auch eine Sprache reden zu lassen, die ihn als einen den anderen völlig fernstehenden Mann erscheinen ließ. Und die Anwendung dieses Mittels wird einem solchen Meister der Sprache, wie der Hiobdichter war, nicht die geringsten Schwierigkeiten gemacht haben. *) A 95.
Die Lösung des Leidensproblems.
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schlägt, sondern ihm freien Lauf läßt, weil er weiß, daß es ihm gegenüber so machtlos ist, daß es nicht allein nicht schaden, sondern das Gute nur fördern kann, wie die es erfahren, die an ihm festhalten 1). Das sind erhabene Gedanken, welche einen großen Reichtum von Erkenntnissen in sich bergen. Dennoch sind's nicht die eigentlich neuen, für das Buch charakteristischen. Was als Endresultat im Pro- und Epilog in die Augen springt, ist die Lehre: es gibt nicht nur ein Strafleiden, nicht nur ein Zuchtleiden, in das ein Strafleiden durch Bußfertigkeit verwandelt wird (so die Freunde) 2 ), es gibt außerdem nicht nur ein Läuterungsleiden (Elihu), das die durch Sünde gehemmte Entwicklung des inneren Menschen liebevoll fördern will, es gibt auch Leiden, welche Bewährungsleiden genannt werden können. Hiobs Leiden war ein solches, denn die Möglichkeit, daß er fiel, kann als formale nicht bestritten werden. Aber diese Möglichkeit verschwindet im Hiobbuche fast ganz gegen eine andere Seite seines Leidens. Genau genommen ist sein Leiden ein Leiden, dessen auch der Gerechteste zur Förderung seiner Entwicklung bedarf 8 ), ein Leiden, welches nach der Natur des Weltlaufs den Gerechtsten am allerwenigsten verschonen kann, und ihn nicht verschont, da') Der Gedanke wird nicht ganz von der Hand zu weisen sein, daß die Gesinnung der Freunde, welche Hiob opponieren, weil sie kein genügendes Verständnis für eine Lage haben, in der ein Frommer nach Gottes Willen eine Zeitlang auf den Genuß irdischer Güter verzichten muß und kann, sich symbolisch im Satan reflektiert, der sich eine Frömmigkeit ohne Egoismus nicht vorstellen kann. Denn das ist charakteristisch für die Freunde, was man aus Meinholds Darstellung lernen kann. 2 ) Cf. 5, 17; 8, 5 f. u. ö. s ) Höchst merkwürdig ist es, daß diese von dem D. unter schweren Kämpfen errungene Erkenntnis im AT einzig dasteht, dafür aber im NT im Mittelpunkt der Predigt. Denn wenn die Christusgläubigen, obwohl von dem Verdammnisurteil völlig befreit (Rom 8,1), dennoch unter dem Kreuze bleiben, so ist eben das Kreuz für die Entwicklung des inneren Menschen, auch abgesehen von der Sünde, eine Notwendigkeit (Rom 8, 17). Am klarsten aber spricht es der Hebräerbrief aus, daß es Leiden gibt, die von jeder Verschuldung des Leidenden völlig zu trennen sind, wenn er von Jesus sagt, der schuldlos (5, 15) ist: „Wiewohl er Gottes Sohn war, hat er doch an dem, das er litt, Gehorsam gelernt (5, 8)" und (2, 10): „Denn es ziemte dem, um deswillen alle Dinge sind, und durch den alle Dinge sind, der da viel Kinder hat zur Herrlichkeit geführt, daß er den Herzog ihrer Seligkeit durch Leiden vollkommen machte." —
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Zur Gesamtauffassung.
mit er zu den höchsten Zielen geführt werde, die Gott den Menschen gesetzt hat x ). Das ist das Ziel der vollendeten Gottesgemeinschaft 2 ). ') Daß der Dichter das Vorhandensein von Straf- und Züchtigungsleiden an sich daneben nicht leugnen will, ist selbstverständlich. Nur für seinen Fall haben sie keine Geltung cf. 12, 3; 13, 1 u. 2 (A 45). 2 ) Es bleibt noch übrig zu bemerken, daß der D. keineswegs hat sagen wollen, das Leiden bezwecke nur, dem Leidenden den Sinn des Leidens klarzumachen. Das war nur speziell bei ihm so. Vielmehr will er aus seinem Leiden eine Lehre abstrahieren, von deren Wahrheit er alle überzeugen möchte, wie ihm das z. B. bei seinen Freunden gelang.
G. Pätz'sche Buchdr. Lippert 4 Co. G. m. b. H., Naumburg a. d. S.