Das Bürgerliche Gesetzbuch: Band 1 Allgemeiner Teil. Recht der Schuldverhältnisse. Sachenrecht [Reprint 2020 ed.] 9783112370605, 9783112370599


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Das Bürgerliche Gesetzbuch: Band 1 Allgemeiner Teil. Recht der Schuldverhältnisse. Sachenrecht [Reprint 2020 ed.]
 9783112370605, 9783112370599

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Das ßücgßdicbß fißfßbbucb

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Kommentar von IReicbsgecicbfscäten

1U.L. Ledald Nürnberg und Leipzig

Das

ßücgerlitbe tiesebbucb mit besonderer Gecücksicktigung derRecktspreckung der Reicksgecickts erläutert von

Georg Hoffmann, Sciicknec, Lclec, Surlage, 6 ufcb, vr. Lbbecke, IRiehl, Schaffeld und Schmitt Reichsgecicbtscäten

I. Sand

Allgemeiner Teil.

Reckt der Lckuldverkältnisse. Lackenceckt.

11. L. Sebald Dürnberg und Leipzig

-------------------------------- 1 II 41 M 1, 109 ff. P 1, 539 ff.

1. Der Auffassung, daß das Vermögen der juristischen Person keinen Eigentümer hat (vgl. Vordem 1 vor $ 21), würde es, was die Person des Anfallberechttgrn betrifft, entsprechen, daß mit Auflösung desBereinS (Entziehung der Rechtsfähigkeit) daS Vermögen dem Fiskus zufiele. Das BGB weicht jedoch hiervon darin ab, daß es bei einem selbstnützigen Verein (der satzungsmäßig ausschließlich den Interessen der Mit»

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§§ 43—48

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glieder dient) das Vermögen an die Mitglieder fallen läßt (Abs 3), daß es ferner bei dem I d e a l v e r e i n , der nicht gerade ein gemeinnütziger zu sein braucht, der Mitglieder­ versammlung auch ohne Satzungsbestimmung gestattet, das Vermögen einer öffentlichrechtlichen Stiftung oder Anstalt (vgl. Vorbem 2 vor § 21) zuzuwenden und daß in jedem Falle durch die Satzung (auch durch einen die Satzung abändernden Beschluß) unmittel­ bar oder mittelbar, indem letzterenfalls die Verfügung der Mitgliederversammlung oder einem sonstigen Vereinsgliede übertragen wird, über den Verbleib des Vermögens Bestimmung ge­ troffen werden kann. Die hiernach maßgebende Bestimmung muß spätestens bei Auflösung des Vereins erfolgen. Mehrere Anfallberechtigte können in der Weise berufen werden, daß der zweite erst berufen ist, wenn der erste die Zuwendung nicht annehmen kann oder will. Aufrecht erhalten sind durch Art 85 EG die landesrechtlichen Vorschriften, nach welchen an Stelle des Fiskus das Vermögen einer Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts zufällt. Wegen Anfall des Stiftungsvermögens s. § 88 A 1. 2. Die Art des Anfalls ist eine verschiedene. Ist der Fiskus der Anfallberechtigte, so vollzieht sich der Bermögensübergang, da der Fiskus nach § 46 die Stellung des Erben hat, durch Gesamtnachfolge. In gleicher Weise ist der Übergang, wenn andere Personen die Anfallberechtigten sind, nicht geregelt. Es bleibt deshalb nur übriy, ihnen einen schuldrechtlichen Anspruch auf Ausantwortung des Vermögens zu geben, der gegen die Liquidatoren gerichtet ist.

8 46 Fällt das Bereinsvermögen an den Fiskus, jo finden die Vorschriften über eine dem Fiskus als gesetzlichem Erben anfallende Erbschaft entsprechende Anwendung *). Der Fiskus hat das Vermögen tunlichst in einer den Zwecken des Vereins entsprechenden Weise zu verwendens. E I 49 Abs 2 Satz 1 und 2 II 42 Abs 1 M 1, 109 ff. P 1, 545 ff.; 6, 116.

1. Der FislnS erwirbt das Vermögen durch Gesamtnachfolge (§ 1922 Abs 1), ohne daß er den Erwerb ausschlagen kann (§ 1942 Abs 2). Er haftet in allen Fällen nur mit dem Bereinsvermögen (§ 2011 BGB, § 780 ZPO). Seine Inanspruchnahme ist davon abhängig, daß zuvor das Nachlaßgericht, d. i. das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Verein seinen Sitz hatte (§§72, 73 FGG), sein Anfallrecht sestgestellt hat (§1966 BGB, §78FGG). Handelt es sich um einen ausländischen, vom Bundesrat anerkannten Verein, so ist nach § 73 Abs 3 FGG jedes Amtsgericht, in dessen Bezirk sich Bereinsgegenstände befinden, bezüglich aller im Jnlande befindlichen Bereinsgegenstände zuständig. 2. Die dem Fiskus auserlegte Berwendungspslicht, die nur für gemeinnützige Vereine in Betracht kommt (§ 45 Abs 3), ist eine öffentlich rechtliche, auf deren Erfüllung namentlich von der Volksvertretung gedrungen werden kann. Sie liegt in gleicher Weise den nach Art 85 EG (§45 AI) an die Stelle des Fiskus tretenden öffentlichen Verbänden und Anstalten ob.

§47 Fällt das Bereinsvermögen nicht an den Fiskus, so mutz eine Liquidation stattfinden *). E I 49 Abs 2 Satz 3 II 42 Abs 2 M 1, 113 P 1, 546.

1. Die Mußvorschrift des § 47 wird dadurch verwirklicht, daß mit der Auflösung, der Entziehung oder dem Verlust der Rechtsfähigkeit (abgesehen von dem Falle der §§42 und 46) die Vorstandsmitglieder, falls nicht besondere Liquidatoren bestellt sind, ohne weiteres die Stellung eines Liquidators erhalten, dessen Befugnis zur Vertretung des Vereins gemäß § 49 Abs 1 beschränkt ist. In gleichem Umfange beschränkt sich gemäß § 49 Abs 2 die Rechts­ fähigkeit des Vereins, der zum Liquidationsverein wird.

§48 Die Liquidation erfolgt dmch den Vorstand. Zu Liquidatoren können auch andere Personen bestellt werden; für die Bestellung find die für die Bestellung deS Vorstandes geltenden Vorschriften matzgebend *). Die Liquidatoren haben die rechtliche Stellung des Vorstandes, soweit sich nicht ans dem Zwecke der Liqnidatton ein anderes ergibt?).

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Allgemeiner Teil

Personen

Sind mehrere Liquidatoren vorhanden, so ist für ihre Beschlüsse Über­ einstimmung aller erforderlich, sofern nicht ein anderes bestimmt ist1), e I 50 II 43 SR 1, 113 ff. P 1, 547 ff. 1. Falls in der Satzung oder durch Beschluß des zuständigen Bereinsgliedes nicht andere Liquidatoren bestellt sind, fällt dem Borstande die Aufgabe zu, die Liquidation durchzu­ führen. Die Mitgliederversammlung, die durch die Auflösung nicht beseitigt wird, bleibt jedoch befugt, einen Liquidator nach § 27 Abs 2 abzuberufen und an seiner Stelle einen anderen zu bestellen. Eine Abberufung durch das Gericht findet nicht statt, sofern nicht für Vereine mit verliehener Rechtsfähigkeit in der Satzung etwas anderes festgesetzt ist. Fehlen die erforderlichen Liquidatoren, so kann nach § 29 in dringenden Fällen das Amts­ gericht eingreifen. 2. Die Liquidatoren haben innerhalb ihres Wirkungskreises (§ 49 Abs 1) in gleicher Weise wie der Vorstand die Stellung eines gesetzlichen Vertreters (§ 26 Abs 2). Sie sind der Mitgliederversammlung insofern untergeordnet, als sie dieser über ihre Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen haben und von ihr Entlastung erhalten. Die Stellung der Liquidatoren unterscheidet sich aber darin von der des Vorstandes, daß sie unmittelbar den Gläubigern gegenüber für richtige Durchführung des Liquidationsverfahrens verantwortlich sind (§ 53) und daher insoweit, als die Interessen der Gläubiger in Frage kommen, an Weisungen der Mitgliederversammlung nicht gebunden werden können. Abweichend ist ferner, daß mehrere Liquidatoren, falls nicht in der Satzung oder durch Beschluß der Mitglieder­ versammlung etwas anderes bestimmt ist, den Verein — wodurch den Gläubigern eine größere Sicherheit gegeben ist — nur gemeinschaftlich vertreten können. Der Umfang der Vertretungsmacht der Liquidatoren kann nur insoweit beschränkt werden, als dies mit dem Liquidationszweck verträglich ist (bestr.).

8 49 Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, daS übrige Vermögen in Geld umzufetzen, die Gläu­ biger zu befriedigen und den Überschuß den Anfallberechtigten auszuantworten. Jur Beendigung schwebender Gefchäfte können die Liquidatoren auch neue Ge­ schäfte eingehen. Die Einziehung der Forderungen sowie die Umsetzung des übrigen vermögens in Geld darf unterbleiben, soweit diese Maßregeln nicht zur Befriedigung der Gläubiger oder zur Berteilung des Überschusses unter die Anfallberechtigten erforderlich sind1)1). Der verein gilt biS zur Beendigung der Liquidation als fortbestehend, soweit der Zweck der Liquidation eS erfordert1). E I 51 II 44 M 1, 115, 116 P 1, 548 ff.; 6, 186 ff.

1. Die Liquidatoren haben, soweit dies zur Befriedigung der Gläubiger oder zur Aus­ einandersetzung der Anfallberechtigten erforderlich ist, das BereinSvermSgen zu verwerten. Zn diesem Interesse liegt ihnen auch ob, die l a u s e n d e n G e s ch S f t e zur Klarstellung des Vermögensstandes zu beendigen, was durch Kündigung, Erfüllung, Vergleich usw. geschehen kann. Zu diesem Zwecke können auch neue Geschäfte, sogenannte A b w i ck e lungsgeschäfte, eingegangen werden (vgl. § 149 HGB). Ford er ung en sind, falls nicht nach Ermessen der Liquidatoren besondere Gründe für eine andere Art der Ver­ wertung vorliegen, einzuziehen. Nicht unzulässig ist es, die Verwertung in der Weise, vorzu­ nehmen, daß das von dem Verein betriebene Geschäft im ganzen veräußert wird. 2. Nur auf die zu 1 bezeichneten Liquidationsgeschäfte erstreckt sich die BertretungSmacht der Liquidatoren. Dritte, die sich mit ihnen in Verhandlungen einlassen, haben daher zu prüfen, ob die Grenzen der Bertretungsmacht nicht überschritten sind. Es kann ihnen jedoch, wenn nach der objektiven Sachlage das Geschäft geeignet ist, als Liquidations­ geschäft zu dienen, daraus kein Nachteil entstehen, daß im besonderen Falle, ohne daß ihnen dies bekannt sein konnte, das Geschäft zu anderen als Liquidationszwecken ab­ geschlossen ist. Darüber, daß er der Erkundigungspflicht genügt hat, hat der Tritte sich auszuweisen. 3. Das Fortbestehen deS BereinS wird nur für die Zwecke der Liquidation aner­ kannt. Deshalb ist in gleicher Weise wie die Bertretungsmacht der Liquidatoren auch die Rechtsfähigkeit des Vereins nach eingetretener Liquidation nur eine be­ schränkte. Es ist jedoch nicht zu bezweifeln, daß der Verein auch nach diesem Zeitpunkte die Fähigkeit behält, Zuwendungen, welche die Mittel zur Tilgung von Verbind­ lichkeiten gewähren, anzunehmen.

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§ 50 Die Auflösung des Vereins oder die Entziehung der Rechtsfähigkeit ist durch die Liquidatoren öffentlich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung find die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Ansprüche anfzufordern. Die Be­ kanntmachung erfolgt durch das in der Satzung für Veröffentlichungen bestimmte Blatt, in Ermangelung eines solchen durch dasjenige Blatt, welches für Bekanntmachungen deS Amtsgerichts bestimmt ist, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hatte. Die Bekanntmachung gilt mit dem Ablaufe des zweiten Tages nach der Einrückung oder der ersten Einrückung als bewirkt. Bekannte Gläubiger sind durch besondere Mitteilung zur Anmeldung aufzufordern'). E I 52 II 45 P 1, 550.

1. Die öffentliche Aufforderung der Gläubiger dient nicht dazu, die sich nicht meldenden Gläubiger auszuschließen, sondern soll nur ein Mittel sein, die Gläubiger und ihre Forderungen zu erfahren. Auch an die bekannten Gläubiger ergeht eine besondere Auf­ forderung, da es möglich ist, daß der Stand der Forderung sich geändert hat. Meldet sich ein unbekannter Gläubiger innerhalb des Sperrjahres (§ 51 '211) nicht, so wird er tat­ sächlich insofern ausgeschlossen, als er die bis zur späteren Meldung bewirkten Verteilungen an Gläubiger oder Anfallberechtigte nicht anfechteu kann. Nur aus der noch unverteilten Masse kann er Befriedigung beanspruchen. Werden die Gläubiger schon vor Ablauf des Sperrjahres ganz oder teilweise befriedigt, so geschieht dies in der selbstverständlichen Voraussetzung, daß nicht nachträglich vor Ablauf des Sperrjahres weitere Gläubiger sich 'melden, zu deren gleichmäßiger Befriedigung das Vereinsvermögen nicht ausreicht. DaS hiernach zuviel Gezahlte können die Liquidatoren zurückfordern.

8 51 Das Vermögen darf den Anfallberechtigten nicht vor dem Ablanf eines Jahres') nach der Bekanntmachung der Auflösung des Vereins oder der Ent­ ziehung der Rechtsfähigkeit ausgeantwortet werden2). E I 53 II 46 M 1, 116 P 1, 550.

1. Während des SperrjahreS, das nach § 50 mit Ablauf des zweiten Tages nach der Einrückung der öffentlichen Aufforderung an die Gläubiger beginnt — vgl. $ 301 Abs 1 HGB betreffs der Aktiengesellschaft, ebenso § 73 GmbHG und § 90 GenG —, darf das Bereinsvermögen nicht zum Nachteil der Gläubiger den Anfallberechtigten ausgeant­ wortet werden, widrigenfalls die Liquidatoren nach § 53 schadensersatzpflichtig und die Anfallberechtigten nach § 812 herausgabepflichtig sind. Die Gläubiger, die durch die Aus­ antwortung verhindert sind, ihre Befriedigung aus dem bereiten Bereinsvermögen zu er­ langen, haben jedoch nicht nötig, vor der Inanspruchnahme der Liquidatoren sich an die Anfallberechtigten zu halten (a. A. Staudinger § 53 A 5; Planck z 53 A 3, letzterer von dem Gesichtspunkt aus, daß noch Vereinsvermögen vorhanden sei, indem der Verein ein Rückforderungsrecht gegen die Anfallberechtigten habe). Aber auch nach Ablauf des Sperrjahres darf das Vermögen vor Befriedigung oder Sicherstellung der bekannten Gläubiger — auch wenn diese erst nach Ablauf des Sperrjahres sich gemeldet haben — bei Vermeidung der Schadensersatzpflicht der Liquidatoren den Anfallberechtigten nicht aus­ geantwortet werden. Der Anfallberechtigte bleibt in Höhe der noch vorhandenen Bereiche­ rung den Gläubigern unbedingt aus § 812 verhaftet (a. A. Staudinger A 2; Planck § 53 A 4). 2. Mit der Ausantwortung ist regelmäßig die Liquidation beendet. Stellen sich später weitere Gegenstände als zum Vereinsvermögen gehörig heraus (wie z. B. ein Schadensersatzanspruch gegen den Vorstand), so ist die Liquidation wieder aufzunehmen und lebt insoweit auch die Rechtsfähigkeit des Vereins wieder auf.

§ 52 Meldet sich ein bekannter Gläubiger nicht, so ist der geschuldete Betrag, wenn die Berechtigung zur Hinterlegung vorhanden ist, für den Gläubiger zu hinterlegen').

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Allgemeiner Teil

Personen

Ist die Berichtigung einer Verbindlichkeit zur Zeit nicht ausführbar oder ist eine Verbindlichkeit streitig, fo darf daS Vermögen den Anfalwerechtigten nur ausgeantwortet werden, wenn dem Mündiger Sicherheit geleistet ist2). E I 54 u 47 M 1, 116 ff. P 1, 551; 4, 568 ff., 607; 6, 116 und 117.

1. Von den bekannten Verbindlichkeiten wird der Verein nicht dadurch frei, daß der Gläubiger sich nicht meldet. Der Verein hat bezüglich der ihm bekannten oder durch Anmeldung bekannt gewordenen Verbindlichkeiten die Pflicht, sie zu erfüllen oder bei Vorhandensein eines Hinterlegungsgrundes — Annahmeverzug des Gläubigers oder nicht verschuldete Ungewißheit über die Person des Berechtigten, §§ 372 ff. — den Schuldbetrag zu hinterlegen. Dadurch, daß der bekannte Gläubiger sich nicht meldet, wird bei einer Bringschuld der Annahmeverzug noch nicht begründet. Bei Verzug des Gläubigers in Annahme einer nicht hinterlegungsfähigen beweglichen Sache kann nach $§ 383 ff. verfahren werden. 2. An Stelle der Ersüllungs- oder Hinterlegungspflicht tritt die Pflicht der Sicher­ heitsleistung, wenn die Verbindlichkeit streitig ist oder die Berichtigung wegen Bedingt­ heit der Forderung, Ungewißheit der Dauer eines Rechtsverhältnisses usw. zur Zeit nicht ausführbar ist (ebenso § 301 Abs 3 HGB). Auch der Umstand, daß der Verein int Hinterlegung berechtigt sein würde, der geschuldete Gegenstand aber nicht hinterlegungs­ fähig ist, kann zur Sicherheitsleistung führen. Ist eine Forderung noch nicht fällig, so braucht nur derjenige Betrag hinterlegt zu werden, der mit Hinzurechnung der Hinter­ legungszinsen bis zur Fälligkeit den geschuldeten Betrag ergibt. Durch Sicherheitsleistung kann der Regel nach diese Hinterlegungspflicht nicht abgewendet werden. Die Art der Sicher­ heitsleistung bestimmt sich nach §§ 232 ff. Sicherheitsleistung kann nur insoweit verlangt werden, als das Bereinsvermögen Mittel hierzu gewährt.

§ 53 Liquidatoren, welche die ihnen nach dem § 42 Abf. 2 und den §§ 50 bis 52 obliegenden Verpflichtungen verletzen oder vor der Befriedigung der Gläubiger Vermögen den Anfallberechtigten ausantworten, find, wenn ihnen ein Berfchulden zur Last füllt, den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich'); fie hasten als Gesamtschuldner. E l 56 u 48 M 1, 117 P 1, 551.

1. Die hier bezeichneten Verpflichtungen sind den Liquidatoren im Interesse der Gläubiger auferlegt. Diese haben deshalb gegen die Liquidatoren im Falle schuldhafter Zu­ widerhandlung unmittelbar einen Anspruch auf Schadensersatz, auf den die Mitgliederver­ sammlung nicht etwa verzichten kann und dem die Liquidatoren nicht mit dem Einwand, daß sie auf Anweisung der Mitgliederversammlung gehandelt hätten, begegnen können (vgl. § 48 A 2). Über die Frage, ob vorher die Anfallberechtigten in Anspruch genommen werden müssen, s. z 51 A 1.

§ 54 Auf Vereine'), die nicht rechtsfähig find, finden die Vorschriften über die Gesellschaft Anwendung. Aus einem Rechtsgeschäfte, das im Namen eines solchen Vereins einem Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet2) der Handelnde persönlich; handeln mehrere, so haften sie als Gesamtschuldner. E H 676 P 1, 553 ff.; 2, 452 ff.; 6, 117, 206, 209. 1. Die Gesellschaft erscheint als Verein, wenn sie körperschaftlich gebildet ist und satzungsgemäß vom Wechsel der Mitglieder unabhängig ist (RG 60, 96, SeuffA 62, 129). Sie kann — abgesehen von andern Vereinsorganen — die Führung der Geschäfte einem Vorstände übertragen, der nicht notwendig ein Vereins­ mitglied zu sein braucht. Sie kann auch für die allgemeine Leitung der Bereinsangelegenheiten und Wahrnehmung der Rechte der Mitglieder eine durch Mehrheitsbeschluß entscheidende Mitgliederversammlung einführen (§§ 709 bis 712, 716, 721). Die Bestimmung, daß die Vereinigung trotz Wechsels der Mitglieder fortbestehen soll, kann auch ohne ausdrückliche Festsetzung aus dem Gesamtinhalt der Satzung entnommen werden. In dieser Beziehung kann namentlich der Gebrauch des Ausdrucks „Verein" von Bedeutung sein. Der nicht rechtsfähige Verein unterscheidet sich, wennschon die Vorschriften über die Gesellschaft anwendbar bleiben, dadurch von einer Gesellschaft, daß er nach außen hin als ein e i n h e i t l i ch e s Ganze auftreten will, zu welchem Zwecke er sich regelmäßig einen besonderen Namen beilegen wnd (vgl. z 12 A 1 ). Die Einheit-

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§§ 52—54

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lichkeit kann aber, weil die Bereinigung nicht als juristische Person anerkannt wird, nur un­ vollkommen erreicht werden. Inhaber des Gesellschaftsvermögens, Träger der Rechte und Verbindlichkeiten sind die Mitglieder dieses Vereins (vgl. RG IW 04, 61"). Die Eingehung von Rechtsgeschäften ist zwar dadurch erleichtert, daß die Mitglieder unter der Pereins­ bezeichnung zusammengefaßt werden können. Immerhin ergeben sich aus dem Mangel der Rechtsfäbigkeit für die Rechtsbetätigung nicht unerhebliche Schwierigkeiten. Kommt es zur Klageanstellung, so müssen die Mitglieder als Kläger auftreten. Der Vorstand kann trotz der Satzungsbestimmung, daß er den Verein in allen Rechtsstreitigkeiten vertritt, nicht für Rechnung des Vereins, sondern nur namens der einzeln aufzuführenden, zur Zeit der Klagezustellung vorhanvenen Mitglieder klagen (RG 57, 90, IW 03, 48). Über seine Bestellung als Prozeßbevollmächtigter hat er demgemäß nach § 80 ZPO sich aus­ zuweisen, wozu indes schon die Einreichung der Satzung genügen kann, ohne daß eine formelle Bollmachtsurkunde vorgelegt zu werden braucht (RG 57, 90). Im Grundbuch können Rechte des Vereins nicht auf dessen Namen, sondern nur auf den Namen der Mitglieder eingetragen werden, wobei nach § 48 GBO zu vermerken ist, daß ihnen das Recht nur als Mitglieder eines nicht rechtsfähigen Vereins zusteht. Dem Metern als solchen kann ferner weder eine Erbschaft noch ein Vermächtnis zugewendet werden. Möglich ist nur, daß die Zuwendung — in welcher Weise die Verfügung regelmäßig auszulegen ist — den Vereinsmit. liedern mit der Auflage gemacht wird, das Zugewendete dem Verein zu übertragen (abw. Planck A 3 f, der das Zugewendete schon durch E werb der Mitglieder Bereinsvermögen werden läßt). Die für juristische Personen geltenden Erwerbsbeschränkungen (Vordem 2 vor § 21) greifen hier nicht Platz. Eine beschränkte Rechtsfähigkeit ist dagegen dem nicht rechtsfähigen Verein insofern beigelegt, als er als solcher gemäß § 50 Abs 2 ZPO verklagt werden kann (Parteifähigkeit), als demgemäß nach § 735 ZPO Zwangsvollstreckung gegen ihn stattfinoet und nach § 213 KO das Konkurs­ verfahren über ihn eröffnet werden kann. Der Verein wird in diesen Beziehungen gerade so behandelt wie ein rechtsfähiger Verein, woraus folgt, daß der Vorstand die ihm sonst nicht gebührende Stellung eines gesetzlichen Vertreters hat. Als rechtsfähig gilt der Verein auch indem Verfahren über die gegenüber der Klage von ihm geltend gemachten Rechtsbehelfe (Widerklage, Widerspruchsklage, Kostenerstattungsanspruch usw.) und diese Rechtsfähigkeit muß auch demjenigen zustatten kommen, der Forderungen des Vereins auf Grund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen den Drittschuldner geltend macht (RG 54, 300). Als Gesellschaften mit bloß formeller Rechtsfähigkeit, nicht als juristische Per­ sonen stellen sich dar die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft (§§ 124, 161 Abs 2 HGB), sowie nach $ 22 der Preußischen Jagdordnung v. 15. 7. 07 die Jagdgesell­ schaft von nicht beschränkter Mitgliederzahl hinsichtlich der Rechte und Pflichten aus Pachtung der Jagd. Nicht ausgeschlossen ist, daß ein einem größeren Verein angehörender Zweig­ verein zugleich einen selbständigen Verein bildet, sodaß die Organe des Vereins danach eine Doppelstellung einnehmen (RG IW 10, 1828). Über Ungültigkeit des Errichtungs­ vertrags vgl. Z 25 A 2. 2. Was die Haftung Dritten gegenüber betrifft, so haben nach den Vorschriften über die Gesellschaft sür die durch Rechtsgeschäft des Vorstandes begründeten Ver­ bindlichkeiten die Vereinsmitglieder persönlich als Gesamtschuldner zu haften (§§ 714, 427). Diese Haftung (die bei einem Vereine mit wechselndem Mitglieder­ bestände den Verhältnissen wenig entspricht) kann aber durch die Satzung auf die Anteile der Mitglieder am Bereinsvermögen beschränkt werden und diese Bejchränkung hat Wirkung gegen Dritte, die bei Abschluß des Geschäfts davon Kenntnis hatten (RG 63, 65). Es darf sogar bei einem solchen Vereine — worüber allerdings in der Rechtslehre sehr verschiedene Auffassungen herrschen — ohne weiteres angenommen werden, daß die Mit­ glieder nur zu den satzungsmäßigen Beiträgen, nicht zu einer weitergehenden persönlichen Haftung sich verpflichten wollen, und es darf ebenso davon ausgegangen werden, daß der Dritte, der, wie ihm bekannt, mit einem Vereine abschließt, mit diesem Willen der Bereinsmitglieder rechnet und deshalb auch ohne genauere Kenntnis die Haftungsbeschränkung gegen sich gelten lassen muß (RG IW 07, 136ie und hinsichtlich eines Ausstcllungsvereins'lÖ, 227*). Wegen dieser beschränkten Haftung der Mitglieder ist in § 54 Abs 2 die besondere Vorschrift getroffen, daß, wer im Namen eines nicht rechtsfähigen Vereins Rechtsgeschäfte vornimmt, mag er nun zur Vertretung berechtigt sein oder nicht und mag der andere Teil den Mangel der Rechtsfähigkeit gekannt haben oder nicht (RG Gruch 46, 848 ff.), damit die persönliche Haftung übernimmt. Auf Bereinsmitglieder, die mit dem Abschluß sich nur einverstanden erklärt, nicht aber den Vertreter ermächtigt haben, auf ihren persönlichen Kredit das Rechts­ geschäft einzugehen, ist diese Haftung nicht zu erstrecken. Für nicht rechtsfähige Vereine gilt somit in dieser Beziehung ein anderer Grundsatz als für Aktiengesellschaften und Gesell­ schaften m. b. H., in deren Namen vor der Eintragung gehandelt ist (vgl. RG 55, 302; 72, 401; IW 09, 23130)

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2. Eingetragene Vereine 8 55 Die Eintragung1) eines Vereins der im 8 21 bezeichneten Art in das Vereinsregister hat bei dem Amtsgerichte z« geschehen, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat3). E U 49 P 1, 498 ff., 504.

1. Die Eintragungspflicht kommt bei den nicht wirtschaftlichen Vereinen (vgl. § 21 A 2) in verschiedener Bedeutung vor. Einzutragen sind 1. der Verein (§§ 21, 64 — die Rechtsfähigkeit wird nur durch Eintragung erlangt), 2. eine jede Änderung der Satzung, §71 — die Wirksamkeit der Änderung ist durch die Eintragung bedingt —. 3. die B o r st a n d sMitglieder und Liquidatoren, sowie die das Vertretungsrecht beschränkenden Beschlüsse (§§ 64, 67 bis 70, 76; vgl. auch §§ 74, 75). Die Nichteintragung der Änderung hat zur Folge, daß sie dem gutgläubigen Dritten nicht entgegengesetzt werden kann. Die Namen der M i t g l i e d e r brauchen nach § 72 nicht eingetragen oder angemeldet zu werden. 2. Wegen des Sitzes des Vereins s. § 57 Abs 1. Außer über die Zuständigkeit des Amtsgerichts enthält dieser Abschnitt Vorschriften über das Verfahren, die Fest­ setzung von Ordnungsstrafen, das Recht der Beschwerde und über die Öffentlichkeit des Vereins­ registers (§§ 59, 60, 66, 77 bis 79). Ergänzt werden diese Vorschriften durch die nach § 159 FGG anwendbaren Bestimmungen der §§ 127 bis 130, 142,143 und (hinsichtlich des Ordnungs­ strafverfahrens) der §§ 132 bis 139 dieses Gesetzes. Die nähere Einrichtung des Vereins­ registers ist Landessache. Es gelten hierfür die auf Vereinbarung der Bundesstaaten beruhenden, vom Bundesrat genehmigten und vom Reichskanzler am 12. 11. 98 veröffent­ lichten Bestimmungen, die nebst ergänzenden Vorschriften von den einzelnen Bundesstaaten eingeführt sind. § 56 Die Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Zahl der Mitglieder min­ destens sieben1) beträgt. S II 60 $ 1, 554 ff.

1. Durch diese Bestimmung über die Mindestzahl der Mitglieder soll dem vor­ gebeugt werden, daß Vereine, die ihrer Mitgliederzahl nach nur eine geringe Bedeutung haben, in das Bereinsregister eingetragen werden und Rechtsfähigkeit erlangen. Bei Zählung der Mitglieder sind natürlich nur diejenigen einzurechnen, die rechtswirksam die Mitgliedschaft erlangt haben. Zur Ermöglichung der Kontrolle ist in § 59 bestimmt, daß die Satzung von mindestens 7 Mitgliedern unterschrieben werden soll. Die Nichtbeachtung der Sollvorschrift des § 56 hat zwar nicht die Ungültigkeit der Eintragung zur Folge, wohl aber hat das Registergericht, wenn es durch falsche Angaben des Vorstandes über die Mitgliederzahl zur Eintragung bestimmt war, von Amts wegen die Eintragung, soweit nicht inzwischen oie erforderliche Mitgliederzahl erreicht ist, wieder zu löschen. Über den Fall der Verminderung der Mitgliederzahl s. § 73. § 57 Die Satzung mutz den Zwecks, den Namen1) «nd den Sih1) des Vereins enthalten und ergeben, daß der Verein eingetragen werden soll3). Der Name fall sich von den Namen der an demselben Orte oder in der­ selben Gemeinde bestehenden eingetragenen Vereine deutlich unterscheiden1). E II 51 P 1, 555 ff.; 6, 117.

1. Zur unterscheidenden Bezeichnung des Vereins ist nicht bloß die Angabe seines Namens, sondern auch seines Sitzes nötig, da nach Abs 2 Vereine, die ihren Sitz nicht in der­ selben, aus einem oder mehreren Orten bestehenden Gemeinde haben, — unbeschadet der Vorschrift des § 26 UnlWG vom 7. 6. 09 — den gleichen Namen führen können. Name und Sitz muß deshalb aus der einzureichenoen Satzung zu ersehen sein uno in das Vereinsregister mit eingetragen werden (§ 64). Wegen der Wahl des Namens sind in § 57 keine besonderen Vorschriften gegeben. Allgemeinen Grundsätzen entspricht es, daß der Register­ richter anstößige oder auf Täuschung berechnete Namen mcht zulassen darf. Dem Namen ist nach § 65 der Zusatz „eingetragener Verein" beizufügen. Wegen dieses Zusatzes unter­ scheidet sich der Verein bereits genügend von einem nicht eingetragenen Verein. Es genügt deshalb ein Name, der die Gefahr der Verwechselung mit andern ein-

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getragenen Der einen d esselben Ortes ausschließt. Die Unterscheidung muß eine deutliche sein. Namensunterschiede, die dem Leser oder Hörer leicht entgehen können, genügen nicht. Wegen des Namensschutzes s. § 12 A 1. 2. Die Angabe des Iweckes ist nötig zur Beurteilung der Eintragungsfähigkeit deS Vereins (§§ 21, 22, 61). Der Bereinszweck ist ferner für die Ergenart des Vereins von solcher Bedeutung, daß seine Änderung regelmäßig die Zustimmung aller Mitglieder erfordert (vgl. § 33 A 1). Die Eintragung des Zweckes in das Vereinsregister ist nicht vorgeschrieben. Vgl. § 59 A 1.

§ 58 Die Satzung soll Bestimmungen enthaltens: 1. über den Eintritt und Austritt der Mitglieder; 2. darüber, ob und welche Beitrüge von den Mitgliedern zu leisten sind; 8. über die Bildung des Borstandes; 4. über die Boraussetzungen, unter denen die Mitgliederversammlung z« berufen ist, über die Form der Berufung und über die Beurkundung der Beschlüsse. « II 52 $ 1, 556 ff.

1. Die Satzung soll über die Verfassung des Vereins, was Erwerb und Verlust der Mitgliedschaft, Bildung des Vorstandes, Berufung der Mitgliederversammlung und Beur­ kundung der von ihr gefaßten Beschlüste betrifft, sich aussprechen. Sie soll ferner bestimmen, inwieweit die Mitglieder zu Beiträgen herangezogen werden können, worunter nicht bloß Geldleistungen, sondern auch sonstige Leistungen für den Vereinszweck und etwaige Ver­ tragsstrafen zu verstehen sind. Eine Beitragspflicht kann auch ohne ausdrückliche Satzungs­ bestimmung aus dem Zwecke des Vereins sich ergeben. Die Nichtbeachtung des § 58 ver­ pflichtet den Richter zur Ablehnung der Eintragung, zieht aber die Ungültigkeit der einmal geschehenen Eintragung nicht nach sich. Enthält die Satzung keine Bestimmungen, so greifen Die allgemeinen Grundsätze der §8 26, 27, 32, 36 und 37 Platz. Die Befugnis zur Auf­ nahme oder Ausschließung von Mitgliedern wird im Zweifel, da es sich ttm eine grundlegende Änderung handelt, der Mitgliederversammlung, nicht dem Vorstände zugestanden werden müssen (a. A. Staudinger A II 1). Werden über die in § 58 bezeich­ neten Gegenstände erst nachträglich Bestimmungen getroffen, so muß der von der Mitglieder­ versammlung zu fassende Beschluß den Erfordernissen eines Satzungsbeschlufses entsprechen. § 59 Der Borstand hat den Verein zur Eintragung mtimnelben1). Der Anmeldung sind beizufiigen: 1. die Satzung in Urschrift und Abschrift^); 2. eine Abschrift der Urkunden über die Bestellung deS Borstandes3). Die Satzung soll von mindestens sieben Mitgliedern unterzeichnet sein die Angabe des Tages der Errichtung enthalten *). E II 53 P 1, 557 ff.; 6, 382.

1. Die Eintragung kann nur auf Anmeldung des Vorstandes erfolgen. Er ist z« andlung schon vor Entstehung des rechtsfähigen Vereins befugt (vgl. § 21 A 1) und h bei Unterlassung des Antrags gegenüber den Mitgliedern der bereits bestehenden ng verantwortlich machen (a. A. Oertmann A Id). Zur Eintragung ist weiter g, daß der Antrag in Übereinstimmung mit der Satzung steht. Aus der Satzung $ 57 hervorgehen, daß der Verein eingetragen werden soll. Fehlt es an diesen Grn, so ist die Eintragung ungültig (a. Ä. Planck A 1, der die Eintragung für gültig i der Wille der Mitglieder aus Eintragung gerichtet war, vgl. über Ungültigkeit gung auch § 21 A 3). Ohne Einfluß auf die Gültigkeit ist es dagegen, ob die in mmte Form der Anmeldung gewahrt ist. Die dem Vorstand obliegende Anmeldung Amtlichen Vorstandsmitgliedern zu bewirken, wobei eine Vertretung durch tätigte nicht ausgeschlossen ist. Durch die Satzung kann nicht bestimmt werden, eldungen zum Bereiasregister nur der Unterschrift eines Teiles der Mitglieder sollen (RIA 9, 47). Die Anmeldenden sind dem Verein und dritten Personen für die Richtigkeit der An.neldung verantwortlich. Die Satzung muß, um als Unterlage der Eintragung zu dienen, schriftlich abgefaßt Die Einreichung zweier Exemplare, der Urschrift und einer Abschrift, ist

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zu dem in § 66 Abs 2 bezeichneten Zwecke vorgeschrieben, über die Schriftform s. im übrigen § 25 A 2. Einzureichen sind, falls Bestimmungen über die Verfassung in beson­ dere Urkunden ausgenommen sind, auch diese Urkunden. Die Eintragung der Satzungs­ bestimmungen findet nur in dem durch § 64 Satz 2 bestimmten Umfange statt. 3. In eine Prüfung, ob der Borstand gehörig bestellt ist, braucht regelmäßig der Registerrichter nur insofern einzutreten, als er etwaige Mängel, bie aus der einzureichenden Abschrift der Bestellungsurkunde sich ergeben, zu berücksichtigen hat. Entsteht Streit über die Gültigkeit der Bestellung, so ist hierüber im Prozeßwege zu entscheiden. Die Klage ist nicht gegen das einzelne Vorstandsmitglied, sondern gegen den gesamten Vorstand zu richten. 4. Zu dem dem Registerrichter zu führenden Nachweise der Errichtung des Vereins genügt es, daß die Sitzung von mindestens 7 Mitgliedern (der in § 56 bestimmten Mindestzahl der Mitglieder) unterzeichnet und der Tag der Errichtung angegeben ist. Darüber, ob es zu einer vorschriftsmäßigen Errichtung gekommen ist, hat bei Vorhandensein von Zweifeln der Registerrichter Ermittelungen anzustellen, § 12 FGG. Sobald einmal die Eintragung stattgefunden hat, kann hierüber nur im Prozeßwege, auf Klage des Be­ teiligten gegen den Vorstand, entschieden werden. Die Entscheidung hat an sich zwar nur Bedeutung für die Parteien. Doch kann der Registerrichter hieraus Anlaß nehmen, die Ein­ tragung von Amts wegen zu löschen (§§ 159, 142, 143; vgl. auch § 127 FGG).

§60 Die Anmeldung ist, wenn den Erfordernissen der §§ 56 bis 59 nicht ge­ nügt ist, von dem Amtsgericht unter Angabe der Gründe zurüüzuweisen'). Gegen einen zurückweisenden Beschluß findet die sofortige Befchwerde nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung statt2). (E II 63 $ 1, 658 ff.; 6, 117.

1. Die Zurückweisung der Anmeldung ist auch dann geboten, wenn der Verein nicht eintragungsfähig ist, weil er die Rechtsfähigkeit nur durch Verleihung (§ 21, vgl. auch § 22 A 2) oder nur durch Gesetz erlangen kann (s. betreffs der Religionsgesellschaften und geistlichen Gesellschaften Art 84 EG und § 61 A 3). Ebenso wenn der 'Errichtungsvertrag ganz oder teil­ weise ungültig ist. Dies ist der Fall, wenn der Zweck des Vereins gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (§§134, 138) oder wenn sich in der Satzung Bestimm­ ungen finden, dre nach den zwingenden Vorschriften der §§26 ff. unzulässig sind. Für die Frage, ob der Verein unerlaubt ist, kommt auch das öffentliche Bereinsrecht (vgl. § 61 A 2) in Betracht (a. A. Hölder A 1). Durch die Eintragung wird in diesen Fällen die Ungültigkeit nicht beseitigt und die Rechtsfähigkeit — abgesehen von dem Falle unrichtiger Beurteilung, ob der Verein als ein nichtwirtschaftlicher anzusehen ist (§ 21 A 3) — nicht beschafft. Die Eintragung kann gemäß §§ 142, 143 FGG von Amtswegen gelöscht werden. 2. Da- Recht der Beschwerde ist abweichend von dem Verfahren in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geordnet. Es gelten hier lediglich die Vorschriften der ZPO, und zwar auch dann, wenn die Zurückweisung aus einem anderen als dem in § 60 Abs 1 an­ geführten Grunde erfolgt (RG47,386, IW 03 Beil 113,4e). Weitere Beschwerde ist hiernach nur bei Vorhandensein eines neuen selbständigen Beschwerdegrundes statthaft und gegen eine in der Beschwerdeinstanz ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts gänzlich aus­ geschlossen (§ 568 ZPO).

§61 Wird die Anmeldung zugelassen, so hat das Amtsgericht sie der zuständigen Verwaltungsbehörde mitzuteilen *). Die Verwaltungsbehörde tarnt gegen die Eintragung Einspruch erheben, wenn der Verein nach dem öffentlichen Vereinsrecht unerlaubt ist oder verboten werden tarnt2) oder wenn er einen politischen, sozialpolitischen oder religiösen Zweck verfolgt2). E II 54, 55 Abs 1 P 1, 658 ff.

1. Bei der Entscheidung über die Eintragung hat die Verwaltungsbehörde insofern m i t z u w i r k e n, als nur ihr die Entscheidung zusteht, ob der Verein, der einen politischen, sozialpolitischen oder religiösen Zweck verfolgt, zur Eintragung zuzulassen ist. Diese Mit­ wirkung findet in der Form statt, daß die Verwaltungsbehörde, der das Gericht die von ihm zugelassene Anmeldung unter Beifügung der Satzung (§ 59) mitzuteilen hat, Einspruch erheben kann. Der Einspruch kann auch darauf gegründet werden, daß der Verein nach öffent­ lichem Bereursrecht unerlaubt ist. AuS diesem Grunde hat das Gericht, auch ohne daß

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§§ 59—63

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Einspruch eingelegt wird, die Eintragung von Amts wegen zu versagen (vgl. 8 60 A 1). Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde bestimmt sich nach Landesrecht. 2. Das öffentliche Vereinsrecht ist jetzt durch RGes. v. 19. 4. 08 einheitlich ge­ regelt. Nach § 2 dieses Ges sind unerlaubt nur solche Vereine, mögen sie politische over nicht­ politische sein, deren Zwecke den Strafgesetzen zu widerlaufen. Im übrigen können Vereine wegen ihres politischen Charakters nicht verboten werden, über die Ungültigkeit der Eintragung eines unerlaubten Vereins s. 8 60 A 1. 3. Für die Prüfung, ob der Verein einen politischen, sozialpolitischen oder religiösen Zweck verfolgt, kommt es hauptsächlich auf die Bestimmung in den Satzungen an, wobei jedoch auch das bisherige tatsächliche Verhalten des Vereins mit herangezogen werden kann (bestr. —vgl. Pr. OBG 44, 368), Verfolgt der Verein demnächst abweichend von der Satzung einen der vorbezeichneten Zwecke, so kann nach $ 43 Abs 3 die Rechtsfähigkeit wieder entzogen werden (vgl. § 43 A 3). Der Verein verfolgt einen politischen Zweck, wenn er eine Einwirkung auf die Tätigkeit des Staates, auf die Gesetzgebung oder die Handhabung der Verwaltung, sei es in den inneren oder äußeren Angelegenheiten des Staates erstrebt'(vgl. § 3 RBerG — a. A. namentlich Oertmann A 5 a, der eine Einwirkung ctiif oie politische Gesetzgebung im Gegensatz zu technischen Gesetzen erfordert). Verschieden hiervon sind Ver­ einigungen, die sich mit politischen Angelegenheiten nur zum Zwecke des Studiums oder zum Zweck der juristisch-technischen Fortbildung des Rechts (wie der deutsche Juristentag) be­ schäftigen oder allgemein die Förderung vaterländischer Gesinnung bezwecken. Eine Unterart des politischen Vereins bilden Vereine mit sozialpolitischem Zweck (s. Prot 1, 559 und 563). Eine solche Zweckbestimmung ist nicht ohne weiteres anzunehmen bei Vereinen, die es sich zur Aufgabe machen, das Ansehen oder die wirtschaftliche Macht bestimmter Gesell­ schaftsgruppen zu stärken. Maßgebend ist auch hier der auf Inanspruchnahme staatlicher Tätigkeit gerichtete Zweck (a. A. insbesondere Hölder A 2 b, der hierher Vereine rechnet, die eine Gesellschaftsgruppe auf Kosten der anderen heben wollen, ähnlich Pr. OBG. 41, 397). Eine Einschränkung ähnlicher Art ist dagegen nicht gerechtfertigt bei religiösen Ver­ einen. Zu diesen sind in weitestem Umfange alle Vereine zu rechnen, welche die Förderung des inneren oder äußeren religiösen Lebens sich zur Aufgabe gemacht haben, auch Vereine zur Errichtung von Pfarrkirchen (Bay. OLG v. 1. 2. 04 im Recht 04,191). Selbst solche Vereine, deren Zweck in der Bekämpfung der Religion besteht, sind hierher zu rechnen, nicht aber Ver­ eine, die auf konfessioneller Grundlage andersartige Zwecke erstreben. Nicht betroffen werden durch § 61 die Religions- und geistlichen Gesellschaften, die nach dem öffentlichen Recht der einzelnen Bundesstaaten die Rechtsfähigkeit nur durch Gesetz oder — was durch Art 84 EG nicht ausgeschlossen ist — durch Verleihung (vgl. Bay. Religionsedikt v. 26. 5.18) erlangen. Auf anderem als dem hier vorgeschriebenen Wege können sie die Rechtsfähigkeit nicht erwerben, also nicht durch Eintragung in das Bereinsregister, auch nicht durch Gründung einer Gesell­ schaft m. b. H. (OLG 9, 371).

8 62 Erhebt die Verwaltungsbehörde Einspruchs), so hat das Amtsgericht den Einspruch dem Borstande mitzuteilen. Der Einspruch kann im Wege des Berwaltungsstreitversahrens2) oder, wo ein solches nicht besteht, im Wege deS Rekurses2) nach Maßgabe der §§ 26, 21 der Gewerbeordnung angefochten werden. S II 55 Abs S, 3 P 1, 558 ff., 564 ff.; 6, 144.

1. Über Einlegung des Einspruchs s. § 61 A1. Die Gründe des Einspruchs brauchen — entgegen der Regel des 8 60 A 1 — dem Amtsgericht und damit auch dem Verein nicht mitgeteilt zu werden (anders nach Kais. B. v. 6.12. 99 für Elsaß-Lothringen). 2. Der Verein hat das Recht, den Einspruch auzufechten, für welches Verfahren er als parteisähig anznsehen ist. 8 62 gestattet zu diesem Zweck die Benutzung des BerwaltungSstreitvcrsahrenS, in welchem nur die Gesetzmäßigkeit, nicht die Angemessenh e i t des Einspruchs nachzuprüfen ist. Auf die im Einspruch angeführten Gründe ist die Nachprüfung nicht beschränkt. Welches Berwaltungsgericht zuständig ist, in welcher Frist und Form die Anfechtung zu erklären ist, bestimmt das Landesrecht. Nicht ausgeschlossen ist eine landesrechtliche Anordnung, daß dem Berwaltungsstreitverfahren em Beschwerdeverfahren vorherzugehen bat. 3. Über den «eturS s. 844 A 2. 8 68

Die Eintragung darf, sofern nicht die Verwaltungsbehörde de« Amts­ gerichte mitteilt, daß Einspruch nicht erhoben werde, erst erfolgen, wenn seit

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der Mitteilung der Anmeldung an die Verwaltungsbehörde sechs Wochen ver­ strichen ftnb1) und Einspruch nicht erhoben oder wenn der erhobene Einspruch endgültig aufgehoben ist. E II SS Abs 1 P 1, 560, 565 ff.

1. Die Eintragung darf mit Rücksicht auf die Möglichkeit des Einspruchs frühestens nach Ablauf von 6 Wochen seit Mitteilung der Anmeldung an die Verwaltungsbehörde (§ 61 Abs 1) erfolgen. Der Einspruch aber ist auch nach Ablauf dieser Frist noch zuläs'ig, solange nicht die Eintragung vorgenommen ist. Ist die Eintragung vor Ablauf der Frist erfolgt, so hat das Gericht das Versehen dadurch wieder gut zu machen, daß es, sofern nicht die Möglichkeit des Einspruchs inzwischen fortgefallen ist, die Eintragung von Amts wegen löscht (§§ 159, 142, 143 FGG). Bis zur Löschung wird dann allerdings der eingetragene Verein, da die Nichteinhaltung der Frist keine nach außen hin wirkende Ungültigkeit erzeugt, als rechtsfähig anerkannt werden müssen (bestr.).

8 6* Bei der Eintragung*) sind der Name «nd der Sitz des Vereins, der Tag der Errichtung der Satzung sowie die Mitglieder des Vorstandes im Vereins­ register anzngeben. Bestimmungen, die den Umfang der Vertretungsmacht des Vorstandes beschränken oder die Beschlußfassung des Vorstandes abweichend von der Vorschrift des § 28 Abs. 1 regeln, sind gleichfalls einzntragen. E II 56 Abs 2 P 1, 560, 565 ff.

1. Die Rechtsfähigkeit des Vereins ist dadurch bedingt, daß er in das Vereinsregister eingetragen wird, und zwar muß der Verein hierbei so bezeichnet sein, daß er von anderen unterschieden werden kann. Meist wird hierzu außer der Angabe des Namens auch die Angabe des Sitzes nötig sein. Die weiteren über den Inhalt der Eintragung in § 64 gegebenen Vorschriften haben nur die Bedeutung von Ordnungsvorschriften. Uber die Eintragung der Vorstandsmitglieder und der die Vertretung regelnden Bestimmungen s. § 67 A 1.

§ 65

Mit der Eintragung erhält der Name des Vereins den Zusatz „ein­ getragener Verein"*). T II 58 Abs 1 P 1, 566 ff.

1. Die Rechtsfähigkeit ist an die Eintragung, nicht an die Aushändigung der mit der Bescheinigung der Eintragung versehenen Urschrift der Satzung (§ 66 Abs 2) geknüpft. Die Führung des Zusatzes „eingetragener Verein" ist nicht bloß ein Recht, sondern auch eine Pflicht des Vereins, deren mißbräuchliche Unterlassung Schadensersatzansprüche aus § 826 nach sich ziehen kann (a. A. Oertmann A 2, der nur das Vorhandensein einer öffentlichrechtlichen Pflicht anerkennt). Für den Rechtsverkehr mit Dritten ist es gleichgültig, unter welcher Bezeichnung der Verein auftritt, wenn nur der Dritte weiß, mit welchem Verein er es zu tun hat. Wegen Unkenntnis der Rechtsfähigkeit des Vereins wird eine Anfechtung des Rechtsgeschäfts nur unter ganz besonderen Umftänben im Falle arglistiger Täuschung «-glich sein. Über die Umwandlung des Vereins in einen rechtsfähigen s. § 21 A 1. § 66

Das Amtsgericht hat die Eintragung durch das für seine Bekannt­ machungen bestimmte Blatt zu veröffentlichen*). Die Urschrift der Satzung ist mit der Bescheinigung der Eintragung zu versehen und zurückzugeben. Die Abschrift wird von dem Amtsgerichte be­ glaubigt und mit den übrigen Schriftstücken aufbewahrt2). 8 II 57 tos »PI, 567.

1. Die Veröffentlichung ist durch Ordnungsvorschrift angeordnet, deren Nicht­ befolgung jedoch, da sie zum Schutze Dritter gegeben ist, nach § 839 schadensersatz­ pflichtig macht. Die Nichtveröfsentlichung kann dafür, ob der Dritte als gutgläubig anzusehen ist (vgl § 68), von Bedeutung sein. 2. Die mit der Bescheinigung der Eintragung versehene Urschrift der Satzung erhält der Verein zurück, um einen Ausweis über seine Rechtsfähigkeit in Händen zu haben. Dem

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Verein ist eS unbenommen, auch eine beglaubigte Abschrift der Eintragung sich erteilen zu lassen. Die von dem Amtsgericht zu beglaubigende Abschrift der Satzung bleibt als Beleg bei den «e reinsakten (§ 15 Mg. Bf. des Pr. IM. v. 6.11.99, vgl. § 55 A 2) zurück, zu denen auch die sonstigen als Beleg einzureichenden Urkunden (§§59 Abs 2. 71 Abs 1, 76 Ab s 2) zu nehmen sind.

8 67 Jede Änderung des Borstandes sowie die erneute Bestellung eines Borstandsmitglieds ist von dem Borstande zur Eintragung anzumclden3). Der Anmeldung ist eine Abschrift der Urtunde über die Änderung oder die erneute Bestellung beizufügen«). Die Eintragung gerichtlich bestellter BorstandSmitglieder erfolgt von Amts wegen3). e II 59 $ 1, 568 ff.

1. Die Anmeldung der BorstandSmitglieder und zwar sowohl der ursprünglich (§ 64) als der später bestellten — nicht auch der in § 30 erwähnten besonderen Vertreter — ist vorge­ schrieben, weil alle diejenigen, welche mit dem Verein in Verbindung treten wollen, ein großes Interesse baden, die Namen der Vertreter zu erfahren. Auf die Eintragung dürfen sich aNerdings Dritte, einschließlich der Mitglieder, die in rechtsgeschastlichen Verkehr mit dem Verein treten — abgesehen von § 69 — nicht unbedingt verlassen. Nur insofern sind sie nach § 68 ge­ schützt, als eine nicht eingetragene Änderung ihnen gegenüber, ihre Gutgläubigkeit vorausgesetzt, keine Wirkung hat. Es gilt auch nicht der Recht-satz, daß der Dritte die stattgehabte Eintragung als bekannt gegen sich gelten lassen muß. Es kommt vielmehr hier darauf an, ob dem Dritten trotz der Eintragung und etwaigen Veröffentlichung die Eintragung ohne sein Verschulden unbekannt bleiben konnte. Der Eintragung in das Vereins­ register kommt somit die gleiche Bedeutung zu wie der Eintragung in daS Handelsregister (§ 15 Abs 1 und 2 HGB, ebenso § 29 GenG). Ausgedehnt sind diese Vorschriften durch § 70 auf Bestimmungen, welche die Vertretungsmacht des Vorstandes beschränken oder an das Zustandekommen des Borstandsbeschlusses bei einem auS mehreren Mitgliedern bestehenden Vorstände w e i t e r g e h e n d e als die in 58 28, 32, 34 bestimmten An­ forderungen stellen. Zu beachten ist hierbei, daß diejenigen Beschlüsse, welche eine Änderung der Satzung enthalten, nach § 71 erst durch Eintragung Wirksamkeit gewinnen, so daß es hier des Schutzes des gutgläubigen Dritten überhaupt nicht bedarf. Geschützt ist in allen diesen Fällen nur der rechtsgeschäftliche Verkehr (wobei Rechtshandlungen den Rechts­ geschäften gleichzustellen sind) und der Erwerb von Rechten durch Eintragung in das Grund­ buch, auch wenn die Rechte im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt sind. 2. Über das AnmelduugSversahren s. § 59 A 1 und 4. Ist aus der Urkunde ersicht­ lich, daß die Bestellung vorschriftswidrig ist, daß z. B. die satzungsmäßige Ladungsfrist nicht eingehalten ist, so ist die Eintragung abzulehnen. Die Einreichung der die gehörige Ladung nachweisenden Urkunden kann der Registerrichter ohne besonderen Grund nicht verlangen. S. Die gerichtliche Bestellung von Vorstandsmitgliedern ist vorgesehen in § 29. Die Eintragung ist auch in anderen Fällen, in denen der einzutragends Rechtsakt unter Mtwirkung des Gerichts stattgefunden hat, von Amts wegen herbeizuführen (vgl. 5§ 74 Abs 3, 75, 76 Abs 3). Da die Verrichtungen aus § 29 und die Verrichtungen des Registerrichters nach der Geschäftsverteilung wohl ausnahmslos in der Hand desselben Richters sich befinden werden, bedarf es im Falle des § 29 zur Herbeiführung der Ein­ tragung nicht erst einer dem Registerrichter zu machenden Anzeige.

§ 68 Wird zwischen den bisherigen Mitgliedern deS Borstandes «nd einem Dritten ein Rechtsgeschäft vorgenommen, so kann die Änderung des Borstandes dem Dritten nur entgegengesetzt werden, wenn sie zur Zeit der Bornahme des Rechtsgeschäfts im Bereinsregister eingetragen odcr dem Dritten bekannt ist. Ist die Ändernng eingetragen, so braucht der Dritte sie nicht gegen sich gelten zv lassen, wenn er sie nicht kennt, seine Unkenntnis anch nicht ans Fahrlässigkeit bernhtt). E II 60 Abs 1 P 1, 569.

1. S. § 67 A 1.

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8 6» Der Nachweis, daß der Borstand aus den im Register eingetragenen Personen besteht, wird Behörden gegenüber durch ein Zeugnis') des Amts­ gerichts über die Eintragung geführt. «k II 66 «bs 9 P 1, 669.

1. Nur den Behörden wird durch das EintragungszeugniS eine Erleichterung der Berechtigungsprüfung gewährt und zwar auch für den Fall, daß sie mit dem Verein in einen privatrechtlichen Verkehr eintreten. Auf die Richtigkeit der Eintragung dürfen die Behörden übrigens auch dann sich verlassen, wenn das in § 69 vorgesehene Zeugnis nicht erteilt ist. Privatpersonen haben dagegen, soweit nicht die §§ 67, 68, 71 ihnen zustatten kommen, die Berechtigung selbsländig zu prüfen und zu diesem Zwecke die gehörige Bestellung des Vorstandes sich von dem Vereine nachweisen zu lassen.

8 70 Die Borschristen des § 68 gelten auch für Bestimmungen, die den Umfang der Bertretungsmacht deS Borstandes beschränken oder die Beschlußfassung deS BorstandeS abweichend von der Borschrift des 8 28 Abf. 1 regeln'). S II 60 Abs S P 1, 669.

1. 6. $ 67 81 1.

§ 71

Änderungen der Satzung bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das BereinSregister'). Die Änderung ist von dem Borstande zur Eintragung anznmelden-). Der Anmeldung ist der die Änderung enthaltende Beschluß in Urschrift und Abschrift beizufügen. Die Borschriften der §8 60 bis 64 und des 8 66 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung. S II 61 P 1, 569 ff.

1. Eine jede Änderung der Satzung, die offensichtlich nicht bloß eine reine Fassung-, änderung ist, muß eingetragen werden, widrigenfalls sie in jeder Beziehung, sowohl für daS Rechtsverhältnis nach innen wie nach außen, der Wirksamkeit entbehrt. Die Eintragung ge­ schieht nach Maßgabe der von dem Bundesrat genehmigten Bestimmungen über die Führung des Vereinsregisters (§12 der AVf des Pr. IM. v. 6. 11. 99, vgl. § 55 A 2) in der Weise, daß, sofern nicht die Änderung die in §§64 und 76 Abs 1 bezeichneten Bestimmungen betrifft, eine kurze Bezeichnung des Gegenstandes einzutragen ist, was mit § 71 nicht im Widerspruch steht (a. A. Staudinger A 5). Der nähere Inhalt ist aus dem bei den Vereinsamen befindlichen Beschlusse zu ersehen. Einzutragen ist auch der Tag des die Satzung ändernden Beschlusses. 2. Das ÄnmeldungSverfahren bestimmt sich nach den für die Anmeldung der Er» richtung des Vereins gegebenen Vorschriften (§§ 60 bis 64, 66 Abs 2, vgl. auch $ 59). Nicht erforderlich ist, daß der Beschluß selbst von dem Vorstände unterzeichnet ist. Hatte der Verein bereits nach der bisherigen Satzung die Verfolgung politischer, sozialpolitischer oder religiöser Zwecke sich zur Aufgabe gemacht, so kann nicht jede Satzungsänderung von der Ver­ waltungsbehörde durch Einlegung deS Einspruchs beanstandet werden, sondern nur eine solche, welche dem Vereine, wenn auch sein Charakter als Jdealverein unverändert bleibt, einen andersartigen Zweck gibt (bestr. — vgl. § 43 A 3). Die Veröffentlichung der Satzungsänderung (vgl. § 66 Abs 1) ist nicht vorgeschrieben.

8 72 Der Borstand hat dem Amtsgericht auf dessen Berlangen jederzeit eine von ihm vollzogene Bescheinigung über die Zahl der BereinSmitglieder einznreichen'). 1. Durch § 22 des RBerG v. 19. 4. 08, dessen § 3 die politischen Vereine zur Ein­ reichung eines Mitgliederverzeichnisses nicht mehr verpflichtet, ist die ursprüngliche Fassung des § 72, wonach die Einreichung eines Verzeichnisses der Bereinsmitglieder gefordert werden könnte, dahin geändert worden, daß nur die Einreichung einer Bescheinigung über die Zahl der Mitglieder (vgl. § 73) verlangt werden kann (RGBl 08, 156).

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$$ 69—75

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8 73 Sinkt die Zahl der Vereinsmitglieder unter drei herabT), so hat das Amts­ gericht ans Antrag des Borstandes und, wenn der Antrag nicht binnen drei Monaten gestellt, wird, von Amts wegen nach Anhörung des Vorstandes dem Vereine die Rechtsfähigkeit zu entziehen. Der Beschluß ist dem Vereine zuzu­ stellen. Gegen den Beschluß findet die sofortige Beschwerde nach den Vor­ schriften der Zivilprozeßordnung statt. DerBerein verliert die Rechtsfähigkeit mit derRechtskrast des Beschlusses. E u 63 P 1, 670, 571.

1. Eine jede Verminderung der in § 56 zur Vereinserrichtung vorgeschriebenen Min­ destzahl von 7 Mitgliedern hat den Verlust der Rechtsfäbigkeit noch nicht zur Folge, da sonst ein von 7 Mitgliedern errichteter Verein jeden Augenblick Gefahr laufen würde, die Rechts­ fähigkeit wieder einrubüßen. Mit der Entziehung der Rechtsfähigkeit kann erst vorgegangen werden, wenn weniger als 3 Mitglieder vorhanden sind. Auch bat das Amtsgericht, falls nicht die Auflösung von dem Vorstände beantragt wird, eine Frist von 3 M o n a t e n abzu­ warten, um dem Vereine Zeit zu lassen, die Zahl wieder auf mindestens 3 Mitglieder zu er­ höhen, und hat erst dann nach Anhörung des Vorstandes die Entziehung der Rechtsfähigkeit auszusprechen, falls auch in diesem Zeitpunkt die Mindestzahl nicht erreicht ist. Ist der dem Vorstände — der nötigenfalls unter entsprechender Anwendung von § 29 von Amts wegen zu bestellen ist — zuzustellende Beschluß rechtskräftig geworden, so schließt sich nach § 47 das Liquidationsverfahren an. Für das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gelten auch hier wie in den Fällen des § 60 Abs 2 die Vorschriften der ZPO.

8 74 Die Auflösung2) des Vereins sowie die Entziehung der Rechtsfähigkeit2) ist in das Vereinsregister einzntragen. Im Falle der Eröffnung des Konkurses unterbleibt die Eintragung. Wird der Verein durch Beschluß der Mitgliederversammlung oder dnrch den Ablauf der für die Dauer des Vereins bestimmten Zeit aufgelöst, so hat der Vorstand die Auflösung zur Eintragung anzumelden. Der Anmeldung ist im ersteren Falle eine Abschrift des AnslösungsbeschlufseS beizufügen *). Wird dem Verein auf Grund deS § 43 die Rechtsfähigkeit entzogen oder wird der Verein auf Grund deS öffentlichen Vereinsrechts aufgelöst, so erfolgt die Eintragung aus Anzeige der zuständigen Behörde2). G II 64 P 1, 576 ff.

1. Wird die Auflösung des Vereins von der Mitgliederversammlung beschlossen, so ist dieser Beschluß, und zwar auch in dem Falle, daß ein Liquidationsverfahren nicht eintritt (§ 46), in das Vereinsregister emzutragen. Dem Vorstande liegt es ob, die Eintragung unter Beifügung einer Abschrift des Beschlusses zu beantragen. Der Vorstand hat auch, wenn der Verein durch Ablauf der in der Satzung bestimmten Zeitdauer oder aus anderen Gründen ts. $4132) aufgelöst ist, die Eintragung zu beantragen. Nötigenfalls ist zu diesem Zwecke, da die Eintragung von Amts wegen nicht zulässig ist (a. A. Hölder A 2; Oertmann Ä 2 a), ein Vor­ stand nach $ 29 vom Gericht zu bestellen (vgl. § 73 A 1). Die Vorschrift des § 50 über die Pflicht der Liquidatoren zur öffentlichen Bekanntmachung der Auflösung bleibt unberührt. 2. Der Auflösung des Vereins {ft, waS die Eintragungspflicht betrifft, die Entziehung der Rechtsfähigkeit (§ 43) gleichgestellt. Die Eintragung ist von der Behörde, welche die Ent­ ziehung ausgesprochen hat, durch Anzeige bei dem Registerrichter herbeizusühren. In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn der Verein nach öffentlichem Bereinsrecht (vgl. $ 61 A2) polizeilich aufgelöst ist. Im Falle der Konkurseröffnung wird diese Tat­ sache bereits gemäß $ 75 und zwar, da es sich um ein amtliches Verfahren handelt, von Amts wegen eingetragen, so daß es der Äntragung der Rechtsfolge des Verlustes der Rechtsfähig­ keit (vgl. $ 42 A 1) nicht bedarf.

8 75 Die Eröffnung des Konkurses ist von AmtS wegen einzntragen. Gleiche gilt von der Aufhebung des Sröffnungsbeschlusses2). 6 II 65 » 1, 576 ff.; 6, 118.

1. Vgl. § 74 A 2

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§ 76

Die Liquidatoren*) sind in das Vereinsregifler cinzutragen. DaS Gleiche gilt von Bestimmungen, welche die Beschlußfassung der Liquidawren abweichend von der Vorschrift des § 48 Abs. 3 regeln. Die Anmeldung r) hat durch den Vorstand, bei späteren Änderungen durch die Liquidatoren zu erfolgen. Der Anmeldung der durch Beschluß der Mit­ gliederversammlung bestellten Liquidatoren ist eine Abschrift des Beschlusses, der Anmeldung einer Bestimmung über die Beschlußfassung der Liquidatoren eine Abschrift der die Bestimmnng enthaltenden Urkunde beizufügen. Die Eintragung gerichtlich bestellter Liquidatoren geschieht von Amts wegen b). 8 II 66 $ 1, 676 ff.

1. Die Liquidatoren haben die rechtliche Stellung des Vorstandes ($ 48 Abs 2). Hin­ sichtlich der Eintragungspflicht gilt deshalb das Gleiche, was für die Vorstandsmitglieder be­ stimmt ist (s. § 67 A 1). Die Vertretungsmacht der Liquidatoren ist — abweichend von der des Vorstandes (f. § 48 A 2) — nicht beschränkbar. Wird die Vorschrift des § 48 Abs 3, daß mehrere Liquidatoren gemeinschaftlich handeln müssen, durch Satzungsbestimmung geändert, wodurch die Vertretungsmacht erweitert wird, so soll dies eingetragen werden, auch wenn es sich nicht um eine nach § 71 unbedingt einzutragende Änderung der Satzung handelt. 2. Über das AnmeldungSversahren vgl. § 59 911 und 4. Die Anmeldung der ersten Liquidatoren und des vor Beginn des Liquidationsverfahren über Änderung des § 48 Abs 3 gefaßten Beschlusses gehört noch zu den Aufgaben des Vorstandes. Vgl. $ 67 91 3.

8 77

Die Anmeldungen zum Vereinsregister sind von den Mitgliedern des Vorstandes sowie von dem Liquidawren mittelst öffentlich beglanbigter Er­ klärung zu bewirkend) E II 67 P 1, 576 ff.; 5, 163, 164.

1. § 77 entspricht der Bestimmung des § 12 HGB. Als öffentlich beglaubigte Er­ klärung (vgl. § 129) ist nach §§ 159,128 FGG auch die Erklärung anzusehen, die zu Protokoll des Gerichtsschreibers des Registergerichts erfolgt. Wird die Erklärung von einem Bevoll­ mächtigten abgegeben, so hat dieser durch Vorlegung einer öffentlich beglaubigten Voll­ macht sich auszuweisen. Der die Beglaubigung bewirkende Notar gilt nach §§ 159, 129 FGG als ermächtigt, die in der Erklärung bezeichnete Eintragung zu beantragen.

8

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Das Amtsgericht kann die Mitglieder deS Vorstandes zur Befolgung der Vorschriften des § 67 Abs. 1, des § 71 Abs. 1, des § 72, des § 74 Abs. 2 und des 8 76 durch Ordnungsstrafen*) anhalten. Die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen. In gleicher Weise können die Liquidawren zur Befolgung der Borfchriften des § 76 angehalten werden. SII 66 P 1, 577 ff.

1. Die Verpflichtung der Vorstandsmitglieder und Liauidatoren, die erforderlichen Eintragungen zu beantragen, sowie die Verpflichtung der ersteren zur Ausstellung der in § 72 bezeichneten Bescheinigung wird durch Ordnungsstrafen im Höchstbetrage von 300 Mk. für den einzelnen Fall erzwungen. Das Verfahren bestimmt sich gemäß § 159 FGG nach den §§ 132 bis 139, 127 daselbst. Wird der unter Androhung von Ordnungsstrafe gemachten Auflage nicht fristzeitig entsprochen, auch nicht innerhalb dieser Frist Einspruch erhoben, so wird die angedrohte Strafe festgesetzt und die Aufforderung unter Androhung neuer OrdnungsK wiederholt. Das Ordnungsstrafverfahren richtet sich nicht gegen den Vorstand als n, sondern gegen die einzelnen Mitglieder, die persönlich verantwortlich sind.

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§§ 76—80

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§ 79 Die Einsicht des Bereinsregisters sowie der von dem Vereine bei dem Amtsgericht eingereichten Schriststiiüe ist jedem gestattet. Von den Eintragungen kann eine Abschrift gesordert werden; die Abschrift ist ans Verlangen z« be­ glaubigens. E II es P 1, 578; 6, 118, 182.

1. Die Einsicht deS BereinSregisterS ist wie die des Handelsregisters (§ 9 HGB) un­ beschränkt gestattet, ebenso die Einsicht der als Beleg zu den Bereinsakten eingereichten Ur­ kunden. Das Recht der Einsicht kann auch durch einen Bevollmächtigten oder unter Zuziehung eines Beistandes ausgeübt und zur Anfertigung von Notizen benutzt werden. Anerkannt ist auch das Recht, eine einfache oder beglaubigte Abschrift der Eintragungen und ein Zeugnis über Nichtvorhandensein einer bestimmten Eintragung (§ 162FGG) zu fordern. Eine Abschrift der Urkunden kann dagegen nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. § 9 Abs 2 HGB) nur verlangt werden, wenn ein berechtigtes Interesse dargetan wird.

II. Stiftungen 8 80 Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung') ist außer dem Stiftungs­ geschäfte^) die Genehmigung') des Bundesstaats erforderlich, in dessen Ge­ biete die Stiftung ihre« Sitz haben soll'). Soll die Stiftung ihren Sitz nicht in einem Bundesstaate haben, so ist die Genehmigung des BnndeSrats erforder­ lich. Als Sitz der Stiftung gilt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt wird. E I 58 Satz 1, 59, 62 Abs 1 II 70 SR 1, 118 ff. P 1, 585 ff.

1 Die rechtsfähige Stiftung (vgl. über den Begriff Borbem 1 vor $ 21) besitzt die Fähigkeit, selbständig Träger von Rechten und Verbindlichkeiten zu sein und unterscheidet sich hierdurch von der fiduziarischen Stiftung, bei welcher das Vermögen einer juristischen Person (Stadtgemeinde, Kirche usw.) mit der Auflage zugewandt ist, es zu dem stiftung-mäßigen Zwecke zu verwenden. Es kann hierbei, ohne daß die Stiftung den Charakter einer fiduziarischen verliert, auch bestimmt sein, daß dieses Vermögen von dem sonstigen Vermögen der juristischen Person getrennt zu halten und besonders zu verwalten ist. Die juristische Person ist schuldrecht­ lich verbunden, die Auflage zu erfüllen (vgl. $ 2194). Das Rechtsverhältnis kann aber auch so gestaltet sein, daß in dieser Beziehung nur eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung besteht, die dem Zuwender als genügende Sicherheit erscheinen kann. — Zu unterscheiden ist ferner von der Stiftung das aus Beiträgen einer Mehrheit von Personen gebildete Sammelvermögen, das zur Erfüllung einer vorübergehenden Aufgabe, wie zur Errichtung eines Denkmals, zur Ver­ wendung für Unterstützungen in einem bestimmten Unglücksfalle, einem Ausschuß oder einem einzelnen Treuhänder anvertraut wird. Die zusammengebrachten Mittel gehören der auS den Beitragsleistern bestehenden Bereinigung, ohne daß diese jedoch hierüber verfügen kann (bestr., vgl. namentlich Oertmann Vordem b vor § 80, RS 62, 391). Die Ver­ waltung liegt in den Händen des Ausschusses (Treuhänders), von dem regelmäßig die Auf­ forderung zu Beiträgen ausgehen wird. Die Sammlung kann aber auch schon vor Vor­ handensein eines Ausschusses in dem Sinne veranstaltet werden, daß ein später sich bildender Ausschuß (Zentralausschuß) die Verwaltung übernimmt oder den Beitragsleistern die Befugnis zur Wahl des Ausschusses Vorbehalten bleibt. Soweit es zur Erreichung deS bestimmungsmäßigen Zweckes erforderlich, ist der Ausschuß befugt, Schuldverbindlichkeiten einzugehen, durch die das Sammelvermögen als solches belastet wird. Sind die zur Ver­ waltung und Verwendung berufenen Personen weggefallen, so kann für diese Zwecke nach t 1914 ein Pfleger bestellt werden. 2. Über das StistungSgeschäft s. § 81 A 1. 3. Zur Entstehung der Stiftung kann die staatliche Genehmigung nicht entbehrt werden, da der Wille des Stifters (abgesehen von $ 87) unabänderlich die für die Verwaltung maßgebende Norm bildet, das Vermögen somit für alle Zukunft festgelegt wird. Infolge der Notwendigkeit der Genehmigung hat der Staat es in der Hand, nur solche Stiftungen zuzu» lassen, deren Zwecke mit dem Mgemeininteresse in Einllang sind und die hinreichend mit vermögen auSgestattet sind. Ausnahmsweise hat bei Familien Pistungen (die SEE, Kommentar von «eich»ßericht»räten. I. Vantz.

4

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Allgemeiner Teil

Personen

ausschließlich dem Interesse der Familienmitglieder dienen, vgl. RG Gruch 49, 1143) nach Art 1 Pr. AG das die Genehmigung erteilende Gericht nur formell zu prüfen, ob die Stiftungsurkunde deutlich und bestimmt gefaßt ist und ausreichende Bestimmungen über die Bestellung eines Vorstandes enthält. Die Erteilung der staatlichen Genehmigung seht voraus, nicht nur daß ein Stiftungsgeschäft vorhanden ist, sondern auch daß ein Antrag auf Genehmigung von dem Stifter oder mit dessen Willen gestellt ist. Ohne einen solchen Antrag — dessen Mangel derjenige zu beweisen hat, der ihn behauptet — ist die erteilte Genehmigung unwirksam. Mit der B e r w e i g e r u ng der staatlichen Genehmigung wird das Stiftungsgeschäst hinfällig. Dies schließt aber bei einer Stiftung unter Lebenden nicht aus, daß der Stifter die formell gültige Stiftungserllärung dazu benutzen kann, um später von neuem die Genehmigung nachzusuchen. Wird die Genehmigung er­ teilt, so wird hierdurch und zwar in dem Augenblicke, wo die Genehmigung dem Antragsteller mitgeteilt wird, die Stiftung begründet (vgl. $ 81 Abs 2). Ausnahmsweise ist in $ 84 aus praktiscyen Gründen eine Rückziehung in gewissem Umfange vorgeschrieben. Die Genehmigung hat nicht die Bedeutung, daß etwaige dem Stiftungsgeschäft anhaftende Mängel hierdurch geheilt werden. 4. Zuständig für die Erteilung der Genehmigung ist der Bundesstaat, in dessen Gebiet nach Inhalt der Stiftungsurkunde die Stiftung ihren Sitz haben oder, wodurch der Sitz eben­ falls bestimmt wird, die Verwaltung der Stiftung geführt werden soll. Die in dem Bundes­ staat zuständige Stelle bestimmt sich nach Landesrecht. Die Genehmigung ist — abgesehen von den in A 3 erwähnten Familienstiftungen — regelmäßig von dem Landesherrn oder dem Minister zu erteilen.

8 81 DaS Stiftungsgeschäst *) unter Lebenden bedarf der schriftlichen Form. vtS zur Erteilung der Genehmigung ist der Stifter zum Widerrufes be­ rechtigt. Ist die Genehmigung bei der zuständigen Behörde nachgesucht, so kann der Widerruf nur dieser gegenüber erklärt werdens. Der Erbe deS Stifters ist -um Widerrufe nicht berechtigt, wenn der Stifter das Gesuch bei der zuständigen Behörde eingereicht oder im Falle der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung deS StistungSgeschästS das Gericht oder den Notar bei oder nach der Beurlundung mit der Einreichung betraut hat^). E I 58 Satz 1 und 2, 62 Abs 2 II 71 Absl und 2 M 1,118 ff. P 1, 591 ff.; 4, 258; 5, 443 ff.; 6,118.

1. Das Stiftungsgeschäst ist die auf Begründung der Stiftung gerichtete Willenserklärung deS Stifters. Sie muß deutlich erkennen lassen, daß eine rechtsfähige Stiftung ge­ schaffen werden soll, muß in genügender Weise den Zweck der Stiftung bezeichnen und über die Person des Vorstandes wenigstens insofern Bestimmung treffen, als der Weg für Bestellung de.S Vorstandes anzugeben ist (§86 in Verb, mit § 26; a. Ä. Rehbein A 3 L zu §§80 ff.). Mit dem Stiftungsgeschäft pflegt die Bermögenswidmung verbunden zu werden. Notwendig ist dies aber nicht, wenigstens nicht bei Errichtung einer Stiftung unter Lebenden (a. A. namentlich Planck A 3). Die Stiftung kann, wennschon sie zur Erfüllung ihrer Aufgabe auf den Besitz von Mitteln angewiesen ist, auch ohne diese als ein vermögensfähiges Rechtssubjekt zur Entstehung kommen, das die erforderlichen Mittel erst durch Zuwendungen dritter Personen erhalten soll. Erst wenn jede Aussicht hierauf weggefallen ist, erlischt die Stiftung. Dagegen wird für die durch Verfügung von Todes wegen errichtete Stiftung daran festzuhalten sein, daß ihr gleichzeitig Vermögen zu­ gewandt werden muß. Das Stiftungsgeschäft bildet die notwendige Unterlage für die staat­ liche Genehmigung und bedarf deshalb — wenn es nicht in einer letztwilligen Verfügung enthalten ist, in welchem Falle die hierfür vorgeschriebene Form zu wahren ist — der schriftlichen Form. Die Rechtsregeln der Schenkung können, was das Rechts­ verhältnis zwischen Zuwender und Stiftung betrifft, auf das Stiftungsgeschäst, das ein Rechtsgeschäft besonderer Art ist, keine Anwendung finden, insbesondere nicht die Vor­ schriften der §§ 519 bis 524 über die mildere Haftung des Schenkers (o. A. Planck § 82 A 3, vgl. auch RG 54, 400). Es greifen vielmehr die allgemeinen Grundsätze über Schuldverbindlichkeiten Platz. Die Ungültigkeit der Bermögenszuwendung hat bei einer Stiftung unter Lebenden nicht ohne weiteres die Ungültigkeit des StiftunAgeschäfts zur Folge. Die Frage, ob jemand durch Vertrag einem Dritten gegenüber zur Er­ richtung einer Stiftung sich verpflichten kann, wird zu verneinen sein. Zulässig ist es dagegen, an die Zuwendung von Vermögen die Auflage zu knüpfen, daß es demnächst zur Begründung einer Stiftung verwendet werden muß.

Juristische Personen

§§ 80—83

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2. Das WiderrufSrecht verbleibt dem Stifter bei Stiftungen unter Lebenden auch nach Einreichung des Gesuchs um Genehmigung. Zur Wirksamkeit des Wider­ rufs ist in diesem Falle erforderlich, daß er vor Mitteilung der Genehmigung an den Antrag­ steller (vgl. $ 80 A 3) zur Kenntnis der Behörde gebracht wird und zwar, soweit landes­ rechtlich nicht andere Zuständigkeitsvorschriften gegeben sind, zur Kenntnis derjenigen Be­ hörde, welche über die Genehmigung zu entscheiden hat, oder, wenn die Entscheidung in der Hand des Landesherren liegt, zur Kenntnis der mit der Bearbeitung der Angelegenheit befaßten Behörde. 3. Dem Erben deS Stifters steht nach Einreichung des Gesuchs das Widerrufsrecht nicht zu. Der Einreichung steht es gleich, wenn der Stifter das Gericht oder den Notar, die das Stiftungsgeschäft beurkundet haben, mit der Einreichung beauftragt hat (vgl. § 1753 Abs 2). Bor Einreichung des Gesuchs erfolgt der Widerruf durch formlose, nicht empfangsbedürftige Erklärung. Der Widerruf' hat hier fast nur theoretische Bedeutung, da weder eine Gebundenheit des Stifters, noch der Erben oder des einzelnen Miterben besteht. Trotz des Widerrufs kann das Stiftungsgeschäft von dem Stifter oder dem Erben, der dann allerdings, falls der Widerruf vom Erblasser ausgegangen war, selbst als Stifter erscheint, zur Nachsuchung der Genehmigung benutzt werden. — Beruht die Stiftung auf letztwilliger Verfügung, welcher Fall in § 81 Abs 2 nicht behandelt wird, so kann das Stiftungsgeschäft in derselben Weise wie die letztwillige Verfügung widerrufen werden. Die Erben sind zum Widerruf (wenn ihnen dieses Recht nicht ausdrücklich in der letztwilligen Verfügung Vorbehalten ist) nicht berechtigt. Ein solches Widerrufsrecht würde mit der in z 83 getroffenen Regelung im Widerspruch stehen.

8 82

Mrd die Stiftung genehmigt, fo ist der Stifter verpflichtet, das in dem Stiftungsgefchäfte zngeficherte Vermögen ans die Stiftung zu übertragen *). Rechte, zu deren Übertragung der Abtretungsvertrag genügt, gehen mit der Genehmigung auf die Stiftung über, sofern nicht aus dem Stiftungsgeschäfte sich ein anderer Wille des Stifters ergibt. E I 58 Satz 3, 4 II 71 Abs 3 M 1, 120 P 1, 593.

1. Mit der Entstehung erwirbt die Stiftung den Anspruch auf Übertragung der ihr -«gewendeten Rechte. Eine Gesamtnachsolge findet — abgesehen von dem Falle der Erb­ einsetzung der Stiftung — nicht statt. Ist für die dingliche Übertragung eine bestimmte Form vorgeschrieben (Eintragung ins Grundbuch, Besitzübertragung usw.), so muß diese Form auch für die Übertragung an die Stiftung eingehalten werden. Das Stiftungsgeschäft darf aber so ausgelegt werden, daß diejenigen Rechte, die durch bloßen Abtretungsvertrag über­ tragen werden können, o h n e w e i t e r e s mit der Entstehung der Stiftung auf diese übergehen sollen. Und diese Auslegung soll Platz greifen, wenn nicht aus dem schriftlichen Stiftungs­ geschäft das Gegenteil erhellt. Über die Haftung des Stifters s. § 81 A 1.

§ 83 Besteht das Stiftungsgeschäft in einer Verfügung von Todes wegen, so hat das Rachlahgericht^) die Genehmigung einzuholen, sofern sie nicht von dem Erben oder dem Testamentsvollstrecker nachgesncht wird. E I 59 II 72 Abs 1 M 1, 120 ff. P 1, 586 ff., 594 ff.

1. Die Stiftung kann durch Verfügung von TodeS wegen (vgl. § 81 A 1) nur in der Weise errichtet werdens daß sie zugleich als Erbe eingesetzt wird oder mit einem Bermächtnisse bedacht oder zu ihren Gunsten eine Auflage angeordnet wird. Die Erbeseinsetzung kann auch darin bestehen, daß die Stiftung eingesetzt wird als Miterbe (die Erbteilung ist bis zur Entscheidung über die Genehmigung der Stiftung auszusetzen, vgl. $ 2043), als Borerbe (der Eintritt des Nacherbfalls hat das Aushören der Stiftung nicht notwendig zur Folge), als Nach erbe (die Genehmigung kann schon vor Eintritt des Nacherbfalls erteilt werden). Den Erben liegt es ob, die hinsichtlich der Stiftung von dem Erblasser getroffene Verfügung durch Nachsuchung der staatlichen Genehmigung zur Ausführung zu bringen. Ist ein T e st a m e n t s v o l l st r e ck e r bestellt, so ist dieser gemäß § 2203 hierzu verpflichtet. Für alle Fälle hat aber auch das Nachlaßgericht wegen der in Betracht kommenden verschiedenartigen Interessen dritter Personen, die sonst schutzlos bleiben würden, sich der Stiftung anzunehmen und die staatliche Genehmigung herbeizusühren. Die Fürsorge des Nachlaßgerichts wird insbesondere dann nötig, wenn die Stiftung der alleinige Erbe ist und ein Testamentsvollstrecker nicht bestellt ist.

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Allgemeiner Teil

Personen

8 84 Wird die Stiftung erst nach dem Tode deS Stifters genehmigt, so gilt ste für die Zuwendungen des Stifters als schon vor dessen Tode entstanden *). E I 62 Abs S II 72 M 1, 123 ff. P 1, 694 ff.; 6, 883 ff.

1. Ohne die Bestimmung des $ 84 würde die durch Verfügung von Todes wegen errichtete Stiftung int Falle der Erbeinsetzung nur Nacherbe sein können und würde ein Vermächtnis ihr erst zu der Zeit der Entstehung der Stiftung anfallen können, §§ 2101 Abs 2, 2178. Nach § 84 soll es aber hinsichtlich der Zuwendungen des Stifters, mögen sie in derselben oder einer späteren letztwilligen Verfügung enthalten sein — nicht hinsichtlich der Zuwendungen anderer Personen — so angesehen werden, als wenn die später genehmigte Stiftung schon vor dem Tode deS Stifter- entstanden wäre. Es fönt danach der Stiftung unter der Voraussetzung ihrer späteren Genehmigung die Erbschaft, die bis dahin durch einen Nachlaßpfleger zu verwalten ist (§ 1960), sofort mit dem Tode des Erblassers an (§ 1922). Ebenso fällt ihr das Vermächtnis in diesem Zeitpunkte an und gebühren ihr bereits seit dieser Zeit die Erträge des vermachten Gegenstandes, §§ 2176, 2184. ES findet somit, um die Nachteile einer verspäteten Genehmigung zu beseitigen, eine dem Willen des Stifters entsprechende Rückziehung statt. 2. Der Grundsatz des $ 84 ist aber auch für die Zuwendungen des Stifters — nicht anderer Personen — an eine bereits unter Lebenden errichtete Stiftung zur Anwendung zu bringen. Wird die Stiftung erst nach dem Tode des Stifters genehmigt, so ist es so anzusehen, als wenn sie bereits vor dessen Tode entstanden wäre, so daß die Verpflichtung zur Übertragung der der Stiftung zugewendeten Bermögensgegenstände als eine bereits bei Lebzeiten des Stifters entstandene unbedingte Verbindlichkeit behandelt wird und die Abtretung derjenigen Neckte, zu deren Übertragung der Abtretungsvertrag genügt (§ 82), bereits bei Lebzeiten des Stifters als geschehen gilt.

8 85 Die Verfassung einer Stiftung wird, soweit sie nicht auf Reichs- oder Landesgesetz beruht, durch daS Stiftungsgeschäft bestimmt. ($ I 60 II 73 91 1, 121 P 1, 596.

1. Der LandeSgesehgebung ist damit die Ermächtigung gegeben, über die Verfassung der Stiftung, soweit reichsrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen, Bestimmungen zu treffen und zwar nicht bloß ergänzende, sondern auch zwingende. Bestimmungen letzterer Art finden sich z. B. in Artt 2 und 4 des Pr. AG über Änderung der Verfassung oder Aufhebung einer Familienstiftung durch Familienschluß und betrefft anderer Stiftungen durch Beschluß de- Vorstandes mit hinzukommender staatlicher Genehmigung. Hinsichtlich des Erfordernisses der Einstimmigkeit des Familienschlusses greift das Reichsrecht insofern ein, als auf Grund des § 226 auf Zustimmung zu dem Familienschluß geklagt werden kann, wenn die Zustimmung in der offenbaren und ausschließlichen Absicht verweigert wird, den Mitbeteiligten Schaden zuzufügen (RG 22. 2. 06 IV 415/05). Der landesrechtlichen Regelung unterliegt insbesondere die staatliche Aufsicht über die Stiftungen (f. Vordem 2 vor § 21). 2. Aus dem StiftungSgeschäft ist zu entnehmen, ob und inwieweit den Stiftungs­ interessenten ein klagbares Recht auf die Stiftungsbezüge zusteht. Ein Klagerecht ist nicht anzuerkennen, wenn die Berechtigung des einzelnen von Voraus­ setzungen abhängig gemacht ist, die nicht sicher feststellbar sind, über deren Vorhandensein vielmehr der Vorstand nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls zu entscheiden hat (RG SeuffA 56 Nr 216; vgl. auch die frühere Entscheidung RG 9, 207). Es kann in diesem Falle bei pflichtwidrigem Verhalten des Vorstandes nur die Aufsichtsbehörde angegangen werden. In einem näheren Verhältnis zum Stiftungsvermögen stehen bei Familienstiftungen die nutzungsberecktigten Familienglieder (vgl. RG 61,36), denen deshalb, wenn sie daS Reckt haben, oie Berwaltunader Stiftung zu überwachen, auch ein dementsprechendes Klagerecht einzuräumen ist (RG IW 09, 1605). Den Beteiligten kann in der Stiftungsurkunde auch das Recht verliehen werden, Satzungsänderungen, die den Anforderungen der Stiftungs­ urkunde nicht entsprechen, im Klagewege anzufechten (RG 27. 3. 07 IV 361/06). Besteht Streit über die Wählbarkeit zu dem Amte eines Stiftungsverwalters, so kann hierüber int Prozesse entschieden werden (RG 5. 1.10 IV 111/09). — Etwaige Lücken des Stiftungs­ geschäfts sind im Wege der Auslegung aus dem Zusammenhang aller darin enthaltenen Bestimmungen auszufüllen (RG 10. 5. 07 VII 384/06).

Juristische Personen

S§ 84—87

53

§ 86 Die Vorschriften deS § 26, des § 27 Abs. 8 und der §§ 28 bis 311), 42») finden aus Stiftungen entsprechende Anwendung, die Vorschriften des § 27 Abs. 8 und des § 28 Abs. 1 jedoch nur insoweit, als sich nicht aus der Berfassung, insbesondere daraus, daß die Verwaltung der Stiftung von einer öffentlichen Behörde») geführt wird, ein anderes ergibt. Die Vorschriften des § 28 Abs. 2 und des § 29 finden aus Stiftungen, deren Verwaltung von einer öffentlichen Behörde geführt wird, leine Anwendung. d» liche falsche Bezeichnung vor (RG 61, 265 ; 60, 338; 22. 6. 07 V 591/06; vgl. ferner A 8? -

Willenserklärung

§ 119

101

Auch hi er ist zu beachten, daß für die Anwendbarkeit des Gesetzes immer Voraussetzung ist, daß überhaupt eine rechtsgeschäftliche Erklärung hat abgegeben werden sollen. S. Beim Irrtume über die Eigenschaften der Person oder Sache handelt es sich im Grunde ebenfalls nur um einen Irrtum über die Person oder die Sache überhaupt, nur daß gegebenenfalls die Person oder die Sache nicht in ihrer Gesamtheit, sondern lediglich in Hinsicht auf ihre Eigenschaften für den Irrtum in Betracht kommt, insofern nämlich, als unter Eigen­ schaften die nach der Auffassung des Verkehrs geltenden wesentlichen Unterscheidungsmerkmale oder auch solche Merkmale zu verstehen sind, denen für den wirtschaftlichen Erfolg des Geschäfts eine wesentliche Bedeutung beizumessen ist (o b j e k ti v e r M a ß st a b). „Wesentlich" sind aber nicht bloß solche Eigenschaften, durch deren Vorhandensein oder Fehlen die Sache zu einer anderen wird (RG Warn 10, 53). Ob der Erklärende bei Kenntnis der wirklichen Sachlage so oder anders gehandelt haben würde, ist daneben auch hier nach dem Grundsätze A 2a (subjektives Erfordernis) zu entscheiden. — Als Eigenschaft kommen sodann nicht nur die der Person oder der Sache eigentümlichen Merkmale in Betracht, nach feststehendem Grundsätze vielmehr auch solche tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, welche zufolge ihrer Beschaffenheit und vorausgesetzten Dauer nach den Anschauungen des Ver­ kehrs einen Einfluß aus die Wertschätzung in allen oder doch gewissen Rechtsbeziehungen zu üben pflegen (RG 21, 311; 52, 2; 59, 243; 61, 85; 64, 269; Warn 09, 383). Notwendiges Erfordernis ist dabei nur, daß das vorausgesetzte Verhältnis die Person oder die Sache unmittel­ bar trifft (RE 59, 243; 64, 269). Im übrigen sind Verhältnisse der bezeichneten Art über­ haupt nur dann al- Eigenschaften beachtlich, wenn sie dem anderen Teile erkennbar dem Bertragsschlusse ztlgrunde gelegt wurden, ohne daß jedoch eine Zusicherung gemäß § 463 vorzuliegen braucht (RG 64, 269). Berkehrswert, Marktpreis, Einkaufspreis sind kein tatsächliches oder rechtliches Verhältnis der Sache; sie sind nur Voraussetzungen für die Schätzung (RG a. a. O). Zweifelhaft ist, was unter S a ch e in Abs 2 zu verstehen ist. Nach dem Urteile RG Warn 09, 134 hätte Abs 2 nur die körperliche Sache im Auge (§ 90). Wollte man damit aber bei Vertragsgegenständen anderer Art die Bestimmung des Abs 2 für überhaupt unanwendbar erklären, so wäre im Gesetze unsraglich eine wesentliche Lücke zu finden. Denn unabwendbar wäre die im Interesse des Verkehrs gegebene Vorschrift des Abs 2 überall da, wo der Bertragsgegenstand etwas anderes ist, als eine körperliche Sache, insbesondere mithin bei Rechten und Forderungen sowie bei sonstigen veräußerlichen Bermögensgütern (Kundenkreis, Er­ findungsrecht, Geschäftsgeheimnis). Von einer Lücke im angegebenen Sinne könnte aller­ dings dann nicht geredet werden, wenn bei Gegenständen der bezeichneten Art schon der Begriff Eigenschaft nicht anwendbar wäre und § 119 Abs 1 daher schon aus diesem Grunde in den angegebenen Fällen nicht anwendbar wäre. Das scheint jedoch nicht zutreffend, nach­ dem man sich entschlossen hat, den Begriff Eigenschaft in der zuvor angegebenen Weise auch auf tatsächliche und rechtliche Verhältnisse zu beziehen und daher auch eine Forderung oder ein Recht eine Eigenschaft haben kann. Die Entstehungsgeschichte des Abs 2 spricht nun an sich dafür, daß der Ausdruck „Sache" in Abs 2 gleichbedeutend ist mit „Erklärungsgegenstand" (vgl. Prot 1, 114). Daß bei § 459 die engere Auslegung des Ausdrucks „Sache" zutrifft, hat seinen Grund lediglich darin, daß das Gesetz betreffs der Gewährleistung die Fälle, in denen Vertragsgegenstand eine Sache und anderseits Rechte oder Forderungen sind, selbst von­ einander scheidet (§§ 443, 459). Bei § 119 ist aber auch eine solche Scheidung jedenfalls nickt ausdrücklich vorgesehen. Nach allem scheint eS daher richtig, den Begriff Sache in Abs 2 in dem hier befürworteten weiteren Sinne zu verstehen (wie dies bei § 433 Abs 1 «t), mindestens aber eine entsprechende Anwendung der Bestimmung auch bei sonstigen änden der zuvor bezeichneten Art für zulässig zu erklären. In Gemäßheit der zuvor erörterten Grundsätze sind als Eigenschaft der Person auch angesehen ihre Bermögensfähigkeit bei Kreditgeschäften (RG 66, 387), die Überschuldung eines Geschäftsführers (RG 11. 4. 05 III 462/04). „Erforderlich ist dabei nicht, daß der Irrtum die Person des Erklärenden oder des Erklärungsempfängers betrifft"; es kann vielmehr auch ein Irrtum über die Eigenschaft einer dritten, für den Inhalt und Zweck des Rechtsgeschäfts bedeutsamen Person erheblich sein, so bei dem Bürgschaftsversprechen der Irrtum deS Bürgen über wesentliche Eigenschaften des Hauptschuldners (RG Gruch 52, 925; IW 06, 131). (Die Richtigkeit dieser Annahme kann jedoch zweifelhaft sein). Es kommt darauf an, in welcher Richtung man die Worte „der Person" in Abs 2 versteht. Ebenso ist beachtlich der Irrtum der Braut über den Bermögensbesitz deS Bräutigams (RG 61, 86). Bei Verträgen, nach denen die Leistung vom Bertragsgegner in Person oder doch unter seiner persönlichen Verant­ wortlichkeit gefordert ist, können die Sachkunde und die persönliche Vertrauenswürdigkeit des Verpflichteten eine wesentliche Rolle spielen (RG 62, 284), so insbesondere bei Abschluß eines Gesellschaftsvertrages (RG 2.10.07 I 586/06); ferner das Vorleben eines Chefarztes bei dessen Anstellung (RG Warn 09, 2). Irrtum über den Gesundheitszustand bei der Invaliden­ versicherung begründet für die Versicherungsgesellschaft kein Anfechtungsrecht (RG Gruch 50, 643). Im allgemeinen ist im übrigen zu sagen, daß bei einer Sachleistung die Person

102

Allgemeiner Teil

Rechtsgeschäfte

des Verpflichteten in der Regel keine entscheidende Rolle spielt. Unzulässig ist eS daher auch, einen Irrtum über die Leistungsfähigkeit eines Unternehmers, der sich überdies als Irrtum erst durch die mangelhafte Art der Erfüllung herausgestellt hat, als Anfechtungsgrund zu benutzen (RG IW 06, 131). Als Eigenschaften einer Sache kommen in erster Linie in Betracht: der Stoff und die Herkunft (Echtheit). In weiterem Sinne sind als Eigenschaften auch anerkannt die Bebau­ barkeit eines Grundstückes (RG 61, 86: vgl. auch die dort weiter ausgeführten Fälle; aber nicht die „Baureife", RG Warn 08, 593), ferner die Ertragsfähigkeit eines Grundstücks, sowie dessen Belastung mit öffentlichen Lasten (RS 2. 5. 06 V 458/05); bei einem Erwerbsgeschäft, dessen Kundenkreis oder der Jahresumsatz (RG Warn 09, 383), bei einem Hause dessen Be­ nutzung als Schlupfwinkel für ein unsittliches Treiben (RG2.5. 06 V 458/05), bei Kuxen die Freiheit von Zubußen (RG Warn 08,592). — Der Wert einer Sache selbst bildet keine Eigen­ schaft, wohl aber sind es in gewissem Umfange die für ihn in Betracht kommenden Umstände (RG 59, 242 zu § 459), zu denen jedoch etwa der Selbstkostenpreis nicht gehört (RG Warn 09, 309). — Wird Winterweizen statt Sommerweizen geliefert, so ist § 459 anwendbar (RG IW 03 Beil 69). — Die Zusicherung der Unkündbarkeit einer Hypothek enthält nicht die Zu­ sage einer Eigenschaft, und zwar weder des Grundstücks noch der Hypothek (RG Warn 09, 134; vgl. auch RG 30, 288). Die verabredeten Zahlungsbedingungen treffen nicht die Hypo­ thek unmittelbar. — Anderseits ist bei der Zusicherung, daß eine Hypothek „gut sei", die Zu­ sage einer Eigenschaft angenommen (RG Gruch 48, 343). Hier handelt es sich unmittelbar um die Beschaffenheit der Hypothek selbst. Dementsprechend müßte $ 119 Abs 2 auch an­ wendbar sein, wenn sich der Irrtum auf diejenigen Umstände erstreckt hat, von denen die Sicher­ heit der Hypothek abhängt (vgl. das oben angezogene Urteil RG 59, 242). 6. Über die Anfechtungserklärung vgl. § 143, über ihre Wirkung $ 142, über die An­ fechtungsfrist § 121. Grundsätzlich ist Voraussetzung für die Anfechtung wegen Irrtums, daß die Leistung noch nicht ganz oder zum Teil bewirkt worden ist; denn in solchen Fällen greifen die Bestimmungen über die Folgen von der vertragswidrigen Erfüllung Platz (RG 62, 285). Berechtigt zur Anfechtung ist immer nur der Erklärende, der sich geirrt hat; dagegen nicht auch sein etwaiger Vertragsgenosse oder der Bertragsgegner (RG IW 05, 111). Vgl. auch A 1 und das dort angezogene Urteil RG Warn 08, 276. Wenn mehrere zur Anfechtung eines gemeinschaftlichen Geschäftes berechtigt sind, kann jeder einzelne von ihnen das Recht zu seinen Gunsten ausüben (RG 56, 424). 7. Die BeweiSlast hat der den Irrtum Behauptende. Er muß insbesondere auch dar­ legen, wie er bei richtiger Kenntnis der Sachlage anders gehandelt haben würde. Indizien­ beweis ist zulässig (RG IW 05, 525*). Die Behauptung jedoch, daß er gegebenenfalls anders gehandelt haben würde, kann überhaupt nicht Gegenstand eines Beweises sein; über sie kann vielmehr, wie über die Frage des ursächlichen Zusammenhanges überhaupt, nur das richter­ liche Ermessen entscheiden. Der Richter darf sich aber nicht auf eine wortwidrige Auslegung der Erklärung stützen (RG 27.11. 07 V 127/07). Der ursächliche Zusammenhang ist als gegeben anzusehen, wenn anzunehmen, daß der Erklärende bei Kenntnis der richtigen Sachlage die Erklärung nicht abgegeben haben würde (RG Warn 08, 196). 8. Über die Anfechtbarkeit von prozessualen Rechtshandlungen vgl. Vordem 8 vor $ 104. Irrt sich der Bevollmächtigte bei der Abgabe einer Willens­ erklärung für seinen Vollmachtgeber über dessen wahre Willensmeinung, so begründet das nicht die Anfechtbarkeit der Erklärung (RG Gruch 49, 1049 und 7. 1. 08 VII 382/07). Vgl. auch § 166 A 2. 9. Ausgeschlossen ist die Anfechtung wegen Irrtums, wenn der andere den Irrtum erkannt hatte; denn ein Widerspruch zwischen dem wirklichen Willen und dem erklärten Willen ist unter solchen Umständen nicht anzunehmen (RG 66, 429). Ausgeschlossen ist ferner die Anfechtung aus $ 119 Abs 2, wo das Wandlungsrecht aus den §§ 459, 462 Platz greift. Es sollte durch diese Bestimmungen zur Verkehrssicherheit für eine glatte Abwickelung der Kauf­ geschäfte in kurzer Frist vorgesorgt werden, und dazu hat das Gesetz die bezeichneten Fälle in den Grundsätzen von der Gewährleistung erschöpfend geregelt. Daher kann auch dann, wenn das Wandlungsrecht bereits verjährt ist, nicht mehr auf die Anfechtung zurückgegangen werden (RG 61, 171 ff.; 62, 285; 70, 429). Wohl aber dann, wenn der Fehler schon zur Zeit des Kaufabschlusses vorhanden war, ein Wandlungsanspruch jedoch noch nicht bestand, weil die Sache noch nicht übergeben war (RG Gruch 53, 939). Zulässig ist die Anfechtung neben der Wandlung stets, wenn es sich nicht um einen Fehler im Sinne des § 459 handelt und die Eigen­ schaft — Freiheit des Grundstückes von der Straßenbaulast — auch nicht zugesichert war (RG 2. 5. 06 V 458/05). Handelt es sich nicht um einen Sachmangel, sondern um einen Mangel im Recht (§§ 434, 439 BGB), so sind die Gewährleistungsansprüche der §§ 462 ff. nicht gegeben, und daher kann hier neben den Rechten aus §§ 320—327 das Anfechtungsrecht nach § 119 bestehen (RG IW 09, 132). Regelmäßig beseitigt der vertragsmäßige Ausschluß der Gewährleistung für Mängel in entsprechendem Umfange regelmäßig auch das Anfechtungsrecht

Willenserklärung

§§ 119—121

103

wegen Irrtums (RG 21.12. 04 V 266/04; 18. 4. 05 II 373/04; vgl. abet auch RG IW 09, 655). — Ausgeschlossen ist die Anfechtung eines Versicherungsvertrages seitens des Ver­ sicherers, wenn der Irrtum einen Umstand betraf, an den durch Gesetz oder Vertrag die Berwirkungsfolge geknüpft ist, falls sich nämlich der Versicherungsnehmer der Verwirkungseinrede des Versicherers gegenüber entschuldigen kann (Z 157 A 3), weil er dieses Vorteils im Falle der Anfechtung des Vertrages durch den Versicherer verlustig gehen würde (W SeuffA 65, 191). — Falls der Verkäufer nur daS fordert, was der Käufer nur geboten haben will, hat der letztere kein Interesse an der Anfechtung (AG 1. S. 06 II 466/05).

8 120 peilte Willenserklärung, welche durch die zur Übermittelung«) ver­ wendete Person oder Anstalt«) unrichtig übermittelt«) worden ist, kann unter der gleichen Voraussetzung angefochten werden wie nach § 119 eine irrtümlich abgegebene Willenserklärung«)«). E I 101 II 95 M 1, 202 ff. P 1, 116 ff.

1. Irrtum bei Übermittlung von Willenserklärungen.

Der $ 120 beruht auf der Voraussetzung, daß sich der eine Teil dem anderen gegenüber nicht persönlich, sei es mündlich oder schriftlich, sondern durch die Vermittlung eines anderen erklärt, und dieser andere die ihm aufgegebene Erklärung unrichtig wiedergibt. Das Ergebnis ist hier eine Nichtübereinstimmung zwischen dem Willen des Erklärenden und der dem Empfänger zugegangenen ErNärung, und auch diesen Fall will das Gesetz so angesehen wissen, als wäre der Widerstreit zwischen Wille und Erklärung durch einen Irrtum des Erklärenden bei einer eigenen Erklärungshandlung verursacht worden. Der Fall des § 120 ist daher genau nach Maßgabe des entsprechenden Falles aus § 119 zu behandeln. 2. Es handelt sich hier lediglich um eine Vertretung In der Erklärung, nicht im Willen. Der letztere Fall ist im §166 geregelt. Die Mittelsperson muß die Erklärung erkennbar namens deS Auftraggebers abgegeben haben. Hat sie in eigenem Namen gehandelt und das Geschäft für sich selbst abgeschlossen, so ist dieses für den Auftraggeber ein fremdes und seinerseits nicht anfechtbar. S. Der Bote, wie gegebenenfalls die vermittelnde Anstalt — Telegraphenanstalt, Berkehrsanstalt — müssen von dem Erklärenden selbst verwendet sein, mithin in seinem Auf­ trage gehandelt haben. Ob die Übermittlung mündlich, telephonisch, schriftlich oder tele­ graphisch geschieht, ist gleichgültig. 4. Eine unrichtige Übermittlung der Willenserklärung liegt nicht vor, wenn die Mittels­ person etwas erklärt hat, was sachlich überhaupt nicht mehr als die Willenserklärung des Geschästsherrn aufgesaßt werden kann. Hat dieser beispielsweise ein Kaufangebot übermitteln lassen wollen und sein Bote erklärt für ihn ein Mietangebot, so handelt es sich nicht um eine unrichtige Übermittlung seiner Erklärung, vielmehr ist eine andere Erklärung abgegeben. Der Vertrag wäre wegen mangelnder Willenseinigung überhaupt nicht zustande gekommen. Die unrichtige Übermittlung muß auch aus Versehen der Mittelsperson beruht haben (a. A. Planck). Denn Voraussetzung ist, daß sie dem Geschästsherrn als Werkzeug gedient hat, und das trifft nicht zu, wenn sie absichtlich eine austragswidrige Erklärung abgegeben hat. b. Die BewetSlast hat der Ansechtungskläger.

8 121 Die Anfechtung«) muß in den Fällen der 88 HO, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich)2) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem AnsechtungSgrunde Kenntnis erlangt hat«). Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeittg erfolgt, wenn die AnfechtungSerklärnng unverzüglich abgesendet worden ist«). Die Anfechtnng ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklänmg dreißig Jahre verstrichen sind«)«). SII 96 P 1, 112 ff.; 6, 122 ff., 290 ff.

1. Die Anfechtung ist eine formlose, empfangsbedürftige, unwiderrufliche Erklärung, die unzweideutig sein muß (RG IW 03, 107). Sie dient als Mittel, die Willenserklärung zu vernichten, und zwar mit der Wirkung der Nichtigkeit von Anfang an (§ 142). Das Nähere bei $ 143. Die Anfechtung wegen Betrugs enthält zugleich die wegen Irrtums (RG 57, 358; Warn 08, 278); daher keine Klageänderung (RG 22. 12. 06 I 921/05; Warn 08, 278).

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Rechtsgeschäfte

2. „Unverzüglich" will besagen im Interesse des Anfechtungsgegners ohne schuldhaftes Verzögern (RG 64, 161). Als objektiver Maßstab hierfür gilt ein nach den Umständen zu be­ messendes schleuniges Handeln. Schuldhaftes Zögern liegt auch dann vor, wenn der Anfechtungsberechtigte das Interesse des andern nicht genügend berücksichtigt. Es liegt über­ haupt nicht vor, wenn die Verzögerung auch bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt unabwendbar war. Die Frage der Unverzüglichkeit ist eine in der Revisionsinstanz zu prüfende Rechtsfrage (RG 64, 161). 3. Die Frist beginnt, sobald der Anfechtungsberechtigte von dem AnfechtungSgrunde, mithin von den seinen Irrtum ergebenden Umständen eine Kenntnis erlangt, die ihm ver­ nünftigerweise einen die bloße Vermutung ausschließenden sicheren Schluß gewährt. Der Irrtum muß daher erst aufgedeckt sein und gegebenenfalls kann der Ansechtungsberechtigte auch erst die Beweisaufnahme abwarten, bevor er die Anfechtung erklärt (RG Warn 08, 116). Aber Kenntnis ist nicht gleich Überzeugung (RG 29. 5. 07 V 508/06). Wirkliche Kenntnis wird verlangt. Nichtkennen aus Fahrlässigkeit (§ 276) schadet also nicht, und Zweifel stehen der Kenntnis nicht gleich. Wird der Irrtum erst im Prozesse aufgedeckt, so kann die Anfechtung auch noch im Prozesse erklärt werden (RG 13. 11. 07 V 72/07). Die Bestimmung des Satz 1 greift auch dann Platz, wenn der Anfechtungsgegner den Irrtum erkannt hatte (streitig). 4. Die Anfechtungserklärung wird unter Abwesenden wirksam nicht erst mit ihrem Zugänge (§ 130), sondern sie ist bereits „erfolgt" mit der Absendung, falls diese unverzüglich geschah, sodaß die Gefahr von Verzögerungen während der Beförderung der Anfechtungs­ gegner trägt. 5. Das Anfechtungsrecht erlischt unbedingt mit Ablauf der Ausschlußsrist von 30 Jahren. 6. Zu beweisen hat der Anfechtende die Voraussetzungen der Anfechtung, der Gegner die Nichtrechtzeitigkeit, indem er nachweist, daß der Anfechtende die Kenntnis schon in einem früheren Zeitpunkte, als er angegeben, erhalten halte (RG IW 04,196 und 21.11.05 II 133/05).

§ 122 )Jst eine Willenserklärung nach § 118 nichtig oder auf Grund der §§ 119, 120 angefochten, fo hat der Erklärende, wenn die Erklärung einem anderen gegenüber abzugeben war, diesem, andernfalls jedem Dritten3) den Schaden zu ersetzen, den der andere oder der Dritte dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere oder der Dritte an der Gültigkeit der Erklärung hat-). Die Schadensersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Beschädigte den Grnnd der Nichtigkeit oder der Anfechtbarkeit kannte oder infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte (kennen nntfctc4)5)6). E I 97 Abs 3, 499 Abs 2, 3; 101; 146 II 97 M 1, 194, 200, 202 ff., 281 P 1, 98 ff., 116 ff.

1. Schadensersatzpflicht. Der § 122 beruht auf der Voraussetzung, daß die Nichtigkeit im Falle des § 118, sowie die Anfechtbarkeit des Geschäfts im Falle der §§ 119, 120 allein in der Person des Erklärenden ihren Grund hat (im Gegensatze dazu § 117), und hält es daher für billig, dem andern Teile, der zufolge der Vornahme des Geschäftes zu Schaden kommt, zur Genugtuung zu verhelfen (§ 119 A 1). Aus ein Verschulden des Erklärenden kommt es hier nicht an; vielmehr genügt die Tatsache, daß er den Schaden des andern veranlaßt hat, und es ist daher der Veranlassungs-, nicht aber der Verschuldungs­ grundsatz zur Geltung gebracht (RG 60, 345). 2. Ersetzt wird nur daS negative Interesse. Der Geschädigte kann deshalb Schadlos­ haltung (und zwar gemäß § 249) überhaupt nur insoweit verlangen, als seine Vermögenslage gerade durch die von ihm im Vertrauen auf die Gültigkeit der Erklärung getroffenen Maß­ nahmen verschlechtert worden ist. Innerhalb dieser Grenze kann er freilich nicht minder Ersatz des entgangenen Gewinns als des wirklichen Schadens (§ 252) beanspruchen. Die Forderung darf jedoch ihrem Umfange nach niemals über die Höhe des Erfüllungsinter­ esses hinausgehen. Das Erfüllungsinteresse als solches kann um deswillen überhaupt nicht in Frage kommen, weil das Geschäft gegebenenfalls nichtig wird und deswegen ein Erfüllungsanspruch an sich ausgeschlossen ist. Wenn der Geschästsgegner beispielsweise im Vertrauen auf das ihm gemachte Angebot ein anderweitiges Angebot ausschlägt, kann er im Falle der Anfechtung des ersten Angebots zwar alles ersetzt verlangen, was er durch Ab­ lehnung des zweiten Angebots eingebüßt hat, einschließlich dessen, was ihm an Gewinn ent­ gangen ist, aber alles das unbedingt nur bis zur Höhe dessen, was er gehabt haben würde, wenn das angefochtene Geschäft zur Erfüllung gekommen wäre, während die Geltendmachung ves Erfüllungsinteresses selbst unzulässig ist. Über die Berechnung des negativen Interesses

Willenserklärung

§§ 121—123

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vgl. RG IW 04, 447. Danach ist die abstrakte Berechnungsart zulässig. Beispielsweise kann der Käufer, der im Vertrauen auf die Gültigkeit des Kaufes den Abschluß anderer Käufe zu der gegebenen Zeit unterlassen hat, den Schaden ersetzt verlangen, der aus der Unterlassung hervorgegangen ist. 3. Ersatzberechtigt ist nur derjenige, für den die Willenserklärung bestimmt war; daher bei empsangsbedürstigen Willenserklärungen nur derjenige, an den die Erklärung gerichtet war; bei nicht empfangsbedürftigen dagegen (vgl. Vordem 1 vor § 116) jeder Dritte, der von der Erklärung in der Folge betroffen wurde; wie z. B. bei der Auslobung oder der Preisgabe. 4. Folgerichtig ist es demnach (A1), daß derjenige Ersatz zu fordern nicht berechtigt ist, der seine Maßnahmen ergriffen hat, wiewohl ihm der Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund bekannt war, oder, wiewohl er diese Kenntnis bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276) hätte haben müssen. Denn gegebenenfalls liegt der Eintritt der schädlichen Folge an ihm selber und daher hat er sie auch selbst zu verantworten. Die Kenntnis oder die Fahrlässigkeit hat der Anfechtungs­ berechtigte zu beweisen. L. Das Anwendungsgebiet des $ 122 ist beschränkt aus die Fälle eines BermögenSschadenS. Sonderregelung bei Anfechtung einer Ehe wegen Irrtums in den §§ 1345, 1346. 6. Der wegen Irrtums Anfechtende kann auf Grund dessen, abgesehen vom Er­ sätze des negativen Schadens, nur noch Rückgabe der Bereicherung verlangen, dagegen einen weiteren Schadensersatzanspruch weder aus § 276 noch aus § 823 erheben, und zwar selbst dann nicht, wenn der Anfechtungsgegner den Irrtum fahrlässig hervorgerufen hat; denn dem BGB ist ein Grundsatz der allgemeinen Haftung für fahrlässig verursachten Vermögensschaden fremd, es muß vielmehr stets eine widerrechtliche Rechtsverletzung hinzukommen. Wohl aber ist es möglich, daß der Geschäftsgegner aus dem Gesichtspunkte des § 307 haftet, falls er nämlich wußte oder wissen mußte, daß der Vertrag auf eine unmögliche Leistung gerichtet war (RG 51, 93).

§ 123 *)Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung') oder widerrechtlich durch Drohung °) bestimmt worden ist, kann die ErMrung anfechten *). Hat ein Dritter4) die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzngeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen muhte. Soweit ein anderer4) als derienige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der ErMrung n mittel­ bar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen tmtfctc4)5)6). ® I 103 II 98 9R 1, 204 ff. P 1, 118 ff.; 6, 128 ff.

1. Anfechtung wegen Täuschung und Drohung. Dem unfreien Willen will das Gesetz keine größere Tragweite beimessen als dem unbewußten Scheinwillen (§ 119). Er reicht an sich zwar aus, rechtserzeugend zu wirken, aber wer sich im Zustande der seelischen Unfreiheit entschlossen hat, soll es ebenfalls in der Hand haben, seine Erklärung durch Anfechtung nichtig zu machen. Auf dieser Auffassung beruht der § 123. Aber nur um den Fall der Unfreiheit des Willens, nicht auch den der Unfähigkeit zur Entschließung handelt es sich hier. Der Ge­ setzesfall liegt also insbesondere nicht vor, wenn eine solche zwangsweise Einwirkung statt­ gefunden hat, daß der Betroffene gar nicht in der Lage war, sich entschließen zu können. Als­ dann war sein Tun überhaupt nicht das Ergebnis seines Willens; es fehlte ihm vielmehr der Geschäftswille (Suggestion, gewaltsames Führen der Hand bei Herstellung einer Unterschrift). — In Betracht kommen Willenserklärungen jeder Art (§119 A1). Auch wenn ein Rechtsgeschäft allein aus dem Grunde unzulässiger Willensbeeinflussung gegen die guten Sitten verstößt, ohne daß letzteres zugleich hinsichtlich des Geschäflszweckes und Geschäftsinhaltes zuträfe, ist das Rechtsgeschäft nur anfechtbar, nicht aber nichtig (RG IW 08, 710; § 138 A 1). Der Verkauf eines eigenen Gesellschaftsanteils seitens einer Gesellschaft m. b. H. ist wegen einer von ihrem Geschäftsführer gegen den Käufer verübten arglistigen Täuschung anfecht­ bar (RG 68, 309). — Bewirkt werden kann Willensunfreiheit durch Täuschung und Drohung. — Die Anfechtungsfrist bestimmt der § 124, die Vollziehung der An­ fechtung regelt § 143. — Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, die in einem dem Prozeßbevollmächtigten des Gegners zugegangenen Schriftsätze erklärt ist, wirkt grundsätzlich für und gegen die Partei auch außerhalb des Prozesses (RG 63, 411). — Ausgeschlossen ist die Anfechtung nach § 123, wenn wegen arglistigen Verschweigens eines Fehlers die Wandlungsklage nach §§ 480, 459 gegeben ist (RG 70, 429; vgl. auch $ 119 A 9).

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Rechtsgeschäfte

2. Die DLufchrm- dient zur Hervorrufung eines Irrtums im Sinne von §119 (RG IW 09, 308). Die Täuschungshandlung muß somit zu solcher Wirkung geeignet sein. Das kann nur zutreffen, wenn der Getäuschte über die für seinen Willensentschluß maßgebenden Voraus­ setzungen in Irrtum versetzt worden ist; dagegen nicht, falls der Erklärende nur persönliche Auf­ fassungen oder Urteile ausspricht; denn dadurch wird die Freiheit der Entschließung dem Erklärungsgegner nicht genommen. Die Täuschung muß, um als solche gelten zu können, auch beabsichtigt worden sein. Dies trifft nicht zu, wenn der Täuschende selbst nur aus Irrtum gehandelt hat, selbst wenn der Irrtum, beispielsweise daS Nichtkennen eines Fehlers (§ 460) auf Fahrlässigkeit beruht (RG IW 04, 359). In diesem Falle könnten nur die Grund­ sätze des Irrtums Platz greifen. Die Absicht muß im Sinne des Gesetzes auch eine arglistige sein, was voraussetzt, daß die Täuschung als Mittel benutzt ist, auf den Entschluß des Erklärenden zu dessen Nachteil bestimmend einzuwirken. Es genügt anderseits aber für den Vorsatz schon, wenn der Täuschende das Bewußtsein gehabt hat, daß der andere den Vertrag nicht geschlossen haben würde (RG 5. 6. 07 V 367/06). Vgl. noch §443 Al und §439 Al. Ausgeschlossen ist Arglist allemal auch dann, wenn der Täuschende zum Besten des andern hat handeln wollen. Der Fall arglistiger Täuschung i. S. des Gesetzes liegt aber auch dann nicht vor, wenn das Berhalten des Täuschenden nur dazu dienen sollte, einen vom anderen Teile erhobenen Anspruch zu beseitigen; denn niemand ist verpflichtet, den Anspruch des Gegners begründen zu helfen, weder im Prozesse, noch sonst (RG 58, 355). Hier hatte die uneheliche Mutter gegenüber dem Er­ zeuger des Kindes, der die Anerkennung der Vaterschaft anfechten wollte, fälschlich behauptet, eS habe ihr sonst niemand beigewohnt (vgl. auch IW 98, 369 und RGSt 23, 244). — Die Täuschungshandlung kann begrifflich bestehen sowohl in einer Vorspiegelung un­ richtiger (beispielsweise arglistigen Anpreisungen, empfehlenden Zusicherungen, RG IW 07, 473), wie in einem Verschweigen wahrer Tatsachen (RG IW 08, 476). Bloßes Verschweigen liegt vor, ist aber als Tatbestandsmerkmal auch ausreichend, wenn das Schweigen den Grundsätzen von Treu und Glauben widerspricht und der andere also nach der Verkehr-anschauung (RG Warn 09, 3) die erhebliche Mitteilung unter den gegebenen Umständen (§ 242, nicht auch nach der guten Sitte, § 138, wie Staudinger A VI annimmt) erwarten durfte (RG 69, 15). Eine allgemeine Osfenbarungspflicht besteht nicht (RG 62, 150 und die dort angeführten Urteile). Zur Anfechtung genügt es aber nicht, wenn der Gegner nur die Absicht verheimlicht hat, nicht erfüllen zu wollen (RG 48, 282). Ein Irrtum über da- künftige Verhalten des Bertragsgegners kann niemals zur Anfechtung de- Vertrages genügen (RG Warn 08, 590). — Unterdrückung ist das Verschweigen, wenn der Täuschende durch positive Tätigkeit, Anwendung täuschender Mittel, einen erheb­ lichen Umstand verdeckt (RG 62 a. a. O). Sie setzt voran- eine Rechtspflicht zur Offen­ barung, die entweder auf Gesetz oder Vertrag beruht (RGSt 37, 62; 31, 210 und die hier angeführten Urteile). Die Täuschung muß für die Entschließung des Getäuschten von ursächlicher Wirkung gewesen fein, was nach richterlichem Ermessen zu entscheiden ist. Die Probe dafür bietet die Frage, ob die Willenserklärung auch ohne die Täuschung abgegeben worden wäre. — Eine ohne Erfolg gebliebene Arglist ist bedeutungslos (RG Warn 08, 33). Besteht der ursäch­ liche Zusammenhang, dann ist es unwesentlich, welchen Umstand die Täuschung betraf, ob den Inhalt der Erklärung oder den Beweggrund. Anders als int Falle des § 119 (A 1 das.) ist der durch eine arglistige Täuschung hervorgerufene Irrtum auch dann beachtlich, wenn er den Beweggrund betrifft (RG 69,15, wo es sich um die Kreditwürdigkeit des Käufers handelte; 55, 86, betreffend Täuschung über die Eigenschaft als Vollkaufmann). (RG IW 03 B 106.) Zum Begriffe der Täuschung gehört nicht die Absicht oder das Bewußtsein der Vermögens­ beschädigung (RG IW 03 Beil 40 und Warn 09, 440). Dadurch unterscheidet sie sich vom Betrüge int Sinne des § 263 StGB. Zu erwägen ist int Einzelfalle, daß, wenn die An­ fechtung wegen Betrugs versagt, eine solche wegen Irrtums gegeben fein kann und daß die Anfechtung wegen Betrugs zugleich die wegen Irrtums enthält (§ 121 A I). 3. Drohung. Die Drohung besteht in der Ankündigung eines Übels für den Fall, daß der Bedrohte nicht so handelt, wie es der Drohende begehrt. Sie muß also unbedingt über einen bloßen Bergleichsvorschlag hinausgehen. Falls der Drohende nicht zugleich ein gewisses Tun erzwingen will, ist der Tatbestand nicht erfüllt (RG 59, 353; 64,59 ff.). Welcher Art das angedrvhte Übel, ist gleichgültig (vgl. z. B. SeufsA 64, 307). Es kann materieller oder ideeller Art fein (RG 10. 4. 06 III 57/05). Nötig ist nur, daß es überhaupt geeignet war, den Bedrohten in seiner Entschließung entscheidend zu beeinflussen. Ob eine solche Drohung anzunehmen, ist gegebenenfalls einerseits nach dem objektiven Maßstabe vernünftigen Er» messens zu beurteilen. Anderseits ist aber auch die Eigenart des Bedrohten zu berücksichtigen. Begrifflich erforderlich ist nicht, daßdas Übel unmittelbar den Bedrohten selbst treffen soll; nur muß dieser die Verwirklichung des etwa einem anderen (Ehe­ gatten, einem Kind, auch dem Androhenden selbst) zugedachten Übels als ein solches auch für sich selbst ansehen (RG 60, 373). Wesentlich ist endlich auch nicht, daß da- Übel unmittelbar

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Z 123

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von dem Androhenden selbst verwirklicht werden soll. Es genügt, wenn der Bedrohte zu erkennen gibt, daß er einen Dritten dazu veranlassen werde (RGSt 15, 336; 27, 307). Ohne eine solche Ankündigung würde nur die Voraussage eines künftigen Übels vorliegen. Die Drohung mit dem Fortbestehenlassen eines Übels reicht aus, falls das Ergebnis von der Tätigkeit des Drohenden abhängt (RGSt 14, 265). Es erfüllt aber den Tatbestand der Drohung nicht, wenn die schon bestehenden Verhältnisse von selbst ein künftiges Übel er­ warten lassen, und der Drohende nur darauf hinweist. Es muß vielmehr die Beeinflussung durch ein von dem Willen des Drohenden abhängiges, irgendwie durch seine positive Tätig­ keit in Bewegung zu setzendes Übel in Aussicht gestellt sein (RG IW 05, 200). — Widerrecht­ lich muß die Drohung als Mittel benutzt sein. Das Gesetz setzt dagegen seinem klaren Wortlaute nicht voraus, daß schon die Drohung an und für sich eine widerrechtliche ist. Ent­ scheidend ist danach also nicht, ob das angedrohte Übel ein widerrechtliches war, oder ob der Androhende an sich das Recht gehabt hat, das zu verwirklichen, was er als Übel androhte, sondern allein, ob es unstatthaft war, die Androhung eines solchen Tuns als Mittel zu benutzen, um den anderen in seiner Entschließung zu bestimmen (RG 59, 349 und IW 05,134; 06, 82; 09,11). Die widerrechtliche Absicht bei der Drohung ist für die Anfechtung erforderlich (RG IW 07, 5). — Sieht demnach das Gesetz die Verwendung der Drohung als Mittel zur Willensbeugung unbedingt als eine Widerrechtlichkeit an- Das ist nicht der Fall; andernfalls wäre die Beifügung „widerrechtlich" zum Merkmale des Bestimmens überflüssig. Nach der allgemeinen Bedeutung des Begriffs „widerrechtlich" kann somit die Tätigkeit des Drohenden dann nicht eine widerrechtliche sein, wenn derHandelnde zu ihr ein Recht hatte. Das Recht zur Drohung kann nun entweder auf einer allgemeinen Regel der Rechtsordnung oder auf einem besonderen Rechtsansprüche des Drohenden beruhen. Der letztere Fall liegt beispielsweise vor, wenn der Drohende einen Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung hatte; nach RG 64, 59 auch dann, wenn ein Verein von Arbeitnehmern bei einer Koalitionsbestrebung i. S. des § 153 GewO nach seinen Satzungen dem Mitgliede, das die Beteiligung am Kampfe ver­ sagt, die Ausschließung aus dem Vereine androht. Grundsätzlich statthaft sodann ist das Verhalten des Drohenden, wenn er nur ^s Recht der Selbsthilfe (§§ 226 ff.) ausüben will, oder den Gebrauch einer sonst jedermann nach der Rechtsordnung zusteh enden Befugnis androht, wie die, zu klagen, die Zwangsvollstreckung herbeizuführen, eine Strafanzeige zu erstatten. Selbstverständ­ lich aber kann auch die Verwendung solcher Mittel immer nur dann erlaubt sein, wenn sie auch einem zulässigen Zwecke dienen sollen. Wer sie zur Er­ reichung eines unstatthaften Zweckes oder zur Erreichung eines Erfolges, den herbeizu­ führen er überhaupt kein Recht hatte, gebrauchen will, handelt zweifellos widerrechtlich (RGSt 14, 391). Es darf daher kein Mißbrauch einer an sich gegebenen Befugnis vor­ liegen (8 226). Zur Strafanzeige ist der Verletzte berechtigt und wer nur ankündigt, daß er von dieser Befugnis Gebrauch machen werde, handelt an sich noch nicht widerrechtlich. Aber wer es tut, um einen Vorteil zu erlangen, auf den er keinen Anspruch hatte (RG IW 05, 1346), oder wer eine Strafanzeige lediglich aus dem Grunde erstattet, um den andern zur Strafe zu bringen (RG Gruch 48, 1128), oder wer ohne erkennbares Interesse handelt, der beabsichtigt überhaupt nicht, berechtigte Interessen wahrzunehmen und handelt also widerrechtlich. Auch eine an sich erlaubte Handlung schließt somit die widerrechtliche Drohung nicht unbedingt aus (RG IW 00,418). Nach alledem folgt also: Die Drohung als Mittel zur Abgabe einer Willenserklärung ist nur dann statthaft, wenn sowohl die angedrohte Handlungsweise an sich wie auch der verfolgte Zweck erlaubt waren (RG JW06, 82). Wer aber das Vorhandensein dieser Voraussetzungen behauptet, beruft sich auf einen Aus­ nahmefall und hat ihn mithin zu b e w e i s e n. — Da das Gesetz nur die Willensfreiheit des Bedrohten schützen will, kommt es nicht darauf an, ob der Drohende sich der Widerrechtlich­ keit seines Tuns bewußt war (RG 28. 6. 06 IV 159/06), auch nicht darauf, ob ihm die Drohung wegen seiner persönlichen Eigenschaften überhaupt zugerechnet werden kann. Daher ist auch die Drohung eines Handlungsunfähigen zur Erfüllung des Tat­ bestandsmerkmals geeignet (streitig.). — Auch die Ernstlichkeit einer Drohung und ihre Ausführbarkeit durch den Drohenden ist kein Erfordernis. Nur muß der Bedrohte die erstere wie die letztere als vorhanden angenommen haben, sonst könnte er durch die Be­ drohung nicht bestimmt worden sein. 4. Gehen Täuschung oder Drohung von einem Dritten auS, nicht vom Geschäftsgegner, so gelten im einzelnen noch folgende Regeln: a) Im Falle der Drohung ist es für das Anfechtungsrecht gleichgültig, wer die Willenserklärung erzwungen hat, ob also der Erklärungsempsänger oder ein Dritter; b) im Falle der Täuschung besteht das An­ fechtungsrecht dem Erklärungsempfänger gegenüber dann, wenn dieser selbst der Täuschende war, oder wenn er wenigstens die durch einen Dritten verübte Täuschung kannte oder nur auS Fahrlässigkeit nicht gekannt hat (§ 122 Abs 2); g e g e n ü b e r ein e m

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Rechtsgeschäfte

Dritten sodann besteht das Anfechtungsrecht unter der Voraussetzung, daß der Dritte aus der dem Erklärungsgegner gegenüber abgegebenen Erklärung unmittelbar selbst ein Recht erworben hat, und zwar unter der weiteren Bedingung, daß der Dritte die Täuschung kannte oder nur aus Fahrlässigkeit nicht gekannt hat; — Anwendungsfälle bei Verträgen zugunsten eines Dritten (§ 328), und bei einem Rechtserwerb durch unmittelbare Stell­ vertretung, falls der Vertreter die Täuschung beging und der Vertretene durch das Ge­ schäft unmittelbar ein Recht erwarb. Dritter im Sinne des Abs 2 Satz 1 kann nur ein anderer sein als der Empfänger derjenigen Willenserklärung, zu deren Abgabe der Getäuschte bestimmt worden ist, also nur ein bei dieser Erklärung Unbeteiligter. Wer e'rnen Vertrag als Vertreter abschließt und hierbei den Bertragsgegner arglistig täuscht, ist daher nicht ein Dritter im Sinne des Gesetzes; hinsichtlich der Anfechtung liegt alsdann viel­ mehr der Regelfall des Abs 1 vor. Dies trifft auch dann schon zu, wenn bei einem Kaufverträge der Täuschende nur insoweit mit der Vertretung der einen Vertragspartei betraut war, daß er (mündlich) die Bedingungen des Vertrages zu vereinbaren hatte und die Bindung der Vertragspartei demnächst von ihrer Genehmigung abhängen sollte; war in solchem Falle die andere Vertragspartei an die getroffenen Abreden ihrerseits gebunden, dann ist für sie der Vertrag gemäß § 123 Abs 1 auch dann anfechtbar, wenn der Vertrag dem­ nächst durch die Partei selbst oder durch einen anderen Vertreter noch förmlich zum Abschlüsse gebracht worden ist; dagegen greift der Abs 2 Platz, wenn die Täuschung von jemand aus­ ging, der nur zur Vorbereitung des Vertragsabschlusses, zur Ermittelung eines Käufers und zur Bermittelung beaustragt gewesen war (RG 72, 133 und Warn 09, 178). 5. Zwang und Betrug können, abgesehen vom Anfechtungsrechte, einen Anspruch auf Schadensersatz begründen. Das regelt sich nach den allgemeinen Bestimmungen der §§ 823 ff., insbesondere nach § 823 Abs 2, wofern die strafrechtlichen Bestimmungen (§§ 263, 240, 253 StGB) als Schutzgesetze Platz greifen. Das Nähere bei § 823. Ebenso bleiben An­ sprüche aus der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff., 852 Abs 2) bestehen. Zu bemerken ist hier noch folgendes: a) Bei Verträgen ist der Anspruch auf Schadensersatz nicht da­ von abhängig, daß der Berechtigte den Vertrag an ficht. Ec besteht vielmehr auch dann, wenn der Anfechtungsberechtigt^den Vertrag aufrecht erhält (RG 59, 157; 63, 111, 112 und die hier aufgeführten Urteile). Wegen arglistiger Täuschung über Eigenschaften der Kaufsache kann der Käufer unter entsprechender Anwendung des § 463 Schadensersatz in der Weise verlangen, daß ihm der Minderwert in Geld ersetzt wird; er braucht sich auch nicht mit Herabsetzung des Kaufpreises zu begnügen, wenn dieser erst später fällig wird (RG 2. 10. 07 V 8/07). d) Im Falle der Anfechtung kann der Betrogene nach § 249 Wieder­ herstellung des Zustandes verlangen, wie dieser ohne den Vertrag bestehen würde; imFalle der Nichtanfechtung kann er das Erfüllungsinteresse geltend machen und Herstellung des Zustandes verlangen, der bestehen würde, wenn der Betrug nicht vorgefallen wäre, z. B. kann er aus diesem Gesichtspunkte Minderung des Kaufpreises fordern (RG 62, 278; 63, 112). Nach § 463 kann ein Käufer, der über das Vorhandensein von Eigenschaften arglistig getäuscht worden ist, auch das Erfüllungsinteresse geltend machen (RG 66,337), mithin fordern, daß er so gestellt wird, wie er im Falle des Vorhandenseins der Eigenschaften gestellt wäre. Falls ein Dritter beim Betrüge mitgewirkt hat, haftet er ebenfalls für den positiven Schaden. (Anders dieser Fall, als wenn der Dritte den Betrug allein verübt hat (RG 61, 250; ferner RG 22. 3. 07 II 466/06).) c) Das Erlöschen des Anfechtungsrechtes nach § 124 schließt auch den Anspruch auf Aufhebung des Vertrages aus dem Gesichtspunkte des Schadensersatzes nach $ 249 aus (RG 61, 171; 63, 270). Dagegen ist nicht anzunehmen, daß damit auch der Einwand des Betrugs oder der Drohung beseitigt wird. Die Grund­ sätze der §§ 853, 821 müssen auch hier entsprechende Anwendung finden (vgl. RG 58, 356 und 71, 435 über die Geltung der exceptio doli generalis im BGB, ferner Prot 1, 239 über die Beseitigung des Einwandes der Verjährung durch die replica doli generalis; RG 64, 222). Der allgemeine Rechtsgrundsatz, daß niemand aus einer unerlaubten Handlung einen Vorteil haben kann (§35 I, 3 Pr. ALR), muß immer seine Geltung behalten, d) Die Anfechtung eines Kaufs wegen Betrugs ist auch dann noch möglich, wenn die Kaufsache nicht mehr zurückgegeben werden kann. Das Gesetz verordnet bei der Anfechtung die Rück­ gabepflicht nicht, wie es im Falle der Wandlung (§ 467) und im Falle vertragsmäßigen Rücktritt­ rechtes die §§ 350, 353 tun (RG 59, 93). Für den Fall, daß Wiederherstellung des früheren Zu­ standes im Wege der Schadensersatzklage gefordert wird, sind gegebenenfalls die Grundsätze von der Borteilsausgleichung (vgl. Vordem 5 vor § 249) zu berücksichtigen (RG Warn 09, 178). e) Die Frage der Kausalität ist lediglich nach der Sachlage z. Z. des Bertrags­ schlusses zu beurteilen (RG 19. 10. 07 I 486/06). Der Erklärende muß durch den durch Täuschung hervorgerufenen Irrtum bestimmt worden sein (RG Warn 08, 196). Sonderbestimmungen: bei Willensmängeln im Falle der Stellvertretung ($ 166), bei der Eheschließung (§§ 1334, 1335), bei letzt willigen Verfügungen ($ 2078), bei Erbverträgen ($ 2281).

Willenserklärung

§§ 123—125

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8 124 Die Anfechtung einer nach § 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen1). Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeit­ punkt, in welchem der AnfechtungSberechttgte die Tänfchnng entdeckt, im Falle der Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört 2). Ans den Laus der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften deS § 203 Abf. 2 und der §§ 206, 207 entsprechende Anwendung °). Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn feit der Abgabe der Willens­ erklärung dreißig Jahre verstrichen sind«). E l 104 U 99 M 1, 204 ff. P 1, 120 ff.; 6, 129, 290 ff.

1. Der Anfechtungsberechtigte soll im Falle des § 123 besser gestellt sein als im Falle der §§ 119, 120. Die AnsechtungSsrist ist hier daher auf ein Jahr bemessen, mit der Maßgabe jedoch, daß nach Ablauf von 30 Jahren die Anfechtung unbedingt unzulässig ist (Abs 3). Die Frist ist keine Verjährungsfrist, sondern eine Ausschlußfrist (vgl. § 186 A 1). Über die Fristberechnung vgl. §§ 186 ff.; über die Rechtsfolgen und die Vollziehung der Anfechtung die §§ 142, 143. Der Ablauf der Anfechtungssrist schließt die Einrede aus z 853 nicht aus (vgl. § 123 A 5). 2. Die einjährige Frist beginnt im Falle: a) des Betrugs mit dem Zeitpunkte, in dem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, mithin sowohl die objektive Unrichtigkeit der bestimmenden Tatsache, wie auch die subjektive Voraussetzung der Täuschungsabsicht erkannt hat (RG 65, 89; 59, 94). Nichtkennen aus Fahrlässigkeit kommt nicht in Betracht. Nach dem Wortlaute des Gesetzes beginnt die Frist mit der Kenntnis, daher aber nicht erst mit Beschaf­ fung der nötigen Beweismittel, b) Im Falle der Drohung mit dem Zeitpunkte, in dem die Zwangslage aufhört. Die Wirkung der Drohung darf also nicht mehr fortdauern. Das träfe beispielsweise schon dann zu, wenn eine angedrohte Strafanzeige bereits von anderer Seite erfolgt oder sonst ein Umstand eingetreten wäre, der dem Bedrohten die Furcht vor dem angedrohten Übel benahm (RG 60, 373). 3. Zugunsten des Berechtigten werden die Grundsätze der Verjährung angewendet, soweit sie bestehen hinsichtlich: a) der Hemmung durch höhere Gewalt (§ 203 Abs 2); b) der Hinderung des Ablaufs der Frist bei Geschäftsunfähigen oder in der Geschäftsfähigkeit Be­ schränkten (§ 1 0 6), sowie in Ansehung von Ansprüchen, die zu einem Nachlasse gehören oder sich gegen einen solchen richten (§ 207; — das Nähere dort). 4. BeweiSlast. Daß die Anfechtung nicht rechtzeitig erfolgt ist, hat der Anfechtungsgegner zu beweisen (RG Gruch 48, 334; vgl. auch § 121 A 6).

§ 125 ^Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgefchriebenen Form ermangelt-), ist nichtig °). Der Mangel der dnrch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Richtigkeit zur Folge«)»)')’). E l S1 Abs 2 U 104 M 1, 178 ff. P 1, 87 ff.; 6, 130 ff.

1. Die Richtigkeit, ihre Bedeutung im allgemeinen und ihre Folgen, a) Der Begriff Nichtigkeit istirn Sinne des BGB süralle Fälle, in denen er überhaupt in Frage kommt, ein feststehender und gleichmäßiger, ungeachtet der Mehrgestaltigkeit der Nichtigkeitsgründe. Mag die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes also eintreten aus Gründen, die in der Person des Ge­ schäftsurhebers liegen, insbesondere in seiner Geschäftsunfähigkeit (§§ 104, 105), oder wegen Formmangels (§§ 125 ff.), oder wegen des Geschäftsinhaltes (§§ 134 ff.), die Bedeutung der Nichtigkeit an und für sich ist immer die nämliche. Es wird sich daher empfehlen, die Nichtigkeit und ihre Folgen, soweit angängig, hier erschöpfend zu behandeln. Der Begriff Nichtigkeit, auf ein Rechtsgeschäft angewandt, besagt, daß die rechtsgeschäftlich beabsichtigten Folgen wegen Vorhandenseins eines NichtigkeitSgrundes schlechterdings nicht eintreten können. Mögen sich daher aus der Vornahme des Geschäfts unter Umständen auch sonst gewisse Rechts­ folgen ergeben — z. B. wegen Vorhandenseins einer unerlaubten Handlung —, so sind es doch niemals die gewollten, und das ist das Entscheidende (vgl. Vordem 1 vor § 104 und Vordem 1 vor $ 116). Die Sache liegt gegebenenfalls vielmehr so, als wäre ein Rechtsg e s ch äst überhaupt nicht vorgenommen worden, und die äußeren Geschehnisse, welche das Rechtsgeschäft zur Entstehung bringen sollten, können lediglich als tatsächliche Vor­ gänge von Bedeutung sein. Aus einem nichtigen Kaufgeschäfte fcürf^ daher auch keine GewahrleistungSansprüche hergeleitet werden (RG 71, 433). Ist mithin de n nichtigen Rechts-

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geschäfte als solchem jede Rechtswirksamkeit versagt, so ist es nur folgerichtig: daß der Richter die Nichtigkeit von Amts wegen berücksichtigen muß, und ein Verzicht aus Geltendmachung der Nichtigkeit wirkungslos ist (RG 61, 267); ferner, daß sich auf die Nichtigkeit des Geschäfts jeder berufen kann, der ein Interesse daran hat (RG IW 09,696), — beispielsweise also im Falle der Bestellung einer nichtigen Hypothek auch der jedesmalige Nachfolger des Bestellers (RG 11. 3. 08 V 236/07). Ist wegen einer Schuld aus einem nichtigen Rechtsgeschäfte ein Anerkenntnis­ urteil ergangen, so können sich Dritte, denen gegenüber da- Urteil keine Rechtskraft hat, doch auf die Nichtigkeit der Schuld berufen (RG IW 09,131). Weiter folgt, daß das nichtige Rechts­ geschäft der Rechtswirksamkeit grundsätzlich ein für alle Male entkleidet ist, und die Möglichkeit einer Heilung des Mangels, insbesondere durch Anerkenntnis oder Vergleich (auch gericht­ lichen, RG 27. 6. 04 V 10/04; 9. 2. 07 VI 348/06), begrifflich als ausgeschlossen gelten muß (wegen der Ausnahmefälle vgl. unten A 5); endlich aber folgt, daß das nichtige Rechtsgeschäft auch nicht als Grundlage für Nebenrechte wie Bürgschaft, Pfand, Vertragsstrafe (§ 344) dienen kann. Soweit das Gesetz in der Bestätigung (§ 141) und in der Umwandlung (§ 140) Mittel zur Aufrechterhaltung eines nichtigen Geschäfts gewähren will, verläßt es doch nicht den grundsätzlichen Standpunkt, daß das nichtige Geschäft aus sich selbst Rechtswirkungen nicht zu erzeugen vermag (Näheres hierüber bei den $$ 141 und 140). b) Der Ausgleich zwischen den Beteiligten gestaltet sich, wenn die Leistung auf Grund eine- nichtigen Geschäftes bewirkt worden ist, verschieden, je nach der Art der Rechtsfolgen der Leistung und nach dem Nechtsgebiete, dem das Verhältnis angehört. Hat die Leistung eine Vermögensverschiebung nicht bewirkt, ist vielmehr der Leistungsgegenstand trotz des Bollzugsgeschäftes im Vermögen des Leistenden verblieben, dann muß dessen Rechts­ behelf notwendig ein anderer sein, als wenn jener Gegenstand in sein, des Empfängers, Vermögen übergegangen wäre. Hat beispielsweise jemand auf Grund eines nichtigen Geschäftes dem anderen eine Sache zu Eigentum gewähren wollen und hat der andere das Eigentum auch erworben, dann ist eine Vermögensverschiebung eingetreten; hat dagegen die ding­ liche Verfügung (Vordem 7 vor § 104) den beabsichtigten Rechtserfolg nicht erzielt, weil auch sie nichtig war, so ist die Vermögensverschiebung auSqeblieben. In diesem Falle müssen mithin nach den hier eingreifenden Rechtsgrundsätzen (§ 985) andere Rechtsbehelfe Platz greifen als im Falle der eingetretenen Bermögensverschiebung (§ 812). Um verschiedene Rechtsbehelfe muß es sich naturgemäß aber auch dann handeln, wenn einerseits eine sachenrechtliche Leistung in Frage steht, und anderseits eine solche, die dem Gebiete der Schuld­ verhältnisse angehört. Letzteres ist z. B. der Fall, wenn jemand dem anderen auf Grund eines nichtigen Geschäftes eine Forderung überträgt (§ 398), oder wenn er zu­ gunsten des anderen eine Forderung erläßt (§ 397), oder ein ihn selbständig verpflich­ tendes Schuldversprechen abgegeben hat (§§ 780, 781). Im einzelnen gilt dem­ gemäß folgendes: Ist eine Sache geleistet worden und ist das Rechtsvollzugsgeschäft ebenfalls nichtig, dann steht dem Leistenden in erster Linie die Eigentumsklage aus § 985 zur Seite und für das Gebiet des Liegenschaftsrechtes der Anspruch auf Berichtigung des Grundbuches gemäß § 894. Hat dagegen das Leistungsgeschäft, der Nichtigkeit des Grund­ geschäftes ungeachtet, die Bermögensverschiebung bewirkt, weil es von jener Nichtigkeit nicht mitbetrosfen wird, dann ist der Leistende von vornherein auf den Bereicherungs­ anspruch gewiesen (§§ 812 ff.). Auf diesen Rechtsbehelf ist aber der Leistende auch dann be­ schränkt, wenn die Leistung selbst zwar nichtig gewesen war, die Bermögensverschiebung jedoch nachträglich dadurch eintntt, daß der Empfänger der Sache diese weiter veräußert, oder endlich dadurch, daß die Sache untergeht. Die Annahme StaudingerS (§ 812 A 14 b£), daß dem Leistenden jedesmal die freie Wahl zwischen der dinglichen Klage und der Bereicherungsklage zustehe, muß abgelehnt werden, weil die letztere Klage unbedingt eine Bermögensverschiebung zur Voraussetzung hat, und von einer solchen keine Rede sein kann, solange der Leistende die noch vorhandene Sache von ihrem Empfänger kraft seines Eigen­ tums zurücksordern kann. Gehörte das Leistungsgeschäft dem Gebiete der Schuldverhältnisse an und ist es wirkungslos, dann besteht zur Ausgleichung überhaupt kein Anlaß. Denn wie der Leistende nichts einbüßt, so erlangt der andere Teil nichts. Im Falle der Nichtigkeit der Abtretung bleibt daS Gläubigerrecht bei seinem früheren Inhaber und im Falle eines beabsichtigten Erlasses verbleibt die zu erlassende Forderung im Vermögen des Erklärenden; im Falle endlich der Abgabe eines nichtigen Schuldversprechens gelangt eine Verpflichtung nicht zur Entstehung. Der Erklärende hat demnach in allen jenen Fällen höchstens Anlaß zur Erhebung einer negativen Feststellungsklage nach § 256 ZPO, um einer Gefährdung seiner Rechtslage vorzubeugen. Im Falle einer Forderungs­ übertragung ist eS indessen auch hier denkbar, daß noch nachträglich eine Bermögensverschiebung eintritt, indem nämlich der Zessionar über die Forderung weiter verfügt (§§ 407—409). Unter diesen Umständen wäre die Ausgleichung wiederum nach $$ 812 ff. zu suchen. DaS trifft nun überhaupt so oft zu, alS die Leistung die nach der Art deS Schuldverhältnisses beab­ sichtigte Wirkung erzielt hat. — In allen Fällen der erörterten Art steht dem Leistenden

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schließlich von vornherein auch ein Anspruch auf Schadensersatz zn, wenn sich der andere Teil eine unerlaubte Handlung hat zu schulden kommen lassen ("§§ 823, 826), und er kann alsdann nach den Grundsätzen der §§ 249 ff. zum Ziele kommen. c) Verhältnis des ErfüllüngSgeschästes zum Grundgeschäfte. Grundsätzlich sind die Erfüllungsgeschäfte von der Rechtsbeständigkeit der Grundgeschäfte unabhängig (vgl. Borbem 5 vor § 104). Es liegt das eben daran, daß sie vermöge ihrer selbständigen Natur —und zwar bei den sachenrechtlichen Geschäften aus Grund des in der Einigung bestehenden dinglichen Ver­ trages (§§ 925, 929), bei den Rechtsgeschäften im Gebiete der Schuld Verhältnisse ebenfalls schon zufolge der bloßen Willenseinigung (§§ 397, 398, 780,781) — selbständig zur Entstehung gelangen und somit das Vorhandensein eines rechtsgültigen Grundgeschäftes begrifflich über­ haupt nicht zur Voraussetzung haben. Diese Auffassung entspricht der allgemeinen Ansicht (RG 63, 184 ff; 68, 98 ff.). Der Regel nach könnte daher die Nichtigkeit des Grundgeschäftes die durch das Leistungsgeschäft bezweckte Bermögensverschiebung niemals hindern. Allein unter Umständen wird das Erfüllungsgeschäft dennoch von der Nichtigkeit des Grundgeschäftes mit ergriffen. Das trifft zu, wenn die Parteien das Ersüllungsheschäft von der Rechtsbeständigkeit des Grundgeschäftes selbst haben abhängig machen wollen, insofern als hierin die Aufstellung einer Bedingung läge (RG 57, 96 ff.). Eine solche Annahme wird aber tatsächlich am ehesten der Parteiabsicht gerecht werden, sodaß der strenge Grundsatz für das praktische Ergebnis erheblich an Bedeutung verlieren muß. Die Fälle, daß die Parteien ein dingliches Leistungs­ geschäft unabhängig von einem Kausalgeschäfte haben vornehmen wollen, werden im Ver­ kehre in der Tat sehr selten sein. Die bezeichnete Ausnahme trifft ferner da zu, wo der NichtigkeitSgrund wie dem Grundgeschäfte so ohne weiteres — oder vorzüglich (RG Warn 10, 102) — auch dem Erfüllungsgeschäste anhastet, waS beispielsweise der Fall ist, wenn eine Veräußerung gegen ein unbedingtes Verbotsgesetz vorgenommen ($ 134) oder gemäß $138916(2 ein wucherisches Geschäft erfüllt wird (§ 138 A 3). Weiter ist der Ausnahmefall auch da ge­ geben, wo das nichtige Schuldverhältnis und das Leistungsgeschäft zusammenfallen (RG 66, 385), wie etwa unter der Voraussetzung, daß ein Geschäftsunfähiger schenkungshalber eine Sache hat übereignen wollen, oder weiln bei selbständigen Rechtsgeschäften im Gebiete der Schuldverhältnisse mit der Vornahme eine- solchen LeistungSgeschästeS zugleich eine obligatorische Verpflichtung hat begründet werden sollen (RA 63, 187). Endlich überall, wenn derselbe Willen-mangel dem BerpslichtungS- wie dem Erfüllungsgeschäfte anhastet, und beide alsdann angefochten werden (RG 69, 13; IW 09, 45). Handelt eS sich um den NichtigkeitSgrund der Geschäftsunfähigkeit, so kommt es darauf an, ob sie auch noch im Zeit» punkte des Bollziehungsgeschästes vorhanden war (RG 72, 64). In RG 70, 57 ist angenom­ men, daß bei einer Vertragspartei, die zum Abschlüsse des Kaufvertrages durch arglistige Täuschung seitens der anderen Partei bestimmt worden ist, dieser Betrug im Zweifel auch noch bei Vornahme des Erfüllungsgeschäftes bestimmend fortwirkt, und daß unter solchen Um­ ständen die Anfechtung des Kaufvertrages auch die Nichtigkeit des dinglichen Übereignungs­ vertrages herbeiführt, falls nicht besonders festzustellen ist, daß die anfechtungsberechtigte Vertragspartei das Ersüllungsgeschäft ohne Rücksicht auf die Täuschung hat vornehmen wollen. Damit ist der starre Grundsatz, daß das Bollzugsgeschäft von der Nichtigkeit des Grundgeschäftes nicht mitergriffen wird, im Sinne der diesseits vertretenen Anschauungen zugunsten der wirklichen Lebensverhältnisse entsprechend gemildert worden. 2. Die §§ 125—129 behandeln den Mangel der Form alS NichtigkeitSgrund. Im allgemeinen steht das Gesetz aus dem Standpunkte der Formfreiheit. Das Formerfordernis besteht insofern, als das Gesetz ausnahmsweise entweder eine Form selbst besonders vorschreibt, oder als es den Parteien die Befugnis einräumt, eine Form von Fall zu Fall ihrerseits vorzusehen. Die Vertragssreiheit ist hier im übrigen soweit gewahrt, daß es den Beteiligten zugleich überlassen ist, auch die Art der Form zu bestimmen. — Die Grundsätze von der unbedingten Nichtigkeit wegen Formmangels erleiden insoweit eine Einschränkung als Platz greift: a) gemäß § 139 die Möglichkeit einer nur teilweisen Nichtigkeit (RG63, 27); b) gemäß § 140 die Regel von der Aufrechterhaltung des Geschäfts in einer anderen Gestalt (Konversion); c) der Ausnah mefall des $ 566 sowie des § 1154; d) in den Fällen der §§ 313, 766, 518, 2301 — aber auch nur in diesen Fällen — der Grundsatz der Heilbarkeit der Nichtigkeit durch Erfüllung und im Falle deS § 1324 Abs 2 durch Zeitablauf. In den Fällen zu d) wirkt die Heilung ex tune. Die Bestätigung im Sinne des $ 141 hat grundsätzlich keine rück­ wirkende Kraft. — Die Eintragung in das Handelsregister heilt den Mangel der Formlosigkeit des Vertrages nicht (RG 54, 418). 3. Im Ergebnisse sind die Fälle deS gesetzlichen (auch durch Landesgesetz angeordneten) und des gewillkürten FormzwangS sich gleichgestellt. Wo nämlich ein solcher überhaupt besteht, gilt die Regel, daß die Verabsäumung der Form die Nichtigkeit-folge hat, und zwar nach den bei § 139 unter A 1 entwickelten Grundsätzen hinsichtlich des gesamten Geschäft-, soweit es aus einem einheitlichen Vertragsabkommen beruht, selbst wenn der NichtigkeitS­ grund nur einen Teil deS Vertrage- trifft (RG 63,27; Warn 68,25). Indessen auch die geseh-

IIS

Allgemeiner Teil

Rechtsgeschäfte

lichen Formvorschriften sind auslegungsfähig (RG 73, 74). Die Nichtigkeit wegen Form­ mangels ist eine so unbedingte, daß auch die Grundsätze von Treu und Glauben den Formvorschriften gegenüber versagen (RG 2. 6. 02 IV 111/02; 15.11. 07 IV115/07; RG 72, 343), und auch nicht einmal ein Anspruch auf formgemäße Vollziehung besteht. Ebensowenig darf der Bereicherungsklage desjenigen, der auf Grund eines formlosen Rechtsgeschäftes geleistet hat, der Einwand aus § 814 entgegengesetzt werden, daß die Leistung einer Anstandspslicht entsprochen habe (Prot 2, 696); wohl aber der Einwand, daß der vorbehaltlos Leistende ge­ wußt habe, es bestehe für ihn eine Leistungspflicht deswegen nicht, weil der Vertrag nichtig sei (RG 30.10. 02 VI 209/02). Wer schuldhaft das Zustandekommen der Schriftform gehindert hat, hastet wie aus einem schriftlichen Vertrage (RG Warn 08, 38). 4. Für den Fall der Verabredung einer Geschästsform geht das Gesetz nicht davon aus, daß eine solche Parteibestimmung immer den eigentlichen Formzwang begründen wolle. Nach seiner Auffassung kann vielmehr auch nur beabsichtigt sein, die Form Beweiszwecken dienstbar zu machen. Alsdann soll aber ihre Wahrung auch nicht zugleich Bedingung für die (rechtsgültige) Entstehung des Rechtsgeschäfts sein. In welchem Sinne nun eine rechtsgeschäftliche Formbestimmung im Einzelfalle zu verstehen ist, ist an sich zwar Sache der Auslegung. Das Gesetz gibt indessen mit Satz 2 eine allgemeine Auslegungsregel, indem es die Vermutung aufstellt („im Zweifel"), es sei der Formzwang gewollt (RG Gruch 52, 928). Danach ergibt sich für alle Fälle entsprechender Art zugleich die B e w e i s r e g e l, daß hinsichtlich der Absicht der Beteiligten derjenige Teil beweispslichtig ist, der behauptet, es sei nur der Beweiszweck gewollt. — Ist die Aufstellung des Formerfordernisses (soweit nicht der gesetzliche Formzwang besteht) überhaupt ins Parteibelieben gestellt, so muß diesem ein Spielraum auch insoweit eingeräumt sein, als die Parteien zu bestimmen vermögen, auf welche Bestandteile des Rechtsgeschäftes sich der Formzwang erstrecken soll, ob mithin nur auf die wesentlichen Bestandteile, ohne welche das Rechtsgeschäft überhaupt nicht bestehen kann, oder auch auf die an sich nicht wesentlichen Nebenumstände, wie Erfüllungs­ zeit, Erfüllungsort und Bedingungen, die sog. Nebenabreden (vgl. unten A 6). Im allge­ meinen läßt sich hier nun annehmen, daß das durch Parteiabrede vorgesehene Formerfordernis vermutlich auch diejenigen Nebenumstände mitumfaßt und mitumfassen soll, denen nach Lage des Falles, sei es wegen der Natur des Geschäfts, sei es zufolge der besonderen Partei­ absicht, doch eine bestimmende Bedeutung beigemessen ist — die sog. relativ wesent­ lichen. Das trifft stets zu bei Bedingungen; beispielsweise aber auch bei einer Zeit­ bestimmung betreffs der Dauer einer Bürgschaft oder eines Mietverhältnisses (RG 3. 4. 06 III 32/06). — Anlangend das Formerfordernis beim Vorverträge vgl. Vordem 2 vor § 145. — Auf die Art des Rechtsgeschäfts, durch welches ein Formzwang ausgemacht wird, kommt es nicht an. Er kann wie durch Verträge, so durch einseitige Rechts­ geschäfte bestimmt werden, insbesondere auch durch eine letziwillige Verfügung. Das Formerfordernis kann auch stillschweigend vereinbart werden, z. B. notarielle Form in der Weise, daß der eine Teil einen Vertragsentwurf, in dem solche Form vorgesehen ist, dem anderen Teile zusendet, und dieser vorbehaltlos antwortet: „nehme Vertrag fest an" (RG Warn Nr 08 Nr 9). — Sieht der Gesellschaftsvertraq einer Aktien­ gesellschaft für Beschlüsse der Generalversammlung über den § 259 HGB hinaus noch eine weitere Form vor, so ist insoweit der § 125 Satz 2 nicht anwendbar, weil der $ 259 eine unbedingte Vorschrift gibt; ein Beschluß der Generalversammlung, der die Form des $ 259 wahrt, ist daher wegen Formmangels auch nicht anfechtbar (RG 65, 91). — Zwei gegeneinander ausgetauschte Vertragsurkunden bilden eine rechtliche Einheit (RG Warn 08, 25). 5. Formarten. Das Gesetz unterscheidet folgende Formen: a) Schriftform und zwar nur einseitig erforderliche, insbesondere nach den §§ 32, 37, 81, 368, 409, 416, 761, 766, 780, 781, 783, 784, 792, 1154, oder z w e i s e i t i g erforderliche (§§ 566, 581, Abs 2); b) amtliche Beurkundung in § 128; c) die öffentliche Unterschriftsbeglaubigung (§ 129), d) die amtliche Beurkundung unter gleichzeitiger Anwesenheit der Parteien (§§ 925, 1015; 1434, 1750, 1770, 2276, 2290); e) die Anwesenheit von Zeugen in § 1318, der aber nur eine Ordnungsvorschrift darstellt. 6. Bon praktischer Wichtigkeit ist die Frage der mündlichen Rebenabreden. Der schriftliche — nicht minder der gerichtlich oder notariell beurkundete — Vertrag hat die tat­ sächliche Vermutung für sich, daß in ihm der endgültige und maßgebende Bertragswille nieder­ gelegt ist: „Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit" (RG 52, 23; 65, 46; 28.1. 07 V 285/06; 7. 2. 07 VI 290/06). Aus dem Schweigen über einen wesentlichen Punkt ist unter Umständen zu entnehmen, daß hierüber keine Verabredung getroffen ist; aber denkbar sind doch auch gültige mündliche Nebenabreden (RG 21.10. 02 VII 239/02). Ob solche, nicht beurkundete, nur mündlich getroffene Abreden neben dem schriftlichen Vertrage Geltung haben sollen, hängt vom Parteiwillen ab. Wer solche Nebenabreden behauptet, muß daher auch den entsprechenden Parteiwillen beweisen (RG 27.10. 03 VII 246/03; Warn 09, 340t

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Es müssen besondere Umstände oder Gründe nachgewiesen werden, wegen deren die mündliche Abrede nicht in die Urkunde ausgenommen worden ist (RG 68, 15). Im Zweifel ist auch anzunehmen, daß nur solche Abreden neben dem schriftlichen Vertrage Geltung haben sollen, die bei oder unmittelbar vor der Unterzeichnung des Vertrages getroffen sind, und daß etwaige frühere Abreden wieder fallen gelassen wurden (RG 26. 6. 03 III 85/03 und 10. 10. 03 V 140/03). Auf Abreden, die nach der Beurkundung getroffen sind, bezieht sich die Vermutung von der Vollständigkeit and Richtigkeit des schriftlichen Vertrages naturgemäß überhaupt nicht (RG IW 09, 452). Soweit ein Formzwang bestand, sind die nur formlos getroffenen Nebenabreden nichtig (vgl. auch RG 65, 48 ff.). Ob aber zufolge dieser teilweisen Nichtigkeit des Rechtsgeschästes auch der formgerecht abgeschlossene Teil vernichtet wird, hängt davon ab, ob das Geschäft nach dem Parteiwillen nur so Geltung haben sollte, wie es sich nach den gesamten Abreden darstellt, oder ob die Parteien es auch ohne den nichtigen Teil abgeschlossen haben würden (§ 139, RG 52, 4; 65, 393). Der nichtige schriftliche Vertrag hat ersteren Falles nur die Bedeutung einer Beweisurkunde. Je nachdem es sich um einen gesetzlichen oder einen nur gewillkürten Formzwang handelt, besteht dabei folgender Unterschied: Im ersteren Falle ergreift der Formzwang notwendig den ganzen Vertrag, und daraus folgt, daß auch jede einzelne, sei es nur nach der Natur des Geschäftes, sei es nur nach dem Willen der Parteien wesentliche Abrede von dem Formzwange ergriffen wird; im Falle des gewillkürten Formzwanges besteht ein Formzwang überhaupt nur insoweit, als es die Parteien wollen (oben A 4), und daher steht auch das in ihrer Willkür, ob die neben dem schriftlichen Vertrage nur mündlich getroffene Abrede nicht trotzdem um deswillen Geltung haben sollen, weil sich auf sie der Formzwang überhaupt nicht hat erstrecken sollen. Im Falle gesetzlichen Formzwanges stellt daher eine formlose Nebenabrede die Wirksamkeit des ganzen Vertrages unter den an* gegebenen Voraussetzungen notwendig in Frage (RG 65, 393); im Falle gewillkürten Form* zwanges nur „im Zweifel" (RG 52, 23 ff.; 65, 49; 9. 12. 03 V 443/03, betreffend die nur mündliche Zusicherung einer Eigenschaft III 32/06; 16. 2. 04 III 341/03, betreffend Miet­ verträge, und 19. 1. 06 III 241/05, betreffend ein Garantieversprechen). Möglich ist auch, daß eine Nebenabrede sich als ein selbständiger Nebenvertrag darstellt (RG 65, 49). — Über­ dies greift für den Fall, daß die Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verabredet war, auch die Bestimmung des $ 154 Abs 2 mit der Wirkung Platz, daß die Vermutung gegen den Abschluß des Vertrags besteht, solange nicht der gesamte Bertragsinhalt beurkundet worden ist. — Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit eines schriftlichen Vertrages hat endlich allgemein zur Voraussetzung, daß das, was die Parteien schriftlich vereinbart haben, klar und zweifelsfrei ist. Falls solches nicht zutrifft, der Vertrag mithin auslegungsbedürftig ist, muß die Vermutung weichen, und es steht hier vielmehr gemäß § 133 die Ermittlung des wahren Parteiwillens auf Grund aller, auch außerhalb der urkundlichen Erklärung liegenden Umstände, sowie der Zweifel in Frage, ob der Vertrug anders niedergeschrieben worden, als er verabredet war (RG 59, 219; 62, 49 ff.; 13. 2. 06 VII 243/05; vgl. auch unten § 133 A 1). — Der Einwand, daß man die Urkundenverlesung überhört oder das Selbstlesen versäumt habe, ist in der Regel nicht zuzulassen (RG 13. 4. 07 V 378/06). Die Grundsätze von den Nebenabreden zu einem schriftlichen Vertrage greifen im allgemeinen auch insoweit Platz, al- das Gesetz nur einseitige Schriftform verlangt; ferner bei Bestätigungsschreiben nach RG 23. 2 07 III 409/06, und bei Schlußscheinen eines Ver­ mittlers nach RG 2. 2. 06 VII 502/05. — Im Falle der Heilung der Nichtig­ feit durch Erfüllung werden die z. Z. der Erfüllung noch aufrecht erhaltenen formlosen Nebenabreden geheilt, daher aber auch diejenigen, von welchen eine Partei bereits zuvor zurückgetreten war, was sie jederzeit einseitig tun konnte (RG 54, 109; 52, 4). 7. GtatittenkoMsion. a) Örtlich: Nach Art 11 EG bestimmt sich die Form des Rechtsgeschäfts nach den Gesetzen des Ortes, nach welchen das Rechtsverhältnis selbst zu beurteilen ist; unbedingt genügt jedoch die Beobachtung des Gesetzes des Abschlußortes. Bei Rechtsgeschäften über Sachen ist allein das Gesetz der belegenen Sache (rei sitae) maß­ gebend. b) Zeitlich: Entscheidend ist das z. Z. der Vornahme des Rechtsgeschäfts geltende Gesetz (Artt 170, 198, 214).

§ 126 Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschricben'), so mutz die Urkunde tun dem Aussteller eigenhändig") durch Ramensunterschrift") oder mittelst gerichtlich oder notariell -eglau-igten Handzeichens unterzeichnet werden"). Bei einem Vertrage mutz die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Arkunde erfolgens. Werden über den Verttag mehrere gleichlautende BVV, Kommentar

von ReichSgerichtSraten.

I. Band.

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Rechtsgeschäfte

Urkunden ausgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die sür die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet^). Die schriftliche Form wird durch die gerichtliche oder notarielle Be«rkundung ersetzt^) E I SS Abs 1, 3, 94 Abs 1 II 105 M 1, 184 ff., 188 ff. P 1, 89 ff., 99 ff.; 5, 444 ; 6, 130 ff.

1. Diese Bestimmung be-ieht sich nur auf die Fälle des gesetzlichen Formzwanges (vgl. $ 125 A 2); ist aber insoweit auch in den außerhalb des BGB geregelten entsprechenden Fällen anzuwenden lstreitig). Ihre Beobachtung ist ein wesentliches Erfordernis. Andern­ falls tritt Nichtigkeit ein (vgl. § 125 A 3). 2. Eigenhändig muß die Urkunde vom Aussteller (zwar nicht geschrieben, aber) unter­ zeichnet werden. Unzulässig ist daher Unterzeichnung durch einen bloßen Schreibgehilfen (RG 58, 387). Dem Gesetze ist dagegen genügt, wenn der bevollmächtigte Ver­ treter ausschließlich mit dem Namen (oder der Firma) des Vertretenen unterschreibt, denn das Gesetz verlangt nur Unterzeichnung „durch Namensunterschrift" durch den Aus­ steller der Urkunde, nicht aber auch, daß der Aussteller die Urkunde mit seinem eigenen Namen unterschreibt, schließt mithin nicht aus, daß der Aussteller mit dem Namen eines anderen unterzeichnet. Diese Art der Unterschrift genügt, falls nur der ganze Akt rechtlich für und gegen den anderen wirksam ist, was sich nach § 164 regelt (RG 50, 51; a. A. Staudinger IV 2b und die dort aufgeführten Schriftsteller). — Vorstehende Grundsätze gelten ins­ besondere auch hinsichtlich der Unterzeichnung von Wechseln durch Dritte (RG 50, 51; Warn 08, 596). — Sondervorschrift des § 2231 beim eigenhändigen Testamente, wonach der Erblasser die Erklärung auch eigenhändig zu schreiben hat. 8. Der Name deS Erklärenden (oder gegebenenfalls des Vertretenen, A 2), und zwar der volle Familienname, ist zu unterzeichnen, im Falle des $ 17 HGB die Firma. Gleichgestellt der Unterzeichnung des Namens ist die Unterzeichnung mittelst beglaubigter Handzeichen. Die Frage, ob die Unterzeichnung mit einem „angenommenen Namen", Pseudonym, genügt, wird schon aus Zweckmäßigkeitsgründen zu bejahen sein (vgl. hierüber Staudinger zu § 12 A II 2b). Voraussetzung ist indessen unbedingt, daß das Pseudonym über die in Betracht kommende Persönlichkeit keinen Zweifel läßt. — Das Vorhandensein einer „Unterschrift" setzt nur voraus, daß sie bei der (fertigen) Urkunde unterhalb des Textes steht. Nötig ist es dagegen im allgemeinen nicht, daß sie erst unter den bereits fertigen Text gesetzt wurde. Es genügt daher in der Regel auch die sog. Blankounterschrift, sodaß derjenige, der eine „Unterschrift" als seine Namensunterschrift anerkennt, gegebenenfalls beweisen muß, daß er die Unterschrift nicht zum Zwecke der Verpflichtung gegeben habe, oder, daß der Text ohne oder gegen seinen Willen darüber gesetzt sei, oder daß die Urkunde nicht seine Erklärung ent­ halte (RG 57, 66; 58, 169; 60, 408; 63, 234; 71, 116; a. A. Staudinger IV 1 und die dort aufgeführten Schriftsteller). — Unwirksam ist die Abtretung einer Hypothek oder Grundschuld an eine unbekannte Person, und eine nachträgliche Ausfüllung einer Blankoabtretungserklärung ist jedenfalls da unwirksam, wo die Schriftform allein oder in Verbindung mit einer anderen Tatsache unmittelbar einen dinglichen Rechtsübergang zur Folge hat (RG 63, 234 ff ). — Die Unterzeichnung muß Hand schri ftlich geschehen und kann durch eine in welcher Art auch immer hergestellte Nachbildung nicht ersetzt werden (RG IW 00/469). Ob der Unterzeichner außer seinem Namen noch etwas anderes schreiben oder lesen kann, ob er ferner der in der Urkunde gewählten Sprache kundig ist oder nicht, darauf kommt es nicht an (RG 17. 2. 00 I 458/99.) 4. Bei Verträgen muß, falls nur eine Urkunde vorhanden, die Unterzeichnung auf der nämlichen Urkunde erfolgen; bei Vorhandensein mehrerer BertragSnrkunden genügt eS für das Formerfordernis, wenn jeder Teil das für den andern bestimmte unterzeichnet. Das Zustandekommen des Vertrags ist hier aber noch davon abhängig, ob die Erklärung schon mit der Unterzeichnung als verpflichtend abgegeben anzusehen ist (§ 130 A 3). Denn schrift­ lich erteilt ist die Erklärung keineswegs schon mit der Unterzeichnung des Schriftstückes. Auch unter Anwesenden ist die Überreichung des Schriftstückes für die Begründung der Verpflich­ tung an sich erforderlich (RG 61, 415). Vgl. dazu noch § 130 A 3. — Die einseitige Be­ stätigung eines Vertragsverhältnisses genügt nicht zur Wahrung der Schriftform. Sie wird auch nicht durch Auswechselung von Briefen gewahrt (RG 59, 245), auch dadurch nicht, daß der andere den Empfang des Bestätigungsschreibens bescheinigt (RG 15. 2. 07 III 361/06). Ander- int Falle des $ 127. L. Vgl. $ 128. 6. Über die Beweiskraft einer Urkunde vgl. $ 416 ZPO. 7. Über die Haftung desjenigen, der schuldhaft das Zustandekommen der Schriftform hindert vgl. § 125 A 3 a. E. "

Willenserklärung

§§ 126—128

115

§ 127 Die Vorschriften des § 126 gelten im Zweifel auch für die durch Rechts­ geschäft bestimmte schriftliche Form'). Zur Wahrung der Form genügt jedoch, soweit nicht ein anderer Wille anznnehmen ist, telegraphische Übermittelung und -ei einem Vertrage Briefwechsel?); wird eine solche Form gewählt, so kann nachträglich eine dem § 126 entsprechende Beurkundung verlangt werdens. EI 92 916 f 2, 93, 94 Abs 2 II 106 M 1, 185, 187 P 1, 90, 92 ff., 99 ff.; 6, 130 ff.

1. Danach besteht eine Vermutung dafür, daß auch im Falle rechtsgeschäftlich vor­ gesehener Schriftsorm die Grundsätze des § 126 Anwendung finden sollen. Die Vermutung ist beseitigt, falls die Parteien etwas anderes bestimmen, und es gilt alsdann nicht die Form­ vorschrift des § 126, sondern das Vereinbarte. Wer solche abweichende Abmachungen behauptet, hat für sie die B e w e i s l a st. 2. Das Gesetz sieht hier zwei Erleichterungen vor, und zwar wiederum nur für den Fall, daß aus den etwaigen Parteiabreden nicht ein anderer Wille zu entnehmen ist. Es läßt nämlich zur Wahrung der Schriftform auch zu: a) telegraphische Übermittlung; b) bet einem Vertrage Briefwechsel. Das aufgegebene Telegramm braucht die Formvorschrift des § 126 nicht zu erfüllen; denn das Gesetz setzt nur die „Übermittlung einer Erklärung" voraus. Daher ist insbesondere die Abgabe der Namensunterschrift auf dem aufgegebenen Telegramme nicht erforderlich. Beim Briefwechsel handelt es sich um den Austausch von schriftlichen Erklärungen, und daher liegt hier kein Grund vor, von dem Erfordernisse der Unterschrift gleichfalls abzusehen (a. M. Staudinger A 2b). Die Zulassung des Briefwechsels als einer Form des schriftlichen Vertragsschlusses will doch eine Abweichung vom Regelfälle offenbar nur insoweit geben, als nicht wie im Falle des § 126 Abs 2 Unterzeichnung beider Teile auf derselben Urkunde oder wechselseitige Unterzeichnung der mehreren Urkunden verlangt wird. Daß das Gesetz die Formfreiheit im gegebenen Falle noch weiter begünstigen wolle, findet dagegen in der vorliegenden Bestimmung keine Stütze. 3. Die nachträgliche Beurkundung, in der Form des § 126, dient nur noch dem Be­ weiszwecke. Da beim Briefwechsel jeder Teil der Empfänger ist, kann auch jeder Teil die Beurkundung verlangen.

8 128 Ist durch Gesetz gerichtliche oder notarielle Beurkundung eines Vertrags vorgeschrieben'), so genügt es, wenn zunächst der Antrag «nd sodann die An­ nahme deS Antrags von einem Gericht oder einem Notar beurkundet wird *)3)4). E II 106a, M 1, 186 ff.; 8, 814; 4, 811 ff., 972; 5, 316 P S, 443 ff.

1. Diese Bestimmung hat ausdrücklich nur den Fall vor Augen, daß gerichtliche oder notarielle Beurkundung (nicht Beglaubigung) eines Vertrages erforderlich ist, und daß dieses Formerfordernis auf gesetzlicher Vorschrift beruht. Das trifft zu bei den Fällen der §§ 311, 312, 313, 518, 1491, 1492, 1501, 1516 ff., 1730, 1748, 2033, 2282, 2291, 2296, 2348, 2351, 2352, 2371, 2385. In den Fällen der §§ 925, 1015, 1434, 1750, 1770, 2276, 2290 ist gleich­ zeitige Beurkundung vorgeschrieben (vgl. auch § 182 HGB). 2. Als Erleichterung sieht das Gesetz die „sukzessive Beurkundung" vor. Erforderlich für das Zustandekommen des Vertrages ist hier also grundsätzlich weder, daß die Beurkundung in Gegenwart beider Teile geschieht, oder daß ihre beiderseitigen Erklärungen im Zusammen­ hänge (simultan) beurkundet werden, noch daß sie wechselseitig ausgetauscht werden. Der Vertrag kommt im Falle des § 128 vielmehr zustande schon durch Beurkundung der An­ nahme. Erforderlich ist auch nicht, daß die notarielle Urkunde über das Angebot bereits durch die Unterschrift des Notars vollzogen und so sertiggestellt ist, bevor die von dem Antragenden unterschriebene Erklärung dem andern Teile zugeht; daher ist die Form des § 128 auch dann gewahrt, wenn der Notar die beiderseitigen Erklärungen der beiden Vertragsparteien ohne glei chzeitige Anwesenheit derselben in nur einem Protokolle nacheinander ausnimmt und das Protokoll erst demnächst vollzieht (RG 69, 130 betreffs eines Erbverzichtsvertrages; IW 09, 272 betreffs eines Grundstücksveräußerungsvertrages). Selbstverständliche Voraussetzung ist stets, daß die beiderseitigen Erklärungen einander entsprechen, „kongruent sind" (RG 52,433), und daß die eine von ihnen als Antrag, die andere als Annahme aufgefaßt werden kann (RG JW 09, 139). Der Regelfall des $ 128 liegt dann nicht vor, wenn eine Frist für die Annahme gesetzt worden ist. Denn die Frist kann nur gewahrt sein, wenn die Annahmeerklärung dem Antragenden fristgerecht so zugegangen, daß er über die Entschließung des anderen rechtzeitig unterrichtet worden ist (RÄ 6.12. 02 V 297/02 und RP 49, 127 ff.). — Bedarf allein das Versprechen der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung wie bei der Schenkung ($ 518), so genügt die Beurkundung dieser Erklärung.

Mgemeiner Teil

116

Rechtsgeschäfte

S. Die Zuständigkeit und das Verfahren bei öffentlichen Beurkundungen regeln sich nach den §§ 167 ff. FGG. Der Art 141 EG macht einen Vorbehalt für die Landesgesetzgebung dahin, daß sie nur die Gerichte oder nur die Notare für zuständig erklären kann. Nach Art 142 EG bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, wonach in den Fällen der §§ 313, 873 Abs 2 zur Beurkundung des Vertrages und der Einigung auch andere Behörden und Beamte als das Gericht und der Notar zuständig sind, unberührt. Zutreffendenfalls findet § 128 auch hier Anwendung (RG 68, 393). — Über die einzelnen Landesgesetze vgl. Staudinger A 5 zu § 128. 4. Der $ 128 umfaßt an und für sich nicht den Fall der rechtsgeschäftlich bedungenen gerichtlichen oder notariellen Beurkundung. Nach richtiger Ansicht wird indessen im Zweifel auch hier, entsprechend der Auslegungsregel in 1127 anzunehmen sein, daß die Parteien die Befolgung der in § 128 gegebenen Vorschrift gewollt haben.

8 129 Ist durch Gesetz für eine Erklärung öffentliche Beglaubigung vor­ geschrieben, fo mutz die Erklärung schriftlich abgesatzt und die Unterschrift des Erklärenden von der zuständigen Behörde oder einem inständigen Be­ amten oder Notar beglaubigt werdens. Wird die Erklärung von dem Aus­ steller mittels Handzeichens «nterzeichnet, so ist die im § 126 Abs. 1 vor­ geschriebene Beglaubigung des Handzeichens erforderlich und geitiigenb1)2). Die öffentliche Beglaubigung wird durch die gerichtliche oder notarielle Benrknndnng der Erklärung ersetzt2). E II 125 P 6, 180 ff.

1. öffentliche Beglaubigung. Gegenstand der Beglaubigung ist allein die NamensUnterschrift oder die Unterzeichnung mittels Handzeichens. Die Beglaubigung umfaßt daher nicht auch die urkundliche Erklärung. Die Eigenschaft als öffentliche Ur­ kunde im Sinne des $ 415 ZPO hat mithin auch nur der Beglaubigungsvermerk, nicht aber auch die Urkunde im übrigen. Da nur die „Unterschrift" oder die „Unterzeichnung" zu beglaubigen ist, so bildet auch die BlankettUnterschrift eine genügende Grundlage für die Beglaubigung. Denn nach § 183 Abs 2 FGG erfolgt die Beglaubigung durch einen unter die Unterschrift zu setzenden Vermerk, und eine beglaubigte Unterschrift ist als solche auch dann vorhanden, wenn der Text der Urkunde erst nach der Beglaubigung der Unterschrift über diese gesetzt wurde. Die Beglaubigung hat endlich auch allein den Zweck, öffentlichen Glauben für die Echtheit der Unterschrift zu erbringen. Zu bescheinigen, welche Erklärung der Unterschreibende hat abgeben wollen, liegt dagegen außerhalb der Aufgabe des Beglaubigungsvermerkes (vgl. über die entgegengesetzten Ansichten Staudinger A 3). L. Fälle, in denen das Gesetz öffentliche Beglaubigung unbedingt verlangt, enthalten beispielsweise die $$ 77, 371, 403, 411, 1035, 1342. In anderen Fällen braucht die Be­ glaubigung nur auf „Verlangen" zu geschehen (§§ 1154, 1528, 2121 Abs 1, 2215 Abs 2). Die Zuständigkeit und das Verfahren bei der Beglaubigung bestimmen sich nach den §§ 167, 183, 184 FGG. Nach § 191 a. a. O. bleibt es den Landesgesetzen Vorbehalten, auch andere Behörden oder Beamte als zuständig zu erklären. 8. Dgl. $ 128 Nr 3.

§ 130 *)Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzngeven ist, wird, wenn fie in desfen Abwesenheit2) abgegeben wird, in dem Zeitpunkte wirksam, in welchem fie ihm zugeht2). Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht'). Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einflutz, wenn -er Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird'). Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willens­ erklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist'). 8 I, 74 II 107 M 1, 166 ff. P. 1 68 ff., 830 ff; 4, 131 ff.

1. Der § 130 hat empfangsbedürftige Willenserklärungen (Vordem 1 vor § 116) im Auge und will die Frage — aber auch nur sie — beantworten, in welchem Zeitpunkte solche, und zwar in Abwesenheit des Gegners (Adressaten) abgegebene Erklärungen „wirksam werden". Möglich ist dabei, daß sich der Erklärende zur Übermittlung seiner Erklärung an den abwesenden Gegner entweder einer Mittelsperson oder eines Schriftstückes bedient hat.

Willenserklärung

§§ 128—130

117

2. Erst der Zeitpunkt des ZugehenS ist danach für die Wirksamkeit entscheidend und nicht schon derjenige der „Abgabe" der Willenserklärung. Das Gesetz lehnt damit die „Äußcrungstheorie" ab und folgt der „Empfangstheorie". Da ferner aber zum Begriffe des „Zu­ gehens" einer Erklärung nicht auch gehört, daß der Adressat sie vernommen^ hat, so ist zu­ gleich auch die „Bernehmungstheorie" verworfen. — Bon praktischer Wichtigkeit ist der B egriff des „Z u g e h e n s". Nach dem zugrunde liegenden Rechtsgedanken ist die Anforderung des Gesetzes erfüllt, wenn die Erklärung derartig in den Bereich deS Erklärungsgegners gelangt ist, daß es ausschließlich an ihm lag, ob er sie „vernehmen" — kennen lernen — wollte oder nicht (RG 50, 191). Demgemäß ist insbesondere eine briefliche Er­ klärung zugegangen schon durch die Ausfolgung deS Briefes an den Adressaten, während es gleichgültig ist, ob dieser von seinem Inhalte alsdann auch Kenntnis nimmt (RG 24.6.05 V 640/04). Eine billige Rücksichtnahme auf den Erklärenden und auf die Sicherheit des Ver­ kehrs nötigen zu der weiteren Auffassung, daß es auch schon genügt, wenn die schriftliche Erklärung dem andern in der Art zugänglich gemacht wurde, daß er zu ihrer Empfangnahme nach den von ihm im allgemeinen getroffenen Einrichtungen instand gesetzt worden war, gleichviel ob er das Schriftstück demnächst auch nur in Empfang genommen hat oder nicht. Das wird beispielsweise zutreffen, wenn der Brief in einen an der Wohnung angebrachten Briefkasten hineingelegt war, oder wenn der Brief mit der Post befördert worden ist und der Adressat nach seiner Abmachung mit der Aus­ gabestelle seine Postsachen abzuholen hat. Unter solchen Umständen wird der Zeitpunkt entscheidend sein, in dem die lagernden Postsachen gewöhnlich abgeholt zu werden pflegen. Falls sich der Erklärende einer Mittelsperson bedient, wird es in der Regel auSreichen, wenn die Erklärung an einen Hausgenossen des ErklärungSgegnerS mündlich zur weiteren Bestellung abgegeben wurde (RG 60, 334; 61, 125). Desgleichen wenn ein Brief im Kontor eines Kaufmanns an einen Angestellten, oder im Bureau eines Rechtsanwalts an einen Schreiber avgeliefert toiiTbe (RG 19. 3. 08 V 343/07). Voraussetzung für die An­ wendbarkeit aller jener Grundsätze ist jedoch stets, daß der Erklärende bei der Wahl des Mittels die im Verkehr übliche und der Sache nach gebotene Sorgfalt angewendet hat. So wird er im Falle mündlicher Bestellung an eine Mittelsperson, in welchem Falle die Gefahr unrichtiger oder verabsäumter Bestellung erfahrungsgemäß besteht und jedenfalls in höherem Maße besteht, als wenn es sich um die Bestellung eines Briefes handelt, zu prüfen haben, ob die MitteÜperson geeignet und fähig ist, die Erklärung pünktlich und richtig weiterzugeben. Ist indessen diesem Erfordernisse entsprochen, dann muß die Erklärung dem andern selbst dann als zugegangen gelten, wenn die Bestellung an ihn wider Erwarten unterblieben ist. Hat sich der Erklärende dagegen einer ungeeigneten Persönlichkeit als Mittelsperson bedient, dann ist im vorausgesetzten Falle die Erklärung nur im Falle wirklich ausgeführter richtiger Bestellung gegangen (RG 60, 336). Bei brieflicher Erklärung genügt dagegen der Regel nach, daß der Brief in die Wohnung des Adressaten gelangt und hier an einen Familienangehörigen oder an einen Dienstboten abgeliefert worden ist (vgl. die angezogene Entscheidung Bd. 60). Überhaupt ist es feststehender Grundsatz, daß ein Brief zugegangen ist, sobald er in verkehrsüblicher Art in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Adressaten oder eines anderen gelangt ist, der ihn bei der Empfangnahme von Briefen vertreten konnte (RG 50, 191; 56, 262 ; 58, 406). Insbesondere gilt das bei der postalischen Bestellung. Eine solche ist indessen nicht erfolgt, wenn der Postbote den Brief — etwa einen eingeschriebenen — zwar vorzeigt, aber nicht auShändigt (RG 56, 262). Grundsätzlich ist endlich nur von den gewöhnlichen Ver­ hältnissen auSzugehen, unter denen der Erklärungsgegner die Erklärung wirklich hätte vernehmen oder in Empfang nehmen können. Falls er lediglich wegen Abwesenheit (Ferienreise) oder durch Krankheit an Vernehmung der Erklärung gehindert wurde, oder fall- er die Kenntnisnahme geflissentlich gehindert hat, wird die Erklärung unter den erörterten Voraussetzungen dennoch als ihm rechtzeitig zugegangen anzusehen sein (RG 60, 336; 58, 406). Freilich darf anderseits auch der Erklärende nicht darauf ausgehen, die Abwesenheit oder die WrhrnehmungSunfähigkeit des anderen zu benutzen. — Der Begriff des Zugehens ist ein Rechtsbegriff, und daher ist die Eideszuschiebung hier unzulässig (RG Warn 09, 271). S. Wiewohl der § 130 ausdrücklich nur von den unter Abwesenden erfolgenden Evklärurrgen spricht, ist Satz 1 entsprechend auch bei Erklärungen unter Anwesenden verwendbar. Eine schriftliche Erklärung insbesondere ist auch unter Anwesenden erst „ab­ gegeben" durch ihre Überreichung, und wirksam erst geworden in dem Zeitpunkte, in welchem sie ihm „zuging", regelmäßig also erst in demjenigen, in dem der andere das ihm angeborene Schriftstück tatsächlich in seine Verfügungsgewalt gebracht hat (RG 61, 415). Hätte indessen der andere die Empfangnahme des dargebotenen Schriftstücks geflissentlich unterlassen, um da- WiÄksamwerden der Erklärung zu hindern, dann müßte die Erklärung auch hier als recht­ zeitig zugegangen gelten (vgl. oben RG 60, 336). Im Verkehre mittels eines Fern­ sprechers ist nur die „von Person zu Person", d. h. seitens des Erklärenden unmittelbar dem

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Allgemeiner Teil

Rechtsgeschäfte

Adressaten gegenüber erfolgende Erklärung eine solche unter Anwesenden. Andernfalls handelt es sich um eine Erklärung unter Abwesenden durch eine Mittelsperson (RG 61, 126). 4. Durch rechtzeitigen Widerruf beseitigt der Erklärende schon die „Abgabe" der Er-klärung, und rechtlich möglich ist für ihn dieser Erfolg um deswillen, weil bis zum Wirksamwerden seiner Erklärung seine Bindung noch nicht eingetreten ist sz 145 A2). 5. Diese Bestimmung will nur die Annahme ausschließen, als machten die bezeich­ neten Vorgänge, Tod oder Eintritt der Geschäftsunfähigkeit, bezw. beschränkter Geschäfts­ fähigkeit des Erklärenden nach Abgabe der Erklärung diese wirkungslos. Sie bezweckt da­ gegen nicht dem Erben oder dem gesetzlichen Vertreter des Erklärenden das ihnen nach all­ gemeinen Rechtsgrundsätzen zustehende Recht des Widerrufs zu nehmen. Anderseits besagt die Vorschrift auch nicht, daß die Erklärung unter den gegebenen Voraussetzungen wirksam werde auch ohne ihren Zugangs oder etwa daß ein Bertragsantrag nicht der Annahme bedürfe (RG 64, 246). 6. Abs 3 macht die Grundsätze des Abs 1 und 2 anwendbar für alle Fälle, in denen eine Behörde tatsächlich als der ErklärungSempfänger in Betracht kommt, mag es sich um eine empfangsbedürftige Erklärung gehandelt haben (vgl. $$ 875, 876, 880 u. a.) oder nicht (§§ 376, 928, 976 u. a.). Das Gericht kann bei einem Bertragsschlusse, der durch seine Vermittlung zustande kommt (Erbesauseinandersetzung), für die Empfangnahme der Er­ klärungen der Abwesenden auch als Vertreter aufgefaßt werden (RG Warn 08, 188).

§ 131 Wird die Willenserklärung einem Geschäftsunfähigen gegenüber ab­ gegeben, so wird sie nicht wirksam, bevor sie dem gesetzlichen Vertreter zu­ geht-). Das Gleiche gilt, wenn die Willenserklärung einer in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person gegenüber abgegeben wird'). Bringt die Er­ klärung jedoch der in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person lediglich einen rechtlichen Vorteil oder hat der gesetzliche Vertreter seine Einwilligung erteilt, so wird die Erklärung in dem Zeitpunkte wirksam, in welchem sie ihr zugeht-)-). E I 66 II 107 M 1, 139 ff. P 1, 62 ff., 71 ff.; 6, 132 ff.

1. Ein Geschäftsunfähiger oder ein beschränkt Geschäftsfähiger (§§ 104, 106, 114) vermag abgegebene Willenserklärungen nicht mit der Wirksamkeit entgegenzunehmen, daß sie als „zugegangen" (§ 130 A 1) gellen könnten. Daß auch die Abgabe der Erklärung wirksam nur gegenüber dem Vertreter erfolgen kann, folgt aus den allgemeinen Grundsätzen. 2. Diese Ausnahme findet ihre rechtliche Grundlage in den §§ 107 und 183. 8. Falls sich der Erklärungsempfänger nur im Zustande der Bewußtlosigkeit oder vorübergehender Geistesstörung befindet (§ 105 Abs 2), greift § 131 nicht Platz, da solche Personen nicht zu den Geschäftsunfähigen gehören. Grundsätzlich kann mithin solchen Personen eine Willenserklärung mit Rechtswirksamkeit zugehen. Man wird aber im allgemeinen annehmen müssen, daß eine Willenserklärung, die wissentlich einem Bewußtlosen gegen­ über mündlich abgegeben wird, rechtlich nicht als abgegeben gelten darf, da der Erklärende gar nicht damit rechnen kann, daß seine Erklärung dem andern zugehe. Anders ist die Sach­ lage bei schriftlichen Erklärungen, da solche zur Verfügung des Adressaten verbleiben und dieser von ihrem Inhalte nach Wiedererlangung des Bewußtseins Kenntnis nehmen kann.

8 132 Eine Willenserklärung gilt auch dann alS zugegangen, wenn fie durch Bermittelung eines Gerichtsvollziehers zugestellt worden ist1). Die Zustellung erfolgt nach den Vorfchriften der Zivilprozeßordnung2). Befindet fich der Erklärende über die Perfon desjenigen, welchem gegen­ über die Erklärung abzugeben ist, in einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Unkenntnis oder ist der Aufenthalt dieser Perfon unbekannt, so kann die Zu­ stellung nach den für die öffentliche Zustellung einer Ladung geltenden Vor­ schriften der Zivilprozeßordnung erfolgen1). Zuständig für die Bewilligung ist im ersteren Falle das Amtsgericht, in desfen Bezirke der Erklärende seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufent-

Willenserklärung

§§ 130—133

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hatt hat, im letzteren Falle daS Amtsgericht, in dessen Bezirke die Person, welcher zuzustellen ist, den letzten Wohnsitz oder in Ermangelung eines in­ ländischen Wohnsitzes den letzten Ausenthalt hattet. E I 75, 76 II 108 M 1, 160 ff. P 1, 73 ff.

1. Der § 132 gibt ein praktisch bedeutsames, sachlich vollwertiges Ersatzmittel für den Zugang einer Willenserklärung in der Zustellung. Das Gesetz drückt sich zwar nur dahin aus, daß eine Willenserklärung „auch dann als zugegangen gelte", wenn sie zugestellt werde. Der dahinter liegende eigentliche Rechtsgedanke ist aber der, daß eine abgegebene Willenserklärung auch dann wirksam wird, wenn sie, ohne daß es auf ihr Zugehen ankommt, zugestellt worden ist (vgl. die §$ 181, 182 ZPO). Der Zeitpunkt der Zustellung ist solchen Falles auch der des Wirksamwerdens der Erklärung. Dabei dient die Zustellung durch Vermittlung eines Gerichtsvollziehers als allgemeines, ausnahmslos verwendbares Ersatzmittel, die öffentliche Zustellung dagegen nur als ein ausnahmsweise gültiges (§§ 203 f. ZPO; R® Gruch 45, 1025; § 176 ZPO). Zu bewilligen hat die öffentliche Zu­ stellung in diesen Fällen das Amtsgericht (Abs 2 Satz 2). 2. Das Verfahren der Zustellung richtet sich in beiden Fällen nach den einschlägigen Vorschriften der ZPO, wonach sich zugleich auch der Zeitpunkt der bewirkten Zustellung be­ stimmt. Vgl. für den Regelfall die §§ 167, 169 bis 173, 180 bis 184, 186 bis 191, 193 bis 196, 199, für den Ausnahmefall die §§ 204 bis 207 ZPO. — Nicht zugelassen ist in Abs 1 die Zu­ stellung durch Vermittelung eines Gerichtsschreibers (§ 196), und ebensowenig die Zustellung durch Aufgabe zur Post (§§ 192. 175 ZPO).

8 133 Bei der Auslegung') einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu hastens3). E I 75 II «> M 1. 154 ff. P 1, 68.

1. Aufgabe der Auslegung einer Willenserklärung ist es, deren Inhalt und Trag­ weite so festzüstellen, daß kein Zweifel mehr besteht. Dabei ist so erschöpfend zu verfahren, daß im Falle schriftlicher Erklärungen auch für die sonst regelmäßig geltende Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Bertragsurkunde kein Raum übrig bleibt (RG 62, 49; 7. 2. 07 VI 290/06; vgl. auch § 125 A 6). An sich ist die Auslegung Sache des Richters. Er hat sich ihr von Amts wegen zu unterziehen, während die Partei nur befugt ist, dem Richter durch Behauptung bestimmter Tatsachen eine Grundlage für die Auslegung zu schaffen. In diesem Umfange liegt ihr auch die Beweislast ob (RG 13. 2. 06 V 243/05; 19. 3. 08 V 242/07). In der Natur der Sache beruht es im übrigen, daß für eine auslegende Tätigkeit überhaupt nur da Raum ist, wo über den Inhalt einer Willenserklärung Unklarheit besteht. Not­ wendige Voraussetzung für die Zulässigkeit der Auslegung ist mi th in die Auslegungssähigkeit der Willenserklärung. Sie. fehlt, wenn der Wortlaut der Erklärung so klar ist, daß eine andere Deutung mit ihr in Widerspruch stünde (RG 6. 4. 05 IV 494/04; Warn 09, 140). Die Auslegung kann nicht dazu benutzt werden, um an die Stelle des vor­ handenen erklärten Willens, wenn dieser auf Irrtum beruht hatte, einen anderen Willen unterzuschieben, insbesondere nicht bei einer letziwilligen Verfügung dazu, das als verfügt anzusehen, was der Erblasser erklärt haben würde, wenn sein Wille nicht von einem Irr­ tume beeinflußt gewesen wäre; unter diesen Umständen kann nur die Anfechtung wegen Irrtums in Frage kommen (8t® 70, 391; — der Erblasser hatte infolge Irrtums über den Kreis der „gesetzlichen Erben" seine gesetzlichen Erben eingesetzt. Vgl. auch $ 119 A 4). Die Auslegungsfähigkeit fehlt aber auch dann, wenn die Parteien über die Bedeutung einer Erklärung einverstanden sind (8t® SeuffA 62, 133), oder wenn einer Partei der Beweis gelingt (8t® 23. 2. 06 VII 265/05), daß über jene Bedeutung Einverständnis geherrscht hat; beides freilich nur unter der Voraussetzung, daß sich die Deutung der Parteien mit dem Wortlaute der Erklärung noch in Einklang bringen läßt; denn niemals darf ihre Deutung zu einer Umdeutung führen (R® 27.10. 06 I 22/06; 11. 3. 07 VI 264/06). Die Auslegung hat ihren Platz auf dem ganzen Rechtsgebiete, und zwar nicht nur bei eigentlichen rechts­ geschäftlichen Erklärungen, sondern auch bei sonstigen Rechtshandlungen, insbesondere aber auch auf dem Gebiete des Liegenschastsrechtes (8t® 52, 411), bei Sirasklauseln (8t® 7.1.03 I 269/02), auch bei formbedürftigen Rechtsgeschäften (8t® 59, 219; 62, 172 ff.; 71, 115, betreffend den Bürgschaftsvertrag gemäß $ 766; IW 08, 500), und bei letziwilligen Ver­ fügungen (8t® 13. 2. 06 VII 243/05; 70, 391). Endlich auch bei Formvorschristen (8t® 73, 74). 2. Ziel der Auslegung ist die Erforschung des wirklichen Willens. Ihr Gegenstand zunächst kann nur die abgegebene Erklärung sein. Die Auslegung hat sich also

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Allgemeiner Teil

Rechtsgeschäfte

darauf zu beschränken, sestzustellen, welchen Inhalt und welche Bedeutung die wirklich ab­ gegebene Erklärung hat, und darf niemals etwa- als gewollt unterstellen, was überhaupt nicht erklärt worden ist. Innere unausgesprochen gebliebene Absichten sind grundsätzlich (§116) ungeeignet, die ausgesprochene Erklärung zu beseitigen oder an ihre Stelle gesetzt zu werden (RG Gruch 64, 387). Soweit ferner die Partei behauptet, zufolge Irrtums etwaerklärt zu haben, was sie nicht wahrhaft gewollt habe, oder behauptet, sich in der Erklärungs­ form vergriffen zu haben, ist das Gebiet der Anfechtung eröffnet (§§ 119,121; RG 70, 393). Grundsätzlich kommt mithin dem Wortlaute einer Willenserklärung auch insoweit eine wesent­ liche Beoeutung bei der Auslegung zu, als er der Auslegungsfreiheit die Grenze setzt (RG 6. 4. 05 IV 494/04; 18.11. 05 V 109/05; 27.11. 07 V 127/07; vor allem RG 68, 127; vgl. auch RG IW 10, 60 und 105). Innerhalb dieser Grenzlinie soll nun aber der Richter mit möglichster Freiheit walten dürfen, und daher ist es ihm auch ausdrücklich erlassen, zugleich aber auch untersagt worden, am buchstäblichen Sinne zu haften. Denn das der Auslegung ist eben die Feststellung des wirklichen Willens. Der Richter darf deshalb nicht die einzelnen Ausdrücke und Wendungen pressen, sondern muß die vorliegenden Erklärungen In ihrer Gesamtheit ins Auge fassen (RG IW 09, 190) und erwägen, welchen Sinn die zweifelhafte Stelle nach dem ganzen Zusammenhänge hat. Er muß ferner den verfolgten wirtschaftlichen Zweck des Geschäfts beachten (RG IW 08, 544), die begleitenden Umstände in Betracht ziehen (RG IW 10, 72) und hierbei gegebenenfalls auch die gepflogenen Vor­ verhandlungen berücksichtigen (außer den zuvor angezogenen Urteilen auch RG 71, 223; 29. 4. 04 VII 492/03; 15.12. 05 III 371/05; 7. 7. 06 V 605/05; 27.10.07 V 541/06). Es entscheidet der erklärte Wille. Aber erklärt ist auch das, was sich als selbstverständliche Folge aus dem ganzen Zusammenhänge der getroffenen Abreden darstellt (RG Gruch 54,387). Die Auslegung darf daher keine abstrakte, von der konkreten Sachlage, von allen tatsächlichen Umständen und vom Willen der Parteien absehende sein (RG IW 08, 476; 09, 387). Ist beispielsweise in einem Versicherungsverträge bestimmt, daß die Zahlung an die „Erben" erfolgen solle, so ist es Auslegungssache, zu ermitteln, ob die als Erben Berufenen oder die tatsächlich Erben Werdenden gemeint sind (RG SeuffA 64, 258). Der Richter wird sich endlich vergegenwärtigen müssen, daß die Parteien keine Juristen sind, und hat ihren Sprachgebrauch zugrunde zu legen (RG 24.11. 07 III 28/07). Auch besteht keine Vermutung, daß die Parteien die Gesetze kennen («G 13.10. 03 II 83/03). Enthält das erklärte Rechtsgeschäft alle Merk­ male eines MietverhältnisseS, so ist ein solches begründet worden, selbst wenn die Parteien sich dessen nicht bewußt gewesen sind und demzufolge eine juristisch unzutreffende Bezeich­ nung gewählt haben (RG 30. 3. 06 VII 343/05). Haben etwa die Parteien erwiesenermaßen die Verpfändung einer Hypothek beabsichtigt, als verpfändet aber die Hhpothekenurkunde bezeichnet, so wird trotzdem die Hypothek selbst als verpfändet gelten müssen (vgl. RG Warn 09, 181). Auch bei der Auslegung eine- Testamentes ist davon auszugehen, daß der Wille deS Erblassers nicht ausdrücklich erklärt 311 sein braucht, daß er aber in der Gesamtheit der letztwilligen Verfügungen einen wenn noch so unvollkommenen Ausdruck gefunden haben muß (RG 26.11. 06 IV 212/06). — Besondere Auslegungsregeln gibt das Gesetz nicht; insbesondere besagt es nicht, daß unter gewissen Voraussetzungen gegen eine der Parteien (RG 53, 60), insbesondere gegen die, der ein Recht eingeräumt worden (RG 16.10. 07 IV 65/07), und ebensowenig, daß unter besonderen Voraussetzungen einschrän­ kend auszulegen sei. AuS Gründen, die in der Sache selbst liegen, wird jedoch eine ein­ schränkende Auslegung am Platze sein bei einem vertraglich abgemachten Strafgedinge (RG 22.1.04 11 619/03), insbesondere bei Zusagen, welche die wirtschaftliche Bewegungsfrei, heit im wesentlichen einschränken (RG 16. 2. 00 III 336/99); ferner im Falle der Bestellung eine- dinglich beschränkten Recht- am Grundstücke, wonach nicht anzunehmen ist, daß der Besteller sich auch persönlich hat verpflichten wollen (RG 13. 3. 07 V 315/06). Denn es kann al- allgemeiner Recht-grundsatz gelten, daß niemand sich zu mehr hat verpflichten wollen, al- er versprochen hat. Wegen der streng formalen Bedeutung und Wirkung des Grundbuch­ rechtes ist auch eine au-dehnende Auslegung über den Wortlaut einer Vormerkung unzu­ lässig (RG 10. 2. 04 V 337/03). Anderseits aber gibt das Gesetz in einer Reihe von Sonder­ fällen bei diesen je eigene Auslegungsregeln (vgl. §§ 186, 336, 494, 2066, 2072); insbesondere gehören hierher diejenigen Fälle, in denen das Gesetz besagt, was im Zweifelsfalle gellen solle, wie beispielsweise in den §§ 314, 926, 1031, 1032, 30, 714. 3. Revisibilität. Die Frage, inwieweit die Revision auf die Behauptung unrichtiger Auslegung gestützt werden kann ($ 549 ZPO), ist zweifelhaft, und es haben jeweils auch die einzelnen Senate des RG eine verschiedene Stellung zu ihr eingenommen (vgl. GauppStein, § 649 N 47, 62, 55). Auszugehen ist davon, daß zwar das Ziel der Auslegung die Feststellung von Tatsachen ist, daß jedoch das Verfahren bei der Auslegung auch die Anwendung von Rechtsgrundsätzen erheischt, und daß daher insoweit eine Gesetzesverletzung allerdings möglich ist. Die Revision kann insbesondere auf die Behauptung gestützt werden, daß eine Erllärung ausgelegt worden, die überhaupt nicht auSlegnngsfähig war, oder daß der Richter

Willenserklärung

§§ 133, 134

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den Auslegungsgegenstand verkannt, oder daß er die Grenzen der Auslegung überschritten hat, oder daß er bei der Auslegung von der Partei behauptete wesentliche Tatsachen nicht berück­ sichtigt hat, oder Tatsachen anderseits verwertet hat, die nicht Gegenstand der Verhandlung waren (RG 17.2. 07 V 349/06). Ob ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegt, ist keine reine Tatfrage, sondern auch Rechtsfrage (RG IW 06, 457). Revisibilität besteht dann, wenn Auslegungsgrundsätze verletzt sind (RG IW 09, 170); wenn der Auslegung eine rechtlich nicht zutreffende Auffassung zugrunde liegt (RG 71, 223).

§ 134 Ein Rechtsgeschäft, daS gegen ein gesetzliches VerbotT) verstößt, ist nichtig2), wenn sich nicht auS dem Gesetz ein anderes ergibt2)*). @ ! 105 II 100 an 1, 210 ff. P 1, 122 ff.

1. Rechtsgeschäfte, die gegen ein Berbotsgesetz verstoßen, sind nichtig. Grund hierfür der Satz: jus publicum privatorum pactis mutari non potest. Ob ein Rechtsgeschäft un­ mittelbar gegen den Wortlaut des Gesetzes verstößt, oder ob es durch dessen Umgehung den unzulässigen Erfolg erreichen will — agere in fraudem legis —, macht grundsätzlich keinen Unterschied. Freilich liegt eine solche Umgehung des Gesetzes nicht schon dann vor, wenn der angestrebte wirtschaftliche Erfolg durch ein an sich statthaftes Rechtsgeschäft von anderer Rechtsform erreicht werden kann (vgl. beispielsweise unten § 137 A 4). In Ehescheidungs­ prozessen ist eine Parieivereinbarung, daß gegen ein Urteil, das die Ehescheidung aussprechen sollte, die Berufung unzulässig sein solle, außer nach $ 138 auch nach § 134 nichtig, weil die Parteien über den Streitgegenstand nicht paktieren können (§ 1025 ZPO; RG 70,60). Auf die Form, in welcher ein Gesetz ein Rechtsgeschäft verbietet, ob ausdrücklich oder mittelbar, kommt es nicht an. Unwesentlich ist es ferner, ob das Verbot in einem Strafgesetze oder in einer privat­ rechtlichen Norm enthalten ist, endlich, ob in einem Reichsgesetze oder Landesgesetze. Der Sprachgebrauch de- BGB bedient sich, um einer Bestimmung die Eigenschaft als Berbotsgesetz beizulegen, verschiedener Ausdrucksformen. In einer Reihe von Vorschriften erklärt eS das Zuwiderhandelnde Rechtsgeschäft ausdrücklich als nichtig (vgl. §§ 248, 310, 312, 443, 723 Abs 3, 746 Abs 3, 795 Abs 3, 925 Äbs 2,1136,1229,1714 Abs 2, 2302). In anderen Fällen bezeichnet eS die rechtliche Unmöglichkeit des Rechtserfolges durch die Wendungen „kann nicht" und „ist nickt übertragbar" (vgl. beispielsweise §§ 137, 225, 276 Abs 2, 399, 400, ferner 514, 613, 717). Die Ausdrucksweise „kann nicht" weist jedoch nicht immer auf Nichtigkeit hin. So nicht im Falle des § 181. Wenn es dort heißt, daß der Vertreter ein Rechtsgeschäft namens des Vertretenen mit sich im eigenen Namen regelmäßig nicht vornehmen könne, so will das nur soviel besagen, daß ein derartiges Rechtsgeschäft allein für sich nicht imstande ist, die beabsichtigte Wirkung auszuüben, will jedoch nicht die Möglichkeit ausschließen, daß das Geschäft durch die nachträgliche Genehmigung des Vertretenen wirksam wird (vgl. das Nähere bei § 181 A 2). Ähnlich wie bei § 181 dürfte die Sache auch im Falle der §§ 1795 und 1630 Abs 2 liegen, betreffend Vertretung des Mündels oder des Hauskindes durch den Vormund oder durch elterliche Gewalthaber. Das vom Vormunde oder dem Vater vorgenommene Rechtsgeschäft wäre genehmigungsfähig und könnte durch die nachträgliche Genehmigung seitens des großjährig Gewordenen oder seitens des Pflegers wirksam werden. Vgl. auch § 399 A 1. In denjenigen Fällen, in denen sich das Gesetz des Ausdrucks „darf nicht" bedient, nimmt es für den Fall des Zuwiderhandelns nicht ohne weiteres und nicht regel­ mäßig Nichtigkeit an. Es sieht vielmehr die Folgen der Zuwiderhandlung regelmäßig besonders vor (vgl. §$ 456, 457, 458, 1238, ferner {§ 1309, 1310, 1312 und dazu $$ 1326, 1327, 1328). Der Ausdruck „soll nicht" bedeutet nur eine nicht wesentliche Ordnungs­ vorschrift. Dem Sprachgebrauche des BGB schließt sich entsprechend das HGB an (vgl. beispielsweise die §§ 60, 74 Abs 2, 3). Ausländis che Verb otsg ese tze haben nicht d e verbindliche Kraft der inländischen Gesetze. Es wird vielmehr in jedem Falle die Nichtigkeit oder Zulässigkeit des Geschäftes nach dem inländischen Rechte zu prüfen sein und dabei insbesondere der Gesichtspunkt in Frage kommen, ob das Geschäft gegen die guten Sitten verstößt (§ 138). Vgl. auch EG Art. 30. 2. Die Nichtigkeit ist eine unbedingte (absolute) und so vollkommene, daß dem Rechts­ geschäfte jeder Rechtserfolg und jeder Rechtsschutz wie in Form der Klage so der Einrede versagt wird. Über die Bedeutung und die Folgen der Nichtigkeit, sowie über das Verhältnis -wischen dem nichtigen Grundgeschäfte und dem Erfüllungsgeschäfte § 125 A 1. Inwiefern die Nichtigkeit eines Teiles des Geschäftes dieses insgesamt vernichtet, vgl. § 139. 8. Ob sich a«S dem gesetzlichen Verbote ein anderer Zweck ergibt als der, Rechts­ geschäfte entsprechenden Inhalts unmöglich zu machen, ist durch Auslegung und unter Be­ rücksichtigung des gesetzgeberischen Grundes zu ermitteln. Verbote eines Strafgesetzes ins­ besondere machen ein Rechtsgeschäft nicht nichtig, wenn sie sich nur gegen die Handlungs-

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Rechtsgeschäfte

deise des einen Teiles der Vertragschließenden richten, wie das beispielsweise zutrifft bei wen §§ 253, 263, 301, 302, 288 StGB und bei $ 7 AbzG (vgl. des näheren RS 60, 275). Ferner dann nicht, wenn nach der Absicht des Gesetzes das betreffende Geschäft nicht schon allgemein mit Rücksicht auf seine Natur, sondern nur wegen der besonderen Umstände seiner Vornahme untersagt sein soll, wie solches der Fall bei Kaufgeschäften, falls gegen die Be­ stimmungen über die Sonntagsruhe verstoßen wird (GewO §§ 41a, 146a), ferner bei Schen­ kungen, sofern dabei seitens des Beschenkten gegen das Verbot des Bettelns gefehlt wird. Die Nichtigkeitsfolge haben ferner nicht die gesetzlichen und behördlichen Beräußerungsverbote im Sinne der §§ 135,136. Ebensowenig ist die Nichtigkeit geknüpft an die Strafbestimmung des $ 241 KO, selbst für den Fall des Zuwiderhandelns beider Vertrvgsteile (RS 56, 229; 26. 9. 02 VII 181/02); endlich nicht an die Strafbestimmung des § 270 PrStGB v. 14. 4. 51 (RS 60, 273; Warn 09, 341). Wenn die zuständige Behörde die Genehmigung zur Ansiede­ lung davon abhängig macht, daß das beiressende Grundstück an keine Person polnischer Natio­ nalität veräußert wird, so handelt es sich um einen erlaubten privatrechtlichen Vertrag (Vordem 1 vor § 145); dagegen läßt sich aus den Vorschriften der $$ 13, 13b Pr. AnsiedelGes kein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 herleiten (RG 73, 18). Berbotsgesetze im Sinne des § 134, welche die Nichtigkeit begründen, sind dagegen § 181 KO (RS 72, 48), die §§ 1 und 2 des AbzG; Art 32 der Reichsverfassung; die Bestimmung des § 10 der GewO, welche der Neubegründung von Gewerbeberechtigungen, Zwangs- und Bannrechten entgegentritt; ferner die Bestimmungen, die das Recht zum Gewerbebetriebe von Genehmigung, Konzession oder Erlaubnis abhängig machen (§$ 14 ff., 33 ff., 55 ff. GewO ). Nach feststehendem Grund­ sätze sind insbesondere nichtig Verträge, die bezwecken, unter Täuschung der zuständigen Be­ hörden die einer bestimmten Person konzessionierte Gast- und Schankwirtschaft auf einen anderen zu übertragen, gleichviel in welcher Form das Gesetz umgangen ist (vgl. oben A 1), ob int Wege eines Mietvertrages oder durch angebliche Bestellung des anderen als Stellvertreter (RS 21.1. 06 III 230/05 ; 8. 2. 06 VI 193/05; 25. 3. 07 VI 379/06; Warn 08, 371 und 09, 443), die sog. Kastellanverträge. Die Nichtigkeit erstreckt sich hier gegebenenfalls jedoch nicht notwendig auch auf den Mietvertrag im übrigen, oder auf die einzelnen infolge deS Getränkeabnehmervertrages abgeschlossenen Kaufgeschäfte (III 230/05 und VI 193/05); ebensowenig auf die für die Wareneinkäufe geleistete Bürgschaft (RS Gruch 50, 919). Alle Leistungen der einen oder anderen Partei, welche unmittelbar auf Grund von Verträgen der bezeichneten Art bewirkt werden, unterliegen hinsichtlich der Rück­ forderung der Ausnahmevorschrift deS $817 Satz 2 (RS 72, 48, betreffend $ 181 Satz 3 KO). Dagegen können Leistungen, die, wie die Bestellung eines Pfandes ans einem, einem unlauteren Zwecke dienenden Nebenvertrage erfolgt sind, nach $ 812 zurückgefordert werden (RS 67, 312). Ein Berbotsgesetz enthalten auch die $$ 135, 154a GewO. Gegebenenfalls schließt jedoch die Nichtigkeit des Dienstvertrages das Kind nicht von der Unfallversicherung aus (RS 66, 42). Nichtigkeit droht endlich $$ 133 f. GewO bei Vereinbarung einer Konkurrenzklausel mit einem minderjährigen Angestellten an Vgl. auch § 135 A 6. 4. Wohl zu unterscheiden von den Fällen, in denen das Gesetz einem Rechtsgeschäfte jede rechtliche Wirkung abspricht (Al), sind diejenigen, in denen es wegen des GeschästsinhalteS zwar die Klage versagt, anderseits aber doch mittelbar eine erfüllbare Schuld alS bestehend anerkennt, sodaß die Rückforderung ausgeschlossen ist. Hier besteht wohl kein vollwirksamer Anspruch int Sinne des § 194, jedoch ein durch Einrede geschütztes Interesse. Wird mithin die versprochene Leistung gewährt, so ist zwar eine klaglose Forderung, aber keineswegs eine wirkliche Nichtschuld erfüllt (vgl. RSSt 40, 29), und der Empfänger der Leistung hat nicht eine Schenkung und nicht eine grundlose Bereicherung erfahren. Es handelt sich hier um die sog. unvollkommenen Verbindlichkeiten. Nach dem BGB stehen dabei in Frage die Forderungen aus Spiel, Wette, staatlich nicht genehmigter Lotterie, Differenzgeschäft ($$ 762, 763, 764), sowie die Forderung auf den Ehemaklerlohn nach § 656. Durch $ 763 haben landesgesetzliche Verbote des Spielens in auswärtiger Lotterie für das Zivilrecht ihre Bedeutung verloren.

§135 Verstößt die Verfügung') über einen Gegenstand gegen ein gesetzliches Beräutzerungsgebot, das nur den Schntz bestimmter Personen bezweckt, so ist sie nur diesen Personen gegenüber unwirksam"). Der rechtsgeschiiftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt")

Willenserklärung

§§ 134, 135

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Die Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtderechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung^). E 1 107 Abs 1, 2, II 101 M 1, 212 ff. P 1, 124 ff.; 6, 129 ff.

1. Über den Begriff Verfügung vgl. Vordem 7 vor $ 104. 2. Der § 135 hat es in erster Linie zwar ebenfalls mit gesetzlichen Verboten, und zwar BerSußerungSverboten zu tun, aber doch nur solchen, welche nicht wie die unbedingten Ver­ bote des $ 134 den Schutz der Allgemeinheit, sondern nur den Schutz bestimmter Personen bezwecken: mithin mit den bedingten (relativen) Beräußerungsverboten. Folgerichtig begründen diese für den Fall der Zuwiderhandlung auch nicht unbedingte Nichtigkeit gemäß § 134 911; sie berühren die Rechtsbeständigkeit der gegen sie verstoßenden Verfügungen vielmehr nur soweit, als das anzuerkennende Interesse der geschützten Person getroffen und zu wahren ist. Dieser gegenüber ist die Verfügung unter den angegebenen Voraussetzungen daher unwirksam, als wäre sie nichtig; sonst ist sie dagegen vollwirksam. Hat beispielsweise A eine Sache oder eine Forderung, deren Veräußerung ihm zugunsten des B verboten war, an C veräußert, so ist dieser zwar der Eigentümer oder der Gläubiger geworden, aber zu­ gunsten des B ist es so anzusehen, als wäre noch A der Eigentümer oder der Gläubiger ge­ blieben, und demgemäß würde auch A noch imstande sein, die Forderung, trotz der zuvor bereits an C erfolgten Abtretung, auf B zu übertragen. — Ob im übrigen die relative Un­ wirksamkeit gegebenenfalls überhaupt zu berücksichtigen ist, hängt lediglich vom Befinden des Geschützten ab, da allein sein besonderes Interesse in Frage steht. Das Recht, sie geltend zu machen, ist daher auch verzichtbar, und wird ohne weiteres aufgegeben durch Einwilligung in die Vornahme des Rechtsgeschäfts (§§ 182, 183) oder durch nachträgliche Genehmigung seitens des Berechtigten (§184). Das Recht, die Unwirksamkeit geltend zu machen, erlischt ferner von selbst, sobald die Voraussetzung für die Schutzbedürftigkeit des Geschützten, das schutz­ bedürftige Interesse, fortaefallen ist. Falls beispielsweise ein Gemeinschuldner eine den Gläubigern gegenüber nach § 7 KO unwirksame Verfügung getroffen hat, würden die Gläubiger an Geltendmachung der Unwirksamkeit nach Aufhebung des Konkurses im Wege des Vergleiches kein erkennbares Interesse mehr haben. .Will der Geschützte die Unwirksamkeit -geltend machen, so hat er dem verfügenden Verpflichteten gegenüber einen besonderen Anspruch auf Beseitigung der durch die Verfügung eingetretenen Folgen. Daß er ihn auch dem Dritten gegenüber, zu dessen Gunsten die Verfügung geschah, habe, spricht das Gesetz für das Mobiliarrecht zwar nicht ausdrücklich aus, ist aber schon nach dem Grundsätze anzunehmen: wem das Gesetz ein Recht gibt, bewilligt es auch die Mittel, ohne welche es nicht durchgeführt werden kann (§ 89, Einleitung zum Pr ALR). Für das Liegenschaftsrecht ist der Anspruch des Berechtigten gegen den Dritten in $ 888 Abs 2 überdies ausdrücklich anerkannt, und gemäß § 772 Satz 2 ZPO kann der Geschützte bei einer im Wege der Zwangsvollstreckung bewirkten Veräußerung des Gegenstandes unter der dort näher angegebenen Voraussetzung die Widerfpruchsklage aus § 771 erheben. Offenbar steht also das Gesetz allgemein auf dem Stand­ punkte, daß der Geschützte ein Klagerecht auf Beseitigung der Folgen der ihn verletzenden Verfügung auch dem Dritten gegenüber hat. Der Berechtigte könnte also beispielsweise im Falle einer verbotswidrigen (§ 399) Forderungsübertragung gegen den Zessionar auf Rück­ übertragung der Forderung an den Zedenten klagen (vgl. § 894 ZPO). 3. Dahin gehören Veräußerungen von Sachen sowie Überweisungen von Forderungen oder Rechten im Zwangsvollstreüungs- oder Arrestverfahren. Das geschützte Recht wird hier gemäß § 772 S 2 ZPO durch die Widerspruchsklage aus § 771 daselbst geltend gemacht. 4. Schutz deS gutgläubigen Erwerbes. Wo unbedingte Nichtigkeit vorliegt, kann es bei sachenrechtlichen Erwerbsgeschäften auf die Gutgläubigkeit des Erwerbers hinsichtlich des Nichtigkeitsgrundes überhaupt nicht ankommen; denn der beabsichtigt gewesene Rechts­ erfolg ist rechtlich unmöglich. Bei den nur bedingten Veräußerungsverboten dagegen (A 1) fällt dieser Grund fort. Demgemäß erklärt auch das Gesetz die Grundsätze über den gutgläubigen Erwerb von einem Nichtberechtigten (§§ 932 ff., 1207, 1208, 1244) im Falle des $ 136 für anwendbar, nur muß sich vorliegend der gute Glaube auf das Bestehen oder Nichtbestehen des Beräußerungsverbotes beziehen (vgl. die ähnliche Regelung im Falle der An­ fechtung bei § 142 A 3). Da der Grundsatz vom gutgläubigen Erwerbe bei Forderungen über­ haupt nicht anerkannt ist, so kann ein solcher Erwerb auch im Falle des § 135 nicht in Frage tornmen. Demnach wird ein Schuldner, der im Falle der Abtretung einer gemäß § 399 nicht übertragbaren Forderung dem Zessionar zahlt, dem Geschützten gegenüber nicht befreit. Eine entsprechende Anwendung des § 407 (Planck A 5; Oertmann A 5b) scheint hier unzulässig, da Rechtsähnlichkeit zwischen den beiden in Betracht kommenden Fällen nicht besteht (M 1, 214). 5. Als bedingte (relative) Beräußerungsverbote kommen in Betracht: die Derfügungsbeschränkungen, denen die Ehefrau unterworfen ist (§§ 1395 ff.), jedoch mit der Maß-

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gäbe, daß nach $ 1404 ein Dritter sie ohne Rücksicht auf guten Glauben unbedingt gegen sich gelten lassen muß; ferner die Berfügungsbeschränkungen, denen der Erbe zufolge einer be­ stehenden Testamentsvollstreckung unterworfen ist (2211). Vgl. Weiler die §§ 1373 ff., 1432 ff., 1437 ff., 1649 ff., 1802 ff., betreffend Berfügungsbeschränkungen, denen der Ehemann, der elterliche Gewalthaber und der Vormund unterworfen ist; endlich die §§ 399, 719, 1124, 1126. Sonst kommt hier noch besonders in Betracht die für den Gemeinschuldner mit der Konkurs­ eröffnung aus §§ 6, 7 KO entstehende Berfügungsbeschränkung. Um unbedingte (ab­ solute) Beräußerungsverbote handelt es sich in den §§ 94, 333, 335, 480 StPO, §§93, 94, 40, 42, 152, 295 u. a. StGB; § 15 des Nahrungsmittelgesetzes; §§ 89b, 115a, 116 GewO. Wegen des Vorbehalts für Landesgesetze vgl. Art 168,119 EG. — über Beräußerungsverbote im Gebiete des Liegenschastsrechtes vgl. § 888. — Die Rechtshängigkeit schließt zwar an sich daS Recht zur Veräußerung der in Streit befangenen Sache oder Forde­ rung nicht aus (§ 265 ZPO). Aber da das Urteil gegen die Rechtsnachfolger der Parteien wirkt (§ 325 ZPO), so verliert, wenn die betreffende Partei unterliegt, die von ihr zugunsten ihres Rechtsnachfolgers getroffene Verfügung damit zum Vorteile der siegenden Partei ihre Kraft.

§ 136 Ein Beriiußermrzsverbot, das von einem Gericht oder von einer an­ deren Behörde innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassen wird, steht einem ge­ setzlichen Beräutzerungsverbote der im § 135 bezeichneten Art gleich*). E I 107 Abs 1, II 109 M 1, 212 ff. P 1, 124 ff.; 6, 129 ff.

1. Als gerichtliche Beräußerungsverbote kommen in Betracht: a) Aus der ZPO die einstweilige Verfügung nach § 938, die Leistungsverbote im Sinne der §§ 829, 857 und die Zahlungssperre gemäß § 1019. Das Verbot wird wirksam nach den prozeßrechtlichen Grundsätzen erst durch die Zustellung, sodaß vor diesem Zeitpunkte auch die Kenntnis des Schuldner- von der richterlichen Anordnung unschädlich ist. Nach jenem Zeitpunkte ist ander­ seits die etwaige Unkenntnis de- Schuldners, der verbotswidrig an den Gläubiger geleistet hat, unwesentlich. Falls die Zustellung der behördlichen Anordnung überhaupt nur in irgend einer Form erfolgt ist, muß sie auch als zugegangen gelten (vgl. auch § 132 BGB). Über die besonderen Voraussetzungen der Pfändung einer Forderung, für welche eine Hypothek besteht, vgl. § 830 ZPO. b) Aus dem Zwang-Versteigerungsgesetze die Beschlag« nähme des Grundstücks zum Zwecke der Zwangsversteigerung oder der Zwangsverwaltung nach §§ 20, 22, 23. Die Gutgläubigkeit im Sinne des § 135 Abs 2 BGB hängt hier davon ab, ob derjenige, zugunsten dessen verfügt wurde, die „Beschlagnahme kannte", und der Kenntnis dieser letzten Tatsache ist nach § 23 Abs 2 ZBG gleichgestellt die Kenntnis des BersteigerungsantrageS. Nach erfolgter Eintragung des Bersteigerungsvermerks gilt die Beschlag­ nahme auch in Ansehung der beweglichen Zubehörstücke als dem Dritten bekannt (§ 23 Abs 2 S 2). c) Aus der KO das allgemeine Beräußerungsverbot nach § 106 (vgl. auch § 136 A 5). d) Zu den gerichtlichen Beräußerungsverboten gehören auch solche der Strafgerichte (vgl. §§ 325, 326 StPO) und der Sondergerichte (Gewerbegerichte, Kaufmannsgerichte, Berwaltungsgerichte). — Als Behörden kommen in Betracht Reichs- und Landes­ behörden.

8 137 Die Befugnis zur Verfügung über ein verSutzerlicheS Rechts kann nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werdens. Die Wirksam­ keit einer Verpflichtung, über ein folcheS Recht nicht zu verfügen, wird durch diese Vorschrift nicht tittiHjtt3)4)5)6). E I 796 II 102 M S, 77 P 3, 76 ff., 257 ff., 6, 167.

1. Die BerSußerlichkeit eines RechtS bildet die Regel. Was seiner Natur nach dem Rechtsverkehr zugänglich ist, ist auch veräußerlich, soweit ibm nicht die Berkehrsfähigkeit durch Gesetz entzogen ist (vgl. § 134). Dies gilt insbesondere für „Sachen" (§ 90). Forderungen, denen Rechte — etwa Urheberrechte, Verlagsrechts, Patentrechte, Hypotheken, Grundschulen — gemäß § 413 entsprechend gleichgestellt sind, wohnt grundsätzlich ebenfalls die Eigenschaft der Übertragbarkeit bei. Aber nach § 399 kann ihnen durch Rechtsgeschäft diese Eigenschaft genommen werden, sodaß im gegebenen Falle für die Anwendung des § 137 kein Raum bliebe (vgl. A 2). — Nach BerlG § 28 sind die Rechte des Verlegers übertragbar, soweit nicht die Übertragung durch Vereinbarung zwischen dem Verfasser und dem Verleger aus­ geschlossen ist. Weder das Patent-, noch das Urheber-, noch das Verlagsrecht geben jedoch dem Berechtigten die Befugnis, durch Vertrag mit dem Abnehmer seiner Produkte deren Weiterveräußerung überhaupt oder zu gewissen Bedingungen mit dinglicher Wirkung zu

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verbieten; das Rechtsgeschäft kann vielmehr nur obligatorisch unter den Vertragschließenden wirken (RG 63, 398). 2. Indem das Gesetz die Ausschließung und Beschränkung der VerfügungSsreiheit für unwirksam erklärt, bringt es den Grundsatz „der unbedingten rechtsgeschäftlichcn Aktions­ freiheit auf dinglichem Gebiete" (Prot 3, 256 ff.) zur gesetzlichen Anerkennung, während im Gebiete der Schuldverhältnisse tunlichst gerade die Vertragssreiheit (Vordem 3 vor $ 104) gelten soll. Praktisch gestaltet sich mithin die Sache auf dinglichem Gebiete dahin: Verpflichtet sich jemand einem andern gegenüber, über ein ihm zustehendes Recht nicht zu verfügen (eS nicht zu übertragen, nicht zu belasten, nicht aufzugeben, Vordem 7 vor § 104), so wird die Rechtswirksamkeit der gleichwohl vorgenommenen Verfügung durch daS Bestehen der über­ nommenen Verpflichtung, nicht zu verfügen, in keiner Weise berührt, gleichgültig, ob der Erwerber von der Verpflichtung des Veräußerers Kenntnis gehabt hat oder nicht. — Unzu­ lässig ist die dem jedesmaligen Eigentümer eines Grundstücks auferlegte Beschränkung, daS Grundstück nicht an einen Polen zu verkaufen: sie kann auch nicht durch Eintragung dingliche Wirksamkeit erlangen; auch eine etwaige bloße Eintragungsbewilligung ist schon nichtig; da­ gegen ist die vom Käufer übernommene entsprechende Verpflichtung für sich wirksam und daher auch geeignet, durch eine Vertragsstrafe gesichert zu werden (RG 73, 16). Vgl. auch A 3 u. 4. 5. Die Rechtsbeständigkeit einer Berpflichtnng, nicht zu verfügen, bleibt dagegen von $ 137 Satz 2 für sich unberührt, und sie äußert sich daher, falls der Schuldner der übernommenen Überlassungspflicht zuwider gehandelt hat, dahin, daß der Schuldner dem Berechtigten wegen Vertragsverletzung schadensersatzpflichtig ist, unter Anwendung des § 249 somit zutreffendenfalls auch zur Wiederherstellung des früheren Zustandes genötigt werden kann. 4. Für das Gebiet des LiegenschaftSrcchteS bestehen noch folgende Besonderheiten: Die Eintragung von rechtsgeschäftlichen Berfügungsbeschränkungen in bezug auf das Grund­ stück (das Verbot, dieses zu veräußern) ist unzulässig, da die Verbote Dritten gegenüber keine Wirkung haben können und mithin der dinglichen Kraft überhaupt entbehren. Wohl aber ist die Eintragung der rechtsgeschäftlichen Verfügungsbeschränkung bei Hypotheken- und Grund­ schulden möglich, da solche nur Rechte im Sinne des § 413 darstellen und hier ist die Ein­ tragung zum Schuhe gegen die Gefahr des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs auch not­ wendig (§§ 892, 1138, 1157, 1192). Nach § 1274 Abs 2 ist die Möglichkeit, die Verpfändbarkeit von Hypotheken und Grundschulden vertraglich auszuschließen, mittelbar anerkannt. Eine Ver­ einbarung, durch die sich der Eigentümer dem Gläubiger gegenüber verpflichtet, das Grundstück nicht zu veräußern oder nicht weiter zu belasten, ist nach $ 1136 nichtig, sodaß insoweit auch der § 137 Satz 2 außer Anwendung gesetzt ist. Als ein Verstoß gegen $ 137 oder gegen § 138 ist es jedoch nicht angesehen worden, wenn das Verbot nur derart beschränkt lautet, daß etwa nur die Veräußerung an einen Nichtdeutschen untersagt ist (RG 55, 78). Vgl. auch A 1 a. E. ö. Ersatzmittel für die rechtSgeschäftliche VerfügungSbeschränkung. Als Mittel, den Erwerber einer Sache daran zu hindern, über sie wirksam weiter verfügen zu können, dient dem Veräußerer mittelbar die Vereinbarung, daß der Fall der Weiterveräußerung als auflösende Bedingung hinsichtlich des mit dem Erwerber abgeschlossenen Veräußerung?geschäfts gelten solle. Denn gegebenenfalls würde, abgesehen vom Falle gutgläubigen Er­ werbs seitens deS Dritten ($ 161 Abs 3), das Eigentum an der veräußerten Sache an den Veräußerer zurückfallen ($ 158 Abs 2, § 161 Abs 2). Bei der Übertragung des Eigentums an Grundstücken ist freilich gemäß $ 925 Abs 2 die Hinzufügung von Bedingungen unzulässig. Aber hier kann die Eintragung einer Vormerkung gemäß § 883 Abs 1 Satz 2 nach $ 883 Abs 2 zum Ziele führen. Eine solche Vormerkung behält ihre Wirksamkeit auch für den Konkurs. Rechtlich möglich ist eS endlich, daß sich der Veräußerer das Wiederkaufsrecht oder das Vorkaufsrecht im Sinne der $$ 497 ff. und 504 ff., 1094 ff. vorbehält. Endlich kann der Berechtigte, dessen Anspruch auf Gewährung einer Sache durch das Verhalten des Verpflichteten gefährdet wird, ein Veräußerungsverbot in Form einer einstweiligen Ver­ fügung erwirken, wonach die in den §§ 135, 136 dargelegten Folgen eintreten (vgl. § 136). Die einstweilige Verfügung ist — als Zwangsvormerkung — eintragungsfähig (vgl. § 941 ZPO, § 39 GBO). 6. Nach Art 168 EG bleibt eine z. Z. des Inkrafttretens des BGB bestehende Ver­ fügungsbeschränkung wirksam.

§ 138

Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig')^). Nichtig ist insbesondere^) ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Notlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines an­ deren ^) sich oder einem Dritten für eine Leistung Bermögensvorteile der-

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sprechen oder gewähren läßt, welche den Werl der Leistung dergestalt über­ steigen, daß den Umständen nach die Bermögensvorteile in anffäNigem Miß­ verhältnisse z« der Leistung stehen•)•)’)•). (5 1 106 II 103 M 1, 211 ff. P 1, 128 ff.

1. Abs 1. Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen die guten Sitten. — Die Nichtigkeit bat auch hier ihren Grund wesentlich in dem Inhalte des Geschäfts. Daneben ist aber auch die Gesamtheit der im Zeitpunkte des Vertragsschlusses vorhandenen Verhältnisse, vom besonderen Standpunkte der Vertragschließenden aus betrachtet, unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse, Anschauungen, Motive und Zwecke in Betracht zu ziehen (RG 63, 390). Der Maßstab der „guten Sitten" selbst kann nicht aus einem unbedingten unwandelbaren Sitten­ gesetze entnommen werden, da es ein solches überhaupt nicht gibt und sich das Gebiet der Sittenpslichten mit dem der Rechtspflichten überhaupt nicht deckt (M 1, 211). Als allgemein maßgebend kann vielmehr nur das gelten, was dem herrschenden Bolksbewußtsein, dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden entspricht (RG IW 10,142). Bon besonderer Bedeutung kann auch sein, welchen Niederschlag die Anschauungen des Verkehrslebens in der Gesetzgebung gefunden haben (RG IW 09, 412). Die Grenze der Anforderungen wird dabei nach oben nicht durch eine vornehme Gesinnungsart und nach unten nicht durch eine etwa üblich gewordene niedrige Denk- und Handlungsweise — Geschäftspraktiken, die sich als Unsitte darstelien — gekennzeichnet; sie liegt vielmehr in dem Durchschnittsmaße von Anforderungen, die der Geschäftsverkehr an Wahrung von Redlichkeit und Anstand stellt (RG 48, 124; 55, 372; 58, 216; 67, 102). Möglich ist es, daß nach den besonderen Umständen bei einem und demselben Vertrage die Frage, ob sein Abschluß eine unsittliche Handlung darstellt, für die verschiedenen Beteiligten verschieden zu beantworten ist (RG 58, 204 und 399). (Wichtig bei Anwendung des § 817; RG Gruch 53, 685). Bei Verträgen ist Nichtigkeit des ganzen Geschäfts in der Regel nicht anzunehmen, wenn nur der eine Teil unsittliche Zwecke verfolgt, der andere Teil dagegen den unsittlichen Charakter des Geschäftes nicht kennt, hierüber sogar geflissentlich in Unkenntnis gehalten wird. So RG 25. 4. 07 IV 470/06 mit Bezug auf einen Kindesannahmevertrag, ferner RG SeuffA 65, 178. Der richtige Entscheidungsgrund dürfte darin liegen, daß allein durch verwerfliche, sittenwidrige Beweggründe das Rechtsgeschäft überhaupt noch nicht einen wider die guten Sitten verstoßenden Inhalt enthält (RG 27. 6. 04 V 10/04 und RG 63, 346). In der letzten Entscheidung ist — in Übereinstimmung mit RG 56, 231 — ausgeführt, „§ 138 wolle solchen Rechtsgeschäften die Anerkennung und den Rechts­ zwang versagen, die nach ihrem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter, nach den objektiven und subjektiven Momenten gegen die guten Sitten verstoßen". Verstößt dagegen ein Rechtsgeschäft nur insofern gegen die guten Sitten, als eine unzulässige Willensbeeinflussung stattgefunden hat, dann kommt nur die Anfechtbarkeit des Geschäftes in Frage (RG IW 08, 710). Die Anwendung des § 138 fordert, daß das Geschäft selbst gegen die guten Sitten verstößt, kann also nicht darauf gegründet werden, daß die eine Partei die andere arglistig zum Abschlüsse des Geschäftes bestimmt hat (RG 64,181; 72, 217). — Die zuvor dargelegten Grundsätze sind angewendet besonders bei Geschäften, die zum Zwecke der Ermöglichung eines Bordellbetriebes, vorgenommen worden sind, so durch Vermietung oder Verkauf von Inventar, durch Darlehen oder Weinlieferung, endlich durch einen Bordellbauvertrag (RG 63, 370), sowie beim Bordellkauf selbst (RG 68, 99; 71, 433). Die bloße Kenntnis der Verwendung der übernommenen j baulichen Einrich­ tungen zum Bordellbetriebe ist dagegen zur Anwendung des § 138 nicht ausreichend (RG 71, 192). In RG 71, 170 ist angenommen, daß der sittenwidrige Beweggrund allein (Handeln zum Schaden des anderen aus einem Rachegefühl) nicht ausreicht, eine an sich er­ laubte und in berechtigtem Interesse vorgenommene Handlungsweise zu einer wider die guten Sitten verstoßenden zu machen. Mit Rücksicht auf den verfolgten Zweck sind als wider die guten Sitten ver­ stoßend angesehen: Die Einwilligung „in die eigene Tötung" in RG 66, 308. (Die Anwend­ barkeit des $ 138 ist hier indessen bedenklich, weil sich die Einwilligung im gegebenen Falle schwerlich als Rechtsgeschäft auffassen läßt); ein Vertrag, der auf die Ausbeutung des Geschäfts­ irrtums eines Geschäftsunkundigen abzielt (RG Warn 09, 183); ein Vermächtnis, das der Bedachten in der ihr bekannten Absicht zugedacht wird, daß sie dem Erblasser nach wie vor den Geschlechtsverkehr gestatte (RG IW 10, 6). Das Handeln aus Eigennutz auf Kosten anderer: so, wenn Verkäufer und Käufer darauf ausgehen, durch Jnverkehrbringung der fälschlich bezeichneten Ware (deutscher Schaumwein unter der Bezeichnung als französischer) zum Schaden der Abnehmer höhere Preise zu erzielen (RG 29.11. 07 II 223/07); oder, wenn der Bevollmächtigte und der Dritte den Vertrag bewußt in einer den Vollmachtgeber ungebühr­ lich benachteiligenden Weise abschließen und der Bevollmächtigte hierfür vom Dritten ein Ge­ schenk erhalten hat (RG 26.10. 06 II 107/06; vgl. Warn 09, 481); ferner, wenn zwei Hypo­ thekare vereinbaren, sich des Kaufes bei der Zwangsversteigerung zu enthalten, um so planmäßig

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-um Schaden anderer einen Teil des Wertes des Grundstückes an sich zu bringen (RG IW 07, 201; vgl. auch Warn 09, 341); oder, wenn jemand, der das Grundstück bei der Zwangsversteige­ rung erstehen will, einen anderen Bietlustigen vom Mitbielen gegen eine Entschädigung zum Nachteile Dritter abhält (RG 58, 399; 60, 273); weiter, wenn ein Arzt seine Praxis unter so schweren Bedingungen an einen andern Arzt verkauft, daß dieser genötigt sein konnte, bei Aus­ übung seines Berufs sein Augenmerk vor allem auf die Erzielung möglichst hoher Einnahmen zu richten (RG 66, 139); endlich, wenn jemand sich gegen das Versprechen von Vermögens­ vorteilen zum Schweigen über eine von dem Versprechenden begangenen unerlaubten Hand­ lung verpflichtet (RG 58, 204 und 62, 273); desgleichen, wenn jemand sich Vorteile dafür versprechen läßt, daß er die von dem Versprechenden geschwängerte Frauensperson vor der Entbindung heiratet (RG 62, 278). Wider die guten Sitten verstößt cs auch, wenn jemand seine Forderung lediglich zu dem Zwecke abtritt, um als Zeuge in eigener Sache vernommen werden zu können (RG IW 06, 829; vgl. anderseits IW 09, 719). Darleihung hoher Be­ träge an einen jungen Menschen, um ihm die Milbeteiligung an einem Glücksspiele zu er­ möglichen, verstößt, wenn der Darleiher aus eigennütziger Absicht handelt, gegen die fluten Sitten (RG 70,1). — Mit Rücksicht auf den Gegen st and des Rechtsgeschäftes ist Nichtigkeit nach § 138 schlechthin angenommen: a) Bei Abmachungen, die geeignet sind, die Zwecke der Ehe zu vereiteln: so die auf Beschränkung der Kinderzahl im Verlöbnisse getroffene Vereinbarung (RG IW 08, 28); die Abmachung, getrennt zu leben (RG 68, 322), sowie eine zweckwidrige Vereinbarung über die Ehewohnung (RG IW 02, 282); ferner der für alle Zeit bestimmte Verzicht der Eheleute auf gegenseitige Unterstützung und Beihilfe zur Lebensführung (RG 7.11.07 III 142/07); weiter Vereinbarungen zur Erleichterung der Scheidung (2. 6.14 IV 461/03), und zwar auch dann, wenn zu dem bezeichneten Zwecke Ab­ machungen über das Erziehungsrecht der Kinder getroffen sind (RG Gruch 49, 1175); ein Übereinkommen dahin, daß, falls das künftige Urteil auf Scheidung erkenne, die Berufung unzulässig sein solle, verstößt sowohl gegen § 134 wie gegen § 138 (RG 70, 60); b) bei Rechts­ geschäften, die geeignet sind, die Willensfreiheit des einzelnen, oder die Möglichkeit seines Fortkommens ihm ungebührlich zu beschränken: so können sich die Mitglieder einer Gesellschaft m. b. H. nicht rechtsverbindlich gegeneinander verpflichten, bei der Wahl des Aussichtsrates für einen bestimmten Gesellschafter zu stimmen, oder eine aus sie entfallende Wahl nicht anzunehmen (RG 57, 205); ebensowenig kann sich ein Gesellschaftsmitglied einem Dritten gegenüber, an den er seinen Geschäftsanteil veräußert hat, verbinden, falls die Veräußerung vom Aufsichtsrate nicht genehmigt wird, der Gesellschaft gegenüber Mitglied zu bleiben, aber seine Rechte nach dem Willen des Käufers auszuüben (RG 69,137); die Abtretung aller künftigen Forderungen, die der Erklärende jemals erwerben wird, ist nichtig, sowohl nach § 310, wie nach § 138 (RG IW 07, 708). Unzulässig ist auch ein Verzicht auf die Un­ pfändbarkeit gemäß § 811 Zisf 1 ZPO (RG 72, 183). c) Bei Ärzten, Zahnärzten (und Rechtsanwälten) verstößt ein vertragsmäßiges Wettbewerbsverbot schlechthin gegen die guten Sitten (RG 66, 146), und unstatthaft ist auch die vertragliche Beschränkung der Freizügigkeit eines Arztes (RG 68,190). ck) Insbesondere ist aufg ew e r b li ch e m G e bi e t e angenommen: Wider die guten Sitten verstößt es, wenn der wirtschaftlich Stärkere die Lage des wirtschaftlich Schwächeren übermäßig ausnützt. Wenn sich der Arbeitnehmer der Bestim­ mung unterwirft, daß er seines Anspruchs für das ganze verflossene Jahr verlustig geht, falls er am 1. Januar kündigt, oder falls ihm an einem solchen Tage gekündigt wird, ist die Abrede nichtig (RG IW 04, 481); desgleichen ein Abkommen des Dienstherrn mit einem vermögenslosen Handlungsgehilfen dahin, daß er ein bestimmtes Gehalt über­ haupt nicht erhält und dazu noch an dem etwaigen Geschäftsverluste beteiligt wird (RG IW 10, 5). Nichtig sind weiter Wettbewerbsverbote, falls sie den Verpflichteten, sei es zeitlicb, sei es örtlich, sei es gegenständlich übermäßig in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit beschränken (RG 53, 156; 14.5.07 II 31/07). Ausschlaggebend sind die Verhältnisse zur Zeit des Vertragsschlusses, spätere Änderungen nur dann, wenn die Parteien mit solchen beim Vertragsschlusse gerechnet hatten (RG IW 09, 71); eine Bertragsbestimmung, wonach die Wettbewerbsklausel auch dann gelten soll, wenn der Angestellte wegen vertragswidrigen oder unehrbaren Verhaltens des Dienstherrn zu kündigen berechtigt ist, ist ohnehin nichtig (RG 1.10. 07 VII 524/06 zu § 75 HGB). Im Sinn einer Wettbewerbsklausel kann auch die einem Angestellten vertragsmäßig auferlegte Schweigepflicht in Hinsicht auf Fabrikations­ geheimnisse eine unstatthafte Erschwerung bedeuten (RG Gruch 47, 1002). Ein Wett­ bewerbsverbot, welches den Verpflichteten mittels Ehrenwortes bindet und ihm für den Fall der Zuwiderhandlung eine unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafe auflegt, sodaß hierdurch die Bermögensstellung des Verpflichteten während seiner ganzen Lebenszeit zum Schutze allein der Interessen des Berechtigten gesährdet wird, ist nach § 138 nichtig (RG 68, 229). Ein Vertrag, durch den ein Wirt zum Bierbezuge auf 12 oder 10 Jahre unter solchen Umständen verpflichtet wird, daß für ihn dadurch eine übermäßige Beschränkung in seiner wirtschaftlichen und gewerblichen Freiheit entsteht, ist nichtig (RG 4. 6. 07 II 44/07; IW 09,

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412 und 10, 60; vgl. auch RG 67, 102; „Es kommt auf die Gesamtwirkung aller Umstände an"). Unsittlich ist überhaupt die Vereinbarung einer zeitlich und örtlich unbeschränkten Ver­ pflichtung zur Abnahme von Waren ohne Rücksicht auf den Bedarf (RG Warn 09, 273). Schlechten unerlaubte Kampfmittel im Lohn- und Kla ssen ka mp f e zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind zwar weder der Boykott noch anderseits die Aussperrung von streikenden Arbeitern, und zwar auch dann nicht, wenn die Aufforderung zur Beteiligung durch die Presse oder sonst durch Verbreitung von Druckschriften bewirkt wird; wohl aber kann die Maßnahme durch die Art, wie sie ins Werk gesetzt wird, den Charakter des Unerlaubten annehmen (RG 64, 53; 66, 383). Unstatthaft ist weiter der Mißbrauch eines Monopols oder der Ausschluß einer Wettbewerbsmöglichkeit derart, daß dem Verkehr unbillige, unverhältnismäßig große Opfer auferlegt werden (RG 62,264 und 15.11. 04 II 226/04). — Mit Rücksicht auf die Persönlichkeit des Bertragsgegners ist der mit einem Geistesschwachen abgeschlossene Vertrag dann als nichtig anzusehen, wenn ein Ausbeuten der Geistesschwäche beabsichtigt wurde (RG 67, 393; 72, 68). Dagegen ist ein Verstoß wider die guten Sitten in folgenden Fällen verneint worden: Wenn Gegenstand der Abrede ist die Zurücknahme eines Strafantrages (RG 23. 2. 07 1 185/06), oder das Versprechen, eine Strafanzeige zu unterlassen, falls sich der Geschädigte nur den durch die Straftat ihm zugefügten Schaden (wenigstens ^um Teil) ersetzen läßt(RG 12.6. 06III574/05; vgl. auch IW 09,487); oder wenn etwa einem Ehegatten, der wegen Ehebruchs des andern Teils geschieden wurde und sich verpflichtet hat, niemals Strafantrag zu stellen, vom andern Teile nur der gesetzliche Unterhalt versprochen wurde (RG Warn 08, 120). Wenn ein Schuldner nach Ausgabe seines Geschäfts seiner Ehefrau in dem nun­ mehr von ihr neubegründeten Geschäfte unentgeltlich Dienste leistet und auf diese Weise seinen Gläubigern den Ertrag seiner wirtschaftlichen Tätigkeit entzieht, so verstößt das nicht gegen die guten Sitten (RG 67, 169). Statthaft sind an sich Verträge über das Recht der Kinder­ erziehung (RG 20. 3. 05 VI 244/04). Das pactum de non licitando verstößt nicht schlechthin gegen die guten Sitten (RG 60, 273; 58, 893). An sich unstatthaft ist es nicht, wenn sich mehrere bei einem Wettbewerbe über ihr Verhalten verständigen, selbst wenn sie davon dem Veranstalter des Wettbewerbes keine Kenntnis geben (RG 24. 11. 03 III 221/03). Soweit die Umstände nicht das Gegenteil ergeben, ist die Gewährung eines Darlehens zum Glücksspiel nicht als unsittlich zu erachten (RG 67, 355). Rechtsgeschäfte, die in der dem andern Teile bekannten Absicht abgeschlossen sind, die Gläubiger zu benachteiligen, sind nicht schon um des­ willen nach § 138 nichtig (RG 69, 143). Zulässig ist es, daß der Schuldner dem Gläubiger gestattet, alles zu nehmen, was er hat, einschließlich der nicht pfändbaren Sachen (RG IW 09, 104); ebenso, daß er auf die Wohltat des § 811 Zisf 5 ZPO verzichtet (RG IW 95, 239). Desgleichen ist statthaft ein Vertrag unter Bauunternehmern, der darauf gerichtet ist, eine Erhöhung der bei den öffentlichen Ausbietungen (Submissionen) üblich gewordenen niedrigen Preise herbeizuführen (RG IW 08, 296). Desgleichen ist es rechtlich statthaft, daß eine Bereinigung von Gewerbetreibenden über Gewerbegenossen Maßregeln verhängt, um das betreffende Gewerbe (Buchhandel) im Kampfe gegen die sogenannte Schleuderei zu schützen; nur darf durch die Wahl und den Gebrauch der Kampfmittel nicht rechtswidrig in die Rechtssphäre Dritter eingegriffen werden (RG 56, 274). Ferner ist zulässig die Begrün­ dung einer Änwaltssozietät derart, daß ein Teil eine feste Besoldung erhält (RG IW 07, 130). Zulässig ist es, daß eine Gemeinde einem Gastwirte vertragsmäßig Beschränkungen zum Besten der Gemeindemitglieder auflegt (RG 53, 186). An sich ist es nicht als ein Ver­ stoß gegen die guten Sitten aufzufassen, wenn ein Angestellter die während seiner dienstlichen Stellung kennen gelernten Fabrikationsgeheimnisse, zu seinem Fortkommen verwendet (RG 65, 336). Die Aussperrung eines Arbeitnehmers durch einen Arbeitgeberverband mittels Versagung eines „Handzettels" der Arbeitsnachweisstelle fällt nicht unter $ 138, wenn ein triftiger Grund besteht, den Arbeitnehmer wegen seiner körperlichen, oder geistigen Beschaffen­ heit von den zum Vereine gehörenden Betrieben fernzuhalten (RG 65, 423; 71, 108). Wider die guten Sitten verstößt nicht eine Vereinbarung des Inhalts, daß ein Grundstück nur an Käufer deutscher Nationalität veräußert werden dürfe (RG 58, 78; 73, 16). 2. über die Folgen der Richtigkeit und über die Einwirkung der Nichtigkeit des Grund­ geschäftes auf das dingliche Bollzugsgeschäft vgl. $ 125 A 1. Wer auf Grund eines nach § 138 nichtigen Vertrages eine Sache käuflich erwirbt,.kann nicht einen Gewährleistungs­ anspruch erheben; er kann aber Bejeitigung der für den Kaufgelderrest eingetragenen Hypo­ thek nach §; 812, 817 fordern; solange er jedoch die vertragsmäßige Gegenleistung verweigert, anderseits aber die Sache behält, wird sein Anspruch durch die Einrede der Arglist beseitigt (RG 71, 432). Auch die dingliche Hypothekenklage ist hinfällig, wenn die Hypothek auf Grund eines nichtigen Kaufvertrages eingetragen worden ist, ungeachtet dessen, daß das dingliche Bollzugsgeschäft an sich nicht von jener Nichtigkeit berührt wird (RG IW 08, 297; RG 72, 93). Tine Sicherstellung ist nicht um deswillen, weil der zu sichernde Anspruch aus einem wider die guten Sitten verstoßenden Rechtsgeschäfte herrührt, gemäß $ 138 nichtig; aber sie ist es

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deswegen, weil der zu sichernde Anspruch überhaupt nicht besteht (RG IW 09, 131). — Darüber, inwiefern die Rechtskraft eines Urteils gegenüber der Einrede, daß das Urteil durch eine gegen die guten Sitten verstoßende Handlungsweise erwirkt worden sei, weichen muß, vgl. RG 61, 359 und 67, 151, angezogen in der Vorbem 8 vor § 104. 3. Das Wuchergeschäft. — Wie das Wort „insbesondere" zeigt, stellt das „Wuchergeschäft« einen Sonderfall des unsittlichen Rechtsgeschäftes überhaupt dar und bietet mithin nur einen besonderen Anwendungsfall für die Bestimmung des Abs 1. Da nun aber ein Wuchergeschäft im Sinne des Gesetzes nur darin vorliegt, wenn die sämtlichen, einheitlich zu ver­ stehenden Voraussetzungen des Abs 2 gegeben sind, so folgt, daß auch für die Anwendung des Abs 1 aus dem Rechtsgrunde des Wuchers lediglich unter den Voraussetzungen des Abs 2 Raum ist, und daß, sofern eine- der Merkmale des Wuchers fehlt, nur in Frage kommen kann, ob sich daS Geschäft aus anderen Gründen al- ein unsittliches darstellt (RG 64, 181; Warn 09, 494; RG 72, 61 ff.). Aber ist der Tatbestand des § 138 Abs 2 festgestellt, dann bedarf es nicht noch der Prüfung, ob das Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstößt. In welcher Form der Wucher äußerlich in die Erscheinung tritt, ist nach dem Gesetze unwesentlich. Es unterscheidet insbesondere nicht mehr zwischen Sachwucher und Kreditwucher (vgl. die Gesetze betr. den Wucher vom 2. 5. 80 und 19. 6. 93), sodaß nach der gegenwärtigen Rechtslage jedes lästige Bermögensgeschäft ein wucherlicheS sein kann, so: das Darlehen, der Kauf, das Pfandleihgeschäft, der Mietvertrag, Gesellschaftsvertrag (vgl. RG 46, 112; Warn 09, 387), Dienstvertrag, das Vermittlungsgeschäft. Die Rechtsfolge des Wuchers ist die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Hinzuzufügen ist hier nur noch: Auch das wucherliche Rechts­ geschäft stellt im Zweifel insgesamt ein einheitliches dar, sodaß, wenn auch nur ein Teil des Geschäfts die wucherische Ausbeutung enthält, das Geschäft im ganzen nichtig ist (RG Warn 08, 280; RG 72, 63). Die Nichtigkeit deS obligatorischen Rechtsgeschäfte- ergreift zugleich auch das dingliche ErsüllungSgeschäft. Denn die Bestimmung des Abs 2 umfaßt, wie das Versprechen, so auch das Gewähren wucherischer Vorteile (RG 57, 95 ff.; 24.10. 06 V 127/06). Aber das Erfüllungsgeschäft ist nicht nichtig, wenn zur Zeit der Erfüllungen die Voraussetzungen deS Wuchers nicht mehr vorliegen (RG Warn 09, 295).

Dem Bewucherten stehen, nachdem durch Art 47 EG der Art 3 der Wuchergesetze auf­ gehoben worden ist, folgende Rechtsmittel zur Seite; jedoch nur nach Maßgabe der bei $ 125 unter A1 näher dargelegten Regeln (wobei zu beachten, daß nach dem zuvor Gesagten im Falle deS Wuchers die Nichtigkeit regelmäßig auch das Leistungsgeschäft umfaßt, und eme Bermögensverschiebung mithin nicht eintritt): a) Die Bereicherungsklage auS § 812 auf Rückgewährung dessen, was der Wrlcherer auf Kosten des Bewucherten erlangt hat, auf das mithin, was er mehr empfangen hat, als er gegeben; b) die Klage auS § 817 Abs 1; c) die dingliche Klage aus § 985; d) die Klage aus Schadensersatz aus § 826. Ist der Wucherer zur Herausgabe der empfangenen Sache außerstande, so haftet er auf Ersatz des Werte- gemäß §§ 818, 819, 989, und für die Berechnung des Ersatzes ist der Wert der Sache zur Zeit der Annahme der Leistung maßgebend (RG 21.12.06 II 254/06). Der Wucherer kann ebenfalls das zurückverlangen, was er gewährt hat (IW 00, 347). Die entgegengesetzte Ansicht (Dernburg 1 § 127 II Abs 4) stützt sich zu Unrecht auf § 817 Satz 2, denn die Voraussetzung, daß auch dem Leistenden ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last fällt, trifft beim Be­ wucherten nicht zu, braucht jedenfalls nicht zuzutreffen. Träfe sie übrigen- im Einzelfalle zu, dann wäre damit auch dem Bewucherten jedwede derartige Klage, wie au- f 812, so auS $ 817 Satz 2 überhaupt entzogen (RG 63, 354). Versagt ist dem Wucherer die Auf­ rechnung mit seiner Forderung gemäß $ 393 (RG 21. 12. 06 II 254/06). 4. Subjektiv erfordert der Wucher vorsätzliches Handeln. Dies Erfordernis der Ausbeutung ist erfüllt, wenn der Wucherer bewußt, sei es die Notlage, sei es den Leichtsinn, sei es die Unerfahrenheit des anderen ausgenützt hat. Daß auch seine Absicht hierauf gerichtet war, ist nicht erforderlich (RG 60, 9 und IW 07, 167), wie es auch des Nachweises der Arglist nicht bedarf (RG IW 05, 366). Die Ausbeutung verlangt auch nicht einmal einangriffsweises Vorgehen; es genügt die Benutzung einer zufällig gegebenen Gelegenheit (RG IW 05, 366). — Die Tatbestandsmerkmale „Ausbeutung der Notlage, des Leichtsinns oder der Unerfahren­ heit" bedeuten im Sinne des Gesetzes verschiedene mögliche Besonderheiten der gleichen Be­ gehungsart (RGSt 17, 442). Der Begriff „Notlage" erfordert eine dringende Not, welche die wirtschaftliche Existenz bedroht. Eine Notlage anderer Art kommt nicht in Betracht. Es kann daher nur bei Bermögensgeschäften von Wucher die Rede sein, auch bei einem Erbschaftsentsagungsvertrage mithin lediglich unter ganz besonderen Umständen (RG IW 07, 167). — Die Notlage muß tatsächlich vorhanden sein; eine nur eingebildete Notlage reicht nicht aus (RGSt 28, 290; RG 30. 11. 04 V 233/04). Steht nur die Beschaffung oder Erhaltung von Gewinn in Frage, handelt es sich nur um Spekulationszwecke, so liegt keine Notlage vor. Wohl aber ist sie denkbar, auch wenn jemand Mittel zu produktiven Zwecken braucht, sofern nur von deren Erfüllung seine wirtschaftliche Existenz abhängt (RGSt 4, 390 ff.). SSV. Kommentar von «etchSgertchtsräten. 1. Sand.

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Allgemeiner Teil

Rechtsgeschäfte

Auch bei Stundungen kann eine Notlage vorhanden sein. S. die letztangeführte Entscheidung Möglich ist es endlich, daß sich auch eine wohlhabende Persönlichkeit im kritischen Zeitpunkte im Notstände befand. Notlage ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil der Bewucherte noch Sachen hat, die er zur Befriedigung des Gläubigers verwenden kann; es kommt darauf an, ob ihm die Sachen nach den für seine Zukunft gefaßten Plänen unentbehrlich sind (RG IW 08, 142). Das Borliegen einer augenblicklich drängenden Not reicht aus (RG SeusfA 64, 180). Notlage ist kein Rechtsbegriff, über den Eideszuschiebung zulässig wäre (RG IW 09, 45). Der „Leichtsinn" zeigt sich darin, „daß der Handelnde den Folgen seines Tuns aus Sorglosigkeit oder aus Mangel an genügender Überlegung die ihnen zukommende Bedeutung nicht beilegt". Er muß bei dem besonderen gegebenen Geschäfte hervorgetreten sein, während es auf die sonstige Lebensweise des Betreffenden nicht ankommt (RGSt 27, 18). Auch schon der Beweggrund kann auf Leichtsinn beruhen (RG IW 08, 142). Der Leichtsinn tonn sich auch gerade darin zeigen, daß der Schuldner den Vertrag ohne Kenntnis seiner Einzelheiten oder "der Wertverhältnisse der Vertragsgegenstände eingeht. Das Mittel der Ausführung aber auch schon das Motiv kann leichtsinnig sein (RG SeuffA 64, 5). Unerfahrenheit bedeutet Mangel an Geschäftskenntnis. Sie kann daraus entnommen werden, daß der Betreffende die vorhandene und naheliegende Möglichkeit, sich Mittel auf andere, weit günstigere Art zu verschaffen, infolge mangelnder Geschäftskenntnis und Lebenserfahrung nicht benützt hat (RGSt 25, 319). — Die Ausbeutung eines geistig Minderwertigen verstößt noch mehr gegen die guten Sitten, als die Ausbeutung der Unerfahrenheit (RG 67, 393). 5. Die objektive Voraussetzung des Wuchergeschäftes bildet das Mißverhältnis zwischen dem BermSgensvorteile tinb der Leistung. Hierbei kommen außer dem objektiven Werte der beiderseitigen Leistungen auch die subjektiven Verhältnisse auf feiten des Bewucherten in Betracht (RG IW 05, 366, 332); beispielsweise der Umstand, daß der Bewucherte, um vom Wucherer überhaupt Geld zu erlangen, genötigt wird, Sachen käuflich zu übernehmen, die für ihn unverwertbar sind (RG 28. 11. 06 V 134/06). Die Höhe des Vermögensvorteils ist regelmäßig nach dem allgemeinen Berkehrswerte des dem Wucherer versprochenen oder gewährten Leistungsgegenstandes zu berechnen (RG 19. 10. 04 V 145/04), während als Maßstab für den Wert seiner Leistungen die übliche Vergütung anzusehen ist, die für eine solche Leistung im allgemeinen gewährt zu werden pflegt (RG Gruch 46, 897). Dieser Maßstab wird aber bei Geschäften gewagter Natur (bei denen Bewucherung ebenfalls an sich möglich ist) häufig versagen (vgl. RG IW 09, 215). Ob das Mißverhältnis ein auffälliges, ist von Fall zu Fall zu beurteilen und zwar nach den Umständen, die zur Zeit der Eingehung des Geschäftes bestanden. Das Vorhandensein des Merkmals wird nicht nachträglich wieder beseitigt, wenn in der Folge Ereignisse eintreten, die das Verhältnis zwischen dem Werte der beiderseitigen Leistung nunmehr anders gestalten (RG 13. 6. 06 I 50/06). 6. Über die Bestätigung eines wucberlichen Geschäftes vgl. § 141 A 2. 7. Revisibilität. Die Frage, ob ein Vertrag gegen die guten Sitten verstößt, ist insofern eine Rechtsfrage, als auch vom Revisionsgerichte nachgeprüst werden kann und muß, ob die festgestellten tatsächlichen Umstände dem Maß an Anstands- und Sittlichkeits­ pflicht widersprechen, welches im Geschäftsleben noch von einem Durchschnittsmenschen ver­ langt werden kann (RG 67, 101). — Auch der Begriff Notlage ist ein Rechtsbegrisf (RG 30. 11. 04 V 233/04; IW 09, 45). 8. Der § 138 hat rückwirkende Kraft insofern, als den betreffenden An­ sprüchen keinerlei Rechtsschutz gewährt werden kann; ob aber die rückwirkende Kraft soweit geht, daß auf Grund ihrer der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes eingetretene Rechtszustand wieder beseitigt werden kann, ist zweifelhaft (RG 47, 103 und IW 07, 167 und 10, 60). Die Frage dürfte zu verneinen sein.

8 139 Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig*), so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig8), wenn nicht anzunehmen ist, daß es anch ohne den nichtigen Teil vor­ genommen sein toiirbe8). E I 114 II, 112 M 1, 222 P 1, 134.

1. Teilweise Nichtigkeit eines RechtSgeschäfteS kann überhaupt nur dann in Frage kommen, wenn ein Rechtsgeschäft aus mehreren Teilen zusammengesetzt ist und der vor­ handene Nichtigkeitsgrund nur einem Teile anhaftet. Die Voraussetzung eines zusammen­ gesetzten Rechtsgeschäftes im Sinne des § 139 kann sowohl in objektiver wie in subjektiver Hinsicht erfüllt sein, mithin sowohl wenn die Abmachungen mehrere inhaltlich verschiedene Verträge enthalten (§ 305 A 3), als auch dann, wenn sich am Vertragsschlusse auf der einen oder der anderen Seite eine Mehrheit von Personen beteiligt hat, und nunmehr die Nichtig­ keit nur gegenüber einem von den mehreren Beteiligten in Frage kommt (RG 62,184; 71,201;

Willenserklärung

§§ 138, 139

131

72,218, betreffend mehrere Wechselschuldner). So kann beispielsweise ein „von beiden Ehe­ leuten" geschlossener Kaufvertrag für die Ehefrau gültig sein, wiewohl er etwa dem geschäfts­ unfähigen Manne gegenüber nichtig ist, falls nämlich die Frau den Vertrag erweislich auch ohne Beteiligung des Mannes geschlossen haben würde (RG 59, 174). Ein wirtschaftlich ein­ heitlich aufzufassender Kaufvertrag wird durch Anfechtung im ganzen nichtig, wenn nur einer der mehreren Verkäufer sich des Betrugs schuldig gemacht hat (RG IW 06, 83). Darauf, ob die Leistungen teilbar oder unteilbar sind, und ob ein Gesamtschuldverhältnis vorliegt, kommt es bei § 139 nicht an (RG IW 05, 684). Aus einer Mehrheit von inhaltlich verschiedenen Verträgen zusammengesetzte Rechtsgeschäfte liegen beispielsweise vor, wenn mit einem Grundstücksveräußerungsvertrage zugleich ein Vermögensübertragungsvertrag ver­ bunden ist; dann kann die Auslassung und Eintragung den Formmangel nicht auch hinsichtlich des letzteren Vertrages heilen (RG 61, 284); ferner bei Tauschverträgen insofern, als diese an sich in zwei Kaufverträge zerlegbar sind (RG 2.11. 07 V 241/06); weiter, wenn sich jemand einem andern gegenüber zur Übertragung des Eigentums an seinem Grundstücke verpflichtet, den andern mit der Ausführung dessen beauftragt und ihm dazu gleichzeitig die Bevoll­ mächtigung derart erteilt, daß die beiderseitigen Leistungen sich einander bedingend gegen­ überstehen; ist in diesem Falle der erstere Teil des Vertrages wegen Formmangels nach § 313 nichtig, so begründet das auch die Nichtigkeit der Vollmacht (RG 50, 169; 54, 79; 62^ 337); endlich wenn ein Grundstücksveräußerungsvertrag mit einem Mietverträge verbunden wird, ist der erstere nach $ 313 nichtig, so kommt in Frage, ob damit auch der Mietvertrag im ganzen nichtig ist, oder ob er gemäß § 566 Satz 2 als für ein Jahr gültig angesehen werden kann (RG 16.1. 07 I 07 I 251 /06). Unabwendbar ist der § 139, wenn zwei Rechts­ geschäfte voneinander unabhängig sind; so ist eine Vollmacht nicht schon deshalb nichtig, weil der ihr zugrunde liegende Vertrag nichtig ist (RG 69, 234). Ferner dann, wenn eine rechtsgeschäftliche Abrede mit einer nichtrechtsgeschäftlichen in Verbindung gebracht ist, die nach der Parteiabsicht mithin überhaupt keine Rechtswirksamkeit haben sollte (RG 68, 332). Selbständig stehen einander gegenüber auch die Aufrechnung im Kontokorrent und die Saldofeststellung (RG 56, 24). Der § 139 greift auch nicht Platz, wenn sich die Beteiligten bctm Abschlüsse des Rechtsgeschäftes seiner teilweisen Nichtigkeit bewußt waren, weil es alsdann insoweit an den Erfordernissen eines Geschäftswillens überhaupt fehlte; gegebenen­ falls kann hier daher auch eine nur teilweise Nichtigkeit im Sinne des § 139 in Frage kommen (RG 68, 335). In den Fällen der §§ 443, 476, 540, 637 wird der allgemeine Verzicht des Berechtigten auf die Gewährleistung nicht dadurch im ganzen hinfällig, daß der Verpflichtete nur das Vorhandensein eines besonderen Mangels arglistig verschwiegen hatte und zufolge dessen der Verzicht insoweit nichtig ist (RG 62,122 ff.). In entsprechender Anwendung des § 139 ist auch nur teilweiser Rücktritt von einem einheitlichen Vertrage ausgeschlossen (RG 67, 103). Der Paragra pH greift Platz gleichgültig, ob die teilweise Nichtig­ keit von Anfang an vorlag, oder ob sie erst durch Anfechtung herbeigeführt wurde (RG 62, 186). Unwesentlich ist ferner die Art des Nichtigkeitsgrundes (vgl. § 125 A la). Grundsätzlich unwesenlich ist es auch, ob der Nichtigkeilsgrund die unbedingt wesentlichen oder an und für sich nicht wesentliche Bestandteile des Rechtsgeschäftes (die nur relativ wesentlichen) be­ trifft (vgl. § 125 A 4). Daher kann beispielsweise auch die Formlosigkeit von Nebenabreden ( § 125 A 6) die Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages nach sich ziehen, wenn sie nur im Sinne des § 139 wesentlich sind (RG 62, 184; Warn 08, 24). 2. Nichtigkeit deS ganzen Geschäftes läßt das Gesetz alS Regel gelten. Es entspricht das seiner Anschauung (vgl. die §§ 139,154,155, 320, 323), daß im Zweifel alle Bestimmungen eines Vertrages nach der Parteiabsicht als ein zusammengehöriges einheitliches Ganzes zu betrachten sind muß auf die Lebenszeit eines Menschen gestellt sein (A 3). b) Die Leibrente besteht nicht aus einer Mehrzahl einzelner, selbständiger (aufschiebend bedingter) Ansprüche mit fortschreitend aufeinander folgenden Fälligkeitsterminen, sondern sie ist ein in sich ge­ schlossenes einheitliches Recht, dem die Eigenschaft der Nutzbarkeit im Sinne der §§ 99 Abs 2, 100 beiwohnt (vgl. auch $ 1073 im Gegensatze zu $ 1074, ferner ZPO § 832). Dieses Stammrecht bringt den jedesmaligen Anspruch des Leibrentenempfängers auf Einzelgefälle allein durch sein Bestehen hervor (vgl. dazu §§ 1383, 1519, 1652). „Die Renten sind nicht Einzelschulden, sondern Ausläufer eines rentenerzeugenden Gesamtverhältnisses, welches als eine nicht künftige, sondern sofort bestehende juristische Einheit zu betrachten ist" (Kohler). Der Anspruch auf die einzelne Rente erlischt nur, wenn das Leibrentenstamm­ recht entweder nach Maßgabe des Vertrags zu bestehen aufhört oder wenn es nach $ 812 ff. zurückgefordert wird. Für die aus dem Stammrechte sich auslösenden Einzelansprüche können besondere Gegenleistungen nicht ausbedungen werden und — im Unterschiede vom Leibrentenstammrechte selbst (A 3) — können sie nicht von besonderen Bedingungen

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Recht der Schuldverhältnisse

Einzelne Schuldverhältnisse

abhängig gemacht werden; so insbesondere nicht davon, daß sich jedesmal in der Person des Rentengebers oder des Rentenempfängers gewisse wirtschaftliche Voraussetzungen — wie die Leistungsfähigkeit des einen oder die Bedürftigkeit des andern — erfüllen. Vgl. RG 67, 204 ; 68, 340. Der Leibrentenschuldner will sich mit einer einheitlichen Kapitalschuld belasten, die sich nach und nach in gleichmäßige, terminlich wiederkehrende Einzelleistungen auflösen soll. — Da es sich bei den Einzelansprüchen nicht um aufschiebend bedingte For­ derungen handelt, ergibt sich die Anwendbarkeit der §$258, 259 ZPO (vgl. $$ 323,324, 708 Nr 6). Daraus, daß die Leibrente ein einheitliches, nutzbares Recht ist, folgt, daß im Kon­ kur s e eine vor der Konkurseröffnung begründete Leibrente in ihrem kapitalisierten Be­ trage wie ein einheitliches betagtes, auf die fortlaufenden Raten gerichtetes Forderungs­ recht oder als ein auflösend bedingtes Forderungsrecht gegen eine vom Konkursverwalter geltend gemachte Forderung aufgerechnet werden kann (vgl. §§ 54, 65 Abs 1, 66, 69, 70 KO; RG 68, 340). Im übrigen s. $$ 1, 3, 134 Nr 1, 135 ff. KO. Die ganze Rente wird als eine Einheit angemeldet. Aus der bezeichneten Natur des Leibrentenrechts ergibt sich ferner in Betreff der Beweis la st, daß der Leibrentengläubiger nur die Entstehung des Stammrechts zu beweisen hat, wogegen dem Rentenschuldner der Nachweis des Er­ löschungsgrundes, insbesondere des Todes der Person, auf deren Leben die Rente gestellt ist, zufällt. A. M. Planck $ 760 A 2 u. A. 2. Der Leibrentenvertrag ist ein Vertrag eigener Art, insbesondere kein Tausch, Kauf oder Darlehen. Er ist ein gegenseitiger Vertrag ($$ 320 ff.), bei dem der eine Teil das Leibrentenstammrecht zu bestellen, der andere Teil das Entgelt dafür zu entrichten hat. Der Vertrag kann aber auch unentgeltlich sein; über die Leibrentenschenkung s. $ 761 A 4. Ist das Stammrecht bestellt, so ist der Vertrag von feiten des Rentenschuldners erfüllt. Der Anspruch des Rentengläubigers auf die einzelnen Renten gründet sich dann unmittelbar auf das Stammrecht, nur mittelbar auf den Vertrag. Daraus folgt, daß, wenn der Rentenschuldner demnächst mit einzelnen Rentenleistungen in Verzug gerät, nicht $ 326r sondern $$ 284 ff. zur Anwendung kommen. A. M. Eccius in Gruch 45, 27; Planck Vordem II 5 vor $ 759 u. A. Es kann auch Zahlung der Leibrente an einen Dritten bedungen werden; s. darüber $ 330. Die Verpflichtung zur Gewährung der Leibrente kann außer durch Vertrag entstehen durch Gesetz (vgl. $ 760 A 1), durch einseitiges Rechtsgeschäft (Auslobung), sowie durch letztwillige Verfügung, für welche besondere Vor­ schriften nicht gegeben sind. Der Leibrentenvertrag, den eine Versicherungsanstalt eingeht oder ein Versicherungen betreibender Privatmann, ist als Versicherungsvertrag aufzufassen; vgl. RG 28,313; BersBertrG v. 30. 5. 05; über die Prämienzahlung insbesondere $$ 35 ff. — In Betreff der Form des Leibrentenvertrags des bürgerlichen Rechts s. $ 761. 3. Dauer der Rentenentrichtung. Das Wort „Gläubige r" ist betont. Die Leib­ rente braucht nur auf das Leben eines Menschen gestellt zu sein, sei es des Leibrentengläubigers, sei es des Schuldners oder auch eines Dritten. Im zweiten und dritten Falle erlischt die Rente selbstverständlich mit dem Tode des Leibrentenschuldners oder des Dritten. Stirbt nun der Leibrentengläubiger vorher, so soll die Rente im Zweifel (da sie mutmaßlich seinem Unterhalte dienen sollte) schon durch diesen Tod erlöschen. Es kann aber auch ein Ber­ tragswille des Inhalts ermittelt werden, daß die Leibrentenberechtigung auf die Erben des Gläubigers übergehen solle. Abw. Planck 91 2 a u. A; vgl. auch RG 67, 209/10. Die Ab­ stellung der Leibrente auf das Leben eines Menschen ist wesentlich; nebenhergehen können jedoch noch andere Bestimmungen über Anfangs- und Endtermin, die Rente fann auch von einem beliebigen ungewissen Ereignisse abhängig gemacht werden, z. B. bei einer ledigen Frau von ihrer Verheiratung. Diese Nebenbestimmungen dürfen nur nicht im Einzelfalle dem auf das Leben eines Menschen gestellten Endtermine seine Wesenheit nehmen, was z. B. dann der Fall wäre, wenn einem Kinde eine Lebensrente versprochen würde, die aber spätestens nach zehn Jahren endigen sollte. Anders, wenn die gleiche Rente einem neunzigjährigen Greise versprochen würde. Vgl. RG67, 210, 213. Steht das Leibrentenrecht mehreren Per­ sonen, z. B. Eheleuten, bis zum Tode des Längstlebenden von ihnen zu, so ist gemäß $ 420 im Zweifel anzunehmen, daß jeder zu einem gleichen Anteile berechtigt ist. Mit dem Tode des Erstversterbenden würde also die Rente teilweise erlöschen, nicht (wie bei dem sogen. Tontinenvertrage) dem Überlebenden ganz zuwachsen. Mehrere vertragsmäßige Rentenschuldner haften im Zweifel nach $ 427 als Gesamtschuldner; die auf den Tod der Rentenschuldner gestellte Rente würde danach durch den Tod eines von ihnen — von anderweitem Ber­ tragswillen abgesehen — nicht geschmälert. — Über den Begriff des Leibrentenvertrags nach dem preuß. Stempelsteuergesetz (Tarifstelle 36) vgl. RG 64, 133. 4. Abs 2 enthält eine Auslegungsregel über den Betrag der Rente. Die Regel gilt auch dann, wenn nicht bloß der Betrag, sondern auch der für die Entrichtung der Rente bestimmte Zeitabschnitt bezeichnet sind. „Betrag der Rente 4000 Mk., Rente zahlbar viertel­ jährlich" bedeutet also im Zweifel, daß vierteljährlich 1000 Mr. zu zahlen sind. Vgl. $ 760.

Leibrente

§§ 759—761

561

5. Uber die Verjährung der Leibrentenansprüche s. z 760 A4.— Für den mit der Überlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Lejbaedinasver. trag gilt nach Maßgabe des Art 96 EG Landesrecht.

§ 760 Die Leibrente ist im voraus zu entrichtens. Eine Geldrente ist für drei Monate vorauszuzahlen; bei einer anderen Rente bestimmt sich der Zeitabschnitt, für den sie im voraus zu entrichten ist, nach der Beschaffenheit und dem Zwecke der Renten. Hat der Gläubiger den Beginn des Zeitabschnitts erlebt, für den die Rente im voraus zu entrichten ist, so gebührt ihm der volle auf den Zeit­ abschnitt entfallende Betrag--)»). E I 661 II 702 M 2, 639 P 2, 486.

1. Die Vorschriften des $ 760 ergänzen den Geschäftswillen, sie enthalten nach­ giebiges Recht. Die «orausentrichtung entspricht dem der Leibrente regelmäßig beiwohnenden Unterhaltszwecke. Landwirtschaftliche Erzeugnisse, die einmal im Jahre geerntet werden, pflegen nach der Ernte für ein Jahr im voraus entrichtet zu werden Überall ist die Verkehrssitte zu beachten. — Wegen entsprechenderAnwenduna des $ 760 und wegen ähnlicher Vorschriften vgl. §§ 528, 843—845, 1351, 1361, 1580 (1581) 1612, 1710; HastpslG (EG Art 42) § 7. Unfall-, Invaliden- und Altersrenten sind in den besonderen Gesetzen geregelt. — Wenn die Vorschriften des § 760 auch vor der Parteiverein, barung zurückweichen, so darf doch das Gericht bei der entsprechenden Anwendung dieser Vorschriften, beispielsweise bei Rentenansprüchen aus § 843, keine von Abs 1, 2 abweichende und den Schuldner beschwerende Zahlungsweise (z. B. nicht Zahlung im voraus für ein volles Jahr) festsetzen. Eine solche Abweichung wäre namentlich im Hinblicke auf Abs 3 von Erheblichkeit. RG 69, 296. Dagegen ist es nicht ausgeschlossen, aus Antrag die Rente für kürzere als dreimonatige Zeitabschnitte zuzusprechen, soweit nicht der Schuldner dadurch unbillig beschwert werden sollte. 2. Abs 3 regelt nicht die B e w e is la st (s. § 759 91 1 a. E ). Er gilt sowohl dann wenn der Zeitabschnitt eine besondere Regelung erfahren hat, als im Falle des Abs 2 3. Auf die Verjährung der einzelnen rückständigen Rentenansprüche findet $ 197 Anwendung. Das Leibrentenstammrecht verjährt nicht (anders die herrschende Mei­ nung); dieses Recht wird allmählich ganz ausgeschöpft durch die Geltendmachung der Ansprüche auf die einzelnen Renten. Neben diesen Ansprüchen bleibt kein Platz für einen „Haupt­ anspruch" im Sinne des $ 224, von dem auf „Nebenleistungen" gerichtete Einzelansprüche abhängig wären.

8 761 Zur Gültigkeit eines Bertrags, durch den eine Leibrente versprochen«) wird, ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist--), schriftliche Er­ teilung des Versprechens erforderlich»)«)»). RTKomm 1, 54.

1. Die von der Reichstagskommission eingefügte Vorschrift trifft zunächst den Ver­ trag, durch den die Leibrente selbst versprochen, das Stammrecht (8 759 A 1) zugunsten des Leibrentenempfängers begründet wird. Die Formvorschrift muß aber auch für den Grund­ vertrag gelten, durch den sich der Leibrentengeber erst zur Bestellung des Leibrentenrechts verpflichtet, und der dann später durch diese Bestellung (nicht etwa durch die Entrichtung der einzelnen Renten) erfüllt werden soll. Vgl. RG 67, 211. 2. Soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist. Eine andere Form kommt bei der Leibrente nur für den der Bestellung des Stammrechts vorausgehenden Grund­ vertrag in Betracht (§§ 311, 312 Abs 2, 313, 518 Abs 1, 2371, 2385). Ist z. B. der Grund­ vertrag über die Gewährung einer Leibrente eine Schenkung (A 4), so ist hierfür nach § 518 Abs 1 in Ansehung des Schenkungsversprechens gerichtliche oder notarielle Beurkundung vorgeschrieben, wogegen im übrigen die Schenkung keiner Formvorschrift unterstellt ist. 3. Zur Wahrung der Form ist schriftliche Erteilung deS Leibrentenversprechens erforderlich (vgl. dazu §§ 780, 781, 766 A 2—5). Die von dem Leibrentengeber unter­ zeichnete Urkunde ( 8 126) muß den wesentlichen rechtlichen Inhalt des Leibrentenversprechens (8 759 A 1) unmittelbar enthalten. Immerhin darf die Urkunde, wenn sie nur nicht in einem wesentlichen Punkte ergänzt wird, unter Berücksichtigung der obwaltenden Umstände erläuternd ausgelegt werden. RG 67, 213/4; vgl. RG 57, 258. Spätere AndeBGY, Kommentar von Reichsgerichtsräten.

I. Band.

Zg

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Recht der Schuldverhältnisse

Einzelne Schuldverhältnisse

rungen des Leibrentenvertrags bedürfen der Schriftform dann nicht, wenn der Gläubiger von seinen Rechten etwas preisgibt (Verzicht) oder wenn das Leibrentenversprechen nur ver­ deutlicht wird. — Die Annahmeerklärung des Leibrentenempfängers ist an keine Form ge­ bunden, auch dann nicht, wenn seine Erklärung den Bertragsantrag bildet. Die Annahme kann auch stillschweigend geschehen. Für das die Leibrente begründende einseitige Rechtsgeschäft (Auslobung) enthält § 761 keine Vorschrift. Daß die Urkunde über das „Leibrentenversprechen" keine rechtsgeschäftliche Bedeutung hat, sondern nur eine persönliche Angelegenheit des Ur­ kundenausstellers bildet, bevor dieser das Versprechen gegenüber dem Leibrentenempfänger abgibt, z. B. die Urkunde aushändigt, erhellt aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen. RG 68, 409. Die mündliche Vereinbarung eines Leibrentenvertrags bindet auch den Leibrenten­ empfänger nicht eher, als das Leibrentenversprechen schriftlich abgegeben ist. Die spätere Abgabe des schriftlichen Versprechens bringt den bindenden Vertrag hervor, vorausgesetzt, daß sie den Bertragswillen des andern Teiles noch als vorhandenen trifft (§§ 130, 145 ff.). Erfolgt die Erteilung des Versprechens nicht schriftlich, so ist der ganze Vertrag nichtig (§ 125). Das Versprechen ist nicht als ein von seinem Grunde losgelöstes, sondern als Bestandteil eines einheitlichen Vertrags gedacht; dem Versprechen der Leibrente steht (von der Schenkung abgesehen, A 4) das — an sich an keine Formen gebundene — Versprechen einer Gegenleistung gegenüber. Ist für die Verpflichtung zu der Gegenleistung nach $$ 311, 312 Abs 2, 313, 2371, 2385 gerichtliche oder notarielle Beurkundung vorgeschrieben, so bedarf der g a n z e Leibrentenvertrag dieser Form. Auflassung und Eintragung in das Grundbuch (§ 313 Satz 2) machen in diesem Falle den ganzen Vertrag (einschließlich des Leibrentenver­ sprechens) gültig. Entbehrte zwar der Grundvertrag der Form des $ 761, wird aber die Formvorschrift beim Abschlüsse des Erfüllungsvertrags (A 1) gewahrt, so verliert der erste Formmangel seine Erheblichkeit. Wird aber die Form überhaupt nicht beobachtet, so bleibt der Leibrentenvertrag nichtig trotz beiderseitiger Erfüllung. Mildernde Vorschriften, wie sie in den §§ 313 Satz 2, 766 Satz 2 enthalten sind, fehlen für den Leibrentenvertrag. Die Folge ist, daß die beiderseitigen Leistungen nach den Grundsätzen über die Bereicherung, und zwar während der Dauer der dreißigjährigen Verjährungsfrist, zurückgefordert werden können. Vgl. RG 67, 212. 4. Besonders wichtig ist die Lei-rentenschenkung. Der Vertrag, in dem der Leibrenten­ geber nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hat (§ 521), bedarf nach §§ 518, 761 der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung, aber nur (a. M. Sepp, Leibrenten­ vertrag S. 112) in Ansehung des Schenkungsversprechens. Die Schenkung wird nicht durch die Einräumung des Leibrentenstammrechts in der einfachen Schriftlichkeitsform des § 761 vollzogen, vielmehr wird die Leistung des Schenkers im Sinne des § 518 Abs 2 nur insoweit bewirkt, als die einzelnen Rentengefälle geleistet werden. Die zehnjährige Frist des § 2325 muß in diesem Falle von der Leistung der einzelnen Gefälle an berechnet werden. Wegen der Pfändung der Leibrenteneinkünfte s. § 850 Abs 1 Nr 3 ZPO, wegen des Aus­ schlusses der Geltendmachung im Konkurse des Schuldners 8 63 Nr 4 KO. Bildet die ge­ schenkte Rente — was regelmäßig zutrifft — eine „Unterstützung" des Rentenempfängers, so gilt § 520; daneben greift § 759 Abs 1 (vgl. A 3) Platz. Im Zweifel ist also die Unter­ stützungsrente weder auf feiten des Rentenschuldners noch auf feiten des Rentengläubigers vererblich. — Eine den Umständen angemessene Ausstattung gilt gemäß § 1624 nicht als Schenkung; ein dem Ausstattungszwecke dienendes Rentenversprechen ist aber von der Schriftform nicht befreit (RG 63, 323). Die Zusage einer Ausstattung durch Gewährung freier Wohnung ist indessen nicht das Versprechen einer Leibrente (vgl. § 759 A 1; RG 26. 3. 06 IV 479/05). 5. Wird gegen Leistung von Diensten als Entgelt gleichzeitig Unterhalt gewahrt, so liegt, mögen auch die Unterhaltsleistungen den Charakter von Leibrentenleistungen tragen, dennoch kein Leibrentenvertrag vor, da die Unterhaltsleistungen von den diese bedingenden Gegenleistungen abhängig sind (§ 759 A 1). Streitig ist, ob auch dann, wenn dem Dienst­ verpflichteten für seine Dienste von einem gewissen Zeitpunkte an leibrentenartige Leistungen, die von einer Gegenleistung, insbesondere von weiteren Dienstleistungen, unabhängig sind, als Ruhegehalt zugesichert werden, ein Leibrentenvertrag anerkannt werden muß; dies würde zur Folge haben, daß die Formvorschrift des § 761 zur Anwendung käme. Der im Eingänge angeführte Gegengrund scheidet hier aus, da die Rentenleistungen den dafür das Entgelt bietenden Dienstleistungen nachfolgen. Bei den gedachten Verträgen überwiegen jedoch Inhalt und Zweck auf der Seite eines Di en st Vertrags im Gegensatze zum Leibrenten­ verträge. Und mit Oertmann muß angenommen werden, daß es sich bei der Leibrente um eine besondere Bertragsart, nicht bloß um einen bei den verschiedensten Geschäften vor­ kommenden besonderen Vertragsinhalt handelt. Für Dienstverträge mit Aussetzung eines Ruhegehalts ist hiernach die Wahrung der Schriftform nicht erforderlich. A. M. Eccius bei Gruch 45 15; Planck § 761 A 5 u. a.

Spiel

Wette

$ 762

663

Siebzehnter Titel Spiel

Wette

§ 762 Durch Spiel oder durch Wette*) wird eine Verbindlichkeit nicht begründet2). Das aus Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb rurüügesordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat2). Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der verlierende Teil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder einer Wettschnld dem gewinnenden Teile gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht«), insbesondere für ein Schuldanerkenntnis»)«)'). E l 664 II 704 M L, 643 ff. P 2, 794 ff,

1. Spiel und Wette sind gegenseitige Verträge (§§ 320 ff.). Der Begriff von Spiel und Wette wird im Gesetze vorausgesetzt. Die Spiele zerfallen in zwei Hauptarten: Glücks­ spiele und Geschicklichkeitsspiele. Glücksspiel ist die Vereinbarung von Gewinn und Verlust unter entgegengesetzten vom Zufall wesentlich beeinflußten Bedingungen zu dem Zwecke des Gewinnes oder der Unterhaltung (vgl. RG 60, 381; RGSt 34, 392). Als Zufall ist hier das Wirken einer unberechenbaren, der entscheidenden Einwirkung der Beteiligten entzogenen Ursächlichkeit anzusehen. Die Entwickelung irgend welcher Tätigkeit ist beim Spiel nicht erforderlich. Der erstrebte Gewinn beruht vor allem nicht auf wirt­ schaftlicher Tätigkeit. Von dem Glücksspiel unterscheidet sich das Geschicklichkeits­ spiel (z. B. Billard, Kegeln, Wettlauf, Schach) dadurch, daß bei ihm nicht der Zufall, sondern körperliche oder geistige Fähigkeit entscheidend ist (vgl. RGSt 40, 21 und dort angef. RGE.). Abw. M. Endemann I § 187 1 a. Ein Geschicklichkeitsspiel kann, von Spiel­ unkundigen gespielt, Glücksspiel werden. Zwischen das Glücks- und Geschicklichkeitsspiel stellt sich als dritte Art das gemischte Spiel. Die Wette ist ein Vertrag, bei dem sich die Parteien zur Bekräftigung einander widerstreitender, auf Überzeugung gegründeter Be­ hauptungen gegenseitig verpflichten, daß dem, dessen Behauptung sich als richtig erweist, dem Gewinner von dem Verlierer eine bestimmte Leistung gemacht werden soll. Die Wett­ behauptung betrifft regelmäßig Vergangenes oder Gegenwärtiges; doch ist dies nicht begriffs­ notwendig (A. M. Planck Vordem III 2c vor § 762; Staudinger A 2c u. a.). Ms kenn­ zeichnendes Unterscheidungsmerkmal zwischen Spiel und Wette ergibt sich hiernach der Beweggrund des Vertrags; beim Spiel: Unterhaltung oder Gewinn, und zwar ohne Entfaltung wirtschaftlicher Tätigkeit, bei der Wette: Bekräftigung einer Überzeugung. Die scharfe Schei­ dung zwischen den beiden Gefahrgeschäften hat indessen ihre hauptsächliche Bedeutung ver­ loren, weil das BGB — im Gegensatze zum gemeinen Rechte und auch dem preuß. Land­ rechte — Spiel und Wette rechtlich gleichgestellt hat. Wichtiger ist die Ausscheidung dieser Verträge aus dem Gebiete der übrigen schuldrechtlichen Verhältnisse. Fehlen die bezeich­ neten Beweggründe (Gewinn, Unterhaltung, Behauptungsbekräftigung), so können die §§ 762 bis 764 keine Anwendung finden. Möglicherweise liegt dann ein anderer gültiger Vertrag vor, insbesondere kann ein gegenseitiger Versicherungsvertrag oder ein Gewährgeschäft in Frage kommen (vgl. auch als Beispiel RG 66, 222). Der Gewinn kann bei Spiel und Wette auch darin bestehen, daß der Verlierende zu eigenem Nachteile mit dem Gewinner ein diesem günstiges Geschäft, z. B. einen ihm vorteilhaften Kaufvertrag abzuschließen hat. Der Nach­ teil, den der Verlierende aus sich nimmt, braucht nicht für beide Teile gleich zu sein; es kann 100 gegen 5 gewettet werden. Die Wette wird selbst dadurch nicht ausgeschlossen, daß nur der eine Teil etwas verspricht, also gegen nichts wettet: einseitige Wette (RG 61, 153; a. M. Enneccerus § 409 A 6). Die einseitige Wette hat äußere Ähnlichkeit mit der Auslobung (§§ 657 ff.), unterscheidet sich von ihr aber — abgesehen von der Einseitigkeit der Auslobung (RGSt 40, 32) — dadurch, daß der Wettende nur seine Behauptung be­ kräftigen, der Auslobende zu einer bestimmten Tätigkeit anspornen will (vgl. auch § 657 A 3 und Borbem). — Die sog. Wette am Totalisator und beim Buchmacher ist rechtlich Glücksspiel (S P i e l w e 11 e); vgl. RG 40, 259 und dort angeführte RGE, RGSt 6, 172, 421; § 763 A 1 a. E., A 4 a. E. Über das Differenzgeschäft s. § 764. 2. Eine Verbindlichkeit wird nicht begründet. Der Spiel- oder Wettforderung steht nicht etwa nur eine Einrede entgegen, die Forderung ist, abgesehen von der Erfüllbarkeit (A 3), unwirksam (RGSt 36, 207). Die Unwirksamkeit muß im Rechtsstreite, auch ohne daß ein hierauf gerichteter Einwand erhoben wird, berücksichtigt werden. Nicht bloß Klage

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Recht der Schuldverhältnisse

Einzelne Schuldverhältnisse

Einrede, Zurückbehaltungsrecht (§ 273) werden dem Spiel- oder Wett­ gläubiger versagt, auch Sicherheitsbestellungen für die Spiel- oder Wettschuld, Bürg­ schaft, Pfand sind in gleicher Weise unverbindlich wie Spiel und Wette selbst (vgl. RG 47,48; 52,40; 30,214; 38,238, 251; IW 01, 2861). Ebensowenig haben fiduziarische Rechtsübertragung oder Vertragsstrafe Gültigkeit. Die bestellte Hypo­ thek steht dem Eigentümer zu (§ 1163; § 894). Auch die von dritten Personen ein­ gegangenen Sicherheitsgeschäfte sowie (bestr.) die Schuldübernahme (BayObLGZ 5, 362) sind unverbindlich im Sinne des § 762 Abs 1. Eine Forderung aus Spiel und Wette kann der Gläubiger nicht gegen eine andere Forderung aufrechnen, aber selbstver­ ständlich kann der Verlierende gegen eine Spiel- oder Wettforderung mit einer gewöhnlichen Forderung aufrechnen. Und weil die Spiel- und Wettschuld erfüllbar ist (A 3), muß jede vertragsmäßige Aufrechnung (8 387 A 1) als wirksam angesehen werden (RG IW 96, 160"; 02 Beil 199; 03, 123* Beil 35", 46"-; 05, 187". Vgl. § 764 A 3). — Daraus, daß der Spiel- und Wettvertrag als solcher keine klagbare Forderung hervorbringt, kann nicht gefolgert werden, daß auch eine Haftung aus besonderen Gründen, z. B. wegen Betrugs, ausgeschlossen sei (RG 70, 4). 3. Der Spiel- oder Wettvertrag verstößt an sich nicht gegen die guten Sitten (§ 138) — vgl. auch RG 43, 150; 4. 3. 03 HoldhMSchr 13, 49 —; er ist daher nicht ungültig, be­ gründet vielmehr eine natürliche oder unvollkommene Verbindlichkeit, deren Wirksamkeit sich aber darin erschöpft, daß die Zurückforderung des Gelei st eten aus­ geschlossen ist (vgl. auch BörsG §§ 55, 64 Abs 2). Das Gesetz trifft die Leistung im Sinne des § 241 und den Erfüllungsersatz. Die Leistung oder Teilleistung muß die Schuld im Umfange der Leistung völlig tilgen, so daß keine Verbindlichkeit zurückbleibt. Auf Grund des Spieles geleistet ist nicht nur der nach der Entscheidung gezahlte Gewinn, sondern auch der bei dem Spielbeginne als unbedingte Vorleistung (im Gegensatze zu einer bloßen Sicherung — A 2 —) gezahlte Einsatz, wie er bei der Lotterie und Ausspielung sowie bei verschiedenen Gesellschaftsspielen vorkommt; dieser Einsatz kann daher nicht zurück­ verlangt werden, obgleich ein klagbarer Anspruch auf den — möglicherweise demnächst zu­ fallenden — Gewinn nicht besteht. Weigerung des Einsatzempfängers, das Spiel auszu­ führen oder den Gewinn herauszugeben, würde — von dem Falle des Betrugs abgesehen — einen Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138) enthalten können und den Bereicherungs­ anspruch — wenn nicht aus diesem Grunde, dann doch — ob causam datorum hervorbringen. Wird nach Abschluß des schuldrechtlichen Vertrags, aber vor der Entscheidung der Betrag des bedingten Wett- oder Spielverlustes von dem einen dem andern Teile mit dem Vorbehalte der Rückforderung im Falle des für den ersten Teil günstigen Ausgangs übereignet, so handelt es sich hier im Grunde nur um die Sicherung des bedingten Wett- oder Spielanspruchs, nicht um eine Leistung im Sinne des Gesetzes (vgl. auch RG 38, 232; IW 02, 101" (betrifft Vor­ prämie); Dernburg II § 212 I. 3; a. M. Staub HGB Exk. zu § 376 A 67, Oertmann § 762 A 1 b u. a ). Eine nach der Entscheidung getroffene Vereinbarung, wonach der Empfänger das im voraus Gezahlte auf seine Spiel- oder Wettforderung behalten soll, ist als vertrags­ mäßige Aufrechnung wirksam. Der Vorauszahlung würde gleichstehen die Hinterlegung bei einem Dritten. Hinterlegung nach der Entscheidung gemäß §§ 372, 376 Abs 2 ist Leistung im Sinne des Gesetzes (a. M. Oertmann A1). — Die Ersatzerfüllung (vgl. § 364 A1) hat nament­ lich die Hingabe einer Sache oder die Abtretung einer Forderung an Erfüllungsstatt zum Gegenstände (§ 364). Eine von dem Spiel- oder Wettschuldner für eine an Erfüllungsstatt abgetretene Forderung übernommene Gewährleistungspflicht (vgl. Borbem 5 d vor § 765) ist nach Abs 2 unverbindlich, ohne daß dadurch die Rechtsbeständigkeit der Abtretung be­ einträchtigt würde. Ganz unverbindlich ist dagegen nach Abs 2 eine Vereinbarung, durch die der verlierende Teil zur Tilgung der Spiel- oder Wettschuld eine neue Schuld, mag diese auch durch Pfand oder Hypothek gesichert sein, eingeht (vgl. RG 47, 48). Die Hingabe an Erfüllungsstatt setzt in dem vereinbarten Umfange der Erfüllung eine unbedingte und end­ gültige Lösung des Schuldverhältnisses voraus. Diesem Erfordernisse genügt nicht ein Ab­ kommen, nach dem der Schuldner seine Lebensversicherungspolice unter der Verpflichtung der weiteren Prämienzahlung abtritt, wogegen der Gläubiger den Schuldner, solange er die Prämie bezahlt, nicht in Anspruch nehmen und sich nach dem Tode des Schuldners aus der Versicherung befriedigen soll (RG IW 02 Beil 254"*). — Wer einmal auf Grund eines Spiel- oder Wettvertrags geleistet hat, kann sich nicht nachträglich darauf berufen, daß er die Unverbindlichkeit eines solchen Vertrags nicht gekannt oder daß er den Charakter des Vertrags als eines Spieles oder einer Wette verkannt habe. § 762 Satz 2 greift über § 814 hinaus. „Die Rückforderung ist demgemäß auch den Erben versagt, welche in Unkenntnis von dem wirklichen Entstehungsgrunde der Schuld geleistet haben" (M 2, 644). Abs 1 Satz 2 betrifft aber nur den aus dem Spiel- oder Wettcharakter des Vertrags hervorgehenden Mangel. Andere dem Vertrage anhaftende Mängel werden durch die Leistung nicht geheilt (RG IW 04, 38°). Ist der Spiel- oder Weltvertrag aus besonderen Gründen, z. B. wegen Geschäfts-

Spiel

Wette

J 762

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Unfähigkeit, infolge Irrtums, Betrugs (Falschspiel) nichtig, so kann die Leistung nach den allgemeinen Grundsätzen der Bereicherung (§§ 812 ff., 817) zurückgefordert werden. Nach $ 138 Abf 1 nichtig ist die Wette regelmäßig auch dann, wenn der eine Teil über die be­ hauptete Tatsache besondere, dem Gegner verschwiegene Nachricht besaß (Wette ä coup sür). Ausgeschlossen ist es jedoch nicht, daß nach der eigenartigen Lage eines solchen Falles der Vorwurf der Unredlichkeit unbegründet ist (M 2, 646). — Uber verbotene Spiele s. A 6, anderseits über staatlich genehmigte Spiele § 763; erstere sind nichtig, letztere schlechthin gültig. 4. Eingehung einer Verbindlichkeit zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder Wettfchuld. Zur Erreichung des vom Gesetze verfolgten Zweckes mußten die Vorschriften des Abs 1 auf die im Abs 2 bezeichneten Verbindlichkeiten erstreckt werden, die keine selb­ ständige Rechtsgrundlage, sondern auf dem Boden des vom Gesetze mißbilligten Geschäfts stehen (vgl. auch BörsG $ 59). Dem als Beispiel hervorgehobenen Schuld Erkenntnisse (§ 781) steht das Schuldversprechen ($ 780) gleich. Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis können nach §§ 812 ff. zurückgefordert werden; die aus ihnen hervor gehenden unvollkommenen Verbindlichkeiten (A 3) können gemäß Abs 1 Satz 2 erfüllt werden. Weiter kommt das Bereinbarungsdarlehen nach § 607 Abs 2 (das. A 6) so­ wie die Novation (8 305 A 2) in Betracht (RG IW 98, 39532 ; 02, 369"; 04, 124"). Bon besonderer Wichtigkeit ist die Hingabe eines Wechsels. Sie steht auch dann der Erfüllung nicht gleich, wenn der Wechsel nicht zahlungshalber, sondern an Zahlungs Statt von dem Spiel- oder Wettschuldner an seinen Gläubiger begeben wird. Der Schuldner kann nach § 812 Abs 1 Satz 1 den Wechsel von dem Gläubiger zurückfordern oder, wenn er von einem dritten gutgläubigen Erwerber des Wechsels zur Zahlung gezwungen worden ist, den von diesem, dem Indossatar, an den Gläubiger gegebenen Gegenwert. Aus der — zu ver­ mutenden — Zustimmung des Spiel- oder Weltschuldners zur Weiterbegebung des Wechsels ergibt sich noch nicht, daß eine Leistung gemäß Abs 1 Satz 2 als erfolgt angesehen werden müßte. RG 51, 361; 71, 292; IW 96, 421"; 04, 124"; HoldhMSchr 8, 189; 13, 131; a. M. Planck 8 762 A 7c u. a.; vgl. auch das — auf dem preuß. LandR beruhende — abw. RG IW 96, 42068. Erst wenn der Schuldner den in den Händen eines Dritten befindlichen Wechsel f r e i w i ll i g einlöst, also freiwillig den Gläubiger der Spiel- oder Wettschuld in die Lage bringt, behalten zu können, was dieser bei der Weiterbegebung des Wechsels erlangt hat, wird die Rückforde­ rung ausgeschlossen; erst dann ist die Rechtslage, wie wenn der Schuldner unmittelbar an seinen Gläubiger geleistet hätte. Die Unfreiwilligkeit der Zahlung kann namentlich daraus entnommen werden, daß der Schuldner den Wechsel vorher, wenn auch erst nach der Weiter­ begebung an den Dritten, zurückgefordert hat. RG 51, 156; 52, 39; HoldhMSchr 13, 27, vgl. auch abw. RG 35, 196; 47, 50. Unbefugte Indossierung des für Spiel- oder Wettschuld gegebenen Wechsels durch den Gläubiger in der Llbsicht, dem Schuldner den Einwand nach § 762 abzuschneiden und so einen vom Gesetze mißbilligten Vermögensvorteil zu erlangen, kann auch nach $ 826 schadensersatzpflichtig machen (RG 51, 360; 56, 321). Wird vom Schuld­ ner ein Wechsel, der zugleich fremde Unterschriften trägt, an den Gläubiger indossiert, so hat das eigene Indossament zwar zu Lasten des Schuldners keine verpflichtende Wirkung, es setzt aber den Gläubiger in den Stand, gegen die übrigen Wechselschuldner vorzugehen. — Ein Schuldanerkenntnis der Sache nach kann in die äußere Form des Vergleichs ge­ kleidet werden; ein solcher nur scheinbarer Vergleich (8 117 Abs 2), mag er gericht­ lich (RG 37, 418) oder außergerichtlich geschlossen sein, fällt unter Abs 2 (RG 49, 193). Besteht aber im Ernste eine subjektive Ungewißheit der Vertragschließenden darüber, ob im gegebenen Falle eine gültige Verbindlichkeit entstanden sei, insbesondere ob der vor­ liegende Vertrag den Charakter des Spieles oder der Wette im Sinne des Gesetzes habe, z. B. ob er ein gültiges Kauf- oder Kommissionsgeschäft, ein gültiges Börsentermingeschäft oder ein klagloses Differenzgeschäft (8 764) sei, so hat der zur Beseitigung dieser Ungewißheit ge­ schlossene Vergleich Wirksamkeit, mochte der Vertrag auch in Wahrheit Wette oder Spiel sein und deswegen eine Verbindlichkeit nicht bestehen (vgl. RG 49, 192; IW 02 Beil 2641"; 8 779 A 3a). Dieser Vergleich findet seine Rechtsgrundlage in dem gesetzlich gebilligten Zwecke der Streitbeilegung und kann wegen eines innerhalb des Streitgebiets liegenden Irr­ tums nicht mit dem Einwande aus 8 779 Abs 1 oder mit der Anfechtung aus 8119 bekämpft werden (vgl. RG IW 05, 689"; 8 779 A 6a, e). Wird durch einen Vergleich nicht die Un­ gewißheit darüber, ob im Hinblicke auf die Vorschriften über Spiel und Wette eine Verbind­ lichkeit besteht, sondern über andere Fragen beseitigt, z. B. in Betreff des Zustandekommens des Vertrags überhaupt (RG IW 01, 621") oder über die Art und Weise der Erfüllung (RG IW 97, 608"), so entsteht keine Verbindlichkeit von größerer Kraft, als sie $ 762 Abs 1 verleiht (RG IW 02 Beil 2551"). Das über den Vergleich Gesagte findet auf den selb­ ständigen Schiedsvertrag (8§ 1025 ff. ZPO) entsprechende Anwendung; der Schieds­ vertrag als Nebenabrede eines Spiel- oder Wettvertrags ist ebensowenig verbindlich wie der Hauptvertrag (vgl. auch § 1041 ZPO). S. Vordem vor § 779; vgl. auch RG 43, 407;

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Recht der SchuldverhLltnisse

Einzelne Schuldverhältnisse

56, 19; 58, 151; 27, 378; 36, 245; IW 05, 401"). — Die Beweis la st dafür, daß eine Verbindlichkeit zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder Wettschuld eingegangen ist, trifft im Zweifelsfa^le denjenigen, der sich darauf beruft (RG IW 00, 157"). 5. Rebenverträge in Bezug auf Spiel und Wette. Die Vorschriften des § 762 be­ ruhen nicht nur auf dem Gedanken, daß Spiel- und Wettverträge — wenn sie auch an sich nicht gegen die guten Sitten verstoßen (§ 138) — des Rechtsschutzes nicht würdig sind, son­ dern auch auf der Vorstellung, daß namentlich das Spielen und Wetten auf Borg erhebliche sittliche und wirtschaftliche Gefahren mit sich bringt. Aus diesen Gründen wird jeder Zwang zur Berichtigung einer Spiel- und Wettschuld ausgeschlossen. Der Zweck des Gesetzes würde aber vereitelt, wenn jemand, der einen modern für sich spielen oder wetten und die Spiel­ verluste und -Einsätze oder die Wettbeträge für sich auslegen läßt, also seinerseits auf Borg spielt oder wettet, von seinem Beauftragten oder Geschäftsbesorger (§ 675) zur Zahlung der entstandenen Schuld (Auslagen, Vergütung) gezwungen werden könnte. Solche Ansprüche müssen daher den eigentlichen Spiel- und Wettschulden gleichgeachtet werden. Das für den Auftrag Geltende ist auch auf das Kommissionsgeschäft (HGB §§ 383 ff.; vgl. Vordem 2 vor § 662) anwendbar (RG 51, 156; RGSt 36, 205; IW 06, 228"; vgl. RG 34, 266; 40, 259; auch BörsG § 70.) Was den Auftraggeber anlangt, so hat er gegen den Beauftragten keinen Anspruch auf Ausführung des Auftrags oder auf Schadensersatz wegen Nichtausführung. Der Beauftragte ist jedoch, da das Geschäft nicht unsittlich ist, gemäß § 667 zur Herausgabe des Erhaltenen und Erlangten verpflichtet, wo­ gegen er seine Aufwendungen abrechnen kann (§ 670); dadurch wird nicht das Spiel ge­ fördert, sondern der Gewinn an den befördert, dem er gebührt (vgl. auch RG 58, 280). Man kann also nicht sagen, daß das Gesetz unter Vereitelung seines Zweckes umgangen wird. Auch dann, wenn der Spieler, der bereits verloren hat, einen anderen be­ auftragt, für ihn die Spielschuld zu zahlen, erhält der Beauftragte durch die Zahlung einen klagbaren Ersatzanspruch gegen den Auftraggeber (vgl. auch RG 45, 160; betrifft das gemeine Recht). — Gleiches wie für den Auftrag gilt im allgemeinen für den D i e n st v e r t r a g zum Zwecke des Spieles oder der Wette. Insbesondere erscheint die Anwendung des § 762 nach seinem Zwecke auch bei Ansprüchen auf Auslagen dann geboten, wenn zur Beförderung der Spiellust besondere Veranstaltungen in Wettkommissionsbureaux und dergl. geschaffen sind. Ob ein Unternehmen dieser Art polizeilich gestattet ist, berührt nicht die Vorschriften deS bürgerlichen Rechtes über die Wirksamkeit der Geschäfte. (Vgl. RG Gruch 47, 932; IW 06, 228"). Auch aus einem Gesellschaft-verträge können Ansprüche auf Mit­ wirkung bei Spiel oder Wette oder auf Zahlung von Beiträgen zu Spiel- oder Wettzwecken nicht entstehen. Ist ein Gewinn bereit- gemacht worden, so kann dessen Verteilung verlangt werden. Ob ein Anspruch auf Mittragung eingetretenen Verlustes anzuerkennen sei, ist streitig; die Frage wird, sofern keine Umgehung des $ 762 beabsichtigt ist, zu bejahen sein (vgl. auch RG 43, 150; betrifft da- gemeine Recht). — Grundsätzlich zu scheiden vom Auftrag ist das Darlehen, welches von einem Dritten zu Spiel oder Wette gegeben wird. Denn es ist zu beachten, daß beim Darlehen der Spieler oder Wetter die Verfügung über die dargeliehene Summe erhält und daß zwischen der Eingehung einer Darlehensschuld, auch wenn aus dem Dargeliehenen eine Barleistung für Spiel oder Wette gemacht wird oder gemacht werden soll, und dem Spielen oder Wetten auf Borg ein erheblicher Unterschied bestehen bleibt. Das zu Spiel- oder Wettzwecken von einem Dritten gegebene Darlehen fällt daher nicht unter $ 762. Anders, wenn der Gewinner dem Verlierer ein Darlehen gibt, damit er daraus die Spiel- oder Wettschuld an ihn bezahle; auf ein solches Darlehen findet die Vorschrift des $ 762 Ms 2, wenn nicht unmittelbare, dann doch ent­ sprechende Anwendung (vgl. KommBer. zu $ 748 deS RTEntw.; RG IW 02, 369"; ROHG 25, 290; OLG 8, 83). Ob ein zum Zwecke des Spieles oder der Wette gegebenes Dar­ lehen gegen die guten Sitten verstößt, ist nach den besonderen Umständen des EinzelfalleS zu entscheiden. Die Frage wird je nach der verschiedenen Lage des Falles z. B. bejaht in RG 70, 1, dagegen verneint in RG 67, 355 (vgl. auch Prot 2, 795 ff.). Die Gewährung auch eines größeren Darlehens verstößt nicht schon allein deshalb gegen die guten Sitten, weil sie dem Darlehensnehmer die Möglichkeit verschaffen sollte, an einer öffentlichen Spielbank weiter zu spielen, um vorher dort erlittene Verluste wieder einzu­ bringen. — Die vorstehenden Bemerkungen betreffen nicht das staatlich genehmigte Spiel (§ 763 A 2). S. Gesetzlich verbotene Spiele. Es werden bestraft nach $ 284 StGB das ge­ werbsmäßige Glücksspiel, nach § 286die Veranstaltung einer öffentlichen Lot­ terie oder einer Ausspielung beweglicher oder unbeweglicher Sachen ohne obrig­ keitliche Erlaubnis. Spielverträge, welche den in diesen Vorschriften enthaltenen Verbots­ normen zuwiderlaufen, sind nach § 134 nichtig (vgl. aber § 763 A 4). Soweit Nichtigkeit eintritt, greifen §§ 812 ff. (814, 817) Platz. Nach § 360 Nr 14 StGB wird ferner bestraft, „wer unbefugt auf einem öffentlichen Wege, einer Straße, einem öffentlichen Platze oder

Spiel

Weite

§§ 762, 763

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in einem öffentlichen Versammlungsorte Glücksspiele hält". Die in dieser polizeilichen Straf­ vorschrift enthaltene Verbotsnorm trifft nicht das Spiel selbst, sondern den Ort des Spieles, so daß nicht nach § 134 der Spielvertrag nichtig ist; es kommen daher §§ 762, 763 zur Anwendung. — Auftrag, Dien st vertrag, Gesellschaft in Bezug auf ver­ botenes Spiel verstoßen gegen die guten Sitten (§ 138) und sind aus diesem Grunde nichtig lvgl. auch RG 18, 242). 7. Auf die vor dem 1. 1. 00 eingegangenen Spiel- und Wettverträge findet § 762 gemäß Art 170 EG keine Anwendung, 8 762 hat keine rückwirkende Kraft (RG IW 03 Beil 31"). Ist nach dem auf einen Spiel- oder Wettvertrag anzuwendenden aus­ ländischen Rechte die Forderung klagbar, so kann sich gemäß Art 30 EG der Schuldner dennoch auf die Klaglosigkeit berufen, da ein Zwang gegen den Zweck des § 762 verstoßen würde (vgl. auch RG 37, 266, BayObLGZ 5, 361).

§ 763

Ein Lotterievertrag oder ein Ausspielvertrag ^) ist verbindlich, wenn die Lotterie oder die Ausspielung staatlich genehmigt ist2). Andernfalls finden die Vorschriften des § 762 Anwendung2)*)»). @ I 665 II 705 M r, 648 P 2, 804.

1. Die Lotterie ist ein Unternehmen, bei dem mehreren Personen (der Allgemein­ heit oder einem beschränkten Personenkreise) gegen Entrichtung eines Einsatzes Geldbeträge oder andere vertretbare Sachen nach einem vorher aufgestellten Plane derart ausgesetzt werden, daß Gewinne oder Nieten von einer Auslosung (Ziehung) oder einer andern auf den Zufall gestellten Art der Ermittelung abhängig sind. Das Ermittelungsverfahren kann danach verschiedener Art sein, es muß nur der Erfolg wesentlich vom Zufall abhangen; denn die Lotterie ist im Sinne des bürgerlichen Rechtes ein Glücksspiel (8 762 A 1). Vgl. RG 60, 381; RGSt 34, 392. Die Ausspielung unterscheidet sich von der Lotterie hauptsächlich dadurch, daß andere Gegenstände als Geld oder als sonstige vertretbare Sachen die Gewinne bilden. Sehr oft, aber nicht immer, erfolgt bei der Ausspielung die Entscheidung durch eine dem Vergnügen oder der Erholung dienende Tätigkeit der dem Veranstalter der Aus­ spielung gegenüberstehenden Beteiligten. Die Ausspielung ist ein Glücks- oder Geschicklich­ keitsspiel (§ 762 A 1). Die Ausspielung kann im Gegensatze zur Lotterie die mannigfachsten Formen annehmen; vgl. über das Gellaverfahren oder Schneeballgeschäft, das Hydrasystem und daS Rabattsystem Multiplex RG 60, 379; RGSt 34, 140, 321, 390, 403. Privat­ rechtlich stehen Lotterie und Ausspielung völlig gleich. Die Verträge werden zwischen dem Lotterie- oder Ausspielunternehmer einerseits und dem einzelnen Spieler anderseits geschlossen (vgl. A5). Die Spieler stehen nicht infolge des Spielvertrags untereinander in einem Rechtsverhältnisse. Es können aber einige von ihnen zu einer Gesellschaft zusammentreten (Lotteriegesellschast, Lotteriegemeinschaft); vgl. auch 8 718 A 4, 6, 8 727 A 1 und RG IW 08, 324«. Das Wettunternehmen für öffentlich veranstaltete Pferderennen, Totalisator, ist seinem Wesen nach eine Lotterie; vgl. RG v. 4. 7. 05; A 4 a. E.