Das Bürgerliche Gesetzbuch aus Sicht des Common Law: Das BGB und andere Kodifikationen der Kaiserzeit im Urteil zeitgenössischer englischer und angloamerikanischer Juristen [1 ed.] 9783428501373, 9783428101375

Vor kurzem konnte das 100jährige Jubiläum des Bürgerlichen Gesetzbuches begangen werden. Wie wurde das BGB, dieser Meile

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German Pages 466 Year 2001

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Das Bürgerliche Gesetzbuch aus Sicht des Common Law: Das BGB und andere Kodifikationen der Kaiserzeit im Urteil zeitgenössischer englischer und angloamerikanischer Juristen [1 ed.]
 9783428501373, 9783428101375

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MARCUS D I T T M A N N

Das Bürgerliche Gesetzbuch aus Sicht des Common Law

Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 82

Das Bürgerliche Gesetzbuch aus Sicht des Common Law Das BGB und andere Kodifikationen der Kaiserzeit im Urteil zeitgenössischer englischer und angloamerikanischer Juristen

Von Marcus Dittmann

Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Dittmann, Marcus: Das Bürgerliche Gesetzbuch aus der Sicht des Common Law : das BGB und andere Kodifikationen der Kaiserzeit im Urteil zeitgenössischer englischer und angloamerikanischer Juristen / von Marcus Dittmann. - Berlin : Duncker und Humblot, 2001 (Schriften zur Rechtsgeschichte ; H. 82) Zugl.: Kiel, Univ., Diss., 1999 ISBN 3-428-10137-5

Alle Rechte vorbehalten © 2001 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7379 ISBN 3-428-10137-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Meinen Eltern

Danksagung Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Werner Schubert. Von ihm stammen nicht nur Idee und Anregung für diese Arbeit, sondern auch viele wertvolle Hinweise und Denkanstöße für meine Forschungen und ihre Ausarbeitung. Er war jederzeit zu ausführlichen Gesprächen bereit, lenkte meine Aufmerksamkeit auf die Fährte neuer und interessanter Quellen, schärfte meine Sinne für verbleibende Schwächen meiner Konzeption und half mir, diese zu überwinden, und er vermochte es mehr als einmal, meine Motivation zu diesem umfänglichen Werk zu erneuern. Nicht zuletzt die außerordentliche Geschwindigkeit und Sorgfalt, mit der er alle Texte, die ich ihm zwischenzeitlich zukommen ließ, überprüfte und schließlich das Erstgutachten anfertigte, nötigt mir allergrößten Respekt ab. Ebenso möchte ich Herrn Prof. Dr. Dr. Eugen Graue danken. Er fertigte nicht nur in kurzer Zeit das Zweitgutachten an, sondern hatte dabei auch noch den Blick für kleinste Details inhaltlicher wie formaler Natur. Bewundernswert ist seine souveräne Kenntnis der Materie, teilweise aus eigenem Erleben. Auch hat er mich auf so manche Feinheit der englischen Sprache überhaupt erst aufmerksam gemacht. Weiterhin bedanke ich mich bei allen Mitarbeitern der Bibliotheken und Archive, die ich bei meiner Recherche aufgesucht habe, in Deutschland wie in England. Diese Dissertation ist mit dem Förderpreis 2000 der Kieler Doctores Iuris e. V. ausgezeichnet worden. Ich widme diese Arbeit meinen Eltern Peter und Anita Dittmann. Ohne ihr Verständnis, ihre großartige und geduldige Unterstützung hätte ich mich niemals in der Lage gesehen, dieses Werk zu vollenden. Berlin, im Dezember 1999

Marcus Dittmann

Inhaltsübersicht Einleitung

19

Erster Teil Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht Erster Abschnitt: Zweiter Abschnitt:

28

Rechtsvergleichung in den Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises

28

Deutsche Rechtswissenschaft und anglo-amerikanische Jurisprudenz (Chronologische Entwicklung)

48

Zweiter Teil Das Bürgerliche Gesetzbuch

67

Erster Abschnitt:

Die Entstehungsphase des BGB

67

Zweiter Abschnitt:

Ernest Joseph Schuster

83

Dritter Abschnitt:

Allgemeine Darstellungen

125

Vierter Abschnitt:

Die Übersetzungen des BGB ins Englische

190

Fünfter Abschnitt:

Das BGB in sonstigen Veröffentlichungen

211

Sechster Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

227

Exkurs:

246

Grundbuchwesen (Land Registration)

Dritter Teil Andere Kodifikationen der Kaiserzeit Erster Abschnitt:

Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz

310

Zweiter Abschnitt:

Das Handelsgesetzbuch

332

Dritter Abschnitt:

Andere handelsrechtliche Materien

350

Inhaltsübersicht

10

Vierter

Teil

Die deutschen Kodifikationen als Vorbild für eine Kodifizierung des Common Law?

364

Zusammenfassung und Ergebnis

384

Anhang A:

Übersetzungsbeispiele BGB

399

Anhang B:

Übersetzungsbeispiele HGB

425

Literaturverzeichnis

431

Register

459

Inhaltsverzeichnis Einleitung

19

Erster Teil Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

28

Erster Abschnitt Rechtsvergleichung in den Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises

28

I.

Ursprünge: „Bürge's Colonial and Foreign Laws" (1838)

28

II.

Nichtstaatliche Organisationen und Juristenvereinigungen

29

1. International Law Association (1873)

29

2. Society of Comparative Legislation (1894)

31

3. Comparative Law Bureau of the American Bar Association (1907) . . .

36

III.

Regierungsamtliche Stellen und Sammlungen

39

1. Großbritannien

40

a) Foreign Office: Diplomatie and Consular Reports b) Parliamentary Papers 2. USA

40 41 42

a) State Department

42

b) Department of Commerce

43

c) Library of Congress: Borchards „Guide to the Law and Legal Literature of Germany" (1912) 43 IV.

The Law Magazine and Review

47

Zweiter Abschnitt Deutsche Rechtswissenschaft und anglo-amerikanische Jurisprudenz (Chronologische Entwicklung)

48

12

Inhaltsverzeichnis Zweiter Teil Das Bürgerliche Gesetzbuch

67

Erster Abschnitt Die Entstehungsphase des BGB

67

I.

Erste Hinweise

67

II.

Der Entwurf der ersten Kommission

69

III.

Die ersten Reaktionen auf das Bürgerliche Gesetzbuch

78

1. Der Abschluß des GesetzgebungsVerfahrens

78

2. Das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches

80

Zweiter Abschnitt Ernest Joseph Schuster

83

I.

Schusters Biographie

84

II.

Die erste umfassende Darstellung des BGB (1895/1896)

89

III.

Schusters „Principles of German Civil Law" (1907)

98

1. Ein Lehrbuch des deutschen Zivilrechts - auf Englisch

98

2. Formales

99

IV.

3. Gliederung

100

4. Inhalt

100

a) Einführung in das deutsche Zivilrecht

100

b) Allgemeiner Teil

102

c) Allgemeines Schuldrecht

103

d) Besonderes Schuldrecht

105

e) Sachenrecht

108

f) Familienrecht

109

g) Erbrecht

111

5. Stil und Technik der Darstellungsweise

112

6. Zeitgenössische Reaktionen

114

7. Schusters „Principles of German Civil Law" als Standardwerk

116

Sonstige Veröffentlichungen Schusters

118

1. Das deutsche Ehe- und Scheidungsrecht aus Schusters Sicht

119

2. Sonstige Erwähnungen des BGB durch Schuster

123

Inhaltsverzeichnis

13

Dritter Abschnitt Allgemeine Darstellungen

125

I.

Arthur Ameisen (1899)

125

II.

Ernst Freund (1899)

127

III.

Adolph Eichholz (1901)

133

IV.

Rudolf Dulon (1902)

138

V.

William W. Smithers (1902/1903)

140

VI.

F. P. Walton (1904)

151

VII. A. Pearce Higgins (1904)

158

VIII. Julius Hirschfeld (um 1900)

160

IX.

164

Frederic William Maitland (1900-1906)

X.

„Bürge's Colonial and Foreign Law" (1907-1928)

171

XI.

Charles Sumner Lobingier (1907 und 1916)

183

XII. Edwin Montefiore Borchard (1912)

185

XIII. F. K. Krüger (1914)

187

XIV. James J. Morrison (1935)

188

Vierter Abschnitt Die Übersetzungen des BGB ins Englische I.

190

Chung Hui Wang (1907)

190

1. Wangs Biographie

190

2. Wangs Übersetzung

193

II.

Walter Loewy (1909)

195

III.

Analyse der Übersetzungen

198

1. Grundsätze und Schwierigkeiten bei der Übersetzung der deutschen Rechtssprache 198 2. Die Übersetzungen im Vergleich

201

a) Schuster

201

b) Wang

203

c) Loewy

204

d) Parliamentary Papers: Laws relating to Marriage (1911)

208

3. Wirkung und Verbreitung der Übersetzungen

209

14

Inhaltsverzeichnis Fünfter Abschnitt Das BGB in sonstigen Veröffentlichungen

I. II. III.

Erwähnungen im Rahmen der Diskussion um die Kodifizierung des Common Law Erwähnungen in anderen Zusammenhängen Einfluß auf die anglo-amerikanische Rechtswissenschaft 1. Edward Jenks' „Digest of English Civil Law" - Eine „Kodifikation" des Common Law (1905-1917) 2. Roscoe Pound 3. Frederic Pollock 4. Thomas E. Holland

211

212 214 219 219 222 224 225

Sechster Abschnitt Einzelne Regelungen des BGB I.

II.

III.

IV.

227

Allgemeiner Teil

227

1. Wohnsitz: § 7 BGB 2. Geschäftsfähigkeit 3. Todeserklärung von Verschollenen 4. Irrtumslehre und Anfechtung von Willenserklärungen 5. Einseitige Rechtsgeschäfte 6. § 138 BGB Schuldrecht 1. Allgemeines Schuldrecht 2. Kaufvertragsrecht 3. §§ 762-764 BGB 4. Deliktsrecht Sachenrecht 1. Sachenrecht im engeren Sinne 2. Exkurs: Grundbuchwesen (Land Registration) a) Regierungsamtliche Untersuchungen über das deutsche Grundbuchwesen aa) C. S. Scott (1887) bb) Charles Fortescue-Brickdale (1888, 1894 und 1897) b) Das deutsche Grundbuchwesen in der englischen Diskussion c) Sonstige Darstellungen bzw. Erwähnungen des deutschen Grundbuchwesens Familienrecht 1. Eherecht 2. Scheidungsrecht 3. Die Rechtsstellung des unehelichen Kindes

227 227 228 229 232 232 233 234 235 238 239 243 243 246 248 248 250 258 268 271 271 284 290

Inhaltsverzeichnis

V. VI.

4. Das Adoptionsrecht 5. Vormundschaft und Familienrat Erbrecht Internationales Privatrecht

294 295 296 298

Dritter Teil Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

310

Erster Abschnitt Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz I. II. III.

Allgemeine Darstellungen des deutschen Rechtssystems und der Gerichtsverfassung Darstellungen der Zivilgerichtsbarkeit Zivilprozeßrecht im engeren Sinne 1. Ausführlichere Darstellungen 2. Einzelne Regelungen und Aspekte a) Geringes Maß an Förmlichkeiten in der mündlichen Verhandlung . b) Feststellungsklagen c) Anwendung ausländischen Rechtes und Anerkennung ausländischer Titel d) Beweisrecht e) Besondere Verfahrensarten: Wechselprozeß f) Besondere Verfahrensarten: Scheidungsverfahren g) Besondere Verfahrensarten: Entmündigungsverfahren

310

311 317 323 323 328 328 328 329 330 331 331 332

Zweiter Abschnitt Das Handelsgesetzbuch I. II.

III.

Allgemeine Darstellungen des deutschen Handels- und Gesellschaftsrechts Die Übersetzungen des HGB ins Englische 1. Platt (1900) 2. Alfred Felix Schuster (1911) 3. Samuel/Hynes (Commerial Laws of the World, 1913) Einzelne Regelungen des Handels- und Gesellschaftsrechts 1. Handelsregister 2. Kaufmännische Buchführung und Bilanzierung 3. Handelsrechtliche Wettbewerbs verböte für Handlungsgehilfen gemäß §§ 74, 75 HGB

332

333 339 339 340 341 342 342 344 345

16

Inhaltsverzeichnis 4. Gesellschaftsrecht a) Allgemeine Darstellungen des Gesellschaftsrechts b) Kommanditgesellschaft c) Gesellschaft mit begrenzter Haftung

345 345 348 348

Dritter Abschnitt Andere handelsrechtliche Materien I. II.

III.

Das Seehandelsrecht 350 Das Wertpapierrecht 353 1. Die Wechselordnung 354 a) Übersetzungen der Wechselordnung 354 b) Darstellungen des Wechselrechtes 355 aa) Allgemeine Darstellungen und Erwähnungen 355 bb) Erwähnungen im Zusammenhang mit den Haager Wechselrechtskonferenzen von 1910 und 1912 356 2. Das Scheckgesetz 360 Das Wettbewerbsrecht ...361 Vierter

Teil

Die deutschen Kodifikationen als Vorbild für eine Kodifizierung des Common Law? I. II. III.

350

Die Diskussion in England Die Diskussion in den britischen Dominions Die Diskussion in den USA

Zusammenfassung und Ergebnis

364 365 376 378 384

Anhang A Übersetzungsbeispiele BGB

399

1. Todeserklärung: § 14 BGB a.F

399

a) Wang (1907) b) Loewy (1909) c) Parliamentary Papers: Laws relating to Marriage (1911) 2. Rechtsgeschäftslehre: §§ 116-123, 145 BGB a) Wang (1907) b) Loewy (1909) c) Schuster (1907) d) Walton (1904) e) Stadden (1907)

399 399 400 400 400 402 403 403 403

Inhaltsverzeichnis 3. Generalklauseln: §§ 138, 157, 242 BGB a) Wang (1907) b) Loewy (1909) c) Morice (1919) 4. Kaufvertragsrecht: §§ 433, 446, 447, 463 BGB a) Wang (1907) b) Loewy (1909) c) Teisen (1913) 5. Schenkung: §§ 516, 517 BGB a) Wang (1907) b) Loewy (1909) c) Schuster (1907) 6. Auslobung: §§ 657-660 BGB a) Wang (1907) b) Loewy (1909) c) Walton (1904) 7. Differenzgeschäft: § 764 BGB a) Wang (1907) b) Loewy (1909) c) Schuster (1904/05) d) Morice (1919) 8. Bereicherungsrecht: § 812 BGB a) Wang (1907) b) Loewy (1909) 9. Deliktsrecht: §§ 823, 826, 831 BGB a) Wang (1907) b) Loewy (1909) c) Freund (1900) d) Smithers (1903) e) Higgins (1897) 10. Sachenrecht: §§ 854, 858, 906, 929 BGB a) Wang (1907) b) Loewy (1909) c) Smithers (1903) d) Walton (1904) 11. Eherecht: §§ 1297, 1298, 1303, 1304, 1363 BGB a. F a) Wang (1907) b) Loewy (1909) c) Parliamentary Papers: Laws relating to Marriage (1911) 12. Scheidungsgründe: §§ 1568, 1569 BGB a.F a) Wang (1907) b) Loewy (1909) c) Hirschfeld (1897) d) Walton (1904) 2 Dittmann

404 404 404 405 405 405 405 406 406 406 407 407 407 407 408 408 409 409 409 409 410 410 410 410 411 411 411 412 412 412 412 412 413 414 414 414 414 415 416 416 416 417 417 418

Inhaltsverzeichnis

18

13. Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft: §§ 1575 Abs. 1,1576 Abs. 1, 1586 S. 1 BGB a.F a) Wang (1907) b) Loewy (1909) c) Hirschfeld (1905) 14. Erbrecht: § 1922 BGB a) Wang (1907) b) Loewy (1909) 15. Internationales Privatrecht: Geschäftsfähigkeit, Form von Rechtsgeschäften, Eheschließung und eheliches Güterrecht, Renvoi, Ordre public, Art. 7, 11, 13, 15, 27, 30 EGBGB a.F a) Wang (1907) b) Loewy (1909) c) Parliamentary Papers: Laws relating to Marriage (1911) d) Ameisen (1899) e) Hirschfeld (1900)

418 418 418 419 419 419 419

420 420 421 422 423 423

Anhang Β Übersetzungsbeispiele HGB 1. Kaufmannseigenschaft, §§ 1, 4, 5 HGB a.F a) b) c) d)

Platt (1900) Alfred Felix Schuster (1911) Samuel/Hynes (Commercial Laws of the World, Charles Oppenheimer (britischer Generalkonsul 1897) 2. Publizität des Handelsregisters, § 15 Abs. 1, 2 HGB a) Platt (1900) b) Alfred Felix Schuster (1911) c) Samuel/Hynes (Commercial Laws of the World, 3. Prokura, § 48 HGB a) Piatt (1900) b) Alfred Felix Schuster (1911) c) Samuel/Hynes (Commercial Laws of the World, 4. Handelsgeschäfte, §§ 343, 346, 377, 383 HGB a) Piatt (1900) b) Alfred Felix Schuster (1911) c) Samuel/Hynes (Commercial Laws of the World,

425

1913) in Frankfurt am Main,

1913)

1913)

1913)

425 426 426 427 427 427 427 428 428 428 428 428 428 428 429 430

Literaturverzeichnis

431

Register

459

Einleitung „Weit über die Grenzen des Vaterlandes hinaus, von drüben, jenseits des Ozeans, her sind in dieser Weise Erinnerungen und Verbesserungsvorschläge an die Kommission gekommen, Zeugnisse des warmen Interesses, welches unsere Volksgenossen auch außerhalb unserer Grenzen an dem nationalen Werke nahmen."1 Im Jahre 1996 konnte das einhundertjährige Jubiläum der Verabschiedung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) 2 durch den Reichstag gefeiert werden. Zum 1. Januar 2000 jährte sich das Inkrafttreten dieses wenn nicht wichtigsten so auf jeden Fall gewichtigsten Gesetzeswerkes der deutschen Rechtsgeschichte zum einhundertsten Male. Diese Daten boten Anlaß für eine Vielzahl von feierlichen Veranstaltungen, Festschriften und Eulogien. Viel ist geschrieben worden über die Bedeutung des BGB als Kulminationspunkt der Bemühungen um die Vereinheitlichung des deutschen Rechtes im 19. Jahrhundert, über die lange Vorgeschichte mit dem berühmten Disput von Savigny und Thibaut vom Anfang jenes Jahrhunderts, die fortgesetzten Bestrebungen, die in seiner Mitte zu den ersten, zunächst als Landesgesetze implementierten Kodifikationen 3 führten - die Allgemeine 1

Der Staatssekretär des Reichsjustizamtes Nieberding im Reichstag am 3. Februar 1896, zitiert nach: Mugdan, I, S. 846. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vom 18. August 1896 (RGBl. S. 195), in Kraft getreten am 1. Januar 1900. Wenn im Folgenden vom BGB und seinen Vorschriften die Rede sein wird, so ist diese ursprüngliche Fassung des seitdem natürlich stark veränderten Gesetzes und seiner Paragraphen gemeint. Als Textausgabe und Grundlage der Zitate des BGB und des EGBGB wurde verwendet: Bürgerliches Gesetzbuch, Faksimileausgabe anläßlich der Verkündung des BGB vor 100 Jahren, C. H. Beck'sehe Verlagsbuchhandlung, München 1996. 3 Der Begriff der Kodifikation wird in dieser Arbeit in mehreren einander überlappenden Bedeutungen verwendet: Einmal bezeichnet er die Zusammenfassung der Rechtssätze eines Rechtsgebietes in einem einheitlichen Gesetzeswerk. Bekannte Beispiele hierfür sind natürlich das Bürgerliche Gesetzbuch für das bürgerliche Recht, das Strafgesetzbuch für das Strafrecht, der Code Civil für das französische Zivilrecht. Vergleiche hierzu: Creifels/Meier-Gossner, Rechtswörterbuch, 10. Auflage, München 1990. Die „Kodifizierung" bezeichnet hingegen eigentlich den Vorgang, der zur „Kodifikation" als Ergebnis führt, wird aber häufig synonymisch verwendet. Eine derartige Unterscheidung ist dem Englischen fremd. Im Sprachgebrauch insbesondere des 19. Jahrhunderts bezeichnet „codification" - wie im weiteren Verlauf dieser Untersuchung und insbesondere in ihrem vierten Teil deutlich werden wird - nicht nur das umfangreiche Gesetzeswerk, sondern häufig bereits jede Art von in Gesetzesform gegossenem Recht, für das sich heute der Begriff 2·

20

Einleitung

Deutsche Wechselordnung von 1848, das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch (ADHGB) von 1856 - , die neuen Impulse durch die Reichsgründung 1871, die noch in den 1870er Jahren in Form der sogenannten Reichsjustizgesetze eine Vereinheitlichung wenigstens des deutschen Justizwesens bewirkten, schließlich die mühseligen, langwierigen und kontroversen Vorarbeiten zur Vereinheitlichung des materiellen Zivilrechtes, zum BGB selbst. Das Maß der Anteilnahme der deutschen Juristenschaft, der gesamten deutschen Öffentlichkeit insbesondere in der letzten Phase der Entstehungsgeschichte des BGB, die Welle von berechtigtem Stolz und nationalem Hochgefühl bei seiner Verabschiedung sind hinlänglich bekannt. Wenig verwunderlich, aber weniger bekannt ist, daß dieses Ereignis auch im Ausland wahrgenommen wurde, in den europäischen Nachbarstaaten wie auch „jenseits des Ozeans", um den eingangs genannten Ausspruch zu zitieren. Und diese Wahrnehmung beschränkte sich keineswegs auf den bloßen Nachrichtenwert, um einen modernen Ausdruck zu gebrauchen, und sie war auch nicht auf die Kreise der deutschstämmigen Auswanderer und „Volksgenossen" eingeengt. Vielmehr erregte die Kodifizierung des deutschen Zivilrechtes, das BGB als die wohl bedeutendste Kodifikation seit dem Code Napoléon, die Aufmerksamkeit der Fachwelt nah und fern, der ausländischen Rechtswissenschaft und Juristenschaft. Besonders intensiv war die Auseinandersetzung mit dem neuen deutschen Recht in Frankreich. Dort erschienen innerhalb weniger Jahre vier voneinander unabhängige Übersetzungen des BGB und eine Vielzahl weiterer Publikationen zum Thema. 4 Weiterhin gab es damals mindestens eine spanische5, eine italienische 6 und eine japanische Version 7 des BGB.

„statute law" eingebürgert hat, in Abgrenzung zum reinen Richterrecht („case law"). Vergleiche hierzu: William Edward Baldwin , Baldwin's Century Edition of Bouvier's Law Dictionary, New York 1928, Stichwort „Code", S. 178. Der Verfasser hat sich bemüht, diese Unterscheidungen zu wahren, jedoch aus Gründen der Quellentreue wie der Lesbarkeit manche Inkonsequenz zugelassen. 4 Ausführlich zur zeitgenössischen Auseinandersetzung mit dem BGB in Frankreich: Schubert, Das Bürgerliche Gesetzbuch im Urteil französischer Juristen bis zum Ersten Weltkrieg, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Band 114, S. 128-181. Bei den französischen Übersetzungen des BGB handelte es sich um: Code civil allemand promulgué le 18 Août 1896, entré en vigueur le 1er Janvier 1900, übers, und kommentiert von Bufnoir, ChallameU Drioux, Gény , Hamel, Lévy-Ullman , Saleilles, vier Bände, Paris 1904-1914; Gruber, Code civil pour l'empire d'Allemangne avec la loi d'introduction. Texte allemand avec traduction française, Straßburg 1898, 2. Auflage 1900; Meulenaere , Code civil allemand et Loi d'introduction, traduits et annotés, Paris 1897; Grasserie, Code civil allemand et Loi d'introduction, suivis de la Loi sur les livres fonciers et de celles sur la vente et l'administration forcées, traduits et annotés, avec introduction, 2. Auflage, Paris 1901.

Einleitung Aufgabe und Zielsetzung dieser Arbeit soll es sein herauszufinden, ob sich eine vergleichbare Beobachtung auch für die englischsprachigen Länder machen läßt. Es soll untersucht werden, ob und inwieweit die deutschen Kodifikationen der Kaiserzeit in Großbritannien, den Vereinigten Staaten und den übrigen anglophonen Teilen der Welt wahrgenommen wurden, wie sie in der dortigen Fachwelt aufgenommen und gegebenenfalls eingeordnet und beurteilt wurden. Von Interesse ist natürlich auch, welche einzelnen Vorschriften und Regelungen dabei eventuell in besonderem Maße Aufmerksamkeit erregten oder gar Vorbild für die weitere Rechtsentwicklung in diesen Ländern des Common Law, des anglo-amerikanischen Rechtskreises wurden. 8 5 Garcia Moreno , Texto y comentario al Côdigo civil del Imperio alemân, promulgado el 18 de Agosto de 1896, con la exposicion de motives, ley de introduction y disposiciones transitorias. Madrid 1897. 6 Eusebio, Codice civile deir imperio germanico promulgato il 18 Agosto 1896 seguito dalla legge introduttiva. Traduzione italiana. Turin 1897. 7 Die genannte japanische Übersetzung des BGB besteht aus vier Bänden, die als Anhang zu dem ebenfalls ins Japanische übertragenen ersten Band von Dernburgs, Das bürgerliche Recht des Deutschen Reiches und Preußens, 6 Bände, Halle a.d. Saale 1898-1905, veröffentlicht wurden: Heinrich Dernburg, Doitsu minporon dai 1 kan, fu: doitsu minpo seibun (Treatise on German civil law, vol. 1, appendix: the authorized text of German civil law), Tokio Senmon Gakko Shuppanbu (Tokyo Specialist School, Publication Department), 1899. 4 vols. (vol. 1: General rule, translated by Giichi Soejima and others; vol. 2: Property, translated by Chuzaburo Seta and Koichi Yamaguchi; vol. 3: Debts, translated by Goro Furukawa and others; vol. 4: Family and inheritance, translated by Goro Furukawa and others). Danach erschienen bis Ende der 1930er Jahre noch vier weitere japanische Übersetzungen des BGB bzw. von Teilen davon: (1) Shinyaku Doitsu minpo sosoku (New translation of German civil law, general rule), v. 1. Translated by Bunshinsha Honyakubu (Bunshin-sha, Translation Department), Tokio, Bunshin-sha 1919; (2) Taiyaku Doitsu minpo (Face to face translation of German civil law), v. 1: Sosoku (General rule), translated by Takeo Furukawa, Tokyo, Genshodo Shobo, 1922; (3) Doitsu minpo, zenyaku (German civil law, complete translation), translated by Suehiko Azuma, Tokio, Yuhikaku, 1930, 2. Auflage 1948; (4) Doitsu minpo, yakubun (German civil law, translated text), sosokuhen (General rule), 1. Tokyo, Teidai Purinto Renmei (Prints League of Tokyo Imperial University), 1938. Zu den Fragen, inwieweit die deutsche Rechtswissenschaft bei der Kodifikation des japanischen Zivilrechts Ende des 19. Jahrhunderts eine Rolle spielte und das japanische Bürgerliche Gesetzbuch am deutschen BGB orientiert war, ausführlich: Kitagawa, Rezeption und Fortbildung des europäischen Zivilrechts in Japan, Frankfurt am Main 1970, S. 33 ff.; Marutschke, Einführung in das japanische Recht, München 1999, S. 94 ff.; Rahn, Rechtsdenken und Rechtsauffassung in Japan, München 1990, S. 106 ff. 8 Als anglo-amerikanischer Rechtskreis werden die Rechtsordnungen Großbritanniens, der Vereinigten Staaten von Amerika sowie der überseeischen Gebiete des britischen Kolonialreichs bezeichnet (Definition nach: Schlosser, Grundzüge der Neueren Privatrechtsgeschichte, § 7 I). Angloamerikanisch im engeren Sinne bezeichnet hingegen die nordamerikanischen Staaten, insbesondere die USA. Die eng-

22

Einleitung

Den Schwerpunkt der Untersuchung bildet das Bürgerliche Gesetzbuch, aber auch andere wichtige Kodifikationen sollen berücksichtigt werden. Dies sind im Einzelnen: das Handelsgesetzbuch (HGB) vom 10. Mai 1897 (RGBl. S. 219), die Zivilprozeßordnung (ZPO) vom 30. Januar 1877 (RGBl. S. 83), das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) vom 27. Januar 1877 (RGBl. S. 41), die Konkursordnung (KO) vom 10. Februar 1877 (RGBl. S. 351), das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) vom 17. Mai 1898 (RGBl. S. 189), das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH-Gesetz) in der Fassung vom 20. Mai 1898 (RGBl. S. 846) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 7. Juni 1909 (RGBl. S. 449) und deren unmittelbare Vorläufer sowie die Grundbuchordnung (GBO) vom 24. März 1897 (RGBl. S. 139). Namentlich das Strafgesetzbuch und die Strafprozeßordnung, wiewohl ebenfalls bedeutende Kodifikationen der Kaiserzeit, gehören ob ihres grundlegend anderen Regelungsbereiches nicht zum Gegenstand dieser Untersuchung. 9 Der zeitliche Untersuchungshorizont soll dabei im Wesentlichen auf die Kaiserzeit selbst beschränkt bleiben, mithin auf den Zeitraum von der Gründung des Deutschen Reiches 1871 bis zum Ersten Weltkrieg, in Einzelfällen auch darüber hinaus bis in die frühen 1930er Jahre. Abgebildet werden soll das Urteil der „Zeitgenossen" über die genannten Gesetze in ihren ursprünglichen Fassungen. Die Berücksichtigung rückblickender Bewertungen neueren Datums würde das Ergebnis verfälschen, soll also weitgehend unterbleiben. Diese Arbeit ist in erster Linie darauf ausgerichtet, das Urteil der „Common Lawyers" über die deutschen Kodifikationen herauszuarbeiten. Eine eingehendere Beschäftigung mit der weiterführenden Frage, welchen Einfluß die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts auf die englische bzw. angloamerikanische Rechtswissenschaft und Jurisprudenz hatte,

lischen, angloamerikanisehen und sonstigen Juristen, die in diesem Rechtssystem ihre Ausbildung genossen oder tätig waren und sich bei ihrer Arbeit und in ihren Publikationen der englischen Sprache bedienten, sollen im Mittelpunkt dieser Untersuchung stehen. Soweit im Folgenden unbestimmt vom Common Law die Rede ist, ist damit verallgemeinernd und stark vereinfachend das Privatrecht der genannten Länder insgesamt gemeint, also das in England entwickelte und später in vielen englischsprachigen Ländern übernommene gemeine Recht, im Unterschied zum Civil Law, d.h. den aus dem römischen Recht abgeleiteten Rechtsordnungen. 9 Wenn im Folgenden von einzelnen Vorschriften der genannten Gesetze die Rede ist, so ist in der Regel die ursprüngliche bzw. um jene Jahrhundertwende geltende Fassung dieser Gesetze gemeint. Sofern sich diese Fassung maßgeblich von der heutigen unterscheidet bzw. die entsprechenden Vorschriften mittlerweile weggefallen sind, wird, falls es das nähere Verständnis erfordert, der ursprüngliche Wortlaut in Fußnoten wiedergegeben.

Einleitung ist hingegen nicht beabsichtigt. Hierzu erschienen in der letzten Zeit bereits mehrere interessante und aufschlußreiche Untersuchungen, in denen Rolle und Einfluß namentlich der deutschen Historischen Schule und Pandektistik sowie die Verbreitung der rechtstheoretischen und -philosophischen Werke Savignys, Jherings, Gierkes und anderer herausragender deutscher Gelehrter in den Ländern des Common Law beleuchtet wird. An dieser Stelle seien nur die Arbeiten von Michael H. Hoeflich, Mathias Reimann, Stefan Rie senfeld und Reinhard Zimmermann erwähnt. 10 Deren erhellende und teilweise überraschende Ergebnisse 11 zeigen, daß in dieser Richtung noch erheblicher Forschungsbedarf besteht, um die wechselseitigen Bezüge zwischen kontinentalem „Civil Law" und angelsächsischem „Common Law" 10

Die ausführlichste und eingehendste Untersuchung der Frage nach den Einflüssen der deutschen Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts auf das Common Law, allerdings weitgehend beschränkt auf den nordamerikanischen Rechtskreis, liefert: Reimann, Historische Schule und Common Law, Die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts im amerikanischen Rechtsdenken, Berlin 1993. Darin enthalten sind auch aufschlußreiche Kurzbiographien einer Anzahl bedeutender englischer und angloamerikanischer Juristen, die nachweislich über Kontakte mit oder Interesse für die deutsche Rechtswissenschaft hatten. Einen notwendigerweise knappen, aber dennoch erhellenden Überblick über die Kontakte und Einflüsse zwischen kontinentaleuropäischer und angelsächsischer Jurisprudenz im Laufe der Jahrhunderte liefert: Reimann, Who is afraid of the Civil Law? Kontinentaleuropäisches Recht und Common Law im Spiegel der englischen Literatur seit 1500, Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte, 21. Jahrgang (1999), S. 357-381. Aufschlußreiche Beiträge von Reimann selbst und anderen Autoren, namentlich Hoeflich und Riesenfeld, finden sich auch in: Reimann (Hrsg.), The Reception of Continental Ideas in the Common Law World 1820-1920, Berlin 1993, besprochen durch Reinhard Zimmermann, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht, 2. Jahrgang (1994), S. 371-373. Insbesondere mit den Einflüssen in England beschäftigt sich ausführlich: Reinhard Zimmermann, Der europäische Charakter des englischen Rechts, Historische Verbindungen zwischen civil law und common law, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht, 1. Jahrgang (1993), S. 1-51. Er weist konkrete kontinentale Einflüsse auf die Entwicklung des englischen Vertragsrechts im Verlauf des 19. Jahrhunderts nach (S. 43 ff.) und verfolgt die Ausstrahlung der deutschen Historischen Schule und Pandektenwissenschaft in England (S. 48 f.). 11 Namentlich mit der Verbreitung der Lehren Savignys und der deutschen Historischen Schule und Pandektistik in der Welt des Common Law beschäftigen sich: Hoeflich, Savigny and his Anglo-American Disciples, American Journal of Comparative Law, Band 37 (1989), S. 17-37; Reimann y The Historical School Against Codification: Savigny, Carter, and the Defeat of the New York Civil Code, American Journal of Comparative Law, Band 37 (1989), S. 95-119; Riesenfeld , The Influence of German Legal Theory on American Law: The Heritage of Savigny and his Disciples, American Journal of Comparative Law, Band 37 (1989), S. 1-7. Letzterer weist nach, daß insbesondere im Bereich der Vertrags- und Rechtsgeschäftslehre die amerikanische Rechtswissenschaft von den Werken Savignys, Windscheids und Jherings konkret profitiert hat.

Einleitung

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und frühen internationalen Kontakte der beteiligten Wissenschaftler und Juristen aufzuklären. 12 Die vorliegende Arbeit soll in dieser Hinsicht ein weiterer Mosaikstein sein und einen bislang wenig beachteten Teilbereich erschließen. 13 12

Neben den bereits oben in der Einleitung, Fußnoten 10 und 11 genannten Werken sind folgende Arbeiten von Interesse, deren Autoren sich mit dem Verhältnis von kontinentalem bzw. deutschem Recht einerseits und dem Common Law andererseits beschäftigen: Den Einfluß der deutschen Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts insbesondere auf die Entwicklung der US-amerikanischen Rechtswissenschaft untersuchen: Darby , Der Einfluß des Bürgerlichen Gesetzbuches auf das Recht in den Vereinigten Staaten, in: 100 Jahre BGB - 100 Jahre Staudinger, Beiträge zum Symposion vom 18.-20. Juni 1998 in München, Redaktoren Michael Martinek und Patrick L. Sellier, Berlin 1999, S. 101, 103 f.; Hoeflich, Roman and Civil Law and the Development of Anglo-American Jurisprudence in the Nineteenth Century, Athens/Georgia 1997; der s., Transatlantic Friendships and the German influence on American Law in the First Half of the Nineteenth Century, American Journal of Comparative Law, Band 35 (1987), S. 599-611; Reimann, Continental Imports: The Influence of European Law and Jurisprudence in the United States, The Legal History Review, Band 64 (1996), S. 391, 395 ff.; Reitz, The Influence of Ernst Freund on American Law, in: Lutter (Hrsg.), Der Einfluß deutscher Emigranten auf die Rechtsentwicklung in den USA und Deutschland, Tübingen 1993, S. 423-435. Zu den persönlichen Kontakten und dem akademischen Austausch zwischen englischen bzw. angloamerikanischen und deutschen Rechtswissenschaftlern siehe: Hoeflich, Transatlantic Friendships and the German influence on American Law in the First Half of the Nineteenth Century, American Journal of Comparative Law, Band 35 (1987), S. 599-611. Zu dem Einfluß deutscher Emigranten auf die Entwicklung in den USA im 20. Jahrhundert, vor allem zwischen den Weltkriegen, siehe Lutterl Stiefel! Hoeflich (Hrsg.), Der Einfluß deutscher Emigranten auf die Rechtsentwicklung in den USA und Deutschland, Tübingen, 1993. Um das Ausmaß persönlicher Kontakte zu illustrieren, erscheint erwähnenswert, daß zu Beginn des 20 Jahrhunderts sporadisch Nachrufe auf bedeutende Persönlichkeiten des deutschen Rechtslebens in englischsprachigen Medien veröffentlicht wurden, u.a. auf den Kommentator des BGB Dernburg oder den ehemaligen Präsidenten des Hanseatischen Oberlandesgerichtes Ernst Friedrich Sieveking: The Late Professor Dernburg, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 8 (1907), S. 465 (anonym); The Late Dr. Ernst Friedrich Sieveking, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 10 (1909), S. 461 (anonym, möglicherweise Kennedy). Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich auch bei: Schlosser, Grundzüge der Neueren Privatrechtsgeschichte, §§ 4 II, 7 II; Schwarz, Einflüsse deutscher Zivilistik im Auslande, in: Rechtsgeschichte und Gegenwart, 1960, S. 26, 43 ff.; der s., John Austin und die deutsche Rechtswissenschaft seiner Zeit, in: Rechtsgeschichte und Gegenwart, 1960, S. 73-92; Zweigertl Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 11 II. 13 Ebenfalls mit der Wirkung des BGB in der englischsprachigen Welt befassen sich, wenn auch nur schlaglichtartig: Darby , Der Einfluß des Bürgerlichen Gesetzbuches auf das Recht in den Vereinigten Staaten, in: 100 Jahre BGB - 100 Jahre Staudinger, Beiträge zum Symposion vom 18.-20. Juni 1998 in München, Redaktoren Michael Martinek und Patrick L. Sellier, Berlin 1999, S. 101-106; Reinhard

Einleitung Aufgabe dieser Untersuchung kann und soll es in jedem Fall nicht sein, eine Rechtsvergleichung im wissenschaftlich-dogmatischen Sinne zwischen dem deutschen Recht der Kaiserzeit und dem damaligen englischen bzw. nordamerikanischen Recht zu liefern. Davon abgesehen, daß dies den vorgegebenen Rahmen hoffnungslos überdehnen würde, hätte es auch heute keinerlei praktischen Sinn mehr festzustellen, wie beispielsweise ein bestimmtes erbrechtliches Problem nach den jeweiligen Rechtsordnungen gelöst wurde oder ob ein deutscher Vermögensverwalter freier agieren konnte als ein englischer Trustee. Daß ein solches Vorhaben auch das Problem mit sich brächte, von welchem jeweiligen Stand des Rechtes schlechterdings auszugehen wäre, und zudem auf der Grundlage der heute noch erhältlichen Ressourcen ein äußerst mühseliges Unterfangen wäre, bedarf kaum der näheren Ausführung. Allenfalls indirekt kann demnach auf die Unterschiede und Ähnlichkeiten in den damals geltenden Rechtsordnungen eingegangen werden, und zwar insoweit, als daß hierdurch bestimmte Aussagen und Urteile illustriert bzw. überhaupt erst verständlich werden. Soweit solche Stellen im Folgenden relevant werden, sollen die betreffenden Aussagen ohne nähere Überprüfung auf ihre materielle Richtigkeit einfach übernommen werden. Letztlich ist auch ein Urteil, das auf einer fehlerhaften Tatsachengrundlage oder einem Mißverständnis der Rechtslage beruht, bezeichnend und aussagekräftig im Sinne dieser Untersuchung. Als „anglo-amerikanische Fachwelt" wird in erster Linie die Gesamtheit aller Juristen, sowohl der akademischen Rechtswissenschaftler als auch der Anwälte, „Barristers" und Richter und entsprechend ausgebildeten bzw. tätigen Beamten der Länder des Common Law verstanden. 14 Darüber hinaus sollen aber auch alle diejenigen Quellen Berücksichtigung finden, die überhaupt in englischer Sprache bzw. in anglo-amerikanischen Zeitschriften und sonstigen Publikationen zum Thema veröffentlicht worden sind, unabhängig von Nationalität und Ausbildung der Autoren. Denn diese Art von Veröffentlichung ist dann zwar nicht im engeren Sinne von einem englischsprachigen Juristen, doch konnte sie von diesen wahrgenommen werden und auf diese Weise gegebenenfalls das Urteil über die deutschen Kodifikationen beeinflussen. 15 Zimmermann, Der moderne Mensch in einer Toga? Maitland und das BGB, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht, 5. Jahrgang (1997), S. 589-593. 14 Zur Begrifflichkeit vergleiche oben: Einleitung, Fußnote 8. 15 Für diese Untersuchung wurden englischsprachige Fachzeitschriften und rechtswissenschaftliche Literatur sowie sonstige Quellen aus den Ländern des Common Law ausgewertet. Hierunter werden im Sinne dieser Untersuchung das Vereinigte Königreich einschließlich Schottland und die Länder und Staaten des britischen Empire bzw. Commonwealth sowie die Vereinigten Staaten von Amerika verstanden. Hinsichtlich der US-amerikanischen Quellen und derer aus dem Commonwealth wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Hier wurden nur

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Einleitung

Weiterhin soll versucht werden, die Entwicklung des Interesses in der angelsächsischen Welt für das Recht eines zwar zunehmend wichtigen, aber dennoch „auf dem Kontinent" gelegenen Landes nachzuzeichnen - ob bestimmte Zusammenhänge zur historischen, wirtschaftlichen, politischen Entwicklung festzustellen sind und wie sich diese womöglich auf die Thematik bzw. Frequenz der einschlägigen Veröffentlichungen ausgewirkt haben. Zu diesem Zweck sind die einschlägigen Quellen über weite Strekken in der Reihenfolge ihres Erscheinens dargestellt. Auf diese Weise läßt sich feststellen, auf welche Informationen über das deutsche Recht die Fachwelt in den Ländern des Common Law zu einem beliebigen Zeitpunkt zugreifen konnte. Auch sollen die einzelnen Quellen und Zitate 1 6 nicht nur einfach nach ihrem Inhalt analysiert, sondern jeweils in den Zusammenhang ihrer Veröffentlichungsform und -zeit gestellt werden. Motivation und Zielsetzung einzelner Veröffentlichungen sollen so weit als möglich berücksichtigt werden. Insgesamt wurde besonderer Wert auf Vollständigkeit gelegt. Auch bloße Erwähnungen einzelner Normen oder des deutschen Zivilrechtes insgesamt in anderen Zusammenhängen können einen Rückschluß ermöglichen auf das Ausmaß des Interesses und die Präsenz der deutschen Kodifikationen im Bewußtsein der anglo-amerikanischen Juristen im Untersuchungszeitraum. Von speziellem Interesse ist, wie die ohne Zweifel eigentümliche deutsche Rechtssprache von den anglophonen Juristen aufgenommen und gegebenenfalls ins Englische übertragen wurde. Dieser Gesichtspunkt wird im Folgenden immer wieder hervorgehoben werden. (Im Anhang findet sich eine Reihe von Übersetzungsbeispielen.) Bei alledem wird sich der Verfasser bemühen, dem biographischen Element besondere Aufmerksamkeit zu widmen: Es soll im Rahmen der Möglichkeiten herausgefunden werden, ob bestimmte - und wenn ja, welche Persönlichkeiten sich in der damaligen Zeit für das deutsche Recht interessierten und ob bzw. inwieweit einzelne von ihnen das Bild, das die anglodie Zeitschriften und die sonstige publizierte Literatur ausgewertet. Weiterhin ausgewertet wurden, soweit zugänglich, auch amtliche Publikationen und Dokumente der britischen und der US-amerikanischen Regierungen. Da es dem Verfasser leider nicht möglich war, die Aufzeichnungen der Kongressbibliothek in Washington zu studieren, können über die Beachtung oder Behandlung des Rechtes des Deutschen Reiches durch US-amerikanische Regierungsstellen oder den Kongress nur eingeschränkte Aussagen getroffen werden. 16 Soweit im Folgenden längere Abschnitte aus Originalquellen zitiert werden, sind Interpunktion, Schreibweise, Groß- und Kleinschreibung wie auch Hervorhebungen durch besondere Schreibweisen dem Original entsprechend übernommen worden. Der Verfasser erlaubt sich, darauf hinzuweisen, daß insbesondere Interpunktion und Schreibweisen einzelner Worte in den Originalquellen nicht einheitlich sind.

Einleitung amerikanische Fachwelt vom deutschen Rechtssystem hatte, besonders prägten. Denn das Urteil der anglo-amerikanischen Juristen über die deutschen Kodifikationen ist sicherlich nicht zuletzt mit den urteilenden Personen selbst verbunden. Im Folgenden werden also zunächst in einem einleitenden Kapitel die Grundlagen der anglo-amerikanischen Beschäftigung mit dem deutschen Recht untersucht: von welchen Stellen und Institutionen entsprechende Aktivitäten ausgingen oder gefördert wurden, welcher Stellenwert der systematischen Rechtsvergleichung um jene Jahrhundertwende in der angelsächsischen Rechtswissenschaft überhaupt zukam. Und es wird ein chronologischer Überblick über die Entwicklung des Interesses englischsprachiger Juristen für das Recht des Deutschen Reiches im Untersuchungszeitraum gegeben, soweit sich dies an der Anzahl und Themenwahl der einschlägigen Veröffentlichungen ablesen läßt. Im Hauptteil der Arbeit wird, differenziert nach den einzelnen Kodifikationen bzw. Rechtsgebieten, deren jeweilige Repräsentation in der englischsprachigen Fachwelt und deren entsprechendes Urteil darüber untersucht. Gemäß der Ausrichtung dieser Arbeit, aber auch aufgrund der, wie sich erwiesen hat, Vielzahl der hierfür relevanten Quellen ist dem BGB dabei mit Abstand der größte Raum zugestanden. Relativ ausführlich werden auch GVG, ZPO und HGB behandelt, während in den Abschnitten über das Wertpapierrecht und das Wettbewerbsrecht aus Platzgründen wenig mehr als bibliographische Informationen vermittelt werden sollen. In ähnlicher Weise vernachlässigt wird das vornehmlich im letzten Buch des HGB geregelte Seehandelsrecht. Abschließend wird der Frage nachgegangen, ob die deutschen Erfahrungen in die zeitgleich stattfindende anglo-amerikanische Kodifikationsdiskussion Eingang fanden und ob den deutschen Kodifikationen konkret eine Vorbildfunktion für eine mögliche Kodifizierung des case law beigemessen wurde. Summa summarum ist diese Arbeit als ein Beitrag zum Jubiläum des Bürgerlichen Gesetzbuches gedacht. Indem sie die Sicht der Zeitgenossen im englischsprachigen Ausland untersucht, soll sie noch einmal ins Bewußtsein rufen, welch ungeheure Leistung die Vereinheitlichung des deutschen Rechts in den Kodifikationen der Kaiserzeit darstellte und welch epochale Wirkung nicht zuletzt vom Bürgerlichen Gesetzbuch als Krönung dieses Prozesses ausging und sich immer noch entfaltet.

Erster

Teil

Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht Zunächst soll untersucht werden, wie es im Untersuchungszeitraum in anglo-amerikanischen Juristenkreisen um die allgemeine Kenntnis bezüglich des deutschen Zivilrechts stand, bzw. ob und wie sich das Interesse hierfür im Laufe der Jahre entwickelte und welche Stellen und Organisationen die Rechtsvergleichung förderten. Erster Abschnitt

Rechtsvergleichung in den Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises Dieser Abschnitt soll einen Überblick über die Ursprünge der Rechtsvergleichung in den Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises und die dabei maßgeblichen Institutionen und Organe vermitteln. Berücksichtigt sind dabei nur solche, in deren Rahmen die Kodifikationen des deutschen Zivilrechts und Verfahrensrechts auf regelmäßiger Basis dargestellt, untersucht oder erwähnt wurden. Im folgenden werden die nichtstaatlichen Organisationen und Juristenvereinigungen und die einschlägigen Aktivitäten regierungsamtlicher Stellen beschrieben sowie eine Zeitschrift vorgestellt, in der frühzeitig und regelmäßig auf das deutsche Recht eingegangen wurde. Eine umfassende Darstellung der Entwicklung der vergleichenden Rechtswissenschaft in den Ländern des Common Law wird nicht angestrebt und würde auch den Rahmen dieser Untersuchung sprengen.1

I. Ursprünge: „Burge's Colonial and Foreign Laws" (1838) Das erste umfangreichere Werk im englischen Sprachraum, das sich in systematischer Weise und ausführlich der Darstellung und dem Vergleich der in verschiedenen Teilen der Welt geltenden Rechtssysteme widmete, 1

Siehe zu diesem Thema auch: ZweigertlKötz, chung, § 4 III.

Einführung in die Rechtsverglei-

1. Abschnitt: Rechtsvergleichung - anglo-amerikanischer Rechtskreis

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waren die „Commentaries on Colonial and Foreign Laws" von William Bürge , erschienen 1838.2 Der englische Jurist und Kolonialbeamte behandelte darin in vier Bänden vornehmlich das Recht der Kolonien und überseeischen Besitzungen des britischen Empire und verglich es mit den im Vereinigten Königreich geltenden Rechten. Von den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen wurden nur diejenigen Frankreichs, der Niederlande und Spaniens berücksichtigt. Weder das preußische noch das österreichische Recht noch das der übrigen deutschen Teilstaaten fanden Erwähnung. „Burge's Colonial and Foreign Law" war für viele Jahrzehnte das Standardwerk der englischen Rechtsvergleichung. Eine vollständige Überarbeitung und Neuausgabe, in der dann auch das deutsche Recht gebührend berücksichtigt wurde, erfolgte erst beinahe siebzig Jahre später. 3

II. Nichtstaatliche Organisationen und Juristenvereinigungen 1. International Law Association (1873) Die erste Organisation im englischsprachigen Raum, die sich systematisch mit ausländischem Recht befaßte, war die International Law Association. 4 Bei ihr handelt es sich zwar weder im eigentlichen Sinne um eine rein anglo-amerikanische Institution noch um eine, die sich vornehmlich mit Rechtsvergleichung beschäftigte, aber dennoch ist sie an dieser Stelle zu nennen. Zum einen hatte sie ihren Sitz in London, zum anderen war Englisch die vorherrschende Arbeitssprache, wie sich aus den Protokollen der regelmäßigen Konferenzen ablesen läßt. 2 Bürge , Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and on their Conflict with each other, and with the Law of England, 4 Bände, London 1838. Biographische Angaben zur Person Burges finden sich in der Einführung zum ersten Band der Neuauflage: Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and in Conflict with each other and with the Law of England. Neuausgabe in 5 Bänden, London 1907-28, Band 1, London 1907, S. IX-XIII. 3 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and in Conflict with each other and with the Law of England. Neuausgabe in 5 Bänden, London 1907-28. Siehe hierzu unten: Zweiter Teil, Dritter Abschnitt ,X'. 4 Folgende Informationen stammen aus einem anonymen einleitenden Artikel in: The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. IX-XVIII; Olmstead, in: The Present State of International Law (Centenary Celebration of the International Law Association), S. 3-9; Wilberforce , in: The Present State of International Law (Centenary Celebration of the International Law Association), S. 11-22.

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

Gegründet wurde die Vereinigung als Association for the Reform and Codification of the Law of Nations auf einer Konferenz, die vom 10. bis 13. Oktober 1873 in Brüssel stattfand. Die Initiative zu dieser Veranstaltung ging von den US-amerikanischen Friedensaktivisten Burrit und Miles, letzterer Sekretär der American Peace Society, und dem Verfasser des Civil Code des Staates New York David Dudley Field aus. Diese hatten Kontakt zu der Bewegung europäischer Rechtswissenschaftler aufgenommen, die eine wissenschaftliche Basis für ein zukünftiges internationales Recht schaffen wollten. Treibende Kraft war hier Rolin-Jaequemyns gewesen, der im September 1873 in Gent das Institute of International Law gegründet hatte. Zum ersten Präsidenten der Organisation wurde David Dudley Field bestimmt, ein ständiger Sitz des Vorstands wurde in London eingerichtet. Auf der Folgekonferenz in Brüssel 1895 wurde die Organisation dann umbenannt in International Law Association. 5 Danach fanden regelmäßig in zweijährigem Rhythmus Konferenzen an wechselnden Orten statt. Auffällig war dabei immer wieder die bewußte Wahl von kommerziellen anstelle von politischen Zentren als Veranstaltungsort, so daß nicht nur die großen europäischen Hauptstädte, sondern auch Städte wie Bremen, Hamburg, Antwerpen, Liverpool und Mailand zum Schauplatz großer internationaler Konferenzen werden konnten. 6 Die vorherrschende Arbeitssprache auf den Konferenzen war in der Regel Englisch, wenn auch jeder Teilnehmer prinzipiell seine Muttersprache verwenden konnte, so daß einzelne Beiträge in Französisch, Deutsch, Spanisch, Italienisch und selbst in Ungarisch geleistet wurden. 7 Die Protokolle und Ergebnisse jeder Konferenz wurden in einem Band zusammengefaßt und als Report of the Conference of the International Law Association veröffentlicht. Ziel der Organisation war die Erarbeitung und Verbreitung des Völkerrechts und sonstigen internationalen Rechts, wobei insbesondere auch Nichtjuristen die Möglichkeit gegeben werden sollte, auf die Entwicklung Einfluß zu nehmen: „The Association welcomes to its membership not only lawyers, whether or not specialists in International Law, but shipowners, underwriters, merchants, and philanthropists, and receives delegates from affiliated bodies, such as Chambers of Commerce and Shipping [...], thus 5

Diese und weitere Informationen stammen von: Olmstead, in: The Present State of International Law (Centenary Celebration of the International Law Association), S. 3-9. 6 Anonymer einleitender Artikel in: The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. X, XV-XVII; Wilberforce , in: The Present State of International Law (Centenary Celebration of the International Law Association), S. 11, 12. 7 Wilberforce , in: The Present State of International Law (Centenary Celebration of the International Law Association), S. 11, 14.

1. Abschnitt: Rechtsvergleichung - anglo-amerikanischer Rechtskreis

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admitting all who, from whatever point of view, are interested in the improvement of international relations." 8 Daneben widmete man sich aber von Anfang an auch den privatrechtlichen Problemen, welche die internationalen Handelsbeziehungen mit sich brachten, vornehmlich im Bereich des Seehandelsrechts und des Wertpapierrechts. Zu den herausragenden Leistungen gehören hierbei die „YorkAntwerp Rules of General Average", die auf der Konferenz in Antwerpen 1877 erarbeitet und nach Überarbeitungen 1890, 1924, 1950 und zuletzt 1974 heute Bestandteil nahezu jedes Chartervertrages sind 9 , wie auch Entwürfe für ein einheitliches Wechsel- 10 und Scheckrecht 11. In den Reports of the Conference finden sich wiederholt Beiträge und Referate, in denen das Privatrecht der einzelnen Staaten dargestellt und miteinander verglichen wird. Auch das Recht des Deutschen Reiches fand Erwähnung. 12

2. Society of Comparative Legislation (1894) Die erste Organisation im anglophonen Raum, die sich systematisch mit ausländischem Privatrecht und Rechtsvergleichung befaßte, war die Society of Comparative Legislation, die am 19. Dezember 1894 in London ins Leben gerufen wurde. 13 Nachdem es in Frankreich, Deutschland und den 8 Anonymer einleitender Artikel, in: The International Law Association: Report of the 26th Conference, London 1910, S. IX, X. Vergleiche hierzu auch: Olmstead, in: The Present State of International Law (Centenary Celebration of the International Law Association), S. 3, 4. 9 Prüßmann/Rabe, Vor § 700 I Β. 10 Principles for an International Law to Govern Bills of Exchange, 4th Conference of the Association for the Reform and Codification of the Law of Nations, Bremen, 1876; Rules for the Unification of Bills of Exchange Law, 25th Conference of the International Law Association, Budapest, 1908. 11 Rules for the Unification of the Law of Cheques, 25th Conference of the International Law Association, London, 1910. 12 z.B. Doroghi , The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 221-259; Todd, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264-278; Report of Committee on Divorce Jurisdiction , The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. 252-401 (dazu Katz und Schneider, jeweils ebd.). Siehe hierzu im Zweiten Teil. 13 Vergleiche hierzu und zum Folgenden: llbert, Statement of the Objects of the Society, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97), S. VI-X; The Jubilee of the Society, Journal of the Society of Comparative Legislation and International Law, Third Series, Band 26 (1944), S. 1-4 (anonym); A British Society of Comparative Legislation, The Law Magazine and Review, Fourth Series, Band 20 (1894-95), S. 185-188 (anonym).

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

Vereinigten Staaten bereits seit längerem entsprechende Vereinigungen gegeben hatte, hielt man auch in Großbritannien den Bedarf nach einer gezielten Rechtsvergleichung auf wissenschaftlicher Grundlage und in institutionellem Rahmen für unabweisbar. Vorbilder waren erklärtermaßen die 1869 gegründete französische Société de Législation Comparée 14, deren vielfältige Veröffentlichungen als auch aus englischer Sicht sehr wertvoll betrachtet wurden 15 , die Aktivitäten der American Bar Association 16, und nicht zuletzt die Berliner Internationale Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre. 17 Den Vorsitz der Gründungsversammlung führte der damalige Lord Chancellor Lord Farrer Herschell, der auch zu ihrem ersten Präsidenten wurde. Neben ihm stand als treibende Kraft hinter der Gründung Sir Courtenay Peregrine Ilbert, ein Staatssekretär im Londoner Finanzministerium. 18 Die entscheidende Resolution auf der Gründungsversammlung lautete: „That it is expedient to establish a Society of Comparative Legislation, with the object of promoting knowledge of the course of legislation in different countries, more particularly in the several parts of her Majesty's Dominions, and in the United States." 19 14

Ausführliche Informationen hierzu: Livre du Centenaire de la Société de Législation Comparée, Paris 1969, S. 3, 21 ff., 25 ff. (Beiträge von Marc Ancel und Roland Drago). 15 A British Society of Comparative Legislation, The Law Magazine and Review, Fourth Series, Band 20 (1894-95), S. 185, 186 (anonym). 16 Siehe hierzu unten Erster Teil, Erster Abschnitt, II 3. 17 Die Internationale Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre war 21.2.1894 auf Betreiben des preußischen Justizbeamten späteren Richters am Kammergericht Felix Meyer gegründet worden, der bis zu seinem Tode 1925 auch Vorsitzender blieb. Regelmäßig publiziert wurden das Jahrbuch (bis 1914) sowie die Blätter für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre (bis 1926). Auf dem Höhepunkt ihres Wirkens, um das Jahr 1910, zählte die Vereinigung eine Reihe illustrer Mitglieder, auch im Ausland, die sich zum Teil auch besonders um die fachlichen Kontakte zwischen England und Deutschland verdient machten und in dieser Untersuchung eine hervorgehobene Rolle spielen, darunter: Felix Meyer selbst, Karl von Lewinski, Ernest Joseph Schuster, Chung Hui Wang, Edward Jenks, Edwin Montefiore Β orchard, Simeon Ε. Baldwin, Henry Happold (Angaben aus: Mitglieder-Verzeichnis der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre zu Berlin, um 1910). 18 The Jubilee of the Society, Journal of the Society of Comparative Legislation and International Law, Third Series, Band 26 (1944), S. 1 (anonym); A British Society of Comparative Legislation, The Law Magazine and Review, Fourth Series, Band 20 (1894-95), S. 185, 188 (anonym). 19 Zitiert nach Ilbert , Statement of the Objects of the Society, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97), S. VI; The Jubilee of the Society, Journal of the Society of Comparative Legislation and International Law, Third Series, Band 26 (1944), S. 1 (anonym).

1. Abschnitt: Rechtsvergleichung - angloamerikanischer Rechtskreis

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Die Aufgaben der neuen Vereinigung wurden folgendermaßen umschrieben: „They are both practical and scientific. The Society is intended to be of service to legislative bodies, practising lawyers, jurists and students of sociology. To jurisprudence the Society will apply the comparative method of investigation [...]. It will gather together [...] materials now scattered through many periodicals, or to be found only in official documents of which only few libraries contain copies, and it will otherwise endeavour to promote the study of comparative law. Chief among its aims will be the collecting of information as to the Statute law and the forms and methods of legislation in the British Empire and the United States." 20 Die britische Society of Comparative Legislation sollte ihr Augenmerk also vornehmlich auf die Rechtsentwicklung im Britischen Empire und in den USA richten. Ausschlaggebend für diese Zielsetzung war die Erkenntnis, daß es in den englischsprachigen Ländern zum damaligen Zeitpunkt mehr als hundert gesetzgebende Versammlungen gab, die sich immer wieder mit ähnlichen und überlappenden Gesetzesvorhaben zu befassen hatten, und daß bis dahin der wechselseitige Informationsaustausch wenn überhaupt, eher unvollkommen und zufällig erfolgt war. Ilbert formulierte hierzu: „It is not uncommon, on the introduction of measures into Parliament, to refer to the laws of other countries. At present the results of foreign experiments are only imperfectly and casually brought to the notice of those who might profit by them; and enactments may be proposed and adopted in one English-speaking community in ignorance of the fact that similar measures have after trial been abandoned or modified in another. Much, it is conceived, might be learned with advantage both as to the substance and as to the form of legislation, and many mistakes might be avoided, if precedents derived from the experience of other countries were collected and studied." 21 Zudem existierten im britischen Weltreich noch eine Vielzahl an unterschiedlichen Rechtssystemen, vom schottischen über das islamische und hinduistische Recht in Britisch-Indien bis zum römisch-niederländischen in der Kapkolonie. 22 Die bestehenden Defizite zu beheben, erschien um so dringlicher, als daß die letzte umfassende rechtsvergleichende Darstellung „Burge's Colonial and Foreign Laws" 2 3 - von 1838 stammte. 20

Ilbert, Statement of the Objects of the Society, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97), S. VI f. 21 Ilbert, Statement of the Objects of the Society, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97), S. VI, VII f. 22 Ilbert, Statement of the Objects of the Society, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97), S. VI, VII. 23 Bürge , Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and on their Conflict with each other, and with the Law of England, 4 Bände, London 1838. 3 Dittmann

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

Wenngleich das Recht der Länder des Common Law dominierendes Thema war, fand doch von Anfang an aber auch das Recht anderer Staaten Berücksichtigung in der Arbeit der Society. So enthält bereits die erste Publikation einen ausführlichen Beitrag über das gerade vom deutschen Reichstag beschlossene neue Bürgerliche Gesetzbuch für das Deutsche Reich. 24 Neben dem Lord Chancellor Herschell und einer Reihe von Vertretern von Politik und Regierung zählten zu den Gründungsmitgliedern viele bedeutende englische Juristen und Rechtswissenschaftler, unter ihnen mehrere Lords of Appeal und der Lord Chief Justice of England, die OxfordProfessoren Albert Venn Dicey, Thomas Erskine Holland, Edward Jenks, Frederic Pollock und aus Cambridge Frederic William Maitland, Henry Sidgwick und John Westlake. 25 Die Society of Comparative Legislation hatte von Anfang an mit zwei grundlegenden Schwierigkeiten zu kämpfen. Zum einen war die Finanzierung ihrer Aktivitäten lange Zeit nicht gesichert. Auf eine substantielle Zuwendung von staatlicher Seite, wie bei dem französischen Pendant, hoffte man vergeblich. 26 Man behalf sich mit privaten Spenden, Zuwendungen anderer Institutionen - hier vor allem der Standesorganisationen der englischen Juristen, der Inns of Court und der Law Society - und den Einnahmen aus den Publikationen. 27 Gravierender war jedoch der Mangel an Interesse an der Arbeit der Society unter der britischen Juristenschaft. Von dem illustren Kreis der Gründungsmitglieder abgesehen, gelang es lange Zeit nicht, eine nennenswerte Zahl von Praktikern zu erreichen. Um jene Jahrhundertwende kam nahezu die Hälfte aller beitragszahlenden Mitglieder aus den Kolonien und dem Ausland 28 , und 1908 war die jährliche Mitgliederversammlung so schlecht besucht, daß sie bis auf weiteres eingestellt wurde 29 . Erst in den zwanziger Jahren kam es hier zu einer befriedigenden Situation 30 und nach 24 Schuster, The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191-211. Siehe dazu unten Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, II. 25 Mitgliederliste im Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97), S. III-IV. 26 A British Society of Comparative Legislation, The Law Magazine and Review, Fourth Series, Band 20 (1894-95), S. 185, 187 (anonym). 27 Vergleiche: Gray, Annual Report, Journal of the Society of Comparative Legislation and International Law, 3. Serie, Band 6 (1924), S. IX. 28 Annual Meeting, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 2 (1897), S. III, IV (anonym). 29 The Jubilee of the Society, Journal of the Society of Comparative Legislation and International Law, Third Series, Band 26 (1944), S. 1, 2 (anonym). 30 Vergleiche: Gray , Annual Report, Journal of the Society of Comparative Legislation and International Law, 3. Serie, Band 6 (1924), S. IX.

1. Abschnitt: Rechtsvergleichung - anglo-amerikanischer Rechtskreis

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dem Zweiten Weltkrieg, parallel zu der Entwicklung der vergleichenden Rechtswissenschaft insgesamt, schließlich zu einer deutlichen Ausweitung der Kontakte und Aktivitäten. 31 Wichtige Stationen der Entwicklung der Society of Comparative Legislation waren die Übernahme einer umfangreichen Bibliothek des internationalen Privatrechts und der Rechtsvergleichung im Jahre 1925 - ein Vermächtnis von Ernest Joseph Schuster, eines deutschstämmigen Londoner Rechtsanwaltes, der sich insbesondere um die deutsch-englische Rechtsvergleichung verdient gemacht hat und dessen Werk einen nicht unbeträchtlichen Anteil an dieser Untersuchung ausmacht 32 - und die kriegsbedingte Zerstörung von Teilen des Archivs im Zweiten Weltkrieg. 33 Im Jahre 1958 schließlich erfolgte auf Betreiben ihres damaligen Vorsitzenden Lord Denning der Zusammenschluß der Society of Comparative Legislation mit der Grotius Society zum British Institute of International and Comparative Law. 34 (Die Grotius Society war 1915 in London gegründet worden und sollte nach dem Vorbild der US-amerikanischen Association of International Law auf nationaler Ebene die Fortentwicklung des Völkerrechts propagieren. 35 ) Die erste Publikation der Society of Comparative Legislation war der Review of Legislation of the Empire 1895 36, der, nach einzelnen Ländern sortiert, jeweils einen kurzen Abriß der gesetzgeberischen Tätigkeit und sonstiger interessanter Entwicklungen im jeweiligen Land beinhaltete. Die Beiträge stammten größtenteils von Korrespondenten vor Ort. Dieser Übersicht beigefügt waren einige weitere Aufsätze, unter anderem der erwähnte Artikel über das BGB. Die Länderübersicht wurde fortan alljährlich erstellt und, ergänzt um weitere Aufsätze, ab 1897 im Journal of the Society of Comparative Legislation herausgegeben. Nach einem Wechsel des Verlages begann man nach 31

Annual Reports im Journal of the Society of Comparative Legislation and International Law, Third Series, Bände 29-31 (1947^9), S. XXIII-XXIV und Band 32 (1950-51), S. XXVI-XXVII (jeweils anonym). 32 Siehe hierzu ausführlich Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt. 33 Macmillan, Annual Report, Journal of the Society of Comparative Legislation and International Law, 3. Serie, Band 23 (1940-41), Teilbände II-III, S. XXV. 34 Siehe hierzu Denning , Notice/Notice to Subscribers, The International and Comparative Law Quarterly, Band 8 (1959), S. XVII, XIX; Simmonds , The International and Comparative Law Quarterly - A Twenty Five Year Cumulative Index 1952-1976, S. I ff. 35 Siehe hierzu Art. 2, Rules of the Grotius Society, aus: The Grotius Society, Band 1 (1916), S. 7; Eröffnungsrede des Vizepräsidenten der Grotius Society: Goudy, The Grotius Society, Band 1 (1916), S. 11. 36 Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 1 ff. 3*

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

nur zwei Jahrgängen mit einer neuen Serie mit neuer Zählung, die 1919 ihrerseits von einer dritten Serie abgelöst wurde. Zwischenzeitlich war man von der jährlichen zu einer quartalsmäßigen Erscheinungsweise übergegangen. 1920 wurde aus dem Titel durch einen Zusatz das Journal of the Society of Comparative Legislation and International Law. 1952 wurde die vierte Serie, nunmehr als International and Comparative Law Quarterly , eingeführt, in der mit den Transactions auch die Zeitschrift der Grotius Society aufging. In keiner anderen englischsprachigen Zeitschrift sind im Zeitrahmen dieser Untersuchung so viele Beiträge erschienen, die das Recht des Deutschen Reiches zum Thema hatten oder es zumindest berücksichtigten. Dies ist in erster Linie das Verdienst zweier langjähriger Mitglieder und Mitarbeiter der Society, beides englische Juristen deutscher Abstammung, nämlich des bereits erwähnten Ernest Joseph Schuster und des Londoner Anwalts Julius Hirschfeld. Ihre Beiträge werden im folgenden wiederholt Gegenstand der Untersuchung sein.

3. Comparative Law Bureau of the American Bar Association (1907) In den Vereinigten Staaten von Amerika ging die Entwicklung hinsichtlich der internationalen Rechtsvergleichung in erster Linie von der American Bar Association aus, der Standesorganisation der amerikanischen Rechtsanwälte und Juristen auf Bundesebene. Die vergleichende Rechtswissenschaft als solche und die Disziplin des „conflict of laws" spielten angesichts der besonderen Situation in den USA, in denen ein halbes Hundert Bundesstaaten jeweils über eine eigene Gesetzgebung verfügte, schon früh eine Rolle. In einzelnen Bundesstaaten hatte es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bereits mehrfach Kommissionen gegeben, die sich anläßlich eines bestimmten Gesetzesvorhabens ad hoc mit dem Recht der übrigen Bundesstaaten befaßten. Auch auf Bundesebene hatte es vereinzelt nationale Kommissionen und Arbeitsgruppen des Kongresses für die einheitliche Gesetzgebung in den Bundesstaaten, gegeben. Anfang der 1890er Jahre fand Rechtsvergleichung in institutionalisiertem Rahmen bei der American Political Science Association und beim Legislative Reference Bureau des Staates New York statt, war jedoch weitgehend auf das Recht innerhalb der USA beschränkt. Gleiches galt für die Aktivitäten der Committees on Comparative Jurisprudence , die von den Bar Associations in einzelnen Staaten unterhalten wurden. 37 37 Comparative Law in this Country, in: The American Bar Association, Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 2, 1909, S. 7 (anonym).

1. Abschnitt: Rechtsvergleichung - anglo-amerikanischer Rechtskreis

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Zu diesem Zeitpunkt war das akademische Interesse an ausländischem Recht in stetigem Wachstum begriffen, ausgehend von den Lehrstühlen für das Römische Recht, die an einigen Universitäten eingerichtet wurden, und getragen von den jeweiligen Einwanderergemeinden. So verfügte etwa die University of North Dakota über eine umfangreiche Sammlung an skandinavischem Recht, und die University of Wisconsin nannte eine gut sortierte Fachbibliothek zum deutschen Recht ihr eigen; auch Harvard und die Northwestern University verfügten über Sammlungen ausländischer rechtswissenschaftlicher Literatur. 38 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzte sich in der amerikanischen Juristenschaft die Einsicht durch, daß die systematische Beschäftigung mit dem Recht des Auslandes am besten bei einer auf nationaler Ebene operierenden, spezialisierten Institution angesiedelt werden müßte. Hatte die American Bar Association bereits im Verlauf der 1890er Jahre erste Kontakte ins Ausland geknüpft (unter anderem 1895 mit der gerade in London gegründeten Society of Comparative Legislation 39), wurden nun auf ihrer Jahrestagung 1906 in St. Paul, Minnesota konkrete Schritte eingeleitet, eine solche Institution zu schaffen. Auf Anregung der Pennsylvania Bar Association wurde zunächst eine Arbeitsgruppe gebildet, um die Möglichkeiten auszuloten, „whereby important legislation of foreign nations affecting the science of jurisprudence can be brought to the attention of American lawyers and become available in the general study of private l a w . " 4 0 Dieses Committee on Comparative Law erstattete im folgenden Jahr Bericht: „[There is a necessity for a] comprehensive acquaintance with modern legislation throughout the world [...]. In this utilitarian and constructive age we are bound to recognize that juridic principles are confined to no one people nor to any single era: it is our mission to select from every source that which is best fitted to assure the prosperity and happiness of the American people." 41 Auf Empfehlung der Arbeitsgruppe wurde als dauerhafte Einrichtung der American Law Association im Jahre 1907 das Comparative Law Bureau gegründet. 42 Zum ersten Vorsitzenden wurde Simeon E. Baldwin , Professor 38

Smithers u.a., The American Bar Association, Report of the 30th Annual Meeting, Portland, 1907, S. 744, 745 ff. 39 The American Bar Association, Report of the 18th Annual Meeting, Detroit, 1895, S. 36 f. 40 The American Bar Association, Report of the 29th Annual Meeting, St. Paul, 1906, S. 81. 41 Smithers u. a., The American Bar Association, Report of the 30th Annual Meeting, Portland, 1907, S. 744, 745. 42 Smithers u.a., The American Bar Association, Report of the 30th Annual Meeting, Portland, 1907, S. 744, 749 f. Weitere Informationen hierzu im Protokoll der konstituierenden Sitzung des Comparative Law Bureau: Smithers, Proceedings of

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Yale Universität, Richter am Supreme Court of Errors des Bundesstaates Connecticut und 1899/1900 Präsident der bereits erwähnten International Law Association 43, gewählt. (Baldwin war übrigens auch Mitglied in der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Berlin. 4 4 ) In seiner ersten Ansprache stellte er fest: „[There is a] growing solidarity of nations. [...] No nation, in our day, [lives] to itself. It has a necessary influence on every other, and the stronger such influence, the happier for all, if so be it is an influence for good. - In the sifting process by which good influences are parted from the bad, good laws distinguished from those of inferior worth, or no worth, a bureau like this [...] has immense capabilities." 45 Die Aufgabe des Comparative Law Bureau umschrieb er folgendermaßen: „The first thing, it has seemed to us, to be accomplished is to bring the lawyer of the United States a better knowledge of the laws outside of the United States, and of the sources to which to go for that knowledge. [...] Private international law comes closer to the ordinary lawyer, and as its development continues [...], it is constantly advancing in new directions, the new impulse to its orderly and scientific development, given by the four Conferences that have been held at the Hague in 1893, 1894, 1900 and 1904, is one of the great events of modern times in the field of jurisprudence. - The independent sovereignity possessed by each of our states in respect to ordinary matters of judicial cognizance makes the doctrines of private international law of peculiar importance to our Bar. Occasions for their application - comparatively rare in the rest of the world - are here of a daily occurrence, with fourty-six distinct systems of remedial justice in force [.. . ] . " 4 6 Im Comparative Law Bureau beschäftigte man sich zunächst mit der Auswertung ausländischer Fachzeitschriften, unter anderem den Publikationen der Schwesterorganisationen in Frankreich (> Société de Législation Comparée und das ebenfalls gerade 1907 gegründete Institut de Droit Comparé ), Großbritannien (Society of Comparative Legislation), Deutschland (Internationale Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und the Comparative Law Bureau, The American Bar Association, Report of the 30th Annual Meeting, Portland, 1907, S. 1001-1009. 43 Siehe hierzu: Transactions of the International Law Association 1873-1924, hrsg. v. Bewes , London 1925, S. IV (List of Presidents). 44 Angabe aus dem Mitglieder-Verzeichnis der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre zu Berlin (um 1910), S. 4. 45 Baldwin , The American Bar Association, Report of the 31st Annual Meeting, Seattle, 1908, S. 902, 903. 46 Baldwin , The American Bar Association, Report of the 31st Annual Meeting, Seattle, 1908, S. 902, 904 f.

1. Abschnitt: Rechtsvergleichung - anglo-amerikanischer Rechtskreis

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Volkswirtschaftslehre) und Spanien (Revista de Legislaciôn Universal und Anuario de Legislaciôn Universal), wobei man den relativen Mangel an Berichterstattung über das US-amerikanische Recht beklagte, und propagierte die Übersetzung ausländischer Gesetzestexte ins Englische. 47 Die alljährlichen Rechenschaftsberichte des Direktors des Comparative Law Bureau wurden zunächst im Report of the Annual Meeting of the American Bar Association veröffentlicht. Dazu kam von 1908 bis 1914 das Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau of the American Bar Association als eigenes Publikationsorgan des Bureau, das nach sieben Ausgaben 1915 im monatlich erscheinenden The American Bar Association Journal aufging. Seit 1908 erstellte das Bureau regelmäßig umfassende, teilweise kommentierte Literaturlisten für die Rechtsordnungen der wichtigsten Länder, die zunächst im Annual Bulletin, später im Journal veröffentlicht wurden. Ausgiebig wurde dabei auch die deutsche Fachliteratur gesichtet: 1909 wurden ihr 11 Seiten 48 , 1910 gar 20 Seiten 49 im Annual Bulletin gewidmet, und auch im Journal wurde diese Ausführlichkeit zunächst beibehalten. 50 Der für das Deutsche Reich zuständige Redakteur war übrigens Edwin Montefiore Borchard, der im Jahre 1912 eine ausführliche Bibliographie der deutschen Rechtswissenschaft zusammenstellte.51

III. Regierungsamtliche Stellen und Sammlungen Anders als etwa das französische Justizministerium mit dem Comité de Législation Étrangère unterhielten die Regierungen der angelsächsischen Länder keine Institutionen, die sich permanent und systematisch mit ausländischem Recht befaßten. Dies wurde - vielleicht entsprechend der nationalen Mentalität 52 - ausschließlich den genannten nichtstaatlichen Organisationen überlassen.

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Baldwin , The American Bar Association, Report of the 31st Annual Meeting, Seattle, 1908, S. 902 ff. 48 Borchard , Germany - Bibliography, The American Bar Association, Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 2 (1909), S. 70-81. 49 Borchard , Germany - Bibliography, The American Bar Association, Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 3 (1910), S. 118-138. 50 Borchard , Germany - Bibliography, American Bar Association Journal, Band 1 (1915), S. 141-153. 51 Borchard , Guide to the Law and Legal Literature of Germany, Washington 1912. 52 Vergleiche: A British Society of Comparative Legislation, The Law Magazine and Review, Fourth Series, Band 20 (1894-95), S. 185, 186 f. (anonym).

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

1. Großbritannien a) Foreign Office:

Diplomatie and Consular Reports

Die größte Aufmerksamkeit wurde dem Deutschen Reich naturgemäß im britischen Foreign Office gewidmet. Dort wurden die regelmäßigen Tätigkeitsberichte der diplomatischen und konsularischen Vertreter Großbritanniens gesammelt und ausgewertet. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der wirtschaftlichen Entwicklung des Deutschen Reiches, das um jene Jahrhundertwende zunehmend als größter Konkurrent auf den Märkten empfunden wurde („the German Empire is among our keenest rivals in the field of commerce" 53 ; „our great commercial rival")54. Juristische Themen fanden daneben allenfalls am Rande Erwähnung. Einzig die britischen Generalkonsuln in Frankfurt am Main, Sir Charles Oppenheimer und seine Nachfolger Francis Oppenheimer, widmeten in ihren Berichten der Rechtsentwicklung im Deutschen Reich regelmäßig einige Abschnitte. 55 In der umfangreichen Bestandsaufnahme „Report on the Economic Position of the German Empire in 1900" werden die im gleichen Jahr in Kraft getretenen bedeutenden neuen Gesetzeswerke hingegen mit keinem Wort erwähnt. 56 Die Berichte wurden vom Stationery Office unter dem Titel Diplomatie and Consular Reports veröffentlicht. Dabei erschienen sie zunächst als Einzelhefte, nach konsularischen Bezirken getrennt, in der fortlaufend durchnummerierten Annual Series und, soweit sie spezielle Themen behandelten, in der Miscellaneous Series. Später wurden sie mit allen anderen Regie53

Platt (Übers.), The Commercial Code for the German Empire, London 1900, S. VII. 54 The Commercial Code for the German Empire (Platt, Buchbesprechung), The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 25 (1899-1900), S. 499 (anonym). 55 Foreign Office, 1896, Annual Series No. 1752, Diplomatie and Consular Reports on Trade and Finance: Germany: Report for the Year 1895 on the Trade of the District of the Consulate-General of Francfort-on-Main, S. 10 f. (= Parliamentary Papers 1896, Band 86 [Accounts and Papers, Band 38], S. 109, 120 f.); Foreign Office, 1897, Annual Series No. 1942, Diplomatic and Consular Reports on Trade and Finance: Germany: Report for the year 1896 on the Trade of the District of the Consulate-General of Francfort-on-Main, C. 8277, S. 55 f. (= Parliamentary Papers 1897, Band 91 [Accounts and Papers, Band 40], S. 279, 335 ff.; Foreign Office, Annual Series No. 2680, Diplomatic and Consular Reports: Germany: Report for the year 1900 on the Trade and Commerce of the Consular District of Francfort-onMain, S. 8 (= Parliamentary Papers 1901, Band 82 [Accounts and Papers, Band 46], S. 795, 802; Foreign Office, Annual Series No. 3042, Diplomatic and Consular Reports: Germany: Report for the year 1902 on the Trade and Commerce of the Consular District of Francfort-on-Main, S. 75 ff., 85 (= Parliamentary Papers 1903, Band 77 [Accounts and Papers, Band 42], S. 609, 683 ff., 693). 56 Foreign Office, Annual Series No. 2400, Diplomatic and Consular Reports: Germany: Report on the Economic Position of the German Empire in 1900 (= Parliamentary Papers 1900, Band 93 [Accounts and Papers, Band 47], S. 525-567).

1. Abschnitt: Rechtsvergleichung - anglo-amerikanischer Rechtskreis

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rungs- und Parlamentsveröffentlichungen im Rahmen der Parliamentary Papers zusammengefaßt. b) Parliamentary

Papers

Dafür, daß Aspekte des deutschen Zivilrechts in einer Regierungsvorlage oder einem sonstigen Dokument des Cabinet Office erwähnt worden wären, ließen sich nach Durchsicht der Bestände des Public Record Office in London keine Anhaltspunkte feststellen. Auch in den Debatten des britischen Parlamentes wurde das deutsche Zivilrecht im Untersuchungszeitraum niemals erwähnt. 57 Erwähnung erfuhr das deutsche Zivilrecht, zumindest in Teilaspekten, jedoch in einer Reihe von Untersuchungen und Berichten, die verschiedene Kommissionen und Gutachter für das britische Parlament verfaßten. Meist handelte es sich um Auflistungen und vergleichende Zusammenstellungen der jeweils aktuellen Regelungen der wichtigsten Staaten der Welt zu bestimmten rechtlichen Fragen und Rechtsgebieten, wobei der Darstellung des Rechts des Deutschen Reiches teilweise breiter Raum gewährt wurde. Solche Berichte wurden verfaßt zum Ehe- und Scheidungsrecht 58, zum Erbrecht 59 und hinsichtlich der Registrierung von Firmen 60 . Speziell mit dem deutschen Recht beschäftigte sich ein Bericht über das neue Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb von 1909. 61 Erwähnung fand das deutsche Wechselrecht in einer Dokumentensammlung zur Haager Konferenz zur Vereinheitlichung des Wechsel- und Scheckrechts von 1912. 62 Gegenstand gleich mehrerer Untersuchungsberichte und Verhandlungen vor Ausschüssen des 57

Parliamentary Debates, 4th Series, Jahrgänge 1892-1908, 5th Series, Jahrgänge 1909 ff. 58 Reports on the Laws of Marriage and Divorce in Foreign Countries, in: Parliamentary Papers 1894, Band 70 (Accounts and Papers, Band 20), S. 111-274; Laws relating to Marriage in Force in Certain Foreign Countries, Miscellaneous No. 11, Cd. 5993, in: Parliamentary Papers 1911, Band 63 (Accounts and Papers, Band 19), S. 331-678. 59 Reports respecting the Limitations imposed by Law upon Testamentary Bequests in France, Germany, Italy, Russia, and the United States, Miscellaneous No. 7 (1908), Cd. 4251, in: Parliamentary Papers 1908, Band 88 (Accounts and Papers, Band 27), S. 283-312. 60 Registration of Firms Abroad. Reports from Colonial Governors, the Government of India and His Majesty's Representatives Abroad on Laws and Regulations in Force in British Colonies and Possessions, in British India, and in Foreign Countries respecting the Registration of Commercial Firms, Cd. 4420, in: Parliamentary Papers 1908, Band 107 (Accounts and Papers, Band 46), S. 63-254. 61 Foreign Office: Diplomatic and Consular Reports: Germany: Report on the German Law of 1909 against Unfair Competition, No. 683 Miscellaneous Series, Cd. 6006, in: Parliamentary Papers 1912/13, Band 94, S. 1-29.

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

Parlaments war das deutsche Grundbuchrecht. Dies ist im Zusammenhang mit den Bestrebungen und langwierigen Gesetzgebungsverfahren zu sehen, mit denen gegen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts auch in England die amtliche Registrierung von Grundstücken eingeführt wurde. Dabei wurde das Grundbuchwesen der deutschen Länder mehrfach ausführlich beschrieben, kritisch analysiert und schließlich als Vorbild für eine englische Regelung angeführt. 63 2. USA a) State Department In der konsularischen Korrespondenz des State Department, jedenfalls soweit sie in den Papers relating to the Foreign Relations of the United States veröffentlicht worden ist, finden sich nur vereinzelt Erwähnungen des deutschen Zivilrechts. In einem Brief an die Zentrale, datiert vom 30. September 1882, beschreibt ein Mitarbeiter der amerikanischen Botschaft in Berlin ausführlich das deutsche Gerichtswesen. 64 In den Jahren 1907 und 1908 werden anläßlich von Problemen amerikanischer Staatsbürger bei der Heirat in Deutschland und mit Deutschen in mehreren Berichten das deutsche Eherecht und das einschlägige internationale Privatrecht kurz dargestellt. 65 Entstehungsgeschichte und Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetz62 Correspondence relating to the Conference on Bills of Exchange and Cheques at The Hague, June 1912, Commercial No. 1 (1913), Cd. 6680, in: Parliamentary Papers 1913, Band 67 (keine Paginierung) (= S. 1-93). 63 Prussia No. 1, 1887: Report by Mr. C. S. Scott, Secretary to Her Majesty's Embassy at Berlin, on the Conveyance and Registration of Land Titles in Prussia, C. 5047, in: Parliamentary Papers 1887, Band 81 (Accounts and Papers, Band 33), S. 169-180; Land Registry: Registration of Title to Land: General and Detailed Reports of the Assistant Registrar of the Land Registry on the Systems of Registration of Title now in Operation in Germany and Austria-Hungary, with Appendices, C. 8139, von Charles Fortescue-Brickdale , in: Parliamentary Papers 1896, Band 84 (Accounts and Papers, Band 36), S. 85-300; Parliamentary Papers: Royal Commission on the Land Transfer Acts 1908/1909: First Report of the Commissioners and Appendix, Minutes of Evidence, Cd. 4509, 4510, in: Parliamentary Papers 1909, Band 27 (Reports from Commissioners Band 19), S. 729-928; Royal Commission on the Land Transfer Acts, Second and Final Report of the Commissioners and Minutes of Evidence Vol. II., Cd. 5483, 5494, in: Parliamentary Papers 1911, Band 30 (Reports from Commissioners Band 23), S. 1-737. 64 Report on the Organization of the Courts of Law in Germany, in: Papers relating to the Foreign Relations of the United States, Band 40 (1882), S. 174-186. 65 Marriage of American Citizens in Germany, in: Papers relating to the Foreign Relations of the United States, Band 72 (1907, 1. Teilband), S. 519-526; Marriage of American Citizens in Germany, in: Papers relating to the Foreign Relations of the United States, Band 74 (1908), S. 360-365.

1. Abschnitt: Rechtsvergleichung - anglo-amerikanischer Rechtskreis

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buches waren dagegen nur beiläufig und in gänzlich anderem Zusammenhang erwähnt worden. 66 b) Department of Commerce Das Außenministerium war nicht die einzige Regierungsstelle, welche die Rechtsentwicklung außerhalb der USA verfolgte. Um 1908 wurde im Department of Commerce unter Federführung des Bureau of the Census eine umfangreiche Untersuchung über Eheschließungen und Scheidungen angestellt. Der Bericht enthält neben umfangreichem statistischem Material auch eine vergleichende Darstellung der verschiedenen geltenden Ehe- und Scheidungsrechte. Dabei beschränkte man sich nicht auf die einzelnen Bundesstaaten, sondern berücksichtigte auch das Recht wichtiger Staaten des Auslands, darunter das Deutsche Reich. 67 In einer anderen Abteilung des Handelsministeriums, dem Bureau of Foreign and Domestic Commerce, widmete man sich dem ausländischen Recht unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Betätigung amerikanischer Unternehmen in Übersee. Dort verfaßte 1915 Archibald J. Wolfe unter Mitarbeit von Edwin M. Borchard ein Handbuch, das dem Leser einen schnellen Überblick über das Rechtssystem von England, Schottland, Frankreich und Deutschland und wichtige praktische Ratschläge geben sollte. 68 c) Library of Congress : Borchards „ Guide to the Law and Legal Literature of Germany " (1912) 69 Edwin Montefiore Borchard, geboren 1884 in New York, war nach einem Jurastudium eben dort und dem Eintritt in den Staatsdienst von 1911 an für einige Jahre als Bibliothekar in der Washingtoner Kongressbibliothek angestellt und dort für juristische Fachliteratur zuständig. (Nach der Promotion an der Columbia University 1913 war er ab 1917 Professor der 66

Report of the U. S. Delegates to the International Commission of Jurists at Rio de Janeiro, in: Papers relating to the Foreign Relations of the United States, Band 78 (1912), S. 34-36. 67 Department of Commerce and Labour, Bureau of the Census, Special Report: Marriage and Divorce 1867-1906, 2 Teile und Nachtrag, Washington, Government Printing Office, 1908/09, 1916. 68 Wolfe/Borchard, Department of Commerce: Bureau of Foreign and Domestic Commerce: Commercial Laws of England, Scotland, Germany and France, Washington 1915. 69 Borchard , Guide to the Law and Legal Literature of Germany, Washington 1912.

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

Rechtswissenschaften in Yale, Experte und Berater der U.S.-Regierung in Fragen des internationalen Rechts. 1925 kam er als erster amerikanischer Gastprofessor nach dem Ersten Weltkrieg an die Berliner Universität, die ihm die Ehrendoktorwürde verlieh. Aus dieser Zeit datiert auch eine deutschsprachige Veröffentlichung Borchards. 70 Er starb 1951. 71 ) In der Library of Congress war man angesichts der zunehmenden Bedeutung von internationalem Privatrecht und ausländischem Recht in der Rechtspraxis zu Beginn des zweiten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts zu dem Entschluß gekommen, Sammlungen der wichtigsten ausländischen Fachliteratur anzulegen. 72 Um dem interessierten amerikanischen Juristen die Einarbeitung in das jeweilige fremde Rechtssystem zu erleichtern, sollte gleichzeitig ein Literaturführer für jedes Land erarbeitet werden, der einen schnellen Überblick über die Bestände und die relative Bedeutung der betreffenden Werke verschaffen sollte. Borchard hatte bereits seit 1909 jedes Jahr für das Comparative Law Bureau der American Bar Association eine umfangreiche Liste deutschsprachiger rechtswissenschaftlicher Literatur zusammengestellt.73 Daneben war er für die amerikanische Ausgabe der in fünf Sprachen und monatlich erscheinenden Internationalen Bibliographie der Rechtswissenschaft zuständig. 7 4 Im Jahre 1911 erstellte er den ersten aus der geplanten Reihe von Literaturführern für ausländisches Recht, nämlich den „Guide to the Law and Legal Literature of Germany", der dann 1912 erschien. Das deutsche Recht war bewußt zum Gegenstand des ersten Bandes der Reihe gewählt worden, weil, wie Borchard schrieb, einmal die besondere ökonomische Bedeutung des Deutschen Reiches als größter Handelspartner außerhalb des angelsächsischen Rechtskreises eine nähere Beschäftigung mit seinem Rechtssystem gebot und weil zum anderen die Beiträge der deutschen Juristen in den vorangegangenen Jahrzehnten prägend für die akademische Rechtswissenschaft der ganzen Welt gewesen seien. 75 70 Borchard, Das Feststellungsurteil in den Vereinigten Staaten, Blätter für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre, 19. Jahrgang (1925-26), S. 89-91 (übers, von Hellmut Rost). 71 Biographische Angaben aus: Reimann, Historische Schule und Common Law, Die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts im amerikanischen Rechtsdenken, S. 292; Our Contributors: Edwin M. Borchard, The American Law Review, Band 45 (1911), S. 760 (anonym); Who was who in America, Band 3 (1951-1960), 2. Auflage, Chicago 1963, S. 90. 72 Borchard, Guide, S. 3. 73 Siehe oben Erster Teil, Erster Abschnitt, II 3. 74 International Bibliography of Legal Science, University of Chicago Press, amerikanische Ausgabe der Zeitschrift des deutschen Internationalen Institutes für Bibliographie der Rechtswissenschaft. 75 Borchard, Guide, S. 7, 8.

1. Abschnitt: Rechtsvergleichung - anglo-amerikanischer Rechtskreis

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In der Vorbereitungsphase hatte Borchard, noch in einer anderen Funktion als Vertreter der US-amerikanischen Regierung bei der Haager Konferenz zur Küstenfischerei im Nordatlantik von 1910, Europa bereist und unter anderem viele persönliche Kontakte auch zu deutschen Juristen und Rechtswissenschaftlern geknüpft. 76 In Berlin war er der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre beigetreten 77 und hatte unter anderem ein Mitglied aus deren Vorstand, den Richter am Kammergericht Karl von Lewinski, zur Mitarbeit gewinnen können. Auf über 200 Seiten gibt Borchard dem Leser eine umfassende Übersicht über die damals aktuelle juristische Fachliteratur in Deutschland. Gegliedert nach Rechtsgebieten, von der Rechtsphilosophie und der Rechtsgeschichte über das Zivilrecht, das Straf- und das Prozeßrecht bis zum Recht der Sozialversicherung, dem Verfassungs- und dem Verwaltungsrecht, werden alle Bereiche der deutschen Rechtswissenschaft abgedeckt. Aus Rücksicht auf diejenigen seiner Leser, die nicht schon über Kenntnisse im deutschen Recht verfügten, gibt Borchard für jedes Rechtsgebiet eine knappe Einführung in das jeweils geltende materielle Recht, seinen Hintergrund und den systematischen Zusammenhang. Zusätzlich erklärt er grundlegende - für den deutschen Juristen selbstverständliche - Konzepte der deutschen rechtswissenschaftlichen Bibliographie wie etwa die Unterscheidung von Kommentaren („commentary"), Lehrbüchern („treatise") und Handbüchern („manual") 7 8 , die Festgabe („jubilee volume") 7 9 , und er stellt die wichtigsten Entscheidungssammlungen und Fachzeitschriften vor. Fachbegriffe werden übersetzt und gegebenenfalls erläutert, teilweise Vergleiche zum englischen bzw. nordamerikanischen Recht gezogen. Abgerundet wird das Werk durch ein Glossar deutscher Fachtermini samt ihren Übersetzungen ins Englische. Neben den Kommentaren, Lehrbüchern und Monographien berücksichtigt Borchard auch Artikel aus Fachzeitschriften und ergänzt die Hinweise auf die deutschsprachige Literatur durch den Nachweis englisch- und sonstiger fremdsprachiger Veröffentlichungen zum deutschen Recht. Wiewohl hauptsächliche Zielrichtung, beschränkt sich Borchard nicht auf die reine Aufzählung von Literatur, sondern versieht sie jeweils mit vielfältigen Kommentaren zu ihrer Qualität und Relevanz. Der Leser erfährt auf diese Weise 76

The Library of Congress and Foreign Law, American Law Review, Band 46 (1912), S. 103 (anonym). 77 Angabe aus dem Mitglieder-Verzeichnis der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre zu Berlin (um 1910), S. 6. 78 Borchard, Guide, S. 73. 79 Borchard, Guide, S. 96.

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

etwa, daß Plancks Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch „the leading commentary on the Civil Code" sei, dafür der Kommentar von J. von Staudinger „especial favor in South Germany" genieße; Ennecerus y Lehrbuch sei „one of the most learned treatises on the subject", während Cosacks Lehrbuch „somewhat less valuable (because) not quite so thorough" sei. 8 0 Borchards „Guide" rief ein großes Echo in der zeitgenössischen englischsprachigen Fachliteratur hervor. Im American Law Register* 1, American ΟΛ

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Law Review , Columbia Law Review , Michigan Law Review und Yale Law Journal 85 wie auch im Journal of the Society of Comparative Legislation 9,6 wurden Rezensionen veröffentlicht. Die Reaktionen waren ausnahmslos sehr wohlwollend. Vor allem die übersichtliche Einteilung nach Rechtsgebieten und die systematische Erläuterung und Kommentierung der Quellen gefielen, wenn auch die Angemessenheit einiger von Borchards Wertungen bezweifelt wurde. Stellvertretend mag die Aussage von Munroe Smith im Columbia Law Review gelten: „(Borchard's) estimate of single works, though usually just, errs often on the side of kindness; and in some instances [...] he has stretched his mantle of charity over sinners." 87 Dennoch zog Munroe Smith das Fazit: „To every lawyer who may have occasion [...] to ascertain the existing rules of German law [...] Mr. Borchard has rendered a great service. [...] The results are, in fact, so good, that those who use this Guide will be moved to inquire [...] when he or someone else will do the same sort of work for the English-speaking countries." 8 8

80

Borchard , Guide, S. 74 f. Klingelsmithy Guide to the Law and Legal Literature of Germany (Borchard) (Buchbesprechung), American Law Register (= University of Pennsylvania Law Review), Band 61 (1913), S. 281-282. 82 Guide to the Law and Legal Literature of Germany (Borchard) (Buchbesprechung), American Law Review, Band 47 (1913), S. 157 (anonym). 83 Smithy Guide to the Law and Legal Literature of Germany (Borchard) (Buchbesprechung), Columbia Law Review, Band 12 (1912), S. 760-761. 84 Drake , Guide to the Law and Legal Literature of Germany (Borchard) (Buchbesprechung), Michigan Law Review, Band 10 (1911-12), S. 666. 85 Guide to the Law and Legal Literature of Germany (Borchard) (Buchbesprechung), Yale Law Journal, Band 22 (1912-13), S. 65-66 (anonym, Initialen F.R.). 86 German Law and Where to Find It, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 13 (1914), S. 157-158 (anonym). 87 Smith, Guide to the Law and Legal Literature of Germany (Borchard) (Buchbesprechung), Columbia Law Review, Band 12 (1912), S. 760, 761. Smithy Guide to the Law and Legal Literature of Germany (Borchard) (Buchbesprechung), Columbia Law Review, Band 12 (1912), S. 760 f. 81

8 8

1. Abschnitt: Rechtsvergleichung - anglo-amerikanischer Rechtskreis

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IV· The Law Magazine and Review Die erste Zeitschrift im angelsächsischen Rechtsraum, in welcher der Beschäftigung mit ausländischem Recht bewußt ein Platz eingeräumt wurde, war der in London erscheinende Law Magazine and Review. Er war gleichzeitig eine der ältesten regelmäßig erscheinenden juristischen Zeitschriften in Großbritannien überhaupt, nachdem er aus dem bereits 1828 gegründeten Law Magazine und dem Law Review von 1844 hervorgegangen war. Wenn auch Eigentümer und Herausgeber mehrfach wechselten, erschien der Law Magazine and Review doch in mehreren Serien das ganze 19. Jahrhundert hindurch, wobei die ursprünglich vierteljährliche Erscheinungsweise vorübergehend von einer monatlichen abgelöst wurde, bis man ab 1883 wieder zu einer quartalsmäßigen Folge überging. Auch der Titel erfuhr im Laufe der Zeit leichte Variationen. Die Dritte Serie, die in vier Bänden von 1872 bis 1875 erschien, war etwa als The Law Magazine and Review überschrieben und mit dem Untertitel versehen: „ A Monthly Journal of Jurisprudence and International Law". Mit letzterem Zusatz war im Gegensatz zum heute üblichen Sprachgebrauch nicht nur das im 19. Jahrhundert noch kaum existente zwischenstaatliche Recht gemeint, sondern er sollte vielmehr die Zielsetzung der Herausgeber zum Ausdruck bringen, in ihrer Zeitschrift auch juristische Themen und Ereignisse zu behandeln, die jenseits des nationalen Tellerrands einzuordnen waren bzw. stattfanden. Ein regelmäßiger Bestandteil der einzelnen Ausgaben waren dementsprechend die „Current Notes on International Law", in denen das juristische Geschehen in anderen Ländern und den britischen Kolonien beobachtet und kommentiert wurde, und auch ausländischen Juristen wurde ein Forum geboten. 8 9 Diese internationale Orientierung war für die englischen bzw. angloamerikanischen Fachzeitschriften des 19. Jahrhunderts ungewöhnlich, so daß die Herausgeber in einer Mitteilung anläßlich eines Eigentümerwechsels im Jahre 1875 sich mit vollem Recht zugute halten konnten, mit dem Law Magazine and Review eine im anglophonen Raum bis dahin einzigartige Quelle regelmäßiger Informationen über Stand und Entwicklung der Rechtswissenschaft in anderen Ländern bieten zu können: „(We offer) unique information on Legal Bibliography and the progress of Juridical Science on the Continent". 90

89

Schirrmeister , Legal Education in Germany, The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 29 (1903-04), S. 129-139; Eduard Zimmermann , Law Reform in Germany, The Law Magazine and Review, 4. Serie, Band 1 (1876), S. 103-113. 90 Mitteilung der Herausgeber („Notice to Subscribers and the Public"), The Law Magazine and Review, New Series, Band IV (1875), Ausgabe Nr. 1 (Januar), S. I.

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

Die internationale Orientierung läßt sich auch an der Eigenwerbung um die damalige Jahrhundertwende ablesen, als die „considerable and special circulation" nicht nur in Großbritannien, sondern auch in Australien, Kanada, den Vereinigten Staaten und „on the Continent" das Law Magazine and Review zu „one of the best advertising mediums" für einschlägige Inserenten machen sollte 91 , wie auch an der umfangreichen Korrespondenzliste, die in diesen Jahren jeweils auf der letzten Seite der Jahrgangsbände abgedruckt war. Die Rechtsentwicklung des Deutschen Reiches war seit Mitte der 1870er Jahre mehrfach Gegenstand einzelner Artikel. Zweiter Abschnitt

Deutsche Rechtswissenschaft und anglo-amerikanische Jurisprudenz (Chronologische Entwicklung) In diesem Abschnitt soll die Entwicklung des Interesses in der angloamerikanischen Juristenschaft für die deutsche Rechtswissenschaft nachgezeichnet werden, von dem allmählichen Ansteigen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts über eine Phase erhöhter Aufmerksamkeit im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts bis zum abrupten Versiegen jeglicher einschlägiger Publikationen mit Beginn des Ersten Weltkrieges und der darauf folgenden lange Zeit des Ignorierens. Die deutsche Rechtswissenschaft und ihre prominentesten Vertreter waren in englischen und angloamerikanischen Gelehrtenkreisen immer schon wahrgenommen worden. 92 Namentlich die Historische Schule und die Pandektistik hatten im Verlauf des 19. Jahrhunderts insbesondere in den Ver91 Mitteilung der Herausgeber („Notice to Subscribers and the Public"), The Law Magazine and Review, Fourth Series, Band 20 (1894-95), S. I. 92 Die vielfältigen wechselseitigen Kontakte und Einflüsse von kontinentaleuropäischer Rechtswissenschaft und Common Law im Laufe der Jahrhunderte sind erst in Ansätzen erforscht. Siehe hierzu im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen oben: Einleitung, Fußnoten 10 bis 13. Verwiesen sei an dieser Stelle jedoch noch einmal auf den historischen Überblick bei: Reimann, Who is afraid of the Civil Law? Kontinentaleuropäisches Recht und Common Law im Spiegel der englischen Literatur seit 1500, Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte, 21. Jahrgang (1999), S. 357-381, sowie der vom selben Autoren herausgegebene Sammelband: Reimann (Hrsg.), The Reception of Continental Ideas in the Common Law World 1820-1920, Berlin 1993, welche den aktuellen Stand der Forschung repräsentieren und jeweils viele bedeutende Beiträge bzw. weitere Nachweise liefern. Gleiches gilt für: Hoeflich, Roman and Civil Law and the Development of Anglo-American Jurisprudence in the Nineteenth Century, Athens/Georgia 1997, und: Reinhard Zimmermann, Der europäische Charakter des englischen

2. Abschnitt: Dt. Rechtswissenschaft und anglo-amerikanische Jurisprudenz 49 einigten Staaten bedeutenden Einfluß gewinnen können. 93 So war die berühmte Auseinandersetzung von Savigny und Thibaut in der englischsprachigen Fachwelt weitgehend bekannt. 94 Savignys „famous reply" 9 5 war 1831 sogar ins Englische übersetzt worden 96 , ebenso seine Abhandlung über den Besitz. 97 Auch Jherings Werke waren bekannt. 98 Rechts, Historische Verbindungen zwischen civil law und common law, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht, 1. Jahrgang (1993), S. 1-51. 93 Siehe hierzu die umfassende Monographie: Reimann, Historische Schule und Common Law, Die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts im amerikanischen Rechtsdenken, Berlin 1993. Weitere Nachweise siehe oben: Einleitung, Fußnoten 10 bis 13. 94 Im letzten Drittel des Jahrhunderts und um die Jahrhundertwende war die Kenntnis um die Werke der beiden so weit unter englischsprachigen Juristen verbreitet, daß regelmäßig aus ihren Werken zitiert wurde. (Siehe hierzu auch oben: Einleitung, Fußnoten 10 bis 13 m.w.N. Im Rahmen dieser Arbeit konnten folgende Stellen nachgewiesen werden, an denen konkret und namentlich auf besagte Auseinandersetzung verwiesen wird: Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396-407; Borchard , Guide to the Law and Legal Literature of Germany, Washington 1912, S. 30; Higgins , The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 98 f.; Maitland , Introduction, S. VII, XVI ff., in: Gierke , Political Theories of the Middle Age, übers, von Maitland, Cambridge 1900; ders ., The Laws of the Anglo-Saxons, Quarterly Review, Band 200 (1904), S. 139, 145; Schuster , The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) S. 17, 24; Srilith , State Statute and Common Law (Part 2), Political Science Quarterly, Band 3 (1888), S. 136, 157; Smith/Stimson, State Statute and Common Law (Part 1), Political Science Quarterly, Band 2 (1887), S. 105, 109 Fn. 2, 125 Fn. 2; Smithers , The German Civil Code: Sources Preparation - Adoption, The American Law Register, Band 50 (1902), S. 685, 709 f.; Wilson , The Recent Progress of Codification, The Juridical Review, Band 3 (1891), S. 97, 111 f.; Codification on the Imperial Plan, Canada Law Journal, Band 32 (1896), S. 497, 498 (anonym); The Legislative Machine in England: Stagnation in Codification, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 3 (1901), S. 140, 141 (anonym). 95 Smith, State Statute and Common Law (Part 2), Political Science Quarterly, Band 3 (1888), S. 157. 96 Savignyy Of the Vocation of our Age for Legislation and Jurisprudence, übers, von Abraham Hay ward, London 1831. 97 Savigny, Law of Possession, übers, von Luther S. Cushing, Berlin 1838. 98 Im Rahmen dieser Arbeit konnten unter anderem folgende Stellen nachgewiesen werden, an denen Jhering von englischen bzw. angloamerikanisehen Juristen zitiert wird: Harrisony Foreign Usury Laws, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1(1899), S. 215, 216; SmitherSy The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 16, 24. Nachrufe bzw. Würdigungen des Lebenswerkes wurden veröffentlicht: Mack y Windscheid and von Jhering (Obituaries), Harvard Law Review, Band 6 (1892-93), S. 317-318; Rudolph von Jhering, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 9 (1908), S. 9 (anonym, möglicherweise John Macdonnel). 4 Dittmann

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

Waren die herausragenden Leistungen der deutschen Rechtswissenschaft also bekannt, so wurde das deutsche Recht im eigentlichen Sinne hingegen lange Zeit unbeachtet gelassen. So enthielt „Bürge's Colonial and Foreign Law" von 1838 keinen Hinweis auf das Recht der deutschen Staaten, die später einmal das Kaiserreich formen sollten." Die erste Quelle im Rahmen der untersuchten Zeitspanne, in der das deutsche Zivilrecht auftaucht, ist eine Sammlung von Dokumenten und Schriften zum Recht der Seefahrt und des Seehandels. 100 Die 1868 in London erstmals erschienen „Papers on Maritime Legislation" enthielten unter anderem eine Übersetzung des Fünften Buches des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches (ADHGB) in der ursprünglichen Fassung vor 1861. Sowohl die Zusammenstellung als auch die Übersetzung stammten von Ernst Emil Wendt, einem Deutschen, der in London als Schiffsmakler tätig war. 1 0 1 Wendts „Papers" wurden 1871 und 1888 jeweils aktualisiert und neu aufgelegt. Nach der Reichsgründung, im Verlauf der 1870er Jahre fanden sich im englischen Law Magazine and Review und im American Law Review, die jeweils zu den wichtigsten Publikationsorganen der akademischen Juristenschaft in England respektive den Vereinigten Staaten zählten, zunehmend Artikel, in denen Aspekte der deutschen Rechtswissenschaft und des Zivilrechts zumindest kurz erwähnt wurden. Mitte der 1870er Jahre stand in Großbritannien eine Neufassung der Gesetze zu den sogenannten „Friendly Societies" an. Dies waren auf dem Solidarprinzip gegründete Vereinigungen, die ihre Mitglieder - vornehmlich Arbeiter in Industrie und Bergbau - in Fällen wirtschaftlicher und existentieller Not finanziell unterstützen sollten. Vor diesem Hintergrund erschien 1875 im Law Magazine and Review ein Artikel von J. M. Ludlow , in dem die bisherige Gesetzeslage ausführlich dargestellt und analysiert wurde. 1 0 2 Ludlow ergänzte seine Ausführungen mit Informationen über die entsprechenden zeitgenössischen Regelungen in Frankreich und Deutschland. Er stellte fest, daß es im Deutschen Reich keine einheitliche Gesetzgebung zu 99 Bürge , Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and on their Conflict with each other, and with the Law of England, 4 Bände, London 1838. Siehe oben Erster Teil, Erster Abschnitt, I. 100 Wendt, Papers on Maritime Legislation, with a Translation of the German Mercantile Laws relating to Maritime Commerce, 1. Auflage, London 1868, 2. Auflage 1871, 3. Auflage 1888. ιοί Vergleiche „Preface to the third edition" in: Wendt, Papers on Maritime Legislation, with a Translation of the German Mercantile Laws relating to Maritime Commerce, 3. Auflage, London 1888, S. V-VI. 102 Ludlow, Proposed Legislation in Reference to Companies and Friendly Societies, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 118-144.

2. Abschnitt: Dt. Rechtswissenschaft und anglo-amerikanische Jurisprudenz 51 diesen sogenannten „Unterstützungskassen", wie er die „Friendly Society" übersetzte 103 , gab. Dafür gab er einen umfassenden Überblick über die nach deutschem Recht in Frage kommenden Organisationsformen, unter denen ein vergleichbarer Zweck verfolgt werden konnte. Die Personen- und Kapitalgesellschaften des Handelsgesetzbuches, landesrechtliche Regelungen bezüglich Knappschaftskassen, Kranken-, Hilfs- und Sterbekassen, Vorschuß· und Kreditvereine sowie die einschlägigen Vorschriften der Gewerbeordnung von 21.6.1869 wurden angeführt und kurz erläutert, das Registerwesen angesprochen. Erwähnenswert ist die Bemerkung, mit der Ludlow den Abschnitt über Deutschland einleitete: „Germany as a State is yet so young that her whole law must be considered to be still in the crucible." 1 0 4 Direkt im Anschluß an Ludlows Artikel ist ein Beitrag über das Studium der Rechtswissenschaften an einer deutschen Universität abgedruckt. Nach einer Auflistung des Studienplanes der Juristischen Fakultät der Universität Straßburg wird darin von dem anonymen Verfasser die These aufgestellt, die deutsche Juristenausbildung sei der englischen zum damaligen Zeitpunkt weit überlegen („vastly superior teaching"), und in Oxford, Cambridge und London müsse man besondere Anstrengungen unternehmen, um mit „the last expression of Higher Education in Germany" mithalten zu können. 105 Im gleichen Band des Law Magazine and Review ist ein Artikel enthalten, in welchem dem Leser anhand des Jahresberichts der „Juristischen Gesellschaft zu Berlin" für 1874-75 ein Einblick in die Aktivitäten dieser Vereinigung gegeben wird: welche Veranstaltungen es gegeben hat, welche Vorträge gehört wurden, welche zentralen Einrichtungen vorhanden sind usw. 1 0 6 Der anonyme Autor weist seine englische Leserschaft darauf hin, daß sich die Juristen der deutschen Hauptstadt, ganz ähnlich wie es auch in London der Fall sei, organisiert hätten, um gemeinsam den Fortschritt der Rechtswissenschaft zu betreiben. Bedauernd stellt er fest, daß auf der mit veröffentlichten Korrespondenzliste ein englischer Vertreter bislang fehle, genau wie auf der Literaturliste nur eine einzige englischsprachige Zeitschrift aufgeführt sei. Es sei unentschuldbar für das Land von „Blackstone, Austin, and Maine", nicht über mehr Kontakte in das Land von „Savigny,

103

Ludlow , Proposed Legislation in Reference to Companies and Friendly Societies, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 118, 140. 104 Ludlow , Proposed Legislation in Reference to Companies and Friendly Societies, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 118, 140. 105 The Law Teaching at a German University, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 144-147 (anonym). 106 The Berlin Juridical Society, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 833-836 (anonym). 4*

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

Mackeldey, and Warnkoenig" geschaffen werden. 107

zu verfügen, und Abhilfe

müsse bald

Ungefähr um die gleiche Zeit erschien jenseits des Atlantiks im American Law Review ein Aufsatz, in dem sich ein anonymer Autor mit der „German legislation" beschäftigt. 108 Der Autor - offenbar ein Amerikaner, der das Deutsche Reich bereist und aus Dresden schreibt - stellt umfangreiche Überlegungen über die grundsätzlichen Charakteristika der deutschen Gesetzgebung im Unterschied zum System des Common Law an und philosophiert über das Wesen des Rechtes im allgemeinen und die jeweiligen nationalen Eigenheiten im besonderen. Der augenfälligste Unterschied zwischen den beiden Systemen sei zunächst das Fehlen einer dem amerikanischen „Supreme Court" vergleichbaren gerichtlichen Instanz in Deutschland, welche die neuen Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen und ansonsten rechtliche Prinzipien herausarbeiten und verbindlich definieren könne. Dies sei aber nicht weiter bedenklich, denn die Besonderheiten des deutschen Gesetzgebungsverfahrens und der deutschen Rechtswissenschaft machten eine solche Institution weitgehend entbehrlich. An diese Feststellung schließt sich eine Beschreibung des üblichen Gesetzgebungsverfahrens an. An diesem werden vor allem die Klarheit der Sprache der Gesetzesvorlagen und ihre gründliche, teilweise jahrelange Vorbereitung und die systematische Präsentation zusammen mit den jeweiligen „Motiven" gelobt. Die innerhalb kurzer Zeit erlassenen, umfangreichen neuen Gesetzeswerke - Strafgesetzbuch, Gerichtsverfassungsgesetz, Straf- und Zivilprozeßordnungen, Personenstandsgesetz - werden aufgezählt. Auffällig sei die Ausführlichkeit und Vollständigkeit dieser Regelungen im Vergleich zu den anglo-amerikanischen „statutes", die häufig nur einzelne, isolierte Aspekte eines Rechtsgebietes erfaßten. Mehr fasziniert denn beeindruckt ist der Autor von der Qualität der Debatten des Reichstages: „The debates in the legislature have also an air of penetrating deeper into the subject than belongs to our practical habit. Such metaphysics and philosophy would sound strangely in an English debate. There is so much principle as to make one sigh for more fact; and from the course of an important debate it is exceedingly difficult to bring away an idea of where in practice the actual divergence of two lines of policy would make itself f e l t . " 1 0 9 Am Ende dieser Debatten stünden jedoch Gesetze von einer deutlich exakteren und wissenschaftlicheren Form als in den Ländern des Common Law. Sie 107

The Berlin Juridical Society, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 833, 834 (anonym). 108 German Legislation, American Law Review, Band 10 (1875-76), S. 270-285 (anonym). 109 German Legislation, American Law Review, Band 10 (1875-76), S. 270, 274 (anonym).

2. Abschnitt: Dt. Rechtswissenschaft und anglo-amerikanische Jurisprudenz 53 enthielten in deutlicher Formulierung bereits diejenigen Prinzipien und Regeln des Rechtes, die anglo-amerikanische Richter erst mühsam von Fall zu Fall herausarbeiten müßten. Hierin gleiche die deutsche Gesetzgebung den deutschen Straßen: „It is like the roads one sees in Germany, solid and finished in appearance, and on which the labor expended is a saving of daily trouble and annoyance." 1 1 0 Deutlich weniger Enthusiasmus für das deutsche Gesetzgebungsverfahren zeigte zur gleichen Zeit Eduard Zimmermann im Law Magazine and Review. Zimmermann, offenbar ein Deutscher, der in England als Anwalt tätig ist („solicitor and foreign jurisconsult"), lenkt die Aufmerksamkeit seiner englischen Leserschaft auf die Schwierigkeiten bei der Reform und Vereinheitlichung der Gesetzgebung im Deutschen Reich. Problematisch sei zum einen natürlich die Existenz der vielen deutschen Einzelstaaten mit jeweils eigenen Rechtsvorschriften und Traditionen. Gefahren berge aber auch und gerade das Verfahren der Gesetzgebung im Reichstag. Denn anders als in England, wo neue Gesetze in Ausschüssen des Parlamentes in kontroverser und fruchtbarer Diskussion erarbeitet würden, gingen die meisten Gesetzesinitiativen in Deutschland von der Reichsregierung aus, die sich dann ad hoc Mehrheiten für ihre fertigen Konzepte suche. Auf diese Weise entstünden teilweise Regelungen, die aus politischen Gründen Recht und Gerechtigkeit spotteten. Eine solche „mockery of justice" sei insbesondere die neue Strafprozeßordnung, welche die Ermittler nach einem größtenteils geheimen Ermittlungsverfahren auch noch zum Ankläger mache und vor der Zimmermann eindringlich warnt. 1 1 1 Die deutsche rechtswissenschaftliche Literatur fand in den englischsprachigen Fachzeitschriften zunehmend Beachtung. So findet sich im American Law Review von 1876 eine kurze Buchvorstellung der von Bezold, Endemann und anderen herausgegebenen kommentierten Sammlung deutscher Gesetze. 112 Der anonyme Rezensent bezeichnet das Werk als ein „both in plan and method of its execution [...] characteristically German enterprise" und lobt die kompetente Erläuterung der problematischen Gesetzesstellen, „which, by reason of the great care with which the statutes are framed in Germany, are surprisingly f e w . " 1 1 3 Und im August 1878 setzte sich William Markby 114 im Law Magazine and Review ausführlich mit 1,0

German Legislation, American Law Review, Band 10 (1875-76), S. 270, 280 (anonym). 111 Eduard Zimmermann , Law Reform in Germany, The Law Magazine and Review, 4. Serie, Band 1 (1876), S. 103-113. 112 Bezold a.o.: The Legislation of the German Empire, The American Law Review, Band 10 (1875-76), S. 766-767 (anonyme Rezension). 113 Bezold a.o.: The Legislation of the German Empire, The American Law Review, Band 10 (1875-76), S. 766, 767 (anonyme Rezension).

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

Rudolph von Jherings 1873 in Leipzig erschienenen „Geist des römischen Rechts" auseinander. Jherings „clearness of perception" hinsichtlich des römischen Rechtes wird gerühmt, seine daraus abgeleiteten rechtsphilosophischen Überlegungen jedoch überaus kritisch und als „reine Gemeinplätze" („mere platitudes") bewertet. 115 1879 bzw. 1880 erscheinen in London unabhängig voneinander zwei Übersetzungen der deutschen Wechselordnung in der Fassung vom 16.4.1871. (Der englische Bills of Exchange Act erlangte 1882 Gesetzesform.) Während die erste 1 1 6 weitgehend unkommentiert ist, werden in der zweiten alle Artikel der Wechselordnung um eine Darstellung der entsprechenden Regelungen im englischen und im französischen Recht ergänzt; hier ist auch eine ausführliche Einführung in die Materie vorangestellt, und vereinzelt werden Hinweise auf die italienischen und spanischen Gesetze gegeben. 117 Im Jahre 1882 sandte der Leiter der amerikanischen diplomatischen Vertretung in Berlin einen mehrseitigen Bericht über das deutsche Gerichtswesen an das heimatliche State Department. Er wird im Jahr darauf publi• _ 118 ziert. Im American Law Review von 1883 faßt ein anonymer Berichterstatter, der unter den Initialen C. N. auftritt, die Rede eines New Yorker Rechtsanwalts namens J. Bleecker Miller zusammen, in der dieser sich unter Bezugnahme auf die Erfahrungen in Deutschland gegen die Kodifizierung des Zivilrechtes des Staates New York gewandt habe. 119 Dies ist das erste Mal, daß in einer englischsprachigen Publikation auf das Bürgerliche Gesetzbuch bzw. seine Entstehung Bezug genommen wird. Miller, der die Rede auf 114

Markby (1829-1914) war Richter und Rechtslehrer in Britisch-Indien und Oxford und zählte zu den Mitbegründern des Law Quarterly Review. Diese und weitere biographische Angaben bei: Reimann, Historische Schule und Common Law, Die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts im amerikanischen Rechtsdenken, S. 300. 115 Markby, German Jurists and Roman Law, The Law Magazine and Review, 4. Serie, Band 3 (1878), S. 389-412. 116 Melsheimer (Übers.), The Law of Bills of Exchange; an English Version of the German Code, London 1879. 117 Jencken , A Compendium of the Laws of Bills of Exchange, Promissory Notes, Cheques and other Commercial Negotiable Instruments of England, Germany and France; with a Translation of the German Code and References to the Italian and Spanish Codes, London 1880. 118 Report on the Organization of the Courts of Law in Germany, Papers relating to the Foreign Relations of the United States, Band 40 (1882), Government Printing Office Serial Set Nr. 2090, Washington 1883, Reprint New York 1968, S. 174-186. 119 J. Bleecker Miller, American Law Review, Band 17 (1883), S. 108-110 (anonym, Initialen C N.).

2. Abschnitt: Dt. Rechtswissenschaft und anglo-amerikanische Jurisprudenz 55 Deutsch gehalten habe, sei selbst in Deutschland gewesen und habe dort unter anderem Professor Heinrich Gneist getroffen. Nähere Einzelheiten erfährt der Leser jedoch nicht. Über die Rechtsvereinheitlichung in den ersten Jahren nach der Reichsgründung und insbesondere die Reichsjustizgesetze von 1877, „which the German Parliament has produced with surprising rapidity", schrieb 1884 im American Law Review C. W. Ernst , ein Amerikaner deutscher Abstammung. 1 2 0 Sein Artikel enthält Abschnitte über die Gerichtsorganisation in Deutschland, Ausbildung und Berufsbild des Juristenstandes, das Konkursrecht und die Straf- und Zivilprozeßordnungen. Er versieht seine Ausführungen mit vielen Bemerkungen zu praktischen Aspekten des deutschen Rechts, wie z.B. dem Verdienst von Anwälten, den Gerichtskosten (deren Höhe in Deutschland Gegenstand von Beschwerden, aber aus amerikanischer Sicht „trivial" sei) und der Bemerkung, daß die Deutschen ein „prozeßwütiges Volk" seien („rather litigious"). 1 2 1 Des weiteren hebt Ernst die besonderen Verdienste von Lasker und Leonhardt um die Rechtsvereinheitlichung hervor: „(They) found Germany a legal wilderness; they left it a well appointed and harmoniously organized empire, to which foreign jurists may well look with respect, with admiration, and with profit." 1 2 2 Im Verlauf der 1880er Jahre nahm das Interesse der anglo-amerikanischen Juristen am Recht des Auslandes und insbesondere Deutschlands allmählich zu, wie sich nicht zuletzt an der steigenden Zahl der Veröffentlichungen in diesem Zusammenhang ablesen läßt. Mehrere Seiten wurden 1886 im englischen Law Quarterly Review einer ausführlichen Besprechung des von Endemann herausgegebenen „Handbuches des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts" gewidmet. 1 2 3 Darin stellt der anonyme Rezensent nicht nur die einzelnen Bände und die darin enthaltenen Beiträge vor, sondern nutzt die Gelegenheit zu einigen Bemerkungen über die Systematik, die Quellen und einzelne Regelungen des deutschen Handels- und Wertpapierrechts. 124 Bemerkenswert erscheint dem Autoren die Feststellung, daß die Beschäftigung mit dem deutschen Recht (jedenfalls in Form des besprochenen „Handbuches") auch für englische 120 Ernst, Law Reforms in Germany, American Law Review, Band 18 (1884), S. 801-813. Das Zitat stammt von S. 803. 121 Ernst, Law Reforms in Germany, American Law Review, Band 18 (1884), S. 801, 812. 122 Ernst, Law Reforms in Germany, American Law Review, Band 18 (1884), S. 801, 813. 123 Endemann (Hrsg.), Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, 4 Bände, Leipzig 1881-1884. 124 Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Law Quarterly Review, Band 2 (1886), S. 246-251 (anonym).

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Juristen interessant sei, „because it shows how the same questions crop up in different legal systems". Obwohl das juristische Umfeld unterschiedlich sei, würden doch gegebenenfalls die gleichen Überlegungen („almost literally") angestellt, um bestimmte Fälle zu lösen. 125 Trotz Kritik in Einzelpunkten wird das „Handbuch" den englischen Lesern zur Lektüre anempfohlen. Im gleichen Band enthalten ist ein Aufsatz von Ernest Joseph Schuster über das deutsche Bürgschaftsrecht in der Form vor der Kodifizierung des B G B . 1 2 6 Darin wird eine umfassende historische Herleitung mit Verweisen auf das römische und germanische Recht geliefert und der Vergleich mit den schweizerischen und österreichischen Gesetzen vorgenommen. Die Vorarbeiten für das BGB werden noch nicht erwähnt. 1887 fertigte C. S. Scott, Botschaftssekretär in der Britischen Botschaft in Berlin, seinen zwölfseitigen Bericht über das preußische Grundbuchwesen an. 1 2 7 Auf das gleiche Thema bezog sich im darauffolgenden Jahr ein Artikel von Charles Fortescue-Brickdale im Law Quarterly Review. 1 2 8 Die Vorgeschichte der Kodifizierung des deutschen Rechtes und insbesondere die Hintergründe und die Vorbereitung der Vereinheitlichung des deutschen Zivilrechtes stellte Munroe Smith 1887/1888 in seinem zweiteiligen Artikel im Political Science Quarterly v o r . 1 2 9 In seiner scharfsinnigen Analyse der zu dieser Zeit in den Vereinigten Staaten und Großbritannien geführten Diskussion um Für und Wider von Kodifikationen des Common Law dient Smith das deutsche Beispiel dazu, seine These zu untermauern, wonach zumindest in den USA die Voraussetzungen für eine umfassende Kodifikation vorläufig nicht vorlägen. Dabei zitiert er mehrfach die Schriften von Savigny, Thibaut und Jhering wie auch aus den Protokollen der Debatten des Reichstages. Im Jahre 1888 erschien in den USA eine weitere Übersetzung der Wechselordnung. Diese mittlerweile dritte, unkommentierte Version war gleich125

Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Law Quarterly Review, Band 2 (1886), S. 246, 249 (anonym). 126 Ernest Joseph Schuster , Liabilities of Bailees according to German Law, The Law Quarterly Review, Band 2 (1886), S. 188-212. 127 Prussia No. 1, 1887: Report by Mr. C. S. Scott, Secretary to Her Majesty's Embassy at Berlin, on the Conveyance and Registration of Land Titles in Prussia, C. 5047, in: Parliamentary Papers 1887, Band 81 (Accounts and Papers, Band 33), S. 169-180. 128 Fortescue-Brickdale , Registration of Title in Prussia, Law Quarterly Review, Band 4 (1888) S. 63-70. 129 Smith/Stimson, State Statute and Common Law (Part 1), Political Science Quarterly, Band 2 (1887), S. 105-134; Smith , State Statute and Common Law (Part 2), Political Science Quarterly, Band 3 (1888), S. 136-164.

2. Abschnitt: Dt. Rechtswissenschaft und anglo-amerikanische Jurisprudenz 57 zeitig die erste in den USA erschienene Übersetzung eines deutschen Gesetzes. 1 3 0 Im gleichen Jahr bemerkte ein anonymer Rezensent von Wendts „Papers on Maritime Legislation", die mittlerweile in der dritten Auflage erschienen waren, zur beigefügten Übersetzung des letzten Buches des Handelsgesetzbuches, sie sei „certainly of the most practical use to the Legal profession [...], giving the practising Barrister, engaged in Maritime affairs, an admirable and most useful translation of the German Code, which will become daily more useful with the increase of German Commerce." 131 1889 wurde im schottischen Juridical Review in einer dreiteiligen Artikelserie das deutsche Gerichtssystem mit seinen Gerichtszweigen, den Instanzenzügen sowie den internen Organisationsstrukturen vorgestellt. 132 Ebenfalls 1889 wurde im American Law Review ein Leserbrief aus einer anderen Zeitschrift veröffentlicht, in dem ein bis auf seine Initialen J. W. M. anonymer Korrespondent über Ablauf, Inhalt und Umfeld des Jurastudiums in Deutschland berichtet. Bemerkenswert erscheinen ihm einerseits „the highly valued, but [...] somewhat demoralising academic freedom", andererseits die rein theoretische („purely theoretical") Ausrichtung des Studiums: „[Its] purpose is not to train a practical lawyer, but rather to guide the future professor into the work of original research [...]. Of moot courts and law trials [the students] know nothing." Für den wissenschaftlich interessierten Juristen sei die deutsche Lehrmethode jedoch ideal, „treating every subject historically and philosophically, with an ingenuity, depth of thought, industry, and learning, nowhere surpassed, if indeed equalled." 133 Dem juristischen Promotionsverfahren widmet sich im gleichen Jahr ein Beitrag von Ernest Joseph Schuster im Law Quarterly Review, in dem der englische Jurist deutscher Abstammung von seiner eigenen Prüfung an der Universität München berichtet und sich besonders von der feierlichen Zeremonie bei der Verleihung der Doktorwürde beeindruckt zeigt. 1 3 4 Von Schuster stammt auch eine kurze Notiz in der selben Zeitschrift, in der er auf 130 Randolph , A Treatise on Commercial Paper, containing a full Statement of Existing American and Foreign Statutes, together with the Text of the Commercial Codes of Great Britain, France, Germany and Spain, Band 3, Jersey City, New Jersey, 1888. 131 Papers on Maritime Legislation (Wendt; Besprechung), The Law Magazine and Review, 4. Serie, Band 14 (1888-89), S. 23, 31 f. (anonym). 132 J. J. Cook , The Judicial System of Germany, The Juridical Review, Band 1 (1889), S. 70-80, 184-192, 298-306. 133 Law Studies in the German Universities, American Law Review, Band 23 (1889), S. 637-639 anonym, Initialen J. W. M.). 134 Schuster , Quomodo fit quis Juris Doctor?, Law Quarterly Review, Band 5 (1889) S. 97-99.

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

den ersten Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches, „which has now been published for some time", und die in kontinentaleuropäischen Fachkreisen darüber entbrannte Diskussion hinweist. 1 3 5 Dieser Entwurf war dann Anfang der 1890er Jahre Gegenstand gleich mehrerer Artikel in englischsprachigen Fachzeitschriften. Zuerst erschien Anfang 1890 im schottischen Juridical Review ein Beitrag des deutschen Professors Felix Dahn}36 In dem Artikel, der gezielt für die britische Leserschaft geschrieben und vom englischen Anwalt F. P. Walton übersetzt worden war, gab der radikale Germanist seiner fundamentalen Kritik an dem Entwurf der ersten Kommission Ausdruck. Er bezeichnet ihn als „undeutsch" und viel zu sehr von der römisch-rechtlichen Dogmatik geprägt. Auf der anderen Seite des Atlantiks schrieb im selben Jahr der deutsch-amerikanische Jurist Ernst Freund im American Law Review einen Artikel über den Entwurf, wobei er vor allem darauf abstellte, welche Lehren für die eigene Diskussion um eine Kodifizierung des Common Law zu ziehen seien. 137 Wiederum im Juridical Review ließ ein Jahr später J. Dove Wilson die aktuelle weltweite Entwicklung auf dem Gebiet der Kodifizierung des Rechts Revue passieren, wobei er den Schwerpunkt seiner Betrachtungen auf den deutschen Entwurf für das Bürgerliche Gesetzbuch legte. 1 3 8 Auch andere Rechtsgebiete und Gesetze stießen jenseits des Kanals auf Interesse. So wurde ein Jahr nach seinem Inkrafttreten das GmbH-Gesetz vom 20. April 1892 im Law Quarterly Review besprochen. 139 Aufgrund der eigenen entsprechenden Reformbestrebungen war in Großbritannien das 135

Schuster, The Draft of a Civil Code for the German Empire, Law Quarterly Review, Band 5 (1889) S. 227. 136 Dahn, The New Code for the German Empire, übers, von F. Ρ. Walton, The Juridical Review, Band 2 (1890), S. 15-26. Zur Person: Felix Dahn, geboren am 9.2.1834 in Hamburg, gestorben am 3.1.1912 in Breslau, war Rechtshistoriker und Romanautor. Sein besonderes Interesse - wissenschaftlich wie literarisch - galt der Spätantike und der Völkerwanderungszeit. Sein bekanntester und seinerzeit erfolgreichster Roman war „Der Kampf um Rom" (Leipzig 1876), der in den 1960er Jahren in Hollywood verfilmt wurde. Sein gesamtes Werk zeichnet sich durch einen germanisch-patriotischen und pathetischen Grundton aus. Ausführliche Informationen zu Person, wissenschaftlichem und literarischem Wirken Dahns finden sich bei: Killy (Hrsg.)/Haberland (Bearb.), Literaturlexikon, Band 2, München 1989, S. 510511; Schweden Felix Dahn - Rechtsgelehrter und Erfolgsautor, NJW 1986, 12341235. 137 Freund, The Proposed German Civil Code, American Law Review, Band 24 (1890), S. 237-254. 138 Wilson , The Recent Progress of Codification, The Juridical Review, Band 3 (1891), S. 97-120. 139 Hirschfeld , Partnership with Limited Liability in Germany, Law Quarterly Review, Band 9 (1893) S. 62-69.

2. Abschnitt: Dt. Rechtswissenschaft und anglo-amerikanische Jurisprudenz 59 kontinentaleuropäische System der Registrierung von Grundstücken von besonderem Interesse, und hier besonders das deutsche Grundbuchwesen, welches in zwei zu dieser Zeit erschienenen Untersuchungen einen prominenten Platz einnimmt. 1 4 0 In einer Zusammenstellung des Ehe- und Scheidungsrechts der wichtigsten Länder und Kolonien durch das britische Foreign Office 1894 wurde auch das deutsche Recht in der Form vor Inkrafttreten des BGB im Überblick dargestellt. 141 Ein Teilaspekt des deutschen Zivilrechts vor dem BGB wurde auch 1895 in einem Vortrag auf dem Brüsseler Kongress der International Law Association angesprochen: Ein Londoner Anwalt erwähnte in seinem Referat über die Unterschiede zwischen Common Law und kontinentalem Recht auch kurz die Regelung des Preußischen Allgemeinen Landrechts (ALR) zum internationalen Privatrecht bezüglich des Elternrechts („parental rights") von Ausländern. 142 Auch in Südafrika wurden die deutschen Bestrebungen zur Kodifizierung des Zivilrechtes wahrgenommen: „The- German Codes" fanden eine zumindest kursorische Erwähnung in einem Vortrag vor einer südafrikanischen Juristentagung im Dezember 1894 über die weltweite Entwicklung in diesem Bereich. 143 Mitte der 1890er Jahre wurde im Law Magazine and Review die Zivilprozeßordnung vorgestellt. 144 Um die Jahrhundertwende stieg das Interesse am deutschen Zivilrecht stark an. Der Grund hierfür ist in den in dieser Zeit stark wachsenden internationalen Handelsbeziehungen und den damit einhergehenden zunehmenden persönlichen und akademischen Kontakten zu suchen, die eine Kenntnis um das ausländische Recht in immer stärkerem Maße geboten schienen ließen. Freund hatte beispielsweise 1899/1900 vom internationalen Privatrecht als „interesting branch of the law of rapidly growing importance" 145 gesprochen, Borchard von einem „growing demand" in dieser Richtung 1 4 6 140 Fortescue-Brickdale , Notes on Land Transfer in Various Countries, London 1894; Morris , A Summary of the Law of Land and Mortgage Registration in the British Empire and Foreign Countries, London 1895. 141 Reports on the Laws of Marriage and Divorce in Foreign Countries, Parliamentary Papers 1894, Band 70 (Accounts and Papers, Band 20), S. 111-274. 142 Griffith , Questions of International Law as to which the Common Law of England and the United States differs from the Common Law of Scotland and most Continental States, The International Law Association, Report of the 17th Conference, Brussels 1895, S. 277, 281. 143 ZyU Codification, 2 Teile, Cape Law Journal, Band 12 (1895), S. 16-29, 8187. 144 Phillips , The German Code of Civil Procedure, The Law Magazine and Review, 4. Serie, Band 21 (1895-96), S. 267-285. Siehe Dritter Teil, Erster Abschnitt, III 1. 145 Freund, The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 630. 146 Borchard, Guide, S. 3.

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

und Schuster ausdrücklich auf die steigende Zahl binationaler Ehen verwiesen. 1 4 7 Ähnlich äußerten sich Smithers 148 und andere mehr. 1 4 9 Daneben spielte aber auch das rein akademische Interesse eine Rolle. Schuster wies etwa darauf hin, daß die Auseinandersetzung mit dem deutschen Recht und seiner Systematik nicht zuletzt auch das Verständnis für das eigene Recht fördere und indem man erkenne, daß im fremden Rechtssystem sowohl andere als auch ganz ähnliche Lösungen für bestimmte Probleme möglich seien, würden so erst die Augen für die Zusammenhänge und Defizite des eigenen Rechts geöffnet: „The comparative method is as indispensable to the scientific lawyer as it is to the biologist." 1 5 0 Diese Zunahme der Bedeutung und des Interesses am ausländischen Recht spiegelt sich auch in der seit Mitte der 1890er Jahre schlagartig anwachsenden Anzahl von englischsprachigen Publikationen mit Bezug zum deutschen Zivilrecht oder zumindest einem Hinweis darauf. So lassen sich alleine aus dem Jahre 1896 acht einschlägige Veröffentlichungen nachweisen, davon sechs zum neuen Bürgerlichen Gesetzbuch, sowie das umfangreiche Gutachten des Assistant Registrar of the Land Registry Charles Fortescue-Brickdale zum deutschen Grundbuchwesen (Fortescue-Brickdale-Report). 151 1897 waren es bereits acht Veröffentlichungen (wovon allerdings fünf im Zusammenhang mit dem ein Jahr zuvor erschienenen Fortescue-Brickdale-Report zu sehen sind), 1900 elf, darunter eine erste vollständige Übersetzung des Handelsgesetzbuches ins Englische 152 und eine weitere Übersetzung nur des Fünften Buches des HGB, des Seehandelsrechtes. 153 Ein Höhepunkt des Interesses, gemessen an der Anzahl der Veröffentlichungen, war in den Jahren 1907 und 1908 erreicht: Mehr als vierzig Publikationen in englischer Sprache hatten in diesen beiden Jahren einen Aspekt des deutschen Zivilrechts zum Gegenstand. Darunter waren Ernest Joseph 147

Schuster, Principles, S. V. Smithers, The Principles of German Civil Law (Schuster) (Buchbesprechung), American Law Register, Band 55 (1907), S. 384, 386. 149 z.B.: Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 10 (1909-10), S. 211 (anonym); Kenrick, The New Commercial Code for Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 342; Wang , S. VI. 150 Schuster , Principles, S. III, IV. 151 Fortescue-Brickdale , Land Registry: Registration of Title to Land: General and Detailed Reports of the Assistant Registrar of the Land registry on the Systems of Registration of Title now in Operation in Germany and Austria-Hungary, C. 8139, Parliamentary Papers 1896, Band 84 (Accounts and Papers, Band 36), S. 85300. Im Folgenden zitiert als Fortescue-Brickdale : Report. 152 Platt (Übers.), The Commercial Code for the German Empire, London 1900. 153 Arnold (Übers.), The Maritime Code of the German Empire, London 1900. 148

2. Abschnitt: Dt. Rechtswissenschaft und anglo-amerikanische Jurisprudenz

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Schusters Lehrbuch zum Bürgerlichen Recht 1 5 4 , die erste Übersetzung des Bürgerlichen Gesetzbuches ins Englische (Wang) 155, weiterhin der erste Band der neuen, vollständig überarbeiteten Ausgabe von „Bürge* s Colonial and Foreign L a w " 1 5 6 , in der das Zivilrecht des Deutschen Reiches nunmehr ebenfalls Berücksichtigung fand, und schließlich ein Lehrbuch zum deutschen Seehandelsrecht. 157 Um diese Zeit wurden an der Law School der Yale University in den USA regelmäßige Vorlesungen zum deutschen Recht und zum Bürgerlichen Gesetzbuch gehalten. 158 Und an der Columbia Law School gab es einen vom deutschen Kaiser gestifteten Lehrstuhl. 1 5 9 Eine auffällige Häufung von Publikationen, die sich auf das Ehe- und Scheidungsrecht beziehen, ist um das Jahr 1910 zu beobachten. 160 Einen drastischen Einschnitt bedeutete dann, auch im Hinblick auf die Beschäftigung anglo-amerikanischer Juristen mit dem deutschen Zivilrecht, der Ersten Weltkrieg. Sofort reduzierte sich die Anzahl der Veröffentlichungen dramatisch. Bis zum Kriegsbeginn im August erschienen im Jahr 1914 noch drei Veröffentlichungen. Danach wurde das deutsche Recht in England nur noch im Zusammenhang mit den Kriegshandlungen erwähnt. 161 Die insgesamt vier Quellen, die aus den Kriegsjahren nachweisbar sind,

154

Schuster, Principles of German Civil Law, London 1907. Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. 156 Renton/Phillimore (Hrsg.), Bürge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and in Conflict with each other and with the Law of England, Neuausgabe in 5 Bänden, London 1907-28. 157 Sieveking, The German Law relating to the Carriage of Goods by Sea, London 1907. 158 Zitiert nach: Wang, S. V Fn. a. 159 Vergleiche: Hoeflich , Roman and Civil Law and the Development of AngloAmerican Jurisprudence in the Nineteenth Century, Athens/Georgia 1997, S. 142 f. 160 Department of Commerce and Labour, Bureau of the Census, Special Report (USA): Marriage and Divorce 1867-1906, 2 Teile, Washington, Government Printing Office, 1908/09; German Divorce Law, The Law Times vom 11.2.1911, Band 130 (1910-11), S. 364/365 (anonym); Katz, Report of Committee on Divorce Jurisdiction - Germany, The International Law Association: Report of the 26th Conference, London 1910, S. 298-302; Laws Relating to Marriage in Force in Certain Foreign Countries, Miscellaneous No. 11, Cd. 5993, Parliamentary Papers 1911, Band 63 (Accounts and Papers, Band 19), S. 331-678; Ringrose, Marriage and Divorce Laws of the World, Toronto 1911; Schneider , Report of Committee on Divorce Jurisdiction - Germany, The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. 289-297; Schuster, The History and the Present Condition of the German Divorce Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 10 (1909-10), S. 229-238; ders., The Wife in ancient and Modern Times, London 1911. 161 z.B. Schuster, The Effect of War and Moratorium on Commercial Transactions, 2. Auflage, London 1914. 155

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

stammen allesamt aus den USA und erschienen auch nur vor deren Kriegseintritt. 1 6 2 Aber auch auf das Ansehen der deutschen Rechtswissenschaft in der anglophonen Welt, bis hin zu den persönlichen und akademischen Kontakten, wirkte sich die plötzliche offene Feindschaft aus. Hatte sich das Verhältnis zwischen deutschen und englischen Juristen mit der zunehmenden wirtschaftlichen und geopolitischen Rivalität des Deutschen Kaiserreichs mit dem Vereinigten Königreich bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts merklich angespannt, so wurden mit den Kriegsausbruch alle Bande zerrissen. 1 6 3 Die Veränderung des gegenseitigen Verhältnisses beschrieb Maitland 1906 so: Mitte des 19. Jahrhunderts sei das Stereotyp des Deutschen aus britischer Sicht das eines sensiblen Romantikers gewesen, „unpractical, dreamy, sentimental [...], looking out with mild blue eyes into a cloud of music and metaphysic and tobacco smoke," Anfang des 20. Jahrhunderts hingegen: „It is in quite other fashion that we paint our German now [...] [with] envy, malice, and uncharitableness." 164 Die Deutschen seien nun „our neighbour and rival."165 Einen interessanten Einblick in das Verhältnis, das die britischen und deutschen Eliten in den letzten Jahren vor dem Weltkrieg zueinander 162 Borchard, Germany - Bibliography, American Bar Association Journal, Band 1 (1915), S. 141-153; Borchard /Wolfe, Commercial Laws of England, Scotland, Germany and France, Department of Commerce: Bureau of Foreign and Domestic Commerce, Special Agents Series No. 97, Washington: Government Printing Office 1915; Lobingier , The Reception of the Roman Law in Germany, Michigan Law Review, Band 14 (1915-16), S. 562-569; Vickery , German Law and Lawyers, The American Law Review, Band 50 (1916), S. 827-860. 163 Über die Ursachen und Auswirkungen des Kriegsausbruchs im Hinblick auf das deutsch-englische Verhältnis siehe: Sieferle, Der deutsch-englische Gegensatz und die „Ideen von 1914", in: Das kontinentale Europa und die britischen Inseln, Wahmehmungsmuster und Wechselwirkungen seit der Antike, hrsg. von Gottfried Niedhart, Mannheim 1994, S. 139-160. Über die britische Kriegspropaganda im Bezug auf Deutschland siehe ausführlich: Sanders/Taylor, British Propaganda during the First World War, 1914-1918, London 1982. Über die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges auf die persönlichen und akademischen Kontakte zwischen englischen bzw. angloamerikanischen und deutschen Rechtswissenschaftlern sowie, weiterführend, den späteren Einfluß deutscher Emigranten auf die US-amerikanische Rechtswissenschaft siehe: Hoeflich, Roman and Civil Law and the Development of AngloAmerican Jurisprudence in the Nineteenth Century, Athens/Georgia 1997, S. 142 f.; Lutter/Stiefel/ Hoeflich (Hrsg.), Der Einfluß deutscher Emigranten auf die Rechtsentwicklung in den USA und Deutschland, Tübingen, 1993. 164 Maitland, The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 212. 165 Maitland, The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211.

2. Abschnitt: Dt. Rechtswissenschaft und anglo-amerikanische Jurisprudenz 63 hatten, ermöglicht ein Bericht in der Law Times von 1911 über das Dinner eines exklusiven Londoner Juristenklubs, an dem prominente Vertreter sowohl der englischen als auch der deutschen Richterschaft teilnahmen. 166 Unter den Gästen befanden sich an diesem Abend der Lord Chief Justice, mehrere andere Oberste Richter aus dem englischen Oberhaus, der Oberste Richter Südafrikas und, aus Deutschland, der Präsident des Berliner Kammergerichtes Wilhelm Heinroth} 61 In wechselnden Trinksprüchen und Tischreden fand man lobende Worte für das Rechtssystem des jeweils anderen, stellte höflich einige Besonderheiten desselben heraus und erklärte anschließend, aufgrund welcher Vorzüge des eigenen Systems man doch lieber bei diesem bleiben wolle. Der Lord Chief Justice hob vor allem die enorme Leistung der Deutschen hervor, die in den vorangegangenen Jahrzehnten ein einheitliches Rechtssystem und eine hierarchisch organisierte, gut funktionierende Rechtsprechung aufgebaut hätten („an object lesson to the world" 1 6 8 ). Die politisch heikle Frage, ob das englische Recht nach dem deutschen Vorbild kodifiziert werden sollte („a thorny subject"), umschifft er diplomatisch, läßt aber erkennen, daß er selbst eine solche Entwicklung befürworten würde. 1 6 9 Ansonsten gelte allerdings: „The two systems are hopelessly apart." 1 7 0 Ein anderer Law Lord bringt dem gegenüber seine prinzipielle und entschiedene Ablehnung jeglicher Kodifizierung zum Ausdruck: „[It is] true that Germany [has] a Code, but it [is] impossible that any code, however ably and carefully drawn, should cover every case". 171 Skeptisch äußerte sich auch der Südafrikaner, der vor allem auf die verwirrende Wirkung der erfahrungsgemäß stetig anwachsenden Zahl von Entscheidungen und Kommentaren zum einmal kodifizierten Recht abstellte: „Codification in Germany [is] a matter of modern creation, but by 166 Hardwicke Society: Annual Dinner, The Law Times, Band 131 (1911), S. 302-304 (anonym). 167 Wilhelm Heinroth, geboren am 19.4.1842 in Limmer bei Alfeld (Hannover), gestorben am 28.10.1925 in Berlin, war nach einer Karriere in der hannoverschen Justiz von 1909 an zwölf Jahre lang Präsident des Berliner Kammergerichts, bis er - fast achtzigjährig - 1921 in den Ruhestand trat. Er soll nicht nur ein „glänzender Verhandlungsleiter" gewesen sein, sondern zusammen mit seiner Gattin Elisabeth Rindfleisch, einer Schriftstellerin, die unter dem Pseudonym Claus Rittland publizierte, auch den „gesellschaftlichen Mittelpunkt des Kammergerichts" gebildet haben. Diese und weitere biographische Angaben bei: Amburger, Das Kammergericht und seine Präsidenten, Berlin 1955, S. 53. 168 Hardwicke Society: Annual Dinner, The Law Times, Band 131 (1911), S. 302, 303 (anonym). 169 Hardwicke Society: Annual Dinner, The Law Times, Band 131 (1911), S. 302, 303 (anonym). 170 Hardwicke Society: Annual Dinner, The Law Times, Band 131 (1911), S. 302, 303 (anonym). 171 Hardwicke Society: Annual Dinner, The Law Times, Band 131 (1911), S. 302, 303 (anonym).

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Erster Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht

the time the German Code [has] become as old as the Code Napoléon it [will] be found that commentaries upon it [will] have become as numerous as [is] the case with that code. After a code [has] become comparatively old it [ceases] to have all the simplicity which so many [attach] to a simplified code." 1 7 2 Bezeichnend für die am Vorabend des Weltkrieges unter den deutschen Eliten weit verbreitete Stimmung sind Ton und Wortwahl des Kammergerichtspräsidenten, der seine Rede auf Deutsch hielt. Mit militaristischem Vokabular („judges and advocates might be compared to two troops of soldiers, marching apart, but fighting together" 173 ) und chauvinistischem Duktus verleiht er seiner Meinung Ausdruck, daß Deutschland England in seiner Rechtsentwicklung eindeutig überholt habe, indem es das materielle Recht kodifiziert habe. Geradezu prophetisch ist jedoch ein Satz des Deutschen, gemünzt auf das Verhältnis zwischen Deutschland und England und die Möglichkeit eines Krieges zwischen den beiden Mächten, den der Berichterstatter der Law Times folgendermaßen wiedergibt: „Inter arma leges silent [...] - [The notion that] two nations closely connected by common ideals and material interests [...] should start upon a lawsuit without any deep cause of quarrel and carry it through the rough arbitration of the sword until both parties have shed their life blood [is] madness. Might it never happen that the laws [are] silenced between England and Ger174

many. Den ungeheuren Schaden für das Ansehen der deutschen Rechtswissenschaft und ihrer Vertreter, den der Krieg bewirkte, verdeutlicht eine zweifellos polemische, aber doch nicht untypische Abrechnung mit „den deutschen Professoren" und denjenigen unter den anglo-amerikanischen Juristen, die sich für das deutsche Recht interessierten, aus dem letzten Kriegsjahr, veröffentlicht im amerikanischen Virginia Law Review: „True Germany has her professors, and a sorry lot they are; servile defenders of the very infamy of which the Imperial miscreant, now at the head of their government, has been convicted by the concurrent judgement of the world." 1 7 5 Namentlich Otto Gierke , „the learned professor", erklärter Anhänger der deutschen Monarchie, wird bezeichnet als „almost as servile as some of our professors who have basked their little hour in the imperial presence [of] the imperial lunatic." 1 7 6 Der letzte Satz macht deutlich, daß für anglo-ame-

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Hardwicke Society: Annual Dinner, The Law Times, Band 131 (1911), S. 302, 304 (anonym). 173 Hardwicke Society: Annual Dinner, The Law Times, Band 131 (1911), S. 302, 303 (anonym). 174 Hardwicke Society: Annual Dinner, The Law Times, Band 131 (1911), S. 302, 303 (anonym). 175 Gregory , Some Reflections on the German Constitution, Virginia Law Review, Band 5 (1917-1918), S. 419, 438.

2. Abschnitt: Dt. Rechtswissenschaft und anglo-amerikanische Jurisprudenz 65 rikanische Gelehrte die Beschäftigung mit deutschen Themen spätestens jetzt nicht mehr opportun war. Der Effekt solcher Stimmungsmache läßt sich sehr gut ablesen an der Entwicklung der Arbeit von Ernest G. Lorenzen. Hatte der amerikanische Professor deutscher Abstammung vor dem Weltkrieg eine stetige Reihe von Veröffentlichungen mit dem deutschen Recht als einzigem oder jedenfalls prominentem Thema verfaßt 177 , so trat nunmehr eine langjährige Pause ein, die bis in die zweite Hälfte der zwanziger Jahre andauerte. 178 Das einzige Werk mit Bezug auf deutsches Recht, das 1919 erschien, nämlich Morices vergleichende Darstellung des Kaufrechts im südafrikanischen, englischen, französischen und deutschen Recht, wurde in Südafrika verlegt. 1 7 9 Noch 1928 wurden in einem amerikanischen Rechtswörterbuch unter dem Stichwort „Codes44 die gesamten Kodifikationen Deutschlands auf 15 Zeilen abgehandelt, ohne jegliche inhaltliche und formale Details, während etwa den französischen Kodifikationen an gleicher Stelle 82 Zeilen eingeräumt wurden. 1 8 0 Bis in die dreißiger Jahre wird das Niveau des Interesses, wie es vor dem Ersten Weltkrieg bestanden hatte, jedenfalls gemessen an der Anzahl der Veröffentlichungen, nicht wieder erreicht. In einer neueren Publikation wurde die psychologische Auswirkung des Krieges folgendermaßen beschrieben: „The coming of the European war, sparked by German aggression, made many in the Anglo-American world averse to all things Germanic, including their legal system and their scholarship. Many of the personal relations that had strengthened the influence 176

Gregory , Some Reflections on the German Constitution, Virginia Law Review, Band 5 (1917-1918), S. 419, 440. 177 Lorenzen , Conflict of Laws under the German Civil Code, American Bar Association, Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 3641; ders., The German 1908 Law of Checks, American Bar Association, Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 2 (1909), S. 29^0; ders ., Jurisprudence (Foreign Legislation, Jurisprudence and Bibliography: Germany), American Bar Association, Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 2 (1909), S. 66-70; ders., Jurisprudence (Foreign Legislation, Jurisprudence and Bibliography: Germany), American Bar Association, Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 3 (1910), S. 110-118; ders , The Renvoi Theory and the Application of Foreign Law, Columbia Law Review, Band 10 (1910), S. 190-207, 327344. 178 Lorenzen , Specification in the Civil Law, Yale Law Journal, Band 35 (192526), S. 29-47; ders., The Conflict of Laws in Germany, Yale Law Journal, Band 39 (1929-30), S. 804-836; ders., The Conflict of Laws in Germany - Contracts, Yale Law Journal, Band 40 (1930-31), S. 401-430. 179 Morice , Sale in Roman-Dutch Law, with References to English, French and German Law, Kapstadt 1919. 180 William Edward Baldwin, Baldwin's Century Edition of Bouvier's Law Dictionary, New York 1928, Stichwort „Code", S. 178, 180. 5 Dittmann

6 6 E r s t e r Teil: Das deutsche Zivilrecht aus anglo-amerikanischer Sicht of ideas, if not, in fact, caused them, were destroyed. Few English or American writers had much to do with Germany and German Rechtswissenschaft after the First World War. The Kaiser Wilhelm Chair at Columbia Law School was abolished. In many fields, including classics, German scholars were shunned by Anglo-American scholars. The English speaking world simply turned its back on a culture that could tolerate the atrocities of war and encourage the aggression that Germany had displayed." 181

181 Hoeflich , Roman and Civil Law and the Development of Anglo-American Jurisprudence in the Nineteenth Century, Athens/Georgia 1997, S. 142 f.

Zweiter

Teil

Das Bürgerliche Gesetzbuch In diesem Kapitel soll untersucht werden, wie das Bürgerliche Gesetzbuch als die wohl bedeutendste der Kodifikationen des Kaiserreichs von anglo-amerikanischen Juristen wahrgenommen und beurteilt wurde. Dabei soll dargestellt werden, ob und wie die Vorbereitungen für das BGB, die Arbeit der Kommissionen, die Diskussion um die Entwürfe, das Gesetzgebungsverfahren und das schließliche Inkrafttreten in anglo-amerikanischen Juristenkreisen verfolgt wurden 1 , und wie das Gesetzes werk in englischsprachigen Publikationen formal und inhaltlich dargestellt, analysiert und beurteilt wurde. Für dieses Kapitel wurde eine Einteilung der Quellen nach grober chronologischer Ordnung gewählt, um die Entwicklung des Kenntnisstandes und Interesses nachzuzeichnen. Einzelne Werke und insbesondere die Übersetzungen werden ob ihrer Bedeutung ausführlich und gesondert behandelt. Weiterhin sind Schwerpunkte gebildet worden, wo einzelne Regelungen des BGB auf besonderes Interesse stießen.

Erster Abschnitt

Die Entstehungsphase des BGB I. Erste Hinweise Das erste Mal, soweit feststellbar, daß in einer englischsprachigen Publikation auf das Bürgerliche Gesetzbuch bzw. seine Entstehung Bezug genommen wurde, war in einem Artikel im American Law Review von 1883. Darin faßt ein anonymer Berichterstatter, der unter den Initialen C. N. auftritt, die Rede eines New Yorker Rechtsanwalts namens J. Bleecker Miller zusammen, in der dieser sich gegen die Kodifizierung des Zivilrechtes des Staates New York gewandt habe.2 Miller habe, wie der Bericht1 Eine ausführliche Darstellung und Analyse von Vorgeschichte und Entstehungsphase des BGB unter politischen und mentalitätsgeschichtlichen Gesichtspunkten findet sich in einer Arbeit neueren Datums: John, Politics and the Law in Late Nineteenth-Century Germany, The Origins of the Civil Code, Oxford 1989.

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erstatter ausführt, vor allem damit argumentiert, daß man selbst in Deutschland zugebe, zum damaligen Zeitpunkt nicht in der Lage zu sein, eine zufriedenstellende Kodifikation des Zivilrechtes zu erstellen, und das, obwohl man anders als in den USA über eine lange Tradition von systematischer und historischer Rechtswissenschaft verfüge. Miller, der die Rede auf Deutsch gehalten habe, sei selbst in Deutschland gewesen und habe dort unter anderem Professor Heinrich Gneist getroffen. Weiter wird auf die Situation in Deutschland jedoch nicht eingegangen. C. W. Ernst weist in einem 1884 im American Law Review erschienenen Beitrag über die deutschen Gesetzesreformen seit der Reichsgründung erwähnt und teilweise kurz dargestellt werden unter anderem Gerichtsverfassungsgesetz, die Straf- und Zivilprozeßordnungen und die Konkursordnung - darauf hin, daß bald eine wichtige Ergänzung zu erwarten sei, nämlich der „Civil Code". Er sei das Ergebnis von zehn Jahren harter Arbeit („hard labor") einer Kommission von elf Juristen und stehe kurz davor, vor den Reichstag zu kommen. 3 Ausführlich auf die Hintergründe und die Vorbereitung des Bürgerlichen Gesetzbuches geht 1887/1888 Munroe Smith in einem zweiteiligen Artikel im in New York, London und Berlin herausgegebenen Political Science Quarterly ein. 4 Der amerikanische Rechtshistoriker und Rechtstheoretiker, geboren 1854, gestorben 1926, der in Deutschland studiert und promoviert hatte und als Inhaber eines Lehrstuhls für römisches Recht und Rechtsvergleichung an der Columbia University zu den Mitherausgebern dieser damals angesehenen Fachzeitschrift gehörte 5, analysiert die damals aktuelle Diskussion in den Ländern des Common Law über eine Kodifizierung. Smith liefert unter anderem einen kurzen Überblick über die europäische Rechtsgeschichte. Einen herausragenden Platz nimmt dabei die Darstellung der jüngeren deutschen Rechtsgeschichte ein. 6 Smith erwähnt den Streit von Savigny und Thibaut vom Anfang des Jahrhunderts und die späteren Schwierigkeiten bei der Rechtsvereinheitlichung. Seine besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Bemühungen, mit denen zunächst im Norddeutschen 2 J. Bleecker Miller, American Law Review, Band 17 (1883), S. 108-110 (anonym, Initialen C N.). 3 Ernst, Law Reforms in Germany, American Law Review, Band 18 (1884), S. 801, 803, 811 f. 4 Smith/Stimson, State Statute and Common Law (Part 1), Political Science Quarterly, Band 2 (1887), S. 105-134; Smith, State Statute and Common Law (Part 2), Political Science Quarterly, Band 3 (1888), S. 136-164. 5 Diese und weitere biographische Angaben bei: Reimann, Historische Schule und Common Law, Die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts im amerikanischen Rechtsdenken, S. 303. 6 Smith, State Statute and Common Law (Part 2), Political Science Quarterly, Band 3 (1888), S. 136, 155 ff.

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Bund und dann in dem Reich versucht wurde, gegen den Widerstand der Einzelstaaten die Gesetzgebungskompetenz für das Zivilrecht auf die Zentralgewalt zu übertragen; hierzu zitiert Smith ausgiebig aus den Verhandlungsprotokollen des Reichstages.7 Anschließend erwähnt Smith die (Erste) Kommission, die vom Bundesrat („Federal Council") eingesetzt worden sei, „to draft a German civil code": „This commission has been working ever since; with German deliberation, certainly, and, it is to be hoped, with German thoroughness also. The preliminary draft is now completed and will soon be published." 8 Am Ende einer Artikelserie schließlich, die 1889 im schottischen Juridical Review erschien, und in der das deutsche Gerichtssystem ausführlich vorgestellt wurde, wird auf das in der Entstehung begriffene Bürgerliche Gesetzbuch hingewiesen: „[The success of the Code of Civil Procedure] has greatly stimulated the demand for a general codification of the Common Law, to be applicable to the whole empire, which is even now in the course of preparation. A committee of jurists has been engaged for several years past upon this great undertaking, and its labours are now approaching completion." 9

I I . Der Entwurf der ersten Kommission Auf das Ergebnis der Arbeit dieser Kommission wies dann 1889 Ernest Joseph Schuster in einer kurzen Notiz im Law Quarterly Review hin. 1 0 Der erste Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches, „which has now been published for some time, is a subject of much interest and discussion among Continental jurists." Schuster empfiehlt dem interessierten englischen Leser die im Februar 1889 im Bulletin der Société de législation comparée veröffentlichten Abhandlungen von Bufnoir und Saleilles. („In France legal science has happily escaped the plague of chauvinism [ . . . ] . " ) n Anfang 1890 formulierte Felix Dahn im Juridical Review seine vernichtende Kritik an dem Entwurf der ersten Kommission. 12 Der radikale Germanist Dahn war Professor mit Lehrstühlen in Würzburg, Königsberg und 7 Smith, State Statute and Common Law (Part 2), Political Science Quarterly, Band 3 (1888), S. 136, 157 ff. 8 Smith, State Statute and Common Law (Part 2), Political Science Quarterly, Band 3 (1888), S. 136, 158. 9 J. Cook, The Judicial System of Germany, The Juridical Review, Band 1 (1889), S. 298, 306. 10 Schuster y The Draft of a Civil Code for the German Empire, Law Quarterly Review, Band 5 (1889) S. 227. 11 Schuster y The Draft of a Civil Code for the German Empire, Law Quarterly Review, Band 5 (1889) S. 227.

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Breslau und nebenbei Autor des seinerzeit höchst erfolgreichen, von romantisierender Germanophilie geprägtem Historienromans „Ein Kampf um Rom" (1876). 13 Dieser Aufsatz wurde gezielt für die englische und amerikanische Leserschaft geschrieben. 14 Übersetzt wurde er vom englischen Anwalt F. P. Walton. Nach einer kurzen Einführung in den rechtsgeschichtlichen und politischen Hintergrund der deutschen Kodifizierungen der vergangenen Jahrzehnte beschwört Dahn „the desire of the German people for unity in law, as in other things." 15 Der bisherige Höhepunkt sei nach der Reichsgründung 1871 die Einsetzung der Kommission zur Erarbeitung des einheitlichen Zivilgesetzbuches gewesen. Deren Entwurf stellt er kurz vor, die Einteilung der Kapitel, die Anzahl der Paragraphen, die begleitenden „Motive". Dahn drückt seine Hochachtung vor der persönlichen und fachlichen Qualifikation und Leistung der Mitglieder dieser Kommission aus und nimmt sie gegen den Vorwurf in Schutz, die vierzehnjährige Vorbereitungszeit sei viel zu lange; er lobt die „most exemplary diligence, the most praiseworthy care, and the most conscientious thoroughness" 16 der Arbeit. Aber inhaltlich übt er vernichtende Kritik an dem Entwurf: Er enthalte „unfortunately [...] Roman rather than German l a w " 1 7 ; er sei „the draft of a Roman code for the German empire." 18 Als Urheber dieses Umstandes wird namentlich Windscheid angegriffen: „He is a man of wonderful acuteness and far more than ordinary capacity. Unhappily he has a dangerous inclination to make the most liberal use, both of his acuteness and power of cold abstraction, without paying any 12 Dahn, The New Code for the German Empire, übers, von F. P. Walton , The Juridical Review, Band 2 (1890), S. 15-26. 13 Dahn, The New Code for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 (1890), S. 15-26. Ausführliche Informationen zur Person und zu wissenschaftlichem und literarischem Wirken Dahns finden sich bei: Schroeder, Felix Dahn - Rechtsgelehrter und Erfolgsautor, NJW 1986, 1234-1235. In den 1960er Jahren wurde „Der Kampf um Rom" in Hollywood verfilmt. 14 Dahn, The New Code for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 (1890), S. 15, 21. Eine Veröffentlichung der deutschen Originalversion konnte nicht nachgewiesen werden. Dahn hatte zwei Jahre zuvor eine Kritik des Entwurfes in der Breslauer Zeitung, Nr. 834, vom 27. November 1888 veröffentlicht. 15 Dahn, The New Code for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 (1890), S. 15, 17. 16 Dahn, The New Code for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 (1890), S. 15, 19. 17 Dahn, The New Code for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 (1890), S. 15, 19. 18 Dahn, The New Code for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 (1890), S. 15, 24.

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regard to what is national, popular, in a word German , in thought and feeling [...] of our people." 19 Dies habe sich auch im Entwurf niedergeschlagen; zu beklagen sei „the spirit which inspires the whole work, and the language in which the spirit is expressed. The spirit is utterly un-German, the language thoroughly unpopular [...]. The style of expression of the code is scholastic, abstract, »bloodless4, it never draws from the pure well of German speech." 20 Auch der Text sei teilweise derart unverständlich und kompliziert, daß er einem „Rätselbuch" („a riddle book" 2 1 ) gleiche, insbesondere enthalte es „a system of references which is carried to the verge of the ludicrous. [...] It is a regular game of hide and seek." 22 Und: „Before it can be understood it must be translated into German." 23 Dahn gibt seiner Überzeugung Ausdruck, man solle „lieber noch warten, als diesen Entwurf annehmen" („rather wait longer than take this code" 2 4 ), allenfalls „considerations of patriotism" könnten ihn dazu bewegen, eine Annahme des Entwurfs zum jetzigen Zeitpunkt zu unterstützen: „ i f we can't get one law for Germany now, we shall never get it at a l l . " 2 5 Ein pathetischer Ausruf steht am Ende: „And for this we have had Jacob Grimm and Karl Friedrich Eichhorn! For this Sedan and the German empire! The statue of Germania on the Niederwald should veil her face and mourn the day when this code passes into l a w . " 2 6 Neben dem Einblick, den Dahn dem von anglo-amerikanischen Publikum in die deutsche Diskussion über den Entwurf der ersten Kommission für das BGB gibt, sind auch einige Eigenheiten der Übersetzung von Walton interessant. Hier sind einige grammatikalische und semantische Fehler auszumachen. 19 Dahn, The New Code (1890), S. 15, 19 f. 20 Dahn, The New Code (1890), S. 15, 21 f. 21 Dahn, The New Code (1890), S. 15, 21. 22 Dahn, The New Code (1890), S. 15, 22. 23 Dahn, The New Code (1890), S. 15, 22. 24 Dahn, The New Code (1890), S. 15, 21. 25 Dahn, The New Code (1890), S. 15,21. 26 Dahn, The New Code (1890), S. 15, 26.

for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 for the German Empire, The Juridical Review, Band 2

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Falsch verwendet wird beispielsweise das Wort „incompetent", wenn die Übertragung der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz hinsichtlich der Regelungen des Zivilrechts auf das Reich beschrieben wird: „it was to be incompetent for any individual state to modify them." 2 7 Das Privatrecht, beschrieben als „law of persons, law of things, law of domestic relations, law of succession", wird als „municipal law" übersetzt. 28 (Die Verwirrung der Begriffe rührt vermutlich daher, daß die beschriebenen Rechtsgebiete bis dahin lokalen Regeln unterworfen waren.) Und „sale interrupts hiring" für „Kauf bricht nicht Miete" erscheint nicht nur ein wenig unbeholfen sondern auch sinnentstellend.29 Zum gleichen Thema schrieb jenseits des Atlantiks und im selben Jahr der deutsch-amerikanische Jurist Ernst Freund 30 im American Law Review einen längeren Beitrag. 31 In diesem frühen Artikel lenkt Freund die Aufmerksamkeit seiner Leser auf den ersten Entwurf des BGB als ein Beispiel für eine aktuelle Kodifikation, dessen nähere Betrachtung sich gerade angesichts der anhaltenden Diskussion über die Kodifizierung des Common Law lohne. Dabei erläutert er zunächst allgemein und teilweise sehr abstrakt, welche besonderen Zielsetzungen und Probleme bei der Erarbeitung einer Kodifikation eine Rolle spielen, bevor er sich ansieht, wie der jeweilige Aspekt konkret bei dem deutschen Entwurf berücksichtigt bzw. gelöst worden ist. Wiederholt zitiert er dabei aus den „Motiven". Wie Dahn beginnt Freund mit einer Einführung in die historischen Hintergründe, wobei er stärker als jener auf die Einzelheiten und relevanten Daten aus der Vörbereitungsphase eingeht. Besonders detailliert beschreibt er das Vorgehen und die Arbeitsweise der ersten Kommission, deren Entwurf samt den zugehörigen „Motiven" „testify to the thoroughness with which the work of the commission was done." 32 27 Dahn, The New Code for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 (1890), S. 15, 18. 28 Dahn, The New Code for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 (1890), S. 15, 18, 25. 29 Dahn, The New Code for the German Empire, The Juridical Review, Band 2 (1890), S. 15, 21. Vergleiche hierzu unten Schusters Version: „A sale does not break a lease." in: Schuster , The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 202. 30 Nähere Informationen zu Person und weiteren Werken Freunds unten: Zweiter Teil, Dritter Abschnitt, II. 31 Freund, The Proposed German Civil Code, American Law Review, Band 24 (1890), S. 237-254. 32 Freund, The Proposed German Civil Code, American Law Review, Band 24 (1890), S. 237, 240.

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Zielsetzung bei der Erarbeitung des Entwurfes sei nicht nur die Kodifikation des Zivilrechts als solche, sondern er sei „part of the great reconstruction of the German Empire." 3 3 Inhaltlich decke der Entwurf weitgehend die Rechtsbereiche ab, die man in einem Zivilgesetzbuch zu finden erwarte, wenn Freund auch feststellt, daß „the province of public law has been jealously guarded. The code [...] avoids such subjects as municipal and religious corporations [...], and the privileges of sovereign or formerly sovereign houses." 34 Anschließend geht Freund auf die systematische Stellung des Zivilgesetzbuches im Zusammenspiel mit dem bestehenden Recht auf reichs- und bundesstaatlicher Ebene ein und skizziert das einschlägige Kollisionsrecht sowohl der Reichsverfassung als auch des Entwurfes des Einführungsgesetzes. Hierbei liefert er eine Übersetzung des Art. 9 des Entwurfes des Einführungsgesetzes (des späteren Art. 23 EGBGB): „The provisions of Federal statutes remain in force. They expire, however, in so far as their abrogation follows from the provisions of the Code or from this A c t . " 3 5 Diese Regelung erscheint Freund zwar als ein Verstoß gegen das Prinzip, wonach eine Kodifikation das bestehende Recht ein für allemal bereinigen solle, doch in der Praxis sei sie wohl notwendig. 36 Danach wendet sich Freund dem inneren Aufbau und die systematische Konstruktion des vorgeschlagenen Gesetzbuches zu. Orientieren würde sich der Kommissionsentwurf an der aus dem römischen Recht übernommenen Stoffeinteilung. Am inneren Aufbau der einzelnen Abschnitte kämen die besonderen Attribute der deutschen Jurisprudenz zum Ausdruck, welche „systematic" und „scientific" sei (im Gegensatz dazu sei die Methode der Rechtsfindung im Common Law „almost exclusively [...] the work of practice" 3 7 ). Der Entwurf sei insgesamt ein herausragendes Beispiel für „constructive work in jurisprudence." 38 Die Titel der fünf Bücher des Entwurfs werden aufgezählt, und es wird kurz erklärt, welche Regelungen jeweils enthalten seien. Zum Allgemei33

German Freund , The Proposed (1890), S. 237, 240. 34 Freund , The Proposed German (1890), S. 237, 241. 35 Freund , The Proposed German (1890), S. 237, 242. 36 Freund , The Proposed German (1890), S. 237, 242 f. 37 Freund , The Proposed German (1890), S. 237, 244. 38 German Freund , The Proposed (1890), S. 237, 244.

Civil Code, American Law Review, Band 24 Civil Code, American Law Review, Band 24 Civil Code, American Law Review, Band 24 Civil Code, American Law Review, Band 24 Civil Code, American Law Review, Band 24 Civil Code, American Law Review, Band 24

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nen Teil bemerkt Freund : „ A general part, which from a systematic point of view is perhaps the weakest [...] contains all matters for which a place could not be found elsewhere." 39 Als positiv vermerkt Freund, daß der Entwurf weitgehend auf die Definition von Rechtsbegriffen verzichte und diese Aufgabe der Rechtswissenschaft überlassen habe. Dennoch kämen die Grundprinzipien zum Ausdruck: „On these points the code is silent, or rather the whole code, taken together, speaks for itself. [...] This policy is sound." 40 Zum materiellen Inhalt des deutschen Entwurfs äußert Freund sich kaum. Als fundamentaler Unterschied zum Common Law fällt ihm jedoch die strenge Unterscheidung in Deutschland zwischen dinglichen („rights in rem") und relativen („rights in personam ") Rechten ins Auge, verbunden mit dem Typenzwang des Sachenrechts, welcher durchaus Vorteile mit sich bringe: „While the utmost liberty of form and substance prevails with regard to contracts which merely create a personal liability, a right of property attaching to a thing immediately can be created only in accordance with specific provisions of the code. [...] The great benefit accruing from such a system to the facility and safety of transfers, needs no demonstration." 4 1 Freund weist noch auf die Diskussion in Deutschland über den Entwurf und die teilweise heftige Kritik daran hin. Er erwähnt die Hauptkritikpunkte, ohne jedoch weiter darauf einzugehen: „(The) alleged preference of Roman Law over German Law doctrine, [...] the question of reservations, (...) the failure of the code to temper the individualistic spirit of the private law by a recognition of the claims of government and society [...]. These questions are peculiar to the historical and political conditions with which German law has to deal; [...] they will doubtless lead to extensive amendments." 42 Abschließend beurteilt Freund den Entwurf der ersten Kommission so: „(The) present draft will retain its value as a monument of legal learning and as one of the ripest expressions of the aims and methods of modern civil jurisprudence." 43 39 Freund , The Proposed (1890), S. 237, 245. 40 Freund , The Proposed (1890), S. 237, 247. 41 Freund , The Proposed (1890), S. 237, 250. 42 Freund , The Proposed (1890), S. 237, 253 f. 43 Freund , The Proposed (1890), S. 237, 254.

German Civil Code, American Law Review, Band 24 German Civil Code, American Law Review, Band 24 German Civil Code, American Law Review, Band 24 German Civil Code, American Law Review, Band 24 German Civil Code, American Law Review, Band 24

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Insgesamt geht Freund bei seiner Darstellung des Entwurfes im Vergleich zum persönlich engagierten Dahn deutlich weniger emotional vor, seine Analyse bleibt nüchtern und weitgehend abstrakt; insbesondere ist trotz seiner Abstammung kein patriotischer Unterton herauszuhören. Die von Freund vorgenommene Übertragung deutscher Begriffe ins Englische zeichnet sich insgesamt durch eine größere Klarheit als bei Dahn bzw. Walton aus, was zum Teil auf dem Rückgriff auf lateinische Ausdrücke beruht. Die Übersetzungen von dinglichem und relativem Recht wurde bereits angesprochen. Zivilrecht wird als „private law" übersetzt 44 , Verwandtschaft stark latinisierend als „consanguinity." 45 Ein Jahr später ließ J. Dove Wilson, wiederum im schottischen Juridical Review, die aktuelle weltweite Entwicklung auf dem Gebiet der Kodifizierung des Rechts Revue passieren. 46 Dem deutschen Entwurf für das Bürgerliche Gesetzbuch schenkte er dabei besondere Beachtung: „It is to Germany that we owe the greatest work of codification of recent times, and perhaps, indeed, of any time." 4 7 „The great work of codification for Germany, the German Civil Code" sei das Ergebnis besonderer, „typisch deutscher" Tugenden: „Our German neighbours, when they undertake anything, are laborious and systematic, full of forethought, perseverance, and power, and the difficult task before them has at length been so far overcome that ultimate success is certain." 48 Vom Fleiß und der gründlichen und methodischen Vorgehensweise der Kommission, die den deutschen Entwurf erarbeitet hat, zeigt sich Wilson derart beeindruckt, daß er seinen Lesern minutiös das Verfahren und die Arbeitsmethode der Kommission beschreibt; es fehlt nicht einmal ein Hinweis auf die typische Arbeitswoche der Kommissionsmitglieder („For seven years, with the exception of annual holidays, the Commission sat four days a-week." 49 ). Die Einteilung der Rechtsgebiete, der Umfang des Entwurfes („upwards of 2000 clauses") und die „Motive" werden kurz erwähnt. 44

Freund, The (1890), S. 237, 241. 45 Freund, The (1890), S. 237, 245. 46 Wilson , The (1891), S. 97-120. 47 Wilson , The (1891), S. 97, 111. 48 Wilson , The (1891), S. 97, 113. 49 Wilson , The (1891), S. 97, 114.

Proposed German Civil Code, American Law Review, Band 24 Proposed German Civil Code, American Law Review, Band 24 Recent Progress of Codification, The Juridical Review, Band 3 Recent Progress of Codification, The Juridical Review, Band 3 Recent Progress of Codification, The Juridical Review, Band 3 Recent Progress of Codification, The Juridical Review, Band 3

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Weiterhin geht Wilson auf die Diskussion über den Entwurf ein, „[which] is proceeding with unusual fervour." 50 Er zählt die hauptsächlichen Streitpunkte auf, kann die Kritik aber größtenteils nicht billigen. Soweit der Sprachstil angegriffen wird, in dem der Entwurf gehalten ist, äußert Wilson sich nicht ohne feine Ironie: „Its language, also, is denounced by some as wanting in that idiomatic clearness which some Germans have been able to discover in their native tongue. [...] German is a language that is fearfully and wonderfully made [...], but so far as I can judge the language of the code is for a German law treatise singularly simple and intelligible." Ebenfalls etwas nonchalant geht er über den Vorwurf hinweg, die Sprache sei zu technisch bzw. zu wissenschaftlich: „[This objection] seems ill founded, because Roman law expressions are not to be seen in the code at all." 5 1 Auch könne er kein Übergewicht des römischen Rechts gegenüber germanischen Rechtsgedanken ausmachen, jedenfalls habe eine erste Durchsicht seinerseits nichts dergleichen ergeben. (Wilson hat nach seinen Angaben das Kaufrecht und das Erbrecht angesehen.) „One can scarcely help feeling amused at the energetic language in which some of [the opponents of the draft] have deplored this result." 52 (Gemeint ist, wie sich aus einer Fußnote ergibt, Felix Dahn, der im vorangegangenen Jahr ebenfalls im Juridical Review zu gänzlich anderen Schlußfolgerungen gekommen war, siehe oben.) Wilson bleibt bei dieser oberflächlichen Betrachtung und setzt sich ansonsten inhaltlich nicht weiter mit dem deutschen Recht auseinander. Auch in Südafrika wurden die Vorbereitungen für das BGB wahrgenommen. In einem Vortrag im Dezember 1894 vor der Capetown Forensic Society ließ der südafrikanische Anwalt C. H. van Zyl die weltweite Entwicklung hinsichtlich der Kodifizierung des Zivilrechtes Revue passieren. 53 Zuerst gab er seinen Zuhörern einen kursorischen Überblick über die europäische Rechtsgeschichte bis zur Einführung des Code Napoléon. Breiten Raum nimmt danach die Darstellung der niederländischen Kodifikationen ein. „The German Codes" werden nur kurz erwähnt. Der „Civil Code", also das BGB, wird nicht explizit genannt, doch ist offensichtlich, daß sich folgende Bemerkung darauf bezieht: 50

Wilson , The Recent Progress of Codification, The (1891), S. 97, 115. 51 Wilson , The Recent Progress of Codification, The (1891), S. 97, 116. 52 Wilson , The Recent Progress of Codification, The (1891), S. 97, 116. 53 ZyU Codification, 2 Teile, Cape Law Journal, Band 87.

Juridical Review, Band 3 Juridical Review, Band 3 Juridical Review, Band 3 12 (1895), S. 16-29, 81-

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„The other Continental nations have also their Codes. Germany is the last of the modern nations which has embarked upon Codification. She is still busy at it, but she prides herself upon not having copied anybody, and that all her Codification is of purely German origin and development. But despite this pardonable pride, Germany is still the greatest master, and the most ardent student and commentator of the Roman Law. [...] From this we may learn some lessons. One of them is the clearness and terseness [...]; also the fulness, if I may so call it, and simplicity of the German Code, so far as it has gone." 5 4 Sprache und Anlage des BGB werden also schon vor seinem Inkrafttreten als vorbildlich angesehen. In einem 1894 für das britische Parlament angefertigten Bericht über das Ehe- und Scheidungsrecht in den wichtigsten Ländern und Kolonien 5 5 wird das deutsche Recht in dem Zustand vor der Rechtsvereinheitlichung durch das BGB erwähnt. Daß in den kommenden Jahren im Zuge der Kodifikation des Zivilrechtes eine reichseinheitliche Neuregelung geplant sei, findet nur beiläufige Erwähnung in dem Abschnitt über das in Sachsen geltende Recht: „ A German Civil Code is in the course of preparation, and will be hereafter submitted to the Imperial Parliament for discussion and eventual adoption." 56 Diese Stelle, datiert vom 17. November 1893, ist übrigens das erste Mal, daß das noch in der Vorbereitungsphase befindliche BGB in einem britischen regierungsamtlichen Dokument erwähnt wird. Der bedeutende englische Rechtshistoriker Frederic William Maitland erinnerte sich später an die deutsche Diskussion um den ersten Kommissionsentwurf, in einem Rückblick aus dem Jahre 1906: „ A tornado broke loose. It rained, it poured books and pamphlets. At that time, I made a habit of looking through a weekly list of books published in Germany." 57 Dies zeigt, daß die Entwicklung in Deutschland von weiteren anglo-amerikanischen Juristen durchaus aufmerksam verfolgt wurde, auch wenn sie diese nicht mit einschlägigen Veröffentlichungen begleiteten.

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Zyl y Codification, 1. Teil, Cape Law Journal, Band 12 (1895), S. 16, 25. Reports on the Laws of Marriage and Divorce in Foreign Countries, Parliamentary Papers 1894, Band 70 (Accounts and Papers, Band 20), S. 111-274. Siehe unten Zweiten Teil, Sechster Abschnitt, IV 1. 56 Reports on the Laws of Marriage and Divorce in Foreign Countries, Parliamentary Papers 1894, Band 70 (Accounts and Papers, Band 20), S. I l l , 244. 57 Maitland , The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 215. 55

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

I I I . Die ersten Reaktionen auf das Bürgerliche Gesetzbuch 1. Der Abschluß des Gesetzgebungsverfahrens Im Jahresbericht des britischen Generalkonsuls in Frankfurt am Main für das Jahr 1895 58 findet sich neben Daten zur Entwicklung von Wirtschaft und Handel der Stadt in diesem Jahr ein Abschnitt über „Economic Legislation". Dies sei ein Bereich, in dem in den vorangegangenen Jahren „a keen activity" geherrscht habe. An erster Stelle sei hier der „Civil Code" zu nennen, der „after years of assiduous labour" nunmehr in den Reichstag eingebracht worden sei. Der Generalkonsul, Charles Oppenheimer, verweist noch einmal auf die bis dahin vorherrschende rechtliche Zersplitterung und streicht die große Bedeutung heraus, die das neue Gesetz für das wirtschaftliche Leben in Deutschland haben werde („great progress [...] by the uniform codification of the civil law"). Kurz angedeutet werden die Anpassungen, die am geltenden Recht, namentlich am Handelsgesetzbuch, vorgenommen werden müßten. Die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches „ w i l l be greeted by all the country with pride and satisfaction." 59 Daß mit der Kodifizierung des deutschen „Common Law" demnächst gerechnet werden könne, bemerkt 1895 H. A. D. Phillips, bevor er sich eingehender dem deutschen Zivilprozeßrecht widmet. 6 0 Im Frühsommer 1896 wurde in dem Magazin Cosmopolis ein Aufsatz des deutschen Reichstagsabgeordneten Alexander Meyer über das neue Bürgerliche Gesetzbuch veröffentlicht. 61 Die Leser der in London und New York herausgegebenen, polyglotten Monatsschrift konnten dem in deutscher Sprache gehaltenen Artikel die Ansichten und Einsichten eines unmittelbar an dem Gesetzgebungsverfahren Beteiligten entnehmen, der nach eigener Aussage nicht für ein Fachpublikum, sondern für diejenigen schreibt, die „den Wunsch hegen, sich ein Bild davon zu machen, was für einen kulturgeschichtlichen Fortschritt die Annahme des Bürgerlichen Gesetzbuches für Deutschland bedeutet." 62 58 Foreign Office, 1896, Annual Series No. 1752, Diplomatie and Consular Reports on Trade and Finance: Germany: Report for the Year 1895 on the Trade of the District of the Consulate-General of Francfort-on-Main (= Parliamentary Papers 1896, Band 86 [Accounts and Papers, Band 38], S. 109-170). 59 Foreign Office, 1896, Annual Series No. 1752, Diplomatic and Consular Reports on Trade and Finance: Germany: Report for the Year 1895 on the Trade of the District of the Consulate-General of Francfort-on-Main, S. 11 (= Parliamentary Papers 1896, Band 86 [Accounts and Papers, Band 38], S. 109, 120). 60 Phillips , The German Code of Civil Procedure, The Law Magazine and Review, 4. Serie, Band 21 (1895-96), S. 267, 270. Siehe Dritter Teil, Erster Abschnitt, III 1. 61 Meyer, Das Bürgerliche Gesetzbuch in Deutschland, Cosmopolis, Band 2 (Apr.-Juni 1896), S. 546-557.

1. Abschnitt: Die Entstehungsphase des BGB

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Essayistisch im Stil und pathetisch im Tonfall beschreibt Alexander Meyer kurz die Hintergründe und den aktuellen Stand der Debatte über den Entwurf. Er zeigt sich als Anhänger der Kodifizierung, nicht, weil der Entwurf ideal sei, sondern weil, „wenn man in Deutschland jemals zu der vollkommenen Einheit gelangen" wolle, „wir die jetzt gebotene Abschlagszahlung annehmen müssen." Der Entwurf sei jedenfalls so gut geworden, „wie er im gegenwärtigen Augenblick und mit den gegebenen Kräften werden konnte." 63 Nach einem Seitenhieb auf „die Sozialdemokratie, welche die ganze bestehende Ordnung der Dinge" verwerfen wolle, hebt Alexander Meyer zwei Punkte heraus, die seiner Ansicht nach „die Aufmerksamkeit des Auslandes verdienen." 64 Zum einen hätten das eheliche Güterrecht und das gesetzliche Erbrecht der Ehefrau eine Regelung erfahren, die „bündig, nützlich" sei und sich „vor allen Übertreibungen" der „Anhänger der Frauenrechte" oder der „romantisch gesinnten Anhänger des alten deutschen Rechtes" hüte. 65 Zum anderen hält er die Schutzvorschrift des § 343 BGB für bemerkenswert, wonach unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafen herabgesetzt werden können. Ein anonymer Kommentator der Kodifizierungsbestrebungen in Großbritannien und Kanada bezog sich indirekt auf das BGB, als er im Canada Law Journal vom 17. August 1896 bemerkte, daß „the famous controversy of Thibaut and Savigny " durch die neueste Gesetzgebung in Deutschland nunmehr entschieden sei. 6 6 Nachdem das Bürgerliche Gesetzbuch im Sommer 1896 von der deutschen Legislative angenommen worden war, erschien im American Law Review eine Notiz hierüber. Auf knapp zwei Seiten teilt ein bis auf die Initialen G. A. F. anonymer Autor den amerikanischen Lesern mit, daß sich im Deutschen Reich „a noteworthy event in the history of law's development" zugetragen habe. Knapp werden die Stationen der Vorbereitungsphase und die Anteilnahme in der deutschen Öffentlichkeit dargestellt. Die Auseinandersetzungen im Reichstag („a severe parliamentary struggle") und die dabei zutage getretenen Widerstände einzelner Interessengruppen werden angedeutet, aber am Ende habe sich „a great German national sen-

62

Meyer, Das Bürgerliche Gesetzbuch in Deutschland, Cosmopolis, (Apr.-Juni 1896), S. 546, 556. 63 Meyer, Das Bürgerliche Gesetzbuch in Deutschland, Cosmopolis, (Apr.-Juni 1896), S. 546, 552. 64 Meyer, Das Bürgerliche Gesetzbuch in Deutschland, Cosmopolis, (Apr.-Juni 1896), S. 546, 552, 553. 65 Meyer, Das Bürgerliche Gesetzbuch in Deutschland, Cosmopolis, (Apr.-Juni 1896), S. 546, 554. 66 Codification on the Imperial Plan, Canada Law Journal, Band 32 S. 497, 498 (anonym).

Band 2 Band 2 Band 2 Band 2 (1896),

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

timent" für das Bürgerliche Gesetzbuch als „keystone of German unity" durchgesetzt. Sprachlich zeichneten sich die fünf Teile des Gesetzeswerkes - die Titel der Bücher werden aufgezählt - durch die klaren und präzisen Formulierungen sowie den bemerkenswerten Verzicht auf lateinische Begriffe aus, was auch dem Laien ein Verstehen ermögliche. 67 In einem Vortrag, der im Gründungsjahr vor der Society of Comparative Legislation gehalten wurde und im ersten Jahrgang ihres Journals 1896 abgedruckt wurde, beschäftigte sich Sir Courtenay Peregrine Ilbert mit der Frage nach Übertragbarkeit auf die Situation und aktuellen Einfluß europäischen Rechts in Britisch-Indien. 68 Darin werden „the German codes" in einer Reihe mit den anderen kontinentaleuropäischen Kodifikationen aufgezählt, ohne daß weiter auf sie eingegangen würde. In dem 1896 erschienenen, für das britische Parlament angefertigten Gutachten von Charles Fortescue-Brickdale über das deutsche Grundbuchwesen (Fortescue-Brickdale-RcpoTi) werden nur die bis dahin geltenden einschlägigen Vorschriften der preußischen Grundbuchgesetze von 1872 und der badischen und sächsischen Gesetze sowie des in den Rheinprovinzen geltenden Code Civil berücksichtigt. Das zu diesem Zeitpunkt noch im Gesetzgebungsverfahren stehende Bürgerliche Gesetzbuch und die darin vorgesehenen Vorschriften zum Grundstücksrecht werden nicht erwähnt. 69

2. Das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches Das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900 wurde in mehreren englischen und amerikanischen Fachzeitschriften und einigen regierungsamtlichen Dokumenten gewürdigt. Zu diesem Zeitpunkt hatten mit dem Law Quarterly Review™, dem Journal of the Society of Comparative Legislation 11, dem American Law Review 12 und dem Harvard 67

The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 30 (1896), S. 905-907 (anonym, Initialen G. A. F.). 68 Ilbert, Application of European Law to Natives of India, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 212-226. 69 Land Registry: Registration of Title to Land: General and Detailed Reports of the Assistant Registrar of the Land Registry on the Systems of Registration of Title now in Operation in Germany and Austria-Hungary, with Appendices, C. 8139, von Fortescue-Brickdale (= Parliamentary Papers 1896, Band 84 [Accounts and Papers, Band 36], S. 85-300). Vergleiche zu den Grundbuchgesetzen vor Inkrafttreten der Grundbuchordnung von 1897: Schubert, Die Entstehung der Vorschriften des BGB über Besitz und Eigentumsübertragung, Berlin 1966, S. 97 f. 70 Schuster, The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) S. 17-35. 71 Schuster, The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191-211.

1. Abschnitt: Die Entstehungsphase des BGB

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Law Review 73 bereits einige wichtige Fachzeitschriften beiderseits des Atlantiks umfassenden Darstellungen des neuen BGB Raum geboten. 74 In einigen wenigen Artikeln waren auch schon einzelne Regelungen besprochen oder es war auf sonstige Weise auf die bevorstehende Kodifikation hingewiesen worden. 75 Allerdings legen drei Umstände den Schluß nahe, daß diesem Ereignis in der englischsprachigen Fachwelt jedenfalls keine besondere Priorität eingeräumt wurde: Einmal erschienen die betreffenden Quellen größtenteils mit einer gewissen Verspätung. Dann erschienen im bzw. für das Jahr 1900 mehrere Jahresrückblicke bzw. Jahrbücher, in denen sich eine Erwähnung des neuen BGB angeboten hätte, ohne einen Hinweis darauf zu geben. Und schließlich gingen die ersten Reaktionen nahezu ausschließlich von - jedenfalls dem Namen nach - deutschstämmigen Juristen aus. Dennoch ist in den ersten Jahren nach seinem Inkrafttreten ein allmählich zunehmendes Interesse und eine wachsende Kenntnis um das Bürgerliche Gesetzbuch festzustellen, wofür nicht zuletzt die Erwähnung des Bürgerlichen Gesetzbuches in anderen Zusammenhängen ein Maß ist. Am 7. Dezember 1899 sandte der amerikanische Konsul in Solingen Edmund Z. Brodowski eine kurze Nachricht über das unmittelbar bevorstehende Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches in die Heimat. 7 6 Er verknüpfte dies mit einem Hinweis darauf, daß nunmehr die unübersichtliche Gemengelage des deutschen Zivilrechts („confusion of legal ideas") zu einem Ende käme, und stellte mit knappen Worten die Entstehungsgeschichte und Vorarbeiten für das BGB dar. Auch erläuterte er stichwortartig den Inhalt der fünf Bücher des BGB. Brodowskis Angaben sind durch eine Reihe von Ungenauigkeiten gekennzeichnet: Hinsichtlich der Jahreszahlen und des zeitlichen Ablaufs 72 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396-407. 73 Freund, The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 ( 1899— 1900), S. 627-637. 74 Siehe hierzu den folgenden Zweiten Teil, Zweiten Abschnitt. 75 Higgins , Employers' Liability on the Continent, 2 Teile, The Juridical Review, Band 9 (1897), S. 249-274, 395-408; Hirschfeld , The Law of Divorce in England and Germany, Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 395-405; Harrison , Foreign Usury Laws, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 215-236; Renton , Comparative Lunacy Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 253-275; Williams , Contemporary Foreign Literature, The Law Magazine and Review, Fifth Series, Band 24 (1898-99), S. 509-511. Diese Artikel werden alle weiter unten im Zweiten Teil, Dritter Abschnitt eingehend dargestellt. 76 Brodowski, The New Civil Code for Germany, American Law Review, Band 34 (1900), S. 434-435. 6 Dittmann

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

irrt er sich mehrfach (die Arbeit der Vorkommission habe zwei Jahre gedauert, das BGB sei 1898 verkündet worden etc.). Und die Zusammenfassungen des Inhalts des Allgemeinen Teils („general part, a preparatory introduction"), des Schuldrechts („law of debts, regulating the intercourse between persons on matters embraced by the law of property") und des Sachenrechts („the law on immediate handling of movables and immovables") zeigen, daß hier ein juristischer Laie am Werk war. Auch in der amerikanischen Anwaltschaft verfolgte man die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches in Deutschland mit Interesse. Wenige Wochen nach seinem Inkrafttreten erwähnte es der Vorsitzende der New York State Bar Association in seiner Tischrede anläßlich des alljährlichen Banketts der Vereinigung, und er forderte seine Zuhörer auf, sich nach Möglichkeit eingehend damit zu beschäftigen. 77 In einer anonymen Notiz im American Law Review von 1900 wird darauf hingewiesen, daß aufgrund des neuen „German Imperial Civil Code, which has recently gone into effect throughout the length and breadth of the Empire" die traditionellen eherechtlichen Privilegien ein Ende gefunden hätten, welche die Insel Helgoland zu einer Pilgerstätte für Heiratswillige aus ganz Deutschland gemacht hätten („the Gretna Green of Germany"). 78 In der Einleitung zu seinem Jahresbericht über die wirtschaftliche Entwicklung im Rhein-Main-Gebiet im Jahre 1900 widmete der damalige britische Generalkonsul in Frankfurt am Main, Francis Oppenheimer 79, dem neuen BGB einen Absatz, ein Jahr nach dessen Inkrafttreten: „[The] feeling of national self-confidence [...] has become a prominent German characteristic. [...] The best fruit borne recently at home from this feeling of unity has been the introduction of the new German Civil Code, which came into force on January 1, 1900, and which did away with the intolerable varieties of local l a w . " 8 0 77 Zitiert nach Dulon , Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565-573. 78 Disfranchisement of the Gretna Green of Germany, The American Law Review, Band 34 (1900), S. 420-421 (anonym). Anm. des Verf.: Gretna Green ist ein kleiner Ort an der schottisch-englischen Grenze, der lange Zeit eine ähnliche Funktion für heiratswillige Engländer inne hatte und seitdem sprichwörtlich geworden ist. 79 Nicht identisch mit Sir Charles Oppenheimer , der noch wenige Jahre zuvor britischer Generalkonsul in Frankfurt gewesen war, vergleiche: Foreign Office, 1896, Annual Series No. 1752, Diplomatie and Consular Reports on Trade and Finance: Germany: Report for the Year 1895 on the Trade of the District of the Consulate-General of Francfort-on-Main (= Parliamentary Papers 1896, Band 86 [Accounts and Papers, Band 38], S. 109-170). 80 Foreign Office, Annual Series No. 2680, Diplomatic and Consular Reports: Germany: Report for the year 1900 on the Trade and Commerce of the Consular

2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

83

Im wirtschaftspolitischen Jahrbuch des britischen Foreign Office über die ökonomische Situation des Deutschen Reiches im Jahre 1900 wird hingegen weder das zum Jahresbeginn in Kraft getretene neue Bürgerliche Gesetzbuch noch sonst ein deutsches Gesetzes werk erwähnt. 81 Ebenfalls keine Erwähnung findet das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches im Deutschen Reich im Jahresrückblick für das Jahr 1900 der englischen juristischen Wochenzeitung Justice of the Peace,82 Seit dem Jahre 1901 enthielt das Journal of the Society of Comparative Legislation regelmäßig einen Abschnitt über die Gesetzgebung der bedeutendsten Länder in der jeweils zurückliegenden Legislaturperiode. Den ersten Überblick über die Gesetzgebung des Deutschen Reiches im vorangegangenen Jahr 1900 lieferte Ernest Joseph Schuster. Darin listete er unter anderem eine Reihe von Gesetzesänderungen im Straf- und Gewerberecht auf; „the new Civil Code" wird jedoch nur in einem Nebensatz erwähnt, in dem auf die dadurch notwendig gewordenen Änderungen anderer Gesetze hingewiesen wird. 8 3 Zweiter Abschnitt

Ernest Joseph Schuster Der erste, der eine umfassende Darstellung des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches lieferte, war der Londoner Anwalt Ernest Joseph Schuster. In zwei Vorträgen vor der Londoner Anwaltschaft Ende 1895 und im Frühjahr 1896 ging er auf Hintergrund und Vorbereitung des BGB ein und beschrieb erstmals den Inhalt des neuen Rechts. 84 Schuster war überhaupt diejenige Person, die sich um die vergangene Jahrhundertwende am eingehendsten und ausführlichsten mit dem deutschen Zivilrecht befaßte. Niemand machte so viele Veröffentlichungen zum Thema, und es läßt sich mit gutem Recht

District of Francfort-on-Main, S. 7 (= Parliamentary Papers 1901, Band 82 [Accounts and Papers, Band 46], S. 795, 802). 81 Foreign Office, Annual Series No. 2400, Diplomatic and Consular Reports: Germany: Report on the Economic Position of the German Empire in 1900 (= Parliamentary Papers 1900, Band 93 [Accounts and Papers, Band 47], S. 525-567). 82 Legal Events in 1900, The Justice of the Peace, Band 65 (1901), S. 2-4 (anonym). 83 Schuster , German Legislation in 1900, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 3 (1901), S. 119, 124. 84 Schuster , The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) S. 17-35; ders., The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191-211. *

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

behaupten, daß niemand sonst das Bild, welches das deutsche Recht in den Augen der zeitgenössischen anglo-amerikanischen Juristenschaft abgab, so sehr prägte wie dieser englische Jurist deutsch-jüdischer Abstammung. Nicht zuletzt sein Lehrbuch „The Principles of German Civil Law 4 ' von 1907 entwickelte sich in kürzester Zeit und auf Jahrzehnte hinaus zum Standardwerk der deutsch-englischen Rechtsvergleichung. 85 Edwin M. Borchard würdigte Schuster in seinem „Guide to the Law and Legal Literature of Germany" 86 als jemanden, „[who] has done so much to familiarize English lawyers with German civil law." 8 7

I. Schusters Biographie 88 Ernest 89 Joseph Schuster (1850-1924) war ein englischer Rechtsanwalt und Bankier deutsch-jüdischer Abstammung. Er wurde am 7. Juli 1850 in Frankfurt am M a i n 9 0 geboren. Er entstammte einer angesehenen jüdischen Bankiersfamilie mit internationalen Beziehungen. Seine Eltern, der Kauf85

Schuster, The Principles of German Civil Law, London 1907. Siehe dazu ausführlich unten: Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, III. 86 Borchard, Guide to the Law and Legal Literature of Germany, Washington 1912. 87 Borchard, Guide, S. 58. 88 Die biographischen Daten entstammen zum Teil dem sehr knappen Namenseintrag im Kompendium: Who Was Who, Band 2, 1916-1928, 3. Auflage, London 1962, S. 938. Ergänzend, insbesondere hinsichtlich des familiären Hintergrundes, wurden die ausführlicheren Eintragungen unter den Namen anderer Mitglieder der Familie herangezogen: Sir Arthur Schuster und Sir Felix Otto Schuster (Who was who, Band 3, 1929-1940, 3. Auflage, London 1962, S. 1205, und Dictionary of National Biography, 1931-1940, 2. Auflage, Oxford 1950, S. 791-794), Sir George Ernest Schuster (World Biography, hrsg. von Institute of Research in Biography, New York 1948), Leo Schuster (Frederic Boase: Modern English Biography, Band VI - L-Z, Supplement to Vol. III, 2. Auflage, London 1965). Einen Hinweis auf den Frankfurter Bankier Nathan Samuel Schuster gibt es in Heinemann, Quellen zur Geschichte der Juden im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, 1806-1866, Wiesbaden 1997, S. 328. Eine Porträtaufnahme Ernest Joseph Schusters findet sich auf der ersten Innenseite im Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 10 (1909-10), 2. Teilband. 89 Bei Ernest Joseph Schusters Veröffentlichungen in deutscher Sprache wird der erste Vorname in der deutschen Form Ernst angegeben; in englischsprachigen Quellen findet sich der Name durchweg in der anglisierten Form Ernest. 90 In der Fundstelle ist der Geburtsort nicht ausdrücklich angegeben. Jedoch ist Frankfurt als der Geburtsort seines nur ein Jahr jüngeren Bruders Arthur Schuster nachweisbar (Who Was Who, Band 3, 1929-1940, 3. Auflage, London 1962, S. 1205). Und sowohl Ernest Schuster als auch seine beiden jüngeren Brüder haben den ersten Teil ihrer Ausbildung in Frankfurt am Main genossen. Hieraus läßt sich im Rückschluß mit einiger Sicherheit folgern, daß auch Ernest Schuster in Frankfurt am Main geboren wurde.

2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

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mann und Bankier Franz 91 Joseph Schuster und Marie, Tochter von Hofrat Max Pfeiffer aus Stuttgart, konvertierten noch während seiner Kindheit zum Christentum. Er hatte zwei jüngere Brüder. Schuster besuchte zunächst das Gymnasium in Frankfurt. Dort erlebte er 1866 den Einmarsch preußischer Truppen, die im Zuge des preußisch-österreichischen Krieges die Stadt am Main besetzten, und den Verlust der Selbständigkeit der bis dahin Freien Reichsstadt. Als im Oktober des Jahres die allgemeine Wehrpflicht für die preußische Armee auch in Frankfurt eingeführt wurde, wurden Schuster und seine Brüder von den Eltern zum Studium nach Genf geschickt. Im Rahmen der Annexion durch Preußen kam es in Frankfurt zu politischen Repressalien durch die Besatzer, und die Zwangseinquartierung von Truppen und hohe Strafsteuern („Kontributionen") führten zu einem wirtschaftlichen Abschwung. 92 In dieser Situation entschlossen sich die Eltern, nach England überzusiedeln. Bereits seit dem Ende des 18. Jahrhunderts hatte man über Geschäftsbeziehungen dorthin verfügt, und seit 1811 hatte sich ein Zweig des Familienunternehmens dauerhaft in England etabliert: Etwa seit 1820 bestand in Manchester ein Handelsunternehmen unter der Firma Leo Schuster Brothers & Co., mit Zweigstellen in Bradford und Liverpool, und seit den 1850er Jahren das Bankhaus Schuster, Son & Co. mit Sitz an der Cannon Street in der Londoner City. Wie auch seine beiden Brüder folgte Schuster seinen Eltern aus der Schweiz nach England und nahm wie jene im Verlauf der 1870er Jahre die britische Staatsbürgerschaft an. 9 3 1876 heiratete er Hilda Weber, die älteste Tochter des ebenfalls deutschstämmigen Arztes Sir Hermann Weber. Er hatte zwei Söhne.

91

Auch hier findet sich in englischsprachigen Quellen (Who was who, Band 3, 1929-1940, 3. Auflage, London 1962, S. 1205) der erste Vorname in der anglisierten Form Francis. 92 Siehe hierzu Schwemer, Geschichte der freien Stadt Frankfurt am Main, 3. Band, 2. Teilband, Frankfurt am Main 1918, S. 314 ff., 419 ff., 524 f. 93 Eine genaue Angabe über den Zeitpunkt, zu dem Ernst Joseph Schuster die britische Staatsangehörigkeit erhielt, läßt sich der Fundstelle nicht entnehmen. Jedoch wird für seine beiden Brüder in den jeweiligen Einträgen im Dictionary of National Biography 1931-1940, 2. Auflage, Oxford 1950, S. 791 bzw. S. 793 übereinstimmend das Jahr 1875 als Jahr der Einbürgerung genannt, so daß mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, daß auch Ernst Joseph Schuster zu diesem Zeitpunkt eingebürgert wurde. Daß er schließlich die britische Staatsangehörigkeit hatte, zeigt jedenfalls der Rückschluß aus dem Umstand, daß er 1915 zu den Gründungsmitgliedern der Grotius Society gehörte, in der die Mitgliedschaft nur britischen Staatsbürgern offenstand, vergleiche: Goudy y Introduction, The Grotius Society, Band 1 (1916), S. 11.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Von 1873 bis 1888 war er einer der geschäftsführenden Gesellschafter im Londoner Bankhaus der Familie, bis dieses von einem größeren Konkurrenten übernommen wurde. In der zweiten Hälfte der 1880er Jahre hielt Schuster sich wieder in Deutschland auf. 1887 promovierte er an der rechtswissenschaftlichen Fakultät in München mit einer Darstellung der Gerichtsverfassung und des Zivilprozeßrechts in England 94 . Das Vorwort zu der Dissertation verfaßte der Staats- und Verwaltungsrechtler und Abgeordnete des Reichstages Rudolf Gneist. (Im Law Quarterly Review beschrieb Schuster übrigens zwei Jahre später für das englische Publikum in einer kurzen Abhandlung Voraussetzungen und Ablauf des damaligen deutschen Promotionsverfahrens einschließlich der mündlichen Prüfung. Sein stark von den eigenen, durchweg positiven Erfahrungen geprägter Bericht stellt gleichzeitig eine seiner ersten englischsprachigen Veröffentlichungen dar. 95 ) Ab 1890 wurde Schuster in London als Barrister-at-Law und Mitglied des Lincoln's Inn anwaltlich tätig. In den folgenden Jahren engagierte er sich vor allem im Bereich der Rechtsvergleichung und des internationalen Privatrechts. Er zählte zu den korrespondierenden Mitgliedern der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre zu Berlin 9 6 , war Vorstandsmitglied der Londoner Society of Comparative Legislation und im Exekutivrat der International Law Association. Auf deren Konferenz in London im Jahre 1910 zählte er zu den Mitarbeitern der Arbeitsgruppe, die sich mit der Vereinheitlichung des Wechselrechtes befaßte. 97 1915 zählte er zu den Gründungsmitgliedern der Grotius Society. Zunächst in der Zeitschrift The Law Quarterly Review, später dann im Journal of the Society of Comparative Legislation verfaßte er eine Vielzahl von Beiträgen zu entsprechenden Themen. Er zählte zu den Mitarbeitern von Palgrave 's Dictionary of Political Economy. Daneben hielt er mehrfach Vorträge in den Inns of Court und bei der Londoner Bankiersvereinigung sowie Vorlesungen an der London School of Economics and Political Science. Schuster veröffentlichte auch in deutscher Sprache: So übersetzte er in den 1880er und 1890er Jahren Frederick Pollocks Lehrbuch

94

Schuster, Die Bürgerliche Rechtspflege in England, mit einem Vorwort von Rudolf Gneist, Berlin 1887. 95 Schuster, Quomodo fit quis iuris doctor?, Law Quarterly Review, Band 5 (1889), S. 97-99. Ein paar Jahre zuvor war schon ein Aufsatz über das deutsche Bürgschaftsrecht vor dem BGB erschienen: Schuster, Liabilities of Bailees according to German Law, The Law Quarterly Review, Band 2 (1886), S. 188-212. 96 Angabe aus: Mitglieder-Verzeichnis der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre zu Berlin (um 1910), S. 34. 97 The International Law Association, Report of the 26th Conference, London, 1910, S. XLII, 651 ff.

2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

87

über das englische Grundstücksrecht ins Deutsche 98 und beschrieb das britische Strafrecht 99 sowie das englische Erbschaftssteuerrecht 100 für deutsche Leser. Im Jahrbuch der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre erschien eine ganze Reihe von Artikeln von i h m . 1 0 1 Im Jahre 1911 veröffentlichte er die überarbeitete Fassung einer Rede über die rechts- und sittengeschichtliche Stellung der Ehefrau, die er im Deutschen Klub in London gehalten hatte, in Essayform in Deutschland. 102 1913 steuerte Schuster eine Abhandlung zu einer Festschrift des Centraiverbandes des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes bei, in der er sich mit der einheitlichen Wechselordnung nach dem Haager Konferenz von 1912 aus englischer Sicht beschäftigte 103 . In England erschien nach den „Principles of German Civil Law" von 1907 1 0 4 zunächst die englische Fassung seines bereits erwähnten Essays über die rechts- und sittengeschichtliche Entwicklung der Stellung der Ehefrau 1 0 5 und, mit Beginn des Ersten Weltkrieges, eine Abhandlung über die Auswirkungen der zivil- und handelsrechtlichen Folgen des bewaffneten Konfliktes auf zivil- und handelsrechtlichem Gebiet. 1 0 6

98

Pollock, Das Recht des Grundbesitzes in England, übers, von Ernest Joseph Schuster, Berlin 1889; im Original: Pollock, The Land Laws, London 1883, 2. Auflage London 1887. 99 Schuster, Das Strafrecht Großbritanniens, in: Die Strafgesetzgebung der Gegenwart in rechtsvergleichender Darstellung, 1. Band: Das Strafrecht der Staaten Europas, hrsg. von Franz von Liszt , Berlin 1894, S. 609-690. 100 Schuster, Die englische Erbschaftssteuerreform, in: Archiv für öffentliches Recht, Band 10 (1895), S. 141-180. 101 Schuster, Die praktische Bedeutung der vergleichenden Rechtswissenschaft für das Familienrecht und Erbrecht, Jahrbuch der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre, Band 2 (1896), S. 7197; ders., Rechtsentwicklung und Rechtsquellen in Großbritannien und Irland, ebenda, Band 4, Teilband 2 (1898), S. 476-481. Außerdem stammen die Zusammenstellungen der Gesetzgebung und Fachliteratur in Großbritannien und Irland, die im Rahmen eines entsprechenden Überblicks über die weltweite Entwicklung alljährlich im Jahrbuch erschienen, in den Jahren 1896 bis 1900 jeweils von ihm, siehe dort, Band 2 (1896), S. 295 ff.; Band 3, Teilband 2 (1897), S. 448 ff.; Band 4, Teilband 2 (1898), S. 481 ff.; Band 5, Teilband 2 (1899), S. 677 ff.; Band 6-7, Teilband 2 (1900), S. 939 ff. 102 Schuster, Die Ehefrau in alter und neuer Zeit, Berlin 1911. 103 Schuster, Die einheitliche Wechselordnung vom Standpunkt des englischen Rechts, in: Festgabe zum 60. Geburtstage des Herrn Geheimen Justizrats Professor Dr. (Jakob) Riesser, hrsg. vom Centraiverband des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes, Berlin 1913, S. 155-194 104 Schuster, The Principles of German Civil Law, London 1907. Siehe dazu ausführlich unten: Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, III. 105 Schuster, The Wife in Ancient and Modern Times, London 1911, 2. Auflage, London 1914.

88

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

1922 wurde Schuster zum King's Counsel (K.C.) ernannt und durfte damit vor dem Court of Appeal und dem House of Lords auftreten. Zu diesem Zeitpunkt gab er als bevorzugte Freizeitaktivität „walking" an, nachdem er früher „cycling and rowing" betrieben hatte. Er war Mitglied in den Londoner Clubs Savile und Athenaeum. Er starb am 16. Dezember 1924. Daß aus der Familie Schuster nicht nur der älteste Sohn in England erfolgreich Fuß fassen konnte, belegen auch die Lebensläufe seiner beiden jüngeren Brüder. Der eine, Arthur Schuster (1851-1934), war ein bekannter Physiker und prominentes Mitglied der Royal Society, dem - allerdings deutlich älteren und traditionsreicheren - britischen Äquivalent zur KaiserWilhelm-Gesellschaft, der Vorläuferin der Max-Planck-Gesellschaft. Er wurde 1920 in den Adelsstand erhoben 107 . Der jüngste Bruder, Felix Schuster (1854-1936), war erfolgreicher Bankier und eine einflußreiche Persönlichkeit in den Finanzkreisen der Londoner City, für die er 1906 - wenn auch vergebens - für das Unterhaus kandidierte. Er war bereits 1906 geadelt worden. 1 0 8 Auch die beiden Söhne Ernest Joseph Schusters machten erfolgreich Karriere. George Ernest Schuster 109 (1881-1982) war wie sein Vater zunächst Barrister in London, um dann eine Laufbahn in Wirtschaft und Regierung und später in der indischen Kolonialverwaltung einzuschlagen. Er wurde als englischer Soldat im Ersten Weltkrieg mehrfach ausgezeichnet, stand anschließend in Diensten des Foreign Office und war von 1928 bis 1934 Finanzminister der Regierung von Britisch-Indien. Von 1938 bis 1945 war er Abgeordneter im britischen Unterhaus. Auch er wurde nobilitiert. Der jüngere Sohn Alfred Felix Schuster war ebenfalls Rechtsanwalt in London (Barrister-at-Law, Inner Temple). Er übersetzte 1911 das deutsche Handelsgesetzbuch ins Englische. 110

106

Schuster, The Effect of War and Moratorium on Commercial Transactions, 2. Auflage, London 1914. 107 Die biographischen Daten stammen aus: Who Was Who, Band 3, 1929-1940, 3. Auflage, London 1962, S. 1205. 108 Die biographischen Daten stammen aus: Who Was Who, Band 3, 1929-1940, 3. Auflage, London 1962, S. 1205. 109 Die biographischen Daten stammen aus: World Biography, Institute for Research in Biography, New York 1948. 110 Alfred Felix Schuster, The German Commercial Code, London, 1911. Siehe Dritter Teil, Zweiter Abschnitt, II 2.

2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

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I I . Die erste umfassende Darstellung des BGB (1895/1896) Die erste umfassende Darstellung des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches lieferte Ernest Joseph Schuster in zwei Vorträgen vor der Londoner Anwaltschaft Ende 1895 und im Frühjahr 1896. 111 Im ersten Vortrag, um die Jahreswende 1895/96 vor der Society of Comparative Legislation im Inner Temple zu London gehalten, ging der englische Anwalt deutscher Abstammung ausführlich auf Hintergrund und Vorbereitung des BGB sowie auf den aktuellen Stand der Diskussion in der deutschen Öffentlichkeit darüber e i n . 1 1 2 Zunächst gab Schuster seinen Zuhörern einen Überblick über die deutsche Rechtsgeschichte. Besondere Sorgfalt verwandte er dabei darauf, die zu Grunde liegenden politischen Strukturen und die Abfolge von beeinflussenden Faktoren der Geistesgeschichte - Renaissance, Reformation, Rezeption des römischen Rechtes - herauszuarbeiten. Dann werden nacheinander die Vorläufer der jüngsten Kodifikation vorgestellt. Interessant sind hierbei Schusters Bemerkungen zu den Entwicklungslinien und den Vor- und Nachteilen der einzelnen Gesetzeswerke. Zum Preußische Allgemeine Landrecht, dessen Entstehungsgeschichte, Geltungsbereich, Aufbau und Sprache er detailliert beschriebt, urteilt Schuster: „[Its] arrangement would hardly be called scientific these days, but it gives evidence of an intelligent purpose." 113 Auch seien seine kasuistischen Regelungen zu eng und zu starr („stereotyping of law") und böten zu wenig Spielraum für richterliches Ermessen und Interpretationen. Nächster Schritt der Entwicklung sei der napoleonische Code Civil gewesen. Zwar leide dieser unter einer teilweise unlogischen Stoffeinteilung, zugleich stelle sein klarer und eleganter Sprachstil, die Vermeidung von Kasuistik, die Formulierung allgemeiner Prinzipien aber einen beträchtlichen Fortschritt dar. Von grundlegender Bedeutung sei das erstmals formulierte Prinzip gewesen, daß das einheitliche Recht erstmals Vorrang vor dem bisherigen lokalen Recht haben sollte. Zum österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch von 1811 bemerkt Schuster, es sei logischer und systematischer im Aufbau, aber vor allem dem römischen Recht verhaftet. 111

Schuster, S. 17-35; ders., Legislation, Band 112 Schuster, S. 17-35. 1,3 Schuster, S. 17, 22.

The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative 1 (1896-97) S. 191-211. The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896)

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Anschließend wandte sich Schuster der Entwicklung in Deutschland seit Anfang des Jahrhunderts zu. Er erwähnt die Kontroverse von Thibaut und Savigny und die ersten gesamtdeutschen Kodifikationen (Wechselordnung, Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch etc.). Sehr anschaulich und anhand einiger Beispielsfälle schildert Schuster die Situation des Zivilrechts in Deutschland unmittelbar vor dem BGB, die praktischen Schwierigkeiten, das jeweils geltende Recht herauszufinden, bevor es überhaupt angewandt werden könnte, und er kommt zu dem Schluß: „The number of variations and subdivisions is sometimes almost comical." 1 1 4 Es folgt eine ausführliche und sehr detailreiche Beschreibung der Vorarbeiten für das BGB, die Arbeit der ersten Kommission und ihren ersten Entwurf, die daran anschließende Diskussion („flood of pamphlets [...] of all sorts and sizes, which deluged Germany" 1 1 5 ) und neuerliche Einsetzung einer Kommission. Bemerkenswert ist das Engagement, mit dem sich Schuster mit der zeitgenössischen Kritik aus Deutschland an dem zweiten Entwurf auseinandersetzt. Dessen Gegner unterteilt er in zwei Lager: Einmal gäbe es diejenigen, die den Entwurf insgesamt als „zuwenig deutsch" ablehnten. Sie hält Schuster für „pompous pedants [who would like to] return to a time when status was everything and contract was nothing"; sie seinen getrieben von „affected and artificial aspirations of a retrogressive romanticism" und nicht wirklich ernst zu nehmen. 116 Gewichtiger sei die Kritik bestimmter Interessengruppen, deren Ablehnung einzelner Aspekte und Regelungen sie zu einer Opposition zum Entwurf insgesamt veranlasse. Zu diesen „factious fanatics" zählten die offenen und versteckten Rassisten, „people who wish to re-introduce racedistinctions into modern life [...]. Their argument is rhetoric, and most of their facts are fiction, but unfortunately they are not a quantité négligeable in German public l i f e . " 1 1 7 Der Widerstand des politischen Katholizismus, der vor allem die Zivilehe und das Scheidungsrecht ablehne, sei ideologisch begründet und unabhängig davon, „that civil marriage is [already] compulsory throughout the empire, that divorce is in most parts of Germany allowed by the existing law, and that there is no prospect of any change in that respect." 118 1,4

Schuster , S. 17, 26. 115 Schuster , S. 17, 29. 116 Schuster , S. 17, 31. 117 Schuster , S. 17, 31.

The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896)

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Der Kritik der Sozialdemokraten hält Schuster seine Ansicht entgegen, „that in several respects the draft code goes further in the direction of socialism than any previous legislation." 119 Soweit die vorgesehene rechtliche Stellung der Frau als unzureichend angesehen wird, gesteht Schuster dies zu: „It is quite true that married women in England are at the present moment in a much more satisfactory position than their German sisters are, or will be after the introduction of the code." 1 2 0 Dennoch stünde alledem eine „strong wave of national feeling and healthy common sense" 121 und die Auffassung der überwiegenden Mehrheit „of the educated portions of the German nation" 1 2 2 gegenüber, so daß eine Annahme des Entwurfes als Gesetz zu erwarten sei. Insgesamt sei der Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht nur in Deutschland von Interesse; das Werk selbst wie auch seine Entstehungsgeschichte seien lehrreich und Vorbild für die Rechtswissenschaftler aller Nationen. Allerdings weist Schuster auf einen seiner Einschätzung nach entscheidenden, in seiner Bedeutung kaum zu überschätzenden Faktor bei der Kodifikation des deutschen Zivilrechtes hin, nämlich die Tradition und Anwendung des römischen Rechtes in den deutschen Landen. Es sei in beinahe allen Landesteilen Grundlage des geltenden Rechtes, und die deutsche Rechtswissenschaft als solche, mit ihrer fest etablierten Begrifflichkeit und ihren Definitionen, beruhe zu großen Teilen darauf. Ob eine Kodifikation nicht nur in Deutschland - ohne diesen Umstand überhaupt möglich sei, müsse bezweifelt werden: „[The] Common Law of Germany [...] is a modernized system of Roman law; this is not only administered as the law of one-third of the German population, but is also the basis of all the codes, and it is the main subject of legal education throughout Germany. It is not tought in divisions or branches only, but as an organized system, each part being considered not only in itself, but also in its relations to the other part and to the whole. 118 SchusterThe , S. 17, 31. 1,9 Schuster ,The S. 17, 32. 120 SchusterThe , S. 17, 32. 121 SchusterThe , S. 17. 122 SchusterThe , S. 17, 32.

German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896)

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This conception of the system of private law as a whole, and the perfection of the classifications and definitions brought about by the successive work of generations of eminent men, is a preparation for the work of codification which cannot be overvalued. It is, in my opinion, a condition precedent to the success of any codification on a large scale." 123 In der im Law Quarterly Review veröffentlichten Form seines Vortrages hat Schuster einen umfangreiche Fußnotenapparat angehängt, in dem auf eine Reihe namhafter deutscher Werke zur Rechtsgeschichte hingewiesen wird. In der Rede selbst fallen einige ausgesprochene rhetorische Stilblüten auf, etwa wenn die Gegner des Entwurfes und ihre Kritik stabreimhaft charakterisiert wurden: „puerile petulance of pompous pedants or the fatal folly of factious fanatics." 124 Den Hintergrund der deutschen Kodifikation hatte Schuster somit beschrieben. In einem zweiten Vortrag, gehalten am 17. Mai 1896 in der Lincoln's Inn Hall, referierte er dann über den Inhalt des mittlerweile zur Reichstagsvorlage herangereiften BGB-Entwurfes. 125 Schuster grenzt zunächst dem anvisierten Regelungsbereich ein und weist darauf hin, daß das öffentliche Recht, bereits existierende Gesetze wie das Handelsgesetzbuch etc. und die im Landesrecht verbleibenden Adelsprivilegien von der neuen Kodifikation nicht erfaßt sind. Die Stoffeinteilung ( „ I do not think that it embodies the last word in scientific classification" 126 ) entspreche weitgehend der in den deutschen Lehrbüchern üblichen. Anschließend widmet Schuster jedem Buch des BGB einen längeren Abschnitt, wobei er dem Allgemeinen Teil und dem Allgemeinen Schuldrecht relativ am meisten Platz einräumt. Zu Beginn eines jeden Abschnitts gibt er anhand der übersetzten Abschnittsüberschriften einen Überblick über den Inhalt des jeweiligen Buches, den er anschließend zusammenfaßt. Einzelne neue oder besonders augenfällige Regelungen hebt er gesondert hervor. Bevor Schuster auf die Regelungen des Allgemeinen Teils eingeht, erklärt er seinem englischen Publikum erst einmal Sinn und Funktion dieses Abschnitts: 123

Schuster, S. 17, 27. 124 Schuster, S. 17. 125 Schuster, Legislation, Band 126 Schuster, Legislation, Band

The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative 1 (1896-97) S. 191-211. The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative 1 (1896-97) S. 191, 193.

2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

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„One of the great advantages, not only of a code, but also of a scientific system of law, is that it has a general part. There are certain elements which are common to all legal facts; [...] to all branches of the law. [...] [Such legal facts] are, or ought to be, subject to certain common rules.

[...r 1 2 7 Solche grundlegenden Konzepte seien zum Beispiel die Geschäftsfähigkeit („capacity") und das „Rechtsgeschäft". Für diesen Begriff, den er auf deutsch zitiert, gebe es in der englischen Rechtssprache kein anerkanntes Äquivalent. Schuster umschreibt als ihn als „manifestation of human volition which intend to create, alter, transfer or release rights" und wählt schließlich den Ausdruck „act in the law" (dessen erste Verwendung er übrigens Sir Frederick Pollock zuschreibt). 128 Von den Vorschriften im ersten Abschnitt des Allgemeinen Teils hebt er besonders die Möglichkeit der Todeserklärung, die altersmäßige Abstufung bei der Erlangung der Geschäftsfähigkeit, und das sanktionsbewehrte Namensrecht gemäß § 12 BGB hervor. Bei den „artificial persons" sei die Einführung weitgehender Vereinsfreiheit im vom BGB vorgegebenen Rahmen eine bedeutende Neuerung. Den Inhalt der Rechtsgeschäftslehre erläutert Schuster ausgehend von den Konzepten des englischen Rechtes „mistake", „misrepresentation", „fraud", „duress", allerdings „more generally". Willenserklärung übersetzt er als „expression of intention", nichtig als „void" und anfechtbar als „voidable". Für den Vertrag wählt er „agreement", da hier ein weiterer Sinn als dem „contract" der englische Terminologie beigegeben sei. Besonders wird auf die im Gegensatz zum englischen und römischen Recht eingeschränkte Widerruflichkeit von Angeboten und deren besondere Bindungswirkung hingewiesen (§§ 130 Abs. 1 S. 2, 145 BGB), wodurch eine erhöhte Rechtssicherheit vor allem im kommerziellen Bereich erreicht werde. Die Regelung des § 242 erklärt Schuster folgendermaßen: „agreements are to be interpreted in accordance with the requirements of good faith, having regard to the good customs of daily l i f e . " 1 2 9 Hinsichtlich der VerjährungsVorschriften bemerkt Schuster, daß deren Einbeziehung in das BGB bedeute, daß die Verjährung von Ansprüchen nach deutscher Rechtsauffassung ein Problem des materiellen Rechtes und nicht des Prozeßrechtes sei. Weiterhin weist er auf die ebenfalls im engli127

Schuster, Legislation, Band 128 Schuster, Legislation, Band 129 Schuster, Legislation, Band

The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative 1 (1896-97) S. 191, 193. The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative 1 (1896-97) S. 191, 193. The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative 1 (1896-97) S. 191, 197.

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sehen Recht unbekannte Unterscheidung zwischen Präklusion von Rechten und Erwerb von Rechten durch Zeitablauf (etwa Ersitzung) hin. Auch Notwehr und Selbsthilfe seien in dieser allgemeinen Form und in diesem Umfang im Common Law unbekannt, die Vorschriften selbst seien „complicated and confused." 130 Schuster liefert eine Übersetzung der Definition von Notwehr in § 227 Abs. 2 BGB: „that mode of defence which is necessary for the purpose of averting an immediate unlawful attack against the person using such defence or any other person." 131 Im Schuldrecht erscheint Schuster die differenzierte Unmöglichkeitslehre und hier vor allem die Regelung des § 275 bemerkenswert, die dem englischen Recht, welches grundsätzlich eine unbedingte Garantiehaftung vorsähe, zuwiderlaufe. „ A n important innovation" macht Schuster in dem Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) aus. Ein vergleichbares Rechtsinstitut gebe es im englischen Recht nicht, in dem - von wenigen eng begrenzten Ausnahmen abgesehen - die Doktrin von der „privity of contract" vorherrsche: „The general absence of the power to make a contract by which a third party derives an enforceable right has hitherto produced much practical inconvenience everywhere. [...] [In English law] the law on the subject remains in an unsatisfactory condition, not due to any practical reasons, but simply to a metaphysical doctrine, according to which a contract cannot confer any benefits upon anybody not being a party to it. The advantage of modern codes is that they sweep away the cobwebs of rules based upon metaphysical dogmas." 1 3 2 Besondere Erwähnung findet der Drittwirkung des Mietvertrages gemäß §571 BGB („Kauf bricht nicht Miete"; Schuster übersetzt übrigens: „ A sale [does not] break a lease"), eine Vorschrift, „which created a considerable amount of excitement in Germany." 1 3 3 Die strenge Form des Schenkungsvertrages falle auf, werde aber aus englischer Sicht schon dadurch relativiert, daß nicht jede Leistung ohne „consideration" im englischen Rechtssinne nach deutscher Rechtsauffassung eine Schenkung sein müsse. 134

130

Schuster, Legislation, Band 131 Schuster, Legislation, Band 132 Schuster, Legislation, Band 133 Schuster, Legislation, Band

The German Civil Code, Journal 1 (1896-97) S. 191, 198. The German Civil Code, Journal 1 (1896-97) S. 191, 199. The German Civil Code, Journal 1 (1896-97) S. 191, 201. The German Civil Code, Journal 1 (1896-97) S. 191, 202.

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2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

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Die Ersatzansprüche des Geschäftsführers ohne Auftrag („unauthorized agent") sind Schuster suspekt. Die zwar im schottischen, nicht aber im englischen Recht bekannte Regelung sei „convenient, but on the whole it is perhaps better to be protected from the spontaneous efforts of persons not specifically instructed to watch over our interests." 135 Daß das Deliktsrecht („the whole law of torts" 1 3 6 ) in drei Dutzend Paragraphen enthalten ist, scheint ihm so erstaunlich, daß er es der Erwähnung wert befindet. Allerdings werde die verschuldensunabhängige Billigkeitshaftung (§ 829 BGB) den deutschen Richtern noch Kopfzerbrechen hinsichtlich von Kausalität und Zurechnung bereiten: „[This rule] will puzzle the judges considerably [...] in the question of how far the chain of causation is to be carried back." 1 3 7 „Several striking features" habe das Sachenrecht. Zum einen sei dies der weitgehende Verzicht auf römisch-rechtliche Strukturen im Recht des Besitzes: „[The authors of the code show great] boldness in throwing overboard the much discussed Roman theory of possession." 138 Auch das Grundstücksrecht sei nahezu vollständig germanischen Ursprungs. Bemerkenswert sei dabei der Zwang zur amtlichen Registrierung aller Grundstücksgeschäfte, der in weiten Teilen Deutschlands neu sei. Daß die weitgehend strenge Trennung von relativen Rechten und Sachen einige logische Probleme mit sich bringen könne, zeige sich an der Einordnung des Pfandrechts an Rechten im Sachenrecht. Im Familienrecht bemerkt Schuster besonders die Ablösung von bislang „innumerable" Varianten des ehelichen Güterrechts durch das neue Gesetz. Das Erbrecht sei weitgehend römisches Recht. Eine interessante Neuerung sei die Möglichkeit der Nachlaßverwaltung auf Antrag der Nachlaßgläubiger (§ 1981 Abs. 2 BGB). 134 Anm. d. Verf.: „Consideration" steht im Common Law für das Gegenversprechen bzw. die Gegenleistung in einem gegenseitigen Vertrag und ist gleichzeitig Gültigkeitsvoraussetzung. Für den Vertragsschluß kommt es dabei nicht darauf an, ob jemand sich in einer bestimmten Form verpflichtet, sondern ob durch den Vertragspartner ein Gegenversprechen („consideration") abgegeben wird. Der Vertrag wird nur wirksam, wenn der Versprechensempfänger einer Leistung eine wie auch immer geartete „Gegenleistung" verspricht bzw. erbringt (Definition nach Ranieri, Europäisches Obligationenrecht, S. 264). 135 Schuster, The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 203. 136 Schuster, The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 204. 137 Schuster, The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 204. 138 Schuster, The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 205.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Insgesamt fallen Schuster die besonderen Vorkehrungen zum Verkehrsschutz auf, die in dem neuen Gesetzeswerk getroffen wurden. Er erkennt insofern eine Annäherung an das Handelsrecht („approximation to the mercantile l a w " 1 3 9 ) . Weiterhin hätten die Autoren des BGB gut daran getan, viele sinnvolle Regelungen germanischen Ursprungs aufzunehmen. 140 Abschließend weist Schuster darauf hin, daß das neue Gesetzbuch eine Reihe von Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen enthalte, die noch der Ausfüllung durch Rechtsprechung und Wissenschaft bedürften. Erst wenn sich in diesen Punkten eine gefestigte Rechtspraxis etabliert habe, sei das neue deutsche Zivilrecht wirklich vollständig. 141 Schuster schließt noch einige Bemerkungen darüber an, daß das englische Recht - vor allem mangels einer der deutschen vergleichbaren fortgeschrittenen Rechts Wissenschaft im Wortsinne - noch nicht reif für eine Kodifizierung sei. Diese Bemerkungen werden weiter unten in dieser Untersuchung noch einmal aufgegriffen. Bedeutsam an Schusters Beitrag ist, daß darin erstmals in größerem Umfang der Versuch gemacht worden ist, die speziellen Wendungen und Fachausdrücke des Bürgerlichen Gesetzbuches ins Englische zu übertragen. Hierbei macht sich auch das von Schuster bemängelte Fehlen einer festgefügten, kompatiblen Begrifflichkeit in der englischen Rechtswissenschaft bemerkbar, wenn für das englische Ohr ungewohnte Konstruktionen oder lateinische Termini verwendet werden. Bei einzelnen Begriffen bereiten wörtliche Übersetzungen keine Schwierigkeiten: Sachen werden als „things", Früchte schlicht als „fruits" wiedergegeben. 142 Auf latinisierende Formen bzw. Begriffe des römischen Rechts wird vor allem im Sachenrecht zurückgegriffen: vertretbare bzw. verbrauchbare Sachen werden als „fungibles" respektive „consumables", Inventar und Zubehör als „fixtures and appurtenances" übersetzt 143 , Geschäftsführung ohne Auftrag als „negotiorum gestio" 1 4 4 , die Einrede der Vorausklage des 139 Schuster, Legislation, Band 140 Schuster, Legislation, Band 141 Schuster, Legislation, Band 142 Schuster, Legislation, Band 143 Schuster, Legislation, Band 144 Schuster, Legislation, Band

The German Civil Code, Journal 1 (1896-97) S. 191, 202, 203. The German Civil Code, Journal 1 (1896-97) S. 191, 206. The German Civil Code, Journal 1 (1896-97) S. 191, 210. The German Civil Code, Journal 1 (1896-97) S. 191, 196. The German Civil Code, Journal 1 (1896-97) S. 191, 196. The German Civil Code, Journal 1 (1896-97) S. 191, 203.

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2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

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Bürgen als „beneficium excussionis" 145 , das Erbbaurecht als „superfides"146 Schuster versucht die Verwendung von englischen Fachbegriffen zu vermeiden, die sich als Übersetzung zwar auf den ersten Blick aufgedrängt hätten, aber zu einem voreiligen und fälschlichen Schluß auf inhaltliche Übereinstimmung der jeweiligen Rechtssysteme führen könnten. Wo er es doch tut, sieht er sich zu inhaltlichen Klarstellungen genötigt. Vertrag übersetzt er beispielsweise als „agreement" anstelle von „contract", welches im englischen Recht einen engeren Sinn habe. 147 Die Übersetzung von Verjährung als „limitation of action" wird um den Hinweis auf die deutsche Rechtsauffassung über die materielle Qualität dieses Rechtsinstituts ergänzt. 148 Die Hypothek wird als „mortgage" wiedergegeben, unterscheide sich aber wesentlich von dieser. 149 Schuster schreibt hierzu: „(It) is so frequently overlooked by foreign lawyers as well as by English lawyers, that things called by the same name or corresponding terms in different languages are sometimes very different in their real nature." 1 5 0 Diesen Schwierigkeiten versucht Schuster teilweise durch originäre Wortschöpfungen zu entgehen. Hierbei handelt es sich um der englischen Fachsprache fremde Begriffe, mit denen die deutschen Konzepte sinngemäß wiedergegeben werden sollen. Aufschlußreiche Beispiele hierfür sind die „natural" und „artificial persons" 151 , „act in the law" für das Rechtsgeschäft 152 , „expression of intention" als Willenserklärung 153 , Sicherheitsleistung als „modes of giving security" 1 5 4 , „impossibility of performance" für 145

Journal Schuster , The German Civil Code, Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 203. 146 Journal Schuster , The German Civil Code, Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 206. 147 Schuster , The German Civil Code, Journal Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 197. 148 Schuster , The German Civil Code, Journal Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 198. 149 Schuster , The German Civil Code, Journal Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 206. 150 Schuster , The German Civil Code, Journal Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 206. 151 Journal Schuster , The German Civil Code, Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 194. 152 Journal Schuster , The German Civil Code, Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 193 f. 153 Journal Schuster , The German Civil Code, Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 196. 154 Journal Schuster , The German Civil Code, Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 199. 7 Dittmann

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

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die Unmöglichkeit 1 5 5 , „authorized" bzw. „unauthorized agency" für den Auftrag respektive die Geschäftsführung ohne Auftrag 1 5 6 , „acknowledgement of indebtedness" für das Schuldanerkenntnis 157 , „law of things" für das Sachenrecht 158 . Damit war das Bürgerliche Gesetzbuch der englischsprachigen Fachwelt erstmals ausführlich vorgestellt worden.

I I I . Schusters „Principles of German Civil Law" (1907) Im Jahre 1907 veröffentlichte Schuster das Buch „Principles of German Civil L a w " 1 5 9 . Es war das erste umfangreichere Werk in englischer Sprache, in dem das Bürgerliche Gesetzbuch umfassend dargestellt und eingehend behandelt wurde, und es blieb bis in die fünfziger Jahre das englische Standardwerk über das deutsche Zivilrecht.

1. Ein Lehrbuch des deutschen Zivilrechts - auf Englisch Erwähnenswert sind die Beweggründe, die Schuster nach eigener Aussage dazu brachten, für seine umfassende Darstellung des deutschen Bürgerlichen Rechts die Form eines Lehrbuches zu wählen. 1 6 0 Ursprünglich hatte er beabsichtigt, eine kommentierte Übersetzung nach dem Vorbild der französischen Übersetzung von Bufnoir, Saleilles u.a. zu erstellen, deren erste Bände zu diesem Zeitpunkt bereits erschienen waren 1 6 1 und deren Genialität und Monumentalität er bewundernden Respekt z o l l t 1 6 2 . Doch gerade an diesem Beispiel habe er erkannt, daß eine kommentierte Übersetzung für ihn allein und für seine Zwecke zu umfangreich werden würde. Umgekehrt erschien ihm eine bloße Übersetzung angesichts der Komplexität und Interdependenz der deutschen Vorschriften unzureichend: „ A trans155

Schuster, The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 200. 156 Schuster, The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 202. 157 Schuster, The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 202. 158 Schuster, The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 205. 159 Schuster, Principles of German Civil Law, London 1907; im Reprint: Aalen 1979. 160 Schuster, Principles, S. VII. 161 Code civil allemand , übers, von Bufnoir, Challamel, Drioux, Gény, Hamel, Lévi-Ullman, Saleilles, vier Bände, Paris 1904-1914. 162 Schuster, Principles, S. VII.

2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

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lation without notes would have been unintelligible, and translation with notes would have been unwieldy." 1 6 3 Vor allem aber war ihm seit einiger Zeit bekannt, daß der Chinese Wang in Berlin parallel mit ihm an einer Übersetzung des BGB arbeitete (und seine Übersetzung alsbald an Schusters Vorgaben ausrichtete). 164 Zwar verfolgte Schuster auch die eher akademische Zielsetzung, eine Rechtsvergleichung zwischen englischem und deutschem Recht zu ermöglichen, Hauptzweck war für ihn aber, seinen englischsprachigen Anwaltskollegen eine praxisorientierte Einführung in das deutsche Recht und einen Leitfaden für den täglichen Umgang damit in die Hand zu geben. 165 Seine Ziele hat er, das läßt sich rückblickend mit Sicherheit sagen, in einmaliger und bewundernswerter Weise erreicht.

2. Formales Bei den „Principles of German Civil Law" handelt es sich um einen trotz seiner insgesamt 730 Seiten noch handlichen Oktavband. Ausführung und Druckbild können als für damalige Verhältnisse hochwertig bezeichnet werden. Neben dem eigentlichen Text ist ein umfangreicher Apparat enthalten, davon 20 Seiten detaillierte Inhaltsübersicht, eine dreiseitige tabellarische Übersicht der erwähnten deutschen Gesetzbücher und Gesetze (u.a. BGB, EGBGB, Preuß. AusfG BGB, HGB, EGHGB, Allgemeine deutsche Wechselordnung (WO), StGB, Gewerbeordnung) sowie ein Verzeichnis der erwähnten Vorschriften aus BGB, EGBGB, HGB, ZPO (zehn Seiten). Angehängt sind 20 Seiten Indizes, davon 16 Seiten Stichwortverzeichnis in englischer Sprache („general index") und ein vierseitiger Index deutscher Rechtsbegriffe („technical terms"). Außerdem enthalten ist, nach Art englischer Lehrbücher, eine Liste der erwähnten englischen Gesetze („statutes") und Gerichtsentscheidungen („cases"). Eine Liste der deutschen Fachliteratur („the number [...] is indeed legion, and monographs abound on any conceivable point" 1 6 6 ) sucht der Leser hingegen vergebens. Seiner Zeit voraus, macht Schuster Gebrauch von Randnummern. 167

163

Schuster, Principles, S. VII. Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907, Vorwort, S. VIII. Das Werk von Schuster wurde übrigens, nach der Datierung seines Vorwortes, dort S. VIII, im November 1906 fertiggestellt, die Übersetzung von Wang, ebenfalls nach Datierung des Vorwortes, hier S. VIII, Anfang August 1907. 165 Schuster, Principles, S. III, IV. 166 Schuster, Principles, S. VIII. 167 Der Einfachheit halber wird im Folgenden jedoch nach Seitenzahlen zitiert. 164

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100

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

3. Gliederung Schuster folgt bei der Gliederung des Stoffes grundsätzlich dem Aufbau des Bürgerlichen Gesetzbuches. Er hat eine Einteilung in Bücher genau wie das BGB vorgenommen und hält sich auch innerhalb dieser „Books" weitgehend an die vom BGB vorgegebene Reihenfolge. So folgen nach der „Introduction" das Erste Buch: Allgemeiner Teil („General Rules of Law"), das Zweite Buch: Recht der Schuldverhältnisse („Law of Obligations"), das Dritte Buch: Sachenrecht („Law of Things"), das Vierte Buch: Familienrecht („Family Law") und zuletzt das Fünfte Buch: Erbrecht („Law of Inheritance"). Allerdings hat er unterhalb dieser Gliederungsebene eine noch etwas hierarchischere Einteilung als das BGB vorgenommen. Auch werden Regelungen aus anderen Gesetzen immer dort, wo sie systematisch passen, eingefügt, denn Gegenstand der Darstellung sind nicht nur die Vorschriften des BGB, sondern das gesamte materielle Zivilrecht des Deutschen Reiches. So wird zum Beispiel der Verlagsvertrag aus dem Verlagsgesetz als besondere Ausformung des Dienst- und Werkvertrages zusammen mit diesen im Rahmen des Besonderen Schuldrechts behandelt. An einzelnen Stellen wird die Stoffeinteilung des BGB auch durchbrochen, um bestimmte Regelungen in ihrem - jedenfalls von Schuster so erkannten Zusammenhang darstellen zu können. So wird beispielsweise das Bereicherungsrecht mit dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag und den Vertrauenshaftungstatbeständen unter der Überschrift „Obligations imposed by surrounding circumstances" abgehandelt.

4. Inhalt Nach der Angabe im Vorwort, das entsprechend datiert ist, befindet sich die Darstellung auf dem Stand des deutschen Zivilrechts vom November 1906. 168 Im Einzelnen: a) Einführung

in das deutsche Zivilrecht

In einem einführenden Kapitel faßt Schuster noch einmal sehr knapp den historischen Hintergrund, die deutsche Kodifikationsbewegung seit der Reichsgründung und die Vorarbeiten zum BGB zusammen. (Seine Darstellung ist deutlich weniger detailliert und umfangreich als in seinem Vortrag von 1895. 1 6 9 ) Die wissenschaftliche und gesetzgeberische Leistung, die in 168

Schuster, Principles, S. VIII. Schuster, The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) S. 17-35. 169

2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

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das BGB und die dazugehörigen Zivilrechtskodifikationen eingeflossen sind, würdigt Schuster so: „[This is] the latest and most perfect attempt to systematize the whole of the private law of a country." 1 7 0 - „The systematization of law has been brought to its highest perfection in Germany [...]. The new codes adapt the fruits of the learning of many centuries to the needs of the present time. As a complete and scientific exposition of actual law they therefore occupy a unique position." 1 7 1 Der Leser wird in die deutsche Rechtsquellenlehre eingeführt; die deutschen zivilrechtlichen Gesetze werden aufgezählt und ihre Systematik erklärt, unter anderem die Abgrenzung zwischen BGB und HGB, das Verhältnis von Reichsrecht und Landesrecht und Gewohnheitsrecht. Zu Aufbau und Systematik des BGB erfährt der Leser, daß diese auf dem Pandektenrecht beruhten, und: „This arrangement is not, strictly speaking, logical. [...] It would be more consistent to make either the nature of the property or the nature of rights the main basis of division." 1 7 2 Danach geht Schuster auf einige grundlegende Unterschiede zum englischen Recht, insbesondere bezüglich der Klassifizierung von Rechten, ein. Als „general characteristics" des deutschen Zivilrechts nach dem System des BGB nennt er: Grundsteine aus dem römischen Recht, Ergänzungen durch germanisches Recht, sowie einige Regelungen „of an entirely modern and original character", bei denen es sich um „important innovations" handele. 173 Hier nennt er ausdrücklich das gesamte Dienstvertragsrecht, die Einführung eines gesetzlichen Zinssatzes beim Verzug (§ 288 Abs. 1 BGB), die Regelung zur Herabsetzung von Vertragsstrafen (§ 343 BGB) und die Normen für das persönliche Verhältnis der Ehegatten. Die Gesetzgebungstechnik des BGB sei nicht kasuistisch, sondern es gebe viele Generalklauseln, die der Ausfüllung durch Wissenschaft und Rechtsprechung bedürften, was Schuster ausdrücklich gutheißt: „[These provisions] leave considerable amount of freedom to those who have to administer the law and give it an amount of elasticity, which ordinary statute law does not g i v e . " 1 7 4 Er weist auf die besondere Bedeutung feststehender grammatikalischer Wendungen und den Einbau von Beweislastregeln im materiellen Recht hin. Abschließend erläutert Schuster noch die von der deutschen Rechtswissenschaft anerkannten Methoden der Rechtsfindung auf der Grundlage des BGB: Analogiebildung, historische und systematische Auslegungen, Ver170 171 172 173 174

Schuster, Schuster, Schuster, Schuster, Schuster ,

Principles, Principles, Principles, Principles, Principles,

S. III. S. V. S. 6. S. 8. S. 9.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

wendung der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur. Seinen englischen Lesern versucht er die - jedenfalls theoretisch - eingeschränkte Bedeutung von Präzedenzfällen im deutschen Rechtssystem begreiflich zu machen: „Any young »assessor' fresh from his examination may overrule the judgement of the Imperial Supreme Court." 1 7 5 b) Allgemeiner Teil Das Erste Buch nennt Schuster „General Rules of Law". Er hat eine Unterteilung in zwei Teile vorgenommen, einen über Personen, Sachen und Rechte („Persons, Things and Rights"), mit drei entsprechenden Kapiteln, und einen zweiten über „The Creation, Transfer and Extinction of Rights." Letzterer enthält eine Darstellung der deutschen Rechtsgeschäftslehre, inklusive der Stellvertretung („agency") und der Verjährung („prescription"). Das einschlägigen Vorschriften des Allgemeinen Teils werden insgesamt sehr detailliert behandelt, ohne daß jedoch allzu tief in die zu Grunde liegende Dogmatik und Theorie eingedrungen würde. Sehr ausführlich ist die Darstellung des Rechtes der juristischen Personen, wobei die Vorschriften des HGB systematisch korrekt zusammen mit den Regelungen des Allgemeinen Teils des BGB zu den Personen abgehandelt werden. Hier finden sich auch praktische Hinweise zur Wahl der Rechtsform für ein Unternehmen mit den daraus resultierenden Vor- und Nachteilen. Ebenso wird das Namensrecht gleich zusammen mit den Vorschriften des Marken-, Gebrauchsmuster- und Urheberrechtes und des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb behandelt. Sorgfältig leitet Schuster den deutschen Begriff der „Sache" („thing") her und stellt auch die problematischen Randfälle (elektrischer Strom etc.) dar. Im Rahmen der Irrtumslehre bemerkt Schuster zu § 119 Abs. 2 BGB, daß die Voraussetzungen, unter denen eine Anfechtung danach möglich ist, reichlich weit gefaßt seien, und nur die Existenz der Schadensersatzpflicht gemäß § 122 BGB verhindere insoweit „great hardship". 176 Eingehend befaßt sich Schuster mit den §§ 134, 138 BGB. Er versucht, deren Bedeutung anhand von Fallgruppen zu illustrieren, und kommt zu dem Schluß, daß die Anwendung des deutschen Rechtes in vielen Fällen zu den gleichen Ergebnissen wie das englische Recht führe. Insbesondere die Generalklausel des § 138 Abs. 2 BGB („acts contra bonos mores") gehe jedoch noch weit darüber hinaus, was im Zusammenspiel mit den Vor-

175 176

Schuster, Principles, S. 12. Schuster, Principles, S. 96.

2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

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Schriften über die ungerechtfertigte Bereicherung zu einer insgesamt äußerst modernen Regelung führe. 1 7 7 Im Abschnitt über die Stellvertretung hebt Schuster die grundlegenden Unterschiede zum englischen Recht hervor - unter anderem die Möglichkeit einer formlosen, sogar nur implizierten Vollmacht nach dem System des BGB - und gibt praktische Hinweise (wann etwa Schriftform zwar nicht vorgeschrieben, aber doch angezeigt ist). 1 7 8 Die Sondervorschriften des HGB werden berücksichtigt. Die Haftungsregel des § 177 BGB entspreche zwar im Ergebnis dem englischen Recht, sei aber „of a more elaborate nature". 1 7 9 Die Regelung zur Wissenszurechnung gemäß § 166 Abs. 1 BGB gebe zwar zunächst „a wide opportunity for fraud [...][and could] manifestly be unfair", werde aber durch § 166 Abs. 2 BGB ausreichend begrenzt. 180 Vor allem im Hinblick auf den Verkehrsschutz erscheint Schuster das deutsche Recht der Stellvertretung insgesamt „much more favourable" als das englische. 181 Interessant ist Schusters Übersetzung von Schlüsselbegriffen des deutschen Rechts: Rechtsfähigkeit wird als „capacity for rights" wiedergegeben, Geschäftsfähigkeit als „disposing capacity", Rechtsgeschäft als „act-in-thelaw", Willenserklärung als „declaration of intention", Verfügung als „disposition", „void" bedeutet nichtig, „voidable" anfechtbar, Antragsteller und Annehmender sind „offeror" und „offeree". Der Stellvertreter wird unter Hinweis auf die trotz allem bestehenden grundlegenden Unterschiede zum englischen Recht „agent" genannt, Vollmacht „power of agency". Vorherige Einwilligung ist „authorization", nachträgliche Genehmigung „ratification", aufschiebende Bedingung „condition precedent" und auflösende Bedingung „condition subsequent". c) Allgemeines Schuldrecht Im „Second Book" stellt Schuster das deutsche Schuldrecht („Law of Obligations") dar, das er nach dem Vorbild des BGB in die beiden Abschnitte „General Rules" und „Rules relating to particular kinds of obligations" unterteilt. Der allgemeine Teil enthält Kapitel zur Rechtsnatur der obligatorischen Rechte, Entstehung, Erlöschen, Übertragbarkeit derselben, die Bestimmung des Leistungsinhalts, Haftungsfragen (Gefahrtragung, Vertretenmüssen und 177 178 179 180 181

Schuster, Schuster, Schuster, Schuster, Schuster ,

Principles, S. 99 ff. Principles, S. 116. Principles, S. 121. Principles, S. 122. Principles, S. 125.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Verschulden), Sekundäransprüche („remedial obligatory rights") und zu Gläubiger- und Schuldnermehrheiten. Schuster führt die Differenzierung zwischen „agreement" als übergeordnetem Begriff und „contract" für den schuldrechtlichen Vertrag ein und erklärt seinen Lesern, daß für die Gültigkeit des letzteren die im englischen Recht entscheidende Gegenleistung („valuable consideration") bzw. strenge Form („deed") nicht erforderlich seien. Besonders ausgiebig behandelt sind die Gründe für das Entstehen und Erlöschen von Schuldverhältnissen, die Haftung für das Verschulden Dritter, der Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) und die Unmöglichkeitslehre. Bei letzterer läßt Schuster ein gewisses Unbehagen angesichts der Rechtsfolgen der von keiner Partei zu vertretenden nachträglichen Unmöglichkeit gemäß § 323 BGB erkennen, da diese Vorschrift unter Umständen „unscrupulous persons" eine Möglichkeit eröffne, sich durch Manipulationen folgenlos von einem unangenehmen Vertrag zu lösen. 1 8 2 Daß Schuster mit dem aktuellen Stand der deutschen Rechtswissenschaft und den Feinheiten der darin kultivierten Streitstände aufs Beste vertraut ist, zeigt seine Erwähnung des Disputs um das Verhältnis von Schadensersatzanspruch und Rücktrittsrecht in § 325 B G B 1 8 3 , seinem Sinn für das Praktische entspringt sein „Tip", wie eine erfolgreiche Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung im Sinne von § 326 BGB auszusehen habe. 1 8 4 Wohlwollende Erwähnung finden die Tatsache, daß das deutsche Recht anders als das englische unproblematisch eine Aufrechnung auch außerhalb eines Prozesses zuläßt 1 8 5 , und die verkehrsfreundlichen Regelungen zur Forderungsabtretung: „Modern German law recognizes the right to assign obligatory and other rights to the fullest extent." 1 8 6 Auch die Regelung zur Zuordnung einer Zahlung bei mehreren Verbindlichkeiten, §§ 366, 367 BGB, erscheint ihm relativ schuldnerfreundlich. 187 Schlüsselbegriffe des Schuldrechts werden von Schuster folgendermaßen übersetzt: Anspruch als „claim", Primär- und Sekundäransprüche als „antecedent" bzw. „remedial rights", Gläubiger als „creditor", der Schuldner als „debtor", Leistung ist „performance", gegenseitige Verträge sind „reciprocal agreements". Erfüllungshalber wird als „on account of performance", an Erfüllungs Statt als „in lieu of performance" wiedergegeben. Das Zurückbehaltungsrecht erklärt Schuster als „right of retention", wählt aber letztlich 182 183 184 185 186 187

Schuster, Schuster, Schuster, Schuster, Schuster, Schuster,

Principles, Principles, Principles, Principles, Principles, Principles,

S. S. S. S. S. S.

171 Fn. 1. 173 Fn. 3. 174 Fn. 1. 180. 194. 165.

2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

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„lien" als terminus technicus, welches in den einschlägigen Wörterbüchern interessanterweise sonst eher als „Pfand" übersetzt wird. Das Pfandrecht wiederum übersetzt er dann als „right of pledge". Für den Schuldnerverzug und den Gläubigerverzug hat er nach eigenem Bekunden 188 keine wirklich passenden englischen Ausdrücke finden können und stattdessen zum lateinischen „mora solvendi" respektive „mora accipiendi" Zuflucht genommen, wenn er auch alternativ „debtor's" respektive „creditor's delay" verwendet. d) Besonderes Schuldrecht Im besonderen Teil unterscheidet Schuster wie die deutsche Rechtswissenschaft zwischen durch Rechtsgeschäft entstandenen und gesetzlichen Schuldverhältnissen. In acht Kapiteln behandelt er die Vertragstypen, wobei er eine im Vergleich zum BGB noch stärker nach Vertragsinhalten abstrahierende Zusammenfassung vornimmt. Kauf, Tausch, Schenkung werden als „agreements relating to the transfer of property" zusammengefaßt, „agreements relating to the temporary use of property" sind die Gebrauchsüberlassungsverträge Miete, Pacht, Leihe und Darlehen. Unter der Überschrift „Agreements relating to works and services" werden Dienst- und Werkvertrag, Auftrag, Maklervertrag, Verwahrung sowie aus dem HGB das Kommissions- („commission merchant und principal"), Speditions- („forwarding agent") und Frachtgeschäft („carrier") sowie der Verlagsvertrag nach dem Verlagsgesetz von 1902 behandelt. Das Kapitel über den Gesellschaftsvertrag („partnership agreement") enthält auch die Vorschriften aus dem HGB zu den Personenhandelsgesellschaften. (Die Kapitalgesellschaften behandelt Schuster im allgemeinen Teil bei den juristischen Personen.) Es folgt ein Kapitel über sogenannte „aleatory agreements", das sind Eventualkontrakte, also vom Zufall abhängige Geschäfte bzw. solche mit einem Risikoelement, also Spiel und Wette, Leibrente, das Differenzgeschäft gemäß § 764 BGB, Warentermingeschäfte („time bargains in stock and produce"), die Spekulation und sonstige Börsengeschäfte sowie das Versicherungsrecht. Weitere Kapitel behandeln die Bürgschaft („suretyship") und, als „abstract agreements", das abstrakte Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis, §§ 780-782 BGB, die Anweisung, Schecks, Wechsel und kaufmännische Wertpapiere sowie den Kontokorrentvertrag („mercantile account stated"). Der Teil über gesetzliche Schuldverhältnisse enthält die Darstellung des Deliktsrechts („unlawful acts") einschließlich der Nebengesetze aus dem Wettbewerbs- und dem Haftpflichtrecht sowie ein mit „obligations imposed by surrounding circumstances" überschriebenes Kapitel. Darin werden das 188

Schuster , Principles, S. 160 Fn. 1.

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Bereicherungsrecht („unjustified benefits"), die Geschäftsführung ohne Auftrag („voluntary services"), die „obligations arising under community of property or loss", nämlich Gemeinschaft gemäß §§741 ff. BGB sowie die seehandelsrechtlichen Bergungs- und Haftungsvorschriften der §§ 700730 ff. HGB a. F. (Große Haverei etc.) und der Anspruch auf Finderlohn zusammengefaßt. Ebenfalls in diesem Kapitel werden die Vertrauenshaftungstatbestände der §§ 122, 307-309 BGB, bezeichnet als „obligations created by estoppel", behandelt. Aus dem besonderen Schuldrecht hebt Schuster hervor, daß das deutsche Kaufrecht insgesamt weniger kasuistisch als das englische Recht sei und dem Käufer allgemein umfangreichere Rechte gewähre 189 , wenn es beim Handelskauf durch die Rügeobliegenheit der §§ 377, 378 HGB hingegen vorteilhafter für den Verkäufer sei. 1 9 0 Funktional orientiert ist die Übersetzung der Wandelung als „cancellation of sale" und der Minderung als „reduction of purchase price". Bei den verschiedenen Formen des Kaufs wird auch das Abzahlungsgesetz von 1893 berücksichtigt. 191 Die vom englischen Recht grundsätzlich unterschiedliche Konzeption der Schenkung gemäß §§ 516 ff. BGB wird ausführlich erläutert, die §§ 516 Abs. 1, 517 BGB übersetzt. 192 Beim Mietvertragsrecht wird zunächst der fundamentale Unterschied zum englischen System der „leases" erläutert. 193 Die Drittwirkung des § 571 BGB wird als „wichtige Ausnahmeregelung" erwähnt. 194 Die Regeln zum Kündigungsrecht des Mieters bei Umzug oder Tod erscheinen Schuster „somewhat arbitrary", aber durch die prinzipielle Vertragsfreiheit abgemildert. 1 9 5 Das Recht des Vermieters zur außerordentlichen Kündigung gemäß §§ 553, 554 BGB hält er für deutlich weitergehend als das englische Äquivalent. 1 9 6 Im Dienstvertragsrecht bietet ihm die Sozialvorschrift des § 629 BGB (Freizeit zur Stellungssuche nach Kündigung des Dienstverhältnisses) (der in unveränderter Form bis heute gültig ist) Anlaß zu Kritik: „This provision, which was introduced by the Commission of the Reichstag, is an instance of the bad effect of hurried alterations of well matured schemes of

189 190 191 192 193 194 195 196

Schuster , Schuster , Schuster , Schuster , Schuster , Schuster , Schuster , Schuster ,

Principles, Principles, Principles, Principles, Principles, Principles, Principles, Principles,

S. 213. S. 165. S. 223 f. S. 229 ff. S. 287 ff. S. 287, 252 ff. S. 240. S. 251.

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legislation." Die Pflicht des Arbeitgebers zur vorläufigen Weiterbeschäftigung bedeute unter Umständen „intolerable hardship". 197 Im Auftragsrecht stört Schuster, daß auch der unentgeltliche Auftrages Rechtsverbindlichkeit erlangt. Denn der Beauftragte habe dabei ein Haftungsrisiko, das durch sein Recht auf Aufwendungsersatz nur unzureichend ausgeglichen sei. 1 9 8 Rückblickend interessant ist eine Anmerkung Schusters im Rahmen der Darstellung des Rechtes der Inhaberschuldverschreibung. Aus § 794 Abs. 1 BGB (Haftung des Ausstellers) ergibt sich seiner Meinung nach eindeutig, daß die Wertpapierverbindlichkeit des Ausstellers bereits mit dem einseitigen Ausstellungsakt entstehe. 199 Er äußert damit eine Ansicht, die im Wertpapierrecht später als „Kreationstheorie" bezeichnet wurde und heute als überholt g i l t . 2 0 0 Im Deliktsrecht entdeckt Schuster -eine Reihe von Unterschieden zwischen dem englischen und deutschen Recht. Die unterschiedlichen Regelungen zur Deliktsfähigkeit seien ohne praktische Bedeutung, keineswegs jedoch der im Vergleich zum englischen Recht deutlich schwächere deliktische Ehrenschutz gemäß § 824 B G B . 2 0 1 Die Schadensersatzansprüche aufgrund sexuellen Mißbrauchs etc. gemäß §§ 825, 1300 BGB a.F. seien insofern zu begrüßen, als daß sie das schädigende Verhalten klar benennen würden, während man im englischen Recht mit umständlichen Fiktionen arbeiten müsse. Unzureichend erscheint Schuster aber, daß die Höhe des Schadensersatzes in solchen Fällen alleine nach dem Kompensationsprinzip ermittelt werde und nicht etwa noch eine zusätzliche „Strafe" für den Schädiger verhängt werde, etwa im Sinne der englischen „punitive damages". 202 Die Vorschriften der §§ 845, 846 BGB, wonach die Hinterbliebenen eines Getöteten einerseits einen eigenen Ersatzanspruch haben, dieser aber entsprechend dem Mitverschulden des Getöteten gekürzt werden kann, hält er für systematisch nicht ganz logisch. 2 0 3 Indem das deutsche Recht aber im Gegensatz zum englischen die Ansprüche des unmittelbar Verletzten neben den Ansprüchen der mittelbar Betroffenen bestehen läßt, sei es in diesem Punkt überlegen. 204

197 198 199 200 201 202 203 204

Schuster, Schuster, Schuster, Vergleiche Schuster, Schuster, Schuster, Schuster,

Principles, S. 268 Fn. 1. Principles, S. 271. Principles, S. 330 Fn. 1. Palandt-Thomas, § 793 Rn. 8 m.w.N. Principles, S. 341. Principles, S. 342. Principles, S. 337 f. Principles, S. 338.

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Einzigartig sei das Bürgerliche Gesetzbuch darin, daß es mit den Regelungen zur ungerechtfertigten Bereicherung und zur Geschäftsführung ohne Auftrag erstmals den allgemeinen Grundsatz anerkenne, wonach sämtliche zufällige oder versehentliche Zugewinne auf Kosten eines anderen diesem zurückgewährt werden müßten. e) Sachenrecht In das Sachenrecht („Law of Things") gibt Schuster eine ausführliche Einführung, er erklärt zunächst die deutsche Klassifizierung von dinglichen Rechten („real rights"), wendet sich dann den Publizitätselementen Besitz („possession") und Eintragung in öffentliche Register zu. Ein längeres Kapitel ist dem Eigentum („ownership") gewidmet, getrennt nach Immobilien („immovables") und beweglichen Sachen („movables"), unter Einschluß des Erbbaurechts („heritable building right") und der Bergbaurechte als eigentumsähnliche Rechte. Es folgen Kapitel über beschränkte dingliche Rechte und dingliche Sicherungsrechte. Interessant ist Schusters Versuch, seinen Lesern das Abstraktionsprinzip zu erklären: „ A real agreement must be distinguished from an obligatory agreement. [...] The difference [...] is analogous to the difference between ,sale of goods4 and »agreement to sell goods 4 ." 2 0 5 Ausführlich geht Schuster auf die organisatorischen Voraussetzungen der Registrierung von Grundstücken, die Einrichtung von Grundbuchämtern und den Aufbau der Grundbücher e i n . 2 0 6 Ebenso sorgfältig berücksichtigt er verschiedene landesrechtliche Beschränkungen zum Grundstückseigentum. 207 Lesenswert ist die prägnante Zusammenfassung des Rechts des gutgläubigen Erwerbs und der Vergleich mit der englischen Rechtslage bei „acquisition of property from persons with defective title", erhellend, daß nach beiden Rechtsordnungen bei allen Unterschieden in der dogmatischen Konstruktion letztlich mehr oder weniger übereinstimmende Ergebnisse erzielt werden. 208 Für die Fälle der Verbindung von beweglichen Sachen mit einem Grundstück hält er die Lösung des BGB - Eigentumserwerb des Grundstückseigentümers gemäß §§ 946 ff. BGB einerseits, Wegnahmerecht andererseits für interessengerechter als die vergleichbare englische Regelung, nach der zwar die ursprüngliche Eigentumslage bestehen bleibt, das Eigentumsrecht 205 206 207 208

Schuster, Schuster, Schuster, Schuster,

Principles, Principles, Principles, Principles,

S. 368. S. 277 ff. S. 390 ff. S. 387 ff.

2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

109

des Eigentümers der eingebauten Sache aber weitgehend unbewehrt bleibe. 2 0 9 Ebenso erscheint ihm die deutsche Regelung zum Fund bzw. Finderlohn vernünftiger als das englische Prinzip vom „treasure trove", wonach entschädigungslos alles dem Staat zufällt. 2 1 0 Hinsichtlich des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses gemäß §§ 985 ff. BGB fällt Schuster auf, daß der Besitzer hiernach insgesamt sehr viel besser geschützt sei als nach dem englischen Recht. 2 1 1 Sehr ausführlich werden die Grundpfandrechte behandelt. 212 Hier arbeitet Schuster heraus, daß der danach Berechtigte zwar auf den ersten Blick weniger Schutz genieße als nach englischem Recht (dort erhält der Hypothekengläubiger eine eigentümerähnliche Stellung), was aber nicht zuletzt durch das deutsche System der Grundbuchregistrierung weitgehend ausgeglichen werde. 2 1 3 Ausdrücklich lobt er die Regelung, wonach eine Hypothek nach Ablösung durch den Eigentümer nicht erlischt, sondern zur Eigentümergrundschuld wird, §§ 1164,' 1177 BGB. Der durch diesen Kunstgriff ermöglichte Rangerhalt sei viel einfacher und einsichtiger als die komplizierten „rules of equity", mit denen englische Gerichte versuchten, der Interessenlage in einem solchen Fall gerecht zu werden. 214 Auch der Gläubigerschutz gegen eine Verschlechterung des belasteten Grundstückes gemäß §§ 1134 ff. BGB sei effektiver als im englischen Recht. 2 1 5 Schuster berücksichtigt in seiner Darstellung der dinglichen Sicherungsrechte auch die im BGB nicht ausdrücklich vorgesehene Sicherungsübereignung. Dieses Rechtsinstitut sei durch die „exigencies of life" notwendig geworden, und glücklicherweise hätte sich „abuse" bislang noch nicht in dem bedauerlichen Maße wie in England eingestellt. Schuster prophezeit eine „baldige" einschränkende Gesetzgebung zur Sicherungsübereignung. 216

f)

Familienrecht

217

Das Familienrecht („Family Law") stellt Schuster in drei Kapiteln entsprechend der Aufteilung im Vierte Buch des BGB dar: Bürgerliche Ehe 209

Schuster, Principles, S. 401 f. Schuster, Principles, S. 405. 211 Schuster, Principles, S. 409. 212 Schuster, Principles, S. 434-^59. 213 Schuster , Principles, S. 435. 2,4 Schuster , Principles, S. 444 f. 215 Schuster, Principles, S. 455 f. 216 Schuster, Principles, S. 460 Fn. 1. 2,7 Zum damaligen englischen Ehe- und Scheidungsrecht und zu den wichtigsten Unterschieden zum deutschen Recht siehe unten, Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, IV, 1, Fußnote 277. 2,0

110

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

(„husband and wife"), Verwandtschaft („parent and child"), Vormundschaft („guardian and ward"). In diesem Teil berücksichtigt Schuster ausführlich die einschlägigen Regelungen des internationalen Privatrechts aus dem EGBGB und vergleicht das deutsche Recht umfassend mit dem englischen. Aus dem Eherecht hebt Schuster lobend die Vorschriften des BGB zur Eheschließung hervor, diese seien in vorbildlicher Weise klar und übersichtlich gefaßt. 218 Im damaligen System des ehelichen Güterrechts sieht er aber die Ehefrau, jedenfalls im Vergleich zum englischen Recht, in grundsätzlich benachteiligter Stellung. 2 1 9 Indem er detailliert die einzelnen Schutzbestimmungen zugunsten der Ehefrau herausarbeitet, läßt er jedenfalls seine grundsätzliche Sympathie für eine weitgehende Verbesserung der allgemeinen Rechtsstellung der Frau deutlich erkennen. Eine „somewhat anomalous" und recht materialistische Regel erkennt er in § 1298 Abs. 1 BGB a.F., welcher der Verwandtschaft der Verlobten Schadensersatz für vergeblich erworbene Hochzeitsgeschenke etc. gewährte: „The cost of the wedding dress and of the wedding cake must be repaid [...], but the bride's wounded feelings [...] are not heeded by German law."220 Einen etwas spröden Charme versprüht seine Umschreibung der „unbescholtenen Verlobten" aus § 1300 BGB a.F.: „an intending wife of previously unblemished moral character." 221 Aus dem Verwandtschaftsrecht hebt er die Vorschriften über die Stellung des unehelichen Kindes hervor, die er ausführlich behandelt. Vor allem die im Vergleich zum englischen Recht sehr viel weiter gehende, einklagbare Unterhaltspflicht des Vaters findet sein Wohlwollen. 2 2 2 Das Vormundschaftsrecht des BGB erscheint ihm ebenfalls sehr gelungen. Hier bedeute vor allem die genaue Umschreibung des Aufgabenbereiches und der Kompetenzen des Vormunds einen Vorteil gegenüber dem englischen Recht, „under which the powers of the guardian [...] are somewhat vague." 2 2 3

218 219 220 221 222 223

Schuster , Schuster , Schuster , Schuster , Schuster , Schuster ,

Principles, Principles, Principles, Principles, Principles, Principles,

S. 482. S. 499. S. 480 Fn. 1. S. 479. S. 538 f., 543 Fn. 1. S. 557.

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g) Erbrecht Im letzten Teil über das Erbrecht („Law of Inheritance") löst sich Schuster weitgehend von dem durch das BGB vorgegebenen Aufbau. Wegen der fundamentalen Unterschiede zum englischen System (das weitgehend auf dem Institut des „trust" beruht) beginnt er mit einer umfangreichen Einführung in den historischen Hintergrund und die Grundprinzipien des deutschen Erbrechts. Auch im weiteren Verlauf der Darstellung wird immer wieder weit ausgeholt, um die besonderen Konzepte und Philosophien des BGB zu erklären. 224 Insgesamt geht Schuster in diesem Abschnitt eher von den englischen Kategorien aus, um die jeweiligen Lösungsansätze des deutschen Rechts zu erklären. 225 Dargestellt wird zunächst die gesetzliche Erbfolge, dann Erbrecht bei testamentarischer Erbfolge und bei einem Erbvertrag. Besondere Aufmerksamkeit erhält das Pflichtteilsrecht, das als solches dem englischen System der nahezu vollständigen Testierfreiheit vollkommen fremd i s t . 2 2 6 Bemerkenswert ist weiterhin der Hinweis Schusters auf die im Wesentlichen - wenn auch nicht unbedingt im Dogmatischen - weitgehende Vergleichbarkeit der Stellung des Vorerben mit der des Nießbrauchers. 227 Daß sich Schuster dem deutschen Recht vornehmlich mit einer funktionalen Betrachtungsweise nähert und nicht einfach nur die Paragraphen „abarbeitet", läßt sich auch daran erkennen, daß er Verfahren und Aufgaben des Nachlaßgerichts („court dealing with the estates of deceased persons", oder kurz: „Competent Probate Court"), in einem gesonderten Kapitel zusammenfaßt. 228 Hier sind die Vorschriften zum Erbschein, zu Verwaltung und Aufteilung des Nachlasses sowie die Erbenhaftung erläutert. Und sein Sinn für das Praktische zeigt sich wiederum, wenn er anhand einer Reihe von tabellarischen Auflistungen und Rechenbeispielen die Verteilung von Erbund Pflichtteilen erklärt. 2 2 9 Ein letztes Kapitel ist dem Erbschaftskauf gewidmet.

224 Als beispielhaft mag hierfür der Abschnitt über das Testament gelten: Schuster, Principles, S. 593 ff. 225 So werden etwa die verschiedenen Formen des Vermächtnisses unter Verwendung der englischen Terminologie klassifiziert: „a convenient framework": Schuster, Principles, S. 613 ff. 226 Schuster, Principles, S. 626 ff. 227 Schuster, Principles, S. 657. 228 Schuster, Principles, S. 635 ff. 229 Schuster, Principles, S. 589 ff., 628 ff.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

5. Stil und Technik der Darstellungsweise Schusters Darstellungsweise ist geprägt vom Muster deutscher Lehrbücher. Namentlich Dernburgs „Bürgerliches Recht" nennt er als sein Vorbild („lucid and fascinating pages"). 230 Allerdings sind im Text und in den Fußnoten weitergehende Verweisungen auf Fachliteratur, Gerichtsentscheidungen und andere Quellen vergleichsweise spärlich und dünn gesät. (Dafür erklärt Schuster seinen Lesern den in Deutschland gebräuchlichen „mode of citation", also wie gegebenenfalls weiterführende Informationen schnell zu finden sind. 2 3 1 ) Als roter Faden durchzieht das Buch der ständige Vergleich des deutschen mit dem englischen und teilweise dem französischen und römischen Recht. Praktisch jeder Sinnabschnitt wird mit einem „comparative Statement" eingeleitet. Dies dient Schuster nicht nur dazu, Parallelen und Unterschiede aufzuzeigen, sondern erleichtert dem Leser auch das Verständnis so mancher Regelung. Das gesamte System des deutschen Zivilrechts wird organisch betrachtet, d.h. es gibt keine strikte Trennung der Vorschriften nach den einzelnen Teilen des BGB oder nach den Gesetzen. So wird, wenn etwa die §§99 ff. BGB beschrieben werden, gleich auf die Paragraphen des Besonderen Schuldrechts und des Sachenrechts hingewiesen, in denen die Fruchtziehung eine Rolle spielt. Und an geeigneten Stellen werden die Vorschriften des EGBGB, des Handelsrechts, der Zivilprozeßordnung und der Konkursordnung und anderer Gesetze berücksichtigt und zum Teil auch ausführlich dargestellt. Wenn Schuster etwa die allgemeinen Regelungen zur Vertragsstrafe gemäß §§ 339 ff. BGB erklärt, zählt er gleichzeitig diejenigen Vorschriften des HGB auf, die eine Vertragsstrafe vorsehen. 232 Zusammen mit den Regeln zur Forderungsabtretung gemäß §§ 398 ff. BGB werden die verschiedenen Wertpapiere abgehandelt. 233 Und zusammen mit dem Dienst-, Auftrags- und Werkvertragsrecht werden die wesensverwandten Vertragstypen aus anderen Gesetzen (HGB, Verlagsgesetz) dargestellt. Ergänzt wird die Darstellung immer durch viele Querverweise. Wo nötig, werden Exkurse in andere Rechtsgebiete und die Rechtsgeschichte eingefügt, um Unterschiede zum englischen Recht zu verdeutlichen bzw. bestimmte Konzepte des deutschen Rechtes überhaupt erst verständlich zu machen. Dies geschieht zum Beispiel zu der Frage der Bedeu230 231 232 233

Schuster, Schuster, Schuster, Schuster ,

Principles, Principles, Principles, Principles,

S. S. S. S.

VIII. XXXI. 190. 199 ff.

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tung von Staatsangehörigkeit und Wohnsitz im deutschen internationalen Privatrecht, wobei das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht erläutert w i r d 2 3 4 , oder bei der umfassenden Darstellung des Rechtes der juristischen Personen, wobei tief in das Gesellschaftsrecht vorgedrungen w i r d . 2 3 5 Rechtstheoretische und philosophische Überlegungen finden sich etwa bei der weit ausholenden Einleitung zur Rechtsgeschäftslehre 236, den Ausführungen zur Irrtumslehre 237 und bei der Frage nach dem Wesen des Eigentums. 238 Den soziokulturellen Hintergrund einzelner Normen erklärt Schuster ebenfalls, etwa hinsichtlich der Aussteuer im Eherecht. 239 Entsprechend seiner Zielrichtung, dem englischsprachigen Anwalt einen Leitfaden für den praktischen Umgang mit dem deutschen Recht in die Hand zu geben, finden praktische Probleme bei Schuster besondere Berücksichtigung. Er gibt stichwortartige Übersichten zu bestimmten Punkten, z.B. Arten von Gesellschaften, Scheidungsgründe, die teilweise beinahe den Charakter von „Checklisten", etwa für die Ausstellung eines Erbscheins, erhalten. Im Kaufrecht führt Schuster die unterschiedlichen Formeln für die Berechnung der Kaufpreisminderung nach englischem und deutschem Recht v o r 2 4 0 , im Erbrecht verdeutlicht er anhand einer Reihe von tabellarischen Auflistungen und Rechenbeispielen die Verteilung von Erb- und Pflichtteilen. 241 Überhaupt werden sehr viele Beispiele als Illustration verwendet. So werden etwa die auf den ersten Blick kompliziert erscheinenden Vorschriften zu den Bedingungen, §§ 158 ff. BGB, und zur Fristberechnung, §§ 186 ff. BGB, anhand vieler Beispielsfälle in geradezu vorbildlicher Weise erklärt. 2 4 2 Interessant ist Schusters Werk auch wegen der Art und Weise, wie er die deutsche Rechtssprache und die feststehenden Ausdrücke des Bürgerlichen Rechts ins Englische übertragen hat. 2 4 3 Dabei ist es Schuster in bemerkenswerter Weise gelungen, einerseits die Nähe zum Original und andererseits die Lesbarkeit und Verständlichkeit zu wahren. Mit seiner Übersetzungsleistung hat er das nach ihm für das deutsche Recht verwendete englische Vokabular nachhaltig geprägt. 244

234 235 236 237 238 239 240 241 242 243

Schuster, Principles, S. 26 ff. Schuster, Principles, S. 32 ff. Schuster, Principles, S. 80 f. Schuster, Principles, S. 91 ff. Schuster, Principles, S. 385 ff. Schuster, Principles, S. 545 Fn. 2. Schuster, Principles, S. 220. Schuster, Principles, S. 589 ff., 628 ff. Schuster, Principles, S. 106 ff. respektive S. 110 ff. Siehe hierzu ausführlich unten: Zweiter Teil, Vierter Abschnitt, III, 2, a.

8 Dittmann

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Bei alledem ist Schusters Darstellung insgesamt fundiert, kenntnisreich und sehr systematisch. Darüber hinaus ist das Buch aber auch heute noch sehr gut lesbar, was vor allem an dem flüssigen Stil liegt, in dem es geschrieben ist, und der durch gelegentliche Anspielungen auf die deutsche Belletristik („readers of German fiction will remember the custom [...] [of] »Altenteil"' 2 4 5 ) und launige Bemerkungen weiter aufgelockert wird („worthless bearer bonds of defaulting states may be used as wallpaper" 2 4 6 ).

6. Zeitgenössische Reaktionen Das Erscheinen von Schusters „Principles of German Civil Law" stieß in der Fachwelt auf großes Interesse, praktisch alle wichtigen Fachzeitschriften brachten durchgehend wohlwollende, teilweise enthusiastische Rezensionen. Als „exceedingly valuable [...] useful to the German or the English student alike" wurde Schusters Werk im Michigan Law Review bezeichnet, wenn der Autor auch mehr Literaturhinweise vermißte. 247 Von Schusters Werk geradezu begeistert zeigte sich William W. Smithers, als er „the importance, the scope and the utility of this work" und „the wide research, familiarity with his subject and general scholarly attainments" des Autoren pries und mit den herausragendsten Werken sowohl der englischen als auch der deutschen juristischen Literatur auf eine Stufe stellte: „It is not too much to say that the treatise is comprehensive, practical and scientific to a degree unparalleled [in English and American legal literature] [...]. Even in Germany there is no work so concise, clear, comprehensive and practical [ . . . ] . " 2 4 8 Der deutsche Professor für römisches Recht Rudolf Leonhard, der sich 1907/08 für ein Jahr als Gastdozent an der Columbia University aufhielt 2 4 9 , 244

Auf Schusters Vorbild beziehen sich ausdrücklich: Borchard , Guide, S. 4; Schneider , Report of Committee on Divorce Jurisdiction - Germany, The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. 289; Wang (Übers.): The German Civil Code, S. VIII. 245 Schuster , Principles, S. 430. 246 Schuster , Principles, S. 66. 247 Drake , The Principles of German Civil Law (Schuster; Buchbesprechung), Michigan Law Review, Band 6 (1907-Ό8), S. 103, 104. 248 Smithers , The Principles of German Civil Law (Schuster; Buchbesprechung), American Law Register, Band 55 (1907), S. 384, 388 ff., 390. 249 Vergleiche Hoeflich , Roman and Civil Law and the Development of AngloAmerican Jurisprudence in the Nineteenth Century, Athens/Georgia 1997, S. 114. Leonhard ist übrigens der Übersetzer von Raymond Saleilles ' „Introduction à

2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

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war etwas zurückhaltender in seinem Lob. Er würdigt „the magnitude and novelty" von Schusters Unternehmung, hätte sich aber eine stärkere Berücksichtigung rechtshistorischer und vor allem römisch-rechtlicher Aspekte gewünscht. Von besonderer Bedeutung ist für ihn Schusters Übersetzungsleistung, die es den Juristen beider Rechtskreise ermögliche, die Systematik ihrer eigenen Rechtsterminologie jeweils besser zu durchschauen. 250 Letzteres hebt auch der bis auf seine Initialen anonyme Rezensent des Yale Law Journal hervor; auch er vermißt zwar einen größeren Bezug zum römischen Recht, ist jedoch ansonsten ebenfalls sehr enthusiastisch in Ton und Urteil. 2 5 1 Überwiegend positive Kurzkritiken bzw. Hinweise auf die Neuerscheinung erschienen auch im Law Magazine and Review 252, im Harvard Law Review 253y im Canada Law Journal 254, im Annual Bulletin des Comparative Law Bureau of the American Bar Association 255 , während es im Journal of the Society of Comparative Legislation aus im Nachhinein unerfindlichen Gründen bei der bloßen Ankündigung einer baldigen Rezension von Schusters „valuable work" blieb. 2 5 6 Als einzige deutsche Fachzeitschrift veröffentlichte die Deutsche Juristen-Zeitung (DJZ) in ihrer Dezember-Ausgabe von 1907 eine kurze Besprechung, verfaßt von Justizrat Victor Schneider aus Berlin, der aus heutiger Sicht wenig hinzuzufügen ist. Er schrieb: „[Das] Werk bietet mehr als es verspricht: Es ist nicht nur für englische Juristen von Interesse, sondern bietet auch dem deutschen Leser eine reiche Quelle neuen Materials durch die kurze Gegenüberstellung des deutschen und englischen Rechts Tétude du droit civil allemand" von 1904 ins Deutsche: Saleilles/Leonhard (Übers.), Einführung in das Studium des deutschen bürgerlichen Rechts, Breslau 1905 (Übersetzung aus dem Französischen: Raymond Saleilles, Introduction à l'étude du droit civil allemand à propos de la traduction française du Bürgerliches Gesetzbuch, Paris 1904). 250 Leonhard, The Principles of German Civil Law (Schuster; Buchbesprechung), Political Science Quarterly, Band 22 (1907), S. 723-724. 251 The Principles of German Civil Law (Schuster; Buchbesprechung), Yale Law Journal, Band 16 (1906-07), S. 538-540 (anonym, Initialen G.E.S.). 252 The Principles of German Civil Law (Schuster; Buchbesprechung), The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 32 (1906-07), S. 363/364 (anonym). 253 The Principles of German Civil Law (Schuster; Buchbesprechung), Harvard Law Review, Band 21 (1907-08), S. 73 (anonym, Initialen R. M. J.). 254 The Principles of German Civil Law (Schuster; Buchbesprechung), Canada Law Journal, Band 43 (1907), S. 549 (anonym). 255 Shick, Bibliography: Germany (Buchbesprechung: Schuster, The Principles of German Civil Law), American Bar Association, Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 47. 256 The German Civil Code, by Dr. E. Schuster, Journal of the Society of Comparative Legislation (Ankündigung), New Series, Band 8 (1907), S. 161 (anonym). 8*

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bei fast allen Rechtsinstituten und durch die übersichtlichen Erläuterungen des internationalen Privatrechts. [...] Mit großem Geschick hat [der Verfasser] die Schwierigkeit der Übertragung der deutschen Rechtsbegriffe in die englische Sprache überwunden, eine Aufgabe, die um so schwieriger war, als sich bei der Verschiedenheit der beiden Rechte die einzelnen Rechtsbegriffe fast nirgends decken." 2 5 7

7. Schusters „Principles of German Civil Law" als Standardwerk Schusters „Principles of German Civil Law" wurden schnell zu dem Standardwerk zum deutschen Zivilrecht in englischer Sprache. Wer sich als englischsprachiger Jurist für das deutsche Recht interessierte, kam an diesem Werk nicht vorbei. In den nachfolgenden Publikationen zum Thema wurde immer wieder darauf als Referenz oder auch als weiterführendes Werk verwiesen, so z.B. von den Autoren der Neuausgabe von „Burge's Colonial and Foreign Law" (hier vor allem im Rahmen der Darstellung des Familienrechts und des Sachenrechts) 258 , von de Becker bei seiner kommentierten Übersetzung des japanischen Zivilgesetzbuches 259 , von Veeder 260 und Lorenzen 261. Bereits unmittelbar nach seinem Erscheinen war es als „valuable exposition of actual law" gelobt, doch beklagt worden, daß keine Übersetzung des Gesetzestextes selbst beigefügt sei und ein der deutschen Sprache nicht mächtiger Leser somit nicht in der Lage sei, sich ein eigenes Urteil zu bilden. 2 6 2 Das Problem der fehlenden Übersetzung erledigte sich alsbald mit dem Erscheinen von Wangs Übersetzung des B G B 2 6 3 , der seine Arbeit ausdrücklich auch als Ergänzung von Schusters Werk verstanden wissen wollte und sich erklärtermaßen weitgehend der von 257 Schneider, The Principles of German Civil Law (Schuster) (Buchbesprechung), Deutsche Juristen-Zeitung, 12. Jahrgang (1907), S. 1211. 258 Renton/Phillimore (Hrsg.), Bürge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and in Conflict with each other and with the Law of England. Neuausgabe in 5 Bänden, London 1907-28; z.B. Band 2 (1908), S. 487 Fn. e; Band 4, 1. Teilband (1914), S. 141 Fn. t; S. 172 Fn. i; S. 618 Fn. b; S. 624 Fn. o; S. 629 Fn. q; S. 729 Fn. s. 259 Becker, Annotated Civil Code of Japan, 4 Bände, London 1909-1910 (Reprint: Washington, D. C. 1979), Band 1, S. XXXIV (Literaturliste), 86, 130. 260 Veeder , Absolute Immunity in Defamation, Columbia Law Review, Band 9 (1909), S. 463, 464. 261 Lorenzen , Conflict of Laws under the German Civil Code, American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 36, 37. 262 Smithers , u.a., The American Bar Association, Report of the 30h Annual Meeting, Portland, 1907, S. 744, 747. 263 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907.

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Schuster eingeführten Terminologie bedient hatte. 2 6 4 In der Tat war es gerade diese Terminologie, die von vielen dankbar übernommen wurde, etwa auch von Borchard in seinem „Guide to the Law and Legal Literature of Germany" 2 6 5 oder vom Berliner Justizrat Victor Schneider, der Schusters Werk seinem Publikum auf einer juristischen Konferenz in London als „a very trustworthy reference book for German law" empfahl. 2 6 6 Auch der Rechtsberater der britischen Botschaft in Berlin zog Schusters „Principles of German Civil Law" als Referenzwerk heran. 267 In der Buchvorstellung von Loewy s Übersetzung des BGB im Law Magazine and Review erwähnt der anonyme Autor, daß sich mit dem Erscheinen von Schusters Werk eine nähere Kommentierung des Gesetzestextes erübrigt habe. 2 6 8 Auch die anderen Rezensenten von Loewys Übersetzung empfahlen ihren Lesern Schusters „Principles of German Civil Law" als sinnvolle Ergänzung. 269 Als eindeutig „the best treatise [of the German Civil Code] in English" lobte Krüger das Buch, um dann auch inhaltlich darauf zu verweisen. 270 Borchards Urteil über das „indispensable work" war: „unquestionably the ablest presentation of German civil law that has appeared in the English language." 271 Angesichts dieses überaus positiven Echos in der Fachwelt mutet es aus heutiger Sicht beinahe erstaunlich an, daß Schusters Werk keine weitere Auflage erfuhr. Aber es lag sicher auch an seinen intrinsischen Qualitäten, und nicht nur an den psychologischen Auswirkungen der beiden Weltkriege, daß es keine Konkurrenten und Nachahmer fand. Bis in die fünfziger Jahre, als Ernst J. Cohn unter der Ägide des britischen Foreign Office das zweibändige „Manual of German Law" herausgab 272 , blieben Ernest Joseph Schusters „Principles of German Civil Law" das Standardwerk zum 264

Wang (Übers.), The German Civil Code, S. VIII. Borchard, Guide, S. 4. 266 Schneider , Report of Committee on Divorce Jurisdiction - Germany, The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. 289 267 Reports respecting the Limitations imposed by Law upon Testamentary Bequests, Parliamentary Papers 1908, Band 88 (Accounts and Papers, Band 27), S. 283, 288 ff. 268 The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 35 (1910), S. 491 (anonym). 269 American Law Register, Band 58 (1910), S. 517-518 (anonym, Initialen L.E.H.); American Law Review, Band 44 (1910), S. 316/317 (anonym); Drake , Michigan Law Review, Band 8 (1909-10), S. 692/693. 270 Krüger , The Judicial System of the German Empire with Reference to Ordinary Jurisdiction, California Law Review, Band 2 (1913-1914), S. 124, 128, Fn. 8, 9. 271 Borchard , Guide, S. 72. 272 Cohn, Manual of German Law, 2 Bände, London 1950-1952 (hrsg. vom Foreign Office) 2. Auflage: London 1968-1971 (hrsg. von Emst J. Cohn/British Institute of International and Comparative Law). 265

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

deutschen Zivilrecht in englischer Sprache. Noch 1968 bezeichnete Cohn es als „excellent treatise on German Civil Law [...] [which] may still be used with advantage by those interested in the earlier phase of German legal development which it describes." 273 Schusters „Principles of German Civil Law" erscheinen auch aus heutiger Sicht im Hinblick auf die klare Gliederung, die kenntnisreiche Einordnung der Regelungen in den größeren Zusammenhang, die praxisnahen Hinweise und nicht zuletzt durch den flotten und flüssigen Stil als über alle Maßen gelungen. Ein wenig störend wirkt sich allenfalls die mangelhafte Verweisung auf die deutschsprachige Kommentarliteratur aus, die in jedem deutschen Lehrbuch Standard gewesen wäre. Aber einmal war das Buch natürlich nicht dazu gedacht, mit diesen zu konkurrieren, und zum anderen kann es aufgrund seiner sonstigen Qualitäten mit der Mehrzahl dieser zeitgenössischen deutschen Werke sicherlich ohne weiteres mithalten. Und was die weitere Verwendbarkeit von Schusters „Principles of German Civil Law" - auch heute noch - angeht, kann Cohns Urteil nur beigepflichtet werden.

I V . Sonstige Veröffentlichungen Schusters Mit dem deutschen Bürgerlichen Recht hatte sich Schuster zu dem Zeitpunkt, da er sein Lehrbuch veröffentlichte, bereits verschiedentlich beschäftigt. 1886 hatte er das Bürgschaftsrecht in der Form vor der Vereinheitlichung durch das BGB beschrieben. 274 Auf den BGB-Entwurf der Ersten Kommission hatte Schuster 1889 in einer kurzen Notiz im Law Quarterly Review hingewiesen. 275 Eine erste umfassende Darstellung des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches hatte er 1895/1896 in den beiden genannten Vorträgen vor der Londoner Anwaltschaft geliefert. 276

273

Cohn, Manual of German Law, 2. Auflage 1968-1971 (hrsg. von Emst J. Cohn/British Institute of International and Comparative Law), Band 1, S. 309. Ein entsprechender Hinweis fehlt allerdings in der 1. Auflage, London 1950-1952 (hrsg. vom Foreign Office). 274 Schuster , Liabilities of Bailees according to German Law, The Law Quarterly Review, Band 2 (1886), S. 188-212. 275 Schuster , The Draft of a Civil Code for the German Empire, Law Quarterly Review, Band 5 (1889) S. 227. 276 Schuster , The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) S. 17-35; Schuster , The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191-211.

2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

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1. Das deutsche Ehe- und Scheidungsrecht aus Schusters Sicht 277 Eine Zusammenfassung von Geschichte und aktuellem Stand des deutschen Scheidungsrechtes lieferte Schuster 1909/1910 im Journal of the Society of Comparative Legislation, 278 Dabei untersucht er zunächst die 277 Um dem Leser ein besseres Verständnis der Äußerungen und Urteile Schusters und anderer zeitgenössischer englischsprachiger Juristen über das deutsche Ehe- und Scheidungsrecht der vorletzten Jahrhundertwende und der damaligen rechtlichen Stellung der Frau zu ermöglichen, sollen hiermit die wichtigsten Merkmale des damaligen englischen Ehe- und Scheidungsrechts kurz zusammengefaßt werden. Für eine ausführliche rechts vergleichende Darstellung fehlt im vorgegebenen Rahmen der Platz, so daß einige Stichworte genügen müssen: Die wichtigsten Unterschiede zwischen der deutschen und der englischen Rechtslage bestanden im ehelichen Güterrecht und im Scheidungsrecht: Freizügiger als das deutsche Recht war in England das eheliche Güterrecht: Gesetzlicher Güterstand war nach dem Married Women's Property Act von 1882 die Gütertrennung; jeder Ehegatte verwaltete sein Vermögen eigenständig und getrennt. Eheverträge waren üblich und weitgehend frei in der inhaltlichen Gestaltung. Restriktiver als das deutsche hingegen das englische Scheidungsrecht, in dem kanonische Vorstellungen dominierten: Scheidung (divorce) war (bis 1937) einzig bei Ehebruch möglich. Eine Diskriminierung der Frau bedeutete dabei die Tatsache, daß die Ehefrau im Vergleich zum Mann nur unter erschwerten Voraussetzungen auf Scheidung klagen durfte (notwendig war eine „besondere" Verwerflichkeit des Ehebruchs durch den Gatten). Allerdings war danach anders als nach §§ 1312, 1328 BGB a.F. eine Wiederverheiratung uneingeschränkt, also auch mit dem „Ehebrecher", möglich. Und dem ehebrecherischen Ehegatten oblag eine Schadensersatzpflicht. In der Praxis dominierte statt der Scheidung die »judicial separation", also die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft als Minus zur Scheidung („Trennung von Tisch und Bett"), wie sie auch durch die §§ 1575 ff. BGB a.F. ermöglicht wurde. Als zulässige Trennungsgründe waren grundsätzlich anerkannt: Ehebruch, grausame Behandlung, bösliches Verlassen, Nichtzahlung von Unterhalt, Körperverletzung, gewohnheitsmäßige Trunksucht. Darüber hinaus war auch - ohne weitere Voraussetzungen - die einvemehmliche Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft durch förmlichen Vertrag möglich (separation deed). Geisteskrankheit (§ 1569 BGB a.F.) schließlich war zwar ein Ehehindemis (disability), aber weder als Scheidungs- noch als Trennungsgrund anerkannt. Weitere Merkmale der englischen Rechtslage: Die Ehefrau mußte nicht notwendigerweise den Namen des Ehegatten annehmen; sie war uneingeschränkt geschäftsfähig; ihr kam wie im deutschen Recht die „Schlüsselgewalt" für ihre eigene Lebensführung (personal necessaries) und den Hausstand zu; der Mann war der Frau zu standesgemäßem Unterhalt verpflichtet, nicht aber umgekehrt. Diese Informationen und weitere Details zum englischen Ehe- und Scheidungsrecht um 1900 bei: Boschan, Europäisches Familienrecht (Ausland) nebst zwischenstaatlichen Abkommen, Berlin 1937, S. 90 ff.; Cairns , Eversley's Law of the Domestic Relations, 4. Auflage, London 1926, S. 1-470; Hoyer , Das englische Ehescheidungsrecht in Vergangenheit und Gegenwart, Göttingen 1925; Jenks (Hrsg.)/ Geldart/Holdsworth/Lee/Miles (Bearb.), A Digest of English Civil Law, 2. Auflage, London 1921, Band 2, S. 1155 ff. Eine ausführliche Darstellung der historischen Grundlagen und Entwicklung (aber nur bis in die 1850er Jahre) findet sich bei:

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

historischen Vorbilder, die das Recht des BGB in verschiedenem Maße geprägt haben - angefangen vom germanischen über das kanonische bis zum Naturrecht - und die Einflußfaktoren und Streitigkeiten, welche die Kodifizierung des BGB in dieser Hinsicht begleiteten. Er beurteilt dabei die Vereinheitlichung des Scheidungsrechtes als „one of the most serious problems the authors of the code had to solve". 2 7 9 Die Regelungen, die am Ende das Scheidungsrecht des BGB ausmachten, seien das Ergebnis einer Reihe von Kompromissen und „heated controversies", sie stellten einen Mittelweg zwischen „the extreme freedom of the Prussian Code and the severity of the canon law [...]" dar. 2 8 0 Schuster erklärt ausführlich das Verhältnis von Scheidung und „judicial Separation" im System des BGB. Die Aufnahme des letztgenannten Rechtsinstituts in das BGB, die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft gemäß §§ 1575, 1576 BGB a.F., sei nur aus Rücksichtnahme auf den politischen Katholizismus erfolgt, seine praktische Bedeutung sei zu vernachlässigen. Die Scheidungsgründe gemäß der §§ 1564 ff. BGB a.F. werden aufgezählt, die Bedeutung der Generalklausel des § 1568 BGB a.F. (schwerwiegende Verletzung der ehelichen Pflichten) anhand einiger Beispiele aus der Rechtsprechung veranschaulicht. Die Grundzüge des Scheidungsverfahrens werden kurz zusammengefaßt. „Characteristic feature" sei hier die Anhörung beider Parteien, die persönlich zu erscheinen hätten, und der Versuch der Aussöhnung durch das Gericht (welche nach Schusters Angaben in etwa einem Drittel aller Fälle Erfolg habe). 281 Schuster ergänzt seine Ausführungen um eine tabellarische Übersicht über die Entwicklung der Scheidungszahlen in Deutschland seit Inkrafttreten des BGB. Danach ist - nach einem anfänglichen kurzen Rückgang - eine zunehmende Steigerung der Scheidungsraten zu erkennen, doch ist dies nach Schuster nur Ausdruck der Zeit. Im Endeffekt handele es sich bei dem relativ liberalen Scheidungsrecht des BGB um ein sehr gutes System. Vor allem durch seine flexible

Giesen, Grundlagen und Entwicklung des englischen Eherechts in der Neuzeit bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, Bielefeld 1973. 278 Schuster , The History and the Present Condition of the German Divorce Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 10 (1909-10), S. 229-238. 279 Schuster , The History and the Present Condition of the German Divorce Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 10 (1909-10), S. 229, 233. 280 Schuster , The History and the Present Condition of the German Divorce Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 10 (1909-10), S. 229, 234. 281 Schuster , The History and the Present Condition of the German Divorce Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 10 (1909-10), S. 229, 237.

2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

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Generalklausel in § 1568 BGB a.F. und den vergleichsweise einfachen Zugang zum Scheidungsverfahren für beide Ehegatten trage es den Realitäten, wonach nun einmal ein nicht unbeträchtlicher Teil aller Ehen nicht funktioniere, in vorbildlicher Weise Rechnung: „The unhappiness created by such a state of things, and the immorality which in many cases results from it, may be apt to dispose us in favour of a system [wie das deutsche, Anm. d. Bearb.] under which a marriage can be dissolved on the ground of any serious breach of marital duty, and which places a Divorce Court within easy reach of any petitioner, poor or rich, who has suffered by reason of such breach d u t y . " 2 8 2 Die selbe Auffassung betont Ernest Joseph Schuster kurz darauf auch in einem Vortrag vor dem deutschen Klub in London, dem „Athenaeum", dem deutschen Verein für Kunst und Wissenschaft in England. 283 Darin untersucht er die Entwicklung der rechtlichen Stellung der Frau durch die Geschichte, ausgehend vom alten Testament über das antike Griechenland, das römische und germanische Recht bis hin zu den modernen Rechtssystemen. Hierbei angelangt, zieht er Vergleiche zwischen dem englischen, französischen und deutschen Recht, wobei er bei letzterem das System des BGB zu Grunde legt. Allgemein erscheint ihm die Stellung der Frau im deutschen Eherecht viel besser als nach dem französischen Code Civil, was er unter anderem an der Vorschrift des Aufenthaltsbestimmungsrechtes des Ehemannes (§ 1354 BGB a.F. 2 8 4 ) festmacht: „Even the language in which the German rule is expressed is far more courteous than that of the corresponding French provision, which orders the wife to pay implicit obedience to her husband, and in substance no less than in form the German rule is more favourable to the w i f e . " 2 8 5 Ein gewisses Augenzwinkern zeigt sich in der folgenden Bemerkung zu der Einschränkung der Entscheidungsgewalt gemäß § 1354 Abs. 2 BGB a.F.: „Furthermore, and most important of all, [...] the wife is not bound to obey her husband's decision ,where it constitutes a misuse of his rights'. Now - at any rate, in the opinion of most wives - every decision they do not agree with must be regarded as a 282

Schuster , The History and the Present Condition of the German Divorce Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 10 (1909-10), S. 229, 238. 283 Schuster , Die Ehefrau in alter und neuer Zeit. Eine sittengeschichtliche Skizze. Berlin 1911. Die englische Fassung, aus der im Folgenden zitiert wird, erschien in zwei Auflagen: Schuster, The Wife in ancient and Modem Times, London 1911, 2. Auflage London 1914. 284 § 1354 BGB a.F. lautete: Dem Manne steht die Entscheidung [...] zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung. Die Frau ist nicht verpflichtet, der En scheidung des Mannes Folge zu leisten, wenn sich die Entscheidung als Mißbrauch seines Rechtes darstellt. 285 Schuster, The Wife in ancient and Modern Times, S. 88.

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misuse of material rights, and so very little remains of the absolute power of the husband." 286 Auf liberalen Prinzipien basiere auch das Sorgerecht des BGB, was sich bereits daran ablesen lasse, daß nicht mehr von „väterlicher", sondern geschlechtsneutral von „elterlicher" Gewalt die Rede sei. 2 8 7 Im Vergleich zum englischen Recht seien die Regelungen des BGB jedenfalls hinsichtlich des Güterrechts jedoch weniger liberal als die englischen, die eine weitgehendere Vertragsfreiheit zuließen. 288 Großes Lob zollt Schuster dem Scheidungsrecht des BGB. „Peculiar" sei zwar die Regelung des § 1569 BGB a.F. (Geisteskrankheit als Scheidungsgrund). 2 8 9 Aber ansonsten sei Deutschland England weit voraus. Das deutsche System sei „far more rational and at the same time far more in accordance with the dictates of justice and morality". 2 9 0 Gerade angesichts der Realität vieler tatsächlich gescheiterter Ehen sei es „the hollowest of mockeries to keep up the externals", wie es restriktiven Regeln des englischen Rechtes leider oftmals zur Folge hätten. 291 Sein Fazit ist gleichzeitig ein Plädoyer für eine Reform des englischen Scheidungsrechtes nach deutschem Muster: „The remedy must be sought in the manner proscribed by German l a w . " 2 9 2 Von den genannten Stellen abgesehen, geht Schuster nicht weiter auf den Inhalt des BGB ein, und er stellt auch keine Einzelregelungen dar. Der Vortrag ist insgesamt eher essayistisch im Stil gehalten und viele Verweise auf historische Gegebenheiten anekdotisch. Schuster hatte keinen wissenschaftlichen Aufsatz und schon gar kein Lehrbuch zu diesem Thema schreiben wollen, sondern seine Zuhörer bzw. Leser einerseits unterhalten und andererseits auf die mit der rechtlichen Stellung der Frau zusammenhängenden gesellschaftspolitischen Aspekte aufmerksam machen wollen. Ausgehend von einem durchaus konservativen Standpunkt, machte er sich insgesamt stark für eine weitgehende Verbesserung der Situation der Frauen im Sinne einer weitergehenden Gleichstellung der Frauen, insbesondere im Scheidungsrecht, in dem in England die Frau immer noch stark benachteiligt war: „ I have tried to tell the truth with a smiling face. [...] The position which the commonly received views allocate to woman is one which does injustice to her powers, and which, while it deprives public affairs of a 286 287 288 289 290 291 292

Schuster , Schuster , Schuster , Schuster , Schuster , Schuster , Schuster ,

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and Modem Times, S. 88. and Modem Times, S. 88 f. and Modem Times, S. 86 ff. and Modem Times, S. 99. and Modem Times, S. 90. and Modem Times, S. 102. and Modern Times, S. 101.

2. Abschnitt: Ernest Joseph Schuster

123

useful and almost necessary element, causes many human lives to be wasted in frivolous and degrading pursuits." 293 Daß Schuster jedenfalls in England einen Nerv der Zeit getroffen hatte, zeigt die Tatsache, daß die englische Version seines Vortrages innerhalb kurzer Zeit zwei Auflagen in Buchform erfuhr. 2 9 4 Im Vorwort zur zweiten Auflage deutet Schuster Umfang und Heftigkeit der Kritik, die er mit seiner eindeutigen öffentlichen Stellungnahme ausgelöst hatte, kurz an. 2 9 5 Die Buchfassung hat Schuster übrigens seiner Ehefrau Hilda gewidmet.

2. Sonstige Erwähnungen des BGB durch Schuster Schuster erwähnte das BGB bzw. einzelne Regelungen daraus beinahe in jeder seiner Veröffentlichungen, auch, wenn diese eigentlich andere Themen zum Gegenstand hatten. So verfaßte Schuster wie schon im vorangegangenen Jahr auch 1902 den Beitrag über die damals aktuelle Rechtsentwicklung und die Gesetzgebungstätigkeit im Deutschen Reich im Rahmen des alljährlichen „Review of Foreign Legislation" im Journal of the Society of Comparative Legislation. Das Bürgerliche Gesetzbuch findet darin in der Form Erwähnung, daß eine Reihe von anderen Gesetzen - genannt bzw. knapp dargestellt werden unter anderem das Verlagsgesetz und das Urheberrechtsgesetz von 1902 als Ausflüsse der allgemeinen Konsolidierung und Vereinheitlichung des deutschen Rechtes nach Inkrafttreten des BGB gehandelt werden. Inhaltlich geht Schuster an dieser Stelle jedoch nicht näher auf das BGB e i n . 2 9 6 Im Jahre 1903 veröffentlichte das Journal of the Society of Comparative Legislation einen Artikel von Schuster, der gleichsam als Leitfaden für die kommerzielle Betätigung britischer Unternehmen im Deutschen Reich konzipiert i s t . 2 9 7 Darin behandelt Schuster eine Reihe von Fragen mit höchst praktischer Bedeutung, angefangen von der Anerkennung des Körperschaftsstatus einer britischen „company" über die Genehmigungserfordernisse nach der Reichsgewerbeordnung und den Landesgesetzen bis hin zu der Frage, welche Steuern, Zölle und sonstige Abgaben zu erwarten sind. Im Zusammenhang mit der Frage, welche Kapitalsicherungsmöglichkeiten 293

Schuster, The Wife in ancient and Modem Times, S. X. Schuster, The Wife in ancient and Modem Times, London 1911, 2. Auflage London 1914. 295 Schuster, The Wife in ancient and Modem Times, 2. Auflage, London 1914, Vorwort S. VII ff. 296 Schuster, Review of Foreign Legislation 1901: Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 4 (1902), S. 187-194. 297 Schuster, British Companies in Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 5 (1903-Ό4), S. 100-108. 294

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

das deutsche Recht bietet, finden als einzige Vorschriften aus dem bürgerlichen Recht die §§ 1187 und 1189 BGB (Sicherungshypothek für Wertpapiere und Grundbuchvertreter mit entsprechender beschränkter Vertretungsmacht) Erwähnung. Schuster hält fest, daß der Grundbuchvertreter nach Maßgabe des § 1189 BGB eine deutlich schwächere Position als der englische „trustee" habe. Im Jahre 1904 wurde im Law Quarterly Review unter der Rubrik der neu erschienenen Fachliteratur das Werk des deutschen Juristen Friedrich Karl Neubecker mit dem Titel „Der abstrakte Vertrag in seinen historischen und dogmatischen Grundzügen" von 1903 vorgestellt. 298 Rezensent war Schuster. Er nutzt den Rahmen der Buchbesprechung, um dem englischen Publikum das dem neuen deutschen bürgerlichen Recht zu Grunde liegende Abstraktionsprinzip zu erklären: „The word »Vertrag' includes not only contracts in the ordinary sense of the word, but also such mutual transactions as do not aim at the creation of an obligation but by which the property is transferred from one person to another. A transaction in the nature of a »Vertrag* is called »abstract4 if it is looked upon as effective without reference to the object for which it is entered upon (causa) [...]." 299 Schuster streift kurz den dogmatischen Streit um das Abstraktionsprinzip in der deutschen Rechtswissenschaft und deutet die Überlegungen an, die zu seiner Festschreibung im System des BGB führten, und ebenso die Problemfälle, die seine Anwendung eröffnet. Hier stellt er kurz das Wechselspiel von Abstraktionsprinzip und § 138 BGB sowie die Bedeutung von § 817 BGB dar. Neubeckers Arbeit beurteilt Schuster übrigens als zwar sehr sorgfältig ausgeführt, aber angesichts einiger gravierender Mängel in der Darstellung der Bedeutung von causa und „consideration" im englischen Recht nicht zur Empfehlung an seine Landsleute geeignet. In einem Beitrag für das Journal of the Society of Comparative legislation von 1904 beschäftigt sich Schuster mit dem Recht der Warentermingeschäfte in Großbritannien und in einigen europäischen Staaten, darunter auch das Deutsche Reich. 3 0 0 Vornehmlich stellt Schuster das deutsche Börsengesetz von 1896 und dessen Schwachstellen („that Act was a failure" 3 0 1 ) sowie die daraus resultierenden Verbesserungsbemühungen vor, 298

Schuster, Neubecker: Der abstrakte Vertrag in seinen historischen und dogmatischen Grundzügen (Buchbesprechung), The Law Quarterly Review, Band 20 (1904), S. 203-204. 299 Schuster, Neubecker: Der abstrakte Vertrag in seinen historischen und dogmatischen Grundzügen (Buchbesprechung), The Law Quarterly Review, Band 20 (1904), S. 203-205. 300 Schuster, Time Bargains in Stock and Produce, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 121-128. 301 Schuster, Time Bargains in Stock and Produce, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 121, 127.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

125

daneben gibt er aber auch die für derartige Differenzgeschäfte einschlägige zivilrechtliche Regelung des § 764 BGB in einer eigenen englischen Übersetzung wieder, ohne sie jedoch näher zu kommentieren. 302 Schuster arbeitete auch an dem rechtsvergleichenden Gutachten zur Frage der nachträglichen Legitimation unehelicher Kinder durch Heirat mit, welches die Society of Comparative Legislation 1904 im Auftrag der Behörden von Jamaika erstellte und in dem die insoweit einschlägigen §§ 1719-1722 BGB a.F. berücksichtigt wurden. 3 0 3 Dritter Abschnitt

Allgemeine Darstellungen Die ersten umfassenden Darstellungen des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches bestanden in mehr oder minder umfangreichen Beiträgen in Fachzeitschriften. Die ersten Darstellungen dieser Art, angefangen mit den beiden genannten Artikeln von Schuster 304, erschienen 1896 bis 1897, teilweise noch vor Abschluß des Gesetzgebungsverfahrens. Eine zweite Welle folgte unmittelbar vor bzw. kurz nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900. Auch anschließend erschienen noch eine Reihe weiterer Veröffentlichungen, deren Autoren sich eingehender mit dem BGB als solchem und in der Gesamtheit seiner Regelungen befaßten. Dies geschah auch noch nach 1907, als mit Schusters „Principles of German Civil L a w " 3 0 5 das Maßstäbe setzende Lehrbuch des deutschen Zivilrechts in englischer Sprache und die erste Übersetzung des B G B 3 0 6 erschienen waren.

I. Arthur Ameisen (1899) „Some Features of the New Civil Code of the German Empire" stellte Arthur Ameisen den Lesern des American Law Review kurz vor dem 302

Schuster, Time Bargains in Stock and Produce, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 121, 123. Weder Wang noch Loewy haben diese Übersetzung übernommen. Siehe dazu Anhang A unter Punkt 7. 303 FitzPatrick , Legitimation by Subsequent Marriage, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 22^5. 304 Schuster , The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) S. 17-35; ders., The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191-211. 305 Schuster , Principles of German Civil Law, London 1907. Siehe dazu oben den Zweiten Teil, Zweiter Abschnitt, III. 306 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. Siehe dazu den Zweiten Teil, Vierter Abschnitt, I.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Inkrafttreten des BGB v o r . 3 0 7 Auch er gibt zunächst einen kurzen Überblick über Vorbereitung und Aufbau des Bürgerlichen Gesetzbuches. Inhaltlich greift Ameisen die Regelungen des Einführungsgesetzes zum internationalen Privatrecht und die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Stellung der Ehefrau heraus, mit denen er sich ausgesprochen kritisch auseinandersetzt. Vorgestellt werden die Art. 7, 13 bis 17, 19, 22, 24, 25, 27 und 30 EGBGB, Art. 7 E G B G B 3 0 8 wird sogar übersetzt: „The capacity of a person to act is judged by the laws of the country to which the person belongs. A foreigner who is of full age, or enjoys the status of majority, upon acquiring the German nationality retains the legal status of majority, even though he would not be of full age by German law. I f a foreigner undertakes the performance of an act in law for which he possesses no capacity, or if his capacity is only partial, he will be regarded as capable to act in so far as he may be able to act by German law. This provision finds no application to acts in law relating to domestic relations and succession, as well as to acts in law whereby real property situate in a foreign country is disposed o f . " 3 0 9 Die Regelung des Art. 7 Abs. 3 EGBGB kritisiert Ameisen scharf, da sie eine Diskriminierung von Ausländern im deutschen Recht begründe. 310 Anschließend wendet sich Ameisen den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu. Hier zeigt er sich überrascht von der im Vergleich zur Regelungsdichte in anderen Bereichen relativen Dürre und Unvollständigkeit („meagerness and certain lack of completeness" 311 ) der Rechte der Ehefrau. Er beschreibt kurz das eheliche Güterrecht des BGB, unter dem 307

Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396-407. 308 Art. 7 EGBGB a.F. (Geschäftsfähigkeit) lautete: (1) Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Person angehört. (2) Erwirbt ein Ausländer; der volljährig ist oder die rechtliche Stellung eine Volljährigen hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er die rechtliche Stellung eines Volljährigen, auch wenn er nach den deutschen Gesetzen nicht volljährig ist. (3) Nimmt ein Ausländer im Inland ein Rechtsgeschäft vor, für das er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, so gilt er für dieses Rechtsgeschäft insoweit als geschäftsfähig, als er nach den deutschen Gesetzen geschäftsfähig sein würde. Auf familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte sowie auf Rechtsgeschäfte, durch die über ein ausländisches Grundstück verfügt wird, findet diese Vorschrift keine Anwendung. 309 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, 400. 310 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, 400 f. Siehe hierzu auch unten: Zweiter Teil, Sechster Abschnitt, VI. 311 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, 404.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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Blickwinkel der güterrechtlichen Stellung der Ehefrau. Er enthält sich zwar einer Bewertung der Regelungen, doch vermißt er eine klarstellende Klausel, wonach der Ehefrau ausdrücklich das Recht der freien Verfügung über ihr Vorbehaltsgut, auch von Todes wegen, zugestanden w i r d . 3 1 2 Höchst eigentümlich („the superlative of peculiar" 3 1 3 ) erscheint Ameisen die Erlangung der Rechtsfähigkeit mit Vollendung der Geburt („completion of birth") gemäß § 1 BGB, was der in nahezu allen anderen Rechtsordnungen bestehenden Regel diametral entgegengesetzt sei. Bemerkenswert sind die Hinweise am Ende des Artikels auf die praktischen Probleme, welche die baldige Einführung des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches für die gesamte deutsche Juristenschaft mit sich bringe: „[The] Code works an almost unprecedented revolution in the jural life of the German Empire. It may well be questioned whether an upheaval of like extent has ever taken place anywhere." 314 Ameisen berichtet noch von den überall angebotenen Fortbildungsveranstaltungen für Anwälte und Richter und den Vortragsreisen bekannter Rechtswissenschaftler in den letzten Monaten vor Inkrafttreten des BGB. Interessant erscheint noch die Übersetzung einzelner Ausdrücke durch Ameisen: „Act in law" wird für Rechtsgeschäft verwendet 315 , „dotal" und „extra-dotal" bzw. „paraphernalia" für eingebrachtes Gut und Vorbehaltsgut.316

I I · Ernst Freund (1899) Im Dezember 1899 befaßte sich der deutsch-amerikanische Jurist Ernst Freund ausführlich mit dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuch. 317 Freund war 1864 während einer Reise seiner Eltern in den USA geboren worden und hatte demnach die amerikanische Staatsbürgerschaft. Aufgewachsen war er in Deutschland, wo er Rechtswissenschaften studiert und 1884 in Heidelberg promoviert hatte. Im selben Jahr war er in die Vereinig312

Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, 404 ff. 313 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, 406. 314 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, 407. 3,5 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, 400. 316 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, 405. 317 Freund, The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (1899— 1900), S. 627-637.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

ten Staaten ausgewandert, wo er sich zunächst in New York als Rechtsanwalt niederließ. Später begann er eine akademische Karriere und wurde ordentlicher Professor für Verwaltungsrecht an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität von Chicago, von wo aus er unter anderem großen Einfluß auf die verfassungsrechtliche Diskussion in den USA nahm. Er gilt als Begründer des amerikanischen Verwaltungsrechts und der Gesetzgebungslehre. Er starb 1932. 3 1 8 Auch Freund gibt seinen Lesern zunächst eine kurze Einführung in den Rechtszustand, der durch die Kodifikation beendet werden sollte. In knappen Worten wird die Schaffung der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen durch die Ausstattung des Reiches mit der Gesetzgebungskompetenz für das gesamte Zivilrecht erwähnt. Danach „the government proceeded with a deliberation and thoroughness corresponding to the task". 3 1 9 Freund schildert die Arbeit der Vorkommission und der ersten Kommission. Deren „Motive" seien „undoubtedly [...] the most valuable treatise on comparative jurisprudence ever published." 3 2 0 Freund faßt die Kritik am ersten Entwurf hinsichtlich Sprache und zu starker Ausrichtung am römischen Recht zusammen und weist namentlich auf Gierkes Beiträge in der Diskussion hin. Die Arbeit der zweiten Kommission und das Gesetzgebungsverfahren werden eher knapp geschildert; ein Hinweis auf die gerade im Druck befindlichen „Protokolle" und die „Denkschrift" des Bundesrates fehlt nicht. Der besondere Verdienst von Planck bei der Erarbeitung des zweiten Entwurfes wird gewürdigt. Hinsichtlich des materiellen Gehaltes des BGB beschränkt Freund sich darauf, einen kurzen Überblick über die Gesetzessystematik zu vermitteln, und versucht ansonsten anhand einiger Regelungen, die ihm besonders auffällig erscheinen, die allgemeinen Grundlinien und Prinzipien aufzuzeigen. Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) enthalte unter anderem praktisch das gesamte internationale Privatrecht. Damit sei es seines Wissens nach die erste Zusammenfassung „of an interesting 318

Die biographischen Daten stammen von: Reimann, Historische Schule und Common Law, Die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts im amerikanischen Rechtsdenken, S. 294; Reitz, The Influence of Emst Freund on American Law, in: Der Einfluß deutscher Emigranten auf die Rechtsentwicklung in den USA und Deutschland, hrsg. von Marcus Lutter, Tübingen 1993, S. 423-435. 3,9 Freund, The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 ( 1899— 1900), S. 627, 628. 320 Freund, The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 ( 1899— 1900), S. 627, 629.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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branch of the law of rapidly growing importance" in einem Gesetz überhaupt. 3 2 1 Zum Regelungsbereich des BGB bemerkt Freund kritisch, daß nach wie vor wichtige Rechtsbereiche in anderen Gesetzen geregelt seien, vor allem hinsichtlich Fragen von kommerzieller Bedeutung wie das Handels- und Wechselrecht. Im Allgemeinen Teil („a miscellaneous collection of provisions which did not seem to belong exclusively to any one of the other four books" 3 2 2 ) fallen Freund insbesondere das Recht der Todeserklärung gemäß §§ 13 ff. BGB und, als „novel principles", die Regelung des § 7 Abs. 2 BGB, wonach ein Wohnsitz an mehreren Orten gleichzeitig sein könne, und der Schutz des Rechtes am eigenen Namen gemäß § 12 BGB auf. Sehr fortschrittlich, wenn nicht sogar gewagt, sei das Konzept des BGB hinsichtlich der Frage, ab wann die Beeinträchtigung eines Interesses rechtlich sanktionierbar sein solle. Die §§ 226 und 826 bedeuteten im Endeffekt, daß reine Böswilligkeit bereits rechtliche Konsequenzen nach sich ziehe: „Upon the fundamental question, what constitutes a legal wrong? the Code takes on the whole an advanced position. [...] This is a full recognition of malice as a cause of action, and it may perhaps be carried to dangerous applications." 323 § 903 BGB bedeute zwar auf den ersten Blick eine „extreme assertion of the right of ownership", sei aber durch die §§ 904 ff. BGB etc. in vielfältiger Weise eingeschränkt. Gleiches gelte für die Vertragsfreiheit, die eine wichtige Begrenzung durch § 138 BGB erfahre. In diesem Zusammenhang seien auch die Selbsthilferechte zu sehen. Diese wechselseitigen Begrenzungen von Rechten und Pflichten seien charakteristisch für den „social spirit" 3 2 4 des BGB, dafür „how careful the code is to avoid a conflict between legal right and common sense." 325 Bemerkenswert erscheint Freund die relativ geringe Zahl an Paragraphen, die das Deliktsrecht ausmachten. Eine große Zahl an „torts" sei bereits durch die „simple provision" des § 823 Abs. 1 BGB gedeckt. Aus321 Freund, The 1900), S. 627, 630. 322 Freund, The 1900), S. 627, 631. 323 Freund, The 1900), S. 627, 631. 324 Freund, The 1900), S. 627, 632. 325 Freund, The 1900), S. 627, 632. 9 Dittmann

New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (1899New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (1899New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (1899New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (1899New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (1899-

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

drücklich genannt werden die §§ 824, 825 und die Tierhalterhaftung, der besonderen Erwähnung werden die Regelungen der §§ 829, 843, 847 und 254 für wert befunden. 326 Im Schuldrecht wird die grundsätzliche Formfreiheit von Verträgen und Entbehrlichkeit einer Gegenleistung („consideration") herausgestellt. Mit Bezug auf letzteres wird aber auf die Bereicherungseinrede gemäß § 821 BGB hingewiesen. Die Anfechtungsvorschriften werden kurz erwähnt, ebenso die Zulässigkeit eines Vertrages zugunsten Dritter gemäß § 328 BGB. Als besondere Vorschriften für den Fall einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nach Vertragsschluß werden §§ 519, 610 BGB erwähnt, weiterhin die Verwirkung des Mäklerlohns bei Doppeltätigkeit gemäß § 654 BGB und die Besonderheit der Naturalobligationen gemäß §§ 656, 764 BGB („void, but what has been paid in accordance with it cannot be recovered" 3 2 7 ). Kurz wird das Dienstvertragsrecht erwähnt, das im Reichstag auf Betreiben der Sozialdemokraten besonders umstritten gewesen sei und dessen „perhaps [...] most noteworthy provision" § 624 BGB sei. 3 2 8 Im Sachenrecht streicht Freund besonders das Publizitätsprinzip heraus. Dabei dienten die Registrierung bei Grundstücksgeschäften wie die Übergabe („delivery") bei beweglichen Sachen („personal property") keineswegs nur der Dokumentation bzw. Erfüllung der Transaktion, sie seien vielmehr WirksamkeitsVoraussetzung. „Of great importance" seien die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb beweglicher Sachen, die kurz in ihrer Wirkung beschrieben werden. § 816 BGB wird an dieser Stelle erwähnt. Beim Familienrecht 329 weist Freund darauf hin, daß die Zivilehe Objekt des vehementen Widerstandes der katholischen Kirche gewesen sei: „The enactment of the Code furnished an opportunity to reopen the question of civil marriage, which had already been decided by a law of 1874. [...] A l l that the Catholic party [...] could obtain was the insertion of [...] § 1588, a provision without legal significance, but of possible moral value." 3 3 0 Bei den Wirkungen der Ehe hält Freund die Regelungen der §§ 1354, 1355, 326

Freund, The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 632. 327 Freund, The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 633. 328 Freund, The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 633. 329 Zum damaligen englischen Ehe- und Scheidungsrecht und zu den wichtigsten Unterschieden zum deutschen Recht siehe oben: Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, IV, 1, Fußnote 277. 330 freund The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 635.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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1366 und 1360 BGB für erwähnenswert. Er zählt die Scheidungsgründe auf und streicht § 1569 (Geisteskrankheit eines Ehegatten) heraus: „Perhaps no other provision of the Code was so hotly contested". 331 Das eheliche Güterrecht faßt er äußerst knapp zusammen. Zum politischen und gesellschaftlichen Hintergrund der Vorschriften bemerkt Freund: „ A strong plea was made for the principle of separate property rights of married women, and the women's clubs and societies pronounced in favour of it; but the prevailing opinion was that, while this might be the system of the future, for the present it ran counter to German ideas and customs, especially among the peasant classes [ . . . ] . " 3 3 2 Die Vorschriften zum ehelichen Güterrecht illustrierten die eher konservativen Züge, die auch sonst die Kodifikation beherrschten. Allerdings sei dies, nach Meinung von Freund, bei der Konsolidierung vieler verschiedener Rechtssysteme wohl unvermeidlich und habe jedenfalls das Gesetzgebungsverfahren erleichtert. 333 Insgesamt ordnet Freund das Bürgerliche Gesetzbuch folgendermaßen ein: „The enactment of the Civil Code nearly concludes the work of systematic codification which has been going on in Germany during the last fifty years, and which the annals of legal history parallel only in the legislation of Justinian and that of Napoleon. The Civil Code is properly regarded as the climax of this w o r k . " 3 3 4 Nicht zuletzt das Datum, an dem das neue Gesetzeswerk in Kraft trete, symbolisiere die Bedeutung des Ereignisses für das Deutsche Reich, nämlich „the consummation of legal unity, which confirms the political unity achieved thirty years ago." 3 3 5 Unter dem Übersetzungsaspekt ist interessant, wie Freund im Rahmen seiner Darstellung der wichtigsten Vorschriften des BGB einige Paragraphen zwar nicht explizit übersetzt, aber im fortlaufenden Text paraphrasiert. § 138 BGB habe die Wirkung, daß „any contract which through exploitation of the improvidence, inexperience, or the necessities of the obligor exacts a manifestly excessive return for the consideration moving from the obligee" unwirksam sei. 3 3 6 331 Code, Harvard Freund , The New German Civil 1900), S. 627, 635. 332 Code, Harvard Freund , The New German Civil 1900), S. 627, 635. 333 Code, Harvard F re und y The New German Civil 1900), S. 627, 636. 334 Code, Harvard Freund, The New German Civil 1900), S. 627, 636. 335 Code, Harvard Freund, The New German Civil 1900), S. 627.

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Law Review, Band 13 (1899Law Review, Band 13 (1899Law Review, Band 13 (1899Law Review, Band 13 (1899Law Review, Band 13 (1899-

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Bemerkenswert ist die Verwendung der Romanismen „obligor" und „obligee" für den Berechtigten und den Verpflichteten. „Consideration moving" ist ein Fachausdruck des englischen Rechts für die Gewährung einer Gegenleistung. § 226 BGB: „The exercise of a right is not allowed where its only purpose can be to inflict injury upon another." 337 § 229 BGB: „allowing a claimant to take, destroy, or damage property, or to arrest the person obligated if there is a danger of his escape, or to overcome by force resistance to an act which a person is under obligation to suffer, provided in all these cases that authoritative aid cannot be obtained in time to avert the danger of losing the claim, or having its realization unduly jeopardized." 338 Abermals werden die Romanismen „the person obligated" und „obligation" als Verpflichteter bzw. Verpflichtung verwendet. Damit wird deutlich, daß Freund bemüht ist, trotz des Fehlens äquivalenter Begriffe in der englischen Rechtssprache die strenge Begrifflichkeit des BGB konsequent nachzuzeichnen. § 823 Abs. 1 BGB: „Everyone is liable for the damage he does by an illegal, intentional or negligent violation of the life, body, health, liberty, property, or other right of another." 339 Ein interessanter Lapsus ist hier bei der Zeichensetzung zu beobachten, die eine - fälschliche - Gleichwertigkeit der Attribute „illegal", „intentional" und „negligent" nahelegt. § 826 BGB: „Whoever intentionally inflicts injury upon another in a manner contrary to the common standards of right conduct shall be liable for damages." 340 Die „guten Sitten" werden nicht unpassenderweise als „common standards of the right conduct" wiedergegeben. § 847 BGB: „Where an injury inflicted affects body, health, liberty, or female honor, the damages recoverable are not limited to pecuniary loss." 3 4 1 336 Freund , The New 1900), S. 627, 632. 337 Freund , The New 1900), S. 627, 631. 338 Freund , The New 1900), S. 627, 632. 339 Freund , The New 1900), S. 627, 632. 340 Freund , The New 1900), S. 627, 631.

German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 ( 1899— German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 ( 1899— German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (1899German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (1899German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 ( 1899—

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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In der Darstellung des Sachenrechts fällt die Verwendung von „delivery" und „personal property" für „Übergabe" und „bewegliche Sachen" auf; letzterer scheint den Sinn des deutschen Wortes nicht ganz zu treffen. Beim Eherecht wird die Schlüsselgewalt der Ehefrau wird als „power of the keys" übersetzt. 342

I I I . Adolph Eichholz (1901) Ein Jahr nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches beschäftigte sich Adolph Eichholz aus Philadelphia im American Law Review eingehend damit. 3 4 3 In seinem Aufsatz werden weniger einzelne Vorschriften dargestellt, sondern es wird der Versuch unternommen, die dem gesamten Regelwerk zu Grunde liegenden Leitlinien und Prinzipien herauszuarbeiten. Deutlich weist Eichholz auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem deutschen und englischen Recht hin. Soweit er einzelne Regelungen nennt, verzichtet er auf die Angabe der jeweiligen Paragraphen. Auch Eichholz beschreibt zunächst die Hintergründe („greatest confusion" des Rechts; er verweist in diesem Zusammenhang übrigens auf Schusters fünf Jahre zuvor erschienen Artikel im Law Quarterly Review 344) und die Entwicklung der Kodifizierungen in Deutschland seit Ende des 18. Jahrhunderts. Detailliert geht er auf die Arbeit der Vorkommission und der ersten Kommission ein, die zweite Kommission und das Gesetzgebungsverfahren werden vergleichsweise knapp abgehandelt. Inhaltlich grenzt Eichholz zuerst den Regelungsumfang des BGB ein („It is confined to the domain of private rights"345). Die Sprache beurteilt er wie folgt: „simple language [...] singularly devoid of technical phraseology [...]. It reads almost like a text-book with all the reasoning omitted." 3 4 6 Die Normtechnik bestehe in der Formulierung von generellen Regelungen, jeweils gefolgt von Modifikationen der Regel in bestimmten Umständen. 341

Freund, The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 632. 342 Freund, The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 635. 343 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190-213. 344 Schuster, The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) S. 17-35. 345 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 193. 346 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 193.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Zum materiellen Gehalt des BGB bemerkt Eichholz'. „[Much] that appears new to the German lawyer, has, for a long time, been a part of the systems formed upon the English Common L a w . " 3 4 7 Die rechtliche Behandlung natürlicher und juristischer Personen entspreche weitgehend der in England, „without regard to feudal or class distinc«.· 348 tions . Allgemein sei das neue deutsche Gesetzeswerk von einem „commercial spirit" durchdrungen. Schuld- und Sachenrecht seien von der Zielsetzung geprägt, eine optimale Verkehrsfähigkeit von Gütern und Rechten zu erreichen, die schnelle Abwicklung von Geschäften zu ermöglichen und gleichzeitig für eine Klarstellung der Verhältnisse bei allen Transaktionen zu sorgen. Diese Zielsetzungen hätten ihren Niederschlag unter anderem in den Regeln zum gutgläubigen Eigentumserwerb, im Kaufrecht und der Abtretung von Forderungen gefunden. Ausdrücklich werden hier die Vorschriften der §§ 932, 1006 BGB, der §§ 459 ff. BGB, und dabei besonders die Garantiehaftung bei zugesicherten Eigenschaften und die kurze Verjährungsfrist der Gewährleistungsansprüche, und der §§ 405-407 BGB hervorgehoben. 349 Den gleichen Zielen dienten Vorschriften wie die Benachrichtigungspflicht bei der Übernahme von Hypothekenschulden (§416 BGB), der Anspruch des Schuldners auf Quittung (§ 368 BGB) oder die Regeln für die Anrechnung einer Leistung bei mehreren Forderungen (§ 366 BGB). Vor allem die beiden letztgenannten Regelungen, die im englischen Recht unbekannt seien, böten ausgesprochene praktische Vorteile. 350 Einen dynamischen Interessenausgleich bewirkten die zahlreichen Vorschriften zum wechselseitigen Schutz der Vertragsparteien, zum Vertrauensschutz und zur Anpassung der Rechtslage bei unvorhergesehenen Ereignissen: „[The] code attempts to adjust the rights of the parties according to what are considered the natural equities of the situation, rather than permit a strict adherence to the terms of the contract." 351 Das zu Grunde liegende 347 Eichholz , The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 194. 348 Eichholzy The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 193. 349 Eichholz , The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 194. 350 Eichholz , The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 197. 351 Eichholz , The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 197.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen Prinzip bestehe darin, daß auch moralische Verpflichtungen Rechtslage auswirken könnten: „The purpose appears to make a contract meet their moral obligations resulting therefrom. In a man must keep his promise unless the fulfillment of the manifestly unfair to him [. . . ] . " 3 5 2

135 sich auf die all parties to other words, obligation is

In diesem Zusammenhang beschreibt Eichholz kurz die Regelungen der §§ 307, 323, 1133 und 649 BGB und versucht anschließend die genannten Grundsätze anhand der Vorschriften über die Schenkung aufzuzeigen, welche er ausführlich darstellt. Ausfluß des Gedankens des Interessenausgleichs nach moralischen Grundsätzen seien auch die Duldungspflichten des Hauseigentümers (§912 BGB) und wiederum deren Begrenzung. Aus einigen Vorschriften des BGB leitet Eichholz eine gewisse Tendenz der staatlichen Einmischung in private Angelegenheiten ab („paternalism of the German government" 353 ), namentlich anhand der Genehmigungspflichten im Vereinsrecht und der Schutzvorschriften im Dienstvertragsrecht, welche er kurz erwähnt. Allerdings hält er diese Einschränkungen der Vereinigungs- bzw. Vertragsfreiheit durch das dahinter stehende öffentliche Interesse weitgehend für gerechtfertigt: „[Even] our courts [exercise a certain amount] of police power", bzw. „the same spirit of humanity has led to the enactment of many of the labor laws [...] in England and the United States." 354 Grundverschieden vom englischen Recht sei das Mietrecht des BGB. Hier stellt Eichholz das System der wechselseitigen Rechte und Pflichten vor, unter anderem die Pflicht des Vermieters, die Mietsache in vertragsgemäßem Zustand zu erhalten (§ 536 BGB), die Möglichkeit des Mieters, die Miete gegebenenfalls zu mindern (§ 537 BGB), und seine Mitteilungspflicht bei Mängeln (§ 545 BGB). Als eine Regelung, die zwar „exceedingly liberal" und sehr viel vermieterfreundlicher als das englische System sei, aber große Vorteile in der Praxis mit sich bringen könnte, sieht Eichholz das Vermieterpfandrecht gemäß § 559 BGB an. 3 5 5 Aus dem Deliktsrecht hebt Eichholz die Regelungen über die beschränkte Deliktsfähigkeit von Kindern und Geisteskranken und deren Einschränkung durch § 829 BGB hervor, zusätzlich die Tierhalterhaftung und die Möglichkeit der Zahlung einer Geldrente gemäß § 843 BGB. 352

Eichholz, The (1901), S. 190, 198. 353 Eichholz, The (1901), S. 190, 200. 354 Eichholz, The (1901), S. 190, 200. 355 Eichholz, The (1901), S. 190, 195 f.

New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Im Familienrecht 356 fällt Eichholz vor allem die große Sorgfalt auf, mit der die einzelnen Vorschriften gestaltet worden seien, und die Vielfalt der geregelten Einzelheiten. Beispielhaft zählt er einige Regelungen aus dem Abschnitt über die Verwandtschaft auf, unter anderen §§ 1591, 1592 BGB. Das eheliche Güterrecht zeichnet er in Grundzügen nach. Die relative Ausführlichkeit dieser Regelungen erklärt er sich so: „Since the marriage ceremony is regarded as a civil act [...], its purely material aspect is given much consideration." 357 Insgesamt sei man hinsichtlich der rechtlichen Gleichstellung der Frau in Deutschland aber noch nicht so weit wie in den angelsächsischen Ländern: „The new law has made strides in the direction of securing the property rights of married women. The advance is not as great as that made in England and America." 3 5 8 Eichholz zählt kurz die zulässigen Scheidungsgründe auf, wobei er besonders auf die „viel kritisierte" Vorschrift des § 1569 BGB (Geisteskrankheit als Scheidungsgrund) hinweist, und nennt die wichtigsten Folgen der Scheidung. 359 Kurz stellt er das Vormundschaftsrecht dar. Für gut befindet Eichholz in diesem Zusammenhang die vom BGB vorgesehenen Einschränkungen der elterlichen Gewalt („in the interest of children" 3 6 0 ). Ein bedeutender Fortschritt („considerable progress") sei hinsichtlich der rechtlichen Stellung unehelicher Kinder erzielt worden. Die Möglichkeit der nachträglichen Legitimation und die Unterhaltspflicht des Vaters machten endlich ein Ende mit diesem „barbarism that punishes the innocent child", welcher in den Ländern des Common Law immer noch vorherrschend sei. 3 6 1 Auch im Erbrecht macht Eichholz einige vorbildliche Neuerungen aus. Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten gemäß § 1931 BGB stelle „a great 356

Zum damaligen englischen Ehe- und Scheidungsrecht und zu den wichtigsten Unterschieden zum deutschen Recht siehe oben: Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, IV, 1, Fußnote 277. 357 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 204. 358 EichholZy The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 203. 359 EichholZy The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 206 f. 360 EichholZy The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 205. 361 EichholZy The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 207.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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advance" dar, ebenso die Einführung des gesetzlichen Erbersatzanspruches des unehelichen Kindes gemäß § 1712 BGB. Detailliert erläutert er die Regelungen über die Testamentserrichtung („most elaborate provisions") und das Pflichtteilsrecht. Zusammen mit der Einrichtung des Nachlaßgerichtes („excellent registry system") böten diese Vorschriften beträchtliche Vorteile im Vergleich zum Common Law, welches für Gatten und uneheliche Kinder nur das testamentarische Erbrecht kenne: „To summarize, [...] so much care is taken [in the German law...] that it is almost impossible for questions of the testamentary capacity or undue influence of the testator to arise at the time when the wills are to become operative. Moreover, an excellent registry system, coupled with the fact that the legitimacy of a child born in wedlock cannot be questioned unless the husband of the mother has made a contest within one year after receiving knowledge of the birth, gives but little opportunity for blackmail. Questions of pedigree must be settled while the facts are fresh in the recollections of the witnesses, and are not allowed to be postponed until evidence may be lost or recollection has become dim and uncertain." 362 Hier zeige sich wiederum das beherrschende Prinzip, welches das gesamte Gesetz durchziehe: „The enforcement of moral obligations is manifestly the dominant motif. [...] oppression is prevented and moral injustice avoided." 3 6 3 Ob die Vorschriften mit ihrer „utopischen" Zielsetzung in der Praxis umsetzbar sein würden, werde die Zukunft erweisen. Eichholz: „After all, much is dependent upon [...] the judiciary." 3 6 4 Sein Fazit lautet: „The German government has shown the true scientific spirit in the painstaking care with which the code was finally enacted as a result of the labors of a quarter of a century, devoted to it by the best lawyers and men of affairs." Unter dem Aspekt, wie Eichholz die Fachtermini des deutschen Rechts übersetzt hat, ist folgendes interessant: Einmal ist er sichtlich bemüht, die Systematik und Abstraktion der Rechtssprache des BGB nachzuzeichnen, z.B. wenn er Verkäufer und Käufer als „vendor" bzw. „vendee" 3 6 5 , die Beteiligten bei der Forderungsabtretung als „debtor", „creditor" und „assignee" 3 6 6 wiedergibt. Vermieter und Mieter werden zwar zunächst entspre362

Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 211 f. 363 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 212. 364 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 213. 365 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 194.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

chend dem englischen Verständnis als „landlord" und „tenant" beschrieben, sobald aber der fundamentale Unterschied zwischen englischem und deutschen Recht angesprochen wurde, ist stärker abstrahierend von „lessor" und „lessee" die Rede. 3 6 7 Die Fachausdrücke des ehelichen Güterrechts übersetzt Eichholz weniger, als daß er sie sinngemäß umschreibt: „Eingebrachtesgut" (in dieser Schreibweise) wird ein wenig irreführend als „property which has not been reserved by the wife" erklärt, Gütergemeinschaft als „property held jointly" und Gütertrennung als „separation of property rights".368 In keinem der bis dahin veröffentlichten Beiträge über das deutsche Recht dringt ein englischsprachiger Autor so tief in die inneren Strukturen und Gedankenwelt hinter dem Bürgerlichen Gesetzbuch ein, wie Eichholz 1901 im American Law Review.

IV. Rudolf Dulon (1902) Rudolf Dulon, Rechtsanwalt in New York, hält auf der Jahrestagung der New York State Bar Association 1902 einen Vortrag über „Interesting Features of German L a w " . 3 6 9 Darin stellt er unter anderem in knappen Worten das Bürgerliche Gesetzbuch vor und greift einige Regelungen heraus. Zuerst liefert er eine knappe Darstellung der Vorarbeiten zum BGB, nennt die wichtigsten Stationen und Daten und ruft den rechtshistorischen Hintergrund des Kodifikationsprozesses in Erinnerung. Maßgeblich sei die hochentwickelte deutsche Rechtswissenschaft am Gelingen dieses Werkes beteiligt gewesen („that splendid achievement, the German science of jurisprudence" 3 7 0 ). Danach beschriebt Dulon den formalen Aufbau des BGB und die Einteilung in die einzelnen Bücher. Inhaltlich erwähnt er nur einige Regelungen, die ihm mangels Entsprechungen im Common Law besonders auffällig erscheinen.

366 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 194 f. 367 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 195. 368 Eichholzy The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 204. 369 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565-573. 370 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 567.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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Besonders interessant sei § 20 BGB, den Dulon nahe am Original übersetzt: „ I f several have perished by a common peril it is presumed that they died at the same time." 3 7 1 „ A remarkable provision" sei in § 157 BGB enthalten, wonach Verträge nach Treu und Glauben auszulegen seien. Mit dieser Vorschrift sei den Gerichten ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet worden („great power"). 3 7 2 Hinsichtlich des Grundstücksrechtes stellt Dulon heraus, daß die Übertragung von Grundstücken beinahe so einfach wie die von beweglichen Sachen sei. Und im Erbrecht erscheinen ihm vor allem die Tatsache, daß das deutsche Recht keinen Unterschied bei der Vererbung von beweglichen Sachen und Grundstücken mache, und die relative Seltenheit der Einsetzung eines Nachlaßverwalters bemerkenswert. Weiterhin hebt er den Erbschein und den diesbezüglichen Gutglaubensschutz hervor. Ein wenig gewagt wirkt seine auf das gesamte Regelwerk bezogene Behauptung, das BGB „garantiere" „equal rights of all persons", der Nachsatz, wonach es keine Klassenunterschiede kenne („There is no distinction of class") verdeutlicht jedoch, was er meint. 3 7 3 Zum BGB als solchem äußert sich Dulon enthusiastisch: Es sei auf wissenschaftlicher Grundlage ausgearbeitet und ausgereift, und es sei nicht zuletzt nicht nur das Werk von Behörden und Juristen, sondern des ganzen Volkes. Seine Sprache sei wunderbar präzise, und es sei insgesamt geradezu ein Kunstwerk: „In this respect eulogy of the new Civil Code cannot be too high. It is a popular work, a scientific work, and a work of art. The exact adaptation of its language to its subjects is marvelous." 374 Das neue BGB sei „a victory of the national idea and the modern spirit." 3 7 5 Dulon bemüht sich, seinen Zuhörern die Bedeutung und Eigentümlichkeiten einiger deutscher Fachtermini nahe zu bringen. Hierzu übersetzt er einige ausgewählte Ausdrücke zunächst wortwörtlich, um ihren Inhalt anschließend stark vereinfachend und in der Begrifflichkeit des Common Law zu umschreiben. So übersetzt er „Bürgerliches Gesetzbuch" als „Citizens* Book of Law". Das Bürgerliche Recht („Citizens' Law") erklärt er 371

Dulon, Interesting Features of German (1902), S. 565, 572. § 20 BGB a.F. lautete: Gefahr umgekommen, so wird vermutet, 372 Dulon, Interesting Features of German (1902), S. 565, 571. 373 Dulon, Interesting Features of German (1902), S. 565, 567. 374 Dulon, Interesting Features of German (1902), S. 565, 569. 375 Dulon, Interesting Features of German (1902), S. 565, 567.

Law, American Law Review, Band 36 Sind mehrere in einer gemeinsamen daß sie gleichzeitig gestorben seien. Law, American Law Review, Band 36 Law, American Law Review, Band 36 Law, American Law Review, Band 36 Law, American Law Review, Band 36

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

als „representing collectively all those provisions of law which regulate the legal status of a [private] person, and his relations to other persons" 376 . Das Recht der Schuldverhältnisse übersetzt Dulon als „Law of the relations of indebtedness", wobei er ergänzt, daß hierunter nicht nur Geldschulden fielen. 3 7 7 § 157 BGB paraphrasiert Dulon folgendermaßen: „faith and belief, and due regard to established custom". 3 7 8 Entsprechend der Terminologie des Common Law übersetzt Dulon bewegliche Sachen und Grundstücke als „personal" bzw. „real property" 3 7 9 und den Nachlaßverwalter als „executor or administrator" 380 . Der Erbschein wird recht treffend als „certificate of inheritance" 381 wiedergegeben, das Grundbuch dafür eher unglücklich als „groundbook". 3 8 2 Interessant ist noch eine beiläufige Bemerkung Dulons am Ende seines Beitrages, die Rückschlüsse auf den Verbreitungsgrad von Kenntnissen über das deutsche BGB unter US-amerikanischen Juristen zuläßt. Dulon erwähnt nämlich, daß zum Zeitpunkt seiner Rede, also 1902, in einer New Yorker Fachbibliothek neben anderer deutschsprachiger juristischer Literatur auch eine französische Übersetzung des BGB vorhanden sei (er erwähnt jedoch nicht, welche).

V. William W. Smithers (1902/1903) In einem zweiteiligen Aufsatz im American Law Register, dem Organ der juristischen Fakultät der Universität von Pennsylvania, beschäftigte sich um die Jahreswende 1902/1903 William W. Smithers eingehend mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch. 383 Smithers war Rechtsprofessor und Anwalt in 376

Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 566. 377 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 567. 378 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 571. 379 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 571, 572. 380 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 571. 381 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 571. 382 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 572. 383 Smithers, The German Civil Code: Sources - Preparation - Adoption, The American Law Register, Band 50 (1902), S. 685-717; ders., The German Civil Co-

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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Philadelphia und später Mitarbeiter des Comparative Law Bureau der American Bar Association. Im ersten Teil seines Aufsatzes, erschienen im Dezember 1902, breitet Smithers auf über dreißig Seiten die deutsche Rechtsgeschichte bis zum Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches aus 3 8 4 : „The magnitude of an attempt to codify the German civil laws can be adequately appreciated only by remembering that for more than fifteen centuries central Europe was the world's arena for startling political changes" 385 . Seine Darstellung zeichnet sich durch ihren relativen Detailreichtum aus, und er stellt die vielfältigen Bezüge zur europäischen politischen und geistesgeschichtlichen Entwicklung insgesamt her. Smithers geht zurück bis ins frühe Mittelalter, erwähnt alsbald die germanischen Volksrechte („Folk L a w s " 3 8 6 ) , verfolgt die Weiterentwicklung über das Hoch- und Spätmittelalter bis in die frühe Neuzeit, zeigt immer wieder die Entwicklungslinien in der Rechtswissenschaft und die entscheidenden politischen und ökonomischen Einflußfaktoren auf. Die zunehmende Bedeutung des wiederentdeckten römischen Rechts, das Erstarken der Städte, die Zunahme der Handelsbeziehungen, Renaissance und Reformation werden eingeordnet. Die Entwicklung der Partikularrechte wird nachgezeichnet, die Einrichtung des Reichskammergerichtes beschrieben und der Vorrang des lokalen Rechtes herausgestellt. Er verfolgt die Entstehung der Naturrechtsbewegung („natural l a w " 3 8 7 ) im 18. Jahrhundert und die Ausformung der Rechtswissenschaft in Deutschland. Die wichtigsten Partikularrechte im 18. Jahrhundert und die Naturrechtskodifikationen Ende des 18. Jahrhunderts werden aufgezählt, danach die Entwicklung im Deutschen Bund ab 1814 - unter anderem die „famous controversy" von Thibaut und Savigny 388 - und im Norddeutschen Bund von 1867 bis zur Reichsgründung („great act of union" 3 8 9 ) beschrieben.

de: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14-32. 384 Smithers, The German Civil Code: Sources - Preparation - Adoption, The American Law Register, Band 50 (1902), S. 685-717. 385 Smithers, The German Civil Code: Sources - Preparation - Adoption, The American Law Register, Band 50 (1902), S. 685. 386 Smithers, The German Civil Code: Sources - Preparation - Adoption, The American Law Register, Band 50 (1902), S. 685, 687. 387 Smithers, The German Civil Code: Sources - Preparation - Adoption, The American Law Register, Band 50 (1902), S. 685, 705. 388 Smithers, The German Civil Code: Sources - Preparation - Adoption, The American Law Register, Band 50 (1902), S. 685, 709 f. 389 Smithers, The German Civil Code: Sources - Preparation - Adoption, The American Law Register, Band 50 (1902), S. 685, 711.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Danach stellt Smithers die Vorarbeiten zum Bürgerlichen Gesetzbuch dar, die Schaffung der verfassungsmäßigen Voraussetzungen und die Einsetzung der Vorkommission und der beiden Kommissionen. Ausführlich geht er auf die Arbeit der ersten Kommission ein, deren Mitglieder er namentlich aufzählt. Auf die Feststellung: „These men faced the most unique as well as the most intolerable condition of private law that the world had ever seen" 3 9 0 , folgt eine ausgiebige Beschreibung der rechtlichen Ausgangssituation innerhalb des Deutschen Reiches, verbunden mit einer tabellarischen Auflistung der Partikularrechte der wichtigsten politischen Einheiten. Die Kritik am ersten Entwurf wird kurz erwähnt, danach die Einsetzung der zweiten Kommission und das Gesetzgebungsverfahren knapp beschrieben. Ein Überblick über die Themen und Schwerpunkte der Reichstagsdebatten fehlt nicht, wobei er zusammenfassend bemerkt: „The Reichstag debates were marked by a dignity, lucidity and a patriotism that dispelled all doubts of a unity of the German people." 3 9 1 Insgesamt streicht Smithers die entscheidende Bedeutung des „sentiment of German nationality" 3 9 2 bei der Kodifizierung des deutschen Zivilrechts heraus, das er rückblickend als „stupendous undertaking" 393 bewertet. Ausgiebig zitiert Smithers übrigens aus der deutschen rechtsgeschichtlichen Fachliteratur. Im zweiten Teil seines Aufsatzes, im Januar 1903, geht Smithers inhaltlich auf das Bürgerliche Gesetzbuch ein und setzt sich mit dessen Anwendungsbereich, formalem Aufbau und den materiellen Regelungen auseinander. 3 9 4 Er eröffnet: „One is much impressed upon a cursory reading of the whole work by the scope of its general divisions, absence of repetition, and omission of provisions relating to public law and judicial procedure noticeable in other great codes. Some groupings of subjects, however, seem illogical and confusing." 395 Danach stellt er die Bücher des BGB der Reihe

390 Smithers, The German Civil Code: Sources - Preparation - Adoption, The American Law Register, Band 50 (1902), S. 685, 711. 391 Smithers, The German Civil Code: Sources - Preparation - Adoption, The American Law Register, Band 50 (1902), S. 685, 716. 392 Smithers, The German Civil Code: Sources - Preparation - Adoption, The American Law Register, Band 50 (1902), S. 685, 710. 393 Smithers, The German Civil Code: Sources - Preparation - Adoption, The American Law Register, Band 50 (1902), S. 685, 717. 394 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14-32. Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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nach vor, wobei er jeweils mit Angaben zu Umfang und, anhand der Abschnittsüberschriften, Inhalt der Vorschriften einleitet. Aus dem Allgemeinen Teil („general provisions [...] intended to be declaratory of certain principles and explanatory of terms used in other books" 3 9 6 ) erwähnt er zunächst die § § 2 bis 6 BGB und die Vorschriften zur Todeserklärung. Besonders fällt Smithers § 7 BGB auf, wegen der „ungewöhnlichen Liberalität" („unwonted liberality" 3 9 7 ) dieser Vorschrift, die mehrere Wohnsitze zugleich zulasse. Zum Vereinsrecht bemerkt Smithers , die deutschen Vereine seien „regulated and diversified to a degree unheard of in [the United States]." 398 Zusammen mit den Regelungen gemäß §§ 705-740 BGB sei das Gesellschaftsrecht des BGB überhaupt „complex, contradictory and confusing. [...] The effort to meet all requirements resulted in a departure from general principles and the adoption of a mass of administrative details." 3 9 9 Angesichts der Regelungen in anderen Gesetzen besäßen diese Vorschriften aber in jedem Fall eher eingeschränkte Bedeutung. 400 Das Rechtsgeschäft übersetzt Smithers als „juridic a c t " 4 0 1 , ohne den Begriff weiter zu erklären oder auf die Rechtsgeschäftslehre einzugehen. Das Recht der Verjährung in den §§ 194 ff. BGB sei gekennzeichnet durch eine „apparenty useless particularity" 4 0 2 ; die mangelnde Übersichtlichkeit sei auch eine Folge der Tatsache, daß wichtige Verjährungsregeln außerhalb dieses Abschnittes zu finden seien. Die Selbsthilferechte §§ 226-231 BGB ließen klar ihren germanischen Ursprung erkennen: „[The] old spirit of private war and individual freedom is plainly perceptible [...] Ten centuries of the history of Germany are stamped upon those placid sentences." 403 § 230 Abs. 1 BGB bedeute in 396 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14. 397 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14. 398 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 16. 399 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 15. 400 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 21. 401 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 16. 402 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 16. 403 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 17.

- Substance - Application, - Substance - Application, - Substance - Application, - Substance - Application, - Substance - Application, - Substance - Application, - Substance - Application, - Substance - Application,

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

diesem Zusammenhang nur eine „milde" Einschränkung („mild injunction"404). In der Beschränkung der Sicherheitsleistung durch Hypotheken an „inländischen" Grundstücken gemäß § 232 erkennt Smithers den Vaterlandsgedanken wieder: „[This provision] shows that whenever possible the Fatherland was viewed only as one great whole." 4 0 5 Im deutschen Schuldrecht fällt Smithers zunächst der Verzicht auf eine verbindliche Definition der Verpflichtung wie auch die Berücksichtigung naturrechtlicher Vorstellungen in vielen Vorschriften auf, was Ausfluß der Kritik am ersten Entwurf sei. Auch müsse anders als im Common Law „consideration capable of pecuniary measurement" 406 nicht notwendigerweise Bestandteil eines wirksamen Vertrages sein. Allgemein bemerkt Smithers zum deutschen Schuldrecht: „Taken altogether the provisions are a mixture of all known incidents of contractual relations with new ideas born of the multitudinous transactions of modern life, but, withal, singularly comprehensive and supple." 4 0 7 Die Regelungen zur Form von Grundstücksgeschäften und zur Quittung gemäß §§ 313 bzw. 368 BGB zeigten, wie sorgfältig viele Einzelheiten berücksichtigt worden seien, die Vorschrift des § 409 (Anzeige der Forderungsabtretung) lasse einen „practical spirit" erkennen 408 , in § 284 Abs. 2 BGB sei endlich das Prinzip „time itself is notice" anerkannt worden. Das Kaufrecht des BGB sei „a composite of the Roman Law, the ancient customary law established at the cattle markets and the demands of modern commerce." 409 Dabei sei den Vertragsparteien mit der Möglichkeit einer vertraglichen Verlängerung der Gewährleistungsfrist gemäß § 477 BGB „unusual power" zugestanden worden. 4 1 0

404

Smithers, The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 17. 405 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 17. 406 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 18. 407 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 18. 408 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 18. 409 Smithers y The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 19. 4 0 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 1 .

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3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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Beim Schenkungsrecht wird § 528 BGB (Widerruf bei Gefährdung von Unterhaltspflichten) besonders herausgestellt: „This provision seems to be founded entirely upon public policy." 4 1 1 Im Mietrecht findet Smithers Prinzipien, die auch im Common Law vorherrschten und den gemeinsamen Ursprung im Feudalrecht erkennen ließen. Eigenheiten des deutschen Rechtes seien die Regelungen aus §§ 549, 557, 565, 566 BGB, welche er kurz beschreibt und, im Fall des § 549, auf Deutsch wiedergibt. § 571 („Kauf bricht nicht Miete") erscheint ihm „rather radical". 4 1 2 Aus dem Recht der sonstigen Vertragstypen sind für Smithers das Werkunternehmerpfandrecht gemäß §§ 647, 648 BGB, die Vorschrift für den Heiratsmakler § 656 BGB, die „responsibility of inn-keepers" 413 gemäß §§ 701-704 BGB, und die Einrede der Vorausklage des Bürgen gemäß § 771 BGB bemerkenswert (wobei er bei letzterem ungenauerweise § 773 BGB angibt 4 1 4 ). Anweisung („assignment" 415 ) und Inhaberschuldverschreibungen („Private Negotiable Obligations" 4 1 6 ) seien „subjects so absolutely modern". 4 1 7 Die eher prozessual wichtige Norm § 809 BGB sei eine Ausnahme von der sonst durchgängig zu beobachtenden Regel, wonach das BGB nur das materielle Recht normieren solle: „(In this) complete body of substantative private law, a lapse into procedure." 418 „One of the most unique and interesting titles of the whole Code" stellt für Smithers das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung dar („enrichment without cause"). 419 Er beschreibt § 812 BGB und erwähnt die Vorschriften des BGB, die darauf verweisen (§§ 323, 516, 543, 628, 684, 852, 951, 977, 1301, 1399, 1455, 1973 BGB). Dieses Ausgleichsprinzip, das auf 411

Smithers, The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 19. 412 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 20. 413 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 20. 414 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 21. 415 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 21. 416 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 21. 417 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 21. 418 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 21. 4,9 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 21. 10 Dittmann

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

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„ancient Germanic laws" beruhe, ist ihm suspekt: „This is not exclusively founded upon fraud, accident or mistake, but it is a means of controlling the individual under the theory of paternal government." 420 Im Recht der unerlaubten Handlungen meint Smithers die Generalklausel erkennen zu können, wonach, unter Berücksichtigung des Verschuldensprinzips, jede rechtswidrige Handlung Schadensersatz begründen solle, nicht bloß bestimmte Handlungsweisen wie im römischen Recht. Er liefert eine Übersetzung von § 823 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BGB und zählt die wichtigsten Regelungen des Titels auf. Besonders herausgestrichen werden § 829 („where equity demands indemnity" 4 2 1 ), die Möglichkeit der Rentenzahlung gemäß § 843 BGB und die besondere Verjährungsfrist gemäß § 852 BGB. Diesen Paragraphen gibt er auf Deutsch wieder, und er hebt hervor, daß die beiden Voraussetzungen des Veijährungsbeginns hierbei kumulativ vorliegen müssen. 422 Smithers schließt: „These twenty articles constitute the most concise expression of the whole field of generally accepted modern negligence law that can be found in the world to-day." 4 2 3 Das Sachenrecht („rights in rem") sei eine „amalgamation of the Roman and the ancient Feudal Laws together with features of proprietary rights founded upon the most recent social conditions." 424 Smithers erkennt als grundlegende Prinzipien das Publizitätsprinzip - Eintragung bei Grundstücksrechten, Besitz bei beweglichen Sachen - und den Schutz des gutgläubigen Erwerbers („bona fide purchaser" 425 ), der den auf Rechtsschein des Grundbuches bzw. des Besitzes vertrauen könne. Smithers erklärt kurz die Konzeption des Besitzes im BGB - er übersetzt § 854 BGB - und die Bedeutung des Grundbuchwesens: Die Registrierung bei Grundstücken habe anders als in den Ländern des Common Law nicht nur einen dokumentierenden Effekt, sondern sei „a practical civil history of every piece of land. Whatever is upon that Registry [...] is binding upon third parties." 4 2 6 420

Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 22. 421 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 23. 422 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 17 423 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 22. 424 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 23. 425 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 23. 4 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, .

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Hinsichtlich des Eigentumserwerbs beschreibt Smithers die Wirkung der §§ 932-935 BGB und erwähnt die Ersitzung gemäß § 937. Die Einschränkungen des Eigentumsrechts gemäß §§ 904 ff. erscheinen ihm „as a whole [...] imperfectly worked o u t . " 4 2 7 Grundpfandrechte werden kurz aufgezählt, die Akzessorietät der Hypothek zur Hauptforderung („personal obligation, secured by a pledge of the land" 4 2 8 ) als Besonderheit im Vergleich zum englischen Recht hervorgehoben. Im Familienrecht 429 erinnert Smithers an die zurückliegende Kontroverse um die Zivilehe. Das eheliche Güterrecht wird als „probably the most difficult chapter to prepare in the whole Code" 4 3 0 nur kurz angedeutet. Ausführlicher wird das Scheidungsrecht dargestellt, wo das BGB einen „decidedly modern standpoint" 431 einnehme. Smithers hebt besonders die wechselseitige Unterhaltspflicht der Ehegatten hervor. Er erläutert die Unterscheidung von absoluten und relativen Scheidungsgründen und grenzt diese von den Nichtigkeits- und Anfechtungsgründen der Ehe ab. Namentlich der Scheidungsgrund der Geisteskrankheit des Ehepartners gemäß § 1569 BGB sei, von einigen wenigen amerikanischen Bundesstaaten abgesehen, „a step in advance of all modern legislation." 432 In dem Abschnitt über die Verwandtschaft fällt Smithers wiederum die Detailliertheit der Vorschriften auf: „[There is] an extraordinary attempt to anticipate every possible phase of the subject. This seems beyond the purpose of a work intended for fundamental law. Broad principles would have made an amendment less necessary. Little is committed to the judges beyond a perfunctory enforcement of the text." 4 3 3 (Hier zeigt sich übrigens, daß jemand schreibt, der aus dem System des Common Law mit seinem besonderen Vertrauen in die richterliche Gewalt kommt.) Hinsichtlich des Rechtes des unehelichen Kindes weist Smithers seine Leser vor allem auf 427

Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 24. 428 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 25. 429 Zum damaligen englischen Ehe- und Scheidungsrecht und zu den wichtigsten Unterschieden zum deutschen Recht siehe oben: Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, IV, 1, Fußnote 277. 430 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 26. 431 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 27. 432 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 27. 433 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 27. 10»

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

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die Unterschiede im Verhältnis des Kindes zu Vater und Mutter hin. Des weiteren werden die Grundzüge des Vormundschaftsrechts knapp dargestellt. Zum Fünften Buch des BGB bemerkt Smithers: „This part of the work is the most logical in order and the most consistent in its provisions." 434 Insbesondere die gesetzliche Erbfolge sei „with unmistakable certainty" ausgearbeitet. 435 Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten wird besonders hervorgehoben, ebenso die verschiedenen Formen des Testaments und der Erbvertrag („this stranger to our l a w " 4 3 6 ) . Der Pflichtteil („Reserve") wird erklärt als „that part exempt from disposition by decedent. [...] It is Roman law pure and simple." 4 3 7 Die übrigen Vorschriften des Erbrechts werden nur kurz gestreift. Abschließend wendet sich Smithers dem Einführungsgesetz zum BGB zu. Er beschränkt sich darauf, dessen Funktion zu erklären, ohne weiter auf den konkreten Inhalt einzugehen. Er bewertet das EGBGB folgendermaßen: „[It is a] skillfully drawn act. [...] It is not artistic but it is substantial. In not representing any particular school it the more fully speaks for every class and thereby cements the Fatherland." 438 Smithers erwähnt übrigens Jherings Lehre der culpa in contrahendo und seinen Einfluß auf das Recht des Besitzes im B G B . 4 3 9 Auch unter dem Aspekt der Übersetzung von deutschen Vorschriften und Begriffen ist Smithers' Beitrag interessant. Mehrere Vorschriften des BGB gibt er im Original wieder: §§ 7, 20, 230 Abs. 1, 852, 549, 2278 B G B . 4 4 0 Zwei Vorschriften, nämlich §§ 823 Abs. 1 und 854 Abs. 1 BGB übersetzt er ins Englische: § 823 Abs. 1 BGB: „Whoever wilfully or negligently injures the life, body, liberty, property or any other right of another is liable to the latter to 434

Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 28. 435 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 29. 436 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 31. 437 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 28, 31. 438 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 31 f. 439 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 16, 24. 440 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 15, 17, 19, 31.

- Application, - Application, - Application, - Application, - Application, - Application, - Application,

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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repair the damage caused. The same obligation is upon whoever transgresses a law which protects another." 441 § 854 Abs. 1 BGB: „The possession of property is the acquirement of power in fact over the same." 4 4 2 Auch die Wortwahl bei der Übersetzung einzelner Fachausdrücke ist bemerkenswert und teilweise ungewöhnlich: Rechtsgeschäft wird als ,juridic act" wiedergegeben 443 , übrigens ohne den Begriff weiter zu erklären oder auf die Rechtsgeschäftslehre einzugehen. Juristische Personen sind „judicial persons" 444 , Sicherheitsleistung „suretyship" 445 , Hinterlegung „bailment" 4 4 6 , Anweisung „assignment" 447 . Bürgschaft wird gleich mit zwei Begriffen wiedergegeben, da sie zwei im englischen Recht getrennte Institutionen umfasse: „suretyship and bailment". 4 4 8 Wie Eichholz 449 wählt Smithers für Käufer und Verkäufer „vendor" und „vendee" 4 5 0 . Für die Schenkung wählt er „donation" 4 5 1 , was genau wie Freunds „promise of a g i f t " 4 5 2 das Rechtsgeschäft bezeichnet, während etwa Schuster schlicht den Begriff „gift" gebraucht hatte 4 5 3 , der nur das geschenkte Objekt bezeichnet. Smithers' Wiedergabe des Werkvertrages als „specific undertaking" trifft gut den Inhalt dieses Vertragstypus' in Abgrenzung zum Dienstvertrag

441

Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 22. 442 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 24. 443 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 16. 444 Smithers, The German Civil Code: Part II, Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 15. 445 Smithers, The German Civil Code: Part II, Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 17. 446 Smithers, The German Civil Code: Part II, Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 20. 447 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 21. 448 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 21. 449 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 194. 450 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 19. 451 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 19. 452 Freund, The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 633. 453 Schuster, The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 202.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

(„services" 454 ). Inhaberschuldverschreibungen werden als „Private Negotiable Obligations" 4 5 5 übersetzt, wobei die Großschreibung wohl den technischen Charakter des künstlichen Ausdruckes nachzeichnen soll. Ungerechtfertigte Bereicherung wird als „enrichment without cause" 4 5 6 übersetzt. Im Sachenrecht greift Smithers in Ermangelung einer ausgeprägten eigenen Begrifflichkeit des englischen Rechtes auf römisch-rechtliche Ausdrücke zurück oder gibt die deutschen Begriffe gleich im Original wieder. Beispiele für Romanismen sind „rights in rem" für Sachenrecht 457 und „bona fide purchaser" 458 für den gutgläubiger Erwerber, der allerdings alternativ in wörtlicher Übersetzung als „acquirer in good f a i t h " 4 5 9 erscheint. Wo Smithers es bei den deutschen Originalen bewenden läßt, erklärt er seinen amerikanischen Lesern gesondert den Inhalt des Begriffes: „The word sach is used about as we use the word property in general parlance and may relate to real estate or to chattels." 460 Und bei den §§ 90 ff. BGB: „The word Sachen is used in the corporeal sense. When a right is the subject the word gegenständ is used." 4 6 1 Bei den Grundpfandrechten bedient Smithers sich der wörtlichen Übertragung, um den Unterschied zum englischem Recht deutlich zu machen, das über keine gleichwertigen Äquivalente verfügt: Hypothek wird als „mortgage-debt", Grundschuld als „ground-debt", die Rentenschuld als „groundrent" übersetzt. 462 Smithers' sinngemäße Übersetzung der Schlüsselgewalt der Ehefrau als „household power of the wife" gibt den Inhalt der Regelung eigentlich noch deutlicher wieder als der deutsche Fachbegriff. 463

454 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 20. 455 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 21. 456 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 19, 21. 457 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 23. 458 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 23. 459 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 24. 460 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 23. 461 Smithers, The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 17. 4 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 5.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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Explizit erläutert Smithers die Wahl einer bestimmten Übersetzung in keinem Fall, jedoch versucht er teilweise, die Unterschiede zwischen einigen sinnverwandten Begriffen deutlich zu machen: Vertrag übersetzt er beispielsweise als „contract" und erklärt ihn als „the formal compact which gives rise to original rights", im Gegensatz zur Einigung, die „an agreement to establish, alter, or renew existing rights" sei, und die er als „convention" wiedergibt. 464

VI. F. P. Walton (1904) Im Juni 1904 setzte sich F. P. Walton - derselbe, der 1890 Felix Dahns Kritik am ersten Entwurf übersetzt hatte 4 6 5 - noch einmal selber inhaltlich mit dem mittlerweile in Kraft getretenen Bürgerlichen Gesetzbuch auseinander. 466 Walton, der sich mittlerweile im kanadischen Montreal dauerhaft niedergelassen hatte, begann seinen Artikel im Juridical Review mit einem Rückblick auf den Code Napoléon und dessen Einfluß vor allem im frankophonen Ausland. Für ihn war das BGB in einer Reihe mit dieser Kodifikation vom Anfang des 19. Jahrhunderts zu sehen, und er bemerkte: „[It] may be that the new German Code is destined to be in a similar way a rallying point of Teutonism." 4 6 7 Nach dieser Bemerkung leitet Walton auf die deutsche Rechtsgeschichte ab dem 15. Jahrhundert über: „Probably no European country has suffered so much as Germany from a want of legal uniformity." 4 6 8 Er gibt einen Überblick über die Partikularrechte, die Kodifizierung in den größeren Teilstaaten ab Ende des 18. Jahrhunderts, und er erwähnt die VorreiterTolle der Kodifikationen des kommerziellen Wechsel- und Handelsrechts. Die Vorarbeiten zum BGB werden nur äußerst knapp, unter Nennung der wichtigsten Daten abgehandelt; Walton bemerkt hierzu: „No Code has ever been prepared with such anxious care, or after such full discussion by the most competent scientific experts." 469 463

Smithers , The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 26. 464 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 16. 465 Dahn, The New Code for the German Empire, The (1890), S. 15-26. 466 Walton , The New German Code, The Juridical S. 148-168. 467 Walton , The New German Code, The Juridical S. 148, 149. 468 Walton , The New German Code, The Juridical S. 148, 149.

- Substance - Application, - Substance - Application, Juridical Review, Band 2 Review, Band 16 (1904), Review, Band 16 (1904), Review, Band 16 (1904),

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Dann wendet Walton sich der inhaltlichen Substanz des BGB zu. In Anbetracht der Sprache des Gesetzbuches gibt er die - von ihm damals übersetzte - Kritik Dahns am Sprachstil des ersten Entwurfes wieder, und bemerkt, es sei fraglich, ob mit der Endfassung eine wesentliche Verbesserung erreicht worden sei: „It is very doubtful if the German Code will ever be as intelligible to the German citizen [...] as the French code is to the ordinary Frenchman." 470 Davon abgesehen gebe es aber keinen Zweifel, „that the German Code is a scientific work of the highest importance." 471 Hinsichtlich des materiellen Rechtes des BGB beschränkt Walton sich auf punktuelle Darstellung und Kritik. Einen umfassenden Überblick über die Regelungen des BGB liefert er nicht, genausowenig, wie er sich in seiner Darstellung an die Reihenfolge des BGB hält. „To begin at the beginning", geht Walton zunächst auf § 1 BGB ein. Vor allem der Verzicht dieser Regelung auf das Tatbestandsmerkmal der Lebensfähigkeit („viability") sei für die gerichtliche Praxis von nicht zu unterschätzendem Vorteil, da es auf die in dieser Hinsicht oft schwierige Beweisführung erst gar nicht ankomme. 472 Ausführlich stellt Walton das Recht der Todeserklärung dar, das ihm relativ streng vorkommt: „[The] motto seems to be les absents ont toujours tort" 413 Die bedeutendsten Auswirkungen erkennt er im Familienrecht 474 , und zwar bei der Wiederverheiratung gemäß § 1348 BGB und hinsichtlich der Legitimität der Kinder aus der neuen Ehe gemäß § 1699 BGB. Der Schwerpunkt seiner inhaltlichen Auseinandersetzung setzt Walton bei einem Teilaspekt der Rechtsgeschäftslehre, nämlich bei der Möglichkeit, vermittels einseitiger Willenserklärungen Bindungswirkung zu erzeugen. Zur Rechtsgeschäftslehre selber meint er: „The German code is careful to analyse contract into its two elements of offer and acceptance and to treat

469

Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 151. 470 Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 152. 471 Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 152. 472 Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 153. 473 Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 153. 474 Das damalige englische Recht kannte anders als das deutsche (§§ 1312, 1328 BGB a.F.) kein Verbot der Wiederverheiratung nach Scheidung wegen Ehebruchs. Hierzu und zu den sonstigen Hauptunterschieden zwischen dem damaligen englischen und deutschen Ehe- und Scheidungsrecht siehe oben: Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, IV, 1, Fußnote 277.

. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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each of them as declarations of will having a separate existence." 475 Walton übersetzt § 145 und erwähnt die besondere BindungsWirkung eines einmal in den Rechtsverkehr eingebrachten Angebotes gemäß §§130 und 151 BGB. Hinsichtlich der Bedeutung und Implikationen von einseitigen Willenserklärungen sei das BGB „most original" 4 7 6 . Auslobung, Stiftung und Inhaberschuldverschreibung werden als relevante Fälle benannt, die ersten beiden näher erläutert. Zunächst übersetzt Walton die §§ 657 bis 660 BGB ins Englische. Danach stellt er die jeweilige rechtliche Behandlung der „Angebote an die Öffentlichkeit" („offers made to the public" 4 7 7 ) im römischen, französischen und englischen Recht dar, die dort allenfalls bei einer - konkludenten - Annahme Bindungswirkung entfalten könnten. Walton zeigt die Schwierigkeit auf, die nach diesem Lösungsmodell auftritt, wenn der Ausführende keine Kenntnis von der Auslobung hat und eine Annahmeerklärung damit nicht konstruierbar ist. Das deutsche Recht der Auslobung scheint ihm dabei die bessere und gerechtere Lösung zu bieten („more equitable" 4 7 8 ). Dann erläutert Walton kurz das deutsche Stiftungsrecht. Das Stiftungsgeschäft sei ebenfalls ein einseitiges Rechtsgeschäft mit Bindungswirkung per se, die Genehmigung der Behörde keineswegs eine Annahme, sondern „merely a question of public p o l i c y " 4 7 9 . Einen Vorteil des deutschen Stiftungsrechts gegenüber dem System des Common Law bei der Errichtung von „charitable trusts" sei die eigene Rechtspersönlichkeit der Stiftung, während ein „trust" eine davon getrennte natürliche oder juristische Person zur Verwaltung benötige. Dennoch zeigt sich Walton letztlich nicht überzeugt von der hinter diesen Regelungen stehenden Rechtsgeschäftslehre: „It is not improbable that the new German theory upon this whole subject of the binding force of unilateral declarations will be found to create more difficulties than it solves." 4 8 0

475

Walton 148, 163. s. 476 Walton 148, 161. s. 477 Walton 148, 165. s. 478 Walton 148, 166. s. 479 Walton 148, 166. s. 480 Walton s. 148, 168.

,The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), ,The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), ,The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), ,The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), ,The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), ,The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904),

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Aus dem Sachenrecht hebt Walton vor allem den Schutz des guten Glaubens des Erwerbers von Grundstücken gemäß § 892 BGB bzw. bei beweglichen Sachen gemäß §§ 932 bis 935 BGB hervor. Er weist auf das Übergabeerfordernis bei der Übereignung beweglicher Sachen gemäß § 929 BGB hin und darauf, daß durch die Gefahrtragungsvorschrift des § 446 BGB das deutsche Recht in dieser Hinsicht weiter als das römische gehe. § 906 BGB übersetzt Walton, und er bemerkt dazu, daß diese Regelung weitgehend dem englischen Recht bezüglich „nuisance" entspreche. Einen besonderen Schwerpunkt setzt Walton in seiner Darstellung des Eherechts. Hier erwähnt er zunächst die Unklagbarkeit des Eheversprechens und den eingeschränkten Schadensersatz in diesem Fall; er weist auf das in der Vorbereitungsphase umstrittene Prinzip der Zivilehe hin und umreißt kurz das eheliche Güterrecht („impossible to go into details here" 4 8 1 ). Ausgesprochen kritisch äußert sich Walton bezüglich der im deutschen Recht vorgesehenen Möglichkeiten zur Auflösung der Ehe. Hier erkennt er trotz der teilweise sehr detaillierten Regelungen an bestimmten Punkten einen zu großen Entscheidungsspielraum der Gerichte, zumal er einen gewissen Zweifel an der Zuverlässigkeit der kontinentalen Richterschaft durchscheinen läßt. Die inkriminierten Vorschriften sind §§ 1333 und 1568, 1567. Ausführlich geht Walton auf die Anfechtbarkeit der Ehe wegen Irrtums über die persönlichen Eigenschaften des Angetrauten gemäß § 1333 BGB ein. Das deutsche Recht eröffne hier eine viel weitergehende Möglichkeit zur Auflösung der Ehe als sowohl das französische als auch das englische Recht, wobei er die dort bestehenden Regelungen ebenfalls ausführlich erläutert. Demgegenüber eröffne § 1333 BGB „a pretty wide door to the discretion of the Court." 4 8 2 Das gleiche Problem macht Walton im Scheidungsrecht bei den relativen Scheidungsgründen aus §§ 1568 und 1569 BGB aus, die er beide übersetzt. Hierzu bemerkt er: „It is obvious that the judges in Germany will have a very wide - perhaps dangerously wide - discretion in granting divorce. And it has always to be remembered that Germany, like France, is a country where judges are numerous and ill paid." 4 8 3 Angesichts der fehlenden Verbindlichkeit der Entscheidungen der Oberlandesgerichte untereinander sorgt sich Walton um die künftige Einheitlichkeit der deutschen Rechtspre481 Walton, S. 148, 157. 482 Walton, S. 148, 157. 483 Walton, S. 148, 158 f.

The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904),

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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chung in Scheidungsfällen: „[The] fate of a marriage will greatly depend on the jurisdiction in which the parties happen to have their home." 4 8 4 In diesem Zusammenhang erwähnt Walton auch die Regelung des Art. 15 EGBGB, wonach anders als im englischen und französischen Recht nicht das „domicile", sondern die Staatsangehörigkeit Anknüpfungspunkt im internationalen Privatrecht sei, was nach Meinung Waltons noch zu Problemen führen werde. Auch Waltons Übersetzung einzelner Begriffe und ganzer Paragraphen ist aufschlußreich: § 145 BGB: „He who proposes the conclusion of a contract is bound by his offer, unless he has expressed a contrary intention." 4 8 5 Mit dieser relativ freien Übersetzung versucht Walton, den Sinngehalt der Vorschrift prägnant zusammenzufassen. § 657 BGB: „He who by a public advertisement promises a reward for the doing of some action, and specially for the obtaining of some particular result, is bound to pay the reward to the person who has done the action, even although he may not have done it in view of the reward." 4 8 6 § 658 BGB: „The public promise may be retracted until the doing of the action. The retractation is only effectual if it is made in the same way as the promise or by a communication to the particular party. The right to revoke the promise may be renounced; in case of doubt the fixing of a time for the doing of the action implies such a renunciation." 487 § 659 BGB: „ I f the action for which the reward was promised has been done several times the reward belongs to him who was the first to do it. I f the action was done by several persons at the same time, each of them is entitled to an equal share of the reward. I f the reward is by its nature indivisible, or if, by the nature of the promise, one person only can obtain it, it must be decided by l o t . " 4 8 8 § 660 BGB: „ I f several persons have co-operated in the result for which the reward was promised the promisor must divide the reward among them 484 Walton S. 148, 159. 485 Walton S. 148, 167. 486 Walton S. 148, 163. 487 Walton S. 148, 163. 488 Walton S. 148, 163.

,The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), ,The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), ,The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), ,The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), ,The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904),

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

according to an equitable valuation of the share of each in the result. The decision is not binding if it is clearly contrary to equity. In that case the adjustment is made by the Court." 4 8 9 In der Übersetzung der §§ 657-660 BGB ist erkennbar, daß sich Walton um Konsequenz bei der Begrifflichkeit bemüht. § 906 BGB: „The owner of an immovable cannot object to the emmission of gases, vapours, smells, smoke, soot, heat, noise, vibration and other influences from a neighbouring property, when these inconveniences do not injure the use of this property at all, or not materially, or when they result from the use of the other property, if this use is a normal one for property at this situation, considering the circumstances of the locality. Introduction by means of a special conduit is not allowed." 4 9 0 Dies ist ein Beispiel für eine weitgehend wörtliche Übersetzung. § 1568 BGB: „ A consort may demand divorce, when by a serious violation of the duties of marriage, or by disgraceful or immoral conduct, the other consort has culpably caused such a profound disturbance of the conjugal relations, that the continuation of the marriage can no longer be expected of him (or her). Cruelty is likewise considered a serious violation of the marital duties." 4 9 1 Man beachte die Ergänzung des weiblichen Pronomens im ersten Satz in Parenthese, die zur Verdeutlichung der geschlechtlichen Neutralität der Vorschrift dient. § 1569 BGB: „ A consort may demand divorce when the other consort is afflicted with mental disease which has continued during the marriage for at least three years, and has reached such a degree that intellectual intercourse between the consorts has terminated, and that all hope of restoring it is lost." 4 9 2 Die Übersetzung der „geistigen Gemeinschaft" als „intellectual intercourse" gibt zwar nicht den eigentlichen Sinn des deutschen Ausdrucks, wohl aber den der Vorschrift wieder. Von den Übersetzungen einzelner Fachausdrücke sind interessant: Willenserklärung als „declaration of w i l l " 4 9 3 , bewegliche Sachen als „mov489

Walton, . 148, 163. 490 Walton, . 148, 160 f. 491 Walton, . 148, 158. 492 Walton, S. 148, 158.

The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904),

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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ables", Grundstücke als „immovables" 4 9 4 (dies erscheint noch systematischer als die deutsche Begrifflichkeit), die sehr neutrale Wiedergabe von Verwandtschaft als „relationship" 495 und die Umschreibung der Vormundschaft mit den englischen Fachausdrücken „tutory and curatory" 4 9 6 . Mittlerweile sehr kritisch eingestellt, nähert sich Walton noch einmal 1916 im amerikanischen Southern Law Quarterly dem BGB. Er lobt zwar wiederum das „moderne" System der Grunddienstbarkeiten gemäß §§ 1018 ff. B G B 4 9 7 und die „vernünftigen" Regelungen zum Inhalt des Eigentumsrechts gemäß §§ 903 ff. B G B . 4 9 8 Unzureichend erscheint ihm hier nur die Vorschrift des § 904 BGB, in dem die Voraussetzungen für einen „aggressiven Notstand" nicht genau genug festgelegt seien und keine Ausnahme von der Schadensersatzpflicht enthalten sei. 4 9 9 Aber im Großen und Ganzen seien die Wissenschaftlichkeit der Sprache und die Regelungsdichte übertrieben. 500 Insoweit liege die Schwäche des BGB gerade in dem, was sonst als seine Stärke bezeichnet werde: „The German Code has in short, the defects of its qualities. It is a highly scientific piece of work written in a severely technical language, and if one of the objects of a code is to popularize the knowledge of the law it is singularly ill-adapted to this end." 5 0 1 Dennoch dürfe das BGB bei jeder künftigen umfassenden Revision auch des angloamerikanischen Rechts keineswegs außer Acht gelassen werden: „It is [...] a mine of information and deserves the most careful study." 5 0 2

493

Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 166 f. 494 Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 160. 495 Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 153. 496 Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 153. 497 Walton , Civil Codes and their Revision. Some Suggestions for Revision of the Title „Of Ownership", Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 95, 100 f. 498 Walton , Civil Codes and their Revision, Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 95, 103, 106. 499 Walton , Civil Codes and their Revision, Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 95, 111. 500 Walton , Civil Codes and their Revision, Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 95, 97. 501 Walton , Civil Codes and their Revision, Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 95, 99. 502 Walton , Civil Codes and their Revision, Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 95, 99.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

V I I . A. Pearce Higgins (1904) A. Pearce Higgins geht 1904 in einem Vortrag in Cambridge vor allem auf die Vorgeschichte und die Vorarbeiten für das Bürgerliche Gesetzbuch ein. 5 0 3 Eingangs nimmt er Bezug auf die vielfältigen Publikationen französischer Juristen zum BGB und die französischen Übersetzungen desselben, die zu diesem Zeitpunkt bereits erschienen waren. Namentlich werden die Werke von de la Grasserie, Meulenaere und Saleilles genannt. 504 Im Vergleich hierzu sei das Engagement in Großbritannien bislang geradezu kläglich ausgefallen. Es sei höchste Zeit, daß sich die britischen Juristen eingehender mit dem neuen deutschen Gesetzes werk auseinandersetzten: „Hitherto it has not received here the study or notice which it deserves [...]." 505 Higgins spart nicht mit Superlativen: „this extraordinary legislative work [...] this monument of German science" 506 . Er nennt das BGB in einer Reihe mit den Kodifikationen von Justinian und Napoleon, von denen es sich dennoch wesentlich unterscheide. Erstere „were produced under the direction of and at the commands of despotic rulers. The German code, however, is the result of a great national desire for unity [.. . ] " . 5 0 7 Um die Dimension der Kodifikation des deutschen Zivilrechts („magnitude of the task undertaken" 508 ) deutlich zu machen, faßt Higgins kurz den rechtshistorischen Hintergrund zusammen. In diesem Zusammenhang verweist er unter anderem mehrfach auf Saleilles ' Ausführungen. Higgins stellt die Kodifikationsbewegung seit dem 18. Jahrhundert dar, gibt ein paar Informationen über das Preußische Allgemeine Landrecht und die bayerischen und sächsischen Kodifikationen, den Einfluß des Code Civil, das Österreichische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch. Er versäumt nicht, die entscheidende Bedeutung und differenzierte Entwicklung („marvellous development" 509 ) der deutschen Rechtswissenschaft im Verlauf des 19. 503

Higgins, The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95-105. 504 Siehe hierzu ausführlich: Schubert, Das Bürgerliche Gesetzbuch im Urteil französischer Juristen bis zum Ersten Weltkrieg, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Band 114 (1997), S. 128-181. Vergleiche oben: Einleitung, Fußnote 4. 505 Higgins, The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95. 506 Higgins, The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95. 507 Higgins, The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 96. 508 Higgins, The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 96. 509 Higgins, The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 97.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

159

Jahrhunderts zu betonen. Damit verbindet er eine ausführliche Darstellung und Analyse des Disputes zwischen Thibaut und Savigny. 510 Danach zählt er die einzelnen Stationen der Entstehungsgeschichte des BGB auf. Unter anderem erwähnt er - als einer der wenigen englischsprachigen Juristen, deren Arbeiten im Rahmen dieser Untersuchung gesichtet wurden - den Dresdner Entwurf für ein einheitliches Obligationenrecht von 1866. Als herausragende Persönlichkeiten der Vorbereitungsphase nennt er Pape und dessen Anteil an der Arbeit der ersten Kommission und Gierke mit seiner Kritik am ersten Entwurf. Nach Ansicht von Higgins hatte die erste Kommission zwei entscheidende Schwächen: „Its composition was that of doctrinaires or officials, and their deliberations had been held behind closed doors. They were not in touch with public opinion." 5 1 1 Die Arbeit der zweiten Kommission sei danach gerade durch die Öffentlichkeitsbeteiligung gekennzeichnet gewesen. Das Gesetzgebungsverfahren war für Higgins „[the] final and critical stage [...]. The patriotism of the members of the Reichstag was equal to the strain [...]. The whole of the discussion was characterized by the dignity and patriotism which had prevailed throughout the whole course of the deliberation." 512 In seiner abschließenden Bemerkung zur Vorbereitungsphase des BGB kommt gleichzeitig Higgins Erstaunen über das Ergebnis zum Ausdruck: „In any similar undertaking in the future [...] a careful study will undoubtedly be made of the way in which Germany was able so successfully to produce a draft of some 2400 sections and obtain its passage through a representative assembly of four hundred members without any serious opposition or the inclusion of amendments destroying its harmony" 5 1 3 Auf den Inhalt des BGB geht Higgins nur kurz im Rahmen der Darstellung der Debatte im Reichstag ein. Dabei hebt er für sein Publikum besonders die Regelung des § 6 BGB (Entmündigung wegen Trunksucht), die „absolute liability" bei der Tierhalterhaftung gemäß § 833 BGB, die hitzige Debatte über die Haftung für Wildschäden nach § 835 BGB und die Geisteskrankheit als Scheidungsgrund gemäß § 1569 BGB hervor. Abschließend zeichnet Higgins noch ein Panorama der rechtlichen Zersplitterung in Deutschland kurz vor Inkrafttreten des BGB und weist in diesem Zusammenhang auf die besondere Bedeutung des Art. 55 EGBGB 510

Higgins, The Making Comparative Legislation, New 5,1 Higgins, The Making Comparative Legislation, New 512 Higgins, The Making Comparative Legislation, New 5,3 Higgins, The Making Comparative Legislation, New

of the German Civil Code, Journal of Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 98 f. of the German Civil Code, Journal of Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 101. of the German Civil Code, Journal of Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 102 f. of the German Civil Code, Journal of Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 101.

the Society of the Society of the Society of the Society of

1

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

hin („essential to the working of the Code" 5 1 4 ), der das bis dahin geltende Prinzip des Vorranges des lokalen und Landesrechts vor dem einheitlichen Recht umkehre. Insgesamt zeigt sich Higgins von dem Elan und der Begeisterung, mit der die Kodifikation des deutschen Zivilrechts angegangen wurde, beeindruckt: „The German code is, in fact, a striking illustration of the effect of idealism in politics. It was rendered possible only by the passionate devotion to a great ideal which permeated all the masses of the Empire, who had passed a code long before the code received the official sanction of the Imperial Legislature." 515 Die Vorbereitung des BGB sei für alle zukünftigen Kodifikationen beispielhaft: „The making of the code is a standing objectlesson to all States that are looking forward in the future to a scheme of codification, and the Germans may well be proud of the labours which for twenty-two years were devoted to its consideration." 516 Und gerade auch Großbritannien müßten die deutschen Erfahrungen zum Vorbild gereichen: „The enactment of the German code [...] is especially worthy of study in Great Britain, where the unity of the United Kingdom is far from being an accomplished fact, so long as questions of domicile and conflicts of laws are dicussed as if England and Scotland [...] were separate states." 517 Beiläufig stellt übrigens auch Higgins fest, daß am Anfang der Vereinheitlichung des deutschen Zivilrechts die Kodifikation des Handels- und Wechselrechts gestanden habe - so wie unlängst in Großbritannien. 518

V I I I . Julius Hirschfeld (um 1900) Der Londoner Rechtsanwalt Julius Hirschfeld 519 befaßte sich um die damalige Jahrhundertwende mehrfach mit dem neuen Bürgerlichen Gesetz514 Higgins, The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 105. 5,5 Higgins, The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 105. Die Hervorhebungen stammen von Iggins///ggf>u. 516 Higgins, The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 105. 517 Higgins, The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95. 518 Higgins, The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 100. 519 Vergleiche Angabe bei: Hirschfeld, Englisches und deutsches Justizwesen, Preußische Jahrbücher, hrsg. von Hans Delbrück, 125. Band (September 1906), S. 449. Weitere biographische Angaben sind schwer zu verifizieren. Er verfügte über einen Doktortitel, eine Dissertation konnte der Bearbeiter in den einschlägigen deutschen und englischen Bibliographien nicht nachweisen.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

161

buch. Eine Gesamtdarstellung lieferte er nicht, doch beschäftigte er sich mehrfach mit einzelnen Regelungen des BGB. In einer Reihe von Beiträgen, zunächst im Law Quarterly Review, dann im Journal of the Society of Comparative Legislation, wo er regelmäßiger Mitarbeiter w a r 5 2 0 , ging er dabei in der Regel von den Bestimmungen und Problemen des internationalen Privatrechts aus, um das materielle Recht des BGB zu erschließen. 521 Auch andere Aspekte des deutschen Zivilrechts interessierten ihn. So ist Hirschfelds erste Veröffentlichung mit Bezug zum deutschen Zivilrecht eine kritische Darstellung des gerade in Kraft getretenen GmbH-Gesetzes im Law Quarterly Review von 1893. 5 2 2 In „ A Few Legal Facts from Germany" lieferte Hirschfeld den Lesern des Journal of the Society of Comparative Legislation 1899 eine detaillierte Beschreibung des deutschen Gerichtswesens und einige Hinweise zum Zivilprozeßrecht. 523 Einige Vorschriften des deutschen Wettbewerbsrechts beschrieb Hirschfeld ein Jahr später in der selben Zeitschrift. 524 1911 stellte er, wiederum im Journal, ausführlich das deutsche Justizwesen dar 5 2 5 , 1912 die Besonderheiten bei der Beteiligung von deutschen bzw. britischen Staatsangehörigen bei Prozessen im jeweils anderen Rechtssystem. 526 Auch ein Aufsatz in deutscher Sprache ist nachweisbar, in dem er sich mit den wesensmäßigen Unterschieden des deutschen und englischen Justizsystems beschäftigt. 527 Eine vergleichende Darstellung des Ehescheidungsrechts des neuen deutschen BGB mit dem englischen Recht verfaßt Hirschfeld 1897 im Law Quarterly Review. 5 2 8 Das deutsche Scheidungsrecht hält er insgesamt für vorbildlich. Sehr kritisch äußert er sich jedoch über die Generalklausel des § 1568 BGB. 520 Vergleiche: English and German Judicial Systems, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 9 (1908), S. 188, 189 (anonym). 521 Die im Folgenden genannten Veröffentlichungen Hirschfelds werden im Zweiten Teil, Sechster Abschnitt und im Dritten Teil dieser Arbeit eingehender dargestellt. 522 Hirschfeld, Partnership with Limited Liability in Germany, Law Quarterly Review, Band 9 (1893) S. 62-69. 523 Hirschfeld , A Few Legal Facts from Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 75-80. 524 Hirschfeld , Unfair Competition in Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 73-74. 525 Hirschfeld , German Courts at Work, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 12 (1911), S. 149-156. 526 Hirschfeld , Legal Procedure in Anglo-German Cases, The Law Quarterly Review, Band 28 (1912), S. 392-397. 527 Hirschfeld, Englisches und deutsches Justizwesen, Preußische Jahrbücher, hrsg. von Hans Delbrück, 125. Band (September 1906), S. 449^61. 528 Hirschfeld , The Law of Divorce in England and Germany, Law Quarterly Review, Band 13 (1897), S. 395-405. 11 Dittmann

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Das neue deutsche internationale Privatrecht beschreibt Hirschfeld im Januar 1900 im Law Quarterly Review. 5 2 9 In seinem Artikel faßt er der Reihe nach die Art. 7 bis 31 EGBGB zusammen. Besonders bewertet werden nur die Art. 25, 27 und 30 EGBGB. Das deutsche internationale Privatrecht speziell unter dem Gesichtspunkt des ehelichen Güterrechts behandelt Hirschfeld noch einmal im selben Jahr an gleicher Stelle. 5 3 0 Anhand einiger beispielhafter Fallkonstellationen werden die einschlägigen Bestimmungen des EGBGB vorgestellt. Ebenfalls im Jahre 1900 liefert Hirschfeld für das Journal of the Society of Comparative Legislation eine Übersicht über die aktuelle Gesetzgebung im Deutschen Reich. 5 3 1 Unter anderem faßt er darin die Regelungen des Gesetzes betreffend die Abzahlungsgeschäfte (AbzG) vom 16. Mai 1894 zusammen. In diesem Gesetz erkennt er einen weiteren „of the legislative efforts made in Germany for the »economically weak4 (wirtschaftlich Schwachen) - a term constantly recurring in the , Motives' of this class of Statute." 532 In einem Aufsatz über das Konzept des „status" im internationalen Privatrecht verschiedener Länder erwähnt Hirschfeld beiläufig und ohne näher darauf einzugehen einige Vorschriften des BGB: Zum einen ist dies die grundsätzliche Gleichstellung unehelicher Kinder gemäß §§ 1705 ff. BGB, zum anderen die Möglichkeiten zu ihrer Legitimation gemäß §§ 1719, 1723 ff. B G B . 5 3 3 Im Jahre 1905 wurde im Journal of the Society of Comparative Legislation eine umfassende vergleichende Darstellung des Rechtes der „judicial separation" in den wichtigsten Rechtssystemen der Welt angestellt. Den Abschnitt über das Deutsche Reich verfaßte Hirschfeld, in dem einige Aspekte aus dem Scheidungsrecht des BGB näher beleuchtet werden. 5 3 4 Hirschfeld hielt die Leser des Law Quarterly Review über die in Deutschland auch Jahre nach Inkrafttreten des BGB daran geübte, grundsätzliche und teilweise sogar haßerfüllte Kritik auf dem Laufenden. Anhand einiger 529 Hirschfeld, The German Code and Private International Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 88-91. 530 Hirschfeld , De Niçois v. Curlier and the New German Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 288-291. 531 Hirschfeld , German Legislation - Gambling on the Bourse, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 504-505. 532 Hirschfeld , German Legislation - Gambling on the Bourse, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 504. 533 Hirschfeld , Status, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 4 (1902), S. 168, 171. 534 Hirschfeld , Judicial separation: Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1905), S. 152-154.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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Pamphlete, Schriften und sonstigen Äußerungen, die er vor den Augen seiner englischen Leserschaft Revue passieren läßt, untersucht er in einem Artikel von 1913 die gängigsten Überlegungen und Argumente der deutschen Gegner des BGB auf ihre Stichhaltigkeit. 535 Er kommt dabei zu einem für die Kritiker vernichtenden Ergebnis: Einen Großteil der Veröffentlichungen entlarvt er als reine Brandschriften von „stormers and stressers", deren polemischer Stil keinesfalls den Anforderungen von „scientific tradition and habit, much less [...] good taste" genügen könne. 5 3 6 Viele Äußerungen seien einfach „wild eccentricities" und nicht weiter ernst zu nehmen. 537 Andere Kritik, das BGB sei zu trocken, zu sehr von konstruierter Dialektik und römisch-rechtlichen Prinzipien durchdrungen, kontert er mit dem Hinweis auf die breite Beteiligung von Juristen jeder Couleur an den Vorarbeiten zum BGB, „upon which the most eminent lawyers, not only Romanists but Germanists and Judges of great practical experience, have been working for over twenty years, and which was hailed as the greatest legal achievement of all times [ , . . ] . " 5 3 8 Darüber hinaus seien die ergänzenden „Motive" zum BGB „of a most elaborate character" und enthielten „a veritable gold-mine of information and reasoning". 539 Eine dem berühmten § 1 des schweizerischen ZGB entsprechende Generalklausel, die den Gerichten einen weiteren Ermessensspielraum bei der Rechtsanwendung einräumen sollte und vielfach auch für das BGB gewünscht werde, hält er für überflüssig: Dies würde eine „ill-contrived artificiality" sein, zumal den Gerichten in der Praxis auch im Rahmen des BGB genügend Entscheidungsspielraum und Interpretationsmöglichkeiten blieben. 5 4 0 In seiner engagierten Verteidigung des BGB scheint bei alledem Hirschfelds Bewunderung für die Leistung der Verfasser der deutschen Kodifikation durch, und er gibt sich auch keine Mühe, dies zu verhehlen. Als interessante Einzelheiten lassen sich aus Hirschfelds Schriften herausfiltern, daß er die unerlaubte Handlung mit dem dem englischen Recht fremden „delict" anstelle des naheliegenderen „tort" übersetzt. 541 Vorbehaltsgut übersetzt er mit dem lateinischen „bona reservata". 542 Auffällig ist 535

Hirschfeld, A Law Reform view, Band 29 (1913) S. 476-^84. 536 Hirschfeld, A Law Reform view, Band 29 (1913) S. 476, 480. 537 Hirschfeld, A Law Reform view, Band 29 (1913) S. 476, 484. 538 Hirschfeld, A Law Reform view, Band 29 (1913) S. 476, 480. 539 Hirschfeld, A Law Reform view, Band 29 (1913) S. 476, 482. 540 Hirschfeld, A Law Reform view, Band 29 (1913) S. 476, 483. u

in Movement Germany, The Law Quarterly Rein Movement Germany, The Law Quarterly ReMovement in Germany, The Law Quarterly ReMovement in Germany, The Law Quarterly ReMovement in Germany, The Law Quarterly ReMovement in Germany, The Law Quarterly Re-

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

im übrigen, daß Hirschfeld immer wieder von der offenbar bemerkenswerten Produktivität des deutschen Gesetzgebers spricht: „the ever-fertile legislation of Germany" 5 4 3 , „habitually brisk pace [of] German legislation" 5 4 4 .

I X . Frederic William Maitland (1900-1906) Ebenfalls mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch beschäftigt sich Frederic William Maitland in mehreren Arbeiten in den ersten Jahren nach dessen Inkrafttreten. 545 Maitland, eine anerkannte Koryphäe für englisches Recht und Rechtsgeschichte und Professor in Cambridge 546 und teilweise als „perhaps the greatest historian of the Common Law" bezeichnet 547 , geht dabei insgesamt weniger auf Form und Inhalt des BGB ein, sondern versucht vielmehr, die besondere Bedeutung der Kodifikation für Deutschland und als Zivilisationsleistung überhaupt herauszustreichen. Damit sei das 541

Hirschfeld, The German Code and Private International Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 88, 89. 542 Hirschfeld , De Niçois v. Curlier and the New German Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 288-290. 543 Hirschfeld , Partnership with Limited Liability in Germany, Law Quarterly Review, Band 9 (1893) S. 62. 544 Hirschfeld , Unfair Competition in Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 73-74. 545 Siehe hierzu auch: Reinhard Zimmermann, Der moderne Mensch in einer Toga? Maitland und das BGB, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht, 5. Jahrgang (1997), S. 589-593. 546 Zur Person: Frederic William Maitland (1850-1906) war Wegbereiter und herausragende Kapazität der englischen Rechtsgeschichte. Nachdem er bereits in jungen Jahren von einem Kindermädchen Deutsch gelernt hatte, war er auch im weiteren Leben ausgesprochen interessiert an deutscher Wissenschaft und Kultur. Nach einigen Jahren praktischer Tätigkeit als Barrister wandte er sich ab Mitte der 1880er Jahre der Erforschung der bis dahin akademisch weitgehend unerschlossenen englischen Rechtsgeschichte zu, wobei er sich erklärtermaßen die Aufgabe setzte, für das englische Recht das zu leisten, was Savigny, mit dessen Werken er vertraut war, für das deutsche Recht geleistet habe. Er verfaßte eine Reihe von Standardwerken und edierte einige bedeutende Quellensammlungen zum Thema, und seine Essays gelten ob seines analytischen Scharfsinns und seiner fundierten Quellenkenntnis noch heute als unübertroffen. Übrigens war Maitland bereits seit Collegezeiten mit seinem Kollegen und Mitautoren Pollock persönlich befreundet. Diese und weitere biographische Angaben bei: Reimann, Historische Schule und Common Law, Die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts im amerikanischen Rechtsdenken, S. 300; ders., Who is afraid of the Civil Law? Kontinentaleuropäisches Recht und Common Law im Spiegel der englischen Literatur seit 1500, Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte, 21. Jahrgang (1999), S. 372 f.; Stolleis (Hrsg.)/Lerch (Bearb.), Juristen - Ein biographisches Lexikon - Von der Antike bis zum 20. Jahrhundert, München 1995, S. 399-^00. 547 Hoeflich, Roman and Civil Law and the Development of Anglo-American Jurisprudence in the Nineteenth Century, Athens/Georgia 1997, S. 1.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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Bürgerliche Gesetzbuch auch und gerade aus britischer Sicht vorbildlich, wie er nicht müde wird zu betonen. In seinen Schriften spart er nicht an Seitenhieben auf nationale Eigenheiten und Chauvinismen auf englischer wie deutscher Seite. Maitland, geboren am 28. Mai 1850 und wenige Monate nach der Veröffentlichung seines letzten Artikels am 21. Dezember 1906 gestorben, hatte zeitlebens die Vereinfachung und Kodifizierung des englischen Rechtes propagiert. 548 Wiederholt hatte er versucht, eine Brücke zur deutschen Rechtswissenschaft zu schlagen, mit deren Forschungsergebnissen und theoretischem Gebäude er sich ausgiebig befaßte, und deren Entwicklung er aufmerksam verfolgte. Das Bürgerliche Gesetzbuch erschien ihm als der vorläufige Höhepunkt der Entwicklung der Rechtswissenschaft, wie er nach dessen Inkrafttreten bei mehreren Gelegenheiten betonte. Am ausführlichsten beschäftigt sich Maitland im August 1906 im Independent Review mit dem B G B . 5 4 9 Auch er liefert zunächst eine Ubersicht über den historischen Hintergrund und die Entstehungsgeschichte des Bürgerlichen Gesetzbuches, wobei er einer eher strukturellen Betrachtungsweise anhängt. Die rechtliche Zersplitterung Deutschlands („a patch-work q u i l t " 5 5 0 ) und nationale Vereinigung benennt er als die entscheidenden Umstände; ein nicht zu vernachlässigender Faktor sei vor allem aber die hochentwickelte und differenzierte deutsche Rechtswissenschaft gewesen („German jurisprudence a highly controversial science. [...] rival schools" 551 ). Maitland beschreibt die Arbeit der ersten und zweiten Kommission relativ knapp, um sich dann um so ausführlicher mit dem parlamentarischen Verfahren zu beschäftigen. Zur Kritik am Entwurf der ersten Kommission bemerkt er: „What then happened is, I think, well worthy of notice; for it shows that a nation can become profoundly interested in its legal system. A tornado broke loose." 5 5 2 Bei der zweiten Kommission erscheint ihm vor allem Beteiligung von Nicht-Juristen erwähnenswert. Hinsichtlich des parla548

Biographische Angaben aus: Dictionary of National Biography, Second Supplement, Band 2, hrsg. von Sidney Lee, London 1912, S. 552-555; Who was who. A Companion to „Who's who" containing the Biographies of those who died during the Period 1897-1916, London 1920, S. 468. 549 Maitland , The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211-221; später in: The Collected Papers, Band 3, Cambridge 1911, S. 474-488. 550 Maitland , The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 214. 551 Maitland , The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 215 552 Maitland , The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 215.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

mentarischen Verfahrens lobt Maitland besonders die Besonnenheit und das Engagement wie auch die Disziplin aller Beteiligten: „[There] was no obstruction; there was a wonderful forbearance. [...] a considerable number of changes were made in [the draft]; but the utmost care was taken not to damage the artistic character of the w o r k . " 5 5 3 Über inhaltliche Aspekte des BGB erfährt der Leser nur auf dem Umweg über die Darstellung der Debatte im Reichstag etwas. Maitland erwähnt besonders die Auseinandersetzungen über die Einführung des Scheidungsgrundes der Geisteskrankheit gemäß § 1569 BGB, die Zivilehe und die Beschränkungen des Vereinsrechts. Zur „Hasendebatte" vom 23. Juni 1896 über die Haftung für Wildschäden gemäß § 835 BGB meint er: „[One] may be amused at finding that the briskest of all debates took place over [this section] [...]. That is the touch of humour required as a relief for so much civic virtue. Bezüglich der gesamten Vorbereitungsphase und Kodifizierung des BGB zieht Maitland dieses Fazit: „Never, I should think, has such first-rate brain power been put into an act of legislation; and never, I should think, has a nation so thoroughly said its say about its system of l a w . " 5 5 5 Danach wendet sich Maitland der Bedeutung zu, die dem BGB außerhalb Deutschlands zukomme. Er erwähnt zuerst die Beachtung, die das BGB bereits in anderen Ländern gefunden habe, namentlich in Frankreich („It is being carefully studied in France, and wins high praise from French lawyers who have no predilection for Germany" 5 5 6 ) und Japan: „Also I notice that one nation, an enterprising nation in the far East, has already been fetching its civil law from Germany. The Japanese have, I think, shown us that they know what and where to borrow. [...] I sadly fear that our Japanese friends are not likely to regard our English system as a model of lucidity and technical excellence." 557

553 Maitland , The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 217. 554 Maitland , The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 217. 555 Maitland , The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 218. 556 Maitland , The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 218. 557 Maitland , The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 218 f. Zu den Fragen, inwieweit die deutsche Rechtswissenschaft bei der Kodifikation des japanischen Zivilrechts Ende des 19. Jahrhunderts eine Rolle spielte und das japanische Bürgerliche Gesetzbuch am deutschen BGB orientiert war, sowie zu den japanischen Ubersetzungen des BGB siehe oben: Einleitung, Fußnote 7.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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Damit spannt Maitland den Bogen zu der Frage, welche Lehren aus englischer Sicht aus der deutschen Erfahrung bei der Kodifizierung des Zivilrechtes gezogen werden könnten, und ob das Bürgerliche Gesetzbuch als solches ein Vorbild für England sein könne. Seine Bemerkungen in diesem Zusammenhang sind übrigens sehr aufschlußreich hinsichtlich der Stimmung und Sichtweise in Großbritannien bezüglich „der Deutschen" in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg. Maitland beginnt: „[We should] ask ourselves, whether [the English law] compares well with its neighbours and rivals, whether it is in all respects rational, coherent, modern, worthy of our country and century." 5 5 8 Namentlich das deutsche Grundstücksrecht - auf das Maitland ansonsten nicht näher eingeht - sei dem englischen weit voraus: „No Englishman is likely to admire all things German. [...] But there are some departments - large departments - of English law which seem to me thoroughly discreditable to us. I would mention in particular a great deal of what we call the Law of Real Property. It seems to me to be full of rules which no one would enact now-a-days unless he were in a lunatic asylum. [...] Our Land Law as a whole is becoming a more intricate labyrinth every year [...]. The consequence is, that German Land Law is about a century ahead of English Land L a w . " 5 5 9 Das neue Bürgerliche Gesetzbuch widerlege so manches Vorurteil: „[It is said that] we English are a practical race [...] I am not fully convinced that we English are preeminently practical. [...] The eminently practical man is the man who does great things. The German has done some great things. Among the great things that he has done ist this: He has codified the greater part and most important part of his law; [...] he has striven to make his legal system rational, coherent, worthy of his country and our century. The greatest among his exploits is a Civil Code." 5 6 0 Maitland plädiert ausdrücklich dafür, daß Konkurrenzdenken und wechselseitige Vorurteile den Blick auf die Leistung der Deutschen nicht verstellen dürfe: „We shall think none the worse of a law-book because some national pride, even perhaps some national vanity, went into its making. If we need musts swagger, there are worse things to boast of than a code which we say is the best that has yet been made." 5 6 1 Denn in der Tat verfüge das Deutsche Reich nun über ein einheitliches Rechtssystem „worthy in all respects of modern times" 5 6 2 .

558

Maitland , The Making of the German Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211 f. 559 Maitland , The Making of the German Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 219 ff. 560 Maitland , The Making of the German Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 212. 561 Maitland , The Making of the German Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 214.

Civil Code, The Independent Review, Civil Code, The Independent Review, Civil Code, The Independent Review, Civil Code, The Independent Review,

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Maitland bedauert, feststellen zu müssen, daß in Großbritannien auf absehbare Zeit nicht mit einer vergleichbaren Kodifikation des Common Law zu rechnen sei: „We in England are not within measurable distance of a Civil Code. There is much to be done first. 4'563 Nicht nur mangele es an einer systematischen und auf hohem Niveau betriebenen Rechtswissenschaft, sondern es fehle auch ein wichtiger Antrieb: „[The] main force which has made for codification [in Germany] has been a desire for uniform national l a w . " 5 6 4 Die territoriale Zweiteilung des Rechtes in Großbritannien in ein schottisches und ein englisches Rechtssystem reiche insofern nicht aus. Mit diesen überaus wohlwollenden Äußerungen hält Maitland sein bereits unmittelbar nach Inkrafttreten geäußertes Urteil über das Bürgerliche Gesetzbuch aufrecht. Im Jahre 1900 hatte er einen Teil aus Otto Gierkes Werk „Das deutsche Genossenschaftsrecht" ins Englische übersetzt. 565 In der Einleitung zu dieser Übersetzung gab er einen groben Überblick über die Entwicklung des Körperschaftsbegriffes und der Korporationstheorie im deutschen Recht bis 1900. 5 6 6 Dabei strich er den hohen Standard heraus, den die deutsche Rechtswissenschaft im Verlauf des 19. Jahrhunderts erreicht habe. Das gerade in Kraft getretene Bürgerliche Gesetzbuch stellt er als vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung dar. In den §§31, 32 BGB sei die Organtheorie hinsichtlich juristischer Personen festgeschrieben worden. 5 6 7 Das BGB als solches sei „the most carefully considered statement of a nation's law that the world has ever seen." 5 6 8 1904 besprach Maitland im Quarterly Review ausführlich F. Liebermanns Untersuchung des frühen englischen Rechtes. 569 Während er die 562 Maitland, The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 213. 563 Maitland, The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 220. 564 Maitland, The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 213. 565 Gierke , Political Theories of the Middle Age, übers, von Maitland , Cambridge 1900. Bei dem übersetzten Abschnitt handelt es sich um das Kapitel „Die publicistischen Lehren des Mittelalters" aus: Gierke , Das deutsche Genossenschaftsrecht, 4 Bände 1868-1913, Band 3: Die Staats- und Korporationslehre des Alterthums und des Mittelalters und ihre Aufnahme in Deutschland, Berlin 1881, S. 501-640. 566 Maitland , Introduction, S. VII-XLV, in: Gierke , Political Theories of the Middle Age, übers, von Maitland, Cambridge 1900. 567 Maitland , Introduction, S. VII, XL, in: Gierke , Political Theories of the Middle Age, übers, von Maitland, Cambridge 1900. 568 Maitland , Introduction, S. VII, XVII, in: Gierke , Political Theories of the Middle Age, übers, von Maitland , Cambridge 1900. 569 Maitland , The Laws of the Anglo-Saxons, Quarterly Review, Band 200 (1904), S. 139-157; später in: The Collected Papers, Band 3, Cambridge 1911,

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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Arbeit des deutschen Wissenschaftlers in höchsten Tönen lobt, bringt er einmal mehr seine Unzufriedenheit mit der englischen Rechtswissenschaft, zumal im Vergleich zum deutschen Standard, zum Ausdruck: „ [ A ] really good edition [...]. That this task should have been performed by a German scholar [...] may not be what we in England should have liked best, but must not detract from the warmth of our welcome and our praise. I f Englishmen cannot or will not do these things, they can at least rejoice that others can and w i l l . " 5 7 0 Maitland nutzt die Buchbesprechung zu einem Exkurs über das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Entstehungsgeschichte: „When we turn from our modest output to the tons of books concerning legal history which Germany produced in the nineteenth century, it is right to remember that during a great part of that period our neighbours were being spurred forward by an incitement to study such as we have never felt and they are not likely to feel again." 5 7 1 Die „bedauerliche" rechtliche Zersplitterung im 19. Jahrhundert sei von einem „patriotic, [...] national, and we might even call it utilitarian impulse" 5 7 2 überwunden und vom Bürgerlichen Gesetzbuch abgelöst worden: „And now we see the result of it all. This people of pedants and dreamers, of antiquaries and metaphysicians, after discussing the history of every legal term and every legal idea, has made for itself what is out and away the best code that the world has yet seen." 573 Die verbleibende Kritik einiger Germanisten am vermeintlich „ungermanischen" Charakter der Kodifizierung greift Maitland übrigens scharf an: „[What] is worst in Germany, the blatant sham science of her Philistines [...]. Well, there are fools everywhere; but we in England are not going to dispute the Englishry of our great [lawyers]." 5 7 4 Wie eingehend sich Maitland mit dem deutschen Zivilrecht beschäftigt und wie sehr er die deutsche rechtswissenschaftliche Theorie und Terminologie verinnerlicht hat, zeigt sich in einem Essay aus dem Jahre 1905. Darin hat Maitland versucht, das englische Recht des „trust" und die in England gebräuchlichen Formen von Personenvereinigungen speziell für die S. 447-473. Bei dem besprochenen Werk handelt es sich um Liebermann (Hrsg.), Die Gesetze der Angelsachsen, Halle 1903. Der Quarterly Review ist übrigens nicht mit dem Law Quarterly Review identisch. 57 0 Maitland, TheLaws of the Anglo-Saxons, Quarterly Review, Band 200 (1904), S. 139. 57 1 Maitland, The Laws of the Anglo-Saxons, Quarterly Review, Band 200 (1904), S. 139, 150. 57 2 Maitland, The Laws of the Anglo-Saxons, Quarterly Review, Band 200 (1904), S. 139, 150. 57 3 Laws of the Anglo-Saxons, Quarterly Review, Band 200 Maitland, The (1904), S. 139, 150 f. 57 4 Laws of the Anglo-Saxons, Quarterly Review, Band 200 Maitland, The (1904), S. 139, 151.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

deutsche Leserschaft darzustellen. 575 Dabei bedient er sich des deutschen Vokabulars und der Kategorien des deutschen Zivil- bzw. Gesellschaftsrechts, um die englischen Rechtsinstitute darzustellen und zu analysieren. Auch in diesem Aufsatz nimmt Maitland explizit auf das Bürgerliche Gesetzbuch Bezug. So erwähnt er etwa § 2109 BGB als die Bestimmung, die im deutschen Recht eine Perpetuierung der Selbständigkeit des Nachlasses beschränke und als solche sehr viel strenger als die entsprechende englische Regel sei. 5 7 6 Weiterhin äußert er sich zum Vereinsrecht - allerdings nicht nur auf den Wortlaut des BGB bezogen, sondern vor allem auch auf den theoretischen Unterbau in der deutschen Rechtswissenschaft: „[Almost] every conceivable question has been forestalled." 577 Ob dies ein Vorteil sei, läßt er offen. Er erwähnt aber den Registrierungszwang und den Genehmigungsvorbehalt für politische Vereine und stellt klar, daß das englische Recht insoweit deutlich freiheitlicher sei. 5 7 8 Eine Registrierung wirtschaftlicher Vereinigungen entsprechend §§ 21, 22 BGB, die genannt werden, gäbe es allerdings. 579 Sein Gesamturteil über das BGB legt Maitland dieses Mal in den Mund des „englischen Durchschnittsjuristen": „We may imagine an English lawyer [...] taking up the new Civil Code of Germany. ,This,' he would say, , seems a very admirable piece of work, worthy in every way of the high reputation of German jurists. [ . . . ] ' " 5 8 ° Interessant ist, daß er in der englischen Version seines Aufsatzes die betreffenden deutschen Ausdrücke unverändert stehen läßt, er also beispielsweise Sätze wie diesen schreibt (konkret im Zusammenhang mit „nicht rechtsfähigen Vereinen"): „ [ . . . ] in England the Sonderung of this Vermögen from all the other Vermögen of the Theilhaber can be all the plainer, because in legal analysis the owners of the Vermögen are not the Vereinsmitglieder but the trustees." 581 Einige Übersetzungen einzelner Worte durch Maitland sind von Interesse: Für Sachenrecht und Schuld- bzw. Obligationenrecht wählt er die lateini57 5

Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, Cambridge 1911, S. 321-404; ursprünglich auf Deutsch als: Maitland, Trust und Korporation, Grünhuts Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart, Band 32 (1905), S. 1-76. 57 6 Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 359, Fn. 1. 57 7 Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 379. 57 8 Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 387 ff. 57 9 Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 393, Fn. 1. 580 Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 322 f. 581 Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 384.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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sehen Ausdrücke Jura in rem", Jura in personam" 5* 2. „Real property" und „personal property" würden als „approximate equivalents" für Grundstücke und bewegliche Sachen herhalten können. 5 8 3 „Joint ownership" sei eine nicht so starke Form der „Gesammthandschaft". 584 Destinatär, d. h. der Begünstigte des „trusts", wird in Übernahme des lateinischen Lehnwortes als „destinatory" wiedergegeben. 585 Gesellschaft wird für Maitland mit „partnership", Verein mit „society" am treffendsten übertragen. 586

X· „Surge's Colonial and Foreign Law" (1907-1928) 587 1907 erschien der erste Band der neuen, vollständig überarbeiteten Ausgabe von „Burge's Colonial and Foreign Law" von 1838. 5 8 8 Die zunehmenden privaten und wirtschaftlichen Kontakte mit grenzüberschreitendem Bezug hatten das Bedürfnis nach einer aktuellen vergleichenden Darstellung der wichtigsten Rechtssysteme der Welt wachsen lassen. Aufgrund der vielfältigen Entwicklungen seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts handelte es sich bei der Neuausgabe um eine nahezu vollständige Neubearbeitung, die mit dem großen Vorbild wenig mehr als den Namen gemeinsam hatte. Unter der Schriftleitung der beiden distinguierten Londoner Anwälte und Richter Alexander Wood Renton und George Grenville Phillimore erschienen bis 1914 insgesamt vier von ursprünglich sechs geplanten Bänden. Durch den Weltkrieg unterbrochen, wurden die Arbeiten erst in den zwanziger Jahren wieder aufgenommen, und erst 1928 erschien der fünfte, nunmehr abschließende Band, den anstelle des mittlerweile verstorbenen Phillimore Wyndham A. Bewes mit herausgab. 589 Die Herausgeber bedienten sich der Mithilfe einer Reihe von ausländischen Experten, deren Korrespondenz mit in das Werk einfloß, bzw. die teilweise komplette Abschnitte verfaßten. 590 In der Erstausgabe waren die in den deutschen 582 583 584

Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 324. Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 326. Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 336,

Fn. 1. 585

Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 344. Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 380. 587 Renton/Phillimore (Hrsg.), Bürge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and in Conflict with each other and with the Law of England. Neuausgabe in 5 Bänden, London 1907-28. 588 Bürge , Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and on their Conflict with each other, and with the Law of England, 4 Bände, London 1838. Siehe dazu Erster Teil, Erster Abschnitt, I. 589 Renton/Phillimore (Hrsg.), Bürge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and in Conflict with each other and with the Law of England. Neuausgabe in 5 Bänden, London 1907-28. 586

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Ländern herrschenden Rechte noch mit keinem Wort erwähnt worden wenn man von dem ausführlich behandelten Code Civil absieht, dessen Geltung in den Rheinprovinzen jedoch ebenfalls ungenannt blieb. Nunmehr hingegen erfuhr das deutsche Recht in der Form, die es durch das Bürgerliche Gesetzbuch erhalten hatte, eine umfassende Berücksichtigung. Dabei werden die deutschen Regelungen, soweit ihnen ein eigener Abschnitt gewidmet ist, grundsätzlich nach Art eines Lehrbuches zusammengefaßt und kurz dargestellt. Oftmals ist der Aufbau aber auch dergestalt, daß eine bestimmte Rechtsfrage entsprechend der Terminologie und Dogmatik des Common Law aufgeworfen wird und anschließend die jeweils einschlägigen Regelungen der einzelnen Rechtssysteme zu dem Problem hintereinander aufgezählt werden. Eine Vielzahl von Vorschriften des BGB und EGBGB werden teils im Fließtext, teils in Fußnoten nach Paragraphenrespektive Artikelnummer erwähnt. Teilweise kommt es hierbei zu Ungenauigkeiten in der Form, daß entweder falsche Nummern angeführt werden oder aber zwar eine Nummer, nicht aber das einschlägige Gesetz bezeichnet wird. Umgekehrt ist oftmals große Sorgfalt darauf verwendet worden, Vorschriften aus verschiedenen Gesetzen - BGB, EGBGB, ZPO - im Zusammenhang und in ihrem Zusammenspiel darzustellen. 591 Eine analytische Darstellung der dem deutschen Recht zu Grunde liegenden Dogmatik oder gar eine vergleichende Bewertung erfolgt hingegen so gut wie nicht. Auch finden sich keine Übersetzungen von Gesetzestexten. Dies gibt Anlaß zu folgender Bemerkung: Durch diese Vorgehens weise der Autoren von „Burge's Colonial and Foreign Law" ist es ihrem Leser, jedenfalls soweit er nicht aus anderer Quelle mit dem deutschen Recht bereits vertraut war, nicht ohne weiteres möglich, wichtige, dieses Recht prägende Prinzipien zu erfassen - wie etwa das Abstraktionsprinzip oder die Einteilung des BGB in Bücher mit der dabei intendierten „Klammer590 Es ist nicht ersichtlich, wer bezüglich des deutschen Rechtes der Bearbeiter war, jedoch beziehen sich die Herausgeber in ihrem Vorwort zum ersten Band ausdrücklich auf Ludwig von Bars Werk über Theorie und Praxis des internationalen Privatrechts, das seit Beginn der 1880er Jahre in einer mehrfach aktualisierten Übersetzung ins Englische vorlag: Ludwig von Bar, The Theory and Practice of Private International Law, übers, von G. R. Gillespie, London 1883 (Übersetzung der deutschen Ausgabe von 1862), London 1892 (Ubersetzung der zweiten deutschen Auflage). Es steht zu vermuten, daß sich die Herausgeber selbst mit dem deutschen Recht befaßten, wobei sie sich der deutschsprachigen Literatur der Zeit wie auch Ernest Joseph Schusters „Principles" zumindest teilweise als Sekundärliteratur bedienten, worauf die vielfältigen Verweise in den Fußnoten zum Text hindeuten. 591 So wird beispielsweise das Recht des unehelichen Kindes in allen Aspekten von der materiell-rechtlichen Regelungen des BGB über das entsprechende internationale Privatrecht gemäß EGBGB bis zu den zugehörigen prozessualen Vorschriften aus der ZPO beleuchtet, vgl. Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, S. 318, 374 ff.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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Wirkung". 5 9 2 Dies ihren Lesern zu ermöglichen, mag zwar auch gar nicht zu den Zielen der Autoren dieses der praktischen Rechtsvergleichung verpflichteten Werkes gehört haben. Und das Versäumnis wird schon deshalb gemildert, weil an geeigneten Stellen unter anderem auf das zu diesem Zeitpunkt bereits erschienene Handbuch von Ernest Joseph Schuster 593 verwiesen wird. Doch ist dies bezeichnend und mag letztlich geradezu als typisch für die Weise bezeichnet werden, in der sich anglo-amerikanische Juristen zu Beginn des Jahrhunderts dem deutschen Recht näherten: Motivation waren fast immer die Probleme der Rechtspraxis, rein akademisches Interesse fand sich selten. Band 1 von 1907 liefert eine Übersicht über die „Legal Systems of the World". Das deutsche Rechtssystem wird dabei äußerst knapp auf gerade einmal anderthalb Seiten abgehandelt, und die vermittelten Informationen beschränken sich auf eine kurze Zusammenfassung der rechtlichen Ausgangslage in Deutschland vor der Reichsgründung und eine Aufzählung der danach vorgenommenen Kodifikationen mit dem jeweiligen Datum des Inkrafttretens. Der gesamte Prozeß der Vereinheitlichung und Kodifizierung des deutschen Rechtes wird als „the latest and one of the foremost triumphs of codification" bezeichnet. Über den Gehalt der jeweiligen Regelungen wird hingegen nichts mitgeteilt. 5 9 4 Dies ändert sich in den folgenden Bänden. Band 2 von 1908 ist mit „Law of Persons" überschrieben. 595 Darin wird in ausführlichster Form das internationale Privatrecht (domicil, aliens, status), das Recht der Ehelichkeit und Unehelichkeit von Kindern (legitimacy), der Adoption, der Volljährigkeit bzw. Mündigkeit (majority), das elterliche Sorgerecht (parental power) sowie das Unterhaltsrecht (alimentary obligation) der Rechtssysteme der wichtigsten - und auch einer Reihe relativ unbedeutender - Staaten und Kolonien einander gegenüber gestellt und beschrieben. Ausgiebig wird das deutsche Recht behandelt. Bezüglich des internationalen Privatrechts werden zunächst kurz die theoretischen Konzepte der „modern German school" erläutert, als deren Vertreter unter anderem Savigny und, auf ihm aufbauend, Ludwig von Bar 592 Die beiden genannten Prinzipien werden an etwas versteckter Stelle nur angedeutet, das Abstraktionsprinzip im vierten Band: Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teilband, London 1914, S. 295, und die Bucheinteilung des BGB im selben Band, S. 247. 593 Schuster, The Principles of German Civil Law, Oxford 1907. Siehe Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, III. 594 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 1, London 1907, S. 40/41. 595 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, London 1908.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

genannt werden. 5 9 6 Als Vorschriften aus diesem Bereich werden beschrieben und genannt: Art. 7, 12-15, 17-22, 24, 25, 28, 30 EGBGB, §§ 293, 265 ZPO. Als deutsche Regelungen hinsichtlich des „domicil" werden erwähnt: §§ 7, 9 BGB, Art. 7, 8, 10, 11 EGBGB, §§ 16, 20 ZPO. Auf das im deutschen Staatsangehörigkeitsrecht geltende Prinzip des „ius sanguinis" wird hingewiesen. Vergleichsweise ausführlich werden die Vorschriften betreffend die Ehelichkeit von Kindern (legitimacy) behandelt. Erwähnt werden die §§ 15911594, 1596, 1597, 1600, 1717, 1718 BGB. Besonders hervorgehoben wird die Methode zur Berechnung der Empfängniszeit gemäß §§ 1592, 1600 B G B 5 9 7 , die Anfechtung der Ehelichkeit gemäß §§ 1593 ff. BGB, 640-643 Z P O 5 9 8 , die rechtliche Stellung des unehelichen Kindes gemäß §§ 1705 ff. B G B 5 9 9 , die Sonderregelungen für den Adel gemäß Art. 57-59 E G B G B 6 0 0 , die nachträgliche Legitimation durch Heirat gemäß § 1719 B G B 6 0 1 und die Stellung des unehelichen Kindes im Erbrecht, §§ 1757, 1759 B G B 6 0 2 . Verwundert wird die Regelung des § 1591 BGB a.F. zur Kenntnis genommen: Daß sich aus der darin enthaltenen gesetzlichen Vermutung die Konsequenz ergeben konnte, daß ein Kind ohne tatsächlichen Geschlechtsverkehr der Eheleute rein rechtlich dennoch als ehelich galt, diese Abwesenheit einer „doctrine of moral impossibility" wird als außergewöhnlich und als im internationalen Vergleich einmalig bezeichnet. 603 Insgesamt werden die Vorschriften des BGB zur Ehelichkeit von Kindern und insbesondere betreffend die Stellung des nichtehelichen Kindes als gelungenes Beispiel für eine moderne, zeitgemäße Regelung dieser Fragen bezeichnet („modern treatment"). 604

596 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, S. 11 f. 597 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, S. 283. 598 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, S. 318. 599 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, S. 338. 600 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, S. 356. 601 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, S. 357. 602 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, S. 427. 603 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, S. 288/289 Fn. t. Renton/Phillimore (Hrsg.),Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band , S. 6 .

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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Bezüglich des Rechtes der Adoption erscheint auffällig, daß zwar etwa dem französischen und dem russischen Recht breiter Raum eingeräumt wird, das deutsche Recht aber unter der Überschrift „Other Systems" vergleichsweise knapp und nur pauschal mit deren Regelungen wiedergegeben wird605 Hinsichtlich des Problemfeldes der Volljährigkeit (majority) werden die Vorschriften des BGB über die Geschäftsfähigkeit und deren System der „incapacity" und „restricted capacity" dargestellt. 606 Auch ein Hinweis auf die eingeschränkte Deliktsfähigkeit gemäß § 828 BGB findet sich. 6 0 7 Die Regelungen zur elterlichen Gewalt („parental power") werden aufgrund festgestellter Parallelitäten zusammen mit dem Recht Italiens, Spaniens und der Schweiz abgehandelt. 608 Die §§ 1626 ff. BGB werden dabei relativ ausführlich dargestellt, indem anhand dieser Vorschriften eine Reihe von Fallkonstellationen beispielhaft abgehandelt werden. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, daß die elterliche Gewalt nach dem deutschen Recht in erster Linie und vorrangig beim Vater liege. Ein wertender Kommentar hierzu wird nicht gegeben. Besonders breiten Raum nimmt die Darstellung des Unterhaltsrechts (alimentary obligation) der §§ 1601 ff. BGB e i n . 6 0 9 Hier wird bis ins kleinste Detail und unter Berücksichtigung auch von Ausnahmeregelungen jede denkbare Fallkonstellation dargestellt. Selbst einzelne Entscheidungen des Reichsgerichtes und einschlägige Stellen aus den Motiven werden zitiert. Der Abschnitt wird mit der Bemerkung eingeleitet, daß das deutsche Recht des Unterhalts sich wesentlich von dem englischen unterscheide, indem es anders als dieses ein einklagbares privates Recht und nicht nur eine strafbewehrte öffentlich-rechtliche Obliegenheit („a claim enforceable by civil proceedings, like an obligatory right, [...] not [...] merely a duty of a public character, the disregard of which involves criminal [...] proceedings" 610 ) einführe. Ergänzt wird dies mit dem Hinweis, daß das deutsche Recht insoweit dem kontinentaleuropäischen Standard entspreche. Hieraus läßt sich 605

Renton/Phillimore Laws, Band 2, S. 405 ff. 606 Renton/Phillimore Laws, Band 2, S. 433 ff. 607 Renton/Phillimore Laws, Band 2, S. 485 Fn. t. 608 Renton/Phillimore Laws, Band 2, S. 505 ff. 609 Renton/Phillimore Laws, Band 2, S. 566 ff. Renton/Phillimore Laws, Band 2, .

(Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign (Hrsg.),Burge's Commentaries on Colonial and Foreign

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

folgern, daß die eingehende Behandlung des vergleichsweise neuen deutschen Rechts die Einschätzung der Editoren von „Burge's Colonial and Foreign Law", es handele sich dabei auch um ein besonders modernes Recht, widerspiegeln könnte, auch wenn eine derartige Aussage nicht ausdrücklich formuliert wird. Der dritte Band der Neuauflage von „Burge's Colonial and Foreign Law" erschien 1910 und setzte das „Law of Persons" mit der rechts vergleichenden Darstellung des Ehe- und Scheidungsrechtes fort 6 1 1 , einem Rechtsgebiet, dessen praktische Bedeutung seit Beginn des 20. Jahrhunderts immer mehr zugenommen hatte. 6 1 2 Nach einem einleitenden Kapitel über die historischen Ursprünge des Eherechts in den römischen, kanonischen und orientalischen Rechtssystemen gliedert sich das Buch in vier Themenkomplexe, in denen die Voraussetzungen einer wirksamen Eheschließung, hieraus entstehende persönliche Rechte und Pflichten der Ehegatten, die Auswirkungen auf das Vermögen und schließlich das Scheidungsrecht behandelt werden, wobei jedem dieser Bereiche noch ein Kapitel über die jeweils zu erwartenden Probleme im internationalen Privatrecht hinzugefügt ist. Dem deutschen Recht sind dabei keine eigenständigen Kapitel gewidmet, sondern es wird zusammen mit den übrigen „continental systems" behandelt - zu denen unter anderem das italienische und spanische, nicht aber das französische und das römisch-niederländische Recht gezählt werden; die letztgenannten werden gesondert aufgeführt. Wie in den vorangegangenen Bänden wird das deutsche Recht grundsätzlich zusammen mit anderen Rechtssystemen dargestellt. Es findet sich eine Zusammenfassung der Geschichte des deutschen Eherechts, Angaben zu Mindestalter, Ehefähigkeit, Zustimmungserfordernissen gemäß dem BGB. Die Unterscheidung zwischen nichtigen und anfechtbaren (void, voidable) Ehen wird getroffen, und die jeweiligen Nichtigkeits- bzw. Anfechtungsgründe und -Wirkungen werden aufgezählt 613 , die Eheverbote aufgelistet 614 . Erwähnt wird die fehlende Einklagbarkeit des Eheversprechens und der stattdessen gemäß §§ 1297 ff. BGB gewährte Schadensersatzanspruch, herausgestellt die Tatsache, daß die Zivilehe als alleinige rechtlich verbindliche Form der Eheschließung betrachtet wird. Relativ am meisten Raum beansprucht die Dar611

Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 3, London 1910. 612 In einer zeitgenössische Buchbesprechung zu diesem dritten Band von „Burge's Colonial and Foreign Law" wird dieser Aspekt besonders betont: Burge's Colonial and Foreign Law (Buchbesprechung), Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 9 (1910) S. 515-516 (anonym). 613 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 3, S. 102, 225 f. , 229 ff., 236 f. Renton/Phillimore (Hrsg.),Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band , S. .

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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Stellung des ehelichen Güterrechts. 615 Auf insgesamt siebzehn Seiten wird es vergleichsweise ausführlich und systematisch ausgebreitet. Es wird dabei lehrbuchhaft und im Zusammenhang wiedergegeben, auf die Paragraphen des BGB wird jeweils in Fußnoten verwiesen, daneben finden sich listenartige Zusammenstellungen etwa der Gründe, die zur Auflösung der Gütergemeinschaft führen können. Erwähnenswert ist die Übersetzung der Begriffe „Vorbehaltsgut" und „eingebrachtes Gut" als „privileged" respektive „nonprivileged property". 6 1 6 Über die bloße Erklärung hinausgehende Wertungen sind nicht erkennbar. Das Scheidungsrecht wird in ähnlicher, wenn auch nicht ganz so ausführlicher Weise dargestellt, wobei die Verfasser an dieser Stelle einen stichwortartigen Stil zu bevorzugen scheinen. 617 Ausdrücklich wird auf die Besonderheiten der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft gemäß §§ 1575, 1576 BGB a.F., einem „Minus" zur Scheidung, im Vergleich zu dem englischen Rechtsinstitut der „judicial separation" hingewiesen. 618 Hier offenbart sich einmal mehr das eher prozessual geprägte Rechtsverständnis der anglo-amerikanischen Juristenschaft, wenn als gewichtigster Unterschied angeführt wird, daß es das deutsche Recht dem Antragsgegner ermögliche, statt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft im selben Verfahren seinerseits die Scheidung zu verlangen. 619 Abgerundet werden die Ausführungen jeweils durch Hinweise auf das einschlägige prozessuale und internationale Privatrecht. Im vierten Band, dessen erster Teil in der ersten Jahreshälfte 1914 erschien, wurde das „Law of Persons" mit der Betrachtung des Vormundschaftsrechts („guardianship") abgeschlossen, dazu ein Teil des Sachenrechts („law of property") behandelt. 620 Für den Bereich über „guardianship" ist wiederum ein Aufbau gewählt, nach dem einzelne rechtliche Gesichtspunkte angesprochen werden und dann jeweils die passenden Regelungen der einzelnen Länder bzw. Rechts615

Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 3, S. 590 ff. 616 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 3, S. 590. 617 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 3, S. 844 ff. 618 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 3, S. 847. 6,9 § 1575 Abs. 1 BGB a.F. lautete: Der Ehegatte, der auf Scheidung zu klagen berechtigt ist, kann statt auf Scheidung auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft klagen. Beantragt der andere Ehegatte, daß die Ehe, falls die Klage begründet ist geschieden wird, so ist auf Scheidung zu erkennen. 620 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, London 1914. 12 Dittmann

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

systeme aufgezählt werden. Aus dem deutschen Vormundschaftsrecht wird zunächst die Stellung und Funktion des Vormundschaftsgerichtes erläutert. 6 2 1 Danach wird das grundsätzliche Recht der Eltern, gemäß §§ 1776— 1785 BGB selbst einen Vormund zu bestimmen, besonders hervorgehoben, was als gemeinsamer Grundzug aller „modern Codes" bezeichnet w i r d . 6 2 2 Interessant sind die gewählten Übersetzungen für den gesetzlichen Vormund i.S.d. §§ 1776 ff. BGB - „legal guardian" 6 2 3 - für den vom Vormundschaftsgericht bestimmten - „dative guardian" 6 2 4 - und für den Gegenvormund i.S.d. § 1792 BGB a.F.: „supervising guardian" 625 . Allerdings wird diese Begriffsbildung nicht konsequent durchgehalten, sondern stellenweise von „tutors" geredet. 626 Bezüglich der Vorschriften zum Familienrat, §§ 1858, 1859, 1872 BGB a.F., wird konstatiert, es handele sich um „elaborate provisions", typisch für „the more modern codes". Dementsprechend wird das Recht des Familienrates exemplarisch an den italienischen Regelungen dargestellt, wobei auf die Paragraphen des BGB nur insoweit hingewiesen wird, als daß sie Abweichungen enthalten. 627 Relativ viel Platz wird der Darstellung der Vorschriften des BGB zur Vermögensverwaltung durch den Vormund („elaborate provisions" 6 2 8 ) eingeräumt. 629 Besondere Aufmerksamkeit wird dabei der Vielzahl von Vorschriften bezüglich der Inventarerstellung nach § 1802 BGB und der Rechnungslegung gemäß §§ 1840 ff., 1853 ff., 1882 ff., 1890-1892 BGB zuteil. Weiterhin werden die Bestimmungen der §§ 1795, 1796, 1806-1811, 18141820 BGB und die Beschränkung der Verfügungsgewalt des Vormundes gemäß §§ 1812 f., 1821 ff. BGB (genehmigungspflichtige Geschäfte) zumindest kurz erwähnt. Der Aufwendungsersatzanspruch des Vormundes gemäß §§ 1835, 1836 BGB wird dargestellt, wobei darauf hingewiesen 621 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 38 f. 622 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 17. 623 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 26. 624 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 38. 625 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 58. 626 z.B. Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 65. 627 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 51 ff. 628 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 80. 629 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 69 ff.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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wird, daß Vergleichbares in anderen Rechtsordnungen nicht vorgesehen sei. 6 3 0 Bezüglich der Vormundschaft über Erwachsene wird kurz das Zusammenspiel der §§ 6, 114, 2253, 1897-1899 BGB erwähnt, aus dem internationalen Privatrecht Art. 23 EGBGB. Interessant ist die Einführung ins Sachenrecht. Hier sahen sich die Autoren von „Burge's Colonial and Foreign Law" mit der Schwierigkeit konfrontiert, daß in der anglo-amerikanischen Jurisprudenz für dieses Rechtsgebiet weder eine ausgefeilte Dogmatik und noch eine besonders differenzierte Begrifflichkeit existierte. Das deutsche Sachenrecht hatte und hat nach Konzept und Umfang keine Entsprechung im Common Law. Diesen Umständen wurde von den Autoren dadurch Rechnung getragen, daß sie im sachenrechtlichen Teil zwei allgemein gehaltene Kapitel einfügten, in denen die allgemeingültigen Prinzipien des Sachenrechts, seine Abgrenzung zum Schuldrecht und die Klassifikationen und Unterscheidungen von dinglichen Rechten behandelt werden. Die Autoren verwenden dabei für das als „continental classification" bezeichnete Begriffspaar „bewegliche Sachen" und „Immobilien" die inhaltlich nicht ganz deckungsgleichen englischen Ausdrücke „personal property" und „real property". 631 Weiterhin findet sich in diesem Zusammenhang eine interessante Bemerkung zum BGB: Dessen Buchüberschriften werden als beispielhaft für eine „moderne" Unterteilung des Rechtes benannt, deren recht freie - und unvollständige - Wiedergabe als „law of persons and things", „law of obligations", „law of things and property" und „family rights" ürigens die einzige Stelle in den fünf Bänden von „Burge's Colonial and Foreign Law" kennzeichnet, an der auf den Aufbau des Bürgerlichen Gesetzbuches eingegangen w i r d . 6 3 2 Ansonsten werden jeweils die Fachausdrücke und die Systematik der einzelnen nationalen Rechte gleichsam im Vorbeigehen angesprochen. Aus dem deutschen Recht werden unter anderem folgende Termini bzw. Begriffspaare in Originalform genannt und kurz erläutert: persönliche und dingliche Rechte („real rights")633, Vermögen (im Rahmen der Erklärung wird auf die §§ 45-49, 310, 311, 718, 1085-1098, 1363, 1630, 1822 BGB verwiesen) und Sachen („things", genannt werden die §§ 90103 B G B ) 6 3 4 , Miete und Pacht („lease and hiring") 6 3 5 , unmittelbarer und 630 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 132. 631 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 597, 728. 632 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 247. 633 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 224. 634 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 222 Fn. i. 12«

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

mittelbarer Besitz („direct" bzw. „indirect possession"; Besitz selbst wird als „actual control over its subject" definiert) 636 . Auffällig ist, daß eine Reihe dieser deutschen Ausdrücke erst im Zusammenhang mit der Darstellung des ungarischen Rechts genannt und erläutert werden, welchem jedenfalls an dieser, die dogmatischen Grundlagen betreffenden Stelle erkennbar mehr Raum gegeben wurde als dem deutschen, welches auf der Seite davor behandelt wurde. 6 3 7 Dem mit dem Common Law vertrauten Leser wird noch der Hinweis gegeben, daß die im englischen Recht geläufige Unterscheidung zwischen „legal" und „equitable ownership" keine Entsprechung im System des BGB habe. 6 3 8 In dem Teil über das Grundstücksrecht wird das deutsche Recht zusammen mit den anderen „continental systems" abgehandelt, während etwa dem römisch-niederländischen Recht, dem der britischen Dominions und dem der USA jeweils eigene Kapitel gewidmet sind. In diesem Zusammenhang findet sich übrigens die einzige Stelle, in der in „Burge's Colonial and Foreign Law" auf das das Bürgerliche Gesetzbuch prägende Abstraktionsprinzip eingegangen wird. Dessen Auswirkungen werden jedoch nur kurz angedeutet: „The contract for the sale of land as distinguished from the conveyance of land only creates a right in personam." 639 Ausführlich fällt die Einführung in das deutsche Grundstücksrecht aus. Kurz erwähnt wird dabei die für das zeitgenössische England nicht selbstverständliche Tatsache, daß ein Großteil des Grund und Bodens in Deutschland bereits in Grundbüchern amtlich registriert war („there is hardly any land in Germany which is not in some register"). 640 Auch wird dem unkundigen Leser das traditionelle deutsche System vorgestellt, wonach anders als etwa in England ein Großteil der Bevölkerung nicht Eigentümer, sondern nur Mieter der eigenen Wohnung ist. In einer Breite, die jedenfalls aus heutiger Sicht überproportional zu ihrer praktischen Bedeutung erscheint, wird auf verschiedene Modifikationen und landesrechtliche Sondervorschriften des Bodenrechts eingegangen, wie sie sich in den Vorschriften der

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Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 225. 636 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 244. 637 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 224 f. 638 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 232. 639 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 295. 640 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. .

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3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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Art. 59 ff. EGBGB a. F. widerspiegeln: Fideikommisse, Anerbenrechte, Erbpacht, Bergbaurechte. 641 In diesem Zusammenhang wird auch das nach deutscher Rechtsdogmatik eigentlich nicht an diese Stelle gehörige Mietund Pachtrecht dargestellt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der für die Landwirtschaft wichtigen Pacht („letting coupled with usufruct"), deren Sondervorschriften gemäß §§ 581 ff. BGB - Einbeziehung von Vieh etc. mehr Beachtung geschenkt wird als dem Mietrecht. Aus dem letztgenannten Rechtsgebiet wird besonders § 571 BGB („Kauf bricht nicht Miete") hervorgehoben. Nach Ansicht der englischen Autoren gewährt diese Vorschrift dem Mieter effektiv ein quasi-dingliches Recht: „ A consideration of this rule will show that an occupying tenant under the present law has something beyond a merely contractual right available against his own lessor only, though in [German legal] theory his right is not described as a ,real* right."642 Das deutsche Rechtsverständnis der Miete als ein rein obligatorisches Rechtsverhältnis veranlaßt die Autoren noch wiederholt zu der Klarstellung: „leases are considered only as personal contracts under the Laws of Germany". 6 4 3 Bezüglich der einschlägigen Adelsprivilegien wird Art. 59 EGBGB erwähnt und bemerkt: „manorial and feudal rights (...) still exist in some places under state law, but they are dying out and have ceased to be of any practical importance". 644 Die Tatsache, daß „sporting and hunting rights" gemäß Art. 69 EGBGB a.F. dem Landesrecht vorbehalten sind, wird ohne nähere Erläuterung desselben erwähnt. 645 Das Erbbaurecht („hereditary building right") gemäß §§ 1012-1017 BGB a.F. erfährt eine Darstellung, deren relative Ausführlichkeit in keinem Verhältnis zu seiner praktischen Bedeutung zu stehen scheint und vermutlich seiner Ähnlichkeit zum englischen „long term lease" zuzuschreiben i s t . 6 4 6 Demgegenüber wird die in deutschen Lehrbüchern ungleich wichtigere Übereignung von Grundstücken auf nicht viel mehr Platz abgehandelt. 647 641

Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 393-399. 642 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 398. 643 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 689. 644 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 271. 645 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 279. 646 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 286-287. 647 Renton/Phillimore (Hrsg.), Laws, Band 4, 1. Teil, S. 304-305.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Das Hypothekenrecht wird sehr kurz dargestellt. 648 Berücksichtigt werden auch das Zwangsvollstreckungsrecht bezüglich Grundstücken nach dem ZVG von 1898 und den §§ 864-871 Z P O 6 4 9 sowie das Erbrecht, soweit es die Vererbung von Immobilien betrifft. Letzterem wird wiederum eine vergleichsweise ausführliche Darstellung, unter Anführung vieler Fallbeispiele, zuteil, wobei unter der Überschrift „methods of settling property" das Rechtsverhältnis von Vor- und Nacherben („limited heir" respektive „reversionary heir") überproportionale Aufmerksamkeit erhält. 6 5 0 Auf ein Problem des internationalen Privatrechts Grundstücke betreffend wird ebenfalls eingegangen, und zwar auf die im internationalen Vergleich für einzigartig gehaltene Regelung des Art. 28 EGBGB a.F., aus der unter bestimmten Umständen eine Durchbrechung des bei Sachen geltenden Grundsatzes des lex situs folgen konnte. 651 Das Recht der beweglichen Sachen wird nicht ganz so ausführlich dargestellt wie das Grundstücksrecht. Die Grundzüge der §§90 ff. BGB werden auf wenigen Seiten zusammengefaßt, wobei sich die Autoren bei der Übersetzung der deutschen Fachbegriffe der Terminologie von Ernest Joseph Schusters „Principles" bedienen, auf den sie auch verschiedentlich verweisen. 6 5 2 Das Recht der wilden Tiere und vor allem der Bienenschwärme wird hingegen in allen Einzelheiten wiedergegeben, womit die Vorgehensweise des Gesetzgebers des BGB imitiert w i r d . 6 5 3 Als Sachenrecht im weiteren Sinne wird auch das Recht der Errungenschaftsgemeinschaft aus dem ehelichen Güterstandsrecht, §§ 1519 ff. BGB a.F., angesprochen. Der fünfte und letzte Band von „Burge's Colonial and Foreign Laws" erschien erst 1928 und deckt verschiedene dingliche Rechte, Vertragsarten sowie eine Reihe von Vorschriften ab, die in der deutschen Rechtswissen-

648 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 260. 649 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 312. 650 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 862-868. 651 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 728-729, mit Hinweisen auf den damaligen Streitstand in der deutschsprachigen Fachliteratur. Art. 28 EGBGB a.F. lautete: Die Vorschriften der [das internationale Privatrecht betreffenden] Artikel [...] finden keine Anwendung auf Gegenstände, die sich nicht in dem Gebiete des Staates befinden, dessen Gesetze nach jenen Vorschriften maßgebend sind, und die nach den Gesetzen des Staates, in dessen Gebiete sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen. 652 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 609-611, 629. 653 Renton/Phillimore (Hrsg.),Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, S. 6 .

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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schaft dem Allgemeinen Teil des BGB und dem Allgemeinen Schuldrecht zugeordnet würden: sale and purchase of real property, contract of sale, exchange, co-ownership/partition, donation, hypothecs, mortgages and liens, usucapio/prescription, servitudes, usufruct. 654 Auch das deutsche Grundbuchwesen („registration") wird kurz erläutert. Auffällig an der Darstellung ist, daß dem deutschen Recht im Vergleich zu den vor dem Ersten Weltkrieg erschienenen Bänden deutlich weniger Raum gegeben wird. Das deutsche Recht wird nunmehr meist nur in einem Atemzug mit dem Recht einer Vielzahl anderer, kleinerer Länder behandelt - während etwa dem französischen Recht nach wie vor ganze Kapitel gewidmet sind - , und die Darstellung beschränkt sich meist nur auf die Nennung von Paragraphennummern. Bewertungen fehlen ganz. Der ursprünglich geplante sechste Band, der das Erbrecht hätte abdecken sollen, erschien nicht mehr.

X I . Charles Sumner Lobingier (1907 und 1916) Von den - von den USA verwalteten - Philippinen aus meldete sich 1907 Charles Sumner Lobingier, Kolonialrichter am dortigen US-amerikanischen Gericht der Ersten Instanz, mit einem Artikel über die Rechtsentwicklung im spanischen Rechtskreis zu Wort, welcher im Yale Law Journal abgedruckt wurde. 6 5 5 Lobingier leitete seinen Aufsatz mit der Bemerkung ein, daß das 19. Jahrhundert in juristischer Hinsicht von zwei großen „landmarks", namentlich dem Code Napoléon und dem Bürgerlichen Gesetzbuch, geprägt worden sei. So eindrucksvoll wie das Jahrhundert durch ersteres eröffnet worden sei, so eindrucksvoll werde es durch das „parallel achievement" der deutschen Kodifikation abgeschlossen.656 Ein Jahrzehnt später, während in Europa der Krieg bereits in das zweite Jahr gegangen ist und in den USA allmählich die Besorgnis über den deutschen U-Boot-Krieg zunimmt, schreibt Lobingier, der mittlerweile Richter am „US Court for China" in Shanghai geworden ist, einen Beitrag für den Michigan Law Review über die Rezeption des römischen Rechtes in Deutschland. 657 Inhaltlich beschränkt er sich jedoch auf die rechtsgeschichtliche Entwicklung in Deutschland bis ins frühe 19. Jahrhundert. Die neueren Entwicklungen und namentlich die Zivilrechtskodifikationen werden 654

Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 2. Teilband, London 1928. 655 Lobingier , A Spanish Object-Lesson in Code-Making, Yale Law Journal, Band 16 (1906-07), S. 411^16. 656 Lobingier , A Spanish Object-Lesson in Code-Making, Yale Law Journal, Band 16 (1906-07), S. 411. 657 Lobingier , The Reception of the Roman Law in Germany, Michigan Law Review, Band 14 (1915-16), S. 562-569.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

nicht mehr erwähnt, wie auch überhaupt jeder aktuelle Bezug zum Deutschen Reich vermieden ist. Dies ist dagegen nicht der Fall bei einem kurz danach erschienenen Artikel, den Lobingier im in New Orleans herausgegebenen Southern Law Quarterly veröffentlichte 658 : Diesen Aufsatz widmet er ausdrücklich dem Bürgerlichen Gesetzbuch, auf dessen zwanzigjähriges Jubiläum er hinweist: „[At] a moment when most of [the] great nations are devoting all their energies to war it is worth while to remember that one of them is just entering upon the second decade from the completion of a legal monument which bids fair to perpetuate her fame long after the short-lived glory of battles has been forgotten." 659 Lobingier fährt fort, in ausgiebiger und kenntnisreicher Weise die einzelnen Stationen der Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches darzustellen. Die rechtliche Ausgangslage in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird präsentiert, die Abfolge und Arbeit der Kommissionen und Entwürfe sowie der jeweiligen Diskussionen wie auch die wichtigsten Daten werden detailliert wiedergegeben. Lobingier geht sogar so weit, die Mitglieder der Ersten Kommission namentlich aufzuzählen und auch die Anekdote zu notieren, wonach die Frage der Haftung für Wildschäden in der Debatte im Reichstag Gegenstand der meisten und vehementesten Wortmeldungen war. Das Bürgerliche Gesetzbuch ist für Lobingier ein Höhepunkt und Triumph nicht nur der deutschen, sondern der menschlichen Rechtswissenschaft überhaupt. Sein Inkrafttreten am 1. Januar 1900 „inaugurated a new legal epoch for Germany if not for the w o r l d . " 6 6 0 Lobingier zitiert eine Reihe von anderen Äußerungen aus der bis dahin erschienenen englischsprachigen Fachliteratur, um sein überaus positives Urteil zu unterstreichen. 661 In seinem Schlußwort vergleicht Lobingier schließlich das BGB in seiner Bedeutung mit der amerikanischen Verfassung: „Indeed, one is reminded of the scrutiny and deliberation manifested by the people of Massachusetts in preparing their first and only constitution 658 Lobingier , The Evolution of the German Civil Code, Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 330-337. Aus dem Southern Law Quarterly wird später in den 1930ern der Tulane Law Review hervorgehen, dessen Schwerpunkte bis heute beim internationalen Recht und der Rechtsvergleichung gesetzt sind. 659 Lobingier, The Evolution of the German Civil Code, Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 330. 660 Lobingier, The Evolution of the German Civil Code, Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 330, 336. 661 Lobingiers Text enthält damit in Fußnoten wie auch im Text eine erste Zusammenfassung der Reaktionen in der englischsprachigen Fachwelt auf das Bürgerliche Gesetzbuch bis zu diesem Zeitpunkt. Namentlich erwähnt werden bei ihm Dahn (1890), Eichholz (1901), Freund (1899/1900), Hirschfeld (1913), Maitland (1900), Ernest Joseph Schuster (1896), Smithers (1902/03), Walton (1904), Wang (1907), deren Veröffentlichungen und Äußerungen auch Gegenstand dieser Abhandlung sind.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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- that which afforded a model for so many others - though its preparation required scarcely one-sixth of the time devoted to making Das Gesetzbuch." 662

X I I . Edwin Montefiore Borchard (1912) Edwin Montefiore Borchard lieferte in seinem „Guide to the Law and Legal Literature of Germany" von 19 1 2 6 6 3 neben einer umfassenden Bibliographie der deutschen Rechtswissenschaft auch eine erste Einführung in das Rechtssystem. Im Hinblick auf das Bürgerliche Gesetzbuch machte er . . . . 664 einige interessante Aussagen. Die großen Kodifizierungen des deutschen Rechts zollt Borchard gleich zu Beginn seine Bewunderung: „The fruit of the years of disputation of continental jurists [...] they have worked out a scientific body of law, a system of principles supported by a sound philosphy, which [...] has awakened the admiration of the civilized world. [...] German codification truly exemplifies a power of legal expression with which [tradition] credits the Roman jurists - the power of so framing legal rules as to make them the expression of legal principles, and of working out these rules into their details so as to keep the details in harmony with the principles." 6 6 5 Der Abschnitt über die Literatur zum BGB wird mit dem Satz eingeleitet: „The German Civil Code is the crowning achievement in codification of German private l a w . " 6 6 6 Danach folgt eine Zusammenfassung der Entstehungsgeschichte des BGB, die an Details zu der Arbeit und Zusammensetzung der Kommissionen nicht spart, gefolgt von einer ausführlichen Wiedergabe des Aufbaus und Inhalts des Bürgerlichen Gesetzbuches. Dazu geht Borchard die Bücher, Titel und Abschnitte des BGB einzeln durch und erklärt ihren Inhalt, unter Verwendung der hergebrachten englischen Terminologie. Das Einführungsgesetz zum BGB wird als „extremely important" bezeichnet, der Inhalt seiner vier Abschnitte kurz erläutert. Ergänzend wird auf die Ausführungsgesetze der Länder zum BGB verweisen, die bei der Anwendung des deutschen Zivilrechtes immer zu berücksichtigen seien. Zum Recht selber erfährt der Leser, daß die Institution des „equitable trust", die im englischen Recht von solch zentraler Bedeutung ist, im deutschen System als solche unbekannt sei. 662

Lobingier, The Evolution of the German Civil Code, Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 330, 337. 663 Borchard, Guide to the Law and Legal Literature of Germany, Washington 1912. Siehe oben Erster Teil, Erster Abschnitt, III 2 c. 664 Borchard, Guide, S. 56 ff. 665 Borchard, Guide, S. 10. 666 Borchard, Guide, S. 56.

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

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Die Bibliographie zum Bürgerlichen Recht ist ausführlich und kenntnisreich kommentiert. Berücksichtigt sind sowohl deutschsprachige Kommentare, Lehrbücher, Zeitschriftenartikel und sonstige Fachliteratur („the treatises on German civil law are many in number, most of them scholarly works of the highest value" 6 6 7 ) als auch französische und englischsprachige Publikationen, darunter viele, die auch im Rahmen dieser Arbeit Berücksichtigung finden. Als Annex ist im „Guide" ein Glossar deutscher Fachtermini mit Übersetzung bzw. Erklärung enthalten 668 , für das sich Borchard an der von Ernest Joseph Schuster in dessen Werken vorgegebenen Terminologie orientiert. 669 Hierbei läßt sich einmal mehr in aufschlußreicher Weise beobachten, welche Schwierigkeiten bei der Übertragung vom Juristendeutsch ins Englische auftreten können und wie ihnen begegnet werden kann: Teilweise erfolgt die Wiedergabe durch ein Fremdwort, z.B. eheliches Güterrecht als „matrimonial régime", teilweise durch die Umschreibung mit mehreren mehr oder weniger synonymen Fachbegriffen, z.B. Bürgschaft als „guarantee, surety, bail". Zum Teil werden auch zusätzliche Erläuterungen gegeben (die dogmatisch nicht immer ganz korrekt sind): Der dingliche Vertrag sei z.B. ein „real agreement (referring to property)", das dingliche Recht ein „real right (referring to a tangible thing)". Vor allem bei bestimmten Rechtsfiguren, die der deutschen Rechtsdogmatik eigentümlich bzw. in das englische Recht nicht ohne weiteres übertragbar sind, greift Borchard zu umfangreicheren Erklärungen und Definitionen, z.B. beim eingebrachten Gut, der Einrede der Vorausklage oder auch beim Rechtsgeschäft: „a manifestation of the human will intended to create, transfer, or extinguish a right recognized by law, juristic act". Willenserklärung wird, Schusters Terminologie entsprechend, als „declaration of intention" wiedergegeben. Einige Bemerkungen zum BGB aus dem „Guide" wiederholt Borchard im selben Jahr in einem Artikel im Columbia Law Review, wo er das BGB wiederum als Vorbild für die Welt bezeichnet. 670 Er meint, daß das BGB den Code Napoléon nunmehr als „prototype of modern civil codes" abgelöst habe, und verweist in diesem Zusammenhang auf die neuesten Kodifikationen in der Schweiz und in Japan. 671 Im übrigen nimmt er die Veröffentlichung seines „Guide to the Law and Legal Literature of Germany" 667

Borchard, Guide, S. 74. Borchard, Guide, S. 189 ff. 669 Vergleiche: Borchard, Guide, Vorwort S. 4. 67 0 Borchard, Jurisprudence in Germany, Columbia Law Review, Band 12 (1912), S. 301, 304. 67 1 Borchard, Jurisprudence in Germany, Columbia Law Review, Band 12 (1912), S. 301, 304. 668

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

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zum Anlaß, seiner amerikanischen Leserschaft noch einmal die von ihm bewunderte Entwicklung und den Stand der deutschen Rechtswissenschaft nahe zu bringen, denn: „In no country has [the] development of legal science been more fruitful than in Germany." 6 7 2 Auch lasse das deutsche Beispiel erkennen: „the extent to which a virile philosphy of law and a sound conception of the relation between law and social science have succeeded in creating a jurisprudence which has proved far more efficient than the Common Law in responding to the needs of present day l i f e . " 6 7 3 Das Common Law habe seiner Meinung nach mittlerweile eine solch unübersichtliche Form angenommen, „that it is almost impossible now, in many of its branches, to find any thread of legal principle." 6 7 4 Um dieser Tendenz entgegenzuwirken, gibt Borchard seinen Lesern anschließend eine kurze Einführung in die deutsche Rechtsphilosophie, Rechtstheorie und „allgemeine Rechtslehre" der vergangenen hundert Jahre, ihre prominentesten Vertreter und deren wichtigste Werke. Kant, Fichte, Hegel, Savigny, Thibaut, Gareis, Jhering u.v.m. und ihre Werke werden genannt und kurz eingeordnet und, soweit vorhanden, auf die Übersetzungen ihrer Werke ins Englische hingewiesen.

XIII. F. K. Krüger (1914) 1914 veröffentlicht der California Law Review einen Artikel von F. K. Krüger, in dem ein Überblick über das deutsche Rechtssystem gegeben w i r d . 6 7 5 Neben allgemeinen Informationen über das Gerichtswesen und die juristischen Ämter und Berufe wie auch einem kurzen Abschnitt über das Strafgesetzbuch („Criminal Code") liegt das Hauptaugenmerk des Autoren auf dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Ausführlich werden die Vorgeschichte der Kodifizierung des deutschen Zivilrechts, der vorherige Rechtszustand und die Phasen der Vorbereitung des BGB beschrieben und die Protagonisten der Kodifikationsbewegung genannt. Über den Inhalt des BGB gibt Krüger einen systematischen Überblick, indem er dessen Gliederung der Reihe nach durchgeht, teils unter Nennung der deutschen Originalbegriffe, teils unter Verwendung der englischen Terminologie kurz den Regelungsbereich umschreibt. Eine allgemeine inhaltliche Analyse oder ein Vergleich 67 2 Borchard, Jurisprudence in Germany, Columbia Law Review, Band 12 (1912), S. 301. 67 3 Borchard, Jurisprudence in Germany, Columbia Law Review, Band 12 (1912), S. 301. 67 4 Borchard, Jurisprudence in Germany, Columbia Law Review, Band 12 (1912), S. 301-304. 67 5 Krüger , The Judicial System of the German Empire with Reference to Ordinary Jurisdiction, California Law Review, Band 2 (1913-1914), S. 124-136.

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch zum Common Law oder auch nur detailliertere Informationen zu einzelnen Vorschriften finden sich nicht. Nachdem er nochmals ausgiebig die lobenden Urteile anderer englischsprachiger Juristen zitiert hat („The German Civil Code is generally recognized by foreign jurists as a masterpiece in jurisprudence if not the greatest Code since Justinian." 676 ), faßt Krüger die Bedeutung des BGB in eigenen Worten folgendermaßen zusammen: „The making of the German Civil Code is perhaps the most remarkable example of brilliant, thorough, constructive legislation in existence. It was rendered possible by the high idealism of the mass of the German people, their patience and confidence in their jurists. It was the work of highly trained experts, subjecting themselves to general public opinion for the welfare of their fatherland. The German Civil Code is truly a child of all united Germany, a striking illustration of the effect of idealism in politics." 6 7 7

XIV. James J. Morrison (1935) 1935 wird das BGB zusammen mit einigen anderen ausländischen Kodifikationen ausführlich auf die darin angewandte juristische Methodik, den Sprachstil und die Gesetzgebungstechnik untersucht. Der Harvard-Dozent James J. Morrison liefert eine auch aus heutiger Sicht noch aufschlußreiche, aber sehr theorielastige Analyse der im BGB verwendeten standardisierten Begriffe, formelhaften Wendungen, grammatikalischen Konstruktionen, der Bedeutung von Hilfsverben, Zeitformen und positiven, negativen sowie imperativen Formulierungen. 678 Die Darstellung bleibt rein abstrakt, inhaltlich wird nicht auf die Regelungen des BGB eingegangen und auch nicht direkt aus dem Gesetzestext zitiert. Das Bürgerliche Gesetzbuch ist für ihn wesentlich durch seinen „complicate and intricate technical mechanism" 679 und seine „stereotyped, practically invariable formulae" 6 8 0 gekennzeichnet. Problematisch erscheint ihm aber Folgendes: „The German Civil Code is obsessed with the preoccupation of being complete." 6 8 1 Und auch sonst beurteilt Morrison das BGB 67 6 Krüger, The Judicial System of the German Empire with Reference to Ordinary Jurisdiction, California Law Review, Band 2 (1913-1914), S. 124, 128. Zitiert werden Maitland und Borchard mit Aussprüchen, die weiter oben in den entsprechenden Abschnitten dieser Arbeit aufgeführt werden. 67 7 Krüger , The Judicial System of the German Empire with Reference to Ordinary Jurisdiction, California Law Review, Band 2 (1913-1914), S. 124, 127. 67 8 Morrison , Legislative Technique and the Problem of Suppletive and Constructive Laws, Tulane Law Review, Band 9 (1934-35), S. 544, 556 ff. 67 9 Morrison , Legislative Technique and the Problem of Suppletive and Constructive Laws, Tulane Law Review, Band 9 (1934-35), S. 544, 556. 680 Morrison , Legislative Technique and the Problem of Suppletive and Constructive Laws, Tulane Law Review, Band 9 (1934-35), S. 544, 557.

3. Abschnitt: Allgemeine Darstellungen

189

eher skeptisch. Dabei ist die Gegenüberstellung mit den französischen und schweizerischen Kodifikationen, die er vornimmt, bemerkenswert, und vor allem auch, inwieweit er in der Entwicklung und Ausformung des BGB nicht nur die zu Grunde liegenden Ideen und Konzeptionen, sondern auch die jeweiligen nationalen Eigenheiten erkennen zu können glaubt: „ A l though the [French Civil Code] is earlier in time, the national genius of the French people and their essentially practical nature restrained them from attempting to carry idealistic conceptions beyond realizable limits. The German folkgeist [Anm. d. Bearb.: Originalfassung], with its methodical plodding and idealisms, is quite different. The first committee for the redaction of the B.G.B, was composed exclusively of professionals who were pure jurists, and doctrinaires inspired by romanist conceptualism, completorian ideas of legislation derived from the Pandects and the Allgemeines Landrecht , and apparently seeking Savigny's ,leading axioms4 in codification. Instead they achieved abstractions of conceptions and juridical constructions in a doctrinal and technical form rendering the projet practically unintelligible. The committee for revision strove hard to correct this, but, adopting as it did the first draft as the basis of discussion, could not escape the aura thrown about the text by it, and added as a result of the detailed revision of the texts, a casuistic atmosphere [...] engendered by its very completeness and its studied attempt to envelop all of the relationships of private juridical l i f e . " 6 8 2 Das schweizerische ZGB wird demgegenüber deutlich vorteilhafter beurteilt: „Swiss legislature sought and achieved a code that is »expressive, simple, popular 4 ; entirely democratic in spirit and above all clear and concise in its simplicity. 4 4 0 8 3 Die Gesetzgebungstechnik des BGB ergebe einerseits ein hohes Maß an Determination und damit eine gewisse Sicherheit bei der Rechtsfindung, allerdings folge hieraus auch ein nur geringer Spielraum für das richterliche Ermessen: „The precise value of the text is inflexibly determined by the structure of the formulae, and the judge has little scope for creative activi t y . 4 4 0 8 4 Das BGB sei insoweit einzigartig, aber nicht unbedingt nachahmenswert: „In [no other code] but the B.G.B, is the textual formula a safe guide in the interpretation of the code, and there it imposes itself inflexi681

Morrison , Legislative Technique and the Problem of Suppletive tive Laws, Tulane Law Review, Band 9 (1934-35), S. 544, 556. 682 Morrison , Legislative Technique and the Problem of Suppletive tive Laws, Tulane Law Review, Band 9 (1934-35), S. 544, 556 f. 683 Morrison , Legislative Technique and the Problem of Suppletive tive Laws, Tulane Law Review, Band 9 (1934-35), S. 544, 559. 684 Morrison , Legislative Technique and the Problem of Suppletive tive Laws, Tulane Law Review, Band 9 (1934-35), S. 544, 559.

and Construcand Construcand Construcand Construc-

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

bility on the judge." 6 8 5 In der Tat hält Morrison in letzter Konsequenz nicht allzuviel vom „heavy, artificial and mechanical model of the German Code." 6 8 6 Er erkennt darin „a technicality and eclecticism [...] pushed too far, [it] tends to defeat its purpose by rendering the texts unintelligible." 6 8 7

Vierter

Abschnitt

Die Übersetzungen des BGB ins Englische688 I. Chung Hui Wang (1907) 689 Erst im Laufe des Jahres 1907 erschien die erste Übersetzung des Bürgerlichen Gesetzbuches ins Englische. Zu diesem Zeitpunkt war das BGB längst in eine Reihe anderer Sprachen übertragen worden, es existierten alleine vier Übersetzungen ins Französische 690 sowie mindestens eine spanische 6 9 1 , eine italienische 692 und eine japanische Version 693 . Bemerkenswerter Weise handelte es sich bei dem Übersetzer dieser ersten englischen Wiedergabe des BGB um einen Chinesen, der darüber hinaus zu dem Zeitpunkt, da er seine Arbeit fertigstellte, erst 26 Jahre alt war. Diese auf den ersten Blick überraschenden Umstände rechtfertigen es, das außergewöhnliche Leben dieses Menschen eingehender zu betrachten.

1. Wangs Biographie 694 Chung Hui Wang (1881-1958) war zu seiner Zeit einer der bedeutendsten Juristen Chinas. In seinem Lebenslauf spiegelt sich die wechselvolle 685 Morrison, Legislative Technique and the Problem of Suppletive and Constructive Laws, Tulane Law Review, Band 9 (1934-35), S. 544, 560. 686 Morrison, Legislative Technique and the Problem of Suppletive and Constructive Laws, Tulane Law Review, Band 9 (1934-35), S. 544, 560. 687 Morrison, Legislative Technique and the Problem of Suppletive and Constructive Laws, Tulane Law Review, Band 9 (1934-35), S. 544, 561. 688 Im Anhang A zu dieser Arbeit werden die Übersetzungen von Wang (1907) und Loewy (1909) auszugsweise wiedergegeben. Zusätzlich sind dort sämtliche unabhängigen Übersetzungen einzelner Paragraphen des BGB, die in der im Rahmen dieser Arbeit untersuchten englischsprachigen Literatur auftauchen, wiedergegeben und jeweils den entsprechenden Versionen Wangs und Loewys gegenübergestellt. 689 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. 690 Siehe oben: Einleitung, Fußnote 4. 691 Siehe oben: Einleitung, Fußnote 5. 692 Siehe oben: Einleitung, Fußnote 6. 693 Siehe oben: Einleitung, Fußnote 7.

4. Abschnitt: Die Übersetzungen des BGB ins Englische

191

Geschichte Chinas in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in faszinierender Weise. Als Sohn eines zum protestantischen Christentum konvertierten Chinesen war Wang 1881 in der britischen Kronkolonie Hongkong geboren worden. Häufiger Gast des liberal und weltoffen orientierten Elternhauses war der zwanzig Jahre ältere Sun Yat-sen, der spätere Revolutionär und Gründer der chinesischen Nationalpartei (Kuomintang). Mit ihm und anderen chinesischen Intellektuellen und Dissidenten wurde über christliche Theologie, die Öffnung Chinas und den sozialen und politischen Umsturz debattiert. Der junge Wang besuchte die Schulen der Europäer und erhielt nebenher Privatunterricht in den chinesischen Klassikern. Er wuchs mit dem Englischen als zweite Muttersprache auf. Ab 1895 studierte Wang an der gerade erst gegründeten Universität in Tientsin, die er im Alter von 19 Jahren mit einem rechts wissenschaftlichen Abschluß verließ, um an der Universität Shanghai zu unterrichten. Nach dem Boxeraufstand ging er nach einer Zwischenstation in Tokyo, wo er als Redakteur einer chinesischen Exilzeitung arbeitete, 1902 zum Studium in die USA. Zunächst in Kalifornien, dann an der Yale University studierte er Jura, erwarb dort 1903 den Titel eines Master of Laws und 1905, im Alter von 24 Jahren, den Doktortitel. Im selben Jahr begab sich Wang nach Europa zu weiteren Studien der vergleichenden Rechtswissenschaft in England und Deutschland. Während seines Aufenthaltes in Berlin, wo er unter anderem zu Felix Meyer 695 Kontakte pflegte und Mitglied der Internationa694 Ausführliche Informationen zu Leben und Werk Wangs bei: Boorman!Howard (Hrsg.), Biographical Dictionary of Republican China, Band 3: Mao-Wu, New York 1970, S. 376-378. Eine kurze Zusammenfassung von Wangs Biographie bei: Levy , Obituaries on File, Band 2, S. 617. Weitere Details bei: Baldwin , Annual Address of the Director of the Comparative Law Bureau, The American Bar Association, Report of the 36th Annual Meeting, 1913, S. 843, 853 f. 695 Zur Person: Felix Meyer war Ministerialbeamter und Kammergerichtsrat in Berlin. Er war am 7.11.1851 in Stettin geboren worden, hatte in Heidelberg, Leipzig, Zürich und Bonn Rechtswissenschaften studiert und 1875 in Greifswald promoviert. Nach einer Karriere im preußischen Justizdienst wurde er 1902 Kammergerichtsrat; er trat 1919 in den Ruhestand. Frühzeitig engagierte er sich für internationale akademische Kontakte und Rechtsvergleichung. 1894 hatte er die Internationale Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Berlin begründet, deren Vorsitzender und treibende Kraft er bis zu seinem Tod am 3.1.1925 blieb. Er war Herausgeber sowohl des Jahrbuchs der Vereinigung als auch der Blätter für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre. Er profilierte sich international mit zwei umfänglichen rechtsvergleichenden Werken über das Scheck- und Wechselrecht und Entwürfen für eine Rechtsvereinheitlichung in diesen Gebieten: Meyer, Das Weltwechselrecht, 2 Bände, Berlin 1909, und: Das Weltscheckrecht, 2 Bände, Berlin 1912-1913, doch obwohl seine diesbezüglichen Arbeiten international Beachtung fanden (siehe: Schuster, Dr. Meyer's Bills of Exchange Draft Code from an English Point of View, Journal of

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

len Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre wurde 6 9 6 , erarbeitete Wang die Übersetzung des Bürgerlichen Gesetzbuches ins Englische, die er am 1. August 1907 in Berlin-Charlottenburg zum Abschluß brachte. 697 Daneben veröffentlichte er einige Artikel über das chinesische Recht in der Zeitschrift der Vereinigung. 69* In der zweiten Jahreshälfte 1907 begab sich Wang nach London, wo er alsbald die Zulassung als Barrister erhielt. Das Besondere an Wangs Leistungen bis dahin wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, daß dies alles zu einer Zeit geschah, in der in China gerade erst die traditionellen Beamtenprüfungen abgeschafft wurden (1905) und zu der überhaupt nur sehr wenige Chinesen im Ausland studierten. Während dieser Zeit hielt Wang weiterhin den Kontakt zu Sun Yat-sen aufrecht, der immer noch vom Ausland aus kontinuierlich um Unterstützung und Finanzmittel für die chinesische Dissidentenbewegung warb. Wang formulierte wiederholt Schriften und Reden für Sun, dieser ließ ihm umgekehrt Geldmittel zukommen, um den „eminent scholar whose services might later be important to the revolutionary cause" 6 9 9 zu unterstützen. Ende 1911, kurz vor dem Sturz der Qing-Dynastie, kehrte Wang nach China zurück. Das Ende des Mandschu-Kaisertums erlebte er als Rechtsberater bei verschiedenen Fraktionen der neuen nationalchinesischen Kräfte. 1912 war er vorübergehend Justizminister im Kabinett unter dem QuasiMilitärdiktator Yuan Shikei (Yuan Shih-k'ai), schloß sich jedoch dessen Gegnern an, noch bevor Yuan sich zum Kaiser ausrufen ließ. Nach der

the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 11 (1910), S. 143-155) wurde Felix Meyer von der deutschen Regierung nicht zu den einschlägigen Haager Konferenzen von 1910 und 1912 geschickt. Die biographischen Angaben stammen aus: Osterrieth, Felix Meyer (Gedächtnisrede), Blätter für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre, 19. Jahrgang (1924-25), S. 9-15; Wehberg, Felix Meyer (Nachruf), ebenda, S. 1-8; sowie der Todesanzeige, ebenda, S. 1. 696 Angabe aus dem Mitglieder-Verzeichnis der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre zu Berlin (um 1910), S. 39. Als Wangs Adresse wird darin übrigens angegeben: „Minister des Auswärtigen, Nanking". 697 Wang, S. VIII. 698 Wang, Gesetzgebung und Literatur der Jahre 1902-1905: China (Übersicht) (übers, von J. Petersen und M. Meyer), Jahrbuch der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre zu Berlin, Band 8 (1907), S. 714-736; ders., Wie ist nach dem neuen chinesischen Handelsgesetzbuch eine Handelsgesellschaft zu gründen? (Übers, von M. Meyer), Blätter für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre, 2. Jahrgang (1907), S. 12-15; ders., Das chinesische Beförderungsgesetz vom 24. Januar 1911 (übersetzt aus dem cinesischen Originaltext), ebenda, 7. Jahrgang (1911), S. 65-74. 699 Boorman/Howard (Hrsg.), Biographical Dictionary of Republican China, Band 3: Mao-Wu, New York 1970, S. 376, 377.

4. Abschnitt: Die Übersetzungen des BGB ins Englische

193

Ermordung Yuans 1916 blieb Wang zunächst in Beijing (Peking), wo er in verschiedenen Kabinettsposten der Zentralregierung angehörte, die während der folgenden „Periode der War-Lords" allmählich bis zur Bedeutungslosigkeit absinken sollte. 1920 vertrat Wang China in den Beitrittsverhandlungen mit dem Völkerbund. 1922 war er kurzzeitig geschäftsführender Premierminister einer parteilosen Regierung und wurde danach für einige Jahre als Richter zum Ständigen Internationalen Gerichtshof des Völkerbundes in Den Haag abgeordnet (bzw. abgeschoben). 1928-1930 war Wang Präsident des chinesischen Obersten Gerichtshofs, 1931-1936 für eine zweite Periode Richter am Ständigen Internationalen Gerichtshof. Während der ersten Hälfte des japanisch-chinesischen Krieges war Wang Außenminister des chinesischen Kriegskabinetts. 1945 gehörte er zur chinesischen Delegation bei der Gründung der Vereinten Nationen in San Francisco. Nach der kommunistischen Machtübernahme ging er 1949 zusammen mit Jiang Jieshi (Chiang Kai-Sheck) nach Formosa (Taiwan), wo er bis 1957 Präsident des Obersten Gerichtshofs blieb und am 15. März 1958 nach langer Krankheit im Alter von 76 Jahren in Taipei verstarb. Interessant ist noch, daß Wang als Justizpolitiker maßgeblich an der Modernisierung des chinesischen Rechts nach westlichen Mustern mitgewirkt bzw. diese selbst auf den Weg gebracht hatte. Von seiner Hand stammen die Verfassungsentwürfe für die chinesische Republik von 1912, von Anfang der dreißiger und Ende der vierziger Jahre. Zumindest bei dem Entwurf von 1912 hat Wang sich nachweislich unter anderem auf die einschlägige deutsche Literatur gestützt. 700 Eine Übersetzung des BGB ins Chinesische hatte Wang ursprünglich geplant 7 0 1 , aber, soweit nachweisbar, nicht mehr verwirklicht.

2. Wangs Übersetzung Wang übersetzte das Bürgerliche Gesetzbuch und das Einführungsgesetz. Der eigentlichen Übersetzung hat er eine kurze historische Einführung vorangestellt, in der er die rechtliche Ausgangslage in Deutschland vor der Kodifizierung („that such an anomalous state of things could have been tolerated for so long a time is a legal mystery which remains to be solved" 7 0 2 ) und die Vorarbeiten zum BGB zusammenfaßt. Als einer der wenigen der im Rahmen dieser Untersuchung besprochenen Juristen aus dem Rechtskreis des Common Law erwähnt er, daß bereits die Paulskir700

Baldwin , Annual Address of the Director of the Comparative Law Bureau, The American Bar Association, Report of the 36th Annual Meeting, 1913, S. 843, 853 f. 701 Wang, S.W. 702 Wang , S. XIX. 13 Dittmann

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

chenverfassung von 1849 eine Reichskompetenz für die Vereinheitlichung des Zivilrechtes vorgesehen hatte. Bemerkenswert und, vor allem unter Berücksichtigung von Wangs persönlichem Hintergrund und seiner späteren politischen Entwicklung, vieldeutig ist Wangs Kommentar an dieser Stelle: „Unfortunately, the project did not go beyond the stage of an official draft." 7 0 3 Besonders detailliert befaßt er sich mit der Verlauf der Reichstagsdebatte („It was here that the draft passed through its most severe ordeal." 7 0 4 ), wobei der Leser unter anderem die Zahl der Wortmeldungen zu den Hauptstreitpunkten und die Namen der profiliertesten Redner erfährt. Dem Übersetzungsteil ist eine umfangreiche, nach Art der Quellen bzw. Themengebieten sortierte Bibliographie angehängt, die sowohl eine Übersicht der wichtigsten Nebengesetze als auch die einschlägige deutsche und fremdsprachige Fachliteratur enthält. Weiterhin angefügt ist eine Liste derjenigen deutschen Rechtsbegriffe, für die das BGB eine Legaldefinition enthält, mit Übersetzung und Verweisung auf den entsprechenden Paragraphen, weiterhin ein Glossar der verwendeten englischen Ausdrücke nebst dem Originalausdruck, teilweise mit einer Erläuterung versehen, und schließlich ein umfangreicher Index in englischer Sprache. Die drucktechnische und gestalterische Ausführung des Bandes mutet für damalige Verhältnisse hochwertig an. Das BGB bezeichnet Wang als „the most carefully worded and scientifically arranged code extant, representing no less than twenty-two years of careful study and research by the most eminent German jurists." 7 0 5 Ursprünglich hatte Wang ein großes Problem darin gesehen, das BGB in einer Weise zu übersetzen, die einerseits bei aller Treue zum Sinn der Regelungen verständlich und andererseits in vertretbarem Umfang bleiben sollte, denn: „The condensed statement of the text needs elucidation even to the Germans themselves." 706 Das rechtzeitige Erscheinen von Schusters „Principles of German Civil L a w " 7 0 7 , welches er dem Leser ausdrücklich ans Herz legt („admirable w o r k " ) 7 0 8 , habe ihm dann aber ermöglicht, auf allzu umfangreiche zusätzliche Erläuterungen zu verzichten. Ebenso habe die Verwirklichung des „Digest of English Civil L a w " 7 0 9 , dessen erste Bände gerade erschienen waren, ihn der Notwendigkeit allzu vieler rechtsvergleichender Hinweise auf das englische Recht enthoben. 710 Dementspre703

Wang, S. XX. Wang, S. XXIII. 705 Wang, S. V. 706 Wang, S. VI. 707 Schuster, Principles of German Civil Law, London 1907. 708 Wang, S. VII. 709 Jenks (Hrsg.) / Geldart/Holdsworth/Lee /Miles (Bearb.), A Digest of English Civil Law, 1. Auflage in 11 Teilen, 1905-1917. 704

4. Abschnitt: Die Übersetzungen des BGB ins Englische

195

chend hat sich Wang auf eine Reihe von Querverweisen und im Umfang eher kurzen Anmerkungen und Erläuterungen in Fußnoten zur Übersetzung beschränkt.

II. Walter Loewy (1909) 711 Die zweite Übersetzung des BGB erschien im Dezember 1909 in den USA. Sie war aus einem Gemeinschaftsprojekt der Anwaltskammer von Pennsylvania und der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität von Pennsylvania hervorgegangen. Die Übersetzungsarbeit leistete der Rechtsanwalt Walter Loewy, die redaktionelle Betreuung erfolgte durch ein Komitee, das von Angehörigen der beiden genannten Institutionen gebildet wurde, und zu dem unter anderem William W. Smithers gehörte, der das BGB bereits 1902/1903 ausführlich im American Law Register vorgestellt hatte. 7 1 2 Die Vorarbeiten für diese amerikanische Übersetzung hatten bereits 1905 begonnen, als man bei der Pennsylvania Bar Association die zunehmende Bedeutung rechtsvergleichender Studien erkannte und sich entschied, zunächst eine Übersetzung des BGB in Angriff zu nehmen: „The American lawyer should have access to the great landmarks of jurisprudence." 713 Mit der Übersetzung wurde Walter Loewy betraut. Loewy 714 war am 25. April 1881 in San Francisco in den USA geboren worden. Er war Absolvent der Law School an der Universität von Pennsylvania und hatte während eines kurzen Studienaufenthalts 1903/1904 in Heidelberg promoviert 7 1 5 (übrigens 710

Wang, S. VI f. Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909. 712 Smithers, The German Civil Code: Sources - Preparation - Adoption, The American Law Register, Band 50 (1902), S. 685-717; ders., The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14-32. 713 Zitiert nach: Smithers, The Principles of German Civil Law (Schuster; Buchbesprechung), American Law Register, Band 55 (1907), S. 384, 385 f. Weitere Informationen hierzu bei: Smithers u.a., The American Bar Association, Report of the 30th Annual Meeting, Portland, 1907, S. 744, 748. 714 Die biographischen Angaben stammen aus dem von Loewy selbst zu seiner Dissertation verfaßten Lebenslauf und aus dem Vorwort der Übersetzung: Loewy, Die bestrittene Verfassungsmäßigkeit der Arbeitergesetze in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Ein Beispiel der Beschränkung der legislativen Gewalt durch das richterliche Prüfungsrecht, Heidelberg 1905 (Dissertation bei Georg Jellinek), letzte Seite; Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, S. V ff. 715 Loewy, Die bestrittene Verfassungsmäßigkeit der Arbeitergesetze in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Ein Beispiel der Beschränkung der legislativen Gewalt durch das richterliche Prüfungsrecht, Heidelberg 1905 (Dissertation bei Georg Jellinek). 711

1

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

bei dem Staatsrechtler und Rechtspositivisten Georg Jellinek) und erschien somit ausreichend qualifiziert. Mittlerweile praktizierte er als Anwalt in seiner kalifornischen Heimatstadt. Einen empfindlichen, aber vorübergehenden Rückschlag erlitt das Projekt, als Loewys Kanzleiräume bei dem großen Erdbeben, das 1906 San Francisco heimsuchte, und der anschließenden Feuersbrunst zerstört wurden. Ursprünglich war geplant gewesen, eine kommentierte Übersetzung nach dem Vorbild der französischen Übersetzung von Bufnoir, Saleilles u . a . 7 1 6 zu schaffen, als welche die amerikanische Übersetzung auch verschiedentlich angekündigt wurde. 7 1 7 Nach dem Erscheinen von Schusters Lehrbuch zum deutschen Recht 7 1 8 hielten die Herausgeber eine umfangreichere Kommentierung jedoch nicht mehr für notwendig, da Schusters Werk insoweit nicht zu übertreffen sei. 7 1 9 Übersetzt sind das BGB und das EGBGB. Dem Textteil vorangestellt ist als historische Einführung Smithers' Aufsatz über den historischen Hintergrund und die Entstehungsgeschichte des BGB aus dem American Law Register von 1902 7 2 0 sowie eine analytische Einführung des Übersetzers. Weiterhin befinden sich in dem Band eine Liste der wichtigsten Reichsgesetze, ein Abkürzungsverzeichnis und ein (englisches) Stichwortregister. Im Textteil der Übersetzung ist in Fußnoten ein umfangreicher Verweisungsapparat enthalten, den das Redaktionskomitee gemeinsam erarbeitet hat. Ausgiebig und sorgfältig werden Querverweise innerhalb von BGB und EGBGB als auch Verweisungen auf andere deutsche Gesetze gegeben sowie so oft wie möglich die Parallelvorschriften aus anderen, ausländischen wie historischen Kodifikationen genannt. Berücksichtigt sind hier unter anderem die Kodifikationen Frankreichs, Spaniens, Italiens, der Niederlande und der südamerikanischen Staaten, das schweizerische und das japanische Zivilgesetzbuch, die Pandekten nach Windscheid sowie die älteren deutschen, landesrechtlichen Kodifikationen bzw. Entwürfe. Inhaltliche Erläuterungen und Kommentare finden sich dafür so gut wie nicht. Stattdessen wird regelmäßig auf entsprechende Abschnitte in Schusters „Principles of German Civil L a w " 7 2 1 verwiesen. Praktisch und der Übersicht dienlich, 716

Code civil allemand, übers, von Bufnoir, Challamel, Drioux, Gény, Hamel, Lévi-Ullman, Saleilles, vier Bände, Paris 1904-1914. 717 Baldwin, The German Civil Code (Wang; Buchbesprechung), American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 41; Smithers, The Principles of German Civil Law (Schuster; Buchbesprechung), American Law Register, Band 55 (1907), S. 384, 386 f. 7,8 Schuster, Principles of German Civil Law, London 1907. 719 Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, S. VI. 720 Smithers, The German Civil Code: Sources - Preparation - Adoption, The American Law Register, Band 50 (1902), S. 685-717. Nunmehr: Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, S. XI-XLIV.

4. Abschnitt: Die Übersetzungen des BGB ins Englische

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wenn auch nicht immer inhaltlich ganz korrekt, ist die Verwendung von Stichworten am Seitenrand, die den ungefähren Inhalt der daneben stehenden Vorschriften nach Art von inoffiziellen Paragraphentiteln zusammenfassen. In seiner Einleitung grenzte Loewy den territorialen und materiellen Geltungsbereich des BGB ein, beschrieb das Verhältnis von Reichs- und Landesgesetzgebung und den Stellenwert von Gewohnheitsrecht, Richterrecht und Analogiebildung im deutschen Rechtssystem. Weiterhin gab er einen kurzen Überblick über die Materialien zum BGB. Loewy würdigte die politische und historische Bedeutung des Bürgerlichen Gesetzbuches für Deutschland: „The tremendous political importance of the Code lies in the fact that it completes German unity [...]. [It has] great historical signifi„ „ „ „„ «722

cance. Interessant, wenn auch möglicherweise ohne tiefere Bedeutung, ist noch ein Umstand: Ausdrücklich hebt Loewy das Fortbestehen von Adelsrechten und dynastischen Privilegien nach den Landesrechten und den einschlägigen Artikeln des Einführungsgesetzes hervor. 7 2 3 Seine Übersetzung widmet er „William II., German Emperor, King of Prussia, [...] most respectf u l l y . " 7 2 4 (Der nationalchinesisch und republikanisch gesinnte Wang hatte seiner Arbeit eine Widmung an seine Fakultät an der Yale University vorangestellt. 725 ) Sowohl seine als auch Wangs Übersetzung ist übrigens inklusive der Präambeln zu BGB und EGBGB („We, William, by the Grace of G o d " 7 2 6 ) erfolgt. Im Untersuchungszeitraum erschienen nur die beiden genannten Übersetzungen ins Englische. Beide wurden nicht mehr neu aufgelegt. 727 Erst in den siebziger Jahren wurde wieder eine englische Übersetzung des BGB herausgegeben, die in den neunziger Jahren einmal aktualisiert worden

721

Schuster, Principles of German Civil Law, London 1907. Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, S. XLV. 723 Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, S. XLIX. 724 Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, S. III. 725 Wang (Übers.), The German Civil Code, S. III. 726 Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, S. 1, 569; Wang (Übers.), The German Civil Code, S. 1, 537. 727 In der Bibliothek des Hamburger Max-Planck-Instituts für Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung existiert übrigens neben der Originalausgabe eine sorgfältige maschinenschriftliche Abschrift von Wangs Übersetzung. Sie ist undatiert, und nähere Informationen über den Hintergrund dieser außergewöhnlichen Version konnten nicht in Erfahrung gebracht werden. 728 Goren (Übers.), The German Civil Code and the Introductory Act to the Civil Code, Littleton, Colorado, 1975, 2. Auflage 1994. 722

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

I I I . Analyse der Übersetzungen 1. Grundsätze und Schwierigkeiten bei der Übersetzung der deutschen Rechtssprache - „The somewhat entangling expressions so characteristic of German legal terminology [...] " 7 2 9 - „ A highly scientific piece of work written in a severely technical lanr ι t*730 guage [...]. - „The language of the Codes is so highly technical and the various parts of each Code and the several Codes and Statutes respectively are so inextricably interdependent that it requires a most elaborate system of explanations and cross-references to show the exact meaning of any particular enactment." 731 Diese Zitate verdeutlichen die Schwierigkeiten, denen sich ein jeder Übersetzer, der sich an die Aufgabe wagt, das Bürgerliche Gesetzbuch in eine andere Sprache zu übertragen, gegenüber sieht, damals wie heute. Die Übersetzung von Fachliteratur ist schon für sich nicht einfach. Dies gilt zumal für juristische Texte, bei denen die nationalen Eigenheiten in Form und Sprache, im Gegensatz zu anderen Wissenschaften, besonders zum Tragen kommen. Gerade zwischen der deutschen Rechtswissenschaft und dem System des Common Law sind die Unterschiede von Ideen, Konzepten und Konstruktionen groß. Eine Steigerung dieser Probleme bedeutet nunmehr der Versuch, ein Werk von der Bedeutung, dem Umfang und der Komplexität des Bürgerlichen Gesetzbuches zu übersetzen. Der verschachtelte und komplizierte Satzbau, die vereinheitlichten, formalisierten Wendungen, die Präzision der Begriffe, die Legaldefinitionen, die Innovation von Kunstwörtern, die vielen wechselseitigen Bezüge und übergreifenden Zusammenhänge - alle diese Qualitäten, welche die Sprache des BGB so einzigartig erscheinen lassen und Anlaß für so viel Lob und Bewunderung wie Kritik und Häme gegeben haben, wirken zusammen, um eine Übersetzung des BGB ins Englische zu einem außerordentlich schwierigen Unterfangen zu machen. Zu den Schwierigkeiten bei der Übersetzung juristischer Texte vom Deutschen ins Englische hatte sich schon Maitland geäußert. Aufgrund der 729

So ein bis auf seine Initialen anonymer Rezensent von: The Principles of German Civil Law (Schuster; Buchbesprechung), Yale Law Journal, Band 16 (1906— 07), S. 538-540 (anonym, Initialen G.E.S.). 730 Walton , Civil Codes and their Revision. Some Suggestions for Revision of the Title „Of Ownership", Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 95, 99. 731 Schuster , Principles, S. VII.

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völlig unterschiedlichen Voraussetzungen hinsichtlich der dem jeweiligen Rechtssystem zu Grunde liegenden Theorie und Systematik schwängen bei den meisten Begriffen Bedeutungsinhalte und Bezugspunkte mit, die eine einfache wörtliche Übertragung häufig unangemessen erscheinen ließen. Eine Wortneuschöpfung oder die Übernahme eines Ausdruckes in einer für den englischen Leser ungewohnten Bedeutung erfordere jedenfalls umständliche Klarstellungen und Erklärungen. Das Dilemma des Übersetzers lassen Maitlands Ausführungen zu seiner Vorgehensweise bei der Übersetzung von Gierkes „Genossenschaftsrecht" erkennen: „The task of translating into English the work of a German lawyer can never be perfectly straightforward. To take the most obvious instance, his Recht is never quite our Right or quite our Law. I have tried to avoid terms which are not current in England. For this reason I have often written political when I would gladly have written publicistic . On the other hand I could not represent [Gierke's ] theory without using the term Subject in the manner in which it is used by German jurists [ . . . ] . " 7 3 2 Loewy wies besonders auf die Problematik der von jeglicher römischrechtlicher Terminologie befreite Sprache des BGB hin: „The same patriotic motives which actuated the codification of the German Civil Law, dictated its expression in a pure German, stripped as far as possible of terms borrowed from the Roman and French Law. This indigenous quality of the language has materially enhanced the difficulty of [the] already peculiarly difficult task [of] the translator." 733 Im Vorwort zu der monumentalen, kommentierten Übersetzung des BGB ins Französische von Bufnoir, Challamel u.a. von 1904 hatte sich Raymond Saleilles über die allgemeinen Schwierigkeiten bei der Übersetzung und die prinzipiellen strategischen wie handwerklichen Möglichkeiten, ihnen zu begegnen, Gedanken gemacht: 734 Er wies auf die genannten sprachlichen Eigenheiten des BGB hin und darauf, daß darüber hinaus auch auf grammatikalischer und semantischer Ebene Besonderheiten zu beachten seien. So 732

Maitland , Introduction, S. VII, XLIII, in: Gierke , Political Theories of the Middle Age, übers, von Maitland, Cambridge 1900. 733 Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, S. LIV. 734 Saleilles im Vorwort zu: Code civil allemand , übers, von Bufnoir, Challamel, Drioux, Gény, Hamel, Lévi-Ullman, Saleilles, vier Bände, Paris 1904-1914, Band 1 (§§ 1-432), Paris 1904, S. XXXI ff.; Saleilles, Introduction à l'étude du droit civil allemand à propos de la traduction française du Bürgerliches Gesetzbuch, entreprise par le comité de Législation étrangère, Paris 1904; übersetzt von Rudolph Leonhard, Einführung in das Studium des bürgerlichen Rechts, Breslau 1905, dort S. 103 ff. Ausführliche Darstellung und Analyse von Saleilles' Aussagen bei: Schubert, Das Bürgerliche Gesetzbuch im Urteil französischer Juristen bis zum Ersten Weltkrieg, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Band 114, S. 128, 168 ff.

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gebe es eine Reihe von technischen Formulierungen, bestimmte, immer wiederkehrende Wendungen und Ausdrücke mit feststehendem Sinngehalt (z.B. „Wer [etwas tut]", „diese Vorschriften finden [keine] Anwendung"). Und selbst vielen Worten der Umgangssprache sei ein technischer oder halbtechnischer Sinn beigelegt (etwa den Hilfsverben). Saleilles unterschied zwei grundsätzlich unterschiedliche Übersetzungsverfahren: Einmal könne der Übersetzer versuchen, die Vorlage eng nach Sprache und Begrifflichkeit nachzuzeichnen. Bei dieser Vorgehensweise werde versucht, die Worte einzeln zu übertragen, die Ausdrücke des Originals nachzuformen, unabhängig davon, ob es vergleichbare Konstruktionen in der Zielsprache überhaupt gebe und wie sich diese für die Ohren des Lesers anhörten. Diese, tendenziell wörtliche Übersetzungsmethode biete den Vorteil, daß sie Systematik und Terminologie so gut als möglich nachforme, sie sei in der Regel einheitlicher und genauer und ermögliche dem Leser, tiefer in Dogmatik und Zusammenhänge des fremden Rechtes einzudringen. Die wörtliche Übersetzung sei eher „wissenschaftlich". Die Alternative sei die freie, „approximative" Übersetzung. Dabei halte sich der Übersetzer an die gängige Terminologie und Konzepte des eigenen Rechtssystems und versuche nur, den jeweiligen Sinngehalt einer Regelung wiederzugeben. Begriffe, die eine ähnliche Institution bzw. einen ähnlichen Tatbestand bezeichnen, werden danach großzügig verwendet, das deutsche Recht werde anhand des eigenen Rechtes nachgezeichnet. Vorteil dieser Methode sei, das sie einen leichter lesbaren Text ergebe, der eine schnellere Erfassung und einfachere Vergleichbarkeit ergebe, sie sei eher an den Bedürfnissen des Praktikers orientiert. (ι Saleilles selbst und seine Kollegen haben für ihre Übersetzung die erste Variante bevorzugt.) Alfred Felix Schuster, Sohn von Ernest Joseph Schuster, griff diese Unterscheidung der Übersetzungsmethoden im Vorwort zu seiner Übersetzung des Handelsgesetzbuches735 auf: „There are two distinct methods of translating from the German. The first is the word-for-word method, by which the translator merely seeks to render the German into English piecemeal and as literally as possible. Where this method can be succesfully employed it is undoubtedly the most satisfactory, but if followed slavishly it will frequently result in a form of language which, besides being grotesque in the extreme, conveys absolutely no meaning to the ordinary English reader. [...] By the second method the translator looks at the original as a whole, and attempts to give its general effect in intelligible English." 7 3 6

735 736

Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, London 1911. Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, S. Ill f.

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Insgesamt ist in den Übersetzungen der englischsprachigen Juristen aus dem deutschen Recht der häufige Rückgriff auf Termini des römischen Rechtes zu beobachten. Ein anderes, etwa auch von de Becker in seiner Übersetzung des japanischen Zivilgesetzbuches 737 verwendetes Mittel ist die Nennung des Originalbegriffes, die von mehr oder weniger umfangreichen Erläuterungen begleitet wird. De Becker hatte übrigens zur Übersetzung aus der deutschen Rechtssprache geschrieben (um anschließend auf die noch schwierigere Übersetzung aus dem Japanischen hinzuweisen): „To translate legal German into elegant English is a task which admittedly taxes the resources of the translator to the utmost." 7 3 8

2. Die Übersetzungen im Vergleich a) Schuster Schuster hatte seine Vorgehensweise bei der Übersetzung der deutschen Rechtssprache im Vorwort und in der Einleitung zu seinem Buch beschrieben. 7 3 9 Dort weist er auf die besondere Bedeutung bestimmter grammatikalischer Wendungen und Hilfsverben im BGB hin; er habe versucht, diese so weit wie möglich nachzuzeichnen („cannot", „may not", „shall", „must"). Wo ein entsprechender „technical term" in der englischen Rechtssprache existiere, habe er diesen verwendet. Wo ein auf den ersten Blick passender Begriff jedoch eine abweichende Bedeutung habe, habe er sich bewußt bemüht, diesen zu vermeiden, oder zumindest ausdrücklich auf den Unterschied hingewiesen. Augenfällig ist dies bei der Gebrauchsüberlassung von Wohnraum geworden, wo sich das deutsche Mietvertragsrecht fundamental vom englischen System der „leases" unterscheidet, Schuster den Mietvertrag dennoch als „lease" und die Mietparteien als „lessor" und „lessee" bezeichnet. 740 Teilweise hat Schuster selbst Kunstworte geprägt, um die deutsche Begrifflichkeit nachzuzeichnen, z.B. Reallast: „perpetual charge", Pfandgeber und Pfandnehmer: „pledgor" und „pledgee". Sehr gelungen scheint dies bei der Wiedergabe der erbrechtlichen Terminologie: Vorerbe: „limited heir", Nacherbe: „reversionary heir", Ersatzerbe: „substitutional heir". Die Übersetzung von Besitzdiener als „possessor's servant" (also Diener der Person und nicht „des Besitzes"), Auflassung als „conveyance by agreement" und 737

Becker, Annotated Civil Code of Japan, 4 Bände, London 1909-1910 (Reprint: Washington, D. C. 1979). 738 Becker , Commentary on the Commercial Code of Japan, 3 Bände, London 1913, Vorwort zu Band 1, S. V f. 739 Schuster , Principles, S. VI f., S. 9 f. 740 Schuster, Principles, S. 237 ff.

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Vorbehaltsgut als „privileged property" zeigen, daß ihm die Annäherung an den Regelungszweck manchmal sogar präziser gelungen ist als dem Original. Bei einzelnen Begriffen differenziert er sogar noch stärker als dieses: So übersetzt er das eherechtliche Aufgebot mit „public notice", das erbrechtliche mit „public citation". Manche Begriffe nennt Schuster zunächst im deutschen Original, um dann über die Erklärung ihrer Bedeutung zum von ihm verwendeten englischen Begriff überzuleiten. Beispiel: „ A person fully capable is called geschäftsfähig; a person fully incapable is called geschäftsunfähig [...] The expression »capacity4 will, in the further course of this treatise, be applied to indicate capacity for acts-in-the-law, and corresponding use will be made of the expressions incapacity' and »restricted capacity 4 ." 7 4 1 Wörtliche Übersetzungen hat Schuster ob ihrer tendenziellen Unbeholfenheit versucht zu vermeiden - von der Ausnahme erbunwürdig: „unworthy to inherit" einmal abgesehen, scheint ihm dies weitgehend gelungen zu sein. Teilweise erfolgt ein Rückgriff auf lateinische Begriffe: „vis major": höhere Gewalt, „Iis pendens": Rechtshängigkeit, Einrede der Vörausklage: „beneficium excussionis", Nießbrauch: „usufruct". Insbesondere im ehelichen Güterrecht („matrimonial régime") finden französische Termini Verwendung: Errungenschaftsgemeinschaft: „communauté réduite aux acquêts", aber auch Kommanditgesellschaft: „company en commandite". An einzelnen Stellen schließlich folgen ausführliche semantische Erläuterungen, z.B. bei der Erklärung der verschiedenen Abstufungen des Verschuldens („negligence", „gross negligence", „wilful" bzw. „intentional default"). 7 4 2 Nur wenige Vorschriften aus dem BGB werden vollständig im Text übersetzt, ansonsten beschränkt sich Schuster auf die lehrbuchhafte Paraphrasierung und Beschreibung der Regelungen. Interessant, wenn auch vermutlich ohne tiefere Bedeutung, ist, daß Schuster in den „Principles of German Civil Law" im Vergleich zu seiner ersten eingehenderen Auseinandersetzung mit dem BGB unmittelbar vor seiner Verabschiedung im Reichstag 1896 7 4 3 für einige Schlüsselbegriffe andere bzw. leicht variierte Übersetzungen gewählt hat. Hatte er seinerzeit Willenserklärung noch als „expression of intention" 7 4 4 wiedergegeben, so wurde daraus nunmehr „declaration of intention". Hatte er ursprünglich die Nähe der Regelungen zum Auftrag und zur Geschäftsführung ohne Auftrag mit „authorized" bzw. „unauthorized agency" 7 4 5 ausgedrückt, so betonte er jetzt den Unterschied von „mandate" und „voluntary service". 741

Schuster , Principles, S. 20. Schuster , Principles, S. 151 f. 743 Schuster , The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191-211. 744 Schuster , The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 196. 742

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Nach diesen Grundsätzen vorgehend, ist es Schuster im Großen und Ganzen gelungen, die Terminologie des BGB so weit und so differenziert wie möglich nachzuzeichnen, auch um den Preis der Neuschöpfung von Worten. Dennoch hat Schuster in bemerkenswerter Weise die Lesbarkeit und Verständlichkeit gewahrt, und an die meisten der von ihm geprägten Begriffe hat sich der Leser bereits nach kurzer Lektüre gewöhnt. Um Saleilles' Kriterien zur Anwendung zu bringen: Schuster hat einen glücklichen Mittelweg zwischen wörtlich-wissenschafticher und freier, „approximativer" Übersetzung gefunden. b) Wang Wang bediente sich, jedenfalls in Teilen, ausdrücklich der von Schuster vorgegebenen Terminologie, und wo Schuster bereits einzelne Paragraphen des BGB übersetzt hatte, hielt sich Wang, jedenfalls teilweise, ebenfalls daran. 746 Wang scheut sich nicht, lateinische Termini, Fremdworte und eigentlich mit abweichender Bedeutung versehene Fachbegriffe aus der englischen Rechtssprache im fortlaufenden Gesetzestext zu verwenden, z.B. in Erklärender „declarant", Kenntnis „connivance", Einrede der Vorausklage „beneficium excussionis". Differenziert und erhellend ist Wangs konsequente Übersetzung der „Einigung" bzw. des „Einigseins" im Sachenrecht als „real agreement", z.B. in §§ 854, 929, womit er den Unterschied von schuldrechtlichem Vertrag („contract") und dinglicher Einigung in einer über den Wortlaut des Originals hinausgehenden Weise verdeutlicht. Die Wiedergabe einiger anderer Wendungen scheint hingegen mißglückt. Z.B. wird in den §§ 117, 122 die Willenserklärung, die einem anderen gegenüber „abzugeben ist" bzw. „war" als „declaration [...] required to be made to another" übersetzt, was eine vom Original nicht intendierte Bedeutung suggeriert. Die Übersetzung von Vorbehaltsgut und eingebrachtes Gut als „separate property" und „contributed property" ist problematisch. (Zum Vergleich: Schuster hatte übersetzt: „privileged" und „non-privileged property". 7 4 7 ) Dies wirkt sich etwa in der Übersetzung von § 1555 a.F. (Güterstand der Fahrnisgemeinschaft) irreführend aus: Aus dem Original: „Vorbehaltsgut des Mannes ist ausgeschlossen" macht Wang: „the husband does not have separate property". (Loewys Version wirkt sogar noch unbeholfener: „reserved property of the husband is excluded".) Auch ist Wang nicht immer ganz konsequent in seiner Wortwahl, z.B. wenn er in §§ 284 ff., 745

Schuster, The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 202. 746 Vergleiche z.B. § 226 BGB, bei Schuster, Principles, S. 68. Aber z.B. nicht §§ 516, 517 BGB, bei Schuster, Principles, S. 231, 232. 747 Schuster, Principles of German Civil Law, S. 499 f.

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293 ff. Verzug als „default" übersetzt, diesen Begriff aber in § 425 Abs. 2 auch für Verschulden verwendet. Die Systematik und Zusammenhänge des BGB verdeutlicht Wang, wo ihm dies durch die Übersetzung allein nicht gewährleistet scheint, mit einer Vielzahl von klarstellenden und erklärenden Anmerkungen in Fußnoten. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch das Glossar der Fachausdrücke, das Wang seiner Übersetzung angefügt hat. Hier werden einige Konzepte des deutschen Rechts und ihre Übersetzung noch einmal stichwortartig, aber kompetent erläutert, z.B. die Systematik der Rechtsfolgen bei fehlerhaften Rechtsgeschäften: nichtig: „void", anfechtbar: „voidable", verschiedene Fälle der Unwirksamkeit: „inoperative", „invalid", „ineffective", „of no effect". 7 4 8 Unter dem Stichwort „should" wird sogar die technische Bedeutung der Hilfsverben erklärt. 7 4 9 Zu bemängeln ist, daß dafür eine Reihe anderer sehr wichtiger Begriffe gar nicht berücksichtigt sind, u.a. Verzug, Verschulden, Vorsatz, Bereicherung. Ein nicht unerhebliches Defizit ist, daß die Verweisungen praktisch nur Querverweise innerhalb von BGB und EGBGB enthalten, während auf andere Vorschriften, insbesondere die wichtigen Modifikationen des Bürgerlichen Rechts durch das HGB, praktisch nicht hingewiesen wird. Auch sind die Erläuterungen in den Fußnoten inhaltlich nicht immer einwandfrei, und es werden auch nur sehr wenige weiterführende Hinweise auf Schusters „Principles of German Civil Law" oder sonstige einschlägige Fachliteratur gegeben. Alles in allem ist die Übersetzung von Wang vergleichsweise frei, sein Englisch ist sehr idiomatisch und damit „natürlich", der Stil sehr flüssig und gut lesbar, die Übersetzung und damit das deutsche Recht insgesamt gut verständlich. Nach Saleilles' Maßstäben hat auch Wang eine eher approximative Übersetzung verfaßt, wobei sein Bemühen, die Eigenheiten der Sprache des BGB deutlich zu machen, erkennbar bleibt. c) Loewy Loewy hat sich hingegen bewußt bemüht, dem deutschen Original möglichst nahe zu kommen („the translator has tried to follow as closely as possible the German text") 7 5 0 , also eine in Saleilles ' Sinne wörtliche Übersetzung erstellt. Seine Übersetzung zeichnet die deutsche Begrifflichkeit nach. Dies geht so weit, daß für viele Worte englische Kunstbegriffe erfunden werden, z.B. in § 119 BGB: Erklärender als „the declarant", in § 854: 748 749 75 0

Wang (Übers.), The German Civil Code, S. 600. Wang (Übers.), The German Civil Code, S. 598. Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, S. LIV.

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Besitzer und Erwerber als „possessor" und „transferee". Lateinische oder französische Fremdworte werden vermieden und kommen praktisch nicht vor. Deutsche Originalbegriffe werden oftmals in Parenthese genannt. Auffällig sind die vielen Germanismen in Wortbildung (§ 858: verbotene Eigenmacht als „forbidden arbitrary force"), Grammatik (insbesondere die Wiedergabe der viele Paragraphen einleitenden Wendung „Wer [etwas tut]" mit „One, who [does something]", z.B. in § 826: „One who designedly injures another [...]") und Satzbau, bis hin zu Kommasetzung und Einschub von Relativsätzen. Die später an Loewys Übersetzung geäußerte Kritik, sie sei „simply German with English words" 7 5 1 , erscheint nicht ganz unberechtigt. Allzu häufig wird starr an Satzkonstruktion und Wörtreihenfolge des Originals festgehalten. Dieser Stil führt dazu, daß oftmals die Verständlichkeit, teilweise auch die inhaltliche Richtigkeit, leidet. Es entsteht der Eindruck, daß Loewy über der Worttreue häufig den Sinngehalt und die Verständlichkeit vernachlässigt hat. 7 5 2 Da Loewy darüber hinaus manches Mal nicht konsequent bei einer einmal eingeführten Übersetzung eines bestimmten Begriffes bleibt, wird der mögliche Vorteil der wörtlichen Nähe zum Original konterkariert. Diese Inkonsequenz der Übersetzung Loewys wird zunächst an den Stichworten am Seitenrand deutlich, mit denen der ungefähre Inhalt der daneben stehenden Vorschriften nach Art von inoffiziellen Paragraphentiteln zusammengefaßt und gegliedert wird. Hier entsprechen die Stichworte häufig nicht den im Text verwendeten Begriffen, z.B. bei § 516: Titel „Gift", im Text „donation", oder die obskure Bezeichnung der Regelung des § 812 als „Import", oder der schlicht irreführende Titel „Acquisition" bei § 854. Läßt sich dieser Umstand noch durch die Einwirkung des Redaktionskomitees erklären, das Loewys Übersetzung nachträglich mit dem umfangreichen Verweisungsapparat ausgestattet hat und dessen Mitglieder augenscheinlich nicht über intimere Kenntnisse des deutschen Rechts verfügten, so wiegen die Inkonsequenzen in der Übersetzung selbst schwerer: „Rechtsgeschäft" übersetzt Loewy uneinheitlich, einmal als „transaction" §§111 ff., als „transaction in law" §§ 182-184, dann wieder als „legal transaction" §§ 166, 186, 547. {Schuster verwendet einheitlich „act-in-thelaw", Wang durchgängig „juristic act".) „Willenserklärung" ist bei Loewy „declaration of will", „declaration (of will)" oder einfach nur „declaration". (Schuster und Wang benutzen „declaration of intention".) „Schuldverhältnis" ist für Loewy in der Überschrift des Zweiten Buches des BGB „obligation", in der Überschrift des zweiten Abschnitts „relation of indebted75 1

Pound , The Civil Code of the German Empire {Loewy) (Buchbesprechung), Illinois Law Review, Band 5 (1910-11), S. 122. 752 So auch die Kritik von Poundy The Civil Code of the German Empire {Loewy) (Buchbesprechung), Illinois Law Review, Band 5 (1910-11), S. 122.

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ness" und in der Überschrift des dritten Abschnitts des Schuldrechts dann „debt relation". {Schuster und Wang jeweils konsequent: „obligation".) Die Wendung „mit Rücksicht auf die Verkehrssitte" übersetzt Loewy in § 157 mit „with due regard to commercial usage" und in § 242 mit „with regard to custom". {Wang wählt eine relativ freie Übersetzung, welche die Aufgabe des Richters andeutet - und bleibt dabei: „ordinary usage being taken into consideration." Ähnlich Schuster , der die Stelle so paraphrasiert: „due regard being had to ordinary usage". 753 ) Für die Schuldverschreibung auf den Inhaber verwendet Loewy im Inhaltsverzeichnis „note of debt payable to holder" , in der Uberschrift des Titels im Text selbst ..note of debt to the holder", direkt im Anschluß in § 793 Abs. 1 dann „instrument in which he promises a performance to the bearer of the instrument" und in den §§ 794 ff. dann „note of debt payable to the bearer". {Schuster und Wang verwenden einheitlich: „obligation to bearer".) Das Pfandrecht ist für Loewy „right of pledge" in §§ 1204 ff., 1212, 1213, 1222, 1223 BGB und „pledge-right" in §§ 1242, 1252, 1254 ff. Der letztere, schon für sich eher sperrige Begriff wird vollends unverständlich, wenn in § 1273 das Pfandrecht an Rechten als „pledge-right upon right" wiedergeben wird. (Schuster: „right of pledge", Wang: „pledge".) Diese Inkonsequenzen in der Übersetzung Loewys sind vor allem deshalb problematisch, weil sie unter Umständen Unterschiede im materiellen Recht suggerieren, die gar nicht existieren. Aber auch bei der Wortwahl für einzelne Begriffe oder Regelungen wirkt Loewys Übersetzung, verglichen mit den Vorgaben Schusters und Wangs, häufig nicht glücklich. Gelungen erscheint dies noch beim „Anfechten", das Loewy - insoweit erfreulicherweise in den §§ 119 ff., 1330 a.F. (Anfechtung der Ehe), 2078 konsequent - mit „to contest" übersetzt, während Schuster und Wang das zwar vom Wortstamm her gut zur Wirkung der Anfechtung passende, aber mißverständliche „to avoid" verwenden. Ebenfalls ausgeglichen die Situation bei der Definition des Wohnsitzes in § 7: Wang: „ A person who resides habitually in a place establishes his domicil in that place"; Loewy: „Persons who settle permanently at a given place, establish a residence at that place". Während Loewy das Tatbestandsmerkmal „sich ständig niederlassen" besser zum Ausdruck bringt, trifft Wangs Wiedergabe des Begriffes „Wohnsitz" besser den Bedeutungsgehalt. In Art. 8 EGBGB a. F. (Geschäftsfähigkeit eines im Inland wohnhaften Ausländers) verwendet übrigens auch Loewy „domicil". In den §§ 202, 771 verwendet Wang für die „Einrede der Vorausklage" durchgängig den lateinischen, aber treffenden Ausdruck „the plea of the beneficium excussionis" . Loewy versucht, den Begriff aus der deutschen Kunstsprache in einen ebenso artifiziellen englischen Begriff umzuwandeln, ist hierin aber wiederum nicht konse75 3 75 4

Schuster, Principles, S. 144. Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, S. LIV.

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quent: „the plea of the anticipatory complaint" in § 202, „defense of previous suit" in § 771. Die Formel in § 878, Grundstücksgeschäfte würden grundsätzlich „nicht dadurch unwirksam, daß der Berechtigte in der Verfügung beschränkt wird", gibt Wang wieder: „by the fact that the declarant becomes limited in his power of alienation". Loewys Übersetzung „by a restriction of the disposition by the one owning the right" verfehlt den eigentlichen Sinn der Regelung und ist überhaupt eher unverständlich. Den Scheidungsgrund gemäß § 1566 BGB a.F., wenn ein Ehepartner dem anderen „nach dem Leben trachtet", übersetzt Wang mit: „Either spouse may petition for divorce i f the other spouse makes an attempt against his (or her) life", Loewy mit: „ A spouse may sue for divorce if the other spouse has designs upon his (her) life". Letzteres vermittelt nicht die Notwendigkeit einer offen feindseligen Handlung. Loewys Inkonsequenz zeigt sich dann wieder im entsprechenden Tatbestand für die Entziehung des Pflichtteils in § 2333 BGB: „compasses the death of the testator". Schließlich ist Loewy der von Maitland beklagten Schwierigkeit 755 bei der Übersetzung des mehrdeutigen deutschen „Rechts" zum Opfer gefallen: Sachenrecht, Familienrecht und Erbrecht werden als „right of things", „family rights", „right of inheritance" überschrieben, das Schuldrecht als „law of obligations". Schuster und Wang verwenden beide jeweils das einzig richtige „law". Loewys Übersetzung erscheint insgesamt nicht so zuverlässig wie Wangs. Verschiedentlich fallen sinnentstellende Fehlübersetzungen bzw. inhaltliche Fehler auf: Die Überschrift des ersten Titels des zweiten Abschnitts des Schuldrechts „Begründung. Inhalt des Vertrages", vor §§ 305 ff., wird mit „Motive. Purpose of the contract" wiedergegeben. In § 433 benennt Loewy als Pflichten des Verkäufers „the seller of a thing is obliged to deliver it and to obtain [?] the ownership in the thing". In § 448 Abs. 2 (Kostentragung bei Rechtskauf) übersetzt Wang die Wendung „Kosten der Begründung oder Übertragung des Rechts" mit „creation or transfer of the right", Loewy hingegen fälschlicherweise „proof or transfer of the right". In §2109 ist der Erbfall mit „succession" falsch übersetzt. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtsvergleichung ist der umfangreiche Verweisungsapparat bei Loewy als sehr gelungen zu bezeichnen. Auch sind die Querverweise innerhalb von BGB und EGBGB als auch Verweisungen auf andere Gesetze, insbesondere das Handelsgesetzbuch, deutlich konsequenter und sorgfältiger ausgefallen als bei Wang. Gerade in Anbetracht der oftmals verwirrenden Übersetzung der Vorschriften macht sich das Fehlen einer auch nur ansatzweisen Kommentierung jedoch unangenehm bemerkbar.

75 5

Maitland , Introduction, S. VII, XLIII, in: Gierke , Political Theories of the Middle Age, übers, von Maitland, Cambridge 1900.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch d) Parliamentary

Papers : Laws relating to Marriage (1911)

Es muß davon ausgegangen werden, daß die Verbreitung der beiden Übersetzungen des BGB in anglo-amerikanischen Juristenkreisen insgesamt gering war. Dies läßt sich schon daran ersehen, daß selbst den Mitarbeitern des britischen Foreign Office, die im Jahre 1911 ihre Studie über das Recht der Eheschließung in den wichtigsten Staaten der W e l t 7 5 6 verfaßten, die Existenz der Werke Wangs und Loewys offenbar unbekannt war und sie sich deshalb die Mühe einer eigenständigen Übersetzung der §§14, 1297 bis 1350, 1493, 1669 BGB a.F., der Art. 7, 11, 13, 27 EGBGB a.F. machten. 7 5 7 Zusätzlich übersetzten sie auch die §§ 41, 44, 45-50, 54, 55 des Personenstandsgesetzes von 1875 in der Fassung von 1898. In der Einleitung zu der Studie äußern sie sich allgemein zu den Grundsätzen ihrer Übersetzung. 758 Sie weisen auf die Schwierigkeiten bei der Übersetzung bestimmter fremdsprachlicher Begriffe hin, zu denen im Englischen kein unmittelbares Pendant existiere und daß sie sich dann zu einer Wiedergabe im Original entschieden hätten. Sie stellen klar, daß sie um der Verständlichkeit willen gelegentlich bestimmte englische Begriffe außerhalb ihrer gewohnten Bedeutung verwendet hätten, und daß sie bei Schwierigkeiten bei der Wiedergabe von geschlechtsspezifischen Artikeln und Pronomina im Zweifel die männliche Form gewählt hätten. Herausgekommen ist eine, um bei der eingeführten Terminologie zu bleiben, approximative Übersetzung, die in sich systematisch und konsequent und, trotz der geringen Zahl von Erläuterungen, gut verständlich bleibt. Die über das Eherecht hinaus bestehende Einheit der Begrifflichkeit des BGB wird jedoch nicht berücksichtigt, etwa wenn im Hinblick auf die immer wiederkehrende „Verbindlichkeit" in § 1297 „engagement" anstelle des ansonsten gebräuchlichen „obligation" verwendet wird. Als Beispiele für die vorliegende Übersetzung mögen an dieser Stelle genügen: Glaubhaftmachung wird als „to give prima facie evidence" übersetzt, Vormund als „guardian", Vörmundschaftsgericht als „Court of Guardianship", Verwandte oder Verschwägerte sind „relatives by blood or by marriage", „null" bedeutet nichtig, fortgesetzte Gütergemeinschaft ist „continued community of property" und der Standesbeamte „registrar". Bei der Verweisung auf die 756 Laws Relating to Marriage in Force in Certain Foreign Countries, Miscellaneous No. 11, Cd. 5993, Parliamentary Papers 1911, Band 63 (Accounts and Papers, Band 19), S. 331-678. Siehe unten Zweiter Teil, Sechster Abschnitt, IV 1. 757 Laws Relating to Marriage in Force in Certain Foreign Countries, Miscellaneous No. 11, Cd. 5993, Parliamentary Papers 1911, Band 63 (Accounts and Papers, Band 19), S. 331, 432^48. 758 Laws Relating to Marriage in Force in Certain Foreign Countries, Miscellaneous No. 11, Cd. 5993, Parliamentary Papers 1911, Band 63 (Accounts and Papers, Band 19), S. 331, 333.

4. Abschnitt: Die Übersetzungen des BGB ins Englische

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Vorschriften der „ungerechtfertigten Bereicherung" in § 1301 BGB a.F. (Rückabwicklung von Verlobungsgeschenken) ist dieser Ausdruck im Original wiedergegeben; in einer Fußnote wird ohne weitere Erläuterung auf die §§ 812 ff. BGB verwiesen. 759

3. Wirkung und Verbreitung der Übersetzungen Mit seiner Übersetzungsleistung hat Schuster das nach ihm für das deutsche Recht verwendete englische Vokabular nachhaltig geprägt, indem sich die Autoren einer Reihe wichtiger nachfolgender Werke ausdrücklich daran orientierten. 760 Wangs Übersetzung wurde in verschiedenen Fachzeitschriften überwiegend positiv rezensiert 761 , einzig Schuster rügte, bei allem Lob für die persönliche Leistung Wangs, eine Reihe von Ungenauigkeiten in der Übersetzung und den Anmerkungen im Detail. 7 6 2 (Übrigens vor allem dort, wo Wang von Schusters Terminologie abweicht.) Auch Loewys Werk wurde von der Kritik, nach allerdings meist nur oberflächlicher Vorstellung, überwiegend freundlich bewertet. 763 Diejenigen Rezensenten, die sich differenzierter mit der Arbeit auseinandersetzten, waren jedoch tendenziell kritischer eingestellt und bemängelten eine Reihe von Ungenauigkeiten und die häufig allzu sehr am Wortlaut haftende, für den unkundigen englischen

759

Laws Relating to Marriage in Force in Certain Foreign Countries, Miscellaneous No. 11, Cd. 5993, Parliamentary Papers 1911, Band 63 (Accounts and Papers, Band 19), S. 331, 432, 433. 760 Auf Schusters Vorbild beziehen sich ausdrücklich: Borchard , Guide, S. 4; Schneider , Report of Committee on Divorce Jurisdiction - Germany, The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. 289; Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, London 1911, S. V; Wang (Übers.), The German Civil Code, S. VIII. 76 1 Baldwin , The German Civil Code (Wang; Buchbesprechung), American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 41-43; Book Notes (Buchbesprechung: Wang , The German Civil Code), Political Science Quarterly, Band 24 (1909), S. 553 (anonym); The German Civil Code (Wang; Buchbesprechung), The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 33 (1908), S. 360/361 (anonym). 76 2 Schuster , A Chinese Commentary on the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 8 (1907), S. 247-249. 763 The Civil Code of the German Empire (Loewy; Buchbesprechung), American Law Register, Band 58 (1910), S. 517-518 (anonym, Initialen L.E.H.); The Civil Code of the German (Loewy; Buchbesprechung), American Law Review, Band 44 (1910), S. 316/317 (anonym); The Civil Code of the German Empire (Loewy; Buchbesprechung), The American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 3 (1910), S. 221-222 (anonym); The Civil Code of the German Empire (Loewy; Buchbesprechung), Law Notes, April 1910, S. 14 (anonym); The Civil Code of the German Empire (Loewy; Buchbesprechung), The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 35 (1910), S. 491 (anonym). 14 Dittmann

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

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Leser streckenweise unverständliche und oftmals inkonsequente Überset_ _

764

zung. In Deutschland wurde nur Wangs Übersetzung einmal kurz erwähnt, und zwar im Rahmen einer Auflistung aktueller Neuerscheinungen in der Deutschen Juristen-Zeitung von 1907, ohne daß jedoch inhaltlich darauf eingegangen worden wäre. 7 6 5 Ansonsten sind die Arbeiten Wangs, Loewys und Schusters von der zeitgenössischen Fachliteratur in Deutschland weitgehend ignoriert worden. 7 6 6 Unter dem Strich schnitt Wangs Übersetzung im Urteil der Zeitgenossen besser ab als Loewys. Simeon E. Baldwin , der Direktor des Comparative Law Bureau der American Bar Association, nannte Wangs Übersetzung „excellent" 7 6 7 , Munroe Smith „very good" 7 6 8 , Borchard äußerte sich zurückhaltender, aber bestimmt: „Wang's edition appears to be slightly the better" 7 6 9 , Krüger beurteilte Wangs Übersetzung schlicht als „the best English translation". 770 Noch Ende der sechziger Jahre nannte Cohn die beiden Werke „two excellent English translations [...] both now rare and, of course, largely obsolete." 771 Wenn in der Folgezeit in englischsprachigen Veröffentlichungen Vorschriften des BGB zitiert wurden, verwendeten die Autoren meist Wangs Übersetzung. 772 So etwa Gahan77 3, Happold 77 4, Morice 115, Neitzel 776, ein anonymer Redakteur der Law Times 7 7 7 , de Becker bei seiner Übersetzung 76 4

Baldwin, The Civil Code of the German Empire (Loewy; Buchbesprechung), Yale Law Journal, Band 19 (1909-10), S. 477-480; Drake, The Civil Code of the German Empire (Loewy; Buchbesprechung), Michigan Law Review, Band 8 ( 1909— 10), S. 692/693; Pound, The Civil Code of the German Empire (Loewy; Buchbesprechung), Illinois Law Review, Band 5 (1910-11), S. 122/123; Smith, The Civil Code of the German Empire (Loewy; Buchbesprechung), Columbia Law Review, Band 10 (1910), S. 684/685. 765 Deutsche Juristen-Zeitung, 12. Jahrgang (1907), S. 1391. 766 Ausnahme ist die kurze Rezension von: Schneider, The Principles of German Civil Law (Schuster) (Buchbesprechung), Deutsche Juristen-Zeitung, 12. Jahrgang (1907), S. 1211. Siehe dazu oben: Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, III, 6. 76 7 Baldwin, Annual Address of the Director of the Comparative Law Bureau, The American Bar Association, Report of the 36th Annual Meeting, 1913, S. 843, 854. 76 8 Smith, The Civil Code of the German Empire (Loewy; Buchbesprechung), Columbia Law Review, Band 10 (1910), S. 684. 76 9 Borchard, Guide, S. 72 f. 77 0 Krüger, The Judicial System of the German Empire with Reference to Ordinary Jurisdiction, California Law Review, Band 2 (1913-1914), S. 124, 128, Fn. 8. 77 1 Cohn (Hrsg.), Manual of German Law, 2. Auflage 1968-1971, Band 1, S. 310. 772 Zwar wurde die Verwendung einer bestehenden Übersetzung bzw. das Zitat oftmals nicht als solches kenntlich gemacht, doch läßt sich der Ursprung der Übersetzung in der Regel eindeutig am Wortlaut erkennen.

5. Abschnitt: Das BGB in sonstigen Veröffentlichungen

211

des japanischen Zivilgesetzbuches 778 , die Beamten des amerikanischen Handelsministeriums 779 und noch Anfang der dreißiger Jahre Lorenzen. 1* 0 Hingegen sind in der späteren Literatur bis Ende der dreißiger Jahre nur drei Stellen nachweisbar, an der Loewys Übersetzung verwendet wurde, alle davon aus den U S A . 7 8 1

Fünfter Abschnitt

Das BGB in sonstigen Veröffentlichungen In den bislang genannten Publikationen bildete das Bürgerliche Gesetzbuch den alleinigen oder zumindest den hauptsächlichen Gegenstand der Darstellung, oder es wurde als Ganzes berücksichtigt. Daneben gab es eine Reihe von Veröffentlichungen, in denen sich die Autoren mit speziellen Rechtsgebieten oder mit einzelnen Regelungen des BGB beschäftigten. Diese werden im letzten, sechsten Abschnitt dieses Teils dieser Arbeit behandelt. Im Folgenden sollen diejenigen Fälle untersucht werden, in denen das BGB bzw. einzelne Vorschriften daraus in anderen, teilweise auch unerwarteten Zusammenhängen Erwähnungen fanden. Wenn auch das Bürgerliche Gesetzbuch als solches im täglichen Diskurs der anglo-amerikanischen Juristenschaft vielleicht keine besondere Rolle gespielt haben mag, so illustrieren die folgenden Beispiele doch, daß zumindest das Wissen 77 3

Gahan, The Codification of Law, The Grotius Society, Band 8 (1923), S. 107,

113 f. 77 4

Happold, Form of a Will in Germany, The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 38 (1912-13), S. 154 f. 77 5 Morice, Sale in Roman-Dutch Law, Kapstadt 1919, S. 5, 90. 77 6 Neitzel, Non-Contentious Jurisdiction in Germany, Harvard Law Review, Band 21 (1907-08), S. 476, 479; ders., Specific Performance, Injunctions and Damages in the German Law, Harvard Law Review, Band 22 (1908-09), S. 161, 177. 777 Succession of Foreigners in Germany, The Law Times, Band 133 (1912), S. 518 (anonym). 77 8 Becker, Annotated Civil Code of Japan, 4 Bände, London 1909-1910, Band 1, S. XXXIV (Literaturliste), 201. 77 9 Wolfe /Borchard, Department of Commerce: Bureau of Foreign and Domestic Commerce: Commercial Laws of England, Scotland, Germany and France, Washington 1915, vgl. S. 24. 780 Lorenzen , The Conflict of Laws in Germany, Yale Law Journal, Band 39 (1929-30), S. 804-836; ders., The Conflict of Laws in Germany - Contracts, Yale Law Journal, Band 40 (1930-31), S. 401-430. 781 Harris, Liability Without Fault, Tulane Law Review, Band 6 (1931-32), S. 337, 362; Lorenzen, The Conflict of Laws relating to bills and notes, New Haven 1919, S. 66, 92; Waite, Caveat Emptor and the Judicial Process, Columbia Law Review, Band 25 (1925), S. 129, 142 Fn. 40. 14*

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

darum, daß es auf dem Kontinent eine neue, große Kodifikation gab, zum allgemeinen Kenntnisstand gehörte.

I. Erwähnungen im Rahmen der Diskussion um die Kodifizierung des Common Law Als Beispiel oder Vorbild wurde das Bürgerliche Gesetzbuch regelmäßig im Rahmen der Diskussion um die Kodifizierung des Common Law erwähnt. Eine kurze Zusammenfassung der deutschen Rechtsgeschichte von den germanischen Stammesrechten bis zum „new German Civil Code" ist in einem Buch von Courtenay Peregrine Ilbert über Gesetzgebungstechniken und Kodifizierung im Allgemeinen von 1900 enthalten. 782 Das BGB wird darin als Beispiel für eine gelungene Kodifikation angeführt, es sei „the coping-stone of German codification" 7 8 3 , habe den Prozeß der Vereinheitlichung des deutschen Rechtes „gekrönt" 7 8 4 . Inhaltlich wird auf das BGB jedoch nicht eingegangen. Im Journal of the Society of Comparative Legislation von 1902 befindet sich auf einer ausklappbaren Doppelseite eine tabellarische Zusammenstellung aller kontinentaleuropäischen Kodifikationen mit Stand des Jahres 1902. Die weitgehend unkommentierte Auflistung gibt unter der Einteilung nach Staaten und Rechtsgebieten die Bezeichnung der Gesetzeswerke in der jeweiligen Originalsprache und das Jahr des Inkrafttretens wieder. In der Zeile für das Deutsche Reich sind neben der Verfassung für das Deutsche Reich und dem Straf- und Militärstrafgesetzbuch auch das Bürgerliche Gesetzbuch, das Handelsgesetzbuch und die Zivilprozeßordnung aufgeführt. Die Tabelle stammt von Edward Jenks, 785 Englischsprachige Juristen mußten sich nicht in unmittelbarer geographischer Nähe zum Alten Kontinent bzw. an der Ostküste der USA befinden, um sich für die europäische Rechtsentwicklung zu interessieren. Die Kodifikation des deutschen Zivilrechts fand auch weit außerhalb der europäischen Sphäre Beachtung. So wurde der Jahrgang 1905 des südafrikanischen Natal Law Quarterly von seinem Herausgeber A. Findlay mit einem Editorial über das Problem der Kodifizierung von Recht im Allgemeinen eröffnet. 786 Darin bezieht Findlay klar Stellung zugunsten der Kodifizie782

Ilbert, Legislative Methods and Forms, Oxford 1900, S. 15-19, 157-158. Ilbert, Legislative Methods and Forms, Oxford 1900, S. 19. 78 4 liberty Legislative Methods and Forms, Oxford 1900, S. 157 f. 78 5 JenkSy The European Codes, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 4 (1902), S. 71-73. 786 Findlay y Codification, The Natal Law Quarterly, Band 4 (1905), S. 3-7. 783

5. Abschnitt: Das BGB in sonstigen Veröffentlichungen

213

rung an sich, indem er zunächst die gebräuchlichsten Argumente der Kodifikationsgegner aufzählt, um sie dann jeweils kurz und knapp zu widerlegen. Dazu gibt er einen knappen Überblick über einige der wichtigsten zeitgenössischen, kontinentaleuropäischen wie US-amerikanischen Kodifikationen wie auch solchen in Britisch-Indien. Bemerkenswert ist die Beobachtung, die Findlay angesichts der von ihm aufgeführten Beispiele für Kodifikationen - vornehmlich Code Napoléon, BGB sowie nicht näher benannte österreichische und japanische Bestrebungen - machen zu können glaubt: „It appears on reflection that there is a greater readiness to codify in nations with Roman Law than in those with Teutonic Law, and among despotic governments than among popular governments." 787 Das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch findet in der Form Erwähnung, daß seine Entstehung und die Arbeit der Kommissionen in drei Sätzen zusammengefaßt wird. Zu seinem Inhalt bemerkt Findlay nur, das BGB sei sehr stark von römisch-rechtlichen Einflüssen geprägt („This code is a very Romanising one."). In dem Kapitel seines Buches über das Deutsche Reich, in dem er das deutsche Rechtssystem darstellt, erwähnt Burt Estes Howard beiläufig auch den „uniform Civil Code", der seit dem 1. Januar 1900 gelte, ohne jedoch näher darauf einzugehen. 788 Mit nur einem Satz wird das BGB in einem Kurzbeitrag gegen Ende des Jahres 1908 im American Law Review erwähnt, in dem James M. Kerr einen Überblick über die historische Entwicklung und den damals aktuellen weltweiten Stand der Kodifizierung gibt. 7 8 9 Es wird dabei kurz und prägnant als „probably the latest of modern codes" bezeichnet, Näheres über Bedeutung und Inhalt erfährt der Leser jedoch nicht. 7 9 0 Die Entstehungsgeschichte des BGB und die lang dauernden und sorgfältigen Vorarbeiten der Kommissionen wurden 1913 in einem Artikel in einer südafrikanischen Fachzeitschrift kurz zusammengefaßt. 791 Die Stelle steht im Zusammenhang eines entschiedenen Plädoyers für eine Kodifizierung des südafrikanischen Rechts. Ende 1923 hielt Frank Gahan einen Vortrag vor den versammelten Mitgliedern der Grotius Society über den steinigen Weg, das Völkerrecht auf 787

Findlay, Codification, The Natal Law Quarterly, Band 4 (1905), S. 3, 5. Burt Estes Howard, The German Empire, London 1906, S. 172. 789 Kerr, A Word about Codes, The American Law Review, Band 42 (1908), S. 905-914. 790 Kerr , A Word about Codes, The American Law Review, Band 42 (1908), S. 905, 907. 791 Kitchin, The Codification of Our Laws, The South African Law Journal, Band 30 (1913), S. 10, 17. 788

214

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

schriftliche Grundlagen zu stellen, wobei er die deutschen Erfahrungen mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch zur Hand nahm, um die Schwierigkeiten und Chancen bei einer Kodifikation zu illustrieren. 792 Er referiert noch einmal die Entstehungsgeschichte des BGB seit der Einsetzung der ersten Kommission und die Widerstände, auf die dieser Prozeß traf. 7 9 3 Dabei zeigt er sich besonders beeindruckt vom Ausmaß des Interesses und der Anteilnahme der deutschen Öffentlichkeit an dem Projekt. Das Ergebnis nennt er „an admirable code". 7 9 4 Die viel kritisierte Komplexität und Unübersichtlichkeit vieler Regelungen hält Gahan für weitgehend unvermeidlich, und die Deutschen hätten gut daran getan, sich nicht auf allzu simple Rechtsformeln einzulassen: „ A good code will necessarily be complicated, for the circumstances to which the rules must apply are indefinite." 7 9 5 Außerdem seien durch die Verwendung von Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen hinreichend Tore für die richterliche Rechtsfindung geöffnet worden. In diesem Zusammenhang werden die §§ 138 Abs. 1, 242 BGB in der Übersetzung von Wangs 796 wiedergegeben und der „cogent reason" aus § 626 BGB (fristlose Kündigung aus wichtigem Grund) erwähnt. 797 Allzu kompliziert seien allerdings die Regelungen zur Beweislastverteilung geworden, die überall im materiellen Recht versteckt, häufig durch seltsame („peculiar") Formulierungen nur angedeutet seien und insgesamt kaum logische Konsequenz zeigten. Dies sei der einzige Teilbereich des BGB, „where the Germans foolishly attempted to provide for every contingency." 798

II. Erwähnungen in anderen Zusammenhängen In einem Artikel im Michigan Law Review von 1902, in dem die Grundzüge des deutschen Rechtswesens zusammengefaßt werden, findet sich die Aussage: „Among the services that the Empire has rendered to Germany none is greater than the codification of the civil and criminal l a w , " 7 9 9 gefolgt von dem Hinweis: „The task of codifying the private law of Ger792

Ι 16.

793

110 f. 794

111.

795

113.

796 797

113 f. 798

112.

Gahan, The Codification of Law, The Grotius Society, Band 8 (1923), S. 1 ΟΤGahan, The Codification of Law, The Grotius Society, Band 8 (1923), S. 107, Gahan, The Codification of Law, The Grotius Society, Band 8 (1923), S. 107, Gahan, The Codification of Law, The Grotius Society, Band 8 (1923), S. 107, Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. Gahan, The Codification of Law, The Grotius Society, Band 8 (1923), S. 107, Gahan, The Codification of Law, The Grotius Society, Band 8 (1923), S. 107,

5. Abschnitt: Das BGB in sonstigen Veröffentlichungen

215

many proved, however, so formidable that the Civil Code was not promulgated until 1896, to take effect January 1, 1900." 8 0 0 Ein weiteres gutes Beispiel für eine beiläufige Erwähnung des BGB außerhalb des eigentlichen Themas gibt ein Aufsatz im Law Quarterly Review von 1904 ab, dessen Autor Wilhelm Chydenius sich eigentlich mit dem schwedischen Gesetzbuch von 1734 beschäftigte. 801 In die Beschreibung von dessen Entstehungsgeschichte und Ursprüngen im skandinavischgermanischen Recht sind einige Absätze und Bemerkungen eingeschoben, in denen Chydenius das BGB scharf kritisiert. Während er den Schöpfern der alten schwedischen Kodifikation bescheinigt, sich an die „good old rule: lex brevis esto et imperiosa" gehalten zu haben, rügt er die Sprache des BGB als zu abstrakt, gar „tortuous" zu lesen. 802 Auch der Allgemeine Teil des BGB findet schon aus prinzipiellen Gründen keine Gnade: „(It) seems, indeed, that searching for general principles had better be left to professors without the legislator sanctioning their shortcomings of thought and formula. Such a general part may look very well when first appearing, but nothing becomes so spectral when outrun by new doctrine; it will not keep, because the great currents of scientific investigation never stop." 8 0 3 Bereits zu diesem Zeitpunkt, vier Jahre nach Inkrafttreten des BGB, meint Chydenius den Stab über das BGB brechen zu können: „The theory embodied in the German code has not stood the test of practice." 8 0 4 Welche Erfahrungen oder Überlegungen ihn zu diesem Fazit veranlassen, läßt sich dem Artikel nicht entnehmen. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen, die sich nach diesen anfänglichen Seitenhieben gegen das BGB wieder ihrem eigentlichen Thema, dem schwedischen Recht, zuwenden, verhehlt der Autor jedoch kaum seine prinzipielle Sympathie für ein Richterrecht nach dem Vorbild des englischen Common Law. Anläßlich des einhundertjährigen Jubiläums des Code Civil hielt Sir Courtenay Peregrine Ilbert im Dezember 1904 vor den Mitgliedern der British Academy eine Festrede, in der er Entwicklung und Bedeutung der großen französischen Kodifikation darstellte und würdigte. 8 0 5 An einigen 799

Hudson, The Judicial System of the German Empire, Michigan Law Review, Band 1 (1902-03), S. 121. 800 Hudson, The Judicial System of the German Empire, Michigan Law Review, Band 1 (1902-03), S. 121, 122. 801 Chydenius , The Swedish Lawbook of 1734: An Early Germanic Codification, The Law Quarterly Review, Band 12 (1904), S. 377-391. 802 Chydenius , The Swedish Lawbook of 1734: An Early Germanic Codification, The Law Quarterly Review, Band 12 (1904), S. 377, 378. 803 Chydenius y The Swedish Lawbook of 1734: An Early Germanic Codification, The Law Quarterly Review, Band 12 (1904), S. 377, 379. 804 ChydeniuSy The Swedish Lawbook of 1734: An Early Germanic Codification, The Law Quarterly Review, Band 12 (1904), S. 377, 379.

216

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Stellen der Rede findet auch das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch Erwähnung, indem es in einigen eingeschobenen Nebensätzen in eine Reihe mit dem Code Civil gestellt wird („the Civil Code of France, like the more recent Civil Code of Germany, [...]"), ohne daß näher darauf eingegangen würde. Die Zuhörerschaft erfuhr jedoch, daß das deutsche Gesetzeswerk eine weitgehend eigenständige Entwicklung sei und eine Vörlaufzeit von zwanzig Jahren benötigt habe. Die Daten der Verabschiedung des Bürgerlichen Gesetzbuches durch den Reichstag und des Inkrafttretens werden genannt. In einer Fußnote zum Text des Vortrages findet sich noch der Hinweis darauf, daß das BGB das bis dahin geltende französische Recht in den deutschen Rheinprovinzen abgelöst habe. Im Rahmen einer Besprechung von Wangs Übersetzung des B G B 8 0 6 fällt beiläufig der Satz: „The pure gold of the present Civil Code was evolved from the crucible of criticism and controversy/' 807 Auch zeigt sich der anonyme Rezensent überrascht davon, wieviel römisch-rechtliche Prinzipien in das BGB eingeflossen sind. In einer Besprechung von Loewys Übersetzung des B G B 8 0 8 wird vor der Leistung, die hinter der Kodifikation des deutschen Zivilrechts stand, noch einmal der Hut gezogen: „Few men appreciate the labors which this great codification represents or the patriotic earnestness of the German people manifested during twenty years devoted by succeeding commissions and the legislative bodies in perfecting its terms." 8 0 9 Bei einer Übersetzung des japanischen Zivilgesetzbuches ins Englische, deren erster Band 1907 erscheint, spielt auch das Bürgerliche Gesetzbuch eine Rolle: In Joseph Ernest de Beckers 810 vierbändigem, kommentiertem 805

Der Text des Vortrages ist abgedruckt bei: Ilbert , The Centenary of the French Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1905) S. 218-231. 806 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. 807 The German Civil Code (Wang; Buchbesprechung), The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 33 (1908), S. 360/361 (anonym). 808 Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909. 809 The Civil Code of the German Empire (Loewy; Buchbesprechung), The American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 3 (1910), S. 221 f. (anonym). 810 Becker hatte sich seit den 1880er Jahren als ausländischer Anwalt im japanischen Yokohama niedergelassen. Er war Mitglied in der Society of Comparative Legislation. Er verfaßte bis zu seinem Tod im Jahre 1927 noch eine ganze Reihe von Übersetzungen, Lehrbüchern und Zusammenfassungen des japanischen Rechtes, unter anderem: Becker , Commentary on the Commercial Code of Japan, 3 Bände, London 1913; ders., International Private Law of Japan, London 1919; ders.: Japanese Laws and Ordinances Concerning Patents, Trade Marks, Designs and Utility Models, London 1930; ders .: The Japanese Law of Marriage, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 14 (1914), S. 337-350. Vergleiche

5. Abschnitt: Das BGB in sonstigen Veröffentlichungen

217

Werk 8 1 1 , finden sich im Allgemeinen Teil und im Schuldrecht viele Hinweise auf das BGB. So wird, teilweise in Fußnoten, bei vielen Vorschriften auf die parallelen Paragraphen des BGB verwiesen (insbesondere bei der Rechtsgeschäftslehre) oder zur Illustration auf entsprechende Begriffe aus dem deutschen Recht zurückgegriffen (z.B. „Rechtsfähigkeit", „Geschäftsfähigkeit", „Rechtsgeschäft", „Todeserklärung", „dingliches Recht", „Gläubiger", „Schuldner" 812 ). Dies geht so weit, daß im Titel des vierten Kapitels des allgemeinen Teils des japanischen Zivilgesetzbuches das deutsche Wort „Rechtsgeschäft" im Original vorkommt. Auf den konkreten Regelungsgehalt des BGB wird nur an wenigen Stellen eingegangen: Einmal werden im Zusammenhang mit Formvorschriften für das Zustandekommen von Rechtsgeschäften die §§ 873, 875 Abs. 1, 877 BGB genannt und das Ganze als „German principle" bezeichnet. 813 Und an anderer Stelle wird § 905 S. 2 BGB (Begrenzung des Grundstückseigentums bei Eingriffen in großer Höhe bzw. Tiefe) im Wortlaut (der englischen Übersetzung von Wang 814) wiedergegeben. 815 Im Jahre 1921 veröffentlichte de Becker eine Monographie über Ursprünge und Praxis des japanischen Zivilrechts. 8 1 6 Im Textteil wird darin zwar an keiner Stelle auf mögliche Verbindungen zwischen dem Bürgerlichen Gesetzbuch und dem japanischen Zivilgesetzbuch eingegangen, doch am Ende des Werkes ist eine tabellarische Übersicht über die japanischen Paragraphen aus dem Zivil-, Handels- und Prozeßrecht und ihre Parallelbestimmungen in den französischen, österreichischen, schweizerischen und deutschen Kodifikationen angefügt. 817 hierzu die biographischen Angaben in den jeweiligen Vorworten und auf den Titelblättern der genannten Werke. 8.1 Becker, Annotated Civil Code of Japan, 4 Bände, London 1909-1910 (Reprint: Washington, D. C. 1979). Zu den Fragen, inwieweit die deutsche Rechtswissenschaft bei der Kodifikation des japanischen Zivilrechts Ende des 19. Jahrhunderts eine Rolle spielte und das japanische Bürgerliche Gesetzbuch am deutschen BGB orientiert war, sowie zu den japanischen Übersetzungen des BGB siehe oben: Einleitung, Fußnote 7. 8.2 Becker, Annotated Civil Code of Japan, 4 Bände, London 1909-1910, zum Beispiel in Band 1, S. 3, 8/9, 35, 40, 172, Band 2, S. 5 u.a. 813 Becker, Annotated Civil Code of Japan, 4 Bände, London 1909-1910, Band 1, S. 175. 814 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. 8,5 Becker, Annotated Civil Code of Japan, 4 Bände, London 1909-1910, Band 1, S. 201. 816 Becker, The Principles and Practice of the Civil Code of Japan. A Complete Theoretical and Practical Exposition of the Motifs of the Japanese Civil Code, 2 Bände, London 1921. 817 Becker, The Principles and Practice of the Civil Code of Japan, Band 2, S. 824 ff.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Ohne inhaltlich auf das deutsche Recht einzugehen, hatte de Becker das BGB als solches bereits in einem 1914 erschienenen Artikel über das japanische Eherecht beiläufig erwähnt. 818 Der Beitrag war im Journal der Society of Comparative Legislation erschienen, deren Mitglied er war. In einem Artikel von 1913, in dem er den Strafprozeß vor einem deutschen Schwurgericht beschreibt, zitiert der amerikanische Jurist Delger Trowbridge eingangs einen Kollegen mit der Aussage über das deutsche Zivilrecht: „[Germany's] codification of the law is the most complete, the most modern and the most scientific in the world." 8 1 9 Nach dem Kriegsausbruch Anfang August 1914 brach die Beschäftigung mit dem deutschen Recht in englischen Publikationen abrupt ab. Das Bürgerliche Gesetzbuch wurde in den Fachzeitschriften und der sonstigen Literatur in den Kriegsjahren kein einziges Mal erwähnt. Die einzige Ausnahme bildet ein Artikel im Journal of the Society of Comparative Legislation von 19 1 8 . 8 2 0 Doch auch darin wurde das BGB nur beiläufig und eher indirekt erwähnt. Es handelte sich um eine Buchbesprechung von Jenks y „Digest of English L a w " 8 2 1 , dessen letzter Teilband gerade erschienen war. Der Rezensent ging noch einmal auf die Leitlinien für die Konzeption und den Aufbau des „Digest" ein, die vom Vorbild des „German Bürgerliches Gesetzbuch" inspiriert waren. Die dem „German Code" entsprechende Stoffeinteilung sei „not without some advantages", wie sehr zurückhaltend formuliert wird, ohne daß jedoch auf diese Vorteile weiter eingegangen würde. 8 2 2 Darüber hinaus wird zum BGB nicht weiter Stellung genommen. Indirekt erwähnt wurde das BGB auch noch einmal in den Rezensionen zu der im letzten Kriegsjahr erschienenen englischen Übersetzung von Huebners Werk über die Geschichte des germanischen Rechts 823 , in denen eingangs immer das „German Law since 1900" genannt w i r d . 8 2 4 818

Becker , The Japanese Law of Marriage, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 14 (1914), S. 337, 350. 819 Trowbridge , A German Jury Trial, California Law Review, Band 2 (19131914), S. 34. 820 Goudy , A Digest of English Civil Law (Buchbesprechung), Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 18 (1918), S. 133-135. 821 Jenks (Hrsg.) / Geldart /Holdsworth/Lee /M iles (Bearb.), A Digest of English Civil Law, 1. Auflage in 11 Teilen, 1905-1917. 822 Goudy , A Digest of English Civil Law (Buchbesprechung), Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 18 (1918), S. 133, 135. 823 Huebner/Philbrick u. a. (Übers.), A History of Germanic Private Law, London 1918. 824 Fay , Huebner: A History of Germanic Private Law (Buchbesprechung), Harvard Law Review, Band 32 (1918-19), S. 744-745; George Elliot Howard , Huebner: A History of Germanic Private Law (Buchbesprechung), Illinois Law Review, Band 13 (1918-19), S. 543-561; KlingelsmitK Huebner: A History of Germanic

5. Abschnitt: Das BGB in sonstigen Veröffentlichungen

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I I I . Einfluß auf die anglo-amerikanische Rechtswissenschaft Ein konkreter Einfluß des Bürgerlichen Gesetzbuches bzw. der dahinter stehenden deutschen Zivilrechtslehre ist schließlich auch in den Werken einiger berühmter anglo-amerikanischer Rechtswissenschaftler nachweisbar, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert tätig waren, namentlich bei den Engländern Edward Jenks, Frederick Pollock, Thomas E. Holland und dem Amerikaner Roscoe Pound* 25

1. Edward Jenks' „Digest of English Civil Law" Eine „Kodifikation" des Common Law (1905-1917) 826 Seit Anfang des Jahrhunderts verfolgte in Deutschland die Internationale Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre zu Berlin unter dem Vorsitz von Felix Meyer das ehrgeizige Ziel, eine Reihe von Lehrbüchern über ausländisches Recht herauszugeben, welche die wichtigsten Rechtssysteme der Welt abdecken sollten. Als Aufbaumuster sollte dabei jeweils die Systematik und die Stoffeinteilung des Bürgerlichen Gesetzbuches dienen, um einerseits deutschen Juristen einen vereinfachten Zugang zum fremden Recht zu ermöglichen und um andererseits die Rechtsvergleichung zu erleichtern. Bezüglich des englischen Rechtes wandte man sich im Jahre 1902 an ein prominentes Mitglied der Vereinigung, Edward Jenks, Barrister in London und Universitätsprofessor in Oxford. 8 2 7 Dieser machte sich zusammen mit einigen Kollegen aus Oxford - W. M. Geldart, W. S. Holdsworth, Robert Warden Lee und J. C. Miles daran, nach dieser Vorgabe ein umfassendes und systematisches Lehrbuch des englischen Zivilrechts zu erarbeiten. Für den „Digest of English Civil Law" diente ihnen das Bürgerlichen Gesetzbuch erklärtermaßen als Vorbild und Inspiration, und sie orientierten sich bei der Stoffeinteilung bewußt an seinem Beispiel. 8 2 8 Private Law (Buchbesprechung), American Law Register, Band 68 (1920), S. 406407. 825 Zu der Frage, welchen Einfluß die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts und insbesondere die Historische Schule und Pandektistik auf die englische bzw. angloamerikanische Rechtswissenschaft insgesamt hatte, siehe oben: Einleitung, Fußnoten 10 bis 13 m.w.N. 826 Jenks (Hrsg.)/ Geldart/Holdsworth/Lee/Miles (Bearb.), A Digest of English Civil Law, 1. Auflage in 11 Teilen, 1905-1917, 2. Auflage, in 2 Bänden, London 1921, 3. Auflage, London 1938. 827 Angabe aus dem Mitglieder-Verzeichnis der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre zu Berlin (um 1910), S. 18. 828 Jenks (Hrsg.), A Digest of English Civil Law, 1. Auflage, 1. Teilband, London 1905, S. VII. Vergleiche auch in der Buchbesprechung des „Digest": Goudy , A

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Nach mehrjähriger Vorbereitungszeit erschien 1905 der erste Teilband des „Digest of English Civil Law". Unter Jenks' Ägide wurden dann in den nächsten Jahren insgesamt elf Teilbände herausgegeben, bis 1917 mit dem Band über das englische Erbrecht das Werk erstmals vollständig vorlag. Die Teilbände wurden dann 1921 in einer zweiten Auflage in zwei Bänden zusammengefaßt. In Deutschland erschien zeitgleich mit der englischen Ausgabe des „Digest" eine deutschen Übersetzung von Gustav Schirrmeister unter dem Titel „Das Bürgerliche Recht Englands". 829 Der Untertitel der deutschen Ausgabe „Eine Kodifikation" erscheint allerdings irreführend, da es sich um eine wortgetreue, nicht weiter kommentierte Übertragung des Originalwerkes, das ein Lehrbuch ist, handelt. Das Fehlen eines solch umfassenden, konzisen Werkes bis dato war interessierten Kreisen in England schon länger als schmerzhafter Mangel aufgefallen. 8 3 0 Der „Digest" wurde in Fachkreisen dementsprechend enthusiastisch aufgenommen als „the first attempt by a body of accomplished lawyers to deal scientifically with the whole domain of English law - to present it, or the outline of it - in a logical and consistent shape" 8 3 1 und „the magnitude and novelty of the task" wurde ausgiebig gewürdigt. 8 3 2 Der „Digest" ist in Aufbau und Systematik tatsächlich stark an das BGB angelehnt. Das englische Recht wird konsequent in fünf „Books", überDigest of English Civil Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 18 (1918), S. 133, 153. Einzelheiten hierzu sowie zum Hintergrund und zur Arbeitsweise der Autoren auch im Nachruf auf Jenks durch den Mitherausgeber des „Digest": Robert Warden Lee, Edward Jenks 1861-1939. From the Proceedings of the British Academy, Band 26, Sonderdruck, London 1941, S. 1, 12 ff. 829 Schirrmeister, Das Bürgerliche Recht Englands, Band 1., 1. Hälfte, Berlin 1906. Die Übersetzung der weiteren Teile wurde von Wilhelm Prochownick fortgeführt: Prochownick, Das Bürgerliche Recht Englands, Band 1, 2. Hälfte, Berlin 1910, Band 2, Berlin 1929. 830 Beispielhaft die Anekdote, die Ilbert in der genannten Festrede anläßlich des einhundertjährigen Jubiläums des Code Civil vor der British Academy erwähnt, wonach er die Bitte eines ,jungen französischen Kollegen aus der Provinz" um die Benennung eines solchen Werkes zu seinem großen Bedauern und eigenem Erstaunen abschlägig bescheiden mußte: Ilbert, The Centenary of the French Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1905) S. 218, 229. Jenks geht im Vorwort zum ersten Teilband des „Digest" noch einmal ausdrücklich auf diese Problematik ein: Jenks (Hrsg.), A Digest of English Civil Law, 1. Auflage, 1. Teilband, London 1905, S. VIII/IX. 831 Anonyme Notiz im Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 7 (1906), S. 272, 273. 832 Schirrmeister im Vorwort zur deutschen Ausgabe des „Digest": Schirrmeister, Das Bürgerliche Recht Englands, Band 1., 1. Hälfte, Berlin 1906, S. V-VII; Goudy, A Digest of English Civil Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 18 (1918), S. 133-153.

5. Abschnitt: Das BGB in sonstigen Veröffentlichungen

221

schrieben als „General", „Obligations", „Property", „Family Law" und „Succession", eingeteilt. Unter „General" sind die Regeln zusammengefaßt, die nach deutschem Verständnis in den „Allgemeinen Teil" gehören. Auch die Unterteilung der Bücher ist entsprechend dem BGB vorgenommen, bis hin dazu, daß im „Law of Obligations" nach den „General Rules" die Vertragstypen in der gleichen Reihenfolge wie im BGB abgehandelt werden. („Trusts" werden übrigens im Sachenrecht unter dem Titel „Fiduciary Ownership" behandelt, der wiederum im Rahmen des Abschnittes „Choses in Action", in dem die den Eigentumsvorschriften des BGB entsprechenden Regeln enthalten sind, angesiedelt ist.) Die Begriffsbildung wird zum Teil ebenfalls parallel zu den deutschen Fachtermini vorgenommen, so wird etwa für den deutschen Begriff der Willenserklärung der Ausdruck „declaration of intention" verwendet. Bei der Einarbeitung des case law werden zwar keine „Paragraphen" im Sinne der deutschen Gesetzgebungstechnik gebildet, doch verwenden die Autoren des „Digest" - für englischsprachige Fachliteratur dieser Zeit höchst ungewöhnlich - Randnummern für die einzelnen Sinnabschnitte (übrigens insgesamt 2223 Abschnitte, was der Paragraphenzahl des BGB - 2385 in der ursprünglichen Fassung - erstaunlich nahe kommt). Im Text selbst finden sich keine Hinweise auf das deutsche Recht und auch keine Verweisungen auf Paragraphen des BGB, auch nicht etwa in Fußnoten. Einzig im bereits erwähnten Vorwort zur ersten Auflage wird das Bürgerliche Gesetzbuch (mit Datum des Inkrafttretens) ausdrücklich als Vorbild und Anlaß der Arbeit am „Digest" erwähnt. 833 Auf diese Vorbildfunktion wird dann noch einmal in einer Buchbesprechung des „Digest" im Journal of the Society of Comparative Legislation im Jahre 1918 verwiesen, wobei geäußert wird, daß Aufbau und Stoffeinteilung des BGB gegenüber der römisch-rechtlichen und insbesondere der im französischen Code Civil gewählten Reihenfolge eine Reihe von (allerdings nicht näher bezeichneten) Vorteilen biete. 8 3 4 Für den anglophonen Leser findet sich hier noch einmal der Hinweis, daß handelsrechtliche Vorschriften von den Regelungen des BGB ausgenommen seien. In den jeweiligen Vorworten der Einzelbände des „Digest", deren Erscheinen sich über viele Jahre bis in den Ersten Weltkrieg hinein hinzog, läßt sich übrigens in bemerkenswerter und bezeichnender Weise verfolgen, welchen Stimmungswandel dieser Krieg im Verhältnis anglo-amerikanischer Juristen zur deutschen Akademikerschaft bzw. zu den deutschen wissenschaftlichen Leistungen bewirkte: War Jenks im genannten ersten Vorwort noch voll des Lobes für das BGB, so hieß es im September 1915 im Vor833

Jenks (Hrsg.), A Digest of English Civil Law, 1. Auflage, 1. Teilband, London 1905, S. VII. 834 Goudy y A Digest of English Civil Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 18 (1918), S. 133, 153.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

wort zum zehnten Teilband der ersten Auflage: „Since the preface to the preceding volume of this work was written, events have occurred which, had the work been in an earlier stage, might well have been fatal to its continuance." 835 Im Vorwort zur zweiten Auflage, das auf den Dezember 1920 datiert ist, wird überhaupt nicht mehr auf die deutschen Einflüsse bei der Entstehung des „Digest" hingewiesen, sondern nur noch allgemein bemerkt, daß sich die Autoren bei der Stoffeinteilung an den Aufbau gehalten hätten „[that] is now the generally accepted plan of the European Civil Codes [ . . . ] " . 8 3 6

2. Roscoe Pound Ein profilierter amerikanischer Rechtswissenschaftler der Zeit zeigte sich in seinen Arbeiten stark von der deutschen Rechtswissenschaft beeinflußt. Roscoe PoundF 1, „one of the great legal figures of the twentieth cent u r y " 8 3 8 , 1870 geboren, 1964 gestorben, beschäftigte sich intensiv mit römischem und kontinentaleuropäischem Recht und Rechtsphilosophie, lehrte an den Universitäten Nebraska, Northwestern, Chicago und an der Harvard Law School, wo er zeitweise Dekan war. 8 3 9 Er sprach fließend deutsch, und in seinen Vorlesungen und Arbeiten bediente sich Pound vielfach der Methodik und Literatur der deutschen Rechtswissenschaft. Dies zeigen einerseits der innere Aufbau und die Stoffeinteilung dieser Arbeiten, in denen regelmäßig zunächst Allgemeines wie »juristic acts", „declarations of will" etc. behandelt wird, bevor auf „law of persons", „property", „obligations", „inheritance" eingegangen w i r d 8 4 0 , daneben aber auch die ausgiebige Verweisung auf deutschsprachige Fachliteratur. 841 Mit dem BGB als 835

Jenks (Hrsg.)/Holdsworth (Bearb.), A Digest of English Civil Law, 1. Auflage, 10. Teilband, London 1916, S. XVII. 836 Jenks (Hrsg.), A Digest of English Civil Law, 2. Auflage, in 2 Bänden, London 1921, S. IV. 837 Ausführliche Informationen zu Leben und Werk Pounds bei: Hoeflich, Roman and Civil Law and the Development of Anglo-American Jurisprudence in the Nineteenth Century, Athens/Georgia 1997, S. 125 ff.; Pound , Codification, Band 1, „Introduction", S. III ff.; Reimann, Historische Schule und Common Law, Die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts im amerikanischen Rechtsdenken, S. 301 f.; Sayre, The Life of Roscoe Pound, 1948, Reprint, Littleton/Colorado 1981. 838 Hoeflich , Roman and Civil Law and the Development of Anglo-American Jurisprudence in the Nineteenth Century, Athens/Georgia 1997, S. 125. 839 1936 trat Pound in den Ruhestand. Der Grund für diese Entscheidung zu diesem Zeitpunkt soll übrigens seine kompromittierende Nähe zu den Nationalsozialisten gewesen sein, so jedenfalls: Hoeflich, Roman and Civil Law and the Development of Anglo-American Jurisprudence in the Nineteenth Century, Athens/Georgia 1997, S. 142.

5. Abschnitt: Das BGB in sonstigen Veröffentlichungen

223

solchem befaßte sich Pound in keiner seiner Veröffentlichungen näher, doch wies er immer wieder auf einzelne Paragraphen des BGB hin, wenn er Entwicklungslinien und parallele Regelungen in den einzelnen Rechtsordnungen aufzeigen wollte, ohne jedoch näher auf Wortlaut, Inhalt oder systematischen Hintergrund der jeweiligen Norm einzugehen. 842 Eine Ausnahme bildet insofern § 119 Abs. 2 BGB, den Pound mehrfach als außergewöhnlich hervorhob. 843 In dieser Regelung über die Auswirkungen eines Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften habe sich ein Trend niedergeschlagen, wie er allgemein in der Jurisprudenz zu beobachten sei. Es handele sich dabei um eine Entwicklung weg von einem metaphysisch begründeten, in sich geschlossenen System von Rechtssätzen, hin zu einem dynamischeren, an den realen Gegebenheiten und der Zweckmäßigkeit orientierten, „verwissenschaftlichten" Recht. Pound bedient sich des Jhering'sehen Begriffspaares der „Begriffsjurisprudenz" und der „Wirklichkeitsjurisprudenz", die er im Original wiedergibt und als »jurisprudence of conceptions" respektive Jurisprudence of results" übersetzt. 844 Gemäß §119 BGB sei die Frage nach den tatsächlichen Gegebenheiten, „what would be regarded as essential in the ordinary understanding of business", Ausgangspunkt der Ermittlung des Inhalts einer Willenserklärung. 845 Pound verweist nachdrücklich auf die einschlägige deutsche Fachliteratur und deutet den unter anderem in diesem Zusammenhang in der deutschen Rechtswissenschaft ausgetragenen Disput zwischen der „historischen Schule" und ihren Gegnern und die Bedeutung des Konzeptes der „Billigkeit" bei der Rechtsfindung a n . 8 4 6

840

Vergleiche Hoeflich , Roman and Civil Law and the Development of AngloAmerican Jurisprudence in the Nineteenth Century, Athens/Georgia 1997, S. 128. 841 Abzulesen z.B. bei: Pound , The German Movement for Reform in Legal Administration and Procedure, American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 31-36; Pound , Mechanical Jurisprudence, Columbia Law Review, Band 8 (1908), S. 605-623. 842 Pound , Readings in Roman Law and the Civil Law and Modem Codes as Developments Thereof, 2. Auflage, Cambridge, Mass., Harvard University Press, 1914. 843 Pound , The German Movement for Reform in Legal Administration and Procedure, American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 31-36; ders.: Mechanical Jurisprudence, Columbia Law Review, Band 8 (1908), S. 605-623. 844 Pound , Mechanical Jurisprudence, Columbia Law Review, Band 8 (1908), S. 605, 610. 845 Pound , Mechanical Jurisprudence, Columbia Law Review, Band 8 (1908), S. 605, 611. 846 Pound , The German Movement for Reform in Legal Administration and Procedure, American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 31 ff.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

In seinem wichtigsten Werk, der 1959 erschienenen, fünfbändigen Gesamtdarstellung „Codification", an der er seit 1911 gearbeitet hatte, zeigt sich Pound ebenfalls als Kenner der deutschen Rechtswissenschaft. 847 Deren wichtigste Lehren und Exponenten stellt er in mehreren Kapiteln, die zwischen 1911 und 1916 verfaßt wurden, ausführlich v o r 8 4 8 und zitiert mehrfach Otto Gierke 849 und Savigny* 50. Hintergrund und Auswirkungen des Bürgerlichen Gesetzbuches als einer der bedeutendsten Kodifikationen werden in einem Kapitel, das aus den dreißiger Jahren stammt, kurz erläutert. 8 5 1 Ohne weitere Erläuterungen werden die Regelungen der §§ 812 f f . 8 5 2 , der §§ 823 f f . 8 5 3 , der §§ 1354 ff. (Wirkungen der Ehe) 8 5 4 , die Selbsthilferechte 855 und § 428 BGB (Gesamtgläubigerschaft) 856 kurz genannt.

3. Frederic Pollock Eine Stelle, an der das BGB in einem gänzlich anderen, unerwarteten Zusammenhang erwähnt wurde, findet sich im Rahmen einer allgemeinen historischen und philosphischen Betrachtung der Vorzüge und Eigenheiten des Common Law, die der distinguierte englische Jurist Frederick Pollock* 51 im Dezember 1912 im Columbia Law Review anstellte. 858 Er flicht 847 Pound , Codification, 5 Bände, St. Paul 1959. Zur zeitlichen Reihenfolge der Entstehung der einzelnen Abschnitte und Teile des Werkes: Band I, „Preface", S. XI. 848 Pound , Codification, Band 1, Kapitel 3-6, S. 69 ff. 849 z.B. Pound , Codification, Band 1, S. 313 ff. 850 z.B. Pound , Codification, Band 3, S. 728 ff. 851 Pound , Codification, Band 3, S. 697 ff., 724 ff. 852 Pound , Codification, Band 5, S. 252 f. 853 Pound , Codification, Band 5, S. 293. 854 Pound , Codification, Band 4, S. 296 ff. 855 Pound , Codification, Band 5, S. 352 f. 856 Pound, Codification, Band 5, S. 214 f. 857 Zur Person: Pollock (1845-1937) war ein herausragender englischer Jurist. Als Professor zunächst in Cambridge, später in Oxford, verfaßte er viele grundlegende Werke zum Vertragsrecht und Recht der unerlaubten Handlungen, zum Gesellschafts- und Grundstücksrecht, und zusammen mit Maitland, mit dem er seit Collegezeiten befreundet war, ein Standardwerk zur englischen Rechtsgeschichte. Pollocks Standardwerk zum englischen „Land Law" wurde übrigens von Ernest Joseph Schuster übersetzt: Pollock, Das Recht des Grundbesitzes in England, übers, von Ernest Joseph Schuster, Berlin 1889. Unter anderem war Pollock auch maßgeblich an der Ausarbeitung des englischen Partnership Act von 1890 beteiligt. Später geadelt. Während des Ersten Weltkriegs gehörte Pollock zu einer Kommission, die deutsche Kriegsverbrechen untersuchte. Vergleiche hierzu: Sanders (Taylor, British Propaganda during the First World War, 1914-1918, London 1982, S. 144/145. Diese und weitere biographische Angaben bei: Reimann, Historische Schule und Common Law, Die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts im amerikani-

5. Abschnitt: Das BGB in sonstigen Veröffentlichungen

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beiläufig einen Abschnitt über das neue deutsche Rechtssystem ein: „Recently a new body of law has come into being in Germany, which resembles ours in being both composite and original, but differs from it in being the product of a systematic design deliberately worked out with the best learning and skill available. There are signs that the influence of the German Civil Code in neighbouring lands, perhaps farther afield also, will make an interesting chapter of legal history before long." 8 5 9 Auch wenn Pollock sich in seinen Publikationen ansonsten nicht ausdrücklich mit dem deutschen Recht beschäftigt hat, bleibt immerhin anzumerken, daß auf ihn jedenfalls die erste Verwendung des Begriffes „act in the law" für das deutsche „Rechtsgeschäft" zurückgehen soll. 8 6 0

4. Thomas E. Holland Einzelne Vorschriften des BGB wurden auch im Rahmen von Thomas Erskine Hollands 861 Standardwerk zur Rechtstheorie und allgemeinen Rechtslehre, „The Elements of Jurisprudence" 862 , genannt. Konzeptionen sehen Rechtsdenken, S. 300 f. Speziell zu den Einflüssen der kontinantaleuropäischen, namentlich deutschen Rechtswissenschaft auf Pollocks Werk: Reimann, Who is afraid of the Civil Law? Kontinentaleuropäisches Recht und Common Law im Spiegel der englischen Literatur seit 1500, Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte, 21. Jahrgang (1999), S. 372. Zum Einfluß der deutschen Rechtswissenschaft auf Pollock siehe: Reimann, Who is afraid of the Civil Law? Kontinentaleuropäisches Recht und Common Law im Spiegel der englischen Literatur seit 1500, Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte, 21. Jahrgang (1999), S. 357, 372. Detaillierte biographische Informationen zu Pollock liefern: Reimann, Historische Schule und Common Law, Die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts im amerikanischen Rechtsdenken, S. 300 f.; Schwarz, Rechtsgeschichte und Gegenwart, Gesammelte Schriften zur neueren Rechtsgeschichte und Rechtsvergleichung, Karlsruhe 1960, S. 125-148. 858 Pollock, The Genius of Common Law, Columbia Law Review, Band 12 (1912), S. 659-672. 859 Pollock, The Genius of Common Law, Columbia Law Review, Band 12 (1912), S. 659, 671. 860 Schuster, The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 193. 861 Holland gilt als einer der führenden Juristen der sogenannten Analytical Jurisprudence. Er lebte von 1835 bis 1926, lehrte in Oxford, und war international geachtet und bekannt. Seine „Elements of Jurisprudence", die noch zu seinen Lebzeiten dreizehn Auflagen erfuhren, waren ein Standardwerk der englischen Rechtstheorie. Diese und weitere biographische Angaben bei: Reimann, Historische Schule und Common Law, Die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts im amerikanischen Rechtsdenken, S. 296. 862 Holland, The Elements of Jurisprudence, 1. Auflage, Oxford 1882, danach regelmäßig weitere Auflagen. Im folgenden wird aus der 13. Auflage, London 1924 zitiert. IS Dittmann

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

und theoretische Arbeiten aus der deutschen Rechtswissenschaft (u.a. von Kant, Hegel Savigny, Windscheid) werden dabei ausgiebig gewürdigt, die deutsche Terminologie vielfach verwendet. Während in den frühen Auflagen die Vorarbeiten zum BGB zunächst gar nicht berücksichtigt worden waren, fanden sich in den Auflagen ab 1893 zunächst Andeutungen zum Entwurf der ersten Kommission, und seit 1896 wurden auch die Regelungen des BGB in die Darstellung mit einbezogen. 863 Lobende Erwähnung finden die Generalklauseln des deutschen Rechts 8 6 4 , als Beispiele für moderne Regelungen werden, allerdings ohne inhaltlich näher darauf einzugehen, genannt: die Vorschriften zur juristischen Person gemäß §§ 21-89 B G B 8 6 5 , die Definition der „Sache" gemäß § 90 B G B 8 6 6 , aus der Rechtsgeschäftslehre §§ 116, 119, 123 B G B 8 6 7 , zum Vertragsschluß die §§ 147, 150, 153 B G B 8 6 8 , das Verbot des Rechtsmißbrauchs gemäß § 226 B G B 8 6 9 , zum Einfluß der „public policy" auf das Zivilrecht § 138 B G B 8 7 0 , die Vorschriften zur Übertragung bzw. Übernahme von Rechten gemäß §§ 389-413, 4 1 4 ^ 1 9 B G B 8 7 1 , zur Rechtsgültigkeit von zufallsabhängigen Geschäften § 762 B G B 8 7 2 , die fehlende Differenzierung von Fahrlässigkeitsstufen in § 823 B G B 8 7 3 , zur Konzeption des Besitzrechtes §§ 854, 868 B G B 8 7 4 , die Reichweite des Eigentums gemäß §§ 903, 905 BGB.875 Am allgemeinen Aufbau des BGB mißfällt Holland die Umkehrung der durch das römische Recht vorgegebenen, traditionellen Reihenfolge von Sachenrecht und Schuldrecht, das Ergebnis sei „less convenient, as well as less scientific". 8 7 6 Das BGB selbst bezeichnet Holland als „great work, the result of twenty years of well-directed labour [...] this finished product of Teutonic legal science." 877 863 Zitiert nach dem Vorwort zur 8. Auflage, Oxford 1896, abgedruckt bei: Holland, The Elements of Jurisprudence, 13. Auflage, London 1924, S. X. 864 Holland, S. 39. 865 Holland, S. 343 Fn. 1. 866 Holland, S. 102 Fn. 2. 867 Holland, S. 264 Fn. 3; S. 273 Fn. 1; S. 109 Fn. 1. 868 Holland, S. 269 Fn. 5; S. 270 Fn. 2, 3. 869 Holland, S. 189 Fn. 1; S. 210 Fn. 1. 870 Holland, S. 278. 871 Holland, S. 315 Fn. 3; S. 314 Fn. 3. 872 Holland, S. 306 Fn. 4; S. 307 Fn. 2. 873 Holland, S. 116 Fn. 3. 874 Holland, S. 202 Fn. 2; S. 205 Fn. 3. 875 Holland, S. 209 Fn. 3; S. 192. 876 Holland im Vorwort zur 10. Auflage, Oxford 1906, abgedruckt bei: Holland, The Elements of Jurisprudence, 13. Auflage, London 1924, S. XI; weiterhin ebd. S. 169 Fn. 1.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

227

Sechster Abschnitt

Einzelne Regelungen des B G B Sobald die endgültige Fassung des Bürgerlichen Gesetzbuches feststand, wurden die ersten einzelnen Regelungen herausgegriffen, dargestellt, analysiert oder mit dem Recht Englands, der Vereinigten Staaten oder anderer Länder verglichen. Besondere Aufmerksamkeit erfuhren danach vor allem die Regelungen aus dem Ehe- und Scheidungsrecht sowie die dazugehörigen Kollisionsnormen des internationalen Privatrechts aus dem EGBGB. Aber auch aus anderen Teilbereichen des Bürgerlichen Rechts fielen den anglo-amerikanischen Juristen einzelne Paragraphen und Vorschriften als neuartig oder ungewöhnlich auf. Für die folgende Untersuchung wurde eine thematische Gliederung in der von der Einteilung des BGB vorgegebenen Reihenfolge gewählt. In den einzelnen Unterabschnitten ist dann wiederum eine grobe chronologische Gliederung vorgenommen worden.

L Allgemeiner Teil Besondere Aufmerksamkeit erregten unter anderem § 7 BGB, die Regelungen zur Geschäftsfähigkeit, die Möglichkeit der Todeserklärung von Verschollenen, die Irrtumslehre und die Anfechtungsregeln gemäß §§119 ff. BGB, die prinzipielle Rechtsverbindlichkeit auch einseitiger Rechtsgeschäfte sowie die Generalklausel des § 138 BGB.

1. Wohnsitz: § 7 BGB Die Regelung des § 7 BGB, wonach eine Person mehrere Wohnsitze haben kann, fiel aus anglo-amerikanischer Sicht besonders auf. 8 7 8

2. Geschäftsfähigkeit Einen internationalen Vergleich der rechtlichen Behandlung von psychisch Kranken in den wichtigsten Staaten stellte A. Wood Renton 1899 an. 8 7 9 Der Abschnitt über Deutschland besteht zum größten Teil aus einer 877 Holland im Vorwort zur 8. Auflage, Oxford 1896, abgedruckt bei: Holland, The Elements of Jurisprudence, 13. Auflage, London 1924, S. X. 878 Hirschfeld , De Niçois v. Curlier and the New German Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 288, 291, Fn. 1; Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14. 1

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Zusammenfassung der Regelungen des BGB hinsichtlich der zivilrechtlichen Folgen der Geisteskrankheit, welche von Professor Heinrich Harburger aus München verfaßt und von Renton übersetzt worden ist. Darin werden die Vorschriften über die Entmündigung, Geschäftsunfähigkeit, Vormundschaft und ihre Systematik weitgehend unkommentiert dargestellt und die unter anderen die §§ 6, 104 ff., 1896 ff., 1906, 2229, 2253 BGB genannt. Auch auf die Besonderheiten bei der deliktischen Haftung gemäß §§ 827, 829, 832 BGB und im Scheidungsrecht gemäß §§ 1569, 1578, 1585 BGB wird hingewiesen. Das Entmündigungsverfahren gemäß § 645 ff. ZPO wird in knappen Worten beschrieben. Interessant ist dieser Abschnitt vor allem unter dem Gesichtspunkt, wie Renton die deutschen Fachbegriffe ins Englische übertragen hat. Größtenteils hat er die einschlägigen englischen Fachbegriffe verwendet. Geisteskrankheit und Geistesschwäche (§ 6 Nr. 1 BGB) werden entsprechend der englischen Terminologie als „congenital" oder „supervening insanity" übersetzt 8 8 0 , Voll- und Minderjähriger als „major" bzw. „ m i n o r " 8 8 1 etc. Vormund wird teils als „curator", teils als „guardian", Vormundschaft dementsprechend wechselnd als „curatory" oder „guardianship" übersetzt. 882 Einzelne deutsche Ausdrücke, namentlich „Landgericht" und „Amtsrichter" werden unverändert wiedergegeben. 883

3. Todeserklärung von Verschollenen Die Möglichkeit der Todeserklärung von Verschollenen wurde von einer Reihe von Autoren besonders hervorgehoben. 884 879

Renton, Comparative Lunacy Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 253-275. 880 Renton , Comparative Lunacy Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 253, 269. 881 Renton , Comparative Lunacy Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 253, 270. 882 Renton , Comparative Lunacy Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 253, 270. 883 Renton , Comparative Lunacy Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 253, 270. 884 Freund , The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 ( 1899— 1900), S. 627, 631; Laws Relating to Marriage in Force in Certain Foreign Countries, Miscellaneous No. 11, Cd. 5993, Parliamentary Papers 1911, Band 63 (Accounts and Papers, Band 19), S. 331, 442 Fn. *; Schuster , The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 193; Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14; Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 153.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

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Im Journal of the Society of Comparative legislation von 1902 erschien ein Beitrag von James S. Henderson , der sich ausgiebig mit dem Recht der Todeserklärung befaßt. 885 Ausgehend von einer knappen Zusammenfassung des zum damaligen Zeitpunkt in England bzw. Schottland geltenden Rechts, stellt der Autor die ungleich detaillierteren einschlägigen Vorschriften des BGB dar. Dabei beschränkt er sich nicht auf die bloße sinngemäße Wiedergabe der §§ 14-20 BGB a.F., sondern geht auch ausführlich auf die damit zusammenhängenden Vorschriften des Ehe- (§§ 1349-1351 BGB a.F.), Familien- (§ 1699 BGB a.F.) und Erbrechts (§ 2031 BGB a.F.) ein. Henderson enthält sich zwar eines expliziten Werturteils über die genannten Regelungen, aber seine abschließende Bemerkung ist aufschlußreich: So erscheint es ihm „auf den ersten Blick", als ob im deutschen Recht der Schutz bzw. die Restitution des Eigentums nach der fälschlichen Todeserklärung (§ 2031 BGB a.F.) ernster genommen würde, als der Schutz der ehe- und familienrechtlichen Verhältnisse („domestic rights") des Verschollenen. Doch dann stellt er fest, daß den Besonderheiten der persönlichen Rechtsverhältnisse, die eben keine Restitution im eigentlichen Sinne zuließen, durch die entsprechenden Regelungen des BGB in angemessener Weise, wenn auch anders als im englischen Recht, Rechnung getragen werde.

4. Irrtumslehre und Anfechtung von Willenserklärungen Die Regeln zur Gültigkeit und Anfechtung von Willenserklärungen gemäß §§ 116 ff. BGB waren 1907 Gegenstand eines Artikels im Columbia Law Review aus New York. Darin befaßte sich der Washingtoner Anwalt Corry Montague Stadden mit der Frage nach den Auswirkungen von Rechtsirrtümern auf die Gültigkeit von Verträgen, wobei er den damals aktuellen Stand der anglo-amerikanischen Rechtsprechung mit den einschlägigen Regelungen des französischen Code Civil und des Bürgerlichen Gesetzbuches verglich. 8 8 6 Den Abschnitt über das deutsche Recht leitet Stadden mit einigen allgemeinen Bemerkungen anläßlich dessen kürzlich erfolgter Neuregelung und Kodifizierung in Form des Bürgerlichen Gesetzbuches ein. Zunächst erläutert er ausführlich den Rechtszustand vor dem BGB und dessen Enstehungsgeschichte und spart in diesem Zusammenhang nicht mit Superlativen: So sei es Aufgabe der Kommissionen gewesen, „to prepare a new system which should be national in spirit and supplant all other systems of the

885

Henderson , Presumption of Death under the German Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 4 (1902), S. 77-81. 886 Stadden , Error of Law, Columbia Law Review, Band 7 (1907), S. 476-519.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

empire", der erste Entwurf sei auf eine „mass of criticism" gestoßen, die zweite Kommission sei angetreten „to complete the great work", das abschließende parlamentarisches Verfahren sei noch einmal „a great struggle" gewesen. 887 Stadden erwähnt die zeitgenössische deutsche Kritik am BGB, zieht aber selber das Fazit: „On the whole [the new Civil Code of Germany] probably fairly represents the German people." 8 8 8 Seinen eigenen Enthusiasmus angesichts der deutschen Kodifikation verhehlt Stadden nicht, er nennt das BGB „perhaps the greatest piece of juridical legislation the world has ever known". 8 8 9 Im Allgemeinen Teil des BGB erkennt Stadden „boldness and originali t y " . 8 9 0 Als bemerkenswert deutet er einige Aspekte aus der Rechtsgeschäftslehre der §§ 116 ff. BGB kurz an. So wird die nichtempfangsbedürftige Willenserklärung (wörtlich wiedergegeben) umschrieben als „declaration of will, which does not need to be received to give it binding effect" 8 9 1 . Hinsichtlich der Ausfüllung der vielen allgemein gehaltenen Vorschriften dieses Buches hebt Stadden die Rolle der Richter hervor: „To the discretion of the judges has been left the application of [these] clauses to special instances, for it has been the rule in German codes to lay down only general principles without enumerating individual instances. The opinion of the court is not only superior to the wording of the contract, but to the letter of the l a w . " 8 9 2 Vor allem aber in den Vorschriften zur Anfechtung von Willenserklärungen aufgrund von Irrtümern, denen seine eigentliche Aufmerksamkeit gilt, zeigten sich „comprehensiveness and scientific beauty of the German Civil Code" 8 9 3 . Als eine völlig neuartige Regelung wird besonders die des § 122 BGB hervorgehoben, wonach der Anfechtende gegebenenfalls den Vertrauensschaden zu ersetzen hat: „This doctrine of negative interest, or unreceived gain, is one of the most novel propositions of the German Code"; insbesondere die höhenmäßige Beschränkung des Schadensersatzes durch das positive Interesse sei ein „unique yet important subject". 8 9 4 In diesem Zusammenhang macht Stadden umfangreichen Gebrauch der deutschsprachigen Fachliteratur, die er abschnittsweise übersetzt; Berücksichtigung fanden bei ihm Passagen aus den Schriften von Savigny, „the 887 888 889 890 891 892 893 894

Stadden, Stadden, Stadden, Stadden, Stadden, Stadden, Stadden, Stadden,

Error Error Error Error Error Error Error Error

of Law, Columbia Law of Law, Columbia Law of Law, Columbia Law of Law, Columbia Law of Law, Columbia Law of Law, Columbia Law of Law, Columbia Law of Law, Columbia Law

Review, Band 7 (1907), S. 476, 490 f. Review, Band 7 (1907), S. 476, 491. Review, Band 7 (1907), S. 476, 489. Review, Band 7 (1907), S. 476, 491. Review, Band 7 (1907), S. 476, 491. Review, Band 7 (1907), S. 476, 491. Review, Band 7 (1907), S. 476, 493. Review, Band 7 (1907), S. 476, 496.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

231

great Jhering" 8 9 5 , sowie die Kommentare u.a. von Planck, Leske und Staudinger. Bezüglich der Definition des Irrtums im deutschen Recht stellt Stadden fest, daß hier anders als im englischen sowohl subjektive als auch objektive Aspekte berücksichtigt seien und auch zwischen den Kategorien von „error of law" und „error of fact" kein Unterschied gemacht würde. Stadden liefert in seinem Aufsatz eine eigenständige Übersetzung der §§ 119, 120, 122 BGB. § 119 BGB: „One who was in error as to the contents of a declaration of will, or who really had not intended to make a declaration of such contents, may contest it if it can be supposed that he would not have made it if he had had knowledge of the situation and had reasonably appreciated the case. An error with regard to such qualities of a person or thing which are deemed essential in business transactions, is likewise held to be an error concerning the contents of the declaration." 896 § 120 BGB: „ A declaration of will that has been transmitted wrongfully by a person or agency employed for such transmission, may be contested under the same conditions as a declaration made erroneously according to Section 119." 8 9 7 § 122 BGB: „ I f a declaration of will is void according to § 118, or has been contested on the grounds of §§ 119, 120, the declarant, if the declaration was made to another, must pay him, and otherwise to every third party, the damages which such other or third party suffered by reason of the fact that he relied upon the validity of the declaration; provided, however, that such amount do not exceed the interest which such other or third party had in the validity of the declaration. The duty to indemnify does not exist if the injured party had knowledge of the cause of nullity, or was ignorant of it by reason of negligence (should have known)." 8 9 8 Als außergewöhnliche Vorschrift hatte Roscoe Pound § 119 Abs. 2 BGB mehrfach hervorgehoben. 899 Auch andere Autoren taten dies. 9 0 0

895

Stadden, Error of Law, Columbia Law Review, Band 7 (1907), S. 476, 492. Stadden, Error of Law, Columbia Law Review, Band 7 (1907), S. 476, 493. 897 Stadden, Error of Law, Columbia Law Review, Band 7 (1907), S. 476, 493. 898 Stadden, Error of Law, Columbia Law Review, Band 7 (1907), S. 476, 496. 899 Pound , The German Movement for Reform in Legal Administration and Procedure, American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 31-36; ders., Mechanical Jurisprudence, Columbia Law Review, Band 8 (1908), S. 605-623. 896

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

5. Einseitige Rechtsgeschäfte Die Anerkennung der Rechtsverbindlichkeit einseitiger Willenserklärungen durch das deutsche Recht hielt Walton für so bedeutend, daß er die §§ 657-660 BGB zur Auslobung übersetzte. 901

6. § 138 BGB § 138 BGB beschäftigte viele anglo-amerikanische Juristen: Freund erkannte darin eine wichtige Begrenzung der Vertragsfreiheit, die charakteristisch für den „social spirit" des BGB sei und widerspiegele, „how careful the code is to avoid a conflict between legal right and common sense." 902 Auch Schuster lobte die Generalklausel des § 138 Abs. 2 BGB („acts contra bonos mores") als eine äußerst moderne Regelung. 903 Gahan begrüßte, daß durch die Verwendung dieser und anderer Generalklauseln dem richterlichen Ermessen ein größerer Spielraum eröffnet werde. 9 0 4 Die gleiche Auffassung vertrat Holland. 905 Morice hingegen schien die Regelung zur Nichtigkeit von Rechtsgeschäften bei Ausnutzung von Zwangslagen etc. zwar im Ansatz berechtigt, in ihrer Auswirkung jedoch etwas zu weitgehend: „As regards undue influence, German law contains a sweeping provision which goes to the root of the matter, but leaves more to the private opinion of the judge than recommends itself to English lawyers." 9 0 6 Morice übersetzte § 138 Abs. 2 BGB übrigens folgendermaßen: § 138 Abs. 2 BGB: „[Any act is void] by which a person, by taking advantage of the necessitous condition, improvidence, or inexperience of another person, obtains from such other person in his own favour or in favour of a third person, pecuniary advantages, the value of which exceeds the value of the consideration for which they are given or promised, to such an extent that they are under the special circumstances of the case conspicuously out of proportion to such consideration." 907 900

Holland , The Elements of Jurisprudence, 13. Auflage, London 1924, S. 264 Fn. 3; S. 273 Fn. 1; S. 109 Fn. 1; Morice , Sale in Roman-Dutch Law, S. 178, 197; Schuster , Principles, S. 95. 901 Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 163. 902 Freund , The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 ( 1899— 1900), S. 627, 632. 903 Schuster , Neubecker: Der abstrakte Vertrag in seinen historischen und dogmatischen Grundzügen (Buchbesprechung), The Law Quarterly Review, Band 20 (1904), S. 203-205; Schuster, Principles, S. 99 ff. 904 Gahan, The Codification of Law, The Grotius Society, Band 8 (1923), S. 107, 113 f. 905 Holland, The Elements of Jurisprudence, 13. Auflage, London 1924, S. 278. 906 Morice, Sale in Roman-Dutch Law, S. 28.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

233

Ein Panorama der in den einzelnen Staaten der Welt jeweils gültigen Rechtsvorschriften zur Bekämpfung des Wuchers zeichnete 1899 der Anwalt W. M. Harrison im Journal of the Society of Comparative Legislation. 908 Darin berücksichtigt er auch das deutsche Recht. Harrison erwähnt die ersten einschlägigen Landesgesetze aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, zitiert Jhering 909 und beschreibt und übersetzt die zur damaligen Jahrhundertwende im Deutschen Reich gültigen Strafvorschriften (§ 302 StGB). Ausführlich geht er auf die Regelungen des BGB ein: Art. 47 EGBGB wird erwähnt, die §§817, 818 und 823 BGB als die für den Ausgleich des Wuchergeschäftes einschlägigen Vorschriften genannt. § 138 BGB wird folgendermaßen wiedergegeben: „[This section] declares void in its entirety any legal transaction in which [...] advantages out of all proportion to the consideration are secured or promised [, as a consequence of the exploitation of a disadvantage of one party in relation to another, because of inexperience etc.]". 9 1 0 Durch die neuen Vorschriften sei anders als bisher hinsichtlich des Sachwuchers im Zivilrecht keine Gewohnheitsmäßigkeit mehr erforderlich. Es folgen einige Bemerkungen über den positiven Effekt, den bereits die bislang gültigen Vorschriften auf die Verringerung der Anzahl der Wucherfälle in Deutschland gehabt hätten. Nach Harrisons Ansicht sei zukünftig zu erwarten, daß die unbestimmte Form der Klausel des § 138 BGB die deutsche Rechtsprechung bei ihrer Anwendung noch vor Probleme stellen werde. Übrigens gibt Harrison fälschlicherweise das Jahr 1897 als Zeitpunkt des Inkrafttretens des BGB an. 9 1 1

II. Schuldrecht Aus dem Schuldrecht wurden das Kaufvertragsrecht, die Regelungen der §§ 762-764 BGB (Spiele und spekulative Geschäfte) und einige Aspekte des Deliktsrechts besonders eingehend behandelt. 907

Morice, Sale in Roman-Dutch Law, S. 29. Harrison , Foreign Usury Laws, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 215-236. 909 Harrison , Foreign Usury Laws, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 215, 216. 910 Harrison , Foreign Usury Laws, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 215, 216, 228. Anm. des Verf.: „Consideration" steht im englischen Recht für die Gegenleistung in einem gegenseitigen Vertrag und ist gleichzeitig Gültigkeitsvoraussetzung. 911 Harrison , Foreign Usury Laws, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 215, 220. 908

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

1. Allgemeines Schuldrecht Im Harvard Law Review veröffentlicht im Januar 1909 der deutsche Jurist Walter Neitzel, der sich zu dieser Zeit für ein Jahr zu Studienzwekken in den USA aufhält 9 1 2 , einen Artikel, in dem er die Grundzüge des deutschen Allgemeinen Schuldrechts für den amerikanischen Leser aufbereitet. 9 1 3 Die dem bürgerlichen Recht zu Grunde liegende Systematik von absoluten und relativen Rechten, von Forderungen und Ansprüchen („claims") wird ausgebreitet, die Arten von Ansprüchen (Primär- und Sekundäransprüche, Unterlassungsansprüche), unter welchen Voraussetzungen sie entstehen, und schließlich die Möglichkeiten ihrer Durchsetzung beschrieben. Die Unmöglichkeitslehre gemäß §§ 306, 275, 323 ff. BGB, das allgemeine Schadensersatzrecht gemäß §§ 249 ff. BGB und die Grundzüge des Vollstreckungsrechtes aus dem Achten Buch der Zivilprozeßordnung, die §§ 803 ff. ZPO (Vollstreckung bei Geldforderungen) und §§ 883 ff. ZPO (Vollstreckung bei sonstigen Ansprüchen), werden erläutert. Neitzel hebt den fundamentalen Unterschied zwischen dem deutschen Recht, das grundsätzlich Klagen auf Erfüllung des Hauptleistungsanspruches nicht nur zuläßt, sondern als Regelfall vorsieht, und dem englischen Recht hervor, welches bei Nichterfüllungen grundsätzlich nur „damages" gewährt. Insgesamt bemüht sich Neitzel sichtlich um eine dem aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis kommenden Leser verständliche Darstellungsform, indem er einzelne Begriffe und Konzepte des deutschen Rechtes ausführlich erklärt, Unterschiede zum englischen Recht hervorhebt und nicht zuletzt immer wieder auf römisch-rechtliche Grundsätze und Begriffe zurückgreift. Interessant ist, daß er im Stil deutscher Lehrbücher zur Illustration oft kurze Beispielsfälle mit den Beteiligten „ A " , „ B " etc. bildet. Sein Aufsatz wird später in Borchards „Guide to the Law and Legal Literature of Germany" als „exzellente" Einführung in das Zweite Buch des BGB gelobt. 9 1 4 Eine Reihe von Vertragsarten des BGB sind im fünften Band von „Burge's Colonial and Foreign Laws", der 1928 erschien, berücksichtigt. 915 Zum allgemeinen Schuldrecht finden sich nicht besonders viele Angaben. Auf die an anderer Stelle hierzu gemachten Ausführungen wird verwie-

912

Vergleiche hierzu: Borchard, Guide, S. 80. Neitzel, Specific Performance, Injunctions and Damages in the German Law, Harvard Law Review, Band 22 (1908-09), S. 161-181. 914 Borchard, Guide, S. 80. 915 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and in Conflict with each other and with the Law of England. Neuausgabe in 5 Bänden, London 1907-28, Band 4, 2. Teilband, London 1928. 916 Siehe oben: Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, X. 913

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

235

2. Kaufvertragsrecht Im Jahre 1900 war ein Autor der Meinung, die auf BGB und HGB verteilten Regelungen zum deutschen Kaufrecht seien nicht so übersichtlich und auch in sich nicht so sehr logisch und geschlossen wie das englische Recht: „The English Sale of Goods Act, 1893, forms a model codification of this extremely important branch of the law which will compare very favourably with the German codification of the subject." 917 Mit dem Inhalt dieser Regelungen beschäftigte er sich allerdings nicht. Die Vorschrift des § 463 BGB erregte in einem Artikel im Canada Law Journal von 1913 Aufmerksamkeit als eine „moderne" Lösung der Frage nach der Haftung eines Verkäufers, wenn der Kaufgegenstand nicht den Erwartungen des Käufers entsprach. 918 Axel Teiseri 919 arbeitet darin die Kriterien heraus, die in dieser Situation nach dem römischen Recht („dicta et promissa"), dem englischen Recht („fraud", „guarantees") und den neuen skandinavischen und deutschen Kodifikationen („Zusicherung") eine Haftung auf Schadensersatz begründen können. Er gibt § 463 Abs. 1 BGB in Deutsch und in einer (eigenständigen) Übersetzung wieder: § 463 Abs. 1 BGB: „If, at the time of the purchase, the thing sold lacks a certain quality which has been assured, then the purchaser may, in place of abrogation or abatement in the price, demand damages for non-compliance." 9 2 0 Der Autor weist ausdrücklich auf die Schwierigkeiten hin, die eine Übersetzung von Rechtsbegriffen vom Deutschen ins Englische und umgekehrt bereiten könne. „Fraud" gibt er beispielsweise als „Vorsatz und Arglist", „negligence" als „Unachtsamkeit und Nachlässigkeit" wieder. 9 2 1 Viele deutsche Fachbegriffe werden gleich im Original genannt (u.a. auch „garan917

Kenrick , The New Commercial Code for Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 342, 346. 918 Teisen , Dicta et promissa in the Civil Law and under Modem Codes, The Canada Law Journal, Band 49 (1913), S. 687-691. 9,9 Bei dem Autor des anonym erschienenen Artikels handelt es sich um Axel Teisen, wie aus einer Literaturliste im American Bar Association Journal, Band 1 (1915), S. 202, hervorgeht. Nähere Angaben zu Nationalität und Hintergrund Teisens vermochte der Bearbeiter nicht nachzuweisen, doch legen einige Formulierungen im Text die Vermutung nahe, daß es sich bei Teisen um einen Einwanderer entweder aus Deutschland oder aus Skandinavien handelt, der jedoch das englische Recht praktizierte und sich selbst zu den Common-Law-Juristen zählte: Einerseits zitiert Teisen viele deutsche Fachtermini im Original und verfügt auch sonst über intime Kenntnisse über den Stand der deutschen Rechtswissenschaft und Rechtsprechung, z.B. S. 687: „as the Germans would say", andererseits spricht er mit Bezug auf das englische Recht von „unserem" Recht, S. 689. 920 Teisen, Dicta et promissa in the Civil Law and under Modem Codes, The Canada Law Journal, Band 49 (1913), S. 687, 689 f.

236

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

tiert" 9 2 2 ), die deutsche Begrifflichkeit von negativem und positivem Interesse wird eingeführt („as the Germans would say") 9 2 3 und auf die in diesem Zusammenhang geführte, heftige akademische Auseinandersetzung in der deutschen Rechtswissenschaft verwiesen („a battlefield, where onehalf of the German law-writers, the Reichsgericht and its various »Senaten4 have waged an endless w a r " ) 9 2 4 . Das Kaufvertragsrecht gemäß §§ 433 ff. BGB wird in einem nach Kriegsende in Südafrika erschienen Lehrbuch über das dortige Kaufvertragsrecht neben dem englischen und dem französischen Recht als Vergleichsobjekt in die Darstellung einbezogen und ausgiebig gewürdigt. 925 Für den Autoren, George Thomas Morice, zeigt das deutsche Kaufrecht insgesamt das römische Zivilrecht in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium926 Bei der Frage nach der Natur des Kaufes übersetzt Morice zur Illustration § 433 Abs. 1 S. 1 BGB. Er stellt fest, daß das deutsche Recht keine Definition des Kaufgegenstandes versuche, erwähnt aber die Möglichkeit des Rechtskaufes gemäß §§ 433, 437, 438 BGB und verweist in diesem Zusammenhang („interesting to note") auf die §§ 762 (Spiel, Wette) und 764 BGB (Differenzgeschäft), wobei er letzteren übersetzt. 927 Bezüglich der Modalitäten des Vertragsschlusses werden die Formvorschriften der §§ 313, 2033, 2376 BGB erwähnt und, unter Verwendung der deutschen Originalbegriffe, Vernehmungs-, Äußerungs- und Empfangstheorie erklärt, wobei das BGB letztere in § 130 Abs. 1 BGB, ansonsten aber nicht durchgängig verwirklicht habe. 9 2 8 Geradezu begeistert zeigt sich Morice von der Regelung der Gefahrtragung im deutschen Recht: „The modern German law shows a bold departure from Roman law, and lays down what in virtue of its simplicity and convenience may be regarded as the ideal rule." ( ! ) 9 2 9 Die §§ 446, 447 BGB werden übersetzt. Die daraus resultierende Trennung

921 Teisen, Dicta et promissa in the Civil Law and under Modem Canada Law Journal, Band 49 (1913), S. 687, 689. 922 Teisen, Dicta et promissa in the Civil Law and under Modem Canada Law Journal, Band 49 (1913), S. 687, 690. 923 Teisen, Dicta et promissa in the Civil Law and under Modem Canada Law Journal, Band 49 (1913), S. 687. 924 Teisen, Dicta et promissa in the Civil Law and under Modem Canada Law Journal, Band 49 (1913), S. 687, 690. 925 Morice , Sale in Roman-Dutch Law, with References to English, German Law, Kapstadt 1919. 926 Morice , Sale in Roman-Dutch Law, S. 5. 927 Morice , Sale in Roman-Dutch Law, S. 36 f. 928 Morice , Sale in Roman-Dutch Law, S. 60. 929 Morice , Sale in Roman-Dutch Law, S. 90.

Codes, The Codes, The Codes, The Codes, The French and

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

237

von Eigentümerschaft und Risikotragung wird im Vergleich der Rechtsordnungen als bemerkenswerte „anomaly" bezeichnet. 930 Der Eigentumserwerb gemäß §§ 929, 930, 873, 876, 877 B G B 9 3 1 sowie der gutgläubige Erwerb gemäß §§ 929, 932 BGB werden erwähnt 9 3 2 , ohne daß näher auf die Bestimmungen eingegangen würde. Insbesondere die grundlegende Unterscheidung obligatorischer und dinglicher Verträge im deutschen Recht wird nicht erläutert. In ihrem Regelungsgehalt werden die §§ 933 und 935 BGB kurz wiedergegeben. Zum Gewährleistungsrecht gemäß der §§ 433 ff. BGB bemerkt Morice, daß es im Großen und Ganzen dem römischen Recht folge, in jedem Fall aber „more explicit and practical" als das französische sei. Er erwähnt in diesem Zusammenhang ausdrücklich auch die Sonderregelungen zum Viehkauf gemäß §§ 481 ff. BGB. Die Regelung des § 462 BGB mit dem sich daraus ergebenden Wahlrecht zwischen Wandelung und Minderung und der Schadensersatzanspruch aus § 463 BGB für „breach of warranty" wird besonders hervorgehoben. 933 Da er von der südafrikanischen bzw. englischen Perspektive ausgeht, bezieht Morice die Frage nach der Auswirkung von Irrtümern und Täuschungen beim Vertragsschluß in seine Darstellung des Kaufrechts mit ein. Er stellt kurz die Regelungen der §§ 119, 121, 122, 123 BGB dar. 9 3 4 In der Anerkennung des Eigenschaftsirrtums als Anfechtungsgrund gemäß § 119 Abs. 2 BGB erkennt er „a radical innovation" 9 3 5 . Zusammenfassend bemerkt er: „The German Civil Code shows a bold departure from the beaten paths of Western European law. [...] German law greatly simplifies the subject of error by providing that it makes a contract voidable, not v o i d . " 9 3 6 Im Kapitel „damages" stellt Morice fest, das deutsche Recht sei „very advanced so far as specific performance is concerned." 937 Er bezieht sich dabei auf die Regel, wonach der Anspruch auf Erfüllung der Hauptleistungspflicht grundsätzlich den Sekundäransprüchen auf Schadensersatz vorrangig ist, während es in den meisten anderen Rechtssystemen umgekehrt ist. Zum allgemeinen Schadensersatzrecht gemäß §§ 249 ff., 306 BGB bemerkt er: „In German law at last we come upon a systematic treatment", bevor er die Regelungen kurz zusammenfaßt. 938 930 931 932 933 934 935 936 937

Morice, Morice, Morice, Morice, Morice, Morice, Morice, Morice,

Sale in Sale in Sale in Sale in Sale in Sale in Sale in Sale in

Roman-Dutch Roman-Dutch Roman-Dutch Roman-Dutch Roman-Dutch Roman-Dutch Roman-Dutch Roman-Dutch

Law, Law, Law, Law, Law, Law, Law, Law,

S. 110. S. 109. S. 73, 110. S. 165 f. S. 178, 197. S. 178. S. 178. S. 211.

238

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Im Kapitel zum Kauf bei Versteigerungen schließlich erwähnt Morice die „interessante" Konzeption der §§ 145 ff., 156 BGB, wonach erst das Gebot und nicht schon der Aufruf als Angebot gewertet w i r d . 9 3 9 Soweit Morice die §§ 433, 446, 447 BGB übersetzt, handelt es sich dabei um Wangs 940 Übersetzungen. Die §§ 138, 764 BGB übersetzt er hingegen eigenständig.

3. Die §§ 762-764 BGB Die Vorschriften der §§ 762-764 BGB sind Gegenstand einer kurzen anonymen Notiz in der Law Times von 1913. 941 Darin wird das deutsche Recht hinsichtlich von Spiel, Wette und Lotterien gemäß §§ 762, 763 BGB kurz umrissen, die juristischen Definitionen dieser Begriffe geliefert und die Legalisierung dieser Geschäfte durch staatliche Konzessionen erläutert. Auch auf die Bedeutung der §§ 134, 812 ff. BGB für die Rückforderung von in diesem Zusammenhang geleisteten Zahlungen wird hingewiesen. Die grundsätzliche Unwirksamkeit der sogenannten Differenzgeschäfte gemäß § 764 BGB wird ebenso erwähnt wie die Ausnahmen zugunsten der Börsenmakler etc. nach Maßgabe des Börsengesetzes von 1908. Ergänzend wird noch auf das durch § 361 BGB gewährte Rücktrittsrecht bei Fixgeschäften hingewiesen. Kommentiert werden diese Regelungen nicht. Auch Morice befand die §§ 762 und 764 BGB für der Erwähnung wert und übersetzte letzteren sogar: 942 § 764 BGB: „ I f a contract purporting to be for the delivery of goods or negotiable instruments is entered into with the intention that the difference between the price agreed upon and the exchange or market-price at the time of delivery, shall be paid by the losing to the winning party, the contract shall be deemed a gaming contract. This applies if only one of the parties knows or ought to know of this intention." 9 4 3 FreuncP 938

44

und Holland

945

hoben § 762 BGB ebenfalls besonders hervor.

Morice, Sale in Roman-Dutch Law, S. 229. Morice, Sale in Roman-Dutch Law, S. 241. 940 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. 941 Gaming and Betting in Germany, The Law Times, Band 136 (1913-1914), S. 72 (anonym). 942 Morice, Sale in Roman-Dutch Law, S. 37. 943 Morice, Sale in Roman-Dutch Law, S. 37. 944 Freund, The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 633. 945 Holland, The Elements of Jurisprudence, 13. Auflage, London 1924, S. 306 Fn. 4; S. 307 Fn. 2. 939

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

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4. Deliktsrecht Auf die Suche nach allgemeingültigen Prinzipien der deliktischen Haftung für das Verschulden Dritter begab sich A. Pearce Higgins 1897 im schottischen Juridical Review. 9 4 6 Higgins stellt zunächst die römisch-rechtlichen und mittelalterlichen Ursprünge der Haftung für das Verschulden Dritter dar - die Haftung des Hausherrn für die Schäden, die die Mitglieder seines Haushaltes angerichtet haben - und zeigt anschaulich die schrittweise Herausbildung von Möglichkeiten zur Exkulpation auf. Danach werden die einschlägigen Vorschriften der bis dato gültigen Naturrechtskodifikationen (Preußisches Allgemeines Landrecht von 1794, der französische Code Civil, das österreichische ABGB von 1811) zitiert. Higgins benennt den darin zum Ausdruck kommenden Grundsatz, wonach jedermann nur für eigenes Verschulden haften könne und die Haftung für Drittverschulden allenfalls bei eigener culpa in eligendo möglich sei. In den neueren deutschen Kodifikationen („modern German l a w " 9 4 7 ) macht Higgins dann die Tendenzen zur Aufweichung dieses Prinzips und die Einführung einer Gefährdungshaftung in bestimmten Bereichen aus. Ausführlich bespricht er die Vorschrift aus § 25 des Preußischen Eisenbahngesetzes vom 3. November 1838, er erwähnt die Reederhaftung aus §§ 451, 452 ADHGB und die allmähliche Ausweitung dieser Tatbestände durch die Rechtsprechung. Auf mehreren Seiten analysiert Higgins danach das Haftpflichtgesetz vom 7. Juni 1871. Insbesondere arbeitet er den wesentlichen Unterschied zwischen der umfassenden Gefährdungshaftung der Eisenbahnbetreiber für Personenschäden gemäß § 1 dieses Gesetzes und der bloßen Verschuldens Vermutung für andere Unternehmer gemäß § 2 heraus. Ein gänzlich anderes Prinzip lasse die Gehilfenhaftung des Frachtführers gemäß § 400 ADHGB (§ 431 HGB) erkennen: „The carrier is responsible for his servants and other persons who serve him in the business of the transport undertaken by h i m . " 9 4 8 Auch bei der Kodifikation des Deliktsrechts im neuen Bürgerlichen Gesetzbuch sei kein einheitliches Prinzip der Deliktshaftung für Drittverschulden festgelegt worden. § 831 BGB mit der Exkulpationsmöglichkeit formuliere nur die althergebrachte Lösung, die sich wiederum stark von der Gefährdungshaftung des Gebäudeeigentümers und Tierhalters (§§ 833-836 BGB) unterscheide. Die Regelung des § 831 BGB stellt Higgins ausführ946 Higgins , Employers' Liability on the Continent, 2 Teile, The Juridical Review, Band 9 (1897), S. 249-274, 395^08. 947 Higgins , Employers' Liability on the Continent, The Juridical Review, Band 9 (1897), S. 249, 259. 948 Higgins , Employers' Liability on the Continent, The Juridical Review, Band 9 (1897), S. 249, 260.

240

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

lieh dar, er gibt sogar eine Übersetzung des ersten Absatzes des Paragraphen: § 831 Abs. 1 BGB: „He who employs another to carry out any order is liable to make compensation for the damage which is unlawfully done to another person in the execution of the work. The obligation to compensate does not exist when the master proves that he has exercised due care in the choice of the person employed, and so far as he had to procure the necessary plant, or had to superintend the execution of the work, if he observed in the preparation and superintendence care requisite for the transactions, or if the damage would have taken place in spite of the necessary care." 9 4 9 Im zweiten Teil seines Aufsatzes versucht Higgins dann, die Gemeinsamkeiten aller Gefährdungshaftungstatbestände herauszuarbeiten und dabei ein allgemeingültiges Prinzip abzuleiten. Ausführlich zitiert er aus den Schriften mehrerer zeitgenössischer deutscher Rechtswissenschaftler zum Problem der Gefährdungshaftung (u. a. Gierke , Loening, Steinbach). Auch erwähnt er kurz die Vorschriften aus §§ 833-836 BGB, ohne sie jedoch ausdrücklich zu benennen oder näher auf sie einzugehen. Abschließend stellt Higgins fest, daß die englischen und französischen Vorschriften weiter reichten als die deutschen. Die letztgenannten begünstigten den deutschen Geschäftsherrn („master") durch die Exkulpationsmöglichkeit gemäß § 831 Abs. 1 S. 2 BGB doch sehr. Dieser Effekt werde aber auf anderer Ebene durch die Belastung der deutschen Arbeitgeber durch die modernen Versicherungsgesetze relativiert, worin auch der Grund dafür zu sehen sei, daß im Deliktsrecht des BGB keine strengere Haftung des Geschäftsherrn eingeführt worden sei. 9 5 0 Higgins* Aufsatz ist gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Übersetzung des deutschen Gesetzestextes interessant. An der Übersetzung von § 831 Abs. 1 BGB läßt sich erkennen, wie der Autor zwischen wortgetreuer Übertragung und freier Wiedergabe des Sinngehalts schwankt. Insbesondere die Wiedergabe der „ i m Verkehr erforderlichen Sorgfalt" als „care requisite for the transactions" erscheint dabei unglücklich und nicht wenig verwirrend. Dafür ist er in der Verwendung einmal gewählter Begriffe konsequent und zeichnet somit die Begrifflichkeit des Originals nach (z.B. „execution of the work" für Verrichtung). 951 Passend erscheint die Verwendung von „wrongful acts" für die unerlaubten Handlungen. 952 949

Higgins , Employers' Liability on the Continent, The Juridical Review, Band 9 (1897), S. 395, 273. 950 Higgins , Employers' Liability on the Continent, The Juridical Review, Band 9 (1897), S. 395, 404. 951 Higgins , Employers' Liability on the Continent, The Juridical Review, Band 9 (1897), S. 395, 273.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

241

Freund lieferte eine Übersetzung der §§ 823 Abs. 1, 826 B G B 9 5 3 : § 823 Abs. 1: Everyone is liable for the damage he does by an illegal, intentional or negligent violation of the life, body, health, liberty, property, or other right of another. 954 § 826: Whoever intentionally inflicts injury upon another in a manner contrary to the common standards of right conduct shall be liable for damages. 9 5 5 Smithers übersetzte ebenfalls § 823 Abs. 1 B G B 9 5 6 : § 823 Abs. 1: Whoever wilfully or negligently injures the life, body, liberty, property or any other right of another is liable to the latter to repair the damage caused. The same obligation is upon whoever transgresses a law which protects another. 957 In einer Arbeit über Beleidigungsklagen und ihre Abwehr im amerikanischen Recht wird 1909 zur Illustration eines Argumentes ganz kurz auf das „modern German law" verwiesen: Dort sei in § 824 BGB (Schadensersatz wegen der Behauptung kreditgefährdender Tatsachen) jedenfalls keine komplizierte Abstufung verschiedener Grade von Berechtigung zur Behauptung vorgenommen. 958 Im Übrigen wird in einer Fußnote auf Schusters „Principles" verwiesen. Die Anwendung von § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 7. Juni 1909 wurde in einer ausführlichen Studie über dieses Gesetz, die vom britischen Foreign Office 1913 in einem Sonderdruck veröffentlicht wurde, kurz erwähnt. 959

952

Higgins , Employers' Liability on the Continent, The Juridical Review, Band 9 (1897), S. 395, 272. 953 Freund , The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 631 f. 954 Freund , The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 632. 955 Freund , The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 631. 956 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 22. 957 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 22. 958 Veeder , Absolute Immunity in Defamation, Columbia Law Review, Band 9 (1909), S. 463, 464. 959 Foreign Office: Diplomatic and Consular Reports: Germany: Report on the German Law of 1909 against Unfair Competition, No. 683 Miscellaneous Series, Cd. 6006, S. 4 (= Parliamentary Papers 1912/13, Band 94, S. 1, 4). 16 Dittmann

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§ 823 Abs. 1 BGB taucht im Zusammenhang eines Aufsatzes auf, in dem Rufus C. Harris im April 1932 im Tulane Law Review, der Zeitschrift der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität von New Orleans, der Entwicklung von Gesetzgebung und Rechtsprechung zur Gefährdungshaftung nachgeht, welcher in einer „zunehmend komplexen" Industriegesellschaft immer größere Bedeutung zukomme. 9 6 0 Anhand einer Reihe von vereinzelten Vorschriften aus der Gesetzgebung der amerikanischen Bundesstaaten und der einschlägigen Rechtsprechung der amerikanischen und englischen Gerichte versucht er, allgemeingültige Prinzipien herzuleiten. Ergänzend zieht er die Generalklauseln aus dem Deliktsrecht einiger wichtiger ausländischer Kodifikationen heran, darunter auch § 823 Abs. 1 BGB, den er in der Übersetzung Loewys 961 wiedergibt. An dieser wie auch an den anderen Generalklauseln könne man das überall grundsätzlich anerkannte Verschuldensprinzip bei der deliktischen Haftung ablesen. Sie ermöglichten es den Gerichten der betreffenden Länder in der Regel auch, Entscheidungen nach den Umständen des Einzelfalls zu treffen („individualization of decision"), und seien insofern als vorbildlich für eine Weiterentwicklung des angloamerikanischen Rechts anzusehen. 962 Eine rechtsvergleichende Übersicht der deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit in den wichtigsten Staaten, die über ein kodifiziertes Zivilrecht verfügten, lieferte 1933 E. Fahre Survey er, ebenfalls im Tulane Law Review ,963 Der Autor, Richter am Obersten Gerichtshof im kanadischen Quebec, wiederholte darin seine Ausführungen, die er ein Jahr vorher auf einem internationalen Kongress für Rechtsvergleichung in Den Haag gemacht hatte. Die Vorschriften der §§ 823 ff. BGB sind darin ebenfalls berücksichtigt. Einleitend bemerkt er hierzu, das Deliktsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches sei anders als der französische Code Civil durchgängig auf wissenschaftlicher Grundlage aufgebaut. 964 Im Verlaufe der Untersuchung werden die §§ 827, 828, 831, 832, 836-838, 844-846 und 847 paraphrasiert wiedergegeben. § 833 BGB wird nur kurz erwähnt. Zu § 831 BGB hebt Surveyer hervor, daß dieser im Vergleich zu den Regelungen anderer Rechtsordnungen eine weitergehende Haftung, nämlich neben dem Aufsichts- auch für das Auswahlverschulden, vorsehe. 965 Beiläufig erwähnt wird noch, daß neben dem BGB nur noch drei andere Rechtssysteme, nämlich diejenigen 960

Harris, Liability Without Fault, Tulane Law Review, Band 6 (1931-32), S. 337-368. 961 Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909. 962 Harris, Liability Without Fault, Tulane Law Review, Band 6 (1931-32), S. 337, 363 ff. 963 Surveyer , A Comparison of Delictual Responsibility in Law in the Countries Governed by a Code, Tulane Law Review, Band 8 (1933-34), S. 53-82. 964 Surveyer , A Comparison of Delictual Responsibility in Law in the Countries Governed by a Code, Tulane Law Review, Band 8 (1933-34), S. 53, 54.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

243

Österreichs, der Schweiz und Sowjetrußlands, das Prinzip des Rechtsmißbrauchs im Sinne von § 226 BGB kennen würden. 9 6 6 Darüber hinaus werden keine weiteren wertenden Bemerkungen gemacht.

I I I . Sachenrecht Zum Sachenrecht im engeren Sinne, also der in den §§ 854-1296 BGB geregelten Materie, sind vergleichsweise wenige Veröffentlichungen erschienen. Die meisten davon beziehen sich auf das Immobiliarsachenrecht. Vor allem in England widmete man der Registrierung von Grundstücksrechten und den Einzelheiten des deutschen Grundbuchwesens besondere Aufmerksamkeit.

1. Sachenrecht im engeren Sinne Die Regelung der §§ 932, 935 BGB wurde im Februar 1925 in einem rechtsvergleichenden amerikanischen Aufsatz über das Spannungsverhältnis von Eigentumsschutz und Verkehrsschutz im Kauftecht kurz erwähnt, der zuletzt genannte Paragraph in einer Fußnote in Loewys Übersetzung 967 wiedergegeben. 968 Ebenfalls 1925 beschäftigte sich Ernest G. Lorenzen mit dem Recht des Eigentumserwerbs durch Verarbeitung etc., der sogenannten „specificatio" des römischen Rechtes. 969 Er gibt einen vergleichenden Überblick über die einschlägigen Regelungen in den wichtigsten Rechtssystemen und Kodifikationen der Welt. Dabei stellt er auch die §§ 950, 951 BGB vor. Deren Inhalt gibt er detailliert wieder, wobei er auch ausgiebigen Gebrauch von Verweisungen auf die deutschsprachige Kommentarliteratur macht und auf den Zusammenhang mit dem Deliktsrecht, §§ 823 ff. BGB, den Vorschriften zur Erstattung von Aufwendungen, §§ 258, 997 BGB, und zur Entstehung von Miteigentum gemäß §§ 947, 948 BGB sowie auf die Schwierigkeiten der deutschen Rechtswissenschaft und Rechtsprechung bei der Definition der hergestellten „neuen Sache" hinweist. Im internationalen Vergleich gehen Lorenzen die deutschen Regelungen in ihrer Konsequenz 965

Surveyer , A Comparison of Delictual Responsibility in Law in the Countries Governed by a Code, Tulane Law Review, Band 8 (1933-34), S. 53, 65. 966 Surveyer , A Comparison of Delictual Responsibility in Law in the Countries Governed by a Code, Tulane Law Review, Band 8 (1933-34), S. 53, 81. 967 Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909. 968 Waite , Caveat Emptor and the Judicial Process, Columbia Law Review, Band 25 (1925), S. 129, 142 Fn. 40. 969 Lorenzen , Specification in the Civil Law, Yale Law Journal, Band 35 (192526), S. 29-47. 16*

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zu weit. Ihn irritiert, daß der Eigentumserwerb gemäß §§ 950, 951 BGB vorwiegend an der Herstellungsleistung orientiert und von der Berechtigung des Verarbeiters vollständig unabhängig ist, mithin also auch ein Dieb mit Verarbeitung der Beute Eigentümer derselben werden könne. Dies sei „creation theory in its extreme f o r m . " 9 7 0 Hier erkennt er einen „scharfen Konflikt" zwischen ethischen und wirtschaftlichen Motiven, wobei ihm der ökonomische Gedanke vom deutschen Recht auf die Spitze getrieben erscheint. 971 Aus dem gleichen Grund mißfällt ihm die Wertklausel des § 950 Abs. 1 S. 1, 1. HS. BGB, wonach ein Eigentumserwerb auch bei einem im Vergleich zum Ausgangsgegenstand deutlich geringeren Wert des Produktes möglich ist, während im internationalen Vergleich in der Regel ein umgekehrter Wertmaßstab angelegt werde. 9 7 2 Teile des deutschen Sachenrechts sind auch im vierten Band der Neuauflage von „Burge's Colonial and Foreign Law", dessen erster Teil noch 1914 9 7 3 und dessen zweiter Teil erst 1928 erschien 974 , ausgiebig berücksichtigt. Auch das deutsche Grundbuchwesen („registration") wird darin kurz erläutert. Auf die an anderer Stelle hierzu gemachten Ausführungen wird verwiesen. 975 Zum Immobiliarsachenrecht des BGB war ansonsten vor allem Anfang des Jahrhunderts, und dann meist im Zusammenhang mit der Untersuchung des deutschen Grundbuchwesens, Stellung genommen worden. 9 7 6 Die Tatsache, daß nach dem deutschen Recht die Eintragung als Wirksamkeitsvoraussetzung für den Erwerb von Grundstücksrechten notwendig war, also die konstituierende und nicht etwa nur nachträglich dokumentierende Funktion der Registrierung, wurde vor allem von den englischen Autoren besonders betont, die sich eingehender mit dem deutschen Grundbuchwesen auseinandergesetzt hatten: Scott 971, Morris 978 und FortescueBrickdale („There can be no conveyance without registration") 979 . 970 Lorenzen, Specification in the Civil Law, Yale Law Journal, Band 35 (1925— 26), S. 29, 41. 971 Lorenzen, Specification in the Civil Law, Yale Law Journal, Band 35 (192526), S. 29, 41 f., 46. 972 Lorenzen, Specification in the Civil Law, Yale Law Journal, Band 35 (1925— 26), S. 29, 42. 973 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and in Conflict with each other and with the Law of England. Neuausgabe in 5 Bänden, London 1907-28, Band 4, 1. Teilband, London 1914. 974 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and in Conflict with each other and with the Law of England. Neuausgabe in 5 Bänden, London 1907-28, Band 4, 2. Teilband, London 1928. 975 Siehe oben: Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, X. 976 Siehe dazu unten: Zweiter Teil, Sechster Abschnitt, III, 2: Exkurs: Grundbuchwesen.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

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Als abstraktes Grundpfandrecht erregte die Grundschuld die Aufmerksamkeit der englischen Juristen. Vor allem die Umwandlung einer abgelösten Hypothek in eine solche und das Fortbestehen zugunsten des Eigentümers, um die Rangfolge der Sicherungsrechte mit allen juristischen und wirtschaftlichen Implikationen zu erhalten, wurde vielfach als interessante Innovation angesehen, so von Schuster 980 und von Smithers 9* 1, die die Grundschuld übrigens mit „land charge" respektive „ground-debt" übersetzten. Der gleichen Ansicht waren auch schon Scott („ground debt") 9 8 2 und Fortescue-Brickdale („land-charge", „a very remarkable novelty") 9 8 3 gewesen, die sich allerdings konkret noch auf das materielle Grundstücksrecht nach dem Preußischen Eigenthumserwerbgesetz vom 5. Mai 1872 bezogen hatten. (Da sich diese Regelung danach ja auch in mehr oder weniger unveränderter Form im BGB wiederfand, können Scotts und FortescueBrickdales diesbezügliche Äußerungen durchaus als vorweggenomme Kommentare zum BGB verstanden werden.) F. P. Walton lobte 1916 im amerikanischen Southern Law Quarterly das „moderne" System der Grunddienstbarkeiten gemäß §§ 1018 ff. B G B 9 8 4 und die „vernünftigen" Regelungen zum Inhalt des Eigentumsrechts gemäß §§ 903 ff. B G B . 9 8 5 Unzureichend erscheint ihm hier nur die Vorschrift des § 904 BGB, in dem die Voraussetzungen für einen „aggressiven Notstand" nicht genau genug festgelegt seien und keine Ausnahme von der Schadensersatzpflicht enthalten sei. 9 8 6 § 906 BGB a . F . 9 8 7 hatte er bereits 1904 der Übersetzung für wert befunden:

977 Scott , Conveyance and Registration of Land Titles in Prussia, S. 3 (= Parliamentary Papers 1887, Band 81 [Accounts and Papers, Band 33], S. 169, 171). 978 Morris , A Summary of the Law of Land and Mortgage Registration in the British Empire and Foreign Countries, London 1895, S. 105. 979 Fortescue-Brickdale , Notes on Land Transfer in Various Countries, S. 33. 980 Schuster , Principles, S. 444 f. 981 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 25. 982 Scott , Conveyance and Registration of Land Titles in Prussia, S. 4 (= Parliamentary Papers 1887, Band 81 [Accounts and Papers, Band 33], S. 169, 172). 983 Fortescue-Brickdale , Registration of Title in Prussia, The Law Quarterly Review, Band 4 (1888) S. 63, 68. 984 Walton , Civil Codes and their Revision. Some Suggestions for Revision of the Title „Of Ownership", Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 95, 100 f. 985 Walton , Civil Codes and their Revision. Some Suggestions for Revision of the Title „Of Ownership", Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 95, 103, 106. 986 Walton , Civil Codes and their Revision. Some Suggestions for Revision of the Title „Of Ownership", Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 95, 111. 987 § 906 BGB a. F. entspricht dem heutigen § 906 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 BGB i.d.F. vom 21. September 1994.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

§ 906 BGB: „The owner of an immovable cannot object to the emmission of gases, vapours, smells, smoke, soot, heat, noise, vibration and other influences from a neighbouring property, when these inconveniences do not injure the use of this property at all, or not materially, or when they result from the use of the other property, if this use is a normal one for property at this situation, considering the circumstances of the locality. Introduction by means of a special conduit is not allowed." 9 8 8

2. Exkurs: Grundbuchwesen (Land Registration)989 Ein Bereich des deutschen Rechtssystems gewann tatsächlich eine konkrete Bedeutung in der englischen Diskussion um eine Rechtsreform - das Grundbuchwesen. Für die einen war es nachahmenswertes Vorbild, für die anderen abschreckendes Beispiel. Hintergrund war die seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts andauernde Kontroverse um die Einführung eines Systems der Registrierung von Grundstücken in England, um die bis dahin vorherrschende Methode des „tracing of deeds" abzulösen. 990 Diese bestand darin, daß bei jedem Grund988

Walton, The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 160 f. 989 Die Autoren der im Folgenden erwähnten Quellen haben ihre Untersuchungen bzw. ihre Meinungsbildung zum deutschen Grundbuchwesen in der Regel ausgehend von der Rechtslage im Deutschen Reich vor der Jahrhundertwende vollzogen. Für Preußen waren hierbei seit 1872 das Preußische Eigenthumserwerbgesetz vom 5. Mai 1872 und die Preußische Grundbuchordnung vom selben Datum maßgeblich. Die materiellen Regelungen dieser Gesetze wie auch die organisatorischen Strukturen des deutschen Grundbuchwesens insgesamt blieben aber auch nach Inkrafttreten der Grundbuchordnung (GBO) vom 24. März 1897 und des BGB zum 1. Januar 1900 im Wesentlichen erhalten, so daß für die Zwecke dieser Arbeit eine genauere Differenzierung im Folgenden nicht nötig erscheint. Zu den Grundbuchgesetzen vor Inkrafttreten der Grundbuchordnung von 1897 siehe: Schubert, Die Entstehung der Vorschriften des BGB über Besitz und Eigentumsübertragung, Berlin 1966, S. 97 f. 990 Die Kontroverse dauert in gewissem Sinne bis heute, zum Ende des 20. Jahrhunderts, noch an. Noch immer sind weite Teile Englands „unregistered land", und Rechte an Grundstücken nur in Form von Einzelurkunden bzw. Urkundenkonvoluten dokumentiert. Allerdings hat sich der Registrierungsgedanke durchgesetzt, und eine Grundstücksregistrierung wird schrittweise eingeführt. Die Entwicklung der Grundstücksregistrierung bzw. der Diskussion darüber in England bis Mitte der 1890er Jahre ist ausführlich beschrieben bei: Morris, A Summary of the Law of Land and Mortgage Registration in the British Empire and Foreign Countries, London 1895, S. 1 ff. Morris gibt auch eine umfassende Literaturliste, die bis Mitte des 17. Jahrhunderts zurückreicht. Die Entwicklung bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts findet sich bei: Jenks, Modem Land Law, Oxford 1899, S. 443 ff.; ders. y A Short History of English Law, London 1912, S. 260 ff. Die historische Entwicklung ebenso wie die Diskussion über und insbesondere die Widerstände gegen die Einführung eines Registerwesens in England sind ausführlich behandelt im Abschlußbe-

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

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stücksgeschäft gleich welcher Art, ob Übertragung, Belastung oder Einräumung einer Grunddienstbarkeit, praktisch sämtliche vorangegangenen, das fragliche Grundstück betreffenden Rechtsgeschäfte anhand der darüber verfaßten Urkunden („deeds") über Jahrzehnte zurückverfolgt und auf ihre Gültigkeit überprüft werden mußten - und zwar jedes Mal aufs Neue. Diese Vorgehensweise war nicht nur umständlich und zeitraubend, sondern auch kostenintensiv, da sie praktisch nur von hochspezialisierten Anwälten, den „conveyancing solicitors", durchgeführt werden konnte. Aus diesem Grund waren etwa auch Grundstücksgeschäfte mit vergleichsweise geringem Umsatzwert wirtschaftlich in höchstem Maße unvernünftig und daher in der Praxis unbedeutend. Dieser Zustand führte bald zu dem Ruf nach Vereinfachungen. Anfang des 18. Jahrhunderts waren auf lokaler Ebene in einzelnen Grafschaften erste Systeme zur Grundstücksregistrierung eingeführt worden. Dabei handelte es sich zunächst nur um Register von Urkunden („registry of deeds"). Eine Registrierung von Grundstücksrechten im eigentlichen Sinne entstand im englischen Rechtskreis erst seit Ende der 1850er Jahre, nämlich als in Australien auf Betreiben des Kolonialpolitikers Robert Richard Torrens das später nach ihm benannte System der Grundstücksregistrierung eingeführt wurde. Angeregt durch dieses Vorbild aus den Kolonien, wurde 1862 erstmals ein entsprechendes Gesetz für ganz England verabschiedet, Lord Westburys Land Registry Act von 1862. Dieser sah eine Eintragung auf freiwilliger Basis vor, wobei sämtliche Grundstücksrechte und Beschränkungen eintragungsfähig waren. Allerdings ging mit der Ersteintragung eine Pflicht zur einmaligen Offenlegung aller Dokumente und zum Nachweis einer lückenlosen Kette von Abtretungen einher. Diese Regelung traf auf wenig Akzeptanz, und tatsächlich wurde von der Eintragungsmöglichkeit so gut wie kein Gebrauch gemacht. Einen neuen Anlauf nahm ein Jahrzehnt später Lord Cairns mit dem Land Transfer Act von 1875. Darin war nur mehr die vergleichsweise einfache Registrierung der Tatsache des Besitzes an einem Grundstück („possessory title") vorgesehen. Doch auch dieses Gesetz zeigte kaum praktische Auswirkungen, von der Einrichtung des „Land Registry" als zentraler Behörde abgesehen. Mitte der 1890er Jahre konnte es mit einiger Berechtigung als „dead letter" bezeichnet werden. 991 Im Laufe der Zeit beschäftigten sich mehrere parlamentarische Ausschüsse und Regierungskommissionen mit dem Konzept der Grundstücksregistrierung und den Gründen, warum die bisherigen Versuche, rieht der Royal Commission on the Land Transfer Acts, Second and Final Report of the Commissioners and Minutes of Evidence Vol. II., Cd. 5483, 5494, in: Parliamentary Papers 1911, Band 30 (Reports from Commissioners Band 23), S. 1-56. 991 Blyth , The German and Austrian System of Land Registry and their Application to England, London 1897, S. 5.

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ein solches System in England einzuführen, allesamt gescheitert waren. Diese Aktivitäten mündeten in eine Reihe von Gesetzen, die zunächst das „tracing of the deeds" vereinfachten, und schließlich, auf Betreiben von Lord Halsbury, in die Verabschiedung des Land Transfer Act von 1897, worin wiederum eine Grundstücksregistrierung vorgesehen war. Dieses Gesetz führte im Vergleich zu seinen Vorgängern eine Reihe von Verbesserungen ein. So galt ein Gutglaubensschutz effektiv nur noch bezüglich der Wirksamkeit des jeweils eingetragenen „lease", nicht mehr für die gesamte Kette vorangegangener Verfügungen. Weiterhin wurde ein staatlicher Fonds zur Entschädigung bei Eintragungsfehlern eingerichtet. Vor allem aber wurde erstmals eine Eintragungspflicht („compulsory registration") bei jedem Verkauf eingeführt. Allerdings sollte der Registrierungszwang nur jeweils für einzelne Grafschaften gelten, wobei dazu jedesmal eine entsprechende Verordnung der Zentralregierung notwendig sein sollte, gegen die dem lokalen County Council ein Vetorecht eingeräumt wurde. Aufgrund vielfältiger Kritik und politischer Widerstände war der Registrierungszwang bis zum Beginn der Ersten Weltkrieges tatsächlich nur im Londoner Raum eingeführt. Im Rahmen der zuletzt genannten Phase spielte nunmehr das deutsche Grundstücksrecht eine nicht unbedeutende Rolle, sowohl als Vorbild für die gesetzliche Regelung von 1897 als auch als Argumentationshilfe für die Protagonisten der politischen Auseinandersetzung.

a) Regierungsamtliche Untersuchungen über das deutsche Grundbuchwesen Bevor das Gesetz von 1897 verabschiedet wurde, hatte es zwei regierungsamtliche Untersuchungen des deutschen Grundbuchwesens gegeben.

aa) C. S. Scott (1887) Auf Ersuchen des am Gesetzgebungsverfahren mitwirkenden Parlamentsabgeordneten Lawson hatte das britische Außenministerium im Jahre 1887 von der Botschaft in Berlin Informationen über das preußische Grundstücksrecht und Registerwesen angefordert. Der Botschaftssekretär C. S. Scott verfaßte daraufhin einen kurzen Bericht, der in der Folge als Parlamentsdrucksache veröffentlicht wurde. 9 9 2 992

Prussia No. 1, 1887: Report by Mr. C. S. Scott, Secretary to Her Majesty's Embassy at Berlin, on the Conveyance and Registration of Land Titles in Prussia, C. 5047 (= Parliamentary Papers 1887, Band 81 [Accounts and Papers, Band 33], S. 169-180).

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Darin werden das Preußische Eigenthumserwerbgesetz vom 5. Mai 1875, welches das materielle Grundstücksrecht regelte, und die Preußische Grundbuchordnung vom selben Datum in ihrem Aufbau und Inhalt kurz zusammengefaßt. Als Illustrationen sind zwei Auszüge aus Grundbüchern beigefügt, wobei die graphische Form der Tabelle gewahrt ist, die Eintragungen aber ins Englische übersetzt sind. Die beiden einschlägigen Gesetze werden anhand ihrer Gliederung kurz dargestellt 993 , der Inhalt der Regelungen stichwortartig wiedergegeben und der Aufbau des Grundbuches beschrieben. Als wesentliches Kennzeichen („the essence of the whole system") des preußischen Grundstücksrechtes erkennt der Berichterstatter die Tatsache der Eintragung als Wirksamkeitsvoraussetzung bei Grundstücksrechten, sowohl hinsichtlich des Eigentumserwerbs als auch bei den sonstigen Grundstücksrechten. 994 Als weitere Besonderheit des preußischen Rechtes wird das Institut der abstrakten Grundschuld („ground debt"), bzw. das Fortbestehen einer abgelösten Hypothek als eine solche, auf den Eigentümer selbst lautende Grundschuld, hervorgehoben, wobei der Autor erkennen läßt, das er diese Konstruktion für eine höchst sinnvolle und praktische Innovation hält. 9 9 5 Insgesamt wird zum Ausdruck gebracht, daß in Preußen Grundstücksgeschäfte schneller und weniger kompliziert als in England abgewickelt werden könnten, wobei besonderes Augenmerk der allgemeinen Akzeptanz dieses Systems mit seinem Registrierungszwang durch die Grundstückseigentümer gilt: „The system works both easily and effectively, and owners of real property in this country feel themselves fully compensated for the inconvenience of submitting the circumstances of their estates to official scrutiny by the

993

Das Preußische Eigenthumserwerbgesetz vom 5. Mai 1875 war demnach folgendermaßen gegliedert: Im ersten Abschnitt war der Erwerb des Eigentums an Grundstücken geregelt, im zweiten weitere Grundstücksrechte, Hypotheken und Grundschulden im dritten, Bergbaurechte im vierten, während der letzte Abschnitt eine Reihe von Durchführungsbestimmungen enthielt. Die Preußische Grundbuchordnung vom 5. Mai 1875 war etwas anders als die heutige Grundbuchordnung (GBO), vom 24. März 1897, gegliedert: Der erste Abschnitt führte allgemein das Grundbuchwesen ein und enthielt die dazu gehörigen Formvorschriften, mit dem zweiten Abschnitt wurden die Grundbuchämter organisiert, der dritte Abschnitt enthielt das Grundbuchverfahren, der vierte die Regelungen zur Form von Grundbuchauszügen, der fünfte das Verfahren für die Einführung des Grundbuchwesens, wo bislang keine Grundstücksregister existierten oder wo diese zerstört worden waren, der sechste die Kostenregelungen und der letzte allgemeine und Übergangsvorschriften. 994 Scott , Conveyance and Registration of Land Titles in Prussia, S. 3 (= Parliamentary Papers 1887, Band 81 [Accounts and Papers, Band 33], S. 169, 171). 995 Scott y Conveyance and Registration of Land Titles in Prussia, S. 4 (= Parliamentary Papers 1887, Band 81 [Accounts and Papers, Band 33], S. 169, 172).

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enormous advantages which they derive from a simple and cheap form of conveyance and unimpeachable legal titles to their estates." 996 bb) Charles Fortescue-Brickdale (1888, 1894, 1897) Eine ausführliche und detaillierte Studie des deutschen Grundbuchwesens wurde im Jahre 1896 erstellt. Im Rahmen der Vorbereitungen für den erwähnten, verbesserten Land Transfer Act, der im darauf folgenden Jahr verabschiedet wurde, war ein leitender Mitarbeiter des Land Registry nach Österreich-Ungarn und in das Deutsche Reich geschickt worden, um sich vor Ort einen Überblick über die Organisation und Funktionsweise des Grundbuchwesens in den beiden einzigen größeren Kontinentalstaaten zu verschaffen, in denen ein solches Registrierungssystem flächendeckend eingeführt war. (In den übrigen Staaten, so etwa auch in Frankreich, existierte zwar größtenteils ein staatliches System zur Registrierung von Grundstücksrechten, doch wurden darin in der Regel nur die Grundstücksrechte verbriefenden Urkunden und nicht die absoluten Rechte selber verzeichnet. 997 ) Bei diesem leitenden Mitarbeiter und Verfasser des Berichtes handelte es sich um Charles Fortescue-Brickdale ,998 1857 geboren, war FortescueBrickdale seit Anfang der 1880er Jahre in London als Anwalt tätig, wo er sich vornehmlich mit Immobilienrecht beschäftigte. Seit 1888 war er bei der zentralen Registrierungsbehörde angestellt, wo er zu dem Zeitpunkt, da er die beiden mitteleuropäischen Kaiserreiche bereiste, den Rang eines Assistant Registrar bekleidete. Im Jahre 1900 wurde er Leiter des Land Registry. In der Zwischenzeit für seine Verdienste als Chief Registrar Englands in den Adelsstand erhoben, hielt er diesen Posten bis 1923. Er starb 1944. In seinen Spezialgebieten Grundstücksrecht und Grundstücksregistrierung verfaßte er mehrere Bücher und sonstige Publikationen, wobei er sich 996

Scott , Conveyance and Registration of Land Titles in Prussia, S. 5 (= Parliamentary Papers 1887, Band 81 [Accounts and Papers, Band 33], S. 169, 173). 997 Eine Übersicht über den Stand der Einführung von Systemen zur Grundstücksregistrierung und das jeweils einschlägige Recht in einer Reihe von europäischen und außereuropäischen Ländern und Kolonien in den 1890er Jahren findet sich bei: Fortescue-Brickdale, Notes on Land Transfer in Various Countries, London 1894; Morris, A Summary of the Law of Land and Mortgage Registration in the British Empire and Foreign Countries, London 1895. 998 Die biographischen Daten zu Fortescue-Brickdale stammen aus den Namenseinträgen in folgenden Quellen: Who was who, A Companion to „Who's who" containing the Biographies of those who died during the Period 1941-1950, 2. Auflage, London 1958; Who was who among English and European Authors 1939-1949, 2 Bände, Detroit 1978. Weitere biographische Details sind entnommen: Royal Commission on the Land Transfer Acts 1908/1909: First Report of the Commissioners and Appendix, Minutes of Evidence, Cd. 4509, 4510, in: Parliamentary Papers 1909, Band 27 (Reports from Commissioners Band 19), S. 729, 737.

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immer wieder für die flächendeckende Einführung eines Registrierungswesens in England stark machte. Bereits 1888 hatte Fortescue-Brickdale in einem Artikel im Law Quarterly Review 999 auf die Modalitäten und Vorzüge des preußischen Grundbuchwesens hingewiesen, wobei er sich nicht zuletzt auf Scotts Bericht vom vorangegangenen J a h r 1 0 0 0 stützte: „The speed and cheapness with which sales and mortgages are conducted, the practical results obtained in Prussia appear in some respects to be even better than those obtained in our own colonies." 1 0 0 1 Auch er lobte das Rechtsinstitut der abstrakten Grundschuld („land-charge") als „very remarkable novelty" 1 0 0 2 . Die Beobachtung, wonach die Kosten eines Grundstücksgeschäftes in Preußen, sowohl amtliche als auch Notargebühren, nur einen Bruchteil der in England auf die Rechtsberatung entfallenden Honorare ausmachten, untermauerte FortescueBrickdale mit einer tabellarischen Gegenüberstellung, wobei die deutschen Gebühren in englische Währung umgerechnet sind. Hiermit erklärte er auch, warum in Deutschland augenscheinlich viele Grundstücksgeschäfte mit vergleichsweise geringem Gegenstandswert vorgenommen werden könnten, während derartige Transaktionen in England von den überproportionalen Kosten wirtschaftlich unmöglich gemacht würden. Im Übrigen gibt Fortescue-Brickdale in diesem Artikel vornehmlich eine Übersicht über die historische Entwicklung des Grundbuchwesens in Preußen. Vor allem weist er darauf hin, daß die vielerorts bereits seit langem existenten Grundstückskataster der Steuerbehörden die Einführung von Grundbüchern wesentlich erleichtert hätten. Im Jahre 1894 hatte Fortescue-Brickdale dann ein Buch veröffentlicht, in dem er die Systeme der Übertragung von Grundstücken in einer Reihe von Ländern, namentlich der Vereinigten Staaten, Frankreichs, der Schweiz, Schottlands, das Torrens-System der britischen Kolonien sowie das Grundbuchwesen Österreich-Ungarns und Preußens, jeweils auf wenigen Seiten kurz vorstellte. 1 0 0 3 Ausdrückliches Ziel dieser Veröffentlichung war es, wie Fortescue-Brickdale in seinem Vorwort bemerkte, einen Beitrag zu der 999

Fortescue-Brickdale, Registration of Title in Prussia, The Law Quarterly Review, Band 4 (1888) S. 63-70. 1000 Prussia No. 1, 1887: Report by Mr. C. S. Scott, Secretary to Her Majesty's Embassy at Berlin, on the Conveyance and Registration of Land Titles in Prussia, C. 5047 (= Parliamentary Papers 1887, Band 81 [Accounts and Papers, Band 33], S. 169-180), siehe oben Zweiter Teil, Sechster Abschnitt, III 1 a aa. 1001 Fortescue-Brickdale y Registration of Title in Prussia, The Law Quarterly Review, Band 4 (1888) S. 63. Anm. d. Bearb.: Mit „our own colonies" sind Australien und Neuseeland gemeint, wo zu diesem Zeitpunkt bereits seit längerem das Torrens-System eingefühlt war. 1002 Fortescue-Brickdale, Registration of Title in Prussia, The Law Quarterly Review, Band 4 (1888) S. 63, 68.

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andauernden Diskussion in England über die Einführung eines Registerwesens zu leisten, und insbesondere diejenigen Stimmen zu widerlegen, die ein solches Vorhaben mit dem Hinweis auf eine wie auch immer geartete Einzigartigkeit der englischen Situation ablehnten. 1004 Im Abschnitt über Preußen 1005 gab Fortescue-Brickdale wiederum einen Überblick über die historische Entwicklung und die organisatorischen Voraussetzungen der Einführung des Grundbuchwesens, von dem er sich stark beeindruckt zeigt: „The project [...] has apparently been a complete success." 1006 Die konstituierende Wirkung der Eintragung wird wiederum hervorgehoben („There can be no conveyance without registration") 1007 , ebenso die geringen Kosten und Schnelligkeit des Verfahrens ( „ A l l ordinary transactions are completed within an hour"). 1 0 0 8 Das preußische Beispiel hält FortescueBrickdale zu diesem Zeitpunkt für ohne Weiteres auf England übertragbar: „It is impossible seriously to assert that, in the ordinary uses and liabilities of land, Prussia at the present day differs in any material degree from our own country. Population is as dense, cultivation is as advanced, towns are as old and almost as large, rights are as complicated, business is as involve d . " 1 0 0 9 Einzig das Fehlen eines englischen Äquivalents zum preußischen Katasterwesen sei von Nachteil, da man infolgedessen nicht auf ein bereits bestehendes Register zurückgreifen könne, doch sei dieser Mangel mit vertretbarem Mehraufwand bei der Erstregistrierung zu überwinden. Diese Auffassung, daß in England ein Registerwesen nach deutschem Vorbild eingeführt werden sollte, vertritt Fortescue-Brickdale auch noch, als er zwei Jahre später in offizieller Mission das eingangs erwähnte, umfassende Gutachten über das österreichisch-ungarische und deutsche Grundbuchwesen anfertigt. 1 0 1 0 Zwar äußert er seine Meinung nicht mehr so explizit, doch läßt sie sich aus seinen Feststellungen und Schlüssen herauslesen.

1003 Fortescue-Brickdale, Notes on Land Transfer in Various Countries, London 1894. 1004 Fortescue-Brickdale, Notes on Land Transfer in Various Countries, S. 2. loos Fortescue-Brickdale, Notes on Land Transfer in Various Countries, S. 30 ff. 1006 Fortescue-Brickdale, Notes on Land Transfer in Various Countries, S. 33. 1007 Fortescue-Brickdale, Notes on Land Transfer in Various Countries, S. 33. loos Fortescue-Brickdale, Notes on Land Transfer in Various Countries, S. 34. 1009 Fortescue-Brickdale, Notes on Land Transfer in Various Countries, S. 34. 1010 Land Registry: Registration of Title to Land: General and Detailed Reports of the Assistant Registrar of the Land Registry on the Systems of Registration of Title now in Operation in Germany and Austria-Hungary, with Appendices, C. 8139, von Charles Fortescue-Brickdale (= Parliamentary Papers 1896, Band 84 [Accounts and Papers, Band 36], S. 85-300; im Folgenden zitiert als FortescueBrickdale, Report).

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Fortescue-Brickdale bereiste, mit offiziellen Empfehlungen ausgestattet, nacheinander die jeweiligen Hauptstädte Wien und Berlin, wo er sich mit hochrangigen einheimischen Beamten, Juristen und Vertretern der Wirtschaft traf. Er besuchte darüber hinaus bewußt auch Grundbuchämter in der Provinz, sowohl in anderen Großstädten, etwa Dresden, Köln, München, Budapest und Prag, als auch in ländlichen Gebieten. Zielsetzung des Gutachtens war, sowohl die rechtlichen, politischen und wirtschaftlichen Grundlagen als auch die praktische Umsetzung des Grundbuchwesens in den beiden Ländern zu erforschen („the actual daily working"). In Deutschland beschränkt sich die Untersuchung nicht auf Preußen, sondern es wird auch das Recht der wichtigsten anderen Bundesstaaten berücksichtigt. Der Schwerpunkt lag dabei insgesamt nicht bei den juristischen, sondern eindeutig bei den administrativen Fragen im weitesten Sinne. Wenn also die verschiedenen Grundstücksrechte behandelt werden, dann weniger unter dem rechtsvergleichenden denn unter dem praktischen Aspekt, wie diese bei der Registrierung gehandhabt werden. Nach zwei einführenden Kapiteln über die allgemeinen Grundsätze des Grundstücksrechtes in den untersuchten Ländern und Fortescue-Brickdales allgemeine Beobachtungen zum Grundbuchwesen folgen weitere Kapitel über - in dieser Reihenfolge - Form und Inhalt der Grundbücher, die Behandlung großer, durch viele Sonderrechte eingeschränkter Besitzungen, kleine Eigentümer, die Rolle und das Fortbestehen historischer Grundbücher, die Neueinführung des Grundbuchwesens in Gegenden, wo es noch nicht bestanden hatte, die Handhabung von dinglichen Sicherungsrechten und die Rolle von Hypotheken- und Grundkreditbanken, sonstige eintragungsfähige Rechte und Tatsachen, die Rolle der Grundstückskataster der Steuerbehörden, und schließlich die Verwaltung und Finanzierung des Systems. In den umfangreichen Anhängen sind neben einer Vielzahl von übersetzten Grundbuchauszügen auch Übersetzungen einzelner Gesetze enthalten: neben den in Österreich-Ungarn einschlägigen Gesetzen die vollständige Übersetzung des Preußischen Eigenthumserwerbgesetzes vom 5. Mai 1875 und eine Zusammenfassung der Preußischen Grundbuchordnung vom selben Datum. Es handelt sich dabei übrigens um eine relativ freie, approximative, im Ganzen gut lesbare und verständliche Übersetzung, die ausführlich kommentiert wird. Insgesamt zeichnet sich Fortescue-Brickdales Darstellung durch ihren enormen Detailreichtum und die erschöpfende Behandlung des Themas aus. Es werden viele konkrete Fallbeispiele geliefert, Grundbuchauszüge, Gebührentabellen und Lagepläne gezeigt und die Aussagen der konsultierten einheimischen Experten wiedergegeben. Fortescue-Brickdales eigene Beschreibung seines räumlichen und inhaltlichen Untersuchungshorizonts bietet einen auch aus heutiger Sicht noch

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aufschlußreichen und interessanten Einblick in die rechtliche wie politische, wirtschaftliche und soziale Situation in den Kaiserreichen um jene Jahrhundertwende, und sie verdeutlicht auch die Leistung, die in der flächendekkenden Einführung des Grundbuchwesens liegt: „In some of the districts observed, titles had been registered from time immemorial [...], while in others the system is totally new and unaccustomed, and has been preceded by no registration at all. The particular examples collected in the detailed report include (for instance) such great estates as the ancestral domains of the Bohemian nobility [...], subject to the strictest entails, carrying political privileges of the highest importance [...]; they also include (by way of contrast) the tiny subdivisions of the peasant proprietors of the Rhine Provinces, where the principles and practice of the Code Napoleon are still deeply rooted in the customs and feelings of the people. They include, on the one hand, specimens taken from the rapidly developing building properties in the suburbs of Berlin, with their villa residences and restrictive covenants, and, on the other remote Silesian manors with their tenant farmers, antique rights of common, and commuted rents and services, dating from feudal times. They show the system as applied to vast featureless plains like the corn-growing regions of Hungary, to the busy mining and industrial districts of Saxony and the Black Country of Germany close to the Russian frontier [Anm. d. Bearb.: gemeint ist wohl das oberschlesische Gebiet um Kattowitz], as well as to the picturesque alpine hamlets and pastures - with their innumerable interdependent rights of way, water and other complicated easements [...]; they pass from the intricacies of cellars and flats, courts and passages, of the Jews' quarter in the City of Prague, to the simple conditions of a quite agricultural district in Brandenburg; from mortgages on first-class properties, involving hundreds of thousands of pounds, and subject to the most complicated subsequent dealings by way of transfer, alteration, sub-division, and collateral security, down to rows of petty charges on diminuitive shares on an inconsiderable estate; from great cities where values are measured almost by the square inch, to trackless wastes and bare mountains of scarcely any value at a l l . " 1 0 1 1 Zu Beginn seines Berichtes liefert Fortescue-Brickdale eine allgemeine Darstellung der Verteilung und Aufteilung des Grundeigentums in den verschiedenen Teilen des deutschen Reiches - Großgrundbesitz und Junkertum im östlichen Preußen, Streu- und Kleinsteigentum in Süddeutschland. Schleswig-Holstein wird ebenfalls erwähnt, dort sei „more than half the soil [...] in the hands of very considerable proprietors - with estates of from 4000 to 6000 acres apiece." 1 0 1 2 Es folgen einige Bemerkungen zu den Besonderheiten des deutschen Grundstücksrechtes im Vergleich zum engli1011

Fortescue-Brickdale, Report, S. 2 (= Parliamentary Papers 1896, Band 84 [Accounts and Papers, Band 36], S. 85, 94).

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sehen, wobei Fortescue-Brickdale jedoch nicht sonderlich in juristische Details geht. Das deutsche Recht sei jedenfalls entgegen landläufiger Meinung hinsichtlich von Grunddienstbarkeiten, Grundpfandrechten und Beschränkungen mindestens genauso kompliziert wie das englische. Auf die prinzipiellen und wesentlichen Unterschiede wird hingewiesen, nämlich daß es im deutschen Recht in der Regel keine Trennung von Eigentum am Grundstück und am Gebäude gebe, und daß stattdessen Miete und Pacht als rein schuldrechtliche Verträge eine ungleich wichtigere Rolle als in England spielten. Anschließend untersucht Fortescue-Brickdale detailliert den verwaltungstechnischen Ablauf des Grundbuchverfahrens, von der Einreichung von Anträgen über ihre weitere Behandlung bis zu ihrer Ablage, die äußere Form und den Aufbau der Grundbücher und die Einteilung der Grundbuchblätter und die Kosten und Gebühren. Hierbei konstatiert er „economy of cost" und „economy of time": Die Höhe der anfallenden Gebühren sei sehr niedrig, und aufgrund des vergleichsweise geringen Lohnniveaus im damaligen Deutschen Reich trotzdem kostendeckend. Das Verfahren selbst könne sehr schnell durchgefühlt werden. Teilweise würden Eintragungen bereits innerhalb weniger Stunden nach Eingang des Antrages vorgenommen. Lobend äußert sich Fortescue-Brickdale auch zu „the simplicity of the system": Er stellt fest, daß das deutsche Grundstücksrecht keineswegs weniger kompliziert als das englische sei, und um so mehr zeigt er sich beeindruckt von seiner Beobachtung, daß häufig einfache Bürger, bzw. die Parteien eines Grundstücksgeschäftes die Grundbuchgeschäfte selbständig und ohne rechtlichen Beistand wahrnahmen. Er erwähnt ausdrücklich die Möglichkeit der Abgabe von mündlichen Erklärungen zur Niederschrift des Grundbuchbeamten. Das System gewährt nach Meinung von Fortescue-Brickdale auch in hinreichendem Maße Sicherheit für alle Beteiligten. Dies werde zunächst einmal durch die Einschränkung des Rechtes zur Einsichtnahme in die Grundbücher auf Personen mit berechtigtem Interesse erreicht. (In Österreich-Ungarn und Baden waren die Grundbücher nach den Feststellungen des Berichtes hingegen öffentlich.) Und die Möglichkeit von Eintragungsfehlern und Betrügereien, die zusammen mit den Regeln des Gutglaubensschutzes zu unbilligen Ergebnissen führen könnten, sei zwar theoretisch denkbar, doch habe man ihm überall die geringe praktische Bedeutung solcher Fälle versichert: „ I was confidently assured, in answer to frequent enquiry, that no such case had ever arisen in practice." 1 0 1 3 1012 Fortescue-Brickdale , [Accounts and Papers, Band 36], 1013 Fortescue-Brickdale , [Accounts and Papers, Band 36],

Report, S. 39 (= Parliamentary Papers 1896, Band 84 S. 85, 131). Report, S. 4 (= Parliamentary Papers 1896, Band 84 S. 85, 96).

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Breiter Raum ist in dem Bericht der Organisation des Grundbuchwesens gewidmet. Die Anzahl der Grundbuchbezirke, ihre durchschnittliche Fläche und Bevölkerungszahl, die räumliche und personelle Verbindung mit den Amtsgerichten („within easy reach of every man's d o o r " 1 0 1 4 ) werden beschrieben. Sogar die räumliche und personelle Ausstattung der Grundbuchämter, die Maßnahmen zum Brandschutz und nicht zuletzt der Status und die Besoldung der Grundbuchbeamten werden ausführlich analysiert. Insgesamt stellt Fortescue-Brickdale bezüglich der Organisation des deutschen Grundbuchwesens fest: „This system appears to be both economical and convenient - securing the services of competent men, acquainted with the locality and knowing many of the landowners personally, at a minimum of cost." 1 0 1 5 Besonders interessierte bei dieser Untersuchung natürlich die Vorgehensweise bei der Neueinführung des Grundbuchwesens dort, wo es bislang keine Grundstücksregistrierung gegeben hatte, namentlich in den preußischen Rheinprovinzen. Hier wird die besondere Bedeutung des bereits vorher existierenden Katasterwesens hervorgehoben, durch das man bereits über einen ersten Überblick über die Eigentumsverhältnisse und detaillierte Karten verfügt habe. Insgesamt ist Fortescue-Brickdales Urteil über das deutsche (und österreichisch-ungarische) Grundbuchwesen überaus positiv, sowohl was die praktische Umsetzung, die Akzeptanz in der Bevölkerung, die Einfachheit der Handhabung als auch die Geschwindigkeit und Sicherheit der Grundstücksgeschäfte, sowie nicht zuletzt die geringe Höhe der anfallenden Kosten in Deutschland angeht: „Notwithstanding [their] liability to become complicated [...] the Continental registers appeared, according to every test by which their practical efficiency could be tried, to be giving complete satisfaction, and to enable landowners, large and small, habitually to transact sales and mortgages with an ease, rapidity, cheapness and security which, to persons accustomed only to the conditions of land transactions in this country [Anm. d. Bearb.: gemeint ist England], will appear almost incredible." 1 0 1 6 Auch meint er, daß die deutschen Fachleute und der Juristenstand allgemein von dem System überzeugt seien: „Land transfer by registration of title has been found completely satisfactory from a practical as well as from a theoretical point of v i e w . " 1 0 1 7

ion Fortescue-Brickdale , Report, S. 7 (= Parliamentary Papers 1896, Band 84 [Accounts and Papers, Band 36], S. 85, 99). lois Fortescue-Brickdale , Report, S. 7 (= Parliamentary Papers 1896, Band 84 [Accounts and Papers, Band 36], S. 85, 99). Fortescue-Brickdale, Report, S. (=Parliamentary Papers 1896, Band 84 [Accounts and Papers, Band 36], S. 85, 9 ) .

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Abschließend formuliert Fortescue-Brickdale zwar zurückhaltend („without expressing any opinion on the comparative merits of those two systems as applied to this country" 1 0 1 8 ), für England könnten in jedem Fall eine Menge Lehren aus dem deutschen bzw. österreichisch-ungarischen Beispiel gezogen werden. Die Verbindung mit dem enthusiastischen Urteil zeigt aber, daß er sich eine Übernahme des Systems der Grundstücksregistrierung bzw. eine Nachgestaltung wünscht. Dieses System müsse auch nicht unbedingt ein Fremdkörper in englischen Leben sein. So erkennt Fortescue-Brickdale eine „remarkable similarity" zwischen dem deutschen Grundbuchwesen und dem System, welches ursprünglich in Lord Westburys Land Registry Act von 1862 auch für England vorgesehen war, sich aber nicht durchgesetzt hatte. Nach einer gewissen, selbstverständlich nicht geringen Anschubfinanzierung zur Errichtung der notwendigen Infrastruktur und des Personalstammes könne auch von einer kostendeckenden Arbeitsweise ausgegangen werden, da die nominell höheren Kosten in England durch das allgemein höhere Einkommensniveau und eben auch dementsprechend höhere Gegenstandswerte ausgeglichen werden würden. Einen einzigen wirklich wesentlichen Unterschied zwischen den Kaiserreichen und England mag Fortescue-Brickdale, unter Einschränkungen, erkennen, und den bezeichnet er als „officialism": „In one respect, and in one only, a material difference may be thought to exist between our own and continental countries, namely that in other European states officialism is not so much objected to as is here, and that consequently an official system which works very well with continental countries may be very unsuitable for English requirements notwithstanding." 1019 (Ob an der Beobachtung, gerade in Deutschland habe es damals eine allgemeine Tendenz zur Obrigkeitshörigkeit gegeben, etwas Wahres ist, mag an dieser Stelle dahinstehen. Sie illustriert jedenfalls in aufschlußreicher Weise die Langlebigkeit von Klischees.) Allerdings weist Fortescue-Brickdale, vielleicht ein wenig süffisant, darauf hin, daß jedenfalls das Londoner Schiffsregister sich seit Jahrzehnten allgemeiner Akzeptanz erfreue. 1 0 2 0 Nachdem er seinen Bericht fertiggestellt hatte, veröffentlichte FortescueBrickdale selbst noch zwei Artikel in Fachzeitschriften dazu. Einmal, im American Law Review, wird die offizielle Kurzversion des Berichtes im

1017

Fortescue-Brickdale, Report, S. 23 (= Parliamentary Papers 1896, Band 84 [Accounts and Papers, Band 36], S. 85, 115). 1018 Fortescue-Brickdale , Report, S. 97 (= Parliamentary Papers 1896, Band 84 [Accounts and Papers, Band 36], S. 85, 189). 10,9 Fortescue-Brickdale , Report, S. 13 (= Parliamentary Papers 1896, Band 84 [Accounts and Papers, Band 36], S. 85, 105). 1020 Fortescue-Brickdale , Report, S. 17 (= Parliamentary Papers 1896, Band 84 [Accounts and Papers, Band 36], S. 85, 109). 17 Dittmann

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Wortlaut wiedergegeben. 1021 In einem Beitrag für das Journal of the Society of Comparative Legislation 1022 beschreibt Fortescue-Brickdale den Hintergrund des Berichtes und noch einmal die historischen und legislativen Aspekte des deutschen Grundbuchwesens, so wie er sie in seiner Untersuchung erarbeitet hat, und größtenteils wortgleich zu seinem Bericht. Hinsichtlich der praktischen Umsetzung wird ausdrücklich auf den Bericht verwiesen. An dieser Stelle erklärt Fortescue-Brickdale offen, daß er für eine Einführung eines Registerwesens nach deutschem Vorbild auch in England sei, und seine Arbeit als Beitrag zu der anhaltenden Diskussion darüber verstanden habe. 1 0 2 3 Das zum Zeitpunkt seiner Reise in der Endphase fahrens steckende Bürgerliche Gesetzbuch und auch verabschiedete Grundbuchordnung (GBO) vom 24. Fortescue-Brickdales Bericht und seinen Artikeln Wort erwähnt.

des Gesetzgebungsverdie nur ein Jahr später März 1897 werden in übrigens mit keinem

b) Das deutsche Grundbuchwesen in der englischen Diskussion Fortescue-Brickdales offizieller Bericht und sein Engagement für eine Einführung eines Registerwesens nach deutschem Vorbild auch in England - immerhin war er in leitender Funktion für das Land Registry tätig - blieb nicht ohne Auswirkung auf die Diskussion darüber. Der Autor einer anonymen Besprechung von Fortescue-Brickdales Bericht im Law Quarterly Review 1024 äußerte sich dahingehend, daß er spätestens mit der Lektüre dieser Untersuchung von den Vorteilen und der Praktikabilität der Registrierung von Grundstücksrechten überzeugt sei: „ I f registration of title works smoothly in other countries where the law relating to the ownership of land is more complicated than it is in England, there appears nothing to prevent its working smoothly in this country." 1 0 2 5

1021 Fortescue-Brickdale , Land Transfer by Registration of Title in Germany and Austria-Hungary, American Law Review, Band 31 (1897), S. 827-838; entspricht im Wortlaut: Fortescue-Brickdale , Report (General Report), S. 1-8 (= Parliamentary Papers 1896, Band 84 [Accounts and Papers, Band 36], S. 85, 93-100). 1022 Fortescue-Brickdale , Land Registration in Central Europe, Journal of the Society of Comparative Legislation, (First Series) Band 2 (1897), S. 112-140. 1023 Fortescue-Brickdale , Land Registration in Central Europe, Journal of the Society of Comparative Legislation, (First Series) Band 2 (1897), S. 112. 1024 Registration of Title to Land (Besprechung: Fortescue-Brickdale-Report), The Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 210-212 (anonym). 1025 Registration of Title to Land (Besprechung: Fortescue-Brickdale-Report), The Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 210, 212 (anonym).

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Zwar noch wohlwollend, aber deutlich skeptischer äußerte sich John Burns im Juridical Review, 1026 Mit nur milder Ironie gesteht er den Deutschen zu, ein für ihre Situation sinnvolles System für „the conveyance of a portion of the Fatherland" 1 0 2 7 gefunden zu haben. Angesichts der bestehenden Unterschiede zwischen Deutschland und England nicht nur in rechtlicher, sondern auch in kultureller und mentaler Hinsicht, hält er eine Übernahme des deutschen Grundbuchwesens aber weder für wünschenswert noch für letztlich möglich. Stattdessen könne man sich jedoch an einzelnen Aspekten des deutschen Systems ein Beispiel nehmen. Er schlägt vor, anstelle eines staatlichen Registers wenigstens eine staatlich garantierte und beglaubigte Überprüfung der relevanten Urkunden einzuführen, damit es nicht jedesmal zu einem neuerlichen „tracing of the deeds" kommen müßte. Ähnlich skeptisch, wenn auch ohne expliziten Bezug zum deutschen Beispiel, aber in Kenntnis davon, äußerte sich auch Edward Jenks zu Wirksamkeit und Sinn der staatlichen Registrierung von Grundstücksrechten. 1028 Scharfe Kritik an Fortescue-Brickdales Bericht und an seinen Schlußfolgerungen artikulierte Edmund Kell Blyth noch im selben Jahr in einem speziell hierzu angefertigten Pamphlet. 1 0 2 9 Er mißtraut sowohl der Anlage als auch den Ergebnissen der Untersuchung und unterstellt dem Autoren Voreingenommenheit und zeiht ihn der Lobhudelei („Mr. Brickdale narrates in eulogistic language" 1 0 3 0 ). Er versucht, eine Reihe von tatsächlichen oder vermeintlichen Schwachpunkten und Gefahren des deutschen Systems der Grundstücksregistrierung herauszuarbeiten und gleichzeitig die prinzipielle Überlegenheit des bestehenden englischen Systems nachzuweisen. Im Einzelnen kritisiert Blyth am deutschen Grundbuchwesen: Es berücksichtige nicht ausreichend die in England häufigen Beschränkungen aufgrund erbrechtlicher und sonstiger Verfügungen („entailed and settled estates"; in der Tat waren und sind Nacherbfolgeregelungen u.ä. nicht eintragungsfähig). 1031 Die von Fortescue-Brickdale gepriesene Einfachheit und Schnelligkeit des Verfahrens sei nicht wirklich vorteilhaft, sondern erhöhe vielmehr die 1026 Burns , Land Transfer in Germany and Austria, The Juridical Review, Band 9 (1897), S. 155-160. 1027 Burns , Land Transfer in Germany and Austria, The Juridical Review, Band 9 (1897), S. 155. 1028 Jenks, Modem Land Law, Oxford 1899, S. 454. Der Bericht von FortescueBrickdale wird im Literaturverzeichnis dieses Werkes erwähnt, so daß von einer Kenntnis Jenks ' um das deutsche Beispiel ausgegangen werden kann. 1029 Blyth, The German and Austrian System of Land Registry and their Application to England, London 1897. 1030 Blyth, S. 17. 1031 Blyth, S. 11. 17

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Gefahr von Fälschungen, Betrügereien und irrtümlichen Verfügungen: „Under the German system [...] the danger of fraud and personation is greater than the risk existing under English custom." 1 0 3 2 Das deutsche System sei gekennzeichnet durch „its rapid action and total want of any precautions." 1033 Bezogen auf einen einzelnen konkreten Fall aus England aus einem County, in dem das Registerwesen bereits eingeführt war: „This blunder could not possibly have taken place had the business been transacted between the parties at the office of one of their solicitors, instead of being carried out by the Registrar." 1 0 3 4 Eine zwangsläufige Fehlerquelle sei die Technik des farbigen Unterstreichens für die Löschung von Einträgen: „[What if] a Registrar or his clerk [...] accidentally ruled under a wrong line [ ? ] " 1 0 3 5 In diesem Zusammenhang äußert sich Blyth auch ablehnend gegen die materiell-rechtliche Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs. Diese zeitige unbillige Folgen, indem dadurch gegebenenfalls nichtsahnende Eigentümer ihrer Rechte beraubt würden. 1 0 3 6 Der hauptsächliche Einwand ist, daß ein System nach deutschem Muster die Einführung einer Registrierungspflicht mit sich bringe. In der Ablehnung einer derartigen, von staatlicher Seite verordneten Pflicht spart Blyth nicht mit Kraftausdrücken: Jede Art von „compulsory registration" wäre „certainly an extraordinarily autocratic legislation" 1 0 3 7 , „despotic legislat i o n " 1 0 3 8 , „would be a great hardship and heavy burden on the land; and [...] would be a great source of expense and delay." 1 0 3 9 Einige andere Kritikpunkte, die Blyth aufzeigt, scheinen allerdings auf einem falschen bzw. verzerrten Verständnis von Fortescue-Brickdales Feststellungen zu beruhen. So ist er der Meinung, nach dem deutschen System bestehe eine Anwesenheitspflicht der Parteien bei der Antragstellung im Grundbuchamt. 1040 Seine Schlußfolgerung hieraus: „The register and the enforced journeys are a great and unneccessary annoyance to the people." 1 0 4 1 Ebenso geht er von einer Zustimmungspflicht aller Berechtigten bei Weiterveräußerung des Grundstückes aus. 1 0 4 2 Schließlich versteigt 1032 1033 1034 1035 1036 1037 1038 1039 1040 1041 1042

Blyth, Blyth, Blyth, Blyth, Blyth, Blyth, Blyth, Blyth, Blyth, Blyth, Blyth,

S. 13, 17. S. 21. S. 17. S. 18. S. 14. S. 23. S. 24. S. 26. S. 12, 20. S. 13. S. 12.

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sich Blyth zu der unqualifizierten Bemerkung, das deutsche System sei so ökonomisch, weil die Löhne und Gehälter so niedrig seien, und folglich ließe sich die Wirtschaftlichkeit des Systems in England erhöhen, indem man die Gehälter des Personals des Land Registry, Fortescue-Brickdales eingeschlossen, kürzen würde. 1 0 4 3 Insgesamt ist Blyths Kritik dadurch gekennzeichnet, daß viele Behauptungen reichlich unsubstantiiert erscheinen und ansonsten auf oft haarspalterischen Interpretationen des Wortlauts von Fortescue-Brickdales Bericht beruhen. Hier macht sich bemerkbar, daß Blyth das deutsche System offenbar nicht aus eigener Anschauung kennt, sondern sich nur auf die Informationen aus dem Bericht stützt. Wenn Fortescue-Brickdale eine gewisse Begeisterung in seinen Formulierungen nicht verhehlen kann, so wirkt Blyths Kritik überzogen und kleinkariert, sein Stil polemisch. Bei alledem wird deutlich, daß Blyths eigentliches Anliegen weniger eine Kritik am deutschen System ist, sondern vielmehr, eine Einführung eines allgemeinen Grundstücksregisters in England überhaupt zu verhindern. In dieses Bild paßt, daß er verschiedentlich die Vorzüge des bestehenden englischen Systems hervorhebt, welches durch Gesetzgebung aus den 1880er Jahren bereits eine weitgehende Vereinfachung erfahren habe und auch ansonsten gut funktioniere. Wiederholt läßt er anklingen, daß die englischen Grundstücke in den Händen der erfahrenen „conveyancing solicitors" gut aufgehoben seien. Blyths Fazit, in dem er sich noch einmal ausdrücklich gegen eine Ausweitung der Rolle des Land Registry wendet, spiegelt jedenfalls ohne Zweifel eine weit verbreitete Meinung wider: „[The] risks of fraud in a universal land registry are at least as great as those of the existing system of transfer by deed, while the chance of mistakes is greater; [...] the creation of a vast number of public officials introduces a new and special element of risk; [...] our present system has been so greatly simplified that no advantage in the way of convenience would be derived from its abolition; [...] every landowner who desires to use a registry is absolutely free to do so at the present time if he thinks fit; [...] [the] enormous expense of this immense official system would be far beyond the aggregate amount of any losses under the existing system." 1 0 4 4 Die bei Blyth angedeutete Argumentationslinie gegen eine Einführung eines Registerwesens nach deutschem Vorbild in England wird in einem Pamphlet, das von der Incorporated Law Society 1905 herausgegeben und 1907 noch einmal neu aufgelegt wurde, weitergeführt. 1045 Bei der Incor1043

Blyth, S. 21 f. Blyth, S. 33. 1045 Some Reasons against Registering Land at the Land Registry, hrsg. v. d. Incorporated Law Society, London, 1. Juni 1905, 2. Auflage vom 14. Februar 1907 (anonym). Im Folgenden wird aus der 1. Auflage zitiert. 1044

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

porated Law Society handelte es sich um die Standesorganisation und Interessenvertretung der Solicitors. Vor allem wird darin vor dem Aufwand für eine flächendeckende Ausweitung des Registerwesens - für den Großraum London war die Grundstücksregistrierung bereits seit der Jahrhundertwende Pflicht - gewarnt. Wiederum wird das Fehlen eines umfassenden Grundstückskatasters, welcher die Grundlage des deutschen Systems bilde - „the maps are marvels of accuracy, an the boundaries of every property are absolutely defined" - , in England hervorgehoben: „[It] would take years to accomplish and cost millions of money, [...] if it is done [...] it will have to be paid for by landowners." 1 0 4 6 Der anonyme Autor des Pamphlets weist weiterhin auf die tatsächlich oder vermeintlich größere Gefahr der Fälschung hin, und er lehnt in diesem Zusammenhang ebenfalls die Möglichkeit des gutgläubigen Zweiterwerbs a b . 1 0 4 7 Weitere Gegenargumente: „In England people much prefer to manage their own affairs in their own w a y . " 1 0 4 8 - „There is no demand for the registration system in England", die Grundstückseigentümer seien überall vehement dagegen. 1049 Wenig überraschend steht am Ende der Schrift ein dem Ergebnis von FortescueBrickdale diametral entgegengesetztes Fazit: „ A n official register [...] cannot compete in cheapness, safety, accuracy and despatch with the private deed system." 1 0 5 0 Fortescue-Brickdale , seit 1900 Leiter des Land Registry, nahm in einem internen Memorandum zu dieser Veröffentlichung Stellung. 1 0 5 1 Er bemühte sich, einen Großteil der darin geäußerten Kritik und Argumente der Incorporated Law Society zu widerlegen. Er stellte unter anderem fest, daß entgegen den Behauptungen der Incorporated Law Society kein wesensmäßiger Unterschied zwischen dem australischen Torrens-System und dem deutschen bzw. österreichisch-ungarischen Grundbuchwesen bestünde, und daß mithin jedenfalls keine grundsätzlichen nationalen Eigenheiten bzw. Charakterzüge gegen die Einführung in England stünden. 1 0 5 2 Auch weist er 1046

Some Reasons against Registering Land at the Land Registry, hrsg. v. d. Incorporated Law Society, London, 1. Juni 1905 (anonym), S. 3. 1047 Some Reasons against Registering Land at the Land Registry, hrsg. v. d. Incorporated Law Society, London, 1. Juni 1905 (anonym), S. 4. 1048 Some Reasons against Registering Land at the Land Registry, hrsg. v. d. Incorporated Law Society, London, 1. Juni 1905 (anonym), S. 3. 1049 Some Reasons against Registering Land at the Land Registry, hrsg. v. d. Incorporated Law Society, London, 1. Juni 1905 (anonym), S. 5. 1050 Some Reasons against Registering Land at the Land Registry, hrsg. v. d. Incorporated Law Society, London, 1. Juni 1905 (anonym), S. 6. 1051 Manuskript aus: LAR 1/67: Incorporated Law Society, 1907: Notes on the Law Society's „Reasons against Registering Land at the Land Registry" (Edition of 14 February 1907) (Bestand des Public Record Office LAR 1/67: Land Registry: Registered Files, 1822-1972, Lfd. Nr. 67).

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nach, daß der im Pamphlet angegriffene gutgläubige Zweiterwerb in einschlägigen Entscheidungen englischer Gerichte längst anerkannt s e i 1 0 5 3 Den alljährlichen Tätigkeitsbericht des Land Registry von 1906 nahm man bei der Incorporated Law Society zum Anlaß zu einem neuerlichen Angriff gegen das Registerwesen. In der Law Times wurde ein umfangreicher Artikel abgedruckt, in dem neben der Kritik an einzelnen Details des Berichtes das System noch einmal grundsätzlich in Frage gestellt wurde. 1 0 5 4 Man bediente sich dabei der bekannten Argumenten und Behauptungen. Ausdrücklich wird Fortescue-Brickdales Bericht von 1896/ 1897 noch einmal aufgegriffen, damit wiederum indirekt das deutsche bzw. österreichisch-ungarische Grundbuchwesen kritisiert: „Whether the Austrian system is an unequivocal success is to be doubted; certainly the report on that system made by one Land Registry official to another in the year 1896 with the object of furthering compulsory registration in England must be viewed with the greatest suspicion." 1 0 5 5 Ein weiteres Mal wird die Frage der Finanzierung angesprochen: „Are the landowners or the general taxpayer going to pay for it, and is it worth paying f o r ? " 1 0 5 6 A m Ende steht noch einmal ein Seitenhieb auf das deutsche bzw. österreichisch-ungarische System: „Germany [and] Austro-Hungary [...] are two of the most officialridden countries in the world [. . . ] . " 1 0 5 7

1052

S. 3 der Reinschrift des Manuskripts mit Kommentaren und Anmerkungen zu: Some Reasons against Registering Land at the Land Registry, hrsg. d. Incorporated Law Society, London, 1. Juni 1905 (anonym), aus: LAR 1/67: Incorporated Law Society, 1907: Notes on the Law Society's „Reasons against Registering Land at the Land Registry" (Edition of 14 February 1907) (Bestand des Public Record Office LAR 1/67: Land Registry: Registered Files, 1822-1972, Lfd. Nr. 67). 1053 S. 5 der Reinschrift des Manuskripts mit Kommentaren und Anmerkungen zu: Some Reasons against Registering Land at the Land Registry, hrsg. d. Incorporated Law Society, London, 1. Juni 1905 (anonym), aus: LAR 1/67: Incorporated Law Society, 1907: Notes on the Law Society's „Reasons against Registering Land at the Land Registry" (Edition of 14 February 1907) (Bestand des Public Record Office LAR 1/67: Land Registry: Registered Files, 1822-1972, Lfd. Nr. 67). 1054 Thg L a n d Registry Claims. Observations on the Report of the Registrar, dated July 27, 1906, prepared under the instructions of the Law Society, The Law Times, 9. März 1907, S. 442-445 (anonym). 1055 L a n c j Registry Claims. Observations on the Report of the Registrar, dated July 27, 1906, prepared under the instructions of the Law Society, The Law Times, 9. März 1907, S. 442, 444 (anonym). 1056 The Land Registry Claims. Observations on the Report of the Registrar, dated July 27, 1906, prepared under the instructions of the Law Society, The Law Times, 9. März 1907, S. 442, 444 (anonym). 1057 The Land Registry Claims. Observations on the Report of the Registrar, dated July 27, 1906, prepared under the instructions of the Law Society, The Law Times, 9. März 1907, S. 442, 445 (anonym).

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Konkret gegen diese Stellungnahme wendet sich James Edward Hogg in einem Artikel in der Fachzeitschrift Building Societies' Gazette and Land Companies' Record 1 0 5 8 , der bemüht ist, die einzelnen Argumente der Incorporated Law Society der Reihe nach zu widerlegen, und unter anderem die Schwachpunkte in der Kritik, wie sie bereits von Blyth formuliert und von der Incorporated Law Society aufgegriffen worden war, aufzudecken. Insbesondere weist er nach, daß Blyth den Bericht von Fortescue-Brickdale verschiedentlich falsch bzw. verfälschend zitiert h a t . 1 0 5 9 Fortescue-Brickdale hielt mehrfach schriftlich fest, daß seiner Meinung nach die Einführung bzw. Ausweitung des Registerwesens in England einzig und allein am hinhaltenden Widerstand der Solicitors scheitere, die um ihre Pfründen fürchteten. In einem internen Memorandum des Land Registry schrieb er: „[The] solicitors [are] actually boycotting registered land, [...] [they] advise clients not to register absolute titles." 1 0 6 0 Alle entsprechenden Gesetzesinitiativen würden durch ihre Lobby torpediert („,blocked' [...] at the instance of the solicitors" 1 0 6 1 ). Die Berechtigung dieser Auffassung läßt sich anhand der Protokolle der Parlamentssitzungen, in denen es um die Einführung des Registerwesens in England ging, nachweisen. 1062 Kristallisationspunkt dieser meist lebhaften Debatten zur war immer wieder die Frage, ob die Registrierung zur Pflicht gemacht werden sollte. In den einzelnen Wortbeiträgen spiegelte sich nicht zuletzt der Einfluß der Solicitors bzw. der Law Societies wider. Das deutsche Grundbuchwesen wurde zwar im House of Commons und House of Lords niemals explizit erwähnt, doch die Debatten illustrieren nicht zuletzt den Hintergrund und die Brisanz der Untersuchung von Fortescue-Brickdale. Im Zuge der Vorbereitung des Land Transfer Act von 1897, in der zweiten Lesung des Gesetzentwurfes im House of Lords am 20. April 1893, 1058 Hogg : Criticism of the Law Society's Observations on the Land Registry Report, The Building Societies' Gazette and Land Companies' Record, 1. Mai 1907, S. 72-74. 1059

Hogg : Criticism of the Law Society's Observations on the Land Registry Report, The Building Societies' Gazette and Land Companies' Record, 1. Mai 1907, S. 72, 74. 1060 Short Remarks on the Observations of the Law Society on the Registrar's Report 1906 (Manuskript, von Fortescue-Brickdale ), S. 3, aus: LAR 1/66: Incorporated Law Society: Comments on Registrar's Report 1906, entitled Land Registry Claims (Bestand des Public Record Office LAR 1/66: Land Registry: Registered Files, 1822-1972, Lfd. Nr. 66). 1061 Fortescue-Brickdale , Notes on Land Transfer in Various Countries, S. 2. 1062 j ) e r Ablauf des langwierigen Gesetzgebungsverfahrens zum Land Transfer Act von 1897 läßt sich aus dem Index dieses Bandes gut ablesen: Cobbet!Hansard (Hrsg.), Parliamentary Debates, 4th Series, Band 52 (1897).

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

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eröffnete der damalige Lord Chancellor Lord Herschell die Sitzung mit der Bemerkung, das Problem habe man „argued over and over in this House." 1 0 6 3 Als erklärter Befürworter des Gesetzentwurfes wandte er sich gegen die wiederholten Versuche von Seiten der Law Societies, das Gesetzgebungsverfahren zu behindern. 1064 Als Ursache dafür, daß die bestehenden Grundstücksregister in der Praxis weitgehend ignoriert würden, benennt er den faktischen Boykott durch die Solicitors: „When one finds that, rightly or wrongly, solicitors do not take a favourable view of a system of land registration, they are not very likely to voluntarily call the attention of their clients to the possibility of registry." 1 0 6 5 Auch andere Redner beklagten die hohen Kosten des bisherigen Systems, und erklärten den Widerstand des juristischen Establishments mit der Angst um seine Pfründen. 106 6 Ein Gegner des Gesetzentwurfes ließ hingegen das oft formulierte Mißtrauen gegen jegliche Art staatlich verordneter Pflichten erkennen: „afraid [...] that this Bill would introduce a kind of legal millenium." 1 0 6 7 Kurz vor der endgültigen Verabschiedung des Gesetzentwurfes wurden in der Diskussion in einem Komitee des Unterhauses noch einmal die Widerstände gegen die Einführung der Grundstücksregistrierung in England deutlich. Ein Abgeordneter formulierte als nicht unwesentlichen Grund für die Ablehnung das allgemeine Unbehagen an allen grundlegenden Reformen: „The object of the bill [is] to introduce a totally new system." 1 0 6 8 Der Beitrag eines anderen, der sich als Sprachrohr der Anwaltslobby zu erkennen gab, illustriert den politischen Druck, gegen den das Registerwesen eingeführt wurde: „[The argument in favour of the compulsory clause is] that it [is] necessary because the solicitors of the country disapproved registration. That [is] a very mean and unworthy suggestion for a Conservative Government to make against what [is] probably the most conservative body of men in the whole country." 1 0 6 9 Ein Abgeordneter schließlich berief sich auf seine eigenen Erfahrungen als ehemaliger „conveyancing solicitor" (und 1063

Cobbet! Hansard (Hrsg.), S. 736. 1064 Cobbet! Hansard(Hrsg.), s. 738. 1065 Cobbet! Hansard(Hrsg.), s. 740. 1066 Cobbet! Hansard(Hrsg.), s. 744 f. 1067 Cobbet! Hansard(Hrsg.), s. 747. 1068 Cobbet! Hansard(Hrsg.), s. 294. 1069 Cobbet! Hansard(Hrsg.), s. 299.

Parliamentary Debates, 4th Series, Band 11 (1893), Parliamentary Debates, 4th Series, Band 11 (1893), Parliamentary Debates, 4th Series, Band 11 (1893), Parliamentary Debates, 4th Series, Band 11 (1893), Parliamentary Debates, 4th Series, Band 11 (1893), Parliamentary Debates, 4th Series, Band 52 (1897), Parliamentary Debates, 4th Series, Band 52 (1897),

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

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sämtliche Law Societies, die hinter ihm stünden) und drohte: „[There will] be a perfect uproar on the subject, and it [will] lead to great expense, trouble and d e l a y . " 1 0 7 0 Das Gesetz wurde dennoch verabschiedet. Ein paar Jahre später bot dafür die Haushaltsdebatte der Opposition einen neuerlichen Anlaß, den Sinn und Zweck der Land Transfer Acts in Frage zu stellen. Anknüpfungspunkt war Frage der finanziellen und personellen Ausstattung des Land Registry Office. 1 0 7 1 Ein Abgeordneter faßte bei dieser Gelegenheit noch einmal die Situation zusammen, die zur Einführung des Registerwesens geführt hatte: „There was an urgent necessity for a radical alteration in the present system of land transfer. Great Britain was practically the only civilized country in the world in which the antiquated and tortuous system of land tenure under which we suffered, was permitted to continue. Why should the House of Commons, dominated by the interests of lawyers, refuse to allow this reform?" 1 0 7 2 Anläßlich der Veröffentlichung des oben erwähnten Pamphlets der Incorporated Law Society gegen die Registrierung wurde das Thema im Jahre 1905 noch einmal in der Fragestunde im House of Commons aufgegriffen, aber nicht mehr eingehender behandelt. 1073 Im Jahre 1908 wurde eine Regierungskommission eingesetzt, die nach zehn Jahren Erfahrungen mit der allgemeinen Registrierung von Grundstükken auf der Grundlage des Land Transfer Act von 1897 eine erste Bilanz ziehen sollte. Die „Royal Commission on the Land Transfer Acts" tagte von 1908 bis 1909, ein erster Zwischenbericht mit Protokollen der Verhandlungen und Anhörungen vor der Kommission wurde 1909 1 0 7 4 , der zweite und gleichzeitig abschließende Bericht mit den restlichen Protokollnotizen dann 1911 1 0 7 5 veröffentlicht. An erster Stelle wurde von der Kommission Charles Fortescue-Brickdale in seiner Funktion als Chief Registrar des Land Registry vernommen. Im 1070

S. 304 f.

Cobbet! Hansard (Hrsg.), Parliamentary Debates, 4th Series, Band 52 (1897),

1071 Cobbet! Hansard(Hrsg.), Parliamentary Debates, 4th Series, Band 122 (1903), S. 1381 ff. 1072 Cobbet! Hansard (Hrsg.), Parliamentary Debates, 4th Series, Band 122 (1903), S. 1400. 1073 Cobbet!Hansard (Hrsg.), Parliamentary Debates, 4th Series, Band 148 (1905), S. 1338 f. 1074 Royal Commission on the Land Transfer Acts 1908/1909: First Report of the Commissioners and Appendix, Minutes of Evidence, Cd. 4509, 4510, in: Parliamentary Papers 1909, Band 27 (Reports from Commissioners Band 19), S. 729-928. 1075 Royal Commission on the Land Transfer Acts, Second and Final Report of the Commissioners and Minutes of Evidence Vol. II., Cd. 5483, 5494, in: Parliamentary Papers 1911, Band 30 (Reports from Commissioners Band 23), S. 1-737.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

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Rahmen seiner Befragung kam man noch einmal ausführlich auf seinen Bericht über das deutsche Grundbuchwesen von 1897 zu sprechen. 1076 Teile davon wurden verlesen, Fortescue-Brickdale nahm noch einmal Stellung dazu und blieb im wesentlichen bei seinen Aussagen. Viele einzelne Details wurden noch einmal behandelt, vor allem aus dem Abschnitt über die Neueinführung des Systems in den preußischen Rheinprovinzen sowie die praktische Möglichkeit, aufgrund der relativ geringen Kosten und Gebühren auch geringwertige Grundstücksgeschäfte durchzuführen. Interessant ist die Aussage Fortescue-Brickdales, daß man nach seiner Reise, noch vor Verabschiedung des neuen Land Transfer Act von 1897, einiges am Arbeitsablauf beim Land Registry nach deutschem Vorbild umgestellt habe. 1 0 7 7 Auch bei der Anhörung anderer Zeugen und Sachverständiger wurde vereinzelt noch einmal das deutsche Beispiel angesprochen. Ein Zeuge wies auf Eigentümlichkeiten des englischen Nationalcharakters im Allgemeinen und des Grundstücksrechts im Besonderen hin, die seiner Meinung nach einer Einführung eines Registerwesens in England entgegenstünden, und kontrastierte diese Situation mit der im Deutschen Reich, dessen Staat und Gesellschaft von „officialism" geprägt seien. 1 0 7 8 In die gleiche Kerbe hieb der ebenfalls angehörte Vorsitzende der Incorporated Law Society: „In comparing German and English practice it must be borne in mind that Germany is an essentially bureaucratic country, where everything is controlled by government officials." 1 0 7 9 Daß zumindest die rechtliche Ausgangslage in den beiden Ländern grundverschieden sei, räumte auch Fortescue-Brickdale auf erneute Befragung hin unumwunden ein, sah jedoch keinen Grund, deshalb nicht vom deutschen Beispiel zu lernen. 1 0 8 0

1076 Royal Commission on the Land Transfer Acts 1908/1909: First Report of the Commissioners and Appendix, Minutes of Evidence, Cd. 4509, 4510, in: Parliamentary Papers 1909, Band 27 (Reports from Commissioners Band 19), Questions 1454 ff. 1077 Royal Commission on the Land Transfer Acts 1908/1909: First Report of the Commissioners and Appendix, Minutes of Evidence, Cd. 4509, 4510, in: Parliamentary Papers 1909, Band 27 (Reports from Commissioners Band 19), Question 1480. 1078 Royal Commission on the Land Transfer Acts, Second and Final Report of the Commissioners and Minutes of Evidence Vol. II., Cd. 5483, 5494, in: Parliamentary Papers 1911, Band 30 (Reports from Commissioners Band 23), Question 8169 (Zeuge: Charles Mylne Barker , 23. Tag der Anhörungen, 10. Juni 1909). 1079 Royal Commission on the Land Transfer Acts, Second and Final Report of the Commissioners and Minutes of Evidence Vol. II., Cd. 5483, 5494, in: Parliamentary Papers 1911, Band 30 (Reports from Commissioners Band 23), Question 10492 (Zeuge: James Samuel Beale, 28. Tag der Anhörungen, 22. Juli 1909). 1080 Royal Commission on the Land Transfer Acts, Second and Final Report of the Commissioners and Minutes of Evidence Vol. II., Cd. 5483, 5494, in: Parlia-

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

In ihrem Abschlußbericht kommt die Kommission zu dem Ergebnis, das deutsche Beispiel belege, daß das Registerwesen auch in einem komplexen sozialen, wirtschaftlichen und juristischen Umfeld funktionsfähig und sinnvoll sei: „The principle of such a Registry is, in our opinion, sound and valuable; and it appears to have been carried into effect with success in Germany [et a l . ] . " 1 0 8 1 Die konkreten Verbesserungsvorschläge der Kommission orientierten sich danach allerdings nicht mehr am deutschen Beispiel, sondern bezogen sich auf eine Vielzahl von einzelnen Regelungen und Details im Verfahren nach den bestehenden Land Transfer Acts.

c) Sonstige Darstellungen bzw. Erwähnungen des deutschen Grundbuchwesens Das deutsche Grundbuchwesen und die Bedeutung der Registrierung von Grundstücksrechten im deutschen Recht wurde auch in einer Reihe anderer englischsprachiger Publikationen erwähnt. Reginald Burnet Morris, ein englischer Anwalt und erklärter Befürworter der Einführung eines Registerwesens in England, verfaßte 1895 ein Buch zum Thema, in dem er die entsprechende Rechtslage in den Britischen Kolonien und in einer Reihe anderer Länder darstellt. 1 0 8 2 Der Abschnitt über Deutschland ist relativ knapp. 1 0 8 3 Der Leser erfährt wenig mehr als die Daten der Einführung der Grundstücksregistrierung in einer Reihe von deutschen Bundesstaaten. Preußen ist am ausführlichsten abgehandelt. Hier werden die wichtigsten Regelungen des Preußischen Eigenthumserwerbgesetzes vom 5. Mai 1872 kurz und sehr oberflächlich zusammengefaßt. Die Tatsache, daß die Eintragung Wirksamkeitsvoraussetzung für den Rechtserwerb ist, wird hervorgehoben 1084 , ebenso, daß die Prüfung der Berechtigung durch eine staatliche Behörde offenbar unproblematisch und allgemein akzeptiert erfolge. 1 0 8 5 Morris geht auch ausführlich auf den Stand der Dinge in England ein, wobei er einen ebenso umfassenden wie detailmentary Papers 1911, Band 30 (Reports from Commissioners Band 23), Question 12555 (35. Tag der Anhörungen, 18. November 1909). 1081 Royal Commission on the Land Transfer Acts, Second and Final Report of the Commissioners and Minutes of Evidence Vol. II., Cd. 5483, 5494, in: Parliamentary Papers 1911, Band 30 (Reports from Commissioners Band 23), S. 25. 1082 Morris, A Summary of the Law of Land and Mortgage Registration in the British Empire and Foreign Countries, London 1895. 1083 Morris , A Summary of the Law of Land and Mortgage Registration in the British Empire and Foreign Countries, S. 103-107. 1084 Morris , A Summary of the Law of Land and Mortgage Registration in the British Empire and Foreign Countries, S. 105. 1085 Morris , A Summary of the Law of Land and Mortgage Registration in the British Empire and Foreign Countries, S. 106.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

2

genauen Überblick über die historische Entwicklung sowie eine umfangreiche Literaturliste, die bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts zurück reicht, liefert. 1086 Wie bereits erwähnt, veröffentlichte das Journal of the Society of Comparative Legislation im Jahre 1903 einen Artikel von Ernest Joseph Schuster, der gleichsam als Leitfaden für die kommerzielle Betätigung britischer Unternehmen im Deutschen Reich konzipiert i s t . 1 0 8 7 Im Zusammenhang mit der Frage, welche Kapitalsicherungsmöglichkeiten das deutsche Recht bietet, erwähnt Schuster die Regelung des § 48 GBO, wonach im Unterschied zum englischen wie auch zum vormaligen deutschen Recht bei einer Eintragung mehrerer Berechtigter auch die Art der Aufteilung einzutragen sei. Bei seiner abschließenden Bewertung des deutschen Rechtssystems im Vergleich zum englischen benennt Schuster das Prinzip der öffentlichen Registrierung unternehmensrelevanter Daten, wie es im Deutschen Reich in Form von Handelsregister und Grundbüchern verwirklicht sei, als vorbildlich. In den „Principles of German Civil Law" erklärt Schuster ausführlich die organisatorischen Voraussetzungen der Registrierung von Grundstücken in Deutschland, die Einrichtung von Grundbuchämtern und den Aufbau der Grundbücher, enthält sich aber jedes Vergleichs mit der Situation in England bzw. jeglichen wertenden Kommentars. 1088 Auch in den USA wurde das deutsche Grundbuchwesen beschrieben. Von der bereits erwähnten Veröffentlichung Kurzfassung des Berichtes von Fortescue-Brickdale im Review 1089 abgesehen, wird das deutsche System auch an erwähnt:

verschiedentlich der offiziellen American Law folgenden Stellen

Smithers erklärt in seinem Artikel über das BGB im American Law Register von 1903 beiläufig, das Grundbuch sei „a practical civil history of every piece of land. Whatever is upon that Registry [...] is binding upon third parties." 1 0 9 0 Die wesentlichen Merkmale des deutschen Grundbuchwesens werden 1906 in einem anonymen Artikel über die Ergebnisse eines Kommitees der 1086

Morris , A Summary of the Law of Land and Mortgage Registration in the British Empire and Foreign Countries, S. 1 ff. 1087 Schuster , British Companies in Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 5 (1903-04), S. 100-108. 1088 Schuster , Principles of German Civil Law, London 1907, S. 277 ff. 1089 Fortescue-Brickdale , Land Transfer by Registration of Title in Germany and Austria-Hungary, American Law Review, Band 31 (1897), S. 827-838. 1090 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 24.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Pennsylvania Bar Association kurz zusammengefaßt. 1091 Das erwähnte Komitee hatte eine Untersuchung über die Verbreitung des Registerwesens in der Welt angestellt und war zu dem Schluß gekommen, daß es zwei grundsätzlich verschiedene Systeme gab, nämlich einerseits die Registrierung von Urkunden („the French system") und andererseits die Registrierung des Rechtes selbst. Für diese zweite Variante wurde das deutsche Grundbuchwesen als archetypisch bezeichnet: „the German system of judicial registry of title, in which all transfers, liens and claims must be noted under judicial supervision, the registered owner or lienholder having title absolute and undefeasible, except for prior estates and claims duly registered, the land being identified by a public survey called a Cadaster." 1092 Interessant die Feststellung der effektiven Verbreitung dieses Systems im Jahre 1906: „The German, or judicial, system prevails in Austria-Hungary, the entire German Empire, Denmark, Sweden, Norway, Russia, the City of London, and the German cantons of Switzerland. It is also the law - probably modified by oriental customs - of Turkey and Japan." 1 0 9 3 Nach Aussage des Artikels waren übrigens sowohl das russische als auch das japanische Recht ausdrücklich und gezielt nach dem Vorbild der Preußischen Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 geformt. Walter Neitzel widmete einen Abschnitt seines Artikels über die Freiwillige Gerichtsbarkeit in Deutschland, der 1908 im Harvard Law Review erschien, dem deutschen Grundbuchwesen. 1094 In der ihm eigenen Prägnanz hatte Maitland zu diesem Komplex erklärt: „No Englishman is likely to admire all things German. [...] But there are some departments - large departments - of English law which seem to me thoroughly discreditable to us. I would mention in particular a great deal of what we call the Law of Real Property. It seems to me to be full of rules which no one would enact now-a-days unless he were in a lunatic asylum. [...] Our Land Law as a whole is becoming a more intricate labyrinth every year [...]. The consequence is, that German Land Law is about a century ahead of English Land L a w . " 1 0 9 5

1091 Land Title Registration in Several Countries, The American Law Review, Band 40 (1906), S. 412-417 (anonym). 1092 Land Title Registration in Several Countries, The American Law Review, Band 40 (1906), S. 412, 415 f. (anonym). 1093 Land Title Registration in Several Countries, The American Law Review, Band 40 (1906), S. 412, 416 (anonym). 1094 Neitzel , Non-Contentious Jurisdiction in Germany, Harvard Law Review, Band 21 (1907-Ό8), S. 476, 485^88. 1095 Maitland , The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 219 ff.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

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IV. Familienrecht Aus dem vierten Buch des BGB interessierten aus anglo-amerikanischer Sicht vor allem die Vorschriften zur Eheschließung sowie das Scheidungsrecht. 1 0 9 6 Daneben gab es eine Reihe von Publikationen, in denen die Rechtsstellung des unehelichen Kindes, das Adoptionsrecht und das Vormundschaftsrecht sowie die Rolle des Familienrates eingehender untersucht wurden.

1. Eherecht Das deutsche Ehe- und Scheidungsrecht in dem Zustand vor Inkrafttreten des BGB wird in einem 1894 für das britische Parlament angefertigten Bericht über das Ehe- und Scheidungsrecht in den wichtigsten Ländern und Kolonien dargestellt. 1097 Der Bericht besteht im wesentlichen aus der Sammlung von Antwortschreiben der diplomatischen und konsularischen Vertreter des Vereinigten Königreiches in den einzelnen Ländern auf zwei Anfragen durch das Foreign Office. Einmal sollte das Eherecht dargestellt werden, unter besonderer Berücksichtigung des Alters, ab dem Ehen eingegangen werden konnten, sowie möglicher Ausschließungsgründe und Eheverbote, zum anderen das Scheidungsrecht, wobei besonderes Augenmerk auf die zulässigen Scheidungsgründe gerichtet werden sollte. Aus Deutschland kamen gleich von drei Vertretungen Antwortschreiben. Einmal, quasi für Gesamtdeutschland und Preußen, aus B e r l i n 1 0 9 8 , gesondert für Bayern und Württemberg vom Konsulat in München 1 0 9 9 und noch einmal aus Dresden für Sachsen 1100 . In den Schreiben zum Eherecht aus Berlin und München werden zunächst die in allen Bundesstaaten geltenden Regelungen des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1876 stichwortartig dargestellt. Am ausführlichsten ist dabei das Schreiben aus Berlin, das auch als einziges einen Hinweis auf die einschlägigen Vorschriften aus den Militärgesetzen gibt. Der Bericht aus Dresden verzichtet auf die Darstellung des Reichsrechtes und gibt statt 1096

Zum damaligen englischen Ehe- und Scheidungsrecht und zu den wichtigsten Unterschieden zum deutschen Recht siehe oben: Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, IV, 1, Fußnote 277. 1097 Reports on the Laws of Marriage and Divorce in Foreign Countries, Parliamentary Papers 1894, Band 70 (Accounts and Papers, Band 20), S. 111-274. 1098 Reports on the Laws of Marriage and Divorce in Foreign Countries, Parliamentary Papers 1894, Band 70 (Accounts and Papers, Band 20), S. I l l , 184-187. 1099 Reports on the Laws of Marriage and Divorce in Foreign Countries, Parliamentary Papers 1894, Band 70 (Accounts and Papers, Band 20), S. I l l , 135-137. 1100 Reports on the Laws of Marriage and Divorce in Foreign Countries, Parliamentary Papers 1894, Band 70 (Accounts and Papers, Band 20), S. I l l , 242-244.

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dessen nur eine kurze Übersicht über die einer landesrechtlichen Regelung vorbehaltenen Punkte des Eherechtes und die entsprechenden Vorschriften in Sachsen. In den Schreiben hinsichtlich des Scheidungsrechtes werden die jeweiligen landesrechtlichen Regelungen vorgestellt. Hier ist ebenfalls das Schreiben aus Berlin am ausführlichsten; darin wird auch kurz der Ablauf des Scheidungsverfahrens nach der Zivilprozeßordnung vom 30. Januar 1877 beschrieben. Kurz wird auf einen Unterschied des Preußischen Allgemeinen Landrechts (ALR, übersetzt übrigens als „Common Law") zu den Regelungen der anderen Bundesstaaten eingegangen: Die „unüberwindliche Abneigung" („insuperable aversion") werde von diesen nicht als Scheidungsgrund anerkannt. Umgekehrt sei das Recht des Landesherrn, Ehen aufzulösen, in Preußen nicht anerkannt. 1101 Für Sachsen werden die einschlägigen Vorschriften des Sächsischen BGB von 1863 („Saxon Civil Code") beschrieben. Den Schreiben aus Berlin und München sind Gerichtskostentabellen angehängt. In dem Schreiben aus Dresden, datiert vom 17. November 1893, wird am Ende noch auf den in der Vorbereitungsphase befindlichen „German Civil Code" hingewiesen, das erste Mal, daß in einem britischen Regierungsdokument das BGB erwähnt wird. Allen in diesem Parlamentsbericht enthaltenen Schreiben ist gemein, daß in ihnen die deutschen Vorschriften nur stichwortartig zusammengefaßt werden. Auf Kommentare zum Inhalt wird weitgehend verzichtet. Arthur Ameisen stellte 1899 im American Law Review das eheliche Güterrecht als ein „Feature of the New Civil Code of the German Empire" v o r . 1 1 0 2 Er stellte die Regelungen der §§ 1363 ff. BGB im Überblick und unter dem Gesichtspunkt der Rechte der Ehefrau dar und zeigte sich überrascht von der im Vergleich zur Regelungsdichte in anderen Bereichen relativen Dürre und Unvollständigkeit („meagerness and certain lack of completeness" 1103 ) der Vorschriften. Insbesondere vermißte er eine klarstellende Klausel, wonach der Ehefrau ausdrücklich das Recht der freien Verfügung über ihr Vörbehaltsgut, auch von Todes wegen, zugestanden w i r d . 1 1 0 4

1101

Reports on the Laws of Marriage and Divorce in Foreign Countries, Parliamentary Papers 1894, Band 70 (Accounts and Papers, Band 20), S. I l l , 184, 186. 1102 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396-407. 1103 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, 404. 1104 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, 404 ff.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

273

Ein Aspekt des Scheidungsrechts, oder genauer gesagt, die Auswirkung der Geisteskrankheit darauf gemäß §§ 1569, 1578, 1585 BGB, wird in Rentons internationalem Vergleich der rechtlichen Behandlung von Geisteskranken in den wichtigsten Ländern der Welt, erschienen 1899 im Journal of the Society of Comparative Legislation, dargestellt. 1105 Die Herausgeber des englischen Law Magazine and Review lieferten ihren Lesern regelmäßig eine Übersicht über aktuelle Fachliteratur, in der auch Veröffentlichungen im Ausland berücksichtigt wurden. 1899 wurden vom zuständigen Redakteur James Williams gleich mehrere deutsche Werke vorgestellt, die mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Zusammenhang standen, bzw. bei deren Besprechung Williams selbst auf das BGB hinwies. 1 1 0 6 Dies waren zum einen eine „Liliput"-Textausgabe des BGB („wonderfully small compass, and all for the price of a m a r k " 1 1 0 7 ) , dann Hermann Jastrows „Das Recht der Frau nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch", Berlin 1897, und Justus Clemens 9 „Strafrecht und Politik", Berlin 1898. Williams nutzt die Gelegenheit, auf das näherrückende Datum des Inkrafttretens und den Umfang des BGB hinzuweisen („2385 permanent and 218 temporary sections" 1 1 0 8 - damit verkennt er allerdings, daß nicht allen 218 Artikeln des EGBGB von vornherein eine nur vorübergehende Geltungsdauer beigelegt worden war). Bei der Besprechung von Clemens' Werk hebt Williams die darin geäußerte Ansicht hervor, wonach das neue BGB sich vor allem durch die Klarheit und Sorgfalt in Sprache und Aufbau („clearness of draft i n g " 1 1 0 9 ) auszeichne. Im Zusammenhang mit der Rezension von Jastrows Werk („with true German thoroughness the legal position of a woman from the cradle to the grave is traced in all possible aspects") fallen einige Bemerkungen zum deutschen Eherecht. Augenfällige Unterschiede zum englischen Recht macht Williams vor allem bei den Scheidungsgründen aus. Die Regelungen der §§ 1566, 1569 BGB und insbesondere die Gleichstellung der Ehepartner hinsichtlich des Ehebruchs durch den anderen gemäß § 1565 BGB erscheinen ihm bemerkenswert. Im ehelichen Güterrecht, das er kurz skizziert, stehe die deutsche Ehefrau hinsichtlich des Umfanges ihrer Verfü1105 Renton, Comparative Lunacy Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 253, 272. 1106 w i i i i a m S y Contemporary Foreign Literature, The Law Magazine and Review, Fifth Series, Band 24 (1898-99), S. 509-511. 1107

Williams, Contemporary Foreign Literature, The Law Magazine and Review, Fifth Series, Band 24 (1898-99), S. 509. 1108 Williams, Contemporary Foreign Literature, The Law Magazine and Review, Fifth Series, Band 24 (1898-99), S. 509. 1109 Williams, Contemporary Foreign Literature, The Law Magazine and Review, Fifth Series, Band 24 (1898-99), S. 509, 511. 18 Dittmann

2

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

gungsgewalt über ihr Eigentum aber schlechter da als „her English sister". „ A curious provision" sei das nach dem neuen deutschen Recht mögliche Fortbestehen einer Ehe nach Wiederverheiratung, wenn der irrtümlich für tot erklärte ursprüngliche Gatte wieder auftauche (§ 1448 Abs. 1 BGB). Vorbehaltsgut übersetzt Williams übrigens mit „reserved property". 1 1 1 0 In seiner Darstellung des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches beschäftigte sich Adolph Eichholz aus Philadelphia im American Law Review von 1901 unter anderem auch mit dem Ehe- und Scheidungsrecht. 1111 Das eheliche Güterrecht zeichnet er in Grundzügen nach. Die relative Ausführlichkeit dieser Regelungen erklärt er sich so: „Since the marriage ceremony is regarded as a civil act [...], its purely material aspect is given much consideration." 1 1 1 2 Insgesamt sei man hinsichtlich der rechtlichen Gleichstellung der Frau in Deutschland aber noch nicht so weit wie in den anglo-amerikanischen Ländern: „The new law has made strides in the direction of securing the property rights of married women. The advance is not as great as that made in England and America." 1 1 1 3 Eichholz zählt kurz die zulässigen Scheidungsgründe auf, wobei besonders auf die „viel kritisierte" Vorschrift des § 1569 BGB (Geisteskrankheit als Scheidungsgrund) hinweist, und nennt die wichtigsten Folgen der Scheidung.1114 Die Fachausdrücke des ehelichen Güterrechts übersetzt Eichholz weniger, als daß er sie sinngemäß umschreibt: „Eingebrachtesgut" (in dieser Schreibweise) wird ein wenig irreführend als „property which has not been reserved by the wife" erklärt, Gütergemeinschaft als „property held jointly" und Gütertrennung als „separation of property rights".1115 Bei seiner Darstellung des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches im Juridical Review von 1904 setzt Walton einen besonderen Schwerpunkt beim Eherecht. 1 1 1 6 Dabei äußert er sich bezüglich der im deutschen Recht vorgesehe1110

Williams, Contemporary Foreign Literature, The Law Magazine and Review, Fifth Series, Band 24 (1898-99), S. 509, 510. 1111 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190-213. 1112 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 204. 1113 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 203. 1114 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 206 f. 1115 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 204. 1116 Walton, The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 155 ff.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

275

nen Möglichkeiten zur Auflösung der Ehe ausgesprochen kritisch; vor allem die Generalklausel aus § 1568 BGB greift er genau wie Hirschfeld einige Jahre z u v o r 1 1 1 7 als zu unbestimmt an. Zunächst erwähnt er jedoch die Unklagbarkeit des Eheversprechens und den eingeschränkten Schadensersatz in diesem Fall; er weist auf das in der Vörbereitungsphase umstrittene Prinzip der Zivilehe hin und umreißt kurz das eheliches Güterrecht („impossible to go into details here" 1 1 1 8 ). Bei den Bestimmungen über die Auflösung der Ehe wegen Anfechtung respektive Scheidung erkennt er trotz der teilweise sehr detaillierten Regelungen an bestimmten Punkten einen zu großen Entscheidungsspielraum der Gerichte, zumal er einen gewissen Zweifel an der Zuverlässigkeit der kontinentalen Richterschaft durchscheinen läßt. Die inkriminierten Vorschriften sind §§ 1333 und 1568, 1567. Ausführlich geht Walton auf die Anfechtbarkeit der Ehe wegen Irrtums über die persönlichen Eigenschaften des Angetrauten gemäß § 1333 BGB ein. Das deutsche Recht eröffne hier eine viel weitergehende Möglichkeit zur Auflösung der Ehe als sowohl das französische als auch das englische Recht, wobei er die dort bestehenden Regelungen ebenfalls ausführlich erläutert. Demgegenüber eröffne § 1333 BGB „a pretty wide door to the discretion of the C o u r t . " 1 1 1 9 Das gleiche Problem macht Walton im Scheidungsrecht bei den relativen Scheidungsgründen aus §§ 1568 und 1569 BGB aus, die er beide übersetzt. Hierzu bemerkt er: „It is obvious that the judges in Germany will have a very wide - perhaps dangerously wide - discretion in granting divorce. And it has always to be remembered that Germany, like France, is a country where judges are numerous and ill p a i d . " 1 1 2 0 Angesichts der fehlenden Verbindlichkeit der Entscheidungen der Oberlandesgerichte untereinander sorgt sich Walton um die künftige Einheitlichkeit der deutschen Rechtsprechung in Scheidungsfällen: „[The] fate of a marriage will greatly depend on the jurisdiction in which the parties happen to have their h o m e . " 1 1 2 1 Das Eherecht des BGB hatte auch Schuster ausführlich in seinen „Principles of German Civil Law" dargestellt. 1122 An dieser Stelle sei noch 1117 Hirschfeld, The Law of Divorce in England and Germany, Review, Band 13 (1897) S. 395, 404. 1118 Walton, The New German Code, The Juridical Review, Band 148, 157. 1119 Walton, The New German Code, The Juridical Review, Band 148, 157. 1120 Walton, The New German Code, The Juridical Review, Band 148, 158 f. 1121 Walton, The New German Code, The Juridical Review, Band S. 148, 159. 18*

Law Quarterly 16 (1904), 16 (1904), 16 (1904), 16 (1904),

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

2

einmal erwähnt, daß er die Vorschriften zur Eheschließung als in vorbildlicher Weise klar und übersichtlich gefaßt l o b t e 1 1 2 3 , aber im Hinblick auf das eheliche Güterrecht die deutsche Ehefrau, jedenfalls im Vergleich zu ihrem englischen Pendant, in grundsätzlich benachteiligter Stellung sah. 1 1 2 4 Eine „somewhat anomalous" und recht materialistische Regel erkannte er in § 1298 Abs. 1 BGB a.F. (Schadensersatz nach gebrochenem Ehe versprechen). Sein Urteil hinsichtlich der güterrechtlichen Stellung der Ehefrau wiederholte Schuster auch 1911 in seinem launigen Vortrag vor dem deutschen Klub in London über die Entwicklung der rechtlichen Stellung der Frau in der Geschichte 1125 , der bereits ausführlich gewürdigt wurde. 1 1 2 6 Insgesamt sei das BGB aber vergleichsweise fortschrittlich im Hinblick auf die verringerte rechtliche Diskriminierung der Frau, was sich nicht zuletzt an manchen eher höflichen Formulierungen oder auch an dem Bemühen, eine möglichst geschlechtsneutrale Ausdrucksweise zu finden, zeige. Manche Beschäftigung mit dem neuen deutschen Zivilrecht im anglophonen Ausland war nicht nur durch eher akademisches Interesse motiviert, sondern wurde durch ganz praktische Schwierigkeiten veranlaßt. So war in den Jahren 1907 und 1908 ein Teilaspekt des deutschen Eherechts Gegenstand reger diplomatischer Aktivitäten und Korrespondenz zwischen dem amerikanischen State Department, dem deutschen Außenministerium und den beteiligten Botschaften und Konsulaten. 1127 Auslöser war der Wunsch eines amerikanischen Staatsbürgers, in der unter deutscher Kolonialverwaltung stehenden chinesischen Hafenstadt Tsingtao eine Deutsche zu heiraten. Die örtliche Verwaltung verlangte hierfür von ihm, eine Ehefähigkeitsbescheinigung der Behörden seines Heimatstaates vorzulegen. Man stützte sich hierbei auf die Art. 13 EGBGB a . F . 1 1 2 8 i. V.m. § 1315 Abs. 2 BGB 1122

Schuster, Principles, S. 479 ff. Schuster, Principles, S. 482. 1.24 Schuster, Principles, S. 499. 1.25 Schuster, Die Ehefrau in alter und neuer Zeit. Eine sittengeschichtliche Skizze. Berlin 1911. Die englische Fassung, aus der im Folgenden zitiert wird, erschien in zwei Auflagen: Schuster, The Wife in ancient and Modem Times, London 1911, 2. Auflage London 1914. 1126 Siehe oben: Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, IV, 1. 1127 Die Korrespondenz ist dokumentiert bei: State Department: Marriage of American Citizens in Germany, in: Papers relating to the Foreign Relations of the United States, Band 72 (1907, 1. Teilband), S. 519-526; fortgesetzt in: State Department: Marriage of American Citizens in Germany, in: Papers relating to the Foreign Relations of the United States, Band 74 (1908), S. 360-365. 1,28 Art. 13 EGBGB a.F. lautete: (I) Die Eingehung der Ehe wird, sofern auch nur einer der Verlobten ein Deutscher ist, in Ansehung eines jeden Verlobten nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem er angehört. Das gleiche gilt für Ausländer, die im Inland eine Ehe eingehen. (2) In Ansehung der Ehefrau eines nach Artikel 9 Absatz 3 für tot erklärten Ausländers wird die Eingehung der Ehe nach den deut1.23

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

2

a . F . 1 1 2 9 und die einschlägigen Vorschriften des Personenstandsgesetzes von 1875 (neue Fassung vom 20. Mai 1898), wonach bei der Eheschließung eines Ausländers im Geltungsbereich deutscher Gesetze eine Ehefähigkeitsbescheinigung beizubringen war. Da eine derartige Bescheinigung dem amerikanischen Recht fremd w a r 1 1 3 0 , und auch jedwede Ermächtigungsgrundlage hierfür in seinen Vorschriften fehlte, sah sich der amerikanische Konsul vor Ort zunächst nicht in der Lage, ein solches Zertifikat auszustellen, und er schickte eine entsprechende Anfrage an die Zentrale in Washington, D. C. Hier wurde die Rechtsabteilung des State Department aktiviert. Diese kam zunächst zu der Erkenntnis: „It appears, therefore, that owing to this law, which was inaugurated in 1900, Americans can not be married in Germany or on German territory." 1 1 3 1 Eine entsprechende Anfrage an die Botschaft in Berlin ergab, daß man sich in den vorangegangenen Jahren oftmals damit beholfen hatte, daß anstelle der Ehefähigkeitsbescheinigungen für jeden Einzelfall Rechtsgutachten amerikanischer Anwälte eingeholt worden waren, die jedoch ihrerseits der förmlichen Anerkennung durch die deutschen Standesämter bedurften, was wiederum vom eher informellen Wohlwollen der jeweiligen Beamten abgehangen hatte. Die einzige offizielle Alternative, die das deutsche Recht vorsah, war die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen durch den preußischen Innenminister, welche aber erst nach umständlicher Einzelfallprüfung erteilt wurden. Unzufrieden mit dieser Situation, intervenierte der amerikanischen Botschafter beim deutschen Außenministerium in Berlin. Dort bedeutete man den Amerikanern in höflicher aber bestimmter Form, daß bei der Anwendung deutscher Gesetze grundsätzlich keine Ausnahmen zugunsten amerikanischer Staatsbürger gemacht werden könnten. Diese müßten ja nicht unbedingt in Deutschland heiraten, und im übrigen sei es den USA unbenommen, nach dem Vorbild anderer Staaten eine Stelle einzurichten, die Ehefähigkeitsbescheinigungen im geforderten Sinne auszustellen ermächtigt sehen Gesetzen beurteilt. (3) Die Form einer Ehe, die im Inlande geschlossen wird, bestimmt sich ausschließlich nach den deutschen Gesetzen. 1129 § 1315 Abs. 2 BGB a.F. lautete: (...) (2) Ausländer, für die nach den Landesgesetzen zur Eingehung einer Ehe eine Erlaubnis oder ein Zeugnis erforderlich ist, dürfen nicht ohne diese Erlaubnis oder ohne dieses Zeugnis eine Ehe eingehen. 1130 Vergleiche hierzu auch die umfangreiche zusammenfassende Darstellung des amerikanischen Ehe- und Scheidungsrechtes aus dieser Zeit in der 1908 erschienenen statistischen Untersuchung des amerikanischen Department of Commerce and Labour, welche an anderer Stelle dieser Arbeit näher behandelt wird: Department of Commerce and Labour, Bureau of the Census, Special Report: Marriage and Divorce 1867-1906, 2 Teile und Nachtrag, Washington, Government Printing Office, 1908/09, 1916, insbesondere die Einführung in Band 1, S. 4. 1131 State Department: Marriage of American Citizens in Germany, in: Papers relating to the Foreign Relations of the United States, Band 72 (1907, 1. Teilband), S. 519, 521.

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

2

s e i . 1 1 3 2 Am Ende wurden die amerikanischen Auslandsvertretungen entsprechend ausgestattet. Um diese Zeit ist das Vierte Buch des BGB auch in einer Publikation einer anderen US-amerikanischen Regierungsbehörde berücksichtigt. Im Jahre 1908 wurde im Handels- und Arbeitsministerium {Department of Commerce and Labor) unter Federführung des Bureau of the Census eine umfangreiche Untersuchung über Eheschließungen und Scheidungen angestellt. Der Bericht, der den Zeitraum der vorangegangenen vierzig Jahre abdeckt, enthält neben umfangreichem statistischem Material auch eine vergleichende Darstellung der in den einzelnen Bundesstaaten wie auch in den wichtigsten Staaten des Auslands geltenden Ehe- und Scheidungsrechte. 1133 Das Kapitel über das ausländische Recht wird mit einer überblicksartigen Darstellung der wichtigsten gemeinsamen Rechtsprinzipien und der allgemein zu beobachtenden Regelungen eingeleitet. Das deutsche Recht wird dabei unter anderem als beispielhaft erwähnt für „the tendency at the present time of the continental countries [...] to establish civil marriage as the only form recognized by the state" und für die weit verbreitete amtliche Registrierung von Ehen, wie auch für die strengen Veijährungs- bzw. Präklusionsfristen im „modernen" Scheidungsrecht. 1134 Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das deutsche Ehe- und Scheidungsrecht mit der Ablösung des Personenstandsgesetzes von 1875 durch das BGB zum 1. Januar 1900 eine Neuregelung erfahren habe. Inhaltlich bedeute es „no radical changes", aber erstmals läge damit eine einheitliche und ausschließliche Regelung für das gesamte Deutsche Reich v o r . 1 1 3 5 Anschließend wird in der Form eines „Digest" das Recht der einzelnen Länder zusammenfassend dargestellt. Dem deutschen Recht wird mit siebeneinhalb - von insgesamt 56 das Ausland betreffenden - Seiten vergleichsweise viel Raum zugestanden. Die Autoren haben sich dabei der deutschsprachigen Fachliteratur bedient, welche sie eingangs auflisten.

1132

State Department: Marriage of American Citizens in Germany, in: Papers relating to the Foreign Relations of the United States, Band 74 (1908), S. 360, 362. 1133 Department of Commerce and Labour, Bureau of the Census, Special Report: Marriage and Divorce 1867-1906, 2 Teile und Nachtrag, Washington, Government Printing Office, 1908/09, 1916. 1134 Department of Commerce and Labour, Bureau of the Census, Special Report: Marriage and Divorce 1867-1906, 2 Teile und Nachtrag, Washington, Government Printing Office, 1908/09, 1916, Band 2, S. 330, 332. 1135 Department of Commerce and Labour, Bureau of the Census, Special Report: Marriage and Divorce 1867-1906, 2 Teile und Nachtrag, Washington, Government Printing Office, 1908/09, 1916, Band 2, S. 331, 333. Die inhaltlichen Unterschiede zwischen BGB und Personenstandsgesetz werden aber im Verlauf der Darstellung dennoch kurz aufgelistet, S. 363.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

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Getrennt voneinander - und in dieser Reihenfolge - werden das Recht „since 1900", „before 1900" und die historische Entwicklung behandelt. Die Darstellung erfolgt dabei stichwortartig knapp und ohne Nennung von Paragraphen. Zu bestimmten Punkten werden „Checklisten" zusammengestellt, so etwa zu den „essential conditions of a German civil marriage", den Nichtigkeits- und Anfechtungsgründen, und den „grounds of divorce". 1 1 3 6 Von den Voraussetzungen einer wirksamen Ehe über das Prozedere der Eheschließung bis zu den Möglichkeiten der Auflösung bzw. Scheidung und ihrer Rechtsfolgen (Unterhalt, Beibehaltung des Ehenamens etc.) werden die wichtigsten Regeln aufgelistet. Es fehlen nicht Hinweise auf einschlägige prozessuale Bestimmungen (Ablauf und Stationen des Scheidungsverfahrens) und Besonderheiten (Zustellung bei Abwesenden) sowie das internationale Privatrecht. Auffällig im Umfang der Darstellung ist die sehr detaillierte Wiedergabe der Bestimmungen zum Aufgebot („publication of banns"), die Nennung der nachträglichen Legitimation unehelicher Kinder durch Heirat (§ 1719 BGB a.F.) unter der Überschrift „encouragement of marriage" und die Bemerkung, wonach die Vorschriften über die „judicial separation" (§§ 1575, 1576 und 1586 BGB a.F.) als Minus zur Scheidung vornehmlich aus Rücksicht auf den katholischen Bevölkerungsteil eingeführt worden seien. 1 1 3 7 Deutsche Fachbegriffe werden generell nicht wiedergegeben und auch keine wertende Bemerkungen gemacht. Die Autoren der Studie versuchen jedoch teilweise bewußt, die deutsche Terminologie nachzuzeichnen: So wird Nichtigkeit mit „nullity" übersetzt („the English equivalent of the German term used") und Anfechtbarkeit mit „voidability". 1 1 3 8 Der Abschnitt über das deutsche Recht vor 1900 wird mit einer kurzen Auflistung der wichtigsten inhaltlichen Änderungen eingeleitet, wobei wiederum auf jeglichen Kommentar verzichtet wird. Dann wird das Eherecht auf der Grundlage der vier wichtigsten Systeme vor dem BGB - Preußisches Allgemeines Landrecht, Gemeines Recht, Code Civil, Sächsisches Gesetzbuch - einzeln knapp dargestellt. Bezüglich des Preußischen Allgemeinen Landrechtes wird bemerkt, daß es eine größere Spannbreite an Scheidungsgründen als „any other civilized state" geboten habe. 1 1 3 9 1136 Department of Commerce and Labour, Bureau of the Census, Special Report: Marriage and Divorce 1867-1906, 2 Teile und Nachtrag, Washington, Government Printing Office, 1908/09, 1916, Band 2, S. 361 f. 1137 Department of Commerce and Labour, Bureau of the Census, Special Report: Marriage and Divorce 1867-1906, 2 Teile und Nachtrag, Washington, Government Printing Office, 1908/09, 1916, Band 2, S. 361, 362. 1,38 Department of Commerce and Labour, Bureau of the Census, Special Report: Marriage and Divorce 1867-1906, 2 Teile und Nachtrag, Washington, Government Printing Office, 1908/09, 1916, Band 2, S. 361.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Schließlich wird noch ein rechtshistorischer Überblick über die Entwicklung seit dem Mittelalter gegeben. Hier wird hervorgehoben, daß das Personenstandsgesetz von 1875 im Bereich des Eherechtes erstmals eine einheitliche, konfessionsunabhängige Rechtsgrundlage in Deutschland geboten habe; erst das BGB habe aber „complete undenominational state regulation of marriage and divorce" gebracht. 1140 Im statistischen Teil des Berichtes des Bureau of Census werden die relevanten demographischen Daten des Deutschen Reiches auf insgesamt 19 Seiten in tabellarisch aufbereiteter Form wiedergegeben und analysiert. 1141 Besonderes Augenmerk galt dabei den Eheschließungs- und Scheidungsraten, aber auch Angaben wie etwa die durchschnittliche Dauer von Ehen bis zur Scheidung und die Anzahl der Kinder aus diesen Ehen wurden berücksichtigt. Außerdem wurde jeweils nach den einzelnen deutschen Bundesstaaten differenziert. Auch aus heutiger Sicht erscheinen einige der damaligen Feststellungen der amerikanischen Demoskopen aufschlußreich. So konnten sie unter anderem nachweisen, daß um die damalige Jahrhundertwende Ehebruch am häufigsten als Scheidungsgrund genannt wurde, und auch, daß mit Inkrafttreten des BGB die Zahl der Scheidungen in den Bundesstaaten, in denen bis dahin ein deutlich weniger liberales Scheidungsrecht gegolten hatte - beispielsweise Bayern, Württemberg und Hessen - , merklich zugenommen hatte. 1 1 4 2 Das britische Foreign Office erstellte 1911 eine Studie über das Recht der Eheschließung in den wichtigsten Staaten der W e l t . 1 1 4 3 Zielsetzung war es, einen Leitfaden für die eigenen konsularischen Behörden zu schaffen, welche sich zunehmend mit den Fällen um Rat suchender britischer Staatsbürger, die ausländische Staatsangehörige heiraten wollten, konfrontiert sahen. Dementsprechend praxisorientiert und wenig akademisch ist die Darstellung daher ausgefallen. Anders als bei dem vorangegangenen Bericht 1139

Department of Commerce and Labour, Bureau of the Census, Special Report: Marriage and Divorce 1867-1906, 2 Teile und Nachtrag, Washington, Government Printing Office, 1908/09, 1916, Band 2, S. 364. 1140 Department of Commerce and Labour, Bureau of the Census, Special Report: Marriage and Divorce 1867-1906, 2 Teile und Nachtrag, Washington, Government Printing Office, 1908/09, 1916, Band 2, S. 366. 1141 Department of Commerce and Labour, Bureau of the Census, Special Report: Marriage and Divorce 1867-1906, 2 Teile und Nachtrag, Washington, Government Printing Office, 1908/09, 1916, Band 2, S. 452 ff. 1142 Department of Commerce and Labour, Bureau of the Census, Special Report: Marriage and Divorce 1867-1906, 2 Teile und Nachtrag, Washington, Government Printing Office, 1908/09, 1916, Band 2, S. 453 f. 1143 Laws Relating to Marriage in Force in Certain Foreign Countries, Miscellaneous No. 11, Cd. 5993, Parliamentary Papers 1911, Band 63 (Accounts and Papers, Band 19), S. 331-678.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

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von 1894 1 1 4 4 ist sie nunmehr auf das Recht der Eheschließung beschränkt. Das Scheidungsrecht, das eheliche Güterrecht, die Auswirkungen der Eheschließung auf die persönliche Rechtsstellung der Ehegatten bzw. ihr rechtliches Verhältnis zueinander und die Modalitäten der Legitimation unehelicher Kinder sind bewußt unberücksichtigt geblieben. Die Regelungen der unbedeutenderen Staaten werden jeweils kurz auf wenigen Seiten zusammengefaßt. Die wichtigeren Rechtssysteme sind in der Form behandelt, daß die jeweiligen Rechtsvorschriften im Original abgedruckt sind, und parallel dazu, in synoptischer Darstellung, ihre Übersetzung ins Englische wiedergegeben wird. In Fußnoten werden Querverweise auf weitere einschlägige Normen und einige Erläuterungen gegeben. Eine wertende Zusammenfassung des Rechtes einzelner Staaten oder gar eine rechtsvergleichende Analyse des in der Welt geltenden Eherechtes sucht der Leser allerdings vergebens. Dafür ist eine sich über mehrere Seiten erstreckende tabellarische Zusammenstellung der in den untersuchten Ländern einschlägigen Vorschriften unter Nennung der jeweiligen Gesetze und der Paragraphen- bzw. Artikelnummern enthalten. 1145 In dem Abschnitt, in dem das deutsche Recht der Eheschließung behandelt w i r d 1 1 4 6 , werden Vorschriften aus dem BGB, dem EGBGB, dem Personenstandsgesetz von 1875 (in der Fassung von 1898) sowie dazugehörige landesrechtliche Regelungen aufgeführt. Im Einzelnen werden die §§ 1297 bis 1350 BGB a.F. in der beschriebenen, synoptischen Weise übersetzt, also die Vorschriften aus dem Ersten bis Vierten Titel des Vierten Buches des BGB zum Verlöbnis, der Eingehung der Ehe, der Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der Ehe sowie der Wiederverheiratung im Falle der Todeserklärung. In Fußnoten werden zur Erläuterung zusätzlich übersetzt: § 1493 BGB a.F. (Ende der fortgesetzten Gütergemeinschaft bei Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten), § 1669 BGB a.F. (Pflicht zur Erstellung eines Vermögensverzeichnisses bei Wiederverheiratung, wenn ein Kind aus der Vörgängerehe mitgebracht wird), § 14 BGB a.F. (Todeserklärung). Aus dem Einführungsgesetz werden in Teilen übersetzt: Art. 7 (Geschäftsfähigkeit, „capacity"), Art. 11 (Form von Rechtsgeschäften, „legal acts"), Art. 13 (Eingehung der Ehe), Art. 27 EGBGB a.F. (Renvoi), weiterhin die §§ 41, 44, 45-50 (Aufgebotsverfahren, Pflichten zur Beibringung von Geburtsurkunden etc.), 54, 55 (Eintragungen in das Heiratsregister) des Personen1144

Reports on the Laws of Marriage and Divorce in Foreign Countries, Parliamentary Papers 1894, Band 70 (Accounts and Papers, Band 20), S. 111-274. 1145 Laws Relating to Marriage in Force in Certain Foreign Countries, Miscellaneous No. 11, Cd. 5993, Parliamentary Papers 1911, Band 63 (Accounts and Papers, Band 19), S. 331, 334 ff. 1,46 Laws Relating to Marriage in Force in Certain Foreign Countries, Miscellaneous No. 11, Cd. 5993, Parliamentary Papers 1911, Band 63 (Accounts and Papers, Band 19), S. 331, 432-448.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

standsgesetzes von 1875 in der Fassung von 1898. Eine tabellarische Übersicht über die fortgehenden landesrechtlichen Sonderregelungen und behördlichen Zuständigkeiten ist angehängt. Die Mitarbeiter des Foreign Office liefern eine eigenständige Übersetzung der genannten Paragraphen, sie orientieren sich nicht an den zu diesem Zeitpunkt bereits erschienenen BGB-Übersetzungen von Wang 1147 oder Loewy 1148. Das deutsche Ehe- und Scheidungsrecht ist auch im dritten Band der Neuauflage von „Burge's Colonial and Foreign Law", der 1910 erschien, ausgiebig berücksichtigt. 1149 Auf die an anderer Stelle hierzu gemachten Ausführungen wird verwiesen. 1150 Im Jahre 1911 veröffentlichte der Kanadier William Hyacinthe Archibald Ringrose ein Handbuch der wichtigsten Ehe- und Scheidungsrechtssysteme der damaligen W e l t . 1 1 5 1 Dabei werden, nach Ländern bzw. Rechtsordnungen gegliedert, jeweils kurze historische Einführungen gegeben und anschließend die Grundzüge des jeweiligen Rechtes im Überblick zusammengefaßt. Das Kapitel über das deutsche Recht beginnt mit dem Hinweis auf die Gesetzgebungskompetenz des Reiches für das zu untersuchende Recht. Die historische Entwicklung des deutschen Ehe- und Scheidungsrechtes wird kurz nachvollzogen. Anschließend faßt Ringrose die Vorschriften des BGB zu Schließung, Hindernissen und Nichtigkeitsgründen der Ehe, der ehelichen Lebensgemeinschaft und dem Güterrecht knapp zusammen. Etwas ausführlicher wird das Scheidungsrecht wiedergegeben, wobei die Scheidungsgründe stichwortartig aufgezählt werden. Besondere Aufmerksamkeit erfahren die gesetzlichen Folgen der Scheidung, und hier insbesondere die Regelung der Unterhaltspflichten, die im Einzelnen und in mehreren Fallkonstellationen dargestellt werden. Das Bürgerliche Gesetzbuch insgesamt bezeichnet Ringrose als „clear and methodical enactment" 1 1 5 2 , „scientific codification" 1 1 5 3 und macht sich im übrigen ausdrücklich die Wertung Maitlands („the most carefully con1147

Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909. 1149 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and in Conflict with each other and with the Law of England. Neuausgabe in 5 Bänden, London 1907-28, Band 3, London 1910. 1,50 Siehe oben: Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, X. 1151 Ringrose , Marriage and Divorce Laws of the World, Toronto 1911 (als Faksimile: Littleton, Colorado 1988). 1152 Ringrose , Marriage and Divorce Laws of the World, S. 61. 1,53 Ringrose , Marriage and Divorce Laws of the World, S. 62. 1148

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sidered statement of a nation's law that the world has ever seen." 1 1 5 4 ) zu eigen 1 1 5 5 . Hiervon und vom Vorwort abgesehen, in dem er die weitgehende Abschaffung der Diskriminierung der Frau allgemein als Kennzeichen fortschrittlicher Rechtssysteme bezeichnet und befürwortet 1156 , enthält sich Ringrose nahezu jeder wertenden Bemerkung. Insgesamt ist Ringroses Darstellung dadurch gekennzeichnet, daß detaillierte Vorschriften nicht wiedergegeben und vielfach auch nicht die einschlägigen Paragraphen bzw. Artikel genannt werden. Eine vergleichende Analyse der verschiedenen Rechtsordnungen wird nur ansatzweise in der Einleitung 1 1 5 7 versucht. Sie kommt über einige Bemerkungen über die jeweiligen Altersgrenzen und die zunehmende Bedeutung der Zivilehe in „several countries of Europe" nicht hinaus, und mit etwa 270 Seiten, von denen sieben dem deutschen Recht gewidmet sind, vermag sie wirklich nicht mehr als einen groben Überblick über die Materie zu vermitteln. Henry Happold, ein englischer Anwalt, der in Berlin praktizierte (und Mitglied der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre w a r 1 1 5 8 ) , stellte 1913 im Law Magazine and Review das deutsche Recht des Verlöbnisses und der Eheschließung dar. Der Artikel wurde auch in der Canadian Law Times abgedruckt. 1159 Die Vorschriften der §§ 1297 ff. BGB a.F. zum Verlöbnis und der §§ 1303 ff. BGB a.F. zur Eingehung der Ehe geht Happold der Reihe nach durch und erläutert Inhalt und Bedeutung der darin enthaltenen Regelungen. Er stellt die prinzipielle Unklagbarkeit des Eheversprechens und die Schadensersatzansprüche bei gebrochenem Eheversprechen dar. Relativ ausführlich geht er auf die Zustimmungserfordernisse bei der Heirat Minderjähri1154 Maitland , Introduction, S. VII, XVII, in: Gierke , Political Theories of the Middle Age, übers, von Maitland , Cambridge 1900. 1,55 Ringrose , Marriage and Divorce Laws of the World, S. 62. 1156 Ringrose , Marriage and Divorce Laws of the World, S. 4. 1157 Ringrose , Marriage and Divorce Laws of the World, S. 7 ff. use Angabe aus dem Mitglieder-Verzeichnis der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre zu Berlin (um 1910), S. 15. In dem Publikationsorgan der Vereinigung veröffentlichte Happold auch eine Reihe von Artikeln in deutscher Sprache: Consideration, Blätter für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre, 7. Jahrgang (1911), S. 33-38; Barrister und Solicitor, ebenda, S. 257-270; Das Auslieferungsrecht zwischen England und Deutschland, ebenda, 10. Jahrgang (1914), S. 4-11; Englische Entscheidungen über die ratenweisen Lieferungen von Waren, ebenda, 16. Jahrgang (1921), S. 97107; Rechtsprechung in England, ebenda, S. 108-110. Nach dem Ersten Weltkrieg ließ Happold sich übrigens in Antwerpen nieder. 1159 Happold, Betrothals and Marriages in Germany, 1) Canadian Law Times, Band 33 (1913), S. 912-918; 2) The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 38 (1912-13), S. 413-422.

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ger ein, §§ 1304 ff. BGB a.F. Auch die Rolle des Vormundschaftsgerichts, das er als „guardianship court" bezeichnet, wird kurz erwähnt. Schließlich wird detailliert der Ablauf der Eheschließung dargestellt, wobei jeder einzelne Verfahrensschritt verfolgt wird. Hier wird besonders die Bedeutung des Aufgebotes hervorgehoben. Happolds Artikel ist offensichtlich als Information für diejenigen seiner Landsleute gedacht, die sich mit dem Gedanken einer Heirat mit einem deutschen Partner in Deutschland tragen. Dementsprechend praxisorientiert fallen viele seiner Ausführungen aus. Eher amüsant ist beispielsweise eine Bemerkung gleich zu Anfang, in der er darauf hinweist, daß in Deutschland „praktisch jeder" Verheiratete einen Ehering trage, und an welchem Finger dieser zu tragen sei.

2. Scheidungsrecht Besondere Aufmerksamkeit erregten unter anderem die Scheidungsgründe gemäß § 1568 BGB a.F. (Zerrüttung der E h e ) 1 1 6 0 und § 1569 BGB a.F. (Geisteskrankheit des Ehegatten) 1161 , sowie, in Anbetracht der Bedeutung dieses Rechtsinstituts im damaligen englischen Recht, die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft gemäß §§ 1575 Abs. I 1 1 6 2 , 1576 Abs. I 1 1 6 3 und 1586 S. I 1 1 6 4 BGB a.F. Eine erste vergleichende Darstellung des neuen deutschen Scheidungsrechts mit dem englischen Recht lieferte Julius Hirschfeld 1897 im Law Quarterly Review. 1165 Allgemein liege dem deutschen Ehe- und Schei-

1,60 § 1568 BGB a.F. (Zerrüttung der Ehe als Scheidungsgrund) lautete: Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte durch schwere Verlet zung der durch die Ehe begründeten Pflichten oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet hat, d dem Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemutet werden kann. 1161 § 1569 BGB a.F.: Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte in Geisteskrankheit verfallen ist, die Krankheit während der Ehe mindestens drei Jahre gedauert und einen solchen Grad erreicht hat, daß die geistige Gemeinschaft zwischen den Ehegatten aufgehoben, auch jede Aussicht auf Wiederherstellung dieser Gemeinschaft ausgeschlossen ist. 1162 § 1575 Abs. 1 BGB a.F. lautete: Der Ehegatte, der auf Scheidung zu klagen berechtigt ist, kann statt auf Scheidung auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft klagen. Beantragt der andere Ehegatte, daß die Ehe, falls die Klage begründet ist geschieden wird, so ist auf Scheidung zu erkennen. 1163 § 1575 Abs. 1 BGB a.F. lautete: Ist auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erkannt, so kann jeder der Ehegatten auf Grund des Urteils die Scheidung beantragen, es sei denn, daß nach der Erlassung des Urteils die eheliche Gemeinschaft wiederhergestellt worden ist. 1164 § 1586 S. 1 BGB a.F. lautete: Wird nach § 1575 die eheliche Gemeinschaft aufgehoben, so treten die mit der Scheidung verbundenen Wirkungen ein; die Eingehung einer neuen Ehe ist jedoch ausgeschlossen.

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dungsrecht die Auffassung zu Grunde, wonach die Ehe als ein moralisches Konzept der freien Disposition der Ehegatten entzogen sei und nur in Ausnahmefällen, in denen der Bund bereits aus anderen Gründen zerstört sei, wieder aufgelöst werden könne: „[According] to the German conception of marriage the latter must be looked upon as an ethical institution of law and not left to the mercy of the parties [...] There are cases in which the State [...] is obliged to grant the severance of a bond the moral foundations of which have been destroyed." 1 1 6 6 Hirschfeld zählt die nach dem BGB anerkannten absoluten Scheidungsgründe auf, ohne weiter darauf einzugehen. Die Generalklausel für den relativen Scheidungsgrund der Zerrüttung, § 1568 B G B 1 1 6 7 („a most remarkable clause" 1 1 6 8 ), gibt er in Übersetzung wieder. Ein kurzer Überblick über die übrigen Bestimmungen folgt, wobei Hirschfeld besonders die Abschaffung des Rechtsinstituts der dauerhaften „Trennung von Tisch und Bett" als „Minus" gegenüber einer Scheidung und die grundsätzliche Gleichstellung der Ehefrau hervorhebt. Insgesamt hält er das deutsche Scheidungsrecht für vorbildlich. Es bringe den Grundsatz zum Ausdruck, wonach der Staat um des Schutzes des „unschuldigen" Partners willen gegebenenfalls eine Ehe auflösen müsse, wenn diese in ihrer „Essenz" unwiederbringlich zerstört sei: „the great principle, pervading the whole subject, that when the essence of a marriage has irremediably been destroyed [.. .it is then] the duty of the State, if appealed to, to protect the innocent party in a really beneficial and effectual manner f . . . ] " 1 1 6 9 . Damit sei das deutsche Recht bereits dort angelangt, wo das englische erst allmählich und unter Mühen hinsteuere: „[There is] the introduction of additional grounds of divorce, the abolition of judicial separation as a final remedy, and of the elevation of the wife to the position of the husband in purely matrimonial matters." 1 1 7 0

1,65 Hirschfeld , The Law of Divorce in England and Germany, Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 395^05. 1166 Hirschfeld , The Law of Divorce in England and Germany, Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 395. 1167 § 1568 BGB a.F. (Zerrüttung der Ehe als Scheidungsgrund) lautete: Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte durch schwere Verletzung der durch die Ehe begründeten Pflichten oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet hat, d dem Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemutet werden kann. 1168 Hirschfeld, The Law of Divorce in England and Germany, Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 395, 396. 1169 Hirschfeld, The Law of Divorce in England and Germany, Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 395, 403. 1170 Hirschfeld, The Law of Divorce in England and Germany, Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 395, 403.

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§ 1568 BGB hält er jedoch für gründlich mißlungen und sogar gefährlich: „[We] must not carry a principle, sound in itself, to its last practical consequences, which is here done by its extreme and mechanical application in the so-called »Clausula generalis'. With due respect to the eminent codifiers and German legislation, I consider this clause faulty in method, fraught with danger, and contrary to the spirit in which professedly, according to the [Motive], the subject has been dealt with, viz., that ,marriage according to its nature and essence is indissoluble and divorce something anomalous.' The clause at first sight certainly seems plausible enough, and may perhaps impart to us a feeling of theoretical satisfaction, as it fits so nicely into the system and gives it such an artistic finish. But [...] I do not believe that ever has modern legislation devolved a more stupendous task upon a judge than is contained in this clause. The whole provision consists of nothing but undefinable items. [...] It is like solving an equation with nothing but unknown quantities." 1 1 7 1 Die Tatbestandsmerkmale der Generalklausel erscheinen Hirschfeld viel zu unscharf, und angesichts des deutschen Justizsystems, in dem die zahlreichen Einzelrichter und Gerichte untereinander nicht an ihre Entscheidungen gebunden seien, sei kaum mit einer einheitlichen Scheidungspraxis zu rechnen. Hirschfeld gibt an dieser Stelle eine knappe Darstellung der deutschen Gerichtsorganisation, garniert mit einigen statistischen Angaben über die Anzahl der Richter und Gerichte, und er beschreibt die Stellung und Funktion des Reichsgerichtes in Leipzig. In seinem Aufsatz zitiert Hirschfeld ausgiebig aus den „Motiven" zum ersten Entwurf. § 1568 BGB a.F. übersetzt er folgendermaßen: § 1568 BGB a. F . 1 1 7 2 : „ A married person may sue for a divorce if the other through a grave violation of the duties imposed by the marriage, or through dishonourable or immoral conduct has brought about such a thorough subversion (Zerrüttung) of the matrimonial relationship that the innocent party cannot be expected to continue the married life. Aggravated insult is deemed to be a grave violation of d u t y . " 1 1 7 3 Man beachte die Ergänzung des deutschen Ausdruckes „Zerrüttung" in Parenthese. In einem anderen Aufsatz fünf Jahre später ersetzt Hirschfeld 1171

Hirschfeld, The Law of Divorce in England and Germany, Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 395, 404. 1172 § 1568 BGB a.F. (Zerrüttung der Ehe als Scheidungsgrund) lautete: Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte durch schwere Verlet zung der durch die Ehe begründeten Pflichten oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet hat, d dem Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemutet werden kann. 1,73 Hirschfeld, The Law of Divorce in England and Germany, Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 395, 396.

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übrigens - bei ansonsten wortwörtlicher Wiederholung - die Worte „grave violation" durch das schärfere 1174 „gross violation" 1 1 7 5 . Im Rahmen einer umfassenden vergleichenden Darstellung des Rechtes der „judicial separation" in den wichtigsten Rechtssystemen der Welt, den verschiedene Autoren 1905 im Journal of the Society of Comparative Legislation anstellen, behandelt Hirschfeld die deutsche Regelung zur „Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft". 1176 Zunächst übersetzt er die §§ 1575, 1576 und 1586 BGB. Danach stellt er kurz die historische Entwicklung des Rechtsinstituts der separatio quoad mensam et torum dar. Die althergebrachte dauerhafte „Trennung von Tisch und Bett" als „Minus" zur Ehescheidung sei noch im ersten Entwurf für das BGB vorgesehen gewesen, dann aber von der zweiten Kommission fallengelassen worden. Auf politischen Druck von katholischer Seite seien danach die genannten Paragraphen eingeführt worden, die in rechtlicher Hinsicht eine Anomalie dahingehend enthielten, daß sie der „schuldigen" Partei erlaubten, entgegen dem Willen der „unschuldigen" eine Scheidung zu erzwingen: „In this manner a party who adheres to the doctrine of the indissolubility of the bond can save his soul by applying for a separation and leave it to the other party, which may not be affected by such scruples, to petition for a divorce. The anomalous feature of the law from an equitable and logical point of view is, that it gives the guilty party the power of setting at naught the intentions of the innocent party." 1 1 7 7 Hirschfeld erwähnt den Streit in der rechtswissenschaftlichen Literatur über die Rechtsnatur der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft. Weiterhin erwähnt Hirschfeld die §§ 1564 bis 1569 BGB und die darin angelegte Unterscheidung zwischen absoluten und relativen Trennungsgründen. Die Generalklausel des § 1568 BGB übersetzt er fast genau so wie bereits einige Jahre vorher. 1 1 7 8 Auf die einschlägigen Bestimmungen des internationalen Privatrechtes, Art. 17, 27 EGBGB, wird ebenfalls hingewiesen. Hirschfeld fügt in einem Nachsatz noch eine statistische Angabe über die Zahl der Scheidungsfälle im Deutschen Reich im Jahre 1901 hinzu.

Π74 Vergleiche Webster's New Encyclopedic Dictionary (Thesaurus): Einträge unter den Stichworten „coarse/gross" (S. 1247) und „serious/grave" (S. 1307). 1175 Hirschfeld , Judicial separation: Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1905), S. 152, 154. 1,76 Hirschfeld , Judicial separation: Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, Nèw Series, Band 6 (1905), S. 152-154. 1177 Hirschfeld , Judicial separation: Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1905), S. 152, 154. ins vergleiche Hirschfeld , The Law of Divorce in England and Germany, Law Quarterly Review, Band 13 (1897), S. 395, 396, siehe oben.

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Die §§ 1575 Abs. I 1 1 7 9 , 1576 Abs. I 1 1 8 0 und 1586 S. I 1 1 8 1 BGB a.F. übersetzt Hirschfeld wie folgt: § 1575 Abs. 1 BGB a.F.: „ A party (husband or wife) having cause of action for a divorce, may, instead of petitioning for a divorce, petition for the dissolution of the matrimonial communion. Should, however, in that event, respondent move that if petitioner succeeds a divorce be decreed, the Court shall decree a divorce." 1 1 8 2 § 1576 Abs. 1 BGB a.F.: „Where a dissolution of the matrimonial communion has been granted, either party may subsequently apply for a decree of divorce, unless cohabitation should have taken place in the meant · Λ «1183 time. § 1586 S. 1 BGB a.F.: „The dissolution of the matrimonial communion carries with it all the consequences of a divorce, precluding, however, the contracting of another marriage." 1 1 8 4 Beachtenswert ist die Form, in der Hirschfeld die Begriffe für die Verfahrensbeteiligten und ihre Handlungen in § 1575 Satz 2 BGB übersetzt: Mit „petitioner", „respondent" und „move" verwendet er die Terminologie des englischen Prozesses. 1185 In den Jahren 1910 und 1911 erschienen im englischsprachigen Raum relativ viele Arbeiten über das deutsche Ehe- und Scheidungsrecht. Den Anfang machten zwei deutsche Juristen, die auf der Londoner Konferenz der International Law Association 1910 im Rahmen der Arbeitsgruppe zum Scheidungsrecht in englischer Sprache kurze Zusammenfassun-

1179 § 1575 Abs. 1 BGB a.F. lautete: Der Ehegatte, der auf Scheidung zu klagen berechtigt ist, kann statt auf Scheidung auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft klagen. Beantragt der andere Ehegatte, daß die Ehe, falls die Klage begründet ist geschieden wird, so ist auf Scheidung zu erkennen. 1180 § 1575 Abs. 1 BGB a.F. lautete: Ist auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erkannt, so kann jeder der Ehegatten auf Grund des Urteils die Scheidung beantragen, es sei denn, daß nach der Erlassung des Urteils die eheliche Gemeinschaft wiederhergestellt worden ist. 1,81 § 1586 S. 1 BGB a.F. lautete: Wird nach § 1575 die eheliche Gemeinschaft aufgehoben, so treten die mit der Scheidung verbundenen Wirkungen ein; die Eingehung einer neuen Ehe ist jedoch ausgeschlossen. 1182 Hirschfeld, Judicial separation: Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1905), S. 152. Π83 Hirschfeld, Judicial separation: Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1905), S. 152. 1184 Hirschfeld, Judicial separation: Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1905), S. 152. 1185 Hirschfeld, Judicial separation: Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1905), S. 152.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

289

gen des deutschen Scheidungsrechts abgaben. 1186 Victor Schneider 1187 und Erwin Katz uss, beide Justizräte in Berlin, hielten sich dabei an das Schema eines Fragebogens, den die Arbeitsgruppe mit dem Ziel verfaßt hatte, einen vergleichenden Überblick über das Scheidungsrecht der wichtigsten Länder zu bekommen, und den man bei Juristen dieser Staaten hatte zirkulieren lassen. Der Fragebogen war auf der Grundlage des englischen, eher prozessual geprägten Rechtsverständnisses formuliert und enthielt Fragen nach den vom jeweiligen Recht vorgesehenen Scheidungsgründen, der Möglichkeit der „judicial separation", den Ehenichtigkeitsgründen, dem formalen Ablauf des Scheidungsverfahrens und nach den Implikationen bei der Beteiligung von Ausländern. Sowohl Schneider als auch Katz stellten jeweils die einschlägigen Vorschriften der §§ 1309 ff., 1565 ff., 1575 f. BGB, die einschlägigen Artikel des EGBGB sowie die §§ 13-15 ZPO i . V . m . §§ 7 ff. BGB (Gerichtsstand und Wohnsitz), §§ 199, 203 f. (Zustellung im Ausland bzw. öffentliche Zustellungen), 328 (Anerkennung ausländischer Urteile), 606, 607 (Scheidungsverfahren und Interventionsrecht der Staatsanwaltschaft) ZPO stichwortartig knapp dar. Schneiders Beitrag ist dabei vergleichsweise ausführlicher, insbesondere im Hinblick auf die verfahrensrechtlichen Vorschriften, und er gibt einzelne Paragraphen der ZPO in der Übersetzung wieder. Er hat sich bei der Wiedergabe der deutschen Terminologie übrigens an die von Ernest Joseph Schuster in seinen „Principl e s " 1 1 8 9 verwendeten englischen Begriffe gehalten, wobei er ausdrücklich den Wert dieses Werkes betont. 1 1 9 0 Eine Zusammenfassung von Geschichte und aktuellem Stand des deutschen Scheidungsrechtes lieferte auch Ernest Joseph Schuster in einem Artikel im Journal of the Society of Comparative Legislation 1191, der bereits ausführlich vorgestellt worden i s t . 1 1 9 2 An dieser Stelle mag der Hinweis genügen, daß Schuster das Verhältnis von Scheidung und Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft gemäß §§ 1575, 1576 BGB a.F. („judicial 1186

Report of Committee on Divorce Jurisdiction, The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. 252^401. 1187 Schneider , Report of Committee on Divorce Jurisdiction - Germany, The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. 289297. 1.88 Katz , Report of Committee on Divorce Jurisdiction - Germany, The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. 298-302. 1.89 Schuster , Principles of German Civil Law, London 1907. 1190 Schneider , Report of Committee on Divorce Jurisdiction - Germany, The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. 289. 1191 Schuster , The History and the Present Condition of the German Divorce Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 10 (1909-10), S. 229-238. 1192 Siehe oben: Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, IV, 1. 19 Dittmann

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Separation") besonders ausführlich behandelte, von den Scheidungsgründen die flexible Generalklausel des § 1568 BGB a.F. (schwerwiegende Verletzung der ehelichen Pflichten) besonders hervorhob und, bezüglich des Scheidungsverfahrens, den einfachen Zugang und die regelmäßig vorgesehene persönliche Anhörung der beiden Parteien herausstellte. Sein Urteil, bei dem Scheidungsrecht des BGB handele es sich um ein insgesamt relativ liberales und sehr gutes System, betonte Schuster kurz darauf auch in seinem launigen Vortrag vor dem deutschen Klub in London über die Entwicklung der rechtlichen Stellung der Frau in der Geschichte 1193 , der ebenfalls bereits ausführlich gewürdigt wurde. 1 1 9 4 In der Law Times vom 11. Februar 1911 wurde ein kurzer Beitrag über das „German Divorce Law" abgedruckt. 1195 Darin werden die wesentlichen Grundsätze der §§ 1565 ff. BGB a.F. (Scheidungsgründe), die Rechtsfolgen der Scheidung (Auswirkungen auf Namensführung und Unterhaltspflichten) und des Scheidungsverfahrens weitgehend unkommentiert aufgezählt bzw. zusammengefaßt. Interessant ist ein Hinweis auf die Tatsache, daß sowohl die Gerichts- als auch die Anwaltskosten in Deutschland deutlich geringer als in England ausfielen. Der anonyme Autor des Artikels enthält sich ausdrücklich jeder Stellungnahme zu der Frage, ob den englischen County Courts nach dem Vorbild der deutschen Amtsgerichte die Zuständigkeit für Scheidungsverfahren zugewiesen werden sollte.

3. Die Rechtsstellung des unehelichen Kindes Im Rahmen seiner Darstellung des Bürgerlichen Gesetzbuches im American Law Review von 1901 beschäftigte sich Adolph Eichholz auch eingehend mit der Stellung unehelicher Kinder nach dem neuen deutschen Recht. 1 1 9 6 Hier sei ein bedeutender Fortschritt („considerable progress") im Vergleich zum Rechtszustand in den Ländern des Common Law erzielt worden, wo noch immer „[that] barbarism that punishes the innocent child" herrsche 1197 . Die Möglichkeit der nachträglichen Legitimation und die gesetzliche Unterhaltspflicht des Vaters sorgten für eine angemessene familienrechtliche und ökonomische Absicherung. Und die Einführung des 1193

101 f.

1194

Schuster, The Wife in ancient and Modem Times, London 1911, S. 90,

Siehe oben: Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, IV, 1. German Divorce Law, The Law Times vom 11.2.1911, Band 130 (1910-11), S. 364/365 (anonym). 1196 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 203, 208 ff. 1197 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 207. 1195

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gesetzlichen Erbersatzanspruches des unehelichen Kindes gemäß § 1712 BGB beseitige viele praktische Probleme in Erbangelegenheiten: „[An] excellent registry system, coupled with the fact that the legitimacy of a child born in wedlock cannot be questioned unless the husband of the mother has made a contest within one year after receiving knowledge of the birth, gives but little opportunity for blackmail [ . . . ] " 1 1 9 8 In einem Aufsatz über das Konzept des „status" im internationalen Privatrecht verschiedener Länder von 1902 erwähnt Hirschfeld beiläufig die grundsätzliche Gleichstellung unehelicher Kinder gemäß §§ 1705 ff. BGB und die Möglichkeiten zu ihrer Legitimation durch Heirat der Eltern gemäß § 1719 BGB bzw. durch Ehelichkeitserklärung gemäß §§ 1723 ff. B G B . 1 1 9 9 Auf die Regelungen wird jedoch nicht näher eingegangen. Im Jahre 1904 planten die Behörden in Jamaika eine Neufassung des örtlichen Ehe- und Familienrechtes. Eine Frage, die dabei aufkam, war, ob die Möglichkeit, daß ein uneheliches Kind durch eine Heirat der Eltern nachträglich legitimiert werden kann, eingeführt werden sollte. Im Zuge der Vorbereitungen wandte man sich an die Society of Comparative Legislation mit der Bitte, ein rechtsvergleichendes Gutachten zum Stand der einschlägigen Gesetzgebung in anderen Ländern zu erstellen. Auf Seiten der Society wurde Dennis FitzPatrick tätig, wobei Ernest Joseph Schuster unterstützend mitwirkte. Das überarbeitete Ergebnis dieser Bemühungen wurde 1904 im Journal of the Society of Comparative Legislation abgedruckt. 1200 Dem deutschen Recht ist nur ein knapper Abschnitt gewidmet. Darin wird auf die §§ 1719-1722 BGB verwiesen und klargestellt, daß nach diesen Vorschriften eine nachträgliche Legitimation bei anschließender Heirat kraft Gesetzes und somit ohne einen besonderen Akt der Anerkenntnis des Kindes durch den Ehemann eintrete. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß dies im Gegensatz zu den Regelungen des kanonischen Rechts wie auch der meisten anderen Rechtssysteme auch und gerade für uneheliche Kinder gelte, die im Rahmen einer ehebrecherischen Beziehung („adulterous intercourse") gezeugt worden seien, was im Übrigen auf einer bewußten Entscheidung des deutschen Gesetzgebers beruhe. Kurz wird noch die Kritik des französischen Übersetzers und Kommentators des BGB de la Grasserie hingewiesen, der die Regelung in ihrer konkreten Gestalt für zu weit gefaßt halte, da sie einer richterlichen Überprüfung der Vaterschaft praktisch keine Grenzen setze. 1 2 0 1 In einem Nebensatz findet sich noch die 1198

Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 211 f. 1199 Hirschfeld, Status, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 4 (1902), S. 168, 171. 1200 FitzPatrick , Legitimation by Subsequent Marriage, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 22^5. 19*

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Feststellung, daß sich bei dem BGB ohne Zweifel um „the most important of all the recent codifications" handele. 1 2 0 2 Schuster stellte in seinen „Principles of German Civil Law" auch das Verwandtschaftsrecht des BGB ausführlich dar, und hob dabei besonders die Vorschriften über die Stellung des unehelichen Kindes hervor. 1 2 0 3 Vor allem die im Vergleich zum englischen Recht sehr viel weiter gehende, einklagbare Unterhaltspflicht des Vaters stieß auf sein Wohlwollen. 1 2 0 4 Im zweiten Band von „Burge's Colonial and Foreign Laws" von 1908 1 2 0 5 werden die Vorschriften betreffend die Ehelichkeit von Kindern (legitimacy) vergleichsweise ausführlich behandelt. Erwähnt werden die §§ 1591-1594, 1596, 1597, 1600, 1717, 1718 BGB. Besonders hervorgehoben wird die Methode zur Berechnung der Empfängniszeit gemäß §§ 1592, 1600 B G B 1 2 0 6 , die Anfechtung der Ehelichkeit gemäß §§ 1593 ff. BGB, 640-643 Z P O 1 2 0 7 , die rechtliche Stellung des unehelichen Kindes gemäß §§ 1705 ff. B G B 1 2 0 8 , die Sonderregelungen für den Adel gemäß Art. 57-59 E G B G B 1 2 0 9 , die nachträgliche Legitimation durch Heirat gemäß § 1719 B G B 1 2 1 0 , die Stellung des unehelichen Kindes im Erbrecht, §§ 1757, 1759 B G B 1 2 1 1 . Verwundert wird die Regelung des § 1591 BGB a.F. zur Kenntnis genommen: Daß sich aus dessen gesetzlicher Vermutung die Konsequenz ergeben konnte, daß ein Kind ohne tatsächlichen Geschlechtsverkehr der Eheleute rein rechtlich dennoch als ehelich galt, diese Abwesenheit einer „doctrine of moral impossibility" wird als außergewöhnlich und als im internationalen Vergleich einmalig bezeichnet. 1212 Insgesamt werden die Vorschriften des BGB zur Ehelichkeit von Kindern und insbesondere betref1201

Es wird auf Seite CI in de la Grasseries Einführung zu seiner Übersetzung (siehe oben: Einleitung, Fußnote 4) verwiesen. 1202 FitzPatrick , Legitimation by Subsequent Marriage, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 22, 32. 1203 Schuster , Principles, S. 530 ff. 1204 Schuster , Principles, S. 538 f., 543 Fn. 1. 1205 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, London 1908. 1206 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, London 1908, S. 283. 1207 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, London 1908, S. 318. 1208 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, London 1908, S. 338. 1209 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, London 1908, S. 356. 12,0 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, London 1908, S. 357. 1211 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, London 1908, S. 427.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

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fend die Stellung des nichtehelichen Kindes als gelungenes Beispiel für eine moderne, zeitgemäße Regelung dieser Fragen bezeichnet („modern treatment"). 1213 Bezüglich des Rechtes der Adoption erscheint auffällig, daß zwar etwa dem französischen und dem russischen Recht breiter Raum eingeräumt wird, das deutsche Recht aber unter der Überschrift „Other Systems" vergleichsweise knapp und nur pauschal mit deren Regelungen wiedergegeben wird.1214 Der englische Anwalt Henry Happold, der sich in Berlin niedergelassen hatte, beschäftigte sich in einem Artikel im Law Magazine and Review im Februar 1914 mit der rechtlichen Stellung unehelicher Kinder im Deutschen Reich. 1 2 1 5 Er beginnt mit den Gründen, die zur Unehelichkeit führen - z.B. auch Nichtigkeit der Ehe - und erläutert anschließend die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen: Verwandtschaftsbeziehung zu Mutter und unehelichem Vater, Familienname, Legitimations- und Adoptionsmöglichkeiten, Wahrnehmung des elterlichen Sorgerechts durch den Vormund. Ausführlich und sehr detailliert stellt Happold die Unterhaltspflichten des Vaters gegenüber Kind (substantieller Unterhalt bis zum sechzehnten Lebensjahr) und Mutter (Entbindungskosten und sechs Wochen Unterhalt) gemäß §§ 1708 ff. respektive § 1715 BGB a.F. dar. Auch geht er auf die Vaterschaftsvermutung nach § 1717 BGB a.F. und erwähnt schließlich die einschlägige Kollisionsregel aus dem internationalen Privatrecht, Art. 21 EGBGB a.F. Insgesamt erscheinen ihm die deutschen Regelungen, insbesondere hinsichtlich des Unterhalts, sehr viel fortschrittlicher und gerechter als das englische Recht: „The English Bastardy Laws work great injustice [...] [compared to] the favourable provisions for the maintenance, education, and bringing up illegitimate children according to German law. [...] That the English Bastardy Laws need amendment is beyond question [ . . . ] " 1 2 1 6 , und diese Neufassung solle sich nach Möglichkeit am deutschen Vorbild orientieren. Die Vorschriften des BGB betreffend die familienrechtliche Stellung des unehelichen Kindes wurden in einer 1930 im Columbia Law Review abge1212 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, London 1908, S. 288/289 Fn. t. 1213 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, London 1908, S. 366. 1214 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 2, London 1908, S. 405 ff. 1215 Happold , The Legal Position of Illegitimate Children in Germany, The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 39 (1914), S. 129-137. 1216 Happold , The Legal Position of Illegitimate Children in Germany, The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 39 (1914), S. 129, 136.

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

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druckten rechtsvergleichenden Studie zu diesem Thema noch einmal aufgegriffen. 1 2 1 7 Als eines der „modern systems" werden die Regelungen der §§ 1705 ff. BGB a.F. (allgemeiner Status des unehelichen Kindes), der §§ 1719 ff. und 1723 ff. BGB a.F. (Legitimation durch Heirat bzw. Ehelichkeitserklärung) kurz zusammengefaßt. Es wird festgestellt, daß uneheliche Kinder nach dem deutschen Recht zu einem höheren Grad in die Familie des Vaters eingebunden ist als nach dem französischen und System des Common Law. Die Autoren kommen jedoch zu dem aus heutiger Sicht etwas seltsam anmutenden Ergebnis, daß eine derartige Integration nicht unbedingt wünschenswert sei, zumal dem Interesse des nichtehelichen Kindes mit einer vollständigen Übernahme seiner Betreuung durch staatliche Institutionen wohl besser gedient sei.

4. Das Adoptionsrecht Im zweiten Band der Neuausgabe von „Burge's Colonial and Foreign Laws" von 1908 wird auch das deutsche Recht behandelt. 1218 Auf die bereits an anderer Stelle gemachten Ausführungen herzu wird verwie1219

sen. Henry Happold, englischer Anwalt in Berlin, beschäftigte sich 1914 im Law Magazine and Review ausführlich mit dem deutschen Adoptionsrecht. 1 2 2 0 Die Vorschriften des Achten Titels des Vierten Buches des BGB, die §§ 1741 ff. BGB a.F. über die Annahme an Kindes Statt, geht er der Reihe nach durch, spart dabei nicht mit Hinweisen auch auf Details und Ausnahmeregelungen. Ausgiebig stellt er die rechtliche Stellung des Adoptierten und die Rolle des Vormundschaftsgerichtes dar. Bei letzterem hebt er vor allem dessen Kompetenz gemäß § 1666 BGB a.F. hervor, bei Gefährdungen des Kindeswohls einzuschreiten. Insgesamt fällt ihm die Genauigkeit und Sorgfältigkeit der genannten Regelungen auf: „One cannot help but notice how thoroughly and minutely those who have drafted this portion of the German Civil Code have done their w o r k . " 1 2 2 1 Etwas übertrieben erscheint seine Bewertung der Bedeutung des Adoptionsrechts für 1217 Deäk/Robbins y The Familial Property Rights of Illegitimate Children: A Comparative Study, Columbia Law Review, Band 30 (1930), S. 308-329. 1218 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and in Conflict with each other and with the Law of England. Neuausgabe in 5 Bänden, London 1907-28, Band 2, London 1908. 1219 Siehe oben: Zweiter Teil, Dritter Abschnitt, X. 1220 Happold, The Law of Adoption in Germany, The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 39 (1914), S. 432-445. 1221 Happold, The Law of Adoption in Germany, The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 39 (1914), S. 432, 444.

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die deutsche Gesellschaft: „The law of Adoption plays a most important part in the social life and condition of the German people." 1 2 2 2 Abschließend stellt Happold die Frage in den Raum, inwieweit die deutschen Regelungen dem englischen Gesetzgeber zum Vorbild gereichen könnten. Seine eigene Antwort ist überwiegend negativ: Zwar seien „certain provisions" (die er jedoch nicht näher bezeichnet) eventuell nachahmenswert, doch könne das deutsche Recht insgesamt keinesfalls von England übernommen werden. Zum einen fehlten grundlegende institutionelle Voraussetzungen („we have no Guardianship Court such as exists in Germany" 1 2 2 3 ) und zum anderen, was entscheidend sei, bestünden einfach unüberbrückbare Gegensätze zwischen den beiden Ländern in Hinblick auf die gesellschaftliche Struktur und Mentalität, die eine den deutschen vergleichbare Rolle der englischen Staatsorgane einfach unmöglich machten: „Would it be advisable to pass a law respecting Adoption on the same lines as the law in Germany? I am decidedly of opinion that it would not. Germany is a bureaucracy, England is not, and having regard to the great difference in the ideas, the method of thought, the manner of reasoning, and the social life and condition of the two peoples, it is most impracticable. [...] To introduce legislation in England, based upon the law of foreign countries, would, in my opinion, be most dangerous." 1224

5. Vormundschaft und Familienrat Auf der Konferenz der International Law Association in Budapest 1908 hielt Ernest Todd einen Vortrag, in dem er das anglo-amerikanische Verfahrensrecht mit dem anderer Staaten verglich. 1 2 2 5 Darin griff er auch einige Fragestellungen aus dem materiellen Recht auf, unter anderem die deutschen Regelungen zum Familienrat (§§ 1858 ff. BGB a.F.) und zum Vormundschaftsgericht. 1226 Die einschlägigen Regelungen werden kurz zusammengefaßt. Er stellt fest, daß danach dem Familienrat insgesamt eine weniger wichtige Stellung eingeräumt wird als etwa im französischen Recht. 1 2 2 7 1222

Happold, The Law of Adoption in Germany, The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 39 (1914), S. 432, 444. 1223 Happold, The Law of Adoption in Germany, The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 39 (1914), S. 432, 444. 1224 Happold, The Law of Adoption in Germany, The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 39 (1914), S. 432, 444 f. 1225 Todd y The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264-278. 1226 Todd, The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264, 271 ff. 1227 Todd, The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264, 272.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Auch die allgemeine Rolle des Vormundschaftsgerichtes wie auch die Möglichkeiten von Entmündigung und Bestellung eines Vormundes werden beschrieben. Hierzu bemerkt Todd : „It is a great misfortune that in England there is no such provision for protecting against themselves young men who suddenly inherit wealth, which they do not know how properly to administer." 1 2 2 8 Das Vormundschaftsgericht übersetzt Todd übrigens als „Court of Wards". 1 2 2 9 Auch Schuster hatte das Vörmundschaftsrecht des BGB wohlwollend bewertet. Vor allem die genaue Umschreibung des Aufgabenbereiches und der Kompetenzen des Vormunds bedeuteten einen Vorteil gegenüber dem englischen Recht, „under which the powers of the guardian [...] are somewhat vague." 1 2 3 0 Ähnlich positiv hatte sich Eichholz geäußert, der vor allem auf die in diesem Zusammenhang vom BGB vorgesehenen Einschränkungen der elterlichen Gewalt abgestellt hatte („in the interest of children" 1 2 3 1 ). Das Entmündigungsverfahren hatte auch Renton in seinem internationalen Vergleich der rechtlichen Behandlung von psychisch Kranken beschrieben.1232 Ausführlich wurden Vormundschaftsrecht und Stellung des Familienrates („elaborate provisions") auch im vierten Band der Neuausgabe von „Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws" behandelt. 1233

V. Erbrecht Bezüglich des Erbrechts fielen aus anglo-amerikanischer Sicht vor allem die strengen Formvorschriften für die Testamentserrichtung und die Begrenzungen der Testierfreiheit auf.

1228

Todd, The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264, 273. 1229 Todd , The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264, 271. 1230 Schuster , Principles, S. 557. Siehe Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, III 4 f. 1231 Eichholz y The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 205. Siehe Zweiter Teil, Dritter Abschnitt, III. 1232 Rentony Comparative Lunacy Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 253-275. Siehe Zweiter Teil, Sechster Abschnitt, I 2. 1233 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 4, 1. Teil, London 1914, S. 38 ff., 51 ff. Siehe Zweiter Teil, Dritter Abschnitt, X.

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Einen Aspekt aus dem Erbrecht beleuchtete im Jahre 1908 ein Bericht des britischen Außenministerium an das Parlament, das eine rechtsvergleichende Untersuchung betreffend die gesetzlichen Beschränkungen bei testamentarischen Vermächtnissen („testamentary bequests") angefordert hatte. 1 2 3 4 Von der Botschaft in Berlin war eine knappe Zusammenfassung des deutschen Pflichtteilsrechtes gekommen. Darin stellte der Rechtsberater der Botschaft zunächst fest, daß der „German Civil Code" entgegen den römisch-rechtlichen Prinzipien grundsätzlich ein unbeschränktes gesetzliches Erbrecht vorsehe, welches nur in Ausnahmefällen beschränkt werden könne, wobei selbst dann „a certain class of statutory heirs" zu einer „compulsory portion" berechtigt bleibe. 1 2 3 5 Dann wurden die Vorschriften der §§ 2303 ff. BGB stichwortartig zusammengefaßt: Die pflichtteilsberechtigten Personen werden genannt, verschiedene Fallkonstellationen mit den jeweils resultierenden Bruchteilen in tabellarischer Form durchgerechnet und schließlich die Gründe, die zu einer Entziehung selbst des Pflichtteils führen können, aufgelistet. Hierbei wird zwischen der „deprivation in ordinary cases" gemäß §§ 2333-2335 BGB (Angriffe auf Leib und Leben des Erblassers etc.) und der „exheredatio bona mente" gemäß § 2338 BGB a.F. unterschieden, wobei die letztgenannte „Enterbung zum Besten des Enterbten" (aufgrund seiner Verschwendungssucht oder Überschuldung) als „exceptional case" bezeichnet w i r d . 1 2 3 6 Abschließend wird darauf hingewiesen, daß das BGB umfangreiche und sehr detaillierte Regelungen zu Berechnung und Ausgleich von Pflichtteilen enthalte, von deren eingehenderen Darstellung der Rechtsberater der Botschaft jedoch absieht. In seinem Vortrag auf der Konferenz der International Law Association in Budapest 1908, in dem er das anglo-amerikanische Verfahrensrecht mit dem anderer Staaten verglich, griff Ernest Todd auch einige Fragestellungen aus dem Erbrecht a u f . 1 2 3 7 Bezüglich des deutschen Erbrechts bemerkte er: „[One] is struck very forcibly by the entirely different standpoints from which the different systems start." 1 2 3 8 Besonders im Vergleich zum engli1234

Reports respecting the Limitations imposed by Law upon Testamentary Bequests, Parliamentary Papers 1908, Band 88 (Accounts and Papers, Band 27), S. 283-312. 1235 Reports respecting the Limitations imposed by Law upon Testamentary Bequests, Parliamentary Papers 1908, Band 88 (Accounts and Papers, Band 27), S. 283, 288. 1236 Reports respecting the Limitations imposed by Law upon Testamentary Bequests, Parliamentary Papers 1908, Band 88 (Accounts and Papers, Band 27), S. 283, 289. 1237 Todd , The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264-278. 1238 j 0 dd y The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264, 266.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

sehen Recht eingeschränkte Testierfreiheit fiel ihm auf. Weder das Pflichtteilsrecht noch die strengen Formvorschriften für die Errichtung des Testaments, die er kurz beschreibt, fänden im englischen Recht eine Entsprechung. 1 2 3 9 Die Stellung des Testamentsvollstreckers gemäß der §§ 2197 ff. BGB a.F. sei durch „very extensive powers", aber auch durch eine relativ enge Beziehung zu den Erben gekennzeichnet. 1240 Henry Happold, englischer Anwalt mit Kanzlei in Berlin, beschrieb 1912 im Law Magazine and Review die Formalien und Fallstricke der Testamentserrichtung nach deutschem Recht. 1 2 4 1 Unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung, aber vor allem auch der praktischen Gesichtspunkte - welche Angaben hat ein eigenhändiges Testament zu enthalten, wer darf Zeuge bei der formellen Testamentserrichtung sein, welches Gericht ist im Zweifel zuständig - geht er die Vorschriften des Siebten Titels des Fünften Buches des BGB, die §§ 2231-2246 BGB, der Reihe nach durch. Ausführlich erklärt er den Ablauf und die Protokollierung der formellen Testamentserrichtung. Als am wenigsten komplizierten Weg für die Errichtung eines Testaments in Deutschland empfiehlt er seinen Landsleuten schließlich das eigenhändige Testament gemäß § 2231 Nr. 2 BGB, wobei es wichtig sei „Fehler zu vermeiden" 1 2 4 2 . Diesen Paragraphen gibt er übrigens in der Übersetzung von Wang 1243 wieder.

VI. Internationales Privatrecht Das internationale Privatrecht war aus naheliegenden Gründen besonders interessant für die englischen und amerikanischen Juristen, die sich mit dem deutschen Recht beschäftigten. Vor allem die Kollisionsregeln des EGBGB zur Geschäftsfähigkeit (Art. 7 EGBGB a . F . 1 2 4 4 ) , der Form von

1239 Todd , The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264, 267. 1240 Todd , The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264, 268. 1241 Happold , Form of a Will in Germany, The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 38 (1912-13), S. 154-159. 1242 Happold , Form of a Will in Germany, The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 38 (1912-13), S. 154, 159. 1243 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. 1244 Art. 7 EGBGB a.F. (Geschäftsfähigkeit) lautete: (1) Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Person angehört. (2) Erwirbt ein Ausländer, der volljährig ist oder die rechtliche Stellung eine Volljährigen hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er die rechtliche Stellung eines Volljährigen, auch wenn er nach den deutschen Gesetzen nicht volljährig ist. (3) Nimmt ein Ausländer im Inland ein Rechtsgeschäft vor, für das er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, so gilt er für dieses Rechtsgeschäft

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

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Rechtsgeschäften (Art. 11 EGBGB a . F . 1 2 4 5 ) , der Eheschließung (Art. 13 EGBGB a . F . 1 2 4 6 ) und dem ehelichen Güterrecht (15 EGBGB a . F . 1 2 4 7 ) , Renvoi (27 EGBGB a . F . 1 2 4 8 ) und Ordre public (30 EGBGB a . F . 1 2 4 9 ) waren vielfach Gegenstand eingehender Untersuchungen, bzw. wurden verschiedentlich ins Englische übersetzt. Ein Teilaspekt des internationalen Privatrechts vor dem BGB wurde 1895 in dem Vortrag des Londoner Anwaltes Will Griffith auf dem Brüsseler Kongress der International Law Association angesprochen: In seinem Referat über die Unterschiede zwischen Common Law und kontinentalem Recht ging er auch kurz auf die Regelung des Preußischen Allgemeinen Landrechts (ALR), wonach das Elternrecht („parental rights") von in Deutschland lebenden Ausländern den gleichen Umfang wie in ihren Heimatländern habe. 1 2 5 0

insoweit als geschäftsfähig, als er nach den deutschen Gesetzen geschäftsfähig sein würde. Auf familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte sowie auf Rechtsgeschäfte, durch die über ein ausländisches Grundstück verfügt wird, findet diese Vorschrift keine Anwendung. 1245 Art. 11 EGBGB a.F. lautete: (1) Die Form eines Rechtsgeschäfts bestimmt sich nach den Gesetzen, welche für das den Gegenstand des Rechtsgeschäfts bilden de Rechtsverhältnis maßgebend sind. Es genügt jedoch die Beobachtung der Gesetze des Ortes, an dem das Rechtsgeschäft vorgenommen wird. (2) Die Vorschrift d Absatz 1 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Rechtsgeschäft, durch das ein Recht an einer Sache begründet oder über ein solches Recht verfügt wird. 1246 Art. 13 EGBGB a.F. lautete: (1) Die Eingehung der Ehe wird, sofern auch nur einer der Verlobten ein Deutscher ist, in Ansehung eines jeden Verlobten nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem er angehört. Das gleiche gilt für Ausländer, die im Inland eine Ehe eingehen. (2) In Ansehung der Ehefrau eines nach Artikel 9 Absatz 3 für tot erklärten Ausländers wird die Eingehung der Ehe nach den deutschen Gesetzen beurteilt. (3) Die Form einer Ehe, die im Inlande geschlossen wird, bestimmt sich ausschließlich nach den deutschen Gesetzen. 1247 Art. 15 EGBGB a.F. lautete: (I) Das eheliche Güterrecht wird nach den deutschen Gesetzen beurteilt, wenn der Ehemann zum Zeitpunkt der Eheschließung ein Deutscher war. (2) Erwirbt der Ehemann nach der Eingehung der Ehe die Reichsangehörigkeit, oder haben ausländische Ehegatten ihren Wohnsitz im Inlande, so sind für das eheliche Güterrecht die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Mann zur zeit der Eingehung der Ehe angehörte; die Ehegatten können jedoch einen Ehevertrag schließen, auch wenn er nach diesen Gesetzen unzulässig sein würde. 1248 Art. 27 EGBGB a.F. lautete: Sind nach dem Rechte eines fremden Staates, dessen Gesetze in den Artikel 7 Absatz I, dem Artikel 13 Absatz 1, dem Artikel 15 Absatz 2, dem Artikel 17 Absatz lund dem Artikel 25 für maßgebend erklärt sind, die deutschen Gesetze anzuwenden, so finden diese Gesetze Anwendung. 1249 Art. 30 EGBGB a.F. lautete: Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. 1250 Griffith, Questions of International Law as to which the Common Law of England and the United States differs from the Common Law of Scotland and most

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch Anläßlich des baldigen Inkrafttretens des BGB stellte Arthur Ameisen den Lesern des American Law Review 1899 die Regelungen des Einführungsgesetzes zum internationalen Privatrecht als ein „Feature of the New Civil Code of the German Empire" vor und setzte sich ausgesprochen kritisch damit auseinander. 1251 Vorgestellt werden die Art. 7, 13 bis 17, 19, 22, 24, 25, 27 und 30 EGBGB a.F., Art. 7 EGBGB a . F . 1 2 5 2 wird sogar übersetzt: Art. 7 EGBGB a.F.: „The capacity of a person to act is judged by the laws of the country to which the person belongs. A foreigner who is of full age, or enjoys the status of majority, upon acquiring the German nationality retains the legal status of majority, even though he would not be of full age by German law. I f a foreigner undertakes the performance of an act in law for which he possesses no capacity, or if his capacity is only partial, he will be regarded as capable to act in so far as he may be able to act by German law. This provision finds no application to acts in law relating to domestic relations and succession, as well as to acts in law whereby real property situate in a foreign country is disposed o f . " 1 2 5 3 Ameisen macht sich die Kritik des Franzosen Albéric Rolin aus dessen im Jahr zuvor erschienenen Artikel in der Revue de Droit International, den er zitiert, zu eigen, wonach Art 7 Abs. 3 EGBGB eine „shocking inequality" und Diskriminierung von Ausländern im deutschen Recht begründe. 1254 Diese Vorschrift sei gleichzeitig „as a matter of logical consequence [...] the death knell of the principle of deciding questions of civil capacity of persons by the lex loci contractus" 1255 Auch sonst sei das „Leitmotiv" (Ameisen verwendet den deutschen Ausdruck) des deutschen

Continental States, The International Law Association, Report of the 17th Conference, Brussels 1895, S. 277, 281. 1251 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396-407. 1252 Art. 7 EGBGB a.F. (Geschäftsfähigkeit) lautete: (I) Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Person angehört. (2) Erwirbt ein Ausländer, der volljährig ist oder die rechtliche Stellung eine Volljährigen hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er die rechtliche Stellung eines Volljährigen, auch wenn er nach den deutschen Gesetzen nicht volljährig ist. (3) Nimmt ein Ausländer im Inland ein Rechtsgeschäft vor, für das er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, so gilt er für dieses Rechtsgeschäft insoweit als geschäftsfähig, als er nach den deutschen Gesetzen geschäftsfähig sein würde. Auf familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte sowie auf Rechtsgeschäfte, durch die über ein ausländisches Grundstück verfügt wird, findet dies Vorschrift keine Anwendung. 1253 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, 400. 1 4 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, f.

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internationalen Privatrechts die Einführung der Staatsangehörigkeit als entscheidendes Kriterium der RechtsanWendung; es sei allenfalls, wie er nicht ohne Ironie bemerkt, „tempered in some instances with discriminative features in favor of Germans." 1 2 5 6 Das neue deutsche internationale Privatrecht beschreibt Julius Hirschfeld im Jahre 1900. 1 2 5 7 In seinem Artikel im Law Quarterly Review geht er der Reihe nach die Art. 7-31 EGBGB a.F. durch und faßt die Vorschriften zusammen. Besonders bewertet werden nur die Art. 25, 27 und 30 EGBGB. Die Regelung des Art. 25 Satz 2 EGBGB a . F . 1 2 5 8 hinsichtlich des Erbrechts eines Deutschen bezüglich des Nachlasses eines ausländischen Erblassers mit Wohnsitz in Deutschland hält Hirschfeld für eine „rather complicated exception in favour of Germans". 1 2 5 9 Die Rückverweisungsregel gemäß Art. 27 EGBGB werde „considerable general importance" erlangen, denn sie werde in der Praxis zu einer unterschiedlichen Behandlung von Bürgern aus Ländern, in denen das Nationalitätsprinzip gelte, und Ländern mit dem Prinzip des „domicile" (wie denen des Common Law) führen. 1 2 6 0 Die Generalklausel des Art. 30 EGBGB (ordre p u b l i c ) 1 2 6 1 wird übersetzt, die „the widest scope [...] of judicial discretion" 1 2 6 2 gebe. „[To] give the judges a carte blanche to such an extent" könne als durchaus fragwürdiges Prinzip („questionable policy") angesehen werden, „[which] may justly lead to reprisals". 1 2 6 3 Besonders erwähnt wird noch das „Vergeltungsrecht" („principle of retaliation") gemäß Art. 31 EGBGB a . F . 1 2 6 4

1255

Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, 399 f. 1256 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, 402. 1257 Hirschfeld, The German Code and Private International Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 88-91. 1258 A r t 25 EGBGB a.F. lautete: Ein Ausländer, der zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz im Inland hatte, wird nach den Gesetzen des Staates beerbt, dem er zur Zeit seines Todes angehörte. Ein Deutscher kann jedoch erbrechtliche Ansprüche auch dann geltend machen, wenn sie nur nach den deutschen Gesetzen begründet sind. (...). 1259 Hirschfeld, The German Code and Private International Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 88, 90, Fn. 2. 1260 Hirschfeld, The German Code and Private International Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 88, 90 f. 1261 Art. 30 EGBGB a.F. lautete: Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. 1262 Hirschfeld, The German Code and Private International Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 88, 91. 1263 Hirschfeld, The German Code and Private International Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 88, 91.

302 Hirschfeld

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch gibt Art. 30 EGBGB a. F. folgendermaßen wieder:

Art. 30 EGBGB a.F.: „The application of a foreign law is excluded if such an application would infringe on morality, or the object of German law."1265 Speziell unter dem Gesichtspunkt des ehelichen Güterrechts behandelt Hirschfeld das deutsche internationale Privatrecht noch einmal im selben Jahr, ebenfalls im Law Quarterly Review. 1266 Anhand einiger beispielhafter Fallkonstellationen stellt er die Komplikationen dar, die sich dadurch ergäben, „that [the new German law] has entered upon its new course of substituting throughout the principle of nationality for that of matrimonial d o m i c i l . " 1 2 6 7 Dieses Abstellen auf die Staatsangehörigkeit verstößt in seinen Augen gegen den Geist, der im internationalen Rechtsverkehr eigentlich vorherrschen solle: „[The] change which the German legislature has made [...] is not a happy one from an international point of view, in so far as such an extreme assertion of the national principle is naturally in itself bound to clash with the spirit of international jurisprudence. [...] And this applies with particular force to Germany, in so far as they may and, as a matter of fact, do lose their nationality through lapse of t i m e . " 1 2 6 8 Als einschlägige Bestimmungen übersetzt Hirschfeld Art. 15 Abs. 1, 2, Satz 1 EGBGB und erwähnt Art. 27 EGBGB, der hierbei immer berücksichtigt werden müsse. Beiläufig erwähnt er, daß das deutsche Konzept des „domicil" „more lax than that of English jurisprudence" sei, da es gemäß § 7 BGB möglich sei, mehrere Wohnsitze zu haben und ein solcher bereits durch dauerhaften Aufenthalt begründet werde. 1 2 6 9 Aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch wird weiterhin § 1363 BGB genannt und kurz beschrieben. Art. 15 Abs. 1, 2, Satz 1 EGBGB a . F . 1 2 7 0 übersetzt Hirschfeld wie folgt:

1264

Art. 31 EGBGB a.F. lautete: Unter Zustimmung des Bundesrates kann durch Anordnung des Reichskanzlers bestimmt werden, daß gegen einen ausländischen Staat sowie dessen Angehörige und ihre Rechtsnachfolger ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht wird. 1265 Hirschfeld, The German Code and Private International Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 88, 91. 1266 Hirschfeld , De Niçois v. Curlier and the New German Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 288-291. 1267 Hirschfeldy De Niçois v. Curlier and the New German Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 288, 289. 1268 Hirschfeldy De Niçois v. Curlier and the New German Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 288, 291. 1269 Hirschfeldy De Niçois v. Curlier and the New German Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 288, 291, Fn. 1. 1270 Art. 15 Abs. 1, 2, Satz 1 EGBGB a.F. lautete: (1) Das eheliche Güterrecht wird nach den deutschen Gesetzen beurteilt, wenn der Ehemann zum Zeitpunkt der

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB Art. 15 Abs. 1, 2, Satz 1 EGBGB a.F.: „The property relations are governed by the German law where the husband at the time of marriage was a German subject. Foreign spouses having, at the time of their marriage, their domicil in Germany, their property relations will be governed by the law of the country to which the husband belongs at the t i m e . " 1 2 7 1 Bei seiner Darstellung des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches im Juridical Review von 1904 setzt Walton einen besonderen Schwerpunkt beim Eherecht. 1 2 7 2 In diesem Zusammenhang erwähnt Walton auch die Regelung des Art. 15 EGBGB, wonach anders als im englischen und französischen Recht nicht „domicile" sondern die Staatsangehörigkeit Anknüpfungspunkt im internationalen Privatrecht sei, was nach Meinung Waltöns noch zu Problemen führen werde, wenn er diese auch nicht näher bezeichnet. 1273 Im zweiten Band der Neuausgabe von „Burge's Colonial and Foreign Laws" von 1908, im Rahmen der darin enthaltenen umfassenden rechtsvergleichenden Darstellung des internationalen Privatrechts, wird auch das deutsche Recht behandelt. 1274 Im Oktober 1912 druckt die Law Times den Beitrag eines anonymen „German correspondent", in dem die erbrechtliche Behandlung eines in Deutschland verstorbenen Ausländers analysiert w i r d . 1 2 7 5 Darin wird das Zusammenspiel der Art. 25 (Verweisung auf das Recht des Heimatstaates) und 27 EGBGB a.F. (begrenzte Anerkennung des Prinzips des „renvoi") unter Berücksichtigung des letzten Standes der Rechtsprechung des Reichsgerichtes zu diesem Problem erklärt. Art. 25 a. F. wird übersetzt, wobei sich der Autor Wangs Übersetzung 1276 bedient. Auf die unterschiedliche Konzeption und Bedeutung des Begriffes des Wohnsitzes im englischen und deutschen Recht (§§ 7 ff. BGB) wird hingewiesen. Der Autor kommt zu Eheschließung ein Deutscher war. (2) Erwirbt der Ehemann nach der Eingehung der Ehe die Reichsangehörigkeit, oder haben ausländische Ehegatten ihren Wohnsitz im Inlande, so sind für das eheliche Güterrecht die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Mann zur zeit der Eingehung der Ehe angehörte; (...). 1271 Hirschfeld , De Niçois v. Curlier and the New German Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 288, 290. 1272 Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 155 ff. 1273 Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 159. 1274 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and in Conflict with each other and with the Law of England. Neuausgabe in 5 Bänden, London 1907-28, Band 2, London 1908. Siehe oben Zweiter Teil, Dritter Abschnitt, X. 1275 Succession of Foreigners in Germany, The Law Times, Band 133 (1912), S. 518-520 (anonym). 1276 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907.

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Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

dem Schluß, daß die Rechtslage insbesondere hinsichtlich des Schicksals beweglichen Eigentums des Erblassers bislang nicht eindeutig geklärt sei. Die Frage nach der Rechtslage bei der Scheidung eines britischen Staatsbürgers auf deutschem Boden wird im Oktober 1913 in einem anonymen Beitrag in der Law Times gestellt. 1 2 7 7 Die Regelungen der Art. 17 Abs. 1 (Verweisung auf das Recht des Heimatstaates) und 27 EGBGB a.F. (begrenzte Anerkennung des Prinzips des „renvoi") werden kurz zusammengefaßt. Da das englische Kollisionsrecht den Wohnsitz der Beteiligten zum Anknüpfungspunkt mache, stellt der Autor fest, daß die deutschen Vorschriften unter Umständen dazu führen könnten, daß deutsche Gerichte eine Scheidung wirksam aussprechen könnten, obwohl die konkreten Scheidungsgründe in England nicht anerkannt seien. Intensiv beschäftigte sich Ernest G. Lorenzen, Professor unter anderem an der Yale Law School, mit dem internationalen Privatrecht des EGBGB. Im Annual Bulletin des Comparative Law Bureau der American Bar Association stellte Lorenzen 1908 die einschlägigen Vorschriften, Art. 7-31 EGBGB im Überblick d a r . 1 2 7 8 Dabei geht er die Artikel der Reihe nach durch und faßt ihren Inhalt knapp zusammen, ohne sie jedoch näher zu kommentieren. Teilweise fügt er Hinweise auf aktuelle Entscheidungen des Reichsgerichtes zu einzelnen Punkten hinzu. „Peculiar" erscheint Lorenzen der Umstand, daß die Art. 7-31 EGBGB insgesamt keine vollständige Regelung des internationalen Privatrechts bieten, sondern nur einzelne Konfliktpunkte betreffen, und auch diese teilweise abdecken. Er erklärt sich dies mit praktischen Erwägungen des Gesetzgebers. „ A radical departure from the preceding law" erkennt Lorenzen in der Einführung des Nationalitätsprinzips anstelle des Prinzips des „domicile" bei allen die Person betreffenden Fragen wie Geschäftsfähigkeit, Familien- und Erbrecht. Darin sei Deutschland einem in mehreren Kontinentalstaaten zu beobachtenden Trend gefolgt. 1 2 7 9 Bemerkenswert erscheint ihm schließlich noch die Regelung des Art. 27 EGBGB, die in beschränktem Maße das Prinzip der Rück- und Weiterverweisung (doctrine of renvoi) einführe. Eine Übersicht über die aktuelle Rechtsprechung der deutschen Obergerichte zu Fragen des internationalen Privatrechtes lieferte Lorenzen den Lesern des Annual Bulletin noch zweimal in den beiden folgenden Jahren. 1 2 8 0 Auf die den Entscheidungen zu Grunde liegenden Vorschriften 1277

Divorce of British Subjects in Germany, The Law Times, Band 135 (1913), S. 507 (anonym). 1278 Lorenzen , Conflict of Laws under the German Civil Code, American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 3641. 1279 Lorenzen , Conflict of Laws under the German Civil Code, American Bar Association : Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 36.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

5

des Bürgerlichen Rechts wird jedoch nicht eingegangen. Ausnahme ist ein Hinweis auf § 313 BGB („form of transactions affecting title"), wobei die Verwendung des deutschen Begriffes „dingliches Rechtsgeschäft" in diesem Zusammenhang etwas ungenau erfolgt. 1 2 8 1 Ausführlich beschäftigte sich Lorenzen 1910 im Columbia Law Review mit dem Problem der Rück- und Weiterverweisung im internationalen Privatrecht. 1 2 8 2 Im ersten Teil seines Aufsatzes stellt er die Grundzüge der „renvoi theory" dar, wobei er die einschlägige deutschsprachige Fachliteratur einbezieht, namentlich die Schriften Jherings und von Bars, deren Auffassungen er auch ausgiebig diskutiert, und sich zur Verdeutlichung der dogmatischen Unterscheidungen verschiedentlich deutscher Begriffe, insbesondere der „Rück-" und „Weiterverweisung", bedient. Im zweiten Teil untersucht Lorenzen die konkrete Anwendung dieses Prinzips in Gesetzgebung und Rechtsprechung verschiedener Länder. Besondere Aufmerksamkeit widmete Lorenzen dabei den deutschen Vorschriften der Art. 27, 28 E G B G B 1 2 8 3 , da in ihnen das Prinzip des „renvoi", nachdem es bis dato meist allenfalls umstrittenes Richterrecht gewesen sei, erstmals wenigstens in Teilen Eingang in das Gesetz eines großen Staates gefunden habe. Den Regelungsgehalt faßt er kurz und prägnant zusammen: „[Art. 27 EGBGB] provides for the application of German law whenever in matters relating to capacity, marriage, matrimonial property, divorce, and succession, the foreign law refers back to German law. According to [Art. 28 EGBGB] Article 27 is inapplicable to property situated in a third state where different rules prevail." 1 2 8 4

1280 Lorenzen , Jurisprudence (Foreign Legislation, Jurisprudence and Bibliography: Germany), American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 2 (1909), S. 66-70; ders., Jurisprudence (Foreign Legislation, Jurisprudence and Bibliography: Germany), American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 3 (1910), S. 110-118. 1281 Lorenzen , Jurisprudence (Foreign Legislation, Jurisprudence and Bibliography: Germany), American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 2 (1909), S. 66, 69. 1282 Lorenzen , The Renvoi Theory and the Application of Foreign Law, Columbia Law Review, Band 10 (1910), S. 190-207, 327-344. 1283 Die Art. 27, 28 EGBGB a.F. lauten: Art. 27 EGBGB a.F.: Sind nach dem Rechte eines fremden Staates, dessen Gesetze in den Artikel 7 Absatz 1, dem Artikel 13 Absatz 1, dem Artikel 15 Absatz 2, dem Artikel 17 Absatz lund dem Artikel 25 für maßgebend erklärt sind, die deutschen Gesetze anzuwenden, so finden diese Gesetze Anwendung Art. 28 EGBGB a.F.: Die Vorschriften der Artikel 15, 19, des Artikel 24 Abs. 1 und der Artikel 25, 27 finden keine Anwendung auf Gegenstände, die sich nicht in dem Gebiete des Staates befinden, dessen Gesetze nach jenen Vorschriften maßg bend sind, und die nach den Gesetzen des Staates, in dessen Gebiete sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen. 20 Dittmann

306

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Lorenzen stellt fest, daß der deutsche Gesetzgeber damit das Prinzip des „renvoi" für alle die Person betreffende Fragen verbindlich gemacht habe, und daß bei allen diesen Fragen die Nationalität ausschlaggebend für das anzuwendende Recht sei. Darauf, daß seiner Meinung nach gerade der Übergang vom Wohnsitz zur Nationalität als maßgebendem Anknüpfungspunkt in einigen kontinentaleuropäische Staaten die Hauptursache für die Entstehung und zunehmende Bedeutung des Rechtsproblems der Rück- und Weiterverweisung sei, hatte Lorenzen schon vorher hingewiesen. 1285 Die Gründe für die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, diese Regelung in der vorgegebenen Form zu treffen, sind für Lorenzen „enveloped in doubt and obscurity". 1 2 8 6 Ausführlich stellt er die Entstehung der betreffenden Vorschriften dar und zitiert aus den Protokollen und Motiven der beiden Kommissionen, die beide grundsätzlich gegen die Einführung des „renvoi"-Prinzips gewesen seien. Auch spiegele die Fassung der Art. 27, 28 EGBGB a.F. keinesfalls die herrschende Meinung in der deutschen Rechtsprechung und Rechtswissenschaft wider. (Lorenzen versäumt nicht, in diesem Zusammenhang auf den Streit in der deutschen Rechtswissenschaft über die Frage, ob sich aus den Art. 27, 28 EGBGB a.F. ein allgemeines Prinzip ableiten lasse, oder ob es sich dabei um eine restriktiv anzuwendende Ausnahmeregelung handele, hinzuweisen. 1287 ) Er äußert die Vermutung, daß die Regelung aufgrund rein politischer Erwägungen in der letzten Phase der Gesetzgebung getroffen worden sei (die Protokolle der Verhandlungen des Bundesrates und des Reichstages lagen ihm zum Zeitpunkt, da er dies schrieb, nach eigener Aussage nicht vor) und spekuliert, im Hintergrund habe eine Einflußnahme des Außenamtes stattgefunden, wo man auf diesem Umweg eine verbesserte Ausgangslage für das Deutsche Reich bei eventuellen internationalen Verhandlungen über die Neuregelung des internationalen Privatrechts angestrebt habe. 1 2 8 8 Was er von dieser Regelung und dem zu Grunde liegenden Prinzipien hält, läßt Lorenzen am Ende seiner Abhandlung durchscheinen, wenn er das Fazit zieht: „The renvoi doctrine is [...] no part of the Conflict of Laws of the United States. 1284

Lorenzen , The Renvoi Theory and the Application of Foreign Law, Columbia Law Review, Band 10 (1910), S. 327, 328. 1285 io renzen ? The Renvoi Theory and the Application of Foreign Law, Columbia Law Review, Band 10 (1910), S. 327 f. Diese Beobachtung findet sich auch schon in: Lorenzen , Conflict of Laws under the German Civil Code, American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 36. 1286 Lorenzerl y The Renvoi Theory and the Application of Foreign Law, Columbia Law Review, Band 10 (1910), S. 327, 328. 1287 Lorenzen , The Renvoi Theory and the Application of Foreign Law, Columbia Law Review, Band 10 (1910), S. 327, 328 Fn. 7. 1288 Lorenzen , The Renvoi Theory and the Application of Foreign Law, Columbia Law Review, Band 10 (1910), S. 327, 329.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

307

Its introduction into our law would be most unfortunate on account of the uncertainty and confusion to which it would give rise in the administration of justice and its demoralizing effect upon the future development of the Conflict of L a w s . " 1 2 8 9 Das deutsche internationale Privatrecht beschrieb Ernest G. Lorenzen noch einmal um 1930 in zwei ausführlichen Aufsätzen im Yale Law Journal 1290 Dabei handelt es sich diesmal nicht um die bloße Wiedergabe der gesetzlichen Regelungen, sondern um eine umfassende Bestandsaufnahme der Entwicklung auf diesem Rechtsgebiet seit Inkrafttreten des BGB unter Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Im ersten Aufsatz erläutert Lorenzen einige Grundzüge des materiellen Rechtes, legt den Schwerpunkt seiner Darstellung jedoch auf die zivilprozessualen Implikationen dieser Regelungen. 1291 Er erklärt Bedeutung und Konzeption von „nationality" und „domicil" im deutschen Recht, wobei er auf das Reichsund Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 und die Regelungen zum Wohnsitz gemäß §§ 7 ff. BGB eingeht. Insbesondere letztere werden ausführlich und beinahe in lehrbuchhafter Weise dargestellt. Lorenzen hebt hervor, daß in Deutschland anders als im anglo-amerikanischen Recht mehrere Wohnsitze gleichzeitig denkbar sind, § 7 Abs. 2 BGB. Er verweist auf das Zivilprozeßrecht, in dem der Wohnsitz als Kriterium für den Gerichtsstand seine eigentliche Bedeutung im deutschen Recht erhalte. Die §§ 13 ff. ZPO und insbesondere die besonderen Gerichtsstände gemäß §§20 ff. ZPO werden einzeln und ausführlich behandelt, immer unter dem Gesichtspunkt ihrer möglichen Bedeutung für einen in Deutschland in einen Rechtsstreit verwickelten Ausländer. Im Rahmen der Behandlung des Gerichtstandes des Erfüllungsortes gemäß § 29 ZPO geht Lorenzen auch auf die Regelung des § 269 BGB zum Leistungsort ein. Auch die Möglichkeiten einer Gerichtsstandsvereinbarung gemäß §§ 38 ff. ZPO werden untersucht. Besonderen Raum nimmt schließlich die Darstellung der Frage ein, unter welchen Voraussetzungen ausländische Gerichtsurteile in Deutschland anerkannt, § 328 ZPO, bzw. für vollstreckbar erklärt werden konnten, §§ 722, 723 ZPO. Die Anerkennungskriterien und insbesondere die gemäß § 328 Nr. 5 ZPO verlangte Gegenseitigkeit der Anerkennung kritisert Lorenzen als zu restriktiv, zumal insbesondere letzteres zu dem aus heutiger Sicht erstaunlichen Zustand führte, daß US-amerikanische Urteile in der damaligen deutschen

1289

Lorenzen, The Renvoi Theory and the Application of Foreign Law, Columbia Law Review, Band 10 (1910), S. 327, 344. 1290 Lorenzen , The Conflict of Laws in Germany, Yale Law Journal, Band 39 (1929-30), S. 804-836; ders., The Conflict of Laws in Germany - Contracts, Yale Law Journal, Band 40 (1930-31), S. 401-430. 1291 Lorenzen , The Conflict of Laws in Germany, Yale Law Journal, Band 39 (1929-30), S. 804-836. 20*

0

Zweiter Teil: Das Bürgerliche Gesetzbuch

Rechtspraxis in der Regel nicht anerkannt wurden. Schließlich hebt Lorenzen hervor, daß die im angloamerikanischen Rechtsleben weitverbreiteten außergerichtlichen Vergleiche nach Schiedsverfahren (arbitral awards) in Deutschland wenig gebräuchlich seien, stellt aber dennoch die gegebenenfalls einschlägige Vorschrift des § 1039 ZPO vor. Einige Bemerkungen zur lückenhaften und in der deutschen Rechtswissenschaft zu diesem Zeitpunkt nach wie vor umstrittenen Regelung des „renvoi" gemäß Art. 27 EGBGB a.F. fehlen auch an dieser Stelle nicht, ebenso wie ein Hinweis auf die damals noch wenig gefestigte Rechtsprechung zum „ordre public" gemäß Art. 30 EGBGB. Im zweiten Aufsatz stellt Lorenzen das deutsche internationale Privatrecht zum Schuldrecht d a r . 1 2 9 2 Hier moniert er vor allem die Lückenhaftigkeit der vom deutschen Gesetzgeber vorgegebenen Regelungen, die mit Art. 7 EGBGB betreffend die Geschäftsfähigkeit und Art. 11 EGBGB betreffend die Form von Rechtsgeschäften nur zwei einzelne Aspekte des Vertragsrechtes abdecke. Die Tatsache, daß die in den ursprünglichen Entwürfen vorgesehene umfassende Kollisionsregelung (§ 2366 des zweiten überarbeiteten Entwurfes zum BGB) in den Beratungen des Bundesrates gekippt worden war, bedauert Lorenzen an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich: „The matter [was] left to the courts without any legislative guidance." 1 2 9 3 Anschließend versucht er unter sorgfältiger Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung, die Grundzüge des deutschen internationalen Privatrechts im Bereich des Schuldrechtes herauszuarbeiten. Art. 7 und 11 EGBGB werden dargestellt, die aus letzterem folgende weitgehende Freiheit der Rechtswahl ausdrücklich gelobt. Anschließend untersucht Lorenzen die von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Grundsätze zu Vertragsschluß, Auslegung, Gültigkeit, Rücktritt, Erfüllung etc. von Verträgen und die wichtigsten Entscheidungen zu den gängigsten Vertragstypen (Kauf, Miete, Dienst-, Transport-, Sicherungsverträge) und schließlich noch das spezielle Kollisionsrecht aus den wertpapierrechtlichen Gesetzen, namentlich Art. 84, 85 der Einheitlichen Wechselordnung von 1848 und Art. 26 des Scheckgesetzes von 1908. Als Grundzüge des deutschen internationalen Privatrechts im Bereich des Schuldrechts filtert Lorenzen aus den einschlägigen Entscheidungen der deutschen obersten Gerichte einmal die Frage nach dem Ort des Vertragsschlusses als für das anzuwendende Recht ausschlaggebenden Anknüpfungspunkt und zum anderen die Frage nach der häufig unterstellten - Intention der Vertragsparteien heraus. Er erwähnt kurz die in der deutschen Rechtswissenschaft der Zeit vielfach geäußerte, auf 1292

Lorenzen , Band 40 (1930-31), 1293 Lorenzen , Band 40 (1930-31),

The Conflict of Laws in Germany - Contracts, Yale Law Journal, S. 401^130. The Conflict of Laws in Germany - Contracts, Yale Law Journal, S. 401, 406.

6. Abschnitt: Einzelne Regelungen des BGB

309

dogmatischen Gründen beruhende Kritik an der Rechtsprechung des Reichsgerichts. Doch im Endeffekt sieht er in den dadurch den Parteien zugestandenen, weitgehenden Einflußmöglichkeiten bei der Rechtswahl, die Interessen der Wirtschaft bei internationalen Geschäftsbeziehungen gewahrt. Dem Reichsgericht bescheinigt er im Fazit eine durchaus wirtschaftsfreundliche und damit praxisnahe Rechtsprechung. 1294 Anzumerken bleibt, daß sich in der beiläufigen Bemerkung, daß im deutschen Recht streng zwischen „real (in sense of »property*)" und „obligatory (in sense of ,contract 4 )" Rechten unterschieden werde, ein interessanter Hinweis auf das Abstraktionsprinzip findet. 1 2 9 5 Von den genannten Stellen und der gelegentlichen Herausstellung von Unterschieden und Parallelen im deutschen und angloamerikanischen Recht abgesehen, enthält sich Lorenzen weitgehend jeder über die bloße Darstellung hinausgehenden Bewertung oder Analyse der deutschen Vorschriften. Einzelne Artikel des EGBGB gibt Lorenzen in Übersetzung wieder, wobei bemerkenswert erscheint, daß er sich dabei der in England erschienenen Übersetzung Wangs 1296 bedient. Als Lorenzen kurz nach dem Krieg ein Lehrbuch zum internationalen Privatrecht des Wechsel- und Scheckverkehrs herausgibt, verwendet er für die Wiedergabe der Art. 7 und 11 EGBGB, die er im Rahmen seiner Darstellung des deutschen Rechtes kurz erwähnt, hingegen Loewys 1297 Überset-

1294 Lorenzen , The Conflict of Laws in Germany - Contracts, Yale Law Journal, Band 40 (1930-31), S. 401, 430. 1295 Lorenzen , The Conflict of Laws in Germany - Contracts, Yale Law Journal, Band 40 (1930-31), S. 401, 404 f. 1296 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. 1297 Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909. 1298 Lorenzen , The Conflict of Laws relating to bills and notes, New Haven 1919, S. 66, 92.

Dritter

Teil

Andere Kodifikationen der Kaiserzeit In diesem Teil soll untersucht werden, ob und wie englischsprachige Juristen andere bedeutende Kodifikationen der Kaiserzeit wahrgenommen bzw. beurteilt haben, insbesondere aus den Bereichen Gerichtsverfassung und Zivilprozeßrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Wertpapierrecht und, ansatzweise, Wettbewerbsrecht. Obwohl im Handelsgesetzbuch geregelt, ist dem Seehandelsrecht aufgrund seiner eigenständigen Bedeutung ein eigener - kurzer - Abschnitt gewidmet. Quellen, die Gesetze aus anderen Rechtsbereichen zum Gegenstand haben, und insbesondere das Strafgesetzbuch und die Strafprozeßordnung werden nicht aufgeführt. 1

Erster Abschnitt

Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz Auch die sogenannten Reichsjustizgesetze wurden in anglo-amerikanischen Quellen wiederholt behandelt. Gemeint sind die Gesetze aus den 1870er Jahren, die das Gerichts- und Justizwesen nach der Reichsgründung neu organisierten sowie die Prozeßordnungen, die größtenteils gemeinsam am 1. Oktober 1879 in Kraft traten. Im Folgenden sind diejenigen Quellen berücksichtigt, die den Regelungsbereich eines oder mehrerer dieser Gesetze zum Gegenstand haben: Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) vom 27. Januar 1877 (RGBl. S. 41), Zivilprozeßordnung (ZPO) vom 30. Januar 1877 (RGBl. S. 83), Konkursordnung (KO) vom 10. Februar 1877 (RGBl. S. 351), Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) vom 17. Mai 1898 (RGBl. S. 189). Die genannten Kodifizierungen wurden in der englischsprachigen Literatur jedoch meist eher indirekt berücksichtigt, indem allgemein das deutsche Rechtssystem und die Gerichtsverfassung beschrieben wurden. Die zu Grunde liegenden Vorschriften und Gesetze wurden dann in der Regel allenfalls beiläufig erwähnt. Auch läßt sich feststellen, daß das Prozeßrecht im Gegensatz zum materiellen Zivilrecht vergleichsweise wenig Beachtung fand. Eine engli1 Ihre Berücksichtigung würde den Rahmen dieser Untersuchung sprengen und damit ihr Anliegen nicht weiter fördern.

1. Abschnitt: Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz

311

sehe Übersetzung der ZPO oder des GVG aus dem Untersuchungszeitraum gibt es nicht. 2 Dafür ist eine Übersetzung der KO aus dem Jahre 1913 nachweisbar. 3

I. Allgemeine Darstellungen des deutschen Rechtssystems und der Gerichtsverfassung Das deutsche Rechtssystem und die Gerichtsverfassung wurden wiederholt in englischsprachigen Publikationen vorgestellt. Meist handelte es sich dabei um bloße Beschreibungen des Gerichtsaufbaus, verbunden mit einigen mehr oder weniger allgemein gehaltenen Bemerkungen über wesensmäßige Besonderheiten des Rechtswesens und den juristischen Beruf im Deutschen Reich. Juristische Fragestellungen im engeren Sinne finden sich in dieser Kategorie von Quellen in der Regel nicht. Eine erste, wenn auch schlichte, Erwähnung von Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz findet sich in dem 1875 im American Law Review erschienenen Aufsatz, in dem sich ein anonymer Autor mit der „German legislation" beschäftigt und dabei einige der „derzeit vorbereiteten" neuen Gesetzeswerke aufzählt. 4 Im Jahre 1882 sendet der Leiter der amerikanischen diplomatischen Vertretung in Berlin einen mehrseitigen Bericht über das deutsche Gerichtswesen an das heimatliche State Department. Er wird im Jahr darauf publiziert. 5 Über eine bloße Beschreibung des Gerichtsaufbaus geht die Darstellung nicht hinaus. Über die Rechtsvereinheitlichung in den ersten Jahren nach der Reichsgründung und insbesondere die Reichsjustizgesetze von 1877, „which the German Parliament has produced with surprising rapidity", schrieb 1884 im American Law Review C. W. Ernst , ein Amerikaner deutscher Abstammung. 6 Sein Artikel enthält Abschnitte über die Gerichtsorganisation in 2 Eine aktuelle Übersetzung der ZPO ins Englische ist: Goren (Übers.), The Code of Civil Procedure Rules of the Federal Republic of Germany of January 30, 1877..., as of January 1988, Littleton, Colorado (USA), 1990. Eine kritische Darstellung des Prozeßrechts findet sich bei: Cohn (Hrsg.), Manual of German Law, 2. Auflage 1968-1971, Band 2. 3 Scrutton/Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 24: The German Empire, Part I, London 1913, S. 271 ff. Übersetzer war W. Butler Lloyd. 4 German Legislation, American Law Review, Band 10 (1875-76), S. 270, 275 (anonym). 5 Report on the Organization of the Courts of Law in Germany, Papers relating to the Foreign Relations of the United States, Band 40 (1882), Government Printing Office Serial Set Nr. 2090, Washington 1883, Reprint New York 1968, S. 174-186. 6 Ernst , Law Reforms in Germany, American Law Review, Band 18 (1884), S. 801-813. Das Zitat stammt von S. 803.

312

Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

Deutschland, Ausbildung und Berufsbild des Juristenstandes, Grundzüge des Konkursrechts und der Straf- und Zivilprozeßordnungen. Er versieht seine Ausführungen mit vielen Bemerkungen zu praktischen Aspekten des deutschen Rechts, wie z.B. dem Verdienst von Anwälten, den Gerichtskosten (deren Höhe in Deutschland Gegenstand von Beschwerden, aber aus amerikanischer Sicht „trivial" sei) und der Bemerkung, daß die Deutschen ein „prozeßwütiges Volk" seien („rather litigious"). 7 1889 wurde im schottischen Juridical Review in einer dreiteiligen Artikelserie das deutsche Gerichtssystem mit seinen Gerichtszweigen, den Instanzenzügen sowie den internen Organisationsstrukturen vorgestellt. 8 Erwähnt wurden Vorgeschichte und Entstehung der Reichsjustizgesetze, und die Gerichtsverfassung wird, unter Einschluß der die Strafgerichte betreffenden Teile, ausführlich und sehr detailliert beschrieben. (So erfährt der Leser unter anderem von der „vor kurzem" erfolgten Grundsteinlegung für das „neue" Gebäude für das Reichsgericht in Leipzig. 9 ) Es wird ausdrücklich hervorgehoben, daß es im deutschen Rechtssystem anders als im englischen keine „binding precedents" gebe, daß also die Entscheidungen des Reichsgerichts keine allgemeine Bindungswirkung entfalteten. 10 Bezogen auf das Zivilprozeßrecht äußert sich der Autor lobend über die relativ freie und von nur wenigen formalen Zwängen eingeengte Ausgestaltung des Verfahrens; der Grundsatz der Mündlichkeit wird erwähnt. 11 Der Autor zieht im Hinblick auf die Reichsjustizgesetze das Fazit: „[These laws were] hailed with enthusiasm, and ten years' experience of [their] working has given conclusive proof of the care and skill with which [they are] framed." 12 In einem Artikel im Michigan Law Review von 1902 werden ebenfalls die Grundzüge des deutschen Rechtswesens zusammengefaßt. 13 Als prägendes Moment benennt der Autor Richard Hudson das Bestreben nach nationaler Einheit, das in Deutschland nunmehr zu einer einheitlichen Rechtsord7

Ernst, Law Reforms in Germany, American Law Review, Band 18 (1884), S. 801, 812. 8 J. J. Cook, The Judicial System of Germany, The Juridical Review, Band 1 (1889), S. 70-80, 184-192, 298-306. 9 J. J. Cook , The Judicial System of Germany, The Juridical Review, Band 1 (1889), S. 184, 190. 10 J. J. Cook , The Judicial System of Germany, The Juridical Review, Band 1 (1889), S. 184, 191. 11 J. J. Cook, The Judicial System of Germany, The Juridical Review, Band 1 (1889), S. 184, 192. 12 J. J. Cook , The Judicial System of Germany, The Juridical Review, Band 1 (1889), S. 298, 306. 13 Hudson , The Judicial System of the German Empire, Michigan Law Review, Band 1 (1902-03), S. 121-126.

1. Abschnitt: Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz

313

nung („codification of the civil and criminal law" 1 4 ), einer einheitlichen Gerichtsorganisation - auf die verbleibende Organisationshoheit der Bundesstaaten hingewiesen - und, zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung, der Etablierung des Reichsgerichts als oberstem nationalem Gericht geführt habe. Über die bloße Beschreibung der Gerichtsverfassung gemäß des GVG geht die Darstellung nicht hinaus. Ebenfalls 1902 ging Rudolf Dulon in seinem Vortrag über „Interesting Features of German Law" unter anderem auch auf die Reichsjustizgesetze ein. 1 5 Unter den „codes of the German Empire" seien auch „the Groundbook Code, the Code of Bankruptcy, Code relating to the constitution of the Courts, Code of Civil Procedure, Code of Voluntary Jurisdiction". 16 Alle diese Gesetze seien „framed upon a scientific basis, [...] well matured, [...they] represent the modern spirit" 1 7 . Näher geht Dulon nur auf einige Grundzüge des Gerichtsverfassungsgesetzes („Code relating to the constitution of the Courts") und der Zivilprozeßordnung („Code of Civil Procedure") ein. Zum Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG, dem „Code of Voluntary Jurisdiction") bemerkt er nur, es enthalte „surrogate and guardianship matters, special proceedings". 18 Zunächst betont Dulon, daß die Doktrin des „stare decisis" im deutschen Justizwesen nicht gelte, daß also die Gerichte weder Recht setzten noch untereinander an die Entscheidungen in Präzedenzfällen gebunden seien. Kurz geht er auf die Besetzung und Funktion des Reichsgerichtes („Imperial Court in Leipzig, the highest appellate court in Germany" 19 ) ein. Danach wendet sich Dulon einigen Aspekten des Zivilprozeßrechtes zu, aus dem er eher kursorisch einige Regelungen herausgreift, ohne die jeweiligen Paragraphen zu benennen. (Am Rande erwähnt er immerhin die Anzahl der Paragraphen der ZPO. 2 0 ) Er zählt die inhaltlichen Anforderungen an einen prozessualen Schriftsatz auf (§ 130 ZPO). Ausführlicher geht er auf das Beweiserhebungsrecht ein. Dieses erscheint ihm deutlich freier und großzü14

Hudson, The Judicial System of the German Empire, Michigan Law Review, Band 1 (1902-03), S. 121. 15 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565-573. 16 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 568. 17 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 569. 18 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 568. 19 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 569. 20 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 573, Fn. 1.

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

giger als das anglo-amerikanische Recht. Unter anderem sei der Beweis nach Hörensagen („hearsay evidence" 21 ) wie auch die Beibringung beliebiger Unterlagen erlaubt („Documents of all kinds are admitted without proof." 22 ). „ A useful provision" sieht Dulon in der Möglichkeit der Vereidigung der Zeugen und vorherigen richterlichen Ermahnung zur Wahrheitspflicht (§ 395 Abs. 1 ZPO). 2 3 Inwieweit dem deutschen Richter eine zuverlässige freie Beweiswürdigung („free appreciation of evidence") „in view of his training, integrity and independence" zugetraut werden könne, läßt Dulon offen. Insgesamt sei die deutsche Rechtsprechung aufgrund der Reichsjustizgesetze aber „speedy and successful, owing to the comparatively small bulk of its law, the numerous trained judges [...], the absence of jury trials in civil causes and the comparative simplicity of its law of procedure." 24 Im Jahresbericht des britischen Generalkonsuls in Frankfurt am Main für das Jahr 1902 ist ein Abschnitt enthalten, in dem die Organisation, Zuständigkeit und Tätigkeit der geplanten sogenannten Kaufmannsgerichte („special »commercial courts 4) beschrieben werden, welche dann 1904 per Gesetz eingerichtet wurden (Gesetz betreffend die Kaufmannsgerichte vom 6. Juli 1904). 25 In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung der Gerichtsferien im deutschen Gerichtswesen erwähnt: „The legal vacations in Germany last two months [...]. During this period the judges enjoy leave of absence, and judicial proceedings come to a standstill [ . . . ] . " 2 6 F. P. Walton aus Montreal sorgte sich 1904 um die Einheitlichkeit der deutschen Rechtsprechung in Scheidungsfällen aufgrund der Tatsache, daß „the Courts of Appeal are not bound by each other's decisions." 27 Er beschreibt in diesem Zusammenhang im Vorbeigehen den Aufbau und die 21

Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 570. 22 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 570. 23 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 571. 24 Dulon, Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 573. 25 Foreign Office, Annual Series No. 3042, Diplomatie and Consular Reports: Germany: Report for the year 1902 on the Trade and Commerce of the Consular District of Francfort-on-Main, S. 75 (= Parliamentary Papers 1903, Band 77 (Accounts and Papers, Band 42), S. 609, 683. 26 Foreign Office, Annual Series No. 3042, Diplomatic and Consular Reports: Germany: Report for the year 1902 on the Trade and Commerce of the Consular District of Francfort -on-Main, S. 76 (= Parliamentary Papers 1903, Band 77 (Accounts and Papers, Band 42), S. 609, 684. 27 Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 159.

1. Abschnitt: Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz

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Anzahl der Gerichte und Instanzen sowie die insgesamt in Deutschland tätigen Richter („numerous and ill paid") und eingeschränktes Prüfungsrecht des Reichsgerichtes („Supreme Court") in Leipzig (keine Tatsacheninstanz). 28 Mit dem Reichsgericht beschäftigte sich im Jahre 1904 im American Law Review ausgiebig Hugo Muench, der US-amerikanische Konsul im sächsischen Plauen. Detailliert beschreibt er die Stellung des Reichsgerichts im deutschen Gerichtssystem und seine Bedeutung in der täglichen Rechtspraxis. Einzelheiten zu interner Organisation und zum Verfahrensablauf vor dem Reichsgericht werden ebenfalls aufgeführt, sogar zu den Räumlichkei90

ten erfährt der Leser etwas. Burt Estes Howard veröffentlichte 1906 ein Buch über Geschichte, Politik und Gesellschaft des Deutschen Reiches. 30 Darin ist auch ein Kapitel über die deutsche Judikative enthalten, in dem unter Nennung der relevanten Gesetze und Regelungen, vornehmlich aus dem Gerichtsverfassungsgesetz, detailliert Aufbau, Organisation, Besetzung und Zuständigkeit der Gerichte beschrieben werden. 31 Auch Feinheiten wie die Existenz des Bayerischen Obersten Landesgerichts, der Ablauf der Schöffenwahl und der Referendarausbildung werden berücksichtigt. Wichtig erscheint Howard vor allem die richterliche Unabhängigkeit, wie sie in den einschlägigen Vorschriften des GVG festgeschrieben war und ist. Vor allem die Unabsetzbarkeit bzw. „Unversetzbarkeit" gemäß § 8 GVG a.F. hält er für „the strongest guarantee for the personal independence of the judiciary." 3 2 Howards Buch enthält übrigens auch eine vollständige Übersetzung der Reichsverfassung von 1871. Während eines einjährigen Studienaufenthalts in den Vereinigten Staaten verfaßte der deutsche Jurist Walter Neitzel 1907/1908 unter anderem einen längeren Aufsatz für den Harvard Law Review, in englischer Sprache, in dem er die deutsche freiwillige Gerichtsbarkeit den amerikanischen Lesern nahe brachte. 33 Der Artikel liefert eine historische Einführung und einen kurzen Überblick über die Organisation des Gerichtswesens in Deutschland und deckt die wichtigsten Bereiche der Zuständigkeiten der ordentlichen Gerichte in nichtstreitigen Verfahren („non-contentious jurisdiction") ab, 28 Walton, The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 159. 29 Muench , Measures for the Relief of the Supreme Court of Germany, The American Law Review, Band 38 (1904), S. 512-515. 30 Burt Estes Howard , The German Empire, London 1906. 31 Burt Estes Howard , The German Empire, S. 171 ff. 32 Burt Estes Howard , The German Empire, S. 200. 33 Neitzel , Non-Contentious Jurisdiction in Germany, Harvard Law Review, Band 21 (1907-08), S. 476-494.

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

wie sie das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) vom 17. Mai 1898 (RGBl. 189) beinhaltet: Grundbuchwesen, Handelsregister, sonstige Register, Funktion als Vormundschafts- und Nachlaßgericht etc.. In einer beiläufigen Bemerkung zu den allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozeßrechts weist Neitzel auf den seiner Meinung nach wesentlichen Unterschied zum anglo-amerikanischen Recht hin, daß im deutschen Recht ein die Beweiserhebung deutlich weniger formellen Vorschriften und Restriktionen unterworfen sei. 34 In der zweiten Ausgabe des Annual Bulletin des Comparative Law Bureau der American Bar Association von 1909, vor der üblichen alljährlichen Literaturübersicht, fand ein kurzer Beitrag Platz, in dem Robert Ρ. Shick einige allgemeine Hintergrundinformationen zum deutschen Rechtssystem gab. 35 Vornehmlich wird darin das Verfassungsrecht des Deutschen Reiches referiert, die Verfassungsorgane, ihre Kompetenzen, die Verteilung der Gesetzgebungsbefugnisse zwischen Reich und Bundesstaaten und der Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens. Daneben werden auch die Grundzüge des deutschen Gerichtswesens, Organisation, Instanzen etc. zusammengefaßt. 36 Hermann Haeussler, Berliner Rechtsanwalt, beschrieb in einem kurzen Beitrag in der Canadian Law Times von 1911 Stand, Tätigkeit und Gebühren eines Rechtsanwalts im deutschen Rechtssystem.37 1914 veröffentlicht der California Law Review einen Artikel von F. K. Krüger, in dem ein Überblick über das deutsche Rechtssystem gegeben wird. 3 8 Das Hauptaugenmerk des Autoren gilt dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Daneben werden aber auch allgemeine Informationen über das deutsche Justizwesen vermittelt, die jedoch über eine bloße Zusammenfassung des Gerichtsaufbaus und der Instanzenzüge und einige Bemerkungen über die juristischen Ämter und Berufe nicht hinausgehen.

34 Neitzel, Non-Contentious Jurisdiction in Germany, Harvard Law Review, Band 21 (1907-08), S. 476, 483. 35 Shick, Fundamental Data (Foreign Legislation, Jurisprudence and Bibliography: Germany), American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 2 (1909), S. 60-66. 36 Shick, Fundamental Data (Foreign Legislation, Jurisprudence and Bibliography: Germany), American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 2 (1909), S. 60, 64 ff. 37 Haeussler, Lawyers' Fees in Germany, Canadian Law Times, Band 31 (1911), S. 704-705. 38 Krüger, The Judicial System of the German Empire with Reference to Ordinary Jurisdiction, California Law Review, Band 2 (1913-1914), S. 124-136. Siehe Zweiter Teil, Dritter Abschnitt, XIII.

1. Abschnitt: Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz

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II. Darstellungen der Zivilgerichtsbarkeit In einer Reihe von Veröffentlichungen wurde gezielt die deutsche Zivilgerichtsbarkeit untersucht. Dabei wurde in der Regel ein Überblick über den Gerichtsaufbau und die Instanzenzüge gegeben und einige Grundzüge des Verfahrens erläutert, ohne daß näher auf einzelne Vorschriften eingegangen wurde. Julius Hirschfeld gab 1899 im Journal of the Society of Comparative Legislation einen knappen Überblick über das Zivilverfahren vor den deutschen Gerichten. 39 Auf eine eingehende Auseinandersetzung damit oder gar einen umfassenden Vergleich mit dem englischen Justizwesen verzichtete er nach eigenen Worten schon deshalb, „because the two systems stand out in such striking contrast to each other." 4 0 Er listet zunächst statistisches Material auf, das er einschlägigen deutschen Veröffentlichungen entnommen hat. Er gibt dabei unter anderem die damalige Gesamtzahl der Gerichte in Deutschland an („2127"), ihre Unterteilung („local courts", „district courts", „courts of appeal", den bayrischen „Supreme Court of Appeal", „Imperial Court of Final Appeal"), die jeweilige Besetzung mit Richtern, deren Gesamtzahl („7718") usw. Interessant sind heute noch die Angaben über die Anzahl der Klageverfahren und der eingelegten Rechtsmittel wie auch eine Tabelle über die durchschnittliche Verfahrensdauer in den einzelnen Instanzen. Danach beschreibt Hirschfeld in knappen Worten den Ablauf des Verfahrens - Klageerhebung, Rechtshängigkeit usw. - und der mündlichen Verhandlung sowie die möglichen Rechtsmittel. Als Besonderheit des deutschen Beweiserhebungsrechtes hebt Hirschfeld hervor, daß die Parteien nicht als Zeugen in eigener Sache auftreten könnten, aber daß dafür eine strafbewehrte Beeidung bestimmter Aussagen verlangt werden könne. 41 Beigefügt ist eine Gerichtskostentabelle, bei der nicht nur die Texte übersetzt, sondern auch die Beträge in englische Währung umgerechnet wurden. Abschließend stellt Hirschfeld noch kurz die deutsche Juristenausbildung dar. (Das zweite Staatsexamen bezeichnet er übrigens als „very comprehensive and stiff test". 42 ) Auch in seinem Vergleich des neuen deutschen Scheidungsrechts mit dem englischen Recht im Law Quarterly Review zwei Jahre zuvor war 39

Hirschfeld , A Few Legal Facts from Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 75-80. 40 Hirschfeld , A Few Legal Facts from Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 75. 41 Hirschfeldy A Few Legal Facts from Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 75, 77. 42 Hirschfeldy A Few Legal Facts from Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 75, 80.

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

Hirschfeld kurz auf die deutsche Gerichtsorganisation eingegangen.43 Auch hier finden sich einige statistische Angaben über die Anzahl der Richter und Gerichte. Weiterhin wird hervorgehoben, daß die zahlreichen Einzelrichter und Gerichte untereinander nicht an ihre Entscheidungen gebunden seien, weshalb kaum mit einer einheitlichen Scheidungspraxis zu rechnen sei. Auch beschrieb Hirschfeld die Stellung und Funktion des Reichsgerichtes in Leipzig und dabei insbesondere den Umstand, daß „the Supreme Court" an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen gebunden sei und deshalb deren Entscheidungen nur eingeschränkt überprüfen könne. Noch einmal gibt Julius Hirschfeld den Lesern des Journal of the Society of Comparative Legislation in einem Aufsatz im Jahre 1911 umfangreiche Informationen zum deutschen Justizwesen in die Hand. 4 4 Zunächst zählt er detaillierte statistische Daten über die Anzahl der Gerichte aller Instanzen, ihre Besetzung mit Richtern und Staatsanwälten und deren Gesamtzahl sowie Bezüge auf. Hierin erkennt er gravierende Unterschiede zum englischen Rechtswesen, bei dem an wesentlich weniger Gerichten insgesamt weit weniger Berufsrichter deutlich mehr verdienten. 45 Er gibt die Zahlen über die Gerichtsverfahren insgesamt und aufgeschlüsselt nach verschiedenen Verfahrensarten an. Danach faßt Hirschfeld die Regelungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und teilweise der Zivilprozeßordnung zusammen, ohne sie jedoch explizit als solche zu benennen. Er beschreibt die Besetzung der einzelnen Spruchkörper und in groben Zügen den Ablauf des Verfahrens vor den Zivilgerichten. Besonders erwähnenswert erscheinen ihm der Ablauf der mündlichen Verhandlung, die Tatsache, daß anders als im englischen Recht die Parteien nicht als Zeugen in eigener Sache aussagen könnten, und die Regelung, wonach die Prozeßkosten einer wirtschaftlich schwachen Partei unter Umständen von der anderen Partei getragen werden müßten. Ausführlich geht Hirschfeld auf die Organisation und Funktion des Reichsgerichtes („Imperial Court of Leipzig") ein. Als „quite peculiar" und eine „novelty to German practice" erscheint ihm die Regel, wonach die einzelnen Senate grundsätzlich an die Entscheidungen der anderen gebunden seien und eine Abweichung nur nach einer Entscheidung des Großen Senates möglich sei. 46 In diesem Zusammenhang stellt Hirschfeld noch einmal heraus, daß nach deutschem Recht die unteren Gerichte grund-

43

Hirschfeld, The Law of Divorce in England and Germany, Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 395, 404 f. 44 Hirschfeld, German Courts at Work, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 12 (1911), S. 149-156. 45 Hirschfeld , German Courts at Work, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 12 (1911), S. 149, 154. 46 Hirschfeld , German Courts at Work, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 12 (1911), S. 149, 154 f.

1. Abschnitt: Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz

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sätzlich nicht wechselseitig an ihre Entscheidungen gebunden seien, wie auch überhaupt „judge made law [...] no place in German legal theory" habe; „though as a matter of prudence and convenience inferior Courts will generally conform to propositions as enunciated by the higher Courts." 47 Allgemein kommt für Hirschfeld im deutschen System eine „modern idea" der Jurisprudenz zum Ausdruck. 48 Beiläufig erwähnt er noch die Existenz von Gerichten für Handelssachen („Mercantile Courts") und Arbeitsgerichten („Trade Courts"). 49 Daneben enthält Hirschfelds Beitrag noch Angaben über das Gefängniswesen und eine ausführliche Darstellung der Juristenausbildung und des juristischen Berufsbildes im Deutschen Reich, die aber im Rahmen dieser Untersuchung nicht weiter von Interesse sind. Insgesamt sieht Hirschfeld das gängige Vorurteil, das deutsche Gerichtssystem sei zu bürokratisch, nicht bestätigt: „ I do not think such is the case in any higher degree than elsewhere." 50 Das deutsche und das englischen Recht zeichne aber eine fundamental unterschiedliche Herangehensweise aus: Ersteres sei darauf ausgelegt, „that you can get justice round the corner", letzteres führe dazu, „that you should think twice before entering litigation". 5 1 Ob sich hieraus Rückschlüsse auf die Prozeßfreudigkeit der Völker schließen ließen, läßt Hirschfeld offen. Im Übrigen sei das deutsche Rechtssystem jedenfalls schon deshalb nicht auf England übertragbar, weil ihm ein von Grund auf anderes, staatlich organisiertes Ausbildungssystem zu Grunde liege, das man in England weder imitieren könne noch wolle. 5 2 Schließlich verfaßte Julius Hirschfeld 1912 noch einen kurzen Beitrag im Law Quarterly Review über die prozeßrechtlichen Besonderheiten bei der Beteiligung von Deutschen bzw. Engländern im jeweils anderen Recht, ohne jedoch tiefer in die Materie einzudringen. 53 Hirschfeld veröffentlichte übrigens auch einen Essay in deutscher Sprache, in dem er sich Gedanken über die wesensmäßigen Unterschiede zwischen dem deutschen und dem englischen Rechtswesen und insbesondere 47

Hirschfeld, German Courts at Work, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 12 (1911), S. 149, 155. 48 Hirschfeld, German Courts at Work, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 12 (1911), S. 149, 155. 49 Hirschfeld, German Courts at Work, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 12 (1911), S. 149, 151. 50 Hirschfeld, German Courts at Work, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 12 (1911), S. 149, 156. 51 Hirschfeld, German Courts at Work, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 12 (1911), S. 149, 156.. 52 Hirschfeldy German Courts at Work, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 12 (1911), S. 149, 155 f. 53 Hirschfeldy Legal Procedure in Anglo-German Cases, The Law Quarterly Review, Band 28 (1912), S. 392-397.

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

zu Stellung und Status der Richter darin machte, ohne jedoch konkret auf einzelne Vorschriften und Regeln der beiden Rechtssysteme einzugehen. 54 (Auf diesen Artikel und die darin geäußerten „important observations" wurden die englischsprachigen Leser in einer anonymen Notiz im Journal of the Society of Comparative Legislation hingewiesen. 55 ) Die Grundzüge von Gerichtsverfassung und Zivilprozeß im deutschen Rechtssystem beschrieb auch J. W. Garner in zwei Artikeln im Political Science Quarterly von 1902 und 1903. 56 Der erste Artikel ist dem historischen und verfassungsrechtlichen Hintergrund des Gerichtsverfassungsgesetzes („Judiciary Act"), dem Gerichtsaufbau und organisatorischen Details gewidmet. Im zweiten Teil geht es um den grundsätzlichen Ablauf des Zivilprozesses. Die Darstellung geht in Umfang und Tiefe nicht über die bereits genannten Quellen hinaus. Ein weiterer deutscher Jurist, der sich zeitweilig zu Studienzwecken in den Vereinigten Staaten aufhielt, nutzte die Gelegenheit, um das deutsche Rechtssystem jenseits des Atlantiks bekannt zu machen. Der Berliner Richter Karl von Lewinski, bald darauf Richter am Kammergericht in Berlin, Mitglied im Vorstand der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Berlin 5 7 , und Mitarbeiter an Borchards „Guide to the Law and Legal Literature of Germany" von 19 1 2 5 8 , veröffentlichte im November 1910 im Illinois Law Review eine Darstellung des deutschen Gerichtswesens. 59 Auch er beschrieb in englischer Sprache den Gerichtsaufbau und die Instanzenzüge, die Ausbildung, Stellung und Arbeitsweise eines deutschen Richters im Vergleich zu seinen anglo-amerikanischen Kollegen. Auch versuchte er, anhand von Fallbeispielen einige Grundzüge des deutschen Zivilprozeßrechtes deutlich zu machen. Als wesentliche Unterschiede benannte er das Fehlen von strikten Regularien für die mündliche Verhandlung und, aus dem Beweisrecht, die eingeschränkte Zulässigkeit der Parteivernehmung. 60 Die Vor- und Nachteile der 54 Hirschfeld, Englisches und deutsches Justizwesen, Preußische Jahrbücher (Hrsg. Hans Delbrück), 125. Band (September 1906), S. 449-461. 55 English and German Judicial Systems, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 9 (1908), S. 188-189 (anonym). 56 Garner, The German Judiciary (Part I), Political Science Quarterly, Band 17 (1902), S. 490-514; ders., The German Judiciary (Part II), Political Science Quarterly, Band 18 (1903), S. 512-530. 57 Angabe aus dem Mitglieder-Verzeichnis der Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre zu Berlin (um 1910), S. 2. 58 Borchard, Guide to the Law and Legal Literature of Germany, Washington 1912. 59 Lewinski, Courts and Procedure in Germany, Illinois Law Review, Band 5 (1910-11), S. 193-202.

1. Abschnitt: Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz

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beiden Systeme wog Lewinski folgendermaßen ab: „This short picture shows that the Alpha and Omega of the German procedure is simplicity. [...] It is obvious that the German system does not permit the form to kill the substance and gives little opportunity to annoy the opposite party by procedural traps and pitfalls. On the other hand it cannot be denied that the preponderance of the judge over the attorney is a doubtful good. The German method [...] first of all makes it necessary to keep a very large number of judges on the bench. In consequence, the average judge is only an average jurist [.. .]." 6 1 In seiner kommentierten Bibliographie des deutschen Rechtes 62 trifft Edwin Montefiore Borchard auch einige allgemeine Aussagen bezüglich der deutschen Gerichtsorganisation und des Zivilprozeßrechts. 63 In wenigen Worten erklärt er den Aufbau der Zivilgerichtsbarkeit, er erwähnt die Sonderstellung des Bayerischen Obersten Landesgerichtes und stellt die strenge Abgrenzung der Zuständigkeiten der einzelnen Gerichtszweige und Gerichte heraus. Weiterhin nennt er die Reichsjustizgesetze mit den Daten ihres Inkrafttretens bzw. ihrer Neufassung Ende der 1890er Jahre. Darüber hinaus erläutert er die Zivilprozeßordnung anhand ihrer Einteilung und geht die Bücher der ZPO kurz nach ihrem Inhalt durch. Es folgen einige Bemerkungen zur Zwangsvollstreckung, das ZVG wird erwähnt und die Bedeutung und der Anwendungsbereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit erklärt. Es folgt wiederum ein umfassender Überblick über die deutsche und fremdsprachige Fachliteratur zur deutschen Gerichtsverfassung und zum Zivilprozeßrecht. Vom amerikanischen Handelsministerium wurde 1915 ein Handbuch über das Rechtssystem von England, Schottland, Frankreich und Deutschland herausgegeben, das amerikanischen Unternehmen Hintergrundwissen für die wirtschaftlichen Betätigung in Übersee vermitteln sollte. 64 Autoren des Handbuches waren Archibald J. Wolfe und Edwin Montefiore Borchard der Verfasser der kommentierten Bibliographie des deutschen Rechts von 1912. 65 Gemessen an der Seitenzahl nimmt der Abschnitt über das deutsche 60

Lewinski, Courts and Procedure in Germany, Illinois Law Review, Band 5 (1910-11), S. 193, 198, 199 f. 61 Lewinski, Courts and Procedure in Germany, Illinois Law Review, Band 5 (1910-11), S. 193, 201. 62 Borchard, Guide to the Law and Legal Literature of Germany, Washington 1912. 63 Borchard, Guide, S. 140 ff. 64 Wolfe /Borchard, Department of Commerce: Bureau of Foreign and Domestic Commerce: Commercial Laws of England, Scotland, Germany and France, Washington 1915. 65 Borchard , Guide to the Law and Legal Literature of Germany, Washington 1912. 21 Dittmann

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

Recht relativ den breitesten Raum ein. Mitgeteilt werden vor allem allgemeine Informationen über das juristische Umfeld für die wirtschaftliche Betätigung ausländischer Firmen im Deutschen Reich, vor allem hinsichtlich der Gründung von Tochterunternehmen, dem Wettbewerbsrecht, der Durchsetzung von Ansprüchen und auch der allgemeinen Behandlung von Ausländern im deutschen Recht. Der praktischen Ausrichtung des Handbuches entsprechend, sind weiterhin unter anderem etwa Mustertexte für die Erteilung einer Vollmacht und praktische Ratschläge zur Forderungssicherung durch Eigentumsvorbehalte und Pfandrechte enthalten. Das deutsche Justizwesen wird im Überblick dargestellt, die Gerichtsorganisation, Zuständigkeiten, Instanzenzüge, Gerichtskosten und Anwaltsgebühren samt Tabellen, sowie die Rolle und Eigenheiten der Rechtsanwälte und Notare im deutschen Rechtssystem erklärt. Dabei und im Folgenden werden originär juristische Fragen hingegen eher vernachlässigt. (Vom Wettbewerbsrecht abgesehen: Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 7. Juni 1909 wird ausführlich dargestellt und sogar vollständig übersetzt. 66 ) Über das Zivilprozeßrecht erfährt der Leser nur wenig. Hervorgehoben wird allenfalls das Fehlen detaillierter Beweisregeln: „Notwithstanding the thoroughness and completeness with which the new German Civil Code has been worked out, the German Code of Civil Procedure, when measured according to the American standard, is singularly simple in its rules for the taking of testimony. The complicated and technical rules of evidence of American law [...] are unknown to German law. Beyond a few simple rules, wide discretion is vested in the judge with a view to ascertaining the truth." 6 7 Weiterhin wird festgestellt, daß im deutschen Prozeßrecht eine vergleichsweise geringe Diskriminierung von Ausländern stattfinde. 68 Darüber hinaus werden die Theorie und Praxis der Anerkennung ausländischer Urteile, die Prinzipien und Zuständigkeiten bei der Zwangsvollstreckung, die Gerichtskosten und Anwaltsgebühren laut Tabellen, sowie die Grundzüge des Insolvenzrechtes gemäß der Konkursordnung (KO) kurz erläutert. Es werden - hier wird Borchards Beitrag deutlich - vielfach Hinweise auf weiterführende Literatur gegeben. Als Anhang ist dem Handbuch übrigens ein Glossar deutscher Fachtermini beigefügt, welches, von Kürzungen abge-

66

Wolfe/Borchard, Department of Commerce: Bureau of Foreign and Domestic Commerce: Commercial Laws of England, Scotland, Germany and France, Washington 1915, S. 54-68. 67 Wolfe/Borchard, Department of Commerce: Bureau of Foreign and Domestic Commerce: Commercial Laws of England, Scotland, Germany and France, Washington 1915, S. 36. 68 Wolfe/Borchard, Department of Commerce: Bureau of Foreign and Domestic Commerce: Commercial Laws of England, Scotland, Germany and France, Washington 1915, S. 39.

1. Abschnitt: Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz

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sehen, identisch mit dem Glossar aus Borchards „Guide to the Law and Legal Literature of Germany" ist.

III. Zivilprozeßrecht im engeren Sinne Wenn die Zahl an Veröffentlichungen bedacht wird, in denen Aspekte des materiellen Rechtes behandelt wurden, so muß konstatiert werden, daß das deutsche Zivilprozeßrecht in anglo-amerikanischen Juristenkreisen vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit genoß. Ist die Anzahl der Darstellungen des Gerichtswesens noch relativ groß, so sind es nicht besonders viele Quellen, in denen das Zivilprozeßrecht im engeren Sinne Gegenstand der Betrachtung ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Begriff des Zivilprozeßrechts so weit gefaßt wird, daß er nicht nur die Regelungen der ZPO sondern auch die Konkursordnung (KO) und die freiwillige Gerichtsbarkeit (FGG) beinhaltet.

1. Ausführlichere Darstellungen Die einzige Quelle, in der sich ein englischer Jurist ausdrücklich und systematisch nur mit der Zivilprozeßordnung befaßt, ist ein Aufsatz von H. A. D. Phillips, der 1895 im Law Magazine and Review erschien. 69 Der Autor, der, wie aus verschiedenen Bemerkungen im Text hervorgeht, augenscheinlich längere Zeit im Justizdienst in Britisch-Indien verbracht hat, beschreibt zunächst die historische Entwicklung des deutschen Zivilprozeßrechtes, die Vorläufergesetzgebung in den deutschen Ländern und das Gesetzgebungsverfahren in den 1870er Jahren, das schließlich zur Zivilprozeßordnung von 1877 führte. Dann geht er die Bücher der ZPO der Reihe nach durch und erklärt ihren Inhalt. Anschließend zählt er einzelne Punkte auf, die ihm besonders aufgefallen seien. Als wesentlichen Grundsatz des Verfahrens erkennt Phillips die Mündlichkeit. 70 Zum ausschließlichen dinglichen Gerichtsstand bemerkt er: „This seems to be an almost universal rule." 7 1 Allgemein positive Bewertung erfahren folgende Regelungen: die Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit gemäß § 43 ZPO (keine nachträgliche Ablehnung mehr nach Einlassung in Kenntnis des Ablehnungsgrundes; „excellent rule" 7 2 ); die Einrichtung der Prozeßkostenhilfe („suing in forma pauperis"); die Möglichkeit der Aussetzung des Ver69 Phillips, view, 4. Serie, 70 Phillips, view, 4. Serie, 71 Phillips, view, 4. Serie, 21'

The German Code of Civil Procedure, The Law Magazine and ReBand 21 (1895-96), S. 267-285. The German Code of Civil Procedure, The Law Magazine and ReBand 21 (1895-96), S. 267, 272. The German Code of Civil Procedure, The Law Magazine and ReBand 21 (1895-96), S. 267, 274 Fn. *.

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

fahrens wegen anderer, für Vorfragen wichtiger Verfahren bzw. Strafverfahren gemäß §§ 139, 140 ZPO a.F. (= §§ 148, 149 ZPO n.F.; „It seems a pity there are no similar rules in India" 7 3 ); die Möglichkeit, ungeeignete Vertreter und störende Parteien zu entfernen und dennoch weiter zu verhandeln gemäß §§ 143, 144 ZPO a.F. (= §§ 157, 158 ZPO n.F.); die Ersatzzustellung gemäß §§ 167 ff. ZPO a.F. (= §§ 181 ff. ZPO n.F.); der obligatorische Güteversuch gemäß § 268 ZPO a.F. (= § 279 ZPO n.F.); das Prinzip des Urteils ne ultra petita gemäß § 279 ZPO a.F. (= § 308 ZPO n.F.). Eher kritisch bewertet wird die Zurückverweisung an die Berufungsinstanz nach erfolgreicher Revision: „[When] a court has formed an opinion on a case, it is, perhaps, better that it should go before a fresh Court." 7 4 Besonders detailliert und unter Aufzählung der einzelnen Verweigerungsgründe wird das Zeugnisverweigerungsrecht dargestellt. Auch wird hervorgehoben, daß eine Parteivernehmung nach deutschem Prozeßrecht nur unter Einschränkungen möglich ist. 7 5 Verschiedentlich zieht Phillips Vergleiche zum französischen, italienischen und britisch-indischen Recht, die das deutsche Recht meist positiv erscheinen lassen. Bezogen auf Deutschland und die ZPO urteilt Phillips insgesamt: „[In] the field of procedure, as in almost all other branches of the Law, the codification school has won a signal triumph." 7 6 Im Jahre 1909 veröffentlichte Simeon Ε. Baldwin , der Direktor des Comparative Law Bureaus der American Bar Association, je eine Aufsatz in einer der großen juristischen Fachzeitschriften des Landes, in denen er sich mit dem deutschen Zivilprozeß beschäftigte. In dem ersten Artikel, der Anfang des Jahres im Michigan Law Review erschien, zeichnete er den typischen Gang eines Verfahrens vor dem Amtsgericht, ohne Beteiligung von Anwälten, nach. 77 Im zweiten Artikel, der inhaltlich auf dem ersten aufbaute und im Dezember des Jahres im Yale Law Journal erschien, ging es um den typischen Verfahrensablauf vor dem Landgericht. 78 Beide Artikel 72

Phillips, The German Code of Civil Procedure, The Law Magazine and Review, 4. Serie, Band 21 (1895-96), S. 267, 274 f. 73 Phillips, The German Code of Civil Procedure, The Law Magazine and Review, 4. Serie, Band 21 (1895-96), S. 267, 275 f. 74 Phillips, The German Code of Civil Procedure, The Law Magazine and Review, 4. Serie, Band 21 (1895-96), S. 267, 282. 75 Phillips, The German Code of Civil Procedure, The Law Magazine and Review, 4. Serie, Band 21 (1895-96), S. 267, 281 f. 76 Phillips, The German Code of Civil Procedure, The Law Magazine and Review, 4. Serie, Band 21 (1895-96), S. 267, 271. 77 Baldwin , The German Law Suit without Lawyers, Michigan Law Review, Band 8 (1909-10), S. 30-38. 78 Baldwin , A German Law Suit, Yale Law Journal, Band 19 (1909-10), S. 6979.

1. Abschnitt: Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz

325

sind weniger im Hinblick auf die juristischen Feinheiten des deutschen Zivilprozeßrechtes geschrieben, als daß sie dem Leser einen Eindruck von der praktischen Funktionsweise des deutschen Systems und dem Alltag in deutschen Gerichtssälen vermitteln sollen. Baldwin gibt die Verfahrensschritte anhand von (übersetzten) Aktenauszügen, Schriftsätzen und Protokollen sowie gestellten Dialogszenen wieder und erklärt den Aufbau eines Urteils. Seine Beispiele hat er nach eigener Aussage aus einem deutschen Formularhandbuch entnommen. Informationen zum rechtlichen Hintergrund hat er bewußt weggelassen. Einzig zu den Grundsätzen des Beweisrechts nach der ZPO macht er einige Angaben: „The absence of a jury makes it needless to prescribe many rules of evidence [...]. The code of civil procedure [makes] very few provisions [.. . ] . " 7 9 Kritisch äußert er sich im Hinblick auf die richterliche Beweisaufnahme und -Würdigung. Insbesondere die verkürzende Protokollierung von Zeugenaussagen könne verfälschende Wirkung haben: „Here is a vital difference between our procedure and that of the Germans. [...] From this injustice may sometimes result." 80 In den Deutschland betreffenden Bänden des Kompendiums „Commercial Laws of the World", die 1913 erschienen, ist unter anderem eine umfangreiche Darstellung der deutschen Gerichtsverfassung und des Zivilprozeßrechts enthalten. 81 Sie ist von dem deutschen Juristen Heinrich Sievers, Reichsgerichtsrat, verfaßt und von dem Londoner Anwalt Horace Β. Samuel übersetzt worden. Der Originaltext und die Übersetzung werden in synoptische Form auf gegenüber liegenden Seiten präsentiert. Eine Übersetzung von GVG und ZPO gibt es nicht. Dafür wird die KO im Wörtlaut und in der Übersetzung wiedergegeben. 82 Eine allgemeine Einführung in das Konkursrecht 83 und umfangreiche Anmerkungen zu den einzelnen Vorschriften der KO hat Ernst Jaeger , Professor aus Leipzig, verfaßt. Als Übersetzer fungierte insoweit W. Butler Lloyd, ebenfalls Anwalt in London. Eine Reihe von sehr subjektiv gefärbten Beobachtungen zum deutschen Zivilprozeßrecht finden sich in einem Artikel, der 1916 im American Law 79

78.

80

78 f.

Baldwin , A German Law Suit, Yale Law Journal, Band 19 (1909-10), S. 69, Baldwin , A German Law Suit, Yale Law Journal, Band 19 (1909-10), S. 69,

81 Scrutton!Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 24: The German Empire, Part I, London 1913, S. 58 ff. Es gab auch eine parallel erscheinende deutsche Ausgabe dieses in internationaler Kooperation erstellten Kompendiums: Bor char dt! Kohler (Hrsg.), Handelsgesetze des Erdballs, 14 Bände, Berlin 1907-1914. 82 Scrutton!Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 24: The German Empire, Part I, London 1913, S. 271 ff. 83 Scrutton! Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 24: The German Empire, Part I, London 1913, S. 266 ff.

326

Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

Review erschien. 84 Der Autor James Harris Vickery, ein englischer Anwalt, war vor dem Krieg eine Zeitlang in Deutschland tätig gewesen. Er beschreibt den deutschen Zivilprozeß aus der Sicht des anglo-amerikanischen Juristen, der mangels eigener Zulassung als Rechtsanwalt das Geschehen im Gerichtssaal immer nur als Außenseiter hat verfolgen können und im deutschen Recht nach eigener Aussage nie wirklich heimisch geworden ist. Seine Darstellung ist in Tonfall und Stil erkennbar von den dem kriegsbedingten Stimmungsumschwung geprägt, von dem bereits an anderer Stelle die Rede gewesen ist. Allzu oft fallen ironische Bemerkungen zu „nationalen Eigentümlichkeiten" und „dem Deutschen", um diesen Beitrag wirklich als wissenschaftlich werten zu können. So handelt es sich hierbei eher um einen Essay, geschrieben von einem englischsprachigen Juristen, der angesichts des Krieges seine Enttäuschung nur noch mühsam hinter Sarkasmus verbergen kann. Auch scheint seine Kritik im Einzelnen oftmals darauf hinaus zu laufen, daß sich das deutsche Verfahren überhaupt vom englischen unterscheide, was ihm oftmals bereits Grund genug zur negativen Bewertung zu sein scheint. Er beklagt sich an einer Stelle auch ausdrücklich über „[the] strangeness of the conceptions of law", auf die er immer wieder gestoßen sei. 85 Dennoch lassen sich aus Vickerys Aufsatz einige interessante Beobachtungen und Urteile zum deutschen Zivilprozeßrecht herausfiltern. Deutlich kritisch äußert sich Vickery zum äußeren Ablauf der mündlichen Verhandlung vor den deutschen Gerichten. Dieser kommt ihm, jedenfalls vor den Amtsgerichten, im Vergleich zu England chaotisch und wenig diszipliniert vor: „German courts in general are characterized by a singular want of dignity, orderliness and quietness in their procedure." 86 Vor allem irritiert ihn das geringe Maß an Förmlichkeiten und zeremoniellen Abläufen, was seiner Meinung nach der Würde des Gerichtes abträglich ist. Aus diesem Grunde mag er auch keinen Vorteil in dem fehlenden Anwaltszwang vor den Amtsgerichten erkennen. Bezüglich der Stellung der Anwälte im System der ZPO äußert sich Vickery auch dahingehend negativ, daß ein Anwalt nach der ZPO eine ausdrückliche Prozeßvollmacht brauche (wenn er sie auch meist nicht wirklich vorzeigen muß, vergleiche § 88 Abs. 2 ZPO n.F.) und nicht, wie in England, kraft seiner Stellung bereits grundsätzlich zur Vertretung befugt sei. Dies, ebenso wie die Notwendigkeit der Zulassung im Landgerichtsbezirk, erscheint ihm als unnötige Einschrän84

Vickery, German Law and Lawyers, The American Law Review, Band 50 (1916), S. 827-860. 85 Vickery, German Law and Lawyers, The American Law Review, Band 50 (1916), S. 827, 854. 86 Vickery, German Law and Lawyers, The American Law Review, Band 50 (1916), S. 827, 830.

1. Abschnitt: Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz

327

kung. Heftig greift Vickery das Prinzip der Beweiserhebung durch den Richter an. Dabei macht er eine interessante, wenn auch jedenfalls in der Schlußfolgerung nicht zwingende Beobachtung: „The German system practically eliminates the factor of »cross-examination4 [Anm. d. Bearb.: durch den gegnerischen Anwalt] [...]. - The net result is, therefore, that the examination by the judge is wholly inadequate and artificial; that largely in consequence thereof an exaggerated importance is accorded to the oath as in itself a means of eliciting the truth [...]. - [All this] renders the German courts an ,E1 Dorado' for the plausible liar. No judgement obtained in Germany as a result of artificial and inadequate methods of taking testimony and sifting evidence ought to be recognized in England." 87 Lobend erwähnt Vickery das Grundprinzip des Kostenrechtes gemäß § 91 ZPO (insoweit entspricht die alte weitgehend der aktuellen Fassung der ZPO) und nennt die Anwaltsgebühren insgesamt „uniform and decidedly reasonable fees." 88 Vickerys Gesamturteil schließlich ist ein Angriff gegen das politische System in Deutschland, läßt aber gleichzeitig, bei aller Kritik an einzelnen Punkten, seinen Respekt vor den Leistungen der deutschen Rechtswissenschaft und Gesetzgebung erkennen: „Germany is still politically unripe, we should expect to find correspondingly crudities in her system of jurisprudence. Personally, I am convinced that this is so [...] but at the same time there are certain phases of German law and procedure which are boldly original, and which bear witness to the industry, intelligence and learning with which the German has sought to grapple with the legal problems of his country" 8 9 , nämlich vor allem „clear and concise codes and a simplefied procedure administered by conscientious judges." 9 0 Einzelne Aspekte des Zivilprozeßrechtes griff auch Ernest G. Lorenzen auf, wobei er sich weitgehend auf Fragen beschränkte, die aus für das internationale Privatrecht von Bedeutung waren. 91 Die §§ 13 ff. ZPO und insbesondere die besonderen Gerichtsstände gemäß §§20 ff. ZPO werden einzeln und ausführlich behandelt. Auch die Möglichkeiten einer Gerichtsstandsvereinbarung gemäß §§ 38 ff. ZPO werden untersucht. Besonderen 87 Vickery, German Law (1916), S. 827, 842 f. 88 Vickery, German Law (1916), S. 827, 859. 89 Vickery, German Law (1916), S. 827, 834 f. 90 Vickery, German Law (1916), S. 827, 835. 91 Lorenzen , The Conflict (1929-30), S. 804-836.

Lawyers, The American Law Review, Band 50 and Lawyers, The American Law Review, Band 50 and and Lawyers, The American Law Review, Band 50 and Lawyers, The American Law Review, Band 50 ofLaws in Germany, Yale Law Journal, Band 39

328

Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

Raum nimmt schließlich die Darstellung der Frage ein, unter welchen Voraussetzungen ausländische Gerichtsurteile in Deutschland anerkannt, § 328 ZPO, bzw. für vollstreckbar erklärt werden konnten, §§ 722, 723 ZPO. Die Anerkennungskriterien und insbesondere die gemäß § 328 Nr. 5 ZPO verlangte Gegenseitigkeit der Anerkennung kritisert Lorenzen als zu restriktiv, zumal insbesondere letzteres zu dem aus heutiger Sicht erstaunlichen Zustand führte, daß US-amerikanische Urteile in der damaligen deutschen Rechtspraxis in der Regel nicht anerkannt wurden. Schließlich hebt Lorenzen hervor, daß die im angloamerikanischen Rechtsleben weitverbreiteten außergerichtlichen Vergleiche nach Schiedsverfahren (arbitral awards) in Deutschland wenig gebräuchlich seien, stellt aber dennoch die gegebenenfalls einschlägige Vorschrift des § 1039 ZPO vor. Von der gelegentlichen Herausstellung von Unterschieden und Parallelen im deutschen und angloamerikanischen Recht abgesehen, enthält sich Lorenzen jeder über die bloße Darstellung hinausgehenden Bewertung oder Analyse der deutschen Vorschriften.

2. Einzelne Regelungen und Aspekte a) Geringes Maß an Förmlichkeiten mündlichen Verhandlung

in der

Das im Vergleich insbesondere zu den englischen Gerichten insgesamt geringe Maß an Förmlichkeiten und zeremoniellen Abläufen in der mündlichen Verhandlung vor deutschen Gerichten fiel einer Reihe von Autoren auf: J. J. Cook 92, Neitzel 93, Baldwin 94. Vickery äußerte sich eher kritisch dazu, da es seiner Meinung nach der Würde des Gerichtes abträglich sei. 95 b) Feststellungsklagen In der April-Ausgabe des Tulane Law Review von 1933 beschäftigte sich Edwin Montefiore Borchard noch einmal ausführlich mit einem Teilaspekt des deutschen Prozeßrechtes, und zwar mit den Vorschriften, der Theorie und praktischen Bedeutung von Feststellungsklagen.96 Borchard behandelt 92

J. J. Cook , The Judicial System of Germany, The Juridical Review, Band 1 (1889), S. 184, 192. 93 Neitzel , Non-Contentious Jurisdiction in Germany, Harvard Law Review, Band 21 (1907-08), S. 476, 483. 94 Baldwin , A German Law Suit, Yale Law Journal, Band 19 (1909-10), S. 69, 78. 95 Vickery , German Law and Lawyers, The American Law Review, Band 50 (1916), S. 827, 830.

1. Abschnitt: Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz

329

die allgemeinen Vorschriften der §§ 256 und 280 ZPO, die er auch übersetzt, und erwähnt jeweils kurz die besonderen Feststellungsklagen aus dem Verfahren in Familiensachen gemäß §§ 606, 633, 638, 640 ZPO, sowie diejenigen aus dem Vollstreckungsrecht, §§ 731, 767, 771 sowie 878 ZPO i.V.m. § 146 Konkursordnung. Er referiert die von den Gerichten in diesem Zusammenhang entwickelten Grundsätze, insbesondere die Frage nach dem besonderen Rechtsverhältnis („legal relation") gemäß § 256 Abs. 1 ZPO, und die im Schrifttum daran geübte Kritik und analysiert die praktische Bedeutung dieser Klagearten. Das Ganze vergleicht er mit dem englischen und amerikanischen Recht. c) Anwendung ausländischen Rechtes und Anerkennung ausländischer Titel Auf der Konferenz der International Law Association in Budapest 1908 hielt der ungarischen Rechtsanwalt Ervin Doroghi einen Vortrag in englischer Sprache, in dem er sich mit der Anwendung ausländischen Rechtes durch nationale Gerichte befaßt und einen internationalen Vergleich zu dieser Problematik anstellt. 97 Die deutsche Regelung (heute § 293 ZPO), wonach das Gericht selbst das ausländische Recht zu ermitteln und selbständig anzuwenden hat, also nicht etwa auf den Vortrag oder die Interpretation der Parteien angewiesen ist, hält er für vorbildlich und empfiehlt sie den Anwesenden zur Nachahmung bei der künftigen Gesetzgebung in ihren Ländern: „[The] question of authentication of foreign law [shall fall] ex go

officio, upon the court." In seinem in Budapest dem anderer streckbarkeit

Vortrag auf der Konferenz der International Law Association 1908, in dem er das anglo-amerikanische Verfahrensrecht mit Staaten verglich, untersuchte Ernest Todd auch kurz die Vollausländischer Titel nach deutschem Recht. 99

Auf der Konferenz der International Law Association in London zwei Jahre später stand die Frage der gegenseitigen Anerkennung ausländischer Urteile wieder auf der Tagesordnung. Die einschlägige deutsche Vorschrift

96 Borchard, Declaratory Judgements: Germany, Tulane Law Review, Band 7 (1932-33), S. 388-415. 97 Doroghi, The Authentication of Foreign Law in Court Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 221-259. 98 Doroghi, The Authentication of Foreign Law in Court Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 221, 257 f. 99 Todd, The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264, 276 f.

330

Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

des § 328 ZPO wurde von Victor Schneider 100 und Erwin Katz 101 im Hinblick auf seine Bedeutung im Scheidungsrecht erwähnt. Mit der Anerkennung ausländischer Urteil gemäß § 328 ZPO setzte sich Ernest G. Lorenzen noch einmal um 1930 auseinander, wobei er die Regelung, insbesondere die darin postulierte Gegenseitigkeit, als zu restriktiv empfand. 102 d) Beweisrecht Wie die Analyse der oben angeführten Quellen zeigt, ist immer wieder das Beweisrecht als der Punkt hervorgehoben worden, in dem sich das deutsche und anglo-amerikanische Prozeßrecht fundamental unterschieden. Besonders auf die Tatsache, daß nach der ZPO die Parteivernehmung oder gar deren Vereidigung nur unter Einschränkungen und strengen Voraussetzungen zulässig ist - während sie im anglo-amerikanischen Verfahren gang und gäbe ist - , wurde von vielen Autoren hingewiesen. So fühlte sich im November 1913 ein Anwalt namens W. L. Rothschild dazu veranlaßt, in einem Leserbrief im Londoner The Solicitors' Journal and Weekly Reporter in wenigen Sätzen einige Grundzüge des deutschen Beweisrechtes zu erläutern und insbesondere auf die nur eingeschränkte Zulässigkeit der Parteivernehmung hinzuweisen. 103 Dieser Hinweis findet sich auch bei Dulon 104, 105 106 107 Hirschfeld , Lewinski , Phillips und im Handbuch von Wolfe/Borchard. 108

100

Schneider, Report of Committee on Divorce Jurisdiction - Germany, The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. 289297. 101 KatZy Report of Committee on Divorce Jurisdiction - Germany, The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. 298-302. 102 Lorenzen , The Conflict of Laws in Germany, Yale Law Journal, Band 39 (1929-30), S. 804-836. 103 Rothschild , Suing in German Courts (Letter to the Editor/Leserbrief), The Solicitors' Journal and Weekly Reporter, Band 58 (1913), S. 45. 104 Dulon y Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 570 f. 105 Hirschfeldy A Few Legal Facts from Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 75, 77. 106 Lewinskiy Courts and Procedure in Germany, Illinois Law Review, Band 5 (1910-11), S. 193, 198, 199 f. 107 PhillipSy The German Code of Civil Procedure, The Law Magazine and Review, 4. Serie, Band 21 (1895-96), S. 267, 281 f. 108 Wolfe/Borchardy Department of Commerce: Bureau of Foreign and Domestic Commerce: Commercial Laws of England, Scotland, Germany and France, Washington 1915, S. 36.

1. Abschnitt: Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz

331

Als „wholly inadequate and artificial" griff Vickery das Prinzip der Beweiserhebung durch den Richter an, da es den Anwälten nicht genügend Spielraum lasse und dem „plausible liar" Tür und Tor öffne. 1 0 9 Baldwin 110 und Neitzel 111 wiesen darauf hin, daß im deutschen Prozeßrecht die Beweiserhebung insgesamt aber deutlich weniger formellen Vorschriften und Restriktionen unterworfen sei als im anglo-amerikanischen Recht. e) Besondere Verfahrensarten:

Wechselprozeß

Auf der Konferenz der International Law Association in Budapest 1908 hielt Ernest Todd einen Vortrag, in dem er das anglo-amerikanische Verfahrensrecht mit dem anderer Staaten verglich. 1 1 2 Insbesondere widmete er sich darin der Frage der gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen aus Wertpapieren. Hier schien ihm besonders das deutsche Recht vorbildlich. Er beschrieb kurz den Ablauf des Wechselprozesses und lobte die Einfachheit und Schnelligkeit dieses Verfahrens. 113 Darüber hinaus hielt er das öffentliche Verzeichnis von Wechseln, die zu Protest gegangen waren, für eine sehr sinnvolle Einrichtung. 114 f) Besondere Verfahrensarten:

Scheidungsverfahren

Sowohl Victor Schneider 115 und Erwin Katz 116 berücksichtigen in ihren kurzen Zusammenfassungen der Grundzüge des deutschen Scheidungsrechtes auch die einschlägigen prozessualen Vorschriften. Dabei hat Schneider einzelne Paragraphen der ZPO übersetzt: §§ 13, 15, 16 (Gerichtsstand), 199 109

Vickery, German Law and Lawyers, The American Law Review, Band 50 (1916), S. 827, 842 f. Siehe oben: Dritter Teil, Erster Abschnitt, III, 1. 1.0 Baldwin , A German Law Suit, Yale Law Journal, Band 19 (1909-10), S. 69, 78. 1.1 Neitzel, Non-Contentious Jurisdiction in Germany, Harvard Law Review, Band 21 (1907-08), S. 476, 483. 112 Todd y The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264-278. 113 Todd, The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264, 265 f. 1,4 Todd, The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264, 265. 115 Schneider y Report of Committee on Divorce Jurisdiction - Germany, The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. 289297. 1,6 Katz , Report of Committee on Divorce Jurisdiction - Germany, The International Law Association, Report of the 26th Conference, London 1910, S. 298-302.

332

Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

(Zustellungen im Ausland), 328 (Anerkennung ausländischer Urteile), 606, 607 (Scheidungsverfahren und Interventionsrecht der Staatsanwaltschaft) ZPO.117 g) Besondere Verfahrensarten:

Entmündigungsverfahren

Das Entmündigungsverfahren gemäß § 645 ff. ZPO wird in Rentons internationalem Vergleich der rechtlichen Behandlung von Geisteskranken in den wichtigsten Ländern der Welt, erschienen 1899 im Journal of the Society of Comparative Legislation, in knappen Worten beschrieben. Kurz erwähnt wird die Vorschrift des § 52 ZPO (Prozeßfähigkeit), ebenso die Notwendigkeit der Anpassung einzelner Vorschriften der ZPO im Zuge der Verabschiedung des B G B . 1 1 8

Zweiter Abschnitt

Das Handelsgesetzbuch Das deutsche Handels- und Gesellschaftsrecht wurde in englischsprachigen Fachpublikationen vergleichsweise häufig angespochen. Dies liegt ohne Zweifel in der praktischen Bedeutung dieses Rechtsgebietes für den Verkehr mit einem der wichtigsten Handelspartner und Konkurrenten der angelsächsischen Länder auf den Weltmärkten begründet. So dominierten auch meist konkrete, praxisbezogene Fragestellungen über das eher akademische Interesse am Handelsgesetzbuch als umfangreiche, umfassende Kodifikation von beträchtlichem Eigengewicht. Im Folgenden sind die Quellen berücksichtigt, die im Untersuchungszeitraum das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch (ADHGB) von 1856 (als Reichsgesetz seit 1871), dessen Neufassung als Handelsgesetzbuch (HGB) vom 10. Mai 1897 (RGBl. S. 219) sowie das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH-Gesetz) in der Fassung 20. Mai 1898 (RGBl. S. 846) bzw. dessen Vorläufer vom 20. April 1892 zum Gegenstand haben. Das Seehandelsrecht wird, obwohl im Handelsgesetzbuch geregelt, aufgrund seiner eigenständigen Bedeutung weiter unten in einem eigenen Abschnitt behandelt.

117

Auf die Wiedergabe der Übersetzung wird an dieser Stelle aus Platzgründen verzichtet, zumal es sich um die Übersetzung eines deutschen Juristen - Schneider war Justizrat in Berlin - handelt. 118 Renton , Comparative Lunacy Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 253, 270.

2. Abschnitt: Das Handelsgesetzbuch

333

I. Allgemeine Darstellungen des deutschen Handels- und Gesellschaftsrechts Der praktischen Bedeutung des Sujets entsprechend, gibt es eine Reihe von Quellen aus dem Untersuchungszeitraum, deren ausschließlicher Gegenstand das deutsche Handels- und Gesellschaftsrecht ist. Sehr häufig wurden auch einzelne Aspekte daraus in anderen Zusammenhängen aufgegriffen, insbesondere bei der Darstellung des Bürgerlichen Rechtes, dessen Regelungen es ja ergänzt. Man sollte meinen, daß dem Handelsgesetzbuch auch aufgrund seines Eigengewichts als umfangreiche, umfassende Kodifikation Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Tatsächlich war dies jedoch selten der Fall. Wenn, dann wurde das HGB meist nur als Ergänzung des BGB erwähnt. Die früheste Quelle aus dem Untersuchungszeitraum, die Gesichtspunkte des deutschen Handels- und Gesellschaftsrechtes zum Gegenstand hatte, ist ein Aufsatz aus dem Law Magazine and Review aus dem Jahre 1875. Der Autor namens J. M. Ludlow untersucht darin unter anderem, wie die Rechtslage hinsichtlich der sogenannten „Friendly Societies", auf dem Solidarprinzip beruhender Unterstützungskassen, auf dem Kontinent aussah. Während er feststellt, daß diese Einrichtungen jedenfalls in der in England verbreiteten Form weitgehend unbekannt seien, gibt er beiläufig einen Überblick über das damalige deutsche Gesellschaftsrecht und macht auch einige Bemerkungen zum Handelsregisterwesen. 119 1886 wurde im englischen Law Quarterly Review das von Endemann herausgegebene „Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts" 1 2 0 ausführlich vorgestellt. 121 Der anonyme Rezensent nutzte die Gelegenheit zu einigen Bemerkungen über die Systematik, die Quellen und einzelne Regelungen des deutschen Handelsrechts. Wie in den anderen kontinentalen Rechtsordnungen, aber anders als in England, sei das Handelsrecht ein „Sonderrecht" (der deutsche Begriff fällt), „a system of rules differing from the ordinary law, and applicable in certain special cases". Der Autor bedauert, daß im Zuge der Kodifizierung des Zivilrechtes diese Differenzierung nicht abgeschafft worden sei, sei sie doch unnötig kompliziert und letztlich ohne „raison d'être". 1 2 2 Zur handelsrechtlichen Vertretung („mercantile agency") bemerkt der Autor, es gebe kaum einen Bereich des 1,9 Ludlow , Proposed Legislation in Reference to Companies and Friendly Societies, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 118-144. Siehe dazu im Folgenden unter den Punkten „Handelsregister" und „Gesellschaftsrecht". 120 Endemann (Hrsg.), Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, 4 Bände, Leipzig 1881-1884. 121 Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Law Quarterly Review, Band 2 (1886), S. 246-251 (anonym).

334

Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

Handelsrechts, der so verschieden vom englischen Recht sei: Die nach außen in ihrer Reichweite nicht beschränkbare Prokura wie auch die sonstigen Regeln dieses Abschnitts seien „strikingly different from the rule prevailing in this country." Überhaupt sei der deutsche Begriff der Stellvertretung viel enger als der englische. 123 Die verschiedenen Gesellschaftsformen des deutschen Rechts werden kurz aufgezählt, ohne weiter erläutert zu werden. Die „mercantile associations" werden folgendermaßen übersetzt: OHG als „ordinary partnership", KG als „limited partnership" (entweder ihrerseits „ordinary" oder „those in which the capital of the limited partners is subdivided into shares", KGaA), AG als „joint stock undertaking". Das Aktiengesetz von 1884 wird erwähnt. 124 Bei den Vorschriften über die Handelsgeschäfte erkennt der Autor die Zielsetzung, daß alle Hinderungsgründe für eine zügige Abwicklung der Geschäfte beseitigt und ein möglichst freier Warenverkehr ermöglicht werden soll. Allerdings gehe „the protection given to bona fide purchasers" deutlich über das in England übliche Maß hinaus. 125 Im Jahresbericht des britischen Generalkonsuls in Frankfurt am Main Charles Oppenheimer für das Jahr 1895 wird allgemein auf die Anpassungen hingewiesen, die im Zusammenhang mit dem gerade in den Reichstag eingebrachten Bürgerlichen Gesetzbuch am Handelsgesetzbuch vorgenommen werden müßten. 1 2 6 Im Bericht für das darauf folgende Jahr werden dann einige Einzelheiten des neuen Handelsgesetzbuches in der Fassung vom 10. Mai 1897 (RGBl. 219) mitgeteilt. Der persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes wird kurz erläutert, hierzu die §§ 1 - 4 HGB a.F. übersetzt. 127 (Die Übersetzung ist sehr frei und teilweise stark verkürzt, etwa ohne den längeren Nebensatz in § 1 Abs. 2 Nr. 1 HGB a.F.) Als einzige 122 Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Law Quarterly Review, Band 2 (1886), S. 246, 247 (anonym). 123 Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Law Quarterly Review, Band 2 (1886), S. 246, 247 ff. (anonym). 124 Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Law Quarterly Review, Band 2 (1886), S. 246, 248 (anonym). 125 Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Law Quarterly Review, Band 2 (1886), S. 246, 248 (anonym). 126 Foreign Office, 1896, Annual Series No. 1752, Diplomatie and Consular Reports on Trade and Finance: Germany: Report for the Year 1895 on the Trade of the District of the Consulate-General of Francfort-on-Main, in: Parliamentary Papers 1896, Band 86 [Accounts and Papers, Band 38], S. 109, 120 f. 127 Foreign Office, 1897, Annual Series No. 1942, Diplomatic and Consular Reports on Trade and Finance: Germany: Report for the year 1896 on the Trade of the District of the Consulate-General of Francfort-on-Main, C. 8277, S. 55 f. (= Parliamentary Papers 1897, Band 91 [Accounts and Papers, Band 40], S. 279, 334). Ein beispielhafter Auszug aus dieser Übersetzung ist in Anhang Β zu dieser Arbeit aufgeführt.

2. Abschnitt: Das Handelsgesetzbuch

335

weitere Regelung wird die Problematik der handelsrechtlichen Wettbewerbsverbote für Handlungsgehilfen gemäß §§ 74, 75 HGB („competition clause") angesprochen, aber nicht weiter ausgeführt. 128 In seinen ersten Vorträgen zu Entstehungsgeschichte und Inhalt des Bürgerlichen Gesetzbuches 1895/1896 ging Ernest Joseph Schuster auch kurz auf das Handelsgesetzbuch ein. Er wies dabei zunächst auf das Konkurrenzverhältnis des Handelsrechts zum sonstigen Zivilrecht hin: „Mercantile Law (is) a body of law standing apart from the general law as a separate aggregate of rules applicable to merchants and mercantile contracts, without regard to the nationality of the parties or the place of transaction." Dieses Verständnis sei grundsätzlich verschieden zu dem des Common Law, und es führe vielfach zu Abgrenzungsproblemen im Einzelfall. 1 2 9 Weiterhin erwähnte er die Überarbeitung des Handelsgesetzbuches anläßlich der Verabschiedung des Bürgerlichen Gesetzbuches. 130 Die Strafvorschrift des § 249 ADHGB und ihre neue Nummerierung im „New Mercantile Code, which will come into force on January 1st, 1900" (§312 HGB) nennt Schuster 1899 in einem Artikel über die strafrechtliche Sanktionierung der Zahlung von Bestechungsgeldern in Deutschland. 131 Er weist seine Leser darauf hin, daß die detaillierte Auflistung von Regelbeispielen in dieser Vorschrift nicht der üblichen Gesetzgebungstechnik entspreche, wonach „German codes as a rule lay down general principles without enumerating individual instances." 132 In seinem Lehrbuch über das deutsche Zivilrecht von 1907 wird das Handels· und Gesellschaftsrecht von Schuster umfassend berücksichtigt. 133 Auf der Suche nach allgemeingültigen Prinzipien der deliktischen Haftung für das Verschulden Dritter erwähnte A. Pearce Higgins 1897 im schottischen Juridical Review auch einige Vorschriften des A D H G B . 1 3 4 Er 128

Foreign Office, 1897, Annual Series No. 1942, Diplomatie and Consular Reports on Trade and Finance: Germany: Report for the year 1896 on the Trade of the District of the Consulate-General of Francfort-on-Main, C. 8277, S. 56 (= Parliamentary Papers 1897, Band 91 [Accounts and Papers, Band 40], S. 279, 335). 129 Schuster , The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) S. 17, 24 f. 130 Schuster , The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 192. 131 Schuster , Secret Commissions according to the Law in Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 320, 321. 132 Schuster , Secret Commissions according to the Law in Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 320, 321. 133 Schuster , Principles of German Civil Law, London 1907. Siehe Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, III. 134 Higgins , Employers' Liability on the Continent, 2 Teile, The Juridical Review, Band 9 (1897), S. 249-274, 395-408.

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

erwähnt die Reederhaftung aus §§ 451, 452 ADHGB und die Gehilfenhaftung des Frachtführers gemäß § 400 ADHGB (§ 431 HGB), den er folgendermaßen übersetzt: „The carrier is responsible for his servants and other persons who serve him in the business of the transport undertaken by him."135 Die Tatsache, daß die Neufassung des HGB vom 10.5.1897 am 1. Januar 1900 in Kraft getreten sei und unter anderem „considerable changes in the laws concerning public companies" gebracht habe, wird in dem im weiteren Verlauf dieses Jahres verfaßten Tätigkeitsbericht des britischen Konsuls in Hamburg für das Jahr 1899 erwähnt. 136 Weitere Angaben zum inhaltlichen Details werden nicht gemacht. In seiner Darstellung der wichtigsten Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches unmittelbar vor dessen Inkrafttreten wies Ernst Freund auch auf die in diesem Zusammenhang notwendig gewordene Überarbeitung unter anderem des Handelsgesetzbuches hin, welches die für die Wirtschaft wichtigsten Geschäfte („the most important transactions of business life") regele. 137 Mit dem „New Commercial Code for Germany" befaßte sich G. H. Β. Kenrick im Jahre 1900 im Journal of the Society of Comparative Legislation. 138 Er beschrieb zunächst die Gliederung des HGB, es folgen einige allgemeine Bemerkungen zu den Themen Handelsregister („registration of trade firms"), handelsrechtliche Stellvertretung („trade agency"), Recht der Handelsgesellschaften, Handelsgeschäfte („commercial transactions") und Seehandelsrecht, woran sich jeweils ein kurzer Vergleich zur Rechtslage in England anschließt. Aus dem Gesellschaftsrecht hebt Kenrick die Kommanditgesellschaft hervor, eine Rechtsform, die zwar auf dem Kontinent verbreitet sei, zu der es im englischen Recht aber kein Äquivalent gebe. Er bezeichnet die Kommanditisten anschaulich als „sleeping partners" und den Komplementär als „personally responsible partner". Bei den Regelungen zur Aktiengesellschaft (damals noch im Dritten Abschnitt des Zweiten Buches des HGB geregelt; Kenrick übersetzt übrigens etwas irreführend „limited liability company") fällt ihm vor allem die Strafvorschrift aus 135

Higgins , Employers' Liability on the Continent, The Juridical Review, Band 9 (1897), S. 249, 260. 136 Foreign Office, Annual Series No. 2431, Diplomatic and Consular Reports: Germany: Report for the year 1899 on the Trade and Commerce of the Consular District of Hamburg, S. 51 (= Parliamentary Papers 1900, Band 93 [Accounts and Papers, Band 47], S. 633, 683). 137 Freund , The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 ( 1899— 1900), S. 627, 636. 138 Kenrick , The New Commercial Code for Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 342-347.

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§312 HGB a.F. auf, wonach vorsätzliche Schädigungen des Gesellschaftsvermögens durch Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder oder Liquidatoren unter Strafe gestellt waren. Beim Recht des Handelskaufs weist Kenrick auf die Unvollständigkeit der Regelungen des HGB hin und darauf, daß es sich hierbei nur um Modifikationen der allgemeineren Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches handele, womit jedoch seiner Meinung nach die Übersichtlichkeit des deutschen Kaufrechtes nicht gerade gefördert werde. Auch ansonsten könne das HGB kaum als in sich geschlossene Kodifikation des Handelsrechts bezeichnet werden. Es sei bedauerlich, daß eine Reihe wichtiger Bereiche des Wirtschaftsrechtes ausgespart würden, unter anderem „Bancruptcy, Guaranty and Suretyship, Patents and Trademarks, Bills of Exchange [...], Insurance", welche größtenteils in gesonderten Gesetzen geregelt seien. Das HGB „should be viewed rather as a practical supplement the German Civil Code and the other existing German legislation than as an exhaustive judicial exposition of German Commercial L a w . " 1 3 9 Dennoch zeige das deutsche Beispiel jedenfalls, daß eine Kodifikation einer derart komplexen Materie wie des Handelsrechts durchaus möglich sei: „ A new Code of Commercial Law of Germany has many claims to the consideration of the English legal world, not the least being that it directs attention to the practical possibility of reducing to a coherent whole, and within a convenient compass, the mass of legal rules regulating the trade and mercantile transactions of so advanced a nation of Germany, involved as they are by all the complications of modern civilisation." 1 4 0 Im Jahrgang 1900 des Journal of the Society of Comparative Legislation liefert Hirschfeld eine Übersicht über die aktuelle Gesetzgebung im Deutschen Reich. 1 4 1 Unter anderem faßt darin Hirschfeld die Vorschriften des neuen „German Commercial Code" zu den Firmennamen und hinsichtlich des Handelsregisters zusammen. Diese Regelungen seien im Vergleich zu denen einer vor kurzem eingebrachten englischen Gesetzesvorlage deutlich detaillierter, und die Eintragungspflichten gingen weiter, womit die deutschen Vorschriften für eine größere Offenkundigkeit und damit Rechtssicherheit sorgten. 142 Weiterhin erwähnt Hirschfeld die Regelungen des Gesetzes betreffend die Abzahlungsgeschäfte (AbzG) vom 16. Mai 1894

139

Kenrick , The New Commercial Code for Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 342, 347. 140 Kenrick , The New Commercial Code for Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 342, 346. 141 Hirschfeld , German Legislation - Gambling on the Bourse, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 504-505. 142 Hirschfeld , German Legislation - Gambling on the Bourse, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 504, 505. 22 Dittmann

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

und stellt klar, daß ein eingetragener Kaufmann nicht in den Schutzbereich dieses Gesetzes falle. 1 4 3 Bereits 1893 hatte er ausführlich das GmbH-Gesetz vom 20. April 1892 analysiert. 144 In seiner Bibliographie zum deutschen Recht von 1912 1 4 5 machte Edwin Montefiore Borchard auch einige Aussagen zum materiellen Handelsrecht. 1 4 6 So faßt er kurz die gesetzgeberische Entwicklung des HGB zusammen und erklärt dessen Verhältnis zum BGB. Einteilung und Aufbau des HGB werden beschrieben, indem die Bücher, Abschnitte und Titel einzeln durchgegangen und ihr jeweiliger Inhalt in knappen Worten wiedergegeben wird. Besonders erklärt Borchard den Begriff der Kommanditgesellschaft („commandite company"). 1 4 7 Es folgte eine umfassende, von ihm kommentierte Bibliographie der deutschen und fremdsprachigen Fachliteratur zum deutschen Handelsrecht. In gleicher, wenn auch weniger ausführlicher Weise werden auch diverse handelsrechtliche Nebengesetze und das sonstige Wirtschaftsrecht behandelt, u.a. das Eisenbahn-, Börsen- und Bankrecht. In den Deutschland betreffenden Bänden des Kompendiums „Commercial Laws of the World", die 1913 erschienen, ist unter anderem auch eine umfangreiche Einführung in das deutsche Handels- und Gesellschaftsrecht sowie eine ausführlich kommentierte Übersetzung des Handelsgesetzbuches enthalten. 148 Einleitung wie Gesetzestext und Kommentierung sind sowohl im Original wie in der Übersetzung wiedergegeben und jeweils in synoptischer Darstellung präsentiert. Der einleitende Text ist von dem Göttinger Professor Karl Lehmann verfaßt, die Kommentierung des HGB in Fußnoten von Carl Ritter, Reichsgerichtsrat. (Den Umfang der Kommentierung illustriert die Tatsache, daß sich beispielsweise alleine die Fußnote zu § 377 über viereinhalb Seiten erstreckt.) Die Übersetzung stammt von den Londoner Anwälten Horace Β. Samuel und Thomas Hynes.

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Hirschfeldy German Legislation - Gambling on the Bourse, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 504. 144 Hirschfeldy Partnership with Limited Liability in Germany, Law Quarterly Review, Band 9 (1893) S. 62-69. 145 Borchardy Guide to the Law and Legal Literature of Germany, Washington 1912. 146 Borchardy Guide, S. 97 ff. 147 Borchardy Guide, S. 104. 148 Scrutton! Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 24: The German Empire, Part I, London 1913, S. 4 ff., 78 ff. Es gab auch eine parallel erscheinende deutsche Ausgabe dieses in internationaler Kooperation erstellten Kompendiums: BorchardtlKohler (Hrsg.), Handelsgesetze des Erdballs, 14 Bände, Berlin 1907-1914.

2. Abschnitt: Das Handelsgesetzbuch

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In seinem im gleichen Jahr erschienenen Kommentar zum japanischen Handelsrecht nannte Joseph Ernest de Becker an geeigneten Stellen im Text die Parallelvorschriften des deutschen Handelsgesetzbuches. Über die bloße Nennung der Paragraphen gingen diese Erwähnungen jedoch nicht hinaus. 149

II. Die Übersetzungen des HGB ins Englische150 1. Platt (1900) 151 Die erste Übersetzung des HGB (eine Übersetzung des ADHGB ins Englische hat es nicht gegeben) stammt aus dem Jahre 1900 und wurde von Bernard A. Platt vorgenommen. 152 Es handelt sich dabei um eine reine Übersetzung des Gesetzestextes, die weitgehend ohne Einleitung, Erläuterungen oder Kommentierung auskommt, dafür über einen kurzen Index verfügt. Das vierte Buch über das Seehandelsrecht ist enthalten. Platt hat sich bei der Übertragung ins Englische erkennbar um Nähe zum Original bemüht, seine Übersetzung wahrt die Lesbarkeit, ist aber nicht immer inhaltlich ganz korrekt. Bei „unübersetzbaren" Worten verwendet Platt entweder eine kurze Umschreibung oder behält das deutsche Original in anglisierter Form bei, z.B. „commandite company". Er ist nicht immer konsequent. Die Prokura wird beispielsweise in § 4 als „procuration", in den § 48 ff. nur allgemein, den Inhalt stark verkürzend als „agency" übersetzt, womit wiederum irreführenderweise ebenfalls der „Kommissionär" in den §§ 383 ff. bezeichnet wird. Auffällig ist die Verwendung vieler mit Bindestrich zusammengesetzter Wörter, z.B. „firm-name", „trade-register". Die Struktur des deutschen Gesetzestextes zeichnet Platt jedenfalls bei der Wendung „eine eingetragene Tatsache einem Dritten entgegenhalten" konsequent nach, die er regelmäßig mit „it cannot be used to the prejudice of a third party by him whose duty (...)" wiedergibt (etwa in den §§4, 15

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Becker , Commentary on the Commercial Code of Japan, 3 Bände, London 1913, passim. 150 Auszüge aus den im Folgenden genannten drei Übersetzungen des HGB sind in Anhang Β zu dieser Arbeit wiedergegeben. Darüber hinaus existieren zwei Übersetzungen des HGB neueren Datums: Goren!Forrester (Übers.), The German Commercial Code, Littleton, Colorado (USA), 1979; Peltzer u.a. (Übers.), German Commercial Code: A Synoptical Translation of the Commercial Code with an Introduction in English/Handelsgesetzbuch: Deutsch-englische Textausgabe des Handelsgesetzbuches mit einer englischen Einleitung, Köln 1980, 2. Auflage 1993, 3. Auflage 1995. 151 Platt (Übers.), The Commercial Code for the German Empire, London 1900. 152 Platt (Übers.), The Commercial Code for the German Empire, London 1900. 22*

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

HGB). Allerdings läßt diese Konstruktion gleichzeitig einen Germanismus in der Verwendung des Personalpronomens erkennen. Als ein Detail am Rande sei erwähnt, daß der Einband von Platts Übersetzung in den Reichsfarben schwarz-weiß-rot gehalten ist. In der englischsprachigen Fachliteratur ist eine Besprechung von Platts Werk nachweisbar. 153

2. Alfred Felix Schuster (1911) 154 Eine weitere Übersetzung des HGB erschien 1911. Sie stammt von Alfred Felix Schuster, einem der Söhne von Ernest Joseph Schuster, wie sein Vater Barrister in London. Dieser hat auch das Vorwort beigesteuert, in dem er eine knappe historische und systematische Einführung ins Handelsrecht gibt. 1 5 5 Das vierte Buch des HGB zum Seehandelsrecht ist nicht übersetzt, stattdessen wird auf die ältere Übersetzung von Wendt 156 („excellent translation" 157 ) verwiesen. Dafür sind im Anhang zusätzlich eine Übersetzung des GmbH-Gesetzes von 1898, des Gesetzes betreffend die Pflichten der Kaufleute bei der Aufbewahrung fremder Wertpapiere von 1896 sowie eine ausführliches Glossar - ebenfalls nach dem Muster von Ernest Joseph Schuster - enthalten. 158 Alfred Felix Schuster hält sich weitgehend an die von seinem Vater geprägte Terminologie („not out of any motives of filial piety, but because after prolonged consideration I have come to the conclusion that it cannot be improved upon" 1 5 9 ), auf dessen „Principles of German Civil L a w " 1 6 0 er in den ansonsten eher spärlichen Anmerkungen und Erläuterungen in Fußnoten des öfteren verweist. Die Übersetzung selbst ist insgesamt näher am Original als Platt, wenn dies auch an einzelnen Stellen auf Kosten der Verständlichkeit geht. Interessant ist, daß Alfred Felix Schuster teilweise erläu153 The Commercial Code for the German Empire (Platt; Buchbesprechung), The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 25 (1899-1900), S. 499 (anonym). 154 Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, London 1911. 155 Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, S. IX ff. 156 Wendt, Papers on Maritime Legislation, with a Translation of the German Mercantile Laws relating to Maritime Commerce, 1. Auflage, London 1868, 2. Auflage, London 1871, 3. Auflage, London 1888. Siehe dazu unten: Dritter Teil, Dritter Abschnitt, I. 157 Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, S. IV. 158 Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, London 191, S. 235 ff. 159 Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, S. V. 160 Ernest Joseph Schuster, Principles of German Civil Law, London 1907. Siehe oben Zweiter Teil, Zweiter Abschnitt, III.

2. Abschnitt: Das Handelsgesetzbuch

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ternde Adjektive und Partizipien bzw. Relativsätze einfügt, die im Original so nicht enthalten sind, womit er mancher verbalen Verrenkung entgehen kann. Dies ist schön zu sehen bei den Legaldefinitionen, die er in § 1 Abs. 2 Nr. 1 (Waren) oder § 48 Abs. 2 (Gesamtprokura) nicht in Parenthese, sondern mit der Formel wiedergibt: „which is hereinafter referred to as (...)". Die Schlüsselbegriffe des deutschen Rechts werden konsequent und einheitlich wiedergegeben und damit ein Eindruck von den systematischen Zusammenhängen des deutschen Rechts vermittelt, z.B. wird durchgängig „mercantile transaction" für Handelsgeschäft verwendet. Etwas ungeschickt erscheint die Begriffswahl für die Kommanditgesellschaft, nämlich „limited partnership" bzw. „limited company", bei gleichzeitiger Wiedergabe der GmbH als „private limited company". Borchard bezeichnete Alfred Felix Schusters Übersetzung nicht zu Unrecht als derjenigen von Platt in allen Belangen überlegen, sowohl stilistisch als auch in Hinblick auf die Anmerkungen und Verweise. 161 Eine weitere Rezension dieser Übersetzung mit überwiegend positivem Tenor ist nachweisbar. 162

3. Samuel/Hynes (Commercial Laws of the World, 1913) 163 In dem Kompendium „Commercial Laws of the World" von 1913 ist das HGB im Original und in der Übersetzung abgedruckt. 164 Die Übersetzung besorgten die Londoner Anwälten Horace Β. Samuel und Thomas Hynes. Die umfangreiche, ebenfalls übersetzte Kommentierung in Fußnoten stammt von Carl Ritter, Reichsgerichtsrat. Das vierte Buch zum Seehandelsrecht ist nicht enthalten. Es sollte in einem besonderen Band vorbehalten bleiben, der jedoch vor dem Krieg nicht mehr erschien. 165 Auch diese Übersetzung ist nicht immer konsequent in der Wiedergabe von Schlüsselbegriffen. So wird beispielsweise Prokura in § 4 als „procuration", in den §§48 ff. als „proxy" übersetzt. Vereinzelt finden sich Übersetzungsfehler, die zum Teil sogar das genaue Gegenteil der Regelung wiedergeben. Offensichtlich wird dies bei den Folgen einer Nichtbeachtung der 161

Borchard, Guide, S. 100. The German Commercial Code (Alfred Felix Schuster; Buchbesprechung), The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 37 (1911-12), S. 246/247 (anonym). 163 Scrutton/Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Bande 24: The German Empire, Part I, London 1913. 164 Scrutton! Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 24: The German Empire, Part I, London 1913, S. 78 ff. 165 Vergleiche Anmerkung bei: Scrutton I Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 24: The German Empire, Part I, London 1913, S. 265. 162

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

Rügeobliegenheit bei nicht erkennbaren Fehlern in § 377 Abs. 2, im zweiten Halbsatz: „ I f the buyer fails to give this notice, he is held to have accepted the goods, even if the defect is one which would not have been revealed by examination." Von allen drei Übersetzungen des HGB ist diese Versionen vergleichsweise am idiomatischsten, am ehesten der englischen Rechtssprache entsprechend und damit am einfachsten lesbar und verständlich.

III. Einzelne Regelungen des Handelsund Gesellschaftsrechts Als einzelne Regelungen des deutschen Handels- und Gesellschaftsrechts interessierten vornehmlich die Einrichtung des Handelsregisters und die kaufmännische Buchführungspflicht - die beide als weiterer Ausdruck deutschen Regulierungssinns eher mißtrauisch betrachtet wurden - , die handelsrechtlichen Wettbewerbsverbote für Handlungsgehilfen gemäß §§ 74, 75 HGB sowie die Rechtsformen der Kommanditgesellschaft und der Gesellschaft mit begrenzter Haftung.

1. Handelsregister In dem Artikel, in dem J. M. Ludlow 1875 im Law Magazine and Review der Frage nachging, wie die Rechtslage hinsichtlich der sogenannten „Friendly Societies" auf dem Kontinent aussah, kam er auch auf das deutsche Handelsregister zu sprechen. 166 Als Hauptunterschied zwischen dem englischen und dem kontinentalen Gesellschaftsrecht bezeichnete er nämlich das organisatorische Umfeld, das auf dem Kontinent in spezialisierten Gerichten und dem staatlichen Registerwesen zum Ausdruck komme. Letzteres erscheint ihm am konsequentesten („most complete") in Deutschland umgesetzt, weshalb er die Organisation und Funktionsweise des Handelsregisters und die Regelungen der §§ 12-27 ADHGB kurz erklärt. Ludlow hält dieses System zwar für sehr interessant, jedoch schon mangels einer vergleichbaren Gerichtsorganisation für nicht auf englische Verhältnisse übertragbar: „[Whatever] advantages may be claimed for [the German system of registration] it rests upon a wholly different base from our o w n . " 1 6 7 Für die „Friendly Societies" sei es in jedem Fall ungeeignet, da diese keinen Handel im engeren Sinne betrieben. 168 166 Ludlow , Proposed Legislation in Reference to Companies and Friendly Societies, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 118-144. 167 Ludlow , Proposed Legislation in Reference to Companies and Friendly Societies, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 118, 144.

2. Abschnitt: Das Handelsgesetzbuch

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Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, veröffentlichte das Journal of the Society of Comparative Legislation im Jahre 1903 einen Artikel von Ernest Joseph Schuster, der gleichsam als Leitfaden für die kommerzielle Betätigung britischer Unternehmen im Deutschen Reich konzipiert i s t . 1 6 9 Darin behandelt Schuster eine Reihe von Fragen mit höchst praktischer Bedeutung, angefangen von der Anerkennung des Körperschaftsstatus ' einer britischen „company" über die Genehmigungserfordernisse nach der Reichsgewerbeordnung und den Landesgesetzen bis hin zu der Frage, welche Steuern, Zölle und sonstige Abgaben zu erwarten sind. Sein besonderes Augenmerk gilt dabei den vielfältigen Anmelde- und Eintragungspflichten nach dem deutschen Recht. Aus dem Handelsrecht werden kurz das System der Eintragung unternehmensrelevanter Daten in das Handelsregister und die Veröffentlichung in den amtlichen Anzeigeblättern, sowie die dabei zu beachtenden Zuständigkeiten und Formalien dargestellt. Ausdrückliche Erwähnung finden dabei die Regelungen der §§ 10, 11 (Veröffentlichungen in den Amtsblättern), 182-186, 199, 201 (Veröffentlichungen bzw. Eintragungen bezüglich der Aktiengesellschaft) und 296, 369 (Registrierung der Liquidatoren von Handelsgesellschaften) HGB a.F. Insgesamt erscheint Schuster der Unterschied in der Behandlung ausländischer Unternehmen im Deutschen Reich und in England als „striking": Vor allem die vielfältigen Genehmigungserfordernisse in Deutschland stünden keinesfalls im Einklang mit dem liberalen englischen Wirtschaftssystem. Umgekehrt hält Schuster die umfangreichen Eintragungs- und Veröffentlichungspflichten des deutschen Handelsrechts nicht nur für „reasonable", sondern sogar für vorbildlich. Die Einführung eines entsprechendem Systems der öffentlichen Registrierung unternehmensrelevanter Daten in England erscheint ihm wünschenswert und wäre seiner Ansicht nach auch nicht mit „insuperable obstacles" verbunden. Im Jahre 1908 wurde eine Untersuchung des britischen Foreign Office veröffentlicht, in der die Regelungen zur Registrierung von Firmen in den wichtigsten Ländern und Kolonien der Welt zusammengefaßt waren. 1 7 0 Im Abschnitt über Deutschland wurden die Vorschriften des HGB zu den Handelsregistereintragungen stichwortartig wiedergegeben. Dabei wurde eine Unterteilung nach den einzelnen eintragungsfähigen bzw. -Pflichtigen 168 Ludlow , Proposed Legislation in Reference to Companies and Friendly Societies, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 118, 144. 169 Schuster , British Companies in Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 5 (1903-04), S. 100-108. 170 Registration of Firms Abroad. Reports from Colonial Governors, the Government of India and His Majesty's Representatives Abroad on Laws and Regulations in Force in British Colonies and Possessions, in British India, and in Foreign Countries respecting the Registration of Commercial Firms, Cd. 4420 (= Parliamentary Papers 1908, Band 107 [Accounts and Papers, Band 46], S. 63-254).

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

Rechtssubjekten vorgenommen und jeweils der Umfang und Inhalt der Eintragung eingegrenzt. Am Ende findet sich der Hinweis, daß in Deutschland mit Ausnahme der Prokura eine Registrierung der Handlungsbevollmächtigten bzw. rechtsgeschäftlich Vertretungsberechtigten nicht stattfindet. Diese Informationen finden sich auch in stark verkürzter Form in einem Artikel über diese Untersuchung, der 1909 im Journal of the Society of Comparative Legislation veröffentlicht wurde. 1 7 1 Fritz Oppenheimer hielt um 1930 das Registrierungsverfahren für das Handelsregister im Großen und Ganzen für zu aufwendig. 172 Der anonyme Rezensent einer der Übersetzungen des HGB meinte nach der Lektüre, insbesondere in den Vorschriften zum Handelsregister und zu den Handelsbüchern die „typisch deutsche" Regulierungswut zu erkennen: „The spirit of the code strikes us as very significant, and the regulations as to the entries in the Trade Register , and the manner in which traders must keep their books [...] evidence a state regulation which would be unwelcome here" 1 7 3

2. Kaufmännische Buchführung und Bilanzierung In seinem Vortrag auf der Konferenz der International Law Association in Budapest 1908, in dem er das anglo-amerikanische Verfahrensrecht mit dem anderer Staaten verglich, beschrieb Ernest Todd unter anderem auch die Regelungen zu den kaufmännischen Büchern gemäß §§ 38 ff. HGB a . F . 1 7 4 Die Einführung einer Buchführungspflicht nach deutschem Vorbild auch in England hielt er für wünschenswert: „From every point of view it seems desirable that in the English system of law [...] there should be a specific mandatory direction [ . . . ] : " 1 7 5 Kurz auf die Vorschriften des HGB zur buchhalterischen Behandlung von Abschreibungen und ihre Bedeutung für die Dividendenzahlung (§§ 215, 261 HGB a.F.) wird in einem Artikel über das angloamerikanische Dividendenrecht von 1930 verwiesen. 176 171

Registration of Firms Abroad (Parliamentary Papers 1908, Band 107, S. 63254, Besprechung), Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 10 (1909), S. 197-201 (anonym). 172 Oppenheimer , Foreign Persons, Firms and Corporations doing Business in Germany, Columbia Law Review, Band 30, (1930), S. 986, 1008. 173 The Commercial Code for the German Empire (Platt, Buchbesprechung), The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 25 (1899-1900), S. 499 (anonym). 174 Todd, The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264, 274 ff. 175 Todd , The Comparison of English and Foreign Procedure, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 264, 275.

2. Abschnitt: Das Handelsgesetzbuch

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3. Handelsrechtliche Wettbewerbsverbote für Handlungsgehilfen gemäß §§ 74, 75 HGB Die Problematik der handelsrechtlichen Wettbewerbsverbote für Handlungsgehilfen gemäß §§ 74, 75 HGB („competition clause") wird im Jahresbericht des britischen Konsuls für das Jahr 1896 (1897 verfaßt) kurz angesprochen, ohne daß jedoch näher auf den Inhalt dieser Regelungen eingegangen würde. 1 7 7 Julius Hirschfeld erwähnt in einem kurzen Beitrag im Journal of the Society of Comparative Legislation von 1900 die Tatsache, daß „the new German Commercial Code" auch Vorschriften über Vereinbarungen zwischen „master and employé" hinsichtlich von Wettbewerbsverboten enthalte (§§ 60 ff. HGB), ohne daß er jedoch näher auf diese eingeht. 178 Im Jahre 1908 verglich William W. Smithers in einem kurzen Beitrag für das Annual Bulletin des Comparative Law Bureau of the American Bar Association die Rechtslage hinsichtlich des individualrechtlichen Wettbewerbsverbotes im englischen bzw. amerikanischen, französischen und deutschen Recht. 1 7 9 Dabei wurden §§ 74, 75 HGB und die einschlägige Rechtsprechung des Reichsgerichtes kurz erwähnt. Smithers meinte, insgesamt eine „more scientific conception and more varied application" in den deutschen Regelungen im Vergleich zu den anderen Rechten zu erkennen. 180

4. Gesellschaftsrecht a) Allgemeine Darstellungen des Gesellschaftsrechts Auf der Suche nach Entsprechungen zu der Institution der sogenannten „Friendly Societies" auf dem Kontinent, beschrieb / . M. Ludlow 1875 im Law Magazine and Review quasi im Vorübergehen das damalige deutsche Gesellschaftsrecht. 181 Er stellte fest, daß es im Deutschen Reich keine ein176 Weiner/Bonbright, Theory of Anglo-American Dividend Law: Surplus and Profits, Columbia Law Review, Band 30, (1930), S. 330, 345, 357. 177 Foreign Office, 1897, Annual Series No. 1942, Diplomatie and Consular Reports on Trade and Finance: Germany: Report for the year 1896 on the Trade of the District of the Consulate-General of Francfort-on-Main, C. 8277, S. 56 (= Parliamentary Papers 1897, Band 91 [Accounts and Papers, Band 40], S. 279, 335). 178 Hirschfeld , Unfair Competition in Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 73, 74. 179 Smithers , Covenants in Restraint of Trade: France-Germany-England, American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 21-24. 180 Smithers , Covenants in Restraint of Trade: France-Germany-England, American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 21, 23.

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

heitliche Gesetzgebung zu diesen sogenannten „Unterstützungskassen", wie er die „Friendly Society" übersetzte 182 , gab. Dafür gab er einen umfassenden Überblick über die nach deutschem Recht in Frage kommenden Organisationsformen, unter denen ein vergleichbarer Zweck verfolgt werden konnte. Die Personen- und Kapitalgesellschaften des dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch (ADHGB) in der Fassung vom 11. Juni 1870, landesrechtliche Regelungen bezüglich Knappschaftskassen, Kranken-, Hilfs- und Sterbekassen, Vorschuß- und Kreditvereine sowie die einschlägigen Vorschriften der Gewerbeordnung von 21.6.1869 wurden angeführt und kurz erläutert, sowie das Handelsregister dargestellt. Ludlow übersetzt die Offene Handelsgesellschaft als „public partnership" und setzt sie ansonsten weitgehend mit der englischen „private partnership" gleich. Die Kommanditgesellschaft wird als „commandite partnership", die Aktiengesellschaft als ,joint stock company" übersetzt. Ohne englisches Äquivalent sei die Stille Gesellschaft („secret partnership"), vor allem wegen der auf die Einlage beschränkten Haftung des stillen Gesellschafters (den Ludlow sehr bildhaft als „sleeping partner" übersetzt). 183 Eine weitere „peculiar institution" des deutschen Gesellschaftsrechtes sei der „Aufsichtsrath" („supervising council"), ,»replacing our auditors, with far more extensive powers and responsibilities". 184 Auffällig sei allgemein die größere Detaildichte der deutschen Vorschriften bezüglich des Innenverhältnisses der Gesellschafter. 1 8 5 Im übrigen entsprächen die Vorschriften aber größtenteils den französischen Regelungen. 186 Während Ernst Freund 1890 im American Law Review den Entwurf der ersten Kommission für das Bürgerliche Gesetzbuch und dessen Konkurrenzverhältnis zum bestehenden Recht analysiert, skizziert er nebenbei auch die Systematik der Rechtsquellen des deutschen Gesellschaftsrechtes. Demnach liege der Schwerpunkt beim „Commercial Code", der alle „business corporations" reguliere, „corporations of public or quasi-public character" unterfielen landesrechtlichen Regelungen, während „(the civil) code deals

181 Ludlow , Proposed Legislation in Reference to Companies and Friendly Societies, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 118-144. 182 Ludlow , Proposed Legislation in Reference to Companies and Friendly Societies, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 118, 140. 183 Ludlow , Proposed Legislation in Reference to Companies and Friendly Societies, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 118, 140. 184 Ludlow , Proposed Legislation in Reference to Companies and Friendly Societies, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 118, 141. 185 Ludlow y Proposed Legislation in Reference to Companies and Friendly Societies, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 118, 141. 186 Ludlow y Proposed Legislation in Reference to Companies and Friendly Societies, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 118, 140.

2. Abschnitt: Das Handelsgesetzbuch

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directly only with the small class of corporations with ,ideal aims', such as clubs, scientific or charitable societies." 187 Teile des deutschen Handels- und Gesellschaftsrechtes stellt Fritz Oppenheimer 1930 im Columbia Law Review dar. 1 8 8 Der Artikel behandelt ausführlich die gewerbe-, Steuer- und handelsrechtlichen Aspekte, die für amerikanische Unternehmen bei der Etablierung von Zweigstellen bzw. Tochterunternehmen in Deutschland relevant werden konnten. Konkret werden die Modalitäten des Handelsregisters und insbesondere die Vorschriften zur Eintragung bei Zweigniederlassungen (§ 13 HGB) beschrieben. 189 Breiter Raum ist der Rechtsformwahl bei der Gründung von Tochterunternehmen unter Berücksichtigung des Steuerrechts gewidmet. In diesem Zusammenhang werden das Recht der GmbH auf der Grundlage des GmbH-Gesetzes in der Fassung vom 20. Mai 1898 (RGBl. S. 846) 1 9 0 und das Recht der Aktiengesellschaft gemäß §§ 178-319 HGB a.F. 1 9 1 jeweils detailliert dargestellt. Im Ergebnis rät Oppenheimer von der Einrichtung von Zweigniederlassungen ab, da das Registrierungsverfahren zu aufwendig sei: „[The] registration of a branch office [...] involves even more formalities than the organisation of a German corporation." 192 Auch seien insoweit die Vorschriften zur Buchführung und Bilanzierung zu kompliziert. Er empfiehlt im Zweifel die Rechtsform der GmbH: „The organisation of a corporation with limited liability can be unconditionally recommended for the following reasons: (a) It constitutes an independent legal entity; (b) it involves no liability of its shareholders [...]; (c) it can be organised in a short time and without much expense, (d) its administration is extremely simple; (e) its entire capital may be concentrated into one hand; [...] (g) there is no necessity to publish any financial statements [ , . . ] . " 1 9 3 Insgesamt hält Oppenheimer die vom deutschen Recht angebotenen Rechtsformen für Handelsgesellschaften für ausreichend und angemessen: „[The] legal system in

187 Freund, The Proposed German Civil Code, American Law Review, Band 24 (1890), S. 237, 243. 188 Oppenheimer , Foreign Persons, Firms and Corporations doing Business in Germany, Columbia Law Review, Band 30, (1930), S. 986-1009. 189 Oppenheimer , Foreign Persons, Firms and Corporations doing Business in Germany, Columbia Law Review, Band 30, (1930), S. 986, 989 f. 190 Oppenheimer , Foreign Persons, Firms and Corporations doing Business in Germany, Columbia Law Review, Band 30, (1930), S. 986, 991 ff. 191 Oppenheimer , Foreign Persons, Firms and Corporations doing Business in Germany, Columbia Law Review, Band 30, (1930), S. 986, 994 ff. 192 Oppenheimer , Foreign Persons, Firms and Corporations doing Business in Germany, Columbia Law Review, Band 30, (1930), S. 986, 1008. 193 Oppenheimer , Foreign Persons, Firms and Corporations doing Business in Germany, Columbia Law Review, Band 30, (1930), S. 986, 1009.

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

Germany provides forms of business organisation readily adaptable to the size and kind of business to be r u n . " 1 9 4 b) Kommanditgesellschaft In seinem Artikel zum neuen deutschen Handelsgesetzbuch hob Kenrick im Jahre 1900 aus dem Gesellschaftsrecht die Kommanditgesellschaft hervor, eine Rechtsform, die zwar auf dem Kontinent verbreitet sei, zu der es im englischen Recht aber kein Äquivalent gebe. Er bezeichnet die Kommanditisten anschaulich als „sleeping partners" und den Komplementär als „personally responsible partner". 195 In einem rechtsvergleichenden Artikel über die Möglichkeiten und Modalitäten des Eigentums an Handelsschiffen in verschiedenen Rechtsordnungen, 1902 im Journal of the Society of Comparative Legislation veröffentlicht, wurden auch die verschiedenen Gesellschaftsformen des deutschen Handelsrechts angesprochen. Die „commandite company" wurde dabei am ausführlichsten behandelt. 196 In seiner Bibliographie zum deutschen Recht 1 9 7 erklärte Edwin Montefiore Borchard praktisch als einzigen Punkte des materiellen Handelsrechtes, den er besonders herausgriff, den Begriff der Kommanditgesellschaft („commandite company"). 1 9 8 Ernest Joseph Schuster hatte die Kommanditgesellschaft übrigens mit dem französischen Fremdwort „company en commandite " übersetzt. 199 Sein Sohn verwendete in seiner Übersetzung des HGB „limited partnership" bzw. „limited company", was insbesondere in der Abgrenzung zu der GmbH, die er als „private limited company", nicht glücklich erscheint. 200 c) Gesellschaft mit begrenzter Haftung Julius Hirschfeld liefert in einem Aufsatz im Law Quarterly Review von 1893 eine kritische Darstellung des im Vorjahr in Kraft getretenen Reichs194 Oppenheimer , Foreign Persons, Firms and Corporations doing Business in Germany, Columbia Law Review, Band 30, (1930), S. 986, 1009. 195 Kenrick , The New Commercial Code for Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 342, 345. 196 Edward Luis de Hart , The Ownership of Merchant Vessels, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 4 (1902), S. 34, 39 ff. 197 Borchard , Guide to the Law and Legal Literature of Germany, Washington 1912. 198 Borchard , Guide, S. 104. 199 Schuster , Principles, S. 55. 200 Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, London 1911.

2. Abschnitt: Das Handelsgesetzbuch

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gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHGesetz) vom 20. April 1892. 2 0 1 Das GmbH-Gesetz sei nach einem für das deutsche Recht typischen Gesetzgebungsverfahren mit langer vorgelagerter Diskussion durch Rechtswissenschaftler und Praktiker („that zealous cooperation of lawyers and practical men of business which characterises legislative work of this kind in Germany" 2 0 2 ) zustande gekommen. Hirschfeld beschreibt die Einteilung des GmbH-Gesetzes in sechs Abschnitte und faßt die jeweiligen Regelungen kurz zusammen. Anschließend geht er auf die in Deutschland von berufener Seite („Professor Goldschmidt, a very great authority on mercantile law in Germany" 2 0 3 ) geäußerte Kritik ein. Danach solle es sich bei der GmbH um eine überflüssige und potentiell gefährliche Neukonstruktion handeln, statt derer lieber in den sonstigen Vorschriften des Gesellschaftsrecht ein weiterer Spielraum hätte eröffnet werden sollen. Oder zumindest hätte ihr Anwendungsbereich auf wenige genau begrenzte Fälle eingeschränkt werden müssen. Hirschfeld schließt sich dieser Kritik zwar nicht explizit an, aber auch er beurteilt die neue Gesellschaftsform skeptisch. Für besonders bedenklich hält er die Bestimmungen hinsichtlich einer möglichen Nachschußpflicht der Gesellschafter gemäß §§26 ff. GmbH-Gesetz („liability to additional contributions" 204 ). Diese gesetzlich vorgesehene Möglichkeit könne im Zusammenspiel mit den anderen Regelungen hinsichtlich interner Entscheidungsfindung unter Umständen dazu führen, daß ein GmbH-Gesellschafter gegen seinen Willen zu Nachschüssen gezwungen werde. Angesichts der prinzipiellen Übertragbarkeit bzw. Vererbbarkeit des GmbH-Anteils sei dies besonders bedenklich. Das englische Recht - das hinsichtlich von Kapitalerhöhungen und -herabsetzungen nach Bedarf und beim Ausscheiden von Gesellschaftern dem Prinzip der Anwachsung des Anteils folge - sei insoweit flexibler und gleichzeitig sicherer. Den Einfluß individueller Regelungen und Sicherungen im Gesellschaftsvertrag berücksichtigt Hirschfeld bei aller Ausführlichkeit, mit der er seine Bedenken ausbreitet, allerdings nicht. Zweifelhaft erscheint Hirschfeldy ob sich die dem Konzept der GmbH immanente Trennung von Gesellschafter und Gesellschaft und der jeweiligen Vermögensmassen in der Praxis wirklich durchhalten lassen werde: „Now, although the partners are not personally liable they will undoubtedly be personally largely identified with such enterprises." 205 Dies könne dazu führen, daß Hirschfeldy Partnership with Limited Liability in Germany, Law Quarterly Review, Band 9 (1893) S. 62-69. 202 Hirschfeldy Partnership with Limited Liability in Germany, Law Quarterly Review, Band 9 (1893) S. 62. 203 Hirschfeldy Partnership with Limited Liability in Germany, Law Quarterly Review, Band 9 (1893) S. 62, 64. 204 Hirschfeldy Partnership with Limited Liability in Germany, Law Quarterly Review, Band 9 (1893) S. 62, 64. 201

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

das Vertrauen auf den persönlichen guten Ruf und die Kreditwürdigkeit eines Gesellschafters Gläubiger dazu verleite, Geld in eine unsichere GmbH zu stecken, oder dazu, daß eben dieser persönliche Ruf und die Kreditwürdigkeit bei einer Krise der GmbH Schaden nähmen. Hirschfelds Fazit zum GmbH-Gesetz: „ I greatly doubt that this act [...] will produce good results, owing to this innate ambiguity, yet it shows how anxiuos a continental legislature is to satisfy the desire for new forms of association [...] in modern industrial l i f e . " 2 0 6 Eine - nicht weiter kommentierte - Übersetzung des GmbH-Gesetzes in der Fassung vom 20. Mai 1898 ist im Anhang zu Alfred Felix Schusters Übersetzung des HGB von 1911 enthalten. 207 Das Recht der Aktiengesellschaft und das Recht der GmbH stellte Fritz Oppenheimer 1930 im Columbia Law Review dar, wobei er die gewerbe-, Steuer- und handelsrechtlichen Aspekte, die für amerikanische Unternehmen bei der Etablierung von Zweigstellen bzw. Tochterunternehmen in Deutschland relevant werden konnten, ausgiebig berücksichtigte. 208 Aufgrund der diversen Vorteile dieser Rechtsform riet er im Ergebnis dazu, im Zweifel eine GmbH zu gründen.

Dritter Abschnitt

Andere handelsrechtliche Materien L Das Seehandelsrecht Aus Sicht einer Nation, die im ausgehenden 19. Jahrhundert und um jene Jahrhundertwende die größte Handelsmacht der Erde war und einen Großteil des maritimen Handels beherrschte, war natürlich die das Seehandelsrecht des Landes von größtem Interesse, das sich allmählich nicht nur zum größten Konkurrenten, sondern auch zum größten Markt für britische Produkte auf dem europäischen Festland entwickelte. Die einschlägigen Vorschriften des Handelsgesetzbuches wurden gleich mehrfach übersetzt (übrigens häufiger als das HGB selbst).

205 Hirschfeld, Partnership with Limited Liability in Germany, Law Quarterly Review, Band 9 (1893) S. 62, 68. 206 Hirschfeldy Partnership with Limited Liability in Germany, Law Quarterly Review, Band 9 (1893) S. 62, 68 ff. 207 Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, S. 235 ff. 208 Oppenheimery Foreign Persons, Firms and Corporations doing Business in Germany, Columbia Law Review, Band 30, (1930), S. 986-1009.

3. Abschnitt: Andere handelsrechtliche Materien

351

Bereits 1868 war im Rahmen einer Sammlung von Dokumenten und Schriften zum Recht der Schiffahrt und des Seehandels erstmals eine Übersetzung des damals fünften Buches des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches (ADHGB) zum Seehandelsrecht, das seit 1861 als vereinheitlichte landesgesetzliche Regelung im Norddeutschen Bund galt, erschienen. 2 0 9 (Dies war übrigens die erste Veröffentlichung in der angloamerikanischen Welt, die sich mit einer der im Rahmen dieser Arbeit berücksichtigten Kodifikationen beschäftigte.) Herausgeber dieser Zusammenstellung und Übersetzer war Ernst Emil Wendt, ein Deutscher, der in London als Schiffsmakler arbeitete. 210 Das Werk wurde 1871 und 1888 jeweils aktualisiert und neu aufgelegt. Ein Rezensent lobte Wendts Übersetzungsleistung: „Also in the crooked byeways of both legal and nautical terms, the translation is most exact and fluent." 2 1 1 Alfred Felix Schuster verzichtete bei seiner Übersetzung des HGB von 1911 unter ausdrücklichem Hinweis auf die Wendts „excellent translation" auf eine eigene Version des vierten Buches des mittlerweile neu gefaßten H G B . 2 1 2 Die fast unveränderte Fassung des Seehandelsrechts, mittlerweile zum vierten Buch des neugefaßten HGB vom 10. Mai 1897 geworden, übersetzte der langjährige Kompagnon von Wendt, William Arnold, im Jahre 1900. 213 Dem Text ist eine Synopse der alten Regelungen des ADHGB und der neuen des HGB vorangestellt. Das Seehandelsrecht ist auch in der HGB-Übersetzung von Platt von 1900 enthalten 214 , in der HGB-Übersetzung von Alfred Felix Schuster von 1911 2 1 5 jedoch nicht. Für das Kompendium „Commercial Laws of the World" war eine Übersetzung geplant, erschien jedoch wegen des Kriegsausbruchs nicht mehr. 2 1 6 209 Wendt, Papers on Maritime Legislation, with a Translation of the German Mercantile Laws relating to Maritime Commerce, 1. Auflage, London 1868, 2. Auflage 1871, 3. Auflage 1888. 210 Vergleiche „Preface to the third edition" in: Wendt , Papers on Maritime Legislation, with a Translation of the German Mercantile Laws relating to Maritime Commerce, 3. Auflage, London 1888, S. V-VI. 211 Wendt: Papers on Maritime Legislation, The Law Magazine and Review, 4. Serie, Band 14 (1888-89), S. 23, 31. (anonym). 212 Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, S. IV. 213 Arnold (Übers), The Maritime Code of the German Empire, London 1900. Daß Arnold Partner von Wendt war, geht aus dem Vorwort zur 3. Auflage der „Maritime Papers" hervor: Wendt , Papers on Maritime Legislation, with a Translation of the German Mercantile Laws relating to Maritime Commerce, 3. Auflage, London 1888, S. VI. 214 Platt (Übers.), The Commercial Code for the German Empire, London 1900. 215 Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, London 1911. 216 Vergleiche: Scrutton/Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 24: The German Empire, Part I, London 1913, S. 265.

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

Mit dem Seehandelsrecht beschäftigten sich auch die Autoren folgender Quellen: Die Tatsache, daß die Neufassung des HGB vom 10.5.1897 eine Neuregelung auch einiger seehandelsrechtlicher Aspekte enthält, wird in dem Jahresbericht für das Jahr 1897 des britischen Konsuls in Hamburg von 1898 kurz angesprochen und festgestellt: „The German laws on this subject will, by the new Commercial Code, thus be assimilated to the maritime laws of most other nations." 2 1 7 1902 wurde im Journal of the Society of Comparative Legislation ein Artikel von Edward Louis de Hart veröffentlicht, in dem die Möglichkeiten und Modalitäten des Eigentums an Handelsschiffen in verschiedenen Rechtsordnungen verglichen wurden. 2 1 8 In dem Abschnitt über das deutsche Recht wurden vornehmlich die verschiedenen Gesellschaftsformen des Handelsrechts angesprochen. 219 Im Juni 1903 verglich T. G. Carver im Columbia Law Review die Haftung des Schiffseigners auf Schadensersatz bzw. die Entstehung von Schiffspfandrechten nach den verschiedenen Rechtsordnungen. 220 Die nach dem deutschen Recht einschlägigen §§ 486, 754 f., 767 ff. HGB a.F. wurden berücksichtigt. 221 Ein regelrechtes Lehrbuch zum deutschen Seehandelsrecht in englischer Sprache verfaßte 1907 Alfred Sieveking, Richter am Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg. 2 2 2 Es handelte sich um die englische Version eines Werkes, das gleichzeitig auf Deutsch veröffentlicht wurde. 2 2 3 Es wurde sowohl in England als auch im fernen Australien rezensiert. 224 217 Foreign Office, Annual Series No. 2104, Diplomatie and Consular Reports: Germany: Report for the year 1897 on the Trade and Commerce of Hamburg, S. 36 f. (= Parliamentary Papers 1898, Band 96 [Accounts and Papers, Band 45], S. 195, 230 f.). 218 Edward Luis de Hart , The Ownership of Merchant Vessels, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 4 (1902), S. 34-44. 219 Edward Luis de Hart , The Ownership of Merchant Vessels, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 4 (1902), S. 34, 39 ff. 220 Carver , Maritime Lien for Damage, Columbia Law Review, Band 3 (1903), S. 369-378. 221 Carver , Maritime Lien for Damage, Columbia Law Review, Band 3 (1903), S. 369, 372 f. 222 Sieveking , The German Law relating to the Carriage of Goods by Sea, London 1907. 223 Sieveking , Das deutsche Seerecht (mit Ausschluß des Seeversicherungsrechtes). Ein praktisches Lehrbuch, Hamburg 1907. 224 The German Law relating to the Carriage of Goods by Sea (Sieveking; Buchbesprechung), The Commonwealth Law Review, Band 5 (1907-1908), S. 191 (anonym); The German Law relating to the Carriage of Goods by Sea (Sieveking; Buch-

3. Abschnitt: Andere handelsrechtliche Materien

353

In seinem „Guide to the Law and Legal Literature of Germany" beschrieb Edwin Montefiore Borchard kurz Einteilung und Aufbau des vierten Buches des HGB, um dann wiederum eine umfassende, von ihm kommentierte Bibliographie der deutschen und fremdsprachigen Fachliteratur zum deutschen Seehandelsrecht zu geben. 225

II. Das Wertpapierrecht 226 Das deutsche Wertpapierrecht genoß nicht zuletzt durch den seit der Mitte des 19. Jahrhunderts stetig wachsenden internationalen Kapitalverkehr frühzeitig die Aufmerksamkeit anglo-amerikanischer Juristen. Eine Reihe von Übersetzungen der Wechselordnung - in ihrer Fassung als Reichsgesetz vom 16. April 1871 und in der Neufassung vom 3. Juni 1908 - und später des Scheckgesetzes vom 11. März 1908 erschienen im Untersuchungszeitraum in englischer Sprache. Daneben waren das deutsche Wertpapierrecht bzw. einzelne Regelungen vergleichsweise selten Gegenstand der Erörterung in englischsprachigen Fachpublikationen. Eine Ausnahme bildet allerdings die Erwähnung im Zusammenhang mit den Haager Wechselrechtskonferenzen von 1910 und 1912, bei denen es um die Schaffung einer einheitlichen Wechselordnung ging. 2 2 7

besprechung), The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 32 (1906-07), S. 490/ 491 (anonym). 225 Borchard, Guide, S. 108 ff. 226 Die im Folgenden präsentierten Quellen werden aus Platzgründen, und um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, inhaltlich nicht weiter analysiert. Der Verfasser dieser Arbeit verfolgt mit ihrer Nennung vielmehr ein bibliographisches Anliegen und möchte vor allem Art und Ausmaß der Beschäftigung von Juristen aus den Ländern des Common Law mit dem deutschen Wertpapierrecht illustrieren. 227 Das Wechselrecht war der erste Bereich des deutschen Rechtes, der kodifiziert wurde. (Entsprechendes gilt übrigens interessanterweise für das englische Recht, vergleiche den Vierten Teil dieser Arbeit.) Die Gesetzgebungsgeschichte des deutschen Wechselrechtes sieht in der Kurzfassung wie folgt aus: Allgemeine Deutsche Wechselordnung vom 27. November 1848 (als vereinheitlichte Landesgesetze); 1857 Nürnberger Novellen; als Bundesgesetz des Norddeutschen Bundes vom 5. Juni 1869; als Reichsgesetz Wechselordnung vom 16. April 1871; am 30. Mai 1908 Gesetz zur Erleichterung des Wechselprotestes; Neufassung der Wechselordnung vom 3. Juni 1908; Ablösung durch das Wechselgesetz (WG) vom 1. April 1934. Nähere Informationen zur Entwicklung des deutschen Wechselrechtes und der Bedeutung der beiden Haager Konferenzen bei: Baumbach/HefermehU Einleitung zum Wechselrecht, Rn. 2, 3. 23 Dittmann

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

1. Die Wechselordnung a) Übersetzungen der Wechselordnung 1879 bzw. 1880 erschienen in London unabhängig voneinander zwei Übersetzungen der deutschen Wechselordnung (WO) in der Fassung vom 16. April 1871. Die erste ist weitgehend unkommentiert. 228 Der zweiten ist eine ausführliche Einführung in die Materie vorangestellt; im Anschluß werden alle Artikel der WO kurz kommentiert und um eine Darstellung der entsprechenden Regelungen im englischen und im französischen Recht, teilweise auch der italienischen und spanischen Gesetze ergänzt. 229 Eine Übersetzung der deutschen Wechselordnung von 1871 ist ebenfalls in einem 1888 in den USA erschienen Handbuch über das Wechselrecht enthalten. 230 Sie ist nicht weiter kommentiert. 1911 erschien eine aktuelle Übersetzung der Wechselordnung nach ihrer Neufassung am 3. Juni 1908, erarbeitet von Sidney Leader .231 Im gleichen Band ist auch eine Übersetzung des Scheckgesetzes vom 11. März 1908 enthalten. Eine Kommentierung erfolgt nicht. Dafür ist ein Index beigefügt. Diese Übersetzung wird in der englischen, kanadischen und südafrikanischen Fachpresse besprochen, wobei die jeweils anonymen Rezensenten auf die Unterscheidung des deutschen Rechtes zwischen Wechseln und den nicht indossierbaren Schecks aufmerksam machen. 232 Leaders Übersetzung ist auch in einem englischen Lehrbuch des Wechselrechts als Anhang enthalten. 2 3 3

228

Melsheimer (Übers.), The Law of Bills of Exchange; an English Version of the German Code, London 1879. 229 Jencken , A Compendium of the Laws of Bills of Exchange, Promissory Notes, Cheques and other Commercial Negotiable Instruments of England, Germany and France; with a Translation of the German Code and References to the Italian and Spanish Codes, London 1880. 230 Randolph , A Treatise on Commercial Paper, containing a full Statement of Existing American and Foreign Statutes, together with the Text of the Commercial Codes of great Britain, France, Germany and Spain, Band 3, Jersey City, New Jersey, 1888. 231 Leader , The German Law of Bills of Exchange and of Cheques, London 1911. 232 The German Law of Bills of Exchange and of Cheques (Leader) (Buchbesprechung), The Canada Law Journal, Band 47 (1911), S. 439^40 (anonym); The German Law of Bills of Exchange and of Cheques (Leader) (Buchbesprechung), The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 37 (1911-12), S. 124 (anonym); The German Law of Bills of Exchange and of Cheques (Leader) (Buchbesprechung), The South African Law Journal, Band 28 (1911), S. 428-429 (anonym). 233 Byles , On Bills of Exchange, 17. Auflage, London 1911, Appendix 3.

3. Abschnitt: Andere handelsrechtliche Materien

355

In den Deutschland betreffenden Bänden des Kompendiums „Commercial Laws of the World" von 1913 ist auch das deutsche Recht der Wertpapiere und der Bank- und Börsengeschäfte enthalten. In synoptischer Darstellung des deutschen Originaltextes einerseits und der englischen Übersetzung auf der gegenüber liegenden Seite wird die Wechselordnung wiedergeben. 234 Die umfangreiche Kommentierung stammt von den schweizer Rechtswissenschaftlern Georg Cohn und Elsbeth Georgi, die Übersetzung sowohl des Textes als auch der Kommentierung besorgte der Londoner Rechtsanwalt W. Butler Lloyd. b) Darstellungen des Wechselrechtes aa) Allgemeine Darstellungen und Erwähnungen Als einzelner Aspekt des deutschen Wertpapierrechts wird die in der deutschen Rechtslehre entwickelte „Creationstheorie" bezüglich der Entstehung der Wechselverbindlichkeit im Rahmen einer Buchbesprechung 1886 im Law Quarterly Review kurz und eher kritisch erwähnt: „Independently of its theoretical justification, and merely with a view to its practical application, we cannot discover any rule of law which [the] adoption [of this concept] would alter, or any difficulty it would solve." 2 3 5 Einige wenige Bemerkungen zum materiellen deutschen Wertpapierrecht machte danach erst wieder Edwin Montefiore Borchard auch im Rahmen seiner Bibliographie des deutschen Rechtes von 19 1 2 . 2 3 6 Er beschränkte sich allerdings auf die Nennung der Wechselordnung und des Scheckgesetzes als einschlägige Rechtsquellen und eine kurze Darstellung der historische Entwicklung der Gesetzgebung, bevor er wiederum eine umfassende, von ihm kommentierte Bibliographie der deutschen und fremdsprachigen Fachliteratur zum deutschen Wertpapierrecht folgen ließ. In dem 1915 vom amerikanischen Handelsministerium herausgegebenen Handbuch, in dem die grundlegenden Fakten über die Rechtsordnungen von England, Schottland, Frankreich und Deutschland unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Betätigung amerikanischer Unternehmen in diesen Ländern zusammengefaßt waren, war auch ein Abschnitt enthalten, in welchem in knappen Worten, und ohne auf juristische Feinheiten einzugehen, die Grundzüge der deutschen Wechselordnung vorgestellt wurden. 2 3 7 234

Scrutton!Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 25: The German Empire, Part II, London 1913, S. 416 ff. 235 Handbuch des deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Law Quarterly Review, Band 2 (1886), S. 246, 250 (anonym). 236 Borchard, Guide to the Law and Legal Literature of Germany, Washington 1912, S. 112 ff. 23*

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

Einige Grundprinzipien des Wertpapierrechtes erläuterte Omer F. Hershey in einem Artikel im Harvard Law Review vom November 1918 unter anderem anhand deutscher Fachliteratur. 238 Ernest G. Lorenzen veröffentlichte kurz nach dem Krieg ein Lehrbuch zum internationalen Privatrecht des Wechsel- und Scheckverkehrs. Darin sind unter anderem auch die einschlägigen Kollisionsnormen der deutschen Wechselordnung dargestellt und übersetzt. 239 Auch später ging Lorenzen noch einmal kurz auf das spezielle Kollisionsrecht aus den wertpapierrechtlichen Gesetzen, nämlich Art. 84, 85 der Wechselordnung und Art. 26 des Scheckgesetzes e i n . 2 4 0 bb) Erwähnungen im Zusammenhang mit den Haager Wechselrechtskonferenzen von 1910 und 1912 Von den genannten Darstellungen und Übersetzungen abgesehen, erfolgte eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem deutschen Wechselrecht und einzelnen Bestimmungen daraus vornehmlich im Zusammenhang mit den Bestrebungen zur Schaffung eines international einheitlichen Wechselrechts. Unter anderem auf deutsche Initiative hin fanden 1910 und 1912 in Den Haag zwei Wechselrechtskonferenzen statt, auf denen ein zwischenstaatliches Abkommen zur Vereinheitlichung des Wechselrechts erarbeitet werden sollte. (Die Bestrebungen trafen übrigens zunächst auf den Widerstand der angelsächsischen Länder, und den Fortgang der Verhandlungen verhinderte dann der Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Ein neuerlicher, nunmehr erfolgreicher Anlauf wurde erst 1930 auf der Genfer Wechselrechtskonferenz, unter der Ägide des Völkerbunds, unternommen. 241 ) Daß von deutscher Seite Bestrebungen im Gange waren, eine international vereinheitlichte Wechselordnung, die sich maßgeblich am Vorbild des deutschen Rechts orientieren sollte, zu schaffen, erwähnte Thomas Baty

237

Wolfe/Borchard, Department of Commerce: Bureau of Foreign and Domestic Commerce: Commercial Laws of England, Scotland, Germany and France, Washington 1915, S. 51 f. 238 Hershey , Letters of Credit, Harvard Law Review, Band 32 (1918-19), S. 1, 8. 239 Lorenzen , The Conflict of Laws relating to Bills and Notes, New Haven 1919, S. 66 f., 92 f., 106 f., 122, 143, 151, 166, 169. 240 Lorenzen , The Conflict of Laws in Germany - Contracts, Yale Law Journal, Band 40 (1930-31), S. 401, 422 ff. 241 Nähere Informationen hierzu bei: Baumbach/Hefermehl, Einleitung zum Wechselrecht, Rn. 3. Zum Ablauf der Konferenzen aus englischer Sicht und zu den Gründen, warum die angelsächsischen Länder eine Linie der „benevolent neutrality" verfolgten: Chalmers , The Hague Conference on Bills of Exchange, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 11 (1910), S. 278-284.

3. Abschnitt: Andere handelsrechtliche Materien

357

bereits 1906 in einem Beitrag für das Journal of the Society of Comparative Legislation ,242 Den Einflüssen des deutschen Wechselrechts im englischen bzw. angloamerikanischen Recht und in dem geplanten internationalen Übereinkommen spürt W. J. Barnard Byles, Autor des englischen Standardwerkes zu den „Bills of Exchange", ein Jahr später in einem Artikel in der selben Zeitschrift nach. 2 4 3 Er erkennt eine „predominance of German principles at the present d a y . " 2 4 4 Mit der Frage, welche Elemente des deutschen Rechtes in eine zukünftige internationale vereinheitlichte Wechselordnung einfließen sollten, befaßt sich Byles dann in einem Referat auf der Budapester Konferenz der International Law Association von 1908. 245 Dem selben Thema widmete sich der ungarische Jurist mann in einem in englischer Sprache gehaltenen Vortrag Konferenz. 246 Er stellt fest: „On all sides it is recognized law of bills of exchange contains the most suitable rules their abstract nature." 2 4 7

Bernât Sicherauf der selben that the German for the bills in

Auf den Einfluß der deutschen Rechtswissenschaft bei der Vorbereitung der Haager Konferenzen bezieht sich eine kurze anonyme Mitteilung im Journal of the Society of Comparative Legislation von 1909. 2 4 8 Die Entwürfe der „Einheitlichen Wechselordnung", die dann auf den Haager Konferenzen gehandelt wurden, trugen deutlich die Züge des deutschen Wechselrechts. (Der entscheidende Entwurf stammte übrigens von dem auch sonst in Fragen der Rechtsvergleichung stark engagierten Berliner Kammergerichtsrat Felix Meyer.) Die englischen Bedenken und Kritik242

Baty, International Law Association at Berlin, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 7 (1906), S. 371-374. 243 Byles, Bills of Exchange and International Codification, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 8 (1907) S. 112-123. 244 Byles, Bills of Exchange and International Codification, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 8 (1907) S. 112, 113. 245 Byles, The Unification of the Law of Bills of Exchange, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 281, 291 ff. 246 Sichermann , The Unification of the Laws Concerning Bills of Exchange, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 337-348. 247 Sichermann , The Unification of the Laws Concerning Bills of Exchange, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 337, 339. 248 Unification of Law of Negotiable Instruments (Dr. Felix Meyer), Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 10 (1909), S. 468 (anonym).

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

punkte angesichts dieses Umstandes faßte Ernest Joseph Schuster in einem Redebeitrag auf der Londoner Konferenz der International Law Association zusammen. 249 Er formulierte sie auch noch einmal in einem Aufsatz, der einige Jahre später in deutscher Sprache erschien, und in dem er stärker auf Details einging. 2 5 0 Drei wesentliche Unterschiede sprächen - jedenfalls nach der überwiegend in England vertretenen Meinung - gegen eine vollständige Übernahme der ihrerseits am deutschen Recht orientierten „Einheitlichen Wechselordnung" in England. Einmal sei dies bereits der Regelungsbereich, der sich nicht mit dem des gegebenenfalls abzulösenden Bills of Exchange Act decke: Nicht nur enthalte dieser neben den Regeln zu den „bills of exchange", also den Wechseln im engeren Sinne, auch die für Schecks, sondern es seien darüberhinaus auch viele Vorschriften enthalten, die eigentlich in den Bereich des allgemeinen Schuldrechts gehörten, etwa hinsichtlich der Notwendigkeit bzw. Voraussetzungen von Gegenleistungen („value" und „consideration"). Gerade letztere seien im ansonsten unkodifizierten englischen Rechtssystem sonst nirgendwo normiert, so daß eine Ersetzung des Bills of Exchange Act schon einmal nicht in Betracht komme. Zweitens sei die Gesetzgebungstechnik fundamental unterschiedlich: die „Einheitliche Wechselordnung" operiere wie ihr deutsches Vorbild mit einer in sich geschlossenen, genau definierten Phraseologie, welche für englische Verhältnisse ungewohnt und kaum inhaltstreu zu übertragen sei. Und drittens funktionierten einige Regelungen nur im Zusammenspiel mit anderen Rechtsinstituten, die ihrerseits außerhalb der „Einheitlichten Wechselordnung" stünden. Namentlich die strengen Vorschriften zu Verjährung und Verlust des Rückgriffsrechts seien nur zu rechtfertigen, wenn gleichzeitig die Möglichkeit zur Rückabwicklung ungerechtfertigter Bereicherungen bestehe. Ein entsprechendes „right of action" sei im englischen Recht jedoch unbekannt. Im einzelnen kritisierte Schuster die Formvorschriften der „Einheitlichen Wechselordnung" - die im Wesentlichen den heutigen Art. 1 ff. des Wechselgesetzes (WG) vom 21. Juni 1933 (RGBl. S. 399) entsprachen - als zu detailliert und zu streng, die Wechselbürgschaft (Art. 30 ff. WG) sei eher überflüssig. 249 Schuster, Dr. Meyer's Bills of Exchange Draft Code from an English Point of View, 1) The International Law Association. Report of the 26th Conference, London 1910, S. 651 ff. (656-669); 2) Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 11 (1910), S. 143-155. 250 Schuster, Die einheitliche Wechselordnung vom Standpunkt des englischen Rechts, in: Festgabe zum 60. Geburtstage des Herrn Geheimen Justizrats Professor Dr. (Jakob) Riesser, hrsg. vom Centraiverband des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes, Berlin 1913, S. 155-194.

3. Abschnitt: Andere handelsrechtliche Materien

359

Gut und nachgerade vorbildlich seien hingegen eine ganze Reihe anderer Punkte gelöst: die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs aufgrund einer ununterbrochenen Reihe von Indossamenten als Rechtsscheinsträger (heute Art. 16 WG), die genauen Vorschriften zu Zeit, Ort und Umständen von Vorlegung zur Annahme und zum Verfall (Art. 21 ff., 33 ff. WG), das Verhältnis der Wechselverpflichteten untereinander (Art. 43 ff. WG; im englischen Recht herrsche in dieser Hinsicht „große Unklarheit" 2 5 1 ), die Folgen höherer Gewalt (Art. 54 WG) und der Ehreneintritt (Art. 55 WG). Allerdings entbehre das Verbot der Ehrenzahlung durch den Annehmer (Art. 55 Abs. 3 WG) der Berechtigung: „Der Annehmer kann gegen den Aussteller eines Wechsels eine wohl begründete Gegenforderung oder Einrede haben, und wenn er geneigt ist, einem Indossanten die durch die Ehrenzahlung bewirkte Kostenersparnis und den Zeitgewinn zugute kommen zu lassen, scheint es nicht richtig, ihm dies zu verbieten." 252 Insgesamt hält Schuster die Vorschriften der „Einheitlichen Wechselordnung", und damit die deutschen, für sowohl sprachlich als auch inhaltlich dem englischen Gesetz überlegen, und er gibt sich als Anhänger einer weitgehenden Übernahme des in letzter Konsequenz deutschen Vorbildes zu erkennen: „Bei der Vergleichung beider Rechte tritt zunächst die Klarheit des Ausdrucks und der Anordnung [des Entwurfes der „Einheitlichen Wechselordnung"] gegenüber der weitschweifigen und häufig doch undeutlichen Redeweise und Systemlosigkeit des englischen Gesetzes hervor. Ferner [ist ersteres], von wenigen Ausnahmen abgesehen, den Verkehrsbedürfnissen weit besser angepaßt [...]. Daher würde, ganz abgesehen von dem Vorteil der Rechtseinheit, eine Revision des englischen Wechselrechts in der Absicht der Annäherung an das einheitliche Wechselrecht in jeder Beziehung wünschenswert sein." 2 5 3 Die Dokumente, die auf englischer Seite im Zusammenhang mit der Haager Wechselrechtskonferenz von 1912 erstellt wurden, wurden in einem regierungsamtlichen Sonderdruck veröffentlicht. 254 Darin wird nur die Tatsache erwähnt, daß sich der Vertragsentwurf auf das Vorbild des deutschen Wechselrechts stütze, weitere konkrete Bezüge zum deutschen Recht finden sich jedoch nicht. Enthalten ist auch die englische Version des Vertragstextes. 251 Schuster, Die einheitliche Wechselordnung vom Standpunkt des englischen Rechts, in: Festgabe Riesser, S. 155, 180. 252 Schuster, Die einheitliche Wechselordnung vom Standpunkt des englischen Rechts, in: Festgabe Riesser, S. 155, 189. 253 Schuster, Die einheitliche Wechselordnung vom Standpunkt des englischen Rechts, in: Festgabe Riesser, S. 155, 193. 254 Correspondence relating to the Conference on Bills of Exchange and Cheques at The Hague, June 1912, Commercial No. 1 (1913), Cd. 6680 (= Parliamentary Papers 1913, Band 67 (keine Paginierung) (= S. 1-93)).

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

2. Das Scheckgesetz255 Daß in Deutschland eine gesetzliche Regelung des Scheckwesens geplant sei, wurde erstmals im Jahresbericht des britischen Generalkonsuls in Frankfurt am Main für das Jahr 1902 erwähnt. Dies geschah im Rahmen der Berichterstattung über eine Tagung von Bankiers in Frankfurt, bei der unter anderem der allgemein als unbefriedigend empfundene Rechtszustand hinsichtlich des Schecks zur Sprache gekommen sei, welcher einfacher als ein Wechsel zu handhaben und vor allem nicht stempelsteuerpflichtig sei. 2 5 6 Das Inkrafttreten des Scheckgesetzes wird dann erstmals in dem Vortrag des ungarischen Juristen Sichermann auf der Budapester Konferenz der International Law Association von 1908 erwähnt. 257 Ein kurzer Überblick über die Regelungen des neuen Scheckgesetzes wird in dem Jahresbericht des britischen Foreign Office über die wirtschaftliche Entwicklung im Großraum Berlin für das Jahr 1908 gegeben. 258 Eine etwas ausführlichere Darstellung von Entstehungsgeschichte und Inhalt des Scheckgesetzes gaben kurz nach dessen Inkrafttreten Ernest Joseph Schuster und, jenseits des Atlantiks, Ernest G. Lorenzen, ersterer im Journal of the Society of Comparative Legislation 259, letzterer im Annual Bulletin des Comparative Law Bureau of the American Bar Association. 260 1911 erschien zusammen mit einer aktuellen Übersetzung der Wechselordnung auch eine Übersetzung des Scheckgesetzes.261

255

Scheckgesetz von 11. März 1908 (RGBl. S. 71). Nähere Informationen hierzu bei: Baumbach/Hefermehl, Einleitung zum Scheckrecht, Rn. 2, 3. 256 Foreign Office, Annual Series No. 3042, Diplomatie and Consular Reports: Germany: Report for the year 1902 on the Trade and Commerce of the Consular District of Francfort-on-Main, S. 85 (= Parliamentary Papers 1903, Band 77 [Accounts and Papers, Band 42], S. 609, 693). 257 Sichermann , The Unification of the Laws Concerning Bills of Exchange, The International Law Association, Report of the 25th Conference, Budapest 1908, S. 337. 258 Foreign Office, Annual Series No. 4282, Diplomatic and Consular Reports: Germany: Report for the year 1908 on the Trade of the Consular District of Berlin, Cd. 4446, S. 32 ff. (= Parliamentary Papers 1909, Band 95 [Accounts and Papers, Band 46], S. 115, 146 ff.). 259 Schuster , The New German Statute as to Cheques, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 9 (1908-09), S. 79-83. 260 Lorenzen , The German 1908 Law of Checks, American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 2 (1909), S. 29^40. 261 Leader , The German Law of Bills of Exchange and of Cheques, London 1911.

3. Abschnitt: Andere handelsrechtliche Materien

361

In dem Kompendium „Commercial Laws of the World" von 1913 ist auch das deutsche Scheckgesetz in gewohnter synoptischer Darstellung im Original wiedergegeben und übersetzt. 262 Die Einführung hierzu wie auch die Kommentierung stammt von James Breit, einem Rechtsanwalt aus Dresden, die Übersetzung sowohl des Textes als auch der Kommentierung besorgte wiederum der Londoner Rechtsanwalt W. Butler Lloyd. Als einzelne Regelungen aus dem Scheckgesetz sind die Vorschriften zu gekreuzten Schecks (Art. 37, 38 ScheckG) in einem Artikel von W. J. Barnard Byles genannt, in dem er 1914 im Journal of the Society of Comparative Legislation einem internationalen Überblick zu diesem Thema vermittelte. 2 6 3

III. Das Wettbewerbsrecht Angesichts der vielfältigen wirtschaftlichen Kontakte zwischen der angelsächsischen Welt und dem Deutschen Reich verwundert es nicht, daß das deutsche Wettbewerbsrecht frühzeitig auf Interesse bei anglo-amerikanischen Juristen stieß. Aus Platzgründen, und weil es das Ziel dieser Untersuchung nur am Rande berührt, beschränkt sich die folgende Darstellung nur auf eine kurze Zusammenfassung der einschlägigen Quellen aus dem Untersuchungszeitraum. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll einen Eindruck von dem Maß an Aufmerksamkeit vermitteln, welches die deutsche Gesetzgebung in diesem Bereich im anglophonen Ausland erweckte. Daß die deutsche Regierung ein Gesetz zur Regelung des Wettbewerbsrechtes („a bill to prevent unfair competition") plane, wird erstmals im Jahresbericht des britischen Generalkonsuls in Frankfurt am Main aus dem Jahr 1896 erwähnt. 264 Die Bandbreite der vorgesehenen Regelungen wird kurz beschrieben, einzelne Details, insbesondere die Einführung einer Rechtsgrundlage für Schadensersatzansprüche, werden hervorgehoben. Kurz wird zu den Erfolgsaussichten des Gesetzentwurfes Stellung genommen: „Meanwhile all political parties have pronounced themselves in favour of the intention of the government [ . . . ] . " 2 6 5

262 Scrutton! Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 25: The German Empire, Part II, London 1913, S. 474 ff. 263 Byles, Crossed Cheques in Foreign Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 14 (1914) S. 381, 383. 264 Foreign Office, 1896, Annual Series No. 1752, Diplomatic and Consular Reports on Trade and Finance: Germany: Report for the Year 1895 on the Trade of the District of the Consulate-General of Francfort-on-Main, S. 12 f. (= Parliamentary Papers 1896, Band 86 [Accounts and Papers, Band 38], S. 109, 122 f.).

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Dritter Teil: Andere Kodifikationen der Kaiserzeit

Mit dem bald darauf verabschiedeten Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 1896 (RGBl. S. 145), welches erstmals einen echten Wettbewerbsschutz gewährte, 266 setzte sich J. F. Iselin 1897 im Law Quarterly Review ausführlich auseinander. 267 Insbesondere in den Bestimmungen zur Einschränkung der Werbung sieht der Autor eine interessante, wenn auch eigenwillige Innovation („a principle which does not seem to exist in the legislation of any other country" 2 6 8 ). Eine Reihe von Paragraphen des Gesetzes werden übersetzt. Insgesamt beurteilt Iselin das Gesetz als „in many ways a remarkable experiment." 269 Die Grundzüge des Gesetzes zum Schutze der Warenbezeichnungen vom 12. Mai 1894 (RGBl. S. 441) („Trademarks Act") behandelt Julius Hirschfeld in einem kurzen Beitrag im Journal of the Society of Comparative Legislation von 1900. 2 7 0 Mit dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 7. Juni 1909 (RGBl. S. 449), welches das Gesetz von 1896 ablöste und am 1. Oktober 1909 in Kraft trat, beschäftigte man sich ausgiebig im britischen Foreign Office, von dem 1913 ein Sonderdruck zu diesem Thema veröffentlicht wurde. 2 7 1 Autor der ausführlichen und detaillierten Studie war der britische Generalkonsul in Frankfurt am Main, Charles Oppenheimer. Er übersetzte die wichtigsten Paragraphen des Gesetzes und ging die Vorschriften der Reihe nach durch. Besondere Aufmerksamkeit widmete er der sogenannten großen Generalklausel des § 1 UWG, die auf die guten Sitten abstellt („exceptionally elastic" 2 7 2 ), und der Rechtspraxis.

265

Foreign Office, 1896, Annual Series No. 1752, Diplomatie and Consular Reports on Trade and Finance: Germany: Report for the Year 1895 on the Trade of the District of the Consulate-General of Francfort-on-Main, S. 12 (= Parliamentary Papers 1896, Band 86 [Accounts and Papers, Band 38], S. 109, 122). 266 Vergleiche: Köhler!Pieper, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, München 1995, Einführung, Rn. 2. 267 Iselin, The New German Law of Unfair Competition, The Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 156-164. 268 Iselin, The New German Law of Unfair Competition, The Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 156, 158. 269 Iselin, The New German Law of Unfair Competition, The Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 156, 158. 270 Hirschfeld, Unfair Competition in Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 2 (1900), S. 73-74. 271 Foreign Office: Diplomatie and Consular Reports: Germany: Report on the German Law of 1909 against Unfair Competition, No. 683 Miscellaneous Series, Cd. 6006 (= Parliamentary Papers 1912/13, Band 94, S. 1-29). 272 Foreign Office: Diplomatic and Consular Reports: Germany: Report on the German Law of 1909 against Unfair Competition, No. 683 Miscellaneous Series, Cd. 6006, S. 9 (= Parliamentary Papers 1912/13, Band 94, S. 1, 9)

3. Abschnitt: Andere handelsrechtliche Materien

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In dem Handbuch des amerikanischen Handelsministeriums von 1915 über das Rechtssystem Englands, Schottlands, Frankreichs und Deutschlands war ebenfalls ein relativ großer Abschnitt dem deutschen Wettbewerbsrecht gewidmet. 2 7 3 Auf über zehn Seiten wurde darin das UWG („law against unfair competition") ausführlich und in vielen Einzelheiten beschrieben. Zusätzlich wurde eine zwar vergleichsweise freie, aber vollständige Übersetzung des UWG geliefert. 274

273

Wolfe /Borchard, Department of Commerce: Bureau of Foreign Commerce: Commercial Laws of England, Scotland, Germany and Washington 1915, S. 54-64. 274 Wolfe/Borchard, Department of Commerce: Bureau of Foreign Commerce: Commercial Laws of England, Scotland, Germany and Washington 1915, S. 64-68.

and Domestic France, and Domestic France,

Vierter

Teil

Die deutschen Kodifikationen als Vorbild für eine Kodifizierung des Common Law? Auch in den Ländern des Common Law gab es im Laufe des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine lebhafte Diskussion um die Kodifizierung. 1 Während es jedoch in Deutschland spätestens seit der Reichsgründung nur mehr um die Ausformung des angestrebten einheitlichen Gesetzeswerkes ging, wurde in England, den Ländern des Commonwealth und in den USA noch erbittert über die Frage gestritten, ob eine Kodifikation überhaupt sinnvoll oder wünschenswert sei. Geschichte und Ergebnisse der anglo-amerikanischen Kodifikationsbewegung, oder genauer: -bewegungen, ausführlich darzustellen, hieße den Rahmen dieser Untersuchung zu überschreiten. So wird im Folgenden nur der Frage nachgegangen, ob und inwieweit die deutschen Kodifikationen der Kaiserzeit in der anglo-amerikanischen Kodifikationsdiskussion eine Rolle spielten, und ob ihnen möglicherweise eine Vorbildfunktion zukam. Schlaglichtartig sollen diejenigen Diskussionsbeiträge wiedergegeben werden, die in typischer Weise die wesentlichen Argumente pro und contra eine Kodifikation vermitteln, und in denen auf die deutschen Kodifikationen konkret Bezug genommen oder zumindest auf sie angespielt wird. Dabei wird zwischen England, den britischen Dominions und den USA differenziert. Zwar waren die vielfältigen 1 Eine ausführliche Darstellung der Kodifikationsbewegung in England im 18. und frühen 19. Jahrhundert und der vielfältigen methodisch-systematischen und gesellschaftspolitischen Ursachen für das Scheitern dieser Bestrebungen findet sich bei: Teubner, Kodifikation und Rechtsreform in England, Berlin 1974, S. 108 ff. Eine knappere Zusammenfassung liefern: Robinson! Fergus!Gordon, European Legal History: Sources and Institutions, 2. Auflage, London 1994, Kap. 15.3., S. 246 ff. Zur Geschichte der Kodifizierung in den USA siehe Charles M. Cook, The American Codification Movement, Westport, Connecticut 1981. Eine Übersicht über die bis Anfang der 1890er geschaffenen Kodifikationen im englischsprachigen Raum findet sich unter anderem bei: Wilson, The Recent Progress of Codification, The Juridical Review, Band 3 (1891), S. 97-120, eine Zusammenfassung der einschlägigen Diskussionen bei: Smith/Stimson, State Statute and Common Law (Part 1), Political Science Quarterly, Band 2 (1887), S. 105-134; Smith, State Statute and Common Law (Part 2), Political Science Quarterly, Band 3 (1888), S. 136-164. Eine Übersicht über den Stand der Kodifikation in den Ländern des Common Law in den 20er Jahren bei: Pound , Codification, 5 Bände, St. Paul 1959, Band 3, S. 673 ff., 728 ff.

Vierter Teil: Die deutschen Kodifikationen als Vorbild

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Diskussionsbeiträge häufig allgemein gehalten und wurden in Formen bzw. Organen veröffentlicht, die beiderseits des Atlantiks Beachtung fanden, so daß eine trennscharfe Zuordnung der einschlägigen Äußerungen oft nicht möglich ist. Aber andererseits war das jeweilige politische und stimmungsmäßige Umfeld doch so unterschiedlich, daß es zu getrennten Argumentationslinien kam. Allgemein läßt sich jedenfalls beobachten, daß die Kodifikationen in Deutschland in der englischsprachigen Fachwelt durchaus aufmerksam und mit Interesse verfolgt wurden, wie ja im Übrigen bereits in den vorangegangenen Kapiteln herausgearbeitet werden konnte. Konkret läßt sich feststellen, daß insbesondere das Bürgerliche Gesetzbuch als Kulminationspunkt der deutschen Rechtsentwicklung von Gegnern wie Befürwortern einer Kodifikation des Common Law immer wieder erwähnt wurde, je nach Standpunkt als nachahmenswertes Muster oder auch als abschreckendes Beispiel. Interessant ist noch, daß viele englischsprachige Autoren als entscheidenden Faktor für die Kodifizierung des deutschen Zivilrechtes den hohen Stand der Rechtswissenschaft in Deutschland ansahen. Diese könne auf der Grundlage eines ausgefeilten theoretischen Gebäudes und mit einer systematischen und klar definierten Begrifflichkeit operieren. Solange aber diese Voraussetzungen in den angelsächsischen Ländern nicht geschaffen seien, sei die Zeit für eine Kodifizierung des Common Law noch nicht reif. 2 Hinweise darauf, daß dem deutschen Recht konkret eine Vorbildfunktion zugekommen wäre, also daß in einem der Länder des anglo-amerikanischen Rechtskreises durch die deutschen Kodifikationen ein Gesetzesprojekt angestoßen oder gar nach ihrem Muster gestaltet worden wäre, ließen sich nicht feststellen.

I. Die Diskussion in England Die englischen Diskussion um eine Kodifizierung war naturgemäß von der starken Tradition des Common Law und durch das von der geographischen Nähe genährte Konkurrenzgefühl bzw. den Abgrenzungswillen zum Kontinent geprägt. Die Befürworter einer Kodifizierung argumentierten mit 2

Freund, The Proposed German Civil Code, American Law Review, Band 24 (1890), S. 237, 249; Maitland, The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 215; Schuster, The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) S. 17, 27; ders. y The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 211. Allgemein zu Entwicklung, Bedeutung und Ausformung der englischen Rechtswissenschaft siehe Schlosser, Grundzüge der Neueren Privatrechtsgeschichte, 8. Auflage, Heidelberg 1996, § 7 II 5, S. 213 ff. m.w.N. Bezüglich der US-amerikanischen Rechtswissenschaft siehe dort § 7 III 3 b, S. 221 m.w.N.

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Vierter Teil: Die deutschen Kodifikationen als Vorbild

der ausufernden Unübersichtlichkeit des case law, die nur durch ein ordnendes Rahmenwerk überwunden werden könne, sie beriefen sich auf die Sachzwänge und die Interessen der Wirtschaft in einer zunehmend kommerzialisierten und industrialisierten Welt und erwarteten von einem einheitlichen Gesetzeskodex eine größere Rechtssicherheit und eine effizientere Rechtsprechung. Nicht wenige meinten auch, einen weltweiten Trend der Kodifizierung ausmachen zu können, die Kodifizierung sei eine Notwendigkeit und ein Ausweis der modernen Zeit, und England könne in dieser Hinsicht nicht hinter dem Vorbild der anderen modernen Staaten - und nicht zuletzt hinter dem sich entwickelnden Rivalen auf dem europäischen Festland zurückstehen. Doch die Vorbehalte und Vorurteile im juristischen Establishment gegen eine Kodifizierung waren groß. Die Palette der Gegenargumente reichte von einem trotzigen „das haben wir immer schon so gemacht" bis zu der Befürchtung, eine Festschreibung des Rechtes in Gesetzesform würde zu Erstarrung und Stillstand in der Rechtsentwicklung und Jurisprudenz führen. Vielfach schienen hinter vorgeschobenen Bedenken eher irrationale Ängste und Antipathien durch. Über einzelne Gesetzesprojekte - unter anderem Bills of Exchange Act von 1882, Partnership Act von 1890, Sale of Goods Act von 1893 - kam man in England dementsprechend lange Zeit nicht hinaus.3 Das ökonomische und politische Erstarken des Deutschen Reiches forderte jedenfalls genau wie in anderen Bereichen auch in der Rechtswissenschaft den Vergleich heraus, und die Kodifizierung des deutschen Rechtes mit dem BGB als Krönung gab in jedem Fall den Anstoß zu einer neuerlichen Runde der Diskussion, in der gewichtige Stimmen ihren Respekt vor dem deutschen Beispiel erkennen ließen. 1875 erschien ein Beitrag im Law Magazine and Review, in dem ein anonymer Autor, der sich selbst als „ein Laie" („a layman") bezeichnet, seine 3 Erlaubt sei, an dieser Stelle auf den interessanten Umstand hinzuweisen, daß alle diese „statutes" maßgeblich auf das Betreiben einzelner, engagierter Juristen zurückzuführen sind: Für den Bills of Exchange Act von 1882 und den Sale of Goods Act von 1893 zeichnete Mackenzie D. Chalmers , für den Partnership Act von 1890 Frederick Pollock verantwortlich. Das gleiche Phänomen läßt sich auch in Britischindien, wo Courtenay Peregrine Ilbert eine entscheidende Rolle zukam, und in den USA, wo David Dudley Field praktisch im Alleingang das Zivilgesetzbuch des Staates New York entwarf, beobachten. Vergleiche hierzu: The Legislative Machine in England: Stagnation in Codification, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 3 (1901), S. 140, 141 (anonym); Walter G. Hart, The Need for Codifying the Law of England, The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 36 (1910-11), S. 129, 138 f. Zur Rolle Chalmers ' und Pollocks bei den Kodifikationsbestrebungen in England finden sich eine Reihe von Anspielungen bei: Ilbert, The Centenary of the French Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1905) S. 218, 230. Ebenfalls erscheint bemerkenswert, daß in England genau wie in Deutschland die erste bedeutende, im weiteren Sinne zivilrechtliche Kodifikation die des Wechselrechts war.

Vierter Teil: Die deutschen Kodifikationen als Vorbild

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Meinung zu der anhaltenden Diskussion um die „fusion of Law and Equity" im Zusammenhang mit der Kodifizierung des Rechtes in Britischindien kundtut: Eine Kodifikation sei gerade für juristische Laien von Vorteil, da sie ihnen eher als das verschachtelte „case law" eine Übersicht über das geltende Recht ermögliche. 4 1891 hielt der Rechtsprofessor J. Dove Wilson vor der schottischen Bankiersvereinigung einen Vortrag, in dem er die weltweite Entwicklung auf dem Gebiet der Kodifizierung des Rechtes Revue passieren ließ. Der Vortrag, der anschließend im Juridical Review veröffentlicht wurde, wurde oben bereits besprochen. 5 Wilson gab darin eine umfassende Übersicht auf die Fortschritte in dieser Hinsicht und die Diskussion in den Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises bis Anfang der 1890er Jahre. Jedenfalls kam er zu dem Schluß, daß insbesondere die Erfahrung in Britisch-Indien und Kontinentaleuropa, und hier vor allem in Deutschland, eindeutig für eine Kodifikation des Common Law auch in Großbritannien sprächen. Daß eine solche noch nicht ernsthaft angegangen worden sei, sei ein rein politisches Problem: „The fault lies with the public. I f the intelligent, the professional men, the bankers, [...] were to ask for the formation of codes, the boon would be granted without delay. Why they do not ask for it must be best known to themselves. It is to me, as it is to most of my profession, unintelligible." 6 Auf einer Tagung der Handelskammern des Britischen Empire in London forderte Wilson einige Jahre später nachdrücklich die Einsetzung einer Kommission zur Kodifizierung des britischen Handelsrechtes. 7 Den Wunsch von Teilen der anglo-amerikanischen Juristenschaft nach einer Kodifikation des Common Law drückte der Londoner Anwalt Will Griffith in seiner Rede auf dem Brüsseler Kongress der International Law Association 1895 aus. Bezogen auf den französischen Code Civil sagte er: „(While) educated Englishmen admire that code, they must regret their own country's want of system." 8 4

Thoughts on Law Reform, The Law Magazine and Review, 3. Serie, Band 4 (1875), S. 836, 837 (anonym, „a layman"). 5 Wilson , The Recent Progress of Codification, The Juridical Review, Band 3 (1891), S. 97-120. Siehe S. 75 f. 6 Wilson , The Recent Progress of Codification, The Juridical Review, Band 3 (1891), S. 97, 120. 7 vergleiche: Codification on the Imperial Plan, Canada Law Journal, Band 32 (1896), S. 497 (anonym). 8 Griffith , Questions of International Law as to which the Common Law of England and the United States differs from the Common Law of Scotland and most Continental States, The International Law Association: Report of the 17th Conference, Brussels 1895, S. 277, 279.

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Vierter Teil: Die deutschen Kodifikationen als Vorbild

In einem Vortrag, der im Gründungsjahr 1895 vor der Society of Comparative Legislation gehalten wurde und im ersten Jahrgang ihres Journals abgedruckt wurde, beschäftigte sich Courtenay Peregrine Ilbert mit der Frage nach der Übertragbarkeit auf die Situation und den aktuellen Einfluß europäischen Rechts in Britisch-Indien. 9 Interessant sind dabei die Betrachtungen, die Ilbert über den politisch-soziologischen Hintergrund von Kodifikationsbewegungen als solchen und über die Gründe, warum es bislang in England keine vergleichbaren Bestrebungen gebe, anstellt: „In India, as elsewhere, codification has been brought about by the pressure of practical needs. On the continent of Europe the growth of the spirit of nationality, and the consequent strengthening of the central government, and fusion of petty sovereignities [...], has brought into strong relief the practical inconveniences arising from the co-existence of different systems of law in a single State. [...] If codification has lagged behind in England, it has been largely, perhaps mainly, because England acquired a strong central government, and attained a practical unity of law, centuries before any continental state." 10 Mit dem Problem der Kodifizierung des Common Law beschäftigte sich Ilbert in seinem Buch über Gesetzgebungstechniken und Kodifikation von 1900. 11 Er liefert darin eine umfassende Übersicht über den Stand der Kodifikation in der englischsprachigen Welt um jene Jahrhundertwende und gibt sich als überzeugter Anhänger des Kodifikationsgedankens zu erkennen. Lesenswert ist seine Darstellung des Prozesses der Vereinheitlichung des Rechtes in Britisch-Indien, an der er als führender Kolonialbeamter selbst maßgeblich mitgewirkt hatte - weshalb er über eine Menge an aufschlußreichen Hintergrundinformationen verfügt - , wobei die Schwierigkeiten und Mühen einer Kodifizierung in einem anderen Umfeld noch einmal deutlich werden. In einem gesonderten Kapitel analysiert Ilbert die Gründe, warum in England bis dahin jegliche Versuche zur Kodifizierung gescheitert seien. Dies liege vor allem am mangelnden politischen Willen. Die Widerstände seien unter anderem deshalb so groß, weil bereits ein ausgefeiltes, funktionierendes Rechtssystem existiere. Der Kritik, die auf den Unzulänglichkeiten der bisherigen englischen statute laws aufbaut, hält er entgegen: „The chief reason why so many of the statutory amendments of the English Common Law have been unsatisfactory in form and in effect is that they necessarily take the form of exceptions from indefinite and imperfect rules [ . . . ] . " 1 2 Die Befürchtungen, eine Festschreibung des Rechts in 9

Ilbert, Application of European Law to Natives of India, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 212-226. 10 Ilbert , Application of European Law to Natives of India, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 212, 225. 11 Ilbert, Legislative Methods and Forms, Oxford 1900.

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einem „code" führe zu einem Stillstand der Rechtsentwicklung, widerlegt er mit dem Hinweis auf die Beispiele der Kontinentalstaaten. Als wichtigsten Faktor für eine erfolgreiche Kodifizierung des Rechtes, der in England fehle, arbeitet er jedoch die fehlende Rechtseinheit heraus, aus der eine Rechtsunsicherheit resultiere, die sich wiederum hemmend auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirke. Genau dieser ökonomische Druck zur Rechtsvereinheitlichung habe sowohl in Deutschland als auch in BritischIndien eine entscheidende Rolle gespielt. Ilbert erkennt ihn übrigens auch in den USA, für die er eine entsprechende Entwicklung prophezeit. 13 In diesem Zusammenhang bedauert Ilbert auch die, gerade im Vergleich zu Deutschland, fehlende Tradition einer akademischen Rechtswissenschaft in England, die die nötigen theoretischen Vorarbeiten leisten könnte, und die insoweit mangelhafte englische Juristenausbildung. Zum deutschen Vorbild sagt er: „No country has studied law, both historically and systematically, with more fruitful results than Germany. In no country has codification been more successful. Nor is there reason to apprehend that the German codes will arrest the progress of German law [...] On the contrary, the scientific formulation of existing rules [...] illustrates and brings into prominence their defects [ . . . ] . " 1 4 Das Bürgerliche Gesetzbuch bezeichnet Ilbert als „the coping-stone of German codification" 15 , die „Krönung" des Prozesses der Vereinheitlichung des deutschen Rechtes. 16 Für eine Kodifizierung des englischen Rechtes machte sich wiederholt Mackenzie D. Chalmers stark. Mackenzie Dalzell Edwin Stewart Chalmers (1847-1927) war Experte für Handels- und Wertpapierrecht, Gründungsmitglied der Society of Comparative Legislation, in leitender Position zunächst im Finanzministerium von Britisch-Indien, später parlamentarischer Staatssekretär bei der „Treasury" im Mutterland, wo er maßgeblich an der Erarbeitung des Bills of Exchange Act von 1882 und später am Sale of Goods Act von 1893 beteiligt war. 1 7 Den verwirrenden Zustand des englischen Rechtes am Anfang des 20. Jahrhunderts beschrieb Chalmers 1903 mit einem Zahlenspiel: „The living Statute-book is now compressed for the general reader into the moderate compass of 22,000 pages. [...] The Common Law is to be found in some 12

Ilbert , Legislative Methods and Forms, S. 160. Ilbert, Legislative Methods and Forms, S. 160 f. 14 Ilbert, Legislative Methods and Forms, S. 159. 15 Ilbert, Legislative Methods and Forms, S. 19. 16 Ilbert, Legislative Methods and Forms, S. 157 f. 17 Vergleiche: The Legislative Machine in England: Stagnation in Codification, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 3 (1901), S. 140, 141 (anonym); Walter G. Hart , The Need for Codifying the Law of England, The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 36 (1910-11), S. 129, 138 f. 13

24 Dittinann

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1,800 volumes of reports of judicial decisions, averaging some 600 pages per volume. To master its rulings thoroughly somewhat over a million pages of printed matter would have to be assimilated. But it is made accessible to the public by about 2,000 text-books, none of which are authoritative, few of which are up to date, and all of which are expensive." 18 Bis es zu der dringend benötigten Kodifizierung komme, „the state of the Statutebook, as regards form, is going from bad to worse." 19 Die entscheidenden Widerstände gegen eine Kodifizierung machte er bei dem juristischen Establishment aus, das, getrieben von einer eher irrationalen Sorge um die eigenen Pfründe, bisher jeden Versuch in diese Richtung blockiert habe, während von der Wirtschaft zunehmend Unterstützung für diesen Gedanken ausgehe.20 In einem anonymen Beitrag im Journal of the Society of Comparative Legislation von 1901 wurde der Kodifizierung des Common Law das Wort geredet. 21 Dabei müsse auf das althergebrachte Recht gar nicht verzichtet werden, und es sei auch nicht mit einem Stillstand der Rechtsentwicklung zu rechnen: „Codification is an orderly statement of the leading rules of law [...] but there is nothing final in it, nothing to arrest or check the natural growth and development of the law; on the contrary, the very necessity of formulating the law exhibits its defects, and stimulates, while it simplifies, amendment." 22 - „[The] best argument for codification is to be found in its general adoption by civilized nations. France, Germany [...] all have their Codes [.. . ] " 2 3 Problematisch sei nur, daß in England ein wesentlicher Antriebsfaktor für die Kodifizierung fehle, nämlich der Wunsch nach nationaler Einheit, „which gave Germany her admirable Codes". 24 - „The only 18 Chalmers , The State of Statute Law in England, The American Law Review, Band 37 (1903), S. 411. 19 Chalmers , The State of Statute Law in England, The American Law Review, Band 37 (1903), S. 411. 20 Chalmers , Codification of Mercantile Law, 1) Report of the 25th Annual Meeting of the American Bar Association 1902, S. 282-291; 2) The American Law Review, Band 36 (1902), S. 733-742. 21 The Legislative Machine in England: Stagnation in Codification, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 3 (1901), S. 140-142 (anonym). 22 The Legislative Machine in England: Stagnation in Codification, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 3 (1901), S. 140, 141 (anonym). 23 The Legislative Machine in England: Stagnation in Codification, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 3 (1901), S. 140, 141 (anonym). 24 The Legislative Machine in England: Stagnation in Codification, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 3 (1901), S. 140, 142 (anonym).

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effective demand for codification in England has hitherto come from the commercial classes." 25 Man könne nur hoffen, daß von diesen letztlich der entscheidende Impuls zu einer Kodifizierung des Common Law ausgehen werde. Higgins meinte, vor allem die systematische und ausdauernde Vorbereitung des BGB sei für alle zukünftigen Kodifikationen beispielhaft: „The making of the code is a standing object-lesson to all States that are looking forward in the future to a scheme of codification, and the Germans may well be proud of the labours which for twenty-two years were devoted to its consideration." 26 Und gerade auch Großbritannien müßten die deutschen Erfahrungen zum Vorbild gereichen: „The enactment of the German code [...] is especially worthy of study in Great Britain, where the unity of the United Kingdom is far from being an accomplished fact, so long as questions of domicile and conflicts of laws are dicussed as if England and Scotland [...] were separate states." 27 Beiläufig stellte übrigens auch Higgins fest, daß am Anfang der Vereinheitlichung des deutschen Zivilrechts die Kodifikation des Handels- und Wechselrechts gestanden habe - so wie unlängst in Großbritannien. 28 Als entschiedener Anhänger des Kodifizierungsgedankens zeigt sich auch Ernest Joseph Schuster: Ein „Code" biete den Vorteil der Vereinheitlichung von ansonsten „heterogenous statutes", man verfüge danach über ein zusammenhängendes Ganzes anstelle einzelner Gesetze. Vor allem aber ließen sich allgemeine Rechtsprinzipien viel leichter erkennen als bei der „casuistic irregularity" des bisherigen englischen Rechtes. Über die Generalklauseln und mit Hilfe innovativer Auslegungsmethoden lasse sich auch einem allgemein befürchteten Stillstand der Rechtsentwicklung nach einer Kodifizierung entgegenwirken. Er ist der Meinung, „that the persons who in discussing the merits and demerits of codification oppose codified law to case law entirely miss the point at issue." 29 Schuster schrieb an anderer Stelle zu den Vorteilen, die eine Kodifizierung des englischen Zivilrechts mit sich bringen könnte: „In the same way a code as well as a scientific system of law is a means of establishing a 25 The Legislative Machine in England: Stagnation in Codification, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 3 (1901), S. 140, 142 (anonym). 26 Higgins , The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 105. 27 Higgins , The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95. 28 Higgins , The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 100. 29 Schuster , Principles, S. 13. 24*

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recognised terminology. In England each statute [...] has its own terminology, and it is well known that a great deal of trouble is caused by conflicting terminology" 3 0 Anders als häufig angenommen werde, seien „codified law and case law" in Wirklichkeit gar kein Gegensatzpaar: Auch eine Kodifikation brauche die Rechtsprechung zur Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe und von Generalklauseln. Auf der Grundlage eines einheitlichen Gesetzeswerkes sei das Richterrecht aber harmonischer und konsequenter als in einem System wie dem englischen: „Case law is a necessary complement to all, but the case law which grows out of a well ordered code is in itself harmonious and symmetrical, whilst case law grafted on a multitude of Statutes, cannot possibly be consistent or compendious." 31 Auch könne in einer Kodifikation erstmals die Vielzahl von Prinzipien und Begriffen zusammengefaßt und einheitlich geregelt werden, die allen Rechtsgebieten zu Grunde lägen, während „where the law exists, and is taught in separate branches only, all these facts are necessarily dealt with inconsistently, and, to a certain extent, illogically." 3 2 Weitere Vorteile eines kodifizierten Rechtes bestünden in dem größeren Vertrauen, daß es dem juristischen Laien vermitteln könne („no doubt that the lay public has greater confidence in a codified l a w " 3 3 ) und in der nicht zu unterschätzenden Gelegenheit, das bestehende Recht von verkrusteten Strukturen und „Altlasten" zu befreien („an excellent opportunity for getting rid of accumulated lumber [...]. A code will sweep away all this rubbish without trouble" 34 ). Dennoch hält Schuster den Zeitpunkt für eine Kodifizierung des Common Law noch nicht für gekommen. Einmal sei bei den meisten Kodifizierungen des kontinentalen Rechtes wie auch bei dem BGB der Wunsch nach Einheit bzw. Vereinheitlichung treibende Kraft gewesen. In England, wo ein einheitliches Recht bereits existiere, entfalle diese Motivation. Entscheidend sei jedoch das Fehlen einer systematisch betriebenen Rechtsw/ssenschaft („scientific arrangement of legal facts") in England. Das deutsche Beispiel lehre: „Codification on a large scale cannot be brought about before the material to be codified has been sifted and arranged, and before the facts, which are common to all the multitudinous branches and departments of law [...], are recognized and brought together [...]. When legal 30 Schuster , The German Civil Code, Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 193 f. 31 Schuster , The German Civil Code, Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 210. 32 Schuster , The German Civil Code, Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 193. 33 Schuster , The German Civil Code, Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 210. 34 Schuster , The German Civil Code, Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 211.

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science will have systemized the whole of English law in this manner, the question of codification will be ripe."35 (Übrigens erschien bald darauf mit Jenks' „Digest of English Law" ein Werk, in dem das englische Zivilrecht erstmals nach den Kriterien der kontinantaleuropäischen Rechtswissenschaft, und zwar ausdrücklich nach dem Vorbild der deutschen juristischen Lehrbücher und des Bürgerlichen Gesetzbuches, aufgearbeitet und arrangiert wurde. 36 ) Schuster erkannte dem Bürgerlichen Gesetzbuch ausdrücklich Vorbildfunktion auch aus englischer Sicht zu: Für die künftige Gesetzgebung im Königreich erschien ihm vor allem eine Methode nachahmenswert, die seiner Meinung nach einen wesentliches Element der deutschen Gesetzgebungstechnik und ein Hauptgrund für ihren Erfolg darstellt: „German codes as a rule lay down general principles without enumerating individual instances." 37 Die wissenschaftliche und gesetzgeberische Leistung, die in die Kodifizierung des deutschen Zivilrechts geflossen ist, würdigt Schuster wie folgt: „The systematization of law has been brought to its highest perfection in Germany [...]. The new codes adapt the fruits of the learning of many centuries to the needs of the present time. As a complete and scientific exposition of actual law they therefore occupy a unique position." 38 Das Bürgerliche Gesetzbuch hält Schuster insgesamt für „the latest and most perfect attempt to systematize the whole of the private law of a country." 3 9 Maitland fand, daß dem englischen Juristen die abstrakte Rechtswissenschaft fremd sei. „[We do not have] any turn for juristic speculation." 40 „We are not good at making juristic theories." 41 - „Some of [our rules] would shock a theorist." 42 Man sei in Großbritannien auch in dieser Hinsicht eher praktisch orientiert: „ I am far from saying that all our devices are elegant. On juristic elegance we do not pride ourselves, but we know how to keep the roof water-tight." 43 - „And so, the external wall being kept in good repair, our English legal Dogmatik may have no theory or a wholly inadequate and antiquated theory of what goes on behind. And to 35 Schuster , The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191, 211. 36 Jenks (Hrsg.)/ Geldart/ Holdsworth/Lee /Miles (Bearb.), A Digest of English Civil Law, 1. Auflage in 11 Teilen, 1905-1917, 2. Auflage, in 2 Bänden, London 1921, 3. Auflage, London 1938. 37 Schuster , Secret Commissions according to the Law in Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 1 (1899), S. 320, 321. 38 Schuster , Principles, S. V. 39 Schuster , Principles, S. III. 40 Maitland , Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 356. 41 Maitland , Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 360. 42 Maitland , Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 362. 43 Maitland , Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 362.

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some of us that seems a desirable state of affairs. Shameful though it may be to say this, we fear the petrifying action of juristic theory." 44 Nach Mailands Beobachtung taucht eine systematische und abstrahierende Terminologie im englischen Recht nur in „more or less speculative books - books of »General Jurisprudence"' auf, wo sie „rather potential rubrics [in a future code] than technical terms" für die aktuelle Rechtsanwendung darstellten. 45 Maitland selbst kann sein prinzipielles Bedauern darüber kaum verhehlen, stellt aber dennoch fest: „ A l l this [tends] to make our English jurisprudence disorderly, but it also gave to it something of the character of an experimental science, and that I hope it will never lose." 4 6 Daß die Zeit mehr als reif dafür sei, endlich auch in England eine Kommission zur Vorbereitung einer umfassenden Kodifizierung des englischen Rechts einzusetzen, meinte Walter G. Hart im Februar 1911 im Law Magazine and Review. Nicht nur sei die Situation des Statute Law und Common Law mittlerweile unerträglich geworden, sondern England befände sich darüber hinaus in dieser Hinsicht auch weit im Rückstand gegenüber praktisch allen anderen wichtigen Staaten der Welt. Hart verweist zuletzt auf das Deutsche Reich: „Savigny*s own country has framed and passed into law the completest and most scientific series of Codes that have ever been promulgated." 47 Daß einflußreiche Persönlichkeiten in England einer Kodifizierung des Common Law grundsätzlich skeptisch bis ablehnend gegenüber standen, zeigt das Beispiel von Richard Burdon Haidane, dem britischen Lord Chancellor am Vorabend des Ersten Weltkrieges. In dieser Eigenschaft hielt er im September 1913 eine Rede vor der versammelten Juristenschaft der Vereinigten Staaten und Kanadas, in der er die Gemeinsamkeiten der beiden nordamerikanischen Staaten und des Mutterlandes beschwor, die nicht zuletzt in den gemeinsamen Wurzeln ihrer Rechtssysteme lägen. 48 Er verwahrt sich gegen den Gedanken eines nicht näher bezeichneten „foreign thinker", welcher die Notwendigkeit einer „scientific foundation of a code" für das englische Recht erkannt zu haben glaubte. Seiner Meinung nach bestünde ein unüberbrückbarer Gegensatz zwischen dem hergebrachten System des Common Law and Equity und den auf kodifizierten Recht beru-

44

Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 369. Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 324 f. 46 Maitland, Trust and Corporation, The Collected Papers, Band 1, S. 321, 376 f. 47 Walter G. Hart , The Need for Codifying the Law of England, The Law Magazine and Review, 5. Serie, Band 36 (1910-11), S. 129, 140. 48 Haldane , Higher Nationality. A Study in Law and Ethics, 1) The American Law Review, Band 47 (1913), S. 801-827; 2) Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 13 (1914), S. 508-525. 45

Vierter Teil: Die deutschen Kodifikationen als Vorbild henden Systemen: „There is a gulf fixed between the method of a code and such procedure [as that of English law]." 4 9 Daß das Bürgerliche Gesetzbuch den Code Napoléon als Leitbild für die Rechtsentwicklung in der Welt abgelöst habe, würdigt der Engländer Robert Warden Lee Ende 1917 im Harvard Law Review : „The code for the German Empire marks a new departure, not merely on account of its conscious germanism, but, more important, as an attempt to base an ordered statement of the law of a country upon a reasoned foundation. [...] The German Code was on the anvil for twenty years. The finished result of so much Teutonic labour has been pronounced superior to the French Code, whether the criterion be accuracy of expression, completeness of exposition, or the intellectual effort which went into its making. If it had been in all of these qualities inferior to what it is, its influence would still have been profound from the mere fact of its existence. From the moment of its birth the supremacy of the French Code was challanged." 50 Ende 1923 hielt Frank Gahan vor den versammelten Mitgliedern der Grotius Society einen Vortrag über den steinigen Weg, das Völkerrecht auf schriftliche Grundlagen zu stellen. 51 Dabei nahm er die deutschen Erfahrungen mit dem Bürgerliche Gesetzbuch zur Hand, um die Schwachstellen und Möglichkeiten einer Kodifikation zu illustrieren. Das Beispiel des BGB zeige, daß mit der Kodifizierung von Recht keineswegs Stillstand der Rechtsentwicklung eintreten müsse 52 , es sei nach wie vor möglich, „equity" und „flexibility" zu erhalten. 53 Der einzige konkrete Fall, in dem das BGB von englischen Juristen zum Vorbild genommen wurde, war der „Digest of English Civil Law", in dem Jenks und andere ab 1904 erstmals eine umfassende Darstellung des englischen Zivilrechts erarbeiteten. Die Autoren beriefen sich ausdrücklich auf das Vorbild der deutschen Kodifikation und orientierten sich bei der Stoffeinteilung weitgehend am Aufbau des B G B . 5 4 Daß dann nicht weiter auf 49

Haidane, Higher Nationality. A Study in Law and Ethics, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 13 (1914), S. 508, 510. 50 Robert Warden Lee, Looking Forward, Harvard Law Review, Band 30 (1917), S. 792, 794. 51 Gahan, The Codification of Law, The Grotius Society, Band 8 (1923), S. 107-

116. 52

Gahan, The Codification of Law, The Grotius Society, Band 8 (1923), S. 107,

113. 53

Gahan, The Codification of Law, The Grotius Society, Band 8 (1923), S. 107,

109. 54

Jenks (Hrsg.), A Digest of English Civil Law, 1. Auflage, 1. Teilband, London 1905, S. VII. Vergleiche auch in der Buchbesprechung des „Digest": Goudy , A Digest of English Civil Law, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 18 (1918), S. 133, 153. Einzelheiten hierzu auch im Nachruf auf Jenks

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diesen Ergebnissen aufgebaut wurde, zeigt nur, daß das Ausbleiben einer Kodifikation des Common Law jedenfalls mit Sicherheit nicht daran lag, daß es in England an hinreichend qualifizierten Rechtswissenschaftlern gemangelt hätte.

I I . Die Diskussion in den britischen Dominions Anders als im Mutterland kam es in den föderal organisierten kanadischen und südafrikanischen Dominions und auch in Britisch-Indien auf eine Rechtsvereinheitlichung an. 5 5 Nicht unterschätzt werden sollte aber auch der Einfluß auf die Meinungsbildung durch die nach wie vor bestehende Nähe zum englischen Recht, die nicht zuletzt darin bestand, daß viele einheimische Juristen in England ausgebildet worden waren oder englische Juristen „in den Kolonien" Verwaltungs- und Richterposten besetzten. Umgekehrt mag bei den Befürwortern einer Kodifikation der Wunsch nach Abgrenzung vom Mutterland eine Rolle gespielt haben. Berücksichtigt werden muß auch, daß sowohl in Kanada - in den frankophonen Provinzen - als auch in Südafrika mit seiner Burenbevölkerung Erfahrungen im Umgang mit Rechtsordnungen bestanden, die kodifiziertes Recht beinhalteten. Die Widerstände im juristischen Establishment der Länder des Common Law gegen eine Kodifizierung illustriert ein anonymes Editorial in den im kanadischen Montreal erscheinenden Legal News aus dem Jahre 1880. Darin wird ein Gegner von Fields New Yorker Civil Code mit folgender Aussage zitiert: „(The new Civil Code of the State of New York) will injure our business. It makes the law too plain, too easily understood. Any man of common understanding can read it and know just what the law is." Der Kolumnist ist dagegen der Meinung, daß auch nach dieser Gesetzgebung der Rechtsanwaltsberuf keineswegs überflüssig werde: „Codes [...] may clear up some points (of law), but taking them as a whole, it is usually found that the Courts and the lawyers have abundant occupation in finding out what the codifiers meant.. . " 5 6 durch den Mitherausgeber des „Digest": Robert Warden Lee, Edward Jenks 1861— 1939. From the Proceedings of the British Academy, Band 26, Sonderdruck, London 1941, S. 1, 12 ff. 55 Maßgeblich an der Schaffung eines einheitlichen Rechtsystems für Britisch-Indien war Courtenay Peregrine Ilbert beteiligt, der diesbezüglich eine Reihe von Anspielungen macht in: Ilbert, Application of European Law to Natives of India, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 212-226; ders., Legislative Methods and Forms, Oxford 1900; ders., The Centenary of the French Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1905) S. 218-231. 56 Codes (Editorial Note), The Legal News (Montreal, Canada), Band 3 (1880), S. 169 (anonym).

Vierter Teil: Die deutschen Kodifikationen als Vorbild Zehn Jahre später macht sich der Kolumnist an gleicher Stelle über den anhaltenden Streit in den benachbarten Vereinigten Staaten zwischen Befürwortern und Gegnern der Kodifikation lustig: Während jene in einem Zivilgesetzbuch einen „temple worthy of admiration" wähnten, sähen die letztgenannten darin „the mausoleum of reason, truth and justice." Er plädiert für mehr Gelassenheit in dieser Frage und weist darauf hin, daß in Quebec, wo ein Gesetzbuch gelte, auch nicht weniger prozessiert werde als in den anglophonen Provinzen Kanadas ohne kodifiziertes Recht. 57 Auf einer Tagung der Handelskammern des Britischen Empire im Jahre 1896 in London hatte J. Dove Wilson nachdrücklich die Einsetzung einer Kommission zur Kodifizierung des britischen Handelsrechtes gefordert. 58 Ein anonymer Kommentator schrieb hierzu im Canada Law Journal von 1896, daß Wilson sich wohl vom deutschen Vorbild maßgeblich habe beeinflussen lassen. Die deutsche Entwicklung könne aber auch und gerade den kanadischen Provinzen zum Vorbild gereichen. Hier hätten insbesondere die von Thibaut Anfang des Jahrhunderts geäußerten Gedanken noch aktuelle Bedeutung: Ein einheitliches Gesetz, „,at once clear, precise and adapted to the requirements of the time 4 ", wie Thibaut zitiert wird, sei „one of the chief essentials of a of a strong and enduring confederation." 59 Thibauts „Über die Nothwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland" sei immer noch „the grandest argument for codification ever written." 6 0 Zu langsamer und sorgfältiger Überlegung mahnte der Herausgeber des südafrikanischen Union Law Review, Manfred Nathan, der seine Skepsis gegenüber dem Kodifikationsgedanken als solchem, der gerade „en vogue" sei, kaum verhehlte. 61 S. B. Kitchin, ein südafrikanischer Anwalt, lieferte 1913 im South African Law Journal ein Plädoyer für die Kodifizierung im Allgemeinen und des südafrikanischen Rechtes im Besonderen. 62 Entscheidend ist für ihn dabei eine gründliche Vorbereitung durch eine unabhängige Kommission. 57

(Codification) (Editorial Note), The Legal News (Montreal, Canada), Band 13 (1890), S. 9 (anonym). 58 Vergleiche: Codification on the Imperial Plan, Canada Law Journal, Band 32 (1896), S. 497 (anonym). 59 Codification on the Imperial Plan, Canada Law Journal, Band 32 (1896), S. 497, 498 (anonym). 60 Codification on the Imperial Plan, Canada Law Journal, Band 32 (1896), S. 497, 498 (anonym). 61 Nathan, Codification in South Africa, The Union Law Review, Band 2 (1911), S. 498-501. 62 Kitchin, The Codification of Our Laws, The South African Law Journal, Band 30 (1913), S. 10-20.

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Die Entstehungsgeschichte des Bürgerlichen Gesetzbuches, die er an dieser Stelle kurz zusammenfaßt, könne man hierbei als Vorbild nehmen: „The experience of Germany affords the strongest arguments in favour of codification [...] Compared with the task of unifying the German [...] laws, which affected many systems of law and a population of many millions, the task of codification in South Africa should be comparatively easy." 63 Auch Kitchin weist auf die Bedeutung der Kodifizierung des Rechtes für die Vereinigung der deutschen Nation hin. 6 4

I I I . Die Diskussion in den USA Der Kodifikationsgedanke an sich wurde in den Vereinigten Staaten nicht so fundamental in Frage gestellt wie in England, zumal einige Bundesstaaten bereits über eigene Kodifikationen verfügten. Im Vergleich zu England spielte natürlich der Gedanke der Rechtsvereinheitlichung eine viel größere Rolle. Auch war das Gefühl der Rivalität zum Deutschen Reich bei weitem nicht so ausgeprägt wie in Großbritannien, was sicher auch an dem Einfluß der großen Zahl Deutschstämmiger in der amerikanischen Gesellschaft lag. Ein Stimmungsumschwung ist hier erst mit dem Kriegseintritt der USA zu beobachten.65 Ein anonymer Autor, der 1875/76 im American Law Review über die grundsätzlichen Unterschiede von deutscher und anglo-amerikanischer Gesetzgebung philosophierte, 66 sah den Hauptgrund für die bis dahin ausstehende umfassende Kodifizierung des Common Law in der Trägheit und geistigen Unbeweglichkeit seiner Profession: „Our system rests on a helpless, partly lazy, and partly sceptical belief in the impossibility of change. This, joined with the natural inclination of the most conservative of the

63

Kitchin , The Codification of Our Laws, The South African Law Journal, Band 30 (1913), S. 10, 17. 64 Kitchin , The Codification of Our Laws, The South African Law Journal, Band 30 (1913), S. 10, 17 f. 65 Konkret zur Kodifikationsdiskussion in den USA im späten 19. Jahrhundert und um die Jahrhundertwende siehe auch: Darby , Der Einfluß des Bürgerlichen Gesetzbuches auf das Recht in den Vereinigten Staaten, in: 100 Jahre BGB - 100 Jahre Staudinger, Beiträge zum Symposion vom 18.-20. Juni 1998 in München, Redaktoren Michael Martinek und Patrick L. Sellier, Berlin 1999, S. 101 ff.; Reimann, Continental Imports: The Influence of European Law and Jurisprudence in the United States, The Legal History Review, Band 64 (1996), S. 391, 406 f.; ders., The Historical School Against Codification: Savigny, Carter, and the Defeat of the New York Civil Code, American Journal of Comparative Law, Band 37 (1989), S. 95-119. 66 German Legislation, American Law Review, Band 10 (1875-76), S. 270-285 (anonym).

Vierter Teil: Die deutschen Kodifikationen als Vorbild professions, [...] have brought all attempts of codification of the Common Law to an ignominious end. Codification is in consequence said to be hostile to the spirit of English law. What is really hostile to it is the intellectual habit of the profession, which is trained in an adverse method of thinking." 6 7 Der damalige Präsident der American Bar Association, Thomas J. Semmes, sprach sich Mitte der 1880er Jahre prinzipiell für die Kodifikation auch des angloamerikanischen Rechtes aus, mahnte aber an, daß hierzu es „nach historischem Vorbild" einer langjährigen, gründlichen Vorbereitung durch eine unabhängige Expertenkommission bedürfe. 68 Eine brillante und auch heute noch lesenswerte Analyse der damaligen Diskussion in den angelsächsischen Ländern um Für und Wider einer Kodifizierung des Common Law nach kontinentaleuropäischem Vorbild lieferte 1887/1888 Munroe Smith im Political Science Quarterly. 69 Seiner Ansicht nach lägen der Diskussion zwei selten angesprochene Probleme zu Grunde. Zum einen beeinträchtige eine Kodifikation die traditionelle Rolle der Gerichte als rechtsetzende Institutionen. Hierin liege die Gefahr, daß die bislang als großer Vorteil des anglo-amerikanischen Rechtssystems vorausgesetzte besondere Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der gerichtlichen Rechtsfindung und -setzung verloren gehe. Solange sich der Gesetzgeber aber auf die Festschreibung nur einzelner Grundsätze beschränke, und nicht allzu detaillierte Regelungen schaffe, könne eine Kodifizierung des Common Law von Nutzen sein. 70 Zwar dürfe man sich nicht der Illusion hingeben, daß das Recht dadurch für den einfachen Bürger „more intelligible" würde, aber die auf viele Präzedenzfälle verstreuten Rechtssätze und Regeln würden „more accessible". 71 Zum anderen drohe aber zumindest in den USA eine zunehmende Zersplitterung des Zivilrechts, wenn jeder Bundesstaat sich ein eigenes Gesetzbuch gebe. Dieser Gedanke wird im zweiten Teil des Aufsatzes ausgearbeitet, in dem Smith nach einer weit ausholenden Darstellung der europäischen Rechtsgeschichte einen Überblick über die Kodifikationen der einzelnen kontinentaleuropäischen Länder und die jeweiligen Hintergründe gibt. 7 2 Das entscheidende Merkmal, das alle euro67

German Legislation, American Law Review, Band 10 (1875-76), S. 270, 279 (anonym). 68 Semmes, Annual Address, The American Bar Association: Report of the 9th Annual Meeting, 1886, S. 189, 213 f. 69 Smith/Stimson, State Statute and Common Law (Part 1), Political Science Quarterly, Band 2 (1887), S. 105-134; Smith , State Statute and Common Law (Part 2), Political Science Quarterly, Band 3 (1888), S. 136-164. 70 Smith/Stimson, State Statute and Common Law (Part 1), Political Science Quarterly, Band 2 (1887), S. 105, 131. 71 Smith/Stimson, State Statute and Common Law (Part 1), Political Science Quarterly, Band 2 (1887), S. 105, 114.

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päischen Kodifikationen gemeinsam hätten, sei das ursprüngliche Fehlen einer einheitlichen Rechtsordnung in den betreffenden Ländern, was sich im Zuge der Modernisierung und nationalen Staatenbildung zunehmend als hinderlich herausgestellt habe. Gerade dieses Merkmal sei aber in den angelsächsischen Ländern nicht gegeben: In England nicht, da es dort seit dem frühen Mittelalter eine relativ starke Zentralgewalt und damit eine einheitliche Entwicklung von Common Law und Equity gegeben habe. Und in den USA nicht, da dort das englische Recht weitgehend übernommen worden sei. 73 Allerdings drohe gerade in den USA nunmehr eine Zersplitterung durch die neuen Kodifizierungen auf bundesstaatlicher Ebene. Logische Konsequenz müsse demnach eine Übertragung der Gesetzgebungskompetenz in diesem Punkt auf den Kongress sein. Solange aber im amerikanischen Volk noch keine mehrheitliche Unterstützung hierfür entstanden sei (und dies sei, wie die anhaltende Diskussion zeige, noch nicht der Fall), seien die USA noch nicht reif für eine umfassende Kodifikation des Common L a w . 7 4 Nach allem verhehlt Smith seine Sympathie für den Gedanken der Kodifikation des Common Law nicht, wenn er andeutet, daß dem Unbehagen vieler seiner Kollegen bei diesem Thema das „sklavische" Festhalten am System der Präzedenzfälle zu Grunde liege, und man „that independence in juristic thinking which characterizes the bench and bar of France and Germany" noch nicht erreicht habe. 75 Ernst Freund formulierte 1890 die Gründe, warum sich seiner Meinung nach ein Projekt wie das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch nicht auf die Länder des Common Law übertragen ließe: „(This) conciseness and economy in statement is possible only where a scientific system of jurisprudence has become the foundation of legal education and knowledge, for only then the relation of every rule to more general principles, and its bearing upon other parts of the law, can be completely and quickly grasped. Where the legal profession hold their knowledge of principles by a sort of intuitive induction from many particular applications, this feature of condensation in statement will meet with peculiar difficulties, and perhaps with opposition, for then the code will have to create a scientific system, instead of using one already in existence [...]. This, it must be supposed, is the 72

Smith, State Statute and Common Law (Part 2), Political Band 3 (1888), S. 136-164. 73 Smith, State Statute and Common Law (Part 2), Political Band 3 (1888), S. 136, 160 ff. 74 Smith/Stimsony State Statute and Common Law (Part 1), Quarterly, Band 2 (1887), S. 105, 129 ff. 75 Smith/Stimsony State Statute and Common Law (Part 1), Quarterly, Band 2 (1887), S. 105, 112.

Science Quarterly, Science Quarterly, Political Science Political Science

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substance of the argument against codification in this country [Anm. d. Bearb.: gemeint sind die USA]. [...] In countries of the Common Law [such] a code would have no science to fall back upon." 7 6 Freund bedauert dies sehr, denn: „The code [...] represents a higher stage in the development of jurisprudence, it is the culmination of the historical process by which the partly instinctive and spontaneous course of civil jurisprudence emerges into perfect consciousness of its structure, its functions, and its organization." 77 In dem deutschen Beispiel der Kodifikation erkannte Freund in jedem Fall ein Beispiel auch für die angelsächsische Welt: „There is no reason why the German codification should not have its influence on civil legislation in the countries of the Common Law. [...] Problems of private law must be ultimately settled upon purely rational principles, and these are essentially the same wherever fundamental economic conditions are alike. It is this element of universality and permanence in the principles of private law which gives to such a work as the German Civil Code an interest and an importance extending far beyond the territory of its immediate operation." 7 8 Rudolf Dulon hatte im Jahre 1902 einen bemerkenswerten Eindruck vom deutschen Recht gewonnen: „German law impresses the student as being more popular than the law of England or of the United States, because it is less technical and theoretical. It is, in many respects, more practical, and sometimes less idealistic." 79 Für ihn gereichte die deutsche Erfahrung allemal zum Vorbild für eine Kodifikation des US-amerikanischen Rechtes: „ I believe that the American lawyer may learn many lessons from a study of German law. To those of us who favor a codification of substantive law and believe it to be feasible and desirable for this country, what a great example it i s ! " 8 0 Simeon E. Baldwin empfahl seinen amerikanischen Anwaltskollegen die Lektüre der Übersetzungen des BGB mit den Worten: „[These books open] to every American a door heretofore closed to most of them, for the study of the laws and institutions of the greatest power on the Continent of 76

Freund , The Proposed German Civil Code, American Law Review, Band 24 (1890), S. 237, 248 f. 77 Freund , The Proposed German Civil Code, American Law Review, Band 24 (1890), S. 237, 253. 78 Freund , The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 ( 1899— 1900), S. 627, 637. 79 Dulon , Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 572. 80 Dulon , Interesting Features of German Law, American Law Review, Band 36 (1902), S. 565, 573.

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Europe, and the one which, on the whole, is nearest to us in respect to its general ideals and, in particular, its lines of legal and political thought." 81 Der Vergleich mit dem deutschen Zivilrecht zeige „points of difference between American and German law in which the advantage is not always on our side". 8 2 Loewy wies im Vorwort zu seiner Übersetzung des BGB auf die Lehren hin, die aus dem Erfolg der deutschen Rechtsvereinheitlichung die für die Situation in den Vereinigten Staaten gezogen werden könnten: „The incalculable advantages of a uniform Civil Law deserve especial appreciation in the United States." 83 In einem Presseinterview äußerte sich 1912 ein Vertreter der amerikanischen Regierung sehr positiv über das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch. Gegenstand der Befragung war das Scheitern einer Konferenz amerikanischer Staaten in Rio de Janeiro, auf der versucht worden war, die Grundzüge eines Abkommens über ein gemeinsames internationales Privatrecht zu schaffen. Die Entstehungsgeschichte des BGB wird als Beispiel dafür angeführt, wie es nur mit viel Aufwand und Geduld gelingen könne, eine komplexe Rechtsmaterie in einem Umfeld vieler unterschiedlicher Rechtssysteme zu vereinheitlichen. Es handele sich um den gelungenen Versuch einer solchen grundlegenden Kodifikation, an der sich die amerikanische Völkergemeinschaft ein Beispiel nehmen könne und sollte. 84 Walton kritisierte die Wissenschaftlichkeit der Sprache und die Regelungsdichte des BGB, die er für übertrieben hielt. 8 5 Insoweit liege die Schwäche des BGB gerade in dem, was sonst als seine Stärke bezeichnet werde: „The German Code has in short, the defects of its qualities. It is a highly scientific piece of work written in a severely technical language, and if one of the objects of a code is to popularize the knowledge of the law it is singularly ill-adapted to this end." 8 6 Dennoch war Walton der Auffassung, daß das BGB bei jeder künftigen umfassenden Revision auch des

81

Baldwin , The German Civil Code (Wang) (Buchbesprechung), American Bar Association: Annual Bulletin of the Comparative Law Bureau, Band 1 (1908), S. 41-43. 82 Baldwin , The Civil Code of the German Empire (Loewy) (Buchbesprechung), Yale Law Journal, Band 19 (1909-10), S. 477, 480. 83 Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, S. XL VI. 84 Report of the U. S. Delegates to the International Commission of Jurists at Rio de Janeiro, in: Papers relating to the Foreign Relations of the United States, Band 78 (1912), S. 34, 35. 85 Walton , Civil Codes and their Revision. Some Suggestions for Revision of the Title „Of Ownership", Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 95, 97. 86 Walton , Civil Codes and their Revision. Some Suggestions for Revision of the Title „Of Ownership", Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 95, 99.

Vierter Teil: Die deutschen Kodifikationen als Vorbild angloamerikanischen Rechts keineswegs außer Acht gelassen werden dürfe: „It is [...] a mine of information and deserves the most careful study." 87 Mit Bewunderung und Respekt ausdrückenden Attributen wurde „the German Civil Code of 1900" auch Anfang der zwanziger Jahre noch bedacht, selbst wenn es nur bei einer beiläufigen Erwähnung im Rahmen einer Betrachtung über die historischen und mentalitätsbezogenen Unterschiede zwischen den vom römischen Zivilrecht beeinflußten Rechtssystemen und dem des Common Law blieb. 8 8 Bezeichnend ist allerdings die Art und Weise, wie der Autor seine Aussage einkleidete: „The civil law has been received in Germany, and, whatever may be thought of recent German methods [Hervorhebung durch den Bearbeiter], this reception was by people of the same stock as the Anglo-Saxons and has not interfered with the construction of an admirable body of private law." 8 9

87

Walton , Civil Codes and their Revision. Some Suggestions for Revision of the Title „Of Ownership", Southern Law Quarterly, Band 1 (1916), S. 95, 99. 88 Hamilton , The Civil Law and the Common Law, Harvard Law Review, Band 36 (1922-23), S. 180, 181. 89 Hamilton , The Civil Law and the Common Law, Harvard Law Review, Band 36 (1922-23), S. 180, 181.

Zusammenfassung und Ergebnis Bereits vor dem Ersten Weltkrieg gab es eine Reihe von Organisationen und Stellen in den Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises, die sich mit Rechtsvergleichung und dem deutschen Recht beschäftigten. Insgesamt gab es eine Vielzahl von Veröffentlichungen zum deutschen Recht, vor allem zum Bürgerlichen Recht und einzelnen Regelungen daraus. Einige der wichtigsten Kodifikationen der Kaiserzeit und namentlich auch das Bürgerliche Gesetzbuch wurden, teils mehrfach, ins Englische übersetzt. Die deutschen Kodifikationen und allen voran das BGB spielten eine nicht unbeträchtliche Rolle im Rahmen der Diskussion um eine Kodifikation des Common Law, in der regelmäßig auf ihr Beispiel verwiesen wurde. Ein konkreter Einfluß in dem Sinne, daß Gesetze nach deutschen Vorbildern gestaltet wurden, ließ sich nicht nachweisen (mit der bemerkenswerten, aber einschränkend zu betrachtenden Ausnahme des Grundbuchwesens). Insgesamt ließ sich dem deutschen Recht denn durch handfeste Rechtspraxis motiviert

vor allem beobachten, daß die Beschäftigung mit weniger durch akademisch-dogmatisches Interesse praktische Erwägungen und die Bedürfnisse der waren.

Einzelne Personen haben sich in besonderem Maße um die Darstellung des deutschen Rechtes in der englischsprachigen Fachwelt verdient gemacht, allen voran der Londoner Anwalt deutsch-jüdischer Abstammung Ernest Joseph Schuster. An den englischsprachigen Veröffentlichungen zum deutschen Recht ließ sich auch ablesen, in welchem Maße die Auseinandersetzung englischsprachiger Juristen mit dem Recht des Deutschen Reiches in Zielrichtung und Umfang die politische Entwicklung widerspiegelte. Nach dem kontinuierlich zunehmendem Interesse und der Aufbruchstimmung im ausgehenden 19. Jahrhundert und kurz nach der Jahrhundertwende führte der Kriegsausbruch von 1914 zu einem abruptem Ende dieses Trends. Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Niveau dieser Ära der europäischen Rechtswissenschaft nicht mehr erreicht.

Zusammenfassung und Ergebnis

385

Im Rahmen dieser Arbeit wurde zunächst untersucht, welche Stellen und Organisationen in den Ländern des Common Law um die vergangene Jahrhundertwende eine systematische Rechtsvergleichung oder überhaupt die Beschäftigung mit dem ausländischen und konkret dem deutschen Recht besonders förderten. Hierbei ist an erster Stelle die britische Society of Comparative Legislation zu nennen, die unter anderem nach dem Vorbild der französischen Société de Législation Comparée und der deutschen Internationalen Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre 1894 in London gegründet wurde. Das von ihr herausgegebene Journal entwickelte sich bald zu einem der wichtigsten Publikationsorgane für rechtsvergleichende Studien in der englischsprachigen Welt, und sie zählte viele profilierte Juristen zu ihren Mitgliedern. In den USA kam diese Rolle am ehesten noch dem Comparative Law Bureau der American Bar Association zu, das 1907 installiert wurde und zunächst mit dem Annual Bulletin, später mit regulären Beiträgen zum American Bar Association Journal ebenfalls regelmäßige Veröffentlichungen zum ausländischen und konkret deutschen Recht machte. Als weitere nichtstaatliche Organisationen und Juristenvereinigung spielte die bereits 1873 gegründete International Law Association mit Sitz in London eine Rolle, die allerdings in erster Linie der Förderung des Völkerrechtes verpflichtet war. Sie bot dennoch mehrfach auch ein Forum für Fragestellungen aus dem Zivilrecht. An regierungsamtlichen Stellen aus den englischsprachigen Ländern, von denen die Entwicklung des ausländischen und namentlich des deutschen Rechtes verfolgt wurde, sind natürlich in erster Linie die Außenämter Großbritanniens und der USA zu erwähnen. Im Foreign Office und im State Department wurden regelmäßig die Tätigkeitsberichte der jeweiligen konsularischen und diplomatischen Vertretungen im Deutschen Reich gesichtet und ausgewertet, in denen anstehende Gesetzesprojekte, neu in Kraft getretene Regelungen und einzelne juristische Probleme aus dem Recht des Gastgeberlandes berücksichtigt waren. Dazu wurden gelegentlich auch mehr oder weniger umfassende rechtsvergleichende Untersuchungen zu bestimmten Themenkreisen unternommen, die zum Teil auch veröffentlicht wurden (im Vereinigten Königreich in der Reihe der Parliamentary Papers). An weiteren regierungsamtlichen Stellen traten in Großbritannien das Land Registry in Erscheinung, wo man gezielt das deutsche Grundbuchwesen in Augenschein nahm, und in den USA das Handelsministerium (Department of Commerce) sowie die Kongressbibliothek, wo eine Reihe von Bibliographien über das ausländische Recht erstellt wurde, bei der das deutsche Recht den Anfang machte.1 1

Borchard, 1912. 25 Dittmann

Guide to the Law and Legal Literature of Germany, Washington

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Zusammenfassung und Ergebnis

Eine der ersten Zeitschriften, die sich im englischen Sprachraum regelmäßig Themen des ausländischen Rechtes annahm, war The Law Magazine and Review aus England. Die Analyse der anglophonen Quellen zum deutschen Recht unter chronologischen Gesichtspunkten ergab für den Untersuchungszeitraum folgendes Bild: Während die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts, namentlich die Historische Schule und die Pandektistik, in der englischsprachigen Welt immer schon wahrgenommen worden war und insbesondere in den Vereinigten Staaten einen nicht unbeträchtlichen Einfluß hatte gewinnen können 2 , war das in Deutschland geltende Recht selbst lange Zeit wenig beachtet geblieben. Erst nach der Reichsgründung, im Verlauf der 1870er Jahre fanden sich in einzelnen englischen und US-amerikanischen Fachzeitschriften vermehrt Artikel, in denen Aspekte des deutschen Zivilrechts zumindest kurz erwähnt wurden. Auch wurden vereinzelt deutsche Fachpublikationen rezensiert. Im Verlauf der 1880er und 1890er Jahre und, mehr noch, um die Jahrhundertwende stieg das Interesse am deutschen Zivilrecht stark an. Der Grund hierfür ist vornehmlich in den in dieser Zeit stark wachsenden internationalen Handelsbeziehungen und der zunehmenden Zahl der damit einhergehenden persönlichen und akademischen Kontakte wie auch der steigenden Zahl binationaler Ehen zu suchen, die eine Kenntnis um das ausländische Recht in immer stärkerem Maße geboten erscheinen ließen. (Der besondere Praxisbezug der anglo-amerikanischen Herangehensweise an das deutsche Recht zeigt sich unter anderem auch daran, daß es deutlich mehr Übersetzungen von Handelsgesetzbuch, Seehandelsrecht und Wertpapierrecht gab als Übersetzungen des BGB.) Aber auch die 2

Verwiesen sei an dieser Stelle noch einmal auf die umfassende Monographie: Reimann, Historische Schule und Common Law, Die deutsche Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts im amerikanischen Rechtsdenken, Berlin 1993, den historischen Überblick bei: Reimann, Who is afraid of the Civil Law? Kontinentaleuropäisches Recht und Common Law im Spiegel der englischen Literatur seit 1500, Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte, 21. Jahrgang (1999), S. 357-381, sowie den vom selben Autoren herausgegebene Sammelband: Reimann (Hrsg.), The Reception of Continental Ideas in the Common Law World 1820-1920, Berlin 1993, welche den aktuellen Stand der Forschung repräsentieren und jeweils viele bedeutende Beiträge bzw. weitere Nachweise liefern. Gleiches gilt für: Hoeflich, Roman and Civil Law and the Development of Anglo-American Jurisprudence in the Nineteenth Century, Athens/Georgia 1997, und: Reinhard Zimmermann, Der europäische Charakter des englischen Rechts, Historische Verbindungen zwischen civil law und common law, Zeitschrift für Europäisches Privatrecht, 1. Jahrgang (1993), S. 1-51. Hierzu und allgemein zu den vielfältigen wechselseitigen Kontakten und Einflüssen von kontinentaleuropäischer Rechtswissenschaft und Common Law, die im Einzelnen noch weiterer Forschung bedürfen, siehe oben: Einleitung, Fußnoten 10 bis 13 m.w.N.

Zusammenfassung und Ergebnis

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großen Kodifikationen der Jahrhundertwende im Kaiserreich, namentlich das Bürgerliche Gesetzbuch, schlugen Wellen, die auch in der englischsprachigen Fachwelt Aufsehen erregten. In den 1890er Jahren stand anläßlich einer Neuregelung des englischen Grundstücksrechtes das deutsche Grundbuchwesen besonders im Kurs. Ein Höhepunkt des Interesses, gemessen an der Anzahl der Veröffentlichungen, war in den Jahren 1907 und 1908 erreicht: Mehr als vierzig Publikationen in englischer Sprache hatten in diesen beiden Jahren einen Aspekt des deutschen Zivilrechts zum Gegenstand. Darunter waren ein Lehrbuch zum Bürgerlichen Recht 3 und die erste Übersetzung des Bürgerlichen Gesetzbuches ins Englische.4 Eine auffällige Häufung von Publikationen, die sich auf das Ehe- und Scheidungsrecht beziehen, ist um das Jahr 1910 zu beobachten. Einen Kontinuitätsbruch auch im Hinblick auf die Beschäftigung angloamerikanischer Juristen mit dem deutschen Zivilrecht bedeutete dann der Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Sofort reduzierte sich die Anzahl der Veröffentlichungen dramatisch. Gleichzeitig erlitt das Ansehen der deutschen Rechtswissenschaft in der englischsprachigen Welt dramatische Einbußen. Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wird das Niveau des Interesses, wie es vor dem Ersten Weltkrieg bestanden hatte, jedenfalls gemessen an der Anzahl der Veröffentlichungen, nicht wieder erreicht. Als die bedeutendste Kodifikation der Kaiserzeit stand das Bürgerliche Gesetzbuch von Anfang an auch in anglo-amerikanischen Juristenkreisen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Das Maß der Beschäftigung reichte zwar nicht unbedingt an das in anderen Ländern, namentlich Frankreich 5 , heran, dennoch gab es eine Vielzahl von Publikationen speziell zu diesem Thema, bzw. es wurden einzelne Regelungen und Aspekte des Bürgerlichen Rechtes häufig, auch in anderen Zusammenhängen, aufgegriffen. Die Entstehungsphase des BGB wurde seit den frühen 1880er Jahren mit verfolgt, zunächst in sporadischen Hinweisen und Notizen in den Fachzeitschriften, in denen angedeutet wurde, daß im Deutschen Reich eine Kommission damit beschäftigt sei „to draft a German civil code". Der erste Entwurf und die Welle der Kritik („mass of criticism" 6 , „a tornado broke loose" 7 ) wurde verschiedentlich gewürdigt. Der Abschluß des Gesetzgebungsverfahrens und das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches wurde mit einer Reihe von Veröffentlichungen begleitet. Allerdings wirken 3

Schuster, Principles of German Civil Law, London, 1907. Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. 5 In Frankreich erschienen bis zum Ersten Weltkrieg alleine vier voneinander unabhängige Übersetzungen des BGB. Siehe hierzu oben: Einleitung, Fußnote 4. 6 Stadden, Error of Law, Columbia Law Review, Band 7 (1907), S. 476, 490 f. 7 Maitland, The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 215. 4

25*

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Zusammenfassung und Ergebnis

drei Umstände relativierend, was die allgemeine Bedeutung dieser Ereignisse für die englischsprachigen Fachwelt angeht: Einmal erschienen die betreffenden Quellen größtenteils mit einer gewissen Verspätung. Dann erschienen im bzw. für das Jahr 1900 mehrere Jahresrückblicke bzw. Jahrbücher ohne einen Hinweis auf das BGB, obwohl sich eine Erwähnung des neuen BGB angeboten hätte. Und schließlich gingen die ersten Reaktionen nahezu ausschließlich von - jedenfalls dem Namen nach - deutschstämmigen Juristen aus. Es wurden eine Reihe allgemeiner Darstellungen des BGB verfaßt, vielfach in Form von mehr oder weniger umfangreichen Aufsätzen in Fachzeitschriften, deren Autoren den Schwerpunkt zunächst meist auf die Entstehungsgeschichte und die Darstellung von Stoffeinteilung und Aufbau des BGB legten. Auch beschränkte man sich meist auf die rein deskriptive Wiedergabe der Regelungen, während eine inhaltliche Auseinandersetzung bzw. Analyse einzelner Vorschriften eher vernachlässigt wurde. 1907 erschien ein umfassendes Lehrbuch des deutschen Bürgerlichen Rechts in englischer Sprache 8, das dieses Defizit weitgehend behob, bald darauf zwei vollständige Übersetzungen des Bürgerlichen Gesetzbuches ins Englische, eine davon aus den USA, die andere interessanterweise von einem jungen Chinesen.9 Einzelne Abschnitte und Paragraphen des BGB wurden auch von anderen Autoren übersetzt. Daß das Wissen um das BGB als eine der bedeutendsten Kodifikationen der Rechtsgeschichte im kollektiven Bewußtsein der zeitgenössischen anglo-amerikanischen Juristen eine gewisse, wenn auch sicherlich nur untergeordnete Rolle spielte, zeigt die Tatsache, daß das BGB des öfteren auch in gänzlich anderen Zusammenhängen beiläufig erwähnt wurde. An einzelnen Rechtsgebieten und Regelungen bestand aus anglo-amerikanischer Sicht besonderes Interesse: Aus dem Allgemeinen Teil erregten unter anderem besondere Aufmerksamkeit: § 7 BGB und die unterschiedliche Bedeutung und Konzeption des deutschen Wohnsitzes im Vergleich zum englischen domicil, die Regelungen zur Geschäftsfähigkeit, die als interessanter Ansatz bezeichnete Möglichkeit der Todeserklärung von Verschollenen, die dogmatischen Feinheiten der Irrtumslehre und die Anfechtungsregeln gemäß §§ 119 ff. BGB, die prinzipielle Rechtsverbindlichkeit auch einseitiger Rechtsgeschäfte sowie die Generalklausel des § 138 BGB. Letztere wurde als höchst moderne 8

Schuster, Principles of German Civil Law, London 1907. Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909; Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. 9

Zusammenfassung und Ergebnis Regelung und mutige Innovation zur Beschränkung der Vertragsfreiheit aus sozio-ökonomischen Erwägungen gepriesen. Aus dem Schuldrecht wurden das Kaufvertragsrecht, die Regelungen der §§ 762-764 BGB (Spiele und spekulative Geschäfte) und einige Aspekte des Deliktsrechts besonders eingehend behandelt. Aus dem Bereich des Sachenrechts stieß vor allem das Immobiliarsachenrecht auf das Interesse anglo-amerikanischer Juristen. Insbesondere in England interessierte man sich für die Registrierung von Grundstücksrechten und die Einzelheiten des deutschen Grundbuchwesens. Hier wurden im Zusammenhang mit der Neufassung des Land Transfer Act von 1897 von regierungsamtlicher Seite gleich mehrere detaillierte Untersuchungen des Grundbuchwesens vorgenommen. Eine Mehrheit der englischen Anwaltschaft meinte jedoch, in diesem System einen typisch teutonischen „officialism" zu erkennen, und boykottierte die Einführung einer nach deutschem Vorbild gestalteten Registrierungspflicht nach Kräften. Aus dem vierten Buch des BGB zum Familienrecht interessierten aus anglo-amerikanischer Sicht vor allem die Vorschriften zur Eheschließung sowie das Scheidungsrecht. Während das eheliche Güterrecht allgemein als restriktiver als das fast gänzlich auf Vertragsfreiheit beruhende englische Recht empfunden wurde, fand das Scheidungsrecht des BGB mit seiner weitgehenden Gleichstellung der Ehepartner und insbesondere der Generalklausel des § 1568 BGB a.F. (Zerrüttung der Ehe) sowie dem Scheidungsgrund der Geisteskrankheit des Ehegatten, § 1569 BGB a.F., weitgehend Anklang als moderne und fortschrittliche Lösung. Daneben gab es eine Reihe von Publikationen, in denen die Rechtsstellung des unehelichen Kindes, das Adoptionsrecht und das Vormundschaftsrecht sowie die Rolle des Familienrates eingehender untersucht wurden. Bezüglich des Erbrechts fielen aus anglo-amerikanischer Sicht vor allem die strengen Formvorschriften für die Testamentserrichtung und die Begrenzungen der Testierfreiheit auf. Natürlich standen gerade auch die Vorschriften des EGBGB zum internationalen Privatrecht häufig im Mittelpunkt einschlägiger Untersuchungen. Insbesondere Art. 27 EGBGB a.F., der in beschränktem Maße das Prinzip der Rück- und Weiterverweisung (doctrine of renvoi) einführte, erregte Aufmerksamkeit. Auch andere Kodifikationen Quellen wiederholt behandelt.

der Kaiserzeit

wurden in englischsprachigen

Dies galt auch für das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), die Zivilprozeßordnung (ZPO) und die Konkursordnung (KO). Die Darstellung dieser sogenannten Reichsjustizgesetze aus den 1870er Jahren erschöpfte sich jedoch

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Zusammenfassung und Ergebnis

zumeist in einer Beschreibung der Gerichtsorganisation, der Instanzenzüge und der Rolle und dem Status der Richterschaft im deutschen Rechtssystem. Eine fundierte Auseinandersetzungen mit dem deutschen Gerichtswesen und dem Zivilprozeßrecht fand praktisch nicht statt. An einzelnen Aspekten aus dem Zivilprozeßrecht wurden allenfalls das im Vergleich zum anglo-amerikanischen Verfahren geringe Maß an Förmlichkeiten und zeremoniellen Abläufen in der mündlichen Verhandlung, das System der Feststellungsklagen, natürlich die Frage der Anwendung ausländischen Rechtes und Anerkennung ausländischer Titel durch deutsche Gerichte, die besonderen Verfahrensarten bei der Ehescheidung und Entmündigung sowie der Wechselprozeß zum Gegenstand eingehenderer Untersuchung. Vor allem das letztgenannte Verfahren wurde ob seiner relativen Einfachheit und Schnelligkeit als vorbildlich gelobt. Viele Autoren sahen den wesentlichen Unterschied zwischen dem deutschen und dem anglo-amerikanischen Prozeßrecht letztlich in dem unterschiedlich ausgestalteten Beweisrecht. Das Fehlen ausgeklügelter und detaillierter Vorschriften hierzu in der ZPO stieß auf Verwunderung, die Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung wurde eher kritisch betrachtet. Eine englische Übersetzung der ZPO oder des GVG aus dem Untersuchungszeitraum gibt es nicht. Dafür ist eine Übersetzung der KO aus dem Jahre 1913 nachweisbar. 10 Das deutsche Handels- und Gesellschaftsrecht wurde in englischsprachigen Fachpublikationen vergleichsweise häufig angespochen, was ohne Zweifel in der praktischen Bedeutung dieses Rechtsgebietes für den Verkehr mit einem der wichtigsten Handelspartner und Konkurrenten der angelsächsischen Länder auf den Weltmärkten begründet liegt. Es dominierten konkrete, praxisbezogene Fragestellungen über das eher akademische Interesse am Handelsgesetzbuch als umfangreiche, umfassende Kodifikation von beträchtlichem Eigengewicht. Als einzelne Regelungen des deutschen Handels- und Gesellschaftsrechts interessierten vornehmlich die Einrichtung des Handelsregisters und die kaufmännische Buchführungspflicht - denen als weiterem Ausdruck deutschen Regulierungssinns eher mißtrauisch begegnet wurde - , die handelsrechtlichen Wettbewerbsverbote für Handlungsgehilfen gemäß §§ 74, 75 HGB, die im englischen Recht unbekannte Kommanditgesellschaft sowie die Gesellschaft mit begrenzter Haftung, die als aus betriebswirtschaftlicher und Investorensicht höchst sinnvolle Rechtsform beurteilt wurde. Aus Sicht einer Nation, die im ausgehenden 19. Jahrhundert und um jene Jahrhundertwende die größte Handelsmacht der Erde war und einen Großteil des maritimen Handels beherrschte, war natürlich auch das Seehandels10 Scrutton/Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 24: The German Empire, Part I, London 1913, S. 271 ff. Übersetzer war W. Butler Lloyd

Zusammenfassung und Ergebnis recht der aufstrebenden Industrienation Deutschland von größtem Interesse. So wurde in England unter anderem die englischsprachige Ausgabe eines deutschen Lehrbuches zum Seehandelsrecht verlegt. 11 Vor dem Ersten Weltkrieg erschienen insgesamt drei voneinander unabhängige Übersetzungen des HGB ins Englische (eine davon übrigens von einem Sohn von Ernest Joseph Schuster), allesamt auf der Fassung des Gesetzes vom 10. Mai 1897 beruhend, von denen eine auch eine Übersetzung des GmbH-Gesetzes in der Fassung vom 20. Mai 1898 enthält. 12 Noch davor waren bereits zwei Versionen des letzten Buches des HGB zum Seehandelsrecht erschienen (eine auf dem ADHGB, die andere auf dem neugefaßten HGB beruhend). 13 Daneben wurden in den englischsprachigen Ländern insgesamt fünf Übersetzungen der Wechselordnung in der Fassung vom 16. April 1871 bzw. in der Neufassung vom 3. Juni 1908 herausgegeben, von denen eine auch eine Übersetzung des Scheckgesetzes vom 11. März 1908 enthält. 14 Auch eine zeitgenössische Übersetzung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 7. Juni 1909 ist nachweisbar. 15 Schließlich wurde im Rahmen der Möglichkeiten dieser Untersuchung der Frage nachgegangen, inwieweit die deutschen Kodifikationen der Kai11

Sieveking, The German Law relating to the Carriage of Goods by Sea, London 1907. Die deutsche Ausgabe wurde zu gleicher Zeit unter dem Titel veröffentlicht: Sieveking, Das deutsche Seerecht (mit Ausschluß des Seeversicherungsrechtes). Ein praktisches Lehrbuch, Hamburg 1907. 12 Platt (Übers.), The Commercial Code for the German Empire, London 1900; Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, London 1911; Scrutton/Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Bande 24: The German Empire, Part I, London 1913. 13 Arnold (Übers), The Maritime Code of the German Empire, London 1900; Wendt , Papers on Maritime Legislation, with a Translation of the German Mercantile Laws relating to Maritime Commerce, 1. Auflage, London 1868, 2. Auflage, London 1871, 3. Auflage, London 1888. 14 Jencken , A Compendium of the Laws of Bills of Exchange, Promissory Notes, Cheques and other Commercial Negotiable Instruments of England, Germany and France; with a Translation of the German Code and References to the Italian and Spanish Codes, London 1880; Leader , The German Law of Bills of Exchange and of Cheques, London 1911; Melsheimer (Übers.), The Law of Bills of Exchange; an English Version of the German Code, London 1879; Randolph , A Treatise on Commercial Paper, containing a full Statement of Existing American and Foreign Statutes, together with the Text of the Commercial Codes of great Britain, France, Germany and Spain, Band 3, Jersey City, New Jersey, 1888; Scrutton! Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 25: The German Empire, Part II, London 1913, S. 416 ff. 15 Wolfe/Borchard, Department of Commerce: Bureau of Foreign and Domestic Commerce: Commercial Laws of England, Scotland, Germany and France, Washington 1915, S. 64-68.

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Zusammenfassung und Ergebnis

serzeit in der Diskussion um eine Kodifikation spielten.

des Common Law eine Rolle

Insbesondere das Bürgerliche Gesetzbuch als bedeutendste der deutschen Leistungen auf diesem Gebiet wurde von Gegnern wie Befürwortern einer Kodifikation des Common Law immer wieder erwähnt, je nach Standpunkt als nachahmenswertes Muster oder auch als abschreckendes Beispiel. Unterschieden nach Ländern ließ sich feststellen, daß die englische Diskussion um eine Kodifizierung naturgemäß von der starken Tradition des Common Law und durch das von der geographischen Nähe genährte Konkurrenzgefühl bzw. den Abgrenzungswillen zum Kontinent geprägt war. Das ökonomische und politische Erstarken des Deutschen Reiches forderte jedenfalls genau wie in anderen Bereichen auch in der Rechtswissenschaft den Vergleich heraus, und die Kodifizierung des deutschen Rechtes und vor allem das Inkrafttreten des BGB gaben in jedem Fall den Anstoß zu einer neuerlichen Runde der Diskussion, in der gewichtige Stimmen ihren Respekt vor dem deutschen Beispiel erkennen ließen. Anders als im Mutterland kam es in den föderal organisierten kanadischen und südafrikanischen Dominions und auch in Britisch-Indien auf eine Rechtsvereinheitlichung an. Dementsprechend mehr Befürworter fand der Kodifikationsgedanke, und das deutsche Beispiel wurde aufmerksam verfolgt. Gleiches läßt sich für die Vereinigten Staaten beobachten. Hier wurde der Kodifikationsgedanke an sich schon nicht so fundamental in Frage gestellt wie in England, zumal einige Bundesstaaten bereits über eigene Kodifikationen verfügten. Auch spielte natürlich der Gedanke der Rechtsvereinheitlichung eine viel größere Rolle. Vor allem aber war das Gefühl der Rivalität zum Deutschen Reich bei weitem nicht so ausgeprägt wie in Großbritannien, was sicher auch an dem Einfluß der großen Zahl Deutschstämmiger in der amerikanischen Gesellschaft lag. Ein Stimmungsumschwung ist hier erst mit dem Kriegseintritt der USA zu beobachten. In diesem Zusammenhang konnte noch die interessante Beobachtung gemacht werden, daß viele englischsprachige Autoren als entscheidenden Faktor für die Kodifizierung des deutschen Zivilrechtes den hohen Stand der Rechtswissenschaft in Deutschland ansahen, eine Voraussetzung, welche die meisten in den Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises vorläufig nicht erkennen wollten. Von einem bedeutenden Werk der englischen Rechtswissenschaft, dessen Autoren sich ausdrücklich an der Stoffeinteilung des BGB orientierten 16 , und der bereits erwähnten Ausnahme des deutschen Grundbuchwesens abgesehen, konnte nicht festgestellt werden, daß dem deutschen Recht eine konkrete Vorbildfunktion zugekommen wäre. Insbesondere wurden keine

Zusammenfassung und Ergebnis Hinweise darauf gefunden, daß in einem der Länder des anglo-amerikanischen Rechtskreises durch die deutschen Kodifikationen ein Gesetzesprojekt angestoßen oder gar nach ihrem Muster gestaltet worden wäre. Auffällig ist, daß einzelne Personen mit ihrer Arbeit, sowohl nach Zahl ihrer Veröffentlichungen als auch nach der Bedeutung ihrer Werke, die anglo-amerikanische Sicht des deutschen Rechtes wesentlich geprägt haben. An erster Stelle ist hier der Londoner Anwalt deutsch-jüdischer Abstammung Ernest Joseph Schuster zu nennen. Er war diejenige Person, die sich um die vergangene Jahrhundertwende am eingehendsten und ausführlichsten mit dem deutschen Zivilrecht befaßte. Er war der erste, der eine umfassende Darstellung des fertiggestellten BGB gab 1 7 , von ihm stammt das erste und auf lange Zeit hinaus auch einzige umfassende Lehrbuch des deutschen Bürgerlichen Rechts in englischer Sprache 18 , welches sich nach seinem Erscheinen 1907 in kürzester Zeit und auf Jahre hinaus zum Standardwerk entwickelte, und er zeichnete für viele weitere Beiträge zum deutschen Recht in englischer Sprache verantwortlich. Nicht zuletzt prägte er maßgeblich das Vokabular, mit dem die deutsche Rechtssprache und ihre Fachausdrücke in der Folgezeit von anderen im Englischen wiedergegeben und behandelt wurden. Nach Zahl und Wirkung der einschlägigen Veröffentlichungen taten sich weiterhin die Amerikaner Simeon E. Baldwin , Edwin M. Borchard, Ernest G. Lorenzen, Roscoe Pound , William W. Smithers, die beiden Londoner Anwälte Henry Happold und Julius Hirschfeld und nicht zuletzt der englische Rechtshistoriker Frederic William Maitland hervor. Nach der Bedeutung ihrer Beiträge nicht zu unterschätzen sind neben den Übersetzern des BGB Wang und Loewy auch die Übersetzer der anderen Gesetze und, für den Bereich des Grundbuchwesens, sicherlich Charles Fortescue-Brickdale. Daß einige Autoren der im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Publikationen angesichts ihres Namens unverkennbar deutscher Abstammung sind, beeinträchtigt die Validität der Ergebnisse nicht. Denn dieser Umstand spiegelt einzig und allein die Auswanderungsbewegung aus den deutschen Landen in die Neue Welt wider, oder, im Falle der anglisierten Deutschen wie etwa Schuster, Hirschfeld oder Ernst Emil Wendt, die Rolle Londons 16

Jenks (Hrsg. ) / Geldart/Holdsworth/Lee /Mile s (Bearb.), A Digest of English Civil Law, 1. Auflage in 11 Teilen, 1905-1917, 2. Auflage, in 2 Bänden, London 1921, 3. Auflage, London 1938. 17 Schuster, The German Civil Code, Law Quarterly Review, Band 12 (1896) S. 17-35; ders., The German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, Band 1 (1896-97) S. 191-211. 18 Schuster, Principles of German Civil Law, London 1907.

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Zusammenfassung und Ergebnis

als wirtschaftliches Gravitationszentrum und liberaler Zufluchtsort im ausgehenden 19. Jahrhundert. Als bedeutende Werke dieser Juristen, die zumindest aus rechtshistorischer Sicht auch heute noch interessant sind, bleiben natürlich in erster Linie die Übersetzungen der deutschen Kodifikationen: zwei des B G B 1 9 , drei des H G B 2 0 , zwei von diesen unabhängige Versionen des Seehandelsrechts 21 , eine der K O 2 2 , fünf der Wechselordnung bzw. des Scheckgesetzes 23 , eine des U W G 2 4 . Auch eine Übersetzung der Reichsverfassung von 1871 ist nachweisbar. 25 Auch Schusters Lehrbuch zum deutschen Zivilrecht 26 , Fortescue-Brickdales Untersuchung des deutschen Grundbuchwesens 27 , Borchards kommentierte Bibliographie des deutschen Rechtes 28 , die 19

Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909; Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. 20 Platt (Übers.), The Commercial Code for the German Empire, London 1900; Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, London 1911; Scrutton! Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Bande 24: The German Empire, Part I, London 1913. 21 Arnold (Übers), The Maritime Code of the German Empire, London 1900; Wendt , Papers on Maritime Legislation, with a Translation of the German Mercantile Laws relating to Maritime Commerce, 1. Auflage, London 1868, 2. Auflage, London 1871, 3. Auflage, London 1888. 22 Scrutton!Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 24: The German Empire, Part I, London 1913, S. 271 ff. Übersetzer war W. Butler Lloyd. 23 Jencken , A Compendium of the Laws of Bills of Exchange, Promissory Notes, Cheques and other Commercial Negotiable Instruments of England, Germany and France; with a Translation of the German Code and References to the Italian and Spanish Codes, London 1880; Leader , The German Law of Bills of Exchange and of Cheques, London 1911; Melsheimer (Übers.), The Law of Bills of Exchange; an English Version of the German Code, London 1879; Randolph , A Treatise on Commercial Paper, containing a full Statement of Existing American and Foreign Statutes, together with the Text of the Commercial Codes of great Britain, France, Germany and Spain, Band 3, Jersey City, New Jersey, 1888; Scrutton! Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 25: The German Empire, Part II, London 1913, S. 416 ff. 24 Wolfe /Borchard, Department of Commerce: Bureau of Foreign and Domestic Commerce: Commercial Laws of England, Scotland, Germany and France, Washington 1915, S. 64-68. 25 Die Übersetzung der Reichsverfassung von 1871 befindet sich im Anhang von: Burt Estes Howard, The German Empire, London 1906. 26 Schuster, Principles of German Civil Law, London 1907. 27 Land Registry: Registration of Title to Land: General and Detailed Reports of the Assistant Registrar of the Land Registry on the Systems of Registration of Title now in Operation in Germany and Austria-Hungary, with Appendices, C. 8139, von Charles Fortescue-Brickdale , in: Parliamentary Papers 1896, Band 84 (Accounts and Papers, Band 36), S. 85-300. 28 Borchard , Guide to the Law and Legal Literature of Germany, Washington 1912.

Zusammenfassung und Ergebnis englischsprachige Ausgabe eines deutschen Lehrbuches zum Seehandelsrecht 29 und schließlich die prominente Stellung des deutschen Rechts in zwei umfangreichen Kompendien zum ausländischen Recht der damaligen Zeit 3 0 zählen zu ihrem Vermächtnis. Was ist nun das Urteil der zeitgenössischen anglo-amerikanischen Juristen über die deutschen Kodifikationen der Kaiserzeit? Tendenziell taten sie sich immer schwer mit „the inherent confusion which marks the most intricate system of law known to the civilized world." 3 1 Die Sprache der deutschen Rechtswissenschaft, wie sie nicht zuletzt im BGB Ausdruck gefunden hatte, wurde vielfach kritisiert: „The Germans have allowed their phraseology to fall into a most unliterary form, unneccessarily complicating the study of the German legal philosophy with the study of a new technical language." 32 Auch die stellenweise an Pedanterie grenzende Genauigkeit, die vielfältigen Querverweise und strenge Systematik der deutschen Kodifikationen erschien manchem eher unheimlich, und nicht zuletzt, „typisch deutsch": „this thoroughly German document." 3 3 Nichtsdestoweniger zollte man allgemein der Leistung Respekt, die in der Ausarbeitung der vereinheitlichten, auf wissenschaftlichen Methoden beruhenden, mit starken Prinzipien versehenen und bei aller Präzision flexibel einsetzbaren deutschen Gesetzeswerke lag, und nicht wenige verwiesen, bei allen politischen Animositäten, auf die Vorbildfunktion der deutschen Kodifikationen: In England wurde geschrieben (konkret ist das Seehandelsrecht aus dem ADHGB gemeint): „[The] great care and research displayed in the framing 29

Sieveking , The German Law relating to the Carriage of Goods by Sea, London 1907. Die deutsche Ausgabe wurde zu gleicher Zeit unter dem Titel veröffentlicht: Sieveking, Das deutsche Seerecht (mit Ausschluß des Seeversicherungsrechtes). Ein praktisches Lehrbuch, Hamburg 1907. 30 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws generally and in Conflict with each other and with the Law of England. Neuausgabe in 5 Bänden, London 1907-28; Scrutton! Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Bände 24 und 25: The German Empire, Part I and Part II, London 1913. 31 Smithers , The Principles of German Civil Law (Schuster; Buchbesprechung), American Law Register, Band 55 (1907), S. 384, 390. 32 Klingelsmith , Guide to the Law and Legal Literature of Germany (Borchard; Buchbesprechung), American Law Register = University of Pennsylvania Law Review, Band 61 (1913), S. 281. 33 Drake , The Civil Code of the German Empire (Loewy; Buchbesprechung), Michigan Law Review, Band 8 (1909-10), S. 692. Der Satz bezieht sich konkret auf das BGB.

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Zusammenfassung und Ergebnis

of its different clauses entitle it to every consideration of those who may be engaged in the preparation of a similar compilation for this country." 3 4 1916, also schon während des Krieges, wurde noch immer eingeräumt: „Germany is still politically unripe, we should expect to find correspondingly crudities in her system of jurisprudence. Personally, I am convinced that this is so [...] but at the same time there are certain phases of German law and procedure which are boldly original, and which bear witness to the industry, intelligence and learning with which the German has sought to grapple with the legal problems of his country" 3 5 , nämlich „clear and concise codes and a simplefied procedure administered by conscientious judges." 3 6 Ein Amerikaner schrieb: „In this country, where the conflict of state laws is closely akin to the conditions out of which the German codes arose [...] many of the devices adopted by the German codifiers merit serious attention by their boldness and legal force." 37 Ernst Freund war der Auffassung: „There is no reason why the German codification should not have its influence on civil legislation in the countries of the Common Law. [...] Problems of private law must be ultimately settled upon purely rational principles, and these are essentially the same wherever fundamental economic conditions are alike. It is this element of universality and permanence in the principles of private law which gives to such a work as the German Civil Code an interest and an importance extending far beyond the territory of its immediate operation." 38 Konkret auf das BGB bezogen schrieb Freund , unmittelbar vor dessen Inkrafttreten: „The enactment of the Civil Code nearly concludes the work of systematic codification which has been going on in Germany during the last fifty years, and which the annals of legal history parallel only in the legislation of Justinian and that of Napoleon. The Civil Code is properly regarded as the climax of this work." 3 9 Nicht zuletzt das Datum symbolisiere die Bedeutung des Ereignisses für das Deutsche Reich, nämlich „the 34

Wendt , Papers on Maritime Legislation, with a Translation of the German Mercantile Laws relating to Maritime Commerce, 1. Auflage, London 1868, S. 15 f. 35 Vickery , German Law and Lawyers, The American Law Review, Band 50 (1916), S. 827, 834 f. 36 Vickery , German Law and Lawyers, The American Law Review, Band 50 (1916), S. 827, 835. 37 The Principles of German Civil Law (Schuster; Buchbesprechung), Harvard Law Review, Band 21 (1907-08), S. 73 (anonym, Initialen R. M. J.). 38 Freund , The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 637. 39 Freund , The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 636.

Zusammenfassung und Ergebnis

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consummation of legal unity, which confirms the political unity achieved thirty years ago." 4 0 Diesen Aspekt betonte auch der britische Generalkonsul in Frankfurt am Main, Francis Oppenheimer, der das neue BGB als „the best fruit" des deutschen Nationalgefühls bezeichnete.41 Adolph Eichholz aus Philadelphia kam zu folgendem Urteil: „simple language [...] singularly devoid of technical phraseology [...]. It reads almost like a text-book with all the reasoning omitted." 4 2 - „[Much] that appears new to the German lawyer, has, for a long time, been a part of the systems formed upon the English Common L a w . " 4 3 Das gesamte Gesetz sei von einem beherrschenden Prinzip durchzogen: „The enforcement of moral obligations is manifestly the dominant motif. [...] oppression is prevented and moral injustice avoided." 44 Eichholz' Fazit lautet: „The German government has shown the true scientific spirit in the painstaking care with which the code was finally enacted as a result of the labors of a quarter of a century, devoted to it by the best lawyers and men of affairs." 45 J. Dove Wilson aus Schottland war ohne Einschränkung begeistert von der deutschen Kodifikation: „It is to Germany that we owe the greatest work of codification of recent times, and, perhaps, indeed, of any time." 4 6 In Südafrika lobte C. H. van Zyl Sprache und Anlage des BGB: „From this we may learn some lessons. One of them is the clearness and terseness [...]; also the fulness, if I may so call it, and simplicity of the German Code, so far as it has gone." 47 Auch Higgins sparte nicht mit Superlativen: „this extraordinary legislative work [...] this monument of German science" 48 . 40

Freund , The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627. 41 Foreign Office, Annual Series No. 2680, Diplomatic and Consular Reports: Germany: Report for the year 1900 on the Trade and Commerce of the Consular District of Francfort-on-Main, in: Parliamentary Papers 1901, Band 82 (Accounts and Papers, Band 46), S. 795, 802. 42 Eichholz, The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 193. 43 Eichholz , The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 194. 44 Eichholz , The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 212. 45 Eichholz , The New Civil Code of Germany, American Law Review, Band 35 (1901), S. 190, 213. 46 Wilson , The Recent Progress of Codification, The Juridical Review, Band 3 (1891), S. 97, 111. 47 Zyl, Codification, 1. Teil, Cape Law Journal, Band 12 (1895), S. 16, 25.

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Zusammenfassung und Ergebnis

Stadden rühmte „[the] comprehensiveness and scientific beauty of the German Civil Code" 4 9 , erkannte in einzelnen Regelungen namentlich des Allgemeinen Teils „boldness and originality" 5 0 und nannte das BGB insgesamt „perhaps the greatest piece of juridical legislation the world has ever known". 5 1 Auch ansonsten war der Tenor des Urteils der Juristen aus den Ländern des Common Law über die deutschen Kodifikationen der Kaiserzeit und insbesondere das BGB überaus positiv, um nicht zu sagen: euphorisch: „What the Code Napoléon was to the legists in the nineteenth century, the German Civil Code will undoubtedly be to students of law in the twentieth century." 52 - „The latest and most perfect attempt to systematize the whole of the private law of a country." 53 - „One of the foremost triumphs of codification." 54 - „Out and away the best code that the world has yet seen." 55 „Rational, coherent, worthy of [its] country and our century." 56 Stellvertretend für das allgemeine Urteil der zeitgenössischen anglo-amerikanischen Juristen über das Bürgerliche Gesetzbuch mag der oft zitierte 57 Ausspruch des Doyen der englischen Rechtshistoriker Frederic William Maitland stehen und in Erinnerung bleiben:

„The most carefully considered Statement of a nation's law that the world has ever seen."58

48 Higgins , The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95. 49 Stadden , Error of Law, Columbia Law Review, Band 7 (1907), S. 476, 493. 50 Stadden , Error of Law, Columbia Law Review, Band 7 (1907), S. 476, 491. 51 Stadden , Error of Law, Columbia Law Review, Band 7 (1907), S. 476, 489. 52 The Civil Code of the German Empire (Loewy; Buchbesprechung), American Law Review, Band 44 (1910), S. 316/317 (anonym). 53 Schuster , Principles, S. III. 54 Renton/Phillimore (Hrsg.), Burge's Commentaries on Colonial and Foreign Laws, Band 1, London 1907: „Legal Systems of the World", S. 40. 55 Maitland, The Laws of the Anglo-Saxons, Quarterly Review, Band 200 (1904), S. 139, 150 f. 56 Maitland , The Making of the German Civil Code, The Independent Review, Band 10 (Juli-Sep. 1906), S. 211, 212. 57 z.B. Higgins, The Making of the German Civil Code, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 95, 105; Hirschfeld, A Law Reform Movement in Germany, The Law Quarterly Review, Band 29 (1913) S. 476; Krüger, The Judicial System of the German Empire with Reference to Ordinary Jurisdiction, California Law Review, Band 2 (1913-1914), S. 124, 128. 58 Maitland , Introduction, S. VII, XVII, in: Gierke, Political Theories of the Middle Age, übers, von Maitland, Cambridge 1900.

Anhang A: Übersetzungsbeispiele BGB Im Folgenden werden beispielhaft die Übersetzungen einer Reihe von Paragraphen des BGB wiedergegeben, die in der im Rahmen dieser Arbeit untersuchten englischsprachigen Literatur auftauchen. Die Tatsache, daß einzelne Autoren einzelne Paragraphen des BGB herausgegriffen und übersetzt haben, erlaubt offensichtlich den Rückschluß auf die Bedeutung, die sie den jeweiligen Vorschriften beimaßen. Zu Vergleichszwecken werden immer auch die Übersetzungen Wangs 1 und Loewys 2 vorangestellt. 1. Todeserklärung: § 14 BGB a.F. 3 a) Wang (1907) 4 § 14: The declaration of death may be made, if for ten years no news has been received that the missing person is alive. It cannot be made before the close of the year in which the missing person would have completed his thirty-first year of age [Fußnote: This provision does not apply to the cases provided for by 15-17]. A missing person who would have completed his seventieth year of age may be declared dead, if for five years no news has been received that he is alive. The periods of ten and five years respectively begin to run from the close of the last year in which the missing person was reported to be still alive. b) Loewy (1909) 5 § 14: The adjudication of death may be made when no information, that the person who disappeared is alive, has been received for ten years. The adjudication

1

Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909. 3 § 14 BGB. a.F. lautete: (1) Die Todeserklärung ist zulässig, wenn seit zehn Jahren keine Nachricht von dem Leben des Verschollenen eingegangen ist. Sie dar nicht vor dem Schlüsse des Jahres erfolgen, in welchem der Verschollenen das ein unddreißigste Lebensjahr vollendet haben würde. (2) Ein Verschollener, der das siebzigste Lebensjahr vollendet haben würde, kann für tot erklärt werden, wenn se fünf Jahren keine Nachricht von seinem Leben eingegangen ist. (3) Der Zeitraum von zehn oder fünf Jahren beginnt mit dem Schlüsse des letzten Jahres, in welchem der Verschollene den vorhandenen Nachrichten zufolge noch gelebt hat. 4 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. 5 Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909. 2

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Anhang A: Übersetzungsbeispiele BGB

is not to be made before the end of the year, in which such person would have completed his thirty-first year. One who has disappeared and who would have completed his seventieth year, may be declared dead, if no information of his being alive has been received for five years. The period of ten or five years begins with the close of the last year in which the person who has disappeared was according to information still living. c) Parliamentary

Papers : Laws relating to Marriage (191 if

§ 14: A declaration of death may be made when for ten years no news has arrived of the life of the person who has disappeared. It may not be made before the close of the year in which the person who has disappeared would have completed his 31st year. A person who has disappeared who would have completed his 70th year can be declared dead when for five years no news of his life has arrived. The delay of five or ten years begins to run from the end of the last year, in which, according to the news to hand, the person who has disappeared was still alive. 2. Rechtsgeschäftslehre: §§ 116-123, 145 BGB a) Wang (1907 )Ί § 116: A declaration of intention is not void by reason of the fact that the declarant has made a secret reservation of not willing the matter declared. The declaration is void if made to a person who is aware of the reservation. § 117: If a declaration of intention required to be made to a person is with his connivance made only in pretence [Fußnote: This occurs most frequently in those cases where the declarant intends to defraud his creditors.], it is void. If another juristic act is concealed under a pretended transaction, the provisions applicable to concealed juristic act apply [Fußnote: A concealed juristic act, although void for this reason, may, however, be valid on other grounds. 140.]. §118: A declaration of intention not seriously intended, which is made in the expectation that it will be understood not to be seriously intended, is void [Fußnote: A person injured through relying on the declaration may in certain cases claim damages. 122.]. § 119: A person who, when making a declaration of intention, was under a mistake as to its purport, or did not intend to make a declaration of that purport at 6 Laws Relating to Marriage in Force in Certain Foreign Countries, Miscellaneous No. 11, Cd. 5993, Parliamentary Papers 1911, Band 63 (Accounts and Papers, Band 19), S. 331, 442. 7 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907.

Anhang A: Übersetzungsbeispiele BGB

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all, may avoid the declaration if it is to be supposed that he would not have made it with knowledge of the state of affairs and with intelligent appreciation of the case [Fußnote: The question whether the mistake was one of fact or of law, or whether it was due to negligence or not, is immaterial.]. A mistake concerning any characteristics of the person or thing which are regarded in ordinary dealings as essential is also deemed to be a mistake concerning the purport of the declaration. §120: A declaration of intention which has been incorrectly transmitted by the person or institution employed for its transmission may be avoided under the same conditions as a declaration of intention made under mistake. 119. § 121: The avoidance must be made, in the cases provided for by 119, 120, without delay (i.e., without culpable [Fußnote: For the meaning of this word, see 276.] delay), after the person entitled to avoid has obtained knowledge of the grounds for avoidance. An avoidance as against a person who is not present is deemed to have been effected in due time if the avoidance has been forwarded without delay. The right of avoidance is barred if thirty years have elapsed since the making of the declaration of intention. § 122: If a declaration of intention is void under 118, or avoided under 119, 120, the declarant [Fußnote: The question whether fault can be imputed to him or not is entirely immaterial.] shall, if the declaration was required to be made to another, compensate him or any third party for any damage which the other or the third party has sustained by relying upon the validity of the declaration; not, however, beyond the value of the interest which the other or the third party has in the validity of the declaration. The duty to make compensation does not arise if the person injured knew of the ground on which the declaration was void or voidable, or would have known of it but for his own negligence (i.e., ought to have known it). § 123: A person who has been induced to making a declaration of intention by fraud or unlawfully by threats may avoid the declaration. If a third party was guilty of the fraud, a declaration which was required to be made to another may be avoided only if the latter knew or ought to have known of the fraud [Fußnote: The qualification contained in this sentence does not apply to a declaration of intention induced by unlawful threats, which may always be avoided as against all interested parties.]. In so far as another person than the one to whom the declaration was required to be made has acquired a right directly through the declaration, the declaration may be avoided as against him if he knew or ought to have known of the fraud. 8 § 145: If a person offers to another the making of a contract he is bound by the offer, unless he has excluded this obligation. 8 In den folgenden Paragraphen hat der Bearbeiter aus Gründen der Übersichtlichkeit die Hinweise auf die Fußnoten Wangs weggelassen. Die Art und Weise, wie Wang in Fußnoten die von ihm übersetzten Vorschriften mit Verweisungen und Erläuterungen ergänzt, dürfte aus den oben angeführten Beispielen hinreichend deutlich werden. 26 Dittmann

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Anhang A: Übersetzungsbeispiele BGB b) Loewy (1909) 9

§116: A declaration (of will) is not void because the declarant secretly makes a reservation, that he does not intend what he declares. The declaration (of will) is void when it is to be made toward another (einem anderen gegenüber) and the latter knows of the reservation. §117: [Unreal Transactions]10 If a declaration (of will), which is to be made toward another, is made only for semblance, with the assent of the latter, it is void. If a transaction is covered up by another unreal transaction, the provisions as to the covered transaction are applicable. § 118: A declaration (of will), which is not meant seriously and is made with the expectation that the want of intention will be understood, is void. § 119: [Mistake] If the declarant was, at the time of the declaration (of will) mistaken as to the substance of the same or did not at all intend to make such a declaration, he may contest the same, when it is to be assumed that he would not have made it, had he known the facts and had considered the matter advisedly. A mistake, relating to such qualities of persons or things, which in intercourse are considered material, shall be regarded as a mistake as to the substance of the declaration. § 120: A declaration (of will) which has been incorrectly communicated by the person or institution employed for such communication, may be contested under the same assumption as, under § 119, a declaration erroneously made. § 121: [Contest of Declaration] The contest in the cases §§ 119, 120 must be made without culpable delay (immediately) after the party entitled to contest has obtained knowledge of the ground of contest. As against an absentee the contest is regarded as made in due time if the declaration of contest has been immediately forwarded. The contest is barred, if thirty years have elapsed since the declaration (of will). § 122: [Liability of Declarant] If a declaration is void according to § 188 or if it is contested sub §§119, 120, the declarant, if the declaration was to be made toward another, has to indemnify him, - otherwise, - any third party for the injury, sustained by the other or by a third party, by reason of their reliance on the validity of the declaration, - not however, beyond the interest which the other or the third party has in the validity of the declaration.

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Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909. In Loewys Übersetzung werden teilweise Stichworte am Seitenrand verwendet, die den ungefähren Inhalt der daneben stehenden Vorschriften nach Art von inoffiziellen Paragraphentiteln zusammenfassen. Diese „Paragraphentitel" werden im Folgenden in eckigen Klammern wiedergegeben. Daß sie oftmals nicht mit der Wortwahl im Text übereinstimmen zu scheinen bzw. inhaltlich nicht korrekt sind, ist vermutlich mit der Einwirkung des Redaktionskomitees zu erklären, das auch den umfangreichen Verweisungsapparat nachträglich eingefügt hat. 10

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The obligation of indemnity does not arise, if the party injured knew the reason of the nullity or of the contestability, or did not know it through negligence (or was bound to know it). § 123: [Deception, Menace] If a person is induced to make a declaration by crafty deception or unlawfully by threat, he may contest the declaration. If a third party has committed the deception, a declaration which had to be made toward another is contestable only, if the latter knew the deception or was bound to know it. In so far as another, than the one towards whom the declaration was to be made, acquired a right immediately from the declaration, the latter is contestable as against such other person, if he knew the deception or was bound to know it. § 145: [Proposition (Offer)] One, who proposes to another the conclusion of a contract, is bound by the proposition unless he has provided that he shall not be bound. c) Schuster (1907) §119 Abs. 1: Any person, who, when declaring his intention, was under a mistake as to the tenor of his declaration, and did not intend to make a declaration of such tenor, may avoid such declaration if it may be assumed that he would not have made it if he had known the true facts and given reasonable consideration to the matter. 11 d) Walton (1904) § 145: „He who proposes the conclusion of a contract is bound by his offer, unless he has expressed a contrary intention."12 e) Stadden (1907) §119: „One who was in error as to the contents of a declaration of will, or who really had not intended to make a declaration of such contents, may contest it if it can be supposed that he would not have made it if he had had knowledge of the situation and had reasonably appreciated the case. An error with regard to such qualities of a person or thing which are deemed essential in business transactions, is likewise held to be an error concerning the contents of the declaration." 13 § 120: „A declaration of will that has been transmitted wrongfully by a person or agency employed for such transmission, may be contested under the same conditions as a declaration made erroneously according to Section 119."14 11

Schuster , Principles, S. 95. Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 167. 13 Stadden , Error of Law, Columbia Law Review, Band 7 (1907), S. 476, 493. 12

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Anhang A: Übersetzungsbeispiele BGB

§ 122: „If a declaration of will is void according to § 118, or has been contested on the grounds of §§119, 120, the declarant, if the declaration was made to another, must pay him, and otherwise to every third party, the damages which such other or third party suffered by reason of the fact that he relied upon the validity of the declaration; provided, however, that such amount do not exceed the interest which such other or third party had in the validity of the declaration. The duty to indemnify does not exist if the injured party had knowledge of the cause of nullity, or was ignorant of it by reason of negligence (should have known)."15

3. Generalklauseln: §§ 138, 157, 242 BGB a) Wang (1907 j 16 § 138: A juristic act which is contra bonos mores is void. A juristic act is also void whereby a person profiting by the difficulties, indiscretion or inexperience of another, causes to be promised or granted to himself or to a third party for a consideration, pecuniary advantages which exceed the value of the consideration to such an extent that, having regard to the circumstances, the disproportion is obvious. § 157: Contracts shall be interpreted according to the requirements of good faith, ordinary usage being taken into consideration. § 242: The debtor is bound to effect the performance according to the requirements to good faith, ordinary usage being taken into consideration. b) Loewy (1909) 11 § 138: [Violation of Good Morals] A transaction in violation of good morals is void. Void in particular is a transaction by which a one, in taking advantage of the distress, light-headedness or inexperience of another, obtains for some consideration (Leistung) to himself or to a third party any profits or the promise of the same, which so exceed the value of the consideration, that according to the circumstances the profits are in striking disproportion to the consideration. § 157: [Interpretation] Contracts are to be so interpreted as faith and credit (Treu und Glauben) with due regard to commercial usage require. § 242: [Faith and Credit] The debtor is obliged to perform in such manner, as faith and credit with regard to custom require. 14 15 16 17

Stadden , Error of Law, Columbia Law Review, Band 7 (1907), S. 476, 493. Stadden , Error of Law, Columbia Law Review, Band 7 (1907), S. 476, 496. Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909.

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c) Morice (1919) § 138 Abs. 2: [Any act is void] by which a person, by taking advantage of the necessitous condition, improvidence, or inexperience of another person, obtains from such other person in his own favour or in favour of a third person, pecuniary advantages, the value of which exceeds the value of the consideration for which they are given or promised, to such an extent that they are under the special circumstances of the case conspicuously out of proportion to such consideration.18

4. Kaufvertragsrecht: §§ 433, 446, 447, 463 BGB a) Wang (1907) 19 § 433: By a contract of sale the seller of a thing is bound to deliver the thing to the purchaser and to transfer ownership of the thing. The seller of a right is bound to transfer the right to the purchaser, and if the right involves the possession of a thing, to deliver the thing. The purchaser is bound to pay to the seller the purchase price agreed upon and to take delivery of the thing purchased. § 446: On the delivery of the thing sold the risk of accidental destruction and accidental deterioration passes to the purchaser. After delivery the emoluments accrue to the purchaser and he bears the burdens attached to the thing. If a purchaser of a piece of land is registered in the land as owner before delivery, these consequences begin with the registration. § 447: If at the request of the purchaser the seller transmits the thing to a place other than the place of performance, the risk passes to the purchaser as soon as the seller has delivered the thing to the forwarder, freighter, or other person or institution designated to carry out the transmission. If the purchaser has given special instructions as to the manner of forwarding, and the seller deviates from the instructions without urgent reason, the seller is responsible to the purchaser for any damage arising therefrom. § 463: If a promised qualitiy of the thing was absent at the time of the purchase, the purchaser may demand compensation for non-performance, instead of cancellation or reduction. The same rule applies if the seller has fraudulently concealed a defect. b) Loewy (1909) 20 § 433: [Obligations of Seller and Purchaser] By a contract of purchase, the seller of a thing is obliged to deliver it and to obtain the ownership in the thing. The 18 19 20

Morice , Sale in Roman-Dutch Law, S. 29. Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909.

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seller of a right is obliged to obtain the right for the purchaser, and if the right includes the possession of a thing to deliver the thing. The purchaser is obliged to pay to the seller the agreed price and to take the purchased thing. § 446: [Shifting of the Risk] With the transfer of the sold thing, the risk of accidental ruin and of an accidental depreciation passes to the buyer. From the time of the transfer, the emoluments belong to the buyer, who also bears the burdens of the thing. If the buyer of a piece of land, before the delivery, is entered as owner in the Land Register, these results take effect upon the entry. § 447: [Costs] If the seller on demand of the buyer sends the sold thing to a place other than the place of fulfillment, the risk is transferred to the buyer from the time when the seller delivers the thing to the forwarding agent, the freighter or to the party or business designated for the transportation. If the buyer gives special instruction as to the mode of sending and if the seller deviates without urgent cause from the instruction, the seller is responsible to the buyer for the resulting damages. § 463: [Indemnity] If at the time of sale, the thing sold is deficient in a warranted quality, the buyer may, instead of rescission, or reduction of price, claim indemnity for non-fulfillment. The same applies if the seller has craftily concealed a defect. c) Teisen (1913) § 463 Abs. 1: If, at the time the purchase, the thing sold lacks a certain quality which has been assured, then the purchaser may, in place of abrogation or abatement in the price, demand damages for non-compliance.21

5. Schenkung: §§ 516, 517 BGB a) Wang (1907) 22 § 516: A disposition whereby a person out of his own property confers a benefit on another is a gift, if both parties agree that the disposition is made gratuitously. If the disposition is made without the consent of the other party, the person making it may demand him to declare whether or not he will accept it within a fixed reasonable period. After the expiration of the period the gift is deemed to have been accepted, unless the other party has declined it within the period. If the gift is declined, the return of what has been given may be demanded under the provisions relating to the return of unjustified benefits. 21

Teisen , Dicta et promissa in the Civil Law and under Modern Codes, The Canada Law Journal, Band 49 (1913), S. 687, 689 f. 22 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907.

Anhang A: Übersetzungsbeispiele BGB § 517 : It is not a gift if a person for the benefit of another abstains from acquiring any property, or relinquishes a right accruing to but not yet fully vested in him, or disclaims an inheritance or a legacy. b) Loewy (1909 j 23 § 516: [Gift] A giving, by which one from his property benefits another, is a donation, if both are of one mind, and the giving is gratuitous. If the giving takes place without the will of the other, the giver can require of him a declaration as to the acceptance within a adequate time fixed by him. After the expiration of the time, the donation is regarded as accepted, if the other has not previously declined it. In the event of such refusal, the return of the gift may be demanded according to the provisions regarding the delivery of an unjustified benefit (ungerechtfertigte Bereicherung). § 517: A donation does not take place, when one, to the advantage of another, forbears the acquisition of property or renounces a right coming to him and not finally required or refuses an inheritance or legacy. c) Schuster (1907) § 516 Abs. 1: A transfer of property by means of which the donor out of his own property confers a benefit on the donee is a gift (Schenkung ) if it is agreed between donor and donee that the transfer of the property is to be gratuitous.24 § 517: The non-exercise of a right to acquire property, or the waiver of a right vested in interest, but not as yet vested in possession, or the renunciation of a legacy or inheritance though intended to benefit another does not constitute a gift. 25

6. Auslobung: §§ 657-660 BGB a) Wang (1907) 26 § 657: A person who by public notice announces a reward for the performance of an act, e. g., for the production of a result, is bound to pay the reward to any person who has performed the act, even if he did not act with a view to the reward. § 658: The promise of reward may be revoked before the performance of the act. the revocation is effective only if it is made known in the same manner as the promise of reward, or by special communication. The revocability may be waived in the promise of reward; in case of doubt a waiver is presumed from the fact that a period of time has been fixed for the performance of the act. 23 24 25 26

Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909. Schuster , Principles, S. 231. Schuster , Principles, S. 232. Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907.

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§ 659: If the act for which the reward has been promised has been performed several times, the reward belongs to the person who has first performed the act. If the act has been performed by several persons simultaneously, an equal share of the reward belongs to each. If the reward is in its nature indivisible, or if by the terms of the promise only one person is to receive it, it is decided by lot. § 660 Abs. J: If several persons have contributed to the result for which the reward is promised, the promisor shall divide the reward among them equitably with regard to the share of each claimant in the production of the result. The division is not binding if it is evidently inequitable; in such a case it is made by judicial decree. b) Loewy (1909) 27 § 657 : [Offer of Reward: Obligation] One, who by public announcement offers a reward for the performing of an act, in particular for bringing about a result, is obliged to deliver the reward to the one, who has performed the act, even though the latter has not acted with regard to the reward. § 658: [Revocation] The offer of reward may be revoked up to the commencement of performance of the act. The revocation is effective only, if it is announced in the same way as the offer of reward, or if it is done by special communication. The offer of reward may waive the right of revocation; in case of default, the fixing of a limitation for entering upon performance of the act is equivalent to a waiver. § 659: [Several Acts] If the act, for which the reward is offered, is done by several persons, the reward is owing to him who has done it first. If the act has been done by several parties at the same time, each of them is entitled to an equal part of reward. If the reward on account of its nature cannot be divided, or if according to the import of the offer only one is to receive the reward, than the casting of lots shall determine. § 660 Abs. J: [Majority of Co-workers] If several have together effected the result for which the reward is offered, the one making the offer has to distribute the reward equitably with regard to the share of each contestant in the result. The division is not binding, if it is manifestly inequitable; in such case it is to be made by judgement. c) Walton (1904)™ § 657: He who by a public advertisement promises a reward for the doing of some action, and specially for the obtaining of some particular result, is bound to

27

Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909. Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 163. 28

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pay the reward to the person who has done the action, even although he may not have done it in view of the reward. § 658: The public promise may be retracted until the doing of the action. The retractation is only effectual if it is made in the same way as the promise or by a communication to the particular party. The right to revoke the promise may be renounced; in case of doubt the fixing of a time for the doing of the action implies such a renunciation. § 659: If the action for which the reward was promised has been done several times the reward belongs to him who was the first to do it. If the action was done by several persons at the same time, each of them is entitled to an equal share of the reward. If the reward is by its nature indivisible, or if, by the nature of the promise, one person only can obtain it, it must be decided by lot. § 660 Abs. 1: If several persons have co-operated in the result for which the reward was promised the promisor must divide the reward among them according to an equitable valuation of the share of each in the result. The decision is not binding if it is clearly contrary to equity. In that case the adjustment is made by the Court. 7. Differenzgeschäft: § 764 BGB a) Wang (1907 )29 § 764: If a contract purporting to be for the delivery of goods or negotiable instruments is entered into with the intention that the difference between the price agreed upon and the exchange or market price at the time of delivery shall be paid by the losing to the winning party, the contract shall be deemed a gaming contract. This applies also if only one of the parties knows or ought to know of this intention. b) Loewy (1909) 30 § 764: If a contract is made relating to the delivery of goods or valuable papers with the intention that the difference between the agreed price and the exchange or market price at the time of delivery is to be paid by the losing to the winning party, the contract is to be regarded as gaming. This is also the case if only one party has in view the payment of the difference, but if the other party knows or ought to know this intention. c) Schuster (1904/05) § 764: If an agreement for the delivery of goods or stocks is made with the intention that the difference between the agreed price and the stock exchange or market price at the date fixed for delivery should be paid by the losing party to the winning party, the agreement is to be deemed a gaming agreement. This consequence 29 30

Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909.

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shall take place, even if one of the parties only had the intention that the difference should be paid, if the other party knew of such intention or by the application of proper diligence would have known.31 d) Morice (1919) § 764 : If a contract purporting to be for the delivery of goods or negotiable instruments is entered into with the intention that the difference between the price agreed upon and the exchange or market-price at the time of delivery, shall be paid by the losing to the winning party, the contract shall be deemed a gaming contract. This applies if only one of the parties knows or ought to know of this intention.32 8. Bereicherungsrecht: § 812 BGB a) Wang (1907 )33 § 812: A person who, through an act performed by another, or in any other manner, acquires something at the expense of the latter without any legal ground, is bound to return it to him. He is so bound even if a legal ground originally existing disappears subsequently, or a result originally intended to be produced by an act of performance done by virtue of a juristic act is not produced. Recognition of the existence or non-existence of a debt, if made under a contract, is also deemed to be an act of performance. b) Loewy (1909 j 34 §812: [Import] One who, by the performance of another, or otherwise at the cost of another obtains something without legal right must return the things so acquired. This obligation also exists when the legal ground later ceases to operate or the object of performance according to the import of the transaction is not achieved. Agreement acknowledging the existence or non-existence of indebtedness is regarded as performance.

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Schuster , Time Bargains in Stock and Produce, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1904-05), S. 121, 123. Weder Wang noch Loewy haben diese Übersetzung übernommen. 32 Morice, Sale in Roman-Dutch Law, Kapstadt 1919, S. 37. 33 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. 34 Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909.

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9. Deliktsrecht: §§ 823, 826, 831 BGB a) Wang (I907)

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§ 823: A person who, wilfully or negligently, unlawfully injures the life, body, health, freedom, property or any other right of another is bound to compensate him for any damage arising therefrom. A person who infringes a statutory provision intended for the protection of others incurs the same obligation. If, according to the purview of the statute, infringement is possible even without any fault on the part of the wrong-doer, the duty to make compensation arises only if some fault can be imputed to him. § 826: A person who wilfully causes damage to another in a manner contra bonos mores is bound to compensate the other for the damage. §831: A person who employs another to do any work is bound to compensate for any damage which the other unlawfully causes to a third party in the performance of his work. The duty to compensate does not arise if the employer has exercised ordinary care in the selection of the employee, and, where he has to supply appliances or implements or to superintend the work, has also exercised ordinary care as regards such supply or superintendence, or if the damage would have arisen, notwithstanding the exercise of such care. The same responsibility attaches to a person who, by contract with the employer, undertakes to take charge of any of the affairs specified in par. 1, sentence 2. b) Loewy (1909) 36 § 823: One, who designedly or negligently injures life, body, health, freedom, the property or any right of another is bound to indemnify the other for the injury arising therefrom. The same obligation rests upon one who violates a law, the purpose of which is to afford protection to another. If under the law, a violation of the law is also possible without fault, the obligation to render indemnity is applicable only in case of fault. § 826: [Disloyal Acts] One who designedly injures another in a manner violating good morals is bound to indemnify the other for the injury. § 831: [Answering for Others] One who employs another to do an act, is bound to render indemnity for the injury which the employee in the performance of the act causes to a third person. The obligation for indemnity does not occur, if the employer in the selection of the employed person, and so far as he has to provide contrivances or utensils or has to direct the performance of the act, observes, in the providing or directing, the care required in trade or if the injury would also have occurred if such care had been observed. 3

Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909.

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The same responsibility is borne by one who, by contract, assumes for the employer the charge of one of the transactions designated in paragraph 1, sentence 2. c) Freund (1900) § 823 Abs. 1: Everyone is liable for the damage he does by an illegal, intentional or negligent violation of the life, body, health, liberty, property, or other right of another. 7 § 826: Whoever intentionally inflicts injury upon another in a manner contrary to the common standards of right conduct shall be liable for damages.38 d) Smithers (1903) § 823 Abs. 1: Whoever wilfully or negligently injures the life, body, liberty, property or any other right of another is liable to the latter to repair the damage caused. The same obligation is upon whoever transgresses a law which protects another.39 e) Higgins (1897) § 831 Abs. 1: He who employs another to carry out any order is liable to make compensation for the damage which is unlawfully done to another person in the execution of the work. The obligation to compensate does not exist when the master proves that he has exercised due care in the choice of the person employed, and so far as he had to procure the necessary plant, or had to superintend the execution of the work, if he observed in the preparation and superintendence care requisite for the transactions, or if the damage would have taken place in spite of the necessary care. 40

10. Sachenrecht: §§ 854, 858, 906 41 , 929 BGB a) Wang (1907 f 2 § 854: Possession of a thing is acquired by the attainment of actual power over the thing. 37

Freund , The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 632. 38 Freund , The New German Civil Code, Harvard Law Review, Band 13 (18991900), S. 627, 631. 39 Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 22. 40 Higgins , Employers' Liability on the Continent, The Juridical Review, Band 9 (1897), S. 395, 273. 41 § 906 BGB a.F. entspricht dem heutigen § 906 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 BGB i.d.F. vom 21. September 1994. 42 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907.

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A real agreement between the former possessor and the acquirer is sufficient for the acquisition of possession if the acquirer is in a position to exercise power over the thing. § 858: A person who deprives a possessor against his will of his possession, or disturbs him in his possession, acts unlawfully (i.e., unlawful interference), unless the law authorises the deprivation or disturbance. Possession acquired by unlawful interference is defective. The defect avails against a successor in possession who is the heir of the possessor, or who knew of the defect of his predecessor's possession at the time of acquiring it. § 906: The owner of a piece of land may not forbid the discharge of gases, vapours, odours, smoke, soot, heat, noise, vibrations and similar interferences proceeding from another piece of land, in so far as the interference does not, or does not essentially, injure the use of his land, or is caused by a use of the other land which is customary according to the local customs for lands in such a situation. Discharge by a special conduit is not permitted. § 929: For the transfer of ownership of a moveable it is necessary that the owner deliver the thing to the acquirer and make a real agreement with him that the ownership shall pass. If the acquirer is in possession of the thing the real agreement as to the passing of ownership is sufficient. b) Loewy (1909) 43 § 854: [Acquisition] The possession of a thing is acquired by obtaining actual control of the thing. The agreement of the possessor and of the transferee suffices for the acquisition, if the transferee is in position to exercise control over it. § 858: [Forbidden Arbitrary Force] One who takes the possession from the possessor without his will, or disturbs him in his possession, acts unlawfully unless the law permits the taking or disturbing. (Verbotene Eigenmacht, forbidden arbitrary force.) Possession obtained by forbidden arbitrary force is defective. The successor in the possession must admit the defect against himself, if he is heir of such possessor, or knows at the time of the acquisition the defect in the possession of the predecessor. § 906: The owner of a piece of land cannot prohibit the incoming of gases, steam, odors, smoke, soot, heat, noises, shocks and similar interference coming from another piece of land in so far as the interference does not, or only inconsiderably, affect the use of his land, or so far as it is caused by a use of the other piece of land, which under the local condition is usual with land in such situation. The introduction through a special channel is not permissible. § 929: [Transfer of Ownership] For the transfer of ownership of a movable thing it is necessary that the owner delivers it to the purchaser and that both agree that Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909.

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the ownership be transferred. If the purchaser already possesses the thing, the agreement as to the transfer of the ownership is sufficient. c) Smithers (1903) § 854 Abs. 1: The possession of property is the acquirement of power in fact over the same.44 d) Walton (1904) § 906: The owner of an immovable cannot object to the emmission of gases, vapours, smells, smoke, soot, heat, noise, vibration and other influences from a neighbouring property, when these inconveniences do not injure the use of this property at all, or not materially, or when they result from the use of the other property, if this use is a normal one for property at this situation, considering the circumstances of the locality. Introduction by means of a special conduit is not allowed.45 11. Eherecht: §§ 1297, 1298, 130346, 130447, 136348 BGB a.F. a) Wang (1907 f 9 § 1297: No action can be brought upon a betrothal for the fulfilment of the promise to marry. A promise to pay a penalty in case of non-fulfilment of the promise is void.

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Smithers , The German Civil Code: Part II: Form - Substance - Application, The American Law Register, Band 51 (1903), S. 14, 24. 45 Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 160 f. 46 § 1303 BGB a.F. (Mindestalter zur Eingehung der Ehe) lautete: Ein Mann darf nicht vor dem Eintritte der Volljährigkeit, eine Frau nicht vor der Vollendung des sechzehnten Lebensjahrs eine Ehe eingehen. Einer Frau kann Befreiung von dieser Vorschrift bewilligt werden. 47 § 1304 BGB a.F. (Einwilligung des gesetzlichen Vertreters) lautete: Wer in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, bedarf zur Eingehung einer Ehe der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters. Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund, so kann Einwilligung, wenn sie ihm verweigert wird, auf Antrag des Mündels durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Das Vormundschaftsgericht hat die Einwilli gung zu ersetzen, wenn die Eingehung der Ehe im Interesse des Mündels liegt. 48 § 1363 BGB a.F. (Gesetzlicher Güterstand) lautete: Das Vermögen der Frau wird durch die Eheschließung der Verwaltung und Nutznießung des Mannes unterworfen (eingebrachtes Gut). Zum eingebrachten Gut gehört auch das Vermögen, da die Frau während der Ehe erwirbt. 49 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907.

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§ 1298: If a betrothed person withdraws from the betrothal, he (or she) shall compensate the other party to the betrothal, the latter's parents, and any other third parties who have acted in loco parentis , for any damage caused by their having incurred outlay or obligations in expectation of the marriage. He shall also compensate the other party to the betrothal for any damage which the latter suffers through having, in expectation of the marriage, taken other measures affecting his (or her) property or employment. The damage shall be made good only in so far as the incurring of outlay or obligations and the other measures were reasonable under the circumstances. The duty to make compensation does not arise if a grave reason for the withdrawal exists. § 1303: A man may not marry before attaining majority; a woman may not marry before the completion of her sixteenth year of age. Dispensation from this provision may be granted to a woman. § 1304: A person who is limited in disposing capacity requires, for concluding a marriage, the approval of his statutory agent. If the statutory agent is a guardian, and if the approval is refused by him, it may be supplied by the Guardianship Court upon the application of the ward. The Guardianship Court shall give its approval if the conclusion of the marriage is in the interest of the ward. § 1363: By the conclusion of a marriage the property of the wife becomes subject to the management and usufruct by the husband (contributed property). Contributed property includes also the property which the wife acquires during the marriage. b) Loewy (1 909)50 § 1297: [Betrothal - Not a Subject for Legal Action] Upon a betrothal suit cannot be brought for the consummation of marriage. The promise of a penalty in the event, that the marriage is not contracted, is void. § 1298: [Revocation - Damage] If a betrothed person rescinds the betrothal, he shall indemnify the other party and his parents as well as third parties, who have acted in place of parents, for the damage caused, so far as they, in expectation of the marriage, have made expenditures or have contracted obligations, he shall also indemnify the betrothed for the damage so far as, in expectation of the marriage, measures touching property or position in business have been taken. The damage is only in so far to be compensated, as the expenditures, the assumption of obligations and other acts were suitable according to the circumstances. The obligation of indemnity does not occur, if an essential reason exists for the rescission. § 1303: [Impediments to Marriage: Age] A man may not enter the married state before arriving at the age of majority and a woman not before completing her sixteenth year. 5

Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909.

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§ 1304: [Restricted Business Competency] One, who has been restricted in his business capacity, requires the consent of his legal representative to the contract of marriage. If the legal representative is a guardian, the consent, if refused by him, may, on motion of the ward be given (ersetzt) by the Court of Guardianship. The Court of Guardianship shall give the consent, if the marriage is in the interest of the ward. § 1363: [Management and Use by the Husband] The property of the wife is, by the marriage, subjected to the management and use of the husband (eingebrachtes Gut) (property brought into the marriage). Property acquired by the wife during the marriage is also property brought into the marriage (eingebrachtes Gut). c) Parliamentary

Papers : Laws relating to Marriage (1911) 51

§ 1297: A betrothal cannot give rise to an action to enforce the contract to marry. The promise of a penalty in the event of the marriage not taking place is null and void. § 1298: If a betrothed withdraws from the betrothal he must compensate the other betrothed and the parents of the betrothed and also third persons who have acted in the place of the parents for whatever damage may have been caused to them, in that they have in expectation of the wedding made disbursements or entered into engagements, he must also compensate the other betrothed for losses occasioned by other measures touching his property or his means of livelihood which the other betrothed has taken. § 1303: A man may not before attaining his majority, a woman not before the completion of her sixteenth year, contract marriage. Exemption from this provision may be granted to a woman. § 1304: A person who has his capacity limited requires the consent of his legal representative to be able to contract marriage. If the legal representative is a guardian, and the guardian refuses his consent, the Court of Guardianship can, on being moved by the ward, consent in the stead of the guardian. The Court of Guardianship must so consent when the contracting of the marriage is in the ward's interest. 12. Scheidungsgründe: §§ 156852, 156953 BGB a.F. a) Wang (1907 )54 § 1568: Either spouse may petition for divorce if the other spouse has, by any grave breach of marital duty, or by dishonest or immoral conduct, disturbed the 51 Laws Relating to Marriage in Force in Certain Foreign Countries, Miscellaneous No. 11, Cd. 5993, Parliamentary Papers 1911, Band 63 (Accounts and Papers, Band 19), S. 331, 432 ff.

Anhang A: Übersetzungsbeispiele BGB

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conjugal relations to such an extent that the petitioner cannot be expected to continue the marriage. Gross ill-treatment is also deemed to be a grave breach of duty. § 1569: Either spouse may petition for divorce if the other spouse has become insane for three years continuously during the marriage, and the insanity has reached such a stage that the intellectual community between the spouses has ceased, and there is no hope of its re-establishment. b) Loewy (1909) 55 § 1568: [Other Grounds for Divorce. Dishonorable Conduct etc.] A spouse may sue for divorce, if the other spouse by grave violation of the duties of marriage or by dishonorable or immoral conduct has caused so grave a disorder of the matrimonial relation, that the spouse cannot be presumed to continue the marriage. Gross maltreatment is also regarded as such a grave violation. § 1569: [Mental Disease] A spouse may sue for divorce if the other spouse has become mentally diseased, if the disease has, during the marriage, continued at least three years and reached such a degree, that the mental community between the spouses is severed, and that every prospect of restoration of such community is excluded. c) Hirschfeld

(1897)

§ 1568: A married person may sue for a divorce if the other through a grave violation of the duties imposed by the marriage, or through dishonourable or immoral conduct has brought about such a thorough subversion (Zerrüttung) of the matrimonial relationship that the innocent party cannot be expected to continue the married life. Aggravated insult is deemed to be a grave violation (gross violation56) of duty. 57

52

§ 1568 BGB a.F. (Zerrüttung der Ehe als Scheidungsgrund) lautete: Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte durch schwere Verletzung der durch die Ehe begründeten Pflichten oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet hat, da dem Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemutet werden kann. Als schwere Verletzung der Pflichten gilt auch grobe Mißhandlung. 53 § 1569 BGB a.F.: Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte in Geisteskrankheit verfallen ist, die Krankheit während der Ehe mindestens drei Jahre gedauert und einen solchen Grad erreicht hat, daß die geistige Gemeinschaft zwischen den Ehegatten aufgehoben, auch jede Aussicht auf Wiederherstellung dieser Gemeinschaft ausgeschlossen ist. 54 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. 55 Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909. 56 Hirschfeld , Judicial separation: Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1905), S. 152, 154. 57 Hirschfeld , The Law of Divorce in England and Germany, Law Quarterly Review, Band 13 (1897) S. 395, 396. 27 Dittmann

418

Anhang A: Übersetzungsbeispiele BGB d) Walton (1904)

§ 1568: A consort may demand divorce, when by a serious violation of the duties of marriage, or by disgraceful or immoral conduct, the other consort has culpably caused such a profound disturbance of the conjugal relations, that the continuation of the marriage can no longer be expected of him (or her). Cruelty is likewise considered a serious violation of the marital duties.58 § 1569: A consort may demand divorce when the other consort is afflicted with mental disease which has continued during the marriage for at least three years, and has reached such a degree that intellectual intercourse between the consorts has terminated, and that all hope of restoring it is lost. 59

13. Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft: §§ 1575 Abs. I 6 0 , 1576 Abs. I 6 1 und 1586 S. I 6 2 BGB a.F. a) Wang (1907f § 1575 Abs. 1: A spouse entitled to petition for divorce may petition for judicial separation in lieu of divorce. If the other spouse applies for divorce, and if the petition is well founded, the divorce shall be granted. § 1576 Abs. 1: If judicial separation has been granted, either spouse may apply for divorce by virtue of the decree of separation, unless the conjugal community has been re-established after the issue of such decree. § 1586 S. 1: If judicial separation is granted under 1575, the effects incident to divorce come into being; the conclusion of a new marriage is, however, excluded. b) Loewy (1909 J 64 § 1575 Abs. 1: [Dissolution of the Matrimonial Community] The spouse, entitled to sue for divorce, may instead of suing therefor, sue for dissolution of the matri-

58 Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 158. 59 Walton , The New German Code, The Juridical Review, Band 16 (1904), S. 148, 158. 60 § 1575 Abs. 1 BGB a.F. lautete: Der Ehegatte, der auf Scheidung zu klagen berechtigt ist, kann statt auf Scheidung auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft klagen. Beantragt der andere Ehegatte, daß die Ehe, falls die Klage begründet ist geschieden wird, so ist auf Scheidung zu erkennen. 61 § 1576 Abs. 1 BGB a.F. lautete: Ist auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erkannt, so kann jeder der Ehegatten auf Grund des Urteils die Scheidung beantragen, es sei denn, daß nach der Erlassung des Urteils die eheliche Gemeinschaft wiederhergestellt worden ist. 62 § 1586 S. 1 BGB a.F. lautete: Wird nach § 1575 die eheliche Gemeinschaft aufgehoben, so treten die mit der Scheidung verbundenen Wirkungen ein; die Eingehung einer neuen Ehe ist jedoch ausgeschlossen. 63 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907.

Anhang A: Übersetzungsbeispiele BGB

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monial community. If the other spouse asks, that the marriage in the event that the action is well founded be dissolved, the judgement shall be for divorce. § 1576 Abs. 1: If the judgement is for dissolution of the matrimonial community, either spouse may, upon the judgement, ask for divorce unless, after rendition of the judgement, the matrimonial community has been restored. § 1586 S. 1: [Effect of the Dissolution of the Matrimonial Community] If under § 1575 the matrimonial community is dissolved, the effects are those resulting from divorce; but a new marriage is barred. c) Hirschfeld

(1905 f 5

§ 1575 Abs. 1: „A party (husband or wife) having cause of action for a divorce, may, instead of petitioning for a divorce, petition for the dissolution of the matrimonial communion. Should, however, in that event, respondent move that if petitioner succeeds a divorce be decreed, the Court shall decree a divorce." § 1576 Abs. 1: „Where a dissolution of the matrimonial communion has been granted, either party may subsequently apply for a decree of divorce, unless cohabitation should have taken place in the meantime." § 1586 S. 1: „The dissolution of the matrimonial communion carries with it all the consequences of a divorce, precluding, however, the contracting of another marriage." 14. Erbrecht: § 1922 BGB a) Wang (1907 f 6 § 1922: On the death of a person (accrual of the inheritance), his property (the inheritance) passes as a whole to one or several other persons (heirs). The provisions relating to an inheritance apply to the share of a co-heir (share in the inheritance). b) Loewy (1909) 61 § 1922: [Principles] Upon the death of a person, his or her estate (inheritance) passes as a whole to one or several other persons (heirs). As to the portion of a co-heir (share of inheritance) the provisions hereof relating to the inheritance are applicable.

64

Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909. Hirschfeldy Judicial separation: Germany, Journal of the Society of Comparative Legislation, New Series, Band 6 (1905), S. 152. 66 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907. 67 Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909. 65

27*

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Anhang A: Übersetzungsbeispiele BGB

15. Internationales Privatrecht: Geschäftsfähigkeit, Form von Rechtsgeschäften, Eheschließung und eheliches Güterrecht, Renvoi, Ordre public, Art. 7 6 8 , I I 6 9 , 13 70 , 15 71 , 27 72 , 30 73 EGBGB a.F. a) Wang (1907) 74 Art. 7: The disposing capacity of a person is determined by the law of the country of which he is a subject.

68 Art. 7 EGBGB a.F. (Geschäftsfähigkeit) lautete: (1) Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Person angehör (2) Erwirbt ein Ausländer, der volljährig ist oder die rechtliche Stellung eines Voll jährigen hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er die rechtliche Stellung eines Volljährigen, auch wenn er nach den deutschen Gesetzen nicht volljährig ist. (3) Nimmt ein Ausländer im Inland ein Rechtsgeschäft vor, für das er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, so gilt er für dieses Rechtsgeschäft insoweit als geschäftsfähig, als er nach den deutschen Gesetzen geschäftsfähig sein würde. Auf familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte sowie auf Rechtsgeschäfte, durch die über ein ausländisches Grundstück verfügt wird, findet dies Vorschrift keine Anwendung. 69 Art. 11 EGBGB a.F. lautete: (1) Die Form eines Rechtsgeschäfts bestimmt sich nach den Gesetzen, welche für das den Gegenstand des Rechtsgeschäfts bilden de Rechtsverhältnis maßgebend sind. Es genügt jedoch die Beobachtung der Gesetze des Ortes, an dem das Rechtsgeschäft vorgenommen wird. (2) Die Vorschrift d Absatz 1 Satz 2findet keine Anwendung auf ein Rechtsgeschäft, durch das ein Recht an einer Sache begründet oder über ein solches Recht verfügt wird. 70 Art. 13 EGBGB a.F. lautete: (I) Die Eingehung der Ehe wird, sofern auch nur einer der Verlobten ein Deutscher ist, in Ansehung eines jeden Verlobten nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem er angehört. Das gleiche gilt für Ausländer, die im Inland eine Ehe eingehen. (2) In Ansehung der Ehefrau eines nach Artikel 9 Absatz 3 für tot erklärten Ausländers wird die Eingehung der Ehe nach den deutschen Gesetzen beurteilt. (3) Die Form einer Ehe, die im Inlande geschlossen wird, bestimmt sich ausschließlich nach den deutschen Gesetzen. 71 Art. 15 EGBGB a.F. lautete: (I) Das eheliche Güterrecht wird nach den deutschen Gesetzen beurteilt, wenn der Ehemann zum Zeitpunkt der Eheschließung ein Deutscher war. (2) Erwirbt der Ehemann nach der Eingehung der Ehe die Reichsangehörigkeit, oder haben ausländische Ehegatten ihren Wohnsitz im Inlande, so sind für das eheliche Güterrecht die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Man zur Zeit der Eingehung der Ehe angehörte; die Ehegatten können jedoch einen Ehevertrag schließen, auch wenn er nach diesen Gesetzen unzulässig sein würde. 72 Art. 27 EGBGB a.F. lautete: Sind nach dem Rechte eines fremden Staates, dessen Gesetze in den Artikel 7 Absatz I, dem Artikel 13 Absatz 1, dem Artikel 15 Absatz 2, dem Artikel 17 Absatz lund dem Artikel 25 für maßgebend erklärt sind, die deutschen Gesetze anzuwenden, so finden diese Gesetze Anwendung. 73 Art. 30 EGBGB a.F. lautete: Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. 74 Wang (Übers.), The German Civil Code, London 1907.

Anhang A: Übersetzungsbeispiele BGB

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If an alien who is of full age or who has the legal status of a person who is of full age becomes a subject of the Empire, he retains the legal status of a person of full age, even though he be not of full age under German law. If an alien enters into a juristic act within the Empire for which he is incapable or is limited in capacity, he is deemed to be capable of entering into the juristic act in so far as he would be capable under German law. This provision does not apply to juristic acts under the family law and the law of inheritance, nor to juristic acts whereby a piece of land situated in a foreign country is disposed of. Art. 11: The form of a juristic act is determined by the laws which govern the legal relation forming the object of the juristic act. However, compliance with the laws of the place, where the juristic act is entered into is sufficient. The provision of par. 1, sentence 2, does not apply to a juristic act whereby a right to a thing is created or whereby such a right is disposed of. Art. 13: The conclusion of a marriage, even if only one of the parties is a German, is determined in respect of each of the parties by the laws of the country of which he (or she) is a subject. The same rule applies to an alien who concludes a marriage within the Empire. In respect of the wife of an alien declared dead under Article 9, par. 3, the conclusion of a new marriage is determined by German law. The form of a marriage which is concluded within the Empire is determined exclusively by German law. Art. 15: The matrimonial régime is determined by the German law if the husband was a German at the time of the conclusion of the marriage. If the husband acquires German nationality after the conclusion of the marriage, or if foreign spouses have their domicile within the Empire, the laws of the country of which the husband was a subject at the time of the conclusion of the marriage govern the matrimonial régime; the spouses may, however, enter into a marriage contract, even though it would not be permissible under the laws of that country. Art. 27: If German law is declared to be applicable by the law of a foreign country whose law is declared to be applicable by Article 7, par. 1, Article 13, par. 1, Article 15, par. 2, Article 17, par. 1, and Article 25, then German law applies. Art. 30: The application of a foreign law is not permitted if the application would be contra bonos mores , or contrary to the object of a German law. b) Loewy (1909 )75 Art. 7: The business competency of a person (Geschäftsfähigkeit) is adjudged according to the laws of the state to which the person belongs. If a foreigner, who is of the age of majority, or who has the legal status of a person of the age of majority, acquires the citizenship of the Empire (Reichsange75

Loewy (Übers.), The Civil Code of the German Empire, Boston 1909.

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Anhang A: Übersetzungsbeispiele BGB

hörigkeit), he retains the legal status of a person of the age of majority, though under the German law he is not of the age of majority. If a foreigner enters into a legal transaction in this country as to which he is not competent, or is restricted in his competency he is as to such transaction to be regarded as competent in so far as he, under the German laws, would be competent to act. This provision does not apply to transactions relative to family rights and to rights of inheritance, as well as to transactions disposing of real estate in a foreign country. Art. 11: [Form of Legal Transaction] The form of a legal transaction is controlled by the laws governing the relation, which constitutes the subject of the transaction. However, the compliance with the laws of the place, at which the transaction is made, is sufficient. The provision of par. 1, sentence 2, shall not apply to a transaction, whereby a right to a thing is established or such a right is disposed of. Art. 13: [Marriage] The contract of marriage, if but one of the betrothed is a German, is in respect to either of the betrothed judged according to the laws of the state to which he belongs. The same is applicable to foreigners who contract marriage in this country. Respecting the wife of a foreigner adjudged dead under article 9, paragraph 3, the contract of marriage is judged according to German laws. The form of a marriage concluded in this country is determined exclusively according to the German laws. Art. 15: [Matrimonial Property Rights] The right of matrimonial property is applied in accordance with German laws, if the husband at the time of the marriage was a German. If the husband after the marriage acquires the German citizenship, or, if foreign spouses have their domicil in this country, the laws of that state determines the matrimonial property rights to which the husband belongs at the time of the marriage; the spouses may, however, enter into a marriage contract, even if it should be inadmissible under said laws. Art. 27: If, under the laws of a foreign state, which are declared as controlling in Article 7, par. 1; Article 13, par. 1; Article 15, par. 2; Article 17, par. 1, and Article 25, the German laws are to be applied, these laws have application. Art. 30: [Exclusion of Foreign Law] The application of a foreign law is excluded, if the application would offend against good morals or against the purpose of a German law. c) Parliamentary

Papers : Laws relating to Marriage (1911 j 76

Art. 7 Abs. 1: The capacity of a person is to be judged by the laws of the State to which that person belongs.

Anhang A: Übersetzungsbeispiele BGB

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Art. 11 Abs. 1: The form of a legal act is decided by the laws which regulate the legal relation which forms the object of the legal act. However, the observance of the laws of the place where the legal act is undertaken is sufficient. Art. 13: The contracting of a marriage is, where only one of the betrothed is a German, judged in respect of each of the betrothed according to the laws of the State to which he belongs. The like applies to foreigners who contract a marriage within the German Empire. With regard to the wife of a foreigner who has been declared dead under article 9, paragraph 3, the contracting of the marriage will be judged according to German law. The form of a marriage which is contracted within the German Empire is determined exclusively by German law. Art. 27: If, according to the law of a foreign State, whose laws are by article 7, paragraph 1, article 13, paragraph 1, article 15, paragraph 2, article 17, paragraph 1, and article 25, declared to be those governing the question, German law is to be applied, than German law shall be applied. d) Ameisen (1899) Art. 7: The capacity of a person to act is judged by the laws of the country to which the person belongs. A foreigner who is of full age, or enjoys the status of majority, upon acquiring the German nationality retains the legal status of majority, even though he would not be of full age by German law. If a foreigner undertakes the performance of an act in law for which he possesses no capacity, or if his capacity is only partial, he will be regarded as capable to act in so far as he may be able to act by German law. This provision finds no application to acts in law relating to domestic relations and succession, as well as to acts in law whereby real property situate in a foreign country is disposed of. 77 e) Hirschfeld

(1900)

Art. 15 Abs. 1, 2, Satz 1: The property relations are governed by the German law where the husband at the time of marriage was a German subject. Foreign spouses having, at the time of their marriage, their domicil in Germany, their property relations will be governed by the law of the country to which the husband belongs at the time. 78 76

Laws Relating to Marriage in Force in Certain Foreign Countries, Miscellaneous No. 11, Cd. 5993, Parliamentary Papers 1911, Band 63 (Accounts and Papers, Band 19), S. 331, 442 f. 77 Ameisen, Some Features of the New Civil Code of the German Empire, American Law Review, Band 33 (1899), S. 396, 400. 78 Hirschfeld , De Niçois v. Curlier and the New German Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 288, 290.

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Anhang A: Übersetzungsbeispiele BGB

Art. 30: The application of a foreign law is excluded if such an application would infringe on morality, or the object of German law. 79

79

Hirschfeld , The German Code and Private International Law, Law Quarterly Review, Band 16 (1900), S. 88, 91.

Anhang Β: Übersetzungsbeispiele HGB Anhand einiger beispielhaft ausgewählter Paragraphen werden im Folgenden die verschiedenen Versionen der zeitgenössischen englischen Übersetzungen des Handelsgesetzbuches einander gegenübergestellt. Wegen ihrer grundlegenden Bedeutung, aber auch wegen ihrer teilweise verklausulierten, schwer zu übersetzenden Formulierung wurden die §§1, 4, 5 (Kaufmannseigenschaft), 15 (Publizität des Handelsregisters), 48 (Prokura) und aus den Vorschriften über die Handelsgeschäfte die §§ 343, 346, 377, 383 HGB in der Fassung vom 10. Mai 1897 ausgewählt.

1. Kaufmannseigenschaft, §§ 1, 4, 5 HGB a.F. 1 a) Platt (1900) 2 § 1 Abs. 1, 2 Nr. 1: A trader within the meaning of this Code is he who carries on a trade. Every undertaking having one of the hereinafter enumerated objects is held to be a trade (i.) The buying and re-selling of movable goods (merchandise) or valuables, it making no difference whether the goods are re-sold in the condition in which they are received, or whether they undergo any transmutation or preparation previous to such re-sale. § 4 Abs. 1: The enactments concerning firm-names, trade-books, and procuration have no application to artisans or to persons whose business does not exceed the limits of a mere handicraft.

1 § 1 Abs. 1, 2 Nr. 1 HGB a.F. lautete: (I) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzes ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. (2) Als Handelsgewerbe gilt jeder Gewerbebetrieb, der eine der nachstehend bezeichneten Arten von Geschäften zum Gegenstand hat: 1. die Anschaffung und Weiterveräußerung von beweglichen Sachen (Waren) oder Wertpapieren, ohne Unterschied, ob die Waren unverändert oder nach einer Bearbeitung oder Verarbeitung weiter veräußert werden; ... § 4 Abs. 1 HGB a. F. lautete: Die Vorschriften über die Firmen, die Handelsbücher und die Prokura finden auf Handwerker sowie auf Personen, deren Gewerbe nicht über den Umfang eines Kleingewerbes hinausgeht, keine Anwendung. § 5 HGB a.F. lautete: Ist eine Firma im Handelsregister eingetragen, so kann gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, daß das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei oder daß es zu den in § 4 Abs. 1 bezeichneten Betrieben gehöre. 2 Platt (Übers.), The Commercial Code for the German Empire, London 1900.

426

Anhang

: Übersetzungsbeispiele

GB

§ 5: When a firm-name is inscribed in a trade-register, it cannot be held, to the prejudice of him who relies on such inscription, that the business carried in under this firm-name is not a trade undertaking or to be included in the list of undertakings specified in art . 4, par. 1. b) Alfred Felix Schuster (191 l) 3 § 1 Abs. 1, 2 Nr. 1: Mercantile trader in this Code means any person carrying on a mercantile trade. By mercantile trade is meant every trade that has for its object one of the undermentioned kinds of business: (1) The production and resale of moveable things (hereafter called merchandise), or negotiable instruments irrespective of whether such merchandise is resold without change or after being worked upon or altered in some way; (...) § 4 Abs. 1: The rules about trade-names, books of account, and powers of procuration have no application to handicraftsmen, or to persons whose business does not exceed the limits of a small trade. § 5: When once a trade-name is entered in the Mercantile Register, evidence that the trade is carried on under such trade-name is not a .mercantile trade/ or that it is one of the trades referred to in sect. 4, paragraph 1, is inadmissible as against a party relying upon registration. c) Samuel/Hynes (Commercial Laws of the World,

1913 f

§ 1 Abs. 1, 2 Nr. 1: A trader within the meaning of this Code means a man who pursues an industrial trade. A industrial trade comprises every industrial occupation which has for its object matter any of the business described below: 1. the providing and sale of moveable chattels (goods) or negotiable instruments, without any distinction whether the goods remain unchanged, or after being worked up or elaborated, are sold again; (...) § 4 Abs. 1: The provisions with regard to firms, trade books and procurations have no application with regard to artisans or persons whose industry does not exceed the scope of an ordinary petty concern. §5: If a firm has been registered in the trade register it is impossible to raise the point against a person who relies on the registration that the industry exercised by the firm is not an industrial trade, or that it belongs to the occupations referred to in § 4, par. 1.

3

Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, London 1911. Scrutton/Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 24: The German Empire, Part I, London 1913. 4

Anhang (britischer

: Übersetzungsbeispiele

d) Charles Oppenheimer Generalkonsul in Frankfurt

GB am Main, 1897f

§ 1 Abs. 1, 2 Nr. 1: A merchant in the sense of the law is a person who carries on a trade. As trade is to be regarded: 1. Procuring and selling movable objects, wares or stocks. § 4 Abs. 1: The regulations about firms, commercial books, and the power of attorney, are not applicable to artisans nor to persons whose trade does not exceed the scope of the latter. 2. Publizität des Handelsregisters, § 15 Abs. 1, 2 HGB 6 a) Platt (1900) 7 § 15 Abs. 1, 2: So long as a fact which ought to be inscribed in the trade register has not been so inscribed and published, it cannot be used to the prejudice of a third party by him whose duty it is to inscribe it, unless such third party has had knowledge of such fact. If a fact has been duly registered and published, a third person is obliged to admit its validity against himself, unless he either did not know it or it could not be held that he had to have known it. b) Alfred Felix Schuster (191 if § 15 Abs. 1, 2: If a fact which ought to be registered in the Mercantile Register is not registered and published, the person among the entries concerning whom the fact ought to have been registered cannot avail himself of the fact as against another party, unless such party was aware of the fact. If the fact has been registered and published, such fact can be relied upon as against the other party, unless he can prove that he neither knew or ought to have known of it.

5

Foreign Office, 1897, Annual Series No. 1942, Diplomatic and Consular Reports on Trade and Finance: Germany: Report for the year 1896 on the Trade of the District of the Consulate-General of Francfort-on-Main, C. 8277, S. 55 f. (= Parliamentary Papers 1897, Band 91 (Accounts and Papers, Band 40), S. 279, 334). 6 § 15 Abs. 1, 2 HGB a.F. lautete: (1) Solange eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache nicht eingetragen und bekanntgemacht ist, kann sie von demjenigen, in dessen Angelegenheiten sie einzutragen war, einem Dritten nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, daß sie diesem bekannt war. (2) 1st die Tatsache eing tragen und bekannt gemacht worden, so muß ein Dritter sie gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß er sie weder kannte noch kennen mußte. 7 Platt (Übers.), The Commercial Code for the German Empire, London 1900. 8 Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, London 1911.

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Anhang Β: Übersetzungsbeispiele HGB c) Samuel/Hynes ( Commercial Laws of the World , 1913 f

§ 15 Abs. 7, 2: So long as a fact which ought to be registered in the commercial register has not been registered and notified, it cannot be used against a third person by a person connected with the business which ought to have been registered, unless it should have been already known to the said third person. If the fact has been registered and notified a third person is bound to allow it to be effective against himself, unless he neither knew it or ought to have known it. 3. Prokura, § 48 HGB a) Piatt (7 900) 10 § 48: Agency can only be conferred by the proprietor of a business or his legal representative, and then only by express declaration. Agency may be conferred on several persons together (collective agency). b) Alfred Felix Schuster (1911) n § 48: A power of procuration can only be conferred by the owner of a mercantile business or his statutory agent, and only by means of an express declaration. Such a power may be conferred on several persons collectively in one declaration, and when so conferred is hereinafter referred to as a joint power of procuration. c) Samuel/Hynes (Commercial Laws of the World , 1913)12 § 48: A proxy can only be given by the owner of a business or his legal representative, and only by express declaration. It may be given to several persons jointly (joint proxy). 4. Handelsgeschäfte, §§ 343, 346, 377, 383 HGB 1 3 a) Platt (1900) 14 § 343: Commercial transactions are all the transactions of a trader which are incidental to the carrying on of his business. 9

Scrutton/Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 24: The German Empire, Part I, London 1913. 10 Platt (Übers.), The Commercial Code for the German Empire, London 1900. 11 Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, London 1911. 12 Scrutton/Bowstead (Hrsg.), Commercial Laws of the World, Band 24: The German Empire, Part I, London 1913. 13 § 343 HGB a.F. lautete: (1) Handelsgeschäfte sind alle Geschäfte eines Kaufmannes, die zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören. (2) Die in § 1 Abs. 2

Anhang

: Übersetzungsbeispiele

GB

The transactions mentioned in art. 1, par. 2, assume equally the character of commercial transactions when they are completed by a trader in the carrying on of his business, even if they have reference to matters which are usually foreign to it. § 346: To establish between traders the extent and importance of the doing and omitting to do certain things, account must be taken of customs and usage in force in business relations. § 377: When the purchase is a commercial transaction with regard to both parties, the buyer ought to examine the goods immediately after the delivery to him by the seller, so far as it is possible in the ordinary course of business, and if any defect be apparent, to immediately give notice of it to the seller. If the buyer omits to give notice, the goods are considered as accepted, so long as there exists no defect which could not be recognized at the time of examination. When such a defect shows itself later, notice must be given immediately after its discovery, otherwise the goods are considered as taken even with such defect. The buyer may maintain his rights so long as he sends notice in good time. A seller who has fraudulently concealed a defect cannot claim any benefit under the preceding enactment. § 383: An agent is he who undertakes as his profession to buy or sell goods or paper-securities in his own name on account of a third person (principal). b) Alfred Felix Schuster (191 1)15 § 343: The term »mercantile transaction4 denotes any transaction entered upon by a mercantile trader in the course of the mercantile trade which he carries on. Transactions of the description specified in sect. 1, paragraph 2, entered upon by a mercantile trader are mercantile transactions even if entered upon in the course of a business which is usually concerned with transactions of other descriptions. § 346: All acts and omissions as between mercantile traders must be interpreted as regards their significance and effect with reference to mercantile usage and customs. § 377: If the sale is a bilateral mercantile transaction the purchaser must examine the goods immediately after the delivery by the vendor, as far as this is practicable in the ordinary course of business, and upon the discovery of any defect must immediately give notice thereof to the vendor.

bezeichneten Geschäfte sind auch dann Handelsgeschäfte, wenn sie von einem Kauf mann im Betrieb seines gewöhnlich auf andere Geschäfte gerichteten Handelsgewerbes geschlossen werden. Die §§ 346, 377 HGB gelten bis heute, Stand Ende 1999, in unveränderter Fassung. Das gleiche gilt für § 383, heute § 383 Abs. 1, dem durch Art. 3 HRefG vom 22. Juni 1998 (BGBl. I S. 1474) ein zusätzlicher Abs. 2 angefügt worden ist. 14 Platt (Übers.), The Commercial Code for the German Empire, London 1900. 15 Alfred Felix Schuster (Übers.), The German Commercial Code, London 1911.

430

Anhang

: Übersetzungsbeispiele

GB

A purchaser failing to give such notice shall be deemed to have accepted the goods, unless the defect in question is one not descernible by such examination. Upon the subsequent appearance of a defect not discoverable by such examination, notice thereof must be given immediately upon its being discovered, otherwise the goods will be held to have been accepted notwithstanding such defect. The purchaser's rights are sufficiently protected by the sending off of the notice at the proper time. If a vendor intentionally conceals any defect he cannot rely upon the rules of this section. § 383: A commission merchant is a person who in the regular course of his trade undertakes to buy or sell goods or negotiable instruments in his own name upon the instructions of another (hereinafter called the principal). c) Samuel/Hynes ( Commercial Laws of the World,

1913J 16

§ 343: All the transactions carried out by a trader in connection with his business are commercial transactions. The transactions referred to in § 1, sub-par. 2, are also regarded as commercial transactions when they are carried out by a trader in the course of his business, although the business is of a kind not usually including such transactions. § 346: The customs and usages which prevail in commerce must be regarded in deciding as between traders what are the importance and effects of any acts or omissions. § 377: If the sale is a commercial transaction as regards both parties to it, the buyer is bound to examine the goods immediately on the delivery to him by the vendor, so far as this is practicable in the ordinary course of business, and he must thereupon immediately notify the vendor of any defects he may discover. If the buyer fails to give this notice, he is held to have accepted the goods, even if the effect is one which would not have been revealed by examination. Should a defect in the goods be subsequently discovered, notice must be send without delay after the discovery, otherwise the goods will be taken to have been accepted with this defect. It is sufficient to conserve the rights of the buyer as to acceptance, if the notice is despatched in the proper time. If the vendor has fraudulently concealed the defect, he is not entitled to rely on these provisions. § 383: A commission agent is a person who for purposes of business undertakes to buy or sell in his own name the goods or valuable securities of another person (his principal) on that person's account.

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Dittmann

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arverzeichnis Die Zahlen geben die Seitenzahlen an, die fettgedruckten Zahlen weisen auf die Stellen hin, an denen die jeweilige Person oder der betreffende Begriff besonders behandelt wird. Personennamen sind kursiv gedruckt. Abstraktionsprinzip 108, 124, 172, 173 (Fn. 592), 180, 309 Abzahlungsgeschäfte, Gesetz betreffend die (AbzG) 106, 162, 337 Adoption 173, 175, 293, 294 ff., 389 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) 89, 158, 213, 217, 239, 243 Allgemeines Landrecht, Preußisches (ALR) 59, 89, 158, 239, 279, 299 Ameisen, Arthur 125 ff., 272, 300 American Bar Association 32, 36, 44, 141, 210, 324, 379, 385 American Peace Society 30 American Political Science Organisation 36 Arnold, William 351 Association of International Law 35 Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft, siehe judicial separation Auslobung 153, 407 Australien 48, 247, 262, 352

Bewes, Wyndham A. 171 Bills of Exchange Act (1882) 366, 369 Blyth, Edmund Kell 259 f., 264 Bona fide, siehe gutgläubiger Erwerb Borchard, Edwin Montefiore 39, 43 ff., 59, 84, 117, 185 f., 188 (Fn. 676), 210, 234, 320, 321, 328, 330, 338, 341, 348, 353, 355, 393, 394 Börsengesetz (1896) 124, 238 Brandenburg 254 Breit, James 360 Brickdale, siehe Fortescue-Brickdale, Charles Britisch-Indien 33, 80, 213, 323, 366 (Fn. 3), 367, 368, 369, 376, 392 British Academy 220 (Fn. 830) Brodowski, Edmund Z. (US-Konsul Solingen) 81 Bürge, William 29, 50, 172 Bürgschaft 56, 149, 186 Burns, John 259 Burrit 30 Byles, W. J. Barnard 357, 360

Baden 80, 255 Baldwin, Simeon E. 37, 210, 324, 328, Cambridge 34, 158, 164, 224 (Fn. 857) 331, 381, 393 Carver, T. G. 352 Bar, Ludwig von 127 (Fn. 590), 173,305 Chalmers, Mackenzie Dalzell Edwin Baty, Thomas 356 Stewart 366 (Fn. 3), 369 f. Bayerisches Oberstes Landesgericht Chiang Kai-Sheck 193 Chydenius, Wilhelm 215 315, 317, 321 Clemens, Justus 273 Bayern 271 Becker, Joseph Ernest de 116, 201, Code Civil 64, 76, 89, 121, 131, 151, 158, 172, 183, 186, 189, 196, 213, 210, 216, 217, 339 215, 216, 217, 220 (Fn. 839), 221, Bereicherungsrecht 100, 103, 108, 145, 229, 239, 242, 254, 279, 293, 295, 149, 209, 358, 406, 407, 410 367, 370, 375, 396, 398 Besitz 49, 95, 108, 146, 180, 205, 226 Code Napoléon, siehe Code Civil Beweisrecht 101, 214, 208, 313 f., 316, Cohn, Ernst J. 117,210 317, 320, 322, 325, 327, 330 f., 390

Sachwortverzeichnis Cohn, Georg 355 Common Law 21 (Fn. 8), 172, 187, 215, 364 ff. compulsory registration 248, 249, 260 consideration 104, 124, 130, 132, 358 Cook, J.J. 312,328 culpa in contrahendo 148 Dahn, Felix 58, 69, 75, 76, 151, 184 (Fn. 661) Deliktsrecht 95, 107, 129, 132, 135, 146, 163, 175, 228, 239 ff., 389, 411 Denning, Lord 35 Department of Commerce (US-Handelsministerium) 43, 211, 278, 321, 355, 363, 385 Dernburg, Heinrich 21 (Fn. 7), 24 (Fn. 12), 112 Dicey, Albert Venn 34 Dienstvertragrecht 101, 106, 130, 135, 149, 214 Differenzgeschäft 105, 125, 236, 238, 409 Doroghi, Ervin 329 Dulon, Rudolf 138, 313, 330, 381 Ehefähigkeitsbescheinigung 276 f. eheliches Güterrecht 119 (Fn. 277), 122, 126, 131, 136, 147, 154, 177, 182, 186, 202, 272 ff., 389, 420 Ehelichkeit des Kindes, siehe uneheliches Kind Eherecht 61, 77, 79, 95, 110, 119 ff., 148, 154, 176, 208, 224, 271 ff., 414 Eherecht, englisches, siehe englisches Eherecht Eichholz, Adolf 133 ff., 149, 184 (Fn. 661), 274, 290, 296, 397 Eigenthumserwerbsgesetz, Preußisches 246 (Fn. 989), 249, 253, 268 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) 73, 99, 112, 126, 128, 148, 159, 172, 181, 185, 196, 207, 208, 298 ff. eingebrachtes Gut 127, 138, 177, 186, 203, 274, 415, 416 Einrede der Vorausklage 96, 145, 186, 202, 203, 206

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einseitiges Rechtsgeschäft, siehe Rechtsgeschäft, einseitig Eisenbahngesetz (1838), Preußisches 239 Endemann, W. 55, 333 englisches Eherecht 119 (Fn. 277) englisches Grundstücksrecht 246 ff. englisches Parlament 41, 271, 264 ff. englisches Scheidungsrecht 119 (Fn. 277) Entmündigung, Entmündigungsverfahren 332 Erbbaurecht 97, 181 Erbrecht 41, 95, 111, 136, 182, 201, 207, 296 ff., 389, 419 Ernst, C. W. 55, 86, 311 Erster Weltkrieg, siehe Weltkrieg, Erster Familienrat 178, 295 f., 389 Feststellungsklage 327 f., 390 Field, David Dudley 30, 366 (Fn. 3), 376 Finderlohn, siehe Fund Findlay, A. 212 FitzPatrick, Dennis 291 Foreign Office (Brit. Außenministerium) 40, 88, 117, 208, 248, 271, 280, 297, 343, 360, 362, 385 Formosa, siehe Taiwan Fortescue-Brickdale, Charles 42 (Fn. 63), 56, 60, 80, 244, 245, 250 ff., 261, 262, 264, 266, 269, 393, 394 Freiwillige Gerichtsbarkeit 22, 310, 313, 315 f., 320, 323 Freiwillige Gerichtsbarkeit, Gesetz über (FGG), siehe Freiwillige Gerichtsbarkeit Freund, Ernst 58, 59, 72, 127 ff., 184 (Fn. 661), 232, 238, 241, 336, 346, 380, 396 Friendly Societies 50, 333, 342, 345 Fund 109, 106 Gahan, Frank 210, 213, 232, 375 Garner, James Wilford 320 Gebrauchsmustergesetz 102 Gefährdungshaftung 239, 240, 242

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Geldart, William Martin 219 Generalklauseln 93, 96, 101, 102, 120, 129, 131, 139, 146, 140, 161, 206, 214, 226, 232, 242, 275, 285 ff., 301, 362, 371, 372, 389, 404 Georgi, Elsbeth 355 Gerichtsferien 314 Gerichtsstand 307, 323, 327 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) 22, 310, 311 ff., 313, 317 ff., 390 Germanisten 58, 69, 163, 169 Geschäftsfähigkeit 93, 103, 175, 202, 217, 227, 281, 388, 420 Geschäftsführung ohne Auftrag 95, 96,

Grundstücksrecht, englisches, siehe englisches Grundstücksrecht gute Sitten, siehe Generalklauseln guter Glaube, siehe gutgläubiger Erwerb Güterrecht, eheliches, siehe eheliches Güterrecht Gutglaubensschutz, siehe gutgläubiger Erwerb gutgläubiger Erwerb 108, 130, 134, 146, 150, 154, 237, 243, 248, 260, 262, 263, 334, 359

Haager Konferenzen zum Wechselrecht, siehe Wechselrecht, Haager Konferenzen 100, 108, 202 Haeussler, Hermann 316 Gesellschaft mit beschränkter Haftung Haftpflichtgesetz (1871) 239 (GmbH) 22, 58, 161, 332, 338, 340, Haidane, Richard Burdon 374 347, 348 ff., 390, 391 Hamburg 336,352 Gewerbeordnung (GO) 99, 123, 346 Gierke, Otto von 23, 64, 128, 159, 168, Handelsgesetzbuch (HGB) 22, 50, 51, 60, 78, 90, 99, 102, 105, 200, 207, 199, 224 212, 332 ff., 371, 390, 391, 394, 425 GmbH-Gesetz, siehe Gesellschaft mit Handelsgesetzbuch, Allgemeines Deutbeschränkter Haftung (GmbH) sches (ADHGB), siehe HandelsgeGneist, Heinrich 55, 68 setzbuch (HGB) Gneist, Rudolf 86, Handelsrecht, siehe Handelsgesetzbuch Gretna Green 82 (HGB) Griffith, Will 299, 367 Handelsregister 41, 51, 269, 336, 337, Grotius Society 35, 213, 375 339, 342 ff., 346, 347, 390, 427 Grundbuch, siehe Grundbuchwesen Hanseatisches Oberlandesgericht 352 Grundbuchordnung (GBO), siehe Happold, Henry 210, 283, 293, 294, Grundbuchwesen 298, 393 Grundbuchordnung, Preußische 246 Harburger, Heinrich 228 (Fn. 989), 249, 253, 270 Harris, Rufus C. 242 Grundbuchwesen 42, 59, 60, 80, 108, Harrison, W. M. 233 22, 146, 180, 183, 244, 246 ff., 248, Hart, Edward Louis de 352 250, 251, 252, 258, 259, 268 ff., 313, Hart, Walter G. 374 385, 387, 389, 394 Harvard 37, 188, 222 Grundbuchwesen, Österreich-Ungarn Hasendebatte, siehe Wildschäden Heidelberg 195 250 ff., 255, 256, 262, 263, 270 Grunddienstbarkeiten 157, 245, 255 Heinroth, Wilhelm (Präsident des KamGrundpfandrechte 109, 150, 245, 255, mergerichts) 63 siehe auch Grundschuld, Hypothek Helgoland 82 Grundschuld 150, 245, 249, 251 Henderson, James S. 229 Grundstückskataster 252, 253, 256, Herschell, Farrer (Lord Chancellor) 32, 265 262, 270 Hershey, Omer F. 356 Grundstücksrecht 95, 167, 180, 244, 253 Hessen 280

Sachwortverzeichnis

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Higgins , Α. Pearce 158 ff., 239, 335, Jaeger, Ernst 325 Jamaika 125, 291 371, 398 Hinterlegung 149 Japan 21 (Fn. 7), 116, 166, 186, 193, 196,211,213,216,217, 218, 270 Hirschfeld, Julius 36, 160 ff., 184 Zivilgesetzbuch, siehe (Fn. 661), 284, 291, 301, 317, 330, japanisches Japan 337, 345, 348, 362, 393, 394 Jastrow, Hermann 273 Hogg, James Edward 264 Jellinek, Georg 196 Holdsworth, William Searle 219 Holland, Thomas Erskine 34, 219, 225,Jenks, Edward 34, 194 (Fn. 709), 212, 218, 219 ff., 259, 373, 375 232, 238 Jhering 23, 49, 54, 148, 187, 223, 231, Hongkong 191 233, 305 House of Commons, siehe englisches judicial separation 119 (Fn. 277), 120, Parlament 177, 279, 284 ff., 418 House of Lords, siehe englisches ParlaJuristenausbildung 51, 57, 312, 315, ment 317, 319, 369 Howard, Burt Estes 213, 315 Hudson, Richard 312 Kaiser Wilhelm II., siehe Wilhelm II., Huebner, Rudolf 218 deutscher Kaiser Hynes, Thomas 338, 341 Kammergericht 63, 191 (Fn. 695), 320, Hypothek 97, 109, 124, 144, 147, 150, 357 182, 245, 249 Kanada 48, 79, 151, 242, 282, 374, 376, 377, 392 Ilbert, Courtenay Peregrine 32, 80, Kataster, siehe Grundstückskataster 212, 215, 220 (Fn. 830), 366 (Fn. 3), Katholiken 90, 130, 279, 287 368, 376 (Fn. 55) Katz, Erwin 289, 330, 331 Incorporated Law Society 261, 262, Kauf bricht nicht Miete (§ 571 BGB) 263, 264 72, 94, 106, 145, 181 Indien, siehe Britisch-Indien Kaufmannsgericht 314 Inhaberschuldverschreibung 107, 145, Kaufmannsgerichte 314 149, 153, 206 Kaufvertragsrecht 106, 134, 144, 207, Insolvenzrecht, siehe Konkursordnung 235 ff., 337, 389, 405 (KO) Kenrick, G. Η Β. 336, 348 International Law Association 29 ff., Kerr, James M. 213 38, 95, 86, 289, 295, 297, 299, 329, Kind, uneheliches, siehe uneheliches 331, 344, 357, 358, 360, 367, 385 Kind Internationale Vereinigung für vergleiKitchin, S.B. 213 (Fn. 791), 377 chende Rechtswissenschaft und Kodifikation des Common Law 19 Volkswirtschaftslehre (Berlin) 32, 38, (Fn. 3), 76, 165, 167, 168, 173, 45, 86, 191, 219, 283, 320, 385 212 ff., 220, 224, 364 ff., 392 internationales Privatrecht 35, 42, 44, Kommanditgesellschaft (KG) 202, 336, 59, 86, 110, 126, 161, 172 (Fn. 590), 338, 339, 341, 348, 390 173, 176, 179, 182, 279, 281, 287, 298 ff., 389, 420, siehe auch Einfüh- Kommission, Erste 68, 69 ff., 90, 133, 159, 165, 184, 189, 214, 226, 387 rungsgesetz zum BGB (EGBGB) Kommissionsgeschäft 105 Irrtumslehre 102, 113, 223, 229, 389 Kongressbibliothek, siehe Library of Iselin, J. F. 362 Congress Italien 20, 175, 176, 178, 196, 354

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Konkursordnung (KO) 22, 68, 112, 310, 311, 313, 322, 323, 325, 390, 394 Korporationstheorie 168 Kreationstheorie 107, 355 Kreuzverhör 327 Krüger, F. Κ 187 ff., 210, 316 Kuomintang 191

Mietvertragsrecht 135, 145, 179, 181, 201, 255 Miles, John Charles 30, 219 Miller, J. Bleeker 54, 67 Morice, George Thomas 65, 210, 232, 236 f., 238 Morris, Reginald Burnet 244, 268 Morrison, James J. 188 ff. Motive 52, 70, 72, 75, 128, 162, 163, 175, 286, 306 Muench, Hugo 315

land registration, siehe Grundbuchwesen Land Registry 247, 250, 258, 263, 266, 385 Nachlaßgericht 111 Land Registry Act (1862) 247, 257 Namensrecht 93, 102 Land Transfer Act (1875) 247 Nathan, Manfred 377 Land Transfer Act (1897) 247, 250, Neitzel, Walter 210, 234, 270, 315, 264, 266, 289 328, 331 Law Society 34, 264, 265, 266, siehe Neubecker, Friedrich Karl 124 auch Incorporated Law Society New York 30, 36, 43, 54, 67, 68, 78, Leader, Sydney 354 128, 138, 140, 229, 366 (Fn. 3), 376 Lee, Robert Warden 219, 375 New York State Bar Association 82, Legitimation des unehelichen Kindes, 138 siehe uneheliches Kind Nießbrauch 111 Lehmann, Karl 338 Norddeutscher Bund 351 Leonhard, Rudolf 114 Notwehr, siehe Selbsthilferechte Lewinski, Karl von 45, 320, 330 Library of Congress 26 (Fn. 15), 43, Oppenheimer, Charles (Brit. Konsul in 385 Frankfurt a. M. um 1896) 40, 78, Liebermann, F. 168 334, 362 Lloyd, W. Butler 325, 355, 360 Oppenheimer, Francis (Brit. Konsul in Lobingier, Charles Sumner 183 ff. Frankfurt a. M. um 1901) 40, 82, Loewy, Walter 195 f., 199, 204 f., 209, 397 211, 216, 242, 243, 282, 309, 382, Oppenheimer, Fritz 344, 347, 350 393, 398 Ordre public 299, 301, 308, 420 Lorenzen, Ernest G. 65, 116, 211, 243, Österreich-Ungarn, siehe Allgemeines 304 ff., 327, 330, 356, 360, 393 Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) Ludlow, J. M. 50, 333, 342, 345 und Grundbuchwesen, ÖsterreichUngarn Maitland, Frederic William 34, 62, 77,Oxford 34, 219, 224 (Fn. 857), 225 164 ff., 184 (Fn. 661), 188 (Fn. 676), (Fn. 861) 198, 207, 242 (Fn. 857), 270, 282, 373, 393, 398 Pacht 179, 181, 105, 255 Markby, William 53 Pandektistik 23 (Fn. 10-13), 48, 386 Markenrecht 102 Pape 155 Meyer, Alexander (Reichstagsabgeord- Parliament, siehe englisches Parlament neter) 78 Partikularrecht 141, 151, 165, 169 Meyer, Felix (Kammergerichtsrat) 191, Partnership Act (1890) 366 Paulskirchen Verfassung 193 219, 357

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Renvoi 126, 162, 208, 281, 299 ff., Pennsylvania Bar Association 37, 195, 389, 420 270 Personenstandsgesetz (1875/ 1898) Rheinprovinzen 172, 216, 254, 256, 267 208, 277, 278, 280, 281 Ringrose, William Hyacinthe Archibald Pfandrecht 95, 105, 201, 206, 322 Pfeiffer, Max (Hofrat, Großvater E. J. 282 Rio de Janeiro 382 Schusters) 85 Ritter, Carl 338, 341 Pflichtteil 111, 137, 148, 207, 297, 298 Rolin, Albéric 300 Philippinen 183 Rothschild, W. L. 330 Phillimore, George Grenville 171 Royal Commission on the Land TransPhillips, H. A. D. 78, 323, 330 fer Acts (1908-1909) 42 (Fn. 63), Platt, Bernard A. 339 f., 351 266 ff. Pollock, Frederick 34, 86, 93, 164 Royal Society 88 (Fn. 546), 219, 224, 366 (Fn. 3) Rügeobliegenheit 106, 342 Pound, Roscoe 219, 222, 231, 393 Rußland 243,270,293 Privity of contract 94 Prokura 339,341,344,428 Sachenrecht 74, 95, 98, 108, 130, 146, Promotion 57, 86, 191, 195 150, 170, 177, 179, 203, 207, 243 ff., Publizitätsprinzip 108, 130, 146 412 Sachsen 80,271,272,279 Rechtsfähigkeit 103, 127, 152, 217 Sale of Goods Act (1893) 366, 369 Rechtsgeschäft, einseitig 152 f. 232, Saleilles, Raymond 20 (Fn. 4), 69, 98, 389 114 (Fn. 249), 158, 196, 199, 200, Rechtsgeschäft, siehe Rechtsgeschäfts203, 204 lehre Samuel, Horace Β. 325, 338, 341 Rechtsgeschäftslehre 93, 97, 102, 113, San Francisco 193, 195, 196 127, 143, 149, 152, 186, 205, 217, Savigny 23, 49, 51, 56, 68, 79, 90, 222, 225, 226, 230, 400 141, 159, 164 (Fn. 546), 173, 187, Reederhaftung 239, 336 189, 224, 226, 230, 374 Referendariat, siehe Juristenausbildung Scheckgesetz (ScheckG, 1908) 31, 308, Registrierungszwang, siehe compulsory 354, 360 f., 391, 394 registration Scheidungsrecht 41, 61, 77, 90, 119 ff., Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz 122, 131, 136, 147, 154, 159, 161, (1913) 307, siehe auch Staatsangehö162, 166, 176 f., 207, 228, 241, rigkeitsrecht 272 ff., 282, 284 ff., 304, 389, 416 Reichsgericht 175, 236, 286, 304, 306, Scheidungsrecht, englisches, siehe eng309, 312, 313, 315, 317, 318, 325, lisches Scheidungsrecht 338, 341 Scheidungsverfahren 120, 272, 279, Reichsjustizgesetze 20, 55, 310 ff., 289, 331 f. 321, 390 Schenkung 94, 106, 145, 149, 205, 406 Reichstag 19 (Fn. 1), 55, 78, 142, 159, Schirrmeister, Gustav 220 165, 184, 194, 202 Schleswig-Holstein 254 Reichsverfassung (1871) 128, 315, Schlüsselgewalt 119 (Fn. 277), 133, 316, 320, 394, siehe auch Paulskir150 chenverfassung Renton, Alexander Wood 171, 227, Schneider, Victor 115, 117, 289, 330, 273, 296, 332 331

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arverzeichnis

Schuster, Alfred Felix (Barrister, Sohn Society of Comparative Legislation E. J. Schusters) 88, 200, 340 f., 350, (London) 31 ff., 37, 80, 86, 89, 161, 351 218, 291, 368, 385 Schuster, Arthur (Physiker, Bruder E. J. Sozialdemokraten 79, 130 Spanien 20, 175, 176, 183, 196, 354 Schusters) 88 113, 174, Schuster, Ernest Joseph 35, 36, 56, 57, Staatsangehörigkeitsrecht 302, 307, siehe auch Reichsund 60, 69, 83 ff., 172 (Fn. 590), 173, Staatsangehörigkeitsgesetz (1913) 182, 184 (Fn. 661), 186, 194, 196, Staatsexamen, siehe Juristenausbildung 200, 201, 204, 209, 224 (Fn. 857), Stadden, Corry Montague 229, 398 232, 245, 269, 275, 289, 291, 296, State Department (US-Außenministe335, 340, 343, 348, 358, 360, 371, rium) 42,276,311,385 384, 391, 393, 394 Stellvertretung 102, 103, 334 Schuster, Felix (Bankier, Bruder E. J. Stiftungsrecht 153 Schusters) 88 Schuster, Franz Joseph (Bankier, VaterStrafgesetzbuch (StGB) 22, 99, 187, 212, 233, 310 E. J. Schusters) 85 Strafprozeßordnung (StPO) 22, 53, Schuster, George Ernest (Politiker, 218,310 Sohn E. J. Schusters) 88 Studium der Rechtswissenschaften, Schuster, Hilda, geb. Weber (Ehefrau E. siehe Juristenausbildung J. Schusters) 85, 123 Südafrika 33, 63, 65, 76, 212, 213, Schuster, Marie, geb. Pfeiffer (Mutter 236, 354, 376, 377, 392, 397 E. J. Schusters) 85 Sun Yat-sen 191, 192 schwedisches Gesetzbuch (1734), 215 Surveyer, E. Fabre 242 Schweiz 56, 163, 175, 186, 189, 196, Taipeh 193 217, 243, 251 Taiwan 193 Scott, C. S. 56, 244, 245, 248 Teisen, Axel 235 Seehandelsrecht 27, 31, 50, 55, 60, 61, Testament 111, 137, 148, 296 ff. 389 106, 339 ff., 350 ff., 391, 394, 395, Thibaut 49, 56, 68, 79, 90, 141, 159, 396 187, 377, 392, 397 Selbsthilferechte 94, 129, 132, 143, Tierhalterhaftung 130, 135, 159, 239 224 Todd, Ernest 295, 297, 329, 331, 344 Semmes, Thomas J. 379 Todeserklärung 93, 129, 139, 143, 152, Shanghai 183, 191 217, 228, 281, 388, 399 Shick, Robert P. 316 Tokyo 191 Sicherheitsleistung 144, 149 Torrens (System zur Registrierung von Sichermann, Bernât 357, 360 Grundstücksrechten) 247,251,262 Sicherungsübereignung 109 Treu und Glauben, siehe Generalklauseln Sidgwick, Henry 34 Trowbridge, Delger 218 Sieveking, Alfred 352 Trust 25, 111, 124, 153, 169, 221 Sievers, Heinrich 325 Tsingtao 276 Smith, Munroe 46, 56, 68, 210, 379 f. Smithers, William W. 60, 114, 140 ff., uneheliches Kind 110, 125, 136, 147, 184 (Fn. 661), 195, 196, 241, 245, 152, 162, 172 (Fn. 590), 173, 174, 269, 345, 393 279, 290 ff., 389 Société de Législation Comparée unerlaubte Handlungen, siehe Delikts(Paris) 32, 38, 69, 385 recht

Sachwortverzeichnis Ungarn 180,254,329,357 ungerechtfertigte Bereicherung, siehe Bereicherungsrecht Unlauterer Wettbewerb, Gesetz gegen (UWG) siehe Wettbewerbsrecht Unlauterer Wettbewerb, siehe Wettbewerbsrecht Unmöglichkeitslehre 94, 98, 234 Unterhalt 110, 136, 145, 147, 173, 175, 279, 282, 290, 292, 293 Urheberrecht 102 Veeder, Van Wechten 116 Vereinsrecht 135, 143, 166, 170 Verjährung 93, 97, 102, 143, 358 Verlagsvertrag 100, 105, 123 Vermächtnis 111,297 Vertrag zugunsten Dritter 94, 194, 130 Vertragsstrafe 79, 101, 112 Vertrauenshaftung 106 Verzug 101, 105, 204 Vickery, James Harris 326, 328, 331 Vorbehaltsgut 127, 163, 177, 202, 203, 272 Vormundschaft 110, 136, 157, 177, 208, 228, 293, 295 ff., 389 Vormundschaftsgericht 208, 284, 294, 295, 296, 415, 416

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Weltkrieg, Erster 22, 61, 87, 88, 167, 171, 183, 218, 221, 224 (Fn. 857), 309, 326, 356, 374, 378, 384, 387, 392, 396 Weltkrieg, Zweiter 35 Wendt, Ernst Emil 50, 340, 351, 394 Werkunternehmerpfandrecht 145 Werkvertragsrecht 100, 105, 112, 145, 149 Wertpapierrechtstheorie, siehe Kreationstheorie Westlake, John 34 Wettbewerbsrecht 22, 41, 102, 105, 161, 310, 322, 361 ff., 391, 394 Wettbewerbsverbot, handelsrechtliches 335, 345, 390 Wildschäden 159, 166, 184 Wilhelm II., deutscher Kaiser 61, 62, 66, 197 Willenserklärung 93, 97, 156, 186, 202, 203, 205, 221, 222, 223, 229 Williams, James 273 Wilson, J. Dove 58, 75, 367, 377, 397 Windscheid 23 (Fn. 11), 70, 196, 226 Wohnsitz 129, 143, 206, 227, 302, 304, 307, 388 Wolfe, Archibald J. 43,321,330 Wucher 102,233 Württemberg 271, 280

Walton, F, P. 58, 70, 151 ff., 184 Yale 38, 44, 61, 191, 197, 304 (Fn. 661), 232, 245, 274, 303, 314, Yuan Shikai (chines. Militärdiktator) 382 192 Wang, Chung Hui 61, 99, 116, 184 (Fn. 661), 190 ff., 197, 203, 209, Zentrumspartei, siehe Katholiken 210, 214, 216, 238, 282, 298, 303, Zimmermann, Eduard 53 309, 393 Zivilehe 90, 130, 136, 147, 154, 166, Weber, Hermann (Arzt, Schwiegervater 176, 274, 275, 275, 283 E. J. Schuster) 85 Zivilgesetzbuch, japanisches, siehe Wechselordnung, Allgemeine Deutsche, Japan siehe Wechselrecht Zivilgesetzbuch, schweizerisches, siehe Wechselordnung, siehe Wechselrecht Schweiz Wechselprozeß 331, 390 Zivilprozeßordnung (ZPO) 22, 59, 99, Wechselrecht 22, 31, 41, 54, 56, 90, 112, 161, 172, 212, 272, 307, 310, 99, 160, 191 (Fn. 695), 308, 353 ff., 311,313, 323 ff., 390 366 (Fn. 3), 371, 391, 394 Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) 321 Wechselrecht, Haager Konferenzen 41, Zwangsvollstreckungsrecht 234, 322 191 (Fn. 695), 353, 356 ff. Zyl, C. H. van 76, 397 30 Dittmann