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German Pages 646 Year 2009
Schriften zum Bank- und Börsenwesen Band 9
Das Bankgeheimnis Struktur, Inhalt und Grenzen einer zivilrechtlichen Schutzpflicht
Von Petra Wech
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
PETRA WECH
Das Bankgeheimnis
Schriften zum Bank- und Börsenwesen Band 9
Das Bankgeheimnis Struktur, Inhalt und Grenzen einer zivilrechtlichen Schutzpflicht
Von Petra Wech
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Universität Regensburg hat diese Arbeit im Jahre 2007 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 978-3-428-12777-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Regelmäßig schlage ich aus Neugierde die erste Seite eines Buches auf, um meine Aufmerksamkeit dem Vorwort zu widmen. Dies führt meist zu der Erkenntnis, dass dem Leser wenig entgeht, wenn er über diese Zeilen hinweg geht. Dennoch möchte auch ich den Platz und die Gelegenheit für einige Worte nutzen. Sie sollen wenigstens den genannten Personen eine kleine Freude bereiten: Mein herzlicher Dank gilt in besonderer Weise meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Ekkehard Schumann. Als seine Mitarbeiterin durfte ich jahrelang zahlreiche Finessen des wissenschaftlichen Arbeitens von ihm erlernen. Insbesondere sein präzises und sorgfältiges Herangehen an eine fachliche Problematik sowie seine Freude und Hartnäckigkeit bei der Beantwortung von juristischen Fragestellungen nehme ich mir zum Vorbild. Die Erfahrungen aus dieser Zeit schätze ich nicht nur sehr, sie waren mir auch bei der Erstellung der folgenden Seiten von großem Nutzen. Herrn Prof. Dr. Hans Christoph Grigoleit sei an dieser Stelle für die gründliche Durchsicht der Dissertation und die zügige Erstellung des Zweitgutachtens herzlich gedankt – angesichts des Umfangs der Arbeit ist dies keine Selbstverständlichkeit. Diese Dissertation wurde durch ein Graduiertenstipendium der KonradAdenauer-Stiftung gefördert. Über diese Unterstützung habe ich mich sehr gefreut und bin dafür sehr dankbar. Sie hat meine Zeit der Promotion erheblich erleichtert und meinen Ehrgeiz gesteigert, auch zahlreichen abgelegeneren Fundstellen nachzugehen. Nicht unerwähnt sollen in diesem Vorwort diejenigen bleiben, die sich viel Mühe bei der Korrektur des Textes gaben: Christine Piotrowski, meine Geschwister Renate Blume und Hans Wech sowie meine Schwägerin Angela Wech. Gleiches gilt für meine fachlichen Ratgeber Toni Benker, Bastian Bohn, Iris & Marcus Dyba, Stefanie Haufe, Sebastian Herrler, Ulrike Köckert, Dr. Florian Schorner sowie Christian Spletter. Für ihre Hilfe möchte ich mich hiermit herzlich bedanken. Die Doktorarbeit berücksichtigt den Stand von Literatur und Rechtsprechung bis Herbst 2007. Die bis Mai 2008 veröffentlichte Literatur und Rechtsprechung sind berücksichtigt, soweit mir dies notwendig erschien.
6
Vorwort
Dem Leser wünsche ich, dass er auf den folgenden Seiten die ein oder andere hilfreiche Überlegung findet – sie möge die verlorene Zeit rechtfertigen, die er in die Suche nach ihr investiert hat. Regensburg, im Juni 2008
Petra Maria Wech
Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
1. Kapitel Historische und begriffliche Annäherung an das Bankgeheimnis
44
§ 1 Geschichtliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44
§ 2 Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
2. Kapitel Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses
63
§ 3 Die gesetzliche Grundlage des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
§ 4 Rechtsgüterschutz nicht Hauptzweck des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . .
69
§ 5 Schutz der Banken kein Zweck des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
§ 6 Besondere Vertrauensbeziehung zwischen Bank und Kunde . . . . . . . . . . . . .
78
§ 7 Zusammenfassung zu den normativen Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
3. Kapitel Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
89
1. Abschnitt Gewohnheitsrecht
89
§ 8 Die gewohnheitsrechtliche Verfestigung des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . .
89
§ 9 Die Rechtsnatur der sogenannten „Geschäftsverbindung“. . . . . . . . . . . . . . . .
92
2. Abschnitt Sonderbeziehung zur Begründung von Nebenpflichten
104
§ 10 Unübersichtlichkeit auf dem dogmatischen Feld der Nebenpflichten. . . . . . 105 § 11 Begründungsmodelle von Nebenpflichten vor dem Jahre 2002 . . . . . . . . . . . 110 § 12 Dogmatische Kategorisierung der Schutzpflichten nach dem Jahr 2002 . . . 131
8
Inhaltsübersicht
§ 13 Gesetzliche Sonderverbindung neben einem Vertragsverhältnis . . . . . . . . . . . 135 § 14 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 4. Kapitel Einfluss anderer Rechtsgebiete
147
§ 15 Mittelbarer Einfluss des Verfassungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 § 16 Strafrechtliche Wertungen ohne Einfluss auf das Bankgeheimnis . . . . . . . . . 155 § 17 Absicherung der Vertraulichkeit durch öffentliche Interessen . . . . . . . . . . . . . 168 5. Kapitel Inhaltliche Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
173
1. Abschnitt Inhaltliche Eckpunkte des Bankgeheimnisses
173
§ 18 Kirch ./. Deutsche Bank und Breuer – Sachverhaltsdarstellung . . . . . . . . . . . 173 § 19 Verbleibende Fragen nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes. . . . . . . . . . . 175 2. Abschnitt Sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
190
§ 20 Bezug zwischen Information und Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 § 21 Beispiele unstreitig geschützter Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 § 22 Tatsachen – Werturteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 § 23 Handlungen und Wahrnehmungen der Bank – Negativtatsachen . . . . . . . . . . 232 § 24 Wahre Tatsachen – unwahre Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 6. Kapitel Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
246
1. Abschnitt Adressaten der Pflicht zur Geheimhaltung
246
§ 25 Originäre Adressaten des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 § 26 Abgeleitete Träger der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 § 27 Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
Inhaltsübersicht
9
2. Abschnitt Kreis der durch die Geheimhaltung Geschützten
268
§ 28 Rechtsnachfolge auf Kundenseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 § 29 Ausweitung des Schutzes auf Nichtkunden: Überblick über den Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 § 30 Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte: Anwendung auf das Bankgeheimnis 278 3. Abschnitt Personenkreis in der Bankensphäre
302
§ 31 Das innere Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 § 32 Bankgeheimnis gegenüber anderen Kreditinstituten zu wahren. . . . . . . . . . . 320 § 33 Bankgeheimnis gegenüber vertraglich zur Verschwiegenheit Verpflichteten zu wahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 § 34 Geheimhaltungspflicht bei der Abtretung von Forderungen . . . . . . . . . . . . . . 323 § 35 Die Auslagerung von Bankgeschäften nach § 25 a Abs. 2 KWG. . . . . . . . . 333 § 36 Insolvenz auf Bankenseite. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 § 37 Vertragliche Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 § 38 Gesamtrechtsnachfolge auf Bankenseite durch Umwandlung . . . . . . . . . . . . 341 § 39 Due Diligence im Vorfeld einer Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 4. Abschnitt Sonderfälle auf Kundenseite
354
§ 40 Kunde selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 § 41 Ehegatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 § 42 Gesetzliche Vertreter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 § 43 Beteiligte an Bankgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 7. Kapitel Der zeitliche Schutzbereich und die Umsetzung des Bankgeheimnisses
357
§ 44 Beginn der Geheimhaltungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 § 45 Erlöschen der Geheimhaltungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 § 46 Die aus dem Bankgeheimnis resultierenden Verhaltensmaßstäbe . . . . . . . . . 368
10
Inhaltsübersicht 8. Kapitel Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
372
1. Abschnitt Gesetzliche Schranken
373
§ 47 Bundesdatenschutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 § 48 Auslagerung gemäß § 25 a Abs. 2 KWG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 § 49 § 402 BGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 § 50 Gesetzliche Informationsrechte nach §§ 809, 810 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 § 51 Analogie zu § 49 b Abs. 4 BRAO, § 43 a Abs. 3 PatAnwO, § 55 Abs. 2 WiPrO, § 64 Abs. 2 StBerG bei Abtretungen von Gebührenforderungen . . 381 § 52 Informationsweitergabe zur gesetzlich vorgesehenen Beaufsichtigung und Überprüfung der Banken (Aufsichtsrat, Abschlussprüfer) . . . . . . . . . . . . . . . . 385 § 53 § 840 Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 § 54 Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 § 55 Sonstige gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 2. Abschnitt Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht
392
§ 56 Rechtsnatur der Entbindung nicht maßgebend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 § 57 Voraussetzungen einer Entbindung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 § 58 Individuelle Entbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 § 59 Entbindung von der Verschwiegenheit durch AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 3. Abschnitt Bankauskunft
414
§ 60 Die Bankauskunft als Handelsbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 § 61 Reichweite des Handelsbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 § 62 Heutiges Verständnis der Bankauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 § 63 Folgerungen für das Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 4. Abschnitt Mögliche Rechtfertigungsgründe
419
§ 64 Berechtigte Interessenwahrnehmung als Rechtfertigungsgrund. . . . . . . . . . . . 419
Inhaltsübersicht
11
5. Abschnitt Interessen der Allgemeinheit
432
§ 65 Schranken mit öffentlich-rechtlicher Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 § 66 Schranken mit gewohnheitsrechtlicher Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 § 67 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 6. Abschnitt Eigene Interessen der Bank
436
§ 68 Aktuelle Tendenz zur Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 § 69 § 242 BGB bei vorangegangenem Fehlverhalten des Kunden . . . . . . . . . . . . 439 § 70 Systematische und teleologische Überlegungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 § 71 Gewohnheitsrechtliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444 § 72 Zusammenstellung einzelner Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 7. Abschnitt Interessen anderer Bankkunden
473
§ 73 Konflikt mit Aufklärungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 § 74 Bisheriger Umgang mit dem Interessenkonflikt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 § 75 Güterabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 § 76 Vorrang der Verschwiegenheitspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 8. Abschnitt Interessen sonstiger Dritter und des Bankkunden
482
§ 77 Auskunftsanspruch eines Zessionars nach Forderungsabtretung . . . . . . . . . . 482 § 78 Auskunftsanspruch des Erben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 § 79 Auskunftsansprüche von Sicherheitengebern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 § 80 Aufklärungspflichten gegenüber sonstigen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 § 81 Interessen des Bankkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 9. Abschnitt Geringstmögliches Ausmaß der Durchbrechungen
495
§ 82 Gesetzliche Schranken und Entbindung von der Verschwiegenheit . . . . . . . 495 § 83 Benachrichtigung über Preisgabe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495
12
Inhaltsübersicht
§ 84 Bankauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 § 85 Eingriffstiefe bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen. . . . . . . . . . . . . . 497 10. Abschnitt Zusammenfassung der Beschränkungen des Bankgeheimnisses
500
9. Kapitel Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen seiner Verletzung
502
§ 86 Primäranspruch auf Einhaltung des Bankgeheimnisses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 § 87 Nichtigkeit des Verfügungsgeschäftes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516 § 88 Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 § 89 Widerruf der übermittelten Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554 § 90 Außerordentliches Kündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554 § 91 Einwand des Rechtsmissbrauchs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 § 92 Konkurrierende Ansprüche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 § 93 Aufsichtsrechtliche Möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 § 94 Mittel zur Stärkung des Vertrauensverhältnisses zum Kunden . . . . . . . . . . . . 561 § 95 Zusammenfassung der Wirkungen des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . 561 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 Urteilsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
1. Kapitel
§1
§2
Historische und begriffliche Annäherung an das Bankgeheimnis
44
Geschichtliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Bankgeheimnis bis zur Reichsgründung 1871 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Existenz des Bankgeheimnisses seit der Geburtsstunde der ersten Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bankgeheimnis ohne gesetzliche Erwähnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Weiterentwicklung des Bankgeheimnisses bis ins 20. Jahrhundert 1. Die Ausgestaltung durch die Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Begriff des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Niederlegung in Banksatzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Behandlung des Bankgeheimnisses in den Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Niederlegung des Bankgeheimnisses erst im Jahre 1993. . . . . . . 2. Die Ausgestaltung durch den Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 348 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 CPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Steuergesetze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Bankgesetze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Das Schuldbuchgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Versuche einer Kodifizierung des Bankgeheimnisses scheiterten f) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
44 44
49 50 50 51 52 52 53 54 55
Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Definitionen aus dem Geheimnisschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geheimnis – Geheimnisherr – Geheimnisträger. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Geheimnisarten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Privatgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Berufsgeheimnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unternehmensgeheimnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Offenbaren – anvertrauen – verwerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Tatsachen – Werturteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Definitionen aus dem Bankrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56 56 56 57 57 58 58 59 60 60 60
45 46 47 47 47 48
14
Inhaltsverzeichnis 2. Bankgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bank – Bankier – Kreditinstitut – Sparkasse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bankkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61 61 62
2. Kapitel Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses §3
§4
63
Die gesetzliche Grundlage des Bankgeheimnisses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bedeutung des Geheimhaltungswillens des Geheimnisherrn. . . . . . . . . . 1. Willenserklärung ohne Bedeutung für die Entstehung der Schweigepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der subjektive Geheimhaltungswille bleibt ohne Rechtsfolgen . . . . 3. Wille des Geheimnisherrn ausgeformt als Dispositionsfreiheit . . . . . a) Dispositionsfreiheit des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dispositionsfreiheit als Indiz für individuellen Schutz . . . . . . . . . II. Bedeutung des Geheimhaltungsinteresses des Geheimnisherrn . . . . . . . 1. Berechtigtes Schutzinteresse nur bei Bezug zur Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das typisierte Interesse der Bankkunden wird geschützt . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64 64
Rechtsgüterschutz nicht Hauptzweck des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . I. Keine Anknüpfung an konkrete Schutzgüter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schutz der wirtschaftlichen Selbstbestimmung des Bankkunden . . . . . . 1. Rechtsordnung stellt wirtschaftliche Bewegungsfreiheit sicher. . . . . 2. Faktischer Zwang zur Offenlegung von Informationen gefährdet wirtschaftliche Selbstbestimmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erste Ansicht: Prinzip der Privatautonomie überwiegt . . . . . . . . . b) Zweite Ansicht: Sicherung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69 70 71 71
74
64 65 66 66 66 67 67 68 69
73 74
§5
Schutz der Banken kein Zweck des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . .
76
§6
Besondere Vertrauensbeziehung zwischen Bank und Kunde . . . . . . . . . . I. Basis des Vertrauens basiert nicht auf zwischenmenschlicher Ebene . . II. Schutzbedürfnis wegen umfassenden Einblicks in Kundenverhältnisse III. Typischerweise Vertragsbeziehung auf Dauer angelegt . . . . . . . . . . . . . . 1. Dauerhaftigkeit als Merkmal von Bankgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dauer der Rechtsbeziehung steigert die gegenseitigen Pflichten . . . 3. Abstrakte Ausrichtung auf Dauer genügt für die Entstehung . . . . . . IV. Postulat der Vertrauenswürdigkeit des Berufsstandes . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Postulat der besonderen Vertrauenswürdigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Förderung des Postulats durch die Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zwischenergebnis zur besonderen Vertrauensbeziehung. . . . . . . . . . . . . .
78 78 79 81 81 82 82 83 83 84 85
§7
Zusammenfassung zu den normativen Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
Inhaltsverzeichnis
15
3. Kapitel Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
89
1. Abschnitt Gewohnheitsrecht
89
§8
Die gewohnheitsrechtliche Verfestigung des Bankgeheimnisses . . . . . . . I. Die Entstehung von Gewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gewohnheitsrechtliche Grundlage des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . III. Das unsichere dogmatische Fundament im allgemeinen Schuldrecht . .
89 89 90 91
§9
Die Rechtsnatur der sogenannten „Geschäftsverbindung“. . . . . . . . . . . . I. Das Konzept des Bankvertrages als Rahmenvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der zweifelhafte Wille zum Vertragsschluss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der zweifelhafte Vertragsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) AGB-Einbeziehung auch ohne Bankvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bankvertrag bleibt ohne Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine Verpflichtung der Bank zu künftigen Bankgeschäften . . . d) Wahrung allgemeiner Kundeninteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das gemischt rahmenvertraglich-gesetzliche Konzept . . . . . . . . . . . . . . . III. Bankgeheimnis keine vertragliche Pflicht auf der Grundlage von AGB 1. Bankgeheimnis galt bereits vor seiner Niederlegung in Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bankgeheimnis gilt auch ohne Einbeziehung gemäß § 305 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtslage bei Geltung von AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtslage ohne Geltung von AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis: Keine konstitutive Niederlegung in den AGB . . IV. Bankgeheimnis keine Vertragspflicht der einzelnen Bankgeschäfte . . . 1. Vertragsunabhängigkeit des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Geschäftsverbindung als typisiertes Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . .
92 93 93 94 95 96 96 97 98 99 99 99 100 101 102 102 102 103
2. Abschnitt Sonderbeziehung zur Begründung von Nebenpflichten § 10 Unübersichtlichkeit auf dem dogmatischen Feld der Nebenpflichten. . I. Uneinheitliche Terminologie bei Nebenpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufteilung in Nebenleistungs- und Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . 2. Beispiel zur Veranschaulichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Terminologie innerhalb der Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Herangehensweise der Judikatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auskunftshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeugnishaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
104 105 105 105 106 107 107 108 109
16
Inhaltsverzeichnis
§ 11 Begründungsmodelle von Nebenpflichten vor dem Jahre 2002 . . . . . . . . I. Die Irrelevanz des Vertragsschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die culpa in contrahendo und die positive Forderungsverletzung . . 2. Keine Anwendung von c. i. c. und p. F. V. auf das Bankgeheimnis . . a) Zurückhaltung der Rechtsprechung und des Schrifttums . . . . . . . b) Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vertrauenshaftung als dritte Spur zwischen Vertrags- und Deliktsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktion und Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik und eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Berufshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktion und Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aussagen der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Lammels Theorie zur Berufshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Köndgens und Lorenz’ Ansatz zur Berufshaftung . . . . . . . . . . . . . d) von Bars Theorie zur Berufshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik und eigene Stellungnahme zur Berufshaftung . . . . . . . . . . . . . . a) Abgrenzung der Berufsgruppe bei Banken unproblematisch . . . . b) Lückenhaftigkeit der Lehre hindert Rückgriff auf sie nicht . . . . . c) Differenzierung innerhalb der Rücksichtspflichten nötig . . . . . . . d) Ausrichtung des Sorgfaltsmaßstabes an Verkehrskreisen . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gesetzliches Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten. . . . . . . 1. Verschiedene Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundsätzliche Kritik unbegründet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Einordnung der Rücksichtspflichten ins Deliktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . § 12 Dogmatische Kategorisierung der Schutzpflichten nach dem Jahr 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Erwähnung der Rücksichtspflichten im Gesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Außerdeliktischer Charakter der Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anerkennung vertragsähnlicher Sonderverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sonderbeziehung außerhalb des Deliktsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sonderbeziehung außerhalb des Vertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kodifikation der Vertrauens- und der quasivertraglichen Haftung . . 4. Charakterisierung der bankrechtlichen Geschäftsverbindung. . . . . . . § 13 Gesetzliche Sonderverbindung neben einem Vertragsverhältnis . . . . . . . I. Fortgeltung der bisherigen normativen Grundlagen und des gesetzlichen Charakters des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beispiel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beispiel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Modifikation durch privatautonome Vereinbarung zum Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
110 110 110 112 112 113 114 114 116 118 118 119 120 121 121 122 122 123 123 124 125 125 126 127 128 131 131 131 132 132 133 134 134 135 136 136 136 137
Inhaltsverzeichnis
17
1. Vertragliche Vereinbarung zur Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . 2. Einseitige Freizeichnung unzulässig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vereinbarung über Verschwiegenheit unabhängig von Einzelverträgen IV. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
137 138 139 140
§ 14 Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Lehren mit unterschiedlicher Herangehensweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gemeinsamkeiten der Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Schlussfolgerungen für das Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Dogmatische Beschreibung des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . 2. Normative Kriterien zur Bestimmung des Pflichtenumfangs . . . . . .
141 141 142 143 144 145
4. Kapitel Einfluss anderer Rechtsgebiete
147
§ 15 Mittelbarer Einfluss des Verfassungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Meinungsstand zur verfassungsrechtlichen Grundlage des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Nur mittelbare Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht . . . . . . . . 1. Betroffene Grundrechtspositionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grund und Reichweite der horizontalen Drittwirkung . . . . . . . . . . . . a) Mittelbare Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht . . . . . . . b) Grundrechtlicher Schutz des Bankgeheimnisses nur mittelbar . . aa) Grundsätzlicher gesetzlicher Schutz nötig . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bedeutung der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schutzpflichtlehre als Schranke der Privatautonomie . . . . . . dd) Fremdbestimmung als Schranke der Privatautonomie . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
147 147 148 148 151 151 152 152 153 153 153 154
§ 16 Strafrechtliche Wertungen ohne Einfluss auf das Bankgeheimnis. . . . . I. Die Einheit der Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausgestaltung des strafrechtlichen Geheimnisschutzes . . . . . . . . . . . . . . III. Kein klar definiertes Schutzgut in den Strafrechtsnormen . . . . . . . . . . . 1. Die Individualschutzlehre zu § 203 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Kritik an der Individualschutzlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Gemeinschaftsschutzlehre zu § 203 StGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Kritik an der Gemeinschaftsschutzlehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Verschiedenartigkeit der verfolgten Interessen . . . . . . . . . . . . b) Fehlendes Allgemeininteresse bei einzelnen Berufsgruppen . . . . aa) Berufspsychologen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Private Lebensversicherer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gemeinwohlinteresse an einem funktionierenden Bankenwesen 5. Vertrauen des Rechtsverkehrs in Berufsausbildung kein Schutzgut 6. Vielfalt von Schutzgütern auch in den Spezialnormen. . . . . . . . . . . .
155 155 157 157 158 158 160 160 160 161 162 162 163 164 165
18
Inhaltsverzeichnis a) Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Trennung von zivil- und strafrechtlicher Verschwiegenheitspflicht . . . . V. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
165 166 166 167
§ 17 Absicherung der Vertraulichkeit durch öffentliche Interessen. . . . . . . . . I. Ethisches Moment nicht maßgeblich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schutz der Gepflogenheiten des Rechtsverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. ZPO bezweckt keinen Schutz der Geheimhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. ZPO schützt Verkehrssitte berufsbezogener Vertraulichkeit . . . . . . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
168 168 169 169 171 172
5. Kapitel Inhaltliche Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
173
1. Abschnitt Inhaltliche Eckpunkte des Bankgeheimnisses
173
§ 18 Kirch ./. Deutsche Bank und Breuer – Sachverhaltsdarstellung. . . . . . . 173 § 19 Verbleibende Fragen nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes . . . . . . . I. Erfordernis des inneren Zusammenhangs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vertragliche Verschwiegenheitspflicht neben dem Bankgeheimnis . . . . 1. Differenzierung Bankgeheimnis – Schonungspflicht vor dem Urteil bei Canaris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unterschied zwischen den Schutzpflichten bleibt unklar . . . . . . . . . . a) Keine Differenzierung der Pflichten nach ihrem Ziel möglich . . b) Keine Differenzierung der Pflichten nach ihrem Inhalt möglich . c) Begründung der Schonungspflicht über ihren Leistungsbezug möglich, aber vom Bundesgerichtshof nicht verwendet . . . . . . . . aa) Erschwerung der Rückzahlung des Kredites . . . . . . . . . . . . . . bb) Pflicht zur Vertragstreue als eigenständige Schutzpflicht . . . d) Begründung der Schonungspflicht über vertragliche Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vertragscharakter durch Verankerung in den AGB. . . . . . . . . bb) Auslegung der AGB-Klausel erforderlich. . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Widersprüchlichkeit des Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Auflösung des Widerspruchs über die Anwendung von Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Keine zufriedenstellende normative Begründung für eine Differenzierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine normative oder dogmatische Begründung im Urteil . . . . . b) Keine normative oder dogmatische Begründung von Canaris . . . 4. Zwischenergebnis und Schlussfolgerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
175 176 177 178 179 180 180 181 182 182 183 184 184 185 186 186 187 187 190
Inhaltsverzeichnis
19
2. Abschnitt Sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses § 20 Bezug zwischen Information und Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . . . . . I. Kundenwille als Bezugspunkt nicht ausreichend. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Pflicht als Ausdruck einer typisierten gesetzlichen Interessengewichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausrichtung der Schutzbedürftigkeit des Kunden am strukturellen Ungleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 383 ZPO als Maßstab für die Schutzwürdigkeit des Kunden 2. Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses spiegeln sich nicht immer im Kundenwillen wider. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Vielschichtigkeit des Bezugspunkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine gewohnheitsrechtlich verfestigte Anknüpfung in älteren Quellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Keine einheitliche Anknüpfung in neueren Quellen . . . . . . . . . . . . . . a) In der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) In der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Reichsgericht im Jahr 1914 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bundesgerichtshof im Jahr 1953 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) LG Göttingen im Jahr 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die drei Kategorien von Scheer zum inneren Zusammenhang. . 3. Zusammenfassung der Meinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Normative Fundierung einer Fallgruppenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bisherige Begründungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Normative Begründungen für die Anknüpfung fehlen überwiegend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ansatz in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Argumente von Scheer/Sichtermann und Canaris . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik am Zufälligkeitskriterium von Canaris. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fall zur Veranschaulichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Lösung des Falls mittels des Zufälligkeitskriteriums . . . . . . . . . . c) Zufälligkeitskriterium beruht nicht auf normativen Wertungen 3. Informationserlangung als Anknüpfungspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anknüpfung an die Kenntniserlangung durch das Gesetz . . . . . . b) Quelle des Wissens unerheblich für das Vertrauensverhältnis . . c) Kenntniserlangung bedeutsam für faktischen Offenlegungszwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Offenlegungszwang bei Kenntniserlangung auf Grund Verlangens der Bank und Notwendigkeit der Information für die Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kumulative Anwendung verschiedener Fallgruppen . . . . . . . . . . .
190 190 191 191 191 192 193 194 194 194 197 198 199 200 201 202 202 203 204 205 205 205 205 206 206 206 207 208 208 209 209
210 211
20
Inhaltsverzeichnis 4. Wirkungen der Offenbarung als Anknüpfungspunkt . . . . . . . . . . . . . . a) Geschäftsverbindung darf der Geheimsphäre nicht nachteilig sein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fall zur Veranschaulichung: Kriterium (Akt der Offenbarung) greift Berufsstand und Sonderwissen der Bank auf . . . . . . . . . . . . c) Berufsstand und Sonderwissen nur für Vermögenssphäre bedeutsam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Beispiel zur Veranschaulichung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsverkehr weist Banken ein besonderes Vertrauen im Vermögensbereich zu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Reichweite der Vermögenssphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Keine Eindeutige Abgrenzung möglich . . . . . . . . . . . . . . . (2) Mittelbarer Zusammenhang nicht ausreichend. . . . . . . . . dd) Fazit und Klarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Geheimhaltungswunsch und Geheimnis als Anknüpfungspunkt . . . . a) Beispiel zur Veranschaulichung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bezug zu Umständen der Geheimhaltung als Kriterium ungeeignet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bezug zum Geheimnis selbst und den zu Grunde liegenden Wünschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Informationsinhalt und Beweggründe der Geheimhaltung im Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Inhaltlicher Bezug der Information zur Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Beweggründe für die Geheimhaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nicht vom Bankgeheimnis erfasste Informationen . . . . . . . . . . . . . aa) Lösung der Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zwischenmenschliches Vertrauen vom Bankgeheimnis nicht erfasst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verbleibende rechtliche Unsicherheiten bei der Kategorisierung . . . IV. Zusammenfassung der Bezugspunkte für die Inhaltsbestimmung . . . . .
212 212 212 213 213 214 216 216 216 217 218 218 219 220 220 220 221 223 223 224 224 225
§ 21 Beispiele unstreitig geschützter Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 § 22 Tatsachen – Werturteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anfängliche Uneinigkeit über den Schutz von Werturteilen . . . . . . . . . . II. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Situation bei anderen Berufsgeheimnissen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Eigene Stellungnahme zum Schutz von Werturteilen . . . . . . . . . . . . . . . . V. Schutz von Werturteilen setzt sich durch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Bankkunde muss konkreten Schutzumfang nicht kennen. . . . . . . . . . . . .
227 227 228 229 229 230 231
§ 23 Handlungen und Wahrnehmungen der Bank – Negativtatsachen . . . . . 232 § 24 Wahre Tatsachen – unwahre Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234
Inhaltsverzeichnis
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Meinung 1: Bankgeheimnis erfasst unwahre Tatsachen nicht . . . . . . . . 1. Argumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriffliches Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Argument der Vereinbarkeit mit der Wertung des § 824 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wertung des § 824 Abs. 1 BGB steht Einbeziehung nicht entgegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Strengere Haftung bei Sonderverbindungen möglich . . . . . . II. Meinung 2: Wahrheitsgehalt beeinflusst Ergebnis der Einzelfallbeurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Meinung 3: Bankgeheimnis erfasst unwahre Tatsachen . . . . . . . . . . . . . 1. Wenige gewohnheitsrechtliche Anhaltspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eigene Stellungnahme: Schutz unwahrer Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . a) Erhöhte Schadensanfälligkeit beim Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wahrheitsanspruch in den Augen des Mitteilungsempfängers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtliche Nähebeziehung und Vertrauen auf Geheimhaltung prinzipiell unabhängig von Wahrheitsgehalt . . . . . . b) Widerspruchsfreiheit im Hinblick auf andere eindeutig geschützte Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleich mit dem Insiderrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Hilfsweise: Schutz unwahrer Tatsachen durch Loyalitätspflicht . . .
234 234 235 235
I.
235 235 236 237 238 238 239 239 239 240 242 243 244
6. Kapitel Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
246
1. Abschnitt Adressaten der Pflicht zur Geheimhaltung
246
§ 25 Originäre Adressaten des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 I. Rechtsträger der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 II. Herleitung der beruflichen Stellung des Rechtsträgers . . . . . . . . . . . . . . 247 § 26 Abgeleitete Träger der Verschwiegenheitspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Mitarbeiter der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geheimhaltung als Pflicht gegenüber dem Dienstherrn . . . . . . . . . . . 2. Keine eindeutige gewohnheitsrechtliche Direktverpflichtung . . . . . . 3. Schwache Argumente für eine Direktverpflichtung der Mitarbeiter 4. Argumente gegen eine Direktverpflichtung der Mitarbeiter . . . . . . . a) Parallele zum Recht der Stellvertretung bei anderen Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Institution Bank als maßgeblicher Vertrauensträger . . . . . . . . . . . c) Rechtliche Nähebeziehung nur zur Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
248 248 248 249 250 251 251 252 252
22
Inhaltsverzeichnis II. Keine Ausnahme bei Mitarbeitern von öffentlichen Banken. . . . . . . . . . 1. „Bestellung“ der Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung . . . . . . . . 3. Alle Tätigkeitsbereiche mit öffentlich-rechtlicher Komponente . . . . 4. Teleologische Reduktion des Merkmals „unbefugt“ . . . . . . . . . . . . . . III. Organe der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Lösung des Berufungsgerichts im Fall Kirch: Keine Eigenhaftung des Organs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Lösung des Bundesgerichtshofes im Fall Kirch: Eigenhaftung des Organs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kritik an der Lösung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine Verschmelzung von Vertrags- und Deliktsrecht. . . . . . . . . . b) Begründung der „Baustoff-Entscheidung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vergleich zwischen der Kirch- und der Baustoff-Entscheidung d) Grundsätzlich keine Eigenhaftung des Organs aus einer Sonderverbindung der juristischen Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Eigenhaftung aus Deliktsrecht und eigener Sonderverbindung des Organs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
253 254 255 256 257 258 259 259 261 261 262 262 265 265 267
§ 27 Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 2. Abschnitt Kreis der durch die Geheimhaltung Geschützten
268
§ 28 Rechtsnachfolge auf Kundenseite. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesetzliche Gesamtrechtsnachfolge bei natürlichen Personen . . . . . . . . 1. Grundsätzlicher Übergang auf die Erben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erblasserwillen ausschlaggebend im höchstpersönlichen Bereich . . II. Insolvenz und Gesamtrechtsnachfolge bei juristischen Personen . . . . . . III. (Partielle) Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen. . . . . . . . . . . . . . . IV. Vertragliche Einzelrechtsnachfolge auf Kundenseite . . . . . . . . . . . . . . . . .
268 268 268 269 270 271 271
§ 29 Ausweitung des Schutzes auf Nichtkunden: Überblick über den Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsprechung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Oberlandesgericht Zweibrücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Landgericht Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kirch-Urteil des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bürgschaftsfälle des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Oberlandesgericht Hamm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
272 272 273 273 274 275 276 277
§ 30 Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte: Anwendung auf das Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278
Inhaltsverzeichnis
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Richterrechtliche Herausbildung einer Haftung gegenüber Dritten. . . . 1. Haftung über § 328 BGB im Kreissägen- und Gasuhr-Fall . . . . . . . 2. Der dogmatische Widerspruch bei der Herleitung der Rechtsfigur 3. Keine Lösung des Problems durch die spätere Rechtsprechung . . . 4. Schrifttum uneinheitlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesetzlicher Drittschutz im Kleid einer Vertragshaftung . . . . . . . . . . . . 1. Orientierung der Rechtsprechung an Treu und Glauben . . . . . . . . . . 2. Kriterium der erhöhten Einwirkungsmöglichkeit des Berufsträgers 3. Sachverständigenhaftung nur als berufliche Vertrauenshaftung verständlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vertraglicher Drittschutz insbesondere bei Schutzpflichten Fiktion III. Zwischenergebnis: Normative Rechtsgrundlage bei Bankgeheimnis und Drittschutz identisch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fälle zum Drittschutz beim Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Voraussetzungen für eine Drittschutzwirkung und die ihnen zu Grunde liegenden Wertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. „Leistungsnähe“ als rechtsgeschäftliche Gefahrennähe . . . . . . . . . . . 2. Anwendung des Merkmals auf das Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . 3. Gläubigernähe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Schwächen der richterrechtlichen Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gläubigernähe als Brücke zur Sonderverbindung . . . . . . . . . . . . . 4. Anwendung des Merkmals auf das Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . 5. Erkennbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Anwendung des Merkmals auf das Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . 7. Schutzbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Anwendung des Merkmals auf das Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . VI. Klarstellung und Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII.Verfehlte Argumentation in der Kirch-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . .
278 279 280 280 282 282 283 284
I.
284 286 288 289 290 290 291 292 292 294 295 297 297 298 299 300 301
3. Abschnitt Personenkreis in der Bankensphäre § 31 Das innere Bankgeheimnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Erste Meinung: Bestehen eines inneren Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . II. Zweite Meinung: Kein inneres Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Kritik an der zweiten Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verwobenheit mit der Frage der Wissenszurechnung. . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wissenszurechnung in der Außenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausrichtung an den Erwartungen des Rechtsverkehrs . . . . . . . . . . . . a) Merkmal der nach außen in Erscheinung tretenden Funktionseinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Merkmal der nach innen handelnden Funktionseinheit . . . . . . . . c) Schlussfolgerungen für das Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . .
302 302 302 303 304 305 306 307 308 308 309
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Inhaltsverzeichnis 3. Keine Anhaltspunkte aus dem Gewohnheitsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vertrauensverhältnis dient dem Schutz des Kunden. . . . . . . . . . . . . . . a) Keine Einzelfallbeurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Problematik des Nutzens für den Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . V. Lösungsvorschlag: Aufbau interner Informationsschranken wie im Wertpapierrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzliche Informationsschranken im Wertpapiergeschäft verhindern Interessenkonflikte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundsätzliche Befürwortung eines inneren Bankgeheimnisses . . . . 3. Begrenzte Zulässigkeit eines bereichsübergreifenden Informationsflusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzliche Vorgaben hinsichtlich der Geschäftsleiter . . . . . . . . . b) Verallgemeinerungsfähigkeit der Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bereichsübergreifende Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Übertragung der Überlegung auf die Geltung im Bankenkonzern . . . . .
310 311 311 312 312 313 315 317 317 317 318 319
§ 32 Bankgeheimnis gegenüber anderen Kreditinstituten zu wahren . . . . . . . 320 I. Grundsätzliche Verschwiegenheitspflicht auch gegenüber Banken . . . . 320 II. Ausnahme für die erforderliche Datenübermittlung zur Abwicklung von Bankgeschäften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 § 33 Bankgeheimnis gegenüber vertraglich zur Verschwiegenheit Verpflichteten zu wahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 § 34 Geheimhaltungspflicht bei der Abtretung von Forderungen . . . . . . . . . . I. Notwendigkeit der Datenweitergabe bei der Abtretung . . . . . . . . . . . . . . 1. Kein Gebot der Datenweitergabe durch § 402 BGB . . . . . . . . . . . . . . a) Auskunftspflicht gemäß § 402 BGB nur mit relativer Wirkung . b) Konflikt mit dem Bankgeheimnis nicht unausweichlich . . . . . . . . 2. Dingliches Bestimmtheitsgebot als Mindestanforderung an eine Abtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verbleib der Einziehungsbefugnis bei der Bank kein Ausweg . . . . . a) Abtretung mit Verbleib der Einziehungsbefugnis bei der Bank b) Durch die Zustimmung des Kunden bedingter Übergang der Einziehungsbefugnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verschlüsselung und Einschaltung eines Datentreuhänders . . . . . . . . a) Sachenrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz gewahrt . . . . . . . . . . . . b) Einziehungsbefugnis bleibt dem Zessionar nicht dauerhaft verwehrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Informationszugriff durch andere Schweigepflichtige unzulässig . . . . . III. Wirtschaftlich notwendige Datenweitergabe bei der Abtretung . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
323 323 323 324 324 326 326 327 328 329 329 330 331 331 332
§ 35 Die Auslagerung von Bankgeschäften nach § 25 a Abs. 2 KWG . . . . . . 333 I. Eigene Ansicht: Weitergabe grundsätzlich ein Geheimnisbruch. . . . . . . 334
Inhaltsverzeichnis
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1. Parallele zum inneren Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergleichbarkeit nur bei Weisungsgebundenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gegenmeinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einschaltung externer Dritter sei in anderen Bereichen anerkannt 2. Die angeblich veränderte Erwartungshaltung des Kunden . . . . . . . . 3. Die angebliche Gleichwertigkeit der vertraglichen Verschwiegenheit „der Funktionseinheit“ mit dem Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . 4. Wirtschaftlicher Vorteil für die Bank und gesetzliche Regelung . . . III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
334 335 336 336 337 338 339 339
§ 36 Insolvenz auf Bankenseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 § 37 Vertragliche Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 § 38 Gesamtrechtsnachfolge auf Bankenseite durch Umwandlung. . . . . . . . . I. Zweck des UmwG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzlicher Übergang von Schuldverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . 2. Übergang des bankrechtlichen Vertrauensverhältnisses bei der Fusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überleitung der gesetzlichen Nähebeziehung bei der Fusion . . . b) Übergang des Vertrauensverhältnisses nur auf Bank möglich . . c) Beteiligung einer Nicht-Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Faktische Umstrukturierungen unabhängig von der Verschmelzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Übergang des Vertrauensverhältnisses bei der Spaltung. . . . . . . . . . . a) Schutz von Drittinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Umgehung beim Übergang eines operativen Geschäftsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Regelmäßig keine Ausweitung der faktischen Geheimnisträger bei Übertragung operativer Geschäftsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgen bei fehlendem Übergang des Vertrauensverhältnisses . . . . . . . . IV. Folgen für die leistungsbezogenen Vermögensgegenstände . . . . . . . . . . V. Datenoffenlegung gegenüber den Prüfern der Umwandlung . . . . . . . . . VI. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
341 342 342 343 343 343 344 345 346 347 347 348 349 350 352 352 353
§ 39 Due Diligence im Vorfeld einer Transaktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 4. Abschnitt Sonderfälle auf Kundenseite
354
§ 40 Kunde selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 § 41 Ehegatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 § 42 Gesetzliche Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 § 43 Beteiligte an Bankgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356
26
Inhaltsverzeichnis 7. Kapitel Der zeitliche Schutzbereich und die Umsetzung des Bankgeheimnisses
357
§ 44 Beginn der Geheimhaltungspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 I. Vorliegen einer schuldrechtlichen Sonderverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . 357 II. Der Bezug zwischen Geheimnis und Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . . 359 § 45 Erlöschen der Geheimhaltungspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Fortdauer der Pflicht nach Beendigung der Geschäftsverbindung . . . . . II. Erlöschen des Bankgeheimnisses als Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Durch Aufgabe des Geheimhaltungswillens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nicht durch den Tod des Kunden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nicht durch Zeitablauf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Durch Offenkundigkeit oder Bekanntheit der Information? . . . . . aa) Die vertretenen Meinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Angleichung an die Rechtslage anderer Berufsgruppen geboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Offenkundigkeit lässt Schweigepflicht bei anderen Berufsgruppen erlöschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Übertragung auf das Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Auslegung der Offenkundigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Bedeutungslosigkeit der Information für den Schutz unerheblich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
359 359 361 361 361 362 362 363
§ 46 Die aus dem Bankgeheimnis resultierenden Verhaltensmaßstäbe. . . . . . I. Umsetzung des äußeren Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umsetzung des inneren Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertraulichkeitsbereiche im Insiderrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergleichbarkeit der Problematik mit dem Bankgeheimnis . . . . . . . .
368 368 369 370 371
365 365 366 366 367 367
8. Kapitel Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
372
1. Abschnitt Gesetzliche Schranken § 47 Bundesdatenschutzgesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Meinung 1: BDSG als Durchbrechung des Bankgeheimnisses. . . . . . . . II. Meinung 2: Vorrang des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Meinung 3: Zweigleisiger Schutz von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . .
373 373 373 374 375
§ 48 Auslagerung gemäß § 25 a Abs. 2 KWG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 I. Wortlaut und Zweck der gesetzlichen Regelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 II. Auslegung der Aufsichtsbehörde bewusst offen gehalten . . . . . . . . . . . . 377
Inhaltsverzeichnis
27
§ 49 § 402 BGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 § 50 Gesetzliche Informationsrechte nach §§ 809, 810 BGB. . . . . . . . . . . . . . . 379 I. Vorgeschlagene Lösungen zum Konflikt mit dem Bankgeheimnis . . . . 379 II. Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 § 51 Analogie zu § 49 b Abs. 4 BRAO, § 43 a Abs. 3 PatAnwO, § 55 Abs. 2 WiPrO, § 64 Abs. 2 StBerG bei Abtretungen von Gebührenforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zwecksetzung der Neuregelungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gleiche Zwecksetzung aller Neuregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ziel der Sicherung der Verschwiegenheitspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . 3. BGHZ 122, 115 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. BGH WM 1993, 1251 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Gesetzgeber ohne eigene Wertungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Keine Übertragbarkeit auf das Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
381 381 381 382 383 384 384 385
§ 52 Informationsweitergabe zur gesetzlich vorgesehenen Beaufsichtigung und Überprüfung der Banken (Aufsichtsrat, Abschlussprüfer) . . . . . . . I. Anzeigen an die Deutsche Bundesbank. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Überwachung durch den Aufsichtsrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abschlussprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
385 385 386 386
§ 53 § 840 Abs. 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 § 54 Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 I. Insolvenz des Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 II. Insolvenz der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 § 55 Sonstige gesetzliche Regelungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 2. Abschnitt Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht
392
§ 56 Rechtsnatur der Entbindung nicht maßgebend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 § 57 Voraussetzungen einer Entbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einwilligungsfähigkeit auch ohne Geschäftsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . II. Entbindungsbefugnis beim Geheimnisherrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Inhaltliche und formelle Voraussetzungen der Einwilligung . . . . . . . . .
393 393 394 394
§ 58 Individuelle Entbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ausdrückliche Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Konkludente Einwilligung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erforderlichkeit für das gewünschte Bankgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . a) Überweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Scheck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Lastschrifteinzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sicherheitengeber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
395 395 395 395 396 396 397 397
28
Inhaltsverzeichnis 2. Forderungsabtretung der Bank. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schweigen auf eingeräumte Widerspruchsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . III. Mutmaßliche Einwilligung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Genehmigung nicht ausreichend. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
398 398 398 399
§ 59 Entbindung von der Verschwiegenheit durch AGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bisher in der Praxis übliche Einwilligungsklauseln. . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. SCHUFA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte Entbindung zur Durchführung eines Bankgeschäfts . . . 3. Telefonwerbeklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenarbeit mit Kooperationsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Übertragung des Kreditrisikos auf Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bei Beginn der Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 305 c BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entbindung von der Schweigepflicht grundsätzlich überraschend b) Vermeidung der Folgen des § 305 c Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . aa) Gemeinsames Vorgehen der Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . bb) Äußere Einbindung der Klausel in die AGB . . . . . . . . . . . . . . cc) Das Beispiel des § 12 Abs. 1 Sätze 3 und 4 Muster-Darlehensvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Änderung der geltenden AGB durch die Bank während einer laufenden Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fortsetzung der Geschäftsverbindung als konkludentes Einverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsprechung unklar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Fiktion des Rechtsbindungswillens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Änderungsvorbehalt (Erklärungsfiktion) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Handhabung in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einhaltung von § 308 Nr. 5 BGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonstige Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines Änderungsvorbehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine unangemessene Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
400 400 400 401 401 401 402 403 403 403 404 404 404 405 406 407 407 408 408 408 409 411 411 411 412 412 412
3. Abschnitt Bankauskunft
414
§ 60 Die Bankauskunft als Handelsbrauch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 § 61 Reichweite des Handelsbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416
Inhaltsverzeichnis
29
§ 62 Heutiges Verständnis der Bankauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 § 63 Folgerungen für das Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 4. Abschnitt Mögliche Rechtfertigungsgründe § 64 Berechtigte Interessenwahrnehmung als Rechtfertigungsgrund. . . . . . . I. Keine Übertragbarkeit von § 193 StGB auf das Zivilrecht. . . . . . . . . . II. Abwägung auf Grund mittelbarer Drittwirkung der Grundrechte . . . . 1. Grundsätzlich kein Rückgriff auf das Verfassungsrecht . . . . . . . . . . 2. Einfluss der Wechselwirkungslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einschränkung des Bankgeheimnisses regelmäßig kein erforderliches Mittel zur Grundrechtsausübung der Bank . . . . . . . . . b) Informationelles Selbstbestimmungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsgedanke des § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine Übertragung datenschutzrechtlicher Erwägungen möglich 2. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG Ausdruck einer grundgesetzlichen Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG nur für Grundrechtseingriffe des Staates, nicht für Banken als Privatrechtssubjekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Notwehr und Nothilfe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Notstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Rechtfertigende Pflichtenkollision. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Kein allgemeiner Grundsatz berechtigter Interessenwahrnehmung . . . 1. Privatautonomie ohne Vorbehalt eines Interessenausgleichs . . . . . . 2. Gewohnheitsrechtliche Schranken auf Fallgruppen begrenzt . . . . .
419 419 419 420 421 421 421 422 423 423 424 424 425 426 427 428 429 431
5. Abschnitt Interessen der Allgemeinheit
432
§ 65 Schranken mit öffentlich-rechtlicher Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 § 66 Schranken mit gewohnheitsrechtlicher Rechtsgrundlage . . . . . . . . . . . . . I. Keine Verfestigung einer Grenze durch Allgemeininteressen. . . . . . . . II. Reichsgericht: Restriktive Auslegung der Allgemeininteressen . . . . . . III. Bundesgerichtshof: Akute Gefahr für den Straßenverkehr . . . . . . . . . . IV. Bewertung der Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Keine Schranke zur Förderung der Stabilität des Finanzsektors . . . . .
432 433 433 434 434 435
§ 67 Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436
30
Inhaltsverzeichnis 6. Abschnitt Eigene Interessen der Bank
436
§ 68 Aktuelle Tendenz zur Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 I. Einschränkung durch beliebige überwiegende Interessen der Bank . . . 437 II. Fehlen einer dogmatischen Begründung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 § 69 § 242 BGB bei vorangegangenem Fehlverhalten des Kunden . . . . . . . . . 439 I. Keine generelle Schutzlosigkeit bei Fehlverhalten des Kunden . . . . . . . 439 II. Fehlverhalten meist ohne Auswirkung auf das Vertrauensverhältnis. . . 440 § 70 Systematische und teleologische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vertragliches Leistungsinteresse überlagert Vertrauensverhältnis . . . . . . 1. Bankgeheimnis als Ausfluss des Vertrauensverhältnisses . . . . . . . . . . 2. Begrenzung des Vertrauens durch den Zweck der Leistungsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Notwendigkeit der Offenbarung zum Schutz des Äquivalenzinteresses. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zumutbarkeit als allgemeine Grenze bei Schutzpflichten . . . . . . . . . . . .
441 441 441 441 442 443
§ 71 Gewohnheitsrechtliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Reichsgericht 1934: Allenfalls bei ganz besonderen Umständen . . . . . . II. Bundesgerichtshof 1978: Ohne Aussage für das Bankgeheimnis. . . . . . III. Entwicklung im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tendenz bei anderen Geheimhaltungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tendenz beim Bankgeheimnis bis in die 90er Jahre . . . . . . . . . . . . . . 3. Aktuelle Tendenz beim Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
444 444 445 446 446 447 448
§ 72 Zusammenstellung einzelner Fallgruppen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Fallgruppe 1: Keine Pflichtverletzung des Kunden – keine Anspruchsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auslagerung und Restrukturierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirtschaftlicher Vorteil für die Bank. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einseitige wirtschaftliche Interessen einer Partei rechtfertigen keine Außerkraftsetzung gesetzlicher Pflichten. . . . . . . . . . . . . . . . 2. Risiko- und Eigenkapitalsteuerung sowie Refinanzierung am Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abstrakte Berufung auf wirtschaftliche Vorteile nicht ausreichend b) Abstrakte Berufung auf das Factoring genügt nicht. . . . . . . . . . . . c) Interessenabwägung im Einzelfall kann Durchbrechung nicht rechtfertigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Externe Rechtsberatung, Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung . . . . . . 4. Interesse an einer arbeitsteiligen Organisation – inneres Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Existenzbedrohung der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Sonstige Meinungen zu Durchbrechungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
449 449 449 449 450 451 451 452 453 454 456 457 457
Inhaltsverzeichnis II. Fallgruppe 2: Offenbarung zur Durchsetzung von begründeten Ansprüchen aus der Leistungsbeziehung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anerkennung der Fallgruppe bei anderen Berufsträgern . . . . . . . . . . 2. Anerkennung der Fallgruppe beim Bankgeheimnis. . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonderfall der Not leidenden Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Eigene Stellungnahme und Konkretisierung der Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine prozessualen Nachteile bei der gerichtlichen Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erforderlichkeit der Offenbarung für die außergerichtliche Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sicherung des Leistungsinteresses mit Hilfe einer Datenübermittlung an Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vorrang der Dispositionsfreiheit des Kunden . . . . . . . . . . . . . cc) Recht zur Verwertung von Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Fallgruppe 3: Offenbarung zur Verteidigung gegen Angriffe. . . . . . . . . 1. Zivilprozesse mit Klienten als Gegenpartei. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zivilprozesse mit Dritten als Gegenpartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Strafverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Fallgruppe 4: Schwerwiegende Nachteile beim Pflichtigen – wenig bedeutendes Geheimnis beim Klienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
459 459 460 462 463 464 464 465 466 468 469 469 470 471 471 472
7. Abschnitt Interessen anderer Bankkunden
473
§ 73 Konflikt mit Aufklärungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 § 74 Bisheriger Umgang mit dem Interessenkonflikt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 § 75 Güterabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Tendenziell Vorrang der Warnpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Tendenziell Vorrang der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Keine Ausnahme bei gescheiterten Sanierungsbemühungen . . . . . . . . .
474 475 476 477
§ 76 Vorrang der Verschwiegenheitspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Noch keine Herausbildung von Gewohnheitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ablehnung der Güterabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vermeidbarkeit des Konflikts durch das Kreditinstitut . . . . . . . . . . . . . . IV. Bank als neutrale Dritte im Verhältnis der Kunden zueinander. . . . . . .
478 478 479 480 480
32
Inhaltsverzeichnis 8. Abschnitt Interessen sonstiger Dritter und des Bankkunden
§ 77 Auskunftsanspruch eines Zessionars nach Forderungsabtretung . . . . . . I. Gläubigerstellung führt nicht zu einem Auskunftsanspruch . . . . . . . . . . II. Forderungseinziehung des Zessionars nicht dauerhaft unmöglich . . . . . III. Insolvenz der Bank als Zedentin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
482 482 483 483 484
§ 78 Auskunftsanspruch des Erben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 § 79 Auskunftsansprüche von Sicherheitengebern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bürge nach Inanspruchnahme durch die Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Teleologische Reduktion der §§ 412, 402 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anspruchsvoraussetzungen des § 402 BGB nicht erfüllt . . . . . . . . . . 3. Hilfsweise: Auskunftsanspruch durchbricht Bankgeheimnis . . . . . . . II. Bürge vor Forderungsfälligkeit und Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzlich keine Auskunftspflicht des Bürgen . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahmsweise Aufklärungspflicht der Bank gegenüber dem Bürgen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bürge nach Forderungsfälligkeit und vor Inanspruchnahme . . . . . . . . . . IV. Sonstige Sicherheitengeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sicherheitenbestellung ohne den Willen des Kunden . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherheitenbestellung mit dem Willen des Kunden . . . . . . . . . . . . . . 3. Vertragliche Vereinbarungen anzuraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
485 485 485 486 487 487 487 488 489 490 490 491 492
§ 80 Aufklärungspflichten gegenüber sonstigen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 § 81 Interessen des Bankkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 493 9. Abschnitt Geringstmögliches Ausmaß der Durchbrechungen
495
§ 82 Gesetzliche Schranken und Entbindung von der Verschwiegenheit . . . . 495 § 83 Benachrichtigung über Preisgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 § 84 Bankauskunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 496 § 85 Eingriffstiefe bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen . . . . . . . . . I. Art und Anzahl der Mitteilungsempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhalt und Umstände der Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Einbindung des Kunden in die Offenbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
497 497 498 499
10. Abschnitt Zusammenfassung der Beschränkungen des Bankgeheimnisses
500
Inhaltsverzeichnis
33
9. Kapitel Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen seiner Verletzung § 86 Primäranspruch auf Einhaltung des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick über den Meinungsstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erfüllbarkeit einer Unterlassenspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Primäranspruch aus einer gesetzlichen Sonderverbindung „ohne primäre Leistungspflichten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Historische Entwicklung der Durchsetzbarkeit von Schutzpflichten. . V. Systematische Stellung – Zweck des vorbeugenden Rechtsschutzes . VI. Teleologische Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Selbständigkeit der Schutzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unzureichender Schutz durch repressive Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kritik an einer Ablehnung der Klagbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedürfnis für einen präventiv wirkenden Unterlassungsanspruch . 2. Bestimmbarkeit des Verhaltensgebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Keine zumutbare Möglichkeit des Ausweichens . . . . . . . . . . . . . . . . § 87 Nichtigkeit des Verfügungsgeschäftes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Herrschende Rechtsansicht bis zum Jahre 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bankgeheimnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsprechung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Andere Verschwiegenheitspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entscheidungen des Land- und Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. . . 1. Rechtsansichten der Gerichte im einstweiligen Rechtsschutz . . . . . 2. Eigene Stellungnahme zur Kritik des Schrifttums . . . . . . . . . . . . . . . a) § 399 Alt. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 399 Alt. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) § 354 a Satz 1, Satz 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtslage bei Forderungen außerhalb von Handelsgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Stillschweigende Vereinbarung möglich . . . . . . . . . . . . . (2) Zession ohne Verletzung des Bankgeheimnisses möglich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Fehlender Rechtsbindungswille der Bank. . . . . . . . . . . . c) Gewohnheitsrechtliches Bankgeheimnis ohne dingliche Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kein Verbotscharakter im Sinne des § 134 BGB . . . . . . . . . . . . . aa) Private Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Öffentliche Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
502 502 502 504 505 506 508 510 510 512 513 514 514 515 515 516 516 516 517 518 519 520 521 521 522 523 523 523 523 524 524 526 526 526 527
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Inhaltsverzeichnis 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 4. Exkurs: Reaktion auf die Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529
§ 88 Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anspruchsgrundlage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umfang des zu ersetzenden Schadens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begrenzung auf den Schutzzweck des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . a) Grundsätzlich nur Vertrauensschaden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 282 BGB c) Schadensersatz bei Leistungsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Normative Begrenzung des Schadensumfangs in Sonderfällen . . aa) Geheimnisbruch ermöglicht Bestrafung des Kunden . . . . . . . bb) Geheimnisbruch ermöglicht Dritten die Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein Ersatz des immateriellen Schadens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sonderprobleme bei Kausalität und Beweisrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beispiel Kirch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität. . . . . . . . . 3. Mittelbare Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kausalkette bei Verletzungen des Bankgeheimnisses. . . . . . . . . . . b) Rechtliche Behandlung der mittelbaren Kausalität. . . . . . . . . . . . . 4. Psychisch vermittelte Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kausalkette bei Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht. . . . . b) Rechtliche Behandlung der psychisch vermittelten Kausalität . . c) Übertragung der Zurechnungskriterien auf das Bankgeheimnis . d) Grenzen der psychischen Kausalität beim Bankgeheimnis. . . . . . 5. Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtliche Behandlung des rechtmäßigen Alternativverhaltens. . b) Reichweite des Schutzzwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beweislast des Schädigers für hypothetischen Kausalverlauf . . . d) Ausnahme bei bereits vorhandener Schadensanlage . . . . . . . . . . . 6. Anscheinsbeweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zusammenhang zwischen Information und Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zusammenhang zwischen Kundgabe und Zweitverursacher . . . . IV. Verschuldenserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
529 530 531 531 532 532 533 534 534 534 535 536 537 537 539 539 539 540 540 541 543 544 545 546 546 547 548 549 549 550 552
§ 89 Widerruf der übermittelten Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554 § 90 Außerordentliches Kündigungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 554 I. Herleitung und Voraussetzung des Kündigungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 555 II. Kündigungsgrund im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 556 § 91 Einwand des Rechtsmissbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 § 92 Konkurrierende Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558
Inhaltsverzeichnis
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§ 93 Aufsichtsrechtliche Möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 § 94 Mittel zur Stärkung des Vertrauensverhältnisses zum Kunden . . . . . . . 561 § 95 Zusammenfassung der Wirkungen des Bankgeheimnisses . . . . . . . . . . . . 561 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575 Urteilsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 635
Abkürzungsverzeichnis Die Abkürzungen dieser Arbeit entsprechen überwiegend denjenigen aus dem Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache von Hildebert Kirchner/Coraelie Butz (5. Auflage, Berlin 2003). Andere Abkürzungen werden im Folgenden nur aufgelistet, wo sich Abweichungen zu Kirchner/Butz ergeben. ABS AnwK AO AuslSchuldVerjG BaFin BAKred BGBl. BR-Drs. BT-Drs. bzw. Das Recht ders. IPOS i. S. d. JZ Els.-Lothr. KG-Jahrbuch
Kreditwesen l. Sp. Nachw. NPL n. v. PersStdG RGBl. r. Sp. Rspr. SCHUFA
Asset-Backed Securities Anwaltkommentar Abgabenordnung Gesetz über die Verjährung von deutschen Auslandsschulden und ähnlichen Schulden (BGBl. I 1956, 915) Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Bundesgesetzblatt Drucksache des Deutschen Bundesrats Drucksache des Deutschen Bundestags beziehungsweise Rundschau für den deutschen Juristenstand derselbe/dieselbe Institut für praxisorientierte Sozialforschung Mannheim im Sinne des/der Juristische Zeitschrift für das Reichsland Elsaß-Lothringen, Mannheim Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen, Berlin Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, Frankfurt am Main linke Spalte Nachweise Non-Performing Loans nicht veröffentlicht Personenstandsgesetz (RGBl. I 1937, 1146) Reichsgesetzblatt rechte Spalte Rechtsprechung Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (SCHUFA Holding AG)
Abkürzungsverzeichnis Strafrechtl. Abh. st. Rspr. u. a. u. ä. u. ö. usw. v. a. ZGesStW
Strafrechtliche Abhandlungen, Breslau (hrsg. von Dr. von Lilienthal) ständige Rechtsprechung und andere, unter anderem und ähnliche(s) und öfter und so weiter vor allem Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Tübingen
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Einleitung „Es gibt Dinge, über die spreche ich nicht einmal mit mir selbst.“ Konrad Adenauer
Diese Worte des ersten deutschen Bundeskanzlers bringen – neben einer Dosis Selbstironie – auch die Bedeutung von Geheimnissen zum Ausdruck. Nicht wenige Personen würden sicherlich zu den Angelegenheiten, die besser niemand über sie erfahren sollte, den eigenen Kontostand, die Höhe ihrer Schulden sowie den Zweck ihrer Überweisungen zählen. All diese und noch eine Vielzahl weiterer brisanter Fakten sammeln sich in einer Branche besonders häufig an: im Bankgewerbe. Umso erstaunlicher scheint es, dass der Adenauer’sche Argwohn in den Statistiken des Bundesverbandes deutscher Banken vom Jahr 2005 keinen Widerhall findet. Im Gegenteil: Aus dem Zahlenwerk liest sich eine tiefe Verwurzelung der Kreditinstitute in das deutsche Rechts- und Gesellschaftssystem. Zur Bedeutung des Bankgewerbes: Einige Beispiele führen plastisch die Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs vor Augen: In Deutschland sind mehr als 2.000 Kreditinstitute ansässig.1 Sie führen zu einer Dichte von etwa 1.800 Einwohner pro Bankstelle2 und weisen jährlich eine Bilanzsumme von rund 6.500 Milliarden Euro auf.3 Im Jahr 2005 überstieg die Anzahl der ausgegebenen Bankkunden-Karten (gut 90 Millionen) die Einwohnerzahl deutlich,4 wobei hier die Kreditkartenbesitzer noch nicht einberechnet sind.5 Der bargeldlose Zahlungsverkehr ist in den letzten Jahren fortwährend angestiegen und hat mittlerweile mehr als 13 Milliarden Transaktionen jährlich erreicht.6 85% der Deutschen besuchen mindestens einmal im Mo1 Statistik-Service, „Mengengerüst“ – „Zahl der Kreditinstitute und Geldmarktfonds“, S. 3. Die bei Stein in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 24c Rn. 1 angegebene Zahl von 2.900 dürfte einer älteren Quelle entstammen. 2 Statistik-Service, „Mengengerüst“ – „Einwohner je Bankstelle“, S. 6. 3 Statistik-Service, „Bilanzstruktur“ – „Bilanzsumme der Kreditinstitute im EuroRaum“, S. 2. 4 Statistik-Service, „Banken“ – „Anzahl Bankkunden-Karten“. 5 Aus den Vorjahreszahlen lässt sich schließen, dass ihre Anzahl sich auf etwa 20 Millionen beläuft, vgl. Statistik-Service, Abschnitt „Banken“, Tabelle „Anzahl der Kreditkarten in Deutschland“. 6 Statistik-Service, „Banken“ – „Transaktionen bargeldloser Zahlungsverkehr“.
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Einleitung
nat ihre Bank;7 vermutlich 95% der Haushalte verfügen über ein Girokonto.8 Durchschnittlich rund 80 % der 14- bis 24-Jährigen in Deutschland besitzen bereits sowohl ein Spar- als auch ein Girokonto.9 Die Deutschen sind mit den Leistungen der Banken, wenn man banknahen Quellen trauen darf, durchaus zufrieden.10 Angesichts der Allgegenwärtigkeit der Banken im Alltag der Deutschen drängt sich die Frage auf, was die überwiegende Mehrheit der Deutschen zu treuen Bankkunden macht, die ihr Vermögen und ihre finanziellen Angelegenheiten einem Kreditinstitut anvertrauen. Die Bedeutung des Bankgeheimnisses: Mit den Umfrageergebnissen als Grundlage, kann man zu folgendem Gedankenspiel übergehen: Man stelle sich vor, all unsere bei den Banken getätigten Rechtsgeschäfte lägen für jedermann offen zutage – die Überweisungen des Kollegen an seine geschiedene Frau, die getätigten Kreditkartengeschäfte des Chefs und die Kontodaten der Bundeskanzlerin wären beliebtes Gesprächsmaterial für jede Stammtischrunde. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich die Folgen für die Geldwirtschaft auszumalen. Viele würden ihr Geld zu Personen bringen, bei denen sie ihre Geheimnisse vor Unbeteiligten sicher wissen. Es erscheint befremdlich, sich Finanzgeschäfte in einem Rechtsverkehr vorzustellen, der kein Bankgeheimnis kennt. Doch was macht dieses Bankgeheimnis aus? Was verhilft ihm zur Geltung, wo liegen seine rechtlichen Grundlagen? Der Rechtswissenschaft fällt es schwer, diese Verschwiegenheitspflicht dogmatisch zu verorten und ihr eine deutliche Kontur zu verleihen. Zu Recht weist Petersen auf die unterschiedlichen Regelungen zum Schutz des Bankgeheimnisses hin, die vielfach als unzusammenhängendes Stückwerk erscheinen.11 Es verwundert daher kaum, dass sich die aktuelle Rechtsprechung bei der Beschreibung des Bankgeheimnisses eher bedeckt hält und sich damit begnügt, die Standardliteratur zu zitieren.12 Wer möchte sich denn im Alltagsgeschäft der Jurisprudenz zu weit aus einem Fenster lehnen, dessen Umrisse nur ansatzweise erforscht sind? Doch sind die rechtlichen Unsicherheiten unbefriedigend, gehört die bankrechtliche Geschäftsverbindung doch – wie eingangs vor Augen geführt – zu einem all7 IPOS, Umfrage im Auftrag des Bundesverbandes deutscher Banken, erhoben vom 7. bis 15. Mai 2001, veröffentlicht im Magazin des Bundesverbandes deutscher Banken „interesse“, Ausgabe 10/2001, S. 8. 8 Einschätzung von Koch, WM 2006, 2242 m. w. N. 9 IPOS, BdB-Jugendstudie 05/2003, S. 21. 10 IPOS, Umfrage im Auftrag des Bundesverbandes deutscher Banken, erhoben vom 7. bis 15. Mai 2001, veröffentlicht im Magazin des Bundesverbandes deutscher Banken „interesse“, Ausgabe 10/2001, S. 8. 11 Petersen, S. 11. 12 Vgl. hierzu das Urteil des Bundesgerichtshofs im Fall Dr. Kirch ./. Deutsche Bank und Dr. Breuer, BGHZ 166, 84 ff.; OLG Frankfurt a. M. NJW 2004, 3266 f.
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täglichen Massenphänomen, dessen Rahmenbedingungen auch im Detail feststehen sollten. Diese Ausgangslage gibt einer Juristin genug Anreiz, dem Bankgeheimnis als zivilrechtliche Schutzpflicht ihre Doktorarbeit zu widmen. Das Ziel der Arbeit: Das Bankgeheimnis besitzt „eine doppelte Schutzrichtung“13, zwei Facetten. Sie sind von ihrer dogmatischen Einbettung sowie ihrer Reichweite nicht vergleichbar und daher an unterschiedlichen Maßstäben zu messen.14 Die eine Seite betrifft das Verhältnis von Bank und Staat und wirft insoweit die Frage nach einem öffentlich-rechtlichen Auskunftsverweigerungsrecht auf.15 Die andere Seite des Bankgeheimnisses betrifft das Verhältnis zwischen Bank und Kunde. Diese Beziehung lässt sich als das Innenverhältnis bezeichnen.16 In der Öffentlichkeit wird häufig die schleichende Abschaffung des Bankgeheimnisses in Deutschland kritisiert. Bei diesen Diskussionen geht es meist um die öffentlich-rechtliche Ausprägung des Bankgeheimnisses. Die Thematik fand zuletzt ein großes Echo, als die Legislative mit Art. 2 des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit vom 23. Dezember 200317 die §§ 93 Abs. 7 und 8, § 93 b in die Abgabenordnung einfügte.18 Sie erlauben eine automatisierte Kontoabfrage v. a. durch Finanzbehörden.19 Die 13
Cahn, WM 2004, 2041 (2042); Lang, ZBB 2006, 115 (116). Ähnlich Becker, S. 173; Cahn, WM 2004, 2041 (2042); Lang, ZBB 2006, 115 (116); Selmer, S. 6 f.; a. A. wohl Rehbein, ZHR 149 (1985), S. 139 (140); für eine bereichsspezifische Konkretisierung des Bankgeheimnisses: unveröffentlichter Vortrag von Findeisen, zusammengefasst von Bornemann, ZBB 2003, 321. 15 Vgl. Becker, S. 172; Feuerherdt/Werhahn, S. 7; Kirchherr in: Sichtermann, S. 38, 40; Petersen, S. 22; Scheer, S. 2; Selmer, S. 6 f. 16 So schon Feuerherdt/Werhahn, S. 7; Wentzell, S. 9; ein anderes Verständnis legt Dalsheim, S. 12 zu Grunde, weil er unter dem Außenverhältnis das mit privaten Dritten versteht. 17 BGBl. I, S. 2931. 18 Aus der Vielzahl der Beiträge in der Fachpresse: Göres, NJW 2005, S. 1902 ff.; Mack, DStR 2006, 394 ff.; Roller, VuR 2005, 366 ff.; C. H. Schmidt, BB 2005, 2155 ff.; Tolani, BKR 2007, 275 ff.; in den allgemeinen Medien: FOCUS-MONEY, Staat schnüffelt in den Konten, abrufbar unter http://focus.msn.de/finanzen/banken/ bankgeheimnis (Abrufdatum: 18. August 2007); Spiegel online, Mehr Kontoüberprüfungen als je zuvor, abrufbar unter http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,403151, 00.html (Abrufdatum: 18. August 2007); Adolph Finanzplanung Wirtschaftsberatung Dienstleistungsgesellschaft mbH, Praktisch kein Bankgeheimnis mehr in Deutschland – was ist passiert und wie kann man sich vor dem Kontrollwahn schützen?, abrufbar unter http://www.afw-gmbh.de/archiv/bankgeheimnis/bankgeheimnis.html (Abrufdatum: 18. August 2007); Visionen Nutzen Rat, Das Bankgeheimnis ist endgültig ausgehebelt, abrufbar unter http://www.vnr.de/vnr/recht/wirtschaftsrecht/praxistipp_ 16228.html (Abrufdatum: 18. August 2007). 19 Einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Gesetzesänderung lehnte BVerfGE 112, 284 ff. am 22. März 2005 ab. In der Hauptsache 14
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Reichweite dieses Auskunftsverweigerungsrechtes ist im Wesentlichen unabhängig vom Innenverhältnis und umgekehrt.20 Denn dem Bankgeheimnis stehen in dieser Facette „Positionen typisch hoheitlicher Art“21 gegenüber. Insoweit geht es allein um die Frage, wann ein Informationseingriff durch den Staat zulässig ist. Diese Dissertation wird sich dem Bankgeheimnis allein aus der privatrechtlichen Richtung nähern. Hinsichtlich der Berührungspunkte zur hoheitsrechtlichen Komponente sollen lediglich einige wichtige Schnittstellen angedeutet werden. Die Arbeit wird sich mit dem Außenverhältnis nur dort beschäftigen, wo dies für die Darstellung der zivilrechtlichen Beziehungen erforderlich erscheint. Die meisten Veröffentlichungen zum Bankgeheimnis beschäftigen sich mit beiden Schutzrichtungen. Bereits terminologisch vermischen sich dabei oft die Kategorien des öffentlichen Rechts und des Zivilrechts. Während im Bereich der Grundrechte überwiegend von Schutzbereich, Eingriff, Rechtfertigung und Rechtfertigungsgründen, Schranken, Adressat eines Rechtes usw. die Rede ist, kennt das Zivilrecht vielmehr Voraussetzungen und Rechtsfolgen eines Anspruchs, Inhaber, Inhalte, Grenzen und Verletzungen eines Rechtes. Diese Arbeit versucht sich bei ihrem Aufbau und den verwendeten Begriffen überwiegend am Zivilrecht zu orientieren. Wo terminologische Anlehnungen am öffentlichen Recht sinnvoll erscheinen, greift sie aber auf diese zurück. Den Anspruch, eine strikte Trennung beider Bereiche auf der begrifflichen Ebene zu erreichen, erhebt sie nicht. Der Aufbau der Untersuchung: Die Arbeit untergliedert sich in neun Kapitel. Um den Rahmen für die wesentlichen Untersuchungskomplexe abzustecken, nähert sie sich dem Bankgeheimnis zunächst historisch und begrifflich (1. Kapitel). Dieser Teil soll dem Leser das erforderliche Hintergrundwissen vermitteln und Missverständnisse vermeiden helfen. Vor allem aber ist eine Beschäftigung mit den geschichtlichen Wurzeln bei einem gewohnheitsrechtlichen Rechtsinstitut unerlässlich. Das 2. Kapitel legt den Grundstein für die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema, indem es die wesentlichen Wertungskriterien erläutert, die das Bankgeheimnis formen. In ihrer Gesamtheit stellen sie aus Verfassersicht die normative Grundlage dieser Verschwiegenheitspflicht dar.22 Erst anschließend geht die Arbeit darauf hielt das Bundesverfassungsgericht die Neuerungen teilweise wegen fehlender Bestimmtheit für verfassungswidrig, verwarf die Verfassungsbeschwerden im Übrigen aber: BVerfGE 118, 168 ff. 20 So auch bereits Scheer, S. 2. 21 Lerche, ZHR 149 (1985), S. 165 (167); ähnlich unveröffentlichter Vortrag von Kirchhof, zusammengefasst von Bornemann, ZBB 2003, S. 319 (Belange der Öffentlichkeit) sowie BVerfG NJW 2007, 2464 (2469 Rn. 126 ff.). 22 Der wertungsjuristische Ansatz ähnelt gedanklich der Herangehensweise von Petersen, S. 14 f.
Einleitung
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ein, wo und auf welche Weise die Kriterien ihre Wirkung auf das Bankgeheimnis entfalten. Da juristische Wertungen nie ohne feststehende Rechtsregeln zur Anwendung gelangen können, beschäftigt sich die Dissertation in einem weiteren Teil mit verschiedenen dogmatischen Gerüsten, die das Bankgeheimnis tragen (3. Kapitel). Im Zusammenspiel mit den normativen Grundlagen des 2. Kapitels zeichnen die Ergebnisse das Bild eines stimmigen Haftungsrechts, in dem das Bankgeheimnis keine Ausnahmeerscheinung darstellt, sondern vielmehr das historisch gewachsene Paradebeispiel einer leistungsunabhängigen Schutzpflicht. Nach der Klärung der dogmatischen Eckpfeiler bettet die Untersuchung das Bankgeheimnis in das System einer einheitlichen Rechtsordnung ein, indem sie etwaige Einflüsse anderer Rechtsgebiete, namentlich des Verfassungs- und des Strafrechts, auf den Pflichteninhalt untersucht (4. Kapitel). Der Anschein einer starken Verquickung der verschiedenen Disziplinen im Bereich des Geheimnisschutzes weicht dabei der Erkenntnis, dass sie zwar Berührungspunkte aufweisen, auf Grund der unterschiedlichen Zielrichtungen aber verschiedenen Regeln folgen. Anhand der bis dahin erforschten theoretischen Grundlagen wagt sich die Darstellung an die Herausarbeitung des Pflichtenumfangs. Nach einer Untersuchung der inhaltlichen Eckpunkte sowie des sachlichen Schutzbereichs des Bankgeheimnisses (5. Kapitel) geht die Arbeit auf den personellen (6. Kapitel) sowie den zeitlichen Schutzbereich und die Umsetzung des Bankgeheimnisses ein (7. Kapitel). Das 8. Kapitel widmet sich den Grenzen und Durchbrechungen der Verschwiegenheitspflicht. Die Ausführungen zur Reichweite des Bankgeheimnisses stellen somit eine Art Subsumtion unter die in den ersten Kapiteln gewonnenen Erkenntnisse dar. Ein letztes Kapitel zu den Wirkungen einer Verletzung des Bankgeheimnisses und den Rechtsfolgen seiner Verletzung rundet die Untersuchung ab.
1. Kapitel
Historische und begriffliche Annäherung an das Bankgeheimnis Das Bankgeheimnis ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Dennoch sind sich – wie sich zeigen wird – die gesamte Literatur und die gesamte Rechtsprechung seiner Existenz sicher. Es erscheint daher lohnend, in § 1 dieser Arbeit einen kurzen Blick auf seine historischen Ursprünge zu werfen. § 2 dient einer Abklärung der Begriffe, um terminologische Missverständnisse zu vermeiden.
§ 1 Geschichtliche Entwicklung I. Das Bankgeheimnis bis zur Reichsgründung 1871 Die Gründung der ersten europäischen Banken erfolgte seit dem 12. Jahrhundert, wobei sie noch nicht die Bezeichnung „Bank“ führten. Sie nahmen in erster Linie die Funktion einer Kassenstelle wahr.1 Vermittelt durch diese Stellen, entwickelte sich angesichts der staatlichen Geldnot die Übung der Händler, dem Staat verzinsliche Schuldscheine auszugeben.2 Es gibt Hinweise auf Banken im Mittelalter, die für den Betrag ihrer Forderungen gegen den Staat Banknoten druckten, welche der Staat wiederum zum Umlaufmittel erklärt haben soll.3 Fest steht, dass sich im 15. und 16. Jahrhundert ein zersplittertes und ungezügeltes Münzwesen ausbreitete. Nicht zuletzt deshalb wurde im Jahr 1619 die erste deutsche Bank in der Hansestadt Hamburg und zwei Jahre später eine Bank in Nürnberg gegründet. Ihre Tätigkeit umfasste jeweils das Depositen- und Girogeschäft.4 Die 1 Kaufleute hinterlegten bei ihr ihre Geldsorten oder Edelmetalle. So hielten sie ihr Vermögen vor Dieben oder Feuer besser geschützt als in ihren eigenen vier Wänden: Marperger, S. 96. 2 Hübner, S. 9 – diese Art der Tätigkeit unterschied sich bereits grundlegend von einfachen Wechslerbanken, die allein die Aufgabe hatten, Geldsorten sowie Goldund Silbermünzen umzutauschen (S. 36 ff.). 3 Hübner, S. 10. 4 Vgl. Hübner, S. 11; Marperger, S. 1; Schubert, S. 3; Depositengeschäft bedeutete, dass die Bank Güter gegen Entgelt und Ausgabe von Depositenscheinen aufbewahrte; Girogeschäft bedeutete, dass die Bank den Umsatz, die Bewegung des
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Kaufleute konnten die hinterlegten Vermögenswerte jederzeit zurückverlangen und wussten in dem Bankier einen erfahrenen Fachmann in Münzfragen an ihrer Seite.5 Schon früh finden sich also Spuren eines besonderen Vertrauens von Staat und Händlern gegenüber Bankiers. 1. Existenz des Bankgeheimnisses seit der Geburtsstunde der ersten Bank
Wann eine berufliche Verschwiegenheitspflicht von Bankiers zum ersten Mal anerkannt wurde, lässt sich nicht genau feststellen.6 Doch schon die 12. Regel des Cartulariums der im Jahr 1593 gegründeten Bank des heiligen Ambrosius der Stadt Mailand lautet: „Man gebe Niemand Aufschluß über Andere, außer dem Anfragenden über sich selbst, deßgleichen dessen Bevollmächtigten, Erben usw. bei Strafe des Amtsverlustes und noch größerer Strafe, je nach dem Gutachten des Vikars und der Zwölfe.“7
Die neue Einrichtung einer institutionalisierten Bank in Hamburg stieß in der deutschen Bürgerschaft auf Widerstand und Scheu. Die Ressentiments hatten ihren Ursprung nicht zuletzt in der Befürchtung, es könnten private Vermögensverhältnisse der Allgemeinheit bekannt werden. Um dieses Misstrauen zu beseitigen, stand in Ziffer VIII der Hamburger Banco-Ordnung vom 31. Dezember 1639 eine eidliche Verpflichtung der Bankangestellten, über die Bankgeschäfte und -verhältnisse Stillschweigen zu bewahren. „Würde aber jemand nach eines andern Summa oder Partita fragen/so soll der Buchhalter ihme keinesweges davon etwas vermelden/immassen dann bemeldten Buchhaltern/und allen andern/so der Banco dienen/bey ihren geleisteten Eyden und höchste Straffe verboten/Niemande was in der Banco passiret/und geschrieben wird/zu offenbahren.“8
Die Reichweite der Verschwiegenheit lässt sich erahnen, wenn man folgenden Kommentar eines damaligen Zeitgenossen liest: „Die Geheimnißthuerei der Hamburger Bank erstreckt sich nicht nur auf den Inhalt der Conti, welcher im Interesse des Kontobesitzers natürlicherweise verschwiegen bleiben muß, sondern auch auf alle Theile des Geschäftsbetriebes“.9 Eigentums innerhalb eines bestimmten Kreises von Beteiligten, vermittelte, vgl. Hübner, S. 53 ff. und S. 9. 5 Marperger, S. 97 ff. Erst später begannen die Institute, die bei ihnen deponierten Gelder zu zinstragenden Geschäften zu verwenden, indem sie Darlehen ausgaben, vgl. Hübner, S. 28; Marperger, a. a. O., S. 7 f. 6 Scheer, S. 8. 7 Übersetzung von Jäger, S. 42. 8 Abgedruckt bei Marperger, S. 145; vgl. auch Scheer, S. 3; Schubert, S. 4. 9 Hübner, S. 119.
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1. Kap.: Historische und begriffliche Annäherung an das Bankgeheimnis
Für die Zeit bis zur Reichsgründung 1871 ergeben sich auch bei den weiteren gegründeten Banken Hinweise auf solche Geschäftsgepflogenheiten aus ihren Satzungen.10 Im Wesentlichen weichen die Nürnberger Giro- und Depositen-Bank und die Banco di Depositi in Leipzig inhaltlich nicht von dem Vorbild der Hamburger Bank ab.11 In ihnen finden sich Dienstanweisungen, die von den Bankangestellten strengste Diskretion über Kundenangelegenheiten verlangten. Ein Diensteid bekräftigte diese Verpflichtung und seine Verletzung war zumeist unter Strafe gestellt.12 Der Wortlaut der Statuten erfasste zwar nicht die Leitungs- und Aufsichtsorgane. Marperger beschrieb im Jahre 1717 jedoch deutlich, dass Amt und Gewissen der Buchhalter ebenso Stillschweigen erfordere: „Er muß aber/eben wie der Cassirer und Banco-Knecht in seiner Bestallung hart vereydet werden/von demjenigen/was ihme in seiner Function wissend wird/ keinem Menschen nicht das geringste auszusagen. Was die Herren Deputierte betrifft/werden sich dieselbe ohne dem zu bescheiden wissen/daß ihre Schuldigkeit/Ampt und Gewissen ein gleiches Stillschweigen zu halten/von ihnen erfodere.“13
Die im Jahre 1765 gegründete Königliche Giro- und Lehn-Banco Friedrichs des Großen dehnte den Schutz in Art. 19 ihrer Satzung sogar so weit aus, die Nachforschung Unberechtigter nach dem Kontostand eines Kunden ausdrücklich zu verbieten.14 Die „Bediente[n] der Banco“ waren wie bei den anderen Banken dazu verpflichtet, alle Geschäfte, die sie „unter Händen haben werden, als das größte Geheimnis mit in ihre Grube“15 zu nehmen. Insgesamt lässt sich für diese erste Periode des deutschen Bankenwesens eine große Bedeutung des Bankgeheimnisses feststellen. Die Geldinstitute gewährleisteten umfassend einen diskreten Umgang ihrer Angestellten mit den Kundendaten. Eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung von Gewohnheitsrecht, die tatsächliche Übung, liegt somit vor. 2. Bankgeheimnis ohne gesetzliche Erwähnung
In den Strafgesetzbüchern der damaligen Zeit finden sich einige Delikte zur Ahndung beruflicher Schweigepflichten. Bankiers waren in keinem 10
Schubert, S. 2 und ihm folgend: Sichtermann, 2. Aufl., S. 50. Scheer, S. 3; Schubert, S. 4. 12 Einzelheiten mit Zitaten aus den historischen Quellen finden sich bei Sichtermann, 2. Aufl., insbesondere S. 54. 13 Marperger, S. 50 zu der „Lehn-Banco“; ihm folgend: Scheer, S. 5, der anmerkte, dass die historischen Dokumente eine strenge Einhaltung der Verschwiegenheit in der damaligen Geschäftspraxis vermuten lassen. 14 Scheer, S. 4; Schubert, S. 5. 15 Schubert, S. 5. 11
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Strafgesetzbuch genannt.16 Sanktioniert wurde die Verletzung lediglich bei den Sparkassenbeamten, deren Amtsverschwiegenheit auch strafrechtlich gesichert war.17 Das manchen Berufsgruppen eingeräumte gerichtliche Zeugnisverweigerungsrecht galt für das Bankgeheimnis nicht. Schubert geht davon aus, dass die Erwähnung im Gesetz deshalb ausblieb, weil das Problem der bankberuflichen Geheimnisse in jener vom Bankverkehr noch weniger berührten Zeit gar nicht ernsthaft aufgetreten ist.18 Die Gesetzgebung sah sich daher weder veranlasst, das Bankgeheimnis besonders zu schützen, noch ließ sie nennenswerte Einschränkungen zu.19 II. Die Weiterentwicklung des Bankgeheimnisses bis ins 20. Jahrhundert 1. Die Ausgestaltung durch die Banken
a) Der Begriff des Bankgeheimnisses Der Begriff des Bankgeheimnisses tauchte zum ersten Mal in der Überschrift des § 113 der im Jahre 1846 erlassenen Bankordnung der Preußischen Bank, der Vorläuferin der Reichsbank, auf. Die Formulierung dazu lautete: „Sämtliche Beamte, Mitglieder der verschiedenen Ausschüsse, namentlich alle diejenigen, welche behufs der Revision und Kontrolle zur Einsicht der Bücher und Portefeuilles berechtigt sind, sind verpflichtet, über alle einzelnen Geschäfte der Bank, besonders über die mit Privatpersonen, über den Umfang des denselben gestatteten Kredits, soweit über die Zahl der Bankanteile, welche Einzelne besitzen, das unverbrüchlichste Schweigen zu beobachten. Die Deputierten des Zentralausschusses und ihre Stellvertreter, sowie die Beigeordneten bei den Bankkomtoiren sind zur Bewahrung des Geheimnisses mittels Handschlages an Eides Statt vor Antritt ihrer Funktionen besonders zu verpflichten.“
Als Sanktion für die Verletzung der Klausel sah das Regelwerk die Amtsenthebung vor.20
16 Schubert, S. 7 f.: Erfasste Tätergruppen waren namentlich Medizinalpersonen, Amtsträger sowie Bedienstete in öffentlichen oder privaten Betrieben. 17 Vgl. von Knebel Doeberitz, S. 178. 18 Schubert, S. 8. 19 Die Durchbrechungen im Allgemeininteresse stufte Schubert, S. 9, zu Recht in die Kategorie der allgemeinen Staatsbürgerpflicht ein, also in den öffentlich-rechtlichen Bereich. 20 Schubert, S. 7.
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1. Kap.: Historische und begriffliche Annäherung an das Bankgeheimnis
b) Niederlegung in Banksatzungen Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die Sparkassen ins Leben gerufen.21 Die zentrale Rechtsgrundlage der preußischen kommunalen Sparkassen bis ins Jahr 1931, das Sparkassenreglement von 1838,22 sah eine Amtsverschwiegenheit für die Statuten vor.23 Darauf aufbauend, erwähnten die Sparkassen in ihren Satzungen die Schweigepflicht häufig.24 Es war sogar bei vielen Instituten möglich, ein Sparkonto ohne Namensbezeichnung einzurichten und zu führen; diese Möglichkeit nahm die Mehrheit der Kunden an.25 Auch manche Statuten der Aktienbanken enthielten eine ausdrückliche Verpflichtung zur Geheimhaltung, aber bei weitem nicht alle.26 Dies kann daran liegen, dass die Satzungen bei den Aktienbanken den Charakter von Gesellschaftsverträgen hatten,27 während sie bei den Sparkassen einen Vertrag zwischen Sparkasse und Einleger darstellten.28 Der Geschäftsbetrieb und somit das Verhältnis zu den Kunden regelten Bestimmungen, welche die Organe erlassen sollten.29 Alle wissenschaftlichen Stimmen, die sich mit diesen Quellen beschäftigten, gehen davon aus, dass die übrigen Ban21 Zur Geschichte der Sparkassen ausführlich von Knebel Doeberitz, Das Sparkassenwesen in Preußen. 22 Pohl in: von Knebel Doeberitz, S. 15*. 23 von Knebel Doeberitz, S. 178: „Die Sparkassenbeamten sind verpflichtet, über die geschäftlichen Verhältnisse der Sp. K., insbesondere über die Guthaben der Einleger Verschwiegenheit zu beobachten.“ 24 Schubert, S. 5 f.; vgl. aus dem Jahre 1922 Zentralstelle des Deutschen Sparkassen-Verbandes, Die Mustersatzung für Sparkassen, S. 5. § 7 lautet: „Die Mitglieder des Vorstandes, die Beamten und Angestellten der Sparkasse haben über den Geschäftsverkehr, insbesondere über die Gläubiger und Schuldner, innerhalb der durch die Gesetze zugelassenen Grenzen strenge Amtsverschwiegenheit zu beobachten.“ Ähnlich bereits die unveröffentlichte Satzung der Bezirks-Sparkasse Homburg, Pfalz, S. 4 f., § 3 Abs. 6 („Die Mitglieder des Sparkasse-Ausschusses sind zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet.“) und § 6 Abs. 7 („Den Kassebeamten und Hilfsarbeitern ist die Wahrung der Amtsverschwiegenheit zur Pflicht gemacht.“). 25 Schubert, S. 6. 26 In Hockers Sammlung der Statuten aller Actien-Banken Deutschlands findet sich eine Schweigepflicht für Bankorgane und -angestellte auf folgenden Seiten und in folgenden Statuten: S. 98, Danziger Privat-Actien-Bank (§ 38 Abs. 2); S. 166, Disconto-Gesellschaft in Berlin (Art. 48 Abs. 2); S. 225, Geraer Bank (§ 62); S. 344 f., Lübecker Privat-Bank (§§ 32, 38); S. 515, Preußische Bank (§ 113). 27 Sie enthielten daher vorrangig Regelungen zu Gründung, Zweck und Beteiligungsverhältnisse der jeweiligen Bank, zu Aufgaben, Rechte und Pflichten ihrer Organe sowie der Gewinnverteilung. 28 Zur Funktion der Statuten von Knebel Doeberitz, S. 162. 29 Dies waren z. B. Reglements, Beschlüsse, Geschäftsordnungen, Instruktionen, sog. Bureau-Ordnungen u. ä. – zu entnehmen den bei Hocker abgedruckten Bestimmungen, z. B. S. 78 (§ 54), S. 126 (§ 21), S. 138 (§ 26), S. 242 (Art. 49 Abs. 4), S. 332 (§ 39), S. 372 (§ 41 Abs. 2 lit. a), S. 560 (§ 92), S. 618 (§ 43 Abs. 3).
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ken die Verschwiegenheitspflicht als so selbstverständlich ansahen, dass ihnen ihre Niederlegung entbehrlich erschien.30 c) Behandlung des Bankgeheimnisses in den Geschäftsbedingungen Geschäftsbedingungen entwickelten sich im Bankgewerbe seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Die Regelungsdichte stieg im Lauf der Zeit deutlich an.31 Zu Beginn sahen nur einige Sparkassen eine Regelung zur Schweigepflicht vor.32 Bei den übrigen Banken fand die Geheimhaltungspflicht dort häufig keine Erwähnung.33 Die Institute wollten angesichts der Auskunftspflicht gegenüber den Steuerbehörden keine falschen Hoffnungen gegenüber dem Kunden wecken.34 Das für die Vereinheitlichung der Bankbedingungen anerkannte Bankgeschäftliche Formularbuch erwähnte im Jahre 1943 die Verschwiegenheitspflicht mehrfach, indes meist nur im Zusammenhang mit der Problematik der Bankauskünfte.35 Das dort abgedruckte erste Formular, das allgemeine Fragen regelte, stellte klar: „Der Kunde darf sich darauf verlassen, daß die Bank seine Aufträge mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns erledigt und dabei das Interesse des Kunden wahrt, soweit sie dazu im Einzelfall imstande ist.“.36 Eine Ein30
Kreutzer, S. 7; Scheer, S. 5 f.; Schubert, S. 6; Sichtermann, 2. Aufl., S. 54 f. Das (nicht veröffentlichte) allgemeine Formular der „Firma Hermann Müller, Bankgeschäft in Neustadt“ aus dem Jahr 1912 hatte gute 10 Seiten und das Schema galt damals nach seiner Vorbemerkung als „ziemlich umfangreich, da es möglichst alle in Betracht kommenden Fragen umfassen soll.“ Das entsprechende Formblatt im Jahr 1943 füllte bereits 47 Seiten (vgl. Koch/Schütz, Formularbuch, S. 1 ff.). 32 So in den unveröffentlichten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreissparkasse Homburg-Saar in der Fassung von März 1938, die angelehnt sind an die AGB der dem Deutschen Sparkassen- und Giroverbande angeschlossenen Spar-, Girokassen und Kommunalbanken. Ihre Ziff. 47 lautet: „Die Beamten und Angestellten der Sparkasse sind verpflichtet, über alle zu ihrer Kenntnis gelangenden Vermögensangelegenheiten der Kontoinhaber gegen jedermann unverbrüchliches Stillschweigen zu bewahren. Die nach den gesetzlichen Verpflichtungen bestehenden Verpflichtungen bleiben hierdurch unberührt.“ 33 Vgl. aus dem Jahr 1922 Scherzer, S. 81 ff. (vergleichende Darstellung der „Berliner Grossbanken“, die typische Vertreter des „Bankgrossbetriebs“ waren); ähnlich in den Jahren 1928 und 1932: Koch/Schütz, Formularbuch, 6. Neuausgabe, S. 10 ff. und A. Koch, AGB der Banken, S. 247 ff. mit dem Hinweis auf S. 37, dass diese von der Mehrzahl privater Bankinstitute inhaltlich übereinstimmend verwendet werden. 34 Vgl. Scheer, S. 9 Fn. 1. 35 Koch/Schütz, Formularbuch, 11. Ausgabe, S. 3, S. 16 Fn. 2 zu Ziffer 10 der AGB und S. 123 (Einzelfälle in der Rspr.). 36 Koch/Schütz, Formularbuch, 11. Ausgabe, (. . . „dient dem Schutz des Bankgeheimnisses“). 31
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1. Kap.: Historische und begriffliche Annäherung an das Bankgeheimnis
beziehung des Bankgeheimnisses in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (nachfolgend: „AGB“) wurde um 1950 zwar erwogen, aber letztlich nicht berücksichtigt.37 Dass die Kreditinstitute privaten Dritten keine Informationen über ihre Kunden übermitteln dürfen, zog jedoch niemand in Zweifel.38 d) Niederlegung des Bankgeheimnisses erst im Jahre 1993 Bei der Ausarbeitung der AGB-Banken im Jahre 1993 war es ein Ziel des Bundesverbandes deutscher Banken e. V.39, das Bankgeheimnis im Text zu verankern. Damit sollte sein hoher Wert unterstrichen, das Vertrauen in die Kreditinstitute gestärkt und die bankmäßige Geschäftsverbindung transparenter gestaltet werden.40 Das Bankgeheimnis sollte schärfere Züge erhalten und seine Geltung für ausländische Rechtsanwender deutlich gemacht werden.41 Die neue Regelung änderte nach überwiegender Auffassung den bisherigen Rechtszustand nicht.42 Die Genossenschaftsbanken verwenden einen mit diesen AGB identischen Klauseltext.43 Dagegen hat der Deutsche Sparkassen- und Giroverband in seine in den 90er Jahren weitgehend an die AGB-Banken angeglichenen AGB-Sparkassen keine Regelung des Bankgeheimnisses aufgenommen,44 es jedoch in Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 zumindest als Pflicht der Sparkasse erwähnt. 2. Die Ausgestaltung durch den Staat
Bereits im 19. Jahrhundert fächerte sich das Bankgeheimnis in eine öffentlich-rechtliche und eine privatrechtliche Komponente auf. Die strenge Wahrung der Verschwiegenheitspflicht fand ihre Grenze gegenüber der 37
Kreutzer, S. 29 Fn. 97. Baumbach/Duden/Hopt, 25. Aufl., (7) BankGesch Anm. I 4); Horn in: Heymann, 1. Aufl., Anh § 372 I Rn. 44 m. w. N.; E. Krebs, Geschäftsbedingungen, Rn. 1; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/33, 2/842. 39 Er repräsentiert 220 private Banken und zwölf Mitgliedsverbände. 40 Vgl. Horn in: Horn, AGB-Banken 1993, S. 88; Krings, ZBB 1992, 326 (334); Ohlroggen, S. 90; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/14 b, 1/34, 2/842. 41 Cahn, WM 2004, 2041 (2042); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/842. 42 Cahn, WM 2004, 2041 (2042); Horn, AGB-Banken 1993, S. 88; Nobbe, WM 2005, 1537 (1539); Ohlroggen, S. 90; Petersen, S. 23; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/37, sieht das Bankgeheimnis in seiner Formulierung verschärft. 43 Vgl. zur Fassung von 1993 Horn, AGB-Banken 1993, S. 175. Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken vertritt rund 1.300 Kreditgenossenschaften. 44 Krings, ZBB 1992, 326 (327); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/10. 38
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Staatsaufsicht und – wie manche Bankensatzungen ausdrücklich erwähnten – den Gerichtsbehörden.45 Während bei der rein privatrechtlichen Komponente die Verschwiegenheitspflicht nie in Frage stand, bewertete sie der Gesetzgeber in der Abwägung mit öffentlichen Interessen im Laufe der Zeit unterschiedlich. a) § 348 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 3 CPO Indirekt fand das privatrechtliche Bankgeheimnis einen Ausdruck im Prozessrecht. Die Zivilprozessordnung sah schon bei ihrem Inkrafttreten in ihrem § 348 Abs. 1 Nr. 5 ein Zeugnisverweigerungsrecht für Personen vor, „welchen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Thatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch die Natur derselben oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in betreff der Thatsachen, auf welche die Verpflichtung zur Verschwiegenheit sich bezieht.“
Abs. 3 ergänzte diese Norm: „Die Vernehmung der in Nr. 4, 5 bezeichneten Personen ist, auch wenn das Zeugniß nicht verweigert wird, auf Thatsachen nicht zu richten, in Ansehung welcher erhellt, daß ohne Verletzung der Verpflichtung zur Verschwiegenheit ein Zeugniß nicht abgelegt werden kann.“
Die Gerichte waren sich von Beginn an sicher, dass Bankangestellte zu den Personen gehören, die wegen der Natur ihres Verhältnisses zum Kunden der Geheimhaltung unterliegen.46 Das Reichsgericht vertrat zu § 383 ZPO die Ansicht, es könne „doch keinem Zweifel unterliegen, daß der Bankier seinem Kunden gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, wie dies auch in der Rechtsprechung und der Rechtslehre anerkannt wird“.47
Dass sich das zivilprozessuale Zeugnisverweigerungsrecht auf die Diskretionspflicht des Bankiers erstreckt, stand immer außer Frage.48 45
Schubert, S. 6. OLG Colmar JZ Els.-Lothr., 22. Jg. (1896), S. 291 (292, 294): erste Entscheidung, in der eine Geheimhaltungspflicht des Bankiers thematisiert und anerkannt wurde; Scheer, S. 8; Schubert, S. 12. 47 RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 18 (1914), S. 309 (310); ähnlich: BayObLGZ 1, 290 (292); KG JW 1928, 120; OLG Colmar OLGRspr 13, 159. 48 RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 18 (1914), S. 309 (310); BayObLGZ 1, 290 (292); KG JW 1928, 120; OLG Celle SeuffArch 60 (1905), 210 (Nr. 111); OLG Colmar JZ Els.-Lothr. 22. Jg. (1896), S. 291 ff.; OLG Colmar OLGRspr 13, 159 f.; OLG Dresden OLGRspr 40, 377 f.; Feuerherdt/Werhahn, S. 9; Förster/Kann, 2 e) bb) d) bb) zu § 383; Jonas in: Gaupp/Stein/Jonas, § 383 Anm. III 3; Meister, Bank-Archiv X. Jg. Nr. 15, S. 240; Scheer, S. 76 f.; Schubert, S. 2 und 9; Wentzell, S. 10 und S. 14. 46
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1. Kap.: Historische und begriffliche Annäherung an das Bankgeheimnis
b) Steuergesetze Bis zum Jahr 1919 war regelmäßig allen, die gemäß § 383 ZPO zeugnisverweigerungsberechtigt waren, durch die Steuergesetze auch ein Auskunftsverweigerungsrecht gegenüber Finanzbehörden eingeräumt. Seine Reichweite entsprach derjenigen im Zivilprozess.49 Der Staat verzichtete auf diese Weise mittelbar darauf, Fälle der Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Das einzige Argument, das für ein derart weites Verständnis des Bankgeheimnisses sprach, war die Befürchtung, bei einer Auskunftspflicht der Banken könnten Kapitalanleger ins Ausland abwandern. Der Interessenkonflikt spielte sich zwischen Staat und Privatwirtschaft ab.50 Letztlich nahm der Gesetzgeber eine Abwägung mit Gemeinwohlbelangen vor. Auf die Überlegungen zur Beziehung zwischen Bank und Kunde hatte diese öffentlich-rechtliche Komponente des Bankgeheimnisses keinen Einfluss. Die finanz- und währungspolitischen Maßnahmen während und nach der Zeit des Ersten Weltkriegs beeinflussten das Bankwesen in vielfacher Hinsicht. Es kam zu einer umfassenden staatlichen Bankenaufsicht, der Regulierung bestimmter Finanzgeschäfte und nach Kriegsende zur Abschaffung des Auskunftsverweigerungsrechts gegenüber Finanzbehörden. Doch selbst in dieser Zeit berührten die staatlichen Durchbrechungen des Bankgeheimnisses die Vertraulichkeit gegenüber Privaten nicht.51 Die gesetzgeberischen Erwägungen hatten mit den zivilrechtlichen Beziehungen der Banken zu Kunden nichts zu tun.52 c) Die Bankgesetze Das Bankgesetz vom 14. März 1875 traf Bestimmungen zur Deutschen Reichsbank. In seinem § 39, der § 113 der Bankordnung der Preußischen Bank fast wörtlich nachgebildet wurde, war eine bankrechtliche Schweigepflicht erstmalig gesetzlich ausgeformt:53 § 33 sah bei einer Verletzung 49
Schubert, S. 14 f. Vgl. Schubert, S. 18; Wentzell, S. 60. 51 Vgl. zum ganzen Komplex: Schubert, S. 19 ff.; Wentzell, S. 16 ff. 52 Die vorliegende Arbeit wird daher die Finanzgesetzgebung und die steuerfiskalische Seite des Bankgeheimnisses nicht näher behandeln. Näher dazu etwa Dalsheim, S. 30–112; anschaulich aus dem Jahre 1920 Gustav Sintenis, Verhandlungen des V. Allgemeinen Deutschen Bankiertages, S. 123–126. 53 Gesetz vom 14. März 1875, RGBl. 1875 Nr. 15, S. 177 ff. (188): „Sämtliche bei der Verwaltung der Bank als Beamte, Ausschußmitglieder, Beigeordnete betheiligte Personen sind verpflichtet, über alle einzelne Geschäfte der Bank, besonders über die mit Privatpersonen und über den Umfang des den letzteren gewährten Kredits, Schweigen zu beobachten. Die Deputirten des Zentralausschusses und deren 50
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des Bankgeheimnisses die Amtsenthebung vor. § 39 diente nicht nur dem Schutz der Interessen der Reichsbank, sondern auch dem Schutz der beteiligten Privatpersonen.54 Behält man das bisher zum Bankgeheimnis Dargelegte im Auge, ist die Bestimmung nicht ungewöhnlich: Der Staat legte für „seine“ Bank lediglich das nieder, was für alle übrigen Banken bereits eine Selbstverständlichkeit war. Im Jahr 1924 wurde das Gesetz von einem neuen Bankgesetz abgelöst.55 Es formulierte zwar den bisherigen § 39 in einen neuen § 20 Abs. 1 um, änderte die Schweigepflicht der Reichsbank inhaltlich jedoch nicht.56 Ähnliche Bestimmungen waren auf die Beschäftigten bei der Deutschen Rentenbank57 sowie der Deutschen Golddiskontbank58 anwendbar. Daneben galt die Schweigepflicht weiterhin für alle übrigen Banken.59 d) Das Schuldbuchgeheimnis Seit dem Jahr 1883 fand sich im preußischen Recht eine Bestimmung, welche Vertraulichkeit über den Inhalt des Staatsschuldbuches anordnete: „Ueber den Inhalt des Staatsschuldbuchs darf nur dem eingetragenen GläuStellvertreter, sowie die Beigeordneten bei den Reichsbankhauptstellen sind hierzu vor Antritt ihrer Funktionen mittelst Handschlags an Eidesstatt besonders zu verpflichten.“ 54 Wentzell, S. 4 zitiert hier Breit, Bankgesetz, Berlin. 55 RGBl. 1924 II Nr. 32, S. 235 ff. – Es sollte die Abhängigkeit der Reichsbank vom Reich abmildern. 56 RGBl. 1924 II Nr. 32, S. 239; vgl. auch Begründung zum Entwurf eines Bankgesetzes in: RT-Drs. 2. Wahlperiode 1924 Nr. 448, die lediglich auf § 39 des alten Bankgesetzes verweist. Die neue Norm lautete: „Sämtliche bei der Bank als Leiter, Beamte oder Angestellte tätigen Personen sowie die Mitglieder des Generalrats, des Zentralausschusses und der Bezirksausschüsse sind verpflichtet, über alle zu ihrer Kenntnis gelangenden Angelegenheiten und Einrichtungen der Bank, insbesondere über alle einzelnen Geschäfte der Bank und über den Umfang gewährter Kredite Schweigen zu beobachten, auch nachdem das Dienstverhältnis oder die Zugehörigkeit zum Generalrat, Zentralausschuß oder einem Bezirksausschuß fortgefallen ist.“ 57 § 6 der am 14. November 1923 erlassenen „Vorläufigen Durchführungsverordnung zur Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank vom 15. Oktober 1923“, RGBl. 1923 I Nr. 117, S. 1092. 58 Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1. Dezember 1930 (ergänzt das Reichsgesetz über die Deutsche Golddiskontbank vom 19. März 1924), Sechster Teil, Kapitel II, § 5, RGBl. 1923 I Nr. 47, S. 591. 59 Schubert, S. 46; Wentzell, S. 5. Sie wurde lediglich nicht als Bankgeheimnis bezeichnet. Vor allem mit gesetzlichen Bestimmungen zu Offenbarungspflichten der Banken gegenüber Steuerbehörden seit dem Jahr 1918 fand der Begriff des Bankgeheimnisses Eingang in Gesetzgebung und Literatur, vgl. Schubert, a. a. O.
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1. Kap.: Historische und begriffliche Annäherung an das Bankgeheimnis
biger, seinen gesetzlichen Vertretern, Bevollmächtigten und Rechtsnachfolgern von Todeswegen“ . . . „Auskunft ertheilt werden.“60 Das Reich übernahm diese Regelung einige Jahre später fast wortgleich in § 2 Abs. 5 des Gesetzes betreffend das Reichsschuldbuch.61 Es sollte also geheim bleiben, wer welche Forderungen gegen den preußischen Staat und das Reich hatte. Unter der Überschrift „Schuldbuchgeheimnis“ enthielt § 3 Abs. 4 eines späteren Reichsschuldbuchgesetzes immer noch eine ähnliche Regelung.62 Bei der Begebung von Anleihen handelte der Staat nicht hoheitlich, sondern als eine Art „Reichssparkasse“.63 Dies rechtfertigt es, die Regelungen als privatrechtliche zu betrachten. Gleichzeitig zeigt diese Tatsache, dass diese Vorschriften nicht dem öffentlichen Interesse zu dienen bestimmt waren. Worin sollte ein öffentliches Geheimhaltungsinteresse auch bestehen, veröffentlichte das Statistische Reichsamt die Reichsschulden ohnehin regelmäßig.64 Vielmehr scheinen diese Bestimmungen – wie das Reichsschuldbuch in seinem Kern überhaupt65 – einen Gläubigerschutz bezweckt zu haben. Offensichtlich wollte die öffentliche Hand ihre Anleihen zugunsten der Gläubiger in gleicher Weise geheim halten wie das übrige Bankenwesen seine Geschäfte. e) Versuche einer Kodifizierung des Bankgeheimnisses scheiterten Zweimal beabsichtigte der Gesetzgeber, sich einer Kodifizierung des Bankgeheimnisses zu widmen. Im Zuge der Reform des Kreditwesengesetzes Mitte des 20. Jahrhunderts wurde eine Regelung zur Verschwiegenheitspflicht der Banken erwogen.66 Dies scheiterte am Widerstand der Spitzenverbände des Kreditgewerbes. Ein zentraler Punkt war dabei das Verhältnis zu den in der Branche üblichen Kreditauskünften; das Bankgeheimnis sollte die Möglichkeit ihrer Erteilung nicht beschränken.67 Die Aufnahme einer Regelung in seine AGB erschien dem Kreditgewerbe zu 60
Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten 1883 Nr. 22, S. 120. Gesetz vom 31. Mai 1891, RGBl. 1891 Nr. 20, S. 321. 62 Gesetz vom 31. Mai 1910, RGBl. 1910 Nr. 32, S. 841. 63 Schultzenstein, Anleiherecht, S. X und S. XXXVII. 64 Vgl. z. B. die Zeitschriften „Wirtschaft und Recht“ 1928, 2. Oktoberheft, 8. Jg., Nr. 20, zitiert bei Schultzenstein, Anleiherecht, S. LII. sowie „Wirtschaft und Statistik“ 1921, 1. Jg., z. B. S. 88, 143, 194. 65 Vgl. hierzu Schultzenstein, Anleiherecht, S. XXXII. 66 Biedermann, BlStSozArbR 1970, 61; Schork, WM 1959, Sonderbeilage Nr. 2, S. 14 (31); Kirchherr in: Sichtermann, S. 67 f. 67 Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1570); Schork, WM 1959, Sonderbeilage Nr. 2, S. 14 (31). 61
§ 1 Geschichtliche Entwicklung
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gefährlich.68 Diese Bedenken überzeugen nicht, da eine dispositiv ausgestaltete Regelung nicht ungewöhnlich ist, eine Kodifizierung des Bankgeheimnisses hingegen zu mehr Klarheit geführt hätte.69 Den zweiten Versuch unternahm die Legislative im Jahr 1972, als sie das Schuldrecht novellieren wollte. Eine Regelung zum Girovertrag sollte durch die Anordnung einer Schweigepflicht flankiert werden. Dieses Mal misslang das Ansinnen, weil eine Reform des Schuldrechts politisch nicht durchsetzbar war.70 Bis heute fehlt daher eine gesetzliche Vorschrift, die das Bankgeheimnis regelt.71 Einzelne Normen setzen seine Existenz jedoch voraus.72 f) Zusammenfassung Die in einzelne Gesetze eingestreute Verschwiegenheitspflicht von Banken verdeutlicht ihre Selbstverständlichkeit. Wegen dieses Rechtsverständnisses ist es nicht verwunderlich, dass der Gesetzgeber eine ausdrückliche Vorschrift nicht für nötig hielt. Zwar war sein Inhalt nicht immer bis ins Detail geklärt.73 Doch daran hätte eine Gesetzesnorm ohnehin wenig geändert. Im Grundsatz bestand in Rechtsprechung und Schrifttum Einigkeit, auch ohne ausdrückliche Vereinbarung bestehe ein Bankgeheimnis.74
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Näher zum Ganzen Schork, WM 1959, Sonderbeilage Nr. 2, S. 14 (31). So zu Recht Kirchherr in: Sichtermann, S. 68 f. 70 Werhahn, Bank Magazin 1/93, S. 53. 71 Dass der Gesetzgeber von der Existenz eines Bankgeheimnisses ausgeht, zeigt sich z. B. an § 30 a AO, § 14 Abs. 2 Satz 5 KWG. Vgl. auch Fn. 72. 72 Vgl. Nobbe, WM 2005, 1537 (1540) mit Hinweis u. a. auf § 9 Abs. 1 KWG, § 32 BBankG, § 30 a Abs. 1 AO; vgl. zudem z. B. § 113 Abs. 5 Nr. 3 Solvabilitätsverordnung, BGBl. I 2006, S. 2978; § 14 Abs. 2 Satz 5 KWG; Kirchherr in: Sichtermann, S. 29 (zu mittlerweile abgeschafften Gesetzesnormen). 73 So stritt man sich offen darüber, ob sich die Vertraulichkeit nur auf Vermögensverhältnisse erstreckt oder auch andere Angelegenheiten ergreift: Scheer, S. 12; unklar: RG Bank-Archiv XVI. Jg. Nr. 5 (1916), S. 92 (93); BayObLGZ 1, 290 (292); Dalsheim, S. 8 f.; wohl umfassende Verschwiegenheit: RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 18 (1914), S. 309 (310); OLG Dresden OLGRspr 40, 377 f.; Jonas in: Gaupp/Stein/Jonas, § 383 Anm. III 5; Krantz in: Sydow/Busch, Anm. 9 zu § 383; nur Vermögensangelegenheiten erwähnt: RGZ 126, 50 (52); OLG Colmar JZ Els.Lothr., 22. Jg., S. 291 (292); von Gierke, Handelsrecht, § 58 I 4. Unterschiedlich wurde auch die Reichweite des Bankgeheimnisses gegenüber dem einzelnen Erben eines Kunden innerhalb einer Erbengemeinschaft ausgelegt: OLG Celle SeuffArch 60 (1905), 210 (Nr. 111) – keine Offenbarung gegenüber einzelnem Erben; anders z. B. BayObLGZ 1, 290 (293). 74 OLG Colmar JZ Els.-Lothr., 22. Jg., S. 291 (294); Förster/Kann, 2 e) bb) d) bb) zu § 383; von Gierke, Hdw. der Rechtswissenschaft, „Bankgeschäfte“ IV.2., S. 516; Meister, Bank-Archiv X. Jg. Nr. 15, S. 240. 69
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1. Kap.: Historische und begriffliche Annäherung an das Bankgeheimnis
§ 2 Begriffsbestimmungen Die inhaltlichen Unklarheiten eines gesetzlich nicht geregelten Rechtsinstituts wie dem Bankgeheimnis sollte man nicht noch durch unscharfe Begrifflichkeiten verstärken. Die vorliegende Ausarbeitung nähert sich daher dem Bankgeheimnis vor einer inhaltlichen Auseinandersetzung begrifflich. I. Definitionen aus dem Geheimnisschutz 1. Geheimnis – Geheimnisherr – Geheimnisträger
Unter Geheimnissen im Rechtssinne sind Tatsachen und Werturteile zu verstehen, die nur einer Person oder einem beschränkten Personenkreis bekannt sind und die anderen nicht bekannt werden sollen.75 Anders formuliert, geht es um das Wissen einer Person, das nach ihrem Willen nicht offenkundig, also nicht von einem unbestimmten Personenkreis gewusst werden soll. Manche verlangen ein sachlich berechtigtes, vernünftiges oder verständiges Interesse des Kunden auf Geheimhaltung und legen damit die Messlatte für den Schutz etwas niedriger.76 Mit Ausnahme von sonderbaren Wünschen des Kunden wird man sich in den allermeisten Fällen allerdings ohnehin schwer tun, kein irgendwie geartetes objektives Geheimhaltungsinteresse festzustellen. Begrifflich wird diese Arbeit das Bankgeheimnis an diesem Punkt nicht einengen.77 Taucht der Geheimnisbegriff in der Rechtsordnung auf, besteht häufig Uneinigkeit darüber, ob der Wille dieser Person, ihr Interesse oder das Interesse eines vernünftigen Beobachters die zu verschweigenden Informationen festlegt.78 Verwendet diese Darstellung den Terminus „Geheimnis“ ohne weitere Angaben, ist er in seiner weitergehenden Bedeutung (Wille der Person) auszugehen. Diesen „Inhaber“ eines Geheimnisses nennt man Geheimnisherr.79 75 Statt vieler Kirchherr in: Sichtermann, S. 30 f. m w. N. in Fn. 3; Kreutzer, S. 11. 76 Dalsheim, S. 4, 9, 17; Domke/Sperlich, BB 2008, 342 (nach Kündigung des Kreditverhältnisses); Jobe, ZIP 2004, 2415(2419); Lang, ZBB 2006, 115 (123): lediglich nötig zur Eliminierung einer Launenhaftigkeit des Kunden; für Anwalt und Arzt z. B. Schumann, FS Henckel, S. 773 (779 f. Fn. 37); für den Arzt z. B. Bieber, S. 82; Goedel, S. 34 f.; Woesner, NJW 1957, 692 – jeweils m. w. N.; a. A. Claussen, § 6 Rn. 9; Scheer, S. 30: ungestörte Fortdauer des Vertrauensverhältnisses stelle bereits ein sachliches Interesse dar; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/37. 77 Die Arbeit wird die Fragen des Schutzbereiches auf S. 173 ff. behandeln. 78 Kirchherr in: Sichtermann, S. 30; die Wechselwirkung von Wille und Interesse betont Kreutzer, S. 12. 79 Ähnlich Kreutzer, S. 11; Schubert, S. 43; vgl. auch Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.11; Lang, ZBB 2006, 115 (116).
§ 2 Begriffsbestimmungen
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Davon zu trennen ist der Geheimnisträger.80 Dies ist derjenige, der den Inhalt eines Geheimnisses kennt. Er zählt zu dem Kreis der Eingeweihten. Im Unterschied zum Geheimnisherrn besitzt er aber regelmäßig nicht das Verfügungsrecht über das Wissen. Für den Gebrauch dieses Begriffes im folgenden Text spielt es im Übrigen keine Rolle, ob der Geheimnisherr jemanden zu einem Geheimnisträger bestimmt hat oder nicht. 2. Geheimnisarten
Innerhalb der Geheimnisse ist eine Differenzierung hilfreich, um eine Einordnung des Bankgeheimnisses in den zivilrechtlichen Geheimnisschutz zu erleichtern. a) Privatgeheimnis Die erste Unterteilung lässt sich nach der Art der Geheimnisherren vornehmen. Im Unterschied zum Staatsgeheimnis ist ein Privatgeheimnis die zu verschweigende Information eines Privatrechtssubjektes.81 Das Bankgeheimnis in seiner zivilrechtlichen Ausprägung ist immer ein solches Privatgeheimnis. Zwar ist denkbar, dass eine staatliche Behörde Kunde eines Kreditinstitutes wird und die Bank dabei Kenntnis von einem Staatsgeheimnis erlangt. Erstens ist diese Situation ein sicherlich seltener Ausnahmefall, an dem sich das Wesen des Bankgeheimnisses nicht orientieren wird. Zweitens kommt in dieser Konstellation ein gewichtiges öffentliches Interesse des Staates zum Tragen, das eine rein zivilrechtliche Betrachtung des Bankgeheimnisses ausschließt. Anders als in privatrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen Behörde und Bürger dient der Schutz von Staatsgeheimnissen immer dem Staatsschutz, insbesondere dem Schutz seiner äußeren Sicherheit.82 Diese Aufgabe ist hoheitlicher Natur. Wirken solche eindeutig öffentlich-rechtlichen Interessen in das Bankgeheimnis hinein, verlässt man den Bereich des Zivilrechts. Das Bankgeheimnis im hier verstandenen Sinne83 gehört folglich allein der Kategorie des Privatgeheimnisses an. Es berührt allein den Rechtskreis des Kunden. 80 Begriff schon bei Scheer, S. 37; anders z. B. Lenckner in: Schönke/Schröder, § 203 Rn. 5, der „Geheimnisträger“ im Sinne von „Geheimnisherr“ versteht. 81 Kirchherr in: Sichtermann, S. 31; Schubert, S. 44. 82 Dies zeigen die Legaldefinition des § 93 Abs. 1 StGB sowie z. B. Lampe/Hegmann in: MünchKomm StGB, Vor §§ 93 ff. Rn. 24, § 93 Rn. 14 ff. 83 Vgl. dazu die Einleitung, S. 2 f.
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1. Kap.: Historische und begriffliche Annäherung an das Bankgeheimnis
Manche Literaturstellen treffen mit dem Begriff des Privatgeheimnisses zugleich eine inhaltliche Aussage. Sie verstehen „privat“ im Sinne von „persönlich“, „auf die Person bezogen“.84 Richtig daran ist, dass das Privatgeheimnis immer ein Geheimnis einer bestimmten Person, also personenbezogen ist. Doch dieses Merkmal findet sich bei jeder Art von Geheimnis. Der Inhalt des Staatsgeheimnisses bezieht sich genauso auf den Staat wie sich das Betriebsgeheimnis eines Unternehmens auf den Betrieb bezieht. Es führt daher in die Irre, wenn dem Begriff eine zusätzliche Bedeutung zugesprochen wird. Schon wegen eines dahingehenden allgemeinen Sprachgebrauchs neigt diese Umschreibung zu einer Aufteilung in „private“ und „berufliche“ Informationen. Um derartigen Missverständnissen vorzubeugen, verwenden die folgenden Ausführungen den Begriff des „Privatgeheimnisses“ ausschließlich in Abgrenzung zum Staatsgeheimnis. b) Berufsgeheimnis Berufsgeheimnisse grenzen sich von anderen Geheimnissen durch die Umstände ab, unter denen eine Information zu einem Geheimnis wird.85 Ihr Wesensmerkmal besteht darin, dass Personen auf Grund ihrer Berufstätigkeit zu Geheimnisträgern werden und deshalb zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.86 Im Vordergrund steht hier das Treueverhältnis, auf Grund dessen der Berufsausübende in bestimmte Verhältnisse eingeweiht wird.87 Unstreitig stellt das Bankgeheimnis das Berufsgeheimnis der Banken dar.88 c) Unternehmensgeheimnis Das Unternehmensgeheimnis dient als Oberbegriff für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.89 Diese Formulierungen finden sich in vielen Gesetzestexten.90 Gekennzeichnet sind sie durch ihren Inhalt: Es geht allein um 84
Kirchherr in: Sichtermann, S. 31. In diesem Sinne auch Schubert, S. 44. 86 Vgl. Kirchherr in: Sichtermann, S. 33 f.; Scheer, S. 2. 87 Kreutzer, S. 10; Schubert, S. 44. 88 Dalsheim, S. 6; Feuerborn, S. 15; Kreutzer, S. 10; Reischauer/Kleinhans, § 9 Anm. 3; Schubert, S. 48. 89 Harte-Bavendamm in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 17 Rn. 1. 90 Neben Vorschriften in bekannten Gesetzen wie § 96 AO, § 2 Abs. 2 BetrVG, § 7 Abs. 1 Satz 1 BörsG, § 62 Abs. 1 Satz 2 GenG, § 17 Abs. 2 Satz 2 MaBV, §§ 90, 323 Abs. 1 Satz 2, 342 c Abs. 1 HGB, § 17 UWG oder § 8 WpHG z. B. auch exotische Regelungen (§ 16 Nr. 3 Altenpflegegesetz, § 14 Nr. 3 Hebammengesetz, § 8 der Verordnung über Preisnotierungen für Butter, Käse und andere Milcherzeugnisse). 85
§ 2 Begriffsbestimmungen
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Geheimnisse, die mit einem Geschäftsbetrieb im Zusammenhang stehen.91 Darunter werden sehr heterogene Dinge von unterschiedlichem Gewicht zusammengefasst.92 Geschäftsgeheimnisse unterscheiden sich von Betriebsgeheimnissen durch ihre Verbindung zum kaufmännischen Geschäftsverkehr, nicht zum technischen Betriebsablauf.93 Im Zusammenhang mit Kreditinstituten gibt es zweierlei Unternehmensgeheimnisse, nämlich die der Kunden und die der Bank. Informationen, die für die Kunden Geschäftsoder Betriebsgeheimnisse sind, können unter das Bankgeheimnis fallen.94 Dennoch hängen die Begriffe inhaltlich nicht voneinander ab. Weder gehören alle Unternehmensgeheimnisse zum Bankgeheimnis noch sind alle Informationen im Rahmen des Bankgeheimnisses Unternehmensgeheimnisse. 3. Offenbaren – anvertrauen – verwerten
Die Offenbarung eines Geheimnisses ist das Mitteilen oder Zugänglichmachen eines noch bestehenden Geheimnisses an einen Dritten, der dieses nicht, nicht in dem Umfange, nicht in dieser Form oder nicht sicher kennt.95 Sie ist nur bei solchen Tatsachen möglich, die noch nicht allgemein bekannt sein können.96 Es genügt, wenn der Geheimnisträger die Kenntnisnahme durch außenstehende Dritte ermöglicht.97 Demgegenüber versteht man unter Anvertrauen eines Geheimnisses die Mitteilung einer Tatsache im Vertrauen darauf, der Empfänger der Mitteilung werde sie geheim halten.98 Ein Ge91 St. Rspr.: RGZ 149, 329 (332 f.); BAGE 41, 21 (29); BGH GRUR 1961, 40 (43); BGH NJW-RR 2003, 618 (620) m. w. N.; Hopt in: Baumbach/Hopt, § 90 Rn. 5; von Hoyningen-Huene in: MünchKomm HGB, § 90 Rn. 7; Ebke, ebenda, § 323 Rn. 56; Lettl, Rn. 750; im Strafrecht Jähnke in: LK StGB, § 203 Rn. 21; Harte-Bavendamm in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 17 Rn. 1. 92 Harte-Bavendamm in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, vor §§ 17–19 Rn. 4 und § 17 Rn. 1; Nastelski, GRUR 1957, 1; Bsp. im Aktienrecht bei Schaal in: MünchKomm AktG, § 404 Rn. 28. 93 Lenckner in: Schönke/Schröder, § 203 Rn. 11; Lettl, Rn. 751 f. 94 Nimmt z. B. ein Kaufmann ein Bankdarlehen auf, so stellt dessen Höhe ein Unternehmensgeheimnis des Kaufmanns dar und unterliegt dem Bankgeheimnis. 95 Die Terminologie für bestimmte Handlungen in Bezug auf Geheimnisse stammt meist aus dem Strafrecht: Goedel, S. 71 m. w. N.; Kohlhaas in: Recht der Heilberufe, S. I 781; Tröndle/Fischer, StGB, § 203 Rn. 30; Lenckner in: Schönke/ Schröder, § 203 Rn. 19; ähnlich Altmeppen in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 85 Rn. 12; Schaal in: MünchKomm AktG, § 404 Rn. 29 ff.; Woesner, NJW 1957, 692. 96 RGSt 26, 5 (8) – näher zu diesem Punkt unten S. 362 ff. 97 Lenckner in: Schönke/Schröder, § 203 Rn. 19; Schaal in: MünchKomm AktG, § 404 Rn. 29. 98 OLG Hamburg OLGRspr 19, 110; Hopt in: Baumbach/Hopt, § 90 Rn. 4; Lenckner in: Schönke/Schröder, § 203 Rn. 13; Schumann in: Stein/Jonas, 20. Aufl., § 383 Rn. 90 m. w. N.; nun 21. Aufl. Berger, ebenda.
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1. Kap.: Historische und begriffliche Annäherung an das Bankgeheimnis
heimnis wird verwertet, wenn eine Person ihre Kenntnis für eigene oder fremde wirtschaftliche Zwecke ausnutzt.99 Zivilrechtlich ist regelmäßig von der Verletzung einer Verschwiegenheitspflicht die Rede. 4. Tatsachen – Werturteile
Wenn es um Äußerungen einer Person geht, trennt die Rechtswissenschaft trotz zahlreicher Abgrenzungsschwierigkeiten Tatsachenbehauptungen von Werturteilen. Bedeutung hat die Einstufung vor allem im Hinblick auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit. Bei Tatsachenbehauptungen ist die objektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch. Die Aussage ist dabei einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich. Meinungsäußerungen kennzeichnen sich hingegen durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens und können deshalb nicht wahr oder unwahr sein. Bei ihnen steht die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vordergrund.100 II. Definitionen aus dem Bankrecht 1. Geschäftsverbindung
Der Begriff der „Geschäftsverbindung“ stammt aus der kaufmännischen Sprachpraxis und den Wirtschaftswissenschaften und weist keinen fest definierten Inhalt auf.101 Näher hinterfragte ihn erstmals Philipowski.102 Heute taucht der Terminus in zahlreichen Gesetzen auf, die allesamt im Wirtschaftsrecht angesiedelt sind.103 Speziell im Bankgewerbe findet er sich in Nr. 1 Abs. 1 AGB-Banken.104 Er ist weit auszulegen und umfasst „den allgemeinen Bankvertrag, die sonstigen Verträge und die Geschäftsverbindungen ieS als gesetzliches Schuldverhältnis.“105 Die folgenden Ausführungen 99 Altmeppen in: Roth/Altmeppen, § 85 Rn. 22; Beuthien, § 151 Rn. 7; Hopt in: Baumbach/Hopt, § 90 Rn. 4; Schaal in: MünchKomm AktG, § 404 Rn. 47 ff. 100 St. Rspr., z. B. BVerfGE 61, 1 (9); BGHZ 154, 54 (60); BGH NJW-RR 1999, 1251 (1252 m. w. N.); BGH NJW 2005, 279 (281) sowie Nachw. bei Ahrens, Rn. 33. 101 Müller-Graff, S. 2 m. w. N. 102 Philipowski, Die Geschäftsverbindung. 103 Namentlich handelt es sich um § 80 Abs. 2, § 268 Abs. 4 Satz 3 AktG, § 25 a Abs. 2, § 62 Abs. 3 Satz 1 GenG, § 15 b Abs. 1 Satz 2 GewO, § 35 a Abs. 2, § 71 Abs. 5 Satz 3 GmbHG, § 37 a Abs. 2, § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, § 355 Abs. 1, § 362 Abs. 1 Satz 1 HGB und § 20 Abs. 1 DepotG. 104 In Nr. 1 Abs. 1 und Abs. 2 AGB-Sparkassen heißt es „Geschäftsbeziehung“.
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verwenden „Geschäftsverbindung“ nicht im rechtlichen Sinn,106 sondern beschreiben damit zunächst lediglich die tatsächlichen Kontakte, die auf die Durchführung eines Bankgeschäftes abzielen und ein solches ermöglichen. Eine Einordnung des Begriffes in juristische Kategorien erfolgt durch seine Verwendung nicht. 2. Bankgeschäfte
Anfang des 19. Jahrhunderts war die Einteilung der Bankgeschäfte nicht vereinheitlicht. Doch inhaltlich handelte es sich im Wesentlichen um die Vermittlung von Geld und Kredit durch besondere Geschäfte,107 mithin Rechtsgeschäfte im Bereich des Finanzverkehrs, die auf eine gewisse Dauer angelegt waren.108 Hauptaufgabe der Banken war die Erleichterung und Vermittlung des Geldverkehrs.109 Heute werden die Bankgeschäfte in § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG abschließend110 genannt. An diesem Katalog orientiert sich diese Ausarbeitung. 3. Bank – Bankier – Kreditinstitut – Sparkasse
Was unter einer Bank zu verstehen ist, entschied früher die Verkehrsanschauung.111 Mit einfachen Worten umschrieben war ein Bankier jeder, der Bankgeschäfte betreibt.112 Maßgebende Merkmale einer Bank waren: das Betreiben der wesentlichen Bankgeschäfte,113 die dadurch dauernde Verbindung zum Kapital- und Effektenmarkt114, ein nicht unbeträchtliches Betriebskapital115, die fachlichen Kenntnisse und Erfahrungen ihrer Führungs105
Hopt in: Baumbach/Hopt, (8) AGB-Banken Nr. 1 Rn. 3. So aber z. B. Hopt in: Baumbach/Hopt, (7) BankGesch Rn. A/7; wie hier aber etwa Unberath in: Bamberger/Roth, § 280 Rn. 70. 107 Finger, Bank-Archiv X. Jg. (1911) Nr. 18, S. 279. 108 Vgl. etwa Leitner, S. 33 ff. 109 Leitner, S. 16. 110 Reischauer/Kleinhans, § 1 Anm. 35. 111 RGSt 57, 361 (363) m. w. N. aus der Rspr.; RGZ 129, 190 (195); RG JW 1914, 714 (Nr. 82); von Gierke, Hdw. der Rechtswissenschaft, unter „Bankgeschäfte“ I., S. 513; Scheer, S. 37; zur Entstehung und Bedeutung des Bankenbegriffes zu Beginn des 20. Jahrhunderts.: Leitner, S. 14 ff. 112 von Gierke, Hdw. der Rechtswissenschaft, unter „Bankgeschäfte“ I., S. 513. 113 KG KG-Jahrbuch Bd. 22 (1901) Nr. 69, A 287 f. (. . . „wirthschaftet“ . . . „der Hauptsache nach mit fremdem Gelde“). 114 Finger, Bank-Archiv X. Jg. (1911) Nr. 18, S. 279; Scheer, S. 37. 115 KG OLGRspr 16, 81 (82); KG-Jahrbuch Bd. 33 (1907) Nr. 23, A 122; Scheer, S. 38; ähnlich von Gierke, Hdw. der Rechtswissenschaft, unter „Bankgeschäfte“ I., S. 513; Leitner, S. 16. 106
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1. Kap.: Historische und begriffliche Annäherung an das Bankgeheimnis
kräfte116 sowie die Tatsache, dass das Bankgeschäft den Hauptzweck des Unternehmens117 bildet. Nicht entscheidend war hingegen die privat- oder öffentlich-rechtliche Natur118 oder die Gemeinnützigkeit der Einrichtung119. Von dieser Beschreibung weicht die heutige Terminologie im Kern nicht ab. Die Bezeichnungen „Bank“, „Bankier“ und „Sparkasse“ sind durch § 39 Abs. 1, § 40 Abs. 1 KWG geschützt. Die vorliegende Arbeit verwendet die Begriffe der „Banken“ und der „Kreditinstitute“ synonym und im Sinne dieser Vorschriften. Sie lehnt sich dabei an § 1 Abs. 1 Satz 1 KWG an, der letztere als Unternehmen definiert, „die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.“ Erfasst sind auch die Sparkassen.120 Die nach der früheren Verkehrsanschauung erforderlichen Voraussetzungen liegen bei allen Kreditinstituten heutzutage von Gesetzes wegen vor, weil das KWG unter anderem den Bezeichnungsschutz an entsprechende Anforderungen knüpft.121 4. Bankkunde
Diese Ausarbeitung wird die Formulierungen „Bankkunde“ und „Kunde“ in einem weiten Sinn verwenden. Darunter soll jeder fallen, der mit dem Kreditinstitut in geschäftlichen Kontakt tritt, unabhängig davon, ob er Vertragspartner ist, war oder später noch wird. Genauso unerheblich sind die Dauer der Geschäftsverbindung sowie die Häufigkeit der geschäftlichen Begegnungen zwischen Bank und Kunde.122 Kunden sind damit auch die lediglich potentiellen Kunden und alle an einer Bankleistung interessierten Personen. Auf diese Weise wird eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Frage, wer sich auf das Bankgeheimnis berufen kann, noch nicht vorweggenommen.123 116
Scheer, S. 38; ähnlich Finger, Bank-Archiv X. Jg. (1911) Nr. 18, S. 279. Finger, Bank-Archiv X. Jg. (1911) Nr. 18, S. 279 m. w. N.; Scheer, S. 38; Koenige/Teichmann/Koehler, § 1 Anm. 7 Nr. 4. 118 Finger, Bank-Archiv X. Jg. (1911) Nr. 18, S. 279 (280); Scheer, S. 39. 119 Scheer, S. 39 m. w. N. 120 Genauso geht z. B. Hopt in: Baumbach/Hopt, (7) BankGesch Rn. A/4. Insoweit wird nicht ein eigenes „Sparkassengeheimnis“ untersucht. Zum Begriff vgl. Schubert, S. 48. Falls Unterschiede zum normalen Bankgeheimnis bestehen, wird die vorliegende Dissertation diese an der entsprechenden Stelle nennen. 121 Die Kreditinstitute sind z. B. gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 KWG dazu verpflichtet, eine angemessene Eigenkapitalausstattung zu haben. Die persönliche und fachliche Eignung der Geschäftsleiter wird durch § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG gewährleistet. 122 Vgl. Schubert, S. 49; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/845. 123 Ein späterer Teil der Dissertation wird sie behandeln, s. S. 268 ff. 117
2. Kapitel
Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses Im 1. Kapitel zeigte sich die Bedeutung des Bankgeheimnisses seit den Anfängen des Bankgewerbes. Mit gutem Gewissen lässt sich deshalb behaupten, die Verschwiegenheitspflicht der Bank gegenüber ihrem Kunden sei seit jeher anerkannt.1 Die Rechtsordnung setzt es als Rechtsinstitut voraus.2 Würde sich diese Untersuchung mit der Tatsache als solcher begnügen, müsste sie an dieser Stelle bereits abbrechen. Doch lassen sich die Charakteristika einer Pflicht erst anhand der weiteren Frage klären, weshalb die Rechtsordnung derartige Privatgeheimnisse schützt. Die Erforschung des Zwecks ist bei dieser Verschwiegenheitspflicht zwingend. Denn eine Auslegung lässt sich weder nach dem Wortsinn noch dem Bedeutungszusammenhang der Norm vornehmen, weil die Pflicht nicht in Gesetzesform gegossen ist. Neben den historischen Wurzeln bleibt allein die Ausrichtung an der ratio legis des Rechtsinstitutes.3 Erst die normativen Grundlagen lassen Aussagen darüber zu, welche Struktur und Besonderheiten die Verschwiegenheitspflicht aufweist, welchen Inhalt und welche Grenzen sie besitzt sowie ob und womöglich welche Umstände des Einzelfalls auf sie einwirken können. Das 2. Kapitel ist deshalb der Suche nach dem Geltungsgrund des Bankgeheimnisses gewidmet. Die ersten Schwierigkeiten bei der Umschreibung des Bankgeheimnisses tauchen bereits an dieser Stelle auf. Ein kurzer Überblick verdeutlicht schnell, dass viele Geltungsgründe in Betracht kommen. Dieses Kapitel beleuchtet diese Aspekte.4 Es geht noch nicht darauf ein, wie bestimmte Wertungen die Pflicht ausformen. 1 Ältere Quellen z. B. RGZ 139, 103 (105); RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 18 (1914), S. 309 (310 m. w. N.); BayObLGZ 1, 290 (292); OLG Celle SeuffArch 60 (1905), 210 (Nr. 111); OLG Colmar JZ Els.-Lothr., 22. Jg., S. 291 (294); OLG Colmar OLGRspr 13, 159; OLG Hamm Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 19 (1913), S. 327 (328); Feuerherdt/Werhahn, S. 7; Jonas in: Gaupp/Stein/Jonas, § 383 Anm. III 3; Scheer, S. 101; vgl. i. Ü. die Fundstellen zu den nachfolgenden Ausführungen. 2 LG Frankfurt a. M. NJW 1954, 688 (689). 3 Zu den Auslegungskriterien für Gesetze: Larenz, Methodenlehre, Teil II, Kap. 4, S. 305 ff. 4 Die Arbeit klammert hierbei ökonomische Gesichtspunkte aus, obwohl auch diese Bedeutung erlangen können. Kersting, S. 17 stellt zutreffend fest: „Informatio-
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2. Kap.: Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses
§ 3 Die gesetzliche Grundlage des Bankgeheimnisses Eine Weichenstellung in unserer Rechtsordnung ist diejenige zwischen autonomem Recht und objektivem Gesetzesrecht, also zwischen den von den einzelnen Rechtssubjekten geschaffenen Regeln und solchen der Rechtsgemeinschaft. Um das Bankgeheimnis zu beschreiben, ist zu prüfen, auf welcher der beiden Grundlagen.5 I. Bedeutung des Geheimhaltungswillens des Geheimnisherrn Ein erster Ansatzpunkt ist der (subjektive) Wille des Bankkunden. Schließlich liegt es in den meisten Fällen an ihm, den Kontakt zu einem Kreditinstitut zu suchen. In der Regel wird er sich freiwillig zu einer Bank begeben. Sein Ziel wird es sein, mit der Bank ein Geldgeschäft zu tätigen und dabei eigene Privatgeheimnisse nicht zu gefährden. 1. Willenserklärung ohne Bedeutung für die Entstehung der Schweigepflicht
Der denkbar einfachste Fall ist derjenige, in dem der Kunde beim ersten Kontakt mit dem Kreditinstitut sein Interesse an der Tätigkeit der Bank unter die Bedingung stellt, das Kreditinstitut dürfe keine oder nur bestimmte Äußerungen über seine Person treffen. Auf diese Weise gibt er eine Willenserklärung ab, die auf die Erzeugung der Geheimhaltungspflicht gerichtet ist. Es handelt sich um eine Erklärung, auf die normale Vertragsgrundsätze anwendbar sind. Will die Bank hier für den Kunden tätig werden, nimmt sie das Angebot des Kunden an und bringt die Geheimhaltungspflicht (als Pflicht aus einer zweiseitigen Vereinbarung) zur Entstehung. Dieser Fall ist unabhängig davon, ob sie in der Folge tatsächlich in ein Bankgeschäft mit dem Kunden tritt oder nicht. Dennoch ist der Ursprung der Pflicht rein vertraglicher Natur. Doch kann diese Art von Pflicht gemeint sein, wenn vom „Bankgeheimnis“ die Rede ist? Wohl kaum. Der umrissene Sachverhalt ist nicht nur realitätsfremd, weil die Verschwiegenheit kaum je in der Bank-Kunde-Bezienen haben einen Wert, da sie Unsicherheit reduzieren und Entscheidungen genauer kalkulierbar machen. Diesem positiven Wert von Informationen stehen die Kosten der Informationsbeschaffung gegenüber.“ Danach bedeutet die unbefugte Preisgabe einer dem Bankgeheimnis unterfallenden Information einen messbaren Schaden für den Geheimnisherrn. 5 Zu dieser Unterscheidung gute Darstellung bei Bydlinski, S. 114 ff. Vgl. auch Kersting, S. 106, der die Dritthaftung entgegen der Rechtsprechung auch im objektiven Recht verankert.
§ 3 Die gesetzliche Grundlage des Bankgeheimnisses
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hung thematisiert wird, sondern verkennt zudem den Kern des Problems. Das Bankgeheimnis, wie es bisher verstanden wird, verlangt keine dahingehende Willenserklärung des Bankkunden und – was wichtiger ist – ebenso wenig eine Annahmeerklärung des Kreditinstituts.6 Dagegen ließe sich einwenden, der Kunde habe selbstverständlich einen dahingehenden (stillschweigenden) Willen, den die Bank kenne und durch ihr Tätigwerden konkludent akzeptiere. Ein so verstandenes Bankgeheimnis wäre in seiner Entstehung und seinem Umfang einzelfallbezogen und nur über eine Auslegung von konkreten Willenserklärungen fassbar. Die Vorgänge der alltäglichen Bankpraxis lassen eine derart weitgehende Auslegung jedoch nicht zu, zumal es vom Zufall abhinge, ob der konkrete Kunde und die konkrete Bank die Schweigepflicht bei ihrem Kontakt „mitdenken“. Doch auch die Geschichte der Diskretionspflicht spricht gegen eine einzelfallbezogene Pflicht. Wenn es ein Bankgeheimnis gibt, besteht es als Rechtsinstitut in einer verallgemeinerbaren Form. Es muss folglich mit einem typisierten Inhalt zur Entstehung gelangen. Diese Überlegungen verdeutlichen, dass die Verschwiegenheitspflicht nicht durch einen privatautonomen Willensakt der konkret Beteiligten geschaffen wird.7 Sie kann damit nur automatisch, also kraft Gesetzes, entstehen, und zwar unabhängig davon, ob sie mit einem Vertrag in Form eines Bankgeschäftes in Verbindung steht oder nicht. Folglich liegt der Geltungsgrund nicht im privatautonomen Recht, in der Vertragsfreiheit. Treten Bank und Kunde miteinander in Kontakt, entsteht das Bankgeheimnis ohne weiteres, ohne dass in diesem Moment eine der Parteien sich dieser Wirkung auch nur bewusst sein müsste. 2. Der subjektive Geheimhaltungswille bleibt ohne Rechtsfolgen
Selbstverständlich liegt ein Geheimhaltungswille der Kunden, die Bank solle die Vertraulichkeit wahren, offen zutage. Dies wird auch richtig sein, wenn der Kunde ihn gegenüber dem Kreditinstitut nicht kundgibt. Bloße Wünsche einer Partei lösen allerdings keine rechtsverbindlichen Pflichten aus. Folglich ist auch das Begehren des Kunden im Hinblick auf die Entstehung des Schutzes nicht das entscheidende Merkmal. Ohne Zutun der Bank 6 Ebenso Nobbe, WM 2005, 1537 (1539): „Die sekundären Schutz- und Verhaltenspflichten“ . . . „bestehen, wie die Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses zeigt, unabhängig vom Willen der Parteien“. 7 Die Ansicht, dass die Pflicht zwar einem Bankgeschäft entspringt, jedoch ohne ausdrückliche Vereinbarung entsteht, vertreten: Cahn, WM 2004, 2041 (2042); Dalsheim, S. 3; Hopt in: Baumbach/Hopt, (7) BankGesch Rn. A/9; Jobe, ZIP 2004, 2415 (2416); Lang, ZBB 2006, 115 (119); Scheer, S. 11. So ist wohl auch die Rspr. zu verstehen: BGHZ 27, 241 (245): „Verpflichtung zur Verschwiegenheit, die als selbstverständliche Nebenpflicht mit dem Auftrag verbunden war“; OLG Karlsruhe WM 1971, 486 (487).
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2. Kap.: Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses
bleibt es ohne Rechtsfolge.8 Im Gegenzug muss dies ebenso für einen denkbaren Wunsch des Kreditinstitutes auf Geheimhaltung gelten. Die Entstehung des Bankgeheimnisses gründet sich also nicht (allein) auf einen subjektiven Parteiwillen. Es kann folglich nur kraft Gesetzes entstehen. 3. Wille des Geheimnisherrn ausgeformt als Dispositionsfreiheit
Die soeben getroffene Feststellung eines objektiv-rechtlichen Ursprungs der Pflicht lenkt den Blick der Untersuchung auf die Situation, in der ein Bankkunde keinen Wert auf Geheimhaltung legt. Kann der Wille des Kunden in diesem Fall überhaupt Einfluss auf das objektive Recht haben, das ja offensichtlich den Schutz dieses Geheimnisses fordert? a) Dispositionsfreiheit des Kunden Die Antwort folgt aus einem einfachen Gedankengang: Es steht dem Kunden frei, die ihn betreffenden Daten beliebig selbst zu verbreiten. Es handelt sich dann um kein „Geheimnis“ über den Kunden mehr. Es muss ihm daher genauso möglich sein, anderen die Weitergabe zu erlauben. Gibt der Bankkunde dem Kreditinstitut zu verstehen, er lege keinen Wert auf die Geheimhaltung einzelner oder bestimmter Angelegenheiten seines Lebens, darf die Bank insoweit solche Themen an Dritte weitergeben. Demnach ist es sogar ein Wesensmerkmal von Geheimnissen, dass der Geheimnisherr über die dem Geheimnis unterfallenden Informationen verfügt. Der Kunde ist der Herr seiner eigenen Geheimnisse. Die Rechtsordnung lässt ihm die Freiheit darüber zu entscheiden, ob und wie weit das Bankgeheimnis verkürzt werden darf. b) Dispositionsfreiheit als Indiz für individuellen Schutz Es ist nicht ungewöhnlich, dass das Gesetz eine Pflicht disponibel gestaltet. Naheliegendes Beispiel ist der deliktische Rechtsgüterschutz. Die Rechtsordnung sieht zwar einen grundsätzlichen Schutz für bestimmte Rechtsgüter und für bestimmte Gefahrenquellen vor, lässt aber z. B. eine Haftungsfreistellung zu, wenn der Geschützte auf „eigene Gefahr“ handelt, also eine von ihm erkannte Gefahr für seine Rechtsgüter in Kauf nimmt.9 Ein gesetzlicher Schutz muss nicht zwingend ausgestaltet sein. 8
Ungenau Scheer, S. 57, der meint, der Geheimhaltungswille sei kein rechtsgeschäftlicher Wille, weil er auf etwas Tatsächliches gerichtet sei, und zwar der Geheimhaltung von Tatsachen. Doch zu einer Rechtspflicht käme man auch nicht, wenn er auf die Pflicht zur Geheimhaltung gerichtet wäre. Ein Angebot ohne Annahme löst keine Rechtsfolgen aus.
§ 3 Die gesetzliche Grundlage des Bankgeheimnisses
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Darüber hinaus deutet dieser Vergleich eine für diese Arbeit wesentliche Tatsache an: Wenn eine Person auf einen Schutzmechanismus verzichten kann, ist dies ein Indiz dafür, dass dieser gesetzliche Schutz allein ihr zugedacht ist. Der Bankkunde kann den Schutz bewusst aufheben und nimmt so „sehenden Auges“ die mit der Offenbarung des Geheimnisses verbundenen Risiken in Kauf. Genauso wenig wie die konkludente Haftungsfreistellung bei einem sportlichen Wettkampf etwas an der grundsätzlichen deliktischen Pflicht ändert, die körperliche Unversehrtheit der Mitmenschen nicht zu verletzen, ändert die Dispositionsfreiheit etwas am originären Bestehen der den Kunden schützenden Verschwiegenheitspflicht. Der subjektive Geheimhaltungswille bestimmt dabei nur den Umfang des Bankgeheimnisses im Einzelfall, ohne seine grundsätzliche Struktur und seinen originären Inhalt zu beeinflussen. Bedeutung erlangt er deshalb erst bei den Grenzen des Bankgeheimnisses. Für sein Entstehen ist er nicht konstitutiv. Damit ist noch nicht geklärt, weshalb die Rechtsordnung das Bankgeheimnis schützt, aus welchem Grund also der Bankkunde die besondere Aufmerksamkeit der Rechtsordnung genießt. II. Bedeutung des Geheimhaltungsinteresses des Geheimnisherrn Die vorstehenden Ausführungen legten dar, dass das Bankgeheimnis den Kunden schützt. Zielt eine Pflicht auf den Schutz einer bestimmten Personengruppe ab, liegt es nahe, ihre normative Grundlage in dem objektivierten und typisierten Geheimhaltungsinteresse dieses abgegrenzten Personenkreises zu suchen. Ältere Quellen betonen das berechtigte Interesse des Kunden an der Geheimhaltung.10 Dieses Kriterium hat zwei Aspekte: Es muss ein Interesse des Kunden an der Geheimhaltung bestehen und dieses muss „berechtigt“, also normativ von der Rechtsordnung als schützenswert anerkannt sein. 1. Berechtigtes Schutzinteresse nur bei Bezug zur Geschäftsverbindung
Beim ersten Aspekt lohnt es sich, die Definition des Geheimnisses erneut ins Gedächtnis zu rufen. Sie setzt voraus, der Geheimnisherr bringe eine Angelegenheit nur einem klar umrissenen Personenkreis zur Kenntnis und wünsche, dass sie nicht offenkundig werde. Ein objektiv bestimmbares Interesse liegt bei einer Person immer vor, wenn ihr etwas nützlich ist, wenn 9 Ein anschauliches Beispiel ist die Teilnahme an Sportarten, die eine Verletzungsgefahr mit sich bringen: BGHZ 63, 140 ff.; ähnlich: BGHZ 154, 316 (322 ff.). 10 BayObLGZ 1, 290 (292); OLG Colmar OLGRspr 13, 159 (160); Meister, Bank-Archiv X. Jg. Nr. 15, S. 240.
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2. Kap.: Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses
diese Person nach den erkennbaren Umständen einen Vorteil hat; maßgeblich ist der präsumtive Wille.11 Schon die Begriffsbestimmung des Geheimnisses enthält mithin ein Interesse zur Geheimhaltung, weil jedes Geheimnis geheim bleiben soll. Geht es z. B. um die Höhe eines in Anspruch genommenen Bankkredites, hat der Kunde ein Geheimhaltungsinteresse deshalb, weil die Darlehenssumme nicht publik werden soll. Nicht ganz so klar gestaltet sich die Argumentation, wenn das Interesse spezifisch auf das Bankgeheimnis ausgerichtet wird. Es stellt sich die Frage, ob ein Interesse besteht, ein Geheimnis, das keinerlei Bezug zu einem Bankgeschäft hat, durch das „Bankgeheimnis“ zu schützen. Zur Veranschaulichung der Problematik ist ein Beispiel hilfreich: Ein beruflich erfolgreicher Kunde ist begeisterter Comic-Leser, was ihm als renommiertem Intellektuellen höchst peinlich ist. Er behandelt diese Tatsache als sein Geheimnis. Als er mit seinem Bankberater ein Finanzgeschäft bespricht und dieser zufällig auf Dagobert Duck zu sprechen kommt, erwähnt er diesem gegenüber seine geheime Leidenschaft.
Zwar mag der Kunde in diesem Fall ein Interesse daran haben, dass er bei Dritten nicht als Comic-Leser bekannt wird. Es mag durchaus ein Geheimhaltungsinteresse darin liegen, dass der Ruf als intellektuelle Persönlichkeit aufrechterhalten bleibt. Doch weist dieses Interesse keinerlei Bezug zu der Geschäftsverbindung mit der Bank auf. Das Interesse an der Geheimhaltung dieser persönlichen Angelegenheit muss – wenn überhaupt – über andere Institute rechtlichen Schutz genießen, etwa als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Es verdient nur von einem speziellen Berufsgeheimnis wie dem Bankgeheimnis geschützt zu werden, wenn die Information einen Zusammenhang mit der Berufsausübung des Geheimhaltungspflichtigen hat. „Berechtigt“ ist ein Interesse darum nur, wenn es über das allgemeine Interesse jeder Person zur Wahrung eigener Geheimnisse hinausgeht, weil es in den geschäftlichen Kontakt zu einer Bank eingebunden ist.12 2. Das typisierte Interesse der Bankkunden wird geschützt
Diese normative Komponente der „Berechtigung“ wird beim „Bankgeheimnis“ notwendigerweise durch die Geschäftsverbindung ausgeformt. Denn nicht nur der Begriff selbst zeigt, dass es sich hierbei um ein Geheimnis handelt, das dem Bankgewerbe eigen ist. Als Berufsgeheimnis ist es auch funktional mit der Tätigkeit der Banken verknüpft. Fehlt also jeglicher 11 Zu der Bestimmung des objektiven Interesses Bergmann in: Staudinger, § 683 Rn. 30, 35 f. 12 Den Bezug zur Geschäftsverbindung für einen Fall der Auskunftshaftung verlangte bereits RG SeuffArch 41 (1885), 154 (Nr. 100).
§ 4 Rechtsgüterschutz nicht Hauptzweck des Bankgeheimnisses
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Bezug zum Bankgeschäft und ist ein solcher Bezug nicht einmal denkbar, so verdient das Geheimnis keinen speziell ausgeformten Schutz. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass das Bankgeheimnis solche Umstände schützt, an denen Personen in ihrer Eigenschaft als Bankkunden ein Geheimhaltungsinteresse haben. Die Interessen müssen typischerweise solche von Kunden eines Kreditinstitutes sein. Mit dieser Feststellung grenzt die Arbeit den Geltungsgrund weiter ein. Das „berechtigte“ Interesse muss ein typisiertes sein. Zwar ist dieses Merkmal noch zu pauschal, um bei der Erforschung von Struktur und Inhalt einer Pflicht große Dienste leisten zu können. Die Überlegungen verdeutlichen jedoch erneut Folgendes: Es kann bei der Bestimmung des Bankgeheimnisses zwischen zwei Rechtssubjekten nicht darum gehen, einzelfallbezogen Kriterien zur Begründung der Pflicht zu suchen; sie sind vielmehr abstrahiert. Zum Verständnis kann ein Vergleich dienen: So hilft der öffentliche Glaube an die Richtigkeit des Grundbuchs auch dem Rechtsanwender, der seinen Inhalt nicht eingesehen hat; der Rechtsschein ist objektiviert.13 Ähnlich wirkt das Bankgeheimnis auch, wenn ein konkreter Kunde davon gar nichts weiß. 3. Zusammenfassung
An dieser Stelle lässt sich festhalten: Das Bankgeheimnis besteht unabhängig vom subjektiven Geltungswillen des Geheimnisherrn. Es ist nicht die Privatautonomie, welche die Pflicht erzeugt, mag sie eine Anpassung an die Gegebenheiten im Einzelfall auch zulassen. Vielmehr ist das Bankgeheimnis Ausdruck einer typischen Interessenlage zwischen Bank und Kunde, die sich von anderen Vorgängen des Rechtslebens unterscheidet und deswegen einen spezifischen Schutz des Kunden erfordert. Diesen speziellen bankrechtlichen Schutz verdienen deshalb nur solche Geheimnisse, die diese Interessenlage widerspiegeln. Ausgehend von dieser These liegt der nächste Schritt der Untersuchung nahe: Worin besteht die typisierte Interessenlage und was begründet die Schutzwürdigkeit des Kunden?
§ 4 Rechtsgüterschutz nicht Hauptzweck des Bankgeheimnisses Aus der bisherigen Darstellung ergab sich ein individualschützender Charakter des Bankgeheimnisses. Es liegt nahe, den Schutz an bestimmten Rechtsgütern auszurichten. Ob dies der richtige Ansatz ist, soll im Folgenden geklärt werden. 13
Statt vieler Wacke in: MünchKomm BGB, § 892 Rn. 48.
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2. Kap.: Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses
I. Keine Anknüpfung an konkrete Schutzgüter Bereits begrifflich ist jedes Geheimnis dadurch geprägt, dass der Kreis der Wissenden eingegrenzt ist. Da jedes Geheimnis einer Person (nämlich dem Geheimnisherrn) zugeordnet werden kann, ist es personenbezogen. Von diesem Ausgangspunkt ist die gedankliche Verbindung zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht mehr weit. Es greift jedoch zu kurz, daraus den Schluss zu ziehen, jedes Geheimnis bezwecke – ausschließlich oder auch – den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer natürlichen oder juristischen Person. Jedes Geheimnis verfolgt für sich genommen eine bestimmte Aufgabe. Dass der jeweilige Inhalt überdies in den Bereich des Persönlichkeitsrechts fallen kann, ist allenfalls ein Nebenzweck, wenn nicht sogar nur eine Reflexwirkung. Umgekehrt können Informationen, die das Bankgeheimnis schützt, vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht erfasst sein; sie müssen es aber nicht.14 Die Schutzbereiche sind nicht deckungsgleich, sondern überschneiden sich lediglich. Das entscheidende Kriterium für den Schutz von Informationen ist demnach nicht ein inhaltlicher Bezug der Daten zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht, sondern ein solcher zur Geschäftsverbindung mit der Bank.15 Diese These geht sogar noch weiter. Eine Anknüpfung an konkrete Schutzgüter kann die Geltung des Bankgeheimnisses nicht begründen. Dies zeigt eine Überlegung zu den absoluten Rechtsgütern. Steht allein ihre Unversehrtheit im Mittelpunkt, ist es die Aufgabe des Deliktsrechts, ihnen den nötigen Schutz zu vermitteln. In erster Linie geschieht dies über § 823 Abs. 1 BGB. Soll ein bestimmtes absolutes Rechtsgut zusätzlich zum deliktischen Schutz in besonderer Weise – wie durch das Institut des Bankgeheimnisses – geschützt werden, so kann der Grund hierfür nicht der Rechtsgüterschutz sein. Denn dieser wird ja bereits durch § 823 Abs. 1 BGB verwirklicht. Sonst wäre das Bankgeheimnis lediglich ein Begriff, der als Ausschnitt des Deliktsrechts mit keiner eigenständigen Wertung verbunden wäre. Eine spezielle Pflicht wäre sinnlos. Die Sonderbeziehung zwischen Bank und Kunde fände keinen Niederschlag und hätte überdies keine rechtlichen Wirkungen. Geht man hingegen – wie diese Arbeit – vom Bankgeheimnis als einem eigenen Institut mit eigener normativer Grundlage aus, so bedeutet dies, dass in der Verschwiegenheitspflicht das Sonderverhältnis zum Ausdruck kommen muss. 14 Hager in: Staudinger, § 823 Rn. C 171; allgemein zum Verhältnis von § 823 BGB und besonderen Verschwiegenheitspflichten Beater in: Soergel, § 823 Anh IV Rn. 103. 15 Diesen Aspekt kann man z. B. bei Wentzell, S. 3, herauslesen, wenn er die persönlichen Verhältnisse von Kreditsuchenden, seine Beziehungen zu Dritten und Zukunftsplanungen als ausschlaggebend für eine Kreditauskunft der Bank erachtet.
§ 4 Rechtsgüterschutz nicht Hauptzweck des Bankgeheimnisses
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Der Gedanke, der bei Rechtsgütern ansetzt, kann deshalb beim Bankgeheimnis nur am Vermögen ansetzen, einem Rechtsgut, dem die Rechtsordnung bewusst nur eingeschränkt und in besonderen Situationen Schutz verleihen will. Eine Haftung für Vermögensschäden verlangt nach einer Begründung.16 Selbst wenn der Zweck des Bankgeheimnisses allein im Vermögensschutz liegen sollte, fordert seine Geltung also eine darüber hinausgehende Rechtfertigung. Die Grundlage für die Verschwiegenheitspflicht kann demnach nicht im Schutz konkreter Schutzgüter liegen, sondern muss an eine darüber hinausgehende Wertung der Rechtsordnung anknüpfen. II. Schutz der wirtschaftlichen Selbstbestimmung des Bankkunden Die Darstellung erwähnte schon, dass das Bankgeheimnis einen notwendigen Bezug zur Geschäftsverbindung aufweisen muss. Für die Auswertung normativer Gesichtspunkte drängen sich der geschäftliche Kontakt zwischen Bank und Kunde und die wirtschaftlichen Hintergründe auf. Während das Kreditinstitut auf der einen Seite ein Interesse daran hat, mit dem Kunden Gewinn zu erzielen, ist der Kunde daran interessiert, ein Bankgeschäft – welcher Art auch immer – zu tätigen. Im Gegensatz zu vielen anderen Rechtsbeziehungen sind die Leistungen einer Bank für den überwiegenden Teil der Rechtssubjekte eine nicht wegzudenkende Voraussetzung für die alltägliche Lebensführung und eine wirtschaftliche Notwendigkeit.17 Die Geschäftsverbindung mit einem Kreditinstitut stellt eine der Grundlagen wirtschaftlicher Existenz im heutigen Rechtsleben dar.18 Dieses wirtschaftliche Angewiesensein auf die Dienstleistungen einer Bank könnte die Selbstbestimmung des Kunden gefährden. 1. Rechtsordnung stellt wirtschaftliche Bewegungsfreiheit sicher
Der praktischen Bedeutung wirtschaftlicher Gegebenheiten entzieht sich die Rechtsordnung nicht. In verschiedenen Bereichen stellt sie die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit der Rechtssubjekte sicher. Im deliktischen Bereich greift sie diesen Gedanken im Rahmen des § 824 BGB auf, der un16 Für das Deliktsrecht statt vieler Spindler in: Bamberger/Roth, Vor § 823 Rn. 5, mit Hinweis auf die Ausnahmen des § 823 Abs. 2 und § 826 BGB; Wagner, ZInsO 2003, 485 (486). 17 Vgl. Bruchner in: Bruchner/Stützle, Leitfaden, S. 1; früher bereits: Dalsheim, S. 5; Wentzell, S. 3. 18 Dalsheim, S. 5; Scheer, S. 9; ähnlich Lang, ZBB 2006, 115 (118 l. Sp. zum Fall Kirch).
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2. Kap.: Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses
mittelbare Gefährdungen für wirtschaftliche Belange und Wertschätzungen einer Person verhindern soll.19 In anderer Form findet sich diese Wertung beim Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wieder. Schon das Reichsgericht sprach von der „Freiheit ihrer gewerblichen Bethätigung“,20 die heute über § 823 Abs. 1 BGB als sonstiges absolutes Recht gilt. Geschützt wird hier nicht nur der Bestand des Gewerbes, sondern der gesamte gewerbliche Tätigkeitskreis einschließlich der Betriebsgeheimnisse.21 Jeder Eingriff muss durch berechtigte Interessen gerechtfertigt werden, die „objektiv nach Inhalt, Form und Begleitumständen das gebotene und notwendige Mittel zur Erreichung des rechtlich gebilligten Zweckes bilden“.22 Außerhalb des Deliktsrechts werden Handlungsspielräume durch das Prinzip der Privatautonomie als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit des Grundgesetzes gewährleistet. Erst wo ausnahmsweise der Mechanismus der Privatautonomie versagt, weil die Bewegungsfreiheit einer Partei aus tatsächlichen Umständen heraus gefährdet ist, stellt die Rechtsordnung die erwünschte Bewegungsfreiheit wieder her. Ein anerkanntes Beispiel im Vertragsrecht sind Knebelverträge: Sie werden von der Rechtsordnung missbilligt, weil sie die Selbstbestimmung eines Vertragspartners in Frage stellen, so dessen wirtschaftliche Betätigungsfreiheit lähmen und im Extremfall bis zur Vernichtung der Existenz führen können.23 Durch die Beschränkung der Vertragsfreiheit garantiert die Rechtsordnung die Selbstbestimmung der Rechtssubjekte. Sogar bei der schwach ausgeprägten Haftung für Gefälligkeiten stellt der Bundesgerichtshof neben dem Kriterium des Vertrauensverhältnisses sowie der geschäftlichen Verbundenheit der Parteien auf die wirtschaftliche und geschäftliche Bedeutung des Geschäftsgegenstands ab.24 Das Bestreben, die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit einer Vertragspartei kraft Gesetzes sicherzustellen, kommt ansatzweise auch in den bekannten Bürgschaftsfällen zum Ausdruck: In diesem Zusammenhang betont das Bundesverfassungsgericht die Notwendigkeit, der Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben einen angemessenen Betätigungsraum zu eröffnen und 19
Vgl. BGH WM 1978, 999 (1000); Hager in: Staudinger, § 824 Rn. 6 f. RGZ 28, 238 (242). 21 Vgl. BGHZ 8, 142 (144); Beater in: Soergel, § 823 Anh. V Rn. 43 f. m. w. N.; Hager in: Staudinger, § 823 Rn. D 9. 22 BGHZ 3, 270 (281) m. w. N.; dazu auch BGHZ 8, 142 (145). 23 Vgl. BVerfGE 81, 242 (254 f.) und Kammerbeschlüsse BVerfG NJW 1996, 2021 sowie BVerfG vom 25.7.2005, 1 BvR 2501/04; RGZ 130, 143 (145); BGHZ 19, 12 (13, 18); BGH NJW 1993, 1587 (1588); NJW-RR 2006, 615 (616); umfangreiche Begründung des OLG Frankfurt OLGZ 1967, 260 ff. (m. w. N. auf S. 263); OLG Frankfurt OLGR 2004, 402 (404); näher aus der Literatur: Ganter in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 90 Rn. 346; Sack in: Staudinger, § 138 Rn. 259 m. w. N. 24 BGHZ 21, 102 (110) – wenn auch bezogen auf den Haftungsumfang und das Verschulden. 20
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nicht das Recht des faktisch Stärkeren gelten zu lassen.25 Die krasse Überforderung durch die Übernahme eines großen wirtschaftlichen Risikos dient methodisch zur Begründung der Vermutung, die Willensfreiheit sei eingeschränkt gewesen. Auch ist sie Ausdruck einer strukturellen Unterlegenheit der überforderten Partei. Die aus ihr fließende wirtschaftliche Belastung der Vermögensverhältnisse nimmt die Rechtsordnung nicht hin.26 2. Faktischer Zwang zur Offenlegung von Informationen gefährdet wirtschaftliche Selbstbestimmung
Faktisch garantieren Bankgeschäfte die einfache und problemlose Teilnahme einer Person am Wirtschaftsleben. Doch das Kreditinstitut erhält dabei zwangsläufig Informationen über den Kunden, die nicht an Dritte preisgegeben werden sollen.27 Gäbe es kein Bankgeheimnis, wäre der Kunde in seinem wirtschaftlichen Handeln notwendigerweise eingeschränkt oder jedenfalls stark gefährdet: Denn ginge er trotz ihrer fehlenden Geheimhaltungspflicht eine Geschäftsverbindung ein, müsste er das Risiko einer Offenbarung seiner Geheimnisse durch die Bank in Kauf nehmen. Scheute er sich vor dieser Gefahr, könnte er an vielen Vorgängen des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs nicht mehr reibungslos teilnehmen. Die einzige Möglichkeit zur Sicherung seines Handlungsspielraums wäre eine individuelle Vertraulichkeitsvereinbarung mit der Bank. Auf Grund der wirtschaftlichen Übermacht der Bank würde sich ein Großteil der Kunden schwer tun, eine solche Vereinbarung zu schließen. Die Verhandlungsposition des Kunden wäre schwach. In den wenigsten Fällen wäre diese Vorgehensweise daher eine echte Lösung. Die Selbstbestimmung eines Kunden ist somit nur gesichert, wenn seine wirtschaftliche Geheimsphäre bei der Ausübung notwendiger Erledigungen unberührt bleibt.28 Er muss die Informationen, zu deren Offenlegung er faktisch gezwungen ist, bedenkenlos an die Bank weitergeben können. In diesem Zwang zur Inanspruchnahme von Leistungen und zur Preisgabe bestimmter Daten könnte der eigentliche Geltungsgrund für das Bankgeheimnis liegen. 25
BVerfGE 89, 214 (231 ff.). St. Rspr. BVerfG NJW 1994, 2749 (2750) – Kammerbeschluss; BGHZ 125, 206 (211); 146, 37 (42 ff.); im AGB-Recht z. B. BGHZ 108, 98 (104 f.). 27 Vgl. Bruchner in: Bruchner/Stützle, Leitfaden, S. 1; Kreutzer, S. 10; Wentzell, S. 3. 28 Den Schutz der „wirtschaftlichen Geheimsphäre“ als Zweck des Bankgeheimnisses nennt Dalsheim, S. 8 – vorliegend wird der Begriff der „Geheimsphäre“ im untechnischen Sinn gebraucht; eine Einstufung als eigenes Rechtsgut ist damit nicht verbunden. 26
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2. Kap.: Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses
a) Erste Ansicht: Prinzip der Privatautonomie überwiegt Ein Argument gegen diese These stützt sich auf das Prinzip der Privatautonomie. Grundsätzlich ist jedes Rechtssubjekt selbst dafür verantwortlich, dass es seine Bewegungsfreiheit aufrechterhalten kann. Geht es rechtliche Beziehungen ein, steht es ihm frei, sich gegen hieraus entstehende Gefahren ausreichend abzusichern. Die Rechtsordnung greift in dieses System nur dort ein, wo es unerlässlich ist. Da es viele Kreditinstitute gibt, erscheint es für den Kunden möglich, eine vertragliche Regelung der Vertraulichkeit einzufordern. Schließlich sollten auch die Banken ein Interesse haben, sich durch eine solche Verpflichtung im Wettbewerb mit anderen auszuzeichnen. Denn im Zweifel würden sich viele Kunden für die Bank entscheiden, die ihnen Vertraulichkeit gewährleistet. Das Bankgeheimnis wäre demnach nicht erforderlich. Weiterhin ließe sich vertreten, es habe bereits ein Bankgeheimnis gegeben, als man bei der Teilnahme am Rechtsund Wirtschaftsverkehr auf die Leistungen von Kreditinstituten noch nicht angewiesen war.29 Jedenfalls als ursprünglicher Geltungsgrund schiede danach der faktische Zwang zur Offenlegung und die deshalb eingeschränkte wirtschaftliche Bewegungsfreiheit aus. b) Zweite Ansicht: Sicherung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit des Kunden Das historische Argument erscheint wenig schlagkräftig. Die Banken entwickelten sich erst, als vor allem Kaufleute einen vertrauenswürdigen Experten in Finanzangelegenheiten suchten. Nur so konnte sich die Branche entwickeln und ihre Bedeutung im Laufe der Jahrhunderte steigern. Jedenfalls der Handel bedurfte daher bereits früh der Dienste von Banken. Zudem kann man die Verschwiegenheitspflicht bis ins 19. Jahrhundert hinein noch als rein moralische Pflicht der Kreditinstitute deuten. Sie fand sich zunächst nur in bankinternen Regelungen. Die Verfestigung und letztlich die Rechtsverbindlichkeit der Pflicht gegenüber dem Kunden erfolgte erst nach der Reichsgründung.30 Bereits zu dieser Zeit hatte das Kreditgewerbe eine große Bedeutung nicht nur für den Handel, sondern auch für die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit der Bevölkerung. Doch was lässt sich gegen die These anführen, unsere Rechtsordnung dürfe die Rechtssubjekte nicht bevormunden, sondern müsse darauf bauen, jeder könne seine Interessen eigenständig wahrnehmen? Das Bankgeheimnis 29 30
Cahn, WM 2004, 2041 (2043); Lang, ZBB 2006, 115 (117). S. 47 ff.
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wäre normativ fragwürdig, würde es an der Privatautonomie rütteln. Trotzdem darf man das strukturelle Ungleichgewicht zwischen Bank und Kunde nicht übersehen. Es besteht nicht allein auf Grund einer wirtschaftlichen Übermacht der Banken, die regelmäßig vorliegen wird. Nicht zu verkennen ist die „tatsächliche Verschiedenheit der Machtlage“, wie sie schon im Jahr 1922 treffend beschrieben wurde: „Zunächst erfolgt die Einigung über die AGB nicht auf Grund einer Verhandlung, sondern eines Diktats seitens der Bank, die infolge ihrer eigenen Macht und Unentbehrlichkeit und des gleichen Verhaltens ihrer Konkurrenzinstitute sich auf keine Aenderung ihrer Konditionen einzulassen braucht.“31 Die Bedeutung der Machtstellung und der „Angewiesenheitssituation“ als haftungsrelevante Gesichtspunkte betonte in neuerer Zeit auch Mertens im Bereich des Sonderprivatrechts.32 Bei den Kreditinstituten finden sich die von ihm herausgefilterten Haftungselemente wieder. In die gleiche Richtung geht die Argumentation von Hopt, der die Funktion eines privaten Berufsrechts u. a. für Banken darin sieht, eine Waffengleichheit am Markt herzustellen.33 Zu dieser stärkeren Verhandlungsposition der Kreditinstitute kommt ein weiterer Aspekt hinzu: In der Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde ist ein es rechtliches Ungleichgewicht angelegt. Im Unterschied zu anderen Geschäftsbereichen ist es nötig, dass der Kunde (auch der potentielle) dem Geschäftspartner Geheimnisse offen legt. Zur Durchführung der Hauptleistung, sei es die Ausgabe eines Darlehens oder nur eine einfache Kontoeröffnung, erhält die Bank regelmäßig Einblick in die Verhältnisse des Kunden. Sie erfährt insbesondere Kontaktdaten, Geburtsdatum und -ort, Familienstand, Beruf; ohne Einwilligung in die SCHUFA-Auskunft wird ein Kreditinstitut faktisch keine Verträge mit dem Kunden schließen, womit alle für die Kreditwürdigkeit relevanten Informationen an die Bank gelangen.34 Dies geschieht, ohne dass dem Kunden ein gleichwertiges Wissen über das Kreditinstitut zuteil wird. Während der Geschäftspartner diese Daten nutzen und so auf die Rechtssphäre des Kunden einwirken kann, erlangt dieser keinerlei Einfluss auf die Bank, ja überhaupt keinen Vorteil, der über die Durchführung des hauptsächlichen Bankgeschäfts – so es denn über31 Scherzer, S. 76; ähnlich Wrede, S. 23 f., der auch betont, dass durch die einheitliche Verwendung von Geschäftsbedingungen bei den verschiedenen Arten von Banken dem Kunden eine Wahlmöglichkeit nicht verbleibt und die Banken sich so eine monopolartige Stellung schufen. 32 Mertens, AcP 178 (1978), 227 (242 ff.). Er fächerte die Machtkomponente auf in Marktmacht, Normsetzungsmacht, Beherrschung von Kommunikationsprozessen, Informationspotential, Rollenkombinationen. 33 Hopt, AcP 183 (1983), 608 (652, 656 m. w. N. in Fn. 192). 34 Dazu gehören z. B. Auskünfte über die Aufnahme von Krediten, über Unregelmäßigkeiten bei einer Vertragsabwicklung, Kontoverbindungen und Leasingverträge.
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2. Kap.: Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses
haupt am Ende zustande kommt – hinausgeht. Der Kunde nimmt damit eine gegenüber der Bank schwächere rechtliche Position ein. Hierin liegt das strukturelle Ungleichgewicht. Dieses lässt sich typischerweise privatautonom nicht ausreichend ausgleichen. Hinzu kommt, und das lässt sich heutzutage kaum mehr von der Hand weisen, die sehr hohe Bedeutung im Rechtsleben, den Bankgeschäfte besitzen.35 Mag dies in früherer Zeit noch nicht gleichermaßen ausgeprägt oder auf die Kaufmannschaft beschränkt gewesen sein, so hängt die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit mittlerweile sehr viel stärker von Bankgeschäften und den von Kreditinstituten für sie gesetzten Rahmenbedingungen ab. Diese Tatsache verstärkt das soeben genannte strukturelle Ungleichgewicht. Über das Bankgeheimnis kann die Rechtsordnung dem Schutzbedürfnis des rechtlich schwächeren Teils, hier des Kunden, nachkommen.36 Somit stützt sich diese Verschwiegenheitspflicht auf die rechtliche Wertung, die strukturelle Überlegenheit einer Partei zu verhindern.
§ 5 Schutz der Banken kein Zweck des Bankgeheimnisses Das Bankgeheimnis findet seinen Ursprung im Verhältnis zwischen Kunde und Bank. Richtet man den Blick dabei nicht auf den Kunden, ließe sich Bankgeheimnis auch als Schutz für die Bank verstehen. Gemeint sein können dabei nicht die Betriebsgeheimnisse des Kreditinstituts. Da der Kunde in der Geschäftsverbindung keinen Einblick in die Interna der Bank erhält, wäre es lebensfremd, unter dem Bankgeheimnis das „Geheimnis der Bank“ gegenüber dem Kunden zu verstehen. Doch können Dritte die Kunde-Bank-Beziehung stören, indem sie auf das sie begleitende Bankgeheimnis einwirken. So wird vor allem ein Eingriff durch den Staat nicht 35
Zu Recht stellte das OLG Dresden WM 2002, 486 (489) fest: „Dies findet seine Rechtfertigung auch in dem Gesichtspunkt, dass das Bestehen einer Bankverbindung unter den heutigen Gegebenheiten ein Grundbedürfnis abdeckt. Eine Bankverbindung erst ermöglicht eine den aktuellen Rahmenbedingungen entsprechende Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Sie ist essentieller Bestandteil des modernen Wirtschafts- und Geschäftslebens und wird daher auch als einer der sozialen Eckpfeiler i. S. eines Mindeststandards einer angemessenen Lebensführung betrachtet“; ähnlich: BGHZ 154, 146 (150) – bezogen auf Sparkassen; LG Stuttgart NJW 1996, 3347 (3348); LG Hamburg, Beschluss vom 27.2.2004, 309 T 19/04, 910 C 73/04, Rn. 3 (n. v.): „So können Miet- und Arbeitsverträge vielfach nur bei Angabe einer Bankverbindung begründet werden und die Abwicklung von Zahlungen gestaltet sich teuer und umständlich, weil Vertragspartner, z. B. im Bereich der Daseinsvorsorge nur noch den bargeldlosen Zahlungsverkehr vorsehen.“ 36 Vgl. hierzu aus verfassungsrechtlicher Sicht zu Bürgschaften BVerfGE 89, 214 (231 ff.).
§ 5 Schutz der Banken kein Zweck des Bankgeheimnisses
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im Interesse des Kreditinstitutes sein. Trefflich beschrieb dies bereits Doertenbach: „Ist der Kunde der Verschwiegenheit des Bankiers nicht mehr sicher, so legt er sich im Geschäftsverkehr Beschränkung auf, der Bankier leidet Schaden“.37 Mit Beschränkungen ist damit die Zurückhaltung der Kunden gemeint, der Bank Informationen und Unterlagen über sich weiterzugeben. Erstens erleidet die Bank dann Schaden, weil ein solches Verhalten eine realistische Einschätzung der Vermögensverhältnisse des Kunden verhindert oder erschwert.38 Heutzutage übliche Instrumente der Bonitätsprüfung oder einer Due Diligence39 könnten dadurch zu großen Unsicherheiten führen. Zweitens wären – vor allem wichtige – Kunden geneigt, eine andere (z. B. ausländische Bank) in Anspruch zu nehmen.40 Drittens könnten Kunden bei der Suche nach Finanzierungs- oder Geldanlagemöglichkeit auf andere Berufsausübende wie Finanzberater ausweichen, die ihnen ausdrücklich Verschwiegenheit zusichern. All dies ist nicht im Interesse der Banken. So wird verständlich, weshalb das Bankgeheimnis mitunter als Ziel der Kreditinstitute bezeichnet wird.41 So richtig diese Feststellung ist, so wenig führt sie dazu, im Schutz der Bank den Zweck des Bankgeheimnisses zu sehen. Ansatzpunkt kann nicht die Tatsache sein, dass der Kunde wenig über sich preisgeben möchte und dies der Bank schadet. Denn dann würde sich die Geltung des Bankgeheimnisses letztlich darauf gründen, den Kreditinstituten die Informationsbeschaffung zu erleichtern. Eine derartige Wertung ist der deutschen Rechtsordnung fremd. Genauso wenig kann es zu den Zielsetzungen einer Rechtsordnung gehören, den Kreditinstituten mittels des Bankgeheimnisses Wettbewerbsvorteile gegenüber ausländischen Einrichtungen oder Gewerbetreibenden zu verschaffen. Der Geltungsgrund des Bankgeheimnisses liegt folglich nicht im Schutz der Bank, sondern ergibt sich ausschließlich aus einem Schutzbedürfnis des Bankkunden gegenüber dem Kreditinstitut. Dementsprechend werden auch die Unternehmensgeheimnisse der Bank nicht generell vom Begriff des Bankgeheimnisses erfasst.42 Zwar können 37 Doertenbach, Verhandlungen des V. Allgemeinen Deutschen Bankiertages, S. 227; sich ihm anschließend: Schubert, S. 63. 38 Vgl. schon Wentzell, S. 3. 39 Erklärung der Begriffe in Gabler-Bank-Lexikon, „Bonitätsprüfung im Firmenkundengeschäft“, „Bonitätsprüfung im Privatkundengeschäft“, „Due Diligence“, S. 240, 371; Süßmann, AG 1999, 162 (169). 40 Vgl. Schubert, S. 63 f. 41 Für ein weites Bankgeheimnis trat in den Jahren 1920 und 1925 der Allgemeine Deutsche Bankiertag ein, s. Verhandlungen des V. Allgemeinen Deutschen Bankiertages, S. 281 und des VI. Allgemeinen Deutschen Bankiertages, S. 67; Kirchherr in: Sichtermann, S. 40. 42 Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurde dem Bankgeheimnis allerdings eine solche Ausprägung zugesprochen, vgl. Scheer, S. 1 f. und 4 f.; Schubert, S. 47;
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2. Kap.: Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses
Geschäftsgeheimnisse von Kunden gleichzeitig solche der Bank sein, etwa die Darlehenshöhe eines kaufmännischen Kunden. Sie wird vom Bankgeheimnis erfasst, nicht jedoch als Geschäftsgeheimnis der Bank, sondern als ein solches des Kunden zum Schutz vor Offenbarungen gegenüber Personen außerhalb der Bank-Kunde-Beziehung.
§ 6 Besondere Vertrauensbeziehung zwischen Bank und Kunde Die gesamte Rechtsprechung43 und Literatur44 waren und sind sich stets einig, dass die Geheimhaltungspflicht einer Bank auf einer besonderen Vertrauensbeziehung zum Kunden fußt. So bedeutsam der Gesichtspunkt des „Vertrauens“ ist, so unnahbar wirkt er zunächst. Für eine juristische Betrachtung erscheint er zu umfassend und zu pauschal. Seine Konkretisierung im Hinblick auf Kreditinstitute soll diesen Mangel beheben. I. Basis des Vertrauens basiert nicht auf zwischenmenschlicher Ebene Das Bankgeheimnis fügt sich durch die ihm zu Grunde liegende Vertrauensbeziehung in die übrigen zivilrechtlichen Verschwiegenheitspflichten ein. Sie beruhen auf einer Sonderbeziehung zwischen zwei Personen, welche zueinander in einem ungewöhnlich intensiv ausgeprägten Rechtsverhältnis stehen. Augenscheinlich wird dies beim Arzt-Patienten-Verhältnis oder demjenigen zum Steuerberater. Ohne die juristischen Hintergründe zu kennen, wird jeder Patient und jeder Steuerpflichtige von seinem jeweiligen Vertragspartner Vertraulichkeit erwarten. Nicht anders ist dies beim Bankkunden. Demgegenüber neigt das Judiz dazu, den Parteien von gewöhnlichen Kauf-, Bürgschafts- oder Erbverträgen keine derartig feste Vertrauensbasis zuzusprechen.45 Dieses verstärkte Vertrauen des Rechtsverkehrs geWentzell, S. 13 f. Sie spiegelte sich in § 20 Abs. 1 des Bankgesetzes von 1924 in den Worten „Angelegenheiten und Einrichtungen der Bank“ wider. 43 RGZ 126, 50 (52); RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 18 (1914), S. 309 (310) und Nr. 19 (1913), S. 327 (330); XXXIV. Jg. Nr. 14 (1934), S. 326; OLG Colmar JZ Els.-Lothr. 22. Jg. (1896), S. 291 (294); OLG Hamm Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 19 (1913), S. 327 (328). 44 Aus der Fülle des Schrifttums: Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 7 („eine der intensivsten Vertrauensbeziehungen des Wirtschaftslebens“); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1570); Kohls, S. 17; Kreutzer, S. 10, 30; Lang, ZBB 2006, 115 (119); Meincke, WM 1998, 749 (757); Mohrbutter, Rechtspfleger 1954, 621 (622); Nobbe, WM 2005, 1537 (1539 f.); Petersen, S. 27; Scheer, S. 9 f., 12 f.; Schneider/Eichholz/Ohl, ZIP 1992, 1452 (1455); Wentzell, S. 3.
§ 6 Besondere Vertrauensbeziehung zwischen Bank und Kunde
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genüber Banken gründet sich nicht auf ein persönliches Moment.46 Das zwischenmenschliche Verhältnis zum eigenen Bankier mag bis ins 19. Jahrhundert noch eine gewichtige Rolle gespielt haben,47 heutzutage hat es in der Tätigkeit der Banken eine geringe Bedeutung.48 Sicherlich richtig ist die Feststellung Philipowskis, Geschäftsverbindungen des Wirtschaftsverkehrs hätten sich mittlerweile versachlicht.49 Im Bankgewerbe ergibt sich häufig bereits aus der Größe und der inneren Organisation der Institute, dass eine besondere Vertrauensbeziehung auf persönlicher Ebene die konkrete Geschäftsverbindung in vielen Fällen nicht mehr prägen wird. Es ist kein individuelles Vertrauen, wie es § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB umschreibt. Augenscheinlich wird dies bei den Direktbanken sowie beim Online-Banking50: Der Kunde erledigt seine Geschäfte hier fast ausschließlich über Internet, Telefon und postalisch. Umso dringlicher ist die Notwendigkeit zu untersuchen, ob gleichwohl in einer bankrechtlichen Geschäftsverbindung ein besonders starkes Vertrauenselement wirkt und gegebenenfalls, worin dieses wurzelt. II. Schutzbedürfnis wegen umfassenden Einblicks in Kundenverhältnisse Bereits bei der Herausarbeitung der strukturellen Ungleichheit von Bank und Kunde stellte diese Untersuchung fest, dass das Kreditinstitut typischerweise einen Einblick in die Verhältnisse des Kunden erlangt, der über das im Rechtsverkehr übliche Maß hinausgeht. Immer wieder hoben Rechtsprechung und Schrifttum diesen Gesichtspunkt des Sonderwissens der Bank hervor.51 Das umfassende Wissen sei eine erhöhte Gefahrenquelle, weil es der Bank eine größere und einfachere Schädigung als beliebigen Dritten er45
Einer anderen Auffassung scheint Cahn, WM 2004, 2041 (2044), zu sein, wenn er das Geheimhaltungsinteresse von Bankkunden mit demjenigen von „Geschäftspartnern anderer Gläubiger“ als grundsätzlich vergleichbar erachtet. 46 Ebenso für Schweigepflichten verschiedener Berufsstände, darunter die Banken: Hirte, S. 346. 47 Vgl. Philipowski, S. 22, v. a. Fn. 55 sowie S. 23 f. 48 Anders die Fälle des bei der Schuldrechtsmodernisierung eingeführten § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB, wo der Zusatz „für sich“ die Persönlichkeitsbezogenheit des Vertrauens verdeutlicht. Zu Recht geht es in diesem Zusammenhang um ein „besonderes persönliches Vertrauen“, s. Löwisch in: Staudinger, § 311 Rn. 154. 49 Philipowski, S. 22. 50 Zum Begriff „Online-Banking“: Gabler-Bank-Lexikon, S. 991; Näheres bei Koch, MMR 2002, 504 ff. 51 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 49; Dalsheim, S. 4; Kirchherr in: Sichtermann, S. 131; Sandkühler, S. 30; Scheer, S. 25 sowie die Fundstellen in der nächsten Fn.
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2. Kap.: Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses
mögliche.52 Dieses Gefährdungspotential erfährt eine zusätzliche Brisanz durch die Tatsache, dass die Informationen regelmäßig sensibler sind als bei gewöhnlichen Austauschgeschäften.53 In der Tat berührt dieser Aspekt den Kern des Problems. Tätigt eine Person ein Bankgeschäft, weitet sie den Kreis der Träger von vielen ihrer Geheimnisse aus. Dies bringt sie in eine Abhängigkeit zur Bank, weil diese über das Wissen nach Belieben verfügen kann.54 Weil der Kunde im Gegenzug keine rechtliche Einwirkungsmacht erhält, führt dies zur Einseitigkeit dieser Ebene der Geschäftsverbindung. An dieser Stelle setzt die normative Korrektur ein. Denn mit Recht erkennt Kuhlmann einen Wertungsgrundsatz der Rechtsordnung darin, besonderen Schutzbedürfnissen Rechnung zu tragen. Ein Schutzbedürfnis bestehe überall dort, wo sich eine verstärkte Einwirkungsmöglichkeit auf die Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils ergebe.55 Hält man sich beispielhaft die Vertragstypen des BGB vor Augen, wird deutlich, dass eine solche Einwirkungsmöglichkeit durch Sonderwissen eines Vertragspartners über die Verhältnisse des anderen Teils selten sind. Der Grund hierfür ist einfach: Bei Austauschverträgen legen die Vertragsparteien vorrangig Wert auf den jeweiligen Vertragsgegenstand. Er steht im Zentrum der Verhandlungen und des Interesses. In Bezug auf die Person des Vertragspartners ist regelmäßig nur entscheidend, ob sie die Leistung erbringen kann. Die Offenlegung von Geheimnissen ist für die Durchführung des Rechtsgeschäfts typischerweise nicht erforderlich. Ist sich z. B. ein Verkäufer nicht sicher, ob der Käufer den Kaufpreis zahlen kann, bestehen vielfältige Möglichkeiten der finanziellen Absicherung, etwa über Vorauszahlungen oder den Eigentumsvorbehalt einer verkauften Sache. Er erfährt selten etwas über die darüber hinausgehenden Vermögensverhältnisse des anderen; sein Wissen über den Käufer bleibt punktuell. Liegt bei Geschäften hingegen das Vermögen als solches im Zentrum des Interesses, ist die Gefahr des Einwirkens auf das Rechtsgut Vermögen regelmäßig höher. Für Bankgeschäfte gilt dies in besonderer Weise. Daraus erwächst ein gesteigertes Schutzbedürfnis. 52 Vgl. RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 18 (1914), S. 309 (310) streicht heraus, dass das Gesamtverhalten des Kunden für einen Dritten bedeutsamer ist als Einzelheiten für sich allein; BayObLGZ 1, 290 (292); OLG Colmar JZ Els.-Lothr., 22. Jg. (1896), S. 291 (294); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 12; Lang, ZBB 2006, 115 (117 f.); Meister, Bank-Archiv X. Jg. Nr. 15, S. 240; ähnlich Cahn, WM 2004, 2041 (2042 f.) – Verlängerung des Grundrechtsschutzes. 53 Vgl. A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/14 b, 1/33; die Bedeutung der Information als entscheidendes Kriterium von Verschwiegenheitspflichten hebt Hirte, S. 346 hervor. 54 Zutreffend ist insoweit die bekannte Redewendung „Wissen ist Macht“. 55 Kuhlmann, S. 66; dieser Aspekt wird in einen größeren Zusammenhang gestellt von Grigoleit, FS Canaris, S. 275 (283).
§ 6 Besondere Vertrauensbeziehung zwischen Bank und Kunde
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III. Typischerweise Vertragsbeziehung auf Dauer angelegt 1. Dauerhaftigkeit als Merkmal von Bankgeschäften
Zu diesem Schutzbedürfnis kommt die Tatsache hinzu, dass Bankgeschäfte selten einmalige Vorgänge sind. Historisch waren für das Bankwesen Tätigkeiten charakteristisch, die eine langfristige Kundenbeziehung mit sich brachten,56 etwa die Hinterlegung von Geldsorten, das Depositenund Giro- sowie später das Darlehensgeschäft.57 Heute zählt der Katalog des § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG die verschiedenen Arten der Bankgeschäfte auf. Bei seiner näheren Betrachtung zeigt sich, dass die meisten Dienstleistungen der Kreditinstitute bereits wegen ihres Zwecks auf Dauer angelegt sind: Wie sich aus der Nr. 1 des § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG ergibt, ist z. B. unter Einlagengeschäften die Annahme rückzahlbarer Gelder des Publikums zu verstehen. Zwischen der Annahme der Mittel durch die Bank und der Rückzahlung an den Kunden liegt notwendigerweise ein gewisser Zeitraum. Gleiches gilt für das Kredit-, Depot-, Investment-, Garantie-, Giro-, Geldkarten- und Netzgeldgeschäft (vgl. Nr. 2, Nr. 5 und Nr. 6, Nr. 8 und Nr. 9, Nr. 11 und Nr. 12 des § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG). Bei den übrigen Bankgeschäften ist dieses Charakteristikum zwar nicht zwingend; so besteht etwa das Diskontgeschäft (Nr. 3) darin, mit dem Kunden einen Kaufvertrag gemäß § 433 BGB abzuschließen.58 ebenso kann ein Finanzkommissions-, Revolving- oder Emissionsgeschäft (Nr. 4, Nr. 7, Nr. 10 des § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG) bloß einmalige Tätigkeiten der Bank für einen Kunden betreffen. In der Praxis werden Kunden dieser Geschäftszweige allerdings über einen längeren Zeitraum in engem geschäftlichem Kontakt zur Bank stehen. Diesen Geschäften gehen regelmäßig umfangreiche Beratungs- und Verhandlungsgespräche voraus. Augenscheinlich wird dies beim Emissionsgeschäft, wo die Bank Finanzinstrumente für eigene Rechnung zur Platzierung übernimmt und dabei das Absatzrisiko trägt.59 Es zeigt sich eine Besonderheit des Bank-Kunde-Verhältnisses in der Tatsache, dass der geschäftliche Kontakt entweder bereits auf Dauer angelegt oder jedenfalls typischerweise über einen längeren Zeitraum aufrechterhal56 Mit Recht stellte Scherzer, S. 33, zu Beginn des 20. Jahrhunderts fest: „Für die Banken kommt als Besonderheit noch hinzu, dass hier die Art der Geschäftsverbindung, die von vorneherein auf eine gewisse Dauer und Intensität abgestellt ist, Rechtsregeln nicht nur generell für Einzeltatbestände, sondern auch für die Geschäftsverbindung als solche verlangt.“ 57 Vgl. die obigen Ausführungen auf S. 44. 58 So die h. M. einschließlich der höchstrichterlichen Rspr., vgl. Fülbier in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, § 1 Rn. 55. 59 Fülbier in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 1 Rn. 103.
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2. Kap.: Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses
ten wird.60 Folglich ist zu fragen, ob dies ein Kriterium für den besonderen Schutz des Kunden durch das Bankgeheimnis sein kann. 2. Dauer der Rechtsbeziehung steigert die gegenseitigen Pflichten
Die Dauerhaftigkeit einer Rechtsbeziehung bewirkt ein verstärktes Vertrauen. Je länger zwei Parteien miteinander rechtlich verbunden sind, desto höher werden die Anforderungen an ihre gegenseitigen Pflichten. Für Dauerschuldverhältnisse ist anerkannt, dass während ihrer Laufzeit neue Nebenund Schutzpflichten entstehen und die vorhandenen sich verstärken.61 Gleiches gilt für Sonderverbindungen,62 bei denen sich erst im Laufe der Zeit aus einer dauernden Geschäftsverbindung ein Vertrauensverhältnis herausbildet. Angepasst werden in solchen Rechtsbeziehungen nicht vorrangig die Pflichten, die die Vertragserfüllung betreffen, sondern diejenigen, die mit dem Vertrag auf Grund eines anderen Umstandes zusammenhängen.63 Die Rechtsordnung steht somit der Tatsache, dass es sich um einen länger andauernden geschäftlichen Kontakt handelt, nicht gleichgültig gegenüber. Vielmehr zieht sie aus der stärkeren faktischen Nähe rechtliche Konsequenzen und geht von umfangreicheren Nebenpflichten aus. Es ist somit folgerichtig, wenn man diese Wertung auf die Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde überträgt. 3. Abstrakte Ausrichtung auf Dauer genügt für die Entstehung
Um Missverständnisse zu vermeiden, sei noch klargestellt: Das Entstehen des Bankgeheimnisses hängt nicht davon ab, wie lange die Geschäftsverbindung bereits besteht, sondern knüpft an den ersten geschäftlichen Kontakt.64 Bevor das Kreditinstitut auch nur eine einzige Leistung für den Kunden erbringt, hat sie in der Regel bereits mehr Kenntnisse über ihn als etwa ein 60 Horn in: Heymann, 2. Aufl., Vor § 343 Rn. 81 und Anh § 372 Rn. I/6; zu den wirtschaftlichen Funktionen langzeitiger Kooperationsverhältnisse im Bereich der „Handelshilfsgewerbe“, wozu die Banken zählen: Müller-Graff, S. 2; Betonung des Merkmals bei Pikart, WM 1957, 1238, 1241 („nicht nur vorübergehende Inanspruchnahme“; „laufenden Geschäftsbeziehung“); den zeitlichen Aspekt betonte bereits OLG Colmar JZ Els.-Lothr., 22. Jg. (1896), S. 291 (294). 61 Vgl. Grüneberg/Sutschet in: Bamberger/Roth, § 241 Rn. 27; Grüneberg in: Palandt, § 314 Rn. 2; Lang in: Lang/Assies/Werner, S. 56 m. w. N.; Larenz, SchR I, § 2 I (S. 11), § 9 II (S. 122); Mansel in: Jauernig, § 241 Rn. 10; ähnlich Brox/Walker, SchR AT, § 2 Rn. 13; für eine dauernde kaufmännische Geschäftsverbindung BGH WM 1969, 247 f.; Nachw. aus der Judikatur bei Kersting, S. 72 f. 62 Zum Begriff der „Sonderverbindung“: P. Krebs, Sonderverbindung, S. 6 ff. 63 Vgl. Heinrichs in: Palandt, § 280 Rn. 8. 64 Näher dazu beim zeitlichen Schutzbereich des Bankgeheimnisses, s. S. 354 ff.
§ 6 Besondere Vertrauensbeziehung zwischen Bank und Kunde
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Verkäufer bei der Durchführung eines Kaufvertrages. Entscheidend für die Existenz des Bankgeheimnisses ist daher sicher nicht die Dauer der einzelnen Geschäftsverbindung. Ein Merkmal der bankrechtlichen Geschäftsverbindung besteht aber darin, abstrakt auf Dauer angelegt zu sein. Im konkreten Fall mag die Bank für einen bestimmten Kunden lediglich ein einziges Finanzkommissionsgeschäft durchführen, in dessen Anschluss die Geschäftsverbindung abbricht.65 Maßgebend ist nicht der konkrete Einzelfall. Das Bankgeheimnis als Rechtsinstitut erfasst vielmehr den (zwangsläufig abstrakten) Regelfall, dass Bank und Kunde für längere Zeit miteinander in geschäftlichem Kontakt zu bleiben beabsichtigen. Beide Vertragsparteien stellen sich unter anderem aus diesem Grund darauf ein, enger miteinander verbunden zu sein als mit anderen Geschäftspartnern. Mithin ist allein auf den Typus dieser Geschäftsverbindung abzustellen.66 IV. Postulat der Vertrauenswürdigkeit des Berufsstandes Wie bereits unter Punkt I dargestellt, findet das Bankgeheimnis seine Geltung nicht in der Person und dem Willen des Bankiers, mit dem der Kunde einen geschäftlichen Kontakt sucht oder pflegt. Doch bedeutet dies nicht, dass die Person des Dienstleistenden unerheblich ist. Die Haftung wegen Verletzung des Bankgeheimnisses knüpft nicht nur begrifflich, sondern auch inhaltlich an die berufliche Stellung des Geschäftspartners an. 1. Postulat der besonderen Vertrauenswürdigkeit
Betrachten wir zunächst den Kunden: Nicht nur der allgemeine Rechtsverkehr hat erhöhte Erwartungen an die sorgfältige Arbeitsweise bestimmter Berufsgruppen, die im Gesamtgefüge des Wirtschafts- und Berufslebens eine exponierte Rolle einnehmen. 67 Erst recht und in besonderer Weise der (potentielle) Vertragspartner – im Falle der Banken also der Kunde – verlässt sich auf ihre Zuverlässigkeit.68 Diese Erwartung bezieht sich nicht nur 65 Zu Recht weist bereits Scheer, S. 13, darauf hin, dass auch bei einem einmaligen Geschäft der Kunde dem Bankier sein Vertrauen schenkt. 66 Ebenso Hopt in: Baumbach/Hopt, (7) BankGesch Rn. A/6; noch keine Rolle spielt an dieser Stelle die Frage, welche rechtliche Struktur diese Geschäftsverbindung aufweist. Dieses Problem wird Gegenstand des 3. Kapitels dieser Arbeit sein. 67 von Bar, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. II, S. 1681 (1721) stellt fest, dass aus dieser exponierten Rolle eine erhöhte Verantwortlichkeit folge. 68 Ausdrücklich als haftungsrelevant bezeichnet in BGHZ 100, 117 (122); 145, 187 (197 f.). Für den Fall eines Unternehmens, das Kapitalanlagen vertrieb: BGHZ 74, 103 (108 ff.): . . . „typischerweise ihr Vertrauen schenken“ . . .; . . . „zusätzlichen Vertrauenstatbestand“ . . .; . . . „wenn sie als in der Branche vielfältig erfahren und
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2. Kap.: Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses
auf die Fachkunde der Banken, also auf die Richtigkeit der Informationen, die das Kreditinstitut ihm vermittelt. Sie bezieht sich gleichermaßen auf die Vertraulichkeit der Bank in Bezug auf die ihr vorliegenden Informationen über ihre Kunden.69 Des Weiteren geht der Adressat einer Mitteilung der Bank davon aus, sie sei inhaltlich richtig und mit Hilfe einer besonderen Kenntnis der jeweiligen Umstände getroffen worden. Gibt also eine Bank eine kundenbezogene Information weiter, bietet diese aus Sicht des Dritten eine stärkere Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit und für eine besondere Sachnähe als bei sonstigen Personen.70 Er nimmt die Aussage also „für bare Münze“ und trifft auf ihrer Grundlage Entscheidungen im Hinblick auf oder mit Auswirkung auf den Kunden, die er ohne die Information nicht, nicht zu diesem Zeitpunkt oder nicht in dieser Weise getroffen hätte. Wegen des beruflichen Ansehens der Banken verleiht eine Äußerung durch sie der offenbarten Information ein höheres Gewicht als bei beliebigen Dritten.71 Auf diese Weise entsteht für den Kunden ein erhöhtes Gefährdungspotential. Der Geschäftskontakt zu einer Bank führt zu einem gesteigerten Risiko für die Rechtsgüter des Kunden, namentlich seines Vermögens. Es entsteht erstens durch die Erwartung der Kunden, Banken würden besonders vertraulich mit Informationen umgehen; zweitens nimmt die Öffentlichkeit Aussagen von Bankangestellten und -organen besonders ernst und ist demzufolge geneigt, häufiger Konsequenzen aus deren Inhalt zu treffen. 2. Förderung des Postulats durch die Banken
Das beschriebene Postulat entstand nicht zufällig. Seit Beginn des Bankgewerbes hat sich in dieser Branche eine Verkehrssitte herausgebildet, jede Art von Bankgeschäft vertraulich abzuwickeln; es gibt eine dahingehende fest eingewurzelte Verkehrsanschauung.72 Diese Gepflogenheiten erhöhten damit sachkundig auftreten, den Eindruck besonderer persönlicher Zuverlässigkeit erwecken“. 69 Diese Erwartung der Kunden spiegelt sich in folgenden Entscheidungen wider: OLG Dresden OLGRspr 40, 377, dazu Rießer, Kommentar zum Börsengesetz 1909, S. 352, zitiert bei Dalsheim, S. 5 und Wentzell, S. 3; ähnlich Nussbaum, Bank-Archiv X. Jg. (1911) Nr. 23, S. 359 (360); Scheer, S. 9 f.: „berechtigten Wünschen“ des Kunden. 70 In Bezug auf den Wirtschaftsprüfer BGHZ 145, 187 (198). 71 In diese Richtung schon OLG Colmar JZ Els.-Lothr., 22. Jg., S. 291 (295); zudem Lang, ZBB 2006, 115 (120), der aber auf das Ansehen des konkreten Vertreters der Bank abstellt, welcher eine Aussage tätigt. 72 Vgl. BGH WM 1979, 427 (429): . . . „daß die Bank das Vertrauen in ihre Seriosität, das sie allgemein im Wirtschaftsleben bei der Bankkundschaft genießt“; Dalsheim, S. 6; Meister, Bank-Archiv X. Jg. Nr. 15, S. 240.
§ 6 Besondere Vertrauensbeziehung zwischen Bank und Kunde
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im Laufe der Zeit die Erwartungen des Rechtsverkehrs, was den Banken bewusst war.73 Sie haben diesen an sie gestellten Anspruch nicht nur von Beginn des Bankgewerbes an geduldet, sondern machten und machen durch ihr Auftreten und ihre Tätigkeit im Rechtsverkehr deutlich, dass sie sich an ihm festhalten lassen wollen.74 Auf dem Bankiertag des Jahres 1920 unterstrich ein Referent: „Auf Vertrauen beruht der Verkehr im Bankgewerbe wie in keinem anderen Gewerbe. Eine wesentliche Grundlage des Vertrauens ist die Verschwiegenheit des Bankiers.“75 Ähnlich wie Kaufleuten innerhalb des Rechtskreises, in dem sie sich bewegen, mehr Pflichten auferlegt werden als anderen Rechtssubjekten, müssen sich die Banken den Erwartungen auf ihrem speziellen Tätigkeitsfeld stellen. Dies spiegelt sich nicht nur in der Selbstdarstellung der Kreditinstitute wider,76 sondern zudem in den durch § 39 Abs. 1, § 40 Abs. 1 KWG geschützten Bezeichnungen „Bank“, „Bankier“ und „Sparkasse“. Die Regelungen haben den Zweck, das Vertrauen in die ordnungsmäßige Durchführung der Bankgeschäfte zu stärken.77 Das Postulat der besonderen Vertrauenswürdigkeit hat sich gewohnheitsrechtlich verfestigt.78 V. Zwischenergebnis zur besonderen Vertrauensbeziehung Anhand der vorstehenden Erörterungen lässt sich folgendes Resümee ziehen: Das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunde entsteht nicht durch eine herausgehobene persönliche und zwischenmenschliche Beziehung der Betroffenen. Vielmehr liegt sein Ursprung in der gesteigerten Gefährdung des Kunden durch Einwirkungsmöglichkeiten der Bank. Das 73 Vgl. OLG Dresden OLGRspr 40, 377; Wentzell, S. 3 und S. 5 zitiert hierzu Rießer, Kommentar zum Börsengesetz 1909, S. 352. 74 Anschaulich betonte der Präsident des Reichsbankdirektoriums Havenstein im Jahre 1920 den „Ruf“ der Bankiers als die „besten Sachkenner und Berater in diesen Dingen“, Verhandlungen des V. Allgemeinen Deutschen Bankiertages, S. 15; vgl. Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1570): „Die deutsche Kreditwirtschaft bekennt sich zu diesem fundamentalen Vertrauensverhältnis“; Lang in: Lang/Assies/Werner, S. 56: „nach aussen kommunizierter Kompetenz in Vermögensfragen“. 75 Doertenbach, Verhandlungen des V. Allgemeinen Deutschen Bankiertages, S. 227. 76 Möhlenkamp, BB 2007, 1126. 77 Fischer in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 39 Rn. 1. 78 Das Reichsgericht ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass „ein Unternehmen, das Bankgeschäfte betreibt,“ die im Bankgewerbe nach Herkommen und Handelsbrauch üblichen Verpflichtungen zu erfüllen habe: RGZ 106, 318 (319); vgl. zudem Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. I/5 („in besonderem Maß das Vertrauen auch künftiger Kunden“).
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2. Kap.: Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses
Pflichtengefüge und die -intensität ist zudem geprägt durch die Art der Geschäftsverbindung, welche abstrakt auf Dauer angelegt ist. Des Weiteren stellt das Bankgewerbe einen eigenen Berufsstand dar. Die Kreditinstitute agieren in ihrer Eigenschaft als Bank im Rechtsverkehr und nehmen durch die staatlichen Regelungen des KWG, durch die Selbstorganisation ihrer Branche und nicht zuletzt durch ihre eigene Außendarstellung eine herausgehobene Stellung unter den Kaufleuten ein. Sie haben dadurch ein gehobenes Maß an Autorität und wecken im Rechtsverkehr gesteigerte Erwartungen in Bezug auf ihre Arbeitsweise. Zum einen geht der eigene Kunde davon aus, die Bank behandle die ihn betreffenden Informationen vertraulich. Zum anderen misst der Adressat einer Mitteilung dieser einen besonders hohen Wert bei, weil er eine besondere Sachnähe der Bank erwartet. Diese Erwartungen haben sich gewohnheitsrechtlich zu einem Postulat verfestigt, das die Geltung des Bankgeheimnisses legitimiert. Auf diese Weise bildet das den Kreditinstituten entgegengebrachte gesteigerte Vertrauen des Rechtsverkehrs eine normative Grundlage des Bankgeheimnisses.
§ 7 Zusammenfassung zu den normativen Grundlagen Die Suche nach den Geltungsgründen des Bankgeheimnisses brachte folgende Ergebnisse: 1. Das Bankgeheimnis beruht nicht auf der Vertragsfreiheit der Beteiligten. Ein subjektiver Geheimhaltungswille ist für das grundsätzliche Bestehen des Bankgeheimnisses nicht konstitutiv, sondern allein Ausdruck der Dispositionsfreiheit des Geheimnisherrn. Das Bankgeheimnis ist individualschützend. Auf Grund seiner Verfügungsbefugnis kann der Kunde im Einzelfall auf Umfang und Inhalt des Bankgeheimnisses einwirken, ohne dabei seine prinzipielle Existenz in Frage zu stellen. Das Bankgeheimnis entspringt keinem privatautonomen Willensakt. 2. Eine normative Grundlage des Bankgeheimnisses liegt im objektivierten und berechtigten Interesse der Kunden, von Bankgeschäften dürfe keine erhöhte Gefahr für ihre Daten ausgehen. Eine wertende Betrachtung des Bankgeheimnisses hat die typisierte Interessenlage zwischen Bank und Kunde im Rahmen ihrer Geschäftsverbindung zu berücksichtigen. 3. Die Geltung des Bankgeheimnisses lässt sich nicht mit dem Schutz konkreter Rechtsgüter begründen, weil seine Funktion spezifisch an der Geschäftsverbindung mit der Bank ausgerichtet ist. Ausschlaggebendes Kriterium für das Geheimnis ist deswegen der inhaltliche Bezug zu dieser Rechtsbeziehung.
§ 7 Zusammenfassung zu den normativen Grundlagen
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4. Diese Geschäftsverbindung berührt auf der Seite des Kunden die Bewegungsfreiheit im Vermögensbereich. Die Selbstbestimmung eines Bankkunden ist nur gesichert, wenn seine wirtschaftliche Geheimsphäre bei der Ausübung faktisch notwendiger Bankgeschäfte ungefährdet bleibt. Er muss hierzu Informationen bedenkenlos an die Bank weitergeben können. 5. Während der Kunde einem Eindringen der Bank in seine Rechtssphäre nicht ausweichen kann, ist der umgekehrte Fall ausgeschlossen. Angesichts dieser in der Natur von Bankgeschäften angelegten schwächeren Ausgangslage des Kunden kann er eine gleichgewichtige Verhandlungsposition auf privatautonomer Ebene regelmäßig nicht erreichen. Diese Einschränkung der Willensbetätigung berücksichtigt die Rechtsordnung. Die Geltung des Bankgeheimnisses gründet daher auch auf diesem strukturellen Ungleichgewicht. 6. Eine zusätzliche Säule des Bankgeheimnisses findet sich nicht darin, den Kreditinstituten durch die Rechtsordnung Wettbewerbsvorteile zu sichern. Seine Geltung beruht ausschließlich auf einem Schutzbedürfnis der Kunden. 7. Das Bestehen des Bankgeheimnisses rechtfertigt sich normativ durch ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunde. Es ist nicht durch eine persönliche, zwischenmenschliche Ebene geprägt, sondern durch folgende, sich ergänzende Komponenten: • Durch einen umfassenden Einblick in die Verhältnisse des Kunden erhält die Bank regelmäßig eine verstärkte Einwirkungsmöglichkeit auf dessen Rechtsgüter und Interessen. Hieraus ergibt sich ein erhöhtes Schutzbedürfnis. • Eine Besonderheit der Rechtsbeziehung zwischen Bank und Kunde ist die Tatsache, dass der geschäftliche Kontakt entweder bereits auf Dauer angelegt ist oder typischerweise über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten wird. • Die Kreditinstitute gehören einem Berufsstand an, dem der Rechtsverkehr gesteigerte Erwartungen hinsichtlich Sachnähe und Seriosität entgegenbringt. Sowohl die Kunden als auch die potentiellen Adressaten einer Äußerung der Bank gehen von einer besonderen Vertrauenswürdigkeit der Banken aus. Diese Erwartungen verstärkt das Kreditgewerbe durch seine Außendarstellung und Bankpraxis. Das Postulat der Vertrauenswürdigkeit hat sich dadurch gewohnheitsrechtlich verfestigt. Diese Elemente legitimieren das den Kreditinstituten entgegengebrachte gesteigerte Vertrauen des Rechtsverkehrs und bilden so den Kern der Geltungsgrundlage des Bankgeheimnisses.
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2. Kap.: Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses
Das 2. Kapitel zeigte somit, dass das Bankgeheimnis mehrere Fundamente besitzt, die normativ ineinandergreifen.79 Struktur und Inhalt der Verschwiegenheitspflicht haben sich an ihnen auszurichten. Welcher Gesichtspunkt in welchem Ausmaß und auf welche Weise zum Tragen kommt, wird Gegenstand der nächsten Kapitel sein. Ziel der folgenden Darstellung muss dabei sein, aus den dargelegten Kriterien (nachfolgend als „Wertungskriterien“ bezeichnet) ein einheitliches Rechtsinstitut „Bankgeheimnis“ herzuleiten, das sich in die anerkannten Strukturen der Rechtsordnung einfügt.
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Dass bei der Haftung von Banken bei der Verletzung von Nebenpflichten mehrere Geltungsgründe ineinander greifen, vertritt z. B. auch Rümker, ZHR 147 (1983), S. 27 (42).
3. Kapitel
Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses Das 3. Kapitel dieser Arbeit richtet den Blick auf die juristische Dogmatik. Mangels positivrechtlicher Regelung kann die Untersuchung ihren Ausgang nicht im geschriebenen Recht nehmen. Sie geht stattdessen zunächst auf die gewohnheitsrechtlichen Säulen des Bankgeheimnisses sowie die Rechtsnatur der Geschäftsverbindung ein (1. Abschnitt), um anschließend die aktuellen schuldrechtlichen Haftungskategorien zu beleuchten (2. Abschnitt). Die Beschreibung der dogmatischen Struktur des Bankgeheimnisses stellt die Weichen für Überlegungen zu seiner Auslegung. 1. Abschnitt
Gewohnheitsrecht § 8 Die gewohnheitsrechtliche Verfestigung des Bankgeheimnisses Die Literatur ordnet dem Bankgeheimnis regelmäßig das Gewohnheitsrecht als dogmatische Kategorie zu.1 Ihm soll sich die folgende Erörterung widmen. I. Die Entstehung von Gewohnheitsrecht Gewohnheitsrecht entsteht nicht bereits dadurch, dass Personen sich über Generationen hinweg an bestimmte Normen halten. Wenn sich die Gesellschaft nur faktisch an bestimmte Regeln hält, erzeugt dies noch kein Recht. 1 Beckhusen in: Derleder/Knops/Bamberger, § 5 II Rn. 9; Böhm, BB 2004, 1641 (1642); Bohnstedt, S. 56; Bruchner in: Bruchner/Stützle, Leitfaden, S. 4 f.; Cahn, WM 2004, 2041 (2042); Feuerherdt/Werhahn, S. 7; Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1570); Huhmann, S. 34; Kirchherr in: Sichtermann, S. 62 ff.; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (474); Rinze/Heda, WM 2004, 1561; Schork, WM 1959, Sonderbeilage Nr. 2, S. 14 (31); Schwintowski/ Schäfer, § 3 Rn. 3; Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491 (493); vgl. auch Nobbe, WM 2005, 1537 (1539 f.); a. A. Ungnade, WM 1976, 1210; skeptisch Fisahn, CR 1995, 632 (634); Jobe, ZIP 2004, 2415 (2416).
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
Eine Norm gewinnt einen rechtlichen Charakter erst dadurch, dass zu einer bestimmten Übung des Rechtsverkehrs eine allgemeine Überzeugung ihres rechtlich bindenden Charakters kommt.2 Weiterhin darf sich bei der Entstehung von Gewohnheitsrecht diese Überzeugung nicht im Widerspruch zur bestehenden Rechtslage entwickeln.3 Die Entstehung von Gewohnheitsrecht thematisierten einzelne Stimmen bereits früh im Zusammenhang mit den AGB der Banken: „Die regelmässige Zugrundelegung derselben Normen im Geschäftsverkehr, die die Bank erzwingen kann, ist im Stande, das Bewusstsein der Verkehrswelt an die Selbstverständlichkeit der Geltung dieser Normen zu gewöhnen, sodass allmählich aus der nur zwischen Kunden und Bank verbindlichen, besonders vereinbarten Vertragsübung eine objektiv, auch ohne vorgängige Vereinbarung gültige Observanz wird“.4
Auf das Bankgeheimnis lässt sich diese Feststellung nicht vollständig übertragen. Denn hier will das Kreditinstitut keine Rechtsfolge erzwingen. Da das Bankgeheimnis nachweislich erst Ende des 20. Jahrhunderts in den AGB der Kreditinstitute Erwähnung fand,5 kann sich Gewohnheitsrecht nur außerhalb der AGB gebildet haben. II. Gewohnheitsrechtliche Grundlage des Bankgeheimnisses Bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts hielt die Literatur die Geheimhaltungspflicht der Bank für eine „seit jeher bestehende[n] Anschauung“6 sowie für eine „selbstverständliche[n] Erwartung“.7 Hält man sich die geschichtliche Entwicklung der Verschwiegenheitspflicht vor Augen, wird deutlich, dass sie sich historisch seit den Anfängen der Bankentätigkeit als eine „Übung“ im Bankgeschäft herausbildete.8 Dies geschah ohne Vereinbarung mit dem Kunden. Inwieweit und seit wann dieses Verhalten im Rechtsverkehr auf einer allgemeinen Rechtsüberzeugung aufbaute, kann man über eine Durchsicht von zeitgenössischen Autoren und Gerichtsentscheidungen nachvollziehen. Die Erwägungen des 1. Kapitels dieser Arbeit lassen erkennen, dass der Rechtsverkehr jedenfalls seit dem Ende des 2 Vgl. BVerfGE 28, 21 (28); BGHZ 37, 219 (226); 44, 346 (348 f.); Larenz, Methodenlehre, Teil II, Kap. 4, S. 342. 3 Olzen in: Staudinger, Einl. § 241 ff. Rn. 205. 4 Scherzer, S. 77. 5 Dazu S. 50. 6 Schubert, S. 1. 7 Schubert, S. 45. 8 s. oben S. 44 ff.
§ 8 Die gewohnheitsrechtliche Verfestigung des Bankgeheimnisses
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19. Jahrhunderts von der Existenz eines rechtlich verbindlichen Bankgeheimnisses ausging. Diese Rechtsüberzeugung bestand seitdem ununterbrochen fort und wurde in seinem Kern nie angezweifelt. Mit Recht wird dem Bankgeheimnis also ein gewohnheitsrechtlicher Charakter zugesprochen. Bereits die ständige Rechtsprechung, die ein Bankgeheimnis annimmt, hat es zu Gewohnheitsrecht werden lassen.9 Zudem geht der Gesetzgeber heute vom Bestehen des Bankgeheimnisses aus, was in einigen Vorschriften zum Ausdruck kommt.10 Als dogmatischer Pfeiler würde das Gewohnheitsrecht bereits genügen. Doch würde diese Grundlage allein als Haftungstatbestand die Schärfe vermissen lassen, die für eine Systematisierung dieser Nebenpflicht wünschenswert ist. Die vorliegende Untersuchung möchte sich daher nicht damit begnügen, aus rechtshistorischen Quellen alle Erwägungen zum Bankgeheimnis zusammenzutragen, die Ausdruck der lang andauernden Übung und der zu Grunde liegenden Rechtsüberzeugung sind. Vielmehr sollen diese Gesichtspunkte im Folgenden anhand ihres Sinnbezugs „auf rechtsethische Prinzipien, objektive Rechtszwecke und spezifisch rechtliche Wertungsmaßstäbe“11 gedeutet und systematisch in die aktuelle Rechtsordnung eingegliedert werden. Bei diesen Schritten sind die gewohnheitsrechtlichen Aspekte jeweils mitzudenken. III. Das unsichere dogmatische Fundament im allgemeinen Schuldrecht Wie sich soeben zeigte, ist eine Säule des Bankgeheimnisses seine Geltung über Jahrhunderte hinweg. Daher lohnt es sich nachzuverfolgen, wie das Bestehen der Pflicht früher hergeleitet wurde. Dabei fällt auf, dass das Bankgeheimnis manchmal an konkrete Verträge geknüpft12, dann wieder aus den allgemeinen Vorschriften des BGB über Treu und Glauben herausgelesen13 und meist überhaupt nicht näher begründet, sondern als selbstver9 Vgl. zur Entstehung von Gewohnheitsrecht durch Präjudizien: Larenz, Methodenlehre, Teil II, Kap. 4, S. 342. Nicht nachvollziehbar ist die zweifelnde Haltung hinsichtlich des gewohnheitsrechtlichen Charakters des Bankgeheimnisses von Jobe, ZIP 2004, 2415 (2416). 10 Dazu 1. Kapitel Fn. 72. 11 Zu diesen Auslegungskriterien des Gewohnheitsrechts: Larenz, Methodenlehre, Teil II, Kap. 4, S. 342. 12 RG Bank-Archiv XXXIV. Jg. Nr. 14 (1934), S. 326; Rießer Kommentar zum Börsengesetz 1909, S. 352, zitiert bei: Dalsheim, S. 5 sowie Wentzell, S. 3: „wird damit stillschweigend zum Vertragsinhalt“. 13 OLG Dresden OLGRspr 40, 377 (378); Dalsheim, S. 5 f.; Scheer, S. 10; Wentzell, S. 3 und S. 5.
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
ständlich vorausgesetzt wurde.14 Bei der Herleitung über § 242 BGB erfolgte regelmäßig eine Einstufung als Teil der „Vertragspflichten“.15 Als Anker in den Generalklauseln des Gesetzes griff Scheer zusätzlich § 157 BGB heraus, indem er in die Vorschrift im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung den hypothetischen Willen beider Parteien hineininterpretierte.16 Dass er in seiner Argumentation zwischen § 242 und § 157 BGB, zwischen dem gesetzlichen und dem vertraglichen Bereich und dem Rückgriff auf allgemeine Rechtssätze schwankte, bringt zum Ausdruck, mit welchen Schwierigkeiten das Bankgeheimnis konfrontiert ist.17 § 242 BGB hilft bei einer Einordnung als gesetzliche oder vertragliche Pflicht nicht weiter, weil die Regelung beide Arten von Schuldverhältnissen ergreift.18 Ältere Urteile und die frühere Literatur lassen also eine klare dogmatische Charakterisierung der Verschwiegenheitspflicht vermissen. Fest stand und steht allein: Das Bankgeheimnis entspringt einem Schuldverhältnis. Dieses besteht in der geschäftlichen Beziehung zwischen Bank und Kunde, einer sogenannten „Geschäftsverbindung“. Ihre Rechtsnatur muss den Weg zu den dogmatischen Wurzeln weisen.
§ 9 Die Rechtsnatur der sogenannten „Geschäftsverbindung“ Wie bereits eingangs erwähnt,19 lässt sich der Begriff der „Geschäftsverbindung“ zunächst im untechnischen Sinn verstehen. Beim Reichsgericht war von einer „Geschäftsverbindung“ die Rede, durch die „die Wahrung von Treu und Glauben in erhöhtem Maße und in weiterem Umfange, als im Verkehre zwischen einander fremd gegenüberstehenden Personen zur notwendigen Übung wird.“20 Juristisch hat sich über Jahrzehnte hinweg eine Diskussion entsponnen, welchen Charakter diese Beziehung besitzt.21 14 RGZ 126, 50 (52); RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 18 (1914), S. 309 (310) und Nr. 19 (1913), S. 327 (330); OLG Colmar JZ Els.-Lothr., 22. Jg., S. 291 (294); OLG Hamm Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 19 (1913), S. 327 (328). 15 So OLG Dresden OLGRspr 40, 377 (378). 16 Scheer, S. 10 f.; ähnlich Dalsheim, S. 6. 17 Vgl. Scheer, S. 15 ff. 18 Looschelders/Olzen in: Staudinger, § 242 Rn. 125. 19 Vgl. S. 60. 20 Vgl. RGZ 27, 118 (121); zur Geschäftsverbindung weiterhin: RGZ 126, 50 (52); RG SeuffArch 41 (1885), 155 (Nr. 100); BGH DB 1953, 1031; WM 1972, 72 (73); 1988, 1301 ff. 21 Zu Recht wurde dem Terminus der Geschäftsverbindung mangelnde Aussagekraft zugesprochen.: Gaede, S. 23 f. m. w. N. Mit Recht mahnte Müller-Graff, JZ 1976, 153 (155) bei Geschäftsverbindungen die Prüfung des Rechtsbindungswillens an; laut Siber in: Planck, Vorb. I 4 b bb) zu §§ 275–292 (S. 193) könne aber in einer dauernder Geschäftsverbindung ein Vertrag eigener Art gefunden werden.
§ 9 Die Rechtsnatur der sogenannten „Geschäftsverbindung“
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I. Das Konzept des Bankvertrages als Rahmenvertrag Eine vertragliche Einordnung der Geschäftsverbindung erfolgte im Bankrecht durch das Konzept des sogenannten „Bankvertrages“. Über Jahrzehnte hinweg ging die Literatur fast durchweg davon aus, die Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde sei als allgemeiner Bankvertrag ausgeformt.22 Die Rechtsprechung übernahm den Begriff zum Teil, ohne ihn dogmatisch mit Leben zu füllen oder sich auch nur auf das Modell eines solchen Vertragstypus festzulegen.23 Im Jahre 2002 kehrte der Bundesgerichtshof in einer Grundsatzentscheidung dem allgemeinen Bankvertrag den Rücken.24 Dennoch machen es die Bedeutung dieses dogmatischen Ansatzes und die sich hinter ihm verbergenden Fragestellungen erforderlich, einige seiner wichtigen Eckpunkte herauszuarbeiten. 1. Der zweifelhafte Wille zum Vertragsschluss
Trotz einer Durchsicht der vielfältigen Meinungen bleibt die genaue Struktur des Bankvertrags im Dunkeln. Hopt, der bis heute einen allgemeinen Bankvertrag annimmt, sieht in ihm eine Rahmenvereinbarung, die das „Verhältnis zwischen Bank und Kunde insgesamt“ regele, also das als „Bankverbindung“ bezeichnete Dauerschuldverhältnis zwischen den Parteien.25 Doch bleiben die angeblichen Erklärungen zum Vertragsschluss da22 Martinek in: Staudinger (1995), § 675 Rn. B 4 und Staudinger (2006), § 675 Rn. B 31; Claussen, § 6 Rn. 5; Gaede, S. 29 ff.; von Gierke, Hdw. der Rechtswissenschaft, unter „Bankgeschäfte“ IV.1., S. 515; ausführlich von Godin in: RGRK HGB, § 365 Anh. I; Hopt in: Baumbach/Hopt, (7) BankGesch Rn. A/6; ders. in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 1 Rn. 15 ff.; Köndgen, NJW 1992, 2263; Lieseke, WM 1959, 614; Pikart, WM 1957, 1238 ff.; Ulmer, S. 16 ff. m. w. N. auch zur Gegenansicht auf S. 317 Fn. 104; vgl. außerdem die zahlreichen Nachw. bei Hadding/ Häuser in: MünchKomm HGB, ZahlungsV Rn. A 150 Fn. 452; die ältere Literatur spricht teils von den „bankgeschäftlichen Verträgen“: Kreutzer, S. 29 ff. m. w. N. 23 Vgl. z. B. BGHZ 2, 218 (225) – „Bankvertrag“ bezieht sich ersichtlich nur auf ein einzelnes Bankgeschäft; 23, 222 (226 f.); 45, 193 (196); 63, 87 (91); 141, 116 (121); 152, 114 (118) – ausdrücklicher Hinweis auf die rein begriffliche Übernahme des Bankvertrags; BGH WM 1957, 30, 33; 1958, 588; 1958, 871 (872); 1958, 1078, 1079; 1966, 973 – „allgemeinkundige Tatsache, daß die X.-Bank durchweg Bankverträge nur nach Maßgabe der AGB schließt“; 1973, 892 (894); 1978, 999 (1001); 1996, 834 (835); OLG Karlsruhe WM 1971, 486 (487); OLG Köln MDR 1961, 412; OLG Stuttgart MDR 1956, 428. 24 BGHZ 152, 114 ff.; sich ihm anschließend z. B. Sprau in: Palandt, § 675 Rn. 9 (seit der 63. Aufl.). 25 Vgl. auch Pikart, WM 1957, 1238: „Herstellung einer auf eine gewisse Dauer und Intensität berechneten Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunden“. Es handle sich um einen gemischten Vertrag mit Schwerpunkt auf einem entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne der §§ 611, 675 BGB, der „ein uneinheit-
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
bei nebulös. Der Wille zum Abschluss eines Bankvertrages sei, so Hopt, aus dem typischerweise gegebenen Willen der Parteien zu schließen, auf längere Zeit miteinander in vertragliche Beziehungen zu treten.26 Richtig an dieser Ansicht ist die Feststellung, dass die Beteiligten die Möglichkeit besitzen, einen derart ausgeformten Rahmenvertrag zu schließen. Dies folgt bereits aus dem Grundsatz der Privatautonomie.27 Erstens ist jedoch zu fragen, wann sich aus dem Abschluss eines Einzelgeschäftes tatsächlich der Wille zu weiteren Rechtsgeschäften ergibt.28 Wer ein Girokonto bei der Bank A eröffnen will, beabsichtigt nicht zwangsläufig, seine Kreditkarte bei demselben Institut zu bestellen. Zweitens darf in dem Willen, über eine längere Zeit geschäftliche Kontakte zu pflegen, nicht der typische Wille zu einem solchen Rahmenvertrag abgeleitet werden.29 Die Willenserklärungen zu einem Bankvertrag sind Fiktion.30 2. Der zweifelhafte Vertragsgegenstand
Selbst bei der Unterstellung solcher Erklärungen, würde es ihnen an den essentialia negotii fehlen. Sind konkrete Pflichten oder Rahmenbedingungen liches, in seinen Auswirkungen unübersichtliches und verschiedener rechtlicher Deutung zugängliches Gebilde“ darstelle. 26 Hopt in: Baumbach/Hopt, (7) BankGesch Rn. A/6; ders. in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, § 1 Rn. 15 ff.; ähnlich unklar Pikart, WM 1957, 1238: Begründet werde der Bankvertrag „regelmäßig“ bei der Ausführung eines Einzelauftrages, wobei er nur Einzelbeispiele herausgreift, den Normalfall eines Vertragsschlusses sucht man vergebens. 27 Insoweit berechtigter Hinweis von Hopt in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 1 Rn. 15. 28 Insoweit zutreffend von Godin in: RGRK HGB, § 365 Anh. I Anm. 5 (2. Absatz); ebenfalls skeptisch Hadding/Häuser in: MünchKomm HGB, ZahlungsV Rn. A 151. 29 Keiner würde auf die Idee kommen, einen Rahmenvertrag anzunehmen, wenn sich etwa ein Architekt und eine Baufirma zur Zusammenarbeit für einen Hausbau zusammenfinden und beide in Aussicht stellen, danach weitere Projekte miteinander zu gestalten. Wie hier BGHZ 152, 114 (118, 119); a. A. Pikart, WM 1957, 1238, der in das Konstrukt des Bankvertrags „diejenigen vertraglichen Rechtsbeziehungen zwischen Bank und Bankkunden“ einbezieht, „die im Unterschied zum Abschluß eines unbedeutenden Einzelgeschäfts auf eine wesentliche oder nicht nur vorübergehende Inanspruchnahme der Einrichtungen und Dienste der Bank durch den Kunden gerichtet sind“ 30 Richtig ist der Einwand von Gaede, S. 32: „Die unter den Rahmenvertrag fallenden tatsächlichen Handlungen brauchen nicht zu Willenserklärungen konstruiert zu werden, um für sie eine vertragliche Haftung zu begründen.“ Vgl. Becker, S. 55; Sandkühler, S. 11 f.; im Ergebnis auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 4. Die Tendenz, eine Haftung auf Vertragsfiktionen zu stützen, herrscht z. B. auch im Bereich der Auskunftshaftung, vgl. Hopt, AcP 183 (1983), 608 (617) mit zahlreichen Nw.
§ 9 Die Rechtsnatur der sogenannten „Geschäftsverbindung“
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für künftige Rechtsgeschäfte gewollt, hält die Rechtspraxis dies üblicherweise in einem eigenständigen und ausdrücklich geregelten Rahmenvertrag fest.31 Weshalb ein bankvertraglicher Rahmenvertrag nur konkludent geschlossen werden sollte, bleibt unklar. Nähert man sich ihm inhaltlich, stößt man auf weitere Ungereimtheiten.32 Im Wesentlichen sollte er in der Bestätigung des Geschäftsverhältnisses als Vertrauensverhältnis, der Verpflichtung der Bank zur Erbringung künftiger Leistungen und der Einbeziehungsvereinbarung der Grund-AGB liegen.33 a) AGB-Einbeziehung auch ohne Bankvertrag Zur In-Geltung-Setzung der AGB bedarf es keines allgemeinen Bankvertrags.34 Die AGB- Einbeziehung vollzieht sich nach den allgemeinen Regeln, insbesondere § 305 Abs. 2 BGB. Erst recht ist er entbehrlich, wenn beim ersten Rechtsgeschäft zwischen Kunde und Bank die AGB für künftige Bankgeschäfte gemäß § 305 Abs. 3 BGB im Voraus vereinbart werden. Diese Abrede ist sowohl unabhängig vom Einzelgeschäft als auch von einer weitergehenden Rahmenübereinkunft. Sie ist nicht gleichzeitig Ausdruck eines Willens zum Bankvertragsschluss.35 Es fehlen beim vermeintlichen Bankvertrag Rechtsfolgen, die über die AGB hinausgehen.36 Doch falls er keine Rechtsfolgen für die Parteien auslöst, die über die Einzelverträge und die unter Umständen mit den Einzelaufträgen verbundenen AGB hinausgehen, hat ein Bankvertrag juristisch keinerlei Sinn. 31 Im Bankrecht ist etwa der Kreditkartenvertrag ein solcher Rahmenvertrag: BGHZ 114, 238 (241); ähnlich z. B. die sogenannte „BahnCard“: OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 1995, 1204 (1205). 32 Sogar seine Befürworter waren sich über den typischen Gegenstand uneinig: Ulmer, S. 318 Fn. 107. 33 Claussen, § 4 Rn. 10 h; von Godin in: RGRK HGB, § 365 Anh. I, z. B. Anm. 1 Z. 2 a), b), Anm. 4 b); Hopt in: Baumbach/Hopt, (7) BankGesch Rn. A/6; ders. in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 1 Rn. 15 ff.; enger Kohls, S. 17: Hauptbestandteile sei die Vereinbarung von Einzelverträgen sowie der AGB. 34 Einen solchen Zweck verlieh Anfang des 20. Jahrhunderts Bernstein, Bank-Archiv IV. Jg. Nr. 11, S. 166 (169) dem Bankvertrag; aktuell auch noch: Claussen, § 4 Rn. 10 d, 10 h; Hopt in: Baumbach/Hopt, (7) BankGesch Rn. A/6; M. Roth, WM 2003, 480; a. A. Gaede, S. 33, der ausdrücklich keine AGB-Vereinbarung für notwendig hält. 35 A. A. etwa Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 2 Rn. 2; Claussen, § 4 Rn. 10 e, 10 f; richtig insoweit Hopt in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 1 Rn. 16, der in Rn. 24 aber doch wieder von der Vorwegvereinbarung als typischem Inhalt des Bankvertrags ausgeht; zutreffend auch BGHZ 152, 114 (119); Hadding/Häuser in: MünchKomm HGB, ZahlungsV Rn. A 152; Werner ZBB 1990, 236 (238). 36 Vgl. BGHZ 152, 114 (120); Hadding/Häuser in: MünchKomm HGB, ZahlungsV Rn. A 152; Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. I/7; Kümpel, Rn. 2.807, 2.809; Westermann in: MünchKomm BGB, Vor § 607 Rn. 16 (bis 3. Aufl.).
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
b) Bankvertrag bleibt ohne Rechtsfolgen Die Suche nach dem Sinn eines Bankvertrags bleibt auch im Übrigen erfolglos.37 Die einzige Pflicht „aus dem Bankvertrag“, die sich weder über die Grundsätze der unerlaubten Handlung noch über die individuellen Bankgeschäfte ausreichend erklären lässt, sei „die Verpflichtung der Bank zur Geheimhaltung der ihr im Laufe der Geschäftsbeziehungen bekanntgewordenen wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden“.38 Man kann aber nicht nur deshalb einen Bankvertrag konstruieren, um dem Bankgeheimnis zu einem dogmatischen Fundament zu verhelfen. Die aus ihm fließende Pflicht ist nicht vom privatautonomen Willen der Parteien abhängig.39 Sie lässt sich daher nicht über einen Bankvertrag herleiten.40 c) Keine Verpflichtung der Bank zu künftigen Bankgeschäften Weiterhin nehmen Vertreter des Bankvertrages an, das Kreditinstitut sei durch den Abschluss dieses Vertrages zu künftigen Bankgeschäften mit dem Kunden verpflichtet – mit anderen Worten: Es gebe einen Vertragswillen zu künftiger Zusammenarbeit, was zum Abschluss eines Vertrags führe.41 Teils wird die Pflicht auf Seiten der Banken auf eine Verhandlungspflicht über eine Ausweitung der Geschäftsbeziehung eingeschränkt.42 37 Pikart, WM 1957, 1238 (1240) sieht als Besonderheit an, . . . „daß vielmehr auch die Anwendung der einzelnen Geschäftsbedingungen in besonderem Maße dem Rechtssatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unterliegt.“ Die Anwendung des § 242 BGB kann schwerlich der spezifische Inhalt des Bankvertrages sein. Er gilt in jedem Schuldverhältnis, ohne dass er von den Parteien vereinbart werden muss. Auch die Haftung für unrichtige Auskünfte (vgl. Pikart, a. a. O., S. 1242) ist keine bankvertragsspezifische Rechtsfolge, weil sie auf der Grundlage des Deliktsrechts gegenüber Dritten genauso greift wie gegenüber dem Kunden. 38 Pikart, WM 1957, 1238 (1242); ähnlich von Godin in: RGRK HGB, § 365 Anh. I Anm. 1 Z. 2 c). 39 s. bereits S. 64 ff. 40 Der Bankvertrag soll eine „Bestätigung“ oder Bekräftigung des Vertrauensverhältnisses bewirken: OLG Karlsruhe WM 1971, 486 (487); von Godin in: RGRK HGB, § 365 Anh. I, Anm. 1 Z. 2 a) a. E.; Hopt in: Baumbach/Hopt, (7) BankGesch Rn. A/6; ders. in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 1 Rn. 25. Auch diese Art von Leerformeln eignen sich nicht, die Eigenständigkeit oder die Notwendigkeit eines Bankvertrages zu begründen. Anders als eine Bestätigung i. S. d. § 141 BGB lösen sie offensichtlich keine Rechtsfolgen aus, vgl. Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. I/7; dies räumen sogar Lwowski/Roth in: Hellner/Steuer, Rn. 2/3 ein, obwohl sie einen allgemeinen Bankvertrag befürworten. 41 OLG Karlsruhe WM 1971, 486 (487); Gaede, S. 31; von Godin in: RGRK HGB, § 365 Anh. I, Anm. 1 Z. 2 a); Sprau in: Palandt, § 675 Rn. 9 (bis zur 62. Aufl.); Ulmer, S. 318.
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Früher wurde dieser Rechtsbindungswille auf die Präambel der bis 1993 geltenden AGB-Banken gestützt.43 Es spricht aber nichts dafür, dass das Kreditinstitut einen privaten Kontrahierungszwang erreichen möchte und einen dahingehenden vorweggenommenen Rechtsbindungswillen hat.44 Ein Kontrahierungszwang als Gegenstand des Bankvertrages scheidet folglich aus.45 d) Wahrung allgemeiner Kundeninteressen Dass der Kunde von dem Kreditinstitut berechtigterweise erwarten darf, dieses solle seine Interessen über ein konkretes Bankgeschäft hinaus wahren, ergibt sich nicht erst aus einem Bankvertrag,46 sondern aus den allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen, die insbesondere in § 241 Abs. 2 BGB (evtl. i. V. m. § 311 Abs. 2 BGB) zum Ausdruck kommen.47 Im Hinblick auf das Bankgeheimnis gilt nichts anderes. Die dogmatische Einbet42 M. Roth, WM 2003, 480 (481); einschränkend auf ein Willkürverbot Hopt in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 1 Rn. 28. 43 von Godin in: RGRK HGB, § 365 Anh. I, Anm. 1 Z. 2 a); Hadding/Häuser in: MünchKomm HGB, ZahlungsV Rn. A 151 m. w. N.; Hefermehl in: Schlegelberger, Anh. § 365 Rn. 13. In der Präambel hieß es u. a.: „Die Bank stellt ihrem Kunden ihre Geschäftseinrichtungen zur Erledigung verschiedenartigster Aufträge zur Verfügung.“ (Abdruck z. B. bei Lieseke, WM 1959, 614 und Hefermehl in: Schlegelberger, Anh. § 365 Rn. 9). Seine Streichung ändere nichts an dem dahingehenden Willen der Banken: Claussen, § 4 Rn. 10 d; vgl. zudem M. Roth, WM 2003, 480 (481) mit dem juristisch nicht verwertbaren Hauptargument, ein gegenteiliges Verhalten der Bank sei sozial anstößig. 44 Offen bleiben kann, ob die frühere AGB-Präambel einen solchen auslösen sollte. Denn dann würde er erst recht nicht auf einem Bankvertrag beruhen, sondern auf der Vereinbarung von AGB. – Das ungeklärte Verhältnis zwischen AGB und Bankvertrag wird deutlich bei Ulmer, S. 318 Fn. 107; vgl. zu diesem Punkt auch Werner ZBB 1990, 236 (238) und Westermann in: MünchKomm BGB, Vor § 607 Rn. 16 (bis 3. Aufl.). 45 Unabhängig davon ist die Frage, ob Banken einem allgemeinen gesetzlichen Kontrahierungszwang unterliegen. Zum allgemeinen Kontrahierungszwangs von Sparkassen auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Zweckbindung vgl. Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. I/10 sowie der Hinweis bei Köndgen, NJW 1992, 2263. Aktuell dazu Koch, WM 2006, 2242 ff. m. w. N. 46 So aber z. B. Claussen, § 4 Rn. 10 g; Hopt in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 1 Rn. 18, 25 f.; Lieseke, WM 1959, 614. 47 Vgl. BGHZ 152, 114 (120); K. P. Berger in: MünchKomm BGB, Vor § 488 Rn. 78; Hefermehl in: Schlegelberger, Anh. § 365 Rn. 13; Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. I/13; Kümpel, Rn. 2.807, 2.817, 2.828; dies verkennt z. B. Claussen, § 4 Rn. 10 e; widersprüchlich M. Roth, WM 2003, 480 (481), der eine Lösung über die c. i. c. akzeptiert, aber die Schutzpflichten in „dem einzelnen Bankvertrag“ verankert.
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
tung in einen Bankvertrag ist ungeeignet, weil das Bankgeheimnis nicht von der Vertragsauslegung individueller Bankgeschäfte abhängt, sondern unabhängig vom Parteiwillen gilt.48 Folglich ist der Bankvertrag für die typischen Bankgeschäfte nicht notwendig sowie für die Verankerung des Bankgeheimnisses nicht ausreichend.49 II. Das gemischt rahmenvertraglich-gesetzliche Konzept Die Theorie von Hopt begnügt sich nicht mit einer dogmatischen Säule für besondere Verhaltens- und Berufspflichten der Bank, sondern stützt sich gleichzeitig auf ein vertragliches und ein gesetzliches Fundament. In der Geschäftsverbindung erkennt er ein gesetzliches Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten, das vom Bankvertrag überlagert und vertraglich ausgestaltet werde. Es greife subsidiär als Schutzverhältnis und Grundlage der Vertrauenshaftung ein, wenn ein Bankvertrag fehle.50 Denklogisch ist diese Konzeption möglich und schlüssig. Wertungsmäßig überzeugt es hingegen nicht, großzügig stillschweigende Willenserklärungen und gleichzeitig gesetzlich einen Auffangtatbestand anzunehmen, der bei klarem Fehlen eines solchen Rechtsbindungswillens inhaltsgleiche Rechtsfolgen auszulösen vermag.51 Gegen dieses Konzept sprechen die gleichen Gründe wie gegen den isolierten Bankvertrag: Ein entsprechender Wille zum Vertragsschluss ist nicht erkennbar.
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Vgl. BGHZ 152, 114 (120) sowie oben S. 64 ff. Angreifbar ist die Ansicht, für einen Bankvertrag spreche das Interesse des Kunden an einer Beratung über mögliche Bankgeschäfte – so aber Martinek in: Staudinger (1995), § 675 Rn. B 4; Lwowski/Roth in: Hellner/Steuer, Rn. 2/2; ablehnend wie hier: BGHZ 152, 114 (120). Ein solches mag vorhanden sein, doch ist es zu weitgehend, einen Willen des Kreditinstitutes anzunehmen, mit jedem Geschäftskontakt eine Art allgemeine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem jeweiligen Kunden zu übernehmen. 50 Hopt in: Baumbach/Hopt, (7) BankGesch Rn. A/6; ähnlich Claussen, § 6 Rn. 5, der sich nicht festlegt und Martinek in: Staudinger (1995), § 675 Rn. B 6, der auf den Einzelfall abstellt. 51 Sinnvoll kann dieser Ansatz nur sein, wenn man einen gesetzlichen Mindeststandard von Pflichten für geboten hält und eine Verschärfung dieses Standards in die Hände der Vertragspartner legen möchte. Hat der angenommene Bankvertrag aber gerade den Zweck, das ohnehin vorhandene Pflichtenprogramm bewusst auszuweiten, so müsste ein dahingehender Rechtsbindungswille erst recht deutlich in Erscheinung treten. 49
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III. Bankgeheimnis keine vertragliche Pflicht auf der Grundlage von AGB Da es einen Bankvertrag demnach nicht gibt, liegt es nahe, sich den niedergeschriebenen und daher greifbaren AGB zuzuwenden. Doch wird sich zeigen, dass auch sie das Bestehen des Bankgeheimnisses nicht zu erklären vermögen. 1. Bankgeheimnis galt bereits vor seiner Niederlegung in Geschäftsbedingungen
Schon in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts legte das Bankgewerbe die branchenüblichen Handelsbräuche und Grundsätze in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nieder.52 Ihr Gebrauch breitete sich schnell und umfassend aus.53 Mit der Vereinheitlichung von Regelungen zu den sich wiederholenden Bankgeschäften hat sich die Bankwirtschaft ein Recht geschaffen, dessen Bedeutung fast mit einem Gesetzgebungsakt verglichen werden kann.54 Die geschichtlichen Ausführungen stellten bereits dar, dass das Bankgeheimnis erst im Jahr 1993 Eingang in die AGB fand.55 Da es bereits zuvor gewohnheitsrechtliche Geltung beanspruchte, können seine Wurzeln nicht in den AGB liegen.56 2. Bankgeheimnis gilt auch ohne Einbeziehung gemäß § 305 Abs. 2 BGB
In der heutigen Rechtspraxis erlangen die AGB der Kreditinstitute wie andere formularmäßige Vertragsklauseln nur Geltung, wenn sie in einen Vertrag gemäß § 305 Abs. 2 BGB einbezogen werden.57 Dies gilt auch für die Klauseln, die sich auf die gesamte Geschäftsverbindung erstrecken. Der Kunde muss ihnen mindestens stillschweigend zustimmen. Dies zu Grunde 52 Wrede, S. 2. Näheres zur historischen Entwicklung der AGB im Bankgewerbe z. B. bei Ehret, S. 7 ff.; G. Haupt, Geschäftsbedingungen, S. 1–14; A. Koch, AGB der Banken, S. 2 ff. m. w. N. in Fn. 1, S. 33; Mauthe, Bank-Betrieb 1968, 8 ff.; Viegener, S. 6 ff.; Werhahn/Schebesta, S. 16 f. 53 Vgl. Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 4 Rn. 25 m. w. N.; Mauthe, Bank-Betrieb 1968, 8; Viegener, S. 7; Wrede, S. 2. 54 Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 4 Rn. 26; zu diesem Aspekt bereits früher: Scherzer, S. 79 f. 55 Vgl. oben S. 50. 56 Die neue Regelung änderte nach der herrschenden Meinung die bisherige Rechtslage nicht, vgl. Fn. 42. 57 Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 4 Rn. 26.
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
gelegt, lassen sich zwei rechtliche Szenarien aufbauen, die Situation bei Geltung der AGB und diejenige ohne ihre Geltung. a) Rechtslage bei Geltung von AGB Im ersten (und in der Praxis wohl häufigeren) Szenario erhält der Kunde beim ersten geschäftlichen Kontakt mit der Bank einen Hinweis sowie die Möglichkeit der Kenntnisnahme der AGB (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB); jedenfalls konkludent stimmt der Kunde diesen zu. Im Gegensatz zu anderen Rechtsgeschäften und abweichend vom Wortlaut der § 305 Abs. 1 und 2 BGB handelt es sich nicht allein um die Einbeziehung der Klauseln in einen einzelnen „Vertrag“ (z. B. einen geplanten Darlehensvertrag), sondern um die Regelung der gesamten künftigen Geschäftsverbindung. Denn Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 AGB-Banken lautet: „Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten für die gesamte Geschäftsverbindung zwischen dem Kunden und den inländischen Geschäftsstellen der Bank“. Die so zustande gekommene Vereinbarung ist gemäß § 305 Abs. 3 BGB zulässig, weil die AGB für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften, nämlich Bankgeschäften, im Voraus vereinbart werden. Auf diese Weise entsteht ein über den Einzelvertrag hinausgehendes vertragliches Schuldverhältnis zwischen der Bank und dem Kunden. Insoweit ist die Idee eines Bankvertrages nicht ganz falsch;58 doch dogmatisch richtet sich der Vertragsschluss – entgegen der Ansicht der Befürworter des allgemeinen Bankvertrages – allein an den §§ 305 ff. BGB aus. Das entstandene Schuldverhältnis entspricht einem Rahmenvertrag, der die gesamte Geschäftsverbindung in festgelegte Bahnen lenkt (vgl. Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 AGB-Banken und Nr. 1 Abs. 2 Satz 1 AGB-Sparkassen). Enthalten diese AGB eine Verschwiegenheitspflicht, beruht diese auf der Einbeziehungsvereinbarung. Die so entstandene Geheimhaltungspflicht kann jedoch nicht das sein, was man als „Bankgeheimnis“ bezeichnet: Historisch leitete sich das Bankgeheimnis nie von den Geschäftsbedingungen ab; als noch nicht alle Kreditinstitute mit Formularverträgen arbeiteten, zweifelte trotzdem niemand an der Pflicht zur Verschwiegenheit. Zudem sollte seine Verankerung in den AGB-Banken – wie dargelegt59 – allein deklaratorischer Natur sein. Das 2. Kapitel erörterte, dass die normative Grundlage nicht der privatautonome Wille der Parteien ist. Wären AGB die einzige rechtliche Grundlage des Bankgeheimnisses, hätten die Kreditinstitute den alleinigen Zugriff auf sei58 Unrichtig oder jedenfalls überholt ist die Ansicht bei Viegener, S. 27, die Vereinbarung zur Einbeziehung der AGB und der Bankvertrag seien untrennbare Teile eines einheitlichen „Geschäftsverbindungsvertrages“. 59 Bei Fn. 42.
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nen Inhalt. Sie könnten das Schutzbedürfnis der Kunden nach Bedarf aushebeln. Schließlich arbeitete das 2. Kapitel das gesteigerte Vertrauen heraus, das der Rechtsverkehr dem Berufsstand der Banken berechtigterweise entgegenbringt. Systematisch reiht sich die Verschwiegenheitspflicht damit in andere berufsrechtliche Schweigepflichten ein, die ihrerseits häufig nicht in AGB postuliert sind.60 Aus diesen Gründen scheidet eine alleinige Verankerung des Bankgeheimnisses in den AGB aus. b) Rechtslage ohne Geltung von AGB Dies zeigt sich noch deutlicher im zweiten Szenario, in dem die AGB keine Geltung erlangen. Man stelle sich vor, die Bank verwende keine AGB oder sie habe es als AGB-Verwenderin versäumt, den Anforderungen des § 305 Abs. 2 BGB gerecht zu werden, oder der Kunde habe sich nicht mit der Geltung der Geschäftsbedingungen einverstanden erklärt. In besonderer Weise führte die dogmatische Einordnung als bloße AGB-Klausel zu Ungereimtheiten, wenn es zu keinem Bankgeschäft, sondern bloß zu Vertragsverhandlungen kommt (z. B. bei Ablehnung eines Kreditgesuchs61). Setzte man für das Bankgeheimnis in all diesen Konstellationen die Geltung von AGB voraus, könnte sich weder diese bereits begonnene (und nicht weitergeführte) Geschäftsverbindung noch könnten sich zukünftige Bankgeschäfte zwischen den Parteien nach den AGB richten. Die in den AGB postulierten gegenseitigen Rechte und Pflichten könnten nicht auf vertraglicher Grundlage zur Entstehung gelangen und damit gäbe es hier kein Bankgeheimnis. Zudem könnte sich ein Kunde durch eine (bewusst oder versehentliche) Versagung seiner Zustimmung zu den AGB selbst den Schutz des Bankgeheimnisses nehmen. Vor allem wäre ihm dieser Schutz verwehrt, wenn die AGB auf Grund eines Fehlers des Kreditinstitutes (fehlende Übermittlung an den Kunden, fehlender Aushang usw.) nicht gelten. Das Versehen des Vertragspartners ändert an den im 2. Kapitel dargelegten Geltungsgründen62 und der daraus resultierenden Schutzbedürftigkeit des Kunden nichts. In den genannten Fällen muss das Bankgeheimnis also trotz der fehlenden AGB wirksam sein.
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Man denke hier nur an die Schweigepflicht von Ärzten oder Rechtsanwälten. Für diesen Fall ist die Geltung des Bankgeheimnisses unstreitig, s. Bruchner in: Bruchner/Stützle, Leitfaden, S. 4 m. w. N.; Nobbe, WM 2005, 1537 (1539) m. w. N. 62 Objektiviertes Kundeninteresse an der Geheimhaltung, strukturelles Ungleichgewicht der Vertragsparteien, verstärkte Einwirkungsmöglichkeit der Bank auf die Rechtssphäre des Kunden, auf Dauer angelegte Beziehung, Erwartungen des Rechtsverkehrs. 61
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses 3. Zwischenergebnis: Keine konstitutive Niederlegung in den AGB
Aus beiden Szenarien ergab sich, dass es mit den normativen Grundlagen der Verschwiegenheitspflicht nicht vereinbar ist, das Bankgeheimnis dogmatisch allein auf AGB zu stützen. Mit Recht zweifelt kaum jemand die deklaratorische Natur der Niederlegung der Verschwiegenheitspflicht in Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken an.63 Dass das Bankgeheimnis meist auch formularmäßig in Bankgeschäfte einbezogen wird, unterstreicht seine Bedeutung für die Beziehung zum Kunden,64 stellt aber nicht seine rechtliche Grundlage dar. IV. Bankgeheimnis keine Vertragspflicht der einzelnen Bankgeschäfte Der einfachste Weg zur Begründung bestimmter Pflichten im Rahmen der Bank-Kunde-Beziehung ist die Anknüpfung an die einzelnen Bankgeschäfte. Kommt der Kunde in die Bank, um einen Kreditkartenvertrag abzuschließen, liegt es nahe, die Geheimhaltungspflicht zur Verschwiegenheit an diesem Rechtsgeschäft festzumachen. Diese Anknüpfung erlaubt es dem Juristen, in den bekannten Spuren der Rechtsordnung zu wandeln. Die Einordnung des Bankgeheimnisses als vertragliche Pflicht eines einzelnen Bankgeschäftes ist geboten, wenn die Geltung einen solchen Vertrag bedingt. Mit anderen Worten: Das jeweilige Rechtsgeschäft muss eine Voraussetzung für das Entstehen des Bankgeheimnisses sein. Angebracht ist demnach die Prüfung, ob und gegebenenfalls wie das Bankgeheimnis mit den Einzelverträgen zusammenhängt. 1. Vertragsunabhängigkeit des Bankgeheimnisses
Neben dem Inhalt ist das aussagekräftigste Merkmal einer Pflicht der Grund für ihr Bestehen, mithin ihr Sinn und Zweck. Das 2. Kapitel dieser Dissertation stellte auf dieser normativen Ebene fest, welche Merkmale für die Schutzbedürftigkeit des Kunden maßgebend sind. Zur Erinnerung sei 63 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 3; Cahn, WM 2004, 2041 (2042); Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 2; Krings, ZBB 1992, 326 (334); Nobbe, WM 2005, 1537 (1539); Petersen, S. 23; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/842. Demgegenüber geht Ohlroggen, S. 91, davon aus, dass die dogmatischen Einordnungsschwierigkeiten mit der Aufnahme des Bankgeheimnisses in die AGB-Banken ein Ende gefunden haben. Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1694) setzen das Bankgeheimnis in den AGB offensichtlich mit dem gesetzlichen Bankgeheimnis gleich („zumindest nach der Neuregelung der AGB“ sei eine bisherige Meinung zum Bankgeheimnis zu weit). 64 Petersen, S. 23; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/34.
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wiederholt, dass es sich im Wesentlichen um die typischerweise bei Bankgeschäften vorhandenen Interessen handelt. Es geht um den Ausgleich eines strukturellen Ungleichgewichtes, das es der Bank erlaubt, über langfristige Geschäftsbeziehungen in besonderer Weise auf die Rechtssphäre des Kunden einzuwirken. Diesem erwächst daraus ein erhöhtes Risiko für seine Vermögenssphäre. Darüber hinaus bringt der Rechtsverkehr dem Berufsstand der Banken ein gesteigertes Vertrauen entgegen. Die herausgearbeiteten Wertungskriterien stellen dabei – wie diese Aufzählung anschaulich zeigt – durchweg nicht auf den Abschluss spezifischer Verträge ab. Das Eindringen der Bank in die Rechtssphäre des Kunden und das in das Kreditinstitut gesetzte Vertrauen liegen bereits in dem Moment vor, in dem sich beide Parteien geschäftlich begegnen. Von diesem Zeitpunkt an liegen die normativen Kriterien des Bankgeheimnisses vor und rechtfertigen sein Bestehen. Ob und welche einzelnen Rechtsgeschäfte darüber hinaus noch verhandelt und später abgeschlossen werden, ist zu diesem Zeitpunkt weder für das Entstehen noch für den Umfang des Bankgeheimnisses von Bedeutung. Das Bankgeheimnis stellt daher eine nicht-leistungsbezogene Pflicht dar.65 Aus diesen Gründen ist es nicht sachgerecht, das Bankgeheimnis als Vertragspflicht der einzelnen Bankgeschäfte zu begreifen. 2. Geschäftsverbindung als typisiertes Rechtsverhältnis
Die dogmatische Einordnung der Geschäftsverbindung kann nicht individuell für jeden Fall geschehen.66 Dies würde dem Bankgeheimnis, das von seinem Wesen als Rechtsinstitut67 auf eine Typisierung angelegt ist, eine allgemein bestimmbare Grundlage entziehen. Die Folge wäre eine Pflicht, deren Natur und Umfang in jeder Bank-Kunde-Beziehung neu festzulegen wäre. Bei vertraglichen Pflichten ist dies nicht ungewöhnlich. Doch die bisherigen Erörterungen zeigten, dass die Geschäftsverbindung kein Vertrag ist. Maßgebend ist vielmehr die typische Sach- und Rechtslage bei Bankgeschäften. Nun stellt sich die Frage, welche Funktion die typisierte Geschäftsverbindung dogmatisch einnimmt. Sie stellt ein Vehikel dar, das bestimmte 65
Unabhängigkeit vom Vertragsschluss bereits betont bei Kreutzer, S. 32; so auch BGHZ 27, 241 (246): „alle Tatsachen, die der Kunde geheimzuhalten wünscht“; sich anschließend: Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 512, 514; generell für Rücksichtnahmepflichten RGZ 114, 155 (159); a. A. Christopoulou, S. 43 und generell für Verschwiegenheitspflichten Dauner-Lieb, S. 305 (312) – jeweils ohne Begründung. 66 So aber wohl Ohlroggen, S. 71. 67 Feuerherdt/Werhahn, S. 7; Petersen, insbesondere S. 32 f.
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
Rechtsfolgen transportieren soll, deren normative Geltung in der rechtlichen Werteordnung angelegt ist. Doch entsteht das Problem, dass sowohl der Tatbestand für die Entstehung einer Pflicht umschrieben68 als auch die Rechtsfolge in ihren groben Zügen erkennbar sind,69 unsere Rechtsordnung aber keine rechtliche Kategorie für die dogmatische Einbettung der Haftung anbietet. Beim Bankgeheimnis handelt es sich um eine Pflicht, deren Geltung von einzelnen Bankgeschäften unabhängig ist und die im Rahmen einer geschäftlichen Beziehung das Integritätsinteresse der schwächeren Partei schützen soll. Solche Pflichten passen nicht ins Vertragsrecht. Weil das Bankgeheimnis nicht von einer vertraglichen Hauptleistung geprägt ist oder gar eine solche darstellt, aber im Rahmen von rechtsgeschäftlichen Kontakten auftaucht, kann sie jedenfalls als „Nebenpflicht“ bezeichnet werden.70 Deren Wesen wird Gegenstand des nächsten Abschnitts dieser Arbeit sein. 2. Abschnitt
Sonderbeziehung zur Begründung von Nebenpflichten Die Bedeutung des Vertrauensverhältnisses zwischen Bank und Kunde hob die vorliegende Arbeit bereits hervor.71 Auf der Suche nach einer rechtlichen Kategorie für dieses Kriterium versagen sowohl das Modell eines Bankvertrags als auch die Herleitung aus den AGB. Ebenso wenig überzeugt die Einordnung in die Struktur einzelner Rechtsgeschäfte. Die Verankerung der Geheimhaltungspflicht verlangt daher nach grundsätzlichen dogmatischen Überlegungen: Das Bankgeheimnis erlangt einen Charakter als rechtsverbindliche Pflicht nur, falls es geschuldet ist, falls also ein Schuldverhältnis besteht. Die dogmatische Einordnung von schuldrechtlichen Pflichten, die keine Verbindung zur Hauptleistung eines Vertrages besitzen, aber über eine deliktsrechtliche „Jedermann“-Beziehung hinausgehen, war über Jahrzehnte Gegenstand umfassender Diskussion.72 Bei der 68
Ein Kunde und eine Bank treten miteinander in geschäftlichen Kontakt und letztere erhält Einblick in die Verhältnisse des Kunden. 69 Die Bank muss über kundenbezogene Angelegenheiten schweigen. 70 A. A. Martinek in: Staudinger, § 675 Rn. B 32, der u. a. die Pflicht zur Geheimhaltung als geschäftsbesorgungsvertragliche Hauptpflicht „in Form von Emanationen und Konkretionen der Pflicht der Bank zur Interessenwahrung des Kunden“ versteht. Diese m. E. abwegige Meinung ist vereinzelt geblieben. 71 Vgl. S. 78 ff. 72 P. Krebs widmete seine Habilitationsschrift „Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten“ diesem unübersichtlichen Gebiet; Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 385–388, der eine kompakte Zusammenfassung der wesentlichen Aspekte gibt; grundlegende Beiträge von Hopt, AcP 183 (1983), 608 ff.; Picker, AcP 183 (1983), 367 ff.; im Übrigen alle im Folgenden zitierten Beiträge.
§ 10 Unübersichtlichkeit auf dem dogmatischen Feld der Nebenpflichten 105
Ausarbeitung des Bürgerlichen Gesetzbuchs konzentrierte man sich auf die Leistungspflichten, weshalb man nach Regelungen zu Nebenpflichten meist vergeblich sucht.73 Die Haftungsentwürfe und Begründungslinien für den Bereich der Nebenpflichten waren durch das 20. Jahrhundert hinweg sehr heterogen. Eine stimmige Dogmatik zur „Sonderhaftung ‚zwischen‘ Vertrag und Delikt“ fehlte; es handelt sich um ein „unerforschtes Terrain, in dem Haftungsfiguren vagabundieren, die sich mangels einer plausiblen materialen Rechtfertigung der dogmatischen Erfassung entziehen“.74 In dieses Geflecht vielfältiger Lehren fällt das Bankgeheimnis.
§ 10 Unübersichtlichkeit auf dem dogmatischen Feld der Nebenpflichten I. Uneinheitliche Terminologie bei Nebenpflichten Die Probleme beginnen beim Terminus „Nebenpflichten“. Um Missverständnisse zu vermeiden, bedarf es seiner Klärung. 1. Aufteilung in Nebenleistungs- und Schutzpflichten
Erstmals nahm Heinrich Stoll eine Unterscheidung zwischen Leistungsund Schutzpflichten vor.75 Während sich Leistungspflichten am Austauschgedanken orientieren, seien Schutzpflichten dazu bestimmt, Schädigungen abzuwehren; für sie gelte der Vertrauensgedanke.76 Dieser Aufteilung folgend lassen sich Nebenpflichten in zwei Kategorien einordnen, die man als „Nebenleistungspflichten“ und „Schutz- oder Rücksichtspflichten“ bezeichnen kann.77 Die Nebenleistungspflichten dienen dazu, die erfolgreiche Erbringung einer Leistung im Rahmen eines Schuldverhältnisses zu sichern. Sie fördern das Leistungs-, also das Äquivalenzinteresse, und zielen somit 73
Canaris, JZ 1965, 475. Picker, AcP 183 (1983), 367 (385 f.). 75 Heinrich Stoll, Leistungsstörungen, S. 27 ff.; angedeutet bereits in der Kritik zur Lehre der p. F. V. ders., AcP 136 (1932), 257 (301) – trotz der entsprechenden Wendungen in der Monographie gründet Stolls Lehre jedenfalls in diesem Punkt inhaltlich nicht auf nationalsozialistischem Gedankengut. Dass sich Stolls Kategorie der Schutzpflicht heute durchgesetzt hat, ist daher insoweit unbedenklich. Ihm folgen z. B. Larenz, SchR I, § 2 I (S. 14); vgl. auch Kramer in: MünchKomm BGB, Einl. § 241 Rn. 80. 76 Den gesetzlich begründeten Vertrauensschutz durch die Schutzpflichten stellen auch dar Kramer in: MünchKomm BGB, Einl. § 241 Rn. 80; P. Krebs, Sonderverbindung, S. 183. 77 Zur Unterscheidung von Schutzpflichten und Nebenleistungspflichten auch Grigoleit, FS Canaris, S. 275 (278). 74
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
in erster Linie auf eine Mehrung des Gläubigervermögens ab.78 Demgegenüber sollen Schutzpflichten das Integritätsinteresse schützen, eine gegenwärtige Güterlage bewahren79 und auch Vermögensfehldispositionen vermeiden.80 Die Abwicklung des Schuldverhältnisses soll die Rechtsgütersphäre des anderen überall dort unberührt lassen, wo die Hauptleistungspflicht keine Veränderungen vorsieht. Kurz gefasst: Leistungspflichten führen zu einem (vom Gesetz oder vom Vertragspartner gewollten) Vorteil des Gläubigers, zumeist einer Vermögensmehrung.81 Schutzpflichten führen zur Erhaltung des Status quo beim Schuldner.82 Klar ist, dass es sich bei der Verschwiegenheit weder um eine Hauptleistungs- noch um eine Nebenleistungspflicht eines Bankgeschäftes handelt.83 Sie dient vielmehr der Erhaltung der gegenwärtigen Rechts- und Vermögenssphäre des Kunden. Das Bankgeheimnis als Verschwiegenheitspflicht ist somit als Schutzpflicht zu qualifizieren.84 2. Beispiel zur Veranschaulichung
Zum besseren Verständnis der Unterscheidung von Leistungs- und Schutzpflichten soll ein Beispiel zu einer anderen beruflichen Schweigepflicht dienen: Führt ein plastischer Chirurg eine Schönheitsoperation durch, erstreckt sich seine Schweigepflicht auf die Tatsache der Durchführung eines solchen Eingriffs. Insoweit bezieht sich seine Diskretionspflicht natürlich auf die Leistung, also die Operation. Die Diskretion fördert aber nicht die Leistung (Inanspruchnahme der Dienstleistung zur Verschönerung des Körpers). Vielmehr dient die Geheimhaltung dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Patienten. 78
Vgl. Larenz, SchR I, § 2 I (S. 8); Medicus, SchR I, § 1 Rn. 5. Kramer in: MünchKomm BGB, § 241 Rn. 19; Medicus, Schuldverhältnis, S. 15; ders., SchR I, § 1 Rn. 5; Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 160 m. w. N.; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 241 Rn. 15. Dass Schutzpflichten leistungsunabhängig sind, legte bereits Diers, S. 79 dar. 80 Abschlussbericht zur Überarbeitung des Schuldrechts, S. 113. 81 Zu Recht wies Larenz, SchR I, § 2 I (S. 8), darauf hin, dass eine Leistung etwa in einer öffentlichen Ehrenerklärung bestehen könne, die die Vermögenslage unberührt lasse. 82 Zur Unterscheidung zwischen Schutz- und Leistungspflichten ausführlich Grigoleit, FS Canaris, S. 275 ff. 83 Doch kann eine Schweigepflicht unter Umständen auch eine Nebenleistungspflicht sein, dazu S. 181 ff. 84 Ebenso z. B. Petersen, S. 25 und S. 27; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 42 und ZIP 2004, 1781 (1783 r. Sp.), der trotzdem auf S. 1782 noch zu einer allgemeinen Loyalitäts- und Schonungspflicht abgrenzt; vgl. hierzu S. 175 ff. Ob die Verschwiegenheitspflicht als Schutzpflicht charakterisiert oder als Nebenpflicht sui generis behandelt wird, ist in der Literatur oft unklar. Grüneberg/Sutschet in: Bamberger/Roth, § 241 Rn. 87 f. bilden für sie – ohne Begründung – eine eigene Kategorie. 79
§ 10 Unübersichtlichkeit auf dem dogmatischen Feld der Nebenpflichten 107 3. Terminologie innerhalb der Schutzpflichten
Wohl kaum ein Jurist ist auf Anhieb in der Lage, eine genaue Definition, eine Abgrenzung oder gar eine dogmatische Einordnung der Schutzpflichten zu formulieren. Es findet sich in Literatur und Rechtsprechung eine verwirrende Sprachvielfalt: Man liest von Nebenpflichten, unselbständigen Nebenpflichten, Verhaltenspflichten, weiteren Verhaltenspflichten, Wohlverhaltenspflichten, Interessenwahrungspflichten, Unterlassungspflichten, Fürsorge-, Obhuts-, Sorgfalts- und Diligenzpflichten, Schutzpflichten, Rücksichtnahmepflichten, Rücksichtspflichten, Treuepflichten und Loyalitätspflichten.85 Darüber hinaus lassen sich beliebig viele Unterkategorien bilden.86 Es wäre vermessen, in dieser Arbeit den Versuch zu unternehmen, eine Ordnung in die terminologischen Unsicherheiten zu bringen.87 Dies ist auch nicht nötig. Im Hinblick auf die Beschreibung einer Verschwiegenheitspflicht interessiert allein, welche Funktion ihr für die Ausformung der Rechtsbeziehung zwischen zwei Personen zukommt und welche Folgen ihre Verletzung in dieser Rechtsbeziehung auslöst. Verwendet diese Abhandlung im Folgenden die obigen Begriffe, drückt dies keine sachlichen Unterschiede aus. Zum leichteren Verständnis beschränkt sie sich jedoch im Wesentlichen auf zwei Formulierungen, und zwar auf den am häufigsten in der Literatur verwendeten Terminus der „Schutzpflicht“ sowie – in Anlehnung an die Terminologie des Gesetzes in § 241 Abs. 2 BGB – den Begriff der „Rücksichtspflicht“. II. Die Herangehensweise der Judikatur Angesichts der Komplexität und Vielfalt der Nebenpflichten sowie des unklaren Standorts in der Wissenschaft verwundert es nicht, dass auch den 85 Die näheren Nachw. zur Verwendung dieser Bezeichnungen in der Literatur finden sich bei Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 148–155. Vgl. außerdem Larenz, SchR I, § 2 I (S. 10); Mansel in: Jauernig, § 241 Rn. 10; Medicus, SchR I, § 1 Rn. 8; terminologisch vielfältig auch die Rspr., z. B. BGHZ 138, 257 (260) – „Schutzpflichten“; 165, 276 (282) – „vertraglichen Schutzpflicht“; BGH WM 1995, 439 (441) – „Sorgfalts- und Rücksichtspflichten“/„Obhuts- und Benachrichtigungspflichten“; BGH NJW 2006, 3054 – „Rücksichtnahmepflichten“; BGH NJW 2006, 3137 (3138) – „Nebenpflicht“/„Informationspflicht“; BGH NJW-RR 2006, 1345 (1346) – „Verhaltens- und Schutzpflichten“; KG Berlin NJW-RR 2006, 1468 (1469) – „Verhaltenspflichten; OLG Stuttgart ZInsO 2003, 622 (624) und OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 633 – „Wohlverhaltenspflicht“. 86 So nennt bereits Dölle, ZGesStW 103 (1943), S. 67 „Schutz-, Fürsorge-, Erhaltungspflichten“; Larenz, SchR I, § 2 I (S. 14): Aufklärungs-, Mitteilungs-, Obhutsund Fürsorgepflichten sowie § 10 II e), S. 138: Erhaltungs- und Schutzpflichten. 87 Näher hierzu P. Krebs, Sonderverbindung, S. 2 ff.; ders., DB Beilage Nr. 14/2000, 1 (9).
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
Gerichten eine überzeugende und einheitliche Rechtsfortbildung nicht gelang. Ausgehend von etwas hilflos wirkenden Formulierungen („vertragsähnliches“ Vertrauensverhältnis)88 und der Generalklausel einer culpa in contrahendo89 flüchteten sie sich nach und nach in punktuelle Haftungslösungen und argumentierten häufig anhand von Einzelfällen. Das Bemühen um eine Herausbildung von Fallgruppen nach objektivierten Gruppen- und Verkehrsschutzbedürfnissen regte die wissenschaftliche Erforschung dieses Bereiches an.90 Der vorliegende Beitrag deutet Modelle aus der Judikatur an, um Tendenzen auf dem Gebiet der Informationshaftung zu veranschaulichen. Die Parallelen zur Schweigepflicht sind unverkennbar. 1. Auskunftshaftung
Hinsichtlich der Auskunftshaftung judizierte der Bundesgerichtshof, auch ohne vorherige rechtsgeschäftliche Beziehungen greife eine Schadensersatzhaftung nach Vertragsgrundsätzen, wenn eine Auskunft für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung gewesen sei und er sie zur Grundlage wesentlicher Vermögensverfügungen machen wolle. Es entstünden vertragliche oder vertragsähnliche Beziehungen. Bei den Haftenden handelt es sich um beratende Berufsträger im Rechts- und Wirtschaftsbereich, neben den Banken um Rechtsanwälte, Notare, Sachverständige, Wirtschaftstreuhänder u. ä.91 Die Schwierigkeiten dieses Ansatzes zeigt der folgende Fall: Nachdem das Gericht dort zunächst das „besondere Vertrauen“ betonte, „das der Verkehr in diesem Zusammenhang nach der fehlerfreien Feststellung des Berufungsgerichts einem Wirtschaftsprüfer als Angehörigem des qualifizierten buchsachverständigen Berufs entgegenbringt“, umschrieb es anschaulich die Probleme einer Auskunftshaftung: „Angesichts dessen könnte man erwägen, ob eine solche bewußte Inanspruchnahme des dem Bescheinigenden in der Öffentlichkeit zukommenden Vertrauens nach dem allgemeingültigen Grundsatz von Treu und Glauben unter Berücksichtigung eines unabweislichen Verkehrsbedürfnisses“ . . . „die Einstandspflicht des Bescheinigenden gegenüber dem Kreis der bestimmungsgemäßen Empfänger nicht wenigstens dafür bedingt, daß die Bescheinigung subjektiv zutreffend ist;“ . . . 88 RGZ 120, 249 (251) und später z. B. RGZ 162, 129 (156) für das bei Vertragsverhandlungen entstandene Schuldverhältnis. 89 Ähnlich Hopt, AcP 183 (1983), 608 (631): „Allerweltskonstruktion“; „bleibt immer noch die quasivertragliche Haftung über culpa in contrahendo oder in der Sprache und Ausprägung des Bankrechts, über Geschäftsverbindung“. 90 Zum Umgang der Rspr. mit der Thematik der Schutzpflichten: Hopt, AcP 183 (1983), 608 (631 f.). 91 St. Rspr., z. B. BGHZ 7, 371 (374); BGH WM 1958, 1080 (1081); 1966, 1148 (1149); 1970, 1021 (1022); 1971, 206 (207); 1979, 548 (549 f.).
§ 10 Unübersichtlichkeit auf dem dogmatischen Feld der Nebenpflichten 109 „Der vorliegende Fall zwingt jedoch zu keiner abschließenden Stellungnahme in dieser Frage.“92
Wie beim Bankgeheimnis ging es unter anderem darum, ob man einer Berufsgruppe eine Haftung deshalb auferlegen kann, weil sie in der Öffentlichkeit ein besonderes Vertrauen genießt und ein Bedürfnis für den Schutz des Rechtsverkehrs besteht. Der Urteilsleser spürt bei der zitierten Passage förmlich die Erleichterung der Richter, diesem heiklen Rechtsproblem noch einmal entkommen zu sein.93 2. Zeugnishaftung
In einem anderen Urteil machte der Bundesgerichtshof den Aussteller eines Dienstleistungszeugnisses haftbar.94 Der Dienstverpflichtete hat das Zeugnis dem späteren Anspruchsteller vorgelegt. Obwohl der Zeugnisaussteller später seine inhaltliche Fehlerhaftigkeit feststellte, informierte er den späteren Anspruchsteller nicht. Diesem entstand dadurch ein Schaden. Das Gericht nahm ohne nähere Herleitung eine Haftung „aus vertraglichen bzw. vertragsähnlichen Grundsätzen“ an.95 Allein die Formulierungen verdeutlichen die Schwächen der Haftungsherleitung: . . . „wenigstens im Sinne einer allgemeinen Rechtspflicht gehalten war, die Klägerin auf die Unrichtigkeit des Zeugnisses hinzuweisen“; . . . „Verpflichtung, dieser aus ihrem vorhergegangenen Tun erwachsenen Gefahrenquelle in zumutbarer Weise“ . . . „entgegenzuwirken“; die Hinweise auf Präjudizien erstrecken sich auf vertragliche und deliktsrechtliche Fälle.96 Die dogmatischen Probleme außervertraglicher Sonderverbindungen lässt der Bundesgerichtshof bewusst ungelöst und windet sich um die Schwierigkeiten, indem er sich punktuell mit Sinn und Zweck von Dienstzeugnissen beschäftigt.97 Bereits die auszugsweise gewählten Zitate lassen erkennen, dass die Rechtsprechung oft nicht wusste, wie sie mit Nebenpflichten außervertraglicher Art umgehen sollte. Diese Untersuchung wird im Folgenden die wichtigsten Lehren skizzieren, um eine Einordnung des Bankgeheimnisses in der derzeitigen Rechtsordnung vornehmen zu können. 92
BGH VersR 1973, 247 (249). Der Bundesgerichtshof nimmt teilweise aber einen Rechtsbindungswillen zum Abschluss eines Auskunftsvertrages an, im Fall einer Bank z. B.: BGHZ 100, 117 (120 f.). Dass eine solche Annahme meist Fiktion ist: Kersting, S. 69 m. w. N. 94 BGHZ 74, 281 ff. 95 BGHZ 74, 281 (amtlicher Leitsatz). 96 Vgl. zu allem BGHZ 74, 281 (286). 97 BGHZ 74, 281 (287 ff.) mit vielen Fundstellen, die sich der Thematik annehmen. 93
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
§ 11 Begründungsmodelle von Nebenpflichten vor dem Jahre 2002 Die vorliegende Arbeit erwähnte bereits den dogmatischen Weg über eine Vertragsergänzung nach § 242 BGB, den die Rechtsprechung und das Schrifttum beim Bankgeheimnis am Anfang des letzten Jahrhunderts wählten.98 In gleicher Weise stützten sie auch andere Schutzpflichten auf diese Generalklausel.99 Im Bereich des Bankgeheimnisses wandte Scheer mit Recht ein, die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben setze ein bereits entstandenes, mithin ein vorvertragliches Schuldverhältnis voraus, könne aber kein neues entstehen lassen.100 Ebenso kritisiert Medicus diesen Ansatz zu den leistungsunabhängigen Rücksichtspflichten, weil erstens der Wortlaut des § 242 BGB ihre Erfassung nicht zulasse. Zweitens fehle eine von vornherein festgelegte Polarität, wie sie für eine Leistungsbeziehung bestehe; d. h. die Rolle von Gläubiger und Schuldner bestimmt sich erst durch die konkrete Situation.101 I. Die Irrelevanz des Vertragsschlusses Als Kernproblem kristallisiert sich die Tatsache heraus, dass der Vertragsschluss für die Pflicht irrelevant ist. Augenscheinlich ist dies in der vorvertraglichen Phase. 1. Die culpa in contrahendo und die positive Forderungsverletzung
Die vorvertragliche Phase warf nicht nur bezüglich des Bankgeheimnisses, sondern in allen rechtsgeschäftlichen Beziehungen schon immer dogmatische Probleme auf. Ein Lösungsmodell entwickelte Rudolf von Jhering über die Rechtsfigur des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen, die sogenannte „culpa in contrahendo“ (nachfolgend „c. i. c.“).102 Ebenso entwickelte Staub bereits kurz nach Inkrafttreten des BGB die „positive Forderungsverletzung“ (nachfolgend „p. F. V.“) als eigenständige ungeschriebene Anspruchsgrundlage,103 die Pflichtverletzungen innerhalb von 98
Dazu oben S. 91 f. Vgl. Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 386; Teichmann, JA 1984, 709 (712 ff.). 100 Scheer, S. 16. 101 Medicus, Schuldverhältnis, S. 17. 102 von Jhering JherJb 4 (1861), S. 1 ff.; sehr weitgehend durch Befürwortung von rein faktischen Vertragsverhältnissen Haupt, FS Siber, S. 9 ff.; sich bei ihm anlehnend, aber differenzierend Dölle, ZGesStW 103 (1943), S. 67 (v. a. 74 ff.). 103 Staub, Die positiven Vertragsverletzungen; zur dogmatischen Entwicklung das in diesem Nachdruck enthaltene Nachwort von Schmidt; zum Stand dieser Theorie 99
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vertraglichen Verhältnissen, jedoch außerhalb des geschriebenen Leistungsstörungsrechtes des BGB erfasst. Auf der gleichen Schiene liegen nachwirkende Vertragspflichten, die zum Teil als „culpa post contractum finitum“ bezeichnet werden.104 Diese Institute orientieren sich systematisch weiterhin an einzelnen Vertragsverhältnissen, indem sie das Augenmerk auf die Verhandlungen und Rahmenbedingungen zu einem konkreten Rechtsgeschäft legten. Mithin setzen sie eine von den Parteien gezielt gesuchte rechtsgeschäftliche Nähebeziehung voraus.105 Sie lösen die Nebenpflichten ihrem Inhalt nach jedoch vom Vertragsschluss und die aus ihm folgenden Pflichten zum Leistungsaustausch ab.106 Auf diese Weise werden sie in die Haftungsstruktur der einzelnen Rechtsgeschäfte aufgenommen, ohne ihren Inhalt ausschließlich107 von dem jeweiligen Vertrag abhängen zu lassen. Man erinnere sich hier an den c. i. c.-Klassiker des Linoleumrollenfalles:108 Die Pflicht des Warenhausinhabers, seinen Kunden keine Körperverletzungen zuzufügen, hat inhaltlich mit dem von der Kundin geplanten Kaufvertrag nichts zu tun. Dennoch ist die Haftung von dem zumindest potentiellen Vertragsschluss abhängig, also dem Status des Verletzten als potentiellem Vertragspartner. Ein sich im Kaufhaus bloß aufwärmender Dritter genießt diesen Schutz nicht.109 Die Funktion der so konstruierten Nebenpflichten ergibt sich nicht aus dem Leistungsinteresse, welches das Vertragsrecht bestimmt, sondern aus dem Erhaltungsinteresse am Bestand der vertragsfremden Güter. Dieser einige Jahrzehnte nach ihrer Begründung Himmelschein, AcP 135 (1932), 255 (259 ff.); vgl. z. B. auch Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich, Vor § 241 Rn. 6; Nennung der hier relevanten Fallgruppe bei Dauner-Lieb, S. 305 (312). 104 U. Huber, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 647 (746 f.) m. w. N.; Kramer in: MünchKomm BGB, Einl. Rn. 83 m. w. N. in Fn. 337; Medicus, BR, Rn. 31; Olzen in: Staudinger, Einl. § 241 Rn. 209; aus der Rspr. z. B. RGZ 161, 330 (338); BGHZ 61, 176 (179); BGH DB 1952, 553; BGH NJW-RR 1990, 141 (142). 105 Vgl. P. Krebs, Sonderverbindung, S. 96, 161 – „Sonderverbindung“, „vertragsnahe Rechtsverhältnisse“; Müller-Graff, JZ 1976, 153 (155); Picker, JZ 1987, 1041 (1043) – „verdünnten rechtsgeschäftlichen Bindung“. 106 Anschaulich hierzu die Beschreibung bei Ballerstedt, AcP 151 (1951), 501 (505); vgl. zudem von Bar, JZ 1982, 637 (638 f., 642); Canaris, JZ 1965, 475 (476); Dölle, ZGesStW 103 (1943), S. 67 (68); Kersting, S. 359 f.; anders noch Himmelschein, AcP 135 (1932), 255 (268 ff., v. a. 289, 294), der Nebenpflichten immer als Teil der Leistungsbeziehung sah. 107 Manche der c. i. c.-Pflichten sind aber vertragsbezogen: Medicus, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 479 (486 f.). 108 RGZ 78, 239 ff.; dazu etwa Ballerstedt, AcP 151 (1951), 501 (512); Medicus, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 479 (488); ders., SchR I, § 14 Rn. 104; Looschelders, § 10 Rn. 182; ähnlicher Fall: BGHZ 66, 51 (55). 109 BGHZ 66, 51 (54): „zumindest möglicher Kunde“; Medicus, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 479 (490).
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Schutz weist die Rechtsordnung eigentlich dem Deliktsrecht zu.110 Im Laufe der Zeit entfernten sich Rechtsprechung und Literatur vom vertraglichen Charakter solcher Pflichten und stützten sie auf eine gesetzliche Grundlage.111 Man scheute sich trotzdem nicht, auf diese gesetzlichen Schuldverhältnisse vertragliche Regelungen analog anzuwenden und die unerwünschten Regeln des Deliktsrechts dabei beiseite zu lassen.112 Die dogmatische Einordnung dieser Figuren war streitig.113 Im Ergebnis weitete sich durch sie der Schutz primärer Vermögensinteressen aus.114 2. Keine Anwendung von c. i. c. und p. F. V. auf das Bankgeheimnis
Angesichts dieser Entwicklung läge es nahe, auch die Nebenpflicht des Bankgeheimnisses auf diese dogmatischen Pfeiler zu stellen oder zumindest die Grundsätze von c. i. c. und p. F. V. auf sie anzuwenden.115 a) Zurückhaltung der Rechtsprechung und des Schrifttums Die Rechtsprechung hält sich damit zurück, das Bankgeheimnis als Fall der c. i. c. zu begreifen. Im Bereich der Bankgeschäfte entwickelte der Bundesgerichtshof das Modell des Bankvertrages und schmückte das Bankgeheimnis – wie oben dargestellt116 – noch lange mit diesem Kleid eines 110
Vgl. hierzu von Bar, JZ 1982, 637 (639 f., 642); Medicus, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 479 (487); Picker, JZ 1987, 1041 (1044). 111 BGHZ 6, 330 (333); 66, 51 (56); vgl. hierzu A. Blomeyer, SchR AT, §17 III; Canaris, JZ 1965, 475 (477); Diers, S. 60; Fikentscher, § 20 I; Hopt, AcP 183 (1983), 608 (629); von Lackum, Verschmelzung und Neuzuordnung von „culpa in contrahendo“ und „positiver Vertragsverletzung“, z. B. S. 125, 149 ff. m. w. N.; Medicus, Schuldverhältnis, S. 16; Müller-Graff, JZ 1976, 153 (155); im Übrigen Nachw. bei Ballerstedt, AcP 151 (1951), 501 (505 Fn. 14); RGZ 78, 239 (240) sprach noch von einem „vertragsähnlichen Charakter“; BGH NJW 1979, 1983 – Hinweis, es sei gewohnheitsrechtlich anerkannt. 112 U. Huber, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 647 (737), Müller-Graff, JZ 1976, 153 (155); zur Einordnung der Schutzpflichten außerhalb Deutschlands: Grigoleit, FS Canaris, S. 275. 113 von Bar, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. II, S. 1681 (1724 f.) sah als Indiz für den „ungesunden Zustand unseres Haftungsrechts“ die unterschiedlichen Stellen, in denen in Kommentaren die c. i. c. aufbereitet war. Sandkühler, S. 15 nimmt bereits Gewohnheitsrecht an. 114 von Bar, JZ 1982, 637 (642); Mertens, AcP 178 (1978), 227 (237). 115 Dabei macht es m. E. keinen Unterschied, ob man die Rechtsinstitute von c. i. c. und p. F. V. als Haftungsgrundlage ansieht und in ihrer Anwendung etwaige Besonderheiten des Bankgeheimnisses berücksichtigt, oder ob man das Bankgeheimnis selbst als gewohnheitsrechtliche Pflicht begreift, deren Verletzung zu einer Haftung führt, und in diesem Rahmen die Grundsätze von c. i. c. und p. F. V. anwendet.
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Rahmenvertrages. Inhaltlich war er damit nicht weit von c. i. c. und p. F. V. entfernt. So vertrat er die Auffassung, das Bankgeheimnis beruhe „auf vertraglichen (oder vorvertraglichen) Beziehungen zur Bank“ oder es könne sich um „nachträgliche Auswirkungen eines Vertrages, der einmal bestand“ handeln. Solche Auswirkungen seien „auch sonst im Vertragsrecht nicht unbekannt“.117 Ähnlich umschrieb die Rechtsprechung zwei Jahrzehnte später die Grundlage der Geschäftsverbindung und somit auch des Bankgeheimnisses mit einem „Schuldverhältnis aus dem Darlehensvertrag – möglicherweise auch aus einem Bankvertrag –, also eine rechtliche Sonderverbindung“, die dem Grundsatz von Treu und Glauben unterliege.118 Wie an den herausgegriffenen Beispielen leicht zu erkennen ist, fehlt es der Judikatur an dogmatischer Prägnanz. Das Schrifttum ist diesbezüglich nicht mutiger, sondern vertritt weitgehend den Ansatz der Rechtsprechung.119 Etwas genauer werden diejenigen, die der Verschwiegenheitspflicht als Grundlage den konkreten Einzelvertrag oder das Vertragsanbahnungsverhältnis geben.120 Am deutlichsten sind schließlich die Stimmen, die eine Anwendung der Rechtsfigur der c. i. c. auf das Bankgeheimnis befürworten.121 b) Eigene Stellungnahme Die Anwendung der Grundsätze der c. i. c. und der p. F. V. auf das Bankgeheimnis wäre konsequent. Die Sachlage lädt hierzu ein, weil die Geltung der Verschwiegenheitspflicht bei der Bank-Kunde-Beziehung nicht auf dem wirksamen Vertrag beruht, sondern bereits der geschäftliche Kontakt durch Verhandlungen zum Wirksamwerden ihrer normativen Haftungsgrundlagen führt.122 Im Mittelpunkt steht weder der Vertragsschluss noch ein vertraglicher Leistungsaustausch, sondern ein Erhaltungsinteresse, das sich insbesondere auf das Vermögen erstreckt. Die Rechtsfiguren der c. i. c. und p. F. V. 116
Dazu S. 93 ff. BGH BB 1953, 993; vgl. auch BGHZ 27, 241 (246) – Bankgeheimnis als selbstverständliche Nebenpflicht eines Überweisungsauftrages. 118 BGH WM 1973, 892 (894). 119 Siehe Nachw. in Fn. 22. 120 Hadding/Häuser in: MünchKomm HGB, ZahlungsV Rn. A 154, A 156; Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. II/19; ähnlich bereits Schubert, S. 49 (Verschwiegenheitspflicht ab dem Beratungs- oder Verhandlungsstadium). 121 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 115; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 15; Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. I/7; Kirchherr in: Sichtermann, S. 122 f.; Petersen, S. 32. 122 Vgl. schon Scheer, S. 14 mit dem Argument, dass auch bei § 300 StGB gleichgültig sei, ob es zu der in Aussicht genommenen Tätigkeit kommt. 117
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passen somit (jedenfalls bis zur Modernisierung des Schuldrechts im Jahre 2001) geradezu ideal als Haftungsmodell für das Bankgeheimnis. Innerhalb dieser Institute wäre dabei eine dogmatische Einordnung in die Fallgruppe der Schutzpflichten möglich, die wie das Bankgeheimnis als gesetzlich begründete Pflichten zu qualifizieren sind.123 Diese Qualifizierung erlaubt es, das Bankgeheimnis mit anderen Rücksichtspflichten zu vergleichen. Das Bankgeheimnis könnte damit an der Rechtsfortbildung in diesem Bereich der Schutzpflichten teilnehmen. Gleichzeitig sind diese Rechtsfiguren so flexibel, dass sie eine Berücksichtigung der Besonderheiten des Bankrechts zulassen. Gegenüber der vagen Sonderlösung über einen Bankvertrag wäre dieser Weg vorzugswürdig gewesen, weil er eine genauere Ausformung der Pflicht erlaubt und damit zu mehr Rechtssicherheit führt. II. Vertrauenshaftung als dritte Spur zwischen Vertrags- und Deliktsrecht Einen andersartigen Weg zur Begründung einer Haftung für Nebenpflichtverstöße bildet die Lehre von der Vertrauenshaftung.124 Sie siedelt sich zwischen Vertrag und Delikt an. 1. Funktion und Voraussetzungen
Das Konzept der Vertrauenshaftung ist inhaltlich eng verwandt mit den Rechtsfiguren von c. i. c. und p. F. V.125 Es stützt die Haftung auf den rechtsgeschäftlichen Kontakt bzw. die Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr und die damit verbundene Nähe.126 Wie bei c. i. c. und p. F. V. ist danach für die Pflichtenentstehung weder der Vertragsschluss noch der allgemeine Rechtsgüterschutz ausschlaggebend, sondern die Reichweite und Intensität eines geschäftlichen Kontakts.127 Die Beziehung nimmt rechtliche Züge an, indem zwei Rechtssubjekte in eine von anderen sozialen Kontak123
So im Hinblick auf Schutzpflichten auch Medicus, Schuldverhältnis, S. 16. Vgl. zum Bereich der Informationshaftung auch Kersting, S. 77 ff., 167 ff. 125 So zu Recht von Bar, JZ 1982, 637, der in der Rspr. die Tendenz sah, die Vertrauenshaftung als eine Zusammenfassung der Rechtsfiguren der „Vertragsansprüche ohne Vertrag“ zu begreifen; ebenso erkennt Canaris, FS Larenz (1983), S. 90 bestimmte Konstellationen der c. i. c. als Ausschnitt der Vertrauenshaftung; Hans Stoll, FS Flume (Bd. I), S. 741 (753): gesetzliche Vertrauenshaftung habe in Deutschland von diesen Fällen ihren Ausgang genommen. 126 Canaris, FS Larenz (1983), S. 108; ablehnend Picker, AcP 183 (1983), 369 (418 ff.). 127 Näher zum „qualifizierten“ sozialen Kontakt: P. Krebs, Sonderverbindung, S. 176 ff. 124
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ten abgrenzbare rechtliche Sonderverbindung zueinander treten.128 Diese Haftungsform bildet eine „dritte Spur zwischen Delikts- und Vertragshaftung“129 und beruht auf einem gesetzlichen Schuldverhältnis.130 Plastisch beschreibt von Bar diese Haftungsform als das „Auffangbecken hinter der positiven Vertragsverletzung“ und der culpa in contrahendo.131 Die für die Verpflichtung entscheidende Komponente ist danach „der Grad des Vertrauens, das gefordert und gewährt wird“.132 Dieses normative Fundament deckt sich mit dem für das Bankgeheimnis bereits hervorgehobenen Kriterium des besonderen Vertrauenstatbestandes.133 Der verfolgte Zweck besteht bei der Vertrauenshaftung genauso wie bei der c. i. c. in dem Schutz des Integritätsinteresses im Rahmen von besonderen Nähebeziehungen.134 Nach diesem Konzept entsteht eine einheitliche Schutzpflicht, die auf einer Sonderverbindung fußt. Sie beginnt mit der Verhandlung und ändert sich durch den Vertragsschluss nicht.135 Aus ihr resultiert eine gesteigerte Einwirkungsmöglichkeit auf die Rechtsgüter des anderen Teils.136 Als 128 Zu weit geht die Lehre vom sozialen Kontakt, die keine rechtsgeschäftliche Annäherung verlangt und daher eine unübersehbare Ausdehnung der Haftung mit sich brächte. Kritisch auch Picker, AcP 183 (1983), 367 (411 ff.); ders., JZ 1987, 1041 (1045) m. N. zu Vertretern dieser Richtung. 129 So prägnant Canaris, FS Larenz (1983), S. 84; ihm folgend z. B. Kramer in: MünchKomm BGB, Einl. § 241 Rn. 81; weitere Nw. bei Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 387; Picker, AcP 183 (1983), 367 (418 ff.). 130 Canaris, FS Larenz (1983), S. 89; BGH BB 1976, 855 m. w. N.; BGHZ 79, 337 (341) und 83, 222 (223 f.) – (Prospekthaftung als ausdrückliche Fallgruppe der Vertrauenshaftung). 131 von Bar, JZ 1982, 637 (643). 132 So grundlegend Ballerstedt, AcP 151 (1951), 501 (506); ähnlich RGZ 120, 249 (251): „vertragsähnliches Vertrauensverhältnis“; BGHZ 60, 221 (223 f., 226); 70, 337 (343 f.) – bzgl. einer Informationspflicht; 79, 337 (341); BGH NJW 1966, 498 (499): „Enttäuschtes Vertrauen ist aber die Grundlage eines Schadensersatzanspruches wegen Verschuldens bei Vertragsschluß“; Frost, S. 15; Kramer in: MünchKomm BGB, Einl. § 241 Rn. 81; Larenz, FS Ballerstedt, S. 397 ff.; Looschelders, § 10 Rn. 183. 133 Vgl. oben S. 78 ff. 134 Canaris, JZ 1965, 475 (477); ders., FS Larenz (1983), S. 90; hiervon abzugrenzen ist eine Vertrauensbindung bei enttäuschten Leistungserwartungen, Hans Stoll, FS von Caemmerer, S. 435 (445 ff.); die hier interessierenden Fälle behandelt er auf S. 452 bis 454. 135 Vgl. Canaris, JZ 1965, 475 (479); ders., FS Larenz (1983), S. 89, 102 m. w. N. in Fn. 245; sich ihm anschließend: Frost, S. 153 ff. (v. a. S. 172); Gerhardt, JZ 1970, 535; ders., JuS 1970, 597 ff.; von Lackum, Verschmelzung und Neuordnung von „culpa in contrahendo“ und „positiver Vertragsverletzung“, S. 158 ff.; Strätz, FS Bosch, S. 999 (1010); Thiele, JZ 1967, 649 ff. 136 Canaris, FS Larenz (1983), S. 88; Grigoleit, FS Canaris, S. 275 (283); P. Krebs, Sonderverbindung, S. 182.
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Sonderverbindung zwischen Personen weist sie vertragsähnliche Züge auf, die eine Anwendung vertraglicher Grundsätze auf diese Haftungsform legitimieren sollen.137 Flexible Schutzpflichten dienen auch dazu, den Aufwand zu reduzieren, der notwendig ist, um Schädigungsrisiken gering zu halten.138 In Funktion und Voraussetzungen gleicht der Vertrauenshaftung der Ansatz von Picker. Bildhaft gesprochen zäumt er „das Pferd von hinten auf“. Als normative Haftungsgrundlage verwendet er das weitreichende Gebot des „neminem laedere“ , das er zur tragenden Rechtsmaxime erklärt, die eine generelle Integritätssicherung gewährleisten soll.139 Vereinfacht gesagt, besteht danach immer ein Haftungsgrund, wenn eine Person eine andere schädigt. Als Konsequenz erforscht er Kriterien für eine ausnahmsweise vorzunehmende Haftungsbegrenzung und stößt dabei auf die Notwendigkeit, eine Potenzierung der Gläubigerzahl zu verhindern. Diesem Zweck dient die rechtliche Sonderverbindung, in der sich dem einen Partner der Rechtskreis des anderen Teils erschließt und damit zu respektieren ist.140 Ebenso trennt er zwischen der autonom-rechtsgeschäftlich begründeten Leistungsverpflichtung und der willensunabhängigen Wiedergutmachungspflicht kraft Gesetzesbefehls,141 was letztlich – auch wenn er diese Unterscheidung ablehnt – auf die gesetzliche Einordnung von Schutzpflichten im Gegensatz zur vertraglich begründeten Leistungspflicht hinausläuft. 2. Kritik und eigene Stellungnahme
Kritiker der Doktrin zur Vertrauenshaftung wenden ein, sie lasse eine hinreichende dogmatische Präzision vermissen. Ihr komme keine Abgrenzungskraft zu, zumal das Kernproblem, wann das Vertrauen einer Person rechtliche Wirkungen entfalten könne, nicht gelöst werde. Die Lehre habe im Hinblick auf eine Haftung der Bank aus c. i. c. keinen zusätzlichen Erklärungswert.142 In der Tat bildet die Vertrauenshaftung als solche keine subsumtionsfähige Haftungsgrundlage mit klaren Konturen. 137 Canaris, FS Larenz (1983), S. 85 ff.; ihm folgend P. Krebs, Sonderverbindung, S. 562 ff.; im Ergebnis auch Abschlussbericht zur Überarbeitung des Schuldrechts, S. 113. 138 Grigoleit, FS Canaris, S. 275 (283). 139 Picker, JZ 1987, 1041 (1049); aus dem Blickwinkel des Deliktsrechts von Caemmerer, FS DJT, S. 49 (80): „Der Sache nach haben wir damit auch im deutschen Recht eine Generalklausel, daß jeder die vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt anzuwenden hat, um Schädigungen anderer zu vermeiden.“ 140 Picker, JZ 1987, 1041 (1053 f.). 141 Picker, JZ 1987, 1041 (1055). 142 von Bar, JZ 1979, 730: „undifferenzierten Vertrauenshaftung“; Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. I/8; trotz ähnlicher Voraussetzungen für eine Haf-
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Dennoch ist diesem Ansatz erstens zuzugeben, dass er den Blick auf das entscheidende Kriterium richtet, nämlich den normativen Haftungsgrund des Vertrauens innerhalb einer Sonderverbindung.143 Insoweit ist das Bild des Auffangbeckens durchaus richtig: Im Vordergrund der Haftung für eine Verletzung von Nebenpflichten der beschriebenen Art steht nicht ein Vertrag und auch nicht bloß der deliktische Rechtsgüterschutz. Vielmehr geht es materiell allein um das Vertrauen des Rechtsverkehrs und somit den Verkehrsschutz im schwierigen Grenzbereich zwischen Vertrags- und Deliktsrecht. Die Aufgabe des Verkehrsschutzes ist eine solche des Gesetzgebers.144 Daher ist die Einordnung als gesetzliches Schuldverhältnis für jede Art der Vertrauenshaftung angebracht. Zweitens filtern die Befürworter dieser Haftungsform die Sachverhalte durchaus nach aussagekräftigen normativen Merkmalen und nicht nur nach dem bloßen Vertrauen. So schlüsselt Canaris die Vertrauenshaftung in einzelne Ausprägungen auf145, fordert eine „Gerichtetheit“ der Erklärungen146 und grenzt tatbestandsmäßig auf rechtsgeschäftliche Beziehungen ein147. Nicht allzu weit von diesem Modell entfernt bewegt sich Picker, der die haftungsrelevanten Kriterien als eine personale Bezogenheit und eine sachliche Finalität des Kontakts beschreibt.148 Im Ergebnis ähnelt seine Konstruktion trotz des konträren Ausgangspunktes stark der Vertrauenshaftung. Inhaltlich ist diesen Modellen für die Qualifizierung des Bankgeheimnisses zu folgen. Sie erfassen seine wesentlichen Geltungsgründe. Ihre Schwäche besteht einzig darin, eine zu abstrakte Einheitslösung für alle Arten von Rücksichtspflichten anzustreben. Für das Bankgeheimnis eignen sie sich als dogmatisches Fundament, in das technisch die entsprechenden Fallgruppen der c. i. c. und der p. F. V. eingebettet werden sollten. In ihren Voraussetzung ist diese Haftungsform jedoch noch wertungsmäßig auszugestalten. Erst dies lässt eine genaue Bestimmung des Pflichtenumfangs – in der für gesetzliche Pflichten gebotenen abstrakten Form – zu. Eine Richtschnur hiertung Picker, AcP 183 (1983), 367 (419 ff.); ders., JZ 1987, 1041 (1046); Überblick bei Rümker, ZHR 147 (1983), S. 27 ff. 143 Vgl. zu einer Ausdifferenzierung des Vertrauensmerkmals P. Krebs, Sonderverbindung, S. 183 ff. 144 Die Unvereinbarkeit des Kriteriums des Verkehrsschutzes mit vertraglichen Kategorien erwähnt auch von Bar, JZ 1979, 729 (als Nebenpflicht, „nach unserem Vertragsrecht ein Widerspruch in sich, von Rechtsverkehr und einem Verkehrsbedürfnis unabweislich verlangt wird“). 145 Erklärungs-, Anvertrauenshaftung, vgl. Canaris, Vertrauenshaftung, S. 532 ff., 539 ff. 146 Canaris, FS Larenz (1983), S. 95. 147 Canaris, FS Larenz (1983), S. 107. 148 Picker, JZ 1987, 1041 (1058).
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
für bietet vor allem die gewohnheitsrechtliche Reichweite der Pflicht sowie die Einbettung in den übrigen zivilrechtlichen Geheimnisschutz. III. Berufshaftung Eine weitere Haftungsform findet sich in der sogenannten „Berufshaftung“. Das Schrifttum verwendet den Begriff nicht einheitlich.149 Die nachfolgende Darstellung beschränkt sich bei seiner Betrachtung auf die Gesichtspunkte, die für Schutzpflichten bedeutsam sind. 1. Funktion und Voraussetzungen
Die berufliche Stellung stellt ein relevantes Moment der nichtvertraglichen Haftung dar. Obwohl der Gesetzgeber an frühere positiv-rechtliche Regelungen zur Berufshaftung nicht anknüpfte, „hat sich die Berufstätigkeit als in ganz verschiedenen rechtlichen Normen und Figuren wesentlicher Gedanke durchgesetzt, alte Kategorien überlagert und Generalklauseln wie die culpa in contrahendo durchwirkt.“150 Aufgeschlüsselt in die hinter dieser Feststellung stehenden Wertungen kennzeichnet sie sich durch eine handelsrechtliche Betätigung,151 durch anerkannte Sachkunde,152 durch berufliche Qualifikation153 oder durch eine wirtschaftliche Stellung des jeweils Pflichtigen.154 Nur teilweise wird die berufliche Stellung als ein haftungsrelevantes Kriterium im Bereich der unerlaubten Handlungen gesehen.155 149 Vgl. Hirte, S. 3; P. Krebs, Sonderverbindung, S. 324 ff.; Lang, AcP 201 (2001), 451 (453 ff.); Nw. zum Verständnis der Berufshaftung im Schrifttum bei Hopt, AcP 183 (1983), 608 (638 Fn. 139). 150 Hopt, AcP 183 (1983), 608 (648). 151 Darauf in Bezug auf Aufklärungspflichten der Bank abstellend: BGHZ 33, 293 (298). 152 Z. B. BGH WM 1966, 1148 (1149). 153 Hans Stoll, FS Flume (Bd. I), S. 741 (767) erkennt eine Parallele zur englischen Konstruktion einer „general relationship equivalent to contract“, die z. B. ohne weiteres bei einer Bank und ihrem Kunden angenommen werde. Ders., andeutungsweise in FS von Caemmerer, S. 435 (454 Fn. 77). 154 Hopt, AcP 183 (1983), 608 (634–638); vgl. BGHZ 79, 337 (341) – zur Prospekthaftung: „Vertrauen, das sich aus einer Garantenstellung herleitet, die kraft Amtes oder Berufes entsteht oder auf einer besonderen Fachkunde oder einer allgemein anerkannten und hervorgehobenen beruflichen und wirtschaftlichen Stellung beruht.“; ähnlich BGHZ 83, 222 (223 f.); BGH VersR 1973, 247 (249) – für Wirtschaftsprüfer. 155 von Bar, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. II, S. 1681 (1720) und von Caemmerer, FS DJT, S. 49 (73) stufen die Berufspflichten als Sondergruppe der Verkehrspflichten ein. Befürwortend Medicus, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 479 (544).
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a) Aussagen der Rechtsprechung Die Rechtsprechung knüpft regelmäßig an die Profession des potentiell Haftenden an.156 So habe ein Gewerbeunternehmer unabhängig von einem Vertragsschluss eine „vermöge seines Berufes oder Gewerbes“ Obhuts- und Überwachungsverpflichtung an allen in seinem Gewerbebetrieb an ihn gelangenden, im fremden Eigentum stehenden Sachen.157 Prägnant stellte das Reichsgericht fest, dass derjenige, der eine . . . „Berufstätigkeit ausübt und sich dafür dem Publikum anbietet, eine Verantwortung dafür übernimmt, daß da, wo von seinen Diensten Gebrauch gemacht wird, ein geordneter Verlauf der Dinge gewährleistet ist. Durch eine Berufsbetätigung oder einen Gewerbebetrieb dieser Art werden solche besonders gearteten allgemeinen Rechtspflichten erzeugt, die man in einem umfassenden Sinne Verkehrspflichten nennen kann“.158
Die Entscheidungen schränken die Haftung nicht auf den Schutz bestimmter Rechtsgüter ein.159 Vielmehr postulieren sie eine Haftung von Personengruppen, zu deren Berufspflichten die Wahrung fremder Vermögensinteressen gehört. Sie haben für einen durch Verletzung dieser Pflichten entstandenen Vermögensschaden einzustehen, es sei denn, sie haben die schadensstiftende Handlung außerhalb des eigentlichen beruflichen Pflichtenkreises begangen.160 Im Bereich der Haftung für die Erteilung eines falschen Rates lehnte das Reichsgericht eine Nebenpflicht zur Raterteilung ohne entsprechende vertragliche Abreden zwar grundsätzlich ab.161 Es nahm jedoch einen stillschweigenden Vertragsschluss an, wenn die Beratung zu den „Berufsgeschäften“ des Auskunft Gebenden gehört und er weiß, dass der Empfänger eine zuverlässige Auskunft benötigt.162 Den Ansatz eines typisierten Vertrauens auf die Fachkunde und hervorgehobene wirtschaftliche Stellung einer Person übernahm der Bundesgerichtshof.163 156 BGHZ 74, 103 (108 ff.); 145, 187 (197) sowie die in den folgenden Fn. genannten Entscheidungen. 157 RGZ 102, 38 (42 f.); ähnlich RGZ 105, 302 (304) – jeweils gestützt auf Deliktsrecht. 158 RGZ 102, 372 (375) m. w. N.; ähnlich: RGZ 120, 121 (124); BGHZ 9, 301 sowie die Nachw. bei K. Huber, FS von Caemmerer, S. 359 (361 Fn. 6–10). 159 K. Huber, FS von Caemmerer, S. 359 (361). 160 K. Huber, FS von Caemmerer, S. 359 (366) mit anschließender Analyse der uneinheitlichen Begründungsansätze. 161 RG Das Recht 1909, Nr. 3057. 162 RGZ 52, 365 (366 f.); davon zu trennen sind die Fälle, in denen die Beratung Teil der Hauptleistung ist: RG JW 1905, 138 (Nr. 16), ausdrücklich RG JW 1905, 502 f. (Nr. 35) und 1906, 332 (Nr. 7). 163 So v. a. zur Prospekthaftung, z. B. BGHZ 79, 337 (341); 83, 222 (223 f.); NJW 2004, 3420 (3422).
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
Würde man diese Rechtsprechung direkt auf Geheimnisse übertragen, käme man zur Haftung für die Verletzung jeder Art von berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten, also auch des Bankgeheimnisses. b) Lammels Theorie zur Berufshaftung Im Bereich der Auskunftshaftung entwickelte das Schrifttum zahlreiche Theorien, weshalb Angehörige bestimmter Professionen auch außerhalb von vertraglichen Beziehungen ein besonderes Vertrauen in Anspruch nehmen.164 Bereits Lammel vertrat, Angehörige bestimmter Berufe, darunter die Banken,165 nähmen ein besonderes, ein „berufliches“ Vertrauen für sich in Anspruch.166 Während als Haftungsgrund oft das hohe Maß an Autorität und die besondere fachliche Qualifikation des Berufsträgers genannt wurden,167 erarbeitete Lammel einzelne Kriterien, die ein typisches Vertrauen der Öffentlichkeit gegenüber diesen Berufsgruppen erzeugt. Auf diese Weise entwickelte er eine eigenständige Haftungsform ähnlich der Vertrauenshaftung, jedoch beschränkt auf dieses „berufliche“ Vertrauen. Das Vertrauen gründe sich auf mehrere faktische Umstände, die sich bei der jeweiligen Berufsgruppe zu einer gesellschaftlichen „Rolle“ verdichten: Erstens erwarte die Öffentlichkeit (und damit der Rechtsverkehr) ein bestimmtes Verhalten deshalb, weil die „Rollenträger“ in ihrer Funktion „als Anwalt, Wirtschaftsprüfer oder ‚Bank‘ “ auftreten; die Rolle rechtfertige sich durch die gesetzliche Regelung des Inhalts dieser Berufe und des Zugangs zu ihnen. Zweitens organisiere sich der Berufsstand – durch eine staatliche Rahmenregelung verfestigt – selbst und gewinne so einen gewissen Monopolanspruch in seinem jeweiligen Rechtsbereich.168 Speziell die Banken seien überdies bestrebt, „sich kundenwerbend als die sachverständigen Berater in allen Vermögensangelegenheit[en] darzustellen“; dementsprechend spreche der Rechtsverkehr ihnen einen besonderen Einblick in wirtschaftliche Zusammenhänge zu. Grundlage für das Vertrauen gegenüber den Banken sei folglich ihre eigene Werbung und die gesetzliche Regelung des KWG.169 164 Näher hierzu die sehr ausführliche Darstellung von Hirte, S. 386 ff. sowie zum aktuellen Stand der Literatur Kersting, S. 86 ff. Von einem typisierten Vertrauen in bestimmte Berufe gehen ebenso aus: BGHZ 77, 172, 176 f.; Larenz, SchR I, § 9 II (S. 123). 165 Lang, AcP 201 (2001), 451 (457) hält Banken für das „Paradebeispiel“ bei der Berufshaftung. 166 Lammel, AcP 179 (1979), 337 (347); dazu auch P. Krebs, Sonderverbindung, S. 324 Fn. 94. 167 Vgl. näher bei Lammel, AcP 179 (1979), 337 (348) m. w. N. 168 Lammel, AcP 179 (1979), 337 (359–361). 169 Lammel, AcP 179 (1979), 337 (364).
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c) Köndgens und Lorenz’ Ansatz zur Berufshaftung Ein ähnlicher Erklärungsansatz stammt von Köndgen. Die Berufshaftung beruhe auf einer Art Selbstbindung, die durch eine länger andauernde nach außen gerichtete Selbstdarstellung entstehe.170 Wer mit einem professionellen Anbieter in Kontakt trete, treffe auf eine soziale Rolle, die in vielen Bereichen durch Berufsstatute oder andere in eine verallgemeinerbare Form gegossenen Richtlinien verrechtlicht wurde. Auf diese Qualitätsstandards dürfe der Klient bei den von ihm angebotenen Dienstleistungen vertrauen.171 Bei Kreditinstituten tauchte die Schweigepflicht zunächst in Satzungen auf, später war sie nicht kodifiziert und mittlerweile ist sie textlich in den AGB niedergelegt oder erwähnt, die – soweit ersichtlich – alle Banken zur Anwendung bringen wollen. Es ist auf der Grundlage dieser Theorie also durchaus richtig, dass auf diese Weise ein Postulat der Professionalisierung dieses Berufsstandes besteht, der verschärfte Haftungsstandards legitimiert. Ähnlich stellt Lorenz auf die „mit bestimmter Öffentlichkeits- und Vertrauensstellung ausgestatteten Berufsstellung des die Auskunft Erteilenden“ ab.172 Im tatsächlichen Bereich erfüllen die Kreditinstitute diese Voraussetzungen der Berufshaftung. Sie organisieren sich selbst,173 das KWG legt ihren Tätigkeitsrahmen fest, die Bankenaufsicht kontrolliert die Ordnungsmäßigkeit der Geschäfte und die Banken werben mit ihrer Vertraulichkeit.174 d) von Bars Theorie zur Berufshaftung In der Sache ähnlich, in der Konstruktion aber eigenständig, charakterisiert von Bar die Berufspflichten als eine Fallgruppe der deliktischen Verkehrspflichten.175 Sie gründen sich auf vier Merkmale: die Gefahrerhöhung, 170
Köndgen, Selbstbindung ohne Vertrag, S. 165 ff. Köndgen, Selbstbindung ohne Vertrag, S. 216 ff. 172 Lorenz, FS Larenz (1973), S. 575 (591); Hopt, AcP 183 (1983), 608 (634 ff.). 173 Die Kreditinstitute organisieren sich in erster Linie durch den Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e. V., den Bundesverband deutscher Banken e. V., den Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands und den Deutschen Sparkassen- und Giroverband. 174 Z. B. lautet Nr. 1 Abs. 1 AGB-Sparkassen unter der Überschrift „Geschäftsbeziehung als Vertrauensverhältnis“: „Die Geschäftsbeziehung zwischen dem Kunden und der Sparkasse ist durch die Besonderheiten des Bankgeschäfts und ein besonderes Vertrauensverhältnis geprägt. Der Kunde kann sich darauf verlassen, dass die Sparkasse seine Aufträge mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ausführt und das Bankgeheimnis wahrt.“ 175 von Bar, JZ 1979, 730; ders., Überarbeitung Schuldrecht, Bd. II, S. 1681 (1721); ähnlich K. Huber, FS von Caemmerer, S. 359: . . . „so verfestigt hat, daß man von einem Satz des Gewohnheitsrechts sprechen könnte, gehört die Pflicht des171
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
die Beherrschbarkeit der Gefahr, die Gewährung und in Anspruchnahme von Vertrauen und die Vorteilsziehung aus der Gefahr.176 Übertragen auf die Geheimhaltung ist auch dieser Ansatz ein tauglicher Anker für das Bankgeheimnis. Dass die berufliche Autorität der Banken die Gefahr einer Schädigung erhöht, erklärte die Darstellung bereits. Das Kreditinstitut als Wissender beherrscht die Gefahr, nimmt Vertrauen in Anspruch und zieht durch die Kenntnis über die (potentiellen) Kunden geschäftliche Vorteile, weil es z. B. durch das Wissen über die Vermögenslage das eigene Geschäftsrisiko reduzieren oder die internen Betriebsabläufe optimieren kann.177 2. Kritik und eigene Stellungnahme zur Berufshaftung
Die Berufshaftung stellt einen Ausschnitt der Vertrauenshaftung dar. Mit der Anknüpfung an den Beruf wird der Ursprung des abstrakten Vertrauens umschrieben. Der Beruf erzeugt eine Art Rechtsschein, an dem sich der Berufsträger festhalten lassen muss. Als normatives Kriterium überzeugt das Abstellen auf die Profession. Die geäußerte Kritik stellt nur das Modell einer umfassenden Berufshaftung in Frage, nicht die Angemessenheit des Kriteriums „Beruf“ im Rahmen einer weitergehenden Vertrauenshaftung. a) Abgrenzung der Berufsgruppe bei Banken unproblematisch Eine Schwäche des Kriteriums der Professionalisierung ist die Tatsache, dass Berufsbilder variieren. Welche Berufe einer solchen Berufshaftung unterliegen sollen, lässt sich nur schwer festlegen.178 Bei den Banken geht der Einwand ins Leere, weil diese unstreitig eine eigenständige, gut abgrenzbare Berufsgruppe bilden, die selbständig auf dem Markt agiert und dort als „Banken“ auftreten.179 Durch ihre historische Verwurzelung und die staatliche Aufsicht über die Branche sind Kreditinstitute leicht zu identifizieren. Vor allem gibt es den gesetzlichen Bezeichnungsschutz der §§ 39, 40 KWG. Die Abgrenzungsfrage stellt sich somit in Bezug auf Banken nicht. sen, der sich zur Ausübung eines Berufs allgemein erbietet, jedermann gegenüber die in diesem Beruf erforderliche Sorgfalt zu wahren“; U. Huber, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 647 (737); Mertens, AcP 178 (1978), 227 (240 f.): „Verkehrspflicht kraft Professionalisierung“, „also etwa für Banken“. 176 von Bar, JZ 1979, 730. 177 Die Bank kann etwa Sicherheitsleistungen bei einem Darlehensvertrag von den Verhältnissen des Kunden abhängig machen oder die Information, für welche Vermögensanlagen sich ein Kunde interessiert hat, marketingtechnisch nutzen. 178 Diesem Problem kann man begegnen, indem man die Haftung ausschließlich auf anerkannte und klar definierbare Berufsstände erstreckt. 179 Zu diesen Kriterien näher Hopt, AcP 183 (1983), 608 (678–683).
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b) Lückenhaftigkeit der Lehre hindert Rückgriff auf sie nicht Wenn Autoren an dem haftungsbegründenden Kriterium „Beruf“ Anstoß nehmen, so richten sich die Bedenken zudem gegen die Tatsache, dass die Berufshaftung immer nur Teilbereiche des Problems erfasse. Als alleiniges haftungsauslösendes Merkmal gehe die Professionalisierung zu weit.180 Dem ist zuzustimmen, weil die Berufshaftung nicht in der Lage ist, die gesamte Schutzpflichtproblematik zu erfassen.181 Sie kann aber durchaus das Vertrauenselement einer gesetzlichen Sonderverbindung bekräftigen. Zu definieren ist die haftungsbegründende Sonderbeziehung m. E. zwar über den rechtsgeschäftlichen Kontakt zwischen Anspruchsteller und Anspruchsgegner, den beide freiwillig zueinander suchen. Welche Art von Rechtsgüterschutz dieses Verhältnis bewirkt, lässt sich über das Merkmal „Beruf“ durchaus feststellen. Als eigenständige Lehre mag die Berufshaftung versagen. Die hinter dem Konzept stehenden normativen Kriterien eignen sich jedoch zur Verfeinerung der anderen Haftungsmodelle, insbesondere der Vertrauenshaftung. c) Differenzierung innerhalb der Rücksichtspflichten nötig Vor allem lässt die Berufshaftung eine Weichenstellung zu Tage treten, die c. i. c. und p. F. V. sowie die Vertrauenshaftung nicht ausreichend berücksichtigen: Schutzpflichten erlauben wegen ihrer so unterschiedlichen Inhalte nicht durchgängig eine dogmatische Einheitslösung. Sie müssen – unabhängig davon, welchen dogmatischen Ansatz man verfolgt – nach ihrem Inhalt unterschieden werden.182 Das Bankgeheimnis gehört zu den Geheimhaltungspflichten. Die Haftung für die Verletzung solcher Schutzpflichten unterliegt nicht automatisch den gleichen Regeln wie die Auskunftsund Erklärungshaftung oder wie die Haftung wegen unterlassener Sicherung gegenständlicher Gefahrenquellen (z. B. die Gefahr einer umfallenden Linoleumrolle). Die Idee einer Berufshaftung ist gewinnbringend, weil sie die nötige Differenzierung fordert. Ein Kriterium wie die Autorität auf Grund beruflicher Stellung kann sich dabei bei mehreren Fallgruppen wiederfin180 Vgl. hierzu etwa die Kritik von Brüggemeier, AG 1982, 268 (271 ff., v. a. 274); Canaris, FS Larenz (1983), S. 83 f.; Picker, JZ 1987, 1041 (1046). 181 Ausgehend von der bankrechtlichen Geschäftsverbindung stört diese Tatsache jedoch nicht. So lassen sich der bei Picker erwähnte BGH-Fall zur Zeugnishaftung (BGHZ 74, 281 ff. – vgl. den bereits oben auf S. 109 umrissenen Sachverhalt) sowie der bei Canaris als Beispiel herangezogene freundschaftliche Ratschlag eines Anlageberaters nicht mit der Berufshaftung lösen; sie fallen aber auch nicht in die Kategorie der in dieser Dissertation thematisierten Fälle der Bank-Kunde-Beziehung. 182 Im Ergebnis genauso P. Krebs, Sonderverbindung, S. 331.
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
den.183 Das Konzept der Berufshaftung darf also nicht auf jede Gruppe von Schutzpflichten angewandt werden, stellt allerdings für das Bankgeheimnis einen wichtigen Faktor dar.184 d) Ausrichtung des Sorgfaltsmaßstabes an Verkehrskreisen Es zeigt sich, dass die Autorität des Schädigers – woraus sich diese auch ergeben mag – für die Auskunftshaftung eine große Rolle spielt; dies gilt ebenso bei der Verletzung einer Geheimhaltungspflicht wie dem Bankgeheimnis, weil sie eine schadensträchtige Reaktion des Mitteilungsempfängers wahrscheinlicher macht, folglich gefahrerhöhend wirkt. Dieser Effekt tritt bei gegenständlichen Gefahrenquellen in anderer Form auf. So ist z. B. bei einer Verletzung durch herabfallende Gegenstände zwar grundsätzlich völlig unerheblich, welchen Beruf der ungeschickte Schädiger hat. Entscheidend für den Sorgfaltsmaßstab, den der Rechtsverkehr von ihm erwarten darf, ist häufig auch, in welcher Rolle er dem Geschädigten gegenüber tritt. Gemeint ist nicht nur die berufliche Rolle, sondern das erkennbare Geschäftsumfeld, in dem er sich bewegt.185 Diese Differenzierung kennt die Dogmatik schon lange im Bereich einer anderen Verkehrsschutznorm, nämlich § 276 Abs. 2 BGB. Ihre Funktion ist dabei die Beurteilung der Frage, ob dem Schädiger das Verhalten subjektiv vorwerfbar war, nicht die Feststellung eines objektiven Verstoßes.186 Doch wie bei § 276 Abs. 2 BGB besteht die berechtigte Erwartung des Rechts183 Das Moment wirkt sich je nach Kontext jedoch unterschiedlich aus. Seine Bedeutung für die Haftung hängt vom jeweiligen Pflichteninhalt ab sowie vom Wechselspiel mit den anderen Haftungsgründen. Zu Recht meint Brüggemeier, AG 1982, 268 (274): „Die soziale Selbstdarstellung ist nur ein zu berücksichtigender Faktor neben vielen anderen“. 184 So schon S. 83 ff. 185 Verkaufsräume werden z. B. dem allgemeinen Verkehr zugänglich gemacht, Mieträume aber nur einem begrenzten Personenkreis. 186 Die Grenzen zwischen objektivem und subjektivem Unrecht sind v. a. im Bereich der deliktischen Verkehrspflichten schwer zu ziehen. Alle Autoren sehen diesbezüglich einen Unterschied, etwa auch der teilweise anders verstandene Enneccerus/Nipperdey, § 209 IV B 2b (Fn. 75 a). Doch trotz der dogmatischen Trennung sind der objektive und subjektive Maßstab inhaltlich aufeinander bezogen, vgl. etwa Hager in: Staudinger, § 823 E 70; Larenz, SchR II/2, § 76 III 3 („Bei den mittelbaren Verletzungen geht es demgemäß weitgehend lediglich um eine Konkretisierung des Maßstabs der ‚im Verkehr erforderlichen Sorgfalt‘ i. S. von § 276 BGB“); wohl auch Wagner in: MünchKomm BGB, § 823 Rn. 277 („Die Sorgfaltspflichten des Deliktsrechts sind also generell relativer Natur“); ausführlich zu diesem Punkt Larenz, SchR II/2, § 75 II 3 d). Angesichts der inhaltlichen Verwandtschaft zwischen Verkehrspflichten und den hier behandelten Schutzpflichten ist es naheliegend, bei den letztgenannten aus dem subjektiven Sorgfaltsmaßstab Hilfestel-
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verkehrs in dem Maß an Umsicht und Sorgfalt, das nach dem Urteil besonnener und gewissenhafter Angehöriger des in Betracht kommenden Verkehrskreises zu beachten ist.187 Diese Gedanke lässt sich bei der Berufshaftung für den objektiven Haftungsmaßstab nutzbar machen. Entscheidendes Kriterium für Rücksichtspflichten ist dabei der Verkehrskreis, in dem sich Gläubiger und Schuldner begegnen. Er definiert sich durch die berufliche Stellung, wenn diese eine besondere Sorgfalt voraussetzt. Der Beruf konkretisiert also den relevanten Verkehrskreis und fügt sich auf diese Weise als ein Element in andere Haftungsmodelle (c. i. c./p. F. V., Vertrauenshaftung) ein. 3. Zwischenergebnis
Für das Bankgeheimnis ergibt sich aus der Untersuchung: Erhöhte Erwartungen an ein Kreditinstitut und damit ein besonderes Vertrauen gegenüber einer Bank sind gerechtfertigt, wenn diese in Ausübung einer beruflichen Tätigkeit handelt. Die Konzepte zur Berufshaftung konkretisieren bei den Geheimhaltungspflichten die Haftungsvoraussetzungen.188 Dies gilt jedenfalls für die Bankenbranche als einem klar definierbaren Berufsstand. Maßgebend für die Haftung ist nicht in erster Linie die Professionalisierung, sondern das im jeweiligen Verkehrskreis übliche Verhalten, das Fach- und Sonderwissen sowie die Vertrauenswürdigkeit. In welchem Umfang diese Faktoren in die Haftung einfließen, ergibt sich aus der Wechselwirkung mit den übrigen Haftungsgrundlagen. IV. Gesetzliches Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten Eng angelehnt an die Vertrauenshaftung und von ihr nicht immer klar abzugrenzen ist das Konzept eines gesetzlichen Schutzpflichtverhältnisses, also eines gesetzlichen Schuldverhältnisses ohne primäre Leistungspflichten. Wie die Vertrauenshaftung stützt es sich auf die typisierte Gewährung und Inanspruchnahme von Vertrauen.189 Auch darf sich die Rechtsbeziehung lungen für den objektiven Haftungsgrund zu gewinnen. Vgl. hierzu auch Grigoleit, FS Canaris, S. 275 (286 f.). 187 Statt vieler BGH NJW 1972, 151 (152); OLG Köln NJW-RR 1990, 793; Heinrichs in: Palandt, § 276 Rn. 16. 188 Im Ergebnis ähnlich Brüggemeier, AG 1982, 268 (274); Canaris, FS Larenz (1983), S. 83. 189 Vgl. Lorenz, FS Larenz (1973), S. 575 (618) – aus rechtsvergleichender Sicht; Müller-Graff, JZ 1976, 153 (155) m. w. N., der nicht zur Vertrauenshaftung abtrennt und c. i. c. und p. F. V. in das gesetzliche Schuldverhältnis einbezieht.
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
nicht auf einen beliebig erweiterbaren Personenkreis erstrecken. Durch einen geschäftlichen Kontakt muss sich das Rechtsverhältnis zwischen dem Pflichtigen und dem Geschützen konkretisieren, es muss eine spezifische Zuordnung möglich sein.190 1. Verschiedene Konzepte
Ein großer Teil der Literatur geht davon aus, die Verschwiegenheit der Bank gegenüber dem Kunden beruhe auf der Geschäftsverbindung, welche ein gesetzliches Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten darstelle.191 Nicht immer ist erkennbar, ob diese Umschreibung eine Ausformung der Institute der c. i. c. und der p. F. V. ein soll, ob das gesetzliche Schuldverhältnis die durch Canaris ausgeformte Vertrauenshaftung in klarere rechtliche Bahnen lenkt oder eine eigene, davon verschiedene Haftungsform bilden soll. Dementsprechend bieten mehrere Autoren unterschiedliche Kombinationen und Erklärungen zum Zweck einer Systematisierung. Vertreter des Bankvertrages sehen dieses Schuldverhältnis als eine Art „Auffangnetz“ für die Fälle, in denen ihre vertragliche Konstruktion versagt.192 Manchen dient das gesetzliche Schuldverhältnis für jede Art von Rücksichtspflicht als Vehikel für die Haftung vor einem Vertragsschluss und nach Abwicklung eines Vertrages, geht also während eines Vertrages in diesem auf.193 Andere Vertreter gehen von einem einheitlichen Schuldverhältnis aus, das entsteht, sobald einer der Partner seine Rechtssphäre durch einen rechtsgeschäftlichen Kontakt dem anderen Teil öffnet und seine Rechtsgüter dadurch erhöhten Gefahren aussetzt.194 190 Lorenz, FS Larenz (1973), S. 575 (619) – rechtsvergleichende Herleitung zur Auskunfshaftung. 191 Becker, S. 174; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 12 f. und Rn. 42; Hopt in: Baumbach/Hopt, Vor § 343 Rn. 3 unter Hinweis auf §§ 311 Abs. 2 Nr. 3, 241 Abs. 2 BGB; Larenz, SchR I, § 9 II (S. 123) sowie § 10 II e) und f) (S. 138, S. 141 f.), der eine diese Pflichten ab dem Zeitpunkt eines Vertragsschlusses vertraglich einordnet; Müller-Graff, JZ 1976, 153 (155 f.); Nobbe, WM 2005, 1537 (1539); Petersen, S. 27; Steindorff, ZHR 149 (1985), S. 151 (153 f.); Werner ZBB 1990, 236 (238); wohl auch Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 7 Rn. 1. 192 In diese Richtung v. a. Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 406–408; ähnlich erkennt Petersen, S. 27 den Vorteil einer bruchlosen Begründung, weshalb das Bankgeheimnis genauso im vorvertraglichen Bereich sowie bei nichtigem Vertrag gilt. 193 Larenz, SchR I, § 9 I b) (S. 117); Looschelders, § 10 Rn. 185; a. A. sogar für nachwirkende Schutzpflichten Strätz, FS Bosch, S. 999 (1012). 194 Canaris, JZ 1965, 475 (478 ff.); Frost, S. 221; Kramer in: MünchKomm BGB, Einl. § 241 Rn. 83; teils zustimmend Larenz, SchR I, § 9 I a) (S. 110); wohl auch Looschelders, § 10 Rn. 186; vgl. zudem die (kritische) Beschreibung bei Medicus, BR, Rn. 203; Teichmann, JA 1984, 709 (713); in einem Fall des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter unentschieden BGHZ 66, 51 (56 f.).
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2. Grundsätzliche Kritik unbegründet
Entscheidend sind zunächst nicht die einzelnen Varianten eines gesetzlichen Schuldverhältnisses, sondern die grundsätzliche Frage, ob ein solches im Rahmen der Geschäftsverbindung zur Bank überhaupt entsteht. Die hierzu angeführten Gegenargumente überzeugen nicht: Nicht nachvollziehbar ist die Kritik, ein weiteres gesetzliches Schuldverhältnis sei lebensfremd und weiche dogmatische Konturen auf; bald reiche jeder soziale Kontakt zu seiner Begründung.195 Wie dargestellt sind eine Abgrenzung zu bloßen sozialen Beziehungen und eine klare Umschreibung der Haftungsform gut möglich. Zwar mag es auf den ersten Blick ungewöhnlich anmuten, dass vertragliche Haftungsmilderungen oder verschärfungen das Bankgeheimnis im Rahmen des gesetzlichen Schuldverhältnisses modifizieren können.196 Doch andere gesetzliche Schuldverhältnisse hängen in ihrer Entstehung oder in ihrem Umfang ebenso von privatautonomen Elementen ab.197 So ist etwa der deliktische Schutz abdingbar.198 Wird bestimmten schutzbedürftigen Personen durch das Gesetz ein Schutz in bestimmtem Umfang zuteil, so ist nicht ohne weiteres ersichtlich, weshalb diesen Personen nicht gleichzeitig die privatautonome Freiheit gegeben werden sollte, diesen Schutz einzuschränken oder auszudehnen.199 Ebenso wenig überzeugt das Argument, im weitgehend nicht kodifizierten Bankrecht könne kein gesetzliches Schuldverhältnis entstehen, weil der Gesetzgeber ein solches nicht vorgegeben habe und die Parteien sich zu keinem solchen zusammengeschlossen hätten.200 Vor allem in Rechtsbereichen, in denen die Akteure über Jahrzehnte ihr Recht selbst schufen und der Gesetzgeber daher keine Notwendigkeit zur Regelung sah, verwundert 195
K. Huber, FS von Caemmerer, S. 359 (376). Aus diesem Grund ablehnend: Hopt in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 1 Rn. 49; Oechsler, § 1 Rn. 8, § 3 Rn. 423. 197 Z. B. verlangt § 677 BGB das Fehlen eines Auftrages, §§ 985 ff. BGB das Fehlen eines Rechts zum Besitz, die Widerrechtlichkeit des § 823 Abs. 1 BGB entfällt bei entsprechenden vertraglichen Abreden usw. 198 Hopt, AcP 183 (1983), 608 (713) m. w. N.; vgl. zudem BGHZ 123, 394 (399) – Einfluss vertraglicher Vereinbarungen auf deliktische Ansprüche – sowie die Kommentarliteratur zur Einwilligung im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB, z. B. Wagner in: MünchKomm BGB, § 823 Rn. 309, 665 ff.; ausnahmsweise kann die Dispositionsbefugnis kraft Gesetzes verwehrt sein: Spickhoff in: Soergel, § 823 Rn. 119 bei Fn. 589 m. w. N. 199 Im Ergebnis ebenso Petersen, S. 28, der jedoch die „strengst mögliche Ausgestaltung“ des gesetzlichen Schutzes annimmt. Diese Annahme, die noch zahlreiche Fragen zum genauen Schutzbereich offen lässt, ist an diesem Punkt gar nicht nötig. Entscheidend ist nicht das Ausmaß des Schutzes, sondern die neben dem gesetzlichen Schuldverhältnis gegebene Dispositionsfreiheit des Kunden. 200 Claussen, § 4 Rn. 10 h. 196
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
es nicht, dass der Randbereich der Rücksichtspflichten genauso wenig geregelt ist wie im übrigen Schuldrecht auch.201 Dass die Parteien sich nicht zum betreffenden Schuldverhältnis zusammenschlossen, spricht nicht gegen, sondern für seine gesetzliche Natur. Ein genereller Einwand gegen ein gesetzliches Schutzpflichtverhältnis besteht darin, diese als vertragsunabhängig zu betrachten.202 Dies rührt schlichtweg daher, dass Nebenpflichten bei Verhandlungen im Rahmen von vorvertraglichen Geschäftskontakten typischerweise keine Rolle spielen und sich deshalb kein Rechtsbindungswille auf sie erstreckt.203 Rechtlich kommt hinzu, dass es den Parteien bereits in der vorvertraglichen Phase frei steht, diese Pflichten durch ausdrückliche Vereinbarung abzubedingen. Schließlich ist bei Verschwiegenheitspflichten ihr Charakter als Unterlassenspflichten zu berücksichtigen. Es bürdet dem Verpflichteten also keine großen Mühen auf, sie einzuhalten. Durch die Belastung mit dem Bankgeheimnis entstehen der Bank keine Kosten. Genauso wird ein Kreditinstitut ein Bankgeschäft mit dem Kunden nicht deshalb ablehnen, weil es damit an das Bankgeheimnis gebunden ist. Jedenfalls für die bankrechtliche Geschäftsverbindung überzeugt die Kritik an der Konzeption eines gesetzlichen Schuldverhältnisses nicht.204 Allerdings verlangt die Annahme eines nicht kodifizierten gesetzlichen Schuldverhältnisses eine normative Begründung. Mit den Modellen der Vertrauenshaftung sowie den Rechtsinstituten c. i. c. und p. F. V. liegt eine solche vor. Das gesetzliche Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflicht ist damit eine dogmatische Beschreibung der bankrechtlichen Geschäftsverbindung, die dem Bankgeheimnis eine rechtliche Nähebeziehung vermittelt. V. Einordnung der Rücksichtspflichten ins Deliktsrecht Die oben angerissenen Theorien waren nicht selten Angriffen ausgesetzt, die im Kern ihre fehlende Verankerung im Gesetz bemängelten. Die Kritiker lehnten aus diesem Grund den vertraglichen Charakter ebenso ab wie 201 Sogar die weitgehend anerkannten Haftungsformen der c. i. c. und der p. F. V. übernahm der Gesetzgeber über Jahrzehnte hinweg nicht ins positive Recht. 202 Medicus, BR, Rn. 203; unentschieden E. Schmidt, JA 1978, 597 (604). 203 Canaris, FS Larenz (1983), S. 104 nennt dies eine „Randkorrektur“. 204 Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass das einheitliche gesetzliche Schuldverhältnis jede Art von Schutzpflichten gleichermaßen und in gleicher Intensität „beherbergen“ kann. Insbesondere Pflichten, die ein bestimmtes Tun erfordern (Aufklärungspflichten), können in ihrem Inhalt durchaus von einem Vertragsschluss beeinflusst werden, sind mithin vertragsabhängig. Insoweit ist Medicus, BR, Rn. 203 zuzustimmen.
§ 11 Begründungsmodelle von Nebenpflichten vor dem Jahre 2002
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die außerdeliktische Einstufung. Da jedoch auch sie die Existenz bestimmter Rücksichtpflichten nicht leugneten, stützten sie diese als sogenannte „Verkehrspflichten“ konsequenterweise auf das Recht der unerlaubten Handlungen.205 Die Konturen sind jedoch kaum schärfer als bei den anderen Modellen. Greift man auf die Theorien zum Erfolgs- und Verhaltensunrecht zurück,206 fügen sich Verschwiegenheitspflichten leicht in die Kategorie der deliktischen Verhaltenspflichten, genauer in die der Gefahrvermeidungspflichten, ein. Ihre Verletzung beeinträchtigt das Rechtsgut, in erster Linie das Vermögen des Geheimnisherrn, lediglich mittelbar.207 Erst der Mitteilungsempfänger wird durch den Verstoß auf Seiten des Geheimnisträgers (etwa der Bank) in die Lage versetzt, das Vermögen des Geheimnisherrn zu schädigen. Doch selbst wenn er dies nicht tut, liegt eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht vor. In den Kategorien des Deliktsrechts war sie also „rechtswidrig“. An der Einordnung als unerlaubte Handlung stört auch nicht die Tatsache, dass die hier behandelten Schutzpflichten einer Sonderverbindung bedürfen, also von ihrer Natur her nicht gegenüber dem allgemeinen Rechtsverkehr wirken. Zu Recht erinnert Canaris an § 823 Abs. 2 BGB, der i. V. m. einigen Schutzgesetzen (z. B. § 266 StGB) ebenfalls nur Sonderverbindungen erfasst.208 Das bei § 823 Abs. 2 BGB auftauchende Moment der Sonderverbindung führt vor Augen, dass trotz einer solchen eine gesetzliche Rechtsnatur möglich ist. Doch in § 823 Abs. 2 BGB den richtigen Standort für die Rücksichtspflichten zu suchen, erscheint als Zirkelschluss: Der Schutzgesetzcharakter einer Norm hängt davon ab, ob die schützenswerten Interessen des Geschädigten bereits durch andere Regeln ausreichend berücksichtigt sind.209 Nun 205
So nachdrücklich von Bar, JZ 1979, 729 – allerdings in einem Fall der Auskunftshaftung, in dem der Verpflichtete keinen rechtsgeschäftlichen Kontakt mit dem Geschädigten hatte; ders., Überarbeitung Schuldrecht, Bd. II, S. 1681 (1721); von Caemmerer, S. 49 (57 f., 80); K. Huber, FS von Caemmerer, S. 359 (377 ff.); U. Huber, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 647 (737); aus rechtsvergleichender Sicht Hans Stoll, FS Flume (Bd. I), S. 741 (752); ders., FS von Caemmerer, S. 435 (453); weitere Nw. bei Hopt, AcP 183 (1983), 608 (630 Fn. 97, 634 Fn. 117) und Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 388. 206 Näher dazu Larenz/Canaris, SchR II/2, § 75 II 3. 207 Zur Mittelbarkeit des Eingriffs im Bereich der deliktischen Verhaltenspflichten: Larenz/Canaris, SchR II/2, § 75 II 3 c). 208 Diese Vorschrift juristisch gänzlich zu erfassen, lassen der Rahmen und die Zielrichtung dieser Arbeit nicht zu. Zur Einschätzung der Schwierigkeiten im Dunstkreis von § 823 Abs. 2 BGB sei dem Leser nur die Einleitung von Mertens, AcP 178 (1978), 227 empfohlen („dogmatischen Materialschlacht“). 209 Vgl. z. B. BGH NJW 1980, 1792 (unter II. 2. b) bb) sowie die zusammenfassende Diskussion bei Mertens, AcP 178 (1978), 227 (230).
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
stellt sich bei den Rücksichtspflichten die Frage nach dem Schutzgesetz, nach ihrer richtigen Grundlage. Es muss deshalb ein Schuldverhältnis außerhalb des Deliktsrechts geben, die der besonderen Beziehungsstruktur zwischen Schädiger und Geschädigtem Rechnung trägt.210 Das Recht der unerlaubten Handlungen kann dies nicht. Eine Ausweitung des Deliktsrechts ist deshalb abzulehnen. Hinzu kommt: Gefährdungen von Vermögensinteressen sind lediglich durch das allgemeine Deliktsrecht geschützt, wenn sie allgemein verboten sind.211 Die Weitergabe von Geheimnissen ist grundsätzlich erlaubt. Es handelt sich hierbei nicht um ein Verhalten, das wegen seiner allgemeinen Schadensneigung untersagt ist, also eine abstrakte Gefährdungsnorm bildet.212 Erst die zusätzliche Tatsache, dass es sich um ein Berufsgeheimnis handelt, löst eine abstrakte Gefährdung aus, welche die Schwelle zur Haftung überschreitet. Das einzige Argument, das in der Tat zu greifen scheint, ist das unsere Rechtsordnung prägende zweispurige Haftungsrecht, das sich in eine vertragliche Verantwortung und Delikt unterteilt.213 Doch wird man den Schutzpflichten nicht gerecht, wenn man in das Deliktsrecht eine nicht darin angelegte Haftungsform hineininterpretiert. Sie vernachlässigt die besondere Nähebeziehung zwischen den Parteien. Das Etikett einer unerlaubten Handlung i. S. d. §§ 823 ff. BGB sollte man den Rücksichtspflichten, darunter das Bankgeheimnis, daher nicht anheften.214
210 Hopt, AcP 183 (1983), 608 (662); Lorenz, FS Larenz (1973), S. 575 (617) mit rechtsvergleichenden Nw.; Medicus, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 479 (490), der im Ergebnis aber eine Abstufung des Schutzes innerhalb des Deliktsrechts für möglich hält; von Caemmerer, S. 49 (73): Sonderverbindung mit bestimmten Berufsständen als Fallgruppe der deliktischen Verkehrspflichten; dagegen Abschlussbericht zur Überarbeitung des Schuldrechts, S. 114. 211 K. Huber, FS von Caemmerer, S. 359 (381); ähnlich von Caemmerer, S. 49 (127); vgl. Medicus, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 479 (493): „Das Recht der Sonderverbindung wäre also unentbehrlich, wenn zu den schon vor Vertragsschluß zu schützenden fremden Rechtsgütern auch das Vermögen als solches gehören sollte.“ 212 Zu diesem Merkmal des § 823 Abs. 2 BGB von Bar, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. II, S. 1681 (1696). Die bei von Bar, weiter genannte Voraussetzung des § 823 Abs. 2 BGB, die Pflicht müsse in ein Gesetz gegossen sein – vgl. S. 1703 – ist im Übrigen ebenfalls nicht erfüllt. 213 Schlechtriem, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. II, S. 1591 (1604, 1608). 214 Zum gleichen Ergebnis kommt (bei allen Schutzpflichten) Canaris, FS Larenz (1983), S. 87; Hopt, AcP 183 (1983), 608 (662) meint, eine Einordnung ins allgemeine Deliktsrecht sei nach dem Stand der Rspr. noch nicht zu leisten. Der Bundesgerichtshof lässt die Frage bewusst offen: BGHZ 74, 281 (289 f.).
§ 12 Dogmatische Kategorisierung der Schutzpflichten nach 2002
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§ 12 Dogmatische Kategorisierung der Schutzpflichten nach dem Jahr 2002 Ein Kernanliegen der Schuldrechtsmodernisierung war es, die Schere zwischen Gesetzes- und Richterrecht durch eine Kodifikation der Rechtsprechung zu schließen.215 Dennoch löste die Reform die mit den Schutzpflichten verbundenen Schwierigkeiten nicht.216 I. Erwähnung der Rücksichtspflichten im Gesetz Die Schuldrechtsmodernisierung fügte dem § 241 BGB zum 1. Januar 2002 einen zweiten Absatz hinzu, der erstmals ausdrücklich in allgemeiner Form Rücksichtspflichten eines Schuldverhältnisses erwähnt. In den Vorarbeiten und der Gesetzesbegründung zur Neuerung heißt es dazu, dass sich die Lehre von den Schutzpflichten allgemein durchgesetzt habe; daran solle nichts geändert werden.217 Der Wortlaut der Norm218 und ihre systematische Stellung am Beginn des 2. Buches des BGB verdeutlichen, dass die Vorschrift sowohl gesetzliche als auch rechtsgeschäftliche Beziehungen erfassen soll.219 In Verbindung mit § 280 Abs. 1 BGB stellt § 241 Abs. 2 BGB klar, dass nicht nur die Verletzung von Leistungspflichten Schadensersatzansprüche auslöst, sondern auch die Nichtbeachtung von Schutzpflichten.220 II. Außerdeliktischer Charakter der Schutzpflichten Die einzige Aussage, die man der Einordnung der Vorschrift ins allgemeine Schuldrecht entnehmen kann, ist die Abgrenzung vom Delikts215
Dauner-Lieb, S. 305 ff. m. w. N. Dauner-Lieb, S. 305 (313 f.); P. Krebs in: AnwK, Schuldrecht 2002, § 241 Rn. 12; Kuhlmann, S. 384; Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 389. Angesichts der beschriebenen Unübersichtlichkeit der dogmatischen Richtungen verwundert die aktuelle Zurückhaltung der Wissenschaft im Bereich des Bankgeheimnisses wenig, aussagekräftige Feststellungen zu treffen. Wenig hilfreich ist etwa die Ansicht, das Bankgeheimnis sei eine selbstverständliche Nebenpflicht der Geschäftsbeziehung – so BGH DB 1953, 1031, der RGZ 126, 50 (52); 139, 103 (105) zitiert; Lang, ZBB 2006, 115 (119). 217 Abschlussbericht zur Überarbeitung des Schuldrechts, S. 114; BT-Drs. 14/6040, S. 125. 218 Er lautet: „Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.“ 219 P. Krebs in: AnwK, § 241 Rn. 19 f.; a. A. wohl Dauner-Lieb, S. 305 (318): „zentralen Norm für rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse“. 220 Die Frage, ob das positive oder das negative Interesse zu ersetzen ist, wird nicht beantwortet, vgl. Dauner-Lieb, S. 305 (317 f.). 216
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
recht.221 Schutzpflichten auf Grund eines beliebigen Schuldverhältnisses, die nicht von lex specialis eines besonderen, gesetzlich geregelten Schuldverhältnisses ergriffen werden, unterfallen den rechtsgeschäftlichen Regeln, darunter §§ 280 Abs. 1, 276 und 278 BGB.222 Treffend erkannte Krebs, dass sich Wertungskriterien der Rücksichtspflichten (Vertrauen, besondere Einwirkungsmöglichkeit) mittlerweile andeutungsweise im Gesetz, nämlich in § 311 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB, wiederfinden.223 Ungelöst bleibt dagegen das Problem der richtigen Rechtsgrundlage für Schutzpflichten.224 Der Gesetzgeber nahm bewusst keine abschließende Fallgruppenbildung vor, um die Haftungstatbestände nicht festzuschreiben, sondern eine dynamische Weiterentwicklung durch die Wissenschaft zu ermöglichen.225 Offen bleibt daher, inwieweit Rücksichtspflichten in einem konkreten Schuldverhältnis bestehen. III. Anerkennung vertragsähnlicher Sonderverbindungen Wann ein Schuldverhältnis zur Begründung einer Schutzpflicht vorliegt, lässt sich an § 241 Abs. 2 BGB nicht ablesen.226 Einen Anhaltspunkt liefern die zeitgleich eingeführten Abs. 2 und 3 des § 311 BGB. Sie beziehen sich ausdrücklich nur auf Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB und bestätigen so die dogmatische Gattung der „quasivertraglichen“ Schuldverhältnisse, die zuvor als c. i. c. und p. F. V zu einer Haftung führte.227 1. Sonderbeziehung außerhalb des Deliktsrechts
Betrachtet man die Fälle des § 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB näher, werden die Unterschiede zu einer deliktischen Rechtsbeziehung klar: Gläubiger und Schuldner der Schutzpflichten suchten hier den geschäftlichen Kontakt zu221
BT-Drs. 14/4060, S. 125; P. Krebs in: AnwK, Schuldrecht 2002, § 241 Rn. 3, 5; Willingmann/Hirse in: Kompaktkommentar, § 241 Rn. 8. 222 Dass der Gesetzgeber insoweit eine Entscheidung getroffen hat, merkt Dauner-Lieb, S. 305 (318) an. 223 P. Krebs in: AnwK, Schuldrecht 2002, § 241 Rn. 4. Zu diesen Geltungsgrundlagen im Hinblick auf das Bankgeheimnis bereits oben S. 63 ff. 224 So ausdrücklich die amtliche Begründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drs. 14/6040, S. 126; Abschlussbericht zur Überarbeitung des Schuldrechts, S. 115; kritisch dazu Dauner-Lieb, S. 305 (327 f.): „völlig undifferenzierten Pauschalabsegnung bestimmter Entwicklungen“, „Merkzettel-Gesetzgebung“; vgl. auch Kuhlmann, S. 384. 225 Vgl. Abschlussbericht zur Überarbeitung des Schuldrechts, S. 115, 144. 226 Zu Recht als „Blankettnorm“ bezeichnet bei: Dauner-Lieb, S. 305 (317) und Horn in: Heymann, 2. Aufl., Vor § 343 Rn. 81; ähnlich P. Krebs in: AnwK, Schuldrecht 2002, § 241 Rn. 6. 227 Kersting, S. 124; P. Krebs in: AnwK, Schuldrecht 2002, § 241 Rn. 1.
§ 12 Dogmatische Kategorisierung der Schutzpflichten nach 2002
133
einander. Dadurch stehen sie in einer Nähebeziehung, in der regelmäßig eine Partei dem anderen Teil seine Rechtssphäre zugänglich macht. Besonders deutlich zeigt dies Abs. 2 Nr. 2 („dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt“ ). Diese Nähe schafft eine Sonderbeziehung, die im Recht der unerlaubten Handlung keine entscheidende Rolle spielt.228 Sie rechtfertigt es, den Parteien parallel zum Vertragsrecht Rücksichtspflichten aufzuerlegen, welche gegenüber dem Sorgfaltsmaßstab des Deliktsrechts und den dort bestehenden „Verkehrspflichten“ höhere Anforderungen stellen.229 2. Sonderbeziehung außerhalb des Vertragsrechts
Durch die willentliche Kontaktaufnahme hat das Schuldverhältnis eine vertragliche Komponente. Anders als Vertragsbeziehungen fehlen diesen Sonderverbindungen aber die übereinstimmenden Parteierklärungen, mit dem jeweils anderen Teil ein bestimmtes Rechtsgeschäft abschließen zu wollen. Nach den neuen Regelungen der § 311 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 BGB steht es den Rechtssubjekten zwar frei, ob sie miteinander eine solche Sonderbeziehung eingehen oder nicht, die an die Tatbestandsmerkmale geknüpfte Rechtsfolge (Entstehen eines Schuldverhältnisses) tritt allerdings von Gesetzes wegen ein.230 Gegen eine Bewertung der Rücksichtspflichten, darunter das Bankgeheimnis, als gesetzliche Pflichten spricht nicht, dass die Norm des § 311 Abs. 2 BGB zu ungenau ist.231 Für die Bestimmtheit gesetzlicher Pflichten genügt ihre Auslegungsfähigkeit sowie eine gefestigte Rechtsprechung.232 Angesichts der umfangreichen Judikatur etwa zu § 138 BGB und § 242 BGB oder den deliktischen Verkehrspflichten mit den jeweiligen Fallgruppen sind diese Erfordernisse erfüllt. ebenso geht Oechslers Argument fehl, die gesetzliche Grundlage des Bankgeheimnisses scheitere an der Möglichkeit der Parteien, seinen Umfang zu vereinbaren.233 Es ist kein Charakteristikum gesetzlicher Pflichten, zwingender Natur zu sein.234 228 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 42; a. A. Willingmann/Hirse in: Kompaktkommentar, § 241 Rn. 8. 229 Insoweit gleicher Ansicht Willingmann/Hirse in: Kompaktkommentar, § 241 Rn. 8. 230 Anders ist dies bei § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB, der als klarstellende Generalklausel anzusehen ist; im Gegensatz dazu ist Satz 2 als Regelbeispiel zu verstehen. 231 So aber Oechsler, § 3 Rn. 423. 232 St. Rspr., z. B. BVerfGE 13, 153 (164): Den Gerichten sei sogar eine „schöpferische Füllung weiter Lücken auf der Grundlage einer richtungsweisenden Generalklausel“ erlaubt; BVerfGE 21, 73 (82); 41, 314 (319); 55, 144 (152); BVerfG NJW 2000, 3417. 233 Oechsler, § 3 Rn. 423. 234 Vgl. S. 66 f.
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses 3. Kodifikation der Vertrauens- und der quasivertraglichen Haftung
Es handelt sich bei den soeben beschriebenen Sonderverbindungen somit nicht um rechtsgeschäftliche, sondern außerdeliktische, gesetzliche (rechtsgeschäftsähnliche) Schuldverhältnisse. Dies lässt sich auch der Gesetzesbegründung entnehmen.235 Mit § 311 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 jeweils i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB kodifizierte der Gesetzgeber also die Lehre des gesetzlichen Schuldverhältnisses ohne primäre Leistungspflicht.236 Die Normen greifen dogmatisch die Gedanken auf, die zuvor über das Konzept der Vertrauenshaftung sowie über die Rechtsinstitute der c. i. c. und p. F. V. zum Ausdruck kamen.237 Bewusst verzichtete der Gesetzgeber darauf, die Schutzpflichten inhaltlich zu konkretisieren und in einzelne Fallgruppen aufzufächern. Vielmehr überließ er es dem Rechtsanwender, anhand des Zwecks des jeweiligen Schuldverhältnisses ihre Ausformung vorzunehmen.238 Die bisher hierzu entwickelten Lehren behalten weiter Gültigkeit.239 4. Charakterisierung der bankrechtlichen Geschäftsverbindung
Die bisherigen Erwägungen illustrieren, dass alle auf einer Sonderverbindung fußenden Schutzpflichten vor und nach der Schuldrechtsreform prinzipiell gesetzlicher Natur sind. Für das Bankgeheimnis kann nur etwas anderes gelten, wenn der Schwerpunkt der Verpflichtung z. B. aus historischen Gründen auf einer willentlichen Selbstbindung der Bank liegt. Dies liegt nicht fern, zeigt doch der geschichtliche Abriss, dass die Verschwiegenheit zu Beginn des Bankgewerbes aus der freiwilligen Bindung der Bankiers hervorging.240 Doch verfestigte sich die Pflicht im Laufe der Jahrhunderte gewohnheitsrechtlich und wandelte sich damit zu einer berechtigen Erwar235 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 162: „Für die möglichen Inhalte der Pflichten aus einem vor Vertragsschluss entstehenden gesetzlichen Schuldverhältnis kann dagegen auf § 241 Abs. 2 RE verwiesen werden“; für die „Haftung kraft Berufsstellung“ vertrat bereits Lammel, AcP 179 (1979), 337 (365), dass sie ihrer Natur nach weder vertraglich noch deliktisch sei. 236 Vgl. P. Krebs in: AnwK, Schuldrecht 2002, § 241 Rn. 9; Kümpel, Rn. 2.808; Petersen, S. 27; a. A. Oechsler, § 1 Rn. 8, § 3 Rn. 423, der verkennt, dass § 311 Abs. 2 BGB nicht von „können“ spricht, ein gesetzliches Schuldverhältnis bei Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen daher zwingend entsteht. Von dieser Frage ist die Folgeüberlegung zu trennen, welche Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB aus diesem Schuldverhältnis erwachsen. 237 Vgl. Horn in: Heymann, 2. Aufl., Vor § 343 Rn. 85; Petersen, S. 27 (gesetzliches Schuldverhältnis als Unterfall der Vertrauenshaftung). 238 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 126. 239 BT-Drs. 14/6040, S. 161 ff.; Heinrichs in: Palandt, § 311 Rn. 11, 29 ff.; Looschelders, § 10 Rn. 184; Westermann/Bydlinski/Weber, Rn. 11/2.
§ 13 Gesetzliche Sonderverbindung neben einem Vertragsverhältnis
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tung des Rechtsverkehrs, einem Element des Verkehrsschutzes. Dadurch entwickelte sie sich zu objektivem Recht. Aus diesen Gründen stellt die Geschäftsverbindung zwischen Kreditinstitut und Kunde heute wie andere Vertragsanbahnungsverhältnisse ein gesetzliches Schuldverhältnis dar,241 soweit die Parteien ihm nicht bewusst durch die Vereinbarung von AGB vertraglichen Charakter verleihen. Das Bankgeheimnis gilt damit nicht von Vertrags, sondern von (ungeschriebenen) Gesetzes wegen. Gesetzestechnisch lässt sich die bankrechtliche Geschäftsverbindung heute reibungslos in die Fallgruppe des § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB einordnen.242 Im Hinblick auf ein Bankgeschäft gewährt der potentielle Kunde der Bank die Möglichkeit, auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen einzuwirken. Das Bankgeheimnis stellt eine Schutzpflicht im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB dar. Als solche unterfällt es dogmatisch weder dem Vertragsnoch dem Deliktsrecht. Sein Inhalt bestimmt sich mangels gesetzlicher Vorgaben nach seinen normativen Grundlagen. Diese im 2. Kapitel beschriebenen Geltungsgründe weisen große Überschneidungsbereiche zur Vertrauenshaftung auf, ebenso zu den beschriebenen Fallgruppen der quasivertraglichen Haftung.243 Für ihre Struktur und ihre konkrete Ausgestaltung bedeutet diese Verwandtschaft, dass keine Wertungswidersprüche zu diesen Haftungsformen auftauchen dürfen.
§ 13 Gesetzliche Sonderverbindung neben einem Vertragsverhältnis Dogmatisch ließen die bisherigen Erwägungen dieser Arbeit ein Problem außer Acht, welches die Schuldrechtsreform nicht löste: Wie bereits dargelegt, beruht das Bankgeheimnis auf einem gesetzlichen Schutzpflichtverhältnis. Entschließen sich die Parteien im Laufe des geschäftlichen Kontakts – wie regelmäßig – zum Abschluss eines Bankgeschäftes, stellt sich die Frage nach dem Schicksal der Sonderverbindung. Bleibt sie gesetzlicher Natur oder wandelt sie sich in ein vertragliches Rechtsverhältnis? In einem ersten juristischen Szenario bleibt das gesetzliche Schuldverhältnis mit seinen Verschwiegenheitspflichten bestehen und der Vertrag samt Haupt- und 240 Sie legten die Pflicht in ihren Satzungen fest und hielten sich in dauernder Übung an sie, vgl. S. 44 ff. 241 Obgleich es sich bei Gewohnheitsrecht um ungeschriebenes Recht handelt, fällt es als Rechtsnorm unter den Gesetzesbegriff, vgl. Art. 2 EGBGB, § 12 EGZPO. In diesem Sinne versteht die vorliegende Arbeit die Einordnung als „gesetzlich“ (im Gegensatz zu „vertraglich“). 242 Zum Zeitpunkt der Entstehung vgl. die nachfolgende Darstellung auf S. 354 ff. 243 Vgl. hierzu insbesondere die Zusammenfassung S. 86 f.
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
Nebenleistungspflichten existiert unabhängig daneben. In einem zweiten Denkansatz wandelt sich das gesetzliche Schuldverhältnis durch den wirksamen Vertragsschluss in ein vertragliches.244 I. Fortgeltung der bisherigen normativen Grundlagen und des gesetzlichen Charakters des Bankgeheimnisses Das zweite Modell ist nur sinnvoll, wenn der Abschluss eines Rechtsgeschäftes etwas an den normativen Grundlagen der Rücksichtspflicht oder ihrem Inhalt ändert.245 Anhand von Beispielen zeigt sich, dass dies nicht der Fall ist.246 1. Beispiel 1
Die Vertragsverhandlungen zwischen Kreditinstitut und Kunde münden in einen Darlehensvertrag. Soweit die Geltungsgründe das Bankgeheimnis abdecken, entstand die Pflicht bereits vor dem Vertragsschluss. Hat die Bank einen umfassenden Einblick in die Einkommensverhältnisse des Kunden erhalten, unterliegt sie bereits im Rahmen der Sonderverbindung (geschäftlicher Kontakt auf Grund der Vertragsanbahnung mit Einwirkungsmöglichkeit der Bank) einer intensiven Verschwiegenheitspflicht. Allein die Tatsache, dass ein Leistungsaustausch stattfindet, kann diese Vertrauensbeziehung nicht in ihrem Wesen verändern. Zwar mag sie sich durch die Dauer der geschäftlichen Kontakte oder durch weitere Informationen, welche die Bank über den Kunden erhält, verstärken. Diese Kriterien knüpfen jedoch nicht an den Vertragsschluss an, weil z. B. jahrelange Vertragsverhandlungen das gegenseitige Vertrauen ebenso steigern können. 2. Beispiel 2
Noch deutlicher wird die Unabhängigkeit der Rücksichtspflicht vom einzelnen Bankgeschäft bei einer Leistungsstörung im Austauschverhältnis (v. a. bei den Hauptpflichten des Vertrags). Zahlt der Kunde eine Darle244 Diese Spur verfolgen BGHZ 63, 382 (388): „zunächst gegebene Haftungsgrund des enttäuschten Verhandlungsvertrauens gleichsam von der stärkeren Haftung aus Vertrag überholt“; Larenz, SchR I, § 9 I b) (S. 117); weitere Nw. bei Canaris, JZ 1965, 475 (479 Fn. 35). 245 Auch auf die Geltungsgründe abstellend: Canaris, FS Larenz (1983), S. 103; Picker, JZ 1987, 1041 (1045). 246 Wie hier Canaris, FS Larenz (1983), S. 103 f.; Strätz, FS Bosch, S. 999 (1012) sogar für nachwirkende Schutzpflichten, sowie für die Dritthaftung Kersting, S. 347 ff.
§ 13 Gesetzliche Sonderverbindung neben einem Vertragsverhältnis
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hensrate verspätet zurück, wirkt sich dies nicht auf die Geheimhaltungspflicht der Bank aus. Genauso wenig ist das für das Bankgeheimnis maßgebliche Vertrauen zur Bank zerstört, wenn sie die Darlehenssumme zu spät valutiert. All diese im Vertrag fußenden Pflichtverletzungen ändern nichts an den Geltungsgründen des Bankgeheimnisses: Das Kreditinstitut kann weiterhin auf die Rechtsgüter des Kunden einwirken, der Kunde hat weiterhin ein abstraktes Vertrauen in die Seriosität des Kreditinstituts; die gesteigerte Möglichkeit zur Schädigung des Kunden, das strukturelle Ungleichgewicht der Geschäftspartner und insgesamt die Schutzbedürftigkeit des Kunden bestehen fort.247 Aus diesen Gründen wandeln sich Schutzpflichten im Falle eines Vertragsschlusses nicht automatisch in vertragliche Pflichten um. II. Modifikation durch privatautonome Vereinbarung zum Bankgeheimnis Lediglich in einer Hinsicht beeinflusst ein Vertragsschluss regelmäßig die Schutzpflichten: Manchmal regelt das einzelne Rechtsgeschäft Rücksichtspflichten ausdrücklich. Eine solche privatautonome Abrede kann gesetzliche Pflichten verdrängen, soweit diese nicht zwingender Natur sind. 1. Vertragliche Vereinbarung zur Verschwiegenheitspflicht
Angesichts des Grundsatzes der Privatautonomie spricht prinzipiell nichts gegen eine Modifizierung durch eine Vereinbarung zwischen den Parteien.248 Wie mehrfach gezeigt, unterliegt das Bankgeheimnis der Disposition des Geheimnisherrn, weil ihm das Gesetz keinerlei Schutz aufzwingen will. Unter der Prämisse, dass der Kunde seine Entscheidung frei treffen konnte, sind daher Abreden über die Ausgestaltung der Verschwiegenheitspflicht zulässig. Für die Frage des Verhältnisses zwischen der Sonderverbindung und einem daneben wirkenden Vertrag genügt an dieser Stelle die Feststellung, dass das Kreditinstitut und der Kunde das Bankgeheimnis privatautonom modifizieren können.249 247
Zu den Geltungsgründen näher oben im 2. Kapitel, S. 63 ff. Gleicher Ansicht Grigoleit, Infomationshaftung, S. 247; ders., FS Canaris, S. 275 (296); Hopt, AcP 183 (1983), 608 (713) – für Berufspflichten; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 241 Rn. 34; wohl auch Grüneberg/Sutschet in: Bamberger/Roth, BGB, § 241 Rn. 44, der jedoch zusätzlich auf die Umstände des Einzelfalls abstellen will. 249 Inwieweit das Gesetz dieser Freiheit bestimmte Grenzen zieht, wird erst bei der Bestimmung des Schutzbereiches relevant. Ob eine formularmäßige Abrede ausreicht, behandelt die vorliegende Dissertation auf S. 400 ff. Zur Bestimmung der 248
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
Die dogmatische Wesensänderung von einer gesetzlichen zu einer vertraglichen Schutzpflicht kommt also nur in Frage, wenn Bank und Kunde eine Abrede zur Verschwiegenheitspflicht treffen.250 Soweit die vertragliche Vereinbarung die gesetzliche Pflicht wirksam ersetzt hat, handelt es sich nunmehr um eine Vertragspflicht. Geltungsgrund ist nicht die typisierte Betrachtung des Gesetzes. Vielmehr besteht der Haftungsgrund in dem übereinstimmenden Willen der Parteien.251 Soweit ein solcher nicht vorliegt oder durch die allgemeinen Grundsätze der Rechtsordnung nicht gebilligt wird, richtet sich die Pflicht weiterhin nach den Regeln der gesetzlichen Sonderverbindung.252 Dies ist nicht ungewöhnlich, greift doch das dispositive Gesetzesrecht immer ein, wenn vertragliche Regelungen planwidrig lückenhaft sind.253 Entsprechend ist das Bankgeheimnis subsidiär anwendbar, wenn keine auf die Schweigepflicht bezogene Abrede vorliegt. 2. Einseitige Freizeichnung unzulässig
Schwieriger als eine Abrede zwischen Bank und Kunde ist die Frage nach der Zulässigkeit einer einseitigen Haftungsfreizeichnung durch das Kreditinstitut.254 Da den Rücksichtspflichten grundsätzlich kein Rechtsbindungswille zu Grunde liegt, sondern der Vertrauensschutz gesetzlicher Natur ist, stehen sie nicht zur einseitigen Disposition des Schutzpflichtigen (hier also der Bank).255 Denn es besteht ein abstraktes Vertrauen ex lege, das Grenzen formularmäßiger Freizeichnungsklauseln kann man auf die Grundsätze der Auskunftshaftung zurückgreifen: BGH WM 1974, 272 (273 f.). 250 Nur in diesem Fall tritt das Problem auf, dass die Rechtsgrundlage fraglich ist: Oechsler, § 1 Rn. 8; vgl. Hopt in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 1 Rn. 49. 251 Weitgehend anerkannt für die c. i. c., vgl. Medicus, BR, Rn. 199 a. E.; das gleiche Ergebnis wird durch eine auf die Rechtsfolgen bezogene vertragliche Haftungsfreizeichnung erreicht, Gerhardt, JZ 1970, 535 (536 f.). Für den Fall, dass sich eine Vereinbarung der Parteien nicht ausdrücklich auf Rücksichtspflichten bezieht, kann das Sonderproblem auftauchen, ob für die Leistungspflichten geltende Haftungsmilderungen auch auf die Schutzpflichten anzuwenden sind – hierzu näher Medicus, BR, § 10 Rn. 209 a m. w. N. 252 Anders Oechsler, § 1 Rn. 8, der für diesen Fall einheitlich Vertragspflichten annimmt. 253 Eingehend Ehricke, RabelsZ 60 (1996), S. 661 (679 lit. a); H. Roth in: Staudinger, § 157 Rn. 22 f., jeweils m. w. N. 254 In Betracht kommen kann ohnehin nur eine Freizeichnung vor dem Zeitpunkt, in dem der Kunde seine Rechtssphäre der Bank öffnet, in dem das beschriebene gesetzliche Schuldverhältnis entsteht. Vgl. für den Bereich der vorvertraglichen Informationshaftung Grigoleit, Infomationshaftung, S. 253: Der Moment der „Vertrauensdisposition“ entspricht bei Geheimhaltungspflichten m. E. dem Zeitpunkt der Öffnung der eigenen Rechtssphäre. 255 Wie hier Grigoleit, Infomationshaftung, S. 254 (für die Informationshaftung); P. Krebs, Sonderverbindung, S. 528; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich,
§ 13 Gesetzliche Sonderverbindung neben einem Vertragsverhältnis
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nicht einseitig entzogen werden kann. Der hinter diesem Vertrauen stehende Gedanke des allgemeinen Verkehrsschutzes liegt nicht in der Hand des Kreditinstituts. Die einseitige Freizeichnung würde nicht nur die Position des Schutzbedürftigen stark schwächen, sondern zudem die normativen Grundlagen des Bankgeheimnisses aufweichen. Der Schutz des Kunden würde unterlaufen. Denkbar ist eine Ausnahme für Fälle, in denen der Freistellungsakt in seiner Deutlichkeit und seiner Prägnanz den vertrauensbegründenden Umständen gleichkommt.256 Beim Bankgeheimnis scheidet diese Möglichkeit faktisch aus, weil das haftungsbegründende Vertrauen kein individuelles, auf die konkrete Bank bezogenes ist, sondern sich auf den gesamten Berufsstand bezieht. Zudem beruht es auf der besonderen Einwirkungsmöglichkeit des Kreditinstituts auf die Rechtsgüter des Kunden.257 Wenn eine solche besondere Gefahrenquelle auf Grund besonderen Wissens und auf Grund beruflicher Stellung einmal besteht, lässt sie sich faktisch nicht mehr beseitigen. III. Vereinbarung über Verschwiegenheit unabhängig von Einzelverträgen Der Abschluss eines Rechtsgeschäftes kann im Ergebnis durchaus Auswirkungen auf das von Gesetzes wegen bestehende Bankgeheimnis haben. Um Missverständnisse zu vermeiden, sei noch angemerkt, dass dies nicht so sein muss. Erstens ist die Modifizierung der Rücksichtspflichten nicht an den Abschluss eines Bankgeschäftes geknüpft. Zweitens bringt nicht jedes Bankgeschäft eine Abrede zur Verschwiegenheitspflicht mit sich. Erneut führe man sich obiges Beispiel 1 vor Augen.258 Zum ersten Aspekt: Im Laufe von Vertragsverhandlungen kann die Bank die Kreditvergabe z. B. davon abhängig machen, dass der Vater des Kunden eine Sicherheit beibringt. Erlaubt der Kunde dabei seiner Bank, in direkten Kontakt mit seinem Vater zu treten und ihm die Sachlage zu schildern, befreit er die Bank damit von der Verschwiegenheit. Als Geheimnisherr steht § 241 Rn. 34; a. A. Gerhardt, JZ 1970, 535 (537 f.); Stoll, FS Flume (Bd. I), S. 741 (769) mit der Begründung, dass dadurch im allgemeinen eine Vertrauenswerbung ausgeschlossen werde, es sei denn es handle sich um eine „protestatio facto contraria“; Lorenz, FS Larenz (1973), S. 575 (619) mit der Einschränkung, die Haftungsbegrenzung müsse bona fide gemacht werden; ähnlich Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 31, 84 f. (einseitige Freizeichnung möglich, außer bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit); differenzierend Hopt, AcP 183 (1983), 608 (713 f.). 256 So Grigoleit, Informationshaftung, S. 255 m. w. N. 257 Vgl. S. 85. 258 Vgl. Ziffer I.
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
ihm dies zu. Die Befreiung ist kein Vertrag, weil sie auch ohne Willenserklärung der Bank wirksam ist. Es handelt sich um eine einseitige, rechtsgeschäftsähnliche Erklärung im Rahmen der gesetzlichen Sonderverbindung, deren Rechtsfolgen allein die auf dieser Sonderbeziehung fußende Schweigepflicht betreffen. Diese Erklärung259 ist zeitlich und inhaltlich von dem Bankgeschäft unabhängig und kann folglich das Bankgeheimnis zu keiner vertraglichen Pflicht machen. Zum zweiten Aspekt: Nach den Vertragsverhandlungen schließen Bank und Kunde den Darlehensvertrag, der keine Regelung zur Vertraulichkeit enthält. Für diesen Sachverhalt sind die fehlenden Auswirkungen des Vertragsschlusses auf das Bankgeheimnis schnell ersichtlich. Genauso ist die Einbeziehung der AGB nicht an den Abschluss eines konkreten Bankgeschäftes geknüpft.260 IV. Zwischenergebnis Die dargestellten Beispiele sollten zeigen, dass sich das Wesen der Verschwiegenheitspflicht durch den Vertragsschluss nicht ändert. Das Bedürfnis, Rücksichtspflichten während der Dauer einer Vertragsbeziehung auf eine vertragliche Grundlage zu stellen, besteht nicht. Das Bestehen von Pflichten aus gesetzlichen Schuldverhältnissen neben dem Existenz eines Vertragsverhältnisses ist nicht ungewöhnlich. Systematisch hat die Lösung über die Konkurrenzlehre zu erfolgen, die dem Wesen unserer Zivilrechtsordnung inhärent ist.261 Bezieht sich eine vertragliche Vereinbarung jedoch ausdrücklich auf die Verschwiegenheit, so geht sie der gesetzlichen Regelung vor. Fehlt eine solche Abrede, gründet sich das Bankgeheimnis auf ein gesetzliches Schuldverhältnis, und zwar unabhängig davon, ob das Kreditinstitut und der Kunde ein Bankgeschäft abschließen oder nicht.
259 Ob sie als „Einverständnis“, „Einwilligung“, „Befreiungserklärung“ oder mit anderen Worten bezeichnet werden sollte, ist hier nicht entscheidend. 260 Wenn die AGB des Kreditinstitutes in das Bankgeschäft einbezogen sind, ändert dies nichts. Erstens ist die Klausel zum Bankgeheimnis deklaratorisch und zweitens lässt sie die inhaltliche Ausgestaltung der Pflicht bereits von ihrem Wortlaut her weitgehend offen. Schon wegen § 305 c Abs. 2 BGB kann diese Regelung nicht zu Lasten des Kunden hinter dem ex lege geltenden Bankgeheimnis zurückbleiben. 261 Canaris, FS Larenz (1983), S. 104; vgl. Schlechtriem, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. II, S. 1591 (1604 ff.) m. w. N.; in der Ausbildungsliteratur: Olzen/Wank, S. 31 ff.; Schellhammer, Einleitung Rn. 12.
§ 14 Zusammenfassung
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§ 14 Zusammenfassung I. Lehren mit unterschiedlicher Herangehensweise Das vorstehende Kapitel hat das Wesen der Geschäftsverbindung sowie die verschiedenen Konzeptionen zu den Schutzpflichten vorgestellt. Dass die Dogmatik der Rücksichtspflichten ein Bild mit verschiedenen Ebenen malt, beruht auf der Verschiedenheit der Ausgangspunkte: Es kreuzen sich konkret normative Kriterien (Berufshaftung) mit abstrakten Geltungsgründen einer Pflicht (Vertrauen in seinen zahlreichen Ausprägungen). Diese normativen Kriterien überschneiden sich mit den Rechtsfiguren der c. i. c. und p. F. V. , die sich auf zeitliche Abläufe konzentrieren, während daneben das Modell des gesetzlichen Schuldverhältnisses ohne primäre Leistungspflichten steht, das seinen Schwerpunkt auf die Art und Weise der Pflichtenentstehung legt. Die Gedankenwelten sind in sich weitgehend stimmig. Sie lassen sich jedoch häufig schwer miteinander verbinden, weil unterschiedliche Schwerpunkte legen. Die Vertreter der Fachwelt argumentieren oft aneinander vorbei.262 In dieser Flut von Bekenntnissen, Theorien und sich überlappenden Systemen gehen die Gemeinsamkeiten unter. Für das Bankgeheimnis mit seinen verschiedenen normativen Pfeilern lässt sich die Dogmatik in ihren vielfältigen Facetten fruchtbar machen, indem man sich auf die wesentlichen Aussagen konzentriert. Richtig ist, dass sowohl die Vertrauenshaftung ein „Auffangbecken“263 als auch die c. i. c. und das gesetzliche Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten ein „Sammelbecken für Schutzpflichten zwischen Vertrag und Delikt“ bilden.264 Diese Modelle siedeln sich auf dem Grat zwischen Rechtsgeschäft und unerlaubter Handlung an und formen das Dach über alle Arten der Haftung für Schutzpflichtverletzungen: Inhaltlich gründen die relevanten Fallgruppen von c. i. c. und p. F. V.,265 die Lehre der Vertrauenshaftung sowie die Idee eines gesetzlichen Schutzpflichtverhältnisses auf im Kern identischen Wertungen und Kriterien. Trotz der auseinanderklaffenden Systemansätze kristallisieren sich Parallelen bezüglich des Bankgeheimnisses heraus.
262 Ähnlich sieht Hopt, AcP 183 (1983), 608 (639) einen „Wildwuchs an Urteilen und die zu eng ansetzende Doppelarbeit in der Literatur“; es fehle eine „systematische Querschnittsbetrachtung“. 263 von Bar, JZ 1982, 637 (643). 264 Hopt, AcP 183 (1983), 608 (630). 265 Dass diese Rechtsinstitute völlig verschiedene Fallgruppen erfassen, ist unstreitig: U. Huber, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 647 (743); Medicus, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 479 (487) m. w. N.
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
II. Gemeinsamkeiten der Ansätze Alle Stimmen verlangen für die Haftung eine faktische Nähe zwischen Rechtssubjekten; sie entsteht dadurch, dass die Parteien freiwillig und bewusst in einen rechtsgeschäftlichen Kontakt zueinander treten.266 Mit Recht begründet die Rechtsprechung die Haftung damit, dass „der Geschädigte sich zum Zwecke der Vertragsverhandlungen in den Einflußbereich des anderen Teils begeben hat und damit redlicherweise auf eine gesteigerte Sorgfalt seines Vertragspartners vertrauen kann“.267 Durch diese gegenüber einer bloßen Jedermann-Beziehung herausgehobenen Sonderverbindung268 erhält mindestens ein Partner die Möglichkeit, auf die Rechtssphäre des anderen Teils schadensträchtig einzuwirken; durch die Güter- und Rechtssphärenberührung ist die Gefahr einer Beeinträchtigung des anderen Teils im Vergleich zu einer „Allerweltsbeziehung“ erhöht.269 Diese Umstände verfeinern das häufig als Haftungsgrund ins Feld geführte „Vertrauen“ zu einem vertypten Vertrauen270 im Rahmen einer so verstandenen Sonderverbindung.271 Die so definierte Sonderverbindung ist nicht vertraglicher Natur, weil sie willensunabhängig272 sowie von einem vertraglichen Leistungsaustausch 266 Zur Auskunftshaftung früher ähnlich RG SeuffArch 41 (1885), 154 (Nr. 100); Ausschlaggebendes Merkmal bei P. Krebs, Sonderverbindung, S. 161, 171. 267 BGHZ 66, 51 (54). 268 Zur „Jedermann-Haftung“ der §§ 823 ff. BGB im Gegensatz zu rechtlichen Sonderverbindungen: Larenz/Canaris, SchR II/2, § 75 I 4 c); Lorenz, FS Larenz (1973), S. 575 (593) argumentiert im Bereich der Auskunftshaftung mit dem Bedürfnis einer „sinnvolle[n] Privatplanung“, die das Wesen des Schuldvertrags ausmache. Prägnant beschreibt Picker, JZ 1987, 1041 (1044) dieses Merkmal als „Vorabfixierung der potentiellen Parteien“. Dies und das Interesse des Haftenden an der Nähebeziehung mit (potentiellen) Kunden im Gegensatz zu beliebigen Dritten übersieht U. Huber, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 647 (738 f.): „Verletzung einer allgemeinen Verkehrspflicht, die dem Schuldner gegenüber jedem Verkehrsteilnehmer obliegt, der sich rechtmäßig in seine dem allgemeinen Verkehr eröffneten Räume begibt.“ 269 Vgl. Frost, S. 55; P. Krebs, Sonderverbindung, S. 182, wo er diesen Gedanken bei allen Ansätzen erkennt sowie S. 197, wo er Frost, zustimmt. 270 Ähnlich P. Krebs, Sonderverbindung, S. 190. 271 Zwar ist nicht auszuschließen, dass der Vertrauensgedanke bei der deliktischen Haftung (v. a. im Bereich der Verkehrspflichten) ebenfalls ausschlaggebend sein kann, so Hans Stoll, FS Flume (Bd. I), S. 741 (753); doch das Vertrauen in einer Sonderverbindung ist inhaltlich konkreter und personal direkter als dasjenige gegenüber beliebigen Dritten; unentschieden, aber ebenfalls skeptisch BGHZ 51, 91 (99 ff., insbesondere 101); ähnlich BGH NJW 1974, 1503 (1504). 272 Die Unterscheidung zwischen „Verpflichtung kraft Willenserklärung und kraft Inanspruchnahme des Vertrauens“ betont Ballerstedt, AcP 151 (1951), 501 (508); vgl. zudem Picker, JZ 1987, 1041 (1044).
§ 14 Zusammenfassung
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unabhängig ist.273 Von anderen gesetzlichen Schuldverhältnissen unterscheidet sie sich durch die autonome Entscheidung der Beteiligten, zum jeweils anderen Partner in rechtsgeschäftlichen Kontakt zu treten.274 Funktional dienen die Rücksichtspflichten allein der Sicherung des Integritäts-, nicht des Äquivalenzinteresses. Im Hinblick auf die Rechtsfolgen einer Schutzpflichtverletzung ist hervorzuheben, dass der Schädiger über den begrenzten Schutzbereich des § 823 Abs. 1 BGB hinaus auch primäre Vermögensschäden auszugleichen hat.275 Um eine abgestufte Wertung bei der Pflichtenintensität zu ermöglichen, ist innerhalb dieses Bereichs der Sonderverbindungen eine ausreichende Differenzierung vorzunehmen. Die entscheidende Frage ist dabei, wann und wie weit ein Vertrauen in die andere Partei berechtigt ist.276 Das dargestellte Modell der Berufshaftung indiziert einen der denkbaren „Vertrauenstypen“277, nämlich die Professionalisierung einer Betätigung. Es versteht sich von selbst, dass innerhalb dieses Typus des berufsbezogenen Vertrauens wiederum Verästelungen und Abstufungen angebracht sein können, etwa nach abstrakten (Berufsbezeichnung, professionalisiertes Auftreten u. ä.)278 und konkreten (tatsächliche bestehende Sachkunde, Vorhandensein von Sonderwissen) Gesichtspunkten.279 III. Schlussfolgerungen für das Bankgeheimnis Das Bankgeheimnis befand und befindet sich inmitten dieser unübersichtlichen Gemengelage von sich überschneidenden Gerüsten der juristischen Dogmatik. Die in allen Haftungsmodellen angeführten Aspekte treten bei der Verschwiegenheitspflicht der Bank beispielhaft zutage: So stellt die Typisierung von Vertrauen ein wesentliches Merkmal des Bankgeheimnisses 273
So für die Dritthaftung für Informationen z. B. auch Kersting, S. 106. Als Kern der Doktrinen sieht Picker, AcP 183 (1983), 367 (411) das Faktum der über den Zufallskontakt hinausgehenden engen Beziehung. Canaris, FS Larenz (1983), S. 95 umschreibt dieses Moment mit „Gerichtetheit“, Lorenz, FS Larenz (1973), S. 575 (619) und Hans Stoll, FS Flume (Bd. I), S. 741 (768) mit „richtungsbedürftig“. 275 BT-Drs. 14/4060, S. 125. 276 Treffend insoweit Ballerstedt, AcP 151 (1951), 501 (508); Hopt, AcP 183 (1983), 608 (641); P. Krebs, Sonderverbindung, S. 188, 198 – „das wünschenswerte Vertrauen“. 277 Ein weiterer Typus könnte z. B. das personale Vertrauen sein (bei familiären Bindungen, bei persönlichen Zusagen u. ä.). 278 In diesem Fall wird man an Rechtsscheinsgrundsätze denken müssen. 279 Im Kern entspricht dies dem Ansatz von Canaris, dem für die Informationshaftung auch Kersting, S. 104 ff. folgt. 274
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
dar. Ob prinzipiell jede Art von geschäftlichem Kontakt eine ausreichende Typisierung zulässt oder ob nur in bestimmten Geschäftsbeziehungen ein „Vertrauendürfen“280 auf die Loyalität des anderen anzunehmen ist, bleibt im Rahmen dieser Dissertation dahingestellt. Zu untersuchen ist allein die Vertrauenswürdigkeit der Kreditinstitute. 1. Dogmatische Beschreibung des Bankgeheimnisses
Alle vorgestellten Modelle eignen sich grundsätzlich, die dogmatische Ankerfunktion für das Bankgeheimnis zu übernehmen. Schlagwortartig lassen sich dessen Eigenheiten wie folgt beschreiben: Das Bankgeheimnis ist von einzelnen Bankgeschäften unabhängig und daher nicht leistungsbezogen. Die Einwirkungsmöglichkeit des Kreditinstituts in die Rechtssphäre des Kunden ergibt sich mit dem Geschäftskontakt der Partner zueinander und tritt meist bereits vor einem Vertragsschluss ein. Eine Zuordnung zu einer Haftungstheorie ist angesichts der unterschiedlichen Argumentationsebenen nicht sinnvoll und nicht nötig. Systematisch ist weder die Charakterisierung als vertragliches noch als deliktisches Institut sachgerecht: Es handelt sich nicht um Vertragsrecht, weil kein Wille der Bank notwendig ist, sich rechtlich im Hinblick auf die Verschwiegenheit zu binden. Wegen der Existenz einer Sonderverbindung versagt die Annahme von Deliktsrecht. Anders als im Deliktsrecht, wird die Rechtsbeziehung von beiden Parteien angestrebt, beruht also auf einem Willensakt. Dogmatisch handelt es sich um ein gesetzliches Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten.281 Normativ stellt es eine Art der Vertrauenshaftung dar. Eine Verankerung des Bankgeheimnisses als Fallgruppe von c. i. c. und p. F. V. wäre vor der Schuldrechtsmodernisierung konsequent gewesen. Die neue Ausrichtung des Schuldrechts an einer einheitlichen Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB hat den Vorzug, dass die überflüssige Unterscheidung nach zeitlichen Aspekten (vorvertragliche, vertragliche oder nachvertragliche Phase) hinfällig wurde.282 Die Einbettung des Bankgeheimnisses ins positive Recht hat seit der Schuldrechtsreform über (§ 311 Abs. 2 i. V. m.) §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB zu erfolgen. Die Vorschrift des § 241 Abs. 2 BGB erfasst nach zutreffender Ansicht al280 So mit Recht Ballerstedt, AcP 151 (1951), 501 (508); vgl. auch Hopt, AcP 183 (1983), 608 (641). 281 s. Fn. 191; unentschieden insoweit z. B. Claussen, § 4 Rn. 10 h; Kümpel, Rn. 2.135, da es für die Begründung der Pflicht und ihren Umfang letztlich keine Rolle spiele, ob sie vertraglicher oder außervertraglicher Natur ist. 282 Sie war nicht sachgerecht, weil weder die Entstehung noch der Umfang einer Pflicht davon abhingen.
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lein leistungsunabhängige Schutzpflichten.283 Da das Bankgeheimnis durch das des Kunden bestimmt ist, unterfällt es diesen Normen.284 2. Normative Kriterien zur Bestimmung des Pflichtenumfangs
Die Verankerung des Bankgeheimnisses in § 280 Abs. 1 BGB trifft keine Entscheidung über die Schutzintensität. Deswegen ist diese anhand von Wertungen festzulegen285 und die Pflichten so innerhalb der Sonderverbindung zu konkretisieren.286 Da Sachverhalte und Interessenlagen nur bei Schutzpflichten ähnlichen Inhalts vergleichbar sind, erlangen für das Bankgeheimnis vor allem diejenigen Entwicklungen der verschiedenen Haftungsmodelle Bedeutung, die sich im Bereich der Unterlassenspflichten, insbesondere der beruflichen Verschwiegenheitspflichten, sowie umgekehrt bei Informationspflichten (Aufklärungspflichten) vollzogen.287 Einige Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses, wie sie das 2. Kapitel dieser Dissertation beschreibt, finden sich als Charakteristika von Schutzpflichten wieder. Zu diesen Gemeinsamkeiten gehört vor allem das Vertrauen in den Rechtsgüterschutz. Die Theorien zur Berufshaftung betonen die Berufsbezogenheit des Vertrauens, das dem Berufsträger typisiert ent283 Heinrichs in: Palandt, § 241 Rn. 6; Kramer in: MünchKomm BGB, § 241 Rn. 17; P. Krebs in: AnwK, § 241 Rn. 19, 37 ff.; Medicus, SchR I, § 1 Rn. 5; Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 419, 505; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 241 Rn. 15; Willingmann/Hirse in: Kompaktkommentar, § 241 Rn. 9; dafür spricht auch BT-Drs. 14/6040, S. 125 eher, der im Abs. 2 die „Lehre von den Schutzpflichten“ aufgreifen wollte; a. A. wohl Grüneberg/Sutschet in: Bamberger/ Roth, § 241 Rn. 42 ff., die – ohne Begründung – alle Nebenpflichten unter Abs. 2 fassen. Gegen die hier vertretene Ansicht spricht nicht, dass einzelne Nebenpflichten dem Leistungs- als auch dem Schutzinteresse dienen (vgl. Beispiel in BT-Drs. 14/6040, S. 125), denn insoweit müssen beide Absätze des § 241 BGB angewendet werden. 284 Vgl. Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 514; bei anderen ergibt sich dieses Ergebnis indirekt durch die Einstufung des Bankgeheimnisses als Pflicht nach § 241 Abs. 2 BGB, s. vorstehende Fn. 285 Ebenso vom Blickwinkel des § 242 BGB her Teichmann, JA 1984, 709 (713); die Notwendigkeit einer Kombination mehrerer Legitimationsgesichtspunkte bei Schutzpflichten unterstreicht auch P. Krebs, Sonderverbindung, S. 209. 286 Dass dies bei „Geheimbereichen“ besondere Schwierigkeiten macht, meint Hopt, AcP 183 (1983), 608 (707). Zum Pflichtenkonflikt zwischen Bankgeheimnis und Individualpublizität detailliert bei Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 465 ff. 287 Die obigen Erörterungen strichen die Punkte heraus, in denen die bankrechtliche Verschwiegenheitspflicht Parallelen zu anderen Schutzpflichten zulässt. Zu den Fallgruppen der c. i. c. und p. F. V. sind sie möglich, soweit es um leistungsunabhängige Verschwiegenheitspflichten geht. Beim Vergleich mit Handlungspflichten – z. B. Aufklärungspflichten – ist die geringere Belastung eines Pflichtigen durch Unterlassenspflichten zu beachten.
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3. Kap.: Dogmatische Grundlagen des Bankgeheimnisses
gegengebracht wird. Das Bankgeheimnis reiht sich also in eine Schutzpflichtgattung ein, die durch ein abstraktes Vertrauen auf Grund beruflicher Stellung gekennzeichnet ist.288 Der Aspekt der Professionalisierung ist bei den Kreditinstituten ausgeprägter als bei anderen Berufsbildern, weil das Bankgewerbe historisch gewachsen und als Berufsstand klar erkennbar ist.289 Allerdings lassen sich die bisher in Literatur und Rechtsprechung herausgearbeiteten Theorien zur Berufshaftung nur eingeschränkt auf das Bankgeheimnis übertragen, da sich letztere bisher auf die Haftung für Fehlinformationen (Schutz des Mitteilungsadressaten) bezogen. Diese ist mit der Haftung für Geheimnisverletzungen (Schutz des Geheimnisherrn) inhaltlich in vielen Punkten nicht vergleichbar. Innerhalb dieser Pflichtengattung empfiehlt sich eine weitere Nuancierung.290 Die Ausführungen legten dar, dass es maßgeblich auf das „Vertrauendürfen“ ankommt. Deshalb fließt an diesem Punkt ein, ob und wie weitgehend die Rechtsordnung das jeweilige Vertrauen fördert oder missbilligt. Ferner sind – wie immer bei gesetzlichen Pflichten – die Interessen der Beteiligten zu gewichten, z. B. die drohende Gefahr bei einer Pflichtverletzung (z. B. die Qualität der tangierten Rechtsgüter des Kunden), die Anstrengung der Pflichteneinhaltung für die Bank u. ä. Für den Fortgang dieser Untersuchung lässt sich mit dieser Herangehensweise eine klare Bestimmung von Inhalt und Reichweite des Bankgeheimnisses vornehmen. Trotz seiner Besonderheiten fügt es sich in die bekannten dogmatischen Spuren ein. Als gesetzliche Pflicht muss das Bankgeheimnis mit allen relevanten Wertungen der Rechtsordnung in Einklang gebracht werden, um normative Widersprüche zu vermeiden. Zu prüfen bleibt deshalb, ob der Geheimnisschutz in anderen Rechtsgebieten Aussagen zum Schutzniveau des Bankgeheimnisses trifft.
288 Z. B. im Gegensatz zu dem von einem bestimmten Menschen ausgehenden persönlichen Vertrauen – Differenzierung auch in BGHZ 79, 337 (341); 83, 222 (223 f.). 289 Im Gegensatz zu vielen anderen Dienstleistenden ist diesbezüglich unproblematisch, wenn sich die soziale zu einer rechtlichen Rolle verfestigt, vgl. Hopt, AcP 183 (1983), 608 (645): „Berufsrolle als soziale Rolle wie sie hauptsächlich in den sogenannten alten Professionen erscheint“ . . . „und dort mit Spezialausbildung, Berufsethos, Berufszulassung, Berufsorganisation und besonderem Sozialprestige als den wichtigsten Professionalisierungsmerkmalen verbunden ist“. 290 Ebenso in Bezug auf die Berufshaftung Medicus, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. I, S. 479 (545).
4. Kapitel
Einfluss anderer Rechtsgebiete Das Zivilrecht muss sich an der objektiven Wertordnung des Grundgesetzes ausrichten. Deshalb werden sich die folgenden Seiten mit der Frage befassen, ob und gegebenenfalls welche Wirkungen die Verfassung auf Bestehen und Reichweite des Bankgeheimnisses hat (§ 15). Darüber hinaus wird die Arbeit den Blick auf den strafrechtlichen Geheimnisschutz und seine Bedeutung für das Bankgeheimnis richten (§ 16).
§ 15 Mittelbarer Einfluss des Verfassungsrechts I. Meinungsstand zur verfassungsrechtlichen Grundlage des Bankgeheimnisses In der Literatur ist streitig, ob das in dieser Dissertation maßgebliche Innenverhältnis zwischen Bank und Kunde eine verfassungsrechtliche Grundlage besitzt. Vertreten werden alle Richtungen: Nobbe verneint dies;1 andere räumen dem Bankgeheimnis jedenfalls keinen unmittelbaren institutionellen verfassungsrechtlichen Schutz ein.2 Der unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung sei (jedenfalls) nicht berührt.3 Dennoch gehen viele von einem verfassungsrechtlichen Schutz aus,4 meist sehen sie das zivilrechtliche Bankgeheimnis als Verlängerung des Grundrechtsschutzes zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht5 und/oder zum Recht auf informationelle 1
Nobbe, WM 2005, 1537 (1539); ebenso z. B. Meincke, WM 1998, 749 (757); wohl auch Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 7 Rn. 1. 2 Bohnstedt, S. 55 f.; Koch, MMR 2002, 504 (505); Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 (132); Rinze/Heda WM 2004, 1557 (1561); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/857. 3 Koch, MMR 2002, 504 (505); Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 (132); Kümpel, Rn. 2.145; Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (144); Rinze/Heda WM 2004, 1557 (1561); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/857; vgl. auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 36 m. w. N. 4 Kreutzer, S. 14 ff.; Steding/Meyer, BB 2001, 1693 sowie die nachfolgenden Fn. 5 Cahn, WM 2004, 2041 (2043); Kirchherr in: Sichtermann, S. 40 f. m. w. N. auf S. 32 Fn. 16; Klüwer, ABS, S. 209; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/857; a. A. Biedermann, BlStSozArbR 1970, 61: „abwegig“.
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4. Kap.: Einfluss anderer Rechtsgebiete
Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG.6 Jedenfalls – und das scheint niemand anzuzweifeln – garantiere die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit die Vertragsfreiheit und schaffe so die Möglichkeit, sich eine eigene „Geheimnissphäre“ zu schaffen und aufrechtzuerhalten.7 Die vorliegende Arbeit wird diese Problematik nur streifen. Fest steht, dass die Wertentscheidungen des Grundgesetzes die gewohnheitsrechtliche Entwicklung des Bankgeheimnisses beeinflussen konnten.8 Denn das Zivilrecht darf nicht im Widerspruch zu den Prinzipien stehen, die in den Grundrechten zum Ausdruck kommen.9 Somit muss die Inhaltsbestimmung des Bankgeheimnisses wie jede bürgerlichrechtliche Regelung verfassungskonform ausgelegt oder gestaltet werden.
II. Nur mittelbare Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht Um die Problematik der Verfassungskonformität näher in den Blick zu nehmen, skizziert die folgende Darstellung, inwieweit Grundrechtspositionen von Bank und Kunde aufeinandertreffen können. 1. Betroffene Grundrechtspositionen
Das Bankgeheimnis findet seinen Geltungsgrund in der rechtsgeschäftlichen Sonderverbindung und muss sich deshalb inhaltlich an dieser orientieren. Die ihm unterfallenden Informationen und der Lebensbereich, dem sie entstammen, sind vielfältig. Dementsprechend weist das Bankgeheimnis zu mehreren Grundrechten Berührungspunkte auf. Die zivilrechtliche Ver6 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 37; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (475 f.). 7 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 37; Koch, MMR 2002, 504 (506); Kreutzer, S. 20 ff.; Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (144); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/857; vgl. dazu BVerfGE 65, 1 (42 f.) – „Volkszählungsurteil“; Hubmann, JZ 1957, 521 (524) ging davon aus, die „Geheimsphäre“ sei einer von drei Schutzkreisen des Persönlichkeitsrechts; vgl. auch Kirchherr in: Sichtermann, S. 40 f. und Sichtermann, MDR 1965, 697 m. w. N. (Schutz der Geheimsphäre als Grundrecht bezeichnet) – dagegen Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (144). 8 Insofern ist die Meinung einzuschränken, eine verfassungsrechtliche Verankerung des Bankgeheimnisses habe über die Drittwirkung der Grundrechte hinaus keine Auswirkungen auf die privatrechtliche Ebene zwischen Bank und Kunde – so F. Becker, S. 173. 9 BVerfGE 81, 242 (254).
§ 15 Mittelbarer Einfluss des Verfassungsrechts
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schwiegenheitspflicht überschneidet sich inhaltlich mit verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen, deckt sich jedoch nicht mit ihnen. Nur in den kongruenten Teilbereichen kann das Grundgesetz Wirkungen für das Bankgeheimnis entfalten.10 Dazu können Ausschnitte des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß Art. 2 Abs. 1 (i. V. m. Art. 1 Abs. 1) GG gehören.11 Der abgestufte Schutz dieses Grundrechts erfasst unter anderem einen äußeren Wirkbereich, in dem der einzelne mit seiner Umwelt oder der Öffentlichkeit in Kontakt tritt und auf diese Weise deren Belange berührt.12 Dazu zählt auch die wirtschaftliche Betätigung.13 Da Bankgeschäfte ohne Preisgabe bestimmter Geheimnisse faktisch nicht möglich sind, kann dieser Druck zur Offenbarung von Informationen die Freiheit zur geschäftlichen Betätigung einschränken.14 Dem wirkt das Bankgeheimnis entgegen. 10 In Bezug auf steuerliche Angaben – und diese werden sich inhaltlich häufig mit denen im Rahmen eines Bankgeschäfts überschneiden – stellte das Bundesverfassungsgericht fest, eine Geheimhaltung könne durch eine Reihe grundrechtlicher Verbürgungen wie Art. 2 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 14 GG (gegebenenfalls i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG) geboten sein: BVerfGE 67, 100 (142). 11 F. Becker, S. 173; Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 5 f.; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 36 f.; Kreutzer, S. 14 ff., 23; Lerche, ZHR 149 (1985), 165 (174 f.); Schönle, Bank- und Börsenrecht, § 5 I 1; Sichtermann, MDR 1965, 697; wohl auch Cahn, WM 2004, 2041 (2043 f.); a. A. Claussen, § 6 Rn. 5; unveröffentlichter Vortrag von Herzog, zusammengefasst von Bornemann, ZBB 2003, 316 (317); zur Bedeutung von Art. 1 GG in diesem Zusammenhang Lerche, ZHR 149 (1985), 165 (174 f.); zur Entwicklung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts z. B. BGHZ 13, 334 (337 ff.) m. w. N. 12 So wohl Jobe, ZIP 2004, 2415 (2416); ähnlich Kümpel, Rn. 2.145; Lang, ZBB 2006, 115 (118); wohl a. A. unveröffentlichter Vortrag von Herzog, zusammengefasst von Bornemann, ZBB 2003, 316 (317). 13 Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (476) vgl. auch BVerfGE 35, 202 (220); BGHZ 36, 77 (80); Bohnstedt, S. 56; beim informationellen Selbstbestimmungsrecht auch BVerfGE 77, 121 (125); BVerfG NJW 2002, 2164 – Kammerbeschluss. 14 Ähnlich BVerfGE 65, 1 (42 f.); 113, 29 (46): „Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen“ – „Das Grundrecht dient dabei über das hinaus, was es unmittelbar gewährleistet, auch dem Schutz vor einem Einschüchterungseffekt, der entstehen und zu Beeinträchtigungen bei der Ausübung anderer Grundrechte führen kann, wenn für den Einzelnen nicht mehr erkennbar ist, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über ihn weiß. Die Freiheit des Einzelnen, aus eigener Selbstbestimmung zu planen und zu entscheiden, kann dadurch wesentlich gehemmt werden.“; BVerfG NJW 2002, 2164 – Kammerbeschluss; zudem unveröffentlichter Vortrag von Kirchhof, zusammengefasst von Bornemann, ZBB 2003, 319: Eine selbstsichere Entfaltung der Persönlichkeit setze vielfach das persönliche Geheimnis und die bewusste Disposition über das auf sich bezogene Wissen voraus.
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4. Kap.: Einfluss anderer Rechtsgebiete
Mit dem Persönlichkeitsrecht einher geht das ihm zuzuordnende Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es umfasst Angaben zu persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen15 (z. B. Geschäftsgeheimnisse16), etwa Kontoinhalte und Kontobewegungen17. Treffend formuliert Lang, das Bankgeheimnis beziehe sich nicht unmittelbar auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, werde aber jedenfalls reflexhaft von ihm miterfasst.18 Tritt ein Kunde mit der Bank für die Zwecke seiner Berufsausübung in Kontakt, kann die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG berührt sein. Eine Verletzung des Bankgeheimnisses kann unter Umständen zu einem Schaden führen, der eine von Art. 14 GG umfasste vermögensrechtliche Position betrifft.19 Auf der Seite der Bank kann die Pflicht zur Geheimhaltung eine Einengung des Rechts auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, der Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG20 sowie subsidiär der allgemeinen Handlungsfreiheit bedeuten. Bei Bank und Kunde ist zudem die Privatautonomie bedeutsam.21 Augenscheinlich ist dies beim vertraglich vereinbarten Bankgeheimnis, genauso fällt die bewusste Entscheidung zum rechtsgeschäftlichen Kontakt, der zur Geltung 15
Vgl. BVerfGE 77, 121 (125); BVerfG NJW 2002, 2164 – Kammerbeschluss. BVerfG DB 2002, 2588 (2589) – Kammerbeschluss. 17 BVerfG ZIP 2007, 2348 (2350) – Kammerbeschluss. 18 Lang, ZBB 2006, 115 (118). Dass die dem Bankgeheimnis unterfallenden Informationen auch diesem Grundrecht unterfallen können, ist weitgehend anerkannt: Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 5; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 37; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (475); a. A. wohl Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (168); Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (279) weisen darauf hin, dass dieser Schutz nur natürlichen Personen zustehe – dies ist nicht haltbar, vgl. nur BGHZ 166, 84 (112 Rn. 110: „das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Wirtschaftsunternehmens“). 19 Offenbart ein Kreditinstitut etwa ein Patentgeheimnis des Kunden, hat diese Information vermögensrechtlichen Charakter und fällt unter Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 36, 281 [290 f.]). Da der grundgesetzliche Eigentumsbegriff weiter als der zivilrechtliche geht, sind ebenfalls geschützt z. B. vermögenswerte Forderungen, das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (ausdrücklich genannt bei Klüwer, ABS, S. 209), das Know-how, der Kundenstamm oder die Marktstellung eines Unternehmens (vgl. z. B. BVerfGE 77, 84 [118]) – zu einem „Grundrecht auf Datenschutz“, der gesteigerten Bedeutung einer Information für den wirtschaftlichen Bestand eines Unternehmens sowie dem weitgefassten verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff ausführlich Ruppel, S. 25 ff. m. w. N. 20 Für Schweigepflichten von Anwalt und Arzt z. B. Schumann, FS Henckel, S. 773 (783). 21 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 37; unveröffentlichter Vortrag von Herzog, zusammengefasst von Bornemann, ZBB 2003, 316; Koch, MMR 2002, 504 (506); Mallmann/Schroeter, RWS-Skript 194, Rn. 63; Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (144); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/857. 16
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des gewohnheitsrechtlichen Bankgeheimnisses führt, in den Bereich der Privatautonomie. 2. Grund und Reichweite der horizontalen Drittwirkung
Anders als bei staatlichen Eingriffen in eine Geheimnissphäre der Bürger22 ist streitig, inwieweit sich Grundrechte in Privatrechtsbeziehungen auswirken.23 a) Mittelbare Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht Mindestens muss es eine mittelbare Drittwirkung geben.24 Denn staatliche Schutzpflichten erstrecken sich auf alle Freiheitsgrundrechte.25 Der abwehrrechtliche Grundrechtsschutz liefe leer, wenn er nicht vom Gebot des neminem laedere flankiert wäre.26 Adressaten des Gebots sind alle Grundrechtsträger; ihre Freiheitsrechte sind bestmöglichst miteinander in Einklang zu bringen. Erst das Verletzungsverbot gewährleistet das Funktionieren der Privatautonomie, in der die Rechtssubjekte die Rechtssphäre der anderen respektieren.27 In seinem Kern ist es verfassungsrechtlicher Natur. Für seine Geltung spielt es keine Rolle, ob es über eine (unmittelbare oder mittelbare) Drittwirkung der Grundrechte oder über eine staatliche Schutzpflicht gegenüber dem jeweiligen Verletzten in die Privatrechtsordnung einfließt.28 Beide Ansätze können aber kein Pflichtenverhältnis zwischen Privaten schaffen,29 sondern werden erst durch staatliches, schützendes Handeln umgesetzt. Das Grundgesetz gewährleistet nur einen Minimalschutz.30 Dieser bemisst sich nach der Sicherheitsempfindlichkeit des betroffenen 22 Hierzu z. B. BVerfGK 2, 298 (insbesondere 303) – Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse eines Telekommunikationsunternehmens; eine verfassungsrechtliche Verankerung des institutionellen Bankgeheimnisses im hoheitsrechtlichen Bereich nimmt Petersen, S. 10, 12 an. 23 Zum Streitstand vgl. Canaris, AcP 184 (1984), 201 ff.; Hager, JZ 1994, 373 ff. m. w. N.; Ruppel, S. 33 f.; Sack in: Staudinger, § 134 Rn. 39 ff. 24 Eine unmittelbare Drittwirkung der Grundrechte vertritt insbesondere noch Hager, JZ 1994, 373 ff. 25 Isensee in: HStR V, § 111 Rn. 86. 26 Isensee in: HStR V, § 111 Rn. 103; vgl. auch Hager, JZ 1994, 373 (378 ff.). 27 Isensee in: HStR V, § 111 Rn. 103. 28 Canaris, AcP 184 (1984), 201 (228); die zwei Richtungen nennt auch Sack in: Staudinger, § 134 Rn. 41; trotz des unterschiedlichen Ausgangspunkts im Ergebnis ähnlich Hager, JZ 1994, 373 (379 a. E.). 29 Isensee in: HStR V, § 111 Rn. 134 f.; Sack in: Staudinger, § 134 Rn. 41. 30 Canaris, AcP 184 (1984), 201 (245).
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4. Kap.: Einfluss anderer Rechtsgebiete
Schutzgutes, der Art, Reichweite und Intensität des potentiellen oder aktuellen Übergriffs sowie der Möglichkeit legitimer und zumutbarer Abhilfe durch den Grundrechtsträger selbst.31 Die Grundrechte wirken also mittelbar auf das Zivilrecht und damit auch auf das Bankgeheimnis ein.32 b) Grundrechtlicher Schutz des Bankgeheimnisses nur mittelbar aa) Grundsätzlicher gesetzlicher Schutz nötig Wenn eine Person auf die Inanspruchnahme bestimmter Dienstleistungen angewiesen ist, seine Rechtssphäre selbst aber nicht ausreichend zu schützen in der Lage ist, besteht eine staatliche Pflicht zur Verankerung eines ausreichenden Schutzes im einfachen Recht.33 Bankgeschäfte zählen zu den Dienstleistungen, die im heutigen Rechtsverkehr unerlässlich sind. Auf Grund des Massenverkehrs in diesem Bereich kann der Kunde seine Geheimhaltungsinteressen durch den Abschluss individueller Abreden mit seinem Vertragspartner nicht ausreichend selbst schützen. Je nach Inhalt der Information können, wie dargestellt,34 mehrere Grundrechte des Kunden berührt sein. Die Intensität des Eingriffs in die Rechtssphäre des Kunden durch ein Kreditinstitut hängt von den konkreten Umständen im Einzelfall ab.35 Doch muss die Rechtsordnung dem Bankkunden aus diesen Gründen einen Mindestschutz seiner Rechtsgüter vermitteln. Das Grundgesetz gibt dem Gesetzgeber freilich ein weites Gestaltungsermessen, wie er seinen Schutzauftrag erfüllt.36 Der Gesetzgeber ist dem Schutzgebot durch das Datenschutzrecht nachgekommen. Zivilrechtlich wird das neminem-laedere-Prinzip außerdem im Deliktsrecht umgesetzt.37 Auch vom Bankgeheimnis erfasste Informationen genießen diesen Schutz somit.38 Inwieweit das Bankgeheimnis darüber hinaus als schuldrechtliche Verpflichtung verfassungsrechtliche Berührungspunkte besitzt, bestimmt sich nach der Reichweite der Privatautonomie. 31
Isensee in: HStR V, § 111 Rn. 90 und 141 ff. Vgl. Canaris, AcP 184 (1984), 201 (228); Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (475 f.). 33 Zum Postgeheimnis nach der Privatisierung mit diesen Argumenten: Groß, JZ 1999, 326 (333); Löwer in: von Münch/Kunig, Art. 10 Rn. 14 – vergleichbar trotz des Unterschieds, dass das Postgeheimnis die Übertragung schützt, nicht den Inhalt; allgemein Hermes in: Dreier, Art. 10 Rn. 83 m. w. N. 34 S. 148 f. 35 Vgl. S. 495 ff. 36 Isensee in: HStR V, § 111 Rn. 90; Pieroth/Schlink, § 4 Rn. 97 m. w. N. zur BVerfG-Rechtsprechung. 37 Canaris, AcP 184 (1984), 201 (208) spricht hier sogar von einer unmittelbaren Drittwirkung des Persönlichkeitsrechts im Zivilrecht. 38 Vgl. auch Mallmann/Schroeter, RWS-Skript 194, Rn. 73 ff. 32
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bb) Bedeutung der Privatautonomie Die Wirkung der Grundrechte im Bereich von rechtsgeschäftlichen Beziehungen ist schwieriger, weil die Privatautonomie nach einer Vertragsfreiheit verlangt, die auch unvernünftige und unverhältnismäßige Selbstbindungen zulässt.39 Die Privatautonomie dient dazu, die verfassungsrechtlich zu schützenden Freiheitssphären der Rechtssubjekte zu gewährleisten. Sie wird dadurch verwirklicht, dass dem Staat die Dispositionsbefugnis über den rechtsgeschäftlichen Bereich weitgehend genommen wird.40 Eine Selbstbindung durch Vertragsschluss wäre sonst nicht möglich. Eine Grenze findet die Privatautonomie namentlich in zwei Bereichen, im Rechtsgüterschutz und in der Verhinderung von Fremdbestimmung. cc) Schutzpflichtlehre als Schranke der Privatautonomie Der Rechtsgüterschutz setzt sich im Privatrecht bei den Schutzpflichten als rechtsgeschäftliche Nebenpflichten, darunter das Bankgeheimnis, fort. Dogmatisch tritt die zivilrechtliche Schutzpflichtenlehre, wie Isensee zu Recht feststellt, in die vormalige Drittwirkungslehre ein und übernimmt deren Anwendungsfeld.41 Dementsprechend kann sich auch die Wechselwirkungslehre in der zivilrechtlichen Dogmatik fortsetzen.42 Für die Untersuchung des Bankgeheimnisses bedeutet dies: Auf Grund seiner Einbettung in die Schutzpflichtlehre – die natürlich ihrerseits Verfassungsrecht nicht zuwider laufen darf – ist ein Rückgriff auf das Grundgesetz nicht mehr erforderlich. Maßgebend für die Verschwiegenheitspflicht bleibt ihre gewohnheitsrechtliche Ausformung, soweit sie ins System der Schutzpflichten integriert werden kann. Nach der hier vertretenen Ansicht ist dies möglich. Für die Auslegung des Bankgeheimnisses bedeutet dies, dass sie sich nicht allein auf den Zweck und die historische Verankerung der Pflicht stützen sollte, sondern den gesamten Komplex der Schutzpflichten mitberücksichtigen muss. Ein Rückgriff auf Verfassungsrecht ist entbehrlich. dd) Fremdbestimmung als Schranke der Privatautonomie Einschränkungen der Privatautonomie hat die Rechtsprechung nur dort entwickelt, wo ein soziales und wirtschaftliches Gefälle zwischen den Be39
Canaris, AcP 184 (1984), 201 (210). Daher meinen Mallmann/Schroeter, RWS-Skript 194, Rn. 63, die Privatautonomie dürfe durch zu starke Durchbrechungen des Bankgeheimnisses nicht ausgehöhlt werden. 41 Isensee in: HStR V, § 111 Rn. 129. 42 Vgl. Isensee in: HStR V, § 111 Rn. 87. 40
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4. Kap.: Einfluss anderer Rechtsgebiete
teiligten vorliegt, das es einem der Grundrechtsträger nicht erlaubt, die ihm zustehenden Freiheitsrechte tatsächlich wirksam auszuüben. Ein privatautonomer Interessenausgleich käme ohne das Korrektiv des Staates sonst nicht zustande.43 Das Grundgesetz setzt der zivilrechtlichen Privatautonomie also dort Grenzen, wo das „Kräftegleichgewicht der Beteiligten“ fehlt und diese Lage die Selbstbestimmung eines Vertragspartners gefährdet.44 Auf dem Gebiet der Geheimhaltung bedeutet dies: Ein „von der Grundrechtsausübung abschreckender Effekt fremden Geheimwissens muss nicht nur im Interesse der betroffenen Einzelnen vermieden werden. Auch das Gemeinwohl wird hierdurch beeinträchtigt, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger gegründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist“.45 Das Bankgeheimnis sichert die Selbstbestimmung des Kunden vor allem in Bezug auf seine vermögensrechtlichen Daten. Es gleicht sein strukturelles Defizit gegenüber der Bank auf gesetzlicher Basis aus. Bereits deshalb ist die Einschränkung der Berufsfreiheit durch die Geheimhaltungspflicht auf Seiten des Kreditinstituts46 verfassungsrechtlich gerechtfertigt, zumal die Einschränkung sehr gering ist: Denn die Pflicht beruht – trotz ihrer gesetzlichen Natur – mittelbar auch auf dem freien Willen der Bank, in einen rechtsgeschäftlichen Kontakt zum Kunden zu treten. Zudem ist sie abdingbar.47 Da das Bankgeheimnis als Rechtsinstitut den grundgesetzlichen Wertungen somit nicht widerspricht, sondern sie sogar ins Zivilrecht umsetzt, ist auch in dieser Hinsicht ein Rückgriff auf das Verfassungsrecht im Einzelfall entbehrlich und bei der Auslegung der Pflicht allenfalls noch in Extremfällen denkbar.48 III. Zwischenergebnis Die vorstehenden Ausführungen legen dar, dass die Verfassung im Verhältnis zwischen Privaten und somit auch in der bankrechtlichen Geschäftsverbindung nur mittelbare Wirkung entfalten kann. Der Gesetzgeber setzt 43
Isensee in: HStR V, § 111 Rn. 131. BVerfGE 81, 242 (255). 45 BVerfGE 113, 29 (46); vgl. auch BVerfGE 65, 1 (43); Lang, ZBB 2006, 115 (118). 46 Keine „Einschränkung“, sondern gerade eine Ausübung der Berufsfreiheit liegt natürlich vor, wenn das Kreditinstitut sich vertraglich (wie meist durch AGB) zur Verschwiegenheit verpflichtet. 47 Eine vertragliche Selbstbindung verwirklicht die Privatautonomie und geht deshalb aus verfassungsrechtlichen Gründen einer gesetzlichen Schutzpflicht vor, vgl. Isensee in: HStR V, § 111 Rn. 131. 48 Vgl. S. 457. 44
§ 16 Strafrechtliche Wertungen ohne Einfluss auf das Bankgeheimnis
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die ihm obliegenden Schutzgebote in den verschiedenen Rechtsgebieten um. Eine besondere Bedeutung entfaltet hierbei die Privatautonomie, die es dem Einzelnen erlaubt, selbstbestimmt Bindungen einzugehen. Ihre Grenze und gleichzeitig ihren Ausdruck findet sie in zwei Bereichen, erstens im Prinzip des neminem laedere (verwirklicht in der zivilrechtlichen Schutzpflichtlehre), zweitens dort, wo ein Vertragspartner auf Grund faktischer Gegebenheiten den anderen fremdbestimmen kann. Die Einbettung in die Schutzpflichtlehre gewährleistet beim Bankgeheimnis, dass die Pflicht trotz ihrer gewohnheitsrechtlichen Wurzel den Maßgaben der Verfassung gerecht wird. Ein Rückgriff auf Grundrechte ist bei seiner Inhaltsbestimmung nicht erforderlich und allenfalls noch in Randbereichen denkbar, die von der typischen Interessenlage einer bankrechtlichen Geschäftsverbindung deutlich abweichen.
§ 16 Strafrechtliche Wertungen ohne Einfluss auf das Bankgeheimnis Viele Autoren machen die zivilrechtliche Schutzintensität von Verschwiegenheitspflichten von der gesetzlichen Ausgestaltung des strafrechtlichen Geheimnisschutzes, v. a. durch § 203 StGB, abhängig:49 Kirchherr und vor ihm schon Sichtermann sprechen den stärksten Schutz solchen Berufsgeheimnissen zu, die vom strafrechtlichen Schutz des § 203 StGB50 erfasst werden. Grund hierfür sei, dass die in dieser Norm genannten Personen eine besondere öffentliche Berufsstellung genießen. Das Vertrauensverhältnis zwischen ihnen und ihren Klienten, Mandanten usw. müsse einen besonderen staatlichen Schutz genießen.51 Petersen meint, in der Nichterfassung des Bankgeheimnisses im Rahmen des § 203 StGB eine deutliche gesetzliche Wertung „frei von jeglicher Willkür“ zu erkennen, die auch die zivilrechtliche Würdigung präge.52 I. Die Einheit der Rechtsordnung Die Einheit der Rechtsordnung, wie Engisch sie versteht, hindert nicht daran, an ein Unrecht nur einzelne mögliche Folgen zu knüpfen, also nur 49 Dies klingt an bei Bruchner, BKR 2004, 394 (395); Hofmann/Walter WM 2004, 1571, Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1562) und Rögner, NJW 2004, 3230 (3231). 50 Er entspricht im Wesentlichen dem § 300 RStGB. 51 Kirchherr in: Sichtermann, S. 35; Sichtermann, 2. Aufl., S. 30 zu § 300 RStGB. 52 Petersen, S. 39 f. und S. 65.
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4. Kap.: Einfluss anderer Rechtsgebiete
Schadensersatz und keine Strafe.53 Insoweit sind Straf- und Zivilrecht voneinander unabhängig. Was der Gesetzgeber nur zivilrechtlich und nicht gleichzeitig strafrechtlich geschützt haben will, steht in seinem Ermessen.54 Deshalb ist das Strafrecht weitgehend eine „in sich ruhende Materie“.55 Zur Überprüfung der These, der strafrechtliche Geheimnisschutz müsse wertend ins Zivilrecht einbezogen werden, sind „die Beziehungen normativer und teleologischer Art“ zwischen verschiedenen Rechtsteilen bedeutsam, insbesondere die „Rangordnung der Wertungen und Rechtsgüter“.56 Die Arbeit will im Folgenden mögliche Wertungen zu den Schutzgütern des strafrechtlichen Geheimnisschutzes herausarbeiten. So soll die Frage beantwortet werden, ob und inwieweit die Einheit der Rechtsordnung in Bezug auf das Bankgeheimnis eine zivilrechtliche Würdigung des strafrechtlichen Geheimnisschutzes verlangt. „Solche Wertungen zeigen sich darin, dass das Gesetz bestimmten Gütern einen umfassenden Schutz zuteilwerden läßt, andere ungeschützt lässt oder in geringerem Maße schützt, in dem Gebot oder Verbot bestimmter Verhaltensweisen und der Androhung von ‚Sanktionen‘ für den Zuwiderhandelnden, in der Einräumung oder Versagung von Rechten, der Zuweisung von Risiken.“57 Im Ergebnis wird sich zeigen, dass der Katalog des § 203 Abs. 1 StGB und andere strafbewehrte Verschwiegenheitspflichten keine Rückschlüsse auf die zivilrechtliche Qualität des Bankgeheimnisses zulassen.58
53
Engisch, S. 58. In Bezug auf den Geheimnisschutz zeigt sich dieses Ermessen in folgender Bemerkung aus dem Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch, BTDrs. 7/550, S. 235: „Der Entwurf verzichtet darauf, eine dem § 182 E 1962 entsprechende Vorschrift über die öffentliche Erörterung fremder Privatangelegenheiten in das Strafgesetzbuch einzufügen. Ob es geboten ist, den insoweit schon bestehenden zivilrechtlichen Schutz durch eine Strafvorschrift zu verstärken, und wie eine solche Vorschrift tatbestandlich auszugestalten wäre, ist rechtspolitisch sehr umstritten.“ 55 Engisch, S. 32. 56 Vgl. Engisch, S. 33. 57 Larenz, Methodenlehre, S. 214. 58 Dies heißt nicht, dass die Überlegungen zum Strafrecht keine Parallelen zum Zivilrecht erkennen lassen. Denn bei Verschwiegenheitspflichten, die sowohl strafals auch zivilrechtlich geschützt sind, werden sich die Verpflichteten typischerweise an die jeweils strengeren Vorgaben halten, was jedenfalls faktisch (wenn nicht sogar gewohnheitsrechtlich) zu einem parallelen Verständnis in Straf- und Zivilrecht führt. Durch die Einbindung des Bankgeheimnisses in das System der zivilrechtlichen Schutzpflichten wird sich demzufolge das Bankgeheimnis indirekt auch an strafrechtlichen Maßstäben orientieren. 54
§ 16 Strafrechtliche Wertungen ohne Einfluss auf das Bankgeheimnis
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II. Ausgestaltung des strafrechtlichen Geheimnisschutzes Der strafrechtliche Geheimnisschutz fächert sich in eine Vielzahl von Einzelnormen auf. Zentrale Vorschrift ist § 203 StGB. In Nebengesetzen finden sich strafbewehrte Geheimhaltungspflichten in einer Reihe von Normen.59 Die Tatbestände knüpfen für die Strafbarkeit im Wesentlichen an zwei Komponenten an. Sie setzen immer ein Geheimnis voraus, das entweder beliebiger Art sein kann oder näher bezeichnet wird (z. B. solche des persönlichen Lebensbereiches oder des Betriebs- oder Geschäftsbereiches).60 Die zweite Komponente stellt die Zugehörigkeit der Normadressaten zu einem bestimmten Täterkreis dar.61 Maßgebendes Merkmal ist meist die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Berufsstand,62 bei Unternehmen vielfach die Funktion des Geheimnisträgers innerhalb des Unternehmens.63 Teilweise genügt bereits jegliche Art von geschäftlichem Kontakt.64 III. Kein klar definiertes Schutzgut in den Strafrechtsnormen Neben der Wahrung des Rechtsfriedens ist das vorrangige Ziel des Strafrechts der Rechtsgüterschutz.65 Dies lässt vermuten, dass man über diesen Weg schnell zu den Wertungen gelangt, die den Geheimnisschutz bestimmen. Doch trotz einer großen Anzahl von Regelungen bleibt die Suche nach dem bestimmenden Rechtsgut für Verschwiegenheitspflichten vergeblich. In der strafrechtlichen Literatur stehen sich im Wesentlichen die Individualschutzlehre und die Gemeinschaftsschutzlehre gegenüber.66 59 Z. B. im Arbeitsrecht § 120 BetrVG, § 35 Sprecherausschussgesetz, im Gesellschaftsrecht § 404 AktG, § 85 GmbHG, § 151 GenG, § 333 HGB, § 315 UmwG, § 138 Abs. 1 Nr. 2 VAG, im Wettbewerbsrecht §§ 17, 18 UWG, bei Berufsordnungen §§ 133 a und 133 b WiPrO. 60 Vgl. § 203 StGB sowie beispielhaft §§ 17 und 18 UWG für das Wettbewerbsrecht, § 404 AktG, § 85 GmbHG, § 315 UmwG für das Gesellschaftsrecht, §§ 133 a und 133 b WiPrO für Berufsordnungen. 61 Bei § 203 Abs. 1 Nr. 1 z. B. alle Ärzte, Zahnärzte usw. 62 Dies gilt insbesondere für § 203 StGB, aber auch für §§ 133 a und 133 b WiPrO, § 333 HGB, § 138 Abs. 1 Nr. 1 VAG, § 315 Abs. 1 Nr. 2 UmwG. 63 So bei § 17 UWG, § 404 AktG, § 85 GmbHG, § 315 Abs. 1 Nr. 1 UmwG, § 138 Abs. 1 Nr. 2 VAG, § 120 BetrVG. 64 So bei § 18 UWG. 65 Statt vieler Roxin, StrR AT, § 2 Rn. 65 ff.; Schünemann in: LK StGB, § 203 Rn. 4. 66 Diese Arbeit wird auf die strittigen Meinungen des Strafrechts nur eingehen, soweit dies für die Zwecke dieser Untersuchung aus zivilrechtlicher Sicht von Bedeutung sein kann. Darstellung des Meinungsstands z. B. bei Bieber, S. 76 f.; Cierniak in: MünchKomm StGB, § 203 Rn. 2.
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4. Kap.: Einfluss anderer Rechtsgebiete 1. Die Individualschutzlehre zu § 203 StGB
Der Gesetzgeber begründete im Jahre 1973 den Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimbereiches folgendermaßen: Der Einzelne könne sich nur zu einer Persönlichkeit entwickeln, wenn ihm hierfür ein freier Raum vor der Gemeinschaft und dem Staat sowie vor den anderen Einzelnen gewährleistet werde.67 § 203 StGB schütze den persönlichen Geheimbereich als selbständiges Rechtsgut. Es handele sich um ein Individualgut, über das der Berechtigte frei verfügen könne.68 Dieser Ansatz sieht den Strafzweck des § 203 StGB in erster Linie darin, das aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 GG fließende Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu schützen.69 Neben den Materialien des Gesetzgebers spricht für diesen Ansatz die Überschrift des Fünfzehnten Abschnitts des StGB, die vom Schutz der „Privatgeheimnisse“ spricht. 2. Die Kritik an der Individualschutzlehre
Die Individualschutzlehre wirft jedoch Unstimmigkeiten auf, gerade bei ihrer Anwendung auf juristische Personen:70 Stützte man § 203 StGB allein auf das Persönlichkeitsrecht, müsste man auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben für juristische Personen ins einfache Recht übertragen. Das Verfassungsrecht verlangt in Art. 19 Abs. 3 GG für diese eine grundrechtstypische Gefährdungslage.71 Ihr Vorliegen wird bei § 203 StGB indes nicht geprüft – weder die Legislative verankerte ein solches Erfordernis im StGB noch verlangen Rechtsprechung oder Literatur nach einer solchen Voraussetzung. Dies spricht nicht dafür, den Zweck der Strafbarkeit im Schutz des Persönlichkeitsrechts zu sehen.72 Bei Betrachtung der erfassten Berufsfelder kann der besonders starke Persönlichkeitsbezug der Information, die jeweils geheim zu halten ist, 67 Denn Art. 1 und 2 GG enthielten das Recht des Einzelnen zur freien Entfaltung seiner Persönlichkeit, vgl. BT-Drucks. 7/550, S. 235. 68 BT-Drucks. 7/550, S. 236. 69 Zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung oben S. 148 ff.; in diese Richtung auch KG JR 2001, 480 (481); Jähnke in: LK StGB, § 203 Rn. 3. 70 Vgl. Cierniak in: MünchKomm StGB, § 203 Rn. 4. 71 Für das Strafrecht Cierniak in: MünchKomm StGB, § 203 Rn. 4; verfassungsrechtlich Pieroth/Schlink, § 5 Rn. 152 m. w. N. 72 Auch die Überschrift „Privatgeheimnisse“ ändert an diesen Zweifeln nichts. Denn der Begriff meint nur, dass die Privatperson als Einzelpersönlichkeit geschützt wird, die der Gemeinschaft und dem Staat gegenübersteht. Der Inhalt des Geheimnisses braucht also nicht notwendig dem persönlichen Lebensbereich anzugehören, sondern kann z. B. auch aus der wirtschaftlichen oder politischen Betätigung des Einzelnen stammen: BT-Drs. IV/650, S. 334.
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kein Kriterium für die strafrechtliche Schutzwürdigkeit sein: Anders als die in Heilberufen Tätigen erlangen etwa Steuerberater und Wirtschaftsprüfer typischerweise Kenntnisse von Vermögensangelegenheiten des Klienten. Die Aufnahme solcher Berufe in den Katalog des § 203 StGB liefe zumeist leer, wenn solche Informationen nicht geschützt wären. § 203 StGB nennt Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gleichrangig neben solchen des persönlichen Lebensbereiches. Ein Blick auf die Vielzahl von Nebengesetzen verdeutlicht außerdem, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einen umfassenden Schutz genießen.73 Auch das angedrohte Strafmaß ist bei vermögensbezogenen Geheimnissen nicht geringer als bei solchen des persönlichen Lebensbereiches. Hinzu kommt bezüglich des Bankgeheimnisses Folgendes: Bei ihm sind inhaltlich nicht nur Informationen zur finanziellen Lage des Kunden, sondern ebenso Daten aus dem persönlichen Lebensbereich geschützt.74 Jedenfalls insoweit müsste das Bankgeheimnis also nach der Individualschutzlehre Eingang in die Vorschrift finden. Darüber hinaus macht eine Begründung des § 203 StGB über die informationelle Selbstbestimmung nicht plausibel, weshalb der Schutz auf bestimmte Berufsgruppen begrenzt bleibt.75 Als eine Art „informationelle Untreue“76 müsste diese Norm jede Art von faktischen oder rechtsgeschäftlichen Rechtsverhältnissen erfassen, in denen die Verschwiegenheit ein wesentlicher Faktor der Geschäftsbeziehung darstellt. In vielen Rechtsbeziehungen sind die Vertragsparteien zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen darauf angewiesen, bestimmte Informationen zu erlangen.77 Erst recht gilt dies für die bankvertragliche Geschäftsbeziehung, die neben der Übermittlung personenbezogener Daten regelmäßig eine Offenlegung der Vermögenslage durch den Kunden erfordert. Den Strafzweck des § 203 StGB als Schutz des Persönlichkeitsrechts zu verstehen, bietet somit kein geeignetes Abgrenzungskriterium für die Kasuistik zu diesem Tatbestand.
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Alle in Fn. 59 aufgeführten Vorschriften nennen sie ausdrücklich. So fallen unter das Bankgeheimnis etwa der Familienstand sowie der Zweck der getätigten Überweisungen; man denke nur an einen Vater, der ein erhebliches Interesse daran haben kann, dass seine Unterhaltszahlungen an ein Kind geheim bleiben. 75 Cierniak in: MünchKomm StGB, § 203 Rn. 4. 76 Cierniak in: MünchKomm StGB, § 203 Rn. 5. 77 Man denke nur an einen Werkvertrag mit einem Innenarchitekten, der die Baupläne nach den speziellen Wünschen des Bauherrn anfertigen muss, die dieser nicht publik machen möchte. 74
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4. Kap.: Einfluss anderer Rechtsgebiete 3. Die Gemeinschaftsschutzlehre zu § 203 StGB
Die Vertreter der Gemeinschaftsschutzlehre schließen aus der Begrenzung des Täterkreises eine vorrangig sozialrechtliche Funktion. Schutzgut sei in erster Linie das allgemeine Vertrauen in die Verschwiegenheit der Angehörigen bestimmter sozial anerkannter Berufe als Voraussetzung dafür, dass diese ihre im Interesse der Allgemeinheit liegenden Aufgaben erfüllen können.78 4. Die Kritik an der Gemeinschaftsschutzlehre
Diese Ansicht verkennt, dass der Hauptkritikpunkt an der Individualschutzlehre gleichermaßen für die Gemeinschaftsschutzlehre gilt. Es ist keine ratio legis erkennbar, nach der die in § 203 StGB genannten Vertrauensverhältnisse einen strafrechtlichen Schutz des persönlichen Lebensbereichs verdienen, der stärker als bei vergleichbaren faktischen und rechtlichen Beziehungen – darunter das Bankgeheimnis – ist. a) Die Verschiedenartigkeit der verfolgten Interessen Manche der Katalogberufe dienen der Erfüllung einer herausgehobenen Gemeinwohlfunktion. Dies gilt vor allem in Bezug auf Heilberufe; diese fördern die Volksgesundheit, deren Schutz eine staatliche Aufgabe darstellt.79. Vertreter der Gemeinschaftsschutzlehre ziehen diese Berufsgruppe deshalb gerne als argumentative Hilfe heran. In Bezug auf Angehörige anderer Berufsgruppen ist ein Gemeinwohlinteresse nur schwer festzustellen.80 Da sich eine Analogiebildung zur Ausweitung der Strafbarkeit verbietet,81 mag die Unstimmigkeit der Fallbildung des § 203 StGB innerhalb 78 Lenckner in: Schönke/Schröder, § 203 Rn. 3; Heckel, NVwZ 1994, 224 (227); weitere Hinweise bei Jähnke in: LK StGB, § 203 Rn. 14, der in Rn. 15 aber meint, die Vorschrift sei jedenfalls nicht überwiegend auf öffentliche Belange zugeschnitten; wohl a. A. KG JR 2001, 480 (481). Ähnlich argumentiert Cierniak in: MünchKomm StGB, § 203 Rn. 5, der beide Theorien verbindet: Er rechtfertigt die Kategorisierung des § 203 StGB damit, dass die aufgeführten Berufsgruppen die „Informationen benötigen, um ihre Funktion gegenüber dem Individuum und/oder der Allgemeinheit erfüllen zu können“. Sie seien „sozial anerkannte Verwalter von Fremdinformationen“. 79 BVerfGE 94, 372 (395) – „Apothekenwerbung“; 95, 173 (184 ff.) – „Warnhinweise auf Tabakerzeugnissen“; vgl. auch z. B. Goedel, S. 26 ff.; Lenckner in: Schönke/Schröder, § 203 Rn. 3, der das allgemeine Interesse an einer funktionsfähigen ärztlichen Gesundheitspflege herausgreift. 80 Manche erwähnen sie daher erst gar nicht: KG JR 2001, 480 (481); Heckel, NVwZ 1994, 227. Andere begnügen sich mit der Feststellung, dass bei ihnen Entsprechendes gelte, z. B. Lenckner in: Schönke/Schröder, § 203 Rn. 3.
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der strafrechtlichen Systematik von geringem Interesse sein.82 Um jedoch die Kasuistik des § 203 StGB als eine bewusste gesetzgeberische Auswahl begreifen zu können, die sogar Wertungen für das Zivilrecht enthält, muss man den Zweck des gesamten Katalogs von Berufsgruppen hinterfragen: Neben den erwähnten Heilberufen finden sich öffentliche Gemeinwohlbelange bei den in Nr. 3 aufgeführten Organen der Rechtspflege.83 Wirtschaftsprüfer fördern das Gemeinwesen dadurch, dass sie gesetzlich vorgesehene Prüfungsvermerke ausstellen.84 Die von Steuerberatern zu wahrende Verschwiegenheitspflicht ist das notwendige Gegenstück zu den umfassenden Offenbarungs- und Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen, die er ohne Steuerberater oft nur schwer erfüllen könnte. Sie verlängert das Steuergeheimnis in § 30 Abs. 1 AO und steht daher auch im staatlichen Interesse der richtigen Besteuerung.85 So verstanden enthielte § 203 StGB ein Sammelsurium von Strafzwecken, das für jede Berufsgruppe ein bestimmtes Allgemeininteresse schützt.86 Systematisch stellt dies eine ungewöhnliche Konstellation dar, zumal § 203 StGB zu einem Abschnitt des Strafgesetzbuches gehört, der mit „Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs“ überschrieben ist. Nach der Gemeinschaftsschutzlehre wäre Schutzgut damit nicht diese Geheimsphäre,87 sondern verschiedene staatliche Interessen. b) Fehlendes Allgemeininteresse bei einzelnen Berufsgruppen Die Einbeziehung anderer Berufsgruppen lässt sich allerdings nicht auf ein Interesse der Allgemeinheit an ihrer Tätigkeit zurückführen.88 Heraus81
Art. 103 Abs. 2 GG; näher hierzu Roxin, § 5 Rn. 26 ff. Der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Tatbestandes kann hier nicht nachgegangen werden. 83 Zu Notaren: § 1 BNotO und BVerfGE 112, 255 (262 ff.); zu Anwälten: §§ 1 BRAO, 1 PatAnwO; BVerfGE 110, 226 (252); 113, 29 (49) – gleichzeitig Betonung der Gemeinwohlfunktion der informationellen Selbstbestimmung für ein freiheitlich demokratisches Gemeinwesens (S. 46). 84 Die Verletzung ihrer Schweigepflicht ist auch nach § 133 a und § 133 b WiPrO unter Strafe gestellt. 85 In diese Richtung Gräfe/Lenzen/Schmeer, S. 90 Rn. 157. 86 So schon für § 300 RStGB: Givanovitsch, S. 316, zitiert bei von Rex, S. 28 Fn. 1; vgl. auch Schünemann in: LK StGB, § 203 Rn. 14. 87 So aber von Rex, S. 28 und S. 30: Er beton den Schutz der Geheimsphäre des Einzelnen, der „durch Krankheit, durch Gesetz“ . . . „usw. gezwungen“ sei, diese einem „Arzt, Rechtsanwalt usw. anzuvertrauen“. 88 Hierzu Schünemann in: LK StGB, § 203 Rn. 14 m. w. N.; mit diesem Argument beschäftigt sich Lenckner in: Schönke/Schröder, § 203 Rn. 3 übrigens nicht. 82
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gegriffen werden sollen hier beispielhaft Berufspsychologen und private Lebensversicherer. aa) Berufspsychologen Nach der Gesetzesbegründung bezieht § 203 Abs. 1 Nr. 2 StGB Berufspsychologen in den strafrechtlichen Schutz ein, weil sie seit dem letzten Weltkrieg in Deutschland eine zunehmende praktische Bedeutung erlangten. Diese Entwicklung habe es mit sich gebracht, dass dem Berufspsychologen in erheblichem Umfang Privatgeheimnisse anvertraut oder sonst bekannt wurden.89 Allein die gestiegene praktische Bedeutung kann man schwerlich als Gemeinwohlbelang begreifen. Viele Berufsgruppen des Wirtschafts- und Gesellschaftslebens, etwa Journalisten, gewinnen mindestens ebenso stark an Bedeutung, ohne von § 203 StGB erfasst zu sein. Ginge es bei den Psychologen darum, vor allem Informationen aus dem Intimbereich unter Schutz zu stellen, so hätte diese Einschränkung erstens in den Tatbestand aufgenommen werden müssen. Zweitens müssten dann genauso Berufsseelsorger einbezogen sein. Ein Vergleich mit dem Bankgeheimnis zeigt diese Inkohärenz in gleicher Weise: Die Bedeutung der Banken für das Gemeinwesen ist erheblich.90 Zudem kann auch die Vermögensbezogenheit kein Ausschlusskriterium für den Tatbestand sein.91 bb) Private Lebensversicherer § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB soll eine Verlängerung des ärztlichen Berufsgeheimnisses bewirken.92 Angehörige der aufgeführten Versicherungen sowie der privatärztlichen Verrechnungsstellen hätten nach Ansicht von Jähnke regelmäßig mit Fragen zu tun, die Aufschluss über den Gesundheitszustand des Betroffenen geben.93 Als Argument der Individualschutzlehre erlaubt diese Logik keine Abgrenzung zu anderen Rechtsverhältnissen, v. a. nicht zum Bankgeheimnis. Schließlich erlangen auch Kreditinstitute regelmäßig Kenntnis von Informationen, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb betreffen. Zwar mag man einwenden, die Gesundheit betreffe regelmäßig die Intimsphäre, die Vermögensangelegenheiten lediglich die Privat- oder Sozialsphäre. 89
BT-Drs. IV/650, S. 335; BT-Drs. 7/550, S. 239. Vgl. bereits die Einleitung S. 1 f. sowie sogleich S. 163 f. 91 s. oben S. 158 f. 92 Cierniak in: MünchKomm StGB, § 203 Rn. 37; Schünemann in: LK StGB, § 203 Rn. 70. 93 Jähnke in: LK StGB, § 203 Rn. 105. 90
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Doch auch hier steht dieser Differenzierung der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen durch § 203 StGB entgegen. Als Argument der Gemeinschaftsschutzlehre erklärt dieser Ansatz nicht, inwieweit die Tätigkeit der privaten Lebensversicherer für die Volksgesundheit erforderlich ist.94 Hier besteht ein Unterschied zu den Heilberufen: Lassen sich Kranke aus Angst, ein Arzt verletze seine Schweigepflicht, von einer ärztlichen Behandlung abschrecken, kann dies dem Gesundheitswesen schaden. Werden keine privaten Lebensversicherungen mehr abgeschlossen, besteht allenfalls die Gefahr, dass sich Einzelne andere Arten der Vermögensvorsorge für Angehörige suchen müssen. Ein Gemeinwohlinteresse ist nicht ersichtlich; jedenfalls hat diese Frage mit der ärztlichen Schweigepflicht nichts mehr zu tun. Die „Verlängerung“ der ärztlichen Schweigepflicht als ursprüngliches gesetzgeberisches Motiv kann die Einbeziehung der Lebensversicherer in den Täterkreis des § 203 StGB – im Unterschied zum Bankgeheimnis – nicht erklären. c) Gemeinwohlinteresse an einem funktionierenden Bankenwesen Denkbar ist eine Auslegung des § 203 StGB in einem weitergehenden, die allgemeinen Interessen nur mittelbar schützenden Sinn: Die Strafnorm soll dort einen Schutz von vertraulichen Rechtsbeziehungen gewährleisten, wo der Staat ein legitimes Interesse an der ordnungsgemäßen Abwicklung der Geschäftsverbindung hat. Doch auch eine solche Deutung kann nicht erklären, weshalb das Bankgeheimnis einen geringeren Schutz genießt: Die Allgemeinheit hat ein Interesse an einem funktionsfähigen Bankenwesen – oder mit den Worten der Deutschen Bundesbank gesprochen: „Eine gut funktionierende Bankenaufsicht gehört zu den Eckpfeilern der Infrastruktur jedes Finanzsystems. Nur ein stabiles Finanzsystem, als ein Hauptziel der staatlichen Regulierung und Aufsicht, kann seine gesamtwirtschaftliche Funktion der effizienten sowie kostengünstigen Transformation und Bereitstellung finanzieller Mittel optimal erfüllen.“95 Diese Zielsetzung spiegelt sich in verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen wider: Der Gesetzgeber sah es als seine Aufgabe an, über das Gebot einer angemessenen Eigenmittelausstattung die Vertragspartner der Kreditinstitute besonders zu 94 In der Gesetzesbegründung BT-Drs. 7/550, S. 473 heißt es dazu pauschal, die Ausklammerung „würde zu einer unerträglichen Verkürzung des Geheimnisschutzes der privat versicherten gegenüber den durch die Sozialversicherung versicherten Personen führen“. 95 So im Internet unter: http://www.bundesbank.de/bankenaufsicht/bankenauf sicht_motive.php (Abrufdatum: 10. Juli 2007); zudem etwa Meincke, WM 1998, 749 (757).
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schützen und insbesondere zur Sicherheit der den Kreditinstituten anvertrauten Vermögenswerte beizutragen. Die §§ 10 ff. KWG halten hierzu detaillierte Regelungen bereit.96 Zusätzlich hat der Gesetzgeber eine Bankenaufsicht eingerichtet, die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend: BaFin) ausgeübt wird. Ihre Aufgabe ist es gemäß § 6 Abs. 2 KWG, Missständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entgegenzuwirken, welche die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsmäßige Durchführung der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen können.97 Ein Bestandteil der ordnungsgemäßen Durchführung der Bankgeschäfte, auf die das Gemeinwesen vertrauen können muss, ist die Wahrung des Bankgeheimnisses.98 Angesichts dieser erheblichen Bedeutung des Bankensektors ist ein öffentliches Interesse an seinem Funktionieren nicht zu leugnen. 5. Vertrauen des Rechtsverkehrs in Berufsausbildung kein Schutzgut
Der Gesetzgeber befasste sich mehrfach mit § 203 StGB. Seine Überlegungen zeigen, dass er kein stimmiges System des strafrechtlichen Geheimnisschutzes entwickelte und das Bankgeheimnis dabei nicht bewusst ausklammerte. § 185 Abs. 1 des Strafgesetzbuch-Entwurfs 1962 hatte zum Ziel, den Täterkreis des § 300 RStGB zu erweitern, um den Schutz der Geheimsphäre zu verstärken.99 Gleichzeitig sollte die Vorschrift auf einen möglichst genau bezeichneten Kreis sozial besonders bedeutsamer Berufe beschränkt bleiben, deren Berufsträgern der Einzelne sich weitgehend anvertrauen muss und denen die Allgemeinheit ein besonderes Vertrauen entgegenbringt.100 Das Kriterium für eine besondere Vertrauenswürdigkeit der ausgewählten Berufsgruppen stellte damals und stellt auch noch heute die staatlich geregelte Berufsausbildung dar.101 Vertrauen ist durch § 203 StGB dort geschützt, wo der Angehörige eines solchen Berufsstandes diese Be96 Fischer in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Einf. Rn. 12: „Kernstück der Strukturnormen“. 97 Nicht ohne Grund bildete die Bundesregierung im Jahre 1974 eine Studienkommission, die den Auftrag hatte, die struktur- und gesellschaftspolitische Stellung der Banken zu prüfen; näher hierzu der abschließende Bericht „Grundsatzfragen der Kreditwirtschaft“ (Hrsg. Bundesministerium der Finanzen), Bonn 1979. 98 Vgl. BaFin, Rundschreiben 4/97, Punkt III.; BaKred, Pressemitteilung vom 6. Dezember 2001 zur Wahrung des Bankgeheimnisses beim Outsourcing im Sinne des § 25 a Abs. 2 KWG. 99 BT-Drs. IV/650, S. 334. 100 BT-Drs. IV/650, S. 335. 101 BT-Drs. 7/550, S. 239. Sie kann die bei manchen Berufsgruppen durch eine staatlich anerkannte wissenschaftliche Abschlussprüfung ersetzt werden.
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schäftigung als Haupttätigkeitsfeld ausübt.102 Ausgehend von § 203 StGB ließe sich somit ein gesetzgeberisches Leitbild erkennen, wonach Berufe mit staatlich geregelter Berufsausbildung in der Öffentlichkeit ein besonderes Vertrauen genießen. Die Klienten sollen ihre Geheimnisse bei diesen Berufsständen besser als bei anderen aufgehoben wissen. Da ein Bankier lediglich eine privat geregelte Ausbildung durchläuft, ließe sich die Nichteinbeziehung des Bankgeheimnisses in § 203 StGB auf den ersten Blick rechtfertigen. Diese Wertung setzt sich in den strafrechtlichen Nebengesetzen jedoch nicht fort: Zwar findet bei den Wirtschaftsprüfern ein staatliches Prüfungsverfahren statt,103 vereidigte Buchprüfer werden staatlich bestellt.104 Die meisten anderen der unter Punkt II genannten Vorschriften wählen den Täterkreis allerdings nicht nach seiner Berufsausbildung aus. Weder der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft noch ein Betriebsratsmitglied wird in den Straftatbeständen nach seiner Berufsausbildung beurteilt. Auch unter diesem Gesichtspunkt spräche nichts dagegen, etwa ins KWG einen Tatbestand einzuführen, der eine Verletzung des Bankgeheimnisses unter Strafe stellt. 6. Vielfalt von Schutzgütern auch in den Spezialnormen
Manche Kommentatoren gehen wie selbstverständlich davon aus, dass die Grundsätze des Geheimnisschutzes bei allen Straftatbeständen mit den gleichen Maßstäben zu bewerten sind.105 Bei Spezialnormen ist dies fraglich. Doch können auch die mit dem Bankgeheimnis verwandten, im wirtschaftlichen Bereich angesiedelten Normen nicht erklären, weshalb der Gesetzgeber dem Bankgeheimnis keinen strafrechtlichen Schutz verleiht. a) Wettbewerbsrecht § 17 UWG dient nach überwiegender Auffassung zwei Zielen, dem wirtschaftlichen Geheimhaltungsinteresse des Unternehmers sowie dem Gemeinwohlinteresse an einem lauteren Wettbewerb.106 Ähnlich schützt § 18 102 Begründungen der Gesetzentwürfe in BT-Drs. IV/650, S. 335 und S. 33; BTDrs. 7/550, S. 239. 103 § 1 WiPrO. 104 § 130 i. V. m. § 15 WiPrO. 105 Besonders augenfällig Kuhlen in: Lutter, UmwG, § 315 Rn. 3, der auf Fundstellen verweist, die zu § 203 StGB, § 404 AktG, § 85 GmbHG, § 151 GenG und § 138 VAG kommentiert wurden. 106 Cierniak in: MünchKomm StGB, § 203 Rn. 5; Rengier in: Fezer, § 17 Rn. 4; einschränkend Brammsen in: MünchKomm Lauterkeitsrecht, § 17 Rn. 4 (Allgemeininteresse untergeordnet).
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UWG das Unternehmensinteresse an der unbeeinträchtigten Nutzung bestimmten Wissens sowie das Interesse der Allgemeinheit, einen Wettbewerbsvorsprung nicht durch Vertrauensbruch zu erzielen.107 Betont wird hierbei die Verletzlichkeit des Rechtsguts, das durch eine einzige Verratshandlung unwiederbringlich zerstört werden kann.108 Das trifft auf das Bankgeheimnis ebenso zu. b) Gesellschaftsrecht Die gesellschaftsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten109 schützen jedenfalls das Individualinteresse (insbesondere das Vermögensinteresse) von Gesellschaft und Gesellschafter.110 Ob sie zudem das allgemeine Vertrauen in die Vertraulichkeit der im Tatbestand genannten Tätergruppen und in die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft als Institution schützen, ist streitig.111 Auch diese Spezialstraftatbestände lassen somit nicht erkennen, dass das Strafrecht beim Geheimnisschutz einheitliche Schutzziele verfolgt.112 IV. Trennung von zivil- und strafrechtlicher Verschwiegenheitspflicht Mangels eines klar definierten Schutzguts lassen sich strafrechtliche Wertungen nicht auf das Zivilrecht übertragen. Dass das Bankgeheimnis keinen strafrechtlichen Schutz genießt, wirkt sich in der Privatrechtsbeziehung nicht aus. Dieses Ergebnis entspricht der Auffassung des Gesetzgebers. 107 Harte-Bavendamm in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 18 Rn. 1; ähnlich Rengier in: Fezer, § 18 Rn. 3; a. A. Brammsen in: MünchKomm Lauterkeitsrecht, § 18 Rn. 5 f. (Vermögensschutz). 108 Harte-Bavendamm in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, vor §§ 17–19 Rn. 2; vgl. zudem Brammsen in: MünchKomm Lauterkeitsrecht, Vor § 17 Rn. 2. 109 Z. B. §§ 85 GmbHG, 404 AktG, § 315 UmwG. Die Verletzung der Geheimhaltungspflicht wurde zuerst im Aktienrecht unter Strafe gestellt: Taschke in: Semler/Stengel, § 315 Rn. 3; wegen der ähnlichen Interessenlage auf andere gesellschaftsrechtliche Bereiche ausgedehnt, vgl. BT-Drs. 8/3908, S. 40, 67. 110 Kohlmann in: Hachenburg, § 85 Rn. 12; Kuhlen in: Lutter, § 315 Rn. 3; Taschke in: Semler/Stengel, § 315 Rn. 1. 111 Bejahend Geilen in: KölnerKomm AktG, § 404 Rn. 10; Kohlmann in: Hachenburg, § 85 Rn. 12; Kuhlen in: Lutter, § 315 Rn. 3 – allerdings Betonung des Individualschutzes; zu § 203 StGB: Lenckner in: Schönke/Schröder, § 203 Rn. 3; verneinend Taschke in: Semler/Stengel, § 315 Rn. 1. 112 Eine Erklärung für den fehlenden strafrechtlichen Schutz des Bankgeheimnisses ergibt sich auch nicht unter Zugrundelegung des viktimodogmatischen Ansatzes von Schüneman in: LK StGB, § 203 Rn. 16, der dort eine strafrechtliche Sanktionierung versagt, wo das Opfer sich selbst schützen kann. Denn eine Person ist auf Bankleistungen faktisch genauso angewiesen wie z. B. auf einen Anwalt.
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Dies machen die Materialien zu einer Novelle zur BRAO deutlich. Die Gesetzesbegründung weist ausdrücklich darauf hin, dass die berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht des Anwalts „zum Schutz des Vertrauensverhältnisses“ zum Mandanten weiter gehe als die durch § 203 StGB strafrechtlich sanktionierte.113 Der Grund für die inhaltlich unterschiedliche Reichweite ist somit das Vertrauensverhältnis.114 Dieser Gedanke ist auf die bankrechtliche Verschwiegenheitspflicht übertragbar. Auch hier ist die Pflicht aus dem Vertrauensverhältnis vom Strafrecht unabhängig. V. Zwischenergebnis Die vorstehende Untersuchung ergab, dass die strafrechtliche Literatur und Rechtsprechung große Schwierigkeiten damit haben, die entscheidenden Rechtsgüter von § 203 StGB und anderen Straftatbeständen zum Geheimnisschutz zu bestimmen. Die zahlreichen Änderungen und Ergänzungen von § 203 StGB gaben ihm keine einheitliche und deutlichere Zielsetzung.115 Den „allein-richtigen“ Gesetzeszweck der strafrechtlichen Geheimhaltungspflichten zu suchen, erscheint deshalb als eine Quadratur des Kreises.116 Der strafrechtliche Geheimnisschutz stellt sich als eine Mischung von verschiedenen Wertungsansätzen dar. Keiner davon rechtfertigt es, das Bankgeheimnis nicht einem ähnlichen Schutz unterfallen zu lassen. Weder die Individualschutzlehre oder die Gemeinschaftsschutzlehre noch eine Kombination von beiden vermag zu erklären, weshalb das Bankgeheimnis keinen strafrechtlichen Schutz genießt. Es bleibt festzuhalten, dass die Übertragung strafrechtlicher Kategorisierungen auf die privatrechtliche Dogmatik nicht aus Gründen der Einheit der 113 BT-Drs. 12/4993, S. 27; der Begründung folgend Jessnitzer/Blumberg, § 43 a Rn. 2; Kleine-Cosack, § 43 a Rn. 4. 114 So zum anwaltlichen Standesrecht auch Zuck in: Lingenberg/Hummel/Zuck/ Eich, § 42 Rn. 1. 115 Cierniak in: MünchKomm StGB, § 203 Rn. 2 geht davon aus, dass der Geheimnisbegriff des § 203 StGB inhaltlich und in seinen Grenzen ein wandelbarer ist. 116 Ähnlich: Cierniak in: MünchKomm StGB, § 203 Rn. 2. Dies zeigen im Übrigen auch die Beratungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform in seiner 9. Sitzung vom 6. Juni 1973 (Deutscher Bundestag, 7. Wahlperiode, Sonderausschuß für die Strafrechtsreform, Protokolle S. 175 [177 ff.]): Die Abgeordneten waren sich nicht darüber einig, ob Bankangestellte dem § 203 StGB unterfallen sollen. Gegen eine Einbeziehung sprach letztlich wohl, dass dann konsequenterweise weitere Berufsgruppen hätten aufgenommen werden müssen, was die Norm „nicht mehr haltbar“ gemacht hätte (so der Vertreter des Justizministeriums Dr. Göhler, S. 178 f.). Vgl. zur Schweigepflicht von Anwalt und Arzt z. B. auch Schumann, FS Henckel, S. 773 (776).
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Rechtsordnung geboten ist.117 Unabhängig davon, welche Schutzgüter man den Tatbeständen zuspricht, weist der strafrechtliche Geheimnisschutz keine systematische und dogmatische Klarheit auf. Die Kasuistik ist in sich nicht stimmig. Man kann aus ihr deshalb keine Konsequenzen für nicht erfasste Verschwiegenheitspflichten wie das Bankgeheimnis ableiten. Dem Strafrecht kann insbesondere keine Aussage entnommen werden, weshalb das Bankgeheimnis strafrechtlich nicht sanktioniert ist.118 Die Auswahl von bestimmten Berufsgruppen enthält im Ergebnis keine materielle Wertung, die einen geringeren Schutz des Bankgeheimnisses verlangt.119 Eine Folgerung aus der strafrechtlichen Systematik für die zivilrechtliche Schutzintensität ist demzufolge nicht zulässig.120
§ 17 Absicherung der Vertraulichkeit durch öffentliche Interessen Über das Verfassungs- und das Strafrecht hinaus könnten sonstige öffentliche Interessen durch ihre Wertungen jedenfalls mittelbar Einfluss auf die Ausgestaltung der Diskretionspflicht nehmen. Bestünde ein öffentliches Interesse an der Verschwiegenheit im Bankgewerbe, könnte dieses wegen der Einheit der Rechtsordnung die Vertragsfreiheit beschränken, insbesondere die Disposition über das Bankgeheimnis. I. Ethisches Moment nicht maßgeblich Veraltet ist die Ansicht, ein öffentliches Interesse knüpfe an ein ethisches Moment an, d. h. das Gesetz wolle eine ethische Verschwiegenheitspflicht schützen.121 Sie liefe darauf hinaus, aus den guten Sitten Rechtsfolgen herzuleiten. Ein solcher Ansatz widerspricht dem Bedürfnis nach Rechtssicher117
So schon Wentzell, S. 4, der das Bankgeheimnis „seiner rechtlichen Natur nach den im Strafgesetzbuch aufgeführten Berufsgeheimnissen anreihen“ will; vgl. ferner Dalsheim, S. 6. 118 Die Vergleichbarkeit des Bankgeheimnisses mit den strafrechtlich geschützten Verschwiegenheitspflichten betont auch Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (475); sie weist dabei darauf hin, dass das Bankgeheimnis auch schon in den Katalog des § 300 RStGB aufgenommen werden sollte. 119 Auch Jähnke in: LK StGB, § 203 Rn. 6 bezeichnete die Begrenzung auf bestimmte Tätergruppen als rechtspolitisch fraglich. 120 Vgl. Dalsheim, S. 12: . . . „ist dem Bankgeheimnis auf jedem Rechtsgebiet sein bestimmter Machtbezirk umgrenzt.“ 121 So Planck, S. 205 und OLG Hamburg OLGRspr 6, 126 (128) – Arzt, beide zu § 383 Abs. 1 ZPO.
§ 17 Absicherung der Vertraulichkeit durch öffentliche Interessen
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heit und öffnet willkürlichen Auslegungen Tür und Tor. Zwar finden v. a. über § 242 BGB durchaus ethische Prinzipien Eingang in die Rechtsordnung.122 Das Übertragen ethischer Kategorien auf die rechtliche Ebene muss jedoch die Ausnahme bleiben. Aufgabe des Staates ist es nicht, sittliche Gepflogenheiten in Gesetzesform zu gießen, außer sie sind durch konkrete öffentliche Interessen und in der Werteordnung des Staates verankert, insbesondere im Grundgesetz. II. Schutz der Gepflogenheiten des Rechtsverkehrs Dagegen erscheint eine andere Art von öffentlichem Interesse eine tragfähige normative Grundlage zu besitzen: Das Zeugnisverweigerungsrecht i. S. d. § 383 ZPO stehe – so das Oberlandesgericht Hamburg – nicht nur im Interesse des Geheimnisherrn, sondern zudem im öffentlichen sowie im Interesse der jeweiligen Berufsträger.123 Vereinfacht gesprochen zielt diese Argumentation darauf ab, bestimmten Berufsständen einen Schutz zuteilwerden zu lassen, weil deren Tätigkeit erwünscht und im öffentlichen Interesse ist.124 Doch ist der Rechtsordnung keine Wertung zu entnehmen, im Pflichtenprogramm bestimmter Berufsstände die Vertraulichkeit zu sichern, um die von ihnen ausgeübten Tätigkeiten zu gewährleisten oder zu fördern. 1. ZPO bezweckt keinen Schutz der Geheimhaltung
Eine zentrale Vorschrift, die zu diesem Punkt Aufschluss gibt, ist der bereits erwähnte § 383 ZPO125, namentlich sein Abs. 1 Nr. 6. Mit dieser Norm mutet der Staat einer Prozesspartei bewusst den Verzicht auf ein Beweismittel zu, um die Vertraulichkeit zu sichern zwischen den jeweiligen Geheimnisherren und „Personen, denen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Tatsachen anvertraut sind“. Die Frage ist, ob er diese Regelung 122
Näheres bei Looschelders/Olzen in: Staudinger, § 242 Rn. 140 ff. Vgl. OLG Hamburg OLGRspr 6, 126 (127): Es sei „im Interesse aller derer, die nun nicht mehr wagen, ihm [dem Berufsträger] etwas anzuvertrauen, und damit also recht eigentlich auch das Berufsinteresse des Arztes und Anwaltes selbst.“ Ähnlich in Bezug auf das Interesse des Publikums an der Tätigkeit des Schweigepflichtigen (Fall einer Auskunftei): OLG Bamberg OLGRspr 17, 160 (161); zum Bankgeheimnis Wentzell, S. 61 ff. (z. B. S. 61: „ungesunder Zustand im Wirtschaftsleben“, wenn Gewerbetreibende nur in dringenden Fällen die Hilfe einer Bank in Anspruch nehmen). 124 In diesem Sinne Petersen, S. 102 (Bankgeheimnis als „Standortfaktor“ für Deutschland). 125 Früher § 348 CPO. 123
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4. Kap.: Einfluss anderer Rechtsgebiete
auch im öffentlichen Interesse oder allein im Interesse der Geheimnisherren getroffen hat. Ein Blick in die Kommentare der ZPO lässt den Zweck der Regelung erkennen, der sich aus der Norm nicht ohne weiteres erschließt: Die Vorschrift diene ausschließlich dem Geheimnisherrn.126 Zudem sollen dem Zeugen Konfliktlagen erspart werden, die auf Grund seiner Berufspflichten entstehen.127 Ein öffentliches Interesse ist angesichts dieser ratio legis nicht erkennbar. Teils wird als weitere Zielsetzung der Norm gesehen, solche Aussagen vom Prozess fernzuhalten, die einen herabgesetzten Beweiswert besitzen.128 Dies zu Grunde gelegt, soll die Vorschrift nur unerwünschte Auswirkungen auf den Prozess verhindern, nicht materiell eine Vertrauensbeziehung zwischen zwei Personen sichern. Gegen ein öffentliches Interesse an der Geheimhaltung lässt sich noch anders argumentieren. Ob an der Zeugnisverweigerung ein Interesse der Allgemeinheit besteht, ist im Zivilprozess bei § 385 Abs. 2 ZPO von Bedeutung. Denn für eine Entbindung von der Schweigepflicht ist nur Raum, wenn ausschließlich Individualinteressen betroffen sind.129 Das Schrifttum lässt meist nicht erkennen, ob es für den Fall des § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO eine Entbindung von der Schweigepflicht befürwortet.130 Wer das Problem behandelt, bejaht die Frage jedoch durchweg.131 Ebenso geht die Rechtsprechung von der Möglichkeit einer Entbindung bei allen von der Norm erfassten Personen aus.132 Dies erscheint richtig: Ein wesentliches Merkmal jedes Geheimnisses ist die Dispositionsbefugnis des Geheimnisherrn.133 126
Hartmann in: Baumbach, § 383 Rn. 8. Vgl. Schumann in: Stein/Jonas, 20. Aufl., § 383 Rn. 1 und jetzt 21. Aufl. C. Berger, ebenda; Damrau in: MünchKomm ZPO, § 383 Rn. 2; Greger in: Zöller, § 383 Rn. 1 a; Hartmann in: Baumbach, § 383 Rn. 2; Wieczorek, § 383 Anm. C III a. 128 So Schumann in: Stein/Jonas, 20. Aufl., § 383 Rn. 1 und jetzt 21. Aufl. C. Berger, ebenda. 129 Schumann in: Stein/Jonas, 20. Aufl., § 383 Rn. 11 und jetzt 21. Aufl. C. Berger, ebenda; Greger in: Zöller, § 385 Rn. 7; Wieczorek, § 383 Anm. C III a 2. 130 Keine Hinweise bei einschlägigen Kommentarstellen: Damrau in: MünchKomm ZPO, § 383 Rn. 31–39, § 385 Rn. 7 ff.; Hartmann in: Baumbach, § 383 Rn. 11 f., § 385 Rn. 11 f., § 385 Rn. 8 ff. 131 Reichold in: Thomas/Putzo, § 383 Rn. 8; Schumann in: Stein/Jonas, 20. Aufl., § 383 Rn. 12 und jetzt 21. Aufl. C. Berger, ebenda; wohl auch Greger in: Zöller, § 383 Rn. 16 ff., § 385 Rn. 7 ff.; Wieczorek, § 383 Anm. C III. 132 Ohne diese Frage überhaupt zu stellen z. B. BGH NZV 1990, 385 – Anwalt; BGH NJW 2005, 1948 ff. – Notar; OLG Karlsruhe OLGR 2006, 27 (28 a. E.) – GmbH-Geschäftsführer; OLG Stuttgart OLGZ 1983, 6, 9 – Steuerberater. 133 Vgl. S. 66 f. Claussen, § 6 Rn. 5 sieht die Dispositionsfreiheit als Hinweis für die zivilrechtliche Fundierung des Bankgeheimnisses. 127
§ 17 Absicherung der Vertraulichkeit durch öffentliche Interessen
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Ihm steht es deshalb frei, im Prozess von der Geheimhaltungspflicht zu entbinden oder nicht. Ein öffentliches Interesse an der Verschwiegenheitspflicht ist unter Berücksichtigung der Wertungen des § 385 Abs. 2 ZPO abzulehnen.134 2. ZPO schützt Verkehrssitte berufsbezogener Vertraulichkeit
Gleichwohl enthält § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO eine Wertung, die für das Bankgeheimnis fruchtbar gemacht werden sollte. Der Gesetzgeber schützt die Freiheit bestimmter Geheimnisherren zur Aufrechterhaltung einer – wie auch immer gearteten – Geheimsphäre stärker als die öffentlich-rechtliche Zeugnispflicht135 und das hieraus folgende Beweisführungsrecht der anderen Prozesspartei. An dieser Freiheit muss daher ein öffentliches Interesse bestehen, welches in konkreten Merkmalen seinen Niederschlag findet: Die Geheimnisträger und potenziellen Zeugen müssen sich durch ihr Amt, ihren Stand oder ihr Gewerbe auszeichnen, nehmen also eine bestimmte, nach außen kundgegebene Funktion wahr.136 Kraft dieser Stellung müssen den Berufsträgern Informationen zufließen, „deren Geheimhaltung durch ihre Natur“ (§ 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) geboten ist. In diesem „Gebotensein“ liegt eine gesetzgeberische Wertung. Deutlich wird dies in der Beschreibung Schumanns, diese Stellung (der Beruf oder das Gewerbe) müsse eine Vertrauensstellung und Geheimhaltungspflicht schaffen, die nach der Verkehrssitte den gesetzlich geregelten Fällen einer Verschwiegenheitspflicht ähnelt.137 Welche Schweigepflichten den gesetzlichen Pflichten gleichen, orientiert sich demnach an der Verkehrssitte. Entscheidend ist also nicht ein öffentliches Interesse an der Geheimhaltung, sondern ein Interesse, die auf Vertraulichkeit gerichteten Gepflogenheiten des Rechtsverkehrs aufrechtzuerhalten. Diese zu respektieren und aktiv über eine prozessuale Regelung zu schützen, ist Zweck der Norm. Nur dieses indirekte Geheimhaltungsziel steht im Interesse der Allgemeinheit. Mit anderen Worten besteht das öffentliche Interesse darin, die Verkehrssitte zur Geheimhaltung dort aufrechtzuerhalten, wo sie (durch ein Amt, einen Stand oder ein Gewerbe) nach au134
Im Ergebnis ebenso Hartmann in: Baumbach, § 383 Rn. 8. Zum öffentlich-rechtlichen Charakter der Zeugnispflicht: BGHZ 41, 318 (324); RG Gruchot 52 (1908), 445 (446); Schumann in: Stein/Jonas, 20. Aufl., vor § 373 Rn. 31 und jetzt 21. Aufl. C. Berger, ebenda; Planck, S. 202; Wieczorek, § 383 Anm. A. 136 An dieser Stelle findet sich Lammels Ansatz der gesellschaftlichen „Rolle“ wieder, vgl. S. 120 f. 137 Vgl. Schumann in: Stein/Jonas, 20. Aufl., § 383 Rn. 85, jetzt 21. Aufl. C. Berger, ebenda; ähnlich bereits Dalsheim, S. 17, der „eine besondere Vertrauensstellung gegenüber dem Rechtsverkehr“ verlangt. 135
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4. Kap.: Einfluss anderer Rechtsgebiete
ßen sichtbar wird. Letztlich schafft dieser Schutz der Verkehrssitte Rechtssicherheit und begründet ein besonderes Vertrauen der Teilnehmer der jeweiligen Verkehrskreise.138 III. Zwischenergebnis Die Regelung zum Zeugnisverweigerungsrecht zeigt, dass die Rechtsordnung die Verkehrssitte zur Vertraulichkeit respektiert, unterstützt und das spezifische Vertrauen verstärkt, das der Rechtsverkehr dem Berufsstand der Banken entgegenbringt. Diese Erwartungen sollen nicht über eine öffentliche Pflicht zur Zeugnisaussage konterkariert werden.
138 Am gleichen Ziel ausgerichtet und speziell auf Kreditinstitute bezogen sind die bereits erwähnten § 39 Abs. 1, § 40 Abs. 1 KWG, die über den Bezeichnungsschutz eine Konturierung des Bankgewerbes vornehmen, vgl. Fischer in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, § 39 Rn. 1.
5. Kapitel
Inhaltliche Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses Nachdem die vorstehende Erörterung alle Merkmale zusammentrug, die für Struktur und Inhalt des Bankgeheimnisses von Bedeutung sind, werden die nachfolgenden Teile seine Reichweite bestimmen, also Schutzbereich und Grenzen. Wie der Geltungsgrund einer gesetzlichen Pflicht ist auch ihr Ausmaß und ihre Intensität dem Zweck des Rechtsinstitutes zu entnehmen.1 Die Rechtssicherheit erfordert es, vorhersehbare Leitlinien zu erarbeiten. Die Untersuchung befasst sich im 5. Kapitel mit den inhaltlichen Eckpunkten des Bankgeheimnisses in Anbetracht der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung (§ 18 und § 19) und der bisherigen Ansätze in der Literatur (§ 20). Nachdem die Arbeit diese Faktoren herausgestellt hat, welche die Kundenbezogenheit einer Information konkretisieren und dadurch deren Geheimhaltung gebieten, widmen sich die anschließenden Passagen dem sachlichen Schutzbereich des Bankgeheimnisses. Die hierzu angestellten Überlegungen werden zunächst einige unstreitig vom Bankgeheimnis geschützte Informationen nennen (§ 21), um einen Eindruck von der Spannweite des sachlichen Schutzbereichs zu vermitteln. Anschließend klärt die Arbeit die wichtigsten Zweifelsfragen auf diesem Gebiet, und zwar den Schutz von Werturteilen (§ 22), von Handlungen und Wahrnehmungen der Bank (§ 23) und den Schutz von unwahren Tatsachen (§ 24). 1. Abschnitt
Inhaltliche Eckpunkte des Bankgeheimnisses § 18 Kirch ./. Deutsche Bank und Breuer – Sachverhaltsdarstellung Als Beispiel für die theoretischen Überlegungen eignet sich ein Rechtsstreit, der in den letzten Jahren nicht sowohl in den Wirtschaftsmedien2 als 1 2
So früher bereits Dalsheim, S. 8; Wentzell, S. 6. Vgl. hierzu nur die Nachw. bei Möllers/Beutel, NZG 2006, 338 Fn. 1.
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
auch in der Fachpresse für Aufsehen sorgte.3 Es geht um die Feststellungsklage des Medienunternehmers Dr. Leo Kirch gegen die Deutsche Bank und Dr. Rolf Breuer: Der Kläger Dr. Kirch begehrte u. a. aus abgetretenem Recht der PrintBeteiligungs GmbH die Feststellung, dass die als Beklagte zu 1) verklagte Deutsche Bank und ihr als Beklagter zu 2) in Anspruch genommener ehemaliger Vorstandssprecher Dr. Breuer verpflichtet sind, die Schäden zu ersetzen, die dem Kläger und bestimmten Gesellschaften aus den Äußerungen des Beklagten zu 2) in einem am 4. Februar 2002 im Fernsehen ausgestrahlten Interview entstanden sind und künftig entstehen werden. Dem Antrag lag folgender Sachverhalt zu Grunde:4 Im Jahre 1998 schlossen die Beklagte zu 1) und die PrintBeteiligungs GmbH unter Vereinbarung der AGB-Banken einen Darlehensvertrag über 1,4 Milliarden DM. Im Dezember 2001 wurde ein Kredit der KirchGruppe bei der Beklagten zu 1) über 900 Millionen DM fällig. Im Januar 2002 erreichte der Kläger eine Verlängerung dieses Kredits sowie weiterer fällig gewordener Darlehen bei anderen Banken. Am 3. Februar 2002 gab der Beklagte zu 2), der zugleich Präsident des Bundesverbandes Deutscher Banken war, während des Weltwirtschaftsforums in New York einem – vornehmlich Nachrichten aus dem Bereich Wirtschaft und Finanzen verbreitenden – Fernsehsender ein etwa fünfminütiges Interview. Dieses wurde aufgezeichnet, am folgenden Tage ausgestrahlt und als Textnachricht über eine Nachrichtenagentur verbreitet. Im dritten Teil des Interviews, das sich zunächst allgemein mit den wirtschaftlichen Aussichten und der aktuellen geschäftlichen Entwicklung der Beklagten zu 1) befasste, informierte der Beklagte zu 2) unter anderem darüber, dass die Beklagte zu 1) einen Kredit an „Kirch“ ausgegeben hatte, der „zahlenmäßig nicht einer der größten, sondern relativ im mittleren Bereich“ lag und „voll gesichert durch ein Pfandrecht auf Kirchs Aktien am Springer-Verlag“ sei. Auf die Frage, ob man mehr ihm, also Kirch, helfe, weiter zu machen, antwortete Dr. Breuer: „Das halte ich für relativ fraglich. Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf 3
In dem Rechtsstreit ergingen folgende Urteile: LG München I NJW 2003, 1046 ff.; OLG München NJW 2004, 224 ff.; BGHZ 166, 84 ff. – Reaktionen zum LG-Urteil z. B. Achenbach/Schröder, ZBB 2005, 135 ff.; Petersen, NJW 2003, 1570 f.; Schneider, NJW 2003, 1845 ff.; Siller, EWiR 2003, 461 f.; Tiedemann, NJW 2003, 2213 ff.; Tröger, Jura 2003, 824 ff.; Wagner, ZInsO 2003, 485 ff.; zum OLG-Urteil z. B. Bütter/Tonner, BKR 2005, 344 ff.; Canaris, ZIP 2004, 1781 ff. und 2362 ff.; Eckl, DZWIR 2004, 221 ff.; Petersen, BKR 2004, 47 ff.; Schumann, ZIP 2004, 2353 ff. und 2367; Tiedemann, ZIP 2004, 294 ff.; zum BGHUrteil z. B. Bonifacio, BGH-Report 2006, 597 f.; Cosack/Enders, BKR 2006, 116 ff.; Ehricke, ZIP 2006, 925 ff.; Fischer, DB 2006, 598 ff.; Höpfner/Seibl, BB 2006, 673 ff.; Kort, NJW 2006, 1098 ff.; Lang, ZBB 2006, 115 ff.; Möllers/Beutel, NZG 2006, 338 ff. 4 Die Ausarbeitung beschränkt sich auf die Punkte, die für das Bankgeheimnis Bedeutung erlangen können und lehnt sich dabei an den Tatbestand des BGH-Urteils an – ausführlich bei BGHZ 166, 84 (86 ff.).
§ 19 Verbleibende Fragen nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes
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unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen. Es können also nur Dritte sein, die sich gegebenenfalls für eine – wie Sie gesagt haben – Stützung interessieren.“ Im Anschluss an dieses Interview gelang es dem Kläger nicht mehr, bei Kreditgebern ausreichend Fremdmittel in Anspruch zu nehmen, so dass zahlreiche Gesellschaften der Unternehmensgruppe, darunter die PrintBeteiligungs GmbH, in Insolvenz fielen.
In seiner Urteilsbegründung bezog der Bundesgerichtshof kurz zum Bankgeheimnis Stellung, stützte seine Entscheidung letztlich auf die Verletzung einer „Loyalitätspflicht“. Dies gibt Anlass, sich mit der Argumentation näher auseinander zu setzen.
§ 19 Verbleibende Fragen nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes Zur Erörterung einer ersten wichtigen Weichenstellung sei nochmals kurz das Ergebnis der dogmatischen Überlegungen ins Gedächtnis gerufen: Das Bankgeheimnis stellt eine gesetzliche Pflicht zur Verschwiegenheit dar und findet seine dogmatische Grundlage in einer rechtlichen Sonderverbindung zwischen Bank und Kunde. Leistungsunabhängige Nebenpflichten fallen als Schutzpflichten unter § 241 Abs. 2 BGB.5 Solche bestehen schon wegen des Gesetzeswortlauts nicht generell, sondern sind in jedem Fall gesondert zu begründen.6 Das Bankgeheimnis findet seinen Geltungsgrund in verschiedenen Wertungskriterien.7 Wegen seiner gewohnheitsrechtlichen Verankerung sind seine Existenz unstreitig und sein Umfang in vielen Punkten festgelegt. Dies zu Grunde gelegt, ist der Umgang der Rechtsprechung mit dem Bankgeheimnis näher in den Blick zu nehmen.
5
Siehe S. 144. Wie hier Heinrichs in: Palandt, § 241 Rn. 7; P. Krebs in: AnwK, Schuldrecht 2002, § 241 Rn. 7; H. P. Westermann in: Erman, § 241 Rn. 10; Willingmann/Hirse in: Kompaktkommentar, § 241 Rn. 9; zu schließen aus BT-Drs. 14/6040, S. 125 („Schutzpflichten begleiten regelmäßig Schuldverhältnisse“); vgl. zudem AG Riesa NZV 2006, 91; sinngemäß auch BAGE 116, 78 (79). Jedenfalls missverständlich insoweit BAG NZA 2006, 502 (504), wo es heißt: „Durch den im Rahmen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 (BGBl. I, S. 3138) eingefügten § 241 Abs. 2 BGB ist nunmehr auch gesetzlich geregelt, dass das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet.“ – obwohl das Gesetz bewusst von „kann“ spricht. Dem gleichen Irrtum unterliegt z. B. OLG Düsseldorf RuS 2006, 483: „Nach § 241 II BGB ist jeder zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet.“ 7 Dies behandelte die vorliegende Untersuchung bereits eingehend, vgl. S. 63 ff. 6
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
I. Erfordernis des inneren Zusammenhangs Im Hinblick auf das Bankgeheimnis geht der Bundesgerichtshof zunächst davon aus, dass es sich auf kundenbezogene Tatsachen und Wertungen beziehen müsse, „die einem Kreditinstitut aufgrund, aus Anlaß bzw. im Rahmen der Geschäftsverbindung zum Kunden bekannt geworden sind“.8 Richtig daran ist, dass sich das Bankgeheimnis normativ von der Geschäftsverbindung als Sonderverbindung ableitet und nur der geschäftliche Kontakt zwischen Bank und Kunde seine Geltung begründen kann. Die Formulierungen erscheinen jedoch vage. Wenn das Kreditinstitut von einem Dritten etwas über einen Kunden erfährt, wird nicht immer feststellbar sein, ob dies wegen der Geschäftsverbindung geschah oder ob sie etwa nur allgemein als Bank Adressat sein sollte. Die weitere Anforderung des Gerichts soll offensichtlich die eigentliche Voraussetzung darstellen: Es müsse ein „innerer Zusammenhang zwischen der Kenntniserlangung von dem Geheimnis durch das Kreditinstitut und dem Bestehen der Geschäftsverbindung gegeben“ sein [Hervorhebung nicht im Original].9 Dieses Erfordernis ermangelt in den Entscheidungsgründen allerdings einer normativen Erklärung.10 Die Berufung auf die herrschende Literaturmeinung vermag eine Begründung schon darum nicht zu ersetzen, weil die entsprechenden Vertreter der Wissenschaft ungenau zitiert werden: Bei Sichtermann bildet der Zusammenhang zwischen Kenntniserlangung und Geschäftsverbindung nur eine von drei Fallgruppen.11 Wolff führt nicht aus, was er unter einem inneren Zusammenhang versteht12, andere fassen den Begriff weiter als der Bundesgerichtshof13 und Argumente für diese Voraussetzung vermisst man bei fast 8
BGHZ 166, 84 (91 f. Rn. 35) m. w. N. BGHZ 166, 84 (92 Rn. 35). 10 Mit Recht stellt Peifer, jurisPR-WettbR 5/2006, Anm. 1, Punkt C fest, der BGH habe an dieser Stelle die bisherige Rspr. fortentwickelt. 11 Dies wird durchweg übersehen: Die bankrechtlichen Kommentatoren lesen sein Standardwerk offensichtlich nicht gründlich. Denn der Zusammenhang zwischen Kenntniserlangung und Geschäftsverbindung ist bei Sichtermann, 2. Aufl., S. 103–110 sowie Kirchherr in: Sichtermann, S. 126–134 nur für die erste von drei Fallgruppen erforderlich. Die beiden anderen Fallgruppen (S. 108 ff. bzw. S. 133 f.) werden von keiner wissenschaftlichen Abhandlung thematisiert. Trotzdem berufen sich fast alle auf Sichtermann, etwa Horn in: Heymann, 1. Aufl., Anh § 372 I Rn. 45; Musielak in: Hadding/Schneider, S. 14; Wolff, DB 1968, 695 (696). Der Bundesgerichtshof zitierte in BGHZ 166, 84 (92 Rn. 35) ohne weitere Erklärung S. 128. Näher zur Problematik des inneren Zusammenhangs unten auf S. 176 f. und S. 194 ff. 12 Wolff, DB 1968, 695 (696). 13 A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/36 (zwischen Kenntnis und Bestehen der Geschäftsverbindung); unkonkret, aber wohl zweifelnd Petersen, S. 28. 9
§ 19 Verbleibende Fragen nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes
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allen.14 Hinter diesen Ungenauigkeiten verbirgt sich eine Kernfrage des Bankgeheimnisses, die bisher nahezu unerforscht blieb. Problematisiert hat sie erstmals Schumann, der einen derartigen inneren Zusammenhang für entbehrlich erachtet und – jedenfalls bei Geltung der AGB-Banken – eine Kundenbezogenheit genügen lässt.15 Die Bedeutung dieses Schrittes tritt erst zu Tage, wenn man den Versuch wagt, die Konzeption des Bundesgerichtshofes zu Ende zu denken. Dieser Aufgabe widmet sich der folgende Abschnitt, der im Anschluss das Erfordernis des „inneren Zusammenhangs“ beleuchtet.16 II. Vertragliche Verschwiegenheitspflicht neben dem Bankgeheimnis Hilfreich ist zunächst ein Blick auf die Lösungen der Vorinstanzen. Das Landgericht München I stützte die Haftung auf eine p. F. V. durch Verstoß gegen die in den AGB niedergelegte Verschwiegenheitspflicht. In seiner Argumentation folgte es der Literatur zum Bankgeheimnis, das es offensichtlich für inhaltsgleich mit der Pflicht aus der AGB-Klausel hielt.17 Das Oberlandesgericht München folgte den erstinstanzlichen Ausführungen, betonte indessen zum einen, die Informationen müssten dem Äußernden auf Grund der Geschäftsbeziehung bekannt geworden sein.18 Zum anderen wies es auf die Notwendigkeit eines inneren Zusammenhangs zwischen Äußerung und Geschäftsverbindung hin.19 Nun nimmt der Bundesgerichtshof in dem Urteil zum Fall Kirch erstmals eine Unterscheidung vor, die bei oberflächlicher Lektüre den Anschein der Selbstverständlichkeit erweckt, auf den zweiten Blick jedoch gewichtige Fragen aufwirft. Er konstruiert neben dem Bankgeheimnis eine vertragliche Verschwiegenheitspflicht der Bank, 14 Horn in: Heymann, 1. Aufl., Anh § 372 I Rn. 45 und Kreutzer, S. 36 (die den Begriff des inneren Zusammenhangs nicht erwähnen; Kreutzer verlangt einen „Zusammenhang mit dem tatsächlichen Geschäftsverkehr der Bank“); Musielak in: Hadding/Schneider, S. 14; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/36; Wolff, DB 1968, 695 (696); eine Ausnahme bildet Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 52, der ihn aus dem Vertrauensverhältnis sowie der besonderen Schädigungsmöglichkeit der Bank durch den besseren Einblick in die Angelegenheiten des Kunden folgert (ohne eine weitere Begründung, weshalb hierfür allein die Art der Kenntniserlangung maßgebend sein soll); sich ihm anschließend Petersen, S. 28. 15 Schumann, ZIP 2004, 2353 (2360); Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. II/20 hat sich dieser Meinung in der Neuauflage des Kommentars angeschlossen. 16 Dazu S. 190 ff. 17 LG München I NJW 2003, 1046 (1048 f.). 18 OLG München NJW 2004, 224 (226). 19 OLG München NJW 2004, 224 (227).
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
die er Loyalitätspflicht nennt, und führt aus „Ob sich die vom Berufungsgericht bejahte Verletzung des Bankgeheimnisses“ . . . „halten lässt, bedarf keiner Entscheidung. Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 280 Abs. 1 BGB aus abgetretenem Recht ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung jedenfalls deshalb zu, da sie eine aus dem Darlehensvertrag mit der PrintBeteiligungs GmbH folgende Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflicht verletzt hat.“20 Diese Verpflichtung zur Interessenwahrung und Loyalität ergebe sich aus dem Darlehensvertrag und enthalte unter anderem, die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers nicht zu gefährden.21 Das Urteil als richtig unterstellt, käme man zu folgenden Ergebnissen: Das Bankgeheimnis verpflichtet eine Bank zur Geheimhaltung von kundenbezogenen Informationen, die einen inneren Zusammenhang zwischen der Kenntniserlangung durch das Kreditinstitut und dem Bestehen der Geschäftsverbindung aufweisen. Obwohl es eines solchen Zusammenhangs bei der „Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflicht“22 nicht bedarf, geht diese weiter: Sie bindet die Bank an die Verschwiegenheit über kundenbezogene, vermögensgefährdende Informationen; die Verpflichtung geht dahin, „die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers weder durch Tatsachenbehauptungen, auch wenn sie wahr sind, noch durch Werturteile oder Meinungsäußerungen zu gefährden.“23 Kommt man mit einer tatbestandlichen Voraussetzung weniger (kein innerer Zusammenhang notwendig) also zum gleichen Ergebnis (Geheimhaltungspflicht)? Soll es zwei nebeneinander herlaufende Verschwiegenheitspflichten mit unterschiedlichen Erfordernissen geben? 1. Differenzierung Bankgeheimnis – Schonungspflicht vor dem Urteil bei Canaris
Der Ansatz, das Bankgeheimnis nicht als einzige Form der Verschwiegenheitspflicht zu erkennen, ist relativ neu. Zwar tauchte der Begriff des Bankgeheimnisses bereits im 19. Jahrhundert auf.24 Doch verwendeten historische Quellen – soweit ersichtlich – die Termini „Bankgeheimnis“, „Verschwiegenheitspflicht“ und „Geheimhaltungspflicht des Bankiers“ synonym; eine Unterscheidung zwischen dem Bankgeheimnis und einer zweiten Art 20
BGHZ 166, 84 (93 Rn. 37). BGHZ 166, 84 (93 Rn. 39). 22 BGHZ 166, 84 (93 Rn. 37). 23 BGHZ 166, 84 (93 Rn. 39). Im entschiedenen Fall rügte das Gericht in erster Linie die „skeptische Einschätzung“ in Bezug auf die „Kreditbereitschaft des Finanzsektors“ sowie die Bekräftigung dieser Aussage durch die weiteren Interviewantworten, vgl. S. 94 Rn. 40. 24 Dazu S. 47 f. 21
§ 19 Verbleibende Fragen nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes
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von Verschwiegenheitspflicht erfolgte regelmäßig nicht25 und wurde nur ausnahmsweise angedacht.26 Wenn Canaris im Jahre 1988 eine Treupflicht zwischen Bank und Kunde anspricht,27 lässt sich noch nicht erkennen, dass er darunter auch Schweigepflichten oder – wie er betont – ein „Gebot zur Zurückhaltung und Mäßigung in den Äußerungen“ fassen möchte, die einerseits über das Bankgeheimnis und andererseits über deliktische Pflichten hinaus gehen.28 Erst im Anschluss an eine Anfrage einer der Parteien im Rechtsstreit Dr. Kirch ./. Deutsche Bank und Dr. Breuer differenziert er ausdrücklich zwischen dem Bankgeheimnis und einer „Schonungspflicht“: Zu dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall mahnte er im Jahre 2004 an, nicht das Bankgeheimnis und die Schonungspflicht argumentativ miteinander zu vermengen.29 2. Unterschied zwischen den Schutzpflichten bleibt unklar
Folgen wir zunächst der Logik des Bundesgerichtshofs: Ausgangspunkt ist seine Aussage, das Bankgeheimnis sei eine „besondere Ausprägung der allgemeinen Pflicht der Bank, die Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu beeinträchtigen“.30 Unter dieser „allgemeinen Pflicht“ kann sich dogmatisch nur das verbergen, was die vorstehenden Ausführungen als Rücksichts- und Schutzpflicht31 und der Bundesgerichtshof als „Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflicht“ bezeichneten. Das Bankgeheimnis soll sich anscheinend auch nach der Meinung des Gerichts in das System der übrigen Rücksichtspflichten einfügen. Doch stellt sich die Frage, wie sich Bankgeheimnis und Loyalitätspflicht überhaupt unterscheiden. Zum ersten könnten die beiden Schutzpflichten verschiedene Ziele verfolgen, also den Schutz verschiedener Rechtsgüter bezwecken. Zweitens könnten sich ihre Inhalte unterscheiden, d. h. verschiedene Handlungsgebote aufstellen. Weiterhin könnte sich die Loyalitätspflicht durch ei25
Vgl. insbesondere Scheer, z. B. S. 1 („Bankgeheimnis“) und S. 21 („Gegenstand der Geheimhaltungspflicht des Bankiers“); Schubert, S. 6 („die Schweigepflicht“, „das Berufsgeheimnis der Banken“) und öfter; Wentzell, S. 2 („Die Pflicht zur Geheimhaltung“) und S. 3 („Die Grenzen der Schweigepflicht“) – Hervorhebungen nicht in den Originaltexten. 26 So bei Kreutzer, S. 36 Fn. 123, wo er die Frage ausdrücklich offen lässt, ob auch eine Treuepflicht zur Schweigepflicht führen kann (bezogen auf Geheimnisse, die jemandem als Privatperson anvertraut werden). 27 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 119. 28 Canaris, ZIP 2004, 1781 (1785). 29 Canaris, ZIP 2004, 1781 (1785 f.) 30 BGHZ 166, 84 (93 Rn. 38). 31 Zum Terminologischen im Hinblick auf die Pflichten des § 241 Abs. 2 BGB s. auch S. 107.
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
nen Leistungsbezug auszeichnen, den das Bankgeheimnis nicht hat. Ferner könnte sie im Gegensatz zum gewohnheitsrechtlichen Bankgeheimnis über AGB in den Vertrag einbezogen sein. a) Keine Differenzierung der Pflichten nach ihrem Ziel möglich Legt man das Augenmerk auf die Erfolgsverhinderung, sollen sowohl das Bankgeheimnis als auch die „Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflicht“ eine Gefährdung der Kreditwürdigkeit des Kunden verhindern.32 Das Bankgeheimnis erfasst darüber hinaus den Schutz vor einer Gefährdung sonstiger Vermögensinteressen. Auch dies soll nach dem Bundesgerichtshof offensichtlich für die allgemeine Schutzpflicht zutreffen.33 Beide Pflichten dienen folglich dem Schutz derselben Kundeninteressen, desselben Rechtsgutes (nämlich dem des Vermögens). Das Urteil deutet auch keinen Unterschied in Bezug auf den Schutz sonstiger (insbesondere absoluter) Rechtsgüter an. b) Keine Differenzierung der Pflichten nach ihrem Inhalt möglich Deutet man diese Pflichten demnach nicht als solche zur Verhinderung eines Erfolgsunrechts, könnte man sie als Handlungsgebote verstehen. In diese Richtung argumentierte Canaris erstmals in einem Aufsatz zum Fall Kirch. Es gebe eine „Schonungspflicht“, welche ein „Gebot zur Zurückhaltung und Mäßigung der Äußerungen über den Kunden“ enthalte. Das Bankgeheimnis verlange hingegen die Verschwiegenheit. Aus der Schonungspflicht könne sich anders als aus dem Bankgeheimnis grundsätzlich die Pflicht ergeben, „allgemein bekannte Tatsachen nicht ohne triftigen Anlass öffentlich hervorzuheben, negative Werturteile zu vermeiden und dergleichen“.34 Dies erinnert an seine Herangehensweise im Bereich des deliktischen Geheimnisschutzes: Im Rahmen einer Güter- und Interessenabwägung bei den 32
BGHZ 166, 84 (93 Rn. 39): „Die Verpflichtung beinhaltet unter anderem, die Kreditwürdigkeit“ . . . nicht „zu gefährden“. 33 BGHZ 166, 84 (93 Rn. 38): „Ausprägung der allgemeinen Pflicht der Bank, die Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu beeinträchtigen“. – Ähnlich die im Urteil zitierten Fundstellen, die ohne weiteres von „der“ allgemeinen Interessenwahrungspflicht ausgehen: Bruchner in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, § 39 Rn. 7; Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost, BankR I Rn. I 156; Hopt in: Baumbach/Hopt, (8) AGB-Banken Nr. 2 Rn. 1; G. H. Roth in: MünchKomm BGB, § 241 Rn. 97; Westermann, FS Raiser, S. 787 (798). 34 Canaris, ZIP 2004, 1781 (1785).
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offenen Tatbeständen des § 823 Abs. 1 BGB (Persönlichkeitsrecht, Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) komme es im Wesentlichen auf „Art und Form der Weitergabe“ an, insbesondere darauf, „ob diese ohne gebotenen Anlaß oder in unnötig scharfer Form erfolgt“ seien.35 Es scheint, als ob Canaris im Rahmen einer gesetzlichen Sonderverbindung die gleichen Maßstäbe ansetzen möchte wie im Deliktsrecht. Dann jedoch handelt es sich im Grunde um eine deliktische Verkehrspflicht.36 Als solche müsste sie – über § 824 BGB hinaus – jeden treffen. Zu Recht geht Canaris jedoch an anderer Stelle davon aus, eine „Treupflicht“ zwischen Bank und Kunde finde ihre „dogmatische Grundlage im Bestehen eines gesteigerten Vertrauensverhältnisses“ .37 Dieser Geltungsgrund deckt sich mit demjenigen des Bankgeheimnisses.38 Genauso lässt sich kaum leugnen, dass eine solche Treuepflicht genauso wie das Bankgeheimnis in der Geschäftsverbindung selbst wurzelt.39 Wodurch unterscheiden sich die Wertungen zwischen Bankgeheimnis und Treue- bzw. Schonungspflicht? Und darüber hinaus: Muss man die vertragliche Treuepflicht von den deliktischen Verkehrspflichten abgrenzen? c) Begründung der Schonungspflicht über ihren Leistungsbezug möglich, aber vom Bundesgerichtshof nicht verwendet Eine Abgrenzung vom Deliktsrecht wäre über das Haftungskriterium der Leistungsbezogenheit der Pflicht denkbar. Anders als bei den leistungsunabhängigen Schutzpflichten ließe sich dadurch womöglich eine intensivere oder weitergehende Verpflichtung gegenüber einem Vertragspartner rechtfertigen. Denn wie oben erläutert,40 sollten leistungsbezogene und leistungs35 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 47, der sich auf BGHZ 8, 142 stützt. Dort heißt es: „Die Verbreitung wahrer Tatsachen über einen Kaufmann, die einen ungünstigen Schluß auf seine Kreditwürdigkeit zulassen, kann einen rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in die durch §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB geschützte freie Entfaltung seines Gewerbebetriebes enthalten, wenn die dabei konkurrierenden Interessen nicht gewissenhaft gegeneinander abgewogen werden. Insbesondere muß geprüft werden, ob die Verbreitung an einen mehr oder weniger großen Personenkreis unbedingt notwendig ist und ob sie mit der größtmöglichen Schonung der berechtigten Interessen des Betroffenen erfolgte.“ 36 Das haftungsbegründende Merkmal der „Treuepflicht zwischen der Bank und ihrem Kunden“ kann nicht das Nähe- und Vertrauensverhältnis zwischen zwei Personen sein, wenn in der Jedermann-Haftung die gleichen Maßstäbe gelten. 37 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 119. 38 Was im Übrigen gerade die Ausführungen von Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 42, zeigen. 39 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 118. 40 Dazu S. 105.
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unabhängige Nebenpflichten unterschiedlich behandelt werden. Im KirchSachverhalt, der dem Bundesgerichtshof vorlag, ging es um die Leistungen zur Erfüllung eines Darlehensvertrages. Diesen haben die Richter auch herangezogen und die allgemeine Schutz- und Loyalitätspflicht ausdrücklich von ihm abgeleitet.41 Dennoch begründeten sie – wie die nachfolgende Prüfung zeigen wird – die Loyalitätspflicht nicht über ihren Leistungsbezug. Dies ist umso verwunderlicher, als ein solcher im konkreten Fall nahe lag. Der Unterschied zwischen einer leistungsbezogenen Schutzpflicht und dem Bankgeheimnis soll anhand des Kirch-Falls kurz veranschaulicht werden: aa) Erschwerung der Rückzahlung des Kredites Zu den Pflichten auf Grund eines Vertrages nach § 488 Abs. 1 BGB gehört nach Satz 2 die Rückerstattung des Darlehens. Im Kirch-Fall hätte man eine Loyalitätspflicht womöglich über einen Leistungsbezug begründen können, wenn die Geheimhaltung der offenbarten Informationen auch den Zweck hatte, die reibungslose Abwicklung des Darlehensverhältnisses zu fördern. Bei einer Verpflichtung, „die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers“ nicht „zu gefährden“ – so der Bundesgerichtshof42 –, liegt dieser Ansatz nahe. Denn ein öffentliches Anzweifeln der Kreditwürdigkeit des Kunden ruft die Gefahr hervor, dass der Kunde bei potentiellen Darlehensgebern tatsächlich kreditunwürdig wird und dadurch nicht mehr in der Lage ist, weitere Darlehensverträge abzuschließen. Führt dies dazu, dass dem Kunden die Rückzahlung des Darlehens erschwert oder unmöglich wird, stört dies das Austauschverhältnis des Darlehensvertrages; ein Leistungsbezug läge vor. Insoweit lag es im Kirch-Fall durchaus nahe, über das Bankgeheimnis hinaus eine leistungsbezogene Nebenpflicht mit folgendem Inhalt anzunehmen: Die Vermögensinteressen des Kunden (darunter die Kreditwürdigkeit) dürfen nicht durch die Mitteilung kundenbezogener Informationen an Dritte derart gefährdet werden, dass dem Kunden dadurch die Rückzahlung des Kredites erschwert oder unmöglich gemacht wird. bb) Pflicht zur Vertragstreue als eigenständige Schutzpflicht Es erscheint richtig, eine solche Nebenpflicht anzuerkennen, weil der Zweck eines Darlehensvertrages nicht durch das Verhalten einer Vertragspartei vereitelt werden darf. Dieses Grundprinzip des Schuldrechts verlangt nach Nebenpflichten, welche Störungen des Vertragsverhältnisses verhin41 42
BGHZ 166, 84 (91 Rn. 33, 93 Rn. 37, 39 u. ö.). BGHZ 166, 84 (93 Rn. 39).
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dern helfen. Dazu sollte diejenige Nebenpflicht gehören, jedwede Mitteilung an Dritte über Kunden zu unterlassen, die geeignet sind, den Vertragszweck zu gefährden. Eine solche Pflicht bildet eine Fallgruppe der p. F. V. und unterfällt damit dem jetzigen § 280 Abs. 1 BGB. Wegen ihrer Leistungsbezogenheit sollte sie nicht unter § 241 Abs. 2 BGB gefasst und auch nicht (allenfalls mit dem Zusatz „leistungsbezogen“) als Schutz- oder Rücksichtspflicht bezeichnet werden, da im Vordergrund nicht in erster Linie die Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils stehen, sondern vor allem das Vertragsverhältnis. Denn es liegt im Interesse beider Parteien, dass der Leistungsaustausch reibungslos verläuft. Mit dem Bankgeheimnis hat diese Pflicht zur Vertragstreue mit ihrer Forderung zur zurückhaltenden Informationsweitergabe über Kunden nichts zu tun. Der Bundesgerichtshof hätte gut daran getan, eine etwaige allgemeine „Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflicht“ auf diese Weise zu begründen. Doch eine Erklärung für sein Vorgehen lässt er vermissen. Nicht nur fasste er die Schutzpflicht unter § 241 Abs. 2 BGB, was eher für eine leistungsunabhängige Nebenpflicht spricht.43 Vor allem erwähnt er bei der Feststellung der Vertragspflichtverletzung an keiner Stelle die für den Kunden unmöglich gewordene Rückzahlung des Kredites. Dies lag nahe, gingen die Richter doch eindeutig davon aus, die beklagte Bank habe die Verschwiegenheitspflicht „vertraglich übernommen“.44 Nicht die Pflicht zu einem allgemein geforderten Wohlverhalten gegenüber jedem Vertragspartner auf Grund einer typischerweise vorliegenden Interessenlage (wie beim Bankgeheimnis) sah der Bundesgerichtshof im entschiedenen Fall offensichtlich als verletzt an, sondern eine vertraglich übernommene. Der Leistungsbezug war für die Urteilsgründe somit unerheblich. Die Untersuchung wird sich daher dem Problem widmen, inwieweit die beklagte Bank durch Vereinbarung tatsächlich eine „Verpflichtung zur Interessenwahrung und Loyalität“45 einging, wie das Gericht annahm. d) Begründung der Schonungspflicht über vertragliche Vereinbarung Durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung kann eine gegenüber dem Bankgeheimnis weitergehende Pflicht der Bank entstehen, nichts über den Kunden an Dritte mitzuteilen. Im Gegensatz zu einem solchen Vertragsver43
Soweit ersichtlich, hat sich jedenfalls die höchstrichterliche Rspr. bisher nicht dazu geäußert, ob auch leistungsbezogene Rücksichtspflichten unter § 241 Abs. 2 subsumiert werden sollten. Soweit hierzu eine Aussage in der Wissenschaft zu finden ist, verneint sie dies mehrheitlich, vgl. 3. Kapitel Fn. 283. 44 BGHZ 166, 84 (95 Rn. 41). 45 BGHZ 166, 84 (93 Rn. 39).
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hältnis wurzelt das Bankgeheimnis „lediglich“ in einer gesetzlichen Sonderverbindung, welche im Hinblick auf die Nähe der Parteien zueinander nicht die gleiche Intensität wie ein Vertrag hat. Wie bereits dargelegt,46 kann das Bankgeheimnis durch Abreden (z. B. in Form von AGB) modifiziert und verstärkt werden. Es hat den Zweck, einen bestimmten gesetzlichen Schutzstandard zu sichern. Demgegenüber könnte eine eigenständige vertragliche Pflicht ein höheres Schutzniveau festlegen. Womöglich hatte der Bundesgerichtshof eine derartige Vorstellung, als er die allgemeine Schutz- und Loyalitätspflicht ausdrücklich an den Darlehensvertrag anlehnte. Das Vorgehen erinnert an die frühere Befürwortung eines allgemeinen Bankvertrages, was Anlass zur Skepsis geben sollte. Es könnte sich jedoch auch um eine einzelfallbezogene Argumentation handeln. Dieser Frage widmet sich der folgende Abschnitt. aa) Vertragscharakter durch Verankerung in den AGB In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken in den Darlehensvertrag einbezogen. Diese AGB-Klausel will schon von ihrem Wortlaut her das „Bankgeheimnis“ erfassen. Inhaltlich regelt sie die Verschwiegenheit über alle „kundenbezogenen“ Tatsachen und Wertungen. Eine Einschränkung im Sinne eines inneren Zusammenhangs findet sich dort nicht.47 Die vorliegende Arbeit erwähnte bereits, dass die Regelung das ohnehin bestehende Bankgeheimnis im Jahre 1993 deklaratorisch niederlegen und den bisherigen Rechtszustand nicht ändern sollte.48 Obgleich dies plausibel klingen mag, ist dieser Ausgangspunkt so nicht haltbar: Denn die erste rechtliche Änderung ist bereits die Tatsache, dass der gesetzliche Charakter des Bankgeheimnisses über die Einbeziehung in die AGB eine vertragliche Natur gewinnt. bb) Auslegung der AGB-Klausel erforderlich Die dogmatische Einstufung der Verschwiegenheitspflicht ins Vertragsrecht hat nicht nur akademische, sondern auch inhaltliche Bedeutung. So muss sich in erster Linie die Auslegung des Bankgeheimnisses anpassen. Sucht der Rechtsanwender nach der Reichweite der Geheimhaltungspflicht, kann er nicht mehr wie bisher allein auf das gewohnheitsrechtliche Institut des Bankgeheimnisses abstellen. Vielmehr muss er dieses als Mindeststan46 47 48
S. 137 ff. Schumann, ZIP 2004, 2353 (2360 f.). s. oben S. 50.
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dard begreifen und prüfen, ob und inwieweit die Auslegung der Klausel diesen anhebt. Bei der Anwendung der §§ 305 ff. BGB hat er insbesondere auf § 305 c Abs. 2 BGB zu achten, der das Risiko unklarer Formulierungen dem AGB-Verwender aufbürdet, also den Banken.49 Dieses Risiko bleibt auch bestehen, wenn der Verwender nur versucht hat, gesetzliche Bestimmungen oder – wie beim Bankgeheimnis – ein bestehendes Rechtsinstitut mit eigenen Worten wiederzugeben. Denn mit der Niederlegung in AGB übernimmt der Verwender die Formulierungsverantwortung für die Regelung.50 cc) Widersprüchlichkeit des Urteils Obgleich der Bundesgerichtshof die Loyalitätspflicht, die er konstruiert, als vertraglich vereinbarte Schutzpflicht deklariert, greift er nicht auf die in den Darlehensvertrag einbezogenen AGB-Banken zurück. Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken wird an keiner Stelle der Entscheidungsgründe erwähnt.51 Das Gericht leitet die Schutzpflicht stattdessen – wie es beim gesetzlichen Bankgeheimnis üblich ist – aus der besonderen Vertrauensbeziehung des Kreditinstitutes zu seinem Kunden ab.52 Dies erscheint gewagt: Einerseits argumentiert das höchste Gericht mit einer besonderen Vertrauensbeziehung, die nur als gesetzliches Schuldverhältnis haftungsbegründend sein kann. Andererseits stützt es sich auf eine vertragliche Übernahme der Pflicht, ohne dabei die AGB als nächstliegende vertragliche Regelung zu erwähnen. Es stellt sich damit – ohne die Gründe hierfür zu nennen – bewusst gegen die Berufungsinstanz.53 Angesichts dieses rechtlichen Vorgehens der Richter würde der Urteilsleser vermuten, das Gericht sei stattdessen einzelfallbezogen auf den konkreten Sachverhalt eingegangen, ohne sich um dogmatische Probleme zu kümmern. Doch ging der Bundesgerichtshof auf die konkreten geschäftlichen Kontakte zwischen den Parteien in der Zeit vor dem inkriminierten Interview mit keinem Wort ein; ebenso wenig erforschte er den auf die Vertraulichkeit gerichteten Rechtsbindungswillen der Parteien. Weder ein tatsächlich vorhandener noch ein hypothetischer Wille zur Geheimhaltung spielte für ihn bei der Herleitung der Loyalitätspflicht eine Rolle. Daraus 49
Dies übersieht Gößmann, BKR 2006, 199. Schlosser in: Staudinger, § 305c Rn. 104. 51 Anders die Vorinstanz: OLG München NJW 2004, 224 (226) stellte auf die Verletzung der AGB ab, verstand die Klausel als Ausformung des Bankgeheimnisses und sprach ihr eine vertragliche Natur zu. 52 BGHZ 166, 84 (93 Rn. 38). 53 Im Sachverhalt weist der Bundesgerichtshof auf den Weg des Berufungsgerichtes hin, vgl. BKR 2006, 103 (105) – Rn. 13 nicht abgedruckt in BGHZ 166, 84 ff. 50
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
muss man folgern, bei der Schutzpflicht handele es sich – wie beim Bankgeheimnis – auch nach Ansicht der Richter um eine gesetzliche Verpflichtung. Die Formulierung „Die sich aus dem Darlehensvertrag“ . . . „ergebende Verpflichtung zur Interessenwahrung und Loyalität“54 ist in dieser Form m. E. nicht haltbar, jedenfalls aber unklar und missverständlich.55 dd) Auflösung des Widerspruchs über die Anwendung von Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken Um die gezeigten Widersprüche zu vermeiden, hätte der Bundesgerichtshof seine Entscheidung (wie die Berufungsinstanz) auf eine Verletzung der Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken stützen können. Ist die AGB-Klausel in ein konkretes Bankgeschäft einbezogen, bildet sie einen Geltungsgrund für das Bestehen einer Verschwiegenheitspflicht. Er tritt zu denjenigen hinzu, die für das gewohnheitsrechtliche Bankgeheimnis Gültigkeit besitzen. Solange diese Pflicht das Bankgeheimnis inhaltlich nicht verändert oder es sogar stärkt, genießt sie als Vertragsrecht ihm gegenüber Vorrang.56 Schränkt sie das gesetzlich begründete Bankgeheimnis inhaltlich hingegen ein, stellt sich das weitergehende Problem, ob AGB eine Verkürzung des Bankgeheimnisses erlauben. Im Fall der Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken ist es eindeutig, dass die Klausel mit der Formulierung der Kundenbezogenheit das gesetzlich bestehende Bankgeheimnis nicht einschränkt.57 Haben die Parteien also AGBBanken in Bankgeschäfte einbezogen und findet sich in den Regelungen eine (wirksame) Bestimmung zur Geheimhaltung, ist im Hinblick auf kundenbezogene Äußerungen eine Beschäftigung mit Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflichten entbehrlich. 3. Keine zufriedenstellende normative Begründung für eine Differenzierung
Das Nebeneinander von Bankgeheimnis und Loyalitäts- oder Schonungspflicht ermangelt nicht nur eines sinnvollen Abgrenzungsmerkmals, sondern zudem einer zufriedenstellenden normativen Begründung für das Bestehen einer außerdeliktischen Loyalitätspflicht. 54
BGHZ 166, 84 (93 Rn. 39). Zu erinnern ist daran, dass Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB einer normativen Begründung bedürfen, vgl. dieses Kapitel Fn. 6. 56 Siehe oben S. 137. 57 Offen bleiben kann an diesem Punkt deshalb, ob der derzeitige Wortlaut der Klausel inhaltlich mit dem ohnehin bestehenden Bankgeheimnis identisch ist oder darüber hinausgeht. 55
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a) Keine normative oder dogmatische Begründung im Urteil In dem Ansatz von Canaris fand der Bundesgerichtshof eine Gelegenheit, ohne eigenen dogmatischen Begründungsaufwand die Pflichtverletzung der Beklagten zu bejahen.58 Er machte sich nicht die Mühe, den angeblichen Unterschied zwischen dem Bankgeheimnis und der postulierten Loyalitätspflicht herauszuarbeiten. Das Urteil thematisierte dieses Verhältnis mit keinem Wort. Dennoch nimmt es eine Abstufung vor, zum einen durch die Voraussetzung des inneren Zusammenhangs, zum anderen mit dem Hinweis, die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses sei eine besondere Ausprägung der allgemeinen Pflicht der Bank, die Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu beeinträchtigenden.59 Die Aussage ist nicht zielführend. Zwar ist ihr zuzustimmen, stellt doch das Bankgeheimnis eine Schutzpflicht im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB dar. Im Kern ist dies unstreitig.60 Diese Rücksichtspflicht hat im Laufe der Jahrzehnte eine konkrete Gestalt erlangt und ist als Rechtsinstitut anzusehen. Ihr lässt sich freilich nicht entnehmen, dass es neben dem Bankgeheimnis eine weitere Rücksichtspflicht gibt, die auf Geheimhaltung (oder Zurückhaltung bei kundenbezogenen Äußerungen) gerichtet ist. Auch ermöglicht diese Sichtweise keine Herleitung des Erfordernisses des „inneren Zusammenhangs“. b) Keine normative oder dogmatische Begründung von Canaris Die dargestellte Konstruktion des Bundesgerichtshofs ist im Ergebnis den Einwänden ausgesetzt, die der Vertrauenshaftung als solcher entgegengehalten werden. Dazu gehört vor allem die fehlende dogmatische Verankerung im Gesetz und überhaupt im Schuldrecht. Es stört die Pauschalität der Wertung und der darauf aufbauende unklare Grundriss der Pflichten.61 Während 58 Es ist offensichtlich, dass das Gericht gedanklich den Weg verfolgte, den der Beitrag von Canaris (ZIP 2004, 1781 ff.) aufzeigte. Wenn die Richter Canaris dabei dennoch nicht zitierten, mag dies daran liegen, dass er nach seinen eigenen Angaben in der zweiten Fn. als beklagtennah gelten musste. 59 BGHZ 166, 84 (93 Rn. 38). 60 Ebenso im Ergebnis einhellig die Literatur, vgl. Becker, S. 172: „bankenseitige Verhaltenspflicht“; Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 7 und Westermann, FS Raiser, S. 787 (798): „Teil der allgemeinen Interessenwahrungspflicht der Bank“; ähnlich Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost, BankR I Rn. I 156: „Interessenwahrungspflicht stricto sensu“; Kümpel, Rn. 2.136: „allgemeinen Verhaltens- und Schutzpflichten“; G. H. Roth in: MünchKomm BGB, § 241 Rn. 97; wohl auch Hopt in: Baumbach/Hopt, (8) AGB-Banken Nr. 2 Rn. 1. 61 Näher dazu bereits oben S. 116 f.
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diese Kritik beim Bankgeheimnis wegen seiner gewohnheitsrechtlichen Geltung leer läuft,62 ist sie bei einer allgemeinen Schonungspflicht schwer zu entkräften.63 Dahingehendes Gewohnheitsrecht besteht nicht. Eine Begründung findet sich auch bei Canaris, dem Begründer der Schonungspflicht, nicht: Er entnimmt der Judikatur den Grundsatz, Bank und Kunde müssten alles unterlassen, was den anderen Teil schädigt.64 Die zitierten Entscheidungen treffen zwar eine dahingehende pauschale Aussage. Die ihnen zu Grunde liegenden Sachverhalte beziehen sich jedoch durchweg auf Schutzpflichten mit anderem Inhalt; insbesondere ging es darin jeweils um ein Verbot betrügerischer Manipulationen zu Lasten des Vertragspartners.65 Der von der Judikatur aufgestellte Grundsatz sollte in seiner Weite und Pauschalität deshalb eingeschränkt werden. Dies zeigen beispielhaft eine Reihe von aktuellen Entscheidungen, die das generelle Verbot, Vermögensinteressen des Kunden zu bedrohen, modifizieren. So darf ein Kreditinstitut durchaus einen „zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden“ schaffen. Dann jedoch müsse die Bank den Kunden über diese Gefährdung aufklären.66 Die Rechtsprechung hat – soweit ersichtlich – noch keine Fallgruppe entwickelt, sich bei Äußerungen über Geschäftspartner zurückzuhalten und zu mäßigen.67 Vielmehr scheint die Judikatur bisher solche Pflichten im außervertraglichen Bereich anerkannt zu haben, allerdings nur nach einer Interessenabwägung im Einzelfall.68 Eine Fallgruppe mit Schutzpflichten, die eine Zurückhaltung bei Äußerungen fordert, weil ein Vertrauensverhältnis besteht, bildete sich auch in der Wissenschaft noch nicht heraus.69 Ihre Bejahung ohne Begründung ist 62
Das Recht muss hier nicht durch einen Akt des Gesetzgebers oder durch richterliche Rechtsfortbildung geschaffen werden. 63 Unerheblich ist bei diesem Einwand, ob man die Pflicht wie Canaris über die Vertrauenshaftung oder wie der Bundesgerichtshof im Kirch-Fall über eine extensive (ergänzende) Vertragsauslegung begründet. 64 Vgl. die bei Canaris, ZIP 2004, 1781 (1785 Fn. 18) zitierten Urteile RG BankArchiv XXVIII. Jg. Nr. 14 (1929), S. 258 (259); BGH WM 1967, 1142 (1143); WM 1968, 214 (216). 65 In zwei Fällen nahm das Gericht eine Sorgfaltspflicht des Kunden gegenüber der Bank an, in einem Fall eine solche der Bank gegenüber ihrem Kunden. 66 BGH NJW 1999, 2032 (2033); ähnlich BGHZ 146, 235 (239). 67 Bei Meinungsäußerungen lehnt das Bundesarbeitsgericht eine solche Pflicht sogar dann ab, wenn der Betriebsfrieden dadurch schwerwiegend beeinträchtigt wird, vgl. BAG NJW 2005, 619 (621 f.). 68 Eine Pflicht zur Zurückhaltung ist im deliktischen Bereich anerkannt, z. B. BGHZ 8, 142; zur publizistischen Sorgfaltspflicht BGHZ 59, 76 (79 ff.); 132, 13 ff.; 143, 199 (203); dazu auch Peters, NJW 1997, 1334 ff.; zur Amtshaftung BGHZ 154, 54 ff.; im Wettbewerbsrecht BGH NJW 1990, 1531 ff.
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abzulehnen: Nicht nur würden auf diese Weise unvorhersehbare Pflichten geschaffen, die in ihrer Geltung und ihrem Umfang – an welchen Maßstäben sollte man sie auch messen – nicht zu überblicken sind. Zudem fehlt für sie – anders als beim Bankgeheimnis und anderen Schutzpflichten – eine Grundlage im Gesetz oder der rechtsfortbildenden Tätigkeit der Gerichte.70 Deshalb sind Sorgfaltspflichten zu einer schonenden Äußerung über einen Vertragspartner abzulehnen, falls sie über die deliktischen Pflichten und anerkannte Schutzpflichten wie das Bankgeheimnis hinausgehen.71 69 Vgl. zu den mittlerweile gängigen Kategorien von Schutzpflichten Grüneberg/ Sutschet in: Bamberger/Roth, § 241 Rn. 77 ff., v. a. Rn. 87 ff.; Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 426 ff.; G. H. Roth in: MünchKomm BGB, § 241 Rn. 90 ff. (v. a. Rn. 174 – Schutzpflichten der Bank); Teichmann in: Soergel (12. Auflage), § 242 Rn. 186 ff.; H. P. Westermann in: Erman, § 241 Rn. 10 ff.; am weitesten zieht P. Krebs, Sonderverbindung, S. 504 f. den Kreis derartiger Schutzpflichten „Verbot der aktiven Schädigung“ auf Grund sonderverbindungsspezifischer Einwirkungsmöglichkeiten und reduzierter Abwehrmöglichkeiten. 70 Eine Herleitung aus gesetzlichen Wertungen erscheint prinzipiell zwar möglich. Eine richterrechtliche Herausbildung und Konkretisierung ist – anders als etwa im Bereich der Informations- und Aufklärungspflichten – bisher kaum ersichtlich. M. E. kann man hier nicht auf die vor der Schuldrechtsreform meist als „Treuepflichten“ bezeichneten Loyalitätspflichten zurückgreifen. Sie zielten unmittelbar auf die Erreichung des Leistungszwecks ab, vgl. P. Krebs, Sonderverbindung, S. 470; Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 504. Die Verschwiegenheitspflicht hat mit der Zweckerreichung (z. B. Rückzahlung des Darlehens) grundsätzlich nichts zu tun. Allenfalls in besonderen Fällen (wenn die Preisgabe des Geheimnisses etwa die Rückzahlung gefährdet oder gar verhindert) mag dies anders sein – näher zu den nur mittelbar auf den Leistungserfolg bezogenen Treupflichten P. Krebs, a. a. O., S. 458 ff. In der Kirch-Entscheidung (BGHZ 166, 84) liegt die Annahme dieses Ausnahmefalls nahe, weil durch das Interview Kreditgeber abgeschreckt wurden, es so zu einem Liquiditätsengpass kam und dies die Darlehenskündigung der Bank zur Folge hatte. Der BGH hätte hier jedoch auf diesen Aspekt (Gefährdung des Vertragszwecks) hinweisen und die für diese Fallgruppe entwickelten Maßstäbe anwenden müssen. Hierfür sind keine Anhaltspunkte vorhanden. Die Rspr. und ihr folgend die Literatur nimmt zudem häufig außergesetzliche Obhuts- und Fürsorgepflichten an, bisher jedoch in erster Linie für bestimmte Vertragstypen, vgl. Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 487 ff. – auch bei diesen Pflichten ist die Parallele zur Geheimhaltungspflicht nicht erkennbar. 71 Den Beitrag von Canaris, ZIP 2004, 1781 (1785) muss man wohl so verstehen, dass die Schonungspflicht außerdeliktisch ist, letztlich also auch eine Art der Vertrauenshaftung darstellt. Neben eine enge Vertrauenshaftung beim Bankgeheimnis würde danach eine weitere Art von Vertrauenshaftung treten. Zwar könnte dies einen fließenden Übergang zwischen Vertrags- und Deliktsrecht ermöglichen. Doch steht der Konstruktion die fehlende Verankerung in Gesetz, Gewohnheitsrecht oder Rechtsfortbildung entgegen. – Davon zu unterscheiden ist die Ansicht, deliktische Verkehrspflichten stellten innerhalb von Vertragsverhältnissen zugleich Vertragspflichten dar – so Heinrichs in: Palandt, § 280 Rn. 28 unter Hinweis auf Wiedemann in: Soergel, vor § 275 Rn. 484.
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses 4. Zwischenergebnis und Schlussfolgerung
Diese vorstehenden Überlegungen zeigten Folgendes: Die höchstrichterliche Rechtsprechung und Canaris geben keine zufriedenstellende Antwort auf die Frage, wann und weshalb neben dem Bankgeheimnis eine allgemeine Schutzpflicht die Geheimhaltung gebietet. Die vorliegende Ausarbeitung befürwortet Pflichten zu zurückhaltenden Äußerungen über den Vertragspartner auf gesetzlicher Grundlage, wenn und soweit sie ein zwischen den Parteien stehendes Austauschverhältnis und den mit ihm verfolgten Vertragszweck unterstützen können. Als leistungsbezogene Nebenpflichten sind sie vom Bankgeheimnis rechtlich völlig unabhängig. Sie näher zu beschreiben, ist nicht Aufgabe dieser Dissertation. Eine Fallgruppe mit leistungsunabhängigen Schutzpflichten, die über eine gesetzliche oder vertragliche Konstruktion das gleiche Ziel wie das Bankgeheimnis verfolgen und es flankieren, ermangelt derzeit einer Rechtsgrundlage; die Rechtsfortbildung hat sie (noch) nicht entwickelt. Sie ist deswegen abzulehnen. Weiterhin deutete die Urteilsanalyse die Verknüpfung zwischen Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken und dem Bankgeheimnis an. Bei Einbeziehung dieser Klausel kommt es nicht auf einen irgendwie gearteten Zusammenhang zwischen Information und Geschäftsverbindung an, sondern ausschließlich auf die Kundenbezogenheit. Doch lenkt die Formulierung der AGB-Banken, der unterschiedliche Wortlaut zu den AGB-Sparkassen sowie die vom Bundesgerichtshof gewählte Lösung über eine Loyalitätspflicht den Blick auf den angeblichen Unterschied zwischen ihr und dem Bankgeheimnis, nämlich auf das Erfordernis eines inneren Zusammenhangs. Diesem Punkt wird sich die Arbeit nun zuwenden. 2. Abschnitt
Sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses § 20 Bezug zwischen Information und Geschäftsverbindung Bereits bei der Darstellung der Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses kam zum Ausdruck, was es charakterisiert, nämlich das besondere Vertrauensverhältnis. Zu dieser Sonderverbindung müssen die vom Bankgeheimnis geschützten Informationen einen Bezug aufweisen. Erst die erhöhte Gefahrenquelle durch einen geschäftlichen Kontakt zu einem Kreditinstitut rechtfertigt einen besonderen Schutz.72 Anders ausgedrückt dürfen 72 Seine Tragweite entfaltet das Kriterium zum einen bei der Entstehung, zum anderen bei der Bestimmung des Pflichtenumfangs.
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nur solche Angelegenheiten unter das Bankgeheimnis fallen, die wirklich auf der Sonderverbindung beruhen.73 Wann ist dies der Fall? I. Kundenwille als Bezugspunkt nicht ausreichend Als klassische Formulierung zum Umfang des Bankgeheimnisses findet man vor allem in älteren Quellen häufig, das Kreditinstitut habe solche Informationen geheim zu halten, von denen der Kunde wünscht, dass es sie geheim halten solle.74 Der Grund hierfür liege in dem besonderen Vertrauensverhältnis sowie der Rolle des Kunden als Geheimnisherr.75 Zwar ist es zutreffend, dass Angaben der Geheimhaltung nicht bedürfen, wenn der Kunde sie nicht verborgen halten möchte. Nicht zulässig ist allerdings der Umkehrschluss: Nicht alle Daten, die der Geschützte geheim halten will, fallen unter das Bankgeheimnis. 1. Pflicht als Ausdruck einer typisierten gesetzlichen Interessengewichtung
a) Ausrichtung der Schutzbedürftigkeit des Kunden am strukturellen Ungleichgewicht Die Notwendigkeit einer Einschränkung offenbart sich anhand eines einfachen Beispiels: Einem Kunden ist wichtig geheim zu halten, dass er derzeit ein Mietauto fährt. Mit dem Mietauto parkt er – für alle Bankangestellten ersichtlich – vor der Bankfiliale. Ist die Tatsache, dass der Kunde mit diesem Wagen zum Kreditinstitut gekommen ist, vom Bankgeheimnis erfasst?
Der Kundenwille ist eindeutig auf die Geheimhaltung gerichtet. Bei der alleinigen Orientierung der Reichweite des Bankgeheimnisses am Kundenwillen stört zunächst, dass dann das Gesetz Eigenarten eines Kunden zu seinen Gunsten berücksichtigen müsste.76 Damit würde die gesetzliche Pflicht den Kunden auch dort schützen, wo er überhaupt nicht schutzbedürftig ist.77 Als Berufsgeheimnis sollte die Verschwiegenheitspflicht jedoch ihren Ur73 Bei Einbeziehung der AGB-Banken kommt es dagegen nur auf die Kundenbezogenheit an, s. S. 183 ff. 74 BGHZ 27, 241 (246); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 48; Kirchherr in: Sichtermann, S. 134; Scheer, S. 29 f.; Schönle, § 5 I (S. 43); Wolff, DB 1968, 695 (696); anders Dalsheim, S. 17, der das Interesse objektiviert. 75 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 48; Kirchherr in: Sichtermann, S. 134 f.; Wolff, DB 1968, 695 (696); keine Begründung geben BGHZ 27, 241 ff.; Schönle, § 5 I (S. 43). 76 Wünsche zu seinen eigenen Lasten wird es kaum geben. 77 Dies befürwortet Scheer, S. 35.
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
sprung in einer typisierten Interessenlage der Parteien haben. Deshalb können subjektive Empfindlichkeiten nicht den Ausschlag geben; nicht jedes Geheimnis des Kunden kann zum Bankgeheimnis werden. Eine gesetzliche Pflicht knüpft von ihrer Natur her nicht an den subjektiven Willen einer Partei zum eigenen Schutz an, sondern an eine gesetzlich anerkannte Schutzbedürftigkeit. Wie zu Beginn der Arbeit dargelegt, geht es beim Bankgeheimnis um den Ausgleich eines strukturellen Ungleichgewichts, um eine durch das Gewohnheitsrecht geformte und hierbei um eine gesetzlich verankerte typisierte Interessengewichtung.78 Die Rechtsordnung darf der Bank eine Pflicht nur auflegen, soweit das strukturelle Ungleichgewicht dies erforderlich macht.79 Maßstab für den Inhalt der Pflicht kann daher nicht der Wille des Kunden im Einzelfall sein.80 b) § 383 ZPO als Maßstab für die Schutzwürdigkeit des Kunden Ansatzweise wird dies bei der Vorschrift des § 383 ZPO deutlich. Sie nimmt einen gesetzlichen Ausgleich zwischen berechtigen Interessen Privater vor, namentlich zwischen dem Interesse einer Prozesspartei, einen Zeugen als Beweismittel einzusetzen, und demjenigen des Zeugen, dem Geheimhaltungsinteresse des Anvertrauenden gerecht zu werden. In diesem Fall geht es – wie beim Bankgeheimnis – darum zu bestimmen, wie weit die Rechtsordnung eine Verschwiegenheitspflicht gesetzlich schützt, in welchem Umfang sie also ein Geheimhaltungsinteresse des Geheimnisherrn anerkennt. Bei § 383 ZPO ist nicht der Wille des Anvertrauenden maßgeblich, sondern nur seine objektiv gerechtfertigten Interessen sind es; „anormale Wünsche“ des Geheimnisherrn sind nicht zu berücksichtigen.81 Zwar wird die Interessengewichtung beim Bankgeheimnis anders als bei der Frage eines Zeugnisverweigerungsrechtes verlaufen. Denn der Bank wird kein Beweismittel genommen; die Geheimhaltung berührt ihre Interessen weniger.82 § 383 ZPO gibt einen Anhaltspunkt dafür, welche Verkehrssitte zur Geheimhaltung der Gesetzgeber als schützenswert anerkennt.83 Der Wille des Geschützten gehört nicht dazu.84 78
Dazu S. 86 ff. Dass Schutzpflichten kraft Gesetzes entstehen und daher revisibel sind, stellt Grigoleit, FS Canaris, S. 275 (284) zu Recht heraus. 80 Verfehlt ist die in älteren Quellen auftauchende Diskussion über das Problem, der Kundenwille könne nur soweit Berücksichtigung finden, wie der Bankier ihn erkennen könne (vgl. BGHZ 27, 241 (246); Scheer, S. 31 und S. 97). Diese Frage gehört m. E. zum Verschulden. 81 KG OLGRspr 29, 118 (119). 82 Scheer, S. 30. 83 Zu § 383 ZPO vgl. S. 169 ff. 79
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2. Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses spiegeln sich nicht immer im Kundenwillen wider
Beim Bankgeheimnis zeigen vor allem Fälle, in denen die mitgeteilten Informationen inhaltlich keinerlei Bezug zur Geschäftsverbindung aufweisen, dass es nicht in erster Linie auf den Kundenwillen ankommt. Zur Verdeutlichung sei erneut ein Beispiel angeführt: Ein redseliger Bankkunde erzählt dem Bankier im Laufe eines Kreditgespräches, er liege mit seinem Bruder im Streit, weil er dessen Frau beleidigt habe. Diese Tatsache solle bitte nicht bekannt werden.
Ein Zusammenhang kann sich bei diesem Beispiel allenfalls aus der Tatsache ergeben, dass das Geheimnis der Bank bei Kreditgesprächen zur Kenntnis gebracht wurde. Dies genügt als Bezug zur Sonderverbindung jedoch nicht. Eine derartige Geschichte gibt keinen Anlass, sie durch ein bankrechtliches Berufsgeheimnis zu schützen. So vertrat schon Schubert die Ansicht, der Umfang des Bankgeheimnisses könne nicht von der Willkür des Anvertrauenden abhängen.85 Für eine rechtlich geschützte Vertraulichkeit in Bezug auf solche Informationen besteht kein Bedürfnis. Weder darf der Kunde noch ein etwaiger Mitteilungsempfänger bei derartigen Informationen von einer besonderen Vertrauensstellung des Berufsstandes der Kreditinstitute ausgehen. Eine gesteigerte Schadensträchtigkeit beim Kunden ist genauso wenig ersichtlich wie ein Bezug zur Geschäftsverbindung. Allein die Verknüpfung mittels eines entsprechenden Kundenwillens (und ohne eine gleichgerichtete Willenserklärung der Bank) ist zu wenig, um eine verstärkte Pflichtenstellung einer Partei zu begründen. Man muss allerdings klarstellen, dass ein Kundenwille umgekehrt die Bank von einer sonst bestehenden Verschwiegenheitspflicht auch befreien kann, wenn dies seinen eigenen objektiven Interessen zuwider läuft.86 Der Wille schafft keine Pflicht, er beschränkt sie. Die Rechtsordnung will den Schutzbedürftigen nicht bevormunden, sondern überlässt ihm das Pflichtenausmaß, solange der andere Teil dadurch keinen Nachteil erleidet. Nur inso84 Auch sonst gibt es wohl kaum gesetzliche Pflichten, deren Inhalt ausschließlich von einem einseitigen Bestimmungsrecht der geschützten Person abhängig gemacht werden. 85 Schubert, S. 51: Familiengeheimnisse beispielsweise, die „mit dem Geschäftsverkehr nichts zu tun“ haben, unterfallen allenfalls einer sittlichen Geheimhaltungspflicht; ähnlich Dalsheim, S. 10 und zum Strafrecht Finger, Geheimnisbruch, S. 359: „Der Wille des Erklärenden kann etwas zum Geheimnis, doch nicht zum Berufsgeheimnis machen.“. 86 Insoweit gleicher Meinung Scheer, S. 31; eine andere Frage ist, ob die Bank in diesem Falle dem Kunden Bedenken mitteilen muss – dazu RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 10 (1913), S. 170 (171 bei Fn. 2).
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
weit erzeugt der Wille Rechtswirkungen.87 Dies deckt sich mit dem hier bereits häufiger herausgestellten Charakteristikum von Geheimnissen, der Dispositionsbefugnis des Geheimnisherrn.88 3. Zwischenergebnis
Der vorstehende Abschnitt ging der Bedeutung des Kundenwillens für den Umfang des Bankgeheimnisses nach. Es zeigte sich, dass ein rein subjektiver Zusammenhang zwischen den vertraulichen Daten und der Geschäftsverbindung eine zu weitgehende Verschwiegenheitspflicht auslösen würde. Denn der Wille des Kunden spiegelt die für ein Berufsgeheimnis charakteristischen Kriterien der besonderen Vertrauensbeziehung zum Kreditinstitut sowie einer erhöhten Gefahrenquelle durch die wissende Bank nicht ausreichend wider. Sie lassen sich folglich nur durch eine objektive Anknüpfung sicherstellen. II. Die Vielschichtigkeit des Bezugspunkts Der folgende Abschnitt stellt die Frage nach den entscheidenden Gesichtspunkten für die Bestimmung des Umfangs des Bankgeheimnisses. Es wird sich zeigen, dass Literatur und Rechtsprechung keine klare und erst recht keine einheitliche Antwort hierauf geben. Die Möglichkeiten einer Anknüpfung für einen objektiven Zusammenhang zwischen Geschäftsverbindung und geschützten Informationen sind vielfältig: Denkbar sind z. B. eine Ausrichtung an den objektiven Interessen des Kunden oder an seinem Zwang zur Offenlegung von Informationen, ein Abstellen auf die Verkehrssitte, die Art der Kenntniserlangung durch die Bank, die Bedeutung der Informationen für die Geschäftsverbindung oder den Mitteilungsempfänger, die Umstände der Weitergabe der Informationen, und zwar sowohl zunächst an das Kreditinstitut selbst als auch danach an den Dritten, dem die Bank Daten offenbart. All diese Ansätze deuten sich in den Meinungen zur Reichweite des Bankgeheimnisses an, die im Folgenden dargestellt werden. 1. Keine gewohnheitsrechtlich verfestigte Anknüpfung in älteren Quellen
Eine Durchsicht des Schrifttums lässt ein weites Verständnis des Zusammenhangs vermuten. Petersen fordert die „strengst mögliche Ausgestal87
Weitergehend Scheer, S. 58. Der Kundenwille findet sich bereits in dem Geheimnisbegriff wieder und ist nicht in der Lage, die spezifischen Inhalte eines besonders geschützten gesetzlichen Berufsgeheimnisses zu bestimmen. Vgl. zum Geheimnisbegriff S. 56. 88
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tung“, die es dem Kreditinstitut gebiete, „sich jeglicher Aussagen und Wertungen zu enthalten“.89 Angesichts der gewohnheitsrechtlichen Wurzeln des Bankgeheimnisses ist ein Blick auf die Verkehrssitte unerlässlich. Auch sie zieht den Schutzbereich des Bankgeheimnisses sehr weit.90 So heißt es in einer wichtigen Quelle zum preußischen Sparkassenrecht: „Die Verletzung der Amtsverschwiegenheit ist nach Lage des einzelnen Falles zu beurteilen. Nach der entsprechend auf Landesbeamte anzuwendenden Vorschrift des § 11 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873 (R. G. Bl. S. 6), welche die Reichsbeamten verpflichtet, über die vermöge ihres Amtes ihnen bekannt gewordenen Angelegenheiten, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich oder von ihren Vorgesetzten vorgeschrieben ist, Verschwiegenheit zu beobachten, ist anzunehmen, daß nicht jede Veröffentlichung von Gegenständen, die einem Beamten vermöge seines Amtes bekannt geworden sind, eine Verletzung der Amtsverschwiegenheit enthält. Maßgebend erscheint vielmehr die Entscheidung der Frage, ob durch die Veröffentlichung das Interesse der Sp. K. oder des Garantieverbandes oder der Einleger gefährdet ist oder gefährdet werden konnte“91 [Hervorhebungen nicht im Original]
Die Mustersatzung der Sparkassen erstreckte die Verschwiegenheit auf Informationen „über den Geschäftsverkehr“.92 Im Bereich der privaten Bankinstitute liest man Ähnliches: „Die Geheimnißthuerei der Hamburger Bank erstreckt sich nicht nur auf den Inhalt der Conti, welcher im Interesse des Kontobesitzers natürlicherweise verschwiegen bleiben muß, sondern auch auf alle Theile des Geschäftsbetriebes“.93
Es ging um alle Vorgänge, welche die Bankiers „unter Händen haben werden“.94 Zum Teil sahen Kreditinstitute die Verschwiegenheit vor „über alle zu ihrer Kenntnis gelangenden Vermögensangelegenheiten der Kontoinhaber gegen jedermann“,95 „über alles, was ihnen durch ihre Amtsführung 89 Petersen, S. 28 (ähnlich S. 24); ähnlich BGHZ 27, 241 (246); OLG Köln DB 1968, 1533; Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 1: „Im Zweifel ist davon auszugehen, daß der Kunde die Geheimhaltung sämtlicher dem Kreditinstitut bekanntgewordenen Tatsachen gegenüber jedermann wünscht“; sich ihm anschließend Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1694); gleichzeitig hält Petersen jedoch an dem Erfordernis eines inneren Zusammenhangs fest – zu dieser Problematik im Anschluss. 90 Scheer, S. 36; Schubert, S. 51 91 von Knebel Doeberitz, S. 178 f. 92 Zentralstelle des Deutschen Sparkassen-Verbandes, Mustersatzung für Sparkassen (1922), S. 5 (§ 7). 93 Hübner, S. 119. 94 Schubert, S. 5. 95 Unveröffentlichte Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreissparkasse Homburg-Saar in der Fassung von März 1938, angelehnt an die AGB der dem Deutschen Sparkassen- und Giroverbande angeschlossenen Spar-, Girokassen und Kommunalbanken, Ziff. 47.
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
in Beziehung auf Privatverhältnisse bekannt wird“,96 über „persönliche und geschäftliche Beziehungen“97 oder über alle „Geschäfte“ der Bank.98 Die ältere Rechtsprechung nimmt bei Berufsgeheimnissen regelmäßig die Kenntniserlangung als Anknüpfungspunkt und versteht sie sehr weit: Die Information müsse bei Ausübung der Berufstätigkeit zur Kenntnis des Verpflichteten gelangt sein, jedenfalls soweit der Kunde ein erkennbares Interesse an der Geheimhaltung habe.99 Der Berufsträger müsse sie auf Grund seiner Vertrauensstellung oder im Zusammenhang damit erfahren100 oder in seiner Eigenschaft als jeweiliger Berufsträger; die Wahrnehmungsmöglichkeit müsse nicht auf einem besonderen Vertrauensakt beruhen.101 Es kann sich nach überwiegender Ansicht sogar um Umstände handeln, die der Berufsträger nur bei Gelegenheit seiner Tätigkeit erfahren hat und die mit dieser keine unmittelbare Verbindung haben.102 Einige berufsrechtliche Regelungen beziehen „alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekannt geworden ist“, in den Schutz ein.103 96
Hocker, S. 344, Lübecker Privat-Bank (§ 32). Hocker, S. 166, Disconto-Gesellschaft in Berlin (Art. 48 Abs. 2). 98 Hocker, S. 98, Danziger Privat-Actien-Bank (§ 38 Abs. 2); S. 225, Geraer Bank (§ 62); S. 515, Preußische Bank (§ 113). 99 RG SeuffArch 51 (1895), 227 (Nr. 144) und OLG Marienwerder SeuffArch 51 (1894), 358 (Nr. 230) – jeweils Anwalt; OLG Dresden OLGRspr 40, 377 (378) – Bank: „Entscheidend ist allein, ob der Zeuge die zu bezeugenden Tatsachen mit der aus seinem Gewerbebetriebe sich ergebenden Pflicht zur Geheimhaltung erfahren hat.“ – allerdings im konkreten Sachverhalt nur bezogen auf Informationen zu einem bestimmten Kreditverhältnis; enger Scheer, S. 25; Kirchherr in: Sichtermann, S. 130; vgl. auch Goedel, S. 54 ff. – Arzt. 100 BGHZ 91, 392 (397) – Arzt; BGH NJW 2005, 1948 (1949); BGH ZIP 1983, 735 (737) – Steuerberater; RGZ 54, 360 (361) – Bureauvorsteher eines Notars; Schumann in: Stein/Jonas, 20. Aufl., § 383 Rn. 90 und jetzt 21. Aufl. Berger, ebenda; Hartmann in: Baumbach, § 383 Rn. 9. – Dies gilt jedenfalls, wenn die Tatsachen der Verfügungsberechtigung des Geheimnisherrn unterliegen, insbesondere ihn persönlich betreffen, vgl. OLG Düsseldorf MDR 1985, 507 – Anwalt (allerdings mit zweifelhafter Begründung). 101 BGHZ 40, 288 (293 f.); 91, 392 (397) – jeweils zum Arzt; BGH ZIP 1983, 735 (737) – Steuerberater; RGZ 53, 168 (169) – Notar; 54, 360 (361) – Bureauvorsteher eines Notars; Goedel, S. 54 ff. – Arzt; Hartmann in: Baumbach, § 383 Rn. 12 (Anwalt/Notar: „anlässlich der Beauftragung anvertraut“; „als Arzt mit oder ohne Kenntnis des Patienten erfahren“). 102 So § 9 Abs. 2 der Berufsordnung für Steuerberater; vgl. auch BGH ZIP 1983, 735 (737) – Steuerberater m. w. N.; Gräfe/Lenzen/Schmeer, S. 90 Rn. 157; unklar RGZ 54, 360 (361); Wieczorek, § 383 Anm. C IV b erstreckt die Verschwiegenheitspflicht auf jegliche Tatsachen in Bezug auf den Geschützten, sogar allgemein bekannte. Wenn die Kenntniserlangung nur „bei Gelegenheit“ geschieht, verlangt RGZ 53, 168 (169) einen inhaltlichen Bezug zur Tätigkeit des Berufsverpflichteten (im Rahmen des § 383 ZPO bei einem Notar); a. A. Goedel, S. 56 und Kohlhaas in: Recht der Heilberufe, S. I 781: „bei Gelegenheit“ der Berufsausübung genüge nicht. 97
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Wollte man die richtigen Inhalte des Bankgeheimnisses an solchen Formulierungen festmachen, stünde man vor unüberwindlichen Abgrenzungsschwierigkeiten. Denn eine einheitliche Rechtsüberzeugung – eine Voraussetzung für das Entstehen von Gewohnheitsrecht – ist nicht ersichtlich. Zur Festlegung der genauen Ausmaße der Pflicht tragen die Formulierungen in den verschiedenen Quellen daher wenig bei. Sie sind zu vage. Eine einheitliche Verkehrssitte lässt sich nicht feststellen. Von diesen Schwierigkeiten abgesehen, kämen die Wertungskriterien dabei zu kurz. Mit Recht war schon Dalsheim der Ansicht, das Berufsgeheimnis müsse im Zweckgedanken seine Begrenzung finden.104 Bei einer alleinigen Ausrichtung des Pflichtenumfangs an der Verkehrssitte oder am Willen des Kunden spielten weder die typisierte Interessenlage und das strukturelle Ungleichgewicht zwischen Bank und Kunde noch die faktische Notwendigkeit zur Offenlegung bestimmter Daten eine Rolle. Die mehrgliedrige Vertrauensbeziehung mit der gesteigerten Gefahr für die Rechtsgüter des Kunden, der Dauer der Geschäftsverbindung sowie den berechtigten Erwartungen an den Berufsstand der Bankiers blieben ebenfalls außer Betracht. Diese teleologischen Aspekte müssen Berücksichtigung finden. Sie sind Maßgabe für die Inhaltsbestimmung. 2. Keine einheitliche Anknüpfung in neueren Quellen
Um den Gegenstand des Bankgeheimnisses näher zu definieren, verwendet das Schrifttum – wie das Kirch-Urteil bereits andeutete105 – teilweise den Begriff „innerer Zusammenhang“ mit der Geschäftsverbindung.106 Ein 103 § 43 a Abs. 2 Satz 2 BRAO; ähnlich § 18 Abs. 1 Satz 2 BNotO („alles, was ihm bei Ausübung seines Amtes bekannt geworden ist“), § 22 Abs. 5 StBerG für Geschäftsprüfer: „Geschäftsgeheimnisse, die sie bei der Wahrnehmung ihrer Obliegenheiten erfahren haben“ und § 9 Abs. 1 MBO-Ä: „über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Ärztin oder Arzt anvertraut oder bekannt geworden ist“; weiter § 395 AktG (Prüfer und Verwalter einer Gebietskörperschaft): „über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft“. Andere Gesetze weisen lediglich auf die Verschwiegenheit hin, ohne sie näher zu definieren, vgl. § 57 Abs. 1 StBerG: „Steuerberater und Steuerbevollmächtigte haben ihren Beruf“ . . . „verschwiegen“ . . . „auszuüben.“ Ähnlich § 43 Abs. 1 WiPrO, § 59 m Abs. 3 BRAO (Aufsichtsorgane einer Rechtsanwaltsgesellschaft). § 57 b WiPrO (Verantwortliche der Qualitätskontrolle nach § 57 a WiPrO): „über die ihnen im Rahmen der Qualitätskontrolle bekannt gewordenen Angelegenheiten“. 104 Dalsheim, S. 10. 105 Vgl. S. 176 f. 106 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 52; ders., ZIP 2004, 1781 ff.; Höpfner/Seibl, BB 2006, 673; Kirchherr in: Sichtermann, S. 126 ff.; Musielak in: Hadding/Schneider, S. 14; Petersen, S. 28; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/36; Wolff, DB 1968, 695 (696); diesem Terminus folgend BGHZ 166, 84 (92 Rn. 35); nicht mit dieser
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solcher soll für das Bestehen des Bankgeheimnisses nötig sein. Der Bedeutung dieses Merkmals ist hier nachzugehen.107 a) In der Literatur In weiten Teilen der Literatur sucht man den Terminus als solchen zwar vergebens; auch ihre Vertreter stellen indes häufig einen Bezug zwischen der Informationserlangung und der bankrechtlichen Geschäftsverbindung her, sind in ihren Formulierungen allerdings sehr vielfältig.108 Was sich dahinter verbirgt, ist oft nicht klar. Zumeist treffen sie keine Aussage dazu, Begrifflichkeit, aber sinngemäß die vom BGH zitierte Stelle bei Horn in: Heymann, 1. Aufl., Anh § 372 I Rn. 45 – anders die vom BGH nicht zitierte Neuauflage (2. Aufl., Anh § 372 Rn. II/20). 107 Für den Bundesgerichtshof hatte das Merkmal in erster Linie die Funktion, eine Unterscheidung zwischen Bankgeheimnis und Loyalitätspflicht vorzunehmen. Dazu oben S. 177 ff. 108 Aus der älteren Literatur: Dalsheim, S. 3 f.: „Tatsachen, die ihm auf Grund dieser Geschäftsverbindung bekannt werden“ und S. 8 f.: Tatsachen, „die in irgend einem Zusammenhang mit dem Kundenverhältnis stehen“; von Gierke, Hdw. der Rechtswissenschaft, unter „Bankgeschäfte“ IV.2. a), S. 516: „auf Grund ihrer gegenseitigen Beziehungen bekannt geworden“; Kreutzer, S. 36: „auf Grund der tatsächlichen Geschäftsbeziehungen und im objektiven Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung“; Lieseke, WM 1975, 238 (248) im Rahmen des § 383 Abs. 1 ZPO: „nicht nur das vom Kunden Mitgeteilte, sondern alles im Rahmen der Geschäftsverbindung Wahrgenommene“; Schubert, S. 51, verlangt, dass der Bankier in seiner Eigenschaft als Bankier informiert worden sein müsse; Wentzell, S. 2: „die ihm durch seinen geschäftlichen Wirkungskreis bekannt werden“. Aus der neueren Literatur: Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (279): „Bezug[s] zum Kreditvertrag“ (im Gegensatz zu Angaben, die „bei Gelegenheit“ gemacht werden); Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 1: „die das Kreditinstitut aufgrund der Geschäftsbeziehung bzw. im Zusammenhang mit dem rechtsgeschäftlichen Kontakt mit dem Kunden in Erfahrung bringt“; Bunte, ebenda, § 7 Rn. 7: „im Rahmen der Geschäftsbeziehungen Kenntnis erlangt“; von Gierke in: Hdw. der Rechtswissenschaft, „Bankgeschäfte“ IV.2. a), S. 516: „auf Grund ihrer gegenseitigen Beziehungen bekannt geworden“; Gößmann, BKR 2006, 199: „aus Anlass oder im Rahmen der Geschäftsverbindung mit dem (diesem!) Kunden bekannt geworden“, enger 2 Absätze weiter unten: „aus dem Kreditverhältnis erfahren“; Hartmann in: Baumbach, § 383 Rn. 12: „über seine Geschäftsbeziehung zum Kunden“; Kümpel, Rn. 2.152: „im Rahmen der Geschäftsbeziehung Kenntnis erlangt“; Schönle, § 5 I (S. 43): „auf Grund der Geschäftsverbindung bekanntgeworden“. Schwankend A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/35: „Vertragspflicht der Bank gegenüber den Kunden, über alle ihn betreffenden Angelegenheiten Stillschweigen zu bewahren“ – in Rn. 1/36 legt er den Schwerpunkt auf die Kenntniserlangung: „Die Verschwiegenheitspflicht bezieht sich auf alle Tatsachen und Wertungen, von denen die Bank im Rahmen der Geschäftsverbindung Kenntnis erlangt.“ – später wieder ungenauer: „innerer Zusammenhang zwischen der Kenntnis und dem Bestehen der Geschäftsverbindung“.
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ob und inwieweit eine bestimmte Art der Informationserlangung für ihren Schutz durch das Bankgeheimnis eine notwendige Voraussetzung darstellt. Schumann richtet den Blick hingegen auf die kundgegebene Information. Er fordert eine Kundenbezogenheit der offenbarten Informationen.109 Insgesamt stößt man beim Merkmal des inneren Zusammenhangs nicht nur auf sprachliche Ungenauigkeiten. Vielmehr enthüllt sich bei näherer Betrachtung eine Problematik, die den Kern des Bankgeheimnisses berührt: Welche Informationen weisen einen ausreichend nahen Bezug zur Geschäftsverbindung mit dem Kunden auf, der es erlaubt, sie dem besonderen Schutz des Bankgeheimnisses zu unterstellen? Als wesentliche Richtungen lassen sich ausmachen: • Kenntniserlangung auf Grund der Geschäftsverbindung, • Kenntniserlangung in beruflicher Eigenschaft, • inhaltlicher Bezug zur Geschäftsverbindung, • inhaltlicher Bezug zur Berufsausübung. Ihre Herleitung sowie ihr Verhältnis zueinander bleiben im Schrifttum zumeist vage.110 b) In der Rechtsprechung Ergibt die Auswertung der Literatur ein verwirrendes Bild, erhofft sich der Rechtsanwender Hilfe von der Rechtsprechung. Die einzige höchstrichterliche Entscheidung zitiert zum Punkt des inneren Zusammenhangs allerdings nur das Schrifttum.111 Auch sonst ist die Durchsicht der Judikatur wenig hilfreich: Was die Terminologie angeht, ist zunächst bezeichnend, dass die Gerichte den Begriff des inneren Zusammenhangs zwar in vielen Rechtsbereichen nennen.112 Im Hinblick auf das Bankgeheimnis und andere berufliche Verschwiegenheitspflichten verwenden sie ihn gleichwohl äußerst 109 Schumann, ZIP 2004, 2353 (2360 f.); ähnlich Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. II/20; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/844, der zusätzlich nur eine Kenntniserlangung „bei der Abwicklung von Bankgeschäften“ verlangt. In die gleiche Richtung lassen sich auch manche Aussagen der Literatur deuten, vgl. z. B. die in Fn. 108 zitierten Aussagen von Dalsheim, S. 8 f., Lieseke sowie Beucher/ Räther/Stock, Hartmann und Weber. 110 Gleiches gilt für das Schrifttum zu anderen Schweigepflichten. Es verwendet den Begriff des inneren Zusammenhangs seltener, falls doch, bleibt es ebenso ungenau, vgl. im Strafrecht Lenckner in: Schönke/Schröder, § 203 Rn. 15 (m. w. N. auch zur Gegenansicht): Der Arzt müsse etwas „in innerem Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs erfahren“ haben und „im Rahmen einer typischerweise auf Vertrauen angelegten Sonderbeziehung“. 111 BGHZ 166, 84 (92 Rn. 35).
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sparsam.113 Davon abgesehen bleiben – wo der Judikatur überhaupt zu entnehmen ist, welche Art von Zusammenhang sie fordert – vor allem die inhaltlichen Kriterien uneinheitlich.114 Beispielhaft hierfür sind die folgenden drei Sachverhalte aus der Rechtsprechung. aa) Reichsgericht im Jahr 1914 Vereinfacht dargestellt ging es im ersten Fall um folgende Geschehnisse: Der beklagte Bankier hatte einem Oberbürgermeister mitgeteilt, dass der Kläger als Erbe seines Kunden mit einer auffälligen Eile eine schnelle Verwertung von Nachlassgegenständen betrieb und eine schnelle Abführung des Erlöses anstrebte. Daraufhin beantragte die Stadt die Nachlassverwaltung über das Vermögen des Verstorbenen, weil dieser ihr in einem Testament Vermächtnisse zugewendet hatte. Die Nachlassverwaltung wurde in der Folge angeordnet. Nun verlangte der Kläger Ersatz für die Schäden, die ihm dadurch entstanden sind, dass ihm die Nachlassverwaltung die Möglichkeit eines schnellen Erlöses genommen hatte.
Das Reichsgericht stellte fest, der Beklagte müsse Stillschweigen über das Verhalten des Klägers beobachten und dürfe „nicht Wünschen und Interessen des Auftraggebers entgegenarbeiten“. Er verletze durch das „Handeln gegen die ihm erkennbaren Interessen des Klägers“ eine Vertragspflicht.115 Nähme man die Entscheidung als Leitlinie für das Bankgeheimnis, würden von ihm jedenfalls alle Informationen erfasst, die nach dem – für das Kreditinstitut erkennbaren – Interesse des Kunden geheim bleiben sollen. Abstrahiert man diesen Gedanken, gelangt man erneut zu den Wertungskriterien. Entscheidend für eine Fallgruppenbildung wäre danach der Schutz von: • Kundgaben mit einem erhöhten Schädigungspotential für den Kunden.116 112 Statt vieler BGHZ 153, 22 (28); 166, 189 (193) – Gegenstandswert in der Kostenordnung; BGHZ 168, 352 (353, 362 Rn. 28) – Unterlassungsverfügung/Vollziehungsschaden; BGH GesR 2006, 413 (414) – Ausübung eines öffentlichen Amtes. 113 Keine Erwähnung z. B. in den folgenden Entscheidungen, jeweils zu Banken: RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 18 (1914), S. 309 ff.; BGHZ 27, 241 (246); BGH DB 1953, 1031; OLG Colmar JZ Els.-Lothr., 22. Jg. (1896), S. 291 (294); LG Göttingen NJW-RR 2003, 117 ff.; außerhalb des Bankrechts zur Zeugnisverweigerung z. B. RGZ 54, 360 (361) – Bureauvorsteher eines Notars; RG SeuffArch 51 (1895), 227 (Nr. 144) – Anwalt; zum Strafrecht: OLG Köln NJW 2000, 3656 (3657). 114 Bei anderen Verschwiegenheitspflichten scheint die Judikatur auf den Bezug zur beruflichen Berufsausübung abzustellen, vgl. BGHSt 50, 64 (74), der bei einem Notar eine Grenze annimmt bei „Handlungen und Wahrnehmungen lediglich bei Gelegenheit der Erledigung des Auftrags ohne zumindest inneren Bezug zur berufsbezogenen Arbeit“ [Hervorhebung nicht im Original]; OLG Köln NJW 2000, 3656 (3657) – Anwalt: „von dem Geheimnis kraft Berufsausübung Kenntnis erlangt“. 115 RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 18 (1914), S. 309 (310). Diese Argumentation erinnert an die zweite oder dritte Fallgruppe bei Scheer, hierzu unten auf S. 218 ff.
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bb) Bundesgerichtshof im Jahr 1953 Der zweite Sachverhalt aus dem Jahre 1953 erscheint zunächst kompliziert: Der Kläger war Aktionär einer AG, die wiederum Aktionärin einer zweiten AG (nachfolgend „Gesellschaft“) war. Beide Aktiengesellschaften und der Kläger selbst waren im Jahr 1935 Kunden derselben Bank. Die Bank hatte an die Gesellschaft ein Darlehen ausgegeben und war Gläubigerin mehrerer Grundschulden. Im Jahr 1935 veräußerte die Gesellschaft Grundstücke an einen Erwerber E. Wegen dieser Grundstücke leitete der Kläger nach dem Krieg ein Rückerstattungsverfahren ein mit der Begründung, die Gesellschaft sei im Jahr 1935 vom Reichsluftfahrtministerium zum Verkauf der Grundstücke gezwungen worden. Dabei ging es um die Frage, ob die Bank wegen ihrer nationalsozialistischen Leitung die Vollstreckungsmaßnahmen hinsichtlich des Grundstücks eingeleitet hatte. Der Erwerber fragte während des gerichtlichen Verfahrens diesbezüglich bei der Bank nach. Daraufhin gab die Bank in einer ausführlichen Erwiderung Einzelheiten zum Geschäftsbetrieb und zur finanziellen Lage der Gesellschaft in den Jahren zwischen 1929 und 1935 an den Erwerber preis. Die von der Bank erlangten Informationen verwendete der Erwerber im Rückerstattungsverfahren gegen die Gesellschaft und das Gericht erließ daraufhin einen diesbezüglichen Beweisbeschluss. Deshalb strengte der Kläger sogleich ein Verfahren gegen die Bank auf Unterlassung der Mitteilungen an, unter anderem gestützt auf die Verletzung des Bankgeheimnisses.
Im Kern sind für die Frage des inneren Zusammenhangs zwei Aussagen im Urteil wesentlich. Erstens lehnte der Bundesgerichtshof eine Sachbefugnis der Klägerin zur Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen wegen einer Verletzung des Bankgeheimnisses ab. Grund hierfür war, dass die „in Rede stehenden Mitteilungen“ . . . „mit seinen persönlichen Geschäftsbeziehungen zur Bank nichts zu tun“ hatten, sondern ausschließlich Angelegenheiten der Gesellschaft betrafen.117 Ferner liest man: „Denn alles, was die Beklagte über die Vermögensverhältnisse der Bremer Jute [der Gesellschaft] an F mitgeteilt hat, hat sie auf Grund ihrer Geschäftsbeziehungen zur B Jute erfahren, nicht auf Grund des zwischen dem Kläger persönlich und der D Bank in B bestehenden Bankvertrages.“118 Ausschlaggebend war also • der inhaltliche Bezug zur Geschäftsverbindung (mit den Geschäftsbeziehungen „zur Bank nichts zu tun“), 116 Ein innerer Zusammenhang, der an die Art der Kenntniserlangung anknüpft, ist in dieser Fallgruppe unerheblich, weil es sich um eine Kenntnis auf Grund der eigenen Beobachtung des Bankiers handelt. 117 BGH DB 1953, 1031. 118 BGH NJW 1954, 72.
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• die inhaltliche Kundenbezogenheit („Angelegenheiten“ der Gesellschaft) und • der Zusammenhang zwischen den Umständen der Kenntniserlangung und der Geschäftsbeziehung („auf Grund ihrer Geschäftsbeziehungen“ . . . „erfahren“).119 Aus dem Urteil geht nicht hervor, welches Kriterium letztlich maßgeblich war. Die Formulierung spricht eher dafür, dass der Bundesgerichtshof die Merkmale nicht kumulativ verlangt, sondern die Argumentation größtenteils als obiter dictum ausgestaltete. cc) LG Göttingen im Jahr 2002 Im Sachverhalt aus dem Jahr 2002 ging es um das Zeugnisverweigerungsrecht eines Sparkassenangestellten. Als maßgebendes Kriterium scheint das LG Göttingen hier das folgende herangezogen zu haben: • „Wissen bezieht sich auf Tatsachen betreffend das Vermögen der Schuldnerin“.120 c) Die drei Kategorien von Scheer zum inneren Zusammenhang Soweit ersichtlich findet der Terminus „innerer Zusammenhang“ erstmals im Jahr 1931 Eingang in die bankrechtliche Diskussion. Unter „Bankgeheimnis“ verstand Scheer „in erster Linie die Verpflichtung der Banken und Bankiers, bestimmte Tatsachen gemäß dem Willen ihrer Kunden geheimzuhalten; die geheimzuhaltenden Tatsachen sind vor allem solche, die die Banken und Bankiers in innerem Zusammenhang mit der zwischen ihnen und ihren Kunden bestehenden Geschäftsverbindung erfahren haben“121
Das Merkmal hatte für ihn den Zweck, eine Beziehung zwischen dem Inhalt des Bankgeheimnisses und der Geschäftsverbindung als objektives Moment herzustellen (neben dem Kundenwillen als einem subjektiven). Anders als die verkürzte Formulierung vermuten lässt, stellte Scheer nicht allein auf die Art der Kenntniserlangung ab. Vielmehr bildete er drei Fallgruppen, die einen inneren Zusammenhang entstehen lassen.122 Der Bezug zur Geschäftsverbindung könne entweder geschaffen werden durch 119 Die Aussagen ähneln der von Scheer entwickelten ersten und dritten Kategorie, dazu sogleich lit. c). 120 LG Göttingen NJW-RR 2003, 117 (118). 121 Scheer, S. 1. 122 Es ist das Verdienst von Scheer und ihm folgend Sichtermann, die Voraussetzung näher konkretisiert zu haben (Sichtermann bearbeitete die Schrift von Scheer
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• die Umstände der Kenntniserlangung oder • die Offenbarung der Informationen an Dritte oder • Umstände, um deretwillen der Kunde die Geheimhaltung der Tatsache wünsche.123 Die gleiche Kategorisierung übernahm später Sichtermann.124 Scheer und Sichtermann waren bisher die Einzigen, die den inneren Zusammenhang zu systematisieren versuchten. 3. Zusammenfassung der Meinungen
Die vorstehende Darstellung verdeutlichte die Vielfältigkeit der möglichen Bezugspunkte für die inhaltliche Ausformung des Bankgeheimnisses. neu, vgl. Vorwort zur 1. Auflage von „Bankgeheimnis und Bankauskunft“.) Sie fassen darunter folgende Informationen: • Tatsachen, deren Kenntnisnahme die Geschäftsverbindung erst möglich macht, sowohl die zugänglich gewordenen als auch die anvertrauten Tatsachen: Scheer, S. 21; Kirchherr in: Sichtermann, S. 127. • „Tatsachen, zu deren Kenntnisnahme durch den Bankier die Geschäftsverbindung nur den inneren Anlaß gegeben hat“, es genüge also ein Einholen der Information aus Anlass der Geschäftsverbindung: Scheer, S. 22 f.; Kirchherr in: Sichtermann, S. 127 f. m. w. N.; ähnlich Dalsheim, S. 8 f. • Ein Grund hierfür sei, dass vertrauliche Mitteilungen nur an Bankiers gegeben würden, vor allem aber stehe regelmäßig nicht fest, dass andere Personen die Tatsache erforscht und verbreitet hätten. Das Bankgeheimnis erstrecke sich daher auf alle Erkundigungen, die das Kreditinstitut bei Dritten über die Kreditwürdigkeit des Kunden einziehe, vgl. Scheer, S. 22 f.; Kirchherr in: Sichtermann, S. 128. • Bezug zwischen Kenntnisnahme und Geschäftsverbindung, etwa wenn die Bank Geschehnisse im Rahmen von Vertragsverhandlungen erfährt, die für die Verhandlungen keine Rolle spielen. Die Information selbst müsse keinen Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung haben. Ausgehend vom strafrechtlichen Geheimnisschutz verlangt Sichtermann zudem, die Bank müsse eine Sache ausschließlich in beruflicher Eigenschaft erfahren haben, wobei hierfür eine Vermutung spreche, vgl. Scheer, S. 23; Kirchherr in: Sichtermann, S. 128 f. • Es genüge ein Zusammenhang zwischen der Kenntniserlangung und der Geschäftsverbindung im Ganzen, sogar dann, wenn es sich nur um einen mittelbaren handelt (z. B. wenn der Bankier eine Tatsache als Aufsichtsratsmitglied einer Aktiengesellschaft erfährt, die sein Kunde ist, falls der Posten der Geschäftsverbindung gedient hat), vgl. Scheer, S. 24, 26; Kirchherr in: Sichtermann, S. 130 f. Als unerheblich betrachtet Scheer die Tatsache, ob die Kenntnisnahme für die Zwecke der Geschäftsverbindung erforderlich war oder dass sie auch nur der Geschäftsverbindung dienen sollte, vgl. Scheer, S. 23; Kirchherr in: Sichtermann, S. 129 m. w. N. aus dem Strafrecht; a. A. Friedlaender, Exkurs I zu § 28 Anm. 15, S. 159, der ein Bekanntwerden gelegentlich der Berufsausübung nicht genügen lässt. 123 Scheer, S. 21 ff., S. 27 f. und S. 28 f. 124 Sichtermann, 2. Aufl., S. 102–110; er nannte die Punkte „Kenntnisnahme der Bank“, „Offenbarung durch die Bank“, „Wunsch des Kunden auf Geheimhaltung“.
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
Ein einheitlicher Anknüpfungspunkt ist weder im Schrifttum noch in der Rechtsprechung erkennbar. Im Wesentlichen ziehen die Meinungen jedoch folgende Kriterien heran: Im Hinblick auf die Quelle des Wissens, das die Bank hat: • Kenntniserlangung auf Grund der Geschäftsverbindung, • Kenntniserlangung in beruflicher Eigenschaft, • Umstände der Kenntniserlangung. Im Hinblick auf den Inhalt der Information: • inhaltlicher Bezug zur Geschäftsverbindung, • inhaltlicher Bezug zur Berufsausübung des Bankiers, • inhaltliche Kundenbezogenheit, • Inhalt betrifft das Vermögen des Kunden. Im Hinblick auf die Wirkungen einer Kundgabe der Information: • Kundgabe mit einem erhöhten Schädigungspotential für den Kunden, • Umstände der Verbreitung der Informationen an Dritte, • Umstände, um deretwillen der Kunde die Geheimhaltung der Tatsache wünscht. III. Normative Fundierung einer Fallgruppenbildung Das bisherige Vorgehen in Wissenschaft und Rechtsprechung ist unbefriedigend: Erklärungen für das Erfordernis eines inneren Zusammenhangs fehlen fast durchweg. Die wenigen Anhaltspunkte sind daraufhin zu überprüfen, ob sie die Geltungsgrundlagen des Bankgeheimnisses aufgreifen. Dabei ist folgende Überlegung zu Grunde zu legen: Die Intensität einer Pflicht richtet sich regelmäßig nach dem Ausmaß der Gefahren, die sich aus der Nähebeziehung ergeben können.125 Wenn sich Gefahrenhäufigkeiten vermehren, muss das Schadensersatzrecht diese Wirklichkeit wahrzunehmen und methodisch-systematisch einzuformen bemüht sein.126 Die Gefahrenquelle im Verhältnis der Bank zum Kunden wird, wie dies das 2. Kapitel erläuterte, durch mehrere Faktoren hervorgerufen. Entfaltet eines dieser Wertungskriterien bei einem Typ von Information Relevanz, indiziert dies den Schutz durch die Verschwiegenheitspflicht. Liegen mehrere Faktoren vor, verdichten sie sich zu einer sicheren Grundlage für das Bankgeheimnis. Ziel der Ausführungen ist die Bildung von Fallgruppen. Sie müssen einerseits die soeben zusammengestellten Anknüpfungspunkte aus Literatur und 125 126
Vgl. Grüneberg/Sutschet in: Bamberger/Roth, § 241 Rn. 44. von Bar, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. II, S. 1681 (1687) m. w. N.
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Rechtsprechung aufgreifen, gleichzeitig eine Systematisierung anhand der normativen Grundlagen des Bankgeheimnisses vornehmen. 1. Bisherige Begründungsansätze
a) Normative Begründungen für die Anknüpfung fehlen überwiegend Eine normative Begründung ihrer Kriterien haben bislang lediglich Scheer und sein Nachfolger Sichtermann sowie Canaris vorgenommen. Die meisten Autoren lassen eine Rückkoppelung des Erfordernisses – sei es unter dem Schlagwort „innerer Zusammenhang“ oder anderweitig – an die Grundlagen des Bankgeheimnisses vermissen. b) Ansatz in der Rechtsprechung Der Versuch, in der Rechtsprechung eine brauchbare normative Begründung für die Bestimmung des sachlichen Schutzbereiches zu finden, endet häufig beim nicht definierten Begriff des Vertrauens oder des Vertrauensverhältnisses.127 Davon abgesehen findet eine über den Einzelfall hinausgehende wertende Beurteilung der Frage, welche Informationen Gegenstand von Verschwiegenheitspflichten sind, in den Entscheidungen nicht statt. c) Argumente von Scheer/Sichtermann und Canaris Sowohl Scheer als auch Sichtermann halten einen inneren Zusammenhang, eine innere Beziehung zu der Geschäftsverbindung zwischen Bankier und Kunden, für notwendig, weil die Geheimhaltungspflicht nur wegen des durch die Geschäftsverbindung geschaffenen Vertrauensverhältnisses bestehe.128 Canaris ergänzt dies um die „gesteigerte[n] Schädigungsmöglichkeit, die die Bank durch den Einblick in die Angelegenheiten des Kunden erlangt hat.“ . . . „Daher kommt nicht die umfassende vertrauensrechtliche Haftung, sondern allenfalls die wesentlich schwächere deliktsrechtliche Einstandspflicht“ . . . „zur Anwendung, wenn die Bank die fragliche Tatsache lediglich zufällig, also ohne inneren Zusammenhang mit ihren Beziehungen 127 RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 18 (1914), S. 309 (310) und Nr. 19 (1913), S. 327 (330); RG Bank-Archiv XXXIV. Jg. Nr. 14 (1934), S. 326; OLG Colmar JZ Els.-Lothr. 22. Jg. (1896), S. 291 (294); OLG Hamm Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 19 (1913), S. 327 (328). 128 Scheer, S. 21; Sichtermann, 2. Aufl., S. 103; genauso noch Kirchherr in: Sichtermann, S. 126.
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
zu dem Kunden erfahren hat.“129 Unklar bleibt bei Canaris, ob das Vertrauensverhältnis und die gesteigerte Schädigungsmöglichkeit der Bank nur kumulativ oder auch alternativ den Inhalt des Bankgeheimnisses begründen können. Die wesentlichen normativen Aspekte sind damit – wie auch bei der Entstehung des Bankgeheimnisses – das Vertrauensverhältnis sowie die gesteigerte Schädigungsmöglichkeit durch den umfassenden Einblick. Die Voraussetzung eines inneren Zusammenhangs soll nach der Ansicht von Canaris zur zufälligen Kenntniserlangung abgrenzen. 2. Kritik am Zufälligkeitskriterium von Canaris
Die Argumentation, das Bankgeheimnis sei nur verletzt, wenn die Kenntnis nicht zufällig erlangt sei, ist nur schlüssig, wenn es bei einer nur zufälligen Kenntniserlangung zwingend an dem Vertrauensverhältnis und/oder an der gesteigerten Schädigungsmöglichkeit der Bank fehlt. Die Art der Kenntniserlangung einer bestimmten Information müsste ein geeignetes Kriterium zur Sicherstellung dieser beiden Wertungen sein. a) Fall zur Veranschaulichung Zur Überprüfung des Kriteriums von Canaris soll der folgende Fall dienen: Das Unternehmen K möchte ein Darlehen von der Bank B. Zur Prüfung der Kreditwürdigkeit verlangt B zahlreiche Unterlagen zur finanziellen Lage von K. Durch einen chinesischen Geschäftspartner erfährt die Bank über das zuvor erlangte Wissen hinaus zufällig, die chinesische Gesellschaft X stehe kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. K und X haben ein großes gemeinsames Joint Venture. Ein Dritter, der K als Kunde von B kennt, ruft bei B an und fragt, ob sie von Schwierigkeiten wisse, die im nächsten Geschäftsjahr von K Einfluss auf das Gesamtergebnis haben könnten. Daraufhin erklärt B, X stehe kurz vor der Zahlungsunfähigkeit. Verletzte B durch diese Mitteilung das Bankgeheimnis?
Für Canaris wäre die Lösung einfach: Das erlangte Wissen (die Zahlungsunfähigkeit eines wichtigen Geschäftspartners seines Kunden) gelangte nur zufällig an die Bank. Es unterfällt somit nicht dem Bankgeheimnis. b) Lösung des Falls mittels des Zufälligkeitskriteriums Das Kriterium von Canaris, zufällig erlangtes Wissen nicht als Teil des Bankgeheimnisses einzustufen, klingt plausibel. Bei dem Ergebnis erheben sich dennoch Zweifel: B wurde als Bank des K um eine Information gebe129
Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 52.
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ten. Es ist möglich, dass der Dritte durch die Antwort der Bank erst Nachforschungen darüber anstellt, welche Beziehungen K zu X pflegt, welche Bedeutung das Joint Venture für K und welche Auswirkungen dies alles auf die finanzielle Lage von K hat. Wahrscheinlich ist, dass der Dritte der Information – unabhängig davon, was er vorher über K weiß – eine Relevanz beimisst, sonst hätte er erst gar nicht bei der Bank angefragt. Zudem ist offensichtlich, dass K ein objektives Interesse an der Geheimhaltung von Schwierigkeiten bei X hat. Denn der Dritte, der die erhaltene Mitteilung in Zusammenhang mit K bringen wird, mag geneigt sein, diese weiterzugeben. Auf diese Weise kann sie an alle gelangen, die von dem Joint Venture wissen und dadurch die negativen Folgen für K abschätzen können. Für die Situation von K kann dies alles nur unerwünscht sein. c) Zufälligkeitskriterium beruht nicht auf normativen Wertungen Doch messen wir das Merkmal an den eigenen Wertungen von Canaris, dem besonderen Vertrauensverhältnis und der gesteigerten Einwirkungsmöglichkeit der Bank auf die Rechtsgüter des Kunden durch den umfassenden Einblick in dessen Rechtssphäre. Der Kunde erwartet, dass sich die Bank nicht in ihrer Funktion als Bank über Angelegenheiten äußert, die seine Vermögensverhältnisse erkennbar schädigen können. Wenn sie demnach als sein Kreditinstitut zu seinem Unternehmen befragt wird, erwartet er Stillschweigen von ihr. Denn aus der Sicht von Dritten ist die Bank durch den in der Regel langfristigen Kontakt zum Kunden, durch den Einblick in seine Vermögensverhältnisse und durch die sorgfältige Arbeitsweise ihres Berufsstandes gekennzeichnet. Sie kann ihn dadurch viel stärker schädigen, als andere Personen dies können. Der Vertrauensaspekt spricht somit für den Schutz durch das Bankgeheimnis. Legt man den Schwerpunkt auf den weitreichenden Einblick in die Kundenangelegenheiten, führt dies vorliegend ebenfalls zur Bejahung des Bankgeheimnisses: Denn erstens wendete sich der Dritte nur an die Bank, weil er von ihr ein Sonderwissen oder jedenfalls ergiebige und wahre Informationen erwartet. Zweitens konnte das Kreditinstitut auf die Frage mit dem zufällig erlangten Wissen zu den Problemen bei X nur antworten, weil es die Verbindung zwischen K und X kannte. Deshalb konnte es die neu hinzu gewonnene Information bei der Gesamtsituation von K besser einschätzen als jemand, der mit der Finanzlage von K nicht oder nicht so gut vertraut ist. Canaris muss sich daher den Einwand gefallen lassen, er habe sich bei der Eingrenzung des Bankgeheimnisses durch das Zufälligkeitskriterium nicht an den eigenen Wertungen orientiert. Weiterhin machte das Beispiel deutlich, dass die Herkunft der Information jedenfalls nicht die einzig ent-
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scheidende Rolle spielen kann. Will man den Gegenstand des Bankgeheimnisses bestimmen, darf man nicht ausschließlich darauf abstellen, ob die Bank die Information zufällig oder im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung erfahren hat.130 Im Übrigen sind etwa auch bei der ärztlichen Schweigepflicht zufällig im Rahmen der Berufsausübung erlangte Tatsachen erfasst.131 3. Informationserlangung als Anknüpfungspunkt
Bei der Frage, wann eine Information auf der Sonderverbindung beruht, trifft man bei Erläuterungen zum Bankgeheimnis fast immer den Zusammenhang zwischen Kenntnisnahme oder -erlangung auf Seiten des Kreditinstitutes und der Geschäftsverbindung an. a) Anknüpfung an die Kenntniserlangung durch das Gesetz Dass bei Verschwiegenheitspflichten der Blick vorrangig auf die Art der Kenntniserlangung gerichtet wird, überrascht nicht, ist dies doch der Ausgangspunkt sowohl des § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO als auch des § 203 Abs. 1 Satz 1 StGB. Obgleich die Regelungen ihrem Wortlaut nach „anvertraut[e]“ Tatsachen erfassen, setzte sich ein weites Verständnis durch. Das Schweigerecht der ZPO erstreckt sich auch auf Verhältnisse, deren Kenntnis auf keiner Kenntniserlangung, sondern einer „Kenntnisbildung“ beruht, nämlich eigene Wahrnehmungen und Handlungen des Zeugen sowie die Information, etwas sei nicht geschehen.132 Ausgenommen sind nur Tatsachen, bei denen die Weitergabe an (bestimmte) Dritte vom Geheimnisherrn bezweckt oder in Kauf genommen wird sowie allgemein zugängliche Daten.133 Schon die Weite des Zeugnisverweigerungsrechts lässt vermuten, dass der bloße Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen Kenntnisnahme und Geschäftsverbindung nicht ausreicht.134 Ähnlich erfasst § 203 Abs. 1 StGB Informa130
Bei der Frage, ob einem Angestellten ein Geheimnis „vermöge des Dienstverhältnisses zugänglich geworden“ sei, lehnte auch das Reichsgericht das Kriterium der Zufälligkeit ab: RGSt 33, 354 (356). Entscheidend war vielmehr, ob „die im Dienstverhältnisse begründeten Beziehungen“ zu demjenigen, der ihm die Kenntnis verschafft hat, „mitwirksam waren und die Ermittelung des Geheimnisses auf solchem Wege ermöglichten.“ Übertragen auf die Bank, müsste sie die Information somit als Bank erfahren haben. 131 E. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 472 m. w. N. 132 Vgl. Schumann in: Stein/Jonas, 20. Aufl., § 383 Rn. 90 m. w. N. und jetzt 21. Aufl. Berger, ebenda. 133 Vgl. Schumann in: Stein/Jonas, 20. Aufl., § 383 Rn. 90 und jetzt 21. Aufl. Berger, ebenda. 134 Dies zeigt bereits die Kategorisierung durch Scheer – hierzu Fn. 122.
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tionen, die „sonst bekannt geworden“ sind, die der Berufsträger also „kraft Berufsausübung“135 erfahren hat. b) Quelle des Wissens unerheblich für das Vertrauensverhältnis Eine reine Anlehnung der Haftung an die Umstände und Motive für die Kenntniserlangung stößt auf erhebliche praktische Schwierigkeiten für beide Seiten. Regelmäßig kann niemand nachvollziehen, woher eine konkrete Kenntnis stammt und unter welchen Umständen Wissen an die Bank gelangt ist. Es entstünde zudem das Problem der Zuordnung bei mehreren Informationsquellen in Bezug auf dieselbe Tatsache. Ferner ist die Flüchtigkeit ein Wesenszug von „Wissen“. Eine Weitergabe hinterlässt selten Spuren. Der Schutz von Informationen und insbesondere der Geheimnisschutz sollte sich daher nicht über eine Eigenschaft definieren, die diese Schwäche in sich trägt. Zum anderen, und darin besteht der hauptsächliche Einwand gegen den Ansatz, leitet sich das Merkmal nicht aus Wertungen zum Bankgeheimnis ab. Die Herkunft des Wissens ist nicht entscheidend für die Frage, wie stark die Bank in die Rechtssphäre des Kunden einwirken kann, wie hoch die erhöhte Autorität des Kreditinstituts durch die berufliche Stellung ist, wie lange die Geschäftsverbindung andauert. Die Kenntnisquelle ist daher auch ohne Einfluss auf das Ausmaß des Vertrauens in die Geheimhaltung durch die Bank. c) Kenntniserlangung bedeutsam für faktischen Offenlegungszwang Doch gibt es ein Wertungskriterium, das in der Tat die Quelle der Kenntnis betrifft, nämlich der faktische Zwang zur Offenlegung der eigenen Angelegenheiten. Er geht mit Bankgeschäften einher, deren Durchführung im heutigen Rechtsverkehr eine wirtschaftliche Selbstbestimmung erst gewährleistet. Für das Bankgeheimnis bedeutet dies: Jede Weitergabe eines Geheimnisses birgt das Risiko, dass der Empfänger nicht vertraulich mit ihm umgeht. Bei reinen Sozialkontakten nimmt der Geheimnisherr dieses Risiko freiwillig und ohne Druck in Kauf. Demgegenüber ist der Geschäftsverbindung zu einer Bank der faktische Zwang zur Preisgabe eigen. Durch den einseitig zu Lasten des Kunden gehenden Zwang zur Datenpreisgabe entsteht ein strukturelles Ungleichgewicht.136 Jede Information muss deshalb in den Schutzbereich des Bankgeheimnisses fallen, wenn ihre Übermittlung an die Bank auf diesem faktischen Zwang beruht. 135 136
So Tröndle/Fischer, § 203 Rn. 9 m. w. N. Vgl. dazu bereits S. 73 ff.
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d) Offenlegungszwang bei Kenntniserlangung auf Grund Verlangens der Bank und Notwendigkeit der Information für die Geschäftsverbindung Der Schutz des Bankgeheimnisses erstreckt sich daher auf solche Informationen, die das Kreditinstitut vom Kunden verlangt oder die für die Inanspruchnahme von Bankleistungen notwendig sind. Gelten muss dies sogar, wenn die Aufforderung der Bank, bestimmte Angaben zu machen, nicht den Zwecken der geschäftlichen Beziehung, sondern z. B. der statistischen Erfassung bestimmter Daten durch die Bank dient oder für den Einsatz werbetechnischer Maßnahmen erfolgt. Denn typischerweise kann der unkundige Laie nicht unterscheiden, welche Daten für seinen Geschäftspartner in welcher Weise von Nutzen sein können. Da der Kunde auf die Bankleistungen angewiesen ist, wird er den Druck verspüren, alle gewünschten Informationen zur Verfügung zu stellen. Der Zusammenhang zur Geschäftsverbindung wird in diesem Fall von der Bank selbst hergestellt. Bei den für Bankleistungen notwendigen Daten liegt der faktische Offenlegungszwang auf der Hand. Nicht generell geschützt sind hingegen solche Erklärungen, die der Kunde ohne Aufforderung mitteilt. Die Informationen gehören nicht zur Berufstätigkeit der Banken.137 Nicht das Kreditinstitut schafft in dieser Variante eine Gefahrenquelle für die Interessen des Kunden, sondern dieser selbst öffnet ohne Druck seine Rechtssphäre. Zwar hat die Bank sie im Rahmen des geschäftlichen Kontakts erlangt, jedoch nur bei Gelegenheit, nicht in Ausübung der Berufstätigkeit. Dies kann einen spezifischen Schutz nicht begründen, weil sich hier weder die wirtschaftliche Überlegenheit noch eine gesteigerte Vertrauenswürdigkeit der Bank widerspiegeln. Eine gesteigerte Schädigungsmöglichkeit durch die bankrechtliche Geschäftsverbindung ergibt sich daher jedenfalls nicht aus der Art der Kenntniserlangung. Zu pauschal sind die dahingehenden Stimmen in Rechtsprechung und Schrifttum.138 137
Zu diesem Erfordernis auch Lorenz, FS Larenz (1973), S. 575 (591). Sehr weitgehend die frühere Meinung, z. B. RG Bank-Archiv XXXIV. Jg. Nr. 14 (1934), S. 326 („überhaupt alle Verhältnisse des Kunden, deren Bekanntwerden ihm nachteilig werden kann“); Schubert, S. 53; Wentzell, S. 6; unklar Wolff, DB 1968, 695 (696): „Die geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen müssen der Bank vom Kunden selbst anvertraut worden sein oder ihr doch jedenfalls in innerem Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung zum Kunden bekannt geworden sein. Ein solcher innerer Zusammenhang ist auch dann gegeben, wenn sich die Bank eine Information von dritter Seite im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung besorgt hat.“ – Aktuell noch sehr weit Bruchner in: Bruchner/Stützle, Leitfaden, S. 1; ders. in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 8. 138
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e) Kumulative Anwendung verschiedener Fallgruppen Dass die Art der Kenntniserlangung keine gesteigerte Schädigungsmöglichkeit hervor ruft, lässt nicht zwingend den Umkehrschlusses zu, lediglich solche Daten seien vom Bankgeheimnis erfasst, von denen die Bank wegen dieses Zwangs erfahren habe. Denn der faktische Offenlegungszwang ist nur eines von vielen Wertungskriterien. Abzulehnen ist deshalb die eingeschränkte Sichtweise des übrigen Schrifttums, wonach das Bankgeheimnis sich ausschließlich durch dieses Merkmal unter dem Namen „innerer Zusammenhang zwischen Kenntniserlangung und Geschäftsverbindung“ definiert.139 Scheer als begrifflicher und geistiger Vater des „inneren Zusammenhangs“ sowie Sichtermann als viel zitierter Wissenschaftler der Nachkriegszeit, der sich fundiert dem Thema des Bankgeheimnisses widmete, lassen zwei weitere Fallgruppen folgen. Selbst den Stimmen des Schrifttums, die sich auf Sichtermann berufen, scheinen diese entgangen zu sein.140 Dies allein bliebe folgenlos, wäre damit nicht eine inhaltliche Verengung des Bankgeheimnisses verbunden.
139 Soweit bei den Autoren das Erfordernis eines Zusammenhangs überhaupt (einigermaßen) klar hervortritt, nennen sie meist die Verknüpfung zwischen der Kenntniserlangung und der Geschäftsverbindung als einzigen Fall des (inneren) Zusammenhangs, vgl. Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 8; Canaris, ZIP 2004, 1781 (1782); im Grundsatz auch Bütter/Tonner, BKR 2005, 344 (349), obwohl sie ihn im Ergebnis weiter als Canaris sehen; wie Canaris auch BGHZ 166, 84 (92 Rn. 35); anders A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/36: „zwischen der Kenntnis und dem Bestehen der Geschäftsverbindung“. Zum Teil deuten sie einen solchen Zusammenhang sogar nur an: Kümpel, Rn. 2.152. Völlig entleert wird das Kriterium bei Formulierungen wie derjenigen bei Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1571): „Im Zweifel unterliegt dieser Verschwiegenheitspflicht alles, was die Bank im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung zu ihrem Kunden irgendwie erfahren hat“; ähnlich Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (475) – die Kenntniserlangung spielt hier offensichtlich gar keine Rolle mehr. 140 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 52. Er verweist in Fn. 27 auf Schönle, § 5 I (S. 43): „Die Bank ist verpflichtet, keine Auskünfte über die Geschäftsbeziehung mit ihrem Kunden sowie über sonstige Tatsachen, die ihr auf Grund der Geschäftsverbindung bekanntgeworden sind, zu erteilen, wenn sie aus dem Verhalten ihres Kunden unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Interessen ihres Kunden, und auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung annehmen muß, der Bankkunde habe ihr diese Tatsachen nur unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut.“ – Die Bedingung eines inneren Zusammenhangs zwischen Kenntnis und Geschäftsverbindung lässt sich aus dieser Aussage nur als hinreichend, nicht als notwendig für das Bestehen des Bankgeheimnisses herauslesen. Ersichtlich kommt es Schönle, in erster Linie darauf an „was die Bank als erklärten Willen des Bankkunden auffassen durfte und mußte.“ Vgl. auch Musielak in: Hadding/Schneider, S. 14; Wolff, DB 1968, 695 (696); zudem Höpfner/Seibl, BB 2006, 673, die dem BGH folgen; Petersen, S. 28, und A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/36, die Canaris folgen.
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses 4. Wirkungen der Offenbarung als Anknüpfungspunkt
Eine weitere Fallgruppe zur Herstellung eines inneren Zusammenhangs kennzeichnet sich durch den Akt der Offenbarung einer Information. Sie müsse nach der Meinung von Scheer/Sichtermann einen Bezug zur Geschäftsverbindung haben.141 Der Ansatzpunkt, eine Verbindung zwischen der Geschäftsverbindung und der Informationsweitergabe durch die Bank (und nicht der Kenntniserlangung) herzustellen, stellt somit – anders als neuerdings behauptet – keine neue Sichtweise, keinen „Perspektivenwechsel“ dar.142 Doch stellt sich auch hier die Frage nach der normativen Grundlage für diese Kategorie. a) Geschäftsverbindung darf der Geheimsphäre nicht nachteilig sein Hintergrund ist bei Scheer/Sichtermann der Gedanke, die Geschäftsverbindung dürfe der Geheimsphäre des Kunden keinesfalls nachteilig sein. Gibt sie dem Bankier aber einen Anlass zur Offenbarung eines Geheimnisses, entstehe eine solche Beeinträchtigung.143 Noch deutlicher wird das Argument Scheers in folgender Aussage: Der „Bankier wird regelmäßig nur deshalb um Auskunft über den Kunden gebeten, weil man annimmt, daß er über die Verhältnisse des Kunden gut unterrichtet ist“.144 Dies deckt sich mit den zum Teil bereits von anderen postulierten Kriterien, die auf das erhöhte Gefährdungspotential beim Kunden abstellen; ein solches liegt insbesondere bei Informationen mit Bezug zum Kunden, zu dessen Vermögensverhältnissen sowie zur Geschäftsverbindung vor.145 b) Fall zur Veranschaulichung: Kriterium (Akt der Offenbarung) greift Berufsstand und Sonderwissen der Bank auf Zur Verdeutlichung der relevanten Sachverhalte ist erneut ein Fall hilfreich. Die K-Brauerei steht mit der B-Bank in Darlehensbeziehungen. Zu ihren Geschäftsgeheimnisses gehört ein besonderes Vertriebskonzept für das Ausland. Der Marktanalyst M wendet sich an die Bank und möchte erfragen, ob dieses Konzept bei K in den letzten Jahren erheblich zum positiven Gesamtergebnis des Unter141
Scheer, S. 28; Kirchherr in: Sichtermann, S. 133 f. So aber Canaris, ZIP 2004, 1781 (1783); ähnlich Gößmann, BKR 2006, 199 (200); Petersen, S. 29. 143 Scheer, S. 27. 144 Scheer, S. 27; Kirchherr in: Sichtermann, S. 133. 145 s. hierzu bereits oben S. 197 ff., v. a. die Zusammenfassung S. 203. 142
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nehmens beigetragen hat. Dies bejaht die Bank. Hat sie dadurch das Bankgeheimnis verletzt?
Legt man an diesen Fall die Messlatte von Scheer an, käme man zu folgendem Ergebnis: Ob das Vertriebssystem von K erfolgreich war oder nicht, stellt ein Geschäftsgeheimnis dar. Denn aus ihm lassen sich wichtige Erkenntnisse für künftige unternehmerische Entscheidungen zum Bereich des ausländischen Biermarktes ableiten. Wie die Bank zu ihrer Beurteilung kam, woher sie ihr Wissen bei der Beantwortung der Frage schöpfte, ist nicht klar und nicht erheblich. Allein maßgebend soll in dieser Kategorie das Argument sein, die Geschäftsverbindung dürfe der Geheimsphäre des Kunden keinesfalls nachteilig sein. Nachteilig ist sie, wenn sie der Bank einen Anlass zur Preisgabe eines Geheimnisses gibt.146 Nur weil der Marktanalyst in dem Kreditinstitut eine sachkundige, mit den Verhältnissen von K vertraute Person erkennt, erwartet er eine realistische Beurteilung des Vertriebskonzeptes.147 Entscheidend ist somit die berufliche Stellung der Bank und ihre Eigenschaft als informierter Vertragspartner des Kunden K. Diese beiden Punkte machen die Aussage der Bank für die Rechtssphäre des Kunden gefährlich. Sie knüpfen an das Wertungskriterium des gesteigerten Vertrauens an, das die Bank in Anspruch nimmt. Es entsteht durch den Berufsstand sowie durch das tatsächliche oder vermeintliche Sonderwissen des Kreditinstitutes. Vieles scheint also für die vorgenommene Ausformung des Bankgeheimnisses durch das Merkmal der Offenbarung zu sprechen. c) Berufsstand und Sonderwissen nur für Vermögenssphäre bedeutsam Bei Scheer selbst kamen Zweifel auf, ob die Fallgruppe in dieser Ausgestaltung immer eine befriedigende Lösung ermöglicht.148 Der Kontrolle dient ein veränderter Sachverhalt. aa) Beispiel zur Veranschaulichung Der erfolgreiche Einzelkaufmann K steht mit der B-Bank seit langer Zeit in regem Geschäftskontakt. Der Filialleiter der B-Bank (F) verhandelt, was allgemein 146
Scheer, S. 27; Kirchherr in: Sichtermann, S. 133. Vgl. Scheer, S. 27; Kirchherr in: Sichtermann, S. 133. Ob die Einschätzung der Bank tatsächlich realistisch war, ist dabei unerheblich. Denn jede Aussage der Bank kann Nachteile für K mit sich bringen. Trifft die Bewertung der Bank zu, können z. B. Konkurrenten diese Information für eigene Zwecke verwenden. Ist sie falsch, kann etwa eine Änderung des Vertriebssystems bei potentiellen Kreditgebern negative Reaktionen auslösen. 148 Scheer, S. 28 Fn. 16; Kirchherr in: Sichtermann, S. 133 Fn. 28. 147
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
bekannt ist, alle Verträge mit K persönlich. Ein stets um neue Mandate bemühter Scheidungsanwalt A wendet sich an F. Er möchte von ihm wissen, ob die Gerüchte richtig sind, wonach K von seiner Ehefrau getrennt lebe. Da auch A ein guter Kunde der B-Bank ist, nickt F ihm zu. Hat die Bank dadurch das Bankgeheimnis verletzt?
Erneut ist Anlass für die Auskunft der Bank die Tatsache, dass sie in Bezug auf die gewünschte Information als kundig gilt. Sogar die berufliche Stellung des F spielte für A eine große Rolle, weil erst sie den Aufbau von guten Geschäftskontakten zwischen F und K möglich machte. Nur deshalb hatte A Anlass, von F eine interessante Antwort zu erwarten. Dennoch ist nicht zu verkennen, wie sich die Mitteilung von der Geschäftsverbindung zwischen B und K deutlich entfernt. Für die Anfrage des A waren weder der Berufsstand noch der banktypische Einblick in die Verhältnisse des K maßgebend. bb) Rechtsverkehr weist Banken ein besonderes Vertrauen im Vermögensbereich zu Das Bankgeheimnis besteht im beschriebenen Sachverhalt m. E. nicht, weil weder der Berufsstand noch der banktypische Einblick in die Kundenverhältnisse der Grund für die Informationpreisgabe waren. Äußert sich ein Bankier über Dinge, die nicht in seinen typischen Tätigkeitsbereich fallen, so rechtfertigt der formale Akt der Offenbarung als solcher noch keinen Schutz durch das Bankgeheimnis. Das umfassende Sonderwissen eines Kreditinstituts betrifft regelmäßig und typischerweise vor allem Vermögensangelegenheiten. Denn jede Geschäftsverbindung zeichnet sich durch die Anbahnung, den Abschluss oder die Abwicklung von Bankgeschäften aus, die ihrer Natur nach in die Vermögenssphäre des Kunden fallen. Hinsichtlich dieses Bereichs gilt das Kreditinstitut als Experte, als Fachmann, als Insider, als Träger von Sonderwissen. Vorrangig in finanziellen Fragen gewinnt es regelmäßig ein Bündel von Kenntnissen und Einsichten über den einzelnen Kunden. Wer schon einen Grundstock an Wissen über die Verhältnisse des Vertragspartners sowie einen großen Erfahrungsschatz hat, der kann jede weitere Information besser beurteilen. Auf finanziellem Gebiet weist der Rechtsverkehr den Banken Kompetenz und Zuverlässigkeit zu. Alle Informationen im Vermögensbereich sind daher geeignet, der Bank das Eindringen in die Rechtssphäre des Kunden verstärkt zu ermöglichen. Sowohl der unbeteiligte Dritte, der etwas von der Bank erfährt, als auch der Kunde, der seine Vermögenssphäre der Bank jedenfalls teilweise öffnet, bringt deshalb die Erwartung mit, die Bank werde keine Äußerungen über Finanzen der Kunden tätigen. Die Verschwiegenheitspflicht erstreckt sich daher auf den Geschäftsverkehr und all-
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gemein den vermögensrechtlichen Bereich,149 insbesondere auf die Kreditwürdigkeit.150 Dies deckt sich mit Haftungskriterien, die bei der berufsrechtlichen Auskunftshaftung gelten. So verlangt von Bar, die Mitteilung des Berufsträgers müsse „in Vermögensangelegenheiten“ gegeben werden.151 Dies bedeutet eine inhaltliche Einschränkung des Vertrauenstatbestandes auf das jeweilige Berufsfeld der Person, die Informationen kundgibt. Den Gedanken kann man auf Schweigepflichten übertragen.152 Denn nicht jede Angabe über eine Person ist geeignet, das „besondere“ Vertrauensverhältnis zur Bank zu schaffen. In Anlehnung an die Berufshaftung werden in den privilegierten Schutz über eine berufliche Geheimhaltungspflicht nur Mitteilungen aus dem beruflichen Tätigkeitsgebiet des Geheimnisträgers einbezogen.153 Ein so verstandener Zusammenhang erlaubt die haftungsrechtliche „Zuordnung“ . . . „zu einer schuldrechtlichen Sonderverbindung“.154 In dem soeben konstruierten Fall155 lassen sich Konstellationen denken, die eine Geheimhaltungspflicht auslösen. Augenfällig ist dies, wenn man sich vorstellt, es ginge um Unterhaltszahlungen von K an seine geschiedene Frau. Die finanzielle Sphäre des Kunden wäre eindeutig betroffen. Entscheidend wäre hier die inhaltliche Zugehörigkeit der Tatsache zur Vermögenssphäre, nicht der Kundgabeakt. Man darf nicht von der stärkeren 149 Ältere Quellen erwähnen nur die Verschwiegenheit im Hinblick auf die vermögensrechtlichen Verhältnisse des Kunden: Dalsheim, S. 4, der ebenfalls die Verbindung zur wirtschaftlichen Existenz heraushebt und dies – wohl etwas zu eng – als „Komplex der geschäftlichen Beziehungen“ bezeichnet; von Gierke, Hdw. der Rechtswissenschaft, unter „Bankgeschäfte“ IV.2. a), S. 516; Rozumek, Hdw. des Kaufmanns, unter „Bankgeheimnis“, S. 338: „Geschäftsverkehr mit ihren Kunden“; Wentzell, S. 6: „Zweck ist die Geheimhaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse“. Die Quellen setzen sich nicht näher mit dem Merkmal auseinander. Es wird nicht deutlich, ob es eine sachliche Grenze darstellen soll. Klar wird jedenfalls, dass der Vermögensbezug gerade historisch ein wesentliches Merkmal des Bankgeheimnisses war. Vgl. zudem RGZ 126, 50 (52); Becker, S. 172; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 37, 49; Claussen, § 6 Rn. 1; Petersen, S. 17 („Vermögensbezogenheit des Bankgeheimnisses“); Scheer, S. 29 und Kirchherr in: Sichtermann, S. 134 (Die Verschwiegenheitspflicht müsse alle das Vermögen des Kunden betreffende Angelegenheiten erfassen, wenn der Bankier sämtliche finanziellen Geschäfte eines Kunden erledige); Schwintowski/Schäfer, § 3 Rn. 1 ff., der aber gleichzeitig das informationelle Selbstbestimmungsrecht betont. 150 OLG Hamm Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 19 (1913), S. 327 (328). 151 Vgl. von Bar, Überarbeitung Schuldrecht, Bd. II, S. 1681 (1773). 152 Dann wäre eine Bank zuständig für Vermögensfragen, ein Arzt für die Gesundheit, ein Pfarrer für seelsorgerische Probleme, ein Steuerberater für Steuerfragen. 153 Vgl. Lammel, AcP 179 (1979), 337 (366); Lorenz, FS Larenz (1973), S. 575 (591). 154 Lorenz, FS Larenz (1973), S. 575 (588). 155 Unter Punkt aa).
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
Autorität des Berufsstandes der Banken in finanziellen Angelegenheiten auf ihre Vertraulichkeit in allen Lebensbereichen schließen. Das Merkmal des Zusammenhangs zwischen Offenbarung und Geschäftsverbindung ist deshalb auf Informationen einzugrenzen, deren Weitergabe eine Gefahr für das Vermögen des Kunden darstellen kann. cc) Die Reichweite der Vermögenssphäre Die schwer einzugrenzende Vermögenssphäre erstreckt sich – wie die folgende Darstellung zeigen wird – nur auf unmittelbar vermögensrechtliche Angelegenheiten. (1) Keine Eindeutige Abgrenzung möglich Zuzugeben ist, dass eine scharfe Abgrenzung des Vermögensbereiches nicht in jedem Fall möglich ist. Bereits das Beispiel wirft die Frage auf, ob nicht schon eine Trennung bei Ehegatten einen vermögensrelevanten Charakter hat. Die gleiche Frage entsteht bei nahezu allen persönlichen Angelegenheiten.156 In den häufigsten Fällen lässt sich eine Verbindung zur Vermögenssphäre finden. Aus der Vielfalt der Bankgeschäfte lässt sich die Spannweite ersehen – ein Kreditinstitut erhält im Rahmen seiner Tätigkeit Einblicke in unterschiedlichste Lebensbereiche seiner Kunden. Es ist daher gerechtfertigt, auch den Schutz des Bankgeheimnisses umfassend auszugestalten. (2) Mittelbarer Zusammenhang nicht ausreichend Dennoch setzt der Begriff der Vermögensangelegenheiten das berufsspezifische Vertrauen in Banken um und ist deshalb einzugrenzen. Als Hilfestellung bei seiner Auslegung kann man sich an dem üblichen Gesetzesverständnis orientieren. In einer Reihe von Vorschriften geht es um „Vermögensangelegenheiten“.157 Ein Blick auf die Interpretation dieser Nor156 Z. B. bei Geheimnissen zu Krankheiten einer Person, zu dem sozialen Umgang einer Person usw. 157 Unter anderem in § 1911 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 1921 Abs. 1 BGB, § 385 Abs. 1 Nr. 3 ZPO und im Zusammenhang mit Bankgeschäften in § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 6 AnzV; zudem z. B. in § 7 Abs. 1 Satz 1 AuslSchuldVerjG, § 207 Nr. 2 BauGB, § 29 a Abs. 1 lit. b) LBG, § 5 Abs. 5 Satz 2 PersStdG; das Verständnis in § 76 Abs. 3 Satz 1, § 100 Abs. 1 AktG, § 6 Abs. 2 Satz 1 GmbHG (jeweils mit Verweis auf § 1903 BGB) sowie § 2201 i. V. m. § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB – ihre Bedeutung lässt sich schwer auf das Bankgeheimnis übertragen, weil bei diesen Normen von ihrem Zweck her eine Abgrenzung zu den persönlichen Angelegenheiten einer Person nicht erforderlich ist.
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men158 zeigt, dass jedenfalls Statussachen sowie Angelegenheiten der Personensorge nicht in den Vermögensbereich fallen. Eine Rückkopplung zu den genannten Wertungskriterien ist diesbezüglich auszuschließen.159 Ferner wird man dem Bankgeheimnis nicht solche Angelegenheiten unterstellen, die – ohne einer der anderen Fallgruppen anzugehören – nur einen entfernten Bezug zum Vermögensbereich aufweisen. So mag ein Dritter die Aussage, ein Kunde spiele Golf, dahingehend deuten können, der Kunde habe exklusive Freizeitbeschäftigungen und müsse daher wohlhabend sein. Der Zusammenhang mit dem Vermögensbereich und folglich mit den relevanten Wertungen (Berufsstand, potenzielles Sonderwissen der Bank) ist nur mittelbar. Der Schutz durch das Bankgeheimnis rechtfertigt sich indessen nicht schon bei einem bloß entfernten Vermögensbezug.160 dd) Fazit und Klarstellung Das charakteristische Merkmal der hier dargestellten Fallgruppe ist somit nicht ein „innerer Zusammenhang“ zwischen Geschäftsverbindung und dem Kundgabeakt oder die Frage, ob die Geschäftsverbindung „Anlaß zur Offenbarung“ gegeben hat.161 Der Anlass der Offenbarung wird meist nicht feststellbar sein. Das Kriterium wirft mehr Probleme auf als es löst.162 Eine zweite, kumulativ anzuwendende Fallgruppe zeichnet sich vielmehr durch die Offenbarung von Vermögensangelegenheiten aus, weil die Bank nur auf diesem Gebiet ein besonderes Vertrauen des Rechtsverkehrs in Anspruch nimmt. Das Bankgeheimnis erstreckt sich demnach auf alle Informationen der Vermögenssphäre des Kunden.163 158 Vgl. Bienwald in: Staudinger, § 1911 Rn. 2, 8; Damrau in: MünchKomm ZPO, § 385 Rn. 4; Schumann in: Stein/Jonas, 20. Aufl., § 385 Rn. 4 und jetzt 21. Aufl. Berger, ebenda; D. Schwab in: MünchKomm BGB, § 1911 Rn. 2; vgl. auch § 76 Abs. 3 Satz 1, § 100 Abs. 1 AktG, § 6 Abs. 2 Satz 1 GmbHG (jeweils mit Verweis auf § 1903 BGB) und § 2201 i. V. m. § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB. 159 Nicht in dem Vermögensbereich gehören demnach alle Aspekte, die den zwischenmenschlichen Bereich angehen, z. B. wenn man in dem Fall unter Punkt aa); dahingehend abändert, dass A sich nicht nach der Trennung, sondern einer Ehekrise oder einer Affäre eines Ehepartners erkundigt. 160 Eine ähnliche Differenzierung nimmt Scheer, S. 98, vor: . . . „bei allen Tatsachen, die mit Vermögensangelegenheiten in näherem Zusammenhang stehen, denn sie gestatten oft einen Rückschluß auf die Vermögensangelegenheit selbst“. 161 So Scheer, S. 27; Kirchherr in: Sichtermann, S. 133. 162 Beispiele: Soll hier die Sicht des Fragenden entscheidend sein? Oder ob der Angestellte eines Kreditinstituts in seiner Eigenschaft als Bankmitarbeiter spricht? Oder als solcher vom Adressaten wahrgenommen wird? 163 Im Ergebnis ebenso Scheer, S. 98: „überhaupt bei allen das Vermögen des Kunden betreffenden Angelegenheiten“; ähnlich LG Göttingen NJW-RR 2003, 117 (118).
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
Zur Klarstellung sei erneut erwähnt, dass die soeben getroffenen Feststellungen die übrigen Fallgruppen des objektiven Zusammenhangs nicht in Frage stellen. Der Vermögensbezug ist vielmehr als eine eigene Verknüpfung zwischen einem der Geltungsgründe des Bankgeheimnisses und seinem Inhalt anzusehen.164 Eine inhaltliche Einschränkung des Bankgeheimnisses auf einen bestimmten Lebensbereich ist damit also nicht verbunden.165 Fehlt es am Vermögensbezug, kann eine andere Fallgruppe einschlägig sein. 5. Geheimhaltungswunsch und Geheimnis als Anknüpfungspunkt
Die letzte Kategorie im System von Scheer/Sichtermann ist der Zusammenhang zwischen der Geschäftsverbindung und dem Wunsch des Kunden auf Geheimhaltung. Vom Verständnis der Autoren her ist dies gleichbedeutend mit dem „Geheimnis selbst“166 a) Beispiel zur Veranschaulichung Die Ausrichtung der Fallgruppe wirkt dem ersten Anschein nach wenig kohärent: Die Bankrechtler nennen die „Umstände, um deretwillen der Kunde die Geheimhaltung der Tatsache wünscht“, das „Geheimnis selbst“ sowie die „Interessen und Wünsche des Kunden“.167 Die fehlende Kongruenz der Begriffe deutet sich in folgendem Beispiel an: 164 Insoweit kann die Verschwiegenheit durchaus nicht-finanzielle Angelegenheiten mit einschließen. Nur, wenn eine andere Fallgruppe einschlägig ist, greift das pauschale Argument von Scheer, S. 32, der Kunde habe an der Geheimhaltung seiner sonstigen Interessen, etwa der Unterhaltszahlungen an ein uneheliches Kinde, ein genau so großes Interesse wie an der Vertraulichkeit seiner Vermögensverhältnisse. 165 Sonstige persönliche Angelegenheiten (etwa Erbfälle, Scheidungen, Unterhaltsverpflichtungen) können also geschützt sein – so ohne nähere Begründungen auch Bruchner in: Bruchner/Stützle, Leitfaden, S. 1; Christopoulou, S. 4; Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. II/19; Kirchherr in: Sichtermann, S. 137 f.: Berufung auf das Vertrauensverhältnis; Koch, MMR 2002, 504 (505 f.); Kümpel, Rn. 2.153; Lang, ZBB 2006, 115 (116); Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1694); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/844; bereits früher Scheer, S. 10: „Geheimhaltung seiner Vermögensverhältnisse und sonstiger Angelegenheiten, in die er dem Bankier notwendigerweise Einblick gewähren muß oder von denen er dem Bankier als seinem Berater vertrauensvoll Kenntnis gibt“; Schubert, S. 51: „vorwiegend um Dinge der wirtschaftlichen Geheimsphäre des Bankkunden handelt“; Wentzell, S. 3. 166 Scheer, S. 28; Kirchherr in: Sichtermann, S. 133 f. 167 Scheer, S. 28 f.; Kirchherr in: Sichtermann, S. 133 f. – Schwierig ist die Fallgruppe vor allem, weil sie nicht nur unpräzis ausgestaltet ist, sondern überdies eine gemischt objektiv-subjektive Komponente hat. Während der Wunsch, der Wille des
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Eine Finanzmakleragentur wickelt ihre Geschäfte über die Konten bei der B-Bank ab. Der Geschäftsführer G der Agentur unterschlägt Gelder, indem er von dem Girokonto Überweisungen vornimmt, die ihm zugute kommen. Der Bankangestellte erzählt einem Dritten von dieser Unterschlagung zu Lasten der Agentur. An welchen Faktoren sollte man das Bankgeheimnis vorliegend ausrichten?
Dass die Mitteilung das Bankgeheimnis verletzt, wird hier niemand bestreiten. In dem Fall zeigt sich die Unterschlagung als das Geheimnis selbst, als Inhalt der zu schützenden Information. Die Umstände, um deretwillen der Kunde die Geheimhaltung wünscht, sind vielfältiger. Darunter wird man vor allem die Vorgänge und Themen fassen müssen, die mit der Agenturtätigkeit zu tun haben. Der Kunde will den guten Ruf des Unternehmens wahren, um den Eindruck zu vermeiden, die Mitarbeiter gingen nicht sorgfältig mit den ihnen anvertrauten Vermögenswerten um oder die Agentur kontrolliere ihre Mitarbeiter nicht ausreichend. Mit diesen Punkten überschneiden sich die Interessen und Wünsche des Kunden. Darunter fallen z. B. die Interessen, Klienten zu werben und zu halten, sowie das Ansehen des Unternehmens nicht zu gefährden. Letztlich geht es um alle Angelegenheiten, die sich auf die Gewinnerzielungsabsicht auswirken können. Es fragt sich, mit welchem dieser Aspekte die Geschäftsverbindung nun zusammenhängen muss. b) Bezug zu Umständen der Geheimhaltung als Kriterium ungeeignet Nehmen wir zunächst die Umstände, um deretwillen der Kunde die Geheimhaltung wünscht, näher in den Blick. Damit kann nicht ein beliebiger Wille zur Diskretion gemeint sein. Vielmehr muss sich aus der Sachlage der Wunsch zu Geheimhaltung ergeben. Die Verknüpfung zur Geschäftsverbindung liegt also nur vor, wenn sie sich aus den Umständen ergibt. Im Beispiel müsste sich daher aus der Situation der Finanzmakleragentur und ihrer Notwendigkeit, auf dem Markt einen guten Ruf zu wahren, ein Bezug zur Geschäftsverbindung ergeben. In diese Formulierung kann man so viele Merkmale hineininterpretieren, dass es als sinnvolle Voraussetzung für das Bankgeheimnis nicht taugt. Es erübrigt sich daher die Prüfung, ob das Merkmal von den Wertungskriterien des Bankgeheimnisses getragen wird.
Kunden, eindeutig subjektiver Art ist, stellen die Umstände sowie das Kundeninteresse einen objektiv-normativen Faktor dar. Mit dem „Geheimnis selbst“ ist offensichtlich der Inhalt des Geheimnisses, die offenbarte Information, gemeint. Diesbezüglich ist der Zusammenhang ebenfalls auf objektiver Ebene zu suchen.
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
c) Bezug zum Geheimnis selbst und den zu Grunde liegenden Wünschen Verständlicher wird das Anliegen von Scheer/Sichtermann dort, wo sie nicht vorrangig auf die Umstände, sondern auf das Geheimnis selbst abstellen. aa) Informationsinhalt und Beweggründe der Geheimhaltung im Beispiel Im Beispiel auf S. 218 geht es um die Unterschlagung. Weist sie einen Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung auf, fällt sie unter das Bankgeheimnis. Nach dem äußeren Geschehen ist dies im Sachverhalt klar zu bejahen, weil sie mittels einer Anweisung an die Bank begangen wurde. Hätte G die Unterschlagung auf anderem Weg begangen, wäre die Geschäftsverbindung nicht berührt. Die offenbarte Information betrifft ihrem Inhalt nach allerdings nicht die Überweisung, sondern den Grund und die Bedeutung für die Überweisung. Geht man von diesem eigentlichen Inhalt aus, hat er mit der Geschäftsverbindung nichts zu tun, handelt es sich doch um einen internen Vorgang der Finanzmakleragentur ohne Bezug zu einem Bankgeschäft, Vertragsverhandlungen zu einem Bankgeschäft und ohne jegliche Auswirkung auf die Geschäftsverbindung zur Bank. Was ist entscheidend? bb) Inhaltlicher Bezug der Information zur Geschäftsverbindung So verstanden ist das Kriterium zweigeteilt. Der erste Aspekt stellt auf die Information selbst und ihren direkten Bezug zur Geschäftsverbindung ab. Dieses Erfordernis ähnelt der Voraussetzung des Zeugnisverweigerungsrechts gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, bei dem Wahrnehmungen und Handlungen geheim zu halten sind, die „in Veranlassung der Vertrauensstellung“ gemacht wurden.168 Anlass für die Vertrauensstellung in einer bankrechtlichen Geschäftsverbindung geben alle Informationen, die in ihr wurzeln, da sie für die Verhandlung, den Abschluss oder die Durchführung eines Bankgeschäftes eine Rolle spielen. Die Daten beziehen sich unmittelbar auf den Geschäftskontakt zwischen Bank und Kunde (hier die Durchführung der Überweisung). Die Offenbarung einer solchen Information ist besonders schadensträchtig, weil die Bank in erster Linie in die Geschäftsverbindung einen exklusiven Einblick hat. Die Bank muss deshalb schweigen 168 OLG Dresden SeuffArch 44 (1889), 107 (Nr. 63) – Rechtsanwalt: „in Veranlassung der Vertrauensstellung gemachte Wahrnehmungen und Handlungen“.
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über alle Daten, die sich auf einen Kunden in seiner Eigenschaft als Kunde beziehen. In anderen Worten lässt sich diese Fallgruppe mit „Kundenbezogenheit der Informationen“ umschreiben.169 cc) Beweggründe für die Geheimhaltung Scheer und Sichtermann bleiben dabei jedoch zu Recht nicht stehen. Sie verstehen das Geheimnis selbst nicht isoliert als eine einzige Information, sondern weiten es auf Daten aus, die Rückschlüsse über den Zweck der Geschäftsverbindung sowie über einzelne Bankgeschäfte zulassen. Das Bankgeheimnis müsse „auch die mit der Geschäftsverbindung im inneren Zusammenhang stehenden Interessen und Wünsche des Kunden berücksichtigen.“170 Dieser Ansatz ist zu befürworten. Denn äußert sich ein Kreditinstitut über die Hintergründe von Bankgeschäften, gefährdet es damit die Rechtssphäre der Kunden. Der Mitteilungsempfänger wird davon ausgehen, die Bank sei über die Interessen und Motive des Kunden informiert. Weil die Bank häufig über einen längeren Zeitraum hinweg eine Geschäftsverbindung aufrechterhält, dabei einen guten Einblick in die Interessen des Kunden erhält und als besonders vertrauenswürdiger Berufsstand angesehen ist, erwartet ein Dritter, das Kreditinstitut könne die Situation des Kunden besonders gut beurteilen. Dies verleiht der Offenbarung einer Information durch eine Bank ein besonderes Gewicht. Es wäre zu kurz gegriffen, den Schutzbereich allein an den äußeren Tatsachen auszurichten. Oft sind es die inneren Vorgänge, deren Geheimhaltung für den Kunden von größerem Interesse sind: seine wirtschaftlichen Beweggründe, die Zwecke, die ihn zu einzelnen Geschäften veranlassen, seine Fragen und Absichten. Auch sie unterliegen dem Bankgeheimnis.171 Neben der höheren Schädigungsgefahr kommt der Vertrauensgedanke hinzu: Nicht selten vermischen sich die rein finanziellen Fakten eines Bankgeschäfts mit den Lebensumständen des Betroffenen.172 Auch hierauf be169 Vgl. Wortlaut Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 AGB-Banken sowie Schumann, ZIP 2004, 2353 (2360). 170 Scheer, S. 28; Kirchherr in: Sichtermann, S. 134. 171 Vor Scheer/Sichtermann auch schon Schubert, S. 52: „mit den Bankgeschäften stehen wieder andere Vorgänge im Zusammenhang, die dem Bankier bekannt werden, so die wirtschaftlichen Beweggründe und die Zwecke, die den Kunden zu den einzelnen Geschäften veranlassen. Auch diese unterliegen naturgemäß dem Bankgeheimnis“; Wentzell, S. 6. 172 Schon wenn jemand eine Überweisung tätigt, tut er damit seine soziale und berufliche Stellung kund, gibt Vorlieben und persönliche Kontakte preis; die Fakten erlauben zahlreiche Rückschlüsse auf Lebensform, Eigenschaften und die Persön-
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zieht sich das besondere Vertrauen, das Kreditinstitute genießen. In der Regel legt der Kunde auf die Geheimhaltung solcher Dinge Wert. Er will sich seine Entscheidungsfreiheit aufrechterhalten, welche Bankgeschäfte er abschließt. Spricht ein Kreditinstitut daher über Angelegenheiten, die einen inhaltlichen Bezug zur Geschäftsverbindung aufweisen, erstreckt sich das Bankgeheimnis immer darauf, unabhängig davon, ob es sich um solche der Vermögenssphäre oder eines anderen Bereichs handelt. Ein so ausgeformtes Bankgeheimnis steht im Einklang mit früheren Stimmen in Rechtsprechung und Literatur.173 Das heutige Schrifttum ist insgesamt weniger aussagekräftig, lässt sich jedoch meist ebenso in diese Richtung deuten.174 Tätigt ein Kunde eine Überweisung, fallen die Gründe hierfür also immer unter das Bankgeheimnis.175 Die Tatsache der Unterschlagung ist im Beispiel also geschützt, weil sie das Motiv für die Überweisung darstellt.
lichkeit insgesamt. Bereits das Interesse an einer bestimmten Beratung durch das Kreditinstitut kann etwas über die Person und ihre Eigenheiten aussagen. Wenn jemand etwa den Kauf von Aktien aus der Medizinforschung, bestimmter Energieerzeuger oder der Gentechnologie ablehnt, legt er damit unter Umständen seine politischen Einstellungen offen. 173 RGZ 139, 103 (105): „hinsichtlich seines Geschäftsverkehrs mit ihr und seiner hierbei zu ihrer Kenntnis gelangten Verhältnisse“; RG Bank-Archiv XXXIV. Jg. Nr. 14 (1934), S. 326: Verschwiegenheit über ihren Geschäftsverkehr mit dem Kunden und über alle Angelegenheiten, die aus diesem Anlass zu ihrer Kenntnis gelangen, „überhaupt alle Verhältnisse des Kunden, deren Bekanntwerden ihm nachteilig werden kann“; Dalsheim, S. 8: Tatsachen, „die in irgend einem Zusammenhang mit dem Kundenverhältnis stehen“; Schubert, S. 53: „Unter das Bankgeheimnis fällt endlich auch die eigene Tätigkeit des Bankiers, die mit der Geschäftsbeziehung zu dem Kunden in Zusammenhang steht, so die geschäftlichen Maßnahmen, die er im Auftrag oder für Rechnung seines Kunden vornimmt, der Inhalt seiner sachverständigen Ratschläge und auch die Antworten, die der Kunde bei der Beratung auf seine Fragen gibt“; Wentzell, S. 6: „Inhalt der Geschäfte, jede Inanspruchnahme seitens einer Bank, denn leicht kann ein Dritter, der in die Verhältnisse des betreffenden Kunden näher eingeweiht ist, seine Schlüsse daraus ziehen und seine dadurch erlangte Kenntnis in dieser oder jener Weise zur Schädigung des Betreffenden verwenden“. 174 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 8: „Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, daß alles, was ein Kreditinstitut im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung über den Kunden in Erfahrung bringt, ohne Einschränkung der Geheimhaltungspflicht unterliegt“. 175 Erfasst sind z. B. die wirtschaftlichen Beweggründe, die Zwecke, die ihn zu einzelnen Geschäften veranlassen, seine Fragen und Absichten: Schubert, S. 52; Wentzell, S. 6. Beispiel bei Kirchherr in: Sichtermann, S. 134: „Läßt also etwa der Kunde von dem Kreditinstitut bestimmte Aktien aufkaufen, und erfährt es zufällig von dritter Seite, daß der Kunde im Auftrag eines mit der Aktiengesellschaft in Konkurrenzkampf stehenden Unternehmens handelt, so muß es nicht nur über den Aktienkauf selbst, sondern auch über diese Tatsache Schweigen bewahren.“ – Fast wortgleich bereits Scheer, S. 28.
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d) Nicht vom Bankgeheimnis erfasste Informationen Aus den bisher aufgestellten Fallgruppen fallen Informationen heraus, welche die Bank nicht fordert, deren Kenntnis die Bank also anderweitig (ungefragt vom Kunden selbst oder über einen Dritten) erlangte, welche sich nicht auf die Geschäftsverbindung beziehen und nicht vermögensbezogen sind. Zur Verdeutlichung sollen erneut Beispiele dienen: Ein Bankangestellter berichtet einem Dritten von dem Ehebruch, dem ungewöhnlichen Hobby oder dem Hund des Klienten X, von dem dieser ihm im Rahmen einer Beratung für einen Aktienkauf ungefragt erzählt hatte. Der Bankmitarbeiter weiß von Stammtischgesprächen, dass Kunde K an Spielsucht leidet. Als ein Freund von K in das Kreditinstitut kommt, um eine Überweisung auf das Konto des K zu tätigen, gibt der Bankier diese Information an ihn weiter.
aa) Lösung der Beispiele Die genannten Beispiele lassen sich nicht auf die postulierten Wertungskriterien stützen.176 Weder ergibt sich ein Schutzbedürfnis des Kunden, weil er zur Preisgabe der Information faktisch gezwungen war oder sie der Geschäftsverbindung diente, noch ruft eine Offenbarung des Geheimnisses durch einen Bankier eine größere Gefahr hervor, als wenn ein beliebiger Bekannter solche Informationen weitergibt. Die Daten haben keinerlei Bezug zur Geschäftsverbindung, eine gesteigerte Erwartung an die Vertraulichkeit des Bankangestellten wird nicht durch die berufliche Stellung hervorgerufen. Allein ein vorhandener Zusammenhang zwischen der Person des Kunden und der Bank ohne Rückkopplung an die Geschäftsverbindung, den Vermögensbereich oder die Informationsanfrage der Bank an den Kunden genügt daher nicht, um den Schutz des Bankgeheimnisses zu aktivieren.177 Selbst wenn also die betagte ältere Dame zum Bankangestellten ihres Vertrauens geht, um ihm ihre Sorgen mit der drogensüchtigen Enkelin mitzuteilen, ist sie diesbezüglich m. E. nicht schutzwürdig. Sie muss wissen, dass Aufgabe einer Bank nicht die Betreuung menschlicher, sondern finanzieller Anliegen ist. Regelmäßig hat das Kreditinstitut keinen größeren Einblick in derartige Angelegenheiten als andere Personen. Das strukturelle Ungleichgewicht wirkt sich auf solche Dinge nicht aus; das besondere Ver176
Zu ihnen eingehend im 2. Kapitel (S. 63 ff.). Wohl ähnlich Scheer, S. 98 f., der aber im Ergebnis darauf abstellen will, ob der Bankier die Relevanz der Information für das Geschäft des Kunden hätte kennen müssen (Bsp. mehrtägiger Aufenthalt des Kunden im Ausland zur geheimen Geschäftsbesprechung – fahrlässige Pflichtverletzung des Bankiers, wenn er Kenntnis von der geheimen Besprechung hatte). 177
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
trauen ist nicht berechtigt. Meist wird es sich hierbei um Sachverhalte handeln, in denen die Kenntniserlangung oder die Preisgabe von nicht-vermögensbezogenen Informationen „bei Gelegenheit“ eines Bankgeschäftes erfolgte. bb) Zwischenmenschliches Vertrauen vom Bankgeheimnis nicht erfasst Allein in Fällen, in denen der Kunde sehr redselig wird, weil die Geschäftsverbindung schon eine lange Dauer besteht, könnte man an das Eingreifen des Bankgeheimnisses denken. Denn eine Eigenheit des geschäftlichen Kontakts zur Bank ist, dass es sich um eine länger andauernde Beziehung handelt. Dieser Aspekt muss für eine erhöhte Gefahr ursächlich geworden sein. Doch hebt sich das bankrechtliche Verhältnis hier nicht von anderen Schuldverhältnissen ab. Das Vertrauen in das Schweigen des Geheimnisträgers beruht in derartigen Fällen nicht auf der beruflichen Stellung des Kreditinstitutes oder der Geschäftsverbindung, sondern lässt sich ausschließlich über ein gesteigertes zwischenmenschliches Vertrauen begründen. Dies ist jedoch nicht der typische Fall und kann daher nicht das Institut des Bankgeheimnisses für sich in Anspruch nehmen. Auch gewohnheitsrechtlich hat dieses Merkmal keine Rolle gespielt. Denkbar ist hier allerdings die Anwendung von § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB. 6. Verbleibende rechtliche Unsicherheiten bei der Kategorisierung
Eine feste Abgrenzung der Fallgruppen zueinander ist nicht immer möglich, doch ist sie auch nicht nötig. Denn es genügt, wenn die betreffende Information in eine Kategorie fällt.178 Wichtig ist jedoch die Abgrenzung nach außen, also die Definition der Grenzen dieser Fallgruppen. Trotz der Begründung mit Hilfe der Wertungskriterien sind diese wohl nicht für jede Fallkonstellation ausreichend klar definiert. Die Zweifelsfälle verlangen nach einer zufriedenstellenden Lösung. Ein Blick auf die Geschichte verdeutlicht, dass der Schutzbereich der Schweigepflicht immer sehr weit gefasst wurde. Im Zweifel sollten Informationen durch das Bankgeheimnis geschützt sein.179 178 Genauso im Hinblick auf ihre drei Fallgruppen: Scheer, S. 29; Kirchherr in: Sichtermann, S. 134. 179 Dalsheim, S. 10: „Vermutung spricht für das Bestehen des Bankgeheimnisses“, S. 18: „Im Zweifel besteht das Bankgeheimnis, – d.h. er wird alle Tatsachen, die das Kundenverhältnis betreffen, als ‚ihrer Natur nach‘ geheim anzusehen haben“; vgl. auch Kreutzer, S. 34; Schubert, S. 51.
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Für eine weite Auslegung des gewohnheitsrechtlichen Instituts spricht, dass das Kreditinstitut regelmäßig kein schutzwürdiges Interesse daran hat, irgendwelche Informationen preiszugeben, die es bei einem geschäftlichen Kontakt jedweder Art über den Kunden erfahren hat. Auch hat die Bank in der Regel keine Nachteile dadurch, dass sie schweigen, also etwas unterlassen, muss. Offenbart sie die Information dennoch und führt dies zur erhöhten Schadenswahrscheinlichkeit für den Kunden, sollte sie daher bei jeder Datenweitergabe die Beweislast dafür tragen, dass diese Kundgabe keinen Bezug i. S. d. aufgezeigten Fallgruppen hatte. IV. Zusammenfassung der Bezugspunkte für die Inhaltsbestimmung Die Darstellung untersuchte, wann eine Information auf der bankrechtlichen Geschäftsverbindung beruht. Nicht ausreichend ist eine rein subjektive Bestimmung durch den Kundenwillen, weil sich darin die Wertungskriterien des Bankgeheimnisses nicht wiederfinden. Die bisher vorgeschlagenen Ansatzpunkte zeichnen ein undurchsichtiges und uneinheitliches Bild. Insbesondere haben das Schrifttum und zum Teil die Judikatur ein unklares Verständnis von dem oft postulierten Anknüpfungsmerkmal des inneren Zusammenhangs. Im Kern stellen sie auf drei verschiedene Aspekte ab, nämlich die Quelle des Wissens, das die Bank hat, den Inhalt der Information sowie die Wirkungen einer Kundgabe der Information. Mangels einer normativen Fundierung der Fallgruppen bleibt deren Umriss vage. Die wenigen Begründungsansätze für den jeweils verwendeten Bezugspunkt stammen von Canaris sowie Scheer/Sichtermann. Das Kriterium der Zufälligkeit vermag den Schutz einer Information im Rahmen des Bankgeheimnisses nicht zu vermitteln. Vielmehr müssen sich die Fallgruppen aus den Wertungskriterien heraus entwickeln. Dies sind vor allem das Vertrauensverhältnis, die gesteigerte Schädigungsmöglichkeit für die Bank sowie der faktische Offenlegungszwang. Sie führen zu folgenden Bezugspunkten für eine Fallgruppenbildung: • Kenntniserlangung auf Grund einer Nachfrage der Bank bei dem Kunden, • Notwendigkeit der Information für die Geschäftsverbindung, • Inhalt der Information betrifft die Vermögenssphäre des Kunde (Kundenbezogenheit der Information), • Inhalt der Information betrifft die Geschäftsverbindung, • Inhalt der Information betrifft die Beweggründe oder Motive für ein Bankgeschäft.
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§ 21 Beispiele unstreitig geschützter Informationen Untersucht man die bankrechtliche Literatur, wird die Bandbreite der durch das Bankgeheimnis geschützten Daten augenscheinlich. Dieser Pflicht unterfallen beispielsweise der Wert und die Zusammensetzung von Wertpapierdepots, der Kontostand, eingeräumte Kreditlinien, deren Besicherung und Ausnutzung, Fakten wie Erbschaften oder die Einsetzung als Testamentserben180. Schon die Tatsache einer bankmäßigen Geschäftsverbindung zu einer bestimmten Person ist erfasst.181 Ob es sich um innere oder äußere, positive oder negative Tatsachen handelt, spielt für den Schutz keine Rolle.182 Die Verschwiegenheitspflicht umfasst nicht nur erlangte Informationen, sondern genauso die eigene Tätigkeit der Bank für den Kunden, die mit der Kundenbeziehung im Zusammenhang steht.183 Gleiches gilt für sogenannte Negativtatsachen, also die Information, etwas sei nicht geschehen, ein Kunde habe etwa keinen Darlehensvertrag mit einer Bank geschlossen.184 Nicht erheblich ist bei dem zu verschweigenden Wissen weiterhin, ob die Kenntnis auf einer Mitteilung des Kunden, eines Dritten oder auf eigener Wahrnehmung beruht.185 ebenso bleibt die Bedeutung der Geschäftsverbindung oder der jeweiligen Information für den Kunden außer Acht.186
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Claussen, § 6 Rn. 8. Claussen, § 6 Rn. 8; Lang, ZBB 2006, 115 (116); Lindemann in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 9 Rn. 10; Schubert, S. 51; im Hinblick auf einen Anwalt begründet Schumann, FS Henckel, S. 773 (785) dies z. B. damit, dass der Mandant oft gerade deshalb auf strikte Geheimhaltung seines Namens Wert legt, weil bereits ein anderer Anwalt tätig ist und diesem das Tätigwerden eines Wettbewerbers nicht bekannt werden soll; diese Überlegung lässt sich auf die Beziehung zu einer Bank gut übertragen. 182 Kirchherr in: Sichtermann, S. 130; Meister, Bank-Archiv X. Jg. Nr. 15 (1911), S. 240; Scheer, S. 25; zum Zeugnisverweigerungsrecht RG SeuffArch 56 (1901), 476 ff. (Nr. 266); JW 1903, 271 (272). 183 Dalsheim, S. 9; Schubert, S. 53; Wentzell, S. 6. 184 OLG Dresden OLGRspr 31, 58; Hartmann in: Baumbach, § 383 Rn. 9; Kirchherr in: Sichtermann, S. 130 m. w. N.; Koch, MMR 2002, 504 (506); Meister, BankArchiv X. Jg. Nr. 15, S. 240; Scheer, S. 25; so für § 383 ZPO: A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/844. 185 RG Gruchot 38 (1894), 497 (498); SeuffArch 51 (1895), 227 (Nr. 144); OLG Hamburg OLGRspr 19, 109; OLG Marienwerder SeuffArch 51 (1894), 358 (Nr. 230); Claussen, § 6 Rn. 8; Koch, MMR 2002, 504 (506); Lang, ZBB 2006, 115 (116); Scheer, S. 22; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/36. 186 Schubert, S. 51; Lang, ZBB 2006, 115 (116): für den Kunden ungünstige Tatsachen wie Pfändungen, Mahnverfahren oder sonstige Vollstreckungsmaßnahmen. 181
§ 22 Tatsachen – Werturteile
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§ 22 Tatsachen – Werturteile Das in Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken niedergelegte Bankgeheimnis erstreckt sich auf Tatsachen und Werturteile. Nimmt man mit der einhelligen Meinung an, die Regelung habe das bereits vor der Kodifizierung bestehende Bankgeheimnis festgeschrieben,187 muss man den Schutzbereich der Geheimhaltungspflicht ohne Zögern auf beide Arten von Informationen ausdehnen. Eine genauere Prüfung erscheint dennoch angebracht. Denn erstens erfasst das zivilprozessuale Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ausschließlich Tatsachen. Zweitens herrschte noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts Uneinigkeit über die Einbeziehung von Werturteilen in die Schweigepflicht. I. Anfängliche Uneinigkeit über den Schutz von Werturteilen So sah Jacusiel im Jahre 1915 die Abgabe eines Werturteils über die Persönlichkeit oder die Verhältnisse des Kunden nicht als Verstoß gegen das Bankgeheimnis, weil damit das Prinzip überspannt werde. Er argumentierte dabei mit einer Parallele zur anwaltlichen Schweigepflicht, die nur Tatsachen erfasse.188 Dagegen zog Schubert den Schutzbereich weiter und begründete dies folgendermaßen: „Je mehr jemand seinen Geld- und Kapitalverkehr durch Banken ausführen läßt und je mehr er diese Geschäfte bei einer einzelnen Bank konzentriert, um so vollkommener kann der Bankier die wirtschaftlichen Verhältnisse seines Kunden, seine Geschäftstüchtigkeit, Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit beurteilen. Dieses eigene Urteil des Bankiers fällt grundsätzlich auch unter seine Schweigepflicht.“189
Prinzipiell setzte er also Werturteile und Tatsachen gleich, lässt aber Raum für Ausnahmen, wo ein Kreditinstitut im Einzelfall keinen Überblick über die Situation eines Kunden hat. In Anlehnung an ein Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts190 aus dem Jahre 1900 bejahte demgegenüber Scheer den inneren Zusammenhang bei Werturteilen uneingeschränkt, da sie mittelbar die ihnen zu Grunde liegenden Tatsachen offenbar werden lassen. Zudem könne der Bankier das Urteil nur bilden, weil er Einblicke in die Kundenverhältnisse habe.191 187
1. Kapitel bei Fn. 42. Jacusiel, Bank-Archiv XIV. Jg. (1915) Nr. 13, S. 221 (222). 189 Schubert, S. 52. 190 BayObLGZ 1, 290 (292). 191 Scheer, S. 25 unter Zitierung von BayObLGZ 1, 290 ff.; Kirchherr in: Sichtermann, S. 131 m. w. N. 188
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
II. Schlussfolgerungen Einen eigenen Typus des Werturteils kann eine Schlussfolgerung bilden. Bei ihr stellt der sich Äußernde auf Grund der ihm zur Verfügung stehenden Kenntnisse und der von ihm angewandten Methoden eine eigene Beurteilung des konkreten Sachverhalts an, die er dem Adressaten vermittelt.192 Sogar Jacusiel bezog in die Verschwiegenheitspflicht Aussagen ein, deren Kenntnis indirekt durch den Geschäftsverkehr erworben wurde: Wenn er die Bank Rückschlüsse aus Kontoschwankungen ziehen lässt und sie dem Bankgeheimnis unterstellt, meint er damit Schlussfolgerungen. Seine Begründung stützt sich darauf, die Kenntnis sei auf Grund des entgegengebrachten Vertrauens erwachsen.193 Dem ist zuzustimmen. Der Grund für die Geheimhaltung von Tatsachen liegt auch darin, dass sie eine Schlussfolgerung auf weitere Verhältnisse des Kunden zulassen.194 Dann ist es konsequent, umgekehrt die Schlussfolgerung selbst angesichts des Branchen- und Kundenwissens der Bank erst recht in die Verschwiegenheitspflicht einzubeziehen. Denn hier wird dem Adressaten nicht nur die Möglichkeit eröffnet, aus den preisgegebenen Fakten eigene Wertungen abzuleiten. Vielmehr deckt das Kreditinstitut eine bestimmte Wertung bereits selbst auf. Unabhängig davon, ob die Kundgabe einer Schlussfolgerung durch die Bank im konkreten Fall als Tatsachenbehauptung oder Werturteil zu deuten ist,195 muss das Kreditinstitut sie also geheim halten. Erforderlich ist nur der Bezug zur Sonderverbindung in dem soeben dargelegten Sinn. Unproblematisch ist dies bei Schlussfolgerungen zu Vermögensangelegenheiten des Kunden sowie zur Geschäftsverbindung. Im Übrigen wird der Bezug eher fehlen.196
192
Vgl. BGH NJW 1978, 751 (752); 1999, 2736 (2737 oben); in bestimmten Fällen kann es sich bei Schlussfolgerungen um eine Tatsachenbehauptung handeln, vgl. hierzu im Detail BGH NJW-RR 1994, 1242 (1244). 193 Jacusiel, Bank-Archiv XIV. Jg. Nr. 13, S. 221 (222) mit Verweis auf RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 18 (1914), S. 309 (310). 194 Meister, Bank-Archiv X. Jg. Nr. 15, S. 240; so für § 383 ZPO: OLG Dresden OLGRspr 31, 58; Scheer, S. 97. 195 Zur Abgrenzung z. B. BGH NJW-RR 1994, 1242 (1244). 196 Schlussfolgerungen kann die Bank vom Kunden nicht verlangen, und für die Geschäftsverbindung sind nur die ihnen zu Grunde liegenden Tatsachen erforderlich. Dies genügt außerhalb des Vermögensbereichs nicht, soweit nicht gleichzeitig die genannten Tatsachen aufgedeckt werden. Denn bei eigenen Schlussfolgerungen gilt die Bank hier nicht als Experte. (Beispiel: Tatsache ist „Kunde hat vor kurzem geheiratet“, kundgegebene Schlussfolgerung ist „Kunde wird sicher bald Kind bekommen“; diese Schlussfolgerung ist m. E. nicht geschützt).
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III. Situation bei anderen Berufsgeheimnissen Die Rechtslage bei anderen Berufsgeheimnissen zeichnet ein unklares Bild. Das Amtsgeheimnis der Mitarbeiter der BaFin erfasst bereits vom Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 KWG her nur Tatsachen.197 Demgegenüber ist ein Rechtsanwalt oder Notar zur Verschwiegenheit über „alles“ verpflichtet, was ihm „in Ausübung seines Berufes bekannt geworden ist“ (§ 43 a Abs. 2 BRAO, § 18 Abs. 1 Satz 2 BNotO) und Ärzte „über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Ärztin oder Arzt anvertraut oder bekannt geworden ist“ (§ 9 Abs. 1 MBO-Ä). Eine „Kenntnis“ bezieht sich zwar regelmäßig auf Fakten. Doch kann einem auch die Meinung eines anderen „bekannt“ werden; der Berufsträger kann diese weitergeben oder sie sich sogar zu Eigen machen. Das Schrifttum spricht meist von Tatsachen, diskutiert die Frage aber entweder nicht198 oder hält Werturteile für erfasst199. IV. Eigene Stellungnahme zum Schutz von Werturteilen Die Einbeziehung von Werturteilen in das Bankgeheimnis ist zu befürworten. Der Bezug zwischen einer Aussage und der bankrechtlichen Geschäftsverbindung kann bei Wertungen genauso bestehen wie bei der Weitergabe von Faktenwissen. Sie können den Kunden ebenso, wenn nicht sogar stärker, schädigen als die Weitergabe von Tatsachen, weil dem Mitteilungsadressaten dabei eine eigene Bewertung auf Grund der Fakten nicht möglich ist. Vielmehr ist er vollständig auf die Informationen angewiesen, die ihm eine Bank eingekleidet in eine Meinungsäußerung gibt. Wegen des beruflichen Ansehens der Kreditinstitute, ihrer Fachkunde sowie des typischerweise durch eine längere Geschäftsbeziehung erlangten Sonderwissens über einen Kunden wird der Empfänger regelmäßig von der Richtigkeit der Einschätzung ausgehen. Nähme man solche Wertungen aus dem Schutzbereich generell heraus, entstünde eine erhebliche Gefährdung der Interessen des Kunden. Das Bankgeheimnis liefe leer, weil ein Kreditinstitut Tatsachen beliebig als Meinungskundgabe getarnt preisgeben könnte.200 Doch selbst Werturteile, die keinerlei Tatsachengrundlage besitzen, bedürfen einer Geheimhaltung. Denn wenn eine Bank eine Meinungsäußerung 197 Unklar § 32 BBankG für Personen im Dienste der Deutschen Bundesbank: Satz 1 spricht von „Angelegenheiten“ und „Geschäfte“, Satz 2 von „Tatsachen“. 198 Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 37 ff.; Kohlhaas in: Recht der Heilberufe, S. I 778 ff.; Schippel, § 18 Rn. 6. 199 Goedel, S. 35 m. w. N. 200 Ähnlich Schraepler, NJW 1972, 1836 f. bei Fn. 10.
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
über einen Kunden tätigt, wird der Adressat wegen seiner gesteigerten Erwartungen an die Bank trotzdem davon ausgehen, die Beurteilung sei fundiert und gerechtfertigt. Dies gilt sogar, wenn der Dritte alle Tatsachen über den Kunden selbst kannte. Die Aussage eines Kreditinstituts über ihren Kunden weckt den Anschein, es gebe ein Sonderwissen preis.201 Diese Umstände verursachen eine besondere Gefahrenquelle, die zum Schutz des Kunden durch eine Pflicht zur Verschwiegenheit zu flankieren ist. Auch unabhängig von der Geltung der AGB darf eine Bank deshalb keine Werturteile zu Kunden tätigen. Das gewohnheitsrechtliche Bankgeheimnis entspricht insoweit der Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken. V. Schutz von Werturteilen setzt sich durch Die überwiegende Ansicht hegt heute keine Zweifel mehr an der Notwendigkeit des Schutzes von Werturteilen. Doch findet man Stimmen, die nur solche Wertungen ins Bankgeheimnis einbeziehen, die auf kundenbezogenen Tatsachen beruhen.202 Eine solche Eingrenzung ist mit dem Problem konfrontiert, die Kausalität zwischen den Tatsachen und dem darauf aufbauenden Werturteil näher definieren und feststellen zu müssen. Dies stößt zum einen auf praktische Schwierigkeiten, weil es in der Natur eines Werturteils liegt, dass seine Entwicklung oft nicht zurückverfolgt werden kann, und zwar weder vom Kunden noch vom Adressaten, womöglich nicht einmal von der Bank selbst.203 Zum anderen sind kaum Fälle denkbar, in denen diese Ansicht zu einem abweichenden Ergebnis kommt. Denn jede kundenbezogene Wertung wird regelmäßig auf einer kundenbezogenen Tatsache beruhen. Zweifelt eine Bank etwa die Kreditwürdigkeit eines Kunden an, beruht die Aussage auf der Tatsache, dass der Kunde in schlechter finanzieller Verfassung ist. Wäre dies nicht der Fall, würde die Bank „ins Blaue hinein“ eigene Meinungen über den Kunden öffentlich machen. Unabhängig von der deliktischen Verantwortlichkeit hätte ein solches Verhalten ein genauso großes Schädigungspotential wie ein durch Tatsachen fundiertes Werturteil. Wertungen sind zudem in der heutigen Bankpraxis sogar 201
Ähnlich Bohnstedt, S. 60. Cahn, WM 2004, 2041; Kirchherr in: Sichtermann, S. 131; Musielak in: Hadding/Schneider, S. 15; Wolff, DB 1968, 695 (696); die bei Cahn zitierten Fundstellen nehmen bei Werturteilen nur teilweise eine Einschränkung auf Werturteile mit Tatsachengrundlage vor: vgl. A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/844 (keine Einschränkung); Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 8 („in der Regel“ auf den der Bank zugänglichen Informationen beruhend); Kümpel, Rn. 2.152 („insbesondere“, wenn sie sich auf die zugänglichen Tatsachen stützen); nicht ganz klar Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 49, 52. 203 Vgl. hierzu auch Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 7 Rn. 7. 202
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meist wichtiger als Tatsachen.204 Der Inhalt des Bankgeheimnisses ergreift folglich Einsichten, Eindrücke und Meinungen, die sich das Kreditinstitut selbst gebildet hat.205 Wie Tatsachen müssen sie zudem kundenbezogen sein, also einer der Fallgruppen angehören, die einen Bezug zur Geschäftsverbindung herstellt. Dies bedeutet, dass sie sich inhaltlich auf die Vermögensverhältnisse des Kunden oder die Geschäftsverbindung beziehen oder auf solchen Tatsachen beruhen müssen, die der Kunde dem Kreditinstitut auf Verlangen mitteilte. Die Reichweite des gewohnheitsrechtlichen Bankgeheimnisses unterscheidet sich insofern nicht von dem in den AGBBanken niedergelegten. VI. Bankkunde muss konkreten Schutzumfang nicht kennen Die Einbeziehung von Wertungen in den Schutz des Bankgeheimnisses führt zu einer Überlegung, die auf den ersten Blick verwirrend anmutet. Bei jedem Werturteil steht die Stellungnahme, die subjektive Sicht des Äußernden im Vordergrund.206 Diese Meinungskundgabe unterfällt dem Bankgeheimnis. Von ihr sowie von der Wertung des Bankiers weiß der Kunde als Geheimnisherr womöglich aber gar nichts. Folglich kennt der Bankkunde nicht zwingend alle Informationen, die das Bankgeheimnis schützt. Eigenartig wirkt dies zunächst, weil nur er derjenige ist, der das Geheimnis zu einem Geheimnis machen und den Kreis der Geheimnisträger bestimmen kann. Ihm obliegt die Disposition über das Rechtsgut, dessen Inhalt er nicht vollständig kennt. Obgleich die Vorstellung vom Kunden, der sein Geheimnis nicht vollständig kennt, Verwundern auslösen mag, ist sie doch richtig und konsequent. Die verstärkte Einwirkungsmöglichkeit der Bank ist unabhängig davon, ob der Gefährdete von ihr Kenntnis hat. Das Bankgeheimnis ist auf eine typisierte Interessenlage zugeschnitten. In diesem Rahmen bestimmt sich das Geheimnis zunächst über das normative Interesse des Geschützten an der Vertraulichkeit. Erst wenn im konkreten Fall eine Einwilligung zur Offenbarung erkennbar ist, hat das Bankgeheimnis seine Geltung verloren. Das Bankgeheimnis sollte daher nicht begrifflich als „Geheimnis“ im Sinne 204
Horn, AGB-Banken, S. 89; Petersen, S. 25. BGHZ 166, 84 (91 f. Rn. 35) m. w. N.; LG München I NJW 2003, 1046 (1049) und OLG München NJW 2004, 224 (226), allerdings unter Berufung auf die AGB; Beckhusen in: Derleder/Knops/Bamberger, § 5 II Rn. 12 m. w. N.; Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 7 Rn. 7; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 49; Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. II/20 m. w. N.; ders., AGB-Banken, S. 89; Lang, ZBB 2006, 115 (116); Mallmann/Schroeter, RWS-Skript 194, Rn. 83; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/36. 206 Dazu S. 60. 205
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
des gewöhnlichen Sprachgebrauchs verstanden werden. Die Rechtsentwicklung beim „Bankgeheimnis“ hat sich jedenfalls von einem derartig eng verstandenen Geheimnisbegriff gelöst.
§ 23 Handlungen und Wahrnehmungen der Bank – Negativtatsachen Eine besondere Form von Informationen sind eigene Handlungen und Wahrnehmungen des Kreditinstituts. Nach nahezu einhelliger Ansicht erstreckt sich das Bankgeheimnis auf sie.207 Verwandt sind sie mit Werturteilen, wenn eine Wahrnehmung subjektiver Natur und somit dem Beweis nicht zugänglich ist. Man brauche sich hier nur vorzustellen, ein Bankangestellter äußere sich über den pessimistischen Gesichtsausdruck, den ein Kunde beim Blick auf seine Kontoauszüge vermittelt habe. Wie ein bestimmter Gesichtszug auf den Bankier wirkt, hängt stark von dessen Beobachtungsgabe und Menschenkenntnis ab. Es handelt sich daher um eine Meinung. Regelmäßig werden eigene Wahrnehmungen und erst recht Handlungen der Bank indes Tatsachen sein, weil im Vordergrund ein bestimmtes Verhalten und ein rein physischer Sinneseindruck stehen. Haben sie einen Bezug in dem oben beschriebenen Sinn,208 betreffen sie also das Vermögen oder die Geschäftsverbindung des Kunden sowie Angelegenheiten, die der Mitarbeiter in seiner Berufsausübung hier notwendigerweise macht, müssen sie vom Bankgeheimnis erfasst sein. Ebenso ergreift die Geheimhaltungspflicht die Feststellung von Negativtatsachen, dass der Kunde etwa eine Kontoverfügung an einem bestimmten Tag nicht vorgenommen habe.209 Es handelt sich dabei lediglich um einen Sonderfall der Wahrnehmung von Tatsachen und muss demnach wie sie behandelt werden. 207 RG Gruchot 38 (1894), 497 (498); SeuffArch 51 (1895), 227 (Nr. 144); BankArchiv XIII. Jg. Nr. 18 (1914), S. 309 (310); OLG Dresden SeuffArch 44 (1888), 107 (Nr. 63) – zum Zeugnisverweigerungsrecht eines Anwalts in der CPO; OLG Dresden OLGRspr 31, 58; OLG Hamburg OLGRspr 19, 109; OLG Marienwerder SeuffArch 51 (1894), 358 (Nr. 230); Claussen, § 6 Rn. 8; Hartmann in: Baumbach, § 383 Rn. 9; Lang, ZBB 2006, 115 (116); Meister, Bank-Archiv X. Jg. (1911) Nr. 15, S. 240; Scheer, S. 22; Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1694). Zur Verschwiegenheitspflicht anderer Berufsträger: BGH NJW 2005, 1948 (1949) – Notar; Berger in: Stein/Jonas, § 383 Rn. 61 und bereits Schumann in: Stein/Jonas, 20. Aufl., § 383 Rn. 87; a. M. für eigene Amtshandlungen OLG München MDR 1981, 854, das mit dem Sinn und Zweck des Zeugnisverweigerungsrechts argumentiert. 208 Vgl. S. 225 f. 209 OLG Dresden OLGRspr 31, 58; Hartmann in: Baumbach, § 383 Rn. 9; Kirchherr in: Sichtermann, S. 130 m. w. N.; Meister, Bank-Archiv X. Jg. Nr. 15, S. 240; Scheer, S. 25; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/844.
§ 23 Handlungen und Wahrnehmungen der Bank – Negativtatsachen
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Soweit ersichtlich gibt es kaum gerichtliche Entscheidungen, die eigene Wahrnehmungen und Handlungen des Berufsträgers von einer beruflichen Schweigepflicht ausnehmen. Zum zivilprozessualen Zeugnisverweigerungsrecht eines Notars schränkt das Kammergericht im Jahr 1902 die Geheimhaltungspflicht ohne Begründung auf positive Tatsachen ein. Sein Ergebnis sieht das Gericht im Einklang mit § 383 Ziff. 5 ZPO, der ein „Anvertrauen“ des Geheimnisses verlange. Eine Negativtatsache könne dem Notar nicht in seiner Eigenschaft als Notar zur Kenntnis gelangt sein.210 Daran ist einzig richtig, dass ein „Anvertrauen“ vom Wortlaut her auf die Kenntniserlangung hindeutet. Wie bereits dargestellt211 prägt dieses Merkmal nur eine der Fallgruppen der Kundenbezogenheit. Es können damit (jedenfalls außerhalb des Zeugnisverweigerungsrechts) noch keine Rückschlüsse auf die Gänze der Verschwiegenheitspflicht gezogen werden. Die berufliche Stellung des Schweigepflichtigen kann ursächlich für die Kenntnis sein, ob ein Vorgang geschehen ist oder nicht. Zahlt z. B. ein Kunde seine Mietzinsen immer durch Überweisung von seinem Girokonto, ist es die Bank in ihrer Eigenschaft als Bank, die typischerweise Kenntnis von der einmal nicht erfolgten Tilgung hat. Es kann offen bleiben, ob die ZPO eine solche Negativtatsache oder sonstige eigene Handlungen und Wahrnehmungen des Berufsträgers als „anvertraute“ betrachtet.212 Jedenfalls das Bankgeheimnis muss sich auf sie erstrecken. Die einzige Negativtatsache, die nicht in das Bankgeheimnis einbezogen werden sollte, ist diejenige, dass jemand nicht Kunde der eigenen Bank ist.213 Denn in diesem Fall besteht keine Gefahr für die Rechtsgüter des Betroffenen, weil das Kreditinstitut dem Mitteilungsadressaten das Fehlen von Sonderwissen offen legt. Vor allem besteht weder eine rechtliche Nähebeziehung zum Betroffenen noch ein hierin wurzelndes Vertrauen.
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KG OLGRspr 6, 128 (129). Zum Bezugspunkt für die Information S. 225 f. 212 Das OLG München MDR 1981, 853 (854) weist zu Recht darauf hin, dass die berufliche Schweigepflicht eines Notars nicht mit dem Zeugnisverweigerungsrecht deckungsgleich sein müsse. In Bezug auf die ZPO behandelt es Amtshandlungen und wahrgenommene Tatsachen entgegen der h. M. unterschiedlich. 213 Anders hingegen für die Tatsache eines vergeblichen Versuchs, eine Geschäftsverbindung zu einer Bank aufzubauen. Sie ist gerade keine Negativtatsache, weil sie die erfolglosen Bemühungen positiv feststellt. Sie ist daher geheim zu halten, vgl. Beckhusen in: Derleder/Knops/Bamberger, § 5 II Rn. 15; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/856. 211
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
§ 24 Wahre Tatsachen – unwahre Tatsachen Bis heute sind sich Bankrechtler uneinig, ob der Schutz des Bankgeheimnisses unwahre Tatsachen mit einschließt. Es stehen sich im Wesentlichen drei Meinungen gegenüber. I. Meinung 1: Bankgeheimnis erfasst unwahre Tatsachen nicht Eine erste Ansicht lässt unwahre Tatsachen nicht unter das Bankgeheimnis fallen.214 1. Argumentation
Soweit sie dieses Ergebnis begründet, argumentiert sie in erster Linie mit § 824 Abs. 1 BGB. Diese deliktische Norm sieht eine Schadensersatzpflicht für die Behauptung oder Verbreitung unwahrer Tatsachen vor, die geeignet sind, den Kredit eines anderen zu gefährden oder sonstige Nachteile für dessen Erwerb oder Fortkommen herbeizuführen. Würde das Bankgeheimnis unwahre Tatsachen erfassen, ginge die Pflicht über den gesetzlich normierten Tatbestand hinaus. Dies sei nicht zu rechtfertigen. Vielmehr müsse die Verbreitung unwahrer Tatsachen als Verletzung einer bankrechtlichen Loyalitätspflicht verstanden werden.215 Auf der begrifflichen Ebene merkt Canaris an, ein „Geheimnisbruch“ sei die Weitergabe wahrer Tatsachen.216
214 Bütter/Tonner, BKR 2005, 344 (348, 350); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 47 – nur in Bezug auf das Deliktsrecht; Lang, ZBB 2006, 115 (117 in Fn. 18); Möllers/Beutel, NZG 2006, 338; Wagner, ZInsO 2003, 485 (486) verlangt im besprochenen Kirch-Fall die Wahrheit der Information zur Feststellung der Kundenbezogenheit, weil er (wohl) allein auf die Kenntniserlangung abstellt und – jedenfalls für den Fall der Kreditwürdigkeit – annimmt, der Kunde teile der Bank keine unwahren Tatsachen mit; unklar bleibt, ob er diese Aussage verallgemeinern würde. 215 Lang, ZBB 2006, 115 (117). 216 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 47. Zum erwähnten Fall Kirch merkt Peifer, jurisPR-WettbR 5/2006, Anm. 1, Punkt C zu Recht an, dass die Wahrheit natürlich durch einen Vergleich mit den wirklichen Umständen festzustellen sei: „Wahr ist das tatsachengestützte Urteil über die fehlende Kreditwürdigkeit eines Schuldners nämlich erst, wenn die Finanzbranche es teilt, nicht bereits, wenn die Presse es vermutet.“ – Unklar der Bundesgerichtshof, der (im Rahmen des § 824 BGB) hinsichtlich einer fehlenden Bereitschaft des Finanzsektors zur Bereitstellung weiterer Mittel auf Medienberichte und den objektiven Empfängerhorizont abzustellen scheint, vgl. BGHZ 166, 84 (102 Rn. 67 – Tatsachenbehauptung) = BGH BKR 2006, 103 (110), unter Punkt 4 (in BGHZ sind die entsprechenden Rn. 71 ff. nicht abgedruckt).
§ 24 Wahre Tatsachen – unwahre Tatsachen
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2. Kritik
a) Begriffliches Argument Das Argument von Canaris greift schon deshalb nicht, weil die gängige Definition des Geheimnisses sowohl Tatsachen als auch Werturteile erfasst.217 Entscheidend ist allein die Frage, welche Information im Interesse oder nach dem Willen des Geheimnisherrn geheim gehalten werden soll. Bedeutsam ist dabei nicht die Frage der Herleitung oder der „Richtigkeit“ einer Äußerung gegenüber Dritten. Vielmehr ist allein die Möglichkeit der Gefährdung seiner Rechtsgüter von Interesse. Diese kann bei unwahren Tatsachen genauso groß (oder sogar größer) sein als bei Werturteilen oder wahren Tatsachen. Die Terminologie gibt somit keine Hilfestellung, welche Schutzintensität unwahren Tatsachen zuteil werden soll. b) Argument der Vereinbarkeit mit der Wertung des § 824 Abs. 1 BGB Ferner muss man sich mit dem Argument auseinandersetzen, die Einbeziehung unwahrer Tatsachen in das Bankgeheimnis bedeute einen Wertungswiderspruch zu § 824 Abs. 1 BGB. In der Tat darf die Sonderverbindung zwischen Bank und Kunde als gesetzliches Schuldverhältnis normativ nicht den Wertungen anderer gesetzlicher Schuldverhältnisse, insbesondere des Deliktsrechts, widersprechen. Ein solcher Antagonismus kommt beim Bankgeheimnis nicht in Betracht: aa) Wertung des § 824 Abs. 1 BGB steht Einbeziehung nicht entgegen Die Regelung des § 824 Abs. 1 BGB enthält eine Wertung des Gesetzgebers, im allgemeinen Rechtsverkehr eine Kreditgefährdung durch andere Personen zu verhindern. Der Gesetzgeber schuf sie bewusst als Sondertatbestand zum Schutz von Vermögensinteressen.218 Die heutige Auslegung des Tatbestands muss den später hinzugetretenen grundgesetzlichen Erfordernissen Rechnung tragen.219 Dies ist insofern unproblematisch, als die Haftung weder an Werturteile noch wahre Tatsachenbehauptungen anknüpft. Beide Arten von Informationen (und folglich auch ihre Weitergabe) sind verfassungsrechtlich stärker geschützt als unwahre Tat217 218 219
Vgl. zum Terminologischen auch oben S. 56. Näher hierzu Wagner in: MünchKomm BGB, § 824 Rn. 2 f. m. w. N. Vgl. Wagner in: MünchKomm BGB, § 824 Rn. 11.
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
sachen.220 Ihren Schutz berührt eine Einbeziehung von unwahren Tatsachen in den Anwendungsbereich des Bankgeheimnisses nicht. bb) Strengere Haftung bei Sonderverbindungen möglich Die Haftung wegen Verletzung des Bankgeheimnisses ist schon in Bezug auf Werturteile strenger als im Deliktsrecht ausgestaltet.221 Weder dem Wortlaut noch der Geschichte oder dem Zweck des § 824 Abs. 1 BGB lässt sich eine Aussage entnehmen, welcher Maßstab in rechtlichen Nähebeziehungen hinsichtlich unwahrer Tatsachen gilt. Wenn man dem § 824 Abs. 1 BGB eine Wertung für das Bankgeheimnis entnehmen möchte, so kann dies allenfalls diejenige sein, das Verbreiten unwahrer Tatsachen erst recht einer strengeren Haftung zu unterstellen als im Deliktsrecht. Man könnte aus dem Tatbestand schließen, dass die Rechtsordnung sogar schon vor Entstehung des Grundgesetzes (also ohne grundrechtliche Einflüsse) eine Entscheidung dahingehend traf, den Rechtsverkehr vor der Verbreitung von Unwahrheiten zu schützen, wenn ein solches Verhalten das Vermögen eines anderen gefährden kann. Vereinfacht gesprochen: Jeder darf darauf vertrauen, dass kein anderer über ihn schuldhaft Lügen verbreitet, die ihn in seinem Vermögen schädigen. Dieser Schutzstandard im Verhältnis zwischen zwei beliebigen Personen wird bei der bankrechtlichen Verbindung normativ durch die besondere Vertrauenskomponente der rechtlichen Nähebeziehung flankiert. Das abstrakte Vertrauen des Rechtsverkehrs gegenüber jedermann konkretisiert sich beim Bankgeheimnis gleichsam auf die (weniger abstrakte) Zwei-Personen-Beziehung Bank-Kunde. Es ist konsequent, den Sorgfaltsmaßstab in solchen Vertrauensverhältnissen zu intensivieren und nicht einzuschränken. Der Tatbestand des § 824 Abs. 1 BGB grenzt den Kreis der potentiellen Verletzer nicht ein. Er hat für alle Rechtssubjekte Geltung. Demgegenüber beschränkt sich das Bankgeheimnis von seinem Wesen her auf den Berufsstand der Banken. Die dadurch gesteigerten Erwartungen des Rechtsverkehrs können eine höhere Pflichtenintensität und entsprechend strengere Haftungsvoraussetzungen rechtfertigen. Daher spricht viel für die Erstreckung des Bankgeheimnisses auf unwahre Tatsachen.222 220
St. Rspr., z. B. BVerfGE 54, 208 (219); 85, 1 (15); 94, 1 (8); 97, 391 (403); 99, 185 (196); BVerfG NJW-RR 2000, 1209 (1210) und 2001, 411 – Kammerbeschlüsse. 221 Dazu näher auf S. 227 ff. 222 Diese Überlegungen gelten auch für das übrige Deliktsrecht. Zwar mögen im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB auch Sonderverbindungen eine Rolle spielen. Doch beruhen diese auf anderen haftungsbegründenden Merkmalen als das Bankgeheimnis. Sie sind mit der hier diskutierten Thematik nicht vergleichbar.
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Wie die vorstehenden Erwägungen zeigten, ist es nicht das Deliktsrecht, das Anhaltspunkte dafür liefert, ob das Bankgeheimnis unwahre Tatsachen schützt. Eine Lösung des Problems muss vielmehr über die bankrechtliche Sonderverbindung erfolgen. II. Meinung 2: Wahrheitsgehalt beeinflusst Ergebnis der Einzelfallbeurteilung Eine andere Richtung lehnt sich bei der Frage nach der Schutzwürdigkeit unwahrer Tatsachen an das verfassungsrechtliche Persönlichkeitsrecht an. Entsprechend macht sie das Schutzniveau vom Wahrheitsgehalt einer Aussage abhängig: Das Persönlichkeitsrecht stehe der Äußerung der Wahrheit nicht entgegen. Im Vordergrund stehe das Informationsbedürfnis.223 Bei unwahren Aussagen sei nicht generell zu entscheiden, sondern anhand einer Einzelfallabwägung.224 Für das Bankgeheimnis wäre dieser Gedanke zielführend, falls man seinen Zweck zumindest auch im Schutz des Persönlichkeitsrechts sieht. Die Geltung der Verschwiegenheitspflicht stützt sich, wie bereits erläutert,225 nicht auf den Rechtsgüterschutz. Die gewohnheitsrechtliche Grundlage des Bankgeheimnisses richtet sich vielmehr an der vertragsähnlichen, vertrauensgestützten Nähebeziehung aus. Allerdings könnte der Umfang der Pflicht von den Grundrechten beeinflusst werden. Die Äußerung der Wahrheit tangiert das Persönlichkeitsrecht nicht und kann insofern keine Folgen für das Bankgeheimnis haben. Nur bei unwahren Aussagen könnte dies anders sein. Dies setzt eine Drittwirkung der Grundrechte in Sonderverbindungen voraus.226 Zur Relevanz der Wahrheit der Mitteilung kann im Ergebnis offen bleiben, ob das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eine Drittwirkung für das Bankgeheimnis hat. Denn selbst wenn wir eine solche Relevanz unterstellen, würde dies nur bedeuten: Die Verbreitung unwahrer Aussagen ist weniger schutzwürdig. Macht ein Kreditinstitut dennoch unwahre Aussagen, genießt der Kunde wegen seines Persönlichkeitsrechtes allenfalls einen stärkeren, keinesfalls aber einen schwächeren Schutz als bei wahren Aussagen über ihn. Die zum gesetzlichen Schuldverhältnis führende Vertrauensbeziehung wäre insofern bei unwahren Äußerungen stärker als bei wahren Informationen. Die Einwirkungsmöglichkeit auf die Rechtsgüter des Kunden wäre zudem nicht auf das Vermögen beschränkt, sondern wäre auf das absolute Rechts223
Ahrens, S. 46 Rn. 35 m. w. N. Ahrens, S. 43 f.; Lang, ZBB 2006, 115 (119) m. w. N. aus der Rspr. in Fn. 52; wohl auch BGHZ 166, 84 (110 Rn. 100). 225 Vgl. S. 69 ff. 226 Diese Thematik schnitt die vorliegende Arbeit bereits an, s. S. 147 ff. 224
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
gut „Persönlichkeitsrecht“ ausgedehnt. Wer vom Persönlichkeitsrecht her argumentiert, muss konsequenterweise unwahre Tatsachen als vom Bankgeheimnis erfasst ansehen. III. Meinung 3: Bankgeheimnis erfasst unwahre Tatsachen Dass unwahre Tatsachen dem Bankgeheimnis unterliegen, vertritt bisher – soweit ersichtlich – niemand ausdrücklich. Dies verwundert, erwiesen sich doch die Argumente der soeben erläuterten Ansichten als nicht tragfähig. Die unklare Rechtslage gibt Anlass, die historische Entwicklung des Bankgeheimnisses im Hinblick auf diesen Aspekt zu prüfen. 1. Wenige gewohnheitsrechtliche Anhaltspunkte
Gewohnheitsrechtlich findet man kaum Anhaltspunkte, wie die Frage zu beantworten ist, weil ältere Schriften sie nicht behandeln. So unterschied Schubert in Bezug auf die Verschwiegenheit wahre und unwahre Tatsachen nicht.227 Dies kann man durchaus so deuten, dass er beide gleich behandelt sehen, also beide schützen, wollte. Ebenso findet sich bei Dalsheim kein Hinweis auf eine Unterscheidung. Er argumentiert jedoch vom Vertrauensverhältnis her und tendiert dazu, das Bankgeheimnis weit zu fassen, um eine Gefährdung des Kunden auszuschließen.228 Interessant und aufschlussreich ist Scheer, der die diesbezügliche Reichweite des Bankgeheimnisses nicht genau definiert, in der Geheimhaltung unwahrer Tatsachen aber jedenfalls eine rechtsverbindliche Pflicht erkennt. Er ließ es dahingestellt, ob eine derartige Offenbarung eine Verletzung des Bankgeheimnisses darstellt. Jedenfalls liege ein Verstoß gegen eine vertragliche (also nicht nur eine deliktische) Pflicht vor, weil der Kunde bei unwahren Tatsachen über ihn erst recht Schutz genießen müsse.229 Überträgt man diesen Gedanken auf das heutige dogmatische Fundament der bankrechtlichen Geschäftsverbindung, müssten unwahre Tatsachen auf Grund der gesetzlichen Sonderverbindung geschützt sein. Unterfielen sie nicht dem Bankgeheimnis, müsste es eine daneben bestehende Verschwiegenheitspflicht geben. Dass eine solche 227
Schubert, S. 13 („alle Tatsachen“, die er im Bankverkehr mit seinem Kunden erfährt). 228 Dalsheim, S. 4 ff., z. B. S. 4 f. („Es ist vielmehr klar, dass der ganze Komplex der geschäftlichen Beziehungen notwendigerweise zu schützen ist“), S. 5 („denn Vertrauen erfordert Treue“), S. 6 („entspricht das Verlangen nach Diskretion des Bankiers über den geschäftlichen Verkehr mit seinen Kunden einer fest eingewurzelten Verkehrsanschauung“). 229 Scheer, S. 96 m. w. N.
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Konstruktion nicht überzeugend ist, stellte die vorliegende Abhandlung bereits im Zusammenhang mit dem Kirch-Urteil fest.230 Eine Verankerung dieser Pflicht im Bankgeheimnis lässt sich hingegen nahtlos mit den genannten älteren Quellen vereinbaren. 2. Eigene Stellungnahme: Schutz unwahrer Tatsachen
Gewohnheitsrechtlich spricht somit mehr für eine Einbeziehung von unwahren Tatsachen in das Bankgeheimnis als gegen sie. Letztlich sollte man sich der Frage – wie generell bei dieser Verschwiegenheitspflicht – teleologisch nähern. Verlangt also der Zweck dieser Pflicht das Verbot, unwahre Tatsachen über den Kunden zu verbreiten? a) Erhöhte Schadensanfälligkeit beim Kunden Das Bankgeheimnis soll im Ergebnis verhindern, dass der Kunde deswegen schadensanfälliger ist, weil er in einer Geschäftsverbindung zu einer Bank steht. Da eine Äußerung der Bank immer nur mittelbar schädigend sein kann,231 liegt es nahe, den Blick auf den Mitteilungsempfänger zu richten. aa) Wahrheitsanspruch in den Augen des Mitteilungsempfängers Der Adressat hat regelmäßig keinen Anlass und meist keine Möglichkeit, den Wahrheitsgehalt einer Aussage zu überprüfen. Die berufliche Stellung und die besondere Vertrauenswürdigkeit der Banken verleihen den Darstellungen eines Kreditinstituts typischerweise eine große Glaubwürdigkeit. Ein Dritter wird daran ohne irgendwelche gegenläufigen Anzeichen nicht zweifeln. Dies gilt für unwahre Tatsachen genauso wie für wahre. Denn war dem Adressaten der Mitteilung die tatsächliche Sachlage bekannt, werden ihn nun Zweifel beschleichen. Wusste er von den wahren Verhältnissen des Kunden bisher nichts, wenig oder war er sich unsicher, wird die fehlerhafte Auskunft einer Bank in ihm eine falsche Vorstellung der wahren Sachlage auslösen oder verfestigen. Anders formuliert: Die Weitergabe einer solchen Information durch die Bank wird den Dritten nicht gleichgültig lassen. Dadurch ist sie geeignet, beim Mitteilungsempfänger Reaktionen auszulösen. Rufen diese beim Kunden einen Schaden hervor, ist eine Haftung genauso sachgerecht wie bei der Kundgabe wahrer Geheimnisse. Das Vertrauensver230 231
Vgl. S. 177 ff. Dazu näher unten S. 539 ff.
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
hältnis ist gleichermaßen tangiert, weil der Kunde davon ausgehen durfte, dass das Kreditinstitut über seine Verhältnisse schweigt. Diese Erwägungen betreffen vor allem die zum normativen Anknüpfungspunkt entwickelten Fallgruppen, in denen es auf den Inhalt des Geheimnisses ankommt (Informationen zur Geschäftsverbindung oder zu den Vermögensverhältnissen des Kunden). Der Bezug zur Geschäftsverbindung wird hier durch den Inhalt der Äußerung hergestellt.232 Sein Wahrheitsgehalt ist unerheblich, solange die Aussage der Bank einen Wahrheitsanspruch erhebt. Jede Tatsachenbehauptung erhebt einen solchen Wahrheitsanspruch.233 Dies soll ein kurzes Beispiel veranschaulichen: Ein Bankmitarbeiter teilt der Öffentlichkeit über den Kunden K mit: „K hat 100.000 e auf seinem Konto bei uns.“ Diese Aussage ist unwahr. Tatsächlich hat er dort 300.000 e, weil K eine Woche zuvor Geld aus einem Verkauf erhalten hat.
In dem Fall wird deutlich, dass für die Frage, ob die Bank das Bankgeheimnis verletzt hat, die Wahrheit keine Rolle spielen kann. Durch die Verbreitung des Kontostandes enttäuschte die Bank das in sie gesetzte Vertrauen. Welches Gefährdungspotential die Kundgabe für die Rechtsgüter des K hat, hängt nicht von der Wahrheit ab. Sowohl die Angabe eines geringeren als auch die Angabe des richtigen Kontostandes kann den K bei anderen in Verruf bringen.234 Die Angabe des falschen Kontostands hat vorliegend sogar mehr Gefährdungspotential als die Offenbarung der richtigen Summe. bb) Rechtliche Nähebeziehung und Vertrauen auf Geheimhaltung prinzipiell unabhängig von Wahrheitsgehalt Im Hinblick auf solche Informationen, deren Bezug zur Geschäftsverbindung ausschließlich wegen des faktischen Offenlegungszwangs besteht, ist dies nicht ganz so deutlich.235 Hier sollte man sich zusätzlich Folgendes vor Augen führen: Gibt die Bank hier unrichtige Fakten an Dritte weiter,236 hat der Kunde oder ein anderer Informant ihr zuvor die Unwahrheit berichtet (erste Variante) oder ursprünglich wahre Tatsachen sind nachträglich un232
Vgl. S. 212 ff. Zutreffend die Definition bei Wagner, ZInsO 2003, 485. 234 Neben dem Rechtsgut des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann auch das Vermögen betroffen sein, z. B. wenn K mit einem Geschäftspartner zusammenarbeiten möchte, der Wert darauf legt, dass sein Partner in der Öffentlichkeit als wohlhabend gilt. 235 Vgl. zu dieser Fallgruppe oben S. 208 ff. 236 Z. B. die unwahre Aussage, das Grundstück des Kunden stehe kurz vor der Versteigerung, die von ihm zur Verfügung gestellte Sicherheit habe an Wert verloren u. a. 233
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wahr geworden (zweite Variante). Denkbar ist ferner, dass der sich äußernde Bankmitarbeiter bewusst oder aus Nachlässigkeit Unwahrheiten über seinen Kunden verbreitet (dritte Variante). In der ersten Variante vertraut der Kunde der Bank die Informationen direkt an. Die Tatsache beruht direkt auf der Geschäftsverbindung. Bei der Frage des Schutzbereichs spielt der Verschuldensgedanke und eine etwaige Pflichtverletzung des Kunden gegenüber seiner Bank zunächst keine Rolle. Ein „innerer Zusammenhang“ müsste sogar nach Ansicht der Vertreter bestehen, die diesbezüglich auf das Merkmal der Kenntniserlangung abstellen. Die Kenntnis beruht also direkt auf dem rechtlichen Näheverhältnis, der gesteigerten Einwirkungsmöglichkeit der Bank auf die Rechtsgüter des Kunden, dem Vertrauen, das der Bankier als Berufsträger in Anspruch nimmt; folglich sind alle Wertungskriterien erfüllt. Es gibt keinen Grund, weshalb das Bankgeheimnis hier unwahre Tatsachen nicht erfassen sollte. In der zweiten Variante wird diese Überlegung noch klarer: In dem Zeitpunkt, in dem der Kunde seine Geheimnissphäre der Bank bewusst zugänglich macht, genießt er den Schutz des Bankgeheimnisses. Ihn nachträglich entfallen zu lassen, obwohl das Vertrauen in gleicher Weise fortbesteht, widerspräche dem Sinn der Schweigepflicht. Die dritte Variante ist problematisch. Zur Verdeutlichung ist erneut ein Beispiel hilfreich: Für ein Bankgeschäft verlangt die Bank B vom Kunden K eine Angabe über seinen Familienstand. Dieser ist verheiratet. Einem Geschäftsfreund von K erzählt ein Mitarbeiter in der Bankfiliale, K lebe in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.
Während die wahre Information, K sei verheiratet, auf dem faktischen Offenlegungszwang beruht hätte, gilt dies für die Unwahrheit nicht. Ein anderer Bezugspunkt (inhaltliche Vermögens- oder Geschäftsverbindungsbezogenheit) liegt nicht vor. Ein Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung ist deshalb zu verneinen. Die rechtliche Nähe zwischen Bank und Kunde war kein Anlass dafür, dass der Angestellte die unwahre Aussage tätigte. Ob er dies in seiner beruflichen Eigenschaft tat, ist für die Rechtsgutsgefährdung des K unerheblich, weil sich die fachliche Kompetenz und Seriosität einer Bank nach der Verkehrsanschauung nicht auf die Familienverhältnisse der Kunden bezieht, sondern nur auf Vermögensangelegenheiten. Der Empfänger der Information darf dieser Kundgabe deshalb kein größeres Gewicht beimessen als bei Aussagen durch sonstige Dritte. Nur in dieser Fallgruppe, in der ein Bezug zur Geschäftsverbindung nicht über den Inhalt der Aussage, sondern ausschließlich über die Kenntniserlangung hergestellt wird, ist also zu differenzieren: Beruht die Aussage auf dem faktischen Offenlegungszwang, genießt sie den Schutz des Bankgeheimnisses. War er
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
für eine Äußerung der Bank unerheblich, kommen ausnahmsweise nur deliktische Ansprüche in Betracht.237 b) Widerspruchsfreiheit im Hinblick auf andere eindeutig geschützte Informationen Ohne eine grundsätzliche Einbeziehung unwahrer Tatsachen in den Schutzbereich des Bankgeheimnisses ließe sich überdies eine Widerspruchsfreiheit mit anderen eindeutig geschützten Informationen nur schwer herstellen. Nach der Ansicht von Canaris dürfe die Bank „negative Werturteile über ihren Kunden grundsätzlich auch nicht abgeben, wenn sie richtig“ seien.238 Werturteile können nicht „richtig“ oder „falsch“ sein, sondern nur die ihnen zu Grunde liegenden Tatsachen. Zuzustimmen ist Canaris jedoch darin, dass Werturteile unabhängig von ihrem Inhalt dem Bankgeheimnis unterfallen. Mit anderen Worten müssen Wertungen grundsätzlich geschützt sein, ohne Rücksicht darauf, ob die Einschätzung auf einer sicheren Tatsachengrundlage beruht oder nicht. Den Gedanken kann man auf Tatsachen übertragen, was ein Fall veranschaulichen soll: Variante 1: Die Bank teilt einem Dritten mit, der Kunde sei finanziell in einer schlechten Lage. Die Bank ging bei der Äußerung davon aus, das Grundstück des Kunden stehe kurz vor der Versteigerung. Die Bank verwechselte jedoch die Namen von zwei Kunden. Die der Wertung zu Grunde liegende Tatsache „kurz vor der Versteigerung“ ist unwahr. Variante 2: Die Bank teilt einem Dritten (z. B. einem Immobilienkäufer) mit, das Grundstück des Kunden stehe kurz vor der Versteigerung. Die Bank verwechselte jedoch die Namen von zwei Kunden. Die Tatsache „kurz vor der Versteigerung“ ist unwahr. Variante 3: Die Bank teilt einem Dritten mit, das Grundstück des Kunden stehe kurz vor der Versteigerung. Die Bank ist Inhaberin einer Grundschuld für das betreffende Grundstück und steht tatsächlich kurz vor seiner Verwertung durch Versteigerung. Die Tatsache „kurz vor der Versteigerung“ ist wahr.
Geht ein Kreditinstitut von unwahren Tatsachen aus und gibt darauf aufbauend eine negative Wertung kund (Variante 1), müsste dies nach Canaris eine Verletzung des Bankgeheimnisses darstellen. Spricht sie die unwahre Tatsache direkt an (Variante 2), legt dies in den Augen des Adressaten den Schluss nahe, der Kunde sei in schlechter finanzieller Verfassung. Anders als bei Variante 1 sind die Anzeichen hierfür sogar noch konkreter, weil sie durch die Tatsache belegt scheint. Diese gegenüber der Wertung sogar noch konkretere Aussage nicht in die Verschwiegenheitspflicht einzubeziehen, 237 238
Vgl. S. 558 f. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 49.
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wäre widersprüchlich. Deutlich wird dies auch im Vergleich mit Variante 3. Das Gefährdungspotential für den Kunden ist in den Varianten 2 und 3 identisch. Auch ist nicht zu erkennen, inwieweit sich das Vertrauen des Kunden in die sorgsame Behandlung seiner Daten jeweils unterscheiden sollte. Die Aussage bezieht sich jeweils auf die Vermögensverhältnisse des Kunden (zudem eventuell auf die Geschäftsverbindung, soweit es um die Gläubigerstellung der Bank geht) und hat dadurch den für das Bankgeheimnis nötigen Bezug zur rechtlichen Nähebeziehung. Die Offenbarung geheimer Daten muss man daher in allen Varianten gleichermaßen bejahen. Ähnlich lassen es manche Autoren für das Bankgeheimnis genügen, wenn die Aussage des Kreditinstituts nur mittelbare Rückschlüsse auf die Person oder die Verhältnisse des Kunden zulässt.239 Die Gefahr solcher Rückschlüsse ist einer der Gründe für das Bankgeheimnis. Doch für die Rückschlüsse, die notwendigerweise von dem Mitteilungsadressaten gezogen werden, ist der Wahrheitsgehalt unerheblich. Insbesondere die Tatsache, dass er auf die Aussage der Bank vertraut und sich selbst weniger Kenntnisse zuschreibt, ist es, die ihn Konsequenzen aus der Aussage ziehen lassen. Diese Widersprüchlichkeiten lassen sich vermeiden, wenn man vom Bankgeheimnis auch ein Verbot ableitet, unwahre Tatsachen über den Kunden zu äußern. c) Vergleich mit dem Insiderrecht Diese Wertung kann man im Übrigen auch den Stellungnahmen zur Verschwiegenheitspflicht des Insiderrechts entnehmen. Dort ist streitig, ob sie auch durch das Inverkehrbringen von Gerüchten verletzt wird.240 Gerüchte können wahr und unwahr sein.241 Bei ihrer Verbreitung tritt die tatsächliche Wahrheit oder Unwahrheit in den Hintergrund, weil sie – vor allem bei unsicherer Sachlage – für den Adressaten nicht feststellbar ist. Es kommt stärker auf die Autorität und Sachnähe der sich äußernden Person an.242 Soweit Gerüchte dem Adressaten als solche mitgeteilt werden, bergen sie nicht nur einen Wahrheitszweifel in sich, sondern stellen eher eine Meinung als eine 239 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 49; ihm folgend z. B. Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1694). 240 Bejahend Hessischer VGH AG 1998, 436; BaFin, Emittentenleitfaden, S. 20; Süßmann, AG 1999, 162 (163); differenzierend Assmann, AG 1998, 438 ff.; ders. in: Assmann/Schneider, § 13 Rn. 17 m. w. N.; vgl. auch Schäfer in: Schäfer, WpHG, § 13 Rn. 40. 241 Hessischer VGH AG 1998, 436; Assmann, AG 1998, 438: . . . „ist diese Wahrheitsunsicherheit doch gleichsam Bestandteil des Gerüchts“. 242 Zum Fall Kirch teilt diese Ansicht Peifer, jurisPR-WettbR 5/2006, Anm. 1, Punkt C.
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5. Kap.: Eckpunkte und sachlicher Schutzbereich des Bankgeheimnisses
Tatsache dar. Aus diesem Grund und wegen entsprechender europarechtlicher Vorgaben verneinen manche den Insiderschutz solcher „Gerüchte über Tatsachen“.243 Beim Bankgeheimnis, das Werturteile ebenso schützt und rein nationaler Natur ist, greifen diese Gegenargumente von vornherein nicht. Hier muss sich die Geheimhaltung deshalb auf jede Art von Gerücht (unabhängig von seinem Wahrheitsgehalt) beziehen. Sowohl im Insider- als auch im Bankrecht geht es um Geheimnisse, die – wenn auch aus verschiedenen Gründen – wegen einer Vertraulichkeitspflicht innerhalb eines bestimmten Personenkreises gehalten werden müssen. Aus all diesen Erwägungen erscheint die dritte Meinung überzeugend. Das Bankgeheimnis erstreckt sich demnach auf unwahre Tatsachen. 3. Hilfsweise: Schutz unwahrer Tatsachen durch Loyalitätspflicht
Wer das soeben gefundene Ergebnis ablehnt, muss sich – wie bereits an anderer Stelle dargelegt244 – mit der Frage beschäftigen, ob eine vom Bankgeheimnis zu unterscheidende Loyalitätspflicht besteht. Sie könnte sich dabei vom Bankgeheimnis dadurch abheben, dass die Bank keine unwahren Tatsachen über einen Kunden verbreiten darf. Ein Anker im Gesetz ist § 824 Abs. 1 BGB. Schon deliktsrechtlich besteht danach eine Haftung, wenn der Kredit oder sonstige Nachteile für Erwerb oder Fortkommen eines beliebigen Dritten gefährdet werden. Soweit bei einem Sachverhalt dieser Tatbestand erfüllt ist, kommt es auf eine zusätzlich bestehende Haftung aus der Sonderverbindung nicht mehr an. Der allgemeine Verkehrsschutz wirkt. Sieht man den Inbegriff des Bankgeheimnisses im Schutz von wahren Tatsachen und Wertungen auf Grund fundierter Fakten, so werden sie wegen der besonderen Vertrauensbeziehung geschützt. Für die untersuchte Loyalitätspflicht verbliebe das Argument der umfassenden Schonung eines Geschäftspartners vor unwahren Behauptungen. Der Geltungsgrund dieser Schutzpflicht müsste normativ ein anderer sein als die inneren Gründe des Bankgeheimnisses. Dabei müsste sie – wie alle Schutzpflichten – aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis, der rechtlichen Nähebeziehung, fließen. Theoretisch lässt sich eine solche vierte Schiene neben Vertrags- und Deliktsrecht sowie der besonderen Vertrauenshaftung im Rahmen des gesetz243 Näher hierzu Assmann in: Assmann/Schneider, § 13 Rn. 17 m. w. N. und ders., AG 1998, 438 (440), der ein „Gerücht als Tatsache“ aber auch als Insidertatsache anerkennt, weil es vom Marktpublikum wie eine Tatsache aufgenommen werden. 244 Der Wahrheitsgehalt wäre dann ein Abgrenzungsmerkmal zwischen Bankgeheimnis und Loyalitätspflicht, vgl. hierzu die Ausführungen ab S. 186.
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lichen Schuldverhältnisses durchaus konstruieren. Letztlich würde man damit die rechtliche Sonderverbindung nochmals zweiteilen in eine gewohnheitsrechtlich verfestigte Schiene mit den anerkannten Fallgruppen der Schutzpflichten sowie eine allgemeinere Kategorie, die eine Art Auffangnetz nach Treu und Glauben bildet. Doch zeigten die obigen Ausführungen, dass ihre Begründung sich normativ auf nicht viel mehr als den allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken und die allgemeine Wertung stützt, den Geschäftspartner möglichst nicht in seinen übrigen Rechtsgütern zu schädigen.245 Deshalb ist auch das Wahrheitskriterium nicht geeignet, eine Differenzierung zwischen Bankgeheimnis und Loyalitätspflicht zu statuieren
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Vgl. näher S. 186 ff.
6. Kapitel
Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses Neben dem sachlichen Schutz, den das Bankgeheimnis gewährt, steht die personelle Komponente. Sie wird – entsprechend den beteiligten Personenkreisen – von drei Aspekten bestimmt: Zunächst ist zu erforschen, wer das Bankgeheimnis schützen muss, wer also Träger der Geheimhaltungspflicht ist. Bisher begnügte sich die Arbeit damit, ihn unter dem Begriff der „Bank“ zusammenzufassen.1 Ihn will die Untersuchung nunmehr konkretisieren (1. Abschnitt). Den Gegenpart, bisher als „Kunde“ bezeichnet,2 bildet der Träger des Rechts auf Geheimhaltung. Die zu diesem Punkt relevanten Problemstellungen, darunter das des Drittschutzes der Pflicht, greift die Abhandlung im Anschluss auf (2. Abschnitt). Der 3. Abschnitt geht auf die Frage ein, welche Personen der Bankensphäre zuzurechnen sind. Zuletzt ist es nötig, den Blick auf einige Sonderfälle zu werfen, in denen trotz der Weitergabe von Kundendaten eine Verletzung des Bankgeheimnisses zweifelhaft ist (4. Abschnitt). 1. Abschnitt
Adressaten der Pflicht zur Geheimhaltung Die bisherigen Ausführungen gingen auf das Bankgeheimnis als besondere Art der Schutzpflicht ein. Jede Rechtspflicht verlangt einen Verpflichteten oder Adressaten3. Gleichbedeutend ist dies mit dem Träger der Schweigepflicht.4 Legt man den Schwerpunkt eher auf das bestehende Schuldverhältnis, bietet sich die allgemeine Formulierung „Schuldner“ an. Lässt man die terminologische Vielfältigkeit beiseite, geht es um eine einfache Frage: Von welchen Personen ist das Bankgeheimnis eigentlich zu schützen?
1
Zur Definition oben auf S. 61. Zur Definition oben auf S. 62. 3 Die Formulierung „Adressat“ findet sich insbesondere bei Lang, ZBB 2006, 115 (117). 4 Die Formulierung „Träger der Schweigepflicht“ findet sich bei Kirchherr in: Sichtermann, S. 146 ff. 2
§ 25 Originäre Adressaten des Bankgeheimnisses
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§ 25 Originäre Adressaten des Bankgeheimnisses I. Rechtsträger der Bank Erneut hat man sich zunächst auf die juristischen Pfeiler des Bankgeheimnisses zurückzubesinnen: Die Pflicht wurzelt in einem besonderen Vertrauensverhältnis, das durch eine rechtliche Sonderverbindung geschaffen wird. Die rechtliche Sonderverbindung entsteht durch einen geschäftlichen Kontakt zu einem Kreditinstitut. Die rechtliche Nähe zum Vertrag ist es, die zu diesem gesetzlichen Schuldverhältnis führt. Es ist daher konsequent, die Pflicht immer dem Rechtsträger des bankrechtlichen Geschäftsbetriebes aufzuerlegen. Verpflichtet ist folglich derjenige, der auch im Falle eines Bankgeschäftes Träger von Rechten und Pflichten wäre.5 In Deutschland tätige Kreditinstitute organisieren sich in verschiedenen Rechtsformen, im privaten Bereich vorwiegend als Aktiengesellschaft oder eingetragene Genossenschaft.6 Sparkassen sind meist Anstalten des öffentlichen Rechts.7 Sie sind die jeweiligen Schuldner des Bankgeheimnisses. II. Herleitung der beruflichen Stellung des Rechtsträgers Die vorliegende Dissertation stellte bereits eingehend die Bedeutung der beruflichen Stellung für die Entstehung und den Umfang der Pflicht dar.8 Nun kann ein Kreditinstitut als juristische Person keinen „Beruf“ wie eine natürliche Person haben. Ihre Ausbildung, Fachkunde und Zuverlässigkeit leitet sich notwendigerweise von natürlichen Personen ab. Sind nicht diese, sondern ist der Rechtsträger Adressat des Bankgeheimnisses, ergibt sich ein doppeltes Problem. Zum einen fragt sich, welche berufliche Position dem Rechtsträger zuzuordnen ist. Zum anderen taucht die Schwierigkeit auf, inwieweit es für die Haftung auf die tatsächliche Eigenschaft einer Person 5 Kirchherr in: Sichtermann, S. 146; zuvor bereits Scheer, S. 41, 50; Wolff, DB 1968, 695 (696). 6 Daneben aber auch als GmbH, OHG, KG, KGaA oder ausländische Gesellschaftsformen. Gemäß § 2 a Abs. 1 KWG sind Kreditinstitute in der Rechtsform des Einzelkaufmanns unzulässig. 7 Sie können öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Natur sein. Anstaltsträger sind häufig Gemeinden, Kreise oder Zweckverbände. Nach Auskunft des Verbandes der Deutschen Freien Öffentlichen Sparkassen e. V. gibt es mittlerweile keine Sparkassen in der Rechtsform des wirtschaftlichen Vereins mehr. Näheres zur Rechtsform der Sparkassen bei Schlierbach, S. 41 ff., 314 ff. sowie Schorner, S. 41 ff. Ein Verzeichnis aller in Deutschland zugelassenen Kreditinstitute findet sich auf den Seiten der BaFin: http://www.bafin.de/datenbanken/ki.pdf (Abrufdatum: 13. Juli 2007). 8 Z. B. S. 83 ff., 118 ff., 212 ff.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
mit dem Beruf des Bankiers ankommt oder ob der Verkehrsschutz – wie bei einem Scheinkaufmann – schon bei einem bestimmten Auftreten des betreffenden Rechtssubjekts am Markt gewährleistet ist. Die Geltung des Bankgeheimnisses ist auf Banken und Bankiers beschränkt. Wann diese Eigenschaft vorliegt, ergibt sich bereits aus dem Gesetz: In den §§ 39 Abs. 1, 40 Abs. 1 KWG erfährt das Bankgewerbe einen besonderen Bezeichnungsschutz, der eine klare Abgrenzung des Berufsstandes ermöglicht.9 Danach darf sich nur derjenige „Bank“, „Bankier“, „Kreditinstitut“ oder „Sparkasse“ nennen, der gesetzlich festgelegte Anforderungen erfüllt. Dazu zählt neben den finanziellen Voraussetzungen insbesondere die Rückkopplung zwischen der Zuverlässigkeit und fachlichen Qualifikation von natürlichen Personen und dem Rechtsträger des Kreditinstitutes. Diese natürlichen Personen können nur die Geschäftsleiter eines Bankbetriebes sein; sie verleihen der Bank die besondere Zuverlässigkeit und Sachkunde (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 4 KWG). Das Gesetz weist diese Eigenschaften also direkt dem Kreditinstitut zu. Ihr Vorhandensein ist Voraussetzung für die aufsichtsrechtliche Zulassung eines Bankbetriebes.10 Folglich kann jede Bank, die eine Bezeichnung i. S. d. §§ 39 Abs. 1, 40 Abs. 1 KWG führen darf, inhaltlich dem Berufsstand des Bankgewerbes zugeordnet werden. Auch der Rechtsträger selbst erfüllt damit die für eine Berufshaftung unerlässliche Anforderung der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Beruf.
§ 26 Abgeleitete Träger der Verschwiegenheitspflicht I. Mitarbeiter der Bank Schwieriger gestaltet sich das Problem, ob das Bankgeheimnis zusätzlich zur Pflicht des Rechtsträgers eine identische Verpflichtung der Angestellten des Kreditinstitutes gegenüber dem Kunden mit sich bringt. Schließlich sind es zunächst die natürlichen Personen, die das Wissen erlangen und vor allem weitergeben. In ihnen personifiziert sich der Rechtsträger in der Rechtswirklichkeit. 1. Geheimhaltung als Pflicht gegenüber dem Dienstherrn
Einigkeit bestand und besteht darüber, dass Bankangestellte eine aus dem Dienstvertrag fließende Pflicht gegenüber ihrem Dienstherrn haben, die Ge9
Vgl. auch Fischer in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 39 Rn. 1. Fischer in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Einf Rn. 24, bezeichnet die Einführung bankgeschäftlicher Standards, vor allem die fachliche Qualifikation der Leiter betreffend, als eine Schwerpunktaufgabe der BaFin. 10
§ 26 Abgeleitete Träger der Verschwiegenheitspflicht
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heimhaltung kundenbezogener Angelegenheiten zu wahren.11 Allerdings ist auch anerkannt, dass der Dienstvertrag kein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Kunden darstellt. Mit der Pflicht will die Bank als Dienstherr lediglich sicherstellen, dass sie im Falle ihrer Verletzung intern beim Angestellten Rückgriff nehmen kann.12 2. Keine eindeutige gewohnheitsrechtliche Direktverpflichtung
Die historische Darstellung der vorliegenden Arbeit machte deutlich, dass sich das Bankgeheimnis als Pflicht gegenüber dem Kunden ursprünglich aus dieser Pflicht der Bankmitarbeiter gegenüber ihrem Arbeitgeber entwickelte.13 Die älteren Quellen legten sich zum Teil gar nicht fest, ob zu dieser dienstvertraglichen Pflicht zusätzlich eine direkte Verpflichtung der Angestellten anzunehmen ist.14 Schubert sah nur die Banken bzw. die Bankiers als Einzelpersonen, die geschäftsmäßig Bankgeschäfte betreiben, als Träger des Bankgeheimnisses an. Die Angestellten seien nur ihrem Arbeitgeber gegenüber im Rahmen des Dienstverhältnisses zur Wahrung der Geheimnisse der Kunden verpflichtet. Dies zeige sich daran, dass bei einem Bruch des Bankgeheimnisses durch einen Angestellten die Bank zum Schadensersatz verpflichtet sei.15 Wentzell argumentiert dagegen mit dem Zweck, der nicht erreicht würde, wenn sich das Bankgeheimnis nicht auf alle Mitarbeiter erstreckte. Es sei daher eine weitestgehende Ausdehnung dieser Pflicht zu gewährleisten. Auch er sieht indessen als Begründung der Pflicht den Dienstvertrag an.16 Man darf angesichts der widersprüchlichen und unklaren Aussagen an einer gewohnheitsrechtlichen Direktverpflichtung zweifeln. Gewohnheitsrecht setzt neben einer lang andauernden Übung eine allgemeine Rechtsüberzeugung voraus. Beide Komponenten lassen sich hier kaum feststellen.
11 Zur Verschwiegenheitspflicht als Treuepflicht eines Dienstverhältnisses bereits RGZ 86, 315 sowie Koch, MMR 2002, 504 (506); Kreutzer, S. 33; Lang, ZBB 2006, 115 (117); Scheer, S. 42 f.; zur arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitspflicht W. Blomeyer, Hdb.Arbeitsrecht, § 53 Rn. 55 ff. m. w. N. 12 Scheer, S. 43. 13 Vgl. S. 45 ff. 14 Dalsheim, S. 7; eher für eine Direktverpflichtung OLG Colmar JZ Els.-Lothr., 22. Jg. (1896), S. 291 (294): . . . „Vertrauensverhältnis aufgefaßt, welches namentlich die Bank und ihre Angestellten zur Geheimhaltung der Vermögensangelegenheiten ihrer Kunden verpflichtet.“ Dagegen Kreutzer, S. 33. 15 Schubert, S. 49. 16 Wentzell, S. 5.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses 3. Schwache Argumente für eine Direktverpflichtung der Mitarbeiter
Eine gesetzgeberische Vorbildfunktion für die angesprochene Problematik könnte man § 9 Abs. 1 KWG zusprechen: Die Norm regelt u. a. die Verschwiegenheitspflicht der BaFin gegenüber Einzelpersonen. Die Regelung stellt damit eine Art öffentlich-rechtliches Bankgeheimnis dar, indem es einer Behörde die Geheimhaltung nicht nur zum Schutz der Kreditinstitute, sondern auch individualschützend auferlegt.17 Sie gestaltet die Pflicht dabei nicht lediglich als eine solche der Behörde selbst aus, sondern sieht schon durch ihren Wortlaut vor allem eine direkte Verschwiegenheitspflicht aller Behördenbeschäftigten gegenüber den Dritten vor.18 Weil der Staat für eine effiziente Aufsicht des Bankenwesens einen Zugriff auch auf kundenbezogene Daten benötigt, verlängert die Norm das zivilrechtlich wirkende Bankgeheimnis (im Verhältnis zwischen einem Kreditinstitut und den Bankkunden) in das hoheitliche Gebiet hinein. Dabei wäre es denkbar gewesen, allein die Behörde zu verpflichten, nicht ihre Beschäftigten selbst. Man kann hier die Frage stellen, weshalb der Staat an diesem Punkt über das hinausgehen sollte, was zwischen Privaten – nämlich dem Kreditinstitut und seinen Kunden – gilt. Ging er womöglich davon aus, dass eine Verschwiegenheit nur dort gewährleistet ist, wo natürliche Personen selbst in die Pflicht genommen werden? Dies spräche für eine Direktverpflichtung auch auf der zivilrechtlichen Ebene. Die Parallele zur Verschwiegenheitspflicht in § 9 Abs. 1 KWG ist jedoch verfehlt. Schließlich hat die Pflicht für den einzelnen Mitarbeiter keine einschneidenden Konsequenzen. Seine Amtshaftung gemäß § 839 Abs. 1 BGB wird durch Art. 34 Satz 1 GG immer in eine Staatshaftung übergeleitet. Dies macht es für den Gesetzgeber leicht, dem einzelnen Beamten selbst eine Schadensersatzpflicht aufzuerlegen. Zudem kann er nur so eine strafrechtliche Verantwortlichkeit sicherstellen.19 Es gibt somit keine Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber sich bei der Abfassung der Norm an zivilrechtliche Maßstäbe anlehnte oder gar solche postulieren wollte. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang zudem § 383 Abs. 1 ZPO. Schon immer erfasste das Zeugnisverweigerungsrecht nicht nur die Rechtsträger, sondern auch Gehilfen und Angestellte.20 Doch würde es nur den 17 BT-Drs. 3/1114, S. 31; Lindemann in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 9 Rn. 1; Samm in: Beck/Samm/Kokemoor, § 9 Rn. 4. 18 Vgl. Lindemann in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 9 Rn. 2 f.; Samm in: Beck/Samm/Kokemoor, § 9 Rn. 27. 19 Die Regierungsbegründung erwähnt diese auch, vgl. BT-Drs. 3/1114, S. 31. 20 RGZ 54, 360 (361); OLG Colmar JZ Els.-Lothr., 22. Jg. (1896), S. 291 (294) und OLG Colmar OLGRspr 13, 159 (160) unter Hinweis auf die Gesetzesmotive; Jonas in: Gaupp/Stein/Jonas, § 383 Anm. III 3; Wentzell, S. 10.
§ 26 Abgeleitete Träger der Verschwiegenheitspflicht
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Rechtsträger erfassen, liefe es völlig leer.21 Denn selbstverständlich sind es immer natürliche und keine juristischen Personen, die als Zeuge vor ein Gericht gerufen werden. Daher ist dieses Argument nicht aussagekräftig. 4. Argumente gegen eine Direktverpflichtung der Mitarbeiter
Die besseren Argumente sprechen gegen eine Direktverpflichtung der Bankmitarbeiter. a) Parallele zum Recht der Stellvertretung bei anderen Schutzpflichten Zu denken ist zunächst an eine Parallele zum Stellvertreterrecht. Im Hinblick auf die Einschaltung von Vertretern bei anderen Schutzpflichten besteht Einigkeit darüber, dass vertrauliche Mitteilungen nur zum Zweck der Übermittlung an den Geschäftsherrn an die Hilfspersonen gerichtet werden.22 Nur der künftige Vertragspartner soll das „Ohr“ sein, an das die Daten gelangen. Folgerichtig könne auch nur er in Haftung genommen werden, wenn sie in seiner Risikosphäre nach außen dringen.23 Zu berücksichtigen sei ferner, dass Angehörige bestimmter Berufsstände ein Ansehen hätten, das ihnen in den Augen des Dritten erst ihr Berufsstand verleihe.24 Dieser definiert sich heutzutage, wie dargelegt, über den Bezeichnungsschutz der § 39 Abs. 1, § 40 Abs. 1 KWG. Er betrifft nicht den einzelnen Bankmitarbeiter, sondern die Institution „Bank“. Insofern besteht kein Grund für eine Direktverpflichtung der Angestellten. 21 RGZ 54, 360 (362) – im Übrigen leitete das Reichsgericht die Pflicht des Bürovorstehers des Notars im Rahmen der ZPO ebenfalls nur über die Dienstpflicht her; OLG Bamberg OLGRspr 17, 160 (161). 22 Die gleiche Systematik soll bei anderen Hilfspersonen greifen, derer sich der Bankier bei Bankgeschäften bedient. Auch sie seien nur der Bank gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichtet. Vgl. hierzu Scheer, S. 44, der hierbei Bücherrevisoren nennt, die Treuhandgesellschaft, die den Betrieb der Bank kontrolliert, sowie andere Bankiers. 23 Ballerstedt, AcP 151 (1951), 501 (520). Etwas anderes gelte nur, wenn der Vertreter Vertrauenswerbung persönlich für sich in Anspruch nehme. Für das Feld der Geheimhaltung steige mit jedem Mitwisser das Risiko der ungewollten Offenbarung. Auch der Einzelne gewinne einen genauen Einblick in die jeweiligen Verhältnisse des Vertragspartners; eine abgestufte Haftung des Vertreters sei daher zu befürworten (S. 521–524). Beim Bankgeheimnis bringt der Kunde jedenfalls heutzutage der Institution des Kreditinstituts, nicht bestimmten Bankiers, sein Vertrauen entgegen (vgl. S. 78 f.). Die Ausnahme greift folglich nicht. 24 Ballerstedt, AcP 151 (1951), 501 (524); genauso aus der Sicht des Deliktsrechts für Gehilfen: von Bar, JZ 1979, 730 (r. Sp. unten).
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
b) Institution Bank als maßgeblicher Vertrauensträger Dies führt zum Kern der Problematik: Maßgeblich muss sein, ob ausschließlich der Rechtsträger oder zudem der einzelne Bankangestellte Vertrauensträger im Sinne der rechtlichen Sonderverbindung ist. Zunächst ist erneut darauf hinzuweisen, dass sich das bankrechtliche Vertrauensverhältnis nicht durch eine zwischenmenschliche Beziehung auszeichnet. Vielmehr geht es allein um das abstrakte, typisierte Vertrauen in die Institution einer Bank. Bereits dies spricht gegen eine eigene Verpflichtung der Angestellten gegenüber dem Kunden. Denn Vertrauensträger eines typisierten Vertrauens ist nicht die natürliche Person des Beschäftigten, sondern ausschließlich die Bank selbst als der (potentielle) Vertragspartner des Kunden. Etwas anderes ergäbe sich, wenn sich das dem Kreditinstitut entgegengebrachte Vertrauen in jedem einzelnen Bankmitarbeiter personifiziert, weil jedem Angestellten persönlich eine besondere Vertrauenswürdigkeit zugesprochen würde. Doch hinge dies zum einen von den Umständen des Einzelfalls ab, was beim Bankgeheimnis als einer gesetzlichen Schutzpflicht bereits aus Gründen der Rechtssicherheit abzulehnen ist. Zum anderen ist ein so umschriebenes Vertrauen zwangsläufig immer nur ein indirektes, vermittelt durch die Bank als dem Dienstherrn. Es erscheint deshalb zu weit hergeholt, die rechtliche Verpflichtung dennoch als unmittelbare zu verstehen. c) Rechtliche Nähebeziehung nur zur Bank Mit Recht weist eine Meinung darauf hin, dass zwischen den Angestellten und den Kunden keine Rechtsbeziehungen bestünden, die eine Grundlage für diese Pflicht bilden könnten.25 Einerseits legt ein Kunde seine Daten zwar meist der natürlichen Person offen, nicht dem hinter der handelnden Person stehenden Rechtsträger. Insofern haben die Angestellten eine gesteigerte Einwirkungsmöglichkeit auf die Rechtsgüter der Kunden. Dies spräche eher für eine direkte Verpflichtung der einzelnen Mitarbeiter. Andererseits besteht die Gefährdung nur, wenn der Mitarbeiter als Bank Wissen über den Kunden preisgibt. Tritt er als Privatperson auf und der Adressat weiß von seiner beruflichen Tätigkeit nichts, kann er den Kunden auch nicht in besonderer Weise schädigen. Zudem ist eine Haftung auf Grund des gesetzlichen Schuldverhältnisses nur dort anzuerkennen, wo zwei Personen bewusst den geschäftlichen Kontakt zueinander suchen und deshalb eine besondere, über den Sozialkontakt hinausgehende rechtliche Nähe zueinander wählen. Sowohl dem Kunden als auch dem Bankangestellten ist 25 Kirchherr in: Sichtermann, S. 147; Scheer, S. 42 und S. 110; Wolff, DB 1968, 695 (696).
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bewusst, dass die Annäherung allein an die Bank stattfindet und nicht an deren Mitarbeiter. Die Geschäftsverbindung entsteht daher nur mit dem Kreditinstitut selbst. Ausschlaggebend ist also nicht in erster Linie, dass einem einzelnen Bankangestellten eine derart weitgehende Haftung auf vertraglicher Grundlage kaum zumutbar sein dürfte. Zur Abmilderung hält das Arbeitsrecht immerhin einige Schutzmechanismen bereit, die regelmäßig wirken würden.26 Entscheidend ist erneut die Funktion des Bankgeheimnisses. Ein gesetzliches und nicht kodifiziertes Schuldverhältnis sollte tendenziell restriktiv ausgelegt werden. Erst die Nähe zum Rechtsgeschäft rechtfertigt es, Schutzpflichten auf gesetzlicher Grundlage anzunehmen. Darüber hinaus sollte man in diesem Bereich bereits aus Gründen der Rechtssicherheit Vorsicht walten lassen und allenfalls eng begrenzte Fallgruppen anerkennen. Ergänzt und unterstützt wird dieses Ergebnis durch folgende Erwägung. Sie mag begrifflich wirken, unterstreicht jedoch die Stimmigkeit der Überlegung im Rahmen des schuldrechtlichen Systems: Als Hilfspersonen des Kreditinstituts sind die Mitarbeiter bestimmungsgemäß in die Erfüllung der Geheimhaltungspflicht einbezogen. Das Bankgeheimnis ist zwar, wie dargelegt, nicht leistungsbezogen. Es kann jedoch – in den Worten von Larenz – als „vertragsspezifisch“ oder vielmehr als „geschäftsverbindungsspezifisch“ bezeichnet werden.27 Denn es soll Gefahren vorbeugen, die sich aus der besonderen Art der Geschäftsverbindung ergeben. Damit ist auf der einen Seite in Bezug auf die Haftung des Dienstherrn § 278 BGB anwendbar. Auf der anderen Seite bedeutet dies, dass diese geschäftsverbindungsspezifische Pflicht allein auf die Geschäftsverbindung bezogen ist – und die besteht nicht zwischen Mitarbeiter und Kunde, sondern ausschließlich zwischen Bank und Kunde. Nach der hier vertretenen Ansicht ist deshalb eine direkt gegenüber dem Kunden wirkende Verschwiegenheitspflicht von Mitarbeitern abzulehnen. Sie schulden die Geheimhaltung allein der Bank als ihrem Dienstherrn.28 II. Keine Ausnahme bei Mitarbeitern von öffentlichen Banken Eine Ausnahme könnten in diesem Bereich die öffentlichen Banken, darunter insbesondere die Sparkassen, bilden. Im Falle eines strafrechtlichen 26
Namentlich die Grundsätze zur beschränkten Arbeitnehmerhaftung, die bei betrieblichen Tätigkeiten anwendbar sind – vgl. Preis in: ErfK, § 619 a Rn. 6 ff. 27 Vgl. hierzu Larenz, SchR I, § 20 VIII (S. 302). 28 Wenig aussagekräftig das zusätzliche Argument von Scheer, S. 43: Die Kunden seien durch ihre Ansprüche gegen das meist finanzkräftigere Kreditinstitut ausreichend geschützt.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
Schutzes gemäß § 203 Abs. 2 StGB wäre die Geheimhaltungspflicht jedenfalls eine persönliche Pflicht. Denn es wäre widersprüchlich, der Person das gleiche Verhalten strafrechtlich zu untersagen, zivilrechtlich dagegen zu erlauben. Schließlich lässt sich das Vertrauen von Kunden und Rechtsverkehr nicht in eine straf- und eine privatrechtliche Komponente aufteilen. Im Folgenden prüft die Untersuchung daher, ob das Bankgeheimnis bei öffentlichen Banken, darunter v. a. Sparkassen, strafbewehrt ist. Die Frage ist bisher nicht höchstrichterlich entschieden.29 § 203 Abs. 2 StGB verlangt zunächst die Amtsträgereigenschaft der jeweiligen Person. 1. „Bestellung“ der Mitarbeiter
Ob Angestellte öffentlich-rechtlicher Banken die Amtsträgereigenschaft gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) StGB besitzen, hängt davon ab, ob sie dazu bestellt sind, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Die Norm verlangt demnach eine Bestellung. Bei leitenden Mitarbeitern, insbesondere bei Mitgliedern des Vorstands einer Landesbank, ist dies weitgehend anerkannt.30 Bei einfachen Bankangestellten erachtet der Bundesgerichtshof einen auf die Person bezogenen Bestellungsakt mit Recht für entbehrlich.31 Nach ständiger Rechtsprechung genügt jeder ausdrückliche oder stillschweigende öffentlichrechtliche Akt der zuständigen Stelle, durch den dem Funktionsträger die Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung übertragen wird.32 Denn eine gesonderte Warnfunktion durch einen „Bestellungsakt“ ist angesichts des den Mitarbeitern bekannten Bankgeheimnisses sowie der öffentlich-rechtlichen Ausrichtung ihres Arbeitgebers nicht erforderlich.33 An dieser Voraussetzung scheitert die Amtsträgereigenschaft der Mitarbeiter einer öffentlichen Bank also nicht.34 29 Vgl. Schalast/Safran, NJW 2008, 1486. Das Urteil des OLG Schleswig ZIP 2007, 2308 ff. ist noch nicht rechtskräftig. 30 BGHSt 31, 264 (274) – anders die Vorinstanz LG Münster ZIP 1982, 679 (681 f.); wie der BGH aber OLG Hamm NJW 1981, 695 (696); Geerds, JR 1983, 465 (466); Otto, Bankentätigkeit, S. 46; Tröndle/Fischer, § 203 Rn. 24; Wagner, JZ 1987, 594 (597); einschränkend Dingeldey, NStZ 1984, 503 (504). Dass eine Abgrenzung nach den Hierarchiestufen einer Bank nicht sachgerecht ist, stellen zu Recht Sester/Glos, DB 2005, 375 (376) fest. 31 BGHSt 43, 370 (380): Mitarbeitern einer solchen Stelle sei ohnehin bewusst, „bei einer Organisation tätig zu sein, die – ihrer Zweckbestimmung gemäß – Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfüllt“. In diese Richtung auch Wagner, JZ 1987, 594 (597); a. A. Dingeldey, NStZ 1984, 503 (504); wohl auch Otto, Bankentätigkeit, S. 47. 32 So schon RGSt 60, 139 (140 f.); 74, 105 (107); OLG Hamm NJW 1981, 695 (696); in diese Richtung auch Wagner, JZ 1987, 594 (597). 33 So im Ergebnis auch Bohnstedt, S. 138 f.
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2. Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung
Ferner müssen die Angestellten gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) StGB Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Angesichts der schwierigen Auslegung des strafrechtlichen Begriffes35 sowie der sich wandelnden Rolle der öffentlich-rechtlichen Banken36 hat diese Problematik eine besondere Aktualität, zumal sie eine Schnittstelle zwischen Straf- und Verwaltungsrecht berührt. Das Strafrecht orientiert sich an diesem Punkt an der staats- und verwaltungsrechtlichen Wertung.37 Die öffentlich-rechtlichen Banken nehmen Aufgaben der Daseinsvorsorge wahr.38 Diesen Bereich der Leistungsverwaltung rechnet die herrschende Meinung im Strafrecht der öffentlichen Verwaltung zu.39 Nach einer Ansicht rechtfertige die neue Situation der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute es nicht, ihre Mitarbeiter als Amtsträger zu qualifizieren.40 Dies ist zweifelhaft. Soweit die öffentlich-rechtlichen Banken nicht materiell privatisiert werden, erfüllen sie weiterhin die ihnen durch die entsprechenden Landesgesetze zugewiesenen öffentlichen Aufgaben.41 Daran ändert die Abschaffung der Gewährträgerhaftung der Gebietskörperschaften 34 Ausnahmen sind denkbar, wenn die Angestellten nicht ausschließlich für Tätigkeiten eingesetzt sind, mit denen die Bank offensichtlich keine öffentliche Aufgabe erfüllt. Schalast/Safran, NJW 2008, 1486 (1489) verneinen bereits die Amtsträgereigenschaft. 35 Näher hierzu z. B. BGHSt 43, 370 (372 ff.); BGH NJW 2004, 693 (694) m. w. N.; Bohnstedt, S. 139 ff.; Dingeldey, NStZ 1984, 503 f.; Radtke in: MünchKomm StGB, § 11 Rn.30; Schünemann in: LK StGB, § 203 Rn. 71; Wagner, JZ 1987, 594 (595 ff.). 36 Vgl. Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085 (2087); zur Situation bis ins Jahr 1983: D. Schmidt, ZIP 1983, 1038 ff.; aktuell Schorner, S. 65 f., 140 ff. u. ö. m. w. N. 37 BGHSt 43, 370 (374 ff.) m. w. N.; Eser in: Schönke/Schröder, § 11 Rn. 21 m. w. N.; Kargl in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, § 203 Rn. 42; Radtke in: MünchKomm StGB, § 11 Rn. 30. 38 Bohnstedt, S. 140 f. m. w. N.; D. Schmidt, ZIP 1983, 1038 ff.; Schorner, S. 141 ff. 39 BGHSt 31, 264 (268) m. w. N.; Eser in: Schönke/Schröder, § 11 Rn. 22; Kargl in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, § 203 Rn. 42; Lemke in: Kindhäuser/Neumann/ Paeffgen, § 11 Rn. 30; Otto, Bankentätigkeit, S. 46; Radtke in: MünchKomm StGB, § 11 Rn. 40; Tröndle/Fischer, § 11 Rn. 22; a. A.: Schünemann in: LK StGB, § 203 Rn. 71. 40 Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085 (2087); Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 (131); Dingeldey, NStZ 1984, 503 (504) stellt auf die jeweiligen Bankgeschäfte ab, die ein Mitarbeiter tätigt. 41 Vgl. Bohnstedt, S. 136, 140 ff.; Radtke in: MünchKomm StGB, § 11 Rn. 40 (S. 249); D. Schmidt, ZIP 1983, 1038 ff.; Schorner, S. 142 ff.; in diese Richtung auch LG Göttingen NJW-RR 2003, 117.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
und der Anstaltslast nichts.42 Die öffentliche Aufgabe muss inhaltlich nicht darin liegen, einen Kreditnehmer oder ein Finanzierungsvorhaben staatlich zu fördern.43 Es genügt, dass sie nach der gesetzgeberischen Konzeption ihre unternehmerischen Entscheidungen (etwa die Unterhaltung von Bankfilialen u. ä.) am öffentlichen Auftrag ausrichten, etwa keine Gewinnmaximierung anstreben, und in ihrem Handeln gesetzlichen Vorgaben, z. B. der Grundrechtsbindung, unterliegen.44 Öffentlich-rechtliche Banken sind auch durch Landesgesetze in ihrer Bankentätigkeit immer noch in einzelnen Bereichen beschränkt.45 Die öffentliche-rechtlichen Kreditinstitute, also insbesondere Sparkassen und Landesbanken, nehmen daher weiterhin Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr.46 3. Alle Tätigkeitsbereiche mit öffentlich-rechtlicher Komponente
Daraus folgert die herrschende Meinung im Strafrecht, dass ihre Mitarbeiter Amtsträger und damit nach § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB strafrechtlich dem Bankgeheimnis verpflichtet sind.47 Fraglich ist jedoch, ob die Tätigkeit der Bank in eine öffentlich- und eine privatrechtliche unterteilt werden kann und muss. In der Praxis ist das Problem von Bedeutung, wenn ein öffentliches Kreditinstitut Kundenforderungen unter Offenbarung der Schuldnerdaten an 42
Ausführlich hierzu Bohnstedt, S. 142 ff.; vgl. zudem Schorner, S. 72, 141 ff. Allein auf die Gewährträgerhaftung stellen aber ab Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085 (2087); Sester/Glos, DB 2005, 375 (379). 44 Vgl. BGHSt 31, 264 (271 ff.) m. w. N.; BVerwGE 41, 195 (196 ff.) mit dem Argument, die privatrechtliche Tätigkeit sei „den Zwecken der Daseinsvorsorge eingeordnet“; Bohnstedt, S. 140 f.; Domke/Sperlich, BB 2008, 342 (346); Schorner, S. 133 ff. u. ö. m. w. N.; ähnlich D. Schmidt, ZIP 1983, 1038 (1040); Usslar, BKR 2008, 177 ff. Es gibt noch einige Indizien dafür, dass öffentliche Banken diese Aufgaben auch tatsächlich wahrnehmen – vgl. Jungbluth in: LK Die Zeit vom 13. September 2007, S. 38: Jede zweite Existenzgründung in Deutschland wird von Sparkassen finanziert und sie versorgen kleinere und mittlere Unternehmen zuverlässiger mit Krediten als private Großbanken. 45 Z. B. in der Übernahme von Bürgschaften, vgl. Horn in: Staudinger, § 765 Rn. 74 m. w. N. 46 Davon unabhängig ist die Frage, inwieweit diese heute in der Praxis von den öffentlichen Banken tatsächlich noch erfüllt werden und ob öffentliche Kreditinstitute im Rahmen des § 203 Abs. 2 StGB anders behandelt werden dürfen als privatwirtschaftliche. A. A. Nobbe, ZIP 2008, 97 (101). Zum verfassungsrechtlichen Problem Sester/Glos, DB 2005, 375 (379); vgl. auch Bohnstedt, S. 165. 47 Hoyer in: SK StGB, § 203 Rn. 55; Kargl in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, § 203 Rn. 42; Lenckner in: Schönke/Schröder, § 203 Rn. 44, der mit Recht anmerkt, dass der Unterschied zu privaten Banken wenig sinnvoll sei; Tröndle/Fischer, § 11 Rn. 22 a; a. A. Schünemann in: LK StGB, § 203 Rn. 71. 43
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Dritte abtritt. Bejaht man die Strafbarkeit, ist in Bezug auf die zedierten Forderungen zweifelhaft, ob die ihnen zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfte Teil der öffentlichen Verwaltung sind. Angesichts des weit gefassten öffentlichen Auftrags der Banken48 lässt sich eine sinnvolle Trennung innerhalb der verschiedenen Geschäftsbereiche dieser Kreditinstitute nicht vornehmen. Denn auch „normale Bankgeschäfte“ zu Erwerbszwecken können diesem öffentlichen Auftrag dienen.49 Jedenfalls die Ausgabe von Darlehen, die meist Rechtsgrund für die in Rede stehenden Forderungen sein werden, hält sich im Rahmen des öffentlichen Auftrags. Eine strafrechtliche Differenzierung zwischen Mitarbeitern privater und öffentlicher Banken mag willkürlich erscheinen, wenn sie jeweils im erwerbswirtschaftlichen Geschäftsbereich ihres Kreditinstitutes tätig sind.50 Wegen des gesetzlich immer noch verankerten öffentlichen Auftrags müssen Sparkassenangestellte bei einer Kreditausreichung neben gewinnwirtschaftlichen Erwägungen die Zielvorstellungen z. B. der Sparkassengesetze berücksichtigen. Ferner müssen sie wegen ihrer öffentlich-rechtlichen Funktion die Grundrechte, etwa Art. 3 GG, beachten. Es ist daher grundsätzlich nicht möglich, bestimmten Tätigkeitsbereichen einer Bank den öffentlich-rechtlichen Charakter von vornherein vollständig abzusprechen.51 4. Teleologische Reduktion des Merkmals „unbefugt“
Überzeugend verneinte das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in einem aktuellen Urteil jedoch die Strafbarkeit mit der Begründung, die unterschiedliche Behandlung von öffentlich-rechtlichen Sparkassen und Privatbanken sei in Anbetracht des Willkürverbots des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu rechtfertigen; denn der Rechtsverkehr habe keine höheren Erwartungen 48
Schorner, S. 47 ff., 133 ff. m. w. N. Vgl. RGSt 14, 345 (348); 67, 299 (300); OLG Hamm NJW 1981, 695 (696) m. w. N.; Schalast/Safran, NJW 2008, 1486 (1488); ausführlich auch Bohnstedt, S. 141 m. w. N., der öffentlich-rechtliche Banken als „Förderungsverwaltung“ qualifiziert; Eine Ausnahme wird dort gelten müssen, wo die Tätigkeit geographisch oder von ihrer Zweckrichtung den öffentlichen Auftrag vollständig verlässt. Insofern ist die Kritik von Dingeldey, NStZ 1984, 503 (504) berechtigt. Allerdings sollte ein mittelbarer Zusammenhang z. B. mit der Daseinsvorsorge genügen; die Tätigkeit muss den öffentlichen Körperschaften keinen „unmittelbaren Vorteil“ bringen, wie Dingeldey meint. 50 Ausführlich in diesem Sinn Nobbe, WM 2005, 1537 (1542); Sester/Glos, DB 2005, 375 (379). 51 Gegen eine Zuordnung der Mitarbeiter zu den unterschiedlichen Geschäftsfeldern auch Bohnstedt, S. 136, 141 m. w. N.; Ausnahmen sind m. E. vor allem außerhalb des Kundengeschäfts denkbar, etwa im Organisations- oder im Personalbereich. Bohnstedt, a. a. O. nennt als Ausnahme Rechenzentren. 49
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
an den Geheimnisschutz bei Sparkassen und Privatbanken.52 Die Amtsträgereigenschaft sei kein geeignetes Differenzierungskriterium. Daher müsse man das Tatbestandsmerkmal „unbefugt“ des § 203 Abs. 2 StGB teleologisch reduzieren.53 Im Hinblick auf den erwerbswirtschaftlichen Bereich erscheint diese Auslegung richtig. Die Grundrechtsbindung der öffentlichen Banken bezieht sich nicht auf den Geheimnisschutz, sondern z. B. die Gleichbehandlung der Kunden.54 Dies bedeutet: Im Ergebnis unterfallen die Mitarbeiter öffentlichrechtlicher Kreditinstitute somit weiterhin dem § 203 Abs. 2 StGB.55 Die verfassungsrechtlich gebotene einschränkende Auslegung des Tatbestandes lässt aber die Strafbarkeit für die Bereiche entfallen, in denen die öffentlichen Kreditinstitute und ihre Mitarbeiter in gleicher Weise wie private Banken agieren. Insoweit haben Sparkassenmitarbeiter genauso wenig eine persönliche (straf- oder zivilrechtliche) Pflicht zur Verschwiegenheit wie Mitarbeiter privater Banken.56 Sie können nur dann strafbar sein, wenn sie in ihrem Handeln einen öffentlichen Zweck verfolgen und sich dadurch von Privatbanken abheben. Dies wird nur selten der Fall sein. III. Organe der Bank In Bezug auf die Organe der Bank ist die rechtliche Situation schwieriger als bei einfachen Angestellten. Schon früh judizierte das Oberlandesgericht Colmar, Direktoren einer Aktienbank seien „selbst als zu deren Geheimhaltung verpflichtet anzusehen“.57 Ebenso geht das Schrifttum – soweit seine 52
OLG Schleswig ZIP 2007, 2308 (2312). OLG Schleswig ZIP 2007, 2308 (2313) – die Schlussfolgerung des Gerichts, daher sei den Sparkassen eine Abtretung von Darlehensforderungen gestattet, übersieht jedoch die notwendige Unterscheidung zwischen der schuldrechtlichen Vereinbarung und dem Verfügungsgeschäft der Abtretung. Dies war in dem entschiedenen Verfahren nicht entscheidungserheblich, weil es um § 134 BGB ging. Zu den Wirkungen einer Verletzung des Bankgeheimnisses auf das Verfügungsgeschäft unten S. 516 ff. 54 Eingehend dazu Usslar, BKR 2008, 177 (178). 55 Ebenso Bergmann/Möhrle/Herb, § 28 BDSG 01 Rn. 99; Bohnstedt, S. 147; Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 121; Cierniak in: MünchKomm StGB, § 203 Rn. 92; Fischer/Klanten, Rn. 4.3; Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572); Lenckner in: Schönke/Schröder, § 203 Rn. 44; Otto, wistra 1995, 323 (327 f.); Tröndle/Fischer, § 11 Rn. 22 a; im Ergebnis auch LG Göttingen NJW-RR 2003, 117 f.; Kümpel, Rn. 2.146; Sester/Glos, DB 2005, 375 (376); a. A. Kristen/ Kreppel, BKR 2005, 123 (131); Nobbe, WM 2005, 1537 (1542 f.); Schünemann in: LK StGB, § 203 Rn. 71. 56 OLG Schleswig ZIP 2007, 2308 (2313). 57 OLG Colmar JZ Els.-Lothr., 22. Jg. (1896), S. 291 (296). 53
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Vertreter die Frage überhaupt erwähnen – einhellig wie selbstverständlich ohne Begründung von einer Direktverpflichtung der Organe aus.58 Dass dies folgerichtig auch zu einer Eigenhaftung der in den Organen verkörperten natürlichen Personen, also der Organwalter, führt, geht dabei unter. Einen anderen und bisher soweit ersichtlich völlig unerforschten Weg ging der Bundesgerichtshof in dem bereits geschilderten Fall Kirch ./. Deutsche Bank und Breuer.59 1. Lösung des Berufungsgerichts im Fall Kirch: Keine Eigenhaftung des Organs
Das Berufungsgericht hatte in Bezug auf die Haftung des Beklagten zu 2) – einem Organ der Bank – noch vertreten, die Voraussetzungen von § 311 Abs. 3 BGB lägen beim Beklagten zu 2) nicht vor, weil er „nicht in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst“ habe. Eine Verschwiegenheitspflicht habe ihn zwar auf Grund des mit der Beklagten zu 1) geschlossenen Dienstvertrages getroffen. Dessen Schutzbereich habe indes nicht den Kläger und die Unternehmen der KirchGruppe umfasst.60 Eine Direktverpflichtung des Organwalters aus dem Bankgeheimnis fand keine Erwähnung. 2. Lösung des Bundesgerichtshofes im Fall Kirch: Eigenhaftung des Organs
Wie bereits erwähnt, ging der Bundesgerichtshof im streitgegenständlichen Sachverhalt beim Kreditinstitut von der Verletzung einer Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflicht aus.61 Zu Recht schloss er sich zunächst der Einschätzung der Vorinstanz an, eine Haftung aus Vertrag oder c. i. c. gemäß § 311 Abs. 2 BGB scheitere an einem Rechtsgeschäft mit dem Beklagten zu 2), dem Organwalter, sowie an dem nötigen persönlichen Vertrauen zu ihm. Er bejahte hingegen eine deliktische Haftung wegen eines 58 Biedermann, BlStSozArbR 1970, 61 hält sie sogar für die Primärverpflichteten; Kirchherr in: Sichtermann, S. 146; Koch, MMR 2002, 504 (506): „Die Geheimhaltungspflicht trifft zunächst das Kreditinstitut selbst, also den Bankier oder die Organe.“; Kreutzer, S. 33. 59 Zum Sachverhalt oben S. 173 f. 60 OLG München NJW 2004, 224 (230). 61 Dazu S. 176 ff. – Da die vorliegende Dissertation in dem Bankgeheimnis eine spezielle Schutzpflicht erkennt, ergeben sich bei der Frage einer persönlichen Haftung des Organwalters im Vergleich zum Gericht keine Unterschiede in der Begründung.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Begründet wurde dies im Kern damit, bei der Schwere des Eingriffs falle „entscheidend ins Gewicht, dass in die Güter- und Interessenabwägung zusätzlich vertragliche Pflichten einzubeziehen sind.“62 Es lohnt sich, die genaue Argumentation zu verfolgen. Die wichtigen Passagen der Entscheidung lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Das Organ einer Bank (in der Form einer Kapitalgesellschaft) treffe eine organschaftliche Pflicht, die inhaltlich auch kundenschützende Nebenpflichten erfasse. Der Kunde als Dritter dürfe sich auf die organschaftliche Verpflichtung verlassen.63 Dies dürfe „trotz des Prinzips der Relativität von Schuldverhältnissen“ nicht unberücksichtigt bleiben.64 Diese grundlegende Wertung führt das Gericht zu den wohl interessantesten zwei Sätzen zum vorliegenden Aspekt: „Es geht nicht an anzunehmen, Pflichten seien nur an den Unternehmensträger, nicht aber an das Organ adressiert, gleichzeitig aber die Möglichkeit einer eigenen deliktsrechtlichen Haftung des Organs mit dem Argument zu leugnen, dessen Verhalten sei Handeln der juristischen Person selbst, so dass das Organ seinem Unternehmen gar nicht selbständig gegenübertrete (vgl. MünchKomm/Wagner, BGB 4. Aufl. § 823 Rn. 399). Angesichts der Einheit der Rechtsordnung erscheint es außerdem widersprüchlich, ein und dasselbe Verhalten des Beklagten zu 2), für das die Beklagte zu 1) haftet, im Verhältnis zwischen der Beklagten zu 1) und der P.GmbH ebenso wie im Innenverhältnis zwischen den beiden Beklagten als pflichtwidrig anzusehen, im Verhältnis zwischen dem Beklagten zu 2) und der P.GmbH dagegen als rechtmäßig.“65
Die Conclusio dieser Erwägungen ist konsequent: „Was der juristischen Person aufgrund der vertraglichen Treuepflicht untersagt ist, ist daher zwangsläufig auch dem oder den für sie handelnden Organen verboten.“66
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BGHZ 166, 84 (114 Rn. 124). BGHZ 166, 84 (114 f. Rn. 125): „Zwar begründet der Darlehensvertrag für den Beklagten zu 2) unmittelbar keine Rechte und Pflichten. Den Beklagten zu 2) traf aber aufgrund seiner damaligen Stellung als Organ der Beklagten zu 1) die organschaftliche Verpflichtung, alles zu unterlassen, was die Beklagte zu 1) schädigen“ . . . „konnte.“ . . . „Insbesondere war er als Organ der Beklagten zu 1) in Bezug auf die P.GmbH [die Klägerin] zur Zurückhaltung im Umgang mit kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen verpflichtet. Umgekehrt durfte diese sich darauf verlassen, dass die Beklagte zu 1) und ihre Organe sich an diese Verpflichtung hielten.“ 64 BGHZ 166, 84 (115 Rn. 126). 65 BGHZ 166, 84 (115 Rn. 126). 66 BGHZ 166, 84 (115 Rn. 127). 63
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3. Kritik an der Lösung des Bundesgerichtshofs
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs tastet hier eine Problematik an, die bisher wenig beachtet ist, nämlich die persönliche Haftung von Organwaltern im Rahmen von gesetzlichen Schuldverhältnissen ohne primäre Leistungspflicht.67 a) Keine Verschmelzung von Vertrags- und Deliktsrecht Der Bundesgerichtshof lehnte im Kirch-Fall zwar eine Sonderverbindung zum Organwalter selbst ab, übertrug dennoch den vertraglichen Pflichtenkatalog zwischen Bank und Kunde auf die Organperson.68 So werden dieser letztlich rechtsgeschäftliche Pflichten der von ihr vertretenen Gesellschaft im Kleid des Deliktsrechts auferlegt.69 Dogmatisch ist die Herangehensweise erstaunlich. Das verwendete Argument der Einheit der Rechtsordnung ist misslungen: Anders als das Gericht meint, ist es nicht widersprüchlich, dass ein und dasselbe Verhalten in einer bestimmten Vertragsbeziehung pflichtwidrig ist, außerhalb dieses Verhältnisses – nämlich im Verhältnis zu einem Dritten – dagegen als rechtmäßig gilt. Wenn sich der Bundesgerichtshof über das Prinzip der Relativität von Schuldverhältnissen hinwegsetzt, ist dieser Schritt mehr wert als die knappe Erwähnung, die er in der Entscheidung gefunden hat. In aller Konsequenz zu Ende gedacht, liegt hierin die Verschmelzung von Vertrags- und Deliktsrecht bei organschaftlichem Handeln im Dreiecksverhältnis Bank-Kunde-Organ.70
67 Die Handelndenhaftung wird meist nur im Rahmen des Deliktsrechts problematisiert. Treffend stellte dort Medicus, SchR I, § 30 Rn. 323 den Mechanismus in Bezug auf die persönliche Haftung eines Organs dar: Ein Haftungstatbestand werde zunächst durch das Organ verwirklicht, das selbst regelmäßig nach §§ 823 ff. BGB hafte. Die Haftung werde dann über §§ 31, 86, 89 Abs. 1 BGB auf die juristische Person erstreckt. Anders sei die Situation jedoch bei Sonderverbindungen. Die Organperson sei dort regelmäßig nicht Schuldner der Sonderverbindung. Zum Deliktsrecht zudem statt vieler Hadding in: Soergel, § 31 Rn. 28; Reuter in: MünchKomm BGB, § 31 Rn. 44 f.; Weick in: Staudinger, § 31 Rn. 49. 68 Dazu soeben unter Punkt 2. 69 Ähnlich Cosack/Enders, BKR 2006, 116 (118); Möllers/Beutel, NZG 2006, 338 (340). 70 Ähnlich Cosack/Enders, BKR 2006, 116 (118), der eine sinnvolle Grenze dort zieht, wo die Organperson selbst – wie im Kirch-Fall geschehen – das beanstandete Verhalten begeht. Ablehnend Möllers/Beutel, NZG 2006, 338 (340); kritisch Peifer, jurisPR-WettbR 5/2006, Anm. 1, Punkt C; Medicus, BR, Rn. 639 f. lässt bei deliktischen Ansprüchen zwar eine Beeinflussung durch das Vertragsrecht zu, geht aber von einem Zwei-Personen-Verhältnis aus.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
b) Begründung der „Baustoff-Entscheidung“ Interessant erscheint in diesem Zusammenhang die Konstellation in der berühmten Baustoff-Entscheidung.71 Vereinfacht ging es darin um Folgendes: Der Vorbehaltslieferant verlor sein Eigentum an Baumaterialien, weil der Käufer sie bei einem Dritten verbaute. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt (Zustimmung zur Weiterveräußerung im Gegenzug zur Vorausabtretung der Forderung gegen den Abkäufer) ging dabei ins Leere, da der Käufer mit dem Dritten ein Abtretungsverbot vereinbart hatte.
In dem Sachverhalt war die verletzte Pflicht auf Seiten des betroffenen Unternehmens, also des Vertretenen, gleichzeitig vertraglicher und deliktischer Natur. Der Bundesgerichtshof machte es sich einfach und beschränkte sich auf Ausführungen zum Deliktsrecht.72 Er stützte die persönliche deliktische Haftung des Organwalters in der Sache auf eine „Garantiepflicht“ zur Verhinderung einer Eigentumsverletzung i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB durch das eigene Unternehmen.73 Letztlich legte er damit beim Organ den deliktischen Sorgfaltsmaßstab an, den er beim Unternehmen ebenfalls auf deliktischer Ebene anwendet. Da beide im gleichen Verkehrskreis agieren, ist dieses Vorgehen konsequent. Schon in diesem Bereich sieht der Bundesgerichtshof eine Eigenhaftung des Organs nur ausnahmsweise vor, wenn organschaftliche Pflichten (also solche des Organs gegenüber dem eigenen Unternehmen) aus besonderen Gründen Drittschutz entfalten. Dies sei insbesondere zu bejahen, wenn die Dritten ihre Schutzgüter der „Einflußsphäre der Gesellschaft anvertraut haben“. Hier könne über die Organstellung hinaus eine Verantwortung zum Tragen kommen, weil durch seine Leitungsfunktion eine persönliche Einflussnahmemöglichkeit auf die Gefahrenabwehr bzw. -steuerung geschaffen werde.74 c) Vergleich zwischen der Kirch- und der Baustoff-Entscheidung Die skizzierte „Baustoff-Entscheidung“ bewegt sich in ihrem Begründungsansatz ausschließlich im Deliktsrecht.75 Eine vertragliche Komponente 71
BGHZ 109, 297 ff. Obwohl er auf S. 304 (unten) die vertragliche Pflicht ansprach: „Diese Verpflichtung oblag der Z.-GmbH und ihrem Organ nicht allein aufgrund des Kaufvertrages gegenüber der Klägerin“. 73 BGHZ 109, 297 (302, 304). Näher dazu z. B. von Bar, FS Kitagawa, S. 279 f.; Grunewald, ZHR 157 (1993), 451 (455 ff.). 74 BGHZ 109, 297 (303). 72
§ 26 Abgeleitete Träger der Verschwiegenheitspflicht
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fließt beim Bundesgerichtshof insofern ein, als es um die deliktische Garantenstellung (bei einer Verletzung wegen Unterlassens) geht. Sie beruht mittelbar auf dem Dienstvertrag zwischen Unternehmen und Geschäftsführer. Bei einer Verletzung durch aktives Tun (wie beim Bankgeheimnis die Preisgabe einer geheimen Information) spielt das Merkmal der Garantenstellung keine Rolle.76 Zielführend ist m. E. der Gedanke der Relativität der Schuldverhältnisse. Zwar ist auch ein deliktisches Schuldverhältnis relativ, wirkt also zwischen zwei bestimmten Personen. Die deliktische Pflicht wirkt freilich grundsätzlich absolut; das Leitbild der deliktischen Haftung ist die Jedermann-Haftung. Der Pflichtenumfang ist prinzipiell bei allen Personen identisch.77 Die Übertragung konkreter allgemeiner deliktischer Pflichten von einem ZweiPersonen-Verhältnis (A darf das Eigentum des B nicht verletzen) auf ein anderes Zwei-Personen-Verhältnis (C darf das Eigentum des B nicht verletzen) ist unproblematisch. Ob es sich bei der Person A um ein Unternehmen und bei der Person C um ihr Organ handelt, ist unerheblich. Hintergrund ist der Gedanke, daß „deliktisches Verhalten“ einem „Organ weder intern bindend noch extern entlastend ‚geheißen‘ werden kann“.78 Unternehmen und Organ werden in ihrem Verhalten dabei unabhängig voneinander bewertet. Die Haftung für Unterlassen bildet in diesem System eine Ausnahme. Denn in der Jedermann-Beziehung darf man grundsätzlich alles unterlassen.79 Es hat nicht jedermann eine Garantenstellung; erforderlich ist eine Sonderverbindung zwischen Gläubiger und Schuldner. Insofern haben die beiden Entscheidungen eine wichtige Gemeinsamkeit: Die haftungsrelevante 75 Ebenso von Bar, der die Haftung auf Grund einer bestimmten beruflichen Stellung ohnehin im Deliktsrecht ansiedelt (vgl. schon S. 121). Für ihn lassen sich die erarbeiteten Wertungen zur Berufshaftung nahtlos auf die organschaftliche Stellung übertragen: Derjenige, der eine mit der Gefahr im Zusammenhang stehende Berufstätigkeit ausübe und sich dafür dem Publikum anbiete, müsse die Verantwortung für einen geordneten Verlauf der Dinge übernehmen. Entsprechend müsse ein GmbHGeschäftsführer in seinem beruflichen Aufgabenbereich die organisatorischen Rahmenbedingungen schaffen, damit sich die von seinem Betrieb ausgehende spezifischen Gefahren nicht verwirklichen. Denn Dritte dürften sich darauf verlassen, dass ihre auf berufsspezifische Eigenschaften des Berufsträgers gegründeten Sicherheitserwartungen nicht enttäuscht werden: von Bar, FS Kitagawa, S. 293 f. unter Zitierung von RGZ 102, 372 (375). 76 Fundiert zur Haftung von Organen für die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten der Gesellschaft Altmeppen, ZIP 1995, 881 ff. 77 Niemand darf absolute Rechtsgüter anderer Personen verletzen; unter den Voraussetzungen des § 823 Abs. 2 und § 824 BGB darf niemand das Vermögen eines anderen schädigen. 78 Altmeppen, ZIP 1995, 881 (885) mit Herleitung aus der Rspr. 79 Ausnahmen wie unter Umständen die unterlassene Hilfeleistung nach § 323 c StGB (i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB) bleiben außer Betracht.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
Pflicht des Unternehmens hat ihren Ursprung in der Sonderverbindung zum Kunden. Im Baustoff-Urteil war der Vorbehaltskäuferin das Verbauen der Materialien bei dem Dritten ja erlaubt. Nur verpflichtete sie ein solches Verhalten wegen des vereinbarten Eigentumsvorbehalts dazu, Forderungen gegen den Dritten abzutreten.80 Gegen diese Vertragspflicht verstieß sie. Im Kirch-Urteil beruht die Pflicht zur Verschwiegenheit auf dem bankrechtlichen Vertrauensverhältnis. Es ging bei der Pflicht somit jeweils nicht darum, den Kunden des Unternehmens so gut wie jedermann, sondern auf Grund einer Sonderverbindung besser als sonstige Personen zu schützen.81 Beide Urteile leiteten die Pflicht des Organs deshalb im Grunde über die vertragliche Pflicht des Unternehmens her.82 Die Kirch-Entscheidung machte dies besonders deutlich, weil sie ausdrücklich eine Pflicht auf das Deliktsrecht übertrug, die so nur innerhalb einer Sonderverbindung bestehen kann.83 Damit rechnete sie dem Organ – über die „Baustoff-Entscheidung“ hinaus – nicht ein deliktisches Verhalten des Unternehmens zu, sondern ein vertragswidriges.84 80
Darauf weist auch Ransiek, ZGR 1992, 203 (228) hin. Diese Abgrenzung nimmt letztlich auch Grunewald, ZHR 157 (1993), 451 (456 ff.) vor, allerdings aus der Sicht des Deliktsrechts, vgl. S. 457 („Man pflegt im Zuge eines Vertragsabschlusses nicht über die persönliche Einstandspflicht der Organmitglieder für einen Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten, die gegenüber der Allgemeinheit bestehen, zu verhandeln. Vielmehr verläßt man sich darauf, so gut wie jedermann geschützt zu sein.“) und S. 458 (keine Haftung von Organmitgliedern „im Bereich der Verkehrssicherungspflichten im Zusammenhang mit einer Vertragsdurchführung“). 82 Vgl. BGHZ 109, 297 (303): . . . „eine mit der Zuständigkeit für die Organisation und Leitung und der daraus erwachsenden persönlichen Einflußnahme auf die Gefahrenabwehr bzw. -steuerung verbundene persönliche Verantwortung des Organs“ – „Es ist deshalb in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, daß die Verantwortlichkeit für die einer juristischen Person zuzurechnende Schädigung unter besonderen Voraussetzungen auch die zu ihrem Organ bestellten Personen trifft“; BGHZ 166, 84 (114 f. Rn. 125): „Zwar begründet der Darlehensvertrag für den Beklagten zu 2) unmittelbar keine Rechte und Pflichten. Den Beklagten zu 2) traf aber aufgrund seiner damaligen Stellung als Organ der Beklagten zu 2) die organschaftliche Verpflichtung, alles zu unterlassen, was die Beklagte zu 1) schädigen“ . . . „konnte.“ . . . „Insbesondere war er als Organ der Beklagten zu 1) in Bezug auf die P.GmbH [die Klägerin] zur Zurückhaltung im Umgang mit kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen verpflichtet. Umgekehrt durfte diese sich darauf verlassen, dass die Beklagte zu 1) und ihre Organe sich an diese Verpflichtung hielten.“ Wie hier Ransiek, ZGR 1992, 203 (228). 83 In der Baustoff-Entscheidung lehnte das Gericht seine Begründung an die Verletzung des Eigentums an, obwohl es ebenso denkbar gewesen wäre, an die Verletzung der Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts anzuknüpfen. 84 Wie hier Ransiek, ZGR 1992, 203 (228). Interessant in diesem Zusammenhang die historische Perspektive bei Altmeppen, ZIP 1995, 881 (887 f.): „§ 31 BGB bedurfte es nach der Vorstellung des Gesetzgebers deshalb, weil eine ‚eigene‘ Haftung 81
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d) Grundsätzlich keine Eigenhaftung des Organs aus einer Sonderverbindung der juristischen Person Das Vorgehen der Rechtsprechung begegnet grundlegenden Bedenken. Deliktsrecht und das Recht aus Sonderverbindungen sind zu trennen.85 Gibt es Schutzpflichten, deren Fundament eine rechtliche Näheverbindung ist, kann Schuldner nur der jeweils andere Teil sein. Im Falle eines Vertrages (bei der Baustoff-Entscheidung ist die rechtliche Näheverbindung der Kaufvertrag zwischen Vorbehaltsverkäufer und -käufer) ist dies der Vertragspartner, im Falle eines gesetzlichen Schuldverhältnisses ohne primäre Leistungspflicht (beim Kirch-Fall das bankrechtliche Vertrauensverhältnis) ist dies der Geschäftspartner, also die Bank. Rechtlich ist die Organperson an dieser Sonderverbindung nicht beteiligt. Für das rechtsgeschäftliche Schuldverhältnis stellte Lutter in Bezug auf sie zutreffend fest: . . . „sie selbst hat mit dem Schuldverhältnis eigentlich nichts zu tun. Und in gleicher Weise besteht keine Verantwortung des Gehilfen, denn er ist nicht Partner dieses Schuldverhältnisses.“86 Die Organwalter eines Kreditinstituts trifft im Grundsatz folglich keine Eigenhaftung wegen der Verletzung des Bankgeheimnisses. Eine Eigenhaftung aus dem bankrechtlichen Vertrauensverhältnis scheidet aus, weil der Kunde die rechtliche Nähebeziehung zum Kreditinstitut, nicht zu dessen Organ sucht. Das haftungsbegründende Vertrauen ist beim Bankgeheimnis abstrahiert und nicht an eine natürliche Person gebunden. Allerdings hat dieser Grundsatz Ausnahmen: e) Eigenhaftung aus Deliktsrecht und eigener Sonderverbindung des Organs Eine Direkthaftung des Organs ist erstens dort zu befürworten, wo allgemeingültige, von dieser rechtlichen Nähebeziehung zwischen Unternehfür fremdes deliktisches und schuldhaftes Verhalten ohne eine entsprechende Regelung gar nicht in Betracht kommt, während die vertragliche Einstandspflicht für Erfüllungsgehilfen und gesetzliche Vertreter (§ 278 BGB) schon für den Gesetzgeber des 19. Jahrhunderts auch in bezug auf die juristische Person unproblematisch war.“ 85 Zur grundsätzlichen Selbständigkeit von Vertrags- und Deliktsrecht BGHZ 55, 392 (395); 101, 337 (344); Hager in: Staudinger, Vorbem zu §§ 823 Rn. 38 – jeweils m. w. N.; Ransiek, ZGR 1992, 203 (229); Spickhoff in: Soergel, Vor § 823 Rn. 73; Sprau in: Palandt, Einf v § 823 Rn. 4 f. 86 Lutter, ZHR 157 (1993), 464 (467); ähnlich Ransiek, ZGR 1992, 203 (228), der von „typischen Vertragsrisiken“ spricht; wegen Nicht-Erwähnung dieser Fallgruppe wohl so zu deuten: Hefermehl/Spindler in: MünchKomm AktG, § 93 Rn. 186 f. Eine Ausnahme mag dort gerechtfertigt sein, wo der Gehilfe einen Rechtsschein setzt, er hafte persönlich, vgl. Paefgen in: Ulmer/Habersack/Winter, § 43 Rn. 193 ff.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
men und Kunde unabhängige Pflichten zum Schutz von Integritätsinteressen Dritter bestehen.87 Es handelt sich um deliktische Pflichten.88 Das Bestehen solcher Pflichten nahmen die Gerichte in den beiden untersuchten Urteilen nicht an: Eine beliebige Person wäre weder gegenüber dem Vorbehaltsverkäufer zur Verhinderung des Eigentumsverlustes verpflichtet, noch wäre sie – über die allgemeine Pflicht des § 824 Abs. 1 BGB hinaus – gegenüber einem Kreditnehmer zur Verschwiegenheit über dessen bankrechtliche Geschäftsverbindung verpflichtet. In Betracht kommt ferner eine Eigenhaftung aus einer Sonderverbindung nach c. i. c.-Grundsätzen für Fälle, in denen ein Organwalter gemäß § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB ein besonderes individuelles, personenbezogenes Vertrauen in Anspruch nimmt. Grund für die Haftung ist nicht vorrangig das Vertrauen in den Beruf des Bankiers oder das Vertrauen in die Seriosität des Kreditinstituts, sondern maßgebend ist das persönliche Vertrauen in den hinter dem Organ stehenden Menschen.89 Diese Fallgruppe ist einzelfallbezogen und für jede Art von rechtsgeschäftlichem Kontakt einschlägig.90 Man sollte sie klar von dem Institut des Bankgeheimnisses abgrenzen. Relevant wird diese Fallgruppe in erster Linie, wenn das Organ selbst das Verhalten verwirklicht, das eine Verletzungshandlung der Gesellschaft darstellt.91
87 Vgl. hierzu Hefermehl/Spindler in: MünchKomm AktG, § 93 Rn. 187; Ransiek, ZGR 1992, 203 (229). 88 Relevant werden hier v. a. die Haftungstatbestände der § 823 Abs. 1 BGB im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und § 826 BGB. Auf diesen Themenkreis gehe ich vorliegend nicht näher ein, weil er reines Deliktsrecht betrifft und für das Bankgeheimnis keine Bedeutung hat. Im Ergebnis ähnlich wie hier und detailliert auch zu diesem weiterführenden Themenkreis Grunewald, ZHR 157 (1993), 451 (456 ff.); vgl. zudem Paefgen in: Ulmer/Habersack/Winter, § 43 Rn. 207 ff. m. w. N. 89 Vgl. Hirse in: Kompaktkommentar, § 311 Rn. 23; Ein solches Vertrauen kann u. a. durch ein Eigeninteresse des Vertreters begründet werden – im Einzelnen etwa K. Schmidt, GesellschaftsR, § 36 II (S. 1089); Paefgen in: Ulmer/Habersack/Winter, § 43 Rn. 198 f. 90 Vgl. z. B. Hefermehl/Spindler in: MünchKomm AktG, § 93 Rn. 186; Mertens in: KölnerKomm AktG, § 93 Rn. 180 m. w. N. 91 Denkbar ist hier auch eine Pflichtverletzung durch ein Unterlassen des Organs, z. B. wenn es keine Sorge für die technische Datensicherung trägt und dieses Verhalten Dritten einen Zugriff auf kundenbezogene Daten ermöglicht. So war es im Kirch-Fall Dr. Breuer selbst, der mit dem Interview als Organ der Deutschen Bank die Verschwiegenheitspflicht verletzte.
§ 27 Sonderfälle
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IV. Zusammenfassung Adressaten des Bankgeheimnisses sind das Kreditinstitut als Rechtsträger sowie bei öffentlichen Banken zudem die Mitarbeiter. Entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs unterliegen Organwalter des Kreditinstituts grundsätzlich keiner Eigenhaftung wegen eines Verstoßes gegen das Bankgeheimnisses.
§ 27 Sonderfälle In personeller Hinsicht gibt es wenige Sonderfälle. Sie sollen wegen ihres Ausnahmecharakters im Folgenden nur schlagwortartig angerissen werden: • Fehlt beim Bankier oder dem für das Kreditinstitut handelnden Angestellten die Geschäftsfähigkeit, hindert dies die Entstehung der Verschwiegenheitspflicht nicht. In Anbetracht der gesetzlichen Grundlage der Pflicht bedarf dies keiner weiteren Erläuterung.92 Zudem bezieht sich das maßgebliche Kundenvertrauen auf die Bank, nicht den Mitarbeiter. • Fällt ein Kreditinstitut in Insolvenz, tritt der Insolvenzverwalter in alle vermögensrechtlichen Pflichten des Schuldners ein.93 Die Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses als Nebenpflicht jeder Geschäftsverbindung mit dem Kunden könnte man hierunter fassen.94 Ob die persönliche Verschwiegenheit des Insolvenzverwalters strafrechtlich durch § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB gesichert wird, ist streitig.95 Soweit es sich – wie meist – um einen Anwalt handelt, ist dies wegen der ausdrücklichen Nennung dieses Berufs in der Norm zu bejahen und zivilrechtlich zu berücksichtigen. Dies spräche dafür, anderen Insolvenzverwaltern privatrechtlich ebenso das Bankgeheimnis aufzuerlegen. Sieht man den Verwalter hingegen eher als Vertreter oder Organ des Gemeinschuldners, ließe die Parallele zu Mitarbeitern und Organen des Kreditinstituts keine Direktverpflichtung zu. Es würde vorliegend zu weit führen, das „Fiasko des Theorienstreits“96 im Hinblick auf die Rechtsstellung des Insolvenzverwalters zu beleuchten. Die Frage muss letztlich über das Insolvenzrecht bestimmt werden. 92
Scheer, S. 19. Statt vieler Uhlenbruck, § 80 Rn. 52. 94 So im Ergebnis Scheer, S. 44 f. 95 Nach der Ansicht von Uhlenbruck, § 80 Rn. 62 ist anerkannt, dass der Insolvenzverwalter zu diesem Personenkreis zählt; a. A. jedoch Schünemann in: LK StGB, § 203 Rn. 35, weil der Insolvenzverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners trete. 96 So prägnant Klopp/Kluth, § 22 Rn. 20. 93
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
2. Abschnitt
Kreis der durch die Geheimhaltung Geschützten Nach dem Pflichtenschuldner „Bank“ wendet sich die Untersuchung im nächsten Schritt der Gläubigerseite zu. Die Formulierung „Kunde“ ist zu grob, um den personellen Schutzbereich des Bankgeheimnisses vollständig auszuschöpfen. Neben den Kunden im engeren Sinn, den tatsächlichen Vertragspartnern eines Kreditinstitutes, schützt die Verschwiegenheitspflicht alle Personen, die an Bankleistungen interessiert sind und in geschäftlichen Kontakt zum Kreditinstitut treten.97 Der folgende Abschnitt wird klären, wer Träger des Rechts auf Geheimhaltung sein kann, wer sich also – außer dem „eigentlichen“ Kunden – auf das Bankgeheimnis berufen kann.
§ 28 Rechtsnachfolge auf Kundenseite Ins Blickfeld rückt zunächst die Rechtsnachfolge. I. Gesetzliche Gesamtrechtsnachfolge bei natürlichen Personen 1. Grundsätzlicher Übergang auf die Erben
Eine erste Art der Rechtsnachfolge ist diejenige bei natürlichen Personen. Ein häufiger Fall wird dabei die gesetzliche sein: Beim Tod des Kunden geht das Recht an der Geheimhaltung als Teil des Vermögensbestandes grundsätzlich auf seine Erben über.98 Dies war und ist jedenfalls in Bezug auf vermögensrechtliche Angelegenheiten weitgehend unstreitig, weil es insoweit wie ein Vermögensrecht behandelt werden muss.99 Das Wissen über Vorgänge in diesem Bereich sollte man hierbei grundsätzlich als ein dem 97 Die genaue Definition ist ein Aspekt der zeitlichen Komponente des Schutzes. Dazu S. 354 ff. 98 Zur Nachlassverwaltung näher Schebesta, Rn. 803 ff. m. w. N. 99 In diesem Sinne BGHZ 107, 104 (109 f.); Biedermann, BlStSozArbR 1970, 61 (62); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 51; Christopoulou, S. 11; Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.12; Kirchherr in: Sichtermann, S. 154 f.; Lang, ZBB 2006, 115 (116); Meister, Bank-Archiv X. Jg. Nr. 15, S. 240 (242); Schebesta, Rn. 647; Scheer, S. 54; Stützle, WuB I B. 3. – 3.89, 683; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/39; außerhalb des Bankgeheimnisses gehen in diese Richtung auch RGZ 86, 252 (254); OLG Colmar OLGRspr 27, 98 – Notar; OLG Stuttgart OLGZ 1983, 6 ff. – Steuerberater; Förster/Kann, § 385 Anm. 2 b) m. w. N.; Schumann in: Stein/Jonas, 20. Aufl., § 385 Rn. 19 bzw. Rn. 25 m. w. N. und jetzt 21. Aufl. Berger, ebenda; Gräfe/Lenzen/Schmeer, S. 90 Rn. 157; a. A. Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 67 m. w. N., der im Ergebnis aber auch den Erblasserwillen für maßgebend hält.
§ 28 Rechtsnachfolge auf Kundenseite
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Gesamtbestand des ererbten Vermögens akzessorisch anhaftendes Recht verstehen. Die Geschäftsverbindung, juristisch also das gesetzliche Schuldverhältnis als Grundlage des Bankgeheimnisses, geht über.100 Nur soweit der verstorbene Geheimnisherr einen solchen Übergang nicht wünscht, erhalten die Erben die Dispositionsbefugnis über das Recht nicht. Es bleibt also weiterhin der Wille des verstorbenen Kunden maßgeblich.101 2. Erblasserwillen ausschlaggebend im höchstpersönlichen Bereich
Schwierigkeiten ergeben sich bei stark persönlichkeitsbezogenen Geheimnissen. Sie bilden im Bereich des Bankgeheimnisses die Ausnahme. Der Inhalt einer Information berührt nur in seltenen Fällen den höchstpersönlichen Bereich des Erblassers. Diesbezüglich folgt das Recht an der Geheimhaltung dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Erblassers.102 Verfehlt ist die Meinung, die bei höchstpersönlichen Dingen nie eine Entbindung durch den oder die Erben zulässt.103 Denn auch zu Lebzeiten stand es dem Erblasser frei, über seine Geheimnisse durch Mitteilung an einen beliebig erweiterbaren Personenkreis zu verfügen und bestimmten Personen ihre Weitergabe an Dritte zu erlauben. Damit muss es nach seinem Tod ebenso möglich sein, dass er jede Art von Geheimnis, somit auch höchstpersönliche, in die Hände der Erben legt.104 Im Zweifel dürfen die Erben zum Ebenso im Hinblick auf die vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts ausführlich BGHZ 143, 214 (220 ff.). 100 Gegenüber lediglich schuldrechtlich Berechtigten ist die Bank somit nicht verpflichtet: Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 36; Lang, ZBB 2006, 115 (121); Schebesta, Rn. 649; Stützle, WuB I B. 3. – 3.89, 683; a. A. wohl Kirchherr in: Sichtermann, S. 155 – Recht auf Geheimhaltung als Nebenrecht zu Vermögensgegenstand gemäß §§ 157, 242, 401, 402 BGB; vorsichtiger noch Scheer, S. 54. 101 Kirchherr in: Sichtermann, S. 155; Schebesta, Rn. 647; Scheer, S. 54, 57; zu anderen Berufsgruppen auch OLG Colmar OLGRspr 27, 98 – Notar; OLG Stuttgart OLGZ 1983, 6, 9 – Steuerberater; Berger in: Stein/Jonas, § 385 Rn. 19; für das Strafrecht bereits Sauter, Strafrechtl. Abh. 123 (1910), S. 147. 102 BGHZ 107, 104 (109) – Bank; OLG Colmar OLGRspr 27, 98 – Notar; OLG Stuttgart OLGZ 1983, 6, 12 – Steuerberater; KG OLGRspr 29, 120 f. – Notar; Christopoulou, S. 11; Lieseke, WM 1975, 238 (248); Schebesta, Rn. 647; Scheer, S. 55 f.; Schubert, S. 53; Stützle, WuB I B. 3. – 3.89, 683; A. Weber in: Hellner/ Steuer, Rn. 2/848; vgl. zudem Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 67 – Anwalt; Gräfe/Lenzen/Schmeer, S. 90 Rn. 157 – Steuerberater; Schippel, § 18 Rn. 52 f. – Notar – m. w. N.; von Soiron, S. 28 ff. – Briefgeheimnis. 103 Diese Meinung vertreten z. B. OLG Dresden OLGRspr 13, 161 (162) – Arzt; Förster/Kann, § 385 Anm. 2 b) m. w. N. 104 A. A. Scheer, 55 f., der es auf diejenigen Personen übergehen lässt, die zu Lebzeiten des Kunden zu ihm in näheren persönlichen Beziehungen gestanden haben.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
Schutze des Erblassers nicht über das Recht disponieren, die Bank also nicht von der Verschwiegenheitspflicht befreien. Der Grundsatz der Dispositionsbefugnis des Geheimnisherrn wird hier zur Ausnahme. Ihre Annahme verlangt nach konkreten Anhaltspunkten für einen entsprechenden Erblasserwillen. Fehlt dieser, besteht die Verschwiegenheitspflicht prinzipiell zeitlich unbegrenzt fort. Das Gleiche hat zu gelten, wenn keine Erben mehr vorhanden sein sollten.105 Bei einer Erbengemeinschaft bekommt diese das Bankgeheimnis übertragen. Dabei ist streitig, ob das Recht den Erben gemeinschaftlich oder auch einzeln zusteht.106 Die Lösung ergibt sich nicht aus dem Wesen des Bankgeheimnisses, sondern dem Erbrecht.107 II. Insolvenz und Gesamtrechtsnachfolge bei juristischen Personen Ein ähnliches Prinzip gilt bei juristischen Personen: Für den Fall ihrer Insolvenz geht das Verfügungsrecht über das Vermögen des Bankkunden gemäß § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter bzw. gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. Fortan ist es in Bezug auf die massezugehörigen Gegenstände somit – abgesehen von Angelegenheiten der Persönlichkeitssphäre des Schuldners – sein Wille, der die Weite des Bankgeheimnisses für den Kunden ausformen kann.108 Ein Sachverständiger hat im Insolvenzverfahren hingegen keine anderen Rechte als ein sonstiger Dritter.109 105 Schubert, S. 53 begründet dieses Ergebnis mit dem persönlichen Interesse des Erblassers an der Geheimhaltung. 106 Eine Unteilbarkeit des Rechts vertreten BayObLGZ 1, 290 (293); Biedermann, BlStSozArbR 1970, 61 (62); a. A. OLG Celle SeuffArch 60 (1905), 210 (Nr. 111); Meister, Bank-Archiv X. Jg. Nr. 15, S. 240 (242), der auf die praktischen Schwierigkeiten des einzelnen Erben hinweist. Vermittelnd Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 51: Jeder Miterbe könne gemäß § 2039 BGB Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht verlangen; eine Schadensersatzklage ist auf Leistung an alle Miterben zu richten; ähnlich Schebesta, Rn. 650 ff. 107 Nach § 1922 Abs. 1, § 2032 Abs. 1 BGB ist grundsätzlich von der Unteilbarkeit des Rechtes auszugehen. Ausnahmen kann das Erbrecht vorsehen. 108 RGZ 59, 85 (86 f.); LG Göttingen NJW-RR 2003, 117 (118) m. w. N.; LG Hamburg WM 1988, 1009 (1010) und vorgehend schon AG Hamburg WM 1988, 1008 f.; differenzierend LG Lübeck ZIP 1983, 711 (712) mit zust. Anm. Wolfram Henckel; Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 32; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 51; Claussen, § 6 Rn. 9; Scheer, S. 73 f.; Schönle, § 5 I 3 (S. 45); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/39 b, 2/847; Wolff, DB 1968, 695 (697). Umfassend dazu Bode, S. 43 ff., 106 f. der beim vorläufigen Verwalter die Rechtmäßigkeit des Verfügungsverbots gegen den Gemeinschuldner prüft.
§ 28 Rechtsnachfolge auf Kundenseite
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III. (Partielle) Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen Vollzieht sich beim Bankkunden eine Unternehmensumwandlung nach dem UmwG, geht die Geschäftsverbindung zum Kreditinstitut (und damit das Recht auf Geheimhaltung) wie jeder andere Vermögensbestandteil kraft Gesetzes auf den neuen Rechtsträger über (z. B. § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Anders als bei einer Einzelrechtsnachfolge erfasst die Universalsukzession nicht nur ein konkretes Rechtsverhältnis, sondern die Gesamtheit der bestehenden Schuldverhältnisse.110 Die Bank kann gegen den Übergang des Rechtsverhältnisses nicht einwenden, sie habe die Sonderverbindung zum Rechtsnachfolger nicht beabsichtigt.111 Da das UmwG einem Unternehmen die Möglichkeit zur Umwandlung eröffnet, müssen Gläubiger und Schuldner des Unternehmens (hier des Bankkunden) diese Wirkungen in Kauf nehmen. Der Charakter eines Vertrauensverhältnisses verlangt hier nach keiner Ausnahme, weil nicht die Bank dem sich umwandelnden Kunden Vertrauen entgegenbringt, sondern andersherum.112 IV. Vertragliche Einzelrechtsnachfolge auf Kundenseite Des Weiteren kann ein Kunde Vermögensgegenstände an Dritte veräußern, auf die das Bankgeheimnis sich bezieht. Dass die Bank dem Kunden weiterhin zur Geheimhaltung verpflichtet bleibt, kann keinem Zweifel unterliegen.113 Denn wenn das Bankgeheimnis sogar nach Abwicklung eines Bankgeschäftes fortbesteht,114 dann erst recht nach einer Zession. Schwieriger ist die Sachlage in Bezug auf die Geheimhaltungspflicht gegenüber dem Zessionar. Scheer meint, das Recht auf Geheimhaltung gehe auch ohne ausdrückliche Vereinbarung als Nebenrecht gemäß §§ 157, 242, 402 BGB auf ihn über. Er begründet dies mit dem vermeintlichen Willen der 109 LG Göttingen NJW-RR 2003, 117 (118) und Bode, S. 30 f. – jeweils m. w. N. und ausführlicher Begründung. Zu Schranken des Bankgeheimnisses auf Grund des Insolvenzrechts s. unten S. 388 ff. 110 Im Grundsatz unstreitig: BGH NJW-RR 2004, 123; eingehend Müller, BB 2002, 365 (366); vgl. zudem z. B. Fuhrmann/Simon, AG 2000, 49 (55, 57 f.,); Hörtnagl in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 132 Rn. 47; Schröer in: Semler/Stengel, § 131 Rn. 11 (Kundenbeziehungen), § 132 Rn. 5 m. w. N. Die Frage, ob es sich um eine rechtsgeschäftliche oder eine gesetzliche Universalsukzession handelt, spielt im Ergebnis keine Rolle. Näher zu diesem Problem z. B. Marx, S. 76 ff. m. w. N. 111 Zur Einschränkung der Vertragspartnerwahlfreiheit Rieble, ZIP 1997, 301 (304). Im Ergebnis wohl auch Grunewald in: Lutter, § 20 Rn. 32 (Kreditzusagen an übertragenden Rechtsträger bleiben bestehen). 112 Zum umgekehrten Fall unten S. 341 ff. 113 Im Ergebnis auch Scheer, S. 54. 114 Vgl. S. 359 f.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
Parteien.115 Doch diese Ansicht vereinfacht die Rechtslage zu stark. Unklar ist bereits, wen er mit den „Parteien“ meint. Der Wille von Zedent und Zessionar können keine Pflicht der Bank auslösen; der Bank wiederum darf kein Wille zu einer Pflicht gegenüber dem Zessionar unterstellt werden. Für eine Auslegung nach § 157 BGB ist daher kein Raum. Das Bankgeheimnis geht auch nicht mit dem übertragenen Vermögensgegenstand als Nebenrecht nach § 401 Abs. 1 BGB analog auf den Zessionar über. Zwar liegt in Bezug auf Geheimhaltungspflichten eine Regelungslücke vor. Die Vergleichbarkeit mit den in der Norm genannten Rechten ist jedoch zu verneinen: Zum einen ist Bankgeheimnis nicht leistungsbezogen und daher auch nicht forderungsakzessorisch. Es knüpft vielmehr an die Geschäftsverbindung mit dem Kreditinstitut an. Diese geht bei einer Einzelrechtsnachfolge nicht über. Zum anderen haben die Bank und der Zessionar den geschäftlichen Kontakt zueinander nicht gesucht, sondern er wurde allein durch den Zedenten geschaffen. Die Sonderverbindung im hier verstandenen Sinn scheidet folglich als Haftungsgrundlage aus: Es fehlt an einem Vertrauensverhältnis zum Zessionar, zumal die Bank keinen vertieften Einblick in seine Verhältnisse erhält. Der Einzelrechtsnachfolger ist demnach nicht durch das Bankgeheimnis geschützt.
§ 29 Ausweitung des Schutzes auf Nichtkunden: Überblick über den Meinungsstand Bei der Bestimmung der personellen Reichweite der Verschwiegenheitspflicht wendet sich die Untersuchung im Folgenden der Frage zu, welche Nichtkunden durch die Geschäftsverbindung zum Kunden geschützt sind, welchen weiteren Personen also ein Recht auf Geheimhaltung ihrer Angelegenheiten zusteht. I. Literatur Man findet keine älteren Quellen zur Frage, inwieweit sich das Recht auf die Wahrung des Bankgeheimnisses auf Nichtkunden ausdehnen kann.116 115
Scheer, S. 54. Scheer, S. 50 ff. und ähnlich S. 109 scheint sich mit der Problematik zu beschäftigen. Bei näherer Betrachtung beziehen sich seine Überlegungen zum Drittschutz jedoch nicht auf die Geheimnisse der Dritten. Vielmehr geht er dem Punkt nach, ob das Recht auf Geheimhaltung der Kundengeheimnisse drittschützend ist. Vereinfacht gesprochen geht es dort also um Dritte, die aus der Verletzung der Kundengeheimnisse einen Schaden davon tragen. Der Schutz der Geheimnisse der Dritten taucht nur kurz in einer Fußnote auf (S. 14 Fn. 9): „Nur in Ausnahmefällen, 116
§ 29 Ausweitung des Schutzes auf Nichtkunden
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Ebenso finden sich nur wenige ergiebige Aussagen aus neuerer Zeit dazu, ob das Bankgeheimnis drittschützend ist. Manche bejahen die Frage ohne nähere Begründung.117 Da die Rechtsfigur der Schutzwirkung zugunsten Dritter eine Art der Vertrauenshaftung ist, verwundert nicht, dass Canaris die Erstreckung von Schutzpflichten wie dem Bankgeheimnis auf Dritte grundsätzlich annimmt.118 Erst der Kirch-Fall gab Anlass, das Problem zu diskutieren.119 II. Rechtsprechung Die Judikate thematisierten einen Drittschutz bei Bankgeschäften nur punktuell.120 1. Oberlandesgericht Zweibrücken
Das Oberlandesgericht Zweibrücken beschäftigte sich in einer Entscheidung aus dem Jahre 1984 mit der Frage, ob ein Kreditvertrag der Bank mit wenn etwa der Bankier durch das Geschäft besonders geheimhaltungsbedürftige Angelegenheiten des Dritten erfährt, wird man annehmen können, daß der Bankier auch dem Dritten gegenüber zur Geheimhaltung verpflichtet ist.“ Bereits die vorsichtige Ausdrucksweise zeigt, dass eine Abgrenzung nach der Geheimhaltungsbedürftigkeit der Informationen wenig überzeugend ist. 117 Beckhusen in: Derleder/Knops/Bamberger, § 5 II Rn. 21; Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 12 (Drittwirkung zugunsten des Ehepartners des Kunden oder zugunsten der Personengesellschaft, deren Mitglied der Kunde ist); Bruchner in: Bruchner/Stützle, Leitfaden, S. 6; Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. II/19 (nennt nur Ehegatten); Kümpel, Rn. 2.158; Mallmann/Schroeter, RWS-Skript 194, Rn. 58; Schwintowski/Schäfer, § 3 Rn. 11; Vallender, FS Uhlenbruck, S. 143; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/845 – Bei ihm wird nicht klar, ob die Dritten die Geheimhaltung selbst einfordern können sollen. Verneint man dies, bliebe weiter zu klären, ob eine Haftung im Wege der Drittschadensliquidation erfolgen oder ob nur ein Schaden beim Kunden (wegen der Verletzung eines Geheimnisses bei einem Dritten) Haftungsrelevanz entfalten soll. 118 Canaris, JZ 1965, 475 (480); ders., FS Larenz (1983), S. 97, 99 bei Fn. 240 m. w. N.; ders., Bankvertragsrecht, Rn. 21 ff., 44. 119 Vgl. Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 ff. – zu relativieren ist ihre Aussage (S. 926 bei Fn. 19), das Ob und Wie einer möglichen Schutzkreiserstreckung des Bankgeheimnisses sei bereits vor dem Urteil in der Literatur kontrovers debattiert worden: Eine Diskussion findet sich nur bei Canaris, ZIP 2004, 1781 ff. und Schumann, ZIP 2004, 2353 (2355 ff.), beide bezogen auf den Fall Kirch; Ehricke, FS Derleder, S. 341 ff. 120 Canaris, ZIP 2004, 1781 (1786) interpretiert BGH DB 1953, 1031 so, der BGH habe die Möglichkeit von Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter verneint. Das Urteil lehnte jedoch nur einen Unterlassungsanspruch eines Dritten ab bezüglich der Geheimhaltung von Mitteilungen, die „ausschließlich Angelegenheiten“ des (anderen) Kunden betreffen. Bezüglich eines Drittschutzes in Bezug auf Geheimnisse des Dritten kann man daraus keine Schlüsse ziehen.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
einer GmbH eine Schutzwirkung zugunsten eines Gesellschafters haben kann. Der Gesellschafter hielt die Kreditkündigung der Bank für unzulässig und verlangte Schadensersatz. „Anhaltspunkte“ für einen Drittschutz sah das Gericht darin, dass der Gesellschafter Sicherheiten gestellt hatte. Wegen der Rechtmäßigkeit der Kündigung konnte das Gericht die Frage jedoch offen lassen.121 Der Sachverhalt ist auf das Bankgeheimnis ferner nicht übertragbar. Denn es ging in dem Fall allein um die Belassung der Kreditvaluta, also die Leistungspflichten der Bank.122 An diesem Punkt ist die Konstellation mit dem Bankgeheimnis nicht vergleichbar: Erhält das Kreditinstitut Informationen über einen Dritten, ist für die Bank ihre eigene Möglichkeit zur Schädigung evident. Es geht von vornherein nicht um das Interesse an der Vertragserfüllung, sondern um das Geheimhaltungsinteresse. 2. Landgericht Hamburg
In einem Konkursverfahren vor dem Landgericht Hamburg ging es um eine Zeugenvernehmung von Sparkassenmitarbeitern, die sich zu Bürgschaften und sonstigen Sicherheiten erklären sollten, welche einen Kredit der Sparkasse an den Bankkunden (die spätere Gemeinschuldnerin) absicherten. Das Gericht vertrat im Hinblick auf die Sicherheitengeber, durch den Abschluss von Sicherungsverträgen auf Anregung des Bankkunden und in dessen alleinigem Interesse hätten sie von vornherein dem Kreditnehmer gegenüber auf eine Geheimhaltung solcher Fakten verzichtet, die sich auf die Sicherheit beziehen. Zudem könne das Bankgeheimnis zugunsten anderer Privatrechtssubjekte eingeschränkt werden. Davon sei im entschiedenen Fall auszugehen, weil der Sicherungsgeber damit rechnen müsse, bei einer Nichterfüllung der Verbindlichkeit durch die Hauptschuldnerin in Anspruch genommen zu werden und seine Sicherheit zu verlieren.123 Diese Argumentation setzt voraus, dass das Bankgeheimnis den Sicherheitengeber grundsätzlich schützt. Denn auf eine Geheimhaltung kann nur verzichtet werden und sie bedarf nur der Einschränkung, wenn sie prinzipiell besteht.
121
OLG Zweibrücken WM 1984, 1635 (1636). Zwar lehnt Rümker, 1985, 61 (62) in seiner Urteilsanmerkung im Ergebnis einen Schutz des Gesellschafters ab. Er argumentiert hierbei jedoch ausdrücklich damit, die Drittinteressen „an der Vertragserfüllung“ seien nicht in den Vertrag einbezogen: „Insofern ist die Situation hier grundlegend anders als in den anerkannten Fällen eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte, wenn etwa Auskünfte oder Gutachten für den Schuldner erkennbar auch im Interesse eines Dritten eingeholt werden“. 123 LG Hamburg WM 1988, 1009 (1011). 122
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3. Kirch-Urteil des Bundesgerichtshofs
Der Bundesgerichtshof nahm im Kirch-Urteil demgegenüber eine strengere Position ein. Er verneinte nicht nur im Hinblick auf den Alleingesellschafter wegen der nur mittelbaren Betroffenheit sowie des konzernrechtlichen Trennungsprinzips das Vorliegen der Leistungs- sowie der Einwirkungsnähe.124 Gleichermaßen lehnte er das Bestehen dieser Voraussetzung für die Konzernobergesellschaft ab. Erstens profitiere diese – wie der Gesellschafter – mittelbar von einem Schadensersatzanspruch der Kundin. Zweitens sei sie auch durch ihre Stellung als potentielle Sicherungsgeberin nicht in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen. Als potentielle Sicherungsgeberin sei sie „nicht anders zu behandeln als etwa ein Bürge, wenn der Darlehensgeber den Bürgschaftsfall durch eine Verletzung des Darlehensvertrages herbeiführt. Insoweit ist anerkannt, dass der Bürgschaftsgläubiger in einem solchen Fall lediglich seinen Anspruch gegen den Bürgen verwirkt (BGH, Urteile vom 6. Juli 2004 – XI ZR 254/02, WM 2004, 1676, 1678 und vom 14. September 2004 – XI ZR 184/03, WM 2004, 2200, 2202; jeweils m. w. Nachw.), nicht aber dem Bürgen auf Schadensersatz aus Verletzung eines Darlehensvertrages mit Schutzwirkung zugunsten des Bürgen haftet (vgl. MünchKomm/Gottwald, BGB 4. Aufl. Bd. 2a § 328 Rn. 143).“125
Mit Recht kritisieren Cosack/Enders die „strikt angewandte formale Betrachtungsweise“ des Bundesgerichtshofs, der im zitierten Urteil bei der Konzernobergesellschaft, einer potentiellen Sicherungsgeberin, allein auf das konzernrechtliche Trennungsprinzip pochte.126 Im Ausgangspunkt ist der Argumentation durchaus zuzustimmen: Wegen des konzernrechtlichen Trennungsprinzips127 darf man einem Vertrag mit einer konzernangehörigen Gesellschaft nicht von vornherein eine Schutzwirkung für andere Konzerngesellschaften zusprechen.128 Doch kann sich der Drittschutz auf konzernangehörige Unternehmen genauso erstrecken wie auf sonstige Dritte. Der Bundesgerichtshof hätte dies anhand des konkreten Sachverhalts näher prüfen müssen.129 Ferner sollte man den angestellten Vergleich mit den Bürgschaftsfällen näher hinterfragen. 124
BGHZ 166, 84 (97 ff. Rn. 55 ff.); vgl. Ehricke, FS Derleder, S. 341 (353). BGHZ 166, 84 (99 f. Rn. 58 f.). 126 Cosack/Enders, BKR 2006, 116 (118): Der Bundesgerichtshof blende „die weiter reichenden faktischen Ausstrahlungs- und Reflexwirkungen der kreditgefährdenden Meinungsäußerung auf die Konzernobergesellschaft“ aus. 127 Dazu etwa Emmerich/Habersack, § 20 IV (S. 274 ff.). 128 Unstreitig: Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (926) m. w. N.; Kort, NJW 2006, 1098 f. 129 In diesem Sinne auch Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (926). 125
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses 4. Bürgschaftsfälle des Bundesgerichtshofs
Der Vergleich des Bundesgerichtshofs mit den Bürgschaftsurteilen überzeugt im Ergebnis nicht: In der ersten von ihm zitierten Entscheidung ging es nicht um die Frage, ob den Bürgschaftsgläubiger Schutzpflichten gegenüber dem Bürgen treffen und er diese verletzt hat. Vielmehr hatte das Kreditinstitut eine Hauptleistungspflicht (Pflicht zur Einlösung eines Schecks) gegenüber der Hauptschuldnerin verletzt. Dadurch löste sie den Bürgschaftsfall aus. Auf Grund der Pflichtwidrigkeit hatte sie ihren Anspruch gegen den Bürgen verwirkt.130 Der abgelehnte Widerklageantrag des Bürgen auf Schadensersatz bezog sich jedoch nicht auf diese Pflichtverletzung, sondern auf ein Verschulden bei Vertragsschluss wegen des Abbruchs von Vertragsverhandlungen.131 In Bezug auf diese c. i. c. lehnte das Gericht nicht grundsätzlich die Möglichkeit ab, dass ein Bürge sich auf eine Schutzpflichtverletzung berufen kann. Vielmehr verneinte es lediglich das Vorliegen der Voraussetzungen für diese Fallgruppe im konkreten Sachverhalt.132 Ähnlich lag es in dem Fall, der der zweiten Entscheidung zu Grunde lag: In Rede stand ein treuwidriges Verhalten des Kreditinstituts, weil es Kontoverfügungen (bei ausgegliederten Tochtergesellschaften der Hauptschuldnerin) bereits zu einer Zeit nicht mehr zuließ, als der gewährte Kreditrahmen bei weitem noch nicht ausgeschöpft war. Wie im soeben genannten Fall löste diese Pflichtverletzung den Bürgschaftsfall aus, womit die Bank ihren Anspruch gegen den Bürgen verwirkte.133 Auch hier stand ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Bürgen auf Grund der Pflichtverletzung nicht in Rede.134 Es ist somit schlichtweg nicht richtig, wenn der Bundesgerichtshof im Kirch-Fall meint, es sei „anerkannt, dass der Bürgschaftsgläubiger in einem solchen Fall lediglich seinen Anspruch gegen den Bürgen verwirkt“ [Hervorhebung nicht im Original].135 Weder sind die zitierten Entscheidungen mit dem entschiedenen Sachverhalt vergleichbar (Leistungs- statt Schutzpflichten) noch formulieren sie eine Beschränkung auf die Rechtsfolge Verwirkung. 130
BGH WM 2004, 1676 (1678 f.). Einen Anspruch auf Schadensersatz wegen der Pflichtverletzung gegenüber der Hauptschuldnerin (Nichteinlösung des Schecks) hatte der Bürge im Sachverhalt nicht geltend gemacht. 132 BGH WM 2004, 1676 (1680). 133 BGH WM 2004, 2200 (2202). 134 Dass der Bürge einen über die eigene Inanspruchnahme hinausgehenden Schaden durch die verweigerten Kontoverfügungen bei den Tochtergesellschaften der Hauptschuldnerin hatte, ist ohnehin unwahrscheinlich. 135 BGHZ 166, 84 (99 f. Rn. 58 f.). 131
§ 29 Ausweitung des Schutzes auf Nichtkunden
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Die vom Bundesgerichtshof zitierte Kommentierung von Gottwald ist differenzierter, als die Fundstellenangabe in der Kirch-Entscheidung es nahe legt. Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen könne auch zugunsten Dritter (Ehegatten oder Gesellschaften, denen der Kunde angehört) bestehen. Der Kreditvertrag zwischen der Bank und einer GmbH entfalte aber „idR keine Schutzwirkung zugunsten von Gesellschaftern,“ . . . „auch wenn diese für den Kredit Sicherheiten aus ihrem Privatvermögen gestellt haben“.136 Dieses Ergebnis (ohne Begründung) ähnelt einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm. 5. Oberlandesgericht Hamm
Dieses Gericht verneinte einen Schadensersatzanspruch des Alleingesellschafters einer Darlehensnehmerin mit der Begründung, dem Leistungsverhältnis fehle die inhaltliche Drittbezogenheit. Denn der Gesellschafter sei von der Darlehensgewährung und deren Fortbestand nur mittelbar betroffen; eine direkte Berührung zur Darlehensleistung (also der Leistung) bestehe nicht. „Insoweit“ bestünde „kein eigenes Schutzbedürfnis des Gesellschafters, das dessen Einbeziehung in den Schutzkreis rechtfertigen könnte“.137 Schutzpflichten, insbesondere Verschwiegenheitspflichten, sind m. E. hiermit nicht vergleichbar. Denn bei ihnen geht es nicht um das Leistungsverhältnis zwischen den Parteien, sondern um die Vertrauensbeziehung als gesetzliches Schuldverhältnis. Auf diesen Punkt gehen Gottwald und das Oberlandesgericht Hamm jedoch nicht ein.138 Die dargestellten Entscheidungen sind daher kein Beleg für den Umgang der Judikatur mit der Einbeziehung von Sicherheitengebern in den Schutzbereich eines Rechtsgeschäftes. Eine Einbeziehung kann sich folglich nur aus allgemeinen Grundsätzen zum vertraglichen Drittschutz ergeben. Der folgende Abschnitt wird deshalb untersuchen, welche Eigenschaften dieser Rechtsfigur für das Bankgeheimnis Bedeutung entfalten und welche Konsequenzen sich hieraus für die Anwendung auf das Bankgeheimnis ergeben.
136
Gottwald in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 156. OLG Hamm MDR 1999, 556 (557). 138 In dem Sachverhalt fehlte es zudem bereits an einer Pflichtverletzung der Bank, da die (angeblich rechtswidrige) Kündigung des Darlehens rechtmäßig war: OLG Hamm MDR 1999, 556 (557). Das Gericht thematisierte deshalb gar nicht, ob ein Sicherungsgeber in bestimmten Fällen durch bestimmte Pflichtverletzungen doch unmittelbar betroffen sein kann. 137
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
§ 30 Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte: Anwendung auf das Bankgeheimnis Prüft man die Erstreckung des Bankgeheimnisses auf Nichtkunden, muss man bei der Lehre vom Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ansetzen. Wie Schutzpflichten befindet sie sich in einem Graubereich zwischen Vertrags- und Deliktsrecht.139 Aufgabe der vorliegenden Abhandlung ist nicht, die Rechtsfigur ausführlich zu beleuchten. Sie überlässt dies den vielen lehrreichen Darstellungen, die sich bereits erschöpfend mit dem Thema beschäftigten.140 Doch lohnt sich eine grundlegende Betrachtung des Rechtsinstituts: Wie die Sonderverbindung zur Begründung von Schutzpflichten legitimiert auch dieses Institut „außerdeliktische Schutzpflichten zwischen Personen, die in keiner sonstigen unmittelbaren Beziehung zueinander stehen“.141 Bei der Frage der Drittwirkung von Schutzpflichten wie dem Bankgeheimnis vereinen sich beide Institute. Um diesem Zusammenhang auf die Spur zu kommen und für das Bankgeheimnis fruchtbar zu machen, stellt die Untersuchung in einem ersten Schritt die gewohnheitsrechtliche Herleitung der Rechtsfigur dar (lit. I). Dabei wird sich zeigen, dass das Institut im Kern auf den gleichen Pfeilern ruht wie das Bankgeheimnis: Anders als die gängige Einstufung ins Vertragsrecht vermuten ließe, handelt es sich um eine gesetzliche Haftung, die normativ eine Vertrauenshaftung darstellt (lit. II, III). Auf der Grundlage dieses Verständnisses stellt die Arbeit die einzelnen Voraussetzungen für eine Drittschutzwirkung dar und entnimmt ihnen die wesentlichen Wertungen, die dem Schutz des Dritten zu Grunde liegen. Die Ergebnisse wendet sie auf das Bankgeheimnis an und öffnet so den Blick für den Schutz von Nichtkunden (lit. V). I. Richterrechtliche Herausbildung einer Haftung gegenüber Dritten Im Laufe des letzten Jahrhunderts hat sich die Rechtsfigur des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter etabliert.142 Prinzipiell kann jedes 139
Eingehend Hirte, S. 386 ff.; vgl. auch Zugehör, NJW 2000, 1601 (1602). Statt vieler: von Caemmerer, FS Wieacker, S. 311 ff.; Gernhuber, FS Nikisch 1958, 249 ff.; Gottwald in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 106 ff.; Strauch, JuS 1982, 823 ff. sowie die Monographien von Keitel und Kümmeth; umfassend zur Auskunftshaftung Hirte, S. 386 ff.; aus rechtsvergleichender Sicht Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 ff.; aktuell und ausführlich Papadimitropoulos – jeweils m. w. N. 141 P. Krebs, Sonderverbindung, S. 139 f. 142 Das Reichsgericht in RGZ 127, 218 (222–224) sowie später der Bundesgerichtshof in BGHZ 133, 168 (170 ff.) beschreiben die richterliche Rechtsfortbil140
§ 30 Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte
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Schuldverhältnis eine Drittschutzwirkung entfalten.143 Aus den Ursprüngen der Rechtsfigur erklärt sich, wie ihre Voraussetzungen jedenfalls im Hinblick auf das Bankgeheimnis verstanden werden sollten. 1. Haftung über § 328 BGB im Kreissägen- und Gasuhr-Fall
Die Anfänge der Lehre zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter lassen sich anhand von zwei Fällen vor Augen führen: Im sogenannten Kreissägen-Fall aus dem Jahr 1920144 sprach sich das Reichsgericht vorsichtig dafür aus, durch ergänzende Vertragsauslegung einen Drittschutz im Sinne des § 328 Abs. 2 BGB anzunehmen. Der erkennbare Vertragszweck dürfe als objektiver Maßstab für die Ermittlung des Vertragsinhalts dienen.145 Die sogenannte Gasuhr-Entscheidung erstreckte ein Jahrzehnt später den Schutz auf eine (durch einen Pflichtverstoß eines Vertragspartners verletzte) Hausangestellte der anderen Vertragspartei, ebenfalls unter Zuhilfenahme des § 328 BGB.146 Bei der Begründung für die Ausweitung der Haftung legte sich das Reichsgericht nicht auf ein dogmatisches Fundament fest. Es argumentierte mit dem Zweck des Rechtsgeschäftes, der Verkehrssitte sowie vor allem mit dem durch ergänzende Vertragsauslegung gewonnenen Parteiwillen. Als nicht ausschlaggebend erkannte es, ob sich die Parteien beim Vertragsschluss der Tragweite ihrer Erklärungen bewusst waren.147
dung anhand zahlreicher Entscheidungen. Dass es nicht um einen Vertrag zugunsten Dritter i. S. d. § 328 BGB geht, sondern um eine eigene Rechtsfigur, erkannte erstmals Larenz, NJW 1956, 1193; zur historischen Entwicklung aus der neueren Literatur etwa Hirth, S. 15 ff.; Papadimitropoulos, S. 23 ff, 62 ff.; Ziegltrum, S. 11 ff. 143 Str., wie hier Papadimitropoulos, S. 19 m. w. N. 144 Dort vereinbarte eine Schreinerei mit einem Feldwebel, dessen Untergebener dürfe die betriebseigene Kreissäge benutzen. Weil ein Angestellter der Schreinerei eine Unfallverhütungsvorschrift nicht beachtete, verletzte sich der Untergebene des Feldwebels an der Kreissäge. 145 RGZ 98, 210 (212). 146 RGZ 127, 218 ff.: Darin bestellte eine Vermieterin ein Unternehmen, das in einer Wohnung eine Gasuhr verlegen sollte. Der Monteur beging einen Fehler, der zum Ausströmen von Gas und dadurch zu einer Explosion führte. Auf Grund dessen verletzte sich eine Bedienstete der Vermieterin. Sie verklagte das Unternehmen mit Erfolg auf Schadensersatz. Obgleich also die Vereinbarung über die Hauptleistungspflichten zwischen der Vermieterin und dem Unternehmen geschlossen wurde, sprach das Gericht der Bediensteten einen Sekundäranspruch aus diesem Vertrag zu. Ihr Integritätsinteresse war damit nicht nur über das Deliktsrecht geschützt, sondern zusätzlich durch das Rechtsverhältnis zwischen zwei anderen Personen. 147 RGZ 127, 218 (222, 225).
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses 2. Der dogmatische Widerspruch bei der Herleitung der Rechtsfigur
Diese Konstruktionen verdeutlichen die dogmatische Schwierigkeit der Schutzwirkung für Dritte: Einerseits ist eine Anlehnung an eine privatautonome Abrede erforderlich. Andererseits streben die Parteien typischerweise nur eine mangelfreie Vertragsabwicklung an, so dass ein Drittschutz einer Anknüpfung an die Verkehrssitte und an den objektiven Vertragszweck bedarf. Obgleich es um den Schutz des Integritätsinteresses ging, bettete das Reichsgericht ihn vor allem in eine vertragliche Form. Diese Vorgehensweise ist insofern verständlich, als die Unterscheidung zwischen Nebenleistungs- und Schutzpflichten erst einige Jahre später Eingang in die Rechtswissenschaft fand.148 Überdies löste erst die Ausführung einer vertraglichen Leistung die Verletzung aus. Die Bezugnahme auf die rechtsgeschäftlichen Abreden zur Benutzung der Kreissäge sowie über die Installation der Gasuhr lag somit nahe, obgleich ein dahingehender Parteiwille fehlte. Diese grundsätzlichen Schwierigkeiten (keine vertragliche und keine gesetzliche Rechtsgrundlage) blieben im Kern – trotz Änderungen der Rechtsprechung auf diesem Gebiet149 – bis heute bestehen.150 Die Problematik erinnert an diejenige der dogmatischen Grundlage für Schutzpflichten überhaupt.151 Wie bei den Schutzpflichten zwischen den beiden Vertragsparteien ist die Verortung des Drittschutzes zwischen Vertrags- und Deliktsrecht unklar.152 Diese Parallele ist – wie noch zu zeigen sein wird – kein Zufall. 3. Keine Lösung des Problems durch die spätere Rechtsprechung
Bei der richterlichen Rechtsfortbildung hielt sich die Judikatur über all die Jahrzehnte an den durch das Reichsgericht vorgezeichneten Weg. Wohl wegen der problematischen Herleitung der Rechtsfigur ließen und lassen die Gerichte nicht immer erkennen, wie sie dogmatisch zu einer Drittschutzwirkung kommen. Sie nennen die vertragliche und die gesetzliche Grundlage alternativ153 oder beschäftigen sich mit der Thematik nicht.154 148
Vgl. S. 105. Namentlich das Verlassen von § 328 BGB als Anker für die Rechtsfigur sowie die Entwicklung der einzelnen Kriterien – hierzu etwa Papadimitropoulos, S. 62 ff. m. w. N. 150 Vgl. zur Expertenhaftung Kersting, S. 33 f. 151 Dazu bereits oben S. 92 ff. 152 BGHZ 66, 51 (57); BGH NJW 1977, 2073 (2074) m. w. N. (Beim Ersatz reiner Vermögensschäden wollte die Rechtsprechung den Kreis der Geschützten besonders streng ziehen, weil die Grenzen zwischen Vertrags- und Deliktsrecht nicht „in unerträglicher Weise verwischt werden“ sollen.) 149
§ 30 Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte
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Mittlerweile wird man behaupten können, dass sich die Judikatur weitgehend155 darauf festgelegt hat, den Drittschutz als Ausfluss der jeweiligen Parteivereinbarung zu konstruieren.156 Den Parteiwillen ermitteln sie dabei indes meist anhand des objektiven Vertragsinhalts und -zwecks157 oder der „objektiven Interessenlage“158. Über diesen Umweg wirkt automatisch ein objektives Moment in die Haftungsvoraussetzungen hinein. Angesichts des häufig nicht feststellbaren ausdrücklichen Parteiwillens bestimmt es über den Weg einer ergänzenden Vertragsauslegung letztlich die Reichweite des Instituts,159 und zwar auch im Hinblick auf den Drittschutz bei Schutzpflichten.160
153
BGHZ 56, 269 (273); 126, 297 (302): „im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben §§ 157, 242 BGB“; BGH NJW 1965, 1955 (1957): „Sinn und Zweck des Vertrages unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben“; 1975, 867 (868): „selbst wenn sich die Annahme eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht auf ergänzende Vertragsauslegung, sondern auf § 242 BGB stützt“; 1977, 2073 (2074): . . . „gleichgültig, ob die Rechtsstellung der Kinder im Wege ergänzender Vertragsauslegung aus dem Vertrag abgeleitet oder auf § 242 BGB gestützt wird“. 154 BGHZ 66, 51 (56 f.) lässt die Frage ausdrücklich offen; zahlreiche Nachw. zu diesem Punkt bei Papadimitropoulos, S. 64 Fn. 240 und 241. Vgl. auch Ziegltrum, S. 25 ff. 155 Oft bleibt die genaue Rechtsgrundlage unklar, z. B. BGHZ 49, 350 (353 f.); 61, 227 (233); im Bankrecht im Fall eines Lastschriftverfahrens (direkter Schadenersatzanspruch eines Bankkunden gegenüber der Bank seines Schuldners) BGHZ 69, 82 (89): „Die Schutzpflicht beruht nicht auf dem Abkommen, sondern auf den dargelegten Rechtsverhältnissen, ihrem Vertragszweck und dem Grundsatz von Treu und Glauben, und sie wären im Übrigen auch anzunehmen, wenn es das Bankenabkommen nicht gäbe.“ 156 RGZ 127, 218 (219 ff.); BGHZ 33, 247 (249); 133, 168 (170); 138, 257 (261); BGH NJW 1954, 874; 1984, 355 f.; 1995, 51 (52); 1995, 2551 (2552); 2004, 3420 (3422); der Rspr. folgend Grüneberg in: Palandt, § 328 Rn. 14; vgl. hierzu auch Gernhuber, FS Nikisch 1958, 249 (261 ff.). 157 BGHZ 66, 51 (57); 126, 297 (303); 138, 257 (261); BGH NJW 1954, 874; BGH NJW 2001, 3115 (3116); vgl. von Caemmerer, FS Wieacker, S. 311 (319). 158 So ausdrücklich BGH NJW 1984, 355 (356): „Frage, unter welchen Voraussetzungen allein aufgrund der objektiven Interessenlage – d. h. also ohne einen konkreten Anhaltspunkt in ausdrücklichen Parteierklärungen oder im sonstigen Parteiverhalten – die stillschweigende Vereinbarung einer Schutzpflicht für Dritte anzunehmen ist“; fast genauso BGH NJW 1987, 1758 (1759). 159 Vgl. hierzu Henckel, AcP 159 (1960/1961), 106 (121), der ebenfalls meint, bei der ergänzenden Vertragsauslegung handele es sich eigentlich um die Anwendung objektiven Rechts; Papadimitropoulos, S. 62 ff.; a. A. etwa Sutschet, S. 99 m. w. N. 160 Alle jeweils ohne nähere Begründung und ohne es zu problematisieren: BGHZ 1, 383 (386); 5, 378 (384); 24, 325 (327); 133, 168 (170 f.) m. w. N.; BGH NJW 1954, 874; 1987, 1758 (1759).
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses 4. Schrifttum uneinheitlich
Das Schrifttum ist in Bezug auf die dogmatische Ausgestaltung der Rechtsfigur ähnlich gespalten wie die Rechtsprechung. Dies hat sich durch die gesetzliche Regelung des § 311 Abs. 3 BGB nicht geändert, obwohl sie die Möglichkeit einer Sonderverbindung zwischen Nicht-Vertragsparteien voraussetzt.161 Die Mehrzahl der Autoren gelangt wie die Gerichte zu dem Problem, dass ein Wille der Vertragsschließenden zur Begründung einer Schutzwirkung für Dritte fehlt.162 Eine erste Meinung befürwortet dennoch das Festhalten an der vertraglichen Wurzel der Schutzwirkung, etwa unter Berufung auf das Interesse des Gläubigers am Schutz des Dritten.163 Andere gehen den Mittelweg und vertreten eine „objektiv-normative ergänzende ‚Auslegung‘ “ der tatsächlichen rechtsgeschäftlichen Abrede.164 Demgegenüber lehnen wieder andere diesen Ansatz wegen der Annahme einer Willensfiktion ab und stufen ihn als gesetzliches Haftungsinstrument ein.165 Ihnen schließt sich die vorliegende Arbeit aus den im Folgenden erläuterten Gründen an. II. Gesetzlicher Drittschutz im Kleid einer Vertragshaftung Das Vorgehen der Rechtsprechung ist unbefriedigend: Sie kleidet den gesetzlichen Drittschutz in eine Vertragshaftung. Dabei lässt sich sein gesetzlicher Charakter kaum leugnen. 161 Der Gesetzgeber wollte nur in Satz 2 exemplarisch die aus seiner Sicht wichtigste Fallgruppe erfassen und überließ sonstige Schutzwirkungen zugunsten Dritter bewusst der weiteren richterrechtlichen Entwicklung, vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 162 f.; Emmerich in: MünchKomm BGB, § 311 Rn. 232 und Gottwald, ebenda, § 328 Rn. 111; Grüneberg in: Palandt, § 311 Rn. 60; Hirse in: Kompaktkommentar, § 311 Rn. 20; Schwab, JuS 2002, 872 (873). 162 Z. B. Canaris, JZ 1965, 475 (478); Gernhuber, FS Nikisch 1958, 249 (261); Gottwald in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 109; Grigoleit, LMK 2005, 51; Honsell, FS Medicus, S. 211 (233); Keitel, S. 61 ff. m. w. N.; ausführlich zu den Konsequenzen dieser Feststellung Kümmeth, S. 69 ff.; Ziegltrum, S. 116 f. m. w. N. 163 von Caemmerer, FS Wieacker, S. 311 (315); Hirte, S. 425, weil der Personenkreis enger als bei der Jedermannshaftung des Deliktsrechts sei. Vgl. auch Ehricke, FS Derleder, S. 346 f. m. w. N. in Fn. 27 (zu beiden Ansichten). 164 Gottwald in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 111 m. w. N.; Henckel, AcP 159 (1960/61), 106 (121); hier einzuordnen wohl auch Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 (22 ff.). 165 Wegweisend diesbezüglich Larenz, NJW 1956, 1193; ihm folgend Canaris, ZHR 163 (1999), 206 (222 ff.); ders., JZ 1965, 475 (478); ebenso Diers, S. 83; Grigoleit, LMK 2005, 51 m. w. N.; Kramer in: MünchKomm BGB, Einl. § 241, Rn. 28; Kümmeth, S. 153 ff.; weitere Nachw. bei Keitel, S. 66 ff.; als Gewohnheitsrecht bezeichnet von Gernhuber, FS Nikisch 1958, 249 (269).
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1. Orientierung der Rechtsprechung an Treu und Glauben
Zum einen hat sich die Rechtsfigur immer mehr von dem tatsächlichen Willen der Vertragsschließenden entfernt, ohne die vertragliche Rechtsgrundlage in Frage zu stellen. Bei der Durchsicht der Judikatur gewinnt man jedoch den Eindruck, sie glaube selbst nicht mehr an den vertraglichen Charakter. Normativ orientieren sich die Gerichte stärker an dem Gedanken von Treu und Glauben. Neben den bereits genannten Entscheidungen,166 zeigt sich dies etwa bei der folgenden Formulierung: . . . „weil dieses von der Rechtsprechung entwickelte Institut allein dazu dient, einen anderweitig nicht oder jedenfalls nicht angemessen gewährleisteten Schutz des Dritten zu eröffnen.“167 Handelte es sich um eine bloße Vertragsauslegung, wäre bereits die Bezeichnung als „Institut“ verfehlt. Vor allem muss bei rein privatautonom begründeten Pflichten der Schutz einer Person nicht „angemessen“ sein. Es käme allein auf den (willkürlichen) Parteiwillen an. Auf ihn berufen sich die Gerichte zwar noch, er spielt für sie offensichtlich keine allzu große Rolle mehr.168 In diese Richtung scheint der Bundesgerichtshof bereits im Jahre 1978 gedacht zu haben: Er sah als Fundament des Drittschutzes expressis verbis die „Gerechtigkeit“; seine Wurzel sei letztlich der Grundsatz von Treu und Glauben.169 Die Judikatur anerkennt in der Sache damit eine gesetzliche Haftung gegenüber vertragsnahen Dritten, allerdings im Kleid einer rechtsgeschäftlichen Haftung.170
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Vgl. soeben Punkt 3. BGH NJW 2002, 3625 (3626). 168 Nur wenn man einen gesetzlichen Drittschutz überhaupt ermöglicht, ist der Ansatz des Bundesgerichtshofs verständlich, bei bestimmten Vertragstypen wegen ihres Wesens und ihrer Struktur zurückhaltend zu sein – so zum Anwaltsvertrag BGH NJW 1977, 2073 (2074). Denn wäre allein der Wille der Vertragsschließenden maßgeblich, könnte es nicht auf die Art des Vereinbarung, sondern allein auf ihren vom subjektiven Parteiwillen geprägten konkreten Inhalt ankommen. 169 BGHZ 70, 327 (330); ähnlich 51, 91 (96); 61, 227 (233); den Widerspruch in der Rspr. betont z. B. auch Grigoleit, LMK 2005, 51 (52) im Hinblick auf BGH NJW 2004, 3420 ff. 170 Zur Vermeidung von Missverständnissen sei noch ausgeführt: Angesichts des Grundsatzes der Privatautonomie ist die Einbeziehung durch eine eindeutige Parteivereinbarung auf jeden Fall zulässig. Fehlt, wie in den meisten Fällen, jedoch eine vertragliche Bestimmung über eine Schutzwirkung für Dritte, können solche Schutzpflichten zugunsten Dritter (wie die Rücksichtspflichten sonst auch) lediglich auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Die Rechtsfigur kann somit auf beiden Fundamenten beruhen, auf dem rechtsgeschäftlichen und dem gesetzlichen. 167
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses 2. Kriterium der erhöhten Einwirkungsmöglichkeit des Berufsträgers
Dass die Gerichte den Schutzbereich eines Vertrages über gesetzliche Wertungen zu bestimmen versuchen, zeigt sich auch in anderen Bereichen. So stellte der Bundesgerichtshof beim Anwaltsvertrag mit einer GmbH darauf ab, wessen Vermögen die mit der Leistung verbundenen Gefahren treffen.171 Mit anderen Worten: Die Haftung gründete sich auf die erhöhte Einwirkungsmöglichkeit des Berufsträgers auf die Rechtsgüter einer Person, nicht auf die Abreden mit seiner Vertragspartnerin.172 Diese Einwirkungsmöglichkeit wird erst durch den Gläubiger geschaffen. 3. Sachverständigenhaftung nur als berufliche Vertrauenshaftung verständlich
Anschaulich wird die gesetzliche Natur des Drittschutzes überdies am Beispiel der sogenannten Sachverständigenhaftung. So nehmen die Gerichte eine Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages insbesondere bei Gutachten von staatlich anerkannten Sachkundigen an.173 Soweit sie den Drittschutz überhaupt noch begründen, argumentieren sie u. a.174 mit dem besonderen Vertrauen, das dem Gutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen im Geschäftsverkehr beigemessen wird.175 Es handle 171 Weil der Anwalt unmittelbaren Einfluss auf die Vermögensinteressen auch der Gesellschafter gehabt habe, seien diese in den Schutzbereich des Vertrages einbezogen: BGH NJW 2000, 725 (727); ähnlich der umgekehrte Fall BGH NJW 1986, 581 (582). 172 Mit Recht ordnet Gottwald in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 111 f. die Entstehung eines Drittschutzes als willensunabhängiges Geschehnis ein. Maßgebende Faktoren der Haftung seien die typischen sozialen Interessen, die sich am Zweck des Hauptschuldverhältnisses, den legitimen Erwartungen des Dritten sowie den Grundsätzen der Billigkeit orientieren. Zu schließen zudem aus BGHZ 126, 297 (302 f.); ähnlich schon Larenz, NJW 1956, 1193 (1194). 173 St. Rspr.: BGHZ 127, 378 (380); 133, 168 (172) m. w. N.; 138, 257 (261); 145, 187 (197); 159, 1 (4); BGH NJW 1984, 355 (356); 1987, 1758 (1759); 2001, 3115 (3116); 2002, 3625 (3626); 2004, 3420 (3421); ausführlich hierzu Canaris, ZHR 163 (1999), 206 ff. 174 Daneben mit der Beweiskraft eines solchen Gutachtens: BGHZ 127, 378 (380); 159, 1 (4); BGH NJW 1987, 1758 (1759). 175 BGHZ 145, 187 (197): „Dieser Rechtsprechung liegt der allgemeine Rechtsgedanke zugrunde, daß für die Vollständigkeit und Richtigkeit der in Verkehr gebrachten Angaben jeder einstehen muß, der durch von ihm in Anspruch genommenes und ihm auch entgegengebrachtes Vertrauen auf den Willensschluß der Kapitalanleger Einfluß genommen hat“; BGH NJW 2001, 3115 (3116): „Das besondere Vertrauen, das dem Gutachten eines öffentlich-bestellten Sachverständigen im Geschäftsverkehr beigemessen wird, beruht auf der begründeten Erwartung, dass dieser das Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und dafür Dritten gegen-
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sich um eine „Berufshaftung der Experten gegenüber Dritten, die auf dem besonderen Vertrauen beruht, das Experten auf Grund der von ihnen erwarteten beruflichen Sachkunde und persönlichen Zuverlässigkeit in Anspruch nehmen“. Die Sachverständigen könnten nicht nur für die Richtigkeit von Angaben haften, sondern auch dafür, dass sie bestimmten Informationen Unbedenklichkeit und Glaubwürdigkeit verleihen.176 Grund hierfür sei die erhöhte Gefahr für den Empfänger.177 Mittelpunkt der Argumentation ist allein das Gutachten, das Verhalten des Berufsträgers.178 Der Drittschutz stützt sich somit auf objektive Verkehrsschutzinteressen, mithin eine gesetzliche Wertung.179 Die Parallelen zum Bankgeheimnis liegen auf der Hand: Der Berufsträger haftet, weil er ein besonderes berufsspezifisches Vertrauen in Anspruch nimmt und zu einer Person in eine rechtsgeschäftliche Gefahrennähe gerät. Der Drittschutz wird damit wie das Bankgeheimnis zu einem Unterfall der beruflichen Vertrauenshaftung.180 über einsteht.“; BGH NJW 2002, 3625 (3626 zu Ziff. 2 lit. c): „Anlass zu einem Vertrauen in das Vorliegen einer abschließenden Bewertung“. 176 BGH NJW 2004, 3420 (3421; ähnlich S. 3422). 177 BGH NJW 2004, 3420 (3421). In Anbetracht der rechtsgeschäftlichen Anknüpfung der Haftung müsste diese Begründung irritieren: Der Blickwinkel verschiebt sich vom Willen der Vertragsparteien hin zu dem Dritten. Er ist es, der berechtigte Erwartungen an die Sorgfalt bestimmter Berufsträger hat. Er vertraut auf ihre Sachkunde. Er ist gefährdet, weil der Gutachter seinen Beruf nicht so ausübt, wie dies üblich ist und von ihm erwartet wird. 178 Die Parallelen zur beruflichen Auskunftshaftung sind unverkennbar. Der Unterschied zwischen einer Gutachterhaftung im Rahmen eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte und einer Auskunftshaftung besteht allein in der Abhängigkeit von der rechtsgeschäftlichen Sonderverbindung. Die vertragsähnliche Nähe bei der Auskunftshaftung ergibt sich durch den geschäftlichen Kontakt, den der Auskunftssuchende zum Berufsträger herstellt und dieser durch die Auskunftserteilung annimmt. Bei den Gutachten entsteht eine vertragsähnliche Nähe dadurch, dass der Gutachtenbesteller die Auskunft an bestimmte Dritte weitergibt, was dem Gutachter erkennbar ist. Bei beiden Fallgruppen wird durch die Anknüpfung an eine Sonderverbindung eine Haftung des Berufstätigen verhindert, die gegenüber jedermann wirkte und damit im Grunde deliktischer Natur wäre. Näher zum Ganzen Canaris, JZ 1998, 603 ff. 179 Konsequent zu Ende gedacht, unterstellt die Rechtsprechung den Parteien des Gutachtenauftrages durch die rechtsgeschäftliche Einbettung damit letztlich, den Schutz des Rechtsverkehrs zu beabsichtigen. Das ist lebensfremd: Die stillschweigende Einbeziehung eines Geschädigten in den Schutzbereich eines Vertrages werden die Parteien nie vom Vertrauen des Dritten abhängig machen. Angesichts des vertraglichen Ansatzes wäre es konsequent gewesen, in den Gutachtenvertrag allein den Schutz des konkreten Dritten hineinzuinterpretieren (– und selbst das könnte man in manchen Fällen noch als gewagt bezeichnen). 180 In diese Richtung geht die Rspr. begrifflich bereits, wenn sie in solchen Fällen ausdrücklich von einer „Expertenhaftung“ spricht: BGH NJW 2004, 3420 (3422).
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
Wie bei den Schutzpflichten erörtert, ist ein über den deliktischen Verkehrsschutz hinausgehendes Vertrauen nur berechtigt, wenn es auf einer „Geschäftsverbindung“, auf einer Sonderverbindung beruht.181 Die Inanspruchnahme des Berufsträgers verlangt ein geschäftliches Näheverhältnis. In den Sachverhalten des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kann der Kreis der Geschützten nicht nach dem vorhandenen direkten geschäftlichen Kontakt zwischen dem Berufsträger und dem Geschädigtem bestimmt werden. Vielmehr ist die Nähebeziehung eine mittelbare. Der Gutachtenerstatter lässt es zu, dass sein Vertragspartner einem bestimmbaren Personenkreis Zugang zu dieser Sonderverbindung gewährt, in dem er ihnen das Gutachten übermittelt. Weil er weiß, dass diese Dritten auf seine Expertise besonders vertrauen, muss er sich den durch den Vertragspartner faktisch hergestellten Geschäftskontakt wie ein selbst hergestelltes rechtsgeschäftliches Näheverhältnis zurechnen lassen.182 Es entstehen damit Schutzpflichten gegenüber diesen Dritten. Das gegenüber dem allgemeinen Rechtsverkehr gesteigerte Vertrauen des Dritten ist nur gerechtfertigt, falls es an eine solche Sonderverbindung zum Schuldner knüpft.183 Zusammengefasst stützt sich die Haftungsbegründung also auf folgende Punkte: Zwischen zwei Personen (Gläubiger und Schuldner) besteht eine Sonderverbindung (meist ein Vertrag). Der Schuldner der Schutzpflicht lässt zu, dass der Gläubiger eine Nähebeziehung zu einem Dritten herstellt. Dadurch entsteht eine erhöhte Gefährdung des Dritten, der – wie der Gläubiger selbst – auf die besondere Rücksichtnahme des Schuldners auf seine Rechtsgüter vertrauen darf. 4. Vertraglicher Drittschutz insbesondere bei Schutzpflichten Fiktion
Der gesetzliche Charakter des Drittschutzes zeigt sich noch deutlicher im Zusammenspiel mit den Schutzpflichten: Schon die Rücksichtspflicht zwi181 Schon das allgemeine Deliktsrecht durchzieht ja der Gedanke, dass jeder, der eine Gefahrenquelle schafft und beherrscht, Vorkehrungen zur Abwendung der hieraus Dritten drohenden Gefahren zu treffen habe, vgl. nur RGZ 121, 404 (407); BGHZ 5, 378 (380). Die Steigerung der Rechtspflicht rechtfertigt sich daher nur bei einem engeren Schuldverhältnis. 182 Bei einer drittschützenden Auskunftserteilung muss sich der Schuldner z. B. bewusst gewesen sein, dass sein Verhalten für den Dritten bedeutsam und als Grundlage entscheidender Vermögensdispositionen dienen werde: BGH NJW 1991, 352. 183 Zum gleichen Ergebnis kommt die Rspr. auf der Basis sowohl einer vertraglichen als auch einer gesetzlichen Konstruktion der Rechtsfigur: BGHZ 33, 247 (250); 56, 269 (272); BGH NJW-RR 1998, 1343 (1344) – stillschweigender Auskunftsvertrag zwischen der Bank und dem Dritten aus, zu Bsp. aus dieser Fallgruppe näher Canaris, ZHR 163 (1999), 206 (212 ff.) m. w. N.
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schen zwei Vertragspartnern hat keinen vertraglichen Ursprung.184 Man kann nicht die Schutzpflichten innerhalb einer rechtsgeschäftlichen Nähebeziehung weiterhin als gesetzliche charakterisieren und gleichzeitig einen Parteiwillen gerichtet auf Schutzpflichten zugunsten Dritter annehmen. Wenn die Parteien untereinander die – leistungsunabhängigen – Rücksichtspflichten nicht vereinbaren, weshalb sollten sie privatautonom die Schutzpflichten zu Gunsten eines anderen regeln? Oder umgekehrt gefragt: Wenn die Schutzpflichten sogar innerhalb einer rechtsgeschäftlichen Beziehung nicht auf Vertrag beruhen, weshalb sollten sie gerade beim Drittschutz auf den Parteiwillen zurückzuführen sein?185 Streben potentielle oder tatsächliche Vertragspartner nicht einmal eine gegenüber dem Deliktsrecht verstärkte Bindung in Bezug auf den Schutz der eigenen Rechtsgüter an, so ist ein konkludenter Wille zum Schutz von Rechtsgütern Dritter erst recht Fiktion.186 Dennoch schlagen diesen Weg – ohne darin einen Widerspruch zu erkennen – wie gezeigt oft die Gerichte und mit ihnen viele Vertreter des Schrifttums ein. Die Rechtsprechung hatte auch bei den Schutzpflichten immer Schwierigkeiten mit der dogmatischen Einordnung.187 Mittlerweile ist ihr gesetzlicher Charakter weitgehend anerkannt.188 Bei der Erstreckung des Schutzes auf Dritte ist dieser – konsequente – Schritt noch nicht vollzogen. Von den dargestellten Drittschutzlösungen189 bleibt somit nur das objektivnormative Element übrig, also die Anwendung des dispositiven Gesetzesrechts.190 Vorschriften über den Drittschutz fehlen; auch der neue § 311 184
Dazu S. 110 ff. Das Problem erkannte schon früh Canaris, JZ 1965, 475 (480): Die Rechtsfigur sei auf Schutzpflichten nicht einfach anzuwenden, weil das die Schutzwirkung zugunsten eines Dritten vermittelnde Sonderverbindung selbst kein Leistungsverhältnis sei, sondern selbst ein gesetzliches Schuldverhältnis. 186 Anders kann dies bei leistungsbezogenen Nebenpflichten sein, z. B. wenn der Schaden beim Dritten auf Grund einer Leistungsstörung entstanden ist, etwa im Testaments- sowie im Wertgutachtenfall bei Medicus, SchR I, § 67 Rn. 778. Der Dritte hat in diesen Fällen zwar kein eigenes Forderungsrecht auf die Leistung, aber durchaus ein Leistungsinteresse. Nach der hier vertretenen Ansicht ist damit nicht vergleichbar das in der gleichen Rn. erwähnte Urteil BGHZ 163, 209 (217 ff.). Darin ging es um die Pflicht eines Arztes, der Ehefrau die HIV-Infektion ihres Gatten mitzuteilen. Die Gefährdung der Dritten entstand nicht durch die fehlende oder fehlerhafte ärztliche Behandlung als vertragliche Hauptleistung, sondern durch das Unterlassen der Mitteilung. Diese Schutzpflicht geht über das Interesse an einer mangelfreien Leistung hinaus. 187 Vgl. S. 110 ff. 188 Vgl. 3. Kapitel Fn. 111. 189 Dazu oben S. 278 ff. 190 Eingehend zur a. A. Jagmann in: Staudinger, § 328 Rn. 94 m. w. N., der sich am Vertragszweck orientiert und mit dem Äquivalenzinteresse argumentiert. In Bezug auf Geheimhaltungspflichten ist dieser Gedanke kaum übertragbar. 185
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
Abs. 3 BGB gibt keine Hilfestellung.191 Eine Schutzwirkung von Schutzpflichten zugunsten Dritter lässt sie sich folglich nur über die bereits zum Bankgeheimnis diskutierten Haftungsmodelle begründen.192 Erneut gelangt man über die Lehre eines gesetzlichen Schuldverhältnisses ohne primäre Leistungspflichten zur rechtsgeschäftlichen Sonderverbindung.193 Diese Lösung findet mittlerweile wohl die meisten Anhänger.194 Sie überträgt die Lehre von den Schutzpflichten konsequent auf eine Drei-Personen-Beziehung.195 III. Zwischenergebnis: Normative Rechtsgrundlage bei Bankgeheimnis und Drittschutz identisch Die Drittschutzwirkung beruht wie die Schutzpflicht des Bankgeheimnisses auf Gesetz. Der innere Grund für die Haftung ist jeweils das Vertrauen desjenigen, der den Schutz für sich in Anspruch nehmen möchte. Das Vertrauen rechtfertigt sich jeweils durch eine mittelbare rechtsgeschäftliche Nähebeziehung oder – im Fall der Expertenhaftung – durch seine direkte Sonderverbindung zu einem Berufsträger, der ein besonderes berufsrechtliches Vertrauen für sich in Anspruch nimmt. Aus dem Drei-Personen-Verhältnis Schuldner-Gläubiger-Dritter entsteht so eine eigene rechtsgeschäftliche Nähebeziehung zwischen dem Schuldner und dem „Dritten“.196 Zu seinen Gunsten gelten deshalb auch Schutzpflichten. 191
Vgl. S. 282. Hierzu oben S. 110 ff. – Eine völlige Ablehnung der Drittschutzwirkung von Schutzpflichten käme einer Negierung des Rechtsinstituts gleich. Eine solche Einschränkung nimmt – soweit ersichtlich – niemand vor. Ziegltrum, S. 32 geht davon aus, dass die Judikatur Schutzpflichten gegenüber Dritten erstmals in BGH VersR 1959, 645 (646) anerkannt habe. 193 Näher hierzu Canaris, ZHR 163 (1999), 206 (220 ff.). 194 Grundlegend Larenz, SchR I, § 17 II (S. 226 f.) m. w. N. in Fn. 23; in diesem Sinne – statt vieler – Diers, S. 83 f.; Frost, S. 237 ff.; Kramer in: MünchKomm BGB, Einl. § 241, Rn. 28, 80 ff. m. w. N. (v. a. in Fn. 369 f.); Papadimitropoulos, S. 102; Nachw. bei Jagmann in: Staudinger, § 328 Rn. 91, der eine eigene Kategorie für diejenigen Vertreter bildet, die von einer richterrechtlichen Rechtsfortbildung nach § 242 BGB ausgehen. Auch § 242 BGB ist jedoch eine gesetzliche Grundlage und daher nicht eigens zu behandeln. Die Unterscheidung von Jagmann ist im vorliegenden Kontext nicht relevant, da sie vorrangig auf die Entstehung des Rechtsinstituts, nicht auf seine dogmatische Charakterisierung abstellt. 195 Canaris, JZ 1965, 475 (478); Diers, S. 77 ff.; Kramer in: MünchKomm BGB, Einl. § 241, Rn. 84 – mit dieser Charakterisierung ist noch nicht gesagt, ob sich der gesetzlich begründete Drittschutz aus der Sonderverbindung zwischen Gläubiger und Schuldner ableitet oder ob der Dritte eine direkte Sonderverbindung zum Schuldner hat. 196 Er ist damit im Grunde nicht mehr „Dritter“, sondern selbst Geschäftspartner des Schuldners (z. B. der Bank) und baut zu ihm eine Sonderverbindung, ein gesetzliches Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten, auf. 192
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IV. Fälle zum Drittschutz beim Bankgeheimnis Um die Voraussetzungen des Drittschutzes im Hinblick auf das Bankgeheimnis zu konkretisieren, kann man verschiedene Fallkonstellationen unterscheiden. Eine erste Gruppe bilden die Sachverhalte, in denen das Kreditinstitut etwas über einen Dritten bei Gelegenheit einer Geschäftsverbindung mit einem Kunden erfährt. Fall 1: Der Kunde K erzählt dem Angestellten der Bank B (ohne dass dies durch die Bankgeschäfte veranlasst ist), seine Schwester S habe von einem Verwandten eine alte, unsanierte Immobilie geerbt. Davon wolle S niemandem erzählen. Diese Information gibt die Bank an ein Bauunternehmen weiter.
Davon zu trennen sind Fälle, in denen die Daten zum Zwecke der Durchführung eines Bankgeschäftes an die Bank gelangen. Fall 2: Der Kunde K möchte mit der Bank B einen Darlehensvertrag schließen. Zur Besicherung des Rückzahlungsanspruchs verlangt B einen zahlungskräftigen Bürgen. K schlägt hier seine Ehefrau E vor. Zur Überprüfung der Bonität von E verlangt B eine Offenlegung der Einkommensverhältnisse der E.
In anderen Sachverhalten fordert die Bank eine dingliche Sicherheit: Fall 3: Kunde K möchte mit Bank B einen Darlehensvertrag schließen. Zur Besicherung des Rückzahlungsanspruchs verlangt B die Bestellung einer Grundschuld. K schlägt vor, seine Ehefrau E könne der Bank das dingliche Recht an ihrem Grundstück einräumen. Zur Überprüfung der Werthaltigkeit der Grundschuld verlangt B Angaben über das Grundstück der E.
Eine weitere Gruppe bilden Fälle, in denen das Kreditinstitut vom Dritten zwar nicht bereits eine Sicherheit und dennoch Auskünfte über ihre Vermögenssituation verlangt:197 Fall 4: Variante a) Für den Abschluss eines Darlehensvertrags verlangt die Bank vom Kunden K, dass er sie während der Vertragslaufzeit regelmäßig über die finanzielle Situation der Mutter- sowie bestimmter Schwestergesellschaften, den sogenannten „Gruppengesellschaften“, informiert hält. In den Vertrag nehmen sie ein Recht zur fristlosen Kündigung für den Fall auf, dass bestimmte finanzielle Verschlechterungen bei diesen Gesellschaften eintreten. Variante b) Zudem verpflichten sich die Gruppengesellschaften, der Bank im Falle des Eintritts bestimmter finanzieller Veränderungen bei K zusätzliche Sicherheiten zu stellen.
Ob in den einzelnen Konstellationen der Nichtkunde über das Bankgeheimnis geschützt ist, soll anhand der einzelnen Voraussetzungen überprüft werden. 197 Das Beispiel kann man an den Fall Kirch anlehnen. Zum Sachverhalt im Originalfall Schumann, ZIP 2004, 2353 (2355, 2356 bei Fn. 43).
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
V. Voraussetzungen für eine Drittschutzwirkung und die ihnen zu Grunde liegenden Wertungen Im Laufe einiger Jahrzehnte formte die Rechtsprechung die Merkmale eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter näher aus. Sie entwickelte die einzelnen Haftungsvoraussetzungen natürlich auf der Grundlage ihres überwiegend vertraglichen Verständnisses der Rechtsfigur. Stellt man sie – wie hier befürwortet – in einen gesetzlichen Rahmen, könnte man zunächst an ihrer Sinnhaftigkeit zweifeln. Eine solche Lösung lässt zunächst sogar einen Bruch mit der richterlichen Rechtsfortbildung der letzten Jahrzehnte befürchten. Doch zeigen die folgenden Überlegungen, dass sich die richterrechtlichen Kriterien für eine Haftungserweiterung zugunsten bestimmter Dritter im gesetzlichen Modell sogar besser verstehen und auf das Bankgeheimnis übertragen lassen. Hinter den Schlagworten Leistungsnähe, Gläubigerinteresse/-nähe, Erkennbarkeit für den Schuldner und Schutzbedürftigkeit des Dritten verbergen sich aus meiner Sicht im Wesentlichen folgende normative Erwägungen:198 1. „Leistungsnähe“ als rechtsgeschäftliche Gefahrennähe
Nach dem gängigen Verständnis des Merkmals muss der Dritte (beim Bankgeheimnis der Nichtkunde, etwa ein Sicherheitengeber) den Gefahren des Vertrages199 ebenso intensiv ausgesetzt sein wie der Gläubiger selbst (beim Bankgeheimnis wie der Kunde).200 Gleichgesetzt wird dies meist mit der Formulierung, der Dritte müsse bestimmungsgemäß oder typischerweise mit der Leistung in Berührung kommen201 oder die Vertragsleistung sei erkennbar zum Gebrauch ihm gegenüber bestimmt.202 Es kommt jedoch nicht in erster Linie auf die Nähe zur Leistung, sondern vor allem auf die Nähe zum gesetzlichen Schutzpflichtverhältnis an.203 Sonst wäre eine drittschützende c. i. c. unverständlich.204 In der geforderten 198 Auf die Notwendigkeit, die Voraussetzungen in einen Wertungskontext zu setzen, weist mit Recht auch Schwarze, AcP 203 (2003), 348 (351) hin. 199 Treffend spricht Ehricke, FS Derleder, S. 347 von „Verletzungen von Schutzpflichten“. 200 Statt vieler Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (926) m. w. N.; Medicus, SchR I, § 67 Rn. 774. 201 Vgl. BGHZ 61, 227 (233); 129, 136 (167) – Leistung müsse ihm bestimmungsgemäß zugute kommen; 166, 84 (97 Rn. 52); Ehricke, FS Derleder, S. 348; Gottwald in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 120; Jagmann in: Staudinger, § 328 Rn. 98. 202 BGHZ 133, 168 (172). 203 In diese Richtung auch ausdrücklich Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (926) m. w. N.; Schwab, JuS 2002, 872 (874 f.) zum neuen Schuldrecht; ihm folgend Hirse
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„Leistungsnähe“ spiegelt sich die gegenüber einem anderen Verkehrsteilnehmer gesteigerte Einwirkungsmöglichkeit des Schuldners (z. B. der Bank) auf die Rechtsgüter des Dritten (z. B. des Sicherheitengebers) wider205 – ein wesentlicher Aspekt auch für das Bestehen einer Schutzpflicht. Man sollte daher besser von einer „rechtsgeschäftlichen Gefahrennähe“ sprechen. Gegenüber den allgemeinen Verkehrspflichten ist die Schutzbedürftigkeit gesteigert, weil eine Person (der Dritte) mit ihren Rechtsgütern in einen spezifischen, rechtsgeschäftsnahen Gefahrenbereich des Schuldners gerät.206 „Spezifisch“ heißt dabei, dass der Schutz gegenüber dem Dritten inhaltlich derjenige ist, den der Gläubiger genießt. Denn leitet sich der Drittschutz aus der Gefahrenquelle ab, die bei der konkreten rechtsgeschäftlichen Beziehung entsteht, muss die Schutzpflicht derjenigen gegenüber dem eigentlichen Gläubiger (dem Geschäftspartner) entsprechen. Die Verschwiegenheitspflicht der Bank gegenüber dem Sicherheitengeber entspricht inhaltlich somit dem Bankgeheimnis, das das Kreditinstitut gegenüber dem Kunden wahren muss. „Rechtsgeschäftsnah“ meint, die Gefahr muss in der Sonderverbindung zwischen Gläubiger und Schuldner angelegt sein oder aus ihm heraus entstehen; die Kundenbeziehung muss Anlass sein, der Bank eine Einwirkungsmöglichkeit auf die Rechtsgüter des Dritten zu geben.207 2. Anwendung des Merkmals auf das Bankgeheimnis
Beim Bankgeheimnis ist der Dritte in einer so umschriebenen rechtsgeschäftlichen Gefahrennähe, wenn das Kreditinstitut auf seine Geheimnisse nur wegen der bestehenden Sonderverbindung zum Kunden einwirken kann. Ob der Grund hierfür rechtlich unmittelbar auf das Bankgeschäft oder ob er auf Gesetz zurückgeht, kann angesichts der gesetzlichen Wurzel des Drittschutzes keine Rolle spielen.208 Sicherheitengeber sind deshalb bereits dadurch in Leistungsnähe, dass sie dem Bankgeschäft dienen, indem sie es in: Kompaktkommentar, § 311 Rn. 26; dazu führt im Ergebnis auch die Prüfung von Ehricke, FS Derleder, S. 348–355. 204 Man muss sich nur den Gemüseblattfall vor Augen führen: Betritt eine Mutter mit ihrer Tochter in Kaufabsicht ein Geschäft und rutscht die Tochter auf einem Gemüseblatt aus, ist unerheblich, ob die Mutter bereits einen Kaufvertrag abgeschlossen hat oder nicht (BGHZ 66, 51 [56]; BGH NJW 1962, 31, 32), ob der Kaufgegenstand für die Tochter bestimmt gewesen wäre, ob diese die Kaufabsicht anregte usw. 205 So auch Kersting, S. 47. 206 Dieses normative Kernargument nennt auch Schwarze, AcP 203 (2003), 348 (358 f.); ähnlich Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (927). 207 Vgl. auch Ehricke, FS Derleder, S. 342 bei Fn. 7. 208 So im Ergebnis auch Ehricke, FS Derleder, S. 348 ff., der auch Offenlegungspflichten nach §§ 18, 19 Abs. 2 KWG näher beleuchtet.
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absichern. Ihre Daten gelangen somit im Rahmen der Sonderverbindung genauso zum Kreditinstitut wie diejenigen des Kunden.209 Daraus entsteht die Gefahrenquelle. In den Beispielen zum Bankgeheimnis kommt man daher zu folgenden Ergebnissen: Bei Fall 1 fehlt es an der spezifischen, rechtsgeschäftlichen Gefahrennähe, weil die Schwester S mit dem Bankgeschäft nichts zu tun hat. Eine erhöhte Einwirkungsmöglichkeit der Bank auf die Rechtsgüter der S besteht zwar. Denn die Adressaten der Mitteilung werden eine Geschäftsverbindung zwischen S und B vermuten und demzufolge den Aussagen ein größeres Gewicht beimessen. Auch erlangte das Kreditinstitut die Kenntnis des Geheimnisses im Zuge einer Geschäftsverbindung mit K. Doch erfolgte die Kenntnisnahme nicht wegen der Geschäftsverbindung. Die Sonderverbindung zu K ist daher nicht der Anlass für die Mitteilung des Geheimnisses an B; der Information fehlt der Bezug zu diesem Rechtsverhältnis: Weder fragte die Bank den K nach der Information noch war sie für die Durchführung eines Bankgeschäfts mit K nötig oder auch nur hilfreich. Das Geheimnis weist auch inhaltlich keinen Bezug zur Geschäftsverbindung mit K auf. Im Fall 1 wird S somit nicht durch das Bankgeheimnis geschützt. In den Fällen 2 und 3 sichert die Ehefrau E jeweils das Darlehen ihres Mannes ab und befindet sich dadurch unproblematisch in der rechtsgeschäftlichen Gefahrennähe. Dass das Kreditinstitut Geheimnisträger wird, beruht auf dem Geschäftskontakt zum Darlehensnehmer. Auch in Fall 4 sind die Gruppengesellschaften in der Nähe der Gefahr: Ihre Daten werden für die Zwecke der rechtsgeschäftlichen Beziehung mit dem Kreditnehmer benutzt und beeinflussen diese. Die Kenntnis der Bank eröffnet ihr eine Einwirkungsmöglichkeit auf die Rechtsgüter der Gruppengesellschaften in gleicher Weise wie gegenüber dem Kunden. 3. Gläubigernähe
Die zweite Voraussetzung eines Drittschutzes ist die Gläubigernähe, auch als Gläubigerinteresse bezeichnet. Der Gläubiger muss ein besonderes schutzwürdiges Interesse am Schutz des Dritten haben. Wie sich die Schutzwürdigkeit des Gläubigerinteresses äußert und welche Funktion das Merkmal hat, wird im Folgenden beleuchtet. a) Die Schwächen der richterrechtlichen Lösung Die ursprünglich als Maßstab herangezogene sogenannte „Wohl-undWehe“-Formel210 ist überholt. An diesem Erfordernis eines „Wohl-und209
Ähnlich Ehricke, FS Derleder, S. 348 ff. Nach BGHZ 51, 91 (96) musste der Gläubiger „sozusagen für das Wohl und Wehe des Dritten mitverantwortlich“ sein, „weil dessen Schädigung auch ihn trifft, 210
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Wehe“-Bandes zwischen Gläubiger und Drittem zeigt sich besonders gut die gesetzliche Verankerung des Drittschutzes: Käme es für eine Erstreckung der Schutzpflichten auf andere Personen nur auf den Parteiwillen an, könnte für die Einbeziehungsfrage der Typus des Innenverhältnisses zwischen Gläubiger und Drittem von vornherein außer Betracht bleiben. Entscheidend wäre ausschließlich der freie und willkürliche Wille des Gläubigers. Weshalb danach Personen, für deren „Wohl und Wehe“ er verantwortlich ist, privilegiert sein sollen, ist nicht einzusehen.211 Das vertragliche Konzept konsequent fortgedacht, muss bei einem Ehemann die kurzfristige Liebhaberin oder der alte Schulfreund den gleichen (oder einen stärkeren) Schutz genießen können als die über die Familienbande verknüpfte unliebsame Schwiegermutter. Dieser Gedankengang hat eine wichtige Konsequenz, die für die Auslegung der Voraussetzung zum Tragen kommt: Unterstellte man die Vertragskonzeption, dürfte bei diesem Erfordernis überhaupt keine Rolle spielen, ob die zu schützende Personengruppe abgrenzbar ist oder die Haftung uferlos wird. Denn stützt sich die Haftung auf den Parteiwillen, bestimmt sich der Kreis der Begünstigten ausschließlich danach; falls der Schuldner also eine wirksame Willenserklärung abgegeben hätte, jedem Dritten gegenüber haften zu wollen, müsste er sich diese zurechnen lassen.212 Ob ihm dies im Ergebnis zumutbar oder der Kreis der geschützten Dritten „überschaubar“ ist, bliebe unberücksichtigt.213 indem er ihm gegenüber zu Schutz und Fürsorge verpflichtet ist“; ähnlich z. B. BGHZ 56, 269 (273); 61, 227 (234); BGH NJW 1964, 33 (35). 211 So im Ergebnis Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 (7); Larenz, NJW 1956, 1193 (1194), der das Erfordernis aus der Fürsorgepflicht und dem daraus folgenden Interesse des Ehemanns folgern würde; weitere Nachw. bei Jagmann in: Staudinger, § 328 Rn. 101; mit der gleichen Überlegung bereits BGH NJW 1984, 355 f., der – insoweit folgerichtig – auf die objektive Sachlage abstellte; Zugehör, NJW 2000, 1601 (1603 f.) hält hingegen die Privilegierung von Angehörigen für naheliegend (mit Bsp. aus der Judikatur). 212 Zutreffend stellt Gottwald in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 121 fest: „Aufgrund der Vertragsfreiheit können die Parteien den Schutzbereich des Vertrages in beliebiger Weise ausdehnen.“ – anders jedoch für den Fall, dass keine konkreten Anhaltspunkte in den Erklärungen oder dem Verhalten der Parteien vorliegen: „Auch die Zumutbarkeit des Drittschutzes für den Vertragspartner ist zu berücksichtigen.“ (Rn. 113). 213 Darauf stellen aber ab: BGH NJW 1984, 355 (356); 1998, 1059 (1062); OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 1709; Ehricke, FS Derleder, S. 356: „Abwägung, ob ein Dritter in den Schutzbereich einbezogen werden kann“; Zugehör, NJW 2000, 1601 (1604): „unerträgliches Haftungsrisiko“; gleicher Ausgangspunkt m. w. N. zwar bei Jagmann in: Staudinger, § 328 Rn. 101, der auf der Grundlage seiner Vertragskonzeption – m. E. jedoch inkonsequent – dennoch eine objektive Eingrenzung des begünstigten Personenkreises zu befürworten scheint.
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b) Gläubigernähe als Brücke zur Sonderverbindung Auf der Grundlage der hier vertretenen Meinung ist die hinter dem Merkmal stehende Wertung aber tragfähig. Denn im Kern ist es die Aufgabe des zweiten Merkmals, eine Verbindung des Dritten zu der Nähebeziehung zwischen Gläubiger und Schuldner herzustellen und dadurch eine Begrenzung des Drittschutzes zu erreichen.214. Wie bei den Schutzpflichten im Zwei-Personen-Verhältnis genügt es demnach nicht, dass eine Person die Rechtsgüter einer anderen gefährden kann; zusätzlich verlangt die außerdeliktische Haftung eine Sonderverbindung. Fehlt eine eigene Sonderverbindung zwischen Schuldner (Bank) und Drittem (z. B. Sicherheitengeber), ist entscheidend, inwieweit dem Dritten die Sonderverbindung zwischen Gläubiger und Schuldner zugute kommen kann. Der Gläubiger (Bankkunde) schafft also eine mittelbare rechtliche Nähe zwischen Bank und Drittem.215 Er nimmt eine Brückenfunktion ein. Eine Nähebeziehung liegt erstens vor, wenn der Gläubiger dem Dritten gegenüber Schutzpflichten hat.216 Richtigerweise sollte man hierbei auf die konkrete Schutzpflicht abstellen.217 Eine zweite Möglichkeit tritt in den Gutachterfällen zu Tage: Der Gläubiger bringt den Dritten nur faktisch in die rechtsgeschäftliche Gefahrennähe;218 da dem Schuldner hier eine uferlose Haftung droht, muss der Dritte dem Schuldner in diesen Fällen zusätzlich ein besonderes Vertrauen entgegenbringen dürfen.219 214
Medicus, SchR I, § 67 Rn. 775. Vgl. auch die Formulierung des Bundesgerichtshofs, das Innenverhältnis zwischen Gläubiger (Bankkunde) und Drittem (Sicherheitengeber) führe zur Einbeziehung in die Schutzwirkung des Vertrages, nicht das Verhältnis zwischen Gläubiger (Bankkunde) und Schuldner (Bank): BGH NJW 2001, 3115 (3116); ähnlich BGHZ 33, 247 (250); 51, 91 (96). 216 Die Bindung zwischen Gläubiger und Drittem über ein Schutzpflichtverhältnis stellen auch her Jagmann in: Staudinger, § 328 Rn. 100 sowie bereits Strauch, JuS 1982, 823 (827) und JuS 1987, 947 (948 f.) m. w. N.; Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (927). Vgl. auch Gottwald in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 122 und BGHR § 328 Drittschutz 5, der von „Fürsorgepflicht“ (zwischen Gläubiger und Drittem) spricht, wobei es keine Schutzpflichten mit personenrechtlichem Einschlag sein müssten. Im Grundsatz überzeugend überträgt Ehricke, FS Derleder, S. 342 Fn. 7 (m. w. N.) die „Wohl und Wehe“-Formel auf „nahestehende“ Personen einer Gesellschaft (vgl. dazu § 138 Abs. 2 InsO). 217 Beim Bankgeheimnis die Geheimhaltungspflicht, im Gemüseblatt-Fall den Schutz der körperlichen Unversehrtheit usw. – a. A. Ehricke, FS Derleder, S. 357 ff., der bezüglich eines Kreditvertrags auf das Leistungsinteresse abstellt (in wessen Interesse die Mittelverwendung liegt; wer faktisch Begünstigter ist). 218 Indem er ihm ein (rechtsgutsgefährdendes) Sachverständigengutachten aushändigt, vgl. S. 284. 219 Vgl. Köndgen, Karlsruher Forum 1998, S. 3 (8 f.); am Merkmal des besonderen Vertrauens kritisiert Strauch, JuS1987, 947 (949), es sei wenig konkret. Über 215
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4. Anwendung des Merkmals auf das Bankgeheimnis
Die bisherige Literatur ging beim Bankgeheimnis davon aus, der Drittschutz erstrecke sich auf Nichtkunden, wenn das Kreditinstitut Informationen über sie im Rahmen der Geschäftsverbindung zum Kunden erfahren hat.220 Der Nichtkunde ist also „zur Informationshingabe“ einbezogen.221 Dies zu Grunde gelegt, könnte man in allen oben genannten Fällen unproblematisch einen Drittschutz annehmen.222 Neben der rechtsgeschäftlichen Gefahrennähe hat das Merkmal der Gläubigernähe ein eigenes Gewicht. Es muss normativ die Brücke zur Sonderverbindung im soeben beschriebenen Sinn sichern. Zweifelhaft ist dies in Fall 1: Denn zwischen dem Gläubiger K, der die Verbindung herstellen muss, und der Dritten S besteht kein Schutzpflichtverhältnis; K ist rechtlich nicht dazu verpflichtet, die Angelegenheiten von S geheim zu halten. Ein nur faktisch hergestelltes Verhältnis zwischen B und S verlangt zusätzlich ein berechtigtes Vertrauen, dass B ihre Angelegenheiten geheim hält. S darf bei einer fremden Bank nicht darauf vertrauen, dass diese Geheimnisse einer Nichtkundin wahrt. Die Information (unsanierte Immobilie) hat keinen inhaltlichen Bezug zum Vertrag mit K oder dient diesem; auch erfolgte die Informationsweitergabe an B nicht wegen der Geschäftsverbindung mit K. Der einzige Anknüpfungspunkt, die Kenntniserlangung bei Gelegenheit eines Gesprächs zwischen B und K, genügt nicht, um eine mittelbare rechtsgeschäftliche Sonderverbindung zwischen B und S herzustellen. Ob im Fall 2 K seiner Ehefrau zur Geheimhaltung verpflichtet ist, kann offen bleiben. Denn jedenfalls entsteht durch den Bürgschaftsvertrag eine direkte rechtliche Nähe zum Kreditinstitut. Bei einem solchen handelt es sich zwar um kein Bankgeschäft i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG. Doch fallen solche Rechtsgeschäfte in die typische Berufstätigkeit von Kreditinstitudie Anwendung der anerkannten Haftungskriterien bei Schutzpflichten (z. B. denjenigen zur Berufshaftung; dazu S. 118 ff.) lässt sich diesem Einwand begegnen. Ob die dogmatische Einordnung besser direkt über die Vertrauens-/Berufshaftung erfolgen sollte, soll vorliegend offen bleiben, vgl. in diese Richtung Canaris, JZ 1998, 603. 220 Soweit sie diesen Punkt überhaupt anspricht (vgl. zum Meinungsstand bei Sicherheitengebern oben S. 272 f.): Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 12; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 44. 221 Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (928); ähnlich Ehricke, FS Derleder, S. 364 („Korrelat der Informationspreisgabe“). 222 Im Ergebnis nicht verständlich Canaris, ZIP 2004, 1781 (1786), wenn er im Hinblick auf eine „Schonungspflicht“ eine Drittschutzwirkung (ohne Einzelfallprüfung) rigoros ablehnt. Der im Vergleich zum Bankgeheimnis unterschiedliche Ansatz (vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 44) lässt sich m. E. nicht begründen.
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ten.223 Der Bürge bringt dem Kreditinstitut in Bezug auf seine Daten das gleiche Vertrauen entgegen wie ein Kunde. Gleiches gilt für einen Sicherungsvertrag im Rahmen einer Grundschuldbestellung. Besteht ein solcher – wie in Fall 3 – nicht, wird eine rechtliche Nähe auch durch die sachenrechtliche Sonderverbindung geschaffen. Denn Bank und Sicherheitengeber treten, wie bei schuldrechtlichen Rechtsgeschäften, bewusst miteinander in Kontakt und letztere verschaffen der Bank Zugang zu ihrer Rechtssphäre. Über seine Kundenbeziehung stellt der Gläubiger somit eine Sonderverbindung zwischen Bank und Sicherheitengeber her. Zu differenzieren ist die Lösung im Fall 4. Die in der Variante a) genannten Tatsachen führen anders als bei Bürgschaft und Sicherheiten nicht zu einem bewussten rechtsgeschäftlichen Aufeinanderzugehen zwischen Bank und Gruppengesellschaften. Denn dort gibt nur der Kunde Informationen über die Gruppengesellschaften weiter; das Kündigungsrecht nimmt sogar nur auf Informationen Bezug, ohne ihre Übermittlung zu regeln. Ein Vertragsschluss mit den Gruppengesellschaften ist dabei von keiner Seite angestrebt. Eine Sonderverbindung kann daher nur geschaffen werden, wenn den Kunden gegenüber den anderen Gesellschaften (neben der faktischen Nähe) eine Schutzpflicht in Form einer Geheimhaltungspflicht trifft. Dies ist bei konzernangehörigen Unternehmen nicht ohne weiteres anzunehmen, sondern muss im Einzelfall geprüft werden. In Variante b) führt die Geschäftsverbindung zwischen K und der Bank hingegen nicht nur faktisch zu einer Nähebeziehung zu den Gruppengesellschaften. Vielmehr schuf das Kreditinstitut durch die rechtsgeschäftliche Abrede (Gruppengesellschaften verpflichten sich bedingt zur Stellung weiterer Sicherheiten) einen geschäftlichen Kontakt i. S. d. § 311 Abs. 3 BGB.224 Diese rechtliche Nähebeziehung bildet einen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf die Geheimhaltung. Die Gruppengesellschaften können sich daher (vorbehaltlich des Vorliegens der folgenden Merkmale) auf das Bankgeheimnis berufen. Es erstreckt sich – wie beim Kunden – erstens auf Informationen, die für die Zwecke der Durchführung des Bankgeschäfts des K notwendig waren, zweitens auf solche, welche das Kreditinstitut hierfür verlangt hat, sowie drittens Vermögensdaten über die Gruppengesellschaften, welche die Bank auf Grund der Geschäftsverbindung zu K erlangt hat.225 223
In diesem Sinne Kirchherr in: Sichtermann, S. 186. Anderer Ausgangspunkt, in der Sache ähnlich Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (928 unter Punkt 2.3). 225 Zu den Anknüpfungspunkten für einen Bezug zwischen Information und Geschäftsverbindung bereits oben S. 225 f. Es versteht sich von selbst, dass der Dritte sich nur auf die Geheimhaltung solcher Informationen berufen kann, die (jedenfalls auch) ihn betreffen. Er kann nicht das Bankgeheimnis des Kunden einfordern. 224
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5. Erkennbarkeit
Weiterhin müssen sowohl die „Leistungsnähe“ als auch das „Gläubigerinteresse“ für denjenigen erkennbar sein, der sich einem erhöhten Haftungsrisiko ausgesetzt sieht. Die Funktion des Kriteriums der Erkennbarkeit wird einhellig darin gesehen, das Risiko für den Schuldner einzugrenzen und ihm nur dort eine zusätzliche Haftung aufzuerlegen, wo er mit dieser ex ante rechnen kann.226 Zwar müssen dem Schutzpflichtigen weder Zahl noch Namen der zu schützenden Personen bekannt sein.227 Der Kreis der Schuldner muss indes objektiv abgrenzbar sein.228 Dieses Argument kann man noch verfeinern. Legt man – wie die vorliegende Arbeit – ein gesetzliches Fundament für den Drittschutz zu Grunde, kommen folgende Wertungen hinzu: Eine rechtlich erhebliche Nähebeziehung kann nur dort entstehen, wo sich die Parteien dieser Sonderverbindung bewusst sind und sie wissentlich eingehen. Die Erkennbarkeit der Leistungsnähe geht einher mit dem Bewusstsein des Schuldners, dass sein Verhalten innerhalb einer bestimmten Sonderverbindung eine spezifische Gefahrenquelle nicht nur für den Vertragspartner, sondern für weitere Personen darstellt. Der Kreis dieser Personen kennzeichnet sich dadurch, dass seine Rechtsgüter durch die Sonderverbindung genauso gefährdet sind wie diejenigen des Gläubigers. Zudem muss für den Schuldner die Gläubigernähe als Brücke zur Sonderverbindung ersichtlich sein.229 6. Anwendung des Merkmals auf das Bankgeheimnis
Im Hinblick auf das Bankgeheimnis bedeutet dies: Weil das Kreditinstitut die Informationen für die Zwecke eines Bankgeschäftes willentlich erlangt, 226 St. Rspr. BGH NJW 1984, 355 (356); 1987, 1758 (1760); OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 1709; Ehricke, FS Derleder, S. 359 f. m. w. N.; Medicus, SchR I, § 67 Rn. 776. 227 BGHZ 127, 378 (381); BGH NJW 1987, 1758 (1760); Ehricke, FS Derleder, S. 360. 228 BGHZ 26, 365 (371 f.); 33, 247 (249); Ehricke, FS Derleder, S. 360 m. w. N.; Kersting, S. 28 f. 229 Der Zeitpunkt für die Erkennbarkeit muss nach der hier vertretenen Konzeption daher nicht zwingend derjenige des Vertragsschlusses sein. Da Rücksichtspflichten und damit auch drittschützende nicht von einem Vertragsschluss abhängen, ist maßgebend vielmehr der Moment, in dem sowohl die Nähe zur Sonderverbindung als auch die faktische Einwirkungsmöglichkeit der Bank vorliegen. Wie hier Gottwald in: MünchKomm BGB, § 328 Rn. 115; anders Ehricke, FS Derleder, S. 360 ff. m. w. N. in Fn. 84, der – auf Grund seiner vertraglichen Konstruktion – erklären muss, weshalb ausnahmsweise nicht der Vertragsschluss maßgebender Zeitpunkt ist.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
kennt es die „Leistungsnähe“ von Bürgen und Grundschuldbestellern (Fälle 2 und 3).230 Zudem weiß es, dass sie wegen ihrer Sonderverbindung wie Bankkunden auf die Wahrung des Bankgeheimnisses vertrauen. Eine Erkennbarkeit ist unproblematisch gegeben.231 Einer genaueren Betrachtung bedarf Fall 4. Dass die Weitergabe der Informationen über die Angelegenheiten eines bestimmten Dritten diesen besonders gefährden können, ist für das Kreditinstitut erkennbar. Die Brücke zur Sonderverbindung232 ist für die Bank ersichtlich, wenn der Kunde seinerseits den konzernangehörigen Unternehmen gegenüber Schutzpflichten hat, also zur Vertraulichkeit verpflichtet ist.233 Darüber hinaus ist der Kreis der Dritten in faktischer Nähe zum Bankgeschäft zwischen B und K begrenzt: In Variante a) auf die im Darlehensvertrag mit K bezeichneten Gruppengesellschaften, in Variante b) auf Gesellschaften, die gegenüber der Bank eine Verpflichtung eingehen. Das Kreditinstitut hat es beim Abschluss des Vertrags mit K in der Hand, über welche Unternehmen ihr Kunde sie informiert halten soll und mit welcher Personengruppe es bewusst in Kontakt tritt. Eine für die Bank unvorhersehbare und ausufernde Haftung ist daher nicht zu befürchten. Dabei erfährt es typischerweise nur solche Angelegenheiten der Dritten, die inhaltlich die Verpflichtung zur Stellung von Sicherheiten und die Einbindung der Dritten ins Bankgeschäft mit K betreffen. Nur solche können über die Sonderverbindung folglich geschützt sein. Äußert sich die Bank über sonstige Angelegenheiten dieser Dritten, unterfallen sie nicht dem Bankgeheimnis.234 7. Schutzbedürftigkeit
Das relativ wenig beachtete letzte Haftungserfordernis zielt darauf ab, eine erweiterte Haftung auf einen Dritten nur dort anzunehmen, wo diesem keine eigenen vertraglichen Ansprüche mit gleichwertigem Inhalt gegen den Schuldner oder gegen andere235 zustehen.236 Mit diesen Merkmalen umgingen die Rechtsprechung und das überwiegende Schrifttum in erster 230
Zutreffend Ehricke, FS Derleder, S. 361 f. m. w. N.: „willentlich mit dem Kreis der möglicherweise später Haftungsberechtigten auseinandersetzen und dementsprechend privatautonom eine Entscheidung treffen kann, ob er sich selbst diesen vertraglichen Risiken unterwerfen will“. 231 Vgl. auch Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (928 f.). 232 Also die rechtliche Nähe kraft Schutzpflicht des Gläubigers oder die faktische Nähe plus das berufsspezifische Vertrauen. 233 Es würde an dieser Stelle zu weit führen, das Bestehen entsprechender Treuepflichten zu prüfen. 234 Etwas anderes gilt natürlich, wenn diese Dritten ihrerseits Kunden des Kreditinstituts sind.
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Linie die Mängel des Deliktsrechts.237 Bewusst erweiterten sie den Integritätsschutz auf einen bestimmbaren Personenkreis, der den Gefahrenquellen einer konkreten Sonderverbindung stärker als der übrige Rechtsverkehr ausgesetzt ist. Nur bei der Charakterisierung des Drittschutzes als einen gesetzlichen Schutz ist die Forderung sinnvoll, der Dritte dürfe keine eigenen vertraglichen Ansprüche haben. Wäre der Drittschutz vertraglicher Natur, wäre die Einschränkung nicht einsichtig. Deutlich wird dies bei einem Vergleich mit dem Vertrag zugunsten Dritter, der sich ausdrücklich auf die Einräumung einer Schutzpflicht bezieht: Fall 5: A und B schließen gem. § 328 Abs. 1 BGB einen Vertrag zugunsten des Dritten D. Darin erhält D das Recht, von A die Aktualisierung eines ComputerAntivirus-Programms zu verlangen. Zusätzlich schließen A und D eine Vereinbarung mit dem gleichen Inhalt.
In diesem Fall gibt es keinen Grund, weshalb D nicht zwei konkurrierende vertragliche Ansprüche gegen A mit demselben Inhalt haben sollte. Sinnvoll ist das Kriterium zum Drittschutz nur, wenn und weil es die Subsidiarität von gesetzlichen Ansprüchen gegenüber vertraglichen absichert.238 Der gesetzliche Drittschutz soll privatautonome Vereinbarungen nicht aushebeln können. 8. Anwendung des Merkmals auf das Bankgeheimnis
In Bezug auf das Bankgeheimnis ergeben sich keine Besonderheiten. Falls das Kreditinstitut mit dem Sicherheitengeber bereits vertraglich eine Abrede zur Geheimhaltung trifft, geht diese dem Bankgeheimnis vor.239 Bloße deliktische Ansprüche lassen die Schutzbedürftigkeit dagegen nicht entfallen.240 235 Zu Recht kritisiert Schwarze, AcP 203 (2003), 348 (350) die Judikatur, insbesondere BGH NJW 1996, 2927 (2929) = BGHZ 133, 168 (173), wegen ihres fehlenden Problembewusstseins im Hinblick auf die Person des Haftenden. 236 Ausführlich zu diesem Merkmal BGH NJW 2004, 3420 (3421 f.); vgl. auch z. B. BGHZ 70, 327 (330); 133, 168 (173, 176; kritisch Schwarze, AcP 203 (2003), 348 ff. 237 Näher zur Problematik der Exkulpationsmöglichkeit des § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB im Vergleich zu § 278 BGB, statt vieler Medicus, SchR I, § 67 Rn. 776 i. V. m. Rn. 104; Sutschet, S. 21 ff. m. w. N.; Ziegltrum, S. 8 ff. m. w. N. sowie die Nachw. bei Schwarze, AcP 203 (2003), 348 in Fn. 3. 238 A. A. Schwarze, AcP 203 (2003), 348 (364 f.), der das Erfordernis im Ergebnis ganz ablehnt. 239 So etwa, wenn der Sicherheitengeber selbst Kunde dieser Bank ist und Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken gilt. 240 So die h. M., statt vieler Ehricke, FS Derleder, S. 363 m. w. N.
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VI. Klarstellung und Zusammenfassung Die vorstehenden Erwägungen zur Schutzwirkung zugunsten Dritter legen dar, weshalb die deutsche Rechtsordnung eine erweiterte Haftung gegenüber bestimmten Dritten verlangt.241 Wie beim gesetzlichen Schutzpflichtverhältnis kommt auch bei diesem Institut der Gedanke des berechtigten Vertrauens zum Zug. Es konkretisiert sich in einer rechtsgeschäftlichen Sonderverbindung zwischen dem sogenannten „Dritten“ und dem Schuldner (Bank). Doch wird diese Sonderbeziehung, und dies ist die Besonderheit, erst durch den Gläubiger (den Kunden) vermittelt. Die von der Rechtsprechung entwickelten Haftungskriterien gehen dabei in die richtige Richtung, spiegeln jedoch nur ansatzweise den inneren Grund für die Haftung wider. Man sollte die Rechtsfigur nicht nur im Ergebnis, sondern auch in der Ausformung der Voraussetzungen als gesetzliches Konstrukt verstehen. Dies ermöglicht zudem eine in sich stimmige Anwendung von Schutzpflichtlehre und Schuldverhältnis mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Im Bereich des Bankgeheimnisses erlaubt dieses Verständnis nicht nur eine nahtlose Anknüpfung an die dogmatische Verankerung dieser Pflicht. Sie ermöglichen sogar eine präzisere und normativ fundiertere Anwendung der Kriterien des Drittschutzes auf diese spezielle Schutzpflicht. Auf diese Weise bestimmten die vorstehenden Abschnitte die personelle Reichweite des Bankgeheimnisses hinsichtlich verschiedener Sicherheitengeber. Es zeigt sich, dass sich jede Art von Sicherheitengeber grundsätzlich auf das Bankgeheimnis berufen kann. Hingegen genügt es für die Annahme eines Drittschutzes noch nicht, wenn der Kunde Informationen von Dritten an die Bank übermittelt. Die Bejahung einer Schutzwirkung erfordert vielmehr neben der spezifischen rechtsgeschäftlichen Gefahrennähe des Dritten eine Anknüpfung an die Sonderverbindung zwischen Bank und Kunde; der Anlass für diese Einwirkungsmöglichkeit muss durch den Kunden und seine Geschäftsverbindung vermittelt werden. Dies ist anzunehmen, wenn dieser gegenüber dem Dritten zur Vertraulichkeit verpflichtet ist oder der Dritte durch den Kunden faktisch in eine Nähe zur Geschäftsverbindung gerät und 241 Die vorliegende Untersuchung verkennt nicht das Motiv der Rechtsprechung, v. a. wegen der Problematik der Gehilfenhaftung eine Lösung außerhalb des Rechts der unerlaubten Handlungen anzustreben (ausdrücklich als Grund für die Anwendung des Vertragsrechts genannt z. B. in BGH NJW 1956, 1193). Doch beschränkt sich die Figur des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte nicht auf die Fälle, in denen die Anwendung von § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB im Raum steht. Diese Exkulpationsmöglichkeit kann kein ausreichender Grund für die vertragliche Einstufung sein. Denn es wäre für das Rechtssystem bedenklich, wenn fast die gesamte Judikatur und das Schrifttum über Jahrzehnte hinweg eine weit greifende Rechtsfigur nur aus einem Billigkeitsgefühl heraus konstruieren, ohne dass diese in der Rechtsordnung angelegt wäre.
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in diesem Rahmen ein besonderes Vertrauen gegenüber der Bank haben darf.242 Bei Sicherheitengebern ist hiervon aus den genannten Gründen prinzipiell auszugehen. VII. Verfehlte Argumentation in der Kirch-Entscheidung Die Erörterung der Drittschutzwirkung des Bankgeheimnisses machte die Schwächen der höchstrichterlichen Begründung in der Kirch-Entscheidung deutlich.243 Das konzernrechtliche Trennungsprinzip hat mit der Frage des Drittschutzes einer Schutzpflicht wenig zu tun. Wendete man dieses Argument etwa auf den Gemüseblattfall an, müsste man zu dem Schluss kommen, ein Schutz der Tochter sei abzulehnen, weil die Tochter im Falle eines Kaufvertrages auch nicht für den Kaufpreis einstehen müsste; ebenso wenig wie die Mutter eines Mieters, die im Treppenhaus ausrutscht, für die Miete haftet. Ein Schutzpflichtverhältnis im Bereich der berufsrechtlichen Vertrauenshaftung ist jedoch per se meist einseitig. Der Bundesgerichtshof berücksichtigte m. E. zu wenig die Besonderheiten des Sachverhalts:244 Auf Grund der einheitlichen Leitung des Konzerns sowie der zahlreichen faktischen Verbindungen der Unternehmen zueinander konnte zwischen ihnen ein Informationsfluss stattfinden.245 Entsprechend war die Vertragspartnerin in der Lage, die Daten u. a. der Konzernobergesellschaft246 an die Bank weiterzureichen und sie mit dem Wissen und Willen des Kreditinstituts in den rechtsgeschäftsnahen Gefahrenbereich zu bringen.247 Jedenfalls durch die rechtsgeschäftliche Abrede (Gruppengesellschaften verpflichten sich bedingt zur Stellung weiterer Sicherheiten) trat die Bank, vermittelt durch die Kundin, in eine Sonderverbindung (in einen geschäftlichen Kontakt i. S. d. 242 Z. B. Rechtsgeschäft mit/gegenüber dem Kreditinstitut; bewusstes Aufeinanderzugehen von Bank und Sicherheitengeber. 243 Zu ihr oben S. 275 f. 244 So im Ergebnis auch Ehricke, FS Derleder, S. 364. 245 Inwieweit ein Informationsaustausch in Konzernen stattfindet, kann hier nicht vertieft werden. Zum Informationsrecht der Gesellschafter statt vieler K. Schmidt, GesellschaftsR, § 21 III, § 9 III (S. 231). Auch die Konzernmutter muss abhängige Unternehmen jedenfalls über solche Maßnahmen unterrichten, die sich auf die jeweilige Gesellschaft auswirken können, vgl. eingehend Schüler, S. 185 ff.; Süßmann, AG 1999, 162 (171), der eine Mitteilung von Insidertatsachen zulassen möchte. Zur Wissenszurechnung im Konzern z. B. Drexl, ZHR 161 (1997), 491 ff. 246 Im entschiedenen Fall waren dies noch „Tanten“, „Schwestern“ und „Cousinen“ der Vertragspartnerin, vgl. Schumann, ZIP 2004, 2353 (2355). 247 Gruppengesellschaften werden sich nur als Sicherheitengeber zur Verfügung stellen (dürfen) und somit in die Gefahrennähe des Darlehensvertrags eines Konzernunternehmens gelangen, wenn sie damit auch ihren eigenen Unternehmenszweck verfolgen.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
§ 311 Abs. 3 BGB) zu diesen Dritten.248 Für deren Schäden ist sie ihnen gegenüber daher haftbar.249 3. Abschnitt
Personenkreis in der Bankensphäre Zur Bestimmung des personellen Schutzbereiches muss des Weiteren der Adressatenkreis in den Blick rücken. Es fragt sich, wem gegenüber der zur Vertraulichkeit verpflichtete Bankier Schweigen bewahren muss. Grundsätzlich bringt bereits der Charakter eines Geheimnisses die Notwendigkeit mit sich, dieses gegenüber jedermann zu wahren.250
§ 31 Das innere Bankgeheimnis Ein großer Streitpunkt zur Reichweite der Vertraulichkeit betrifft das sogenannte „innere Bankgeheimnis“. Gemeint ist damit die Verschwiegenheitspflicht innerhalb der betreffenden Bank. Im Wesentlichen stehen sich hier zwei Meinungen gegenüber:251 I. Erste Meinung: Bestehen eines inneren Bankgeheimnisses Die grundsätzlichen Befürworter eines inneren Bankgeheimnisses sind zahlreich. Sie gehen überwiegend von der Pflicht zur internen Wahrung der 248
Vgl. schon oben S. 295 f. zu Fall 4. Die Chance, geeignete Kriterien für Erstreckung des Drittschutzes in Konzernen zu entwickeln, hat der Bundesgerichtshof durch seine rigorose Ablehnung einer Drittschutzwirkung für konzernangehörige Unternehmen verpasst. Diese Thematik vorliegend fortzuführen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Näher in den Blick nehmen müsste man bei der rechtsgeschäftlichen Gefahrennähe sowie der Gläubigernähe als Brücke zur Sonderverbindung die Bedeutung von Ergebnis- und Gewinnabführungsverträgen sowie einer Risikoeinheit i. S. d. § 19 Abs. 2 KWG. 249 Zu Recht kritisieren Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (929) die Begründung im Kirch-Urteil, durch einen Ersatzanspruch des Bankkunden seien Gruppengesellschaften mittelbar ausreichend geschützt. Dies kann nur richtig sein, falls der Kunde den Schaden der Dritten liquidieren kann. Die Frage, ob eine Drittschadensliquidation in solchen Fällen greift, wird hier aus Platzgründen nicht behandelt. 250 So bereits Wentzell, S. 7 mit dem Argument, nur so sei dem Interesse des Kunden gedient. Vgl. auch Bruchner in: Bruchner/Stützle, Leitfaden, S. 1; Kirchherr in: Sichtermann, S. 30 f. m. w. N. in Fn. 3; in Bezug auf andere berufliche Verschwiegenheitspflichten z. B. BGH ZIP 1983, 735 (737) – Steuerberater – und Woesner, NJW 1957, 692 – Arzt. 251 Zum Diskussionsstand Hoffmann, S. 37 ff.; offen gelassen bei LG Bielefeld RDV 1996, 37.
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Vertraulichkeit aus, sofern die Kenntnisnahme nicht zwangsläufig im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs notwendig ist.252 Die Begründung stützt sich vorrangig auf den Kundenwillen: Der Kunde sei regelmäßig nicht damit einverstanden, dass ihn betreffende Informationen an Angestellte weitergegeben würden, die nicht mit der Erfüllung seiner Bankgeschäfte befasst seien.253 Die Vertreter dieser Ansicht räumen die Notwendigkeit funktionaler Einschränkungen ein. So müsse ein Angestellter, der zur Überprüfung betriebsinterner Abläufe eingesetzt ist, genauso Zugang zu Kundendaten erhalten können wie Mitarbeiter in bestimmten abteilungsübergreifenden Einsatzbereichen zur Erfüllung ihrer konkreten Aufgaben.254 Dies bedeute indes nicht, dass eine Informationsübermittlung z. B. zu reinen Akquisitionsinteressen der Bank erlaubt sein müsse. Mithin solle eine Weiterleitung der Daten an selbstständige Konzerntöchter, Bausparkassen, Lebensversicherungen, Hypothekenbanken oder andere Abteilungen der Bank (Baufinanzierung, Vermögensverwaltung) unzulässig sein.255 Verboten sei das Betreiben eines Informationspools mit Kundendaten, auf die jeder Mitarbeiter unabhängig von seinem Aufgabenbereich zugreifen kann.256 II. Zweite Meinung: Kein inneres Bankgeheimnis Die Gegenmeinung lehnt ein inneres Bankgeheimnis ab.257 Erstens verstoße eine solche Sicht nicht gegen den Willen des Kunden.258 Zweitens sä252 Vgl. Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 13; Buck, S. 497; Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 7 Rn. 9; Cahn, WM 2004, 2041 (2042); Claussen, § 6 Rn. 5; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 7b; Gößmann in: Welter/ Lang, Rn. 16.23; Kirchherr in: Sichtermann, S. 163; Kümpel, Rn. 2.160; Lang, ZBB 2006, 115 (117); Meincke, WM 1998, 749 (752); Scheer, S. 65 f.; Schröter, Bankrechtstag 2002, S. 171 f.; Sonnenhol in: Hellner/Steuer, Rn. 1/97 c; Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1695); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/40, 2/851. 253 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 13; Fisahn, CR 1995, 632 (635); Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.23; Kirchherr in: Sichtermann, S. 163; Scheer, S. 65 f.; Schröter, Bankrechtstag 2002, S. 172; Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1695). 254 Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.24 ff.; Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1695); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/852. 255 A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/852; sich ihm anschließend Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.27. 256 Näher hierzu Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 14 und im Ergebnis auch Bunte, ebenda, § 7 Rn. 9; Buck, S. 497; Fisahn, CR 1995, 632 (635); Kümpel, Rn. 2.160; Schröter, Bankrechtstag 2002, S. 172; Sonnenhol in: Hellner/ Steuer, Rn. 1/97 c; A. Weber, ebenda, Rn. 2/854. 257 OLG Köln ZIP 1985, 209 (211); Becker, S. 175; Fischer/Klanten, Rn. 4.19; Heidrich, S. 139 ff.; Petersen, S. 23; zweifelnd Obermüller, WuB IV A. § 166 BGB 1.89.
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hen der Wortlaut der AGB-Banken sowie der AGB-Sparkassen die „Bank“ sowie die „Sparkasse“ als Gesamtgebilde, als einheitliches Rechtssubjekt. Dies spreche dafür, eine Durchlässigkeit der Informationen innerhalb dieses Rechtssubjektes zuzulassen.259 Nach Heidrich habe sich das innere Bankgeheimnis zudem nicht gleichermaßen verfestigt wie das externe.260 Überdies werde die Kenntnisnahme einer Hilfsperson dem Kreditinstitut als Einheit zugerechnet; dies zeige der Rechtsgedanke des § 278 BGB.261 An denselben Gedanken anknüpfend meint Petersen, ein Kreditinstitut sei regelmäßig ein einheitlicher Zurechnungsverband i. S. d. § 278 BGB sowie des § 123 Abs. 2 BGB, was eine „künstliche“ Einstufung eines Bankangestellten in den Personenkreis der „Dritten“ nicht ändern könne.262 III. Kritik an der zweiten Meinung Die zweite Meinung überzeugt nicht. Ihr erstes Argument erscheint zu schwach, um aus ihm eine rechtliche Konsequenz zu ziehen. Schon die Natur eines Geheimnisses bringt es mit sich, dass es einen bestimmten Personenkreis nicht verlassen soll. Dass ein potentieller Mitteilungsempfänger einem Geheimnisträger gegenüber zur Vertraulichkeit verpflichtet ist, verringert zwar die Gefahr einer zusätzlichen Ausbreitung. Über die von diesem weiteren Wissenden ausgehende Gefährdung sagt es allerdings nichts aus. Auch das zweite Argument vermag nicht zu überzeugen. Die AGB können in Bezug auf das gesetzliche Bankgeheimnis lediglich ein Indiz darstellen.263 Ihr Wortlaut ist unklar; eine Auslegung zugunsten des Kreditinstituts scheitert an § 305 c Abs. 2 BGB.264 Zudem ist der Vorwurf einer fehlenden dogmatischen Verfestigung des inneren Bankgeheimnisses unberechtigt: Die Thematik stellt ein Spezialproblem des großen Komplexes des Bankgeheimnisses und kein eigenes Rechtsinstitut dar.265 Aus der histori258 OLG Köln ZIP 1985, 209 (211); Becker, S. 176 (da die Angestellten arbeitsvertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet seien). 259 Becker, S. 175 sowie Heidrich, S. 141, 154. 260 Heidrich, S. 141 ff., 155 f. – unrichtig in diesem Zusammenhang der Hinweis, Kümpel erwähne das innere Bankgeheimnis nicht, vgl. Kümpel, Rn. 2.160. 261 Scheer, S. 26; Kirchherr in: Sichtermann, S. 131 f.; in diesem Sinn RGZ 111, 345 (350), wo es eine Bank mit verschiedenen Abteilungen in Bezug auf die Kenntnis eines Umstandes als Einheit betrachtete. 262 Petersen, S. 23. In diese Richtung argumentierten zwar bereits Scheer, S. 26 und Kirchherr in: Sichtermann, S. 131 f., aber nicht zur Frage des inneren Bankgeheimnisses, sondern zum Aspekt der Wissenszurechnung beim externen Bankgeheimnis. Sie beriefen sich dabei auf RGZ 111, 345 (350) – vgl. Fn. 261. 263 Vgl. S. 99 ff. 264 Dies verkennt Heidrich, S. 149, 154, der die Klausel letztlich anhand des (angeblichen) Willens der Bank als AGB-Verwenderin auslegen möchte.
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schen Nichterwähnung des inneren Bankgeheimnisses auf seine Nichtexistenz zu schließen, ist methodisch zweifelhaft.266 Der von Scheer und Petersen gewählte Ansatz über die Zurechnung trifft den Kern des Problems, ist aber nicht weit genug gedacht.267 Er unterstützt sogar die gegenteilige Ansicht. Denn Erfüllungsgehilfe nach § 278 Satz 1 BGB ist nicht jeder Bankangestellte, sondern nur Personen, deren der Schuldner sich zur Erfüllung der konkreten Verbindlichkeit gegenüber dem Kunden bedient. Überträgt man die Überlegung auf die Geschäftsverbindung, so ergäbe sich Folgendes: Die aus ihr fließenden Bankgeschäfte werden nicht von allen Mitarbeitern „erfüllt“, sondern lediglich von den bankintern für die jeweiligen Rechtsgeschäfte zuständigen Gehilfen. Nur für diesen Personenkreis hätte das Kreditinstitut also nach § 278 BGB einzustehen. Dieses Ergebnis entspricht im Kern der ersten Meinung. IV. Verwobenheit mit der Frage der Wissenszurechnung Der Gesichtspunkt der Zurechnung erscheint als der entscheidende, und zwar unabhängig von der Norm des § 278 BGB. Wenn die Pflicht zur Verschwiegenheit nach außen jedem Mitarbeiter auferlegt würde, wäre eine unbeschränkte interne Weitergabe zwingend erforderlich.268 Denn wird einer arbeitsteiligen Organisation das in ihr vorhandene Wissen immer zugerechnet, muss jedes Zurechnungssubjekt die Möglichkeit des Zugangs zu diesem 265
So aber anscheinend Heidrich, S. 140. In diese Richtung Heidrich, S. 142. Zwar stellt er anschließend – mit Recht – die Frage nach der Rechtsgrundlage. Seine Argumentation ist jedoch durchweg widersprüchlich: Auf S. 150 betont er die Bedeutung des Kundenwillens, auf S. 152 meint er „Die Bank bestimmt also das Maß der behaupteten Weitergabebeschränkung“; dass es einer Vielzahl von Kunden nicht auf ein inneres Bankgeheimnis ankomme, bleibt eine Behauptung, die Heidrich nicht näher anhand einer typisierten bankrechtlichen Geschäftsverbindung untersucht. Die Vorgehensweise ist nicht überzeugend. 267 Es bestehen gewichtige Zweifel, ob die genannten Vorschriften hinsichtlich des Bankgeheimnisses der richtige Ansatzpunkt sind. Bei der bankinternen Informationsweitergabe sind sie ohne Relevanz: § 278 BGB betrifft nur die Verschuldenszurechnung und verlangt zudem, dass die Hilfsperson in die Erfüllung einer Verbindlichkeit eingeschaltet wird. Die Frage der bankinternen Weitergabe eines Geheimnisses hat mit der Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Kunden (oder einem Dritten) jedoch nichts zu tun. Gleiches gilt für § 123 Abs. 2 BGB, bei dem die Geheimnisweitergabe eine Täuschung im Rahmen eines Rechtsgeschäftes sein müsste. Für die Verschwiegenheitspflicht kann es keine Rolle spielen, wenn die Bank in anderen Zusammenhängen ein einheitliches Zurechnungsobjekt ist. 268 Diesen Gesichtspunkt übersieht z. B. Fisahn, CR 1995, 632 (635), der vereinfachend auf das Interesse des Kunden abstellt, aber die Zweischneidigkeit dieses Interesses nicht erkennt. 266
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
Wissen haben. Zutreffend ist deshalb die Erwägung, zwischen der Wissenszurechnung und der Thematik des inneren Bankgeheimnisses bestehe ein notwendiger Zusammenhang. Der folgende Abschnitt wird diesen zu ergründen versuchen. 1. Wissenszurechnung in der Außenhaftung
In einem arbeitsteiligen Geschäftsbetrieb spaltet sich das Wissen auf. Weil das so agierende Rechtssubjekt rechtlich mit natürlichen Personen gleichgestellt werden soll, darf es aus der Unkenntnis der handelnden Hilfsperson keine Vorteile ziehen.269 Diese Wertung entnimmt man der Regelung des § 166 Abs. 2 BGB. Wird dem Kreditinstitut für die Haftung wegen Verletzung des Bankgeheimnisses unterstellt, dass all seine Bankmitarbeiter die Vertraulichkeit hätten wahren müssen, so müssen diese intern auf das gesamte vertrauliche Wissen zugreifen können.270 Schließlich muss der Bank erlaubt sein, dass ihre Angestellten nachprüfen können, über wen und welche Vorgänge sie Dritten gegenüber nicht sprechen dürfen. Wird in der Außenhaftung die Wissenszurechnung hingegen beschränkt, eine Bank also nicht wie eine einzige Person behandelt, muss man die Aufspaltung in mehrere Zurechnungsobjekte ebenso auf die Verschwiegenheit übertragen. Sie muss ebenfalls aufgespalten werden. Folglich darf die Kenntnis bestimmter Daten nur innerhalb des jeweiligen Bankenteils kursieren. In diesem Fall gäbe es also ein inneres Bankgeheimnis.271 Beide Wege sind rechtstheoretisch gangbar. Welcher einzuschlagen ist, sollte daher von der Vereinbarkeit mit den allgemeinen Grundsätzen der Wissenszurechnung abhängig gemacht werden.272 269 Der Gleichstellungsgedanke durchzieht die Rechtsprechung – vgl. hierzu die Darstellung bei Drexl und Nobbe, jeweils Bankrechtstag 2002, S. 100 und S. 130 f. sowie z. B. BGHZ 109, 327 (332); 117, 104 (108); 132, 30 (38); 135, 202 (205). 270 Hoffmann, S. 223, der auf S. 44 f. überdies eine gute Lösung der Konzernproblematik bei Banken anbietet. Bei selbstständigen Versicherungsunternehmen innerhalb eines Konzernverbundes verlangte der BGH für eine Wissenszurechnung sogar die routinemäßige Datenabfrage beim Verbundunternehmen, BGH NJW-RR 1990, 285 (286). Dies gilt jedenfalls bei einem Anlass zu dieser Datenabfrage; in sie muss der Kunde selbstverständlich eingewilligt haben, BGHZ 123, 224 f., 229 f. Vgl. auch Obermüller, WuB IV A. § 166 BGB 1.89 (allerdings zu pauschal). 271 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 14; in diese Richtung auch Hoffmann, S. 223 m. w. N. in Fn. 3. Die Parallele zur Wissenszurechnung zieht ebenso Becker, S. 175, der daraus jedoch ein Argument gegen das innere Bankgeheimnis ableitet, sowie BGH WM 1989, 1368 ff., der die Frage der filialübergreifenden Wissenszurechnung ausdrücklich offen lässt. 272 Die vorliegende Dissertation wird den Komplex der Wissenszurechnung bei arbeitsteiligen Organisationen wie Kreditinstituten nur ansatzweise streifen. Zu diesem Thema findet der Leser andernorts eine Reihe von Diskussionsbeiträgen, vor allem die Habilitationsschrift von Buck, sowie Drexl und Nobbe, jeweils Bankrechts-
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Die Arbeit ist deshalb bestrebt, aus dem Bereich der Wissenszurechnung einen Rückschluss für das Bankgeheimnis zu ziehen. Dabei möchte sie diese Erkenntnisse mit den Wertungskriterien des Bankgeheimnisses sowie mit den Besonderheiten der bankrechtlichen Pflicht in Einklang bringen.273 2. Ausrichtung an den Erwartungen des Rechtsverkehrs
Beim Aspekt der Wissenszurechnung beschäftigte sich die Rechtsprechung bisher in erster Linie mit Sachverhalten, in denen es um das Wissen geht, dessen Weitergabe eine Person schützen soll.274 Beim Bankgeheimnis geht es umgekehrt um Informationen, deren Übermittlung einen Kunden gefährden kann. Das Verhältnis des inneren Bankgeheimnisses zur Wissenszurechnung war noch nie Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung.275 Dennoch finden sich in einigen Entscheidungen Hinweise, die auch für die Verschwiegenheitspflicht nützlich sein können. In richtungsweisenden Urteilen nahm der Bundesgerichtshof eine Pflicht zur ordnungsgemäßen Organisation von Wissen innerhalb einer Gesellschaft an; es müsse sichergestellt sein, dass das in der Gesellschaft vorhandene Wissen an andere Personen innerhalb der Organisation weitergeleitet und abgefragt werde, wenn zu seiner Nutzung beim jeweiligen Geschäftsvorgang Anlass bestand.276 Da die Entscheidungen keine Kreditinstitute betrafen, stand nicht im Raum, ob es ein inneres Bankgeheimnis gibt. tag 2002, S. 87 Fn. 1 und Fn. 6 und S. 123 Fn. 8. Vgl. zudem Drexl, AcP 161 (1997), 491 ff.; Hopt, FS Heinsius, S. 320 f. bei Fn. 100 und die Literatur, die etwa zu BGH NJW-RR 2005, 634 f. ergangen ist: Kulke, EWiR 2005, 459 f. m. w. N. 273 Drexl, Bankrechtstag 2002, S. 116 geht den umgekehrten Weg, indem er die Wissenszurechnung vom Sinn und Zweck des Bankgeheimnis abhängen lassen will. Um einen Zirkelschluss zu verhindern (Wissenszurechnung abhängig vom Bankgeheimnis, Bankgeheimnis abhängig von der Wissenszurechnung), muss die Arbeit das Ergebnis mit den Wertungskriterien abgleichen. Mit Drexl geht sie davon aus, dass letztlich der Telos der Verschwiegenheitspflicht den Ausschlag geben muss (vgl. S. 63 u. ö.). 274 Beispielhaft die bei Nobbe, Bankrechtstag 2002, S. 126 ff., 148 ff. dargestellten Fälle: Das Wissen um die Einsturzgefahr (BGHZ 109, 327 ff.), die Altlasten (BGHZ 132, 30 ff.; BGH NJW 1999, 3777 ff.) oder die Bodenverunreinigung (BGHZ 117, 104 ff. – Knollenmergel) eines Kaufgrundstücks schützt den Käufer, das Wissen um die berufliche Anstellung eines Buchhalters schützt den Arbeitgeber vor Veruntreuung durch Scheckinkasso (BGHZ 135, 202 ff.); ähnlich OLG Karlsruhe NJW-RR 1995, 177 ff. Aktuell diskutiert ist das Wissen der Bank bei Kreditfinanzierungen von wertlosen Immobilien, z. B. BGH NJW-RR 2005, 634 f. Zudem ging es in all diesen Fällen um die Zurechnung zur Begründung einer Haftung der juristischen Person, nicht um die Eigenhaftung eines Organs. 275 Vgl. Nobbe, Bankrechtstag 2002, S. 122.
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a) Merkmal der nach außen in Erscheinung tretenden Funktionseinheit Die Verschwiegenheit innerhalb einer juristischen Person thematisierte das Gericht in einem Fall, in dem eine Gemeinde ein mit Knollenmergel befallenes Grundstück verkaufte.277 Während das mit dem Rechtsgeschäft nicht befasste Bauaufsichtsamt von der Bodenverunreinigung Kenntnis hatte, war der zuständige Sachbearbeiter ahnungslos. Die Rechtsprechung enthob die juristische Person von der Pflicht, „allgemein einen Informationsaustausch zu organisieren.“ Zum einen gäbe es schon Schwierigkeiten, „objektive Abgrenzungskriterien dafür zu finden, welche Ämter unter Wahrung etwaiger Dienstgeheimnisse“ Informationen austauschen müssten. Zum anderen bedeute die Gleichstellung mit einer natürlichen Person bei der juristischen Person nur Folgendes: Unterhalb der organschaftlichen Ebene zähle im privaten Rechtsverkehr nur „die nach außen in Erscheinung tretende Funktionseinheit (Amt, Behörde). Nur sie tritt dem Verhandlungspartner als Einheit gegenüber.“278 Eine Wissenszurechnung würde danach nur innerhalb der jeweiligen Funktionseinheit erfolgen. b) Merkmal der nach innen handelnden Funktionseinheit Einige Jahre später judizierte der Bundesgerichtshof zur Aufklärungspflicht einer Bank und das ihr hierfür zuzurechnende Wissen: In dem Sachverhalt verhandelte ein früherer Mitarbeiter des Kreditinstituts in dessen „Dü.-Filiale“ das Rahmenkonzept für die Finanzierung von Wohnungen. Hierbei erlangte er Kenntnis bestimmter rechtlich relevanter Umstände. Maßgebend war, ob die Kenntnis über diese Umstände derselben Bank, die über ihre „A.-Filiale“ das entsprechende Finanzierungsgeschäft zu diesem Wohnungskauf tätigte, zuzurechnen ist. Nach der Ansicht des Gerichts könne es ein Kreditinstitut nicht entlasten, dass das Finanzierungsgeschäft „aus für einen Außenstehenden nicht nachvollziehbaren Gründen organisatorisch von ihrer A.-Filiale, die weder einen räumlichen Bezug zum Ort der Wohnanlage noch zum Wohnort der Erwerber hatte, abgewickelt wurde.“279 Aus der Argumentation muss man schließen, dass eine filialmäßige Wissenstrennung nicht in Betracht kommt, sondern ein Informationsfluss jedenfalls insoweit notwendig ist, als er ein einheitliches Bankgeschäft betrifft. 276 BGHZ 132, 30 (38); 135, 202 (206 f.); ähnlich BGH NJW 1999, 3777 (3778) und schon vorher OLG Karlsruhe NJW-RR 1995, 177 (178). 277 BGHZ 117, 104 ff. 278 BGHZ 117, 104 (108). 279 BGH NJW-RR 2005, 634 (635).
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Darüber hinaus ließ das Gericht offen, „ob eine Großbank sich das erworbene Wissen eines mit bedeutenden Projekten betrauten Angestellten für spätere Geschäfte, auch wenn sie in anderen Filialen durch andere Mitarbeiter abgeschlossen werden, grundsätzlich zurechnen lassen“ müsse.280 Die Frage eines inneren Bankgeheimnisses kam nicht zur Sprache. Anders als im Knollenmergel-Fall kam es der Rechtsprechung hier offensichtlich nicht auf die nach außen in Erscheinung tretende Funktionseinheit an, sondern auf das inhaltliche Tätigwerden des Mitarbeiters in Bezug auf das jeweilige Bankgeschäft. Dies entspricht letztlich der nach innen tatsächlich handelnden Funktionseinheit. c) Schlussfolgerungen für das Bankgeheimnis Für das Bankgeheimnis bedeuten diese Entscheidungen Folgendes: Bestünde sogar eine Übermittlungspflicht, könnte die Weitergabe nicht gleichzeitig wegen einer betriebsinternen Verschwiegenheitspflicht verboten sein.281 Aus der soeben zitierten Formulierung „aus für einen Außenstehenden nicht nachvollziehbaren Gründen“ lässt sich der Umkehrschluss ziehen, dass eine organisatorische Trennung jedenfalls im Hinblick auf § 278 BGB möglich, wenn nicht sogar notwendig sein kann, falls sachliche Gründe dies erforderlich machen und das Kreditinstitut parallel dazu die Aufgaben (insbesondere die einzelnen Bankgeschäfte) ebenfalls auf die organisatorisch getrennten Bereiche verteilt. Überträgt man zusätzlich die Wertung des Knollenmergel-Falles auf Banken, kommt man zum Ergebnis: Für die Wissenszurechnung ist nur die nach außen in Erscheinung tretende Funktionseinheit Zurechnungsobjekt. Folglich muss die Durchlässigkeit der Informationen auch nur innerhalb einer solchen Einheit sichergestellt sein. Mit den soeben angestellten Erwägungen lässt sich dies gut vereinbaren: Kooperieren bankintern verschiedene Stellen zur Durchführung eines Bankgeschäftes miteinander, muss diese Funktionseinheit nach außen erkennbar sein. Die Stellen, die nach außen erkennbar als Funktionseinheit auftreten, müssen ihr Wissen miteinander austauschen. Damit einher geht ein weiterer Aspekt: Bewusst hat die höchstrichterliche Rechtsprechung die interne Datenübermittlungspflicht auf Umstände beschränkt, in denen der Rechtsverkehr eine Weiterleitung der konkreten Information erwarten darf.282 Es ist folglich der Verkehrsschutzgedanke, der 280
BGH NJW-RR 2005, 634 (635). Darauf, dass die Judikatur diesen Zusammenhang bisher vernachlässigte, weist hin: Buck, S. 496. 282 Insbesondere BGHZ 117, 104 (108) – Knollenmergel; 135, 202 (205) spricht von „wertender Beurteilung“ und nennt auf S. 206 (in anderem Zusammenhang) als 281
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die Wissenszurechnung prägt.283 Hinsichtlich des Rechts zur Weitergabe ist demnach zu fragen, welche objektiven Gründe für eine organisatorische Trennung sprechen und in Bezug auf welche Funktionseinheiten bei einer Bank der Rechtsverkehr die Vertraulichkeit erwarten darf. 3. Keine Anhaltspunkte aus dem Gewohnheitsrecht
Gewohnheitsrechtlich gibt es wenig Anhaltspunkte für eine Lösung, weil sich Kreditinstitute erst relativ spät arbeitsteilig organisiert haben.284 Historisch spielte die Frage eine geringe Rolle.285 Das Problem eines abteilungsübergreifenden Austausches von Kundeninformationen stellte sich in der Praxis daher nicht in dem heutigen Maße. Die Kreditinstitute sind mittlerweile in ihren Tätigkeitsfeldern breit angelegt, meist sogar als Universalbanken.286 Regelmäßig benötigen sie angesichts ihrer Größe eine erhebliche personelle und technische Ausstattung. Die Banken haben welt- oder deutschlandweite Niederlassungen, erledigen ihre Aufgaben arbeitsteilig und sehen etwa im Bereich des Online-Bankings vielfältige Möglichkeiten zur technischen Abwicklung von Geschäften vor. Es geht augenscheinlich nicht mehr wie früher darum, ob ein Angestellter seinem Kollegen im Büro nebenan den Aktienkauf einer einzelnen Person mitteilt. Zu dieser neueren Entwicklung im Bankenwesen, die erst das Problem des inneren Bankgeheimnisses mit sich brachte, bildete sich keine einheitliche Rechtsüberzeugung heraus, sondern die Ansichten hierzu blieben, wie soeben dargelegt, von vornherein gespalten. Praktisch relevant und zugespitzt wird die Problematik aktuell bei der Frage, ob den Wertpapieranalysten einer Bank ohne oder gegen den Willen der Kunden der Zugriff auf sämtliche gespeicherte Vermögensdaten aller Kunden erlaubt werden sollte.
Kriterium „Der Geschäftsverkehr erwartet vielmehr und darf erwarten“/„aus Gründen des Verkehrsschutzes“. 283 Ausführlich zu dieser Thematik Buck, S. 316 ff.; Drexl, AcP 161 (1997), 491 (503 f.). 284 Die Sparkassen wandelten sich nach dem ersten Weltkrieg in Universalkreditinstitute um, vgl. Hans Pohl in: von Knebel Doeberitz, S. 20*. 285 Die Beschäftigten eines Kreditinstitutes waren früher nicht so zahlreich wie heute. Banken waren nicht in eine Vielzahl großer Abteilungen aufgegliedert, sondern zum Teil sogar auf einzelne Bankgeschäfte spezialisiert. Es gab Aktien-, Hypotheken- und Depositenbanken sowie Credit-Anstalten in eigenen Rubriken auf (vgl. das Inhaltsverzeichnis bei Hocker – „Zettelbanken“, „Credit-Anstalten“, „DepositenBanken“). 286 Zum Begriff der Universalbank näher Gabler-Bank-Lexikon, unter „Universalbank“, S. 1297.
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4. Vertrauensverhältnis dient dem Schutz des Kunden
Die Ausrichtung der Thematik an den Erwartungen des Rechtsverkehrs führt meiner Auffassung nach zu folgenden zwei Fragen: Hinsichtlich welcher internen Vorgänge darf der Kunde damit rechnen, der zuständige Bankangestellte werde die Vertraulichkeit seiner Informationen wahren? In welchen Fällen darf der potentielle Adressat einer Bankmitteilung davon ausgehen, der Inhalt der Aussage beruhe auf einem Vertrauensverhältnis der Bank zu dem betreffenden Kunden? a) Keine Einzelfallbeurteilung Man sollte sich für die Untersuchung erneut die normativen Grundlagen des Bankgeheimnisses vor Augen führen. Bei dem Vertrauensverhältnis zur Bank handelt es sich nicht um ein zwischenmenschliches Vertrauen, das der Kunde einem bestimmten Bankangestellten entgegenbringt. Das Bankgeheimnis kann daher jedenfalls nicht an einzelne Mitarbeiter geknüpft sein, sondern muss sich an der Einrichtung „Bank“ orientieren. Auch kann es grundsätzlich nicht darauf ankommen, wie sich ein konkretes Kreditinstitut organisatorisch strukturiert, welche Gliederung der Geschäftsbereiche es etwa vornimmt und nach außen kundgibt.287 Zum einen kann sich die faktische kaufmännische Struktur der Bank (auch innerhalb derselben Rechtsform) laufend ändern; zum anderen ist der Kunde sowie der Mitteilungsempfänger regelmäßig nicht darüber im Bilde, wie sein Kreditinstitut intern arbeitet. Eine Beurteilung nach dem jeweiligen Einzelfall erscheint demzufolge nicht gerechtfertigt; sie wäre wirklichkeitsfremd.288 Im Übrigen wäre das Bankgeheimnis sonst (jedenfalls im Hinblick auf den Aspekt des inneren Bankgeheimnisses) kein allgemein gültiges Rechtsinstitut mehr, sondern ein Sammelbegriff für Billigkeitserwägungen.
287 Zu einzelnen in der Praxis verwendeten Strukturmodellen s. Gabler-Bank-Lexikon, unter „Bankorganisation, Strukturmodelle“, S. 155 ff. 288 A. A. auf der Grundlage einer vertraglichen Konzeption Heidrich, S. 152. Ändert sich die Struktur der jeweiligen Bank, müsste man nach der vertraglichen Konzeption auf die jeweilige bankinterne Organisation im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem jeweiligen Kunden abstellen sowie auf die jeweilige Erkennbarkeit dieser Struktur für den einzelnen Kunden. Für jeden Kunden müsste damit – abhängig vom Vertragsschluss – ein individuell ausgeformtes inneres Bankgeheimnis gelten. Die Konsequenzen dieser Ansicht könnte ein Kreditinstitut praktisch gar nicht bewältigen, weil der bankinterne Informationsfluss in Bezug auf jeden Kunden eigens überprüft und gesichert/verhindert werden müsste. Im heutigen Massengeschäft ist dies unvorstellbar.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
b) Die Problematik des Nutzens für den Kunden Der Vertrauensgesichtspunkt orientiert sich vielmehr an dem Zweck des Bankgeheimnisses. Er besteht in dem Schutz des Kunden. An diesem Ziel hat sich die interne Weitergabe der Informationen auszurichten, wenn wie hier keine sonstigen Anhaltspunkte für die Behandlung der Thematik vorhanden sind. Doch was dient dem Kunden mehr, eine bankinterne Durchlässigkeit und damit eine Ausbreitung der ihn betreffenden Daten auf das gesamte Kreditinstitut oder ein inneres Bankgeheimnis? Einerseits kann dem Kunden der bankinterne Weitergabe seiner Daten unter Umständen nützen, weil der abteilungsübergreifende Einblick über die finanzielle Situation des Kunden eine optimale Vermögensberatung ermöglicht. Andererseits hat der Kunde bei den meisten Geheimnissen kein Interesse daran, dass auch nur eine einzige natürliche Person mehr in den Kreis der Wissenden einbezogen wird als erforderlich. Denn damit steigt die Gefahr eines Bekanntwerdens seiner Geheimnisse. Augenscheinlich wird dies bei Kunden, die sich nur punktuell für einzelne Bankgeschäfte an ein Institut wenden und keine allgemeine Beratung wünschen. Sie haben keinerlei Interesse, dass die Informationen die Gruppe der Angestellten verlassen, die zur Durchführung der Bankgeschäfte unbedingt nötig sind. Für die Bank wiederum heißt dies: Ein enger Kreis der Wissenden führt zu einer hierauf begrenzten Haftung. Umgekehrt weitet sich die Haftung der Bank aus, wenn viele Mitarbeiter Zugang zu vielen Kundendaten haben. Schließlich sind noch die Adressaten einer Mitteilung des Kreditinstituts zu beachten: Macht die Bank das Bestehen abgegrenzter Geschäfts- und Vertraulichkeitsbereiche nicht nach außen deutlich, rechnen die Mitteilungsempfänger ihr die Aussagen pauschal und ohne Rücksicht auf den tatsächlichen internen Informationsfluss zu. Trennt sie ihre Geschäftsbereiche organisatorisch und auch dem Adressaten gegenüber deutlich ab, ist für den Adressaten einer Mitteilung ersichtlich, dass z. B. ein Wertpapieranalyst der Bank seine Erkenntnisse nicht aus einem Sonderwissen einer Geschäftsverbindung zu dem analysierten Unternehmen schöpft. V. Lösungsvorschlag: Aufbau interner Informationsschranken wie im Wertpapierrecht Die soeben angestellten Erwägungen lassen die Schwierigkeit des inneren Bankgeheimnisses erkennen: Seine pauschale Bejahung oder Verneinung trägt wegen der Verwobenheit mit der haftungsrechtlichen Wissenszurech-
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nung den Interessen des Kunden289 nicht hinreichend Rechnung.290 Dies zeigt sich im Übrigen bereits daran, dass sich beide Meinungen auf den Kundenwillen berufen. Ausgehend vom typischen Interesse des Kunden sollte es deshalb darauf ankommen, wann eine Weitergabe eine erhöhte Gefährdung für seine Rechtsgüter mit sich bringt. 1. Gesetzliche Informationsschranken im Wertpapiergeschäft verhindern Interessenkonflikte
Das Hauptziel des Bankgeheimnisses ist sicherlich, dass grundsätzlich keine kundenbezogenen Informationen von der Bank nach außen dringen. Der Zugriff von Angestellten auf Kundendaten ist besonders dort zu vermeiden, wo das so erlangte Wissen den Mitarbeiter in einen Pflichtenzwiespalt bringen kann. Im Bereich des Wertpapierrechts ist ein solcher Interessenkonflikt in der Aufgabenerfüllung des Angestellten angelegt.291 Der Gesetzgeber hat daher im WpHG eine Eingrenzung der Wissenszurechnung vorgenommen.292 Zur Veranschaulichung der Problematik dient folgender Sachverhalt: Fall: Die Bank B hat dem Unternehmen U mehrere Kreditlinien eingeräumt, den Abschluss eines weiteren Darlehensvertrages jedoch kürzlich wegen der schlechten Finanzlage des U abgelehnt. Als U eine Anleihe ausgibt, konsultiert der Wertpapieranalyst von B die Unterlagen aus der Kreditabteilung und rät einem Interessenten deshalb vom Kauf der Anleihe ab.
Der Fall verdeutlicht die erhöhte Gefährdung für den Kunden. Es ist die Aufgabe des Wertpapieranalysten, den an der Anleihe interessierten Investor 289
Im Übrigen ist dies auch der Bank nicht von Nutzen, weil eine weite Wissenszurechnung zwar das innere Bankgeheimnis (und die damit verknüpfte Haftung) eingrenzt, aber auch einen reibungslosen und gut organisierten Informationsfluss in dieser Weite notwendig macht (was die Haftung in diesem Bereich ausdehnt). Umgekehrt zieht eine enge Wissenszurechnung zwar strengere Verschwiegenheitspflichten nach sich, sie reduziert gleichzeitig aber den Haftungsrahmen auf anderen Gebieten (z. B. den Aufklärungspflichten). 290 Umgekehrt möchte Buck, S. 498 f. das Ausmaß der Wissenszurechnung vom inneren Bankgeheimnis abhängig machen. Danach könnte sich die Bank haftungsrechtlich sogar von Aussagen distanzieren, die ein Mitarbeiter im Namen des Kreditinstituts zur Vermögenssituation eines Kunden getroffen hat – selbst dann, wenn in der gleichen Abteilung/Funktion tätig ist wie der Mitarbeiter, der das Bankgeschäft abwickelt. Ein Dritter setzt insoweit jedoch den Wert seiner Aussage gleich mit demjenigen des schweigepflichtigen Bankmitarbeiters. Dies überzeugt nicht. Im Ergebnis wie hier: Obermüller, WuB IV A. § 166 BGB 1.89, S. 1452, der davon ausgeht, die Rspr. zwinge zu einer neuen Beurteilung des Begriffs des inneren Bankgeheimnisses. 291 Doch nicht nur in diesem Bereich – näher zu dieser Problematik Hopt, FS Heinsius, S. 307 ff. 292 Ausführlich hierzu Buck, S. 502 ff.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
ordnungsgemäß nach seinem besten Wissen zu informieren. Bei seinem Wissen handelt es sich jedoch um Insiderinformationen i. S. d. § 13 Abs. 1 WpHG. Die schlechte Finanzlage des U verringert nach der Einschätzung des Analysten die Werthaltigkeit der Anleihe. Er gerät deshalb in das Dilemma, einerseits den Investor gut beraten zu müssen, andererseits die Vertraulichkeit der Information zu wahren. Dieser Grenzbereich zur Anlageberatung ist besonders problematisch. Es ist einer Bank faktisch möglich, die von ihr in den anderen Tätigkeitsbereichen erlangten Kenntnisse einzusetzen, um Investoren mit nicht allgemein zugänglichen Informationen zu versorgen. Eine Pflichtenkollision liegt auf der Hand, weil die Weitergabe dieses Wissens an anlageinteressierte Kunden einen Missbrauch von Insiderinformationen, aber auch eine Verletzung des Bankgeheimnisses darstellen kann. Es überrascht somit nicht, dass auf diesem Gebiet Uneinigkeit über die genauen Verhaltenspflichten der Bank herrscht.293 Eine Verschwiegenheitspflicht trifft auf eine Informationspflicht, das Interesse an einem funktionierenden Kapitalmarkt trifft auf das Interesse an einer umfassenden Anlageberatung.294 In Bezug auf Insiderinformationen regelt das Gesetz diesen Konflikt vor allem in § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG.295 Die Norm betrifft sowohl Interessenkonflikte zwischen dem Kreditinstitut und dem Kunden sowie zwischen einzelnen Kunden.296 Nimmt man ein inneres Bankgeheimnis an, können solche Konflikte erst gar nicht entstehen. Denn der Anlageberater kann seinem Investor gegenüber nicht zur Information über Tatsachen verpflichtet sein, die er selbst nicht kennen darf. Die gesetzlich vorausgesetzte Qualität der Anlageberatung darf nicht davon abhängen, ob ein Kreditinstitut zufällig oder wegen des Umfangs seiner Geschäftstätigkeit im Vergleich zu anderen Banken eine bessere Kenntnis von Kundengeheimnissen hat.297 Das 293 Hierzu näher Schröter, Bankrechtstag 2002, S. 181 ff. m. w. N. in Fn. 83 bis Fn. 94. Überwiegend räumt das Schrifttum der Verschwiegenheitspflicht den Vorrang ein. Es begründet dies unterschiedlich: mit dem Vorrang eines funktionierenden Kapitalmarktes gegenüber bestimmten Einzelinteressen (Assmann in: Assmann/ Schneider, § 14 Rn. 109 f.; Schröter, a. a. O., S. 183 f.); mit dem fehlenden Aufklärungsanspruch gegenüber dem Geheimnisherrn; die Bank sei nur zufällige Mittlerin (Faßbender, S. 285); einen Mittelweg geht Tippach, Das Insider-Handelsverbot und die besonderen Rechtspflichten der Banken, S. 266 ff., v. a. S. 290 (Bank nur in der Mittlerrolle und ohne Publizitätspflicht gegenüber dem Markt); da auch das Bankgeheimnis der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts diene, seien diesbezüglich ebenso Chinese Walls zu befürworten: Schröter, a. a. O., S. 184. 294 Schröter, Bankrechtstag 2002, S. 183. 295 Dort heißt es: „Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist verpflichtet,“ . . . „sich um die Vermeidung von Interessenkonflikten zu bemühen und dafür zu sorgen, daß bei unvermeidbaren Interessenkonflikten der Kundenauftrag unter der gebotenen Wahrung des Kundeninteresses ausgeführt wird.“ 296 Koller in: Assmann/Schneider, WpHG, § 31 Rn. 33. 297 So in Bezug auf Insidertatsachen mit Recht Süßmann, AG 1999, 162 (171).
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Bankgeheimnis bei Universalbanken wäre insoweit schlechter geschützt als bei anderen Banken, was sich nicht begründen lässt. Mit Recht trat Faßbender der Meinung entgegen, der Kunde im Anlagegeschäft schenke seiner Bank ein besonderes Vertrauen im Hinblick auf die Preisgabe von Geheimnissen.298 Dies mag faktisch mitunter so sein. Juristisch hat dieses Vertrauen keinerlei Berechtigung, ist es doch mit der Aufforderung zu einem Treubruch zu vergleichen. Das Vertrauen des anderen Kunden auf Verschwiegenheit der ihn betreffenden Angelegenheiten ist insoweit jedenfalls höher zu bewerten.299 Ein Informationsfluss zwischen den Geschäftsbereichen der Bank, die Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen gemäß § 2 Abs. 3, Abs. 3 a WpHG anbieten, darf daher zum Schutz des Kunden nicht stattfinden.300 2. Grundsätzliche Befürwortung eines inneren Bankgeheimnisses
Neben solchen gesetzlich verankerten Informationsschranken lassen die Grundsätze der Wissenszurechnung nur dort eine interne Wissensaufspaltung in verschiedene Geschäftsbereiche zu, wo sie durch das Bankrecht vorgesehen ist – und damit schließt sich der Kreis; denn mit Bankrecht meint die Literatur das Bankgeheimnis.301 Demzufolge stellt sich die Frage, ob das Bankgeheimnis eine Übertragung der gesetzgeberischen Leitlinie im Wertpapierrecht auf andere Geschäftsbereiche gebietet. Dagegen sprechen einige Argumente: Zum einen drohen in anderen Geschäftsbereichen nicht in einem vergleichbaren Ausmaß Pflichtenkollisionen. Zum anderen wird die Gefahr eines Schadens für den Kunden meist geringer sein. Nicht eindeutig ist etwa die Situation, wenn ein Bankangestellter in der Kreditabteilung Informationen aus dem Girogeschäft einsehen kann. Für den Abschluss von Darlehensverträgen verlangt eine Bank ohnehin einen Einblick in die allgemeinen Vermögensverhältnisse eines Kunden. Dass sie dazu auch selbsttätig Erkundigungen in anderen Abteilungen anstellen kann, wird beim Kunden meist keinen Schaden hervorrufen, der ohne dieses Wissen nicht eingetreten wäre. Andererseits hätte die Kreditabteilung möglicherweise einzelne dieser Informationen vom Kunden tatsächlich nicht erfragt. Weshalb sollte ihr nicht 298
Faßbender, S. 285; G. H. Roth in: Assmann/Schütze, § 12 Rn. 86. Im Ergebnis ebenso: Faßbender, S. 285; G. H. Roth in: Assmann/Schütze, § 12 Rn. 86 f. 300 Die Zulässigkeit einer solchen Abschottung der Anlageberatung stellt heraus Kübler, ZHR 145 (1981), 204 (210). 301 Buck, S. 509; vgl. auch Eisele, WM 1993, 1021 (1022); Hopt, FS Heinsius, S. 289 (308) zu einem entsprechenden Grundsatz in Frankreich. 299
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auferlegt werden, alle für ihr konkretes Bankgeschäft erforderlichen Daten beim Kunden oder jedenfalls mit dessen Billigung einzuholen? Denn es mutet merkwürdig an, dass ein Kunde, der von seinem Kreditinstitut verschiedene Bankgeschäfte erledigen lässt, sonst schlechter gestellt wäre als ein Kunde, der hierfür verschiedene Banken in Anspruch nimmt.302 Eine Weitergabe seiner Daten an andere Abteilungen, die mit der Abwicklung seiner Bankgeschäfte nichts zu tun haben, bringt dem Kunden keine Vorteile. Denn falls er eine eingehende Beratung, etwa zur Vermögensverwaltung, wünscht, steht es ihm auch ohne einen automatischen Wissensfluss innerhalb der Bank frei, ausdrücklich eine weitergehende Einsichtnahme zuzulassen.303 Des Weiteren bieten auch die hier skizzierten Entscheidungen aus der Judikatur Anhaltspunkte dafür, dass man die Organisation von Wissen an den Funktionseinheiten des Kreditinstitutes ausrichten sollte. Dahinter steht nach meiner Ansicht der Gedanke, die Wissenszurechnung müsse sich an der „Funktion“, also am Ziel der jeweiligen Kundenbeziehung, orientieren. Im Verhältnis Kunde – Bank kann dies nur der Zweck der Bankgeschäfte sein, der u. U. auch die Reichweite des Bankgeheimnisses mitbestimmen kann. Verlangt er funktional keine Wissensübermittlung von einem Mitarbeiter zum anderen, ist eine solche m. E. auch nicht zulässig.304 Die vorliegende Arbeit schließt sich damit der Meinung an, die ein inneres Bankgeheimnis prinzipiell befürwortet.305 302
Zutreffend weist Buck, S. 502 Fn. 238 darauf hin, dass das deutsche Universalbankensystem anders als das angelsächsische Trennbankensystem wesentlich mehr (potenzielle) Interessenkonflikte in sich birgt. 303 In der Praxis ist dies bei rechtlich selbständigen Kooperationspartnern der Kreditinstitute üblich. So sehen Formulare von Bausparkassen (in der äußeren Form gut sichtbar – vgl. die Ausführungen bezüglich überraschenden AGB-Klauseln auf S. 404) eine Entbindung vom Bankgeheimnis vor. Unter der klar vom übrigen Text abgetrennten Überschrift „Einwilligungserklärung Datenschutz/Bankgeheimnis. Die Abgabe der Erklärung ist freiwillig und ohne Einfluss auf den Vertrag mit der Bausparkasse.“ listet z. B. die Bausparkasse Schwäbisch Hall ihre Kooperationspartner sowie den Umfang der Daten, die sie bei einer Entbindung übermitteln darf, einzeln auf. Sie spricht ausdrücklich von einer Entbindung vom Bankgeheimnis. Sie weist darauf hin, dass ein Datentransfer durch den Zweck der bauspargeschäftlichen Betreuung begrenzt und ein Widerruf der Einwilligungserklärung ohne Einfluss auf den Vertrag jederzeit für die Zukunft widerruflich ist. – Nach Auskunft des Verbandes der Privaten Bausparkassen e. V. sind die Formulierungen der Klauseln bei den verschiedenen Bausparkassen ähnlich; vgl. auch Schäfer/Cirpka/Zehnder, § 1 Anm. 2 (S. 122). 304 Umgekehrt ist ein Informationsfluss – unabhängig von filialmäßigen Begrenzungen – zulässig, wenn er einem Bankgeschäft funktional dient. Anders Obermüller, WuB IV A. § 166 BGB 1.89, der die Abgrenzung nicht funktional, sondern offensichtlich allein nach Bankfilialen vornehmen möchte. 305 Buck, S. 509 lässt im Ergebnis offen, ob das (innere) Bankgeheimnis eine Wissenszurechnungsschranke bildet.
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3. Begrenzte Zulässigkeit eines bereichsübergreifenden Informationsflusses
Das Kreditinstitut darf die Kenntnisnahme also grundsätzlich nur solchen Mitarbeitern ermöglichen, die im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs und in Erfüllung ihrer Aufgaben für den betreffenden Kunden damit in Verbindung kommen.306 Doch sind Ausnahmen geboten. a) Gesetzliche Vorgaben hinsichtlich der Geschäftsleiter Das Gesetz sieht für bestimmte Fälle eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit vor, die mit der Mitteilung einzelner Kundendaten einhergeht. Regelungen hierzu finden sich vor allem dort, wo Bankgeschäfte für das Kreditinstitut eine wesentliche Bedeutung haben. So verlangt das KWG einen einstimmigen Beschluss aller Geschäftsleiter in § 13 Abs. 2 Satz 1 KWG zur Vergabe eines Großkredites sowie in § 15 Abs. 1 Satz 1 KWG zur Vergabe eines Organkredits. Zu den Geschäftsleitern gehören gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KWG diejenigen natürlichen Personen, die „nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung eines Instituts in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft berufen sind“, also etwa die Vorstandsmitglieder einer AG oder einer eG oder die Geschäftsführer einer GmbH.307 Im Umkehrschluss bedeutet dies natürlich, dass alle Geschäftsleiter über den potenziellen Kreditnehmer informiert sein müssen. b) Verallgemeinerungsfähigkeit der Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter Doch sollten kundenbezogene Informationen den Geschäftsleitern nicht nur in den speziellen Fällen zugänglich sein, in denen Vorschriften eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit anordnen. Denn die Geschäftsleiter sind es, die nach der Vorstellung des Gesetzes (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 4 i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 KWG) dem Kreditinstitut die besondere Zuverlässigkeit und Sachkunde verleihen und das Geschäft leiten.308 Dies ist nur lückenlos möglich, wenn sie einen ausreichenden Zu306 Ähnlich im Bereich der Insidertatsachen: Süßmann, AG 1999, 162 (163). In Zweifelsfällen sollte die Bank die Zustimmung des Kunden zur Weitergabe seiner Daten an andere Abteilungen einholen. 307 Näheres bei Fülbier in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 1 Rn. 152 ff.; Samm in: Beck/Samm/Kokemoor, § 1 Rn. 285. 308 Vgl. Fischer in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 33 Rn. 26 f.: „Grundsatz der Alleinverantwortlichkeit der Geschäftsleitung“.
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griff auf Einzelvorgänge und Kenntnis von den genauen Bedingungen haben, unter denen die Bank Geschäfte mit Kunden abschließt. Ihnen sollte deshalb uneingeschränkt Einblick in die Geschäfte erlaubt sein.309 Weiterhin gibt es konzernrechtliche Pflichten zur Mitteilung von Kundendaten. Da mittlerweile viele Kreditinstitute eine Konzernstruktur aufweisen, erlangen die Regelungen in der Praxis durchaus Bedeutung. So erfordert die gesetzlich in § 13 b Abs. 3 Satz 1 KWG vorgesehene konsolidierte Zusammenfassung die Übermittlung von Angaben zu bestimmten Krediten an einen Kreditnehmer. In den genannten gesetzlichen Konstellationen steht dem Interesse an der Verschwiegenheit die Notwendigkeit der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Bankenwesens entgegen. Zudem ergibt sich aus § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KWG, dass die Geschäftsleiter besonders zuverlässig sein müssen. Die Offenlegung von Kundeninformationen an sie hat aus diesem Grund in aller Regel ein geringes Gefährdungspotential.310 Eine gesetzliche Einschränkung des inneren Bankgeheimnisses ist insoweit sachgerecht. c) Bereichsübergreifende Aufgaben Darüber hinaus sollte für betriebsinterne Überprüfungen und ähnlichen abteilungsübergreifenden Aufgaben eine Durchlässigkeit der Daten erlaubt sein.311 Zu den Zugriffsberechtigten müssen die Mitarbeiter gehören, die für die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation i. S. d. § 25 a Abs. 1 KWG zuständig sind. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der internen Revision zu (§ 25 a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWG).312 Wegen § 25 a Abs. 1 Satz 2 KWG, der eine Verantwortlichkeit der Geschäftslei309 So im Ergebnis auch Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 13 m. w. N.; Bunte, ebenda, § 7 Rn. 9; für „jeweilige Vorgesetzte“ Gößmann in: Welter/ Lang, Rn. 16.26. 310 Dass es Ausnahmen gibt, zeigte eindrücklich der Sachverhalt der Kirch-Entscheidung, in dem es der Vorstandsvorsitzende der Bank war, der die Verschwiegenheitspflicht verletzte. Ähnliches war vorher jedoch – soweit ersichtlich – noch nie geschehen. Vgl. hierzu auch Frankfurter Rundschau vom 6. Mai 2002, S. 9: „Denn die Art und Weise, mit der Breuer in aller Öffentlichkeit die Münchner Gruppe madig gemacht hatte, war schon ein starkes und bis dato in der Bundesrepublik einmaliges Stück. Mit seinen Äußerungen verstieß der Deutsch-Banker nicht nur gegen den in der Branche herrschenden Konsens, demzufolge die Beziehungen zu Kunden größtmöglicher Diskretion unterliegen, sondern auch gegen hausinterne Normen, in denen es heißt: ‚Unser Verhalten ist von Verlässlichkeit, Fairness und Ehrlichkeit geprägt.‘ “ 311 So auch die erste Meinung, vgl. S. 302. 312 Zu den Anforderungen an die interne Revision näher BaFin, Rundschreiben 18/2005 unter AT 4.4.
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tung für diese Aufgabe vorsieht, müssen die hier tätigen Mitarbeiter den Geschäftsleitern direkt unterstellt sein.313 Bei sonstigen bereichsübergreifenden Aufgaben ist genau zu untersuchen, ob eine Weitergabe von kundenbezogenen Daten für die jeweilige Position tatsächlich notwendig ist.314 Dies gilt auch für Mitglieder von Aufsichtsorganen der Bank.315 VI. Übertragung der Überlegung auf die Geltung im Bankenkonzern Die vorstehenden Erörterungen haben gezeigt, wie durchlässig Informationen zur Erfüllung bestimmter notwendiger Aufgaben innerhalb eines Kreditinstituts sein sollten. Mitunter findet man Stimmen im Schrifttum, die eine Datenweitergabe innerhalb des Konzerns der Bank befürworten.316 Man vermisst dabei die entsprechende Begründung. Auf der Grundlage der soeben herausgearbeiteten Ergebnisse ist diese Auffassung abzulehnen: Für den Konzern gelten keine Besonderheiten. Tochtergesellschaften des Kreditinstituts sind wie Dritte zu behandeln. Etwas anderes kann allenfalls gelten, wenn die Regelungen zur Bankenaufsicht in Bezug auf gruppenangehörige Unternehmen eine Übermittlung bestimmter kundenbezogener Daten verlangen.317 Vorstellbar ist dies nur bei Großkrediten.318
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Genauso BaFin, Rundschreiben 18/2005 unter Punkt AT 4.4. Die Praxis sieht bisher innerhalb der Institute eine filialübergreifende und funktionsbezogene oder nach Produktgruppen abgegrenzte Zugriffsberechtigung auf Kundendaten vor; besonders wichtige Bankgeschäfte werden bereits jetzt durch eigene Vertraulichkeitsvereinbarungen abgesichert, die den Kreis der Informierten noch enger eingrenzen (Schröter, Bankrechtstag 2002, S. 173). Gerade durch die Anforderungen im Bereich des Wertpapierrechts waren die Kreditinstitute ohnehin dazu gezwungen, insbesondere zwischen der Kredit- und der Börsenabteilung „Chinese Walls“ zu errichten (Buck, S. 500 f. m. w. N.). Es ist davon auszugehen, dass die Kreditinstitute das innere Bankgeheimnis mit diesem Vorgehen weitgehend wahren. Inwieweit die theoretisch existenten Schranken in der Praxis eingehalten werden, mag hier dahingestellt bleiben – skeptisch dahingehend Hopt, FS Heinsius, S. 320. 315 So im Ergebnis wohl auch Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 13 und Bunte, ebenda, § 7 Rn. 9 und Koch, MMR 2002, 504 (506): ordnungsgemäßer/normaler Geschäftsablauf; a. A. Kirchherr in: Sichtermann, S. 146 – uneingeschränkter Einblick. 316 Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (171 oben). 317 Es ist schwer vorstellbar, dass Pflichten wie diejenige des § 10 a Abs. 9 Satz 2 KWG eine Weitergabe kundenbezogener Daten erfordern. 318 Z. B. zur Erfüllung der (öffentlich-rechtlichen) Pflichten aus § 13 b Abs. 3 KWG. 314
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
§ 32 Bankgeheimnis gegenüber anderen Kreditinstituten zu wahren Immer wieder, insbesondere im Zusammenhang mit der Abtretung von Forderungen, liest man, die Verschwiegenheit gelte anderen Banken gegenüber nicht, vor allem wenn diese eine Erlaubnis nach dem KWG besitzen. Schließlich seien diese ihrerseits zur Vertraulichkeit verpflichtet.319 Diese Ansicht begegnet Bedenken. I. Grundsätzliche Verschwiegenheitspflicht auch gegenüber Banken Es gibt keinen Grund, beim Schutz des Bankgeheimnisses gegenüber anderen Kreditinstituten Abstriche zu machen. Für andere schweigepflichtige Berufsgruppen ist grundsätzlich anerkannt, dass die Weitergabe von Daten an einen ebenso schweigepflichtigen Kollegen unzulässig ist.320 Eine eigene Verpflichtung zur Vertraulichkeit des Adressaten kann diesen nicht in den Kreis der Destinatäre des Geheimnisses einschließen.321 Entscheidend ist allein das Vertrauensverhältnis zum Kunden, nicht die Zugehörigkeit zum gleichen Berufsstand. Zwar mag bei jeder Bank abstrakt eine erhöhte Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit zu erwarten sein. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Kunde sich eine konkrete Bank ausgesucht hat, mit der er in eine besondere Nähebeziehung tritt. Erst dieser bewusst gesuchte rechtsgeschäftliche Kontakt führt zu einer Sonderverbindung, in deren Rahmen ein haftungsbegründendes Vertrauen entstehen kann. Das Bankgeheimnis beruht auf dieser normativen Grundlage.322 Im Übrigen 319 Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (171); Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.28; Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1565); ähnlich Stiller, ZIP 2004, 2027 (2030 bei Fn. 26); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1574) – verlangen zusätzlich eine Vertraulichkeitsvereinbarung; Langenbucher, BKR 2004, 333 (334) – so in Bezug auf ein Abtretungsverbot; Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491 (494); in diese Richtung Büchler, EWiR 2006, 41 (42); Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (481); Theewen, WM 2004, 105 (114). 320 Bei Ärzten war die Frage früher noch strittig, inzwischen gilt die Schweigepflicht aber auch gegenüber schweigepflichtige Kollegen – zur Rechtsentwicklung BGHZ 116, 268 (273); vgl. zudem BGHZ 115, 123 (128 f.) – Arzt; 122, 115 (119) – Rechtsanwalt/Steuerberater; BGH WM 1993, 1251 (1252); NJW 1993, 2795 (2796) – jeweils Rechtsanwälte betreffend; WM 1996, 1815 (1816) m. w. N. – Steuerberater; Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 54 – Anwalt; Goedel, S. 73 ff. – Arzt; Nobbe, WM 2005, 1537 (1546); kritisch C. Berger, NJW 1995, 1584 (1586 ff.). 321 So im Ergebnis auch Nobbe, WM 2005, 1537 (1546) sowie Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (481 f.) – ihr richtiger Hinweis, das Interesse an der Geheimhaltung gegenüber sonstigen Dritten sei deutlich größer, ändert hieran nichts.
§ 32 Bankgeheimnis gegenüber anderen Kreditinstituten
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würde damit die Regelung zu den Bankauskünften, die ganz überwiegend anderen Kreditinstituten erteilt werden, konterkariert.323 Im Hinblick auf Auskünfte an einen Bankenverband lässt sich aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 1978 eine ähnliche Linie herauslesen: Sie hielt eine Übermittlung von Daten an eine Gemeinschaftseinrichtung der Kreditinstitute für zulässig und betonte in der Begründung, die Kunden der Anschlussfirmen (also die Bankkunden) hätten „sich gegenüber den Banken usw. ausdrücklich damit einverstanden erklärt“.324 Wäre eine Weitergabe der Informationen an Kreditinstitute ohnehin zulässig, hätte das Gericht lediglich klären müssen, ob dies bei einer derartigen Gemeinschaftseinrichtung ebenso ist. Wenn der Gesetzgeber in neuerer Zeit bei Anwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern für die Abtretung von Gebührenforderungen an Berufskollegen eine Ausnahme von diesem Prinzip vorsieht, bestätigt dies nur die Grundregel.325 Aus alledem folgt: Banken sind prinzipiell wie sonstige Dritte zu behandeln. II. Ausnahme für die erforderliche Datenübermittlung zur Abwicklung von Bankgeschäften Bei diesen Erwägungen drängt sich die Frage auf, wie Kreditinstitute im ordnungsgemäßen Geschäftsverkehr überhaupt noch zusammenarbeiten sollen. So sind bei den alltäglichen Überweisungen meist mindestens zwei Banken eingeschaltet. Zur Durchführung sind die Kontodaten, der Überweisungsbetrag sowie regelmäßig der Verwendungszweck zu übermitteln. Mit Recht stellt Koch hierzu fest, der Kunde sei sich der Zusammenarbeit der Kreditinstitute in diesem Fall bewusst und willige insoweit in eine arbeitsteilige Durchführung des Bankgeschäfts ein.326 Der Kundenwille bleibt hier nicht nur Fiktion; so muss der Kunde für die Anweisung etwa zwingend das kontoführende Kreditinstitut des Zielkontos angeben. In diesem Moment erklärt er sich dazu bereit, die in seinem Überweisungsauftrag enthaltenen Daten an diese Bank weiterzureichen. Eine über diesen genau definierten „Überweisungsdatensatz“327 hinausgehende Informationsübermittlung bleibt damit unzulässig. 322 Näher dazu S. 78 ff. Im Übrigen sind Banken daher den Kunden anderer Banken regelmäßig nicht auf Grund des Bankgeheimnisses zur Verschwiegenheit verpflichtet. 323 Dazu im Einzelnen statt vieler A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/960 ff. 324 BGH WM 1978, 999 (1001). 325 § 49 b Abs. 4 BRAO, § 43 a Abs. 3 PatAnwO, § 55 Abs. 2 WiPrO, § 64 Abs. 2 StBerG – näher zu diesen gesetzlichen Ausnahmen unten auf S. 381 ff. 326 Koch, MMR 2002, 504 (508). 327 So die treffende Bezeichnung von Koch, MMR 2002, 504 (508).
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Nicht so eindeutig ist die Sachlage bei Geschäften, bei denen der Austausch von Informationen zwischen den Banken zwar zweckmäßig, aber für die Durchführung nicht unbegrenzt erforderlich ist. So bleibt etwa bei der Inanspruchnahme von Konsortialkrediten grundsätzlich jede Bank einzeln ihrem Kunden gegenüber zur Wahrung des Bankgeheimnisses verpflichtet. Dies gilt jedenfalls, soweit der Kundenwille zur Weitergabe an die anderen Beteiligten nicht zweifelsfrei dem Zweck der Zusammenarbeit zugunsten des Kunden zu entnehmen ist.328 Bei Verhandlungsgesprächen zwischen mehreren Banken, etwa zur Kreditvergabe an einen Kunden, dürfen also nicht alle Informationen über ihn ausgetauscht werden. In der Praxis bietet sich daher an, im Vorfeld die Zustimmung des Kunden einzuholen und/oder Gespräche nur in seiner Anwesenheit zu führen, um in Zweifelsfällen Rückfragen zu erleichtern. Denn auf den mutmaßlichen Willen darf nicht abgestellt werden, wenn der tatsächliche ermittelt werden kann.329 Die Lösung erfolgt hier also nicht auf der Ebene des Schutzbereichs der Verschwiegenheitspflicht, sondern erst auf der Stufe der Rechtfertigung.
§ 33 Bankgeheimnis gegenüber vertraglich zur Verschwiegenheit Verpflichteten zu wahren Immer wieder liest man, das Bankgeheimnis werde nicht verletzt, wenn der Mitteilungsempfänger entsprechend dem Umfang des Bankgeheimnisses vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet werde.330 Aus den soeben angestellten Erörterungen ergibt sich, dass dieser Ansicht nicht zu folgen ist.331 Wenn schon die Weitergabe kundenbezogener Daten an die gesetzlich dem Bankgeheimnis verpflichteten Kreditinstitute ohne Zustimmung des Kunden eine Pflichtverletzung bedeutet, muss dies erst recht bei rein vertraglichen Verschwiegenheitsverpflichtungen gelten. Die genannten Argumente gelten entsprechend. Dieser Aspekt kann indes beim Umfang einer aus anderen Gründen zulässigen Durchbrechung des Bankgeheimnisses eine Rolle spielen.332
328
Vgl. Lang, ZBB 2006, 115 (117). Näher dazu unten auf S. 398 f. 330 Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (282); Cahn, WM 2004, 2041 (2047 f.); Freitag, EWiR 2004, 741 (742); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572); Jobe, ZIP 2004, 2415 (2419) – eingeschränkt auf die „Erledigung der ordnungsmäßigen Bankgeschäfte“; Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 (132); Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491 (494). 331 Vgl. auch die Erwägungen in Bezug auf einen Datentreuhänder (S. 329 ff.). 332 Vgl. S. 497 f. 329
§ 34 Geheimhaltungspflicht bei der Abtretung von Forderungen
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§ 34 Geheimhaltungspflicht bei der Abtretung von Forderungen Mit der soeben geschilderten Problematik verwandt ist die Situation im Falle einer Einzelrechtsnachfolge auf Bankenseite. In der Praxis gibt es seit einiger Zeit Diskussionen um die Zulässigkeit von Forderungsabtretungen bei Geltung des Bankgeheimnisses. Historisch spielte diese Frage keine Rolle, weshalb man keine gewohnheitsrechtlichen Anhaltspunkte hierzu findet.333 Die Materie löste deshalb eine breite Debatte aus, weil Kreditinstitute vermehrt Not leidende Darlehensrückzahlungsansprüche gegen ihre Kunden an Finanzinvestoren verkauft und abgetreten haben.334 Bei solchen Rechtsgeschäften stellt sich die Frage, ob und in welcher Form sie hierfür eine Zustimmung der Kunden benötigen.335 I. Notwendigkeit der Datenweitergabe bei der Abtretung Die aufgeworfene Frage unterteilt sich in zwei Komplexe, die zunächst voneinander getrennt werden sollten: Zunächst ist zu klären, ob oder gegebenenfalls unter welchen Umständen eine Abtretung das schuldrechtliche Bankgeheimnis verletzt. Erst bei der Bejahung einer solchen Pflichtverletzung schließt sich das Problem an, ob daraus die Nichtigkeit des Verfügungsgeschäftes folgt. Der letztgenannte Komplex wird erst bei der Frage nach den Folgen einer Pflichtverletzung relevant.336 Der folgende Abschnitt behandelt allein den schuldrechtlichen Aspekt. 1. Kein Gebot der Datenweitergabe durch § 402 BGB
Ausgangspunkt der Überlegungen sind die gesetzlichen Regelungen zur Abtretung von Forderungen, vor allem § 402 BGB. Nach dieser Norm ist 333 Die – soweit ersichtlich – erste Erwähnung stammt erst aus dem Jahre 1931, enthält keine Begründung und ist noch sehr vage gehalten: Scheer, S. 49, 93. 334 Sparkassen und Landesbanken werden aktuell sogar mit Strafanzeigen wegen Verletzung ihrer Verschwiegenheitspflicht beim Verkauf von Forderungen konfrontiert, vgl. „Kreditverkäufe der Sparkassen haben Nachspiel“, Financial Times Deutschland vom 13. Juni 2007, S. 17, sowie Informationen der Interessengemeinschaft der Bank- und Sparkassenkunden unter http://www.igbank.de/ (Abrufdatum: 18. Juli 2007). 335 Während die Gerichte noch dabei waren, die Problematik zu klären, geriet die BaFin mit der Rechtsansicht negativ in die Schlagzeilen, eine solche Zustimmung des Kunden sei für den Forderungsverkauf grundsätzlich nicht erforderlich, vgl. „Fragwürdige Tipps vom Amt“, Süddeutsche Zeitung vom 22. November 2006, S. 30. 336 Dazu unten ab S. 516 ff.
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ein Zedent u. a. dazu verpflichtet, dem Zessionar die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen. a) Auskunftspflicht gemäß § 402 BGB nur mit relativer Wirkung Es handelt sich dabei um eine schuldrechtliche Pflicht.337 Sie entfaltet somit wegen ihrer Rechtsnatur lediglich relative Wirkung zwischen Zedent und Zessionar und kann somit auf das Schuldverhältnis zwischen Zedent und Schuldner nicht einwirken. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn § 402 BGB als gesetzliche Durchbrechung des Bankgeheimnisses einzustufen wäre. Eine solche Auslegung setzt voraus, dass ein Konflikt beider Pflichten unausweichlich ist. b) Konflikt mit dem Bankgeheimnis nicht unausweichlich Tritt ein Kreditinstitut eine Kundenforderung an einen Dritten ab, begibt es sich mit der Zession in eine Pflichtenkollision. Entweder gibt es Kundendaten an den Zessionar gemäß § 402 BGB preis und verletzt dadurch das Bankgeheimnis.338 Oder es hält die Informationen geheim und verstößt damit gegen die Pflicht, die sie gegenüber dem Zessionar hat.339 Diesen Konflikt lösen einige Vertreter des Schrifttums zu Lasten des Bankgeheimnisses. So räumt Canaris der gesetzlichen Auskunftspflicht „in aller Regel Vorrang vor dem Bankgeheimnis“ ein; die Verschwiegenheitspflicht rechtfertige keinen stärkeren Schutz der ihr unterliegenden Forderungen gegenüber sonstigen Forderungen.340 Etwa „erforderliche Korrekturen“ könne man über 337 Unerheblich ist für die Qualifizierung die streitige Frage, ob die gesetzliche Nebenpflicht Ausfluss des schuldrechtlichen Kausal- oder Ausfluss des Verfügungsgeschäftes der Abtretung ist. Als Folgen des Kausalgeschäfts stufen sie ein: Busche in: Staudinger, § 402 Rn. 1; Grüneberg in: Palandt, § 402 Rn. 1; Kuder, ZInsO 2004, 903 (904); G. H. Roth in: MünchKomm BGB, § 402 Rn. 2; a. A.: Motive, Band II, § 301, S. 128. Im ersten Fall setzt die Entstehung der Pflicht ein gültiges Kausalverhältnis voraus; das dingliche Geschäft ist hiervon unabhängig. Im zweiten Fall entstammt die Pflicht ihrem Zweck nach zwar der Abtretung als Verfügung. Das bedeutet jedoch nur, dass sie bei der Unwirksamkeit des Verfügungsgeschäftes nicht entsteht. Sie bleibt auch hier in jedem Fall eine schuldrechtliche Pflicht. 338 Richtig BGHZ 171, 180 (185 Rn. 19); insoweit zutreffend auch OLG Frankfurt a. M. NJW 2004, 3266 (3267). 339 Diese Wahlmöglichkeit streichen auch heraus Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (171); zuvor bereits Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (474). 340 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 61 a, der als Fundstelle Kirchherr in: Sichtermann, S. 183 f. angibt. Kirchherr räumt der Auskunftspflicht gemäß § 402 BGB jedoch gerade keinen grundsätzlichen Vorrang ein.; Canaris folgend Baums, WM
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§ 242 BGB herleiten. Andere Stimmen gehen in die gleiche Richtung und sehen § 402 BGB als gesetzliche Regelung an, die eine Informationsweitergabe gebiete.341 Dem ist der Zweck von § 402 BGB entgegenzuhalten. Die Vorschrift will den Zessionar in die Lage versetzen, seine Ansprüche durchzusetzen.342 Regelmäßig benötigt er hierfür vom Zedenten Informationen, um sein Einziehungsrecht, Teil der Gläubigerposition, ausüben zu können. Weil dies jedoch nicht immer so sein muss und es sich um eine schuldrechtliche Pflicht handelt, ist die Regelung dispositiv.343 Eine zwingende Datenübermittlung an den Zessionar kann sie deshalb nicht auslösen.344 Weiterhin knüpft die Entstehung der in der Norm enthaltenen Pflicht an eine freiwillige, vom Gesetz nicht geforderte Handlung des Zedenten an, nämlich die Abtretung. Insofern hat die Bestimmung nicht nur keinen zwingenden Charakter, ihre Rechtsfolge wird zudem erst durch ein privatautonomes Element ausgelöst. Schließlich enthält § 402 BGB eine schuldrechtliche Pflicht, die nur zwischen Zedent und Zessionar wirkt.345 Ob die Übermittlung ohne Zustimmung des Schuldners erlaubt ist, kann sie gar nicht regeln. Anders als Canaris meint,346 führt dieses Verständnis nicht dazu, dass sich die Forderung einer Bank gegen ihren Kunden qualitativ von anderen Ansprüchen unterscheidet. Mit dem Bankgeheimnis geht lediglich die Aufforderung einher, dass das Kreditinstitut auf seine bereits eingegangenen Pflichten gegenüber seinen Kunden Rücksicht nehmen muss. Es ist die Bank, die sich in die Pflichtenkollision begibt. Legt man die hier abgelehnte Ansicht zu Grunde, könnte das Kreditinstitut auf diese Weise selbst 1993, 1 (6 f.), der jedoch auf S. 11 meint „Bei der Aushändigung individueller Kundendaten im Rahmen einer Abtretung sind das Bankgeheimnis und datenschutzrechtliche Bestimmungen zu beachten“. 341 Baums, WM 1993, 1 (6 f.); Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 29; Klüwer, ABS, S. 216; Lang, EWiR 2003, 309; Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1564 f.); ähnlich Innenministerium Baden-Württemberg, Tätigkeitsbericht 2001, S. 91 („in aller Regel“). 342 Vgl. aber BVerfG ZIP 2007, 2348 (2349) – Kammerbeschluss: Die Vorschrift diene der Verkehrsfähigkeit von Forderungen. Wie diese Verkehrsfähigkeit im Zivilrecht ausgestaltet ist, ergibt sich aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts nicht. Im Einzelfall könne aber das Geheimhaltungsinteresse des Schuldners überwiegen, was im schuldrechtlichen Verhältnis zwischen Schuldner und Zedent zu berücksichtigen sein könne. 343 BGHZ 171, 180 (185 Rn. 19); 1993, 2795 (2796); Grüneberg in: Palandt, § 402 Rn. 1; Kuder, ZInsO 2004, 903 (904); Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1559). 344 Wie hier Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (480); Kuder, ZInsO 2004, 903 (904). 345 Insoweit genauso Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1160). 346 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 61 a.
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die Voraussetzungen schaffen, um sich von der Verschwiegenheit zu befreien. Selbst vertragstreue Kunden wären damit der Willkür der Bank ausgeliefert; das Bankgeheimnis wäre inhaltlich entleert.347 Die Norm des § 402 BGB kann das Bankgeheimnis folglich nicht verkürzen.348 2. Dingliches Bestimmtheitsgebot als Mindestanforderung an eine Abtretung
Unabhängig von der Regelung des § 402 BGB stellt sich die Frage, ob mit jeder Abtretung zwingend die Übermittlung von Informationen über den Schuldner verbunden ist. Die Zession gemäß § 398 BGB ist nur wirksam, wenn der Gegenstand des Rechtsgeschäfts, also die Forderung, bestimmt oder bestimmbar ist.349 Neben dem Inhalt des Anspruchs muss sich insbesondere die Person des Schuldners ermitteln lassen; die Forderung muss hinreichend individualisiert werden können.350 Selbst bei einer weiten Auslegung dieses Merkmals führt kein Weg daran vorbei, dass der neue Gläubiger in der Lage sein muss, jeden einzelnen seiner Ansprüche zu bezeichnen und die Identität einzelner Schuldner herauszufinden. Das Kreditinstitut kann aufgrund dieses Bestimmtheitsgebots Forderungen an Dritte somit nur abtreten, wenn es mindestens einen Teil der dem Bankgeheimnis unterliegenden Daten an den Zessionar weitergibt. Dieser Datentransfer stellt grundsätzlich eine Verletzung des Bankgeheimnisses dar. 3. Verbleib der Einziehungsbefugnis bei der Bank kein Ausweg
Im Hinblick auf die Abtretungsproblematik bildete sich die Meinung heraus, eine Zession ohne Übermittlung kundenbezogener Daten sei möglich, wenn der Zedent weiterhin den Forderungseinzug für den Zessionar über347 So auch Beckhusen in: Derleder/Knops/Bamberger, § 5 II Rn. 52; Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost, BankR I Rn. I 199; Nobbe, WM 2005, 1537 (1546); Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1160) vertreten die Ansicht, die Regelung des § 402 BGB erlaube die Weitergabe von Daten ausdrücklich. Dennoch qualifizieren sie die Bestimmung im Ergebnis nicht als gesetzlich normierte Durchbrechung des Bankgeheimnisses. 348 Im Ergebnis wie hier Cahn, WM 2004, 2041 (2046); Nobbe, WM 2005, 1537 (1546); Petersen, S. 39; a. A. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 61 a; Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1564). Nicht ganz klar Baums, WM 1993, 1 (6 f. und 11); Gehring, S. 180. 349 Statt vieler Busche in: Staudinger, § 398 Rn. 53 m. w. N.; vgl. auch BGH NJW 1993, 2795 (2796). 350 Statt vieler Busche in: Staudinger, § 398 Rn. 53; G. H. Roth in: MünchKomm BGB, § 398 Rn. 67 ff.; H.-F. Müller in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 398 Rn. 15 ff., jeweils m. w. N. zur Rspr.
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nehme.351 Ähnlich formulierte bereits das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (nachfolgend: „BAKred“)352 im Jahre 1997, eine Einwilligung der Kunden sei nicht nötig, „wenn das zedierende Kreditinstitut die Kreditabwicklung einschließlich des Inkassos aufgrund einer Einziehungsermächtigung als Service agent selbst wahrnimmt, da in diesem Fall eine Weitergabe von schuldnerbezogenen Daten an den Forderungserwerber entbehrlich ist“.353 Das Argument beruht auf dem Gedanken einer Einziehungsermächtigung. Die Auffassung begegnet Zweifeln, die die folgenden Überlegungen verdeutlichen sollen: a) Abtretung mit Verbleib der Einziehungsbefugnis bei der Bank Die Bank und der Dritte könnten bei ihrem Verfügungsgeschäft eine Einziehungsberechtigung der Bank vereinbaren. Auf den Zessionar ginge danach zwar die Verfügungsbefugnis, nicht jedoch die Einziehungsbefugnis über. Dies hätte den Vorteil, dass man dem Zweck des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebotes möglicherweise auch mit anonymisierten Informationen zum Schuldner gerecht werden könnte.354 Denn nicht der Zessionar würde die Leistung vom Schuldner fordern, sondern die Bank als Zedentin. Zwar ist mittlerweile anerkannt, dass ein Gläubiger einem Dritten eine Einziehungsermächtigung erteilen kann.355 In den üblichen Fällen behält der Gläubiger allerdings neben dem Dritten das Recht zur Einziehung; es gibt also zwei Einziehungsberechtigte.356 Hingegen erhielte der Zessionar 351 So andeutungsweise BGHZ 171, 180 (185 Rn. 19); zudem Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (170 a. E.); Früh, WM 2000, 497 (501); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572); Klüwer, ABS, S. 214 (mit dem Argument, die Situation des Schuldners sei „nicht wirklich tangiert“, weil nur „die essentiellen Schuldnerdaten“ weitergegeben würden. Vgl. auch Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1158) – allerdings von vorneherein eingeschränkt auf anonymisierte Daten, bei denen das Problem in seiner Schärfe nicht auftaucht. Vgl. auch Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (482); Rögner, NJW 2004, 3230 (3232); Theewen, WM 2004, 105 (113) – Zedent als Service agent. Näher hierzu unten S. 329 ff. 352 Jetzt Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“). 353 BAKred, Rundschreiben 4/97, abgedruckt in WM 1997, 1821 (1822). 354 In diese Richtung wohl auch BGH NJW 1993, 2795 (2796): „stille Zession mit Einziehungsbefugnis des Zedenten“. Von einem derart weiten Verständnis des Bestimmtheitsgebotes geht offensichtlich das BAKred, Rundschreiben 4/97, sogar dann aus, wenn der Zessionar das Einziehungsrecht erhält. Dies kann man mit guten Gründen für zweifelhaft halten. Die folgenden Darlegungen werden zeigen, dass es hinsichtlich der Einziehungsermächtigung im Ergebnis hierauf nicht ankommt (sogleich S. 329 ff.). 355 Näher hierzu Larenz, SchR I, § 34 V (S. 597 ff.) m. w. N. 356 Davon geht offensichtlich auch aus Rüßmann, AcP 172 (1972), 520. Aus der Ungewissheit, sich mit mehreren Einziehungsberechtigten auseinandersetzen zu müs-
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in der angedachten Konstruktion kein Recht zur Einziehung. Bedenken löst dies deshalb aus, weil die Gläubigerschaft ohne Möglichkeit zur Einziehung in eigenem Namen inhaltlich entleert wäre. Das Wesen der Abtretung verlangt es, dass dieses Gläubigerrecht auf den Zessionar übergeht. Mit anderen Worten ist die Einziehungsbefugnis eine essentielle Voraussetzung des Vertragsinhalts einer Abtretung.357 Deshalb hält die Rechtsprechung und ihr folgend die Literatur eine Abtretung für unwirksam, wenn „die Einziehung dauernd und bedingungslos bei dem bisherigen Gläubiger verbleiben soll“, während sie dem neuen Gläubiger versagt wird.358 Wirksam sei eine Abtretung also nur, wenn die ihr zu Grunde liegende Vereinbarung dem Zedenten das Recht zur Einziehung zeitlich befristet oder bis zum Eintritt einer Bedingung belässt. Denn auch beim Rechtsgeschäft der Abtretung selbst sei das Setzen eine Zeitbestimmung oder einer Bedingung möglich.359 Ein dauerhafter Verbleib des Einziehungsrechts (und somit auch der hierfür erforderlichen Kundendaten) bei der Bank ist daher nicht möglich. b) Durch die Zustimmung des Kunden bedingter Übergang der Einziehungsbefugnis In Anbetracht der soeben erwähnten Ausnahmen könnte man auf den Gedanken kommen, die Einziehungsbefugnis unter die Bedingung zu stellen, dass der Kunde der Datenübermittlung zustimmt. Die Informationsweitergabe würde das Bankgeheimnis nicht verletzen. Für das Rechtsgeschäft der Abtretung selbst ist jedoch anerkannt, dass sie erst mit Ablauf der festgelegten Zeit oder bei Eintritt der Bedingung wirksam wird.360 Wenn erst der Erhalt der Einziehungsbefugnis dem Zessionar seine Gläubigerposition verschafft, kann die Verfügung (also die Abtretung selbst) auch frühestens in diesem Moment wirksam werden. In dieser Variante ist somit das Verfügungsgeschäft ohne Zustimmung des jeweiligen Kunden nicht möglich.
sen, rührte die ursprüngliche Kritik an dem Institut, vgl. Larenz, SchR I, § 34 V (S. 599). 357 So ausdrücklich auch Busche in: Staudinger, § 398 Rn. 11; wohl auch BGH WM 1996, 928 (929). 358 RGZ 90, 273 (276); RG JW 1905, 718 (Nr. 8); 1914, 528 f. (Nr. 6); 1916, 959 (Nr. 3); 1936, 1953 (Nr. 10); 1938, 1329 (1330); Busche in: Staudinger, Einl. zu §§ 398 ff. Rn. 19; Grüneberg in: Palandt, § 398 Rn. 5. 359 Vgl. RGZ 90, 273 (276 f.); ähnlich RG JW 1914, 528 f. (Nr. 6). 360 Für künftige, also aufschiebend bedingte Forderungen: Busche in: Staudinger, § 398 Rn. 71; Larenz, SchR I, § 34 III (S. 585 bei Fn. 35), jeweils m. w. N.
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4. Verschlüsselung und Einschaltung eines Datentreuhänders
Keinen Verstoß gegen das Bankgeheimnis sowie die Einhaltung des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebotes sieht das BAKred in der verschlüsselten Weitergabe von Kundendaten an den Forderungserwerber, wenn deren Entschlüsselung für den Fall einer notwendig werdenden Rechtsverfolgung bei einer „neutralen Stelle“, die man als „Datentreuhänder“ bezeichnen kann,361 verschlossen hinterlegt werde.362 Es bleibt zu prüfen, ob mit diesem Vorgehen eine Verletzung des Bankgeheimnisses bei einer Forderungsabtretung verhindert werden kann. a) Sachenrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz gewahrt In der Tat würde eine verschlüsselte Weitergabe der Daten an den Zessionar die Kundenidentität nicht aufdecken und wäre demnach kein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht. Da bei der neutralen Stelle nur die Entschlüsselung sowie die verschlossenen Informationen, nicht aber die Daten selbst hinterlegt würden, begegnet auch die Einschaltung eines solchen Datentreuhänders keinen Bedenken. Denn weder er noch der Zessionar können die Angaben den einzelnen Kunden zuordnen. Nach der vorliegend vertretenen Ansicht hätte der Datentreuhänder somit nur die Funktion eines Schlüssels, der eine Zuordnung nicht allein, sondern nur zusammen mit dem Zedenten oder dem Zessionar vornehmen kann.363 Erneut ist fraglich, ob dieser Weg dem Bestimmtheitsgrundsatz tatsächlich hinreichend Rechnung trägt. Zumeist beschäftigen sich die Gerichte mit der Bestimmbarkeit des 361 Den Begriff verwenden z. B. Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (282); Böhm, BB 2004, 1641 (1643); Hamberger/Diehm, Die Bank 2004, 182 (185); Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1158); im Bereich des BDSG auch Essers/Hartung, RDV 2002, 278 (285). 362 BAKred, Rundschreiben 4/97 vom 19. März 1997, abgedruckt in WM 1997, 1821 (1822). Die dort außerdem angesprochene Ausnahme der Weitergabe aus technischen Gründen berührt die Geheimhaltungspflicht nicht, weil die Identität des Kunden dort ausdrücklich nicht aufgedeckt werden soll. Daran angelehnt Hofmann/ Walter, WM 2004, 1566 (1572); vgl. bereits Küppers/Brause, AG 1998, 413 (419). 363 Von einem vollen Zugriff des Datentreuhänders auf die Kundendaten scheinen dagegen andere Stimmen aus der Literatur auszugehen: Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (282); Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1563); Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491 (495) – nicht ganz klar Rögner, NJW 2004, 3230 (3232). Damit wäre eine (zudem schon aus praktischen Gründen überflüssige) Verletzung des Bankgeheimnisses wegen einer Weitergabe an den Datentreuhänder verbunden. Ein Teil des Schrifttums missversteht überdies das insoweit vorbildlich klare Rundschreiben 4/97 der BAKred vom 19. März 1997, abgedruckt in WM 1997, 1821 (1822), in dem explizit von einer verschlossenen Hinterlegung der Entschlüsselung die Rede ist. Wie hier z. B. Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786 (1789).
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Gegenstands der Verfügung, also der Forderungsidentität.364 Hier geht es jedoch um die Bestimmbarkeit der Schuldneridentität, zu der weniger Entscheidungen ergangen sind.365 Zweck des Bestimmtheitsgebotes ist die Rechtssicherheit. Es darf aus objektiver Sicht keine Zweifel über den Inhalt des Rechtsgeschäftes geben. Wenn die Verschlüsselung technisch fehlerfrei geschieht, ist eine Zuordnung der Forderungen zu den einzelnen Schuldnern problemlos möglich. Eine Bestimmbarkeit ist daher zu bejahen.366 b) Einziehungsbefugnis bleibt dem Zessionar nicht dauerhaft verwehrt Solange der Zessionar die erlangten Forderungen keinen Schuldnern zuordnen kann, ist er trotz der ihm formal zustehenden Einziehungsbefugnis nicht in der Lage, die Leistung von seinen Schuldnern zu fordern. Diese Begrenzung seiner Gläubigerrechte wirkt allerdings nicht dauerhaft, sondern nur bis zur Entschlüsselung der Daten. Dementsprechend verbleibt allein das Problem, unter welchen Umständen und in welcher Form eine Entschlüsselung der Daten erfolgen darf. Grundsätzlich stellt auch die Entschlüsselung oder vielmehr die durch die Bank eingeräumte Möglichkeit hierzu eine Verletzung des Bankgeheimnisses dar.367 Es spielt dabei keine Rolle, ob sie durch den Datentreuhänder oder den Zessionar oder durch beide gemeinsam erfolgt. Doch gibt es diesbezüglich Ausnahmen; es gelten – genauso wie bei jeder anderen Durchbrechung des Bankgeheimnisses – die allgemeinen Grundsätze.368 Da das Bankgeheimnis dort eine Schranke erfährt, wo eine Forderung durchgesetzt wird, ist die Entschlüsselung einem Zessionar gegenüber möglich. Ihm bleibt die Einziehungsbefugnis deshalb nicht dauerhaft verwehrt.369 Eine Abtretung ist folglich möglich.
364 RGZ 134, 225 (227); BGHZ 7, 365 (367 ff.); BGH NJW 1995, 1668 (1669); OLG Hamburg ZIP 1999, 1628 (1631). 365 Diskutiert aber in BGHZ 70, 193 ff.; OLG Düsseldorf BauR 1984, 201 m. w. N. 366 So auch Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (480); Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786 (1794, 1796). 367 Darauf weist auch Rögner, NJW 2004, 3230 (3233) hin. 368 Ihnen wendet sich die vorliegende Arbeit an entsprechender Stelle zu: S. 372 ff. 369 Der behördliche Hinweis auf die „sachgerechte Rechtsverfolgung“ ist sehr pauschal gehalten, deutet aber in die richtige Richtung – näher zu dieser Einschränkung unten S. 459 ff.
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II. Informationszugriff durch andere Schweigepflichtige unzulässig Manche verstehen die Rolle des Datentreuhänders zum Teil so, dass er einen uneingeschränkten Datenzugriff erlangen soll.370 Als Argument für die Offenlegung ihm gegenüber dient die strafbewehrte Verschwiegenheitspflicht, denen Notare, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer auf Grund von § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB unterliegen.371 Diese Begründung überzeugt nur auf den ersten Blick: Bei der Verletzung des Bankgeheimnisses kommt es grundsätzlich nicht darauf an, an wie viele Personen die Informationen weitergegeben werden. Jede weitere Person erhöht die Gefährdung für den Kunden. Es muss dem Kunden deshalb auch überlassen bleiben, ob er seine Daten bei einem bestimmten Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt offenbart sehen möchte oder nicht. Möglicherweise ist dieser von ihm nicht ausgewählte Berufsträger sein Wettbewerber und derjenige, dem er seine Verhältnisse keinesfalls offenlegen möchte. Bei anderen Schweigepflichten ist anerkannt, dass Geheimnisse auch an keine anderen Berufsträger weitergereicht werden dürfen, selbst wenn diese ihrerseits schweigen müssen.372 Erst recht kann die Verpflichtung zur Verschwiegenheit bei Dritten keine Rolle spielen, wenn sie lediglich auf vertraglicher Basis besteht.373 Auch der Datentreuhänder ist Dritter. Für das Bankgeheimnis kann insoweit nichts anderes gelten als für sonstige berufsrechtliche Verschwiegenheitspflichten. III. Wirtschaftlich notwendige Datenweitergabe bei der Abtretung Abgesehen von der rechtlichen Notwendigkeit der Offenbarung der Daten an den Zessionar, ist die Übermittlung bestimmter Informationen zu den zu erwerbenden Forderungen bereits im Vorfeld einer Transaktion von Interesse.374 Hier steht eine Weitergabe der Schuldnerdaten ohne Einwilligung der Kunden dem Bankgeheimnis entgegen. Sie ist jedoch zulässig, soweit 370
Vgl. soeben S. 329, Punkt a) dd) (1). Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (282); Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1563); wohl auch Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491 (495 oben). 372 Dazu S. 320 ff. 373 A. A. Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (282); Cahn, WM 2004, 2041 (2047 f.); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572); Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491 (494). 374 Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (282), Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1570) und Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 nennen hierbei insbesondere die Due Diligence, auf die der Zessionar zur Abschätzung seiner Risiken regelmäßig bestehen wird; Nobbe, ZIP 2008, 97 (99). 371
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das Kreditinstitut dem Interessenten die Zuordnung der Ansprüche zu bestimmten Individuen nicht ermöglicht. Vor allem bei Kunden mit herausgehobenen Merkmalen sollte die Bank ein besonderes Augenmerk darauf legen, dass der Dritte durch die Informationen keine Rückschlüsse auf die Person oder den näheren Personenkreis des Kunden ziehen kann.375 Durch eine Anonymisierung der Informationen können dem Erwerber damit die meisten für ihn wesentlichen Daten mitgeteilt werden.376 Insbesondere beim Kauf von Forderungsmehrheiten aus dem Bestand einer Bank werden dem Erwerber anonymisierte und aggregierte Daten häufig genügen; jedenfalls werden hieraus die wichtigsten Risiken für ihn ersichtlich.377 Sollte dies in bestimmten Fällen nicht so sein, sind Lösungen zu suchen, die das Bankgeheimnis nicht beeinträchtigen.378 IV. Zusammenfassung Die soeben angestellten Überlegungen zeigten, dass jede Forderungsabtretung grundsätzlich mit der Offenlegung der Schuldnerdaten an den Zessionar verbunden ist.379 Zwar hat die in § 402 BGB niedergelegte Pflicht wegen 375 Gibt es z. B. nur wenige Unternehmen, die ein bestimmtes Produkt anbieten, darf aus den Daten zur Kreditforderung dieses Tätigkeitsfeld nicht hervorgehen. 376 Die Bonität der Kunden kann möglicherweise über die Bildung näher definierter Risikogruppen umschrieben werden. Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer, DB 2005, 1367 regen zur Wahrung des Bankgeheimnisses separate Datenräume mit abweichenden Anonymisierungsgraden an. 377 Im Ergebnis ebenso hinsichtlich ABS-Transaktionen Koberstein-Windpassinger, WM 2004, 473 (482), zu synthetischen Transaktionen oder Unterbeteiligungen Nobbe, ZIP 2008, 97 (98), im Hinblick auf die Notwendigkeit der Weitergabe an Rating-Agenturen sowie in Bezug auf Kreditderivate Früh, WM 2000, 497 (502); bzgl. letzteren auch Brandt, WM 2002, 243 (249); allgemein zu Konstellationen, in denen in der Praxis kreditnehmerbezogene Daten für Dritte interessant oder faktisch notwendig sind Früh, a. a. O., S. 501. Auch deshalb sind Befürchtungen volkswirtschaftlicher Art unangebracht, die Entwicklungsmöglichkeiten der Kreditwirtschaft seien bedenklich eingeschränkt, wenn Banken ihre Forderungen nur noch mit Einwilligung der Kunden zedieren könnten – so aber Cahn, WM 2004, 2041 (2045). 378 Eine solche zeigen Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1160 f.) für den Verkauf grundpfandrechtlich gesicherter Forderungen auf. Problematisch ist wohl die Bewertung von objektbezogenen Sicherheiten, z. B. im Immobilienbereich; zu Konstellationen in der Praxis vgl. Hamberger/Diehm, Die Bank 2004, 182 (184 f.) – ihr Vorschlag, einen Wirtschaftsprüfer als Datentreuhänder einzusetzen, hilft nicht, wenn dieser nicht im Rahmen des normalen Bankbetriebs, sondern zur Bewertung eingesetzt wird. Denn die Daten müssten ihm gegenüber entschlüsselt werden. Allerdings mag es leichter sein, die Zustimmung des Kunden zur Datenweitergabe an ihn zu erhalten, als diejenige zur Weitergabe an sonstige Dritte. 379 Zu pauschal insoweit OLG Frankfurt a. M. NJW 2004, 3266 (3267), das davon ausgeht, dass der Zedent dem Zessionar „regelmäßig“ die Informationen über
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ihrer schuldrechtlichen Relativität keine Auswirkungen auf das Bankgeheimnis. Sie führt lediglich dazu, dass die Bank ihre schuldrechtlichen Pflichten gegenüber einem Geschäftspartner – soweit sie eine davon nicht abbedingt – verletzen muss, entweder gegenüber ihrem Bankkunden oder dem Zessionar. Wegen des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebotes verlangt die Verfügung nach § 398 BGB die Weitergabe der Schuldnerdaten. Das Kreditinstitut kann diesen Konflikt nicht lösen, indem es das Inkasso selbst übernimmt. Da jede Datenweitergabe an Dritte einen Verstoß gegen das Bankgeheimnis darstellt, geht mit jeder Abtretung von Kundenforderungen durch ein Kreditinstitut prinzipiell380 eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht einher.381 Nicht überzeugend ist insoweit die Gegenansicht des BAKred.382 Eine Ausnahme muss man dort machen, wo dem Zessionar die Daten lediglich verschlüsselt übermittelt sowie die Entschlüsselung bei einem Datentreuhänder hinterlegt werden, ohne dass eine Offenlegung gegenüber einem Dritten tatsächlich erfolgt. An diese Aspekte schließt sich die Thematik etwaiger Durchbrechungen dieses Grundsatzes an sowie die Frage, welche Folgen sich im Falle einer Pflichtverletzung für das Verfügungsgeschäft der Abtretung ergeben können. Beide Problemkreise behandelt die vorliegende Arbeit an der hierfür systematisch gebotenen Stelle.383
§ 35 Die Auslagerung von Bankgeschäften nach § 25 a Abs. 2 KWG In den letzten Jahren ergriffen Kreditinstitute organisatorische Maßnahmen, mit denen sie bestimmte von ihnen selbst angebotene Dienstleistungen und mitunter ganze Geschäftsbereiche auslagerten und in die Hände von die Forderung zukommen lasse. Im Ergebnis wie hier Grüneberg in: Palandt, § 402 Rn. 1, der das Bankgeheimnis als Schranke zwingenden Rechts bezeichnet. 380 Soweit nicht eine anerkannte Ausnahme vorliegt – dazu S. 372 ff. 381 So im Ergebnis Böhm, BB 2004, 1641 (1643); Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (170); Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1159); Möhlenkamp, BB 2007, 1126; Nobbe, WM 2005, 1537 (1545, 1547); Rögner, NJW 2004, 3230 (3232) sowie aus aufsichtsrechtlicher Sicht Schneider/Eichholz/Ohl, ZIP 1992, 1452 (1455). Ähnlich LG Koblenz BKR 2005, 108 (111): „Ein Verstoß gegen das Bankgeheimnis ist dabei durchaus justitiabel, ohne dass dies zwingend mit einer Unwirksamkeit der Abtretung einherzugehen hat.“ mit zustimmender Anm. von Böhm, BKR 2005, 112; vgl. zum BDSG auch Essers/Hartung, RDV 2002, 278 (284 f.). 382 Rundschreiben 4/97 vom 19. März 1997, abgedruckt in WM 1997, 1821 (1822). 383 Zu Schranken des Bankgeheimnisses durch Einwilligung S. 392 ff. (v. a. S. 398) sowie bei Not leidenden Forderungen durch Vertragsverletzungen S. 459 ff. (v. a. 462 ff.) oder gegenüber dem Zessionar (S. 482); Erläuterungen zu den Auswirkungen einer Zession auf das Verfügungsgeschäft S. 516 ff.
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externen Dritten legten.384 Dass dieses sogenannte „Outsourcing“385 grundsätzlich möglich ist, stellte die Sechste KWG-Novelle durch die Schaffung von § 25 a Abs. 2 KWG klar.386 Allerdings knüpft Satz 1 dieser Vorschrift die Zulässigkeit der Auslagerung an bestimmte Voraussetzungen: Insbesondere dürfen die Ordnungsmäßigkeit von Bankgeschäften sowie die Steuerungs- und Kontrollmöglichkeit der Geschäftsleitung nicht beeinträchtigt werden. Ob ein bestimmter Sachverhalt eine Auslagerung im Sinne dieser Gesetzesnorm darstellt, kann im Rahmen dieser Arbeit dahingestellt bleiben; ebenso, ob die Wahrung des Bankgeheimnisses zu der im Gesetz angesprochenen aufsichtsrechtlichen Ordnungsmäßigkeit gehört.387 Es ist hier lediglich zu untersuchen, ob und wann eine Auslagerung von Geschäftsbereichen hinsichtlich des Bankgeheimnisses zulässig ist, wenn Kundendaten an Dritte übermittelt werden. Grundsätzlich besteht das Bankgeheimnis gegenüber jedermann.388 Auch im Rahmen einer Auslagerung ist die Weitergabe von Kundendaten somit nicht erlaubt.389 Etwas anderes kann nur gelten, wenn das Auslagerungsunternehmen noch als Teil der Bank anzusehen ist. I. Eigene Ansicht: Weitergabe grundsätzlich ein Geheimnisbruch 1. Parallele zum inneren Bankgeheimnis
Die Nähe zur Problematik des inneren Bankgeheimnisses ist nicht zu verkennen.390 Denn auch bei der Auslagerung geht es um die Frage, welcher Personenkreis kundenbezogene Geheimnisse im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung von Bankgeschäften für den Kunden erfahren darf. Be384
Vgl. Eyles, WM 2000, 1217; Steding/Meyer, BB 2001, 1693. Zu diesem Begriff, der in der Praxis eine vielfältige Verwendung erfährt, z. B. Horchler, S. 1 m. w. N.; Mülbert, Bankrechtstag 2000, S. 3 (6). 386 BGBl. 1997 I, S. 2518 (2544); dazu näher Zerwas/Hanten, WM 1998, 1110 ff. 387 Der Begriff der Auslagerung bezieht sich allein auf das Aufsichtsrecht; Gleiches gilt für die Frage ihrer Ordnungsmäßigkeit – so grundsätzlich auch Eyles, WM 2000, 1217 (1220, 1230 f., anders bzgl. des Bankgeheimnisses offensichtlich auf S. 1233) und Zerwas/Hanten, WM 1998, 1110 (1114). Es ist anzunehmen, dass die Aufsichtsbehörde auch die Einhaltung der Schutznormen zugunsten der Kunden kontrolliert. Dafür spricht das Rundschreiben 11/2001 vom 6. Dezember 2001, abgedruckt in ZBB 2002, 66, in dem das BAKred in Tz. 45 das Verhältnis zu den Kunden ausdrücklich erwähnt. 388 Ebenso zur Auslagerung Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1695). 389 Nobbe, ZIP 2008, 97 (103). 390 In diese Richtung argumentieren Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1695). 385
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reits beim inneren Bankgeheimnis zeigte sich die Notwendigkeit, den Informationsfluss prinzipiell391 auf Mitarbeiter zu begrenzen, die unmittelbar mit der Durchführung von Bankgeschäften für den Kunden betraut sind. Bei der Auslagerung erfüllen die Dritten solche Aufgaben; sie sind als Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 BGB eingesetzt.392 Doch bestehen deutliche Unterschiede zum inneren Bankgeheimnis: Die Auslagerung von Geschäftsbereichen auf bankexterne Rechtsträger und deren Einblicke in Angelegenheiten des Kunden hat für diesen jedenfalls keinen direkten Nutzen. Vielmehr steigt die Einwirkungsmöglichkeit auf seine Rechtsgüter mit jeder zusätzlichen mit den Daten betrauten Person. Die Annahme eines mutmaßlichen Entbindungswillens ist daher noch fernerliegend als beim inneren Bankgeheimnis.393 Dies gilt erst recht, wenn die Person nicht den Weisungen und der Kontrolle der Geschäftsleiter der Bank unterstellt ist. Die Weitergabe von Kundendaten im Rahmen einer Auslagerung ohne Zustimmung des Kunden stellt somit eine Verletzung des Bankgeheimnisses dar.394 Nichts anderes gilt, wenn die Bank das Auslagerungsunternehmen zur Vertraulichkeit verpflichtet. Die Bankexternen bleiben auch Dritte, wenn sie sich gegenüber der Bank vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichten; der Kunde als Geheimnisherr hatte auf die Ausweitung des Kreises der Geheimnisträger keinen Einfluss. Die Rechtsgüter des Kunden werden durch den Datentransfer stärker gefährdet als bei einer Abwicklung des Geschäfts durch die Bank selbst. Der Kunde strebt keine geschäftlichen Beziehungen zu diesen Dritten an, so dass auch keinerlei Sonderverbindung konstruiert werden kann. 2. Vergleichbarkeit nur bei Weisungsgebundenheit
Eine Ausnahme vom Verbot der Datenweitergabe sollte man nur dort zulassen, wo der Dritte die Rolle eines Bankangestellten einnimmt, also im 391
Zu Ausnahmen ab S. 317. Auch selbstständige Unternehmer unterfallen der Norm; maßgebend ist die gewollte Arbeitsverlagerung vom Schuldner weg – statt vieler Grundmann in: MünchKomm BGB, § 278 Rn. 42, 44. 393 Zum inneren Bankgeheimnis S. 311 f. 394 Vgl. auch Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1695); zur Auftragsdatenverarbeitung Fisahn, CR 1995, 632 (636). Vorsichtiger beschreibt Petersen, S. 68 Fn. 282, dieses häufige Phänomen – obwohl er eine Gefährdung des Bankgeheimnisses einräumt – als eine „faktische Einwirkung“ auf das Bankgeheimnis mit faktischen Nebenwirkungen, darunter etwa Datenschutzprobleme. Köndgen, NJW 2004, 1288 (1290) in diesem Zusammenhang: „Zunehmend gefährdet wird das Bankgeheimnis schließlich durch neue Geschäftspraktiken der Kreditwirtschaft.“ Evers/Kiene, NJW 2003, 2726 (2727) halten für entscheidend, ob der Dritte im Namen und für Rechnung der Bank sowie weisungsgebunden agiert. 392
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Namen und für Rechnung des Kreditinstituts sowie vor allem weisungsgebunden und unter Aufsicht Aufträge für die Bank ausführt. Deutlich wird dies beim Handelsvertreter.395 Denn die Unterschiede zwischen ihm und einem Bankmitarbeiter sind für den Kunden nicht spürbar. Wie ein Angestellter ist er dem Bankgeheimnis zwar nicht direkt verpflichtet. Doch sichert § 90 HGB genauso wie die arbeitsvertragliche Nähe zur Bank die Vertraulichkeit. Die Geschäftsleiter garantieren für seine Zuverlässigkeit genauso wie für die der übrigen Organisation. In gleicher Weise kann die Bank anstatt Arbeitnehmer sonstige Vertragspartner zur Erledigung der Bankgeschäfte einsetzen, wenn die Geschäftsleiter das Auslagerungsunternehmen wie eigene Angestellte unter ihrer Verantwortung haben, sich dadurch der Kreis der Geheimnisträger nicht stärker ausdehnt als bei einer „hauseigenen“ Aufgabenerfüllung und die Vertraulichkeit in gleichem Maße sichergestellt ist wie bei Angestellten. II. Gegenmeinung Die Bankpraxis scheint, wo sie dies problematisiert, einen anderen Weg zu gehen und eine Datenweitergabe im Rahmen einer Auslagerung zuzulassen.396 1. Einschaltung externer Dritter sei in anderen Bereichen anerkannt
Die Gegenmeinung hält die grundsätzliche Annahme einer Verschwiegenheitspflicht gegenüber jeder bankexternen Person für zu weitreichend. Sie führe zu großen Problemen, wenn die Bank externe Rechtsberatung sowie Steuerberater und Wirtschaftsprüfer für die Jahresabschlussprüfung benötige.397 Diese Meinung leidet methodisch bereits daran, von den praktischen Auswirkungen Rückschlüsse auf die rechtliche Lage zu ziehen, ohne alternative Lösungsmöglichkeiten zu erwägen. Inhaltlich setzt sie pauschal alle Dritten gleich, ohne die Vergleichbarkeit überhaupt zu untersuchen. Inhaltlich berührt sie die Frage nach der Zulässigkeit bestimmter Durchbrechungen des Bankgeheimnisses, nicht seinen Schutzbereich.398 395
Richtig insoweit Evers/Kiene, NJW 2003, 2726 (2728 f.) zum BDSG – die Ausführungen gelten für das Bankgeheimnis im Ergebnis ebenso. Für Bausparkassen Schäfer/Cirpka/Zehnder, § 1 Anm. 2 (S. 121). 396 M. Deutsch, Bankrechtstag 2000, S. 129 (136 ff.). Die BaFin, Rundschreiben 5/2007 (MaRisk) unter Punkt AT 9 (Outsourcing) spricht das Problem nicht an. Nur Ziffer 6 lit. e) verlangt nach Regelungen, die sicherstellen, dass das Datenschutzrecht eingehalten wird. Den Zugriff auf Kundendaten erwähnt es nicht. 397 In diesem Sinne M. Deutsch, Bankrechtstag 2000, S. 129 (136).
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2. Die angeblich veränderte Erwartungshaltung des Kunden
In erster Linie argumentieren die Stimmen im Schrifttum, der Kunde werde angesichts der Globalisierung und der vielfältigen Auslagerung von Funktionen in allen Lebensbereichen grundsätzlich auch bei der Bank mit einer Datenweitergabe an Dritte rechnen. Er werde lediglich erwarten, dass der jeweilige Externe seine Daten genauso vertraulich behandeln werde wie die Bank. Selbst wenn die AGB der Banken eine solche Einschaltung Dritter nicht vorsehen, gelte nichts anderes. Die Rechtfertigung ergebe sich daraus, dass die Dritten in die Abwicklung der konkreten Bankgeschäfte genauso eingeschaltet würden wie eigene Mitarbeiter. Aus der Sicht des Kunden spiele es keine Rolle, ob eine Dienstleistung für ihn durch die Bank selbst oder durch Dritte wahrgenommen werde.399 An dieser Argumentation ist lediglich richtig, dass der Verkehrsschutz des Kunden nur so weit gehen kann, wie dieser berechtigte Erwartungen an das Kreditinstitut hat. Wie beim inneren Bankgeheimnis und der Verschwiegenheitspflicht überhaupt darf seine Sichtweise daher nicht außer Acht gelassen werden. Doch muss bei einem gewohnheitsrechtlichen Institut wie dem Bankgeheimnis dessen historische Herausbildung den Ausgangspunkt der Überlegungen bilden. Dass der Kunde wegen der zunehmenden Vernetzung des gesellschaftlichen Lebens eine Auslagerung auch bei seiner Bank erwartet, bleibt mangels dahingehender empirischer Erhebungen reine Behauptung.400 Wenig stichhaltig ist ferner das Argument, für den Kunden habe die Erbringung einer Bankleistung durch Dritte keine anderen Folgen, als wenn es sich um Bankangestellte handelte. Die Aussage lässt sich schnell anhand eines zugespitzten Beispiels widerlegen. Man male sich einen wohlhabenden Kunden aus, der sich bewusst eine kleine, exklusive Privatbank zur Betreuung seines Vermögens auserkoren hat. Lagert diese ohne seine Zustimmung einen Teilbereich auf ein internationales Großunternehmen aus, das genauso für „gewöhnliche“ Banken tätig ist, 398 Die Vergleichbarkeit der Auslagerung mit der Inanspruchnahme der Leistungen von Wirtschaftsprüfern u. ä. wird die vorliegende Abhandlung deshalb erst bei diesem Punkt näher beleuchten (S. 454 f.). 399 M. Deutsch, Bankrechtstag 2000, S. 129 (137); ähnlich Eyles, WM 2000, 1217 (1233) sowie Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 14 a, der eine ausdrückliche Einwilligung für entbehrlich hält, weil der Kunde „regelmäßig“ damit einverstanden sei, dass beauftragte Dritte Kenntnis seiner Daten erhalten. So im Ergebnis wohl auch A. Weber, in Hellner/Steuer, Rn. 2/855. Demgegenüber kann Kirchherr in: Sichtermann, S. 163 nicht für diese Ansicht angeführt werden – mit „Hilfspersonen“ meint er offensichtlich nur die eigenen Angestellten eines Bankiers (vgl. Fn. 3). 400 In Bezug auf den Forderungsverkauf wie hier Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085 (2089).
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wird der Kunde sehr wohl Einwände erheben – und zwar (jedenfalls auch) in Bezug auf die Vertraulichkeit seiner Daten. Denn ihm ist es aus nachvollziehbaren Gründen besonders wichtig, den Kreis der Geheimnisträger eng begrenzt zu halten. Gegenläufiges Gewohnheitsrecht, das eine Beschränkung des Bankgeheimnisses bei Auslagerungen vorsieht, hat sich bisher nicht herausgebildet. Weder kann die Übung in anderen Lebensbereichen für die Bankenbranche relevant sein, noch ist eine dahingehende Rechtsüberzeugung erkennbar. Daher ist die Erwartung eines Kunden weiterhin berechtigt, sein Kreditinstitut werde seine Daten nicht im Rahmen einer Auslagerung weitergeben. Dies gilt nur dort nicht, wo sich die dadurch vollzogenen rechtlichen Veränderungen auf den Kunden faktisch nicht auswirken können. Anzunehmen ist dies – wie bereits beschrieben – bei beaufsichtigten weisungsgebundenen Dritten, die im Namen und für Rechnung des Kreditinstituts Aufgaben erfüllen.401 3. Die angebliche Gleichwertigkeit der vertraglichen Verschwiegenheit „der Funktionseinheit“ mit dem Bankgeheimnis
Ausgehend vom Verkehrsschutzgedanken vertreten die Anhänger der Gegenauffassung, es sei nicht auf die rechtliche Einheit, sondern die Funktionseinheit abzustellen. Denn aus Kundensicht sei nicht entscheidend, aus wie vielen juristischen oder natürlichen Personen das Kreditinstitut bestehe.402 Genauso pauschal bildete sich die Meinung, die Bank müsse auf die Vorteile einer arbeitsteiligen Wirtschaft nicht verzichten; die Übertragung von Tätigkeiten auf Dritte sei zulässig, wenn diese schuldrechtlich zur Vertraulichkeit verpflichtet würden.403 Das Bankgeheimnis stützt sich vorrangig auf das Vertrauen, das dem Berufsstand der Banken entgegengebracht wird. Eine beliebige andere Person genießt dieses nicht. Die Überleitung der gesetzlichen Pflicht in eine vertragliche führt zu keiner gleichwertigen rechtlichen Position. Nicht nur hat eine vertragliche Pflicht einen geringeren Wert (z. B. beim Zusammentreffen mit einer kollidierenden ge401
Dazu soeben oben S. 335. M. Deutsch, Bankrechtstag 2000, S. 129 (137); ähnlich A. Weber in: Hellner/ Steuer, Rn. 2/855. 403 In diesem Sinne Braun in: Boos/Fischer/Schulte/Mattler, KWG, § 25 a Rn. 639; Bruchner, BKR 2004, 394 (396); Cahn, WM 2004, 2041 (2046); Geurts/ Koch/Schebesta/Weber, Rn. 7b; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1161); Koch, MMR 2002, 504 (506); Lang, ZBB 2006, 115 (117); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/855, der allerdings einschränkt auf „gewisse technische“ Tätigkeiten; anders Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.28, der eine Parallele zum Datenschutzrecht zieht (ohne Begründung für die Übertragung der Gedanken auf das zivilrechtliche Bankgeheimnis). 402
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setzlichen Pflicht). Auch ist ihr Bestehen den Unsicherheiten eines Vertragsschlusses ausgesetzt.404 Ausreichend ist eine vertragliche Verschwiegenheit nur, wenn der Verpflichtete wie ein Bankangestellter der Weisung und Aufsicht der Bankgeschäftsleiter untersteht.405 4. Wirtschaftlicher Vorteil für die Bank und gesetzliche Regelung
Als ernst zu nehmendes Gegenargument verbleibt damit zum einen der wirtschaftliche Vorteil für die Bank, über die Auslagerung einzelner Geschäftsbereiche wettbewerbsfähig zu bleiben. Zum anderen ist die Tragweite des § 25 a Abs. 2 KWG zu prüfen. Beide Punkte betreffen nicht den Schutzbereich des Bankgeheimnisses, sondern die etwaige Rechtfertigung für seine Durchbrechung.406 III. Zwischenergebnis Die Meinung, wonach durch eine Auslagerung das Bankgeheimnis nicht verletzt werden könne, überzeugt nicht. Die vorstehend angeführten Argumente rechtfertigen es nicht, das sogenannte Outsourcing anders zu behandeln als sonstige Datenübermittlungen an Dritte. Demzufolge verstößt es prinzipiell gegen das Bankgeheimnis, wenn mit ihm die Weitergabe von Kundendaten verbunden ist. Ausnahmen können sich nur ergeben, soweit solche beim Bankgeheimnis allgemein anerkannt sind.407
§ 36 Insolvenz auf Bankenseite Zu klären ist ferner das Schicksal des Bankgeheimnisses bei der Insolvenz der Bank. Sie tritt in der Praxis durchaus auf. Dies zeigen die Sonder404 Überzeugend und mit gleichem Ergebnis Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1696). Unerheblich ist bei alledem, ob die Auslagerung innerhalb oder außerhalb eines Konzerns stattfindet – näher hierzu Steding/Meyer, ebenda, die hinsichtlich der Hauptleistung u. a. auf § 664 Abs. 2 BGB hinweisen und diesen Gedanken eines persönlichen Vertrauensverhältnisses auf das Bankgeheimnis übertragen; vgl. auch Rodewald/Daubner, BB 1999, 2361 (2362 Fn. 6) zu „Umschichtungen“ innerhalb eines Instituts oder eines Konzerns (im Zweifel sei Zustimmung der Kunden nötig). 405 Denn auch ein Arbeitnehmer ist dem Bankgeheimnis nicht direkt verpflichtet, sondern nur arbeitsvertraglich, vgl. S. 248 ff. Zu den Anforderungen näher S. 335. 406 Mit ihnen wird sich die vorliegende Arbeit an entsprechender Stelle befassen: S. 376 f., 449 f. 407 Im Einzelnen hierzu ab S. 372.
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
regelungen der §§ 45 ff. KWG sowie Fälle aus der Praxis.408 Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert das Kreditinstitut das Verwaltungs- und Verfügungsrecht über sein Vermögen (§ 80 Abs. 1 InsO).409 Unabhängig von den Theorien zur Rechtsstellung des Insolvenzverwalters410 ist er es, dem der Gesetzgeber diese Rechte zuweist. Ihm gegenüber kann das Bankgeheimnis keine Auswirkung haben.411 Umgekehrt wird er persönlich dem Bankgeheimnis verpflichtet.412
§ 37 Vertragliche Gesamtrechtsnachfolge Bei einem Verkauf einzelner Vermögenswerte (Asset Deal) entspricht die Rechtslage beim Bankgeheimnis derjenigen der übrigen berufsrechtlich Schweigepflichtigen: Die Übermittlung von Kundenkarteien im Rahmen von Kanzlei- oder Praxisübernahmeverträgen bei anderen berufsrechtlich Schweigepflichtigen ist unzulässig.413 Auch der Übergang von Kundenbeziehungen bei Banken bedarf als Vertragsübernahme der Zustimmung der betroffenen Kunden.414 Das Einverständnis der Kunden nimmt die Rechtsprechung an, wenn der Kreis der natürlichen Personen, die Geheimnisträger für den Rechtsträger sind und als solche dem Kunden gegenüber auftreten, durch die Veräußerung nicht verändert wird (sondern wie bisher Erwerber und Veräußerer umfasst).415 Bei Banken ist dies praktisch kaum vorstellbar. 408 Beispielhaft der viel beachtete Sachverhalt, der dem OLG Frankfurt a. M. NJW 2004, 3266 zur Entscheidung vorlag (hierzu näher unten auf S. 520 f.); BaFin, Jahresbericht 2006, S. 129 und Jahresbericht 2004, S. 116 f. 409 Vgl. bezüglich eines vorläufigen Insolvenzverwalters auch § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO; dazu statt vieler Haarmeyer in: MünchKomm InsO, § 22 Rn. 23 sowie unten S. 388 f. 410 Näher dazu Uhlenbruck, InsO, § 80 Rn. 52 f. mit zahlreichen weiteren Nachw. 411 Betrachtet man ihn als Organ der Insolvenzschuldnerin Bank, ergibt sich dies bereits aus den obigen Erläuterungen, vgl. S. 317 f. (Insolvenzverwalter ist dann Geschäftsleiter). 412 So schon Scheer, S. 44 f. 413 Bei strafrechtlich zur Verschwiegenheit Verpflichteten sind die entsprechenden schuldrechtlichen Verpflichtungen sogar gemäß § 134 BGB nichtig, vgl. BGHZ 116, 268 ff. – Arzt; BGH NJW 1995, 2026 – Anwalt; 1996, 773 (774) – Arzt; WM 1996, 1815 (1816) – Steuerberater. Übertragen auf das (nicht strafbewehrte) Bankgeheimnis bedeutet dies: Lässt man eine Übernahmevereinbarung nicht im Einzelfall an § 138 Abs. 1 BGB scheitern, ist sie zwar wirksam, verstößt aber gegen die Verschwiegenheitspflicht. 414 Die Notwendigkeit der Zustimmung der Kunden ist hier unstreitig, z. B. Rodewald/Daubner, BB 1999, 2361 (2362) m. w. N. 415 BGHZ 148, 97 (102 ff.); noch strenger die Vorinstanz OLG München NJW 2000, 2592 (2593 ff.).
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Der Verkauf von Anteilen an einem zuvor abgespalteten Unternehmensteil (Share Deal) zielt hingegen auf den Übergang der Gesellschaftsanteile ab. Die Gesellschafter einer Bank haben grundsätzlich keinen Zugriff auf die Daten,416 weshalb ein veränderter Gesellschafterbestand bei einer Umwandlung unproblematisch ist. Der Rechtsträger der Informationen bleibt dabei identisch. Eine zuvor abgespaltete Zielgesellschaft kann somit von einem Erwerber ohne Verletzung des Bankgeheimnisses übernommen werden, weil die Bank dabei ihre Rechtsidentität wahrt.417
§ 38 Gesamtrechtsnachfolge auf Bankenseite durch Umwandlung Eine gesetzliche Gesamtrechtsnachfolge auf Seite des Kreditinstitutes vollzieht sich bei einer Umwandlung i. S. d. Umwandlungsgesetzes (UmwG). Häufig zu lesen ist die Meinung, das Bankgeheimnis werde durch die Gesamtrechtsnachfolge nicht verletzt.418 Der Konflikt der Rechtsnachfolge mit dem Bankgeheimnis liegt auf der Hand:419 Gehen Vermögenswerte einer Bank, die faktisch mit Kundendaten verbunden sind, auf ein anderes Rechtssubjekt über, gelangen die dem Bankgeheimnis unterliegenden Informationen an diesen Dritten. Angesichts der Kontroverse im Hinblick auf das Bankgeheimnis bei Forderungszessionen sucht die Praxis einen Ausweg über eine Abspaltung oder Ausgliederung nach § 123 Abs. 2 und 3 UmwG mit einer anschließenden Übertragung der Zielgesellschaft (also des abgespalteten oder ausgegliederten Vermögens) an den Erwerber.420 Zuvor trat das Problem des Datenschutzes bei Fusionen nach § 2 UmwG in Erscheinung.421 416 Prinzipiell auch kein Auskunftsrecht: Scheer, S. 74; Ausnahme z. B. in § 74 Abs. 3 Satz 1 GmbHG. 417 Auch außerhalb einer Transaktion hat ein Bankkunde keinen Einfluss auf den Gesellschafterbestand. Die Anteilsinhaber spielen für das dem Bankgeheimnis zu Grunde liegende gesetzliche Schuldverhältnis auch keine Rolle: Es stützt sich auf ein (abstrahiertes) Vertrauen zum Rechtsträger der Bank. 418 Böhm, BB 2004, 1641 (1643) zur Fusion und ohne Differenzierung zwischen schuldrechtlicher und dinglicher Ebene; Bruchner, BKR 2004, 394 (397); Bütter/Aigner, BB 2005, 119 (123); vgl. Nobbe, ZIP 2008, 97 (99). Zum Datenschutzrecht wohl auch Bergmann/Möhrle/Herb, § 28 BDSG 01 Rn. 127 m. w. N. 419 Ähnlich Simitis, ZHR 165 (2001), 453 ff. und Zöllner, ebenda, S. 440: . . . „enorme Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlicher Umgestaltung und Datenschutzerfordernissen“. 420 Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (172); Rögner, NJW 2004, 3230 (3233). 421 Erstmals thematisiert im viel beachteten Aufsatz von Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289 ff.; dazu z. B. Dieckmann/Eul/Klevenz, RDV 2000, 149 ff. und Lüttge, NJW 2000, 2463 ff.
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I. Zweck des UmwG Zu pauschal ist die Aussage, Individualinteressen Dritter, darunter das Bankgeheimnis, müssten gegenüber den Instrumenten des UmwG zurücktreten.422 Zwar ist der Zweck des UmwG zu berücksichtigen, wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen von Unternehmen zu erleichtern oder zu ermöglichen.423 Im Vordergrund steht – wie Jesch betonte – eine Verfahrensvereinfachung, keine materiell-rechtliche Neugewichtung unternehmerischer Interessen.424 Dieser Zweck ist nicht mit dem Ziel einer Risikosteuerung bei Kreditinstituten gleichzusetzen;425 erst recht dient das UmwG nicht dazu, den Banken einen Freibrief auszustellen, wenn sie sich unliebsamer Kreditportfolien entledigen, ohne die Zustimmung der Kunden zur Datenweitergabe einzuholen. Das Gesetz traf keine bankrechtlichen Sonderregelungen. Seine Ratio kann die Risikoentlastung von Kreditinstituten daher nicht in besonderer Weise erfassen. Andererseits sind die Banken mangels einer gesetzlichen Ausnahmeregelung umwandlungsfähige Rechtsträger.426 Auch sie können sich dieses Mittels zur Restrukturierung bedienen.427 Die allgemeine Zielrichtung des UmwG ist daher für eine Lösung wenig hilfreich. Anzusetzen ist vielmehr bei der Wirkung einer Umwandlung. II. Gesamtrechtsnachfolge Anders als bei organisatorischen Maßnahmen428 oder einer Mehrzahl von Vertragsübernahmen429 erfolgt bei Umwandlungen nach § 131 Abs. 1 422 Bruchner, BKR 2004, 394 (397); Lüttge, NJW 2000, 2463 (2465 f.: „Leitentscheidung des Gesetzgebers“); differenzierend (im Hinblick auf § 132 UmwG) Theißen, S. 125 m. w. N.; dieser Aussage stehen auch kritisch gegenüber Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289 f. 423 Begründung des Regierungsentwurfs BR-Drs. 75/94, S. 71; Bruchner, BKR 2004, 394 (397); Dieckmann/Eul/Klevenz, RDV 2000, 149 (151); Essers/Hartung, RDV 2002, 278 (286) m. w. N.; Müller, BB 2000, 365 (368); Sagasser in: Sagasser/ Bula/Brünger, S. 21 f.; Zöllner, ZHR 165 (2001), 440 (449). 424 Jesch in: Habersack/Koch/Winter, S. 156. 425 So aber Bruchner, BKR 2004, 394 (397). 426 Vgl. §§ 3, 124 UmwG. 427 Auch § 40 Abs. 1 Nr. 3 KWG deutet darauf hin, dass das Gesetz von der Möglichkeit der Umwandlung einer Bank in eine andere Bank (hier speziell Sparkassen) ausgeht. 428 Darunter die Auslagerung; bei strukturellen Veränderungen der Bank sind verschiedene rechtliche Konstruktionen denkbar, vgl. Rodewald/Daubner, BB 1999, 2361 (2361 f.). 429 Die Notwendigkeit der Zustimmung der Kunden ist hier unstreitig, z. B. Rodewald/Daubner, BB 1999, 2361 (2362) m. w. N. – sie sprechen in Bezug auf sonstige Umschichtungen von einer „Grauzone“.
§ 38 Gesamtrechtsnachfolge auf Bankenseite durch Umwandlung
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UmwG (Spaltung) sowie § 20 Abs. 1, § 36 Abs. 1 UmwG (Verschmelzung) eine (partielle) Gesamtrechtsnachfolge auf der Seite des Unternehmens, hier also der Bank. 1. Grundsätzlicher Übergang von Schuldverhältnissen
Aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 und § 131 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UmwG ergibt sich, dass die Übertragung grundsätzlich auch Schuldverhältnisse des übertragenden Rechtsträgers ergreift.430 Die Geschäftsverbindung zum Kunden einschließlich des gesetzlichen Vertrauensverhältnisses, aus dem die Geheimhaltungspflicht fließt, gehören zum Vermögen der übertragenden Bank. Gleiches gilt für die durch das Bankgeheimnis geschützten kundenbezogenen Daten.431 Durch die Universalsukzession gehen diese Gegenstände als Teil des Vermögens prinzipiell auf den Rechtsnachfolger über. Fraglich ist, ob für das Vertrauensverhältnis zum Kunden und die Pflicht zur Verschwiegenheit eine Ausnahme gilt.432 2. Übergang des bankrechtlichen Vertrauensverhältnisses bei der Fusion
a) Überleitung der gesetzlichen Nähebeziehung bei der Fusion Dem Kunden steht nach der Umwandlung ein veränderter Rechtsträger gegenüber und dieser erhält die individualisierten Daten. Doch ändert sich Wesen und Identität der Bank trotz der formal-juristischen Veränderung aus Kundensicht dadurch nicht zwangsläufig.433 Denn die alte Bank geht in der 430 Das Bankgeheimnis selbst lässt sich nur schwer unter den Wortlaut des § 131 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UmwG („Verbindlichkeiten“) subsumieren. Die Pflicht entspringt jedoch einem Schuldverhältnis. Es ergibt sich aus dem Telos, dass die Norm Schuldverhältnisse ergreift – unstreitig: 6. Kapitel Fn. 110. 431 So ausdrücklich auch Schaffland, NJW 2002, 1539 (1540). 432 Vgl. Grunewald in: Lutter, § 20 Rn. 24; Rieble, ZIP 1997, 301 (305 ff.); C. Schäfer in: Habersack/Koch/Winter, S. 127; Schröer in: Semler/Stengel, § 132 Rn. 42 m. w. N.; Stratz in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 20 Rn. 37; Teichmann in: Lutter, § 132 Rn. 40; offengelassen hinsichtlich der Auswechslung eines Mieters BGH NJW-RR 2004, 123 und für Verträge mit höchstpersönlichen Pflichten Fuhrmann/ Simon, AG 2000, 49 (57); ohne Problembewusstsein z. B. Schaffland, NJW 2002, 1539 (1540). 433 Zu begrifflich und stark vereinfacht ist aber das datenschutzrechtliche Argument, die übernehmende Bank sei beim Erhalt der Daten nicht „Dritte“, weshalb keine Übermittlung i. S. d. BDSG vorliege: Essers/Hartung, RDV 2002, 278 (286) m. w. N., Eul in: Roßnagel, Kap. 7.2. Rn. 75 f. sowie Innenministerium Baden-Württemberg, Hinweise zum Datenschutz in: Staatsanzeiger, S. 12; Schaffland, NJW 2002, 1539 (1540); ebenso begrifflich, jedoch mit anderem Ergebnis Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289 (1291 f.).
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
neuen auf. Das Vertrauensverhältnis zum Kunden wird bruchlos fortgesetzt oder entsteht jedenfalls automatisch im Verhältnis zum neuen Rechtsträger.434 Er ist damit über § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG von Gesetzes wegen auch zur Verschwiegenheit verpflichtet.435 Durch die Übernahme der bankrechtlichen Geschäftsverbindung entsteht eine gesetzliche Nähebeziehung, in deren Rahmen der Kunde wie bisher auf die Geheimhaltung vertrauen darf.436 b) Übergang des Vertrauensverhältnisses nur auf Bank möglich Gestützt wird dieses Ergebnis durch eine Überlegung zur Ratio des Bankgeheimnisses:437 Die Geheimhaltungspflicht selbst hat nicht den Zweck, die Übertragung von Vermögensgegenständen, sondern die Weitergabe von Daten zu verhindern. Sie entspringt der gesetzlichen Sonderverbindung, die als Vertrauensverhältnis ausgestaltet ist. Diese Nähebeziehung entsteht zum einen durch die bewusste Öffnung der eigenen Rechtssphäre gegenüber einem bestimmten Kreditinstitut und zum anderen durch das vertypte Vertrauen zum Berufsstand der Banken.438 Die erste Komponente hindert einen Übergang auf Grund der Umwandlung nicht, weil jede vertragliche Rechtsbeziehung eine Sonderverbindung darstellt. Das Umwandlungsrecht beschränkt die Rechte von Dritten im Hinblick auf die Wahl ihres Vertragspartners: Eine Gesamtrechtsnachfolge, bei der auch Schuldverhältnisse übergehen, ist nur durch eine Einschränkung der Privatautonomie denkbar.439 Diese Einschränkung betrifft nicht 434 Davon geht auch die Rspr. aus: BGHZ 77, 167, 170; BGHR BGB § 765 Abs. 2, Beschluss vom 1.4.2003. 435 Schaffland, NJW 2002, 1539 (1540) spricht vom „gesetzlichen automatischen Übergang“ der Daten. 436 Inhaltlich bezieht sie sich auch auf die Vorgänge, die mit dem Rechtsvorgänger begründet wurden: Scheer, S. 46 und S. 114. 437 Ob eine Zustimmung des Vertragspartners zur Übertragung nötig ist, ergibt sich über eine Auslegung des betreffenden Schuldverhältnisses – mit diesem Ansatz im Mietrecht BGH NJW-RR 2004, 123. 438 Vgl. S. 78 ff. u. ö. 439 So wird Gläubigern über dieses Mittel unter Umständen ein unerwünschter Schuldner aufgedrängt; umgekehrt ist bei Spaltungen der Schuldnerschutz wegen § 132 Satz 2 UmwG eingeschränkt. Zur Einschränkung der Vertragsfreiheit besonders deutlich Rieble, ZIP 1997, 301 ff.; zudem statt vieler Hörtnagl in: Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, § 131 Rn. 43 m. w. N. und Stratz, ebenda, § 20 Rn. 37; Kübler in: Semler/Stengel, § 131 Rn. 9; C. Schäfer in: Habersack/Koch/Winter, S. 116. Diese gesetzgeberische Entscheidung, die Privatautonomie einzuschränken, übersieht Simitis, ZHR 165 (2001), 453 (460): „Die Bankkunden vertrauen ihre Daten nicht einer beliebigen Bank an, die deshalb auch beliebig auswechselbar ist. Sie entscheiden sich vielmehr für ein bestimmtes Kreditinstitut“.
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nur die Leistungsbeziehung, sondern erstreckt sich genauso auf die Wahl der Geheimnisträger.440 In Bezug auf die zweite Komponente, das besondere Vertrauen in den Berufsstand der Bank, gilt dies nicht. Ob eine darauf beruhende Pflicht auf den Rechtsnachfolger übergehen kann, ist über eine Auslegung des jeweiligen Rechtsverhältnisses zu ermitteln.441 Die Ausführungen zu den Geltungsgrundlagen sowie zur dogmatischen Struktur des Bankgeheimnisses zeigten bereits eingehend:442 Fundament der Schutzpflichten ist das Vertrauen in eine Bank. Es handelt sich beim Bankgeheimnis um eine berufsspezifische Pflicht. Das UmwG hat nicht zum Ziel und kann es daher nicht rechtfertigen, dieses berufsspezifische Vertrauen zu verkürzen. Eine Überleitung der Geschäftsverbindung und damit des Vertrauensverhältnisses scheidet daher aus, wenn der neue Rechtsträger kein Kreditinstitut ist.443 c) Beteiligung einer Nicht-Bank Bei der Fusion einer Bank mit einem Unternehmen, das kein Kreditinstitut ist, oder bei entsprechenden Konstellationen einer Spaltung,444 sollte man zwei Situationen trennen: Handelt es sich bei dem übernehmenden oder neu gegründeten Rechtsträger um eine Bank, in der das bisherige Kreditinstitut aufgeht, muss sie – wie bisher – die Grundsätze des inneren Bankgeheimnisses beachten: Wie zuvor dürfen Daten prinzipiell nur an Mitarbeiter gelangen, die mit der Abwicklung der Bankgeschäfte betraut sind.445 Rechtlich 440 Ist dies dem Kunden im Einzelfall unzumutbar, kann bei bankrechtlichen Dauerschuldverhältnissen aber ein wichtiger Kündigungsgrund vorliegen – so mit guten Gründen für den entschiedenen Sachverhalt OLG Karlsruhe DB 2001, 1548; Grunewald in: Lutter, § 20 Rn. 50 ff.; Simitis, ZHR 165 (2001), 453 (461). 441 In die gleiche Richtung hinsichtlich unternehmensbezogener Pflichten C. Schäfer in: Habersack/Koch/Winter, S. 129 f.; ähnlich ist dies bei höchstpersönlichen Rechten anerkannt: Stratz in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 20 Rn. 84; Hörtnagl, ebenda, § 131 Rn. 86. 442 Z. B. S. 78 ff., 114 ff. 443 Die Eigenschaft einer Bank richtet sich nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 KWG, § 40 Abs. 1 Nr. 1 KWG und verlangt somit das Vorliegen einer Genehmigung gemäß § 32 KWG. In die gleiche Richtung zu unternehmensbezogenen Pflichten C. Schäfer in: Habersack/Koch/Winter, S. 136 f., 141 – „Beschränkung der Spaltungswillkür“: Der entsprechende Personen- oder Unternehmensbezug müsse gewahrt werden. Vgl. auch Jesch in: Habersack/Koch/Winter, S. 159. 444 Vergleichbar mit einer Fusion ist eine Umwandlung, bei der das ab- oder aufgespaltete oder ausgegliederte Vermögen Kundenbeziehungen enthält und auf einen übernehmenden Rechtsträger übergehen soll, der nicht Kreditinstitut ist. 445 Zum inneren Bankgeheimnis oben S. 302 ff. – Die Möglichkeit, bei einer Umwandlung die Aufgaben nicht an andere Einheiten des übernehmenden Rechts-
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setzt sich also das Vertrauen in die Bank am Rechtsnachfolger fort. Faktisch weitet sich der Kreis der Geheimnisträger durch die Umwandlung nicht zwingend aus.446 Das Bankgeheimnis wird dadurch folglich nicht verletzt. Diese Erwägungen verfangen lediglich nicht, wenn der neue Rechtsträger die Bankgeschäfte nicht fortführt, den Geschäftsbetrieb der Bank somit (in den zu übertragenden Teilbereichen) nicht aufrechterhält. Eine Verletzung des Bankgeheimnisses ergibt sich aus der faktischen Datenweitergabe an Personen und Unternehmensteile, die keine Bankgeschäfte mit dem jeweiligen Kunden mehr tätigen. d) Faktische Umstrukturierungen unabhängig von der Verschmelzung Von der Fusion selbst zu unterscheiden sind organisatorische, also faktische Umstrukturierungen des Geschäftsbetriebs der Bank im Zuge oder anlässlich eines Umwandlungsvorgangs. Sie sind keine Rechtsfolge des § 20 UmwG, sondern lediglich eine häufig damit tatsächlich einhergehende Konsequenz. Dementsprechend sind sie von den Zielen des Umwandlungsrechts nicht erfasst und damit wie sonstige Vorgänge außerhalb einer Umwandlung zu bewerten:447 Vergrößert sich z. B. eine Abteilung der Bank anlässlich einer Fusion, so dass zusätzliche Mitarbeiter Zugang zu Kundendaten erhalten,448 muss diese Erweiterung – wie jede Veränderung außerhalb einer Verschmelzung – mit den Grundsätzen zum inneren Bankgeheimnis vereinbar sein.449 Die Frage der Zulässigkeit bestimmt sich hierbei nach den faktischen Geheimnisträgern.450 trägers zu übertragen, zieht auch in Betracht Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33 (50 f.). 446 Für da BDSG auch Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33 (50 f.). Eine Ausnahme gilt für die Geschäftsleiter gemäß § 1 Abs. 2 KWG, weil sie durch die Umwandlung ihr Amt verlieren und der Rechtsnachfolger neue Geschäftsleiter einsetzen muss (z. B. Kübler in: Semler/Stengel, § 20 Rn. 20; Stratz in: Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, § 20 Rn. 8 f. m. w. N.). Insoweit ist der Verschmelzungsvorgang aber vergleichbar mit einem normalen Geschäftsleiterwechsel. 447 Darauf weisen zu Recht Essers/Hartung, RDV 2002, 278 (285) und Bütter/ Tonner, ZBB 2005, 165 (173) im Hinblick auf Datenübermittlungen im Anschluss an einen Share Deal hin. 448 Davon gehen Essers/Hartung, RDV 2002, 278 (286) aus. 449 Solange die neuen Angestellten wie neu eingestellte Mitarbeiter in die Durchführung der jeweiligen Bankgeschäfte eingebunden sind, ist das Bankgeheimnis gewahrt. Zum inneren Bankgeheimnis S. 302 ff. 450 Der Begriff stammt von Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (173) und dient als Umschreibung für die Bankmitarbeiter, die das Bankgeheimnis für das Kreditinstitut wahren.
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3. Übergang des Vertrauensverhältnisses bei der Spaltung
Im Unterschied zur Verschmelzung kann die Aufteilung des Vermögens bei einer Spaltung willkürlich geschehen.451 Damit der umzuwandelnde Rechtsträger das Mittel der partiellen Gesamtrechtsnachfolge nicht einseitig zu Lasten von Dritten ausnutzt, ist diesen Drittinteressen hier in besonderer Weise Rechnung zu tragen. a) Schutz von Drittinteressen Im Gesetz kommen diese Drittinteressen zum Ausdruck: Während das Verschmelzungsrecht keine Ausnahme von der Universalsukzession vorsieht, fordert das Gesetz im Spaltungsrecht über § 132 Satz 1 UmwG die Beachtung allgemeiner Vorschriften, welche die Übertragbarkeit eines Gegenstandes ausschließen oder an besondere Voraussetzungen knüpfen. Zweifel und Kritik in Bezug auf die systematische Stimmigkeit der Norm, ihrem Wortlaut sowie ihren Folgen können und müssen nicht näher behandelt werden.452 Denn sie führen in Bezug auf Daten zunächst nicht weiter.453 Doch darf man nicht die diese Regelung leitende Grundüberlegung übersehen: Die Norm soll verhindern, dass die Möglichkeit einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge dazu ausgenutzt wird, Übertragungshindernisse bei Einzelrechtsübertragungen zu umgehen;454 sie verankert den Schutz von Vertragspartnern im Umwandlungsrecht.455 Deshalb ist auch das Zustimmungserfordernis für einen Transfer kundenbezogener Daten unter diesem Blickwinkel zu prüfen.456 451 Dazu statt vieler Mayer, GmbHR 1996, 403 (404); Rieble, ZIP 1997, 301 (303); Theißen, S. 120 f. m. w. N.; Teichmann, ZGR 1993, 396 (406); zur unterschiedlichen prozessualen Wirkung von partieller und vollständiger Universalsukzession BGH NJW 2001, 1217 f. 452 Dazu Fuhrmann/Simon, AG 2000, 49 (55) m. w. N.: „Die Übertragungsfähigkeit einzelner Vermögensgegenstände bzw. von Vertragsverhältnissen“ . . . „gehört zu den umstrittensten und unklarsten Rechtsfragen des Umwandlungsrechts überhaupt.“ sowie z. B. Theißen, S. 121. Ein guter Überblick des aktuellen Meinungsstandes bei Schröer in: Semler/Stengel, § 132 v. a. Rn. 17 ff. m. w. N. 453 Insoweit ist Zöllner, ZHR 165 (2001), 440 (446) Recht zu geben: Der Gesetzgeber habe sie ohne Blick auf das Datenschutzrecht formuliert. Sieht man Rechte, Pflichten oder Verträge als von § 132 UmwG erfasst an (so C. Schäfer in: Habersack/Koch/Winter, S. 120), wäre das Bankgeheimnis als ein Institut einzuordnen, aus dem Unterlassenspflichten fließen. 454 Mayer, GmbHR 1996, 403 (404); Schröer in: Semler/Stengel, § 132 Rn. 1, 16, 23; zur Möglichkeit einer willkürlichen Aufteilung von Rechten und Pflichten und dem deshalb nötigen Schutz von Drittinteressen eingehend Rieble, ZIP 1997, 301 (303 ff.); Teichmann, ZGR 1993, 396 (402 ff.). 455 Rieble, ZIP 1997, 301 (303): Ausgleich zwischen dem allgemeinen zivilrechtlichen Vertragsschutz des Dritten und dem Umwandlungsbedürfnis der beteiligten
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b) Keine Umgehung beim Übergang eines operativen Geschäftsbereichs Wann eine Umgehung vorliegt und der Schutz von Drittinteressen dem Spaltungsziel vorgeht, ergibt sich aus der Struktur des übertragenden Rechtsträgers sowie der Zusammensetzung des auf- oder abgespalteten oder ausgegliederten Vermögens. Ein Teil des Schrifttums lässt in diesem Zusammenhang eine Übertragung nach § 131 UmwG – obwohl eine allgemeine Vorschrift diese beschränkt – zu, wenn ein einheitlicher Betrieb oder Teilbetrieb457 auf den neuen Rechtsträger übertragen wird; insoweit sei eine „Sinnhaftigkeitsgewähr“ gegeben und die willkürliche Übertragung einzelner Vermögensgegenstände über den Weg des UmwG werde verhindert.458 Demgegenüber ist z. B. bei der Ausgliederung lediglich von Verbindlichkeiten zweifelhaft, weil hier ein Missbrauch des Instrumentariums naheliegt.459 Dieser Gedanke entspricht der hinter §§ 131 f. UmwG stehenden Wertung und lässt sich auch aus § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG herauslesen, der offensichtlich von einem Übergang des Betriebs oder eines Betriebsteils ausgeht.460 Diese Auslegung der gesetzlichen Spaltungsregelung lässt sich auf die bankrechtliche Geschäftsverbindung übertragen: In Bezug auf das Vertrauensverhältnis zu Bankkunden (und damit auch auf das Bankgeheimnis) ist von keiner Umgehung auszugehen, wenn sich der Zuschnitt der Vermögensübertragung bei der jeweiligen Spaltung am operativen Geschäftsbetrieb der Bank orientiert.461 Denn die Möglichkeit, eine organisatorisch geschlossene Einheit des Unternehmens übergehen zu Rechtsträger; ähnlich Theißen, S. 122: „§ 132 UmwG als innerster, unantastbarer Kern des Gläubigerschutzes“. 456 So auch Kallmeyer in: Kallmeyer, § 132 Rn. 8 in Bezug auf § 4 Abs. 1 BDSG; ablehnend Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33 (58). 457 Die Auslegung dieser Begriffe orientiert sich v. a. am Steuerrecht. Ihr soll hier nicht näher nachgegangen werden. Vgl. dazu z. B. Schröer in: Semler/Stengel, § 132 Rn. 26 m. w. N. 458 Näher hierzu Schröer in: Semler/Stengel, § 132 Rn. 26 f. sowie aus verschiedenen Blickwinkeln Jesch in: Habersack/Koch/Winter, S. 160 m. w. N.; Mayer, GmbHR 1996, 403 (406 f.); Teichmann, ZGR 1993, 396 (402 f., 408 f.). 459 In diese Richtung LG Hamburg ZIP 2005, 2331 (2332) mit Hinweis auf § 126 Nr. 9 UmwG. 460 Dazu auch BR-Drs. 75/94, S. 121 zu § 132 UmwG. 461 Ähnliches hat die Wissenschaft bei Banken bereits vorgeschlagen, vgl. Diskussionsbericht in: ZHR 165 (2001), 462. Dieses Merkmal entspricht im Wesentlichen demjenigen des (Teil-)Betriebs, weil davon auszugehen ist, dass jedes Geschäftsfeld mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattet und organisatorisch geschlossen ist (zur Definition Schröer in: Semler/Stengel, § 132 Rn. 26). Eine Behandlung der genauen Grenzen des bankrechtlichen Geschäftsbetriebs würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen.
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lassen, entspricht dem Gesetzesziel, rechtliche Neuordnungen zu erleichtern: Wenn das UmwG Umstrukturierungen von Unternehmen erleichtern will, ist damit die Bewegungsfreiheit in Bezug auf die rechtliche Organisationsstruktur eines Unternehmens gemeint, nicht die wirtschaftliche Handlungsfreiheit, Vertragsverhältnisse mit Kunden (und Teile daraus) ohne deren Zustimmung zum handelbaren Gut werden zu lassen. Deshalb liegt eine Umgehung auch nahe, wenn der Übergang von isolierten finanziellen Vermögenswerten im Vordergrund steht. Diese Abgrenzung bedeutet, dass sich eine Übertragung von Kundenverhältnissen bei Banken an deren Hauptzweck ausrichten muss, nämlich an der Durchführung von Bankgeschäften. Soll diese künftig (zumindest in sachlich umgrenzten Teilbereichen) in den Händen des Rechtsnachfolgers liegen, darf man davon ausgehen, dass die Spaltung dem im UmwG angelegten Zweck entspricht, das Bankunternehmen organisatorisch umzugestalten. Der übernehmende Rechtsträger erhält nicht nur einzelne Vermögensgegenstände, sondern – wie bei der Verschmelzung – Schuldverhältnisse samt Rechten und Pflichten.462 Bei Kundenbeziehungen eines Kreditinstituts sind dies Bankgeschäfte. Deshalb muss es sich bei dem übernehmenden Rechtsträger selbst um eine Bank handeln, die gemäß § 32 Abs. 1 KWG einer Erlaubnis bedarf. Es steht einem Kreditinstitut also frei, seine Rechtsform und seinen Zuschnitt mit den Mitteln des UmwG zu ändern, solange es die Eigenschaft als Bank aufrechterhält.463 c) Regelmäßig keine Ausweitung der faktischen Geheimnisträger bei Übertragung operativer Geschäftsfelder Weitere Überlegungen sprechen bei der Spaltung dafür, die Zulässigkeit des Übergangs der die Bankkunden betreffenden Daten an die Geschäftsverbindung zu knüpfen:464 Zum einen entspricht dies dem Zweck des Bank462 So im Ergebnis auch Mayer, GmbHR 1996, 403 (407): „Rechts- und Sachgesamtheit“; Teichmann, ZGR 1993, 396 (413), weil „ein dichtes Geflecht von Treu- und Nebenpflichten“ . . . „eine Aufspaltung auf mehrere Rechtssubjekte einfach nicht verträgt“. Dass vertikale und horizontale Aufteilungen eines Dauerschuldverhältnisses auch bei einer Spaltung der Zustimmung des Vertragspartners bedürfen, betont Wiesner in: Habersack/Koch/Winter, S. 173 m. w. N. 463 Zwei Kreditinstitute können fusionieren, eine Bank kann einen Bereich zu einer eigenen Bank abspalten usw. 464 Ob man sie als Gegenstände i. S. d. § 132 UmwG ansieht oder sie nur wie diese behandelt, ist im Ergebnis unerheblich. Es geht bei Informationen um die Zulässigkeit ihrer tatsächlichen Übertragung. § 132 UmwG lässt sich m. E. hierauf anwenden: In Bezug auf Daten besteht eine Lücke im Gesetz, vgl. auch Zöllner, ZHR 165 (2001), 440 (446). Ist eine Person erlaubterweise Geheimnisträger, hat sie das Recht, auf die jeweiligen Daten zuzugreifen. Dieses Recht ist m. E. vergleichbar mit
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geheimnisses, weil der Kunde sein Vertrauen den für die Bank agierenden natürlichen Personen entgegenbringt, die seine Bankgeschäfte erledigen. Auf einen Rechtsträger und dessen Vertreter, die den Geschäftsbetrieb nicht übernehmen, kann sich dieses Vertrauen nicht erstrecken.465 Zum anderen können bei einem Übergang des (Teil-)Geschäftsbetriebs der Bank organisatorisch die Informationen innerhalb der gleichen Gruppe von natürlichen Personen bleiben (nämlich bei den mit den jeweiligen Bankgeschäften betrauten Bankmitarbeitern).466 Zwar leitet sich deren Verpflichtung zur Vertraulichkeit juristisch von ihrem Arbeitgeber ab, dem Rechtsträger der Bank, der mit der Spaltung wechselt. Geht aber das operative Geschäft auf ihn über, werden in aller Regel auch die ihm zuzuordnenden Angestellten übergehen.467 Inwieweit zusätzliche Mitarbeiter des übernehmenden oder neu gegründeten Rechtsträgers einen Zugriff auf die Daten erhalten, ist keine Frage des Umwandlungsrechts. Es handelt sich um faktische Umstrukturierungen des Geschäftsbetriebs – wie bei Verschmelzungen gelten insoweit die Grundsätze zum inneren Bankgeheimnis.468 III. Folgen bei fehlendem Übergang des Vertrauensverhältnisses Es verbleiben somit zwei Fälle, in denen das Vertrauensverhältnis nicht auf den Rechtsnachfolger übergeht. Eine dahingehende partielle Rechtssonstigen subjektiven Rechten des übertragenden Rechtsträgers. Die Übertragbarkeit dieses Rechts ist an die Voraussetzung einer Zustimmung oder einer sonstigen zulässigen Durchbrechung gebunden; man kann § 132 Satz 1 UmwG deshalb hier heranziehen. Die Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses bleibt demnach durch die Spaltung „unberührt“. 465 So indirekt Kallmeyer in: Kallmeyer, § 132 Rn. 8 über eine Auslegung der Drittverträge: „Sind die Rechte nach dem Inhalt des Drittvertrages einem bestimmten Betrieb zu dienen bestimmt, so ist in der Regel anzunehmen, dass sie ohne Zustimmung zusammen mit diesem Betrieb auf den neuen Inhaber übergehen dürfen“. Übertragen auf das Bankgeheimnis hieße das: Sind Daten nach dem Vertrauensverhältnis den Bankgeschäften zu dienen bestimmt, so dürfen sie übergehen. Vgl. auch Diskussionsbericht in: ZHR 165 (2001), 462: Problematisch sei das Abstraktum der juristischen Person, weshalb auf „die betrieblich organisatorische Einheit, die über die Daten verfügt“ abzustellen sei. – Ähnlich für Unterlassungsansprüche wegen Eigentumsverletzung C. Schäfer in: Habersack/Koch/Winter, S. 125 (sie seien nicht vom Unternehmen ablösbar). 466 Darauf weisen auch Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33 (45 f.) hin. Der „Kreis der zum Wissen Berufenen“ ist auch beim sogenannten „sanften Übergang“ einer Anwaltskanzlei der entscheidende Aspekt – näher hierzu BGHZ 148, 97 (102 ff.) und – allerdings kritisch – Kleine-Cosack, § 43 a Rn. 41 ff. 467 Auf die arbeitsrechtlichen Fragen, insbesondere auf § 613 a BGB, geht diese Arbeit nicht ein. 468 Zur Verschmelzung hat diese Arbeit dies bereits ausgeführt: S. 346 f.
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nachfolge misslingt erstens, wenn der übernehmende oder neu gegründete Rechtsträger kein Kreditinstitut ist und zweitens, wenn einzelne kundenbezogene Vermögenspositionen isoliert (also ohne die Geschäftsbeziehung zum Kunden) an eine Bank übergehen sollen.469 Im ersten Fall ist das Vertrauensverhältnis nicht übertragbar, weil eine Nicht-Bank kein berufsspezifisches Vertrauensverhältnis eingehen kann. Im zweiten Fall bleibt der bankrechtliche Geschäftsbetrieb, die Geschäftsverbindung zum Kunden und das ihm zu Grunde liegende Vertrauensverhältnis bei der übertragenden Bank, weil sie weiterhin Geschäftspartnerin des Kunden bleibt. Die Vertrauensbeziehung ist nicht teilbar und geht deshalb nicht auf den neuen Rechtsträger über.470 Vergleichbar ist das bankrechtliche Vertrauensverhältnis insoweit mit höchstpersönlichen Rechtsbeziehungen, weil das Kundenvertrauen an eine bestimmte Person, nämlich die eigene Bank, gebunden ist. Zu voreilig ist insoweit die Aussage, bei Rechtsgeschäften mit einer Gesellschaft gehe es dem Vertragspartner nicht darum, wer hinter dem Unternehmen stehe.471 Denn beim Vertrauensverhältnis und dem in ihm wurzelnden Bankgeheimnis geht es sehr wohl um den konkreten Geschäftspartner und dessen Eigenschaft als Bank. Wie höchstpersönliche Rechte verbleibt die berufsspezifische Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses deshalb bei Abspaltung und Ausgliederung beim übertragenden Rechtsträger; bei der Aufspaltung erlischt dieser und damit auch das Vertrauensverhältnis.472 Deshalb dürfen die diesem Verhältnis zuzuordnenden Kundendaten bei der Spaltung nicht übergehen. Geschieht dies faktisch doch, gelten die im letzten Kapitel die469
Zur Vermeidung von Missverständnissen ist bereits an dieser Stelle festzustellen, dass der fehlende Übergang des Vertrauensverhältnisses den Übergang der Leistungsverhältnisses mit dem Kunden oder einer Forderung gegen den Kunden nicht berührt. Erst recht führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Umwandlung selbst. Dazu sogleich unter Punkt IV. 470 Dass nicht übertragbare Vermögensgegenstände nicht auf den übernehmenden Rechtsträger übergehen, ist im Grundsatz unstreitig: Hörtnagl in: Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, § 132 Rn. 51 ff.; die Lösung bei Dauerschuldverhältnissen, dem Vertragspartner nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu geben, versagt beim gesetzlichen Vertrauensverhältnis wegen dessen Unkündbarkeit (vgl. S. 359 ff.). 471 So z. B. Rieble, ZIP 1997, 301 (305); ähnlich Hörtnagl in: Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, § 132 Rn. 38; Stratz in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 20 Rn. 84. 472 So zu nicht übertragbaren Vermögensgegenständen Hörtnagl in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 132 Rn. 52 f.; Kallmeyer in: Kallmeyer, § 131 Rn. 6; Rieble, ZIP 1997, 301 (302, 306); differenzierend Schröer in: Semler/Stengel, § 132 Rn. 12 ff.; a. A. C. Schäfer in: Habersack/Koch/Winter, S. 121 f. (Übergang auch höchstpersönlicher Gegenstände): Seine Argumentation (§ 132 Satz 2 UmwG dispensiere § 132 Fall 1 UmwG insgesamt und damit auch hinsichtlich höchstpersönlicher Rechte) geht aber bei höchstpersönlichen Pflichten ins Leere.
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ser Arbeit näher erläuterten Wirkungen und Rechtsfolgen einer Verletzung des Bankgeheimnisses.473 IV. Folgen für die leistungsbezogenen Vermögensgegenstände Davon gedanklich zu trennen sind die leistungsbezogenen Vermögensgegenstände.474 Sie sind nicht berufsspezifisch; ihrem Übergang steht nichts entgegen. Dies gilt selbst dann, wenn mit ihnen typischerweise die Weitergabe der Kundendaten einhergeht. Denn da die Rechtsnachfolge nicht zwingend zu einer Verletzung des Bankgeheimnisses führt, hindert die Verschwiegenheitspflicht die Übertragbarkeit auf dinglicher Ebene nicht.475 Wichtig ist dies für Forderungen gegen Kunden: Sie sind in gleicher Weise wie bei einer Singularsukzession übertragbar, allerdings mit der umwandlungsrechtlichen Erleichterung, dass § 399 BGB kein Abtretungshindernis darstellt (§ 132 Satz 2 UmwG). Wie noch zu zeigen sein wird,476 ändert ein Verstoß gegen das Bankgeheimnis nichts am Übergang einer Forderung auf einen Dritten. Folglich werden von der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG – unabhängig von einem damit veranlassten Datenfluss – auch Kundenforderungen erfasst.477 V. Datenoffenlegung gegenüber den Prüfern der Umwandlung Zu untersuchen ist bei Umwandlungen zudem die Offenlegung kundenbezogener Informationen gegenüber den Prüfern der Umwandlung i. S. d. §§ 9 ff. UmwG (und evtl. §§ 293 b ff. AktG). Wollen sie kundenbezogene Vermögenspositionen des Kreditinstituts bewerten, genügen hierfür unter Umständen aggregierte und anonymisierte Daten nicht. Aus diesem Grund hält Cahn eine Übermittlung auch ohne Kundeneinwilligung für zulässig.478 473
Dazu unten S. 502 ff. Gemeint sind hier sowohl die Geschäftsverbindung als solche als auch einzelne Rechte und Pflichten aus ihr, etwa Forderungen gegen Kunden. 475 Vgl. hierzu die Ausführungen zur Singularsukzession: S. 323 ff., 379, 516 ff. 476 Näher zu dieser Thematik unten S. 516 ff. 477 Ob sich aus dem Bruch des Bankgeheimnisses ein Recht zur außerordentlichen Kündigung der Geschäftsbeziehung ergeben kann, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls, vgl. S. 554 ff. Die Bank sollte deshalb auch bei einer Gesamtrechtsnachfolge einzelne Kundenverhältnisse im Auge behalten, bei denen die Einholung einer gesonderten Zustimmung wegen ihrer Bedeutung wirtschaftlich geboten ist. 478 Cahn, WM 2004, 2041 (2045); ebenso Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 7 c („auf Grund der funktionalen Notwendigkeit“); anders wohl Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1559). 474
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Hier muss das Gleiche gelten, wie bei der Einschaltung von Wirtschaftsprüfern im Rahmen des normalen Bankbetriebs:479 Zur Erfüllung der gesetzlich festgelegten Aufgaben dürfen sie auf kundenbezogene Daten zugreifen. Soweit ihre Prüfberichte jedoch sonstigen Dritten zugänglich werden, z. B. im Rahmen von Fusionsverhandlungen, müssen die Prüfberichte ausreichend anonymisiert sein.480 VI. Zwischenergebnis Das gefundene Ergebnis ist verglichen mit der rechtlichen Situation des Datenschutzes bei der Singularsukzession konsequent: Wie die Veräußerung von Forderungen verletzt auch die partielle Gesamtrechtsnachfolge das Bankgeheimnis, wenn sie sich nur auf einzelne Vermögenswerte bezieht und hierdurch Schuldnerdaten an einen anderen Rechtsträger gelangen;481 dieser Verstoß schlägt auf die Verfügungsgeschäfte jedoch nicht durch.482 Gegenüber einer vertraglichen Gesamtrechtsnachfolge, also der Übertragung des gesamten Geschäftsbetriebs, ist der Weg über das UmwG hingegen privilegiert: Das Umwandlungsrecht nimmt dem Vertragspartner des sich umwandelnden Unternehmens die Freiheit der Wahl des Vertragspartners.483 Denn anders als bei Vertragsübernahmen des Rechtsnachfolgers ist eine Zustimmung des Kunden hier nicht erforderlich.484 Das bankrechtliche Vertrauen erlebt deshalb eine gesetzliche Einschränkung: Es richtet sich nicht mehr auf einen konkreten Rechtsträger, sondern setzt sich nunmehr am Geschäftsbetrieb der Bank, getragen von einem neuen Rechtsträger, fort.485
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Vgl. unten S. 454 f. So zum Datenschutz Innenministerium Baden-Württemberg, Hinweise zum Datenschutz in: Staatsanzeiger, S. 12 (unter Punkt 1). 481 Jedenfalls bei der Abspaltung und der Ausgliederung, bei denen der übertragende Rechtsträger nicht erlischt, kann jedoch der (komplizierte) Weg über die Datenanonymisierung und Entschlüsselung erst bei Durchsetzung der jeweiligen Forderung gewählt werden. 482 Vgl. v. a. S. 459 ff., 516 ff.; vgl. auch Diskussionsbericht in: ZHR 165 (2001), 462 (464) – ebenfalls Parallele zur Einzelrechtsnachfolge. 483 Dazu Rieble, ZIP 1997, 301 (304). 484 A. A. Simitis, ZHR 165 (2001), 453 (460 f.). 485 Abzuwarten bleibt, ob die Rechtsprechung diesen Unterschied bei anderen berufsrechtlich Schweigepflichtigen übernimmt, wenn diese sich der Mittel des UmwG bedienen: Simitis, ZHR 165 (2001), 453 (454) nennt in diesem Zusammenhang die Fusion von Anwaltskanzleien und die Veräußerung oder Zusammenlegung von Arztpraxen. 480
354
6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
§ 39 Due Diligence im Vorfeld einer Transaktion Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass im Vorfeld einer Transaktion der künftige Rechtsnachfolger wie ein Dritter zu behandeln ist. In den in der Praxis üblichen Due-Diligence-Prüfungen hindert das Bankgeheimnis unstreitig eine Datenweitergabe.486 Hier ist ein Ausweg über verschlüsselte und aggregierte Informationen zu suchen.487 4. Abschnitt
Sonderfälle auf Kundenseite § 40 Kunde selbst Der Grundsatz, dass die Schweigepflicht gegenüber jedermann gilt, findet dort eine Ausnahme, wo es um den Kunden selbst geht. Kennt dieser eine Information noch nicht, kann es dem Kreditinstitut nicht verwehrt werden, ihm diese anzuvertrauen. Dies bedarf keiner weiteren Begründung, wo der Kunde selbst Geheimnisherr ist.488 Die Bank ist ihm gegenüber und seinen Bevollmächtigten unter Umständen sogar zur Auskunft verpflichtet.489 Hat er die Eigenschaft des Geheimnisherrn verloren,490 ist er wie ein beliebiger Dritter zu behandeln und eine Weitergabe der ihn betreffenden Geheimnisse stellt eine Verletzung des Bankgeheimnisses dar.491 486 Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (173); Dieckmann/Eul/Klevenz, RDV 2000, 149 f.; Rodewald/Daubner, BB 1999, 2361 (2363); Nobbe, ZIP 2008, 97 (99); Rögner, NJW 2004, 3230 (3233); Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1695); zum BDSG Eul in: Roßnagel, Kap. 7.2. Rn. 71; zur Due Diligence beim Verkauf eines Forderungsportfolios Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 (127 f.). 487 Zum BDSG Dieckmann/Eul/Klevenz, RDV 2000, 149 (150); Eul in: Roßnagel, Kap. 7.2. Rn. 72. Dem dadurch entstehenden Risiko für den Käufer kann über vertragliche Abreden begegnet werden, z. B. eine Vereinbarung über die wirtschaftliche Beschaffenheit eines Kreditportfolios. 488 Scheer, S. 65. 489 BGHZ 107, 104 (108), BGH ZIP 1985, 1315; Lang, ZBB 2006, 115 (120); Kirchherr in: Sichtermann, S. 171; Scheer, S. 71. Eingehend zu dieser Problematik Wosnitza, S. 85 ff. Zum Kostenersatz bei mehrmaliger Auskunft z. B. Lang, ZBB 2006, 115 (121); OLG Hamm WM 1992, 1100. 490 Dies ist in Fällen denkbar, in denen der Kunde seine Verfügungsbefugnis über das Vermögen verliert, insbesondere bei einem Übergang auf den Insolvenzverwalter (s. S. 270). 491 Scheer, S. 65, 72. Einzelheiten müssen sich hier aus dem Rechtsgebiet ergeben, das dem Kunden die Verfügungsbefugnis über die Geheimnisse entzieht, also z. B. aus dem Insolvenzrecht.
§ 42 Gesetzliche Vertreter
355
§ 41 Ehegatte Hat der Kunde einen Ehegatten, ist prinzipiell kein Grund ersichtlich, diesen anders als sonstige Dritte zu behandeln. Das Innenverhältnis des Kunden zu dem jeweiligen Dritten spielt für die Vertraulichkeit zunächst keine Rolle. Die Ansicht, bei Gütergemeinschaft gelte dem Ehegatten gegenüber das Bankgeheimnis nicht,492 ist in dieser Pauschalität nicht haltbar.493 Zwar ist das Bankgeheimnis vermögensbezogen und einem Ehegatten dürfen Informationen über das Gemeinschaftsgut nicht vorenthalten werden. Doch gilt dies erstens nicht für das Sonder- und das Vorbehaltsgut und zweitens nicht für nicht vermögensbezogene Informationen.494 Vor allem hat die Offenlegungspflicht zwischen den Ehegatten nicht ohne weiteres Außenwirkung. Eine solche müsste das Familienrecht anordnen.495 Ehegatten sind daher wie sonstige Dritte zu behandeln.
§ 42 Gesetzliche Vertreter Ähnlich undifferenziert geht die Literatur davon aus, das Bankgeheimnis gelte nicht gegenüber gesetzlichen Vertretern natürlicher sowie gegenüber den Organen juristischer Personen bezüglich der Angelegenheiten des Vertretenen.496 Prinzipiell ist dies richtig. Sonst wäre die Stellvertretung eines Kunden, der nur über Stellvertreter rechtlich handeln kann, in Teilbereichen nicht mehr möglich. Doch sollte man ergänzen, dass die Bank Informationen an die Vertreter nur weitergeben darf, soweit die Vertretungsmacht reicht.497 Ausgenommen sind deshalb bei natürlichen Personen, soweit sie einsichtsfähig sind, jedenfalls die höchstpersönlichen Angelegenheiten.498 Bei nicht voll Geschäftsfähigen sollte man die Vorschriften der §§ 104 ff. 492
Lang, ZBB 2006, 115 (120). Biedermann, BlStSozArbR 1970, 61 (62). 494 Richtig daher die Herangehensweise von Kirchherr in: Sichtermann, S. 172 f. 495 Dieser Frage soll vorliegend nicht näher nachgegangen werden. 496 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 50; Lang, ZBB 2006, 115 (120); Schönle, § 5 I 3 a (S. 45); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/39 b; Wolff, DB 1968, 695 (697) m. w. N.; der teils zitierte Beschluss des OLG München JW 1932, 2176 (Nr. 30) geht davon aus, die Entbindung von einem Berufsgeheimnis sei kein höchstpersönliches Recht und könne daher vom gesetzlichen Vertreter ausgeübt werden. 497 So schon Scheer, S. 72 f. 498 Ähnlich Borgmann/Haug, § 24 Rn. 162 – Anwalt; zur Frage, wer beim Zeugnisverweigerungsrecht entscheiden soll, wenn einem Minderjährigen die geistige Reife fehlt BayObLG NJW 1967, 206 ff. m. w. N. – diesem Sonderproblem soll im Rahmen dieser Dissertation nicht weiter nachgegangen werden. 493
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6. Kap.: Der personelle Schutzbereich des Bankgeheimnisses
BGB entsprechend anwenden.499 Wenn Minderjährige etwa im Rahmen ihrer Geschäfte gemäß § 112 BGB tätig sind, steht ihren Vertretern kein Recht auf Information zu. Ähnlich vorsichtig ist mit einer Gesellschaft als Kundin umzugehen. Das Bankgeheimnis darf nicht dazu führen, gesellschaftsrechtliche Organzuständigkeiten außer Kraft zu setzen. Informationen über die Kundin darf die Bank somit nicht an beliebige vertretungsberechtigte Organe oder Organmitglieder herausgeben.500 Sie muss sich vorher über die Vertretungsverhältnisse erkundigen und diese beachten.501
§ 43 Beteiligte an Bankgeschäften Beteiligte an Bankgeschäften sind wie sonstige Dritte zu behandeln. Eine etwaige Befreiung von der Geheimhaltungspflicht kann sich hingegen aus einer Einwilligung des Kunden ergeben. Dies gilt vor allem, wenn sie der Durchführung des beabsichtigten Bankgeschäfts dient.502
499 Ebenso Scheer, S. 62 Fn. 21; vgl. auch Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 60 – Anwalt. 500 So im Ergebnis auch Kirchherr in: Sichtermann, S. 172. 501 Gleiches gilt für die Reichweite der Verfügungsbefugnis eines vorläufigen Insolvenzverwalters – näher hierzu unten Fn. 86. 502 Ausführlich hierzu unten S. 395 ff.
7. Kapitel
Der zeitliche Schutzbereich und die Umsetzung des Bankgeheimnisses Nach der Bestimmung des personellen Schutzbereiches widmet sich die vorliegende Untersuchung jetzt dem zeitlichen Umfang des Bankgeheimnisses. Sie befasst sich mit dem Beginn (§ 44) und dem Erlöschen der Geheimhaltungspflicht (§ 45).
§ 44 Beginn der Geheimhaltungspflicht Der Beginn der Geheimhaltungspflicht muss in dem Zeitpunkt ansetzen, in dem ihre Voraussetzungen zum ersten Mal vorliegen. Denkt man an die dogmatischen Ursprünge des Bankgeheimnisses, ist erstens eine schuldrechtliche Sonderverbindung zwischen Bank und Kunde und zweitens ein Bezug zwischen dem Geheimnis und der Geschäftsverbindung erforderlich.1 I. Vorliegen einer schuldrechtlichen Sonderverbindung Soweit ersichtlich, gehen alle Vertreter des Schrifttums davon aus, das Bankgeheimnis wirke, sobald eine Geschäftsanbahnung zu einer Bank stattfindet.2 Auf der Grundlage der hier vertretenen Ansicht ist dies selbstverständlich. Bereits aus der Natur eines gesetzlichen Schuldverhältnisses ergibt sich, dass der Zeitpunkt der Pflichtentstehung nicht von der Abgabe einer Willenserklärung abhängen kann.3 Geheimhaltungsbedürftige Angele1
Dazu S. 141 ff., 190 ff. Bruchner in: Bruchner/Stützle, Leitfaden, S. 5 m. w. N.; ders. in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 7; Cahn, WM 2004, 2041 (2042); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 42; Claussen, § 6 Rn. 6; Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, (7) BankGesch Rn. A/9; Jobe, ZIP 2004, 2415 (2416); Kirchherr in: Sichtermann, S. 116; Kümpel, Rn. 2.136; Lang, ZBB 2006, 115 (119); Mohrbutter, Rechtspfleger 1954, 621 (623); Petersen, S. 27; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/856. 3 Zur zeitlichen Unabhängigkeit zwischen dem Vertragsschluss und der Entstehung der Sonderverbindung Kersting, S. 118 f., 133 ff.; für die Schweigepflicht von Anwalt und Arzt z. B. Schumann, FS Henckel, S. 773 (781). 2
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7. Kap.: Zeitlicher Schutzbereich und Umsetzung des Bankgeheimnisses
genheiten kann das Kreditinstitut bereits vorher erfahren.4 Vereinfacht gesprochen, gelten hier dieselben Grundsätze, welche sich im Laufe der Jahrzehnte für die c. i. c. herauskristallisiert haben. Man kann sich heute an den Leitlinien des Gesetzgebers in § 311 Abs. 2 BGB orientieren: „Aufnahme von Vertragsverhandlungen“; „Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut“; „ähnliche geschäftliche Kontakte“.
Für die jeweilige Rücksichtspflicht, hier das Bankgeheimnis, sollte man diese Legaldefinition einer schuldrechtlichen Sonderverbindung noch verfeinern: In den Einwirkungsbereich des Pflichtigen gelangt der Kunde, wenn das Kreditinstitut Informationen über den konkreten Kunden erhält oder besitzt.5 Manche Stimmen stellen aus diesem Grund auf die Kenntnisnahme des Geheimnisses durch die Bank ab.6 Richtig ist dies, wenn der Betroffene bereits Kunde ist. Denn in diesem Moment erhält das Kreditinstitut die in § 311 Abs. 2 BGB beschriebene Möglichkeit zur Einwirkung auf die Interessen des Kunden. Erfährt die Bank eine Information bereits, bevor sie erstmals in Kontakt zum (künftigen) Kunden tritt, entsteht eine Gefährdung im Moment dieses geschäftlichen Erstkontakts. Im Moment der Entstehung der Pflicht muss der Kunde außerdem den Willen oder jedenfalls ein Interesse zur Geheimhaltung besitzen, weil es sich sonst um keine Geheimnisse handeln kann.7 Dementsprechend beginnt der Schutz in dem Moment, in dem eine (nicht anonym bleibende) Person in geschäftlichen Kontakt zu einer Bank tritt. Dann erstreckt sich das Bankgeheimnis jedenfalls schon auf die Information, dass die Person am Bankgeschäft interessiert ist. Unerheblich ist, wer die Initiative für das geschäftliche Zusammentreffen unternahm und wie intensiv diese erste Begegnung ist. Es kommt im Übrigen nicht darauf an, wie lange die Geschäftsverbindung anschließend währt.8 4 Scheer, S. 14 mit dem Argument, dass auch bei § 300 StGB gleichgültig sei, ob es zu der in Aussicht genommenen Tätigkeit kommt; zum Strafrecht: Sauter, Strafrechtl. Abh. 123 (1910), S. 184 f. 5 Bei anderen Schutzpflichten kann das Betreten der Verkaufsräume genügen; nicht immer sind konkrete Vertragsverhandlungen nötig (BGH NJW 1962, 31 (32) m. w. N.; dazu auch Medicus, Überarbeitung Schuldrecht, S. 488). Dies liegt daran, dass das Rechtsgut des Kunden bereits in diesem Moment im Einwirkungsbereich des Pflichtigen und damit potenziell einer Gefährdung ausgesetzt ist. 6 Schubert, S. 53; Wentzell, S. 9. 7 Im Ergebnis ebenso z. B. Friedlaender, Exkurs I zu § 28 Anm. 7, S. 155; Gutjahr in: von Olshausen, § 300 Anm. 2, S. 1674; Scheer, S. 35 f.; auch von Dassel, Das Recht 1909, S. 394 (395) zum Zeugnisverweigerungsrecht eines Arztes – er argumentiert allerdings mit dem Begriff des „Anvertrauens“. 8 RGZ 126, 50 (52).
§ 45 Erlöschen der Geheimhaltungspflicht
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II. Der Bezug zwischen Geheimnis und Geschäftsverbindung Die vorliegende Arbeit legte bereits eingehend dar, wie der Bezug zwischen Geschäftsverbindung und den geheimzuhaltenden Informationen ausgestaltet sein kann.9 Ausgehend von diesen Erwägungen lässt sich relativ leicht der Zeitpunkt bestimmen, in dem die Geheimhaltungspflicht entsteht: Unproblematisch ist die Fallgruppe, in der das Kreditinstitut in seiner Eigenschaft als Bank vom Kunden bestimmte Informationen erfragt. Antwortet der Kunde auf diese Fragen, unterliegen seine Angaben in diesem Moment dem Bankgeheimnis. Gleiches gilt für kundenbezogene Daten, welche die Bank für die Zwecke der Geschäftsverbindung einholt. Das Bankgeheimnis erfasst auch sie in dem Zeitpunkt, in dem sie in die Wissenssphäre der Bank gelangen. Schwierigkeiten kann es folglich nur hinsichtlich der Fallgruppe geben, bei der die Bank alle vermögensbezogenen Informationen über den Kunden geheim halten muss.10 Hier sind nicht die Umstände oder der Zweck der Kenntniserlangung die maßgebenden Faktoren für die Pflicht. Erfasst wird generell das Wissen zur finanziellen Situation des Kunden.11 Der so verstandene Bezug zur Geschäftsverbindung und das damit verbundene erhöhte Gefährdungspotenzial liegen hier seit dem Beginn des Geschäftskontakts i. S. d. § 311 Abs. 2 BGB vor.
§ 45 Erlöschen der Geheimhaltungspflicht Ebenso kann man bei der Bestimmung des zeitlichen Endes der Pflicht auf die beiden Aspekte (Sonderverbindung und Geschäftsverbindungsbezogenheit) blicken. I. Fortdauer der Pflicht nach Beendigung der Geschäftsverbindung Zunächst stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine einmal geschaffene rechtsgeschäftliche Nähe ihre Wirkungen verliert. Noch relativ unbestimmt argumentierte das Reichsgericht im Jahre 1914: Die Verschwiegenheitspflicht bestehe jedenfalls bis zur völligen Abwick9
Dazu S. 225 f. Zu dieser Fallgruppe S. 220. 11 Dazu gehören Vermögensdaten, deren Quelle unbekannt ist, die die Bank bereits vor dem Vorliegen der Geschäftsverbindung zum Kunden erlangte oder solche, die das Kreditinstitut während eines Vertragsverhältnisses zufällig über den Kunden erfährt. 10
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7. Kap.: Zeitlicher Schutzbereich und Umsetzung des Bankgeheimnisses
lung der dem Bankier übertragenen Geschäfte.12 Mittlerweile steht die zeitliche Reichweite des Bankgeheimnisses im Grundsatz außer Frage: Das Bankgeheimnis bleibt nach Beendigung der Geschäftsverbindung bestehen.13 Die Begründung liegt auf der Hand: Das Kreditinstitut kann sich sonst durch den Abbruch der Geschäftsverbindung seiner Pflicht entziehen.14 Eine Dauerverpflichtung zum Schutz des Kunden kann nicht durch Erfüllung erlöschen.15 Die Geheimhaltungspflicht würde sonst ihres Zwecks beraubt, zumal die nachträglichen Folgen eines einmal bestandenen Vertrages auch sonst im Vertragsrecht nicht unbekannt sind.16 Ebenso besteht das Bankgeheimnis fort, wenn ein Bankmitarbeiter die Stelle der Tätigkeit wechselt; für ihn haftet das Kreditinstitut weiterhin.17 Eine zeitliche Grenze gibt es nicht. Für die Weitergeltung des Bankgeheimnisses spricht die Parallele zur Rechtsfigur der „culpa post contractum finitum“. Vor allem die ältere Rechtsprechung zog, noch gestützt auf § 242 BGB, bei nachwirkenden Schutzpflichten eine Parallele zur culpa in contrahendo. Gleichzeitig traf sie jedoch eine interessante Unterscheidung: Solche Pflichten seien „bei einem einmaligen, rasch sich abwickelnden Güterumsatzgeschäft“ nicht ohne weiteres und auf unbegrenzte Zeit anzunehmen.18 Im Umkehrschluss muss man dies so deuten, dass ein Dauerschuldverhältnis regelmäßig nachwirkende Rücksichtspflichten hat, die durchaus auch zeitlich unbegrenzt gelten können. Dieses Ergebnis überzeugt noch aus einem anderen Grund. Zwar lockert sich mit der Geschäftsverbindung die Nähebeziehung zwischen den Parteien. Doch nimmt die Einwirkungsmöglichkeit der Bank nicht automatisch dadurch ab, dass ihre Geschäftskontakte zum Kunden abbrechen. Geheimnisträger behalten das ihnen zuteil gewordene Wissen unabhängig von rechtsgeschäftlichen Beziehungen, wodurch der Kunde weiterhin gefährdet bleibt. Die Gefährdung steigt womöglich sogar, da die Bank vom Kunden 12
RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 18 (1914), S. 309 (310). BGH DB 1953, 1031; OLG Köln BB 1992, 2174 (2175); Bruchner in: Bruchner/Stützle, Leitfaden, S. 5; Claussen, § 6 Rn. 6; Kirchherr in: Sichtermann, S. 206 f.; Sandkühler, S. 15, 30; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/856; aus älterer Zeit: ohne Begründung OLG Dresden OLGRspr 31, 57 (58) und OLGRspr 40, 377 (378); Dalsheim, S. 10 f.; Mohrbutter, Rechtspfleger 1954, 621 (623); Schubert, S. 53; Wentzell, S. 9; genauso Zuck in: Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich, § 42 Rn. 8 – Anwalt. 14 OLG Dresden OLGRspr 40, 377 (378); Scheer, S. 115; Wentzell, S. 9. 15 Scheer, S. 114. 16 RGZ 113, 70 (72); BGH DB 1953, 1031; Scheer, S. 114. 17 OLG Köln BB 1992, 2174 (2175); Schubert, S. 53. 18 RGZ 161, 330 (338). 13
§ 45 Erlöschen der Geheimhaltungspflicht
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wirtschaftlich nichts mehr zu erwarten hat. Der einmal gesetzte Vertrauenstatbestand lässt sich deshalb nicht mehr aus dem Weg räumen. Anders als bei einer Gefährdung von absoluten Rechtsgütern baut der Geheimnisschutz vor allem auf eine Kenntnis auf, die nicht einfach wieder ausradiert werden kann. II. Erlöschen des Bankgeheimnisses als Ausnahme a) Durch Aufgabe des Geheimhaltungswillens Der Kunde hat die Dispositionsbefugnis über seine Geheimnisse. Gibt er den Willen auf, bestimmte Informationen geheim zu halten, erlischt damit das Bankgeheimnis.19 Die Aufgabe des Geheimhaltungswillens entspricht im Ergebnis einer Entbindung vom Bankgeheimnis. Es gelten daher die Grundsätze zur Einwilligung.20 b) Nicht durch den Tod des Kunden Durch den Tod des Kunden erlischt das Bankgeheimnis nicht automatisch. Vielmehr wird regelmäßig der Erbe Geheimnisherr.21 Lediglich in sehr frühen Entscheidungen fragten die Gerichte noch danach, ob auch nach dem Tod noch objektiv schützenswerte Interessen des Verstorbenen auf Geheimhaltung bestehen.22 Seit der Anerkennung eines postmortalen Persönlichkeitsrechtes dürfte diese Ansicht überholt sein.23 Zwar nahm der Bundesgerichtshof an, die Pflicht zur Geheimhaltung könne nach dem Tod abnehmen. Doch stellte er diesbezüglich auf den Willen des Geheimnisherrn ab.24 Dieser ist positiv festzustellen. 19 Scheer, S. 36 Fn. 32, 114; im Strafrecht Gutjahr in: von Olshausen, § 300 Anm. 9, S. 1685. 20 Vgl. S. 392 ff. 21 Hierzu näher oben S. 268 ff. 22 KG OLGRspr 29, 118 (119 f.) verneinte nach dem Tod des Betroffenen ein zivilprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht der schweigepflichtigen Berufsträger; anders OLG Dresden OLGRspr 13, 161 (162) zum Arztgeheimnis: Entbindung von der Schweigepflicht bei höchstpersönlichen Angelegenheiten nach dem Tod des Erblassers gar nicht mehr möglich. 23 Zum postmortalen Persönlichkeitsschutz grundlegend BGHZ 50, 133 (136 ff.) – Mephisto; genannt z. B. auch in BGHZ 107, 384 (389); 143, 214 (224); st. Rspr. des BVerfG: BVerfGE 30, 173 (194) und Kammerbeschlüsse BVerfG NJW 2001, 2957 (2958 f.); BVerfG vom 19.10.2006, 1 BvR 402/06 (n. v.), Rn. 16 f.; BVerfG vom 22.8.2006, 1 BvR 1168/04 (n. v.), Rn. 23; Petersen, S. 117. 24 BGHZ 91, 392 (398) – Arzt.
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7. Kap.: Zeitlicher Schutzbereich und Umsetzung des Bankgeheimnisses
c) Nicht durch Zeitablauf Nach dem Ende der geschäftlichen Kontakte schwächt sich die rechtliche Nähebeziehung zwischen Bank und Kunde naturgemäß ab. Die Fortdauer des Bankgeheimnisses stützt sich deshalb nur noch auf die Rechtsgutsgefährdung. Der Wert der Informationen und die potenziellen Reaktionen von Mitteilungsadressaten hängen regelmäßig von ihrer Aktualität ab. Dies spräche dafür, dass sich die Intensität der nachwirkenden Geheimhaltungspflicht mit dem Lauf der Zeit reduziert. Doch kann eine Offenlegung keinesfalls bereits bei Vorgängen zulässig sein, die nur wenige Jahre zurückliegen.25 Schubert setzte dem Bankgeheimnis eine Grenze, „wenn bankgeschäftliche Vorgänge aus historischer Zeit offengelegt werden und dabei persönliche und materielle Interessen von niemand verletzt, andere hingegen, etwa geschichts- oder wirtschaftswissenschaftliche, damit gefördert werden können.“26 Zwar lässt er das Bankgeheimnis erlöschen, legt dabei aber einen strengen Maßstab an: Ein Schaden für den Betroffenen oder seinen Rechtsnachfolger muss ausgeschlossen sein und gleichzeitig müssen die Interessen anderer (vor allem der Allgemeinheit) die Offenbarung erfordern. Den Schwerpunkt sollte man auf den ersten Aspekt legen; insoweit ist Schuberts Ansicht zuzustimmen: Ist eine Information historisch überholt und daher nicht mehr geeignet, auf Rechtsgüter des ehemaligen Geschäftspartners einzuwirken, fehlt der normative Grund für ein Weiterbestehen der Pflicht. In den meisten Fällen wird das Kreditinstitut das Vorliegen der Voraussetzung kaum sicherstellen können.27 d) Durch Offenkundigkeit oder Bekanntheit der Information? Streitig ist, ob die Geheimhaltungspflicht erlischt, soweit die geheimzuhaltenden Informationen offenkundig werden. Als offenkundige Tatsache ist dabei eine solche zu verstehen, die einer unbegrenzten Menge von Personen bekannt ist oder über die man sich aus zuverlässiger Quelle zu unterrichten vermag.28 Da nicht jede Information, die leicht zugänglich ist, gleichzeitig allgemein bekannt sein muss, sollte die Formulierung „offenkundig“ nur im Sinne von „allgemein bekannt“ verstanden werden.29 Erst dann gilt: „Was jeder weiß, ist kein Geheimnis mehr.“30 25
So bereits OLG Dresden OLGRspr 40, 377 (378). Schubert, S. 54. 27 Man denke hier nur an Geschäftsvorgänge eines Unternehmens während der NS-Zeit, die bis heute den Ruf eines Unternehmens bestimmen. 28 Vgl. Musielak in: Hadding/Schneider, S. 15 unter Hinweis auf BGHSt 6, 292; Rosenthal, § 17 Rn. 16; ähnlich Wentzell, S. 7. 29 So auch BGHZ 40, 288 (292). 26
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aa) Die vertretenen Meinungen Eine erste Meinung lässt das Bankgeheimnis bei Offenkundigkeit der ihm unterfallenden Informationen enden.31 Nach einer zweiten Auffassung erstreckt sich die Geheimhaltungspflicht auch auf offenkundige und allgemein bekannte Tatsachen sowie solche, die es zu sein scheinen.32 Teilweise fächert sie sich nochmals in zwei Richtungen auf: Ein Teil der Autoren sieht zwar grundsätzlich bekannt gewordene Tatsachen als geschützt an, macht allerdings eine Einschränkung, „wenn die anvertraute Tatsache derart bekannt geworden ist, daß ein Interesse an der Geheimhaltung ersichtlich nicht mehr besteht“.33 Demgegenüber stellt die wohl herrschende Meinung eine Einzelfallbetrachtung an. Nach ihr ist nicht nur ausschlaggebend, ob die Angaben allgemein bekannt waren, sondern darüber hinaus, ob sie dem konkreten Mitteilungsadressaten bereits bekannt waren.34 Das Bankgeheimnis wirke nur nicht, wenn sowohl die Öffentlichkeit als auch der Empfänger der Information diese bereits kannten. Solange der Empfänger noch keine sichere Kenntnis von der entsprechenden Tatsache hat, bleibe das Bankgeheimnis also bestehen. Zu diesen Ansichten finden sich im Wesentlichen zwei Argumentationsversuche zur zuletzt dargelegten Meinung. Scheer und Wolff begründen sie mit dem Kundenwillen: Solange eine Tatsache einzelnen Personen noch unbekannt sei und der Kunde die Geheimhaltung ihnen gegenüber aufrechterhalten möchte, müsse das Kreditinstitut diesem Wunsch Rechnung tragen.35 Noch weiter geht Petersen: Er sieht das Bankgeheimnis als Ausprä30 Für Schweigepflichten von Anwalt und Arzt Schumann, FS Henckel, S. 773 (789). 31 OLG Köln DB 1968, 1533; Dalsheim, S. 9, der jedoch einen gewissen Bekanntheitsgrad hierfür noch nicht genügen lässt; Höpfner/Seibl, BB 2006, 674 bei Fn. 17; Musielak in: Hadding/Schneider, S. 15; Wentzell, S. 7, der aber im Zweifel das Bankgeheimnis gelten lässt – jeweils ohne Begründung. 32 Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (931); Koch, MMR 2002, 504 (506); Wolff, DB 1968, 695 (696) sowie die Fundstellen in den nachfolgenden Fußnoten. 33 Förster/Kann, § 383 Anm. 2 e) aa); genauso Wentzell, S. 10, der z. B. Gerüchte nicht als offenkundig ansieht (S. 7). 34 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 9; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 49; Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. II/19; Kümpel, Rn. 2.156; Petersen, S. 29; Scheer, S. 33 f., 95 f. und ihm folgend Sichtermann, 2. Aufl., S. 114 sowie jetzt Kirchherr in: Sichtermann, S. 139; im Strafrecht: RGSt 26, 5 (7); Gutjahr in: von Olshausen, § 300 Anm. 2, S. 1674, Anm. 8, S. 1682, der eine Unterscheidung zwischen Offenkundigkeit und Bekanntheit der Tatsache trifft, und zwar nach der Beschränktheit des Kreises der Nichtwissenden; a. A. Ehricke/ Rotstegge, ZIP 2006, 925 (931), die allein auf den Kundenwillen abstellen. 35 Scheer, S. 33 f., 95 f. und ihm folgend Sichtermann, 2. Aufl., S. 114 sowie jetzt Kirchherr in: Sichtermann, S. 139; genauso Wolff, DB 1968, 695 (696).
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7. Kap.: Zeitlicher Schutzbereich und Umsetzung des Bankgeheimnisses
gung der allgemeinen Schutzpflicht, Vermögensinteressen des Bankkunden nicht zu gefährden. Eine solche Gefährdung sei unabhängig von der Bekanntheit der Information. Denn der Fall Kirch habe gezeigt, dass eine Verbreitung von Aussagen durch ein Kreditinstitut (v. a. durch einen ihrer hochgestellten Vertreter) ein Eigengewicht habe.36 Die Begründung von Petersen überzeugt: Unabhängig von dem Begriff des „Geheimnisses“ muss entscheidend sein, ob die Bank durch die Offenbarung einer Information in besonderer Weise auf die Rechtsgüter des Kunden einwirken kann. Sie kann dies allein durch ihr Auftreten und ihre Autorität gegenüber dem Empfänger der Informationen, weil ihre Aussagen als besonders zuverlässig gelten. Bei der heutigen allgemeinen Informationsfülle mögen viele kundenbezogene Daten auch anderweitig zugänglich sein, etwa über das Internet. Doch lässt sich die Qualität derartiger Informationen meist nicht einschätzen. Von einer Bank erwartet der Rechtsverkehr dagegen immer fachlich fundierte Aussagen. Deshalb unterfallen tatsächlich oder scheinbar offenkundige Tatsachen und Werturteile37 dem Bankgeheimnis. Entgegen der herrschenden Ansicht spielt die Frage, ob der Empfänger die Information kannte, nicht beim Schutzbereich, sondern bei der Schadenskausalität einer Verletzung eine Rolle.38 Denn selbst wenn der Adressat etwas weiß, kann die Aussage des Kreditinstitutes diese Kenntnis bestätigen, in einen anderen Kontext rücken oder sie auch nur wieder in Erinnerung rufen. Die Situation entspricht normativ der Bestätigung eines Gerüchts, die eine Verletzung der Schweigepflicht darstellt.39 Die Offenkundigkeit oder Bekanntheit einer Information lässt also das Bankgeheimnis nicht erlöschen.
36 Petersen, S. 30; in die gleiche Richtung Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (931) argumentieren mit dem „neuen Qualitätsgehalt“ der Aussage einer Bank; sie habe eine „höhere Glaubhaftigkeit“ als allgemein behauptete Tatsachen, was ein „besonderes (Schadens-)Risiko“ mit sich bringe. 37 Das Mitteilen einer offenkundigen Wertung ist durchaus vorstellbar, etwa wenn sich ein Bankier Werturteile eines Börsenanalysten oder anderer Stimmen zu eigen macht. 38 Genauso Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (931). Richtig stellt Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 57 zum Anwaltsgeheimnis fest: „Für die berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht kann dies nicht gelten, da das Offenbarungsverbot sich nicht auf ein ‚Geheimnis‘, sondern auf alles bezieht, was dem Anwalt bekannt geworden ist.“ 39 Wentzell, S. 7; zum Presserecht OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 1269 f.; im Strafrecht RGSt 26, 5 (7 f.); 38, 62 (65); Tiedemann, ZIP 2004, 294 (296).
§ 45 Erlöschen der Geheimhaltungspflicht
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bb) Angleichung an die Rechtslage anderer Berufsgruppen geboten (1) Offenkundigkeit lässt Schweigepflicht bei anderen Berufsgruppen erlöschen Gegen dieses Ergebnis (kein Erlöschen des Bankgeheimnisses durch Offenkundigkeit oder Bekanntheit einer Information) spricht zunächst, dass bei anderen beruflichen Verschwiegenheitspflichten ein unterschiedlicher Maßstab gilt. Kommt die Analyse des Gewohnheitsrechts – wie soeben geschehen – zu keinem eindeutigen Ergebnis, sollte man das Bankgeheimnis in das System der übrigen Schweigepflichten einbetten. Dies gilt vor allem, wenn diese gesetzlich verankert sind. Gesetzgeberische Wertungen überlagern insoweit unklare Punkte der gewohnheitsrechtlichen Institute. Eine Reihe von Berufsordnungen40 und sonstigen Gesetzen41 lassen eine Geheimhaltungspflicht enden bei Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Kommentierungen gehen davon aus, dass der Gesetzgeber mit den Regelungen in der BRAO und der BNotO diese Schweigepflichten derjenigen von Beamten angleichen wollte.42 Doch scheint die Anlehnung ans Beamtenrecht eher eine Art der Arbeitserleichterung für den Gesetzgeber gewesen zu sein. Ziel der Änderung war es lediglich, die berufsrechtlichen Pflichten der Anwälte überhaupt gesetzlich zu regeln; in den Materialien findet sich kein Hinweis darauf, sie dabei inhaltlich zu verändern und an die öffentlich-rechtliche Dienstverschwiegenheit anpassen zu wollen.43 Diese Deutung ist deshalb angebracht, weil Teile der Literatur vor der Novelle eine solche Einschränkung bei Offenkundigem und Bedeutungslosem nicht vornahmen.44 Wie die gesetzlichen Normen setzte auch der Bundesgerichtshof dem Geheimnisbegriff und damit auch einer berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht dort eine Grenze (und zwar erst dort), wo eine Tatsache allgemein bekannt oder jedermann ohne weiteres zugänglich sei.45 Er schien dies auf Grund des Wortlauts „Geheimnis“ für selbstverständlich zu halten, 40 § 43 a Abs. 2 Satz 3 BRAO, § 39 a Abs. 2 Satz 3 PatAnwO, § 18 Abs. 1 Satz 3 BNotO. 41 Z. B. § 61 Abs. 1 Satz 2 BBG, § 39 Abs. 1 Satz 2 BRRG, § 23 Abs. 5 Satz 2 BDSG, § 84 Abs. 1 Satz 2 VwVfG, § 6 Abs. 1 Satz 2 BMinG. 42 Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 43; ders. in: Eylmann/Vaasen, § 18 Rn. 8; Sandkühler in: Arndt/Lerch/Sandkühler, § 18 Rn. 2. 43 Vgl. BT-Drs. 12/4993, S. 22 ff. (insbesondere S. 27) sowie BT-Drs. 12/7656, S. 48. 44 Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 44 m. w. N. in Fn. 82. 45 BGHZ 40, 288 (292) – Arzt; 122, 115 (118) – Anwalt; BGH ZIP 1983, 735 (737) – Steuerberater; zu § 203 StGB auch: OLG Frankfurt StV 2005, 204 – Arzt.
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7. Kap.: Zeitlicher Schutzbereich und Umsetzung des Bankgeheimnisses
weil er keine Gründe angab und nicht zwischen einzelnen Schweigepflichten unterschied. (2) Übertragung auf das Bankgeheimnis Eine solche Schranke für die Geheimhaltungspflicht bei allgemein bekannten oder jedermann ohne weiteres zugänglichen Informationen stellt dogmatisch eine Ausnahme zur Regel ihrer zeitlich unbegrenzten Geltung dar. Trotz der fehlenden Begründung des Gesetzgebers steht es ihm frei, solche Ausnahmen – im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben – festzuschreiben. Eine Übertragung auf das Bankgeheimnis, bei dem keine gesetzliche Regelung besteht, ist zivilrechtlich nur zu rechtfertigen, wenn sich eine dahingehende Auslegung gewohnheitsrechtlich verfestigt hat. Betrachtet man allein das Bankgeheimnis, müsste man dies wie gezeigt ablehnen.46 Da die berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten in ihrer zivilrechtlichen Ausprägung auf einem gleichartigen Vertrauensverhältnis basieren und sich im Konzept zur Berufshaftung treffen,47 darf man sie nicht völlig isoliert voneinander deuten. Dies gilt vor allem auf Grund der gesetzlichen Natur der berufsrechtlichen Pflichten. Bei einer Offenkundigkeit der Information sinkt das Gefährdungspotential. Lässt der Gesetzgeber dieses konkrete Maß an Gefährdung nicht mehr ausreichen, um dem Geheimnisherrn seinen Schutz zu gewähren, muss dieser Maßstab – mangels sonstiger Gründe für eine Differenzierung – für alle Pflichten gleichermaßen gelten. Dies verlangt die Einheit der Rechtsordnung.48 (3) Auslegung der Offenkundigkeit Lässt man das Bankgeheimnis bei offenkundigen Tatsachen enden, führt dies zum Problem der Auslegung des Begriffs.49 Angesichts der bereits zum Bankgeheimnis genannten Gründe50 genügt nicht bereits, dass ein größerer Personenkreis die Information kennt.51 Eine Gefährdung der Rechtsgüter des Betroffenen ist regelmäßig erst dann weitgehend ausgeschlossen, 46
Soeben S. 363 ff. Dies zeigt bereits die Auslegung von § 383 Abs. 1 ZPO, die für die Nr. 6 (also auch beim Bankgeheimnis) auf die Gleichartigeit der Pflichten abstellt, vgl. S. 171 f. (v. a. 4. Kapitel Fn. 137). 48 Näher dazu oben 4. Kapitel Fn. 56. 49 Ausführlich dazu im Hinblick auf Anwälte Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 44 m. w. N. 50 Vgl. unter Punkt aa), S. 363 ff. 51 So aber Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 45. 47
§ 45 Erlöschen der Geheimhaltungspflicht
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wenn sie jedem Interessierten ins Auge springt und er über mehrere zuverlässige Quellen an sie gelangt.52 Erst in diesem Moment sollte man sie als „offenkundig“ oder „allgemein bekannt“ ansehen. Insbesondere bei Pressemeldungen muss man zudem, wie Eylmann zu Recht betont, zwischen der verbreiteten Behauptung und ihrem tatsächlichen Wahrheitsgehalt unterscheiden.53 In der Praxis wird sich ein Kreditinstitut in vielen Fällen schwer damit tun, die Offenkundigkeit ausreichend darzulegen, weshalb ihm eine Offenbarung nicht anzuraten ist.54 e) Bedeutungslosigkeit der Information für den Schutz unerheblich Die Ausführungen zur Offenkundigkeit könnten für völlig bedeutungslose Informationen ebenso gelten, weil die genannten gesetzlichen Regelungen bei anderen Verschwiegenheitspflichten diesbezüglich auch eine Einschränkung machen. Da bei der Frage der Bedeutungslosigkeit jedoch nur die subjektive Sicht des Geheimnisherrn maßgebend sein kann,55 entspricht eine „Bedeutungslosigkeit“ letztlich einer tatsächlichen oder mutmaßlichen Entbindung von der Geheimhaltung.56 Im Zweifel besteht eine Geheimhaltungspflicht.57 f) Zwischenergebnis Die vorstehenden Ausführungen setzten sich mit dem Problem auseinander, wann das Bankgeheimnis zeitlich endet. Von den teilweise in Literatur und Rechtsprechung diskutierten Erlöschensgründe sind nur wenige sachgerecht: Es stellte sich zum einen heraus, dass die Aufgabe des Geheimhal52 Vgl. Zängl in: Fürst, § 61 Rn. 40 m. w. N.; dieses Verständnis begegnet dem richtigen Einwand von Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (931), die Gefährdung sei bei einer Äußerung gegeben, die sich auf Gegebenheiten bezieht, über die im Rechtsverkehr spekuliert und diskutiert werde. 53 Zum Anwalt Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 45 m. w. N. in Fn. 87; ausführlich auch Zängl in: Fürst, § 61 Rn. 43. 54 Vgl. zu Anwälten und Notaren auch Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 45 f.; ders. in: Eylmann/Vaasen, § 18 Rn. 10 f.; Feuerich/Braun, § 43 a Rn. 19. 55 Zuzustimmen ist insoweit Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 46; ähnlich Schippel, § 18 Rn. 6: „Ebenso sind unwichtige oder gleichgültig erscheinende Dinge geheim zu halten, weil nicht feststeht, ob nicht ein Beteiligter ihnen doch Wert beilegt oder ob sie nicht unter veränderter Sachlage wichtig werden können“. 56 Dazu S. 395 ff. 57 So zum Bankgeheimnis schon Wentzell, S. 7, obgleich er grundsätzlich „Tatsachen, die offensichtlich bedeutungslos sind“, nicht für schutzwürdig hält. Zu anderen Berufsgruppen Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 45 f.; ders. in: Eylmann/Vaasen, § 18 Rn. 10 f.; Feuerich/Braun, § 43 a Rn. 19.
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7. Kap.: Zeitlicher Schutzbereich und Umsetzung des Bankgeheimnisses
tungswillens beim Geheimnisherrn ein Erlöschen rechtfertigt. Zum anderen findet die Verschwiegenheitspflicht dort ihre zeitliche Grenze, wo bestimmte Tatsachen allgemein bekannt oder offenkundig werden.
§ 46 Die aus dem Bankgeheimnis resultierenden Verhaltensmaßstäbe Der Kern des Bankgeheimnisses besteht in der Verschwiegenheit, also dem Unterlassen einer Übermittlung von kundenbezogenen Daten an Dritte. Doch enthält die Geheimhaltungspflicht noch weitere Aspekte, die der folgende Abschnitt kurz beleuchtet. I. Umsetzung des äußeren Bankgeheimnisses Zunächst muss das Kreditinstitut selbst schweigen. Juristische Personen, die faktisch nicht selbst handeln können, müssen daher die für sie Handelnden, insbesondere ihre Gehilfen und Angestellten, zur Verschwiegenheit verpflichten.58 Es muss die Einhaltung dieser Pflicht organisatorisch sicherstellen und kontrollieren sowie die Mitarbeiter bei einer erhöhten Gefahr für bestimmte Kunden (außergewöhnliche Bankgeschäfte, prominente Kunden usw.) an die Wahrung des Bankgeheimnisses erinnern.59 Bestandteil der Geheimhaltungspflicht ist das „Büchergeheimnis“60, d. h. der Schutz sämtlicher Schriftstücke, Bücher und Daten der Bank vor dem Zugriff durch Dritte.61 Bei der Benutzung elektronischer Informationssysteme, insbesondere beim Online-Banking, muss das Kreditinstitut – nicht nur im eigenen Interesse62 – die Einsichtnahme durch Unberechtigte verhin58
Vgl. hierzu 6. Kapitel Fn. 11 sowie § 62 StBerG und BGH ZIP 1983, 735 (737) – Steuerberater; Kleine-Cosack, § 43 a Rn. 4 a. E. und Zuck in: Lingenberg/ Hummel/Zuck/Eich, § 42 Rn. 6 – jeweils Anwalt. – Gleiches gilt für Organe, soweit diese nicht ohnehin gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Die dem Bankgeheimnis unterliegenden Angelegenheiten werden bei Aktiengesellschaften z. B. häufig ohnehin Geschäftsgeheimnisse gemäß § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG sein. 59 Vgl. Zuck in: Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich, § 42 Rn. 6 – Anwalt. 60 Dalsheim, S. 7 f., 28 f.; Wentzell, S. 5. 61 Scheer, S. 100; Schubert, S. 52; Wentzell, S. 5; vgl. zu Anwälten Kleine-Cosack, § 43 a Rn. 5. Zu Fällen aus der Praxis, in denen hiergegen verstoßen wurde, vgl. Landesbeauftragter für den Datenschutz Bremen, Jahresbericht 2006, S. 127 (Entsorgung von Bankunterlagen); Regierung von Mittelfranken, Tätigkeitsbericht 2006, S. 20 (Entbindung), S. 37 (postalische Versendung von Kontodaten). 62 Eine sichere Datenübertragung steht im Interesse des Kreditinstituts, das sich auch in dieser Hinsicht im Wettbewerb behaupten muss – gleiche Einschätzung von Koch, MMR 2002, 504 (505, 509); zur Bedeutung des Vertrauens im elektronischen Geschäft der Banken Kiefer, Die Bank 2000, 308 ff.
§ 46 Aus dem Bankgeheimnis resultierende Verhaltensmaßstäbe
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dern.63 Darüber hinaus sollten sich Kreditinstitute bei Bankgeschäften, die auf Kundenseite durch gesetzliche Vertreter abgewickelt werden, bei einer Datenübermittlung an den Kunden selbst der Reichweite der Vertretungsmacht versichern. Dies gilt in besonderer Weise bei juristischen Personen.64 Ist ein Bankangestellter Zeuge in einem zivilgerichtlichen Verfahren, muss er zur Wahrung des Bankgeheimnisses sein Recht auf Zeugnisverweigerung gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO in Anspruch nehmen, soweit sich seine Aussage auf geheimzuhaltende Angaben und Vorgänge bezieht. Über die prozessuale Vorlegungspflicht gemäß § 429 ZPO hinaus muss er auch die Herausgabe von Urkunden im Prozess verweigern.65 II. Umsetzung des inneren Bankgeheimnisses Das gefundene Ergebnis zum inneren Bankgeheimnis ließ offen, wie die Kreditinstitute die dargestellte gestufte Pflicht organisatorisch umsetzen können. Das Bankrecht kennt eine Aufspaltung von Wissen bereits, und zwar im Bereich der Wertpapierdienstleistungen. Daher lohnt sich ein Blick auf die dort vorgesehenen Maßnahmen. 63 Petersen, S. 25; im Einzelnen hierzu bei Koch, MMR 2002, 504 ff.; zu technischen Fragen des Online-Bankings sowie Haftungs- und Beweisproblemen Stockhausen, WM 2001, 605 ff.; vgl. zu Anwälten zudem Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 64 m. w. N., der für eine Übermittlung per E-Mail eine Zustimmung des Mandanten verlangt; Sandkühler in: Arndt/Lerch/Sandkühler, § 18 Rn. 21 a; zu Recht weist Raßmann, CR 1998, 36 (37) darauf hin, dass die Risiken eines Eingriffs Dritter in die Datennetze von Banken praktisch schwer verhindert werden können. Für die Haftung wird man hier von einer Bank Anforderungen verlangen müssen, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. 64 Vgl. S. 355. 65 Eine prozessuale Pflicht zur Vorlegung von Urkunden gemäß § 429 i. V. m. § 422 ZPO setzt erstens einen materiell-rechtlichen Herausgabeanspruch voraus. Beim Bankgeheimnis besteht ein solcher nicht bereits nach § 810 BGB. Zu prüfen wäre weiterhin, ob sich das Kreditinstitut in diesen Fällen prozessual auf §§ 429, 422 i. V. m. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO analog berufen kann. Der (bejahenden) Begründung von Schreiber, Die Urkunde im Zivilprozeß, S. 180 f., ist im Grundsatz zuzustimmen. Deutlich wird dies beim folgenden Vergleich: Würde die Bank in einem Prozess gegen einen anderen eine Urkunde vorlegen, deren Inhalt das Bankgeheimnis mit einem Kunden tangiert, darf dies nicht zu einem Verstoß gegen das Bankgeheimnis führen, weil sich die §§ 422, 429 ZPO gerade am materiellen Recht orientieren. Prinzipiell ist deshalb eine Urkundenvorlage im Prozess mit Dritten unzulässig. Eine Ausnahme hat dort zu gelten, wo das materielle Recht dem Bankgeheimnis gesetzliche Schranken setzt. Das prozessuale „Vorlageverweigerungsrecht“ folgt somit den materiellen Herausgabeansprüchen. Vgl. auch Eylmann in: Eylmann/Vaasen, BNotO, § 18 Rn. 22, der eine Vorlegungspflicht im Ergebnis ablehnt. Zu vereinfachend Dalsheim, S. 29, zu § 422 ZPO (formelles Prüfungsrecht durch Gericht werde Geheimnisse des Kunden nicht verletzen können).
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7. Kap.: Zeitlicher Schutzbereich und Umsetzung des Bankgeheimnisses 1. Vertraulichkeitsbereiche im Insiderrecht
Eine „Insiderinformation“ i. S. d. § 13 Abs. 1 WpHG stellt eine Art Geheimnis dar, das jedoch nicht durch die Person des Geheimnisherrn definiert wird, sondern durch das Gesetz. § 14 Abs. 1 WpHG stellt sicher, dass Insidertatsachen im Wertpapierhandel den Kreis der „Insider“, der Wissenden, nicht verlassen. Die Verhaltensregeln der §§ 31 ff. WpHG zielen unter anderem auf das Vertrauen der Anleger in das ordnungsgemäße Funktionieren der Wertpapiermärkte ab.66 Dazu gehört neben der Förderung einer interessengerechten Anlageberatung auch die Vermeidung von Interessenkonflikten. Dieser Zweck spiegelt sich insbesondere in § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG wieder. Die Norm meint dabei sowohl Interessenkonflikte zwischen dem Kreditinstitut und dem Kunden als auch zwischen einzelnen Kunden.67 Flankiert wird dieses materielle Gesetzesziel durch die Organisationspflicht des § 33 Abs. 1 Nr. 2 WpHG. In dieser Regelung schuf der Gesetzgeber, wie auch in § 14 WpHG, verschiedene Vertraulichkeitsbereiche.68 Sie werden durch Informationsschranken, den sogenannten „Chinese walls“, voneinander abgeschottet. Das damalige Bundsaufsichtsamt für den Wertpapierhandel verlangte in Nr. 3.3.1. seiner Compliance-Richtlinie, kurserhebliche Informationen dürften den jeweiligen Bereich nicht verlassen, außer wenn ein bereichsüberschreitender Informationsfluss unbedingt erforderlich sei.69 Entsprechend ist es möglich, jede Art von kundenbezogenen Daten innerhalb eines Vertraulichkeitsbereiches zu belassen. Organisatorisch können Vertraulichkeitsbereiche funktional und räumlich voneinander getrennt werden; die jeweiligen Grenzen lassen sich durch Zutrittsbeschränkungen für die Mitarbeiter sowie einen kontrollierbaren Datenzugriff sichern.70 Der Zuschnitt der Vertraulichkeitsbereiche richtet sich nach dem 66
BT-Drs. 12/7918, S. 97. Koller in: Assmann/Schneider, WpHG, § 31 Rn. 33. 68 Nobbe und Schröter, jeweils Bankrechtstag 2002, S. 122 und 180; vgl. auch Nr. 3.3.1 der Richtlinie zur Konkretisierung der Organisationspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 33 Abs. 1 des Wertpapierhandelsgesetzes vom 25. Oktober 1999 (nachfolgend „Compliance-Richtlinie“) in: Bundesanzeiger Nr. 210 vom 6. November 1999, S. 18454 – veröffentlicht auch auf den Internetseiten der BaFin: http://www.bafin.de/richtlinien/rl99_01.htm; so auch schon die Compliance-Richtlinie vom 2. Dezember 1998 in: Bundesanzeiger Nr. 235 vom 12. Dezember 1998, S. 17243; näher dazu Eisele in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 109 Rn. 80 ff. sowie Koller in: Assmann/Schneider, § 33 Rn. 19 ff. 69 Compliance-Richtlinie in: Bundesanzeiger Nr. 210 vom 6. November 1999, S. 18454. 70 Diese Möglichkeiten sind ausdrücklich in Nr. 3.3.1 der Compliance-Richtlinie in: Bundesanzeiger Nr. 210 vom 6. November 1999, S. 18454 genannt. 67
§ 46 Aus dem Bankgeheimnis resultierende Verhaltensmaßstäbe
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Zweck der Vertraulichkeit, also der größtmöglichen Vermeidung von Interessenkonflikten.71 2. Vergleichbarkeit der Problematik mit dem Bankgeheimnis
Die Problematik ist zum Teil mit derjenigen des Bankgeheimnisses vergleichbar. Zwar geht es in den vom WpHG geregelten Fällen ausschließlich um wertpapierbezogene Informationen eines Unternehmens, während das Bankgeheimnis unterschiedlichste Daten über Privat- und Geschäftskunden betrifft. Auch liegt der Schwerpunkt des Insiderrechts im Schutz des Kapitalmarktes, wohingegen das Bankgeheimnis individualschützenden Charakter hat. Im Kern fragt sich jeweils, wie das Kreditinstitut die im Kundengeschäft erlangten geheimen Informationen bankintern zu behandeln hat. Dabei besteht erstens die Gefahr, dass die Bank selbst ungerechtfertigte Vorteile aus dem Wissen schöpft und den Kunden damit schädigt. Zum zweiten könnte ein Datentransfer einem Kunden auf Kosten des anderen dienlich sein. Soweit das innere Bankgeheimnis reicht, lassen sich die organisatorischen Vorkehrungen aus dem Gebiet des Insiderrechts nahtlos auf diese andere Verschwiegenheitspflicht übertragen. Durch die Schaffung von aufgabenbezogenen Vertraulichkeitsbereichen können die Vorgaben des inneren Bankgeheimnisses problemlos erfüllt werden. Die in der Praxis üblichen gestuften Zugangsberechtigungen zu zentral gespeicherten Daten können hierfür hilfreich sein.72 Inwieweit sie ausreichend sind, ist anhand des Einzelfalls zu beurteilen.
71 Vgl. Nr. 3.3.1 der Compliance-Richtlinie in: Bundesanzeiger Nr. 210 vom 6. November 1999, S. 18454. 72 A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/854; in diese Richtung auch Bode, S. 19.
8. Kapitel
Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses Die vorliegende Abhandlung beschäftigte sich eingehend mit dem Inhalt des Bankgeheimnisses. Dieser typisierte Inhalt des Verschwiegenheitsgebots muss für bestimmte Einzelfälle jedoch modifiziert werden. Dabei ist es unerheblich, ob man von Modifikationen, Grenzen, Einschränkungen, Schranken oder Durchbrechungen spricht. Ebenso ließen sich die Fälle als Ausnahmen vom Bankgeheimnis bezeichnen. Der bisher beschriebene tatbestandliche Schutzbereich entsteht in einer typischen Rechtsbeziehung zwischen Kreditinstitut und Kunde, und zwar auf gesetzlicher Basis. Gibt eine Bank trotz des Vorliegens der bisher umschriebenen Voraussetzungen kundenbezogene Informationen an Dritte weiter, spricht eine Vermutung für die Verletzung des Bankgeheimnisses. Dieser Grundsatz findet in den konkreten Kundenverhältnissen eine Reihe von anerkannten Ausnahmen. Dass es Gründe gibt, die eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses rechtfertigen können, wird von niemandem bestritten.1 Das Kreditinstitut kann die dargelegte Vermutung somit unter Berufung auf einen solchen Grund widerlegen. Diese Schranken können wegen ihrer Einzelfallbezogenheit immer nur für ein konkretes Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunde gelten. Den einzelnen Möglichkeiten einer Durchbrechung widmen sich die folgenden Überlegungen. Wie bei anderen Verschwiegenheitspflichten sind auch beim Bankgeheimnis seine Grenzen nur in wenigen Bereichen festgezurrt und insgesamt wenig erforscht.2 Die Arbeit beschäftigt sich mit gesetzlichen Schranken (1. Abschnitt), der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch den Kunden (2. Abschnitt), der Bankauskunft (3. Abschnitt) sowie der umstrittenen Frage, inwieweit die Wahrnehmung berechtigter Interessen eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses rechtfertigen kann (4. Abschnitt).
1 Vgl. BGHZ 27, 241, 246 (Erster Leitsatz und Rn. 11) sowie die zum nachfolgenden Text zitierten Fundstellen zum Bankgeheimnis. 2 Zu unsicheren Ausnahmen von der anwaltlichen Schweigepflicht Henssler, NJW 1994, 1817 (1822).
§ 47 Bundesdatenschutzgesetz
373
1. Abschnitt
Gesetzliche Schranken Eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses kann sich zunächst aus einem gesetzlichen Gebot ergeben.3 Außer Betracht bleiben im Folgenden solche Vorschriften, die eine Weitergabe von Informationen aus rein öffentlichrechtlichen Gründen vorsehen.4 Auch kann die vorliegende Arbeit nicht sicherstellen, alle zivilrechtlichen Begrenzungen des Bankgeheimnisses lückenlos darzustellen, zumal es dem Gesetzgeber frei steht, jederzeit neue Beschränkungen zu schaffen. Doch soll der folgende Abschnitt einen Überblick über die wichtigsten Normen vermitteln.
§ 47 Bundesdatenschutzgesetz In Betracht kommt zunächst eine Einschränkung durch das Bundesdatenschutzgesetz (nachfolgend: „BDSG“). Das Verhältnis zwischen dem BDSG und dem Bankgeheimnis ist streitig.5 Im Wesentlichen gibt es hierzu folgende Auffassungen: I. Meinung 1: BDSG als Durchbrechung des Bankgeheimnisses Nach einer ersten Meinung bilden Datenschutzbestimmungen eine Grenze für das Bankgeheimnis. In diese Richtung deuten einzelne Stimmen ein Urteil des Bundesgerichtshofs zur SCHUFA-Klausel aus dem Jahr 1985.6 Doch enthält die Entscheidung eine derartige Aussage nicht: Sie nennt das Bank3 RG HRR 1932 Nr. 1794; Claussen, § 6 Rn. 1; Feuerherdt/Werhahn, S. 7; Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. II/23. So ausdrücklich auch in Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGB-Banken. 4 Dazu z. B. Bergmann/Möhrle/Herb, § 28 BDSG 01 Rn. 106 ff.; Selmer, Steuerrecht und Bankgeheimnis, S. 7 ff.; zum Übermaßverbot bei staatlichen Eingriffen näher Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 37; Lerche, ZHR 149 (1985), 165 (175 f.); Petersen, S. 20. Beispiele sind hier die Anzeigepflicht nach § 138 StGB oder die strafprozessuale Zeugnispflicht, vgl. RGZ 53, 315 (317); zu § 383 ZPO: OLG Dresden OLGRspr 13, 161 – Arzt; jeweils zum Anwalt Borgmann/Haug, § 24 Rn. 164; Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 70; Feuerich/Braun, § 43 a Rn. 24; Kleine-Cosack, § 43 a Rn. 11; zum Notar Schippel, § 18 Rn. 48. 5 Die vorliegende Arbeit beschränkt sich auf diese Regelungsmaterien – das Verhältnis des BDSG zum deliktischen allgemeinen Persönlichkeitsrecht ist für diese Untersuchung nicht unmittelbar relevant und deshalb ausgeklammert. Näher hierzu z. B. Zöllner, ZHR 149 (1985), 179 (180 f.). 6 Auernhammer, § 1 Rn. 29 und Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 72, jeweils zu BGHZ 95, 362 (367 f.).
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
geheimnis zunächst als zusätzliche Regelung neben dem BDSG und deutet die Schwierigkeiten bei der Bestimmung seiner Durchbrechungen an.7 Zwar geht das Urteil im Anschluss nur auf das BDSG ein. Doch führt die AGBKontrolle bereits in dieser Hinsicht zur Unwirksamkeit der Klausel. Ein Eingehen auf das Bankgeheimnis wäre für die Richter nur noch entscheidungserheblich gewesen, wenn sie der Meinung vertreten hätten, das Bankgeheimnis verdränge die Regelungen des BDSG. Gingen sie dagegen von einer kumulativen Anwendbarkeit der Rechtsmaterien aus, war eine Prüfung zur Vereinbarkeit mit dem Bankgeheimnis genauso entbehrlich wie bei einem Vorrang des BDSG. Ein Vorrang des BDSG findet keinen Niederschlag im Gesetz und wird im Ergebnis von niemandem vertreten. Er lässt sich überdies nicht mit dem Telos des BDSG vereinbaren, mit einem subsidiären Regelungswerk den Kern des informationellen Selbstbestimmungsrechts natürlicher Personen zu sichern.8 Es gibt keinen Grund, weshalb das Gesetz einen vor seinem Inkrafttreten bestehenden Sonderschutz schmälern sollte. II. Meinung 2: Vorrang des Bankgeheimnisses Eine zweite Ansicht meint, das Bankgeheimnis verdränge in seinem Geltungsbereich das BDSG.9 Dies ergebe sich aus Art. 1 Abs. 3 Satz 2 BDSG, der lautet: „Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.“
In der amtlichen Begründung zu dieser Regelung heißt es: „Der neue Satz 2 bewirkt, daß sowohl gesetzliche Regelungen als auch von der Rechtsprechung für besondere Geheimnisse (z. B. Arztgeheimnis) entwickelte Grundsätze den Regelungen des BDSG vorgehen. Das gleiche soll für nur standesrechtlich geregelte Geheimnisse gelten.“10
Von ihr sei auch das Bankgeheimnis erfasst.11 Hätte der Gesetzgeber ein Zurückdrängen der bisherigen Geheimhaltungspflichten durch das BDSG 7
BGHZ 95, 362 (365). Vgl. nur den Wortlaut von § 1 Abs. 1 BDSG sowie Auernhammer, Einführung Rn. 33 ff.; Gola/Schomerus, § 1 Rn. 6. 9 Gola/Schomerus, § 28 Rn. 11; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157; KobersteinWindpassinger, WM 1999, 473 (476); Nobbe, WM 2005, 1537 (1546); Ungnade/ Gorynia, WM 1991, 121 (123). 10 BT-Drs. 11/4306, S. 39 – Begründung des Regierungsentwurfs des Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes zu Art. 1 Abs. 5 der damaligen Gesetzesfassung, der den früheren Art. 45 BDSG ergänzte und mittlerweile zu Art. 1 Abs. 3 BDSG wurde. 8
§ 47 Bundesdatenschutzgesetz
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gewollt, hätte er dies im Wortlaut deutlicher kenntlich gemacht.12 Das BDSG habe die Funktion eines Auffangrechts; es könne auf besondere Verschwiegenheitspflichten nicht einwirken.13 III. Meinung 3: Zweigleisiger Schutz von Informationen Von der letztgenannten Ansicht ist die dritte und überwiegende Meinung nicht weit entfernt. Sie wendet die Regelung des BDSG und des Bankgeheimnisses kumulativ an. Danach schließen sich die Pflichten nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen sich und bilden zwei kumulative Schutzebenen.14 Diese Konkurrenz bedeutet für die Datenübermittlung, dass sie sowohl den datenschutzrechtlichen Schranken als auch den zivilrechtlichen Grenzen des Bankgeheimnisses unterliegt.15 Dieser Ansicht ist zu folgen. Canaris begründet sie richtigerweise damit, dass das BDSG nicht für eine zivilrechtliche Sonderverbindung zugeschnitten sei und bei einer anderen Auslegung Wertungswidersprüche zwischen dem Schutz natürlicher und juristischer Personen entstehen könnten.16 Das Bankgeheimnis ist in Art. 1 Abs. 3 Satz 2 BDSG zu verorten; das BDSG setzt also einen Minimalstandard.17 Für das Bankgeheimnis ist es unerheblich, ob man der zweiten oder 11 Auernhammer, BDSG, § 1 Rn. 29; Koch, MMR 2002, 504 (507); Ungnade/ Gorynia, WM 1991, 121 (123); a. A. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 72 mit dem Argument, die Normen, auf denen das Bankgeheimnis beruhe (§§ 157, 242, 823 BGB) seien zu allgemein – eine zu weite Auslegung der Norm könnte die Wirkung des BDSG zu sehr schwächen. 12 Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (476 f.); Walz in: Simitis, BDSG, § 1 Rn. 175, 182. 13 Gola/Schomerus, § 1 Rn. 25; Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (477). 14 Ausführlich dazu Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 72 und 72 a; zudem Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (279); Büllesbach, CR 2000, 544 (546); Cahn, WM 2004, 2041 (2050); Eul in: Roßnagel, Kap. 7.2. Rn. 3; Fishahn, CR 1995, 632 (635); Früh, WM 2000, 497 (500); Gola/Schomerus, § 1 Rn. 25, § 28 Rn. 11; Klüwer, ABS, S. 211; Koch, MMR 2002, 504 (507); Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1563); Walz in: Simitis, § 1 Rn. 175 ff. sowie Simitis, ebenda, § 28 Rn. 134 m. w. N.; Zöllner, ZHR 149 (1985), 179 (180, 194 ff.); wohl auch Auernhammer, § 1 Rn. 29: Das Bankgeheimnis werde durch die Regeln des BDSG nicht verdrängt; Steindorff, ZHR 149 (1985), 151 (163): Das Bankgeheimnis müsse gegenüber dem Datenschutzrecht nach dessen § 45 Nr. 1 „Bestand haben“. 15 Zöllner, ZHR 149 (1985), 179 (194 ff.); a. A. Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786 (1792), die daraus die Übertragbarkeit der Datenübermittlungsbefugnis des BDSG auf das Bankgeheimnis folgern. Dies liefe wegen der dadurch ausgelösten Verkürzung des Bankgeheimnisses jedoch auf einen Vorrang des BDSG hinaus. 16 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 72. 17 Gola/Schomerus, § 1 Rn. 25; Walz in: Simitis, § 1 Rn. 186 – in Rn. 182 geht er sogar davon aus, das Bankgeheimnis sei bei der Auslegung der Übermittlungsvor-
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
der dritten Ansicht folgt. Das BDSG kann in beiden Fällen keine Durchbrechungen für die berufliche Geheimhaltung normieren.18 Nicht überzeugend sind Stimmen, die einen Gleichlauf der Rechtsgebiete annehmen (Meinung 3).19 Unterschiedliche Materien mit verschiedenen Zielrichtungen sollte man nicht einebnen, sondern über die Regeln der Konkurrenzlehre nebeneinander wirken lassen.20 Beim Vorrang des Bankgeheimnisses (Meinung 2) den Vorrang seiner Schranken auszunehmen, wäre widersprüchlich.21 Aus diesen Gründen können sich aus dem Datenschutzrecht keine gesetzliche Schranken für das Bankgeheimnis ergeben.
§ 48 Auslagerung gemäß § 25 a Abs. 2 KWG Die vorliegende Abhandlung hat sich bereits mit der Auslagerung von Unternehmensbereichen beschäftigt. Sie kam dabei entgegen der herrschenden Ansicht zu dem Ergebnis, dass die Bank zu einem Datentransfer im Rahmen eines sogenannten Outsourcings ohne Kundenzustimmung grundsätzlich nicht berechtigt ist.22 Dies bedeutet nicht automatisch, das Bankgeheimnis könne eine Auslagerung verhindern. Zu untersuchen ist, ob § 25 a Abs. 2 KWG eine gesetzliche Schranke des Bankgeheimnisses enthält. I. Wortlaut und Zweck der gesetzlichen Regelung Hierzu bringt Cahn vor, § 25 a Abs. 2 KWG setze die Weitergabe kundenbezogener Daten ohne Einwilligung der Kunden voraus, weil sonst die Regelung leer liefe. Es stelle sich nur die Frage, wie das Bankgeheimnis schriften des BDSG heranzuziehen. Dies nähert ihn inhaltlich an die zweite Meinung an. 18 Unterstellt man den Vorrang des Bankgeheimnisses, ist dies evident. Bei einer parallelen Anwendung der Rechtsmaterien muss die Bank das Schutzniveau von beiden beachten. Sieht das Bankgeheimnis Durchbrechungen nicht vor, die das BDSG kennt, bleibt dieses höhere Schutzniveau „unberührt“ i. S. d. Art. 1 Abs. 3 Satz 2 BDSG. 19 Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (476) als Vertreterin der zweiten Ansicht sowie Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786 (1792), die der dritten Meinung folgen; wohl auch Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33 (66 f.) mit der lapidaren Aussage: . . . „stärkere Anforderungen können den AGB nicht entnommen werden. Es bleibt damit bei den für das BDSG festgestellten Schranken.“ 20 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 72. 21 Allerdings spricht Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (477) nur beim Erfordernis der Einwilligung von einem „Gleichlauf“. 22 Vgl. S. 333 ff.
§ 48 Auslagerung gemäß § 25 a Abs. 2 KWG
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größtmöglich gewahrt werde.23 Eine solche Aussage ist dem Gesetz jedoch nicht zu entnehmen – ganz im Gegenteil. Gemäß § 25 a Abs. 2 Satz 1 KWG darf die Auslagerung von Bereichen auf ein anderes Unternehmen, die für die Durchführung der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen wesentlich sind, die Ordnungsmäßigkeit dieser Geschäfte nicht beeinträchtigen. Die Regelung erlaubt somit nicht bedingungslos die Auslagerung, sondern stellt an ihre Zulässigkeit bestimmte Anforderungen.24 Schon der Wortlaut zeigt folglich, dass der Gesetzgeber die Auslagerung zwar nicht verbieten, aber doch restriktiv handhaben wollte. Dies zeigt auch die Tatsache, dass der Gesetzgeber mit der Norm die europäische Wertpapierdienstleistungsrichtlinie umsetzen wollte.25 Darin geht es indessen nicht um die Ausweitung der Handlungsspielräume, sondern darum, dass das Wertpapierunternehmen über eine „ordnungsgemäße Verwaltung und Buchhaltung, Kontroll- und Sicherheitsvorkehrungen in bezug auf die elektronische Datenverarbeitung sowie über angemessene interne Kontrollverfahren verfügt“.26 Die Zulässigkeit der Auslagerung hängt also von diesen Voraussetzungen ab, nicht aber richten sich die Voraussetzungen nach der Möglichkeit, eine Auslagerung durchzuführen. Das Verhältnis zum Kunden spricht das Gesetz nicht an. Doch muss man zur Ordnungsmäßigkeit der Bankgeschäfte auch das Bankgeheimnis rechnen. Nach der grammatikalischen Auslegung sieht das KWG also nicht nur keine gesetzliche Schranke für das Bankgeheimnis vor,27 sondern stellt die Zulässigkeit der Auslagerung sogar unter die Bedingung der Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht. II. Auslegung der Aufsichtsbehörde bewusst offen gehalten Systematisch handelt es sich bei § 25 a Abs. 2 KWG um eine Bestimmung aufsichtsrechtlicher Natur. Die zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen Bank und Kunde fallen deshalb unmittelbar nicht in den bezweckten Regelungsbereich der Norm.28 Demzufolge lässt sich für dieses Verhält23
Cahn, WM 2004, 2041 (2046). So neuerdings auch OLG Schleswig ZIP 2007, 2308 (2311). 25 BT-Drs. 13/7142, S. 88. 26 Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen, ABl. Nr. L 141 vom 11.6.1993, S. 27 (36); im gleichen Absatz verlangt die Richtlinie im Übrigen, dass die Wertpapierfirma „so aufgebaut und organisiert ist, daß das Risiko von Interessenkonflikten zwischen der Firma und ihren Kunden oder von Interessenkonflikten zwischen verschiedenen Kunden der Firma, die den Interessen der Kunden schaden, möglichst gering ist“. Systematisch spricht dies ebenso für eine kundenfreundliche Auslegung der KWG-Vorschrift. 27 Erst recht gilt dies für Auslagerungen, welche die Norm nicht erfasst (z. B. für „unwesentliche“ Auslagerungen). 24
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
nis aus dem KWG direkt keine Aussage entnehmen. Dies kommt auch in dem Rundschreiben des BAKred zum Ausdruck.29 Während es aufsichtsrechtlich genügt, das Auslagerungsunternehmen dem Bankgeheimnis des auslagernden Instituts zu unterstellen (Tz. 43), traf das BAKred bewusst keine deutliche Aussage zur Kundenbeziehung. Unter Tz. 45 heißt es: „Das auslagernde Institut muss seine Kunden in geeigneter Weise über die Auslagerung informieren bzw. ihre Zustimmung zur Auslagerung einholen, soweit es hierzu gesetzlich oder vertraglich verpflichtet ist.“
In einem Entwurf zum Rundschreiben war dieser Punkt in Tz. 36 noch kürzer gefasst:30 „Kunden, deren Daten durch eine Auslagerungslösung an ein Auslagerungsunternehmen gelangen, sind in geeigneter Form über die Möglichkeit von Auslagerungslösungen zu informieren (z. B. in Allgemeinen Geschäftsbedingungen).“
Es mag dahingestellt bleiben, ob die Formulierung des Entwurfes so auszulegen war, eine Zustimmung des Kunden für erforderlich zu halten. Jedenfalls die Endfassung des Rundschreibens verdeutlicht die Auslegung der gesetzlichen Regelung durch die Aufsichtsbehörde: Danach kann § 25 a Abs. 2 KWG weder gesetzliche noch vertragliche Geheimhaltungsverpflichtungen gegenüber dem Kunden verdrängen. Diese Auslegung der Behörde hat selbstverständlich nur indizielle Bedeutung. Doch ist ihr in der Sache uneingeschränkt zuzustimmen. Im Schrifttum wird das Rundschreiben zuweilen nicht genau gelesen und in der Folge umgekehrt gedeutet. So soll die Tatsache, dass das BAKred ein Outsourcing bei Banken überhaupt als zulässig erachtet, Rechtfertigung für die Durchbrechung des Bankgeheimnisses sein.31 Anhaltspunkte für eine solche Deutung fehlen jedoch.32 § 25 a Abs. 2 KWG kann somit eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses nicht rechtfertigen. 28 In diese Richtung kann man auch Mülbert, Bankrechtstag 2000, S. 3 (7 ff.) deuten, der die aufsichtsrechtlichen Zwecke und die zivilrechtliche Bewältigung des Phänomens Outsourcing (mit seinen möglichen Haftungsfolgen) trennt. Bei ihm geht es jedoch allein um gesellschafts- und konzernrechtliche Aspekte, nicht um Kundenbeziehungen. 29 BAKred, Rundschreiben 11/2001 vom 6. Dezember 2001, abgedruckt in ZBB 2002, 66 ff. 30 BAKred, Entwurf eines Rundschreibens zum Outsourcing, abgedruckt in ZBB 2000, 282 (285). 31 Vgl. Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.30; in diese Richtung auch Bütter/ Aigner, BB 2005, 119 (121). 32 Eine dahingehende Deutung nimmt die BaFin auch später nicht vor, vgl. die Zusammenstellung der aufsichtlich notwendigen Vertragselemente und Musterklauseln zur Erfüllung der Anforderungen des Rundschreibens 11/2001 vom 6. Dezember 2001: Nr. 12 bezieht sich allein auf die Tz. 41–44 des Rundschreibens, nicht auf die hier in Rede stehende Tz. 45, in der es um die etwaige Kundenzustimmung geht.
§ 50 Gesetzliche Informationsrechte nach §§ 809, 810 BGB
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§ 49 § 402 BGB Die vorliegende Arbeit setzte sich bereits mit der Ansicht auseinander, die in der Regelung des § 402 BGB ein gesetzliches Gebot zur Datenweitergabe bei Zessionen sieht. Insoweit wird auf die Begründung von oben verwiesen.33 Im Ergebnis bildet § 402 BGB keine Schranke zur Durchbrechung des Bankgeheimnisses.34
§ 50 Gesetzliche Informationsrechte nach §§ 809, 810 BGB In Betracht kommen weiterhin gesetzliche Schranken, insbesondere durch §§ 809, 810 BGB. § 809 BGB dürfte bei Banken keine Rolle spielen.35 § 810 BGB gibt bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses einen Anspruch auf Einsicht in Urkunden, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Befinden sich etwa Urkunden im Besitz eines Kreditinstitutes und beurkunden diese ein Rechtsverhältnis zwischen dem Kunden und einem Dritten, müsste die Bank dem Dritten danach unter Umständen die Einsichtnahme gestatten. Doch wie dem Bankgeheimnis sind auch der Vorlegungspflicht als einer gesetzlichen Pflicht Schranken gesetzt.36 Bestehen wie beim Bankgeheimnis Geheimhaltungsinteressen Dritter, geraten sie mit dem Informationsinteresse des Anspruchsstellers in Konflikt. Wie beide Pflichten zueinander stehen, erläutert der folgende Abschnitt. I. Vorgeschlagene Lösungen zum Konflikt mit dem Bankgeheimnis Soweit sie den Widerstreit erkennen, lösen ihn Rechtsprechung und Schrifttum überwiegend über eine Einzelfallabwägung.37 Besondere Be33
Vgl. S. 323 ff. Somit auch nicht als Durchbrechung i. S. d. Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGBBanken; zur Argumentation s. S. 323 ff. Im Ergebnis wie hier Cahn, WM 2004, 2041 (2046); Nobbe, WM 2005, 1537 (1546) und ders., ZIP 2008, 97 (103); Petersen, S. 39; a. A. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 61 a; Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1564). Nicht ganz klar Baums, WM 1993, 1 (6 f. und 11); Gehring, S. 180. 35 Der Anspruchssteller müsste in Ansehung einer Sache einen Anspruch haben (können) und ihre Besichtigung deshalb für ihn von Interesse sein. 36 Unter Berufung auf § 242 BGB bereits RGZ 69, 401 (406). 37 Vgl. BGHZ 93, 191 (211) unter Hinweis auf die gesetzgeberischen Motive; BGH MDR 1983, 128 (129) zu § 259 BGB; Friedlaender, JW 1923, 90 f.; Marburger in: Staudinger, Vorbem zu §§ 809–811 Rn. 5; Steffen in: RGRK BGB, § 810 Rn. 7. 34
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
rücksichtigung müssen in diesem Zusammenhang – wegen des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips – persönlichkeitsbezogene Geheimhaltungsinteressen finden.38 Nach einer Meinung treten solche Auskunftspflichten regelmäßig39, nach einer anderen Meinung ausnahmsweise40 hinter Geheimhaltungsinteressen zurück. Zur Sicherung von Betriebsgeheimnissen wird teilweise die Auskunft an einen neutralen Dritten vorgeschlagen.41 Im Hinblick auf die ärztliche Schweigepflicht räumte der Bundesgerichtshof dieser gegenüber dem Einsichtsrecht von Angehörigen in Krankenunterlagen (nach dem Ableben des Patienten) den Vorrang ein.42 II. Eigene Stellungnahme Die Lösung sollte sich am Wortlaut und am Telos des § 810 BGB sowie am Zweck des Bankgeheimnisses orientieren. Das von der Norm geforderte rechtliche Interesse liegt vor, wenn die Information der Erhaltung, Förderung oder Verteidigung einer rechtlich geschützten Sphäre dient.43 Die Norm verlangt also, dass der Anspruchsteller die Information zur eigenen Rechtsverfolgung benötigt. Sein Interesse muss schutzwürdig sein.44 Die Vorschrift soll dabei einen Interessenausgleich zwischen Anspruchsteller und Anspruchgegner schaffen und ist als materiell-rechtlicher Hilfsanspruch zwischen diesen Parteien zu qualifizieren.45 Dieses gesetzliche Schuldverhältnis gestaltet damit das Verhältnis der zwei Parteien zueinander aus; es gibt nur ein subjektives Recht. Ließe man ein solches Einsichtsrecht auch zu, wenn es sich auf Vorgänge erstreckt, die dem Bankgeheimnis unterliegen, weitete man das Zwei-Personen-Verhältnis auf einen Dritten (den Bank38 Vgl. Marburger in: Staudinger, Vorbem zu §§ 809–811 Rn. 6; ähnlich die Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen BGHZ 93, 191 (211 f.). 39 BGH WM 1963, 990 (991): „Die Einsichtnahme in die Geschäftspapiere darf nicht dazu führen, daß geheimzuhaltende Vorgänge unberechtigten Dritten bekannt werden“; in diese Richtung auch BGHZ 93, 191 (212 f.); Scheer, S. 92. 40 Wosnitza, S. 67, 78 bei Fn. 345; so wohl auch zu verstehen BGH WM 1977, 781 (783): „Gründe, aus denen sich ein diesem Verlangen entgegenstehendes dringendes Geheimhaltungsinteresse ergeben könnte, hat die hierfür beweispflichtige Beklagte nicht darzulegen vermocht“ (zur Vorlagepflicht einer Gesellschaft gegenüber dem Rechtsnachfolger des Gesellschafters). 41 OLG Düsseldorf DB 1982, 2030 (2031); OLG München GRUR 1987, 33; Leppin, GRUR 1984, 552 (557 f.). Gemeint ist bei diesen Meinungen in der Regel ein Geheimhaltungsinteresse des Urkundenbesitzers selbst (hier also der Bank). 42 BGH NJW 1983, 2627 (2629); ihm folgend Hüffer in: MünchKomm BGB, § 810 Rn. 16. 43 Statt vieler Hüffer in: MünchKomm BGB, § 810 Rn. 1, 10 und Marburger in: Staudinger, § 810 Rn. 10 – jeweils m. w. N.; vgl. zudem BGHZ 109, 260 (267). 44 Hüffer in: MünchKomm BGB, § 810 Rn. 11. 45 Hüffer in: MünchKomm BGB, § 810 Rn. 1 i. V. m. § 809 Rn. 1.
§ 51 Abtretungen von Gebührenforderungen
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kunden) aus. Es wäre dieser Dritte, der die Nachteile zu tragen hätte. Weder aus dem Wortlaut noch aus der Zielrichtung der Vorschrift lässt sich entnehmen, dass § 810 BGB ein weiteres Rechtsverhältnis, nämlich das zwischen Bank und Kunde, ändernd regeln soll. Deshalb sollte man ein schutzwürdiges Interesse des Anspruchstellers an der Vorlage von Informationen ablehnen, in Bezug auf die der Anspruchgegner (hier die Bank) einer Geheimhaltungspflicht einem anderen gegenüber (hier des Bankkunden) unterliegt. Der Schutz dieses Vertrauensverhältnisses wird von der relativ wirkenden Rechtsbeziehung der von § 810 BGB erfassten Parteien nicht berührt.46
§ 51 Analogie zu § 49 b Abs. 4 BRAO, § 43 a Abs. 3 PatAnwO, § 55 Abs. 2 WiPrO, § 64 Abs. 2 StBerG bei Abtretungen von Gebührenforderungen Eine weitere Durchbrechung des Bankgeheimnisses könnte sich aus einer analogen Anwendung von neueren Bestimmungen ergeben, die es anderen schweigepflichtigen Berufsträgern erlauben, Gebührenforderungen an Angehörige ihres Berufsstandes abzutreten. Eine Analogie läge auf den ersten Blick nahe.47 Angesichts der fehlenden Normierung des Bankgeheimnisses lässt sich eine planwidrige Gesetzeslücke bei der Frage seiner Durchbrechung zwar nicht feststellen. Man könnte jedoch vertreten, bei einem nichtkodifizierten gewohnheitsrechtlichen Rechtsinstitut bedürfe es einer solchen Lücke nicht oder sie liege dann ohne weiteres vor.48 Unabhängig von dieser Voraussetzung käme man zur Frage der vergleichbaren Interessenlage. I. Zwecksetzung der Neuregelungen 1. Gleiche Zwecksetzung aller Neuregelungen
In § 49 b Abs. 4 Satz 1 BRAO schuf der Gesetzgeber eine Ausnahmeregelung, die Abtretungen von anwaltlichen Gebührenforderungen an einen ande46
Die Argumentation in BGHZ 109, 260 (268 f.) stützt dieses Ergebnis insofern, als sie die Dispositionsfreiheit des Geheimnisherrn betont. Der Sachverhalt ist jedoch nicht mit der hier besprochenen Problematik vergleichbar, weil darin der Anspruchsteller selbst Geheimnisherr war. Würde ein Bankkunde in ähnlicher Weise vom Kreditinstitut Einsichtnahme in die Kundenakten verlangen, könnte sich die Bank – selbstverständlich – nicht auf das (dem Kunden dienende) Bankgeheimnis berufen. 47 In diese Richtung Cahn, WM 2004, 2041 (2047). 48 Anders aber Canaris, Feststellung von Lücken, S. 30 Fn. 60: Bei der Feststellung der Lücke muss auch das Gewohnheitsrecht auf seine Vollständigkeit hin untersucht werden.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
ren Rechtsanwalt zulässt.49 Wenn auch nicht wörtlich aus den beiden Sätzen der Bestimmung, so ergibt sich wegen des Hinweises auf die Verschwiegenheit sowie wegen der ratio legis der Norm doch, dass damit auch die Übermittlung der hierfür notwendigen geheimen Daten erlaubt sein soll.50 Hintergrund dieser Regelung könnte sein, dass es einem Rechtsanwalt ohnehin frei stünde, sich seinerseits rechtsanwaltliche Hilfe für die Durchsetzung einer Forderung zu holen.51 Bei den anderen Neuregelungen kann man dieses Argument jedoch nicht anführen, weil die Forderungsdurchsetzung hier nicht durch die Hilfe eines Berufskollegen erfolgt. Trotzdem wurden mit § 43 a Abs. 3 PatAnwO, § 55 Abs. 2 WiPrO und § 64 Abs. 2 StBerG in den Jahren 1993 und 1994 ähnliche Regelungen für Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater eingeführt.52 Dies sowie die jeweiligen Gesetzesbegründungen sprechen dafür, dass die betroffenen Berufsgruppen gleich behandelt werden sollten.53 Hätte sich der Gesetzgeber also bewusst dafür entschieden, eine Lockerung der Verschwiegenheitspflicht gegenüber ebenfalls schweigepflichtigen Berufskollegen anzuordnen,54 läge es nahe, diese Wertung beim Bankgeheimnis zu übernehmen. Methodisch steht diesem Vorgehen auch nicht der Ausnahmecharakter der Vorschriften entgegen.55 2. Ziel der Sicherung der Verschwiegenheitspflicht
Die Änderung des StBerG zielte darauf ab, „die Abtretung von nicht titulierten Gebührenansprüchen an Personen, die nicht einer Steuerberaterkam49 Eingeführt durch ein Gesetz vom 2. September 1994, BGBl. 1994 I, S. 2278 (2280). Den Charakter der Ausnahmeregelung betont (für das StBerG) auch Gehre, § 64 Rn. 8. 50 Näher dazu z. B. Dittmann in: Henssler/Prütting, § 49 b Rn. 37. 51 So OLG Hamburg OLGR 2001, 74; ihm folgend Dittmann in: Henssler/Prütting, § 49 b Rn. 37; vgl. LG München I NJW 1992, 2165 (2166), das den Fall der Anspruchsdurchsetzung abgrenzt zum Datentransfer, der „ohne Not“ geschieht; zustimmend G. H. Roth in: MünchKomm BGB, § 399 Rn. 26. 52 PatAnwO: BGBl. 1994 I, S. 2278 (2287); WiPrO: BGBl. 2003 I, S. 2446 (2452); StBerG: BGBl. 1994 I, S. 1387 (1390). 53 Bei der Einführung der entsprechenden Regelungen in die PatAnwO verweist die Gesetzesbegründung lediglich auf diejenige der BRAO: BT-Drs. 12/6753, S. 18. Die Prüfbitte des Bundesrates zur Schaffung von § 64 Abs. 2 StBerG betonte die Angleichung der Formulierung an die BGH-Rechtsprechung zur Abtretbarkeit anwaltlicher Honorarforderungen: BT-Drs. 12/6753, S. 28. Auch die Änderung der WiPrO bezweckte eine Vereinheitlichung der Regelungen mit denjenigen der Steuerberater: Regierungsentwurf vom 9. Mai 2003, BR-Drs. 302/03, S. 69; Halaczinsky, Stbg. 1994, 349 (351). 54 In diese Richtung Kleine-Cosack, § 49 b Rn. 19. 55 Eingehend zur Analogiefähigkeit von Ausnahmeregelungen Würdinger, AcP 206 (2006), 946 ff.
§ 51 Abtretungen von Gebührenforderungen
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mer angehören“ zu untersagen, um die Beachtung der Verschwiegenheitspflicht sicherzustellen.56 Der Bundesrat bezog sich in seiner Begründung zur Neuregelung auf die Änderung von § 49 b Abs. 4 BRAO, die den Gedanken eines neueren Urteils des Bundesgerichtshofs aufgegriffen habe.57 Bei Einführung der Norm in der BRAO verwies der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages auf zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, welche festgestellt hätten, dass die Abtretung von anwaltlichen Gebührenforderungen ohne Zustimmung des Mandanten nur wirksam sei, wenn „Zessionar und Zedent denselben Schweigepflichten unterworfen sind“.58 Dies solle im Gesetz klarstellend zum Ausdruck kommen.59 3. BGHZ 122, 115
Diese Zusammenfassung verzerrt allerdings die tatsächliche richterliche Argumentation: Im ersten Urteil legte die Rechtsprechung einen deutlich strengeren Maßstab an. Grundsätzlich sei eine Mandantenzustimmung „in ausdrücklicher und unmißverständlicher Weise“ notwendig.60 Eine Ausnahme für den Einzelfall sei zwar bei der gerichtlichen Durchsetzung von Honorarforderungen möglich. Eine Abtretungsbefugnis an „einen außerhalb des Mandantenverhältnisses stehenden Dritten“ lehnte das Gericht jedoch ausdrücklich ab.61 In diesem Zusammenhang begründete es folgendermaßen: „Die Gefahr einer Beeinträchtigung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, die der Beklagte bei einer Geltendmachung durch die von ihm beauftragten Rechtsanwälte hätte hinehmen müssen, war deshalb von vornherein weniger schwerwiegend als die Beeinträchtigung, die mit der Weitergabe der Einzelheiten aus dem Mandatsverhältnis an einen ihm gegenüber nicht zum Schweigen verpflichteten Dritten verbunden war.“62
Aus dieser Formulierung zog der Rechtsausschuss offensichtlich einen (m. E. gewagten) Umkehrschluss in dem Sinne, eine Abtretung sei nach der Ansicht des Gerichts erlaubt, wenn der Zessionar dem Mandanten gegenüber zur Geheimhaltung verpflichtet sei. Auch berücksichtigte der Rechtsausschuss nicht die Tatsache, dass die Zessionarin in diesem Fall eine Steu56
BT-Drs. 12/6753, S. 18. BT-Drs. 12/6753, S. 28 f., bezugnehmend auf BGHZ 122, 115 und v. a. BGH WM 1993, 1251. 58 BGHZ 122, 115 und BGH WM 1993, 1291. 59 BT-Drs. 12/7656, S. 49; wenig aufschlussreich die ursprüngliche Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drs. 12/4993, S. 31. 60 BGHZ 122, 115 (119). 61 BGHZ 122, 115 (121). 62 BGHZ 122, 115 (121). 57
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
erberatungsgesellschaft, der Zedent aber Anwalt war, weshalb sein Regelungsvorschlag einen solchen Sachverhalt überhaupt nicht erfassen würde. 4. BGH WM 1993, 1251
Im zweiten Urteil war der Zessionar zwar selbst auch Rechtsanwalt. Die vom Gericht untersuchten Gesichtspunkte fragten aber zunächst nur danach, ob dem Zessionar „die Angelegenheit im Rahmen eines anwaltlichen Auftragsverhältnisses anvertraut“ war und sich daraus eine Schweigepflicht ergeben könnte. Nur am Ende trifft der Bundesgerichtshof die knappe Feststellung, eine wirksame Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht könne nur durch eine gesetzliche Bestimmung geschaffen werden, „die die Abtretung einer Honorarforderung an einen Rechtsanwalt erlaubt und diesen denselben Schweigepflichten unterwirft wie den Zedenten“.63 Die Rechtsprechung traf in keiner der beiden Entscheidungen eine Wertung in dem Sinne, dass eine entsprechende Vorschrift aus rechtlichen Gründen wünschenswert wäre. Ebenso wenig problematisierte die zweite Entscheidung die Tatsache, dass eine derartige gesetzliche Schweigepflicht nicht in dem Vertrauensverhältnis zum Mandanten wurzeln und daher einer echten berufsrechtlichen Schweigepflicht nicht gleichwertig sein kann. 5. Gesetzgeber ohne eigene Wertungen
Mit der Neuregelung veränderte der Gesetzgeber deshalb nicht nur die Normen, sondern die bestehende Rechtslage. Obwohl die Judikatur, wie gezeigt, gar keine Anregung zur Gesetzesänderung gab, fassten die Verfasser des Gesetzesentwurfs die Urteile offensichtlich als eine solche auf und wollten sie – ohne zusätzliche normative Überlegungen – klarstellend übernehmen. Da der Verweis auf die Judikatur ins Leere geht, der Gesetzgeber selbst jedoch keinerlei eigene Wertungen getroffen hat, fehlt eine Begründung für die Neuerung des § 49 b Abs. 4 BRAO völlig. Da die Einführung der Vorschriften in den anderen Berufsordnungen auf diese Neuregelung zurückgeht, fehlt für sie ebenso eine normative Begründung. Zwar tendierte der Bundesrat bei der Änderung des StBerG dazu, die Abtretungsmöglichkeiten auszudehnen. So wäre nach seiner Ansicht sowohl eine Abtretung an andere schweigepflichtige Berufsgruppen als auch eine Zession nicht-titulierter Forderungen wünschenswert.64 Diesen Anregungen folgte der Gesetzgeber jedoch unter Hinweis auf das jeweilige Berufsgeheimnis gerade nicht.65 63 64
BGH WM 1993, 1251 (1252). BT-Drs. 12/6753, S. 29.
§ 52 Informationsweitergabe zur Beaufsichtigung der Banken
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II. Keine Übertragbarkeit auf das Bankgeheimnis Aus den Motiven des Gesetzgebers ist demnach keine klare Wertentscheidung dafür ersichtlich, berufsrechtliche Verschwiegenheitspflichten einzuschränken. Vielmehr sollen diese gewahrt und für den Fall von bestimmten Abtretungen gesetzlich gesichert werden. Dem steht allenfalls die Auffassung des Bundesrates, eine Abtretung an andere schweigepflichtige Berufsträger sei der Zession an Berufskollegen gleichzustellen, entgegen. Sie verkennt indes nicht nur den Inhalt der soeben genannten Entscheidungen sowie die Intention zur Änderung der BRAO, sondern darüber hinaus den Ursprung der Schweigepflichten in dem jeweiligen Vertrauensverhältnis. All dies spricht bereits gegen eine analoge Anwendung der Vorschriften auf das Bankgeheimnis. Hätte der Gesetzgeber die Notwendigkeit gesehen, die Neuregelungen einheitlich für alle schweigepflichtigen Berufsträger festzuschreiben (z. B. auch Ärzte, Apotheker usw.), hätte er dies tun können. Die Erörterung zeigte bereits, dass es beim Bankgeheimnis keinen Grund gibt, die Verschwiegenheitspflicht gegenüber anderen Kreditinstituten einzuschränken. Das Bankgeheimnis erfährt also nicht dadurch eine gesetzliche Durchbrechung, dass ein Kreditinstitut seine Gebührenforderung an eine andere Bank zediert.
§ 52 Informationsweitergabe zur gesetzlich vorgesehenen Beaufsichtigung und Überprüfung der Banken (Aufsichtsrat, Abschlussprüfer) I. Anzeigen an die Deutsche Bundesbank Durch eine Bankenaufsicht gewährleistet das KWG eine ausreichende Eigenkapitalbasis bei Kreditinstituten. Großkredite können dieses Ziel wegen der ihnen fehlenden Risikostreuung für die Bank unter Umständen gefährden. Daher sind Kreditinstitute gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 1 KWG zu Mitteilungen an die Bundesbank verpflichtet, wenn sie einen wesentlichen Anteil ihrer Eigenmittel an einzelne Kunden als Darlehen ausgeben.66 Aus dem gleichen Grund müssen der Bundesbank gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 KWG Kreditnehmer mit Millionenkrediten gemeldet werden. Darüber hinaus bestehen weitere Anzeigepflichten.67 Sind diese Meldepflichten für 65 Dies ergibt sich aus dem jetzigen Gesetzeswortlaut i. V. m. der Begründung des Rechtsausschusses: BT-Drs. 12/7545, S. 26. 66 Die Bundesbank leitet die Anzeigen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 KWG an die BaFin (§ 1 Abs. 2 Satz 2 KWG) weiter, die nach § 13 a Abs. 3, 4 KWG für bestimmte Aufsichtsmaßnahmen zuständig ist.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
eine Institutsgruppe im Sinne des § 10 a Abs. 2 KWG einheitlich zu erfüllen, ist zudem eine Weitergabe der hierfür notwendigen Angaben an die Konzernobergesellschaft zulässig.68 Diese gesetzlichen Vorschriften verkürzen somit das Bankgeheimnis. II. Überwachung durch den Aufsichtsrat Kreditinstitute unterliegen wie andere Unternehmen auch den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Vorgaben. Diese sehen für Aufsichtsräte bestimmte Prüfungsrechte vor, z. B. in § 111 Abs. 2 Satz 1 AktG oder § 38 Abs. 1 Satz 1 GenG. Als Organe sind Aufsichtsräte Teil des Rechtsträgers, der zur Wahrung des Bankgeheimnisses verpflichtet ist. Sie sind weder im Hinblick auf das äußere noch auf das innere Bankgeheimnis als „Dritte“ anzusehen. Ihr Zugriff auf kundenbezogene Angaben im Rahmen der Ausübung ihrer gesetzlichen Aufgaben stellt daher nicht einmal eine Ausnahme vom Bankgeheimnis dar. Doch selbst wenn man in der Weitergabe an Aufsichtsräte eine Durchbrechung der Verschwiegenheit erkennen mag, ist sie gerechtfertigt, soweit die gesellschaftsrechtliche Aufgabenzuweisung an die Aufsichtsgremien der Kreditinstitute reicht.69 III. Abschlussprüfer Im Wesentlichen gilt das soeben Gesagte für Abschlussprüfer und z. B. den Vertrauensmann i. S. d. § 12 BSpkG entsprechend. Auch ihnen weist das Gesetz eine Überwachungsfunktion zu. Das Gesellschaftsrecht sieht in § 340 k HGB eine zwingende Abschlussprüfung für Kreditinstitute vor. Durch § 29 Abs. 1 und Abs. 2 KWG und § 13 BSpkG wird diese erweitert. Die hierbei unabhängig erstellten Berichte der Wirtschaftsprüfer sind Grundlage für die Durchführung der Bankenaufsicht; ihnen kommt deshalb eine besondere Bedeutung für das Aufsichtsrecht zu.70 Soweit zur Erfüllung ihrer gesetzlich vorgesehenen Aufgaben ein Zugriff auf kundenbezogene Informationen notwendig ist, hat das Bankgeheimnis zurückzutreten.71 67
So z. B. bei Organkrediten, s. § 15 Abs. 4 Satz 5 KWG. A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/922. 69 Im Ergebnis ebenso A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/921. 70 Böcking/Orth in: MünchKomm HGB, § 340 k Rn. 3; Reischauer/Kleinhans, § 29 Rn. 1; zum Vertrauensmann nach § 12 BSpkG z. B. Schäfer/Cirpka/Zehnder, § 12 Anm. 2. 71 Schäfer/Cirpka/Zehnder, § 1 Anm. 2 (S. 121); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/918. Erforderlich wird eine Offenlegung gerade insoweit sein, als die Abschlussprüfer die Einhaltung von Anzeigepflichten kontrollieren müssen, z. B. im Hinblick auf die Ausreichung von Groß- oder Organkrediten, vgl. soeben Punkt I. 68
§ 53 § 840 Abs. 1 ZPO
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§ 53 § 840 Abs. 1 ZPO § 840 Abs. 1 ZPO verpflichtet einen Drittschuldner, nach Zustellung eines Pfändungsbeschlusses dem Gläubiger gegenüber bestimmte Angaben zu machen. Aus der Norm ergibt sich nach fast einhelliger Meinung eine Begrenzung für das Bankgeheimnis.72 Bei Anwendung des § 840 ZPO ist die Erklärung der Bank als Drittschuldnerin auf das gesetzliche Minimum zu reduzieren.73 Demgemäß stellte das Reichsgericht fest, die von der Vorschrift geforderte Auskunft dürfe wegen des Bankgeheimnisses eine „weitestgehende Einschränkung“ erfahren.74 Die Auffassung, der Konteninhaber habe nach der Pfändung „nichts mehr zu melden“ und die Bank habe ihm gegenüber keine Pflicht zur Verschwiegenheit mehr,75 ist in dieser Strenge daher nicht haltbar. Richtig ist allein, dass die Interessen des Pfändungsschuldners gegenüber denjenigen des -gläubigers zurücktreten müssen, soweit dies für ihn zur Durchsetzung seines Anspruchs erforderlich ist.76 Nur dies besagt die Vorschrift des § 840 ZPO. Unter Berücksichtigung des Bankgeheimnisses ist die unmittelbare Übersendung von Kontoauszügen daher nicht erforderlich. Denn hieraus lassen sich eine Reihe weiterer Informationen über den Schuldner erfahren.77 § 840 ZPO ist im Übrigen nicht dahingehend verallgemeinerungsfähig, dass jegliche private Interessen Vorrang gegenüber dem GeheimhaltungsÄhnliche Argumentation in Bezug auf das Datenschutzrecht Dieckmann/Eul/Klevenz, RDV 2000, 149 (150 f.). Über die Geheimhaltungspflicht der Prüfer gemäß § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB ist die Durchbrechung des Bankgeheimnisses abgemildert. 72 Bauer, JurBüro 1973, S. 698; Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 108; Feuerherdt/Werhahn, S. 10; Gaul, S. 33; Jobe, ZIP 2004, 2415 (2417); Kirchherr in: Sichtermann, S. 376 m. w. N.; Kümpel, Rn. 2.179; Lieseke, WM 1975, S. 314 (319); Mohrbutter, Rechtspfleger 1954, 621 (623); Scheer, S. 87; Stöber in: Zöller, § 840 Rn. 4; ders., Forderungspfändung, Rn. 627 m. w. N.; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/865; zu anderen Verschwiegenheitspflichten Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 60, 76; Feuerich/Braun, § 43 a Rn. 26; Zuck in: Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich, § 42 Rn. 23 – jeweils Anwalt; Schippel, § 18 Rn. 46 – Notar; bezüglich des Arrests a. A. Nebelung, BB 1953, 781 (782). 73 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 108; A. Weber in: Hellner/ Steuer, Rn. 2/865; s. auch Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 76 m. w. N.; Zuck in: Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich, § 42 Rn. 21, 23. 74 RG HRR 1932 Nr. 1794. 75 Bauer, JurBüro 1973, S. 698. 76 Vgl. Feuerherdt/Werhahn, S. 10. 77 Mit dieser Begründung auch LG Frankfurt a. M. WM 1986, 1008; vgl. zudem LG Itzehoe WM 1988, 994 (996). Dass die beschriebene Durchbrechung des Bankgeheimnisses erst recht für das innere Bankgeheimnis gilt, bedarf keiner Erläuterung; zum Umgang der Praxis mit Pfändungsbeschlüssen Schröter, Bankrechtstag 2002, S. 174 f.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
gebot beanspruchen können. Die Norm spiegelt nämlich insofern ein öffentliches Interesse wider, als nur bei einer effektiven Durchsetzung bestehender Ansprüche das Gewaltmonopol des Staates gerechtfertigt ist.78 Auch dieses öffentliche Interesse ist es, welches das Bankgeheimnis als gesetzliche Pflicht durchbrechen kann. Zu Recht weist Lieseke darauf hin, dass eine Auskunftspflicht bei der Vorpfändung als privatem Akt sowie der Arrestpfändung, die nur der Sicherung dient, nicht besteht. Wegen des Bankgeheimnisses muss das Kreditinstitut in diesen Fällen eine Auskunft ablehnen.79
§ 54 Insolvenzrecht Insolvenzrechtliche Normen können das Bankgeheimnis beschränken. So ordnet die Insolvenzordnung („InsO“) gesetzliche Auskunftspflichten des Gemeinschuldners für verschiedene Verfahrensabschnitte gegenüber unterschiedlichen Beteiligten an.80 I. Insolvenz des Kunden Bei der Insolvenz eines Bankkunden ist streitig, ob eine Auskunft vom Kreditinstitut als einem Dritten verlangt werden kann. Dagegen spricht bereits der Wortlaut der insolvenzrechtlichen Normen: Die Auskunftsansprüche richten sich allein gegen den „Schuldner“, nicht auch dessen Vertragspartner.81 Einer Zeugenaussage stünde § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO entgegen.82 78
Ebenso im Ergebnis Schubert, S. 54. Lieseke, WM 1975, 314 (319) m. w. N.; im Ergebnis genauso Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 108; Feuerherdt/Werhahn, S. 10; Gaul, S. 38 ff. m. w. N.; offen gelassen in BGHZ 68, 289 (291 f.) m. w. N. 80 § 20 Abs. 1 Satz 1, § 22 Abs. 3 Satz 3, § 97 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 1 Satz 1 InsO. Auskunftsbegehrende können sein: der (vorläufige) Insolvenzverwalter, das Insolvenzgericht, der Gläubigerausschuss oder die Gläubigerversammlung. Vgl. auch § 5 Abs. 1 Satz 2 InsO, der dem Gericht als Grundlage zur Einsetzung eines Sachverständigen dient und diesem ebenfalls Auskunftsrechte verleihen kann – näher zu seiner gesetzlich nicht geregelten Rechtsstellung Wessel, DZWIR 1999, 230 ff. Der Insolvenzantrag ist ohne Auswirkung auf die Geschäftsverbindung: Vallender, FS Uhlenbruck, S. 135. 81 App in: FK-Inso, § 97 Rn. 7. 82 App in: FK-Inso, § 97 Rn. 7; Vallender, FS Uhlenbruck, S. 138 f.; a. A. in der Begründung AG Duisburg NZI 2000, 606 f. und Passauer in: MünchKomm InsO, § 97 Rn. 15, die in § 97 InsO eine unmittelbare gesetzliche Durchbrechung der Schweigepflicht sehen. Doch ergibt sich dies nicht aus dem Gesetzeswortlaut und der Verfahrenszweck kann schwerlich so weit gehen, die von der InsO vorgesehenen Zwangsmittel des § 98 InsO zu umgehen. Systematisch kann § 97 InsO nur zu einer Entbindungspflicht des Bankkunden führen. 79
§ 54 Insolvenzrecht
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Die InsO bietet auch dem Insolvenzgericht keine Rechtsgrundlage, das Bankgeheimnis unmittelbar zu durchbrechen.83 Ob der Insolvenzschuldner seine Bank vom Bankgeheimnis freizustellen hat,84 ist allein eine Frage des Insolvenzrechts und ergibt sich aus dessen Verfahrenszweck. Davon zu trennen ist das Verhältnis zwischen Verwalter und Schuldner: Mit Recht lassen die Stimmen, die sich hierzu finden, ein Geheimhaltungsinteresse des Schuldners hinter dem Interesse des Insolvenzverwalters an der optimalen Verwertung der Masse zurückstehen.85 Aus dem Blickwinkel des Bankgeheimnisses ist dieses Ergebnis selbstverständlich, weil (und soweit) der Verwalter für den Kunden (= Schuldner) die Dispositionsbefugnis hierüber ausübt.86 Dies ist jedoch keine Durchbrechung des Bankgeheimnisses,87 sondern ein Übergang der Geheimnisherrschaft auf den Insolvenzverwalter. II. Insolvenz der Bank Ähnliches gilt im Ergebnis bei der Insolvenz eines Kreditinstituts: Die vom Insolvenzrecht geforderten Auskünfte des Kunden gegenüber dem Insolvenzverwalter (z. B. § 22 Abs. 3 Satz 3, § 97 Abs. 1 Satz 1 InsO) berühren das Bankgeheimnis wegen dessen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis für die Bank nicht, jedenfalls soweit die Befugnis reicht.88 Denn der Verwalter handelt hierbei als Organ oder Vertreter des Kreditinstitutes.89 83
Überzeugend in seiner Argumentation Bode, S. 33 f. So Uhlenbruck, § 20 Rn. 19; skeptisch Vallender, FS Uhlenbruck, S. 140; ablehnend Bode, S. 34 f. 85 BGHZ 109, 260 (270); ihm folgend Nassall, WuB IV A. § 667 BGB 1.90; zudem Brandes, Rn. 54 f.; Uhlenbruck, InsO, § 97 Rn. 4 (etwas anderes soll nach der Auffassung von Brandes und Uhlenbruck beim Notar wegen des Wortlauts der BNotO gelten); wohl auch Scheer, S. 87. 86 Gleiches gilt für den „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter gemäß § 22 Abs. 1 InsO bei Massezugehörigkeit. So ausdrücklich auch Bode, S. 43 m. w. N. Beim Verwalter des Abs. 2 richtet sich die Geheimnisherrschaft nach seiner konkreten Dispositionsbefugnis. Vgl. hierzu Vallender, FS Uhlenbruck, S. 140 ff., auch zum Problem der Unaufteilbarkeit von Tatsachen (z. B. Gemeinschaftskonten, die sich nur zum Teil auf massezugehörige Gegenstände beziehen). Sein Ergebnis (Interessenabwägung) ist zweifelhaft; besser erscheint eine Lösung über eine Ausübung der Geheimnisherrschaft wie bei Gesamthandsgemeinschaften – dazu S. 394 f. Ausführlich hierzu Bode, S. 40 ff., 65 ff., 98 ff. 87 So aber für den vorläufigen Insolvenzverwalter AG Duisburg NZI 2000, 606 f.; Passauer in: MünchKomm InsO, § 97 Rn. 15 – zudem beziehen sich beide auf einen Sachverhalt, in dem ein dringender Verdacht von Verdunkelungshandlungen des Schuldners bestand. 88 Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wie Fn. 86. 89 Unerheblich ist dabei die genaue Charakterisierung seiner (umstrittenen) Rechtsstellung, vgl. 6. Kapitel bei Fn. 410. Als Organ, als Partei kraft Amtes (je84
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
Gegenüber dem Kunden ist er kein Dritter, sondern tritt vielmehr in die Stellung der Bank ein. Nicht überzeugend ist insoweit die Meinung der Rechtsprechung, es handle sich um eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses.90 Ob die Bank als Gemeinschuldnerin gesetzliche Auskunftspflichten zu erfüllen hat, die das Bankgeheimnis verkürzen würden,91 ist zweifelhaft. Denn es besteht ein Konflikt zwischen den Zielen des Insolvenzrechts und dem Geheimhaltungsinteresse der Bankkunden als Geschäftspartner des Gemeinschuldners. Übertragbar sind hier die Gedanken, welche die Rechtsprechung zu Auskunftspflichten schweigepflichtiger Insolvenzschuldner gegenüber dem Insolvenzverwalter heranzieht.92 Hier nimmt der Bundesgerichtshof eine Abwägung zwischen dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Geheimnisherren (Mandanten, Patienten usw.) und dem Befriedigungsrecht der Gläubiger vor und räumt letzterem den Vorrang ein.93 Im Ergebnis ist dies richtig, muss jedoch konkretisiert werden: Wie bei § 840 Abs. 1 ZPO94 durchbricht der Gläubigerschutz das Geheimhaltungsinteresse. Dies gilt allerdings nur, soweit der Zweck des Insolvenzverfahrens (Haftungsverwirklichung i. S. d. § 1 InsO) sowie seine effektive Durchführung95 es erfordern.96 Denn es handelt sich bei der Auskunftspflicht um eine verfahrensrechtliche Pflicht öffentlich-rechtlicher Natur, die den Zielen des Insolvenzrechts dient, letztlich also – wie § 840 ZPO – dem öffentlichen Interesse am Schutz der Gläubiger und der Allgemeinheit entspringt.97 Soweit die Offenbarung kundenbezogener Angaben für die Masseverwertung notwendig ist, muss und darf die Bank als Gemeinweils Direktverpflichtung gegenüber dem Kunden) oder als Vertreter der Bank (die Schranken des inneren Bankgeheimnisses sind hier nicht von Bedeutung, weil er für die Fortführung aller Bankgeschäfte zuständig wird) nimmt er keine andere Rolle ein als ein Bankangestellter bzw. ein Bankorgan. 90 BGHZ 141, 173 (176 ff.); BGH ZIP 2003, 2176; 2004, 915 (917); 2005, 722 (723 f.). 91 In Betracht kommen die in Fn. 80 genannten Auskunftsansprüche. 92 Die Rechtsprechung betrachtet den Verwalter fälschlich nicht als Geheimnisherrn, sondern behandelt ihn wie einen Dritten (vgl. den vorstehenden Absatz). Aus diesem Verständnis heraus geht es in diesen Fällen also um Schweigepflichtige, die einem Dritten Auskünfte geben müssen. 93 Entscheidungen in Fn. 90; zustimmend Johlke, EWiR 1999, 857 (858). 94 Dazu Hartmann in: Baumbach, § 840 Rn. 2. 95 s. hierzu Passauer in: MünchKomm InsO, § 97 Rn. 1, 13. Uhlenbruck, § 97 Rn. 1. 96 Ähnlich BGHZ 141, 173 (177 f.) – Steuerberater; BGH ZIP 2005, 722 (723 f.) – Arzt; OLG Köln MDR 1993, 1007 – Steuerberater; zum gerichtlich bestellten Sachverständigen Wessel, DZWIR 1999, 230 (233) und Vallender, FS Uhlenbruck, S. 136 ff. 97 BGH ZIP 2005, 722 (723 f.).
§ 55 Sonstige gesetzliche Regelungen
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schuldnerin ihre Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Kunden folglich durchbrechen.98 Bei der Offenbarungsversicherung des § 807 ZPO gilt dies gleichermaßen.99
§ 55 Sonstige gesetzliche Regelungen Bei Gesetzesregelungen ist genau zu prüfen, ob sich aus ihnen eine Einschränkung des Bankgeheimnisses ergibt: So ergeben sich etwa aus § 74 Abs. 3 GmbHG Informationsrechte. Handelt es sich bei der Gesellschaft um eine Bank, kollidieren diese mit dem Bankgeheimnis. Zuzustimmen ist hier der herrschenden Meinung, dieser Widerstreit müsse über eine Interessenabwägung gelöst werden.100 Doch ist Locher beizupflichten: Das Bankgeheimnis tritt gegenüber dem Informationsrecht nicht generell zurück. Vielmehr muss die Abwägung für jeden Einzelfall gesondert vorgenommen werden.101 Wenn die kollidierende Norm ein Ermessen einräumt,102 ist die Erforderlichkeit des jeweiligen Einsichtsrechts zu dem angestrebten Zweck besonders streng zu prüfen Im Rahmen einer Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO thematisierte der Bundesgerichtshof kürzlich ein ähnlich gelagertes Problem.103 In dem Fall strengte eine Bank eine Klage gegen einige Kunden auf Feststellung an, dass die mit den Beklagten geschlossenen Darlehensverträge wirksam seien. Der Kredit finanzierte bei allen Beklagten eine Einlage in eine GbR. Es stellte sich die Frage, ob die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstandes gegen die einfachen Streitgenossen deren Bankgeheimnisse verletze. Der Bundesgerichtshof hielt die Gerichtsstandsbestimmung trotz der damit einhergehenden Einschränkung des Bankgeheimnisses für wirksam. Dass dabei das Bankgeheimnis tangiert werde, sei keine Folge, sondern lediglich ein Reflex der gesetzlichen Bestim98 Zweifelhaft ist die Notwendigkeit, das Bankgeheimnis zu verkürzen, z. B. beim Akteneinsichtsrecht der Gläubiger gemäß § 4 InsO i. V. m. § 299 Abs. 1 ZPO. Zur Wahrung ihrer Rechte als Verfahrensbeteiligte werden regelmäßig aggregierte und anonymisierte Daten genügen, aus denen die Kundenidentität nicht ersichtlich wird. 99 OLG Köln MDR 1993, 1007 mit zahlreichen weiteren Nachw.; Nachw. auch in BGH ZIP 2005, 722 (723); Goedel, S. 230 ff.; Schumann, FS Henckel, S. 773 (796 f.). 100 BayObLG NZG 2003, 439; OLG Braunschweig WM 1992, 1912; Hohner in: Hachenburg, § 74 Rn. 11; Locher, WuB I B 3.-1.93; Schulze-Osterloh/Noack in: Baumbach/Hueck, § 74 Rn. 14 m. w. N. 101 Locher, WuB I B 3.-1.93; a. A. alle übrigen in Fn. 100 genannten Fundstellen. 102 Bei § 74 Abs. 2 GmbHG, § 273 Abs. 3 AktG, § 93 Satz 3 GenG ein gerichtliches Ermessen. 103 Zum Folgenden BGH NJW-RR 2006, 1289.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
mung.104 Aus der Formulierung „Gegen diese Beeinträchtigung können sich die Ag. [Antragsgegner] nicht dadurch zur Wehr setzen, dass sie sich gegen die Zulässigkeit der Gerichtsstandsbestimmung wenden“ lässt sich schließen, dass der Bundesgerichtshof von einer Verkürzung des Bankgeheimnisses ausgeht, diese aber hinnimmt. 2. Abschnitt
Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht Für den Schutzbereich des Bankgeheimnisses ist in erster Linie der Wille des Kunden maßgeblich.105 Unstreitig liegt – wie auch Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 AGB-Banken zeigt – keine Pflichtverletzung vor, wenn der Kunde in die Weitergabe der Daten einwilligt.106 Diese Rechtsüberzeugung beruht auf den bereits mehrfach dargelegten Wertungskriterien des Bankgeheimnisses. Denn der Bankkunde kann als Geheimnisherr über seine Daten verfügen. Die Geheimhaltung wirkt allein zu seinen Gunsten und sie ist disponibel. Deshalb findet der Schutz seine Grenze dort, wo der Betroffene keinen Wert auf ihn legt. Das Bankgeheimnis ist insoweit nicht anders zu behandeln als die übrigen berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten ein.107
§ 56 Rechtsnatur der Entbindung nicht maßgebend Bei der Entbindung vom Bankgeheimnis geht es nicht um die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts, sondern die Reichweite einer gesetzlichen Pflicht. Die §§ 182 ff. BGB sind nicht unmittelbar anwendbar. Inhaltlich ähnelt die Entbindung von der Verschwiegenheit einer, wie der Bundes104 Denn die Geheimhaltung sei genauso berührt, wenn die Bank nur gegen Kunden vorgehe, die einen gemeinsamen allgemeinen Gerichtsstand haben. Die zusätzliche Beeinträchtigung dadurch, dass weitere Personen von den Verhältnissen der Beteiligten erführen, mache die Vereinbarung nicht unwirksam. 105 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 8; Bunte, ebenda, § 7 Rn. 8; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 48 m. w. N.; Kirchherr in: Sichtermann, S. 30 m. w. N.; Scheer, S. 65. 106 BGH NJW 1968, 2288 (2290); Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 15; Bunte, ebenda, § 7 Rn. 8; Claussen, § 6 Rn. 1; Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. II/23; Kümpel, Rn. 2.163; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/862; vgl. auch Feuerherdt/Werhahn, S. 10. 107 Z. B. Schippel, § 18 Rn. 51; Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 59 f. und Feuerich/Braun, § 43 a Rn. 24, die zudem auf das Erfordernis der Einsichtsund Urteilsfähigkeit hinweisen.
§ 57 Voraussetzungen einer Entbindung
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gerichtshof zum ärztlichen Eingriff formulierte,108 „Ermächtigung zur Vornahme tatsächlicher Handlungen, die in den Rechtskreis des Gestattenden eingreifen“. Wie das Bankgeheimnis befindet sich auch die Einwilligung im Grenzbereich zwischen Rechtsgeschäftslehre und Deliktsrecht. Es würde hier zu weit führen, die sich daraus ergebenden Detailprobleme zu diskutieren.109 Da sich die Auslegung der deliktsrechtlichen Einwilligung nach den Regeln über Willenserklärungen vollzieht,110 sind im Ergebnis die Unterschiede nicht groß. Terminologisch ist ferner unerheblich, ob man die Willenskundgabe des Kunden – angelehnt an § 183 Satz 1 BGB und damit an die Rechtsgeschäftslehre oder orientiert am Deliktsrecht – als Einwilligung versteht und bezeichnet oder – angelehnt an die Terminologie des Prozessrechts111 – als Entbindung von der Verschwiegenheit oder Befreiung vom Bankgeheimnis. Entscheidend sind die im Folgenden dargestellten Voraussetzungen einer Entbindung.
§ 57 Voraussetzungen einer Entbindung I. Einwilligungsfähigkeit auch ohne Geschäftsfähigkeit Wie im Deliktsrecht112 kann die Geschäftsfähigkeit keine Voraussetzung für die Einwilligung sein, weil sich die Dispositionsbefugnis des Geheimnisherrn aus seiner eigenen tatsächlichen Geheimhaltung ableitet: Auch ein nicht geschäftsfähiger Geheimnisherr kann seine eigenen Geheimnisse offenlegen und damit den Geheimnisschutz bereits faktisch ausschalten. Deshalb sollte auch seine Einwilligung zur Offenbarung durch einen anderen als tatsächliche Handlung, nicht als rechtliche, beurteilt werden. Eine Gestattung setzt voraus, dass der Betroffene die Bedeutung und Tragweite seiner Entscheidung seiner Erklärung erkennt.113
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BGHZ 29, 33 (36); 105, 45 (48) m. w. N. Ausführliche Diskussion bei Norbert Dasch, Die Einwilligung zum Eingriff in das Recht am eigenen Bild, München 1990 – in weiten Zügen gut vergleichbar mit der Situation beim Bankgeheimnis. 110 Spickhoff in: Soergel, § 823 Rn. 119; Spindler in: Bamberger/Roth, § 823 Rn. 15 m. w. N. 111 Z. B. § 385 Abs. 2 ZPO oder § 53 Abs. 2 Satz 1 StPO. 112 BGHZ 29, 33 (36); Schiemann in: Erman, § 823 Rn. 147; Spickhoff in: Soergel, § 823 Rn. 122. 113 Allgemein bei Rechtsgutsverletzungen statt vieler Spickhoff in: Soergel, § 823 Rn. 123; Goedel, S. 81 f.; a. A. Hager in: Staudinger, § 823 Rn. C 178 (volle Geschäftsfähigkeit nötig). 109
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
II. Entbindungsbefugnis beim Geheimnisherrn Entbindungsbefugt ist immer der Geheimnisherr.114 Bei juristischen Personen liegt die Dispositionsbefugnis also z. B. beim zuständigen Organ, im Insolvenzfall beim Insolvenzverwalter.115 Ist der Kunde gesamthänderisch gebunden, muss er das Einverständnis gemeinschaftlich ausüben.116 Der Kunde kann über das Bankgeheimnis verfügen. Daher steht es ihm frei, eine andere Person zur Ausübung der Entbindung zu ermächtigen. Bei Vollmachten zu Bankgeschäften ist es eine Frage der Auslegung, ob sie auch eine Übertragung der Geheimnisherrschaft enthalten. Im Zweifel ist dies zu verneinen.117 III. Inhaltliche und formelle Voraussetzungen der Einwilligung Wie jede Art von Einwilligung ist die Entbindung nur wirksam, wenn der Betroffene sie ohne unangemessenen Druck abgibt118 und über die Umstände und die Reichweite seiner Erklärung ausreichend informiert ist; dies erfordert eine hinreichende Aufklärung bezüglich des Weitergabezwecks, des Kreises der Datenempfänger sowie des Umfangs der zu übermittelnden Daten.119 Die Erteilung der Einwilligung bedarf nicht der Schriftform.120 Selbstverständlich ist sie einer Bank aus Beweiszwecken dennoch anzuraten. Dies gilt vor allem im Hinblick auf Bankgeschäfte, die üblicherweise nur schriftlich abgeschlossen werden. Denn bei der Auslegung der jeweiligen Vertragsurkunde wird grundsätzlich ihre Richtigkeit und Vollständigkeit vermutet.121 114 Unklar insoweit § 385 Abs. 2 ZPO; zum Zeugnisverweigerungsrecht enger OLG Hamburg OLGRspr 6, 126 (127) – Arzt (Entbindung durch denjenigen, der die Geheimnisse anvertraut hat). 115 Hierzu oben auf S. 268 ff. Vgl. zum Anwalt Borgmann/Haug, § 24 Rn. 162; Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 65 f.; Feuerich/Braun, § 43 a Rn. 24. 116 Scheer, S. 58 f. 117 Scheer, S. 60 f. 118 Dazu näher Schapper/Dauer, RDV 1987, 169 (170 f.) mit Hinweis auf BGHZ 95, 362. 119 Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (480) – Parallele zum BDSG (vgl. §§ 4 Abs. 3 Satz 1, 4 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 BDSG); zu AGB Früh, WM 2000, 497 (502); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572 f.); Theewen, WM 2004, 105 (113). 120 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 15; Früh, WM 2002, 497 (502); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/50; ebenso Innenministerium Baden-Württemberg, Tätigkeitsbericht 2001, S. 84. 121 Früh, WM 2000, 497 (501); ähnlich Jobe, ZIP 2004, 2415 (2417). Zur Richtigkeitsvermutung Heinrichs/Ellenberger in: Palandt, § 125 Rn. 15.
§ 58 Individuelle Entbindung
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§ 58 Individuelle Entbindung Der Bank steht es zunächst offen, von den einzelnen Kunden individuell, also nicht formularmäßig, eine Zustimmung zur Weitergabe ihrer Daten einzuholen. I. Ausdrückliche Einwilligung Unproblematisch ist eine Einschränkung des Bankgeheimnisses bei Vorliegen einer ausdrücklichen Einwilligung.122 Das Kreditinstitut kann sich sicher sein, dass der Kunde auf seinen Schutz verzichtet. Für die Bank ist die vorherige ausdrückliche Zustimmung der sicherste Weg, einer Haftung wegen Pflichtverletzung zu entgehen. Sie bietet sich also in erster Linie bei individuell mit dem Kunden ausgehandelten Bankgeschäften an123 sowie bei Kunden, die erhebliche Vermögensinteressen haben und bei denen das Kreditinstitut eine Weitergabe ihrer Daten bereits bei Abschluss des Bankgeschäfts plant. Für Massengeschäfte ist sie hingegen unpraktikabel. II. Konkludente Einwilligung In der Regel muss eine Entbindung von der Verschwiegenheit ausdrücklich erfolgen.124 Dies dient der Rechtsklarheit sowie – für die Bank – der Beweisführung. Dennoch ist eine konkludente Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht in bestimmten Konstellationen möglich und sogar durchaus üblich.125 1. Erforderlichkeit für das gewünschte Bankgeschäft
In der Praxis ist sie vor allem anzunehmen, wenn die Datenweitergabe für das vom Kunden gewünschte Bankgeschäft erforderlich ist.126 122 Statt vieler Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (477); Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1695); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/50. 123 Z. B. beim Abschluss eines Darlehensvertrages großen Umfangs, bei dem das Kreditinstitut die Bewertung einer Immobilie, die als Kreditsicherheit dient, durch einen außenstehenden Wirtschaftsprüfer vornehmen lassen möchte; ebenso bei Großkrediten oder wenn die Bank mit anderen Kreditinstituten zusammen einen Sicherheitenpool bildet und mit ihnen Daten austauschen will. 124 Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (477); Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1695); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/50. 125 A. A. Jacusiel, Bank-Archiv XIV. Jg. Nr. 13, S. 221 (224): „stets ausdrücklich“; wie hier bezüglich des Anwalts Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 62.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
a) Überweisung Das häufigste Beispiel wird der Überweisungsauftrag des Kunden sein: Ein Kunde weist sein Kreditinstitut an, einen bestimmten Betrag vom eigenen Konto auf dasjenige eines Dritten zu zahlen. Die Bank kann den Auftrag nur erfüllen, indem sie den Namen, den Betrag, (wenn gewünscht auch den Überweisungszweck) sowie die Geschäftsverbindung zum eigenen Kunden gegenüber dem Empfängerkreditinstitut und damit dem Empfänger des Geldes offenlegt. Zwar stimmt der eigene Kunde der Weitergabe dieser Daten nicht ausdrücklich zu. Sein dahingehender Wille lässt sich jedoch der Art des von ihm gewünschten Bankgeschäftes entnehmen. Die Preisgabe von Informationen ist dem Kreditinstitut nicht erlaubt, wenn sie für das vom Kunden gewünschte Bankgeschäft nicht erforderlich ist. b) Scheck Gleiches gilt für einen Scheck. Bei seiner Nichteinlösung ist das bezogene Kreditinstitut mangels anderweitiger Anweisungen des Ausstellers befugt, dem Scheckinhaber die zur Durchsetzung der scheckrechtlichen Ansprüche notwendigen Angaben über die Person des Ausstellers einschließlich dessen Anschrift zu übermitteln.127 Kann der Einreicher einen Scheck dagegen einlösen, ist ein entsprechender Wille beim Scheckaussteller nicht erkennbar. Man kann daher nicht von einer konkludenten Entbindung von der Verschwiegenheit ausgehen.128 Auch nahm der Bundesgerichtshof an, die Bank müsse trotz eines unter Umständen bestehenden Bankgeheimnisses einem Kontoinhaber mitteilen, von wem auf sein Konto gezogene Schecks zur Einlösung eingereicht wurden.129 Rechtfertigen lässt sich dies mit folgender Überlegung: Reicht eine Person einen Scheck bei einer Bank ein, tritt sie ihr nicht als Bankkundin, sondern als Scheckeinreicherin gegenüber.130 Beim Einreicher, der Schecknehmer ist, ist die Übermittlung der Einreichung und die Einwilligung hierzu im Zweck des Bankgeschäfts angelegt. Eine unberechtigte Scheckeinreichung stellt dagegen einen An126 Zum Teil finden sich eine begrenzte Erlaubnis in AGB, die bei bestimmten Bankgeschäften anwendbar sind. Sie lassen aber nur punktuell einen Informationstransfer an Dritte zu, vgl. S. 401 f. 127 Claussen, § 6 Rn. 9; Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.108; Horn, WM 1984, 449 (456); Kümpel, Rn. 2.164; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/53. 128 Lang, ZBB 2006, 115 (121); vgl. auch Bruchner in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, § 39 Rn. 20; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 61. 129 BGH ZIP 1997, 1104 (1105). 130 Ist er zufällig auch Kunde dieser Bank, beruht die Scheckeinreichung dennoch nicht auf der bankrechtlichen Vertrauensbeziehung.
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griff auf das Vermögen des Ausstellers dar. Dessen Rechtsverfolgungsinteresse geht nach Notwehrgrundsätzen dem Geheimhaltungsinteresse des Scheckeinreichers vor.131 c) Lastschrifteinzug Beim Lastschrifteinzug tritt in der Regel kein Entbindungswille des Kunden zu Tage, dem zum Lastschrifteinzug Ermächtigten eine Auskunft über die Deckung der Lastschrift zu erteilen. Eine diesbezügliche Anfrage muss die Bank daher ablehnen, wenn der Kunde hierzu nicht ausdrücklich zugestimmt hat.132 d) Sicherheitengeber Die Preisgabe von Informationen ist gegenüber einem Bürgen, der für die Bankverbindlichkeiten eines Bankkunden begrenzt oder unbegrenzt Sicherheit geleistet hat, im Grundsatz nicht erlaubt.133 Zu konkretisieren ist daher die Meinung, das Einverständnis mit der Stellung einer Sicherheit sei regelmäßig eine Entbindung vom Bankgeheimnis „in einem gewissen Umfang“.134 Es ist nicht ersichtlich, weshalb ein Hauptschuldner, der dem Sicherheitengeber selbst Auskunft geben kann, es zulassen sollte, dass sich etwa der Bürge direkt mit der Bank in Verbindung setzt. Welche Informationen dort fließen, kann er nicht kontrollieren. Ist ein solches Vorgehen im Einzelfall für ihn praktischer, kann er ausdrücklich einer Datenweitergabe zustimmen. Eine stillschweigende Entbindung lässt sich deshalb nur in begrenztem Umfang aus seinem Interesse am jeweiligen Bankgeschäft entnehmen, soweit er – wie regelmäßig – die Stellung einer Sicherheit ausdrücklich befürwortet oder sogar selbst veranlasst. Weil er zur Durchführung seines Bankgeschäfts die Stellung der Sicherheit benötigt, kann insoweit davon ausgegangen werden, dass er (im Zeitpunkt der Stellung der Sicherheit) mit der Offenlegung der Hauptschuld an den Sicherheitengeber einverstanden ist.135 Über sonstige Angaben zum Haftungsrisiko muss sich der Sicherheitengeber indes beim Schuldner selbst erkundigen.
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So im Ergebnis auch Pfeiffer, EWiR 1997, 813 (814). Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 22; Lang, ZBB 2006, 115 (121); differenziert zur Datenweitergabe bei ec-Karten-Transaktionen Gößmann, WM 1998, 1264 (1271 f.). 133 Claussen, § 6 Rn. 5. 134 So aber Kirchherr in: Sichtermann, S. 185; ähnlich Fischer/Klanten, Rn. 4.15. 135 Vgl. OLG Hamm OLGR 2000, 32 f. m. w. N. 132
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses 2. Forderungsabtretung der Bank
Die Annahme einer konkludenten Einwilligung wäre auch in Bezug auf eine Forderungszession der Bank an Dritte136 Fiktion, weil hier kein Zusammenhang mit einem Bankgeschäft des Kunden vorliegt und somit keinerlei Vorteile für diesen erkennbar sind.137 3. Schweigen auf eingeräumte Widerspruchsmöglichkeit
Keine konkludente Einwilligung liegt im Schweigen auf eine Widerspruchsmöglichkeit zur Datenübermittlung. Hinsichtlich der Abtretung einer ärztlichen Honorarforderung hielt es der Bundesgerichtshof für fraglich, ob der Arzt darin eine konkludente Entbindung von der Schweigepflicht sehen durfte.138 Die Skepsis ist begründet. Denn abgesehen von einigen gesetzlich normierten Ausnahmefällen kann einem Schweigen nach der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre keine Erklärungswirkung zukommen.139 Wenn keine Erklärung des Kunden vorliegt, kann sich die Bank allenfalls auf eine mutmaßliche Einwilligung stützen. III. Mutmaßliche Einwilligung Die Voraussetzungen, unter denen eine solche anzunehmen ist, sind im Grundsatz unstreitig. Ausgehend vom objektiven Interesse des Betroffenen liegt sie nur vor, wenn der Kunde nicht rechtzeitig gefragt werden konnte oder zweifelsfrei und erkennbar kein Interesse an der Geheimhaltung hat.140 Mit Recht stellt Koberstein-Windpassinger fest, dass es beim Bankgeheim136
Zu diesem Problemkreis näher S. 323 ff. und S. 482 f. (Geheimhaltung auch gegenüber dem Zessionar) sowie S. 398, S. 462 ff. und Erläuterungen zu den Auswirkungen auf das Verfügungsgeschäft S. 516 ff. 137 Im Ergebnis wie hier Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085 (2089), die zu Recht davon ausgehen, das deutsche Publikum sei noch nicht daran gewöhnt, dass ihre Hausbank ihre Forderungen weiter übertrage. Zudem könne die Reputation der Bank Schaden nehmen, wenn die von ihr ausgereichten Darlehen in den Augen der Kunden auf „ukrainische“ Weise beigetrieben würden. Ähnlich KobersteinWindpassinger, WM 1999, 473 (481). 138 BGHZ 115, 123 (127) – Arzt. 139 Statt vieler Medicus, BGB AT, § 25 Rn. 345 ff.; Musielak, Grundkurs BGB, § 3 Rn. 106 ff.; hinsichtlich AGB Horn, WM 1984, 449 (453) – zur Erklärungsfiktion durch AGB näher unten S. 411 ff. 140 BGHZ 115, 123 (126) – Arzt; 122, 115 (120) – Rechtsanwalt; zustimmend Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1573); Jobe, ZIP 2004, 2415 (2419); KobersteinWindpassinger, WM 1999, 473 (481); wohl noch unentschieden, ob eine mutmaßliche Einwilligung überhaupt möglich ist, BGHZ 95, 362 (365) – Bankgeheimnis.
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nis in der Praxis einen derartigen Fall kaum geben dürfte.141 Denkbar ist eine mutmaßliche Einwilligung in Einzelfällen, etwa bei einer dauerhaften Unerreichbarkeit des Kunden.142 Abzulehnen ist die Ansicht von Sichtermann, der Kunde sei im Fall einer Refinanzierung der eigenen Bank mit einer Zession und gleichzeitig mit der Übermittlung seiner Daten an den Zessionar einverstanden.143 Woraus er diese mutmaßliche Erklärung des Kunden entnimmt, bleibt unklar.144 IV. Genehmigung nicht ausreichend Eher theoretischer Natur ist die Frage, ob das Bankgeheimnis verletzt wird, wenn der Kunde in die Informationsweitergabe zwar nicht eingewilligt, sie aber genehmigt hat. Eine erste Meinung lehnt dies jedenfalls bezüglich der AGB-Klausel zum Bankgeheimnis ab.145 Für die AGB-Klausel muss man dieser Ansicht insbesondere in Anbetracht von § 305 c Abs. 2 BGB zustimmen. Gelten AGB nicht und hat man sich daher auf das gewohnheitsrechtlich verankerte Bankgeheimnis zu stützen, ist wegen der Rechtsgeschäftsnähe des gesetzlichen Schutzpflichtverhältnisses an eine analoge Anwendung von § 184 Abs. 1 BGB zu denken. Eine direkte Anwendung der Norm scheidet aus, weil von der Entbindung vom Bankgeheimnis nicht die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts abhängt, sondern die Reichweite einer gesetzlichen Pflicht.146 Selbst wenn man auf die Sonderverbindung abstellt, ist der Kunde nicht „Dritter“ i. S. d. § 182 Abs. 1 141 Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (481). Einem Kunden mit Zahlungsschwierigkeiten mag eine Datenübermittlung z. B. an das Inkassounternehmen Vorteile bieten. Doch solange er als Geheimnisherr nicht gefragt wurde, scheitert eine stillschweigende Entbindung am Vorrang einer tatsächlichen Einwilligung – zu einfach macht es sich daher Theewen, WM 2004, 105 (114). 142 Zwar ist die Versendung eines Bankmagazins ohne Umschlag grundsätzlich eine Verletzung des Bankgeheimnisses, weil daraus ersichtlich wird, dass eine Person Kunde einer bestimmten Bank ist. Duldet der Kunde dies aber, kann man unter Umständen von einer dahingehenden mutmaßlichen Einwilligung ausgehen (vgl. zum Fall Berliner Beauftragter für Datenschutz, Jahresbericht 2004, S. 108). 143 Sichtermann, 2. Aufl., S. 161; genauso Kirchherr in: Sichtermann, S. 183. 144 In dem von Sichtermann, 2. Aufl., S. 161 zitierten Urteil BGHZ 26, 142 ff. ging es nicht um das Bankgeheimnis, sondern um eine Klage der Zessionarin gegen einen Bürgen, der sein schriftliches Einverständnis mit der Abtretung erklärt hatte. Auf eine Geheimhaltung kam es ihm nicht an. In Rede standen u. a. die Formerfordernisse für eine Bürgschaftserklärung. 145 A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/50 – Begründung mit Wortlaut von Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken („eingewilligt hat“); ihm folgend Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (480); Kümpel, Rn. 2.163. 146 Auch keine unmittelbare Unanwendbarkeit der §§ 182 ff. BGB im Deliktsrecht: Wagner in: Staudinger, § 823 Rn. 666 m. w. N.
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BGB. Der Gedanke der Norm lässt sich nicht auf das Bankgeheimnis übertragen, weil der Kunde hier – wie im Deliktsrecht – einem faktischen Eingriff zustimmt. Ist dieser bereits geschehen, ist eine Genehmigung nicht mehr möglich. Eine analoge Anwendung von § 184 Abs. 1 BGB ist daher abzulehnen.
§ 59 Entbindung von der Verschwiegenheit durch AGB Eine individuell vereinbarte Befreiung vom Bankgeheimnis wird im normalen Massengeschäft der Kreditinstitute selten sein. Umso interessanter ist die Frage, inwieweit formularmäßige Abreden das Bankgeheimnis abbedingen können. Die Banken als AGB-Verwender dürfen über die Geheimhaltungspflicht nicht unbegrenzt disponieren, sondern werden in ihrer Gestaltungsfreiheit durch die §§ 305 ff. BGB eingeschränkt.147 I. Bisher in der Praxis übliche Einwilligungsklauseln 1. SCHUFA
Tritt ein Kunde mit einem Kreditinstitut in Geschäftsbeziehungen, wird er in aller Regel dazu aufgefordert, eine „SCHUFA-Klausel“ zu unterschreiben.148 Über die ihr angeschlossenen Unternehmen sammelt die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung149 Informationen über die Kreditwürdigkeit der Bürger und gibt diese an andere Vertragspartner weiter. Hierzu benötigen die Vertragspartner, insbesondere die Kreditinstitute, die Zustimmung des betroffenen Kunden. Diese Auskunft können die Banken zur Grundlage für ihre Entscheidung machen, ob und unter welchen Bedingungen sie Rechtsgeschäfte mit dem Kunden tätigen.150 Bei der Klausel handelt es sich um eine formularmäßige beschränkte Entbindung vom Bankgeheimnis.151 147 Vgl. z. B. Köhler, BGB AT, § 16 Rn. 2 f.; Musielak, Grundkurs BGB, § 3 Rn. 157. Darüber hinaus sind Schranken gemäß §§ 138, 242 BGB aus dem Gedanken der „Vertragsparität“ heraus schwer vorstellbar – vgl. BVerfGE 81, 242 (255 f.); 89, 214 (231 ff.); 103, 89 (101) sowie z. B. Köhler, a. a. O., § 5 Rn. 2; Looschelders, SchR AT, § 3 Rn. 57. Wenn im Einzelfall die wirtschaftliche Übermacht des Kreditinstituts das Verhandlungsgleichgewicht stört, ist eine solche Korrektur aber denkbar – etwa dann, wenn die Bank wegen ihrer starken Verhandlungsposition Druck auf den Kunden ausübt, damit dieser sie von der Geheimhaltung entbindet. 148 Zu Hintergrund und Entwicklung der SCHUFA-Klausel: Schapper/Dauer, RDV 1987, 169 (172 ff.). 149 Sie ist mittlerweile als Aktiengesellschaft organisiert. 150 Näher dazu z. B. Petersen, S. 94 ff. m. w. N.
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2. Beschränkte Entbindung zur Durchführung eines Bankgeschäfts
Beschränkte Einwilligungsklauseln finden sich auch (zum Teil versteckt) in besonderen AGB zu bestimmten Arten von Bankgeschäften. Sie beziehen sich zwar nicht ausdrücklich auf das Bankgeheimnis, erteilen jedoch eine Erlaubnis zu Weitergabe bestimmter Kundendaten unter bestimmten Voraussetzungen.152 3. Telefonwerbeklauseln
Zum Teil setzten Banken den Kontakt zu Kunden für Werbezwecke ein. Eine formularmäßige Einverständniserklärung hielt der Bundesgerichtshof für nichtig, wenn sie der Bank dazu dient, beim Kunden telefonisch für andere Geldgeschäfte zu werben.153 4. Zusammenarbeit mit Kooperationsunternehmen
Kreditinstitute sind wie andere Unternehmen im Finanz- und Versicherungsbereich sehr daran interessiert, kundenbezogene Daten gezielt mit anderen Partnern dieser Branchen auszutauschen oder für das gemeinsame Marketing zu nutzen.154 Bereits der Informationstransfer innerhalb eines 151
Eine Formulierung findet sich z. B. in OLG Düsseldorf vom 11.5.2005, I-15 U 196/04, abrufbar unter http://www.justiz.nrw.de/ses/nrwesearch.php (Abrufdatum: 11.10.2007). 152 Z. B. Musterklausel des Bundesverbandes deutscher Banken, Nr. 20 Abs. 1 der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte: „Ausländische Aktien, die ein Kunde von der Bank im Inland oder im Ausland verwahren lässt, unterliegen der Rechtsordnung des Staates, in dem die Aktiengesellschaft ihren Sitz hat. Die Rechte und Pflichten der Aktionäre bestimmen sich daher nach dieser Rechtsordnung. Danach ist die Aktiengesellschaft häufig berechtigt oder sogar verpflichtet, über ihre Aktionäre Informationen einzuholen. Soweit die Bank hiernach im Einzelfall zur Auskunftserteilung unter Offenlegung des Namens des Kunden verpflichtet ist, wird sie ihn benachrichtigen. Entsprechendes kann auch für andere Wertpapiere, insbesondere für Wandel- und Optionsanleihen, gelten.“; Bedingungen für den ec-/Maestro-Service unter „Bargeldloses Bezahlen ohne Zahlungsgarantie an automatisierten Kassen mittels Lastschrift (POZ-System)“, Nr. 2: „Wird eine POZ-Lastschrift nicht bezahlt oder wegen Widerspruchs zurückgegeben, so ist die Bank berechtigt, dem Unternehmen, das die Lastschrift erstellt hat, auf Anfrage den Namen und die Adresse des Karteninhabers mitzuteilen, sofern der Karteninhaber dem Unternehmen hierzu eine wirksame Einwilligung auf dem Kassenbeleg erteilt hat, die Sperrdatei abgefragt wurde und ein Kartenverlust der Bank nicht angezeigt wurde.“ 153 Näher dazu BGH ZIP 2000, 1113 (1115); Eul in: Roßnagel, Kap. 7.2. Rn. 18 ff. 154 Ausführlich und gründlich zum sogenannten „Allfinanzkonzern“ Kilian/ Scheja, K&R 2002, Beilage zu Heft 4, 19 ff. (v. a. 20).
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Kreditinstituts unterliegt Einschränkungen, wie sich bei der Diskussion um das innere Bankgeheimnis zeigte.155 Umso selbstverständlicher ist es, einen solchen Datenaustausch zwischen selbstständigen Unternehmen von einer Einwilligung der betroffenen Kunden abhängig zu machen. Die Datenschutzbehörden hoben dies bereits ausdrücklich hervor.156 Vor einem guten Jahrzehnt einigten sich Vertreter der Versicherungswirtschaft und der Aufsichtsbehörden in einem mühsamen Prozess auf eine Mustereinwilligungserklärung.157 Auch bei Kreditinstituten scheinen sich für diesen Zweck Einwilligungsklauseln mittlerweile eingebürgert zu haben.158 5. Übertragung des Kreditrisikos auf Dritte
Ferner sieht der Muster-Darlehensvertrag des Bundesverbandes deutscher Banken e. V.159 seit dem Jahr 2004 in § 12 eine Klausel vor, in der sich die Bank ausdrücklich das Recht einräumen lässt, zum Zwecke einer Eigenkapitalentlastung oder Risikodiversifizierung Risiken aus der Darlehensgewährung an Dritte zu übertragen sowie Verfügungen zur eigenen Refinanzierung vorzunehmen. Damit verbunden ist die folgende Formulierung in Abs. 1 Sätze 3 und 4: „Die Bank darf die hierfür erforderlichen Informationen an den Dritten sowie an solche Personen weitergeben, die aus technischen oder rechtlichen Gründen in die Abwicklung der Übertragung einzubinden sind, z. B. Rating-Agenturen oder Wirtschaftsprüfer. Der Darlehensnehmer befreit die Bank insoweit auch vom Bankgeheimnis.“
Vor allem im Hinblick auf diese Klausel sind Bedenken angebracht, ob sie der AGB-Kontrolle standhält. Der folgende Abschnitt wird diese Anforderungen untersuchen und dabei auch diese Musterklausel einer Überprüfung unterziehen.
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Hierzu S. 302 ff. Vgl. Innenministerium Baden-Württemberg, Tätigkeitsbericht 2001, S. 84 zur Auftragsdatenverarbeitung und Funktionsauslagerung bei Kreditinstituten; Regierung von Mittelfranken, Tätigkeitsbericht 2002/2003, S. 24 f.; zahlreiche weitere Nachw. bei Kilian/Scheja, K&R 2002, Beilage zu Heft 4, 19 (20). 157 Kilian/Scheja, K&R 2002, Beilage zu Heft 4, 19 (20). 158 Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 68 a. Zu Klauseln der Bausparkassen, die eine Datenübermittlung an Kooperationsunternehmen erlauben, vgl. 6. Kapitel Fn. 303. 159 Abgedruckt in WM 2005, 1942 ff. – eingehend besprochen von Wand, WM 2005, 1932 ff. 156
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II. Bei Beginn der Geschäftsverbindung Kreditinstitute erbringen ihre Dienstleistungen regelmäßig im Massenverkehr. Gerade für Maßnahmen, mit denen sich das Kreditinstitut eine gesteigerte unternehmerische Freiheit verschaffen kann (Auslagerung, Forderungszession), ist eine formularmäßige Entbindung von Interesse. Hat die Bank im Rahmen eines konkreten Geschäftes vorformulierte Vertragsbedingungen verwendet, gelten für sie die §§ 305 ff. BGB. Die vorliegende Dissertation konzentriert sich auf wesentliche Aspekte, die als Leitlinien im Bereich des Bankgeheimnisses dienen sollen. 1. § 305 c BGB
Lässt sich ein Kreditinstitut vom Bankgeheimnis durch AGB entbinden, könnten entsprechende Klauseln überraschend i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB sein.160 a) Entbindung von der Schweigepflicht grundsätzlich überraschend Unter überraschenden Klauseln versteht das Gesetz so ungewöhnliche Bestimmungen, dass der Vertragspartner mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Als Maßstab für die Norm verwendet der Bundesgerichtshof insbesondere den Grad der Abweichung vom dispositiven Recht, die übliche Gestaltung im betreffenden Geschäftskreis sowie Gang und Inhalt des individuellen Vertragsschlusses,161 also sowohl typisierende als auch konkret auf die jeweiligen Parteien bezogene Umstände.162 Nahe liegt die Ungewöhnlichkeit einer Entbindung von der Schweigepflicht deshalb, weil das Bankgeheimnis grundsätzlich in jeder Geschäftsverbindung gilt: Die Verschwiegenheitspflicht existiert bereits seit Beginn des Bankgewerbes und hat sich zu Gewohnheitsrecht verfestigt. Durch die Verankerung in Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 AGB-Banken sowie der Erwähnung in Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 AGB-Sparkassen wird diesem Umstand in den in der Praxis gebräuchlichen Konditionen umfassend Rechnung getragen. Formularmäßige vertragliche Einschränkungen sind in der bisherigen Bankpraxis nur in den 160
Darauf weisen auch hin Bütter/Aigner, BB 2005, 119 (123); Früh, WM 2000, 497 (502); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572); Möhlenkamp, BB 2007, 1126 (1127); Theewen, WM 2004, 105 (113). Ohne Bedenken hingegen Rögner, NJW 2004, 3230 (3233). 161 BGHZ 102, 152 (159); BGH NJW 1985, 850 (851); NJW-RR 2001, 1420 (1421). 162 So ausdrücklich BGHZ 102, 152 (159) und BGH NJW 1987, 2011 a. E., jeweils m. w. N.
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dargestellten Fällen üblich.163 Zudem darf ein Kunde prinzipiell von der Geltung des Bankgeheimnisses ausgehen. Es sind kaum Situationen vorstellbar, in denen sich aus den Umständen des Einzelfalles etwas anderes ergibt. b) Vermeidung der Folgen des § 305 c Abs. 1 BGB aa) Gemeinsames Vorgehen der Kreditinstitute Strebt ein Kreditinstitut an, eine Schweigepflichtsentbindung in seine AGB aufzunehmen, ist ihm zu einem gemeinsamen Vorgehen mit anderen Kreditinstituten zu raten. Denn solange in der Geschäftspraxis bestimmte AGB-Klauseln nur vereinzelt vorkommen, kann und wird sich die bei § 305 c Abs. 1 BGB ausschlaggebende Erwartungshaltung der Kunden nicht ändern.164 Solange nur wenige Banken eine Entbindungsklausel verwenden, bleibt der für die Bejahung der Norm nötige Überrumpelungseffekt165 bestehen.166 Wohl auch aus diesem Grund entwarf der Bundesverbandes deutscher Banken e. V. einen Muster-Darlehensvertrag, der in § 12 eine Befreiung vom Bankgeheimnis enthält.167 Wird diese Klausel von einer bedeutenden Anzahl von Kreditinstituten in ihre Verträge einbezogen, kann sich ein Überraschungseffekt i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB jedenfalls nicht mehr aus dem Inhalt der Klausel ergeben. bb) Äußere Einbindung der Klausel in die AGB Darüber hinaus müssen die Banken darauf achten, die Entbindung an einer systematisch passenden Stelle vorzusehen.168 Die Klausel muss dem 163 Gängige Einwilligungsklauseln s. S. 400 f.; Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1573) – üblich in internationalen Konsortial-Kreditverträgen; Ausnahmen zudem, soweit ein Datentransfer durch die Art des Bankgeschäfts bedingt ist, vgl. Fn. 126. 164 Zur Bedeutung der begründeten Erwartungen des Kunden vgl. die Regierungsbegründung zum AGB-Gesetz in BR-Drs. 360/75, S. 19 (l. Sp.). 165 St. Rspr., statt vieler BGHZ 130, 150 (154); BGH NJW-RR 2005, 175 (176); BAG ZIP 1998, 439 (440). 166 Eine weite Verbreitung spricht gegen die Einstufung als „überraschend“, vgl. z. B. BGHZ 105, 71 (84); die Entscheidung BGH GRUR 2005, 62 (69) ließ offen, ob sie sich der Literaturmeinung anschließt, eine Klausel sei im Falle ihrer geringen Verbreitung in einer Branche überraschend. 167 Wortlaut der Klausel auf S. 402. 168 St. Rspr., vgl. BGHZ 84, 109 (113); 101, 29 (33); 105, 71 (84); BGH NJW 1978, 1519 (1520); NJW-RR 2006, 490 (491) – jeweils m. w. N.; ähnlich zur Entbindung vom Bankgeheimnis Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1573).
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Kunden bereits von ihrer äußeren Form her ins Auge springen.169 Die Kreditinstitute können dies zum einen dadurch erreichen, dass sie die Einwilligung direkt im Anschluss an das Bankgeheimnis regeln, am besten unter der gleichen Überschrift. Zudem sollten sie die einzelnen Sachlagen, in denen eine Entbindung erfolgen soll, drucktechnisch hervorheben,170 mag diese Maßnahme allein auch nicht genügen.171 Die Bestimmung sollte sich sowohl in den allgemeinen Geschäftsbedingungen jeder Geschäftsverbindung als auch in den besonderen Konditionen der abzuschließenden Bankgeschäfte finden. Möchte die Bank sich z. B. eine Abtretung von Forderungen an Dritte ohne Anonymisierung der Daten offen halten, sollte sie diesen Umstand deutlich, an der systematisch richtigen Stelle und klar hervorgehoben in den einer künftigen Forderung zu Grunde liegenden Darlehensvertrag aufnehmen. Hält eine Bank die genannten Anforderungen ein, ist nach der hier vertretenen Ansicht keine überraschende Klausel anzunehmen.172 cc) Das Beispiel des § 12 Abs. 1 Sätze 3 und 4 Muster-Darlehensvertrag Die zitierten Sätze 3 und 4 von § 12 Abs. 1 des Muster-Darlehensvertrags173 werden diesen Anforderungen m. E. nicht gerecht: Zwar mag der systematische Standort in Anbetracht des Transferzwecks der Klausel zunächst passend erscheinen. Auch der Hinweis in der Überschrift des § 12 („Weitergabe von Informationen“) deutet eine Verknüpfung mit dem Bankgeheimnis an. Doch sie wird nicht ausreichend deutlich, zumal die Befreiung vom Bankgeheimnis weder in einen eigenen Abschnitt dieses Paragraphen aufgenommen noch optisch – etwa durch einen separaten Absatz oder Fettdruck – hervorgehoben ist. Vielmehr befindet sich die Regelung versteckt inmitten eines langen Absatzes; sie folgt einer Aufreihung von Maßnahmen der Bank, deren Beschreibung einen durchschnittlichen Kunden bereits wegen der komplizierten Begrifflichkeiten vom Weiterlesen abhält. Zudem fehlt in den AGB-Banken und AGB-Sparkassen ein Hinweis auf diese mögliche Ausnahme in den speziellen AGB. Den einzelnen Kreditinstituten ist zu raten, sich bei den in der Klausel genannten Maßnahmen nicht auf 169 Vgl. zu diesem Kriterium Schlosser in: Staudinger, § 305 c Rn. 2, 30; zum Bankgeheimnis auch Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1573). 170 Schlosser in: Staudinger, § 305c Rn. 31; vgl. BGHZ 47, 207 (211) – Hervorhebung lenkt Augenmerk auf die Klausel; BGH DB 1976, 1616 (1617); BKR 2002, 811 (816); zum Bankgeheimnis auch Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1573). 171 BGH NJW 2002, 2710 (2711). 172 Im Ergebnis ebenso Früh, WM 2000, 497 (502). 173 Wortlaut auf S. 402, Punkt 5.
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die Gültigkeit dieser Klausel zu verlassen.174 Selbst bei Einhaltung der aufgezeigten Voraussetzungen müssen sich die Kreditinstitute als AGB-Verwender der Regelung des § 305 c Abs. 2 BGB bewusst sein. Danach gehen Zweifel bei der Auslegung der AGB zu ihren Lasten. Im eigenen Interesse sollten sie vor einer Datenübermittlung an Dritte die Geschäftsbedingungen erneut überprüfen und ihr Haftungsrisiko bei einer Verletzung des Bankgeheimnisses abschätzen. 2. Unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB
Zu beachten ist weiterhin, dass sich die Einwilligung nicht allzu sehr von dem wesentlichen Leitbild des Bankgeheimnisses entfernen darf. Mit ihm verbunden ist die Geheimnisherrschaft des Kunden. Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht dürfen daher in einer AGB-Klausel nicht so weit ausgedehnt werden, dass das Bankgeheimnis wertlos wird. Bei der Inhaltskontrolle einer alten SCHUFA-Klausel stellte der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang fest, die Zulässigkeit einer Durchbrechung sei „jedenfalls nicht uneingeschränkt“ zu bejahen.175 Feststehen dürfte, dass Ausnahmen von der Geheimhaltungspflicht aus diesem Grund für den Kunden in ihren Voraussetzungen und ihrem Umfang vorhersehbar sein sowie den Zweck der Durchbrechung erkennen lassen müssen.176 Wegen der strukturellen Ungleichheit der Parteien muss dieser Zweck außerdem einem schutzwürdigen Interesse der Bank entspringen, das materiell von einigem Gewicht ist. Denn sonst könnte das Kreditinstitut seine Verhandlungsmacht zu Lasten der Kunden – insbesondere zur eigenen Gewinnmaximierung – ausnutzen, ohne ihre Vorteile an die (dadurch beeinträchtigten) Kunden weiterzugeben. Um eine unangemessene Benachteiligung zu vermeiden, muss der sachliche Grund für die Datenübermittlung demnach tatsächlich vorhanden und gerichtlich nachprüfbar sein. Die Eigenkapitalentlastung und Risikodiversifizierung i. S. d. § 12 des Muster-Darlehensvertrages kann diesen Anforderungen im Einzelfall genügen, wenn sie bei der konkreten Bank messbar und zudem nachhaltig ist sowie die auf diese Weise gesteigerte 174 Gleiche Einschätzung von Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer, DB 2005, 1367 (1368 f.); abwartend Bütter/Aigner, BB 2005, 119 (123). 175 BGHZ 95, 362 (365); unter Hinweis auf dieses Urteil halten Kusserow/ Dittrich, WM 1997, 1786 (1795) eine formularmäßige Einwilligung generell für problematisch. 176 Ähnlich Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1162 f.), die ebenfalls vor einer pauschalen formularmäßigen Zustimmung wegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB warnen, weil auf diese Weise das Bankgeheimnis leer liefe. Vgl. (datenschutzrechtlich) Evers/Kiene, NJW 2003, 2726 (2727) m. w. N.
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Wettbewerbsfähigkeit auch den Kunden sichtbare Vorteile bringt. Diese Voraussetzungen müssen ferner zumindest in groben Zügen in der Entbindungsklausel zum Ausdruck kommen. Auf diese Weise können die Kreditinstitute eine Vereinbarkeit mit § 307 BGB erreichen. Bei der gegenwärtigen Ausgestaltung der Klausel ist dies äußerst zweifelhaft.177 3. Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB
Darüber hinaus muss eine Klausel, mit welcher ein Kunde das Kreditinstitut vom Bankgeheimnis befreit, der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle der §§ 307 ff. BGB standhalten. Relevant ist hier vor allem das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB enthaltene Transparenzgebot. Es verlangt Klarheit und Verständlichkeit einer AGB-Bestimmung. Eine Entbindungsklausel muss demnach klare Angaben zum Übermittlungszweck, den weiterzugebenden Informationen und den Personengruppen enthalten, an die eine Übermittlung erfolgen kann.178 Der zitierte § 12 des Muster-Darlehensvertrags179 nennt ausdrücklich die Entbindung vom Bankgeheimnis und regelt den Weitergabezweck. Allerdings ist zum einen der Kreis der Datenempfänger, abgesehen von RatingAgenturen und Wirtschaftsprüfern, zu wenig konkret („an den Dritten sowie an solche Personen weitergeben, die aus technischen oder rechtlichen Gründen in die Abwicklung der Übertragung einzubinden sind“). Zum anderen ist der Umfang der zu übermittelnden Angaben mit „hierfür erforderlichen Informationen“ aus Kundensicht nicht präzise genug beschrieben. 4. Zwischenergebnis
Eine formularmäßige Befreiung vom Bankgeheimnis ist grundsätzlich möglich. Sie muss indes allen Anforderungen des AGB-Rechts genügen, insbesondere §§ 305 c, 307 Abs. 1 BGB. Notwendig ist hierfür eine klare, verständliche und präzise Klausel, die den Zweck und den Umfang der Weitergabe sowie den jeweiligen Empfängerkreis beschreibt und für den 177 Eine entsprechende Formulierung dürfte in der Praxis jedoch zu finden sein. Doch ist das gesetzliche Leitbild des Bankgeheimnisses bei weitem nicht so konkret wie dasjenige der Datenübermittlung im Datenschutzrecht. Die Überlegungen zur alten SCHUFA-Klausel aus BGHZ 95, 362 (367 ff.) sind für das Bankgeheimnis daher wenig hilfreich. 178 Früh, WM 2000, 497 (502); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572 f.); Theewen, WM 2004, 105 (113); s. auch Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (480); Sester/Glos, DB 2005, 375 (377). 179 Wortlaut oben S. 402, Punkt 5.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
Kunden deutlich sichtbar in den Vertragskonditionen steht. Der Datentransfer darf den Kunden zudem nicht einseitig benachteiligen. Dies ist nicht der Fall, wenn die Notwendigkeit hierzu einem berechtigten und nachgewiesenermaßen schutzwürdigen Interesse der jeweiligen Bank entspringt. III. Änderung der geltenden AGB durch die Bank während einer laufenden Geschäftsverbindung Existiert die Geschäftsverbindung bereits, gelten zunächst die AGB, die beim jeweiligen Vertragsschluss einbezogen wurden. Diese bestehen solange fort, bis sie durch eine Änderungsvereinbarung eine inhaltliche Neuerung erfahren.180 Ändern die Kreditinstitute ihre AGB dahingehend, das Bankgeheimnis für bestimmte Fälle zu beschränken, stellt sich die Frage, wie diese geänderten Bedingungen zur Geltung gelangen. Eine einseitige Vertragsänderung ist nicht zulässig.181 Das Gleiche gilt grundsätzlich für eine Zustimmungsfiktion bei fehlendem Widerspruch, weil einem Schweigen keine Erklärungswirkung zukommt.182 Dogmatisch verbleiben zwei Möglichkeiten, wie eine wirksame Änderung der AGB auch ohne zustimmende Erklärung des Bankkunden eintritt: Zum einen könnte man in der Fortsetzung der Geschäftsverbindung des Kunden in Kenntnis der Vertragsänderung eine konkludente Einwilligung sehen. Zum anderen könnten die ursprünglichen AGB eine Klausel enthalten, nach der auch einem Schweigen des Kunden in bestimmten Fällen eine Erklärungswirkung zukommt.183 1. Fortsetzung der Geschäftsverbindung als konkludentes Einverständnis
a) Rechtsprechung unklar Der ersten Alternative (konkludente Einwilligung durch die Fortsetzung der Geschäftsverbindung) folgte der Bundesgerichtshof, allerdings in einem besonderen Fall. Dort wollte ein (geisteskrank gewordenes) Vorstandsmitglied der Bank die abgeänderten Bedingungen hinsichtlich seines eigenen Girokontos nicht gelten lassen. Das Gericht wies dies unter Hinweis auf § 242 BGB zurück, weil er die Geschäftsverbindung in Kenntnis der Ein180
Freund, S. 41; Horn, WM 1984, 449 (452). Eingehend Schlosser in: Staudinger, § 305 Rn. 173 m. w. N.; vgl. Horn, WM 1984, 449 (453). 182 Statt vieler Freund, S. 57 f.; Horn, WM 1984, 449 (453); Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1163). 183 Ausführliche Darstellung der Problematik bei Freund, S. 57 ff. 181
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führung der neuen AGB fortgesetzt habe.184 Das Oberlandesgericht Koblenz ging den gleichen Weg in einem Fall des kaufmännischen Geschäftsverkehrs.185 Im Übrigen findet man diese Lösung in der Judikatur nur andeutungsweise.186 Die Entscheidungen lassen offen, ob die Fortsetzung der Vertragsbeziehung in Kenntnis der AGB-Neuerungen bei allen Kunden ohne weiteres als schlüssige Willenserklärung ausgelegt werden kann, ob hierfür zusätzliche Anforderungen zu stellen sind oder ob die Interpretation vom jeweiligen Kunden (konkrete Rechtsbeziehung zur Bank, Kaufmannseigenschaft u. ä.) oder seinem genauen Verhalten abhängt (Ausweitung der Geschäftsverbindung, Zeitpunkt der „Fortsetzungshandlung“, Änderung des Kundenverhaltens u. ä.). b) Keine Fiktion des Rechtsbindungswillens Im Schrifttum findet man zum Problem, ob die widerspruchslose Fortsetzung der Geschäftsverbindung als konkludentes Einverständnis auszulegen ist, vielfältige Ansichten: Ein solches Verhalten könne als Willenserklärung ausgelegt werden, wenn die Bank nach Art der Änderungen billigerweise die Zustimmung des Kunden erwarten konnte.187 Auch Basedow wendet sich gegen eine restriktive Auslegung, weil angesichts der Passivität vieler Kunden eine Versteinerung der Vertragsverhältnisse eintreten könne. Es entstünden überdies Vertragslücken und der Rationalisierungseffekt der AGB ginge verloren. Der Hinweis des Verwenders auf die beabsichtigte Änderung sowie die entsprechende Beachtung des § 308 Nr. 5 BGB seien für den Schutz des Kunden ausreichend.188 184
BGHZ 52, 61 (62 f.). Ein Einverständnis könne erwartet werden, wenn der andere auf seinen Einbeziehungswillen hingewiesen habe. Zudem dürfe die Änderung aber gegenüber dem bisherigen Rechtszustand keinen wesentlichen Nachteil gebracht haben: OLG Koblenz BB 1983, 1635. Wie Freund, S. 58 ff., 71 ff. streicht das Gericht heraus, dass im kaufmännischen Geschäftsverkehr Besonderheiten gelten. 186 BGHZ 144, 349 (356) ließ die Frage offen; OLG Stuttgart WM 1994, 626 (630) – Bank: „Mangels Fortsetzung der Geschäftsbeziehung kann ein konkludenter Abschluß einer Geltungsvereinbarung hinsichtlich der neuen AGB nicht festgestellt werden.“; OLG Saarbrücken VersR 1989, 245: „Eine derartige Zustimmung ist“ . . . „nicht erfolgt. Denn dem Kl. war diese ab 1981 eingeführte“ Klausel „nicht bekannt, so daß der Kl. ihr auch nicht zustimmen konnte.“ Zur Judikatur vgl. auch Freund, S. 51 ff. 187 Horn, WM 1984, 449 (453); davon scheint er im Bankverkehr auszugehen: ders. in: Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, § 23 Rn. 623. 188 Basedow in: MünchKomm BGB, § 305 Rn. 78; ähnlich Schlosser und Ulmer – sie gehen bei dauernden Geschäftsverbindungsverhältnissen, insbesondere beim Bankenverkehr, generell von der konkludenten Zustimmung durch die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses aus: Schlosser in: Staudinger, § 305 Rn. 173; so auch noch 185
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Die überzeugenderen Gegenargumente liegen auf der Hand. Zwar kann der Kunde die Zustimmung zu einer AGB-Änderung (wie jede andere Willenserklärung) konkludent abgeben. Eine schlüssige Zustimmung ist erstens aber unstreitig nur denkbar, wenn der AGB-Verwender den Kunden ausdrücklich auf die AGB-Änderung hinweist.189 Denn nur so kann man dem Verhalten des Kunden einen Erklärungswert zusprechen. Zweitens bedeutet ein Fortsetzen der Geschäftsverbindung im Anschluss an die Kenntnisnahme einer AGB-Änderung regelmäßig keine Billigung der Neuerung.190 In der widerspruchslosen Fortsetzung der Vertragsbeziehung kann man nur eine Willensentscheidung erkennen, wenn ihr Abbruch für den Kunden eine ernsthafte Alternative darstellt.191 Vor allem darf die Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen nicht dazu führen, dass die Bank dem Kunden nachteilige Vertragsbedingungen auferlegen kann. Die Auslegung des Verhaltens hängt stark vom Einzelfall ab. Zu pauschal ist die Ansicht, die widerspruchslose Fortsetzung stelle eine schlüssige Zustimmung dar. Eine solche Auslegung wäre im Ergebnis in den meisten Fällen keine Interpretation des konkreten Verhaltens, sondern des Schweigens (des nicht erfolgten Widerspruchs). Sie fingiert daher vor allem bei Änderungen zu Lasten des Kunden seinen nicht vorhandenen Rechtsbindungswillen.192 Darüber hinaus gehen mit einer Einzelfallauslegung in der Bankpraxis zu viele Unsicherheiten einher.193 Für die Banken ist die Lösung über eine konkludente Auslegung daher wenig attraktiv. Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt, AGB-Gesetz, 9. Aufl., § 2 Rn. 64 – jetzt aber unter Hinweis auf die Nr. 1 Abs. 2 AGB-Banken anders A. Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Anh. § 310 BGB Rn. 80. 189 BGHZ 52, 61 (62 f.); OLG Saarbrücken VersR 1989, 245; Basedow in: MünchKomm BGB, § 305 Rn. 78; Freund, S. 54; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 BGB Rn. 164; ähnlich Schlosser in: Staudinger, § 305 Rn. 173: „Kenntnisnahme der Änderung“; jedenfalls bezogen auf die AGB-Banken: Horn in: Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, § 23 Rn. 623. 190 Wie hier Freund, S. 66 ff., 240. Mit Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 305 BGB Rn. 164 ist von einem Rechtsbindungswillen des Kunden nur auszugehen, wenn ihm auch der Text der Änderungen vorliegt und die nachteiligen Änderungen deutlich sichtbar sind. 191 Ändert das Kreditinstitut etwa während der Laufzeit eines Darlehensvertrags die AGB, darf man die fortlaufende Tilgung der Raten nicht als Billigung der AGBÄnderungen deuten. Bereits aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus wird es auch kein Kunde in Betracht ziehen, einen Darlehensvertrag vorzeitig zu kündigen (und womöglich noch eine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen), wenn die Kontoführungsgebühren seines Girokontos steigen (ähnlich Freund, S. 64 ff.). 192 Zutreffend Freund, S. 67 ff. 193 Will das Kreditinstitut die neuen AGB anwenden, müsste es sich nicht nur der Kenntnisnahme jedes einzelnen Kunden von den Modifikationen sicher sein, sondern hätte überdies individuell zu beurteilen, inwieweit der Kunde die Geschäftsbeziehung nach der Änderung fortgesetzt hat. Dies brächte nicht nur bei inaktiven
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2. Änderungsvorbehalt (Erklärungsfiktion)
Wohl auch auf Grund dieser Auslegungsunsicherheiten ging die Praxis den Weg über die vertraglich vereinbarte Erklärungswirkung eines Schweigens (Erklärungsfiktion). a) Handhabung in der Praxis Sinnvollerweise erfolgt diese Abrede über einen Änderungsvorbehalt in AGB. So sieht Nr. 1 Abs. 2 AGB-Banken folgende Regelung vor: „Änderungen dieser Geschäftsbedingungen und der Sonderbedingungen werden dem Kunden schriftlich bekannt gegeben.“ . . . „Sie gelten als genehmigt, wenn der Kunde nicht schriftlich oder auf dem vereinbarten elektronischen Weg Widerspruch erhebt. Auf diese Folge wird ihn die Bank bei der Bekanntgabe besonders hinweisen. Der Kunde muss den Widerspruch innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe der Änderungen an die Bank absenden.“
Nach den AGB-Sparkassen genügt sogar – angelehnt an § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB – ein deutlich sichtbarer Aushang oder Auslegung in den Kassenräumen, wenn der Hinweis „nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich“ ist.194 b) Einhaltung von § 308 Nr. 5 BGB Zu prüfen ist, ob und in welchen Grenzen derartige Bestimmungen wirksam sind. Ausgangspunkt hierfür ist § 308 Nr. 5 BGB.195 Die Vorschrift lässt zur Bewältigung des Massenverkehrs, gerade in der Kreditwirtschaft,196 eine AGB-Klausel zu, die eine Willenserklärung des Vertragspartners des Verwenders fingiert, stellt sie jedoch unter zwei Bedingungen: Erstens muss der Verwender eine angemessene Frist zur Erklärung eines Widerspruchs setzen, und zweitens muss er sich verpflichten, den Vertragspartner auf die Bedeutung des fehlenden Widerspruchs hinzuweisen. Beide Kunden praktische Probleme mit sich, sondern gerade auch rechtlich im Hinblick auf die Einzelgeschäfte: Ändert die Bank ihre Darlehensbedingungen und der Kunde verwendet weiterhin sein Girokonto, würden die Neuerungen dann z. B. für diesen Kunden gelten? 194 Ähnliche Klauseln finden sich auch in besonderen AGB von Kreditinstituten, etwa Kreditkarten-AGB, vgl. Freund, S. 92. 195 Zu Entstehungsgeschichte und Zweck der Norm: Freund, S. 95 ff. 196 Vgl. BT-Drs. 7/5422, S. 7 zu § 10 Nr. 5 AGBG; A. Fuchs in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, § 308 Nr. 5 BGB Rn. 2. Zur Entstehungsgeschichte der Norm und der Berücksichtigung der Bedürfnisse des modernen Massenverkehrs durch den Gesetzgeber näher Freund, S. 106 ff.
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Voraussetzungen sind bei der derzeitigen Fassung der AGB-Banken und der AGB-Sparkassen erfüllt.197 Insbesondere ist die Frist von sechs Wochen angemessen.198 c) Sonstige Voraussetzungen für die Wirksamkeit eines Änderungsvorbehalts Aber auch bei Einhaltung von § 308 Nr. 5 BGB gibt es kein uneingeschränktes Abänderungsrecht.199 Wie bei der AGB-Einbeziehung zu Beginn der Geschäftsverbindung, sind bei der nachträglichen Einbeziehung oder Modifikation ebenfalls das Transparenzgebot und das Verbot unangemessener Benachteiligung des Kunden zu beachten.200 aa) Transparenz Für die Zulässigkeit eines Änderungsvorbehalts in AGB verlangte der Bundesgerichtshof im Jahr 1977 dessen Transparenz: Die Klausel müsse die Punkte, für die eine Änderung zulässig sei, sowie die Beschränkungen der Änderungsmöglichkeit eindeutig erkennen lassen.201 An diesen Voraussetzungen, die über § 308 Nr. 5 BGB hinausgehen, hat sich nichts geändert. Nr. 1 Abs. 2 AGB-Banken wird diesen Anforderungen gerecht: Die Klausel stellt klar, dass sich die Änderungsmöglichkeit auf die AGB beschränkt und der Kunde – was das Kreditinstitut ihm mitzuteilen hat – widersprechen kann. Da das Bankgeheimnis nicht nur Gewohnheitsrecht, sondern zugleich Teil der AGB ist (Nr. 2 Abs. 1), wird ausreichend deutlich, dass es durch eine Änderungsabrede eingeschränkt werden kann. bb) Keine unangemessene Benachteiligung Ferner muss der Änderungsvorbehalt der weiteren Inhaltskontrolle standhalten, vor allem der Norm des § 307 Abs. 1 BGB. Der Kunde darf nicht 197
H. M.: Freund, S. 99 m. w. N.; A. Fuchs, AGB-Recht, Anh. § 310 BGB Rn. 80 m. w. N. bzgl. AGB-Banken, skeptisch aber in Rn. 81 bzgl. AGB-Sparkassen wegen der Möglichkeit des Aushangs/der Auslage bei unverhältnismäßigen Schwierigkeiten. 198 Wie hier J. Becker in: Bamberger/Roth, § 305 Rn. 78; A. Fuchs, AGB-Recht, Anh. § 310 BGB Rn. 80. 199 K. P. Berger in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 308 Rn. 37 („Sie regelt insoweit allein die Mindestvoraussetzungen“ [Hervorhebung im Original]). 200 Zu den Anforderungen zu Beginn der Geschäftsverbindung bereits oben auf S. 403 ff. 201 BGH VersR 1977, 446 – Versicherungsverhältnis.
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unangemessen benachteiligt werden.202 Dazu stellte der Bundesgerichtshof fest, ein formularmäßiger Änderungsvorbehalt müsse sachlich „gerechtfertigt“ sein; der andere Teil dürfe also nicht schlechter stehen als vor Vertragsschluss. Anpassungen seien nur dort erlaubt, wo später eintretende Umstände für den Verwender nicht vorhersehbar oder beeinflussbar waren und deshalb das bei Vertragsschluss vorhandene Äquivalenzverhältnis in nicht unbedeutendem Maße stören.203 Selbst wenn man solche nachträglich eintretenden Umstände sowie ihre Unvorhersehbarkeit für die Bank unterstellt, kann ein hierdurch gestörtes Äquivalenzverhältnis nicht über eine Verkürzung des Bankgeheimnisses wiederhergestellt werden. Denn das Bankgeheimnis und seine Entbindung entspringen dem Vertrauens-, nicht dem Leistungsverhältnis. Eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht kann daher nur in Form einer Erklärungsfiktion zulässig sein, wenn man die von der Judikatur geforderte sachliche Rechtfertigung des Änderungsvorbehalts weiter als in dem genannten Urteil versteht, nämlich im Sinne eines allgemeinen204 berechtigten Interesses des AGB-Verwenders. Dafür spricht folgende Überlegung: Da § 308 Nr. 5 BGB eine Erklärungsfiktion zulässt, kann nicht schon diese Tatsache allein den Kunden gemäß § 307 Abs. 1 BGB „unangemessen“ benachteiligen. Vielmehr zeigt § 308 Nr. 5 BGB, dass der Gesetzgeber grundsätzlich ein Interesse von AGB-Verwendern anerkennt, den Massenverkehr zu vereinfachen. Doch muss auch die konkrete AGB-Änderung selbst (Einschränkung des Bankgeheimnisses) auf einem berechtigten Interesse der Bank beruhen und sie darf beim Kunden nicht zu wesentlichen Nachteilen führen.205 Die erste Anforderung kann im Einzelfall vorliegen, etwa wenn die Lockerung der Verschwiegenheit eine für die Bank notwendige Risiko- und Eigenkapitalsteuerung oder Refinanzierung am Kapitalmarkt erleichtert.206 Die Erforderlichkeit dieser Maßnahmen darf für die Bank bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar und nicht beeinflussbar gewesen sein.207 Der Eingriff ins Bankgeheimnis bringt dem Kunden – und das ist bei einer Erklärungsfiktion das zweite Erfordernis – keinen unangemessenen Nachteil, 202
Dazu Freund, S. 104 ff., insbesondere S. 106 ff. m. w. N. BGHZ 141, 153 (155); vgl. auch J. Becker in: Bamberger/Roth, § 305 Rn. 77. 204 Also nicht nur eines Interesses an der Wiederherstellung des Äquivalenzverhältnisses. 205 Freund, S. 107 f. m. w. N.; H. Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt, AGB-Recht, § 308 Nr. 5 BGB Rn. 7; Seybold, VersR 1989, 1231 (1236). 206 Vgl. zu den (höheren) Anforderungen, wenn sich die Bank ohne Kundenzustimmung auf ein derartiges berechtigtes Interesse berufen möchte: S. 451 f. 207 Zu dieser Voraussetzung des § 307 Abs. 1 BGB soeben im ersten Absatz dieses Unterpunktes. 203
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wenn er auf ein Mindestmaß reduziert ist208 sowie die wirtschaftlichen Vorteile der vereinfachten Abwicklung des Massengeschäfts sowie der getroffenen Maßnahmen auch an die Kunden (z. B. über geringere Gebühren) weitergegeben werden. Die Zulässigkeit einer Entbindung durch Erklärungsfiktion bestimmt sich nach diesen Maßstäben und ist für jeden Einzelfall gerichtlich überprüfbar. 3. Abschnitt
Bankauskunft Eine wichtige Durchbrechung des Bankgeheimnisses findet sich in der Bankauskunft. Die Bankauskunft gegenüber öffentlichen Stellen betrifft das Bankgeheimnis allein in seiner Natur als Auskunftsverweigerungsrecht; dieser Aspekt bleibt bei der vorliegenden Arbeit außer Betracht.209 Demgegenüber stellt die Auskunft gegenüber privaten Dritten eine Schranke der Verschwiegenheitspflicht in ihrer zivilrechtlichen Ausprägung dar.210 Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf diejenigen Aspekte, die für die Bankauskunft als Begrenzung des Bankgeheimnisses von Bedeutung sind.211
§ 60 Die Bankauskunft als Handelsbrauch Wie sich das Bankgeheimnis gewohnheitsrechtlich aus Übungen der alltäglichen Bankpraxis herausbildete, so entstand auch die Verkehrssitte und der Handelsbrauch der Bankauskünfte.212 Darunter versteht man ihre Kunden betreffende Auskünfte der Bank, die sie infolge einer Anfrage mitteilt. Bei den Anfragen, welche andere Kreditinstitute sowie Geschäftspartner des entsprechenden Kunden nach der Verkehrssitte an das Kreditinstitut richteten, begehrten sie vorwiegend Informationen zu bestimmten Kaufleuten. Inhaltlich betrafen die Auskünfte typischerweise deren finanzielle Situa208
Z. B. Informationen weitgehend anonymisiert, den Adressatenkreis nicht verschlüsselter Daten möglichst klein hält und ihn vertraglich zur Geheimhaltung verpflichtet usw. 209 Zur Eingrenzung des Themas vgl. Einleitung S. 2 f. 210 Horn, WM 1984, 449 (454); Schraepler, NJW 1972, 1836 ff. – jeweils m. w. N. 211 Umfassend zur Bankauskunft z. B. Feuerborn/Kirchherr in: Sichtermann, S. 389 ff.; Horn, WM 1984, 449 (453 ff.); Kirchherr/Stützle, ZIP 1984, 515 ff.; Schraepler, NJW 1972, 1836 ff. 212 Vgl. Horn, WM 1984, 449 (453 f.); Schraepler, NJW 1972, 1836 (1837) weist darauf hin, dass bei der Bankauskunft die Rechtsüberzeugung fehle, um sie zu Gewohnheitsrecht werden zu lassen; a. A. heute z. B. A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/951.
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tion.213 Noch vor knapp 100 Jahren war es gebräuchlich, dass Geschäftsfreunde bei Bankiers Auskünfte erfragten, wie es um die finanziellen Verhältnisse eines bestimmten Kunden, insbesondere dessen Kreditwürdigkeit, bestellt sei. Häufig war es sogar der Kunde selbst, der einem potentiellen Vertragspartner seinen Bankier als Referenz nannte. Es war üblich, dass die Banken positive Auskünfte über ihre Kunden an Dritte weitergaben. Hätte oder hat ein Bankier die Auskunft verweigert, galt dies als Zeichen für eine ungünstige Vermögenslage des jeweiligen Kunden.214 Für den Bankier ergab sich bei ungünstigen Verhältnissen des Kunden somit ein Interessenkonflikt: Entweder er erteilt keine, eine offensichtlich inhaltsleere oder eine richtige Auskunft, wodurch er dem Kunden jeweils unzulässig einen Schaden zufügt, oder er erteilt eine unrichtige oder irreführende Auskunft, wodurch er sich gegenüber dem Dritten haftbar macht.215 In der Rechtsprechung tauchten kaum Fälle auf, in denen es um die Verletzung des Bankgeheimnisses gegenüber dem Kunden durch diese Auskunftserteilung ging. In der Praxis zogen die Banken es offensichtlich vor, dem Dritten eine unrichtige oder unvollständige Mitteilung zu machen.216 Es war der Dritte, der die Bank in Haftung nahm, weil er sich auf die Richtigkeit der Auskunft verlassen, deshalb jedoch einen Schaden erlitten hatte.217 Die Bedeutung der Bankauskunft in der alltäglichen Praxis bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein war hoch.218 Doch beurteilte das Reichs213 Weshalb sich dieser Handelsbrauch entwickelte, kommt im Zitat des OLG Hamm Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 19 (1913), S. 327 (328) anschaulich zum Ausdruck: „Der geschäftliche Verkehr beruht hauptsächlich auf dem Kredit, und die Banken sind insbesondere zur Aufrechterhaltung des allgemeinen Kredites berufen. Sie müssen sich regelmäßig über denjenigen, der mit ihnen in geschäftliche Verbindung treten will, erkundigen, wenn sie ihren Aufgaben gerecht werden wollen, und sie sind dabei auf die Bereitwilligkeit anderer zur Auskunfterteilung angewiesen. Sie werden aber Auskünfte nur erhalten, wenn sie selbst bereit sind, Anfragen anderer über die Kreditwürdigkeit Dritter zu beantworten.“ – ähnlich RG Bank-Archiv XVI. Jg. Nr. 5 (1916), S. 93. 214 RG Bank-Archiv XVI. Jg. Nr. 5 (1916), S. 93; OLG Hamm Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 19 (1913), S. 327 (328); Dalsheim, S. 11; Scheer, S. 66; Wentzell, S. 7 – vgl. auch S. 8 sowie RG Bank-Archiv XIV. Jg. Nr. 11 (1914), S. 196: schon eine unbestimmte Formulierung konnte Bedenken erregen. 215 RG Bank-Archiv XVI. Jg. Nr. 5 (1916), S. 93; XXIX. Jg. Nr. 13, S. 256 (257) spricht von der „in hohem Maße bedenkliche Gepflogenheit“ zur Erteilung von Bankauskünften; Dalsheim, S. 12; Jacusiel, Bank-Archiv XIV. Jg. Nr. 13, S. 221 (222); Scheer, S. 69. 216 So die Einschätzung von Scheer, S. 70. 217 RG Bank-Archiv XIV. Jg. Nr. 11 (1914), S. 196; OLG Colmar Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 17 (1914), S. 295 f.; OLG Hamm Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 19 (1913), S. 327 ff. 218 Vgl. Schär, S. 32: „Da nun die Banken wieder unter sich in Verbindung stehen, ihre Auskünfte gegenseitig austauschen können, die Auskünfte systematisch be-
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gericht Bankauskünfte skeptisch.219 Dennoch wiesen Judikatur und Schrifttum auf ihre Zweckmäßigkeit hin.220 Angesichts des Widerstreits mit dem Bankgeheimnis stellte sich im Einzelfall das Problem der Reichweite beider Rechtsinstitute.
§ 61 Reichweite des Handelsbrauchs Die Rechtsprechung tat sich schwer damit, die Anforderungen an Bankauskünfte festzulegen.221 Man kann die Ergebnisse der Entwicklung folgendermaßen zusammenfassen: Unzulässig waren Auskünfte über wahre Tatsachen, wenn daraus Schlüsse auf eine zweifelhafte Kreditwürdigkeit gezogen werden konnten, selbst wenn die Bank nicht von einer solchen ausging.222 Gemeint waren damit alle Mitteilungen über den Kunden, die geeignet waren, den Adressaten zum Nachteil des betroffenen Kunden irrezuführen. Auch durften Auskünfte nicht lückenhaft sein.223 Erlaubt waren lediglich pauschale Werturteile,224 die der „Wahrheit“ entsprachen, die also eine realistische Einschätzung der Vermögensverhältnisse darstellten.225 Gleichzeitig durften die Banken ohne Zustimmung des Kunden keine Tatsachen über ihn offenbaren.226 Einerseits durften die Angaben kein täuschendes Bild erarbeiten und fortführen, so kann man wohl behaupten, daß die Bank das zuverlässigste Urteil über die Kreditwürdigkeit der Kaufleute abgeben können.“; ähnlich Schraepler, NJW 1972, 1836 (1838). Die erlangten Kenntnisse stellten die Kreditinstitute zur entgeltlichen Verfügung ihrer Kundschaft (Schär, S. 33). 219 RG Bank-Archiv XXIX. Jg. Nr. 13, S. 256 (257): „Es hat sich nur im geschäftlichen Leben die in hohem Maße bedenkliche Gepflogenheit herausgebildet, daß die Banken über die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden in deren Interesse Auskunft erteilen“. 220 Schraepler, NJW 1972, 1836 m. w. N. in den Fn. 5–7. 221 Vgl. Horn, WM 1984, 449 (454) m. w. N.; Schraepler, NJW 1972, 1836 m. w. N. in Fn. 8. 222 OLG Hamm Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 19 (1913), S. 327 (330). 223 So der Fall bei RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 11 (1914), S. 190 (191). 224 Doch beanstandeten höchstrichterliche Judikate – ohne das Bankgeheimnis überhaupt zu erwähnen – mitunter auch relativ weitreichende Bankauskünfte nicht: RG Bank-Archiv XIV. Jg. Nr. 11 (1914), S. 196; ähnlich: RG Bank-Archiv XXIX. Jg. Nr. 13 (1930), S. 256 ff. 225 Hierzu näher: Schraepler, NJW 1972, 1836, 1839 („nur dann im zulässigen Rahmen, wenn sie allgemein, vorsichtig, zurückhaltend, schonend, aber wahrheitsgemäß und ohne konkrete Angaben gehalten sind“); von Stieglitz, Bank-Archiv XXVIII. Jg. Nr. 4, S. 62 ff.; vgl. RGZ 126, 50 (52); RG Bank-Archiv XVI. Jg. Nr. 5 (1916), S. 92 f.; Formulierungsbeispiele z. B. bei Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (148). 226 RG Bank-Archiv XVI. Jg. Nr. 5 (1916), S. 93; ungenau insoweit RGZ 126, 50 (52): „im Bankverkehr die Gewohnheit herausgebildet, in gewissen Grenzen solche Auskünfte zu erteilen“.
§ 62 Heutiges Verständnis der Bankauskunft
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geben, andererseits durften sie nur so weit gehen, wie das Kreditinstitut das Einverständnis des Kunden hatte oder voraussetzen durfte.227 Eine stillschweigende Billigung genügte, etwa durch Angabe des Kreditinstituts als Referenz.228 Zu betonen ist der Unterschied zu sonstigen Offenbarungen: Schon früh stellte das Reichsgericht klar, dass außerhalb einer Bankauskunft auch keine Andeutungen zu den Vermögensverhältnissen erlaubt seien.229 Wenn heutzutage ein Geheimnisbruch im Bereich des Firmenkundengeschäfts vereinzelt mit der Bankauskunft gerechtfertigt wird, zeugt dies von einem fehlenden Verständnis für die Thematik.230
§ 62 Heutiges Verständnis der Bankauskunft Der Kompromiss zwischen Bankgeheimnis und Bankauskunft, der sich im Lauf der Zeit herausbildete,231 schlägt sich heute in Nr. 2 Abs. 2 bis Abs. 4 AGB-Banken sowie fast wortgleich in Nr. 3 AGB-Sparkassen nieder.232 Es heißt darin: „(2) Bankauskunft Eine Bankauskunft enthält allgemein gehaltene Feststellungen und Bemerkungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, seine Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit; betragsmäßige Angaben über Kontostände, Sparguthaben, Depot- oder sonstige der Bank anvertraute Vermögenswerte sowie Angaben über die Höhe von Kreditinanspruchnahmen werden nicht gemacht. (3) Voraussetzungen für die Erteilung einer Bankauskunft Die Bank ist befugt, über juristische Personen und im Handelsregister eingetragene Kaufleute Bankauskünfte zu erteilen, sofern sich die Anfrage auf ihre ge227 RGZ 139, 103 (105): „Indes folgt daraus doch lediglich, daß sie bei Angaben hierüber nur so weit gehen darf, als sie sein Einverständnis hat oder voraussetzen kann“; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 57; Schönle, § 5 II (S. 49 f.); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/951 f.; Wolff, AG 1968, 286 (288); a. A. Schraepler, NJW 1972, 1836 (1839), der ein Einverständnis nicht verlangt. 228 RG Bank-Archiv XXX. Jg. Nr. 11, S. 245; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 57, der zu Recht darauf hinweist, dass die Bank regelmäßig beim Kunden wird nachfragen müssen; von Godin in: RGRK HGB, 2. Aufl., § 365 Anh. I Anm. 9 C; Sichtermann, 2. Aufl., S. 140; Wolff, AG 1968, 286 (288) m. w. N. 229 RG Bank-Archiv XXXIV. Jg. Nr. 14 (1934), S. 326. 230 Verfehlt daher Theewen, WM 2004, 105 (113) unter ungenauer Zitierung von Früh in: Hellner/Steuer, Rn. 3/138 l. 231 Zur „Aufregung um das Bankenauskunftsrecht“ nach der Neufassung der AGB durch die Spitzenverbände des Kreditgewerbes im Jahr 1984 näher Horn, WM 1984, 449, 455 ff. 232 Zur ersten AGB-Fassung aus dem Jahr 1984 Kirchherr/Stützle, ZIP 1984, 515.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
schäftliche Tätigkeit bezieht. Die Bank erteilt jedoch keine Auskünfte, wenn ihr eine anders lautende Weisung des Kunden vorliegt. Bankauskünfte über andere Personen, insbesondere über Privatkunden und Vereinigungen, erteilt die Bank nur dann, wenn diese generell oder im Einzelfall ausdrücklich zugestimmt haben. Eine Bankauskunft wird nur erteilt, wenn der Anfragende ein berechtigtes Interesse an der gewünschten Auskunft glaubhaft dargelegt hat und keine Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Belange des Kunden der Auskunftserteilung entgegenstehen. (4) Empfänger von Bankauskünften Bankauskünfte erteilt die Bank nur eigenen Kunden sowie anderen Kreditinstituten für deren Zwecke oder die ihrer Kunden.“
Die Spitzenverbände der Kreditwirtschaft haben sich ferner auf bestimmte Grundsätze im Umgang mit der Bankauskunft geeinigt. Ein Kommuniqué aus dem Jahr 1984 sowie eine Verständigung aus dem Jahr 1987 stellen bis heute die Grundlage für das Bankauskunftsverfahren dar und sind für die Beteiligten verbindlich.233 Beachtenswert ist hierbei v. a. die Unterscheidung zwischen dem Geschäfts- und dem Privatverkehr.234
§ 63 Folgerungen für das Bankgeheimnis Für das Bankgeheimnis bedeutet dies: Seine Grenzen enden dort, wo die Zulässigkeit von Bankauskünften beginnt. Anders formuliert: Ist eine Bankauskunft nach den mittlerweile gefestigten Grundsätzen erlaubt, tritt die Verschwiegenheitspflicht dahinter zurück. Demnach müssen Kaufleute, die ihrem Kreditinstitut eine Auskunftserteilung untersagen möchten, entsprechende Weisungen erteilen. Diese Widerspruchsobliegenheit besteht bei Privatkunden nicht. Eine Bankauskunft verlangt neben einem berechtigten Interesse des Anfragenden eine ausdrückliche Zustimmung auf Kundenseite.
233 Vgl. das mit Vertretern der Datenschutzbehörden verfasste Kommuniqué über das Bankauskunftsverfahren vom 17. Oktober 1984, abgedruckt z. B. bei A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/30 und Rehbein, ZHR 149 (1985), 139 (149) sowie die Verständigung der Kreditinstitute vom 1. Mai 1987, abgedruckt bei Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 99a sowie A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/962. Zur Verständigung von 1987 A. Weber, Die Bank 1987, 324 ff. 234 Die Differenzierung bestand nach h. M. bereits vor Entstehung der AGB-Klausel, vgl. Horn, WM 1984, 449 (455).
§ 64 Berechtigte Interessenwahrnehmung als Rechtfertigungsgrund
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4. Abschnitt
Mögliche Rechtfertigungsgründe § 64 Berechtigte Interessenwahrnehmung als Rechtfertigungsgrund Der bereits behandelte Überblick über die im Gesetz normierten Grenzen der Verschwiegenheitspflicht zeigte, dass der Gesetzgeber in erster Linie öffentlichen Interessen und Staatszielen den Vorrang vor dem Bankgeheimnis einräumt.235 Demgegenüber verdeutlicht das zivilprozessuale Zeugnisverweigerungsrecht, dass private Interessen grundsätzlich zu keiner Einschränkung des Bankgeheimnisses führen.236 Zu prüfen bleibt, ob und inwieweit dieser Grundsatz Ausnahmen erlaubt. Die Schwierigkeit dieses Unterfangens kann der Leser angesichts der folgenden Aussage des Bundesgerichtshofs erahnen: „Ob und inwieweit die Bank das Bankgeheimnis durchbrechen und privaten Dritten ohne – ausdrückliche oder stillschweigende – Einwilligung des Vertragspartners Auskünfte erteilen darf, ist umstritten.“ . . . „Wenn ein solches Recht überhaupt zu bejahen ist, so besteht es jedenfalls nicht uneingeschränkt, sondern ist abhängig von einer Ermittlung des mutmaßlichen Willens des Kreditnehmers und von einer Abwägung der Interessen im Einzelfall“.237
Zunächst wendet sich die vorliegende Arbeit allgemeinen Rechtfertigungsgründen zu. I. Keine Übertragbarkeit von § 193 StGB auf das Zivilrecht Eine Reihe von Autoren greifen auf § 193 StGB zurück.238 Danach wäre eine Verletzung des Bankgeheimnisses gerechtfertigt, wenn die Bank berechtigte Interessen wahrnimmt. In Anbetracht der Berufung auf eine strafrechtliche Vorschrift ist Skepsis angebracht. Strafrechtliche Wertungen dürfen nur auf das Zivilrecht übertragen werden, wenn sie jeweils den gleichen 235 Ab S. 373; Schubert, S. 54; vgl. auch Claussen, § 6 Rn. 10 ff., der vor allem den Fiskus nennt. 236 Ebenso Schubert, S. 54: „Die deutsche Gesetzgebung erkennt durch das Zeugnisverweigerungsrecht der Banken in Zivilprozessen an, daß die Achtung und Wahrung fremder Geheimnisse gegenüber anderen privaten Interessen entspringenden Rücksichten den Vorrang einzunehmen haben.“ 237 BGHZ 95, 362 (365). 238 Früh, WM 2000, 497 (503); Kümpel, Rn. 2.174; Theewen, WM 2004, 105 (113); sich wohl anschließend Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer, DB 2005, 1367 (1370); Schwintowski/Schäfer, § 3 Rn. 46; es war v. a. Eser, Wahrnehmung berechtigter Interessen, S. 10 ff., der in § 193 StGB einen verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken sah.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
Zweck verfolgen. Die Arbeit legte bereits dar, dass die Einheit der Rechtsordnung nicht undifferenziert zur Einebnung von Wertungen der verschiedenen Rechtsgebiete führen darf.239 Ist ein bestimmtes Verhalten strafrechtlich tatbestandsmäßig, aber gerechtfertigt, bedeutet dies noch nicht, dass es zivilrechtlich erlaubt sein muss. Ferner steht die Regelung des § 193 StGB systematisch bei den Ehrverletzungsdelikten. Das Bankgeheimnis hat zwar eine persönlichkeitsrechtliche Komponente. Überwiegend dient es jedoch dem Schutz der Vermögensinteressen des Kunden. Auch insoweit überzeugt seine Anwendung nicht.240 Schließlich muss man das Regel-Ausnahme-Verhältnis bedenken. Eine Durchbrechung der Verschwiegenheit erfordert eine enge Auslegung der in Betracht kommenden Rechtfertigungsgründe. Im Gegensatz dazu wird § 193 StGB üblicherweise extensiv ausgelegt.241 Damit würde das Bankgeheimnis konturlos und bis zur Unkenntlichkeit abgeschwächt.242 Eine Verallgemeinerung des § 193 StGB ebnete zudem die Rechtfertigungsgründe für Rechtsgutsverletzungen ein, weil sie die strengeren Voraussetzungen des § 34 StGB unterliefe.243 Die Regelung ist deshalb nicht auf das Bankgeheimnis anwendbar. II. Abwägung auf Grund mittelbarer Drittwirkung der Grundrechte Eine weitere Möglichkeit, das Bankgeheimnis durch Interessen der Bank einzuschränken, kann die Drittwirkung von Grundrechten eröffnen. Die vorliegende Arbeit stellte bereits fest, dass Grundrechte nur eine mittelbare Wirkung innerhalb privatrechtlicher Rechtsbeziehungen haben: Beim Bankgeheimnis als einer zivilrechtlichen Schutzpflicht sollte man auf das Verfassungsrecht nur bei einer untypischen Interessenkonstellation von Bank und Kunde zurückgreifen.244 239
Hierzu eingehend S. 155 ff. Wie hier Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (278); Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 41; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 67; Jobe, WM 2004, 2415 (2419); Nobbe, WM 2005, 1537 (1546); skeptisch auch Hofmann/ Walter, WM 2004, 1566 (1573); Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1159); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/55 und 2/926. 241 Vor allem wegen der Überlagerung durch die Meinungsfreiheit, vgl. z. B. Hilgendorf in: LK StGB, § 193 Rn. 4; Roxin, § 18 Rn. 40. 242 Vgl. Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 41; Jobe, ZIP 2004, 2415 (2419); Nobbe, ZIP 2008, 97 (103); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/927; allgemein kritisch bezüglich einer Interessenabwägung Grundmann in: Ebenroth/ Boujong/Joost, BankR I Rn. I 199; ähnlich im Strafrecht Roxin, § 18 Rn. 39: gefährliche Relativierung des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes. 243 So neuerdings auch OLG Schleswig ZIP 2007, 2308 (2311); gleiches Argument außerhalb des Bankgeheimnisses bei C. R. Wolf, S. 75 f. m. w. N. 240
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1. Grundsätzlich kein Rückgriff auf das Verfassungsrecht
Eindeutig ist die Rechtslage beim vertraglich vereinbarten Bankgeheimnis, etwa bei Einbeziehung von Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken in ein Rechtsgeschäft: Das Kreditinstitut übt seine Privatautonomie durch Eingehung einer schuldrechtlichen Sonderverbindung freiwillig und selbstbestimmt aus. Den Pflichten dieser Sonderverbindung, der Selbstbindung, kann es sich deshalb nicht mehr über die Berufung auf andere Grundrechte (insbesondere das Recht auf freie Meinungsäußerung) entziehen.245 Insoweit sind ihre Grundrechte bereits nicht berührt.246 Das gilt auch für das gewohnheitsrechtlich geltende Bankgeheimnis. Es beruht im Gegensatz zum vereinbarten zwar nicht allein auf dem privatautonomen Willen der Vertragsparteien, da es von Gesetzes wegen entsteht. Doch prägen die Wertentscheidungen des Grundgesetzes die Schutzpflichtlehre, in die das gewohnheitsrechtliche Institut Eingang fand. Ein Rückgriff auf grundrechtliche Positionen ist daher nur in untypischen Fällen denkbar, die vom Leitbild des Rechtsinstituts abweichen.247 2. Einfluss der Wechselwirkungslehre
Doch selbst wenn man das Bankgeheimnis unter dem Blickwinkel der Grundrechte betrachtet und der Notwendigkeit ihrer praktischen Konkordanz unterwirft, ergäben sich hierbei wenig Anhaltspunkte für eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses durch Eigeninteressen der Bank.248 a) Einschränkung des Bankgeheimnisses regelmäßig kein erforderliches Mittel zur Grundrechtsausübung der Bank Wenn man den gesetzlichen Charakter des Bankgeheimnisses zum Anlass nimmt, über § 242 BGB zum Schutz der Grundrechte des Kreditinstituts eine Güterabwägung vorzunehmen, bedeutet dies Folgendes: Der Schutz er244
Vgl. S. 154. OLG München NJW 2004, 224 (227); LG München I NJW 2003, 1046 (1050); ähnlich OLG Hamm NJW 1981, 2473 (2475) – „vertragsfremder Zweck“; Cosack/Enders, BKR 2006, 116 (117); Lang, ZBB 2006, 115 (120); Petersen, S. 72 f.; mit anderer Begründung Lerche, ZHR 149 (1985), 165 (169). 246 Vgl. OLG München NJW 2004, 224 (227); LG München I NJW 2003, 1046 (1050); OLG Hamm NJW 1981, 2473 (2475); a. A. Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (481). 247 S. 154. 248 Anders Klüwer, ABS, S. 216, der eine Interessenabwägung anhand der Grundrechte vornimmt, ohne zu erklären, weshalb er sie direkt ins Zivilrecht überträgt. 245
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
streckt sich auf die Berufsausübung sowie die allgemeine Handlungsfreiheit; Gewinnchancen werden hiervon nicht erfasst. Auf die Zukunft gerichtete wirtschaftliche Interessen genießen keinen Grundrechtsschutz.249 Die Geheimhaltungspflicht hindert die Bank nicht, ihre berufliche Tätigkeit auszuüben, also Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen zu betreiben. Wären die gesetzlichen Eigenkapitalvorschriften mit dem Bankgeheimnis nicht vereinbar und das Kreditinstitut dadurch in seiner Berufsausübung gelähmt,250 müsste der Staat dies berücksichtigen. In diesem Fall wirkten die Grundrechte mittelbar ins Zivilrecht hinein. Doch dürfte die Bank über keine anderen unternehmerischen Möglichkeiten als diejenigen verfügen, die einen Geheimnisbruch verlangen. Das ist zweifelhaft. Die Durchbrechung des Bankgeheimnisses wird daher regelmäßig schon nicht das erforderliche Mittel zur Grundrechtsausübung sein. b) Informationelles Selbstbestimmungsrecht Bejaht man dennoch die Erforderlichkeit, kommt es zu einer Abwägung der Grundrechte im konkreten Fall. Wäre die Berufsausübung eines Kreditinstituts bei Einhaltung des Bankgeheimnisses generell gefährdet, die Bank also existenziell bedroht, müsste das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Kunden zurücktreten, wenn und soweit die Weitergabe kundenbezogener Daten an Dritte das Überleben der Bank sichern kann. Mag dies theoretisch denkbar sein, praktisch ist dies sehr unwahrscheinlich. Meist wird es bei der Weitergabe von Kundendaten für die Bank darum gehen, sich selbst mehr Handlungsspielräume zu schaffen. Die allgemeine Handlungsfreiheit sowie m. E. auch die Berufsausübungsfreiheit entfalten dabei grundsätzlich kein größeres Gewicht als das informationelle Selbstbestimmungsrecht.251 Dies gilt umso mehr, als sich die grundrechtliche Interessenabwägung allein auf den konkreten Einzelfall beziehen kann. Das 249
Statt vieler BVerfGE 30, 292 (334 f.); 95, 173 (188) – jeweils m. w. N. Z. B. wenn das KWG die Refinanzierung der Bank oder die Auslagerung von Risiken erforderte, solche Maßnahmen aber nicht ohne Verletzung der Geheimhaltung möglich wären. 251 Zur allgemeinen Handlungsfreiheit auch Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (477). Gleiches gilt m. E. auch für die Inanspruchnahme der freien Meinungsäußerung, insbesondere, wenn sie – wie bei individualbezogenen Äußerungen – nicht darauf gerichtet ist, „die für eine Demokratie wichtige öffentliche Meinungsbildung“ zu fördern, sondern „lediglich private Angelegenheiten“ betreffen (vgl. zu diesem wesentlichen Kriterium bei einer Abwägung z. B. BVerfGE 101, 361 (391) m. w. N.; BVerfGK 1, 285 (288); BVerfG vom 6.6.2006, 1 BvR 3/05 (n. v. – Kammerbeschluss), Rn. 16. 250
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heißt, die Freiheit der Bank bezieht sich nicht auf die kumulierten Vorteile einer unternehmerischen Entscheidung, sondern auf die konkrete Maßnahme, die das Grundrecht des konkreten Kunden berührt. Nun wird der Vorteil des Kreditinstituts aus der Weitergabe der Daten über einen einzelnen Kunden im Ergebnis für das Kreditinstitut kaum spürbar sein. Es muss daher regelmäßig gegenüber dem individuellen Geheimhaltungsinteresse des jeweiligen Kunden zurücktreten.252 Beim vertraglich vereinbarten Bankgeheimnis gelten diese Grundsätze erst recht.253 III. Rechtsgedanke des § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG Um im Ergebnis die Interessen der Bank zu berücksichtigen, greifen Praktiker in neuerer Zeit auf § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG, also das Datenschutzrecht, zurück.254 Danach ist das Übermitteln personenbezogener Daten zulässig, „soweit es zur Wahrung berechtigter Interessen der verantwortlichen Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung überwiegt“. 1. Keine Übertragung datenschutzrechtlicher Erwägungen möglich
Im Hinblick auf § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG geht der Hinweis fehl, eine Interessenabwägung sei zwar nicht gesetzlich geregelt, das Bankgeheimnis jedoch auch nicht.255 Denn eine Abwägung ergibt sich – anders als die Verschwiegenheitspflicht – nicht aus Gewohnheitsrecht. Ebenso ist es wenig überzeugend, vom Ergebnis her zu argumentieren: Ein Interessenkonflikt werde über diese Norm einer „interessengemäßen Lösung“ zuge252 Ausnahmen sind denkbar, etwa wenn nahezu alle Kunden einer Maßnahme zugestimmt haben und wenige Kunden diese durch die Berufung auf das Bankgeheimnis blockieren könnten. Verschärft würde eine solche Situation, wenn die Maßnahme die Existenz des Kreditinstituts gefährdet. 253 Näher hierzu Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (932). 254 LG Frankfurt a. M. WM 2005, 1120 (1123); Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (279); Cahn, WM 2004, 2041 (2050), Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1574), Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786 (1792), Streit/Schiermeyer, EWiR 2005, 295 (296) sowie Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491 (494) – jeweils ohne Begründung; ähnlich Klüwer, ABS, S. 212; unklar, wohl Anwendung des § 28 Abs. 2 BDSG: Gehring, S. 180; ablehnend Nobbe, WM 2005, 1537 (1546), der das Bankgeheimnis als vorrangig ansieht, weil es sonst ausgehöhlt würde. Unzutreffend berufen sich Beucher/Räther/Stock, a. a. O. auf Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085 f. (Anwendung der Vorschrift nur im Datenschutzrecht) und Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 41 f. (keine generelle Abwägung). 255 Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (279).
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
führt.256 Systematisch ist ein derartiger Ansatz fragwürdig. In ihm spiegelt sich nur ein allgemeiner Gerechtigkeitsgedanke wider oder bestenfalls das Prinzip von Treu und Glauben nach § 242 BGB. Ein eigener Erlaubnistatbestand lässt sich auf dieser allgemeinen Grundlage nicht konstruieren.257 2. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG Ausdruck einer grundgesetzlichen Abwägung
Die Anlehnung an § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG könnte zumindest den richtigen Weg weisen, wenn man die Vorschrift als Ausdruck einer grundgesetzlichen Wertung begreift. Die Schutzrichtung des § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG ist verfassungsrechtlicher Natur.258 Mit dem BDSG wirkt der Gesetzgeber – wie in § 1 Abs. 1 BDSG zum Ausdruck kommt – auf Privatrechtsverhältnisse ein, um seinen grundrechtlichen Schutzpflichten zur Wahrung der informationellen Selbstbestimmung gemäß Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG nachzukommen.259 In § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG traf der Gesetzgeber eine Abwägung, die in ihrem Kern grundrechtliche Wertungen übernimmt. Die hierzu in Gesetzesform gegossene praktische Konkordanz der Grundrechtspositionen könnte sich beim Bankgeheimnis in gleicher Weise darstellen. Als Türöffner für das Verfassungsrecht könnten beim Bankgeheimnis angesichts seines gesetzlichen Charakters § 242 BGB oder § 241 Abs. 2 BGB dienen.260 Es erscheint daher zunächst konsequent, die Schranken des Bankgeheimnisses wegen der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte an den im BDSG gesetzten Schranken auszurichten. 3. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG nur für Grundrechtseingriffe des Staates, nicht für Banken als Privatrechtssubjekte
Gegenüber den Daten verarbeitenden Rechtssubjekten stellt das BDSG einen Eingriff in deren allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 256
Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (279) – ähnlich in Fn. 23: „Mittels einer Interessenabwägung können einzelfallbezogen sachgerechte Ergebnisse erzielt werden.“. 257 In diesem Sinn auch Zöllner, ZHR 149 (1985), 179 (195). 258 Widersprüchlich Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (279), die den Rechtsgedanken des einen Gebietes auf das andere übertragen, obgleich sie von unterschiedlichen Schutzrichtungen zwischen BDSG und Bankgeheimnis ausgehen. 259 BT-Drs. 11/4306, S. 35 (unter Punkt 1.5); Gola/Schomerus, § 1 Rn. 6; Simitis in: Simitis, § 1 BDSG Rn. 24, 28. 260 Zur Notwendigkeit einer solchen „Einbruchstelle“ für die Drittwirkung der Grundrechte Langenbucher, BKR 2004, 333 f.
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GG dar. Der Gesetzgeber hat auf eine praktische Konkordanz kollidierender Grundrechte zu achten und seinen Eingriff auf das notwendige Maß zu beschränken. Die Abwägung des § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG ist folglich Ausdruck der Verhältnismäßigkeit eines staatlichen Eingriffs. Demgegenüber ist das gewohnheitsrechtlich entstandene Bankgeheimnis nicht Ausdruck einer öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung, sondern beruht zuvörderst auf dem Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunde. Dieses ist geprägt von den zu Beginn dieser Arbeit dargestellten rein zivilrechtlichen Wertungen.261 Die Norm kann daher auf das Bankgeheimnis nicht übertragen werden.262 Die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte auf eine privatrechtliche Rechtsbeziehung ist schwächer als die Wirkung der Grundrechtsbindung des Staates.263 Eine Übertragung der Maßstäbe des § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG ist daher abzulehnen.264 IV. Notwehr und Nothilfe Ein möglicher Rechtfertigungsgrund für eine Verkürzung des Bankgeheimnisses sind die Notwehr bzw. die Nothilfe (§ 227 BGB). Ihre Bejahung setzt eine Notwehrlage, also einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff (Abs. 2) auf ein Rechtsgut, darunter auch das Vermögen,265 voraus. Folglich ist das Bankgeheimnis eingeschränkt, „wenn dies das erforderliche Mittel ist, um einen anderen – sei es einen Kunden der Bank, sei es sogar einen Dritten – 261 Zwar ließe sich das Bankgeheimnis als Ausfluss der Grundrechte des Kunden verstehen (näher zum Verfassungsrecht S. 147. Dies hat der Gesetzgeber bei etwaigen Einschränkungen zu beachten. Mit der Schaffung des § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG traf er jedoch keine Regelung zum Bankgeheimnis. 262 Fisahn, CR 1995, 632 (635); Simitis in: Simitis, BDSG, § 28 Rn. 134 m. w. N. in Fn. 342 ff. Zöllner, ZHR 149 (1985), 189 (194 f.); zu schließen auch aus der Nichterwähnung von § 28 BDSG bei den Durchbrechungen des Bankgeheimnisses bei Bergmann/Möhrle/Herb, § 28 Rn. 94 ff.; Für den speziellen Fall der Forderungsabtretung ist außerdem Folgendes zu ergänzen: Selbst eine Anwendung der Vorschrift würde nicht automatisch zur Einschränkung des Bankgeheimnisses führen, wie Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (280) annehmen. Die Übermittlung der Daten kann hier nämlich anonymisiert und aggregiert erfolgen, vgl. S. 329 ff. Eine Offenlegung ist daher nicht im Sinne der Norm „erforderlich“. 263 Insoweit a. A. Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (477). 264 Im Ergebnis auch Nobbe, ZIP 2008, 97 (103) und Sester/Glos, DB 2005, 375 (377), die zu Recht darauf hinweisen, die Norm könne jedenfalls nicht hinter dem Maßstab des § 34 StGB zurück bleiben. 265 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 59; Heinrichs in: Palandt, § 227 Rn. 3, § 228 Rn. 3; Lenckner/Perron in: Schönke/Schröder, § 34 Rn. 9; Schwintowski/Schäfer, § 3 Rn. 41.
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vor einer rechtswidrigen Schädigung durch den Geheimnisträger266 zu bewahren.“267 Allerdings muss der hierfür erforderliche gegenwärtige Angriff mehr sein als die bloße Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustands, nämlich das aktive Eingreifen in einen bestehenden Zustand.268 Eine Notwehrlage ist zu verneinen, wenn gerichtliche Hilfe erlangt werden kann.269 Eine Vertragsverletzung, z. B. durch einen Zahlungsverzug des Kunden, stellt somit keinen Angriff i. S. d. Notwehrrechts dar. Grundsätzlich kann die Notwehr also eine Schranke des Bankgeheimnisses sein. Es sind jedoch praktisch kaum Fälle denkbar, in denen eine Durchbrechung durch Notwehr tatsächlich zu rechtfertigen ist.270 V. Notstand Die zur Notwehr gemachten Ausführungen gelten in ähnlicher Weise für den Notstand i. S. d. §§ 228, 904 BGB und § 34 StGB analog. §§ 228, 904 BGB scheiden als anwendbare Normen beim Bankgeheimnis aus, weil es sich hierbei um keine „Sache“ handelt. § 34 StGB kann im Zivilrecht nicht direkt gelten. Seine Übertragung auf das Privatrecht ist jedoch weitgehend anerkannt.271 Mit der herrschenden Meinung kann man Rechtsgüter aller Art als notstandsfähig ansehen, also auch das Vermögen.272 Eine eigenständige Bedeutung erlangt der Rechtfertigungsgrund des Notstandes in erster Linie dort, wo noch kein Angriff, sondern zeitlich vorverlagert erst eine Gefahr für ein Rechtsgut besteht.273 Aus § 34 StGB analog ergibt sich, dass sie auch gegenwärtig sein muss, also jederzeit in einen Schaden umschlagen kann.274 266
Nach der hier verwendeten Terminologie wäre dies der „Geheimnisherr“. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 59; ihm folgend Geurts/Koch/Schebesta/ Weber, Rn. 65. 268 BGH NJW 1967, 46 (47); Grothe in: MünchKomm BGB, § 227 Rn. 4; Heinrichs in: Palandt, § 227 Rn. 2 – alle m. w. N. 269 Vgl. BGH NJW 1967, 46 (47). 270 Gleiche Einschätzung von A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/54. Möglich unter Umständen bei einem geplanten Kreditbetrug des Kunden, vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 59; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 65; Lerche, ZHR 149 (1985), 165 (167). 271 Statt vieler Heinrichs in: Palandt, § 227 Rn. 10, § 228 Rn. 2; Repgen in: Staudinger, § 228 Rn. 3 m. w. N. 272 Vgl. Fn. 265. 273 Im Strafrecht darf z. B. ein Arzt ein Geheimnis offenbaren, um Angehörige des Patienten vor einer Ansteckung zu bewahren, vgl. Cierniak in: MünchKomm StGB, § 203 Rn. 87; Hoyer in: SK StGB, § 203 Rn. 81 m. w. N.; Lenckner/Perron in: Schönke/Schröder, § 34 Rn. 4. 274 Zur Definition Tröndle/Fischer, StGB, § 34 Rn. 4 m. w. N. 267
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Denkbar ist dies beim Bankgeheimnis beispielsweise, wenn ein Kunde seinem Bankangestellten gegenüber ankündigt, Vertragspartner oder Gläubiger in naher Zukunft zu betrügen.275 Die hierbei erforderliche Güterabwägung zwischen dem gefährdeten Rechtsgut des Dritten und dem Geheimhaltungsinteresse des Kunden muss deutlich zugunsten des erstgenannten streiten. Vor allem darf die Gefahr nicht anders abwendbar sein. Vorrangig muss die Bank staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, um einen Schaden zu verhindern.276 Bei einer drohenden Straftat kann ein öffentliches Interesse an ihrer Verhinderung gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse des Kunden als höher zu bewerten sein. Ob dies für die Bejahung des Notstandes genügt, hängt in erster Linie von der Größe des drohenden Schadens sowie der Wahrscheinlichkeit seines Eintritts ab.277 Überwiegt insoweit das Rechtsgut des potentiellen Opfers wesentlich, ist eine Offenbarung des Geheimnisses an staatliche Organe zulässig. VI. Rechtfertigende Pflichtenkollision Als allgemeiner Rechtfertigungsgrund ist weiterhin die Pflichtenkollision anerkannt.278 Beim Bankgeheimnis kommt insbesondere ein Widerstreit mit einer Schutzpflicht zugunsten anderer Kunden in Betracht.279 Canaris hob hervor, dass diese Fälle in der Praxis auf Grund der engen Voraussetzungen von Warn- oder Beratungspflichten selten sein dürften.280 Doch ist zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen dieser Erlaubnistatbestand vorliegen kann: 275 Schwintowski/Schäfer, § 3 Rn. 41 ff. behandelt als Beispiel den Fall einer Gefahrenquelle beim Kunden, über die das Kreditinstitut einen anderen Kunden aufklären muss. 276 Lenckner/Perron in: Schönke/Schröder, § 34 Rn. 20. 277 Das OLG Schleswig ZIP 2007, 2308 (2312) nahm auf dieser Grundlage eine Abwägung vor und räumte dem Geheimnisschutz des Kunden gegenüber der Weitergabe der Bankdaten selbst bei Not leidenden Krediten den Vorrang ein. Vgl. allgemein zur Abwägung statt vieler Lenckner/Perron in: Schönke/Schröder, § 34 Rn. 26 f.; Neumann in: Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, § 34 Rn. 79 f. 278 Hinsichtlich des Bankgeheimnisses z. B. Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 66; sonst im Zivilrecht: BGHZ 54, 71 (74); 146, 264 (275); BGH NJW 2005, 2546 (2548); im Strafrecht ausführlich Roxin, § 16 Rn. 115 ff. m. w. N., der darunter nur das Zusammentreffen zweier Handlungspflichten versteht – aus dem Bankgeheimnis ergibt sich aber eine Unterlassenspflicht. Vgl. zudem Tröndle/Fischer, StGB, Vor § 32 Rn. 11; als Rechtfertigungsgrund genannt auch z. B. in BGHSt 43, 129 (146); 47, 318 (322). 279 Näher dazu Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 60; Lerche, ZHR 149 (1985), 165 (167 f.). 280 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 60; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 66.
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In Bezug auf die rechtfertigende Pflichtenkollision im Zivilrecht bildeten sich dogmatisch noch keine klaren Voraussetzungen heraus. Fest steht allein, dass der Konflikt der Pflichten unvermeidbar sein muss.281 Angelehnt an das Strafrecht lassen sich zudem folgende Eckpfeiler erkennen: Es muss sich um zwei miteinander unvereinbare Pflichten handeln, die gleichgewichtig sind.282 Zudem müssen zwei Handlungs- oder zwei Unterlassungspflichten kollidieren. Trifft hingegen eine Handlungs- auf eine Unterlassenspflicht, liegt keine Pflichtenkollision vor; die Fälle müssen über den Notstand gelöst werden.283 Der Verstoß gegen eine Unterlassungspflicht ist ein Eingriff in ein fremdes Rechtsgut und daher nach § 34 StGB zu behandeln; eine spezielle Regelung ist nicht erforderlich.284 Die Begründung trägt auch für das Zivilrecht: Wo ein geschriebener Rechtfertigungsgrund besteht, ist kein Bedarf für einen ungeschriebenen mit unklaren Grenzen. Er könnte die Voraussetzungen des Notstandes unterlaufen. Dies bedeutet: Nur ein Konflikt des Bankgeheimnisses mit einer anderen Unterlassungspflicht – ein derartiger Fall ist schwer vorstellbar – kann rechtfertigende Wirkung haben. Selbst die Gegenansicht, die eine Pflichtenkollision auch beim Aufeinandertreffen von Handlungs- und Unterlassungspflicht annimmt, wendet hierbei die Maßstäbe des Notstandes an.285 Einen eigenständigen Rechtfertigungsgrund der Pflichtenkollision gibt es danach genauso wenig. Eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses kann im Ergebnis folglich nicht durch eine widerstreitende Handlungspflicht legitimiert werden. VII. Kein allgemeiner Grundsatz berechtigter Interessenwahrnehmung Außerhalb der genannten Rechtfertigungsgründe (Notwehr, Nothilfe, Notstand, Pflichtenkollision) und auch unabhängig von den Normen des § 193 StGB sowie des § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG – oder unter loser Anlehnung an 281
So schon BGH, Urteil vom 3.6.1965, VII ZR 13/64 (abrufbar bei LexisNexis): „Eine solche Pflichtenkollision vermag den Kläger nicht zu entlasten. Er ist darin durch eigenes willkürliches Handeln geraten, das mit seinen bereits bestehenden Pflichten gegenüber der Beklagten nicht vereinbar war.“ Für das Strafrecht: BGHSt 47, 318 (322); 48, 307 (311); BGH NJW 2005, 3650 (3652). 282 Z. B. BGHSt 47, 318 (322); 48, 307 (311); Goedel, S. 100 f.; Lenckner in: Schönke/Schröder, Vorbem §§ 32 ff. Rn. 73. 283 H. M. Roxin, § 16 Rn. 116 f.; Lenckner in: Schönke/Schröder, Vorbem §§ 32 ff. Rn. 71 f.; Tröndle/Fischer, Vor § 32 Rn. 11 ff.; alle jeweils m. w. N. (auch zur Gegenansicht). 284 Roxin, § 16 Rn. 117. 285 Hruschka, FS Dreher, S. 193 ff.; Küper, JuS 1971, 474 (475); vgl. auch Tröndle/Fischer, Vor § 32 Rn. 11 b m. w. N.
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sie – scheinen Stimmen in der Literatur von einem allgemein gültigen Grundsatz der Wahrnehmung berechtigter Interessen auszugehen, der zivilrechtliche Pflichten eingrenzen könne.286 Hierbei finden sich verschiedene Ansätze.287 Auch der Bundesgerichtshof zog eine Interessenabwägung für den Einzelfall in Betracht, ohne sich jedoch intensiver mit der Frage zu beschäftigen.288 Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht lehnte eine solche Interessenabwägung als eigenständigen Rechtfertigungsgrund kürzlich zu Recht ab.289 1. Privatautonomie ohne Vorbehalt eines Interessenausgleichs
In seiner Pauschalität ist ein solches Prinzip der Interessenabwägung in unserer Rechtsordnung nicht ersichtlich.290 Richtig mag sein, dass sich nor286 Offensichtlich keinen Wert auf die Herleitung legen Bütter/Aigner, BB 2005, 119 (121); Cahn, WM 2004, 2041 (2045): „Soweit eine Offenlegung von Kundendaten erforderlich ist, um eine solche Maßnahme durchzuführen, ist sie daher auch ohne Einwilligung des Kunden zulässig“; Domke/Sperlich, BB 2008, 342; Ehricke/ Rotstegge, ZIP 2006, 925 (932); Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 (131): „Eine Einschränkung ist grundsätzlich zulässig, wenn das wirtschaftliche Interesse der Bank gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse des Darlehensnehmers überwiegt.“; Kümpel, Rn. 2.174; Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1565); Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer, DB 2005, 1367 (1370); aus der Rspr. OLG Köln BB 1992, 2174 (2175); Sester/Glos, DB 2005, 375 (377) behaupten, die Judikatur anerkenne bei § 203 StGB eine Befugnis zur Weitergabe auf Grund einer Interessenabwägung – dies ist jedenfalls ungenau, der Hinweis auf BGH NJW 1993, 1638 (= BGHZ 122, 115) geht fehl; zu diesem Urteil bereits oben S. 383 f. 287 Jobe, WM 2004, 2415 (2419) kehrt den Gedanken des berechtigten Interesses um: Es soll nicht darauf ankommen, welche Interessen die Bank berechtigterweise für sich in Anspruch nimmt. Vielmehr sei entscheidend, ob der Kunde sich auf ein sachlich berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung stützen kann. Es käme dabei nicht auf die Vernünftigkeit des Interesses an, sondern dem Kriterium komme „lediglich die Funktion einer negativen Abgrenzung gegenüber reiner Willkür und Launenhaftigkeit des Kunden zu.“ Dennoch argumentiert er bei der Anwendung dieses Grundsatzes mit dem Interesse der Bank an einer Verwertung ihrer Forderung. Im Grunde verwendet er also nur andere Begrifflichkeiten und lehnt in der Sache ein berechtigtes Interesse des Kunden an der Geheimhaltung ab, soweit die Bank ein berechtigtes Interesse an der Datenübermittlung hat. – Kritik daran wie hier bei Nobbe, WM 2005, 1537 (1547). 288 BGHZ 95, 362 (365). 289 OLG Schleswig ZIP 2007, 2308 (2311); gleicher Meinung Möhlenkamp, BB 2007, 1126. 290 Ebenso Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (278); Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 41; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 64; Nobbe, WM 2005, 1537 (1546) und ders., ZIP 2008, 97 (103); Tröndle/Fischer, § 203 Rn. 45 (jedenfalls keine Durchbrechung durch gleichwertige Interessen oder Abwendbarkeit der Gefährdung); vgl. auch Lenckner in: Schönke/Schröder, § 193
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mative Maßstäbe regelmäßig an einem Ausgleich von gegenläufigen Interessen orientieren. So ist im privatautonomen Bereich bei der Auslegung von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen die zu Grunde liegende Interessenlage zu berücksichtigen.291 Pflichten, die kraft Gesetzes entstanden sind, beruhen in ihrer Ausgestaltung häufig auf einer Abwägung widerstreitender Interessen.292 Anschaulich wird dies vor allem im Deliktsrecht: Bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht als Rahmenrecht rechtfertigt sich eine Güter- und Interessenabwägung durch das Verfassungsrecht. Dieses ist darauf ausgelegt, kollidierende grundrechtlich geschützte Rechtssphären miteinander in Einklang zu bringen.293 Diese verfassungsrechtliche Wertung ist im Zivilrecht zu berücksichtigen. Wollte man die Pflichten jeder Rechtsbeziehung unter den Vorbehalt eines Interessenausgleichs stellen, würde man das Prinzip der Privatautonomie und Eigenverantwortlichkeit der Rechtssubjekte in Frage stellen. Gesetzliche Pflichten und Verbote kommen überwiegend im Rahmen von konkreten Rechtsinstituten zur Geltung, die der Gesetzgeber gestaltet. Das gesetzlich nicht niedergelegte Gewohnheitsrecht, darunter das Bankgeheimnis mit seinen Schranken, kann sich auf eine kodifizierte Ausformung nicht stützen. Im rechtsgeschäftlichen Bereich können Beschränkungen nur ganz ausnahmsweise bestehen, und zwar insbesondere dort, wo Vereinbarungen den §§ 134, 138 BGB in ihrer verfassungskonformen Auslegung nicht standhalten.294 Über die grundgesetzlichen Maßstäbe hinaus gibt es nach der hier zu Grunde gelegten Auffassung kein übergeordnetes Prinzip des InRn. 1, 3; einschränkend für objektiv unrichtige oder nicht erweislich wahre Tatsachenbehauptungen Spickhoff in: Soergel, § 823 Rn. 127. 291 In diese Richtung Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1159), der die Abwägung auf § 242 BGB stützt. Auf den Aspekt stellt hinsichtlich des Bankgeheimnisses ab – allerdings zur Frage eines etwaigen Abtretungsverbotes, nicht zur schuldrechtlichen Verpflichtung – unter Berufung auf einen Bankvertrag OLG Stuttgart vom 13.12.2005 – 6 U 119/05, unter Punkt II. 2. b. bb. (relevante Passagen nur in LEGIOS veröffentlicht); allgemein zur Vertragsauslegung Heinrichs/Ellenberger in: Palandt, § 133 Rn. 18 m. w. N. 292 Letztlich liegt jeder gesetzlichen Risikoverteilung eine wertende Abwägung von Interessen zu Grunde. Im Gesetz findet sich zumeist lediglich das Ergebnis oder die Kriterien dieser normativen Beurteilung: Das Interesse des Geschäftsführers ohne Auftrag bewertet sich z. B. danach, ob die Geschäftsführung dem Interesse und dem Willen des Geschäftsherrn entspricht (§§ 683, 684 BGB), vgl. Medicus, SchR II, Rn. 623; das Eigentumsrecht bemisst sich nach der „Schutzwürdigkeit“ des Erwerbers, die sich anhand von dessen Gutgläubigkeit bestimmt (§ 932 BGB); auch das Bereicherungsrecht bewertet die Interessen eines gutgläubigen Empfängers höher als diejenigen des Entreicherten (§ 818 Abs. 3 BGB). 293 Z. B. BVerfGE 66, 116 (132 f.); 85, 1 (20 f.); BGHZ 24, 72 (80 ff.); Hager, JZ 1994, 373 (375 f.). 294 Zu §§ 134, 138 BGB z. B. Sack in: Staudinger, § 134 Rn. 40 f., § 138 Rn. 496.
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teressenausgleichs (also letztlich eine staatliche Korrektur der Privatrechtsbeziehung).295 Es würde den Wesensgehalt des Bankgeheimnisses in Frage stellen.296 2. Gewohnheitsrechtliche Schranken auf Fallgruppen begrenzt
Das Bankgeheimnis beruht nach der hier vertretenen Ansicht nicht auf Vertrag, sondern stellt Gewohnheitsrecht dar. Maßgeblich können deshalb durchaus solche Interessen sein, die sich im Bankgewerbe gewohnheitsrechtlich zu Schranken der Geheimhaltung verfestigt haben. Einschränkungen durch entgegenstehende Interessen erfuhr die Verschwiegenheitspflicht in ihrer Entwicklung vor allem im Bereich der Bankauskunft. Diese dient zwar der Interessenwahrung des Kreditinstituts. Doch ist dieses spezielle Verfahren, das über die AGB mittlerweile klaren Regeln unterliegt, nicht Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes der Wahrnehmung berechtigter Interessen. Es ist vielmehr als eine eigens herausgebildete, ebenfalls gewohnheitsrechtlich verankerte Ausnahme zu verstehen. Abgesehen von der Bankauskunft bildeten sich gewohnheitsrechtlich lediglich einige eng begrenzte Fallgruppen heraus, die dem Bankgeheimnis eine Grenze ziehen können. Nicht jedes berechtigte Interesse genügt für eine Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht, sondern nur bestimmte Interessen, die sich im Laufe der Jahrzehnte entwickelten.297 Sie sollen im Folgenden auf der Grundlage von älteren Quellen näher beleuchtet werden.
295 Gegen eine Güterabwägung auch Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 41; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 64; Jobe, WM 2004, 2415 (2419); Nobbe, WM 2005, 1537 (1546 f.); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/55. 296 Beckhusen in: Derleder/Knops/Bamberger, § 5 II Rn. 52; Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 41; Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost, BankR I Rn. I 199; Nobbe, WM 2005, 1537 (1546). 297 In ähnlicher Weise gilt dies für andere Schweigepflichten. Zwar nimmt die Literatur auch dort immer wieder ohne methodische Begründung eine Interessenabwägung vor. Die Beispiele zeigen jedoch, dass es dort letztlich um eine Anwendung der Notstandsmaßstäbe geht. Vgl. z. B. Bieber, S. 102 f.; E. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 479: „übermächtiges Einzelinteresse“ (Da es bei der ärztlichen Vertraulichkeit meist um eine drohende Gesundheitsschädigung geht, werden hier Notstandslagen häufiger sein als im Bankrecht); Kleine-Cosack, § 43 a Rn. 27 ff.; wohl auch Sandkühler in: Arndt/Lerch/Sandkühler, § 18 Rn. 65; unklar Eylmann in: Eylmann/Vaasen, § 18 Rn. 61 ff.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
5. Abschnitt
Interessen der Allgemeinheit Eine erste Rechtfertigung für die Durchbrechung des Bankgeheimnisses könnten Interessen der Allgemeinheit sein. Die Problematik betrifft vorrangig die öffentlich-rechtliche Seite des Bankgeheimnisses, welche die vorliegende Arbeit ausklammert.298 Sie wird im Folgenden nur skizzenhaft dargestellt.
§ 65 Schranken mit öffentlich-rechtlicher Grundlage Naheliegend ist zum einen eine Durchbrechung, wenn die BaFin berechtigte eigene Interessen wahrnimmt.299 Die BaFin ist eine staatliche Behörde. Eingriffe durch sie sind wie alle hoheitlichen Handlungen der Verwaltung nur auf der Grundlage eines Gesetzes möglich; sie unterliegen der Verhältnismäßigkeit.300 Ebenso in die Fallgruppe hoheitlicher Eingriffe muss man die Verfolgung von gesetzlichen Verboten einstufen, insbesondere das Verbot von Insidergeschäften gemäß § 14 Abs. 1 i. V. m. § 38 Abs. 1 WpHG. Die Verfolgung ist effektiv nur möglich, wenn das Bankgeheimnis im Hinblick auf die Offenlegung gegenüber der Behörde eingeschränkt wird, so dass die Interessen an der Vertraulichkeit hinter dem Erfordernis der Einhaltung des Verbots zurückzutreten haben.301 In diese Kategorie kann man auch sämtliche Fragen einordnen, die mit der Reichweite von Auskunftsverweigerungsrechten gegenüber der öffentlichen Hand zu tun haben. Solange Behörden die öffentlichen Interessen gestützt auf eine Rechtsgrundlage wahrnehmen, handelt es sich um eine gesetzliche Grenze.302 Sind die Eingriffe in das Bankgeheimnis aus öffentlich-rechtlicher Sicht gerechtfertigt, ist dies auch zivilrechtlich anzuerkennen.
§ 66 Schranken mit gewohnheitsrechtlicher Rechtsgrundlage Darüber hinaus kann das Gewohnheitsrecht zwar eine solche Schranke zivilrechtlich vorsehen. Aus älteren Quellen lässt sich aber – dies zeigt sich im Folgenden – nur die Rechtsüberzeugung ableiten, allenfalls in eng be298
Vgl. zum Ziel der Arbeit S. 2 f. Vgl. Lindemann in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 9 Rn. 19. 300 Statt vieler Maurer, § 6 Rn. 1 ff., § 10 Rn. 17. 301 BT-Drs. 12/6679, S. 49 f.; Dreyling in: Assmann/Schneider, § 4 Rn. 36; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 60c. 302 Zu gesetzlichen Grenzen bereits oben S. 373 ff. 299
§ 66 Schranken mit gewohnheitsrechtlicher Rechtsgrundlage
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grenzten Fällen zum Schutz eines wichtigen Gemeinguts eine beschränkte Ausnahme vom Bankgeheimnis zu erlauben. I. Keine Verfestigung einer Grenze durch Allgemeininteressen Die ältere Literatur geht davon aus, „höhere sittliche Pflichten“ oder „höhere Interessen der Allgemeinheit“ seien eine geeignete Schranke für das Bankgeheimnis, allerdings dürfe man solche Fälle nur ganz ausnahmsweise bejahen.303 Scheer hielt eine Offenbarung zur Erfüllung einer höheren sittlichen Pflicht für zulässig, wenn die Bank ein Verbrechen gegen ein wertvolles Rechtsgut verhindern kann, wobei das Vermögen hierfür nicht ausreiche.304 Einen derartigen Fall kann man bereits über den Notstand erfassen. Ein Rückgriff auf die vagen sittlichen Pflichten ist entbehrlich. Auf der Suche nach einer gewohnheitsrechtlichen Fallgruppe ist der Blick auf das ältere Schrifttum somit unergiebig. Da die Rechtslage bei anderen berufsrechtlichen Schweigepflichten streitig ist,305 ergibt sich eine Ausnahme auch nicht aus einer Parallele zu ihnen. In der Rechtsprechung finden sich nur zwei relevante Entscheidungen. II. Reichsgericht: Restriktive Auslegung der Allgemeininteressen Im Jahre 1934 bezeichnete das Reichsgericht „höhere Interessen der Allgemeinheit“ zwar abstrakt als Schranke für das Bankgeheimnis. Doch es interpretierte diese Ausnahme viel restriktiver als das Oberlandesgericht. Die 303 Kirchherr in: Sichtermann, S. 180; dieser Linie folgend OLG Köln BB 1992, 2174 (2175); so bereits Feuerherdt/Werhahn, S. 7, der darunter aber anscheinend nur gesetzliche Durchbrechungen fassen möchte; Mühl in: Soergel (10. und 11. Auflage), § 676 Rn. 15, lässt das Bankgeheimnis enden, „wo höhere Interessen der Allgemeinheit eine Offenbarung erheischen“ und lehnt sich dabei bereits in seiner Formulierung offensichtlich an RG Bank-Archiv XXXIV. Jg. Nr. 14 (1934), S. 326 an; Scheer, S. 92 unter Hinweis auf RGZ 53, 315 (317); Schubert, S. 54, lässt die Offenlegung von Vorgängen aus historischer Zeit zu, wenn damit z. B. „geschichtsoder wirtschaftswissenschaftliche“ Interessen gefördert werden können. 304 Scheer, S. 93; ihm folgend Sichtermann, 2. Aufl., S. 159; Kirchherr in: Sichtermann, S. 181, jeweils unter Hinweis auf die in den folgenden Punkten bb) und cc) dargestellte Rspr. 305 Für eine solche Durchbrechung im Ausnahmefall E. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 479; Gutjahr in: von Olshausen, § 300 Anm. 9 f) und g), S. 1688 m. w. N.; Goedel, S. 27 m. w. N. – Arzt; skeptisch Woesner, NJW 1957, 692 (694); dagegen Friedlaender, Exkurs I zu § 28 Anm. 28, S. 163 f.; ihm folgend z. B. Borgmann/Haug, § 24 Rn. 164 – Anwalt. Vgl. auch Kohlhaas in: Recht der Heilberufe, S. I 778, I 783 – er lässt eine Ausnahme offensichtlich nur bei der Anzeige von Straftaten zu und betont, dass „ohne dringendste Not der Bruch der Schweigepflicht“ . . . „letztlich erst vor dem Richter erfolgen sollte“.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
Vorinstanz verstand darunter die Verhinderung einer Situation, in der das Kreditinstitut wegen der gefährdeten Darlehensrückzahlung eines Kunden seine eigene Liquidität derart einbüße, dass andere Kunden in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Nach Auffassung des Reichsgerichts liegen dagegen selbst in einer solchen Situation nicht unbedingt „höhere Interessen der Allgemeinheit“ vor.306 Das Urteil geht also von einer grundsätzlichen Schranke durch höherrangige Gemeinwohlinteressen aus, legt sie sehr eng aus, konkretisiert sein Verständnis dieser Ausnahme jedoch nicht. Rückschlüsse für ihre Auslegung sind daher schwer zu gewinnen. III. Bundesgerichtshof: Akute Gefahr für den Straßenverkehr Dieser zurückhaltenden Tendenz schloss sich der Bundesgerichtshof im Jahr 1968 in einem Fall an, der besonders gelagert war. Dort war ein Patient wegen einer Krankheit nicht mehr in der Lage, im Straßenverkehr ein Fahrzeug zu führen. Trotz mehrmaligen Zuredens des Arztes blieb er uneinsichtig und steuerte sein Auto weiterhin wie bisher. Daraufhin verständigte der Arzt die Straßenverkehrsbehörde. In diesem Vorgehen sah der Bundesgerichtshof keine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht, weil sie wegen höherer Interessen zurücktreten müsse. Er begründete dies indes mit der akuten Gefährdung der Allgemeinheit, nämlich der Verkehrssicherheit.307 Daraus lässt sich schließen, dass eine konkrete Gefahr für ein öffentliches Schutzgut nötig ist, das für den konkreten Einzelfall gesetzlich zwar nicht verankert, aber generell anerkannt ist. IV. Bewertung der Entscheidungen Maßgebend ist bei den Judikaten m. E. folgender Aspekt: Das BGH-Urteil setzte sich mit einem Allgemeininteresse auseinander, dessen Gefährdung sich bereits ausreichend konkretisiert hatte: Der Fahruntüchtige fuhr mit dem Auto. Wenig konkretere Gemeinwohlinteressen (z. B. die abstrakte Berufung auf einen künftigen Liquiditätsengpass der Bank im reichsgerichtlichen Fall oder der Schutz von Gläubigern des Kreditinstitutes) genügen hingegen nicht. Liegt die Gefahr für das Allgemeingut dagegen auf der Hand, lässt sich der Fall genauso gut über den Notstand, einem anerkannten Rechtfertigungsgrund, lösen: Im Sachverhalt des Arztes, der zur Sicherheit des Straßenverkehrs die Schweigepflicht gegenüber seinem Patienten durchbrach, 306
RG Bank-Archiv XXXIV. Jg. Nr. 14 (1934), S. 326. BGH NJW 1968, 2288 ff.; gleiche Konstellation mit gleicher Argumentation bei OLG München DAR 1956, 305 (Nr. 185); zustimmend unter Berufung auf den Notstand Kohlhaas, DAR 1957, 346 f. 307
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überwog die Gefahr für die Allgemeinheit das Geheimhaltungsinteresse deutlich und war nicht anders abwendbar. Die Offenbarung des Geheimnisses überstieg das nötige Maß nicht, weil sich der Arzt lediglich an die zuständige Behörde wandte. Ausnahmen vom Bankgeheiminis sind somit nur anerkannt, wo ohnehin die Voraussetzungen für den Notstand vorliegen. V. Keine Schranke zur Förderung der Stabilität des Finanzsektors In letzter Zeit erhoben sich zur Frage der Forderungsabtretung Stimmen, die das öffentliche Interesse an einem stabilen deutschen Finanzmarkt als ausreichenden Grund für eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses ansehen.308 Sie begreifen die Kreditinstitute somit als Vertreter von Allgemeininteressen und beschreiben die Vorteile für den deutschen Finanzmarkt, wenn Banken Ausfallrisiken an Dritte weitergeben können.309 Diese Ansicht löst grundsätzliche Bedenken aus. Zunächst sei nochmals bemerkt, dass ältere Quellen – wie soeben dargestellt – „höhere Interessen“ als Schranke des Bankgeheimnisses nur in Notstandsfällen in Betracht zogen. Ferner ist keineswegs gesichert, dass die Maßnahmen zum Erreichen des Ziels geeignet sind. Transaktionen wie die Zession eines Forderungsportfolios sind ihrerseits mit Nachteilen und Risiken behaftet.310 In einem Prozess würde sich die Bank womöglich bereits aus diesem Grund schwer tun, die Notwendigkeit einer konkreten Transaktion zu rechtfertigen. Die Sicherung des Finanzstandorts Deutschland ist eine staatliche Aufgabe. Der Gesetzgeber ist es, der die Mittel zur Gewährleistung dieses öffentlichen Interesses auswählt und sich hierbei – im Rahmen der Verhältnismäßigkeit – für die Einschränkung der Kundenrechte entscheiden könnte. Da er jedoch die Anforderungen an die Kreditinstitute in Bezug auf ihr Eigenkapital erhöht hat,311 gleichzeitig jedoch ihre Rechte nicht ausdrücklich ausgeweitet, geht er offensichtlich davon aus, dass die Banken andere unternehmerische Wege zur Lösung des Problems finden sollen. Im Rahmen der Einzelfallabwägung innerhalb eines privatrechtlichen Rechtsverhältnis308 Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1573); Theewen, WM 2004, 105 (113 f.); andeutungsweise auch Früh, WM 2000, 497 (504). 309 Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (280); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1573); zum Vorteil von Finanztiteln, die nicht mit dem Insolvenzrisiko der Bank belastet sind Adolff, FS Heldrich, S. 3 (5); in diese Richtung auch LG Frankfurt a. M. WM 2005, 1120 (1123) und LG Koblenz BKR 2005, 108 (111), allerdings jeweils nur in Bezug auf ein Abtretungsverbot. 310 Näher hierzu Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123. 311 Vgl. Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (280); Theewen, WM 2004, 105 (113).
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ses das öffentliche Interesse am Finanzstandort Deutschland in die Waagschale zu legen, käme einer unmittelbaren Drittwirkung des öffentlichen Rechts312 im Privatrecht gleich, und zwar ohne hierfür eine gesetzliche Grundlage zu haben.313 Der Verfasserin ist kein rechtliches Anwendungsgebiet bekannt, in dem ähnliche Grundsätze anerkannt sind. Zutreffend ging Petersen davon aus, die Banken hätten nicht die Aufgabe, durch die Kundgabe einer vertraulichen Information über ihren Kunden ein irgendwie geartetes, nicht näher bestimmtes „nationales Interesse“ wahrzunehmen.314 Würde man eine solche Ausnahme anerkennen, liefe dies praktisch darauf hinaus, das Bankgeheimnis der Willkür des Kreditinstitutes anheim zu stellen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass der Begriff der öffentlichen und nationalen Interessen in den Händen der gewählten Volksvertreter, des Gesetzgebers, liegt. Die Banken als Privatrechtssubjekte sind zu ihrem Schutz nur in den Grenzen des KWG berufen.
§ 67 Zusammenfassung Die Auswertung von Literatur und Rechtsprechung ergab Folgendes: Über die allgemeinen Rechtfertigungsgründe hinaus (insbesondere den Notstand) haben sich gewohnheitsrechtlich keine Schranken herausgebildet, die das Bankgeheimnis auf Grund von Allgemeininteressen verkürzen könnten. Eine Ausnahme gilt lediglich für gesetzlich ausgeformte öffentlich-rechtliche Schranken. 6. Abschnitt
Eigene Interessen der Bank In den letzten Jahren interessierte sich die Praxis verstärkt für die Frage, ob, inwieweit und unter welchen Umständen eigene Interessen des Kreditinstituts das Bankgeheimnis einschränken können. Deshalb will diese Ab312
Nicht einmal des Verfassungsrechts. Wenn der Gesetzgeber „ausdrücklich“ eine Gesamtrisikosteuerung von den Kreditinstituten fordert, wie Theewen, WM 2004, 105 (113) betont, heißt dies nicht automatisch, dass er individuelle Interessen hinter dieses Anliegen zurücktreten lassen möchte. Eine entsprechende Regelung gibt es (bisher) nicht. Sie müsste überdies verfassungsmäßig sein, vgl. Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (480). Es kann vorliegend offen bleiben, welche Grenzen der Ermessensspielraum des Gesetzgebers hier hätte. 314 Petersen, S. 73; vgl. zudem Lerche, ZHR 149 (1985), 165 (170 f.), der die „Funktionsfähigkeit des Kreditgewerbes“ als Rechtfertigung ebenfalls nicht anerkennt. 313
§ 68 Aktuelle Tendenz zur Interessenabwägung
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handlung zunächst lit. § 68 und § 69 einen Überblick über die aktuellen Meinungen zu diesem Punkt geben. Auf Grund der Pauschalität der Aussagen lassen sich hieraus jedoch keine konkrete Schlüsse für die Grenzziehung beim Bankgeheimnis finden. Aus diesem Grund nähert sich die Abhandlung der Thematik anschließend systematisch, teleologisch und historisch lit. § 70 und § 71. Mit Hilfe dieser Erkenntnisse untersucht sie sodann Fallgruppen, die eine Offenbarung von Kundeninformationen aus einem Eigeninteresse der Bank heraus rechtfertigen können lit. § 72.
§ 68 Aktuelle Tendenz zur Interessenabwägung I. Einschränkung durch beliebige überwiegende Interessen der Bank Seit einiger Zeit gehen vor allem die in der Praxis tätigen Juristen – zum Teil ohne weitere Begründung – davon aus, ein (beliebiges) überwiegendes Eigeninteresse der Bank könne die Weitergabe von Kundendaten durch die Bank rechtfertigen. Sie suchen also eine Lösung über eine Güterabwägung.315 Während sie im Bereich der Forderungszessionen vorrangig das rechtliche Interesse der Bank an der Verwertung betonen, nehmen andere eine Abwägung zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Kreditinstituts und den schwer (vor allem bei einer abstrakten Prüfung überhaupt nicht) quantifizierbaren Geheimhaltungsinteressen des Kunden vor.316 Zum Teil wird eine Verletzung des Bankgeheimnisses allein mit der Begründung abgelehnt, dass der Inkassomarkt davon lebe, dass die Bank diese Informationen weitergeben kann.317 Im Ergebnis gelangen sie zu einem Interessenausgleich zugunsten der Bank. Wohl aus Mangel an argumentativer Stärke werden zur Bekräftigung des Resultats mitunter entsprechende Adjektive hinzugefügt318 oder das „Bedürfnis nach einer praktikablen Lösung“319 betont. 315 Statt vieler Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085 (2086); Bruchner, BKR 2004, 394 (396); Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (169); Hadding/Häuser in: MünchKomm HGB, ZahlungsV, Rn. A 157; Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491 (494). 316 Bruchner, BKR 2004, 394 (396). Manche nehmen nicht einmal eine Abwägung vor, sondern lassen das wirtschaftliche Interesse der Bank stets überwiegen, wenn die Weitergabe für die gewünschte Maßnahme oder auch nur den ordnungsgemäßen Bankbetrieb „erforderlich“ sei: Cahn, WM 2004, 2041 (2045); Theewen, WM 2004, 105 (113). 317 Ohne Unterscheidung von Schuldrecht und Verfügungsgeschäft und ohne sonstige Differenzierung: Reifner, BKR 2008, 142 (146). 318 Bruchner, BKR 2004, 394 (396): „im ureigenen wirtschaftlichen berechtigten Interesse“. 319 Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491 (494).
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II. Fehlen einer dogmatischen Begründung Die Berücksichtigung beliebiger Belange des Kreditinstituts ruft grundsätzliche Bedenken hervor.320 An dieser Vorgehensweise stört vor allem ihre fehlende dogmatische Verankerung. Die entscheidende Frage muss sein, weshalb man eine Güterabwägung vornehmen und an welchen Maßstäben sie sich orientieren sollte. Eine Antwort hierzu sucht man in den genannten Literaturquellen meist vergebens. Es ist kein rechtlicher Grund dafür ersichtlich, eine zivilrechtliche Pflicht ohne weiteres unter den Vorbehalt einer Abwägung mit jedweden Interessen des anderen Teils zu stellen.321 Keinem Einwand begegnet der Weg über die allgemeinen Rechtfertigungsgründe der Notwehr, des rechtfertigenden Notstandes sowie der rechtfertigenden Pflichtenkollision.322 Doch versagt die Notwehr jedenfalls dort, wo nicht der Kunde über ein aktives Tun, einen „Angriff“, Vermögensinteressen seines Kreditinstitutes gefährdet, sondern wo die Bank – wie z. B. bei der Abtretung von Performing Loans oder bei Restrukturierungen – Maßnahmen ergreift, die einen Datentransfer an Dritte vorsehen. Die rechtfertigende Pflichtenkollision kann Eigeninteressen der Bank von vornherein nicht erfassen. Beim Notstand müsste das Bankgeheimnis eine gegenwärtige Gefahr für Rechtsgüter der Bank hervorrufen und der Schaden für den Kunden dürfte nicht außer Verhältnis zur drohenden Gefahr für die Bank stehen. Diese Abwägung müsste man in jedem Einzelfall vornehmen. Dies geschieht im Schrifttum nicht. Erstaunlich ist deshalb die Selbstverständlichkeit, mit der die zitierten Autoren im überwiegenden Eigeninteresse der Bank eine Grenze der Verschwiegenheitspflicht sehen.323 In den meisten Fällen werden zudem die AGB-Banken oder AGB-Sparkassen anwendbar sein. Sie sehen eine solche Ausnahme nicht vor. Wegen § 305 c Abs. 2 BGB gehen Unsicherheiten in ihrer Auslegung, und damit auch Zweifel hinsichtlich der Existenz einer Ausnahme, zu Lasten des Kreditinstituts.
320
Möhlenkamp, BB 2007, 1126. Wie diese Arbeit bereits erörterte, kann sich eine Interessenabwägung weder auf § 193 StGB noch auf das BDSG oder einen allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stützen. 322 Hierzu bereits oben S. 427 f. 323 Skeptisch im Hinblick auf vertragstreue Kunden auch Büchler, EWiR 2006, 41 (42). 321
§ 69 § 242 BGB bei vorangegangenem Fehlverhalten des Kunden
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§ 69 § 242 BGB bei vorangegangenem Fehlverhalten des Kunden Dogmatisch vorzugswürdiger ist der Ansatz von Canaris, der die Berechtigung des Interesses herausarbeitet. Er zieht im Falle eines rechtswidrigen oder sogar strafbaren Verhaltens des Kunden eine immanente Grenze des Bankgeheimnisses gemäß § 242 BGB in Betracht.324 Ähnlich stützen sich andere auf § 242 BGB, um der Berufung des Kunden auf sein Bankgeheimnis bei eigenen Leistungsstörungen den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenzuhalten.325 I. Keine generelle Schutzlosigkeit bei Fehlverhalten des Kunden Canaris lehnt den Weg einer immanenten Schranke des Bankgeheimnisses durch § 242 BGB im Ergebnis ab.326 Es gebe in unserer Rechtsordnung keinen allgemein anerkannten Grundsatz, dass derjenige schutzlos bleibt, der sich gegen sie stellt. Eine derartige Maxime sei zu pauschal und rigoros.327 Er spezifiziert den Gedanken für den Bereich des Vertrauensschutzes. Dieser finde erst dort seine Grenzen, wo der Geschützte das Vertrauensverhältnis zu Angriffen gegenüber dem anderen Teil missbrauche.328 Dem Ansatz von Canaris ist im Ergebnis zuzustimmen. Das Bankgeheimnis als gesetzliche Pflicht unterliegt in besonderer Weise dem Grundsatz von Treu und Glauben.329 Es bildete sich selbst gewohnheitsrechtlich auf dieser Grundlage heraus.330 Doch bedeutet dies nicht, dass es dem Vorbehalt allgemeiner Gerechtigkeitserwägungen unterliegt. Vielmehr sollte man die Rechtsfolgen für das jeweilige Fehlverhalten den hierfür gel324
Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 58; für Kunden, die bewusst unwahre Tatsachen über das Kreditinstitut verbreiten Schalast/Safran/Sassenberg, BB 2008, 1126 (1129); ohne Einschränkung auf die Fälle eines Fehlverhaltens sogar Kümpel, Rn. 2.162. 325 So Böhm, BB 2004, 1641 (1643); Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 29; Früh, WM 2000, 497 (503 f.); Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 67; Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1573); Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1162); Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 (131); Nobbe, WM 2005, 1537 (1547); Theewen, WM 2004, 105 (113), Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491 (493). 326 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 58. 327 Ähnlich BGH NJW 1971, 1747 m. w. N.; OLG Celle NJW-RR 2006, 174 (175); Heinrichs in: Palandt, § 242 Rn. 46. 328 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 58; ders., JZ 1965, 475 (481); ders., Vertrauenshaftung, S. 464 f. 329 Insoweit auch Kümpel, Rn. 2.162. 330 Zur historischen Entwicklung S. 44 ff.
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tenden spezifischen vertraglichen und/oder gesetzlichen Vorgaben entnehmen (Schadensersatz, Zurückbehaltungsrechte usw.), die das Gesetz für die Leistungsbeziehung vorsieht.331 Grundlage des Bankgeheimnisses ist dagegen das Vertrauensverhältnis. Deshalb ist auf diese Ebene abzustellen, wenn man Eigeninteressen der Bank berücksichtigt. Zu klären bleibt, inwieweit sich die Verletzungshandlung auf der Leistungsebene auf das Vertrauensverhältnis auswirkt. II. Fehlverhalten meist ohne Auswirkung auf das Vertrauensverhältnis Das Bankgeheimnis als Schutzpflicht beruht auf einer Vertrauensbeziehung. Das Vertrauen und somit auch das gesetzliche Schuldverhältnis zwischen den Parteien wirkt stark einseitig, weil die Bank dem Kunden in den seltensten Fällen ein über die Leistungsbeziehung hinausgehendes Vertrauen entgegenbringen wird. Vielmehr ist es der Kunde, der sich auf die Vertraulichkeit der Bank verlässt.332 Er kann das rechtliche Näheverhältnis nicht dazu nutzen, auf die Rechtsgüter der Bank in besonderer Weise einzuwirken. Ein strafbares Verhalten oder Störungen des Leistungsverhältnisses können daher auf diese eigenständige Beziehung nur selten einwirken: Denn wenn die Bank dem Kunden kein Vertrauen entgegenbringt, kann dieser es nicht enttäuschen. Der Grundsatz des venire contra factum proprium kann diesbezüglich nicht gelten; sein Fehlverhalten kann nicht ein besonderes Vertrauen zerstören. Sein vertragswidriges Handeln ändert zunächst nichts an der rechtsgeschäftlichen Nähebeziehung. Hinzu kommt folgende Überlegung: Die berufliche Tätigkeit der Kreditinstitute ist darauf angelegt, Vermögensinteressen des Kunden zu betreuen. Bereits aus diesem Grund müssen Kundeninteressen im Zweifel den Vorrang vor den eigenen Interessen der Bank haben.333 Denkbar ist allenfalls, die Schutzwürdigkeit des Kundenvertrauens in Frage zu stellen. Doch wen331 Vgl. Heinrichs in: Palandt, § 242 Rn. 46; im Grundsatz auch BGH NJW-RR 2005, 743 (745 a. E.). Nicht überzeugend der Ansatz von Sester/Glos, DB 2005, 375 (378): „Die mangelnde Zahlungsunfähigkeit hat ein Schuldner jedoch immer zu vertreten, sodass die Störung des Vertragsverhältnisses eindeutig vom Darlehensnehmer ausgeht.“ Denn das Vertretenmüssen des Kundenfehlverhaltens bildet keine Rechtfertigung für einen Geheimnisbruch, sondern ist eine Voraussetzung für § 280 Abs. 1 BGB. 332 Das Vertrauen wird durch ein dahingehendes Auftreten und die beruflichen Stellung erzeugt, wobei sich das Postulat der Vertrauenswürdigkeit bei Banken stetig verfestigt hat – Näheres oben S. 83 ff. 333 Vgl. Teichmann, JA 1984, S. 709 (713): „je stärker jemand also die Interessen des anderen zur eigenen Sache macht – etwa bei Beratungsverträgen – desto stärker hat er auch die Vermögensinteressen des anderen zu wahren.“
§ 70 Systematische und teleologische Überlegungen
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dete Grundmann gegen diesen normativen Weg zutreffend ein, er sei nicht präzise genug; die neue Interessenlage resultiere aus einer Veränderung auf Bankenseite, nicht auf Kundenseite.334 Geht man auf die Suche nach den Grenzen des Bankgeheimnisses, sollte man nach rechtlichen Situationen Ausschau halten, in denen das Fehlverhalten unmittelbar oder mittelbar auch auf die Vertrauensbeziehung einwirkt. In diesen Fällen kann das Bankgeheimnis teleologischen oder systematischen Einschränkungen unterliegen.
§ 70 Systematische und teleologische Überlegungen Die soeben angestellten Überlegungen zum Fehlverhalten des Kunden thematisierten bereits das Verhältnis zwischen der Leistungs- und der Vertrauensebene im Rahmen der Geschäftsverbindung. Ihm wird nachfolgend intensiver Aufmerksamkeit geschenkt. I. Vertragliches Leistungsinteresse überlagert Vertrauensverhältnis 1. Bankgeheimnis als Ausfluss des Vertrauensverhältnisses
Das Bankgeheimnis wurzelt in einem Vertrauensverhältnis. Das rechtliche Näheverhältnis entsteht durch die bewusste Entscheidung der Parteien, rechtsgeschäftlich miteinander in Kontakt zu treten.335 Dementsprechend muss es ihnen auch möglich sein, eine gegenläufige Entscheidung zu treffen und die Bindung wieder zu lösen. Auf der Seite des Teils, dem das Vertrauen entgegengebracht wird, ist die einseitige Lösung von der Bindung nicht unbegrenzt zulässig. So liegt es in der Natur der Verschwiegenheitspflicht, Informationen aus der Vergangenheit zu erfassen. Vertrauen, das in der Vergangenheit bestand, lässt sich aber im Nachhinein nicht mehr (rückwirkend) zerstören. 2. Begrenzung des Vertrauens durch den Zweck der Leistungsbeziehung
Das Vertrauen findet dort seine Grenze, wo es mit dem eigentlichen Zweck des Aufeinanderzugehens der Geschäftspartner nicht vereinbar ist.336 334
Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost, BankR I Rn. I 198. Näher dazu der dogmatische Teil ab S. 110 ff. 336 Ebenso Zöllner, ZHR 149 (1985), 179 (195); das gleiche Ergebnis müsste sich folgerichtig bei der Konzeption von Larenz, SchR I, § 2 I (S. 14 f.) ergeben, 335
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Eine Schranke bildet mithin der Zweck des von beiden Parteien angestrebten oder abgeschlossenen Rechtsgeschäftes. Bei Leistungsstörungen oder sonstigen leistungsbezogenen Vertragsverletzungen des Kunden muss man betonen, dass das Bankgeheimnis als Schutzpflicht nicht im Synallagma mit den Leistungspflichten steht. Demnach stellt sich die Frage, ob und gegebenenfalls welche Auswirkungen eine Störung in der Leistungsbeziehung für das gesetzliche Schuldverhältnis mit seinen Rücksichtspflichten (die gesetzliche Sonderverbindung) haben kann. Es bedarf einer besonderen Begründung, weshalb bei einem „Angriff“ auf das Äquivalenzinteresse der Bank das Integritätsinteresse des Kunden weniger Schutz verdienen soll. Schließlich steht dem Kreditinstitut bei Leistungsstörungen ein gesetzliches (und meist auch vertragliches) Instrumentarium an Primär- und Sekundäransprüchen zu. Ein „Gegenangriff“ auf das Integritätsinteresse kann daher von vornherein nur dort gerechtfertigt sein, wo die Verschwiegenheitspflicht das Äquivalenzinteresse gefährdet. Das gesetzliche Schuldverhältnis bezweckt ausschließlich die Schaffung von Nebenpflichten zum Schutz eines Integritätsinteresses. Kollidiert diese „Neben“-Pflicht mit einer Hauptleistungspflicht, wird das gesetzliche Schuldverhältnis vom rechtsgeschäftlichen überlagert und verdrängt.337 Ein Konflikt besteht also nur dort, wo das Äquivalenzinteresse der Bank wegen der Geheimhaltungspflicht nicht so befriedigt wird, wie es ohne sie der Fall wäre. 3. Notwendigkeit der Offenbarung zum Schutz des Äquivalenzinteresses
Das Äquivalenzinteresse führt neben den Primäransprüchen zu sekundären Ansprüchen sowie zum Interesse an ihrer bestmöglichen und effektiven Verwertung. Solange sich der Kunde vertragsgemäß verhält und das Kreditinstitut an die Einhaltung der bankgeschäftlichen Vereinbarung gebunden ist, kann die Leistungsbeziehung das Bankgeheimnis nicht überlagern.338 der das Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflichten bei Abschluss eines Vertrags durch diesen ersetzt; Verhältnis von Schutzpflicht- und Vertragsverhältnis noch nicht behandelt von Canaris, JZ 1965, 475 ff., aber in FS Larenz 1983, S. 27 (104, 106) deutet er eine Konkurrenzlösung und die Ergänzungsfunktion der Vertrauenshaftung gegenüber der rechtsgeschäftlichen Bindung an. 337 Allgemein hierzu bereits Thiele, JZ 1967, 649 (651 bei Fn. 21); ähnlicher Ansatz bei Gerhardt, JuS 1970, 597 (603): „Ausnahmsweise berühren Haftungserleichterungen dann auch das Erhaltungsinteresse, wenn es mit dem Leistungsinteresse verknüpft ist.“ In eine ähnliche Richtung geht Frost, S. 158 ff. 338 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit bleibt dahin gestellt, inwieweit eine Einflussnahme der Leistungsbeziehung auf die Schutzpflicht möglich ist – beim Bankgeheimnis wird dieser Frage in aller Regel keine Bedeutung zukommen. Näher hierzu z. B. Frost, S. 158 ff.
§ 70 Systematische und teleologische Überlegungen
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Insoweit ist das Äquivalenzinteresse nicht gefährdet und folglich die Vertrauens- von der Leistungsbeziehung unabhängig. Dies ändert sich erst, wenn ein Fehlverhalten des Kunden oder sonstige Umstände zu einer Gefährdung dieses Leistungsinteresses führen. Bei einem Kreditverhältnis ist dies etwa der Fall, wenn der Darlehensnehmer in Verzug oder die Rückerstattung des Darlehens aus anderen Gründen gefährdet ist. Falls in diesen Fällen das Bankgeheimnis das Kreditinstitut daran hindern würde, sein Leistungsinteresse durchzusetzen, ist an eine Durchbrechung der Vertraulichkeitspflicht zu denken. Eine solche darf jedoch nur bejaht werden, soweit die Preisgabe zum Schutz des Äquivalenzinteresses tatsächlich nötig ist. Es lassen sich nicht viele Sachverhalte ausmalen, in denen die Interessen des Kreditinstituts durch die Geheimhaltungspflicht derart berührt werden. Denkbar ist dies z. B., wenn die Durchsetzung der Ansprüche ohne eine Offenbarung des Sachverhalts nicht möglich ist.339 II. Zumutbarkeit als allgemeine Grenze bei Schutzpflichten Das Bankgeheimnis fügt sich trotz seiner gewohnheitsrechtlichen Prägung in das System der zivilrechtlichen Schutzpflichten ein. Die ursprünglich auf § 242 BGB gestützten Fallkonstellationen sind durch ihre normative Komponente gekennzeichnet. Wie bereits erwähnt, kann § 242 BGB durchaus ein korrigierender Faktor sein.340 Interessen des Kreditinstituts dürfen daher nicht ausgeblendet werden. Auf der Seite des Pflichtigen ist deshalb der Aufwand zu berücksichtigen, der zur Vermeidung einer Gefährdung des Geschäftspartners nötig ist.341 Anders umschrieben geht es darum festzulegen, wann die Auferlegung einer Schutzpflicht unzumutbar ist.342 Bei Verschwiegenheitspflichten spielt der finanzielle Aufwand für ihre Geheimhaltung eine untergeordnete Rolle, weil das Unterlassen der Geheimnisoffenbarung selbst keine Kosten verursacht. Soweit die Bank organisatorisch dafür sorgen muss, dass die Geheimnissphäre vor dem Zugriff Dritter geschützt ist, werden die Vermögensaufwendungen hierfür meist nicht ins Gewicht fallen, weil eine Reihe von technischen Sicherungsmaßnahmen bereits durch das BDSG verlangt werden. Ein etwaiger Mehraufwand beim Bankgeheimnis, z. B. durch die bei Transaktionen nötige Ver339 So ist eine Klage der Bank gegen ihren Kunden ohne Preisgabe von Tatsachen, die dem Bankgeheimnis unterfallen, nicht realisierbar. Näher hierzu S. 459 ff. 340 Dazu soeben oben unter lit. § 69. 341 Vgl. auch Grigoleit, FS Canaris, S. 275 (285), der darauf hinweist, dass eine Unterlassung für den Schuldner nicht mit einem besonderen Aufwand verbunden ist. 342 So zum Bankgeheimnis Kümpel, Rn. 2.162; allgemein zu Schutzpflichten Teichmann, JA 1984, 709 (713).
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schlüsselung oder Anonymisierung von kundenbezogenen Informationen sowie der Einschaltung eines Datentreuhänders, wird sich in aller Regel in Grenzen halten. Dem Kreditinstitut ist er unter normativen Gesichtspunkten zuzumuten.343 Interessanter ist das Problem, ob die Geheimhaltung unzumutbar sein kann, wenn sie bei der Bank zwar nicht direkt, aber mittelbar zu einer großen Belastung führt.344 Zu berücksichtigen ist dabei, dass es dem Kreditinstitut frei steht, das Bankgeheimnis vertraglich so zu modifizieren, dass aus ihm keine unzumutbaren Nachteile erwachsen. Auf Grund der in aller Regel vorhandenen größeren Verhandlungsmacht der Bank gegenüber ihrem Kunden steht dieser Weg auch praktisch offen. Aus diesem Grund kann man die Zumutbarkeit nicht allein unter Heranziehung von § 242 BGB ablehnen.
§ 71 Gewohnheitsrechtliche Entwicklung Die soeben dargestellten Erwägungen ergeben sich aus der dogmatischen Einordnung des Bankgeheimnisses als Schutzpflicht. Angesichts seiner fehlenden Ausformung im positiven Recht bedürfen seine Schranken – wie die Schutzpflicht selbst – einer Konkretisierung durch das Gewohnheitsrecht. Soweit sich bei dem Rechtsinstitut im Laufe der Jahrzehnte Durchbrechungen herausgebildet haben, begrenzen diese den Vertrauensschutz und somit die Verschwiegenheitspflicht bis heute. Zu prüfen ist daher, ob und wo sich durch lang andauernde Übung und eine entsprechende Rechtsüberzeugung gewohnheitsrechtliche Einschränkungen des Bankgeheimnisses entwickelten. Das Fallmaterial und die juristischen Meinungen zu diesem Aspekt des Bankgeheimnisses sind dürftig. Dennoch lassen sich einige Eckpfeiler ausmachen. I. Reichsgericht 1934: Allenfalls bei ganz besonderen Umständen Im Jahr 1934 ließ das Reichsgericht es ausdrücklich offen, ob überwiegende eigene Interessen der Bank von der Verschwiegenheitspflicht befreien können. Jedenfalls könne „dies nur ausnahmsweise beim Vorliegen ganz be343 Der Mehraufwand dürfte gering oder gar nicht vorhanden sein. Bereits heute sind Verschlüsselungstechniken im Bankgewerbe üblich, vgl. Koch, MMR 2002, 504 (507 f.). Bereits aus Datenschutzgründen finden sie immer stärkere Anwendung, vgl. z. B. Berliner Beauftragter für Datenschutz, Jahresbericht 2005, S. 51 ff. 344 Indirekte Beschränkungen in Bezug auf Verkauf und Abtretbarkeit von Kundenforderungen, Auslagerung, Austausch von Kundendaten mit Dritten usw.
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sonderer Umstände angenommen werden, und es bedürfte dann auf seiten der Bank einer pflichtgemäßen Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen.“345 In dem Sachverhalt hatte die Bank ohne Wissen ihres Kunden dessen schärfsten Wettbewerber darüber informiert, dass sie Kredit und Grundschuld des Kunden bald kündigen und die Zwangsversteigerung betreiben werde. Auf diese Weise machte sie den Konkurrenten auf die Möglichkeit des Erwerbs des Unternehmens des Kunden aufmerksam. Der Kunde wusste von diesen Absichten nichts; seinen Kredit hatte die Bank sogar noch mehrmals verlängert. Die für die Bank wirtschaftlich vorteilhafte Zusammenarbeit mit dem Dritten ist nach dem Urteil jedenfalls dann kein für eine Geheimnisoffenbarung berechtigtes Eigeninteresse der Bank, wenn mildere Mittel als die Verletzung des Bankgeheimnisses in Betracht kommen (im Fall die Verwertung der Sicherheit). Die Bank unterlag daher einer vertraglichen Haftung.346 II. Bundesgerichtshof 1978: Ohne Aussage für das Bankgeheimnis Bruchner schließt aus einer Entscheidung des Jahres 1978, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung das berechtigte Interesse der Kreditinstitute an der Funktionsfähigkeit eines übergeordneten Kreditsicherungssystems als schutzwürdiges Ziel anerkannt habe und es als Rechtfertigungsgrund für eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses zulasse.347 Diese Interpretation der Entscheidung begegnet Bedenken: Dem Bundesgerichtshof lag folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor:348 Das Kreditgewerbe hatte eine Gemeinschaftseinrichtung (vergleichbar mit der heutigen SCHUFA) geschaffen, die von den ihr zugehörigen Instituten Informationen zur Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer sammeln und auf Anfrage an die zugehörigen Unternehmen Auskunft erteilen sollte. Wegen einer Personenverwechslung machte die Gemeinschaftseinrichtung Negativmeldungen über einen Kunden, dem dadurch ein Schaden entstand. Seine Klage auf Unterlassung, Widerruf und Schadensersatz gegen die Gemeinschaftseinrichtung wies das Gericht mit der Begründung ab, für einen deliktischen Anspruch gemäß § 824 BGB fehle es an der Unwahrheit der Äußerung. Denn die Prüfung der Personenidentität habe der Beklagten nicht oblegen. Der Fehler habe bei den Anschlussinstituten gelegen. Ebenso scheitere § 823 Abs. 1 BGB an der Rechtswidrigkeit, weil die fehlende Ab345 346 347 348
RG Bank-Archiv XXXIV. Jg. Nr. 14 (1934), S. 326. Vorstehende Fn. 345. Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 41. BGH WM 1978, 999 (1001).
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sicherung gegen eine Personenverwechslung nicht die Aufgabe der Gemeinschaftseinrichtung, sondern allenfalls des Vertragspartners (also der Bank) gewesen sei. Der Bundesgerichtshof wog zwar die widerstreitenden Interessen ab, dies jedoch im Rahmen einer deliktischen Rechtswidrigkeitsprüfung (Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers). Das Bankgeheimnis wurzelt in einer Sonderverbindung und steht daher außerhalb des Deliktsrechts. Zudem war die Beklagte nicht die Bank, sondern die Schutzgemeinschaft als eine durch die Bank informierte Dritte. Überdies erklärten sich die Kunden mit der Weitergabe ihrer Daten an die Schutzgemeinschaft ausdrücklich einverstanden.349 Das Bankgeheimnis stand für das Gericht damit von vornherein nicht in Rede. Für die Verschwiegenheitspflicht zwischen Kreditinstitut und Kunde traf das Urteil folglich keinerlei Aussagen.350 III. Entwicklung im Schrifttum In Anbetracht des Meinungsstandes zu anderen Geheimhaltungspflichten ist Skepsis angebracht, wenn es um eine Berücksichtigung von Eigeninteressen der Bank geht: 1. Tendenz bei anderen Geheimhaltungspflichten
Die bisherige Judikatur im Bereich außerhalb des Bankgeheimnisses erkannte eine derartige Schranke für Verschwiegenheitspflichten nur in bestimmten, konkret bezeichneten Fallgruppen an. Die Gerichte hielten zum Teil eine Offenbarung zur sachgemäßen Wahrung eigener Belange für zulässig.351 Sie wendeten an diesem Punkt auch durchaus „Grundsätze[n] über die Abwägung widerstreitender Pflichten oder Interessen“ an352 oder bejahten extensiv eine konkludente Zustimmung des Geheimnisherrn353. 349 Vgl. BGH WM 1978, 999 (1001 rechte Spalte): „Die Kunden der Anschlußfirmen hatten sich gegenüber den Banken usw. ausdrücklich damit einverstanden erklärt, daß diese sich über ihre Kreditwürdigkeit durch Einholung von Auskünften und dergleichen vergewisserten, und daß die Kreditaufnahme und deren Abwicklung an eine zentrale Stelle gemeldet wurde“. 350 Dies übersieht Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 41, der im Ergebnis aber zutreffend eine Schranke des Bankgeheimnisses mittels Interessenabwägung ablehnt. 351 BGH MDR 1956, 625 (626); dem Urteil folgt z. B. Jessnitzer/Blumberg, § 43 a Rn. 2: „Verteidigung des Rechtsanwalts in eigener Sache“. 352 BGHSt 1, 366 (368); ähnlich KG NJW 1994, 462 (463): „aus dem die Rechtsordnung allgemein beherrschenden Prinzip der Rechtsgüter- und Pflichtenabwägung“.
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Doch bedeuten diese Formulierungen keine allgemeine Anerkennung der Eigeninteressen als Schranke für Verschwiegenheitspflichten. Vielmehr kristallisierten sich nur einzelne Fallgruppen heraus, die im Ergebnis eine Begrenzung des Bankgeheimnisses zulassen. In der Gesamtschau kann man auch den zu dieser Frage ergangenen Entscheidungen den Grundsatz entnehmen, dass Interessen der Bank keinen Vorrang vor den Geheimhaltungsinteressen beanspruchen: Wenn sich das Kreditinstitut auf eine vertragliche Bindung mit einem Kunden einlasse, müsse es im Grundsatz bei einem Interessenwiderstreit eigene Belange hinter die Interessen des Kunden zurückstellen.354 Insbesondere gehe ein rein materielles Interesse einer Partei, auch ihr Obsiegen im Prozess, der Verschwiegenheitspflicht nicht vor.355 Zu Recht begründeten die Gerichte dies zum Teil damit, dass die Bank sich schließlich auf eine vertragliche Bindung mit dem Kunden einlasse.356 2. Tendenz beim Bankgeheimnis bis in die 90er Jahre
Die Bankrechtswissenschaft vernachlässigte lange Zeit den Aspekt der eigenen Interessen der Bank.357 Erst als sich in den 90er Jahren in Deutschland ein Markt für sogenannte „Asset-Backed Securities“ (kurz: „ABS“)358 entwickelte, gingen zahlreiche juristische Veröffentlichungen dem Thema nach. Soweit sich in diesem Bereich zuvor Aussagen finden, tendieren sie – wie bei den anderen Geheimhaltungspflichten – zu einer restriktiven Hand353 BGH WM 1986, 426 (429): Schadensersatzklage des Klienten gegen den Steuerberater enthält ein Einverständnis mit der gerichtlichen Erörterung aller Angelegenheiten. 354 RG Bank-Archiv XXXV. Jg. Nr. 21 (1935), S. 490; dem Urteil folgend Mühl in: Soergel (10. und 11. Auflage), § 676 Rn. 15. 355 BGHZ 115, 123 (129) – vgl. dazu auch Sester/Glos, DB 2005, 375 (377); OLG Dresden OLGRspr 13, 161 zum Arztgeheimnis in einem Fall, in dem eine Bestrafung des Arztes ausgeschlossen war, also von vornherein nur das zivilrechtliche Verhältnis in Rede stand. 356 RG Bank-Archiv XXXV. Jg. Nr. 21 (1935), S. 490; ebenso Mühl in: Soergel (10. und 11. Auflage), § 676 Rn. 15. 357 So beschäftigte sich z. B. Canaris, Bankvertragsrecht, in den relevanten Rn. 58 ff. nur mit der Aufdeckung des Geheimnisses bei einer Bankauskunft, zugunsten anderer Privatrechtssubjekte sowie gegenüber staatlichen Organen; keine Behandlung bis heute bei Bunte in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 7 Rn. 10 ff.; Claussen, § 6 Rn. 10 ff.; behandelt aber bei Kirchherr in: Sichtermann, S. 180 f. 358 Darunter versteht man Wertpapiere, die mit Finanzaktiva, insbesondere Forderungen, besichert sind. Die Finanzaktiva werden hierzu an eine Zweckgesellschaft („Special Purpose Vehicle“) verkauft und abgetreten, womit sich z. B. eine Bank als Verkäufer Liquidität verschaffen kann. Vgl. z. B. Gabler-Bank-Lexikon, unter „Asset Backed Securities (ABS)“, S. 88; Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786 (1787).
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habung: Ein überwiegendes eigenes Interesse könne die Verschwiegenheit nur in seltenen Ausnahmefällen einschränken.359 Sie setzen voraus, dass die Bank keine andere Möglichkeit hat.360 Insbesondere ließ die Literatur reine vermögensrechtliche Interesse des Kreditinstituts nicht genügen.361 3. Aktuelle Tendenz beim Bankgeheimnis
Soeben deutete die vorliegende Arbeit an, dass die Mehrheit der Autoren in den letzten Jahren das Problem der Eigeninteressen der Bank weder systematisch noch teleologisch oder gar historisch zu lösen versucht.362 Vielmehr greifen diese Stimmen schnell zum Mittel der Interessenabwägung im Einzelfall.363 In der Sache gehen sie damit meist ohne nähere Begründung und zum Teil unter ungenauer Zitierung anderer Fundstellen über die zuvor anerkannten Grenzen des Bankgeheimnisses hinaus. Eine Gegenansicht sieht in der „Wahrnehmung allgemeiner Interessen“ hingegen keinen Rechtfertigungsgrund. Allerdings räumt auch sie dem Kreditinstitut unter besonderen Voraussetzungen einen Anspruch auf Befreiung vom Bankgeheimnis ein.364 Insgesamt verschob sich damit die Tendenz in der jüngeren Vergangenheit zu Lasten des Bankkunden. Damit entfernt sich das Bankrecht gleichzeitig von den übrigen Geheimhaltungspflichten, die eine solche Richtung bisher nicht erkennen lassen. Es stellt sich vor allem die Frage, ob sich die stärkere Berücksichtigung der Eigeninteressen von Kreditinstituten im Vergleich zu anderen Berufsständen durch bankrechtliche Besonderheiten erklären lässt. 359 Scheer, S. 92; genauso die Folgeauflagen Sichtermann, 2. Aufl., S. 159; Kirchherr in: Sichtermann, S. 181; dieser Linie folgend OLG Köln BB 1992, 2174 (2175); vgl. auch Friedlaender, Exkurs I zu § 28 Anm. 28, S. 163. 360 Sichtermann, 2. Aufl., S. 159; Kirchherr in: Sichtermann, S. 181; vgl. auch Friedlaender, Exkurs I zu § 28 Anm. 29, S. 164. 361 Sichtermann, 2. Aufl., S. 159; Kirchherr in: Sichtermann, S. 181. 362 Wohl auch aus diesem Grund bestanden Rechtsunsicherheiten in Bezug auf das Bankgeheimnis fort, weshalb sich ABS-Transaktionen zunächst nicht durchsetzen konnten: Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786 (1787). Auf Druck der Kreditwirtschaft stellte daher das BAKred im Rundschreiben 4/97 Leitlinien für ABS-Geschäfte auf – abgedruckt in WM 1997, 1821 (1822) – zu den Vorgaben der Behörde s. S. 326 f. 363 Dazu bereits oben S. 419 ff., v. a. S. 428. Zudem Lang, ZBB 2006, 115 (124). Ausdrücklich gegen eine Güterabwägung Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 41; anders auch noch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 62, der zwar eine Einzelfallabwägung vornimmt, dies jedoch viel restriktiver als das aktuelle Schrifttum; Kümpel, Rn. 2.174 ff., der sich auf § 193 StGB stützt, aber bei den Beispielen nur anerkannte Fälle nennt; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/921 ff., der die Ausnahmen in Fallgruppen ordnet und zu begründen versucht. 364 Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 67; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/55.
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Der folgende Abschnitt wird die zu diesem Aspekt vorgeschlagenen Fallgruppen mit denjenigen zu anderen beruflichen Schweigepflichten abgleichen und sie mit Blick auf die systematischen und teleologischen Überlegungen beleuchten. Auf diese Weise versucht die Arbeit, die bisherige Kasuistik und den unübersichtlichen Meinungsstand zu ordnen.
§ 72 Zusammenstellung einzelner Fallgruppen I. Fallgruppe 1: Keine Pflichtverletzung des Kunden – keine Anspruchsdurchsetzung Die folgende Darstellung widmet sich den vielfältigen Gründen und Voraussetzungen, welche das Schrifttum als Schranken des Bankgeheimnisses anführt, selbst wenn der Kunde vertragstreu war und nicht in eine Weitergabe eingewilligt hat. Ihnen stehen, wie sich zeigen wird, überwiegend Einwände entgegen. 1. Auslagerung und Restrukturierung
Die Auslagerung einzelner Bankbereiche ist grundsätzlich nur unter Beachtung des Bankgeheimnisses zulässig.365 Zu untersuchen sind etwaige Ausnahmen. a) Wirtschaftlicher Vorteil für die Bank Die Auslagerung bestimmter Aufgaben auf Dritte sowie eine geschäftspolitische Neugliederung hat für Banken zahlreiche Vorteile: Sie können sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und auf diese Weise ihre wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Damit einhergehen Kostengründe oder sogar die Erhöhung der Leistungsqualität. Für kleinere Kreditinstitute kommt die Erschließung neuer Geschäftsfelder hinzu, die bei der Durchführung in eigener Zuständigkeit nicht rentabel wären.366 Bei Restrukturierungen steht die organisatorische Flexibilität im Vordergrund.367 Nun liest man bei einigen Autoren hinsichtlich der Auslagerung, das Bankgeheimnis verpflichte das Kreditinstitut nicht, auf die Vorteile einer ar365
Dazu bereits S. 376 f. Vgl. Hofmann und Lamberti, jeweils Bankrechtstag 2000, S. 41 (42) und S. 59 (62 ff.); Horchler, S. 3 ff. 367 OLG Stuttgart vom 13.12.2005 – 6 U 119/05, unter Punkt II. 2. b. bb. (relevante Passagen nur in LEGIOS veröffentlicht). 366
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beitsteiligen Wirtschaft zu verzichten. Die Übertragung von Tätigkeiten auf rechtlich selbständige Dritte sei zulässig, wenn bei diesen die Vertraulichkeit gewahrt sei.368 Manche schränken ihre Ansicht auf technische Tätigkeiten oder eine funktionale Notwendigkeit ein.369 Zum Teil nehmen sie dabei auf das bereits erwähnte Rundschreiben des BAKred zum Outsourcing370 Bezug.371 Wie schon dargelegt, geht dieser Hinweis fehl.372 Die Tatsache, dass das Kreditinstitut Dritte nach dem Rundschreiben des BAKred sowie der überwiegenden Meinung im Schrifttum zur Vertraulichkeit verpflichten muss, mindert lediglich die Schwere des Eingriffs in Kundeninteressen. Sie legitimiert indes nicht die Verletzung selbst373 und ersetzt nicht die Prüfung, ob überhaupt rechtlich schützenswerte Interessen der Bank bestehen.374 b) Einseitige wirtschaftliche Interessen einer Partei rechtfertigen keine Außerkraftsetzung gesetzlicher Pflichten Es ist nicht ersichtlich, wie ein rein wirtschaftliches und/oder organisatorisches Interesse einer Partei des Schuldverhältnisses, hier des Kreditinstituts, eine gesetzlich verankerte Pflicht durchbrechen sollte.375 Ökonomische 368 Vgl. Braun in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 25 a Rn. 639; Bruchner, BKR 2004, 394 (396); Cahn, WM 2004, 2041 (2046); Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 7b; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1161); Koch, MMR 2002, 504 (506); Lang, ZBB 2006, 115 (117); anders Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.28, der eine Parallele zum Datenschutzrecht zieht (ohne Begründung für die Übertragung der Gedanken auf das zivilrechtliche Bankgeheimnis). 369 Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 7b; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/855; wohl weiter Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 14a, der eine „Funktionsübertragung“ zulässt. 370 BAKred, Rundschreiben 11/2001 vom 6. Dezember 2001, abgedruckt in ZBB 2002, 66 ff. 371 Cahn, WM 2004, 2041 (2046); Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1161); Lang, ZBB 2006, 115 (117). 372 Vgl. S. 377 ff. Während Tz. 43 selbst im Falle einer Zustimmung des Kunden gilt, betrifft allein Tz. 45 das privatrechtliche Rechtsverhältnis zum Kunden. 373 Der gleiche Einwand ergibt sich bei Restrukturierungen eines Kreditinstituts. 374 Dies verkennt Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.30, der generell zu einer „wertenden Betrachtungsweise“ neigt – verwirrend seine Fn. 47 zu BGHZ 90, 287 ff., wo das Gericht weder eine wertende Betrachtungsweise vornahm noch eine Schutzpflicht in Rede stand. 375 Strittig im Datenschutzrecht, wo § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG nur von berechtigten Interessen spricht. In der Tendenz wie hier Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1700); Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289 (1293) hinsichtlich der Steigerung des Unternehmenswertes; a. A. Simitis in: Simitis, § 28 Rn. 139 m. w. N., der im Rahmen des BDSG zwar wirtschaftliche Interessen genügen lässt, aber hinsichtlich des Bankgeheimnisses ausdrücklich andere Maßstäbe als im BDSG anwendet, vgl. Rn. 134 m. w. N.
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Erwägungen werden von der zivilrechtlichen Rechtsordnung nur ausnahmsweise anerkannt, etwa im Fall einer strukturellen Ungleichheit von Vertragspartnern.376 Wie gezeigt, geht es bei der Auslagerung in erster Linie um pekuniäre Interessen der Bank. Die Marktstellung einer Bank wird jedoch durch die Rechtsordnung nicht gesichert. Es gibt keine wettbewerbsrechtlichen Regelungen, die es verlangen, die Position marktschwacher Banken auf Kosten ihrer Kunden zu schwächen. Die wirtschaftlichen Vorteile der Auslagerung genügen für die Banken nicht, um ohne Einwilligung der Kunden Daten an das Auslagerungsunternehmen zu übermitteln.377 2. Risiko- und Eigenkapitalsteuerung sowie Refinanzierung am Kapitalmarkt
a) Abstrakte Berufung auf wirtschaftliche Vorteile nicht ausreichend Im Hinblick auf die Abtretung von Forderungen oder andere Möglichkeiten der Refinanzierung der Banken hält Früh eine Übermittlung von kundenbezogenen Daten für zulässig.378 Klüwer/Meister schränken dies etwas ein (wenn die Bank überwiegende Interessen habe und wenn den Interessen der Kunden über eine „weitgehende Anonymisierung bzw. Datensparsamkeit“ Genüge getan werde).379 Früh beruft sich pauschal auf eine Rechtfertigung durch Maßnahmen der Risiko- und Eigenkapitalsteuerung, weil dies im Interesse der Gesamtwirtschaft, im Interesse der Bank sowie mittelbar auch im Interesse des jeweiligen Kreditnehmers sei. Daher müsse der Kunde die Offenbarung nach § 242 BGB dulden.380 § 242 BGB darf jedoch kein Allheilmittel sein. Durchbrechungen des Bankgeheimnisses auf Grund von Gemeinwohlinteressen müssen gesetzlich verankert sein. Sollten bestimmte Maßnahmen der Bank dem Kunden trotz einer Verkürzung der Ver376
s. S. 71 ff. Ebenso Steding/Meyer, BB 2001, 1693 (1695). 378 So wohl Früh, WM 2000, 497 (503) und ders. in: Hellner/Steuer, Rn. 3/138 m, der zwischen Datenschutz und Bankgeheimnis nicht klar trennt. Sein Hinweis auf Kirchherr in: Sichtermann, S. 183 f. ist missverständlich, weil dieser in solchen Fällen eine (stillschweigende oder mutmaßliche) Zustimmung des Kunden annimmt. Den Einwand des Kunden gegen die Preisgabe seiner Daten sieht Kirchherr – im Gegensatz zu Früh – nicht als treuwidrig an. 379 Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1159), der an dieser Stelle zu Unrecht von „Einigkeit“ in diesem Punkt spricht. Seine einzige Fundstelle (Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 31) begrenzt das Recht zur Weitergabe auf Banken Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Rating-Agenturen im Rahmen einer Funktionsübertragung, die ihrerseits vertraglich zur Vertraulichkeit verpflichtet werden. Im Übrigen geht er von einer völligen Anonymisierung aus. 380 Früh, WM 2000, 497 (504). 377
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traulichkeit insgesamt Vorteile bringen, steht es dem Kreditinstitut frei, ihn über eine transparente und attraktive Kostenstruktur von den Vorteilen einer Entbindung vom Bankgeheimnis zu überzeugen. Es muss dem Kunden überlassen bleiben, zur Aufrechterhaltung seiner Geheimsphäre und seiner Dispositionsfreiheit über die eigenen Daten etwaige finanzielle Nachteile in Kauf zu nehmen. Angreifbar ist diese Meinung zudem deshalb, weil es immer ein Interesse der Bank zu einer Risiko- und Eigenkapitalsteuerung sowie zu einer günstigen Ausgangslage bei der eigenen Refinanzierung am Kapitalmarkt gibt. In ihrer Pauschalität bleibt die hinter den genannten Schlagworten stehende Wertung konturlos. Es geht allein um wirtschaftliche Vorteile für die Bank.381 Zunächst muss es die Aufgabe jedes Kreditinstituts sein, die Risiken aus Bankgeschäften in einem für die Bank erträglichen Maß zu halten. Der Abschluss eines Darlehensvertrages ist immer mit dem Ausfallrisiko behaftet. Es gehört zum Wesen einer Vielzahl von Bankgeschäften. Ließe man dies als Rechtfertigung einer Pflichtverletzung gelten, könnte das Kreditinstitut dadurch eine ganze Reihe von Pflichten aushebeln. Die abstrakte Berufung auf eine Verbesserung der Risiko- und Eigenkapitalsteuerung kann eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses daher nicht rechtfertigen.382 b) Abstrakte Berufung auf das Factoring genügt nicht In die gleiche Kategorie fällt das Factoring, bei dem Klüwer/Meister eine Einschränkung des Bankgeheimnisses für geboten halten.383 Danach habe das Kreditinstitut ein berechtigtes Interesse daran, Risiken auszugliedern und solche Zessionen zur eigenen Refinanzierung zu nutzen. Zusätzlich seien Banken wegen Basel II384 zu einer verstärkten Eigenkapitalunterle381 Bruchner, BKR 2004, 394 (396); nicht überzeugend Früh in: Hellner/Steuer, Rn. 3/138 m, der hier von der „ordnungsgemäßen Durchführung des Kreditgeschäfts“ und gleichzeitig vom „mutmaßlichen Einverständnis des Kreditnehmers“ spricht, dessen gegenteiligen Einwand – offensichtlich liegt also doch kein mutmaßliches Einverständnis vor – aber als treuwidrig ansieht. Worin nun die eigentliche Rechtfertigung eines Geheimnisbruchs liegen soll, wird m. E. nicht klar. 382 Ebenso wenig die Annahme einer (mutmaßlichen) Einwilligung, vgl. S. 398. So im Ergebnis für nicht Not leidende Forderungen auch Möhlenkamp, BB 2007, 1126 und Nobbe, ZIP 2008, 97 (99). 383 Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1161), dessen Begründung im Übrigen nur auf das echte Factoring zutreffen können, bei dem der Zessionar das Risiko der Uneinbringlichkeit der Forderung trägt. 384 Dabei handelt es sich um unverbindliche Empfehlungen eines Ausschusses, der sich aus internationalen Vertretern von Bankaufsichtsbehörden und Zentralbanken zusammensetzt. Dennoch setzen viele Staaten seine Empfehlungen zur Stabilisierung
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gung gehalten. Dies fördere die Stabilität des Kreditwesens, wovon mittelbar auch die Kunden profitierten.385 Methodisch ist einzuwenden, dass eine Güterabwägung bei einer Einschränkung des Bankgeheimnisses nicht auf der abstrakten Ebene stattfinden darf, sondern auf den einzelnen Kunden bezogen. Solange nicht eine gesetzliche Regelung die Verengung der Verschwiegenheit vorsieht, um das Kreditwesen zu stabilisieren, ist es Aufgabe der Banken, den aktuellen gesetzlichen Vorgaben (darunter Basel II) nachzukommen.386 Entscheidend kann weder der potentielle Vorteil für die Gesamtheit der Kunden sein,387 noch der Vorteil der Bank für ihren Geschäftsbetrieb. Überzeugend wären diese Argumente nur, wenn eine derartige Maßnahme das einzige Mittel wäre, den Bankbetrieb mit einer ausreichenden Eigenkapitalgrundlage fortzuführen. Dann aber geht es nicht um die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, sondern eine Existenzgefährdung der Bank. Abgesehen von diesem Extremfall gelten beim Factoring die gleichen Grundsätze wie bei jeder anderen Forderungsabtretung der Bank. c) Interessenabwägung im Einzelfall kann Durchbrechung nicht rechtfertigen Selbst bei Anerkennung eines berechtigten Interesses der Bank hätte eine Güterabwägung einzelfallbezogen zu erfolgen.388 Für das Kreditinstitut darf nicht das kumulierte Interesse an der Zession einer Vielzahl von Kundenforderungen in die Waagschale geworfen werden, sondern nur der Vorteil durch die konkrete Abtretung. Denn wie jedes Schuldverhältnis ist auch das zwischen Bank und Kunde ein relatives. Solche Geschäftsbeziehungen der Bank zu ihren Kunden können sich gegenseitig deshalb nicht beeinflussen. Die Ausgliederung des damit verbundenen Kreditausfallrisikos wird auf das Gesamtgeschäft der Bank jedoch in den seltensten Fällen eine Auswirkung haben.389 Allein bei Großkrediten mag dies anders sein. Doch hat das Kreditinstitut bereits bei Eingehung solcher Geschäfte nicht nur die Möglichdes Finanzmarkts in nationales Recht um. Näher dazu Jungmichel, WM 2003, 1201 ff. sowie zur Umsetzung in deutsches Recht Cluse/Cremer, Kreditwesen 2006, 329 ff. 385 Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1161). 386 Einen Überblick über gängige Instrumente zur Eigenkapitalsteuerung gibt Früh, WM 2000, 498 ff. 387 Zumal z. B. eine Weitergabe von Kostenvorteilen an die Kunden, wie Klüwer/ Meister, WM 2004, 1157 (1161) sie nennen, nicht sicher ist. 388 In Bezug auf das Datenschutzrecht betonen dies Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786 (1790) unter Hinweis auf BGHZ 95, 362 (367 f.). 389 Trotz Betonung der Einzelabwägung insoweit ungenau Kusserow/Dittrich, WM 1997, 1786 (1790).
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keit einer umfassenden Prüfung, welche Risiken sie sich damit auflädt. Vor allem kann es sich beim jeweiligen Kunden die Zustimmung zu einer etwaigen künftigen Abtretung schon zu diesem Zeitpunkt vorsorglich einholen. Überdies steigt bei Großkrediten nicht nur das Interesse der Bank an der Übertragbarkeit von Ansprüchen, sondern in gleichem Maße das Interesse des Kunden an der Geheimhaltung seiner Informationen.390 Es kommt hinzu, dass die Bank mit Rücksicht auf die Vertraulichkeit zunächst solche Forderungen abtreten müsste, bei denen sie die Zustimmung der jeweiligen Kunden erlangen kann. Des Weiteren kann die Bank den bereits aufgezeigten Weg einer vollständigen Datenverschlüsselung unter Einschaltung eines Datentreuhänders beschreiten. Schließlich kann sie ihre Interessen oft anderweitig wahren; so besteht ein Gegenvorschlag zur Zession einer Forderungsmehrheit in einer Unterbeteiligung des Dritten.391 Angesichts dieser Möglichkeiten lässt sich die Verletzung des Bankgeheimnisses nicht mit dem Hinweis auf eine „Risiko- und Eigenkapitalsteuerung“ rechtfertigen.392 3. Externe Rechtsberatung, Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung
Schwieriger ist die Rechtslage bei bankexternen Personen, welche die Bank mit Spezialwissen oder besonderen Dienstleistungen versorgen, damit sie ihren Bankbetrieb ordnungsgemäß durchführen kann. Darunter fallen vor allem externe Rechtsberater, Steuerberater sowie Wirtschaftsprüfer. Bei anderen berufsrechtlichen Schweigepflichten ist diese Thematik weitgehend unerforscht.393 Soweit man zu diesem Punkt Meinungen in der bankrechtlichen Literatur findet,394 sehen sie hier eine Ausnahme vom Bankgeheimnis vor. Der Kunde 390 Sehr gewagt ist die These von Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1161), eine „schwerwiegende Beeinträchtigung der Geheimhaltungsinteressen des Kunden“ sei nicht ohne weiteres feststellbar. Verallgemeinerte man sie, wäre das Bankgeheimnis vollständig aus den Angeln gehoben. 391 Ausführlich Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 (125); z. B. auch Bütter/Aigner, BB 2005, 119 (123). 392 Im Ergebnis ebenso Früh, WM 2000, 497 (501): „Sofern allerdings schuldnerbezogene Informationen an Geschäftspartner oder Dritte weitergegeben werden, müssen die Vorgaben von Bankgeheimnis und Datenschutz eingehalten oder anzuerkennende Durchbrechungen dieser Rechtsinstitute in Anspruch genommen werden“. In Bezug auf Kreditderivate Brandt, BKR 2002, 243 (249). 393 Keine Meinung hierzu bei Feuerich/Braun, § 43 a Rn. 26 ff.; Jessnitzer/ Blumberg, § 43 a Rn. 2; Zuck in: Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich, § 42 Rn. 16 ff. – jeweils zum Anwalt; Eylmann in: Eylmann/Vaasen, § 18 Rn. 61 ff. – Notar; Gräfe/ Lenzen/Schmeer, S. 92 Rn. 164 ff. – Steuerberater.
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erwarte, dass die Bank sich eines Dritten zur Aufgabenerfüllung bediene: Deutsch nimmt als maßgebendes Kriterium die Funktionseinheit des Kreditinstituts; der Dritte müsse die Aufgabe für die Zwecke der Bank erledigen.395 Nach der Meinung von Kirchherr sei die Weitergabe von Kundendaten an Hilfspersonen zulässig, wenn diese im Rahmen des ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs eingeschaltet seien.396 Sowohl der Begriff der Funktionseinheit als auch derjenige des ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs leiden an ihrer Ungenauigkeit.397 Die entscheidenden Gesichtspunkte sollten die folgenden sein: Zum einen muss dem Kreditinstitut eine Datenweitergabe erlaubt sein, soweit es gesetzliche Pflichten erfüllen muss. Unterstützen Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater z. B. die Erstellung des Jahresabschlusses sowie der Steuererklärung, muss in diesem Umfang auch eine Offenlegung von Informationen an sie möglich sein.398 Im Regelfall werden hierfür allerdings aggregierte, nicht-kundenbezogene Daten genügen. In den übrigen Fällen wird die Durchbrechung des Bankgeheimnisses dadurch gemildert, dass diese Berufsträger gesetzlich und standesrechtlich ebenfalls schweigepflichtig sind. Dient das Tätigwerden hingegen reinen Eigeninteressen der Bank,399 ist nach der hier vertretenen Ansicht nur die Übermittlung anonymisierter Daten erforderlich und erlaubt. Betrifft eine Beratung durch Externe die Geschäftsverbindung zum Kunden, rechtfertigt sich eine Offenlegung (etwa dem Anwalt oder Wirtschaftsprüfer gegenüber) bereits durch den Zweck der Leistungsbeziehung, denn das Bankgeheimnis als Schutzpflicht darf nicht die eigene Rechtsverfolgung hindern oder dem Zweck des geschäftlichen Kontakts zum jeweiligen Kunden zuwiderlaufen.400 394 Z. B. nicht behandelt von Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 7 Rn. 10 ff., § 39 Rn. 15 ff.; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 58 ff.; Kümpel, Rn. 2.174 ff.; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/851 ff., der zwar von einem inneren Bankgeheimnis gegenüber anderen Bankabteilungen ausgeht (Rn. 852), dennoch aber eine technische Funktionseinheit mit Dritten zulässt (Rn. 855) – Datenweitergabe bei ihm also wohl auf „technische Tätigkeiten“ (Rn. 855) beschränkt. 395 M. Deutsch, Bankrechtstag 2000, S. 129 (136). 396 Kirchherr in: Sichtermann, S. 163. 397 Nicht überzeugend M. Deutsch, Bankrechtstag 2000, S. 129 (137): Entscheidend sei für den Kunden, dass der externe Dienstleister selbst an das Bankgeheimnis gebunden sei. Doch wie kann ein Dritter, der nicht Bank ist, an das Bankgeheimnis gebunden sein? 398 Vgl. zu den Abschlussprüfern bereits S. 386; genauso ist die Aufstellung einer Steuerbilanz erforderlich (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG). 399 Steuerliche Beratung im Rahmen einer Umstrukturierung u. ä. 400 Vgl. S. 181 ff., 441 ff.
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Geht die steuerliche oder anwaltliche Beratung über den durch gesetzliche Vorschriften oder den Zweck der Geschäftsverbindung nötigen Rahmen hinaus, ist nicht ersichtlich, weshalb das Kreditinstitut auf den einzelnen Kunden bezogene Informationen an diese Berufsträger ohne Einwilligung des betroffenen Kunden weitergeben können sollte. Weshalb sollte ein Kunde seine genauen Kontobewegungen einem Anwalt oder Steuerberater nur deshalb preisgeben müssen, weil es für eine Bank einfacher ist, bestimmte Daten nicht zu anonymisieren?401 Selbst, wenn man – entgegen der hier vertretenen Auffassung – eine Güterabwägung vornehmen würde, ginge das Eigeninteresse der Bank in solchen Fällen (Vereinfachung der Verwaltung) dem Geheimhaltungsinteresse des Kunden nicht vor. 4. Interesse an einer arbeitsteiligen Organisation – inneres Bankgeheimnis
Bereits die Ausführungen zum inneren Bankgeheimnis deuteten den Zusammenhang zwischen der Außenhaftung des Kreditinstitutes und der bankinternen Wissensorganisation an.402 Die vorliegende Arbeit legte dar, dass die Bank ihren Informationsfluss auf einzelne, funktional voneinander unabhängige Bereiche begrenzen kann und dies in bestimmtem Umfang (v. a. auf dem Gebiet des Wertpapierrechts) sogar tun muss.403 Bejaht man ein solches inneres Bankgeheimnis, kommt man nicht umhin, die funktionale Trennung auch auf das äußere Bankgeheimnis zu übertragen. Denn wie sich zeigte, verläuft die Wissenszurechnung parallel zur Verschwiegenheitspflicht. Darf demnach ein Bankangestellter, der im Vertraulichkeitsbereich A tätig ist, intern nicht auf Daten des Vertraulichkeitsbereichs B zugreifen, kann der Bank dieses Wissen in der Außenhaftung nicht zugerechnet werden. Teilt er Dritten gegenüber somit z. B. vermögensbezogene Informationen mit, die im Vertraulichkeitsbereich B geschützt sind, verletzt die Bank damit nicht das Bankgeheimnis (womöglich aber durch eine vorangegangene unerlaubte Durchlässigkeit zwischen den Bereichen A und B). Dem Kunden tritt das Kreditinstitut insoweit nicht als einheitliches Zurechnungsobjekt gegenüber. Weil die Trennung nach außen erkennbar sein muss, kann eine solche Mitteilung den Kunden nicht gefährden, weil auch der Mitteilungsadressat erkennen kann und muss, dass eine Preisgabe von Sonderwissen wegen der organisatorischen Trennung ausgeschlossen ist. Es kommt dadurch zu keiner besonderen Einwirkungsmöglichkeit auf die 401
Man stelle sich nur vor, beim Kunden handle es sich selbst um einen Steuerberater. Über die Bank würden nun brisante Daten an seinen Wettbewerber gelangen. 402 Vgl. hierzu S. 305 ff. 403 s. S. 312 ff.
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Rechtsgüter des Kunden. Diese Durchbrechung des (äußeren) Bankgeheimnisses folgt aus den allgemeinen Grundsätzen zur Wissenszurechnung. Insoweit (und nur insoweit) ist es gerechtfertigt, die Interessen des Kreditinstituts an einer arbeitsteiligen Organisation zu berücksichtigen. 5. Existenzbedrohung der Bank
Das größte Eigeninteresse einer Bank liegt in der Aufrechterhaltung der eigenen Existenz. Im Fall einer Existenzbedrohung, die bei einer konkreten Betrachtung im Einzelfall durch die Offenbarung des Bankgeheimnisses eines Kunden abgewendet werden kann, muss man eine Durchbrechung der Geheimhaltung zulassen. In einem derartigen Fall – der in der Praxis kaum vorstellbar ist – kommt man unproblematisch über die Anwendung des § 34 StGB analog zu diesem Ergebnis.404 Die betroffenen Rechtsgüter bei der Bank405 überwiegen hier deutlich das Geheimhaltungsinteresse eines Einzelnen. 6. Sonstige Meinungen zu Durchbrechungen
Vereinzelt findet man weitere Sachlagen, die nach Meinung einzelner Autoren zu einer Ausnahme vom Bankgeheimnis führen sollen. Eine Offenlegung der Daten sei zulässig, • wenn dies im Rahmen eines ordnungsgemäßen Bankgeschäftsbetriebes notwendig sei.406 – Man sollte Pflichten indes nicht nach dem „ordnungsgemäßen“ Geschäftsbetrieb des Pflichtigen ausrichten. Ihr Inhalt wäre seiner Willkür ausgesetzt; • wenn die Geheimhaltung durch den Zweck des Bankgeheimnisses erkennbar nicht geboten sei.407 – Unklar bleibt, was Cahn hier unter „Zweck“ versteht und wie er den Rechtsbegriff der Gebotenheit auslegen möchte. Es sind kaum Fälle denkbar, in denen eine solche Sachlage bejaht werden könnte, der Kunde trotzdem nicht vom Bankgeheimnis entbunden hat; 404 Denkbar ist zudem eine (ausnahmsweise vorliegende) mittelbare Drittwirkung der Grundrechte. 405 Grundrechtlich kommen hier v. a. die Berufsfreiheit, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Unternehmens sowie das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als Teil der Eigentumsgarantie in Betracht. 406 Früh, WM 2000, 497 (503) unter Hinweis auf Bruchner in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 17, der diese Aussage erstens ausschließlich auf die Weitergabe an Organe und Angestellte des Kreditinstituts, also das innere Bankgeheimnis, bezieht. Zweitens sieht er nicht die Einwilligung als solche für entbehrlich an, sondern geht bei dem Zugriff durch solche für die Bank tätigen Personen von einem (stillschweigenden oder mutmaßlichen) Einverständnis des Kunden aus. 407 Cahn, WM 2004, 2041 (2043).
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
• wenn die Bank im Ausland zur Mitteilung verurteilt wird oder ein behördliches Auskunftsersuchen aus dem Ausland vorliegt.408 – Dieser Fall lässt sich über eine gesetzliche Schranke lösen: Selbst wenn die Verurteilung kein deutscher Rechtsakt ist, ist er hoheitlicher Natur.409 Soweit er in Deutschland vollstreckbar ist, sollte man ihn als öffentlich-rechtliche Schranke des Bankgeheimnisses anerkennen;410 • wenn das Kreditinstitut eine Forderung abtreten will und der Kunde keinen vernünftigen Grund hat, die Schuld vor dem Zessionar geheim zu halten (ohne Begründung).411 – Es ist anerkannt, dass das Bankgeheimnis nicht auf „vernünftigen“ Gründen, was auch immer solche sein mögen, beruhen muss. Bezeichnenderweise übernahmen die Nachfolger des Werks von Scheer seine vereinzelt gebliebene Meinung an diesem Punkt nicht.412 Zur Frage der Forderungsabtretung sei wegen ihrer Aktualität noch Folgendes angemerkt: Erfüllt der Schuldner seine Pflichten vertragsgemäß, kann die Bank als Gläubiger die Forderung selbst einziehen, sie aber – wie bereits dargestellt413 – ohne Zustimmung des Kunden nur in anonymisierter Form an Dritte abtreten. Möchte sie ihre Gläubigerrechte dahingehend ausweiten, bestimmte Ansprüche unter bestimmten Rahmenbedingungen unter Offenlegung von Kundendaten an Dritte abzutreten, muss sie sich solche Rechte bei Vertragsschluss vom Kunden einräumen lassen. Tut sie dies nicht, gibt es keinen Grund für eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses.414 Dass sie die Forderungen bei Wahrung der Vertraulichkeit nicht mit408 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 62; Kümpel, Rn. 2.175; ders. in: Hellner/ Steuer, Rn. 8/127 c; Schwintowski/Schäfer, § 3 Rn. 46 – jeweils m. w. N.; aus schweizerischer Sicht Kleiner, FS Bärmann, S. 523 ff. 409 So etwa, wenn eine US-Behörde staatsanwaltschaftliche Befugnisse hat, vgl. hierzu näher Eisner, WM 1969, 198 zu einer Entscheidung des U. S. Court of Appeal. 410 In anderen Fällen wird man eine Durchbrechung ablehnen müssen, eine Datenweitergabe stellt dann einen Verstoß gegen das Bankgeheimnis dar. Ersucht eine (ausländische) Privatperson um Auskunft, ohne dass sie sich hierbei auf eine Rechtsvorschrift stützen könnte, muss man sie jedenfalls wie eine inländische Privatperson behandeln. 411 Scheer, S. 93. 412 Sichtermann, 2. Aufl., S. 159; Kirchherr in: Sichtermann, S. 181; ähnlich Jobe, WM 2004, 2415 (2420). Gegen eine Sonderbehandlung von Abtretungen im Bereich des Bankgeheimnisses spricht überdies ein Umkehrschluss zu § 49 b Abs. 4 BRAO, § 43 a Abs. 3 PatAnwO, § 55 Abs. 2 WiPrO, § 64 Abs. 2 StBerG – die Einführung dieser Vorschriften hätte der Gesetzgeber zum Anlass nehmen können, die Geheimhaltungspflicht auch bei der Abtretung von Forderungen der Banken einzuschränken. Dies tat er jedoch nicht, vgl. S. 381 ff. 413 Dazu S. 323 ff. 414 So offensichtlich auch Nobbe, WM 2005, 1537 (1547), der eine Offenlegung an den Forderungskäufer und Rating-Agenturen nur für rechtens hält, wenn der Kre-
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tels einer Veräußerung (bereits vor deren Fälligkeit) veräußern kann, hat nichts mit dem Erfüllungsinteresse zu tun, sondern mit dem darüber hinausgehenden wirtschaftlichen Interesse an einer weitergehenden Nutzung der Forderung als Handelsgut. Diese Nutzung ist nicht Teil der Leistung des Kunden. Das Leistungsverhältnis kann insoweit das Bankgeheimnis als Schutzpflicht nicht überlagern oder verdrängen. Eine Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht ist daher nicht gerechtfertigt. II. Fallgruppe 2: Offenbarung zur Durchsetzung von begründeten Ansprüchen aus der Leistungsbeziehung Eine zweite Fallgruppe ergibt sich bei allen berufsrechtlichen Geheimhaltungspflichten aus der jeweiligen Leistungsbeziehung, insbesondere aus der Anspruchsdurchsetzung. 1. Anerkennung der Fallgruppe bei anderen Berufsträgern
Hilfreich ist zunächst ein Blick auf die Rechtslage bei anderen Schweigepflichten. Das allgemeine Schuldrecht und das Standesrecht sehen bei anderen Berufsträgern eine Ausnahme von der Geheimhaltung vor, soweit die Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen aus dem Klientenverhältnis die Offenbarung erfordern.415 Dem Berufsträger drohe in diesen Fällen eine Gefahr aus der Sphäre des Mandanten.416 Insbesondere erkannte der Strafsenat des Bundesgerichtshofs bei einem Anwalt eine Befugnis zur Offenbarung, wenn er sonst nicht in der Lage wäre, seine Honorarforderung im Zivilproditnehmer seinen Vertragspflichten nicht nachkam; wohl auch Adolff, FS Heldrich, S. 3 (5), der in Fn. 4 zwar anmerkt, der Vertragsbruch im Fall OLG Frankfurt sei strittig gewesen, sich aber anschließend lediglich auf eine Quelle bezieht, die (nur) wegen der Pflichtverletzung eine Ausnahme vom Bankgeheimnis zulässt. 415 BGHZ 115, 123 (129); 122, 115 (120) – jeweils m. w. N.; BGHSt 1, 366 (368); BGH MDR 1956, 625 (626); KG NJW 1994, 462 (463); OLG Düsseldorf DNotZ 1972, 443; OLG Frankfurt DNotZ 1961, 612; OLG Stuttgart MDR 1999, 192 sowie Henssler, NJW 1994, 1817 (1822) – Anwalt, jeweils auch mit dem Argument, die BRAO sehe solche Klagen ausdrücklich vor; Borgmann/Haug, § 24 Rn. 165 – Anwalt; Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 80; Feuerich/Braun, § 43 a Rn. 27; Gräfe/Lenzen/Schmeer, S. 92 f. Rn. 166 m. w. N.; Jessnitzer/Blumberg, § 43 a Rn. 2; Kleine-Cosack, § 43 a Rn. 12; Sandkühler in: Arndt/Lerch/Sandkühler, § 18 Rn. 61; Schippel, § 18 Rn. 50; Schumann, FS Henckel, S. 773 (788, 792); im Strafrecht Friedlaender, Exkurs I zu § 28 Anm. 29, S. 164 m. w. N. (Anlehnung an den Gedanken des Notstandes); Gutjahr in: von Olshausen, § 300 Anm. 9 h), S. 1689 m. w. N.; Lenckner in: Schönke/Schröder, § 203 Rn. 33; Schünemann in: LK StGB, § 203 Rn. 133; Woesner, NJW 1957, 692 (694); C. R. Wolf, S. 73 m. w. N. 416 OLG Stuttgart MDR 1999, 192.
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zess geltend zu machen.417 Das Schrifttum stützt diese Ausnahme zum Teil auf die Gedanken aus §§ 34 StGB, 128 BGB oder 193 StGB, weil der Klient den jeweiligen Berufsträger zur Erhebung der Zahlungsklage genötigt habe,418 oder auf das „allgemein beherrschende[n] Prinzip der Rechtsgüterund Pflichtenabwägung“419. Daraus folge, dass zur Durchsetzung von minimalen Gebührenforderungen keine hochrangigen Geheimnisse verraten werden dürften.420 Offensichtlich unbegründete Honoraransprüche dürfe der Berufsträger nicht einklagen.421 Doch reicht die Notwendigkeit der Durchsetzung nicht so weit, dass sie bei unbestrittenen Forderungen eine Abtretung an und Einziehung durch Dritte erlauben würde.422 2. Anerkennung der Fallgruppe beim Bankgeheimnis
Was Honorarforderungen für Anwälte sind, sind Ansprüche auf Darlehensrückzahlung (oder andere Forderungen gegen Kunden) für die Kreditinstitute. Entsprechend ist auch für das Bankgeheimnis anerkannt, dass dem Kreditinstitut eine Durchsetzung oder die ordnungsgemäße wirtschaftliche Verwertung seiner Forderungen möglich sein müsse.423 Die Begründungen setzen unterschiedliche Akzente: Die einen legen den Schwerpunkt auf das Fehlverhalten des Kunden: Maßgeblich sei ein erheblicher Vertrags- und/oder Vertrauensbruch beim Kunden;424 er habe es sich selbst zuzuschreiben, wenn sein Geheimnis offenbart werde.425 Gegen diese Begründung muss man einwenden, eine Pflichtverletzung mache den Kunden nicht rechtsschutzlos; das Gesetz hält 417 BGHSt 1, 366 (368); vgl. zudem die bei C. R. Wolf, S. 73 Fn. 346 dargestellten unterinstanzlichen Entscheidungen zum Arztrecht. Sehr weitgehend LG Kleve NJW 1991, 756 m. w. N. (Weitergabe an privatärztliche Verrechnungsstelle wegen konkludenter Einwilligung zulässig). 418 Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 79 f.; Feuerich/Braun, § 43 a Rn. 27; Gräfe/Lenzen/Schmeer, S. 90 Rn. 157 m. w. N. 419 Zuck in: Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich, § 42 Rn. 17. 420 Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 80; Feuerich/Braun, § 43 a Rn. 27; Friedlaender, Exkurs I zu § 28 Anm. 29, S. 164. 421 Jeweils zu Anwälten Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 80; Feuerich/ Braun, § 43 a Rn. 27; Zuck in: Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich, § 42 Rn. 17. 422 Ausführlich zum Arztrecht C. R. Wolf, S. 77 ff. 423 Cahn, WM 2004, 2041 (2043); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 61 a zu § 402 BGB; Jobe, ZIP 2004, 2415 (2419); Scheer, S. 92 sowie später auch Kirchherr in: Sichtermann, S. 181; Sichtermann, 2. Aufl., S. 159; im Ergebnis auch Schwintowski/Schäfer, § 3 Rn. 46; Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491 (494); vgl. auch LG Mainz, Urteil vom 23.7.2003, 3 S 42/03 (veröffentlicht in Juris), Rn. 10; Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 29. 424 Lang, ZBB 2006, 115 (123).
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vielmehr ein Instrumentarium von Rechtsfolgen bereit. Darunter gibt es keine zivilrechtliche Sanktion, die eine Preisgabe des Bankgeheimnisses (also einen Vertrauensbruch) erlaubt.426 Andere stützen ihre Begründung auf die Ratio des Bankgeheimnisses: Es habe nicht den Zweck, den Kunden von der Erfüllung seiner Vertragspflichten zu entbinden.427 Dies ist richtig, doch kann auch eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses nicht ohne weiteres die Erfüllung der Vertragspflichten bewirken. Es ist ein ungeeignetes Mittel. Das Ziel der Erfüllung muss mit anderen Mitteln (etwa einer Zahlungsklage) erreicht werden Wieder andere argumentieren vom Ergebnis her: Eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses sei zum Ausgleich eines Nachteils oder Minderung eines Schadens zulässig, den das Kreditinstitut durch das Kundenverhalten erlitten hat.428 Der Gedanke ist zutreffend: Ruft ein Fehlverhalten des Kunden – jedenfalls ein schuldhaftes – einen Schaden bei der Bank hervor, kann sie gemäß §§ 280 ff. BGB Ersatz verlangen. Nach § 249 Abs. 1 BGB kann zur Herstellung des Zustands theoretisch auch eine Weitergabe von Informationen nötig sein. Doch führt diese Logik nur zur Konkretisierung eines Schadensersatzes, nicht zu einer automatischen Verkürzung des Bankgeheimnisses. Jobe meint eine Durchbrechung hier sogar auf den Kundenwillen stützen zu können: Für den Kunden mache es keinen Unterschied, wer eine Titulierung und Zwangsvollstreckung betreibe. Daher dürfe die Bank Daten an einen Forderungskäufer übermitteln, den sie sorgfältig ausgewählt habe und dessen Seriosität nicht zweifelhaft sei.429 Eine Schmälerung des Bankgeheimnisses wird also unter verschiedenen Voraussetzungen für gerechtfertigt gehalten. Im Ergebnis unterscheiden sich die rechtlichen Meinungen nicht nennenswert von denjenigen zu anderen Berufsgruppen. Eine gewohnheitsrechtliche Festigung kann man daher annehmen. Da die Begründungen jedoch sehr pauschal sind und überwiegend nicht überzeugen, bieten sie im Einzelfall nur wenig Anhaltspunkte für eine Lösung. Hilfreich könnte ein Sonderfall sein, der in letzter Zeit verstärkte Aufmerksamkeit erfahren hat – die Durchsetzung von Not leidenden Forderungen.430 425 Scheer, S. 92; als notwendige Verteidigung gegen schwerwiegende Angriffe des Kunden: Kirchherr in: Sichtermann, S. 181; Sichtermann, 2. Aufl., S. 159 unter Hinweis auf BGH DB 1953, 1031. 426 Dazu bereits S. 439 ff. 427 Cahn, WM 2004, 2041 (2043). 428 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 42. 429 Jobe, WM 2004, 2415 (2419). 430 Zur Forderungsabtretung auch S. 323 ff., S. 398, S. 461 ff., S. 482 f. und Erläuterungen zu den Auswirkungen auf das Verfügungsgeschäft auf S. 516 ff.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses 3. Sonderfall der Not leidenden Forderungen
Unter den Begriff der „Not leidenden“ Forderungen, auch „Non-Performing Loans“ (nachfolgend: „NPL“) genannt,431 fasst man üblicherweise Ansprüche gegen Kunden, die mit ihrer Zahlung an die Bank in Verzug geraten sind oder solche, bei denen die Rückzahlung aus anderen Gründen gefährdet ist, wenn das zu Grunde liegende Kausalverhältnis deshalb gekündigt wurde oder werden könnte.432 In den letzten Jahren sind solche Forderungen auch in Deutschland zum handelbaren Gut geworden und ließen eine eigene Wirtschaftsbranche entstehen.433 Zum Teil stellen die Autoren für die Durchbrechung des Bankgeheimnisses nicht auf die obige Definition der NPL ab, sondern auf den Eintritt eines Sicherungsfalls oder schlichtweg die Forderungsabtretung durch die Bank.434 In Anbetracht der praktischen Relevanz stellt sich die Frage, inwieweit die Kreditinstitute bei einer hierbei geführten Transaktion, meist der Abtretung einer solchen Forderung, das Bankgeheimnis berücksichtigen müssen. In diesem Zusammenhang tauchen die Voraussetzungen, die vorstehend bereits dargestellt sind, in veränderter Form erneut auf. Ein großer Teil des Schrifttums geht davon aus, ein Kunde, der selbst nicht vertragstreu sei, könne sich nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs nicht auf das Bankgeheimnis435 oder ein Abtretungsverbot436 berufen. Unabhängig von dem dogmatischen Anker stützen viele ihr Ergeb431
Synonym hierzu: Sub-Performing, Defaulted, Distressed oder Bad Loans sowie Distressed Debt. 432 In die gleiche Kategorie lassen manche zum Teil auch Forderungen fallen, deren Schuldner eine anderweitige Pflichtverletzung begangen haben, vgl. Beucher/ Räther/Stock, AG 2006, 277 (278); Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1161 f.); Nobbe, ZIP 2008, 97. 433 Zu Geschichte und Bedeutung des NPL-Marktes sowie den Begrifflichkeiten: Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 ff. m. w. N.; Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085 ff.; Hamberger/Diehm, Die Bank 2004, 182 ff. (aus wirtschaftlicher Sicht); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 f., 1568; Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 ff.; Rinze/Heda, WM 2004, 1557 ff.; Schalast/Safran, NJW 2008, 1486; Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer, DB 2005, 1367 ff. – Nachw. aus der Presse z. B. bei Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (166 Fn. 8). 434 Früh, WM 2000, 497 (504); Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491 (494); Reifner, BKR 2008, 142 (144) unterscheidet zwischen angebahnten, laufenden, gestörten und gekündigten Krediten. 435 So OLG Celle WM 2004, 1384 (1385); Böhm, BB 2004, 1641 (1643); Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 29, 42; Früh in: Hellner/Steuer, Rn. 3/138 l; Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1573); Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1162); Kuder, ZInsO 2004, 903; vgl. auch Beckhusen in: Derleder/Knops/ Bamberger, § 5 II Rn. 52. 436 Diesen Gesichtspunkt nennen Böhm, BB 2004, 1641 (1643); Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (168); Kuder, ZInsO 2004, 903.
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nis auf eine Güterabwägung, bei der die Interessen des Kreditinstituts an einer Verwertung ihrer Forderungen gegenüber den Geheimhaltungsinteressen des Kunden überwiegen.437 Vereinzelt lassen die Autoren die genaue dogmatische Einordnung offen oder bleiben nebulös, gehen für diese Fälle indes jedenfalls von einer Grenze des Bankgeheimnisses aus.438 Eine andere Argumentationslinie zieht einen Vergleich zu den Geheimnisträgern i. S. d. § 203 StGB: Bei ihnen dürfe ein Geheimnis zur Durchsetzung einer Honorarforderung offenbart werden. Dies gelte insbesondere bei der gerichtlichen Geltendmachung als letztem Mittel, soweit die Preisgabe hierfür zwingend erforderlich ist.439 Ferner seien die von § 203 StGB erfassten Geheimhaltungspflichten eingeschränkt, wenn die Berufsträger ihre Forderungen zum Zwecke des Inkassos durch Dritte abtreten und dabei die Informationen zu den Schuldnern weitergeben. Beim nicht strafbewehrten Bankgeheimnis müsse dies erst recht gelten.440 Auch die BaFin schlug bisher keine klare Linie zu einer Lösung vor.441 4. Eigene Stellungnahme und Konkretisierung der Voraussetzungen
Die Durchsetzung einer Leistungspflicht kann dem aus dem Vertrauensverhältnis resultierenden Bankgeheimnis vorgehen.442 Sie kann und muss die Schutzpflicht überlagern, weil die Leistungsbeziehung den Hauptzweck der Geschäftsverbindung bildet. Da die Parteien ihren geschäftlichen Kontakt auf diesem Leistungsverhältnis aufbauen wollen, verlangt die Privatautonomie nach dem Vorrang der Leistungsbeziehung, wenn sie mit einer Schutzpflicht in Konflikt gerät.443 Unerheblich ist dabei, ob das Kreditinsti437
Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (280); Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165
(170). 438 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 42; Cahn, WM 2004, 2041 (2046 f.); Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost, BankR I Rn. I 200 m. w. N.; Langenbucher, BKR 2004, 333 (334); Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1559); LG Mainz, Urteil vom 23.7.2003, 3 S 42/03 (veröffentlicht bei juris), Rn. 10: überwiegendes Eigeninteresse. 439 Vgl. BGHZ 115, 123 (129) m. w. N. 440 Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1162). 441 Vgl. BaFin, Jahresbericht 2006, S. 132: „Ein weiteres Spannungsfeld ergibt sich aus dem Bankgeheimnis bzw. generell dem Datenschutz: Banken sind verpflichtet, die Daten ihrer Kreditnehmer vertraulich zu behandeln. Umgekehrt basiert das Geschäftsmodell der NPL-Investoren gerade auf detaillierten Schuldnerinformationen. Im Interesse der Marktintegrität und auch um eigene operationelle Risiken zu vermeiden, sind die Marktteilnehmer gefordert, hier tragfähige Lösungen zu entwickeln.“ 442 Hierzu z. B. S. 181 ff., 441 ff.; vgl. zu Überschneidungsproblemen von Schutz- und Leistungsverhältnis Grigoleit, FS Canaris, S. 275 (295 ff.). 443 Dies gilt jedenfalls, soweit die Schutzpflicht wie das Bankgeheimnis nicht zwingender Natur ist.
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tut Kläger oder Beklagter ist, weil der Leistungszweck auf beiden Seiten Schutzpflichten überlagern kann. Diese Durchbrechung ist somit im Grundsatz für das Bankgeheimnis anzuerkennen. Doch ist zu prüfen, unter welchen genauen Voraussetzungen die Leistungsbeziehung mit dem Bankgeheimnis kollidiert. Nach der hier zu Grunde gelegten Ansicht darf das Bankgeheimnis das Kreditinstitut nicht daran hindern, seine Forderungen durchzusetzen und so zu verwerten, wie es bei ordnungsgemäßer Erfüllung durch den Kunden möglich gewesen wäre. Das Bankgeheimnis darf also vom Kunden nicht dazu ausgenutzt werden, seine Leistungspflichtverletzung (z. B. die vertragswidrige Nichtrückzahlung eines Darlehens) zu verstärken. a) Keine prozessualen Nachteile bei der gerichtlichen Durchsetzung Allein aus dieser Überlegung folgt, dass die Bank, wenn sie eine Forderung gerichtlich einklagt, keine prozessualen Nachteile haben darf. Im Erkenntnis- und Zwangsvollstreckungsverfahren darf sie Sachverhalte aus der Geschäftsverbindung (vor allem Kreditunterlagen) somit aufdecken, soweit dies zur Begründung des Anspruchs erforderlich ist.444 Denn sonst wäre das Bankgeheimnis der Grund, weshalb der Gläubiger sein Leistungsinteresse nicht realisieren kann. b) Erforderlichkeit der Offenbarung für die außergerichtliche Durchsetzung Neben der gerichtlichen Durchsetzung und Verwertung von Ansprüchen ist für das Bankgewerbe in erster Linie der Verkauf und die Abtretung von Forderungen von Interesse.445 Ob dies im Rahmen von ABS-Transaktionen,446 mittels einer Übertragung an Inkassounternehmen oder anderweitig geschieht, spielt für das Geheimhaltungsinteresse des Kunden keine Rolle. Denn der Zessionar ist aus Kundensicht immer Dritter, so dass ihm gegenüber die Pflicht zur Vertraulichkeit besteht.447 Hinzu kommt die Überlegung, dass der Bankkunde das Kreditinstitut als seinen Vertragspartner im Falle einer Abtretung gerade in einer Krisensituation verliert. In der Vergan444 Wohl unstreitig: Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 42; Cahn, WM 2004, 2041 (2043); Jobe, WM 2004, 2415 (2419); Kümpel, Rn. 2.174; Lang, ZBB 2006, 115 (123). 445 Zur Forderungsabtretung auch S. 323 ff., S. 398, S. 462 ff., S. 482 und Erläuterungen zu den Auswirkungen auf das Verfügungsgeschäft auf S. 516 ff. 446 Vgl. Fn. 358. 447 Vgl. S. 323 ff.
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genheit war es üblich, dass die Banken mit ihren Kunden in einem solchen Fall über eine Fortführung und Rettung des Kreditengagements (schon aus eigenem Interesse heraus) vertrauensvoll verhandelten. Demgegenüber ist der Erwerber einer Forderung meist ausschließlich an einer schnellen Liquidität durch Veräußerung von Sicherheiten interessiert.448 Das Vertrauensverhältnis zum Kunden ist deshalb stärker tangiert als bei anderen Schuldverhältnissen. Wie die obige Darstellung zeigt, bleibt die Literatur in Bezug auf die Rahmenbedingungen vage, unter denen für die Zwecke einer Forderungsdurchsetzung oder -verwertung Ausnahmen vom Bankgeheimnis bestehen.449 Die folgenden Überlegungen versuchen, die Voraussetzungen mit Hilfe der oben angestellten systematischen und teleologischen Erwägungen450 zu konkretisieren. Erforderlich ist eine Datenübermittlung an Dritte regelmäßig erst, wenn die Durchbrechung des Bankgeheimnisses das geeignete Mittel ist, um den Zweck – Erfüllungsinteresse der Bank – zu fördern.451 aa) Sicherung des Leistungsinteresses mit Hilfe einer Datenübermittlung an Dritte Das Leistungsinteresse ist gefährdet, wenn der Kunde einen durchsetzbaren Anspruch nicht erfüllt (insbesondere, wenn er sich in Verzug befindet) oder gemäß § 490 Abs. 1 BGB452 eine Vermögensverschlechterung bei ihm eintritt.453 Eine Pflichtverletzung des Kunden liegt bei § 490 Abs. 1 BGB nicht vor, doch geht das Gesetz davon aus, dass hier das Leistungsinteresse gefährdet ist.454 Die Gefährdung des Äquivalenzinteresses allein 448
Reifner, BKR 2008, 142 (143). Vgl. zudem Nobbe, ZIP 2008, 97 (99), der darauf hinweist, dass ein Investor als Erwerber in der Regel über keine bankrechtliche Erlaubnis verfügt, die Weiterführung ungekündigter Kredite jedoch ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft darstellt. 449 Vgl. S. 446 ff. 450 Vgl. S. 441 ff. 451 Eingehend zum Vorrang der Leistungspflicht gegenüber der Schutzpflicht: Grigoleit, FS Canaris, S. 275 (296). Auf das Erfüllungsinteresse stellt – auch wenn er dies anders formuliert – ab C. R. Wolf, S. 77 ff. m. w. N., der dies unter den Punkt „Wahrnehmung berechtigter Interessen“ fasst und im Rahmen des Notstandes prüft (gegenwärtige Gefahr für die wirtschaftlichen Interessen des Arztes). 452 Kündbar ist ein Darlehen danach wegen einer wesentlichen Vermögensverschlechterung beim Darlehensnehmer oder einer Verschlechterung der Werthaltigkeit einer Sicherheit. 453 Vgl. C. R. Wolf, S. 80 ff. (Prüfung über § 34 StGB). 454 Zudem wird dies im Vertrag meist auch durch Einbeziehung der AGB, namentlich Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken oder Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen, klargestellt.
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ist jedoch nach der hier vertretenen Auffassung noch keine hinreichende Bedingung für die Preisgabe von Informationen, die dem Bankgeheimnis unterliegen. Ebenso wenig kann die Tatsache, dass ein Kreditverhältnis gekündigt wurde oder gekündigt werden könnte, die alleinige Bedingung für eine Durchbrechung sein. Denn die Leistungsebene als solche ist von der gesetzlichen Sonderverbindung (dem Vertrauensverhältnis) zunächst unabhängig: Es ist nicht die Pflicht zur Geheimhaltung, welche die Leistungsstörung verursacht oder ihre Beseitigung fördert. Die Durchbrechung der Verschwiegenheit kann der Bank die gewünschte Leistung nicht verschaffen. Zu voreilig ist insoweit die herrschende Meinung, die im Falle des Verzugs eines Kunden dem Bankgeheimnis allein deshalb eine Grenze setzt, weil ein vertragswidriges Verhalten vorliegt.455 Sie hält einen Forderungseinzug über ein sorgfältig ausgewähltes Inkassobüro und den Forderungsverkauf an einen Dritten mit dem entsprechenden Datentransfer ohne Zustimmung des Kunden für zulässig. Seine Berufung auf das Bankgeheimnis sei rechtsmissbräuchlich.456 Zu Recht weist Bruchner darauf hin, die Datenübermittlung müsse erforderlich sein. Er spricht sich dafür aus, persönliche Daten des Kunden unkenntlich zu machen.457 Dieser Ansatz ist richtig: Soweit die Offenlegung für die Anspruchsdurchsetzung notwendig ist, überlagert das Äquivalenzinteresse die Schutzpflicht. Im Übrigen ist ein Mittel zu wählen, das die Geheimhaltungspflicht möglichst weitgehend aufrechterhält. Erforderlich ist die Offenbarung also erst, wenn es keine mildere Mittel zur Durchsetzung der Ansprüche gibt, die gleichermaßen geeignet sind, das Erfüllungsinteresse zu fördern.458 bb) Vorrang der Dispositionsfreiheit des Kunden Man kann bei der Dispositionsfreiheit des Kunden ansetzen. Um sie zu wahren, besteht eine Pflicht der Bank, vor der Offenlegung der Daten auf die Konsequenz der Nichtzahlung (nämlich den Datentransfer an den Drit455 Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085 (2086); Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 29, 42; Früh, WM 2000, 497 (504). 456 Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085 (2086); Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 29, 42 – einschränkend auf gekündigte Kreditforderungen; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 61 a; Nobbe, WM 2005, 1537 (1547); vgl. auch die neuere Judikatur: OLG Dresden, Beschluss vom 4.2.2007, 8 U 1954/06, S. 5; LG Chemnitz, Urteil vom 25.5.2007, 7 O 1542/06, S. 18; LG Leipzig, Urteil vom 12.9.2006 – 4 O 4370/05, S. 17. 457 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 29. 458 C. R. Wolf, S. 80 ff. hält einen außergerichtlichen Einzug (auch bestrittener Forderungen) über externe Dritte nicht für erforderlich, weil dem Arzt der gerichtliche Weg als milderes Mittel zustehe.
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ten) hinzuweisen. Damit räumt das Kreditinstitut dem Kunden die Möglichkeit ein, die Durchbrechung des Bankgeheimnisses durch Erfüllung der Leistung oder die Stellung weiterer Sicherheiten459 abzuwenden. Eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses ist nicht erforderlich. Zurückgreifen kann man hier – wie Gößmann vorschlug – auf die Rechtsprechung zur Verwertung von abgetretenen Lohn- und Gehaltsansprüchen.460 Danach muss die Bank dem Kunden eine Verwertung so rechtzeitig ankündigen, dass er sich bemühen kann, die ihm drohenden Folgen einer Offenlegung abzuwenden.461 Die Judikatur lehnt sich hierbei an die gesetzlichen Regelungen der §§ 1234, 1273 Abs. 2 BGB, § 368 HGB an.462 Erforderlich ist deshalb neben einer Fälligstellung die Androhung der Offenlegung sowie die Einhaltung einer Wartefrist.463 Dem Kunden wird dadurch die Möglichkeit gegeben, seine Vertragspflichten zu erfüllen oder das Kreditinstitut vom Bankgeheimnis zu befreien.464 Bleibt ein solcher Hinweis der Bank erfolglos, rechtfertigt sich eine Offenbarung des Bankgeheimnisses durch das vorrangige Äquivalenzinteresse. Bei der Forderungsdurchsetzung dürfen die für eine Abtretung oder Einziehung nötigen Kundendaten an die jeweiligen Dritten übermittelt werden. Um den Eingriff in die Geheimhaltung möglichst gering zu halten, sind diese von der Bank sorgfältig auszusuchen und zur Vertraulichkeit zu verpflichten. Auf Art und Höhe der Forderung kann es dabei nicht ankommen.465 Ebenso wenig kann entscheidend sein, ob das Kreditinstitut ein 459
Mit anderem Ansatz, aber gleichem Ergebnis Nobbe, WM 2005, 1537 (1547). Dazu erstmals BGH NJW 1992, 2626 (2627); Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.118. Die Rechtsprechung betrifft zwar die Frage der Wirksamkeit von AGBKlauseln zur Verwertung. Die AGB-Inhaltskontrolle richtet sich aber nach der Frage, ob eine Klausel dem gesetzlichen Leitbild entspricht. Sie ist daher auf das Bankgeheimnis als gesetzliche Pflicht übertragbar. 461 Insbesondere erfahren Dritte dadurch von seiner zweifelhaften Kreditwürdigkeit, vgl. BGH NJW 1992, 2626 (2627); 1996, 847 (848); OLG Köln OLGR 2004, 399 (401); vgl. auch BGHZ 124, 380 (391); BGH NJW 1995, 2219 (2220); einschränkend für vollkaufmännische Unternehmen wegen der weniger gravierenden Folgen einer Offenlegung BGH NJW 1996, 388 (389). 462 Vgl. hierzu die Entscheidungen in der vorstehenden Fn. 461. 463 Sie beträgt 1 Monat (§ 1234 Abs. 2 BGB), bei Handelsgeschäften 1 Woche (§ 368 Abs. 1 HGB). 464 So wohl auch Nobbe, ZIP 2008, 97 (104): „Die kreditgebende Bank kann deshalb aufgrund des Kreditverhältnisses bzw. eines bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) vom Kreditnehmer verlangen, von ihrer aus dem Bankgeheimnis folgenden Verschwiegenheitspflicht befreit zu werden.“ [Hervorhebung nicht im Original] 465 Selbst die Durchsetzung von Minimalforderungen ist m. E. vom Leistungsinteresse gedeckt (a. A.: s. Fundstellen in Fn. 420. Würde man sie ausnehmen, könnte er geringe Restbeträge immer zurückbehalten. Denn bei einer Klage könnte er im460
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
Darlehen bereits wegen Leistungsstörungen des Kunden gekündigt hat oder ob es nur zur Kündigung berechtigt wäre.466 Denn das Interesse an der Erfüllung eines fälligen Anspruchs besteht vor und nach einer Kündigung gleichermaßen. Die Beendigung einer Geschäftsverbindung lässt das Bankgeheimnis fortbestehen.467 cc) Recht zur Verwertung von Sicherheiten Die gleichen Grundsätze wie bei der Forderungsdurchsetzung gelten natürlich auch für die Verwertung von Sicherheiten.468. Steht dem Kreditinstitut eine Verwertung der Sicherheiten zu (vgl. § 1234 BGB, Nr. 17 Abs. 1 AGB-Banken, Nr. 21 Abs. 5 AGB-Sparkassen), ist damit noch nicht zwingend das Recht zur Offenlegung von Kreditnehmerdaten an Dritte verbunden. Insbesondere lässt sich ein solches nicht aus den AGB herauslesen, zumal man die Auslegung unter Berücksichtigung von § 305 c Abs. 2 BGB vornehmen muss. Eine Preisgabe ist auch hier vielmehr nur erlaubt, soweit die Verwertung dies erfordert.469 Daher ist dem Kunden vor einer Sicherheitenverwertung ebenfalls eine anderweitige Leistungserfüllung ohne Datenoffenbarung zu ermöglichen. In der Praxis sollte das Kreditinstitut mit der Verkaufsandrohung i. S. d. § 1234 Abs. 1 BGB (evtl. i. V. m. Nr. 21 Abs. 5 AGB-Sparkassen) die Datenweitergabe ankündigen. Diese Voraussetzung wird vor allem in Fällen augenscheinlich, in denen z. B. die Darlehensforderung eines Kunden weitgehend abbezahlt ist und die Grundschulden veräußert, die von dem dem Kreditnehmer unbekannten Dritten in voller Höhe vollstreckt werden.470 Angesichts der immer noch undurchsichtigen Rechtslage ist ferner der Rat von Lang richtig, Kunde und Kreditinstitut sollten eine Datenoffenlegung im Interesse der Rechtssicherheit im Sicherungsvertrag regeln. mer auf die Wahrung des Bankgeheimnisses pochen. Dies entspräche nicht seinem Zweck und wäre daher rechtsmissbräuchlich. 466 Nobbe, WM 2005, 1537 (1547); a. A. Bomhard/Kessler/Dettmeier, BB 2004, 2085 (2086). 467 Hierzu Darstellung S. 359 f. 468 Bereits die Ausplatzierung einer Not leidenden Darlehensforderung (durch Verkauf und Abtretung) stufen Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 (131) als Verwertungsmaßnahme ein. Dies zeigt, dass sich Durchsetzung und Verwertung im Hinblick auf das Bankgeheimnis kaum trennen lassen, genauso wenig wie Verwertung der Forderung selbst und Verwertung der sie betreffenden Sicherheiten. Man sollte die Fälle daher gleich behandeln. 469 Cahn, WM 2004, 2041 (2047); Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 (131). 470 Dazu Reifner, BKR 2008, 142 (143).
§ 72 Zusammenstellung einzelner Fallgruppen
469
dd) Zwischenergebnis Prinzipiell richtig ist die Auffassung, bei NPL dürfe das Kreditinstitut das Bankgeheimnis durchbrechen.471 Zum einen muss man konkretisieren, was NPL oder „Not leidend“ überhaupt heißt: Maßgebend ist allein, ob das Leistungsinteresse gefährdet ist. Das ist regelmäßig der Fall, wenn der Bank ein Recht zur Kündigung des Kreditvertrags zusteht. Zum anderen muss die Durchbrechung des Bankgeheimnisses zur Sicherung des Leistungsinteresses erforderlich sein. Zu verneinen ist dies, wenn das Kreditinstitut stattdessen (andere) Sicherheiten verwerten oder der Kunde andere Möglichkeiten zur Erfüllung des Äquivalenzinteresses anbieten kann.472 Notwendig ist deshalb ein entsprechender Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Leistungsgefährdung, damit der Kunde in die Lage versetzt wird, einen Geheimnisbruch zu verhindern. Die gleichen Grundsätze gelten bei der Verwertung von Sicherheiten, wenn mit ihr die Übermittlung von kundenbezogenen Informationen einhergeht. III. Fallgruppe 3: Offenbarung zur Verteidigung gegen Angriffe Zur Offenbarung ist ein Kreditinstitut zudem befugt, wenn sie zur Verteidigung gegen einen Rechtsangriff des Kunden (z. B. Regressansprüche, strafrechtliche Vorwürfe) erforderlich ist.473 Diese Ausnahme findet sich auch bei den übrigen beruflichen Schweigepflichten.474 Dagegen gehen die Meinungen im Hinblick auf Angriffe Dritter auseinander.475 Nach richtiger Ansicht können sie eine Einschränkung der Geheimhaltungspflicht prinzipiell nicht rechtfertigen. Dies zeigen folgende Überlegungen:
471
Dazu S. 462. Enger C. R. Wolf, S. 80 ff. – vgl. Fn. 458. 473 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 58; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 67; Kirchherr in: Sichtermann, S. 181; Sichtermann, 2. Aufl., S. 159; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/926. 474 BGHSt 1, 366 (368); Borgmann/Haug, § 24 Rn. 165; Eylmann in: Henssler/ Prütting, § 43 a Rn. 86; Feuerich/Braun, § 43 a Rn. 28; Gräfe/Lenzen/Schmeer, S. 92 Rn. 164 (nur bei Regressansprüchen); Jessnitzer/Blumberg, § 43 a Rn. 2; Kleine-Cosack, § 43 a Rn. 12; Sandkühler in: Arndt/Lerch/Sandkühler, § 18 Rn. 61; Schippel, § 18 Rn. 50; Zuck in: Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich, § 42 Rn. 18 ff. 475 Diese Unterscheidung betont Eylmann in: Henssler/Prütting, § 43 a Rn. 86 ff. – Anwalt; wohl a. A. BGHSt 1, 366 (368). 472
470
8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses 1. Zivilprozesse mit Klienten als Gegenpartei
Ist der Klient der Gegner in einem Zivilgerichtsverfahren, insbesondere im Regressprozess gegen den Berufsträger, findet die Schweigepflicht dort ihre Grenze. Dies ist für alle Verschwiegenheitspflichten anerkannt, auch für das Bankgeheimnis.476 Denn ein Kunde darf das Bankgeheimnis nicht als Mittel benutzen, um sich prozessuale Vorteile zu verschaffen.477 Auf diese Weise würde er die Verschwiegenheit zweckentfremden. Um einen solchen Rechtsmissbrauch zu verhindern, gingen manche Gerichte folgenden Weg: Eine Nichtbefreiung von der Geheimhaltungspflicht könne der entbindungsbefugten Partei bei der Beweiswürdigung oder der Beweislastverteilung nachteilig werden.478 Dieses Vorgehen überzeugt, da es die Dispositionsfreiheit des Kunden unberührt lässt und gleichzeitig dem Kreditinstitut prozessual keine Nachteile durch die Geheimhaltungspflicht entstehen. Sollte dieser Weg aus besonderen Gründen in einem Prozess versperrt sein, verlangt das Prinzip der Waffengleichheit als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes479 nach einer Lockerung der Geheimhaltung. Denn sonst wäre der jeweilige Berufsträger seinem Klienten ausgeliefert. Mit seiner aktiven Handlung trägt der Kunde das Wissen selbst nach außen und lässt eine Öffnung seiner Rechtssphäre zu. Er verhielte sich widersprüchlich, würde er dennoch auf die Einhaltung des Bankgeheimnisses pochen. Soweit also eine Lösung über das Beweisrecht nicht möglich und 476
Zum Bankgeheimnis: Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 42; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 58; Kümpel, Rn. 2.174; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/926; unklar, aber wohl auch Kirchherr in: Sichtermann, S. 181, Sichtermann, 2. Aufl., S. 159 sowie BGH DB 1953, 1031, die jeweils von „Verteidigung“ der Bank im Prozess sprechen; zu anderen Schweigepflichten: E. Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 477; Eylmann in: Henssler/Vaasen, § 18 Rn. 63; Feuerich/Braun, § 43 a Rn. 28; Friedlaender, Exkurs I zu § 28 Anm. 29, S. 164 m. w. N.; Goedel, S. 339 ff.; Gräfe/Lenzen/Schmeer, S. 92 Rn. 164; Gutjahr in: von Olshausen, § 300 Anm. 9 h), S. 1689 m. w. N.; Schippel, § 18 Rn. 50; Schumann, FS Henckel, S. 773 (792); Spickhoff in: Soergel, § 823 Anh I Rn. 256 m. w. N.; Zuck in: Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich, § 42 Rn. 18 – alle m. w. N. 477 Ähnlich Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 58 und im Arztrecht E. Deutsch/ Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 477, der sich auf ein Urteil stützt. Vgl. auch LG Leipzig, Urteil vom 12.9.2006 – 4 O 4370/05, S. 17. 478 BGH ZIP 1983, 735 (737 f.) m. w. N.; OLG München MittBayNot 1986, 140 (141); Borgmann/Haug, § 24 Rn. 167; Greger in: Zöller, § 385 Rn. 13; Hartmann in: Baumbach, § 385 Rn. 10; Reichold in: Thomas/Putzo, § 385 Rn. 5. 479 Zum Grundsatz der Waffengleichheit Schumann in: Stein/Jonas, 20. Aufl., Einl. Rn. 506; ders., FS BGH, S. 3 (40); Vollkommer, FS K. H. Schwab, S. 503 ff. m. w. N.; zur Waffengleichheit als Argument für eine Durchbrechung der ärztlichen Schweigepflicht Spickhoff in: Soergel, § 823 Anh I Rn. 256.
§ 72 Zusammenstellung einzelner Fallgruppen
471
eine Waffengleichheit nicht anders hergestellt werden kann, muss dem Kreditinstitut eine Weitergabe von Informationen erlaubt sein.480 2. Zivilprozesse mit Dritten als Gegenpartei
Die Begründung zeigt bereits, dass zivilrechtliche Angriffe von Dritten eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses nicht rechtfertigen können.481 Es ist nicht einzusehen, weshalb ein Rechtsstreit zwischen Kreditinstitut und Drittem auf dem Rücken des Kunden ausgetragen werden sollte.482 3. Strafverfahren
Bei Strafverfahren ist der Ausgangspunkt ein anderer. Belastet der Kunde die Bank mit strafrechtlichen Vorwürfen, berühren diese das Vertrauensverhältnis aus der Geschäftsverbindung. Denn sie betreffen das Integritätsinteresse des Vertragspartners. Genauso wenig wie dem Kreditinstitut bei einem „fremden“ Verfahren aus dem Bankgeheimnis ein strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht erwächst, darf es ihm in der Rolle des Beschuldigten versagt sein, sich fundiert gegen die Angriffe des Kunden zu verteidigen.483 Dies muss jedenfalls gelten, soweit die Angriffe mit der Geschäftsverbindung zum Kunden zu tun haben.484 Denn insoweit öffnet der Kunde durch seinen Angriff seine Rechtssphäre oder setzt durch seine eigene Straftat die Ursache für die Strafverfolgung des Berufsträgers. In diesem Umfang muss er mit einer Verteidigung rechnen und nimmt sie durch das Ergreifen der Initiative in Kauf.485 480
Den Weg über ein konkludentes Einverständnis geht BGH WM 1986, 426
(429). 481
Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 58; einschränkend A. Weber in: Hellner/ Steuer, Rn. 2/926 („besonders strenge Anforderungen“); für andere Schweigepflichten: Feuerich/Braun, § 43 a Rn. 29 – verfehlt jedoch seine Einschränkung bei Geheimnissen, die „objektiv von nur untergeordneter Bedeutung“ sind; Schumann, FS Henckel, S. 773 (792 f.); Zuck in: Lingenberg/Hummel/Zuck/Eich, § 42 Rn. 20; vgl. auch Schippel, § 18 Rn. 50, der sich auf zwei Urteile stützt, in denen es um die Durchsetzung des Gebührenanspruchs eines Notars ging; wohl a. A., aber sehr pauschal gehalten: Sandkühler in: Arndt/Lerch/Sandkühler, § 18 Rn. 61. 482 So auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 58. 483 Im Ergebnis bei Anwalt und Arzt auch Schumann, FS Henckel, S. 773 (792). 484 So im Fall BGH MDR 1956, 625 (626), bei dem der Anwalt der Beteiligung an einer Straftat des Mandanten (Falschaussage) beschuldigt wurde – das Gericht betonte hier zusätzlich das Interesse der Allgemeinheit an der Berichtigung einer Falschaussage. 485 Selten werden dies Fälle sein, in denen das Strafverfahren mit der Geschäftsverbindung nichts zu tun hat, die Bank Einzelheiten daraus aber für ihre Verteidigung einsetzen (also das Bankgeheimnis durchbrechen) möchte. Doch selbst wenn
472
8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
Geht es um ein Strafverfahren, das nicht der Kunde in Gang brachte, muss etwas anderes gelten: Dass das Gericht dem Berufsträger seine Straftat beweisen muss und ihm sein Schweigen nicht strafschärfend anlasten darf, ergibt sich aus Art. 103 Abs. 2 GG sowie dem Strafprozessrecht. Eine Preisgabe der Mandantengeheimnisse zur eigenen strafprozessualen Verteidigung auf Kosten des Mandanten ist grundsätzlich nicht erforderlich.486 In Betracht kommt jedoch die Berufung auf § 34 StGB. Ein wesentliches Überwiegen der Eigeninteressen des Berufsträgers liegt nach der hier vertretenen Ansicht vor, wenn die Vorwürfe gegen ihn unbegründet sind und dem Kunden durch die Offenbarung keine wesentlichen Schäden entstehen können.487 In den übrigen Fällen wird die Einzelfallabwägung in der Regel zu Lasten der Bank gehen. Sie muss in Kauf nehmen, dass entweder ihre strafrechtliche Verteidigung leidet oder sie Ansprüchen wegen Verletzung des Bankgeheimnisses ausgesetzt wird. IV. Fallgruppe 4: Schwerwiegende Nachteile beim Pflichtigen – wenig bedeutendes Geheimnis beim Klienten Nach vereinzelten Literaturstimmen darf ein Anwalt zudem ein objektiv wenig bedeutendes Geheimnis des Mandanten offenbaren, wenn er damit schwerwiegende Nachteile für sich abwenden könne.488 Ein dahingehendes Gewohnheitsrecht ist nicht ersichtlich, erst recht nicht beim Bankgeheimnis. Anzuerkennen ist eine solche Ausnahme deshalb lediglich dort, wo sie sich auf die allgemeinen Rechtfertigungsgründe und hier wiederum auf § 34 ein Kunde ein Strafverfahren veranlasst, das seine Bankverbindung inhaltlich nicht betrifft (z. B. Verdacht einer Bilanzfälschung der Bank), kann nichts anderes gelten. Unsere Rechtsordnung sieht keine Anzeigepflicht bei Kenntnis von Straftaten vor. Der Kunde greift die Bank hierbei also ohne Not an. Falls Tatsachen aus der Geschäftsverbindung für das Verfahren Bedeutung haben können, darf das Kreditinstitut sie zur Verteidigung einsetzen. Beispiel: Soll der Kunde als Zeuge aussagen, darf die Bank seine Glaubwürdigkeit mit Tatsachen aus der Geschäftsverbindung erschüttern (z. B. wenn der Kunde bereits im Rahmen der Geschäftsverbindung als Querulant aufgefallen ist). 486 Wie hier Schumann, FS Henckel, S. 773 (794); unklar insoweit (zum Anwalt) BGHSt 1, 366 (368) – wohl a. A.; ihm folgend Goedel, S. 341 – Arzt; anders als hier für den Arzt auch Woesner, NJW 1957, 692 (694) – ohne Begründung („jedoch nur im Rahmen des Unerläßlichen“). 487 Etwas weiter geht Lenckner in: Schönke/Schröder, § 203 Rn. 33, der die Erforderlichkeit bei der Gefahr einer unbegründeten strafrechtlichen Verfolgung offensichtlich immer bejahen möchte. – Wesentlich werden die Schäden beim Kunden regelmäßig sein, wenn Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse des Kunden oder pikante Details seines Privatlebens gelüftet werden. 488 Feuerich/Braun, § 43 a Rn. 29; vgl. auch Zuck in: Lingenberg/Hummel/ Zuck/Eich, § 42 Rn. 20.
§ 74 Bisheriger Umgang mit dem Interessenkonflikt
473
StGB (analog) stützen kann. Neben den bereits angestellten Erwägungen zum Notstand, die hier entsprechend gelten,489 ist erneut auf die Notwendigkeit einer gegenwärtigen Gefahr hinzuweisen. Es sind kaum Fälle denkbar, in denen die Voraussetzungen von § 34 StGB vorliegen. 7. Abschnitt
Interessen anderer Bankkunden Ein weiteres Problem ergibt sich bei einem Eingriff in das Bankgeheimnis zugunsten anderer Kunden. Wie bei jeder Pflichtverletzung können allgemeine Rechtfertigungsgründe eine Haftung ausschließen, insbesondere der Notstand.490 Der Frage, ob das Bankgeheimnis darüber hinaus Ausnahmen kennt, widmen sich die folgenden Abschnitte.
§ 73 Konflikt mit Aufklärungsansprüchen Ein Interessenkonflikt der Bank kann vor allem dadurch entstehen, dass sie einem Kunden eine Information mitzuteilen verpflichtet ist, die dem Bankgeheimnis eines anderen Kunden unterfällt. Ähnlich wie bei der Frage des inneren Bankgeheimnisses geht es auch beim äußeren um das Aufeinandertreffen der Diskretionspflicht einerseits und der bankrechtlichen Mitteilungs- oder Warnpflichten andererseits. Noch im Jahre 1975 merkte Hopt zu diesem Aspekt an, eine Lösung der Interessenkollisionen zwischen Verschwiegenheits- und Aufklärungspflichten sei „bisher im deutschen Recht auch nicht in Ansätzen entwickelt“.491
§ 74 Bisheriger Umgang mit dem Interessenkonflikt Für den Wertpapierhandel wird das Problem in § 33 Abs. 1 Nr. 3 WpHG aufgegriffen.492 Die Wertpapierdienstleistungsunternehmen, also insbeson489
Vgl. S. 426. Eine rechtfertigende Pflichtenkollision scheidet hingegen aus – näher hierzu oben S. 427 f. 491 Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 449. 492 Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss danach „auf Dauer wirksame Vorkehrungen für angemessene Maßnahmen treffen, um Interessenkonflikte bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Wertpapiernebendienstleistungen zwischen ihm selbst einschließlich seiner Mitarbeiter und der mit ihm direkt oder indirekt durch Kontrolle im Sinne des § 1 Abs. 8 des Kreditwesengesetzes verbundenen Personen und Unternehmen und seinen Kunden oder zwischen seinen Kunden zu erkennen und eine Beeinträchtigung der Kundeninteressen zu vermeiden“. 490
474
8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
dere die Banken, werden darin angehalten, solche Konflikte durch organisatorische Maßnahmen zu umgehen.493 Ähnlich vertritt Horn eine Art „Präventivstrategie“, wenn er meint, die Bank müsse sich in Kollisionsfällen um eine Befreiung vom Bankgeheimnis bemühen.494 Es wäre jedoch wirklichkeitsfremd, ginge man davon aus, auf diesem Weg könnten Pflichtenkollisionen völlig vermieden werden.495 So richtig diese Erwägung zur Problemvermeidung sein mag, sie versagt spätestens, wenn der Kunde auf die Einhaltung der Vertraulichkeit beharrt.496 Räumt man das Aufeinandertreffen von zwei gegenläufigen Schutzpflichten der Bank ein, gerät man dogmatisch in Bedrängnis.497 Vereinfacht dargestellt gibt es zwei Lösungsansätze in diesem Bereich. Eine erste Meinung nimmt eine Güterabwägung vor, während eine zweite von einem grundsätzlichen Vorrang der Verschwiegenheitspflicht ausgeht.
§ 75 Güterabwägung Wie die ältere strafrechtliche Dogmatik498 pochen aktuelle Gerichtsentscheidungen499 sowie die herrschende Literaturansicht500 – jeweils ohne 493 Drexl, Bankrechtstag 2002, S. 117 Fn. 91; zu den Chinese Walls des WpHG z. B. Schröter, Bankrechtstag 2002, S. 179 ff. 494 Horn, ZBB 1997, 139 (146); ders. in: Staudinger, § 765 Rn. 185. 495 Aus gutem Grund formulierte der Gesetzgeber den Wortlaut der Norm vorsichtig: . . . „muss so organisiert sein, dass“ . . . „Interessenkonflikte“ . . . „möglichst gering sind“. 496 Dies wird in der Praxis am wahrscheinlichsten sein, weil Warnpflichten typischerweise nur dann bestehen, wenn die finanzielle Lage des Kunden Anlass zur Sorge gibt. 497 Die Schwierigkeit des Umgangs mit diesem Zwiespalt betonen auch Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 23 zur Bürgschaft; Heinsius, ZHR 145 (1981), 177 (193 f.); Hopt, FS Heinsius, S. 303; Horn, AGB-Banken, S. 91 f.; Petersen, S. 79. 498 Vgl. die ältere Literatur, z. B. Gutjahr in: von Olshausen, § 300 Anm. 9 g), S. 1688 (. . . „wenn eine höhere Pflicht die Offenbarung unter Verletzung der Verschwiegenheitspflicht fordert“) m. w. N.; ähnlich RGSt 38, 62 (63 f.). 499 BGH NJW 1991, 693 (694) unter Berufung auf die Literatur – ließ offen, ob das Geheimhaltungsinteresse eines konkursreifen Unternehmens in der Regel hinter den Belangen des schutzbedürftigen Darlehensnehmers zurückzutreten hat; vom Grundsatz her auch BGHZ 107, 104 (109 f.) – zum verfehlten Ausgangspunkt dieser Entscheidung s. S. 484 f. 500 Bruchner in: Bruchner/Stützle, Leitfaden, S. 25; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 60, 105, der im Wertpapierrecht jedoch für einen Vorrang des Bankgeheimnisses eintritt, vgl. ders., Bankvertragsrecht (1981), Rn. 1893; Christopoulou, S. 89; Emmerich, JuS 1991, 422; Hadding/Häuser in: MünchKomm HGB, ZahlungsV, Rn. A 157; Hopt, FS Gernhuber, S. 181; ders., FS Heinsius, S. 303; Horn, AGBBanken, S. 91; Kirchherr in: Sichtermann, S. 182; Stafflage, S. 156; Vortmann,
§ 75 Güterabwägung
475
Begründung – auf eine Einzelfallabwägung der beteiligten Interessen. Auf Grund einer unterschiedlichen Gewichtung führt dies zu verschiedenen Ergebnissen: I. Tendenziell Vorrang der Warnpflicht Ein Teil der Befürworter einer Abwägung tendiert dazu, der Warnpflicht den Vorrang einzuräumen.501 Erst die Annahme ihres Bestehens löst den Konflikt mit dem Bankgeheimnis aus. Vor allem die Rechtsprechung zieht ihre Existenz ausnahmsweise für Fälle in Betracht, in denen der betroffene Geheimnisherr kurz vor der Zahlungseinstellung oder dem wirtschaftlichen Zusammenbruch steht.502 Die daraus entstehende Kollision mit dem Bankgeheimnis thematisiert sie dabei häufig nicht.503 Diese Konstellationen sind es, die manchen Stimmen als Beispiele dienen, mit deren Hilfe sie gleichzeitig das Entstehen und den Vorrang der Aufklärungspflicht begründen; ob sie in anderen Sachverhalten das Bankgeheimnis auch zurücktreten lassen würden, bleibt unklar.504 Der Vorrang wird teilweise so verstanden, dass sich das Kreditinstitut bei seinem Kunden um eine Befreiung vom Bankgeheimnis bemühen müsse.505 Lediglich Horn sucht nach einer Begründung. Er sieht das Recht zur Warnung als eine immanente Schranke des Bankgeheimnisses, mit der sich jeder Bankkunde generell einverstanden erkläre, denn niemand könne erRn. 17, 199, 228, 371; ders., EWiR 1990, 869 (870); wohl auch Lerche, ZHR 149 (1985), 165 (167 f.); Steiner, Kreditwesen 1991, 241 f. 501 Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 60, der betont, dass die Kollisionsfälle sehr selten sein werden, weil eine Warn- oder Beratungspflicht engen Voraussetzungen unterliegt; Emmerich, JuS 1991, 422; Horn, AGB-Banken, S. 91 f.; näher hierzu Becker, S. 176 ff. m. w. N.; beschränkt auf die Überweisung an einen konkursreifen Kunden Obermüller, ZIP 1981, 1045 ff. 502 Vgl. hierzu die Darstellung sowie die Nachw. bei Möschel, AcP 186 (1986), 187 (212). 503 Z. B. BGH WM 1960, 1321 (1322 unter III); 1961, 510 (511 unter III 3); OLG Köln NJW-RR 1990, 755 (756); Konflikt ebenfalls nicht genannt bei Möschel, AcP 186 (1986), 187 (216 f.) und Martinek in: Staudinger, § 665 Rn. 9; angesprochen hingegen bei BGH WM 1986, 1409 f. – die Kundin war allerdings selbst eine Bank. 504 BGH WM 1986, 1409 f.; LG Hamburg ZIP 1988, 1538 (1540); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 60, 105; Hellner, ZHR 145 (1981), 123 f. (Sanierungsbemühungen endgültig gescheitert); Vortmann, Rn. 199; ders., EWiR 1990, 869 (870); ähnlich Hadding/Häuser in: MünchKomm HGB, ZahlungsV, Rn. A 159; unklar Hefermehl in: Schlegelberger, HGB, Anh. § 365 Rn. 22, der auf die Warnpflicht in diesen Fällen, aber auch auf die strikte Einhaltung des Bankgeheimnisses hinweist; alle Fundstellen ohne nähere Argumentation. 505 OLG Hamm ZIP 1982, 1061; LG Hamburg ZIP 1988, 1538 (1540); Vortmann, Rn. 199.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
warten, dass sein Bankgeheimnis in der Weise gewahrt werde, dass es zur Schadensfalle für andere Kunden werde.506 Gegen die Herangehensweise von Horn spricht die allgemeine Lebenserfahrung. Eine Warnung vor einer schlechten Vermögenslage ist vor allem nicht im Interesse des Kunden, wenn er finanziell tatsächlich Schwierigkeiten hat. Denn das Bekanntwerden dieser Situation kann ihm hier am meisten schaden. Ausgehend von einer Interessenabwägung wies Petersen zu Recht darauf hin, das Bankgeheimnis dürfe nicht gerade dort außer Kraft gesetzt werden, wo es die vitalen Interessen des Kunden berührt. Eine Interessenabwägung müsse daher in aller Regel zu Gunsten des finanziell angeschlagenen Bankkunden ausgehen.507 Es ist nicht die Aufgabe einer Bank, in die Verteilung der Risiken zwischen zwei Geschäftspartnern über eine Warnung einzugreifen.508 Ein konkludentes Einverständnis des Kunden mit einer Geheimnisoffenbarung anzunehmen, ist wirklichkeitsfremd.509 Ein überzeugendes Argument, weshalb die Informationspflicht gegenüber dem Bankgeheimnis Priorität genießen sollte, ist mithin nicht ersichtlich.510 Dieser Tendenz, mag sie auch die derzeit herrschende sein, ist deshalb nicht zu folgen. II. Tendenziell Vorrang der Verschwiegenheitspflicht Eine zweite Richtung geht ebenfalls den Weg über eine Güterabwägung, lässt jedoch im Grundsatz klar das Bankgeheimnis dominieren. Manche wählen den Weg über den rechtfertigenden oder entschuldigenden Notstand nach §§ 34, 35 StGB.511 Danach setzt eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses neben einem rechtswidrigen Angriff des Kunden oder einer Rechtsgutsgefahr voraus, dass eine Informations- oder Warnpflicht gegenüber der Verschwiegenheitspflicht wesentlich überwiegen muss oder die Gefahr für den Adressaten der Mitteilung nicht anders abwendbar ist.512 Eine andere 506
Horn, AGB-Banken, S. 91 f. Petersen, S. 78 f.; vgl. auch Hellner, ZHR 145 (1981), 109 (124); Obermüller, ZIP 1981, 1045 (1047). 508 So zutreffend Obermüller, ZIP 1981, 1045 (1047). 509 Es ist auch kaum möglich, das Verhalten des Kunden als „venire contra factum proprium“ zu deuten. Denn der Kunde erwartet von der Bank Vertraulichkeit; dass seine Vermögenslage für andere Personen eine Gefahr darstellt, steht zu dieser Erwartung nicht im Widerspruch. 510 Nicht vergleichbar ist der Fall aus BGH WM 1973, 1017 (1019) – Notar, weil sich das Gericht hier ausdrücklich auf eine gesetzlich bestimmte Belehrungspflicht berief. 511 Zur Nothilfe z. B. Vortmann, Rn. 228. Andere legen denselben Maßstab an, ohne sich auf die Normen des Notstandes zu berufen: Geurts/Koch/Schebesta/ Weber, Rn. 66 zu § 34 StGB; Petersen, S. 81. 512 A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/925. 507
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Gruppe verlangt zwar nicht ein wesentliches Überwiegen der Informationspflicht, räumt aber in der Abwägung dem Bankgeheimnis den klaren Vorrang ein.513 Die Ansätze zur Interessenabwägung sind mithin vielfältig.514 Uneingeschränkt zuzustimmen ist den Stimmen, die auf die allgemeinen Rechtfertigungsgründe (Notwehr, Notstand) und die dort vorgesehenen Maßstäbe zurückgreifen.515 Eine Güterabwägung in diesem Rahmen ist notwendig und deshalb im Einzelfall vorzunehmen. Sie führt, wie dargestellt, meist zum Vorrang des Bankgeheimnisses. III. Keine Ausnahme bei gescheiterten Sanierungsbemühungen Nach Vertretern der letztgenannten Auffassung genießt ausnahmsweise doch die Warnpflicht Priorität, wenn Sanierungsbemühungen beim Zah513
RGZ 139, 103 (105); Faßbender, S. 286; Hellner, ZHR 145 (1981), 109 (124); Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 469 (Ausnahme für den Fall, dass die Offenbarung gegenüber einem Effektenanleger für den betroffenen Kunden keine „nicht unerheblichen Nachteile“ mit sich bringt – anders formuliert: bei bloß unerheblichen Nachteilen darf das Kreditinstitut das Bankgeheimnis durchbrechen); Koller in: Assmann/Schneider, § 31 Rn. 51, 79 (der eine Ausnahme annimmt, wenn der Kunde seinerseits eine Pflicht zur Veröffentlichung hätte); Lang, ZBB 2006, 115 (123); G. H. Roth in: Assmann/Schütze, § 12 Rn. 86 f.; ders. in: MünchKomm BGB, § 241 Rn. 142; im Ergebnis auch Obermüller, ZIP 1981, 1045 (1049); zum ähnlichen Problem im Wertpapierrecht: Assmann in: Assmann/Schneider, § 14 Rn. 109 ff. sowie Hefermehl in: Schlegelberger, § 406 Rn. 34. 514 Vereinzelt wirken sie auch hilflos. In sich widersprüchlich und abwegig ist die Argumentation von Stafflage, S. 127: Ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Bankgeheimnisses scheide im Falle einer Informationspflicht aus, weil der Anlageberater und die ihn beratenden Hausjuristen der Bank dem Rechtsirrtum unterliegen, die Aufklärungspflicht sei vorrangig. Es genüge für eine Haftungsverneinung der Bank, dass ihre Justiziare eine sorgfältige Prüfung der Rechtslage nachweisen können, auch wenn sie bei ihnen im Ergebnis zu einem Rechtsirrtum führt. Konsequent zu Ende gedacht, erlaubte diese These der Bank, unqualifizierte Juristen einzustellen, um sich so dem Bankgeheimnis entziehen zu können. Zu oberflächlich Christopoulou, S. 96: Sie begründet einen Vorrang der Aufklärungspflicht mit der gestiegenen Zahl der Anleger sowie der früheren Offenlegung der Information durch den Emittenten selbst. Im letzten Fall kommt es nicht mehr zu einem Pflichtenkonflikt, weil durch die Offenkundigkeit kein Geheimnis mehr vorliegt. 515 So etwa Schwintowski/Schäfer, § 3 Rn. 41 ff.; im Strafrecht auch Roxin, § 16 Rn. 117. Vgl. näher S. 425 f. Bei der Verschwiegenheitspflicht wurde eine Nothilfe angedacht, wenn der Zahlungsempfänger gegenüber dem Überweisenden einen rechtswidrigen Angriff begeht (vgl. Petersen, S. 79 Fn. 334), sowie beim Versuch eines Kreditbetruges: Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 59; Petersen, S. 80; A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/924; ferner z. B. zum Schutz von Kreditinstituten und ihrer Kunden durch Warn- und Suchmeldungen, etwa durch Fälschungen von Wertpapieren und Urkunden sowie zur Aufklärung schwerwiegender Delikte – hierzu A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/928 m. w. N.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
lungsempfänger bereits endgültig fehlgeschlagen sind, weil es dann kein gerechtfertigtes Geheimhaltungsinteresse mehr gebe.516 Canaris greift die Rechtsprechung auf, die an die Zahlungseinstellung oder den bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruch anknüpft.517 Eine solche Ausnahme erscheint nur teilweise angebracht: Richtig in diesem Zusammenhang ist der Hinweis von Obermüller, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sei öffentlich bekannt zu machen, weshalb eine Verletzung des Bankgeheimnisses ab diesem Zeitpunkt ausscheide.518 Das Insolvenzrecht kann insoweit dem Bankgeheimnis gesetzliche Grenzen setzen.519 Ein Konflikt mit einer Warnpflicht besteht hier nicht. Vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen keine Besonderheiten; grundsätzlich muss die Warnpflicht also auch in diesem Fall die (hohe) Hürde des Notstandes nehmen, um das Bankgeheimnis außer Kraft zu setzen.
§ 76 Vorrang der Verschwiegenheitspflicht Eine Lösung des Konfliktes hat sich auch nicht gewohnheitsrechtlich herausgebildet. I. Noch keine Herausbildung von Gewohnheitsrecht Schon das Reichsgericht konstatierte in einer Entscheidung, eine Informationspflicht der Bank gegenüber einem Kunden sei angesichts der Pflicht zur Verschwiegenheit genauer zu prüfen.520 Klar äußerte es sich später in einem ähnlichen Sachverhalt: „Vielmehr darf sie bei der Auskunfterteilung nicht die Verschwiegenheitspflicht verletzen, die ihr dem Kunden gegenüber hinsichtlich seines Geschäftsverkehrs mit ihr und seiner hierbei zu ihrer Kenntnis gelangten Verhältnisse obliegt. Indes folgt daraus doch lediglich, daß sie bei Angaben hierüber nur so weit gehen darf, als sie sein Einverständnis hat oder voraussetzen kann.“521
Ähnlich judizierte der Bundesgerichtshof in zwei Fällen, in denen er erklärte: 516
Hellner, ZHR 145 (1981), 109 (124); Vortmann, Rn. 229. Canaris, Bankvertragsrecht (1981), Rn. 348, 105, 63. 518 Obermüller, ZIP 1981, 1045 (1048), vgl. § 30 Abs. 1 InsO. 519 Dazu bereits S. 388 f. 520 RGZ 126, 50 (52). Da in dem gegebenen Sachverhalt der Sonderfall einer Bankauskunft vorlag, konnte es die Frage offen lassen. 521 RGZ 139, 103 (105). 517
§ 76 Vorrang der Verschwiegenheitspflicht
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„Die Beklagte hatte sich dann zu entscheiden, ob sie ihn [den Auftrag für eine Bankauskunft] annehmen wollte oder ob ihre Pflicht zur Verschwiegenheit die Ablehnung gebot.“522 „Soweit die damals gebotene Aufklärung das Bankgeheimnis verletzt hätte, wäre es Sache der Klägerin [der Bank] gewesen, sich durch die Firma K. gegenüber dem Beklagten davon entbinden zu lassen.“523
Ferner verneinte er in einem weiteren Urteil die Existenz einer Warnpflicht gegenüber einem anderen Kreditinstitut, das einen Kredit der Bank an einen Kunden ablösen wollte.524 Diese Zurückhaltung spricht eher für ein Bankgeheimnis, das einer widerstreitenden Mitteilungspflicht vorgeht. Ähnlich treten im Schrifttum eine Reihe von Autoren (außerhalb der anerkannten Rechtfertigungsgründe) für einen generellen Vorrang des Verschwiegenheitsgebots ein.525 So betont Roth, ein Effektenkunde werde bei einer Beratung nicht damit rechnen, vertrauliche Informationen aus anderweitigen Geschäftsbeziehungen zu erhalten.526 Gewichtig ist auch die Begründung von Obermüller. Mit Recht führt er zum Bereich des Zahlungsverkehrs aus, es sei nicht Aufgabe eines Kreditinstituts, im Massengeschäft auf die Risikoverteilung unter den Parteien des Grundgeschäfts Einfluss zu nehmen.527 Doch kann man trotz dieser Entscheidungen und der Meinungen im Schrifttum noch nicht davon sprechen, Gewohnheitsrecht habe sich herausgebildet. Weder die tatsächliche Bankpraxis noch die Rechtsüberzeugung sind hierfür ausreichend einheitlich.528 II. Ablehnung der Güterabwägung Der Vorrang des Bankgeheimnisses gegenüber einer Warnpflicht ergibt sich jedoch aus systematischen Überlegungen: Jeder Eingriff in die Verschwiegenheitspflicht bedarf eines Rechtfertigungsgrundes. Die rechtfertigende Pflichtenkollision ist im Verhältnis zur Aufklärungs- als einer Hand522
BGH WM 1960, 1321 (1322). BGHZ 72, 92 (104). 524 BGH NJW 1989, 2882 (2883). 525 Heinsius, ZHR 145 (1981), 177 (194); G. H. Roth in: Assmann/Schütze, Rn. 54; im Grundsatz auch Kübler, ZHR 145 (1981), 204 (210); eingehend zu verschiedenen Zahlungsvorgängen Obermüller, ZIP 1981, 1045 (1047 ff.); vgl. zudem Hefermehl in: Schlegelberger, HGB, § 406 Anh. Rn. 34; G. H. Roth in: Assmann/ Schütze, Rn. 54; Stafflage, S. 127 („Unzutreffend geht er davon aus, daß das Bankgeheimnis bei diesem Sachverhalt eine Weitergabe der Informationen an den Investor zuläßt.“) – allerdings mit einer völlig verfehlten Begründung, s. Fn. 514. 526 G. H. Roth in: Assmann/Schütze, Rn. 54. 527 Obermüller, ZIP 1981, 1045 (1049). 528 Dies zeigen die vielfältigen Ansätze, vgl. S. 473 ff. 523
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
lungspflicht nicht anwendbar.529 Kann sich die jeweilige Warnpflicht im Rahmen der Abwägung des Notstandes nicht gegenüber dem Bankgeheimnis durchsetzen, wäre es widersprüchlich, über eine großzügigere Güterabwägung die Umgehung des geschriebenen Rechtfertigungsgrundes zu ermöglichen. Hinzu kommt, dass grundsätzlich bei jeder Geschäftsverbindung ein Bankgeheimnis besteht, eine Warnpflicht aber nur ganz ausnahmsweise in Betracht kommt.530 III. Vermeidbarkeit des Konflikts durch das Kreditinstitut Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Pflichtenwiderstreit für die Bank vermeidbar ist.531 Das Kreditinstitut kann versuchen, beim Kunden eine Entbindung vom Bankgeheimnis zu erwirken. Ist dieses Bemühen nicht erfolgreich, kann die Bank dafür sorgen, dass eine Aufklärungspflicht nicht zum Entstehen kommt. Theoretisch ist die Lösung einfach: Um einen Konflikt zu verhindern, verzichtet sie auf die Bankgeschäfte oder gar die Geschäftsverbindungen, die zu diesem Konflikt führen würden. Ist sie vertraglich bereits eine Pflicht eingegangen, darf sie keine zweite vertragliche Bindung eingehen, die zu einem Interessenzwiespalt führt.532 Praktisch werden die Kreditinstitute solche Konstellationen wegen des Massengeschäfts in den meisten Fällen nicht überblicken können. Doch zeigten bereits die Überlegungen zum inneren Bankgeheimnis eine Lösungsmöglichkeit, nämlich Informationsschranken zwischen den einzelnen Funktionsbereichen der Bank.533 Das Kreditinstitut muss sie so ausgestalten, dass es eine Pflichtenkollision vermeidet. IV. Bank als neutrale Dritte im Verhältnis der Kunden zueinander Hilfreich erscheint es hier, das Verhältnis zwischen dem Bankkunden und dem Dritten (dem anderen Kunden) näher zu beleuchten, demgegenüber die 529
S. 427 f. Ob und wann trotz Geltung des Bankgeheimnisses eine Aufklärungspflicht bestehen kann, soll im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter verfolgt werden. 531 An diesem Aspekt setzen z. B. auch BGHZ 72, 92 (104); BGH WM 1960, 1321 (1322) an. 532 Augenscheinlich wird dies, wenn das Kreditinstitut im Rahmen des gleichen Geschäfts (z. B. beim darlehensfinanzierten Immobilienkauf für Käufer und Verkäufer) für beide Kunden tätig wird, obwohl absehbar ist, dass es zu einem Konflikt zwischen der nötigen Aufklärung gegenüber dem einen Kunden und der Diskretionspflicht gegenüber dem anderen Kunden kommen kann. 533 Vgl. S. 312 ff. 530
§ 76 Vorrang der Verschwiegenheitspflicht
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Bank eine Aufklärungspflicht haben soll. Richtig ist die Würdigung einiger Autoren, es sei nicht Aufgabe eines Kreditinstituts, die Risikoverteilung zwischen den Parteien zu regeln.534 Entscheidend ist erneut – wie bei der Pflichtenkollision535 – die Natur des Bankgeheimnisses, die ein Unterlassen gebietet: Die Mitteilungspflicht fordert die Bank – anders als bei der Vertraulichkeitspflicht – zum aktiven Handeln auf. Sobald das Kreditinstitut geheime Informationen an einen Kunden weitergibt, löst es sich aus seiner neutralen Rolle und ergreift Partei für den Kunden, den sie aufklärt. Gleichzeitig verletzt sie die Verschwiegenheitspflicht. Die Bank nimmt damit eine „Schiedsrichterrolle“536 ein, die ihr weder nach Gesetz noch Vertrag zukommt. Überdies darf ein Dritter, dem kein Recht zusteht, vom Kunden selbst bestimmte Informationen zu verlangen, nicht dadurch besser gestellt sein, dass er in Geschäftskontakten zum gleichen Kreditinstitut steht. Entgegenzutreten ist deshalb Hopts Ansicht, wonach der Kunde im Anlagegeschäft seiner Bank ein besonderes Vertrauen im Hinblick auf die Preisgabe von Geheimnissen schenke.537 Ein Vorrang der Aufklärungspflicht vor dem Bankgeheimnis überzeugt selbst dann nicht, wenn der Dritte gegen den Kunden einen Auskunftsanspruch hat.538 Es kann nicht die Aufgabe der Bank sein, einen Anspruch des Kunden gleichsam für ihn auf direktem Wege durchzusetzen. Diese Lösung ist nicht nur unpraktikabel, weil das Kreditinstitut im Rahmen des Massengeschäfts rechtlich prüfen müsste, ob dem einen Kunden gegen den anderen ein solcher Anspruch zusteht. Vor allem ist nicht einzusehen, weshalb man sich hier von der Rechtsbeziehung zwischen den Kunden verabschieden und eine Art Informationsdurchgriff zulassen sollte.
534
Faßbender, S. 285; Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost, BankR I Rn. I 199; Obermüller, ZIP 1981, 1045 (1049). 535 Dazu S. 427 f. 536 Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost, BankR I Rn. I 199. 537 Wie hier Faßbender, S. 285, der zu Recht ausführt, Hopt (Kapitalanlegerschutz, S. 468) fordere die Bank im Ergebnis zu einem sittenwidrigen Treubruch gegenüber dem Kunden auf, der auf die Verschwiegenheit vertraut. 538 So aber Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost, BankR I Rn. I 199, der hier eine Durchbrechung annimmt.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
8. Abschnitt
Interessen sonstiger Dritter und des Bankkunden § 77 Auskunftsanspruch eines Zessionars nach Forderungsabtretung Im Bereich der Forderungsabtretung539 beschrieb diese Arbeit bereits die Möglichkeit für die Bank, Zessionen durch Verschlüsselung der Informationen und Einschaltung eines Datentreuhänders vorzunehmen.540 Der Zessionar muss jedoch zur Forderungseinziehung auf die Informationen zum Schuldner, vor allem dessen Identität, zugreifen können. Möglich ist dies bei einer Gefährdung des Leistungsinteresses.541 Wahrt die Bank als Zedentin die Dispositionsfreiheit des Kunden, kann sie – statt der eigenen Forderungseinziehung – dem Zessionar die zur Realisierung des Anspruchs erforderlichen Daten offenbaren. Zudem könnte eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses in Betracht kommen, wenn der Zedent (das Kreditinstitut) den Forderungseinzug vertragswidrig verletzt oder insolvent wird. Ohne nähere Argumente geht eine Ansicht in der Literatur davon aus, eine Berufung auf das Bankgeheimnis sei hier treuwidrig und rechtsmissbräuchlich.542 Danach wäre eine Entschlüsselung der Informationen ohne weiteres zulässig. Dies bedarf einer Rechtfertigung. Der Zessionar bleibt im Rahmen der Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde trotz seiner Gläubigerstellung Dritter.543 Eine Durchbrechung kann sich daher nur aus seiner Gläubigerposition ergeben. Aus ihr folgt zunächst, dass er ein berechtigtes Interesse zur Geltendmachung seiner Ansprüche gegenüber dem Schuldner hat.544 Davon unabhängig ist das Problem, ob er über alle hierfür notwendigen Kenntnisse verfügt.
539
Zur Forderungsabtretung S. 323 ff., S. 398, S. 462 ff. und S. 516 ff. Dazu S. 329 ff. 541 Vgl. S. 459 ff. 542 Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1160) mit unzutreffendem Hinweis auf Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 31 (Rn. 31 behandelt diese Konstellationen nicht ausdrücklich; Rn. 29 bezieht sich nur auf vertragswidriges Verhalten des Kunden, Rn. 32 auf die Insolvenz des Zessionars); wie Klüwer aber Früh, WM 2000, 497 (503 f.) und Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 (131). 543 Vgl. die Ausführungen S. 323 ff. 544 Nur aus § 402 BGB folgt, dass ihm grundsätzlich die Kenntnis der Identität des Schuldners zusteht. § 402 BGB kann jedoch – wie auf S. 323 f., 379 dargelegt – eine Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht nicht rechtfertigen. 540
§ 77 Auskunftsanspruch eines Zessionars nach Forderungsabtretung
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I. Gläubigerstellung führt nicht zu einem Auskunftsanspruch In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass grundsätzlich „keine allgemeine Auskunftspflicht nur zu dem Zweck“ bestehe, „Beweismittel für die Durchsetzung eines Anspruches zu erlangen“.545 Für einen Auskunftsanspruch muss der Anspruchsgrund feststehen.546 Fehlen dem Zessionar die Informationen über die Kundenidentität, steht der Anspruchsgrund noch nicht fest.547 Mittelbar führt dies zur Stärkung des Bankgeheimnisses.548 II. Forderungseinziehung des Zessionars nicht dauerhaft unmöglich Doch stellte die vorliegende Arbeit fest, dass mit der Gläubigerposition zwingend das Recht verknüpft ist, die Forderung – jedenfalls irgendwann – selbst einzuziehen.549 Eine Einziehung ist erst seit dem Zeitpunkt ihrer Durchsetzbarkeit möglich. Zahlt der Bankkunde die fällige und einredefreie Forderung nicht und ist eine andere Sicherung des Äquivalenzinteresses nicht möglich, macht dessen Gefährdung die Durchbrechung der Verschwiegenheitspflicht notwendig und zulässig. Die Bank darf in diesem Moment in die Vertraulichkeit eingreifen, soweit dies zu Forderungsdurchsetzung erforderlich ist.550 Vor diesem Zeitpunkt ist auch die einziehungsberechtigte Bank ihrem Zessionar gegenüber nicht zur Offenlegung der Daten verpflichtet.551 In diesem Moment kann der Zessionar der Zedentin, also der Bank, die Einziehungsermächtigung entziehen und von ihr die Entschlüsselung verlangen. Die Bank darf dieser Pflicht wegen des vorrangigen Leistungsinteresses erst nachkommen, nachdem sie dem Schuldner eine anderweitige Erfüllung der Leistung ermöglicht hat.552
545 BGH NJW 1972, 251 (254); vgl. z. B. BGHZ 74, 379 (381); BGH WM 1977, 1206 (1207); WM 1987, 1127; zustimmend Bruchner, WuB I B. 3. – 5.87 (S. 1447 f.). 546 BGH WM 1987, 1127. 547 Um ihn nachzuweisen, müsste der Zedent ihm (am besten bereits im Zeitpunkt der Abtretung) die nötigen Daten zugänglich machen. Dies wiederum ist ihm rechtlich nur gestattet, wenn er beim Kunden die Befreiung vom Bankgeheimnis erwirkt. Näher zu dieser Problematik S. 323 ff. 548 Bruchner, WuB I B. 3. – 5.87 (S. 1448). 549 Näheres bereits auf S. 330, 459 ff. 550 Insbesondere S. 464 ff. 551 Natürlich kann die Abtretungsvereinbarung etwas anderes vorsehen. Doch ginge das Kreditinstitut eine weitergehende Verpflichtung ein, begäbe sie sich ohne Not in eine Pflichtenkollision. Dem steht das Bankgeheimnis entgegen, vgl. S. 324. 552 Vgl. S. 466 f.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
III. Insolvenz der Bank als Zedentin Aus den Ausführungen ergibt sich, dass der Zessionar das Insolvenzrisiko der Bank trägt. Bis zur Durchsetzbarkeit der Forderung bleibt die Bank zur Einziehung befugt, auch wenn sie insolvent wird. Solange der Schuldner die Leistung noch nicht erbracht hat,553 kann der Zessionar die Einziehungsbefugnis der Bank widerrufen (oder sie bereits in der Abtretungsvereinbarung für den Insolvenzfall erlöschen lassen).554 Sobald die Forderung durchsetzbar ist und der Kunde das Äquivalenzinteresse (trotz Ankündigung der Offenbarung555) nicht befriedigt, kann der Zessionar beim Datentreuhänder die Entschlüsselung der jeweiligen Kundenidentität durchführen und dem Schuldner eine Abtretungsanzeige zukommen lassen.556 Da der Kunde in diesem Moment zur Erfüllung seiner Leistung verpflichtet ist, steht das Bankgeheimnis der Preisgabe seiner Identität nicht entgegen.
§ 78 Auskunftsanspruch des Erben Kein Konflikt mit dem Bankgeheimnis besteht, wenn der Erbe des Bankkunden aus der ererbten Geschäftsverbindung mit dem Kreditinstitut einen Auskunftsanspruch gemäß §§ 675, 666 BGB geltend macht. Der Bundesgerichtshof meinte, in diesem Fall kollidiere der Anspruch mit dem Bankgeheimnis.557 Doch mit dem Tod des Kunden wird der Erbe in aller Regel558 Geheimnisherr. Um diese Position effektiv ausüben und über die Informationen verfügen zu können, kann er sich dieses Auskunftsanspruchs als neuer Geheimnisherr bedienen. Damit durchbricht er das Bankgeheimnis in diesem Fall nicht, sondern er verwirklicht es sogar. 553 Hat das Kreditinstitut die Forderung bereits eingezogen und wird sie dann insolvent, nützt eine Offenbarung der Kundendaten dem Zessionar nichts mehr. Sein Anspruch gegen die Bank richtet sich dann nach Insolvenzrecht. Offen gelassen wird hier, ob es sich hierbei um eine Insolvenzforderung handelt oder ob dem Zessionar ein Aussonderungsrecht gemäß § 47 InsO zusteht. Dies richtet sich nach der Frage, ob man die Bank als uneigennützige Treuhänderin einstufen kann (näher hierzu statt vieler Uhlenbruck, § 47 Rn. 31 ff.). 554 Insolvenzrechtlich ist dies zulässig, vgl. Uhlenbruck, InsO, § 21 Rn. 38 ff. 555 Dazu S. 466 f. – diese kann nur durch die insolvente Bank erfolgen, weil der Zessionar die Kundenidentität noch nicht kennt. Es ist dem Zessionar zu raten, die Bank im Abtretungsvertrag zur (zeitnahen) Offenlegungsankündigung sowie zur Fristsetzung zu verpflichten. 556 Zu den Anforderungen einer Abtretungsanzeige des Zessionars, welche die Bösgläubigkeit des Zessionars i. S. d. § 407 Abs. 1 BGB bewirken kann: Busche in: Staudinger, § 407 Rn. 33 ff. 557 BGHZ 107, 104 (109 f.); ihm folgend: Stützle, WuB I B. 3. – 3.89, 683. 558 Anders bei höchstpersönlichen Angelegenheiten, vgl. S. 269.
§ 79 Auskunftsansprüche von Sicherheitengebern
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§ 79 Auskunftsansprüche von Sicherheitengebern Schwieriger ist das Problem, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Sicherheitengeber des Kunden vom Kreditinstitut Auskunft über den Kunden verlangen kann, wenn keine Einwilligung zur Offenlegung vorliegt.559 I. Bürge nach Inanspruchnahme durch die Bank Relevant wird die Frage, wenn ein Bürge die Bank befriedigt und die Forderung deshalb gemäß § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB auf ihn übergeht. Will er den Bankkunden als Hauptschuldner in Regress nehmen, ist er unter Umständen daran interessiert, kundenbezogene Informationen von der Bank zu erhalten.560 Die Literatur geht insoweit ohne weiteres davon aus, dass er gemäß §§ 412, 402 BGB vom Kreditinstitut die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Auskünfte verlangen kann.561 Bei der Zession stellte sich jedoch heraus, dass § 402 BGB keine gesetzliche Durchbrechung des Bankgeheimnisses bewirken kann.562 Fraglich ist somit, ob dies für die Dreieckskonstellation Bank – Bürge – Kunde auch zu gelten hat. 1. Teleologische Reduktion der §§ 412, 402 BGB
Nach dem Grundgedanken des § 412 BGB soll die Lage des Schuldners bei einer cessio legis nicht verschlechtert werden.563 Bei § 402 BGB geht es um die Lage des Gläubigers. Doch erfasst der Wortlaut des § 412 BGB auch diese Norm. Wie bei einer Abtretung soll demnach der Neugläubiger eine vollwertige Gläubigerposition erlangen. Anders als bei einer Zession ist jedoch sein Einziehungsrecht nicht tangiert, wenn die Bank Informationen wegen des Bankgeheimnisses verweigert. Der Bürge kennt bereits die Person des Schuldners sowie den Forderungsinhalt – denn der Bürgschaftsvertrag bezieht sich auf die „Verbindlichkeit des Dritten“ (§ 765 Abs. 1 BGB). Zur Geltendmachung des Rückgriffsanspruchs genügt es, 559
Zur konkludenten Einwilligung oben S. 397. Z. B. das Vorhandensein und der Rang weiterer Gläubiger, Einzelheiten über Vermögenswerte oder Zahlungseingänge auf dem Konto des Kunden. 561 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 25; Fischer/Klanten, Rn. 4.16; Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.112; Kirchherr in: Sichtermann, S. 186; Lang, ZBB 2006, 115 (122); wohl auch Horn in: Staudinger, § 774 Rn. 23; unter Berufung aus § 242 BGB LG Köln NJW-RR 1990, 1074 (ohne Begründung); allgemein bei Bürgen (nicht bankbezogen) Habersack in: MünchKomm BGB, § 774 Rn. 9. 562 Vgl. S. 323 f., 379. 563 Busche in: Staudinger, § 412 Rn. 1. 560
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
wenn er das Bestehen der Forderung, das Vorliegen eines Bürgschaftsvertrages sowie die Bezahlung der Schuld als Bürge darlegt und beweist.564 Es ist also nicht ersichtlich, welche Informationen er von der Bank überhaupt benötigen sollte. Abgesehen von geschenkten Bürgschaftsübernahmen, die einen Regress ohnehin ausschließen,565 steht er zudem mit dem Hauptschuldner in aller Regel in vertraglichen Beziehungen.566 In diesem Verhältnis treffen den Hauptschuldner nach Treu und Glauben u. a. Informationspflichten gegenüber dem Bürgen als Sicherheitengeber.567 Deshalb besteht kein Bedürfnis und kein Recht, diese Informationen von dem Kreditinstitut als Drittem direkt zu verlangen. Viel spricht daher für eine teleologische Reduktion des § 412 BGB, nach der eine Auskunftspflicht nach § 402 BGB nicht besteht, wenn der Altgläubiger zur Verschwiegenheit verpflichtet ist und der Neugläubiger seine Forderung auch ohne den Auskunftsanspruch durchsetzen kann. Dass er sie womöglich nur unter erschwerten Bedingungen geltend machen kann, ist unbeachtlich. 2. Anspruchsvoraussetzungen des § 402 BGB nicht erfüllt
Lehnte man eine solche teleologische Reduktion ab, käme man auch bei der Anwendung des § 402 BGB zu keinem Auskunftsanspruch, weil eine Geheimnisoffenbarung nicht i. S. d. Vorschrift „nötig“ wäre. Denn der Neugläubiger kann sich direkt an den Schuldner wenden. Auch die Urkunden, die zum Beweis der Hauptforderung dienen, müssen dem Bürgen ohnehin vorliegen, weil er gegenüber dem Schuldner die Pflicht hat, die Berechtigung seiner Inanspruchnahme zu prüfen.568 § 402 BGB bezweckt nicht, den Neugläubiger in Bezug auf Informationen über den Schuldner genauso zu stellen wie 564 BGH WM 1964, 849 (850); Habersack in: MünchKomm BGB, § 774 Rn. 17; vgl. auch BGH WM 1976, 108 (109); Brödermann in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 774 Rn. 6 ff. 565 Horn in: Staudinger, § 765 Rn. 142 ff.; übernimmt ein Bürge die Bürgschaft ohne oder gegen den Willen des Hauptschuldners, dürfe die Bank dem Bürgen nach der Meinung von Kirchherr in: Sichtermann, S. 186 die Tatsache des Kreditverhältnisses sowie Inhalt und Umfang der Hauptschuld mitteilen. Der Hinweis auf ein überwiegendes eigenes Interesse der Bank ist wenig überzeugend, weil das Kreditinstitut im Verhältnis zum Hauptschuldner sicherstellen sollte, dass dieser das Informationsbedürfnis eines Sicherheitengebers befriedigt. Tut er dies nicht, muss die Bank im Zweifel eben auf das Bankgeschäft mit dem Hauptschuldner verzichten. 566 Vgl. Horn in: Staudinger, § 765 Rn. 102 ff.; Ausnahmen können Bürgschaften sein, die ohne Wissen und gegen den Willen des Schuldners übernommen wurden, vgl. Habersack in: MünchKomm BGB, § 765 Rn. 4 Fn. 11. 567 OLG Naumburg JW 1930, 3490 (Nr. 5); Bruchner in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, § 39 Rn. 24; Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.112; Horn in: Staudinger, § 765 Rn. 109; Kirchherr in: Sichtermann, S. 184. 568 Horn in: Staudinger, § 765 Rn. 107 f. m. w. N.
§ 79 Auskunftsansprüche von Sicherheitengebern
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den Altgläubiger, sondern will ihm nur die Durchsetzung seines Anspruchs ermöglichen. Ein Eingriff in das Bankgeheimnis ist hierfür nicht erforderlich. Selbst bei Anwendung der §§ 412, 402 BGB steht einem Bürgen daher kein Auskunftsanspruch zu, der das Bankgeheimnis durchbrechen kann.569 3. Hilfsweise: Auskunftsanspruch durchbricht Bankgeheimnis
Entgegen der hier vertretenen Ansicht könnte man mit anderen Stimmen im Schrifttum von einem Auskunftsanspruch gemäß §§ 412, 402 BGB des Bürgen gegenüber der Bank ausgehen.570 Dies ließe sich mit dem Argument rechtfertigen, dass es sich wie das Bankgeheimnis um eine gesetzliche Pflicht handelt. Anders als bei einer Zession ist es nicht die Bank, die sich durch das Rechtsgeschäft der Abtretung in die Pflichtenkollision begibt.571 Vielmehr entspringt der Forderungsübergang der Bürgschaftsverpflichtung, die der Bürge mit Wissen und Willen sowie im Interesse des Hauptschuldners einging. Bei dem daraus entstehenden Konflikt der gesetzlichen Pflichten der Bank müssten die Geheimhaltungsinteressen des Schuldners gegenüber den Gläubigerinteressen des Bürgen zurücktreten, weil sich der Schuldner im Verhältnis zum Bürgen ebenfalls nicht auf die Geheimhaltung berufen könnte. Dies gilt nur für die Informationen, die der Durchsetzung der Forderung dienen. Sonstige Angaben muss das Kreditinstitut auch nach dieser Meinung mit Rücksicht auf das Bankgeheimnis zurückhalten.572 II. Bürge vor Forderungsfälligkeit und Inanspruchnahme 1. Grundsätzlich keine Auskunftspflicht des Bürgen
Weitgehende Einigkeit besteht darüber, dass dem Bürgen vor seiner Inanspruchnahme kein Anspruch auf Auskunft gegen die Bank zusteht.573 Es ist 569 Ähnliche Tendenz bei Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 25, der zwar einen Auskunftsanspruch annimmt, aber wegen des Bankgeheimnisses auf die Notwendigkeit hinweist, Unterlagen unkenntlich zu machen. 570 Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.112 räumt – ohne Begründung – dem Bürgen einen Auskunftsanspruch sowohl gegen den Schuldner als auch die Bank ein; vgl. zudem die Fundstellen in Fn. 561. 571 Allerdings ist es der Bank möglich, eine solche Pflichtenkollision im Vorfeld zu verhindern. In der Bürgschaftsverpflichtung kann sie den Bürgen wegen erwünschter Auskünfte an den Hauptschuldner verweisen. In der Kreditpraxis ist dies üblich, vgl. Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 24. 572 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 25: Unkenntlichmachen z. B. der Selbstauskunft, die der Kunde der Bank erteilt hat. 573 OLG Celle WM 1988, 1815 (1816); Bruchner in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, § 39 Rn. 23; Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.113; Schebesta, Rn. 855
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
Sache des Bürgen, die Bonität des Hauptschuldners zum Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme und für die Zukunft zu beobachten.574 Das Kreditinstitut muss (und darf) somit prinzipiell keine Auskünfte erteilen, die dem Bankgeheimnis unterliegen. Der Bürge muss sich das erforderliche Wissen vom Hauptschuldner besorgen oder ihn dazu veranlassen, das Kreditinstitut vom Bankgeheimnis zu befreien.575 Je nach Ausgestaltung der Abreden zwischen Hauptschuldner und Bürge kann natürlich eine Einwilligung des Bankkunden zur Datenweitergabe an den Bürgen vorliegen.576 Hierfür gelten die allgemeinen Grundsätze für die Entbindung von der Geheimhaltung.577 2. Ausnahmsweise Aufklärungspflicht der Bank gegenüber dem Bürgen
Eine Aufklärungspflicht der Bank gegenüber dem Bürgen kann ausnahmsweise bestehen, wenn dieser – für das Kreditinstitut erkennbar – das Risiko seiner Bürgschaft nicht erfasst hat.578 Die Rechtsprechung nimmt dies vor allem an, wenn das Kreditinstitut beim Bürgen einen Irrtum in Bezug auf sein Risiko veranlasst hat.579 Dieser Judikatur folgt die Literatur überwiegend.580 Soweit solche Aufklärungspflichten zu bejahen sind, ist (Auskunft über Forderungshöhe soll zulässig sein). Vgl. st. Rspr. BGH NJW 1989, 1605 (1606) und NJW-RR 1987, 1291 (1293) – grundsätzlich keine Aufklärungspflicht der Bank gegenüber einem Bürgen; a. A. Kirchherr in: Sichtermann, S. 184 f., der einen grundsätzlichen Auskunftsanspruch zulässt, wenn auch in „sehr engen Grenzen“, nämlich in Bezug auf Inhalt und Umfang der Hauptschuld. 574 BGH NJW 1989, 1605 (1606); NJW-RR 1991, 170 (171); OLG Celle WM 1988, 1815 (1816); Horn in: Staudinger, § 765 Rn. 180 ff. m. w. N.; insoweit auch Kirchherr in: Sichtermann, S. 185. 575 OLG Celle WM 1988, 1815 (1816). 576 Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.113; Kirchherr in: Sichtermann, S. 185 sieht im Einverständnis mit der Bürgschaftsübernahme eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht „in einem gewissen Umfang“. 577 Dazu S. 392 ff. 578 OLG Hamm ZIP 1982, 1061 (1062); Bruchner in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, § 39 Rn. 23; Claussen, § 6 Rn. 9; Kirchherr in: Sichtermann, S. 185. 579 St. Rspr., z. B. BGH WM 1986, 11 (12) m. w. N.; NJW-RR 1987, 1291 (1293); NJW 1988, 3205 (3206); OLG Celle WM 1988, 1815 (1816); Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 23; Horn in: Staudinger, § 765 Rn. 184 m. w. N. – die in Rn. 183 genannte Fallgruppe einer generellen Aufklärungspflicht bezüglich des Haftungsumfangs muss man bei Banken dahingehend lösen, dass eine Bürgschaft ohne den Willen des Bankkunden mit dem Bankgeheimnis nicht vereinbar ist. 580 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 23 f.; Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.115; Horn in: Staudinger, § 765 Rn. 184; a. A. Kirchherr in: Sichtermann, S. 185: über die Höhe der Bürgschaftsschuld müsse die Bank auf Grund des Bürgschaftsvertrages Auskunft erteilen, was Rückschlüsse auf Inhalt und Umfang der Hauptschuld zulasse.
§ 79 Auskunftsansprüche von Sicherheitengebern
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Folgendes zu berücksichtigen: Auch der Bürge ist Kunde der Bank, weil die Bürgschaftsverpflichtung eine Geschäftsverbindung schafft. Grundsätzlich gelten für ihn die obigen Ausführungen zu Durchbrechungen auf Grund von Interessen anderer Kunden entsprechend. Insbesondere muss die Bank das Entstehen einer Aufklärungspflicht vermeiden.581 Das Bankgeheimnis hat Vorrang vor Informationsinteressen des Bürgen.582 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Fremdnützigkeit der Bürgschaft. Zwar dient sie vor allem den Interessen des Schuldners (des Erstkunden), weil dieser dadurch das erwünschte Bankgeschäft eingehen kann. Doch muss die Bank auch hier im Verhältnis von Kunde und Bürge zueinander neutrale Dritte bleiben. Lediglich bei Vorliegen eines allgemeinen Rechtfertigungsgrundes (v. a. eines Notstandes) darf sie kundenbezogene Informationen an den Bürgen weitergeben. Sie muss sich zum Schutz des Bürgen um eine Befreiung vom Bankgeheimnis bemühen.583 Verweigert der Hauptschuldner diese, ist dies m. E. nur rechtsmissbräuchlich, wenn ein allgemeiner Rechtfertigungsgrund zur Durchbrechung des Bankgeheimnisses vorliegt.584 III. Bürge nach Forderungsfälligkeit und vor Inanspruchnahme Das Amtsgericht Frankfurt a. M. bejahte bei einer fälligen Kreditforderung, die vom Hauptschuldner wegen Zahlungsschwierigkeiten nicht zu581 Noch stärker als sonst muss sie etwa darauf achten, eine Irrtumserregung beim Bürgen in Bezug auf dessen Risiko zu vermeiden. 582 Hierzu S. 473 ff. 583 Vgl. den Sachverhalt, der dem OLG Hamm ZIP 1982, 1061 (1062) vorlag (Hauptschuldner beging Betrügereien und ließ den Bürgen im Unklaren darüber, dass Bürgschaft nicht als Sicherungsmittel dienen, sondern unmittelbar seinen Saldo reduzieren sollte). Das OLG prüfte keine Nothilfe zu Gunsten des Bürgen. Es ließ die Verschwiegenheitspflicht nicht automatisch entfallen, sondern ließ eine Berufung auf das Bankgeheimnis im Schadensersatzprozess des Bürgen gegen die Bank nicht zu. Die Bank müsse sich wegen des Bestehens einer Aufklärungspflicht um eine Befreiung vom Bankgeheimnis bemühen. Ihm folgend Bruchner in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 23; Horn in: Staudinger, § 765 Rn. 185; Petersen, S. 77 f.; Schröter, WuB I E 1. – 3.89 sowie LG Hamburg ZIP 1988, 1538 (1540). 584 Unklar, aber im Ergebnis wohl a. A. LG Hamburg ZIP 1988, 1538 (1540); Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 23; Petersen, S. 77 f. – m. E. wäre in den in Fn. 583 genannten Fällen des OLG Hamm und des LG Hamburg zu prüfen gewesen, ob das Verhalten des Hauptschuldners einen nothilfefähigen Angriff auf das Vermögen des Bürgen oder eine Notstandsgefahr für dieses darstellt. In diesem Fall müsste die Bank dem Hauptschuldner die Offenbarung ankündigen und ihm die Möglichkeit zur Abhilfe (durch Entbindung oder durch Beseitigung der Gefährdung für den Bürgen) geben. Erst wenn dies fehlschlägt, darf sie den Bürgen aufklären.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
rückgezahlt wurde, eine Auskunftspflicht der Bank gegenüber ihrem Bürgen. Die Bank müsse dem Bürgen gemäß § 242 BGB die Möglichkeit einräumen, durch eine sofortige Rückzahlung der verbürgten Summe die Nebenkosten gering zu halten.585 Den Konflikt mit der Geheimhaltungspflicht gegenüber dem Hauptschuldner thematisierte das Gericht nicht. Die Herangehensweise überzeugt aus folgenden Gründen nicht: Letztlich konstruiert das Gericht eine Auskunftspflicht, die auf § 242 BGB gestützt und in ihren Umrissen auch gewohnheitsrechtlich nicht klar ausgestaltet ist. Erst dadurch schafft sie eine gesetzliche Pflichtenkollision, die dann wieder über eine Interessenabwägung aufgelöst werden muss. Diesem Pflichtenwiderstreit kann die Bank entgehen: Sie kann sich beim Hauptschuldner um eine beschränkte Entbindung vom Bankgeheimnis bemühen. Scheitert dieses Ansinnen, kann sie den Hauptschuldner aus eigener Initiative heraus früher in Anspruch nehmen.586 Selbst wenn man die nach Fälligkeit entstehenden Nebenkosten dem Leistungsinteresse des Kreditinstituts zuordnet und auf dieser Grundlage eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses befürwortet, muss dieser Eingriff möglichst gering gehalten werden. Vor der Informationsweitergabe an den Bürgen muss die Bank dem Kunden daher die Möglichkeit einer anderweitigen Lösung vor Augen führen, ihm die Folgen seiner Nichtzahlung also mitteilen.587 All diese Möglichkeiten beeinträchtigen das Bankgeheimnis nicht oder weniger und sind daher einer Auskunftspflicht vorzuziehen. IV. Sonstige Sicherheitengeber 1. Sicherheitenbestellung ohne den Willen des Kunden
Im Hinblick auf sonstige Sicherheitengeber verneint die Literatur einen Auskunftsanspruch, wenn die Sicherheit ohne Zustimmung oder sogar gegen den Willen des Kreditnehmers eingeräumt wurde. Die Sicherheitenbestellung darf das Bankgeheimnis hier nicht durchbrechen.588 Sie wäre sonst ein Rechtsgeschäft zu Lasten des Kunden. 585 AG Frankfurt a. M. NJW-RR 1987, 432; im Ergebnis zustimmend Wosnitza, S. 169. 586 Möchte sie dies aus eigennützigen Gründen nicht, ist daran zu denken, dem Bürgen aus diesem Grund den Einwand unzulässiger Rechtsausübung zuzugestehen, weil die Bank Mehrkosten von ihm verlangt, die sie durch die verzögerte Inanspruchnahme selbst verursacht hat. 587 Dazu bereits S. 466 f. 588 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 26; Lang, ZBB 2006, 115 (122); a. A. in Bezug auf die Forderungshöhe Lwowski, Kreditsicherung, Rn. 189. Locher, WuB I B. 3. – 1.85 meint, in diesem Fall trete die Wahrung des
§ 79 Auskunftsansprüche von Sicherheitengebern
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2. Sicherheitenbestellung mit dem Willen des Kunden
Erfolgte die Sicherheitenbestellung mit dem Einverständnis des Kunden, wird regelmäßig auch seine stillschweigende Einwilligung in Bezug auf die Offenlegung der aktuellen Haftungssituation vorliegen.589 Doch geht das Oberlandesgericht Oldenburg weiter: Der Besteller einer Grundschuld habe wegen der sachenrechtlichen Sonderbeziehung nach Treu und Glauben einen Auskunftsanspruch gegen die Bank.590 Hätte der Grundschuldbesteller auf Einwilligung in die Löschung der Grundschuld geklagt, müsste sich die Bank im Prozess verteidigen und dabei ebenfalls dem Bankgeheimnis unterliegende Informationen preisgeben. Dieser Umweg sei ihm nicht zuzumuten.591 Dieser Begründung ist jedoch nicht zu folgen: Verteidigt sich ein Kreditinstitut im Prozess gegen den Sicherheitengeber, darf sie das Bankgeheimnis prinzipiell nicht brechen.592 Locher stützt den Auskunftsanspruch auf die Sicherungsabrede zwischen Grundschuldbesteller und Bank.593 Gegen diesen Weg spricht, dass die Sicherungsabrede nicht den Bruch des Bankgeheimnisses legitimieren kann, weil es sich sonst um einen Vertrag zu Lasten des Kunden handelte.594 Über den Kundenwillen hinaus hat ein Sicherheitenbesteller daher keinen Auskunftsanspruch gegen die Bank. Bankgeheimnisses gegenüber der Sicherheitenverwertung zurück, um der Bank die Verwertung zu ermöglichen, allerdings erst nach Fälligstellung des Kredites. 589 Zur konkludenten Einwilligung S. 397; OLG Hamm OLGR 2000, 32 f. m. w. N. 590 OLG Oldenburg WM 1985, 748 und 749: Dadurch werde in die Verschwiegenheit „nicht mehr als unvermeidlich eingegriffen“. Da der Hauptschuldner dem Grundschuldbesteller gegenüber zur Auskunft verpflichtet sei, müsse er es sich gefallen lassen, dass sein Kreditinstitut die Informationen offenbare. Ihm folgend, aber beschränkt auf die Forderungshöhe (ohne Begründung) Lwowski, Kreditsicherung, Rn. 189. 591 OLG Oldenburg WM 1985, 748 (749). 592 Zur Begründung S. 469 ff. 593 Locher, WuB I B. 3. – 1.85. Vgl. zudem Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.116; er räumt dem Sicherheitengeber ohne weitere Begründung einen Auskunftsanspruch gegen die Bank ein, wenn er vom Hauptschuldner keine oder unvollständige Informationen erhält. 594 Am einfachsten machen es sich diejenigen, die von einer konkludenten Einwilligung des Schuldners in die Datenweitergabe an einen Drittsicherungsgeber ausgehen: Jedenfalls in Bezug auf die Haftungslage und den Haftungsumfang sei der Kunde damit einverstanden, wenn er der Sicherheitenbestellung zugestimmt hat: Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 26; dazu tendiert auch Lang, ZBB 2006, 115 (122); Locher, WuB I B. 3. – 1.85. Der Wille reiche allerdings nicht soweit, den Drittsicherheitengebern in gleichem Umfang über alle Geschäftsvorfälle zu informieren wie ihn selbst: Bruchner, a. a. O. und Locher, a. a. O. – Die Annahme einer Entbindung ist jedoch zweifelhaft. Zu den Voraussetzungen S. 392 ff.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses 3. Vertragliche Vereinbarungen anzuraten
In der Praxis empfiehlt es sich, derartige Fragen bei der Bestellung von Sicherheiten vertraglich zu regeln: Das Kreditinstitut sollte insoweit vom Kunden eine beschränkte und genau umrissene Entbindung vom Bankgeheimnis verlangen. Nach der hier vertretenen Ansicht geht mit der Zustimmung des Kunden zur Bestellung einer Sicherheit zwar ein Einverständnis einher, dem Sicherheitenbesteller im Moment der Bestellung den Haftungsumfang zu verdeutlichen. Dies bedeutet zum einen noch nicht, die Bank dürfe zu einem späteren Zeitpunkt Mitteilungen machen. Insbesondere, wenn es tatsächlich zum Sicherungsfall kommt oder ein solcher droht, ist es nicht im Interesse des Kunden, dass der Dritte über die Bank einen direkten Zugriff auf die Daten zu seiner Geschäftsverbindung erhält. Die Abwicklung und somit auch der Informationsfluss sollten grundsätzlich im jeweiligen Rechtsverhältnis stattfinden, also zwischen Bank und Kunde sowie zwischen Kunde und Drittem. Zum anderen wird sich eine Zustimmung in der Regel nur auf die Identität des Schuldners sowie den Inhalt der Schuld beziehen. Ob der Kunde darüber hinaus damit einverstanden ist, den Sicherheitenbesteller auch die Hintergründe der Verpflichtung wissen zu lassen,595 hängt stark vom Einzelfall ab. Daher ist es zu weitgehend, generell von einer konkludenten Entbindung des Kunden von der Verschwiegenheitspflicht auszugehen und ihren Umfang zu bestimmen. Vielmehr muss man die konkreten Umstände im Einzelfall prüfen. Ohne Kundeneinwilligung hat die Bank eine Datenweitergabe – soweit keine Rechtfertigungsgründe vorliegen – zu unterlassen.
§ 80 Aufklärungspflichten gegenüber sonstigen Dritten Bereits aus den soeben untersuchten Themenkreisen lässt sich ersehen, dass Interessen sonstiger Privatrechtssubjekte das Bankgeheimnis grundsätzlich nicht beschränken können. Vereinzelt finden sich alte gerichtliche Entscheidungen, die sich (bei anderen Berufen) auf eine höhere sittliche Pflicht berufen.596 Aus ihnen lässt sich ableiten, dass der Geheimnisschutz zurück595 Etwa den Zweck einer Darlehensaufnahme, die genaue finanzielle Lage und künftige vermögensrechtliche Planungen des Schuldners, bisher getätigte Vermögensgeschäfte usw. 596 So beschäftigte sich RGZ 53, 315 ff. im Jahr 1903 mit dem zivilprozessualen Zeugnisverweigerungsrecht eines Arztes, der über die Geschlechtskrankheit eines Ehemannes aussagen sollte. Die Ehefrau wollte damit den Ehebruch ihres Gatten beweisen. Das Gericht untersuchte, ob der ärztlichen Schweigepflicht eine höhere sittliche Pflicht entgegenstand. Grundsätzlich bestünde eine höhere sittliche Pflicht zur Offenbarung „zur Erhaltung der körperlichen Gesundheit der Klägerin“ (S. 318); sich dieser Entscheidung anschließend OLG Dresden OLGRspr 13, 161.
§ 81 Interessen des Bankkunden
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treten muss, wenn der Schutz eines absoluten Rechtsguts eines Dritten, möglicherweise auch nur einer dem Geheimnisherr nahestehenden Person, dies erfordert.597 Diese Fälle kann und sollte man über die allgemeinen Rechtfertigungsgründe lösen, insbesondere über den Notstand.598
§ 81 Interessen des Bankkunden Schließlich kann man sich die Frage stellen, ob das Kreditinstitut Informationen über den Kunden preisgeben darf, wenn dies im Kundeninteresse ist. Im letzten Jahrhundert bildete sich eine dahingehende Gewohnheit lediglich zur Bankauskunft heraus.599 Weitere Durchbrechungen lassen sich jedenfalls nicht historisch begründen.600 Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag (nachfolgend: „GoA“) scheidet als Rechtfertigungsgrund aus.601 Auch wenn die Bank z. B. bei Sanierungsverhandlungen beim Kunden „zunächst und vor allem im Interesse des Kunden zu handeln“ hat,602 ist die GoA als Grenze des Bankgeheimnisses abzulehnen. Sie setzt voraus, dass es sich bei der Geschäftsbesorgung um ein objektiv fremdes Geschäft handelt.603 Die von Petersen ins Auge 597 RGZ 53, 315 (318); sich dieser Entscheidung anschließend OLG Dresden OLGRspr 13, 161 – es interpretierte diese Ausnahme dahingehend, die höhere sittliche Pflicht ergebe sich aus der kollidierenden Berufspflicht des Arztes, andere vor einer Ansteckung zu warnen. Demgegenüber gehe „das rein materielle Interesse einer Partei“ der Verschwiegenheitspflicht nicht vor. Vgl. zudem aus dem Strafrecht RGSt 38, 62 (64); OLG Frankfurt a. M. NStZ 2001, 149 (150). 598 So zu Recht im Strafrecht z. B. OLG Frankfurt a. M. NStZ 2001, 149 (150); Roxin, § 16 Rn. 30. Dies zeigt im Übrigen auch das Vorgehen in RGZ 53, 315 ff.: Zunächst verlangte das Gericht bei einer Durchbrechung eine konkrete Einzelfallbeurteilung und lehnte allgemeine, typisierende Erwägungen im Hinblick auf eine Durchbrechung ab (S. 317 f.). Weiterhin sei zu fragen, ob die höhere sittliche Pflicht gerade die Übermittlung der konkreten, der Verschwiegenheit unterliegenden Tatsache verlange (S. 318). 599 Die vorliegende Dissertation stellte diesen Bereich bereits dar: Es zeigte sich, dass die Bankauskunft mittlerweile relativ gut geregelt ist und klaren Voraussetzungen unterliegt: S. 414 ff. 600 Im Übrigen differenziert auch § 383 ZPO nicht danach, ob die Offenbarung in seinem Interesse wäre ob also die Tatsachen für den Geheimnisherrn günstig oder ungünstig sind: RGZ 53, 315 (316); OLG Celle OLGRspr 17, 162; Wentzell, S. 11; a. A. RGZ 54, 323 (325 f.) für ein Gewerbegeheimnis – Aussage müsse Geschäftslage ungünstig beeinflussen können. 601 Bei Scheer, S. 17 f., S. 115 taucht der Gedanke an die GoA auf. Er wendet dieses Institut als gesetzliches Schuldverhältnis für nur scheinbar bestehende Verträge zwischen Bank und Kunde an. GoA als Rechtfertigungsgrund für einen Eingriff in das Briefgeheimnis bei von Soiron, S. 37 f. 602 So Petersen, S. 83. 603 Statt vieler Sprau in: Palandt, § 677 Rn. 4.
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
gefassten Fälle, in denen eine Bank ohne Rücksprache mit dem Kunden Anstrengungen zur Sanierung unternimmt, berühren zwar den Rechtskreis des Kunden. Doch wird es dem Kreditinstitut (vorrangig oder allein) darum gehen, die valutierten Darlehen möglichst umfassend von ihm zurück zu erhalten. Zweck der Sanierung ist die eigene Gewinnerzielung.604 Dass dies Auswirkungen auf den Kunden hat, macht die Geschäftsbesorgung noch nicht zu einem objektiv fremden und auch zu keinem sogenannten „auchfremden“ Geschäft.605 Selbst wenn man die übrigen Voraussetzungen der GoA sehr weit auslegte, wäre sie nur anwendbar, wenn sie neben der gesetzlichen Sonderverbindung Anwendung fände (vgl. § 677, 2. Halbsatz BGB). Die GoA darf spezielle Wertungen aber nicht außer Kraft setzen.606 Beim Bankgeheimnis wird dies besonders deutlich: Es sichert die Verfügungsbefugnis des Kunden über die eigenen Daten. Ihm steht es frei, in eine Offenbarung einzuwilligen oder nicht. Bei Anwendung der GoA läge es in den Händen der Bank, die Entscheidung darüber zu treffen, ob die Datenübermittlung an Dritte im Interesse des Kunden liegt. Dies wäre eine Bevormundung des Kunden, die im Bankgeheimnis nicht angelegt ist. Dies gilt auch für den Sanierungsfall: Es ist nicht Aufgabe der Bank als Vertragspartner des Kunden, dessen Existenz zu sichern.607 Die GoA ist somit für eine Grenzziehung des Bankgeheimnisses ungeeignet. Die Bank darf nicht entscheiden, ob eine Weitergabe von kundenbezogenen Daten an Dritte im objektivem Kundeninteresse liegt. Denn die Dispositionsfreiheit des Kunden verlangt es, dass allein sein wirklicher (oder mutmaßlicher) Wille hierüber entscheidet. 604 Dies muss schon allein aus gesellschaftsrechtlichen Gründen so sein: Die Vertreter des Kreditinstituts müssen im Gesellschaftsinteresse handeln (allgemein zur Verantwortlichkeit z. B. § 93 AktG, § 43 Abs. 1 und dazu etwa K. Schmidt, GesellschaftsR, S. 815; Hüffer, § 93 Rn. 4 a ff.; Baumbach/Hueck, § 43 Rn. 7 ff.); würden die Handelnden der Bank bei Verhandlungen vorrangig im Kundeninteresse agieren, stünde eine Untreue im Raum (vgl. Tröndle/Fischer, § 266 Rn. 40 ff., v. a. Rn. 45 a, m. w. N.). Denn dass Bank- und Kundeninteresse im Sanierungsfall absolut deckungsgleich sind, ist unwahrscheinlich. 605 Dazu BGH NJW 2000, 72 (73) – Erbensucher. Auf die Problematik der sehr weitgehenden Judikatur zum Fremdgeschäftsführungswillen im Rahmen der §§ 677 ff. BGB kommt es somit nicht an; zu den „auch-fremden“ Geschäften und ihre Behandlung durch die Rspr. z. B. Sprau in: Palandt, § 677 Rn. 6 ff. m. w. N. 606 Medicus, SchR II, Rn. 622 (für das Bereicherungsrecht). Zur umstrittenen Konkurrenz der GoA zu anderen gesetzlichen Rechtsbeziehungen: Seiler in: MünchKomm BGB, Vor § 677 Rn. 15 ff. 607 Unabhängig von dieser Frage ist es selbstverständlich denkbar, eine Schutzpflicht der Bank gegenüber dem Kunden anzunehmen mit dem Inhalt, dessen eigene Verhandlungen mit Dritten z. B. durch Anwesenheit und durch die Bereitstellung bestimmter Informationen zu unterstützen.
§ 83 Benachrichtigung über Preisgabe
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9. Abschnitt
Geringstmögliches Ausmaß der Durchbrechungen Liegt eine der oben dargestellten Einschränkungen der Verschwiegenheitspflicht vor,608 ist die Weitergabe von kundenbezogenen Informationen erlaubt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Verschwiegenheitspflicht damit vollständig aufgehoben wäre. Vielmehr reicht jede Durchbrechung des Bankgeheimnisses nur, soweit ihr Zweck dies erfordert. Diese Selbstverständlichkeit rechtfertigt sich normativ durch die Ratio des Bankgeheimnisses sowie den Grund der jeweiligen Ausnahme. Im Einzelnen ergeben sich hieraus folgende Anforderungen an einen Eingriff in das Bankgeheimnis:
§ 82 Gesetzliche Schranken und Entbindung von der Verschwiegenheit Bei den gesetzlichen Schranken sind die Grenzen des Bankgeheimnisses dem jeweiligen Gesetz zu entnehmen. Wie weit die Verschwiegenheitspflicht verkürzt werden darf, ergibt sich insbesondere aus dem jeweiligen Normzweck.609 Die Offenbarung muss sich auf das gesetzliche Minimum beschränken.610 Bei der Auslegung der gesetzlichen Ausnahmen vom Bankgeheimnis sollte man die verfassungsrechtliche Komponente berücksichtigen: Ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kunden betroffen, ist der Geheimnisschutz stärker als bei bloßen Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit.611 Weiterhin legt eine Einwilligung des Kunden den Handlungsrahmen für die Bank fest. Bestehen in Bezug auf den Umfang der Entbindung von der Verschwiegenheit Zweifel, muss das Kreditinstitut eine ausdrückliche Einwilligung einholen und kann sich nicht auf eine stillschweigende oder eine mutmaßliche verlassen.
§ 83 Benachrichtigung über Preisgabe Nach der hier vertretenen Auffassung ist das Kreditinstitut, das auf Grund einer gesetzlichen Pflicht zur Preisgabe eines Bankgeheimnisses angehalten ist, grundsätzlich verpflichtet, den Kunden hierüber in Kenntnis zu setzen.612 608
Grenzen des Bankgeheimnisses ab S. 372. Z. B. ergibt sich aus § 840 Abs. 1 ZPO klar, welche Angaben ein Kreditinstitut als Drittschuldner dem Gläubiger machen muss. 610 Dazu bereits auf S. 387. 611 Gößmann in: Welter/Lang, Rn. 16.4; Lang, ZBB 2006, 115 (119). 612 So schon Mielke, AG 1964, S. 182 (183). 609
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
Dies gilt auch für die umwandlungsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge, weil sich hier der Rechtsträger ändert, auf den sich das Vertrauen bezieht.613 Denn nur durch eine solche Mitteilung gewinnt der Kunde – trotz des nunmehr erweiterten Kreises von Geheimnisträgern – wieder die Herrschaft über seine Geheimnisse. So kann er insbesondere gegen die behördlichen Maßnahmen Rechtsschutz suchen.614 Ferner kann er sein eigenes Verhalten den neuen Gegebenheiten anpassen und den neuen Informationsfluss unter Umständen besser steuern.615 Auf diese Weise ist der Eingriff in das Bankgeheimnis für den Kunden weniger stark, als wenn er davon nicht erführe. Die Benachrichtigung erfüllt ihren Zweck nur, wenn sie neben dem Grund für die Weitergabe auch die/den Adressaten sowie den Umfang der Informationsweitergabe erkennen lässt. Ausnahmen von dieser Pflicht kann die Vorschrift, welche die Durchbrechung anordnet, natürlich vorsehen.
§ 84 Bankauskunft Die Bankauskunft beruht wie das Bankgeheimnis auf Gewohnheitsrecht. Es würde den Umfang dieser Dissertation übersteigen, ihre rechtlichen Grenzen und das Zusammenspiel mit dem Bankgeheimnis zu behandeln. Die hierzu ergangene Rechtsprechung zeugt von den Schwierigkeiten und Unsicherheiten, die mit dieser Thematik einhergehen.616 Da die Voraussetzungen der Bankauskunft heute Teil der AGB-Banken (Nr. 2 Abs. 2 und 3) sowie der AGB-Sparkassen (Nr. 3 Abs. 1 und 2) sind, richtet sich nicht nur das „Ob“ einer Bankauskunft, sondern auch ihr „Wie“ nach diesen Klauseln. Zu beachten ist insbesondere, dass die Auskünfte allgemein gehalten sind. Auch hier ist im Zweifel beim Kunden nachzufragen, auf welche Informationen sich die Datenweitergabe erstrecken darf. Entgegenstehende Weisungen des Kunden sind zu befolgen.
613 Dies fordern auch Nobbe, ZIP 2008, 97 (105) und Simitis, ZHR 165 (2001), 461. Dass dies wünschenswert ist, ist wohl unstreitig, vgl. Diskussionsbericht in: ZHR 165 (2001), 464. Zur Umwandlung S. 341 ff. Nobbe, a. a. O. hält eine entsprechende gesetzliche Regelung für wünschenswert. 614 Mielke, AG 1964, S. 182 (183). 615 Er kann die gewünschten Angaben z. B. selbst zur Verfügung stellen, um sein Gesicht zu wahren. 616 Aus der vielfältigen Judikatur vgl. etwa OLG Frankfurt a. M. ZIP 1984, 1078 (1079).
§ 85 Eingriffstiefe bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen
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§ 85 Eingriffstiefe bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen Schwieriger gestaltet sich die Grenzziehung, die bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen vorzunehmen ist. Bereits aus dem Regel-AusnahmeVerhältnis ergibt sich, dass die Beeinträchtigung der Vertraulichkeit auf die schonendste Weise zu erfolgen hat. Von unterschiedlich schweren Eingriffen muss das Kreditinstitut somit denjenigen wählen, der das Bankgeheimnis bestmöglichst wahrt.617 Es ist hilfreich, einige Kriterien zu entwickeln, welche als Maßstab für die Schwere des Eingriffs dienen können.618 I. Art und Anzahl der Mitteilungsempfänger Die Verschwiegenheitspflicht der Bank stützt sich normativ auf das Vertrauensverhältnis zwischen Kreditinstitut und Kunde. Es schützt Geheimnisse, also Informationen, die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und bekannt werden sollen. Eine Ausweitung dieser Personengruppe bedeutet für den Kunden eine erhöhte Gefährdung seiner Rechtsgüter und Interessen. Der durch den Geheimnisherrn definierte Kreis der Geheimnisträger wird von ihm als besonders vertrauenswürdig erachtet. Im Hinblick auf die Mitteilungsempfänger erscheinen folgende Kriterien als besonders wichtig: Die Preisgabe von Geheimnissen an schweigepflichtige Dritte gefährdet den Kunden nicht in dem gleichen Maße wie die Weitergabe an sonstige Personen. In erster Linie gilt dies für andere inländische Kreditinstitute, die bei einer Übernahme von Dienstleistungen für eine andere Bank selbst dem Bankgeheimnis verpflichtet sind.619 Ein stärkerer Eingriff ins Bankgeheimnis liegt bereits dort vor, wo das Kreditinstitut Informationen an andere zur Verschwiegenheit gesetzlich verpflichtete Berufsgruppen übermittelt. Zwar kann der Schutz bei ihnen unter Umständen sogar strafbewehrt sein; es ist daher wahrscheinlich, dass z. B. Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater tatsächlich die Vertraulichkeit wahren. Doch ist nicht für alle dem Bankgeheimnis unterfallenden kundenbezogenen Daten gesichert, dass auch die anderen Berufsgeheimnisse sie erfassen. In personeller Hinsicht ist zweifelhaft, ob diese berufsmäßig Schwei617
Statt vieler Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 25, 29; Lang, ZBB 2006, 115 (122). 618 Die Aufzählung erhebt für sich nicht den Anspruch der Vollständigkeit, sondern möchte nur beispielhaft die wichtigsten Kriterien zusammentragen. 619 Koberstein-Windpassinger, WM 2004, 473 (482); Langenbucher, BKR 2004, 333 (334).
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8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
gepflichtigen dem Bankkunden gegenüber gesetzlich zur Geheimhaltung verpflichtet sind.620 Eine weitere Stufe des Eingriffs in das Bankgeheimnis liegt vor, wenn der Mitteilungsempfänger lediglich rechtsgeschäftlich zur Verschwiegenheit verpflichtet wird. Um den Schutz des Kunden bestmöglichst zu gewährleisten, kann diese Pflicht des Dritten ausdrücklich als Vertrag zugunsten Dritter ausgestaltet werden.621 Jede Art von Vertraulichkeitsvereinbarung stellt natürlich eine kleinere Durchbrechung des Bankgeheimnisses dar als eine Weitergabe der Informationen an nicht-schweigepflichtige Dritte. Insgesamt muss die Bank den Mitteilungsempfänger sorgfältig auswählen, d. h. eine Person wählen, bei der ein vertraulicher Umgang mit Daten gesichert ist.622 Besonders schwer wiegt ein Eingriff in das Bankgeheimnis, wenn eine erhöhte Gefährdung der Kundeninteressen durch eine weite Verbreitung ausgelöst wird. Die Intensität des Eingriffs hängt somit von der Anzahl der neuen Geheimnisträger sowie von deren Vertrauenswürdigkeit ab. Die Form einer Datenübermittlung und die Multiplikatorfunktion des Empfängers können Bedeutung entfalten (Verbreitung über Massenmedien oder Vier-Augen-Gespräch). II. Inhalt und Umstände der Mitteilung Ebenso können der Zeitpunkt (Aktualität des Themas) und die Person des Mitteilenden (Auszubildender oder Vorstandsvorsitzender der Bank) die Schwere des Eingriffs bestimmen. Die Gefährdung steigert sich ferner mit der Sensibilität der Informationen – sie erhöht sich z. B. bei solchen Angaben, auf die der Mitteilungsempfänger anderweitig keinen Zugriff hat, die er nicht nachprüfen kann oder die wichtige Rechtsgüter und Interessen des Kunden tangieren. Unter Umständen kann zudem die Verbreitung einer bestimmten Information eine Rolle spielen: Die Weitergabe von weitgehend bekannten Informationen berührt die Interessen des Kunden in aller Regel weniger als die Offenbarung von Geheimnissen, die nur wenigen Geheimnisträgern bekannt sind. Neben der Qualität der weitergegebenen Daten wird meist auch die Quantität eine Rolle spielen; soweit die Übermittlung von bestimmten Einzelinformationen vom jeweiligen Sachgrund für die Durchbrechung nicht gedeckt ist, ist sie nicht erlaubt.623 Eine teilweise 620
Ablehnend z. B. Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491 (494). Dies gibt dem Kunden im Falle einer Verletzung der Vertraulichkeit einen direkten Haftungsanspruch gegen den Dritten. 622 Möhlenkamp, BB 2007, 1126 (1127). 623 Zum Anwaltsgeheimnis KG NJW 1994, 462 (463); Jessnitzer/Blumberg, § 43 a Rn. 2. 621
§ 85 Eingriffstiefe bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen
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Anonymisierung ist anstelle einer vollständigen Offenlegung zu wählen, wo dies mit der Schranke des Bankgeheimnisses vereinbar ist.624 III. Einbindung des Kunden in die Offenbarung Schließlich hängt die Eingriffstiefe davon ab, ob der Kunde von der Offenbarung Kenntnis erlangt. Er ist Geheimnisherr und hat insoweit die Dispositionsbefugnis über die ihn betreffenden Informationen. Der Schutz des Betroffenen leidet am meisten, wenn die Daten ohne seine Kenntnis weitergegeben werden. Weder kann er die Informationen auf ihren Inhalt überprüfen, noch kann er überhaupt den Umfang des Datentransfers oder seine Empfänger einschätzen. Damit verliert er die Kontrolle über seine Daten. Ist dies durch gesetzliche Vorschriften vorgesehen, muss der Kunde sich damit abfinden. Doch in den übrigen Fällen ist eine so weitreichende Durchbrechung des Bankgeheimnisses häufig nicht nötig. Zunächst muss daher dem Kunden die Möglichkeit eingeräumt werden, das Kreditinstitut im Rahmen der Erforderlichkeit vom Bankgeheimnis zu entbinden.625 Erst bei seiner Weigerung ist es gerechtfertigt, dem Kreditinstitut einen Anspruch auf die Entbindung zuzusprechen.626 Damit wird erstens dem Regel-AusnahmeVerhältnis Signalwirkung verliehen. Zweitens ist gesichert, dass das Bankgeheimnis nicht immer stärker aufgeweicht wird. Schließlich kann bei Streitigkeiten über die Schranken des Bankgeheimnisses ein Gericht als Kontrollinstanz Rechtssicherheit gewährleisten. So wird verhindert, dass das Bankgeheimnis faktisch ins Belieben der Kreditinstitute gestellt wird. Denn ist eine Datenübermittlung an Dritte einmal erfolgt, lässt sie sich nicht mehr rückgängig machen.627
624
In diesem Sinne ausdrücklich das Datenschutzrecht in § 3 a BDSG. Zum Teil kann der Kunde die Offenbarung auch anderweitig abwenden, vgl. S. 466 ff. 626 Ähnlich Beckhusen in: Derleder/Knops/Bamberger, § 5 II Rn. 52; Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 23, 42; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 67; Horn in: Staudinger, § 765 Rn. 185; Nobbe, WM 2005, 1537 (1547); A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 1/55 und 2/927; hinsichtlich des Datenschutzrechts auch Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289 (1293); einschränkend bei einer großen Zahl von betroffenen Kunden wegen fehlender Zumutbarkeit für die Bank Schaffland, NJW 2002, 1539 (1541). 627 Die nachträglichen Sekundäransprüche sind wegen der Natur des Rechtsinstituts in der Praxis häufig wertlos, jedenfalls aber schwer einklagbar, vgl. unten S. 512 f. 625
500
8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
10. Abschnitt
Zusammenfassung der Beschränkungen des Bankgeheimnisses Das Bankgeheimnis findet seine Grenze in erster Linie in gesetzlichen Vorschriften, der Erlaubnis des Kunden und in der Bankauskunft. Weitere Beschränkungen ergeben sich aus den allgemeinen Rechtfertigungsgründen, namentlich den Notstandsgrundsätzen. Darüber hinaus gilt Folgendes: Interessen der Allgemeinheit bewirken keine Verkürzung der Vertraulichkeit. Stehen Eigeninteressen des Kreditinstituts dem Bankgeheimnis entgegen, ist zu unterscheiden: • Fallgruppe 1: Begeht der Kunde keine Pflichtverletzung und handelt es sich nicht um das Leistungsinteresse der Bank, ist eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses nur zulässig, soweit die Bank ihre gesetzlichen Pflichten nur so erfüllen kann (Übermittlung von Daten an Wirtschaftsprüfer u. ä.). • Fallgruppe 2: Das Leistungsinteresse rechtfertigt eine Verkürzung des Bankgeheimnisses, soweit die Datenweitergabe im Rahmen der gerichtlichen oder außergerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Kunden notwendig ist. Die Erforderlichkeit ist zu bejahen, wenn das Äquivalenzinteresse gefährdet ist und der Kunde (trotz Benachrichtigung und Androhung der Offenbarung) seine Pflichten nicht erfüllt. • Fallgruppe 3: In Zivilverfahren gegen den Kunden muss das Kreditinstitut bei fehlender Entbindung das Bankgeheimnis nur wahren, soweit sich hieraus keine prozessualen Nachteile ergeben. In Zivilprozessen mit Dritten ist das Bankgeheimnis dagegen nicht beschränkt. Nur wenn ein Kunde ein Strafverfahren gegen das Kreditinstitut in Gang brachte, das seine Geschäftsverbindung betrifft, darf die Bank sich gegen die Vorwürfe unter Offenlegung kundenbezogener Tatsachen zur Wehr setzen, soweit dies für die Verteidigung nötig ist. In sonstigen Fällen kann sich die Bank allenfalls auf den Rechtfertigungsgrund des Notstandes berufen. Interessen anderer Kunden, insbesondere ihr Schutz durch Aufklärungspflichten, gehen dem Bankgeheimnis nicht vor. Das Kreditinstitut sollte sich daher um eine Vermeidung einer Pflichtenkollision bemühen. Interessen sonstiger Dritter durchbrechen das Bankgeheimnis grundsätzlich nicht. Eine Auskunft an einen Zessionar ist ausnahmsweise erlaubt, soweit dies zur Erfüllung des Leistungsinteresses der Bank erforderlich wäre (s. obige Fallgruppe 2). Auskunftsansprüche von Sicherheitengebern gegen die Bank bestehen jedenfalls nicht, soweit sie die Verschwiegenheitspflicht verletzen würden. Interessen des Bankkunden beschränken das Bankgeheimnis
8. Kap.: Grenzen und Durchbrechungen des Bankgeheimnisses
501
nicht, weil eine darauf gestützte Offenlegung die Geheimnisherrschaft des Kunden unterlaufen würde. Bei allen erlaubten Durchbrechungen des Bankgeheimnisses ist zu berücksichtigen, dass sie in der mildestmöglichen Form zu erfolgen haben. Die Schwere des Eingriffs bestimmt sich im Wesentlichen nach Art und Anzahl der Mitteilungsempfänger, Inhalt und Umständen der Mitteilung sowie der Einbindung des Kunden in die Offenbarung.
9. Kapitel
Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen seiner Verletzung Der letzte Teil der Dissertation wendet sich den Wirkungen des Bankgeheimnisses zu. Zunächst will die Untersuchung der Frage nachgehen, ob ein Primäranspruch des Kunden auf Einhaltung des Bankgeheimnisses besteht (§ 86). Anschließend prüft sie, welche Rechtsfolgen sich aus einer Pflichtverletzung des Kreditinstitutes ergeben. In Anbetracht seiner wirtschaftlichen Bedeutung sowie der hierzu geführten Debatte wird die Darstellung hier das Hauptaugenmerk auf das Problem legen, ob die schuldrechtliche Schutzpflicht Wirkungen auf Verfügungsgeschäfte entfalten kann (§ 87). Zuletzt beschäftigt sie sich mit weiteren Ansprüchen und Rechten aus einem Geheimnisbruch (§ 88 bis § 94), vor allem dem Schadensersatzanspruch.
§ 86 Primäranspruch auf Einhaltung des Bankgeheimnisses Die Abhandlung geht zuerst dem Problem nach, ob der Kunde die Wahrung des Bankgeheimnisses einfordern oder nur bei seiner Verletzung Sekundäransprüche geltend machen kann. Dies führt zur grundsätzlichen Frage, ob es materiell einen Anspruch auf Einhaltung von Schutzpflichten gibt und gegebenenfalls, ob diese prozessual selbständig einklagbar sind. I. Überblick über den Meinungsstand Viele Stimmen in der Literatur1 nehmen mittlerweile einen Erfüllungsanspruch sowie die Mehrheit der Bankrechtler in Bezug auf das Bank1
Gernhuber, Schuldverhältnis, § 2 IV 3, S. 24 f.; Köhler, AcP 190 (1990), 496 (509 f.); Löwisch in: Staudinger (2001), Vorbem. zu §§ 275–283 Rn. 58; G. H. Roth in: MünchKomm BGB, § 241 Rn. 113; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 241 Rn. 24; Stürner, JZ 1976, 384 (385 ff.); Teichmann in: Soergel, § 242 Rn. 189; H. P. Westermann in: Erman, § 241 Rn. 13; so auch bereits Alff in: RGRK BGB, § 241 Rn. 7 (bei einem schutzwürdigen besonderen Interesse); einschränkend Henckel, AcP 174 (1974), 97 (112 Fn. 28).
§ 86 Primäranspruch auf Einhaltung des Bankgeheimnisses
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geheimnis einen Anspruch des Kunden auf Unterlassung der Datenweitergabe an.2 Beim vorbeugenden Unterlassungsanspruch scheinen sich die meisten am Schutzstandard des § 1004 Abs. 1 BGB (in seiner Ausformung durch die Rechtsprechung) zu orientieren, der die Gefahr einer künftigen Verletzung voraussetzt.3 Obgleich ein Teil des Schrifttums die Einklagbarkeit von Schutzpflichten ablehnt,4 scheint im Hinblick auf das Bankgeheimnis eine Mehrheit von ihr auszugehen: Zur Sicherung der Vertraulichkeit könne der Kunde gegebenenfalls eine einstweilige Verfügung gemäß § 935 ZPO erwirken,5 wenn ein Geheimnisbruch erstmals drohe6 oder die Bank ihre Verpflichtung zur Vertraulichkeit bestreite.7 Auf diese Weise könnte der Kunde etwa eine drohende Abtretung von Forderungen unter Offenlegung seiner Daten an Dritte faktisch verhindern.8 In der Bankpraxis wird diese Möglichkeit allerdings meist undurchführbar sein, weil der Kunde von der Transaktion regelmäßig erst nach der Geheimnisoffenbarung erfahren wird.9 Das soeben gezeichnete 2
Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (282); Biedermann, BlStSozArbR 1970, 61 (64); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 70; Casper in: Derleder/Knops/Bamberger, § 3 II Rn. 12; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 11; Kirchherr in: Sichtermann, S. 204 ff.; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1159); Nobbe, ZIP 2008, 97 (99); Wolff, DB 1968, 695 (697). 3 Biedermann, BlStSozArbR 1970, 61 (64); Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 11; Kirchherr in: Sichtermann, S. 204 f.; Scheer, S. 111; A. Weber in: Hellner/ Steuer, Rn. 2/859; einschränkend Wolff, DB 1968, 695 (697 f.): „wenn die Bank diese Verpflichtung bestreitet“; allgemein zu Schutzpflichten z. B. Köhler, AcP 190 (1990), 496 (510); Motzer, JZ 1983, 884 (886); Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/ Weinreich, § 241 Rn. 24; Teichmann in: Soergel, § 242 Rn. 189; enger P. Krebs in: AnwK, § 241 Rn. 57, der ihn nur ganz ausnahmsweise zulässt. 4 Brox/Walker, § 2 Rn. 11; Heinrichs in: Palandt, § 242 Rn. 25: „idR nicht gegeben“; P. Krebs in: AnwK, § 241 Rn. 57: „nur in besonderen Ausnahmesituationen“; Larenz, SchR I, § 9 (S. 105): auf die Erfüllung könne „im allgemeinen“ nicht geklagt werden – aber § 2 I (S. 12): „Nur wenn die Schutzpflicht eine ganz bestimmte Maßnahme erfordert und der Verpflichtete sich weigert, diese vorzunehmen“; mit gleichem Wortlaut Otto in: Staudinger, § 282 Rn. 27; Mansel in: Jauernig, § 241 Rn. 10; a. A. Schönle, § 5 I 2 (S. 44), der im Bankgeheimnis aber entgegen der überwiegenden (und der hier zu Grunde gelegten) Meinung eine Nebenleistungspflicht sieht. 5 Biedermann, BlStSozArbR 1970, 61 (64); Casper in: Derleder/Knops/Bamberger, § 3 II Rn. 12; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 11; Kirchherr in: Sichtermann, S. 205; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1159). 6 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 70; Wolff, DB 1968, 695 (697 f.). 7 Wolff, DB 1968, 695 (698). 8 Biedermann, BlStSozArbR 1970, 61 (64); Casper in: Derleder/Knops/Bamberger, § 3 II Rn. 12; Kirchherr in: Sichtermann, S. 205; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1159). 9 Nobbe, WM 2005, 1537 (1545).
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9. Kap.: Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen
Meinungsbild ist von punktuellen Lösungen geprägt. Sie lassen häufig eine Begründung vermissen und unterscheiden nicht zwischen materiellem Erfüllungsanspruch und Klagbarkeit der Schutzpflicht.10 Wie bereits Scheer mit Recht feststellte, handelt es sich beim Unterlassungsanspruch um nichts anderes als die „geschuldete Leistung“,11 also den Primäranspruch. Entweder nimmt man einen solchen aus präventiven Gründen an oder man gesteht dem Geschützten lediglich Sekundäransprüche auf Grund einer Pflichtverletzung zu. Die Entscheidung hierüber sollte man unter Rückgriff auf die dogmatische Grundlage der Schutzpflichten, ihre historischen Wurzeln, ihre damit einhergehende systematische Stellung zwischen Vertrags- und Deliktsrecht sowie vor allem ihren Zweck treffen (dazu unten ab Ziffer III). Das Thema könnte sich allerdings bereits zuvor aus einem anderen Grund erübrigen: Das Bankgeheimnis als Geheimhaltungspflicht ist in seinem Kern auf ein Unterlassen gerichtet. Soll ein Bankkunde dieses Verhalten einfordern können, muss es erfüllbar sein. Mit dieser der eigentlichen Problematik vorgelagerten Fragestellung wird sich der nachfolgende Abschnitt (Ziffer II) kurz befassen.12 II. Erfüllbarkeit einer Unterlassenspflicht Die herrschende Meinung nimmt an, Unterlassungspflichten seien erfüllbar.13 Ein Unterlassungsanspruch kann bei unbefristeten gesetzlichen Schweigepflichten wie diejenige, die sich aus dem Bankgeheimnis ergibt, zwar nicht durch Bewirkung, wie § 362 Abs. 1 BGB sie verlangt, erlöschen.14 Dennoch erfüllt der Schuldner seine Unterlassungspflicht, indem er sich an das Verbot hält oder einen Störungszustand beendet.15 Bei Unterlassungspflichten verschwimmt die Unterscheidung von Tun und Unterlassen und sie spielt im Ergebnis für die Frage der Erfüllbarkeit keine Rolle.16 Beim Bankgeheimnis lässt sich ein Störungszustand bei10 Zu dieser Unterscheidung Schumann in: Stein/Jonas, 21. Aufl., vor § 253 Rn. 87 ff. 11 Scheer, S. 111 – da er von einem Bankvertrag ausgeht, spricht er von „vertraglich geschuldete[r] Leistung“; allgemein zur Funktion des vorbeugenden Rechtsschutzes Henckel, AcP 174 (1974), 97 (110). 12 Ausführliche Darstellung bei Fritzsche, S. 358 ff., insbesondere S. 366 f. m. w. N. 13 Fritzsche, S. 367 m. w. N.; Medicus, SchR I, Rn. 424. 14 Vgl. Fritzsche, S. 367. 15 Fritzsche, S. 367; zur Beendigung einer Störung als Unterlassen BGHZ 120, 73 (76) m. w. N. 16 In der ersten Alternative geht es bei Verschwiegenheitspflichten vor allem um ein Unterlassen, denn eine Störung kann meist nicht mehr „beendet“ werden: Ist ein
§ 86 Primäranspruch auf Einhaltung des Bankgeheimnisses
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spielsweise denken, wenn ein Kreditinstitut seinen Mitarbeitern einen elektronischen Zugriff auf sämtliche Kundeninformationen ermöglicht. Bereits dies stellt einen Verstoß gegen das innere Bankgeheimnis dar.17 Eine solche Verletzung muss noch nicht zwangsläufig zu einer Offenbarung geführt haben – so etwa, wenn die Angestellten die Zugriffsmöglichkeit nicht über das zulässige Maß hinaus nutzten. Mit Hilfe eines Unterlassungsanspruchs könnte der Kunde das Errichten bankinterner Schranken verlangen, also ein Unterlassen des Zugänglichmachens. Das Bankgeheimnis umfasst überdies vereinzelt Handlungspflichten. Die Erfüllbarkeit ist hier nicht zweifelhaft: Gibt die Bank auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift z. B. kundenbezogene Daten an Behörden weiter, muss sie den Kunden hiervon in aller Regel benachrichtigen.18 Zusammenfassend zeigt sich: Das Bankgeheimnis ist in seinen verschiedenen Ausprägungen erfüllbar. Ein Primäranspruch scheitert nicht bereits an diesem Erfordernis. III. Primäranspruch aus einer gesetzlichen Sonderverbindung „ohne primäre Leistungspflichten“ Ob ein Unterlassungsanspruch anzuerkennen ist, lässt sich mit Blick auf das dogmatische Fundament der Pflicht beantworten. Leistungsunabhängige Schutzpflichten wie das Bankgeheimnis wurzeln in einem gesetzlichen Schuldverhältnis, das in Form eines rechtsgeschäftlichen Näheverhältnisses die Vertrauensbeziehung ausformt.19 In Anlehnung an Larenz bezeichnet das Schrifttum dieses Rechtsverhältnis häufig als gesetzliches Schuldverhältnis „ohne primäre Leistungspflicht“.20 Ausgehend von dieser Formulierung wäre die Frage, ob es einen Primäranspruch auf Einhaltung einer Schutzpflicht gibt, auf der begrifflichen Ebene bereits beantwortet. Denn wie sollte man eine primäre Leistungspflicht im Rahmen eines Schuldverhältnisses „ohne primäre Leistungspflicht“ begründen?21 Geheimnis einmal an einen bestimmten Adressaten in bestimmter Weise offenbart, lässt sich dies nicht mehr rückgängig machen. In der zweiten Alternative verschwimmen die Grenzen zwischen Tun und Unterlassen, weil das Unterlassen einer Störung ein Unterlassen, die Beendigung einer Störung aber ein aktives Tun darstellt. 17 Zum inneren Bankgeheimnis ausführlich S. 302 ff. 18 Zur Begründung S. 495 ähnlich zur Forderungsdurchsetzung S. 466 ff. 19 Vgl. die Zusammenfassung S. 141 ff. 20 Dazu oben S. 125 ff. Neben Larenz, SchR I, § 9 (S. 104 ff.) verwenden diesen Begriff z. B. Becker, S. 58; Brox/Walker, § 5 Rn. 1; Bunte in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, § 7 Rn. 1; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 12 f. und Rn. 42; Hopt in: Baumbach/Hopt, Vor § 343 Rn. 3; Petersen, S. 27; Stadler in: Jauernig, § 311 Rn. 34; weitere Nachw. bei Frost, S. 41 Fn. 5. 21 In diese Richtung zunächst auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 12; ähnlich Petersen, S. 27.
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9. Kap.: Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen
Doch darf man bei vordergründigen terminologischen Erklärungen nicht stehen bleiben. Sie verwirren in diesem Zusammenhang eher, verschleiern sie doch die Tatsache, dass mit primären Leistungspflichten lediglich diejenigen des Leistungsverhältnisses gemeint sind. Das Konzept des Schuldverhältnisses „ohne primäre Leistungspflicht“ ist ein wissenschaftlich entwickeltes, nicht ein vom Gesetzgeber kodifiziertes Modell. In § 311 Abs. 2 und 3 BGB kommt lediglich zum Ausdruck, dass Schutzpflichtverhältnisse rechtsgeschäftsähnlicher Natur sind (vgl. die Überschrift zu § 311 BGB) und Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB nach sich ziehen, mithin dem Zweck des Rechtsgüterschutzes dienen. Sie grenzen sich damit gegenüber dem Leistungsverhältnis i. S. d. § 241 Abs. 1 BGB (Darlehens- oder Girovertrag) ab. In dieser Hinsicht vermitteln Schutzpflichtbeziehungen in der Tat keine primären Leistungspflichten, etwa keinen Anspruch auf Aus- oder Rückzahlung der Darlehensvaluta. Das Äquivalenzinteresse ergibt sich ausschließlich aus der Leistungsbeziehung, bei einem Kreditinstitut also aus dem jeweiligen Bankgeschäft. Der Gesetzeswortlaut lässt indes nicht den Schluss zu, das Schutzpflichtverhältnis zwischen den Parteien lasse keine Primäransprüche hinsichtlich der Rücksichtspflichten zu, die aus ihr fließen. Wenn im Folgenden von einem Erfüllungsanspruch die Rede ist, kann damit also – je nach Kontext – sowohl die Erfüllung der Schutzpflicht als auch die Erfüllung der Leistung im Rahmen des Bankgeschäfts gemeint sein.22 Andererseits lässt die grammatikalische Auslegung auch keinen Umkehrschluss in dem Sinne zu, Schutzpflichten müssten „geleistet“ und diese Leistung eingefordert werden können: § 241 Abs. 2 BGB nennt nur die Möglichkeit des Bestehens einer Rücksichtspflicht; er bestimmt weder ihre Voraussetzungen oder ihren Inhalt noch ihre Rechtsfolgen. IV. Historische Entwicklung der Durchsetzbarkeit von Schutzpflichten Eine Schutzpflicht ist nur dann durchsetzbar, wenn erstens ein Erfüllungsanspruch besteht, der zweitens einklagbar ist. Gegen einen Primäranspruch auf Einhaltung einer Schutzpflicht spricht nicht ihre historische Herleitung: Zwar entwickelte sich die culpa in contrahendo ursprünglich 22 Diskussion der Erfüllbarkeit von Schutzpflichten bei Motzer, JZ 1983, 884 (885 f.); andere Bedeutung der Erfüllung z. B. bei Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 35 und ders., Vertrauenshaftung, S. 5 f., 521 f., wo er in Ausnahmefällen von einem „Anspruch auf ‚Vertrauensentsprechung‘ “ und „positivem Vertrauensschutz“ spricht und in diesem Zusammenhang bei „Erfüllungshaftung“ ausschließlich die Erfüllung im Rahmen der Leistungsbeziehung meint.
§ 86 Primäranspruch auf Einhaltung des Bankgeheimnisses
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über die Heranziehung von Rechtsgedanken aus einer Reihe von Einzelvorschriften, die als Rechtsfolge lediglich eine Ersatzpflicht zum Vertrauensschaden vorsahen.23 Dieser Ansatz einer Gesamtanalogie ist heute allerdings überholt.24 Ihren Ausdruck findet die spätere Entwicklung in § 311 Abs. 2 und 3 BGB. Da der Gesetzgeber in diesen Normen das außervertragliche Schuldverhältnis in Bezug auf etwaige Primärpflichten nicht umschreibt, bleibt nur der Rückgriff auf das bisher in der Rechtsfortbildung herrschende Verständnis von Natur und Reichweite der Rücksichtspflichten. Bereits auf Grund der größeren praktischen Relevanz stehen die sekundären Rechtsfolgen im Vordergrund.25 Wo das Thema einer Klagbarkeit der Schutzpflichten zur Sprache kam, lehnte sie die Mehrheit ab.26 Ob die Klagbarkeit am prozessualen oder bereits am materiellen Recht scheitert, ist dabei unklar.27 Insbesondere Henckel umschrieb schon im Jahr 1974 die Tendenz, nicht einklagbare Nebenpflichten immer mehr zu einklagbaren werden zu lassen und damit den vorbeugenden Rechtsschutz auszuweiten.28 Wegen der Verfestigung der Rücksichtspflichten durch ihre Nennung in § 241 Abs. 2 BGB, der „ausdrücklich von einer Verpflichtung spricht“, meint Westermann nunmehr sogar, eine grundsätzliche Klagbarkeit lasse sich nicht mehr leugnen.29 Diese Aussage muss man relativieren: Während 23
Zu diesem ursprünglichen Ansatz näher Larenz, SchR I, § 9 I (S. 107). Die richterliche Rechtsfortbildung im Bereich der Schutzpflichten hat sich mittlerweile zu Gewohnheitsrecht verfestigt – statt vieler Larenz, SchR I, § 9 I (S. 108 f.). 25 Beispielhaft Larenz, SchR I, § 9 I (S. 112 ff.), der dort zwar die Haftungsfragen behandelt, die etwaige Klagbarkeit von Schutzpflichten jedoch nur am Rande erwähnt, § 9 I (S. 105); vgl. zudem z. B. Flume, BGB AT, § 10 Nr. 4, S. 129. In der Rspr. finden sich – soweit ersichtlich – keine relevanten Fälle, in denen es um die Klagbarkeit von Schutzpflichten ging, die nicht gesetzlich oder vertraglich normiert sind: RGZ 72, 393 (394) lehnte eine Klagbarkeit ab; die Entscheidung ist jedoch für die vorliegende Problematik unergiebig, da es um die leistungsbezogene Nebenpflicht ging, alles mit der Leistungspflicht „Unvereinbare zu unterlassen“. Gleiches gilt für RGZ 133, 51 (62); BGH MDR 1995, 706 (707) bleibt sehr vage, bejaht im Ergebnis aber einen „Abwehranspruch“. 26 Vgl. die Nachw. bei Gernhuber, Schuldverhältnis, § 2 IV 3, S. 24 f. in Fn. 55; P. Krebs in: AnwK, § 241 Rn. 56 und 37 m. w. N.: . . . „die nur eingeschränkte Möglichkeit, Schutzpflichten einzuklagen“ . . . „ursprünglich geradezu ein Erkennungszeichen für Schutzpflichten“; Larenz, SchR I, § 9 I (S. 105); a. A. Alff in: RGRK BGB, § 241 Rn. 7 (bei einem schutzwürdigen besonderen Interesse); unklar Enneccerus/Lehmann, § 4 II (S. 21 f.). 27 Zur Unterscheidung zwischen dem Fehlen eines materiell-rechtlichen Anspruchs und dem Fehlen der Klagbarkeit Schumann in: Stein/Jonas, 21. Aufl., vor § 253 Rn. 87 ff. – Die vorliegende Arbeit geht auf diese Frage nicht näher ein. 28 Henckel, AcP 174 (1974), 97 (112); Münzberg, JZ 1967, 689 (692). 29 H. P. Westermann in: Erman, § 241 Rn. 13; a. A. ebenfalls mit dem WortlautArgument Brox/Walker, § 2 Rn. 11. 24
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9. Kap.: Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen
ausdrücklich normierte Rücksichtspflichten nach einhelliger Meinung einklagbar sind, bleibt dies nach der Schuldrechtsreform des Jahres 2002 für alle übrigen (nicht-leistungsbezogenen) Schutzpflichten weiterhin umstritten.30 Die geschichtliche Entwicklung ist also zwar ein Indiz dafür, dass ein Unterlassungsanspruch und seine prozessuale Durchsetzung bei Schutzpflichten immer mehr Anerkennung findet. Doch genügt dies allein noch nicht, um ihn zu begründen. V. Systematische Stellung – Zweck des vorbeugenden Rechtsschutzes Systematisch steht das Schutzpflichtverhältnis zwischen Vertrags- und Deliktsrecht. Richtet man die Frage nach einem Primäranspruch in Anbetracht des privatautonomen Elements des Bankgeheimnisses (bewusste Entscheidung, den eigenen Rechtskreis dem Geschäftspartner zu öffnen) oder sogar seiner vertraglichen Vereinbarung im Rahmen von AGB mehr am Vertragsrecht aus, spricht viel für einen Unterlassungsanspruch. Denn im rechtsgeschäftlichen Bereich gibt es kaum Rechtsbeziehungen, die keine primären Leistungspflichten kennen.31 Insbesondere formuliert Nr. 2 Abs. 1 Satz 1 AGB-Banken das Bankgeheimnis als „normale“ einklagbare Pflicht. Andererseits setzt auch das Vertragsrecht nicht immer eine Klagbarkeit voraus. So steht sie bei Nebenleistungspflichten, welche die Vertragsabwicklung fördern sollen,32 genauso in der Diskussion wie die Erzwingung von Schutzpflichten.33 30 Offengelassen von OLG Düsseldorf OLGR Düsseldorf 2005, 87 (88); Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 544 ff.; ohne Aussage zu dieser Frage nunmehr Medicus, BR, 20. und 21. Aufl., Rn. 208 – anders noch in der 19. Aufl., Rn. 208, wo er die Klagbarkeit nach einer Abwägung von Gläubiger- und Schuldnerinteressen bestimmen wollte. Befürwortend BGH MDR 1995, 706 (707) – allerdings unklar, ob verallgemeinerungsfähig; Gernhuber, Schuldverhältnis, § 2 IV 3, S. 24 f.; Köhler, AcP 190 (1990), 496 (509 f.); Löwisch in: Staudinger (2001), Vorbem. zu §§ 275–283 Rn. 58; Motzer, JZ 1983, 884 (886); Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 241 Rn. 24; Stürner, JZ 1976, 384 ff.; Teichmann in: Soergel, § 242 Rn. 189; einschränkend Henckel, AcP 174 (1974), 97 (112 Fn. 28); Otto in: Staudinger, § 282 Rn. 27 (umgekehrtes Regel-Ausnahme-Verhältnis). Vorsichtig oder ausnahmsweise befürwortend Larenz, SchR I, § 2 I (S. 12); Otto in: Staudinger, § 282 Rn. 27; G. H. Roth in: MünchKomm BGB, § 241 Rn. 113. Ablehnend LAG Schleswig-Holstein NZA-RR 2005, 514 (515 f.); Grüneberg/Sutschet in: Bamberger/Roth, § 241 Rn. 43, 91; Hirse in: Kompaktkommentar, § 241 Rn. 9: „in aller Regel nicht isoliert einklagbar“; P. Krebs in: AnwK, § 241 Rn. 57; Mansel in: Jauernig, § 241 Rn. 10. 31 Gesetzlich geregelte Ausnahmen in § 656 Abs. 1 und § 762 Abs. 1 BGB. 32 Z. B. eine transportgerechte Verpackung von Waren. 33 Vgl. Stürner, JZ 1976, 384 (385) m. w. N.
§ 86 Primäranspruch auf Einhaltung des Bankgeheimnisses
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Im Hinblick auf seinen Zweck (Schutz des Integritätsinteresses) ähnelt das Bankgeheimnis außerdem dem Recht der unerlaubten Handlungen.34 Dort vollzieht sich der Rechtsgüterschutz in erster Linie über die §§ 823 ff. BGB, die bei Pflichtverletzungen zu einem Schadensausgleich führen. Doch findet sich vor allem im Unterlassungsanspruch des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB auch der Präventionsgedanke, der i. V. m. § 823 BGB bekanntlich auf alle absoluten Rechtsgüter ausgedehnt wurde.35 Allerdings geht der vorbeugende Rechtsschutz über die absoluten Rechtsgüter hinaus und erstreckt sich auf Handlungsverbote, die „der Sicherung eines schutzwürdigen Interesses dienen“ sollen.36 Er gilt seiner Funktion nach dort, wo eine Warnung der bewussten Übertretung eines Verbots zuvorkommen soll und zur Bekräftigung dieser Warnfunktion ein Vollstreckungstitel erforderlich ist.37 Letzteres kann sich daraus ergeben, dass ein Verstoß nicht anderweitig mit Strafe bedroht ist.38 Gerade beim nicht strafbewehrten Bankgeheimnis wird dieser Punkt relevant. Zu bedenken ist zudem die Funktion der Rücksichtspflichten: Anders als bei leistungsbezogenen Nebenpflichten, die der Mehrung des Vermögens dienlich sind, ist Aufgabe von Schutzpflichten der Erhalt des status quo.39 Wofür aber wäre ein vorbeugender Rechtsschutz geeigneter, wenn nicht für die Erhaltung des bisherigen Zustands? Im Verhältnis zum Deliktsrecht kommt Folgendes hinzu: Schutzpflichten beruhen auf einer engeren Nähebeziehung als im Deliktsrecht, bei dem sich die Rechtskreise der Personen meist zufällig berühren. Es wäre widersprüchlich, wenn das Deliktsrecht durch einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch einen umfassenderen Rechtsgüterschutz bereitstellte als die rechtsgeschäftsnahe Sonderverbindung, die durch ein besonderes Vertrauen geprägt ist.40 Auch wenn die systematische Betrachtung sich auf keine eindeutigen Parallelen zum Vertragsrecht oder zum Deliktsrecht stützen kann, deutet sie stärker auf das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs hin.41 Doch wegen 34 Parallele zum Deliktsrecht auch bei Motzer, JZ 1983, 884 (886 f.); G. H. Roth in: MünchKomm BGB, § 241 Rn. 113; Stürner, JZ 1976, 384 (385). 35 Statt vieler Bassenge in: Palandt, § 1004 Rn. 4; Englert in: Prütting/Wegen/ Weinreich, § 1004 Rn. 3; Medicus in: MünchKomm BGB, § 1004 Rn. 6; Motzer, JZ 1983, 884 (886 f.) m. w. N.; Stürner, JZ 1976, 384 (385 f.). 36 Vgl. Henckel, AcP 174 (1974), 97 (117, v. a. 120); ähnlich Münzberg, JZ 1967, 689 (692 f.). 37 Vgl. näher hierzu Henckel, AcP 174 (1974), 97 (117 ff.). 38 Henckel, AcP 174 (1974), 97 (119). 39 Statt vieler Frost, S. 155; Motzer, JZ 1983, 884 (889); Stürner, JZ 1976, 384 (389). 40 Motzer, JZ 1983, 884 (887). 41 Zu weitgehend aber H. P. Westermann in: Erman, § 241 Rn. 13, vgl. oben bei Fn. 29.
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9. Kap.: Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen
der schwankenden historischen Entwicklung bedarf eine Lösung einer weiteren normativen Grundlage.42 VI. Teleologische Erwägungen Die Frage nach einem Erfüllungsanspruch bei Schutzpflichten lässt sich auf der Spur ihres Schutzzwecks verfolgen. Eng damit verknüpft ist das Problem der Einklagbarkeit.43 Denn ein Anspruch, der überhaupt nicht bestehen kann, ist nie einklagbar; umgekehrt ist ein bestehender Anspruch, der nicht einklagbar ist, praktisch – außer in gesetzlich geregelten Fällen44 – wertlos. Im Folgenden werden beide Facetten der Thematik daher gemeinsam behandelt.45 Es kristallisieren sich in der aktuellen Literatur zwei Kriterien heraus, die – ausgerichtet an der Ratio der jeweiligen Rücksichtspflicht – die Entscheidung über ihre Klagbarkeit treffen sollen, und zwar die Selbständigkeit der Rücksichtspflicht sowie das Bedürfnis nach einem vorbeugenden Schutz. 1. Selbständigkeit der Schutzpflicht
Nach einem Ansatz in der Literatur sollen selbständige – im Gegensatz zu unselbständigen – Nebenpflichten isoliert einklagbar sein;46 „selbständig“ sind sie, wenn sie einen eigenen Zweck verfolgen.47 Doch wirft dieses Kriterium das Problem auf, wann eine für die Einklagbarkeit ausreichende 42
So bereits Stürner, JZ 1976, 384 (385). Zur Unterscheidung zwischen prozessualem und materiellen Recht: Schumann in: Stein/Jonas, 21. Aufl., vor § 253 Rn. 87 ff. 44 Besonderheiten gelten beim Ehemaklervertrag gem. § 656 Abs. 1 BGB sowie bei Spielschulden gem. § 762 Abs. 1 BGB (Leistung nicht einklagbar; Rückforderung aber ausgeschlossen). 45 Die dogmatische Unterscheidung zwischen der materiellen und der prozessualen Seite von Unterlassungsanspruch und -klage können für die vorliegende Frage wertungsmäßig keine entscheidende Rolle spielen. Aus Platzgründen differenziert diese Arbeit dahingehend nicht. Hierzu v. a. Schumann in: Stein/Jonas, 21. Aufl., vor § 253 Rn. 87 ff. sowie Henckel, AcP 174 (1974), 97 (120 ff.) – er legt dar, dass der materielle Anspruch allein die Funktion eines Rechtsbehelfs habe, die Zielrichtung von materiellem und prozessualen Recht ist danach identisch; auf sie kann man hier also abstellen; vgl. z. B. auch Köhler, AcP 190 (1990), 496 (512) – prozessuales Rechtsschutzbedürfnis identisch mit materiellem Rechtsschutzinteresse; Münzberg, JZ 1967, 689 (692 ff.). 46 Enneccerus/Lehmann, § 4 II 2 (S. 21); Grüneberg/Sutschet in: Bamberger/ Roth, § 241 Rn. 43; Heinrichs in: Palandt, § 242 Rn. 25; Henckel, AcP 174 (1974), 97 (111); R. Schmidt, Obliegenheiten, S. 39 f. („regelmäßig“). 47 Enneccerus/Lehmann, § 4 II 2 (S. 21); Grüneberg/Sutschet in: Bamberger/ Roth, § 241 Rn. 43; Heinrichs in: Palandt, § 242 Rn. 25; Henckel, AcP 174 (1974), 97 (111); ohne Definition des Merkmals noch Lenzen, NJW 1967, 1260. 43
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Selbständigkeit vorliegt. Die Charakterisierung hängt stark von normativen Gesichtspunkten ab.48 Diese Schwierigkeit spiegelt sich bei Schutzpflichten wider: Viele bezeichnen sie – ohne nähere Begründung – als unselbständige Nebenpflichten.49 Meines Erachtens überzeugt das Unterscheidungskriterium der Selbständigkeit unter Zugrundelegung eines teleologischen Verständnisses: Folgt eine Nebenpflicht dem Zweck der Hauptpflicht (Äquivalenzinteresse), muss sich auch ihre Durchsetzung diesem Hauptzweck unterordnen. Ob sie also klagbar ist, sollte man nicht generell, sondern konkret anhand dieses Leistungszwecks ermitteln.50 Sie ist folglich unselbständig. Hat eine Nebenpflicht hingegen einen darüber hinausgehenden Zweck, einen Eigenzweck (Schutz des Integritätsinteresses), kann dieser über das Instrumentarium des Leistungsstörungsrechts gar nicht durchgesetzt werden. Eine isolierte Einklagbarkeit kann dem Hauptzweck (Leistungsinteresse) somit nicht zuwider laufen. Zudem ist sie dem Eigenzweck der Nebenpflicht förderlich. Für in diesem Sinne selbständige Nebenpflichten51 ist demnach grundsätzlich eine Klagbarkeit zu befürworten. Für Schutzpflichten und damit auch für das Bankgeheimnis bedeutet dieser Ansatz Folgendes: Ihr unumstrittener Zweck ist – in Abgrenzung zum Äquivalenzinteresse der Leistungsbeziehung – die Wahrung des Erhaltungsinteresses.52 Der Schutz des Integritätsinteresses ist somit ihr „Eigenzweck“ – denn was sollte überhaupt ein Eigenzweck sein, wenn nicht der vom Leistungsinteresse unabhängige Rechtsgüterschutz? Es ist insofern nicht einsichtig, wenn manche den Eigenzweck als Kriterium heranziehen, ihn den Schutzpflichten jedoch absprechen.53 Weder ergibt sich dies aus ihrer Aufgabe (Schutz des Integritätsinteresses), noch daraus, dass sie nicht im Synallagma zu den Leistungspflichten stehen.54 Im Gegenteil: Weil sie mit 48
Vgl. Henckel, AcP 174 (1974), 97 (114): „Die Ausdehnung des vorbeugenden Rechtsschutzes bedeutet nichts anderes, als daß unselbständige Pflichten zu selbständigen, d. h. vorbeugend einklagbaren, erhoben werden“; ähnlich Münzberg, JZ 1967, 689 (692). 49 Grüneberg/Sutschet in: Bamberger/Roth, § 241 Rn. 43; Köhler, AcP 190 (1990), 496 (498); Mansel in: Jauernig, § 241 Rn. 10; wohl Heinrichs in: Palandt, § 242 Rn. 25; a. A. Motzer, JZ 1983, 884 (886). 50 Ähnlich zur Klagbarkeit von Nebenleistungspflichten schon Lenzen, NJW 1967, 1260 f. 51 Zur Eigenständigkeit der Sonderverbindung nach §§ 311, 241 Abs. 2 BGB auch Kersting, S. 359 f. 52 Im Ergebnis wie hier Motzer, JZ 1983, 884 (885). 53 Grüneberg/Sutschet in: Bamberger/Roth, § 241 Rn. 43; Heinrichs in: Palandt, § 242 Rn. 25. 54 Offensichtlich meinte aber das LAG Schleswig-Holstein NZA-RR 2005, 514 (515 f.), in diesen Aspekten eine Begründung zu finden.
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diesen Hauptpflichten inhaltlich nicht verknüpft sind und einen eigenen, vom Leistungserfolg unabhängigen Zweck verfolgen, handelt es sich nach der hier vertretenen Ansicht um selbständige Nebenpflichten. Als solche können sie bei Anwendung dieses Kriteriums einen klagbaren Erfüllungsanspruch zur Durchsetzung der Schutzpflicht gewähren. 2. Unzureichender Schutz durch repressive Mittel
Ein anderer Einwand gegen einen Erfüllungsanspruch bei Schutzpflichten liegt auf der Hand: Die Rechte des Geschützten seien durch Sekundäransprüche ausreichend gewahrt.55 Diese pauschale Behauptung kann bereits deshalb nicht zum Tragen kommen, weil insbesondere bei absoluten Rechtsgütern Schäden oft irreparabel sind. Zwar muss man dem Schutzbedürfnis Beachtung schenken, allerdings in differenzierter Form. Henckel macht die Einklagbarkeit einer Nebenpflicht davon abhängig, ob der repressive Rechtsschutz über das Schadensersatzrecht ausreicht, die Rechtssphäre hinreichend zu schützen.56 Bei vertraglich vereinbarten Pflichten müsse man die Privatautonomie des Pflichtigen berücksichtigen, der Risiken nur in einem bestimmten Umfang übernehmen wolle.57 Unter Heranziehung dieser Wertung sind die dem Bankgeheimnis unterfallenden Einzelpflichten einklagbar. Bei der Weitergabe eines Geheimnisses entsteht dem Betroffenen unmittelbar ein immaterieller Schaden, weil er seine Dispositionsbefugnis, die Geheimnisherrschaft, einbüßt. Doch ist dieser Schaden für ihn nicht immer (sofort) sichtbar, weil es in der Natur von Daten liegt, dass ihr Informationsfluss regelmäßig nicht offen zu Tage tritt. Selbst wenn er die Beeinträchtigung unmittelbar spürt, kann er einen (überdies schwer messbaren) immateriellen Schaden allenfalls über konkurrierende deliktsrechtliche Ansprüche geltend machen.58 Ein Vermögensschaden – so er denn entsteht – lässt sich auf Grund der langen, intransparenten Kausalkette zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden schon wegen der Problematik der psychisch vermittelten Kausalität nur schwer nachvollziehen und beweisen.59 Die Durchsetzung einer Unterlassenspflicht verliert mit ihrer Verletzung daher meist ihre Bedeutung.60 Aus 55
Kress, S. 5 ff., 578 ff. („unentwickelter Schutzanspruch“). Henckel, AcP 174 (1974), 97 (112 Fn. 28, S. 120 f. u. ö.); ähnlich Köhler, AcP 190 (1990), 496 (509). 57 Henckel, AcP 174 (1974), 97 (112 Fn. 28); ihm folgend Medicus, BR, 19. Aufl., Rn. 208. 58 s. sogleich auf S. 535 f., 558 f. 59 Dazu sogleich S. 536 ff. 60 Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 241 Rn. 24; vgl. auch Bütter/ Tonner, ZBB 2005, 165 (171). 56
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all diesen Gründen versagt der nachträgliche Schutz des durch die Pflicht Geschützten in aller Regel. Ein präventiver Schutz ist deshalb erforderlich, um den Zweck der Pflicht, den Rechtsgüterschutz, überhaupt zu erreichen.61 Durch die isolierte Einklagbarkeit kann das Bankgeheimnis an Stärke gewinnen und seine Aufgabe der Erhaltung von Rechtsgütern erfüllen. Eine Schadensprävention ist deshalb einem Schadensausgleich vorzuziehen.62 3. Kritik an einer Ablehnung der Klagbarkeit
Gegen die Einklagbarkeit von Schutzpflichten wendet Krebs ein, der vorbeugende Rechtsschutz gefährde das vertrauensvolle Miteinander der Beteiligten, welches durch die Schutzpflichten gefördert werden solle.63 Dieses Argument geht ins Leere, sobald das geschützte Rechtsgut konkret gefährdet ist, eine Verletzung also droht. Denn indem das Kreditinstitut Anlass zur Sorge gibt, ein Bruch des Bankgeheimnisses stehe bevor, stört es selbst das Vertrauensverhältnis. Die Einforderung der Schutzpflicht durch den Kunden gefährdet dieses Verhältnis also nicht, sondern möchte die bereits durch die Bank hervorgerufene Störung der Beziehung beseitigen. Auch ist der Unterlassungsanspruch nicht dem Einwand ausgesetzt, die Parteien hätten einen solchen im Vorfeld vereinbaren können; wo dies nicht geschehen sei, müssten sich die Rechtsfolgen auf sekundäre Ansprüche beschränken. Nicht nur werden sich die Parteien in der Praxis keine Gedanken über konkrete Gefährdungen machen. Überdies wären konkrete Verhaltenspflichten selten bestimmbar genug.64 Vor allem entstehen sie kraft Gesetzes und sind nicht Teil des Synallagmas. Sie nicht vertraglich zu regeln, kann daher keine Auswirkungen auf gesetzliche Wertungen entfalten. Ferner – so Krebs als Gegner eines Unterlassungsanspruchs – stehe es dem Schuldner der Pflicht frei, bewusst ein Schädigungsrisiko einzugehen, soweit er nur in der Lage sei, den möglichen Schaden auszugleichen.65 Bei Verschwiegenheitspflichten zeigt sich die Schwäche dieser Begründung besonders deutlich: Angesichts der Schwierigkeiten, einen Schaden auf Grund eines Geheimnisbruchs geltend zu machen, ist das Haftungsrisiko des Schweigepflichtigen gering. Ein Schadensausgleich ist nicht immer möglich. Diese Ansicht führt deshalb zu einer einseitigen Risikoverlagerung auf 61
Motzer, JZ 1983, 884 (887). Löwisch in: Staudinger (2001), Vorbem. zu §§ 275–283 Rn. 58; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 241 Rn. 24. 63 P. Krebs in: AnwK, § 241 Rn. 57. 64 Stürner, JZ 1976, 384 (386); ähnlich Motzer, JZ 1983, 884 (886). 65 P. Krebs in: AnwK, § 241 Rn. 57. 62
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den Geschützten. Faktisch resultiert daraus eine erhebliche Schwächung des Bankgeheimnisses, was seinem Zweck zuwider läuft.66 VII. Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs Soweit Vertreter der Literatur das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs bejahen, gehen sie überwiegend von einheitlichen Voraussetzungen aus. Sie orientieren sich vor allem an den Merkmalen des gesetzlich ausgeformten Tatbestands des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB sowie der hierzu ergangenen Rechtsprechung.67 Angesichts der vergleichbaren Zielsetzung überzeugt diese Parallele. Unstreitig kann der Rechtsgutsinhaber erstmalige, erkennbar bevorstehende Beeinträchtigungen mit einer vorbeugenden Unterlassungsklage verhindern.68 Ein Anspruch hat folgende Voraussetzungen: 1. Bedürfnis für einen präventiv wirkenden Unterlassungsanspruch
Der Unterlassungsanspruch erfordert erstens ein Bedürfnis für einen präventiv wirkenden Schutz.69 Ein solches besteht nur bei einer drohenden Verletzung. Die erhöhte Einwirkungsmöglichkeit, die überhaupt erst zu einer Schutzpflicht führt, muss sich mithin zu einer konkreten Verletzungsgefahr verdichten, sei es in der Form einer Wiederholungsgefahr oder einer Erstbegehungsgefahr.70 Dies bedeutet: Es müssen faktische Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Kreditinstitut das Bankgeheimnis verletzen werde. 66 Selbst P. Krebs in: AnwK, § 241 Rn. 57 erkennt bei Vorliegen eines besonderen Präventionsinteresses eine Ausnahme an; seine Beispiele erscheinen jedoch im Hinblick auf das Bankgeheimnis zu restriktiv. Zuzustimmen ist lediglich seiner Meinung, existenzgefährdende Schäden benötigten einen besonderen Schutz. Demgegenüber erscheinen die beiden ersten Kategorien (Schutz deliktisch besonders geschützter Rechtsgüter, Verstoß gegen einen Straftatbestand) überflüssig: Bei der erstgenannten Fallgruppe kann ein Verstoß bereits über die Anwendung von § 1004 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 823 BGB präventiv abgewehrt werden. Bei strafbewehrten Pflichten wird die Warnfunktion bereits durch die Strafbarkeit erfüllt. Ein Schutzbedürfnis besteht daher gerade in den Sachverhalten, die hierunter nicht fallen. Das Bankgeheimnis ist hierfür beispielhaft. 67 Köhler, AcP 190 (1990), 496 (510); Löwisch in: Staudinger (2001), Vorbem. zu §§ 275–283 Rn. 58; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 241 Rn. 24. 68 Statt vieler Englert in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 1004 Rn. 7; Medicus in: MünchKomm BGB, § 1004 Rn. 95 – jeweils m. w. N. 69 So allgemein zu Schutzpflichten auch Teichmann in: Soergel, § 242 Rn. 189. 70 Näher dazu Köhler, AcP 190 (1990), 496 (510); Münzberg, JZ 1967, 689 (692 f.); Scheer, S. 111 f.; allgemein zum Unterlassungsanspruch z. B. Sprau in: Palandt, Einf v § 823 Rn. 18 ff.
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Beispiele: Scheer nimmt die Besorgnis einer künftigen Verletzung mit Recht an, wenn das Kreditinstitut das Bankgeheimnis bestreite, seine Geschäftsbücher nicht ordentlich verwahre oder sich bereit erkläre, in einem Prozess als Zeuge auszusagen.71 Aus heutiger Sicht lässt sich anfügen: Wenn die Bank den Zugriff unbefugter Dritter auf Kundendaten ermöglicht, weil sie das Online-Banking nicht nach dem neuesten Stand der Technik durchführt, wenn sie Daten unverschlüsselt elektronisch versendet, wenn sie keine oder unzureichende bankinterne Informationsschranken installiert usw. 2. Bestimmbarkeit des Verhaltensgebots
Daran knüpft eine zweite Voraussetzung an: Die Unterlassungspflicht muss sich zu einem bestimmten Verhaltensgebot konkretisieren, das sich an der speziell drohenden Gefahr ausrichtet;72 das zweite Erfordernis ist somit die hinreichend konkrete Beschreibung des Pflichteninhalts.73 Der Anspruch erstreckt sich damit nicht allgemein auf die Einhaltung des Bankgeheimnisses, sondern auf einzelne Verhaltensanweisungen an den Pflichtigen. Beispiele: Verbot der Weitergabe von Angaben zur eigenen Geschäftsverbindung an den Forderungkäufer X; Errichtung von Informationsschranken zwischen zwei konkret genannten Funktionsbereichen innerhalb des Kreditinstituts; Umstellung des elektronischen Systems beim Online-Banking im Bereich der Überweisungssicherheit auf ein Verfahren Y, um es so auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.74 3. Keine zumutbare Möglichkeit des Ausweichens
Darüber hinaus – und dies ist die dritte Voraussetzung – darf der Geschützte keine andere zumutbare Möglichkeit haben, der drohenden Pflichtverletzung auszuweichen.75 An diesem Punkt können im Einzelfall viele 71
Scheer, S. 112. Grigoleit, FS Canaris, S. 275 (290) meint, die Konkretisierungen von Schutzpflichten ex ante (vor Schadeneintritt) seien wegen der abstrakten und relativen Definition der Pflicht zumeist unabsehbar. 73 Vgl. Gernhuber, Schuldverhältnis, § 2 IV 3, S. 24 f.; Köhler, AcP 190 (1990), 496 (509 f.); Löwisch in: Staudinger (2001), Vorbem. zu §§ 275–283 Rn. 58; Motzer, JZ 1983, 884 (886); G. H. Roth in: MünchKomm BGB, § 241 Rn. 113; Stürner, JZ 1976, 384 (386); Teichmann in: Soergel, § 242 Rn. 189. 74 Bei den Einzelpflichten, die schwerpunktmäßig Handlungsgebote enthalten, ist jedoch auf die Wahlfreiheit des Pflichtigen zu achten, vgl. Stürner, JZ 1976, 384 (386). Gibt es etwa mehrere Verfahren, welche die Datensicherheit beim OnlineBanking gleichermaßen gewährleisten, kann die Bank als Pflichtige selbstverständlich wählen. 75 Köhler, AcP 190 (1990), 496 (511); Stürner, JZ 1976, 384 (386); vgl. auch Grigoleit, FS Canaris, S. 275 (290). 72
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Zweifelsfragen auftauchen. Ihnen kann im Rahmen dieser Untersuchung keine gebührende Aufmerksamkeit geschenkt werden. Beispiele: Ein unsicheres und veraltetes Online-Banking-System der Bank muss der Kunde im Regelfall nicht in Anspruch nehmen. Er kann für Überweisungen z. B. die üblichen Formularvordrucke oder etwaige Service-Terminals seines Kreditinstituts benutzen. Verlangt die Bank Informationen, bei denen die Gefahr eines Geheimnisbruchs droht (Frage nach der E-mail-Adresse, obwohl der Kunde seine Bankgeschäfte nicht elektronisch abwickelt), kann er als milderes Mittel eine Herausgabe der Angabe verweigern.
Häufig wird es bei einem drohenden Geheimnisbruch keine präventiven Möglichkeiten des Kunden geben, dem Pflichtenverstoß mit eigenen Maßnahmen zuvor zu kommen. Selbst eine Beendigung der Geschäftsverbindung wird meist nicht weiterhelfen, wenn die Bank Informationen an Dritte zu offenbaren droht.76
§ 87 Nichtigkeit des Verfügungsgeschäftes Die vorliegende Untersuchung erläuterte die Problematik einer Forderungsabtretung durch die Bank, bei der die Weitergabe der Kundendaten an den Zessionar erforderlich wird.77 Sie führte aus, dass bei einer Einwilligung der Kunden sowie bei einer Gefährdung des Leistungsinteresses keine Verletzung des Bankgeheimnisses vorliegen muss.78 Nur für die übrigen Fälle wird die Frage relevant, ob eine Verletzung des Bankgeheimnisses zur Nichtigkeit der Verfügung führt.79 I. Herrschende Rechtsansicht bis zum Jahre 2004 1. Bankgeheimnis
Die Auswirkung einer Verletzung des Bankgeheimnisses auf die Abtretung von Forderungen durch die Bank war bis zum Jahr 2004 wenig diskutiert. 76 Für Verschwiegenheitspflichten ebenso Motzer, JZ 1983, 884 (886); allgemein zu Unterlassungspflichten in diese Richtung auch Stürner, JZ 1976, 384 (387). 77 Hierzu bereits S. 323 ff., 398, 464 ff., 482 ff. 78 Vgl. S. 459 ff. Die NPL-Transaktionen als eigene Kategorie bei Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (167); Rögner, NJW 2004, 3230. 79 Auch wird die Übertragbarkeit einer Forderung z. B. bei einer Umwandlung der Bank nach dem UmwG relevant, etwa bei der Abspaltung eines Geschäftsbereichs des Kreditinstituts. Denn gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UmwG bleiben Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können, bei Abspaltung und Ausgliederung in der Inhaberschaft des übertragenden Rechtsträgers.
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a) Rechtsprechung In der höchstrichterlichen Rechtsprechung wurde die Frage kaum thematisiert. Manche erwähnen ein Urteil aus dem Jahr 1957, in dem der Bundesgerichtshof eine Abtretung ohne Erörterung für zulässig gehalten habe.80 Doch ging es darin nicht um das Bankgeheimnis, sondern um eine Klage der Zessionarin gegen einen Bürgen.81 In Rede standen u. a. die Formerfordernisse für eine Bürgschaftserklärung. Ob der Schuldner, dessen Kreditverhältnis auf einen Dritten überging, mit der Datenübermittlung einverstanden war, ergibt sich aus dem Sachverhalt nicht. Einen Rückschluss auf das Bankgeheimnis kann man aus der Entscheidung nicht ziehen. In einem anderen Fall hielten die Richter die Abtretung durch eine Bank für wirksam.82 Zu Recht stellte dazu jedoch das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. fest, dass in dem entschiedenen Sachverhalt für das Gericht möglicherweise andere Umstände für das Ergebnis maßgebend waren.83 Zum einen gibt es im Sachverhalt keine Anzeichen dafür, dass sich der Schuldner im Prozess auf die Verletzung des Bankgeheimnisses berief.84 Zum anderen war der Kunde mit der Darlehensrückzahlung zum Zeitpunkt der Abtretung in Verzug. Bei einer Not leidenden Forderung darf das Bankgeheimnis aber unter Umständen eingeschränkt werden.85 Eine klare Aussage des Bundesgerichtshofs findet sich lediglich in einem unveröffentlichten Beschluss vom Jahre 1998: „Die Konstruktion eines auf das Bankgeheimnis gestützten Abtretungsverbots ist abwegig.“86 Doch ging 80
Böhm, BB 1999, 1641 (1643 Fn. 16); Nobbe, WM 2005, 1537 (1541 Fn. 59); Sichtermann, 2. Aufl., S. 161 (vgl. bereits 8. Kapitel Fn. 144) – jeweils zu BGHZ 26, 142 ff. 81 Dieser stimmte der Abtretung schriftlich zu: BGHZ 26, 142 (145): . . . „erkläre mich mit dem Inhalt in allen Punkten einverstanden.“ 82 BGH NJW 1982, 2768 ff. 83 OLG Frankfurt a. M. NJW 2004, 3266 (3267); a. A. Cahn, WM 2004, 2041 (2047), Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572) und Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 (132), die alle meinen, der BGH hätte das Bankgeheimnis erwähnen müssen, wenn ihm bei einer Zession Bedeutung zukäme; ähnlich Bütter/Aigner, BB 2005, 119 (121). 84 Gerichtliche Ausführungen dazu waren wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit entbehrlich. 85 Zu diesem Punkt S. 459 ff. Die Bedeutung dieser Schuldnerpflichtverletzung strich später z. B. auch LG Koblenz BKR 2005, 108 (110) heraus, allerdings hinsichtlich der Unterscheidung zweifelnd (S. 111); Bütter/Aigner, BB 2005, 119 (123) und Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (167) sehen das Problem der Performing Loans als bisher ungeklärt an; ähnlich Rögner, NJW 2004, 3230. 86 BGH, Beschluss vom 27.10.1998, XI ZR 208/97 (n. v.), hervorgehoben bei Nobbe, WM 2005, 1537 (1541).
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es auch in diesem Fall um Not leidende Forderungen und die Beteiligten thematisierten das Bankgeheimnis in der Vorinstanz mit keinem Wort.87 Das Oberlandesgericht Celle beschäftigte sich mit dem Problem, ob sich aus einem Verstoß der Bank gegen das BDSG ein Abtretungsverbot herleiten lasse. Es berief sich hierbei auf Literatur zum Bankgeheimnis und zitierte eine Aussage, die nur Not leidende Kreditforderungen betrifft. Auch in der eigenen Stellungnahme betonte es diesen Punkt.88 Ebenso unterstrich das Landgericht Mainz in einem vergleichbaren Fall die Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtung, die wirksame Kündigung seitens der Bank sowie die sich daraus ergebenden überwiegenden Eigeninteressen der Bank zur Verwertung.89 Aus den genannten Urteilen lassen sich daher keine Schlüsse dahingehend ziehen, wie die Judikatur die Frage bei nicht Not leidenden Forderungen behandelt.90 b) Literatur Auch die Literatur zeichnete ein unklares Bild: Sichtermann sah in dem Abschluss eines Kreditvertrages „vielfach einen stillschweigend vereinbarten Ausschluß der Abtretbarkeit gemäß § 399 BGB“.91 Schwintowski/ Schantz meinen, bereits die dingliche Verfügung enthalte die Weitergabe personenbezogener Daten und sei daher unzulässig.92 Doch liefe diese Ansicht zum einen dem Grundsatz der freien Abtretbarkeit zuwider, zum anderen ließe sie den Umstand außer Acht, dass Kreditverträge üblicherweise schriftlich abgeschlossen werden und daher eine Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit in sich tragen.93 Soweit Zessionen bei anderen Autoren 87
Vgl. OLG Hamm vom 15.5.1997, 5 U 196/96 (n. v.), v. a. S. 10 f. OLG Celle WM 2004, 1384 (1385). 89 LG Mainz, Urteil vom 23.7.2003, 3 S 42/03 (veröffentlicht bei juris), Rn. 10 ff. 90 Widersprüchlich zu diesem Punkt Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1561): Sie behaupten einerseits, die Rechtsprechung habe die Wirksamkeit einer Abtretung von Bankforderungen „unabhängig von der Beachtung des Bankgeheimnisses“ mehrfach bestätigt. Andererseits zitieren sie von den genannten Entscheidungen nur die des BGH (von 1982), des OLG Celle sowie des LG Mainz, in denen es um Not leidende Kredite ging. Dort aber unterliegt das Bankgeheimnis wegen der Gefährdung des Leistungsinteresses besonderen Regeln, s. oben S. 462 ff. 91 Sichtermann, 2. Aufl., S. 160 f., hilfsweise stützte er sein Ergebnis auf einen Verstoß gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Genauso Kirchherr in: Sichtermann, S. 183. Das Vorgängerwerk von Scheer behandelte die Frage nicht. 92 Schwintowski/Schantz, NJW 2008, 472 (474 f.) – sie streifen die Möglichkeit einer Anonymisierung und Verschlüsselung nur; vgl. hierzu S. 329 ff. 93 Früh, WM 2000, 497 (501); ders. in: Hellner/Steuer, Rn. 3/138 h. Zur Richtigkeitsvermutung Heinrichs/Ellenberger in: Palandt, § 125 Rn. 15. Vgl. auch Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (479 f.): Sie befürwortete grundsätzlich 88
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eine Rolle spielten, thematisierten sie die Unabtretbarkeit als Folge einer Verletzung nicht.94 2. Andere Verschwiegenheitspflichten
Bei anderen Verschwiegenheitspflichten zeigte sich das Problem etwas früher.95 Die allgemeine Kommentarliteratur griff den Aspekt nur selten auf und schloss – einem Gerichtsurteil folgend96 – von einer vertraglichen Verschwiegenheitspflicht auf die Vereinbarung eines Abtretungsverbotes.97 Im Übrigen hatte sich die Judikatur meist nur mit gesetzlich normierten Schweigepflichten zu beschäftigten.98 Regelmäßig unterfielen diese dem § 203 Abs. 1 StGB, der Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB ist. Deswegen ergab sich die Nichtigkeit der Verfügung dort bereits über diesen Weg.99 Das eine Parallele zu Schweigepflichten gemäß § 203 Abs. 1 StGB, die als gesetzliche Verbote über § 134 BGB zu einem Abtretungsverbot führen. Dennoch hielt sie letztlich die Zession als Verfügung für wirksam, weil für den Kunden der schuldrechtliche Schutz ausreichend sei. 94 Es ging – soweit ersichtlich – nur darum, wann eine Weitergabe ausnahmsweise keine Pflichtverletzung darstellt: So z. B. Bruchner in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, 1. Auflage, § 39 Rn. 29, 42, 115 ff.; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 69; Horn in: Heymann, 1. Aufl., Anh § 372 I Rn. 47; Kümpel, 1. Auflage, Rn. 2.154 ff.; Schwintowski/Schäfer, 1. Auflage, § 1 Rn. 165. 95 Ausführliche Prüfung insbesondere in der Dissertation von Würz-Bergmann, Die Abtretung von Honorarforderungen schweigepflichtiger Gläubiger. Auf S. 8 erwähnt sie, dass dieses Thema bislang kaum Gegenstand von Diskussionen sei. 96 Das OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 438 leitete in einer Entscheidung aus einer vertraglichen Schweigepflichterklärung eines Unternehmenssanierers die konkludente Vereinbarung eines generellen Abtretungsverbotes ab. Es argumentierte dabei mit dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen den Beteiligten, mit der Informationspflicht gegenüber dem neuen Gläubiger gemäß § 402 BGB sowie dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. 97 Busche in: Staudinger, 13. Bearbeitung, § 399 Rn. 54; Heinrichs in: Palandt, 63. Aufl., § 399 Rn. 8; Würz-Bergmann, S. 21 ff. differenzierte nicht zwischen vertraglich vereinbarten und gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten. – Nicht vergleichbar mit den Forderungen gegen Bankkunden sind Lohnforderungen von Arbeitnehmern (vgl. hierzu etwa Reinhold Weber in: RGRK BGB, § 399 Rn. 33 m. w. N.) – zwar gibt es im Arbeitsverhältnis auch eine Verschwiegenheitspflicht, doch ging es in der Praxis nur um Forderungen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, nicht umgekehrt. Dies übersieht Würz-Bergmann, S. 24 ff. beim Urteil BGHZ 23, 53 (54 f.). 98 Vgl. zu diesem Thema auch E. Schneider, MDR 1992, 640 f. m. w. N. 99 BGHZ 115, 123 (130) – Arzt; 116, 268 (272 ff.) – Kieferorthopäde; 122, 115 (117 f.) und BGH NJW 1993, 2795 sowie 1995, 2026 f. – jeweils Anwalt; WM 1996, 1815 (1816) – Steuerberater; OLG Dresden NJW 2004, 1464 f. – Verfahrenspfleger (§ 203 Abs. 1 Nr. 5 StGB); OLG Karlsruhe NJW 1998, 831 f. – Zahnarzt; OLG Köln NJW 1991, 753 (754) – Zahnarzt; OLG München NJW-RR 1998, 758
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Landgericht München II ging diesen Weg sogar bei einem verkammerten Rechtsbeistand: Zwar sei seine Verschwiegenheitspflicht nur gewohnheitsrechtlich anerkannt und nicht strafbewehrt, doch sei er dem Rechtsanwalt angeglichen; es trtt daher bei einer Abtretung die gleiche Nichtigkeitsfolge ein.100 Entsprechend ging das Schrifttum häufig nicht über diesen Ansatz hinaus.101 II. Entscheidungen des Land- und Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. Auslöser einer großen Diskussion war schließlich ein einstweiliges Verfügungsverfahren, das vor Frankfurter Gerichten ausgefochten wurde. Es verursachte ein lebhaftes Echo in der Literatur, vor allem bei den in der Praxis tätigen Juristen,102 und es war eine Verunsicherung in der Finanzwirtschaft zu spüren.103 Der Sachverhalt lag – vereinfacht dargestellt – folgendermaßen: Ein Kunde hatte von seiner Bank ein Darlehen erhalten und (760) – Mobilfunkanbieter wegen Verstoßes gegen das Fernmeldegeheimnis; LG Bochum NJW 1993, 1535 (1536 f.) – Tierarzt bei Daten mit möglichem Personenbezug; vgl. auch Fundstellen bei Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1562 Fn. 33); a. A. OLG Celle NJW 1995, 786 – Tierarzt bzgl. Behandlungsdaten des Tieres. Bei der Verschwiegenheitspflicht eines GmbH-Geschäftsführers gemäß § 85 GmbHG sah BGH NJW 1996, 2576 f. (wohl nur) deshalb kein Hindernis für die Abtretung einer Gehaltsforderung, weil dieser Anspruch „zumindest dann, wenn er auf ein vereinbartes Festgehalt und nicht auf eine erfolgsbezogene Vergütung (Tantieme) gerichtet ist, typischerweise nicht vom Vorliegen oder Fehlen bestimmter innerbetrieblicher Interna abhängt“ und daher „ohne Rückgriff auf Geschäftsgeheimnisse der Gesellschaft möglich“ sei. Ähnlich verneinte BGH NJW 2000, 1329 (1330 f.) eine Geheimnisoffenbarung bei einem KG-Geschäftsführer. 100 LG München II NJW-RR 1994, 437 f.: Gewohnheitsrecht als Verbotsnorm des § 134 BGB. 101 Ausführlich hingegen C. R. Wolf, S. 125 ff. m. w. N.; Würz-Bergmann, S. 6 ff. m. w. N. Lediglich einzelne Stimmen stützten ihr Ergebnis zusätzlich auf die Annahme einer Vereinbarung gemäß § 399 Alt. 2 BGB: So das Urteil des OLG Köln NJW 1991, 753 (755) – später bestätigt von BGHZ 115, 123 ff., wobei der BGH auf die Frage des § 399 BGB nicht mehr einging. Auch Würz-Bergmann, S. 8 Fn. 11, nennt lediglich noch zwei unterinstanzliche Entscheidungen, die kurz § 399, 1. Alt. BGB erwähnen. 102 Vgl. Adolff, FS Heldrich, S. 3 ff.; Böhm, BB 2004, 1641 ff.; Bruchner, BKR 2004, 394 ff.; Bütter/Aigner, BB 2005, 119 ff.; Cahn, WM 2004, 2041 ff.; Freitag, EWiR 2004, 741 f.; Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 ff.; Jobe, ZIP 2004, 2415 ff.; Kristen/Kreppel, BKR 2005, 123 ff.; Kuder, ZInsO 2004, 903 f.; Lang, ZBB 2006, 115 ff.; Langenbucher, BKR 2004, 333 f.; Rinze/Heda, WM 2004, 1557 ff.; Rögner, NJW 2004, 3230 ff.; Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer, DB 2005, 1369–1372; von Sievers, ZInsO 2005, 290 ff.; Stiller, ZIP 2004, 2027 ff. 103 Vgl. Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 sowie Reaktionen in der allgemeinen Presse: Börsen-Zeitung vom 1. Juli 2004, S. 3, und 3. Juli 2004, S. 4; Interview
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hierfür Sicherheit geleistet. Seine Bank hatte den Darlehensrückzahlungsanspruch an einen Dritten abgetreten, der die mit dem Anspruch übergegangene Sicherheit verwerten wollte. Das Kreditinstitut war mittlerweile in Insolvenz gefallen. Gegen die Verwertung wendete sich nun der Kunde als Verfügungskläger. 1. Rechtsansichten der Gerichte im einstweiligen Rechtsschutz
Das Landgericht Frankfurt a. M. hielt die Abtretung für unwirksam, weil die Bank durch sie gegen die Verschwiegenheitspflicht gegenüber ihrem Kunden verstoßen habe. Hieraus folge ein stillschweigend vereinbarter Abtretungsausschluss i. S. d. § 399 Alt. 2 BGB.104 Dieser Ansicht schloss sich das Oberlandesgericht an.105 Im Kern vertrat es, für Banken müsse das Gleiche gelten wie bei anderen Berufen mit einer Verschwiegenheitspflicht, bei denen eine Abtretung nach allgemeiner Ansicht für unzulässig gehalten werde. Die höchstrichterliche Rechtsprechung stehe nicht entgegen, weil sie zu diesem Aspekt in Bezug auf Banken noch nicht ausdrücklich Stellung genommen habe. Das Gericht glaubte sich dabei im Einklang mit der herrschenden Meinung.106 2. Eigene Stellungnahme zur Kritik des Schrifttums
Die Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. stieß in der Praxis überwiegend auf harsche Kritik. Im Zentrum der Diskussion stand die Annahme des Gerichts, das Bankgeheimnis führe zu einem Abtretungsverbot.107 Wendet man sich der Thematik zu, kann es von vornherein nur um Forderungen gehen, die nicht Not leidend sind. Denn NPLs rechtfertigen bereits mit Jörg Wulfken in der Börsen-Zeitung vom 20. Oktober 2004, S. 2; Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1. Juli 2004, S. 20; Handelsblatt vom 30. Juni 2004, S. 17. 104 Vgl. den Sachverhalt in der Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. NJW 2004, 3266 (Vorinstanz: Urteil des LG Frankfurt vom 25.3.2004, 2–23 O 78/04, n. v.). 105 OLG Frankfurt a. M. NJW 2004, 3266 (3267) unter zutreffendem Hinweis u. a. auf OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 438 sowie Heinrichs in: Palandt, 63. Aufl., § 399 Rn. 8. 106 Das OLG Frankfurt a. M. NJW 2004, 3266 (3268) erwähnte bei der Fundstellenangabe ausdrücklich die „h. M.“. 107 LG Koblenz BKR 2005, 108 (110 f.); Böhm, BB 2004, 1641 (1642); ders., BKR 2005, 112; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (170); Cahn, WM 2004, 2041 (2042); Freitag, EWiR 2004, 741 (742); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1571); Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1559); Rögner, NJW 2004, 3230 (3232); vgl. die von der Presse befragten Anwälte, z. B. Börsen-Zeitung vom 1. Juli 2004, S. 3, vom 3. Juli 2004, S. 4.
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eine Einschränkung der Geheimhaltungspflicht auf der schuldrechtlichen Ebene.108 Es verbleibt die Frage, ob die von dem Kunden ordnungsgemäß bediente Forderung bei Verletzung des Bankgeheimnisses im Rahmen einer Zession zu deren Nichtigkeit führt. a) § 399 Alt. 1 BGB Anzusetzen ist bei § 399 Alt. 1 BGB.109 Danach besteht ein Ausschluss der Abtretung, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. Meist wird es bei der Leistung um die Rückzahlung eines Darlehens gehen. Sie ist weder höchstpersönlicher Natur noch handelt es sich um einen unselbständigen Anspruch; auch ist es für den Kunden als Schuldner gleichgültig, an wen er die Leistung erbringt.110 Die üblichen Fallgruppen der Regelung sind daher nicht einschlägig.111 Führt die Zession zur Durchbrechung des Bankgeheimnisses, lässt dies die Leistungsbeziehung unberührt. Allein sie wird von der Norm aber erfasst. Unerheblich ist also, dass die Nebenpflicht auf einem Vertrauensverhältnis zwischen Altgläubiger und Schuldner beruht. Nicht die Leistung ist abhängig von der Nebenpflicht, sondern allenfalls umgekehrt. Zudem kann die Abtretung ohne Verstoß gegen die Schweigepflicht erfolgen.112 Selbst bei Bejahung einer Inhaltsänderung nach § 399 Alt. 1 BGB wäre diese also nicht zwingend.113
108 Näheres auf den S. 459 ff. Auf die Notwendigkeit einer Differenzierung zwischen schuld- und sachenrechtlicher Ebene weisen zutreffend hin z. B. Bruchner, BKR 2004, 394 (395); Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (170); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572); Freitag, EWiR 2004, 741; Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1559); im Ergebnis auch Büchler, EWiR 2006, 41 (42). 109 Verfehlt ist der Ansatz von Freitag, EWiR 2004, 741 (742), der – ohne nähere Begründung – bei den Rechtsfolgen eine Interessenabwägung vornehmen will. 110 A. A. für eine grundpfandrechtlich gesicherte Darlehensforderung: Schwintowski/Schantz, NJW 2008, 472 (473 f.) unter Berufung auf die Tatsache, dass eine Bank auf Grund der staatlichen Aufsicht sowie des Vertrauensverhältnisses zum Kunden ein qualitativ anderer Gläubiger ist; auch sei eine strenge Auslegung wegen der Privatautonomie verfassungsrechtlich geboten. 111 Zu den bisher herausgearbeiteten Fallgruppen näher Busche in: Staudinger, § 399 Rn. 5, 22, 32. 112 Vgl. S. 323 ff., 459 ff. So zu anderen Schweigepflichten auch Würz-Bergmann, S. 20. 113 Zum gleichen Ergebnis kommen Baums, WM 1993, 7; Bruchner, BKR 2004, 394 (395); Jobe, ZIP 2004, 2415 (2416).
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b) § 399 Alt. 2 BGB In Betracht kommt allenfalls ein vertragliches Abtretungsverbot (§ 399 Alt. 2 BGB). aa) § 354 a Satz 1, Satz 3 HGB Ist das der Forderung zu Grunde liegende Kausalgeschäft (meist wohl ein Darlehensvertrag) nicht nur für das Kreditinstitut, sondern auch für den Kunden ein Handelsgeschäft i. S. d. § 343 HGB, ist der Anspruch nach § 354 a Satz 1, Satz 3 HGB abtretbar. Gleiches gilt bei juristischen Personen und Sondervermögen des öffentlichen Rechts als Kunden. Mithin kann eine Verletzung des Bankgeheimnisses die Wirksamkeit des dinglichen Rechtsgeschäfts hier nicht beeinträchtigen.114 bb) Rechtslage bei Forderungen außerhalb von Handelsgeschäften Der Kern der Problematik schält sich folglich bei „Performing Loans“ von Verbrauchern heraus. Zu prüfen ist, ob und inwieweit aus der Geltung des Bankgeheimnisses ein stillschweigendes Abtretungsverbot i. S. d. § 399 Alt. 2 BGB abzuleiten ist. (1) Stillschweigende Vereinbarung möglich Die Kritiker der genannten Entscheidung des OLG Frankfurt a. M.115 lehnen ein Abtretungsverbot zum einen deshalb ab, weil das sachenrechtliche Bestimmtheitserfordernis es nicht zulasse, eine konkludente Abrede anzunehmen. Das Argument ist schwach: Wie jede Vereinbarung kann auch diejenige im Rahmen des § 399 Alt. 2 BGB stillschweigend getroffen werden, was allgemein anerkannt ist.116 Deutlich wird dies auch aus § 22 c Abs. 4 114
Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (281); Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (168); Freitag, EWiR 2004, 741; Jobe, ZIP 2004, 2415 (2416); Langenbucher, BKR 2004, 333 (334); Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1558); Rögner, NJW 2004, 3230. 115 s. Fn. 105. 116 OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 438; LG Koblenz BKR 2005, 108 (110); Adolff, FS Heldrich, S. 3 (6) m. w. N:, der zu Recht aber den Ausnahmecharakter betont; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (169); Bruchner, BKR 2004, 394 (395); Grüneberg in: Palandt, § 399 Rn. 8; Jobe, ZIP 2004, 2415 (2416); H.-F. Müller in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 399 Rn. 9; Rohe in: Bamberger/Roth, § 399 Rn. 13; G. H. Roth in: MünchKomm BGB, § 399 Rn. 30; Zeiss in: Soergel, § 399 Rn. 6; indirekt zu schließen aus BGHZ 70, 86 (92); 73, 259 (263); im Ergebnis auch Busche in: Staudinger, § 399 Rn. 54. A. A. Larenz, SchR I, § 34 II (S. 581) unter unzutreffen-
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KWG, der – im Unterschied zum Referentenentwurf der Gesetzesneuerung117 – einen Abtretungsausschluss durch mündliche und konkludente Vereinbarung mit dem Schuldner zulässt. Aus der Notwendigkeit einer Auslegung auf eine unerträgliche Rechtsunsicherheit zu schließen, erscheint verfehlt. Richtig ist lediglich, dass das sachenrechtliche Bestimmtheitsprinzip Eindeutigkeit in Bezug auf den Abtretungsausschluss verlangt.118 (2) Zession ohne Verletzung des Bankgeheimnisses möglich Die Vereinbarung gemäß § 399 Alt. 2 BGB setzt voraus, dass der dingliche Verfügungsakt zwangsläufig zur Verletzung des Bankgeheimnisses führt. Die Offenbarung der Schuldnerdaten an den Zessionar ist jedoch vermeidbar.119 Zwar zeigte die vorliegende Abhandlung, dass eine solche Umgehung nicht schon durch eine Anonymisierung oder Verschlüsselung der Informationen möglich ist.120 Doch mit Hilfe der Einschaltung eines Datentreuhänders und einer Einziehungsbefugnis der Bank bis zum Zeitpunkt der Durchsetzbarkeit der Forderung, lässt sich die Zession rechtlich zufriedenstellend ohne unbefugte Weitergabe der Kundenidentität abwickeln.121 (3) Fehlender Rechtsbindungswille der Bank Die richtige Richtung nimmt der Hinweis auf die allgemeine Rechtsgeschäftslehre: Ein pactum de non cedendo gemäß § 399 Alt. 2 BGB verlangt nicht nur einen dahingehenden Willen des Kunden, sondern auch denjenigen des Kreditinstitutes. Ihn wegen der Geltung des Bankgeheimnisses anzunehmen, widerspricht offenkundig dem Interesse der Bank; eine Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB kann deshalb zu keiner konkludenten Vereinbarung führen.122 Zum gleichen Ergebnis führt die Rechtsnatur des der Verallgemeinerung von BGHZ 23, 53 (54): Das Gericht verneinte eine stillschweigende Vereinbarung nur im konkreten Einzelfall (weil arbeitsrechtliche Beziehungen heutzutage umfassend ausgestaltet und schriftlich niedergelegt werden). 117 Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung der Insolvenzordnung, des Kreditwesengesetzes und anderer Gesetze vom September 2004, abrufbar unter http://www.inso-rechtspfleger.de/inhalt/04_materialien/inso_ref_2004.htm (Abrufdatum: 6. September 2007), S. 15 (vgl. dazu Bruchner, BKR 2004, 394 (397). 118 Vgl. Bruchner, BKR 2004, 394 (396). 119 LG Frankfurt a. M. WM 2005, 1120 (1123); Böhm, BB 2004, 1641 (1643); ders., BKR 2005, 112; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (167); Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1158); Langenbucher, BKR 2004, 333 (334); Nobbe, WM 2005, 1537 (1541); Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1559). 120 Vgl. S. 323 ff. 121 Vgl. S. 330, 459 ff., 482 f.
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Bankgeheimnisses: Es beruht auf Gesetz, nicht auf einer Vereinbarung. Diese nicht vorhandene Vereinbarung kann somit nicht eine Abrede enthalten, welche ein Verfügungsverbot festlegt. Oder untechnischer formuliert: Denken die Parteien nicht an eine Geheimhaltungspflicht, denken sie erst recht nicht an die Folgen ihrer Verletzung.123 Andere weisen zudem zu Recht darauf hin, dass § 399 Alt. 2 BGB eine Ausnahme des Grundsatzes aus § 137 Satz 1 BGB darstelle, Vermögensgegenstände fungibel zu gestalten. Seine weite Auslegung würde das Regel-Ausnahme-Verhältnis umkehren.124 Die AGB-Banken treffen zu diesem Aspekt in Bezug auf das Bankgeheimnis keine Aussage.125 Ihre vertragliche Geltung geht daher inhaltlich nicht über das gewohnheitsrechtliche Institut hinaus; ohne besondere Anhaltspunkte kann für sie nichts anderes gelten. Mithin ist die Annahme eines vereinbarten Abtretungsausschlusses Fiktion. Dem Bankgeheimnis ist aus den genannten Gründen regelmäßig keine Vereinbarung nach § 399 Alt. 2 BGB zu entnehmen.126 122 Vgl. BGHZ 171, 180 (184 Rn. 15); LG Koblenz BKR 2005, 108 (110); Böhm, BKR 2005, 112; Bruchner, BKR 2004, 394 (396); Bütter/Aigner, BB 2005, 119 (121 f.); Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (169); Jobe, ZIP 2004, 2415 (2417); Kuder, ZInsO 2004, 903 (904); Langenbucher, BKR 2004, 333 (334); Nobbe, WM 2005, 1537 (1541); Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1560); Rohe in: Bamberger/Roth, § 399 Rn. 13; zum gleiche Ergebnis gelangt bei der Prüfung einer ergänzenden Vertragsauslegung allgemein bei schweigepflichtigen Berufsgruppen Würz-Bergmann, S. 21 ff. 123 Auf diesen Zusammenhang weist zu Recht auch Nobbe, WM 2005, 1537 (1540) hin sowie ihm folgend z. B. LG Leipzig, Urteil vom 12.9.2006 – 4 O 4370/05, S. 11 f. 124 BGHZ 171, 180 (183 Rn. 14); Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (169); Cahn, WM 2004, 2041 (2049); Langenbucher, BKR 2004, 333 (334). In diese Richtung auch Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (282); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572); Koberstein-Windpassinger, WM 1999, 473 (479); Rögner, NJW 2004, 3230 (3231), der dieses Ergebnis jedoch auf eine Interessenabwägung stützt – im Rahmen der in § 399 Alt. 2 BGB verkörperten Privatautonomie ist dieses Vorgehen verfehlt. 125 Das LG Koblenz BKR 2005, 108 (110) sieht dies als weiteres Argument für den fehlenden Rechtsbindungswillen der Bank, weil ein solcher bei der Neuregelung der AGB-Banken im Jahr 1993 Niederschlag hätte finden können. 126 Zum gleichen Ergebnis kommen BGH NJW 2007, 2106 (2107 Rn. 13 ff.); Adolff, FS Heldrich, S. 9 mit zutreffenden und ausführlichen Erwägungen in Bezug auf die ergänzende Vertragsauslegung; Cahn, WM 2004, 2041 (2047); Nobbe, WM 2005, 1537 (1541); Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1560). Natürlich könnte sich ein Kunde die Unabtretbarkeit seiner Forderungen individualvertraglich zusichern lassen. Ausnahmen sind somit denkbar. Vgl. OLG Stuttgart vom 13.12.2005 – 6 U 119/05, unter Punkt II. 2. b. bb. (relevante Passagen nur in LEGIOS veröffentlicht), das noch von der Verankerung des Bankgeheimnisses in einem Bankvertrag ausgeht und – m. E. nicht überzeugend – im Rahmen der Auslegung nach § 133 BGB eine Interessenabwägung vornimmt.
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c) Gewohnheitsrechtliches Bankgeheimnis ohne dingliche Wirkung Das Bankgeheimnis entfaltet von Gesetzes wegen keine dingliche Wirkung. Ältere Quellen bieten keine Anhaltspunkte für eine gewohnheitsrechtliche Nichtigkeit des Verfügungsgeschäftes bei schuldrechtlichen Verletzungen.127 d) Kein Verbotscharakter im Sinne des § 134 BGB Angelehnt an die Rechtsprechung zu anderen berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten ist zu untersuchen, ob man eine Unwirksamkeit des Verfügungsgeschäftes über § 134 BGB begründen kann. Andere berufliche Geheimnisträger zählen regelmäßig zum Personenkreis eines Verbotsgesetzes (§ 203 StGB), woraus die Judikatur die Unwirksamkeit des Verfügungsgeschäftes folgert.128 Dieser Weg ist beim nicht strafbewehrten Bankgeheimnis versperrt.129 aa) Private Banken Viele bleiben an diesem Punkt stehen und ziehen die Konsequenz, deshalb bestehe für Banken kein gesetzliches Abtretungsverbot.130 Dies ist voreilig. Denn zu prüfen bleibt, ob das Bankgeheimnis selbst unter § 134 BGB fällt und damit ein Verfügungsverbot nach sich ziehen kann. Die Vorschrift erfasst Verbote, die in Gesetzen ausgeformt sind. Dazu zählen gemäß Art. 2 EGBGB alle Rechtsnormen. Unbestritten zählen hierzu solche des Gewohnheitsrechts,131 mithin auch das Bankgeheimnis.132 Fraglich ist dagegen sein 127
Näher dazu Nobbe, WM 2005, 1537 (1540 ff.); vgl. auch BGHZ 171, 180 (186 Rn. 24). 128 Dazu S. 519 f. 129 Zu öffentlichen Banken sogleich auf S. 527 f. 130 LG Koblenz BKR 2005, 108 (111); Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (281); Böhm, BB 2004, 1641 (1643); ders., BKR 2005, 112; Bütter/Aigner, BB 2005, 119 (121); Cahn, WM 2004, 2041 (2049); Heinrichs in: Palandt, § 134 Rn. 22 a; Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1571); Jobe, ZIP 2004, 2415 (2418); Rinze/Heda, WM 2004, 1557 (1560); ungenau Rögner, NJW 2004, 3230 (3231); tiefergehende Prüfung aber bei BGH NJW 2007, 2106 (2108 Rn. 24); LG Frankfurt a. M. WM 2005, 1120 (1122); Nobbe, WM 2005, 1537 (1540 ff.); a. A. Lang, ZBB 2006, 115 (118), der eine Vergleichbarkeit mit anderen berufsrechtlich Schweigepflichtigen annimmt. 131 Heinrichs in: Palandt, § 134 Rn. 2, Einleitung Rn. 22; Armbrüster in: MünchKomm BGB, § 134 Rn. 32; Sack in: Staudinger, § 134 Rn. 17 m. w. N.; Wendtland in: Bamberger/Roth, § 134 Rn. 7; bezüglich des Bankgeheimnisses lässt Langenbucher, BKR 2004, 333 (333) diese Möglichkeit außer Acht.
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Verbotscharakter. Ein Verbot gemäß § 134 liegt vor, wenn das Gesetz den Inhalt oder die Vornahme eines Rechtsgeschäftes untersagt.133 Es muss sich auf das potentiell nichtige Rechtsgeschäft (also die Abtretung als Verfügungsgeschäft) beziehen. Beim Bankgeheimnis richtet sich das Verbot jedoch gegen die tatsächliche Handlung der Datenübermittlung.134 Demzufolge stellt das Bankgeheimnis kein Institut dar, das als Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB einzustufen ist. bb) Öffentliche Banken Für das Sparkassengeheimnis gilt im Wesentlichen nichts anderes. In den meisten Fällen sind Mitarbeiter von öffentlichen Banken wie diejenigen von Privatbanken zu behandeln. § 203 Abs. 2 StGB ist auf Grund von Verfassungsrecht teleologisch zu reduzieren.135 Doch stellt der Straftatbestand selbst in den Fällen kein Verbotsgesetz dar, in denen eine öffentliche Bank nicht wie eine private erwerbswirtschaftlich, sondern aus öffentlichen Zwecken heraus handelt. Sie ist dann zwar strafrechtlich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Eine Parallele zu den nach Abs. 1 schweigepflichtigen Berufsträgern liegt somit auf den ersten Blick nahe. Doch unterfällt § 203 Abs. 2 StGB dem § 134 BGB nur, wenn das Verbot die Nichtigkeitsfolge der Zession umfasst. Dies bestimmt sich nach dem Zweck der Verbotsnorm.136 § 203 Abs. 2 StGB stellt – unabhängig von den unklaren Schutzrichtungen des § 203 Abs. 1 StGB137 – sicher, dass Personen, die öffentliche Gewalt ausüben, nicht unverhältnismäßig in 132 Dies verkennt Rögner, NJW 2004, 3230 (3231), der nur die Rechtsgrundlage der AGB sowie der Grundrechte prüft. 133 Heinrichs in: Palandt, § 134 Rn. 5; Armbrüster in: MünchKomm BGB, § 134 Rn. 32 (prägnant: „Gewohnheitsrecht kann daher ein ‚gesetzliches Verbot‘ iSv. § 134 begründen, wenn es ein Rechtsgeschäft unmißverständlich verwirft. Ein gegen bestimmte Rechtsgeschäfte gerichtetes Gewohnheitsrecht ist jedoch atypisch.“); Sack in: Staudinger, § 134 Rn. 30; Wendtland in: Bamberger/Roth, § 134 Rn. 9 m. w. N. 134 Der Unterschied zwischen dem dinglichen Forderungsübergang und dem tatsächlichen Datenübergang kommt im Übrigen bereits in § 402 BGB zum Ausdruck. Gegen die in dieser Norm postulierte schuldrechtliche Pflicht richtet sich das Verbot zwar. Hierbei ist aber erneut an die Möglichkeit einer Abtretung ohne Verletzung des § 402 BGB und ohne Verletzung der Verschwiegenheitspflicht zu erinnern (vgl. S. 324 ff.). Das hier relevante Rechtsgeschäft verstößt also nicht zwangsläufig gegen das dem Bankgeheimnis inhärente Verbot zur Datenübermittlung. 135 Vgl. Ausführungen auf S. 253 ff. 136 Armbrüster in: MünchKomm BGB, § 134 Rn. 41 m. w. N.; Heinrichs in: Palandt, § 134 Rn. 6. 137 Vgl. hierzu oben S. 157 ff.
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9. Kap.: Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen
die Geheimsphäre der Bürger eingreifen.138 Sie soll die tatsächliche Offenbarung von Geheimnissen verhindern. Eine Zession ist jedoch nicht zwingend mit einer Datenübermittlung verbunden.139 Das Rechtsgeschäft der Abtretung selbst verstößt daher nicht gegen das Verbot, sondern erst die Datenweitergabe ohne Rechtfertigungsgrund.140 Bei öffentlichen Banken ist dieses Ergebnis zudem deshalb konsequent, weil man strafrechtliche Wertungen nicht ohne weiteres auf das Zivilrecht übertragen darf.141 Für die privatrechtlichen Rechtsfolgen muss unerheblich sein, ob die bankrechtliche Schweigepflicht einen zusätzlichen strafrechtlichen Schutz genießt.142 Hinzu kommt folgende Überlegung: Strafrechtlich verpflichtet werden in § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB nur die Amtsträger, also die Angestellten als natürliche Personen. Das Rechtsgeschäft der Abtretung nehmen aber nicht sie, sondern das Kreditinstitut selbst vor.143 Die Vorschrift kann für die juristische Person der Bank somit gar kein Verbotsgesetz sein.144 3. Zwischenergebnis
Die Prüfung zur Wirkung einer Verletzung des Bankgeheimnisses auf das Verfügungsgeschäft der Abtretung hat zu folgenden Ergebnissen geführt: Der schuldrechtliche Verstoß gegen die Vertraulichkeitsverpflichtung führt nicht zur Nichtigkeit einer Abtretung, weder über die Regelungen des § 399 BGB noch über diejenige des § 134 BGB, erst recht nicht über dahingehendes Gewohnheitsrecht.145 Die Kritik an der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. ist zwar in weiten Teilen nicht in ihrer Begründung, dennoch im Ergebnis berechtigt. 138 Denn läge der Schwerpunkt hier auf dem Individualschutz, wäre eine Unterscheidung zwischen privaten und öffentlichen Banken völlig unverständlich. 139 Zur Möglichkeit einer Verschlüsselung S. 329 ff., 459 ff. 140 Eine andere Situation liegt beim Verkauf einer Kanzlei oder einer Praxis mit Übergabe der entsprechenden Kundendateien vor, weil es hier den Weg über den Verbleib der Einziehungsbefugnis beim Verkäufer bis zur Durchsetzung der Kundenforderung nicht geben kann. Zweifelhaft ist aus der hier vertretenen Sicht die Rechtsprechung, die bei der Abtretung von Honorarforderungen durch schweigepflichtige Gläubiger § 203 Abs. 1 StGB als Verbotsgesetz einstuft (vgl. 6. Kapitel Fn. 413). 141 Vgl. S. 155 ff. 142 Vielmehr könnte man sogar Folgendes vertreten: Weil das Schweigegebot bei privaten Banken nicht bereits strafrechtlich sanktioniert ist, muss seine Verletzung – im Vergleich zum Sparkassengeheimnis – zivilrechtlich sogar gravierendere Rechtsfolgen haben. 143 Ähnlich zu BDSG und Umwandlungen anderer Berufsträger Teichmann/Kießling, ZGR 2001, 33 (64). 144 Mit anderer Begründung Domke/Sperlich, BB 2008, 342 (347 f.). 145 So im Ergebnis auch z. B. LG Koblenz BKR 2005, 108 (110 f.); Böhm, BKR 2005, 112; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (167, 170, 173).
§ 88 Schadensersatz
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4. Exkurs: Reaktion auf die Kritik
Im Hauptsacheverfahren reagierte das Landgericht Frankfurt a. M. auf die Kritik im Schrifttum und rückte in seinem Urteil vom Dezember 2004 von der Haltung der Instanzen im Verfügungsverfahren ab.146 Während bereits zuvor das Landgericht Koblenz147 ein Abtretungsverbot ablehnte, kamen in der Folge immer mehr Gerichte (einschließlich des Bundesgerichtshofs) zu diesem Ergebnis.148 Um an diesem Punkt Rechtssicherheit zu schaffen, plante der Gesetzgeber eine neue Vorschrift ins KWG einzuführen, die für den Ausschluss einer Forderungsabtretung fortan die Schriftform vorsieht.149
§ 88 Schadensersatz Verletzt ein Kreditinstitut das Bankgeheimnis, kann dem Kunden – dies ist im Grundsatz unstreitig – ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen.150 Praktisch hat dies selten Konsequenzen. Denn erstens wird der Kunde häufig von dem Verstoß gar nicht erfahren. Zweitens tritt nur in seltenen Fällen ein Vermögensschaden ein.151 Eine rechtliche Verfolgung ist deshalb oft nicht möglich oder sie lohnt nicht, zumal sie die Neugierde der neuen Geheimnisträger erneut auf die geheimen Angelegenheiten ziehen könnte. Doch ändern diese Umstände nichts daran, dass ein Schadensersatzanspruch im Einzelfall trotzdem für den Kunden Bedeutung erlangen kann. 146
LG Frankfurt a. M. WM 2005, 1120 ff. LG Koblenz BKR 2005, 108 (110 f.). 148 BGHZ 171, 180 (183 Rn. 12 ff.) und Beschluss vom 5.7.2007 – IX ZB 166/06, Rn. 2 (veröffentlicht bei juris); KG Berlin NZG 2006, 706 sowie gleichlautende Urteile vom 6.6.2006 – 4 U 133/05, Rn. 23, und 4 U 121/05, Rn. 33 (veröffentlicht nur bei juris); OLG Dresden ZBB 2006, 215 Rn. 42 und Beschluss vom 4.2.2007, 8 U 1954/06, S. 4 f. (n. v.); OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.4.2006 – 23 U 98/05, Rn. 46 (veröffentlicht bei juris); OLGR 2007, 390 (392); OLG Hamm, Urteil vom 6.2.2006, Rn. 40 (veröffentlicht bei juris); OLG Köln BKR 2005, 450 (451); OLG Stuttgart EWiR 2005, 783, und vom 13.12.2005 – 6 U 119/05, Rn. 83 ff. (relevante Passagen nur bei juris veröffentlicht); LG Chemnitz, Urteil vom 25.5.2007 – 7 O 1542/06, S. 19 f.; LG Leipzig, Urteile vom 12.9.2006 – 4 O 4370/05, S. 10 ff. und vom 4.6.2007 – 4 O 1045/06, S. 28. 149 Bruchner, BKR 2004, 394 (397). 150 BGHZ 27, 241 (247 f.); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 66 ff.; Casper in: Derleder/Knops/Bamberger, § 3 II Rn. 12; Dalsheim, S. 12 m. w. N.; Geurts/Koch/ Schebesta/Weber, Rn. 11; Horn in: Heymann, 2. Aufl., Anh § 372 Rn. II/21; Kirchherr in: Sichtermann, S. 202 f. m. w. N.; Lang, ZBB 2006, 115 (124); Nobbe, ZIP 2008, 97 (100); Petersen, S. 33 ff.; vgl. auch BGHZ 166, 84 (91 ff. Rn. 33 ff.). 151 Vgl. Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (171); Nobbe, WM 2005, 1537 (1545). 147
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9. Kap.: Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen
I. Anspruchsgrundlage Die Grundlage für den Anspruch ergibt sich aus § 280 Abs. 1, (§ 311 Abs. 2 oder Abs. 3 BGB,) § 241 Abs. 2 BGB i. V. m. der rechtlichen Sonderverbindung zwischen Bank und Kunde.152 Unerheblich ist für die Voraussetzungen und das Bestehen des Anspruchs, ob man nach der Schuldrechtsreform noch von einer p. F. V. und einer c. i. c. spricht.153 Das Bankgeheimnis ist eine Rücksichtspflicht i. S. d. § 241 Abs. 2 BGB. Seine Verletzung löst nach fast einhelliger Meinung einen Anspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB aus.154 Das von dieser Vorschrift erlangte Schuldverhältnis ist hierbei nicht das einzelne Bankgeschäft. Vielmehr muss man konsequenterweise auf das gesetzliche Schuldverhältnis ohne primäre Leistungspflicht abstellen, also die rechtliche Sonderverbindung in der Form einer rechtlichen Nähebeziehung zwischen Bank und Kunde. Die Mindermeinung, die eine Verletzung des Bankgeheimnisses als Teilunmöglichkeit ansieht, ist abzulehnen.155 Denn die Verschwiegenheitspflicht stellt eine von den Leistungen des jeweiligen Bankgeschäfts unabhängige Schutzpflicht dar.156 Zu erinnern ist an die notwendige Trennung von Leistungs- und Vertrauensverhältnis: Die „Erfüllbarkeit“ einer Rück152 Statt vieler Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 514, 540; G. H. Roth in: MünchKomm BGB, § 241 Rn. 97, 112; allgemein für Schutzpflichten z. B. Heinrichs in: Palandt, § 275 Rn. 3. 153 So vorher z. B. Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 11; Wolff, DB 1968, 695 (697). 154 Statt vieler BGHZ 171, 180 (185 Rn. 19); LG Frankfurt a. M. WM 2005, 1120 (1123); Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (282); Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 115; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (171); Früh, WM 2000, 497 (501); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572); Jobe, ZIP 2004, 2415 (2418); Nobbe, WM 2005, 1537 (1545). 155 Schönle, § 5 I 2 (S. 44), ihm folgend LG Bielefeld RDV 1996, 37; überholt ist überdies die Heranziehung des Auftragsrechts aus früheren Jahren, so z. B. BGHZ 27, 241 (247); Biedermann, BlStSozArbR 1970, 61 (64). 156 Wollte man mit den vereinzelten Stimmen die Geheimhaltung selbst als „Leistung“ bezeichnen (so Motzer, JZ 1983, 884 [888 f.]), wäre die Rechtsfolge jedoch auch nicht anders. Dann müsste der Geheimnisbruch in der Tat zur Teilunmöglichkeit führen, weil die Bank die offenbarten Informationen fortan nicht mehr geheim halten, also diese „Leistung“ nicht mehr erfüllen könnte. Insoweit hätte sich der Primäranspruch aber bereits aus faktischen Gründen erübrigt (das Wissen kann von dem jeweiligen Dritten nicht mehr zurückgeholt werden), so dass § 275 BGB keinen zusätzlichen Sinn hätte. Gleiches gilt für § 283 BGB, da Satz 1 den ohnehin bei Schutzpflichtverstößen anwendbaren § 280 Abs. 1 BGB nennt. Die nach Satz 2 anwendbaren Normen des § 281 BGB verfehlen bei Schweigepflichten ihren Sinn. Dieses Gedankenspiel zeigt bereits, dass das Leistungsstörungsrecht für Schutzpflichtverhältnisse nicht zugeschnitten ist und daher eher zu Unsicherheiten als zu maßgeschneiderten Lösungen führt.
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sichtspflicht mit ihrem eigenen „Erfüllungsinteresse“ (dem Geheimhaltungsinteresse) hat mit dem Erfüllungsinteresse des jeweiligen Rechtsgeschäfts (etwa dem Interesse an der Valutierung eines Darlehens, an einer Zinszahlung usw.) nichts zu tun.157 II. Umfang des zu ersetzenden Schadens Der Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Bankgeheimnisses unterscheidet sich in seiner Reichweite nicht gegenüber anderen Pflichtverstößen. Für die Haftungsausfüllung gelten die §§ 249 ff. BGB. Der Kunde muss so gestellt werden, wie er ohne Pflichtverletzung gestanden hätte.158 Der Anspruch bezieht sich auf alle unmittelbaren und mittelbaren Nachteile der Pflichtverletzung,159 wie etwa auf die für seine Durchsetzung notwendigen Prozesskosten160 oder die durch eine vorzeitige Vertragsbeendigung entstandenen Schäden161. Die vorliegende Untersuchung wird nachfolgend solche Aspekte zum Schadensumfang anreißen, die beim Bankgeheimnis im Vergleich zu anderen schuldrechtlichen Pflichten Besonderheiten aufweisen. 1. Begrenzung auf den Schutzzweck des Bankgeheimnisses
Der Wortlaut von § 280 Abs. 1 BGB deutet zunächst darauf hin, es sei immer das positive Interesse zu ersetzen.162 Dauner-Lieb kritisierte im Vorfeld der Schuldrechtsreform deshalb, bei der c. i. c. bleibe damit „die grundsätzliche Begrenzung des Anspruchs auf das negative Interesse und damit auf den Vertrauensschaden auf der Strecke“.163 Doch greifen diese Bedenken nicht durch. Denn wie bei jeder Haftung zieht auch bei Schutzpflichten wie dem Bankgeheimnis deren Schutzzweck der Ersatzpflicht eine Grenze.164 157
So bereits oben S. 505 f. Motzer, JZ 1983, 884 (889); Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 540; Unberath in: Bamberger/Roth, § 280 Rn. 41. 159 Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 280 Rn. 8; Unberath in: Bamberger/Roth, § 280 Rn. 41. 160 OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 729 (730); Heinrichs in: Palandt, § 280 Rn. 32. 161 Im Ergebnis auch Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1159); so schon Scheer, S. 111 m. w. N., gestützt auf § 628 BGB analog sowie den allgemeinen Rechtsgedanken, dass derjenige, der schuldhaft die Vertragsaufhebung verursacht, den hieraus entstehenden Schaden zu ersetzen habe. 162 Grüneberg in: Bamberger/Roth, 1. Aufl., § 280 Rn. 29. 163 Dauner-Lieb, S. 305 (317 f.). 164 BGHZ 116, 209 (212) m. w. N.; BGH NJW 1998, 982 (983); Schubert in: Bamberger/Roth, § 280 Rn. 41; Heinrichs in: Palandt, § 280 Rn. 32, Vorb v § 249 Rn. 62 ff. m. w. N.; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 280 Rn. 8. 158
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a) Grundsätzlich nur Vertrauensschaden Aus dieser Überlegung heraus ergibt sich beim Bankgeheimnis ohne weiteres, dass sich der Schadensersatz – in aller Regel – lediglich auf das negative, nicht das positive Interesse erstreckt (also auf den Vertrauens- und nicht den Erfüllungsschaden). Dies ist für Schutzpflichten weitgehend anerkannt.165 Schließlich besteht ihr Zweck nicht darin, das Leistungsinteresse zu fördern (im Bankrecht die ordnungsgemäße Durchführung des Bankgeschäfts). Vielmehr sollen sie das Vertrauen ausformen, das eine Person in den Geschäftspartner setzt: Rücksichtspflichten sichern auf rechtlicher Ebene die Erwartung ab, der andere werde seine besondere Einwirkungsmöglichkeit im Rahmen des rechtsgeschäftlichen Kontakts nicht dazu ausnutzen, Rechtsgüter zu verletzen. Wird dieses Vertrauen enttäuscht, kann es deshalb prinzipiell nur um den Vertrauens- und nicht den Erfüllungsschaden aus dem Leistungsverhältnis gehen.166 Dieses Interesse ist nur auf die Erhaltung bestehender Rechtsgüter, nicht auf eine Mehrung oder Verschiebung von Vermögenswerten gerichtet.167 Erfasst sein können auch mittelbare Schäden, etwa nach Forderungsabtretungen an einen Zessionar, der das Vermögen des Kunden in einer Weise schädigt, wie dies bei einer seriösen Begleitung des Kunden nicht eingetreten wäre.168 b) Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 282 BGB Ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 280 Abs. 3 i. V. m. § 282 BGB setzt neben einer Schutzpflichtverletzung (Verstoß gegen das Bankgeheimnis) voraus, dass dem Gläubiger der Pflicht (dem Kunden) die Leistung des anderen169 nicht mehr zumutbar ist. Zu bejahen ist dies in folgendem 165 Für das Bankgeheimnis Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 116; allgemein für Schutzpflichten BGHZ 168, 35 (39 Rn. 21) m. w. N.; Canaris, JZ 1965, 475 (477); Unberath in: Bamberger/Roth, § 280 Rn. 50, 55 („Ersatz seines vollen Integritätsinteresses“); allgemein für Schutzpflichten Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 540; wohl auch hier a. A. für das Bankgeheimnis Schönle, § 5 I 2 (S. 44). 166 Terminologisch bedarf es hier einer Klarstellung: Den Vertrauensschaden könnte man auch als „Leistungsinteresse“ „innerhalb des Schutzpflichtverhältnisses“ umschreiben – so Motzer, JZ 1983, 884 (889); vgl. hierzu die obige Darstellung zur Erfüllbarkeit von Schutzpflichten, S. 504. 167 Vgl. Fn. 39. 168 Zu dieser Problematik ausführlicher Möhlenkamp, BB 2007, 1126 (1127). 169 Gemeint ist die Leistung aus der Leistungsbeziehung, nicht aus dem Schutzpflichtverhältnis.
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Beispiel: Die Bank B und der Kunde K (ein mittelständisches Unternehmen) schließen einen Darlehensvertrag, nach dem K jeden Monat nach seinem jeweiligen Bedarf einen Betrag zwischen e 10.000,– und e 50.000,– von B anfordern kann. B zahlt die Darlehensvaluta vereinbarungsgemäß aus. Gleichzeitig informiert sie jedoch den Wettbewerber des K über die jeweils von K angeforderten Beträge.
Eine Leistungsstörung ist nicht ersichtlich. Die Weitergabe der Informationen verletzt aber unzweifelhaft das Bankgeheimnis. Kündigt K aus diesem Grund den Darlehensvertrag und kann er mit einem anderen Kreditinstitut einen Darlehensvertrag nur unter schlechteren Bedingungen schließen, kann er Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 280 Abs. 3 i. V. m. § 282 BGB verlangen. Denn wegen des Geheimnisbruchs ist ihm die Leistung (Darlehensauszahlung) durch B nicht mehr zumutbar. Schwieriger zu lösen sind Fälle, in denen sich die Preisgabe von Angaben auf ein anderes (als das vom Kunden später gekündigte) Bankgeschäft erstreckt170 sowie Konstellationen, in denen nur ein einmaliger und/oder geringfügiger Verstoß gegen das Bankgeheimnis vorliegt. Eine Lösung bedarf einer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls.171 c) Schadensersatz bei Leistungsbezug Eine weitere Ausnahme vom Grundsatz, dass nur der Vertrauensschaden zu ersetzen ist, kommt allenfalls für die Sonderfälle in Betracht, in denen der Bruch des Bankgeheimnisses einen Leistungsbezug aufweist. Man denke an den bereits untersuchten Fall, in dem die Kundgabe von geheimen Informationen über den Kunden dessen Darlehensrückzahlung gefährdet.172 Der Schwerpunkt liegt hier nicht in der Schutzpflichtverletzung, sondern in der gleichzeitigen Gefährdung der Leistungserbringung.173 Wirkt sich die Verletzung der Rücksichtspflicht auf die Hauptleistung aus, ist die Schutz170 Die Unzumutbarkeit ist zweifelhaft, wenn sich die Preisgabe z. B. auf den Stand des Girokontos bezieht, der Kunde dieses aber wie bisher weiterführt, stattdessen aber seinen Darlehensvertrag auf Grund des Vorfalls kündigt. 171 Teilt ein Bankangestellter einem Dritten mit, dass K ein Kunde seiner Bank ist, verletzt dies bereits das Bankgeheimnis, genügt aber unter Umständen nicht für die fehlende Zumutbarkeit nach § 282 BGB. Bei einer (wenn auch nur einmaligen) Preisgabe des Kontostands durch die Bank wird dem Kunden in der Regel ein Gebundensein an die Vertragsbeziehung mit dieser Bank nicht weiter zuzumuten sein. Wechselt er zu einem Kreditinstitut mit schlechteren Konditionen, kann er von der Bank insoweit den Schaden ersetzt verlangen. 172 Vgl. oben S. 181 ff. 173 Vergleichbar ist dies mit den bei der c. i. c. anerkannten Fallgruppen vorvertraglicher Pflichtenverstöße, die zur Beeinträchtigung des Erfüllungsinteresses der Leistungsbeziehung führen: BGHZ 108, 200 (205 ff.); BGH NJW 1998, 2900 f. und
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9. Kap.: Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen
pflicht unselbständig, d. h. leistungsbezogen. Sie unterliegt damit den Regelungen zum Leistungsverhältnis; es liegt nicht nur § 280 Abs. 1 BGB vor, sondern unter Umständen auch § 281 BGB.174 d) Normative Begrenzung des Schadensumfangs in Sonderfällen aa) Geheimnisbruch ermöglicht Bestrafung des Kunden Führt die Verletzung des Bankgeheimnisses zu einer Bestrafung (z. B. wegen Steuerhinterziehung), entsteht dem Kunden zwar ein Schaden. Doch tritt hier der Schutzzweck des Bankgeheimnisses hinter dem Strafzweck zurück. Mit dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung wäre es nicht zu vereinbaren, könnte eine Person ihre Geldstrafe mit rechtlichen Mitteln auf einen anderen abwälzen.175 Zudem ist das Bankgeheimnis nicht dazu bestimmt, Straftaten zu ermöglichen oder zu verheimlichen; die Haftung ist durch seinen Schutzzweck begrenzt.176 Zu beachten ist aber die Möglichkeit einer Selbstanzeige gemäß § 371 AO: Nimmt die Datenweitergabe dem Kunden die Möglichkeit, einer Bestrafung wegen einer Steuerstraftat über diesen Weg zu entgehen, erleidet er einen Nachteil, den der Strafzweck nicht vorsieht. Insoweit kann der Schaden ersatzfähig sein.177 Allerdings verlangt dies den Nachweis durch den Kunden, dass er eine Selbstanzeige beabsichtigte und diese noch möglich gewesen wäre. bb) Geheimnisbruch ermöglicht Dritten die Rechtsdurchsetzung Ermöglicht eine unbefugte Datenübermittlung dem Mitteilungsadressaten, seine Forderungen gegen den Kunden durchzusetzen, ist die normative Begrenzung des Schadens zweifelhaft. Nach einer Ansicht fehle hier die Schutzwürdigkeit des Kunden, weil sein Vermögen bereits vor der Offenbarung des Bankgeheimnisses mit der Schuld belastet war. Ist der Kunde dazu verpflichtet, bei der Durchsetzung von Ansprüchen mitzuwirken (so insbesondere bei Steuerschulden), ist dieser Meinung beizupflichten. Denn die Einheit der Rechtsordnung hindert die Ersatzfähigkeit rechtswidriger 2001, 2875 f. – jeweils m. w. N.; Heinrichs in: Palandt, § 311 Rn. 56; Unberath in: Bamberger/Roth, § 280 Rn. 51; vgl. Dauner-Lieb, S. 305 (319 f.). 174 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 141; Olzen in: Staudinger, § 241 Rn. 541 a. E. 175 Vgl. OLG Köln BB 1992, 2174 (2175); LG Bielefeld RDV 1996, 37 (38); Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 67; Petersen, S. 36. 176 OLG Köln BB 1992, 2174 (2175); LG Bielefeld RDV 1996, 37 (38); Feuerborn, EWiR 1993, 443 (444); Lang, ZBB 2006, 115 (124); Petersen, S. 36. 177 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 67.
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Vermögensvorteile.178 Für sonstige Ansprüche gegen den Kunden gilt dies m. E. nicht Der Schaden liegt hier nicht in der Belastung mit der Schuld, sondern darin, einem Dritten faktisch die Forderungseinziehung zu ermöglichen.179 Setzt ein Gläubiger seine Forderung gegen den Kunden nicht durch, liegt allein darin für den Schuldner noch kein rechtswidriger Vermögensvorteil.180 Denn spätestens mit der Verjährung steht ihm dieser zu. Es gibt für die Bank keinen Grund, sich mit Hilfe eines Geheimnisbruchs auf die Seite des Gläubigers zu schlagen, um diesem die Rechtsdurchsetzung gegen den Kunden zu erleichtern. Diese Wertung kann man auch § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO entnehmen. Die Norm weist der Bank im Verhältnis des Kunden zu einem Dritten eine neutrale Rolle zu. Die Rechtsordnung verlangt keine Durchbrechung des Bankgeheimnisses, um Dritten die Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen den Kunden zu sichern. Verstößt das Kreditinstitut dennoch gegen die Geheimhaltungspflicht, muss es die schadensrechtlichen Konsequenzen tragen. Erfährt ein anderer Vertragspartner des Kunden (insbesondere sein Arbeitgeber, sein Vermieter usw.) durch den Geheimnisbruch der Bank einen Kündigungsgrund, haftet sie für den daraus entstehenden Schaden aus den gleichen Überlegungen heraus.181 Es steht der Bank im Einzelfall natürlich offen, den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens geltend zu machen.182 Bei der Schadensbemessung ist § 254 BGB zu berücksichtigen. 2. Kein Ersatz des immateriellen Schadens
Der Bruch des Bankgeheimnisses führt häufig zu keiner (beweisbaren) Beeinträchtigung des Vermögens, aber zu immateriellen Schäden.183 Einige Autoren lassen zumindest bei schwerwiegenden Verletzungen des Bank178
Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 66; Lang, ZBB 2006, 115 (124). Im Ergebnis wie hier BGHZ 27, 241 (247); a. A. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 66; Petersen, S. 35. Einen Sonderfall greift von Caemmerer, Kausalzusammenhang, S. 16 heraus, weil ein Unterhaltspflichtiger zur Aufdeckung seiner Einnahmequellen verpflichtet ist und sein Unterlassen sogar eine strafbare Handlung darstellen kann. 180 Anders ist dies m. E. nur, wenn der Kunde dem Gläubiger gegenüber ohnehin zur Offenlegung der Informationen verpflichtet ist, vgl. der in vorstehender Fn. 179 beschriebene Fall bei von Caemmerer. 181 So auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 68; ähnlich Esser, SchR 1960, § 61, 3 c; a. A. LG Bielefeld RDV 1996, 37 (38) unter Berufung auf den Schutzzweck der Norm. 182 Insbesondere, wenn eine anderweitige Aufdeckung der Geheimnisse wahrscheinlich gewesen wäre – näher zu diesem Problem unten S. 545 ff. 183 Wenn die Bank den neugierigen Nachbarn beispielsweise über die seit neuestem getrennt geführten Konten der Eheleute oder die Höhe der Schulden informiert 179
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9. Kap.: Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen
geheimnisses, abhängig von Anlass und Beweggründen des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens184 und in seltenen Fällen185 einen Ersatz des immateriellen Schadens eines Kunden zu. Dieses Ergebnis ist zu präzisieren: Ein Anspruch aus § 280 Abs. 1, (§ 311 Abs. 2 oder 3 BGB,) § 241 Abs. 2 BGB führt zu den Rechtsfolgen der §§ 249 ff. BGB. § 253 Abs. 2 BGB lässt den Ersatz eines immateriellen Schadens nur bei einer Verletzung von bestimmten absoluten Rechtsgütern zu, welche die Norm abschließend aufzählt.186 Bei einer Geheimnisverletzung können sie (Körper, Gesundheit, Freiheit) nie eine Rolle spielen. Allein der Verstoß gegen das Bankgeheimnis kann damit nicht zum Ersatz immaterieller Schäden führen. Wenn er (über das Recht der Sonderverbindung hinaus) deliktsrechtlich mit einer Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts einhergeht, gelten die für das Recht der unerlaubten Handlungen entwickelten Grundsätze und die hierzu entwickelten Leitlinien zur Entschädigung.187 Ein hierauf gestützter Anspruch hat mit dem Bankgeheimnis indes nichts zu tun. Ein Eingehen auf diese Thematik erübrigt sich daher. III. Sonderprobleme bei Kausalität und Beweisrecht Für einen Schadensersatzanspruch muss der Verstoß gegen das Bankgeheimnis einen Schaden kausal hervorgerufen haben. Hinter dem Wortlaut des § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB („des hierdurch entstehenden Schadens“) verbirgt sich ein Problemkomplex, der vor allem auf zwei Merkmalen beruht, der mittelbaren Verursachung und dem psychischen Moment. Denn die unbefugte Offenbarung eines Geheimnisses an Dritte kann direkt lediglich immaterielle Schäden sowie Rufschädigungen auslösen, aber in aller Regel keinen Vermögensschaden.188 Ein solcher entsteht erst durch Maßnahmen, die eine Person auf Grund des neu erlangten Wissens zu Lasten usw. – Aus Sicht der ökonomischen Analyse des Rechts könnte man aber immer an einen materiellen Schaden denken, vgl. 2. Kapitel Fn. 4. 184 Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (171) – vor allem bei gleichzeitigen Verletzungen des Persönlichkeitsrechts (vgl. hierzu z. B. Bamberger in: Bamberger/Roth, § 823 Anh. Rn. 103). 185 Lang, ZBB 2006, 115 (124). 186 Hierzu statt vieler Oetker in: MünchKomm BGB, § 253 Rn. 27. 187 Vgl. z. B. Oetker in: MünchKomm BGB, § 253 Rn. 27; Rixecker in: MünchKomm BGB, § 12 Anh. Rn. 208 ff. 188 Allerdings kann unter Umständen bereits eine Rufschädigung und insbesondere eine Kreditschädigung gemäß § 824 BGB direkt zu einem geringeren Unternehmenswert führen. Doch ist dieser schwer messbar; seine Bewertung wird sich regelmäßig an objektiven Faktoren orientieren, also an den sichtbaren Folgen einer solchen Ruf- und Kreditschädigung.
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des Bankkunden ergreift. Unmittelbar beruht eine solche Maßnahme wiederum nur auf einer freien Willensentscheidung: Die Kausalität ist folglich psychisch vermittelt. Diese Besonderheiten einer Verletzung von Geheimhaltungspflichten führen auf Tatsachenebene zu einer schwierigen Beweisbarkeit189 und im Rechtlichen zu Wertungsfragen des Haftungsrechts. Die vorliegende Abhandlung kann diese Problematik nicht erschöpfend untersuchen. Angezeigt ist jedoch die Darstellung einiger wesentlicher Gesichtspunkte.190 1. Beispiel Kirch
Beide Elemente, die Mittelbarkeit und die psychische Komponente, veranschaulicht der Sachverhalt im Fall Kirch gegen Deutsche Bank und Breuer, den die vorliegende Arbeit bereits vorstellte.191 Hier ist die Frage wesentlich, ob die Verletzung des Bankgeheimnisses andere Geldgeber davon abhielt, bestehende Kreditlinien zu verlängern und neue Darlehensverträge mit den Kirch-Gesellschaften zu schließen. Unterstellt man dies, führte die inkriminierte Handlung (das Interview) unmittelbar „nur“ zu einem Schaden für die Kreditwürdigkeit, der sich in der Vermögensbilanz des Kunden erst mittelbar durch eine Reaktion der Geldgeber niederschlug. Diese Reaktion beruht auf einer Entscheidungsfindung, die neben anderen Faktoren die (nunmehr veränderte) Kreditwürdigkeit des Kunden berücksichtigte. Es handelt sich nicht um eine körperlich verursachte,192 sondern eine durch eine Willensentscheidung hervorgerufene Schädigung. 2. Haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität
Bei der Frage des Ursachenzusammenhangs ist ein Unterschied zum Deliktsrecht hervorzuheben, der im Hinblick auf das Beweismaß relevant wird: Eine Schutzpflichtverletzung – so auch ein Verstoß gegen das Bankgeheimnis193 – verlangt keine den Vermögensschaden vermittelnde „Rechts189
Gleiche Einschätzung von Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572); Klüwer/ Meister, WM 2004, 1157 (1159) und allgemein zur psychischen Kausalität Quentin, S. 85. 190 Die folgende Darstellung unterscheidet nicht zwischen Zurechnungs- und Kausalitätsfragen. Vgl. hierzu eingehend Koriath, S. 141 ff.; Differenzierung auch bei Forst, S. 17, 99 u. ö. 191 s. S. 173 f. 192 Wie z. B. die umfallende Linoleumrolle, die zu einer Gesundheitsschädigung führt. 193 Bei Geheimhaltungspflichten kommt es allein auf den Informationsfluss an; für den umgekehrten Fall der Aufklärungspflichten gilt dies ebenso.
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9. Kap.: Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen
gutsverletzung“.194 Dementsprechend bezieht sich die haftungsbegründende Kausalität nicht wie bei § 823 Abs. 1 BGB auf den Ursachenzusammenhang zwischen dem schädigenden Verhalten und der Verletzung des jeweiligen absoluten Rechtsguts.195 Vielmehr muss das inkriminierte Verhalten lediglich eine Pflichtverletzung i. S. d. § 280 Abs. 1 BGB darstellen. Die haftungsausfüllende Kausalität196 „beginnt“ bereits mit der Vollendung der Pflichtverletzung. Dieses Spezifikum macht der Bundesgerichtshof deutlich, wenn er ausführt: „Bei einem Schadensersatzanspruch aus Vertragsverletzung gehört der Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Eintritt eines daraus erwachsenen allgemeinen Vermögensschadens nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr zur haftungsbegründenden, sondern zur sogenannten haftungsausfüllenden Kausalität. Für deren Nachweis gelten nicht die strengen Beweisführungsmaßstäbe des § 286 ZPO, sondern die in § 287 ZPO vorgesehenen Beweiserleichterungen“.197
Für das Bankgeheimnis bedeutet dies, dass mit der unbefugten Preisgabe von kundenbezogenen Informationen eine Pflichtverletzung vorliegt und die Auswirkungen der Datenübermittlung erst bei der Haftungsausfüllung relevant werden.198 Von einer haftungsbegründenden Kausalität kann man damit eigentlich nicht sprechen, deckt sich die Verletzungshandlung doch meist mit dem Verletzungserfolg.199 Die rechtliche Beurteilung dieser (haftungsbegründenden) Kausalität erschöpft sich in der Feststellung, eine bestimmte Handlung stelle einen Verstoß gegen das Bankgeheimnis dar.200 194 Vgl. Heinrichs in: Palandt, Vorb v § 249 Rn. 56; näher zur Problematik der Abgrenzung von Haftungsbegründung und Haftungsausfüllung Grigoleit, Informationshaftung, S. 167 m. w. N. 195 Statt vieler Heinrichs in: Palandt, Vorb v § 249 Rn. 55. 196 Im Deliktsrecht ist dies der Ursachenzusammenhang zwischen der Rechtsgutsverletzung als Haftungsgrund und dem Schaden. 197 BGH NJW 2000, 2814 (2815); vgl. hierzu auch BGH NJW-RR 1996, 781. 198 Grigoleit, Infomationshaftung, S. 167, stellt für die vorvertragliche Irreführung dagegen auf die Beeinflussung der Willensfreiheit des Informationsempfängers ab. Auf Verschwiegenheitspflichten ist dieser Gedanke nicht übertragbar, weil hier die Pflichtverletzung bereits mit dem Informationstransfer eintritt. Ob der Adressat dadurch in seiner Willensbetätigung einschränkt wird, ist bereits eine Folge der Geheimnisoffenbarung und damit Teil der haftungsausfüllenden Kausalität. 199 So bereits Hanau, S. 121; Ausnahmen sind denkbar, z. B. wenn ein Verhalten der Bank erst für die Zukunft eine Datenweitergabe an Dritte vorsieht (der Bankvorstand beschließt die Umstellung des IT-Systems und mit dieser Neuerung können die Angestellten künftig intern auf alle Kundendaten zugreifen – schädigendes Verhalten ist der Beschluss, Pflichtverletzung erst das Zugänglichmachen der Daten). 200 Schwierigkeiten können im tatsächlichen Bereich auftreten, vor allem wenn die Datenübermittlung der Bank an einen Dritten anders als im Kirch-Fall nicht in der Öffentlichkeit erfolgt, sondern nur zwischen Bank und Adressat. Dennoch gelten hier die Beweisführungsmaßstäbe des § 286 ZPO.
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3. Mittelbare Kausalität
Im Bereich der Haftungsausfüllung liegt zwischen der Verletzung von Verschwiegenheitspflichten und dem dadurch ausgelösten Schaden eine mittelbare Kausalkette. Sie lässt sich folgendermaßen umschreiben: a) Kausalkette bei Verletzungen des Bankgeheimnisses Durch ein schädigendes Verhalten der Bank gelangen Daten an eine andere Person. Der Informationsgewinn beim Adressaten löst bei ihm eine psychisch vermittelte Reaktion aus; er trifft also auf Grund der Mitteilung eine Entscheidung, die er ohne sie nicht in gleicher Weise getroffen hätte. Die Entscheidung wiederum führt zu einem Schaden beim Kunden. Unter Umständen ist es nicht einmal der Mitteilungsadressat, der eine schädigende Entscheidung trifft, sondern eine vierte Person, die vom unmittelbaren Mitteilungsempfänger die kundenbezogene Information erfährt. An dieser Stelle lassen sich beliebig viele „Durchgangsstationen“ denken. Erst wenn das letzte Glied der Kausalkette die Information durch die Bank zum Gegenstand einer Disposition macht, entsteht ein Schaden.201 Der den Schaden auslösenden Handlung fehlt regelmäßig die Rechtswidrigkeit, wirkt sie doch nur auf das Vermögen des Kunden ein.202 Haftungsrelevant ist daher allein das Verhalten der Bank als Erstverursacherin. b) Rechtliche Behandlung der mittelbaren Kausalität Die mittelbare Verursachung unterliegt zunächst denselben Regeln wie andere Formen der Kausalität.203 Nach der „conditio-sine-qua-non“-Formel ist eine Bedingung kausal für einen Erfolg, wenn sie nicht hinweggedacht werden könnte, ohne dass der Schaden in seiner konkreten Gestalt entfiele.204 Es genügt folglich die Mitursächlichkeit eines Umstands.205 Flankiert wird die Äquivalenz- von der Adäquanztheorie sowie der Begrenzung der Kausalität durch den Schutzzweck der Norm. Für die mittelbare Kausalität eines Geheimnisbruchs bedeutet dies, dass seine Folgen nach dem ge201
Genauso zu Rechtsgutsverletzungen, die auf der Weitergabe von Fehlinformationen beruhen: Mansel, FS Lorenz, S. 215 (216). 202 Indem sie etwa eine in Aussicht genommene Vermögensmehrung beim Kunden durch die Zur-Verfügung-Stellung eines Darlehens unterlässt. 203 Z. B. Kuckuk in: Erman, Vor §§ 249–253 Rn. 45. 204 Statt vieler Heinrichs in: Palandt, Vorb v § 249 Rn. 57; Schiemann in: Staudinger, § 249 Rn. 8. 205 So schon RG Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 18 (1914), S. 309 (310); vgl. auch BGH NJW-RR 2005, 897 (898) m. w. N.; Schiemann in: Staudinger, § 249 Rn. 35.
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wöhnlichen Verlauf der Dinge nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegen durften und der Zweck des Bankgeheimnisses gerade die Art von Reaktionen verhindern sollte, die eingetreten sind.206 Die Schutzzwecklehre kommt bei mittelbaren Verletzungen zum Tragen: Durch die Wahrung des Bankgeheimnisses soll der Kunde davor geschützt werden, dass er seine Dispositionsbefugnis über die eigenen Geheimnisse verliert und die Bank den Kreis der Geheimnisträger auf Dritte ausweiten kann, denen bestimmte Dinge nicht zur Kenntnis gelangen sollten. Die Aufgabe der Verschwiegenheitspflicht geht weiter: Denn sie bezweckt auch, dass die Bank ihre besondere Einwirkungsmöglichkeit auf die Rechtsgüter des Kunden nicht ausnutzt. Eine Möglichkeit zur Einwirkung hat sie vor allem deshalb, weil sie Daten an Dritte weitergeben und durch ihre berufliche Stellung sowie ihr potentielles Sonderwissen mit dieser Übermittlung auf die Entscheidungen der Adressaten einwirken kann. Dass die Dritten die Informationen für Dispositionen verwenden, die sich auf den Kunden auswirken, ist somit eine typische Komponente der Einwirkungsmöglichkeit.207 Der Schutzzweck des Bankgeheimnisses umfasst folglich den Schutz vor Reaktionen der Informationsadressaten, die (jedenfalls auch) auf der Geheimnisoffenbarung des Kreditinstituts beruhen. Dies führt zu dem Problem, unter welchen Voraussetzungen eine Reaktion des Dritten auf dem Geheimnisbruch beruht. 4. Psychisch vermittelte Kausalität
a) Kausalkette bei Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht Die Kausalkette bei einer Verletzung des Bankgeheimnisses zeichnet sich dadurch aus, dass in den Kausalzusammenhang zwischen dem Geheimnisbruch als Erstverursachung und dem verursachten Erfolg nicht nur physische Vorgänge eingebunden sind, sondern typischerweise die Willensentscheidung eines Zweitverursachers. Dieses Spezifikum, eine Art unsichtbarer Dominoeffekt, umschreibt die Wissenschaft üblicherweise mit dem Begriff der psychischen oder der psychisch vermittelten Kausalität.208
206 Zur näheren Ausformung von Adäquanztheorie und der normativen Begrenzung durch den Schutzzweck der Norm statt vieler Heinrichs in: Palandt, Vorb v § 249 Rn. 58 ff.; Schiemann in: Staudinger, § 249 Rn. 12 ff., 27 ff. 207 Vgl. Wentzell, S. 6 (der Adressat könne Schlüsse aus der Information ziehen und diese zur Schädigung des Kunden verwenden); eine Meinung im Schrifttum hält allein dieses Zurechnungskriterium für ausschlaggebend, vgl. Zimmermann, JZ 1980, 10 (12) m. w. N. – damit würden sich vorliegend weitere Ausführungen zur psychischen Kausalität erübrigen.
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b) Rechtliche Behandlung der psychisch vermittelten Kausalität Im Laufe der Zeit arbeitete die Rechtsprechung verschiedene Fallgruppen heraus, in denen ein Teil des Kausalverlaufs nicht über naturwissenschaftliche Wirkungen zu erklären ist, sondern eine Willensbetätigung dazwischengeschaltet ist.209 Dabei komme „es in den Fällen der sog. psychisch vermittelten Kausalität darauf an, ob die Handlung des Verletzten durch das haftungsbegründende Ereignis ‚herausgefordert‘ worden ist und eine nicht ungewöhnliche Reaktion auf dieses darstellt“.210 Der geltend gemachte Schaden muss infolge des durch die Herausforderung gesetzten Risikos entstanden sein; dies gelte in der Schutzzwecklehre des Vertragsrechts genauso wie im Deliktsrecht.211 Für das Bankgeheimnis muss das Herausforderungskriterium allerdings modifiziert werden, zum einen im Hinblick auf Drei-Personen-Konstellationen (der Herausgeforderte ist nicht gleichzeitig der Verletzte), zum anderen im Hinblick auf die Besonderheit, dass eine Bank durch ihre berufliche Stellung bei Mitteilungsempfängern als Autorität gilt.212 Eine in der Wissenschaft anzutreffende Fallgruppe der psychisch vermittelten Kausalität greift das zweite Merkmal auf. Sie ist durch die Autoritätsstellung des Erstverursachers gekennzeichnet.213 Geprägt ist eine solche Autorität durch Charakteristika, welche Rechtsprechung und Lehre so oder 208
Umfassende Darstellung des Meinungsspektrums bei Koriath, S. 141 ff.; vgl. zudem E. Deutsch, Haftungsrecht, Rn. 123; Forst, S. 3; Lange in: Lange/Schiemann, § 3 X (S. 131); Quentin, S. 80; Ristow, S. 17; jetzt auch BGH WM 2003, 1131 (1133); im Strafrecht z. B. Roxin, § 11 Rn. 31. 209 Dazu gehören v. a. Boykottaufrufe, bei denen der Mitteilende auf die freie Willensbildung Einfluss nimmt (dazu Hager in: Staudinger, § 823 D 35 ff.; Beater in: Soergel, § 823 Anh V Rn. 107 ff.), und Herausforderungsfälle, hierzu Heinrichs in: Palandt, Vorb v § 249 Rn. 79 ff. Keine Willensbetätigung, aber eine psychische Vermittlung tritt auf bei Schockschäden, vgl. z. B. BGHZ 132, 341 (343 ff.); 163, 209 (220 f.). 210 BGH WM 2003, 1131 (1133); ohne Erwähnung der psychischen Vermittlung, aber inhaltlich ähnlich die st. Rspr. BGH VersR 1981, 161 f.; NJW 1995, 126 (127); 1995, 449 (451); 2002, 2322 (2323); DB 2007, 1408 (1409) – jeweils m. w. N.; vgl. auch Heinrichs in: Palandt, Vorb v § 249 Rn. 77 m. w. N.; eingehend dazu Zimmermann, JZ 1980, 10 ff. mit zahlreichen Fällen aus der Rspr. 211 BGHZ 132, 164 (166); BGH NJW 1993, 2234; 2005, 1420 (1422); vgl. auch Medicus in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 249 Rn. 55. 212 Ristow, S. 139 f., meint, das Kriterium komme heute bei Drei-Personen-Sachverhalten sowie in Fällen einer Autoritätsstellung des Erstverursachers in der Rspr. nicht mehr zur Anwendung. Begrifflich mag dies richtig sein. Normativ unterscheidet sich das Kriterium jedoch kaum von demjenigen einer „Veranlassung“ oder eines „Vertrauendürfens“ – vgl. hierzu sogleich. 213 Forst, S. 137 ff.; Niebaum, S. 92 ff.; Ristow, S. 76 ff.
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in ähnlicher Form als Zurechnungskriterien auch bei anderen Haftungsformen heranziehen: • das dem Erstverursacher zugesprochene (tatsächliche oder vermeintliche214) Sonderwissen (Kompetenz, Expertenwissen), auf das der Zweitverursacher vertraut;215 • die durch sein positives Tun geschaffene Gefahrenquelle (Risikoerhöhung)216 und ihre Beherrschung durch den Erstverursacher217; • der Zweit- wird durch den Erstverursacher zu einem Entschluss veranlasst, der nicht ungewöhnlich ist;218 • die für den Zweitverursacher fehlende Überprüfbarkeit der Aussage des Erstverursachers219 oder das Maß an Selbstverantwortung des Zweitverursachers.220 • Zudem fragt sich, ob der Erstverursacher als „Meinungsführer“ auftritt.221 Es ist nicht Aufgabe dieser Arbeit, die Tragfähigkeit jedes einzelnen dieser Faktoren zu beurteilen und ihr Verhältnis zueinander zu bewerten. Denn – wie die nachfolgende Subsumtion zeigen wird – liegen bei einer Verletzung des Bankgeheimnisses alle diese Kriterien typischerweise vor. Das Bankgeheimnis kann damit als Paradebeispiel für die psychisch vermittelte Kausalität in einer Drei-Personen-Konstellation gelten. Der durch das Verhalten des Zweitverursachers ausgelöste Schaden ist der Bank als Erstverursacherin damit grundsätzlich zuzurechnen.
214
Die Sicht des Zweitverursachers ist entscheidend, vgl. Forst, S. 134, 138. BGH VersR 1959, 107; Forst, S. 119, 137 ff.; Ristow, S. 76 ff.; Niebaum, S. 95 f. lässt die faktische Beeinflussbarkeit des Zweitverhaltens für ein Subordinationsverhältnis bereits ausreichen; ähnliches Kriterium bei der Auskunftshaftung – vgl. Hirte, Berufshaftung, S. 389; BGH WM 1979, 428. 216 BGH NJW 1970, 511 (512); Mansel, FS Lorenz, S. 215 (220) nennt es treffend eine „intellektuelle Gefahrenlage“, wenn die Gefahr besteht, dass ein anderer die eigene Aussage zur Grundlage seiner Dispositionen macht; Kuckuk in: Erman, Vor §§ 249–253 Rn. 68; Lange in: Lange/Schiemann, § 3 X 3 (S. 145) m. w. N. in Fn. 409; Ristow, S. 84; Schiemann in: Staudinger, § 249 Rn. 51, 61. 217 Forst, S. 142; Ristow, S. 83; Mansel, FS Lorenz, S. 215 (223). 218 BGH NJW 1971, 134 (135) m. w. N. Doch genügt die Veranlassung allein nicht, es muss eine „Herausforderung“ hinzukommen – zur Abgrenzung vgl. BGHZ 58, 162 (167) m. w. N. 219 BGH NJW 1971, 134 (136); Forst, S. 138; Ristow, S. 83. 220 Forst, S. 142; vgl. auch Mansel, FS Lorenz, S. 215 (217); Zimmermann, JZ 1980, 10 (13). 221 Niebaum, S. 95 f.; Ristow, S. 86. 215
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c) Übertragung der Zurechnungskriterien auf das Bankgeheimnis Beim Bankgeheimnis handelt es sich um ein Berufsgeheimnis, bei dem sich die Autorität durch die berufliche Eigenschaft des Erstverursachers manifestiert. Der Rechtsverkehr ordnet der Bank und denjenigen, die für sie sprechen, Sachkenntnis, Seriosität und ein (tatsächlich vorhandenes oder angebliches) Sonderwissen zu. Die so ausgestaltete Autorität beeinflusst typischerweise den Willensbildungsprozess des Zweitverursachers, der sich selbst regelmäßig in einem Wissensdefizit glaubt. Er vertraut den Informationen eines Branchenkenners daher – wie bei jeder Form von Berufshaftung222 – mehr als solchen aus anderen Quellen. Die Datenübermittlung eines Kreditinstituts stellt eine Handlung dar, die für den Kunden zu einer Gefahrensituation führt, weil geheime Informationen über ihn kursieren. Im Gegensatz zu Zwei-Personen-Konstellationen schafft der Erstverursacher die Gefahr also nicht dadurch, dass er eine Fehlinformation weitergibt (gefährdet ist der Mitteilungsempfänger), sondern bereits dadurch, dass er überhaupt eine Information weitergibt (gefährdet ist dadurch der Geheimnisherr).223 Ihre Verbreitung kann der Kunde nicht mehr unter Kontrolle halten. Wer sie wann zur Grundlage von Vermögensdispositionen macht, die ihn betreffen, kann er nicht überblicken. Die Bank beherrscht diese Gefahrenquelle durch ihre Stellung als Geheimnisträgerin und ihre Möglichkeit zur Preisgabe an Dritte. Da Kreditinstitute wegen des Bankgeheimnisses grundsätzlich keine kundenbezogenen Äußerungen tätigen, wird der Mitteilungsadressat zudem umso aufmerksamer, wenn eine Bank ein Geheimnis dennoch einmal offenbart. Allein diese Tatsache bietet dem Zweitverursacher genug Anlass, die Information in die eigene Willensbildung einfließen zu lassen. Ist der Zweitverursacher ein potentieller Darlehensgeber, muss er vor riskanten Geschäften mit dem Bankkunden vor allem bei negativen Äußerungen über die Kreditwürdigkeit des potentiellen Darlehensnehmers sogar hellhörig werden.224 Nimmt er wegen der Information durch das Kreditinstitut von einem Rechtsgeschäft mit dem Kunden Abstand, ist diese Reaktion also regelmäßig nicht ungewöhnlich, sondern unter Umständen sogar geboten. Die Einstufung als „ungewöhnlich“ sollte sich an der Vernünftigkeit des Zweitverhaltens ausrichten.225 222
Zur Berufshaftung oben S. 118 ff. Insoweit auf eine Zwei-Personen-Beziehung beschränkt Ristow, S. 211 ff. 224 Die Entscheidungsträger einer Bank würden sich sonst womöglich sogar wegen Untreue gemäß § 266 StGB strafbar machen. 225 Mit diesem Wertungskriterium wird zum Teil die Herausforderungsformel konkretisiert, vgl. Medicus in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 249 Rn. 48; Zimmer223
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9. Kap.: Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen
Dies gilt insbesondere, wenn der Zweitverursacher die Mitteilung nicht vollständig überprüfen kann. Bei Werturteilen ist eine Überprüfbarkeit ohnehin ausgeschlossen, weil für ihn nie ersichtlich ist, wie der Erstverursacher (die Bank) zu ihren Schlüssen kam. Bei kundenbezogenen Tatsachen hängt die Überprüfbarkeit von ihrer Art und ihrem Umfang sowie dem jeweiligen Adressaten ab. Bei Tatsachen mit einem Bezug zum Vermögen sowie der Geschäftsverbindung des Kunden mit dem Erstverursacher kann ein Zweitverursacher meist keinen (sicheren) Einblick haben. Allenfalls steht dem Zweitverursacher eine unsichere Datengrundlage zur Verfügung, zumal selbst Informationen, die er bereits kennt, kaum aktuell gehalten werden können oder er die Frage, ob sie noch aktuell sind, nicht in der Zeit bis zu seiner Entscheidung klären kann. Es sind aus all diesen Gründen kaum Fälle denkbar, in denen eine Information noch nicht offenkundig ist, also noch dem Bankgeheimnis unterfällt, der Zweitverursacher sie aber sicher und einfach überprüfen kann. d) Grenzen der psychischen Kausalität beim Bankgeheimnis Aus diesen Erwägungen ergeben sich die Grenzen der psychischen Kausalität bei Verletzungen der Verschwiegenheitspflicht:226 Ein Zweitverursacher darf sich auf Grund dieser Faktoren durch eine kundenbezogene Mitteilung des Kreditinstituts herausgefordert fühlen, wenn er die berufliche Eigenschaft der Bank kennt und keinen sicheren und aktuellen Einblick in die momentanen Verhältnisse des Kunden hat. Die Äußerungen müssen ihm von ihrem Inhalt her einen Anlass bieten, seine eigene Willensbildung zu beeinflussen und das Ergebnis seiner Willensbildung (seine Reaktion) darf sich aus objektiver Sicht nicht als ungewöhnlich darstellen. Beispiel: Äußert sich die Bank B positiv über die Kreditwürdigkeit eines Kunden K und der Mitteilungsadressat D verlängert daraufhin sein Darlehen für den Kunden nicht, wäre es ungewöhnlich, die Mitteilung als Auslöser der negativen Reaktion von D zu qualifizieren: Die Pflichtverletzung war nicht kausal für den Schaden. Gleiches gilt prinzipiell, wenn B den D darüber informiert, dass K kürzlich eine bestimmte Villa gekauft habe und D eine Woche später seine Geschäftsbeziehungen mit K abbricht. Eine psychisch vermittelte Kausalität wäre nur zu bejahen, wenn das Verhalten des D eine gewöhnliche, nachvollziehbare Reaktion auf die Mitteilung von B wäre. Denkbar ist dies nur ausnahmsweise unter Hinzutreten besonderer Umstände (wenn D z. B. schon lange am Kauf dieser Villa interessiert war). mann, JZ 1980, 10 (13). Grigoleit, Informationshaftung, S. 165 (m. w. N. in Fn. 360 ff.), weist nach, dass die Judikatur den Aspekt der objektiven Vernünftigkeit bei Aufklärungspflichten über das Beweisrecht einfließen lässt. 226 Das Herausforderungskriterium als Grenze auch bei Forst, S. 139.
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Ob der Bank als Erstverursacherin also der Schaden zuzurechnen ist, den ein Zweitverursacher unmittelbar beim Kunden hervorgerufen hat, sollte sich anhand dieser Leitlinien bestimmen. Je mehr Faktoren im Einzelfall vorliegen, desto unproblematischer ist die Zurechnung. Fehlen einzelne, hätte der Zweitverursacher die Aussage der Bank z. B. ohne weiteres überprüfen können, kommt es darauf an, ob die Willensbildung des Zweitverursachers trotzdem von der Informationskundgabe der Bank beeinflusst war, also auf ihr beruht und mindestens mitbestimmend für sie war.227 Insoweit hat sich in der Zweithandlung nämlich das durch den Erstverursacher gesetzte besondere Risiko verwirklicht.228 Immer erforderlich ist bei einer Verletzung des Bankgeheimnisses die berufliche Autorität des Mitteilenden sowie die Kenntnis von dieser beruflichen Eigenschaft auf Seiten des Zweitverursachers. 5. Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens
Eng verknüpft mit dem soeben erläuterten Gesichtspunkt ist die Frage, inwieweit hypothetische Ursachen die Zurechnung hindern: Ist der Bank ein Schaden zuzurechnen, wenn die Entscheidung des Zweitverursachers ohne die Information in gleicher Weise (und bei zeitgebundenen Entschlüssen zum gleichen Zeitpunkt) getroffen worden wäre? Beispiel: Bank B teilt einer Bank C mit, dass der Kunde K nicht mehr kreditwürdig ist. C verlängert daraufhin, u. a. beeinflusst von dieser Mitteilung, einen Kredit mit K nicht mehr. Dies führt bei K zu einem Schaden. Im Schadensersatzprozess kann B beweisen, dass C auch ohne diese Information den Kredit mit Sicherheit nicht verlängert hätte.
Diese Thematik betrifft den Einwand eines rechtmäßigen Alternativverhaltens des Schädigers.229 Sie ist unübersichtlich230 und kann vorliegend nur gestreift werden. 227
Die letztgenannte Formulierung findet sich schon in BGH NJW 1971, 134
(135). 228
Statt vieler BGH NJW 1989, 767 (768); Zimmermann, JZ 1980, 10 (15) m. w. N. 229 Das rechtmäßige Alternativverhalten stellt m. E. einen Spezialfall der Reserveursache und der hypothetischen Kausalität dar: Wäre der Schaden genauso eingetreten, wenn der Schädiger sich rechtmäßig verhalten hätte? Sie ist letztlich wie die psychische Kausalität ein Zurechnungsproblem, vgl. zur Einordnung z. B. Schiemann in: Staudinger, § 249 Rn. 102. Eingehend zur Thematik die Habilitationsschrift von Hanau, Die Kausalität der Pflichtwidrigkeit. 230 Vgl. BGHZ 104, 355 (359 f.): „Ob die Reserveursache beachtlich ist und zu einer Entlastung des Schädigers führt, ist eine Wertungsfrage, die für verschiedene Fallgruppen durchaus unterschiedlich bewertet wird“; fast gleichlautend BGHZ 168, 352 (360 Rn. 22).
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a) Rechtliche Behandlung des rechtmäßigen Alternativverhaltens Ob ein rechtmäßiges Alternativverhalten die Zurechnung des Schadens zur Verletzungshandlung ausschließt, beurteilen Literatur und Rechtsprechung uneinheitlich.231 In die vom Schrifttum vorgeschlagenen Fallgruppen lässt sich das Bankgeheimnis schwer einordnen, zumal sie vergleichbare Sachverhalte – insbesondere solche mit Drei-Personen-Konstellationen sowie mit einer Komponente der psychischen Kausalität – nicht erfassen. Doch zieht die ganz herrschende Meinung als maßgebliches Kriterium mit Recht den Schutzzweck der jeweiligen Haftungsnorm heran.232 Ob der Kausalverlauf, der bei einem unterstellten rechtmäßigen Verhalten eingetreten wäre, den Verursachungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden normativ außer Kraft setzen kann, lässt sich nur wertend anhand des Haftungsgrundes beurteilen. Anzusetzen ist also bei der Ratio des Bankgeheimnisses. b) Reichweite des Schutzzwecks Durch das Bankgeheimnis soll der Kreis der Geheimnisträger nicht über den Willen des Kunden hinaus ausgedehnt werden. Die Geheimhaltungspflicht bezweckt unter anderem, dass das Kreditinstitut nicht auf die Willensbetätigung von Personen einwirkt, die bei den Zweitverursachern im Ergebnis Vermögensdispositionen mit Wirkung für den Kunden auslösen. Informationen zu einer zweifelhaften Kreditwürdigkeit sollen nicht an Personen gelangen, die auf dieser Datengrundlage vermögensrelevante Entschlüsse zu Lasten des Kunden treffen. Durften sich diese Zweitverursacher auf Grund der soeben entwickelten Kriterien herausgefordert fühlen und war die Informationsweitergabe der Bank mitbestimmend für ihren Entschluss, erfasst die Pflichtverletzung den über diese psychische Kausalkette entstandenen Schaden. Er ist der Bank zuzurechnen. Wegen der notwendigerweise mittelbaren Schadensverursachung geht der Schutzzweck des Bankgeheimnisses dahin, bereits die Gefahr einer Verbreitung vertraulicher Informationen zu verhindern. Diese Gefahr realisiert sich in der Re231 Insbesondere ist das Regel-Ausnahme-Verhältnis streitig – zum Meinungsstand BGHZ 96, 157 (172 f.); Hanau, S. 14 ff.; Kuckuk in: Erman, Vor §§ 249–253 Rn. 86 ff.; Lange in: Lange/Schiemann, § 4 XII (S. 199 ff.); Schiemann in: Staudinger, § 249 Rn. 102 ff. – alle jeweils m. w. N. 232 BGHZ 96, 157 (173); 120, 281 (286); 143, 362 (365); BGH NJW 2000, 661 (663); von Caemmerer, Kausalität, S. 31; Heinrichs in: Palandt, Vorb v § 249 Rn. 105; Kuckuk in: Erman, Vor §§ 249–253 Rn. 87; Lange in: Lange/Schiemann, § 4 XII 5 (S. 205) m. w. N. in Fn. 111; Oetker in: MünchKomm BGB, § 249 Rn. 215; Schiemann in: Staudinger, § 249 Rn. 102; Schubert in: Bamberger/Roth, § 249 Rn. 94; vgl. zur Rspr. auch Hanau, S. 14 ff.
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aktion des Zweitverursachers. Ein lediglich gedachtes rechtmäßiges Alternativverhalten kann diesen natürlichen Ursachenzusammenhang nicht mehr unterbrechen. Dies liefe dem Schutzzweck der Pflicht zuwider.233 Die Berufung auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten bleibt dem Kreditinstitut deshalb versperrt.234 c) Beweislast des Schädigers für hypothetischen Kausalverlauf Selbst wenn man dieser Meinung nicht folgte und den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens im Einzelfall zulassen wollte, wird dies dem Schädiger regelmäßig nicht zum Erfolg verhelfen können. Denn er trägt – wie dies insbesondere bei Pflichtverletzungen durch Unterlassen anerkannt ist – die Beweislast dafür, dass der Schaden auch bei rechtmäßigem Verhalten eingetreten wäre;235 derjenige, der eine Pflicht verletzt, muss das Risiko der Unaufklärbarkeit des hypothetischen Ursachenzusammenhangs tragen.236 Zwar ist hierfür – wie immer bei der haftungsausfüllenden Kausalität der Pflichtverletzung237 – die Beweisregel des § 287 ZPO (nicht 233 Nicht zu vergleichen sind solche Fälle, bei denen der hypothetische Kausalverlauf dem Gesetz selbst zu entnehmen ist. Bestand die Pflichtverletzung z. B. in einer unberechtigten arbeitsrechtlichen Kündigung, liegt es nahe, die Berufung auf den Ursachenzusammenhang bei einer rechtmäßigen Kündigung zuzulassen – vgl. OLG Köln NJW-RR 1997, 542 (543). 234 So zum Bankgeheimnis auch Scheer, S. 108 Fn. 21: Der „Kausalzusammenhang zwischen der Offenbarung durch den Bankier und dem dem Kunden erwachsenen Schaden liegt auch dann vor, wenn der Mitteilungsempfänger die Auskunft von anderer Seite, etwa durch ein Detektivbüro, hätte erhalten können.“. Im Grundsatz genauso BGH NJW-RR 1995, 936 (937): „Bei der Prüfung des Ursachenzusammenhanges haben nach gefestigter Rechtsprechung des BGH hypothetische Ereignisse, die zu einem späteren Zeitpunkt aus anderem Anlaß eingetreten wären und die gleichen Schäden ausgelöst hätten, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben.“; BGHZ 104, 355 (359 ff.). Zum gleichen Ergebnis käme eine Ansicht, die bei Dauerschuldverhältnissen die Berufung auf rechtmäßiges Verhalten ausschließt, vgl. Kuckuk in: Erman, Vor §§ 249–253 Rn. 89. 235 Nahezu unstreitig: BGHZ 7, 198 (203 f.); 29, 176 (187); 61, 118 (122); 120, 281 (287); BGH NJW 1991, 166 (167); VersR 1957, 60 (61); – jeweils Pflichtverletzungen durch Unterlassen; BGHZ 78, 209 (213 f.) – Schadensanlage, vgl. sogleich S. 548; 168, 352 (361 Rn. 25) m. w. N.; OLG Köln NJW-RR 1997, 542 (543) – s. Fn. 233; Schubert in: Bamberger/Roth, § 249 Rn. 97; Heinrichs in: Palandt, Vorb v § 249 Rn. 107; Kuckuk in: Erman, Vor §§ 249–253 Rn. 89 a; Lange in: Lange/ Schiemann, § 4 XII 6 (S. 209) m. w. N.; Medicus in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 249 Rn. 57; Oetker in: MünchKomm BGB, § 249 Rn. 218; Petersen, S. 34 für den Fall der Insolvenz des Kunden; zahlreiche Nachw. bei Grigoleit, Informationshaftung, S. 164 Fn. 357 zur Informationshaftung. 236 BGHZ 61, 118 (122). 237 Dazu oben S. 537 f.
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des § 286 ZPO) anwendbar.238 Die Möglichkeit, dass der Schaden ohnehin entstanden wäre, genügt indes nicht.239 Die Bank müsste also darlegen und beweisen, dass der Zweitverursacher (im Beispiel die Bank C) auch ohne die hinzugewonnene Kenntnis in gleicher Weise agiert hätte. Mittelbare Ursachenzusammenhänge, die überdies ein psychisches Element aufweisen, lassen sich jedoch selbst dann schwierig nachvollziehen, wenn sie tatsächlich abgelaufen sind. Umso schwieriger fällt es einem Kreditinstitut, einen nur hypothetischen Kausalverlauf lückenlos zu beweisen. d) Ausnahme bei bereits vorhandener Schadensanlage Das rechtmäßige Alternativverhalten ist als Reserveursache ausnahmsweise zu berücksichtigen, wenn im Zeitpunkt der Schädigung (bei Wirksamwerden der realen Ursache240) der konkrete Schaden bereits beim Kunden angelegt war und seinerseits zu seinem Eintritt geführt hätte.241 Schadensanlagen hingegen, die nur zur Verstärkung der Schadensfolgen führen, gehen zu Lasten des Schädigers.242 Bei der Verletzung von Verschwiegenheitspflichten wird man als Schädigungszeitpunkt den Moment heranziehen müssen, in dem der Zweitverursacher seine Entscheidung trifft. Eine Schadensanlage war dem Vermögen des Kunden in diesem Moment immanent, wenn der Willensbildungsprozess beim Zweitverursacher schon vollständig abgeschlossen und der Entschluss zur Vermögensdisposition zu Lasten des Kunden bereits gefällt war.243
238 BGHZ 2, 138 (140 f.); 4, 192 (196); 7, 198 (203 f.) m. w. N.; 168, 352 (361 Rn. 25); Hanau, S. 119 ff., 145. 239 BGHZ 2, 138 (140); 7, 198 (203 f.); 29, 176 (187); 63, 319 (325); 120, 281 (287) m. w. N.; BGH VersR 1957, 60 (61 r. Sp.) m. w. N.: „Gewißheit“ sei erforderlich; NJW 1959, 1316 (1317); VersR 1963, 1175 (1176); vgl. auch RGZ 169, 353 (358); Heinrichs in: Palandt, Vorb v § 249 Rn. 107; Oetker in: MünchKomm BGB, § 249 Rn. 215 a. E. 240 So Grüneberg in: Bamberger/Roth, 1. Aufl., Vor § 249 Rn. 69. 241 Statt vieler BGHZ 29, 207 (215); 125, 56 (62); BGH NJW-RR 1995, 936 (937); Schubert in: Bamberger/Roth, § 249 Rn. 94; Oetker in: MünchKomm BGB, § 249 Rn. 203 f. 242 Statt vieler Kuckuk in: Erman, Vor §§ 249–253 Rn. 50 ff.; Oetker in: MünchKomm BGB, § 249 Rn. 133 ff. 243 Demgegenüber war ein Schaden noch nicht bereits dadurch beim Kunden angelegt, dass der Zweitverursacher im Moment der Kenntniserlangung zu dieser Vermögensdisposition lediglich tendierte. Denn welche Faktoren er im Rahmen seiner Entschlussfreiheit zusätzlich noch geprüft und herangezogen hätte, lässt sich nicht feststellen. Dass die Information der Bank für seine Entscheidung mitbestimmend war, kann man vielmehr als Ergebnisoffenheit bis zum Zeitpunkt der Entscheidung deuten.
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6. Anscheinsbeweis
Wie sich in den vorstehenden Abschnitten mehrfach andeutete, geht mit den Unsicherheiten der Kausalitätsproblematik eine faktische Wechselwirkung mit dem Beweisrecht einher. Denn wo Kausalverläufe sich nur schwierig oder überhaupt nicht mehr darlegen und beweisen lassen, bestimmt sich das Ergebnis eines Prozesses über das Beweisrecht. a) Zusammenhang zwischen Information und Geschäftsverbindung In Betracht kommt ein prima facie-Beweis im Bereich der Haftungsbegründung: Scheer vertritt, es spräche „eine tatsächliche Vermutung dafür, daß der Bankier alle den Kunden betreffenden Tatsachen in innerem Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung erfährt. Der Beweisführer wird mindestens Tatsachen anführen müssen, durch welche diese Vermutung entkräftet wird.“244 Er befürwortet folglich einen prima facie-Beweis im Hinblick auf das Kriterium des sogenannten „inneren Zusammenhangs“, soweit die Informationserlangung maßgebender Anknüpfungspunkt sein soll.245 Dieser Aspekt ist auf der Grundlage des hier vertretenen Bezugs zwischen Information und Geschäftsverbindung zu differenzieren:246 Bei Einbeziehung von Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken ist die Kundenbezogenheit ein Merkmal des vertraglichen Bankgeheimnisses; die Beweislast trägt der Kunde.247 Schwieriger ist die Sachlage beim gewohnheitsrechtlichen Bankgeheimnis.248 In den in dieser Arbeit gebildeten Fallgruppen des inhaltlichen Bezugs zu Vermögensangelegenheiten sowie zur Geschäftsverbindung ist die Herkunft des Wissens, das die Bank weitergibt, unerheblich.249 Ein Tatsachenzusammenhang liegt nicht vor; für eine Beweiserleichterung ist kein Raum. Soweit es um Informationen geht, welche die Bank vom Kunden durch Nachfrage erfahren hat, könnte man auf den Gedanken Scheers zurückgreifen. Doch verlangt ein Anscheinsbeweis einen Erfahrungssatz,250 wonach das Kreditinstitut eine den Kunden betreffende Tatsache durch ein berufliches Verlangen von ihm erfahren hat, selbst wenn sie nicht dem Ver244
Scheer, S. 83. Dazu ausführlich oben ab S. 208 ff. 246 Zu diesem Bezug S. 190 ff. 247 Schumann, ZIP 2004, 2353 (2361 Fn. 118). 248 Vgl. auch Schumann, ZIP 2004, 2353 (2361). 249 Zu diesen Fallgruppen S. 212 ff. 250 Zum Anscheinsbeweis eingehend Leipold in: Stein/Jonas, § 286 Rn. 87 ff. m. w. N. 245
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mögensbereich oder der Geschäftsverbindung entstammt. Ein dahingehender typischer Geschehensablauf in der Bankpraxis ist nicht ersichtlich. Im banktypischen Massenverkehr erfährt das Kreditinstitut in beruflicher Eigenschaft typischerweise nur Informationen über die Vermögensangelegenheiten des Kunden und über die Geschäftsverbindung zu ihm.251 Darüber hinaus liegt ein Anscheinsbeweis fern: Es gibt keinen Erfahrungssatz, dass ein Kreditinstitut einen besseren Einblick in die persönlichen Verhältnisse ihrer Kunden hat als andere Geschäfts- und Vertragspartner. b) Zusammenhang zwischen Kundgabe und Zweitverursacher In Betracht kommt ein Anscheinsbeweis dagegen an einem anderen Punkt der Kausalkette, nämlich bei der Frage, ob die Aussage einer Bank nach der Lebenserfahrung Einfluss auf die Willensbildung des Informationsempfängers nimmt. Mit Grigoleit ist der Meinung entgegenzutreten, individuelle Willensentschlüsse seien einem prima-facie-Beweis nicht zugänglich.252 Im Zusammenhang des § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB, bei dem es um die Beeinflussung durch die Inanspruchnahme von Vertrauen geht, erkennt die Literatur eine Kausalitätsvermutung sogar überwiegend an.253 Insbeson251 Unter Zugrundelegung der Fallgruppen von Scheer (s. S. 202 f.) ist ein Anscheinsbeweis daher konsequent und zu befürworten. Es gelten die allgemeinen Regeln zum prima-facie-Beweis. 252 Grigoleit, Informationshaftung, S. 170. Zum Vorgehen der Judikatur bei inneren Tatsachen näher Leipold in: Stein/Jonas, § 286 Rn. 117 m. w. N. Im Grundsatz wie hier die st. Rspr. zu Verstößen gegen eine Beratungspflicht BGHZ 123, 311 (314 f.) m. w. N.: Zugunsten des geschädigten Mandanten spricht die Vermutung, er hätte sich bei vertragsgerechtem Verhalten des Berufsträgers beratungsgemäß verhalten, „wenn im Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände eine bestimmte Entschließung des zutreffend informierten Mandanten mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten wäre. Voraussetzung sind danach tatsächliche Feststellungen, die im Falle sachgerechter Aufklärung durch den rechtlichen Berater aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Mandanten eindeutig eine bestimmte tatsächliche Reaktion nahegelegt hätten“. Sogar Beweislastumkehr bei einer Verletzung von Aufklärungspflichten, soweit es vernünftigerweise nur eine Reaktionsmöglichkeit gibt: Leipold in: Stein/Jonas, § 286 Rn. 86 e m. w. N.; vgl. aus neuerer Zeit BGHZ 168, 168 (179) und BGH NJW-RR 2007, 298 (299): Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens. Zur Gegenansicht vgl. insbesondere die st. Rspr. zu Anlageentscheidungen, z. B. BGHZ 160, 134 (144) m. w. N.: „Die Anlageentscheidung eines potenziellen Aktienkäufers stellt einen durch vielfältige rationale und irrationale Faktoren, insbesondere teils spekulative Elemente beeinflussten, sinnlich nicht wahrnehmbaren individuellen Willensentschluss dar“. 253 Vgl. Kersting, S. 275 m. w. N. in Fn. 1480 – weniger eindeutig danach aber der Meinungsstand bei der Inanspruchnahme von abstraktem Vertrauen wie demjenigen auf Grund einer beruflichen Stellung (Kersting, a. a. O. bei Fn. 1482).
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dere wirtschaftliche Entscheidungen beruhen (zum Teil bereits aus rechtlichen Gründen254) typischerweise auf vernünftigen, rationalen Erwägungen.255 Dies gilt im Besonderen für Rating-Verfahren und Kreditentscheidungen, die als nachteilige Folge von Verletzungen des Bankgeheimnisses häufig in Rede stehen werden.256 Ein Kreditgeber muss den „Hinweiseffekt“257 bei Informationen einer (anderen) Bank daher bei seiner Entscheidung berücksichtigen. Die Anwendung der Grundsätze über den prima-facie-Beweis lässt sich zudem mit dem Gedanken der von den Parteien zu verantwortenden Gefahrenbereiche erklären.258 Bei der gesetzlichen Sonderverbindung bestimmen sich diese nicht nach dem vertraglichen Parteiwillen, sondern nach dem Grund für die Schutzpflicht. Beim Bankgeheimnis ist dies das Vertrauen darauf, dass die Bank ihre besondere Einwirkungsmöglichkeit auf die Rechts254
So müssen sich Organe von juristischen Personen z. B. am Unternehmensinteresse orientieren und bei Entscheidungen alle ihnen zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen ausnutzen. Sie können sich unter Umständen sogar haftbar machen, wenn Aussagen einer Bank in ihren Willensbildungsprozess keinen Eingang finden. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die Verantwortlichen dieses Risiko – selbst bei einem weiten Beurteilungsspielraum – vermeiden möchten. Vgl. allgemein zum Sorgfaltsmaßstab z. B. Hefermehl/Spindler in: MünchKomm AktG, § 93 Rn. 25; Hüffer, AktG, § 93 Rn. 4 g. 255 Vgl. Grigoleit, Informationshaftung, S. 170 m. w. N. 256 Gerade im Zuge von Basel II müssen Banken bei Kreditvergaben bestimmte organisatorische und inhaltliche Mindestanforderungen erfüllen. In die Entscheidung fließen eine Vielzahl von Faktoren ein, neben objektiv nachprüfbaren auch nicht eindeutig messbare Einschätzungen, sogenannte „weiche“ Faktoren (rechtliche/persönliche Verhältnisse, Integrität und Reputation des Kreditnehmers, Zeitpunkt der Kreditentscheidung, Unternehmenskultur, Management), sowie eine situative Bewertung (situative Interpretation von vermeintlich objektiven Daten, Besonderheiten des Kreditnehmers), vgl. z. B. Füser, S. 247 f.; Gaumert, S. 67; U. Müller in: Reichmann/Pyszny, S. 65 ff. Betrifft die durch den Verstoß gegen das Bankgeheimnis weitergegebene Information mindestens einen der Faktoren, der nach einem ordnungsgemäßem Verfahren bei der Entscheidung Berücksichtigung finden muss, kann ein Anscheinsbeweis angezeigt sein. Zu fragen ist dann, ob diese(r) Faktor(en) die Gesamtentscheidung nach der Erfahrung geprägt haben, die Zweitverursacher ohne die unbefugte Kundgabe ihre Entscheidung also anders oder zu einem anderen Zeitpunkt getroffen hätten. Dies wird im Einzelfall umso eindeutiger zu bejahen sein, je ergebnisoffener und unsicherer die Entscheidung auf der Grundlage der übrigen Faktoren gewesen wäre. Ein prima-facie-Beweis ist m. E. zwingend, wenn die Geheimnisoffenbarung zu einem anlassbezogenen Rating geführt hat, also einer außerordentlichen Überprüfung des Engagements, vgl. hierzu BaFin, Rundschreiben 18/2005 unter Punkt BTO 1.2.2 Ziff. 4 und Gaumert, a. a. O., S. 76. 257 So Gößmann, BKR 2006, 199 (200) – v. a. zu den Interviewäußerungen im Fall Kirch. 258 Hans Stoll, FS Hippel, S. 519, 556 zu diesem Moment, das in der Rspr. zur p. F. V. u. a. in Bezug auf die Beweislastverteilung verwandt wird – Beweislastumkehr allerdings unklar im Bereich des Kausalzusammenhangs (S. 522).
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güter des Kunden nicht ausnutzt, sondern kundenbezogene Informationen vertraulich behandelt. Als Geheimnisträger beherrscht sie diese Gefahrenquelle. Es liegt in der Natur des Bankgeheimnisses, dass mit seiner Offenbarung an Dritte die Gefahr für die Beteiligten unbeherrschbar wird. Die Anwendung des prima-facie-Beweises auf die Haftungsausfüllung entspricht deshalb der ratio legis des Bankgeheimnisses: Mit dem vom Kreditinstitut pflichtwidrig geschaffenen Verletzungsrisiko ist typischerweise das Risiko der Unaufklärbarkeit tatsächlicher Geschehensabläufe verbunden. Seine Vermeidung wird deshalb vom Normzweck erfasst.259 Im Einzelfall ist bei der Verletzung der Geheimhaltungspflicht deshalb zu prüfen, ob eine allgemeine Lebenserfahrung besteht, nach der die weitergegebene Information durch den konkreten Bankenvertreter dem Mitteilungsempfänger vernünftiger- und zweckmäßigerweise ein bestimmtes Verhalten nahe legt oder sogar aufdrängt. Gibt es einen solchen Erfahrungssatz und führt er zu einem Verhalten, das sich mit dem tatsächlichen Verhalten des Adressaten deckt, ist der Anscheinsbeweis geführt. Zu berücksichtigen sind hierbei die Gepflogenheiten des jeweiligen Verkehrskreises (ist der Adressat auch ein Kreditinstitut, ist die Bankenbranche heranzuziehen usw.). IV. Verschuldenserfordernis § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB bürdet die Beweislast für fehlendes Verschulden bekanntlich dem Schuldner auf, bei der Verletzung des Bankgeheimnisses also der Bank. Sie hat nach § 278 Satz 1 BGB für ein Verschulden von Personen einzustehen, deren sie sich zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeit bedient. Es gelten die allgemeinen Grundsätze. Im Folgenden soll nur ein Aspekt angeschnitten werden, der bei Kreditinstituten als arbeitsteiligen Unternehmen mit Blick auf das Bankgeheimnis von Bedeutung ist: Entscheidendes Schuldverhältnis ist die rechtliche Sonderverbindung; die zu erfüllende Verbindlichkeit ist die Verschwiegenheitspflicht.260 Das Kreditinstitut bedient sich für die Geheimhaltung derjenigen Mitarbeiter, auf die 259 Vgl. Hans Stoll, FS Hippel, S. 550 f.: „Der Zweck einer Norm kann auch darin liegen, die geschützten Personen vor Beweisnot zu bewahren“; differenzierend Hanau, S. 129 f. – Zu denken ist auf Grund des Ansatzes von Stoll sogar an eine Beweislastumkehr. Auf Grund der psychischen Vermittlung der Kausalität ginge dies m. E. bei Verletzungen der Verschwiegenheit zu weit. 260 Genauso OLG Köln BB 1992, 2174 (2175); Kirchherr in: Sichtermann, S. 198 f.; Petersen, NJW 2003, 1570; allgemein zu Pflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB z. B. OLG Stuttgart OLGR 2007, 396 (397); Grundmann in: MünchKomm BGB, § 278 Rn. 21; Heinrichs in: Palandt, § 278 Rn. 2, 18; M. Wolf in: Soergel, § 278 Rn. 9 f.; unklar Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 278 Rn. 2; wie oben auf S. 504 gezeigt, ist eine Unterlassungspflicht erfüllbar.
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sich auch die Geltung des inneren Bankgeheimnisses erstreckt. Sie sind Erfüllungsgehilfen. Bezieht sich der schadensstiftende Geheimnisbruch eines Bediensteten nicht auf seinen Aufgabenbereich,261 handelt er insoweit nicht in Erfüllung der Geheimhaltung und § 278 BGB ist auf ihn nicht anwendbar.262 Wenn der entsprechende Angestellte die Daten trotz fehlender Zuständigkeit erlangen konnte, kommt allerdings eine Anknüpfung bei der Verletzung des inneren Bankgeheimnisses durch das Kreditinstitut selbst in Betracht. Denn eine fehlende oder unzureichende Datensicherung (etwa bezüglich notwendiger Informationsschranken263) sowie Unzulänglichkeiten bei Betreuung, Wartung und Aktualisierung der technischen Hilfsmittel zu diesem Zweck stellen ein Organisationsverschulden dar. Jedenfalls bei menschlich bedingten Fehlern264 hat die Bank nach allgemeinen Grundsätzen ebenfalls gemäß § 278 BGB einzustehen.265 Denn die Bank hat die jeweils für die Technik zuständige Person ebenfalls zur Erfüllung der Geheimhaltungsverbindlichkeit eingesetzt.266 Den Geheimnisbruch ihrer Organe muss sich die Bank nach § 278 BGB – oder nach anderer Ansicht nach § 31 BGB – zurechnen lassen.267 Vollzieht sich die Verletzung des Bankgeheimnisses durch die unbefugte Mitteilung an Dritte, handelt der Angestellte oder das Organ regelmäßig zumindest mit bedingtem Vorsatz. Demgegenüber ist bei unzureichenden technischen Sicherungsmaßnahmen der Bank im Einzelfall genau zu prüfen, ob ein Organisationsverschulden vorliegt.268 261 Wenn ein Mitarbeiter z. B. über das Vermögen eines Kunden spricht, obwohl er gar nicht wusste, dass dieser Kunde der eigenen Bank ist. 262 So für Schutzpflichten einer Klinik auch BGHZ 23, 319 (323); allerdings strittig, vgl. Grundmann in: MünchKomm BGB, § 278 Rn. 46 f. 263 Vgl. zum inneren Bankgeheimnis S. 312 ff. 264 Für reines technisches Versagen wird eine analoge Anwendung diskutiert, vgl. Grundmann in: MünchKomm BGB, § 278 Rn. 45; Köhler, AcP 182 (1982), 126 (156 ff.). 265 M. Wolf in: Soergel, § 278 Rn. 25 m. w. N.; Heinrichs in: Palandt, § 278 Rn. 11 für elektronische Hilfsmittel; Köhler, AcP 182 (1982), 126 (160). 266 Die Mitarbeiter der IT-Abteilung müssen z. B. für sichere Computersysteme sorgen und werden damit von der Bank als ihre Erfüllungsgehilfen in Bezug auf die Geheimhaltung eingesetzt. Dies ist m. E. kein Widerspruch zu den oben dargestellten Grundsätzen zum inneren Bankgeheimnis (dazu S. 312 ff.): Für diese Aufgaben wird regelmäßig kein Zugriff dieser Personen auf individuelle Kundendaten nötig sein. Im Hinblick auf das Bankgeheimnis sind sie also Dritte, obwohl sie an seiner Erfüllung mitwirken. 267 Heinrichs in: Palandt, § 278 Rn. 6; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 278 Rn. 17; H. P. Westermann in: Erman, § 278 Rn. 9; M. Wolf in: Soergel, § 278 Rn. 20 – jeweils m. w. N. 268 Es fehlt beispielsweise, wenn ein Hacker unvorhersehbar und unvermeidbar elektronische Sicherungsmechanismen umgehen konnte.
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§ 89 Widerruf der übermittelten Informationen Bei einem Geheimnisbruch kommt als Rechtsfolge ferner ein Anspruch auf Widerruf der übermittelten Informationen in Betracht, also ein Anspruch auf Beseitigung der Störung.269 Man kann ihn m. E. direkt auf § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 i. V. m. § 249 Abs. 1 BGB stützen.270 Denn über den Widerruf soll der status quo ante wiederhergestellt werden; die Naturalrestitution bezieht sich – anders als der Geldersatz – auch auf Nichtvermögensschäden.271 Häufig wird ein solches Begehren rechtlich nicht möglich und in der Praxis sinnlos sein, lassen sich doch Informationen, die einem Dritten zugänglich geworden sind, faktisch meist nicht zurückholen.272 Allerdings mag in Einzelfällen ein dahingehendes Begehren berechtigt sein.273
§ 90 Außerordentliches Kündigungsrecht Neben diesen Ansprüchen kann dem Kunden bei einer Verletzung des Bankgeheimnisses nach einhelliger Meinung ein Recht zur sofortigen Kündigung der Vertragsbeziehung zustehen.274 Die vorzeitige Kündigung eines Darlehens führt damit z. B. nicht zu einer Vorfälligkeitsentschädigung.275
269 Allgemein zu Schutzpflichten z. B. Teichmann in: Soergel, § 242 Rn. 189: „unter den üblichen Voraussetzungen“. 270 Im Unterschied zum Deliktsrecht, in dem ein Widerrufsanspruch auf § 1004 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §§ 823 ff. BGB analog gestützt wird: Beater in: Soergel, § 823 Anh. IV Rn. 225, § 824 Rn. 62. 271 Wohl unstreitig: Kuckuk in: Erman, Vor § 249 Rn. 3; Medicus in: Prütting/ Wegen/Weinreich, § 249 Rn. 20; Oetker in: MünchKomm BGB, § 249 Rn. 309; Schubert in: Bamberger/Roth, § 249 Rn. 176 m. w. N.; vgl. BGHZ 10, 104 (106). 272 Allenfalls lassen sich unwahre Tatsachenäußerungen berichtigen, womit die Pflichtverletzung nicht ausgeräumt wird (s. S. 234 ff. zum Schutz unwahrer Tatsachen). Allenfalls kann ein Widerruf die Schwere der Pflichtverletzung sowie einen Schaden mindern. 273 Zu einem datenschutzrechtlichen Sachverhalt, in dem die Klägerin einen Widerruf von Daten verlangte, die ihre Bank der SCHUFA mitgeteilt hatte. Die Revision führte zur Zurückverweisung; der BGH behandelte das Bankgeheimnis darin nicht (deliktische Anspruchsgrundlage): BGH NJW 1984, 436 f. 274 Vgl. die Fundstellen in den nachfolgenden Fn. sowie z. B. Biedermann, BlStSozArbR 1970, 61 (64); Casper in: Derleder/Knops/Bamberger, § 3 II Rn. 12; Geurts/Koch/Schebesta/Weber, Rn. 11; Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1159); Lang, ZBB 2006, 115 (124); Schönle, § 5 I 2 (S. 44), Wolff, DB 1968, 695 (698: „regelmäßig ein solcher wichtiger Grund“); allgemein zur Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses auf Grund einer Schutzpflichtverletzung Frost, S. 198 f. m. w. N. 275 Zum datenschutzrechtlichen Verstoß Wengert/Widmann/Wengert, NJW 2000, 1289 (1294).
§ 90 Außerordentliches Kündigungsrecht
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I. Herleitung und Voraussetzung des Kündigungsrechts Scheer leitet das Recht zur fristlosen Kündigung über eine Analogie zu anderen Dauerschuldverhältnissen her, „die ein gegenseitiges gutes Einvernehmen und ein persönliches Vertrauen voraussetzen“.276 Dogmatisch liegt die Begründung nicht auf der Hand, betrifft die Verletzung des Bankgeheimnisses doch das Vertrauens-, die Kündigung jedoch das Leistungsverhältnis.277 Larenz geht grundsätzlich von einer wechselseitigen Beeinflussung beider Beziehungsebenen aus.278 Frost modifiziert diesen Gedanken: Im Ergebnis sei das Leistungsverhältnis betroffen. Das Kündigungsrecht wurzele jedoch im personenbezogenen Element der Vertrauensbeziehung.279 Soweit die aktuelle Literatur das Kündigungsrecht begründet, stützt sie sich auf die Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute.280 In Nr. 18 Abs. 2 AGBBanken heißt es: „Kündigung aus wichtigem Grund Ist für eine Geschäftsbeziehung eine Laufzeit oder eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart, kann eine fristlose Kündigung nur dann ausgesprochen werden, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt, der es dem Kunden, auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der Bank, unzumutbar werden lässt, die Geschäftsbeziehung fortzusetzen.“
Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen sowie bei jeder Art von Dauerschuldverhältnissen § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechen dieser Klausel sinngemäß. Der Maßstab ist daher für das gewohnheitsrechtliche Bankgeheimnis der gleiche wie beim vertraglich verankerten, vor allem entspricht er den allgemeinen Grundsätzen für die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen.281 Für sie ist anerkannt, dass eine Zerstörung der Vertrauensgrundlage ein 276 Scheer, S. 110; ebenso Sichtermann, 2. Aufl., S. 181 und Kirchherr in: Sichtermann, S. 203 – alle zitieren die §§ 626, 723 BGB, 70, 92, 133 HGB – § 70 HGB zu Handlungsgehilfenverhältnissen wurde bereits im Jahr 1968 aufgehoben; für sie gilt jetzt aber § 626 BGB; § 92 HGB meint wohl § 92 Abs. 2 i. V. m. § 89 a Abs. 1 HGB betreffend Handelsvertreter. Vgl. auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 69; Wolff, DB 1968, 695 (698) m. w. N. 277 So ausdrücklich auch Grigoleit, FS Canaris, S. 275 (293): „Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass sich eine Schutzpflichtverletzung auf den Fortbestand des zwischen den Parteien bestehenden Leistungsverhältnisses auswirkt.“ 278 Larenz, SchR I, § 9 I, S. 120. 279 Frost, S. 199 f. 280 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 119; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (171); Christopoulou, S. 44; Früh, WM 2000, 497 (501); Jobe, ZIP 2004, 2415 (2418)); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572); Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1159); Lang, ZBB 2006, 115 (124); Schönle, § 5 I 2 (S. 44) – früher Nr. 17 Satz 2 AGB-Banken. 281 Der Kerngehalt ist zwingendes Recht: BT-Drs. 14/6040, S. 176; Hohloch in: Erman, § 314 Rn. 3.
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wichtiger Grund in diesem Sinne sein kann,282 grundsätzlich also auch die Verletzung des Bankgeheimnisses.283 II. Kündigungsgrund im Einzelfall Eine erste Ansicht sieht in der Verletzung des Bankgeheimnisses offensichtlich generell einen schweren Vertrauensbruch, der immer einen wichtigen Kündigungsgrund darstelle.284 Zuzustimmen ist der Gegenansicht: Ob der Bruch des Bankgeheimnisses das Vertrauen des Kunden so tiefgreifend erschütterte, um der Unzumutbarkeit im Sinne dieser Klausel zu genügen, ist – wie bei anderen Dauerschuldverhältnissen – für jeden Einzelfall gesondert zu beurteilen.285 Hierbei ist zu prüfen, ob der Kunde sich nur von dem Vertragsverhältnis lösen kann, das die Geheimnisoffenbarung unmittelbar berührt hat, oder ob sich die Kündigung auf weitere Schuldverhältnisse sowie die Geschäftsverbindung als solche erstreckt. Maßgebend hierfür ist die Frage, inwieweit der Kunde berechtigten Anlass zu der Befürchtung haben kann, die Bank werde auch bei anderer Gelegenheit das Bankgeheimnis nicht wahren.286 Betrifft der Verstoß gegen das Bankgeheimnis z. B. allein die Tatsache, dass ein Unternehmen X Kunde des eigenen Instituts ist, ist X auf Grund dessen noch nicht die Aufrechterhaltung von Kreditlinien über mehrere Millionen Euro unzumutbar.287 282 Statt vieler BGH NJW 2000, 3491 (3492); Gaier in: MünchKomm BGB, § 314 Rn. 12; Medicus in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 314 Rn. 10 f. nennt Schutzpflichtverletzungen ausdrücklich. 283 Die gesetzliche Formulierung ist durch die Merkmale der Unzumutbarkeit sowie des wichtigen Grundes bewusst weit gefasst, so dass der Wortlaut des § 314 Abs. 1 BGB der Beeinflussung des Leistungsverhältnisses durch die rechtliche Sonderverbindung nicht entgegensteht. Sofern diese gewohnheitsrechtlich gefestigte Entwicklung dogmatisch überhaupt noch einer Erklärung bedarf, lässt sie sich vor allem mit dem Dauercharakter des Leistungsverhältnisses begründen. Weil die Parteien fortwährend zusammenarbeiten müssen, stellt sich der geschäftliche Kontakt aus ihrer Sicht als eine einheitliche Rechtsbeziehung dar; die Zerstörung der Vertrauensebene wirkt somit faktisch auf die Leistungsebene zurück. 284 A. Weber in: Hellner/Steuer, Rn. 2/859. 285 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 119; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 69; Kirchherr in: Sichtermann, S. 204; Nobbe, ZIP 2008, 97 (104); Toth-Feher/Schick, ZIP 2004, 491 (494). Grigoleit, FS Canaris, S. 275 (294) bedient sich an diesem Punkt des Zumutbarkeitskriteriums. 286 So zu Recht Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 69; Grigoleit, FS Canaris, S. 275 (295). 287 Kann sich ein Kunde auf Grund einer Verletzung des Bankgeheimnisses also unter Umständen sogar vom Vertrag lösen, läge es nahe, auch das mildere Mittel eines Leistungsverweigerungsrechts zuzulassen (allgemein in Bezug auf Schutzpflichten zieht Esser, SchR I, § 6 II, S. 106, ein solches in Betracht). Doch steht das Bankgeheimnis zu Leistungspflichten nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis. Es
§ 91 Einwand des Rechtsmissbrauchs
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Zu Recht weisen Bütter/Tonner darauf hin, dass eine Kündigung für den Kunden selbst überwiegend mit Nachteilen verbunden sein wird.288 Beispiele: Bei Kündigung eines Kreditvertrages muss der Kunde das Darlehen vorzeitig zurückzahlen. Ein Wechsel der Bankverbindung kann bei einem Unternehmen zu Kosten für den Neudruck von Briefpapier usw. führen. Betreute die Bank Aktiendepots, entstehen dem Kunden womöglich Kosten für eine Umschichtung. War das Kreditinstitut in die Finanzierung einer Unternehmensumwandlung involviert, entstehen durch die Beendigung der Zusammenarbeit Kosten durch das zeitliche Verzögern der Transaktion, zusätzliche Anwaltskosten usw.
Die Verletzung des Bankgeheimnisses war für die vorzeitige Kündigung adäquat kausal. Nachdem die Kündigung einen Schadensersatzanspruch nicht ausschließt (vgl. § 314 Abs. 4 BGB), kann der Kunde diese Schadenspositionen grundsätzlich liquidieren.289
§ 91 Einwand des Rechtsmissbrauchs Ferner weist Canaris zu Recht darauf hin, dass dem Kunden der Einwand des Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB zustehen kann, wenn das Kreditinstitut durch die Verletzung einen Rechtsvorteil auf Kosten des Kunden erlangt hat; Gleiches gelte gegenüber einem Dritten, der den Bruch des Bankgeheimnisses angeregt oder gefördert hat.290 Diese Wirkung fügt sich in die anerkannten Fallgruppen des § 242 BGB nahtlos ein: Ein Rechtsmissbrauch liegt danach vor, wenn sich eine Person auf ein Recht beruft, das sie unredlich, insbesondere durch ein sitten- oder vertragswidriges Verhalten, erworben hat.291 Auch ein Geheimnisbruch ist unter Umständen derart zu qualifizieren. zielt nicht darauf ab, das Leistungsverhältnis zu fördern, sondern Rechtsgüter zu schützen. Ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 Abs. 1 BGB oder einer anderen Vorschrift ist daher aus systematischen und teleologischen Gründen abzulehnen. Dem steht nicht unbedingt entgegen, dass im Arbeitsrecht vereinzelt ein Zurückbehaltungsrecht bei Verletzung arbeitsrechtlicher Schutzpflichten angenommen wird. Es geht dabei um Vorschriften des Arbeitsschutzrechts, also um leistungsbezogene Nebenpflichten: BAGE 83, 105 (118 ff.); Söllner/Waltermann, § 30 Rn. 806. 288 Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (171). 289 s. Fn. 161. 290 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 71; ihm folgend z. B. Casper in: Derleder/ Knops/Bamberger, § 3 II Rn. 12, der darauf hinweist, dass die bloße Kenntnis davon nicht genügen kann – vgl. hierzu BGH WM 1973, 892 (894). 291 BGHZ 57, 108 (111); BGH NJW-RR 2005, 743 (745) m. w. N.; Heinrichs in: Palandt, § 242 Rn. 43 weist darauf hin, dass dieser Grundsatz seine Wurzeln bereits im römischen und gemeinen Recht hat und auch im angloamerikanischen Recht gilt.
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9. Kap.: Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen
Beispiel: W ist Wettbewerber von K, dem Kunden der Bank B. Er erkundigt sich bei B nach einem bestimmten Detail der Forschungsergebnisse von K. B offenbart dem W dieses Betriebsgeheimnis, das dem W bei der Patentierung eines Arzneimittels zu einem zeitlichen Vorsprung gegenüber K verhilft. Macht W später gegen K eine Patentverletzung geltend, steht diesem der Einwand des Rechtsmissbrauchs zu.
§ 92 Konkurrierende Ansprüche Neben den Rechtsfolgen wegen eines Pflichtverstoßes aus der gesetzlichen Sonderverbindung kann eine Verletzung des Bankgeheimnisses konkurrierende Ansprüche auslösen. Auf Grund des jeweils unterschiedlichen Schutzzwecks stehen sie zueinander in Anspruchskonkurrenz.292 Auf sie möchte diese Arbeit kurz hinweisen: Mit dem Geheimnisbruch wird häufig ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht verbunden sein.293 Die größten Unterschiede im Verhältnis zum BDSG, mit dem der Gesetzgeber einen Mindestschutz für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingerichtet hat, bestehen im unterschiedlichen Schutzbereich294 sowie den unterschiedlich hohen Schranken für einen Eingriff durch die Datenverarbeitung.295 Daneben ist in erster Linie das Deliktsrecht relevant.296 Betreffen die weitergegebenen Informationen inhaltlich solche, die einem absoluten Rechtsgut zuzuordnen sind, v. a. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht297 oder dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, ist § 823 Abs. 1 BGB anwendbar.298 Diese offenen Tatbestände verlangen bekanntlich eine Interessenabwägung. Ob diese Norm zu einem Recht auf Schadensersatz führt, hängt daher von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab.299 Liegt sogar eine schwerwiegende Verletzung des Persönlich292
Vgl. zu Konkurrenzverhältnissen z. B. Mansel in: Jauernig, § 241 Rn. 14 ff. Vgl. hierzu z. B. Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (171); Früh, WM 2000, 497 (501); Innenministerium Baden-Württemberg, Tätigkeitsbericht 2001, S. 84. 294 Das BDSG erfasst gemäß § 1 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 nur natürliche Personen. 295 Näheres schon oben auf S. 423 ff. 296 Die Anspruchskonkurrenz ist wohl unstreitig, vgl. z. B. Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 115; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (171); Geurts/ Koch/Schebesta/Weber, Rn. 11. 297 Insbesondere in der Ausprägung der informationellen Selbstbestimmung; vgl. Beucher/Räther/Stock, AG 2006, 277 (282); Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572), Lang, ZBB 2006, 115 (124). 298 Lang, ZBB 2006, 115 (124 f.); im Kirch-Fall BGHZ 166, 84 (113 ff. Rn. 119 ff.); dazu Ehricke/Rotstegge, ZIP 2006, 925 (933 f.). 299 Abhängig ist dies namentlich von dem Inhalt der offenbarten Information und seiner Bedeutung für den Kunden, ihrem Charakter als Tatsache oder als Werturteil 293
§ 93 Aufsichtsrechtliche Möglichkeiten
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keitsrechts vor, kann ein Ausgleich des immateriellen Schadens erfolgen.300 Die Offenbarung von unwahren Tatsachen kann eine Kreditgefährdung gemäß § 824 Abs. 1 BGB darstellen.301 Bei vorsätzlichen Schädigungen ist an § 826 BGB zu denken.302 Weiterhin kann eine Verletzung des Bankgeheimnisses gleichzeitig gegen Schutzgesetze verstoßen, die über § 823 Abs. 2 BGB ebenfalls deliktsrechtliche Ansprüche entstehen lassen. Neben Tatbeständen des BDSG303 sowie des StGB (in Betracht kommen hier z. B. §§ 186, 187 StGB) kann man hier an zahlreiche spezielle Geheimnisschutzregelungen vor allem des Wirtschaftsrechts denken (z. B. §§ 9, 14, 55 a, 55 b KWG, §§ 15, 17 UWG).304 Zu erinnern ist überdies an die mögliche Strafbarkeit von Mitarbeitern öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute gemäß § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB, soweit sie nicht wie Privatbanken tätig werden.305
§ 93 Aufsichtsrechtliche Möglichkeiten Die Einhaltung des Bankgeheimnisses gehört, wie diese Arbeit umfassend zeigte, zu den Grundpflichten eines Kreditinstituts und zur ordnungsgemäßen Ausübung seines Geschäftsbetriebs. Sie hat somit auch aufsichtsrechtliche Relevanz. So könnte die BaFin die Wahrung der Vertraulichkeit zum Gegenstand aufsichtlicher Maßnahmen machen (vgl. § 6 Abs. 2 und 3 KWG).306 Bislang ist dies nicht geschehen. Verlautbarungen der Behörde bleiben bei der Frage des Bankgeheimnisses vage.307 Die datenschutzrechtliche Aufsicht über die Banken erfolgt durch Landesbehörden. Bei ihrer Tätigkeit scheint das Bankgeheimnis häufig zwar neben den Vorschriften des BDSG als Prüfungsmaßstab keine Rolle gespielt zu haben.308 Beispiele zeisowie der Wahrheit oder Unwahrheit der Tatsache, einem schutzwürdigen Interesse der Bank an der Weitergabe der Daten usw. 300 Obwohl § 253 Abs. 2 BGB das Persönlichkeitsrecht nicht nennt, vgl. oben bei Fn. 187. 301 Lang, ZBB 2006, 115 (127). 302 Lang, ZBB 2006, 115 (126 f.). 303 Bruchner in: Schimansky/Bunte/Lwowski, § 39 Rn. 115; Bütter/Tonner, ZBB 2005, 165 (171); Lang, ZBB 2006, 115 (124). 304 Zum Strafrecht Lang, ZBB 2006, 115 (126); Tiedemann, NJW 2003, 2213 ff.; ders., ZIP 2004, 294 ff. 305 Vgl. S. 253 ff. 306 So zu Verstößen im Vorfeld einer Transaktion Nobbe, ZIP 2008, 97 (99). 307 s. 8. Kapitel Fn. 32. 308 Tätigkeitsberichte zum Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich erwähnen das Bankgeheimnis auch in relevanten Fällen oft nicht, sondern nennen lediglich die Vorschriften des BDSG: Innenministerium Baden-Württemberg, Tätigkeitsbericht 2005, S. 38 f., Tätigkeitsbericht 2003, S. 34 ff. sowie Tätigkeitsbericht 2001,
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9. Kap.: Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen
gen jedoch, dass die Aufsichtsbehörden durchaus, insbesondere bei strukturellen und häufig auftretenden Problemen in diesem Bereich, auch eine Einhaltung des Bankgeheimnisses überwachen.309 Soweit das BDSG einen Anlass zur aufsichtlichen Prüfung gibt, wird dieses durchaus – wenn auch nicht durchgängig – mitberücksichtigt. Wo das Bankgeheimnis allerdings über den Datenschutzstandard hinausgeht, ist auch für die Zukunft mit einer stiefmütterlichen Behandlung und keinem Einschreiten der Aufsichtsbehörden zu rechnen.310 Dies mag am ungeschriebenen Charakter des Bankgeheimnisses sowie seinen unklaren Umrissen vor allem im Hinblick auf seine Durchbrechungen liegen. Eine gesetzliche Erwähnung der Geheimhaltungspflicht im KWG könnte bei den Aufsichtsbehörden und den Banken Problembewusstsein schaffen. Die genaue Ausformung der Pflicht sollte jedoch der weiteren Rechtsentwicklung überlassen werden. Einfluss auf ihren Inhalt und Umfang werden dabei vor allem eine verstärkte Aufnahme von Entbindungsklauseln in AGB und deren gerichtliche Kontrolle nehmen. Ob das Sparkassengeheimnis weiterhin einen strafrechtlichen Schutz genießt, wird sich in Bälde in dem Gerichtsverfahren herausstellen, das sich mit den Forderungsverkäufen von Sparkassen und Landesbanken befasst.311
S. 51 ff., 54 ff. (Telefon- und Homebanking, Kontoauszugsdrucker); Regierung von Mittelfranken, Tätigkeitsbericht 2006, S. 20 (Entbindung), S. 37 (postalische Versendung von Kontodaten), S. 39 (Offenbarung durch Mitarbeiterin) sowie Tätigkeitsbericht 2002/2003, S. 24 f. (Entbindung); Hamburgischer Datenschutzbeauftragter, Tätigkeitsbericht 2004/2005, S. 103 f. (Datenübermittlung an andere Banken) und Tätigkeitsbericht 2000/2001, S. 183 f. (Ausforschung eines Girokontos); Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, Tätigkeitsbericht 2003/2005, S. 27 f., 65 (Datenübermittlung an Finanzberater). 309 Innenministerium Baden-Württemberg, Tätigkeitsbericht 2001, S. 84, zur Auftragsdatenverarbeitung und Funktionsauslagerung bei Kreditinstituten: „Neben den Vorschriften des BDSG ist vom Kreditinstitut bei einer Kundenbefragung sowohl bei einer Auftragsdatenverarbeitung als auch bei einer Funktionsübertragung zudem das Bankgeheimnis zu beachten, denn bereits das Bestehen der Kundenbeziehung wird als vom Bankgeheimnis erfasst angesehen. Es sollte daher sichergestellt werden, dass der betroffene Kunde eine Befreiung vom Bankgeheimnis erteilt hat.“ A. A. wohl Berliner Beauftragter für Datenschutz, Jahresbericht 2006, S. 161; Regierung von Mittelfranken, Tätigkeitsbericht 2002/2003, S. 27 (Kauf von Kundendaten einer insolventen Bank); Tätigkeitsbericht 2006, S. 38 f. (Informationsweitergabe an Nicht-Erben); Berliner Beauftragter für Datenschutz, Jahresbericht 2006, S. 157 (Verkauf der Berliner Bank); Landesbeauftragter für den Datenschutz Bremen, Jahresbericht 2006, S. 127 (Entsorgung von Bankunterlagen); Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein, Tätigkeitsbericht 2007, S. 84 f. (Daten über Auslandsüberweisungen an US-Behörden). 310 Nobbe, WM 2005, 1537 (1545). 311 s. 6. Kapitel Fn. 334.
§ 95 Zusammenfassung der Wirkungen des Bankgeheimnisses
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§ 94 Mittel zur Stärkung des Vertrauensverhältnisses zum Kunden In der Praxis nehmen nicht nur die Rechtsfolgen, sondern auch die faktischen Wirkungen Einfluss auf die Beteiligten. Im Rahmen dieser Untersuchung sollte man sie daher nicht völlig unerwähnt lassen. Wird publik, dass ein Kreditinstitut oder gar ein bestimmter Teil der Branche das Bankgeheimnis ihrer Kunden gering achtet und regelmäßig verletzt, drohen Reputationsschäden.312 In Anbetracht der sich ausweitenden öffentlich-rechtlichen Durchbrechungen des Bankgeheimnisses313 sollte das Kreditgewerbe ein Interesse daran haben, den Kunden die zivilrechtliche Reichweite des Bankgeheimnisses klar vor Augen zu führen. Auch im modernen Bankbetrieb kann es die Verschwiegenheitspflicht als Mittel zur Stärkung des Kundenvertrauens einsetzen.314 Im Hinblick auf Forderungsabtretungen kann man sogar an einen Wettbewerbsvorteil für rechtstreue Banken denken.315 Sind Kunden z. B. wegen einer Umwandlung des eigenen Kreditinstituts ohnehin verunsichert, kann es sich für den neuen Rechtsträger lohnen, seine Kunden ausdrücklich darüber zu informieren, dass sich für sie an dem Vertrauensverhältnis durch die neue rechtliche Situation nichts ändert und das Bankgeheimnis wie bisher gilt. Hat ein Kreditinstitut die Forderungen säumiger Kunden in zulässigem Umfang an ein Inkassobüro abgetreten, mag es (trotz des damit verbundenen organisatorischen Aufwands) ratsam sein, dem Kunden die Gründe für die Zession in einem Schreiben zu erläutern. Es kann das Vertrauen stärken, wenn die Bank ihm nicht nur den Empfänger der Kundendaten nennt, sondern zusätzlich auf dessen seriöse, verschwiegene Abwicklung des jeweiligen Vertragsverhältnisses hinweist.
§ 95 Zusammenfassung der Wirkungen des Bankgeheimnisses Das Bankgeheimnis ist trotz der Tatsache, dass sich aus ihm eine Unterlassungspflicht ergibt, erfüllbar. Seine Schutzpflichtnatur macht es zu einer selbständigen Pflicht, die als solche isoliert klagbar ist. Die Voraussetzungen des Primäranspruchs lehnen sich an diejenigen des § 1004 Abs. 1 312 Hofmann/Walter, WM 2004, 1566 (1572); Klüwer/Meister, WM 2004, 1157 (1159). 313 Zu Kontoabfragen durch Behörden vgl. die Einleitung S. 2 f. 314 Vgl. Möhlenkamp, BB 2007, 1126 (1127). Zur wirtschaftlichen Bedeutung des Vertrauens im elektronischen Geschäftsverkehr der Kreditinstitute Kiefer, Die Bank 2000, 308 ff. 315 Möhlenkamp, BB 2007, 1126 (1127).
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9. Kap.: Wirkungen des Bankgeheimnisses und Rechtsfolgen
Satz 1 BGB an. Die präventive Sicherung der Vertraulichkeit kann unter Umständen auch über den einstweiligen Rechtsschutz erfolgen. Das Bankgeheimnis entfaltet keine dingliche Wirkung. Das Verfügungsgeschäft bei Forderungszessionen ist selbst bei einer damit einhergehenden Datenübermittlung wirksam. Eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht führt zu einem Schadensersatzanspruch. Zu ersetzen ist dabei grundsätzlich der Vertrauensschaden, ausnahmsweise – insbesondere bei einer Leistungsbezogenheit – sogar ein Schadensersatz statt der Leistung. Schwierigkeiten ergeben sich bei der Durchsetzung eines solchen Anspruchs wegen der psychisch vermittelten Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden. Sie lassen sich durch die Anwendung von anerkannten Haftungskriterien bewältigen, welche die Herausforderungsformel der Rechtsprechung konkretisieren. Das Kreditinstitut kann sich auf Grund des Zwecks des Bankgeheimnisses prinzipiell nicht auf den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen. Beim Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und ihrem Einfluss auf die Willensbildung des Informationsempfängers kann dem Kunden im Einzelfall die Anwendung der Grundsätze des prima-facieBeweises zugute kommen. Infolge einer Verletzung des Bankgeheimnisses stehen dem Kunden neben einem (praktisch wenig hilfreichen) Anspruch auf Widerruf der Äußerungen unter Umständen ein außerordentliches Kündigungsrecht sowie der Einwand des Rechtsmissbrauchs zu. Abgesehen von diesen Rechtsfolgen sind konkurrierende Ansprüche (v. a. deliktsrechtliche) zu beachten. Aufsichtsrechtlich spielte das Bankgeheimnis bisher keine entscheidende Rolle; die Behörden berücksichtigten es bisher nur aus einem datenschutzrechtlichen Blickwinkel heraus. Faktisch kann das Bankgeheimnis die Stärkung des Vertrauensverhältnisses zum Kreditinstitut bewirken.
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Die geschichtliche Entwicklung des Bankgeheimnisses: Der historische Überblick des 1. Kapitels machte deutlich, dass die Banken von Beginn ihrer Existenz an ein besonderes Vertrauen bei den Kunden genossen. In internen Regelwerken legten viele von ihnen eine strenge Verschwiegenheitspflicht ihrer Angestellten nieder. Vorschriften finden sich jedoch nicht in allen Banksatzungen, weil Diskretion als selbstverständlich erschien. Als die Kreditinstitute begannen, allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden, fand das Bankgeheimnis dort nur vereinzelt Erwähnung. Erst im Jahr 1993 wurde es als Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken sowie Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 AGBSparkassen Teil der AGB. Eine gesetzliche Regelung fehlt bis heute. Der Gesetzgeber stellte das Bestehen des Bankgeheimnisses aber nie in Frage und setzte es in verschiedenen Normen als bestehend voraus. Wo der Staat selbst wie eine Bank tätig wurde, gewährleistete er die Vertraulichkeit. In Anbetracht dieser Entwicklung zweifelt niemand an der Existenz des Bankgeheimnisses.1 Die normativen Grundlagen des Bankgeheimnisses: Die Verschwiegenheitspflicht beruht auf mehreren Wertungskriterien. Ein privatautonomer Willensakt scheidet als Geltungsgrundlage aus. Die Funktion der Pflicht richtet sich vielmehr an der typisierten Interessenlage zwischen Kunde und Kreditinstitut im Rahmen der bankrechtlichen Geschäftsverbindung aus. Sie ist geprägt von der faktischen Notwendigkeit, Bankgeschäfte durchzuführen, sowie dem strukturellen Ungleichgewicht zwischen den Parteien. Vor allem orientiert sie sich an dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunde.2 Zum Vertrauen im Speziellen: Dieses Vertrauen zum Kreditinstitut entsteht zum einen dadurch, dass der geschäftliche Kontakt in der Regel auf Dauer angelegt ist. Zum anderen erhält die Bank einen umfassenden Einblick in die Angelegenheiten des Kunden und dadurch eine verstärkte Einwirkungsmöglichkeit auf seine Rechtsgüter. Dadurch entsteht für den Kunden ein besonderes Schutzbedürfnis, das sich ferner durch die berufliche Stellung der Bank erhöht. Auf Grund ihres Berufs nimmt diese im Rechtsverkehr ein spezifisches Vertrauen in Anspruch, das sich durch eine entsprechende Außen1 2
Oben S. 44–55. Oben S. 63–86.
564
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
darstellung der Banken und die Bankpraxis im Laufe der Jahrzehnte verfestigt hat. Diese normativen Fundamente greifen ineinander.3 Das Gewohnheitsrecht als Pfeiler des Bankgeheimnisses und seine Wirkung in der heutigen Rechtsordnung: Es stellte sich außerdem heraus, dass sich das Bankgeheimnis auf das Gewohnheitsrecht als dogmatischen Pfeiler stützen kann. Um ihm in heutiger Zeit aber die nötige Schärfe zu verleihen, sollte man die Geheimhaltungspflicht systematisch in die übrige aktuelle Rechtsordnung eingliedern. Das Bankgeheimnis entspringt der sogenannten Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde, deren Rechtsnatur allerdings nebulös bleibt. Doch gibt es verschiedene Haftungsmodelle, welche die Wertungskriterien des Bankgeheimnisses aufgreifen.4 Die dogmatische Einordnung des Bankgeheimnisses: Wissenschaft und Praxis beschrieben die Grundlage der Geschäftsverbindung bis vor einigen Jahren mehrheitlich als „allgemeiner Bankvertrag“. Zu Recht erkannte der Bundesgerichtshof in den konkludenten Willenserklärungen zum Abschluss eines solchen Rahmenvertrags allerdings eine Fiktion. Obgleich das Bankgeheimnis Bestandteil der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute geworden ist, lassen sich auch diese nicht als seine einzige Grundlage begreifen. Erstens knüpfte die Geheimhaltungspflicht historisch nie an die Geltung von Geschäftsbedingungen an. Zweitens besteht sie – dies ist unstreitig – auch heute noch unabhängig von einer AGB-Einbeziehung. Ebenso wenig ist der wirksame Abschluss einzelner Bankgeschäfte eine Bedingung für das Bestehen des Bankgeheimnisses. Als eigenes Rechtsinstitut ist die Verschwiegenheitspflicht vielmehr eine leistungsunabhängige Nebenpflicht im Rahmen der bankrechtlichen Geschäftsverbindung. Auf Grund ihrer Funktion, die Integritätsinteressen des Kunden zu schützen, stellt sie eine Schutzpflicht im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB dar.5 Die dogmatische Verankerung von Schutzpflichten: Die Dogmatik der Schutzpflichten ist unübersichtlich. Vor der Schuldrechtsreform des Jahres 2002 suchte die Rechtsprechung und ihm folgend das Schrifttum zum einen Zuflucht in punktuellen Haftungslösungen, vor allem in den Haftungsfiguren der culpa in contrahendo und der positiven Forderungsverletzung. Mit ihrer Hilfe ließen sich Rücksichtspflichten, die unabhängig von einem wirksamen Vertragsverhältnis existieren, flexibel handhaben. Obgleich das Bankgeheimnis wie andere Schutzpflichten das Erhaltungsinteresse einer Person schützen soll und einen leistungsunabhängigen Charakter besitzt, fanden diese Rechtsinstitute bei ihm keine Anwendung. Doch wäre diese 3 4 5
Oben S. 78–85. Oben S. 89–104. Oben S. 92–104.
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
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Einordnung der Notwendigkeit gerecht geworden, das Bankgeheimnis als gewohnheitsrechtliches Institut an der Rechtsentwicklung der anderen Schutzpflichten teilnehmen zu lassen und auf diese Weise eine ausreichende Rechtssicherheit zu gewährleisten.6 Das Konzept der Vertrauenshaftung: Diese Aufgabe kann normativ die von Canaris entwickelte Vertrauenshaftung übernehmen. Als Anker für das Bankgeheimnis eignet sich dieses Modell in besonderer Weise, weil es den normativen Haftungsgrund in dem Vertrauen erkennt, das ein Geschäftspartner dem anderen innerhalb einer Sonderverbindung entgegenbringt. Wie c. i. c. und p. F. V. schafft es ein rechtsgeschäftsnahes, aber gesetzliches Schuldverhältnis im Grenzbereich zwischen Vertrag und Delikt. Das Bankgeheimnis stützt sich auf die Vertrauenshaftung als dogmatisches Fundament, in das technisch die entsprechenden Fallgruppen der c. i. c. und der p. F. V. eingebettet werden sollten. Mit Hilfe des gewohnheitsrechtlichen Verständnisses und eines Vergleichs mit dem übrigen Geheimnisschutz kann man dem Bankgeheimnis präzise Voraussetzungen verleihen.7 Die Theorien zur Berufshaftung: Ein für das Bankgeheimnis wichtiges Kriterium ist die berufliche Stellung der Bank. Die bisher vor allem im Bereich der Auskunftshaftung entwickelten Konzepte der Berufshaftung greifen dieses Merkmal auf. Sie lassen sich als Ausschnitt der Vertrauenshaftung verstehen, weil die Professionalisierung berechtigte Erwartungen des Rechtsverkehrs erzeugt, an denen sich der jeweilige Berufsträger festhalten lassen muss. Durch die geschichtliche Bedeutung der Bankenbranche, die staatliche Aufsicht und den Bezeichnungsschutz bei Kreditinstituten stellen diese einen klar definierten Berufsstand dar. Als solcher genießt er in der Öffentlichkeit eine besondere Autorität und Vertrauenswürdigkeit. Diese Merkmale prägen den Verkehrskreis, in dem eine Bank agiert, und verlangen eine besondere Sorgfalt vom Berufsträger, wenn er in seiner Eigenschaft als Bank nach außen auftritt. Diese erhöhten Anforderungen wirken sich auch auf den Umfang des Bankgeheimnisses aus und bilden so ein Element, das die Haftungsvoraussetzungen bestimmt. Zum Tragen kommt es allerdings nicht als eigene Haftungsfigur, sondern nur im Rahmen der soeben beschriebenen Anwendung von c. i. c. und p. F. V. sowie der Vertrauenshaftung.8 Voraussetzungen und Inhalt des gesetzlichen Schutzpflichtverhältnisses: Die Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde lässt sich somit als gesetzliches Schutzpflichtverhältnis verstehen. Es ist wie sonstige Fallgruppen 6 7 8
Oben S. 104–114. Oben S. 114–118. Oben S. 118–125.
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Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
der c. i. c. und der p. F. V. von einem Vertragsschluss unabhängig. Es verlangt eine rechtsgeschäftsähnliche Beziehung zwischen den Parteien, d. h. die Personen müssen bewusst zueinander in einen geschäftlichen Kontakt getreten sein. Normativ stützt sich das Bankgeheimnis als Schutzpflicht auf das Vertrauen, das durch diese Nähebeziehung entsteht. Durch die Schaffung von § 311 Abs. 2 und 3 BGB hat der Gesetzgeber solche Sonderverbindungen ohne primäre Leistungspflichten als dritte Spur zwischen Vertrag und Delikt grundsätzlich anerkannt. In diesem Rechtsverhältnis wurzelt das Bankgeheimnis. Seine Schutzintensität bestimmt sich nach den normativen Haftungskriterien, die auch für andere Rücksichtspflichten gelten. Es richtet sich – neben Faktoren wie der drohenden Gefahr für die Rechtsgüter des Geschützten – vor allem an einem vertypten und berufsbezogenen Vertrauen der Kunden aus.9 Der Einfluss der Verfassung auf das Bankgeheimnis: Da die Verschwiegenheitspflicht dem Kreditinstitut kraft Gesetzes auferlegt ist, muss sie sich mit den wesentlichen Wertungen des übrigen Geheimnisschutzes im Einklang befinden. Die Verfassung wirkt auf Privatrechtsverhältnisse und somit auch auf dasjenige zwischen Bank und Kunde nur mittelbar ein. Die Privatautonomie überlässt es dem Einzelnen, nach seinem freien Willen vertragliche Bindungen einzugehen. Diese Freiheit wird durch das Prinzip des neminem laedere sowie durch die zivilrechtliche Schutzpflichtlehre beschränkt, weil das Grundgesetz bei faktischer Übermacht einer Partei eine Fremdbestimmung zu verhindern sucht. Für das Bankgeheimnis bedeutet dies: Seine Einbettung in die Schutzpflichtlehre gewährleistet, dass die Pflicht trotz ihrer gewohnheitsrechtlichen Wurzel den Maßgaben der Verfassung gerecht wird. Ein Rückgriff auf Grundrechte ist bei seiner Inhaltsbestimmung allenfalls noch in Randbereichen denkbar.10 Der Einfluss des Strafrechts auf das Bankgeheimnis: Dass der Schutz des Strafrechts keine Aussagen über das Schutzniveau von Privatgeheimnissen im Zivilrecht trifft, zeigt sich beim Bankgeheimnis besonders deutlich: Die Straftatbestände weisen kein klar definiertes Schutzgut auf, weder § 203 StGB noch die wirtschaftlichen Spezialnormen. Selbst wenn man manchen Schweigepflichten eine Gemeinwohlfunktion zuspricht, kann dies nicht erklären, weshalb das Bankgeheimnis einen solchen Schutz nicht genießt. Die Einheit der Rechtsordnung rechtfertigt nicht, aus dem fehlenden Strafrechtsschutz des Bankgeheimnisses Rückschlüsse auf seine zivilrechtliche Pflichtenintensität zu ziehen.11 9
Oben S. 125–135. Oben S. 147–155. 11 Oben S. 155–168. 10
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
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Der Einfluss sonstiger Rechtsgebiete auf das Bankgeheimnis:12 Auch Wertungen aus anderen Rechtsgebieten verändern das Bankgeheimnis inhaltlich nicht. Vielmehr erkennen sie es sogar an. Insbesondere zeigt § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO beim zivilprozessualen Zeugnisverweigerungsrecht, dass die Rechtsordnung die Verkehrssitte zur Vertraulichkeit respektiert, unterstützt und das spezifische Vertrauen verstärkt, das der Rechtsverkehr dem Berufsstand der Banken entgegenbringt. Diese Erwartungen sollen nicht über eine öffentliche Pflicht zur Zeugnisaussage konterkariert werden.13 Zu Kernfragen des Schutzbereichs: Im Urteil des Verfahrens Dr. Kirch gegen Deutsche Bank und Dr. Breuer deuteten sich zwei Kernprobleme an: Zum einen stellt sich die Frage, ob es tatsächlich der in der Literatur teilweise postulierte innere Zusammenhang zwischen Information und Geschäftsverbindung ist, der ein Geheimnis zu einem Bankgeheimnis werden lässt. Zum anderen lassen sich die inhaltlichen Grenzen des Bankgeheimnisses – wie dargestellt – nur lösen, wenn man sein Verhältnis innerhalb der Schutzpflichten klärt. Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass es neben dem Bankgeheimnis eine vertragliche Loyalitätspflicht gibt, die das Kreditinstitut ebenfalls zur Vertraulichkeit anhält. Diese Differenzierung zwischen dem Bankgeheimnis und einer weiteren leistungsunabhängigen Rücksichtspflicht bleibt dogmatisch undurchsichtig und sachlich zweifelhaft. Sie ermangelt einer normativen Begründung und – jedenfalls derzeit noch – einer ausreichenden Verankerung im Gesetz, im Gewohnheitsrecht oder in der rechtsfortbildenden Tätigkeit der Gerichte.14 Der unklare Bezug zwischen Information und Geschäftsverbindung: Das Bankgeheimnis grenzt sich inhaltlich somit nicht negativ zu einer wenig umrissenen Loyalitätspflicht ab, sondern definiert sich positiv über die Sonderverbindung zwischen Bank und Kunde. Der Bezug zu dieser Geschäftsverbindung entsteht nicht in erster Linie über einen entsprechenden Kundenwillen, sondern objektiv durch die einzelnen Faktoren des typisierten Vertrauens zum Kreditinstitut. Die Arbeit stellte die vielfältigen Ansatzpunkte für einen derartigen Bezug dar, die Rechtsprechung und Literatur bisher wählten. Eine einheitliche Rechtsüberzeugung, die Gewohnheitsrecht erzeugen könnte, ließ sich dabei nicht feststellen. Vielmehr beruhen die vorgeschlagenen Kriterien teilweise auf der Quelle des Wissens, manche Stimmen richten den Blick auf den Inhalt der Information und wieder andere setzen bei den Wirkungen der Kundgabe einer Auskunft an.15 12 13 14 15
Oben Oben Oben Oben
S. S. S. S.
168–172. 168–172. 173–190. 190–204.
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Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
Zur normativen Begründung eines solchen Bezugs zur Geschäftsverbindung: Bisher gab es nur wenige Versuche, durch normativ herausgearbeitete Kriterien die Reichweite des Bankgeheimnisses festzulegen. Angelehnt an drei von Scheer gebildeten Kategorien zeigt diese Arbeit, in welchen Fällen eine Information auf der Nähebeziehung zum Kreditinstitut beruht und daher vom Bankgeheimnis erfasst werden soll. Als maßgebliche Wertungskriterien, die diese Geheimhaltungspflicht prägen, erkennt sie das Vertrauensverhältnis, die gesteigerte Schädigungsmöglichkeit für die Bank sowie den faktischen Offenlegungszwang für den Kunden. Daraus lassen sich konkrete Bezugspunkte für das Bankgeheimnis ableiten (Kenntniserlangung auf Grund einer Nachfrage der Bank; Notwendigkeit der Information für die Geschäftsverbindung; Inhalt der Information betrifft die Vermögenssphäre des Kunden oder die Geschäftsverbindung oder die Beweggründe für ein Bankgeschäft).16 Der sachliche Schutzbereich des Bankgeheimnisses: Das Bankgeheimnis schützt Tatsachen und Werturteile gleichermaßen, und zwar unabhängig von der Geltung der AGB-Banken. Es erfasst zudem Handlungen und Wahrnehmungen des Kreditinstituts sowie Negativtatsachen. Die Streitfrage, ob unwahre Tatsachen den Schutz des Bankgeheimnisses genießen, sollte man bejahen. Erstens gefährdet ihre Preisgabe den Kunden genauso stark wie die Übermittlung wahrer Fakten. Zweitens lassen sich nur auf diese Weise Widersprüche mit anderen eindeutig geschützten Informationen vermeiden.17 Der Kreis der zur Verschwiegenheit verpflichteten Personen: Das Bankgeheimnis richtet sich an den Rechtsträger der Bank. Angestellte sind dem Kunden gegenüber nicht direkt zur Verschwiegenheit verpflichtet. Eine Ausnahme gilt hier nur für Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Banken. Eine Eigenhaftung von Organwaltern der Bank wegen Verletzung des Bankgeheimnisses ist abzulehnen, weil die Pflicht aus der Nähebeziehung zwischen Bank und Kunde entspringt. Der Organwalter ist hierbei Dritter. Er haftet dem Kunden gegenüber nur nach deliktischen Grundsätzen oder wenn er eine eigene Sonderverbindung zum Kunden § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB geschaffen hat.18 Der geschützte Personenkreis: Der Schutz des Bankgeheimnisses erstreckt sich neben dem Kunden auf seine Gesamtrechtsnachfolger. Nach den Grundsätzen zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter weitet er sich auf Nichtkunden aus. Dieses Haftungsinstitut ist mit dem gesetz16 17 18
Oben S. 204–226. Oben S. 226–244. Oben S. 246–267.
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lichen Schutzpflichtverhältnis eng verwandt. Es gilt jeweils der Gedanke des berechtigten Vertrauens, das sich in einer rechtsgeschäftlichen Sonderverbindung zwischen dem Geschützten und dem Verpflichteten konkretisiert. Doch wird diese Sonderbeziehung, und dies ist die Besonderheit des Drittschutzes, erst durch den Gläubiger (den Kunden) vermittelt. Die gesetzliche Natur der Rechtsfigur erlaubt eine nahtlose Weiterführung der Lehre des gesetzlichen Schutzpflichtverhältnisses. Dabei begrenzt und präzisiert der Zweck des Bankgeheimnisses die Voraussetzungen des Drittschutzes und gibt ihm klare Konturen. Wie bei der Verschwiegenheitspflicht gegenüber Kunden ist auch für den Schutz von Sicherheitengebern die Nähebeziehung zur Bank, die Einwirkungsmöglichkeit auf die Rechtsgüter des Dritten sowie deren Gefährdung und das dadurch entstehende Vertrauen ausschlaggebend. Es muss durch den Kunden und seine Geschäftsverbindung vermittelt werden.19 Das innere Bankgeheimnis: Wo das Bankgeheimnis bankintern seine Grenze findet, ist angesichts der arbeitsteiligen Organisation bei Kreditinstituten nicht leicht festzustellen. Die Frage, welche Mitarbeiter des Kreditinstituts Zugriff auf Kundendaten haben dürfen, ist eng mit dem Problem der Wissenszurechnung verknüpft. Die bisherige Judikatur richtet diese bei Organisationen an den Erwartungen des Rechtsverkehrs aus. Da sich für das Bankgeheimnis aus gewohnheitsrechtlichen Quellen keine Hinweise ergeben, welche Erwartungen die Kunden der Kreditinstitute haben, muss Ausgangspunkt der Schutz des Kunden sein. Auf Grund der Wechselwirkung zwischen Wissenszurechnung und Datenfluss innerhalb der Bank ist die einseitige Bejahung oder Verneinung eines inneren Bankgeheimnisses verfehlt. Diesem Zwiespalt sollte man durch Informationsschranken zwischen unterschiedlichen Aufgabenbereichen in der Bank zu begegnen. Ein bereichsübergreifender Datenfluss ist zum einen bei den Geschäftsleitern nötig, die den Bankbetrieb verantwortlich leiten. Zum anderen ist er im Hinblick auf Mitarbeiter erforderlich, die ihre gesetzlichen Kontroll- und Aufsichtspflichten nicht ohne einen Zugriff auf die entsprechenden Kundendaten erfüllen können.20 Zum Begriff der Dritten, gegenüber denen Stillschweigen zu bewahren ist: Das Bankgeheimnis gilt grundsätzlich gegenüber anderen Kreditinstituten sowie gegenüber Personen, die vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Obwohl jede Forderungsabtretung mit der Offenlegung von Schuldnerdaten einhergeht, darf die Bank Kundendaten prinzipiell nicht an den Zessionar als einem Dritten weitergeben. Daher geht mit jeder Zession durch ein Kreditinstitut prinzipiell eine Verletzung der Geheimhaltungs19 20
Oben S. 268–302. Oben S. 302–320.
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pflicht einher. Eine Ausnahme gilt dort, wo dem Zessionar die Daten lediglich verschlüsselt übermittelt werden sowie die Entschlüsselung bei einem Datentreuhänder hinterlegt wird. Eine Offenlegung darf erst erfolgen, wenn eine Durchsetzung der Forderung eine Durchbrechung der Geheimhaltungspflicht erfordert.21 Die Auslagerung bei der Bank: Die Auslagerung von Geschäftsbereichen rechtfertigt prinzipiell ebenfalls keine Übermittlung von kundenbezogenen Informationen an Dritte. Weder lässt sich die Zulässigkeit einer Datenweitergabe der Norm des § 25 a Abs. 2 KWG entnehmen noch ist erkennbar, dass die Kunden eine Auslagerung von Aufgaben auf bankexterne Dienstleister erwarten und auf Grund dessen konkludent mit einem Datentransfer einverstanden sind. Eine Ausnahme gilt lediglich für die Fälle, in denen ein Dritter wie ein Bankmitarbeiter eingesetzt wird, also im Namen und für Rechnung des Kreditinstituts sowie vor allem weisungsgebunden und unter Aufsicht tätig wird.22 Die Umwandlung der Bank: Bei einer Umwandlung des Kreditinstituts kann das Vertrauensverhältnis zum Kunden auf den Rechtsnachfolger nur übergehen, wenn dieser seinerseits eine Bank ist. Denn das berufsbezogene Vertrauen, auf das sich das Bankgeheimnis stützt, kann sich nur auf einen Rechtsträger des jeweiligen Berufsstandes richten. Er ist zur Vertraulichkeit verpflichtet und muss sich auch an die Grundsätze zum inneren Bankgeheimnis halten. Bei der Spaltung als einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge geht das Vertrauensverhältnis zudem nur über, wenn gleichzeitig die Geschäftsverbindung zum Kunden insgesamt übertragen wird. Denn sein Vertrauen bringt der Kunde den Personen entgegen, die seine Bankgeschäfte erledigen. Es knüpft sich nicht an einzelne Vermögensgegenstände. Ferner erweitert sich bei einem Übergang des operativen Geschäfts der Kreis der Geheimnisträger faktisch regelmäßig nicht. Anders ist dies, wenn nur einzelne Vermögensgegenstände bei der Umwandlung übergehen, die Bankgeschäfte jedoch weiterhin vom bisherigen Kreditinstitut abgewickelt werden. Gehen im Zuge einer Spaltung Daten auf den Rechtsnachfolger über, nicht aber das Vertrauensverhältnis zum Kunden, ist damit das Bankgeheimnis verletzt.23 Die zeitliche Reichweite des Bankgeheimnisses: Die Pflicht zur Vertraulichkeit entsteht im Zeitpunkt der ersten Geschäftsanbahnung zwischen Bank und Kunde. Eine Hilfestellung zum zeitlichen Beginn dieser Sonderverbindung gibt das Gesetz in § 311 Abs. 2 BGB. Sie dauert nach Beendigung der geschäftlichen Kontakte fort und erlischt grundsätzlich auch nicht 21 22 23
Oben S. 320–333. Oben S. 333–339. Oben S. 341–354.
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mit dem Tod des Kunden. Das Bankgeheimnis geht jedoch unter, wenn die Information offenkundig geworden ist. Zwar hat eine Weitergabe selbst dann noch ein Gefährdungspotential für den Kunden und gewohnheitsrechtlich lässt sich eine solche Schranke beim Bankgeheimnis nicht finden. Doch ist eine solche Begrenzung bei anderen berufsrechtlichen Schweigepflichten anerkannt. Man sollte das Bankgeheimnis daher bei diesem Punkt an diese angleichen.24 Die Durchbrechungen des Bankgeheimnisses: Gesetzliche Schranken ergeben sich nicht aus dem Datenschutzrecht, aus § 402 BGB, aus § 810 BGB oder aus § 25 a Abs. 2 KWG. Die neuen Regelungen für Anwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater zur Abtretung von Gebührenforderungen an Angehörige des gleichen Berufsstandes sind auf Banken nicht analog anwendbar. Es fehlt hierfür an der planwidrigen Gesetzeslücke. Stattdessen finden sich gesetzliche Einschränkungen des Bankgeheimnisses für den Zweck der Beaufsichtigung und Kontrolle der Kreditinstitute sowie den Gläubigerschutz (§ 840 Abs. 1 ZPO, insolvenzrechtliche Auskunftspflichten). Im Fall einer Insolvenz bei Bank oder Kunde stellt der Zugriff des Insolvenzverwalters auf Kundendaten keine Durchbrechung des Bankgeheimnisses dar, sondern er verwirklicht es, weil der Verwalter auf Grund seiner Verfügungsbefugnis an die Stelle des Gemeinschuldners tritt.25 Die Entbindung von der Verschwiegenheit durch den Kunden: Der Kunde besitzt die Dispositionsbefugnis über die durch das Bankgeheimnis geschützten Informationen. Deshalb kann er das Kreditinstitut von der Verschwiegenheitspflicht entbinden. Konkludent willigt er in eine Datenweitergabe in aller Regel nur ein, soweit diese für ein gewünschtes Bankgeschäft erforderlich ist. Das formularmäßige Einverständnis in die Übermittlung unterliegt der AGB-Kontrolle. Die Bank hat hierbei vor allem auf § 305 c Abs. 1 BGB zu achten, weil – abgesehen von den üblichen SCHUFA-Klauseln – Entbindungen vom Bankgeheimnis bislang in der Praxis selten sind und sie daher weitgehend als überraschend einzustufen sind. Im Hinblick auf § 307 Abs. 1 BGB ist auf eine klare, verständliche und präzise Formulierung zu achten, die Zweck und Umfang der Datenübermittlung sowie den Empfängerkreis deutlich macht. Bedient sich das Kreditinstitut bei einer nachträglichen AGB-Änderung einer Erklärungsfiktion gemäß § 308 Nr. 5 BGB, darf diese den Kunden nicht unangemessen benachteiligen. Die Bank muss ein berechtigtes Interesse an der Änderung haben und ihre Notwendigkeit darf bei Vertragsschluss mit dem Kunden nicht vorhersehbar gewesen sein.26 24 25 26
Oben S. 354–368. Oben S. 373–392. Oben S. 392–414.
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Die Bankauskunft als Ausnahme von der Verschwiegenheit: Das Bankgeheimnis wird durch eine zulässige Bankauskunft durchbrochen. Von Bedeutung ist dies vor allem bei Geschäftskunden, über die das Kreditinstitut Auskünfte erteilen darf, solange keine anderslautende Weisung vorliegt.27 Die Wahrnehmung berechtigter Interessen als Vertraulichkeitsschranke: Die Wahrnehmung berechtigter Interessen ist keine generelle Schranke für das Bankgeheimnis, sondern kommt nur bei gesetzlich ausgeformten Grenzen sowie v. a. im Rahmen anerkannter Rechtfertigungsgründe (Notwehr, Notstand) zum Tragen.28 Dies gilt vor allem für Interessen der Allgemeinheit.29 Die Berücksichtigung der Eigeninteressen der Bank als Grenze der Verschwiegenheit: Grundsätzlich gilt dies auch für Eigeninteressen des Kreditinstituts. Bei letzteren wird das Bankgeheimnis allerdings durch die Leistungsbeziehung überlagert. Deshalb ist zu unterscheiden: Liegt keine Pflichtverletzung des Kunden vor und geht es nicht um eine Anspruchsdurchsetzung durch die Bank, ist eine Interessenabwägung verfehlt.30 Erlaubt ist eine Datenweitergabe lediglich, soweit die Bank die Informationen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten an Dritte (z. B. einem Steuerberater) mitteilen muss, soweit dies zur eigenen Rechtsverfolgung notwendig ist oder soweit dies dem Zweck der Geschäftsverbindung zum Kunden eindeutig entspricht.31 Eine andere Situation liegt vor, wenn eine Offenbarung zum Schutz des Äquivalenzinteresses erforderlich ist. In diesem Fall ist eine Durchbrechung zulässig.32 Dies bedeutet, dass die Bank bei der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Not leidenden Forderungen gegen den Kunden keine Nachteile durch die Verschwiegenheitspflicht haben darf. Doch muss die Durchbrechung des Bankgeheimnisses zur Sicherung des Leistungsinteresses unerlässlich sein. Bei der außergerichtlichen Durchsetzung ist deshalb der Vorrang der Dispositionsfreiheit des Kunden zu beachten, d. h. dem Kunden ist vor der Datenübermittlung die Möglichkeit einzuräumen, das Leistungsinteresse anderweitig zu befriedigen. Notwendig ist daher ein entsprechender Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Leistungsgefährdung, damit dem Kunden ermöglicht wird, einen Geheimnisbruch zu verhindern. Zulässig ist eine Preisgabe von kundenbezogenen Informationen ferner, wenn der 27 28 29 30 31 32
Oben Oben Oben Oben Oben Oben
S. S. S. S. S. S.
414–419. 419–432. 432–436. 436–473. 449–459. 459–469.
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Kunde die Bank in einem zivil- oder strafrechtlichen Verfahren angreift und das Kreditinstitut sich hiergegen verteidigt.33 Die Berücksichtigung der Interessen anderer Kunden: Einen Konflikt mit Interessen anderer Kunden hat die Bank zu vermeiden. Insbesondere muss sie dafür Sorge tragen, dass sie keine Aufklärungsansprüche entstehen lässt, deren Erfüllung zu einem Geheimnisbruch bei einem anderen Kunden führen kann. Regelmäßig ist dies durch den Aufbau von Informationsschranken zwischen den einzelnen Funktionsbereichen der Bank möglich. Lässt sich die Kollision für das Kreditinstitut nicht verhindern, genießt das Bankgeheimnis gegenüber einer Warnpflicht Vorrang, weil die Bank eine neutrale Dritte im Verhältnis der Kunden zueinander darstellt. Zum gleichen Ergebnis kommt man im Kern bei der Frage, ob sonstigen Dritten Auskunftsansprüche gegen die Bank zustehen. Über den Kundenwillen hinaus ist dies grundsätzlich zu verneinen.34 Die rechtlichen Wirkungen des Bankgeheimnisses: Der Charakter des Bankgeheimnisses als Schutzpflicht hindert seine Klagbarkeit nicht. Der Kunde kann einen Primäranspruch auf Einhaltung der Verschwiegenheit in Form einer Unterlassungsklage geltend machen. Dies geschieht unter den hierfür anerkannten Voraussetzungen. Insbesondere muss ein Bedürfnis für einen präventiven Schutz bestehen.35 Die Rechtsfolgen eines Verstoßes für Verfügungsgeschäfte: Das Bankgeheimnis hat keine dingliche Wirkung. Seine Verletzung wirkt sich nicht auf Verfügungsgeschäfte aus. Sie führt also nicht zur Nichtigkeit einer Forderungsabtretung, wenn mit ihr eine Offenlegung der Schuldnerdaten an den Zessionar einhergeht. Die Folgen eines solchen Verstoßes beschränken sich im Wesentlichen auf einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB i. V. m. der rechtlichen Sonderverbindung zwischen Bank und Kunde. Grundsätzlich ist nur der Vertrauensschaden zu ersetzen.36 Zu Fragen der Kausalität: Probleme bei der Durchsetzung eines solchen Anspruchs ergeben sich in erster Linie im Bereich der Kausalität und des Beweisrechts. Bei einem schadensträchtigen Geheimnisbruch handelt es sich immer um einen psychisch vermittelten Vorgang, bei dem die Schadenszurechnung zum Erstschädiger (Bank) Schwierigkeiten aufwirft. Für das Bankgeheimnis lassen sich die zur psychisch vermittelten Kausalität entwickelten Zurechnungskriterien fruchtbar machen. In die Kausalitätsprü33 34 35 36
Oben Oben Oben Oben
S. S. S. S.
469–472. 473–482. 502–516. 516–529.
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fung muss vor allem die Tatsache einfließen, dass die Bank wegen ihrer beruflichen Stellung eine besondere Autorität genießt, ein Mitteilungsempfänger den Informationen daher ein hohes Gewicht beimisst und die Bank diese Gefahrenquelle für den Kunden beherrscht.37 Die sonstigen Wirkungen des Bankgeheimnisses: Bei einem Verstoß gegen das Bankgeheimnis können dem Kunden zudem ein Widerrufsanspruch, ein Recht zur außerordentlichen Kündigung sowie der Einwand des Rechtsmissbrauchs zustehen. Aufsichtsrechtliche Maßnahmen kommen grundsätzlich in Betracht. Schließlich kann das Kreditinstitut das Bankgeheimnis als Mittel einsetzen, um das Kundenvertrauen zu stärken.38
37 38
Oben S. 536–549. Oben S. 554–561.
Literaturverzeichnis Die Arbeit zitiert Monographien und Aufsätze grundsätzlich ohne Titel. Besteht die Gefahr einer Verwechslung oder erscheint es aus anderen Gründen notwendig, verwenden die Fundstellenangaben ausnahmsweise Kurztitel. Diese sind im folgenden Literaturverzeichnis in eckige Klammern gesetzt. Bei den einzelnen Autoren wird die Kommentarliteratur nachfolgend nur verkürzt genannt; eine ausführliche Zitierung findet sich beim jeweiligen Kommentar. Festschriften werden mit „FS“ sowie dem Nachnamen des Jubilars abgekürzt. Achenbach, Hans/Schröder, Christian: Straflosigkeit des Offenbarens und Verwertens von Angaben über Millionenkredite (§§ 55a, 55b i. V. m. § 14 KWG), ZBB 2005, S. 135–140. Adolff, Johannes: Abtretungsverbot und Bankgeheimnis, in: Festschrift für Andreas Heldrich zum 70. Geburtstag, München 2005, S. 3–9. Adolph Finanzplanung Wirtschaftsberatung Dienstleistungsgesellschaft mbH: Praktisch kein Bankgeheimnis mehr in Deutschland – was ist passiert und wie kann man sich vor dem Kontrollwahn schützen?, abrufbar unter http://www. afw-gmbh.de/archiv/bankgeheimnis/bankgeheimnis.html (Abrufdatum: 18. August 2007). Ahrens, Claus: Persönlichkeitsrecht und Freiheit der Medienberichterstattung, Berlin 2002. Aigner, Kathrin: s. Bütter, Michael. Alff, Richard: Kommentierung in: RGRK BGB, s. dort. Allgemeiner Deutscher Bankiertag: Verhandlungen des V. Allgemeinen Deutschen Bankiertages, Berlin/Leipzig 1920. – Verhandlungen des VI. Allgemeinen Deutschen Bankiertages, Berlin/Leipzig 1925. Altmeppen, Holger: Haftung der Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft für Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, ZIP 1995, S. 881–891. App, Michael: Kommentierung in: FK-Inso, s. dort. Armbrüster, Christian: Kommentierung in: MünchKomm BGB, s. dort. Arndt, Herbert/Lerch, Klaus/Sandkühler, Gerd: Bundesnotarordnung, 4. Aufl., Köln u. a. 2000. Assmann, Heinz-Dieter: Kommentierung in: Assmann/Schneider, s. dort. – Anmerkung zu Hessischer VGH, Beschluss vom 16. März 1998, AG 1998, S. 438–441.
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Urteilsverzeichnis Die vorstehende Dissertation hat eine umfassende Auswertung der relevanten Rechtsprechung vorgenommen. Im Folgenden sind alle verwendeten Urteile nach Gerichten und innerhalb der Gerichte chronologisch aufgeführt. Bei den höchstrichterlichen Entscheidungen sind – soweit möglich – die Fundstellen der jeweiligen amtlichen Sammlung angegeben. I. Bundesverfassungsgericht Datum
Aktenzeichen
Fundstelle(n)1
Seite(n)
10.10.1961
2 BvL 1/59 (Beschluss)
BVerfGE 13, 153
133
12.1.1967
1 BvR 169/63 (Beschluss)
BVerfGE 21, 73
133
18.2.1970
1 BvR 226/69 (Beschluss)
BVerfGE 28, 21
90
24.2.1971
1 BvR 435/68 (Beschluss)
BVerfGE 30, 173
361
16.3.1971
1 BvR 52, 665, 667, 754/66
BVerfGE 30, 292
422
5.6.1973
1 BvR 536/72 (Urteil)
BVerfGE 35, 202
149
15.1.1974
1 BvL 5, 6, 9/70 (Beschluss)
BVerfGE 36, 281
150
11.2.1976
2 BvL 2/73 (Beschluss)
BVerfGE 41, 314
133
3.6.1980
1 BvR 797/78 (Beschluss)
BVerfGE 54, 208
236
22.10.1980
2 BvR 1172, 1238/79 (Beschluss)
BVerfGE 55, 144
133
22.6.1982
1 BvR 1376/79 (Beschluss)
BVerfGE 61, 1
60
15.12.1983
1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83 (Urteil)
BVerfGE 65, 1
148, 149, 154
25.1.1984
1 BvR 272/81 (Beschluss)
BVerfGE 66, 116
430
17.7.1984
2 BvE 11/83, 15/83 (Urteil)
BVerfGE 67, 100
149
6.10.1987
1 BvR 1086, 1468, 1623/82 (Beschluss)
BVerfGE 77, 84
150
14.10.1987
1 BvR 1244/87 (Beschluss)
BVerfGE 77, 121
149, 150
7.2.1990
1 BvR 26/84 (Beschluss)
BVerfGE 81, 242
72, 148, 154, 400
9.10.1991
1 BvR 1555/88 (Beschluss)
BVerfGE 85, 1
236, 430
19.10.1993
1 BvR 567/89, 1044/89 (Beschluss)
BVerfGE 89, 214
73, 76, 400
5.8.1994
1 BvR 1402/89 (Kammerbeschluss)
NJW 1994, 2749
73
1 Die unveröffentlichten Kammerbeschlüsse des Bundesverfassungsgerichts sind im Internet unter www.bundesverfassungsgericht.de abrufbar.
616
Urteilsverzeichnis
13.2.1996
1 BvR 262/91 (Beschluss)
BVerfGE 94, 1
236
2.5.1996
1 BvR 696/96 (Kammerbeschluss)
NJW 1996, 2021
72
22.5.1996
1 BvR 744/88, 60/89, 1519/91 (Beschluss)
BVerfGE 94, 372
160
22.1.1997
2 BvR 1915/91 (Beschluss)
BVerfGE 95, 173
160, 422
24.3.1998
1 BvR 131/96 (Beschluss)
BVerfGE 97, 391
236
10.11.1998
1 BvR 1531/96 (Beschluss)
BVerfGE 99, 185
236
9.11.1999
1 BvR 653/96 (Urteil)
BVerfGE 101, 361
422
23.2.2000
1 BvR 456/95 (Kammerbeschluss)
NJW-RR 2000, 1209
236
26.4.2000
2 BvR 1881/99 u. a. (Kammerbeschluss)
NJW 2000, 3417
133
9.10.2000
1 BvR 1839/95 (Kammerbeschluss)
NJW-RR 2001, 411
236
6.2.2001
1 BvR 12/92 (Urteil)
BVerfGE 103, 89
400
5.4.2001
1 BvR 932/94 (Kammerbeschluss)
NJW 2001, 2957
361
14.12.2001
2 BvR 152/01 (Kammerbeschluss)
NJW 2002, 2164
149, 150
27.5.2002
2 BvR 742/02 (Kammerbeschluss)
DB 2002, 2588
150
29.7.2003
1 BvR 1964/00 (Kammerbeschluss)
BVerfGK 1, 285
422
5.2.2004
1 BvR 2087/03, 2111/03 (Kammerbeschluss)
BVerfGK 2, 298
151
30.3.2004
2 BvR 1520/01, 1521/01 (Urteil)
BVerfGE 110, 226
161
8.3.2005
1 BvR 2561/03 (Beschluss)
BVerfGE 112, 255
161
22.3.2005
1 BvR 2357/04, 1 BvQ 2/05 (Beschluss)
BVerfGE 112, 284
41
12.4.2005
2 BvR 1027/02 (Beschluss)
BVerfGE 113, 29
154, 161
25.7.2005
1 BvR 2501/04 (Kammerbeschluss)
n. v.
72
6.6.2006
1 BvR 3/05 (Kammerbeschluss)
n. v.
422
22.8.2006
1 BvR 1168/04 (Kammerbeschluss)
n. v.
361
19.10.2006
1 BvR 402/06 (Kammerbeschluss)
n. v.
361
13.6.2007
1 BvR 1550/03, 2357/04, 603/05 (Beschluss)
BVerfGE 118, 168
42
11.7.2007
1 BvR 1025/07 (Kammerbeschluss)
ZIP 2007, 2348
150, 325
II. Reichsgericht Datum
Aktenzeichen
Fundstelle(n)
Seite(n)
1.10.1881
2394/86
RGSt 14, 345
257
18.4.1885
(n. v.; 1. Senat)
SeuffArch 41 (1885), 155 (Nr. 100)
92, 142
25.6.1890
I. 96/90
RGZ 28, 238
72
31.1.1891
I. 254/90
RGZ 27, 118
92
Urteilsverzeichnis
617
2.11.1893
IV. 159/93
Gruchot 38 (1894), 497 (Nr. 32)
226, 232
26.6.1894
1828/94
RGSt 26, 5
364
9.10.1895
V. 94/95
SeuffArch 51 (1895), 227 (Nr. 144)
196, 200, 226, 232
9.7.1900
1851/00
RGSt 33, 354
208
18.9.1901
V. B. 130/01
SeuffArch 56 (1901), 476 (Nr. 266)
226
27.10.1902
VI. 201/02
RGZ 52, 365
119
10.12.1902
V. 241/02
RGZ 53, 168
196
19.1.1903
VI. 268/02
RGZ 53, 315
373, 433, 492, 493
24.4.1903
II. 74/03
RGZ 54, 323
493
9.5.1903
V. 114/03
RGZ 54, 360
196, 200, 250, 251
19.5.1903
VII. Bs 77/03
JW 1903, 271 (Nr. 7)
226
15.10.1904
I. 118/04
RGZ 59, 85
270
5.1.1905
III. 264/04
JW 1905, 138 (Nr. 16)
119
16.5.1905
370/05
RGSt 38, 62
364
31.5.1905
I. 671/04
JW 1905, 502 (Nr. 35)
119
13.10.1905
II. 661/04
JW 1905, 718 (Nr. 8)
328
16.3.1906
III. 342/05
JW 1906, 332 (Nr. 7)
119
18.1.1907
II. B. 4/1907
Gruchot 52 (1908), 445 (Nr. 20)
171
7.11.1908
I. 638/07
RGZ 69, 401
379
28.9.1909
I. 578/08
Das Recht 1909, Nr. 3057
119
28.1.1910
II. 212/09
RGZ 72, 393
507
7.12.1911
VI. 240/11
RGZ 78, 239
111, 112
21.10.1913
II. 451/13
JW 1914, 714 (Nr. 82)
61
15.12.1913
VI. 307/13
Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 10, S. 170
193
19.1.1914
VI. 366/13
Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 11, S. 190
416
13.2.1914
VII. 445/13
JW 1914, 528 (Nr. 6)
328
28.4.1914
III. 527/13
Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 18, S. 309
51, 55, 78, 80, 91, 200, 205, 232, 360, 539
14.5.1914
VI. 110/1914
Bank-Archiv XIII. Jahrgang Nr. 19, S. 327
78, 91, 205
25.10.1914
VI. 291/14
Bank-Archiv XIV. Jg. Nr. 11, S. 196
415, 416
23.2.1915
II. 498/14
RGZ 86, 252
268
10.3.1915
I. 211/14
RGZ 86, 315
249
4.2.1916
VII. 368/15
JW 1916, 959 (Nr. 3)
328
618
Urteilsverzeichnis
30.10.1916
VI. 240/16
Bank-Archiv XVI. Jahrgang Nr. 5, S. 93
55, 415, 416
23.5.1917
V. 29/17
RGZ 90, 273
328
4.3.1920
VI 381/19
RGZ 98, 210
279
23.3.1921
VI 543/20
RGZ 102, 38
119
19.9.1921
VI 191/21
RGZ 102, 372
119, 263
28.10.1922
I 11/22
RGZ 105, 302
119
24.2.1923
I 141/22
RGZ 106, 318
85
10.7.1923
II 719/24
RGSt 57, 361
61
7.10.1925
I 481/24
RGZ 111, 345
304
3.2.1926
I 192/25
RGZ 113, 70
360
19.3.1926
I 532/25
RGSt 60, 139
254
23.6.1926
V 487/25
RGZ 114, 155
103
4.2.1928
I 94/27
RGZ 120, 121
119
1.3.1928
VI 258/27
RGZ 120, 249
108, 115
13.7.1928
III 49/28
RGZ 121, 404
286
20.10.1928
I 72/28
Bank-Archiv XXVIII. Jg. Nr. 14 (1929), S. 258
188
22.10.1929
VII 147/29
RGZ 126, 50
55, 78, 92, 131, 215, 358, 416, 416, 478
10.2.1930
VI 270/29
RGZ 127, 218
278, 279, 281
3.3.1930
VI 193/29
Bank-Archiv XXIX. Jg. Nr. 13 (1930), S. 256
415
5.6.1930
IV 474/29
RGZ 129, 190
61
20.10.1930
VIII 229/30
RGZ 130, 143
72
8.11.1930
IX 216/30
Bank-Archiv XXX. Jg. Nr. 11 (1930), S. 245
417
22.5.1931
II 402/30
RGZ 133, 51
507
30.10.1931
VII 116/31
RGZ 134, 225
330
29.4.1932
VII 399/31
HRR 1932 Nr. 1794
373
12.12.1932
VIII 431/32
RGZ 139, 103
44, 131, 222, 417, 477, 478
26.9.1933
I 36/33
RGSt 67, 299
257
5.12.1934
V 163/34
Bank-Archiv XXXIV. Jg. Nr. 14 (1934), S. 326
78, 91, 205, 210, 222, 417, 433, 434, 445
22.11.1935
II 128/35
RGZ 149, 329
59
24.1.1936
II 160/35
JW 1936, 1953 (Nr. 10)
328
3.4.1936
VII 295/35
Bank-Archiv XXXV. Jg. Nr. 21 (1935), S. 490
447
Urteilsverzeichnis
619
15.3.1938
VII 221/37
JW 1938, 1329
328
14.3.1939
III 128/37
RGZ 162, 129
108
5.10.1939
V 87/39
RGZ 161, 330
111, 360
1.3.1940
1 D 60/40
RGSt 74, 105
254
6.5.1942
III 6/42
RGZ 169, 353
548
III. Bundesgerichtshof Datum
Aktenzeichen
Fundstelle(n)
Seite(n)
11.4.1951
II ZR 68/50
BGHZ 1, 383
281
11.5.1951
I ZR 106/50
BGHZ 2, 138
548
29.5.1951
I ZR 65/50
BGHZ 2, 218
93
9.10.1951
1 StR 159/51
BGHSt 1, 366
446, 459, 469, 472
26.10.1951
I ZR 8/51
BGHZ 3, 270
72
13.12.1951
IV ZR 123/51
BGHZ 4, 192
548
28.4.1952
III ZR 118/51
BGHZ 5, 378
281, 286
28.5.1952
II ZR 253/51
DB 1952, 553
111
20.6.1952
V ZR 34/51
BGHZ 6, 330
112
25.9.1952
III ZR 322/51
BGHZ 7, 198
547, 548
25.10.1952
I ZR 48/52
BGHZ 7, 365
330
29.10.1952
II ZR 283/51
BGHZ 7, 371
108
28.11.1952
I ZR 21/52
BGHZ 8, 142
72, 72, 181, 188
28.4.1953
I ZR 47/52
BGHZ 9, 301
119
17.6.1953
VI ZR 51/52
BGHZ 10, 104
554
26.10.1953
I ZR 156/52
BB 1953, 993 = DB 1953, 1031 = NJW 1954, 72 (unterschiedliche Abdrucke; ausführliche Veröffentlichung nur bei juris, Abrufdatum: 11.10.2007)
92, 113, 131, 200, 201, 273, 360, 461, 470
24.2.1954
VI ZR 315/52
NJW 1954, 874
281
25.5.1954
I ZR 211/53
BGHZ 13, 334
149
9.11.1955
IV ZR 196/54
BGHZ 19, 12
72
25.4.1956
VI ZR 34/55
NJW 1956, 1193
300
15.5.1956
1 StR 55/56
MDR 1956, 625
446, 459, 471
22.6.1956
I ZR 198/54
BGHZ 21, 102
72
29.10.1956
VII ZR 6/56
VersR 1957, 60
547, 548
22.11.1956
II ZR 39/55
WM 1957, 30
93
620
Urteilsverzeichnis
20.12.1956
VII ZR 279/56
BGHZ 23, 53
519, 523
31.1.1957
II ZR 41/56
BGHZ 23, 222
93
14.2.1957
VII ZR 287/56
BGHZ 23, 319
553
2.4.1957
VI ZR 9/56
BGHZ 24, 72
430
28.5.1957
VI ZR 136/56
BGHZ 24, 325
281
28.11.1957
VII ZR 42/57
BGHZ 26, 142
517
20.2.1958
VII ZR 76/57
BGHZ 26, 365
297
10.3.1958
II ZR 33/57
WM 1958, 588
93
17.4.1958
VII ZR 435/56
WM 1958, 1080
108
12.5.1958
II ZR 103/57
BGHZ 27, 241
103, 113, 191, 192, 195, 200, 372, 529, 535
2.6.1958
II ZR 142/57
WM 1958, 871
93
14.7.1958
II ZR 147/57
WM 1958, 1078
93
28.10.1958
VI ZR 221/57
VersR 1959, 107
542
5.12.1958
VI ZR 266/57
BGHZ 29, 33
393
16.1.1959
VI ZR 179/57
BGHZ 29, 176
547, 548
22.1.1959
III ZR 148/57
BGHZ 29, 207
548
30.4.1959
III ZR 4/58
NJW 1959, 1316
548
15.5.1959
VI ZR 109/58
VersR 1959, 645
288
1.7.1960
I ZR 72/59
GRUR 1961, 40
59
20.10.1960
II ZR 141/59
WM 1960, 1321
475, 479, 480
7.11.1960
VII ZR 148/59
BGHZ 33, 247
281, 286, 294, 297
17.11.1960
VII ZR 56/59
BGHZ 33, 293
118
9.3.1961
II ZR 105/60
WM 1961, 510
475
26.9.1961
VI ZR 92/61
NJW 1962, 31
291, 358
24.10.1961
VI ZR204/60
BGHZ 36, 77
149
19.6.1962
I ZB 10/61
BGHZ 37, 219
90
6.6.1963
VII ZR 230/61
WM 1963, 990
380
11.7.1963
III ZR 44/62
VersR 1963, 1175
548
16.10.1963
VIII ZR 28/62
NJW 1964, 33
292
14.11.1963
III ZR 19/63
BGHZ 40, 288
196, 362, 365
30.4.1964
VII ZR 156/62
BGHZ 41, 318
171
13.5.1964
VIII ZR 244/62
WM 1964, 849
486
3.6.1965
VII ZR 13/64
veröffentlicht nur bei LexisNexis, Abrufdatum: 11.10.2007
427
Urteilsverzeichnis
621
6.7.1965
VI ZR 47/64
NJW 1965, 1955
281
22.11.1965
VII ZR 191/63
NJW 1966, 498
115
25.11.1965
Ia ZB 28/64
BGHZ 44, 346
90
3.3.1966
II ZR 18/64
BGHZ 45, 193
93
16.6.1966
II ZR 27/64
WM 1966, 973
93
12.7.1966
VI ZR 1/65
WM 1966, 1148
108, 118
19.10.1966
I b ZR 156/64
NJW 1967, 46
426
20.2.1967
III ZR 134/65
BGHZ 47, 207
405
18.10.1967
Ib ZR 169/65
WM 1967, 1142
188
13.12.1967
Ib ZR 168/65
WM 1968, 214
188
22.1.1968
VIII ZR 195/65
BGHZ 49, 350
281
20.3.1968
I ZR 44/66
BGHZ 50, 133
361
8.10.1968
VI ZR 168/67
NJW 1968, 2288
392, 434
26.11.1968
VI ZR 212/66
BGHZ 51, 91
142, 283, 292, 294
3.12.1968
VI ZR 213/66
WM 1969, 247
82
5.5.1969
II ZR 263/67
BGHZ 52, 61
409, 410
13.1.1970
VI ZR 121/68
NJW 1970, 511
542
22.5.1970
V ZR 130/67
BGHZ 54, 71
427
6.7.1970
II ZR 85/68
WM 1970, 1021
108
27.10.1970
VI ZR 62/69
NJW 1971, 134
542, 545
1.12.1970
VI ZR 118/69
WM 1971, 206
108
4.3.1971
VII ZR 40/70
BGHZ 55, 392
265
15.6.1971
VI ZR 262/69
BGHZ 56, 269
281, 286, 292
14.7.1971
VIII ZR 49/70
NJW 1971, 1747
439
6.10.1971
VIII ZR 165/69
BGHZ 57, 108
557
15.11.1971
VIII ZR 62/70
NJW 1972, 150
125
24.11.1971
VIII ZR 81/70
NJW 1972, 251 (= BGHZ 57, 292 – relevante Passage in amtlicher Sammlung nicht abgedruckt)
483
24.11.1971
V ZR 136/69
WM 1972, 72
92
16.2.1972
VI ZR 128/70
BGHZ 58, 162
542
20.6.1972
VI ZR 26/71
BGHZ 59, 76
188
5.12.1972
VI ZR 120/71
VersR 1973, 247
109, 118
22.2.1973
VII ZR 119/71
BGHZ 60, 221
115
22.2.1973
VI ZR 2/72
WM 1973, 1017
476
25.6.1973
II ZR 26/72
BGHZ 61, 176
111
622
Urteilsverzeichnis
4.7.1973
VIII ZR 59/72
WM 1973, 892
93, 113, 557
5.7.1973
VII ZR 12/73
BGHZ 61, 118
547
19.9.1973
VIII ZR 175/72
BGHZ 61, 227
281, 283, 290, 292
28.1.1974
III ZR 185/71
WM 1974, 272
137
14.5.1974
VI ZR 48/73
NJW 1974, 1503
142
9.10.1974
VIII ZR 190/73
BGHZ 63, 87
93
5.11.1974
VI ZR 100/73
BGHZ 63, 140
67
12.12.1974
III ZR 76/70
BGHZ 63, 319
548
21.1.1975
VIII ZR 101/73
BGHZ 63, 382
136
13.2.1975
VI ZR 92/73
NJW 1975, 867
281
10.12.1975
VIII ZR 306/74
WM 1976, 108 (= BGHZ 65, 368 – gekürzter Abdruck in der amtlichen Sammlung)
486
28.1.1976
VIII ZR 246/74
BGHZ 66, 51
111, 126, 142, 280, 281, 291
30.3.1976
VI ZR 21/74
BB 1976, 855
115
30.6.1976
VIII ZR 267/75
DB 1976, 1616
405
11.1.1977
VI ZR 261/75
NJW 1977, 2073
280
23.2.1977
IV ZR 75/76
VersR 1977, 446
412
28.2.1977
II ZR 52/75
BGHZ 69, 82
281
4.3.1977
I ZR 117/75
WM 1977, 1206
483
4.4.1977
VIII ZR 217/75
BGHZ 68, 289
388
28.4.1977
II ZR 208/75
WM 1977, 781
380
18.10.1977
VI ZR 171/76
NJW 1978, 751
228
7.12.1977
VIII ZR 164/76
BGHZ 70, 86
523
19.12.1977
II ZR 164/76
BGHZ 70, 337
115
22.12.1977
VII ZR 45/77
BGHZ 70, 193
330
15.2.1978
VIII ZR 47/77
BGHZ 70, 327
283, 299
1.3.1978
VIII ZR 70/77
NJW 1978, 1519
404
8.6.1978
III ZR 136/76
BGHZ 72, 92
479
20.6.1978
VI ZR 66/77
WM 1978, 999
72, 93, 321, 445, 446
7.2.1979
VIII ZR 279/77
BGHZ 73, 259
523
12.2.1979
II ZR 177/77
WM 1979, 548
108
20.2.1979
VI ZR 189/78
WM 1979, 428
84, 542
22.3.1979
VII ZR 259/77
BGHZ 74, 103
83, 119
11.5.1979
II ZR 89/76
NJW 1979, 1983
112
Urteilsverzeichnis
623
15.5.1979
VI ZR 230/76
BGHZ 74, 281
109, 123, 130
6.6.1979
VIII ZR 255/78
BGHZ 74, 379
483
5.2.1980
VI ZR 169/79
NJW 1980, 1792
129
21.5.1980
VIII ZR 107/79
BGHZ 77, 167
344
22.5.1980
II ZR 209/79
BGHZ 77, 172
120
6.10.1980
II ZR 60/80
BGHZ 79, 337
115, 119, 146
7.10.1980
VI ZR 176/7
BGHZ 78, 209
547
18.11.1980
VI ZR 215/78
VersR 1981, 161
541
13.5.1982
III ZR 164/80
NJW 1982, 2768
517
17.5.1982
VII ZR 316/81
BGHZ 84, 109
404
16.9.1982
X ZR 54/81
MDR 1983, 128
379
10.3.1983
4 StR 375/82
BGHSt 31, 264
254–256
22.3.1983
II ZR 114/81
BGHZ 83, 222
118, 119, 146
20.4.1983
VIII ZR 46/82
ZIP 1983, 735
196, 302, 365, 368, 470
31.5.1983
VI ZR 259/81
NJW 1983, 2627
380
7.7.1983
III ZR 159/82
NJW 1984, 436
554
2.11.1983
IVa ZR 20/82
NJW 1984, 355
281, 284, 293, 297
12.3.1984
II ZR 198/82
BGHZ 90, 287
450
23.5.1984
VIII ZR 27/83
NJW 1985, 850
403
4.7.1984
IVa ZB 18/83
BGHZ 91, 392
196, 361
8.1.1985
X ZR 18/84
BGHZ 93, 191
379
4.7.1985
III ZR 144/84
ZIP 1985, 1315
354
19.9.1985
III ZR 213/83
BGHZ 95, 362
373, 394, 398, 406, 419, 429, 453
10.10.1985
IX ZR 153/84
NJW 1986, 581
284
17.10.1985
IX ZR 168/84
WM 1986, 11
488
24.10.1985
IX ZR 91/84
BGHZ 96, 157
546
18.12.1985
IVa ZR 21/84
WM 1986, 426
447, 471
29.9.1986
II ZR 283/85
WM 1986, 1409
475
26.11.1986
IVa ZR 86/85
NJW 1987, 1758
281, 284, 297
4.3.1987
IV a ZR 122/85
BGHZ 100, 117
83
9.4.1987
III ZR 84/86
NJW 1987, 2011
403
7.5.1987
IX ZR 198/85
NJW-RR 1987, 1291
487, 488
8.5.1987
V ZR 89/86
BGHZ 101, 29
404
624
Urteilsverzeichnis
14.7.1987
IX ZR 57/86
WM 1987, 1127
483
16.9.1987
VIII ZR 334/86
BGHZ 101, 337
265
22.10.1987
IX ZR 267/86
NJW 1988, 3205
488
30.10.1987
V ZR 174/86
BGHZ 102, 152
403
7.6.1988
IX ZR 144/87
BGHZ 104, 355
545, 547
28.6.1988
VI ZR 288/87
BGHZ 105, 45
393
6.7.1988
VIII ARZ 1/88 (Rechtsentscheid)
BGHZ 105, 71
404
14.7.1988
IX ZR 115/87
WM 1988, 1301
92
20.9.1988
VI ZR 37/88
NJW 1989, 767
545
28.2.1989
XI ZR 91/88
BGHZ 107, 104
268, 269, 354, 474, 484
16.3.1989
IX ZR 171/88
NJW 1989, 1605
487
1.6.1989
III ZR 277/87
WM 1989, 1368
306
8.6.1989
I ZR 135/87
BGHZ 107, 384
361
22.6.1989
III ZR 72/88
BGHZ 108, 98
73
27.6.1989
XI ZR 52/88
NJW 1989, 2882
479
4.7.1989
VI ZR 217/88
BGHZ 108, 200
533
10.10.1989
KZR 22/88
NJW 1990, 1531
188
24.10.1989
XI ZR 8/89
NJW-RR 1990, 141
111
30.11.1989
III ZR 112/88
BGHZ 109, 260
380, 389
5.12.1989
VI ZR 335/88
BGHZ 109, 297
262, 264
8.12.1989
V ZR 246/87
BGHZ 109, 327
306, 307
13.12.1989
IVa ZR 177/88
NJW-RR 1990, 285
306
15.5.1990
VI ZR 195/89
NZV 1990, 385
170
26.6.1990
X ZR 19/89
NJW 1991, 166
547
9.10.1990
XI ZR 200/89
NJW-RR 1991, 170
488
16.10.1990
XI ZR 165/88
NJW 1991, 352
286
27.11.1990
XI ZR 308/89
NJW 1991, 693
474
23.4.1991
XI ZR 128/90
BGHZ 114, 238
95
10.7.1991
VIII ZR 296/90
BGHZ 115, 123
320, 398, 447, 459, 463, 519
3.12.1991
XI ZR 300/90
BGHZ 116, 209
531
11.12.1991
VIII ZR 4/91
BGHZ 116, 268
320, 340, 519
24.1.1992
V ZR 262/90
BGHZ 117, 104
306–309
7.7.1992
XI ZR 274/91
NJW 1992, 2626
467
22.10.1992
IX ZR 36/92
BGHZ 120, 73
504
Urteilsverzeichnis
625
25.11.1992
VIII ZR 170/91
BGHZ 120, 281
546–548
7.1.1993
IX ZR 199/91
NJW 1993, 1587
72
25.3.1993
IX ZR 192/92
BGHZ 122, 115
320, 365, 383, 398, 429, 459, 519
4.5.1993
VI ZR 283/92
NJW 1993, 2234
541
13.5.1993
IX ZR 234/92
WM 1993, 1251
320, 383
8.7.1993
IX ZR 12/93
NJW 1993, 2795
320, 325–327, 519
14.7.1993
IV ZR 153/92
BGHZ 123, 224
306
30.9.1993
IX ZR 73/93
BGHZ 123, 311
550
28.10.1993
I ZR 220/91
BGHZ 123, 394
127
13.1.1994
IX ZR 79/93
BGHZ 124, 380
467
1.2.1994
VI ZR 229/92
BGHZ 125, 56
548
24.2.1994
IX ZR 93/93
BGHZ 125, 206
73
28.6.1994
VI ZR 153/93
BGHZ 126, 297
281, 284
28.6.1994
VI ZR 273/93
NJW-RR 1994, 1242
228
4.7.1994
II ZR 126/93
NJW 1995, 126
541
13.7.1994
IV ZR 294/93
NJW 1995, 51
281
20.10.1994
IX ZR 116/93
NJW 1995, 449
541
10.11.1994
III ZR 50/94
BGHZ 127, 378
284, 297
16.12.1994
V ZR 114/93
WM 1995, 439
106
12.1.1995
III ZR 136/93
MDR 1995, 706
507, 508
16.3.1995
IX ZR 72/94
NJW 1995, 1668
330
20.3.1995
II ZR 205/94
BGHZ 129, 136
290
27.4.1995
X ZR 60/93
NJW-RR 1995, 936
547, 548
17.5.1995
VIII ZR 94/94
NJW 1995, 2026
340, 519
30.5.1995
XI ZR 78/94
BGHZ 130, 59 (kein vollständiger Abdruck) = NJW 1995, 2219
467
13.6.1995
IX ZR 121/94
NJW 1995, 2551
281
30.6.1995
V ZR 184/94
BGHZ 130, 150
404
11.10.1995
VIII ZR 25/94
NJW 1996, 773
340
21.11.1995
XI ZR 255/94
NJW 1996, 388
467
5.12.1995
X ZR 121/93
WM 1996, 928
328
12.12.1995
XI ZR 10/95
NJW 1996, 847
467
30.1.1996
VI ZR 386/94
BGHZ 132, 13
188
2.2.1996
V ZR 239/94
BGHZ 132, 30
306–308
626
Urteilsverzeichnis
7.3.1996
IX ZR 169/95
NJW-RR 1996, 781
538
12.3.1996
VI ZR 12/95
BGHZ 132, 164
541
21.3.1996
IX ZR 195/95
WM 1996, 834
93
30.4.1996
VI ZR 55/95
BGHZ 132, 341
541
20.5.1996
II ZR 190/95
NJW 1996, 2576
519
22.5.1996
VIII ZR 194/95
WM 1996, 1815
320, 340, 519
2.7.1996
X ZR 104/94
BGHZ 133, 168
278, 281, 284, 290, 299
15.4.1997
XI ZR 105/96
BGHZ 135, 202
306, 308, 309
22.4.1997
XI ZB 10/97
ZIP 1997, 1104
396
9.7.1997
5 StR 544/96
BGHSt 43, 129
427
13.11.1997
X ZR 144/94
NJW 1998, 1059
293
20.11.1997
IX ZR 286/96
NJW 1998, 982
531
19.12.1997
2 StR 521/97
BGHSt 43, 370
254
27.1.1998
XI ZR 208/97
(n. v.)
517
2.4.1998
III ZR 245/96
BGHZ 138, 257
106, 281, 284
24.6.1998
XII ZR 126/96
NJW 1998, 2900
533
7.7.1998
XI ZR 375/97
NJW-RR 1998, 1343
286
11.2.1999
IX ZR 352-97
NJW 1999, 2032
188
23.2.1999
VI ZR 140/98
NJW 1999, 2736
228
11.3.1999
IX ZR 164/98
BGHZ 141, 116
93
17.3.1999
IV ZR 218/97
BGHZ 141, 153
413
25.3.1999
IX ZR 223/97
BGHZ 141, 173
390
27.4.1999
VI ZR 174/97
NJW-RR 1999, 1251
60
23.9.1999
III ZR 322/98
NJW 2000, 72
494
1.10.1999
V ZR 218-98
NJW 1999, 3777
307
26.10.1999
X ZR 30/98
NJW 2000, 661
546
8.11.1999
II ZR 7/98
NJW 2000, 1329
519
1.12.1999
I ZR 49/97
BGHZ 143, 214
361
2.12.1999
IX ZR 415/98
NJW 2000, 725
284
7.12.1999
VI ZR 51/99
BGHZ 143, 199
188
27.1.2000
I ZR 241/97
ZIP 2000, 1113
401
3.2.2000
III ZR 296/98
BGHZ 143, 362
546
30.3.2000
IX ZR 53/99
NJW 2000, 2814
538
6.6.2000
XI ZR 258/99
BGHZ 144, 349
409
24.7.2000
II ZR 320/98
NJW 2000, 3491
556
Urteilsverzeichnis
627
26.9.2000
X ZR 94/98
BGHZ 145, 187
83, 119, 284
14.10.2000
XI ZR 273/99
NJW-RR 2001, 1420
403
14.11.2000
XI ZR 248/99
BGHZ 146, 37
73
6.12.2000
XII ZR 219/98
NJW 2001, 1217
347
19.12.2000
XI ZR 349/99
BGHZ 146, 235
188
8.1.2001
II ZR 88/99
BGHZ 146, 264
427
6.4.2001
V ZR 394/99
NJW 2001, 2875
533
13.6.2001
VIII ZR 176/00
BGHZ 148, 97
340, 350
26.6.2001
X ZR 231/99
NJW 2001, 3115
281, 284, 294
7.3.2002
VII ZR 41/01
NJW 2002, 2322
541
20.3.2002
IV ZR 93/01
NJW 2002, 2710
405
28.5.2002
5 StR 16/02
BGHSt 47, 318
427
18.7.2002
IX ZR 294/00
BKR 2002, 811
405
17.9.2002
X ZR 237/01
NJW 2002, 3625
283, 284
24.9.2002
XI ZR 345/01
BGHZ 152, 114
93–95, 97
7.11.2002
I ZR 64/00
NJW-RR 2003, 618
59
21.11.2002
V ZB 29/02
BGHZ 153, 22
200
9.1.2003
III ZR 46/02
WM 2003, 1131
541
20.2.2003
III ZR 224/01
BGHZ 154, 54
188
11.3.2003
XI ZR 403/01
BGHZ 154, 146
76
1.4.2003
VI ZR 321/02
BGHZ 154, 316
67
1.4.2003
XI ZR 300/02
BGHR BGB § 765 Abs. 2 (auch veröffentlicht in juris, Abrufdatum: 11.10.2007)
344
30.7.2003
5 StR 221/03
BGHSt 48, 307
427
8.10.2003
XII ZR 50/02
NJW-RR 2004, 123
271, 343
16.10.2003
IX ZB 133/03
ZIP 2003, 2176
390
14.11.2003
2 StR 164/03
NJW 2004, 693
255
4.3.2004
IX ZB 133/03
ZIP 2004, 915 = BGHZ 158, 212 (relevante Passage in der amtlichen Sammlung nicht abgedruckt)
390
20.4.2004
X ZR 250/02
BGHZ 159, 1
284
8.6.2004
X ZR 283/02
NJW 2004, 3420
119, 281, 283– 285, 299
6.7.2004
XI ZR 254/02
WM 2004, 1676
276
13.7.2004
KZR 10/03
GRUR 2005, 62
404
19.7.2004
II ZR 218/03
BGHZ 160, 134
550
14.9.2004
XI ZR 184/03
WM 2004, 2200
276
628
Urteilsverzeichnis
27.10.2004
IV ZR 141/03
NJW-RR 2005, 175
404
16.11.2004
VI ZR 298/03
NJW 2005, 279
60
26.11.2004
V ZR 90/04
NJW-RR 2005, 743
440, 557
9.12.2004
IX ZB 279/03
NJW 2005, 1948
170, 196, 232
11.1.2005
X ZR 163/02
NJW 2005, 1420
541
18.1.2005
XI ZR 201/03
NJW-RR 2005, 634
307–309
17.2.2005
IX ZB 62/04
ZIP 2005, 722
390, 391
7.4.2005
1 StR 326/04
BGHSt 50, 64
200
18.4.2005
II ZR 61/03
NJW 2005, 2546
427
19.4.2005
VI ZR 175/04
NJW-RR 2005, 897
539
14.6.2005
VI ZR 179/04
BGHZ 163, 209
287
9.8.2005
5 StR 67/05
NJW 2005, 3650
427
22.11.2005
XI ZR 226/04
NJW-RR 2006, 490
404
15.12.2005
III ZR 65/05
BGHZ 165, 276
107
11.1.2006
VIII ZR 396/03
NJW-RR 2006, 615
72
24.1.2006
XI ZR 384/03
BGHZ 166, 84 = BKR 2006, 103 = ZIP 2006, 317
40, 174, 176, 178–180, 182, 183, 185–187, 197, 199, 231, 234, 260, 264, 275, 276, 290, 529, 558
9.2.2006
V ZB 172/05
BGHZ 166, 189
200
11.5.2006
III ZR 205/05
NJW-RR 2006, 1345
106
16.5.2006
X ARZ 41/06
NJW-RR 2006, 1289
391
19.5.2006
V ZR 264/05
BGHZ 168, 35
532
22.6.206
III ZR 270/05
GesR 2006, 413
200
23.6.2006
V ZR 147/05
NJW 2006, 3054
106
28.6.2006
XII ZR 50/04
BGHZ 168, 168
550
20.7.2006
IX ZR 94/03
BGHZ 168, 352
200, 545, 547
25.7.2006
X ZR 182/05
NJW 2006, 3137
106
15.11.2006
XII ZR 63/04
NJW-RR 2007, 298
550
23.11.2006
I ZR 276/03
DB 2007, 1408
541
27.2.2007
XI ZR 195/05
BGHZ 171, 180
324, 325, 327, 525, 526, 529, 530
5.7.2007
IX ZB 166/06
veröffentlicht bei juris, Abrufdatum: 11.10.2007
529
Urteilsverzeichnis
629
IV. Bundesarbeitsgericht Datum
Aktenzeichen
Fundstelle(n)
Seite(n)
16.3.1982
3 AZR 83/79
BAGE 41, 21
59
8.5.1996
5 AZR 315/95
BAGE 83, 105
556
17.6.1997
9 AZR 801/95
ZIP 1998, 439
404
24.6.2004
2 AZR 63/03
NJW 2005, 619
188
29.9.2005
8 AZR 571/04
BAGE 116, 78
175
15.11.2005
9 AZR 209/05
NZA 2006, 502
175
V. Bundesverwaltungsgericht Datum
Aktenzeichen
Fundstelle(n)
Seite(n)
29.11.1972
VI C 19.69
BVerwGE 41, 195
256
VI. Oberlandesgerichte Gericht
Datum
Aktenzeichen
Fundstelle(n)
Seite(n)
OLG Bamberg
18.1.1908
(n. v.; I. Zivilsenat)
OLGRspr 17, 160
169, 251
OLG Brandenburg
12.6.2002
1 U 6/02
NJW-RR 2002, 1269
364
OLG Braunschweig
10.8.1992
2 W 88/92
WM 1992, 1912
391
OLG Celle
25.10.1904
3 U. 339/02
SeuffArch 60 (1905), 210 (Nr. 111)
51, 55, 270
OLG Celle
2.1.1908
(n. v.; II. Zivilsenat)
OLGRspr 17, 162
493
OLG Celle
2.11.1988
3 U 191/87
WM 1988, 1815
487, 488
OLG Celle
10.8.1994
21 U 11/94
NJW 1995, 786
519
OLG Celle
10.9.2003
3 U 137/03
WM 2004, 1384
462, 518
OLG Celle
31.8.2005
8 U 60/05
NJW-RR 2006, 174
439
OLG Colmar
28.3.1896
(n. v.; III. Zivilsenat)
JZ Els.-Lothr., 22. Jg., S. 291 ff.
51, 55, 78, 80, 82, 84, 91, 200, 205, 249, 250, 258
OLG Colmar
10.3.1906
(n. v.; III. Zivilsenat)
OLGRspr 13, 159
51, 67, 250
OLG Colmar
12.6.1912
(n. v.; II. Zivilsenat)
OLGRspr 27, 98
268, 269
OLG Colmar
17.2.1914
III. U. 125/13
Bank-Archiv XIII. Jg. Nr. 17, S. 295
415
OLG Dresden
13.2.1888
(n. v.; II. Zivilsenat)
SeuffArch 44 (1889), 107 (Nr. 63)
220, 232
OLG Dresden
16.3.1906
(n. v.; II. Zivilsenat)
OLGRspr 13, 161
269, 373, 447, 492, 493
630
Urteilsverzeichnis
OLG Dresden
19.5.1914
(n. v.; IV. Zivilsenat)
OLGRspr 31, 57
360
OLG Dresden
16.6.1914
(n. v.; X. Zivilsenat)
OLGRspr 31, 58
226, 228, 232
OLG Dresden
19.9.1919
(n. v.; IV. Zivilsenat)
OLGRspr 40, 377
51, 55, 84, 85, 91, 196, 360, 362
OLG Dresden
15.11.2001
7 U 1956/01
WM 2002, 486
76
OLG Dresden
26.1.2004
21 (10) WF 783/03
NJW 2004, 1464
519
OLG Dresden
11.1.2006
8 U 1373/05
ZBB 2006, 215 (nur Leitsätze; Entscheidungsgründe nur bei juris veröffentlicht, Abrufdatum: 11.10.2007)
529
OLG Dresden
4.2.2007
8 U 1954/06
(n. v.)
466, 529
OLG Düsseldorf
25.8.1971
10 W 107/71
DNotZ 1972, 443
459
OLG Düsseldorf
8.4.1982
2 U 176/81
DB 1982, 2030
380
OLG Düsseldorf
22.3.1983
21 U 245/82
BauR 1984, 201
330
OLG Düsseldorf
28.12.1984
6 W 71/84
MDR 1985, 507
196
OLG Düsseldorf
7.9.1993
20 U 224/92
NJW-RR 1994, 438
519, 521, 523
OLG Düsseldorf
9.6.1995
22 U 203/94
NJW-RR 1996, 729
531
OLG Düsseldorf
16.4.2002
4 U 147/01
NJW-RR 2002, 1709
293, 297
OLG Düsseldorf
19.11.2004
I-22 U 71/04
OLGR 2005, 87
508
OLG Düsseldorf
11.5.2005
I-15 U 196/04
veröffentlicht unter http://www.justiz.nrw.de/ ses/nrwesearch.php (Abrufdatum: 11.10.2007)
401
OLG Düsseldorf
11.10.2005
4 U 174/04
RuS 2006, 483
175
6 W 256/61
DNotZ 1961, 612
459
OLG Frankfurt a. M. 18.1.1967
11 U 63/66
OLGZ 1967, 260
72
OLG Frankfurt a. M. 5.6.1984
5 U 188/83
ZIP 1984, 1078
496
OLG Frankfurt a. M. 11.5.1995
1 U 67/94
NJW-RR 1995, 1204
95
OLG Frankfurt a. M. 5.10.1999
8 U 67/99
NStZ 2001, 149
493
OLG Frankfurt a. M. 25.5.2004
8 U 84/04
NJW 2004, 3266
40, 324, 332, 340, 517, 521
OLG Frankfurt a. M. 25.8.2004
13 U 80/02
OLGR 2004, 402
72
OLG Frankfurt a. M. 11.1.2005
3 Ws 1003/04
StV 2005, 204
365
OLG Frankfurt a. M. 19.4.2006
23 U 98/05
veröffentlicht bei juris, Abrufdatum: 11.10.2007
529
OLG Frankfurt a. M. 22.9.2006
9 W 25/06
OLGR 2007, 390
529
OLG Hamburg
20.12.1902
(n. v.; III. Zivilsenat)
OLGRspr 6, 126
168, 394
OLG Hamburg
28.4.1909
(n. v.; V. Zivilsenat)
OLGRspr 19, 110
59
OLG Frankfurt a. M. 2.6.1961
Urteilsverzeichnis
631
OLG Hamburg
18.6.1909
(n. v.; II. Zivilsenat)
OLGRspr 19, 109
226, 232
OLG Hamburg
30.3.1999
7 U 161/97
ZIP 1999, 1628
330
OLG Hamburg
30.10.2000
8 U 247/99
OLGR 2001, 74
382
OLG Hamm
13.12.1913
7 U 321/11
Bank-Archiv XIII. Jahrgang Nr. 19, S. 327
44, 78, 91, 205, 215, 415, 416
OLG Hamm
9.7.1980
5 Ws 28/80
NJW 1981, 695
254, 257
OLG Hamm
1.7.1981
8 U 19/81
NJW 1981, 2473
421
OLG Hamm
16.3.1982
10 U 199/81
ZIP 1982, 1061
475, 488
OLG Hamm
4.5.1992
31 U 186/91
WM 1992, 1100
354
OLG Hamm
15.5.1997
5 U 196/96
(n. v.)
518
OLG Hamm
7.12.1998
31 U 38/98
MDR 1999, 556
277
OLG Hamm
31.5.1999
31 U 6/99
OLGR 2000, 32
397, 491
OLG Hamm
6.2.2006
31 U 133/05
veröffentlicht bei juris (Abrufdatum: 11.10.2007) und unter www.justiz. nrw.de/nrwe/olgs/hamm/ j2006/31_U_133_05. . . (Abrufdatum: 7.9.2007)
529
OLG Karlsruhe
9.4.1970
9 U 86/69
WM 1971, 486
65, 93, 96
OLG Karlsruhe
24.8.1994
6 U 14/94
NJW-RR 1995, 177
307
OLG Karlsruhe
15.10.1997
13 U 8/96
NJW 1998, 831
519
OLG Karlsruhe
25.6.2001
9 U 143/0
DB 2001, 1548
345
OLG Karlsruhe
18.3.2004
16 WF 31/04
FamRZ 2005, 633
106
OLG Karlsruhe
7.11.2005
7 W 62/05
OLGR 2006, 27
170
OLG Koblenz
6.5.1983
2 U 91/82
BB 1983, 1635
409
OLG Köln
24.5.1960
9 U 167/59
MDR 1961, 412
93
OLG Köln
13.7.1968
9 W 47/68
DB 1968, 1533 = MDR 1968, 931 (jeweils nur Leitsätze)
195, 363
OLG Köln
23.11.1984
6 U 217/84
ZIP 1985, 209
303
OLG Köln
11.1.1990
7 U 121/89
NJW-RR 1990, 793
125
OLG Köln
14.3.1990
11 U 210/89
NJW-RR 1990, 755
475
OLG Köln
29.8.1990
27 U 76/90 bestätigt durch BGHZ 115, 123
NJW 1991, 753
519
OLG Köln
8.7.1992
11 U 43/92
BB 1992, 2174
360, 429, 433, 448, 534, 552
OLG Köln
29.7.1993
2 W 73/92
MDR 1993, 1007
390, 391
OLG Köln
18.9.1996
26 U 4/96
NJW-RR 1997, 542
547
OLG Köln
4.7.2000
Ss 254/00
NJW 2000, 3656
200
632
Urteilsverzeichnis
OLG Köln
21.7.2004
13 U 205/03
OLGR 2004, 399
467
OLG Köln
15.9.2005
8 U 21/05
BKR 2005, 450
529
OLG Marienwerder
7.12.1894
(n. v.)
SeuffArch 51 (1894), 358 (Nr. 230)
196, 226, 232
OLG München
4.9.1931
BeschwReg 1177, 1178/31 III
JW 1932, 2176 (Nr. 30)
355
OLG München
26.4.1956
Ws 208/56
DAR 1956, 305 (Nr. 185)
434
OLG München
12.5.1981
25 W 835/81
MDR 1981, 853
233
OLG München
14.2.1986
18 U 5270/85
MittBayNot 1986, 140
470
OLG München
31.10.1986
11 W 1282, 86
GRUR 1987, 33
380
OLG München
19.11.1997
7 U 2511-97
NJW-RR 1998, 758
519
OLG München
5.5.2000
23 U 6086/99 aufgehoben durch BGHZ 148, 97
NJW 2000, 2592
340
OLG München
10.12.2003
21 U 2392/03 teilweise bestätigt durch BGHZ 166, 84
NJW 2004, 224
174, 177, 185, 231, 259
OLG Naumburg
1.10.1929
7 U 246/29
JW 1930, 3490 (Nr. 5)
486
OLG Oldenburg
28.3.1985
3 W 22/85
WM 1985, 748
491
OLG Saarbrücken
25.11.1987
5 U 35/87
VersR 1989, 245
409, 410
OLG Schleswig
18.10.2007
5 U 19/07
ZIP 2007, 2308
254, 258, 420, 427, 429
OLG Stuttgart
11.11.1953
1 U 91/53
MDR 1956, 428
93
OLG Stuttgart
18.10.1982
8 W 388/82
OLGZ 1983, 6
170, 268, 269
OLG Stuttgart
15.12.1993
9 U 216/93
WM 1994, 626
409
OLG Stuttgart
27.8.1998
12 W 50/98
MDR 1999, 192
459
OLG Stuttgart
24.4.2003
16 UF 268/62
ZInsO 2003, 622
106
OLG Stuttgart
6.4.2005
9 U 188/04
EWiR 2005, 783
529
OLG Stuttgart
13.12.2005
6 U 119/05
(veröffentlicht nur in ZIP 2006, 2364 – relevante relevante Passagen nur in LEGIOS veröffentlicht, Abrufdatum: 11.10.2007)
430, 449, 525, 529
OLG Stuttgart
22.1.2007
10 U 189/06
OLGR 2007, 396
552
OLG Zweibrücken
21.9.1984
1 U 244/82
WM 1984, 1635
274
Urteilsverzeichnis
633
VII. Andere Oberlandesgerichte Gericht
Datum
Aktenzeichen
Fundstelle(n)
Seite(n)
Bayerisches Oberstes Landesgericht
26.5.1900
II. 26/1900
BayObLGZ 1, 290
51, 55, 67, 80, 227, 270
Bayerisches Oberstes Landesgericht
17.10.1966
BReg. 1 b Z 64/66
NJW 1967, 206
355
Bayerisches Oberstes Landesgericht
5.2.2003
3Z BR 8/03
NZG 2003, 439
391
Kammergericht
24.6.1901
469/01
KG-Jahrbuch Bd. 22 (1901) Nr. 69
61
Kammergericht
10.6.1902
(n. v.; XI. Zivilsenat)
OLGRspr 6, 128
233
Kammergericht
21.12.1906
1151/06
KG-Jahrbuch Bd. 33 (1907) Nr. 23
61
Kammergericht
28.2.1907
(n. v.; I. Zivilsenat)
OLGRspr 16, 81
61
Kammergericht
2.1.1914
(n. v.; III. Zivilsenat)
OLGRspr 29, 118
192, 361
Kammergericht
12.5.1914
(n. v.; III. Zivilsenat)
OLGRspr 29, 120
269
Kammergericht
27.9.1927
22 W 3507/27
JW 1928, 120
51
Kammergericht
7.10.1993
16 U 4836/93
NJW 1994, 462
446, 459, 498
Kammergericht
29.6.2001
3 Ws 208/01
JR 2001, 480
160
Kammergericht
6.6.2006
4 U 115/05
NZG 2006, 706
529
Kammergericht
6.6.2006
4 U 133/05
veröffentlicht bei juris, Abrufdatum: 11.10.2007
529
Kammergericht
6.6.2006
4 U 121/05
veröffentlicht bei juris, Abrufdatum: 11.10.2007
529
Kammergericht
13.6.2006
6 U 62/06
NJW-RR 2006, 1468
106
VIII. Amts- und Landgerichte Gericht
Datum
Aktenzeichen
Fundstelle(n)
Seite(n)
LG Bielefeld
7.9.1995
22 S 100/95
RDV 1996, 37
302, 530, 534, 535
LG Bochum
25.11.1992
10 S 42/92
NJW 1993, 1535
519
LG Chemnitz
25.5.2007
7 O 1542/06
(n. v.)
466, 529
AG Duisburg
27.9.2000
60 IN 27/00
NZI 2000, 606
388, 389
AG Frankfurt a. M.
4.11.1986
30 C 2582/86 - 45
NJW-RR 1987, 432
490
LG Frankfurt a. M.
25.11.1953
5/7 Qs 183/53
NJW 1954, 688
63
LG Frankfurt a. M.
20.1.1986
2/9 T 1119/85
WM 1986, 1008
387
LG Frankfurt a. M.
17.12.2004
2/21 O 96/02
WM 2005, 1120
423, 435, 524, 526, 529, 530
634
Urteilsverzeichnis
LG Göttingen
22.10.2002
10 T 57/02
NJW-RR 2003, 117
200, 202, 217, 270
AG Hamburg
11.12.1987
65 bN 97/87
WM 1988, 1008
270
LG Hamburg
21.3.1988
76 T 8, 18/88
WM 1988, 1009
270, 274
LG Hamburg
11.8.1988
12 O 510/87
ZIP 1988, 1538
475, 489
LG Hamburg
27.2.2004
309 T 19/04, 910 C 73/04
(n. v.)
76
LG Hamburg
8.12.2005
417 T 16/05
ZIP 2005, 2331
348
LG Itzehoe
10.5.1988
1 S 292/87
WM 1988, 994
387
LG Kleve
20.3.1990
6 S 337/89
NJW 1991, 756
460
LG Koblenz
25.11.2004
3 O 496/03
BKR 2005, 108
333, 435, 521, 523, 525, 526, 529
LG Köln
22.3.1990
1 S 395/89
NJW-RR 1990, 1074
485
LG Leipzig
12.9.2006
4 O 4370/05
(n. v.)
466, 470, 525, 529
LG Leipzig
4.6.2007
4 O 1045/06
(n. v.)
529
LG Lübeck
22.3.1983
5 O 46/81
ZIP 1983, 711
270
LG Mainz
23.7.2003
3 S 42/03
veröffentlicht bei juris, Abrufdatum: 11.10.2007
460, 463, 518
LG München I
15.4.1992
4 0 14107/91
NJW 1992, 2165
382
LG München I
18.2.2003
33 O 8439/02 teilweise bestätigt durch OLG München 21 U 2392/03
NJW 2003, 1046 = BKR 2003, 244
174, 177, 231, 421
LG München II
19.10.1993
2 S 2332/92
NJW-RR 1994, 437
520
LG Münster
16.11.1981
11 KLs 6 Js 82/77 (39/79) aufgehoben durch BGHSt 31, 264
ZIP 1982, 679
254
AG Riesa
25.10.2005
5 C 696/05
NZV 2006, 91
175
LG Stuttgart
6.9.1996
27 O 343/96
NJW 1996, 3347
76
IX. Sonstige Gerichte Gericht
Datum
Aktenzeichen
Fundstelle(n)
Seite(n)
Hessischer VGH
16.3.1998
8 TZ 98/98
AG 1998, 436
243
LAG SchleswigHolstein
7.6.2005
5 Sa 68/05
NZA-RR 2005, 514
508
Sachverzeichnis Abschlussprüfer 385–386 Abtretung von Forderungen siehe Forderungsabtretung Abtretungsverbot siehe Forderungsabtretung Abwägung siehe Güterabwägung Adressaten des Bankgeheimnisses 247 – Berufsstand 247, 252 – Mitarbeiter 248 AGB siehe allgemeine Geschäftsbedingungen AGB-Banken 50, 60, 97, 100, 102, 177, 184–186, 190, 221, 227, 230, 304, 392, 399, 403–405, 410–414, 417, 421, 438, 468, 496, 508, 549, 555 AGB-Sparkassen 50, 60, 100, 121, 190, 304, 403–405, 411–412, 417, 438, 468, 496, 555 allgemein bekannte Tatsachen 363, 366 – andere Schweigepflichtige 365 allgemeine Geschäftsbedingungen 49–50, 54, 75, 90, 99, 121, 135, 180, 304, 378, 405, 563–564 siehe auch AGB-Banken und AGB-Sparkassen – § 305 c Abs. 1 BGB 403–404, 571 – § 305 c Abs. 2 BGB 140, 185, 304, 399, 406, 438, 468 – Änderung 408–409 – Änderungsvorbehalt 411–412 – Auslegung 184 – Bankauskunft 431 – Einbeziehung 95, 99, 140, 564 – Entbindung 400–401, 404 – Kündigungsrecht 555 – Rechtsprechung 408 allgemeines Persönlichkeitsrecht 147
Allgemeininteresse 47, 161, 165, 434 siehe auch Interessen der Allgemeinheit Anscheinsbeweis 549 Anzeigen an die Deutsche Bundesbank 385 Äquivalenzinteresse 105, 143, 413, 441–442, 459, 462, 465–469, 483, 500, 511, 572 arbeitsteilige Organisation 305, 310, 321, 338, 449, 456, 552, 569 Aufklärungspflicht 481, 488, 500 Aufsicht siehe Bankenaufsicht Aufsichtsrat 385–386 Auskunftsersuchen aus dem Ausland 457 Auskunftshaftung 68, 94, 108, 120, 124, 129, 138, 142, 215, 278, 285, 542, 565 Auskunftsverweigerungsrecht, doppelte Schutzrichtung 41 Auslagerung 333–339, 376–378, 403, 422, 449–450, 570 – § 25 a Abs. 2 KWG 333 – Aufsichtsbehörde 377 – Bankpraxis 336 – Erwartungshaltung des Kunden 337–338 – gesetzliche Regelung 376 – Gewohnheitsrecht 338 – inneres Bankgeheimnis 334–335 – Rundschreiben 378 – vertragliche Verschwiegenheit 338 – Weisungsgebundenheit 335 – wirtschaftlicher Vorteil für die Bank 339 – Zulässigkeit 334
636
Sachverzeichnis
äußere Tatsachen 226 außergerichtliche Durchsetzung 464 außerordentliches Kündigungsrecht 554 Bankauskunft 414, 496 – Folgerungen für das Bankgeheimnis 418 – Handelsbrauch 414 – heutiges Verständnis 417 – Reichweite 416 Bankenaufsicht 51–52, 121–122, 163, 250, 319, 385–386, 559, 562, 565, 574 – § 25 a KWG 377 – Aufsichtsbehörde 377 – Ordnungsmäßigkeit 334 – Zulassung 248 Bankenwesen 54, 163, 310 – Funktionsfähigkeit 318 Bankgeschäft 65, 71, 73, 75, 81, 102, 152 – Definition 61 – künftiges 95–96 Bankgewerbe, Bedeutung 39 Bankvertrag 60, 93–98, 100, 112, 126, 184, 430, 504, 564 Baustoff-Entscheidung 262, 264–265 – Deliktsrecht 262 BDSG siehe Datenschutzrecht Bedeutungslosigkeit der Information 367 Beendigung der Geschäftsverbindung 359 Befreiung vom Bankgeheimnis siehe Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht Beginn der Geheimhaltungspflicht 357 – § 311 Abs. 2 BGB 358 – Bezug zur Geschäftsverbindung 359 – Geschäftskontakt 359 Benachrichtigung über Preisgabe 495
Berufshaftung 118, 120, 123, 125, 141, 143, 145–146, 215, 248, 285, 295, 366, 543, 565 – Köndgen/Lorenz 121 – Lammel 120 – von Bar 121, 263 Berufsstand 83, 86–87, 101, 120, 125, 139, 146, 157, 172, 193, 212, 216, 236, 248, 320, 345, 565, 567, 570 – Abtretung 381 Bestimmtheitsgrundsatz 329 Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstandes 391 Beweggründe 221 Bezeichnungsschutz 62, 122, 172, 248, 251, 565 Bezug zur Geschäftsverbindung 67, 190, 198, 549, 567 – Canaris 206 – Fallgruppen 204, 211 – Fehlen 223 – Geheimhaltungswunsch 218 – Geheimnis 218, 220, 359 – Informationsinhalt 220 – Kenntniserlangung 208–209, 241 – Kundenwille 191, 193 – Literatur 198 – Nachteiligkeit für den Kunden 212 – Notwendigkeit für das Bankgeschäft 210 – Rechtsprechung 199, 205 – Scheer 202 – Scheer/Canaris 205 – Umstände der Geheimhaltung 219 – Vermögensbereich 217 – Vielschichtigkeit 194 – von der Bank gewünschte Informationen 210 – Wirkungen der Offenbarung 212 – Wissensquelle 209 – Zeugnisverweigerungsrecht 208 – Zufälligkeitskriterium 206 – Zusammenfassung 203, 225
Sachverzeichnis Breuer 173, 179, 259, 266, 318, 537, 567 Büchergeheimnis 368 Bürge 485, 487–489 Chinese Walls siehe Informationsschranken c. i. c. siehe culpa in contrahendo culpa in contrahendo 108, 110, 112, 115, 118, 123, 126, 128, 132, 141, 144, 259, 266, 276, 290, 358, 360, 506, 530, 564–566 Datenschutzrecht 152, 336, 338, 347, 373, 375–376, 387, 407, 423, 443, 450, 453, 499, 518, 558, 562, 571 – § 28 BDSG 423, 428 Datentransfer siehe Weitergabe von Daten Datentreuhänder 322, 329, 331, 333, 443, 454, 482, 484, 524, 570 Dauerschuldverhältnis 61, 81–82, 86–87, 93, 197, 360 – Kündigung 555–556 Deliktsrecht 70, 72, 96, 109, 112, 116, 124, 128, 130, 132, 144, 152, 181, 205, 235, 237, 244, 251, 261–262, 264, 265, 280, 282, 558 – § 823 Abs. 1 BGB 70, 72, 143, 181, 262, 445, 538, 558 – § 823 Abs. 2 BGB 129, 559 – § 824 BGB 71, 181, 234–236, 244, 266, 445, 559 – § 824 Abs. 1 BGB 235 – Entbindung 400 – Grenzbereich 114, 117, 393, 504, 508 – Güterabwägung 430 – immaterieller Schaden 512, 536 – Jedermann-Beziehung 104 – Mängel 299 – Unterlassungsanspruch 509 – Ursachenzusammenhang 537
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Deutsche Bank 173, 179, 259, 537, 567 Direktverpflichtung der Mitarbeiter 250 – öffentliche Banken 253 – rechtliche Nähebeziehung 252 – Stellvertretung 251 – Vertrauensträger 252 Dispositionsbefugnis 127, 153, 170, 194, 269–270, 361, 389, 393–394, 499, 512, 540, 571 siehe auch Dispositionsfreiheit Dispositionsfreiheit 66–67, 86, 127, 170, 381, 451, 466, 470, 482, 494, 572 Drittschuldner 387 Drittschutz 262, 272–275, 277, 279–289, 291, 294–295, 297, 299 siehe auch Nichtkunden Drittwirkung der Grundrechte 148, 151, 237, 420, 424, 457 Due Diligence 354 Durchbrechungen des Bankgeheimnisses siehe Grenzen des Bankgeheimnisses Ehegatten 355 eigene Handlungen der Bank 232 eigene Interessen der Bank 436 – aktuelle Entwicklung 448 – andere Schweigepflichten 446, 459 – Äquivalenzinteresse 459–460, 462 – arbeitsteilige Organisation 456 – Bundesgerichtshof 445 – Existenzbedrohung 457 – externe Beratung 454 – Factoring 452 – Fallgruppen 449, 500 – früheres Schrifttum zum Bankgeheimnis 447 – Reichsgericht 444 – Schrifttum 446 – wirtschaftliche Interessen 450–451 eigene Tätigkeit der Bank 226 eigene Wahrnehmungen der Bank 232
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Sachverzeichnis
Eigenhaftung des Organs 259, 262, 265 – Deliktsrecht 265 – eigene Sonderverbindung 265 – Zusammenfassung 267 Eigenkapitalentlastung 406 Einbindung des Kunden in die Offenbarung 499 Einblick in Kundenverhältnisse 79, 87, 136, 205, 207, 214, 216, 220–221, 223, 227, 312, 315, 335, 544, 550, 563 – Interessen/Motive des Kunden 221 Eingriffstiefe bei der Wahrnehmung berechtigter Interessen 497 Einheit der Rechtsordnung 155–156, 168, 260–261, 366, 420, 534, 566 Einwand des Rechtsmissbrauchs 557 Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens 545 – Ausnahme 548 – Beweislast 547 – Reichweite 546 Einwilligung siehe Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht Einwilligungsfähigkeit 393 Einwirkungsmöglichkeit 80, 85, 87, 115, 132–133, 136, 139, 144, 207, 231, 237, 241, 252, 284, 291–292, 300, 335, 358, 360, 456, 514, 532, 540, 551, 563, 569 siehe auch Schädigungsmöglichkeit, einseitige Einzelrechtsnachfolge auf Kundenseite 271 Einziehungsbefugnis 330 Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht 392 – ausdrücklich 395 – Datenaustausch mit Kooperationsunternehmen 401 – Entbindungsbefugnis 394 – konkludent 395 – Rechtsnatur 392 – Voraussetzungen 394
Entbindungsbefugnis 394 Entschlüsselung 329–330, 333, 353, 482, 484, 570 Entstehung siehe Geschichtliche Entwicklung Erben 45, 55, 268–270, 484, 560 Erbengemeinschaft 270 Erfüllbarkeit einer Unterlassenspflicht 504 Erlöschen der Geheimhaltungspflicht 359, 361 – Bekanntheit der Information 362 – historische Vorgänge 362 – Offenkundigkeit 362 Ethisches Moment 168 Existenzbedrohung 457 Factoring 452 faktische Geheimnisträger 346, 349 Fehlverhalten des Kunden 438 Forderungsabtretung 458 – § 354 a HGB 523 – § 399 BGB 522, 524 – § 402 BGB 323, 325, 379 – Abtretungsverbot 526 – andere Verschwiegenheitspflichten 519 – Bestimmtheitsgebot 326–327 – Einziehungsbefugnis bei der Bank 326, 328 – Folgen einer Pflichtverletzung 323, 516, 520, 532 – Folgen einer Pflichtverletzung (historisch) 516 – konkludente Entbindung 398 – Literatur 518, 523 – Notwendigkeit der Datenweitergabe 323 – öffentliche Banken 527 – Pflichtenkollision 324 – Rechtsprechung 517, 520 Forderungsdurchsetzung 382, 459–460, 462, 465, 467, 483, 505 – andere Schweigepflichten 459
Sachverzeichnis Forderungszession siehe Forderungsabtretung Freizeichnung 138–139 Fremdbestimmung 153 – Verhinderung 153, 566 Fusion siehe Umwandlung Gebührenforderungen 321, 381, 383, 460, 571 – gesetzgeberische Wertungen 384 – Rechtsprechung 383 Geheimhaltungsinteresse 54, 56, 67–69, 79, 165, 192, 274, 380, 389–390, 397, 423, 427, 434, 456–457, 464, 474, 478, 531 Geheimhaltungswille 64–67, 86 Geheimhaltungswunsch 218 Geltungsgrundlagen 63, 132, 145, 193, 204 Gemeinschaftsschutzlehre 160, 163, 167 Gemeinwohlinteresse 52, 154, 160, 163, 165, 433, 451, 566 Genehmigung 399 Gepflogenheiten des Rechtsverkehrs 169 gerichtliche Durchsetzung 464 Gesamthand siehe Ehegatten Gesamtrechtsnachfolge – Asset Deal 340 – Share Deal 341 – Umwandlung 341 Geschäftsbedingungen siehe allgemeine Geschäftsbedingungen Geschäftsfähigkeit 267, 355, 393 Geschäftsführung ohne Auftrag 493 Geschäftsleiter 317, 335 Geschichtliche Entwicklung 44 gesetzliche Informationsrechte 379 gesetzliche Schranken 373 gesetzliche Vertreter 355 gesetzliches Schuldverhältnis 60, 98, 117, 125, 127, 134–135, 140, 144,
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185, 235, 277, 287–288, 493, 505, 565 Gewinnerzielungsabsicht 219 Gewohnheitsrecht 42, 46, 89–91, 99, 112, 134–135, 188, 192, 194–197, 224, 231, 238, 249, 282, 310, 323, 337, 365, 381, 403, 412, 414, 423, 430–432, 443–444, 472, 478, 496, 507, 520, 526–528, 549, 555, 564, 567 – Entstehung 89 – Vertrauenswürdigkeit 85, 87 Grenzen des Bankgeheimnisses 372 – § 242 BGB 438 – §§ 809, 810 BGB 379 – Anwendbarkeit § 193 StGB 419 – Äquivalenzinteresse 441–442 – Aufklärungspflichten 492 – Auskunftsansprüche 484–485 – Bankauskunft 414 – berechtigte Interessenwahrnehmung 419 – BRAO/PatAnwO/WiPrO/StBerG 381 – eigene Interessen der Bank 436, 444 – Entbindung von der Verschwiegenheit 392 – Erben 484 – Fehlverhalten des Kunden 438 – Forderungsabtretung 482 – geringstmögliches Ausmaß der Durchbrechungen 495 – gesetzliche 373 – gewohnheitsrechtliche Fallgruppen 431 – gewohnheitsrechtliche Grundlage 432 – Gläubigerinteressen 483 – Interessen anderer Bankkunden 473 – Interessen der Allgemeinheit 431 – Interessen des Bankkunden 493 – Interessen eines Bürgen 485, 487–489
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Sachverzeichnis
– Interessen eines Sicherheitengebers 491 – Interessen eines Zessionars 483 – Interessen sonstiger Dritter 482 – Interessenkonflikt 473, 476, 478, 480 – öffentlich-rechtliche Grundlage 432 – Sicherheitengeber 485 – Stabilität des Finanzsektors 434 – Warnpflichten 473, 475 – Zumutbarkeit 443 – Zusammenfassung 500 Grundgesetz siehe Verfassungsrecht 148 Grundrechte siehe auch Drittwirkung der Grundrechte – des Kreditinstituts 421 – grundrechtstypische Gefährdungslage 158 – Meinungsfreiheit 60 – praktische Konkordanz 424–425 Grundrechtsbindung öffentlicher Banken 256 Güterabwägung 421, 427, 431, 437, 445, 452–453, 456, 463, 474, 476–477, 479–480 Gütergemeinschaft siehe Ehegatten Herausforderungskriterium 541 Honorarforderungen siehe Gebührenforderungen immaterieller Schaden 535 Individualschutzlehre 158, 162, 167 Informationsrechte, § 74 Abs. 3 GmbHG 391 Informationsschranken 312, 370, 480, 515, 553, 569, 573 Innenverhältnis, doppelte Schutzrichtung 41 innere Tatsachen 226 innerer Zusammenhang 176–177, 184, 187, 190, 195, 199, 211, 225, 241, 549, 567
– Canaris 206 – Rechtsprechung 199, 201 – Scheer 202 inneres Bankgeheimnis 302, 315, 569 – Aufsichtsrat 386 – Ausnahmen 303, 317 – Bankenkonzern 319 – bereichsübergreifende Aufgaben 318 – Erwartungen des Rechtsverkehrs 307 – Funktionseinheit 308 – Geschäftsleiter 317 – Gewohnheitsrecht 310 – Informationsschranken 312, 370 – Knollenmergel-Fall 309 – Umsetzung 369 – Umwandlung 345, 350 – Verschulden 553 – Wissenszurechnung 305 Insiderrecht – Informationsschranken 370 – Vergleichbarkeit mit innerem Bankgeheimnis 371 Insolvenz 267 Insolvenz der Bank 339, 389, 484 Insolvenz des Kunden 270, 388 Insolvenzverwalter 267, 270, 340, 354, 388–390, 394 Integritätsinteresse 104, 106, 115, 145, 266, 280, 442, 471, 509, 511, 564 Interessen anderer Bankkunden 473 Interessen der Allgemeinheit 431–433, 500, 572 siehe auch Allgemeininteressen – Bundesgerichtshof 434 – Reichsgericht 433 Interessenabwägung siehe Güterabwägung Kausalität siehe auch Ursachenzusammenhang – Autorität des Erstverursachers 541
Sachverzeichnis – Haftungsbegründung/-ausfüllung 537 – mittelbare 539 – psychisch vermittelte 540 Kirch 173, 177, 179, 182, 197, 239, 259, 262, 264, 273, 275, 301, 364, 537, 567 Knollenmergel-Fall 308–309 Konsortialkredit 322, 404 Kontoabfrage siehe öffentlich-rechtliche Ausprägung des Bankgeheimnisses Kundenbezogenheit 173, 177, 186, 190–191, 199, 202, 204, 221, 225, 231, 233–234, 549 Kündigungsrecht – Kündigungsgrund 556 – Voraussetzungen 555 Lastschrifteinzug 397 Leistungsinteresse siehe Äquivalenzinteresse Leistungsunabhängigkeit der Schutzpflicht 43, 110, 145, 175, 181, 183, 190, 287, 505, 564, 567 Loyalitätspflicht 175, 178–179, 182, 185, 187, 198, 234, 244, 567 Mitarbeiter 248 Mitteilungsempfänger 497 mittelbare Kausalität 536, 539 – rechtliche Behandlung 539 – Zurechnungskriterien 543 Muster-Darlehensvertrag 402, 404–405, 407 mutmaßliche Einwilligung 322, 367, 398, 419, 494 – Auslagerung 335 mutmaßlicher Wille des Erblassers 269 Nebenleistungspflicht 105, 136, 280, 508 negative Tatsachen 226 Negativtatsachen 226, 232, 568
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neminem laedere 116, 151–152, 155, 566 Nichtigkeit des Verfügungsgeschäfts siehe Forderungsabtretung Nichtkunden 272 siehe auch Drittschutz – Literatur 272 – Rechtsprechung 273 Not leidende Forderungen 323, 462, 469, 517, 521, 572 Nothilfe 425, 428, 476–477, 489 Notstand 426, 428, 433–434, 436, 438, 473, 476–477, 493, 572 Notwehr 425–426, 428, 438, 477, 572 NPL siehe Not leidende Forderungen Offenbarungsversicherung 391 Offenkundigkeit 363, 366 – andere Schweigepflichtige 365 Offenlegungszwang 210 öffentliche Banken – Amtsträger 255–256 – Aufgaben öffentlicher Verwaltung 255 – Bestellung der Mitarbeiter 254 öffentliche Interessen 168–169 öffentlicher Auftrag 256–257 öffentlich-rechtliche Ausprägung des Bankgeheimnisses 41 Online-Banking 79, 310, 368, 515–516 Ordnungsmäßigkeit der Bankgeschäfte 121, 164, 334, 377 Organe der Bank 258, 260 – Direktverpflichtung 259 Oustsourcing siehe Auslagerung Pfändungsbeschluss 387 p. F. V. siehe positive Forderungsverletzung positive Forderungsverletzung 110, 112, 123, 125–126, 128, 141, 144, 177, 183, 530, 565–566 positive Tatsachen 226
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Sachverzeichnis
prima-facie-Beweis 549 Primäranspruch auf Einhaltung des Bankgeheimnisses 502 – Durchsetzbarkeit von Schutzpflichten 506 – Inhalt der Leistungspflicht 505 – Klagbarkeit 513 – Meinungsstand 502 – Schutzzweck 510 – Voraussetzungen 514 – vorbeugender Rechtsschutz 508, 512 Privatautonomie 69, 72, 74–75, 94, 137, 150–155, 283, 344, 421, 429–430, 463, 512, 525, 566 psychisch vermittelte Kausalität 536, 540 – Beispiel Kirch 537 – Grenzen 544 – rechtliche Behandlung 541 – Zurechnungskriterien 543 psychische Kausalität siehe psychisch vermittelte Kausalität Rating 332, 402, 407, 451, 458, 551 rechtfertigende Pflichtenkollision 427 rechtmäßiges Alternativverhalten 545 siehe auch Einwand rechtmäßigen Alternativverhalten Rechtsberatung 454 Rechtsfolgen 502, 558 – Aufsichtsrecht 559 – Einwand des Rechtsmissbrauchs 557 – Kündigungsrecht 554 – Primäranspruch auf Einhaltung des Bankgeheimnisses 502 – Schadensersatz 529 – Widerruf 554 Rechtsgüterschutz 66, 69–70, 114, 117, 123, 145, 153, 157, 237, 509, 511, 513 Rechtsnachfolge auf Kundenseite 268 Rechtsträger der Bank 247
Refinanzierung 399, 402, 413, 422, 451–452 Relativität der Schuldverhältnisse 260–261, 263, 333 Restrukturierung 449 Risiko- und Eigenkapitalsteuerung 413, 451, 454 Risikodiversifizierung 406 Schadensersatz 156, 276, 279, 439, 445, 529, 532, 558 – Anscheinsbeweis 549 – Anspruchsgrundlage 530 – Anspruchsumfang 531–532, 535 – Beweisrecht 536 – Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens 545 – Kausalität 536 – Leistungsbezug 533 – normative Anspruchsbegrenzung 534 – statt der Leistung 532, 562 – Verpflichteter 249 – Verschulden 552 Schädigungsmöglichkeit 79, 137, 200, 205, 210, 225, 230, 274, 513, 568 siehe auch Einwirkungsmöglichkeit Scheck 396 Schlussfolgerungen 228 Schonungspflicht 106, 178, 180–181, 183, 186, 189, 295 Schranken des Bankgeheimnisses siehe Grenzen des Bankgeheimnisses SCHUFA 75, 373, 400, 445, 571 Schutz von Tatsachen 227 Schutz von Werturteilen 227, 230 – andere Berufsgeheimnisse 229 – eigene Stellungnahme 229 – historisch 227 – Schlussfolgerung 228 – Unkenntnis des Kunden vom Schutzumfang 231 Schutzpflichtlehre 153, 155, 300, 421, 566
Sachverzeichnis Selbständigkeit der Schutzpflicht 510 Selbstbestimmung 71–72, 154 – informationelle 72–73, 148, 150, 158–159, 161, 237, 374, 383, 390, 422, 424, 519, 558 – wirtschaftliche 71, 73, 87, 209 Sicherheitenbestellung 491 Sonderwissen 79, 125, 143, 207, 212–214, 217, 230, 233, 312, 456, 540, 542–543 Spaltung siehe Umwandlung Sparkassengesetze 257 Stabilität des Finanzsektors 434 Steuerberatung 454 Strafrecht 47, 155, 566 – § 193 StGB 419 – § 203 StGB 155, 157 – § 203 Abs. 2 StGB 258, 527 – Amtsträger 254, 256, 528 – Ausgestaltung des Geheimnisschutzes 157 – Einheit der Rechtsordnung 156 – Insolvenzverwalter 267 – keine Anknüpfung an Berufsausbildung 164 – öffentliche Verwaltung 255 – Schutzgut 157, 165–166 – Schutzgut im Gesellschaftsrecht 166 – Schutzgut im Wettbewerbsrecht 165 Strafverfahren 471, 573 strukturelles Ungleichgewicht 73, 75–76, 87, 103, 137, 197, 209, 406, 450, 563 – einseitiger Einblick in Verhältnisse des Vertragspartners 75 – Schutzbedürftigkeit des Kunden 191 synthetische Transaktionen 332 Tatsachen siehe Schutz von Tatsachen Telefonwerbeklauseln 401 Tod des Kunden 268, 484
643
– Erlöschen des Bankgeheimnisses 361 – höchstpersönlicher Bereich 269 Transaktion 331, 341, 354, 435, 462, 503, 557 Transparenzgebot 407 typisierte Interessenlage 68–69, 86, 191, 197, 231 typisiertes Vertrauen 119, 125, 142–143, 145, 252, 567 Übergang des Vertrauensverhältnisses 271, 340, 343–344, 350 Übermittlung von Daten siehe Weitergabe von Daten überraschende Klausel 403 siehe auch allgemeine Geschäftsbedingungen Überweisung 220–223, 233, 396, 475 Umsetzung – des äußeren Bankgeheimnisses 368 – des inneren Bankgeheimnisses 369 Umstrukturierungen 346 Umwandlung – Beteiligung einer Nicht-Bank 345 – Prüfer 352 – Schutz von Drittinteressen 347 – Übergang des Vertrauensverhältnisses 347 – Übergang eines operativen Geschäftsbereichs 348–349 – Übergang von Schuldverhältnissen 343 – Zweck des UmwG 342 Umwandlung bei Kunden 271 unangemessene Benachteiligung 406, 412 siehe auch allgemeine Geschäftsbedingungen Universalbanken 310 Unterlassungsanspruch siehe auch Primäranspruch auf Einhaltung des Bankgeheimnisses – Bedürfnis 514
644
Sachverzeichnis
– Bestimmbarkeit des Verhaltensgebots 515 – Zumutbarkeit des Ausweichens 515 Unterschlagung 219–220, 222 unwahre Tatsachen siehe Wahrheit einer Äußerung Ursachenzusammenhang siehe Kausalität Verantwortlichkeit der Geschäftsleiter 317 Verbotsgesetz 519, 527–528 Verfassungsrecht 147, 153, 158, 169, 235, 366, 380, 420–421, 430, 566 Verhaltensmaßstäbe 368 Vermögensangelegenheiten 216 Verschlüsselung 329–330, 333, 354, 443, 454, 482, 524, 528, 570 Verschmelzung siehe Umwandlung Verschuldenserfordernis 552 Verteidigung gegen Angriffe 469 Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte 278 siehe auch Drittschutz Vertragsfreiheit 65, 72, 86, 148, 153, 168, 293 Vertragstreue 182 Vertragsunabhängigkeit des Bankgeheimnisses 102, 104, 128, 136, 139–140, 143–144, 566 siehe auch Leistungsunabhängigkeit der Schutzpflicht Vertrauen – des Rechtsverkehrs gegenüber Banken 45, 50, 74, 78, 83, 85–87, 103, 120, 125, 137, 139, 144, 193, 210, 213–214, 217, 239, 561 – im Hinblick auf die Vermögenssphäre 214 – typisiertes siehe typisiertes Vertrauen – zwischenmenschliches 78–79, 87, 224, 252, 311 Vertrauensbeziehung siehe Vertrauensverhältnis
Vertrauensbruch 166, 460–461, 556 Vertrauenshaftung 98, 114–117, 120, 122–123, 125–126, 128, 134–135, 141, 144, 187–189, 244, 273, 278, 284–285, 301, 441, 506, 565 Vertrauensschaden 507, 531–533, 562, 573 Vertrauensverhältnis 72, 78, 82, 85, 87, 95, 108, 155, 160, 167, 181, 185, 188, 190, 205, 207, 209, 215, 225, 236, 238, 240, 247, 252, 264–265, 271–272, 311, 320, 343, 372, 384–385, 425, 497, 522, 563 – Angriffe auf das 471 – bei Schweigepflichten 78 – einseitiges 440 – Kündigung 555 – Missbrauch 439–440 – Stärkung 561 – Störung 513 – Übergang 343–344, 347, 350, 570 – Umwandlung 561 – und Äquivalenzinteresse 277, 441, 463 – und Leistungsverhältnis 530 Vertrauenswürdigkeit der Banken siehe Vertrauen des Rechtsverkehrs gegenüber Banken Vertraulichkeitsbereiche 312, 370 siehe auch Informationsschranken Vertreter 355 Verwertung von Sicherheiten 468 Vorlegungspflicht gemäß § 429 ZPO 369 Waffengleichheit 75, 470 wahre Tatsachen siehe Wahrheit einer Äußerung Wahrheit einer Äußerung 60, 207, 234–235, 237–238, 244, 367, 416, 445, 559, 568 – Beispiele 242 – Canaris 234 – eigene Stellungnahme 239
Sachverzeichnis – Gewohnheitsrecht 238 – Sicht des Mitteilungsempfängers 239 – Vergleich mit Insiderrecht 243 – Wertungskriterien 240 Wahrheitsgehalt siehe Wahrheit einer Äußerung Wechselwirkungslehre 153, 421 Weitergabe von Daten – an andere Banken 320 – an andere Schweigepflichtige 321 – an vertraglich zur Vertraulichkeit Verpflichtete 322 – an Zessionar 323 – zur Abwicklung von Bankgeschäften 321 Wertpapieranalyse 310, 312–313 Wertpapierdienstleistungsrichtlinie 377 Wertpapierrecht – Informationsschranken 312 – Interessenkonflikte 313–314 Wertungskriterien 42, 88, 103, 132, 175, 197, 211, 217, 219, 223–225,
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241, 307, 392, 563–564, 568 siehe auch Geltungsgrundlagen Werturteile siehe Schutz von Werturteilen Wirkungen des Bankgeheimnisses 502, 558, 561 – Primäranspruch auf Einhaltung des Bankgeheimnisses 502 – Schadensersatz 529 – Zusammenfassung 561 Wirtschaftsprüfung 454 zeitlicher Schutzbereich 357 Zeugnishaftung 109, 123 Zeugnisverweigerungsrecht 47, 51, 169, 202, 208, 220, 226–227, 232–233, 250, 355, 358, 361, 369, 394, 419, 471, 492, 567 Zivilprozesse 470–471 Zufälligkeitskriterium 206–207, 225 Zumutbarkeit 443 Zurückbehaltungsrecht 439 Zusammenfassung der Ergebnisse 563 Zustimmung siehe Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht